Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Arbeitnehmer-Einstellung im Öffentlichen Dienst [1 ed.] 9783428479177, 9783428079179


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German Pages 322 Year 1993

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Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Arbeitnehmer-Einstellung im Öffentlichen Dienst [1 ed.]
 9783428479177, 9783428079179

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 127

Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Arbeitnehmer-Einstellung im Öffentlichen Dienst

Von

Ursula Hantl-Unthan

Duncker & Humblot · Berlin

URSULA H A N T L - U N T H A N

Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Arbeitnehmer-Einstellung im Öffentlichen Dienst

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 127

Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten ArbeitnehmerEinstellung im Öffentlichen Dienst

Von Ursula Hantl-Unthan

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hantl-Unthan, Ursula: Einzelvertragliche Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Arbeitnehmer-Einstellung im Öffentlichen Dienst / von Ursula Hantl-Unthan. - Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht ; Bd. 127) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07917-5 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-07917-5

Geleitwort Entstehung und Entwicklung des Arbeitsrechts sind von dem Bestreben gekennzeichnet, die Defizite der Vertragsfreiheit abzugleichen. Im Kollektivarbeitsrecht steht dabei der Gedanke der Selbsthilfe im Vordergrund. Der Gesetzgeber beschränkt sich darauf, die Spielregeln und Funktionsvoraussetzungen festzulegen. Dieser Grundgedanke hat seine Ausprägung in zwei unterschiedlichen Leitprinzipien gefunden: zum einen im Prinzip der Konfrontation, auf dem insbesondere das Arbeitskampfrecht aufgebaut ist, zum anderen aber im Prinzip der Kooperation, das das Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht beherrscht. Insoweit ordnet der Gesetzgeber u.a. zwingend an, daß der Arbeitgeber bzw. Dienststellenleiter bestimmte Maßnahmen nur bei Beteiligung des Betriebsrats bzw. Personalrats wirksam durchführen kann. Die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers wird eingeschränkt, auch wenn der Betriebs· oder Personalrat darin frei ist, ob und wie er von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen will. Es handelt sich also um eine gesetzlich zwingend angeordnete Beteiligung der Arbeitnehmerseite an der arbeitgeberischen Willensbildung. Diese zwingende Beteiligung der Belegschaft - vertreten durch Betriebsoder Personalrat - beginnt bereits bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses. Sowohl das Betriebsverfassungsgesetz (§ 99) als auch das Bundespersonalvertretungsgesetz (§§ 75 I Nr. 1, 69) statuieren, daß "Einstellungen" nur unter Beteiligung der jeweiligen Beschäftigtenvertretung vorgenommen werden können. Damit stellt sich umgehend die Frage, welche Konsequenzen sich für ein Arbeitsverhältnis ergeben, das ohne die - gegebenenfalls normativ fingierte - Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats begründet wurde. Es geht also um das individualrechtliche Schicksal einer arbeitsvertraglichen Beziehung, welche unter Mißachtung kollektivrechtlicher Vorgaben begründet wurde. Die entsprechende Fragestellung ist im Betriebsverfassungsrecht seit langem ausdiskutiert, die jeweiligen Standpunkte stehen unverrückbar fest. Ganz anders stellt sich die Situation aber im Personalvertretungsrecht dar: Zwar hat die Rechtsprechung auch hier Lösungsvorschläge entwickelt, doch lehnen sich diese durchweg an das Betriebsverfassungsrecht an; also ganz im Sinne des Bundesarbeitsgerichts, das meint, die entsprechende Fragestellung "für das Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht nur einheitlich" beantworten zu können. Die Besonderheiten des Öffentlichen Dienstes kommen bei dieser vereinfachten Sichtweise zwangsläufig zu kurz. Anders formu-

6

Geleitwort

liert: Sachangemessene Lösungen hätten danach hinter bloßen Ordnungsgesichtspunkten zurückzutreten. Genau hier setzt die Untersuchung von Frau Hantl-Unthan an, die während ihrer Tätigkeit als Referentin im Präsidialamt der Freien Universität Berlin mehrfach mit entsprechenden Fragen konfrontiert wurde und daher auf diesbezügliche praktische Erfahrungen zurückgreifen konnte. Prof. Dr. Dieter Heckelmann

Vorwort Diese Arbeit lag dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin im Sommersemester 1992 als Dissertation vor. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum Jahresende 1992 berücksichtigt werden. Die Wahl des Themas wurde durch meine Tätigkeit als Referentin im Präsidialamt der Freien Universität Berlin angeregt, wo sich die aufgeworfene Fragestellung mehrfach stellte. Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. Dieter Heckelmann für die Betreuung und Unterstützung der Arbeit und Herrn Prof. Dr. Jochem Schmitt für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ganz besonders danken möchte ich Herrn Dr. Curt W. Hergenröder für seine hilfreichen Ratschläge und Hinweise. Dank gebührt ebenfalls meinem Mann Roland Unthan sowie meinem Bruder Peter Hantl für die Hilfe bei der technischen Umsetzung des Manuskripts. Nicht zuletzt möchte ich Herrn österr. Prof. Norbert Simon für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe zum Sozial- und Arbeitsrecht danken. Berlin, im Februar 1993 Ursula Hantl-Unthan

Inhaltsübersicht §1

Einführung und Problemstellung

1. Kapitel:

Die im Betriebsverfassungswickelten Lösungsvorschläge

23 und im Personalvertretungsrecht

bereits ent45

§2

Auswirkungen der Kollektivrechtsverletzung auf den individuellen Arbeitsvertrag

45

§3

Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes

54

2. Kapitel: Der Begriff der "Einstellung"

in § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG als normativer

Anknüpfungspunkt der Mitbestimmung §4

60

Meinungsstand zum Einstellungsbegrifif

61

§5

Die grammatische Auslegung des Merkmals "Einstellung"

§6

Der Einstellungsbegrifif in historischer Betrachtung

72

§7

Der Einstellungsbegrifif hanges

78

§8

Einstellungsbegrifif und personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

3. Kapitel: Die gesetzlichen

69

unter Beachtung des rechtlichen Regelungszusammen-

Mitbestimmungsregelungen

85

in grammatischer,

histo-

rischer und systematischer Betrachtung §9

103

Die grammatische Ausgestaltung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

103

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

116

§ 11 Das Zustimmungserfordemis für Einstellungen in systematischer Betrachtung

134

4. Kapitel:

Die personalvertretungsrechtliche

Relevanz rechtskreisübergreifender

legungen §12 Kollektivrechtsverstoß bei der Beamtenemennung

149

§ 13 Die Trennung von kollektiver und individueller Ebene

152

§14 "Zweigleisigkeit" der Rechtswege 5. Kapitel:

Sicherung der personalvertretungsrechtlichen

Ober-

149

155 Beteiligungsrechte

158

§15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand

158

§16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters

165

10

Inhaltsübersicht

§ 17 Fehlende Zwangsmittel gegen den öffentlichen Arbeitgeber 6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß

175

und Interessenbewertung

180

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

180

§ 19 Die Interessenbewertung im Rahmen der möglichen Lösungsalternativen

231

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Abschluß fahrens 7. Kapitel: Ergebnisse Verzeichnis der Personalvertretungsgesetze Literaturverzeichnis

des Mitbestimmungsver279 292

der Länder

298 300

Inhaltsverzeichnis §1

Einführung und Problemstellung A Normative Vorgaben B. Die Schwierigkeiten ordnungsgemäßer Personalrats-Beteiligung I. Die Komplexität von Einstellungsvorgängen und die Befugnisse des Dienststellenleiters 1. Beispiele aus der Rechtsprechung 2. Die Befugnisse des Dienststellenleiters 3. Rechtsschutz der Personalvertretung II. "Vorgaben" der Rechtsprechung C. Die Rechtsfolgen unzureichender Personalratsbeteiligung I. Das Problem II. Bisherige gesetzliche Regelungsversuche III. Die Lösung des Bundesarbeitsgerichts und die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes 1. Die Gleichbehandlung von betriebsverfassungsrechtlicher und von personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung 2. Bedenken D. Gegenstand und Gang der Untersuchung

23 23 24 24 24 25 28 30 34 34 36 38 38 40 43

1. Kapitel Die im Betriebsverfassungs- und im Personalvertretungsrecht bereits entwickelten Lösungsvorschläge

45

§2

Auswirkungen der Kollektivrechtsverletzung auf den individuellen Arbeitsvertrag A Die betriebsverfassungsrechtlichen Standpunkte I. Absolute Unwirksamkeit II. Schwebende Unwirksamkeit III. "Eingeschränkte" Unwirksamkeit IV. Relative Unwirksamkeit V. Wirksamkeit mit Beschäftigungsverbot VI. Volle Wirksamkeit B. Die personalvertretungsrechtlichen Standpunkte I. Absolute Unwirksamkeit II. Schwebende Unwirksamkeit III. "Eingeschränkte" Unwirksamkeit IV. Wirksamkeit mit Beschäftigungsverbot C. Zusammenfassung

45 45 45 46 46 47 48 49 50 50 50 51 51 52

§3

Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes A Die betriebsverfassungsrechtlichen Standpunkte I. Beseitigung einer auf nichtigem oder schwebend unwirksamem Vertrag beruhenden Einstellung II. Beseitigung einer auf "eingeschränkt" oder relativ unwirksamem Vertrag beruhenden Einstellung III. Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustandes bei Vorliegen eines wirksamen Vertrages B. Die personalvertretungsrechtlichen Standpunkte C. Zusammenfassung

54 54 54 55 56 58 59

12

nsverzeichnis

2. Kapitel Der Begriff der "Einstellung" in $ 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG als normativer Anknüpfungspunkt der Mitbestimmung §4

Meinungsstand zum Einstellungsbegriff. A Der "zweigliedrige" Einstellungsbegriff B. Einstellung als allein faktischer Vorgang C. Der Einstellungsbegriff in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. I. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts II. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts III. Die Bedeutung der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Festlegung des normativen Anknüpfungspunktes der Mitbestimmung

60 61 61 63 64 64 65 66

§ 5 Die grammatische Auslegung des Merkmals "Einstellung" A Der übliche Wortsinn B. Der Sprachgebrauch des Betriebsverfassungsgesetzes C. Der Sprachgebrauch im Recht des öffentlichen Dienstes D. Zusammenfassung

69 69 69 70 71

§6

72 72 72 73 74 74 75 75 75 77

§7

Der Einstellungsbegriff in historischer Betrachtung A Der Einstellungsbegriff im Betriebsrätegesetz I. Die gesetzlichen Regelungen II. Schlußfolgerungen für den Einstellungsbegriff des Betriebsrätegesetzes III. Die Konsequenz des Gesetzgebers im Bundespersonalvertretungsgesetz B. Der Einstellungsbegriff im Betriebsverfassungsgesetz 1952 C. Der Einstellungsbegriff im Personalvertretungsgesetz 1955 I. Die gesetzlichen Regelungen II. Die Konsequenz des Gesetzgebers im Bundespersonalvertretungsgesetz D. Zusammenfassung Der Einstellungsbegriff unter Beachtung des rechtlichen Regelungszusammenhanges.... A Einstellungsbegriff und Aufhebungsverpflichtung I.Die betriebsverfassungsrechtliche Argumentation II.Die gesetzliche Regelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes III. Einstellungsbegriff und Rechtsfolgen des Kollektivrechtsverstoßes IV.Einstellungsbegriff und Aufhebung eines wirksamen Arbeitsvertrages V. Einstellungsbegriff und Aufhebung eines unwirksamen Arbeitsvertrages B. Einstellungsbegriff und vorläufige Maßnahmen C. Einstellungsbegriff und Mitbestimmungspflichtigkeit einzelner Vertragsabsprachen D. Zusammenfassung

§ 8 Einstellungsbegriff und personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz A Der Zusammenhang zwischen Vertragsschluß und Eingliederung B. Die haushaltsrechtlichen Besonderheiten beim Abschluß eines Arbeitsvertrages im öffentlichen Dienst I. Die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des privaten Arbeitgebers und die haushaltsrechtlichen Vorgaben im öffentlichen Dienst II. Die Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an den Haushaltsplan 1. Bei Verbindlichkeit der Stellenausweisung 2. Bei Unverbindlichkeit der Stellenausweisung III. Der "Ausgleich" ausfallender Arbeitskraft im öffentlichen Dienst und im privatwirtschaftlichen Betrieb IV. Die Auswirkungen für die Belegschaft C. Die mitbestimmungsrechtliche Relevanz des öffentlichen Haushaltsrechts

78 78 78 78 79 80 81 82 83 84 85 85 86 86 88 88 89 89 90 91

nsverzeichnis

I. Haushaltsrechtlich bedingte Kollektivbeeinträchtigungen und die Aufgaben des Personalrats bei der Einstellung II. Die Rechte des Personalrats zur Beseitigung von Vakanzen im Personalbestand 1. Kollektivbeeinträchtigung als Folge der Vakanz im Personalbestand 2. Initiativrecht zur Besetzungfreier Stellen? 3. Das allgemeine Antragsrecht des Personalrats bei der Personalplanung. 4. Initiativrecht zur konkreten Einzeleinstellung? III. Verbleibende Rechte bei der Erhöhung des Personalbestandes IV. "Mitschuld" des Personalrats? D. Beschränkung der Beteiligungsvorschriften auf den Schutz des Kollektivs vor Veränderungen des "Status quo"? E. Zusammenfassung

91 94 94 95 97 99 100 101 101 102

3.Kapitel Die gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen in grammatischer, historischer und systematischer Betrachtung §9

Die grammatische Ausgestaltung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen A Der Wortlaut B. Der Begriff der Zustimmung I. Methodische Vorgaben II. Die Verwendung des Begriffs im Bundespersonalvertretungs- und im Betriebsverfassungsgesetz III. Der zivilrechtliche Begriff der Zustimmung IV. Der öffentlich-rechtliche Begriff der Zustimmung 1. Die Personal Vertretung als Institution des öffentlichen Rechts 2. Öffentlich-rechtliche Zustimmungserfordemisse a) Zustimmung als verwaltungsintemer Vorgang aa) Zustimmung zu privatrechtlichen Maßnahmen bb) Zustimmung zu öffentlich-rechtlichen Maßnahmen b) Behördliche Zustimmung zu privaten Rechtsgeschäften C. Die Wortfolge "kann nur" I. Meinungsstand II. Der zivilrechtliche Sprachgebrauch III. Der öffentlich-rechtliche Sprachgebrauch D.Zusammenfassung

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes A Die Gesetzesmaterialien zum Bundespersonalvertretungsgesetz B. Das Personal Vertretungsgesetz 1955 I. Die gesetzliche Regelung II. Die Gesetzesmaterialien 1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung 2. Die Vorschläge des Unterausschusses Personalvertretung 3. Die Beratungen der Vorlagen im Bundestag 4. Die Bedenken des Bundesrates III. Der Meinungsstand während der Geltung des Personalvertretungsgesetzes 1955 IV. Folgerungen für die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes C. Das Betriebsverfassungsgesetz 1952 I. Die gesetzliche Regelung II. Der damalige Meinungsstand III. Die Gesetzesmaterialien 1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung 2. Die Vorschläge des Ausschusses für Arbeit

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14

nsverzeichnis

IV. Folgerungen für die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes D. Das Betriebsverfassungsgesetz 1972 I. Die Gesetzesmaterialien 1. Die Neugestaltung des Mitbestimmungsverfahrens in personellen Angelegenheiten 2. Die Regelung der arbeitsvertraglichen Rechtsfolgen im Gesetzentwurf der Opposition 3. Die Anordnung der Unwirksamkeit einer beteiligungslos ausgesprochenen Kündigung II. Folgerungen f&r die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes E. Zusammenfassung §11 Das Zustimmungserfordemis für Einstellungen in systematischer Betrachtung A Die gesetzlichen Handlungsanforderungen für den Dienststellenleiter B. Maßnahme und Mitbestimmungsverfahren C. Verfahrensrechtliche Angreiferrolle D. Vorheriges Zustimmungserfordernis und vorläufige Maßnahmen I. Der Ausnahmecharakter der Regelungen über vorläufige Maßnahmen II. Die Beendigung der vorläufigen Maßnahme E. Einstellung und Kündigung I. Umkehrschluß II. "Erst rechf'-Schluß III. Gesetzlicher Zwang zu ausdrücklicher Regelung? IV. Abweichende landesrechtliche Regelungen 1. Landesrechtliche Regelungen ohne Rechtsfolgenbestimmung a) Die Auffassung Germelmanns b) Die unmittelbare Wirkung des § 108 Abs. 2 BPersVG 2. Landesrechtliche Anordnung einer für Kündigung und Einstellung gleichen Beteiligungsform a) Umkehrschluß aus der über § 108 Abs. 2 ausgesprochenen Rechtsfolge b) Die auf die Fälle der Mitwirkung und Anhörung beschränkte Bedeutung des § 108 Abs. 2 BPersVG F. Entlassungsbegehren der Beschäftigtenvertretung G. Zusammenfassung

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4. Kapitel Die personalvertretungsrechtliche Relevanz rechtskreisübergreifender Überlegungen

149

§12 Kollektivrechtsverstoß bei der Beamtenemennung A Die Rechtsfolgen für die Beamtenernennung B. Übertragbarkeit auf die privatrechtlich begründete Einstellung C. Zusammenfassung

149 149 150 151

§ 13 Die Trennung von kollektiver und individueller Ebene

152

§14 "Zweigleisigkeit" der Rechtswege

155 5. Kapitel

Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte §15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand A Im Betriebsverfassungsrecht

158 158 158

nsverzeichnis

I. Betriebsverfassungsrechtliche Sanktionen II. Bedeutung für die individuelle Einstellung B. Im Personal Vertretungsrecht I. Gesetzliche Regelungen. II. Bedeutung für die individuelle Einstellung - Streitstand C. Zusammenfassung § 16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters A Die rechtsstaatlichen Pflichten der Behörde nach rechtswidrigem Handeln I. Die Beachtung des Feststellungsbeschlusses durch den öffentlichen Arbeitgeber II. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung III. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz IV. Beispiele aus dem hoheitlichen Bereich 1. Rücknahme rechtwidriger Verwaltungsakte 2. Öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch B. Die Bedeutung des Vertrauensschutzes für die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters I. Aufhebungsverpflichtung und Interessenschutz II. Die Rechtsfolgen der Verwaltungsgerichtsentscheidung bei übergewichtigen Arbeitnehmerinteressen III. Absicherung der Personalratsrechte über die Unwirksamkeit des individuellen Arbeitsvertrages? C. Zusammenfassung § 17 Fehlende Zwangsmittel gegen den öffentlichen Arbeitgeber A Fehlende Zwangsvollstreckung B. Fehlende Sanktionierung? I. Anwendungsbereich und Sicherungsfunktion des § 23 Abs. 3 BetrVG II. Ersatz der Sicherungsfunktion des § 23 Abs. 3 BetrVG durch Unwirksamkeit der Maßnahme? C. Zusammenfassung

158 159 161 161 163 164 165 165 165 165 166 167 167 168 169 169 172 172 173 175 175 176 176 177 179

6. Kapitel KollektivrechtsverstoO und Interessenbewertung §18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen A Der Zweck des Bundespersonalvertretungsgesetzes B. Die rechtliche Stellung des Personalrats I. Die verfassungsrechtliche Stellung des Personalrats II. Die Aufgaben des Personalrats 1. Repräsentation und Interessenvertretung 2. Kollektiv-und Individualinteressenschutz a) Die Vertretung kollektiver Interessen b) Individualinteressen und Repräsentation c) Individualinteressen und grundgesetzliche Wertentscheidung d) Die Regelung individueller Belange in Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht aa) Der Individualschutzcharakter der §§ 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG und 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG bb) Kündigungsschutz und kollektives Beteiligungsrecht cc) Beschwerde-und Antragsrechte des einzelnen Arbeitnehmers e) Individualinteressen und Mitbestimmung bei der Einstellung aa) Der allein kollektivschützende Charakter des Mitbestimmungstatbestandes

180 180 180 181 181 184 184 186 186 187 189 191 191 192 193 195 195

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nsverzeichnis

bb) Die Berücksichtigung von Individualinteressen bei allein kollektiver Interessenwahmehmung cc) Die Beschränkung der Kollektivmacht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 3. Allgemeine Richtigkeitskontrolle a) Gesetzesbindung der Verwaltung und Überwachungsauftrag der Personalvertretung b) Die Kontrollaufgaben des Personalrats c) Das besondere Kontrollbedürfiiis bei der Einstellung im öffentlichen Dienst 4. Die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben III. Die Stellung des Personalrats in der Verwaltung 1. Die organisatorische Stellung der Personalvertretung 2. Die Bindung der Personal Vertretung an die Aufgaben der Verwaltung a) Die Aufgaben der Verwaltung b) Gemeinwohlbindung und "Betriebswohlbindung" c) Die Bindung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst C. Die rechtliche Stellung des Bewerbers I. Die personalvertretungsrechtliche Stellung des Bewerbers 1. Die Beachtung der individuellen Rechtsposition des Arbeitnehmers im Personal Vertretungsrecht 2. Beteiligung am Mitbestimmungsverfahren II. Das Schutzbedürfnis des Bewerbers 1. Das Recht auf freien Zugang zum öffentlichen Dienst nach Art 33 Abs. 2GG 2. Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG 3. Vertragsfreiheit 4. Bestandsschutz a) Der Stellenwert des Bestandsschutzes in der Rechtsordnung b) Besonderer Bestandsschutz im öffentlichen Dienst? 5. Vertrauensschutz 6. Schadensersatzansprüche D. Die rechtliche Stellung der Verwaltung I. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung II. Grundsätze des öffentlichen Personalaufwandes E. Zusammenfassung § 19 Die Interessenbewertung im Rahmen der möglichen Lösungsalternativen A Vorgaben B. Wirksamer Arbeitsvertrag mit Beschäftigungsverbot I. Auswirkungen für den Arbeitnehmer II. Auswirkungen für die Beschäftigten 1. Die Durchführbarkeit der Maßnahme "am Personalrat vorbei" 2. Die haushaltsrechtlich bedingten Auswirkungen für die Belegschaft III. Auswirkungen für die Verwaltung 1. Die herrschende Argumentation 2. Beschäftigungsverbot und finanzielle Verantwortlichkeit der öffentlichen Verwaltung 3. Beschäftigungsverbot und haushaltsrechtliche Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit a) Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit b) Beschäftigungsverbot als "Kosten der Personalvertretung"? c) Die Verbindlichkeit der haushaltsrechtlichen Vorgaben für den Personalrat d) Vergütung ohne Gegenleistung in anderen Fällen

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nsverzeichnis

4. Beschäftigungsverbot als Wertung der allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen IV. Fazit C. Unwirksamer Arbeitsvertrag I. Auswirkungen für den Arbeitnehmer 1. Bestands-und Vertrauensschutz 2. Vertragsfreiheit 3. Zugangsrecht 4. Eingriff in individuelle Rechte 5. Rechtsdurchsetzung durch den einzelnen Arbeitnehmer II. Auswirkungen für die Beschäftigten III. Auswirkungen für die Verwaltung IV. Fazit 1. Die Differenzierung nach der Günstigkeit der Maßnahme 2. Die Risikobeherrschbarkeit in der Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbelastung 3. Abwägung zwischen Kollektiv- und Individualinteressen 4. Milderungsversuche D. Wirksamer Arbeitsvertrag I. Pflicht zur Kündigung des Rechtsverhältnisses? II. Gebot zur Nachholung des Beteiligungsverfahrens 1. Die Bedeutung des Versagungskataloges für die Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahmebeseitigung a) Die Bindung der Behörde an Recht und Gesetz b) Der Vorrang des materiellen vor dem formellen Recht c) Materiell-rechtliche Heilung von Verfahrensverstößen? 2. Die Reichweite der Verpflichtung des Dienststellenleiters a) Die unterschiedlichen Fallkonstellationen b) Die Funktion des personalvertretungsrechtlichen Stufenverfahrens c) Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Stufenverfahrens 3. Die Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes,Art 33 Abs. 2 GG a) Kontrolle durch den Personalrat b) Personalratsbeteiligung und Zugangsrecht des Bewerbers c) Personalratsbeteiligung und Einstellungsanspruch des Bewerbers aa) Das Verhältnis von Personalratsbeteiligung und Einstellungsanspruch in der Rechtsprechung bb) Ausreichende Berücksichtigung der Bewerberrechte? cc) "Interessenausgleich" durch nachgeholtes Stufenverfahren 4. Bedenken gegen die Nachholung des Beteiligungsverfahrens a) Rechtzeitige Einflußnahme der Personalvertretung b) Fehlende Durchführungspflicht des Dienststellenleiters bei beabsichtigten Maßnahmen c) Sanktionslose Mißachtung der Beteiligungsrechte? d) Umgehung der Ausschlußfrist des § 69 Abs. 3 Satz 1 ? e) Die Nachholbarkeit des Mitbestimmungsverfahrens in den Fällen der Eingruppierung f) Grundrechtssichernde Funktion des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens? E. Zusammenfassung

275 278

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Abschluß des Mitbestimmungsverfahrens A Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung B. Das kollektivrechtliche Aufhebungsgebot als Kündigungsgrund C. Ordentliche oder außerordentliche Kündigung?

279 279 280 282

2 Hantl-Unthan

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D. Kündigungspflicht und verfassungsrechtliche Grenzen der Mitbestimmung bei der Einstellung I. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Mitbestimmung bei der Einstellung.... II. Die Mitbestimmung des Personalrats bei der privatrechtlichen Einstellung als Ausübung von Staatsgewalt III. Kündigungspflicht und Prinzip der Regierungsverantwortung IV. Kündigungspflicht und Prinzip der demokratischen Legitimation V. Kündigungspflicht und Funktionsfähigkeit der Verwaltung VI. Kündigungspflicht und Prinzip der Personal- und Organisationsgewalt der Exekutive E. Rechtsstaatliche Beseitigungspflicht und Verzicht des Personalrats auf "Rechtsdurchsetzung" F. Zusammenfassung

283 283 285 286 287 287 289 290 291

7. Kapitel Ergebnisse

292

Verzeichnis der Personalvertretungsgesetze der Länder

298

Literaturverzeichnis

300

Abkürzungsverzeichnis AcP

Archiv f&r die civilistische Praxis

AO

Abgabenordnung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

AP

Arbeitsrechtliche Praxis

ArbR

Arbeitsrecht

ArchPR

Archiv für Presserecht

BauGB

Baugesetzbuch

BayPVG

Bayerisches Personalvertretungsgesetz

BayRuFuG

Bayerisches Rundfunkgesetz

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BBG

Bundesbeamtengesetz

BetrVR

Betriebsverfassungsrecht

BGB-RGRK

Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes

BHO

Bundeshaushaltsordnung

BlnPersVG

Berliner Personalvertretungsgesetz

BIStSozArbR

Blätter f&r Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht

BLV

Bundeslaufbahnverordnung

BremPersVG

Bremisches Personalvertretungsgesetz

BRG

Betriebsrätegesetz

BRRG

Beamtenrechtsrahmengesetz

Buchholz

Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, herausgegeben von K. Buchholz

DDB

Der Deutsche Beamte

ders.

derselbe

dies.

dieselbe, dieselben

20

Abkürzungsverzeichnis

DöD

Der öffentliche Dienst

DöV

Die öffentliche Verwaltung

Dtscher VerwRichtertag

Deutscher Verwaltungsrichtertag

DVB1.

Deutsches Verwaltungsblatt

E inf.

Einführung

Einl.

Einleitung

EzA

Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f.

folgend, für

Festschr.

Festschrift

GemAnm.

Gemeinsame Anmerkung

gerichtl.

gerichtlich

GK-BetrVG

Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz

GmSOGB

Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes

GO

Gemeindeordnung

GrdstVG

Grundstückverkehrsgesetz

HessStGH

Hessischer Staatsgerichtgshof

H GO

Hessische Gemeindeordnung

HGrG

Haushaltsgrundsätzegesetz

HmbPersVG

Hamburgisches Personalvertretungsgesetz

HPVG

Hessisches Personalvertretungsgesetz

IG

Industriegewerkschaft

KR

Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften

KSVG SL

Kommunalselbstverwaltungsgesetz des Saarlandes

KW

Künftig wegfallend

LHO

Landeshaushaltsordnung

LPVG NW

Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein Westfalen

Lübg.

Lüneburg

m.N.

mit Nachweisen

MBG Schl.-H.

Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein

MitbestGespr.

Das Mitbestimmungsgespräch

MünchKomm

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis

NdsPersVG

Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen

NGO

Niedersächsische Gemeindeordnung

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NWB

Neue Wirtschaftsbriefe

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht

PersR

Der Personalrat

PersV

Die Personalvertretung

PersVG BW

Personalvertretungsgesetz für das Land Baden-Württemberg

PersVG Rh.-Pf.

Personalvertretungsgesetz für das Land Rheinland-Pfalz

PersVG SL

Saarländisches Personalvertretungsgesetz

PersVR

Personalvertretungsrecht

R

Rückseite

RiA

Recht im Amt

sog.

sogenannt

StaatsR

Staatsrecht

u.a.

und andere

Überbl.

Überblick

v.

von, vor, vom

VerwArch

Verwaltungsarchiv

VR

Verwaltungsrundschau

WDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer

w.N.

weitere Nachweise

ZBR

Zeitschrift für Beamtenrecht

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZTR

Zeitschrift für Tarifrecht

Im übrigen folgen die Abkürzungen dem Verzeichnis von Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl., Berlin, New York 1983.

§ 1 Einführung und Problemstellung A. Normative Vorgaben Das Personalvertretungs- und das Betriebsverfassungsgesetz verpflichten Dienststellenleiter und Arbeitgeber, Einstellungen nur unter Beteiligung der jeweiligen Beschäftigtenvertretung durchzuführen, §§ 75 Abs. 1 Nr. 1, 69 BPersVG 1 , §99 BetrVG. Im Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes hat der Dienststellenleiter 2 vor der Durchführung der Maßnahme die Zustimmung der Personalvertretung einzuholen, welche diese nach § 77 Abs. 2 verweigern kann, wenn einer der dort genannten Versagungsgründe vorliegt. Soll die Maßnahme trotz Zustimmungsverweigerung des Personalrats durchgeführt werden, so hat der Dienststellenleiter das in § 69 Abs. 3, 4 vorgeschriebene Stufenverfahren einzuleiten und sich gegebenenfalls nach der Entscheidung der Einigungsstelle zu richten. Erfolgt die Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung nicht unter Einhaltung der im Gesetz genannten Kriterien, so gilt gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 die Zustimmung kraft gesetzlicher Fiktion als erteilt. Ähnliche Anforderungen bei unterschiedlichem Verfahren stellt das Betriebsverfassungsgesetz. Der Arbeitgeber hat vor Durchführung der Einstellung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen, § 99 Abs. 1 BetrVG, welche dieser wiederum nur unter Einhaltung der im Gesetz genannten Kriterien verweigern kann, § 99 Abs. 2 BetrVG. Anders als im Personalvertretungsrecht ist hier allerdings nicht die Einigung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtenvertretung über die verweigerte Zustimmung vorgesehen, vielmehr hat der Arbeitgeber die Angelegenheit dem Arbeitsgericht mit dem Ziel der Zustimmungsersetzung vorzulegen, § 99 Abs. 4 BetrVG. Schließlich gilt auch hier die Zustimmung kraft gesetzlicher Fiktion als erteilt, wenn die Verweigerung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG.

setzes.

Im folgenden sind Gesetzesangaben ohne Benennung solche des Bundespersonalvertretungsge-

2 Die kollektivrechtliche Funktion des "Arbeitgebers", wie ihn das Betriebsverfassungsgesetz kennt, wird im öffentlichen Dienst vom "Dienststellenleiter" wahrgenommen. Im folgenden wird, soweit dies dem besseren Verständnis dient, auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes vom "Arbeitgeber" gesprochen.

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§ 1 Einführung und Problemstellung

B. Die Schwierigkeiten ordnungsgemäßer Personalrats-Beteiligung L Die Komplexität von Einstellungsvorgängen und die Befugnisse des Dienststellenleiters 1. Beispiele aus der Rechtsprechung Einstellungen sind i n der Praxis komplexe Vorgänge. D i e gerade i n j ü n g ster Zeit wieder vermehrt aufgetretenen gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Frage des zulässigen Abbruchs eines Mitbestimmungsverfahrens 3 zeigen, daß das Gesetz hier schwierig handhabbar ist: K a n n beispielsweise der Dienststellenleiter eine Einstellung ohne kollektive Z u s t i m m u n g durchführen, w e n n die Beschäftigtenvertretung sich nicht gegen die Einstellung selbst, sondern unter Bezugnahme auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 nur gegen die geplante Befristung wendet 4 ? Greift der Personalrat i n die allein dem Dienststellenleiter zustehende Eignungsbeurteilung v o n Bewerbern 5 ein, w e n n er geltend macht, die geplanten Einstellungen verstießen gegen Auswahlrichtlinien, oder hat der Dienststellenleiter auch i n diesem Fall das Einigungsverfahren durchzuführen 6 ? Was hat der Dienststellenleiter zu tun, wenn der Personalrat auf die bessere Qualifikation eines anderen, internen Bewerbers hinweist u n d eine unzu-

3 Neben den nachfolgend genannten Beispielen vgl. noch BVerwG 20.5.1992, PersR 1992, 405; 27.11.1991, PersV 1992, 225 (226 f.); BayVGH 19.2.1991, PersR 1992, 459; 18.7.1991, PersR 1992, 270; 5.6.1991, PersR 1991, 373; HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491; OVG NW 20.11.1986, ZTR 1987, 154 und VG Bln. 3.11.1975, PersV 1977, 151. Weitere Beispiele aus der diesbezüglichen Rechtsprechung bei Dannhäuser, PersV 1990, 145 ff.; ders. 9 NZA 1989, 617 ff; Grabendorffl BPersVG, § 77 Rz. 14 ff; Schinkel, NZA 1988, 825 (829). 4 Dazu verneinend: BVerwG 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 (282); LAG Frankfurt 1.11.1990, ArbuR 1992, 122; OVG NW 29.7.1980, PersV 1981, 375 (376); Widmaier, PersV 1984, 148 (152) und zum BetrVG BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (190 f.); BAG 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972; ArbG Reutlingen 15.11.1990, ArbuR 1991, 348; Plander, RdA 1985, 223 (225). Bejahend: BVerwG 15.11.1989, PersV 1990, 235 (236); 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 ff ; 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 ff; 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167 f.; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 ff; 12.8.1983, PersV 1985, 246 ff; HessVGH 14.1.1987, PersR 1988, 56; BayVGH 29.10.1986, PersV 1990, 442 (444); Dannhäuser, PersV 1988, 34ff. m.w.N. S. 36 f; ders., PersV 1986,353 ff. m.w.N.. 5 Dazu BVerfG 22.2.1975, BVerfGE 39, 334 (353); BVerwG 27.3.1990, PersR 1990, 179 (181); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (279); 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (330); 27.9.1962, BVerwGE 15, 39 (40); 29.9.1960, BVerwGE 11, 139 (140); 27.2.1959, BVerwGE 8, 192 (195 f.); OVG Bln. 4.9.1991, PersR 1992, 107 (108). Siehe auch Dietz/Richardu BPersVG, §77 Rz. 61; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 51a. 6 Für die Durchführung des Einigungsverfahrens BVerwG 7.7.1989, PersR 1989, 301 f., BayVGH 27.1.1988, PersR 1988, 213 bestätigend. Ähnlich BAG 1.10.1991, ArbuR 1992, 60 zum BetrVG für die tariflich vorgeschriebene Bevorzugung gleich qualifizierter interner Bewerber.

§ 1 Einführung und Problemstellung

lässige Benachteiligung wegen dessen Personalratstätigkeit befürchtet 7? Muß der Dienststellenleiter die Zusümmungsverweigerung beachten, wenn sich der Personalrat darauf beruft, es sei vor der Einstellung keine Prüfung gemäß dem Schwerbehindertengesetz vorgenommen worden 8 ? Muß der Dienststellenleiter ein Einigungsverfahren einleiten, wenn er sogenannte Abrufkräfte einstellen will, der Personalrat aber im Hinblick auf die anzuwendenden Dienstpläne wegen der damit verbundenen besonderen Arbeitszeit seine Zustimmung unter Berufung auf §§ 77 Abs. 2 Nr. 1, 68 Abs. 1 Nr. 2 verweigert 9 ? Darf der Dienststellenleiter die Zustimmungsverweigerung zur Einstellung ignorieren, wenn sich der Personalrat unter Berufung auf § 77 Abs. 2 Nr. 2 und 3 gegen die geplante Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung wendet 10 ? Was wiederum hat der Dienststellenleiter zu tun, wenn die Personalvertretung in der Zustimmungsverweigerung verlangt, eine Vollzeitstelle mit einer weiblichen Teilzeitkraft zu besetzen und sich dabei auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 (Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau) und Nr. 2 (Diskriminierung einer Bewerberin) beruft 11 ? 2. Die Befugnisse des Dienststellenleiters Die Frage, ob Mitbestimmungspflichtigkeit überhaupt gegeben ist, steht nicht zur Disposition von Dienststellenleiter und Beschäftigtenvertretung und erfordert somit kein Einigungsverfahren 12 . Die Zustimmungsverweigerung 7 Für die Durchführung des Einigungsverfahrens BVerwG 13.5.1987, PersV 1988, 401 ff. Zur Zustimmungsverweigerung bei Eignungsbeurteilung siehe auch BVerwG 10.1.1991, PersV 1991, 280 f. m.w.N.; 27.3.1990, PersR 1990, 179 (181); 10.8.1987, BVerwGE 78, 65 (69 f.); 3.3.1987, PersV 1987, 375; 3.7.1986, PersV 1987, 197 (198 f.); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (278 ff.); BayVGH 11.9.1991, PersR 1992, 270; HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491; OVG Bln. 20.11.1989, PersR 1990, 265 f.; HessVGH 11.11.1987, PersV 1989, 40; OVG Rh.-Pf. 16.9.1986, PersR 1987, 197 f.; VG Köln 29.3.1978, PersV 1979, 199 f.; Dannhäuser, PersV 1989, 49ff.; ders., Anm. BVerwG 3.3.1987, PersV 1987, 378 ff. Überblick über die Rechtsprechung bei Grabendorff, BPersVG, § 77 Rz. 14. 8 Verneinend VGH BW 13.12.1988, PersR 1990, 149 f. Bejahend BAG 14.11.1989, PersR 1990, 150 f. zum BetrVG. 9

Verneinend HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990,176 ff.

10

Bejahend BVerwG 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.

11

Für ein Einigungsverfahren VG Ansbach 22.4.1991, PersR 1991,304 f.

12

Mittlerweile allgemeine Meinung, vgl. BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 f.; 2.2.1990, PersR 1990, 114; 15.11.1989, PersV 1990, 235 (236) und LS 2; 14.11.1989, ZTR 1990, 85; 25.8.1986, PersV 1987, 287 (290); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167 (168); 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (36); 14.6.1968, BVerwGE 30, 39 (40); HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990, 176 ff; 29.3.1989 (BPV TK 3993/87), ArbuR 1990, 264; 5.12.1979, HessVG-Rspr. 1980, 24\ Altvater, BPersVG, § 83 Rz. 11, Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art. 70 Rz. 150;

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§ 1 Einführung und Problemstellung

muß sich also i n den Grenzen des v o m Gesetz vorgegebenen Mitbestimmungstatbestandes bewegen u n d darf sich nicht auf Bereiche beziehen, die der M i t bestimmung nicht mehr u n t e r l i e g e n 1 3 . Ist diese "Hürde" genommen u n d Mitbestimmungspflichtigkeit anerkannt, so schließt sich die Frage an, ob die v o m Personalrat geltend gemachte Z u stimmungsverweigerung den gesetzlichen K r i t e r i e n entspricht oder aber unbeachtlich i s t 1 4 . Es ist v o m Dienststellenleiter zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen, und, da er die Maßnahme durchführen w i l l , auch v o n i h m zu entscheid e n 1 5 . Es stünde m i t der gesetzlichen Wertung nicht i n Einklang, bei begehrter M i t b e s t i m m u n g oder geltend gemachten Verweigerungsgründen den A r beitgeber entgegen seiner Überzeugung zu verpflichten, "auf Verdacht" die jeweiligen kollektivrechtlichen Schritte einzuleiten. D i e "Entscheidungsfreiheit", ob eine Einstellung "ohne" Z u s t i m m u n g der Beschäfligtenvertretung

Dannhäuser, PersV 1987,403 (405 f.); ders., Anm. BVerwG 20.6.1986, PersV 1987, 66 (68); ders., ersV 1991, 193 (197); Dietz/Richardi, BPersVG, §69 Rz. 72; Fischer/Goeres, BPersVG, §69 Rz. 43; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §69 Rz. 65, 22c; Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, Rz. 4 vor §§ 66-82; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 43, 2. Für das BetrVG jetzt ebenso BAG 18.10.1988, BAGE 60, 57 (63 ff.). Unklar BayVGH 1.7.1987, PersR 1988, l l l f . : Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichts und der Einigungsstelle, insoweit offengelassen von BVerwG 27.7.1990, a.a.O. Siehe auch BVerwG 12.8.1983, PereV 1985, 246 ff. und OVG NW 8.3.1988, PersV 1988, 359 zu der entsprechenden Frage beim Streit über ein Initiativrecht. 13 Hierzu ausführlich Dannhäuser, PersV 1987, 403 ff; ders., PersV 1990, 145 ff; ders., Anm. BVerwG 20.6.1986, PersV 1987, 66 ff. 14 Zu dieser Prüfungsreihenfolge siehe Dannhäuser, Anm. BVerwG 20.6.1986, PersV 1987, 66 (69); ders., PersV 1990, 409 (423 f.). 15 Vgl. auch HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491 (492); 9.4.1986, ZBR 1987, 344 (345); BayVGH 19.2.1992, PersR 1992, 459 (460); VG Köln 29.3.1978, PersV 1979, 199 (200) und zum BetrVG BAG 1.2.1989, BAGE 61,66 (77), sowie die oben genannten Nachweise zur Reichweite des Mitbestimmungstatbestandes; Dannhäuser, PersV 1990, 145 (146, 148); ders., NZA 1989, 617 (622); ders., PersV 1987, 403 (416); Fischer/Goeres, BPersVG, §77 Rz. 16; Lorenzen in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 36, inkonsequent allerdings Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 22e, wo dem Dienststellenleiter nur dann ein Prüfungsrecht zugebilligt wird, wenn sich der Personalrat konkret auf einen bestimmten Verweigerungsgrund bezieht. Nennt die Personalvertretung keinen Verweigerungsgrund, so können ihr dennoch nicht mehr als die im gesetzlichen Katalog abschließend aufgeführten Tatbestände, vgl. nur BVerwG 27.7.1979 (6 Ρ 38.78), PersV 1981, 162 (163), zugestanden werden, so daß sich das Prüfungsrecht des Dienststellenleiters dann auf alle möglichen Tatbestände bezieht und sich nicht von dem Fall unterscheidet, daß der Personalrat einen konkreten Grund nennnt Grundsätzlich a.A Altvater, BPersVG, § 83 Rz. 11; Kempen, PersR 1987, 179 (182); Krieg, LPVG NW, § 79 Anm. 7: Ausnahmslose Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle über Bestehen und Umfang der Mitbestimmungsrechte. Ähnlich Müller, PersR 1991, 455 (456 ff), der sowohl die Frage des Vorliegens eines Mitbestimmungstatbestandes als auch das eines Verweigerungsgrundes als "Nichteinigung" im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1 ansehen will.

§ 1 Einführung und Problemstellung

durchgeführt werden kann, liegt also bei i h m 1 6 . Andernfalls wäre ein Mitbestimmungsverfahren bei entsprechendem Begehren der Beschäftigtenvertretung immer einzuleiten, und zwar auch dann, wenn es gesetzlich gerade nicht vorgesehen ist 1 7 . Hat sich der Dienststellenleiter über die Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung hinweggesetzt, so ist es deren Aufgabe, die Verletzung ihres Mitbestimmungsrechtes gerichtlich zu rügen. Die früher vereinzelt vertretene Auffassung, wonach die Verwaltung beim Streit über das Vorliegen eines Mitbestimmungstatbestandes gehindert sei, die Maßnahme durchzuführen, der Personalrat allerdings gehalten sei, das Verwaltungsgericht anzurufen 18 , widerspricht nicht nur der genannten gesetzlichen Weitung, sondern läßt auch offen, ob der Personalrat auf diesem Wege seiner Mitbestimmung nicht unterliegende Maßnahmen verhindern oder blockieren kann, indem er das Verwaltungsgericht nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung anruft. Eine Frist für die Anrufung des Verwaltungsgerichts ist dem Personalrat jedenfalls nicht vorgeschrieben. Nun hat allerdings das Bundesverwaltungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt, daß das Personalvertretungsrecht dem Dienststellenleiter weder gestatte, rechtswidrige Beschlüsse mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden, noch solche Beschlüsse unter Berufung auf seine rechtliche Beurteilung unbeachtet zu lassen, vielmehr müsse der Dienststellenleiter die Rechtswidrigkeit im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren feststellen lassen 19 . Jedenfalls für den Bereich der Mitbestimmung widerspräche eine solche Vorgehensweise der gesetzlichen Wertung. Sie wurde hier vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht verlangt. Stellte das Gericht fest, daß sich die Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung ausserhalb des gesetzlichen Rahmens bewegte, so wurde das die Zustimmungsverweigerung ignorie-

16 Vgl. BAG 22.5.1985, BAGE 48, 351 (363); BVerwG 27.7.1979, PersV 1981, 162 (164); VG Hannover 18.3.1991, 530 (532)·, Dannhäuser, PereV 1990, 145 (148); ders., NZA 1989, 617 (622); ders., PersV 1987, 403 (416); Haas, PereV 1992, 145 (146). Ebenso zum BetrVG jetzt BAG 18.10.1988, BAGE 60, 57 (64). 17 So auch Dannhäuser, PersV 1990, 145 (148); ders., NZA 1989, 617 (622); ders., Anm. BVerwG 2.2.1990, PersV 1991,23 (26). Dies verkennt Müller, PersR 1991,455 (456 f.). 18

Grabendorff,

19

BVerwG 24.11.1986, PersV 87, 422 (423) zur Bindung des Personalrats an das Haushalts-

recht.

BPersVG, 6. Aufl. 1986, § 69 Rz. 3. Andere nunmehr 7. Aufl. 1991, § 69 Rz. 2.

28

§ 1 Einführung und Problemstellung

rende Verhalten des Dienststellenleiters gebilligt und der Antrag der Personalvertretung abgewiesen20. Hält das Gericht eine Kollektivrechtsverletzung für gegeben, so stellt es diese auch dann fest, wenn die Entscheidung des Dienststellenleiters, die Maßnahme ohne Zustimmung durchzuführen, nach gründlicher und rechtlich vertretbarer Überlegung zustandegekommen ist. Entscheidend ist insoweit allein die objektive Verletzung kollektivrechtlicher Vorschriften 21 . Damit ist das Übergehen der Zustimmungsverweigerung des Personalrats durch den Dienststellenleiter mit einem nicht zu unterschätzenden gerichtlich nachprüfbaren Risiko verbunden 22 .

3. Rechtsschutz der Personalvertretung Der in Personalvertretungssachen gewährte Rechtsschutz ist "dürftig" und konnte - jedenfalls bislang - die Durchführung kollektivrechtswidriger Maßnahmen nicht verhindern. Die Rechtsprechung verweigert der Personalvertretung sowohl einen Unterlassungsanspruch als auch eine vorläufige Feststellung der Rechtsverletzung; sie beschränkt sich auf die nachträgliche Feststellung der Verletzung von Mitbestimmungsrechten 23 . Nun ist allerdings das Bundesverwaltungsgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung dazu übergegangen, dem Personalrat einen "Anspruch verfahrensrechtlichen Inhalts" zu gewähren. Danach soll es möglich sein, den Dienststellenleiter - auch im Wege der einstweiligen Verfügung - zu verpflichten, das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten oder fortzusetzen 24. Die im Wege eines "obiter dictum" 2 5 ge20 Vgl. beispielhaft BVerwG 27.3.1990, PersR 1990, 179 (181 f.); 14.11.1989, ZTR 1990, 85; 16.3.1988, ArbuR 1988, 348; 15.2.1988, ZTR 1988, 186; 3.3.1987, PereV 1987, 375 (376); 25.8.1986, PersV 1987, 287 (290); 3.7.1986, PersV 1987, 197 (198); 4.4.1985, PersV 1987, 155 (156). 21 Vgl. beispielhaft BVerwG 20.5.1992, PersR 1992, 405; 3.3.1987, PersV 1987, 375 (377); 18.4.1986, PersV 1987, 157 (159); 12.3.1986, BVerwGE 74, 100 (105 ff); HessVGH 29.11.1989, PersR 1990, 184 (185) sowie BAG 18.10.1988, BAGE 60, 57 (64) zum BetrVG. Dazu auch Dannhäuser, PersV 1991, 193 (202); ders., Anm. BVerwG 2.2.1990, PereV 1991,23 (26). 22

So nuchBecker, ZBR 1991,321 (335). Vgl. dazu noch näher unten § 19 D II 4c.

23

Seit BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (252 f.) ständige und nahezu einhellige Rechtsprechung. Neuerdings bejaht HessVGH 27.2.1992, ZTR 1992, 264 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung die Möglichkeit der vorläufigen Feststellung, stellt aber hohe Anforderungen; ähnlich OVG NW 14.10.1991, PersV 1992, 90. Vgl. ausführlich unten § 15 Β I mit umfangreichen Nachweisen. 24 BVerwG 27.7.1990, PereR 1990, 297 (298). Zustimmend Albers,*Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990, 356ff.,Härter, Anm. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00603), PersR 1991, 421; Manstetten, Anm. OVG NW 14.10.1991, PersR 1992,72; Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz.

§ 1 Einführung und Problemstellung

troffene Aussage gewährt der Personalvertretung erstmals einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen den Dienststellenleiter 2 6 , m i t dem sie Einstellungen ohne ihre Z u s t i m m u n g v o r der Durchführung verhindern könnte. A u c h w e n n die Gewährung eines solchen Anspruchs auf unüberwindliche dogmatische Schwierigkeiten s t ö ß t 2 7 u n d sich i m Verwaltungsalltag als w e n i g praktikabel erweisen k a n n 2 8 , so sind die Instanzgerichte i h r bislang weitgehend gef o l g t 2 9 . Aus der Zulassung gerichtlich durchsetzbarer Ansprüche i n Beteiligungsangelegenheiten werden sich Konsequenzen für die Verfahrensweise der Dienststellenleiter ergeben 3 0 . Sollte sich diese Rechtsprechung zukünftig durchsetzen, so werden die Fälle, i n denen der Dienststellenleiter das Verfahren abbrechen u n d - bisher konsequent 3 1 - die Maßnahme durchführen kann, eltener w e r d e n 3 2 . Ob allerdings m i t dieser "kurzen Nebenbemerkung" 3 3 des

53. Ablehnend Dannhäuser, PersV 1991, 193 ff.; v. Gizycki, Anm. VG Hannover 18.3.1991, PersV 1991, 532 (533 £),Haas, PersV 1992,145 (\Λβ), Müller, PersR 1991,455 (458). 25 So die allgemeine Einschätzung, vgl. OVG NW 14.10.1991, PersV 1992, 90 (91); Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990, 356; Becker, ZBR 1991, 321 (336); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 66; v. Gizycki, Anm. VG Hannover 18.3.1991, PersV 1991, 532 (533); Haas, PersV 1992, 145. 26 A A Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990, 356 (357 f.): keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, lediglich "Klarstellung". 27 Jedenfalls dann, wenn das Beschlußverfahren nach wie vor lediglich objektiven Charakter haben soll. Zu den dogmatischen Unstimmigkeiten vgl. VG Hannover 18.3.1991, PersV 1991, 530 (532); OVG NW 14.10.1991, PersV 1992, 90 (91 ff); Dannhäuser, PersV 1991, 193 ff; v. Gizycki, Anm. VG Hannover 18.3.1991, PersV 1991, 532 (533 f.); Haas, PersV 1992, 145 (146); Müller, PersR 1991, 455 (458). Die Folge, daß mit der Verpflichtung des Dienststellenleiters auf einstweiligen Fortgang des Mitbestimmungsverfahrens inhaltlich eine vorläufige Verpflichtung zur Unterlassung der Maßnahme verbunden ist, kann auch nicht dadurch geleugnet werden, daß der "unterschiedliche Rechtscharakter der Ansprüche" behauptet wird, so Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990, 356 (358). Das Bundesverwaltungsgericht scheint hier offensichtlich einen "Ausweg" aus der Lücke zu suchen, die seine Rechtsprechung zum objektiven Verfahren im Rechtsschutz der Personalvertretungen mit sich bringt, ohne jedoch offen von seiner langjährigen Rechtsprechung Abstand zu nehmen. 28

OVG NW 14.10.1991, PersV 1992,90 (92); Dannhäuser, PersV 1991,193 (196).

29

OVG Bremen 31.7.1991, PersR 1991, 355; OVG Bln. 31.7.1991, PersR 1992, 270 f.; 18.7.1991, PersR 1991, 422; BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00603), PersR 1991, 420 (421); 26.4.1991, PersR 1991, 303; VG Gelsenkirchen 28.8.1991, PersR 1992, 162 (163); VG Mainz 11.4.1991, PersR 1991, 181; VG Ansbach, 28.1.1991, PersR 1991, 103. Ablehnend OVG NW 14.10.1991, PersV 1992, 90 (91 ff); VG Hannover 18.3.1991, PersV 1991, 530 (532); krit. auch OVG Lübg. 20.8.1991, PersR 1992, 25. BayVGH 19.2.1992, PersR 1992, 459 (460) verlangt, daß dem Personalrat kein anderes Mittel zur Verfügung steht, um die Gefahr des Obergangenwerdens abzuwenden, z.B. Anrufung der vorgesetzten Dienststelle nach § 69 Abs. 3. 30

Vgl. Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990,356 (358); Becker, ZBR 1991,321 (336).

31

So auch Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990,356.

32

Vgl. auch VG Gelsenkirchen 4.11.1991, PersR 1992, 165 (166), das die Durchsetzung der

30

§ 1 Einführung und Problemstellung

Bundesverwaltungsgerichts eine Wende i n der Rechtsprechung eingetreten ist oder es sich nur u m einen "noch nicht ausgereiften Diskussionsvorschlag" h a n d e l t 3 4 , ist derzeit noch nicht absehbar 3 5 . E i n materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch w i r d jedenfalls nach wie v o r v e r n e i n t 3 6 . Ist die Maßnahme bereits vollzogen, so w i r d dem Personalrat weder ein Anspruch auf A u f h e b u n g 3 7 noch auf Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens 3 8 gewährt.

Π. "Vorgaben" der Rechtsprechung Hat der Dienststellenleiter also zu prüfen, ob er die Maßnahme trotz verweigerter Z u s t i m m u n g des Personalrats durchführen w i l l , so erhält er v o n der Rechtsprechung fur seine Entscheidungsfindung wenig H i l f e s t e l l u n g 3 9 . Bereits die Frage, ob das Einigungsverfahren auch dann durchzufuhren ist, w e n n der Dienststellenleiter Mitbestimmungspflichtigkeit v o n vornherein nicht für gegeben hält, wurde v o n den Gerichten i n der Vergangenheit unterschiedlich bea n t w o r t e t 4 0 . M i t t l e r w e i l e w i r d sie allgemein v e r n e i n t 4 1 .

einstweiligen Verfugung durch Zwangsgeld gegen die Dienststelle ausspricht. Ebenso Schmitt in Lonzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 55. 33

So OVG Lübg. 20.8.1991, PersR 1992, 25.

34

So OVG Lübg. 20.8.1991, PersR 1992, 25.

35

So auch Becker, ZBR 1991, 321 (336); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

§ 69 Rz. 66.

36

BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 (298); BayVGH 19.2.1992, PersR 1992, 459 (460); VGH BW 26.11.1991, PersR 1992, 258 (259); OVG NW 14.10.1991, PersV 1992, 90 (91); OVG Lübg. 20.8.1991, PersR 1992, 25; OVG Bremen 31.7.1991, PersR 1991, 355; OVG Bln. 18.7.1991, PersR 1991, 422; BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00603), PersR 1991, 420 (421); VG Gelsenkirchen 28.8.1991, PersR 1992, 162 (163); Albers, Anm. BVerwG 27.7.1990, ZBR 1990, 356 (357); Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 55. 37 BVerwG 29.10.1991, PersR 1992, 24; OVG Lübg. 20.8.1991, PersR 1992, 25 (26); BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 350 f.; 26.4.1991, PersR 1991, 303 m.w.N. Dazu noch näher unten § 15 Β I . 38

BayVGH 19.2.1992, PereR 1992, 459 (461); OVG Bln. 31.7.1991, PersR 1992, 270 f.; 26.4.1991, PersR 1991, 303. 39 Ebenso Becker, ZBR 1988, 241 (253, 254); Dannhäuser, PersV 1987, 403 (404); ähnlich Hindinger, PersR 1988, 259; Ilbertz, Anm. BVerwG 20.6.1986, ZBR 1987, 9. A.A. Widmaier, Anm. BVerwG 20.6.1986, RiA 1987,10 (11): Kontinuität und Rechtsklarheit. 40

Vgl. nur einerseits bejahend BVerwG 12.3.1986, BVerwGE 74, 100 (105 ff.); in der Tendenz auch BVerwG 4.4.1985, PersV 1987, 155 ff; BayVGH 29.10.1986, PersV 1990, 442 (443); 11.6.1986, PersR 1987, 64; ebenso im Ergebnis BAG 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972 zum BetrVG und andererseits verneinend BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167 (168); 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (36); 14.6.1968, BVerwGE 30,39 (40); HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990, 176 ff.; 29.3.1989 (BPV TK 3993/87), ArbuR 1990, 264; ebenso wohl OVG NW 29.5.1982, ZBR 1983, 70. Zum ganzen ausfuhrlich Dannhäuser, PersV 1987, 403 ff.

§ 1 Einführung und Problemstellung

Besonders schwierig wird es für den Dienststellenleiter, wenn er die Frage zu beantworten hat, ob eine Zustimmungsverweigerung der Beschäftigtenvertretung beachtlich ist oder den gesetzlichen Erfordernissen nicht mehr entspricht 42 . Die Rechtsprechung geht davon aus, daß die Verweigerung nur dann unbeachtlich ist, wenn sich "ersichtlich" keiner der gesetzlichen Verweigerungsgründe ergibt 43 . Die sich anschließende Kontroverse darüber, ob die höchstrichterliche Formel dem Dienststellenleiter eine diesbezügliche "Schlüssigkeitsprüfung" erlaube 44 , beendete das Bundesverwaltungsgericht mit der "Klarstellung", daß eine Schlüssigkeitsprüfung nur in dem Sinne nicht erlaubt sei, daß bei Vorliegen der vom Personalrat vorgebrachten Umstände der Verweigerungstatbestand "ohne weiteres" gegeben sein müsse 45 . Im Betriebsverfassungsrecht arbeitete das Bundesarbeitsgericht zunächst mit der Formel, die Verweigerungsgründe dürften sich nicht so weit vom gesetzlichen Katalog entfernt haben, daß sie "schlechterdings" keinem der Tatbestände mehr zuzuordnen seien 46 , ging im Hinblick auf die dem Arbeitgeber damit überlassene Wertungsbefugnis 47 dann jedoch dazu über, nur eine "offensichtlich" daneben liegende Begründung für unbeachtlich zu halten 4 8 und hat sich mittlerweile unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen

41 Vgl. BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 f.; 2.2.1990, PersR 1990, 114; 15.11.1989, PersV 1990, 235 (236); 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.; 15.3.1988, ZBR 1988, 257 (258); 14.2.1988, ZTR 1988, 186; 25.8.1986, PersV 1987, 287 (290); 18.4.1986, PereV 1987, 157 (160) und die eingangs genannten Nachweise. Im einzelnen notier Dannhäuser, PersV 1990, 145 (149 f.) m.w.N. Das Bundesverwaltungsgericht hat bislang allerdings offengelassen, ob das Verwaltungsgericht ausschließlich fur die Frage zuständig ist oder ob sie auch im Einigungsverfahren entschieden werden kann, vgl. BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297. Parallele Entscheidungskompetenz bejaht von BayVGH 1.7.1987, PersR 1988, 111 f.; dagegen HessVGH 29.3.1989 ( BPV TK 3993/87), ArbuR 1990, 264. 42

Hierzu ausführlich Dannhäuser, NZA 1989, 617 ff.; ders., PersV 1987, 403 ff ; ders., PersV 1985, 148 ff; Franz, DB 1981, 422 ff; ders., ZBR 1980, 143 ff; Widmaier, PersV 1984, 148 ff. 43 BVerwG 27.7.1979 (6 Ρ 38.78), PersV 1981, 162 (164); 18.4.1986, PereV 1987, 157 (159 f.); 15.11.1989, PersV 1990, 235 (236). Vgl. auch BAG 26.1.1988, BAGE 57, 242 (253); 18.10.1988, BAGE 60, 57 (63) zum BetrVG: Die Verweigerung muß es als "möglich" erscheinen lassen, daß einer der gesetzlichen Verweigerungsgründe geltend gemacht werde. 44

Vgl. dazu Dannhäuser, PersV 1987, 403 (410), mit umfangreichen Nachweisen in Fn. 27.

45 BVerwG 3.7.1986, PersV 1987, 197 (198); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (276 f.); zuletzt BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 (298). 46 BAG 21.11.1978, AP Nr. 3 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 43/75), AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972, II 2 der Gründe. 47 BAG 26.1.1988, BAGE 57, 242 (251); 15.9.1987, BAGE 56, 108 (115); 16.7.1985, BAGE 49, 180 (189); jeweils zum Betriebsverfassungsrecht 48

BAG 26.1.1988, BAGE 57, 242 (251, 253).

§ 1 Einführung und Problemstellung

32

Rechtsprechung an die Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts 49 lehnt 5 0 .

ange-

Noch schwieriger gestaltet sich die Rechtslage, wenn die Angelegenheit nach einem Landespersonalvertretungsgesetz zu entscheiden ist, das keinen gesetzlichen Katalog von Verweigerungsgründen kennt 5 1 . Auch hier muß die Zustimmungsverweigerung des Personalrats bestimmte Mindestanforderungen erfüllen 52 . Für den Dienststellenleiter ist es nahezu unmöglich, die gerichtliche Bewertung seines kollektivrechtlichen Verhaltens zu prognostizieren 53 . Die gerichtlichen Beurteilungen der oben dargelegten Beispielsfalle mögen dies verdeutlichen: Die auf eine - angeblich - unzulässige Befristung gestützte Zustimmungsverweigerung 54 sah das Bundesverwaltungsgericht zunächst als beachtlich an, indem es die "Modalitäten" der Einstellung ebenfalls der Mitbestimmung unterwarf 55 . Heute geht es davon aus, daß die Befristung eines Arbeitsverhältnisses kein Recht zur Zustimmungsverweigerung gibt, denn die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses werde vom Einstellungstatbestand nicht erfaßt 56 . Es

49

BVerwG 27.7.1979 (6 Ρ 38.78), PersV 1981,162 (164).

50

BAG 26.1.1988, BAGE 57, 242 (253); 18.10.1988, BAGE 60, 57 (63).

51

So die Personal Vertretungsgesetze der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. 52 Vgl. dazu BVerwG 3.3.1987, PersV 1987, 375 (376); 24.7.1986, ArbuR 1987, 116; 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (276); 18.4.1986, PersV 1987, 157 (160); 3.3.1986, PersV 1987, 197 (198) m.w.N.; 4.4. 1985, PersV 1987, 155 (157); 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (52); OVG NW 29.7.1980, PersV 1981,375; 11.11.1982, RiA 1983, 179 (180); LAG Bln. 17.8.1987, DB 1988, 557 (558); LAG Hamm, 23.8.1979, PersV 1982, 51 (54); Germelmann., BlnPersVG, § 79 Rz. 30; Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 18; Krieg, LPVG NW, § 66 Anm. 15.1. 53 Becker, ZBR 1988, 241 (254); Schinkel, NZA 1987, 692 (696). Siehe auch v.Gizycki, PersV 1987, 177 (179): Für die Praxis nicht leistbar, Dannhäuser, PersV 1990, 409 (420): eines der schwierigsten und weiterhin heftig umstrittenen mitbestimmungsrechtlichen Probleme. 54 Zur Frage der Beteiligung der Beschäftigtenvertretung bei der Befristung von Arbeitsverträgen ausführlich Dannhäuser, PersV 1988, 34 ff; ders., PersV 1986, 353 ff. und Plander, RdA 1985, 223 ff. 55 BVerwG 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 (281 ff). Ebenso OVG NW 29.7.1980, PersV 1981, 375 f.; OVG Hmb. 5.4.1982 (OVG Bs PB 13/81), PersV 1984, 246 f. 56

BVerwG 15.11.1989, PersV 1990,235 ff; 17.8.1989, BVerwGE 82,288 (292); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167 f.; 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 ff); 12.8. 1983, PersV 1985, 246 ff. Ebenso HessVGH 14.1.1987, PersR 1988, 56;

§ 1 Einfhrung und Problemstellung

gestattet dem Dienststellenleiter, die diesbezügliche Zustimmungsverweigerung zu i g n o r i e r e n 5 7 . K e i n Mitspracherecht hat der Personalrat bei der Frage der Eignungsbeurt e i l u n g 5 8 . Nach allgemeiner M e i n u n g k a n n er sich nicht w i r k s a m auf fehlende E i g n u n g des auserwählten Bewerbers und eine damit verbundene Benachteiligung anderer Beschäftigter s t ü t z e n 5 9 . A l s beachtlich hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings eine Begründung angesehen, die sich wegen der verm e i n t l i c h fehlenden Qualifikation des zur Einstellung vorgesehenen Bewerbers auf eine mögliche Benachteiligung eines angeblich besser qualifizierten, sich ebenfalls bewerbenden Personalratsmitglieds b e z o g 6 0 . Keine Eignungsbeurteilung haben die Gerichte i n der Zustimmungsverweigerung erblickt, welche den auserwählten Bewerbern die v o n aufgestellten Auswahlrichtlinien geforderten Qualifikationen absprach 6 1 . D i e Frage, ob der Personalrat sich darauf berufen kann, daß der Arbeitgeber vor der Einstellung keine Prüfung nach dem Schwerbehindertengesetz vorge-

BayVGH 29.10.1986, PersV 1990, 242 (244); a.A offensichtlich LAG Frankfurt 1.11.1990, ArbuR 1992, 122. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Mitsprache der Beschäfligtenvertretung bei der Befristung zunächst verneint (BAG 20.6.1978, AP Nr. 8 zu §99 BetrVG 1972), dann jedoch ein Mitspracherecht zugebillt (BAG 28.10.1986, BAGE 53, 237 (246); 17.2.1983, BAGE 41, 381 (388); 11.11.1982, AP Nr. 71 zu §620 BGB Befristeter Arbeitsvertag, II lb der Gründe). Mittlerweile scheint das Bundesarbeitsgericht hiervon wieder abzurücken, BAG 14.2.1990, NZA 1990, 737 (740 f.). 57 BVerwG 15.11.1989, PersV 1990, 235 (236); 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 ff ; 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167 (168). Anders früher das Bundesarbeitsgericht zum Betriebsverfassungsrecht. Es verlangte vom Arbeitgeber auch in den Fällen die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens, in denen es ein Mitspracherecht bei der Befristung verneint hatte (BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (190 f.). Ablehnend v. Hoyningen-Huene, Anm. BAG 16.7.1985, SAE 1986, 186 (188 f.) und Dannhäuser, PersV 1986, 353 (364 f.)). Auch hiervon ist das Bundesarbeitsgericht offensichtlich wieder abgerückt (BAG 18.10.1988, BAGE 60, 57 (64) zur inhaltlichen Gestaltung des Arbeitsvertrages. Ebenso BAG 3.10.1989 (1 ABR 66/88), NZA 1990, 359 (361) zur Eingruppierung und BAG 1.9.1987, BAGE 56, 81 (91ff.) zur Frage des Tendenzschutzes). 58

Hierzu ausfuhrlich Dannhäuser, PersV 1985, 148ff. und PersV 1989,49 ff.

59

Vgl. nur BVerwG 26.8.1987, BVerwGE 78, 72 (78); 10.8.1987, BVerwGE 78, 65 (69); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (278 f.); 3.7.1986, PersV 1987, 197 (198); 3.3.1987, PersV 1987, 375 (376 f.). Auch hier hat das Bundesarbeitsgericht, obwohl es die Möglichkeit eines Verweigerungsgrundes verneint hatte, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einleitung des Ersetzungsverfahrens ausgesprochen: BAG 18.7.1978 (1 ABR 43/75), AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972. 60

BVerwG 13.5.1987, PersV 1988,401 (403).

61

BVerwG 7.7.1989, PersR 1989, 301 f., BayVGH 27.1.1988, PersR 1988, 213 (214) bestätigend. 3 Hantl-Unthan

34

§ 1 Einführung und Problemstellung

nommen habe, wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg verneint 6 2 . Zustimmungsverweigerungen anläßlich beabsichtigter Einstellungen, die sich auf die Arbeitszeit bezogen, wurden als außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes liegend angesehen63, unabhängig davon, ob sich der Personalrat gegen eine zu geringe Wochenarbeitszeit wandte 64 oder die Einstellung von sogenannten Abrufkräften rügte 65 . Der Einwand des Personalrats, es verletze den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung und diskriminiere eine Bewerberin, wenn der Dienststellenleiter sich weigere, einen als Vollzeitstelle ausgeschriebenen Posten mit einer weiblichen Teilzeitkraft zu besetzen, wurde demgegenüber als von § 77 Abs. 1 Nr. 1 und 2 erfaßt betrachtet 6 6 .

C. Die Rechtsfolgen unzureichender Personalratsbeteiligung L Das Problem Es ist offensichtlich, daß sich der Dienststellenleiter in diesem "juristischen Tiefschnee" 67 nicht immer gesetzeskonform verhalten kann, auch wenn im Grundsatz von der Gesetzestreue des öffentlichen Arbeitgebers ausgegangen werden sollte. Im Nachhinein verwaltungsgerichtlich festgestellte Verstöße gegen personalvertretungsrechtliche Vorschriften sind unvermeidlich 68 , verlangt man nicht der gesetzlichen Wertung zuwider eine "vorbeugende" Durch-

62

VGH BW 13.12.1988, PersR 1990, 149 (150). Ebenso LAG München, 21.9.1988, NZA 1989, 280 (Vorinstanz zu BAG 14.11.1989, PersR 1990, 150) zum BetrVG. Anders das Bundesarbeitsgericht zum BetrVG, BAG 14.11.1989, PersR 1990,150 (151 f.). 63

BVerwG 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f. m.w.N.

64

BVerwG 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.; a.A. BAG 28.1.1992, NZA 1992, 606, jedenfalls, wenn der Tarifvertrag diese geringe Beschäftigung untersagt 65 HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990, 176 (177); bestätigt durch BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 f. 66

VG Ansbach 22.4.1991, PersR 1991, 304 f.

67 Dannhäuser, PersV 1987,403 (404); ähnlich Hindinger, PersR 1988, 259: "Dickicht des Beteiligungstatbestandes 'Einstellung'"; Becker, ZBR 1988, 241 (253): "Ein in hohem Maße kompliziertes und unerfreuliches Thema, das in der Praxis .... immer wieder zu Verwirrungen gefuhrt hat und mit Sicherheit auch weiterhin noch führen wird ...". 68 Es sei denn, der Personalrat kann eine einstweilige Verfügung auf Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens vor Durchführung der Maßnahme erwirken. Dazu oben Β I 3.

§ 1 Einführung und Problemstellung

fuhrung des Mitbestimmungsverfahrens in jedem Fall der Zustimmungsverweigerung 69 . Das Arbeitsverhältnis mit dem zustimmungslos eingestellten Beweiber bleibt von diesen Auseinandersetzungen zunächst unberührt. Die Antwort auf die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen die von den Gerichten festgestellte objektive Verletzung kollektivrechtlicher Beteiligungsvorschriften darauf hat, ist aber nicht nur für den betroffenen Arbeitnehmer von weitreichender Bedeutung. Auch die Dienststelle hat an dem Kollektivrechtsverstoß unterschiedlich "schwer zu tragen", je nachdem, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben. Für den Betriebs- und Personalrat ist sie von Bedeutung, denn die Sicherstellung der kollektiven Beteiligung kann davon abhängen. Eine Aussage findet sich weder im Betriebsverfassungs- noch in den Personalvertretungsgesetzen. Die Verwaltungsgerichte beschränken sich auf eine bloße Feststellung der Rechtsverletzung nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, eine Aufhebung der Maßnahme erfolgt nicht 7 0 . Das Arbeitsgericht ordnet zwar auf Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG die Aufhebung der Maßnahme an, trifft aber keine Aussage über die rechtliche Bedeutung dieser Aufhebung für das individualrechtliche Arbeitsverhältnis des eingestellten Arbeitnehmers. Die Problematik ist nicht neu. Die Rechtsfolgen kollektivrechtswidriger Einzelmaßnahmen waren bereits während der Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 und des Personalvertretungsgesetzes 1955 umstritten 71 . Die Vorschläge, die zu ihrer Lösung vorliegen, sind reichhaltig und decken eine breite Spanne von Alternativen ab 7 2 . Die Diskussion des Problems beschränkt sich dabei jedoch vorwiegend auf den Bereich des Betriebsverfas-

69 Bedenklich daher Maul-Backer, S. 158, der dem Arbeitgeber das Risiko mangelnder Betriebsratsbeteiligung deshalb auferlegen will, weil er das Risiko durch die Einhaltung der Verfahrensvorschriften von vornherein vermeiden könne. Kritisch zu einer solchen Sichtweise auch Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (160). Vgl. auch Stege-Weinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 98, die dem Arbeitgeber empfehlen, im Hinblick auf die schwierige rechtliche Beurteilung, in Zweifelsföllen "vorsorglich" ein arbeitsgerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. 70

Dazu ausführlich unten § 15 ΒI.

71 Vgl. zum BetrVR: Fitting/Kraegeloh, BetrVG 1952, § 60 Rz. 19; Galperin/Siebert, BetrVG 1952, Rz. 11 vor § 60. Zum PersVR: Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 62 Rz. 15; Grabendorff; PersVG 1955, § 62 Anm. 6; Grabendorff, ZBR 1960, 97 (98); Molitor, PersVG 1955, § 62 Rz. 2; Rothländer, MitbestGespr. 1965, 145 f. Zur Rechtslage vor Geltung dieser beiden Gesetze vgl. Grabendorff ZBR 1960, 97 Fn. 5 m.w.N. 72

Zum Meinungsstand siehe unten § 2 und § 3.

36

§ 1 Einführung und Problemstellung

sungsgesetzes73. Die personalvertretungsrechtlichen Ausführungen sind gekennzeichnet durch dahingehende Verweise und Bezugnahmen 74 . Spezifisch personalvertretungsrechtliche Lösungsansätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Dienstes finden sich nur vereinzelt 75 , obwohl bereits die Entwürfe zum Personalvertretungsgesetz 1955 die Unterschiede zwischen privatwirtschaftlicher und behördlicher Arbeitnehmervertretung hervorgehoben haben 76 und es als zwischenzeitlich allgemein anerkannt gelten kann, daß sich für die Rechte der Personalvertretung andere Bezugspunkte ergeben als für die Mitbestimmung in der Betriebsverfassung 77.

IL Bisherige gesetzliche Regelungsversuche Ein Blick in die Geschichte von Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsgesetz zeigt, daß es vereinzelte Versuche gab, das Problem normativ zu regeln, Sie haben jedoch niemals Eingang in den verabschiedeten Gesetzestext finden können: Obwohl die CDU/CSU-Fraktion 1971 anläßlich der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes mit ihrem Oppositionsentwurf in § 35 Abs. 4 die gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen betriebsverfassungswidriger Einstellungen vorschlug 78 , hat der Gesetzgeber eine entsprechende Vorschrift nur für den Fall der Kündigung vorgesehen, § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Die

73 Dies entspricht dem grundsätzlichen Verhältnis von betriebsverfassungs- zu personalvertretungsrechtlichem Schrifttum, siehe auch Lecheler, NJW 1986, 1079 (1080); Schinkel, NZA 1985, 81; Kempen, PersR 1987, 179 (180). Zur Vernachlässigung des Rechts der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst trotz deren zahlenmäßiger Bedeutung vgl. Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 118 Rz. 1. 74 Vgl. Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 42 ff.; Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 23 ff; Germelmann, BlnPersVG, § 79 Rz. 54 ff; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 37 ff; Oetker, DÖD 1985, 242 ff; Schelter, BayPVG, Art. 70 Rz. 4; Schulin, ZfA 1981, 577 (633); siehe auch Löwisch/Röder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzANr. 28 zu § 99 BetrVG 1972. Zum älteren Schrifttum vgl. Poelmann, RdA 1968, 121 ff. 75 Vgl. Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 264; Großmann, BremPersVG, § 52 Rz. 45; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 f. 76

BTDrucks. 1/3552, S. 40 und BTDrucks. 11/160, S. 40.

77 Vgl. BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (279 ff); 30.11.1965, BVerfGE 19, 303 (314 ff); GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572); BVerwG 2.5.1957, BVerwGE 4, 357 (359); BAG 31.1.1969, BAGE 21, 323 (330); Bayer, PersV 1986, 481 (484); Becker, RiA 1988, 1 (3); Grabendorf, BPersVG, § 1 Rz. 28 ff; Hanau, DB 1987, 2356 (2357); Havers, PersV 1983, 88 (90); Schelter, BayPVG, Einl. Rz. 45; L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63; ders., BayVBl. 1981, 449 (451); Thiele, PereV 1990, 99 (101 f.); ders., PersV 1990, 290 (293); Widmaier, PersV 1978, 299 (300 ff.) m.w.N.; Windscheid, PersV 1970, 1; ders., PersV 1977,287 (289). 78 Entwurf eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Betrieb und Unternehmen (Gesetzentwurf der CDU/CSU) vom 5.2.1971, BTDrucks. VI/1806, S. 8.

§ 1 Einführung und Problemstellung

Gesetzgebungsmaterialien zum Bundespersonalvertretungsgesetz lassen einen solchen Regelungsvorschlag gänzlich vermissen 79 , auch hier wurden lediglich die Rechtsfolgen einer unter Verletzung des Beteiligungsrechts ausgesprochenen Kündigung geregelt, § 79 Abs. 4 BPersVG. Jüngster Versuch war der von der SPD-Fraktion vorgelegte Entwurf zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes 80. Danach sollte § 74 BetrVG folgenden Absatz 2 erhalten: "Der Arbeitgeber hat jede Maßnahme zu unterlassen, die ein Recht des Betriebsrats, sei es auch mittelbar, beeinträchtigen kann. Maßnahmen, die der Arbeitgeber unter Verstoß gegen diese Verpflichtung durchfuhrt, sind unwirksam, ihre Folgen sind zu beseitigen" 81 . Der sich anschließende Entwurf zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes 82 sah in § 66 Abs. 2 lediglich folgende entsprechende Regelung vor: "Der Leiter der Dienststelle hat jede Maßnahme zu unterlassen, die ein Recht der Personalvertretung beeinträchtigt" 83 . Eine § 74 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs zum Betriebsverfassungsgesetz entsprechende Vorschrift fehlt, die Begründung zu § 66 BPersVG führt jedoch aus: "Die vorgesehene Einfügung eines neuen Absatzes 2 in § 66 BPersVG entspricht der Einfügung eines neuen Absatzes 2 in § 74 BetrVG (vgl. Art. 1 Nr. 4 Buchstabe a des Entwurfs eines Gesetzes zum Ausbau und zur Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung Drucksache 10/3666)" 84 . Auch wenn diese beiden Entwürfe (bislang) nicht Gesetz geworden sind 8 5 , so drängt sich doch auch hier die Frage auf, aus wel-

79 Vgl. nur Antrag der Fraktion der SPD v. 12.12.1968, BTDrucks. V/3643; Regierungsentwurf v. 15.8.1972, BTDrucks. VI/ 3721; Entwurf der Fraktionen von SPD und FDP v. 13.2.1973, BTDrucks. 7/176; Bericht des Innenausschusses v. 5.12.1973, BTDrucks. 7/1339; Sachverständigenanhörung im Innenausschuß v. 21.3.1973, Zur Sache 3/73, S. 31 ff. 80

Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau und zur Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung vom 23. Juli 1985, BTDrucks. 10/3666, Art 1: Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. 81

Art. 1 Nr. 4a.

82

Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau und zur Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung im öffentlichen Dienst vom 17. Januar 1986, BTDrucks. 10/4689, Art. 1: Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Emeut eingebracht in der 11. Wahlperiode am 2.12.1987, BTDrucks. 11/1411. Vgl. dazu auch den Antrag der Fraktion der SPD zur "Fortentwicklung des Bundespersonalvertretungsgesetzes" vom gleichen Tag, BTDrucks. 11/1412. 83

Art. 1 Nr. 9a.

84

BTDrucks. 10/4689 S. 11.

85

Vgl. auch das im Rahmen der Neuregelung der Betriebsverfassung am 1.1.1989 in Kraft getretene Sprecherausschußgesetz, BTDrucks. 11/2503, das zwar eine Beteiligung des Sprecherausschusses bei Einstellungen vorsieht und dem Arbeitgeber entsprechende Mitteilungspflichten auferlegt, eine Sanktion bei Verletzung dieser Pflichten hinsichtlich der Wirksamkeit der personellen Maßnahme aber nicht vorsieht; dazu Röder, NZA 1989, Beil. 4 S. 2 (4).

38

§ 1 Einführung und Problemstellung

chem Grunde das Problem - zumindest vom Gesetzeswortlaut her - unterschiedliche Regelungen erfahren sollte. Einen letzten Regelungsversuch auf Bundesebene hat offensichtlich der Deutsche Gewerkschaftsbund anläßlich der jüngsten Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes unternommen. Er forderte sicherzustellen, daß eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme erst dann durchgeführt werden dürfe, wenn die Zustimmung der Personalvertretung vorliege oder durch die Einigungsstelle ersetzt worden sei und verwies hierzu auf die kündigungsrechtlichen Regelungen 86 . Letztlich bleiben die jüngsten landesgesetzlichen Regelungen im Mitbestimmungsgesetz von Schleswig-Holstein vom 11.12.1990 und im PersVG Rheinland-Pfalz vom 8.12.1992 zu erwähnen 87 . Nach §58 Abs. 3 Satz 1 M B G Schl.-H. ist die Durchführung von Maßnahmen ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unzulässig; gemäß §§ 74 Abs. 1, 67 Abs. 2 PersVG Rh.-Pf. sind Maßnahmen, bei denen der Personalrat nicht (ordnungsgemäß) beteiligt wurde, rechtswidrig. Eine Aussage über die Rechtsfolge wird jedoch auch damit zunächst nicht getroffen. Ob sich aus der jeweils in Satz 2 angeordneten Aufhebung etwas anderes ergibt, wird im Rahmen der nachfolgenden Untersuchungen zu überlegen sein 88 . I I L Die Losung des Bundesarbeitsgerichts und die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes 1. Die Gleichbehandlung von betriebsverfassungsrechtlicher und von personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung Die Klage eines als freier Mitarbeiter beschäftigten Rundfunkredakteurs auf Feststellung eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses 89 sowie die Klage eines Bewerbers auf Einstellung in den öffentlichen Dienst 9 0 waren für das

86

Vgl. die Darstellung bei Schneider, PersR 1988, 171 (172).

87

MBG Schl.-H. vom 11.12.1990, GVB1. S. 577; PersVG Rh.-Pf. vom 8.12.1992, GVB1. S.

333. 88

Dazu unten § 8 A III und 5. Kapitel.

89

BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972 und 2.7.1980, (5 AZR 520/79), ArchPR 1981, 305. Die beiden Entscheidungen sind in den hier maßgeblichen Passagen gleichlautend, so daß sich die folgenden Verweise auf die erstgenannte Entscheidung beschränken. 90

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1.

§ 1 Einführung und Problemstellung

Bundesarbeitsgericht Anlaß, grundlegend zu der Frage Stellung zu nehmen, welche Auswirkungen sich bei fehlender Zustimmung der Beschäftigtenvertretung auf das individuelle Rechtsverhältnis ergeben. War eine Beteiligung des Personalrats bei der Beschäftigung des freien Mitarbeiters zu Recht nicht erfolgt 9 1 , und fehlte eine Beteiligung bei dem auf Einstellung klagenden Bewerber mangels von der Dienststelle beabsichtigter Einstellung, so sahen sich die Vorinstanzen wegen Fehlens einer arbeitsvertraglichen Wirksamkeitsvoraussetzung von vornherein daran gehindert, den Klagen stattzugeben92. Das Bundesarbeitsgericht dagegen kam zu dem Ergebnis, daß die fehlende Beteiligung den Individualanspruch des Arbeitnehmers nicht berühren könne, denn sie habe keine Auswirkungen auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Arbeitsvertrages. Allerdings dürfe der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht beschäfti-

Das Bundesarbeitsgericht ging bei diesen Entscheidungen davon aus, daß die "Frage, ob ein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebs- oder Personalrats bei der Einstellung zur Unwirksamkeit des mit dem Bewerber geschlossenen Arbeitsvertrages führt, ... für das Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht nur einheitlich beantwortet werden" könne 9 4 . Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung konnte das Gericht nicht erkennen, denn das Mitbestimmungsrecht von Betriebs- und Personalrat verfolge "ersichtlich den gleichen Zweck" 9 5 . Die Entscheidungsgründe lassen daher

91 So ausdrücklich z.B. § 100 PersVG BW; Art. 12 Abs. 3 S. 2 BayRuFuG, Art. 83 Nr. 1 BayPVG; vgl. Nobbe, PersV 1977, 241 (242); Schelter, BayPVG, Art. 83 Rz. 2 m.w.N. Siehe auch § 4 BPersVG. 92

Soweit ersichtlich nur LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (Vorinstanz zu BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1), veröffentlicht. Siehe aber die Hinweise in BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972 zu den entsprechenden Entscheidungen des LAG Hamburg. 93 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4 der Gründe; bestätigt durch Urteil v. 10.12.1980, AP Nr. 15 zu Ait. 33 Abs. 2 GG, Β I 1 der Gründe; 17.2.1983, BAGE 41, 381 (388); BAG 25.6.1987, AP Nr. 14 zu § 620 BGB Bedingung, II 4a aa der Gründe und 28.4.1992, DB 1992, 2144 (2145). Ebenso OVG NW 20.12.1989, ZTR 1990, 534; HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990, 176. 94 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (5); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 2 der Gründe. 95 BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 2 der Gründe. Diese Paralleluntersuchung erstaunt bereits insoweit, als das Bundesarbeitsgericht sich nicht auf seine Rechtsprechung aus dem jeweils anderen Rechtsgebiet beruft, sondern vielmehr betont, diese Frage noch nicht entschieden zu haben. Allenfalls bei den beiden Entscheidungen für den Norddeutschen Rundfunk (5 AZR 56/79, AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972 und 5 AZR 520/79, ArchPR 1981, 305 ff.) wären Überlegungen angebracht gewesen, ob eine zu der nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu findenden Entscheidung vom gleichen Tage (5 AZR 1241/79, BAGE 34, 1ff.) unterschiedliche Betrachtung erforderlich ist, denn dort agierte die Beschäftigtenvertretung auf der Grund-

40

§ 1 Einführung und Problemstellung

Überlegungen zu Besonderheiten des öffentlichen Dienstes im Verhältnis zum Recht der privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisse gänzlich vermissen.

2. Bedenken Die Unterschiede zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft rufen jedoch Bedenken gegenüber dieser Gleichbehandlung hervor: Die Einbindung des Personalrats in die Verwaltungsorganisation 96 und die besondere öffentlich-rechtliche Aufgabenstellung der Dienststelle 97 weisen auf Bindungen hin, die für das Betriebsverfassungsrecht nicht zu verzeichnen sind. Der soziale Schutzgedanke des Arbeitsrechts begegnet im öffentlichen Dienst den Notwendigkeiten der staatlichen Aufgabenerfüllung und der Fürsorge für die Allgemeinheit 98 . Der die Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes beherrschende "natürliche Interessengegensatz" der Arbeitsvertragspartner 99 wird im öffentlichen Dienst ersetzt oder jedenfalls begleitet durch die die Gesamtheit seiner Angehörigen - einschließlich des Dienststellenleiters - bindende Verpflichtung zur Allgemeinwohlfürsorge 100 . Es ist daher anerkannt, daß das Betriebsverfassungsgesetz als Interpretationshilfe für das Personalvertretungsrecht nur insoweit in Betracht kommen kann, als nicht Funktion und Aufbau der öffentlichen Verwaltung unterschiedliche Regelungen verlangen 101 .

läge des Betriebsrätegesetzes vom 10.4.1946 (Kontrollratsgesetz Nr. 22); vgl. dazu Nobbe, PersV 1977, 241. 96 Vgl. Bayer, PersV 1986, 481 (488); Benda, RdA 1987, 181; Heussen, S. 70; Kübel, PersV 1986, 129 (130); Thiele, PersV 1980, 41 (44); Widmaier, PersV 1978, 299 (300). 97

Vgl. GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572); Heussen, S. 70; L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63; Widmaier, PersV 1978, 299 (300). 98

Vgl. GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572); Widmaier, PersV 1978, 299 (301).

99

Vgl. Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (170); G. Müller, RdA 1969, 227 (229).

100

Vgl. §§ 52 Abs. 1, 58 Abs. 1 BBG, §§ 8 Abs. 1, 6 BAT. Vgl. auch Amtl. Begr. des Entwurfes zum PersVG 1955, BTDrucks. 1/3552, S. 14: "Diener der Gesamtheit des Volkes". Ahnlich Adomeit, ZRP 1987, 75 (77); Havers, PersV 1987, 305 (306); Schinkel, NZA 1987, 692 (695); Stern, Staatsrecht I, § 11 II 3, S. 341; Thiele, PersV 1990, 290 (293); Widmaier, PersV 1978, 299 (301), Windscheid, PersV 1970,1. 101 BVerwG 6.2.1987, BVerwGE 75, 365 (371); 8.11.1989, PersR 1990, 102 (104 ff.), insoweit in BVerwGE 84, 58 ff. nicht abgedruckt; 2.5.1957, BVerwGE 4, 357 (359); Becker, Ri A 1986, 240 (241); Grabendorf, BPersVG, § 1 Rz. 28; Ossenbühl, Grenzen, S. 36; ders., PersV 1989, 409 (414); Schelter, BayPVG, Einl. Rz. 45; L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63; ders. in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 61; Thiele, PersV 1990, 290 (293). Siehe auch HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (234 f.); VfGH NW 15.9.1986, PersV 1987,103 (104) und allgemein zum Arbeitsrecht Adomeit, ZRP 1987,75 (79).

§ 1 Einführung und Problemstellung

Ob dies zu Konsequenzen für die Auslegung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsvorschriften im Hinblick auf die hier aufgeworfenen Fragen führt, bedarf noch der genaueren Untersuchung. Denkbar ist, daß sich das Personalvertretungsrecht mit einem "im Vergleich zum Betriebsverfassungsrecht enger ausgestalteten kollektiven Schutz" begnügen m u ß 1 0 2 , der bei der Auslegung jeder Norm zu berücksichtigen ist oder jedenfalls in Zweifelsfallen zu einem grundsätzlichen Interpretationsvorrang der Verwaltung f ü h r t 1 0 3 . Andererseits ist zu bedenken, daß der Zugang zum öffentlichen Dienst in Art. 33 Abs. 2 G G 1 0 4 eine verfassungsrechtliche Regelung erfahren hat, die an die Auswahlentscheidung des Dienststellenleiters besondere Anforderungen stellt. Ob dies zu einem von der Personalvertretung wahrzunehmenden erhöhten "Kontrollbedarf 1 bei Einstellungen führt, der eine besondere Absicherung ihrer Rechte gerade auch im Hinblick auf fehlende Aufhebungsvorschriften 105 erfordert, ist ebenfalls eine nähere Betrachtung w e r t 1 0 6 . Gleichzeitig ist zu überlegen, ob das "schützenswerte Vertrauen" des Bewerbers, das die Grundlage der Ansicht vom wirksamen Arbeitsvertrag bild e t 1 0 7 , im öffentlichen Dienst höher anzusetzen ist als im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes, ausgehend von der Überlegung, daß beim öffentlichen Arbeitgeber ein rechtstreues Verhalten grundsätzlich zu vermuten ist. Möglich bleibt letztlich, daß für die hier zu untersuchende Fallkonstellation die angesprochenen Besonderheiten keine Bedeutung haben, weil aufgrund vergleichbarer Positionen von einer "Korrespondenz von Betriebsverfassungsund Personalvertretungsrecht" auszugehen i s t 1 0 8 . 102 So GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572); wohl zustimmend Hanau, DB 1987, 2356 (2357). Bedenken bei Lecheler, PersV 1981, 1 (7). 103 So Lecheler, PersV 1981, 1 (7); ähnlich Kröger, PersV 1990, 241 (247); Ossenbühl, PersV 1989,409 (418). 104 Unter "öffentliches Amt" in dem dort genannten Sinne ist nicht nur die Tätigkeit im Beamtenverhältnis zu verstehen, sondern auch die aufgrund Privatrechtsvertrages, und zwar ohne Rücksicht auf den Inhalt der Tätigkeit, vgl. Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rz. 12; Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4b, S. 346, und unten § 19 C II 1. 105

Siehe § 101 BetrVG.

106 Für eine diesbezügliche stärkere Kontrolle grundsätzlich Ilbertz, PersV 1982, 184 (191); ablehnend zur Kompensation unzureichender Verwaltungskontrolle durch den Personalrat Klein, PersV 1990, 49 (55). 107 Vgl. nur BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 72 ff.; Gerhold inLorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57; Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 21. 108

Vgl. Ru. Scholz, ZBR 1980, 297 (302).

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§ 1 Einführung und Problemstellung

In jedem Fall ist es jedoch geboten, die Übertragbarkeit der zum Betriebsverfassungsgesetz entwickelten Lösungsvorschläge auf personalvertretungsrechtliche Sachverhalte im einzelnen zu prüfen 1 0 9 und die aufgezeigten Besonderheiten des öffentlichen Dienstes zu beachten 110 . Dementsprechend hat jüngst der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes darauf hingewiesen, daß die zwischen Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht "trotz mancher Gemeinsamkeiten" bestehenden wesentlichen Unterschiede, die sich aus der "besonderen, von Beschäftigungsverhältnissen in der Privatwirtschaft abweichenden Aufgabe des öffentlichen Dienstes" ergeben, zur unterschiedlichen Auslegung wortidentischer Begriffsfolgen führen kön-

Der bedenkliche Ausgangspunkt der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts führt dazu, daß auch das gefundene Ergebnis Zweifel weckt. Haushaltsrechtliche Aspekte des Beschäftigungsverbots sind nicht erörtert. Für den privaten Arbeitgeber mag zu berücksichtigen sein, daß es nicht Aufgabe des betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts ist zu verhindern, daß er sich durch nutzlose Verträge bindet und so seine Betriebsmittel verkürzt 1 1 2 . Der öffentliche Arbeitgeber vergütet mit öffentlichen Geldern, die nach bestimmten, gesetzlich festgelegten Kriterien zu bewirtschaften sind. Kann die Auslegung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften dazu führen, öffentliche Gelder ohne entsprechende "Gegenleistung" verwenden zu müssen? Ein Beschäftigungsverbot unter fortdauernder Vergütungspflicht zieht haushaltsrechtliche Konsequenzen nach sich, die zu der Überlegung führen, ob der vom Bundesarbeitsgericht als Zweck der Mitbestimmung herausgestellte Schutz der kollektiven Interessen 113 nicht in sein Gegenteil verkehrt wird114.

109 So auch grundsätzlich Blander, Zwingendes Recht, S. 208, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aber ausdrücklich zustimmt. 110

Ahnlich Becker, RiA 1988,1 (3)\L. Schmitt, BayVBl. 1979,63.

111

GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572).

112

So Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 97; Matthes, DB 1974, 2007 (2008).

113

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4c der Gründe. 114

Vgl. Ballerstedt-Schleicher,

BayPVG, Art. 75 Rz. 264; Zimmermann, BayPVG Art. 70 Rz. 1.

§ 1 Einführung und Problemstellung

Es bestehen daher Zweifel, ob die Entscheidungen des Bundesaibeitsgerichts vom 2.7.1980 zu einer weitgehenden Klärung der Problematik geführt haben 1 1 5 . Die Entscheidungsgründe deuten vielmehr daraufhin, daß sie unter zu starker betriebsverfassungsrechtlicher Ausrichtung leiden und den Anforderungen des öffentlichen Dienstes nicht Genüge leisten 1 1 6 .

D. Gegenstand und Gang der Untersuchung Gegenstand der Arbeit sind die individualrechtlichen Auswirkungen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung im öffentlichen Dienst. Neue Erkenntnisse für die betriebsverfassungsrechtliche Fragestellung sind nicht bezweckt, hier wird die Diskussion seit Jahren breit geführt 1 1 7 . Vielmehr werden die zur privatwirtschaftlichen Einstellung vorgetragenen betriebsverfassungsrechtlichen Argumente herangezogen und auf ihre Übertragbarkeit in das Personalvertretungsrecht untersucht. Die Arbeit beginnt daher mit einer "Bestandsaufnahme" der im Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht vorliegenden Lösungsvorschläge (1. Kapitel, §§ 2,3). Ausgehend von der im Betriebsverfassungsrecht vordringenden Auffassung, unter dem Mitbestimmungstatbestand der Einstellung sei allein die faktische Eingliederung zu verstehen, so daß Auswirkungen eines Kollektivrechtsverstoßes auf das individuelle Vertragsverhältnis von vornherein nicht in Frage kommen könnten, wird zunächst der personalvertretungsrechtliche Tatbestand "Einstellung" untersucht. Insbesondere im Hinblick auf die im öffentlichen Dienst bestehenden haushaltsrechtlichen Besonderheiten einer solchen Personalmaßnahme scheint hier eine spezifisch personalvertretungsrechtliche Betrachtungsweise geboten ( 2. Kapitel, §§ 4 bis 8). Sodann schließt sich eine Untersuchung der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsregelungen unter grammatischem, historisch-genetischem und systematischem Blickwinkel an (3. Kapitel, §§ 9 bis 11).

115 So aber Schelter, BayPVG, Art. 70 Rz. 4. Auf die sich aus den Entscheidungen ergebende vielfaltige Problematik weist Clemens, BAT, § 4 Anm. 2b 3 hin, ohne dies jedoch näher auszuführen. 116 So auch Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art 75 Rz. 264; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 f.; im Grundsatz auch Schelter, BayPVG, Einl. Rz. 45. 117 Zuletzt Maul-Backer, Die Rechtsfolgen betriebsverfassungswidrig durchgeführter Einstellungen im Konflikt der Interessen zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat, Dissertation Göttingen 1989 und allgemein Schlünder, Die Rechtsfolgen der Mißachtung der Betriebsverfassung, Frankfurt, Bern 1991. Im übrigen vgl. die Nachweise in § 3 A und § 4 A

44

§ 1 Einführung und Problemstellung

Im 4. Kapitel werden rechtskreisübergreifende Überlegungen angestellt, nämlich ob die Rechtsfolgen bei der Beamtenernennung eine Lösung vorgeben (§ 12); ob eine strikte Trennung zwischen kollektiver und individueller Ebene vorzunehmen ist, aus der sich Konsequenzen für die Lösung folgern lassen (§ 13) und letztlich, ob eine mögliche "Zweigleisigkeit" der Rechtswege Auswirkungen auf den individuellen Arbeitsvertrag verbieten, denn individualrechtliche Fragestellungen könnten in das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren verlagert werden (§ 14). Besonderes Augenmerk ist auf die Frage zu richten, ob die im Personalvertretungsrecht gesetzlich nicht normierte Absicherung von Mitbestimmungsrechten und die fehlende Sanktionierung von Kollektivrechtsverstößen, wie sie das Betriebsverfassungsrecht in § 101 und § 23 Abs. 3 BetrVG vorsieht, einen anderweitigen Schutz von Personalratsrechten gebieten, beispielsweise über die Unwirksamkeit des individuellen Arbeitsvertrages. Ihr ist das 5. Kapitel gewidmet (§§ 15 bis 17). Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet die abschließende Untersuchung und Bewertung der von der kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung berührten Interessen (6. Kapitel, §§ 18, 19, 20). Ausgehend von der Aufgabenstellung des Personalrats, die ihm im Rahmen seiner Mitbestimmung bei der Einstellung zukommt, ist hier besonders auf die Momente einzugehen, die den öffentlichen Dienst vom privatwirtschaftlichen Arbeitsprozeß unterscheiden. Die Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an das Gemeinwohl, die Stellung des Personalrats in der Verwaltung, die sowohl Arbeitgeber wie auch Personalvertretung bindenden öffentlich-rechtlichen Grundsätze sind nur einige beispielhaft zu nennenden Gesichtspunkte, die es hier zu beachten gilt, und die für die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung im öffentlichen Dienst zukommen, von Relevanz sein können. Die Untersuchung erfolgt auf der Grundlage des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Landesrechtliche Besonderheiten werden, soweit relevant, beachtet 1 1 8 .

118

Mangels bislang eigener gesetzlicher Regelungen ohne Einbeziehung der neuen Bundesländer. Zur grundsätzlichen Geltung des Bundespersonalvertretungsgesetzes auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und den vorgesehenen Ausnahmetatbeständen vgl. ausführlich L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 28 ff.; zum Übergangsrecht in den neuen Bundesländern und den Landes-Gesetzentwürfen des Deutschen Gewerkschaftbundes vgl. Pei seier, PersR 1991, 161 f. Zum ganzen Battis, RdA 1992, 12 (16) m.w.N.

L Kapitel

Die im Betriebsverfassungsund im Personalvertretungsrecht bereits entwickelten Lösungsvorschläge § 2 Auswirkungen der Kollektivrechtsverletzung auf den individuellen Arbeitsvertrag A. Die betriebsverfassungsrechtlichen Standpunkte Der betriebsverfassungsrechtliche Meinungsstand zu der Frage der Individualrechtsfolgen einer unter Kollektivrechtsverletzung vorgenommenen Einstellung ist nur noch schwer überschaubar 1. Die angebotenen Vorschläge reichen von absoluter, schwebender, relativer Unwirksamkeit über "eingeschränkte" Unwirksamkeit in einer Vielzahl von Variationen bis hin zur Wirksamkeit des Vertrages, verbunden mit einem Beschäftigungsverbot für den Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Vergütungspflicht für den Arbeitgeber. L Absolute Unwirksamkeit Die sogenannte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung, das heißt Annahme eines unwirksamen Arbeitsvertrages und Abwicklung nach den Regeln des faktischen Arbeitsverhältnisses, wird heute nur noch von wenigen Autoren vertreten 2. Sofern diese eine Begründung nicht völlig schuldig bleiben 3 , stützen sie ihre Argumentation auf den Begriff der Zustimmung, der das Mitbe-

Vgl. Heinze, Personalplanung, Rz. 182 Fn. 267: Unklarer Meinungsstand. 2

Gnade, BetrVG, § 99 Rz. 18; Meyer, BB 1982, 1614 (1616); Weiss, BetrVG, § 101 Rz. 3. Vertreter des älteren Schrifttums: Boewer, RdA 1974, 72 (74); Brecht, BetrVG, § 99 Rz. 9. Siehe auch Richardi, DB 1971, 621 (631). 3 So aber Brecht, BetrVG, § 99 Rz. 9; Gnade, BetrVG, § 99 Rz. 18; Weiss, BetrVG, § 101, Rz. 3. Ebenso auf der Grundlage "eingeschränkter Unwirksamkeit" Bleistein, BetrVG, § 99 Rz. 451.

46

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

stimmungsrecht als "positives Konsensprinzip" ausgestaltet habe4 und eine entsprechende Rechtsvermutung begründe 5, auf systematische Erwägungen zu §§ 100, 101 BetrVG 6 , auf den Zweck der Vorschrift, der die Wahrung der kollektiven Interessen der Belegschaft vor den Individualschutz des Arbeitnehmers stelle 7 oder auf die jedenfalls bestehende Notwendigkeit einheitlicher Behandlung aller Personalmaßnahmen, auch wenn der "Schutzzweck des § 99 BetrVG nicht unbedingt die Unwirksamkeit des Einstellungsvertrages erfordert" 8 . Π . Schwebende Unwirksamkeit Teilweise soll die Unwirksamkeit auch nur eine schwebende sein, das heißt die Maßnahme soll durch eine nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats oder deren Ersetzung durch das Arbeitsgericht nach § 99 Abs. 4 BetrVG wirksam werden 9. H L "Eingeschränkte" Unwirksamkeit Da die mit der Annahme eines nur faktischen Arbeitsverhältnisses verbundene ungesicherte Rechtsstellung des betroffenen Arbeitnehmers vielfach als unbillig empfunden wurde, hat die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung unterschiedliche Modifikationen erfahren mit dem Ziel, dem Arbeitnehmer einen umfassenderen Schutz seines Arbeitsverhältnisses zuteil werden zu lassen. Aus dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens wird gefordert, daß der Arbeitgeber sich nur dann auf die Unwirksamkeit berufen und das Arbeitsverhältnis einseitig auflösen dürfe, wenn der Betriebsrat einen Beschluß nach §101 BetrVG erwirkt habe 10 , oder jedenfalls Rechtsverletzung und Aufhe4

Boewer, RdA 1974, 72 (73); Richardi, DB 1971, 621 (631). Ebenso auf der Grundlage "eingeschränkter Unwirksamkeit" ArbG Göttingen 5.1.1973, DB 1973,338. 5

Boewer, RdA 1974,72 (74) Fn. 12.

6

Boewer, RdA 1974, 72 (73).

7

Boewer, RdA 1974, 72 (76).

8

Meyer, BB 1982, 1614 (1616).

9

Boewer, RdA 1974, 72 (74); Niederalt, S. 112; ebenso Adomeit, DB 1971, 2360 (2361) und End, S. 182, auf der Grundlage "eingeschränkter Unwirksamkeit". 10

End, S. 183 Fn. 2; Richardi, DB 1973, 378 (430); ders., ZfA Sonderheft 1972, 1 (22); Wiedemann, Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT, unter II 2. Im Ergebnis wohl auch ArbG Göttingen 5.1.1973, DB 1973, 338 f.; Adomeit, DB 1971, 2360 (2363); Bleistein, BetrVG,

§ 2 Individualrechtliche Auswirkungen

47

bung der Maßnahme geltend mache 11 , denn der Arbeitgeber selbst habe die Fehlerhaftigkeit des Arbeitsverhältnisses zu verantworten 12 . Der Betriebsrat wiederum könne, ebenso wie der Arbeitgeber, seine Rechte verwirken, wenn er längere Zeit, insbesondere länger als sechs Monate, untätig bleibe 13 . Geteilt sind die Meinungen darüber, ob zusätzlich materiell ein Verweigerungsgrund für den Betriebsrat vorliegen muß. Während für die einen dies der Gedanke gebietet, daß eine betriebsverfassungsrechtliche Pflichtwidrigkeit des Aibeitgebers dem Arbeitnehmer nicht den Bestandsschutz nehmen 14 , das heißt der formelle Schutz der Mitbestimmungsrechte nicht über den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses gestellt werden dürfe 15 , sehen die anderen einen Grundsatz des Betriebsverfassungsgesetzes darin, daß es Aufgabe des Arbeitgebers sei, in einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG das Vorliegen von Verweigerungsgründen feststellen zu lassen, andernfalls werde ein vom Gesetz gerade nicht gewollter Rollentausch vorgenommen 16 . I V . Relative Unwirksamkeit Als einziger Vertreter hält Brauch 17 die kollektivrechtswidrige Maßnahme allein gegenüber dem Betriebsrat für unwirksam. Da die §§ 99 ff. BetrVG vorrangig die Beteiligung des Betriebsrats gewährleisten sollten, dürfe sich auf

§ 99 Rz. 451, die dies zwar nicht ausdrücklich betonen, jedoch das Beschäftigungsverhältnis analog § 100 Abs. 2 BetrVG erst 2 Wochen nach Rechtskraft eines gem. § 101 BetrVG ergangenen Beschlusses enden lassen wollen. Ahnlich wohl auch Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 64a, der dies jedoch auf die Fälle der bewußten Mißachtung der Betriebsrats-Rechte beschränken will. 11

Hanau, RdA 1973, 281 (291).

12 End, S. 183; Hanau, RdA 1973, 281 (291), der aus demselben Grund auch dem Arbeitnehmer die Befugnis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses abspricht; Richardi, DB 1973, 378 (430); ders., ZfA Sonderheft 1972, 1 (22); Wiedemann, Aran. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT, unter II 2. Ausdrücklich gegen eine solche Einschränkung Boewer, RdA 1974, 72 (74 ff., 80) und Meyer, BB 1982, 1614 (1618). 13

Fitting/Auffarth,

14

Richardi, DB 1973,378 (430); ders., ZfA Sonderheft 1972, 1 (22).

BetrVG, § 99 Rz. 64a.

15

Wiedemann, Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§22, 23 BAT, unter II 2; siehe auch Hanau, RdA 1973, 281 (291): Bis zur gerichtlichen Feststellung, daß der Betriebsrat wirksam widersprochen habe, bestünde für den Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverbot mit Vergütungsanspruch. 16

End, S. 185; Fitting/Auffarth,

17

Brauch, S. 121 f.

BetrVG, § 101 Rz. 2a.

48

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages allein dieser berufen, nur allein i h m gegenüber sei die Maßnahme u n w i r k s a m 1 8 .

V. Wirksamkeit mit Beschäftigungsverbot D i e mittlerweile herrschende M e i n u n g läßt die zivilrechtliche Gültigkeit des Arbeitsvertrages v o n einem betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtverstoß des Arbeitgebers unberührt. W e n n der Betriebsrat einen Aufhebungsbeschluß nach § 101 B e t r V G erwirkt habe, müsse der Arbeitgeber die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers einstellen, der Vertrag sei jedoch nach w i e v o r w i r k s a m vorhanden, so daß der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bestehen b l e i b e 1 9 . E i n T e i l der Autoren k o m m t zu diesem Ergebnis bereits über eine entsprechende Interpretation des Wortes "Einstellung", unter dem sie nur die Eingliederung i n den Betrieb, das heißt die faktische Beschäftigung, nicht jedoch die rechtliche Begründung des Arbeitsverhältnisses verstehen 2 0 . Für andere wiederum ergibt sich die Wirksamkeit des Vertrages aus systematischen Erwägungen zu §§ 1 0 0 2 1 , 1 0 1 2 2 oder 1 0 2 2 3 B e t r V G , aus allgemeinen

18 Brauch, S. 122, 123, unklar jedoch auf S. 129: Unwirksamkeit des Arbeitsverhältnisses, Befugnis der Geltendmachung derselben nur für den Betriebsrat. 19 BAG 2.7.1980, (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 3 der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 72 ff., 94; Däubler-Kittner, BetrVG, § 99 Rz. 216; DietzMichardi, BetrVG, § 99 Rz. 232 ff; Etzel, BetrVR, Rz. 751; Frey, BB 1972,923 (926); Galperin/Löwisch, BetrVG, §99 Rz. 11, IIS; Hahn, S. 117, 122, 125 ff; Hanau, JuS 1985, 360 (363); Heinze, Personalplanung, Rz. 340, 397 ff; Hemmer, S. 132 ff; v. HoyningenHuene, RdA 1982, 205 (209); Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 109; Lipke, DB 1980, 2239 (2242); Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159 (160); Matthes, DB 1974, 2007 (2008); Maul-Backer, S. 159; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III; Rixecker, ArbuR 1983, 238 (239); Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6, 81, 131; dies., Mitbestimmung, S. 227 f.; Schlünder, S. 41 ff 20 Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 23 ff, 232; Frauenkron, BetrVR, Rz. 823; Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 10 ff, 118, Heinze, Personalplanung, Rz. 201; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (206,209); Matthes, DB 1974,2007. 21

Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 49 f., 53; Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 108.

22

v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (209); Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 108; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6, 84; dies., Mitbestimmung, S. 227; Schlünder, S. 42; Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (55); StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49; ebenso Schreiber, RdA 1987, 257 (259), allerdings ohne Äußerung zur Frage der tatsächlichen Beschäftigung. 23 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4b der Gründe; Schlochauer, Mitbestimmung, S. 227; StegeAVeinspach, BetrVG, §§99-101 Rz. 49; Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (57); siehe auch Schreiber, RdA 1987, 257 (260).

§ 2 Individualrechtliche Auswirkungen

49

Gründen der Risikozurechnung 24 oder aus der Überlegung, die Beseitigung der individualrechtlichen Dispositions- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers sei nicht Ziel des Betriebsverfassungsgesetzes 25. Hauptargument der herrschenden Meinung ist jedoch, daß dem ausweislich des Versagungskatalogs des § 99 Abs. 2 BetrVG von der Mitbestimmung beabsichtigten Schutz kollektiver Interessen durch ein Beschäftigungsverbot Genüge geleistet werde und deshalb eine weitergehende Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Arbeitnehmers nicht gerechtfertigt sei 2 6 . Unter analoger Anwendung von § 100 Abs. 2 BetrVG wird erwogen, das Beschäftigungsverbot erst 2 Wochen nach Rechtskraft des gemäß § 101 BetrVG ergangenen Beschlusses beginnen zu lassen 27 .

VL Volle Wirksamkeit Ebenso für die Wirksamkeit des Vertrages hat sich Meisel ausgesprochen, jedoch ohne ein Beschäftigungsverbot zu erwähnen 28 . Konsequenz der betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit des Arbeitgebers sei die Verpflichtung zur - in der Regel außerordentlichen - Kündigung nach rechtskräftigem Beschluß des Arbeitsgerichts gemäß § 101 BetrVG 2 9 .

24

Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159 (160).

25

Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz y BetrVG, § 99 Rz. 6, 84; Kraft, § 99 Rz. 108; ähnlich Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 72,103.

GK-BetrVG,

26 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 53, 94; Frey, BB 1972, 923 (926); Hemmer, S. 133, 135; Heinze, Personalplanung, Rz. 338; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210); Kraft, GK-BetrVG, §99 Rz. 108; Matthes, DB 1974, 2007 (2008); ders., DB 1975, \65\,Maul-Backer, S. 74ff., Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2c; Rixecker, ArbuR 1983, 238 (239); Schlünder, S. 42. 27 Galperin/Löwisch, BetrVG, § 101 Rz. 3,7; Heinze, Personalplanung, Rz. 397 f.; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 101 Rz. 12; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210); Lipke, DB 1980,2239 (2242). 28

Meisel, S. 118 f. Das Erfordernis eines Beschäftigungsverbotes trotz Annahme eines wirksamen Vertrages erwähnen ebenfalls nicht: Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (55, 57) und Stege-Weinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 45,49. 29

Meisel, S. 119.

4 Hantl-Unthan

50

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

B. Die personalvertretungsrechtlichen Standpunkte L Absolute Unwirksamkeit Anders als zum Betriebsverfassungsgesetz findet i m Bereich des Personalvertretungsrechts die Auffassung von der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages auch im neueren Schrifttum noch eine größere Anzahl von Anhängern 3 0 . Nur diese Auslegung werde der Bedeutung des Mitbestimmungsrechts gerecht 31 , der betroffene Arbeitnehmer könne seine Ansprüche gerichtlich gegen den Dienststellenleiter geltend machen 32 . Teilweise erfolgt die Argumentation in ausdrücklicher Abgrenzung zum Betriebsverfassungsgesetz 33, weil dieses im Gegensatz zum Personalvertretungsrecht die Mitbestimmung über die Sanktionsnorm des § 101 BetrVG sichere 34 oder haushaltsrechtliche Besonderheiten einem Beschäftigungsverbot entgegenstünden35. I L Schwebende Unwirksamkeit Ein Teil der Vertreter der Unwirksamkeitsfolge läßt die Heilung des Mangels durch nachträgliche Zustimmung des Personalrats z u 3 6 . Der Arbeitneh30 Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 262 ff.; Cecior, LPVG NW, § 72 Rz. 32; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 38, § 75 Rz. 18a; Geffken/Busch, PersVG, § 69 Anm. 14, § 75 Anm. 4; Germelmann, BlnPersVG, § 79 Rz. 54 ff Helmes-Küssner, PersVG Rh.-Pf., § 72 Rz. 6; Joerres, PersV 1981, 353 (356); Nufer, PersVR, S. 24; Rooschütz, LPVG BW, §69 Rz. 22; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 f.; ders. in Widmaier/Leutze/Lindenberg/Wendler, PersVR BW, §69 Rz. 41a. Zum älteren Schrifttum vgl. Engelhard, NdsPersVG, §§ 72,73 Rz. 25; Fees , PersV 1975,368. Siehe auch die Vorinstanz zu BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, I f f : LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 ff Offengelassen von OVG Bln. 20.11.1989, PersR 1989, 265: Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages, jedenfalls aber Beschäftigungsverbot 31 Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 262 ff; Fischer/Goeres, § 75 Rz. 18a; Geffken/Busch, PersVG, § 69 Anm. 14, § 75 Anm. 4. 32 Fischer/Goeres, Anm. 14, § 75 Anm. 4.

BPersVG, § 69 Rz. 37,

BPersVG, §69 Rz. 37, §75 Rz. 11, 18a; Geffken/Busch,

PersVG, §69

33

So Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art 75 Rz. 264; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 37, §75 Rz. 18a; Joerres, PersV 1981, 353 (356); Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 f. 34 Ballerstedt-Schleicher, 1241/79), PersV 1982, 375 (376). 35 36

Ballerstedt-Schleicher,

BayPVG, Art 75 Rz. 264; Widmaier,

Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR

BayPVG, Art 75 Rz. 264.

Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art 70 Rz. 6; Fischer/Goeres, BPersVG, §75 Rz 18a; Havers , LPVG NW, § 66 Anm. 25; Wind, S. 277. Dagegen: Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 18 ff;

§ 2 Individualrechtliche Auswirkungen

51

mer soll auf einen solchen Heilungsversuch Anspruch haben, vorher sei der Dienststellenleiter nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen 37 .

ΙΠ. "Eingeschränkte" Unwirksamkeit Eine eigene Lösung, speziell für die Maßnahme der Einstellung, hat Richard entwickelt. Während alle übrigen Maßnahmen einem "beweglichen System von Sanktionen" unterworfen werden 38 , soll sie grundsätzlich unwirksam sein, der Arbeitgeber sich jedoch aus Treu und Glauben (Veibot des widersprüchlichen Verhaltens) nicht auf diese Unwirksamkeit berufen dürfen 39 . Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit beruht auf einem Verständnis des Begriffs "Einstellung" im Sinne der Begründung der rechtlichen Zugehörigkeit zur Dienststelle 40 , die Beschränkung des Arbeitgebers in der Auflösungsbefugnis auf dem Gedanken, daß die personalvertretungsrechtliche Pflichtwidrigkeit der Dienststelle nicht das Recht geben dürfe, das Arbeitsverhältnis jederzeit einseitig aufzulösen 41 .

IV. Wirksamkeit mit Beschäftigungsverbot In der personalvertretungsrechtlichen Diskussion genießt die Maßnahme der Einstellung eine besondere Behandlung. Hier wird Wirksamkeit der Maßnahme trotz Kollektivrechtsverletzung auch von solchen Autoren angenommen, die für alle übrigen Maßnahmen die Personalrats-Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung ansehen 42 . Die angeführten Argumente decken sich dersPersV 1978, 217 (222); Ballerstedt-Schleicher, 242 (246); Söllner/Reinert, PersVR, S. 200. 37

Fischer/Goeres,

38

Dietz/Richardi,

BayPVG, Art 75 Rz. 265; Oetker, DÖD 1985,

BPersVG, § 75 Rz. 18a. BPersVG, § 69 Rz. 102.

39

Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 23 ff. (Anders zum BetrVG, § 99 Rz. 232: Wirksamer Arbeitsvertrag mit Beschäftigungsverbot, vgl. oben A 5). Ebenso Germelmann, BlnPersVG, § 79 Rz. 54ff. Im Ergebnis wohl auch Oetker, DöD 1985, 242 (244). 40

Dietz/Richardi,

BPersVG, § 75 Rz. 10,24.

41

Dietz/Richardi,

BPersVG, § 75 Rz. 25.

42

Arndt, LPVG BW, § 76 Rz. 22, Rz. 4 vor § 75, anders allerdings § 75 Rz. 3a: Unwirksamkeit der Arbeitnehmereinstellung; Aufhauser-Brunhöber, BayPVG, Art 70 Rz. 5; Außauser-Warga, BayPVG, Art. 75 Rz. 21; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §69 Rz. 56, 57; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 38, 37; Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 21, § 87 Rz. 8, Krieg, LPVG NW, Anm. zu § 72 (1) 1 Einstellung, S. 346, Aran. 2 vor § 72, S. 336; Ruppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 19, § 80 Rz. 137; Söllner/Reinert, PersVR, S. 198; Spohn-Bieler, NdsPersVG, § 73 Rz. 13, § 78 Rz. 86; im Ergebnis auch Schelter, BayPVG, Art 70 Rz. 4. Siehe auch BAG 10.12.1980, AP Nr. 15

52

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

zunächst weitgehend mit denen der betriebsverfassungsrechtlichen Vertreter. Der Bewerber um einen Arbeitsplatz sei mangels Kenntnis der internen Vorgänge besonders schutzbedürftig 43 , durch die drohende Vergütungspflicht werde das Mitbestimmungsrecht in besonderer Weise gesichert 44 . Darüber hinaus wird für das Personalvertretungsrecht auf den Einstellungsanspruch im öffentlichen Dienst verwiesen. Dem Dienststellenleiter dürfe nicht die Möglichkeit eröffnet werden, diesen Anspruch durch Nichtbeteiligung des Personalrats zu unterlaufen 45 .

C. Zusammenfassung Das betriebsverfassungsrechtliche Meinungsspektrum zu der Frage der Rechtsfolgen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung deckt eine breite Spanne von Lösungsmöglichkeiten ab. Angeboten werden absolute, schwebende, relative Unwirksamkeit, "eingeschränkte" Unwirksamkeit in mehreren Varianten sowie die Wirksamkeit des Vertrages mit und ohne Beschäftigungsverbot für den eingestellten Bewerber. Abgestellt wird hauptsächlich auf den Zustimmungs- und den Einstellungsbegriff, auf systematische Erwägungen zu §§ 100, 101 oder 102 BetrVG und auf den Zweck der Vorschrift, sei es, daß dieser den kollektiven Interessen den Vorrang vor dem Individualschutz einräume, sei es, daß diesem durch ein Beschäftigungsverbot ausreichend Genüge geleistet werde und die Berücksichtigung der Interessen des betroffenen Arbeitnehmers jede andere Lösung verbiete.

zu Art. 33 Abs. 2 GG, Β I der Gründe; 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (10); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 5 der Gründe einerseits und BAG 10.3.1982, BAGE 38, 130 (138 f.); 15.12.1976, AP Nr. 95 zu §§22, 23 BAT; 14.6.1972, BAGE 24, 307 (312); 1.7.1970, AP Nr. 11 zu § 71 PersVG 1955 andererseits. Von voller Wirksamkeit des Arbeitsvertrages geht auch Großmann, BremPersVG, § 65 Rz. 152, § 52 Rz. 43 ff. aus, ohne sich allerdings zu einem Beschäfligungsverbot zu äußern. 43

So insbesondere BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (10); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 72 ff., 94; ders., PersV 1978, 217 (220); Gerhold in LorenzenMaas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57; liberti, BlnPersVG, § 87 Rz. 8; Söllner/Reinert, PersVR, S. 198. Ebenso wohl OVG NW 20.12.1989, ZTR 1990, 534. 44 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (10); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4e der Gründe; Misera , GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2b. 45 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (11 ff); Spohn-Bieler, NdsPersVG, § 78 Rz. 86; siehe auch Löwisch/Röder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 2.

§ 2 Individualrechtliche Auswirkungen

53

In der personalvertretungsrechtlichen Diskussion findet, anders als im Betriebsverfassungsrecht, die Lösung über die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages noch eine größere Anhängerzahl. Argumentiert wird hier mit den Besonderheiten des Personalvertretungsrechts, das über keine Sicherungs- und Sanktionsvorschriften für den Personalrat verfüge und auf haushaltsrechtliche Gegebenheiten Rücksicht nehmen müsse. Die im übrigen angebotenen Lösungsvorschläge decken sich im großen und ganzen mit denen des Betriebsverfassungsrechts.

§ 3 Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes A. Die betriebsverfassungsrechtlichen Standpunkte Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann das Arbeitsgericht dem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats aufgeben, die personelle Maßnahme - das heißt die Einstellung - aufzuheben. Der private Arbeitgeber hat also, spätestens nach entsprechender arbeitsgerichtlicher Anordnung, den betriebsverfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Aufhebungspflicht des Arbeitgebers hat sich konsequenterweise daran zu orientieren, ob der Kollektivrechtsverstoß den rechtlichen Bestand des Einstellungsvertrages miterfaßt oder nicht. Die Pflicht zur Beseitigung der mitbestimmungswidrigen Maßnahme kann nicht weitergehen als das Recht auf Mitbestimmung selbst1.

L Beseitigung einer auf nichtigem oder schwebend unwirksamem Vertrag beruhenden Einstellung Wurde der Arbeitsvertrag mangels Wirksamkeitsvoraussetzung nicht gültig geschlossen und bezieht sich damit der betriebsverfassungswidrige Zustand auch auf die rechtliche Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses, so liegt die Beendigung dieses Rechtsverhältnisses durch einfache Erklärung nahe 2 . In konsequenter Anwendung der Rechtsgrundsätze über das faktische Arbeitsverhältnis 3 und unter Hinweis darauf, daß dem Bestandsschutz des Arbeitnehmers gegenüber dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht der Vorzug gegeben werden könne 4 , kommt ein Teil der Anhänger der "Theorie der Wirk-

1

In diesem Sinne konsequent Etzel, BetrVR, Rz. 751 und Matthes, DB 1974, 2007 (2009).

2

Zur Auflösung eines faktischen Arbeitsverhältnisses durch einfache Erklärung (nicht fristgebundenes Lossagungsrecht) vgl. KR-Becker, § 1 KSchG, Rz. 21 m.w.N. 3 Boewer, RdA 1974, 72 (75, 80); Brecht, BetrVG, § 101 Rz. 3; Hanau, RdA 1973, 281 (291); Meyer, BB 1982, 1614 (1616), der allerdings auch eine ordentliche Kündigung in Erwägung zieht; Weiss, BetrVG, § 101 Rz. 2 f. Zu den Zweifeln, ob diese Beendigungserklärung einen rechtskräftigen Beschluß nach § 101 BetrVG voraussetzt, vgl. oben § 2 A III. Inkonsequent Richardi, DB 1973, 378 (430): sozial gerechtfertigte ordentliche Kündigung trotz Unwirksamkeit des Vertrages.

§ 3 Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes

55

samkeitsvoraussetzung" zu diesem Ergebnis. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Aibeitnehmer-Interessen soll über Schadensersatzansprüche ausgeglichen werden 5.

Π. Beseitigung einer auf "eingeschränkt" oder relativ unwirksamem Vertrag beruhenden Einstellung M i t der Begründung, ein nach § 100 BetrVG vorläufig Eingestellter, der von vornherein mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müsse, könne nicht mehr Bestandsschutz genießen als deijenige, der "endgültig" eingestellt worden sei und somit von Anfang an auf das Bestehen eines wirksamen Arbeitsverhältnisses vertraut habe, kommt ein Teil der Vertreter der "eingeschränkten Unwirksamkeit" zu einer analogen Anwendung von § 100 Abs. 2 BetrVG. Das faktische Arbeitsverhältnis ende mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft eines gemäß § 101 BetrVG ergangenen Beschlusses6. Andere wiederum wollen die Beendigung des faktischen Arbeitsverhältnisses vom Vorliegen materieller Verweigerungsgründe abhängen lassen. Dem Arbeitnehmer müsse ein auf Treu und Glauben gestützter Bestandsschutz für die Zukunft zukommen, der erst dann entfallen dürfe, wenn die Zustimmung später berechtigterweise verweigert werde 7. Teilweise soll bis zur gerichtlichen Feststellung eines berechtigten Betriebsrats-Widerspruchs für den Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverbot mit Vergütungspflicht bestehen8. Ebenfalls für die Beendigung nach den Regeln über das faktische Arbeitsverhältnis, jedoch unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände, hat sich Wiedemann ausgesprochen9. Dies gebiete der im Privatrecht durchgängig bestehende Vertrauensschutz. 4

Boewer, RdA 1974,72 (76); Weiss, BetrVG, § 101 Rz. 3.

5 Boewer, RdA 1974, 72 (74); Brecht, BetrVG, § 99 Rz. 9; Fitting/Auffarth, 4, § 99 Rz. 64a.

BetrVG, § 100 Rz.

6 Adomeit, DB 1971, 2360, (2362); Bleistein, BetrVG, §99 Rz. 451; End, S. 184 f.; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 4; Richardi, ZfA Sonderheft 1972, 1 (22). Zum gleichen Ergebnis gelangt Brauch, S. 132, auf der Grundlage eines relativ unwirksamen Arbeitsvertrages. 7

Wiedemann, Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT, unter II 2; ähnlich Hanau, RdA 1973, 281 (291). Ebenso Richardi, DB 1973, 378 (430), der allerdings eine ordentliche, sozial gerechtfertigte Kündigung verlangt 8

Hanau, RdA 1973, 281 (291).

9

Wiedemann, Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT, unter II 2.

56

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

Letzlich bleibt der Vorschlag zu nennen, das Arbeitsverhältnis trotz unwirksamen Vertrages durch ordentliche, sozial gerechtfertigte Kündigung zu beenden 10 .

HL Beseitigung des betriebsverfassungswidrigen Zustandes bei Vorliegen eines wirksamen Vertrages Ist der Einstellungsvertrag trotz des Kollektivrechtsverstoßes wirksam, so ist danach zu differenzieren, ob die vertragliche Rechtsgrundlage der Einstellung von der Mitbestimmungspflichtigkeit erfaßt wird oder nicht. Da nach der "Lehre vom Beschäftigungsverbot" der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses von der kollektivrechtlichen Pflichtverletzung des Arbeitgebers nicht berührt wird, liegt der betriebsverfassungswidrige Zustand hier allein in der Beschäftigung des Arbeitnehmers, er wird bereits durch die Aufhebung der tatsächlichen Beschäftigung beseitigt, die Konsequenz der Beseitigung des Arbeitsvertrages ist damit nicht verbunden 11 . Da der Arbeitgeber nach dieser Lösung nach wie vor mit der Vergütungspflicht belastet sein soll und ein wirksamer Arbeitsvertrag einseitig nur durch Kündigung beseitigt werden kann, schließt sich hier die Frage an, ob das dem arbeitsgerichtlichen Beschluß nach § 101 BetrVG folgende Beschäftigungsverbot eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung sozial rechtfert i g t 1 2 oder die gerichtliche Feststellung der Kollektivrechtsverletzung sogar den wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB abgibt 13 . Denkbar ist hier auch, daß dem Arbeitnehmer der volle soziale Bestandsschutz zugute kommen muß, etwa weil der Betriebsrat sich materiell auf

10

Richardi, DB 1973,378 (430), und zwar in Abhängigkeit materieller Verweigerungsgründe.

11

Die Differenzierung zwischen Aufhebung der Beschäftigung und Beseitigung des Arbeitsvertrages als Maßnahme zur Beendigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes wird allerdings so deutlich nicht immer gesehen, vgl. insbesondere Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 101 Rz. 12 (anders allerdings dies., Mitbestimmung, S. 234); Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter IV; Stege-Weinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 45; Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (57); für das Personalvertretungsrecht Cecior, LPVG NW, §72 Rz. 20, 32. 12 So v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210 f.); Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 109; MaulBacker, S. 164; Rixecker, Mitbestimmung, S. 261; ders., ArbuR 1983, 238 (241). Ebenso wohl Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161); Matthes, DB 1974, 2007 (2008).

So Meisel, S. 118 f., der allerdings von einem Beschäftigungsverbot nicht spricht und die außerordentliche Kündigung als Inhalt der Beseitigungspflicht nach § 101 Satz 1 BetrVG ansieht

§ 3 Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes

57

keine Verweigerungsgründe stützen kann 1 4 oder weil es der Betriebsrat selbst zu verantworten habe, wenn er erst mehr als sechs Monate nach "Einstellung·1 des Arbeitnehmers einen Beschluß nach § 101 BetrVG erwirkt 1 5 . I m übrigen wird noch vorgeschlagen, bei der Frage der sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung das Verschulden des Arbeitgebers an der Kollektivrechtsverletzung zu berücksichtigen 16 , §§ 9, 13 KSchG analog anzuwenden 17 oder dem Arbeitnehmer Rechtsschutzmöglichkeiten dahingehend zu ermöglichen, selbst die Zustimmungsersetzung zu beantragen beziehungsweise einen entsprechenden Gegenantrag im Verfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG zu stellen, so daß sein Bestandsschutz von der Wahrnehmung dieser Rechte abhängig sein soll 1 8 . Letztlich bleibt der Vorschlag zu nennen, dem Arbeitgeber die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ganz zu versagen, wenn der Arbeitnehmer bereits den sozialen Bestandsschutz nach dem Kündigungschutzgesetz erlangt hat 1 9 . Da dies aber bereits im Verfahren nach § 101 BetrVG zu beachten sei, kommt wohl nach dieser Ansicht dann auch kein Beschäftigungsverbot mehr in Betracht 20 . Im übrigen wird, soweit das Problem nicht völlig unbehandelt bleibt 2 1 , lediglich darauf verwiesen, daß sich die individualrechtlichen Folgen allein nach dem Arbeitsvertrag zu richten hätten 22 .

14

So Hahn, S. 158 ff., 173 f.

15

So Misera , GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter II 4b. 16

V. Hoyningen-Huene, RdA 1982,205 (210 f.).

17

Hahn, S. 170 ff., 185, 261 f.

18

Hahn, S. 66 ff., 159 f., 173 f.

19

Dietzmichardi, BetrVG, § 99 Rz. 235 f.

20

Vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 236 und § 101 Rz. 12. Für den Fall, daß der Betriebsrat sein Recht verwirkt hat, ebenso Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 109. 21 Zur Frage der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses fehlt eine Äußerung bei Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 71ff.; Frey, BB 1972, 923 (926); Hanau, JuS 1985, 360 ff ; Hemmer, S. 128 ff ; unklar äußern sich Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 101 Rz. 12 und StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 45, die für die Aufhebungsverpflichtung nach § 101 BetrVG eine Zwei-Wochen-Frist analog § 100 Abs. 2 BetrVG befürworten, allerdings nicht deutlich machen, ob dann die tatsächliche Beschäftigung oder der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses enden soll. Die Äußerungen sind insbesondere deshalb unverständlich, weil sie selbst von Wirksamkeit ausgehen, für ihre Argumentation aber auf Autoren hinweisen, die den Arbeitsvertrag bereits als unwirksam ansehen. Ähnlich unklar Stahlhacke, BIStSozArbR 1972, 51 (57), der § 101 BetrVG ausschließlich auf die tatsächliche Beschäftigung beziehen will, gleichzeitig aber über § 101 BetrVG die Möglichkeit für gegeben hält, den ArbG zur Auflösung des Vertrages zu zwingen. 22 Galperin/Löwisch, 1980, 2239 (2242).

BetrVG, § 101, Rz. 3, 7; Heinze, Personalplanung, Rz. 397 f.; Lipke, DB

58

1. Kapitel: Bereits entwickelte Lösungsvorschläge

Nach Meisel wird der Arbeitsvertrag von der Mitbestimmungspflicht miterfaßt, so daß er im Wege der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung zu beseitigen ist 2 3 .

B. Die personalvertretungsrechtlichen Standpunkte Eine § 101 Satz 1 BetrVG entsprechende Aufhebungsvorschrift kennt das Personalvertretungsrecht nicht. Das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren beschränkt sich auf die Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes. Unklar ist daher bereits, ob im Bereich des Personalvertretungsrechts eine Beseitigung des personalvertretungswidrigen Zustandes überhaupt in Frage kommen kann 2 4 . Der Meinungsvielfalt zur Frage der Beendigung eines betriebsverfassungswidrig begründeten Arbeitsverhältnisses entspricht im Personalvertretungsrecht daher "das große Schweigen". Bis auf Richardi, der - ähnlich wie schon vorher zum Betriebsverfassungsgesetz 25 - trotz Annahme eines unwirksamen Vertrages die fristgemäße Kündigung durch den Arbeitgeber 26 für erforderlich hält 2 7 , ist eine Äußerung zu diesem Problem nur bei den Vertretern der Unwirksamkeitstheorie zu finden: das faktische Arbeitsverhältnis sei von jeder Seite jederzeit lösbar, es bedürfe keiner Kündigung 2 8 . Wie die Anhänger der "Lehre vom Beschäftigungsverbot" diesen Zustand beendet sehen wollen, ist nicht ersichtlich. Weder das Bundesarbeitsgericht noch die entsprechenden

23

Vgl. Meisel, S. 118 f.

24

Für die Beseitigungspflicht die herrschende Meinung, vgl. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4f der Gründe; BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (253); 17.1.1969, AP Nr. 4 zu § 60 HPVG a.E.; HessVGH 3.12.1980, HessVG-Rspr. 1981, 59 (60); 9.4.1980, PersV 1982, 378 (379); 5.12.1979, HessVGRspr. 1980, 24; 3.11.1976, PersV 1978, 164 (165); 18.12.1974, PersV 1976, 344 (345); VG Bln. 31.8.1973, PersV 1974, 210, Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 51 Fn. 146; ders., PersV 1978, 217 (221); Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art 70 Rz. 6; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 65 (im Widerspruch zu Rz. 58); Grabendorff, BPersVG, § 83 Rz. 23; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter V; Welkoborsky, PersR 1986,220 (225). Dagegen Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 263; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 (376). 25

Richardi, DB 1973, 378 (430).

26

Der Arbeitnehmer soll sich jederzeit einseitig lösen können.

27

Dietz/Richardi,

28

BPersVG, § 75 Rz. 25. Ebenso Germelmann, BlnPersVG, § 79 Rz. 54 f.

So ausdrücklich Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 265; Fischer/Goeres, BPersVG, § 75 Rz. 18a. Im Ergebnis wohl auch Geffken/Busch, PersVG, § 69 Anm. 14; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 (376).

§ 3 Beseitigung des kollektivrechtswidrigen Zustandes

59

Vertreter des Schrifttums unterbreiten hierzu Vorschläge 29 . So bleibt unklar, ob das den Arbeitgeber belastende Beschäftigungsverbot, das ja den Vergütungsanspruch unberührt lassen soll, diesen zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ob es einen sozialen Rechtfertigungsgrund darstellt oder ob der Arbeitgeber sehen muß, wie er mit dieser "selbst heibeigeführten" Situation klarkommt. Lediglich Misera plädiert für vollen Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses. Die Kollision zwischen einer Sanktion für die Verletzung des Mitbestimmungsrechts und dem Interesse des Arbeitnehmers an einem dauerhaften Bestand sei zugunsten des letzteren zu lösen, wenn der Betriebs-/ Personalrat so lange Zeit nichts unternommen habe und der Arbeitnehmer dadurch bereits dem Kündigungsschutz unterfalle 30 .

G Zusammenfassung Im Betriebsverfassungsrecht kann der Betriebsrat die Aufhebung der kollektivrechtswidrigen Maßnahme durch den Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, § 101 Satz 1 BetrVG. Diese Beseitigungspflicht des Arbeitgebers hat sich daran zu orientieren, ob der Kollektivrechtsverstoß den rechtlichen Bestand des Einstellungsvertrages miterfaßt oder nicht, was im betriebsverfassungsrechtlichen Schrifttum nicht immer klar unterschieden wird. I m Personalvertretungsrecht fehlt eine § 101 Satz 1 BetrVG entsprechende Aufhebungsvorschrift, so daß hier bereits unklar ist, ob eine Beseitigung des personalvertretungswidrigen Zustandes überhaupt in Frage kommt. Der Meinungsvielfalt im Betriebsverfassungsrecht zu der Frage, ob und wie die Maßnahme zu beseitigen ist, entspricht daher im Personalvertretungsrecht "das große Schweigen". Lediglich die Vertreter der Uniwrksamkeitstheorie lassen das faktische Arbeitsverhältnis durch jederzeit und beidseitig mögliche Lossagungserklärung enden. Wie die Anhänger der Lehre vom Beschäftigungsverbot diesen Zustand beendet sehen wollen, ist nicht erkennbar.

29 Vgl. beispielsweise Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 20, 21, der bei den im übrigen vorliegenden unwirksamen Maßnahmen eine grundsätzliche Beseitigungspflicht des Dienststellenleiters annimmt, sich zur Frage der Beendigung des mit dem Beschäftigungsverbot belasteten Arbeitsverhältnisses aber nicht äußert. 30 Misera , GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 4b. Seine Überlegungen basieren auf der Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes, sollen aber für das Personalvertretungsrecht gleichermaßen gelten, vgl. unter IV, V.

2. Kapitel

Der Begriff der "Einstellung" in § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG als normativer Anknüpfungspunkt der Mitbestimmung Die Weichen für die Entscheidung über die individuellen Rechtsfolgen einer kollektivrechtswidrigen Einstellung werden bereits durch die Interpretation des Begriffs "Einstellung" gestellt. Versteht man darunter nur die tatsächliche Eingliederung des neuen Arbeitnehmers in die Beschäftigtengemeinschaft, nicht auch die rechtliche Begründung des Arbeitsverhältnisses, so ist der Arbeitsvertrag nicht Gegenstand der Mitbestimmung. Bei Mißachtung kollektiver Beteiligungsrechte scheidet die Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Vertrages dann aus 1 , denn die Rechtsfolge einer Mißachtung kann nicht mehr erfassen als das Mitbestimmungsrecht selbst. Damit entscheidet die Interpretation des Einstellungsbegrüfs über den normativen Anknüpfungspunkt der Mitbestimmung mit den damit verbundenen Konsequenzen2.

1 Vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 23; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 65/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 1. Unzutreffend daher Cecior, LPVG NW, der die Einstellung auf die faktische Komponente reduziert, § 72 Rz. 20, sich aber dennoch für die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages ausspricht, § 72 Rz. 32. 2

So zutreffend Rixecker, Mitbestimmng, S. 12 und fftr die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung Heinze, Personalplanung, Rz. 193. Unzutreffend Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 11, diese Unterscheidung sei betriebsverfassungsrechtlich von geringer Bedeutung, da bei tatsächlicher Beschäftigung in der Regel immer ein Arbeitsvertrag vorliegen werde, und sei es auch nur durch schlüssiges Verhalten. Unzutreffend auch End, S. 97, sämtliche Meinungen führten jedenfalls dann zu demselben Ergebnis, wenn Abschluß des Arbeitsvertrages und Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung zeitlich zusammenfielen.

§ 4 Meinungsstand zum Einstellungsbegriff A. Der "zweigliedrige" Einstellungsbegriff Die inhaltliche Ausfüllung des Mitbestimmungstatbestandes "Einstellung" erfreut sich sowohl im Personalvertretungs- als auch im Betriebsverfassungsrecht einer lebhaften Diskussion. Kernpunkt des Streits ist die Frage, ob der Tatbestand den rechtlichen Aspekt des Vertragsschlusses miterfaßt oder ob er sich auf die tatsächliche Beschäftigung beschränkt 1. Als herrschend konnte bislang sowohl im Personalvertretungs- als auch i m Betriebsverfassungsrecht der zweigliedrige Einstellungsbegriff 2 bezeichnet werden. Ausgehend von der Überlegung, daß die mitbestimmungspflichtige Einstellung ein Arbeitsverhältnis mit dem einzustellenden Bewerber erfordere, das entweder durch den Abschluß eines Arbeitsvertrages oder durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme im Betrieb begründet werde, sollte sich die Einstellung im kollektivrechtlichen Sinne zusammensetzen aus einer vertraglichen und einer faktischen Komponente: Einstellung im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes sei sowohl die Begründung als auch die zeitlich damit zuammenfallende, vorhergehende oder nachfolgende tatsächliche Arbeitsaufnahme; bei zeitlichem Auseinanderfallen soll der zuerst stattfindende Teil die Mitbestimmungspflicht auslösen, allein auf die Eingliederung sei im Falle eines nur faktischen Arbeitsverhältnisses abzustellen3. Die Rechtsprechung hat darüber Eine Modifikation nimmt Richardi in Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 25, vor, der zwar "Einstellung" nur als Eingliederung begreift, darunter aber nicht die tatsächliche Beschäftigung, sondern die Zuweisung des Arbeitsbereiches durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer versteht Maßgebend sei der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers stehen soll, so daß eine Eingliederung auch dann vorliege, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit tatsächlich nicht antrete. 2 3

Bezeichnung im Anschluß an Ulber, ArbuR 1982, 54 (60).

Zum PersVR: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (4 f.); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II la der Gründe; LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (52); HessVGH 14.1.1987, PersR 1988, 56; OVG Hmb. 5.4.1982 (OVG Bs PB 13/81), PersV 1984, 246; Altvater, BPersVG, § 75 Rz. 6; Arndt, LPVG BW, § 76 Rz. 1; Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 9 f.; Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 23 f.; Bayer, PersV 1986, 481 (486); Fischer/Goeres, BPersVG, §75 Rz. 11; Geffken/Busch, PersVG, §75 Anm. 4; Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 12a f.; Havers , PersVR NW, § 72 Anm. 3.3; Helmes-Jacobi, PersVG Rh.-Pf., § 80 Rz. 54; Ilbertz, BlnPersVG, § 87 Rz. 3; Joerres, PersV 1981, 353 (354); Krieg, LPVG NW, Anm. zu § 72 (1) 1 Einstellung, S. 344; Rohr, PersR 1990, 93 (95); Spohn-Bieler, NdsPersVG, § 78 Rz. 43, 86; Schneider, PersR 1992, 225 (226 f.); Widmaier, PersV 1984, 148 (157 f.). Im Ergebnis

62

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

hinaus selbst dann eine Einstellung bejaht, wenn es sich nur um die Fortsetzung bestehender Arbeitsverhältnisse über den vereinbarten Beendigungszeitraum hinaus handelte, auch wenn dabei eine rechtliche und zeitliche Unterbrechung nicht stattfand 4. Hauptargument dieser Position ist der von der Beschäftigtenvertretung jedenfalls primär zu achtende Schutz der Interessen der Belegschaft im Hinblick auf die vertragliche Bindung des Arbeitgebers. Durch die rechtliche Begründung einer Einstellungspflicht, die stets auf die Eingliederung gerichtet sei und bereits die Entscheidung über die Einordnung treffe, könnten Tatsachen geschaffen werden, die für den Einsatz des Arbeitnehmers im Betrieb oder der Dienststelle von erheblicher Bedeutung sind 5 . Dies könne für die Beschäftigtenvertretung weitgehend irrevisible Vorabentscheidungen bedeuten6. Im übrigen sei zu bedenken, daß der Arbeitsvertrag bereits vor Dienstantritt wieder gekündigt werden könne. Da der Beschäftigtenvertretung hierbei ein Beteiligungsrecht zustehe, sei es widersinnig, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Kenntnis von dem zu kündigenden Arbeitsverhältnis habe7. Unter Hinweis darauf, daß der Arbeitsvertrag auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen könne, halten einige Autoren den Vertragsschluß für wohl auch BVerwG 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 ff.; Haas, ZTR 1988, 10 (11); Schelter, BayPVG, Art. 75 Rz. 3. Zum BetrVG: BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195); 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (4); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II la der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 8/75), AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972, II lb der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 79/75), BAGE 31, 20 (23); 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972, II 3 der Gründe; 14.5.1974, BAGE 26, 149 (154); LAG Frankfurt 24.6.1986, DB 1987, 1200 (1201); LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986,942; 27.9.1982, DB 1983,776 (777); LAG Hamm 14.7.1982, DB 1982, 2303; 8.4.1981, ArbuR 1982, 38\Böhm, DB 1974, 723 (727);End, S. 100;Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 10; Hahn, S. 18; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, §99 Rz. 11; Hunold, Anm. BAG 16.7.1985, BB 1986, 527 (528),Kohte, Anm. BAG 16.7.1985, ArbuR 1986, 188 (190); Maul-Backer, S. 10ff., Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 1; Schaub, Handbuch, § 241 II 1 S. 1763; StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 14; Ulber, ArbuR 1982, 54 (60); Weiss, BetrVG, § 99 Rz. 5. 4 BAG 7.8.1990, ZTR 1991, 42; 28.10.1986, BAGE 53, 237 (246): Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses; BAG 12.7.1988, AP Nr. 54 zu §99 BetrVG 1972, II der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 79/75), BAGE 31, 20 (23 f.): Beschäftigung über die vereinbarte Altersgrenze hinaus; jeweils unter Hinweis auf mögliche Veränderungen in den Zustimmungsverweigerungsgründen. Ebenso BVerwG 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 ff. für die Verlängerung eines Zeitarbeitsvertrages. 5 Zum PersVR: Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Ait. 75 Rz. 24; Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 12b; Havers, PersVR NW, § 72 Anm. 3.3. Zum BetrVG: Mei sel, S. 85; StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 12; Ulber, ArbuR 1982, 54 (62); Weiss, BetrVG, § 99 Rz. 5. 6

Weiss, BetrVG, § 99 Rz. 5.

7

Maul-Backer, S. 18; Mei sel, S. 85; StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 12.

§ 4 Meinungsstand zum Einstellungsbegriff

63

primär entscheidend; eine Arbeitsaufnahme ohne vertragliche Grundlage sei nur denkbar, w e n n der Arbeitnehmer ohne Wissen u n d W o l l e n des Arbeitgebers die Arbeit aufnehme, dann aber könne auch v o n einer "Einstellung" nicht mehr gesprochen werden 8 .

B. Einstellung als allein faktischer Vorgang Dagegen steht die i m Vordringen befindliche Auffassung, die den Mitbestimmungstatbestand der Einstellung allein auf die faktische K o m p o nente reduziert, entweder i m Sinne tatsächlicher Eingliederung i n die Dienst-/ Betriebsgemeinschaft 9 oder als Zuweisung des Arbeitsbereiches 1 0 . A u c h hier sind Anknüpfungspunkt der Argumentation die Interessen der Beschäftigtengemeinschaft. Diese seien aber nur durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme b e r ü h r t 1 1 , denn Z i e l der M i t b e s t i m m u n g sei es, Veränderungen des Status quo bezüglich Struktur u n d Zusammensetzung zu erfassen 1 2 . D i e Notwendigkeit der Einbeziehung v o n Beschäftigungsverhältnissen aufgrund unwirksamer oder gar nicht geschlossener Arbeitsverträge zeige, daß es allein auf die

8

Kraft, GK-BetrVG, §99 Rz. 18 ff.; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 11. Ähnlich Maul-Backer, S. 21 f. Siehe auch BayVGH 29.5.1987, PersR 1988, 84, und LAG Bln. 27.11.1986, BB 1987,901. 9 Zum PersVR: BVerwG 27.11.1991, PersR 1992, 198 (199); 15.11.1989, PersV 1990, 235 f.; 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.; 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 (291); 25.8.1988 (6 Ρ 36.85), PersR 1988, 298 (299); 30.5.1986, PereR 1987, 18 (19); 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985,167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.9.1983, PersV 1985, 163; HessVGH 8.4.1992, PersR 1992, 326; 23.1.1991, PersV 1992, 491; OVG NW 5.4.1990, PersR 1990, 335; 14.2.1990, PersR 1990, 235; HessVGH 29.3.1989 (BPV TK 3821/87), PersV 1990, 176 (177); 19.3.1989, PersR 1989, 162 (163); OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154); OVG NW 20.11.1986, ZTR 1987, 154 (155); HessVGH 9.4.1986, ZBR 1987, 344 (345); BayVGH 21.1.1971, PersV 1972, 180 (181); Cecior, LPVG NW, § 72 Rz. 20; Dembowski, NdsPersVG, § 78 Rz. 57; Grabendorff, BPersVG, §75 Rz. 3; Lindenberg/Wendler in Widmaier/Leutze/Lindenberg=Wendler, PersVR BW, § 76 Rz. 8. Zum BetrVG: v. Altrock, DB 1987, 785 (787 f.); Galperin/Löwisch, BetrVG, §99 Rz. 10 f.; Heinze, Personalplanung, Rz. 189 ff.; v. HoyningenHuene, RdA 82, 205 (206); ders., Anm. BAG 16.7.1985, SAE 1986, 186 (187); Löwisch/Röder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu §99 BetrVG 1972, S. 149; Matthes, DB 1974, 2007. 10

Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 23 ff. Da för Richardi eine Einstellung aber auch dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer nach dieser Zuweisung die Tätigkeit nicht aufnimmt, spricht auch dieser Ansatz für eine Einbeziehung der vertraglichen Komponente, vgl. die Kritik bei Kraft, GKBetrVG, § 99 Rz. 19. 11 HessVGH 8.4.1992, PersR 1992, 326 (328); GalperirvLöwisch, BetrVG, §99 Rz. 11; v. Hoyningen-Huene, RdA 82,205 (206); ebenso Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 1, IV, der aber dennoch vom zweigliedrigen Einstellungsbegriff ausgeht 12

Vgl. Heinze, Personalplanung, Rz. 190.

64

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

Eingliederung ankomme 13 . Im übrigen liege der Arbeitsvertrag auf individueller Ebene, die der kollektivrechtlichen Mitbestimmung entzogen sei 1 4 .

C. Der Einstellungsbegriff in der höchstrichterlichen Rechtsprechung L Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Nachdem sich das Bundesarbeitsgericht in ständiger Entscheidungspraxis für den zweigliedrigen Einstellungsbegrifif ausgesprochen hatte 15 , ist es in der neueren Rechtsprechung dazu übergegangen, die vertragliche Komponente aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Einstellungsbegriff auszugliedern 16 . War bislang ein arbeitsvertragliches Rechtsverhältnis oder die Übertragung des Direktionsrechts bei der Leiharbeit 17 Voraussetzung für die Annahme einer betriebsverfassungsrechtlichen Einstellung, so haben insbesondere die Fälle des Einsatzes von "Fremdpersonen" im Betrieb aufgrund Werk- oder selbständiger Dienstverträge dazu gefuhrt, das zwischen dem Eingestellten und dem Arbeitgeber zu begründende Rechtsverhältnis nicht als Bestandteil der betriebsverfassungsrechtlichen Einstellung zu bewerten 18 . Entscheidend sei die Eingliederung, denn die kollektiven Interessen würden allein durch sie berührt.

13 BVerwG 12.9. 1983, PersV 1985, 163; OVG NW 5.4.1990, PersR 1990, 335; Cecior, LPVG NW, § 72 Rz. 20; Grabendorff, BPersVG, § 75 Rz. 3; v. Hoyningen-Huene, RdA 82, 205 (206). 14 V. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (206); im Ergebnis auch BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); Heinze, Personalplanung, Rz. 198. 15 BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195); 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (4); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II la der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 8/75), AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972, II lb der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 79/75), BAGE 31, 20 (23); 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972, II 3 der Gründe; 14.5.1974, BAGE 26, 149 (154). 16 BAG 28.4.1992, DB 1992, 2144 (2145); 28.11.1989, BB 1990, 1343 (1344); 3.10.1989, NZA 1990, 366 (367); 1.8.1989, BAGE 62, 271 (277 ff.); 18.4.1989, BAGE 61, 283 (288); 18.10.1988, BAGE 60, 57 (60); 16.12.1986, AP Nr. 40 zu §99 BetrVG 1972, II la der Gründe; 15.4.1986, BAGE 51,337 (341 ff). 17 Vor der Regelung durch § 14 Abs. 1 AÜG hatte das Bundesarbeitsgericht die Übernahme von Leiharbeit trotz fehlenden Arbeitsvertrages als mitbestimmungspflichtige Einstellung qualifiziert, weil die Leiharbeitnehmer wegen ihrer Unterwerfung unter das Direktionsrecht des Entleihers wie dessen eigene Arbeitnehmer zu behandeln seien, vgl. BAG 14.5.1974, BAGE 26, 149 (154) und dazu Reuter, Anm. BAG 1.8.1989, SAE 1990,359, sowie Hunold, Anm. BAG 28.11.1989, BB 1990, 1345. 18 BAG 1.8.1989, BAGE 62, 271 (277 ff); 18.4.1989, BAGE 61, 283 (288 ff); 15.4.1986, BAGE 51, 337 ff; im Ergebnis auch BAG 1.10.1991, ArbuR 1992, 25; 5.3.1991, DB 1991, 1334 und 28.11.1989, BB 1990, 1343. Dem BAG folgt HessVGH 8.4.1992, PersR 1992,326 (328).

§ 4 Meinungsstand zum Einstellungsbegrifif

65

Da es auf das Rechtsverhältnis zwischen "Eingestelltem" und Arbeitgeber nicht ankomme, also insbesondere ein Arbeitsverhältnis nicht erforderlich sei, sei unter Einstellung nicht der Abschluß des Arbeitsvertrages, sondern die aufgrund eines solchen Vertrages oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses erfolgende tatsächliche Eingliederung in den Betrieb zu verstehen 19 . EL Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Im Gegensatz zum Bundesarbeitsgericht sieht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung als mitbestimmungspflichtig nur die Eingliederung, nicht auch den Abschluß des Arbeitsvertrages a n 2 0 . Erst wenn der Personalrat der Eingliederung zugestimmt habe, könne der Arbeitsvertrag geschlossen werden 21 . Ein Blick auf die weiteren Entscheidungsgründe zeigt, daß das Gericht die Mitbestimmungsfreiheit des Vertragsschlusses aus der Mitbestimmungsfreiheit des Vertragsinhalts folgert 22 . Die Versagung eines Mitbestimmungsrechts hinsichtlich der Befristung von Arbeitsverhältnissen 23 oder der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit von Teilzeitkräften 24 findet ihre gerichtliche Begründung in der kollektivrechtlichen Aufgabenstellung des Personalrats, die den Arbeitsvertrag nicht erfasse 25. Denn dieser unterliege, soweit sein Inhalt 19

So insbesondere BAG 15.4.1986, BAGE 51, 337 (341 ff.) und anschließend 18.4.1989, BAGE 61, 283 (288). 20 BVerwG 27.11.1991, PereR 1992, 198 (199); 15.11.1989, PersV 1990, 235 f.; 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.; 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 (291); 25.8.1988 (6 Ρ 36.85), PersR 1988, 298 (299); 30.5.1986, PersR 1987,18 (19); 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PereV 1986, 466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.9.1983, PereV 1985, 163. Ebenso HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491; OVG NW 5.4.1990, PersR 1990, 335; 14.2.1990, PersR 1990, 235. Neuerdings betont das BVerwG wieder einen "Mindestbestand an - vorhandenen oder zumindest beabsichtigten - arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen", der wesentliches Merkmal der Einstellung sei, BVerwG 20.5.1992, PersR 1992,405 (406). 21

BVerwG 12.9.1983, PereV 1985, 163; 25.8.1988 (6 Ρ 36.85), PersR 1988, 298 (299). Zustimmend Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rz. 16. 22

Ebenso jetzt BAG 18.10.1988, BAGE 60, 57 (60).

23

BVerwG 15.11.1989, PereV 1990, 235 f.; 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PereV 1986, 466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PereV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.8.1983, PereV 1985, 246 ff. 24 BVerwG 14.11.1989, ZTR 1990, 85 f.; 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PereV 1986, 466 (467); 12.9.1983, PereV 1985,163. 25 BVerwG 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 (291 f.); 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); PereV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.9.1983, PereV 1985, 163; 12.8.1983, PereV 1985, 246 (247).

5 Hantl-Unthan

66

2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

nicht gesetzlich oder tariflich vorgegeben sei, der freien Parteivereinbarung. Der hierbei erforderliche Schutz des Arbeitnehmers erfolge durch Gesetzes-, Tarif- und Richterrecht 26 . Hieraus schließt das Gericht, die Mitbestimmung bei der Einstellung beziehe sich allein auf die Eingliederung, Abschluß und Inhalt des Arbeitsvertrages seien mitbestimmungsfrei 27 .

IIL Die Bedeutung der hochstrichterlichen Rechtsprechung fur die Festlegung des normativen Anknüpfungspunktes der Mitbestimmung Eine nähere Betrachtung der bisherigen bundesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Einstellungsbegriff zeigt, daß eigentlicher Inhalt der neueren Entscheidungen nicht die Reduktion des Einstellungsbegrififs auf die faktische Eingliederung unter Herausnahme der arbeitsvertraglichen Komponente war, sondern die zusätzliche Hereinnahme auch solcher Beschäftigungsverhältnisse, die nicht auf einem Arbeitsverhältnis beruhen. Die vom Bundesarbeitsgericht getroffene Feststellung der betriebsverfassungsrechtlichen Relevanz dieser ffEinstellungsvorgänge M traf keine Aussage zu der Frage, ob diejenigen von dem Tatbestand erfaßten Fälle, die auf einem Arbeitsverhältnis beruhen, allein auf die faktische Komponente zu reduzieren sind. Führte die Eingliederung betriebsfremder Personen zu mitbestimmungsrechtlich relevanten Belegschaftsbeeinträchtigungen, so ist damit für die Gruppe der einzustellenden Arbeitnehmer die Aussage getroffen, daß auch ihre Eingliederung allein bereits zu entsprechenden Interessenkonflikten führen kann. Damit nicht verbunden war die Feststellung, daß daneben durch die arbeitsvertragliche Begründung des Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls kollektive Belange in betriebsverfassungsrechtlich relevanter Weise berührt sein können. M i t möglichen Kollektivbeeinträchtigungen durch den Vertragsschluß setzt sich das Bundesarbeitsgericht nicht auseinander.

26 BVerwG 17.8.1989, BVerwGE 82, 288 (294); 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247). Im Ergebnis wohl auch Dannhäuser, PersV 1988,34 (37). 27 BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (32 f.); 12.9.1983, PersV 1985, 163; 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247). Ebenso OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154): Der Abschluß des Arbeitsvertrages berühre nur individuelle Belange.

§ 4 Meinungsstand zum Einstellungsbegrifif

67

Diese Interpretation der bisherigen bundesaibeitsgerichtlichen Rechtsprechung wird dadurch bestätigt, daß das Gericht bereits früher die beiden Komponenten Vertragsschluß und Eingliederung alternativ hat genügen lassen, so daß die Arbeitnehmer-Leihe als mitbestimmungspflichtige Einstellung des Entleihers galt 2 8 . Nunmehr ist das Bundesarbeitsgericht in neuester Rechtsprechung allerdings dazu übergegangen, die vertragliche Komponente aus dem Einstellungsbegriff völlig auszuklammern. Um die damit verbundenen, offensichtlich nicht gewollten Konsequenzen zu vermeiden, setzt es den Zeitpunkt der Mitbestimmungspflicht bereits vor den Vertragsschluß, denn bereits der Vertragsschluß führe zu faktischen Zwängen hinsichtlich der Eingliederung 29 . Dies geschieht offensichtlich nicht, um mögliche durch den Vertragsschluß hervorgerufene Kollektivbeeinträchtigungen auszuräumen, sondern um faktische Zustimmungszwänge für den Betriebsrat aus Gründen des Betriebswohls oder des Schutzes des Neueingestellten auszuschalten. Ist Ausgangspunkt der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Feststellung, daß der Inhalt des Arbeitsvertrages wegen seines allein individualrechtlichen Bezuges nicht der Mitbestimmung unterliege, und wird aus diesen Gründen auch der Abschluß des Arbeitsvertrages aus der Mitbestimmungspflicht genommen, so reduziert das Bundesverwaltungsgericht die Bedeutung des Arbeitsvertrages nicht nur hinsichtlich seines Inhalts, sondern auch bezüglich seines Abschlusses auf eine allein individualrechtliche, ohne eine mögliche kollektivrechtliche untersucht zu haben. Der Einwand, durch den Abschluß des Arbeitsvertrages erfolge aufgrund der damit ausgelösten Bindungswirkungen auch eine Berührung kollektiver Interessen, erfahrt keine Erörterung. Die Frage, ob der Individualschutz einzelner Arbeitnehmer der kollektiven Aufgabenstellung des Personalrats unterfallt oder ob der Inhalt des Arbeitsvertrages kollektive Belange berührt, ist jedoch völlig unabhängig von der Überlegung zu beantworten, daß möglicherweise bereits der Abschluß des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vom Personalrat zu überwachende Auswirkungen auf die Belegschaft hat. Mögliche kollektive, personalvertretungsrechtlich relevante Auswirkungen der vertraglichen Bindung des Arbeitgebers haben mit möglichen kollektiven Auswirkungen der inhaltlichen Gestaltung des Vertrages offensichtlich nichts zu t u n 3 0 . 28

Vgl. BAG 14.5.1974, BAGE 26, 149 (154).

29

BAG 28.4.1992, DB 1992, 2144 (2146) unter ausdrücklicher Aufgabe einer etwa anderslautenden bisherigen Rechtsprechung. 30 Unzutreffend daher auch Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 12: Da dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht die Funktion einer Richtigkeitskontrolle gegenüber dem Arbeitsverhältnis

68

2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

Dies hatte zutreffend auch das Bundesarbeitsgericht hervorgehoben. Es hatte klargestellt, daß die seinem (früheren) Einstellungsbegriff zugrundeliegende vertragliche Komponente die Frage betreffe, wann das M i t b e s t i m mungsrecht des Betriebsrats einsetzt, ob schon m i t Vertragsschluß oder erst bei Eingliederung. Eine v ö l l i g andere Frage sei, ob auch der Inhalt des A r beitsvertrages dem Mitbestimmungsrecht u n t e r f a l l e 3 1 .

zukomme, sei die Erstreckung des Mitbestimmungsrechts auf den Abschluß des Vertrages eine bloße Formalie. Grds. a.A. Kohte, Anm. BAG 16.7.1985, ArbuR 1986, 188 (190), für das BetrVR: "Widerspruch,... wie eine Begründung des Vertrages ohne seinen Inhalt aussehen kann". Für eine Differenzierung zwischen Vertragsinhalt und Vertragsschluß auch Dannhäuser, PersV 1988,34 (37). 31 BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195). Zustimmend LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986, 942. Das LAG Frankfurt, 24.6.1986, DB 1987,1200 (1201), sieht in der Entscheidung des BAG eine Tendenz zur ausschließlichen Relevanz der Eingliederung. Ebenfalls differenzierend nach Begründung des Rechtsverhältnisses und Inhalt/Art der Beschäftigung HessVGH 14.1.1987, PersR 1988, 56. Grundlegend anders nunmehr BAG 28.4.1992, DB 1992, 2144 (2146).

§ 5 Die grammatische Auslegung des Merkmals "Einstellung" A. Der übliche Wortsinn Die juristische Auslegung beginnt mit dem Wortsinn, daß heißt es wird festgestellt, wie der Ausdruck im allgemeinen Sprachgebrauch oder, falls ein solcher feststellbar ist, im besonderen Sprachgebrauch des Gesetzes verstanden wird 1 . Dabei bildet die Umgangssprache das Fundament, auf dem die fachsprachlichen Differenzierungen aufbauen, so daß zunächst vom gewöhnlichen Wortsinn der Umgangssprache auszugehen ist 2 . Ein Blick in die gängigen Deutschen Wörterbücher zeigt, daß der übliche Wortsinn bei der Interpretation des Einstellungsbegriffs nicht weiterhilft. Danach bedeutet "einstellen" "in Arbeit, in Dienst nehmen" 3 , was sowohl die vertragliche als auch die faktische Komponente umfassen kann 4 .

B. Der Sprachgebrauch des Betriebsverfassungsgesetzes Das Betriebsverfassungsgesetz verwendet zwar den Begriff der Einstellung noch an anderen Stellen, §§ 5 Abs. 3 Nr. 1, 95 Abs. 1 Nr. 5, 105 BetrVG, einen weiterführenden Hinweis auf seinen Inhalt läßt sich diesen Vorschriften aber nicht entnehmen. Das Gesetz kennt zwar in § 102 Abs. 5 BetrVG den Begriff des Arbeitsverhältnisses^ daß es im Rahmen der Mitbestimmungstatbestände von "Begründung des Arbeitsverhältnisses" hätte sprechen können, wenn es die Beteiligung in diesem Sinne gemeint hätte 5 . Da das

1

Lorenz, Methodenlehre, S. 320; Wank, S. 17, 19, m.w.N.

2

Bydlinski, S. 438; Lorenz, Methodenlehre, S. 320; Wank, S. 22.

3 BrockhausAVahrig, Deutsches Wörterbuch, Stuttgart 1981; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Wien, Zürich 1983; Mackensen, Deutsches Wörterbuch, Köln, Wien u.a. 1982. 4 Kraft in GK-BetrVG, § 99 Rz. 19, sieht in diesen Definitionen allerdings einen Hinweis auf die vertragliche Komponente. Nach Meisel, S. 85, soll es einen Sprachgebrauch der Praxis geben, der zwischen "Einstellung" i.S. Vertragsabschluß und "Eingliederung" i.S. tatsächlicher Beschäftigung unterscheidet. 5

So Heinze, Personalplanung, Rz. 194.

70

2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

Gesetz aber in § 80 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 7 den Begriff "Eingliederung" gebraucht, also ebenso über eine Vokabel verfügt, die lediglich den tatsächlichen Vorgang umschreibt, lassen sich hieraus keine Erkenntnisse herleiten. Gleiches gilt für den Vergleich mit der Begrififswahl in den kündigungsrechtlichen Regelungen. Auch wenn das Gesetz dort von Kündigung spricht, wo es die rechtsgeschäftliche Willenserklärung meint, während § 17 KSchG den Begriff "Entlassung" verwendet und damit auf die tatsächliche Beendigung abstellt, so lassen sich aus den genannten Gründen keine Parallelen zu dem Begriffspaar "Arbeitsverhältnis" als Rechtsverhältnis und "Einstellung" als tatsächlicher Vorgang herleiten 6 . Ein einheitlicher Sprachgebrauch des Betriebsverfassungsgesetzes ist damit nicht erkennbar, so daß sich keine Anhaltspunkte für die Interpretation des Einstellungsbegriffs ergeben.

G Der Sprachgebrauch im Recht des öffentlichen Dienstes Anders als im Betriebsverfassungsrecht stellt sich die Verwendung des Wortes "Einstellung" im Bereich des öffentlichen Dienstes dar. Das Bundespersonalvertretungsgesetz selbst versteht den Begriff an anderer Stelle im Sinne rechtlicher Begründung des Dienstverhältnisses: nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 bestimmt der Personalrat mit bei der Einstellung von Beamten; "Einstellung" bedeutet gem. § 3 B L V Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses 7. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich zwar grundsätzlich ablehnend zur Verbindlichkeit tarif- oder beamtenrechtlicher Begriffsbestimmungen für das Personalvertretungsrecht geäußert 8, was an dieser Stelle jedoch nicht dazu geführt hat, die mitbestimmungsrechtliche Bedeutung der Einstellung von Beamten auf die faktische Komponente der Eingliederung zu reduzieren 9.

6

Dafür aber im Ergebnis v. Hoyningen-Huene, RdA 1982,205 (206).

7

Während alle übrigen Landespersonalvertretungsgesetze (bis auf Schleswig-Holstein, das nur pauschal von personellen Angelegenheiten spricht), den Begriff "Einstellung" für Beamte und Arbeitnehmer synonym verwenden, unterscheidet das Hamburger Personalvertretungsgesetz bei der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten in Begründung des Beamtenverhältnisses und in Einstellung, §87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2. 8 Vgl. BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (191); 28.4.1967, PersV 1967, 275 (276); 8.6.1962, BVerwGE 14, 241 (244). Danach sei vielmehr anhand des vom Gesetzgeber mit der Beteiligung verfolgten Zwecks zu ermitteln, ob der personalvertretungsrechtliche Gehalt der Begriffe über den dienstrechtlichen hinausgeht Zustimmend Grabendorff, BPersVG, § 75 Rz. 19 m.w.N. zur Rechtsprechung; mit Einschränkungen Haas in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rz. 50.

§

71

Grammatische A u s e u n g

Auch wenn das Gesetz an anderer Stelle die Vokabel "Arbeitsverhältnis" gebraucht, § 79 Abs. 2 und 3, spricht viel dafür, daß es zwei identischen Begriffen in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Vorschriften keine unterschiedlichen Inhalte beilegen wollte 1 0 , zumal die zur Zustimmungsverweigerung berechtigenden Gründe für beide Mitbestimmungstatbestände gleich gelten und der Begriff der "Eingliederung" dem Bundespersonalvertretungsgesetz ebenfalls nicht fremd ist, § 68 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6. Daß das Gesetz im Bereich der Beamten-Mitbestimmung grundsätzlich besondere beamtenrechtliche Begriffsinhalte verwenden wollte, die auf die Arbeitnehmer-Mitbestimmung auch bei gleicher Wortwahl nicht übertragbar sind, ist - wie das Beispiel der Versetzung 11 zeigt - nicht ersichtlich 12 .

D. Zusammenfassung Die grammatische Untersuchung des Einstellungsbegriffs spricht für die Einbeziehung der vertraglichen Komponente, denn das Bundespersonalvertretungsgesetz gebraucht diesen Begriff im Rahmen der Beamtenmitbestimmung im zweigliedrigen Sinne. Dies geschieht in einer der Regelung für die Arbeitnehmer-Mitbestimmung immittelbar nachfolgenden Vorschrift, für die einheitlich die gleichen Verweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 gelten.

9

Vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, § 76 Rz. 6; Grabendorff, Lorenzen/Haas/Schmitt, § 76 Rz. 13.

BPersVG, § 76 Rz. 5; Haas in

10 So im Ergebnis ebenfalls BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (4 f.); Widmaier, PersV 1984, 148 (158). In Abgrenzung zur betriebsverfassungrechtlichen Regelung wohl auch Galperin/Löwisch, BetrVG, §99 Rz. 12. Ebenso ausdrücklich BVerwG 11.3.1982, BVerwGE 65, 127 (129 f.) zum Begriff Personalangelegenheiten in § 77 Abs. 1 und §§ 75 Abs. 1, 76 Abs. 1 und 14 Abs. 3 BPersVG. 11 Vgl. §§ 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, 12 BAT einerseits und §§ 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG, 26 BBG andererseits. 12

So im Ergebnis auch OVG NW 8.5.1984, RiA 1984,284 f. für den Fall der Umsetzung.

§ 6 Der EinstellungsbegrìfT in historischer Betrachtung Zur Interpretation des betriebsverfassungsrechtlichen Einstellungstatbestandes verweist insbesondere Heinze auf die historische Entwicklung. Da dem Begriff der Einstellung in den Regelungen des Betriebsrätegesetzes 1 und des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 keinerlei Bezug zur vertraglichen Begründung des Arbeitsverhältnisses zu entnehmen gewesen sei, sei es wenig wahrscheinlich, daß der Gesetzgeber jetzt unter Verwendung derselben Vokabel gleichwohl die vertragliche Begründung gemeint habe2. Das Betriebsrätegesetz war nicht nur Vorgänger der betriebsverfassungs-, sondern auch der personalvertretungsrechtlichen Vorschriften, denn es bildete gemäß § 9 Abs. 1 die Rechtsgrundlage der Beschäftigtenvertretung für "alle Betriebe, Geschäfte und Verwaltungen des öffentlichen und privaten Rechtes". Wurde dort ein bestimmter Einstellungsbegriff verwandt, so könnten sich hieraus Hinweise nicht nur für die betriebsverfassungs- sondern auch für die personalvertretungsrechtliche Einstellung ergeben.

A. Der EinstellungsbegrìfT im Betriebsrätegesetz L Die gesetzlichen Regelungen Nach § 78 Nr. 8 BRG erschöpfte sich das Beteiligungsrecht der Beschäftigtenvertretung bei der Einstellung in der Vereinbarung von Richtlinien 3 , ohne den Einstellungsbegriff näher zu definieren. Das Gesetz regelte allerdings die Rechtsfolgen einer Mißachtung dieser Zuständigkeit: Verstieß der Arbeitgeber bei der Einstellung gegen diese Richtlinien 4 und ging der Gruppenrat gegen die Rechtsverletzung gerichtlich vor, so konnte das Arbeitsgericht mit der Feststellung des Verstoßes zugleich aussprechen, daß

1

BRG vom 4.2.1920, RGBl. S. 147.

2

Heinze, Personalplanung, Rz. 195.

3

Vgl. Flatow, BRG, § 81 Anm. 1 ;Mansfeld, BRG, § 81 Anm. 1.

4

Die die Arbeitnehmer-Vertretung im übrigen nicht gegen den Willen des Arbeitgebers erzwingen konnte, vgl. Kieschke/Syrup, BRG, § 81 Anm. 1.

§ 6 Historische Betrachtung

73

das Arbeitsverhältnis als gekündigt gelte, § 83 BRG. Weder der Einspruch des Gruppenrates nach § 82 Abs. 1 BRG noch die Anrufung des Gerichts gemäß § 82 Abs. 3 BRG berührte die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages, § 82 Abs. 4 BRG. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses war vielmehr Gegenstand des von der Betriebsvertretung anzustrengenden Rechtsstreits 5. I L Schlußfolgerungen fur den Einstellungsbegriff des Betriebsrätegesetzes Damit ist dem Betriebsrätegesetz nur zu entnehmen, daß eine Verletzung von Beteiligungsrechten der Beschäftigtenvertretung keine unmittelbaren Folgen für das betroffene Individualverhältnis haben sollte. Ist die Rechtsfolge der Vertragsvernichtung bei Mißachtung der Gruppenratskompetenzen im Betriebsrätegesetz offensichtlich nicht gewollt, so können hieraus Rückschlüsse auf den Inhalt des Einstellungsbegriffs nur dann gezogen werden, wenn ein Beteiligungsgegenstand "Vertragsschluß" zwangsläufig zu einer solchen Rechtsfolge hätte führen müssen. Inhalt der Beteiligungspflicht und Rechtsfolgen ihrer Verletzung sind jedoch nur insoweit von einander abhängig, als letztere nicht weiter gehen können als das Beteiligungsrecht selbst6. Selbst wenn der Vertragsschluß Gegenstand der "Richtlinienkompetenz" gewesen sein sollte, so heißt dies nicht gleichzeitig, daß dem Beteiligungserfordernis die Qualität einer Wirksamkeitsvoraussetzung zukommen mußte 7 . Denkbar ist nämlich auch, daß - ausgehend von einem grundsätzlich rechtstreuen Verhalten des Arbeitgebers - die Wahrnehmung kollektivrechtlicher Aufgaben einen solchen Anknüpfungspunkt erfordert, daß aber ein rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers anderweitig sanktioniert werden sollte. Für diese Überlegung sprechen auch die weiteren Vorschriften des Betriebsrätegesetzes. Der Verstoß gegen die Einstellungsrichtlinien durch den Arbeitgeber hatte nicht automatisch Auswirkungen auf die Beschäftigung des Arbeitnehmers, obwohl doch mindestens diese Gegenstand der Beteiligung war. Das Arbeitsgericht konnte das Arbeitsverhältnis beenden8, es konnte es

5

Vgl. Flatow, BRG, § 83 Anm. 3.

6

Siehe oben § 3.

7 Siehe auch Kraft, GK-BetrVG, §99 Rz. 18 ff., 109, und Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6, die trotz Interpretation der Einstellung i.S. Abschluß des Arbeitsvertrages Wirksamkeit des unter Verstoß gegen das Zustimmungsrecht geschlossenen Vertrages annehmen.

74

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

aber auch völlig unberührt lassen und sich mit der bloßen Feststellung der Richtlinienverletzung begnügen9. Der Ausschluß der vertraglichen Komponente aus dem Einstellungsbegriff ist dem Betriebsrätegesetz damit nicht zu entnehmen.

ΙΠ· Die Konsequenz des Gesetzgebers im Bundespersonalvertretungsgesetz Die Vermutung Heinzes, es sei von einer konsequenten Verwendung des Einstellungsbegriflfs durch den Gesetzgeber auszugehen10, wäre für das Personalvertretungsrecht durch § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG aber selbst dann widerlegt, wenn im Betriebsrätegesetz ein Einstellungsbegrifif Eingang gefunden hätte, der lediglich die faktische Eingliederung zum Inhalt hatte. Grundsätzliche Bedenken gegen die Vergleichbarkeit früherer mit der heutigen Regelung sind dabei zurückgestellt 11 .

B. Der Einstellungsbegriff im Betriebsverfassungsgesetz 1952 Die Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 über die betriebliche Mitbestimmung ähnelt der des Betriebsrätegesetzes insoweit, als auch hier das Arbeitsverhältnis erst nach einem vom Betriebsrat erwirkten Arbeitsgerichtsbeschluß endete, § 62 Abs. 1 BetrVG 1952. Schlußfolgerungen für den dort verwandten Einstellungsbegrifif sind daraus ebensowenig zu ziehen wie aus der Regelung des Betriebsrätegesetzes, so daß auch diese Vorschriften keine Hinweise auf den dort niedergelegten Inhalt des Einstellungsbegriffs geben 12 .

Entgegen der damals herrschenden Meinung hielten Feig/Sitzler, BRG, § 83 Anm. 2, neben der Kündigung durch das Arbeitsgericht auch einen Beschluß für möglich, der ohne Rücksicht auf die zivilrechtliche Gültigkeit des Arbeitsvertrages ein Beschäftigungsverbot aussprach. 9 So jedenfalls die damals einhellige Meinung, vgl. Feig/Sitzler, BRG, § 83 Anm. 2; Flatow, BRG, § 83 Anm. 3; Kieschke/Syrup, BRG, § 83 Anm. 3; Mansfeld, BRG, § 83 Anm. 3. Dies verkennt offensichtlich Heinze, Personalplanung, Rz. 175, der behauptet, nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts gem. § 83 BRG, die einen Verstoß gegen die vereinbarten Richtlinien infolge der Einstellung feststellte, sei der Arbeitgeber gezwungen gewesen, den Arbeitnehmer nicht länger im Betrieb zu beschäftigen. 10 11

Heinze, Personalplanung, Rz. 195.

Zur jeweils unterschiedlichen Ausgestaltung der Mitbestimmung und der Beteiligung bei der Einstellung vom Betriebsrätegesetz bis zum Bundespersonalvertretungsgesetz vgl. unten § 10.

§ 6 Historische Betrachtung

75

Damit erübrigt sich eine nähere Betrachtung des Unterschiedes zum Personalvertretungsgesetz 1955, das eine solche Vorschrift nicht enthielt.

C. Der Einstellungsbegriff im Personalvertretungsgesetz 1955 L Die gesetzlichen Regelungen Das "Grundmuster" der Beteiligungsvorschriften aus dem Jahre 1955 entspricht dem der gesetzlichen Regelungen des Jahres 1974. Der Personalrat war bei der Einstellung zu beteiligen, allerdings nur in Form der Mitwirkung, § 70 Abs. lb) PersVG 1955 13 . Streitigkeiten zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung waren in § 76 PersVG 1955 geregelt. Die heutige Regelung des § 83 entspricht weitgehend dieser Vorschrift. Die gesetzlichen Hinweise, die das Personalvertretungsgesetz 1955 für die Interpretation des Einstellungsbegriffs bietet, gehen daher über die der heutigen Regelung nicht hinaus. So war auch bereits während seiner Geltung der Inhalt des Einstellungsbegriffs umstritten. Wie heute wollten die einen die Mitbestimmung auf die tatsächliche Eingliederung beschränken 14 , während die anderen den Arbeitsvertrag ebenfalls der Mitbestimmung unterwarfen 15 .

IL Die Konsequenz des Gesetzgebers im Bundespersonalvertretungsgesetz Angesichts dieses, bei der Kodifizierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes bereits bekannten Meinungsstreits hätte es nahegelegen, durch entsprechende Formulierungen die bestehenden Unklarheiten auszuräumen. So findet sich im Schrifttum der Hinweis, der Gesetzgeber hätte angesichts der bekannten Auseinandersetzung den Begriff des Arbeitsverhältnisses verwenden können, wenn der rechtliche Aspekt der Einstellung

12

So war der Einstellungsbegriff damals wie heute umstritten. Zum Streitstand vgl. Dietz, BetrVG 1952, § 60 Rz. 9 ff ; Fitting/Kraegeloh, BetrVG 1952, § 60 Rz. 9 f.; Galperin/Siebert, BetrVG 1952, § 60 Rz. 6 f. Vgl. auchATo/ite, Anm. BAG 16.7.1985, ArbuR 1986, 188 (189) m.w.N. Zur gesetzlichen Regelung näher unten § 10 C I. 13 Das Gesetz sah allerdings für den Fall der Arbeitnehmer-Einstellung im Gegensatz zur heutigen Regelung keine Beschränkung auf bestimmte Zustimmungsverweigerungsgründe vor, vgl. § 70 Abs. 2 PersVG 1955. 14 Vgl. Dietz, PersVG 1955, § 70 Rz. 57; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 70 Rz. 27; Heilemann/Czyborra, PersVG 1955, § 70 Anm. 10, Moli tor, PersVG 1955, § 70 Rz. 10. 15

Grabendorff,

PersVG 1955, § 70 Anm. 2b 1.

76

2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

hätte erfaßt werden sollen, zumal er ihn im Rahmen der Kündigungsvorschriften in diesem Sinne gebraucht 16 . Dem ist bereits entgegenzuhalten, daß der Gesetzgeber auch umgekehrt den Begriff der Eingliederung hätte wählen können, hätte er die Mitbestimmung auf das faktische Moment beschränken wollen, zumal er diesen Begriff im Rahmen der allgemeinen Aufgaben verwendet. Im übrigen kann niemals davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber trotz bekannter rechtswissenschaftlicher Meinungsverschiedenheiten alle Lücken schließt 17 . Dies zeigt schon das hier zu untersuchende Problem der Individualrechtsfolgen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung, denn diese Frage war ebenfalls bereits Gegenstand eines Streits während der Geltung des Personalvertretungsgesetzes 1955 18 . Es hätte daher auch hier nahegelegen, eine entsprechende Klarstellung in die neuen Gesetze aufzunehmen, zumal dies im Rahmen der bis dahin insoweit ebenfalls umstrittenen Kündigungsregelungen 19 geschehen ist, §§ 79 Abs. 4 BPersVG, 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, in Kenntnis des bestehenden Meinungsstreits bei dem Begriff "Einstellung" zu bleiben, können daher Schlußfolgerungen für die Interpretation dieses Begriffes nicht gezogen werden.

16 So Heinze, Personalplanung, Rz. 194, zum entsprechenden betriebsverfassungsrechtlichen Meinungsstreit. 17

In diesem Sinne auch Joachim, ArbuR 1982, 12 (14) zum BetrVG. Allgemein zur Lücke im Gesetz vgl. Canaris, Lücken, S. 16 ff.,Larenz, Methodenlehre, S. 370. 18 Zum damaligen personalvertretungsrechtlichen Meinungsstand vgl. Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74; Grabendorffl PersVG 1955, § 62 Anm. 6; Molitor, PersVG 1955, § 62 Rz. 2 m.w.N. und näher unten §10 Β III. 19

Vgl. zum kündigungsrechtlichen Meinungsstreit BAG 1.3.1957, BAGE 4, 27 (29 ff); 27.6.1955, BAGE 2, 87 (89 f.); 15.9.1954, BAGE 1, 69 (70 ff); LAG München 31.1.1956, AP Nr. 12 zu § 66 BetrVG 1952; Grabendorff, PereVG 1955, § 70 Anm. 7a bb; Molitor, PersVG 1955, § 70 Rz. 14, die sich für die grundsätzliche Wirksamkeit der Kündigung ausgesprochen haben, die fehlende Personalrats-Beteiligung sollte allerdings die soziale Rechtfertigung der Kündigung beseitigen, was der gekündigte Arbeitnehmer in einer von ihm zu erhebenden Kündigungsschutzklage hätte geltend machen müssen. A A Dietz, PersVG 1955, § 70 Rz. 89, § 61 Rz. 52; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 61 Anm. 21; Rewolle/Lorentz, PersVG 1955, §61 Rz. 14, die für die Unwirksamkeit der Kündigung plädierten.

§ 6 Historische Betrachtung

77

D. Zusammenfassung Dem Betriebsrätegesetz, das gemäß § 9 Abs. 1 die Beschäftigtenvertretung sowohl in Betrieben wie in Verwaltungen regelte, ist ein bestimmter Einstellungsbegriff nicht zu entnehmen. Es regelte die Rechtsfolgen einer unter Verletzung der Betriebsrats-Kompetenzen durchgeführten Einstellung, ein bestimmter Einstellungsbegriff läßt sich damit aber nicht verbinden. Da die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 insoweit ähnlich gestaltet waren, ergeben sich auch aus diesem Gesetz keine weitergehenden Hinweise. Die Vorschriften über die Mitsprache des Personalrats bei der Einstellung im Personalvertretungsgesetz 1955 entsprechen "im Grundmuster" der heutigen Regelung, so daß bereits zum damaligen Geltungszeitpunkt der Einstellungsbegriff umstritten war. Daraus, daß der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes in Kenntnis dieses Meinungsstreits keine eindeutige Vorschrift verfaßt hat, lassen sich keine Erkenntnisse gewinnen.

§ 7 Der EinstellungsbegrìfT unter Beachtung des rechtlichen Regelungszusammenhanges A. EinstellungsbegrìfT und Aufhebungsverpflichtung L Die betriebsverfassungsrechtliche Argumentation Bei dem Versuch, den Einstellungsbegriff unter Beachtung des rechtlichen Regelungszusammenhanges näher zu bestimmen, wird für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes primär auf die Aufhebungsvorschrift des § 101 BetrVG verwiesen. Spreche die Vorschrift von "Durchführung" und "Aufhebung" der personellen Maßnahme, so könne sie nur deren tatsächliche Durchführung meinen, wenn der Arbeitsvertrag mangels ordnungsgemäßer Betriebsrats-Beteiligung unwirksam sein soll 1 . Für den Fall der Einstellung bedeute dies "insbesondere die Zuweisung des Arbeitsplatzes an den einzustellenden Arbeitnehmer" 2 , die wiederum nur durch eine tatsächliche Handlung rückgängig gemacht werden könne 3 .

IL Die gesetzliche Regelung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Für das Personalvertretungsrecht ist zunächst festzustellen, daß es eine §101 BetrVG entsprechende Vorschrift nicht gibt. Gesetzlich geregelt ist lediglich die Kompetenz des Personalrats, einen verwaltungsgerichtlichen Beschluß über "Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Personalvertretungen" zu erreichen, § 83 Abs. 1 Nr. 3. Eine nähere Untersuchung über die Bedeutung dieses Unterschiedes für die Interpretation des Einstellungsbegriffs wird aber nur dann erforderlich, wenn sich aus einer, hier dem öffentlichen Arbeitgeber zunächst zu unterstellenden Aufhebungspflicht ein bestimmter Begriffsinhalt ableiten läßt.

ι

So Heinze, Personalplanung, Rz. 196; ähnlich Matthes, DB 1974, 2007.

2

Heinze, Personalplanung, Rz. 196.

3

Matthes, DB 1974, 2007.

§ 7 Rechtlicher Regelungszusammenhang

79

ΙΠ. Einstellungsbegriff und Rechtsfolgen des Kollektivrechtsverstoßes Wenn § 101 BetrVG unter Verweis auf die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung einschränkend dahingehend ausgelegt wird, daß mangels rechtsfehlerfreier Begründung des Arbeitsverhältnisses nur eine faktische Maßnahme "durchgeführt" und "aufgehoben" werden könne 4 , so wird damit der inhaltliche Gehalt des Einstellungsbegriffs von der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages als Rechtsfolge des Kollektivrechtsverstoßes her bestimmt. Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages stellt jedoch keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Interpretation des Einstellungsbegriffs dar, denn eine Verbindung zwischen Einstellungsbegriff und Rechtsfolge besteht nur insoweit, als die Rechtsfolge des Verstoßes durch den Gegenstand der Mitbestimmung begrenzt ist 5 . Die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung setzt daher die Einbeziehung des Arbeitsvertrages in den Einstellungsbegriff bereits notwendig voraus und kann damit zur Interpretation des Einstellungsbegriffs nicht dienen. Die "Durchführung" der Einstellung wiederum kann im Abschluß des Arbeitsvertrages liegen, ohne daß die Aufhebung zwangsläufig auf ein faktisches, weil wegen Mißachtung des Beteiligungsrechts vertraglich unwirksam begründetes Arbeitsverhältnis gerichtet ist. Die Mißachtung kollektiver Beteiligungsrechte kann den rechtlichen Bestand der Maßnahme auch dann völlig unberührt lassen, wenn der Abschluß des Arbeitsvertrages Gegenstand der Mitbestimmung ist. § 101 BetrVG statuiert lediglich die Beseitigungspflicht für die durchgeführte Maßnahme 6 . "Durchführbar" und "aufhebbar" im Sinne dieser Vorschrift ist aber sowohl der faktische Eingliederungsvorgang als auch der rechtliche Abschluß des Arbeitsvertrages. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, daß eine "Aufhebung" der Maßnahme unabhängig von der Rechtsfolge des Kollektivrechtsverstoßes auch dann möglich ist, wenn die "Durchführung" der Maßnahme den Abschluß des Vertrages einbezieht7. 4

Heinze, Personalplanung, Rz. 196; ähnlich Matthes, DB 1974, 2007.

5

Dazu bereits oben § 3.

6 Eine ganz andere Frage ist, ob § 101 BetrVG die Annahme der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages verbietet, weil ein unwirksamer Arbeitsvertrag nicht aufgehoben werden kann, so Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6; Schlüter, DB 1972, 92 (96); Schreiber, RdA 1987, 257 (259); Stege-Weinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49; Ebenso v. Hoyningen-Huene, RdA 1982,205 (209), der allerdings bereits von einem reduzierten Einstellungsbegriff ausgeht 7 Deshalb kann aus der Regelung des § 58 Abs. 3 Satz 2 MBG Sch.-H., die die Rücknahme von unter Mißachtung von Beteiligungsvorschriften durchgeführten Maßnahmen vorsieht, keine Aussage über die Rechtsfolge einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Maßnahme gewonnen werden. Glei-

80

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

IV· EinstellungsbegrìfT und Aufhebung eines wirksamen Arbeitsvertrages Eifaßt die Einstellung auch den Abschluß des Arbeitsvertrages, bleibt aber ein Verstoß gegen die Beteiligungsvorschriften ohne Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis, so wäre "aufzuheben" eben dieser Vertrag 8 . Dies geschieht durch die aibeitsrechtlich dafür vorgesehenen Instrumente, weitere Fragen lägen dann im Bereich des Kündigungsschutzes. Da der Arbeitsvertrag grundsätzlich formlos 9 , also auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann, führt die Aufhebung des Arbeitsvertrages zwangsläufig zur Aufhebung der tatsächlichen Beschäftigung. Der Einwand, der kollektivrechtswidrige Zustand könne nur durch die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse beseitigt werden, wozu die Lösung des Arbeitsvertrages allein nicht ausreiche 10 , verkennt, daß bei Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers der Arbeitgeber entweder seiner Aufhebungsverpflichtung nicht nachgekommen ist oder nach Aufhebung des beanstandeten Vertrages ein neues kollektivwidriges Beschäftigungsverhältnis begründet hat, das die gleichen Rechte der Belegschaftsvertretung auslöst. Etwas anderes ergibt sich mudami, wenn der Arbeitnehmer ohne Wissen und Wollen des Arbeitgebers tätig ist. Dieser Sachverhalt liegt - abgesehen von den Fällen der Arbeitnehmerleihe und den neuerdings vom Bundesarbeitsgericht einbezogenen Beschäftigungsverhältnissen von "Fremdpersonen" 11 - zunächst außerhalb der Mitbestimmungsregelungen 12. Erfährt der Arbeitgeber von diesem Vorgang und unterläßt er ein Einschreiten, so schließt er regelmäßig erneut einen Arbeitsvertrag durch schlüssiges Verhalten.

ches gilt für die Folgenbeseitigungspflicht des § 67 Abs. 2 Satz 2 PersVG Rh.-Pf. und die Rücknahmepflicht des § 74 Abs. 1 Satz 2 PersVG Rh.-Pf. 8 Vgl. BAG 18.7.1978 (1 ABR 43/75), AP Nr. 1 zu §101 BetrVG 1972. So auch v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (206), der dies allerdings als Argument gegen den zweigliedrigen Einstellungsbegrifif wertet. 9 Auch im öffentlichen Dienst besteht Formfreiheit bei Abschluß des Arbeitsvertrages, soweit die Hauptpflichten betroffen sind. Das Schriftformerfordemis des § 4 Abs. 1 BAT hat nur deklaratorische Wirkung und gewährt den Arbeitsvertragsparteien einen Anspruch auf schriftliche Vertragsniederlegung. Lediglich für arbeitsvertragliche Nebenabreden stellt § 4 Abs. 2 BAT ein gesetzliches Formerfordemis als Wirksamkeitsvoraussetzung auf, vgl. Böhm/Spiertz, BAT, §4 Rz. 72, 115; Crisolli/Tiedtke, BAT, § 4 Anm. 4; Uttlinger, BAT, § 4 Anm. 5f. 10

SoMatthes, DB 1974, 2007.

11

Dazu oben § 4 C I.

12

Vgl. Kraft, §99 Rz. 11.

GK-BetrVG, § 99 Rz. 19; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz,

BetrVG,

§ 7 Rechtlicher Regelungszusammenhang

81

Verhält sich der Arbeitgeber also der Aufhebungsverpflichtung entsprechend, so kann eine Weiterbeschäftigung auch dann nicht eintreten, wenn der Abschluß des Arbeitsvertrages Teil der mitbestimmungspflichtigen Einstellung ist und sich die Aufhebungsverpflichtung auf ihn bezieht. Kommt der Arbeitgeber seiner Aufhebungsverpflichtung nicht nach, so ist die Beschäftigtenvertretung in jedem Falle auf weitere Schritte angewiesen, unabhängig davon, ob sich ihr Begehren auf die Beseitigung des Vertrages oder die der faktischen Beschäftigung richtet. Im übrigen ist neben dem Arbeitsvertrag ohnehin auch die faktische Eingliederung aufzuheben, denn sie ist in jedem Fall Bestandteil der Einstellung, das heißt der Arbeitnehmer ist in jedem Fall tatsächlich aus dem Betrieb zu entfernen. V. Einstellungsbegriff und Aufhebung eines unwirksamen Arbeitsvertrages Die Annahme der Unwirksamkeitsfolge setzt zunächst die Einbeziehung des Vertragsschlusses in den Einstellungstatbestand notwendig voraus. Die "Durchführung" der personellen Maßnahme liegt dann im Abschluß des unwirksamen Vertrages und damit in der Begründung und Duldung eines faktischen Arbeitsverhältnisses. Das faktische Arbeitsverhältnis ist für die Vergangenheit grundsätzlich wie ein fehlerfrei zustande gekommenes zu behandeln 1 3 , so daß sich für die Mitbestimmungserfordernisse keine Unterschiede ergeben können. Auch wenn die Gleichstellung von faktischem und vertraglich fehlerfreiem Arbeitsverhältnis zur Regulierung der Beziehung zwischen Arbeitgeber und faktischem Arbeitnehmer, also auf individueller Ebene erfolgt, so hat sie aus den gleichen Gründen entsprechende Auswirkungen auf das Kollektiv, das Arbeitsverhältnis stellt sich also für die Dauer der Beschäftigung auch für die Belegschaft wie ein fehlerfrei begründetes dar. "Aufzuheben" ist daher anstelle des Arbeitsvertrages das faktische Arbeitsverhältnis. Festgehalten werden kann daher an dieser Stelle, daß "Durchführung" und "Aufhebung" der personellen Maßnahme Einstellung auch dann sinnvoll erfolgen können, wenn die rechtliche Komponente der Einstellung, der Vertragsschluß, Bestandteil des Mitbestimmungstatbestandes ist.

13 Vgl. BAG 7.6.1972, AP Nr. 18 zu §611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis; 5.12.1957, BAGE 5,159, (161 f.); 15.11.1957, BAGE 5, 58 (65 ff); Schaub, Handbuch, § 35 III 3 S. 174, m.N. zur Mindermeinung.

6 Hantl-Unthan

82

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

Durch die Anordnung der Aufhebungspflicht, wie sie § 101 Satz 1 BetrVG vorsieht, wird keine Aussage über den Inhalt des Einstellungsbegriffs getroffen, so daß an dieser Stelle dahingestellt bleiben kann, ob dem öffentlichen Arbeitgeber eine entsprechende Verpflichtung obliegt 14 .

B. EinstellungsbegrìfT und vorläufige Maßnahmen Weiterhin soll sich die Reduktion des Einstellungsbegriffs auf die tatsächliche Eingliederung aus einem systemwidrigen Widerspruch zu den Regelungen über vorläufige Maßnahmen ergeben 15 . Da nach § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die vorläufige Maßnahme ende und gemäß Satz 2 von diesem Zeitpunkt an nicht aufrecht erhalten werden dürfe, könne hier ebenfalls nur die tatsächliche Durchführung der Maßnahme gemeint sein. Hier gilt zunächst das bereits zu § 101 BetrVG Gesagte. Das Personalvertretungsrecht kennt eine solche Vorschrift nicht. Es legt lediglich in § 69 Abs. 5 fest, daß der Dienststellenleiter vorläufige Regelungen treffen kann, diese dem Personalrat begründet mitteilen und unverzüglich das Beteiligungsverfahren einleiten muß 1 6 . Die vorläufige Maßnahme darf keine endgültige unwiderrufliche Regelung vorwegnehmen 17 . Verhält sich der Dienststellenleiter gesetzestreu, so ist also die von ihm getroffene Maßnahme aufzuheben, wenn der Personalrat im Beteiligungsverfahren "obsiegt" 18 . Dies wird bei der Einstellung dadurch erreicht, daß der Arbeitsvertrag mit einer auflösenden Bedingung versehen w i r d 1 9 . Damit endet das Vertragsverhältnis und mit ihm die 14

Dazu ausführlich unten § 16.

15

Heinze, Personalplanung, Rz. 197; ähnlich Matthes, DB 1974,2007 (2008).

16

Im BlnPersVG ist die Möglichkeit vorläufiger Regelungen lediglich für Fälle der Mitwirkung vorgesehen, § 84 Abs. 4 BlnPersVG. Zur Unanwendbarkeit auf Fälle der Mitbestimmung vgl. Ilbertz, BlnPersVG, § 84 Rz. 20. Alle übrigen Landespersonalvertretungsgesetze enthalten der bundesrechtlichen Vorschrift entsprechende oder ähnliche Regelungen. 17 BVerwG 25.10.1979, ZBR 1980, 161 (162); OVG NW 25.5.1959, ZBR 1959, 340; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 36; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 53a; Widmaier, PersV 1989, 421 (422). Zu den einzelnen Voraussetzungen einer vorläufigen Regelung ausführlich Kunze, PersV 1988, 417 fif. 18

Allg. Meinung, vgl. HessVGH 11.3.1981, ZBR 1982, 192; 22.10.1980, PersV 1991, 538; Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art 70 Rz. 140; Dannhäuser, PersV 1988, 34 (38); Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 96; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 36; Gerhold in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 53a; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 35; Ruppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 53; Schelter, BayPVG, Art 70 Rz. 36; Wind, S. 274; Kritisch Fischer, ZBR 1979,322 fif. 19 Vgl. BAG 17.2.1983, BAGE 41, 381 (389); im Ergebnis ebenso HessVGH 22.10.1980, PersV 1991, 538. Siehe auch Dietz/Richardi, BPersVG,§ 69 Rz. 93; Fischer, ZBR 1979, 322; Kunze,

§ 7 Rechtlicher Regelungszusammenhang

83

tatsächliche Beschäftigung. In diesem Sinne ist die Maßnahme eine vorläufige. Verhält sich der Dienststellenleiter nicht den in § 69 Abs. 5 aufgestellten Anforderungen entsprechend, verletzt er also das Beteiligungsrecht des Personalrats, so kann den Vorschriften über vorläufige Maßnahmen gar nichts entnommen werden, denn sie setzen ein gesetzeskonformes Verhalten des Dienststellenleiters voraus. Es gilt dann das zu § 101 BetrVG Gesagte entsprechend.

C. Einstellungsbegriff und Mitbestimmungspflichtigkeit einzelner Vertragsabsprachen In einigen Landespersonalvertretungsgesetzen wird der Mitbestimmungspflichtigkeit der Einstellung eine solche für bestimmte Vertragsabreden zur Seite gestellt. Gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW beispielsweise sind neben der Einstellung auch Nebenabreden und die Befristung von Arbeitsverhältnissen mitbestimmungspflichtig 20 . Damit wird der Aibeitsvertrag ausdrücklich von einem Mitbestimmungstatbestand erfaßt. Die Mitbestimmungspflichtigkeit des Vcrtmgsschlusses muß nicht gleichzeitig die Mitbestimmungspflichtigkeit des Vertragsinhalts bedeuten. Es kann daher nicht der Schluß gezogen werden, der Einstellungsbegriff erfasse wegen der Spezialregelungen nicht die rechtliche Begründung der Einstellung. Ebensowenig kann gefolgert werden, der Mitbestimmungspflichtigkeit einzelner Vertragsabsprachen hätte es nicht bedurft, wenn die Einstellung im Sinne rechtlicher Begründung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen sei. Vielmehr steht neben

PersV 1988, 417 (419); Widmaier, PersV 1989, 421 (422): Befristetes Arbeitsverhälnis. Die grundsätzlich bestehenden arbeitsrechtlichen Bedenken gegen die Vereinbarkeit einer auflösenden Bedingung des Arbeitsvertrages, vgl. BAG 4.12.1991, NZA 1992, 838 m.w.N.; 9.7.1981, BAGE 36, 112 (121 ff); 20.11.1987, BAGE 57, 30 (38 f.); LAG Bln. 16.7.1990, DB 1990, 2223 (2224) m.w.N., hat das Bundesarbeitsgericht für die im Kollektivrecht vorgesehene vorläufige Einstellung ausdrücklich als nicht bestehend erachtet, vgl. BAG 17.2.1983, BAGE 41, 381 (389). Zur Zulässigkeit von auflösenden Bedingungen in Arbeitsverträgen vgl. Ehrich, DB 1992, 1186 ff und Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl. 1992, § 1 Rz. 597. 20 Siehe außerdem § 78 Abs. 2 Nr. 2 NdsPersVG: Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages, § 78 Abs. 2 Nr. 2 PersVG Rh.-Pf.: Zeit- oder Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses, § 87 Abs. 1 Nr. 7 HmbPVG: Änderung des Arbeitsvertrages, § 80 Abs. 1 b) Nr. 1 PersVG SL: Einstellung, Nebenabreden, und Nr. 8: Kündigung oder sonstige Änderungen des Arbeitsvertrages. Nahezu "grenzenlos" gefaßt ist § 51 Abs. 1 MBG Schl.-H., wonach Mitbestimmung gegeben ist "bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken". Für weitgehend verfassungswidrig halten Kisker, PersV 1992, 1ff; Lüerßen, PersV 1991,293 ff und Schenke, PersV 1992, 289 ff. das MBG Schl.-H.; zum neuen PersVG Rh.-Pf. siehe noch Helmes, PersR 1992, 385 ff.

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

der "Einstellung" ein eigener, weiterer Mitbestimmungstatbestand, der die inhaltliche Ausgestaltung des abzuschließenden Arbeitsvertrages betrifft.

D. Zusammenfassung Aus dem rechtlichen Regelungszusammenhang lassen sich keine Erkenntnisse für den personalvertretungsrechtlichen Einstellungsbegriff gewinnen. Eine § 101 Satz 1 BetrVG entsprechende Aufhebungsvorschrift kennt das Personalvertretungsrecht nicht, doch auch eine unterstellte Aufhebungspflicht gibt keinen bestimmten Inhalt des Einstellungsbegriffs vor. Die Regelung über vorläufige Maßnahmen geht vom gesetzestreuen Verhalten des Dienststellenleiters aus. Hält sich der Dienststellenleiter nicht an die gesetzlichen Vorgaben, so unterscheidet sich die Sachlage nicht von der eben erwähnten. Die Mitbestimmungspflichtigkeit einzelner Vertragsabsprachen in einigen Landesgesetzen stellt neben die Einstellung weitere Mitbestimmungstatbestände, die die inhaltliche Gestaltung des Arbeitsvertrages betreffen. Daraus kann eine Ausgrenzung des Arbeitsvertrages aus dem Einstellunsbegriff nicht geschlossen werden.

§ 8 EinstellungsbegrìfT und personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz Die Reduzierung des Einstellungsbegriffs auf die faktische Eingliederung könnte ihre Legitimation darin finden, daß der vom Personalrat zu beachtende Interessenschutz die Einbeziehung des Vertragsschlusses in den Mitbestimmungstatbestand nicht erfordert. Wird dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts durch die Zustimmungspflichtigkeit der tatsächlichen Eingliederung bereits Genüge geleistet1, so könnte der Individualschutz des eingestellten Bewerbers es gebieten, Auswirkungen des Mitbestimmungsrechts auf den Arbeitsvertrag bereits im Ansatz zu verneinen 2 .

A. Der Zusammenhang zwischen Vertragsschluß und Eingliederung Dem Arbeitnehmer steht ein privatrechtlicher, aus dem Arbeitsvertrag resultierender Anspruch gegen den Arbeitgeber zu, entsprechend der vereinbarten Tätigkeit beschäftigt zu werden 3 . Es ist daher zunächst zu überlegen, ob nicht bereits dieser Beschäftigungsanspruch dazu führen muß, bereits den Vertragsschluß der Mitbestimmung zu unterwerfen. Hinsichtlich der Beeinträchtigung der Belegschaft durch die Eingliederung des Eingestellten ist jedoch zwischen der rechtlichen Begründung des Be1

Jedenfalls dann, wenn nicht auch der Vertragsinhalt unter den Mitbestimmungstatbestand gefaßt wird, so die Argumentation von Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 12; Löwisch/Röder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, S. 146. Ähnlich v. Hoyningen-Huene, RdA 82, (205) 206. 2 Vgl. die Argumentation von Heinze, Personalplanung, Rz. 199 und v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (206): Dem Arbeitnehmer dürfe nicht "ohne Not" sein Bestandsschutz genommen werden. Ahnlich Matthes, DB 1974,2007 f. 3 Seit BAG 10.11.1955, BAGE 2, 221 (224) ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 19.8.1976, BAGE 28, 168 (172 f.); 15.6.1972 (2 AZR 345/71), AP Nr. 7 zu § 628 BGB; 4.6.1964, BAGE 16, 72 (85); 4.5.1962, BAGE 13, 109 (112). Vom Großen Senat ausdrücklich bestätigt, vgl. BAG GS 27.2.1985, BAGE 48, 122 (130 ff.). Aus dem umfangreichen Schrifttum vgl. nur Buchner, S. 19fif.; Brox, BAG-Festschr., S. 37 (38); Erman-Hanau, BGB, §611 Rz. 351fif.; Richardi, JZ 1978, 485 (491); MünchKomm-ÄMier, BGB, §611 Rz. 359fif.; Sc hau b, Handbuch, § 110 I 4, S. 842 - jeweils m.w.N. Weitere Nachweise auch bei BAG GS 27.2.1985, BAGE 48, 122 (132). Vereinzelte Gegenstimmen bei Heinze, DB 1985, 111fif.; Kraft, ZfA 1979, 123fif.; Lepke, DB 1975, 498 (499fif.); ders., DB 1971, 478fif.; Weber, Anm. BAG 26.5.1977, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, unter II 1; ders., BB 1974, 698 (701 f.).

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

schäfiigungsanspruchs und seiner Erfüllung durch den Arbeitgeber zu unterscheiden. Der Begründungsakt bedingt nicht zwangsläufig die Erfüllung, die Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Zustimmungserfordernisse kann zu einem Beschäftigungsverbot für den Arbeitgeber, das heißt zu einem Erfüllungsverbot führen, ohne daß die im Verhältnis zum Arbeitnehmer bestehende Beschäftigungspflicht in ihrer rechtlichen Existenz davon berührt wird. Kann der Arbeitgeber diese im Verhältnis zum Arbeitnehmer nach wie vor bestehende Pflicht nicht erfüllen, so richten sich die Rechtsfolgen nach den bekannten Regelungen über Annahmeverzug, Unmöglichkeit und Schadensersatz. Der bereits mit Abschluß des Arbeitsvertrages entstehende allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bewirkt noch keine Beeinträchtigung von Belegschaftsinteressen.

B. Die haushaltsrechtlichen Besonderheiten beim Abschluß eines Arbeitsvertrages im öffentlichen Dienst L Die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit des privaten Arbeitgebers und die haushaltsrechtlichen Vorgaben im öffentlichen Dienst Im öffentlichen Dienst sind Auswirkungen auf die Belegschaft nicht nur durch Beschäftigung des Arbeitnehmers aufgrund Eingliederung denkbar, sondern vielmehr deutet gerade die Nichtbeschäftigung bei bestehendem Arbeitsvertrag auf solche hin. Anders als bei der privatwirtschaftlichen Einstellung ist der Abschluß eines Arbeitsvertrages im öffentlichen Dienst an besondere gesetzliche Voraussetzungen gekoppelt. Die mit ihm verknüpften Ausgaben unterliegen den strengen haushaltsrechtlichen Regelungen, die Verwaltung darf gemäß § 3 Abs. 1 BHO Ausgaben nur dann vornehmen und Verpflichtungen nur dann eingehen, wenn der Haushaltsplan sie dazu ermächtigt. Zu überprüfen ist daher, ob das vom Personalrat zu beachtende kollektive Interesse der Belegschaft bereits durch den Abschluß des Arbeitsvertrages berührt wird, weil über die durch ihn "besetzte" Stelle nicht weiter verfügt werden kann 4 . Soll im Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes allein die Eingliederung die kollektiven Interessen berühren, so könnte der Arbeitsvertrag dort deshalb ohne weitere Auswirkungen auf die Belegschaft bleiben, weil er dort ignoriert, das heißt als nicht ge4 So Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 264. Anders allerdings Rz. 23: Kollektive Interessen würden durch den Bestand eines Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht berührt.

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

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schehen behandelt werden kann. Durch die haushaltsrechtlichen Vorgaben i m öffentlichen Dienst könnte eine solche Handhabung ausgeschlossen und damit die personalvertretungsrechtliche Erfassung des Vertragsschlusses erforderlich sein. Das im öffentlichen Dienst zu beachtende Haushaltsrecht könnte daher dazu führen, daß der Arbeitsvertragsschluß Konsequenzen nach sich zieht, die in personalvertretungsrechtlich geschützte Interessen eingreifen. Ohne Unterschied zur privatwirtschaftlichen Einstellung bewirkt zunächst jeder geschlossene Arbeitsvertrag, aus dem ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers resultiert, daß die vorgesehenen Mittel oder die vorgesehene Stelle gebunden und einer anderweitigen Verwendung nicht mehr zugänglich sind. In der privaten Wirtschaft richtet sich die Schaffung und Besetzung von Arbeitsplätzen nach dem konkreten Kapazitätsbedarf, der wiederum abhängt von einer Vielzahl unternehmenspolitischer Entscheidungen5. Soll mit Rücksicht auf die Interessen der Belegschaft die Eingliederung unterbleiben, so könnte im privaten Betrieb der dadurch bewirkte Ausfall von Arbeitskraft anderweitig "aufgefangen" werden, beispielsweise durch die zusätzliche Einstellung eines vom Betriebsrat akzeptierten anderen Arbeitnehmers. Beschaffung und Einsatz von Kapitalmitteln sind Teil der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers als wirtschaftlichem Träger des Betriebes 6, so daß die bereits erfolgte Einstellung sowohl für Arbeitgeber als auch für Betriebsrat und Belegschaft als nicht geschehen betrachtet werden könnte. Es liegt in der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers, seinen Personalbedarf festzustellen, das heißt zu entscheiden, mit wieviel Arbeitnehmern er die von ihm verfolgten arbeitstechnischen Zwecke im Betrieb verwirklichen w i l l 7 . Diese wirtschaftliche Freiheit besitzt der öffentliche Arbeitgeber nicht 8 . Er ist gebunden an den Haushaltsplan, der von der gesetzgebenden Körperschaft durch formelles Gesetz verabschiedet wird, §§ 3 Abs. 1,1 BHO 9 . 5

Vgl. Martens, ZGR 1984, 417 (454). Siehe auch Die Organisation des Personalwesens, S.

26 ff. 6

Vgl. Buchner, NZA 1991, 577 (579, 586 f.); Vogt,, RdA 1984,140 (142) m.w.N.

7

BAG 6.11.1990, NZA 1991,358 (362).

8

Vgl. LAG Bln. 2.2.1976, PersV 1977, 312 (314). Zu den Unterschieden zwischen öffentlicher und privater Wirtschaftsführung vgl. im übrigen Krüger=Spitta, S. 24 ff. Zur entsprechenden Problematik im Tarifvertragsrecht vgl. Loritz, S. 15 f. 9 Die Landeshaushaltsordnungen enthalten der Bundeshaushaltsordnung entsprechende Bestimmungen. Zu den Sonderregelungen für Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost vgl. Maunz mMaunz/Dürig, GG, Art 110 Rz. 7.

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

IL Die Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an den Haushaltsplan 1. Bei Verbindlichkeit der Stellenausweisung Anders als bei den Planstellen der Beamten, die gemäß § 17 Abs. 4 BHO im Haushaltsplan auszubringen sind und die Verwaltung gemäß § 49 BHO damit in Art und Höhe unmittelbar binden 1 0 , sieht § 17 Abs. 6 BHO für die Stellen der Arbeitnehmer allerdings nur eine Ausweisung in den Erläuterungen vor, denen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BHO die unmittelbare Veibindlichkeit für den Haushaltsvollzug gerade fehlt. Dadurch soll im Hinblick auf die "eigenen Gesetzmäßigkeiten des Tarifrechts" eine gewisse Flexibilität i m Personalhaushalt gewährleistet werden 11 . Tatsächlich ist die Verbindlichkeit der Ausweisung von AibeitnehmerStellen nahezu vollständig gegeben 12 , entweder durch entsprechende gesetzliche Vorgaben der Landeshaushaltsordnungen 13 oder - wie auf Bundesebene 14 - durch die jeweiligen Haushaltsfeststellungsgesetze 15. Dies hat die personalwirtschaftliche Folge, daß nur solche Dienstposten eingerichtet und besetzt werden dürfen, für die der Haushaltsplan eine entsprechende Stelle zur Verfügung stellt 1 6 . Andernfalls kommt es zu einer Haushaltsüberschreitung, die in ihrer haushaltsrechtlichen Zulässigkeit an enge Voraussetzungen gebunden ist, Art. 112 GG, § 37 BHO. Mißachtet der Dienststellenleiter diese haushaltsrechtlichen Vorgaben, so läßt dies zwar den zivilrechtlichen Vergütungsanspruch des Eingestellten unberührt, § 3 Abs. 2 BHO, es kann darin aber eine Dienstpflichtverletzung mit den entsprechenden beamtenrechtlichen Folgen liegen 17 .

10

Zu den Ausnahmen der Verbindlichkeit vgl. Patzig, C/17/31 Rz. 29 fif.

11

Vgl. Giesen, LHO NW, § 17 Rz. 16; Patzig, C/17/37 Rz. 39; Wiesner, S. 202 f.

12

Siehe auch Patzig, C/17/38 Rz. 41; Vogel in Isensee/Kirchhof, 1151(1164). 13

Staatsrecht I, § 27 Rz. 31, S.

Vgl. den Überblick bei Patzig, C/17/39fif. Rz. 41.

14

Allerdings beschränkt auf Angestellten-Stellen, vgl. z.B. § 4 Abs. 3 Haushaltsgesetz 1990, BGBl. 1989, 1/2421. Siehe auch Piduch, Einf. Anm. 6a S. 27; Patzig, C/17/39 Rz. 41; Weiss/Steinmeier, Rz. 825. 15

Vgl. §§ 17 Abs. 1 S. 2, 1 BHO; 12 Abs. 4 S. 2 HGrG. Für die Länder vgl. die Aufstellung bei

Patzig, C/17/38fif. Rz. 41. 16 Weiss/Steinmeier, 17

Rz. 828.

Plog-Lemhöfer, BBG, § 78 Rz. 18; Weiss/Steinmeier,

Rz. 831; Wiesner, S. 206.

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

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2. Bei Unverbindlichkeit der Stellenausweisung Eine rechtliche Verbindlichkeit der ausgewiesenen Arbeitnehmer-Stellen, wenn auch "gelockert" 18 , besteht aber auch dann, wenn gesetzlich eine Bindungswirkung der Stellenübersichten nicht vorgesehen ist, das heißt die Dienstbezüge der nichtbeamteten Kräfte als reine Geldtitel ausgewiesen sind 1 9 . In jedem Fall sind die bei den jeweiligen Haushaltstiteln veranschlagten Personalausgaben einschließlich ihrer Zweckbestimmung und möglicher Vermerke verbindlich 20 . I m übrigen besteht für die Verwaltung nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, § 7 Abs. 1 BHO, die Verpflichtung, die Stellen so zu ordnen und zu bewirtschaften, daß die in den Erläuterungen ausgewiesenen Übersichten eingehalten werden 21 . Der Verwaltung ist es grundsätzlich verwehrt, die Zahl der Stellen zu vermehren oder innerhalb der Vergütungsgruppen zu verschieben 22 . Im Falle der fehlenden Verbindlichkeit der Stellenübersichten legen die Erläuterungen die Personaltitel also mindestens in der Weise fest, daß die Verwendung der veranschlagten Gelder für eine von den aufgezählten Vergütungsgruppen abweichende höhere Eingruppierung bereits eine, an bestimmte Voraussetzungen gebundene überplanmäßige Ausgabe ist 2 3 . Erst recht können grundsätzlich nicht mehr Arbeitnehmer beschäftigt werden, als der haushaltsrechtlich festgelegte Vergütungsaufwand zuläßt 24 .

HL Der "Ausgleich" ausfallender Arbeitskraft im öffentlichen Dienst und im privatwirtschaftlichen Betrieb Zwischen dem Dienststellenleiter und der haushaltsgesetzgebenden Körperschaft besteht keine Identität, er ist nicht der wirtschaftliche Träger seiner Verwaltungseinheit. Einen durch unterlassene Eingliederung bedingten Arbeitskräfteausfall kann der öffentliche Arbeitgeber - abgesehen von den sehr

18

Vgl. Giesen, LHO NW, § 17 Rz. 16.

19

Vgl. Viaion, §11 Anm. 5, S. 401.

20

Weiss/Steinmeier,

21

Giesen, LHO NW, § 17 Rz. 16.

22

Giesen, LHO NW, § 17 Rz. 16; Viaion, S. 401. Vgl. auch das Beispiel bei Patzig, C/17/38

Rz. 41.

Rz. 824.

23

Vgl. Weiss/Steinmeier,

24

Vgl. Giesen, LHO NW, § 17 Rz. 16.

Rz. 828 f.

90

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

eingeschränkten und nicht in seiner Entscheidungskompetenz liegenden Möglichkeiten der außerplanmäßigen Haushaltswirtschaft, § 37 BHO, oder der Stellenumsetzung, § 50 Abs. 2, Abs. 4 BHO - nur durch Inanspruchnahme einer anderen freien, gemäß § 20 BHO deckungsgleichen Stelle auffangen 25 . Je kleiner die mittelbewirtschaftende Verwaltungsstelle und je geringer die dort herrschende Personalfluktuation ist, desto schwieriger wird sich dies gestalten. Wenn auch in der Privatwirtschaft nicht immer Identität zwischen Arbeitgeber und Wirtschaftsträger besteht 26 , so handelt es sich bei diesen Abhängigkeiten im Gegensatz zur öffentlichen Haushaltsbindung nicht um gesetzliche Vorgaben, also rechtliche Zwänge, sondern um Entscheidungen der Beteiligten, die in ihrem Willen stehen und anstelle von gesetzlichen Vorschriften auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen. Das gleiche gilt für Stellenpläne privater Unternehmen 27 . Auch der private Arbeitgeber muß den Einsatz seiner Kapitalmittel kalkulieren und an bestimmten Kriterien orientieren, will er auf dem Markt Bestand haben. Die Verbindlichkeit solcher Stellenpläne setzt sich der private Arbeitgeber aber selbst, denn die Art der Planungsmittel wird durch die einzelnen Unternehmen selbst bestimmt und die Bindung an solche Pläne regelt sich über die jeweilige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens 28 . Privatwirtschaftliche Arbeitgeber besitzen daher eine personalwirtschaftliche Flexibilität, die dem öffentlichen Dienst fremd ist 2 9 . IV. Die Auswirkungen für die Belegschaft Allein die unterbliebene Eingliederung trotz Bestehens eines wirksam abgeschlossenen Arbeitsvertrages hat also, anders als im Privatbetrieb, die zwangsläufige Folge, daß ein Arbeitsplatz in der Dienststelle unbesetzt bleiben muß. Dies kann unmittelbar zu Erschwerungen für die Belegschaft führen, denn es kann zu einem erhöhten Arbeitspensum und damit zu Verschlechte-

25

Vgl. dazu auch BVerwG 24.11.1986, PersV 1987,422 (423). Daneben bleibt die Möglichkeit, eine neue Stelle im Nachtragshaushalt zu beantragen, § 33 BHO, was jedoch von Verfahren und Erfolgsaussicht fur die hier angesprochenen Fälle wenig geeignet ist. Vgl. auch Ilbertz, PersV 1982, 184 (186): Angespannte Stellensituation im öffentlichen Dienst. 26

Vgl. Vogt, RdA 1984, 140 (142).

27

Stellenpläne sind keine spezifischen Erscheinungen der öffentlichen Verwaltung, sie sind auch der betrieblichen Personalwirtschaft nicht unbekannt, vgl. Buchner, NZA 1991, 577 (587); Tofaute, S. 173 m.w.N. 28 29

Siekmann, S. 12.

Siehe auch ArbG Bln. 28.11.1973, DB 1974, 341: Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitserwägungen des Arbeitgebers, wenn er sich entschließt, für einen Arbeitsplatz zwei Gehälter zu zahlen.

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

91

rungen der Arbeitsbedingungen kommen, ausgehend von der Überlegung, daß jede Stelle ausgelastet ist und die dem zwar eingestellten aber nicht eingegliederten Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben zusätzlich zu erledigen sind. Arbeitsablauf, Arbeitsbelastung und Arbeitsklima können dadurch unmittelbar beeinträchtigt werden. Der Arbeitsvertrag schafft also nicht nur faktische Zwänge 30 , so daß eine Vorverlagerung des Zeitpunkts der Mitbestimmung auf den Vertragsschluß bei Reduzierung des Einstellungsbegriffs auf die faktische Komponente nicht ausreicht 31 C. Die mitbestimmungsrechtliche Relevanz des öffentlichen Haushaltsrechts L Haushaltsrechtlich bedingte Kollektivbeeinträchtigungen und die Aufgaben des Personalrats bei der Einstellung Mitbestimmungsrechtlich relevant sind diese Beeinträchtigungen zunächst nur dann, wenn es der Personalvertretung obliegt, im Rahmen ihrer Mitbestimmung bei der Einstellung die genannten Beeinträchtigungen zu verhindern. Unabhängig von der Frage, ob das Zustimmungsrecht des Personalrats bei der Einstellung ausschließlich der Wahrung kollektiver Rechtspositionen dient, oder ob das Mitbestimmungsrecht bei personellen Maßnahmen auch zum Schutz des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers besteht 32 , ist die kollektive Aufgabenstellung der Mitbestimmungsorgane zwar unbestritten 33 . Der 30

So BAG 28.4.1992, DB 1992,2144 (2146) fur die privatwirtschaflliche Einstellung.

31

So BAG 28.4.1992, DB 1992, 2144 (2146) für die privatwiitschaftliche Einstellung. Dazu näher oben § 4 C III. 32 33

Dazu ausführlich unten § 18 Β II 2 mit umfangreichen Nachweisen.

Vgl. BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986,466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (33); 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247); 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (61); 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 (282) BAG 16.12.1986, AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972, II la der Gründe; 15.4.1986, BAGE 51, 337 (342); 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4c der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 79/75), BAGE 31, 20 (23 f.); OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154); Alberty, PersV 1978, 217 (221); Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 212 f.; Dannhäuser, PersV 1988, 34 (39); Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 6; Grabendorff, BPersVG, § 75 Rz. 19; Haas, ZTR 1988, 10 (12); Kippeis, S. 86; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2a; Plander, ArbuR 1984, 161 (166); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 76; Widmaier, PersV 1984, 148 (155). Zum BetrVR vgl. Heinze, Personalplanung, Rz. 302 ff; Schreiber, RdA 1987, 257 (261); Wagner, ArbuR 1992,40 (44).

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

Versagungskatalog des § 77 Abs. 2 weist jedoch aus, daß nicht jede Beeinträchtigung kollektiver Interessen, die eine Personalmaßnahme mit sich bringen kann, personalvertretungsrechtlich beachtlich ist. Der Personalrat kann die geplante Einstellung nur dann angreifen, wenn es sich um Beeinträchtigungen der dort genannten Art handelt. M i t dem Versagungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 faßt das Gesetz die geschützten Interessen allerdings sehr weit. Nach dem Wortlaut der Vorschrift genügt jede Benachteiligung, die nicht aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. In diesem weiten Sinne versteht auch die überwiegende personalvertretungsrechtliche Meinung den Tatbestand 34 . Dies ignorierend meint neuerdings Haas, es sei "unstreitig anerkannt", daß als Nachteil nur ein Eingriff in Rechtspositionen oder rechtlich geschützte Anwartschaften anzuerkennen sei, Beeinträchtigungen des Arbeitsklimas oder der Arbeitsbelastung dagegen seien keine der Mitbestimmung unterstellten Gesichtspunkte 35 . Diese Behauptung baut offensichtlich auf der vorwiegend im Betriebsverfassungsrecht herrschenden Meinung auf, die mit einer Einstellung oder Versetzung verbundene Beeinträchtigung von bloßen Aufstiegschancen für andere Arbeitnehmer sei kein beachtlicher Nachteil, erforderlich sei vielmehr ein Eingriff in Rechtspositionen oder rechtlich geschützte Anwartschaften 36 . Bestehen schon Bedenken, diese Auffassung auf das Personalvertretungsrecht zu übertragen 37 , so hat auch für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts das Bundesarbeitsgericht klargestellt, daß diese enge Auslegung des Benachteiligungs-Tatbestandes lediglich für die eben genannten 34 Vgl. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.1003), PersR 1991, 373 (375); 4.10.1989, PersR 1990, 142 (143); OVG Bln. 4.9.1991, PersR 1992, 107 (108); VG Ansbach 22.4.1991, PersR 1991, 304 (305); Dietz/Richardi, BPersVG, § 77 Rz. 54, 61; Fischer/Goeres, BPersVG, § 77 Rz. 20; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 45, 47. Zum BetrVG vgl. BAG 15.9.1987, BAGE 56, 108 (116 f.). Im Ergebnis ebenso Grabendorff, BPersVG, § 77 Rz. 16 (zum PersVR) und v. Altrock, DB 1987, 785 (789) (zum BetrVR), die allerdings die Anwendbarkeit bei den Fällen der Einstellung verneinen. 35

Haas, ZTR 1988,10 (11 f.).

36

Vgl. BAG 13.6.1989, NZA 1989, 937 (938); 6.10.1978, AP Nr. 10 zu § 99 BetrVG 1972, II la der Gründe; 18.7.1978 (1 ABR 43/75), AP Nr. 1 zu § 101 BetrVG 1972, II 3 der Gründe; 7.11.1977, BAGE 29, 345 (356). Zum umfangreichen Schrifttum vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, § 77 Rz. 61 ; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 51; Heinze, Personalplanung, Rz. 314; Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 125 - jeweils m.w.N. 37

Vgl. dazu ausführlich Kunze, PersV 1985, 316 (317 f.). Für einen weiten Anwendungsbereich ebenfalls BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.1003), PersR 1991, 373 (375); 4.10.1989, PersR 1990, 142 (143); VG Ansbach 22.4.1991, PersR 1991, 304 (305); Grabendorff, BPersVG, §77 Rz. 16; Fischer/Goeres, BPersVG, § 77 Rz. 20.

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

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Fälle in Frage kommen kann, nämlich bezüglich der Behinderung anderer Beschäftigter in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung, das heißt für die Verschlechterung von Beförderungsaussichten 38. Die bei Durchführung einer geplanten Versetzung zu befürchtende Erhöhung der Arbeitsbelastung der abgebenden Abteilung beispielsweise hat es als einen zur Verweigerung der Zustimmung berechtigenden Nachteil anerkannt 39 . Ist die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung jedenfalls auch kollektivrechtlich ausgerichtet, so können die von ihr zu schützenden Interessen nicht ausschließlich individualrechtlicher Natur sein, und schon gar nicht in der Weise, daß es sich um rechtlich durchsetzbare Ansprüche handeln muß, die der einzelne Arbeitnehmer auch ohne die Beteiligung des Personalrats gegen seinen Arbeitgeber hat 4 0 . Die durch den Abschluß des Arbeitsvertrages bedingten und auf den Besonderheiten des öffentlichen Haushaltsrechts beruhenden möglichen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sind damit Beeinträchtigungen, die der Personalrat im Rahmen seiner Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Satz 1 zu verhindern hat. Handelt es sich also bei den mit einem imbesetzten Aibeitsplatz verbundenen Beeinträchtigungen der Belegschaft um Nachteile im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 2, so kommt dem Personalrat die Aufgabe zu, diese Nachteile zu verhindern, wenn sie Folge einer Einstellung sind. Da sich der Umfang personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten nicht nach den Verweigerungsgründen des § 77 Abs. 2 bestimmt, sondern ein Verweigerungsgrund vielmehr erst dann relevant wird, wenn es sich um eine mit-

38 BAG 15.9.1987, BAGE 56, 108 (116 f.); siehe auch Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 51; Heinze, Personalplanung, Rz. 315. Zum PersVR vgl. Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 47. 39

BAG 15.9.1987, BAGE 56, 108 (116 f.). Ahnlich BAG 13.6.1989, NZA 1989, 937; 26.1.1988, BAGE 57, 242 (254). Im Ergebnis ebenso för den Fall der befristeten Einstellung OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154) und der Umsetzung eines Beamten OVG Bln. 4.9.1991, PersR 1992, 107 (108). Ebenso Fitting, BetrVG, § 99 Rz. 5 V, Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 125. 40 So zutreffend BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.1003), PersR 1991, 373 (375); Fischer/Goeres, BPersVG, §77 Rz. 20. Die generelle Reduktion des Merkmals "Benachteiligung" auf die Beeinträchtigung bereits rechtlich verdichteter Anwartschaften steht im übrigen im Widerspruch zu der auch von Haas, ZTR 1988,10 (12,15) geteilten Auffassung, der Personalrat dürfe gerade nicht im Interesse einzelner und zur Durchsetzung ihrer Ansprüche tätig werden, vgl. BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12.83), PersV 1985,475 (476); 1.11.1983 (6 Ρ 28.81), PereV 1985, 473 f.; 26.10.1983, PersV 1985, 477 f.; 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (139); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (183); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (196 f.); OVG NW 8.3.1988, PersV 1988, 359 (360 f.) BayVGH 20.7.1983, ZBR 1984, 74.

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

bestimmungspflichtige Maßnahme handelt 41 , werden mitbestimmungsrechtlich relevante Bereiche nur dort betreten, wo die geplante Maßnahme unter den abgeschlossenen Katalog der in den §§ 75, 76 aufgezählten Personalangelegenheiten fällt. Der Abschluß des Arbeitsvertrages wird daher nicht bereits dadurch zur mitbestimmungspflichtigen Maßnahme, daß seine haushaltsrechtlich bedingten Auswirkungen Nachteile im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 2 darstellen.

IL Die Rechte des Personalrats zur Beseitigung von Vakanzen im Personalbestand 1. Kollektivbeeinträchtigung als Folge der Vakanz im Personalbestand Die genannten Beeinträchtigungen der Belegschaft treten dadurch ein, daß eine im Haushaltsplan vorgesehene Stelle nicht besetzt werden kann, weil die dafür vorgesehenen Mittel verbraucht sind. Nicht anders betroffen sind aber die bereits beschäftigten Mitarbeiter, wenn der Arbeitgeber nach ordnungsgemäßem Mitbestimmungsverfahren von der Einstellung wieder Abstand nimmt, denn eine Durchfuhrungspflicht mitbestimmter Maßnahmen gibt es nicht 4 2 . Die gleichen kollektiven Auswirkungen ergeben sich auch dann, wenn der Dienststellenleiter eine vakante Stelle erst gar nicht besetzen will, denn im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Zustimmungsverfahrens liegt die Entscheidung, daß eine Einstellung überhaupt erfolgen soll, beim Dienststellenleiter, die dieser bereits vor der Einleitung des Verfahrens trifft 4 3 . Die durch den Arbeitsvertragsschluß bedingten Folgen für die Beschäftigten können daher nur dann von mitbestimmungsrechtlicher Relevanz sein, wenn es in der Kompetenz des Personalrats läge, diese Beeinträchtigungen erst gar nicht entstehen zu lassen, das heißt die Besetzung vakanter Stellen zu betreiben. In diesem Falle würde mit dem Abschluß des Arbeitsvertrages durch die mit ihm verbundene Vergütungspflicht diese Kompetenz unterlaufen, so daß bei einer Einstellung auch die rechtliche Begründung des Arbeitsverhältnisses mitbestimmungsrechtlich erfaßt werden müßte. 41 Dannhäuser, PereV 1988, 34 (37); ders. PereV 1986, 353 (359fif.); ders., PereV 1990, 409 (412); Haas, ZTR 1988, 10 (11). Siehe auch BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195 f.). 42 BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12. 83), PereV 1985, 475; OVG Hmb. 5.4.1982 (OVG Bs PB 12/81), PereV 1984, 245 f.; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 11; Grabendorff, BPersVG, Rz. 14 vor § 66; Widmaier in Widmaier/Leuze/Lindenberg/Wendler, PersVR BW, § 69 Rz. 12. Siehe aber die Regelung in § 58 Abs. 1 Satz 4 BremPersVG, die eine Durchführungspflicht der Dienststelle vorsieht 43

Vgl.Plander, ArbuR 1984, 161 (169).

95

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

2. Initiativrecht zur Besetzung freier Stellen? Anders als das Betriebsverfassungsgesetz gewährt das Bundespersonalvertretungsrecht der Beschäftigtenvertretung ausdrücklich ein Initiativrecht auch für personelle Maßnahmen, § 70 Abs. 2. Könnte der Personalrat über dieses Initiativrecht beantragen, daß eine freie Stelle besetzt w i r d , so unterfielen die genannten, durch die mangelnde Initiative des Dienststellenleiters hervorgerufenen kollektiven Beeinträchtigungen als Benachteiligung i m Sinne v o n § 77 Abs. 2 Nr. 2 dem personalvertretungsrechtlichen S c h u t z 4 4 . N a c h der Rechtsprechung ist dies k e i n P r o b l e m 4 5 , vielmehr w i r d die Initiative zur Besetzung freier Stellen als einzige M ö g l i c h k e i t gesehen, das Antragsrecht i m Rahmen der personellen Maßnahme der Einstellung wahrzunehmen46. Das Initiativrecht nach § 70 Abs. 2 ist die Konkretisierung des allgemeinen Antragsrechts nach § 68 i m Bereich der mitbestimmungspflichtigen Personalangelegenheiten 4 7 u n d ermöglicht der Personalvertretung, auf die Gestaltung der personellen Angelegenheiten der Dienststelle e i n z u w i r k e n 4 8 . Sie erhält die M ö g l i c h k e i t , Maßnahmen, die sie für geboten hält, v o n sich aus einzuleiten u n d gegebenenfalls gegen den W i l l e n des Dienststellenleiters 4 9

durchzuset-

44 Auf den Streit, ob das Initiativrecht nur in einem durch die Versagungsgründe des § 77 Abs. 2 begrenzten Umfang - so Dietz/Richardi, BPersVG, § 70 Rz. 23; vgl. auch BVerwG 13.4.1962, BVerwGE 14, 127 (128f.)- oder uneingeschränkt für alle Personalmaßnahmen besteht - so Fischer/Goeres, BPersVG, § 70 Rz. 24; Grabendorff, BPersVG, § 70 Rz. 18 -, käme es daher dann nicht mehr an. Gegen eine Einschränkung auch Plander, ArbuR 1984, 161 (170), der allerdings dem Irrtum unterliegt, andernfalls dürfe der Personalrat eine Maßnahme nur dann beantragen, wenn er ihr bei Durchführung gleich wieder die Zustimmung verweigern könnte. Hier geht es vielmehr darum, ob die Personal Vertretung aus jedem oder nur aus beschränkten Gründen aktiv werden kann. 45 Vgl. BVerwG 26.10.1983, PersV 1985, 477 (478) und HessVGH 29.10.1980, PersV 1991, 536 f.: Personalrat kann vom Dienststellenleiter verlangen, daß dieser die Besetzung freier Stellen einleitet und die Zustimmung zur Besetzungsabsicht einholt; vgl. auch OVG Lübg. 21.3.1990, PersR 1991, 235: Der Personal Vertretung kann ein Initiativrecht bezüglich der Besetzung freier Stellen nicht von vornherein abgesprochen werden. 46 Vgl. Kübel, PersV 1987, 217 (223): Initiativrecht nach der Rechtsprechung bislang nur dort, wo mitbestimmungspflichtige Maßnahmen überhaupt getroffen werden sollten, z.B. die Besetzung freier Stellen beantragt war. Zur Verneinung des Initiativrechts zur konkreten Bewerbereinstellung siehe unten § 8 C II 4. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Initiativrecht bei Schenke, JZ 1991, 581 (591). 47

Haas, ZTR 1988, 10 (15).

48

HessVGH 1.9.1982, PersV 1983,281 (282); Grabendorff,

49

BPersVG, § 70 Rz. 2.

Im Gegensatz zur bundesrechtlichen Regelung, die das Initiatiwerfahren in personellen Angelegenheiten bei Weigerung des Dienststellenleiters durch die Entscheidung der obersten Dienstbehörde abschließt, sehen die LPersVGe der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein auch für diese Fälle die endgültige Entscheidung der Einigungsstelle vor. Diesbezügliche verfassungsrechtliche Bedenken bei Kisker, PersV 1985, 137

96

2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

zen 5 0 , soweit das Gesetz diese Maßnahmen an anderer Stelle seiner Mitbestimmung unterwirft 51 . Es ermöglicht dem Personalrat, seine Mitbestimmungsbefugnisse, und nur diese, in aktiver Form auszuüben, gewährt aber keine Erweiterung seiner Rechte 52 . Auch der Grundsatz der gleichberechtigten Partnerschaft, der das Personalvertretungsrecht beherrscht und der durch das Initiativrecht verwirklicht werden soll 5 3 , bedeutet nicht, daß die Personalvertretung in allen Angelegenheiten zu beteiligen wäre, denn ihr Aufgabenbereich ist durch das Gesetz begrenzt 54 . Ein Initiativrecht besteht demnach jedenfalls dann nicht, wenn der Personalvertretung bei entsprechendem Anstoß des Dienststellenleiters kein Mitbestimmungsrecht zustünde 55 . Die personellen Angelegenheiten, die § 75 der Mitbestimmung des Personalrats unterwirft, betreffen die jeweils konkrete Einzelmaßnahme, das heißt sie sind auf das einzelne Beschäftigungsverhältnis bezogen 56 . Die Mitbestimmung setzt also erst ein, wenn die Dienststelle sich zur Einstellung eines bestimmten Bewerbers entschlossen hat 5 7 . Die Besetzung freier Stellen, um Vakanzen im Arbeitskräftebestand auszufüllen, ist keine personelle Einzelmaßnahme, sondern eine Frage des Personalbedarfs und der Arbeitsverteilung. Sie betrifft personalpolitische Grundsatzentscheidungen, organisatorische Überlegungen zum Ablauf des Dienstbetriebes und soziale Aspekte hinsichtlich der qualitativen und quantitativen Anforderungen an den Personalkörper 58 . Die

(146). Kein Initiativrecht für die personelle Maßnahme "Einstellung" kennen das Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg und Bayern. 50

Vgl. BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12. 83), PersV 1985, 475 (476); 1.11.1983 (6 Ρ 28.81), PersV 1985,473 f.; 26.10.1983, PersV 1985,477; 25.10.1983, BVerwGE 68,137 (139). 51

Vgl. BVerwG 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247); HessVGH 1.9.1982, PersV 1983, 281

(282). 52 BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12. 83), PersV 1985,475 (476); 1.11.1983 (6 Ρ 28.81), PersV 1985, 473 f.; 26.10.1983, PersV 1985, 477 f.; 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (139); OVG Hmb. 20.2.1989, PersV 1990, 272 (273); OVG NW 8.3.1988, PersV 1988,355 (360). 53

So BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12. 83), PersV 1985, 475 (476); 1.11.1983 (6 Ρ 28.81), PersV 1985, 473 f.; 26.10.1983, PersV 1985, 477 f.; Geflken, RiA 1976, 229 (230); Grabendorff, BPersVG, § 70 Rz. 15 m.w.N.; Ilbertz, ZBR 1977, 59. 54 BVerwG 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (326 f.); 6.12.1978, BVerwGE 57, 151 (156); 24.10.1969, BVerwGE 34, 143 (145); Grabendorff, BPersVG, § 2 Rz. 6. 55

liberti, BlnPersVG, § 79 Rz. 32; ebenso Dannhäuser, PersV 1990,409 (419).

56

Vgl. BVerwG 6.12.1978, BVerwGE 57, 151 (154); Fischer/Goeres, BPersVG, § 75 Rz. 10; Ilbertz, PersV 1982,184 (187); Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rz. 10. 57

So ausdrücklich HessVGH 23.1.1991, PersV 1992,491.

58

Vgl. auch Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 78 Rz. 63,68.

97

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

Frage, ob zur Erledigung der in der Dienststelle anfallenden Arbeiten ausreichend Arbeitskräfte vorhanden sind oder aber weitere Dienstkräfte eingestellt werden müssen, stellt sich bereits im Vorfeld der Entscheidung über die konkrete Einzelmaßnahme, nämlich bei der Frage, wieviel Bedarf an Personal zur Erledigung der in der Dienststelle anfallenden Aufgaben erforderlich ist und wie die Verteilung dieses Personals in der Dienststelle erfolgen soll 5 9 . Erst danach schließt sich die Frage der Ausfüllung durch konkrete einzelne Arbeitskräfte, das heißt durch die Einstellung eines konkreten Bewerbers, a n 6 0 . Die Frage des Bedarfs und der Beschaffung von Personal ist Teil der Personalplanung 61 , die zwar für die nachfolgende konkrete Einzelmaßnahme vorentscheidende Bedeutung hat, personalvertretungsrechtlich aber nur in Form eines Anhörungsrechts erfaßt ist, § 78 Abs. 3 6 2 . Bei der Ausübung dieses Anhörungsrecht kann der Personalrat dann Aspekte wie Arbeitsbelastung der übrigen Mitarbeiter berücksichtigen. Unterliegen Fragen des Peronalbedarfs damit nicht dem Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung, sondern dem Anhörungsrecht nach § 78 Abs. 3, so kann es auch kein Initiativrecht hinsichtlich der Besetzung von freien Stellen geben 63 . 3. Das allgemeine Antragsrecht des Personalrats bei der Personalplanung Über den Kreis der mitbestimmungspflichtigen Tatbestände hinaus gewährt § 68 Abs. 1 Nr. 1 dem Personalrat ein Antragsrecht in Bezug auf alle die Beschäftigten berührenden Tatbestände, soweit sie in seinem allgemeinen Zuständigkeitsbereich liegen 64 . Die Personalvertretung kann daher, auch wenn 59 Zur Personalbedarfsplanung als Teil der Personalplanung vgl. OVG Bln. 18.10.1990, PersR 1991,344 (345). 60

Vgl. auch BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.1003), PersR 1991,373 (375).

61

Vgl. OVG Bla 18.10.1990, PersR 1991, 344 (345); ausführlich Dietz/Richardi, 92fif.; siehe auch Grabendorff BPersVG, § 78 Rz. 31.

§78 Rz.

62

Im Ergebnis ebenso Dannhäuser, PersV 1988, 34 (40). Siehe auch Schmitt, BayVBl. 1985, 7 (9). Oberblick über die Mitsprache des Personalrats bei der Personalplanung bei Dobler, PersR 1989, 149 ff. 63 A.A. BVerwG 26.10.1983, PereV 1985, 477 (478); OVG Lübg. 21.3.1990, PereR 1991, 235. Nach § 56 Abs. 1 MBG Schl.-H. hat der Personalrat ein Initiativrecht in allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten, sofern sie die Beschäftigten betreffen oder sich auf sie auswirken. 64 Vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, § 68 Rz. 6, 9; Grabendorff, Lorenzen in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 68 Rz. 8.

7 Hantl-Unthan

BPersVG, § 68 Rz. 5, 8;

98

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

ihr ein förmliches Initiativrecht nicht zusteht, beim Dienststellenleiter anregen, zur Verringerung der Arbeitsbelastung der in der Dienststelle tätigen Mitarbeiter oder zur ordnungsgemäßen Erledigung der in der Dienststelle anfallenden Aufgaben freie Stellen zu besetzen, denn die Zuständigkeit der Personalvertretung bezieht sich auch auf solche Überlegungen, die erst Vorentscheidungen für künftige, der förmlichen Beteiligung unterliegende Maßnahmen darstellen 65 . Dieses Antragsrecht wird zunichte gemacht, wenn für den unbesetzten Arbeitsplatz keine freie Stelle mehr zur Verfügung steht, denn die Personalvertretung darf keine rechtlich undurchführbaren Anträge stellen 66 , sie hat die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu beachten 67 . Damit greift bereits der Abschluß eines Arbeitsvertrages in den Aufgabenbereich der Personalvertretung ein, so daß ihm eine personalvertretungsrechtliche Bedeutung nicht abgesprochen werden kann. Allerdings erhält der Personalrat durch diese Antragsbefugnis nur ein sehr schwach ausgestaltetes Recht, denn die verfahrensmäßige Absicherung fehlt, es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Dienststelle, ob sie dem Antrag entspricht 68 . Aus dem allgemeinen Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, § 2 Abs. 1, das als Generalklausel Dienststellenleiter und Personalvertretung bei ihrer gesamten personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit bindet 6 9 , und dem Gebot, mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln, § 66 Abs. 1 S. 3, ergibt sich jedoch die Pflicht des Dienststellenleiters, Anregungen der Personalvertretung ernstlich zu würdigen und "wohlfundierten Stellungnahmen" so weit wie möglich Rechnung zu tragen 70 . Einen Verstoß gegen diese Pflicht kann der Personalrat im Wege der Dienstaufsicht angreifen 71 . Die Bedeutung

65

Grabendorff,

66

Lorenzen in Lorenzen/H aas/Schmitt,

BPersVG, § 2 Rz. 3. BPersVG, § 68 Rz. 9; Grabendorff,

BPersVG, § 68

Rz. 8. 67

Zur Bindung der Personal Vertretung an das Haushaltsrecht ausführlich unten § 19 Β III 3c.

68

Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 68 Rz. 14.

69

BVerwG 24.10.1969, BVerwGE 34, 143 (145); Dietz/Richardi, BPersVG, §2 Rz. 9, 11; Fischer/Goeres, BPersVG, § 2 Rz. 4; Grabendorff, BPersVG, § 2 Rz. 2 m.w.N.; Ilbertz, PersV 1982, 184 f.; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 2 Rz. 2b. 70 Vgl. BVerwG 5.2.1971 (7 Ρ 17.70), ZBR 1971, 285 (286). Siehe auch L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 2 Rz. 13; kritisch Lecheler, PersV 1981, 1 (6). 71

Rz. 6.

L. Schmitt in Lorenzen/H aas/Schmitt,

BPersVG, § 2 Rz. 34; Grabendorff,

BPersVG, § 68

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

99

des allgemeinen Antragsrechts darf daher trotz eingeschränkter rechtlicher Durchsetzbarkeit nicht unterschätzt werden 72 . 4. Initiativrecht zur konkreten Einzeleinstellung? Berücksichtigt man nunmehr die herrschende Meinung, die dem Personalrat ein Initiativrecht hinsichtlich konkreter Einzelmaßnahmen gerade versagt 73 und das Initiativrecht auf die Fälle beschränkt, die die Dienststelle zwingen, ihrerseits eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme einzuleiten, so veibleibt bei dem hier aufgezeigten Verständnis fur ein Initiativrecht bei der Einstellung kein Raum mehr 7 4 . Wenn das Bundesverwaltungsgericht der Personalvertretung zur Ausübung ihres Initiativrechts in Personalangelegenheiten die Möglichkeit beläßt, das Tätigwerden der Dienststelle in den Fällen zu erzwingen, in denen "das Unterlassen oder die sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung der beantragten Maßnahme seitens der Dienststelle Belange berührt, die die Personalvertretung wahrzunehmen hat" 7 5 , so bleibt das Bundesverwaltungsgericht nähere Ausführungen schuldig, denn der Mitbestimmung unterliegen allein die konkreten personellen Einzelmaßnahmen 76 . Dies mag als Argument gegen diese Rechtsprechung zu werten sein 77 . Nicht möglich ist

72

BVerwG 5.2.1971 (7 Ρ 17.70), ZBR 1971,285 (286).

73

Vgl. BVerwG 1.11.1983 (6 Ρ 12. 83), PereV 1985, 475 (476); 1.11.1983 (6 Ρ 28.81), PersV 1985, 473 f.; 26.10.1983, PersV 1985, 477 f.; 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (139); 12.8.1983, PersV 1985, 246 f.; 5.5.1976, PersV 1978, 272 (275 f.); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (183 f.); 13.2.1976 (6 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (196 f.); OVG Hmb. 18.2.1991, PersR 1992, 314 (315); 20.2.1989, PersV 1990, 272 (273); OVG NW 8.3.1988, PersV 1988, 359 (360 f.); HessVGH 2.12.1987, PersV 1989, 40; BayVGH 20.7.1983, ZBR 1984, 74; HessVGH 29.10.1980, PersV 1991, 537. Anders ausdrücklich § 56 Abs. 1 MBG Schl.-H., wonach ein Initiativrecht in personellen Angelegenheiten auch dann besteht, wenn nur einzelne Beschäftigte betroffen sind oder sich die Maßnahme auf sie auswirkt Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 HmbPersVG besteht das Mitbestimmungsrecht auch dann, wenn die Angelegenheiten nur einzelne Angehörige des öffentlichen Dienstes betreffen. 74 Vgl. auch Dannhäuser, PersV 1988, 34 (40) m.w.N.: Es gibt kein Initiativrecht bei der Einstellung; ders., PersV 1986,353 (355). 75 BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (51), insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nicht abgedruckt; 1.11.1983 (6 Ρ 12.83), PersV 1985, 475 (476); 26.10.1983, PersV 1985, 477 f.; 25.10.1983, BVerwGE 68,137 (140) und LS 3; OVG Hmb. 20.2.1989, PersV 1990,272 (273). 76 77

Aus diesem Grunde ebenfalls ablehnend Grabendorff,

BPersVG, § 70 Rz. 15.

Gegen diese Rechtsprechung hat sich ein großer Teil des personalvertretungsrechtlichen Schrifttums ausgesprochen, vgl. Altvater, BPersVG, § 70 Rz. 8; Dietz/Richardi, BPersVG, § 70 Rz. 25; Geffken, RiA 1976,229 ff.; Grabendorff, BPersVG, § 70 Rz. 15 f.; Haverkamp, VerwArch 1984, 284 (295); Ilbertz, PersV 1982, 184 (190); ders., ZBR 1977, 59; ders., BlnPersVG, § 79 Rz. 32; Blander, RdA 1985,223 (228); ders., ArbuR 1984, 161 (169); Rohr, PersR 1990, 93 (96); Sabottig, Anm. OVG NW 8.3.1988, PersR 1988, 332 f. Dem Bundesverwaltungsgericht folgen Fischer/Goeres, BPersVG, § 70 Rz. 16; Dannhäuser, PersV 1988,34 (40), differenzierend allerdings in

100

2. Kapitel: Der Einstellungsbegrifif als normativer Anknüpfungspunkt

jedenfalls, diese Rechtsprechung dadurch "aufzufangen", daß die im Gesetz abschließend geregelten Mitbestimmungstatbestände78 erweitert werden und dem Personalrat ein förmlich ausgestaltetes Initiativrecht außerhalb des Mitbestimmungskataloges zugestanden wird. Ob dem Personalrat entgegen der herrschenden Meinung ein Initiativrecht auf Einstellung eines konkreten Bewerbers zuzugestehen ist, braucht hier nicht vertieft zu werden. Abgesehen davon, daß die Zielrichtung einer solchen Initiative nicht auf die Beseitigung von Vakanzen im Personalbestand gerichtet wäre, sondern auf die Auswahl eines konkreten Bewerbers, ist durch die Kompetenz der Personalvertretung, die Besetzung freier Stellen zu beantragen, für die hier aufgeworfene Frage eine ausreichende mitbestimmungsrechtliche Relevanz der rechtlichen Komponente des Einstellungstatbestandes nachgewiesen. H L Verbleibende Rechte bei der Erhöhung des Personalbestandes Neben diesen Möglichkeiten verbleibt dem Personalrat zur Wahrnehmung der dargelegten Belegschaftsinteressen das Recht nach §§78 Abs. 3 Satz 1 und 2, 68 Abs. 1 Nr. 1, die Anforderung neuer Stellen im Rahmen der Haushaltsvoranschläge anzuregen. Dies kann jedoch die Vernichtung des allgemeinen Antragsrechts auf Besetzung freier Stellen nicht ausgleichen. Die Besetzung freier, im Haushaltsplan für die Dienststelle bereits vorgesehener Stellen liegt in der Entscheidungskompetenz des Dienststellenleiters. Die Stellenausstattung im Haushaltsplan erfolgt durch die gesetzgebende Körperschaft, auf sie hat die Dienststelle nur beschränkten Einfluß. Auch bestehen qualitative Unterschiede zwischen dem Verlangen nach Besetzung bereits vorhandener freier und nach Anforderung zusätzlicher, über den bestehenden Personalrahmen hinausgehender neuer Stellen. Gleiches gilt für das Verlangen nach Überplanmitteln.

PersV 1990, 409 (414fif.); Haas, ZTR 1988, 10 (15); Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 70 Rz. 2b; Schmitt, BayVBl. 1985, 7 (9); unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken auch Kübel, PersV 1986, 129 (139) und weitergehend/foter, PersV 1985,137 (146). 78 Allg. Meinung, vgl. BVerwG 28.2.1958, BVerwGE 6, 220 (222); OVG NW 7.12.1978, ZBR 1980,132. Grabendorff, BPersVG, § 75 Rz. 1, § 68 Rz. 5; Joerres, PersV 1981, 353 (354); Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Rz. 2 vor §§ 75-81. Anders allerdings die Bremer und die rheinland-pfälzische Regelungen, die in § 52 Abs. 1 Satz 1 BremPersVG und § 78 Abs. 2 PersVG Rh.Pf. von der Allzuständigkeit des Personalrats ausgehen und als mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten nur Beispielsfalle nennen, und völlig offen § 51 Abs. 1 MBG Schl.-H.

§ 8 Personalvertretungsrechtlicher Interessenschutz

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I V . "Mitschuld" des Personalrats? Dem Personalrat kann weiterhin nicht entgegengehalten werden, er habe diese Situation mit zu verantworten, denn ohne sein Veto wäre die Stelle mit dem von der Dienststelle eingestellten Bewerber besetzt. Dies hieße, dem Personalrat vorzuwerfen, sein ihm durch das Personalvertretungsgesetz zugestandenes Recht wahrnehmen zu wollen. Das personalvertretungsrechtlich geschützte Interesse der Belegschaft liegt in der ordnungsgemäßen, das heißt unter Beachtung der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung erfolgten Besetzung freier Stellen.

D. Beschränkung der Beteiligungsvorschriften auf den Schutz des Kollektivs vor Veränderungen des ,fStatus quo"? Damit ist bereits dargelegt, daß die eingeschränkte Auslegung des Einstellungsmerkmals nicht damit zu begründen ist, die Beteiligungsvorschriften dienten ausschließlich der Sicherung und Gewährleistung des kollektiven Interessenschutzes der gesamten Belegschaft vor Veränderungen des "Status

Vor einer geplanten Einstellung kann jedenfalls im öffentlichen Dienst als "Status quo" sowohl die derzeitige tatsächliche Zusammensetzung des Personals angesehen werden als auch daneben die für den Personalbestand zur Verfügung stehenden Personalmittel. Werden durch eine kollektivwidrig vorgenommene Einstellung Personalmittel gebunden, ohne wegen fehlender Eingliederung auf den "Status quo" der Belegschaftszusammensetzung zu wirken, so wird damit in personalvertetungsrechtlich relevanter Weise aufgrund der zwangsweisen Verknüpfung von Personalbestand und Personalmittel der "Status quo" der der Belegschaftszusammensetzung zur Verfügung stehenden Mittel berührt. Im übrigen bedeutet die Beschränkung der kollektiven Beteiligung auf den Schutz der Belegschaft vor Veränderungen des "Status quo" eine nicht zu rechtfertigende Ignoranz der Kollektivinteressen bei der Veränderung. Die Belegschaft kann durchaus ein Interesse an der Veränderung ihrer Zusammensetzung, das heißt an einer Einstellung haben, wie die vorstehenden Untersuchungen gezeigt haben. Ihre Interessenvertretung ist deshalb aber nicht überflüssig geworden, denn zu regeln bleibt die Frage, wie diese Statusverän79 So Heinze, Personalplanung, Rz. 344; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (213); jeweils für das BetrVR.

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2. Kapitel: Der Einstellungsbegriff als normativer Anknüpfungspunkt

derung vor sich gehen soll, beispielsweise unter Beachtung maßgeblicher Rechtsvorschriften, §§ 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG, 99 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG. Im Hinblick auf die Tatsache, daß Fälle denkbar sind, in denen nicht der Schutz vor Veränderungen des "Status quo" in Frage steht, sondern es vielmehr darum geht, den Istzustand zugunsten des Kollektivs zu verändern und die Interessen bei dieser Veränderung zu wahren, kann eine Interpretation der Beteiligungsvorschriften, die diesen Gesichtspunkt ausklammert, nicht überzeugen.

E. Zusammenfassung Durch die haushaltsrechtlichen Vorgaben bedingt der Abschluß eines Arbeitsvertrages, daß aufgrund der dadurch eintretenden Mittelbindung über die Personalstelle nicht anderweitig verfügt werden kann. Wird der Arbeitsvertrag abgeschlossen und unterbleibt bei Fortzahlung der Vergütung die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers, so kann der damit verbundene Arbeitskräfteausfall zu Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für die Belegschaft führen. Diese Kollektivbeeinträchtigungen unterliegen als Nachteile im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 2 der Mitsprache des Personalrats. Der Personalvertretung steht zur Verhinderung dieser Nachteile ein allgemeines Antragsrecht zur Besetzung freier Stellen im Personalbestand zu. Dieses Antragsrecht wird zunichte gemacht, wenn die Vakanz mangels zur Verfügung stehender Mittel nicht behoben werden kann. Der Abschluß des Arbeitsvertrages greift daher durch seine mit ihm verbundene Vergütungspflicht bereits unmittelbar in personalvertretungsrechtliche Kompetenzen ein, so daß auch er der Mitbestimmungspflicht unterliegen muß.

3. Kapitel

Die gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen in grammatischer, historischer und systematischer Betrachtung § 9 Die grammatische Ausgestaltung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen A. Der Wortlaut Zur Beantwortung der Frage, welche Bedeutung die Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsbefugnisse für das Arbeitsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers hat, ist zunächst vom Wortlaut der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsvorschrift auszugehen. I m Personalvertretungsrecht wird bereits vereinzelt daraus auf die Unwirksamkeit zustimmungslos getroffener Maßnahmen geschlossen1, denn § 69 Abs. 1 legt fest, daß eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme nur mit der Zustimmung des Personalrats getroffen werden kann 2. Die überwiegende Meinung findet jedoch weder in § 69 BPersVG noch in § 99 BetrVG Anhaltspunkte für die Frage der Individualrechtsfolgen 3.

1 LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (52) zu § 66 Abs. 1 LPVG NW; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 37 und wohl auch Reinert, RiA 1992, 1 (22). Im Grundsatz auch Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §69 Rz. 56, der die Einstellung allerdings aufgrund anderer Überlegungen für wirksam hält, § 69 Rz. 57. Zum gleichlautenden § 62 PersVG 1955 die damals herrschende Meinung, vgl .Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74; Fitting-Heyer, PersVG 1955, § 62 Anm. 15; Molitor, PersVG 1955, § 62 Rz. 2. Vgl. auch Schlüter, DB 1972, 92 (96): Der Wortlaut der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsregelung spreche viel eher für die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung (als § 87 BetrVG). 2 Gleichlautend § 69 Abs. 1 PersVG BW; Alt 70 Abs. 1 BayPVG; §§ 79 Abs. 1 HmbPersVG; 66 Abs. 1 LPVG NW; 74 Abs. 1 PersVG Rh.-Pf.; 73 Abs. 1 PereVG SL; § 52 Abs. 1 MBG Schl.-H. Nach §§ 79 Abs. 1 BlnPersVG, 69 Abs. 1 HPVG und 72 Abs. 1 NdsPersVG bedarf die Maßnahme der Zustimmung des PersR. Keine ausdrückliche Vorschrift in Bremen, § 58 Abs. 1 BremPersVG: für die beabsichtigte Maßnahme beantragt der Dienststellenleiter die Zustimmung des Personalrats.

104

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

B. Der Begriff der Zustimmung L Methodische Vorgaben Zur Inhaltsbestimmung des Begriffs der Zustimmung bietet sich zunächst an, seine Verwendung im Personalvertretungs- und im Betriebsverfassungsgesetz und sodann in anderen Gesetzen zu untersuchen. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, daß es eine Auslegungsregel, die besagt, daß gleichen Rechtsbegriffen der gleiche Inhalt zukommen muß, in der Methodenlehre nicht gibt 4 . Das Bürgerliche Gesetzbuch ist Beispiel daiür, daß selbst in einem Gesetz die Inhalte wortlautidentischer Begriffe divergieren können 5 . Erst Recht muß dies für die Verwendung in unterschiedlichen Regelungskomplexen gelten. Dennoch kann der Vergleich mit anderen Normen Anhaltspunkte für die hier zu findende Interpretation bieten. Eine einheitliche, möglicherweise auf bestimmte Merkmale beschränkte Verwendung des Begriffs der Zustimmung kann durchaus daraufhindeuten, daß der Gesetzgeber auch in dem hier zu untersuchenden Fall von dieser Begriffsbedeutung nicht abweichen und einen neuen Inhalt damit verbinden wollte. Denn eine Vermutung, daß von einem "relativ feststehenden Begriffsinhalt" abgewichen werden sollte, ohne daß entsprechende Hinweise erkennbar werden, gibt es ebensowenig6. Gleichwohl kann auch bei dieser Betrachtung die Verwendung des Begriffs im jeweiligen konkreten Regelungszusammenhang nicht außer acht bleiben 7 .

3 Zum PersVR: BVerfG 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (54); BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 219; Schelter, BayPVG, Art. 70 Rz.4. Zum BetrVG: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); Böhm, DB 1974, 723; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982,205 (207);Richardi, DB 1973,378 (428). 4

Vgl. Wank,S. 112 f.

5

Vgl. nur die Verwendung des Begriffes Sache in §§ 90,119 Abs. 2 und 433 Abs. 1 BGB, dazu ?a\andt-Heinrichs, BGB, § 119 Rz. 27, Palandt-Putzo, BGB, § 433 Rz. 1; sowie die unterschiedliche Verwendung der Begriffe Zustimmung, Genehmigung und Einwilligung trotz der in § 182 BGB vorgenommenen Definition, dazu Larenz, Methodenlehre, S. 321 f. und MünchKomm-77i/e/e, BGB, Rz. 16 vor §182. 6

Vgl. allgemein Bydlinski, S. 448.

7

Wank, S. 112.

§ 9 Grammatische Ausgestattung

105

IL Die Verwendung des Begriffs im Bundespersonalvertretungs- und im Betriebsverfassungsgesetz Sowohl Bundespersonalvertretungs- als auch Betriebsverfassungsgesetz unterstellen die außerordentliche Kündigung in besonderen Fällen einem Zustimmungserfordernis des Personalrats, § 47 BPersVG, § 103 BetrVG. In beiden Vorschriften wird die Rechtsfolge der Unwirksamkeit bei Mißachtung des Zustimmungserfordernisses nicht ausdrücklich erwähnt. Wenn diese nach völlig einhelliger Meinung gleichwohl anzunehmen ist 8 , so ergibt sich das nicht bereits aus dem Erfordernis der Zustimmung 9 , sondern vielmehr aus der Verbindung zu § 79 BPersVG und § 102 BetrVG sowie aus § 15 KSchG. Generell unterliegt danach eine Kündigung der kollektiven Beteiligung als Wirksamkeitsvoraussetzung. Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Beschäfigtenvertretung stellt dazu lediglich einen besonderen Fall dar, der im Hinblick auf ein gesteigertes Schutzbedürfnis besonderen Anforderungen unterliegt, im übrigen aber handelt es sich um eine Kündigung, für die eine generelle Rechtsfolgenanordnung in § 79 Abs. 4 BPersVG und § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG getroffen und deren Unzulässigkeit im Kündigungsschutzgesetz angeordnet ist. Der rechtsdogmatisch unstreitige Wirksamkeitszusammenhang besteht daher nicht zwischen der außerordentlichen Kündigung und der Zustimmung 10 , sondern zwischen der außerordentlichen Kündigung und der jede Kündigung erfassenden generellen Rechtsfolgenregelung der §§ 79 Abs. 4 BPersVG und 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Bieten damit die Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsgesetz keine Anhaltspunkte für einen bestimmten Inhalt des Begriffes "Zustimmung", so ist durch eine nähere Betrachtung anderer Vorschriften zu untersuchen, ob das kodifizierte Recht ein einheitliches Institut der Zustimmung kennt, das eine bestimmte Rechtswirkung in sich trägt.

8 Zum PersVR: Dietz/Richardi, BPersVG, § 47 Rz. 27, 22 m.w.N.; Grabendorff, BPersVG, § 47 Rz. 2; Etzel in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 47 Rz. 72; Fischer/Goeres, BPersVG, § 47 Rz. 21. Zum BetrVG: BAG 20.3.1975, BAGE 27, 93 (96); 22.8.1974, BAGE 26, 219 (222); Dietz/Richardi, BetrVG, § 103 Rz. 39; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 103 Rz. 17; Kraft in GK-BetrVG, § 103 Rz 32; KR-Etzel, § 103 BetrVG, Rz. 109, jeweils m.w.N. 9

So aber Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159.

10

Entgegen Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159.

106

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

ΙΠ. Der zivilrechtliche Begriff der Zustimmung § 182 BGB, der den Titel "Zustimmung" trägt und gleichzeitig damit ein Wirksamkeitserfordernis verbindet, legt zunächst die Vermutung nahe, daß es sich bei diesem Begriff um einen feststehenden Ausdruck handelt mit dem Inhalt, daß vom Vorliegen der Zustimmung zwangsläufig die Rechtswirksamkeit des Vertrages abhängt 11 . Untersuchungen zum Betriebsverfassungsgesetz haben bereits darauf verwiesen, daß es einen solchen einheitlichen Sprachgebrauch nicht gibt 1 2 . Genannt werden in diesem Zusammenhang §§ 1810, 1726 B G B 1 3 , 119 Abs. 1 HGB und 111 Abs. 4 Satz 2 AktG, die den Begriff der Zustimmung oder die beiden Unteibegriffe Einwilligung und Genehmigung, § 182 BGB, ohne Anbindung an die Rechtsfolge der Unwirksamkeit zustimmungslos getroffener Rechtsakte verwenden 14 . Eine nähere Betrachtung dieser Normen zeigt jedoch, daß das Gesetz hier eindeutig zum Ausdruck bringt, daß die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nicht gewollt ist, die wirksamkeitsneutrale Verwendung des Begriffes Zustimmung ist gekoppelt an eine entsprechende Klarstellung: für § 1810 BGB ergibt sich der Ordnungscharakter aus der Verwendung des Wortes "soll" 1 5 , für die übrigen Vorschriften aus ergänzenden Regelungen, §§ 1735 BGB, 126 Abs. 1 und 2 HGB, 82 Abs. 1 A k t G 1 6 .

11 So im Ergebnis Boewer, RdA 1974, 72 (73) Fn. 12 und Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159. 12 Schlüter, DB 1972, 92 (95); im Anschluß daran Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 44 f.; Hahn, S. 44. Siehe auch MünchKomm-rA/efe, BGB, Rz. 16 vor § 182.

Unrichtig daher Hahn, S. 42, wenn er behauptet, das Bürgerliche Gesetzbuch kenne nur solche Fälle gesetzlicher Zustimmungserfordemisse, in denen die Zustimmung Wirksamkeitserfordernis für die betreffende Maßnahme ist. 14

Vgl. Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 44; Schlüter, DB 1972,92 (95).

15

MünchKomm-D. Schwab, BGB, § 1810 Rz. 1.

16

Siehe auch Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159, der anhand der genannten aktienrechtlichen Normen nachweisen will, daß lediglich bei nachrangiger, parteiinterner Entscheidungskontrolle mit dem Zustimmungserfordernis keine Außenwirkung verbunden ist, eine solche Nachrangigkeit komme der Beschäftigtenvertretung aber gerade nicht zu. Diese Argumentation mag für das Aktienrecht zutreffen, ihre Verallgemeinerungsfähigkeit erscheint jedoch im Hinblick auf die weiteren genannten Vorschriften zweifelhaft Siehe auch Schreiber, RdA 1987, 257 (258), der mangels Betroffenheit des Betriebsrats von einer Einstellung auch im Bereich der privatwirtschaftlichen Mitbestimmung grundsätzliche Unterschiede zwischen der bürgerlich-rechtlichen Zustimmung nach § 182 BGB und der betriebsverfassungsrechtlichen nach § 99 BetrVG sieht.

§ 9 Grammatische Ausgestatung

107

Gegen die Folgerung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses in dem Sinne, daß die Zustimmung regelmäßig Wirksamkeitsvoraussetzung ist und nur ausnahmsweise diese Rechtsfolge bei entsprechender ausdrücklicher Anordnung nicht entfalten soll, spricht die sprachliche Gestaltung der Tatbestände, die die Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung verstehen. Bei konsequenter Gesetzessprache wäre dann hier jede Rechtsfolgenregelung überflüssig. Zwar stößt der Rechtsanwender in diesem Bereich häufiger auf Vorschriften, die keine Aussage über die Rechtsfolgen treffen 17 . Genauso häufig ist aber auch das Gegenteil der Fall 1 8 . Zivilrechtliche Vorschriften verwenden damit den Begriff der Zustimmung sowohl als Wirksamkeitsvoraussetzung als auch ohne Verbindung zur Gültigkeit des gleichwohl vorgenommenen Rechtsaktes. Wird zwar die Wirksamkeit jeweils ausdrücklich angeordnet, so kann daraus dennnoch nicht die zwangsläufige Verbindung von Zustimmung und Rechtsgültigkeit geschlossen werden, denn das Gesetz regelt in einzelnen Fällen auch die Unwirksamkeit ausdrücklich. Die Betrachtung zivilrechtlicher Zustimmungserfordernisse führt daher zu keinem Ergebnis.

IV. Der öffentlich-rechtliche Begriff der Zustimmung 1. Die Personalvertretung als Institution des öffentlichen Rechts Anders als das Betriebsverfassungsgesetz, das zum Privatrecht zu zählen i s t 1 9 , wird das Personalvertretungsrecht nach heute allgemeiner Ansicht 2 0 dem öffentlichen Recht zugewiesen, die Personalvertretungen werden als Insti-

17 Beispielsweise §§ 876, 1071 Abs. 1, 1183, 1245 Abs. 1, 1255 Abs.2, 1276 Abs. 1 und 1283 Abs. 1 BGB, 503 Abs. 2 HGB, § 17 Abs. 1 GmbHG. 18

§§ 108 Abs. 1, 177 Abs. 1, 185 Abs. 1, 415 Abs. 1, 458 Abs. 1, 1366 Abs. 1, 1423 i.V.m. 1427 Abs. 1,1366,1516 Abs. 1 und 2291 BGB, 114 Abs. 1 AktG. 19 Heute einhellige Auffassung, vgl. nur Dietz/Richardi, BetrVG, § 1 Rz. 25 ff. m.w.N. Zur früheren (Minder-)Ansicht, die den Betriebsrat als öffentlich-rechtliche Einrichtung ansah, vgl. Molitor, Festschr. f. Herschel, S. 112 ff ; Rewolle/Lorentz, ArbuR 1958, 75 f.; w.N. bei Dietz, BetrVG 1952, § 1 Rdz. 15 ff ; Galperin/Siebert, BetrVG 1952, Rz. 40ff. vor § 1. 20 Zurfrüheren, sog. arbeitsrechtlichen Auffassung, die die Personalvertretungen dem Zivibrecht zuordnen wollte, vgl. Hueck-Nipperdey-Säcker, ArbR II/2, § 64 C, S. 1245 ff; G. Müller, ArbuR 1955, 143 (144 f.); ders. in der öffentl. Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 21.3.1973, BTDiucks.7/176; Rewolle/Lorentz, PersVG 1955, Rz. 4 vor § 1; dies., ArbuR 1958, 75 (77 ff.) mit einem Überblick über den damaligen Meinungsstand Für eine Doppelnatur NeumannDuesberg, BetrVR, S. 88 f. Weitere Nachweise bei Hecker, Pflichtwidriges Handeln, S. 22.

108

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

tutionen des öffentlichen Rechts verstanden 21 . Die Zustimmung des Personalrats ist demgemäß ein öffentlich-rechtlicher Akt, und zwar auch dann, wenn das beteiligungsbedürftige Vertragsverhältnis zwischen Behörde und Betroffenem zivilrechtlicher Natur i s t 2 2 , denn maßgebend für die Zuordnung einer Maßnahme zum öffentlichen oder zum bürgerlichen Recht ist die Rechtsgrundlage, auf die sie sich stützt, und nicht das Gebiet, in dem sie ihre Wirkungen entfaltet 23 . Da die zivilrechtlichen Regelungen auf die Privatautonomie zugeschnitten sind 2 4 , müssen daher trotz der im öffentlichen Recht fehlenden Definition des Zustimmungsbegriffs die Regelungen öffentlich-rechtlicher Zustimmungserfordernisse in die Untersuchung einbezogen werden. 2. Öffentlich-rechtliche Zustimmungserfordernisse öffentlich-rechtliche Zustimmungserfordernisse treten in unterschiedlichen Fallkonstellationen auf. Teilweise schränken sie als verwaltungsinterne Anforderung die Handlungskompetenzen einzelner Verwaltungsträger ein, wobei letztere wiederum auf privat- oder auf öffentlich-rechtlichem Gebiet liegen können, teilweise richten sie sich unmittelbar an den privaten Rechtsverkehr,

21 BVerfG 27.4.1959, BVeriGE 9, 268 (280); 3.10.1957, BVerfGE 7, 120 (127); BVerwG 16.6.1989, BVerwGE 82, 131 (135); 24.11.1986, PersV 1987,422 (423); OVG SL 23.12.1986, RiA 1987,95; HessVGH 18.4.1983, DöV 1984, 118 (119);Becker, RiA 1988, 1 (3),Battis, PereV 1987, 394 (400); Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 61 ff.; Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 3, 13; Gitter, RiA 1981, 181 (182); Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz 30; Hecker, PereV 1980, 217; Helmers, S. 141 ff.; Heussen, S. 75 f.; Laubinger, VerwArch. 1985, 449 (465); Minz/Conze Rz. 351; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 7; Thiele, PereV 1980, 41 (44); ders., PereV 1990, 290 (293); ders., PereV 1990, 99 (101); Widmaier, PereV 1978, 299 (300 ff.); krit Kempen, PersR 1987, 179 (180). Im Gegensatz dazu steht die Zuordnung des Personalvertretungsrechts in den Justizausbildungsordnungen, die es bis auf das Saarland dem Fach Arbeitsrecht zugewiesen haben, vgl. hierzu die Kritik bei Lecheler, NJW 1986, 1079 (1080). Ablehnend zum öffentlich-rechtlichen Charakter des Personalvertretungsrechts We nde Ii ng=Schröder, ArbuR 1987, 381 (384): aufgrund der grundsätzlichen Gleichartigkeit von privatwirtschaftlichem und behördeninternem Konfliktfeld sei die Regelung mit den Instrumenten des Staats- und Verwaltungsrechts sinnlos. Ausführlich dazu unten § 18 Β III. 22 Vgl. Fischer/Goeres, BPereVG, § 1 Rz. 3; Grabendorff BPereVG, § 1 Rz. 31; Hecker, PereV 1980, 358 (364); Laubinger, VerwArch. 1985, 449 (465); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 7. 23

Vgl. Laubinger, VerwArch. 1985, 449 (465) unter Hinweis auf privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte. 24 Zur privatautonomen Legitimation zivilrechtlicher Zustimmungserfordemisse vgl. MünchKomm-Thiele, BGB, Rz. 3 vor § 182; BGB-RGRK-Stejfe/i„ § 182 Rz. 12; Thiele, Zustimmungen, S. 139 ff.

§ 9 Grammatische Ausgestatung

109

indem bestimmte privatrechtliche Geschäfte der staatlichen Gestattung bedürfen.

a) Zustimmung als verwaltungsinterner Vorgang aa) Zustimmung zu privatrechtlichen

Maßnahmen

Der Personalrat als öffentlich-rechtliche Einrichtung soll einem zivilrechtlichen Vertrag der Verwaltung zustimmen. Unabhängig davon, ob dem Personalrat die Qualität eines verwaltungsverfahrensrechtlichen Ausschusses zukommt oder nicht 2 5 , bietet sich eine Betrachtung der Fälle an, i n denen eine Behörde zur Vornahme bürgerlich-rechtlicher Geschäfte der Zustimmung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses bedarf. Solche Fallkonstellationen finden sich in den Gemeindeordnungen der Länder. Dort werden bestimmte Rechtsgeschäfte wie Kreditverpflichtungen, Bürgschaften und Vermögensveräußerungen der Genehmigungspflicht 26 der kommunalen Aufsichtsbehörde unterstellt. Sämtliche Gesetze regeln ausdrücklich, daß diese zivilrechtlichen Verträge unwirksam sind, wenn sie ohne die erforderliche Genehmigung abgeschlossen werden 27 . Für die Interpretation des Zustimmungsbegriffs bieten sich aus diesem Vergleich zwei Schlußfolgerungen an. Entweder weisen diese kommunalrechtlichen Regelungen daraufhin, daß der Begriff der Genehmigung bei verwaltungsinternen Vorgängen grundsätzlich im Sinne einer Wirksamkeitsvoraussetzung zu verstehen ist oder aber sie deuten darauf hin, daß bei diesen Fallkonstellationen grundsätzlich nur innerdienstliche Handlungsanweisungen bestehen und deshalb eine "Außenwirkung" i m Sinne von Unwirksamkeit des zivilrechtlichen Vertrages ausdrücklich angeordnet wird. Überträgt man dies auf den personalvertretungsrechtlichen Sachverhalt, so wäre im erstgenannten Fall eine von § 69 BPersVG geforderte Unwirksamkeit kollektiv25 Dafür Battis , PersV 1987, 394 (400); Laubinger, VerwArch. 1985, 449 (463 f.); Stelkens/Sachs in Stelkensföonk/Sachs, VwVfG, § 44 Rz. 102; wohl auch OVG NW 8.3.1982, NJW 1982, 1663; dagegen BVerwG 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68, 189 (193); 1.12.1982, BVerwGE 66, 291 (295). Ebenso BVerwG 13.10.1986, BVerwGE 75, 62 (65), das allerdings § 44 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwVfG als Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken entsprechend anwenden will. 26 Der Gesetzestext gebraucht hier zwar den Begriff der Genehmigung, versteht darunter aber auch die vorherige Zustimmung, vgl. Rehn/Cronauge, GO NW, § 104 Anm. II m.w.N. Er wird deshalb zur Untersuchung der öffentlich-rechtlichen Bedeutung des Wortes "Zustimmung" mit herangezogen. 27 Vgl. § 117 Abs. 1 GO BW, Art 117 Abs. 2 GO Bay., §§ 134 Abs. 1 HGO, 133 Abs. 3, 1 NGO, 104 GO NW, 119 Abs. 2 GO Rh.-Pf, 121 Abs. 1 KSVG SL, 118 GO SH.

110

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

rechtswidriger Maßnahmen zu vermuten, im zweiten Fall entfiele eine solche Außenwirkung mangels ausdrücklicher Anordnung. Der Wortlaut der kommunalrechtlichen Regelungen läßt beide Konsequenzen zu. Er bietet daher keine Anhaltspunkte für die Interpretation des personalvertretungsrechtlichen Zustimmungsbegriffs. bb) Zustimmung zu öffentlich-rechtlichen

Maßnahmen

Vielfach werden öffentlich-rechtliche Maßnahmen der Behörde von der Zustimmung einer anderen abhängig gemacht, beispielsweise in §§ 36 Abs. 1 Satz 3 BauGB, 9 Abs. 2 BFStrG, 12 Abs. 2 und 3 LuftVG 2 8 . Hier ist die Rechtsfolge nicht in den Zustimmungstatbeständen geregelt. Sie ergibt sich für Verwaltungsakte aus § 44 Abs. 3 Nr. 3 und 4 VwVfG, die Akte sind wirksam, § 43 VwVfG. Schließt die Behörde allerdings an Stelle des Verwaltungsaktes einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit dieses Vertrages von der Genehmigung ab, § 58 Abs. 2 VwVfG. Eine eindeutige Verwendung des Zustimmungsbegriffs ist hier also nicht erfolgt. Bei einem Vergleich dieser Zustimmungserfordernisse 29 mit den personalvertretungsrechtlichen Regelungen ist im übrigen zu bedenken, daß das Verwaltungsverfahrensgesetz seinen Anwendungsbereich bewußt auf die nach außen gerichtete öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Behörden begrenzt hat 3 0 , so daß auch die vom Gesetzgeber hier vorgenommene Wortwahl keine über diesen Anwendungsbereich hinausgehende Aussagekraft besitzt. Ob aus den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes Rechtsgedanken für privatrechtliche Maßnahmen der Behörden, wie sie der Abschluß eines Arbeitsvertrages darstellt, zu entnehmen sind, bedarf besonderer Einzelfallprüfung 31 .

28 Vgl. auch Klein, PersV 1990, 49 (54), der die inhaltliche Bedeutung der Zustimmung des Personalrats mit der verwaltungsinternen nach § 36 BauGB vergleicht. 29

Auf einen Vergleich mit zustimmungsbedürftigen Satzungen wird wegen der zwischen beiden Materien bestehenden wesentlichen Unterschiede (hier Privatrechtsvertrag, dort Gesetz im materiellen Sinne) verzichtet 30

Vgl. Bonk in Stelkenstäonk/Sachs,

31

Kopp, VwVfG, Rz. 40 vor § 1.

VwVfG, § 1 Rz. 47 ff; Kopp, VwVfG, § 9 Rz. 1.

§ 9 Grammatische Ausgestatung

111

b) Behördliche Zustimmung zu privaten Rechtsgeschäften Vornehmlich im Bereich des Grundstücks- und Aibeitsrechts bedürfen private Rechtsgeschäfte vereinzelt der Genehmigung/Zustimmung einer Behörde. Die Rechtsfolgen sind nur zum Teil ausdrücklich genannt. Während § 18 Abs. 1 KSchG und § 19 Abs. 1 BauGB ausdrücklich die Wirksamkeit des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts ansprechen, wird in §§ 15 SchwbG, 51 Abs. 1,144 Abs. 1 und 2 BauGB und 2 Abs. 1 GrdstVG lediglich die Verpflichtung zur Zustimmungseinholung geregelt. Die Qualifizierung dieser Zustimmungserfordernisse als Wirksamkeitsvoraussetzung wird in keinem Fall bezweifelt 32 . Differenzierungen erfolgen lediglich danach, ob die Unwirksamkeit sich auch auf das Verpflichtungsgeschäft erstreckt, wenn die Zustimmung für das dingliche Verfügungsgeschäft erforderlich ist 3 3 . Bedenken, aus diesen Vorschriften Schlußfolgerungen für die Qualität des personalvertretungsrechtlichen Zustimmungserfordernisses zu ziehen, ergeben sich aus dem Hoheitscharakter der staatlichen Zustimmungen. Sie sind unmittelbar "nach außen" an den betroffenen Bürger gerichtet, während die personalvertretungsrechtliche Zustimmung weder Hoheitsakt ist, noch sich unmittelbar an den betroffenen Arbeitnehmer richtet, sie ist Teil der innerbehördlichen Willensbildung 34 .

C. Die Wortfolge "kann nur" L Meinungsstand Unterschiedliche Bewertung in der personalvertretungsrechtlichen Literatur erfährt die Formulierung "kann nur" in § 69 Abs. 1. Gerhold schließt aus dieser Diktion auf die Unwirksamkeit einer unter Mißachtung des Zustimmungs-

32 Vgl. im einzelnen Battis-Löhr, BauGB, § 51 Rz. 4; Batti s-Krautzberger, BauGB, § 144 Rz. 6, §23 Rz. 5; Lange, GrdstVG, §2 Anm. 16; Neumann/Pahlen, SchwbG, § 15 SchwbG, Rz. 73. Allgemein zu den Rechtsfolgen fehlender behördlicher Zustimmungen vgl. MünchKomm-r/z/e/e, BGB, Rz. 21 vor § 182; ?a\andt-Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 12; Staudinger-£>/7cAer, BGB, § 182 Rz. 24 m.w.N. 33 34

Vgl. BGB-RGRK-Steffen, § 182 Rz. 13 m.w.N.

Vgl. BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (280); 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (86); BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (193); Becker, RiA 1988, 1 (2); Fischer/Goeres, BPersVG, § 74 Rz. 10; Grabendorffl BPersVG, § 1 Rz. 31; Schmitt, BayVBl. 1979, 63; Starke, DöV 1975, 849; Thiele, PersV 1980, 41 (44); ders., PersV 1990, 290 (295); Widmaier, PersV 1978, 299 (300) und unten § 18 Β III 1. Damit wird noch keine Aussage über die Rechtsfolgen eines fehlerhaft gebildeten Behördenwillens getroffen.

112

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

erfordernisses getroffenen Maßnahme 35 , Alberty bezieht das Können des Dienststellenleiters ausschließlich auf dessen Verhältnis zur Personalvertretung 3 6 und Windscheid hält den Wortlaut für ungenau, "können" sei im Sinne von "dürfen" zu verstehen, da der Dienststellenleiter gleichwohl "könne" 3 7 .

IL Der zivilrechtliche Sprachgebrauch Ebenso wie beim Begriff der Zustimmung bietet sich auch hier ein Vergleich zu anderen, insoweit gleichlautenden Vorschriften an. Besondere Beachtung hat die Formulierung "kann nur" oder "kann nicht" in der Rechtslehre bei der Bewertung von Veibotsgesetzen im Sinne von § 134 BGB gefunden. Die Auffassungen teilen sich hier in solche, die darin "regelmäßig" ein Verbotsgesetz mit Nichtigkeitsfolge sehen 38 , solche, die zwar "in der Regel" ein Verbotsgesetz annehmen, die Rechtsfolge aber erst aus Sinn und Zweck des Gesetzes ermitteln wollen 3 9 und solchen, die aus der Formulierung auf eine zur endgültigen oder schwebenden Unwirksamkeit führende Beschränkung der Parteidisposition schließen 40 . Einigkeit besteht dahingehend, daß allein der Gebrauch der Formel "kann nur" oder "kann nicht" keinen sicheren Schluß auf die angeordneten Rechtsfolgen zuläßt 41 , die Diktion vielmehr nur einer von mehreren Anhaltspunkten für die Auslegung sein kann 4 2 , die bei neueren Gesetzen leichter wiegt als bei Bestimmungen des um exakte Sprache bemühten Bürgerlichen Gesetzbuches43. 35

Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 69 Rz. 56.

36

Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 45; ders., PersV 1978, 217 (218); ebenso Rothländer, MitbestGespr. 1965, 145,Meisel, S. 118. 37

Windscheid, PersV 1971,49.

38

Staudinger(l YyCoing, BGB, §134 Rz. 9; Soergel-Hefermehl, BGB, §134 Rz. 13, der allerdings nicht von einem Verbotsgesetz ausgeht, sondern von rechtlichem Nichtkönnen. 39

Ermm-Brox, BGB, § 134 Rz. 9.

40

Lorenz, BGB AT, § 22 II, S. 366; ?zlandl-Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 7; Soergel-Hefermehl, BGB, § 134 Rz. 13, allerdings mit Nichtigkeitsfolge. Vgl. zum ganzen MünchKomm-A/a>'er=A/a/>', BGB, § 134 Rz. 41 f.; Staudinger(12yDilcher, BGB, § 134 Rz. 14. 41 Ermm-Brox, BGB, § 134 Rz. 9; Lorenz, BGB AT, § 22 II, S. 366; MünchKommMayer=Maly, BGB, § 134 Rz. 42; Staudinger(12}-D/7c/ier, BGB, § 134 Rz. 2; Staudinger(ll)-Coing, BGB, § 134 Rz. 9. 42 Münc\iKomm~Mayer=Maly, BGB, § 134 Rz. 42; Palandt-/femric/i$, BGB, § 134 Rz. 7. Im Ergebnis auch Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 46; ders., PersV 1978,217 (218). 43

MünchKomm-A/üyer =Maly, BGB, § 134 Rz. 42.

§ 9 Grammatische Ausgestattung

113

D i e z u m Zustimmungsbegriff untersuchten Tatbestände kombinieren das Zustimmungserfordernis vereinzelt m i t den Worten " k a n n n i c h t " 4 4 oder " k a n n n u r " 4 5 u n d veibinden damit die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts 4 6 , die zur endgültigen w i r d , w e n n die Z u s t i m m u n g ausbleibt. Teilweise verwendet das Gesetz diese Formulierung aber auch zur A n o r d n u n g der N i c h tigkeitsfolge 47. Berücksichtigt m a n nun, daß das Bürgerliche Gesetzbuch, soweit ersichtlich, m i t der Formel " k a n n nur" oder "kann nicht" bei M i ß a c h t u n g der gestellten Anforderungen Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts v o r s i e h t 4 8 , sei es i n F o r m v o n Nichtigkeit, sei es i n F o r m v o n schwebender U n w i r k s a m k e i t 4 9 , andererseits aber m i t der Formulierung "soll nur" oder "soll nicht" Redewendungen kennt, die eine N o r m als Ordnungsvorschrift ausweisen, das heißt Gültigkeit "verbotswidrig" vorgenommener Rechtsgeschäfte ano r d n e n 5 0 , so spricht die W o r t w a h l i n § 69 Abs. 1 zunächst für A u s w i r k u n g e n

44

§§ 181, 1795 BGB.

45

§§ 1365 Abs. 1, 1369 Abs. 1, 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1, 1423 BGB, 503 Abs. 2 HGB, 17 Abs. 1 GmbHG. 46 Für §§ 1071, 1276 BGB nimmt die herrschende Meinung allerdings nur relative Unwirksamkeit an, vgl. Erman-Michalski, BGB, § 1071 Rz. 2; Jauernig in Jauernig, BGB, § 1071 Anm. 1; Pa\andt-Bassenge, BGB, § 1071 Rz. 1. 47

Beispielsweise in §§ 35, 38 Satz 2, 137 Satz 1, 276 Abs. 2, 1419 Satz 1, 1641 Satz 1 BGB, vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl. v. § 104 Rz. 29. Weitere Beispiele für die Verwendung dieser Formulierung im Bürgerlichen Gesetzbuch bei Staudinger(\2)-Dilcher, BGB, § 134 Rz. 14. 48 Keine Auswirkungen auf das zustimmungslos getroffene Rechtsgeschäft soll nach herrschender Meinung ein Verstoß gegen § 1071 Abs. 1 bzw. § 1276 Abs. 1 BGB im gesellschaftsrechtlichen Bereich haben. Besteht beispielsweise Nießbrauch am Vermögen einer GmbH, so sei eine von der Gesellschaft ausgesprochene Kündigung auch ohne Zustimmung des Nießbrauchers wirksam, die Sanktion beschränke sich hier auf Schadensersatzansprüche, vgl. dazu Erman-Michalski, BGB, § 1071 Rz. 2; Scholz-Winter, GmbHG, § 15 Rz. 149,130, jeweils m.w.N. 49 Aus diesem Grunde geht auch der Hinweis von Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 46; ders., PersV 1978, 217 (218), fehl, die herrschende Meinung verneine die Nichtigkeitsfolge für § 1795 BGB, ebenso habe bereits das Reichsgericht in RGZ 67, 51 (55) für die Wortfolge "kann nicht" in § 181 BGB auf die Ungenauigkeit dieses Ausdrucks verwiesen. In beiden Fällen handelt es sich um die Abgrenzung der Nichtigkeit i.S. § 134 BGB, die nur durch Neuvomahme beseitigt werden kann, von der schwebenden Unwirksamkeit i.S. § 177 Abs. 1 BGB, die durch Genehmigung heilbar ist. Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts sind in beiden Fällen unzweifelhaft, vgl. RG 6.11.1907, RGZ 67, 51 (55); 4.11.1903, RGZ 56,104 (108); ?a\andt-Heinrichs, BGB, § 181 Rz. 15; ?a\andt-Diederichsen, BGB, § 1795, Rz. 13, jeweils m.w.N. 50

Vgl. BGH 12.1.1970, BGHZ 53,152 (157); BayObLG 14.7.1981, NJW 1981, 2197; ErmanBrox, BGB, § 134 Rz. 9; Lorenz,, BGB AT, § 22 II, S. 366; Palandt-Heinrichs, BGB, § 134 Rz. 7; BGB-RGRK-Krüger/Nieland/Zöller, §134 Rz. 10; Soergei-Hefermehl, BGB, §134 Rz. 12; Staudinger( 1 lyDilcher, BGB, § 134 Rz. 14; Staudinger(ll)-Comg, BGB, § 134 Rz. 9. 8 Hantl-Unthan

114

3. Kapitel : Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

auf die Rechtswirksamkeit einer ohne Personalrats-Zustimmung durchgeführten Maßnahme.

HL Der Öffentlich-rechtliche Sprachgebrauch Kein anderes Ergebnis findet sich bei der Betrachtung öffentlich-rechtlicher Vorschriften. I m untersuchten kommunalrechtlichen Bereich veibindet das Gesetz mit der Formulierung "kann nur" ebenfalls die schwebende Unwirksamkeit eines unzulässig abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrages 51 .

D. Zusammenfassung Bei den in § 69 Abs. 1 gewählten Termini "Zustimmung" und "kann nur" handelt es sich um in zivilrechtlichen Gesetzen häufig anzutreffende Formeln, so daß sich ein Vergleich zu den dort angeordneten Rechtsfolgen anbietet. Da es sich beim Personalvertretungsrecht um eine öffentlich-rechtliche Materie handelt, kann die Untersuchung nicht auf den zivilrechtlichen Sprachgebrauch beschränkt werden, öffentlich-rechtliche Vorschriften sind in diesen Vergleich einzubeziehen. Eine genauere Betrachtung der zivilrechtlichen Vorschriften zeigt, daß die wirksamkeitsneutrale Verwendung des Zustimmungsbegriffs jeweils deutlich aus dem Gesetz hervorgeht. Übertragen auf die personalvertretungsrechtliche Regelung legt dies die Vermutung nahe, daß hier das Zustimmungserfordernis als Wirksamkeitsvoraussetzung zu verstehen ist, denn eine ausdrückliche Anordnung der Wirksamkeit ist nicht erfolgt. Von besonderem Wert ist dieses Ergebnis jedoch angesichts der insgesamt wenig konsequenten Gesetzessprache nicht. Noch weniger Anhaltspunkte ergeben sich aus der Untersuchung der öffentlich-rechtlichen Zustimmungserfordernisse, zum einen wegen verbleibender Interpretationsalternativen, zum anderen wegen der auf spezielle, mit dem Personalvertretungsrecht nicht vergleichbare Sachverhalte zugeschnittenen Regelungsmaterien.

51 Vgl. Lüersen/Neuffer, NGO, § 63 Rz. 3, zur Vorschrift des § 63 Abs. 2 NGO. Im übrigen verwenden alle Vorschriften, die die Rechtswirksamkeit eines privatrechtlichen Vertrages an die Genehmigung der Aufsichtsbehörde binden, den Begriff "bedarf', vgl. nur §§ 87 Abs. 4 und 5, 88 Abs. 2, 92 Abs. 4 GO BW. Alle übrigen Gemeindeordnungen enthalten entsprechende, in der entscheidenden Formulierung gleichlautende Vorschriften.

§ 9 Grammatische Ausgestatung

115

Die Formulierung in § 69 Abs. 1, wonach die Maßnahme nur mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden kann, deutet im Vergleich zum entsprechenden zivil- und öffentlich-rechtlichen Sprachgebrauch darauf hin, daß die Mißachtung dieses Erfordernisses Auswirkungen auf die Rechtswirksamkeit des zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrages hat. Im Hinblick auf die nur vagen Anhaltspunkte, die der Diktion gerade in jüngeren Gesetzen zu entnehmen sind, kann ihr allerdings weitreichende Bedeutung nicht beigemessen werden.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes A. Die Gesetzesmaterialien zum Bundespersonalvertretungsgesetz Ein Blick in die Gesetzesmaterialien zum Bundespersonalvertretungsgesetz 19741 zeigt, daß die Regelung des Mitbestimmungserfordernisses in § 69 bei der Neufassung des Bundespersonalvertretungsrechts kein Diskussionsgegenstand mehr war 2 . Die Frage der Individualrechtsfolgen kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens erfuhr daher keine Erörterung. Der von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachte Gesetzentwurf 3 beschränkt sich in seiner Begründung zu § 69 auf den Hinweis, daß die Vorschrift im wesentlichen dem geltenden Recht, § 62 PersVG 1955, entspreche 4. In der vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages durchgeführten Anhörung, in der unter anderem die Frage nach der effektiven Ausgestaltung des Mitbestimmungsverfahrens sowie nach dem Erfordernis zusätzlicher Möglichkeiten zur Interessenvertretung durch den Personalrat gestellt wurde, kam keiner der Befragten auf das Thema der Rechtswirkungen einer Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Befugnisse zu sprechen 5. Der Schlußbericht des Innenausschusses betont zwar die Einigkeit, die darüber bestand, daß die im Gesetzentwurf vorgesehenen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte noch weiter ausgebaut werden sollten 6 , bezog sich insoweit aber nur auf die Anzahl der

1 Zum Gesetzgebungsgang und zur geschichtlichen Entwicklung des Personalvertretungsrechts vgl. Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Einl.; Dietz/Richardi, BPersVG, Rdz. 9 ff. vor §1. 2

Zur Bedeutung der Entstehungsgeschichte für die Auslegung eines Gesetzes vgl. BVerfG 17.5.1960, BVerfGE 11, 126 (130); 15.12.1959, BVerfGE 10, 234 (244); 21.5.1952, BVerfGE 1, 299 (312); BVerwG 23.10.1980, RiA 1981, 140; 11.2.1977, BVerwGE 52, 84 (89) m.w.N.; 18.10.1963, BVerwGE 17, 43 (47); OVG NW 8.3.1988, PereV 1988,359. 3 Vom 13.2.1973, BTDrucks. 7/176; gleichlautend der Regierungsentwurf vom 15.8.1972 aus der 6. Wahlperiode, BTDrucks. VI/3721, der wegen vorzeitiger Auflösung des Deutschen Bundestages nicht abschließend behandelt werden konnte. Vgl. auch Antrag der Fraktion der SPD vom 12.12.1968, BTDrucks. V/3643. 4

BTDrucks. 7/176, S. 33.

5

Vgl. Zur Sache, S. 31 ff, 1.3 und 1.4, sowie den Oberblick bei Lorenzen, PersV 1973, 289.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

117

Mitbestimmungstatbestände7. Ebensowenig äußerte der Bundesrat entsprechende Überlegungen 8. Besonders deutlich tritt das Bestreben des Gesetzgebers hervor, die Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes, unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Schranken und der immer wieder betonten Besonderheiten des öffentlichen Dienstes, soweit wie möglich an die des Betriebsverfassungsgesetzes anzugleichen9, ohne jedoch eine Erklärung für die in Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsgesetz unterschiedliche Diktion der Zustimmungsvorschriften zu geben 10 . Auch die Begründung für die erstmalige personalvertretungsrechtliche Anordnung der Unwirksamkeit einer kollektivrechtswidrig ausgesprochenen Kündigung in § 75 des Gesetzentwurfes 11 beschränkt sich auf den Hinweis, hier eine weitgehende Anpassung an die Regelung des Betriebsverfassungsgesetzes vornehmen zu wollen 1 2 . Bezog sich also der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes 1974 für seine in § 69 gewählte Definition des Mitbestimmungserfordernisses zum einen auf die bis dahin geltende Regelung des § 62 PersVG 1955, und war er zum anderen um eine Angleichung an das Betriebsverfassungsgesetz bemüht, soweit keine Besonderheiten des öffentlichen Dienstes entgegenstehen, so ist zu untersuchen, wie das Personalvertretungsgesetz 1955 und die betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften die Frage der Auswirkungen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung auf das individuelle Arbeitsverhältnis beantworteten.

Bericht des Innenausschusses vom 6.12.1973 zu dem von den Fraktionen der SPD, FDP e ingebrachten Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes, BTDrucks. 7/1373, S. 5; vgl. auch Antrag des Innenausschusses vom 5.12.1973, BTDrucks. 7/1339. 7 Hierin sollte auch nach der Begründung des vorgenannten Gesetzentwurfes das "Kernstück" der Neuregelung liegen, vgl. BTDrucks. 7/176, S. 1,26. 8 Vgl. die Zustimmung des Bundesrates zum Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15.2.1974, BRDrucks. 50/1/74. 9

Vgl. BTDrucks. 7/176, S. 26; BTDrucks. 7/1373, S. 2. Siehe auch BVerwG 23.10.1980, RiA 1981,140. 10 Wohl aber wurde das für den öffentlichen Dienst vorgesehene Stufenverfahren eingehend erörtert, vgl. nur BTDrucks. 7/176, S. 33. 11 Der SPD/FDP-Fraktionen vom 13.2.1973, BTDrucks. 7/176. Das Personalvertretungsgesetz 1955 enthielt eine solche Vorschrift noch nicht 12

BTDrucks. 7/176, S. 34.

118

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

B. Das Personalvertretungsgesetz 1955 L Die gesetzliche Regelung Das Verfahren der Mitbestimmung war geregelt in § 62 PersVG 1955. Sein Absatz 1 entspricht wörtlich dem heutigen § 69 Abs. 1. Für den Fall der Nichteinigung sahen § 62 Abs. 2 bis 5 PersVG 1955 ein der heutigen Regelung weitgehend entsprechendes Stufenverfahren vor. Allerdings unterlag die Einstellung nicht der Beteiligungsform der Mitbestimmung, sondern der Mitwirkung, § 70 Abs. lb Nr. 1 PersVG 1955. Regelungen über die Rechtsfolgen eines die Beteiligungsrechte des Personalrats mißachtenden Arbeitgeberverhaltens enthielt das Personalvertretungsgesetz 1955 nicht.

IL Die Gesetzesmaterialien Ebenso wie zum Bundespersonalvertretungsgesetz 1974 war auch der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes 1955 bemüht, Abweichungen vom Betriebsverfassungsrecht nur dort vorzunehmen, wo es ihm im Hinblick auf die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes unumgänglich erschien 13 . Die Herauslösung des Beschäftigtenvertretungsrechts des öffentlichen Dienstes aus der arbeitsrechtlichen Betriebsverfassung war einer der meist umstrittenen Punkte des Gesetzgebungsverfahrens sowohl zum Personalvertretungsgesetz 1955 als auch bereits zum Betriebsverfassungsgesetz 1952 1 4 ; die Gesetzgebungsdiskussion ist gekennzeichnet durch die ständige Betonung der zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft bestehenden Unterschiede 15 .

13 Vgl. die mündliche Begründung der Gesetzesvorlage in der 1. Lesung des 1. Bundestages durch den Staatssekretär Ritter von Lex, Protokoll der 228. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages vom 10.9.1952, S. 10319 (A); Erläuterungen des Innenministers Schröder und die Ausführungen des Abgeordneten Säbel in der 1. Lesung des 2. Bundestages, Protokoll der 20. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 19.3.1954, S. 690 (D) und 693 (D); Bericht des Unterausschusses Personalvertretung, BTDrucks. 11/1189, S. 1,7. 14

Vgl. nur die Protokolle der 228. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages vom 10.9.1952, S. 10318 (D) ff. und der 20. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 19.3.1954, S. 689 (D). Zur damaligen diesbezüglichen rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung vgl. ÌVacke , JZ 1957, 289; Grabendorff, PersVG 1955, Einl., S. XXIV ff. m.w.N.;Molitor, PersVG 1955, Einl., S. 31ff. m.w.N.; Bochalli, PersVG 1955, Einl., S. 3 ff. 15 Vgl. nur Regierungsentwurf vom 4.7.1952, BTDrucks. 1/3552, S. 15; Ausführungen des Staatssekretärs Ritter von Lex, Protokoll der 228. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages vom 10.9.1952, S. 10319 f. sowie die zustimmenden Bemerkungen weiterer Abgeordneter, S. 693 ff.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

119

Zu der Frage der individuellen Auswirkungen eines personalvertretungsrechtlichen Pflichtverstoßes des Arbeitgebers finden sich in den Gesetzesmaterialien zum Personalvertretungsgesetz 1955 nur wenig Anhaltspunkte.

1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4.7.1952 16 nimmt lediglich zu der Wahl der Beteiligungsform Stellung, indem er ausführt, die von ihm für die Maßnahme der Einstellung vorgeschlagene Mitbestimmung sei "zur Verhinderung gesetzeswidriger, ungerechter oder betriebsstörender Einstellung" zweckmäßig 17 . In der mündlichen Begründung der Gesetzesvorlage wird die Beteiligungsform der Mitbestimmung dahingehend erläutert, daß damit der Behördenleiter verpflichtet werde, mit der Personalvertretung gemeinsam zu handeln, so könne er von sich aus die verweigerte Zustimmung nicht ersetzen 18 .

2. Die Vorschläge des Unterausschusses Personalvertretung Der Unterausschuß Personalvertretung, der eine umfangreiche Stärkung der Beteiligungsrechte in Personalangelegenheiten vorschlug 19 , die Definition des Mitbestimmungsverfahrens in § 62 Abs. 1 des Entwurfes jedoch nicht veränderte, beschreibt das für die Mitbestimmung vorgesehene Einigungsverfahren als "wie regelrechte Verwaltungsverfahren gestaltet"; eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme könne - mit Ausnahme der Eilfälle - ohne Einigung nicht getroffen werden 20 . Zu der von ihm vorgeschlagenen Vorschrift des § 70 Abs. 3, die in Satz 1 lautete: "Fristlose Entlassungen bedürfen nicht der Mitwirkung des Personalrats", führt der Unterausschuß allerdings aus: "Die Fassung der Vorschrift ergibt, daß die Verständigung des Personalrats und seine vorherige Mitwirkung keine Bedingung für die Rechtswirksamkeit der fristlosen Entlassung darstellt" 21 . Wenn auch die Erläuterungen zur Mitbestimmung

16

BTDrucks. 1/3552.

17

BTDrucks. 1/3552, S. 18 zu § 71.

18

Protokoll der 228. Sitzung des 1. Deutschen Bundestages vom 10.9.1952, S. 10319 f.

19

So wurde das im Regierungsentwurf vorgeschlagene Anhörungsrecht "nach dem Vorbild des Betriebsverfassungsgesetzes" durch Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrecht ersetzt, vgl. BTDrucks. 11/1189, S. 8,10. 20

BTDrucks. II/1189, S. 9.

21

BTDrucks. II/l 189, Begründung zu § 70, S. 10 f.

120

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

keine weiteren Schlußfolgerungen zulassen, so zeigt doch diese Begründung, daß jedenfalls der Unterausschuß Personalvertretung die Mitwirkung des Personalrats, und damit erst recht auch die stärkere Beteiligungsform der Mitbestimmung, als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Individualmaßnahme ansah, denn eine dem heutigen § 79 Abs. 4 entsprechende Regelung sah auch der Entwurf des Unterausschusses Personalvertretung nicht vor. 3. Die Beratungen der Vorlagen im Bundestag Anläßlich der Beratungen dieser Vorlagen im Bundestag wurden zwar das Problem der Nichteinigung zwischen Arbeitgeber und Personalvertretung und das dafür vorgesehene Einigungsverfahren ausführlich diskutiert, Rechtsfolgen einer Mißachtung der Personalratskompetenzen jedoch nicht erörtert 22 . Einigkeit bestand hier nur dahingehend, daß in den Fällen der Mitbestimmung ein alleiniges Entscheidungsrecht des Behördenleiters ausgeschlossen sei 2 3 . Schlußfolgerungen für den rechtlichen Charakter dieser Kompetenzbeschränkung des Behördenleiters lassen sich daraus nicht entnehmen. Sowohl die Ausführungen der Bundesregierung zu ihrem Entwurf als auch die Äußerungen anläßlich der Beratung der Ausschußvorlage im Bundestag können sich sowohl auf eine reine, sich nur dienstintern auswirkende Handlungsanweisung an den Dienststellenleiter beziehen als auch eine mit Außenwirkung versehene Kompetenzbeschränkung meinen. Das alleinige Entscheidungsrecht des Behördenleiters wird bereits durch entsprechende dienstrechtliche Anforderungen an pflichtgemäßes Verhalten eingeschränkt, ohne daß damit zwangsläufig auch eine Aussage über mögliche Außenwirkungen verknüpft ist. 4. Die Bedenken des Bundesrates Der Bundesrat wandte sich für die Personalmaßnahme der Einstellung gegen die Beteiligungsform der Mitbestimmung, da er andernfalls den verfassungsrechtlichen Grundsatz der parlamentarischen Demokratie verletzt sah 2 4 . Auch hierin lassen sich keine Aussagen zu der hier aufgeworfenen Frage finden. Durchbräche die Anordnung der Peronalrats-Zustimmung mit Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle dieses Verfassungsrecht, so läge die Verletzung bereits darin, dem Behördenleiter dienstrechtlich entsprechende 22

Protokoll der 73. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 17.3.1955, S. 3984.

23

Protokoll der 73. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 17.3.1955, S. 3984.

24

BTDrucks. II/1495. Vgl. zu diesem Einwand ausführlich BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9,

268 ff.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

121

Pflichten aufzuerlegen, auch wenn ihm mangels Außenwirkung der Verpflichtung die Möglichkeit verbliebe, unabhängig von der Beachtung der Personalratsrechte rechtswirksame Entscheidungen zu treffen.

HL Der Meinungsstand während der Geltung des Personalvertretungsgesetzes 1955 In Konsequenz des wenig aussagekräftigen Gesetzestextes und der wenigen Anhaltspunkte, die die Materialien bieten, war die Frage der Rechtsfolgen kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens in Rechtsprechung und Schrifttum bereits während der Geltung des Personalvertretungsgesetzes 1955 umstritten. Das Bundesarbeitsgericht und mit ihm die weitaus überwiegende Meinung nahmen für den Fall der Mitbestimmung grundsätzlich Unwirksamkeit a n 2 5 . Während das Bundesarbeitsgericht diese Auffassung auch für den Fall der Mitwirkung vertrat und so für das Personalvertretungsrecht die mitwirkungslos ausgesprochene Kündigung als unwirksam ansah 26 - anders als i m Betriebsverfassungsrecht, wo der Betriebsrat nur ein Anhörungsrecht besaß 27 waren die Meinungen im Schrifttum zur Mißachtung der Mitwirkung geteilt 2 8 . Bei seiner Entscheidungsfindung machte sich das Bundesarbeitsgericht

25 BAG 5.9.1973, AP Nr. 3 zu §24 BAT, 2 der Gründe; 14.6.1972, BAGE 24, 307 (312); 1.7.1970, AP Nr. 11 zu § 71 PersVG 1955; 5.7.1967, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge BAVAV, II der Gründe; 22.3.1967, BAGE 19,295 (300); 16.2.1966, BAGE 18, 142 (151); 14.7.1965, BAGE 17, 248 (257); Fitting/Heyer, PersVG 1955, §62 Anm. 15; Heilemann/Czyborra, PersVG 1955, § 62 Anm. 2; Molitor, PersVG 1955, § 62 Rz. 2; Rewolle-Lorentz, PersVG 1955, § 62 Rz. 13; Säcker, Anm. BAG 1.7.1970, AP Nr. 11 zu § 71 PersVG 1955, unter 1; wohl auch Bochalli, PersVG 1955, § 62 Anm. 1. Für den Fall der berechtigten Zustimmungsverweigerung ebenso Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74 und Rupprecht, S. 131, 145. Für die Wirksamkeit der Maßnahme haben sich ausgesprochen Grabendorff, PersVG 1955, § 62 Anm. 6, § 71 Anm. 10 und Rothländer, MitbestGespr. 1965,145 f. 26 BAG 7.2.1958 (1 AZR 190/57), BAGE 5, 203 (207); 7.2.1959 (1 AZR 576/56), ZBR 1959, 339 Nr. 24. Ebenso LAG Bremen 21.6.1967, AP Nr. 2 zu § 65 PersVG Bremen, II 2a der Gründe; Dietz, PersVG 1955, § 70 Rz. 89, § 61 Rz. 52; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 61 Anm. 21. Α. A. noch die vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7.2.1958 erschienene Literatur unter Hinweis auf die herrschende Meinung im BetrVR, vgl. Bochalli, PersVG 1955, § 70 Anm. 3e; Grabendorff, PersVG 1955, § 70 Anm. 7b bb; Molitor, PersVG 1955, § 70 Rz. 14; widersprüchlich Rewolle/Lorentz, PersVG 1955, § 61 Rz. 15 und § 70 Rz. 13. 27 Vgl. 27.3.1969, AP Nr. 30 zu § 66 BetrVG 1952, 1 der Gründe; 18.3.1965, BAGE 17, 129 (130); 6.6.1958, AP Nr. 17 zu §66 BetrVG 1952; 2.5.1958, AP Nr. 16 zu §66 BetrVG 1952; 20.9.1957, BAGE 4, 306 (310 ff.); 1.3.1957, BAGE 4, 27 (29 ff); 14.11.1956, BAGE 3, 142 (143 ff); 17.7.1956, BAGE 3, 63 (64); 9.12.1955, AP Nr. 2 zu § 7 KSchG; 27.6.1955, BAGE 2, 87 (89 ff); BAG 15.9.1954, BAGE 1,69 (72 ff). Überblick über den gesamten Meinungsstand bei Dietz, BetrVG 1952, § 66 Rz. 11g ff. 28 Für die Unwirksamkeit haben sich ausgesprochen Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 61 Anm. 21 und Rupprecht, S. 44 mit der auf S. 96 f. dargestellten Ausnahme. Für die Wirksamkeit plädierten

122

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

keine große Mühe mit der Begründung. Die älteren Entscheidungen begnügen sich mit der Angabe von Literatur-Zitaten 29 , die späteren mit Verweisen auf die ständige Rechtsprechung 30. Soweit im Schrifttum eine Begründung zu finden ist, stützen sich die Vertreter der Unwirksamkeitstheorie für die Mitbestimmung auf den "eindeutigen" oder "ausdrücklichen" Wortlaut des § 62 Abs. I 3 1 , ihre Gegner auf den nur internen Charakter der Personalratsmitbestimmung 32 oder die ausschließlich kollektivrechtliche Ausrichtung des Personalvertretungsgesetzes 33. Die Wirksamkeit mitwirkungslos getroffener Maßnahmen soll sich ebenfalls aus dem - im Gegensatz zur Mitbestimmung stehenden - Wortlaut ergeben 34 , aus der Vorschrift des § 70 Abs. 3 PersVG 1955 oder aus dem nach außen hin nicht erkennbaren, nur internen Charakter der Mitwirkung 3 5 . I V . Folgerungen fur die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Vordringlichstes Ziel des Gesetzgebers bei der Novellierung des Personalvertretungsrechts war die Erweiterung der Beteiligungsrechte des Personalrats 3 6 . Bezog sich dieses Anliegen auch auf die Anzahl der Beteiligungstatbestände und die jeweils anzuwendende Beteiligungsart 37 , während der Inhalt

Dietz, PersVG 1955, § 61 Rz. 51; Grabendorff, PersVG 1955, § 70 Anm. 7b bb; Molitor, PersVG 1955, § 61 Rz. 8; Rewolle-Lorentz, PersVG 1955, § 61 Rz. 14. 29 BAG 16.2.1966, BAGE 18,142 (151); 14.7.1965, BAGE 17, 248 (257); 7.2.1958, BAGE 5, 203 (207). 30 BAG 5.9.1973, AP Nr. 3 zu § 24 BAT, 2 der Gründe; 14.6.1972, BAGE 24, 307 (312); 1.7.1970, AP Nr. 11 zu § 71 PersVG 1955; 5.7.1967, AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge BAVAV, II der Gründe a.E.; 22.3.1967, BAGE 19, 295 (300); 25.2.1966, BAGE 18, 172 (178); ebenso LAG Bremen 21.6.1967, AP Nr. 2 zu § 65 PersVG Bremen, II 2a der Gründe. 31 So Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 62 Rz. 2. 32

Grabendorff,

33

Rothländer, MitbestGespr. 1965, 145 f.

34

Rewolle-Lorentz, PersVG 1955, § 61 Rz. 14.

35

Molitor, PersVG 1955, § 62 Rz. 2.

36

Vgl. BTDrucks. 7/1373, S. 2.

PersVG 1955, § 62 Anm. 15; Molitor,

PersVG 1955, § 62 Anm. 6.

37 Insoweit mag die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.3.1982, PersV 1983, 65 (68), der Gesetzgeber habe beim Erlaß des Bundespersonalvertretungsgesetzes Bedacht darauf genommen, daß die im alten Recht erkannten Beteiligungslükken geschlossen werden, zutreffend sein.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

123

der einzelnen Beteiligungsformen dagegen nahezu unverändert blieb, so läßt sich hierin in der Tendenz doch eine grundsätzliche "Mitbestimmungsfreundlichkeit" des Gesetzgebers erkennen 38 . Bereits der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes 1955 und ihm folgend die überwiegende Meinimg in Rechtsprechung und Schrifttum maßen dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats eine große Bedeutung und einen hohen Stellenwert in der behördlichen Willensbildung bei, denn durch diese Kompetenz sollte das alleinige Entscheidungsrecht des Behördenleiters ausgeschlossen werden 39 . In Kenntnis dieser rechtlichen Ausgangslage übernahm der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes 1974 die Formulierung der alten Regelung, die der herrschenden Meinung als nahezu einziges Argument für die Annahme der Unwirksamkeit kollektivrechtswidrig getroffener Maßnahmen diente 40 . Ob er damit der Unwirksamkeitstheorie Eingang in das neue Personalvertretungsgesetz verschaffen wollte und eine gesetzliche Fixierung möglicherweise angesichts der nahezu einhelligen Meinung nur für nicht erforderlich hielt, ist jedoch zweifelhaft. Im Hinblick auf die klar erkennbar beabsichtigte Stärkung der Personalvertretungsrechte läßt sich lediglich ausschließen, daß der Gesetzgeber eine inhaltliche Abschwächung des Mitbestimmungserfordernisses wollte 4 1 . Ob er in der Unwirksamkeit der individuellen Maßnahme überhaupt ein geeignetes Mittel zur Stärkung der Personalratsposition sah, bleibt offen. Die Ignoranz dieses Themas deutet angesichts der sich in der damaligen rechtswissenschaftlichen Diskussion als unproblematisch darstellenden Frage vielmehr darauf hin, daß der Gesetzgeber es nicht für nötig befunden hat, sich über dieses Thema überhaupt Gedanken zu machen. Entsprechend wenige Erkenntnisse lassen sich daher auch daraus herleiten, daß sich die Beteiligungsform bei der Einstellung von Mitwirkung in Mitbestimmung änderte. Nachdem die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrates, die die Ursache für die damalige gesetzliche Entscheidung zugunsten der Mitwirkung gebildetet hatten 42 , durch das Urteil des Bundesverfas-

38 So insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG 7.2.1980, PersV 1980, 238 (239); 15.12.1978 (6 Ρ 10.78), PereV 1980, 105 (106); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50,186 (192); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50,176 (181). 39 40

Vgl. Protokoll der 73. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 17.3.1955, S. 3984.

Vgl. Dietz, PersVG 1955, § 62 Rz. 74; Fitting/Heyer, PersVG 1955, § 62 Rz. 2. 41 42

PersVG 1955, § 62 Anm. 15; Molitor,

Vgl. auch LAG Rh.-Pf. 15.9.1988, PersR 1989, 309 (310) m.w.N., für die Mitwirkung.

Sowohl der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks. 1/3552) als auch der Vorschlag des Unterausschusses Personalvertretung (BTDrucks. 11/1189) sahen für d\e Einstellung das

124

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

sungsgerichts vom 27.4.1959 43 entkräftet waren, konnte Ziel dieser Änderung nur sein, die Einstellung nunmehr, in Anpassung an die anderen Personalmaßnahmen, der stärksten Beteiligungsform der Mitbestimmung zu unterstellen. Auch wenn diese Maßnahme damit von einer Beteiligungsform, der eine nicht unerhebliche Anzahl von Autoren den Charakter einer Wirksamkeitsvoraussetzung absprach 44 , in eine solche wechselte, die nach herrschender Meinung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Maßnahme sein sollte, so werden damit bei unverändert übernommener Zustimmungsregelung keine Aussagen über den Inhalt der Beteiligungsform der Mitbestimmung getroffen. Nicht auszuschließen ist aber angesichts des Schweigens des Gesetzgebers auch, daß dieser eine Aussage über die Rechtsfolgen kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens bewußt nicht treffen wollte, weil er diese Frage bei einem verfassungsrechtlich an das Gesetz gebundenen Arbeitgeber angesichts der Drohung mit der Dienstaufsicht nicht für regelungsbedürftig hielt. C. Das Betriebsverfassungsgesetz 1952 L Die gesetzliche Regelung Völlig anders als im Personalvertretungsgesetz 1955 war das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei personellen Angelegenheiten im Betriebsverfassungsgesetz 1952 ausgestaltet. Hier konnte der Betriebsrat Einspruch erheben, nachdem der Arbeitgeber ihn - pflichtgemäß - von der Einstellung informiert hatte, § 61 BetrVG 1952. Über diesen Einspruch durfte sich der Arbeitgeber jedoch hinwegsetzen und die Maßnahme vorläufig durchführen. Der Betriebsrat war dann gehalten, beim Arbeitsgericht die Feststellung einer berechtigten Zustimmungsverweigerung, § 61 Abs. 3 BetrVG 1952, zu erwirken, § 61 Abs. 2 BetrVG 1952. Gab das Arbeitsgericht diesem Antrag statt, so endete das vorläufige Arbeitsverhältnis spätestens 14 Tage nach Rechtskraft,

Beteiligungserfordemis der Mitbestimmung vor. Erst auf den Einwand des Bundesrates hin, vgl. BTDrucks. II/1495, schlug der Vermittlungsausschuß die Beteiligungsform der Mitwirkung vor, die sowohl vom Bundestag, Protokoll der 100. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages vom 16.7.1955, S. 5579 (D), als auch vom Bundesrat, BRDrucks. 273/55, angenommen wurde. 43 44

BVerfGE 9,268 ff.

Vgl. Dietz, PersVG 1955, §61 Rz. 51; Grabendorff, PersVG 1955, §70 Anm. 7b bb; Molitor, PersVG 1955, § 61 Rz. 2, 8; Rewolle-Lorentz, PersVG 1955, § 61 Rz. 14.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

125

§ 62 Abs. 1 BetrVG 1952. Von diesem Zeitpunkt an durfte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen, § 62 Abs. 2 BetrVG 1952.

IL Der damalige Meinungsstand Sah also bereits das Gesetz die, wenn auch möglicherweise nur vorläufige, Wirksamkeit der Personalmaßnahme auch bei fehlender Zustimmung des allerdings pflichtgemäß informierten Betriebsrats vor, so übernahm die nahezu einhellige Meinung diese Regelung auch für die Fälle, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat erst gar nicht benachrichtigte 45 . Das Wesen der Mitbestimmung bei Personalmaßnahmen lag nach herrschender Ansicht vielmehr darin, daß der Betriebsrat über das Arbeitsgericht Einfluß auf die Wirksamkeit der Maßnahme nehmen konnte 4 6 - eine Fortsetzung der bereits früher durch das Betriebsrätegesetz vorgesehenen Beteiligungsform 47 .

HL Die Gesetzesmaterialien 1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung Hat also der Gesetzgeber das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Arbeitgeberverstoßes nahezu klar und zu der späteren personalvertretungsrechtlichen Vorschrift in sehr unterschiedlicher Weise geregelt, so hatte er sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens doch auch mit Vorschlägen zu befassen, die der späteren, für das Personalvertretungsrecht gewählten Norm sehr ähnlich waren. Während der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion 48 trotz der in §§ 29 und 32 ausdrücklich betonten gleichberechtigten Partnerschaft von Arbeitge-

45

BAG 12.7.1957, AP Nr. 5 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; ArbG Gelsenkirchen 9.12.1953, BB 1954, 129, Dietz, BetrVG 1952, § 61 Rz. 3 f. ülw.N.; Galperin/Siebert, BetrVG 1952, § 61 Rz. 11 f. m.w.N.; HuecVNipperdey/Säcker, ArbR II/2, § 71 C11, S. 1425 Fn. 49 ntw.N.; Nikisch, ArbR III, S. 463; Maus, BetrVG 1952, §61 Rz. 5d. A A nur Fitting/Kraegeloh, BetrVG 1952, §61 Rz. 19. 46 Galperin/Siebert, BetrVG 1952, Rz. 12 vor § 60. Anders das Bundesarbeitsgericht und die Oberwiegende Meinung im Schrifttum für die Fälle der sozialen Angelegenheiten, vgl. die Nachweise bei Galperin/Siebert, BetrVG 1952, Rdz. 53fif. vor § 56. 47

Siehe oben § 6 AI.

48

Vom 17.5.1950, BTDrucks. 1/970.

126

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

ber und Arbeitnehmer bei der Regelung arbeitsvertraglicher Verhältnisse 49 das Beteiligungsrecht des Betriebsrats in § 32 Abs. 2 nur als Einspruchsrecht vorsah, enthielt der Regierungsentwurf 50 in § 68 Abs. 1 eine Regelung, die der später für das Personalvertretungsrecht gewählten glich: "Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer nur mit Zustimmung des Betriebsrats einstellen". Im Falle der Nichteinigung war das Feststellungsverfahren vor dem Arbeitsgericht auf Betreiben des Betriebsrats vorgesehen; vorläufig einstellen durfte der Arbeitgeber nach diesem Entwurf nur in dringenden Fällen, § 70. Verstieß der Arbeitgeber gegen diese Vorschriften, so sollte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Untersagung der Aufrechterhaltung der Maßnahme beantragen können, § 72. Hierzu führt die Begründung aus: "Die Vorschriften über das personelle Mitbestimmungsrecht wäre nicht vollständig, wenn dem Betriebsrat nicht Mittel gegeben würden, gegen ein gesetzwidriges Vorgehen des Arbeitgebers einzuschreiten.... Bei Entlassungen ist ein derartiges Verfahren nicht vorgesehen, da eine gesetzwidrige Entlassung nichtig wäre, so daß es dem einzelnen Arbeitnehmer überlassen bleiben kann, selbst im Rechtsstreit wegen der Kündigung deren Nichtigkeit vorzubringen" 51 . Dies drängt zunächst den Schluß auf, daß im Gegensatz hierzu kollektivrechtswidrig vorgenommene Einstellungen gerade nicht nichtig sein sollten. Da die Entlassung selbst im Regierungsentwurf dahingehend geregelt war, daß die Vorschriften über die übrigen Personalmaßnahmen 52, also auch § 68, entsprechend anzuwenden sein sollten und lediglich andere Zustimmungsverweigerungsgründe zu Verfügung standen, § 72 Abs. 2, überzeugt dieser Schluß wenig. Auch die Überlegung, daß die Einstellung als den Arbeitnehmer begünstigende Maßnahme eine andere Behandlung als die für ihn negative Kündigung erfahren sollte, kann angesichts der Tatsache, daß auch die möglicherweise nachteiligen Maßnahmen der "Einstufung, Umstufung oder Versetzung", gegen die der Arbeitnehmer gegebenenfalls selbst hätte vorgehen können, von der Aufhebungsvorschrift erfaßt wurden, nicht zutreffend sein.

49

Vgl. hierzu auch die Begründung in BTDrucks. 1/970, S. 2: Aus dem Grundsatz der menschlichen und rechtlichen Gleichheit der Partner ergibt sich ein volles Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. 50

Vom 31.10.1950, BTDrucks. 1/1546.

51

BTDrucks. 1/1546, Begründung zu § 72, S. 58 f.

52

Mit Ausnahme der Vorschrift über vorläufige Maßnahmen in Eilfällen, § 70.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

127

2. Die Vorschläge des Ausschusses fur Arbeit Entsprechend den unterschiedlichen Gesetzesvorschlägen waren die Meinungen im Ausschuß für Arbeit geteilt. Während die einen eine echte Mitbestimmung nur darin sahen, daß Einstellungen ausschließlich mit vorheriger Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt werden können und vorläufige Maßnahmen auf Eilfälle beschränkt werden müßten, war die Mehrheit der Ansicht, es sei nicht dienlich, den Aibeitgeber auf den Umweg einer behaupteten Dringlichkeit zu verweisen, vielmehr müsse er in jedem Fall vorläufig einstellen können, voibehaltlich der Rechte des Betriebsrats, eine endgültige Entscheidung zu verhindern 53 . Der vom Ausschuß vorgeschlagene Entwurf entspricht daher insoweit den Gesetz gewordenen Regelungen. Ob der Ausschuß sich bei dieser Entscheidung Gedanken über die zivilrechtlichen Auswirkungen der jeweiligen Regelung für den Arbeitsvertrag gemacht hat, kann den Materialien nicht entnommen werden. Das vorläufige Arbeitsverhältnis sollte durch Gerichtsbeschluß enden, § 62 Abs. 2, "unbeschadet etwaiger Verpflichtungen des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber" 54 . Ob die Ausschußmehrheit dabei an arbeitsvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem vorläufigen, aber auch nach Gerichtsbeschluß noch wirksam bestehenden Arbeitsvertrag dachte 55 oder aber an mögliche Schadensersatzansprüche aus Verschulden des Arbeitgebers bei Vertragsschluß 56 kann hier dahinstehen, denn jedenfalls bis zur Gerichtsentscheidung sollte das Arbeitsverhältnis wirksam begründet sein. Für die Personalmaßnahme der Kündigung ging auch der Ausschuß von Unwirksamkeit bei fehlender Mitbestimmung aus, denn er änderte die Beteiligungsform in ein bloßes Anhörungsrecht unter anderem mit der Begründung, daß es dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden könne, die Kündigung dadurch jahrelang in der Schwebe zu lassen, daß ihre Zulässigkeit zunächst im Verfahren über die Zustimmung des Betriebsrats und dann im weiteren Verfahren nach dem Kündigungsschutzgesetz geklärt werden müsse 57 .

53

Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 8.7.1952, BTDrucks. 1/3585, S. 11 f.

54

Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 8.7.1952, BTDrucks. 1/3585, S. 12.

55

So die damalige Mindermeinung, vgl. Erdmann, BetrVG 1952, § 62 Anm. 2; Nikisch, DB 1952, 844 (846). 56

So die damals herrschende Meinung, vgl. nur Dietz, BetrVG 1952, § 62 Rz. 6 m.w.N.

57

Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 8.7.1952, BTDrucks. 1/3585, S. 13.

128

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

IV. Folgerungen fur die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Das nur drei Jahre nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 verabschiedete Personalvertretungsgesetz 1955 enthielt für die Einstellung eine Mitwirkungsregelung, die der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 ausdrücklich abgelehnt hatte; der private Arbeitgeber sollte "ohne den Umweg über Eilfalle" vorläufige Einstellungen auch gegen die Bedenken des Betriebsrats durchführen können 58 . Weiterhin unterwarf das Personalvertretungsgesetz die Personalmaßnahme der Kündigung der Beteiligungsform der Mitwirkung, der jedenfalls der Unterausschuß Personalvertretung den Charakter einer Wirksamkeitsvoraussetzung zusprach 59 , obwohl der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 ausdrücklich zur Vermeidung dieser Rechtsfolge die Beteiligungsform der Anhörung wählte 6 0 . Für den Bereich der personellen Mitbestimmung ist daher festzustellen, daß vom Betriebsverfassungsgesetz 1952 zum Personalvertretungsgesetz 1955 der Gesetzgeber einen Schritt hin zur Verstärkung der Vertretungsrechte unternommen hat. Einer § 69 BPersVG ähnelnden Formulierung legten im Gesetzgebungsverfahren zum BetrVG 1952 sowohl die Bundesregierung als auch der zuständige Bundestagsausschuß den Charakter einer Wirksamkeitsvoraussetzung bei, allerdings beschränkt auf die Maßnahme der Kündigung 6 1 . Die Einstellung wurde hier zum Teil anders behandelt 62 , so daß sich diesbezügliche Schlußfolgerungen nicht ziehen lassen.

58 Weiteres Motiv für diese Regelung war laut Bericht des Ausschusses allerdings auch, dem Betriebsrat Zeit zu geben, den neu eingestellten Arbeitnehmer kennen zu lernen, vgl. BTDrucks. 1/3583, S. 13. 59

BTDrucks. 11/1189, Begründung zu § 70, S. 10 f.

60

Schriftlicher Bericht des Ausschussesför Arbeit vom 8.7.1956, BTDrucks. 1/3585, S. 13.

61

BTDrucks. 1/1546, S. 58 f.; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 8.7.1956, BTDrucks. 1/3585, S. 13. 62

BTDrucks. 1/1546, S. 58 f.

§10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

129

D. Das Betriebsverfassungsgesetz 1972 L Die Gesetzesmaterialien 1. Die Neugestaltung des Mitbestimmungsverfahrens in personellen Angelegenheiten Wie bei der Novellierung des Personalvertretungsrechts sollten bereits bei der Neugestaltung der Betriebsverfassung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erheblich verbessert und erweitert werden 63 . Anders als später i m Personalvertretungsrecht beschränkte sich der Gesetzgeber hier aber nicht auf eine Ausweitung der Mitbestimmungstatbestände, sondern änderte auch das Mitbestimmungsverfahren grundlegend. Der Arbeitgeber sollte nicht mehr wie früher die Maßnahme trotz fehlender Zustimmung des Betriebsrats stets durchführen können und der Betriebsrat die Berechtigung seines Widerspruchs nachweisen müssen, sondern umgekehrt sollte der Arbeitgeber verpflichtet werden, die Zustimmung unter Widerlegung der vom Betriebsrat geltend gemachten Einwände durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, andernfalls er die Maßnahme grundsätzlich nicht durchführen dürfe 64 . Hierzu bediente sich der Gesetzgeber aber nicht der bereits aus dem Personalvertretungsrecht bekannten Formulierung des § 62 Abs. 1 PersVG 1955, obwohl der schon früher eingebrachte Gesetzentwurf der SPD-Fraktion 65 und die Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes 66 eine ähnliche Formulierung vorschlugen. Für das Betriebsverfassungsgesetz wählte er eine eigene Regelung 67 , die der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes zwei Jahre später wiederum nicht aufgriff. Ob die an dem Gesetzgebungsverfahren Beteiligten bei der Neugestaltung des Mitbestimmungsrechts bei Einstellungen an die Frage der Rechtswirkungen für den Arbeitsvertrag dachten, oder sich allein mit einer Rechtspflicht

63 Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29.1.1971, BTDrucks. VI/1786, BRDnicks. 715/70, S. 31; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zu BTDrucks. VI/2729, S. 6. 64 Vgl. nur Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zu BTDrucks. VI/2729, S. 6; Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks. VI/1786, S. 32, 51. 65

Vom 16.12.1968, BTDrucks. V/3658.

66

Abgedruckt in ArbuR 1968,10 ff., 145 (147).

67

Der Gesetzesvorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, zu BTDrucks. VI/2729, entspricht bis auf eine redaktionelle Berichtigung wörtlich dem Gesetz gewordenen Text des § 99 BetrVG. 9 Hantl-Unthan

130

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat begnügen wollten, ist den diesbezüglichen Ausführungen nicht zu entnehmen. Zwar "bemängelte" der Bundesrat im Zustimmungsverfahren, daß der Gesetzentwurf lediglich die kollektive Repräsentation der Arbeitnehmer erfasse und sich mit deren Individualrechten nur insoweit befasse, als sie einen kollektiven Bezugspunkt besäßen 68 , zielte damit aber auf eine "Art Grundrechtskatalog", mit dem die "individuellen Rechte des einzelnen Arbeitnehmers am Arbeitsplatz und im Betrieb" an den Anfang des Gesetzes gestellt werden sollten 69 . Individuelle Auswirkungen kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens wurden damit nicht angesprochen. Die Äußerung der Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzentwurfs, § 99 Abs. 1 des Entwurfs lehne sich inhaltlich an das geltende Recht a n 7 0 , kann in Anbetracht der grundlegenden Umgestaltung des Mitbestimmungsverfahrens nicht dahingehend verstanden werden, es habe die zum alten Recht bestehende herrschende Meinung, nach der Einstellungen auch ohne Betriebsratsbeteiligung wirksam waren, in das neue Betriebsverfassungsgesetz Eingang finden sollen 71 . 2. Die Regelung der arbeitsvertraglichen Rechtsfolgen im Gesetzentwurf der Opposition Ausdrückliche Erwähnung fand die Frage der Wirksamkeit des ohne Betriebsratsbeteiligung geschlossenen Arbeitsvertrages im Gesetzentwurf der Opposition 72 . Dieser sah in § 35 Abs. 4 vor: "Eine ohne Mitteilung an den Betriebsrat erfolgte Einstellung ist rechtsunwirksam". Dieser Vorschlag blieb im weiteren Gesetzgebungsverfahren ohne Beachtung, was allerdings nicht darauf zurückzuführen ist, daß der Gesetzgeber keine diesbezügliche Regelung treffen wollte. Vielmehr war der Oppositionsvorschlag eingebettet in eine Be-

68

BRDrucks. 633/71 (Beschluß), S. 5.

69

BRDrucks. 633/71 (Beschluß), S. 5.

70

Vgl. BRDrucks. 715/70.

71

So aber Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 108. Dagegen auch Meyer, BB 1982, 1614 (1617), der allerdings den Materialien die Absicht eines gesetzlichen Verbotes entnehmen will, S. 1615. Näherliegend Hanau, RdA 1973, 281 (289), der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 habe die personelle Mitbestimmung deijenigen in sozialen Angelegenheiten angleichen wollen, für welche die bislang herrschende Meinung Unwirksamkeit kollektivrechtswidrig getroffener Maßnahmen annahm. Zum Meinungsstand kollektivrechtswidrig getroffener Sozialmaßnahmen während der Geltung des Betriebsverfassungsesetzes 1952 vgl. die Nachweise bei Galperin/Siebert, BetrVG 1952, Rz. 53ff. vor § 56. 72 Entwurf der CDU/CSU-Fraktion über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Betrieb und Unternehmen vom 5.2.1971, BTDrucks. VI/1806.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

131

teiligungsregelung, die im Grundsatz dem Einspruchsrecht des Betriebsrats in § 62 Abs. 1 BetrVG 1952 entsprach. Sie sollte den dort bestehenden Meinungsstreit 73 im Sinne der Mindermeinung beenden 74 . Der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 hat sich ausdrücklich gegen eine solche Beteiligungsform ausgesprochen und ein vorheriges Zustimmungserfordernis festlegen wollen. Er wählte damit einen völlig anderen Ausgangspunkt 75 , so daß der Nichtbeachtung des Oppositionsvorschlags keine weitere Bedeutung beigemessen werden kann. 3. Die Anordnung der Unwirksamkeit einer beteiligungslos ausgesprochenen Kündigung Für die Personalmaßnahme der Kündigung ordnete das Betriebsverfassungsgesetz 1972 die individuelle Rechtsfolge im Falle kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens an: eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, § 102 BetrVG. Anhaltspunkte für die zustimmungslos durchgeführte Einstellung lassen sich aber auch hier angesichts der unterschiedlichen Beteiligungsform nicht finden. Sowohl die Bundesregierung 76 als auch der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung 77 beschränken sich auf den Hinweis der einschneidenden Bedeutung, die der Kündigung zukomme. Daß der Gesetzgeber bei dieser Entscheidung nicht den Vorschlägen der SPD-Fraktion 78 und des Deutschen Gewerkschaflsbundes 79 gefolgt ist, die die Zulässigkeit der Kündigung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig machen wollten, läßt keine weiteren Schlußfolgerungen für die hier aufgeworfene Frage zu, sondern zeigt lediglich, welche Bedeutung einer negativen Beurteilung des Kündigungsvorhabens des Arbeitgebers durch den Betriebsrat zukommen sollte - eine ordentliche Beteiligung des Betriebsrats bereits vorausgesetzt. Daß eine Kündigung ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats unwirksam sein sollte, war in jedem Fall klar.

73

Siehe oben § 10 C II.

74

BTDrucks. VI/1806, S. 39.

75 Vgl. auch die Bedenken des Bundesrates, der ebenfalls eine der alten Regelung entsprechende Vorschrift verlangte, ohne die Frage der Rechtswirkungen zu erörtern, vgl. BRDrucks. 633/71 (Beschluß), S. 17 f. 76

BRDrucks. 715/70, S. 32.

77

BTDrucks. VI/2729, S. 7.

78

Vom 16.12.1968, BTDrucks. V/3658, §66.

79

Vgl. ArbuR 1968,10 ff., 145 (147 f.), § 66.

132

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

Π. Folgerungen fur die Auslegung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Das Betriebsverfassungsgesetz enthält keine Regelung über die Individualrechtsfolgen einer kollektivrechtswidrigen Einstellung, die Gesetzesmaterialien schweigen hierzu ebenfalls. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Bundespersonalvertretungsgesetzes 1974 war diese Frage im Betriebsverfassungsrecht bereits Gegenstand eines rechtswissenschaftlichen Streits 80 . Der personalvertretungsrechtliche Gesetzgeber hat es nicht für nötig befunden, durch eine klare gesetzliche Regelung einem solchen Streit für das Personalvertretungsrecht vorzubeugen. Hierbei ist allerdings die zwischen Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht unterschiedlich gewählte Diktion des Mitbestimmungserfordernisses zu beachten. Der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes hat, obwohl er in Abkehr vom alten Recht ein vorheriges Zustimmungserfordernis für die Einstellung festlegen wollte, die im Personalvertretungsrecht verwandte Regelung nicht übernommen. Der um Angleichung an das Betriebsverfassungsgesetz bemühte Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes wiederum hat darauf verzichtet, die für das Betriebsverfassungsgesetz gewählte Formulierung aufzugreifen. Letzteres verwundert zum einen deshalb, weil der Innenausschuß in seinem Schlußbericht ausdrücklich darauf hinweist, daß dort, wo er "eine Möglichkeit zur Angleichung der Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes an die des Betriebsverfassungsgesetzes sah, ... er sie wahrgenommen" hat 8 1 und die Gesetzesmaterialien eine auf die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes abstellende Erklärung für die ungleichen Regelungen nicht enthalten, und zum anderen die für das Personalvertretungsrecht gewählte Formulierung bereits unter den in beiden betriebsverfassungsrechtlichen Gesetzgebungsverfahren unterbreiteten Vorschlägen zu finden ist: eine entsprechende Regelung sahen § 68 Abs. 1 des Regierungsentwurfs zum Betriebsverfassungsgesetz 1952 82 , § 61 Abs. 1 des Entwurfs der SPD-Fraktion zur Neuregelung der Betriebsverfassung 83 und § 6 1 des Vorschlags des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Neufassung des

80 Vgl. nur Adomeit, DB 1971, 2360 (2363); Frey, BB 1972, 923 (926); Hanau, RdA 1973, 281 (289 ff); Richardi, DB 1973, 378, 428 (429); ders., ZfA Sonderheft 1972, 1 (22); ders., DB 1971, 621 (631); Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (55 ff); Wiedemann, Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22, 23 BAT, unter II. 81 BTDrucks. 7/1373, S. 2; vgl. auch Dietz/Richardi, BPersVG, Rdz. 13 vor § 1: "Der Innenausschuß hat den Gesetzentwurf teilweise erheblich geändert, um unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Schranken das Gesetz möglichst weitgehend an die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes anzugleichen". 82 Vom 31.10.1950, BTDrucks. 1/1546: "Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer nur mit Zustimmung des Betriebsrats einstellen. Er hat....". 83

Vom 16.12.1968, BTDrucks. V/3658 mit gleicher Formulierung wie in BTDrucks. 1/1546.

§ 10 Die Entstehungsgeschichte des Bundespersonalvertretungsgesetzes

133

Betriebsverfassungsgesetzes 84 vor. Ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber mit diesen unterschiedlichen Formulierungen unterschiedliche Inhalte verbinden wollte, so ist doch zu beachten, daß er hier bewußt unterschiedliche Regelungen gewählt hat. Eine erkennbare Angleichung des Bundespersonalvertretungsgesetzes an das Betriebsverfassungsgesetz in dem hier interessierenden Bereich hat der Gesetzgeber für den Fall der Kündigung vorgenommen. Dabei wird die ordentliche Kündigung zwar weiterhin unterschiedlichen Beteiligungsarten unterworfen, jedoch einheitlich mit der Rechtsfolge der Unwirksamkeit bei Verstoß gegen diese Rechte versehen. Die außerordentliche Kündigung unterliegt einheitlich der Anhörung und ist nunmehr ebenfalls mit dieser Rechtsfolge ausgestattet. Im übrigen enthalten die Materialien keine, für die Frage der kollektivrechtswidrigen Einstellung ergiebigen Aussagen.

E. Zusammenfassung Anläßlich der Novellierung des Personalvertretungsrechts 1974 fand keine Auseinandersetzung über die Ausgestaltung des Mitbestimmungserfordernisses in § 69 statt und somit auch keine Erörterung der privatrechtlichen Folgen eines Arbeitgeberverstoßes. M i t der wörtlichen Fortschreibung von § 62 Abs. 1 PersVG 1955 in § 69 BPersVG übernahm der Gesetzgeber eine Formulierung, die der ganz überwiegenden Meinung nahezu als einziges Argument für die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen diente. Es ist jedoch nicht zwingend, daß er damit dieser Ansicht auch Eingang in das neue Gesetz verschaffen wollte. Die grundsätzliche Mitbestimmungsfreundlichkeit, die den Materialien zu entnehmen ist, besagt nur, daß eine inhaltliche Abschwächung des Mitbestimmungserfordernisses nicht gewollt war. Ob der Gesetzgeber in der Unwirksamkeit der individuellen Maßnahme überhaupt ein geeignetes Mittel zur Stärkung der Personalratsrechte sah, bleibt offen. Trotz des ständig betonten Angleichungswillens brachte die Novellierung von Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsgesetz keine Vereinheitlichung der Zustimmungsvorschriften. Den Gesetzesmaterialien läßt sich zwar keine Antwort auf die Frage der individuellen Rechtsfolgen kollektivrechtswidriger Arbeitgebermaßnahmen entnehmen, festgehalten werden kann jedoch, daß eine Abschwächung der bereits zum alten Recht entwickelten Positionen des Personalrats nicht vorgenommen werden sollte. 84

Abgedruckt in ArbuR 1968, 10, 145 (147).

§ 11 Das Zustimmungserfordernis fur Einstellungen in systematischer Betrachtung A. Die gesetzlichen Handlungsanforderungen fur den Dienststellenleiter Aus § 69 Abs. 2 Satz 1, der dem Dienststellenleiter aufgibt, die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme zu beantragen, Schloß das Landesarbeitsgericht Hamm, daß eine endgültige Vertragsbindung des Arbeitgebers ohne vorherige Zustimmung des Personalrats nicht eintreten könne 1 . Unzweifelhaft besteht eine Verpflichtung des Dienststellenleiters zur Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens vor der Durchführung der Maßnahme. W i l l der Dienststellenleiter diesen Verpflichtungen Genüge leisten, so hat er die Zustimmung des Personalrats bereits dann einzuholen, wenn sich die Maßnahme noch im Planungsstadium befindet 2 . Da das Gesetz die Anforderungen an ein pflichtgemäßes Verhalten des Dienststellenleiters festlegt, spricht es konsequent von der beabsichtigten Maßnahme. Es stellt damit lediglich Handlungsanweisungen auf, die nur die Schlußfolgerung zulassen, daß im Falle der Mißachtung dieser Anforderungen eine Pflichtverletzung des Dienststellenleiters vorliegt. Zu welchen Rechtsfolgen diese Pflichtverletzung führen soll, läßt sich aus dieser Vorschrift nicht beantworten.

B. Maßnahme und Mitbestimmungsverfahren Die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung beschränkt sich nicht auf die Festlegung der Handlungsanweisungen für den Dienststellenleiter. § 69 Abs. 1 stellt ausdrücklich auf die Maßnahme ab. Diese kann nur mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden. Hierin unterscheidet sich die personalvertretungs- von der betriebsverfassungsrechtlichen Regelung. Dort wird ebenso die "Zustimmung" der Beschäftigtenvertretung zu einer erst nach Ab-

1

LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (52).

2

Zu den Einzelheiten vgl. Grabendorff,

BPersVG, § 69 Rz. 7 m.w.N.

§ 11 Systematische Betrachtung

135

schluß des Mitbestimmungsverfahrens durchzuführenden Maßnahme verlangt, dagegen auf eine § 69 Abs. 1 BPersVG entsprechende Vorschrift, die allein die Maßnahme zum Gegenstand ihrer Regelung macht, verzichtet. Das Betriebsverfassungsgesetz beschränkt sich in § 99 Abs. 1 darauf, die Mitbestimmung bei der Einstellung in Form einer Handlungsanweisung an den Arbeitgeber zu formulieren - entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG. Dieser hat den Betriebsrat zu unterrichten und die Zustimmung einzuholen 3 . Damit erfährt die Maßnahme in der personalvertretungsrechtlichen Regelung eine selbständige Beachtung, sie ist nicht nur Gegenstand einer lediglich im Innenverhältnis zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung bestehenden Pflicht, wie sie Absatz 2 zum Inhalt hat, sondern wird durch Absatz 1 der Vorschrift zum primären Regelungsinhalt. Es spricht daher viel dafür, ihr auch eine eigenständige Bedeutung dahingehend beizumessen, daß sie nur dann existent sein soll, wenn sie unter Beachtung der Verfahrensvorschriften zustandegekommen ist.

C. Verfahrensrechtliche Angreiferrolle Nach § 61 Abs. 2 Satz 2 BetrVG 1952 durfte sich der Arbeitgeber über einen Widerspruch des Betriebsrats hinwegsetzen und die Einstellung vorläufig durchführen. Der Betriebsrat war gehalten, das Arbeitsgericht anzurufen und das Bestehen eines Verweigerungsgrundes dort feststellen zu lassen, § 61 Abs. 2 Satz 3 BetrVG 19524. Der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972 drehte diese "Rollenverteilung" um: Nicht mehr der Betriebsrat sollte die Berechtigung seines Widerspruchs nachweisen und die Initiative zur gerichtlichen Klärung ergreifen müssen, sondern der Arbeitgeber wurde verpflichtet, die Zustimmung unter Widerlegung der vom Betriebsrat geltend gemachten Einwände durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, § 99 Abs. 4 BetrVG 5 . Dieser "Rollentausch" wiederum wird als Argument für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung herangezogen. Andernfalls würde die Mitbestimmung des Betriebsrats gegen den Willen des Gesetzgebers auf das Zwangsverfahren nach § 101 BetrVG reduziert. Soll es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers sein, sich um die Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen, so führe die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages dem widersprechend dazu, daß sich der Arbeitgeber über die Zustim3

Ähnlich § 58 Abs. 1 BremPersVG.

4

Ausführlich dazu oben § 10 CI.

5

Ausführlich dazu oben § 10 D.

136

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

mungsverweigerung hinwegsetzen könne und der Betriebsrat sich um gerichtliche Entscheidung nach § 101 BetrVG bemühen müsse6. Nach der personalvertretungsrechtlichen Regelung ist es gleichgültig, welche der beiden Seiten im Nichteinigungsfalle die Vorlage betreibt; nach dem Stufenverfahren des Bundespersonalvertretungsgesetzes können sowohl Dienststellenleiter als auch Personalvertretung die Angelegenheit an die übergeordneten Dienststellen weiterleiten, § 69 Abs. 3 Satz 3 BPersVG. Das Interesse der Personalvertretung, die Initiative zu ergreifen, wird sich jedoch auf die Angelegenheiten des § 70 BPersVG beschränken; in den Fällen, in denen der Personalrat einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten Maßnahme nicht zugestimmt hat, wird er an einer Vorlage kein Interesse haben7. Faktisch liegt also auch im Personalvertretungsrecht die Initiativlast beim Arbeitgeber: die Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn er das Stufenverfahren nicht einleitet und zum entsprechenden Abschluß bringt 8 . Durch die mit der Novellierung des Personalvertretungsrechts vorgenommene Änderung der für die Einstellung vorgeschriebenen Beteiligungsform von der Mitwirkung zur Mitbestimmung wurde auch hier die "Angreiferrolle" gewechselt, denn das früher geltende Mitwirkungsverfahren zwang den Personalrat, die Angelegenheit der zur Entscheidung berufenen nächsthöheren Dienststelle vorzulegen, § 61 Abs. 4 PersVG 1955, nur in diesem Fall mußte der Dienststellenleiter auf den Personalrat Rücksicht nehmen und die Maßnahme aussetzen, § 61 Abs. 5 PersVG 1955. Die oben angeführte Argumentation trifft daher das Personalvertretungsrecht gleichermaßen, sie kann jedoch weder hier noch im Betriebsverfassungsrecht die Unwirksamkeitsfolge für den kollektivrechtswidrig abgeschlossenen Arbeitsvertrag begründen. In beiden Vertretungsregelungen - und zwar nach altem wie nach neuem Recht - lastet die Initiative auf der Beschäftigtenvertretung, w i l l sie sich gegen Kollektivrechtsverstöße zur Wehr setzen. Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages kann hieran nichts ändern, denn sie allein führt noch nicht zu

6 Boewer, RdA 1974, 72 (79); Brauch, S. 119 f.; im Ergebnis auch Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (151); Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 64a; Richardi, DB 1973,428. 7

Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 49; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 26. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn er im Rahmen des § 70 eigene Gestaltungswünsche durchsetzen will, Dietz/Richardi, a.a.O. 8

Vgl. Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 69 Rz. 26.

§ 11 Systematische Betrachtung

137

"spürbaren" Konsequenzen. Auch bei unwirksamem Arbeitsvertrag ist die Beschäftigtenvertretung gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, um Folgen aus der Unwirksamkeit zu erreichen 9. Räumt der Dienststellenleiter einen Kollektivrechtsverstoß vor gerichtlicher Feststellung ein, so wird er notwendige Konsequenzen ziehen, auch bei wirksamem Arbeitsvertrag.

D. Vorheriges Zustimmungserfordernis und vorläufige Maßnahmen L Der Ausnahmecharakter der Regelungen fiber vorläufige Maßnahmen § 69 Abs. 5 BPersVG und § 100 Abs. 1 BetrVG erlauben dem Arbeitgeber, unter bestimmten Voraussetzungen in Eilfällen eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme auch ohne abgeschlossenes Zustimmungsverfahren vorläufig durchzuführen 10 . Hieraus wird vereinzelt die ausnahmsweise eröffnete Möglichkeit geschlossen, Maßnahmen unter Mißachtung des Zustimmungserfordernisses wirksam durchzuführen, im Umkehrschluß sei daher anzunehmen, daß in allen übrigen Fällen die Maßnahme nicht wirksam getroffen werden könne 1 1 . Eine Ausnahmevorschrift, deren Feststellung bereits die schwierige, mit allen verfügbaren Konkretisierungselementen erarbeitete Vorentscheidung darüber voraussetzt, welcher normative Gehalt die Vorschrift als "Ausnahme" kennzeichnet 12 , liegt dort vor, wo das Gesetz eine Regel, der es in möglichst weitem Umfang Geltung zu verschaffen sucht, für bestimmte, meist eng umgrenzte Fälle durchbrochen hat, weil ihre Durchführung dem Gesetzgeber auch in diesen Fällen unangebracht erschien 13 . Durch die Einführung der Vorschriften über vorläufige Maßnahmen sollte der Notwendigkeit Rechnung getragen werden, daß "in Ausnahmefällen der Arbeitgeber auch berechtigt sein muß, die personelle Maßnahme trotz eines Widerspruchs des Betriebsrats durchzuführen, wenn dies aus sachlichen Gründen zwingend erforderlich

9

Ebenso für das BetrVR: Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 91 f.; Hahn, S. 57; Matthes, DB 1974, 2007 (2008)\ Maul-Backer, S. 76. 10

Zu den landesrechtlichen Besonderheiten vgl. oben § 7 B.

11

Zum PersVR: LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (54); zum BetrVG: Boewer, RdA 1974,72 (73); Meyer, BB 1982,1614 (1615), Niederalt, S. 141. 12

Fr. Müller, S. 210 f.; Lorenz, Methodenlehre, S. 355.

13

Larenz, Methodenlehre, S. 355 f..

138

3. Kapitel : Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

ist" 1 4 . Damit stellt das Gesetz ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zunächst nur hinsichtlich der Frage auf, wann ein gesetzwidriges Verhalten des Arbeitgebers vorliegt 1 5 . Ausnahme von der in § 69 Abs. 1 niedergelegten Regel, daß grundsätzlich die vorherige Zustimmung der Beschäftigtenvertretung erforderlich ist und sich der Arbeitgeber nur dann gesetzeskonform verhält, wenn er vor Durchführung der Maßnahme diese Zustimmung einholt oder das entsprechende Verfahren abwartet, sind die besonders dringlichen Fälle, in denen der Arbeitgeber auch dann gesetzestreu handelt, wenn er die Maßnahme ohne Zustimmung anordnet 16 . Wirkt die vorläufig getroffene Maßnahme damit zunächst wie eine solche, für die die Zustimmung vorliegt 1 7 , so besteht kein Anlaß, diesen vorläufigen Akt als unwirksam anzusehen; es ist abwegig anzunehmen, der Gesetzgeber habe die Durchführung unwirksamer Maßnahmen vorgesehen 18. Damit besagt aber § 69 Abs. 5 nicht mehr als § 69 Abs. 1 bis 4. Beide betreffen die Durchführung kollektivrechtlich zulässiger Maßnahmen, aus deren "selbstverständlicher" Wirksamkeit sich nicht zwangsläufig die Unwirksamkeit kollektivrechtlich unzulässiger Akte ergeben kann. Die Behauptung, § 69 Abs. 5 statuiere die ausnahmsweise Wirksamkeit zustimmungslos getroffener Maßnahmen, setzt das hier erst zu findende Ergebnis bereits voraus: Zustimmungslos getroffene Maßnahmen können als vorläufige nur dann ausnahmsweise wirksam sein, wenn endgültige zustimmungslose grundsätzlich unwirksam wären 19 .

14 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung v. 14.10.1971 zu den vorgelegten Entwürfen eines Betriebsverfassungsgesetzes, BTDrucks. VI/2729. 15

Vgl. hierzu auch HessVGH 11.3.1981, ZBR 1982, 192.

16 Zu diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis vgl. auch BVerwG 19.4.1988, PersR 1988, 159 (160) und HessVGH 11.3.1981, ZBR 1982,192. 17

Vgl. Ballerstedt-Schleicher,

BayPVG, Art. 70 Rz. 140.

18

So aber Hunold, NWB Nr. 41 v. 6.10.1986, Fach 26, S. 2043: Zwischen dem vorläufig eingestellten Bewerber und dem Arbeitgeber sei von einem schwebend unwirksamen Arbeitsvertrag auszugehen. 19

Unzutreffend daher auch Boewer, RdA 1974, 72 (73) und Meyer, BB 1982, 1614 (1615), die in der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift das Ziel sehen, unwirksame Akte erst gar nicht entstehen zu lassen. Das Gesetz trifft hier eine Aussage lediglich hinsichtlich der Kollektivrechtswidrigkeit der Maßnahmen. Unklar auch Alberty, PersV 1978, 217 (218), der ein entsprechendes RegelAusnahme-Verhältnis deshalb vereint, weil der Gesetzgeber die Wirksamkeit vorläufiger Maßnahmen nicht ausdrücklich angeordnet habe.

§ 11 Systematische Betrachtung

139

IL Die Beendigung der vorläufigen Maßnahme Ergibt sich also aus der Wirksamkeit vorläufig getroffener Maßnahmen kein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der Unwirksamkeit kollektivrechtswidriger Akte, so werden die Vorschriften der vorläufigen Regelungen im Betriebsverfassungsrecht zu einem weiteren Argument herangezogen, diesmal zugunsten der Wirksamkeit kollektivrechtswidriger Maßnahmen: Da gemäß § 100 Abs. 3 BetrVG durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts feststehe, daß die materiellen und formellen Voraussetzungen für die vorläufige Einstellung nicht vorgelegen haben, sei diese "unter Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz" vorgenommene Maßnahme ebenso zu behandeln wie eine nicht vorläufige Maßnahme 20 . Auch in diesem Fall müßte daher von ihrer Unwirksamkeit ausgegangen werden, denn der Arbeitgeber handle in diesem Fall genauso pflichtwidrig. Der Regelung, daß bei für den Arbeitgeber negativem Ausgang des betriebsverfassungsrechtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens die vorläufige Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung ende, hätte es aber nicht bedurft, wenn der ohne Zustimmung des Betriebsrats abgeschlossene Arbeitsvertrag ohnehin nichtig wäre 2 1 . § 69 Abs. 5 enthält keine Regelung über die Aufhebung der vorläufigen Maßnahme. Nach allgemeiner Meinung soll den Arbeitgeber nach negativem Ausgang des Zustimmungsverfahrens die Verpflichtung treffen, die Maßnahme aufzuheben oder rückgängig zu machen 22 . Aus einer solchen Aufhebungsverpflichtung ergeben sich jedoch keine Hinweise für die Frage der Wirksamkeit kollektivrechtswidriger Maßnahmen. Geht das Verfahren nach § 69 Abs. 2 bis 4 für den Dienststellenleiter negativ aus, so hat er sich dennoch dem Bundespersonalvertretungsgesetz konform verhalten. Das Gesetz hat ihm die Durchführung der vorläufigen Maßnahme gestattet, der Akt ist zunächst wirksam, im Falle einer auflösend bedingten Einstellung würde das Arbeitsverhältnis mit dieser Entscheidung enden. Bestreitet der Personalrat die Dringlichkeit der Maßnahme, so hat er gemäß § 83 Nr. 3 vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung der Verletzung seiner Beteiligungsrechte geltend zu ma-

20

Vgl. Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 50.

21

Matthes, DB 1974,2007 (2008); zustimmend Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 50.

22 HessVGH 11.3.1981, ZBR 1982, 192; 22.10.1980, PersV 1991, 538; Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art. 70 Rz. 140; Dannhäuser, PersV 1988, 34 (38); Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 96; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 36; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 53a; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 35; Huppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 53; Schelter, BayPVG, Art. 70 Rz. 36; Wind, S. 274. Kritisch Fischer, ZBR 1979,322 ff. Vgl. bereits oben § 7 B.

140

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

chen 2 3 . Ein für den Personalrat positiver Feststellungsbeschluß unterscheidet sich dann nicht von einem solchen, der sich gegen die Durchführung einer zustimmungslos getroffenen endgültigen Maßnahme richtet und sagt daher nicht mehr und nicht weniger zu der Frage aus als dieser 24 . Gleiches gilt, wenn es der Dienststellenleiter nach Anordnung einer vorläufigen Maßnahme unterläßt, das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten 25 .

E. Einstellung und Kündigung L Umkehrschluß Die Rechtsfolge eines Beteiligungsverstoßes wurde gesetzlich für die Maßnahme der Kündigung angeordnet. § 79 Abs. 4 BPersVG und § 102 BetrVG legen für diesen Fall ihre Unwirksamkeit fest. Soweit zur Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage auf die kündigungsrechtliche Regelung zurückgegriffen wird, wird aus ihr im Umkehrschluß die Wirksamkeit aller übrigen beteiligungslos durchgeführten Personalmaßnahmen hergeleitet 26 . Ein solcher Umkehrschluß setzt für seine methodische Zulässigkeit voraus, daß das Gesetz durch die Verknüpfung einer Rechtsfolge mit einem bestimmten Tatbestand zeigt, daß es für einen anderen, nicht ausdrücklich geregelten Fall diese Rechtsfolge nicht w i l l 2 7 . Die Beschränkung der Rechtsfolge gerade auf den geregelten Tatbestand muß ersichtlich vom Gesetzgeber gewollt oder nach der Teleologie des Gesetzes geboten sein 2 8 , der geregelte Rechtssatz muß

23 Vgl. L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 26a. Siehe hierzu auch den von BVerwG 19.4.1988, PersR 1988, 159fif. entschiedenen Fall. 24

Dazu vgl. unten § 15 B.

25

Vgl. Fischer/Goeres,

BPersVG, § 69 Rz. 36.

26

Zum PersVR: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4b der Gründe; VGH BW 11.1.1983, PersV 1985, 332 (334); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57; Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 94b; unklar Grabendorff, BPereVG, Rz. 13 vor § 66. Ebenso BVerwG 22.3.1989, DöV 1989, 683 (684) für den Fall disziplinarischer Einleitungsverfügung. Zum BetrVG: Schreiber, RdA 1987, 258 (269); Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (57); StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49. 27

Canaris, Lücken, S. 40; Lorenz, Methodenlehre, S. 390.

28

Lorenz, Methodenlehre, S. 390.

§ 11 Systematische Betrachtung

141

ausschließenden Charakter besitzen 29 . Dabei darf sich der Umkehrschluß nicht in einem formal-logischen Schlußverfahren erschöpfen, sondern muß in eine "normativ-teleologische Beweisführung 11 münden 30 , die zu dem Ergebnis führt, daß aufgrund der in den maßgeblichen Punkten der zu vergleichenden Tatbestände liegenden Verschiedenartigkeit eine unterschiedliche Behandlung geboten ist 3 1 . Die Beteiligung des Personalrats bei der Kündigung unterscheidet sich von jener bei der Einstellung insbesondere durch die Intensität der Beteiligungsrechte der kollektiven Vertretung. Die die Einstellung erfassende Mitbestimmung ist die weitestgehende Form der Beteiligung, eine ihr unterliegende Maßnahme bedarf zu ihrer kollektivrechtlichen Zulässigkeit der vorherigen Zustimmung des Personalrats oder eines sie gestattenden Beschlusses der Einigungsstelle. Die Mitwirkung dagegen bietet dem Personalrat ein Einspruchsrecht, das zwar ebenfalls verfahrensmäßig ausgestaltet ist, jedoch als Abschluß die Entscheidung der oberen Dienststellen vorsieht (§ 72 BPersVG), soweit solche vorhanden sind. Andernfalls entfällt dieses Verfahren und es entscheidet das jeweilige oberste Organ, §§ 72 Abs. 4 Satz 3, § 69 Abs. 3 Satz 2. Nicht verfahrensmäßig ausgestaltet ist das Beteiligungsrecht der Anhörung. Hier ist der Personalrat darauf beschränkt, eine begründete Mitteilung über die beabsichtigen Maßnahme zu verlangen und dem Dienststellenleiter seine Bedenken mitzuteilen. Der bei der Kündigung vorgenommene Ausspruch der Rechtsfolge könnte daher seine Ursache in der Verbindung mit den schwächeren Beteiligungsformen der Mitwirkung und Anhörung haben - Beteiligungsformen, die für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer besonderen Anordnung bedürfen, während das stärkste Beteiligungsrecht der Mitbestimmung diese Rechtsfolge "in sich trägt". Das Gesetz hat möglicherweise die Unwirksamkeit der individuellen Maßnahmen über die Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts angeordnet, so daß das für einen Umkehrschluß erforderliche Fehlen eine Regelung gar nicht vorliegt 3 2 .

29

Canaris, Lücken, S. 48.

30

Canaris, Lücken, S. 45.

31

Canaris, Lücken, S. 45 m.w.N.

32

Siehe hierzu auch Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159, der zutreffend auf den diesbezüglichen Meinungsstreit während der Geltung der gesetzlichen Vorläufer hinweist, was den Gesetzgeber veranlaßt habe, das Beteiligungsrecht der Anhörung ausdrücklich mit der Rechtsfolge zu versehen.

142

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

Die Frage, ob das Gesetz für die Mitbestimmung eine solche Anordnung trifft oder ob es - möglicherweise im Hinblick auf die besondere Bedeutung, die dem individuellen Bestandsschutz von Arbeitsverhältnissen zukommt 3 3 bei der Kündigung eine Ausnahme regelt, läßt sich allein daraus, daß der Gesetzgeber für die Kündigung eine ausdrückliche Regelung getroffen hat, nicht beantworten 34 . Damit besagt die Regelung in § 79 Abs. 4, ebenso wie die in § 102 BetrVG, für sich alleine betrachtet nicht zwingend, daß ihr Fehlen in § 69 oder § 75 BPersVG die Rechtsfolge der individuellen Unwirksamkeit ausschließt 35 . Π . "Erst recht"-Schluß Die gleichen Gründe verbieten die Annahme, die Unwirksamkeitsfolge müsse "erst recht" für das stärkste Beteiligungsrecht der Mitbestimmung gelten, wenn sie bereits die schwächeren Beteiligungsformen der Mitwirkung und Anhörung erfasse 36. Das für einen solchen "erst recht"-Schluß notwendige Vorliegen ähnlicher Tatbestände, die aus dem "Gebot der Gerechtigkeit" gleich zu behandeln sind 3 7 , scheitert hier an der Unterschiedlichkeit der beiden Maßnahmen, die die kündigungsrechtliche Regelung als mögliche Ausnahmevorschrift kennzeichnet 38 . H L Gesetzlicher Zwang zu ausdrücklicher Regelung? Damit sind bereits die Argumente genannt, die die Ansicht des Bundesarbeitsgerichts veibieten, der Gesetzgeber hätte, wenn er eine Unwirksamkeit der beteiligungslos durchgeführten Einstellung gewollt hätte, diese wie bei der Kündigung ausdrücklich anordnen müssen 39 . Wenn das Bundesarbeitsgericht meint, auf das Vertragsverhältnis des betroffenen Arbeitnehmers könne sich 33

Vgl. dazu näher unten § 18 C II 4.

34

Zum Umkehrschluß bei anderen Mitwirkungsfòllen siehe LAG Rh.-Pf. 15.9.1988, PersR 1989, 309 (310). 35 Im Ergebnis ebenso Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 70; GK-Kraft, BetrVG, § 99 Rz. 108; Hahn, S. 49, jeweils zum BetrVG; ohne Begründung auch Großmann, BremPersVG, § 52 Rz. 43. 36

Vgl. dazu Hahn, S. 49.

37

Vgl. Canaris , Lücken, S. 78; Lorenz, Methodenlehre, S. 390.

38

Im Ergebnis ebenso Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 69.

39

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4b der Gründe. Zustimmend Schlochauer, Mitbestimmung, S. 227.

§ 11 Systematische Betrachtung

143

die Verletzung des Mitbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber nur dann auswirken, wenn sich diese Folge wie bei der Kündigung unmißverständlich aus dem Gesetz ergebe 40 , so unterstellt es als Prinzip, daß das Gesetz immer dann, wenn es einen Satz nicht ausdrücklich ausspricht, diesen auch nicht aussprechen will. Ein solcher Grundsatz ist der Rechtslehre unbekannt. Die gesamte Methodenlehre wäre überflüssig, wenn sich der rechtliche Gehalt einer Regelung ausschließlich aus den ausdrücklichen Erklärungen ergeben würde. Zunächst erfordert die Betrachtung des Gesetzes unter Einsatz rechtsinterpretatorischer Techniken die Erkenntnis, daß eine gesetzliche Anordnung tatsächlich nicht vorliegt. Eine solche kann sich ausdrücklich aus entsprechenden gesetzlichen Klarstellungen, jedoch auch erst aus einer Auslegung nach Sinn und Zweck ergeben. Auch im letztgenannten Fall liegt eine gesetzliche Anordnung vor, wenn der ermittelte Normeninhalt vom Wortlaut noch gedeckt ist 4 1 . Ergibt die Auslegung, daß das Gesetz eine Aussage über die Rechtsfolgen tatsächlich nicht trifft, so können diesem Schweigen unterschiedliche Bedeutungen zukommen. Es kann sich um ein "qualifiziertes" oder "beredtes" Schweigen im Sinne des Bundesaibeitsgerichts handeln, mit dem das Gesetz anzeigt, daß es eine bestimmte Folge nicht w i l l 4 2 . Es kann sich aber auch um eine vom Richter im Wege der zulässigen Rechtsfortbildung zu schließende Lücke handeln 43 . Jedes dieser Ergebnisse setzt eine genaue Untersuchung des normativen Gehalts der fraglichen Regelungen voraus. IV· Abweichende landesrechtliche Regelungen 1. Landesrechtliche Regelungen ohne Rechtsfolgenbestimmung Die Personalvertretungsgesetze der Länder Baden Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen enthalten keine § 79 Abs. 4 BPersVG entsprechende Regelung 44 .

40 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4b der Gründe. Zustimmend Schlochauer, Mitbestimmung, S. 227. 41

19 ff.

Zum Wortlaut als Grenze zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung vgl. Canaris , Lücken, S.

42

Canaris, Lücken, S. 40ff., 44; Larenz, Methodenlehre, S. 370.

43

Canaris, Lücken, S. S. 46, 51; Larenz, Methodenlehre, S. 372 f.

44

Abweichend auch Hamburg (Unwirksamkeitsanordnung nur für unterlassene Anhörung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeiters während der Probezeit) und das Saarland

144

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

a) Die Auffassung Germelmanns Für das Land Berlin schließt Germelmann aus dieser Gesetzeslage, daß der Landesgesetzgeber damit eine einheitliche Bewertung aller Personalmaßnahmen zum Ausdruck gebracht habe; da dieser, anders als der Bundesgesetzgeber, für alle Personalmaßnahmen gleichermaßen eine Rechtsfolgenregelung unterlassen habe, sei davon auszugehen, daß er die Auswirkungen der Verletzung von Beteiligungsrechten einheitlich - im Sinne der Unwirksamkeit - habe regeln wollen 4 5 .

b) Die unmittelbare Wirkung des § 108 Abs· 2 BPersVG Geht Germelmann dabei zunächst von dem methodisch ohne nähere Untersuchung nicht zulässigen Umkehrschluß für die Bundesregelung aus, so verkennt er des weiteren die für alle Landesgesetze unmittelbare Wirkung des § 108 Abs. 2 BPersVG. Dem Bundesgesetzgeber wird im Bereich des Personalvertretungsrechts nach Art. 75 Nr. 1 GG zwar lediglich eine Rahmenkompetenz gewährt, innerhalb dieser kann er jedoch in Einzelfällen unmittelbar geltende Rechtssätze schaffen 46 . Dies hat er für die Rechtsfolgen einer beteiligungslos ausgesprochenen Kündigung durch § 108 Abs. 2 BPersVG getan 47 . Die dort ausgesprochene Anordnung "schreibt" in jedes Landespersonalvertretungsgesetz, das die Beteiligung bei der Kündigung vorsieht 48 , eine § 79 Abs. 4 entsprechende Vorschrift, so daß es so zu lesen ist, als ob diese Norm dort enthalten wäre. Jede § 79 Abs. 4 entsprechende Landesvorschrift hätte daher nur klarstellende Bedeutung 49 . Wenn Germelmann hiergegen einwendet, der Bundesgesetzgeber habe eine unterschiedliche Festlegung der einzelvertragli(Unwirksamkeitsregelung nur für unterlassene Anhörung bei der außerordentlichen Kündigung). Zur Regelung in Schleswig-Holstein vgl. oben § 1 C II und unten § 15 ΒI. 45

Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 94b.

46 Vgl. BVerfG 28.5.1984, BVerfGE 66, 270 (285); 28.3.1984, BVerfGE 66, 291 (307); 8.2.1977, BVerfGE 43, 291 (343); 28.11.1973, BVerfGE 36,193 (202); 1.12.1954, BVerfGE 4, 115 (130); Maunz tnMaunz/Dürig, GG, Art. 75 Rz. 26 f. 47

(54 ff.).

Verfassungsgerichtlich bestätigt durch BVerfG 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43

48

Dies ist nach BVerfG 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (56) nicht zwingend. Vgl. hierzu auch Grabendorff, BPersVG, § 108 Rz. 4; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 108 Rz. 9. 49 So zutreffend für die (frühere) rheinland-pfälzische Regelung Helmes-Jacobi, PersVG Rh.-Pf., § 80 Rz. 136; ähnlich Fischer/Goeres, BPersVG, § 79 Rz. 26; Grabendorff, BPersVG, § 108 Rz. 3; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 94 Rz. 12. Zur Zulässigkeit landesgesetzlicher Wiederholung unmittelbar geltenden Bundesrechts vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 94 Rz. 12 m.w.N.

§ 11 Systematische Betrachtung

145

chen Auswirkungen von Kollektivrechtsverletzungen nicht vorgegeben 50 , so mag dies zutreffen. Es besagt aber nicht, daß der Landesgesetzgeber immer dann, wenn er auf die nur klarstellende Wiederholung der durch Bundesrecht bereits vorgegebenen Rechtsfolgenregelung für die Kündigung verzichtet, von der für alle Personalmaßnahmen einheitlichen Rechtsfolge der Unwirksamkeit ausgehen will. Hat der Landesgesetzgeber davon abgesehen, eine durch § 108 Abs. 2 BPersVG im Land bereits vorhandene Regelung zu wiederholen, so hat er vielmehr damit gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß er keinen über das Bundesgesetz hinausgehenden Anwendungsbereich der Vorschrift wünscht. 2. Landesrechtliche Anordnung einer fur Kündigung und Einstellung gleichen Beteiligungsform a) Umkehrschluß aus der über § 108 Abs. 2 ausgesprochenen Rechtsfolge Die meisten Länder unterwerfen Einstellung und (mindestens) ordentliche Kündigung gleichermaßen der Mitbestimmung 51 . Sind dabei die Rechtsfolgen für die beteiligungslos ausgesprochene Kündigung über § 108 Abs. 2 BPersVG ausdrücklich geregelt, so bietet sich im Umkehrschluß an, die Wirksamkeit der Einstellung anzunehmen, denn der den Umkehrschluß auf Bundesebene in Frage stellende "erst recht"-Schluß entfällt hier. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber bei ausdrücklicher Rechtsfolgenregelung für nur eine von mehreren, der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahmen die anderen hiervon miterfaßt haben wollte. Näherliegend als die These von Germelmann wäre daher das gegenteilige Ergebnis. b) Die auf die Fälle der M i t w i r k u n g und Anhörung beschränkte Bedeutung des § 108 Abs. 2 BPersVG Zum umgekehrten und damit zum gleichen Ergebnis wie Germelmann gelangt man unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen allerdings, wenn man die Bedeutung des § 108 Abs. 2 auf die Fälle der Mitwirkung und Anhörung beschränkt. Der Bundesgesetzgeber hat weder die Beteiligung bei

50

Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 94c.

51

§§ 87 Nr. 9 BlnPersVG, 65 Abs. lc BremPersVG, 87 Abs. 1 Nr. 13 HmbPersVG, 77 Abs. 1 Nr. 2i HPVG, 78 Abs. 2 Nr. 7 NdsPersVG, 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG NW, 80 Abs. lb Nr. 8 PersVG SL; ebenso die Pauschalregelung des § 51 Abs. 1 MBG Schl.-H. 10 Hantl-Unthan

146

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

der Kündigung noch die Ausgestaltung der Beteiligungsrechte vorgeschrieben, § 104 überläßt die Regelung von Umfang, Verfahren und Formen der personalvertretungsrechtlichen Mitsprache dem Landesgesetzgeber 52. Denkbar ist daher, daß die in § 108 Abs. 2 ausgesprochene Anordnung Bedeutung nur für die Länder erlangt, die die Kündigung in Anpassung an die Bundesregelung schwächeren Beteiligungsformen unterwerfen, während eine die Kündigung erfassende Mitbestimmung, sofern sie als ausreichend starkes Beteiligungsrecht ausgestaltet i s t 5 3 , diese Rechtsfolge bereits "zwangsläufig" mit sich bringt. Verstärkt für dieses Ergebnis spricht die kündigungsrechtliche Ausgestaltung der Personalvertretungsgesetze von Hamburg, Niedersachsen und dem Saarland. Hier wird die Kündigung ebenso wie die Einstellung der Mitbestimmung unterstellt, eine Rechtsfolgenregelung im Sinne des § 108 Abs. 2 BPersVG jedoch nur für die den schwächeren Rechten der Mitwirkung und Anhörung unterliegende außerordentliche Kündigung und Beendigung eines Probearbeitsverhältnisses getroffen. Hat der Landesgesetzgeber sich also einerseits nicht gescheut, die bereits bestehende Regelung des § 108 Abs. 2 BPersVG zu wiederholen, denn diese Anordnung erfaßt auch die außerordentliche Kündigung 5 4 , andererseits auf ihre Wiederholung für die der Mitbestimmung unterliegende ordentliche Kündigung aber verzichtet, so könnte diese unterschiedliche Handhabung darauf zurückzuführen sein, daß das Beteiligungsrecht der Mitbestimmung eine andere Bewertung erfährt als das der Mitwirkung und Anhörung.

F. Entlassungsbegehren der Beschäftigtenvertretung Nach § 104 BetrVG kann der Betriebsrat zur Wiederherstellung des Betriebsfriedens die Entlassung eines Arbeitnehmers verlangen. Dem Personalvertretungsrecht fehlt eine solche Vorschrift, obwohl die Wahrung des Betriebsfriedens im Rahmen der Zustimmungsverweigerungsgründe eine ent-

52 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (288 f.); 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (57); Grabendorff, BPersVG, § 104 Rz. 3;L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 104 Rz. 7. 53

Sämtliche Landesgesetze sehen eine dem bundesrechtlichen Mitbestimmungsrecht Ähnliche Ausgestaltung vor, vgl. hierzu den Oberblick bei Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 45. 54 Allg. Meinung, vgl. BVerfG 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (52 f.); Dietzfilichardi, BPersVG, § 108 Rz. 9; Grabendorff, BPersVG, § 108 Rz. 3; Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 108 Rz. 8. Umstritten ist die Geltung für die Fälle der Beendigung von Probearbeitsverhältnissen: bejahend wohl Dietz/Richardi, BPersVG, § 79 Rz. 165; ablehnend Fischer/Goeres, BPersVG, § 79 Rz. 23.

§ 11 Systematische Betrachtung

147

sprechende Anerkennung gefunden hat 5 5 . Eine dem Betriebsverfassungsgesetz damit verliehene, "gegen den einzelnen Arbeitnehmer und gegen den Kündigungsschutz gerichtete Stoßrichtung" 56 fehlt also. Anders als dem Betriebsrat obliegen dem Personalrat damit keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf den Bestand von Arbeitsverhältnissen zu deren Lasten, er kann nur im Rahmen seines Beteiligungsrechts zugunsten des weiteren Bestandes wirken 5 7 , was wiederum gegen die Annahme der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages wegen Verstoßes gegen kollektive Rechte spricht.

G. Zusammenfassung Die systematische Betrachtung der Regelungen über die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung bei Einstellungen ergibt nur wenig Aufschluß über die Frage der individuellen Rechtsfolgen einer zustimmungslos durchgeführten Einstellung. Die Formulierung in § 69 Abs. 2 Satz 1, die von der "beabsichtigten" Maßnahme spricht, enthält nicht mehr als eine Handlungsanweisung an den Dienststellenleiter. Die besondere Beachtung, die die Maßnahme in der bundespersonalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung durch § 69 Abs. 1 gefunden hat, gibt Anlaß, ihr auch eine eigenständige Bedeutung beizumessen. Aus der verfahrensrechtlichen Rollenverteilung, die die Initiativlast dem Arbeitgeber auferlegt, wenn gegen die Zustimmungsverweigerung der Beschäftigtenvertretung eine Einstellung durchgeführt werden soll, § 99 Abs. 4 BetrVG, § 69 Abs. 3 Satz 3 BPersVG, läßt sich keine Rechtsfolge für den kollektivrechtswidrig abgeschlossenen Arbeitsvertrag herleiten. Ebensowenig trifft die gesetzliche Anordnung der Wirksamkeit einer vorläufigen Maßnahme Aussagen zu der Frage der Rechtsfolgen für die kollektivrechtlich unzulässige endgültige Maßnahme. Aus der gesetzlichen Anordnung der Unwirksamkeit einer beteiligungslos ausgesprochenen Kündigung lassen sich weder für die bundes- noch für die

55

Vgl. § 77 Abs. 2 Nr. 3 BPersVG einerseits und § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG andererseits.

56

KR-Wolf,

57

Grunds. Rz. 29.

Vgl. KR-Wolf, Grunds., Rz. 24, 26. Dem Personalrat bleibt allerdings sein allgemeines Antragsrecht nach § 68 Abs. 1, das jedoch in seiner schwachen verfahrensmäßigen Ausgestaltung mit dem gerichtlich durchsetzbaren Entlassungsbegehren des § 104 BetrVG nicht vergleichbar ist

148

3. Kapitel: Die Auslegung der gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen

landesrechtlichen Regelungen Anhaltspunkte herleiten. Der Umkehrschluß, den § 79 Abs. 4 nahelegt, scheitert an der unterschiedlichen Intensität der Beteiligungsrechte. Aus dem Fehlen einer § 79 Abs. 4 entsprechenden Vorschrift in einigen Landesgesetzen läßt sich aufgrund der unmittelbaren Wirkung des § 108 Abs. 2 BPersVG für deren Geltungsbereich ebenfalls nichts herleiten. Für die Landesgesetze, die Kündigung und Einstellung gleichermaßen der Mitbestimmung unterwerfen, bietet sich der Umkehrschluß an. § 108 Abs. 2 deckt jedoch die gesamte Spanne möglicher Beteiligungsrechte ab, so daß seine Bedeutung auf die schwächeren Beteiligungsrechte zu beschränken sein könnte. I m Personalvertretungsrecht fehlt eine § 104 BetrVG entsprechenden Vorschrift. Dies weist darauf hin, daß dem Personalrat keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf den Bestand von Arbeitsverhältnissen zu deren Lasten zuerkannt worden ist.

4. Kapitel

Die personalvertretungsrechtliche Relevanz rechtskreisübergreifender Überlegungen § 12 Kollektivrechtsverstoß bei der Beamtenernennung A· Die Rechtsfolgen fur die Beamtenernennung Ebensowenig wie bei der privatwirtschaftlichen Einstellung sind die Rechtsfolgen eines Kollektivrechtsverstoßes bei der Beamtenernennung personalvertretungsgesetzlich geregelt. Die ganz herrschende Meinung geht bei beamtenrechtlichen Maßnahmen davon aus, daß sie, jedenfalls soweit sie in der Form eines Verwaltungsaktes erfolgen, wegen der fehlenden Personalratsbeteiligung nicht nichtig, sondern nur anfechtbar sind 1 . Ausgangspunkt sind allgemeine verwaltungsrechtliche Prinzipien, wonach Verwaltungsakte nur dann nichtig sind, wenn sie an einem schwerwiegenden, offenkundigen Mangel leiden, § 44 Abs. 1 VwVfG 2 . Anfechtungsberechtigt ist der betroffene Beamte, soweit er durch die Maßnahme belastet ist. Ist die Ernennung des Beamten bereits erfolgt, so kann sie gemäß § 12 BBG 3 nur in ganz bestimmten Ausnahmefallen rückgängig gemacht werden. Die Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsvorschriften ist kein solcher Rücknahmegrund, sie bleibt also hier ohne Rechtsfolge.

1 BVerwG 12.3.1987, ZBR 1987, 286; 13.11.1986, BVerwGE 75, 138 (139 f.); 28.8.1986, PereV 1988, 355 (356); 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68, 189 (193); 24.11.1983 (2 C 27.82), BVerwGE 68, 197 (199); 1.12.1982, BVerwGE 66, 291 (294); OVG Hmb. 11.6.1982, PereV 1984, 249 (251y, Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 59; Dietz/Richardi, BPereVG, § 69 Rz. 99; Fees, PereV 1975, 368 (369); Fischer/Goeres, BPereVG, § 69 Rz. 41; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPereVG, § 69 Rz. 57a; Grabendorf, BPereVG, § 69 Rz. 40 m.w.N. 2

Zur personalvertretungsrechtlichen Argumentation vgl. BVerwG 7.10.1964, BVerwGE 19, 284 (287) m.w.N. 3

Oder den entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze, vgl. §§ 8,9 BRRG.

150

4. Kapitel: Rechtskreisübergreifende Überlegungen

B. Übertragbarkeit auf die privatrechtlich begründete Einstellung Zweifellos ist das Ergebnis für das Beamtenrecht nicht ohne weiteres auf das privatrechtlich begründete Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers übertragbar 4 . Die grundsätzlichen Unterschiede zwischen hoheitlichem Handeln durch Verwaltungsakt und privatrechtlichem Handeln durch bürgerlich-rechtlichen Vertrag sowie die abschließende Regelung der Rücknahmegründe für die Ernennung verbieten dies. Aber auch Gründe der Gleichbehandlung können hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Selbst wenn sich Angestellte und Beamte häufig faktisch in ihren Tätigkeiten nicht voneinander unterscheiden 5 und die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in ihren Pflichten in mancherlei Hinsicht mehr den Beamten ähneln als den Arbeitnehmern der Privatwirtschaft 6 , so basieren unterschiedliche Lösungen für beide Problemkreise nicht auf "allein begrifflicher Unterscheidung" 7, sondern auf dem immer noch herrschenden Grundsatz der Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, der eben gerade entscheidende Unterschiede zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis vorsieht 8 . Die Diskussion der siebziger Jahre um die Reform des öffentlichen Dienstrechts mit dem Ziel der Angleichung von Beamten und Arbeitnehmern 9 wird derzeit aktuell nicht mehr geführt 10 . Mögliche unterschiedliche Lösungen für die privatrechtliche Einstellung und die beamtenrechtliche Ernennung mögen daher unbefriedigend sein 1 1 , gleiche Lösungen aus Gründen der Gleichbehandlung lassen sich aber nur dann vertreten, wenn das öffentliche Dienstrecht ein einheitliches Statusrecht aller Beschäftigten

4

So im Ergebnis auch Alberty, PersV 1978, 217 (219).

5 Vgl. auch Battis , PersV 1986, 149 (154): Art 33 Abs. 4 GG gehört zu den am häufigsten mißachteten Verfassungsnormen. Ahnlich Böckenßrde in Isensee/Kirchhof, Staatsrecht I, § 22 Rz. 91, S. 887 (945). Dazu auch näher unten § 18 Β III 2c. 6

Siehe dazu ausführlich unten § 18 Β III 2c.

7

So aber Alberty, PersV 1978, 217 (219); ders., Fehlende Zustimmung, S. 60.

8

Vgl. auchMinz/Conze Rz. 8fif.; Novak , Rz. 1005; Schenke, JZ 1991, 581 (592).

9

Vgl. dazu Wagener, WDStRL 37 (1979), 215 (222 ff.) mit umfangreichem Literaturüber-

blick.

10 Vgl. auch Stern, Staatsrecht I, § 11 IV 5b, S. 381. Zu neueren Vorhaben vgl. Leisner, Aus Politik und Zeitgeschichte 1991, Β 49 S. 29 ff. 11 So Gerhold in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57a; Grabendorff, (98); Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 60.

ZBR 1960, 97

§ 12 Kollektivrechtsverstoß bei der Beamtenernennung

151

vorsieht 12 . Der Einwand, für den Arbeitnehmer sei eine unterschiedliche Behandlung seiner Einstellung im Gegensatz zur beamtenrechtlichen Ernennung wenig verständlich 13 , ist daher angesichts der aufgezeigten und jedem Aibeitnehmer des öffentlichen Dienstes bekannten Unterschiede zwischen beiden Rechtsverhältnissen weder zutreffend noch rechtlich relevant. Die Rechtslage bei der Beamtenernennung ist für die Frage der Rechtsfolgen bei der privatrechtlich begründeten Arbeitnehmer-Einstellung ohne Belang.

C· Zusammenfassung Die Beamtenernennung, die trotz Verstoßes gegen kollektive Beteiligungsrechte aufgrund ihres verwaltungsrechtlichen Charakters wirksam bleibt, ist mit der privatrechtlichen Einstellung nicht zu vergleichen. Dies verbieten die grundsätzlichen Unterschiede zwischen hoheitlichem Handeln des Staates durch Verwaltungsakt und bürgerlich-rechtlichem durch Privatrechtsvertrag.

12

So zutreffend Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

13

So Alberty, PersV 1978, 217 (219).

BPersVG, § 69 Rz. 57a.

§ 13 Die Trennung von kollektiver und individueller Ebene Auswirkungen auf der Individualebene werden teilweise deshalb verneint, weil den kollektivrechtlichen Gesetzen der Gedanke strikter Trennung von kollektiver und individueller Ebene zugrunde läge. Bezögen sich die Regelungen allein auf das Verhältnis Beschäftigtenvertretung - Aibeitgeber, so dürften unmittelbare Auswirkungen auf die individuelle Ebene mangels von der Regelung erfaßten Lebenssachverhalten nicht erfolgen 1. Ausgehend von der allgemeinen Auffassung, daß die Mitbestimmung bei der Einstellung jedenfalls auch zum Schutz der kollektiven Interessen der Belegschaft besteht2, hat sich die Frage der Auswirkung fehlender Beteiligung auf das Individualverhältnis zunächst daran zu orientieren, welche Konsequenzen dieser Schutz erfordert. Auswirkungen eines Kollektivrechtsverstoßes auf die individuelle Ebene haben daher nichts mit der Frage zu tun, ob es sich bei den Beteiligungsvorschriften um allein einem kollektiven Schutzzweck dienende Regelungen handelt oder ob der Schutz des einzelnen Arbeitnehmers miterfaßt ist. Eine strikte Trennung von kollektiver und individueller Ebene im vorgenannten Sinne müßte jedwede Auswirkungen auf das individuelle Arbeitsverhältnis verbieten, also auch ein Beschäftigungsverbot. Dies wird jedoch offensichtlich nicht vertreten. Sogar Heinze, der für das Betriebsverfassungsgesetz von einer reinen "betriebsverfassungsrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzung" spricht und jedwede Auswirkungen auf die individualarbeitsrechtliche Ebene in Abrede stellt - weder Zustimmung noch Zustimmmungsverweigerung hätten unmittelbar Auswirkungen auf das Einzelarbeitsverhältnis und seine daraus resultierenden Rechte und Pflichten 3 -, versagt dem Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Beschäftigung oder jedenfalls dessen Durchsetzbarkeit 4. Selbst wenn die Auswirkungen "lediglich" darin bestehen sollten, 1 In diesem Sinne für das BetrVG wohl Frey, BB 1972, 923 (926); Heinze, Personalplanung, Rz. 228, 272; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (213); Rothländer, MitbestGespr. 1965, 145 (146); und wohl auch BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (7); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4b der Gründe; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6. Zum PersVR: Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57 im Anschluß an BAG 2.7.1980, a.a.O. 2

Siehe dazu bereits oben § 8 C I mit ausführlichen Nachweisen.

3

Heinze, Personalplanung, Rz. 340.

4

Heinze, Personalplanung, Rz. 341.

§ 13 Die Trennung von kollektiver und individueller Ebene

153

daß es dem Arbeitgeber unmöglich wird, den Arbeitnehmer tatsächlich im Betrieb zu beschäftigen, so liegen hierin Wirkungen auf der individualrechtlichen Ebene, denn dem Arbeitnehmer steht aus seinem Arbeitsvertrag ein Anspruch auf Beschäftigung zu, der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer zu beschäftigen 5. Wird dem Arbeitgeber die Erfüllung dieses Beschäftigungsanspruches unmöglich gemacht, das heißt, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen, so ist er in seiner individualrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen. Es kann daher allenfalls davon gesprochen werden, daß der Bestand des Arbeitsverhältnisses unberührt bleibt 6 . Dies wiederum läßt sich jedoch nicht damit begründen, es gäbe allein kollektivrechtliche Auswirkungen der fehlenden Zustimmung. Die Untersuchung des personalvertretungsrechtlichen Einstellungsbegriffs hat gezeigt, daß der Tatbestand des Vertragsschlusses unmittelbar von rechtlich geschütztem Interesse für die Belegschaft ist. Erfordert der Kollektivschutz die Beseitigung dieses Tatbestandes, so liegt eben darin "die Sicherstellung der kollektivrechtlichen Regelungen zur Gewährleistung des kollektivrechtlichen Interessenschutzes" 7. Für den Fall der Kündigung unterliegt dies auch keinen Zweifeln: Selbst wenn die Beteiligung bei der Kündigung als allein dem kollektiven Interessenschutzgedanken verpflichtet angesehen wird 8 , so sollen die zwangsläufig zugunsten des betroffenen Arbeitnehmers wirkenden Folgen einer Verletzung des Beteiligungsrechts als Sanktion für die Mißachtung anzusehen sein und damit der Verwirklichung des kollektiven Interessenschutzgedankens dienen 9 . Gleiches muß aber für die Einstellung gelten: Selbst dann, wenn die Beteiligung bei der Einstellung allein dem kollektiven Interessenschutz dienen und sich die Beschäftigtenvertretung allein auf kollektivrechtlicher Ebene vollziehen sollte, so schließt dies Auswirkungen auf der individuellen Ebene nicht aus, wenn allein damit der kollektive Interessenschutzgedanke verwirklicht werden kann.

5

Siehe dazu näher oben § 8 A

6

Selbst dies steht noch in Frage, falls das Beschäftigungsverbot dem Arbeitgeber einen Kündigungsgrund geben sollte. Zur Beendigung des kollektivrechtswidrigen Arbeitsverhältnisses vgl. den Oberblick über den Meinungsstand oben § 3 A III und Β sowie die Ausführungen unten § 20. 7 Entgegen Heinze, Personalplanung, Rz. 272 und Frey, BB 1972, 923 (926). Im Ergebnis wie hier Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2a und wohl auch Großmann, BremPersVG, § 52 Rz. 43 fif. 8

So Heinze, Personalplanung, Rz. 486. Vgl. dazu auch unten § 13 A I lb cc (2).

9

Heinze, Personalplanung, Rz. 486.

154

4. Kapitel: Rechtskreisübergreifende Überlegungen

Unpräzise ist daher auch die Aussage, das Personalvertretungsrecht regele nicht die Beziehungen zwischen dem einzelnen Bediensteten und dem Dienstherrn, sondern die Mitsprache der Bediensteten bei der Entscheidung der Verwaltung in personellen und sozialen Angelegenheiten 10 . Führt die Mitsprache der Bediensteten zu Auswirkungen auf der individuellen Ebene, so wird damit die Beziehung zwischen Dienstherr und Bediensteten in den betroffenen Teilbereichen zwangsläufig "geregelt 11. Insoweit handelt es sich hier um die "strukturelle Besonderheit", daß der Ebene der individualrechtlichen privatautonomen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Aibeitgeber eine die Privatautonomie beeinflussende Ebene kollektiver Rechtsgestaltungsmacht zugeschaltet w i r d 1 1 .

10 11

So Sträter, ZBR 1973,161 (163).

Vgl. Faude, Anm. BAG 17.5.1983, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972, unter 1.1, der von einer vorgeschalteten oder übergeordneten "aufhebenden" Ebene spricht

§14 "Zweigleisigkeit" der Rechtswege Gegen das Ergebnis einer wegen des Verstoßes gegen das Personalvertretungsrecht bedingten Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages wird vereinzelt eingewandt, daß dann der Streit um die Verletzung des Mitbestimmungsrechts nicht - wie gesetzlich vorgesehen - im Verfahren nach § 101 BetrVG oder in einem entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren geklärt würde, sondern zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszutragen sei 1 . Ist zunächst davon auszugehen, daß der Dienststellenleiter in der Regel nicht bewußt gegen Personalvertretungsrecht verstößt 2, jedenfalls aber einen Rechtsverstoß vor gerichtlicher Entscheidung nicht "freiwillig" einräumen wird, so wird der Streit um die Verletzung von Mitbestimmungsrechten regelmäßig im verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren zwischen Personalrat und Dienststellenleiter entschieden werden. Die Befürchtung, kollektivrechtliche Streitigkeiten müßten im Individualprozeß ausgetragen werden, basiert auf der Überlegung, der Dienststellenleiter werde - nachdem er gegen die Zustimmungsverweigerung des Personalrats oder gar ohne diesen zu fragen, eine Einstellung vorgenommen hat - nunmehr die Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Kompetenzen einräumen und die arbeitsvertraglichen Rechte des Arbeitnehmers unter Hinweis auf diesen Rechtsverstoß in Abrede stellen. Die Mißachtung von Personalrats-Rechten wird der Dienststellenleiter regelmäßig aber erst dann einräumen, wenn sie ihm gerichtlich bestätigt wurde. Der Individualprozeß wird sich hieran erst anschließen. Hat das Verwaltungsgericht einen Kollektivrechtsverstoß des Dienststellenleiters festgestellt und zieht der Dienststellenleiter hieraus Konsequenzen, die sich auf das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer auswirken, so stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die verwaltungsgerichtliche Feststellung auf ein

1 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (10); 2.7.1980 (5 AZR 76/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4g der Gründe; Misera , GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2c; ähnlich wohl Matthes, DB 1974, 2007 (2009). Zu diesem Einwand vgl. auch BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (52), insoweit in BVerwGE 82, 288ff. nicht abgedruckt; 19.9.1983, BVerwGE 68,30 (36). 2 Zu den Schwierigkeiten, den Anforderungen an korrekte Beteiligung immer Genüge zu leisten, siehe oben § 1 B.

156

4. Kapitel: Rechtskreisübergreifende Überlegungen

anschließendes Urteilsverfahren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. Die Frage kann hier jedoch offen bleiben, denn hierzu kommt es nicht nur im Falle der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages, sondern immer dann, wenn der Kollektivrechtsverstoß mit Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis verbunden ist. Auch für den Fall, daß - wie nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts und der herrschenden Meinung im Betriebsverfassungsrecht 3 - aus dem Kollektivrechtsverstoß "lediglich" ein Beschäftigungsverbot resultiert, kann die kollektivrechtliche Streitfrage im Urteilsverfahren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu behandeln sein. Der Arbeitnehmer kann, da ihm arbeitsvertraglich ein Beschäftigungsanspruch zusteht4, versuchen, diesen Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Klagt der Arbeitnehmer auf Beschäftigung aus dem wirksamen Arbeitsvertrag und beruft sich der Arbeitgeber auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes, so steht die präjudizielle Wirkung des verwaltungsgerichtlichen Feststellungsbeschlusses für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren in Frage 5. Selbst für die Fälle, in denen der Arbeitgeber vor gerichtlicher Klärung der kollektivrechtlichen Streitfrage einen Rechtsverstoß zugibt und hieraus Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis ableitet, sei es in Form eines Beschäftigungsverbotes, sei es in Form der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages, gibt die damit verbundene Möglichkeit der Behandlung kollektivrechtlicher Streitfragen im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren nicht die eine oder die andere Lösung der individualrechtlichen Frage vor. Der Arbeitnehmer kann immer dann, wenn ihm der Arbeitgeber arbeitsvertragliche Rechte in Abrede stellt, diese gerichtlich einklagen. Beruft sich der Arbeitgeber auf Nichtigkeit des Arbeitsvertrages, so kann der Arbeitnehmer die rechtliche Gültigkeit seines Aibeitsvertrages gerichtlich feststellen lassen. Beruft sich der Arbeitgeber auf ein Beschäftigungsverbot, so kann der Arbeitnehmer seinen arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruch einklagen. Nur für den Fall, daß der Kollektivrechtsverstoß zu keinerlei Auswirkungen auf das Individualverhältnis führt, ist die Behandlung kollektivrechtlicher Streitfragen im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ausgeschlossen.

3

Vgl. oben § 2 A V m.N.

4

Siehe oben § 8 A

5

Siehe dazu BAG 10.11.1987, BAGE 56, 304 (307 ff.); 14.5.1987, BAGE 55, 284 (296); 13.5.1981, BAGE 35, 239 (244 ff); LAG Frankfurt 4.3.1986, ArbuR 1987, 244; GermelmannMatthen, ArbGG, § 84 Rz. 27 f. m.w.N.; Jox, NZA 1990, 424 ff; Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161); Prûtting, RdA 1991, 257 ff; Söllner, 25 Jahre BAG, S. 605 (614). Siehe auch Frey, BB 1972, 923 (926), der dies fälschlicherweise als Problem bei der Nichtigkeitsfolge ansieht

§ 14 "Zweigleisigkeit" der Rechtswege

157

I m übrigen stellt es keine Besonderheit dar, wenn im aibeitsgerichtlichen Urteilsverfahren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer betriebsverfassungsoder personalvertretungsrechtliche Streitfragen zur Entscheidung anstehen. In fast der Hälfte aller aibeitsgerichtlichen Urteilsverfahren kann eine kollektivrechtliche Vorfrage auftauchen 6, es gelten dann die prozeßrechtlichen Grundsätze zur Vorfragenkompetenz 7: die Gerichte für Arbeitssachen haben die Vorfragen unabhängig davon mit zu entscheiden, in welchen Rechtsweg oder in welche Verfahrensart eine entsprechende Klage gehören würde, vorbehaltlich einer Aussetzung nach §§ 83 Abs. 2, 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495, 148 ZPO 8 .

6 7

Joachim, ArbuR 1982,12.

Vgl. auch Bayer, PersV 1986, 481 (484) Bundesarbeitsgerichts und Struck, PersR 1986, 224 (226). 8

m.w.N.

zur

Rechtsprechung des

BAG 25.3.1971, BAGE 23, 257 (262 f.) m.w.N.; Baumbach-Albers, ZPO, § 13 GVG, Rz. 16; Dietz/Richardi, BPersVG, § 83 Rz. 5; Grunsky, ArbGG, § 2 Rz. 16 m.w.N.; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 12, 73; Rosenberg-Schwab, ZPO § 13 IV 1; Schaub, Formularsammlung, §82 II 8, S. 510. Zur umgekehrten Fragestellung (Prüfung arbeitsrechtlicher Voraussetzungen im verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren) vgl. BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (192 ff.).

. Kapitel

Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte Mißachtet der private Arbeitgeber die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte des Betriebsrats, so sieht das Betriebsverfassungsgesetz entsprechende Sanktionen vor, die dem Personalvertretungsrecht fehlen. Hauptstreitpunkt in der personalvertretungsrechtlichen Diskussion über die individuellen Rechtsfolgen kollektivrechtswidrig durchgeführter Einstellungen ist daher die Frage der Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte im Hinblick auf die hier fehlenden Aufhebungs- und Sanktionsvorschriften.

§ 15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand A. Im Betriebsverfassungsrecht L Betriebsverfassungsrechtliche Sanktionen Mißachtet der Arbeitgeber die beachtliche Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats, so gibt zunächst § 101 Satz 1 BetrVG dem Betriebsrat einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Aufhebung der betriebsverfassungswidrig durchgeführten Maßnahme. Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, beim Aibeitsgericht zu beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Eine entsprechende gerichtliche Entscheidung kann durch Festsetzung von Zwangsgeld vollstreckt werden 1 . Hat der Betriebsrat kein Interesse an der Aufhebung der Maßnahme, sondern will er nur die Verletzung seines Beteiligungsrechtes rügen und die

1 Zur vollstreckungsrechtlichen Fehlkonstruktion des § 101 BetrVG vgl. Matthes, DB 1989, 1295 (1289).

§15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand

159

künftige Beachtung sicherstellen, so kann der Betriebsrat nach § 23 Abs. 3 BetrVG dem Arbeitgeber unter Androhung von Ordnungsgeld untersagen lassen, zukünftig eine bestimmte Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats vorzunehmen, wenn das Verhalten des Arbeitgebers einen groben Verstoß i m Sinne dieser Vorschrift darstellt 2 . Der Betriebsrat kann auch in beiden Verfahren gleichzeitig gegen den Arbeitgeber vorgehen 3. Liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG nicht vor, insbesondere weil wegen einer noch nicht hinreichend geklärten Rechtslage nicht von einer groben Mißachtung durch den Arbeitgeber gesprochen werden kann, so bleibt dem Betriebsrat lediglich die Möglichkeit, für künftige Fälle eine gerichtliche Feststellung über die Verletzung des Beteiligungsrechts zu erreichen. Das Bundesarbeitsgericht bejaht in ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse für Anträge, mit denen bestimmte Rechte oder Pflichten der Betriebspartner gegeneinander festgestellt werden, sofern das Beteiligungsrecht bereits in der Vergangenheit streitig war und eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß es in künftigen Fällen wieder streitig werden wird 4 , das heißt, wenn die Streitfrage unter den Beteiligten bei künftigen Vorgängen und Maßnahmen gleicher Art wieder auftreten kann 5 . I L Bedeutung fur die individuelle Einstellung Stellt das Betriebsverfassungsgesetz neben § 23 Abs. 3 BetrVG eine ausdrückliche Aufhebungsvorschrift zur Verfügung, so ist im Bereich dieses Gesetzes klargestellt, daß die Mißachtung der Beteiligungskompetenzen des Betriebsrats nicht ohne Auswirkungen auf die Maßnahme bleiben soll. Anders als im Personalvertretungsrecht geht daher der Streit hier nicht darum, ob zur

2 Zu den damit verbundenen Probleme der ausreichenden Bestimmtheit des Antrags vgl. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, Β III 1 der Grilnde; 10.6.1986, BAGE 52, 160 (\65);Hönn, Anm. BAG 17.3.1987 (1 ABR65/85), SAE 1989,26 (27). 3 So nun mittlerweile das Bundesarbeitsgericht unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung, vgl. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, Β II der Gründe. Vgl. zu diesem Problem Fitti ng/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 5a ntw.N. und zur früheren Rechtsprechung Galperin/Löwisch, BetrVG, § 101 Rz. la. 4

BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (185fif.), bestätigt in BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu §23 BetrVG 1972, Β II 2a der Gründe. Ebenso BAG 1.2.1989, BAGE 61, 66 (75); 10.6.1986, BAGE 52, 160 (164). Vgl. dazu auch Etzel, BetrVR, Rz. 755 m.w.N.; Matthes, DB 1989, 1285 (1289). 5 Vgl. BAG 29.7.1982, BAGE 39,259 (264); enger BAG 10.4.1984, AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979, II 1 der Gründe. Zum ganzen Germelmann-Matthes, ArbGG, § 81 Rz. 23fif. und Schlünder, S. 167 f.

160

5. Kapitel: Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

Absicherung

der Betriebsrats-Beteiligung eine bestimmte Rechtsfolge

not-

w e n d i g ist, sondern vielmehr stellt sich hier die Frage, ob aus der gesetzlich bereits vorgesehenen Absicherung Schlußfolgerungen für die individualrechtlichen Folgen einer Kollektivrechtsverletzung gezogen werden können. D i e Frage nach der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des individuellen A r beitsvertrages stellt sich i m Rahmen des § 101 B e t r V G dahingehend, welcher Tatbestand v o m Arbeitgeber aufzuheben ist: die auf unwirksamem Arbeitsvertrag beruhende tatsächliche Beschäftigung, die tatsächliche Beschäftigung ohne Konsequenzen für den Arbeitsvertrag oder die Beseitigung des wirksamen Arbeitsvertrages i m Wege der K ü n d i g u n g m i t gleichzeitigem Wegfall der Beschäftigung 6 . D a m i t hat zwar das Betriebsverfassungsgesetz i n § 101 nicht deutlich gemacht, was i m Falle eines Kollektivrechtsverstoßes aufzuheben ist, es hat aber jedenfalls klargestellt, daß mindestens für die Zukunft die tatsächliche Beschäftigung des ohne Betriebsratsbeteiligung eingestellten Arbeitnehmers entfallen s o l l 7 . Erforderte der Kollektivschutz i m Betriebsverfassungsrecht - anders als i m Personalvertretungsrecht 8 - nicht die Erfassung des rechtlichen

6

Die Vorschrift des § 101 BetrVG wird zur Begründung aller drei Möglichkeiten herangezogen: § 101 BetrVG soll die Unwirksamkeit der Maßnahme voraussetzen, denn Ziel der Vorschrift sei es, die faktische Durchführung der Maßnahme trotz deren zivilrechtlicher Unwirksamkeit zu verhindern (Adomeit, DB 1971, 2360 (2361); Brauch, S. 120; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 64, 64a, § 101 Rz. 1 ; Konzen, S. 72 f.) und nur bei unwirksamem Arbeitsvertrag könne die Beschäftigung ohne weiteres aufgehoben werden (Meyer, BB 1982, 1614 (1615); ähnlich Brauch, S. 120); § 101 BetrVG soll Auswirkungen auf den Arbeitsvertrag nicht erfassen, denn es sei die Maßnahme selbst, nicht deren Folgen, die der Arbeitgeber aufzuheben habe (Schreiber, RdA 1987, 257 (259)), und eine unwirksame Maßnahme bedürfe nicht der Aufhebung (Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, §99 Rz. 6; Schlüter, DB 1972, 92 (96); Schreiber, RdA 1987, 257 (259); StegeWeinspack, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49; Ebenso v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (209), der allerdings bereits von einem reduzierten Einstellungsbegriff ausgeht); damit seien die Rechtsfolgen einer Beteiligungsrechtsverletzung abschließend und ausreichend geregelt (Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6; Schlochauer, Mitbestimmung, S. 228; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (209); Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 108; Matt hes, DB 1974, 2007; Stahlhacke, BIStSozArbR 1972, 51 (55); Stege-Weinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49); § 101 BetrVG setze eine wirksame Maßnahme voraus, denn das Verfahren werde mit einem Leistungs-, allenfalls noch mit einem Gestaltungsbeschluß abgeschlossen, so daß die betroffene Maßnahme entweder vom Arbeitgeber rückgängig zu machen sei oder mit Eintritt der Rechtskraft qua richterlicher Gestaltung rückgängig gemacht werde, wäre die Maßnahme unwirksam, so hätte das Gesetz einen Beschluß über die Feststellung der Unwirksamkeit vorsehen müssen (Schreiber, RdA 1987, 257 (259)); über § 101 BetrVG soll der Betriebsrat Auflösung des Arbeitsvertrages verlangen können, denn hierdurch werde das Mitbestimmungsrecht gesichert, dem bereits der Abschluß des Arbeitsvertrages unterliege (Meisel, S. 119; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 4c; Richardi, DB 1973,378 (430)). 7

Siehe auchMaul-Backer, S. 115.

8

Siehe oben § 8.

§15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand

161

Vertragsabschlusses, so ist als "Maßnahme" im Sinne von § 101 BetrVG die tatsächliche Beschäftigung aufzuheben 9, ist der Arbeitsvertrag einzubeziehen, so ist er entweder unwirksam, so daß zur Aufhebung nur die tatsächliche Beschäftigung bleibt, oder aber er ist wirksam und als "Maßnahme" nach § 101 BetrVG aufzuheben. Für die Frage der Absicherung des Mitbestimmungsrechts spielt es keine Rolle, welche zivilrechtlichen Auswirkungen die Kollektivrechtsverletzung hat 1 0 . Das Gesetz sieht die Absicherung vor, soweit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats reicht.

B. Im Personalvertretungsrecht L Gesetzliche Regelungen Anders stellt sich die Situation im öffentlichen Dienst dar 1 1 . Weder das Bundes- noch ein Landespersonalvertretungsgesetz 12 sehen solche Sicherungsvorschriften vor. Der diesbezügliche gerichtliche Rechtsschutz beschränkt sich darauf, in § 83 Abs. 1 Nr. 3 die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte über "Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Personalvertretungen" festzuschreiben. Bei dieser Vorschrift handelt es sich zwar um eine Generalklausel, die die Frage nach der Wahrung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungskompetenzen miterfaßt 13 , sie soll jedoch -jedenfalls im Bereich der Beteiligungsrechte - nur ein "objektiviertes Verfahren" zur Verfügung stellen, bei dem es nicht um die Durchsetzung von An-

9

Dafür die herrschende Meinung, BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4e der Gründe; Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 11; Heinze, Personalplanung, Rz. 200; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210); Lipke, DB 1980, 2239 (2242);Matthes, DB 1974,2007 (2008);Maul-Backer, S. 122. 10

So zutreffend Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2b. 11

will.

Grundsätzlich a.A Rixecker, Mitbestimmung, S. 74 ff, der § 101 BetrVG analog anwenden

12 Siehe jetzt aber § 58 Abs. 3 MBG Schl.-H.: Maßnahmen, die ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung durchgeführt worden sind, sind zurückzunehmen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen; ähnlich §§ 74 Abs. 1,67 Abs. 2 PersVG Rh.-Pf. Dazu unten § 16 Β I . Die letzte hessische Novelle hat mit § 111 Abs. 2 HPVG eine § 23 BetrVG ähnelnde Vorschrift eingeführt, die dem Personalrat bei groben Verstößen des Dienststellenleiters das Recht gibt, beim Verwaltungsgericht zu beantragen, dem Dienststellenleiter zur Sicherung der Rechte nach diesem Gesetz aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. 13 Allg. Ansicht, vgl. nur BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (252) Grabendorff, BPersVG, §83 Rz. 14; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §83 Rz. 22a; Dietz/Richardi, BPersVG, § 83 Rz. 24.

11 Hantl-Unthan

162

5. Kapitel : Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

Sprüchen gehe, sondern u m die K l ä r u n g u n d Feststellung v o n Zuständigkeiten, v o n personalvertretungsrechtlich festgelegten Befugnissen u n d P f l i c h t e n 1 4 . D i e Verwaltungsgerichte entscheiden daher nicht über die Rechtsfolgen einer M i ß a c h t u n g der Beteiligungsrechte, weder ordnen sie die Rückgängigmachung der Maßnahme an noch heben sie die Maßnahme a u f 1 5 . D i e praktische Rechtsprechung begnügt sich m i t einem Feststellungsbeschluß über die Rechtsverletzung 1 6 . Entsprechend großzügig w i r d v o n der Rechtsprechung das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses gehandhabt. Es entfallt nicht allein durch Erledigung des konkreten Streitfalles 1 7 , denn das objektive Ver-

14 Seit BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (252 f.) ständige und nahezu einhellige Rechtsprechung, vgl. BVerwG 25.8.1986, PersV 1987, 287 (288) m.w.N.; 4.4.1985, PersV 1987, 155; 15.12.1978 (6 Ρ 13.78), PersV 1980, 145 (147); 11.11.1977, PersV 1979, 150 (151); 24.10.1975, BVerwGE 49, 259 (265); 5.2.1971 (7 Ρ 16.70), BVerwGE 37, (173 ff), insoweit abgedruckt in PersV 1971, 269 (270); 17.1.1969, AP Nr. 4 zu §60 HPVG, Bl. 336R; VGH BW 26.11.1991, PersR 1992, 258 (259 f.); BayVGH 11.6.1986, PersR 1987, 64; 26.3.1986, PersR 1987, 42 f.; OVG NW 18.9.1984, ZBR 1985, 349 (350); BayVGH 19.10.1983, PersV 1985, 335 (336); VGH BW 11.1.1983, PersV 1985, 332 (333) m.w.N.; 6.7.1982, PereV 1985, 331 (332); HessVGH 3.12.1980, HessVG-Rspr. 1981, 59 (60); 3.11.1976, PereV 1978, 164 (165); 18.12.1974, PersV 1976, 344 (345 f.); 6.12.1972, PereV 1973, 240 f.; OVG Lübg. 14.5.1958, ZBR 1958, 289. Weitere Nachweise bei OVG SL 12.7.1989, PersR 1990, 15 f. und OVG Hmb. 2.5.1988, ZBR 1988, 324 (325). Vgl. auch schon BVerwG 8.8.1958, ZBR 1958, 323 und BVerwG 20.6.1958, BVerwGE 7, 140 (142), wo in anderem Zusammenhang ebenfalls der objektive Charakter des Verfahrens betont wird. A A lediglich die Beschlüsse VG München 2.1.1986, PersR 1987, 41 f. und VG Bremen 16.10.1985, PersR 1986, 37 f., jeweils gegen die Rechtsprechung der zweiten Instanz, vgl. BayVGH 26.3.1986, PersR 1987,42 f.; OVG Bremen 14.11.1985, PereV 1987,108. 15 Zur neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Personalvertretung einen gerichtlich durchsetzbaren "Anspruch verfahrensrechtlichen Inhalts" auf Einleitung oder Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens gewährt, BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297 (298), vgl. oben § 1 Β 13. 16 Die Versagung gerichtlich durchsetzbarer Ansprüche im Beschlußverfahren bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten ist nicht unbedenklich und zweifelsfrei (dagegen Altvater, BPereVG, § 83 Rz. 19, 46 f.; Arndt, LPVG BW, Rz. 7 vor §75; Außauser-Brunhöber, BayPVG, Art 70 Rz. 7; Fuchs/Richter, PersR 1986, 105; Germelmann, BlnPersVG, §79 Rz. 77; Gillengerten, Anm. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 351 f.; Hörter, Anm. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00603), PersR 1991, 421; Manstetten, Anm OVG NW 14.10.1991, PersR 1992, 72; Rixecker, Mitbestimmung, S. 69 ff; Sabottig, PersR 1986, 229 ff; Schelter, BayPVG, Art. 81 Rz. 18, 51; unklar Krieg, LPVG NW, § 79 Anm. 7: das Venvaltungsgericht könne eine gemäß § 85 Abs. 1 ArbGG vollstreckbare Verpflichtung des Dienststellenleiters zur Nachholung der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung aussprechen.). Es handelt sich hierbei jedoch um langjährige gefestigte Rechtsprechung, der sich die Lehre weitgehend angeschlossen hat (vgl. nur Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art 70 Rz. 151; Grabendorff, BPereVG, § 69 Rz. 43, § 83 Rz. 24, 38; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 41; Ruppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 2; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PereV 1982, 375 (376)), so daß sie hier als gegeben hinzunehmen ist und die Konsequenzen zu untersuchen sind, die sich aus dieser Rechtsprechung für die Frage der Absicherung von Mitbestimmungsrechten ergeben. 17 BVerwG 8.11.1989, PersR 1990, 102 (104) m.w.N., insoweit in BVerwGE 84, 58 ff. nicht abgedruckt; 24.3.1988, PereV 1989, 264; 15.2.1988, PereR 1988, 130; 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (274); 12.3.1986, BVerwGE 74, 100 (102 f.); 12.2.1986, PereV 1986, 327; 27.4.1983, PereV 1984, 322 (323); 28.4.1967, PereV 1967, 278; 13.3.1964, PereV 1964, 105 (106) m.w.N.; HessVGH

§ 15 Gesetzliche Regelungen und Streitstand

163

fahren soll vornehmlich darauf abzielen, den Frieden in der Dienststelle ohne Rücksicht auf einen konkreten Streit zwischen den Beteiligten wiederherzustellen oder durch Vermeidung gleicher Streitigkeiten in Zukunft zu erhalten 1 8 . Vielmehr entscheiden die Verwaltungsgerichte auch dann, wenn der konkrete Vorgang bereits abgeschlossen ist, er sich erfahrungsgemäß aber wiederholen w i r d 1 9 . I L Bedeutung fur die individuelle Einstellung - Streitstand Der Feststellungsbeschluß läßt Handlungsalternativen offen. Denkbar ist zunächst, daß sich im Personalvertretungsrecht die Verletzung von Beteiligungsrechten in ihrer gerichtlichen Feststellung erschöpft und lediglich für zukünftiges Handeln des Dienststellenleiters entsprechende Handlungsanweisungen erteilt werden 20 . Denkbar ist aber auch, daß aus der gerichtlichen Feststellung - auch ohne gerichtlich feststellbaren Anspruch des Personalrats 21 die rechtsstaatliche Verpflichtung des Dienststellenleiters folgt, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, abgesichert durch das öffentlich-rechtliche Instrument der Dienst- oder Rechtsaufsicht 22.

29.9.1971, PersV 1972, 306 (307); Grabendorff, zen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 48.

BPersVG, § 83 Rz. 38; L. Schmitt in Loren-

18 BVerwG 12.8.1988, BVerwGE 80, 50 (52 f.); 25.8.1986, PersV 1987, 287 (288) m.w.N.; 24.10.1975, BVerwGE 49, 259 (265); 17.1.1969, AP Nr. 4 zu § 60 HPVG, Bl. 336R; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 48. 19 Vgl. nur BVerwG 20.5.1992, PersR 1992, 405; 10.1.1991, PersV 1991, 280; 18.12.1990, PersV 1991, 276 m.w.N.; 8.11.1989, PersR 1990, 102 (104) m.w.N, insoweit in BVerwGE 84, 58 ff. nicht abgedruckt; 12.8.1988, BVerwGE 80, 50 (52 f.); 18.4.1986, PersV 1987, 257 (258) m.w.N.; 12.2.1986, PersV 1986, 327 m.w.N.; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 48. 20 Hiervon gehen offensichtlich aus: Altvater, BPersVG, § 83 Rz. 51; Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 263; Dannhäuser, Anm. BVerwG 20.6.1986, PersV 1987, 66 (68); ders., NZA 1989, 617 (626); ders., PersV 1991, 193 (194); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 5%;Ruppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 2; Söllner/Reinert, PersVR, S. 200; Widmaier, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), PersV 1982, 375 (376). 21 22

Vgl. BVerwG 29.10.1991, PersR 1992, 24 (25): "objektiv-rechtliche Verpflichtung".

So die herrschende Meinung, vgl. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4f der Gründe; BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (253); 17.1.1969, AP Nr. 4 zu §60 HPVG, Bl. 338; HessVGH 3.12.1980, HessVG-Rspr. 1981, 59 (60); 9.4.1980, PersV 1982, 378 (379); 5.12.1979, HessVG-Rspr. 1980, 24; 3.11.1976, PersV 1978, 164 (165); 18.12.1974, PersV 1976, 344 (346); VG Bln. 31.8.1973, PersV 1974, 210, Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 51 Fn. 146; ders., PersV 1978, 217 (221); BallerstedtEckinger, BayPVG, Art. 70 Rz. 6; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 65 (im Widerspruch zu Rz. 58); Gillengerten, Anm. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 351; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 43, § 83 Rz. 23; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79

164

5. Kapitel: Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

Der Streit um eine mögliche notwendige Absicherung der Beteiligungsrechte über die Unwirksamkeit der personellen Maßnahme hat seine Grundlage in einem dahingehenden unterschiedlichen Verständnis der Rechtsfolgen dieses Feststellungsbeschlusses. Wird diesem Feststellungsbeschluß lediglich eine "Warnfunktion" für die Zukunft beigemessen, so bliebe eine Außerachtlassung des Mitbestimmungsrechts bei der konkreten Maßnahme ohne Rechtsfolgen, was die Effektivität der Personalratsrechte zumindest in Frage stellen und eine Absicherung über die Unwirksamkeitsfolge gebieten könnte 2 3 . Führt der Feststellungsbeschluß im Hinblick auf die im öffentlichen Recht bestehende Gesetzesbindung der Verwaltung, begleitet von ihren dienstrechtlichen Sanktionsinstrumentarien, jedoch ebenfalls zur Aufhebung dieser Maßnahme, so könnte sich die Rechtslage wie im Betriebsverfassungsrecht darstellen, die Unwirksamkeitsfolge zur Absicherung der Beteiligungsrechte wäre dann nicht mehr begründbar 24 . Die Beantwortung der Frage, ob das Personalvertretungsrecht im Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht mangels Aufhebungsvorschrift zur Absicherung der Beteiligungsrechte die Unwirksamkeit der Maßnahme gebietet, erfordert daher zunächst eine Untersuchung über die Pflichten des Dienststellenleiters im Anschluß an die gerichtliche Beanstandung seines Vorgehens.

C. Zusammenfassung Das Personalvertretungsrecht kennt - anders als das Betriebsverfassungsgesetz - keine Aufhebungs- und Sanktionsvorschriften, so daß die Verwaltungsgerichte lediglich die Mißachtung von Beteiligungsrechten feststellen, nicht aber über deren Rechtsfolgen entscheiden. Kommt diesem Feststellungsbeschluß nur eine "Warnfunktion" für die Zukunft zu, so könnte sich die Absicherung von Beteiligungsrechten über die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Maßnahme gebieten. Folgt aus diesem Feststellungsbeschluß eine rechtsstaatlich begründete Aufhebungspflicht für den Dienststellenleiter, so wäre eine solche Absicherung nicht erforderlich, die Rechtslage entspräche dann insoweit der des Betriebsverfassungsrechts. und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter IV und V und wohl auch Maul-Backer, S. 60 Fn. 3. 23 So Ballerstedt-Schleicher, AZR 1241/79), PersV 1982,375 f.

BayPVG, Art. 75 Rz. 263; Widmaier,

Anm. BAG 2.7.1980 (5

24 Vgl. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4f der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 51 Fn. 146; ders., PersV 1978, 217 (221); Grabendorff, BPersVG, §69 Rz. 43, §83 Rz. 23; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter V.

§16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters Α. Die rechtsstaatlichen Pflichten der Behörde nach rechtswidrigem Handeln L Die Beachtung des Feststellungsbeschlusses durch den öffentlichen Arbeitgeber Unproblematisch ist zunächst, daß der öffentliche Arbeitgeber den gerichtlichen Feststellungsbeschluß respektieren muß und als Teil der vollziehenden Gewalt im Hinblick auf seine rechtsstaatliche Verpflichtung auch ohne Vollstreckungstenor in der Regel respektieren wird. Für die Behörde ergibt sich auch ohne ausdrücklichen Verpflichtungsausspruch aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens die Pflicht, nunmehr rechtmäßig zu handeln 1 . Angesichts der aufgezeigten Handlungsalternativen stellt sich jedoch die Frage, in welcher Weise dieses rechtmäßige Handeln zu erfolgen hat.

Π. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gehört zu den elementaren Verfassungsgrundsätzen und zu den Grundentscheidungen des Grundgesetzes 2. Der in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegte rechtsstaatliche Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung unterwirft diese dem Vorrang des Gesetzes, das heißt die Verwaltung hat die im Gesetz abstrakt getroffenen Entscheidungen zu beachten, sie darf keine Maßnahmen treffen, die einem Gesetz widersprechen 3. Gesetzesverstöße unterliegen der gerichtlichen Kontrolle, so daß nach gerichtlich festgestelltem Gesetzesverstoß die Verwaltung gehalten ist, dem Gesetz Geltung zu verschaffen. Grundsätzlich kann dem Gebot der Gesetzesbindung

1

Maunz mMaunz/Dürig, GG, Art. 33 Rz. 17 Fn. 7 m.w.N.

2

BVerfG 25.10.1966, BVerfGE 20, 323 (331); 16.1.1957, BVerfGE 6, 32 (41); 23.10.1951, BVerfGE 1,14 (18), LS 28; Hesse, Verfassungsrecht, Rz. 195; Klein in Schmidt=Bleibtreu, GG, Art 20 Rz. 9 m.w.N.; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 20 Rz. 627. 3

Herzog mMaunz/Dürig, GG, Art 20, VI Rz. 35; Stein, StaatsR, § 18 IV 1 S. 167.

166

5. Kapitel : Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

der Verwaltung daher die Forderung entnommen werden, rechtswidrige Behördenentscheidungen zu revidieren 4. HL Rechtssicherheit und Vertrauensschutz Rechtsstaatlichkeit heißt jedoch nicht nur materielle Gerechtigkeit, sondern auch Rechtssicherheit 5. Hier ist verfassungsmäßig verankert das Gebot des Vertrauensschutzes 6. Von Rechtsprechung und Lehre als weiterer materieller ungeschriebener Grundsatz mit Verfassungsrang im Bereich des hoheitlichen Verhaltungshandelns entwickelt, ist er wichtige Ausgestaltung des rechtsstaatlichen Grundsatzes, daß staatliches Handeln vorhersehbar und berechenbar sein muß 7 . Selbst wenn es sich um rechtswidrige behördliche Maßnahmen handelt, ändert der in Art. 20 Abs. 3 GG festgelegte Gesetzmäßigkeitsgrundsatz nichts daran, daß dem verfassungsrechtlichen Prinzip des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen ist. Erforderlich ist immer eine Abwägung zwischen dem auf Art. 20 Abs. 3 GG beruhenden Interesse an der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsmaßnahmen und dem Vertrauensschutz als Ausprägung des gleichrangigen allgemeinen Rechtsstaatsprinzips 8. Verdeutlicht wird dieses Zusammenspiel von rechtsstaatlicher Beseitigungspflicht und vertrauensschützender Bestandssicherung durch einen Blick auf Institute der Hoheitsverwaltung, die die Beseitigung rechtswidriger Maßnahmen regeln.

4 Dies übersieht Oetker, PersV 1987, 269 (272), der dem Dienststellenleiter lediglich das Recht zugesteht, die Maßnahme zu überprüfen und gegebenenfalls zurückzunehmen, eine Pflicht aber verneint. 5 BVerfG 9.8.1978, BVerfGE 49, 148 (164) m.w.N.; 11.2.1976, BVerfGE 41, 323 (326); 8.5.1973, BVerfGE 35, 41 (47); 26.2.1969,BVerfGE 25, 256 (290); 8.11.1967, BVerfGE 22, 322 (329); 25.10.1966, BVerfGE 20, 323 (331); 24.7.1957, BVerfGE 7, 89 (92); Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art 20 Rz. 641. 6 BVerfG 23.3.1971,, BVerfGE 30, 392 (403); 8.2.1977, BVerfGE 43, 242 (286); 26.9.1978, BVerfGE 49, 168 (185); 14.2.1979, BVerfGE 50, 244 (250); 16.12.1981, BVerfGE 59, 128 (164); Erichsen in Erichsen/Martens, § 16 Rz. 2; Hesse, Verfassungsrecht, Rz. 185; Leibholz/Rinck/Hesselberger, GG, Art. 20 Rz. 642. 7

23.

Herzog mMaunz/Dürig, GG, Art 20, VII Rz. 57, 62; Schnapp in v. Münch, GG, Art 20 Rz.

8 Herzog inMaunzföürig, GG, Art 20, VII Rz. 64; Wolff/Bachof, VerwR I, § 53 V c 4, S. 462 m.w.N. Der Vertrauensschutz als verfassungsmäßig verankerter Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist heute allgemein anerkannt Zur älteren Kritik vgl. insbesondere Forsthoff, VerwR I, § 12, S. 227 Fn. 6 und den Überblick bei Knack-Klappstein, VwVfG, § 48 Rz. 3.1ff. m.w.N.

§16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters

167

IV. Beispiele aus dem hoheitlichen Bereich 1. Rücknahme rechtwidriger Verwaltungsakte Besonders im Zusammenhang mit der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte hatte sich der Grundsatz herausgebildet, daß ein schutzwürdiges Vertrauen des Bürgers in die Rechtmäßigkeit und den Fortbestand eines ihn begünstigenden Hoheitsaktes dessen Beseitigung unzulässig machen kann, und zwar selbst dann, wenn sie nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit vorgeschrieben wäre 9 . Der Vertrauensschutz hat gesetzlichen Eingang gefunden in § 48 VwVfG, wonach die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte im Ermessen der Behörde steht 10 . Bei der Ausübung dieses Ermessens hat die Behörde unter Beachtung des möglichen Ausmaßes der Rücknahme die für und gegen eine Rücknahme sprechenden Gründe gegeneinander abzuwägen 11 . Sie hat dabei auf die allgemeinen Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der Respektierung grundrechtlich geschützter Positionen, des Vertrauensschutzes sowie der allgemeinen Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens zurückzugreifen 12 . Selbst wenn man die Berücksichtigung des Vertrauensschutzes auf die Rücknahme der in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Verwaltungsakte beschränkt 13 und die Ermessensbetätigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf die Berücksichtigung Meinzelne(r) Gesichtspunkte aus dem Vertrauensschutz" 14 reduziert oder in bestimmten Ausnahmefällen an der Grenze verfassungsrechtlicher Zulässigkeit mißt 1 5 , so ist doch im Grundsatz § 48 VwVfG

9 Herzog in Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII Rz. 64; Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rz. 18; Wolff7Bachof, VerwR I, § 53 V c 4, S. 462, jeweils m.w.N.; Maurer, JuS 1976, 485 (492) m.w.N. in Fn. 66. 10

Vgl. Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs,

11

Obermayer, VwVfG, § 48 Rz. 15.

12

Meyer in Meyer/Borgs,

VwVfG, § 48 Rz. 18 ff.

VwVfG, § 48 Rz. 43.

13

So Erichsen in Erichsen/Martens, § 16 Rz. 22, der jedoch selbst verfassungsrechtliche Bedenken äußert; Knack-Klappstein, VwVfG, §48 Rz. 5.6.3; Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rz. 134, jeweils m.w.N.; dagegen Achterberg, VwVfG, § 23 Rz. 71; Kopp, VwVfG, § 48 Rz. 34, 85 mit umfangreichen Nachweisen; Meyer in Meyer/Borgs, VwVfG, § 48 Rz. 52,64. Weitere Nachweise zum Streitstand bei Erichsen in Erichsen/Martens, § 16 Rz. 21. 14

So Knack-Klappstein,

15

So Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs,

VwVfG, § 48 Rz. 5.6.3. VwVfG, § 48 Rz. 137 m.w.N.

168

5. Kapitel: Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

als Konkretisierung des grundgesetzlichen Vertrauensschutz anerkannt 16 und wenigstens durch die Zubilligung eines finanziellen Ausgleichsanspruchs gemäß § 48 Abs. 3 VwVfG "kompensiert" 17 . Von besonderem Interesse sind hier die Verwaltungsakte mit Drittwirkung. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß neben der Belastung oder Begünstigung des Adressaten in rechtlich geschützte Interessen Dritter eingegriffen w i r d 1 8 . W i l l die Behörde einen solchen Akt zurücknehmen, so hat sie bei ihrer Ermessensausübung die Doppelwirkung zu berücksichtigen 19 . Unabhängig davon, ob der Adressat belastet und der Dritte begünstigt oder aber der Adressat begünstigt und der Dritte belastet wird, sind in die Ermessensentscheidung über die Rücknahme neben dem allgemeinen Interesse auf materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns die jeweils berührten Belange der Betroffenen einzubeziehen 20 . Selbst in den Fällen, in denen der belastete Dritte noch die Möglichkeit der rechtlichen Anfechtung hat, steht die Entscheidung über die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, §§ 50, 48 Abs. 1 S. 1 V w V f G 2 1 . 2. Öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch Neben dem gesetzlich geregelten Fall der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 VwVfG hat die Rechtsprechung für die Bereiche, in denen keine gesetzlich normierten Ansprüche bestehen, auf der Grundlage rechtsstaatlicher Handlungsverpflichtung ein System "öffentlich-rechtlicher Nachteilsausgleiche" entwickelt. Hierher gehört der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Folgenbeseitigung, der nach allgemeiner Auffassung in Betracht kommt, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert 22 . Er ist 16 Vgl. BVerfG 16.12.1981, BVerfGE 59, 128 (167, 169); SteUcensßachs kens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rz. 18. 17

Vgl. Erichsen in Erichsen/Martens,

18

Knack-Klappstein,

19

Meyer in Meyer/Borgs,

in Stel-

§ 16 Rz. 3.

VwVfG, § 50 Rz. 2.1; Obermayer, VwVfG, § 35 Rz. 160, § 13 Rz. 2. VwVfG, § 48 Rz. 47.

20

Obermayer, VwVfG, § 48 Rz. 16, 19. Vgl. jetzt auch die Neuregelung zum einstweiligen Rechtsschutz bei drittbegünstigenden oder -belastenden Verwaltungsakten in § 80a VwGO. 21 Ausgeschlossen bleiben nur die Sonderrechte nach § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG, vgl. Meyer in Meyer/Borgs, VwVfG, § 50 Rz. 3; Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 50 Rz. 41. 22 BVerwG 6.9.1988, BVerwGE 80, 178 (179); Achterberg, VerwR, § 25 Rz. 2 ff., S. 713 ff ; Wolff/Bachof, VerwR I, § 54 II a, S. 477 ff Jeweils m.w.N.

§ 16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters

169

grundsätzlich darauf gerichtet, die Folgen des rechtswidrigen Aktes zu beseitigen und den Zustand wieder herzustellen, der im Zeitpunkt des rechtswidrigen Eingriffs bestand 23 . Der Anspruch entfällt jedoch, soweit die Herstellung dieses Zustands unmöglich, unzulässig oder unzumutbar ist 2 4 . Insbesondere bei einer durch den rechtswidrigen Akt vorliegenden Begünstigung eines Dritten steht der Folgenbeseitigungsanspruch unter der Einschränkung des besonderen Vertrauensschutzes: Ausnahmsweise muß das Recht des Belasteten zurückstehen, wenn die Interessen eines in seinem Vertrauen schutzwürdigen Begünstigten überwiegen 25 . Der Belastete ist dann auf einen Entschädigungsanspruch verwiesen 26 .

B. Die Bedeutung des Vertrauensschutzes fur die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters L Aufhebungsverpflichtung und Interessenschutz Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bindet die Behörde in ihrer gesamten Betätigung, sowohl hoheitliches wie auch fiskalisches Handeln hat ihn zu beachten 27 . Mißachtet der Dienststellenleiter die dem Personalrat zustehenden Mitbestimmungsrechte, so hat er mit der gleichwohl vorgenommenen Einstellung eine objektiv rechtswidrige Maßnahme getroffen. Unzweifelhaft hätte er diese zu beseitigen, wenn es sich um eine ausschließlich den Arbeitnehmer belastende Maßnahme handeln würde und dieser gegen sie vorginge 28 . Dann sind 23 BVerwG 6.9.1988, BVerwGE 80, 178 (179); Achterberg, Wolff/Bachof, VerwR I, § 54 II f, S. 478; jeweils m.w.N. 24

Achterberg, VerwR, § 25 Rz. 13, S. 718; Wolff/Bachof,

VerwR, §25 Rz. 3, S. 714; VerwR I, § 54 II h, S. 479 f.

25 Wolff/Bachof, VerwR I, § 54 II h, S. 480. Dazu ausführlich Schenke, DVB1. 1990, 328fif., im Ergebnis ebenso S. 335 unter Bezugnahme auf das Übermaßverbot 26 Zur Rechtsgrundlage dieses Entschädigungsanspruchs vgl. Wolff/Bachof, b, S. 480 f. 27 28

Schnapp in v. Münch, GG, Art 20 Rz. 39 m.w.N.; Wolff/Bachof,

VerwR I, § 54 III a,

VerwR I, § 30 II a 3, S. 177.

Unstreitig, vgl. BVerwG 29.10.1991, PersR 1992, 24; 13.11.1986, BVerwGE 75, 138 (139 f.) zur beamtenrechtlichen Umsetzung; vgl. daneben BVerwG 12.3.1987, ZBR 1987, 286; 28.8.1986, PersV 1988, 355 (356); 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68, 189 (193); 24.11.1983 (2 C 27.82), BVerwGE 68, 197 (199); 1.12.1982, BVerwGE 66, 291 (294); BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 350 (351 ), Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 59; Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 99; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 41; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 58; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 40 m.w.N.

170

5. Kapitel: Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

sowohl die Interessen des Personalrats als auch die des einzelnen Arbeitnehmers auf die Beseitigung der Maßnahme gerichtet, dagegenstehende schützenswerte Interessen bestehen nicht 2 9 . Die unter Mißachtung von Personalvertretungsrechten durchgeführte Einstellung stellt neben ihrer objektiven Rechtswidrigkeit jedoch auf der einen Seite eine Art "Belastung" des Personalrats und der von ihm repräsentierten Beschäftigten dar, auf der anderen Seite ist sie für den Arbeitnehmer eine günstige Maßnahme. Auch wenn das Kollektiv nicht durch die Maßnahme selbst verletzt sein sollte 3 0 und die Begünstigung des Arbeitnehmers nicht in der Rechtsverletzung selbst liegt, so ist doch zu bedenken, daß eine Beeinträchtigung der Positionen des Personalrats ohne Berücksichtigung der Maßnahme selbst nicht möglich ist. Die "Genugtuung" kann für ihn nur durch Auswirkungen auf die Maßnahme erfolgen, wenn ein begründeter Widerspruch zur Einstellung nicht folgenlos bleiben soll. Ähnliches gilt für die Begünstigung des Arbeitnehmers. Es läßt sich zwar nicht mit Bestimmtheit feststellen, daß der Arbeitnehmer durch eine Mißachtung des Personalrats begünstigt würde; möglicherweise wirkt sich dessen Beteiligung neutral aus, wenn er keine Einwände geltend macht, oder aber auch positiv, wenn er sich für die Interessen des Bewerbers einsetzt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß dem Personalrat jedenfalls die Aufgabe kollektiver Interessenwahrnehmung zukommt 3 1 . Die kollektiven Interessen können im Einzelfall durchaus konträr zu den Interessen des einzelnen Bewerbers laufen. Der Personalrat kann der Einstellung seine Zustimmung zu Ungunsten des Bewerbers versagen, das Stufenverfahren kann zu einem anderen Ergebnis gelangen, als von Arbeitgeber und Bewerber gewollt. Damit beseitigt der Arbeitgeber durch die Ausschaltung des Personalrats ein mögliches Einstellungshindernis. Der Bewerber ist durch die Rechtsverletzung wenigstens insoweit unmittelbar begünstigt, als er sofort und unbefristet in den Genuß der ihn begünstigenden Maßnahme kommt, denn es besteht weder das Risiko des

29 Zur Ermessensreduzierung der Verwaltung bei der Rücknahme ausschließlich belastender rechtswidriger Verwaltungsakte vgl. Knack-Klappstein, VwVfG, §48 Rz. 5.6.1; Meyer in Meyer/Borgs, VwVfG, § 48 Rz. 48; Stelkens/Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rz. 54 ff. Zur Frage, ob sich die Behörde im Falle der Umsetzung darauf berufen kann, daß die Stelle bereits mit einem anderen Mitarbeiter besetzt wurde, vgl. BVerwG 13.11.1986, BVerwGE 75,138 (141). 30 So BVerwG 17.1.1969, AP Nr. 4 zu § 60 HPVG, Bl. 337R; 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (251); Fees , PersV 1975, 368 (369); Fischer/Goeres, BPersVG, §69 Rz. 41. Ähnlich BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 350. 31

Vgl. oben § 8 C I mit umfangreichen Nachweisen.

§ 16 Die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters

171

Einigungsverfahrens noch muß er sich mit einer vorläufigen Einstellung begnügen. Die Bindung der Behörde an Recht und Gesetz gebietet daher eine Beseitigung der Maßnahme "Einstellung'1 nur insoweit, als die Interessen des Arbeitnehmers auf Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht zu berücksichtigen sind oder aber hinter die Interessen des Personalrats auf Beachtung seiner Rechte und die Interessen der Allgemeinheit auf rechtmäßiges Verwaltungshandeln zurücktreten müssen. Die Frage, ob im Personalvertretungsrecht kraft verfassungsrechtlicher Bindung des Arbeitgebers auch ohne gesetzliche Fixierung eine Aufhebungspflicht rechtswidriger Maßnahmen besteht, ist daher anhand einer umfassenden Interessenuntersuchung zu klären. Die rechtsstaatliche Gesetzesbindung des öffentlichen Arbeitgebers M schreibt ,, einen Beseitigungstatbestand in das Personalvertretungsgesetz, der die Aufhebung der Maßnahme gebietet, "soweit die Berücksichtigung aller betroffenen Interessen dies erlaubt" 32 . Die in der Rechtsprechung mit Blick auf die verfassungsrechtliche Gesetzesbindung des öffentlichen Arbeitgebers zu findenden Aussagen, der Dienststellenleiter müsse die Verwaltungsgerichtsentscheidung respektieren und alles tun, um ihrer Verpflichtung Folge zu leisten 33 , der Dienststellenleiter habe den gesetzmäßigen Zustand herzustellen 34 oder, der Dienststellenleiter müsse die Maßnahme aufheben, wenn dies möglich sei 3 5 , erweisen sich damit als Leerformeln. Die Aufhebung der Maßnahme ist dem Dienststellenleiter nur insoweit möglich, als die Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen nicht zugunsten des Arbeitnehmers ausfallt, der gesetzmäßige Zustand ist auch dann hergestellt, wenn diese Interessenabwägung den weiteren Bestand der Maßnahme gebietet.

32 Insoweit enthalten die Regelungen in § 58 Abs. 3 MBG Schl.-H., §§ 67 Abs. 2, 74 Abs. 1 PersVG Rh.-Pf., die die Rücknahmepflicht beteiligungslos durchgeführter Maßnahmen vom Fehlen entgegenstehender Rechtsvorschriften abhängig machen, nur Klarstellungen. 33 So BVerwG 6.12.1963, BVerwGE 17, 250 (253); HessVGH 3.11.1976, PersV 1978, 164 (165); VG Bln. 31.8.1973 (VG 10.73 FK Bln.), PersV 1974, 210. 34 HessVGH 3.12.1980, HessVG-Rspr. 1981, 59 (60); 9.4.1980, PersV 1982, 378 (379); 5.12.1979, HessVG-Rspr. 1980, 24. 35 BVerwG 17.1.1969, AP Nr. 4 zu § 60 HPVG, Bl. 338; HessVGH 18.12.1974, PersV 1976, 344 (346); siehe auch Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 43 m.w.N.

172

5. Kapitel : Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

IL Die Rechtsfolgen der Verwaltungsgerichtsentscheidung bei ubergewichtigen Arbeitnehmerinteressen Ist als Ergebnis dieser Abwägung das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Bestand seines Arbeitsverhältnisses dem Interesse des Personalrats auf Mitbestimmung und dem öffentlichen Interesse auf gesetzmäßiges Verwaltungshandeln unterzuordnen, so hat der öffentliche Arbeitgeber die Maßnahme zu beseitigen. Wie im Betriebsverfassungsrecht ist dann auch hier zu überlegen, was zu beseitigen ist. Die Frage der Absicherung von Mitbestimmungsrechten über die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages stellt sich nicht mehr. Ergibt die Interessenabwägung jedoch ein Übergewicht für den Arbeitnehmer, das eine Aufhebung der Maßnahme verbietet, so erschöpft sich die Verwaltungsgerichtsentscheidung tatsächlich in einer Direktive für die Zukunft. Bei der konkreten, im Streit befindlichen Maßnahme erfolgt keine Berücksichtigung der Personalratsrechte mehr. Allenfalls ist die Nachholung des Beteiligungsverfahrens denkbar, dessen Ausgang für die konkrete Maßnahme jedoch ohne Bedeutung bleiben müßte. Die zur Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage offensichtlich vorzunehmende Interessenüberprüfung und -abwägung kann jedoch unterbleiben, wenn auch bei einem Übergewicht der Bewerberinteressen eine Absicherung der Personalratsrechte über die Unwirksamkeitsfolge nicht erfolgen dürfte.

IIL Absicherung der Personalratsrechte fiber die Unwirksamkeit des individuellen Arbeitsvertrages? Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, daß die Unwirksamkeit des Arbeitvertrages zur Absicherung von Beteiligungsrechten wegen fehlender Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters nur dann in Frage kommen kann, wenn das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Bestand seines Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen ist und die Abwägung zwischen diesem Interesse und dem Interesse des Personalrats auf Mitbestimmung sowie dem öffentlichen Interesse an gesetzmäßigem Verwaltungshandeln zu einem Übergewicht der Arbeitnehmerinteressen führt, dem auch anderweitig, zum Beispiel durch einen möglichen Schadensersatzanspruch, nicht Genüge geleistet werden könnte. Sind schützenswerte Interessen des Arbeitnehmers daher Voraussetzung dafür, daß sich überhaupt das Problem der notwendigen Absicherung von Personalratsrechten stellt, so kann diese Absicherung nicht in Form der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages erfolgen. Dies hieße, die gleichen Interessen hier unberücksichtigt zu lassen. Das Ergebnis der Bestandssicherung bei der Prüfung der rechtsstaatlichen Aufhebungsverpflichtung des Arbeit-

§16 Die Aufhebungsvepflichtung des Dienststellenleiters

173

nehmers fußt auf einer Abwägung aller betroffenen Interessen. Hier sind die Interessen des Personalrats auf "effektive Mitbestimmung" bereits zu berücksichtigen. Unterliegen sie den Interessen des Arbeitnehmers auf Bestandssicherung, so können sie nicht zur Bestandsvernichtimg bei anschließender "Absicherung" der Mitbestimmungsrechte führen. Entweder kann sich der Arbeitnehmer nicht auf Vertrauensschutz berufen, dann ist die Maßnahme zu beseitigen und die Unwirksamkeitsfolge jedenfalls zur Absicherung nicht nötig, oder aber der Arbeitnehmer genießt Vertrauensschutz, dann hat die Maßnahme soweit Bestand, wie dieser Vertrauensschutz reicht, jedenfalls kann sie nicht unwirksam sein. Das bei dieser Interessenabwägung gefundene Ergebnis ist dann "Präjudiz" für die Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters. Damit stellt sich im Hinblick auf die Aufhebung der Maßnahme die Rechtslage ähnlich dar wie im Betriebsverfassungsrecht, denn auch hier ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen, was aufzuheben ist. Das Personalvertretungsrecht unterscheidet sich an dieser Stelle allein insoweit vom Betriebsverfassungsrecht als hier das Ergebnis völlig entfallender Aufhebungspflicht möglich ist. Auch im Betriebsverfassungsrecht sind die vom Betriebsrat vertretenen kollektiven Interessen und entgegengerichtete Individualinteressen gegeneinander abzuwägen, wenn es darum geht, die Reichweite kollektiver Befugnisse festzustellen 36 und die damit verbundene Beeinträchtigung Dritter einzugrenzen 37 .

C. Zusammenfassung Der öffentliche Arbeitgeber ist gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Für ihn besteht daher grundsätzlich die rechtsstaatliche Pflicht, rechtwidrige Maßnahmen zu beseitigen. Eine solche Bereinigung kann zwar am vollständigsten durch die Rücknahme des das Recht verletzenden Aktes geschehen, die Reaktion der Rechtsordnung auf Rechtsverletzungen besteht jedoch keineswegs zwingend und ausnahmslos nur in der einfachen Umkehrung des Unrechtsaktes. Da der Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich ebenso verankert sind, ist diese Beseitigungspflicht eingeschränkt durch die Berücksichtigung der von der Maßnahme betroffenen anderweitigen Interessen. Führt die Interessenabwägung zum Bestand des Arbeitsverhältnisses und erschöpft sich die Verwaltungsgerichtsentscheidung in einer Direktive an den Dienststellen36 37

Vgl. dazu ausführlich Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (156 ff).

Zur Geltung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes im Betriebsverfassungsrecht vgl. Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 ff und unten § 18 Β II 2e cc).

174

5. Kapitel: Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

leiter für zukünftiges Handeln, so verbietet sich dennoch die Annahme der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zur Absicherung der Mitbestimmung. Andernfalls würde der Interessenschutz, der zum Bestand der Maßnahme geführt hat, im Nachhinein zur Absicherung der Mitbestimmung in sein Gegenteil verkehrt.

§ 17 Fehlende Zwangsmittel gegen den öffentlichen Arbeitgeber A. Fehlende Zwangsvollstreckung Da die Verwaltungsgerichte nur die Rechtsverletzung feststellen, kommt mangels vollstreckungsfahigen Anspruchs eine Zwangsvollstreckung in diesem Bereich nicht in Frage 1 . Man hilft sich hier mit dem Hinweis, eine solche sei gegen Behörden angesichts der Gesetzesbindung nicht notwendig, die Befolgung gerichtlicher Sprüche werde durch die Dienstaufsicht gewährleistet 2. Die in anderen öffentlich-rechtlichen Bereichen gesetzlich durchaus vorgesehenen Zwangsmaßnahmen gegen Behörden, beispielsweise in § 172 VwGO oder § 201 SGG 3 sowie die Unvergleichbarkeit von verwaltungsinterner Überwachung per Dienstaufsicht und unabhängiger gerichtlicher Kontrolle 4 mögen zu Zweifeln an dieser Aussage führen 5 . Die Anordnung einer bestimmten Rechtsfolge für den mitbestimmungswidrig geschlossenen Arbeitsvertrag kann die fehlende Zwangsvollstreckung jedoch nicht ersetzen. Unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag wirksam oder unwirksam ist, erfordert die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands ein Tun des Arbeitsgebers. Auch bei unwirksamem Arbeitsvertrag ist der Zustand erst dann beseitigt, wenn der mitbestimmungswidrig eingegliederte Arbeitnehmer wieder ausgegliedert wird, das heißt die tatsächliche Beschäftigung ein Ende findet. So muß auch im Betriebsverfassungsrecht der Betriebsrat in jedem Fall zu Zwangsmaßnahmen

1 Vgl. L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 94. Zur § 23 Abs. 3 BetrVG ähnelnden Regelung in § 111 Abs. 2 HPVG siehe bereits oben § 15 ΒI. 2 Vgl. BAG 2.5.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (10); 2.5.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4f der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 51 Fn. 146; Fees, PersV 1975, 368 (369); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §83 Rz. 94, 55 f.; Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter IV. 3

Rz. 1. 4 5

Vgl. dazu näher Eyermann/Fröhler,

VwGO, § 172 Rz. 1; Redeker/v.

Oertzen, VwGO, § 172

Vgl. dazu Kübel, PersV 1986, 129 (134) m.w.N.

Siehe auch VG Gelsenkirchen 4.11.1991, PersR 1992, 165, das Zwangsgeld gegen die Dienststelle verhängt zur Durchsetzung des vom Personalrat im Wege der einstweiligen Verfügung erlangten Anspruchs auf Fortsetzung des Stufenverfahrens.

176

5. Kapitel : Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

greifen, wenn der Arbeitgeber seiner Aufhebungsverpflichtung nach § 101 BetrVG nicht nachkommt, die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages allein nützt ihm nichts 6 . M i t der im öffentlichen Dienst fehlenden Zwangsvollstrekkung gegen den Arbeitgeber kann daher eine Unwirksamkeit des mitbestimmungswidrig abgeschlossenen Arbeitsvertrages nicht begründet werden.

B. Fehlende Sanktionierung? L Anwendungsbereich und Sicherungsfunktion des § 23 Abs. 3 BetrVG Neben der Aufhebungsvorschrift des § 101 verfügt das Betriebsverfassungsgesetz mit § 23 Abs. 3 über eine weitere Sanktionsvorschrift, die dem Personalvertretungsrecht fremd ist. Denkbar ist daher, daß eine rechtsstaatliche Aufhebungsverpflichtung des Dienststellenleiters zur Absicherung der Beteiligungsrechte nicht ausreicht und mangels weiterer Sanktionen eine bestimmte Rechtsfolge vorgegeben ist. Die Möglichkeit für den Betriebsrat, neben dem Aufhebungsanspruch aus §101 BetrVG noch einen Anspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG geltend zu machen, ergibt sich aus den unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Vorschriften. § 23 Abs. 3 BetrVG gibt dem Betriebsrat einen Anspruch auf künftige Beachtung seiner Beteiligungsrechte, während § 101 BetrVG die Beseitigung eines bereits eingetretenen mitbestimmungswidrigen Zustandes erfaßt 7. M i t § 23 Abs. 3 BetrVG soll verhindert werden, daß eine Maßnahme zukünftig mitbestimmungswidrig durchgeführt wird, während § 101 BetrVG die Folgen einer solchen bereits erfolgten Durchführung beseitigt 8 . Damit sanktioniert § 23 Abs. 3 BetrVG nicht die konkrete, mitbestimmungswidrig durchgeführte personelle Maßnahme, insoweit ist § 101 BetrVG Spezialvorschrift 9.

6

So zutreffend Mattes, DB 1974, 2007. Dazu bereits oben § 11 C.

7

BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, Β II 2 der Gründe m.w.N.; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 5a; Hönn, Anm. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), SAE 1989, 26 f.; v. Hoyningen-Huene, Anm. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, unter 2a. 8 V. Hoyningen-Huene, Anm. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, unter 2a. 9 BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, Β II 2 der Gründe m.w.N.; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 5a; v. Hoyningen-Huene, Anm. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, unter 2a.

§17 Fehlende Zwangsmittel gegen den öffentlichen Arbeitgeber

177

IL Ersatz der Sicherungsfunktion des § 23 Abs. 3 BetrVG durch Unwirksamkeit der Maßnahme? Da § 23 Abs. 3 BetrVG die konkrete, im Streit befindliche und bereits durchgeführte Maßnahme nicht erfaßt, erhält der Personalrat insoweit durch das Personalvertretungsrecht nicht weniger Rechte als der Betriebsrat durch § 23 Abs. 3 BetrVG. Im Hinblick auf die auf die Zukunft ausgerichtete Sicherungsfunktion des § 23 Abs. 3 BetrVG ist für das Personalvertretungsrecht zu berücksichtigen, daß dem Personalrat Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die das Betriebsverfassungsrecht nicht kennt. Zum einen kann der Personalrat die dienstrechtliche Ahndung eines rechtswidrigen Verhaltens des Dienststellenleiters im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde erreichen. Gemäß § 38 Abs. 1 BRRG trägt dieser als Beamter die "volle persönliche Verantwortung" für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen. Verletzt er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten, so begeht er ein Dienstvergehen, § 45 BRRG, das disziplinarrechtlicher Verfolgung unterliegt, § 2 Abs. 1 Satz BDO. Eine solche disziplinarrechtliche Verfolgung kann von jedermann durch Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde bei der übergeordneten Behörde angeregt werden 1 0 . Kraft verfassungsrechtlichen Petitionsrechts, Art. 17 GG, wird die Aufsichtsbehörde dadurch verpflichtet, sich mit der Beschwerde zu befassen und sie zu bescheiden11. Das dienstrechtliche Einschreiten der Aufsichtsbehörde setzt zwar ein Verschulden des Dienststellenleiters voraus, was angesichts der eingangs 12 aufgezeigten Schwierigkeiten regelmäßig nicht nachzuweisen sein w i r d 1 3 , aber auch ein Anspruch des Betriebsrats nach § 23 Abs. 3 BetrVG erfordert einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten. Auch wenn der grobe Pflichtenverstoß nach § 23 Abs. 3 BetrVG kein Verschulden erfordert 14 , so wird in der Regel ein dem Arbeitgeber zurechenbarer grober Pflichtenverstoß nur vorliegen, wenn er vorsätzlich oder

10

Vgl. Wolff/Bachof,

VerwR III, § 161 Rz. 8.

11

Vgl. Wolff/Bachof,

VerwR III, § 161 Rz. 8.

12

Siehe hierzu oben § 1 B.

Zur generell nachlassenden Bedeutung der Dienstaufsichtsbeschwerde vgl. Wagener, WDStRL 37 (1979), 215 (225) m.w.N. 14 Vgl. Fitting/Auffarth, chen Nachweisen.

12 Hantl-Unthan

BetrVG, § 23 Rz. 48; Wiese, GK-BetrVG, § 23 Rz. 136 mit umfangrei-

178

5. Kapitel : Sicherung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte

grob fahrlässig gehandelt hat 1 5 , dies insbesondere im Hinblick darauf, daß zur künftigen Sicherstellung der Mitbestimmung nicht das konkrete, mitbestimmungswidrige Verhalten sanktioniert wird, sondern einem gleichen zukünftigen Verhalten vorgebeugt werden soll 1 6 . Neben der Dienstaufsichtsbeschwerde kann der Personalrat im Rahmen seines Petitionsrechts eine rechtliche Überprüfung des Verwaltungshandelns durch die zur Rechtsaufsicht berufene Behörde erreichen 17 . Auch wenn diese formlosen Rechtsbehelfe als Petitionen nach Art. 17 GG mit einem gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch nicht vergleichbar sind, so führen sie doch zu der Erkenntnis, daß auch das Personalvertretungsrecht Sanktionen kennt, die in ihrer Zielrichtung denen der Betriebsverfassung entsprechen 18. So wird § 23 Abs. 3 BetrVG vereinzelt als "disziplinarrechtlich ausgestaltetes Zwangsverfahren" bezeichnet 19 . Die für Zwangsmaßnahmen nach § 23 Abs. 3 BetrVG erforderlichen Voraussetzungen sind solche Umstände, die auch im Personalvertretungsrecht eine Aufsichtsbehörde zum Einschreiten zwingen würden. Damit rechtfertigt das Fehlen einer § 23 Abs. 3 BetrVG entsprechenden Sanktionsnorm im Personalvertretungsrecht keine anderweitige Absicherung von Mitbestimmungsrechten, beispielsweise über die Anordnung der Unwirksamkeitsfolge für einen mitbestimmungswidrig abgeschlossenen Arbeitsvertrag.

15

Wiese, GK-BetrVG, § 23 Rz. 136.

16

Beispielsweise der Einstellung von Aushilfskräften für nur kurze Zeit, vgl. BAG 17.3.1987 (1 ABR 65/85), AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 5a. 17 Da es im Rahmen des Art. 17 GG nicht erforderliche ist, eigene Rechte geltend zu machen, steht auch der Personal Vertretung das Petitionsrecht zu, vgl. Dürig in Maunz/Dürig, GG, Art 17 Rz. 31 m.w.N. 18 Vgl. auch Rüthers in Rüthers/Bolät, S. 29: In der Betriebsverfassung fehlen dem öffentlichen Leben vergleichbare Kontrollinstanzen wie demokratische Überwachungsinstanz, Kontrolle durch Gewaltentrennung, Einflußmöglichkeit der öffentlichen Meinung mittels Presse. - Zur geringen praktischen Relevanz der Rechtsdurchsetzung nach § 23 Abs. 3 BetrVG vgl. die Umfrage der IG Metall, abgedruckt in ArbuR 1983, 305. Zweifel an der Wirksamkeit behördlicher Aufsichtsbefugnisse bei BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991, 350 (351) und Gillengerten, Anm. BayVGH 5.6.1991 (18 Ρ 91.00944), PersR 1991,351. 19

BAG 5.12.1978, AP Nr. 4 zu § 101 BetrVG 1972, II 3 der Gründe; Kittner, 5.12.1978, AP Nr. 4 zu § 101 BetrVG 1972, Bl. 1127.

Anm. BAG

§ 17 Fehlende Zwangsmittel gegen den öffentlichen Arbeitgeber

179

C. Zusammenfassung Die im Personalvertretungsrecht fehlende Zwangsvollstreckung gegen den Arbeitgeber kann die Unwirksamkeit des kollektivrechtswidrigen Arbeitsvertrages nicht begründen. Die Unwirksamkeit kann die fehlende Zwangsvollstreckung nicht ersetzen, denn sie alleine führt noch nicht zur Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte. Der Mangel anderweitiger Sanktionsvorschriften, wie sie das Betriebsverfassungsgesetz mit § 23 Abs. 3 kennt, wird im Personalvertretungsrecht durch die dort bestehenden öffentlich-rechtlichen Aufsichtsinstrumente kompensiert.

. Kapitel

Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung § 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen A. Der Zweck des Bundespersonalvertretungsgesetzes Ausgehend von der Überlegung, daß einer gesetzlichen Regelung ein bestimmtes rechtspolitisches Modell einer Steuerung sozialer Prozesse zugrundeliegt, das heißt, daß der Gesetzgeber bestimmte Zwecke erreichen will, wenn er bestimmte Verhaltensweisen verbindlich vorschreibt 1 , gilt es, zum Erfassen des inhaltlichen Gehaltes dieser Regelung diese Zwecke zu erkennen. Während der ursprüngliche Regierungsentwurf zum Personalvertretungsgesetz 19552 noch eine allgemeine Aussage über Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts enthielt, nämlich die Beteiligung der Bediensteten an den sie berührenden Angelegenheiten3, um die Wahrnehmung der Interessen der Bediensteten gegenüber der Dienststelle sicherzustellen 4, so ist eine solche Bestimmung im Bundespersonalvertretungsgesetz nicht zu finden. Das Bundesverfassungsgericht hat den Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts dahingehend umschrieben, der Gesamtheit der Beschäftigten über die von ihnen zu bildenden Vertretungsorgane eine Möglichkeit einzuräumen zur Einflußnahme auf die sie betreffenden innerdienstlichen Entscheidungen unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grenzen 5.

1

Vgl. Zippelius, § 10 II, S. 46.

2

Entwurf eines Gesetzes über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 4.7.1952, BTDrucks. 1/3552. 3

§ 1 Abs. 1 des Regierungsentwurfes.

4

§ 55 Abs. 1 Satz 2 des Regierungsentwurfes.

5

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 664/65), BVerfGE 28, 295 (308); BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322). Vgl. auch BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (86 f.).

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

181

Da die Zweckverwirklichung der Erhaltung oder Gewinnung bestimmter Güter dient und die hierauf gerichteten Interessen oder Bedürfnisse befriedigen soll, ist es erforderlich, eine möglichst umfassende Übersicht über die Güter zu gewinnen, auf die sich die erwogene Entscheidung einerseits positiv, andererseits negativ auswirken kann 6 . Bereits die Untersuchung zur rechtsstaatlichen Aufhebungsverpflichtung hat verdeutlicht, daß es letztlich auf die Herausarbeitung und Bewertung der von der kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung berührten Interessen ankommt 7 . Es ist daher im folgenden zunächst die Rechtsstellung der einzelnen, von dieser Maßnahme Betroffenen herauszuarbeiten, um sodann auf dieser Grundlage unter den möglichen Entscheidungsalternativen auszuwählen. B . Die rechtliche Stellung des Personalrats L Die verfassungsrechtliche Stellung des Personalrats Zu untersuchen ist zunächst, ob die Verfassung ein Mindestmaß an personalvertretungsrechtlicher Beteiligung erfordert, das die hier zu entwickelnde Lösung zu beachten hat. Da das Grundgesetz zum Personalvertretungsrecht schweigt, gibt es keinen ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Auftrag zur Schaffung von räteartigen Interessenvertretungen 8. Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit kann sich daher nur aus einzelnen Verfassungsprinzipien oder deren Zusammenspiel mit anderen Verfassungsbestimmungen ergeben 9. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang offengelassen, ob der Gesetzgeber durch das Sozialstaatsprinzip oder die Grundrechte verpflichtet wird, für den Bereich des öffentlichen Dienstes Beteiligungsrechte zu schaffen 10 . Als verfassungsrechtliche Grundlage der vom Gesetzgeber vorgesehenen personalvertretungsrechtlichen Beteiligung wird jedenfalls neben den Grundrechten der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG auf das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verwiesen 11 .

6 Zippelius, § 10 V, S. 54. Ebenso Lecheler, PersV 1981, 1, für die Frage, welchen der bei der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung berührten Interessen der Vorrang gebührt 7

Siehe oben § 16.

8

BVerfG 27.3. 1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (58).

9

Schenke, JZ 1991, 581 (582).

10

BVerfG 27.3. 1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (56).

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

182

Sollte das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber veranlaßt haben, personalvertretungsrechtliche Regelungen zu schaffen, beispielsweise in Wahrnehmung einer hieraus abgeleiteten Schutzpflicht 12 , so ist dennoch das sich daraus ergebende verfassungsrechtliche Gewicht gering. Die personalvertretungsrechtliche Beteiligung stellt dann eine Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips dar, um eine sozial verträgliche Arbeitssituation zu schaffen 13 . Institutionell wird sie dann zwar verfassungsrechtlich abgesichert, die Ausgestaltung personalvertretungsrechtlicher Normen wird vom Sozialstaatsprinzip jedoch nicht "ferngesteuert" 14. Die Weite und Unbestimmtheit dieses Verfassungsgebotes gibt nur eine allgemeine Handlungsanweisung an den Gesetzgeber, die Lebensverhältnisse unter Berücksichtigung sozialer Prinzipien auszugestalten, enthält aber keine konkreten Anweisungen an den Gesetzgeber 15. Auch wenn dem Sozialstaatsprinzip eine Mitsprache der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mehr entsprechen sollte, als daß sie ihr zuwiderliefe, so ergibt sich daraus keine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einem bestimmten Verfahren oder zu einem Mindestinhalt der Beteiligung 16 .

11 BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (58); Becker, RiA 1988, 1 (2); ähnlich Kisker, PereV 1985, 137 (140 f.); Kübel, PereV 1986, 129 (132); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1081 f.). Siehe auch BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (61, 63) zur Grundlage des Sozialstaatsprinzips. Zum Streit darüber, ob Art 5 Abs. 1 GG ebenfalls heranzuziehen ist, vgl. Battis , PereV 1987, 394 (396). 12

So Ehlers, JZ 1987, 218 (220).

13

BVerfG 26.5.1970, BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979, BVerfGE 51, 43 (58); BVerwG 18.3.1981, BVerwGE 62, 55 (61, 63); Battis , PereV 1987, 394 (396); ders., 8. Dtscher VerwRichtertag, S. 159; Becker, RiA 1988, 1 (3); Kübel, Pereonalmaßnahmen, S. 157; ders., PereV 1986, 129 (132) m.w.N., Mei nel, S. 181; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPereVG, § 1 Rz. 9; Söllner/Reinert, S. 23. 14 So Battis, 8. Dtscher VerwRichtertag, S. 159. Im Ergebnis ebenso HessStGH 30.4.1986, PereV 1986, 227 (236); Battis, PereV 1987, 394 (396); Becker, RiA 1988, 1 (4); Klein, PereV 1990, 45 (53); Lecheler, NJW 1986,1079 (1081); Schenke, JZ 1991, 581 (582). 15 BVerfG 16.4.1985, BVerfGE 69, 272 (314); 13.1.1982, BVerfGE 59, 231 (263) m.w.N.; Kübel, PereV 1986, 129 (132); Ossenbühl, Grenzen, S. 34 f.; Stern, Staatsrecht I, § 21 I 4d, S. 887 m.w.N., § 21 III, S. 914 ff; Zacher in Isensee/Kirchhof, Staatsrecht I, § 25 Rz. 107, S. 1045 (1109). 16

BVerfG 27.3. 1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (58) und zum BetrVR 6.11.1979, BVerfGE 52, 283 (298); Battis, PereV 1987, 394 (396); Damkowski, RiA 1975, 1 (3, 7); Klein, PereV 1990, 49 (53); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1081); Ossenbühl, Grenzen, S. 35; WolffTBachof/Stober, VerwR II, § 108 11 Rz. 1. Vgl. auch Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rz. 129, 237 m.w.N. zur Betriebsverfassung. A A Altvater/ Wende ling =Schröder, RiA 1984, 73 (76), die aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen des Pereonalvertretungsrechts fälschlicherweise ein Gebot zur Interessenvertretung ableiten.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

183

Darüber hinaus nimmt der Personalrat weder "gesammelt" die Grundrechte der Beschäftigten wahr noch stehen seinen einzelnen Mitgliedern selbst Grundrechte zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Seite; die Personalvertretung ist weder eine individuelle noch eine kollektive Form der Ausübung von Grundrechten 17 . Gibt das Sozialstaatsprinzip daher - ebenso wie die Grundrechte - kein verfassungsrechtliches Gebot hinsichtlich der Gestaltung personalvertretungsrechtlicher Beteiligung, so gibt es auch keine verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Frage, wie weit die Beteiligungsrechte reichen müssen, und damit, welche Auswirkungen ihre Mißachtung durch den Dienststellenleiter haben muß 1 8 . Nach Schenke erfordert der Gleichheitssatz, Personalvertretungen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einzurichten. Da Beamtenvertretungen im Hinblick auf Art. 130 Abs. 3 WRV zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählten und den Arbeitnehmern der Privatwirtschaft durch die Betriebsräte eine Interessenvertretung zur Seite gestellt werde, sei es mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, wenn die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes über keine Personalvertretungen verfügen könnten 19 . Nähere Aussagen über den Umfang und die konkrete Ausgestaltung der Personalvertretungen sollen sich daraus aber ebenfalls nicht ergeben 20 . Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung sind für die Frage der Rechtsfolgen eines Kollektivrechtsverstoßes bei der Einstellung ohne Bedeutung.

17 BVerfG 31.8.1976, ArbuR 1977, 347; 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); Battis , PersV 1987, 394 (395); Becker, RiA 1988, 1 (3); Ossenbühl, Grenzen, S. 30. Vgl. auch HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (336); Battis , PersV 1987, 394 (395). Dazu auch noch unten § 19 D II 4f.

18 Zu dem Versuch, die Personalvertretungen als durch das Demokratieprinzip anzusehen, vgl. Schenke, JZ 1991, 581 (582). 19 Schenke, JZ 1991, 581 (583). 20

Schenke, JZ 1991, 581 (583).

gefordert

184

6. Kapitel: Kollekivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Π. Die Aufgaben des Personalrats 1. Repräsentation und Interessenvertretung Nach allgemeiner Ansicht ist es Aufgabe der Personalvertretung, die innerdienstlichen Interessen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten durch Teilhabe an den sie betreffenden Entscheidungen der Verwaltung zu wahren, um zu verhindern, daß schutzwürdige Interessen der Beschäftigten bei diesen Entscheidungen unberücksichtigt bleiben 21 . Diese "Interessenvertretung" wird als eine repräsentative angesehen: Die Personalvertretung wird als Repräsentant der Beschäftigten verstanden, um deren Interessen bei den sie berührenden dienststelleninternen Vorgängen gegenüber dem Dienststellenleiter zu vertreten 22 . Soweit die Personalvertretung unter Berufung auf dieses Repräsentationsprinzip damit ausdrücklich aus dem "Bereich der Interessenvertretung" ausgeklammert w i r d 2 3 , kann dies im Hinblick auf verfassungsrechtliche Formprinzipien 24 nur insoweit überzeugen, als damit der Zusammenschluß der Beschäftigten nicht als juristische Person oder Rechtsgemeinschaft im rechtlichen Sinne vertreten wird, sondern der "politisch-ideellen Einheit", der nur "soziologisch bestehenden Gemeinschaft" Rechte zugeordnet werden, die ein "Repräsentant" für sie wahrnimmt 2 5 . Bedeutet "Repräsentieren" Handeln für andere, anstelle anderer 26 , so ist die Repräsentation von der Vertretung im privatrechtlichen Sinne zu unterscheiden 2 7 . Wird in der verfassungsrechtlichen Diskussion um das Formprinzip der

21 BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 664/65), BVerfGE 28, 295 (308); BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 2; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 3; Fischer, ZBR 1979,322 (324) m.w.N. 22

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53), Becker, RiA 1988, 1 (2); Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 52; Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 34; Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 6; Lecheler, NJW 1986, 1079 (1080); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 3, 76; Schelter, RdA 1977, 349 (353); L. Schmitt, BayVBl. 1985, 7 (9); Thiele, PersV 1990,99 (101). 23 Dietz/Richardi, RiA 1988, 1 (3). 24

So Dietz/Richardi,

BPersVG, § 1 Rz. 52; Lecheler,

NJW 1986, 1079 (1082); Becker,

BPersVG, § 1 Rz. 52. Ähnlich Rixecker, Mitbestimmung, S. 167 f.

25

Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 52 f. Zu diesem "Wesen der Repräsentation" im Gegensatz zur Interessenvertretung vgl. Dagtoglou, S. 43; Leibholz, S. 26; C. Schmitt, S. 209, auf die sich Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 52, bezieht. 26

Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5, S. 961.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

185

Repräsentation Bedacht darauf genommen, dieses von der Interessenvertretung abzugrenzen und wird es abgelehnt, eine "Interessenrepräsentation" i m Sinne der Repräsentation partikularer Interessen anzuerkennen, weil die Repräsentation auf der persönlichen Einheit des ganzen Volkes und der sachlichen Einheit aller Interessen im Sinne des Allgemeininteresses beruhe 28 , so darf nicht verkannt werden, daß dieser Begriff entwickelt wurde, um das Verhältnis des Volkes zum Parlament zu beschreiben 29. M i t der verfassungsrechtlichen Repräsentation soll die Herrschaft des Volkes in seiner Gesamtheit verwirklicht werden 30 . I m Personalvertretungsrecht geht es gerade nicht um die "Herrschaft" der Bediensteten 31 , sondern um die Beteiligung der Beschäftigten an den Regelungen des Dienstes und der Vertretung der Interessen dieser Beschäftigten, soweit sie von der Tätigkeit in der Dienststelle berührt werden 3 2 . Zur Verwirklichung dieser Aufgaben sind den Personalvertretungen Rechte und Pflichten gesetzlich zugewiesen. Da diese Rechte nicht um ihrer selbst willen bestehen, müssen sie sich an den Interessen der "Repräsentierten" orientieren, das heißt die Interessen der Repräsentierten werden durch diese Rechte wahrgenommen. Der Begriff der Repräsentation im verfassungsrechtlichen Sinne paßt daher auf die Personalvertretungen nur sehr begrenzt 33 . Hier wie dort wird eine juristisch als solche nicht existente Gemeinschaft "verkörpert", die ihren "Repräsentanten" durch Wahl bestimmt und mit einem freien Mandat versieht 34 . Anders als in der verfassungsrechtlichen Repräsentation geht es i m

27

Vgl. Dagtoglou, s. 43; Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5, S. 961.

28 Dagtoglou, S. 45; Leibholz, S. 183; C. Schmitt, S. 212. Ähnlich Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5, S. 961 f. 29 Hesse, Verfassungsrecht, Rz. 574 Fn. 2. Vgl. auch Dagtoglou, S. 45; Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5 S. 961 f. Im übrigen ist das Formprinzip der Repräsentation in der verfassungsrechtlichen Diskussion keineswegs unumstritten, zu den Theorien und zur Kritik der Repräsentation vgl. Hofmann/Dreier, Rz. 8 ff. 30

Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5, S. 962.

31

Bedenklich daher Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 34, der die Personalvertretung als "das Parlament der dienststellen-intemen Personalverfassung" bezeichnet 32

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53); insoweit allg. Meinung. 33 Ebenso für den Betriebsrat Hess in Hess/Schlochauer/Glaubitz, auch Heinze, ZfA 1988, 53 (58).

BetrVG, § 1 Rz. 34 und wohl

34 Zum freien Mandat der Personalvertretungen vgl. Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 37; zum freien Mandat als Element der Repräsentation vgl. Dagtoglou, S. 43; Stern, Staatsrecht I, § 22 II 5 S.

186

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Personalvertretungsrecht jedoch darum, die Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstherrn zu wahren, daran hat auch die herrschende Meinung im Personalvertretungsrecht nie gezweifelt 35 . Ausgangspunkt der personalvertretungsrechtlichen Aufgabenumschreibung ist also eine "Interessenrepräsentation", die für das verfassungsrechtliche Formprinzip der Repräsentation gerade abgelehnt w i r d 3 6 . Der Begriff der Repräsentation ist daher nicht geeignet, um daraus eine Aufgabenbeschreibung und -begrenzung vorzunehmen 37 . 2. Kollektiv- und Individualinteressenschutz a) Die Vertretung kollektiver Interessen Schließt also der Gedanke der Repräsentation der Beschäftigten durch den Personalrat Interessenvertretung nicht aus, und ist der Personalrat jedenfalls Repräsentant der Gemeinschaft der Beschäftigten, so steht die Wahrnehmung kollektiver Interessen außer Frage 38 . Darf auf den individuellen Arbeitsvertrag auch dann zurückgegriffen werden, wenn das Mitbestimmungsrecht allein kollektivrechtlich ausgestaltet ist, weil der Schutz kollektiver Interessen Aus-

963. Siehe auch Hofmann/Dreier, Rz. 26 und Rz. 28 zur Bedeutung der Wahl. Grdsl. a. A Rixecker, Mitbestimmung, S. 168 und wohl auch Kippeis, S. 96, die aus dem freien Mandat auf eine Vergleichbarkeit von repräsentativer Demokratie im staatsrechtlichen Sinne und der Personalvertretung schließt 35 Besonders deutlich Battis , PersV 1987, 394 (396): Personalrat "als Sachwalter der gebündelten Individualinteressen der durch ihn repräsentierten Beschäftigten". Siehe im übrigen BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (87); 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 6.4.1989, ZBR 1990, 19 (20); 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53); 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (62); 13.2.1979 (6 Ρ 48. 78), BVerwGE 57, 280 (282); OVG SL 23.12.1986, RiA 1987, 95 (96); OVG Lübg., 5.11.1974, ZBR 1975, 155 (156); Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 33 m.w.N.; Hecker, Pflichtwidriges Handeln, S. 36 ff. m.w.N.; Kisker, PersV 1985, 137 (139); Kübel, PersV 1986, 129 (130); Thiele, PersV 1980, 41 (44); Widmaier, PersV 1978, 299 (300). Zum BetrVR: Kraft, GK-BetrVG, § 1 Rz. 42; Wiese, RdA 1973, 1 (3); Zur Zweckverfolgung in der Repräsentation vgl. Leibholz, S. 39 f., zu den Gemeinsamkeiten zwischen betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretung und staatsrechtlicher Repräsentation vgl. Kraft, GK-BetrVG, § 1 Rz. 42 f. 36

Vgl. Dagtoglou, S. 45; ähnlich Leibholz, S. 183; C. Schmitt, S. 212.

37

Ebenso für das BetrVG Zöllner/Loritz, ArbR, § 45 III 1, S. 462 f. und mit Einschränkungen auch Kraft in GK-BetrVG, § 1 Rz. 42. Auf die Inhaltslosigkeit der Begriffsbestimmungen für die Rechtsstellung des Betriebsrats weist ebenfalls Heinze, ZfA 1988, 53 (55) hin. 38

§8.

Siehe bereits oben § 8 C I mit umfangreichen Nachweisen. Zum Inhalt dieser Interessen oben

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

187

Wirkungen auf der individuellen Ebene gebieten kann 3 9 , so stellt sich nunmehr die Frage, in welchem Rahmen das Personalvertretungsrecht Individualinteressen miterfaßt und deren Berücksichtigung bei der Interessenwahrnehmung gebietet. b) Individualinteressen und Repräsentation Unter Bezugnahme auf das Repräsentationsprinzip wird die Funktion der Personalvertretungen zunehmend auf die kollektive Komponente beschränkt. Als Repräsentativorgane der Beschäftigten der Dienststelle sollen sie deren Gesamtinteressen gegenüber dem Dienststellenleiter vertreten, nicht aber Einzelinteressen wahrnehmen; mit der kollektivrechtlichen Aufgabenstellung sei es nicht zu vereinbaren, den Personalrat als Sachwalter der Rechte einzelner Beschäftigter anzuerkennen 40 . Dort, wo der einzelne seine Rechte selbst wahrnehmen könne, bestünde weder eine Notwendigkeit noch ein Bedürfnis, in seinem Interesse aufzutreten 41 . Zunächst wurde diese Begründung herangezogen, um dem Personalrat ein Initiativrecht bei personellen Einzelmaßnahmen zu versagen 42 , sodann, um die Mitbestimmung bei der Frage der Befristung abzulehnen 43 .

39

Siehe oben § 13.

40

BVerwG 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (140); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (36); 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247); 1.8.1983, ZBR 1984, 76; 18.3.1981 (6 Ρ 27/79), BVerwGE 62, 55 (61); 13.2.1979, BVerwGE 57, 280 (282); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (183); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (197); OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154); BayVGH 20.7.1983, ZBR 1984, 74. Im Ergebnis ebenso BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4c der Gründe; BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11/83), PersV 1986, 466 (467); Haas, ZTR 1988, 10 (12); Lecheler, NJW 1986,1079 (1082); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 76; L. Schmitt, BayVBl. 1985, 7 (9). 41 BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PereV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (36); 12.8.1983, PereV 1985, 246 (247); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176(183). 42 BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (183); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (196 f.): Initiativrecht auf höhere Eingruppierung; 12.8.1983, PereV 1985, 246 (247 f.): Initiativrecht auf unbefristete Weiterbeschäftigung bislang befristet beschäftigter Arbeitnehmer, 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (140); BayVGH 20.7.1983, ZBR 1984, 74: Initiativrecht auf Beförderung. 43 BVerwG 30.9.1983 (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466; 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PereV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (36). Im Ergebnis ebenso BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50fif., insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nur unvollständig abgedruckt. Siehe aber die Rechtsprechung zum BetrVR, die die Mitsprache bei der Befristung auch im Hinblick auf den Bewerberschutz verneint: BAG 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972, Β II 3 der Gründe; LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986, 942.

188

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Das Personalvertretungsrecht basiert gerade nicht auf dem verfassungsrechtlichen Instrument der Repräsentation, das die Herrschaft des Volkes respektive der Belegschaft verwirklichen soll, abgehoben von konkreten Interessen. Die Frage, ob der Personalrat nur das kollektive Interesse wahrnehmen kann oder aber auch Individualinteressen oder aber das kollektive Interesse als Summation der Einzelinteressen vertreten darf, kann daher nicht aus dem verfassungsrechtlichen Formprinzip der Repräsentation beantwortet werden, sondern allein aus den gesetzlich gestellten Aufgaben. Aus der bisher festgestellten Aufgabenstellung der Personalvertretung läßt sich zunächst nur schließen, daß sie nicht gesetzlicher Vertreter der Dienstgemeinschaft ist 4 4 . Sie ist damit selbstverständlich auch nicht Vertreter der einzelnen Beschäftigten, sie kann für diese keine rechtlich relevanten Handlungen vornehmen 45 . Dagegen läßt sich aus der genannten Aufgabenstellung im Zusammenhang mit der "spezifisch personalvertretungsrechtlichen Repräsentation" noch nicht ableiten, daß im Rahmen dieser Tätigkeit nicht auch die Interessen einzelner Beschäftigter vertreten werden dürfen 46 . Werden die Belange "der Beschäftigten" wahrgenommen und arbeiten gemäß § 2 Abs. 1 Dienststelle und Personalvertretung zum Wohle "der Beschäftigten" zusammen, so werden damit auf der einen Seite die Interessen dieses "nur soziologisch bestehenden" Zusammenschlusses erfaßt, die individuellen Interessen jedes einzelnen Mitgliedes aber nicht ausgeschlossen. Denn die Belange müssen sich nicht zwangsläufig nur auf die Gruppe als unteilbare Einheit beziehen, sondern können auch jedes Mitglied als Bestandteil dieser Gemeinschaft erfassen, das in Verbindung mit weiteren einzelnen Mitgliedern ja erst zur Existenz dieses Zusammenschlusses führt 4 7 .

44

Vgl. auch Dietz/Richardi,

BPersVG, § 1 Rz. 53.

45

Allg. Meinung, vgl. BAG 14.6.1974, BAGE 26, 187 (193); BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (183); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (196 f.); Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 60; Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 36; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 80. 46 Ebenso Becker, RiA 1988, 1 (4); Dannhäuser, PersV 1990, 409 (417ff.); Fischer/Goeres, BPersVG, Rz. 10 vor § 66; Wolff/BachoßStober, VerwR II, § 108 Rz. 1. Für das BetrVR G. Müller, RdA 1969, 227 (228). 47

Ahnlich Dannhäuser, PersV 1990, 409 (418). Siehe auch Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (170 f.) für das BetrVR: Anerkennung des Individuums als Mitglied der Belegschaft und Verantwortung des Kollektivs für das Individuum.

§18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

189

Selbst w e n n es der Gesetzgeber habe vermeiden wollen, den Personalrat i n K o n f l i k t zwischen K o l l e k t i v - u n d Individualinteresse zu b r i n g e n 4 8 , so k a n n daraus allenfalls geschlossen werden, daß der W a h r n e h m u n g v o n I n d i v i d u a l interessen i m H i n b l i c k auf das K o l l e k t i v Grenzen gesetzt sind, nicht aber der völlige Ausschluß der Individualinteressen aus dem Aufgabenkreis der Personalvertretung gefolgert w e r d e n 4 9 .

c) I n d i v i d u a l i n t e r e s s e n u n d grundgesetzliche W e r t e n t s c h e i d u n g

Ist das Personalvertretungsrecht als Ausfluß des Sozialstaatsprinzips des A r t . 20 Abs. 1 G G anzusehen 5 0 u n d sind insbesondere die Beteiligungsrechte ein wichtiges M i t t e l zur W a h r u n g der Menschenwürde u n d der Persönlichkeitsentfaltung i n der Dienststelle, basierend auf den gleichen Vorstellungen, die den Grundrechts-Verbürgungen der Art. 1, 2 u n d 5 Abs. 1 G G zugrunde l i e g e n 5 1 , so verbietet es schon diese, an der grundgesetzlichen W e r t u n g orientierte Anknüpfung, den einzelnen trotz kollektiver Regelungen v ö l l i g auszu-

48 Vgl. BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (51) unter Hinweis auf BVerwG 26.10.1983, PersV 1985, 477 (478), insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nur unvollständig abgedruckt. Ebenso im Ergebnis für das BetrVG Heinze, ZfA 1988, 53 (68 f.). Ablehnend Dannhäuser, PersV 1990,409 (415). 49

So jetzt auch ausdrücklich BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (51) mit einschränkender Interpretation der vorangegangenen Rechtsprechung, insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nur unvollständig abgedruckt. Ebenso Faber, S. 41 ff.; Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 6. Ähnlich OVG Hmb. 18.2.1991, PersR 1992, 314 (315, 316); Dannhäuser, PersV 1986, 353 (360 f.); ders., PersV 1990, 409 (415, 420), der jedoch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.8.1989 entnehmen will, daß im Falle der Interessenkollision nicht der Wahrnehmung der Individualinteressen Grenzen gesetzt sein sollen, sondern Mitbestimmung generell nicht stattfinden dürfe; Geffken/Busch, PersVG, §69 Anm. 14; Grabendorff, BPersVG, §75 Rz. 19; Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 32; ders., ZBR 1977, 59 (61); Lörcher, PersR 1985, 9 (10 f.); Plander, RdA 1985, 223 (227 f.); ders., ArbuR 1984,161 (168); ders., Hüter, S. 84 ff., 219; Sabottig, Anm. OVG Hmb. 18.2.1991, PersR 1992, 317; ders., Anm. OVG NW 8.3.1988, PersR 1988, 332 f.; Struck, PersR 1986, 224 (225). In der Tendenz wohl auch BVerwG 6.4.1989, ZBR 1990, 19 (20); 12.3.1987, ZBR 1987, 286 und HessVGH 9.4.1986, ZBR 1987, 344 (345). Zum BetrVR ähnlich BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195); 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972, Β II 3 a.E. der Gründe; LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986, 942; Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (158); Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 1;Maul-Backer, S. %Y,Mertz, RdA 1971, 203; Meyer, BB 1982, 1614 (1616); G. Müller, RdA 1969, 227 (228); Rüthers in Rüthers/Boldt, S. 15; Wagner, ArbuR 1992, 40 (44); Wiese, RdA 1973, 1 (3). Siehe auch Heinze, ZIA 1988, 53 (82). 50 BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (58); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (61). Vgl. dazu auch Becker, RiA 1988, 1 (2, 3 f.), Havers, PersV 1987,305 (308). 51

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (58).

190

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

blenden 52 . Vielmehr sind auch die personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen zurückzuführen auf das Individuum, dessen Schutz und Freiheit das Anliegen der gesamten Rechtsordnung ist, selbstverständlich in der Umgrenzung, die die mit jeder menschlichen Existenz verbundene Gemeinschaftsbezogenheit im konkreten Fall gebietet 53 . So war es auch bei Erlaß des Bundespersonalvertretungsgesetzes eines der Hauptanliegen des Gesetzgebers, die Position des Individuums und die Selbstbestimmung des einzelnen zu stärken 5 4 , selbst wenn dies im Rahmen eines "typischen Falles der Gemeinschaftsbezogenheit des Individuums im Arbeitsrecht" 55 erfolgte. Diese Grundentscheidungen der Verfassung haben im Kündigungsschutzrecht dafür gesorgt, die sozialen Schutzrechte des Arbeitnehmers unabhängig von einem Widerspruch der Beschäftigtenvertretung gegen den Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG anzuerkennen 56 . Daneben läßt sich weder in der Betriebsverfassung noch im Bereich des Personalvertretungsrechts eine Verknüpfung von Individual- und von Kollektivrecht leugnen 57 .

52 Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Personalvertretung näher oben § 18 Β I und unten § 19 D II 4f. 53 Vgl. BVerfG 20.7.1954, BVerfGE 4, 7 (15 f.); 22.2.1956, BVerfGE 6, 32 (40 f.); 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (403); 12.11.1958, BVerfGE 8, 274, (329); BVerwG 11.10.1956, BVerwGE 4, 95; Mertz, RdA 1971, 203 m.w.N; Rüthers in Rüthers/Boldt, S. 21 m.w.N.; Schreiber, RdA 1987, 257 (259) m.w.N. Ebenso bereits Grabendorff, DDB 1954, 180 (181). Zum verfassungsrechtlichen Wertesystem siehe auch Burandt, ZBR 1978,317 (321). 54 Vgl. Regierungsentwurf zum BPersVG 1974, BTDrucks. VI/3721 (Vorblatt); vgl. auch Faber, S. 44; Ossenbühl, Grenzen, S. 18. Ebenso bestand im Gesetzgebungsverfahren zum BetrVG 1972 Einigkeit hierüber, vgl. den Überblick über die Gesetzesentwürfe bei Wiese, RdA 1973,1 (3 f.). 55

Vgl. Rüthers in Rüthers/Boldt,

S. 22 zum BetrVR.

56

BAG 13.9.1973, BAGE 25, 278 (281 ff., 284 f.) zu § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. lb KSchG; bestätigt am 17.5.1984, BAGE 46, 191 (200); KR-Wolf, Grunds. Rz. 28; KR-Becker, § 1 KSchG Rz. 140 f. m.w.N. auch zur Mindermeinung. 57 Vgl. Galperin, BB 1971, 137 (138); Hanau, BB 1971, 485 (488 f.); G. Müller, RdA 1969, 227; Plander, RdA 1985, 223 (228); Säcker, Anm. BAG 1.7.1970, AP Nr. 11 zu § 71 PersVG 1955, a.E.; Vogt, RdA 1984,140; Dannhäuser, PersV 1986,353 (360).

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

191

d) Die Regelung individueller Belange in Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht aa) Der Individualschutzcharakter der §§ 77Abs. 2 Nr. 2 BPersVG und 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG Die gesetzliche Intention der Mitbestimmung von Betriebs- und Personalrat in personellen Binzelangelegenheiten wird durch die Gründe, die zur Verweigerung der Zustimmung berechtigen, deutlich. Hier ist bereits eine individualrechtliche Komponente zu erkennen. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG und § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG gewähren einen Verweigerungsgrund, der die Belange des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers ausdrücklich zum Gegenstand der betrieblichen beziehungsweise personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung macht: Die Beschäftigenvertretung kann die Maßnahme verhindern, wenn der einzelne betroffene Arbeitnehmer benachteiligt wird, ohne daß dies aus betrieblichen/dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Nicht überzeugen kann die Auffassung, dieser Verweigerungsgrund sei als allein kollektivbezogen dahingehend zu verstehen, daß es Ziel sei zu verhindern, aus der Benachteiligung des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers in der Gegenwart weitere Benachteiligungen anderer Arbeitnehmer der Belegschaft für die Zukunft entstehen zu lassen, weil die anderen Arbeitnehmer der Belegschaft in vergleichbaren Situationen eine entsprechende Benachteiligung befürchten müßten 58 . Die beiden genannten Zustimmungsverweigerungsgründe verlangen, daß der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, die die Beschäftigtenvertretung zur Zustimmungsverweigerung berechtigenden Nachteile müssen infolge der im Streit stehenden personellen Einzelmaßnahme eintreten. Der Schutz der übrigen Belegschaft wird bereits durch § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG und § 77 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. BPersVG erfaßt 59 . Damit stellt das Gesetz eindeutig auf die jeweils konkreten Folgen der gerade in Rede stehenden Einzelmaßnahme ab. Mittelbare übergreifende Auswirkungen auf das zukünftige Verhalten des Arbeitgebers im Verhältnis zu anderen Arbeitnehmern betrifft der Verweigerungsgrund nicht. Sie kommen erst zum Zuge, wenn sie sich so weit konkretisiert haben, daß wiederum eine personelle Einzelmaßnahme im Sinne der Mitbestimmungsvorschriften in Frage steht. Die Rechte des Personalrats bei der Behandlung der Dienstangehörigen durch den Dienststellenleiter hat das Gesetz in § 67 Abs. 1

58 So Heinze, Personalplanung, Rz. 326 f., dagegen wohl eher auf das Individualinteresse abstellend in ZfA 1988, 53 (68). 59

Für das BetrVG im Ergebnis ebenso BAG 6.10.1978, AP Nr. 10 zu § 99 BetrVG 1972, II lb der Gründe; StegeAVeinspach, BetrVG, § 99-101, Rz. 76.

192

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Satz 1 BPersVG und die des Betriebsrats in § 75 BetrVG geregelt: Die Beschäftigtenvertretung hat darüber zu wachen, daß die Belegschaft nach Recht und Billigkeit behandelt wird. Die Verweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG und des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG enthalten selbstverständlich eine kollektivrechtliche Komponente: Das Kollektiv hat ein Interesse daran, daß jeder seiner Angehörigen angemessen behandelt wird. Hätte der Gesetzgeber den Verweigerungsgrund auf diese Komponente beschränken wollen, so hätte er ihn ähnlich § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG und § 75 BetrVG formulieren können, nicht aber die Belange des einzelnen Arbeitnehmers in den Vordergrund gestellt 60 . bb) Kündigungsschutz und kollektives Beteiligungsrecht Zeigen also bereits die Zustimmungsverweigerungsgründe, daß sich das Betriebsverfassungs- und das Personalvertretungsrecht nicht auf eine ausschließlich kollektivrechtliche Komponente beschränken, so wird dieses Ergebnis durch die kündigungsrechtlichen Vorschriften der §§79 Abs. 4 BPersVG und 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG bestätigt. Hier wird die individualrechtliche Stellung des Arbeitnehmers unmittelbar mit dem Kollektivrecht verknüpft 61 . Ausweislich der Gesetzesmaterialien wurde das Beteiligungsrecht auch zum Schutze des einzelnen Arbeitnehmers geschaffen 62. Dieser erhält dadurch zwar keinen gerichtlich durchsetzbaren Bestandsschutz für sein Arbeitsver-

60 Im Ergebnis ebenso BAG 16.7.1985, BAGE 49, 180 (195); LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986, 942, Dannhäuser, PersV 1990,409 (414); ders., PereV 1986,353 (360 f.); Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 55; Meyer, BB 1982,1614 (1616). Als allein der Wahrung der betroffenen Individualinteressen dienend sehen BAG 6.10.1978, AP Nr. 10 zu §99 BetrVG 1972, II lb der Gründe; Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 179 und Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 129 den Verweigerungsgrund des §99 Abs. 2 Nr. 4 an. Ebenso wohl auch Galperin/Löwisch, BetrVG, §99 Rz. 93 und Stege/Weinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 76. 61

Zum BetrVR: Fitting/Auffarth, BetrVG, § 102 Rz. 1; Galperin/Löwisch, 2; Hahn, S. 41; Stege/Weinspach, BetrVG, § 102 Rz. 2.

BetrVG, § 102 Rz.

62 Vgl. BTDrucks. VI/2729, S. 7; BTDrucks. VI/1786, S. 32 f.; BRDrucks. 715/70, S. 32, 56. Zum individualschützenden Charakter der kündigungsrechtlichen Vorschriften in Bundespersonalvertretungs- und Betriebsverfassungsgesetz vgl. auch BAG 29.3.1984, BAGE 45, 277 (283); 17.2.1983, BAGE 41,381 (387); 27.3.1969, AP Nr. 30 zu § 66 BetrVG, I der Gründe (Bl. 2); Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 69; Fischer/Goeres, BPersVG, § 79 Rz. 1; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (207); Kraft, GK-BetrVG, § 102 Rz. 46; KR-Becker, § 1 KSchG Rz. 136, 380; KR-Etzel, § 102 BetrVG Rz. 8; KR-Wolf, Gunds. Rz. 181 f.; KR-Hillebrecht, §620 BGB, Rz. 114 f. Abweichend Heinze, Personalplanung, Rz. 486, 499: Zwar träfen hier Individual- und Kollektivinteressen zusammen, jedoch erfasse das Betriebsverfassungsgesetz ausschließlich den kollektivrechtlichen Interessenschutz. Anders neuerdings unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung das Bundesarbeitsgericht, 14.2.1990, NZA 1990, 737 (741): Zweck der Beteiligung des Personalrats bei der Kündigung sei nicht die Erweiterung des individualrechtlichen Kündigungsschutzes, sondern die angemessene Berücksichtigung der Interessen der Mitarbeiter bei den sie berührenden Entscheidungen.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

193

hältnis. Auch kann er weder auf die Willensbildung der Personalvertretung einwirken noch sind die personalvertretungsrechtlichen Stellen verpflichtet, "ihre Entscheidung nach gerichtlich nachprüfbaren Bewertungskriterien des allgemeinen Kündigungsschutzes oder des besonderen Individualschutzes zu treffen" 63 . Dennoch führt die Beteiligung bei der Kündigung insoweit zu einer Erweiterung des individuellen Bestandsschutzes, als der einzelne Arbeitnehmer sich im Individualprozeß auf die unteibliebene Beteiligung der Beschäftigtenvertretung berufen 64 und sich die Beteiligung des Personalrats bei einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung in jedem Fall nur zugunsten des Arbeitnehmers auswirken kann 6 5 . Kann sich der einzelne Arbeitnehmer die Beteiligung des Personalrats unmittelbar individualrechtlich zunutze machen, so kann die Auffassung, der Beteiligungstatbestand trage allein kollektivschützenden Charakter, nicht überzeugen 66. cc) Beschwerde- und Antragsrechte des einzelnen Arbeitnehmers Im übrigen enthält das Betriebsverfassungsgesetz noch weitere Normen, die die rechtliche Stellung des einzelnen Arbeitnehmers betreffen. In §§ 81 ff. BetrVG werden Mitwirkungs- und Beschwerderechte "des Arbeitnehmers" geregelt und damit dem einzelnen Arbeitnehmer unmittelbar Individualrechte zugewiesen 67 . § 81 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber zur Unterrichtung und Erörterung mit dem Arbeitnehmer; gemäß § 85 BetrVG soll der Betriebsrat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegennehmen und gegebenenfalls beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken. Aus dem Zusammenhang mit § 84 BetrVG ergibt sich, daß Beschwerdegegenstand die individuelle Benachteiligung, ungerechte Behandlung oder sonstige Beeinträchtigung des einzelnen Arbeitnehmers ist 6 8 . Sowohl die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats als auch die Beschwerderechte des Arbeitnehmers faßt das Betriebs-

63

So BAG 14.2.1990, NZA 1990, 737 (741).

64

Vgl. dazu BAG 29.3.1984, BAGE 45, 277 (283); 2.11.1983, BAGE 44, 201 (204 ff.); G. Hueck, 25 Jahre BAG, S. 243 (252 ff.); Schaub, Handbuch, § 12 VIII, S. 965 und IX, S. 977 ff; § 133 I, S. 1074. Ausführlich Preis, S. 87. 65

Vgl. Preis, S. 87; KR-Wolf,

Grunds., Rz. 24, 26.

66 So aber Heinze, Personalplanung, Rz. 458 und neuerdings auch BAG 14.2.1990, NZA 1990, 737(741). 67 BTDrucks. VI/1786, S. 47; Niederalt, S. 47. Vgl. auch Wiese, RdA 1973, 1 (4 f.): diese Individualrechte ergeben sich bereits aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. 68

Fitting/Auffarth,

13 Hantl-Unthan

BetrVG, § 84 Rz. 2; § 85 Rz. 1,2; Niederalt, S. 59 ff.

194

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Verfassungsgesetz systematisch in einem Teil zusammen: "Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer" 69 . Die genannten Regelungen sind zwar dem Bundespersonalvertretungsrecht fremd, aber auch hier bleiben individuelle Belange des einzelnen Beschäftigten nicht völlig unberücksichtigt. Abgesehen von der Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers in § 81 BetrVG hat auch das Personalvertretungsrecht die individuellen Interessen des Arbeitnehmers erfaßt. Gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 3 gehört es zu den allgemeinen Aufgaben des Personalrats, Anregungen und Beschwerden von Beschäftigten entgegenzunehmen und gegebenenfalls auf ihre Erledigung hinzuwirken. Auch wenn hier, anders als in §§ 84, 85 BetrVG, kein besonders gestaltetes Beschwerdeverfahren zur Verfügung steht 70 , so wird doch die Beeinträchtigung der individuellen Position des Beschäftigten einbezogen 71 . Der Personalrat dient zur Unterstützung bei dem aus dem Einzelarbeitsverhältnis herrührenden Recht zur individuellen Beschwerde 72 . Besonders deutlich wird der Bezug zum Individuum in den Fällen, in denen die Beteiligung des Personalrats vom Antrag des Betroffenen abhängt 73 . Zum einen hat der Gesetzgeber hier Aspekten des Persönlichkeitsschutzes Rechnung getragen, wie bei § 7 5 7 4 oder § 7 6 7 5 , zum anderen sollte die Unabhängigkeit des betroffenen Beschäftigten von der Personalvertretung gewahrt

69

Kritisch hierzu Wiese, RdA 1973,1 (9).

70

Vgl. dazu Dietz/Richardi,

BPersVG, § 68 Rz. 23; Grabendorff,

BPersVG, § 68 Rz. 23.

71

Allg. Meinung. Umstritten ist hier, ob die Regelung allein die individuelle Beeinträchtigung erfaßt (so Fischer/Goeres, BPersVG, § 68 Rz. 13, Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 68 Rz. 25) oder ob die Beschwerde auch dann zulässig ist, wenn es sich um Beeinträchtigungen von Kollegen oder um allgemeine Mißstände in der Dienststelle handelt (so Dietz/Richardi, BPersVG, § 68 Rz. 24). 72

Fischer/Goeres,

BPersVG, § 68 Rz. 12.

73 Vgl. §§ 75 Abs. 2 Satz 2,75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; 76 Abs. 2 Satz 2,76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9; 77 Abs. 1 Satz 1. 74 Fischer/Goeres, BPersVG, § 75 Rz. 62; Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 75 Rz. 95. Anders Kunze, PersV 1981, 441: das Antragsrecht dient einzig und allein dem Interesse des Beschäftigten, der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Beteiligung zu Gunsten des betroffenen Beschäftigten geschaffen. Ähnlich Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 122. 75 Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 76 Rz. 109b. Daneben wird man hier ein individualschützendes Moment nicht leugnen können: die Personalvertretung hat besonders die soziale Situation des Beschäftigten und sein bisheriges Verhalten zu würdigen, um auf eine gerechte Behandlung durch den Dienststellenleiter hinzuwirken, Fischer/Goeres, BPersVG, § 76 Rz. 54. Ahnlich OVG NW 18.11.1982, ZBR 1983, 239 (240).

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

195

werden, § 7 7 7 6 . I n allen Fällen besteht die Pflicht des Dienststellenleiters, den Betroffenen auf sein Antragsrecht u n d die Beteiligungsmöglichkeit der Personalvertretung h i n z u w e i s e n 7 7 . Der betroffene Beschäftigte hat es dann i n der Hand, das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren i n Gang zu bringen, sicherlich nicht auf dem Hintergrund ausschließlich kollektiver Interessenwahrnehmung 7 8 .

e) I n d i v i d u a l i n t e r e s s e n u n d M i t b e s t i m m u n g bei d e r E i n s t e l l u n g aa) Der allein kollektivschützende Charakter des Mitbestimmungstatbestandes

N a c h überwiegender Ansicht soll jedoch jedenfalls der Mitbestimmungstatbestand der Einstellung ausschließlich der W a h r u n g kollektiver Interessen d i e n e n 7 9 , so könne beispielsweise eine Benachteiligung des betroffenen Be76 BVerwG 23.9.1966, BVerwGE 25, 118 (120); 11.3.1982, BVerwGE 65, 127 (130); Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 8; Dietz/Richardi, BPersVG, § 77 Rz. 12. 77 Vgl. für §75: Fischer/Goeres, BPersVG, §75 Rz. 62; Kunze, PersV 1981, 441; Haas in Lorenzenmaas/Schmitt, BPersVG, §75 Rz. 95. Für §76: OVG NW 18.11.1982, ZBR 1983, 239 (240); Haas in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 76 Rz. 109b. Für § 77: Dietz/Richardi, BPersVG, § 77 Rz. 12; Grabendorff, BPersVG, § 77 Rz. 4; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §77 Rz. 20. Anders für die (frühere) rheinland-pfälzische Regelung OVG Rh.-Pf. 18.5.1988, DöD 1989,97 f. 78

Zweifelhaft daher BVerwG 24.11.1983 (2 C 27.82), BVerwGE 68, 197 (201): Die Entscheidungsfreiheit des antragsberechtigten Beschäftigten beziehe sich darauf, ob die Personalvertretung in seiner Angelegenheit in einem Beteiligungsverfahren tätig werden soll, in dem nicht in erster Linie seine Individualinteressen, sondern vornehmlich das Wohl aller Beschäftigten und die Verhältnisse in der Dienststelle die Richtschnur des personalvertretungsrechtlichen Handelns darstellen. Anders BVerwG 26.10.1962, BVerwGE 15, 90 (92) und Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 117, wo aus der Abhängigkeit der Mitbestimmung vom Einverständnis des Beschäftigten mit der Maßnahme auf eine ausschließlich individuelle Schutzrichtung geschlossen wird. 79 Für das PersVR: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4c der Gründe; BVerwG 20.5.1992, PersR 1992, 405 (407 f.); 27.11.1991, PersV 1992, 225 (226); 30.9.1983, (6 Ρ 11.83), PersV 1986, 466 (467); 30.9.1983 (6 Ρ 4.82), PersV 1985, 167; 19.9.1983, BVerwGE 68, 30 (33); 12.8.1983, PersV 1985, 246 (247); 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (61); 13.2.1979, BVerwGE 57, 280 (282); OVG Bremen 17.2.1987, PersR 1987, 153 (154); BayVGH 29.10.1986, PersV 1990, 442 (444); BallerstedtSchleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 213; Haas, ZTR 1988, 10 (12); Für das BetrVR: Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 68, 94; Boewer, RdA 1974, 72 (76); Heinze, Personalplanung, Rz. 273, 302 ff.; Meisel, S. 118; Matthes, DB 1974, 2007 (2008); G. Müller, RdA 1969, 227 (228); NeumannDuesberg, DB 1964, 513 (514); Stahlhacke, BlStSozArbR 1972, 51 (55), StegeAVeinspach, BetrVG, §§ 99-101, Rz. 14; Weiss, BetrVG, § 99 Rz. 10. Anders noch BAG 20.6.1978, AP Nr. 8 zu § 99 BetrVG 1972, Β II 3 a.E. der Gründe: Mitbestimmung bei der Einstellung wohnt Schutzfunktion ftlr den einzelnen inne. A A auch BAG 16.7.1985, BAGE 49,180 (195); 6.4.1973, AP Nr. 1 zu § 99 BetrVG 1972, 1 der Grilnde; 14.5.1974, BAGE 26, 149 (156); 12.7.1957, AP Nr. 5 zu § 242 BGB

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6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

schäftigten im Sinne des Verweigerungsgrundes des § 77 Abs. 2 Nr. 2 bei der Einstellung nicht zum Zuge kommen 80 . Damit einher geht die Aussage, die sogenannten Modalitäten der Einstellung und der Inhalt des Arbeitsvertrages unterfielen nicht dem Einstellungstatbestand81, denn nur in diesem Zusammenhang sei die Benachteiligung des einzustellenden Bewerbers denkbar. Diese Auffassung stößt bereits auf Bedenken im Hinblick auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1. Der Personalrat kann beispielsweise die Zustimmung verweigern, wenn die Einstellung von Frauen und Jugendlichen gegen die Arbeitszeitordnung, das Mutterschutzgesetz oder gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz verstößt 82 , womit in erster Linie zugunsten der Beschäftigten erlassene Normen erfaßt sind 8 3 . Die Frage, ob die Personalvertretung bei der Einstellung ausschließlich kollektive Interessen wahrzunehmen hat, kann hier jedoch ofifenbleiben. bb) Die Berücksichtigung von Individualinteressen allein kollektiver Interessenwahrnehmung

bei

Selbst wenn der Mitbestimmungstatbestand der Einstellung ausschließlich dem kollektiven Interessenschutz dienen sollte, so besagt dies nur, daß jedenfalls im Falle der Einstellung der Personalrat im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens nicht in einen Konflikt entgegenstehender Interessen von Gleichbehandlung; BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (51), insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nur unvollständig abgedruckt; LAG Bln. 20.1.1986, BB 1986,942; HessVGH 8.4.1992, PersR 1992,326 (328); 9.4.1986, ZBR 1987, 344 (345); Darmhäuser, PersV 1986, 353 (360 f.); Fitting/Auffarth, BetrVG, § 99 Rz. 1; Grabendorff, BPersVG, § 75 Rz. 19; Plander, RdA 1985, 223 (228); ders., ArbuR 1984, 161 (168): Schutz des Bewerbers und Durchsetzung der kollektiven Interessen der Belegschaft 80 Zum PersVR: Dietz/Richardi, BPersVG, § 77 Rz. 56; Grabendorff, BPersVG, § 77 Rz. 16; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 46; a.A OVG NW 14.2.1990, PersR 1990, 235. Zum BetrVG: Adomeit, DB 1971, 2360; Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 108; Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 93. Siehe aber zu § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG Fitting/Auffarth, BetrVG, §99 Rz. 55 m.w.N.: Auch bei der Neueinstellung können Benachteiligungen des betroffenen Arbeitnehmers vorkommen, insbesondere, wenn für sie ohne sachlichen Grund schlechtere Arbeitsbedingungen gelten sollen, als für vergleichbare Arbeitnehmer des Betriebes. Ebenso Plander, Hüter, S. 85 m.w.N. zur Gegenmeinung. 81

Dazu bereits oben § 1 Β II und § 4 C.

82 Vgl. Dietz/Richardi, in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 77 Rz. 39; Grabendorff, BPersVG, § 77 Rz. 39.

BPersVG, § 77 Rz. 15; Lorenzen

83 Vgl. Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 77 Rz. 39 und zum BetrVG im Ergebnis ebenso Meyer, BB 1982, 1614 (1616). Für das BetrVR betont G. Müller, RdA 1969, 227 (230) den kollektiven Grundgedanken, im Interesse von Recht und Gerechtigkeit tätig zu werden. Ebenso Heinze, Personalplanung, Rz. 309 und Plander, ArbuR 1984,161 (166 f.).

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

197

Individuum und Kollektiv eintreten kann 8 4 , da hier allein die kollektiven Interessen für ihn maßgebend sein sollen. Wird die Einstellung fur den betroffenen Bewerber deshalb als immer günstig angesehen85, weil der Inhalt des Arbeitsvertrages sowie die Modalitäten der Einstellung nicht unter den Mitbestimmungstatbestand gefaßt werden, so daß für einen möglichen Individualschutz kein Raum bleibe, so gestattet die damit verbundene Wahrnehmung rein kollektiver Interessen es nicht, die Belange des Individuums hierbei völlig unberücksichtigt zu lassen. Da dem Personalrat der einzelne Arbeitnehmer ebenfalls anbefohlen i s t 8 6 und es die grundgesetzliche Wertentscheidung sogar verbietet, das Individuum dem Kollektiv völlig unterzuordnen, hat er auch dann, wenn er allein am Kollektivinteresse orientierten Aufgaben nachkommt, die Position des Einzelnen und die Konsequenzen für ihn nicht völlig außer acht zu lassen. Selbst dann, wenn die Einstellung tatsächlich nur kollektivem Interessenschutz dienen sollte, sind bei der Frage der Auswirkung einer kollektivrechtswidrigen Einstellung die Belange des betroffenen Bewerbers vom Personalvertretungsrecht miterfaßt und mit zu berücksichtigen. cc) Die Beschränkung der Kollektivmacht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Geht es also bei der Einstellung und der hier aufgeworfenen Frage nicht (primär) um die Wahrnehmung von Individualbelangen durch die Personalvertretung, sondern um die Begrenzung der Kollektivmacht wegen entgegenstehender Individualinteressen, so ergibt sich diese Begrenzung letztlich auch aus dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot. Im Betriebsverfassungsrecht ist die Geltung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes 87 anerkannt 88 84 Dies fordert BVerwG 17.8.1989, ZBR 1990, 50 (51) ntw.N, insoweit in BVerwGE 82, 288 ff. nur unvollständig abgedruckt 85

Vgl. Dietz/Richardi,

BPersVG, § 77 Rz. 56.

86

Zu der Frage, ob damit auch der zunächst noch außenstehende Bewerber erfaßt wird, unten § 18 C11. 87

Siehe dazu BVerfG 7.4.1964, BVerfGE 17, 306 (313 f.); 15.12.1965, BVerfGE 19, 342

(348 f.). 88 Vgl. BAG GS 16.9.1986, BAGE 53, 42 (69); BAG 3.11.1987, BAGE 56, 289 (298); 17.3.1987 (3 AZR 64/84), BAGE 54, 261 (270); 1.10.1974, AP Nr. 2 zu § 44 BetrVG 1972, 2a der Gründe; 27.9.1974, BAGE 26, 269 (278); 31.10.1972, BAGE 24,459 (466); Canaris , ArbuR 1966,

198

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

und bundesverfassungsgerichtlich bestätigt 89 . Er bietet Dritten dort Schutz, wo eine Norm Rechtsausübung mit Wirkung zu Lasten Dritter grundsätzlich erlaubt, aber für diese keine konkreten Schranken errichtet: Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Positionen Dritter werden nur insoweit erlaubt, als sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig (im engeren Sinne) sind 9 0 . Richtet sich die Verhältnismäßigkeit nach einer Güterabwägung zwischen Mittel und Zweck der Maßnahme, so ist die Erforderlichkeit dann zu beachten, wenn mehrere gleichermaßen geeignete Mittel zur Erreichung des angestrebten Erfolges zur Verfügung stehen 91 . Sind zwar die dogmatischen Grundlagen hinsichtlich der Geltung im Privatrecht 92 unklar 9 3 , so besteht doch Einigkeit darüber, daß er als allgemeiner Rechtsgrundsatz jeder Rechtsausübung, die in fremde Rechtsbereiche eingreift, immanente Grenzen setzt 94 . Da dem Betriebsrat gerade im Bereich der Mitbestimmung eine Fülle von Eingriffsbefugnissen zusteht und er damit sowohl in rechtlich geschützte Bereiche des Arbeitgebers als auch der Arbeitnehmer eingreift, ist diese Rechtsmacht durch das Übermaßverbot überall dort zu begrenzen, wo das Gesetz keine klare tatbestandsmäßige Abgrenzung vorgenommen hat und die Befugnis nicht bereits aus Sinn und Zweck des Gesetzes beschränkt ist 9 5 . Jedes Mißverhältnis zwischen den gesetzlich vorgegebenen Wertgrössen, den Belangen des Betriebes und den Belangen der betroffenen Arbeitnehmer, ist un-

129 (136, 138); ders., JuS 1989, 161 (166 f.); Dietz/Richardi, BetrVG, §77 Rz. 77; Kreutz, GKBetrVG, § 77 Rz. 265, § 75 Rz. 24, 71, § 76a Rz. 7, jeweils m.w.N.; Rüthers in Rüthers/Boldt, S. 36. Ausführlich Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17ff. mit umfangreichen weiteren Nachweisen; ders., Festschr. f. Dietz, S. 147(163). 89

BVerfG 28.4.1976, BVerfGE 42, 133 (142).

90

Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (18); ders., Festschr. f. Dietz, S. 147 (163); Kreutz, GKBetrVG, § 77 Rz. 265. 91

Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (18); Kreutz, GK-BetrVG, § 77 Rz. 265.

92

Zu diesem wird das Betriebsverfassungsrecht gerechnet, vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, § 1 Rz. 31; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 1 Rz. 136; Galperin/Löwisch, BetrVG, Rz. 8 vor § 1; Kraft, GKBetrVG, § 1 Rz. 11; Zöllner/Loritz, ArbR, § 44 III 1, S. 445. 93

Vgl. den Überblick über die unterschiedlichen Lösungsansätze mit umfangreichen Nachweisen bei Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (19 f.). Dazu auch Kreutz, GK-BetrVG, §77 Rz. 253, 265 m.w.N.; Canaris, Jus 1989,161 ff. 94 Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (18). Ebenso BAG GS 16.9.1986, BAGE 53, 42 (69); BAG 3.11.1987, BAGE 56, 289 (298); 17.3.1987 (3 AZR 64/84), BAGE 54, 261 (270); 1.10.1974, AP Nr. 2 zu § 44 BetrVG 1972, 2a der Gründe; 27.9.1974, BAGE 26, 269 (278); 31.10.1972, BAGE 24,459 (466). 95

Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (30 f.).

§18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

199

tersagt 96 . Da aber auch die Interessen betroffener Arbeitnehmer konträr verlaufen können, gerade wenn es um die Wahrnehmung kollektiver Belange zu Lasten des einzelnen Arbeitnehmers geht, muß die Verhältnismäßigkeit auch in dieser Beziehung gewahrt sein 9 7 . Dem Personalrat stehen ebenfalls umfangreiche Eingriffsbefugnisse zu, im Verhältnis zum Arbeitnehmer kann er auch hier den Werdegang einzelner Beschäftigter von der Einstellung bis zu Entlassung maßgeblich beeinflussen 98 . Da das Übermaßverbot den Gesetzgeber bindet, fließt es über die verfassungskonforme Auslegung unmittelbar in das Betriebsverfassungs- und gleichermaßen in das Personalvertretungsrecht ein 9 9 . Werden die Generalklauseln der §§75 Abs. 1 und 2 Abs. 1 BetrVG als Einbruchsteilen des Übermaßverbotes im Betriebsverfassungsrecht gewertet 100 , so sind die gleichen Anforderungen in § 67 Abs. 1 und in § 2 Abs. 1 BPersVG zu finden. Über die Begrenzung der Rechtsmacht des Personalrats aus dem funktionellen Schutzzweck der zugrundeliegenden Befugnisse hinaus 1 0 1 setzt damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Personalvertretung Grenzen dahingehend, daß ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen der Bediensteten geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein muß, auch insoweit sind die Belange des Individuums trotz reiner Kollektivinteressen-Wahrnehmung zu berücksichtigen. Unter mehreren möglichen Eingriffen des Personalrats ist derjenige zu wählen, der die "geringsteinschneidenden" Folgen verspricht 1 0 2 .

96

Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (32).

97

Vgl. BAG 6.4.1973, AP Nr. 1 zu § 99 BetrVG 1972; 18.7.1978 (1 ABR 8/75), AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972; Böhm, DB 1974, 723 (727); Rixecker, ArbuR 1983, 238 (239); Richardi, ZfA Sonderheft 1972, S. 1 (15, 22); Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (158). Unzutreffend daher Boewer, RdA 1974, 73, (76), wenn er meint, es gehe allein um die Beschränkung der Macht des Arbeitgebers zur Wahrnehmung der Interessen der Belegschaft Die Möglichkeit eines Widerspruchs zwischen kollektiven und individuellen Interessen leugnet Schneider, PersR 1992, 225 (226) m.w.N. 98 BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 664/65), BVerfGE 28, 295 (308); OVG Lübg. 5.11.1974, ZBR 1975, 155(156). 99

Für das BetrVG Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (25).

100 Vgl. Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (25); ders., Festschr. f. Dietz, S. 147 (164); Kreutz, GKBetrVG, § 77 Rz. 265 m.w.N. 101 Das Übermaßverbot verdrängt oder ersetzt nicht andere Schranken der Rechtsmacht, vgl. Blomeyer, 25 Jahre BAG, S. 17 (25). 102

Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (164). Für das PersVR ebenso Kisker, PersV 1985, 137 (141ff.); Kübel, PersV 1986,129 (136 f.).

200

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

3. Allgemeine Richtigkeitskontrolle a) Gesetzesbindung der Verwaltung und Überwachungsauftrag der Personalvertretung Ist also die Personalvertretung Repräsentantin der in der Dienststelle Beschäftigten und hat sie dadurch die Interessen des Kollektivs zu vertreten sowie die Belange einzelner Beschäftigter zu wahren oder jedenfalls zu berücksichtigen, so kommt ihr in diesem Rahmen als weitere Aufgabe die Kontrolle der Richtigkeit der vom Arbeitgeber durchzuführenden Maßnahmen zu. Der öffentliche Arbeitgeber ist nach Art. 20 Abs. 3 GG bei allen seinen Entscheidungen verfassungsrechtlich zur Beachtung von Recht und Gesetz verpflichtet. Durch den allgemeinen Überwachungsauftrag des Personalrats nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 hat der Gesetzgeber des Bundespersonalvertretungsgesetzes gezeigt, daß er eine Mißachtung dieses Gebotes nicht für ausgeschlossen hält und eine diesbezügliche Kontrolle durch die Personalvertretung vorgesehen 103 . Die Einstellung in den öffentlichen Dienst ist, anders als die privatwirtschaftliche, gebunden an verfassungsrechtliche Vorgaben. Sie hat gemäß Art. 33 Abs. 2 GG unter Beachtung des sowohl für Beamte als auch für Arbeitnehmer geltenden 104 Leistungsgrundsatzes zu erfolgen. Es gilt daher zu untersuchen, ob für die Einstellung in den öffentlichen Dienst dem Personalrat eine besondere, zu der betriebsverfassungsrechtlichen Einstellung unterschiedliche Kontrollaufgabe zukommt.

b) Die Kontrollaufgaben des Personalrats Nach ganz allgemeiner Ansicht bezweckt die Mitbestimmung i m öffentlichen Dienst nicht die allgemeine und umfassende Kontrolle der Dienststellen-

103

Widmaier, PersV 1984, 148 (152); siehe mich Battis, PersV 1987, 394 (397); Plander, Hüter, S. 211 ff. und Stein, ArbuR 1973, 225 (226). Kritisch zur Kontrollfiinktion des Personalrats Klein, PersV 1990,49 (55). 104 BVerwG 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (330); BAG 31.3.1976, BAGE 28, 62 (66); BAG 2.12.1970, BAGE 23, 101 (109) m.w.N.; BayVGH 7.3.1990, DVB1. 1990, 880 (881); Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rz. 12; Matthey in v. Münch, GG, Art 33 Rz. 20; Stern, Staatsrecht I, §111114b, S. 346.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

201

leitung 1 0 5 . Dies bedeutet jedoch nur, daß sich die Personalvertretung nicht als den Fach- und Rechtsaufsichtsinstanzen nebengeordnetes Kontrollorgan jederzeit in die laufenden Personal- und Verwaltungsangelegenheiten einschalten k a n n 1 0 6 . Jedenfalls dann, wenn begründete Zweifel an der Einhaltung der Rechtsvorschriften bestehen, hat die Personalvertretung ihrem Überwachungsauftrag nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 nachzukommen 107 . Konkretisiert wird diese Kontrollfunktion bei den einzelnen Beteiligungsrechten. Diese dienen dazu, die Einschaltung der Personalvertretung in den dort genannten Fragen sicherzustellen und in diesem Rahmen die Prüfung der Gesetz- und Rechtmäßigkeit des Handelns der Dienststellenleitung sicherzustellen 108 . Bei der Einstellung wird die Kontrolle gewährleistet durch den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. I 1 0 9 . c) Das besondere Kontrollbedurfnis bei der Einstellung im öffentlichen Dienst Kann der öffentliche Albeitgeber seinen neuen Arbeitnehmer - anders als der private 1 1 0 - nicht frei auswählen, so steht ihm dennoch ein weiter Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Bewertung und Auswahl der konkurrierenden Bewerber zu. Gerichtlich ist die Auswahl nur dahingehend überprüfbar, ob die Verwaltung "den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt h a t " 1 1 1 . Ist damit der Beur-

105 BVerwG 27.2.1985, DVB1. 1985, 748 (749); Dietz/Richardi, BPersVG, §68 Rz. 21; Fischer/Goeres, BPersVG, § 68 Rz. 9; Grabendorff, BPersVG, § 68 Rz. 13; Lecheler, NJW 1986, 1079 (1082); ders., PersV 1981, 1 (2); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 79; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 68 Rz. 23 m.w.N. 106

Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 68 Rz. 23.

107

Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 68 Rz. 23. Weitergehend Dietz/Richardi, BPersVG, §68 Rz.21; Grabendorff, BPersVG, §68 Rz. 13. Siehe auch BVerwG 25.8.1988 (6 Ρ 36.85), PersR 1988,298 (300) und BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (189): Zusätzliche Richtigkeitskontrolle bei "normvollziehenden" Maßnahmen. Zum BetrVG vgl. BAG 22.12.1980, BAGE 34,331 (354 f.) m.w.N. 108

Vgl. Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 68 Rz. 23. Siehe auch Baumanns, PersV 1984,393 mit Hinweis auf die Begründung zur Novelle des LPVG NW. 109

Siehe dazu auch ausführlichPlander, Hüter, S. 60 ff.; ders., RdA 1985,223 (227 f.).

110

Dazu auch Buchner, NZA 1991, 577 (579, 587).

111

BVerwG 27.3.1990, PereR 1990, 179 (181); 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (330) ntw.N.; 13.5.1965, BVerwGE 21, 127 (130) mit umfangreichen Nachweisen; Kiaunz in Maunz/Dürig, GG,

202

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

teilungskern jeglicher Rechtskontrolle unzugänglich und kann ein Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz durch den Dienststellenleiter nur in dem genannten Rahmen festgestellt werden, so kann folgerichtig die Personalvertretung einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nur unter den genannten Voraussetzungen rügen, eine eigene Beurteilungskompetenz steht ihr nicht z u 1 1 2 . Dennoch obliegt damit der Personalvertretung bei der Einstellung eine Aufgabe, die der Betriebsrat im Betriebsverfassungsrecht nicht kennt, denn ein Verstoß gegen dieses Verfassungsprinzip in dem genannten Rahmen berechtigt die Personalvertretung, ihre Zustimmung zur beantragten Einstellung gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 zu verweigern 113 . Der Betriebsrat hingegen ist im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG darauf beschränkt, Anregungen zu geben und Gesichtspunkte anzuführen, die aus seiner Sicht für die Berücksichtigung eines anderen als des vom Arbeitgeber ausgewählten Stellenbewerbers sprechen und die den Arbeitgeber lediglich gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichten, diese Argumente ernsthaft zu prüfen 1 1 4 . Im übrigen aber ist die Beweiberauswahl allein Sache des Arbeitgebers, das arbeitgeberische Einstellungs- und Auswahlermessen wird nur unter den Aspekten der Diskriminierung und der sozial besonders schutzbedürftigen Problemgruppen eingeschränkt 115 .

Art. 33 Rz. 19; Matthey in v. Münch, GG, Art 33 Rz. 25. Zur Bewertungskompetenz siehe auch BVerfG 22.5.1975, BVerfGE 39, 334 (353); BVerwG 27.5.1982, ZBR 1983, 182 (183); 27.11.1980, BVerwGE 61, 176 (185 f.); 27.9.1962, BVerwGE 15, 39 (41 f.); 29.9.1960, BVerwGE 11, 139 (140); 27.2.1959, BVerwGE 8, 192 (195 f.); 6.2.1975, BVerwGE 47, 330 (338 f.); BAG 6.6.1984 (7 AZR 456/82), AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, II 2a aa der Gründe; 16.12.1982, AP Nr. 19 zu Art 33 Abs. 2 GG, II 3 der Gründe; 9.12.1981, BAGE 36, 344 (354); 5.3.1980, BAGE 33, 43 (50 f.); 6.2.1980, AP Nr. 5 zu Art 33 Abs. 2 GG, II 2b der Gründe. Siehe auch Dannhäuser, PersV 1989,49 (51) m.w.N. und Kübler, VR 1982,361 (362). 112 Allg. Meinung, vgl. nur BVerwG 10.1.1991, PersV 1991, 280 f. m.w.N.; 27.3.1990, PereR 1990, 179 (181); 26.8.1987, BVerwGE 78, 72 (78 f.); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (278 f.); 25.10.1983, BVerwGE 68, 137 (140); 1.8.1983, ZBR 1984, 76; 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53); 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (63); 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (330, 331); 5.2.1971 (7 Ρ 16.70), BVerwGE 37, 169 (171 f.); HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491 (493); 11.11.1987, PersV 1989, 40Becker, RiA 1988, 1 (6) rnw.N.; ders., ZBR 1988, 241 (252); Dannhäuser, PereV 1985, 148 (153); ders., Anm. BVerwG 20.6.1986, PersV 1987, 66 (70); Fischer/Goeres, BPersVG, § 76 Rz. 9; Kübel, PersV 1986, 129 (133, 138); Widmaier, Anm. BVerwG 20.6.1986, RiA 1987, 10(11). 113 BVerwG 27.3.1990, PersR 1990, 179(181); 20.6.1986, BVerwGE 74, 273 (279); 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (329); BayVGH 21.2.1990, PersR 1990, 377 (378); OVG Bln. 20.11.1989, PersR 1990, 265 f.; HessVGH 23.1.1991, PersV 1992, 491; 11.11.1987, PersV 1989, 40; OVG Rh.-Pf. 16.9.1986, PersR 1987, 197 (198); Dannhäuser, PersV 1989, 49 (56); Schinkel, NZA 1988, 825 (829). 114 115

BAG 19.5.1981, BAGE 35, 278 (283) mit umfangreichen Nachweisen auf S. 281.

Vgl. Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art 12 Rz. 55 ff. m.w.N.; kritisch zur Einstellungsfreiheit des Arbeitgebers Gamillscheg, S. 63 ff.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

203

Unter dem Stichwort "Ämterpatronage" ist die Einstellung im öffentlichen Dienst besonderem Augenmerk ausgesetzt 116 , dem sie nicht immer standh ä l t 1 1 7 . Unter "Ämterpatronage" ist "jede Bevorzugung oder Benachteiligung von Bewerbern um ein Amt im öffentlichen Dienst oder von Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei deren Einstellung, Beförderung oder funktionellen Veränderungen des Aufgabenbereiches" zu verstehen, "die gegen die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG verstößt und nicht durch andere Verfassungsprinzipien gerechtfertigt i s t " 1 1 8 . Der Personalvertretung kommt hier die Aufgabe zu, darüber zu wachen, daß nicht andere Bewerber aus unsachlichen Gründen benachteiligt werden 1 1 9 und dem Allgemeininteresse an effektivster Behördentätigkeit mittels bestgeeigneter Mitarbeiter 1 2 0 Genüge geleistet wird. Sie hat so für die Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG einzutreten 121 . 4. Die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben Gemäß § 2 Abs. 1 steht neben dem Wohle der Beschäftigten die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben als weiteres Ziel personalvertretungsrechtlicher Arbeit. Der Gesetzgeber hat damit bewußt die kumulative

116 Vgl. dazu Günther, ZBR 1987, 321 und Lorig/Mayer=Schlöder, VR 1992, 55, jeweils mit umfangreichen Nachweisen. Zur parteipolitischen Patronage ausführlich Wichmann, ZBR 1988, 365 ff. mit umfangreichen Nachweisen; Kübel, PersV 1990, 505 (507) m.w.N.; Kubier, VR 1982, 361 (365); Thiele, DöD 1987,113 flf. 117 Lorig/Mayer=Schiöder, VR 1992, 55; Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rz. 3 a.E.; v. Arnim, PersV 1988, 21 (23) m.w.N.; Schmidt=Hieber, NJW 1989, 558 f.; vgl. auch die Beispiele bei Günther, ZBR 1987,321 in Fn. 6 und Fn. 31 mit entsprechenden Nachweisen und bei v. Arnim, PersV 1981,129 (130); siehe auch Ilbertz, PereV 1982,184 (191). 118

Lorig/Mayer=Schlöder,

119

BVerwG 5.2.1971 (7 Ρ 16.70), BVerwGE 37,169 (171 f.), Becker, RiA 1988, 1 (6).

VR 1992, 55 m.w.N.

120

Zur doppelten Schutzfunktion des Art 33 Abs. 2 GG vgl. Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art 33 Rz. 12; Arndt/Baumgärtel, BAT, Rz. 21 vor § 4; Kutscha, BlStSozArbR 1981, 161 (163); Matthey in v. Münch, GG, Art 33 Rz. 16; zur beamtenrechtlichen Ernennung Plog-Lemhöfer, BBG, § 6 Rz. 26 m.w.N. 121 Ilbertz, PersV 1982, 184 (191); ebenso Dannhäuser, PersV 1989, 49 (50); ahnlich Schinkel, NZA 1988, 825 (829); Becker, RiA 1988, 1 (6); Grabendorff, PersV 1960, 193 (196). Ebenso Wichmann, ZBR 1988, 365 (376), der für eine diesbezügliche Stärkung personalvertretungsrechtlicher Befugnisse eintritt Skepsis an der diesbezüglichen Effektivität personalvertretungsrechtlicher Beteiligung bei Kübel, Personalmaßnahmen, S. 147 f. und PersV 1990, 505 (507). Bedenken im Hinblick auf den damit verbundenen starken gewerkschaftlichen Einfluß bei v. Arnim, PersV 1981, 129 (140). Siehe auch § 71 Abs. 2b PersVG 1955, der hierfür ausdrücklich einen Verweigerungsgrund vorsah.

204

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Zielsetzung festgeschrieben 122 , denn den Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes, § 2 Abs. 1 "zum Wohle der Bediensteten (Beschäftigten) unter Wahrung der dienstlichen Aufgaben" 1 2 3 zu formulieren, hat er nicht übernommen. Damit gehört zunächst die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben ebenso zu den gesetzlichen Aufgaben, wie die Arbeit zum Wohle der Beschäftigen. Es ist daher unzutreffend, den Personalrat als kein mit der partizipatorischen Wahrnehmung der Aufgaben der jeweiligen Dienststelle beauftragten Behördenteil anzusehen, weil nicht zur Verbesserung der Leistungssteigerung der Verwaltung berufen 124 . Andererseits darf jedoch nicht verkannt werden, daß die Personalvertretungen geschaffen wurden, um die Beteiligung der Beschäftigten an den Regelungen des Dienstes und der Dienst- und Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen und deren Interessen zu vertreten, soweit sie von der Tätigkeit in der Dienststelle berührt werden 1 2 5 . Sie wurden nicht geschaffen, um den Verwaltungseinrichtungen ein weiteres Organ zur Erfüllung anderer gesetzlich zugewiesener Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Die Personalvertretungen sind daher zunächst dazu da, die Belange der Beschäftigten gegenüber dem Dienststellenleiter in seiner Funktion als Arbeitgeber zu vertreten 126 . Sie sind ein Instrument, um den Einfluß der Beschäftigten auf die Gestaltung der dienstlichen Abläufe zu sichern 1 2 7 . In diesem Rahmen müssen sie für die Erfüllung der der Verwaltung obliegenden Aufgaben eintreten, so daß unter Beachtung dieses Zusammenhangs von gleichrangig nebeneinanderstehenden Zielen gesprochen werden k a n n 1 2 8 .

122

So auchL. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt,

123

Vgl. L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt,

124

So Kempen, PersR 1987,179 (181).

BPersVG, § 2 Rz. 1.

BPersVG, § 2 Rz. 1.

125

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53); insoweit allg. Meinung. Vgl. auch Grabendorff, BPersVG, Rz. 3 vor §66. 126

Vgl. auch BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51,77 (87).

127

So auchL. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt,

128

BPersVG, § 2 Rz. 10.

Im Ergebnis ebenso L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 91, § 2 Rz. 10. Vgl. auch OVG SL 23.12.1986, RiA 1987, 95: Der Personalrat wird nicht amtlich für die Dienststelle tätig, daher keine Amtshaftung der Dienststelle für den Personalrat Unzutreffend Sabottig, Anm. OVG Hmb. 18.2.1991, PersR 1992, 317 (318), der die Rolle des Personalrats auf die Vertretung der Beschäftigten-Interessen beschränkt

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

205

ΙΠ. Die Stellung des Personalrats in der Verwaltung 1. Die organisatorische Stellung der Personalvertretung Nachdem nach der früher vertretenen sogenannten arbeitsrechtlichen A u f fassung die Personalvertretungen i m H i n b l i c k auf i h r internes Tätigkeitsfeld u n d das angeblich dem privatwirtschaftlichen Arbeitsrecht gleiche M innerbetriebliche H soziale Spannungsverhältnis nicht als Bestandteil der V e r w a l t u n g angesehen w u r d e n 1 2 9 , sind sie heute als dienststelleninternes Verwaltungsorgan a n e r k a n n t 1 3 0 , gelten also als T e i l des internen V e r w a l tungsaufbaus 1 3 1 . Ausweislich der Gesetzesmaterialien handelt es sich b e i m Personalvertretungsrecht u m ein Recht, "das das System der internen W i l lensbildung bei innerdienstlichen Entscheidungen der Verwaltungen reg e l t " 1 3 2 , also i n den Willensbildungsprozeß innerhalb der V e r w a l t u n g eingebunden i s t 1 3 3 . D u r c h die Mitsprache bei Entscheidungen der V e r w a l t u n g i n den gesetzlich vorgesehenen Angelegenheiten n i m m t die Personalvertretung teil an der Gestaltung der innerdienstlichen Verhältnisse, jede Beteiligung bedeutet eine Beschränkung der Alleingestaltungsbefugnis des Dienststellenlei-

129 Rewolle/Lorentz, ArbuR 1958,75 (78); dies., PersVG 1955, Rz. 4 vor § 1; G. Müller, ArbuR 1955, 143 (145); Hueck/Nipperdey/Säcker, ArbR II/2, § 64 C, S. 1247. Ausführlich dazu Hecker, PersV 1980,218 ff. und Widmaier, PereV 1978,299 ff. 130 BVerwG 10.5.1984, BVerwGE 69, 222 (223); 12.6.1984, Buchholz 238.3 A § 44 Nr. 11, S. 13; Battis , PersV 1987, 394 (400); Becker, RiA 1988, 1 (3); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1080); Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 33, Rz. 4 vor § 66; Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 50; Fischer/Goeres, BPersVG, § 1 Rz. 6, 13, § 74 Rz. 10; Minz/Conze Rz. 354. Zur Organeigenschaft näher Laubinger, VerwArch. 1985,449 (458 ff.) m.w.N., Hecker, PereV 1981,190 (191 ff.). 131 Vgl. BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (280); BVerwG 16.6.1989, BVerwGE 82, 131 (135); 24.11.1986, PereV 1987,422 (423); 16.12.1977, PereV 1979,171; OVG SL 23.12.1986, RiA 1987, 95; HessVGH 18.4.1983, DöV 1984, 118 (119); OVG Lübg., 5.11.1974, ZBR 1975, 155 (156); Battis , PereV 1987, 394 (395); ders., RdA 1992, 12 (13); Becker, RiA 1988, 1 (3); Benda, RdA 1987, 181; Ehlers, JZ 1987, 218 (219); Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 67; Gitter, RiA 1981, 181 (182) m.w.N.; Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 31, 39; Joerres, PereV 1981, 353 (355); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1080); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 78; Thiele, PereV 1990, 290 (295); Widmaier, PereV 1978, 299 (300); Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 108 I 3 Rz. 5. Zu den insbesondere früher vertretenen begrifflichen Differenzierungen vgl. ausführlich Hecker, PereV 1981, 190 ff. Siehe auch § 1 Abs. 3 MBG Schl.-H.: "Der Personalrat ist Teil der Verwaltung". 132

BTDrucks. 7/176, S. 1 zu A; Antrag des BT-Innenausschusses, BTDrucks. 7/1339, S. 1 zu A

133 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (280); 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (86); BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (193); Becker, RiA 1988, 1 (2); Fischer/Goeres, BPersVG, §74 Rz. 10; Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 31; L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63; Starke, DöV 1975, 849; Thiele, PereV 1980, 41 (44); ders., PereV 1990, 290 (295); Widmaier, PereV 1978,299 (300 f.).

206

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

ters 1 3 4 . Ist die Personalvertretung damit im Rahmen ihrer Aufgaben in die interne staatliche Willensbildung einbezogen, so hat ihre Beteiligung immer Auswirkungen auf die Ordnung der öffentlichen Angelegenheiten und die Organisation der Dienststelle 135 . Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ausgeführt, daß zu den Aufgaben der Personalvertretung die Wahrung von Rechten der Beschäftigten gegenüber dem Staat als Dienstherrn gehöre, so daß sie den vom Staat distanzierten, dem Lebensbereich der Bürger zugeordneten und der Verwirklichung individueller Grundrechte dienenden Einrichtungen zumindest nahegerückt s e i 1 3 6 , es hat jedoch gleichzeitig betont, daß sie die Stellung einer in den organisatorischen Aufbau der öffentlichen Verwaltung eingebetteten Institution habe, die an der internen Willensbildung m i t w i r k e 1 3 7 und damit lediglich ausgeschlossen, daß die Personalvertretung als Behörde oder sonstige unselbständige Stelle der Exekutive anzusehen ist, die ausschließlich öffentliche Aufgaben erfüllt 1 3 8 . 2. Die Bindung der Personalvertretung an die Aufgaben der Verwaltung a) Die Aufgaben der Verwaltung Der Grundgedanke der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung beruht auf der Mitsprache der Beschäftigten an den sie berührenden Maßnahmen der Dienststelle 139 . Durch die Teilnahme der Personalvertretung an der inner134 Λα. Scholz,, PersV 1978, 381 (383); Kübel, PersV 1986, 129 (130); Widmaier, PersV 1978, 299 (301); Windscheid, PersV 1970, 1 (3); ders., PereV 1971, 49. Eingeschränkt für das Recht der Mitbestimmung BVerwG 12.1.1962, BVerwGE 13, 291 (294), was aber die Bedeutung der übrigen Beteiligungsrechte vernachlässigt. 135

Widmaier, PereV 1978, 299 (301); ähnlich Battis, RdA 1992, 12 (16); Ehlers, JZ 1987, 218 (219 f.). Zu der Frage, ob es sich dabei um die Ausübung von Staatsgewalt handelt, siehe unten § 20 D. 136

BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51,77 (87).

137

BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (86). Unverständlich insoweit Fuhrmann/Neumann, PersVR SH, § 1 Anm. 9, wonach die Aussage in § 1 Abs. 3 MBG Schl.-H. nicht bedeuten soll, daß der Personalrat in den Verwaltungsaufbau eingegliedert ist, vielmehr handle es sich "um eine besondere Stelle in der jeweiligen Verwaltung". 138 Vgl. BVerfG 27.3.1979 (2 BvR 1011/78), BVerfGE 51, 77 (86). Zu der Frage, ob es sich bei der Personalvertretung um eine Behörde oder einen Ausschuß im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes handelt, vgl. oben § 9 Β I V 2a aa). Sie kann im Hinblick auf den privatrechtlichen Charakter der hier zu untersuchenden Maßnahme offen bleiben. 139

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62,45 (53); insoweit allg. Meinung.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

207

dienstlichen Willensbildung und ihre Verpflichtung nach § 2 Abs. 1, neben der Arbeit zum Wohle der Beschäftigten auch zur Erfüllung der der Verwaltung gestellten Aufgaben beizutragen, ergibt sich eine enge Verflechtung des Wirkens der Personalvertretung mit der Aufgabenstellung der öffentlichen Verwaltung 1 4 0 . Die Verwaltung arbeitet in Ausführung gesetzlicher Aufträge. Ihre Tätigkeitsfelder sind vielfältig 1 4 1 , sie ist jedoch immer gebunden an den Zweck ihrer Funktion, im demokratischen Rechtsstaat an die Wahrung und Förderung des öffentlichen Interesses, das heißt des gemeinen W o h l s 1 4 2 . Mag auch konkret das gemeine Wohl schwierig zu bestimmen sein, so gehört es doch zu den Grundlagen jeden Verwaltungshandelns. Aus der Bindung aller Verwaltungsorgane an die Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener Aufgaben folgt die Pflicht, die übertragenen Angelegenheiten sachgerecht wahrzunehmen. Hierzu gehört die Förderung des Gemeinwohls bei deren Durchführung 143 . b) Gemeinwohlbindung und "Betriebswohlbindung" Hat die Personalvertretung, da zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben berufen, auch zur Förderung und Wahrung des Gemeinwohls beizutragen, so ist dieses Gemeinwohl für Dienststelle und Personalvertretung unmittelbar bindendes Gebot 1 4 4 . Auch wenn die Bindung der Personalvertretung an das Gemeinwohl "realitätsfremd" sein sollte 1 4 5 , so ist sie doch weder systemwidrig noch widersprüchlich 146 . Ist die Personalvertretung als Teil des 140 Vgl. Thiele, PersV 1980, 41 (44); Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 31 f.; L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63; ders., BayVBl. 1981,449 (451),Kisker, PersV 1985,137 (140). 141

Siehe dazu ausführlich Wolff/Bachof,

142

Minz/Conze, Rz. 7; Ossenbühl, PersV 1989, 409 (412 f.); Wolff/Bachof,

VerwR I, § 3, S. 18ff. und Hugger, Rz. 112 ff. VerwR I, §29, S.

167. 143

Wolff/Bachof,

VerwR I, § 30 II b 3, S. 181.

144 BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (63); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 2 Rz. 11.; Sträter, ZBR 1973, 161 (163); Havers , PersV 1983, 88. Dieses verkennt Hanau, DB 1987, 2356 (2357), wenn er insoweit Betrieb und Dienststelle nebeneinander nennnt Siehe auch schon Geib, ZBR 1954, 325, der deshalb trotz der sozialen Spannungen einen echten Interessengegensatz verneint; ebenso Windscheid, PersV 1970,1. 145 146

So Ossenbühl, PersV 1989,409 (413).

So aber Ossenbühl, PersV 1989, 409 (413). Ähnlich Kisker, PersV 1985, 137 (140), der den Personalrat nur privaten Interessen, nicht auch dem Gemeininteresse verpflichtet sieht, und Kübel, PersV 1986, 129 (134); anders auch Klein, PersV 1990, 49 (55): im personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren werde das Gemeinwohl von der Dienststelle vertreten.

208

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

internen Verwaltungsaufbaus Bestandteil der Verwaltung, so kann ihre Aufgabenstellung gar nicht losgelöst von der rechtsstaatlichen Gemeinwohlbindung der Behörde gesehen werden. Wurde sie geschaffen, um die Beteiligung der Beschäftigten an den sie berührenden innerdienstlichen Aufgaben sicherzustellen, so kann sie durchaus systemgerecht und widerspruchsfrei in diesem Rahmen die Gemeinwohlbindung beachten, dies nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, daß auch die von ihr "repräsentierten 1* Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht frei von dieser Gemeinwohlbindung s i n d 1 4 7 . Damit sind bereits die Unterschiede genannt, die zwischen der in öffentlichen Einrichtungen gebildeten Personalvertretung bestehen und dem in privaten Betrieben tätigen Betriebsrat 148 . Wenn der Betriebsrat nach § 2 Abs. 1 BetrVG an das Wohl des Betriebs gebunden wird, so ist damit ein Selbstzweck verbunden: das Unternehmen erhält durch das Erwerbsstreben den entscheidenden Antrieb 1 4 9 , der privatwirtschaftliche Arbeitgeber bestimmt in aller Regel aufgrund seiner wirtschaftlichen Stellung Ziel und Zweck, Standort, Beginn und Ende, Aufgabenbereich und Organisation des oder der Betriebe seines Unternehmens 150 . Zur verfassungsrechtlich garantierten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehören unter anderem die Entscheidung über Zielfunktionen und Zweckbestimmung des Betriebes sowie alle inhaltlichen Fragen der Betriebstätigkeit 151 . Als entscheidendes Kriterium unternehmerischer Kalkulation und Interessenverfolgung gilt die Sicherung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage und Rendite des Betriebes/Unternehmens, vor allem aber der Vermögens- und Finanzlage 152 . Im öffentlichen Dienst besteht ein solcher Selbstzweck der Verwaltung nicht, sie hat stets orientiert an ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgabenstellung unter Wahrung und Förderung des Gemeinwohls tätig zu werden. Eine solche Gemeinwohlbindung besteht für den Betriebsrat nicht. Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 BetrVG 1952, wonach die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unter dem Gebot der Berück-

147

Dazu im Anschluß § 18 Β III 2c.

148

A.A. Kippeis, S. 143, die aus dem Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Berücksichtigung betrieblicher Interessen auf eine identische Ausgestaltung der "Grundverhältnisse" schließt. 149

L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt,

150

Vogt, RdA 1984, 140 (142).

151

Vogt, RdA 1984, 140 (142) mit näheren Ausführungen.

152

Vogt, RdA 1984, 140 (142).

BPersVG, § 2 Rz. 11.

209

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

sichtigung des Gemeinwohls stand, hat die Novelle nicht übernommen. Wenn dies unter Hinweis auf die Arbeitgeber und Betriebsrat ohnehin bindenden Prinzipien des Sozialstaats geschah 153 , so ist damit der dem Grundgesetz zu entnehmende allgemeine Gedanke der Sozialpflichtigkeit allen Handelns angesprochen 154 . Da die Betriebspartner an die allgemeine Rechtsordnung gebunden sind und Art. 14 Abs. 2 GG die Sozialpflichtigkeit des Eigentums festschreibt, muß der Betriebsrat dahingehenden Verpflichtungen des Arbeitgebers Rechnung tragen. Handelt es sich beispielsweise um einen Betrieb, dessen Tätigkeit in besonderem Maße der Allgemeinheit dient, so hat der Betriebsrat dies bei seiner Tätigkeit zu berücksichtigen 155 . Diese Allgemeinwohlbindung beruht auf allgemein zu beachtenden Grundsätzen der Rechtsordnung, auf dem Arbeitgeber gesetzlich oder behördlich zugewiesenen rechtlichen Verpflichtungen, die der Betriebsrat zu wahren h a t 1 5 6 . Es handelt sich aber - anders als im öffentlichen Dienst - nicht um vorgegebene Ziele und Inhalte betrieblicher Betätigung, die der Betriebsrat selbst zu erfüllen hätte. Durch die Streichung der ausdrücklichen Gemeinwohlbindung anläßlich der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Gesetzgeber erkennen lassen, daß seine Wahrung nicht vorrangig Aufgabe der Betriebsverfassungsorgane i s t 1 5 7 . Auch wenn damit weder "Betriebsegoismus" noch "gesamtwirtschaftliches Fehlverhalten" indiziert werden 1 5 8 , so wird es durch die Streichung doch Arbeitgeber wie Betriebsrat erschwert, andere Belange als die des Betriebes und seiner Arbeitnehmer bei Entscheidungen auf der betrieblichen Ebene zur Geltung zu bringen 1 5 9 , vielmehr werden die Betriebspartner durch die eingeschränkte Zielrichtung besonders nachdrücklich auf die betrieblichen Belange

153

BTDrucks. VI/1786, S. 35; Bericht des Ausschusses für Arbeits- und Sozialordnung zu BTDrucks. VI/2729, S. 9 f., 18 f. Ebenso Brecht, BetrVG, § 2 Rz. 20; Dietz/Richardi, BetrVG, § 2 Rz. 6; dies., BPersVG, § 2 Rz. 7. Zur diesbezüglichen Gesetzgebungsdebatte ausführlich Becker/Leimert, BlStSozArbR 1972,37 (40). 154 Vgl. Galperin/Löwisch, 1972, 37 (40). 155

Fitting/Auffarth,

BetrVG, § 2 Rz. 17 und wohl auch Becker/Leimert,

BlStSozArbR

BetrVG, § 2 Rz. 35; ähnlich zuch Kippeis, S. 119.

156 Abzulehnen daher die Auffassung von Weiss, BetrVG, § 2 Rz. 3, der Gesetzgeber des neuen Betriebsverfassungsgesetzes habe wegen des "Leerformelcharakters" von der Gemeinwohlberücksichtigung abgesehen. Bei dem Begriff der Gemeinwohlbindung handelt es sich nicht, um eine Leerformel, sondern um einen tragenden Grundsatz rechtsstaatlichen Handelns. 157

(40).

So auch Galperin/Löwisch,

158 Vgl. Galperin/Löwisch, zArbR 1972, 44 (47). 159

Galperin/Löwisch,

14 Hantl-Unthan

BetrVG, § 2 Rz. 17; Becker/Leimert,

BetrVG, § 2 Rz. 17; Kraft,

BetrVG, § 2 Rz. 17.

BlStSozArbR 1972, 37

GK-BetrVG, § 2 Rz. 33; Kreutz, BlStSo-

210

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

verwiesen 160 . Ein mit dem Ziel der "Entbindung" des Personalrats von den Aufgaben der Dienststelle vorgenommener Vergleich mit dem "ebensowenig an das unternehmerische Prinzip der Gewinnmaximierung" gebundenen Betriebsrat geht daher f e h l 1 6 1 , der Betriebsrat hat das Wohl des Betriebes zu beachten, sich im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung zu halten und der Allgemeinwohlbindung des Arbeitgebers Rechnung zu tragen. Der Personalrat hat im Rahmen seiner "Interessenvertretung" zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Gemeinwohlfürsorge beizutragen. Besteht also die Verpflichtung der Personalvertretung, bei der Wahrnehmung von Beschäftigteninteressen auf die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben hinzuwirken und damit das Gemeinwohl zu wahren und zu fördern, so drängt sich vordergründig die Frage auf, mit welcher Wertigkeit diese Größen versehen sind. Der Streit, ob bei der schließlich vorzunehmenden Abwägung zwischen den Interessen des Personals und den Erfordernissen gesetzlicher Aufgabenerfüllung im Falle eines Widerstreits stets die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben Vorrang h a t 1 6 2 , oder ob es eine solche Rangfolge nicht g i b t 1 6 3 , verkennt, daß auch die Belange der Beschäftigten nicht ohne Anbindung an die der Verwaltung gestellten Aufgaben gesehen werden können. c) Die Bindung der Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst Gesetzlich festgeschrieben ist der Dienst für das Volk und zum Wohle der Allgemeinheit für die Beamten, § 52 BBG. Doch auch jeder Angestellte des öffentlichen Dienstes übt ein "Amt" im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG aus und dient damit dem Interesse des Gemeinwesens 164 . An alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden ohne Rücksicht auf den Status im Einzelfall er-

160

Kreutz., BlStSozArbR 1972,44 (47). Im Ergebnis a. A Plander, Hüter, S. 87.

161

So aber Kempen, PersR 1987, 179 (181). Ebenso fehl geht aus diesen Gründen der Hinweis auf Art. 3 GG, wonach die gleichen Beteiligungsrechte für die Arbeitnehmer in Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst verfassungsrechtlich geboten seien, vgl. Kempen, Grund und Grenze, S. 15, 21 und Linder, DöD 1974, 244ff. Wie hierL. Schmitt, BayVBl. 1981,449. 162 So Dietz/Richardi, BPersVG, § 2 Rz. 7; Fischer/Goeres, BPersVG, § 2 Rz. 12; Krüger, PersV 1990, 241 (247); Lecheler, PersV 1981,1 (7); Ossenbühl, PereV 1989, 409 (418); Widmaier, PereV 1978, 299 (304) m.w.N. Ähnlich Havers, PereV 1987, 305 (310). Siehe auch Bayer, PereV 1986,481 (484 f.). 163 So BVerwG 25.6.1984, BVerwGE 69, 313 (315); L. Schmitt in LorenzervHaas/Schmitt, BPereVG, § 2 Rz. 10; Grabendorff, BPersVG, § 2 Rz. 13. 164

Vgl. VG Bln. 19.12.1974, ZBR 1975, 83Arndt/Baumgärtel, Staatsrecht I, § 11 II 3, 3c, S. 341 m.w.N.

BAT, § 8 Rz. 1. Ähnlich Stern,

§18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

211

höhte Anforderungen gestellt, um das Funktionieren des Staates zu gewährleisten 1 6 5 . In Konsequenz dieser Vorgaben hat der Bundesangestelltentarifvertrag, dem i m öffentlichen Dienst in der Regel kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme auch die nicht tarifgebundenen Angestellten unterliegen 166 , beamtenähnliche Pflichten festgelegt: Auch die Angestellten haben die gewissenhafte Diensterfüllung und die Wahrung der Gesetze zu geloben 1 6 7 , dienstlichen Anordnungen nachzukommen 168 , sich so zu verhalten, "wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird" und sich zum Grundgesetz zu bekennen 169 . Ebenso angeglichen sind die Pflichten der Arbeiter des öffentlichen Dienstes 170 . Die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben ist daher die Pflicht aller Beschäftigten der Dienststelle, jeder Bedienstete ist Funktionsträger der öffentlichen Verwaltung, ungeachtet einer privatrechtlichen Struktur seines Arbeitsverhältnisses, und damit dem Gemeinwohl verpflichtet 1 7 1 . Die besonderen Pflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes 172 verlangen, das Wohl der Gesamtheit über das eigene zu stellen 1 7 3 . 165

Stern, Staatsrecht I, § 11 II 3, 3c, S. 341; Uttlinger, BAT, § 8 Anm. 2.

λββ

Minz/Conze, Rz. 271; Wind, S. 302; vgl. auch Großmann, BremPersVG, §65 Rz. 150 m.w.N. Zum haushaltsrechtlichen Zwang zur Inbezugnahme vgl. Böhm/Spiertz, BAT, § 1 Rz. 26 und Minz/Conze a.a.O. 167 § 6 BAT - vgl. dazu § 58 BBG. Siehe auch § 1 des Gesetzes Ober dieförmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 1.1.1975, wonach jeder im öffentlichen Dienst Tätige auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten verpflichtet werden soll. In Bayern sind nach Art 187 der Landesverfassung die Angestellten des öffentlichen Dienstes auf die Landesverfassung zu vereidigen. 168

§8 Abs. 2 BAT-vgl. dazu §55 BBG.

169

§ 8 Abs. 1 BAT - vgl. dazu § 52 BBG. Auch die weiteren Pflichten ähneln denen der Beamten, vgl. nur § 9 BAT und § 61 BBG zur Schweigepflicht, § 10 BAT und § 70 BBG zur Belohnung, § 11 BAT und § 64 BBG zu Nebentätigkeiten. 170 Vgl. §§9 ff. MTB II (Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes) und MTL II (Manteltarifvertrag für die Arbeiter der Länder). Zum Ganzen Achterberg, JA 1980, 468 (474) m.w.N.; Damkowski, RiA 1975,1 (4,7 f.); Köper, S. 7 ff.; Widmaier, PersV 1978,299 (301) m.w.N.; Wolff/BachofStober, VerwR II, § 119 Rz. 5 ff. 171 Arndt/Baumgärtel, BAT, § 8 Rz. 1; Böhm/Spiertz, BAT, § 8 Rz. 1, 8; Dietz/Richardi, BPersVG, § 2 Rz. 7; Kübel, PersV 1986, 129 (132); Minz/Conze, Rz. 294; Rudolf WDStRL 37 (1979), 175 (193) m.w.N.; L. Schmitt, BayVBl. 1981, 449 (451); Ru. Scholz, ZBR 1980, 297 (298); Sträter, ZBR 1973, 161 (163); Uttlinger, BAT, § 8 Anm. 2; Widmaier, PersV 1978, 299 (301); Vogel, AöR 84 (1959), 54 (72); Walldorf, PersV 1986, 451 (454). 172 § 8 Abs. 1 und 2 BAT, §§ 9 ff. MTL II/MTB II, mögen sie auch inhaltlich zu denen der Beamten in Teilbereichen abgeschwächt sein, vgl. BAG 13.10.1988, NZA 1989, 716 (717) m.w.N.; 6.6.1984 (7 AZR 456/82), AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, II 2a der Gründe; 6.2.1980, AP Nr. 5 zu Art. 33 Abs. 2 GG, II lb der Gründe; 5.3.1980, BAGE 33, 43 (49 f.); 31.3.1976, BAGE 28, 62 (70 ff.); 9.12.1981, BAGE 36, 344 (348); BVerwG 19.1.1989, BVerwGE 81, 212 (217 f.); Crisolli/Tiedtke, BAT, § 8 Anm. 5 m.w.N.; Schmidt=Bleibtreu-Klein, GG, Art. 33 Rz. 24c.

212

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

N i c h t zu bestreiten ist, daß auch i m öffentlichen Dienst ein gewisses soziales Spannungsverhältnis zwischen Dienststellenleiter u n d Arbeitnehmern bestehen k a n n 1 7 4 . Es ergibt sich nicht zuletzt aus der arbeitsrechtlichen W e i sungsgebundenheit der Beschäftigten u n d dem darüber hinaus bestehenden besonderen Unterwerfungsgebot des § 8 Abs. 2 B A T 1 7 5 . Z u weitgehend ist daher die These v o n der Identität zwischen Arbeitgeber u n d Arbeitnehmer i m öffentlichen D i e n s t 1 7 6 . Selbst wenn M o t i v des privatwirtschaftlichen Arbeitgebers das Gewinnstreben sein s o l l t e 1 7 7 u n d der öffentliche Arbeitgeber frei des Verdachts ist, "ausbeuterisch u n d profitorientiert zu s e i n " 1 7 8 , so verkennt dies doch die i m Arbeitsalltag faktisch bestehenden Unstimmigkeiten zwischen den Arbeitnehmern u n d dem Dienststellenleiter als das die Arbeitgeberfunktion wahrnehmende Organ. D i e B i n d u n g der i m öffentlichen Dienst Beschäftigten an die gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der beschäftigenden Dienststelle unterscheidet sie dennoch grundlegend v o n denen der P r i v a t w i r t s c h a f t 1 7 9 . Selbstverständlich müssen auch dort die Arbeitnehmer Rücksicht nehmen auf die betrieblichen u n d 173 Wolff/BachofStober, VerwR II, § 119 Rz. 8. Ähnlich Arndt/Baumgärtel, BAT, § 8 Rz. 4; Clemens, BAT, § 8 Anm. 20; Uttlinger, BAT, § 8 Anm. 2, 6. A A Kippeis, S. 118, mit Hinweis auf "verfassungsrechtlich gleichrangig^)" widerstreitende Interessen. 174 Vgl. dazu BVerfG 30.11.1965, BVerfGE 19, 303 (312); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (61); BAG 25.5.1982, BAGE 39, 77 (83); OVG SL 23.12.1986, RiA 1987, 95; Battis , PersV 1987, 394 f.; Becker, ZBR 1988, 241 (246); Benda, RdA 1987, 181; Havers , PersV 1987, 305 (308); Lecheler, PersV 1981, 1; Ossenbühl, PersV 1989, 409 (413); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 59; L. Schmitt, BayVBl. 1981,449; Walldorf, PersV 1981, 483; Schenke, JZ 1991, 581 (583); Steiner, PersV 1987, 134; Ein den privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnissen gleiches soziales Spannungsfeld sehen Däubler, ArbuR 1973, 233 (236); Damkowski, RiA 1975, 1 (44); Dietz/Richardi, BPersVG, § 1 Rz. 67; Hanau, DB 1987, 2356 (2357); Sarge/Schneider, PersR 1987, 203; Söllner, RdA 1976, 64 (65); Wendeling=Schröder, Anm. GmSOGB 12.3.1987, PersR 1987, 265 (266); dies., ArbuR 1987, 381 (383) und wohl auch Kippeis, S. 114, 142. 175

Ähnlich Wendeling=Schröder,

176

Adomeit, ZRP 1987,75 (77). Ähnlich Widmaier, PersV 1978, 299 (300).

177

ArbuR 1987,381 (383).

Überblick über die verschiedenen Unternehmensziele bei Wriedt, m.w.N. zu empirischen Untersuchungen.

BB 1987, 1537 (1538)

178 Vgl. Adomeit, ZRP 1987, 75 (76, 79). Ähnlich im Ergebnis Burandt, ZBR 1978, 320 (323); Havers, PersV 1987, 305 (306); ders., PersV 1983, 88; Rüthers in Rüthers/Boldt, S. 15, 33 f.; Schenke, JZ 1991, 581 (583). L. Schmitt, BayVBl. 1981, 449. 179 Ebenso Lecheler, PereV 1981, 1 (2), Burandt, ZBR 1978, 320 (323); Schenke, JZ 1991, 581 (583); Widmaier, PereV 1978, 299 (301). Siehe auch Vogt, RdA 1984, 140 (154). Zweifelhafte«. Scholz, ZBR 1980, 297 (302): Korrespondenz von Betriebsverfassung und Personalvertretung im Hinblick auf vergleichbare Rechte am Arbeitsplatz. Vgl. auch den Regierungs-Entwurf zum PersVG 1955 vom 4.7.1952, BTDrucks. 1/3552, S. 14: Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegen in der privaten Wirtschaft grundsätzlich andere als im öffentlichen Dienst

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

213

wirtschaftlichen Notwendigkeiten, denn nur ein leistungsfähiger Betrieb bietet auf Dauer ausreichende Aibeitsmöglichkeiten für die Betriebsangehörigen 180 . Im öffentlichen Dienst geht es aber gerade nicht um das "Wohl" einer Dienststelle, sondern um die Belange der Allgemeinheit 1 8 1 . Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind mit der Dienststelle nicht über wirtschaftliche Notwendigkeiten verbunden, sondern durch die gemeinsame Aufgabenstellung zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles. Die Verwaltung darf eben nicht zum Zwecke der Gewinnmaximierung tätig werden, sondern muß Gemeinwohlziele verfolgen 182 . Eine Differenzierung zwischen der Verwaltung als Vollzugseinrichtung politischer Entscheidungen und ihrer Funktion als Arbeitgeber kann daher nicht erfolgen 183 . An dieser Sichtweise kann auch die Tatsache nichts ändern, daß sich möglicherweise in einzelnen Bereichen die Tätigkeitsmerkmale von Arbeitnehmern der Privatwirtschaft und solchen des öffentlichen Dienstes nicht unterscheiden 184 . Hier kommt es nicht auf die einzelnen Tätigkeiten an, sondern auf Ziel und Zweck, zu denen die Tätigkeiten vollbracht werden. So unterscheidet sich eben gerade der im öffentlichen Dienst fahrende Busführer von dem bei einem im Auftrag der Deutschen Bundesbahn fahrenden Omnibusbetrieb 1 8 5 . Dient der eine dazu, die von seinem Arbeitgeber geschlossenen privatrechtlichen Verträge zu erfüllen und so den wirtschaftlichen Ertrag des Betriebes zu sichern, so fährt der andere eben in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe 1 8 6 .

180

Vgl. Baumarms, PersV 1984, 393 (394).

181

A.A. noch BAG 25.2.1966, BAGE 18, 172 (178): Es spielen bei den Arbeitnehmern, anders als bei den Beamten, allein arbeitsrechtliche Gesichtspunkte eine Rolle. Zur sog. arbeitsrechtlichen Auffassung siehe bereits oben A I 2a. Den sozialen Konflikt stellen wieder in den Vordergrund Altvater/Wendeling =Schröder, RiA 1984, 73 (76); Wendeling=Schröder, Anm. GmSOGB 12.3.1987, PersR 1987, 265 (266). 182

Vgl. Ehlers, JZ 1987, 218 (220); Minz/Conze, Rz. 5; Schenke, JZ 1991, 581 (583).

183

So aber Altvater/Wendeling=Schröder,

(584). 184

Vgl. die Beispiele bei Röper, S. 11 f.

185

Beispiel von Röper, S. 12.

186

RiA 1984, 73 (76). Wie hier Schenke, JZ 1991, 581

Dies verkennen Röper, S. 11 f. und Sabottig, PersR 1988, 93 (95). Unzutreffend auch Linder, DöD 1974, 244 (248), es handle sich bei den Tätigkeiten der Arbeitnehmer in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst um identische Aufgaben. Im Ergebnis ähnlich wie hierzu. Scholz, PersV 1975, 81 (83). Siehe auch L. Schmitt, BayVBl. 1979, 63: Aus langjähriger richterlicher Tätigkeit im Personalvertretungsrecht ist zu berichten, daß kaum eine Streitigkeit ohne Beachtung der besonderen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und ohne schwierige Interessenabwägung zu entscheiden ist

214

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Zweifel an dieser Sichtweise entstehen allenfalls im Hinblick darauf, daß die öffentliche Hand zur Erledigung ihrer Verwaltungsaufgaben grundsätzlich auf die gesamte Rechtsordnung und damit auch auf die Organisationsformen des Privatrechts zurückgreifen k a n n 1 8 7 . Die Anwendbarkeit des jeweiligen Vertretungsgesetzes richtet sich allein nach der formellen Rechtsform der jeweiligen Einrichtung, es kommt nicht auf die Funktion oder Aufgabenstellung a n 1 8 8 . So unterstehen Betriebe in privater Rechtsform dem Betriebsverfassungsgesetz, unabhängig davon, ob die Anteile überwiegend oder allein der öffentlichen Hand gehören, § 1 BPersVG, § 130 B e t r V G 1 8 9 . Die der Verwaltung hier offenstehenden Möglichkeiten können zu Bedenken führen, die sich gegen die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes wenden 1 9 0 , denn es werden weiterhin öffentliche Aufgaben durch die öffentliche Hand erledigt 1 9 1 , bestehen besondere öffentlich-rechtliche Vorgaben 1 9 2 und Kontrollmechanism e n 1 9 3 und sind gewisse öffentlich-rechtliche Bindungen der dort tätigen Angestellten anerkannt 194 . Sie können aber nicht dazu führen, öffentlich-rechtliche Maxime bei der Anwendung des Personalvertretungsgesetzes, das sämtliche Handlungsformen der öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltung erfaßt, außer acht zu lassen. Die gleichen Überlegungen müssen für die Möglichkeiten der Verwaltung gelten, Aufgaben auszugliedern und Privaten zu übertragen 195 . Unterfallen die 187

Wolff/Bachof/Stober,

VeiwR II, § 104a Rz. 2 f.; Ru. Scholz, ZBR 1980, 297 (298).

188

Grabendorff, BPersVG, § 1 Rz. 9, 12; L. Schmitt in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 51; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 108 Rz. 1. 189

Vgl. auch Wolff/BachoßStober,

VerwR II, § 108 Rz. 1.

190

Ebenso WolffiBachof/Stober, VerwR II, § 108 Rz. 1 mit Hinweis auf die Einheitlichkeit der öffentlichen Verwaltung. Vgl. auch Ru. Scholz, ZBR 1980, 297 (298 f.) mit Hinweis auf die verfolgten Zwecke und die Bindung an verfassungsrechtliche Prinzipien (zur Frage der Untemehmensmitbestimmung). 191

Vgl. Wolff/Bachof/Stober,

VerwR II, § 104a Rz. 16.

192 Wolff/Bachof VerwR I, §23 II, S. 106; Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 104a Rz. 21 m.w.N.; Ru. Scholz, ZBR 1980,297 (298) m.w.N; Ehlers, JZ 1987, 218 (224 ff.). Str. für das fiskalische Handeln der Verwaltung, vgl. Wolff/Bachof, VerwR I, § 23 II a, S. 106. Zur Bindung an Art. 33 Abs. 2 GG bei der Einstellung von Bewerbern vgl. BAG 31.3.1976, BAGE 28, 62 (66); 2.12.1970, BAGE 23, 101 (109); Kutscha, BlStSozArbR 1981,161 (163)mw.N. 193

Wolff/Bachof/Stober,

VerwR II, § 104a Rz. 34 ff.

194

Vgl. BVerfG 21.1.1975, BVerfGE 38, 326 (339); Wolff/Bachof/Stober, VerwR II, § 104a Rz. 33 m.w.N. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit als Amtsträger vgl. Schröder, NJW 1984, 2510 m.w.N. 195

Dazu Maunz in Maunz/Dürig, Rz. 8, §86 Rz.71,§ 104a Rz. 15.

GG, Art. 87 Rz. 85 ff ; Wolff/Bachof/Stober,

VerwR II, § 84

215

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

bislang im Dienste für die Allgemeinheit eibrachten Aufgaben mit der Übertragung auf Private privatrechtlichen M a x i m e n 1 9 6 , so wechselt zwar der "Betrieb" oder der jeweilige Leistungsbereich aus dem Anwendungsbereich des Personalvertretungsgesetzes in den des Betriebsverfassungsgesetzes 197, es ist jedoch zu bedenken, daß es sowohl im Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes Betriebe gibt, die der Allgemeinwohlfürsorge dienen, beispielsweise private Krankenhäuser, wie auch im Bereich des öffentlichen Dienstes Tätigkeiten anfallen, denen eine besondere Allgemeinwohlbindung nur schwer zugeordnet werden kann, beispielsweise behördliche Reinigungsdienste. Das Bestehen solcher "Grenzbereiche" und "Überschneidungen" kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß beide Bereiche auf jeweils völlig unterschiedlichen "Fundamenten" aufbauen, es kann nicht zur Verneinung der grundsätzlich zwischen privatwirtschaftlicher betrieblicher Betätigung und öffentlicher Verwaltungstätigkeit bestehenden Unterschiede führen. Eine differenzierende Auslegung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften danach, ob es sich um das gemeine Wohl berührende Aufgabenerfüllung durch die Beschäftigten handelt oder aber Tätigkeiten betroffen sind, wie sie bei privatwirtschaftlichen Aibeitnehmern in gleicher Weise anzutreffen sind, ist weder praktikabel, noch würde sie dem Prinzip der Einheit der Verwaltung und der Einheit des öffentlichen Dienstes gerecht, von dem im Grundsatz auch das Personalvertretungsrecht ausgeht 198 . C. Die rechtliche Stellung des Bewerbers L Die personalvertretungsrechtliche Stellung des Bewerbers 1. Die Beachtung der individuellen Rechtsposition des Arbeitnehmers im Personalvertretungsrecht Die individuelle Rechtsposition des einzelnen Aibeitnehmers wird vom Personalvertretungsrecht unmittelbar erfaßt, denn der Personalrat ist nicht auf die Wahrnehmung kollektiver Interessen beschränkt; die Wahrnehmung von

196

Zu den rechtlichen Grenzen der Zulässigkeit vgl. Schuster/Beckerle,

NZA 1985,16 m.w.N.

197

Umstritten ist, oh dabei das Amt der Personalratsmitglieder fortbesteht, wie dies in den Fällen des § 613a BGB im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes anerkannt ist, vgl. dazu Hanau, Arbeitsrechtl. Probleme, S. 110 f. m.w.N. 198

Vgl. dazuL. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 1 Rz 59.

216

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Einzelinteressen gehört ebenso zu seinen Aufgaben wie die Kollektiwertretung199. Keine Rolle spielt an dieser Stelle, daß von der Kollektivrechtswidrigkeit der Maßnahme ein zunächst außenstehender Bewerber betroffen wird. M i t der Durchführung der Maßnahme tritt der Bewerber in die Dienstgemeinschaft ein, so daß er selbst bei Annahme eines unwirksamen Arbeitsvertrages für die Zeit seiner Dienstleistung faktisch wie ein Dienstzugehöriger zu behandeln ist. Die Frage, welche Rechtsfolgen an die Kollektivrechtswidrigkeit der Maßnahme zu knüpfen sind, sind von unmittelbarer Relevanz für den zukünftigen Bestand und die zukünftige Durchführung seines bereits begründeten Arbeitsverhältnisses. Es kann hier also dahinstehen, ob der personalvertretungsrechtliche Schutz außenstehende Bewerber ebenfalls erfaßt 2 0 0 oder n i c h t 2 0 1 . 2. Beteiligung am Mitbestimmungsverfahren Über die Frage, ob die Einwendungen des Personalrats berechtigt sind oder nicht, wird im Mitbestimmungsverfahren entschieden. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung betrifft dieses Verfahren nur die Dienststelle und den Personalrat, weil es hier um den durch das Personalvertretungsgesetz geregelten Willensbildungsprozeß innerhalb der Verwaltung gehe und um die Klärung der gegenseitigen Befugnisse und Pflichten von Personalrat und Dienststelle 2 0 2 . Der Bewerber wird daher am Mitbestimmungsverfahren nicht beteiligt und ist somit nicht in der Lage, Mängel dieses Verfahrens zu beanstanden203. IL

Das Schutzbedurfnis des Bewerbers

Unabhängig von der personalvertretungsrechtlichen Stellung des in die Dienstgemeinschaft (zustimmungslos) eingetretenen Bewerbers berührt der kollektivrechtliche Tatbestand der Einstellung auf der individuellen Ebene für den Arbeitnehmer zwei Komplexe. Zum einen ist sein Zugang zum öffentlichen Dienst durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geregelt, zum an199

Ausführlich oben § 18 Β II 2.

200

So wohl BVerwG 12.12.1979, BVerwGE 59, 184 (187); HessVGH 9.4.1986, ZBR 1987, 344 (345)\Plander, Hüter, S. 85; Schneider, PersR 1992,225 (226). 201

So BVerwG 11.2.1981, BVerwGE 61,325 (328,332).

202

BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (193).

203

BVerwG 26.8.1987, BVerwGE 78,72 (76).

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

217

deren wird der Bestandsschutz seines - wenn auch kollektivrechtswidrig - begründeten Arbeitsverhältnisses tangiert.

1. Das Recht auf freien Zugang zum öffentlichen Dienst nach Art 33 Abs. 2 GG Bei der Frage der individualrechtlichen Rechtsfolgen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung geht es zunächst um die nachträgliche rechtliche Bewertung eines Einstellungsaktes. Da dieser Einstellungsakt durch das im öffentlichen Dienst besonders geregelte berufliche Zugangsrecht des Art. 33 Abs. 2 GG beeinflußt wird, kann die zur Beantwortung dieser Frage zunächst vorzunehmende Untersuchung der rechtlichen Stellung des Bewerbers dieses Zugangsrecht nicht außer acht lassen. Danach hat jeder Bewerber einen Anspruch darauf, daß seine Beweibung unter Beachtung der dort genannten Kriterien beschieden w i r d 2 0 4 , denn Art. 33 Abs. 2 GG gewährt ein subjektives grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zum öffentlichen Dienst 2 0 5 . Zwar ist damit ein Einstellungsanspruch nur dann verbunden, wenn jede andere Entscheidung als die Einstellung des konkreten Bewerbers rechtswidrig gewesen wäre 2 0 6 . In allen anderen Fällen kann der nach unzulässigen Kriterien abgelehnte Bewerber jedoch verlangen, daß ein auf verfassungswidrige Gesichtspunkte gestützter Ablehnungsbescheid aufgehoben und er somit wieder in den Kreis der Beweiber aufgenommen und erneut beurteilt w i r d 2 0 7 . 204

BVerfG 19.9.1989, DVB1. 1989, 1247; BAG 29.7.1982, BAGE 39, 235 (242 f.); 6.2.1980, AP Nr. 5 zu Art. 33 Abs. 2 GG, I 2 der Gründe; 31.3.1976, BAGE 28, 62 (66 f.); BAG 2.12.1970, BAGE 23, 101 (109); BVerwG 11.2.1981, BVerwGE 61, 325 (330); Hamann/Lenz, GG, Art. 33 Anm. A 2; Kübel, PersV 1986, 129 (135) m.w.N.; ders., Personalmaßnahmen, S. 131 m.w.N.; Kübler, VR 1982, 361 (362); v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 33 Anm. II 3b, S. 801; Matthey in v. Münch, GG, Art. 33 Rz. 25,Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rz. 12, 16; B. Müller, ArbR, Rz. 329; Stern, Staatsrecht I, § 11 III 4b, 4d, S. 346 f. Dazu auch Plander, Hüter, S. 224 ff. Zur früheren Auffassung, wonach die Bedeutung des Art 33 Abs. 2 GG auf das Recht zur Bewerbung beschränkt wurde, vgl. Kutscha, BIStSozArbR 1981, 161 (163) m.w.N.; Jung, S. 153 ff ; v. Mangoldt/Klein, GG, Art 33 Anm. IV 1, 5 m.w.N.; Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art 33 Rz. 16. 205

Vgl. AH 93 Abs. 1 Nr. 4a GG.

206

Allg. Meinung, vgl. nur BVerwG 30.8.1962, BVerwGE 15,3 (7); BAG 1.10.1986, BAGE 53, 137 (149); 12.3.1986, BAGE 51, 247 (257); 6.6.1984, AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969, II 2a aa der Gründe; 16.12.1982, AP Nr. 19 zu Art. 33 Abs. 2 GG, II 1 der Gründe; 29.7.1982, BAGE 39, 235 (242 f.); 31.3.1976, BAGE 28, 62 (67) m.w.N.; Erman-Z/anau, BGB, § 611 Rz. 245; Gamillscheg, S. 68; Kübel, Personalmaßnahmen, S. 131; Kutscha, BIStSozArbR 1981, 161 (163) m.w.N; B. Müller, ArbR, Rz. 329; Ule in Bettermann-Nipperdey, Grundrechte IV/2, S. 537 (585); Wolff/BachofStober, VerwR II, § 119 Rz. 3. 207

BAG 1.10.1986, BAGE 53, 137 (149); 5.8.1982, BAGE 40, 1 (7); 9.12.1981, BAGE 36,

218

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Sollte das Mitbestimmungsverfahren diese Ansprüche des Arbeitnehmers mißachten, so muß er, da am Mitbestimmungsverfahren nicht beteiligt, diese Rechte anschließend gerichtlich geltend machen. Die Durchsetzbarkeit dieser Rechte scheitert jedoch, wenn zwischenzeitlich keine freie Stelle mehr zur Verfügung steht. § 3 Abs. 2 BHO legt zwar fest, daß der Haushaltsplan auf bestehende Ansprüche keine Auswirkungen hat. Ist die konkrete Stelle, auf die allein sich der Einstellungsanspruch bezogen hat, nicht mehr verfügbar, so kann sich der Einstellungsanspruch nicht in einen Anspruch auf Schaffung einer neuen Stelle umwandeln 2 0 8 , ausgehend von der Überlegung, daß ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kein Recht zur Kündigung des unberechtigt eingestellten Bewerbers g i b t 2 0 9 . Jedenfalls führt die rechtswidrige (und schuldhafte) Behandlung der Bewerbung zu einem Schadensersatzanspruch für den Betroffenen 210 .

2. Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Muß die Auslegung personalvertretungsrechtlicher Normen gewährleisten, daß der Zugang zum öffentlichen Dienst verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht 211 , so gilt entsprechendes für Art. 12 Abs. 1 GG: Schließt die Freiheit der Berufswahl auch die Freiheit der Berufsaufnahme, das heißt des Tätigwerdens in dem erwählten Beruf e i n 2 1 2 , so darf die Auslegung personalver-

344 (347); 20.7.1977, BAGE 29, 247 (257); 31.3.1976, BAGE 28, 62 (67); Erman-Hanau, BGB, § 611 Rz. 245; B. Müller, ArbR, Rz. 329. 208

Kutscha, BlStSozArbR 1981, 161 (163) m.w.N; Ule in Bettermann-Nipperdey, IV/2, S. 537 (585) und zur beamtenrechtlichen ErnennungPlog-Lemhöfer, BBG, § 23 Rz. 13.

Grundrechte

209 Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art 33 Rz. 17. Zu neueren Fordeningen im Beamtenrecht, eine sog. Konkurrentenklage zuzulassen, vgl. Plog-Lemhöfer, BBG, §23 Rz. 14 mit umfangreichen Nachweisen. Das Bundesarbeitsgericht hatte bislang nicht zu prüfen, welche Rechtsfolgen sich in diesem Fall für den rechtswidrig beschiedenen Bewerber ergeben und diese Frage ausdrücklich offengelassen, die Kläger hatten vorsorglich ihren Antrag auf die nächstefrei werdende Stelle gerichtet, vgl. BAG 31.3.1976, BAGE 28, 62 (68). Aus diesen Gründen Bedenken gegen einen Einstellungsanspruch überhaupt bei Scheuner, Anm. BAG 31.3.1976, AP Nr. 2 zu Art 33 Abs. 2 GG, unter 1. 210

Vgl. BVerwG 25.8.1988 (2 C 51.86), BVerwGE 80, 123 (125); Maunz mMaunzfcürig, GG, Art. 33 Rz. 17. Siehe auch B. Müller, ArbR, Rz. 329, der den Anspruch entsprechend § 611a BGB gewähren will, und Böhm/Spiertz, BAT, §4 Rz. 13, die Schadensersatz wegen Nichterfüllung zubilligen. Zum beamtenrechtlichen Ernennungsanspruch vgl. Plog-Lemhöfer, BBG, § 6 Rz. 29. 211 212

Vgl. dazu auch Kübel, PersV 1986,129 (136).

Abraham in Bonner Kommentar zum GG, Art. 12 Anm. II 3a. Siehe auch Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art 12 Rz. 466: Freie Wahl des Arbeitsplatzes.

§

Die rechtliche Stellung der Betroffenen

219

tretungsrechtlicher Mitbestimmungsnormen nicht das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht des Bewerbers auf freie Wahl von Beruf und Arbeitsplatz verletzen 213 . Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt Art. 12 GG für alle Berufe, das heißt auch für solche im öffentlichen Dienst 2 1 4 . Im Anwendungsbereich von Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet Art. 12 GG jedoch nicht den freien Zugang zum Beruf 2 1 5 . In diesen Fällen ist die Bedeutung des Grundrechts darauf beschränkt, daß der Beruf von jedermann frei gewählt werden kann und daß seine Wahl niemandem aufgezwungen werden d a r f 2 1 6 . Darüber hinaus erhält Art. 12 GG dort eine eigene Bedeutung, wo der Durchgang durch den öffentlichen Dienst zugleich den Zugang zu anderen, nichtstaatlichen Berufen eröffnet 217 . Im übrigen wird die Freiheit der Berufswahl hier durch den gleichen Zugang zu allen öffentlichen Ämtern bei gleicher Eignung gewährleistet 218 , so daß insoweit Art. 12 GG hinter Art. 33 Abs. 2 GG als der spezielleren Verfassungsnorm zurückzutreten h a t 2 1 9 . Da andererseits Art. 33 Abs. 2 GG anders als Art. 12 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Einstellung gewährt 2 2 0 , ergibt sich hinsichtlich des beruflichen Zugangsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG keine weitergehende Rechtsposition für den Bewerber als aus Art. 33 Abs. 2 GG.

213 Plander, RdA 1985, 223 (229). Vgl. auch Kübel, PersV 1986, 129 (135 f.), der die Parallele zu berufsständischen Satzungsgebern zieht, denen es BVerfG 9.5.1972, BVerfGE 33, 125 (152 ff.) untersagt hat, eigene berufliche Zugangs- und Abschlußgründe selbst zu formulieren. 214 Vgl. BVerfG 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (398); 2.4.1963, BVerfGE 16, 6 (21); 5.5.1964, BVerfGE 17, 371 (377). 215 BVerfG 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (398); 2.4.1963, BVerfGE 16, 6 (21 f.); 5.5.1964, BVerfGE 17, 371 (377); Ule in Bettermann-Nipperdey, Grundrechte IV/2, S. 537 (637) m.w.N. 216

BVerfG 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (398); 2.4.1963, BVerfGE 16,6 (21).

217

BVerfG 22.5.1975, BVerfGE 39, 334 (373); BAG 1.10.1986, BAGE 53, 137 (143 f.); 9.12.1981, BAGE 36, 344 (349 f.); 5.8.1982, BAGE 40, 1 (9 f.); BVenvG 6.2.1975, BVerwGE 47, 330 (343); Scheuner, Anm. BAG 31.3.1976, AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG, unter 4. 218 BVerfG 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (398); Jung, S. 158; Leibholzföinck/Hesselberger, Art. 33 Rz. 31. 219 BVerfG 11.6.1958, BVerfGE 7, 377 (398); BAG 20.7.1977, BAGE 29, 247 (256); VG Bln. 19.12.1974, ZBR 1975, 83; VG Freiburg 20.3.1963, ZBR 1964, 188; Ru. Scholz in Maunzföürig, GG, Art. 12 Rz. 195 ff. und Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art 33 Rz. 13,15; Gamillscheg, S. 67 f. 220

Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rz. 56, 59, 470.

GG,

220

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

3. Vertragsfreiheit Die Vertragsfreiheit gehört für den Bereich des Arbeitsrechts zu den herausragenden Annexfreiheiten aus Art. 12 und Art. 14 G G 2 2 1 . Die Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers als unmittelbarer Ausfluß seiner freien Wahl des Arbeitsplatzes aus Art. 12 GG umfaßt die positive und negative Abschlußfreiheit und Auswahlfreiheit sowie prinzipiell die Inhaltsfreiheit 222 . Auch sie wird tangiert, äußert die Mißachtung des Personalrats Rechtsfolgen für das Arbeitsvertragsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien. 4. Bestandsschutz a) Der Stellenwert des Bestandsschutzes in der Rechtsordnung Neben der nachträglichen Bewertung des Einstellungsaktes berührt die Frage der Rechtsfolgen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung den Bestandsschutz des Arbeitnehmers, denn dieser ist bereits in die Dienstgemeinschaft eingetreten und hat damit ein Arbeitsverhältnis begründet, sei es rechtlich durch den Abschluß eines Arbeitsvertrages, sei es faktisch durch die Eingliederung in den Dienstbetrieb. Mit der Festlegung der an die Kollektivrechtswidrigkeit geknüpften Rechtsfolgen wird daher auch immer die Frage angesprochen, welche Konsequenzen sich hieraus für den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses ergeben. Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz genießt in unserer Rechtsordnung einen besonders hohen Stellenwert 223 . Die Entlassung von Arbeitnehmern erlaubt das Gesetz grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen. Der sozialstaatlich beeinflußte Schutz der Berufsfreiheit umfaßt den Schutz vor willkürlichen und grundlosen Kündigungen, weil ein ungerechtfertigter Entzug des Arbeitsplatzes angesichts seiner Bedeutung für die Berufsausübung des Arbeitnehmers nicht zugelassen werden s o l l 2 2 4 . Wegen der einschneidenden Bedeutung, die die Kündigung durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer hat, 221

Vgl. Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rz. 131 f., der für den arbeitsvertraglichen Bereich aufgrund des Spezialitätsgrundsatzes Art 12 und 14 GG den Vorrang gegenüber Art 2 Abs. 1 GG einräumt 222 Vgl. Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rz. 133. Im öffentlichen Dienst allerdings unter den Maßgaben des Art. 33 Abs. 2 GG. 223 224

Dazu Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (159).

KR-Wolf, Grunds. Rz. 42c. Siehe auch Ru. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art 12 Rz. 48, 50, 86: Kündigungsschutz als sozialstaatliche Einschränkung der arbeitsrechtlichen Vertragsfreiheit

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

221

haben die Novellierungen von Betriebsverfassungs- und von Personalvertretungsgesetz die Rechtsstellung der Vertretungsorgane erheblich verstärkt und mit dem individualrechtlichen Schutz verknüpft 2 2 5 . Die Beteiligung der Vertretungsorgane kann sich nur als zusätzlicher Schutz zugunsten des zu Kündigenden auswirken 226 . Der besonderen Bedeutung individualrechtlichen Bestandsschutzes wird daher auch von diesen Gesetzen Rechnung getragen. Den Vertretungsorganen ist der Bestandsschutz besonders anbefohlen. Es gehört zu ihren gesetzlichen Pflichten, innerhalb der Äußerungsfrist über eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Kündigung zu beraten und zu beschlies-

Dabei ist zu beachten, daß das Beteiligungsrecht des Personalrats bei ordentlichen Kündigungen von anderer Qualität ist als das des Betriebsrats. Hier hat der Personalrat nicht nur, wie der Betriebsrat, ein Anhörungsrecht, sondern es bedarf seiner Mitwirkung, das heißt des gemäß § 72 ausgestalteten Verfahrens 228 . b) Besonderer Bestandsschutz im öffentlichen Dienst? Für den öffentlichen Dienst wird darauf hingewiesen, daß der Bestandsschutz dort ungleich höher sei als in der Privatwirtschaft: faktisch unterlägen die Arbeitnehmer einem absoluten Schutz vor Kündigungen wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes, Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen kämen praktisch nicht v o r 2 2 9 , der Arbeitnehmer müßte danach also nur dann mit einer Entlassung rechnen, wenn er die Gründe hierfür selbst gesetzt hat. Ist einerseits bereits zweifelhaft, ob sich hieraus überhaupt ein rechtlich zu beachtender, höherwertiger Bestands- oder Vertrauensschutz ergeben kann, so ist andererseits diese Aussage gerade im Hinblick auf zunehmend angespann225

Dazu bereits oben § 18 Β II 2d bb.

226

Vgl. KR-Wolf,

Grunds., Rz. 24, 26; Preis, S. 87.

227

Zum BetrVG: Kraft, GK-BetrVG, § 102 Rz. 66; Fitting/Auffarth, BetrVG, § 102 Rz. 38; KREtzel, § 102 BetrVG, Rz. 121. Zum BPersVG: Etzel in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 79 Rz. 67; KR-Etzel, §§ 72, 79, 108 BPersVG, Rz. 33. Vgl. auch L. Schmitt in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 91. 228 Auf Landesebene unterliegt die Kündigung zum Teil der Mitbestimmung, vgl. dazu bereits oben § 11 E IV 2. 229

Vgl. Havers , PereV 1987, 305 (312); Kisker, PereV 1985, 137 (141); Baumanns, PersV 1984, 393 (396); ähnlich Widmaier, PereV 1978,299 (300) und Loritz, S. 116, 82 f.

222

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

tere Haushaltslagen nicht zutreffend. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen werden im öffentlichen Dienst ausgesprochen als Folge von Stellenstreichungen im Haushaltsplan, von Sparmaßnahmen aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben, von Privatisierungsmaßnahmen, von Projekteinstellungen durch den Drittmittelgeber oder von Neubesetzungen von Beamtendienstposten mit einem Beamten zur Ablösung der bisher dort tätigen Arbeitnehm e r 2 3 0 . Zwar kann davon ausgegangen werden, daß der öffentliche Dienst in erster Linie versucht, das von den Parlamenten vorgegebene Sparziel zunächst durch die Nicht-Wiederbesetzung frei werdender Stellen zu erreichen 231 , dies bedeutet jedoch nicht, daß es im öffentlichen Dienst ausschließlich personenoder verhaltensbedingte Kündigungen gibt. So lassen sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinzelt haushaltsrechtlich bedingte Beendigungskündigungen finden 2 3 2 . Auch wenn der Kostenfaktor Arbeit im öffentlichen Dienst nicht dem ständigen Rationalisierungsdruck des privatwirtschaftlichen Produktionsprozesses unterliegt 2 3 3 - gilt doch das Gewinnstreben als bedeutendstes Unternehmensziel 234 - so kann bei haushaltsrechtlich geforderter Personalreduzierung im öffentlichen Dienst von einer Arbeitsplatzsicherheit nicht mehr gesprochen werden 2 3 5 . Ein Schutz bei Rationalisierungsmaßnahmen, wie ihn der Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte vom 9. Januar 1987 im öffentlichen Dienst vorsieht, ist auch der Privatwirtschaft über entsprechende tarifVertragliche Rationalisierungsschutzabkommen nicht fremd 2 3 6 .

230

Bruse-Schmalz, BAT, §53 Rz. 29. Vgl. auch Arndt/Baumgärtel, Becker, § 1 KSchG, Rz. 334 ff. 231

BAT, §53 Rz. 110; KR-

Vgl. Breer, DöD 1982, 153.

232

Vgl. BAG GS 28.11.1956, BAGE 3, 245: Stellenstreichung bzw. Anordnung allgemeiner Einsparungen im Haushaltsplan, letzteres wurde als ausreichender Kündigungsgrund nicht anerkannt; BAG 3.5.1978, BAGE 30, 272: Streichung der Stelle im Haushaltsplan wegen Übertragung der Tätigkeiten auf Privatunternehmer, 6.6.1984 (7 AZR 451/82), AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung: Betriebsschließung; 17.5.1984, BAGE 46, 191: Fehlende Qualifikation bei nunmehr ausreichend zur Verfügung stehenden qualifizierten Bewerbern; 6.9.1978, AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969: KW-Vermerk im Haushaltsplan, wurde als ausreichender Kündigungsgrund nicht anerkannt. Überblick über die Möglichkeiten einer betriebsbedingten Kündigung auch bei Hettlage, Anm. BAG GS 28.11.1956, DöV 1957, 292 f. 233

Vgl. dazu Wriedt, BB 1987, 1537 (1540).

234

WriedU BB 1987,1537 (1538)m.w.N.

235

JSreer, DöD 1982, 153 (154). Vgl. auch Neumann, RdA 1979, 371 (373): Im öffentlichen Dienst geht, anders als in der Privatwirtschaft, die nach § 1 Abs.2 KSchG erforderliche Interessenabwägung wegen der schon vorher erfolgten parlamentarischen Kontrolle und Entscheidung in der Regel zu Gunsten des Arbeitgebers aus. 236

Vgl. dazu KR-Wolf, Grunds. Rz. 437.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

223

Ein erhöhter Bestandsschutz, der dem öffentlichen Dienst zugeschrieben werden kann, besteht erst nach langjähriger Dienstzugehörigkeit 237 und spielt für die hier zu untersuchenden Fälle daher keine Rolle.

5. Vertrauensschutz Neben dem Bestandsschutz wird auf den Vertrauensschutz des Arbeitnehmers verwiesen, der bei der hier aufgeworfenen Frage zu berücksichtigen sei 2 3 8 . Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seinen grundlegenden Entscheidungen auf das Schutzbedürfnis des auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages vertrauenden Arbeitnehmers abgestellt 239 . Vertrauensschutz im Bereich des Arbeitsrechts ist anerkannt, wenn durch das Verhalten des Arbeitgebers ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu einer Bindung des Arbeitgebers führt, das heißt wenn der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben auf die Verpflichtung des Arbeitgebers vertrauen durfte 2 4 0 . Ein besonderer Vertrauensschutz auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses besteht im öffentlichen Dienst nicht. Auch hier kann der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, der Gefahr einer Kündigung nicht ausgesetzt zu sein oder seinen Arbeitsplatz etwa nur aus persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen zu verlieren 2 4 1 . Zugunsten des Arbeitnehmers ist jedoch zu beachten, daß der Bewerber des öffentlichen Dienstes angesichts der Gesetzesbindung und der damit verbundenen, zu vermutenden Gesetzeskenntnis des öffentlichen Arbeitgebers davon ausgehen darf, daß Rechtsmängel des Arbeitsvertrages in der Regel nicht vorkommen werden. Für den Bereich der betrieblichen Übung hat das Bundesarbeitsgericht in gefestigter Rechtsprechung festgestellt, daß aufgrund der im öf237 Vgl. § 53 Abs. 3 BAT, § 58 MTB II/MTL II. Unzutreffend daher Loritz, S. 20, wenn er mit Hinweis auf § 53 Abs. 3 BAT meint, der öffentliche Dienst könne sich von seinen Arbeitnehmern weitgehend nicht trennen. 238

Vgl. Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 73 f.; ders., PersV 1978, 217 (220).

239

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr.5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe. 240 Vgl. BAG 10.4.1985, BAGE 49, 31 (38) m.w.N.; 5.2.1971, BAGE 23, 213 (220); 3.8.1982, BAGE 39, 271 (276); 7.2.1982, BAGE 40, 126 (133); 15.6.1972 (5 AZR 38/72), AP Nr. 74 zu § 611 BGB Gratifikation, 3 der Gründe; 23.4.1963, BAGE 14, 174 (177); KR-Hillebrecht, § 620 BGB, Rz. 220. 241

Siehe die vorstehenden Ausführungen zum Bestandsschutz unter 4. Im Ergebnis ähnlich Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161).

224

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

fentlichen Dienst für den Arbeitgeber bestehenden besonderen rechtlichen Bindungen der Vertrauensschutz des Aibeitnehmers anders zu beurteilen sei als bei einem privaten Arbeitgeber, der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst müsse davon ausgehen, daß sich sein Arbeitgeber normgemäß verhalten w o l l e 2 4 2 . Da der öffentliche Arbeitgeber insbesondere an die Festlegung des Haushaltsplans gebunden und daher gehalten sei, nur die Leistungen zu gewähren, die er nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen auch gewähren dürfe, hat es das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes versagt, sich allein wegen der jahrelangen Gewährung einer übertariflichen Leistung auf Vertrauensschutz zu berufen 243 . Sicherlich kann auch in der Privatwirtschaft der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, daß sich sein Arbeitgeber nicht normgemäß verhalten wolle. Von der Gesetzestreue seines Arbeitgebers muß grundsätzlich jeder Arbeitnehmer ausgehen. Der öffentliche Dienst unterscheidet sich insoweit allein darin von privatwirschaftlichen Verhältnissen, daß hier die rechtlichen Bindungen, denen der Arbeitgeber unterworfen ist, stärker ausgeprägt sind, und der Arbeitnehmer daher mit größeren rechtlichen Einschränkungen rechnen muß. Es liegt nahe, den Schutz des Vertrauens auf das rechtsfehlerfreie Zustandekommen des Vertrages aus diesen Gründen wieder einzuschränken und den Arbeitnehmer darauf zu verweisen, er müsse jederzeit mit der Gesetzestreue seines Arbeitgebers und daher mit der Beseitigung rechtswidriger Maßnahmen rechnen. Damit würde jedoch der gesamte rechtsstaatliche Vertrauensschutz negiert. Es wurde bereits dargelegt, daß rechtsstaatliches Handeln nicht notwendig zu der Beseitigung rechtswidriger Akte führt, sondern daß der Schutz des Vertrauens in den Bestand behördlicher Maßnahmen ebenso erfaßt i s t 2 4 4 . Es bleibt damit festzuhalten, daß der Bewerber für den öffentlichen Dienst aufgrund der rechtsstaatlichen Bindungen seines zukünftigen Arbeitgebers Gesetzestreue und Gesetzeskenntnis vermuten darf. Er kann daher grundsätzlich davon ausgehen, daß ein Arbeitsvertrag fehlerfrei zustandekommt. Vertrauen in den Bestand der Maßnahme genießt der Arbeitnehmer im Rahmen des normalen Kündigungsrechts. Weder genießt er hier erhöhten Bestandsoder Vertrauensschutz, noch führt die Gesetzesbindung der Verwaltung zur Versagung dieses allgemeinen Bestandsschutzes.

242

BAG 23.6.1988, BAGE 59, 73 (85) m.w.N.; 5.2.1986, BAGE 51, 113 (118); 10.4.1985, BAGE 49,31(38). 243

BAG 23.6.1988, BAGE 59, 73 (85) m.w.N.; 10.4.1985, BAGE 49,31 (38 f.).

244

Siehe dazu ausführlich oben § 12 Β I .

§18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

225

6. Schadensersatzansprüche Die Frage der individualrechtlichen Auswirkungen einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung könnte unabhängig von rechtlichen Positionen des Bewerbers zu beantworten sein, wenn ihm in jedem Fall ausreichender Schutz über Schadensersatzansprüche zuteil würde 2 4 5 . Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung oder den Dienststellenleiter kommen in Frage unter dem Aspekt der schuldhaften Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsvorschriften. Im Hinblick auf die eingangs dargelegten Schwierigkeiten bei der richtigen Anwendung dieser Normen wird schon aus Gründen fehlenden Verschuldens ein Schadensersatzanspruch regelmäßig nicht in Betracht kommen. Aber selbst wenn ein Verschulden des Dienststellenleiters gegeben sein sollte, so bereitet die Gewährung eines den Nachteil kompensierenden Schadensersatzanspruches für den betroffenen Arbeitnehmer Schwierigkeiten. Die Anerkennung des Personalvertretungsgesetzes als Schutzgesetz für den einzustellenden Bewerber im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist im Hinblick auf die kollektivrechtliche Ausrichtung, die dem Einstellungstatbestand von der herrschenden Meinung zugewiesen w i r d 2 4 6 , zweifelhaft und im übrigen hier paradox, soll doch nicht schon die Mißachtung dieses Schutzgesetzes zum Schaden führen, sondern gerade erst die Sanktion für die Mißachtung 2 4 7 . Anerkennt man die vorvertragliche Pflicht auf ordnungsgemäße Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Einstellungsverfahrens oder zumindest auf Aufklärung über mögliche rechtliche Schwierigkeiten oder über die Gründe, die zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, so ergibt sich ein Anspruch aus culpa in contrahendo, der dem Arbeitnehmer grundsätzlich nur seinen Vertrauensschaden ersetzt 2 4 8 . Er ist danach so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des geschlossenen Arbeitsvertrages vertraut hätte 2 4 9 . Ein Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses kann allenfalls dann gewährt werden, wenn ein Anspruch auf Abschluß des Vertrages bestanden hätte, will man

245

So im Ergebnis filr das BetrVG: Meyer, BB 1982, 1614 (1616); End, S. 183; Boewer, RdA 1974, 72 (74); zum PersVR: Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 39. 246

Siehe oben §18 Β II 2eaa).

247

A A Arndt/Baumgörtel, BAT, Rz. 23 vor § 4: § 75 Abs. 1 BPersVG ist Schutzgesetz im genannten Sinne; oflfengelassen von BAG 14.6.1972, BAGE 24,307 (316 f.). 248 Vgl. ?&\andt-Heinrichs, BGB, § 276 Rz. 100, Rz. 17 vor § 249. Dazu auch BAG 15.5.1974, AP Nr. 9 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsschluß, III 1 der Gründe; 2.12.1976, AP Nr. 10 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsschluß, 11 der Gründe; Böhm/Spiertz, BAT, § 4 Rz. 49 f. 249

Vgl. ?&\andX-Heinrichs,

15 Hantl-Unthan

BGB, Rz. 17 vor § 249.

226

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

nicht über den Schadensersatzanspruch zu einem sonst nicht gegebenen Kontrahierungszwang kommen 2 5 0 . Aber selbst wenn man mit der Rechtsprechung das Erfüllungsinteresse auch dann zuspricht, wenn das Geschäft ohne die pflichtverletzende Handlung zustandegekommen wäre 2 5 1 , so setzt dies die Prognose voraus, der Personalrat habe keine oder zumindest keine durchgreifenden Verweigerungsgründe geltend machen können. Ein Anspruch auf Schadensersatz, der einen Ausgleich für den Verlust des zunächst ja begründeten Arbeitsverhältnisses bieten könnte, besteht daher zweifelsfrei nur dann, wenn dem Arbeitnehmer ein Einstellungsanspruch zusteht. Diesen Einstellungsanspruch wiederum kann er aber unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG geltend machen, ohne daß ihm dort die Versagung der Zustimmung des Personalrats oder der Einigungsstelle entgegengehalten werden k a n n 2 5 2 . Darüber hinaus bleibt zweifelhaft, ob der Schadensersatz im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber überhaupt das Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses erfassen kann, denn auch der Bundesangestelltentarifvertrag gewährt für den hier interessierenden Zeitraum keinen zusätzlichen Kündigungsschutz 253 . Eine Kompensation möglicher Nachteile, die mit der Kollektivrechtswidrigkeit der Einstellung für den betroffenen Arbeitnehmer verbunden sein könnten, kann daher über Schadensersatzansprüche nicht erfolgen 254 .

250

m.w.N. 251

Vgl. Stoll, Festschr. f. v. Caemmerer, S. 435 (445); Erman-JSattes, BGB, § 276 Rz. 124 Vgl. ?a\andt-Heinrichs, BGB, § 276 Rz. 101 m.w.N.

252

BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50,186 (194) m.w.N.- Dazu noch unten § 19 C13 und § 19 DU3. 253 Vgl. dazu für das BetrVG Richardi, ZfA Sonderheft 1972, S. 1 (16); Matthes, DB 1974, 2007 (2010); Dietz/Richardi, BetrVG, §99 Rz. 231. Allgemein zum Schadensersatzrecht Erman-Battes, BGB, § 276 Rz. 117 ff. m.w.N. 254 Im Ergebnis ebenso für das BetrVG: Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 74 f.; Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 230; Richardi, DB 1973, 428; ders., ZIA Sonderheft 1972, S. 1 (16); Frey, BB 1972, 923 (926); Matthes, DB 1974, 2007 (2008); Hemmer, S. 130; für das PersVR: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Gründe; Alberty, PersV 1978, 217 (220); Söllner/Reinert, S. 198.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

227

D. Die rechtliche Stellung der Verwaltung L Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Die Verwaltung ist in besonderem Maße Gesetz und Recht verpflichtet, Art. 20 Abs. 3 GG. Sie ist gehalten, die ihr zugewiesenen Aufgaben verantwortlich zu erfüllen, andernfalls sie gegen dieses verfassungsrechtliche Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstieße. Anders als beim privaten Arbeitgeber, der seine unternehmerischen Ziele in alleiniger Verantwortung selbst festlegt, steht die Aufgabenerfüllung nicht zu ihrer freien Disposition und unterliegt die Verwaltung der diesbezüglichen verwaltungsmäßigen Regierungskontrolle 2 5 5 . Die dem Dienststellenleiter hierbei obliegende dienstliche Verantwortung wird durch die Teilhabe der Personalvertretung nicht geschmälert256. Die der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung unterfallenden Maßnahmen trifft der Dienststellenleiter für die Verwaltung, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen, das heißt die personellen Entscheidungen sind zwingend notwendige Voraussetzungen für die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben, die sachlich nicht zu trennen sind vom Auftrag der Behörde 2 5 7 . Es geht daher im öffentlichen Dienst immer auch um Funktion und Effizienz der Verwaltung im demokratischen Verfassungsstaat insgesamt 258 . Die öffentliche Verwaltung unterliegt damit einerseits völlig anderen gesetzlichen Vorgaben als der private Unternehmer, andererseits verfügt sie aber auch über Kontrollinstanzen, die dem Betriebsverfassungsrecht fehlen. Der Aufbau der Verwaltung sorgt für eine interne Rechtmäßigkeitskontrolle. Der Dienststellenleiter als die Funktion des öffentlichen Arbeitgebers wahrnehmende Person untersteht öffentlich-rechtlicher Disziplinargewalt. Sein Verhalten wird geahndet, soweit es eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung darstellt. Daneben darf die Einflußmöglichkeit der öffentlichen Meinung mittels

255 Vgl. auch BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9,268 (281 f.); 30.11.1965, BVerfGE 19,303 (321); GmSOGB 12.3.1987, NJW 1987, 2571 (2572)',Loritz, S. 20; L. Schmitt in Lorenzens aas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 55; Ru. Scholz, PersV 1975, 81 (88); ders., ZBR 1980,297 (298). 256 257

L. Schmitt in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 91a.

Burandt, ZBR 1978, 320 (323); ähnlich L. Schmitt m Lorenzen/Haas/Schmitt, Rz. 57, 78,91. 258

BPersVG, § 1

V&.Battis, RdA 1992,12 (16); Ru. Scholz, PersV 1975, 81 (82). Ähnlich Loritz, S. 85 f.

228

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

der Medien, der die öffentliche Verwaltung weit mehr ausgesetzt ist als der private Unternehmer, nicht unterschätzt werden 2 5 9 . I L Grundsätze des öffentlichen Personalaufwandes Bei der Frage der Auswirkungen einer kollektivrechtswidrigen Einstellung auf das Beschäftigungsverhältnis des eingestellten Bewerbers ist in der öffentlichen Verwaltung immer auch die Frage des öffentlichen Personalaufwandes angesprochen. Dieser unterliegt in Art und Ausmaß Bestimmungen zwingenden Rechts 2 6 0 . Die Rechtfertigung dafür, daß der Staat seinen Finanzbedarf durch öffentliche Abgaben deckt, das heißt sich seine Einnahmen hoheitlich durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes beschafft, liegt in den Aufgaben, deren Erfüllung von ihm erwartet w i r d 2 6 1 . In den Haushaltsplänen sind daher die für die Erfüllung der Staatsaufgaben notwendig gehaltenen Mittel jeweils entsprechend veranschlagt 262 . Die bewilligten Haushaltsmittel sind nach § 7 Abs. 1 BHO wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. Der Personalbedarf einer Dienststelle richtet sich nach den zur Erfüllung der gestellten Aufgaben notwendigen Arbeitskräften 263 . Personalmittel dürfen daher nur so lange in Anspruch genommen werden, als es zur wirtschaftlichen und sparsamen Führung der Verwaltung erforderlich i s t 2 6 4 . Kündigungen beispielsweise, die die gesetzliche Pflicht zur Wahrung von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung erfüllen, entsprechen einem dringenden, weil gesetzlichen Verwaltungserfordernis 265 .

259

Rüthers in Rüthers/Boldt,

260

Hettlage, Anm. BAG GS 28.11.1956, DöV 1957, 292 (293); Loritz, S. 16.

S. 29; ähnlich Burandt, ZBR 1978, 320 (325).

261

Badura, Staatsrecht, I Rz. 1, S. 496. Siehe auch Vogel in Isensee/Kirchhof, Rz. 66ff., S. 1151 (1179 ff). 262

Vgl. Badura, Staatsrecht, I Rz. 1, S. 496.

263

Vgl. Wiesner, S. 183.

Staatsrecht I, § 27

264

Hettlage, Anm. BAG GS 28.11.1956, DöV 1957, 292 (294). Vgl. auch §90 Nr. 3 und 4 BHO, die dem Bundesrechnungshof u.a. die Aufgabe zuweisen zu prüfen, ob wirtschaftlich und sparsam verfahren wird und ob die Aufgabe mit geringerem PersonalaufWand erfüllt werden kann. 265

Hettlage, Anm. BAG GS 28.11.1956, DöV 1957, 292 (294). Zu den haushaltsrechtlichen Anforderungen solcher Kündigungen vgl. oben § 18 C II 4b.

§ 18 Die rechtliche Stellung der Betroffenen

229

E. Zusammenfassung Der Gesetzgeber will mit der Anordnung bestimmter Verhaltensweisen bestimmte Zwecke erreichen. Da die Zweckverwirklichung der Erhaltung oder Gewinnung bestimmter Güter dient und die hierauf gerichteten Interessen oder Bedürfnisse befriedigen soll, ist es erforderlich, eine möglichst umfassende Obersicht über die Güter zu gewinnen, auf die sich die erwogene Entscheidung einerseits positiv, andererseits negativ auswirken kann. Es bedarf daher zunächst der Analyse der rechtlichen Stellung der Betroffenen. Verfassungsrechtlich wird die Mitbestimmung der Personalvertretung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und den Grundrechten der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG legitimiert. Da dort aber keinerlei Gebote für die konkrete Gestaltung personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung ausgesprochen werden, sind die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst ohne Bedeutung für die Reichweite personalvertretungsrechtlicher Beteiligung. Die Personalvertretung nimmt die Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstherrn durch spezifisch personalvertretungsrechtliche "Repräsentation" wahr. Hiervon werden nicht nur die Interessen des Kollektivs, sondern auch die des einzelnen Beschäftigten erfaßt. Bei der Einstellung kommmt dabei der vom Personalrat vorzunehmenden Richtigkeitskontrolle im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG eine besondere Bedeutung zu. Die Personalvertretung ist aber auch Teil des internen Verwaltungsaufbaus. Da sie gleichzeitig für die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben einzutreten hat, ist die Gemeinwohlförderung als Ziel und Zweck behördlicher Tätigkeit für sie bindendes Gebot. Bei der Frage des Stellenwertes der beiden von der Personalvertretung wahrzunehmenden Aufgaben, Wahrnehmung der Beschäftigteninteressen und Gemeinwohlförderung als Erfüllung öffentlicher Aufgaben, ist zu berücksichtigen, daß auch die Belange der Beschäftigten nicht ohne Anbindung an die der Verwaltung gestellten Aufgaben gesehen werden können. Auswirkungen einer kollektivrechtswidrigen Einstellung auf das Beschäftigungsverhältnis des eingestellten Beweibers berühren die Grundsätze des öffentlichen Personalaufwandes. Dabei ist zu berücksichtigen, daß hoheitliche Einnahmenbeschaffung ihre Rechtfertigung in den dadurch zu erfüllenden Aufgaben findet. Die individuelle Rechtsposition des einzelnen Arbeitnehmers wird vom Personalvertretungsgesetz ebenfalls erfaßt. Einflußmöglichkeiten auf das Mit-

230

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

bestimmungsverfahren bestehen fur ihn jedoch nicht. Aus seiner Sicht berührt der personalvertretungsrechtliche Tatbestand der Einstellung zwei Komplexe. Zum einen wird sein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf freien Zugang zum öffentlichen Dienst nach Art. 33 Abs. 2 GG tangiert, zum anderen wird der Bestandsschutz für das - wenn auch kollektivrechtswidrig - begründete Arbeitsverhältnis angesprochen. Gerade letzterer ist den Vertretungsorganen besonders anbefohlen. Das Vertrauen, das jeder Arbeitnehmer in die wirksame Begründung seines Arbeitsverhältnisses setzen kann, ist angesichts der besonderen Gesetzesbindung und der damit einhergehenden, zu vermutenden Gesetzeskenntnis des öffentlichen Arbeitnehmers höher anzusetzen als bei der Begründung eines privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisses. Vertrauen in den zukünftigen Bestand der Maßnahme genießt der Arbeitnehmer jedoch nur im Rahmen des normalen Kündigungsrechts. Schadensersatzansprüche, die die mit dem Kollektivrechtsverstoß möglicherweise verbundenen Beeinträchtigungen kompensieren könnten, bestehen nicht.

§ 19 Die Interessenbewertung im Rahmen der möglichen Lösungsalternativen A. Vorgaben Stellt das Verwaltungsgericht einen objektiven Verstoß des Dienststellenleiters gegen personalvertretungsrechtliche Vorschriften fest, so bieten sich für die Reaktion des Dienststellenleiters mehrere Alternativen an. Diese Alternativen gilt es, im Hinblick auf die oben dargelegten Rechtspositionen zu untersuchen. Auch im Rahmen rein kollektiver Interessenwahrnehmung sind die Belange des Individuums zu berücksichtigen 1. Andererseits ist die mit jeder menschlichen Existenz vebundene Gemeinschaftsbezogenheit in der Betriebs- oder Dienstgemeinschaft, in die der Arbeitnehmer zwangsläufig eintritt, besonders ausgeprägt. Daneben darf die Auslegung personalvertretungsrechtlicher Normen niemals die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes außer acht lassen, das heißt, die Stellung der Verwaltung im demokratischen Verfassungsstaat muß ausreichende Berücksichtigung finden. Der Konflikt kann daher nicht allein zwischen Kollektiv und Individuum ausgetragen werden. Vielmehr müssen hier die Interessen der Verwaltung und die von ihr wahrgenommenen Aufgaben für die Allgemeinheit, und zwar durch die zur Aufgabenerfüllung bei ihr Beschäftigten, bei der Lösung des Konflikts mit herangezogen werden.

B. Wirksamer Arbeitsvertrag mit Beschäftigungsverbot L Auswirkungen fur den Arbeitnehmer Ist also zwischen den Rechtspositionen der Beschäftigten, vertreten durch den Personalrat, den Rechtspositionen des individuell betroffenen Arbeitnehmers und denen der Dienststelle ein sachgerechter Ausgleich vorzunehmen, so 1 Sei es über den jeweiligen Schutzzweck der in Rede stehenden Beteiligung, sei es über das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, vgl. ausführlich oben § 18 Β II 2.

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

232

sieht die herrschende Meinung im Betriebsverfassungsrecht diesen durch ein Beschäftigungsverbot für den kollektivrechtswidrig eingestellten Arbeitnehmer bei Erhalt des Vergütungsanspruches auf der Grundlage eines in seiner rechtlichen Gültigkeit nicht betroffenen Arbeitsvertrages gegeben. Diese Lösung wird als ein Ergebnis angesehen, das die Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Arbeitnehmers vermeidet, ohne das Mitbestimmungsrecht der Beschäftigtenvertretung zu ignorieren 2 . In der grundlegenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist dem Schutzbedürfnis des auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages vertrauenden Arbeitnehmers ein dominierender Stellenwert beigemessen worden, weil das Interesse der Beschäftigtenvertretung an der Effektivität ihres Mitbestimmungsrechts durch das Beschäftigungsverbot ausreichend gewahrt werde 3 . I m Betriebsverfassungsgesetz gebietet § 101 BetrVG die Aufhebung der Maßnahme. Müssen hier also Konsequenzen folgen, so ist die Annahme der Wirksamkeit des Arbeitsvertrages und die Beseitigung allein der tatsächlichen Beschäftigung die für den Arbeitnehmer denkbar mildeste Konsequenz, kündigungsrechtliche Fragen hier noch dahingestellt. Die Rechtsposition des Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes stellt sich insoweit identisch dar. Ihm steht der gleiche arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch zu, der bei dieser Lösung beschnitten würde. Sind, anders als im Betriebsverfassungsgesetz, im Recht der Personalvertretung Konsequenzen aus der kollektivrechtswidrigen Durchführung nur dann zu ziehen, wenn die Interessen des Arbeitnehmers am Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht zu berücksichtigen sind oder den Interessen des Personalrats an "effektiver Mitbestimmung" unterliegen 4 , so stellt sich die Rechtslage auch insoweit identisch dar, denn im Betriebsverfassungsrecht soll sich die Beschneidung der einzelvertraglichen Rechte durch das Beschäftigungsverbot ebenfalls aus der Höherwertigkeit des Kollektivschutzes rechtfertigen 5. Angesichts der Beseitigungspflicht, die § 101 BetrVG statuiert, ergibt sich diese Höherwertigkeit aber bereits aus dem Betriebsverfassungsgesetz. 2 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8 f.); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d, 4e der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 53, 94; Frey, BB 1972, 923 (926); Galperin/Löwisch, BetrVG, § 101 Rz. 3, § 99 Rz. 117; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210); Matthes, DB 1975, 1651; ders., DB 1974, 2007 (2008); Rixecker, ArbuR 1983, 238 (239); Schulin, ZfA 1981, 577 (633). 3

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79) AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d, 4e der Gründe. 4

Oben § 16.

5

Matthes, DB 1974,2007 (2009).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

233

Orientiert man sich also lediglich am Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers, dann ist diesem mit einem wirksamen Arbeitsvertrag am besten gedient. Das Beschäftigungsverbot versagt ihm lediglich die Durchsetzung seines Beschäftigungsanspruches. I L Auswirkungen fur die Beschäftigten 1. Die Durchführbarkeit der Maßnahme " a m Personalrat vorbei" Zunächst kann diese Lösung nicht mit dem Argument verworfen werden, sie werde der Bedeutung des Mitbestimmungsrechtes nicht gerecht, weil in diesem Fall die Maßnahme trotz des Vorliegens von Versagungsgründen durchgeführt werden könne 6 , nur die Nichtigkeit böte daher ausreichenden Personalvertretungsschutz 7. Es wurde bereits dargelegt, daß der Dienststellenleiter angesichts der geschilderten Schwierigkeiten ordnungsgemäßer Personalratsbeteiligung Konsequenzen erst nach einem entsprechenden gerichtlichen Feststellungsbeschluß ziehen wird. In der Zwischenzeit wird die Maßnahme faktisch durchgeführt werden, auch wenn sie rechtlich betrachtet nichtig sein sollte. Unterschiede bestehen hier nur im Hinblick auf die Beseitigung der Maßnahme nach gerichtlicher Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes. Ist die Maßnahme nichtig, so kann sie sofort durch entsprechende Beendigungserklärung beseitigt werden, ist sie wirksam, so hat der Dienststellenleiter den Kündigungsweg zu beschreiten, will (oder muß) er sich von dem Arbeitnehmer trennen. Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach gerichtlicher Feststellung nicht beschäftigen, und böte ein Beschäftigungsverbot Gewähr für die Beachtung der Mitbestimmungsrechte, so erhielte der Personalrat durch die Annahme der Nichtigkeit keinen weitergehenden Schutz. 2. Die haushaltsrechtlich bedingten Auswirkungen fur die Belegschaft Das Beschäftigungsverbot für den kollektivrechtswidrig eingestellten Arbeitnehmer bedeutet zunächst, daß mangels Eingliederung des Arbeitnehmers in die Belegschaft deren Zusammensetzung unverändert bleibt und sie unter diesem Gesichtspunkt keine Nachteile erleiden kann. Insoweit steht sich das

6 So Fischer/Goeres, § 69 Rz. 37, § 75 Rz. 18a; Widmaier ber g=Wendler, PersVR BW, § 69 Rz. 41a. 7

in Widmaier/Leuze/

So Germelmann, BlnPersVG, § 87 Rz. 94b; Ballerstedt-Schleicher, Rz. 263.

Linden-

BayPersVG, Art 75

234

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Beschäftigtenkollektiv nicht anders als im Falle der Nichtigkeit des Arbeitsvertrages. Zieht man jedoch die haushaltsrechtliche Komponente mit heran, so bedeutet das Beschäftigungsverbot Erschwerungen für die Belegschaft. Das Beschäftigungsverbot kann aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht durch Neueinstellung aufgefangen werden. Ausgehend von der Überlegung, daß im öffentlichen Dienst, dem Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechend, jede Stelle ausgelastet ist, bedeutet es insbesondere in kleineren Verwaltungsstellen mit geringer Personalfluktuation eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch Erhöhung des anfallenden Arbeitspensums 8. Den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird damit durch ein Beschäftigungsverbot für den kollektivrechtswidrig eingestellten Arbeitnehmer kein Gefallen getan. M i t dieser Lösung bleibt zwar der Kollektivrechtsverstoß nicht sanktionslos, das Interesse des Kollektivs an der Mitsprache bei der Zusammensetzung der Belegschaft bleibt gewahrt, das Mittel der unterbleibenden Eingliederung kann jedoch zu anderweitigen Nachteilen für die Beschäftigten führen 9 . Dies wiegt umso schwerer, als die Bediensteten öffentliche Aufgaben zu erfüllen haben und sich damit jede Verschlechterung der Arbeitsbedingungen gleichzeitig auf die ordnungsgemäße Erfüllung öffentlicher Aufgaben niederschlägt. I I L Auswirkungen für die Verwaltung 1· Die herrschende Argumentation Eines der tragenden Argumente zur Begründung des Beschäftigungsverbotes ist die angeblich durch den auf dem Arbeitgeber lastenden finanziellen Druck bedingte Effizienz des Mitbestimmungsrechts: Das Interesse an ordnungsgemäßer Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens sei unter den Bedingungen eines vollwirksamen Arbeitsverhältnisses weitaus größer als i m Falle eines fehlerhaften, jederzeit auflösbaren, muß doch der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt (mindestens) bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zahlen, sei es nach § 615 BGB, sei es nach § 324 B G B 1 0 . Das Beschäftigungs-

8

Dazu ausführlich oben § 8.

9

Ebenso Zimmermann, BayPVG, Art 70 Rz. 1.

10

Vgl. Galperin/Löwisch, BetrVG, § 99 Rz. 12; Heinze, Personalplanung, Rz. 200; v. Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205 (210); Lipke, DB 1980,2239 (2242); Matthes, DB 1974, 2007 (2008);

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

235

verbot beruht auf dem Gedanken, daß der Arbeitgeber das Verwendungsrisiko sowohl in wirtschaftlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht zu tragen habe 11 . Da es nicht Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts sei zu verhindern, daß der Arbeitgeber sich durch nutzlose Verträge bindet und dadurch seine Betriebsmittel verkürzt, sei er insoweit nicht schutzwürdig 12 .

2. Beschäftigungsverbot undfinanzielle Verantwortlichkeit der öffentlichen Verwaltung Angesichts der eingangs geschilderten Schwierigkeiten ordnungsgemäßer Personalratsbeteiligung ist bereits zweifelhaft, ob die Rechtsfolgen kollektivrechtswidrigen Arbeitgeberverhaltens die Sanktionierung des Arbeitgebers zum Ziel haben können 13 . Jedenfalls hat eine Lösung Bedacht auf die Grundsätze öffentlicher Mittelbewirtschaftung zu nehmen. Werden die dem Staat zur Erfüllung der ihm gestellten Aufgaben zugewiesenen Mittel von der Allgemeinheit erbracht, so besteht eine ganz andere Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung dieser Mittel 1 4 . Trägt der private Arbeitgeber die Verantwortung für den Einsatz seiner Mittel nur sich selbst gegenüber, so trifft dies für die im Steuerstaat wirtschaftende Verwaltung nicht zu. Die Verwaltung trägt die Verantwortung der Allgemeinheit gegenüber und wird diesbezüglich von der Regierung kontrolliert. Hinzu kommt die öffentliche Rechnungskontrolle, Art. 114 G G 1 5 . Die haushaltsrechtlichen Vorgaben der Personalmittelbewirtschaftung führen dazu, daß bei einem Beschäftigungsverbot die betroffene Stelle frei bleiben muß, solange der Arbeitnehmer daraus vergütet w i r d 1 6 . Die bewilligten Personalmittel entsprechen den der Verwaltung zur Erfüllung gestellten Aufgaben.

Misera , GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2b. Undifferenziert sowohl für das BetrVG als auch für das PersVR BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (9); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4e der Gründe; Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 54,95. 11

Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (160).

12

Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 97 (wiederum für beide Rechtsgebiete); Matthes, DB 1974, 2007 (2008); Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2a. 13

So aber im Ergebnis Alberty, PersV 1978, 217 (221).

14

Vgl. BVerwG 13.3.1964, BVerwGE 18,135 (140 f.), Badura, Staatsrecht, I Rz. 96, S. 544.

15

Zur staatlichen Finanzkontrolle vgl. auch Loritz, S. 94 f.

16

Siehe oben §8.

236

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Diese Aufgaben können folglich nicht mehr in dem Maße ausgeführt werden, wie dies das Parlament als bewilligende Stelle vorgesehen und damit für notwendig erachtet hat, wenn die betroffene Stelle frei bleiben muß. Da es sich bei den Personalmitteln nicht um eigene Mittel des Aibeitgebers handelt, wie dies im betriebsverfassungsgesetzlichen Anwendungsbereich der Fall ist, führt das Beschäftigungsverbot zu einer Belastung des Arbeitgebers nur insoweit, als er für die ordnungsgemäße Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben verantwortlich ist. Im übrigen trifft die Belastung die Allgemeinheit, denn die zur Erfüllung bestimmter Staatsaufgaben bereitgestellten Mittel werden nicht für diese Aufgaben verwandt, vielmehr bleiben diese Aufgaben unerledigt oder werden jedenfalls nicht in dem Maße erfüllt, wie vom Parlament für notwendig erachtet. Gerade die Verwirklichung des sozialen Rechtsstaats setzt jedoch einen hohen Grad von Effizienz aller staatlichen Einrichtungen bei größtmöglicher Kostenersparnis voraus 17 . 3. Beschäftigungsverbot und haushaltsrechtliche Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit a) Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Die Verwendung öffentlicher Mittel unterliegt Bindungen des öffentlichen Haushaltsrechts. Die öffentliche Verwaltung kann über die ihr zugewiesenen Mittel nicht in dem Maße frei verfügen, wie es dem privatwirtschaftlichen Unternehmer aufgrund seiner unternehmerischen finanziellen Dispositionsfreiheit möglich ist. § 7 Abs. 1 B H O 1 8 bindet die Verwaltung bei der Mittelbewirtschaftung an den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Diese Vorschrift wird als Grundregel für einen sachgemäßen Umgang mit öffentlichen Geldern bezeichnet 19 . Danach ist zunächst bei allen Maßnahmen die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben 20 und sodann der Mitteleinsatz auf den zur Aufgabener17 Klein, PersV 1990, 49 (57) m.w.N.; ähnlich Zeidler, Loritz, S. 85 f.

DVB1. 1973, 719 (726). Vgl. auch

18

Gleichlautend die Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen. Vgl. auch § 6 Abs. 1 HGrG. Zum Verfassungsrang dieser Pflicht vgl. Maunz in Maunz/Dürig, GG, Art 114 Rz. 5 und Art 110 Rz. 59. 19 20

Vg\.Krüger=Spitta,S.

105.

Vgl. vorläufige Verwaltungsvorschrift Nr. 1.1 zu § 7 BHO i.cLF. v. 21.6.1972, abgedruckt bei Piduch, vor § 7 BHO; Schmidt, S. 16; Wiesner, S. 83; vgl. auch Grupp, JZ 1982, 232 (234). Überblick über die vorliegenden Definitionen zum Begriff der Wirtschaftlichkeit bei Fischer, JZ 1982, 6 m.w.N.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

237

füllung unbedingt notwendigen Umfang zu beschränken 21 . Da die sparsamste Lösung nicht die billigste, sondern die wirtschaftlichste ist, schließt das Wirtschaftlichkeitsprinzip das Sparsamkeitsprinzip ein 2 2 . Dem Gebot zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht das Bewirtschaftungspostulat des § 34 BHO: Ausgaben dürfen nur soweit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Auch bei kritischster Betrachtung der danach an die Behörde zu stellenden Anforderungen sind auf jeden Fall von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten losgelöste Entscheidungen unzulässig 23 . Durch die Verwendung von Personalmitteln ohne entsprechende Gegenleistung, das heißt ohne die zur Aufgabenerfüllung eingesetzte Arbeitsleistung, wird weder der festgelegte Erfolg mit den geringstmöglichen Personalmitteln, noch mit den gegebenen Mitteln der größtmögliche Erfolg erzielt 24 . Allein im Hinblick auf die der Verwaltung gestellten Aufgaben ist daher die Vergütung ohne Arbeitsleistung, das heißt die Verwendung von Haushaltsmitteln ohne Gegenleistung, weder wirtschaftlich noch sparsam. b) Beschäftigungsverbot als "Kosten der Personalvertretung"? Erfordert das Wirtschaftlichkeitspostulat ein angemessenes Verhältnis zwischen öffentlichem Mitteleinsatz und sozialem Nutzen, so verlangt die Beurteilung, ob die Finanzmittel bestmöglich verwendet werden, eine Berücksichtigung der mit ihnen verfolgten Zwecke und Ziele, das heißt entscheidend ist die Zweck-Mittel-Relation, die Maßnahme ist so zu gestalten, daß der Wert der mit ihr angestrebten und erreichten Ziele den Einsatz des erforderlichen Mittels rechtfertigt 25 . § 44 Abs. 1 Satz 1 legt fest, daß die Kosten der Perso-

21

Wiesner, S. 84; Krüger=Spitta,

S. 106.

22

Krüger= Spitta, S. 107; Wiesner, S. 84 m.w.N.; ebenso Grupp, JZ 1982, 231 (234) Fn. 58 m.w.N.; v. Arnim, DVB1. 1983, 664; im Ergebnis auch Schmidt, S. 17; a.A Stern, Staatsrecht II, § 34 III 3c, S. 438. Umfassend zum Verhältnis von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Fischer, JZ 1982, 6 (8 ff.) m.w.N. 23

Fischer, JZ 1982,6 (7) m.w.N.

24 Sog. Minimal- und Maximalprinzip, vgl. dazu Grupp, JZ 1982, 232 (234); Krüger=Spitta, 106;Maunz m Maunz/Dürig, GG, Art 114 Rz. 50 m.w.N.; Schmidt, S. 16.

S.

25 Vgl. BVerwG 12.9.1989, RiA 1990, 130 (131); 29.6.1988, BVerwGE 79, 361 (364); v. Arnim, DVB1. 1983, 664 f.; Stern, Staatsrecht II, §34 III 3c, S. 438; Fischer=Menshausen in v. Münch, GG, Art. 114 Rz. 18.

238

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

nalvertretung von der Dienststelle zu tragen sind, gesetzlich gewährte Beteiligungsrechte sind eben nicht kostenlos 26 . Die dargelegten haushaltsrechtlichen Maximen gebieten, ein gegebenes Ziel mit den geringstmöglichen Mitteln zu erreichen, das heißt, zur Erreichung des jeweiligen Verwaltungszwecks nur das Erforderliche aufzuwenden 27 . Es ließe sich daher gegen das gefundene Ergebnis einwenden, die Aufgabenerfüllung als Zweck des Mitteleinsatzes könne ohne Wahrung der gesetzlich gewährten Rechte der zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Beschäftigten nicht gesehen werden. Zweck des Mitteleinsatzes könnte in diesem Fall nicht mehr die durch die eingestellte Dienstkraft wahrzunehmende Erfüllung der öffentlichen Aufgabe sein, sondern die Wahrung und Sicherung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsbefugnisse. Die Sparsamkeitsmaxime sagt nichts über die Erforderlichkeit der von der Verwaltung zu erfüllenden Aufgaben aus, sondern bestimmt allein, daß für diese Erfüllung nur das Notwendige aufgewendet werden darf, der gesetzlich veibindlich festgelegte Erfolg ist mit den geringstmöglichen Mitteln zu erreichen 2 8 . Effizienz der Verwaltung ist keine "rein technisch-ökonomische Rationalität des Verwaltungshandelns im Sinne eines betriebswirtschaftlichen Wirtschaftspostulats", sondern ist einzuordnen in das Gesamtsystem staatlicher Zielsetzungen 29 . Wäre also die Aufgabenerfüllung der öffentlichen Verwaltung unter Beachtung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte nur durch ein Beschäftigungsverbot sicherzustellen, so könnte darin durchaus die wirtschaftlichste Lösung liegen, wenn keine andere, wirtschaftlichere, zur Erreichung dieser Zwecke möglich ist, und wenn diese Sicherstellung als Ziel und Zweck der eingesetzten Personalmittel anzuerkennen ist. Der Personalbedarf einer Dienststelle richtet sich nach den zur Erfüllung der gestellten Aufgaben notwendigen Arbeitskräften 30 . Unter dem Zwang der Wirtschaftlichkeit muß es Ziel sein, nicht mehr Arbeitskräfte zu beschäftigen, als zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlich ist, und das Personal zweckentsprechend einzusetzen31. Personalmittel zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung von Personalratsaufgaben werden beispielsweise zur Freistellung von Personalratsmitgliedern nach § 46 vorgesehen. Die mit einem

26 Vgl. BVerfG 18.10.1987, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung, II 1 der Gründe; BAG 24.11.1987, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Auszahlung, I der Gründe, jeweils zum BetrVG. 27

Vgl. Grupp, JZ 1982, 232 (234).

28

Grupp, JZ 1982, 232 (235) m.w.N.

29

Ossenbühl, NVwZ 1982,465 (467).

30

Vgl. Wiesner, S. 183. Ähnlich Loritz, S. 16, 86.

31

Novak Rz. 1009.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

239

Beschäftigungsverbot aufgewendeten Mittel liegen in der Vergütungszahlung des zwar wirksam angestellten, aber nicht beschäftigten Arbeitnehmers, und in der daraus folgenden Bindung einer Personalstelle, die zu dem ihr zugedachten Zweck nicht mehr verfügbar ist. Damit dienen die für das Beschäftigungsveibot gebundenen Personalmittel nicht mehr dem für sie vorgesehenen Zweck, nämlich der Erfüllung der der Behörde gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgaben, sondern werden zu einem ganz anderen umfunktioniert, so daß sich der Wirtschaftlichkeitsmaßstab an diesem Zweck nicht mehr messen lassen kann. Die Finanzierung öffentlicher Aufgabenerfüllung, die mittels Steuern oder durch vom Betroffenen selbst zu tragende Kosten erfolgt, erfordert jedoch eine optimale Ausführung unter größtmöglicher Kostenerspar-

c) Die Verbindlichkeit der haushaltsrechtlichen Vorgaben für den Personalrat Der Haushaltsplan hat keine Außenwirkung 33 . Ansprüche oder Verbindlichkeiten Dritter werden weder begründet noch aufgehoben, § 3 Abs. 2 BHO. Arbeitsvertragliche Vergütungsansprüche des eingestellten Arbeitnehmers bestehen damit ohne Rücksicht auf haushaltsrechtliche Grenzen, diese können allenfalls zur betriebsbedingten Kündigung führen 34 . Der Haushaltsplan entfaltet jedoch Rechtswirkungen für die Verwaltung, denen sich der Personalrat als Teil der Verwaltung nicht entziehen kann. Er trägt zwar selbst die rechtliche und politische Verantwortung für sein Handeln, dabei ist er jedoch ebenso an das Gesetzmäßigkeitsprinzip gebunden wie die Dienststellenleitung, also an Haushaltsrecht, Ansätze des Haushaltsplanes, an das Gebot sparsamer Bewirtschaftung der Hauhaltsmittel und an das Gebot der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Aufwendungen 35 . 32

Klein, PersV 1990,49 (57).

33 Vgl. BVerfG 22.10.1974, BVerfGE 38,121 (l26);Maunz 'mMaunzOürig, GG, Art. 110 Rz. 11 m.w.N. 34 Vgl. Hettlage, Anm. BAG GS 28.11.1956, DöV 1957, 292 (294) und oben A III 2. Zur fehlenden Außenwirkung vgl. auch die Entscheidungen BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50, 176 (185 f.) und BAG 26.9.1984, BAGE 46,394 (399 f.) m.w.N. 35

BVerwG 30.1.1991, PersR 1991, 213; 14.11.1990, PereV 1991, 274 (275); 12.9.1989, RiA 1990, 130 (131); 28.7.1989, NVwZ 1990, 71 (72); 29.6.1988, BVerwGE 79, 361 (364); 24.11.1986, PersV 1987, 422 (423 f.); 27.4.1979 (6 Ρ 45.78), BVerwGE 58, 54 (67); 27.4.1979 (6 Ρ 30.78), ZBR 1979,378 (379); HessVGH 27.7.1983, HessVG-Rspr. 1981,20 (22); Battis, RdA 1992, 12 (13); L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 2 Rz. 11. Vgl. auch HessVGH 9.4.1986, ZBR 1987,344 (345).

240

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Dies gilt zunächst für die der Personalvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel, § 44 BPersVG. Der Personalrat hat zu berücksichtigen, daß die Kosten aus öffentlichen Mitteln zu tragen sind, die Verwendung dieser Mittel hat daher unter Beachtung des Sparsamkeitsgrundsatzes zu erfolgen 36 . Der Dienststellenleiter ist verpflichtet, für die Einhaltung dieses Grundsatzes Sorge zu tragen, diese Verpflichtung besteht auch gegenüber der Personalvertretung 37. Haushaltsrechtliche Bindungen des Personalrats können soweit gehen, daß die Kostentragungspflicht der Dienststelle abgelehnt werden kann, wenn Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen 3 8 und der Personalrat einen die Haushaltsansätze übersteigenden, unvorhersehbaren und unabweisbaren Mittelbedarf nicht rechtzeitig angezeigt hat 3 9 . Die der Beteiligung der Personalvertretung unterliegende Einstellung von Arbeitnehmern ist eine öffentliche Aufgabe, bei deren Erfüllung die Gebote von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind. Der Personalrat wiederum ist interner Teil der Verwaltung, der damit selbst öffentliche Aufgaben vollzieht und bei seiner Kostenverursachung an die haushaltsrechtlichen Prinzipien gebunden ist. Die durch ihn wahrgenommene Belegschaftsbeteiligung muß daher "in sich" bereits den gesetzlichen Vorgaben der Verwaltung genügen und kann nicht losgelöst als eigenständiges, "um jeden Preis" zu verwirklichendes Ziel angesehen werden 40 . Der Personalrat ist aufgrund seiner organisatorischen Stellung in der Verwaltung und aufgrund seiner gesetzlich zugewiesenen Aufgaben so eng mit der Verwaltung verknüpft, daß eine

36 Vgl. 30.1.1991, PersR 1991, 213; 14.11.1990, PersV 1991, 274 (275); BVerwG 12.9.1989, RiA 1990, 130 (131); 16.6.1989, BVerwGE 82, 131 (135); 29.6.1988, BVerwGE 79, 361 (364); 24.11.1986, PersV 1987,422 (423 f.); 27.4.1979 (6 Ρ 45.78), ZBR 1979, 378 (379); 27.4.1979 (6 Ρ 45.78), BVerwGE 58, 54 (67); 21.12.1973, BVerwGE 44, 254 (257); OVG NW 9.8.1989, NJW 1990, 852; HessVGH 29.10.1986, PersR 1987, 175; 27.7.1983, HessVG-Rspr. 1981, 20 (22); 25.2.1976 (BPV TK 8/75), PersV 1977, 263; 25.2.1976 (BPV TK 10/75), PersV 1977, 264 (265); Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 44 Rz. 11. Bedenklich daher Kippeis, S. 131, 187, wonach der Eigentumsschutz des privaten Arbeitgebers und die Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung öffentlicher Mittel "den Interessenvertretungen in gleichem Maße Grenzen setzen". 37 BVerwG 16.6.1989, BVerwGE 82, 131 (135 f.); 22.6.1962, BVerwGE 14, 282 (286); 26.11.1982, PereV 1983, 376; 28.7.1989, NVwZ 1990, 71 (72); BayVGH 9.3.1989, PereV 1990, 444 (445) m.w.N.; Lorenzen in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 44 Rz. 1 lc. 38

BVerwG 4.2.1988, ZBR 1988, 196 (197).

39

BVerwG 24.11.1986, PereV 1987, 422 (423 f.); kritisch dazu Lorenzen in Lorenzens aas/Schmitt, BPersVG, § 44 Rz. 12. A.A. VG Frankfurt 4.10.1990, PersR 1991, 69 (70): Der Personalrat ist entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haushaltsrechtlich nicht wie ein Teil der Dienststelle, sondern wie ein Dritter zu behandeln. 40

Im Ergebnis ähnlich wohl Havers , PersV 1987, 305 (312) für die Frage der Beteiligung bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

241

von öffentlich-rechtlichen Vorgaben der Verwaltung losgelöste Aufgabenstellung diesen gesetzlichen Bindungen nicht mehr gerecht würde. Ein Vorrang personalvertretungsrechtlicher Beteiligung dahingehend, daß etwa zu ihrer "optimalen Wahrnehmung die im Interesse der Allgemeinheit zu erfüllenden Aufgaben der Verwaltung übermäßig behindert oder gar blockiert werden*1 dürften, kann daher nicht bestehen 41. Die Wahrnehmung von Belegschaftsinteressen ist daher kein von öffentlich-rechtlichen Grundsätzen losgelöstes Ziel, das "um jeden Preis" zu verwirklichen ist, vielmehr trägt sie gesetzliche Bindungen der Verwaltung "in sich" und muß sich bei der Frage ihrer Reichweite an diesen Grundsätzen messen lassen. Daneben bleibt zu bedenken, daß unter dem Maßstab der Wirtschaftlichkeit Alternativen zur Wahrung der Personalratsrechte denkbar sind. In Frage kommt die Nichtigkeit des kollektivrechtswidrig begründeten Arbeitsverhältnisses oder die volle Wirksamkeit bis zum nächst möglichen Beendigungszeitpunkt. d) Vergütung ohne Gegenleistung in anderen Fällen Der Überlegung, daß das Beschäftigungsverbot mit den Grundsätzen des Steuerstaates und den darauf beruhenden haushaltsrechtlichen Bindungen nur schwer in Einklag zu bringen ist, kann zunächst entgegengehalten werden, daß die arbeitsrechtlichen Grundsätze über die Vergütungspflicht ohne Arbeitsleistung auch für den öffentlichen Dienst gelten. So kann unter Hinweis auf die sparsame Verwendung von Steuergeldern und die Ausgabe von Personalmitteln ohne diesen zugedachte Gegenleistung beispielsweise weder dem kranken Arbeitnehmer sein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall abgesprochen werden, noch muß die schwangere Arbeitnehmerin auf ihr Gehalt während der Zeit ihres Mutterschutzes oder bestehender Beschäftigungsverbote verzichten 42 . Sowohl der personalvertretungsrechtliche Interessenschutz als auch die genannten Arbeitnehmerschutzrechte haben ihre Grundlage im Schutz der Würde jedes einzelnen Menschen und im Sozialstaatsge-

41

Vgl. Battis, PersV 1987,394 (398).

42

Überblick über die Fälle der Arbeitsvergütung ohne Arbeitsleistung bei Schaub, Handbuch, 6. Abschnitt, §§ 95-107, S. 710 ff. 16 Hantl-Unthan

242

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

danken des Grundgesetzes 43. Dennoch handelt es sich um zwei unterschiedlich zu bewertende Sachverhalte. Die Beteiligungsrechte der Personalvertretung sind eng verknüpft mit der Aufgabenstellung der Verwaltung. Sie wurden gewährt zur Interessenwahrnehmung und zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben. Sie sind insoweit gerade nicht "bedingungslos11. Dies unterscheidet sie grundlegend von den individualrechtlichen Schutzvorschriften, die die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Individuums im Arbeitsverhältnis abfangen sollen 44 . Die unterschiedliche Behandlung ist auch inhaltlich gerechtfertigt. Der Schutz des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Arbeitsrechts, wobei die Unzumutbarkeit der Arbeitserbringung gleichgestellt w i r d 4 5 . Da der Arbeitsvertrag zumeist die gesamte Person des Arbeitnehmers erfaßt, ist seiner Würde ausreichend Rechnung zu tragen 46 . Der Personalrat nimmt aber weder "gesammelt" die Grundrechte der Beschäftigten wahr, noch stehen den einzelnen Personalratsmitgliedern selbst Grundrechte zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Seite 47 . Ein individualrechtlicher Vergütungsanspruch wird ohne Gegenleistungspflicht in den Fällen gewährt, in denen es zum Schutz des Individuums nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Arbeitsleistung zu erbringen, die wirtschaftliche Existenzgrundlage aber dennoch erhalten bleiben soll. Dieser Gedanke läßt sich auf die kollektivrechtliche Ebene nicht transferieren. Bei der Mitsprache der Beschäftigten anläßlich einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten Einstellung geht es weder um die Ausnutzung persönlicher Abhängigkeiten der Beschäftigten noch um den Erhalt wirtschaftlicher Existenzgrundlagen. Vielmehr soll die Mitsprache der Bediensteten zur Wahrung ihrer Interessen bei der internen Regelung des Dienstbetriebes gewährleistet werden. Diese internen Regelungen sind aber in ganz anderem Maße mit der Aufgabenstellung der Verwaltung verbunden als der individuelle Arbeitnehmer im Hinblick auf seine wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit. So finden auch die besonderen

43 Zum PersVR vgl. BVerfG 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (56, 58); 26.5.1970, (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (322); BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 27.79), BVerwGE 62, 55 (62); Becker, RiA 1988, 1 (2); Kisker, PereV 1985, 137 (140); Kübel, PereV 1986, 129 (132); Lecheler, NJW 1986,1079 (1081 f.); zum Arbeitnehmerschutzrecht Zöllner, AcP 176 (1976), 221 (241). 44

Vgl. Schaub, Handbuch, § 2 II 1, S. 2.

45

Vgl. Hanau/Adomeit,, ArbR, Η III 4d, S. 226, Η III 4d cc, S. 230.

46

Vgl. Schaub, Handbuch, § 2 II 3, S. 4.

47

BVerfG 26.5.1970, (2 BvR 311/67), BVerfGE 28,314 (323); 31.8.1976, ArbuR 1977,347.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

243

Pflichten der Angestellten des öffentlichen Dienstes nach dem BundesangestelltentarifVertrag dort ihre Grenze, wo individualrechtliche Schutzbestimmungen tangiert sind. Im übrigen sind gerade haushaltsrechtliche Bindungen der Verwaltung auch bei arbeitsrechtlichen Ansprüchen anerkannt 48 . So kann beispielsweise eine im öffentlichen Dienst vereinbarte Befristung ihre Rechtfertigung in haushaltsrechtlichen Vorgaben finden 4 9 , ist die Entbindung von der Weiterbeschäfligungspflicht nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung der im Haushalt zur Verfügung gestellten Mittel und des Sparsamkeitsgebotes zu sehen 50 und steht das Weiterbeschäftigungsgebot nach § 9 unter der Voraussetzung einer im Haushaltsplan zur Verfügung gestellten Stelle 51 . Die Verpflichtung des Personalrats als verwaltungsinterne Institution und der von ihm repräsentierten Belegschaft auf die für die Dienststelle bestehenden gesetzlichen Aufgaben kann daher nicht mit einem Hinweis auf individualrechtlich bestehende Schutzrechte verneint werden, nur weil in beiden Fällen die faktischen verwaltungsinternen Auswirkungen gleich sind.

48 Unzutreffend daher Görg, ZTR 1990, 311 (315), der behauptet, es gelte der Grundsatz "Arbeitsrecht bricht Haushaltsrecht". Kritisch dazu auch Hergenröder, ZfA 1991, 409 (487): "neuartige Formel". 49 Vgl. BAG 28.9.1988, BAGE 60, 1 (7 ff.); 24.2.1988, AP Nr. 3 zu § 1 BeschFG 1985, II 4 der Gründe; 27.2.1987, BAGE 55, 104 (114); 16.1.1987, BAGE 55, 1 (5 ff.); 14.1.1982, BAGE 37, 283 (294); 7.3.1980, AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, I 4 der Gründe; 25.1.1980, AP Nr. 52 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, 3 der Gründe; 29.8.1979, BAGE 32, 85 (91 f.); LAG Bln. 2.2.1976, PereV 1977, 312 (313 f.). A A offenbar BAG 11.12.1991, ArbuR 1992, 349. 50 Dietz/Richardi, BPersVG, § 79 Rz. 101; Etzel in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 79 Rz. 179; a. A wohl Fischer/Goeres, BPersVG, § 79 Rz. 19b und Grabendorff, BPersVG, § 79 Rz. 24. 51

Vgl. BVerwG 13.3.1989, ArbuR 1990, 29; 30.10.1987, BVerwGE 78, 223 (228 ff.); 15.10.1985, BVerwGE 72, 154 (158); HessVGH 7.12.1988, NZA 1989, 525; OVG NW 14.9.1987, PereV 1989, 169; 11.3.1986, ZBR 1988, 194; OVG Lübg. 14.5.1986, PersR 1988, 56; 19.2.1986, PersR 1988, 55; Grabendorff, BPersVG, § 9 Rz. 16 m.w.N.; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 9 Rz. 17 m.w.N. Allerdings wird auch für das Betriebsverfassungsrecht angenommen, daß die Weiterbeschäftigung nach § 78a BetrVG unzumutbar ist, wenn keinefreien Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, vgl. BAG 29.11.1989, NZA 1991, 233. Vgl. außerdem BAG 15.3.1991, DB 1992, 280, wonach die irrtümliche tarifwidrige Eingruppierung im öffentlichen Dienst ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung sein kann, weil das Gebot der sparsamen Haushaltsführung dierichtige tarifliche Vergütung grundsätzlich erforderlich macht

244

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

4. Beschäftigungsverbot als Wertung der allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen Unrichtig ist auch die Überlegung, das Beschäftigungsverbot sei eine aus den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen zu ziehende Wertung 5 2 . Selbstverständlich hat jeder Gläubiger das Risiko zu tragen, daß er mit der vertraglich vereinbarten Leistung nichts anfangen kann. Ob der öffentliche Arbeitgeber die vertragliche Vereinbarung nicht nutzen kann, ist aber gerade erst Gegenstand der Untersuchung. Erst wenn feststeht, daß die vertraglich vereinbarte Leistung für den Arbeitgeber nicht zu nutzen ist, kann die Risikoverteilung nach den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen erfolgen.

IV· Fazit Der öffentliche Arbeitgeber als Bestandteil des zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichteten Steuerstaates ist bei der Verwendung öffentlicher Mittel an gesetzliche Vorgaben gebunden. Ein Beschäftigungsverbot, das zu einer Vergütung mit Haushaltsmitteln führt, der eine entsprechende Gegenleistung nicht zukommt, entspricht weder wirtschaftlicher noch sparsamer Haushaltsführung. Personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung unterliegt den gleichen gesetzlichen Grenzen öffentlicher Mittelbewirtschaftung. Die Auslegung personalvertretungsrechtlicher Normen kann daher nicht zu einem Ergebnis führen, das gesetzliche Bindungen der Verwaltung mißachtet und dem Interesse des Gemeinwohls zuwiderläuft. Die betriebsverfassungsrechtliche Argumentation, wonach die Beachtung kollektiver Beteiligungsrechte durch ein Beschäftigungsveibot besonders gesichert sein soll, beruht daher auf Ausgangspunkten, die für das Personalvertretungsrecht keine Anwendung finden können. Hier kann gerade nicht davon ausgegangen werden, daß es allein das Risiko des Arbeitgebers und vom Mitbestimmungsrecht gänzlich unbeachtet zu lassen ist, daß die "Betriebsmittel" durch nutzlose Verträge gebunden werden. Vielmehr ist hier der auch immer vom Bundesverwaltungsgericht betonte Zusammenhang zwischen dienststelleninternen Verfahrensabläufen, wie sie die personalvertretungsrechtliche Beteiligung darstellt, und der Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu beachten 53 . 52 53

So Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 97 f.

Vgl. BVerwG 18.3.1981 (6 Ρ 17.79), BVerwGE 62, 45 (53 f.); 7.2.1980, PereV 1980, 238 (239); 27.7.1979 (6 Ρ 25.78), PereV 1981, 73 (74); Bayer, PersV 1986, 481 (484). A.A. AItvater/IVendeling=Schröder, RiA 1984, 73 (76): Der Gesetzgeber habe mit § 104 BPereVG

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

245

Dieses Ergebnis wird unterstützt durch den Gesichtspunkt, daß das Beschäftigungsverbot auch für das Kollektiv zu Nachteilen führen kann, was sich angesichts öffentlicher Aufgabenerfüllung immer auch auf die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgaben niederschlägt. Scheidet also im Recht der Personalvertretung ein Beschäftigungsverbot unter Beibehaltung der Vergütungspflicht aus, so veibleibt als mögliche Rechtsfolge kollektivrechtswidriger Aibeitnehmereinstellung neben der Annahme der Wirksamkeit und Erfüllbarkeit des Arbeitsvertrages die seiner Unwirksamkeit. C. Unwirksamer Arbeitsvertrag L Auswirkungen fur den Arbeitnehmer 1. Bestands- und Vertrauensschutz Sowohl in der betriebsverfassungs- als auch in der personalvertretungsrechtlichen Diskussion wird der Individualschutz als durchschlagendes Argument gegen die Annahme der Unwirksamkeitsfolge angeführt 54 . Die Unwirksamkeit der Maßnahme, zu der bei der personalvertretungsrechtlichen Einstellung auch der Arbeitsvertrag zu rechnen i s t 5 5 , ist in jeder Beziehung die für den Arbeitnehmer einschneidenste Rechtsfolge. Sowohl Bestands· als auch Vertrauensschutz werden, da eine Kompensation über Schadensersatzansprüche nicht erfolgt, gänzlich ignoriert. Ohne rechtswirksamen

abschließend die Rechte der Verwaltung gewahrt; dies verkennt jedoch, daß es Sinn jeder verfassungskonformen Auslegung sein muß zu überprüfen, ob der Gesetzgeber sich an die Vorgaben der Verfassung gehalten hat, denn der Gesetzgeber kann selbst keine verbindlichen verfassungsrechtlichen Grenzen aufstellen, vielmehr ist er an die Vorgaben der Verfassung gebunden, vgl. Art 20 Abs. 3 GG. 54

Für das PersVR: BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (8); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 4d der Grünte, Alberty, PersV 1978, 217 (220); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 57; Ilbertz, BlnPersVG, § 79 Rz. 21; § 87 Rz. 8; Krieg, LPVG NW, Anm. zu § 72 (1) 1 Einstellung, S. 346; Ruppert, PersVR Rh.-Pf., § 72 Rz. 20; Söllner/Reinert, S. 198. Für das BetrVG: Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 74 f.; Böhm, DB 1974, 723 (727); Dietz/Richardi, BetrVG, § 99 Rz. 230; Hemmer, S. 130, Matthes, DB 1975, 1651; ders., DB 1974, 2007 (2008); Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2c; Richardi, ZfA Sonderheft 1972, S. 1 (16); ders., DB 1973, 428; ders., DB 1971,621(631). 55

Oben §8.

246

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Arbeitsvertrag steht der Arbeitnehmer zum Arbeitgeber in einem faktischen Arbeitsverhältnis, das ihm für die Vergangenheit zwar den Vergütungsanspruch sichert, ihm für die Zukunft jedoch keinerlei Rechtsposition gewährt, insbesondere jeglichen Bestandsschutz verwehrt 56 . Das verwaltungsgerichtliche Feststellungsverfahren benötigt nach derzeitigen faktischen Gegebenheiten durchschnittlich eine Dauer, die die kündigungsschutzfreie Zeit überschreiten w i r d 5 7 . Die Unwirksamkeit träfe den Arbeitnehmer daher regelmäßig zu einem Zeitpunkt, zu dem er bei wirksamem Arbeitsvertrag bereits vollen Kündigungsschutz genösse. 2. Vertragsfreiheit Zweifellos bedeutet die Annahme der Unwirksamkeit zunächst einen Eingriff in die Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers. Sie deshalb als mögliche Lösung zu verwerfen 58 , kann jedoch nicht überzeugen. Bereits die gesetzliche Anweisung an den Dienststellenleiter, keine Einstellung ohne Zustimmung des Personalrats vorzunehmen, daß heißt keinen Arbeitsvertrag ohne Mitbestimmungsverfahren abzuschließen59, bedeutet einen Eingriff in die Abschlußfreiheit. Das Gesetz hat hier die Vertragsfreiheit erkennbar kollektivrechtlichen Schranken unterworfen 60 , die sozialstaatliche Begründung dieser Beschränkung gibt zu keinen Bedenken Anlaß, denn die Vertragsfreiheit, die nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung geschützt ist, wird durch das Sozialstaatsprinzip, dessen Ausgestaltung im wesentlichen dem Gesetzgeber obliegt, inhaltlich bestimmt und begrenzt 61 . Warum die Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers durch die Annahme der Unwirksamkeit in nicht mehr hinnehmbarer Weise eingeschränkt sein soll, während die Versagung der Erfüllbarkeit die Vertragsfreiheit zulässig tangiere, ist ohnehin nicht er-

56

Zum faktischen Arbeitsverhältnis vgl. Schaub, Handbuch, § 35 III 3, S. 174.

57

Zur Dauer des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens vgl. Ilbertz, PersV 1982, 184 und Sabottig, PersR 1989,289 f. 58

So Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 72, 103; ders., PersV 1978, 217 (220). Zum BetrVG: Kraft, GK-BetrVG, § 99 Rz. 108; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 99 Rz. 6, 84; Adomeit, DB 1971,2360 (2361); Stege/Weinspach, BetrVG, §§ 99-101 Rz. 49. 59

Zur Einbeziehung des Vertrages in den Einstellungsbegriff oben § 8.

60

Für das PersVR: Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 38, § 75 Rz. 18a; ähnlich Joerres, PersV 1981, 353 (356). Für das BetrVG: Boewer, RdA 1974, 72 (76); End, S. 182; Rüthers in Rüthers/Boldt, S. 24. Vgl. auch BAG 18.4.1985, BAGE 48, 246 (252) zu § 87 Abs. 1 BetrVG. 61

Vgl. dazu BVerfG 12.11.1958, BVerfGE 8,274 (328 f.) m.w.N.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

247

sichtlich. Die Freiheit, Verträge abschließen zu können, die von vornherein nicht erfüllt werden dürfen und schnellstmöglich wieder zu beseitigen sind, ist von zweifelhaftem Wert.

3. Zugangsrecht Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages nur allein wegen der Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Kompetenzen, unabhängig davon, ob dem Personalrat gesetzliche Verweigerungsgründe zur Verfügung stehen oder nicht, kann zur Versagung eines Dienstvertrages aus Gründen führen, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht vorsieht. Zwar regelt Art. 33 Abs. 2 GG ausschließlich den Zugang zum öffentlichen Dienst und stellt keine Anforderungen an die Entlassung aus dem "Amt". Hier beruht der "Entzug des Amtes" jedoch auf einer nachträglichen geänderten Bewertung des Einstellungsaktes, so daß dieser Entzug ausnahmsweise die Kriterien zu beachten hat, die Art. 33 Abs. 2 GG für das Zugangsrecht aufstellt 62 . Beruft sich der Personalrat zu Recht auf einen Verweigerungsgrund aus dem gesetzlichen Katalog, so kann die darauf beruhende Versagung des Dienstvertrages zwangsläufig keine Verletzung des Rechts auf gleichen Zugang zum öffentlichen Dienst begründen 63 . Ist jedoch nicht gewährleistet, daß es sich um einen rechtlich anerkannten Verweigerungsgrund handelt, so ist die sachgerechte Bewerberauswahl nicht mehr garantiert. Der Bewerber läuft Gefahr, den Zugang zum öffentlichen Dienst aufgrund "selbstformulierter" Kriterien des Personalrats versagt zu bekommen 64 und damit die Vereitelung seines Zugangsrechts aus Art. 33 Abs. 2 GG hinnehmen zu müssen. Die Anwendung personalvertretungsrechtlicher Normen würde dazu führen, daß dem Bewerber sein "Amt" aus unsachlichen Gründen vorenthalten wird, obwohl ihm ein Anspruch darauf zusteht, daß über seine Beweibung nur aus sachlichen Gründen entschieden wird. Dies gilt auch dann, wenn der Personalvertretung kein gesetzlicher Verweigerungskatalog vorgeschrieben ist, denn auch hier kann sie sich nicht auf jeden frei gewählten Grund berufen, sondern muß

62

Vgl. in diesem Sinne auch LAG Hamm 13.10.1988, NZA 1989,276.

63

So zutreffend BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (13); Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161); Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter VI 1. 64

Vgl. Kübel, PersV 1986, 129 (136); ders., PereV 1990, 505 (507 f.).

248

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

sich an Vorgaben der Rechtsordnung, insbesondere im Hinblick auf das Recht der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG, halten 65 . Deutlich wird dieser Zusammenhang, wenn dem Bewerber ein Einstellungsanspruch zusteht. Stellt sich zunächst seine Einstellung ohne Berücksichtigung des Personalrats als die einzig rechtmäßige Entscheidung dar, so kann die Zuschaltung des Personalrats nur dann die Einstellungspflicht beseitigen, wenn er Gründe vorbringt, die dazu führen, daß es sich eben gerade nicht um die einzig rechtmäßige Entscheidung handelt. Diese Gründe sind jedoch inhaltlich-materieller Art. Die Mißachtung allein des Verfahrens zur Beteiligung des Personalrats kann den Einstellungsanspruch nicht beseitigen, denn die Einstellung bleibt die einzig rechtmäßige Entscheidung, wenn der Personalrat keine entgegenstehenden Gründe anführen kann. Die Verneinung einer wirksamen Begründung des Arbeitsverhältnisses allein aus verfahrensrechtlichen Gründen, das heißt allein wegen der Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungskompetenzen ohne Rücksicht darauf, ob dem Personalrat auch inhaltlich materiell Rechte zur Seite stehen, mißachtet daher die Rechte des eingestellten Bewerbers auf gleichen Zugang zum öffentlichen Dienst aus Art. 33 Abs. 2 GG. Die Beachtung des im öffentlichen Dienst gegebenen Einstellungsanspruchs war auch für das Bundesarbeitsgericht maßgeblicher Einwand gegen die Annahme der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages, allerdings im Hinblick darauf, daß der Arbeitgeber ihn durch das Unterlassen personalvertretungsrechtlicher Beteiligung unterlaufen könnte 66 . 4. Eingriff in individuelle Rechte Aus diesen Gründen kann auch die betriebsverfassungsrechtliche Argumentation, die Annahme der Unwirksamkeit des Individualvertrages stelle keinen Eingriff in individuelle Rechte dar, weil der Bewerber keinen Anspruch auf die Maßnahme habe 67 , für den öffentlichen Dienst nicht übernommen werden. Begegnen ihr schon Bedenken im Hinblick darauf, daß es nach vollzogener Einstellung auch um den Entzug der mit einer Einstellung normalerweise ver65 Vgl. dazu oben § 1 A II mit entsprechenden Nachweisen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Fehlen von Versagungskatalogen aus diesen Gründen bei Kübel, Personalmaßnahmen, S. 132 f.; ders., PersV 1986,129 (135 f.). 66

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1(11). Ebenso Söllner/ReinerU

67

SoMeyer, BB 1982, 1614. (1616).

S. 198.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

249

bundenen Rechte geht, sei es das Recht auf Beschäftigung, sei es das Recht auf Bestandsschutz, so kann sie wegen der im öffentlichen Dienst diesbezüglich ungleich höheren Stellung des individuellen Bewerbers im Hinblick auf die Versagung der Einstellung oder des Einstellungsanspruchs ebensowenig überzeugen. I m übrigen geht es nicht nur um die Verletzung individueller Rechte, sondern um die Frage der Berücksichtigung der vom Personalvertretungsrecht ebenfalls erfaßten oder zumindest zu berücksichtigenden Individualinteressen. Diese sind in jedem Fall tangiert, wenn der Kollektivrechtsverstoß auf den Individualvertrag wirkt. 5. Rechtsdurchsetzung durch den einzelnen Arbeitnehmer Die Unwirksamkeitsfolge für den Arbeitsvertrag wird gegen das Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers verteidigt mit dem Hinweis auf dessen Möglichkeit zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche 68 . Unklar bleibt allerdings, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend machen soll. A m personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahren wird der Arbeitnehmer weder verwaltungsintern noch verwaltungsgerichtlich beteiligt 69 . Ein Anspruch gegen seinen auserwählten zukünftigen Arbeitgeber auf Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens ist zweifelhaft. Zunächst dürfte er bereits praktisch daran scheitern, daß der Arbeitnehmer das verwaltungsinterne Mitbestimmungsverhalten des Dienststellenleiter nicht kennt. Aber auch rechtlich ist er zweifelhaft im Hinblick auf die eingangs geschilderten Schwierigkeiten, denen sich der Dienststellenleiter ausgesetzt sieht. Einen Anspruch auf 'Vorsorgliche" Einleitung des Verfahrens gegen die rechtliche Überzeugung des Dienststellenleiters kann es genausowenig geben wie es eine entsprechende Verpflichtung des Dienststellenleiters gibt. Sie liefe der grundsätzlichen gesetzlichen Wertung personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung entgegen 70 .

68

So Fischer/Goeres, Nachholung der Beteiligung.

BPersVG, § 69 Rz. 39; vgl. aber dies, in Rz. 18a zu § 75: Anspruch auf

69

Siehe oben §18 C I 2.

70

Siehe dazu oben § 1 Β I .

250

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Der Arbeitnehmer hat daher allenfalls einen vorvertraglichen Anspruch auf sorgfältige rechtliche Prüfung durch den Dienststellenleiter und auf Aufklärung über mögliche rechtliche Risiken des Vertragsschlusses. Beide Ansprüche kann der Arbeitnehmer gerichtlich nicht durchsetzen, denn ihre Nichterfüllung läßt sich erst im Nachhinein feststellen, wenn sich das Risiko bereits verwirklicht hat. Schadensersatzansprüche aus vorvertraglicher Pflichtverletzung können die negativen Folgen für den Arbeitnehmer nicht kompensieren 71 . Es verbleibt dem Arbeitnehmer sein Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf sachgerechte Berücksichtigung seiner Beweibung und gegebenenfalls auf Einstellung. Auch dieser Anspruch kann die Unwirksamkeitsfolge nicht rechtfertigen. Er besteht nämlich nur dann, wenn der Personalrat keine Verweigerungsgründe geltend machen kann 7 2 . Dann kann man dem Arbeitnehmer aber nicht auf der einen Seite die rechtliche Beständigkeit der Einstellung versagen, um ihn gleichzeitig auf der anderen Seite auf die Durchsetzbarkeit seines Einstellungsanspruches zu verweisen. Gleiches gilt für den Anspruch auf korrekte Berwerbungsentscheidung. Hat sich der Arbeitgeber unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für den eingestellten Bewerber entschieden, so hat er dem Anspruch auf korrekte Bewerberauswahl Genüge geleistet. Auch hier kann man dem Arbeitnehmer nicht auf der einen Seite die rechtliche Beständigkeit dieser Anspruchserfüllung versagen, um ihn auf der anderen Seite auf die gerichtliche Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs zu verweisen. Ist die Einstellungsentscheidung unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG erfolgt, so kann der eingestellte Arbeitnehmer ohnehin nicht auf seinen diesbezüglichen Anspruch verwiesen werden. I L Auswirkungen fur die Beschäftigten Ist der Arbeitsvertrag unwirksam, so wird der Kollektivrechtsverstoß sofort und spurlos nach seiner Feststellung beseitigt. Abgesehen von Verzögerungen bei der Stellenbesetzung, die auch hier die Beschäftigten belasten können, stehen sie damit so, wie sie vor der Rechtsverletzung gestanden haben, nicht besser und nicht schlechter. Die Unwirksamkeit ist die Rechtsfolge, die den Kollektivrechtsverstoß ungeschehen macht.

71

Siehe oben § 18 CH 6.

72

Siehe oben § 19 C I 3.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

251

Der Einwand, bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrages könne der Arbeitnehmer den Vertrag mißachten, obwohl Personalrat als auch Dienststelle ein Interesse an der Durchführung des Vertrages haben 73 , kann nicht überzeugen. Zielrichtung einer hier vorzunehmenden Auslegung der Mitbestimmungsregelungen hat im Grundsatz die Beachtung personalvertretungsrechtlicher Befugnisse unter Wahrung entgegenstehender Bewerber- und Verwaltungsinteressen zu sein und nicht der Schutz des Interesses an der Erhaltung der kollektivrechtswidrigen Maßnahme, sei es zugunsten des Arbeitgebers, sei es zugunsten des Personalrats. I I L Auswirkungen fur die Verwaltung Folgt aus dem Kollektivrechtsverstoß des Dienststellenleiters die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages, so hat der Dienststellenleiter nach Kenntnis dieser Nichtigkeit, das heißt nach verwaltungsgerichtlicher Feststellung des Rechtsverstoßes, aufgrund seiner rechtsstaatlichen Aufhebungsverpflichtung die Beendigungserklärung auszusprechen 74. Das Arbeitsverhältnis endet mit unmittelbarer Wirkung ohne Ablauf einer Frist 7 5 . Hat die Kündigungsfrist grundsätzlich die Bedeutung, der Kündigung den Überraschungseffekt zu nehmen und dem Kündigungsempfänger eine Zeit der Anpassung an die veränderte Situation zu ermöglichen 76 , so gilt dies auch für den die Beendigungserklärung aussprechenden Arbeitgeber, wenn er zur sofortigen Beendigung verpflichtet ist. Durch die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages wird dem öffentlichen Arbeitgeber daher diese Anpassungszeit genommen. Die betroffene Personalsteile wird unverzüglich frei mit den entsprechenden Folgen für die von ihr zu erledigenden öffentlichen Aufgaben.

73

Vgl. Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 97.

74

Vgl. oben §16.

75

Vgl. Schaub, Handbuch, § 35 III 3, S. 174 m.w.N.

76

KR-lVolf,

Grunds. Rz. 3, 101.

252

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

IV· Fazit 1. Die Differenzierung nach der Günstigkeit der Maßnahme Da es bei den materiellen Folgen der Beteiligungsverletzung nicht allein um die Rechte des betroffenen Arbeitnehmers geht 7 7 , sondern im Rahmen des kollektiven Schutzauftrages des Personalrats mindestens ebenso um die der Belegschaft, kann die Auffassung, die die Rechtsfolge in Abhängigkeit zum individualrechtlichen Charakter der Maßnahme stellt, nicht überzeugen. Die Differenzierung einfach nur danach, ob die Maßnahme für den betroffenen Arbeitnehmer günstig ist, dann wirksam, oder ungünstig, dann unwirksam 78 , mißachtet den kollektiven Schutzauftrag, der der Personalvertretung zukommt 7 9 .

2. Die Risikobeherrschbarkeit in der Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbelastung Der Arbeitnehmer ist am verwaltungsinternen Mitbestimmungsverfahren nicht beteiligt, er kann dieses also nicht in der gleichen Weise steuern und beherrschen wie sein Vertragspartner. Vielmehr handelt es sich für ihn um ein internes Regelungssystem, das für ihn nicht überschaubar und zugänglich ist, mithin außerhalb seiner Risikosphäre liegt 8 0 . In der betriebsverfassungsrechtlichen Lehre führt die Berücksichtigung dieser "risikorelevanten Verteilungsaspekte" zur Ablehnung der Unwirksamkeit, denn diese stelle sich als gemeinsames Risiko dar. Vielmehr müsse "nach allgemeinen Grundsätzen der Risikozurechnung" der Arbeitgeber mit dem Risiko der Vertragsdurchführung belastet werden 81 .

77

So aber Rothländer, MitbestGespr. 1965,145 (146).

78

Vgl. Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 102, der allerdings für die Einstellung eine differenzierte Auffassung vertritt, vgl. oben § 3 Β III; im Ergebnis auch Oetker, DöD 1985, 242 (244); Großmann, BremPersVG, § 52 Rz. 43 ff.; ahnlich auch BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (11); 2.7.1980 (5 AZR 56/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, II 5b der Gründe. 79 Im Ergebnis ebenso Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2a; Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 38. Vgl. auch Plander, Hüter, S. 83 m.w.N. 80

Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (160); ähnlich Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2c.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

253

Ist diese Risikozurechnung schon angesichts der eingangs geschilderten Unwägbarkeiten zweifelhaft 82 , so kann es wegen der im öffentlichen Dienst bestehenden Einwände gegen ein Beschäftigungsverbot ein solches "Risiko der Vertragsdurchführung" für den Arbeitgeber nicht geben. Vielmehr stellt sich auch für diesen die Unwirksamkeit als Risiko dar. Für den öffentlichen Dienst zutreffend bleibt allerdings, daß der eingestellte Arbeitnehmer mit einem Risiko belastet wird, auf dessen Verwirklichung er, anders als alle anderen Beteiligten, keinen Einfluß nehmen kann. 3. Abwägung zwischen Kollektiv- und Individualinteressen Letztlich bleibt es bei einer Abwägung zwischen Kollektiv- und Individualbelangen. Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages stellt mangels kompensierender Schadensersatzansprüche den Arbeitnehmer rechtlos 83 . Da die Einstellung bereits tatsächlich vollzogen wurde, geht es für ihn insoweit um seinen Bestandsschutz84. Die Versagung des Bestandsschutzes widerspricht dem rechtlichen Stellenwert, den dieser in der Rechtsordnung und auch im Personalvertretungsrecht genießt. Da der Arbeitnehmer am personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahren nicht beteiligt ist, werden ihm seine vertraglichen Rechte entzogen, ohne daß er hierauf irgendwelche Einwirkungsmöglichkeiten hat. Daneben ist der besonderen Stellung, die der Arbeitnehmer nach Art. 33 Abs. 2 GG genießt, Rechnung zu tragen 85 . Durch die Versagung des "Amtes" ohne Rücksicht auf materielle Verweigerungsgründe des Personalrats besteht die Gefahr einer unsachgemäßen Benachteiligung und damit einer Mißachtung der Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG, denn es handelt sich um eine nachträgliche Bewertung des Einstellungsaktes. Das Dilemma tritt zutage, wenn

81 Vgl. Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (160); ähnlich Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 97 f.; ders., PersV 1978, 217 (222); Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter III 2a. 82 Siehe oben § 1 A. Aus diesen Gründen auch Zweifel bei Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159 (160). 83

Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 75 f.; ders., PersV 1978, 217 (220).

84

Und nicht, wie Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (160) für das BetrVG meint, um den weniger oder gar nicht geschützten Erwerb oder die Aussicht einer ausschließlich begünstigenden Personalmaßnahme. 85

Im Ergebnis ebenso Heussen, S. 79.

254

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

der Bewerber nach Beendigungserklärung durch den Arbeitgeber seinen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG geltend machen wollte. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ihm die fehlende Zustimmung des Personalrats nicht entgegengehalten werden 86 . Stellt sich im Einstellungsprozeß heraus, daß der Personalrat seine Zustimmung zu Unrecht verweigert 87 , so wird dem Bewerber sein Anspruch zugesprochen. Gleichzeitig bedeutet die Entscheidung aber auch, daß ihm zuvor die Erfüllung dieses Anspruchs aus verfassungswidrigen Gründen versagt worden war. Dies geschah zur Wahrung der Rechte des Personalrats, die aber, wie sich nun im Nachhinein herausstellt, materiell gar nicht bestanden haben. Daneben ist das Vertrauen des Arbeitnehmers in die wirksame Begründung des Arbeitsverhältnisses angesichts der zu vermutenden Gesetzestreue und -kenntnis des öffentlichen Arbeitgebers besonders hoch anzusetzen. Die personalvertretungsrechtliche Interessenwahrnehmung muß diese Rechtsbeeinträchtigungen berücksichtigen, denn dem Personalrat sind die Belange des individuellen Arbeitnehmers ebenfalls anbefohlen, dies gilt ganz besonders bei Fragen des Bestandsschutzes. Eine mögliche allein kollektivrechtliche Aufgabenstellung steht dem nicht entgegen. Für die Bewertung des Kollektivschutzes bleibt auch hier zu vermerken, daß es Interessenschutz nur in dem vom Gesetz vorgesehenen Rahmen gibt. Die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages dient dem Verfahrensschutz, der dort keinen Vorrang genießen kann, wo der Schutz vordringlicher Individualinteressen entgegensteht88. 4. Milderungsversuche Die Versuche, die unternommen werden, um die Folgen der Unwirksamkeit abzumildern, können nicht überzeugen. Dem Arbeitnehmer des öffentlichen

86 Vgl. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (11 f.); 10.12.1980, AP Nr. 15 zu Art. 33 Abs. 2 GG, Β I der Gründe; zustimmend Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161 )\Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter VI 1; ähnlich wohl auch BAG 6.2.1980, AP Nr. 5 zu Art. 33 Abs. 2 GG, III der Gründe und BAG 29.7.1982, BAGE 39, 235 (241 f.). 87 Das Bundesarbeitsgericht versucht, das Verhältnis von Einstellungsanspruch und personalvertretungsrechtlichem Mitbestimmungsrecht dadurch zu lösen, daß es die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Zustimmung des Personalrats in den Einstellungsprozeß als Vorfrage einbezieht. Vgl. dazu näher unten § 19 D II 3. 88

Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (162); ähnlich Blomeyer, Festschr. f. Dietz, S. 147 (157).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

255

Dienstes kann nicht damit geholfen werden, daß man dem Arbeitgeber versagt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen 89 . Wie die Untersuchung zur rechtsstaatlichen Aufhebungsverpflichtung gezeigt hat, setzt die Unwirksamkeitsfolge eine Interessenabwägung voraus, die die Individualinteressen des Arbeitnehmers den Interessen des Personalrats an "effektiver Mitbestimmung" oder denen der Allgemeinheit an rechtmäßigem Behördenhandeln unterordnet. Dann aber ist der Arbeitgeber aufgrund seiner rechtsstaatlichen Bindung gezwungen, die objektiv rechtswidrige Maßnahme zu beseitigen 90 . Der vorgeschlagene Milderungsversuch kann daher im öffentlichen Dienst überhaupt nur dann zum Tragen kommen, wenn die rechsstaatliche Aufhebungspflicht zur Disposition des Personalrats gestellt wird. Aber selbst dann, wenn die Beseitigungspflicht des Dienststellenleiters für den Fall entfallen sollte, daß der Personalrat auf seine "Rechtsdurchsetzung" verzichten und sich mit der bloßen Feststellung seines Rechtes begnügen w i l l 9 1 , kann der genannte Milderungsversuch nicht überzeugen. Abgesehen davon, daß damit ein rechtlich nichtiger Vertrag entweder tatsächlich als voll wirksam behandelt wird oder aber im Einvernehmen mit dem Personalrat neu begründet würde, wird das "Schicksal" des Arbeitnehmers allein in das Belieben des Personalrats gestellt. Dies ist mit den betroffenen Rechten des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG ebensowenig in Einklang zu bringen wie eine "allseitig wirkende" Nichtigkeit. Gleiches gilt für den Vertrauens- und Bestandsschutz. Er ist nicht weniger betroffen, wenn die Geltendmachung der Nichtigkeit allein in die Entscheidung des Personalrats gestellt wird. Der vorgeschlagene Milderungsversuch trägt daher dem Stellenwert, der den individuellen Belangen bei der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung zukommt, nicht ausreichend Rechnung und kann die vorgenommene Abwägung nicht zugunsten einer Nichtigkeitsfolge verändern.

89 So Dietz/Richardi, BPersVG, § 75 Rz. 23 fif; Germelmann, BlnPersVG, § 79 Rz. 55; und wohl auch Oetker, DöD 1985, 242 (244); zum BetrVG: End, S. 183 Fn. 2; Hanau, RdA 1973, 281 (291); Richardi, DB 1973, 378 (430); ders. ZfA Sonderheft 1972, 1 (22); Wiedemann , Anm. BAG 14.6.1972, AP Nr. 54 zu §§ 22,23 BAT, unter II 2. 90

Vgl. oben §16.

91

Dazu unten § 20 E.

256

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

D. Wirksamer Arbeitsvertrag L Pflicht zur Kündigung des Rechtsverhältnisses? Den Kollektivrechtsverstoß völlig unbeachtet zu lassen hieße einerseits, den Belangen des individuellen Arbeitnehmers und denen der Verwaltung, wohl aber auch denen der Allgemeinheit hinsichtlich der Verwendung von Steuergeldern absoluten Vorrang einzuräumen. Eine völlige Außerachtlassung der kollektivrechtlichen Aufgabenstellung und der Richtigkeitskontrolle, die dem Personalrat im Hinblick auf die Erfüllung des Leistungsgrundsatzes gerade hier zukommt, ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn es die rechtliche Möglichkeit gibt, auch diesen Belangen unter Wahrung der vorstehend genannten Interessen und im Hinblick auf das allgemeine Interesse an der Beachtung von Gesetzen durch die Verwaltung, also auch der Personalvertretungsgesetze, Rechnung zu tragen. Dann bestünde auch keine Gefahr einer Entwertung des Mitbestimmungsrechts durch sanktions- und rechtsfolgenlose Außerachtlassung 92. Das schützenswerte Vertrauen des Arbeitnehmers geht dahin, von der Gesetzestreue und damit auch von der Gesetzeskenntnis des Arbeitgebers auszugehen. Der Arbeitnehmer darf daher darauf vertrauen, daß ein Arbeitsvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber rechtswirksam zustandekommt. Andererseits kann auch der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht darauf vertrauen, daß es im arbeitsrechtlichen Bereich keinerlei unklare Rechtsfragen mehr gibt. Rechtliche Zweifelsfragen können überall und jederzeit auftreten. Der Vertrauensschutz des Arbeitnehmers kann daher nicht so weit gehen, ihn von jeglichen Auswirkungen des Rechtsverstoßes zu verschonen. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz können einer Rücknahme rechtswidriger behördlicher Maßnahmen entgegenstehen93. Dies gilt in besonderem Maße für die rückwirkende Rücknahme, während für eine Beseitigung für die Zukunft andere Maßstäbe anzusetzen sind 9 4 . Besteht für den Dienststellenleiter nach Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich eine rechtsstaatliche Beseitigungspflicht hinsichtlich rechtswidriger Maßnahmen, die nur insoweit nicht zum

92 So die Befürchtung von Ballerstedt-Schleicher, Gründen für die Nichtigkeit plädiert. 93

Siehe oben § 16.

94

Vgl. Wolff/Bachof

VerwR I, § 53 V h, S. 466.

BayPVG, Art 75 Rz. 263, der aus diesen

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

257

Zuge kommen kann, als schützensweite Interessen entgegenstehen95, so steht einer Auflösung des Arbeitsvertrages für die Zukunft grundsätzlich nichts im Wege. Das Instrument zur Auflösung geschlossener Arbeitsverträge ist die Kündigung. Wird aufgrund des verwaltungsgerichtlichen Feststellungsbeschlusses das kollektivrechtswidrig begründete Arbeitsverhältnis für die Zukunft mittels Kündigung beseitigt, so ist sowohl dem besonderen Vertrauensschutz des Arbeitnehmers in die wirksame Begründung seines Dienstverhältnisses wie auch dem gesetzlich gewährten Bestandsschutz Rechnung getragen. Einen besonderen Vertrauens- und Bestandsschutz dahingehend, keiner Kündigung ausgesetzt zu sein, gibt es im öffentlichen Dienst ebensowenig wie in der Privatwirtschaft. Wird allerdings dem Arbeitnehmer allein aufgrund des Verfahrensverstoßes des Arbeitgebers gekündigt, so bleibt außer acht, daß das Gesetz dem Personalrat Mitsprachebefugnisse bei der Einstellung nur in engen Grenzen, nämlich im Rahmen des gesetzlichen Versagungskataloges zugesteht, und daß der Arbeitnehmer einen Anspruch daraufhat, daß über seine Einstellung aufgrund der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien entschieden wird. Es ist daher zu überlegen, ob diesen Einschränkungen bei der Beseitigung der Maßnahme Rechnung zu tragen ist. I L Gebot zur Nachholung des Beteiligungsverfahrens Zu prüfen bleibt, ob eine Kündigung des Arbeitsvertrages erst dann in Frage kommen kann, wenn feststeht, daß der Personalrat seine Zustimmung zur Einstellung verweigert, und daß diese Verweigerung im Hinblick auf den Versagungskatalog rechtlich begründet ist. 1. Die Bedeutung des Versagungskataloges für die Rechtmäßigkeit der behördlichen Maßnahmebeseitigung a) Die Bindung der Behörde an Recht und Gesetz Aus der auf dem Rechtsstaatsprinzip beruhenden Bindung der Exekutive an Gesetz und Recht, Art. 20 Abs. 3 GG, und der gewichtigen Bedeutung von

95

Siehe oben § 16.

17 Hantl-Unthan

258

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

"Organisation und Verfahren" 96 ist abzuleiten, daß die Verwaltung so organisiert und das Verfahren so gestaltet sein muß, daß eine möglichst hohe Gewähr dafür besteht, daß Entscheidungen der Exekutive in Übereinstimmung mit dem Recht getroffen werden 97 . Das gilt zunächst für den Einstellungsakt, der sich nur dann in Übereinstimmung mit dem Recht befindet, wenn die gesetzlichen Rechte des Personalrats gewahrt worden sind. Es liegt bereits ein Rechtsverstoß vor, wenn die Dienststellenleitung nicht das personalvertretungsrechtliche Verfahren einhält und einen Bewerber ohne Zustimmung des Personalrats einstellt. Diese Grundsätze müssen aber ebenso für die Beseitigung der Maßnahme gelten. Da dem Personalrat gesetzlich nur in eingegrenztem Rahmen die Möglichkeit gegeben ist, seine Zustimmung rechtlich zulässig zu verweigern 9 8 , würde es einen Verstoß gegen die genannten Prinzipien darstellen, wenn aus dem Rechtsverstoß der Verwaltung Konsequenzen zu ziehen wären, unabhängig davon, ob dem Personalrat materiell das Recht überhaupt zur Seite steht. Die Maßnahme der Verwaltung, mit der sie die Konsequenz aus dem Verfahrensverstoß zieht, steht letztlich nur dann in Einklang mit Recht und Gesetz, wenn das Einigungsverfahren zu dem Ergebnis kommt, daß ein Verweigerungsgrund für die Personalvertretung gegeben oder jedenfalls modifiziert gegeben war. Eine Beseitigung der Maßnahme nur um des Verfahrens selbst willen ohne Rücksicht auf materielle Rechtsbefugnisse wäre damit nicht in Einklang zu bringen. Andernfalls würde das Mitbestimmungsrecht zum Selbstzweck, denn es wäre nicht mehr sachlich über die Rechtmäßigkeit der Zustimmungsverweigerung zu entscheiden, allein die Nichtbeteiligung würde zu Konsequenzen für die Maßnahme und damit für die individualrechtliche Ebene führen 99 .

96

Kübel, PersV 1986, 129 (133).

97

Kübel, PersV 1986, 129 (133); ders., PersV 1987, 217 (223); Ossenbühl, PersV 1989, 409

(415). 98

Dies gilt auch dann, wenn die Landesgesetze keinen Versagungskatalog enthalten, vgl. oben § 1 A II m.w.N. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese landesrechtlichen Regelungen im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 und Ait. 12 GG erhebt Kübel, PersV 1986, 129 (135 f.); ders., Personalmaßnahmen, S. 132 f. 99 A.A. zum BetrVG Rixecker, ArbuR 1983, 238 (241): Die Verfahrensrechte des Betriebsrats seien kein Selbstzweck, denn sie dienten der Verwirklichung materieller Interessen der Arbeitnehmer und seien Surrogat der individuellen Mitbestimmung über die Struktur der Belegschaft

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

259

b) Der Vorrang des materiellen vor dem formellen Recht Dieser Gedanke, nämlich der Vorrang des materiellen vor dem Verfahrensrecht, ist in der Rechtsordnung auch an anderen Stellen zu finden. Nach § 46 VwVfG beispielsweise 100 kann die Beseitigung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb verlangt werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustandegekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können, das heißt wenn der in Frage stehende Verwaltungsakt sich in der Sache als rechtmäßig darstellt und den Betroffenen jedenfalls im Ergebnis kein Unrecht geschieht 101 . Damit soll der Verfahrensökonomie und zugleich der besseren und rascheren Erfüllung öffentlicher Aufgaben sowie der Steigerung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung Rechnung getragen werden, und zwar im Hinblick auf das letztlich maßgebliche materielle Recht 1 0 2 . Auch wenn der Personalrat weder eine Behörde noch ein Ausschuß im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes sein sollte und daher "eine 'Heilung1 des Mangels im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts durch Nachholung der Mitwirkung ... nicht in Betracht kommen k a n n " 1 0 3 , so bestehen keine Bedenken, den in den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften steckenden Rechtsgedanken des Vorrangs des materiellen vor dem Verfahrensrecht auch für die interne personalvertretungsrechtliche Beteiligung zur Anwendung kommen zu lassen. Übertragen auf die personalvertretungsrechtliche Beteiligung bedeutet dies, daß eine andere Entscheidung nur dann getroffen worden wäre, wenn der Personalrat beachtliche Einwände hätte vorbringen können. Andernfalls bestünde für die Behörde keinerlei - schützenswerter - Grund, von ihrer beabsichtigten Maßnahme Abstand zu nehmen. Überlegungen, daß der Dienststellenleiter sich - aus vom Gesetz nicht vorgesehenen Gründen - mit dem Personalrat arrangiert und die Maßnahme auch dann nicht in der von ihm ursprünglich beabsichtigten Form durchgeführt worden wäre, wenn dem Personalrat keine

100

Zu entsprechenden Regelungen im Abgabenrecht (§ 127 AO 1977) und im Sozialrecht (§ 42 SGB X) vgl. Knack-Klappstein, VwVfG, § 46 Rz. 1.2.1ff. Siehe auch § 214 Abs. 1 BauGB. 101

Kopp, VwVfG, § 46 Rz. 1.

102

Kopp, VwVfG, § 46 Rz. 3.

103

So BVerwG 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68, 189 (194); ebenso BVerwG 1.12.1982, BVerwGE 66, 291 (295). A A Battis , PersV 1987, 394 (400); Laubinger, VerwArch. 1985, 449 (463 ff.); Stelkens/Sachs in Stelkenstäonk/Sachs, VwVfG, § 44 Rz. 102; Oetker, DöD 1985, 242 (244). Siehe auch Oetker, PersV 1987, 269 (270) m.w.N. und bereits oben § 9 Β I V 2a aa).

260

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Verweigerungsgründe zur Seite stehen 104 , dürfen hier keine Berücksichtigung finden. Basiert die verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung auf dem Gedanken, daß der Verfahrensfehler durch die richtige Entscheidung in der Sache konsumiert wird, so daß eine solche Konsumtion nur zulässig sein kann, wenn sich der Fehler nicht auf die Entscheidung auswirken konnte 1 0 5 , so gilt entsprechendes für die kollektivrechtswidrig durchgeführte Einstellung. Die Beteiligung des Personalrats hätte sich nur dann auf die Entscheidung auswirken können, wenn er Einwände vorgebracht hätte und diese vom Gesetz zugestanden gewesen wären. c) Materiell-rechtliche Heilung von Verfahrensverstoßen? Die Verwaltung ist allerdings an das "nur" formelle Recht aus den gleichen rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungsvorgaben heraus gebunden wie an das materielle Recht. Es ergeben sich daher rechtsstaatliche Bedenken, wenn sich die Verwaltung selbst bei einem fehlerhaften Verfahren die Legalität ihrer Entscheidung allein auf materiellrechtlicher Ebene sichern k a n n 1 0 6 . Bei der Pflicht zur Nachholung des Beteiligungsverfahrens geht es jedoch nicht darum, den Kollektivrechtsverstoß des Dienststellenleiters nachträglich zu "heilen". Es bleibt ein Verstoß gegen Personalvertretungsrecht, der bei schuldhaftem Handeln dienstrechtlich zu ahnden ist. Die Nachholung des Beteiligungsverfahrens dient dazu, die Maßnahme nur dann zu beseitigen, wenn der Personalrat materiellrechtlich einen "Anspruch" darauf gehabt hätte, daß sie nicht durchgeführt wird; sie dient nicht dazu, den Kollektivrechtsverstoß des Dienststellenleiters nachträglich mit Legalität zu versehen. Die Gefahr, daß durch eine nachträgliche Heilung die Bindung der Verwaltung an die Verfahrensbestimmungen unterlaufen wird, besteht daher nicht. Aus diesen Gründen ist die Maßnahme der Einstellung erst dann zu beseitigen, wenn feststeht, daß der Personalrat materiell das Recht auf seiner Seite hat. Hierzu stellt das Gesetz das Beteiligungsverfahren zur Verfügung. Nach verwaltungsgerichtlicher Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes hat demnach der Dienststellenleiter unverzüglich das Beteiligungsverfahren einzulei-

104 Zu bedenklichen Koppelungsgeschäften zwischen Personalrat und Dienststellenleitung vgl. Battis , RdA 1992, 12 (14) m.w.N.; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 20; Kübel, PersV 1990, 505 (508); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1083) m.w.N.; Ossenbühl p PersV 1989, 409 (417, 419); Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 14. Zur entsprechenden betriebsverfassungsrechtlichen Problematik vgl. Eich, ZfA 1988,93 ff. 105

Meyer m Meyer-Borgs, VwVfG, § 46 Rz. 4.

106

Vgl. Hufen, NJW 1982, 2160 (2162).

§19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

261

ten und nachzuholen. Kommt das Beteiligungsverfahren zu dem Ergebnis, daß der Personalrat seine Zustimmung zu recht verweigert, so hat der Dienststellenleiter die Maßnahme zu beseitigen, das heißt dem Arbeitnehmer zu kündigen. 2. Die Reichweite der Verpflichtung des Dienststellenleiters a) Die unterschiedlichen Fallkonstellationen Der den Kollektivrechtsverstoß feststellende verwaltungsgerichtliche Beschluß kann auf unterschiedlichen Fallkonstellationen beruhen. Möglich ist zunächst, daß der Dienststellenleiter das Beteiligungsverfahren nicht eingeleitet hat, beispielsweise, weil er der Meinung war, es handle sich nicht um eine Einstellung 107. Dann stellt das Verwaltungsgericht lediglich das Vorliegen eines Mitbestimmungstatbestandes fest. Hat der Dienststellenleiter das Mitbestimmungsverfahren eingeleitet, jedoch unzulässig abgebrochen, weil er der Meinung war, die Zustimmungsverweigerung sei unbeachtlich, sei es, weil sie sich nicht mehr innerhalb der Grenzen des Mitbestimmungstatbestandes bewege, sei es, weil das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes ihm nicht möglich erschien, so stellt das Verwaltungsgericht fest, daß der Personalrat gesetzlich befugt war, die Zustimmung aus den genannten Gründen zu verweigern. Das Gericht stellt jedoch nicht fest, ob die Verweigerung inhaltlich zu Recht erfolgt ist, dies ist Aufgabe der Einigungsstelle 108 . Es stellt sich daher die Frage, wie weit die Verpflichtung des Dienststellenleiters geht, das heißt ob die Beteiligung des Personalrats auf der ersten Stufe genügt oder ob der Dienststellenleiter verpflichtet ist, das gesamte Stufenverfahren gegebenenfalls bis zum Beschluß der Einigungsstelle und der gerichtlichen Überprüfung des Einigungsstellenspruches durchzuführen, bevor er Konsequenzen aus der den Kollektivrechtsverstoß feststellenden gerichtlichen Entscheidung zieht.

107 Ygj beispielsweise die vom Bundesarbeitsgericht zum BetrVG entschiedenen Fälle 5.5.1992, NZA 1992, 1044; 9.7.1991, DB 92, 327; 3.7.1990, NZA 1990, 903; 28.11.1989, BB 1990, 1443; 3.10.1989 (1 ABR 68/88), NZA 1990, 366; 1.8.1989, BAGE 62, 271; 18.4.1989, BAGE 61, 283 sowie den Überblick bei Hunold, NZA 1990,461ff. und BB 1990,1345. Dazu auch oben § 1 B. 108 Vgl. OVG NW 8.3.1988, PersV 1988, 359 f.; L. Schmitt in Lorenzenmaas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 26a.

262

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

b) Die Funktion des personalvertretungsrechtlichen Stufenverfahrens Die Konzeption des Personalvertretungsrechts ist im Grundsatz auf "Einigung" ausgerichtet: Die übergeordnete Dienststelle ist an die Stellungnahme der nachgeordneten Dienststelle grundsätzlich nicht gebunden, sie kann die beabsichtigte Maßnahme inhaltlich modifizieren und auch ganz von ihr absehen 109 . Das Gesetz stellt daher die Zustimmungsverweigerung, soweit sie sich in den Grenzen des Versagungskataloges hält, inhaltlich in das "Ermessen" der Beteiligten, so daß eine Beteiligung auf der ersten Stufe genügen könnte. Aus dieser Konzeption des Gesetzes kann aber nicht der Schluß gezogen werden, es komme auf die inhaltliche Begründetheit der Verweigerung nicht mehr an. Vielmehr ist auch das personalvertretungsrechtliche Verfahren darauf ausgerichtet, dem Personalrat mit seinen Einwänden letztlich nur dann zum Erfolg zu verhelfen, wenn ein Grund zur Zustimmungsverweigerung vorgelegen hat. Dies zeigt sich an der Kompetenz der Einigungsstelle. Ihr kommt die Aufgabe zu, in den Fällen des § 77 Abs. 2 festzustellen, ob ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung vorliegt, § 69 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz. Kommt sie zu dem Ergebnis, der Personalrat habe seine Zustimmung zu Unrecht verweigert, so ersetzt die Entscheidung der Einigungsstelle die Zustimmung der Personalvertretung 110 . Bei ihrer Entscheidungsfindung ist die Einigungsstelle gemäß § 71 Abs. 3 an die geltenden Rechtsvorschriften gebunden, bei Ermessensentscheidungen hat sie ihr Ermessen pflichtgemäß auszuüben. Beides ist gerichtlich nachprüfbar 111 . Zwar muß das Verfahren nicht zwangsläufig mit einer Entscheidung der Einigungsstelle enden, die übergeordnete Dienststelle kann bereits eine Entscheidung treffen, die einer entsprechenden gerichtlichen Überprüfung nicht unterliegt. Das Gesetz zieht hier aber nur auf der oberen Stufe die Konsequenz daraus, daß es auch für die einleitende Dienststelle keine Pflicht zur Durchführung der einmal beabsichtigten Maß-

109

Dietz/Richardi, BPersVG, § 69 Rz. 64; Gerhold in Lorenzen/H aas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 36; a.A Fischer/Goeres, BPersVG, §69 Rz. 18: Modifizierungsbefugnis nur, wenn die übergeordnete Dienststelle kraft Organisationsgewalt Regelungsbefugnis hat 110 111

Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, § 69 Rz. 42.

BVerwG 19.12.1990, PersV 1991, 277 (278) m.w.N.; 21.10.1983, BVerwGE 68, 116 (118); 13.2.1976 (7 Ρ 9.74), BVerwGE 50 176 (179); 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (194); HessVGH 14.8.1985, ZBR 1986, 62; OVG NW 20.2.1982, RiA 1982, 216 (217); 30.9.1980, PersV 1983, 285 (286); 28.5.1979, ZBR 1980, 132; OVG Hmb. 21.1.1975, ZBR 1975, 155; Dietz/Richardi, BPersVG, § 71 Rz. 51 f.; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 51; Grabendorff, BPersVG, § 83 Rz. 15, § 71 Rz. 28; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 83 Rz. 23.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

263

nähme gibt. Ebenso wie sie von ihrem Vorhaben Abstand nehmen kann, kann dies H an ihrer Stelle" die ihr hierarchisch übergeordnete Dienststelle t u n 1 1 2 .

c) Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Stufenverfahrens Stellt also auch das Personalvertretungsrecht letztlich darauf ab, daß die Zustimmungsverweigerung des Personalrats inhaltlich begründet ist, und stellt das Gesetz zur Feststellung dieser Begründetheit ein Verfahren zur Verfügung, so hat der Dienststellenleiter, um den genannten Anforderungen Genüge zu leisten, dieses Verfahren zu durchlaufen, bevor er die kollektivrechtswidrig durchgeführte Maßnahme beseitigt. Der Dienststellenleiter hat daher das Stufenverfahren einzuleiten und gegebenenfalls den Spruch der Einigungsstelle abzuwarten. Da das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren in den Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer mit dem die Beteiligten bindenden Beschluß der Einigungsstelle beendet wird, das heißt der Streitfall durch die Entscheidung abgeschlossen i s t 1 1 3 , besteht grundsätzlich keine Verpflichtung des Dienststellenleiters, den Einigungsstellenspruch noch gerichtlich überprüfen zu lassen, es sei denn, der Spruch ist für den Dienststellenleiter offensichtlich rechtsfehlerhaft. Dann wird man eine entsprechende Verpflichtung aus Art. 20 Abs. 3 GG annehmen müssen. Diese Verpflichtungen des Dienststellenleiters gelten für die eingangs genannten Fallkonstellationen gleichermaßen. Hat das Verwaltungsgericht allerdings lediglich das Vorliegen eines Mitbestimmungstatbestandes festgestellt und stand eine Zustimmungsverweigerung des Personalrats noch gar nicht zur Erörterung an, so hat der Dienststellenleiter zunächst das Beteiligungsverfahren einzuleiten. Verweigert der Personalrat danach seine Zustimmung, so ist der Dienststellenleiter aufgrund seiner rechtsstaatlichen Verpflichtung und im Hinblick auf die Rechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG gehalten, diese Verweigerung auf ihre Übereinstimmung mit dem Umfang des Mitbestimmungstatbestandes und dem Versagungskatalog hin zu überprüfen. Kommt er danach zu dem Ergebnis, daß die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich ist,

112 So Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, §69 Rz. 36. A.A. Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 18: nur, wenn die übergeordnete Dienststelle kraft Organisationsgewalt Regelungsbefugnis hat. 113

Dietz/Richardi, BPersVG, § 71 Rz. 39ff., 43; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, § 69 Rz.51,41; Grabendorff, BPereVG, § 71 Rz. 26.

BPersVG,

264

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

so darf er das Mitbestimmungsverfahren abbrechen und hat von einer Kündigung Abstand zu nehmen 1 1 4 . Der Personalrat kann dann die Verletzung seiner Rechte verwaltungsgerichtlich geltend machen, wird sie bestätigt, so hat der Dienststellenleiter die beschriebenen Konsequenzen zu ziehen. 3. Die Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes, A r t 33 Abs· 2 G G a) Kontrolle durch den Personalrat Durch das Gebot zur Nachholung des Beteiligungsverfahrens vor Maßnahmebeseitigung wird zunächst gewährleistet, daß die Beachtung des Leistungsgrundsatzes durch den Dienststellenleiter einer Kontrolle des Personalrats unterliegt. Denn kommt das Beteiligungsverfahren zu dem Ergebnis, daß der Personalrat unter Berufung auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 zu Recht einen Verstoß gegen das Leistungsprinzip geltend macht, so wird diese rechtswidrige Maßnahme nachträglich beseitigt. b) Personalratsbeteiligung und Zugangsrecht des Bewerbers Daneben regelt das Gebot zur Nachholung der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung das Verhältnis von personalvertretungsrechtlicher Beteiligung und Zugangsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 33 Abs. 2 GG in optimaler Weise. Da dem einzelnen Bewerber ein Anspruch auf Beachtung der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zusteht, muß auch insoweit gewährleistet sein, daß Organisation und Verfahren der Grundrechtsverwirklichung entsprechen 1 1 5 , es ist auszuschließen, daß aufgrund selbstformulierter Kriterien des Personalrats der Zugang zum öffentlichen Dienst nicht mehr den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht 116 . Bedenkt man, daß es sich bei der Nachholung der Beteiligung um eine nachträgliche Prüfung der Einstellung handelt, so hat diese Prüfung die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Vorgaben zu beachten. Wird die Einstellung nur dann beseitigt, wenn feststeht, daß der Personalrat gesetzliche Verweigerungsgründe für die Einstellung geltend machen kann, so

114

Vgl. oben § I B .

115

Kübel, PersV 1986, 129 (135) und oben § 19 C 13.

116

Kübel, PersV 1986,129 (136).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

265

steht gleichzeitig fest, daß sich die Bedenken, die den Personalrat zur Verweigerung bewegt haben, im Rahmen der von Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien halten. Eine Versagung des "Amtes" aus verfassungswidrigen Gründen wird ausgeschlossen. c) Personalratsbeteiligung und Einstellungsanspruch des Bewerbers aa) Das Verhältnis von Personalratsbeteiligung und Einstellungsanspruch in der Rechtsprechung Deutlich wird dies wieder anhand eines nach Art. 33 Abs. 2 GG bestehenden Einstellungsanspruches. M i t dem Gebot zur Nachholung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens erfährt das Problem des Verhältnisses von gerichtlich geltend gemachtem Einstellungsanspruch und Personalratsbeteiligung eine Lösung. Hatten die Instanzgerichte früher entschieden, daß ein Einstellungsanspruch im öffentlichen Dienst im Hinblick auf das Zustimmungserfordernis des Personalrats überhaupt nicht in Frage kommen könne 1 1 7 , so löst das Bundesarbeitsgericht dieses Problem über die Einbeziehung der Beteiligung in den Einstellungsprozeß. Ausgehend von der Überlegung, daß auch bei rein normvollziehenden Maßnahmen und rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung zur Maßnahme die Beteiligung nicht entfallen könne 1 1 8 , soll der Arbeitgeber, wird er mit einem Einstellungsprozeß überzogen, vorsorglich die Zustimmung des Personalrats einholen. Eine Verweigerung der Zustimmung soll dann im Einstellungsprozeß daraufhin überprüft werden, ob sie zu Recht erfolgte 119 .

117

Vgl. LAG Bln. 2.2.1976, PersV 1977, 312 (317); LAG Hamm 23.8.1979, PereV 1982, 51 (55) und oben § 1 Β III. 118 LAG Hamm 23.8.1979, PersV 1982, 51 (53); Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 13b. Vgl. auch BVerwG 1.2.1989, PersV 1989, 354 (355 f.) und 25.8.1988 ( 6 Ρ 36.85), PersR 1988, 298, für den Fall eines gerichtlichen Vergleichs. Siehe auch BVerwG 13.2.1976 (7 Ρ 4.75), BVerwGE 50, 186 (194); BAG 30.5.1990, PereV 1991, 88 ff.; 20.3.1990, BB 1990, 1271 f.; OVG Bremen 27.11.1990, PersR 1991, 145; LAG Bremen 26.1.1990, BB 1990, 1485; LAG Bln. 29.2.1988, PereR 1988, 275 f. zur Tarifautomatik. A.A OVG Hmb. 21.1.1975, ZBR 1975, 155; OVG Lübg. 14.5.1974, ZBR 1975,64; zur gerichtl. Verurteilung ebenfalls a.A. Havers , PersVG NW, § 66 Anm. 2.4; Joerres, PersV 1981, 353 (354) m.w.N. Siehe aber BAG 9.3.1977, AP Nr. 21 zu § 611 BGB Abhängigkeit, 5 der Gründe; 3.10.1975 (5 AZR 162/74 und 5 AZR 445/74), AP Nr. 15 und 17 zu § 611 BGB Abhängigkeit, II 4 und 12c der Gründe, zur nachträglichen Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. 119

BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34,1 (14); 10.12.1980, AP Nr. 15 zu Art. 33 Abs. 2 GG, Β 12 der Gründe; zustimmend B. Müller, ArbR, Rz. 329; Böhm/Spiertz, BAT, § 4 Rz. 13; Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159 (161).

266

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Verhält sich die Behörde entsprechend, so scheint das Problem zunächst gelöst: Die Berechtigung zur Zustimmungsverweigerung wird zur Vorfrage gemacht, die im Einstellungsprozeß zu entscheidenden i s t 1 2 0 . Verhält sich die Behörde nicht entsprechend, so darf sie nicht in der Lage sein, den Einstellungsanspruch durch Nichtbeteiligung des Personalrats zu unterlaufen 121 . Das Bundesarbeitsgericht gibt deshalb dem Einstellungsanspruch auch ohne Zustimmung des Personalrats statt und verbietet der Behörde, den Bewerber zu beschäftigen 122 , andererseits erwägt es aber auch, das Verfahren zunächst auszusetzen, um die Zustimmung des Personalrats abzuwarten, oder dem Einstellungsantrag unter der Bedingung der späteren Personalratszustimmung stattzugeben 123 . bb) Ausreichende Berücksichtigung der Bewerberrechte? Die Lösung des Bundesarbeitsgerichts läßt jedoch viele Fragen offen. Wird die Zustimmungsverweigerung als Vorfrage im Einstellungsprozeß überprüft und als unbegründet angesehen, so soll der Personalrat anschließend ein verwaltungsgerichtliches Feststellungsverfahren einleiten können mit der Möglichkeit einer zum arbeitsgerichtlichen Urteil divergierenden Entscheidung. Der Arbeitgeber soll dann kündigen können, weil die nachfolgende Entscheidung im Beschlußverfahren zur Veränderung der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage f ü h r t 1 2 4 . Hier schließt sich die Frage an, wie das Arbeitsgericht in dem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren mit den divergierenden Entscheidungen umzugehen hat. Hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf die personelle Maßnahme, so muß er ihn auch gerichtlich durchsetzen können, und zwar völlig unabhängig davon, ob das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gewahrt worden ist oder nicht, es sei denn, das Zustimmungsrecht wurde be-

120 Löwisch/Röder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 1. Ebenso Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161). 121 BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (11 ), Löwischfööder, AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 1.

Anm. BAG 2.7.1980 (5

122 BAG 2.7.1980, (5 AZR 1241/79), BAGE 34, 1 (11 ff.); 10.12.1980, AP Nr. 15 zu Art 33 Abs. 2 GG, Β der Gründe; zustimmendMüller, ArbR, Rz. 329; Böhm/Spiertz, BAT, § 4 Rz. 13. 123

BAG 6.2.1980, AP Nr. 5 zu Art 33 Abs. 2 GG, III der Gründe.

124

So Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (161).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

267

reits bei der Einräumung des Anspruchs verletzt 1 2 5 . Letzteres kann im Falle eines Einstellungsanspruches nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht auftreten. Das Bundesarbeitsgericht versagt dem Bewerber diesen Anspruch jedoch insoweit, als er nicht beschäftigt werden darf, denn der Anspruch bezieht sich nicht nur auf den Abschluß des Arbeitsvertrages, sondern auch auf die Beschäftigung126. Erst recht geht es zu weit, von dem Bewerber zu verlangen, i m Einstellungsprozeß zu beantragen, daß die Behörde die Zustimmung des Personalrats einholt 1 2 7 . Völlig unpraktikabel ist in diesem Zusammenhang die Idee des Bundesarbeitsgerichts, das Verfahren zunächst auszusetzen oder die Behörde unter der Bedingung der späteren Personalratszustimmung zur Einstellung zu verurteilen 128 . Eine die Aussetzung in diesem Fall legitimierende Norm ist in den abschließenden Katalogen 1 2 9 der Verfahrensgesetze nicht zu finden. Die Verurteilung unter der Bedingung läßt offen, wie die Begründetheit einer Zustimmungsverweigerung überprüft werden kann, wenn die Behörde sich mit dieser begnügen will. Ein Recht des Bewerbers auf Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens ist bislang nicht anerkannt. Bliebe in diesem Fall nur, im Rahmen der Vollstreckung des bedingten Urteils die Unbegründetheit der Zustimmungsverweigerung als Eintritt der Bedingung zu überprüfen 130 . cc) "Interessenausgleich " durch nachgeholtes Stufenverfahren Kann also die Zustimmung des Personalrats nicht zur Voraussetzung für den Einstellungsanspruch gemacht werden 1 3 1 , so stellt sich das Problem des

125

So zutreffend Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr. 5 zu § 101 BetrVG 1972, unter VI 1, mit Hinweis auf den allgemeinen Rechtsgedanken aus § 76 Abs. 7 BetrVG. 126 LöwischRöder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 1. 127 So aber Löwisch/Röder, 1972, unter II 1.

Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG

128 BAG 6.2.1980, AP Nr. 5 zu AH 33 Abs. 2 GG, III der Gründe; ahnlich BAG 29.7.1982, BAGE 39, 235 (243). 129

Vgl. Baumbach-Hartmann, ZPO, Rz. 1 vor §§ 148-155; Zöller-Stephan, ZPO, § 148 Rz. 2 ff.

130

Insoweit zutreffend das Bundesarbeitsgericht selbst, vgl. BAG 2.7.1980 (1241/79), BAGE 34,

1 (12).

131 So zutreffend BAG 2.7.1980 (1241/79), BAGE 34, 1 (11 ff); a.A wohl LöwischRöder, Anm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 1241/79), EzA Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972, unter II 1, die es als "nicht angängig" ansehen, das Mitbestimmungsrecht unbeachtet zu lassen.

268

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Verhältnisses von Einstellungsanspruch und Personalratszustimmung überhaupt nur dann, wenn erst der Personalrat die den Einstellungsanspruch ausschließenden Tatsachen vorträgt, diese aber zunächst im Einstellungsprozeß unbekannt oder unerwähnt geblieben waren. Denn ist ein Zustimmungsverweigerungsgrund tatsächlich gegeben, so kann ein Einstellungsanspruch unabhängig von der Beteiligung des Personalrats nicht bestehen, denn es liegen Tatsachen vor, die ausschließen, daß nur eine Entscheidung auf Einstellung die einzig rechtmäßige Entscheidung wäre 1 3 2 . Aus diesem Grunde kann auch der Personalvertretung das Beteiligungsrecht für die Fälle der gerichtlichen Verurteilung nicht versagt werden, denn die Personalvertretung kann Tatsachen vortragen, die bislang im Einstellungsprozeß nicht vorgetragen worden sind, die aber den Einstellungsanspruch ausschließen. Andernfalls würden diese sowohl für die Interessenwahrung der Beschäftigten als auch für die Begründetheit des Einstellungsanspruchs wesentlichen Tatsachen völlig außer acht gelassen. Wird nun dem Einstellungsanspruch des Bewerbers ohne Rücksicht auf erfolgte Beteiligung des Personalrats stattgegeben und muß der Bewerber auch beschäftigt werden, so ist gewährleistet, daß ihm sein Einstellungsanspruch in vollem Umfang ohne Rücksicht auf ein bestehendes Beteiligungsrecht der Personalvertretung gewährt wird. Das zunächst nur zwischen Bewerber und Einstellungsbehörde bestehende Rechtsverhältnis findet auch nur in dieser Beziehung rechtliche Beachtung. Auf der kollektivrechtlichen Ebene zwischen Personalvertretung und und Einstellungsbehörde stellt sich die Sachlage nicht anders dar als in den Fällen, in denen der Dienststellenleiter ohne gerichtliche Verurteilung eine Einstellung unter Mißachtung des Mitbestimmungsrechts vornimmt. Der Dienststellenleiter hat den Bewerber eingestellt, ohne die allein in diesem Verhältnis bestehenden Befugnisse der Personalvertretung zur Geltung zu bringen. Durch das Gebot zur Nachholung der Personalratsbeteiligung wird sichergestellt, daß die Rechte der Personalvertretung und der von ihr repräsentierten Beschäftigten gewahrt werden. Wird die aufgrund eines individualrechtlich durchgesetzten Anspruchs vorgenommene Einstellung auf kollektivrechtlicher Ebene wie eine mitbestimmungswidrig durchgeführte behandelt, so wird durch das Gebot zur Durchführung des Stufenverfahrens wiederum garantiert, daß der Bewerber nur dann seinen Einstellungsanspruch abgesprochen erhält, wenn der Personalrat Tatsachen geltend machen kann, die zur Versagung dieses Anspruches führen. Der Bewerber kann, wird ihm nach

132

Ebenso Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr.5 zu § 101 BetrVG 1972, unter VI 1.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalteativen

269

entsprechendem Einigungsstellenbeschluß gekündigt, diesen Beschluß i m Rahmen eines anschließenden Kündigungsschutzprozesses überprüfen lassen. 4. Bedenken gegen die Nachholung des Beteiligungsverfahrens a) Rechtzeitige Einflußnahme der Personalvertretung Nach allgemeiner Ansicht ist allerdings eine nachträgliche Zustimmung der Personalvertretung im Sinne von Genehmigung nicht zulässig 133 . Sinn der Mitbestimmungsregelung sei es, dem Personalrat rechtzeitig vor der Durchführung der Maßnahme die Möglichkeit zu geben, die rechtlichen und sozialen Belange der Beschäftigten geltend zu machen, andernfalls käme das der Mitbestimmung innewohnende Element des sozialen Schutzes nicht mehr zum Tragen; die Chance einer Einflußnahme könne nach Durchführung der Maßnahme nicht mehr verwirklicht werden, für die Beschäftigten könnten bereits irreparable Schäden entstanden sein und die Beteiligung des Personalrats käme zu spät 1 3 4 . Diese Bedenken richten sich gegen die Möglichkeit, eine zunächst unterlassene Beteiligung mit heilender Wirkung nachzuholen, daß heißt der nachträglichen Beteiligung den Effekt beizulegen, die Ordnungsgemäßheit der Personalratsbeteiligung herzustellen. Bei der hier zu untersuchenden Fallgestaltung ist der Kollektivrechtsverstoß des Dienststellenleiters bereits gerichtlich fest-

133 Vgl. BAG 10.3.1983, AP Nr. 1 zu § 66 LPVG NW, II der Gründe; OVG Bln. 14.12.1970, PersV 1971, 223 (224); Alberty, Fehlende Zustimmung, S. 19ff.; Aufhauser-Brunhöber, BayPVG, Art 70 Rz. 8; Ballerstedt-Schleicher, BayPVG, Art. 75 Rz. 265; Dietz/Richardi, BPersVG, § 79 Rz. 143 m.w.N.; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 69 Rz. 4; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 37 m.w.N.; Helmes-Küssner, PersVG Rh.-Pf., § 72 Rz. 7; Oetker, DöD 1985, 242 (246) m.w.N.; Rooschütz, LPVG BW, §69 Rz. 22; Ruppert, PersVR Rh.-Pf., §72 Rz. 19; Spohn-Bieler, NdsPersVG, § 73 Rz. 13; Widmaier in Widmaier/Leuze/Lindenberg=Wendler, PersVR BW, § 69 Rz. 42. A.A. Ballerstedt-Eckinger, BayPVG, Art 70 Rz. 6; Fees , PersV 1975, 368 (369); Krieg, LPVG NW, § 79 Anm. 7, dessen Hinweis auf VG Bln. 31.8.1973, PersV 1974, 210 und 10.12.1973, PersV 1974, 211 allerdings fehlgeht, da das Verwaltungsgericht die Nachholung der Beteiligung im Wege der einstweiligen Verfügung bereits zu einem Zeitpunkt angeordnet hat, als die Maßnahme noch nicht durchgeführt worden war. Siehe aber BAG 6.3.1985, AP Nr. 13 zu § 75 BPersVG, a.E. der Gründe, wo die "nachträgliche Zustimmung des Personalrats zu einer vom Arbeitgeber bereits durchgeführten Maßnahme ohne Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens seitens des Dienststellenleiters als zulässig und wirksam" angesehen wird. Siehe auch Richter, PersR 1992, 183 (188), der die nachträgliche Zustimmung des Personalrats zur Einstellung wohl ebenfalls für zulässig hält Das neue rheinlandpfälzische Gesetz sieht jetzt die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung durch den Personalrat ausdrücklich vor, §§ 67 Abs. 2, 74 Abs. 1 PersVG Rh.-Pf. 134

(315 f.).

Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt,

BPersVG, §69 Rz. 4; Widmaier,

PersV 1985, 304

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6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

gestellt. Es geht nicht mehr darum, durch die nachträgliche Einleitung des Stufenverfahrens diesen Kollektivrechtsverstoß zu heilen, sondern darum, aus ihm für alle Beteiligten tragbare Konsequenzen zu ziehen. Die Maßnahme ist bereits durchgeführt, eventuelle "Schäden" für die Beschäftigten sind bereits entstanden. Die vom Gesetz bereits nach dem Wortlaut vorgegebene Pflicht für den Dienststellenleiter, vor Durchführung der Maßnahme die Beteiligung zu gewährleisten, ist nicht mehr erfüllbar. Es ist deshalb danach zu differenzieren, ob der nachträglichen Beteiligung die Bedeutung einer vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Personalratsbeteiligung zukommen, oder ob mit ihr die gerichtlich festgestellte nicht ordnungsgemäße Beteiligung beseitigt werden soll. Nur gegen erstgenannten Fall können sich die angeführten Bedenken richten. Ist also die Maßnahme bereits durchgeführt und der Willensbildungsprozeß innerhalb der Verwaltung insoweit jedenfalls abgeschlossen, so kann sich nur noch die Frage stellen, ob durch die nachträgliche Durchführung des Stufenverfahrens der Beteiligung der Personalvertretung die ihr vom Gesetz zuerkannte Bedeutung genommen wird. Das Bundesverwaltungsgericht stellt bei der im Rahmen der personellen Angelegenheiten der Beamten auftretenden Frage, ob eine erforderliche Beteiligung des Personalrats wenigstens noch bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden kann, entscheidend darauf ab, ob die Bedenken des Personalrats die betroffene Entscheidung noch beeinflussen können. Da die im Rahmen der Anhörung als ein nur sehr schwach ausgeprägtes Beteiligungsrecht nachträglich geäußerten Bedenken des Personalrats kaum noch Einfluß nehmen könnten, während das mit einer wesentlich stärkeren Rechtsposition versehene Mitwirkungsrecht grundsätzlich gewährleiste, daß die Dienststelle die Stellungnahme der Personalvertretung noch aufgeschlossen berücksichtige, sei die Mitwirkung mit heilender Wirkung nachholbar, die Anhörung n i c h t 1 3 5 . Auch wenn diese Gedanken darauf basieren, daß bis zum Erlaß des Widerspruchsbescheides die Willensbildung des Dienstherrn noch nicht völlig abge-

135 BVerwG 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68, 189 (195 f.) zur Mitwirkung; 1.12.1982, BVerwGE 66, 291 (297) zur Anhörung; jeweils bestätigt in BVerwG 9.5.1985, PersV 1987, 517; ebenso im Ergebnis OVG Hmb. 11.6.1982, PersV 1984, 249 (251). Siehe auch BVerwG 22.3.1989, DöV 1989, 683 (684 f.) m.w.N. und 24.6.1965, BVerwGE 21, 240 (250). A.A. Oetker, PersV 1987, 269 (274 f.): Heilende Nachholbarkeit sowohl bei Mitwirkung als auch bei Anhörung. Zum ähnlichen Fall der späteren Nachholung der Beteiligung des Vertrauensmannes oder der Hauptfürsorgestelle bei der Entlassung von Schwerbehinderten vgl. BVerwG 27.4.1983, BVerwGE 76, 82 (87); 23.10.1969, BVerwGE 34, 133 (138, 140); 13.12.1963, BVerwGE 17, 279 (280 ff.); 8.7.1959, BVerwGE 9, 69 (71); OVG Koblenz 5.9.1958, ZBR 1958, 376 (377).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

271

schlossen i s t 1 3 6 , es also hier um die bereits angesprochene nachträgliche, ordnungsgemäße Beteiligung mit heilender Wirkung geht, so können doch die inhaltlichen Überlegungen Anknüpfungspunkt für die vorliegende Fragestellung sein. Wird dem Dienststellenleiter nach gerichtlich festgestelltem Kollektivrechtsverstoß aufgegeben, das gesetzlich vorgesehene Mitbestimmungsverfahren einzuleiten und kann dieses Stufenverfahren gegebenenfalls zur Beseitigung der Maßnahme führen, so kommt dem Zustimmungserfordernis der Personalvertretung jenes Gewicht zu, das ihr das Gesetz zuweist. Die jeweiligen Stufen wie auch die Einigungsstelle haben sich mit den Einwänden der Personalvertretung ernsthaft auseinanderzusetzen und die Begründetheit ihrer Zustimmungsverweigerung zu überprüfen. Das Gewicht wird der Mitbestimmung nur insoweit genommen, als für die Dauer des Stufenverfahrens die Maßnahme aufrechterhalten bleibt, während bei ordnungsgemäßer Beteiligung die Maßnahme bis zum Abschluß des Verfahrens zu unterbleiben hat. Diese Einschränkung muß im Hinblick auf die im übrigen berührten Interessen und die nur in Grenzen bestehende Mitsprachebefugnis als für die Personalvertretung und die von ihr repräsentierten Beschäftigten zumutbar und hinnehmbar angesehen werden, gerade auch im Hinblick darauf, daß am Ende des Verfahrens das gleiche Ergebnis steht. b) Fehlende Durchfuhrungspflicht des Dienststellenleiters bei beabsichtigten Maßnahmen Gegen die Verpflichtung des Dienststellenleiters, nach gerichtlicher Feststellung eines Kollektivrechtsverstoßes das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten, bleibt weiterhin zu bedenken, daß es grundsätzlich keine Durchführungspflicht des Dienststellenleiters für eine beabsichtigte Maßnahme gibt, und zwar unabhängig davon, ob der Personalrat der Maßnahme zugestimmt oder sie abgelehnt h a t 1 3 7 . Der Dienststellenleiter ist daher im Rahmen eines ordnungsgemäßen Beteiligungsverfahrens nicht verpflichtet, das Stufenverfahren einzuleiten, er kann nach abgelehnter Zustimmung des Personalrats von der Maßnahme Abstand nehmen, soweit er damit die Rechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht mißachtet. Diese Möglichkeit hat sich der Dienststellenleiter aber dann genommen, wenn er die Maßnahme bereits durchgeführt hat. Er kann sich dann nicht auf 136

Vgl. BVerwG 24.11.1983 (2 C 9.82), BVerwGE 68,189 (194).

137

Siehe bereits oben § 8 C II m.N.

272

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

die Rechte berufen, die ihm zustehen, wenn sich die Maßnahme noch im Planungsstadium befindet. M i t der Durchführung der Maßnahme hat er bereits Rechte Dritter begründet, nämlich die des eingestellten Beweibers, die Maßnahme ist nicht mehr nur beabsichtigt, sie ist bereits durchgeführt und unterliegt damit nicht mehr den gleichen Maximen wie eine Maßnahme, deren Durchführung sich noch in der Vorbereitung befindet. Die gleichen Überlegungen gelten für die Möglichkeit der nächsthöheren Dienstbehörde zur Einigung mit dem Personalrat. Die auf der zweiten Stufe des Beteiligungsverfahrens angesiedelte Dienstbehörde kann nach erfolgter Durchführung ebensowenig die Maßnahme "einfach nur fallen lassen" wie die untere Behörde. Vielmehr ist sie gehalten, die Einwände des Personalrats auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen und nur dann, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, die Verweigerung der Zustimmung sei begründet, von der Maßnahme Abstand zu nehmen. In diesem Fall endet das Stufenverfahren bereits auf der zweiten Stufe. Dadurch wird zwar dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats aufgrund der Nachträglichkeit der Beteiligung ein praktisch möglicher Effekt genommen, nämlich auch außerhalb des Verweigerungskataloges mit der jeweiligen Dienststelle zu einer Einigung zu kommen. Da dies der gesetzlichen Bewertung personalvertretungsrechtlicher Beteiligung in personellen Angelegenheiten aufgrund des abschließend normierten Verweigerungskataloges aber gerade nicht entspricht, dürfen diese Überlegungen hier keine Berücksichtigung finden 138. c) Sanktionslose Mißachtung der Beteiligungsrechte? Im Betriebsverfassungsrecht wird dem Arbeitgeber versagt, dem vom Betriebsrat angestrengten Verfahren nach § 101 BetrVG mit einem Hilfsantrag auf Ersetzung der Zustimmung nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu begegnen, weil dieser sonst ohne Beachtung der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats die Maßnahme zunächst durchführen und darauf warten könnte, ob der Betriebsrat tatsächlich nach § 101 BetrVG vorgeht. Die Mißachtung des Betriebsrats wäre für ihn mit keinem Nachteil veibunden, so daß nach ganz herrschender Meinung der Aibeitgeber auf Beschluß des Arbeitsgerichts nach §101 Satz 1 BetrVG zunächst die Maßnahme aufheben und sodann das vorgesehene Zustimmungsersetzungsverfahren durchführen m u ß 1 3 9 .

138

Vgl. bereits oben § 19 D II 1.

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

273

Gleiche Bedenken könnten sich im Personalvertretungsrecht stellen. Hat die verwaltungsgerichtliche Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes allein die Wirkung, daß das unzulässig unterbliebene Verfahren nachgeholt wird, so könnte auch hier der Dienststellenleiter den Personalrat "gefahrlos" mißachten und zunächst abwarten, ob der Personalrat sich gegen die Rechtsverletzung zur Wehr setzt. Selbst wenn man dem privaten Unternehmer die gleiche Gesetzestreue zugesteht wie dem öffentlichen Arbeitgeber und anerkennt, daß die Beachtung kollektivrechtlicher Erfordernisse bei der privatwirtschaftlichen Einstellung ebenso schwierig handhabbar sein kann wie im öffentlichen Dienst, so besteht hier dennoch angesichts der völlig anders gearteten Kontrollinstanzen keine solche, vom Bundesarbeitsgericht für den Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes befürchtete Gefahr. Der die Einstellung in der Funktion des öffentlichen Arbeitgebers durchführende Dienststellenleiter unterliegt öffentlich-rechtlicher Disziplinargewalt. Eine wiederholte Mißachtung personalvertretungsrechtlicher Kompetenzen, die nicht mit den eingangs geschilderten Schwierigkeiten begründet werden kann, sondern offensichtlich den vom Bundesarbeitsgericht beschriebenen Effekt beabsichtigt, stellt ein Dienstvergehen dar, bei dem sich der Dienststellenleiter auf fehlendes Verschulden nicht berufen kann. Ein solches Verhalten führt daher zu Konsequenzen auf beamtenrechtlicher Ebene, der sich ein Dienststellenleiter nicht aussetzen w i r d 1 4 0 . Daneben darf die Kontrolle mittels öffentlicher Meinung über die Medien nicht unterschätzt werden. Die Gesetzestreue behördlicher Maßnahmen gerade im Hinblick auf unsachgemäße Einstellungen ist ihr weit mehr ausgesetzt als in der privaten Wirtschaft. d) Umgehung der Ausschlußfrist des § 69 Abs· 3 Satz 1? Zu prüfen ist, ob durch die Anordnung der Nachholung des Stufenverfahrens die Frist des § 69 Abs. 3 Satz 1 umgangen wird. Danach hat der Dienststellenleiter, will er an der Maßnahme trotz Zustimmungsverweigerung festhalten, das Stufenverfahren innerhalb von sechs Arbeitstagen einzuleiten. Die Frist beginnt mit dem Zugang des Personalratsbeschlusses bei der Dienststelle

139 Vgl. nur BAG 18.7.1978 (1 ABR 43/75) und 21.11.1978, AP Nr. 1 und 3 zu § 101 BetrVG 1972, unter II 3 und II 6 der Gründe; 16.7.1985, BAGE 49, 180, (197); Fitting/Auffarth, BetrVG, § 101 Rz. 2am.w.N. 140 Vgl. auch Becker, ZBR 1991, 321 (335): "... ist das Übergehen der Zustimmungsverweigerung des Personalrats durch den Dienststellenleiter mit einem nicht zu unterschätzenden gerichtlich nachprüfbaren Risiko belastet...".

18 Hantl-Unthan

274

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewetung

zu laufen 1 4 1 . Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich hierbei um eine Ausschlußfrist 142 . Die gesetzlichen Regelungen über das Einigungsverfahren setzen jedoch zunächst voraus, daß ein Fall der Mitbestimmung überhaupt gegeben ist. Andernfalls findet das Gesetz von vornherein keine Anwendung 1 4 3 . Des weiteren setzen diese Bestimmungen in Verbindung mit § 77 Abs. 2 voraus, daß der Personalrat seine Zustimmung in der gesetzlich vorgesehenen Weise verweigert hat. Da beide Voraussetzungen vom Dienststellenleiter zu prüfen s i n d 1 4 4 , kann die Ausschlußfrist erst dann zum Zuge kommen, wenn verwaltungsgerichtlich festgestellt ist, daß der Dienststellenleiter die Zustimmungsverweigerung zu Unrecht mißachtet h a t 1 4 5 . Bedenken, daß der Dienststellenleiter damit ohne Risiko sanktionslos die Beteiligungsrechte des Personalrats mißachten könne 1 4 6 , sind angesichts der soeben aufgezeigten 147 disziplinarrechtlichen Konsequenzen unbegründet. e) Die Nachholbarkeit des Mitbestimmungsverfahrens in den Fällen der Eingruppierung Nach der betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts soll der Betriebsrat im Rahmen des Mitbestimmungssicherungsverfahrens nach § 101 BetrVG keinen Anspruch auf Aufhebung einer ohne seine Mitbestimmung erfolgten Eingruppierung haben. Vielmehr könne dieser nur nachträgliche Einholung der Zustimmung verlangen 148 . Insoweit wird grundlegend zwischen der Maßnahme der Eingruppierung und den übrigen personellen Einzelmaßnahmen unterschieden. Die Begründung liegt in der Funktion der Mitbestimmung. Da es sich bei der Eingruppierung um eine reine Rechtsfrage handle, bestehe das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats 141 Fischer/Goeres, BPersVG, § 69 Rz. 14; Gerhold in Lorenzen/Haas/Schmitt, Rz. 28 m.w.N.; Grabendorff, BPersVG, § 69 Rz. 19. 142

§ 69 Rz.

Vgl. HessVGH 22.3.1989, DöV 1991, 258; Gerhold in Lorenzen/H aas/Schmitt, Müller, PersR 1991,455 (457).

143

Siehe oben § 1 Β I.

144

Dazu ausführlich oben § 1 Β I .

BPersVG, § 69 BPersVG,

145

So im Ergebnis wohl auch BVerwG 27.7.1990, PersR 1990, 297; 12.3.1986, BVerwGE 74, 100. Dagegen Müller, PersR 1991,455 (547 f.). 146

SoMüller, PersR 1991, 455 (458).

147

Oben § 19 D II 4c.

148

BAG 31.5.1983, BAGE 43, 35 (45); 22.3.1983, BAGE 42, 121 (129); siehe auch BAG 1.7.1970, AP Nr. 11 zu §71 PersVG 1955, Bl. 3, zur heilenden Wirkung der nachträglichen Zustimmung des Personalrats. Zum ganzen ausführlich Veit, RdA 1990, 325 (331 f.)

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

275

nicht in der Mitgestaltung, sondern nur in der Mitbeurteilung der gegebenen Rechtslage, also in einer Richtigkeitskontrolle. Aus der Beschränkung des Aufhebungsanspruchs des Betriebsrats auf den Anspruch auf Nachholung der Beteiligung im Falle der Eingruppierung lassen sich jedoch keine Bedenken gegen das hier gefundene Ergebnis herleiten. Der vom Bundesaibeitsgericht aufgestellte Grundsatz beschränkt den Betriebsrat auf nachträgliche Beteiligung für den Fall des bloßen Normvollzuges, wie ihn die Eingruppierung darstellt. Er setzt dabei den Anspruch auf Aufhebung der Maßnahme nach § 101 BetrVG bereits voraus. Ist hier für den Bereich des Personalvertretungsrechts erst zu untersuchen, ob und inwieweit ein solcher Aufhebungsanspruch überhaupt besteht, so kann aus den Leitsätzen des Bundesarbeitsgerichts allenfalls übernommen werden, daß dieser Aufhebungsanspruch jedenfalls bei normvollziehenden Maßnahmen nicht bestehen kann. Die dargelegten Unterschiede zwischen Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht verbieten jedoch, die Gedanken des Bundesarbeitsgerichts dahingehend zu übernehmen, daß immer dann, wenn es sich nicht um reine Rechtmäßigkeitskontrolle handelt, ein bedingungsloser Aufhebungsanspruch gegeben sein muß. Vielmehr haben die Untersuchungen für das Personalvertretungsrecht gezeigt, daß es sich im Bereich des öffentlichen Dienstes auch bei einer Einstellung um reinen Normvollzug handeln kann. f) Grundrechtssichernde Funktion des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens? Zu überlegen bleibt, ob es sich bei den Personalvertretungsgesetzen um "grundrechtsrelevantes Organisations- und Verfahrensrecht" handelt 1 4 9 , dem die hier zu findende Lösung Rechnung zu tragen hat. Das Bundesverfassungsgericht verweist zur Frage der Legitimation personalvertretungsrechtlicher Befugnisse neben dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG auf die Grundrechte des Art. 1 Abs. 1 und des Art. 2 Abs. 1 G G 1 5 0 . Hieraus wird nun vereinzelt geschlossen, die Absicherung dieser Grundrechte werde verfahrensmäßig durch den Personalrat realisiert: auch wenn der Personalrat selbst nicht Grundrechtsträger sei, so sei ihm als Verfahrensträger die Durchführung der zur Realisierung der Grundrechte erlassenen Organisations- und Verfahrensregelungen übertragen; das personalvertre149 150

Vgl. zu dieser Terminologie Bethge, NJW 1982,1 (2).

Vgl. BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 (2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (58).

276

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

tungsrechtliche Verfahren habe daher die Aufgabe, staatliche Eingriffe in den geschützten Handlungsbereichen abzuwehren, ohne daß es sich damit um die Ausübung eines kollektiven Grundrechts handle 1 5 1 . Damit komme dem Mitbestimmungsverfahren grundrechtssichernde Funktion zu. Bleibt nach der hier gefundenen Lösung der Verstoß des Dienststellenleiters gegen das vorgeschriebene Mitbestimmungsverfahren ohne Konsequenzen, soweit ein materieller Verweigerungsgrund fehlt, und wird den Beschäftigten für die Dauer des nachzuholenden Beteiligungsverfahrens die Ignoranz der ihnen zustehenden Rechte zugemutet, nämlich keine Durchfühung der Maßnahme ohne vorheriges abgeschlossenes Mitbestimmungsverfahren, so ist insoweit zu überlegen, ob damit dem personalvertretungsrechtlichen Verfahren grundrechtssichernde Funktionen genommen werden. In der neueren Grundrechtsinterpretation ist zunehmend die Tendenz zu verzeichnen, die Grundrechte organisations- und verfahrensrechtlich abzustütz e n 1 5 2 . Danach setzen die einzelnen Grundrechte Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz eflfektuierende Verfahrensgestaltung und für eine verfassungskonforme Anwendung der vorhandenen Verfahrensvorschriften 153 . Voraussetzung für die Verletzung von Grundrechten durch die Verfahrensgestaltung ist jedoch, daß solche Verfahrenserfordernisse außer acht gelassen wurden, die der Staat in Erfüllung seiner Pflicht zum Schutz der in den betroffenen Grundrechten oder der in Art. 2 Abs. 2 GG genannten Rechtsgüter erlassen h a t 1 5 4 . Eine Grundrechtsrelevanz in beschriebenem Sinne könnte daher nur dann begründet werden, wenn das Personalvertretungsrecht den Bediensteten solche Verfahrensrechte - wahrgenommen durch den Personalrat - einräumte, deren sie zur wirksamen Verteidigung oder Ausübung ihrer grundrechtlich geschützten materiellen Rechtsgüter bedürfen 155 . Nicht der Ablauf des Verfahrens als solcher bedingt bereits die Berücksichtigung des Grundrechtsschutzes, sondern erst die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung stellt Anforderungen an das Verfahren 156 . Da die personalvertretungsrechtliche Beteiligung weder eine individuelle 151 So Kempen, PersR 1987,179 (181); ders., Grund und Grenze, S. 19ff.; ders., ArbuR 1987, 9 (12 ff); ders., ArbuR 1986, 129 (133). 152

Vgl. v. Mutius, NJW 1982,2150 (2151)m.w.N.

153

Vgl.£ef/ige,NJW 1982, 1 (6).

154

BVerfG 20.12.1979, BVerfGE 53, 30 (65).

155

Zu dieser Voraussetzung vgl. v. Mutius, NJW 1982, 2150 (2156) mit Hinweisen zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. - In diesem Sinne wohl Kempen, PersR 1987, 179(181). 156

Hufen, NJW 1982, 2160 (2162).

§ 19 Interessenbewertung und mögliche Lösungsalternativen

277

noch eine kollektive Form der Ausübung von Grundrechten darstellt 1 5 7 , ist es mit der ganz herrschenden Meinung abzulehnen, personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung als Instrument zur Wahrung betroffener Grundrechte der Bediensteten anzusehen 158 . Die Beteiligungsrechte der Personalvertretung begrenzen nicht die Ausübung der staatlichen Gewalt aus eigenem Geltungsanspruch, sie kommen daher allenfalls dem Schutz der gewährleisteten Grundrechte zugute, stellen aber nicht deren Geltendmachung d a r 1 5 9 . Auch das Bundesverfassungsgericht beruft sich auf die genannten Grundrechte lediglich in dem Zusammenhang, daß personalvertretungsrechtliche Beteiligung auf den gleichen Vorstellungen beruht, die diesen Grundrechtsverbürgungen zugrunde liegen 1 6 0 . Kempen 161 sieht das Grundrecht aller abhängig Beschäftigten auf Selbstentfaltung am Arbeitsplatz aus Art. 1 und 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG betroffen, denn die demokratische Staatsverwaltung könne ihre Aufgabe, das freiheitliche Zusammenleben aller Bürger organisatorisch zu verwirklichen, nur auf Kosten der individuellen Freiheit der im öffentlichen Dienst Beschäftigten erfüllen. Es ist jedoch nicht jede Abhängigkeit bereits grundrechtlich relevant 1 6 2 und "der Arbeitsplatz in seiner hierarchisch aufgebauten Organisation ist einer Selbstverwirklichung nur in den Grenzen des vorgegebenen Systems zugänglich" 1 6 3 . Die "Fremdbestimmtheit" der Arbeit ist daher allenfalls durch die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung zu kompensieren 164 , im übrigen aber ohne grundrechtliche Bezüge. Das Bundesver157

Dazu bereits oben § 18 Β I m.N.

158

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 31.8.1976, ArbuR 1977, 347; Becker, RiA 1988,1 (3); Klein, PersV 1990,49 (53); Kübel, PersV 1990, 505 (506 f.), Loschelder in Isensee/Kirchhof, Staatsrecht III, § 68 Rz. 68, S. 521 (549); Ossenbühl, Grenzen, S. 30; ders., PersV 1989, 409 (411). Vgl. auch HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (336), Battis, PersV 1987, 394 (395). A A L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 13: Grundrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung einer Teilhabe der Beschäftigten an den sie betreffenden innerdienstlichen Angelegenheiten und damit verfassungsrechtliche Garantie eines Kembestandes personalvertretungsrechtlicher Beteiligung. 159

Klein, PersV 1990,49 (53 f.). Ebenso Ossenbühl, PersV 1989, 409 (411).

160

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 ( 2 BvL 2/77), BVerfGE 51, 43 (58). 161 Kempen, PereR 1987, 179 (181); ders., ArbuR 1986, 129 (133); ders., ArbuR 1987, 9 (12); ähnlich Schelter, PersV 1978, 489 (494 f.), der allerdings das Selbstbestimmungsrecht in Personalangelegenheiten wie der Einstellung nicht berührt sieht, weil hier die Maßnahme der Mitwirkung des Beschäftigten bedürfe, damit aber die kollektive Komponente der Mitbestimmung völlig außer acht läßt. 162 163

Ossenbühl, Grenzen, S. 29.

So zutreffend Meinel, S. 178 im Anschluß an Loschelder in Isensee/Kirchhof, § 68 Rz. 68, S. 521 (549). Im Ergebnis ebenso Ossenbühl, Grenzen, S. 29. 164

Staatsrecht III,

Vgl. Kisker, Grenzen, S. 12; Kübel, Personalmaßnahmen, S. 165 f.; Loschelder in Isensee/Kirchhof, Staatsrecht III, § 68 Rz. 68, S. 521 (549); Schelter, Personalvertretungsrecht, S. 23.

278

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

fassungsgericht hat zwar offengelassen, ob die Grundrechte den Gesetzgeber verpflichten, entsprechende Beteiligungsrechte zu schaffen, es hat jedoch ausdrücklich betont, daß sie dem Gesetzgeber jedenfalls nicht vorschreiben, wie er die Beteiligung einer solchen Personalvertretung im einzelnen auszugestalten h a t 1 6 5 . Mangels Grundrechtsbetroffenheit der Bediensteten sind Grundrechtsverstöße durch das hier vorgeschlagene Verfahren zur Beseitigung des Verstoßes daher von vornherein nicht möglich. E . Zusammenfassung Die Mißachtung von Beteiligungsrechten durch den Dienststellenleiter kann im öffentlichen Dienst nicht zu einem Beschäftigungsverbot des Arbeitnehmers bei verbleibender Vergütungspflicht führen. Andernfalls blieben gesetzliche Bindungen der Verwaltung, der Personalvertretung und der Beschäftigten bei der Verwendung öffentlicher Mittel unberücksichtigt. Ebensowenig kann der Kollektivrechtsverstoß einen unwirksamen Arbeitsvertrag zur Folge haben. Eine solche Lösung widerspräche dem Stellenwert, den der Bestandsschutz in unserer Rechtsordnung genießt, und ließe die Rechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG außer acht. Besteht für den Dienststellenleiter nach Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich eine rechtsstaatliche Aufhebungspflicht für rechtswidrige Maßnahmen, die nur insoweit nicht zum Zuge kommen kann, als schützenswerte Interessen entgegenstehen, so steht einer Auflösung des Arbeitsvertrages für die Zukunft grundsätzlich nicht im Wege. Die Entscheidung des Dienststellenleiters, die Maßnahme aufzuheben und dem Arbeitnehmer zu kündigen, steht jedoch nur dann in Einklang mit dem Gesetz, wenn der Personalrat materielle Rechtsbefugnisse geltend machen kann. Nach verwaltungsgerichtlicher Feststellung des Kollektivrechtsverstoßes hat der Dienststellenleiter daher unverzüglich das Beteiligungsverfahren einzuleiten und nachzuholen.

165

BVerfG 26.5.1970 (2 BvR 311/67), BVerfGE 28, 314 (323); 27.3.1979 ( 2 BvL 2/77), BVerfGE 51,43 (58). Ebenso Klein, PersV 1990,49 (54); Schenke, JZ 1991, 581 (582).

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Abschluß des Mitbestimmungsverfahrens A. Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung Ist also der Dienststellenleiter nach gerichtlicher Feststellung einer unzulässigen Übergehung des Personalrats gehalten, das gesetzlich vorgesehene Stufenverfahren in Gang zu bringen, so bleibt letztlich zu entscheiden, wie sich ein 'Obsiegen" der Personalvertretung auf das individualrechtliche Arbeitsverhältnis auswirkt. Das Instrument zur Auflösung geschlossener Arbeitsverträge ist die Kündigung. Ist sie erst nach Abschluß des Stufenverfahrens möglich, so können die Fälle, in denen die Kündigung wegen Verschuldens des Arbeitgebers möglicherweise gegen Treu und Glauben verstößt 1, von vornherein nicht auftreten. Kündigungsgrund ist dann schließlich nicht mehr das die Personalvertretung ignorierende Verhalten des Arbeitgebers, sondern das materielle Vorliegen von Verweigerungsgründen für die Personalvertretung. Gegenüber der Annahme der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages wird den Beschäftigten mit dieser Lösung zugemutet, die Einstellung bis zur Erkenntnis über die Rechtmäßigkeit der von ihrem Repräsentationsorgan geltend gemachten Einwendungen und gegebenenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinzunehmen. Gegenüber dem Ausspruch eines Beschäftigungsverbotes wird der Belegschaft zugemutet, für den genannten Zeitraum auch die Beschäftigung zu "ertragen". Letztlich ist jedoch gewährleistet, daß den begründeten Rechten der Beschäftigten Rechnung getragen wird. Ein Unterlaufen des Mitbestimmungsrechts wird damit nicht verfolgt 2 . Es verbleibt daher bei der Frage, ob diese Kündigung als ordentliche oder als außerordentliche auszusprechen ist und ob sie der Überprüfung der sozialen Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt.

1 2

Vgl. Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982,159 (161).

So die Bedenken von Geffken/Busch, PersVG, § 75 Anm. 4 und Fischer/Goeres, § 69 Rz. 38, § 75 Rz. 18a zur Begründung der Unwirksamkeit

BPersVG

280

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

B. Das kollektivrechtliche Aufhebungsgebot als Kündigungsgrund Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bieten sich drei Alternativen an: Denkbar ist zunächst, daß der Kündigungsschutz in einem solchen Fall von vornherein nicht eingreifen kann, weil die Kündigung nicht auf dem freien Willen des Albeitgebers beruht, sondern durch das kollektivrechtliche Aufhebungsgebot erzwungen ist 3 . Denkbar ist weiterhin, daß eine derartige Kündigung grundsätzlich dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt, sie aber regelmäßig sozial gerechtfertigt ist 4 . Möglich bleibt letztlich, daß die Kündigung wie jede andere Kündigung zu beurteilen ist, sie also der Überprüfung der sozialen Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt, weil der soziale Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vorgehen muß 5 . Die betriebsverfassungsrechtliche Argumentation, der Arbeitnehmer werde in der Regel den Kündigungsschutz noch nicht erreicht haben, so daß eine ordentliche Kündigung unproblematisch möglich sei 6 , hilft im Personalvertretungsrecht nicht. Sind Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, wie vorliegend festgestellt, erst nach Abschluß des Stufenverfahrens möglich, so wird der Arbeitnehmer Kündigungsschutz in der Regel erreicht haben. Allein die Dauer des erstinstanzlichen gerichtlichen Feststellungsverfahrens reicht nach derzeitigen faktischen Gegebenheiten, um die Halbjahres-Frist zu überschreiten 7 . Auch die Vergütungspflicht ohne Arbeitsleistung kann für die Rechtfertigung der Kündigung nicht herangezogen werden, denn im Bereich des Personalvertretungsrechts kommt ein Beschäftigungsverbot nicht in Frage. Hat der öffentliche Arbeitgeber den Kollektivrechtsverstoß in den genannten Fällen zu beseitigen, und hat er dieses wegen Vorliegens eines vollwirksamen Arbeitsverhältnisses mittels Kündigung zu tun, so steht außer Frage,

3

So fur das BetrVG: Hahn, S. 158 ff; G. Hueck in A. Hueck, KSchG, 10. Aufl. 1980, § 1 Rz. 54; Rohlfing-Rewolle, KSchG, § 1 Anm. 7. 4

Für das BetrVG: Matthes, DB 1974,2007 (2010).

5

Dietz-Richardi,

BetrVG, § 99 Rz., 235 f.; Richardi, DB 1973,428 (429).

6

Martens, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), SAE 1982, 159 (160); ähnlich Misera, GemAnm. BAG 2.7.1980 (5 AZR 56/79 und 1241/79), AP Nr.5 zu § 101 BetrVG 1972, unter II 4b. 7

Vgl. Ilbertz, PersV 1982,184; Sabottig, PersR 1989,289 f.

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

281

daß der Kollektivrechtsverstoß - in Verbindung mit dem materiellen Vorliegen von Verweigerungsgründen für die Personalvertretung - einen Grund für eine Kündigung abgeben muß. Ob diese Kündigung gemäß der herkömmlichen kündigungsrechtlichen Einteilung als "personenbedingt", "verhaltensbedingt" oder "betriebsbedingt" qualifiziert wird, kann dahingestellt bleiben. Letztlich dient die Kündigung immer der Wiederherstellung des "Dienststellenfriedens", denn sie führt zur Beseitigung von Rechtsverletzungen und Beeinträchtigungen der Belegschaft. Die Sicherung des friedlichen Zusammenarbeitens innerhalb der Belegschaft ist als Grund sowohl für eine ordentliche als auch für eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich anerkannt 8 . Der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses kann in diesen Fällen nicht vorgehen. Er hat bereits ausreichende Bewertung bei der Untersuchung der berührten Interessen und damit bei der Entwicklung der Lösung gefunden. Ist der Kollektivrechtsverstoß verwaltungsgerichtlich festgestellt und hat das Beteiligungsverfahren das materielle Vorliegen von Verweigerungsgründen für die PersonalVertretung ergeben, so muß die daraufhin ausgesprochene Kündigung daher sozial gerechtfertigt sein. Damit ist aber die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht automatisch ausgeschlossen. Vielmehr bleibt es dem Arbeitnehmer unbenommen, Kündigungsschutzklage zu erheben. Dies kann in den Fällen zum Obsiegen des Arbeitnehmers führen, in denen das Stufenverfahren ohne entsprechende gerichtliche Überprüfung verwaltungsintern beendet worden ist 9 . Das Arbeitsgericht kann dann im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses aufgrund seiner Vorfragenkompetenz über die Rechtmäßigkeit beispielsweise des Einigungsstellenspruches oder der Entscheidung auf der zweiten Verwaltungsstufe entscheiden. Ist die Kündigung grundsätzlich sozial gerechtfertigt, so schließt dies einen etwa bestehenden besonderen Kündigungsschutz des eingestellten Arbeitnehmers nicht aus. Gesetzliche Kündigungsverbote 10 bestehen unabhängig von der Frage, ob eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt ist oder die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung vorliegen. Steht einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft als Reaktion auf den Kollektivrechtsverstoß grundsätzlich nichts im Wege, so bedeutet dies nicht, daß damit etwa bestehende Kündigungsverbote außer Kraft gesetzt werden. Der für

8

Vgl. KR-Becker, § 1 KSchG, Rz. 268 f. zur ordentlichen Kündigung und KR-Hillebrecht, § 626 BGB, Rz. 85,312 zur außerordentlichen Kündigung, jeweils m.w.N. 9

Siehe oben § 19 D II 2b.

10

Überblick über die Kündigungsbeschränkungen bei Schaub, Handbuch, § 126 I, S. 1019 f.

282

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

besondere Fälle bestehende Sonderkündigungsschutz verbietet die Kündigung gerade auch in den Fällen, in denen ihrer sozialen Rechtfertigung im übrigen nichts im Wege stünde.

C. Ordentliche oder außerordentliche Kündigung? Unterliegt die Kündigung also den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes, ist sie jedoch sozial gerechtfertigt, wenn dem Personalrat materiell Verweigerungsgründe zu Seite stehen, so bleibt letztlich zu entscheiden, ob ein "Obsiegen" der Personalvertretung im Mitbestimmungsverfahren eine Pflicht und damit einen Grund zur außerordentlichen Kündigung oder "nur" zur ordentlichen Kündigung des kollektivrechtswidrig eingestellten Arbeitnehmers darstellt. Die im Betriebsverfassungsrecht vertretene Lösung, eine außerordentliche Kündigung sei in Ausnahmefällen möglich, wenn der Arbeitsplatz aus dringenden betrieblichen Gründen sofort wiederbesetzt werden müsse 11 , basiert auf der Lösung des Beschäftigungsverbotes. Da im öffentlichen Dienst ein solches Beschäftigungsverbot nicht in Frage kommen kann, ist der Arbeitsplatz in jedem Fall bis zum Ausscheiden des betroffenen Arbeitnehmers nicht nur stellenplanmäßig besetzt, sondern wird auch inhaltlich mit der Arbeitskraft des Arbeitnehmers ausgefüllt. Der Grund für die Kündigung liegt darin, daß nach Abschluß des Stufenverfahrens feststeht, daß der betroffene Arbeitnehmer so nicht hätte eingestellt werden dürfen. Wäre aus diesem Grunde dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar, §§ 54 Abs. 1 BAT, 626 Abs. 1 BGB, so wäre eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Der Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung liegt materiell darin, daß im Falle der fristlosen Entlassung die vorliegenden Kündigungsgründe so schwer wiegen, daß die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist 1 2 . Im Hinblick auf die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahrens und des behördeninternen Stufenverfahrens ist der Zeitraum der ordentlichen Kündigungsfrist verhältnismäßig kurz. Die Frist beträgt je nach bereits erfolgter Dauer der Beschäftigung einen Monat zum Monatsschluß bei einer Beschäftigungszeit bis zu einem Jahr, oder sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres bei ei11

Vgl. V. Hoyningen-Huene,, RdA 1982,205 (210).

12

Vgl. Preis, S. 476; KR-Wolf,

Rz. 1.

Grunds., Rz. 113; MünchKomm -Schwerdtner,

BGB, §626

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

283

ner Beschäftigungszeit von eins bis fünf Jahren, § 53 Abs. 2 BAT. Die Beschäftigung des kollektivrechtswidrig eingestellten Bewerbers wurde im Hinblick auf die im übrigen berührten Interessen sowohl für die Dauer des Beschlußverfahrens als auch für die des Stufenverfahrens für die Belegschaft als zumutbar angesehen. Die sich anschließende Beschäftigung während der verhältnismäßig kurzen Kündigungsfrist als nicht mehr zumutbar anzusehen, stünde dazu außer Verhältnis. Andererseits gewährt die ordentliche Kündigungsfrist dem kollektivrechtswidrig eingestellten Bewerber die Möglichkeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Andernfalls wäre dieser gezwungen, sich spekulativ bereits während des Stufenverfahrens nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen und so möglicherweise vollendete Tatsachen zu schaffen, bevor das materielle Recht für den Personalrat festgestellt worden ist. Diese Gründe sprechend dafür, das kollektivrechtliche Aufhebungsgebot nicht als Grund für eine außerordentliche Kündigung anzuerkennen, vielmehr hat nach Abschluß des Stufenverfahrens der Dienststellenleiter dem kollektivrechtswidrig eingestellten Bewerber gegenüber eine ordentliche Kündigung auszusprechen.

D. Kündigungspflicht und verfassungsrechtliche Grenzen der Mitbestimmung bei der Einstellung I. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Mitbestimmung bei der Einstellung Personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung bei der Einstellung hat die Grenzen einzuhalten, die ihr die Verfassung setzt. Die Rechtsfolge, die einem Verstoß gegen die Beteiligungskompetenzen der Personalvertretung zukommen soll, muß demgemäß ebenfalls diese Grenzen wahren. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung bislang die Begrenzung durch die Regierungsverantwortlichkeit und das Prinzip der demokratischen Legitimation, abgeleitet aus Art. 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 G G 1 3 , hervorgehoben.

13 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (281ff.). Ebenso HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (230 ff.); VfGH NW 15.9.1986, PersV 1987, 103 ff. Siehe auch Kisker, PersV 1985, 137 (139); Ossenbühl, PersV 1989, 409 (412). Daneben wird zur Verankerung des Demokratieprinzips vereinzelt auf Art 38 und 63 bis 69 GG zurückgegriffen, vgl. Damkowski, RiA 1975, 1 (21). Gegen eine eigenständige Bedeutung des Prinzips der Regierungsverantwortlichkeit Kübel, PersV 1987,217 (221).

284

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

Gab es früher vereinzelt Bedenken auch hinsichtlich des Gewaltenteilungsprinzips 1 4 , so hat das Bundesverfassungsgericht für den Bereich des Personalvertretungsrechts klargestellt, daß es sich bei der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst nicht um eine Machtverschiebung innerhalb der Staatsorganisation handelt, sondern um interne Organisationsmaßnahmen der Exekutive. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann aus diesem Grunde das Prinzip der Gewaltenteilung durch Mitbestimmung nicht verletzt werden 15 . Erfordert die demokratisch gebotene Legitimation eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Amtswaltern und Organen 16 , das heißt darf Staatsgewalt grundsätzlich nur solchen Personen übertragen werden, die ihre Berufung auf einen entsprechenden Auftrag des Gesamtvolkes zurückführen können 1 7 , und besagt das Prinzip der Regierungsverantwortlichkeit, daß bestimmte Staatsaufgaben wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen werden dürfen 18 , so ist zunächst zu klären, ob es sich bei der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung anläßlich privatrechtlicher Einstellungen um die Ausübung von Staatsgewalt handelt. Nur dann kann die Beteiligung in Konflikt mit den genannten Verfassungsprinzipien treten 19 .

14 Leisner, Mitbestimmung, S. 45 f., allerdings bezogen auf die Forderungen nach sog. "direktiver" Mitbestimmung. 15

BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (280).

16 BVerfG 15.2.1978, BVerfGE 47, 253 (275); 24.7.1979, BVerfGE 52, 95 (130); HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (229). 17

Vgl. HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (229); Herzog m Maunz/Dürig,

GG, Art 20 II

Rz. 52. 18 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 ( 282); HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (230 f.). Allgemein zum Prinzip der Regierungsverantwortlichkeit BVerwG 11.3.1983, BVerwGE 67, 61 (64); Stern, Staatsrecht I, § 22 III 3, S. 988. 19 Kübel, PersV 1986, 129 (130); Schenke, JZ 1991, 581 (583).. Ebenso Widmaier, PersV 1988, 198 f. Vgl. in diesem Sinne auch BVerfG 15.2.1978, BVerfGE 47, 253 (272 f.) zu gemeindlichen Organen. Unzutreffend Fuhrmann/Neumann, PersVR SH, § 1 Anm. 9, die aus der Stellung des Personalrats als Teil der Verwaltung schließen, daß damit zwangsläufig die demokratische Legitimationskette staatlicher Verwaltung gewahrt sei.

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

285

IL Die Mitbestimmung des Personalrats bei der privatrechtlichen Einstellung als Ausübung von Staatsgewalt Anläßlich der landesverfassungsrechtlichen Überprüfung des Hessischen Personalvertretungsgesetzes 20 hat jüngst der Hessische Staatsgerichtshof betont, daß es bei der Qualifizierung personalvertretungsrechtlicher Beteiligung als Staatsgewalt nicht allein auf den Formalakt nach außen ankomme, sondern darauf, ob die Entscheidungsfreiheit der Dienststelle bei der zu treffenden Maßnahme eingeschränkt werde 21 . Da bei der Mitbestimmung die Maßnahme nicht ohne Zustimmung der Personalvertretung erfolgen kann, § 69 Abs. 1, wird damit die verfassungsrechtliche Grundposition von der Funktion der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung als Teilhabe an der Ausübung von Staatsgewalt ausgesprochen 22. M i t Rücksicht auf die Aufgabenstellung der Personalvertretung, der ein Mitspracherecht bei der Organisation des Dienstbetriebes und damit bei der Ordnung staatlicher Angelegenheiten zusteht 23 , geht auch die herrschende Meinung davon aus, daß die Mitsprache der Personalvertretung ohne Rücksicht auf konkrete Befugnisse als Ausübung von Staatsgewalt anzusehen ist 2 4 . Daraus ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig die Verfassungswidrigkeit jedweder personalvertretungsrechtlichen Beteiligung, sondern vielmehr das Gebot zur verfassungsrechtlichen Überprüfung des Einzelfalles hinsichtlich

20 Vom 2.1.1979 (GVB1. I S. 2) in der Fassung vom 11.7.1984 (GVB1. I S. 181); aufgehoben durch das Landespersonalvertretungsgesetz vom 24.3.1988, GVB1. I S. 103, dieses wiederum zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 25.2.1992, GVB1.1 S. 77. Gegen das jüngste Gesetz sind erneut verfassungsrechtliche Klagen angekündigt, vgl. Rothländer, PersR 1992,133 (138). 21

HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (236); siehe auch Becker, RiA 1988, 1 (3).

22

Vgl. Becker, RiA 1988,1 (3,7); Kisker, PersV 1985,137 (140); Klein, PersV 1990,49 (53).

23

HessVGH 18.4.1983, DöV 1984, 118 (119); Grabendorff, BPereVG, § 1 Rz. 30; L. Schmitt in Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 1 Rz. 7, 57, 91; L. Schmitt, BayVBl. 1981, 449; Sträter, ZBR 1973, 161 (163). A A Wendeling=Schröder y ArbuR 1987, 381 (383): Regelungsbefugnis ausschließlich im Verhältnis Beschäftigte und Staat als Arbeitgeber. Dagegen auch Schenke, JZ 1991, 581 (583). 24 HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (236); Battis , PersV 1987, 394 (395); Becker, RiA 1988, 1 (3); Ehlers, JZ 1987, 218 (220) m.w.N.; Kisker, PersV 1985, 137 (139 f.); Klein, PersV 1990, 49 (53); Kübel, PersV 1990, 505 (507); Lecheler, PersV 1981, 1 (4); Schenke, JZ 1991, 581 (583); differenzierend Ossenbühl, Grenzen, S. 37 ff; ders., PersV 1989, 409 (412); Thiele, PersV 1990, 290 (294). Nach den jeweiligen Beteiligungsrechten differenzieren will Kübel, PersV 1986, 129 (131). A A DamkowskU RiA 1975, 1 (25 ff); Kempen, ArbuR 1987, 9 (10 f.); Kurth, 8. Dtscher VerwRichtertag, S. 175 (178 ff); Sabottig, PereR 1988, 93 (95); Sarge/Schneider, PersR 1987, 203 (207); IVendeling=Schröder, ArbuR 1987, 381 (383). Zu Frage der Staatsgewalt vgl. auch BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (283).

286

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

seiner Übereinstimmung mit der Verfassung 25 . Nach der bisherigen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung sind die genannten Verfassungsprinzipien der Ministerverantwortlichkeit und der demokratischen Legitimation im Rahmen der personellen Angelegenheiten dann berührt, wenn es sich um Personal mit hoheitlichen Aufgaben handelt, also jedenfalls bei Beamten 26 , und im Zuge jüngerer behördlicher Gepflogenheiten auch zunehmend bei Angestellten, soweit ihnen hoheitliche Aufgaben übertragen sind 2 7 . Die hier gefundenen Rechtsfolgen müssen also - zumindest für den Bereich der hoheitlich tätigen Angestellten - darauf überprüft werden, ob das Prinzip der Regierungsverantwortlichkeit und das der demokratischen Legitimation gewahrt ist.

I I I . Kündigungspflicht und Prinzip der Regierungsverantwortung Besagt das Prinzip der Regierungsverantwortlichkeit, daß bestimmte Aufgaben wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen werden dürfen, weil es der Regierung andernfalls unmöglich gemacht werde, die von ihr geforderte Verantwortung zu tragen 28 , und ist deshalb die Mitbestimmung des Personalrats in personellen Angelegenheiten der Beamten mit Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle als verfassungswidrig angesehen worden 29 , so wird dieses Verfassungsgebot durch die hier gefundene Lösung nicht berührt. Ist als Folge des Kollektivrechtsverstoßes zunächst das gesetzlich vorgesehene Verfahren zur Überprüfung der materiellen Verweigerungsgründe des Personalrats einzuleiten, so sind erst im Rahmen dieses Verfahrens die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere hinsichtlich des Letztentscheidungsrechts der Einigungsstelle, zu beachten. Ergeben sich Rechtsfolgen aus der zustimmungslos durchgeführten Einstellung erst nach dem Durchlaufen des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens, das heißt ist nach der Feststellung des Vorliegens materieller Verweige-

25

Becker, RiA 1988,1 (4); Kisker, PersV 1985, 137 (140), Klein, PersV 1990, 49 (55).

26

BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (282); HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (240).

27 HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (240). Ebenso Becker, RiA 1988, 1 (5); Lecheler, NJW 1986, 1079 (1082); Burandt, ZBR 1978, 317 (324); Kisker, PersV 1985, 137 (144); Kübel, PersV 1986,129 (137). Kritisch Battis, PersV 1987, 394 (398). Siehe auch schon BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (284). Gegen eine Ausgrenzung der Arbeitnehmer in der nicht-hoheitlichen Verwaltungstätigkeit Klein, PersV 1990,49 (56) und Ossenbühl, PersV 1989,409 (416 f.). 28 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (282); Damkowski, RiA 1975, 1 (21); Klein, PersV 1990, 49 (52) m.w.N. 29 BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (283 f.). Weitergehend für die im hoheitlichen Bereich tätigen Angestellten höherer Vergütungsgruppen HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (240). Grdsl. kritisch zu einer solchen Schranke Schenke, JZ 1991, 581 (584).

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

287

rungsgründe die Maßnahme zu beseitigen und dem Arbeitnehmer zu kündigen, so entspricht dieses Ergebnis den Anforderungen, die das Gesetz an zustimmungsbedürftige Maßnahmen stellt: Die Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn das personalvertretungsrechtliche Stufenverfahren zu einem solchen Ergebnis gelangt. Damit ist das Prinzip der Regierungsverantwortung durch die hier gefundene Lösung nicht berührt, sondern vielmehr durch die Anwendung der gesetzlichen Beteiligungsvorschriften offensichtlich gewahrt. I V . Kündigungspflicht und Prinzip der demokratischen Legitimation Gleiches gilt für die Frage der demokratischen Legitimation, die eine Unterbrechung der Legitimationskette zwischen Wähler und Amtswalter nur dann gestattet, wenn dies verfassungsrechtlich geboten oder toleriert w i r d 3 0 . Sind die Rechtsfolgen losgelöst von formellen Anforderungen und kommt es vielmehr auf die im gesetzlichen Verfahren festgestellten materiellen Verweigerungsgründe an, so haben die Rechtsfolgen keinen Einfluß auf die demokratische Legitimationskette. Sie wird auch hier durch das gesetzlich vorgeschriebene Überprüfungsverfahren des § 69 gewahrt. V. Kündigungspflicht und Funktionsfahigkeit der Verwaltung Sind also weder das Prinzip der demokratischen Legitimation noch das der Regierungsverantwortlichkeit berührt, so bleibt letztlich zu überlegen, ob das Ergebnis auch Rücksicht auf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu nehmen hat und ob die Funktionsfähigkeit der Verwaltung nicht gebietet, die gerichtliche Feststellung eines Kollektivrechtsverstosses in ihren Rechtsfolgen auf eine reine Hinweisfunktion für die Zukunft zu beschränken 31 . Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist als verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut anerkannt 32 . Oberflächlich gesehen hat jede Mitsprache

30 BVerfG 10.12.1974, BVerfGE 38, 258 (271); 15.2.1978, BVerfGE 47, 253 (271, 275); 24.7.1979, BVerfGE 52, 95 (130); HessStGH 30.4.1986, PersV 1986, 227 (229); VfGH NW 15.9.1986, PersV 1987, 103 m.w.N.; BremStGH 23.9.1974, NJW 1974, 2223 (2229); Klein, PereV 1990, 49 (52) m.w.N.; Maunz/Herzog in Maunz/Dürig, GG, Art 20 II Rz. 53; Ossenbühl, PereV 1989, 409 (412) m.w.N.; Schenke, JZ 1991, 581 (584). 31 32

Dazu oben §12.

BVerfG 1.3.1978, BVerfGE 48, 29 (37 f.) m.w.N.; 13.4.1978, BVerfGE 48, 127 (159 f.) m.w.N.; 3.6.1980, BVerfGE 54, 173 (191) - zur Effizienz der Verwaltung; BVerwG 27.5.1983, BVerwGE 67, 206 (209 f.); 27.7.1979 (6 Ρ 25.78), PereV 1981, 73 (74); Battis, PereV 1987, 394 (398) m.w.N.; Becker, RiA 1988, 1 (5); Kübel, PereV 1986, 129 (131); Ossenbühl, PereV 1989,409

288

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

der Personalvertretung Auswirkungen auf das Funktionieren der Behörde, denn das Gesetz sieht ein langwieriges Einigungsverfahren vor und untersagt es dem Dienststellenleiter, vor dessen Abschluß die Maßnahme durchzuführen. Die Funktionsfähigkeit wird hier gewahrt durch die Möglichkeit vorläufiger Maßnahmen, § 69 Abs. 5 3 3 . Da das Gesetz dem Personalrat aber nur einen abgeschlossenen Katalog von Zustimmungsverweigerungsgründen zur Verfügung stellt 3 4 und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung nicht als generell höherwertig gegenüber sämtlichen Interessen der Beschäftigten angesehen werden kann, hat der Gesetzgeber hier in offensichtlich zulässiger Weise die im Rahmen des § 77 Abs. 2 zu wahrenden Interessen über eine mögliche Beeinträchtigung des Funktionierens der Verwaltung gestellt. Auch die vorläufigen Maßnahmen, die ja ein unaufschiebbares Verwaltungsbedürfnis voraussetzen, sind nach § 69 Abs. 5 nur bis zur endgültigen Entscheidung zu treffen und dürfen weder rechtlich noch tatsächlich vollendete Tatsachen schaffen, sie müssen genug Raum für eine möglicherweise im Mitbestimmungsverfahren zu treffende modifizierte Regelung belassen35. Das personalvertretungsrechtliche Einigungsverfahren verbietet es dem Dienststellenleiter in verfassungskonformer Weise, das Funktionieren seiner Verwaltung höher als die dort genannten Belegschaftsinteressen zu bewerten. Da das hier gefundene Ergebnis auf diesem Verfahren aufbaut, ist der Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Verwaltung durch die Pflicht des Dienststellenleiters, das Beteiligungsverfahren nachzuholen und nach dessen Abschluß dem kollektivrechtlich unzulässig eingestellten Arbeitnehmer zu kündigen, nicht beeinträchtigt. Die Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn die gesetzlich vorgesehene Zustimmung des Personalrats nicht vorliegt oder durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt wird, ohne daß damit der Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Verwaltung verletzt wird. Die hier gefundene Lösung entspricht diesen gesetzlichen Anforderungen, denn die Maßnahme ist zu beseitigen, wenn sie formell und materiell zustimmungslos durchgeführt wurde.

(417); Schenke, JZ 1991, 581 (586) m.w.N. Ähnlich auch BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268, LS 2a undS. 281. 33 Vgl. BVerwG 25.10.1979, ZBR 1980, 161 (162). Bedenklich daher die Regelung im Landespersonalvertretungsgesetz von Berlin, das die Möglichkeit vorläufiger Regelungen bei Fällen der Mitbestimmung nicht zur Verfügung stellt 34 Oder jedenfalls, soweit ein solcher Katalog fehlt, einen sachlichen Grund zur Verweigerung fordert, vgl. oben § 1 Β II mit Nachweisen. 35

Siehe oben § 7 Β mit Nachweisen.

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

289

VL Kündigungspflicht und Prinzip der Personalund Organisationsgewalt der Exekutive Die Personal- und Organisationsgewalt der Exekutive wird vereinzelt ebenfalls als verfassungsrechtliche Grenze personalvertretungsrechtlicher Beteiligung angeführt 36 . Die Personalgewalt umfaßt den gesamten, auf die Personalpolitik, auf deren Umsetzung und auf die Personalverwaltung bezogenen Entscheidungsprozeß 37. Die personelle Maßnahme der Einstellung betrifft diese daher unmittelbar. Die Personalgewalt der Exekutive wird nach der hier entwickelten Lösung aber nur im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmungsverfahrens berührt. Erst wenn dieses ordnungsgemäß zum Abschluß gebracht wurde, sind aus dem Kollektivrechtsverstoß Rechtsfolgen zu ziehen. Die Personalgewalt wird daher nicht durch die hier vorgeschlagenen Rechtsfolgen der kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung berührt, sondern allenfalls durch das gesetzliche Mitbestimmungsverfahren, das es dem Personalrat ermöglicht, beim Vorliegen der gesetzlichen Verweigerungsgründe die Maßnahme zu verhindern. Hinsichtlich der Rechtsfolgen kollektivrechtswidriger Arbeitnehmereinstellung ist daher im Rahmen des gesetzlichen Mitbestimmungsverfahrens den verfassungsrechtlichen Anforderungen Genüge zu leisten, die Rechtsfolgen hängen ab von der in diesem Verfahren getroffenen Entscheidung. Ebensowenig ist das Prinzip der Organisationsgewalt berührt. Besagt dieser Grundsatz, daß keine Gewalt der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeit beraubt werden darf 3 8 , so bleibt die Zuständigkeit der Exekutive nach der hier entwickelten Lösung in dem Rahmen gewahrt, der ihr das jeweils geltende Personalvertretungsgesetz beläßt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich aus der Personal- und Organisationsgewalt der Exekutive überhaupt über das Gebot einer funktionierenden Verwaltung hinausgehende Schranken für die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen herleiten lassen 39 .

36

So Lecheler, PersV 1981,1ff.; ders., Personalgewalt, S. 15, 227 ff.

37

Vgl. Lecheler, Personalgewalt, S. 111; ders., PersV 1981,1 (4).

38

BVerfG 27.4.1959, BVerfGE 9, 268 (279 ff). Zum Inhalt der Organisationsgewalt vgl. auch Loritz, S. 86 m.w.N. 39

Vgl. dazu (ablehnend) Meinel, S. 170 ff m.w.N. und Battis, PersV 1987,394 (399).

19 Hantl-Unthan

290

6. Kapitel: Kollektivrechtsverstoß und Interessenbewertung

E. Rechtsstaatliche Beseitigungspflicht und Verzicht des Personalrats auf ffRechtsdurchsetzung fv Es bleibt abschließend zu fragen, ob aus rechtsstaatlichen Gründen für den Dienststellenleiter auch dann eine Aufhebungs- und damit eine Kündigungspflicht besteht, wenn der Personalrat sich mit der Feststellung seines Rechtes begnügen will und mit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers einverstanden ist. Beruht die Pflicht des Dienststellenleiters, die rechtswidrige Maßnahme zu beseitigen, auf seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zu gesetzmäßigem Handeln 4 0 , so kann es zwar nicht angehen, die Wahrnehmung dieser verfassungsrechtlichen Pflicht in das Belieben des Personalrats zu stellen. Andererseits besteht diese Aufhebungspflicht jedoch nur dann, wenn dem Personalrat materiell Verweigerungsgründe zur Seite stehen. Ob der Personalrat von seinen Verweigerungsgründen Gebrauch macht, liegt in seinem Ermessen: nach § 77 Abs. 2 kann der Personalrat seine Zustimmung verweigern, das heißt die Verweigerungsgründe berechtigen den Personalrat, verpflichten ihn aber nicht. Der Personalrat hat zwar bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben sachliche Erwägungen zugrunde zu legen, seine Beschlüsse sind jedoch nur dahingehend nachprüfbar, ob er bei der Ausübung dieses Ermessens zweckbestimmt gehandelt hat, das heißt ob die dem Ermessen nach Sinn und Zweck des Gesetzes innewohnende Begrenzung beachtet wurde, die Zweckmäßigkeit der Beschlüsse ist nicht nachprüfbar 41 . Eine Unwirksamkeit des Beschlusses ist nur dann gegeben, wenn bewußt unsachliche Motive der Beschlußfassung zugrundegelegen haben, also ein Mißbrauch der Entscheidungsfreiheit stattgefunden hat, oder der Personalrat den Rahmen seiner Freiheit verkannt hat und bei Kenntnis dieses Rahmens eine andere Entscheidung getroffen hätte 42 . Kann also der Personalrat im Rahmen seines Ermessens von der Geltendmachung der Verweigerungsgründe absehen, so stellt sich die Sachlage nicht anders dar, wenn die Personalvertretung im Anschluß an die Feststellung ihrer Rechte auf weitere Maßnahmen zulasten des Bewerbers verzichtet. Eine Pflicht zur Aufhebung der Maßnahme und damit zur Kündigung des Bewerbers kann daher in diesem Fall nicht bestehen.

40

Siehe oben § 16.

41

Vgl. BVerwG 10.10.1957, BVerwGE 5, 263; OVG Lübg. 10.2.1959, PersV 1958/59, 109 (110); Grabendorff BPersVG, § 37 Rz. 16. 42

Fischer/Goeres,

BPersVG, § 37 Rz. 42.

§ 20 Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

291

F. Zusammenfassung Stellt das Verwaltungsgericht die objektive Verletzung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts bei der Einstellung fest, und führt das sich anschließende Stufenverfahren zu dem Ergebnis, daß dem Personalrat auch materiell Verweigerungsgründe zur Seite stehen, so hat der Dienststellenleiter dem kollektivrechtswidrig eingestellten Beweiber zu kündigen. Die auf diesem kollektivrechtlichen Kündigungsgebot beruhende Kündigung kann mit der Kündigungsschutzklage angegriffen werden, ist aber in der Regel sozial gerechtfertigt. Die Kündigungsschutzklage kann dem Bewerber dann zum Erfolg verhelfen, wenn das Arbeitsgericht im Rahmen seiner Vorfragenkompetenz die Entscheidung des Stufenverfahrens überprüft und zu einem für den Bewerber günstigen Ergebnis kommt. Kündigungsverbote sind zu beachten. Das Aufhebungsgebot rechtfertigt eine ordentliche, nicht aber eine fristlose Kündigung. Erklärt sich der Personalrat nach der Feststellung seiner Rechte mit der Weiterbeschäftigung des kollektivrechtswidrig eingestellten Bewerber einverstanden, so besteht keine Aufhebungspflicht für den Dienststellenleiter. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Mitbestimmung des Personalrats bei der privatrechtlichen Einstellung werden durch die Kündigungspflicht bei nachzuholendem Stufenverfahren gewahrt.

7. Kapitel

Ergebnisse 1.

Einstellungen neuer Arbeitnehmer sind in der Praxis komplexe Vorgänge. Die Anforderungen, die das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsrecht hier an den Dienststellenleiter stellt, kann dieser nur schwer erfüllen. Die gerichtliche Bewertung seines Verhaltens ist für ihn kaum prognostizierbar.

2.

Die Entscheidung, ob die Maßnahme zustimmungslos durchgeführt wird, liegt beim Dienststellenleiter, denn es widerspräche der gesetzlichen Wertung, auf "Verdacht" ein Mitbestimmungsverfahren einzuleiten.

3.

Der Personalrat kann die objektive Verletzung seines Mitbestimmungsrechts verwaltungsgerichtlich feststellen lassen. Das Verwaltungsgericht begnügt sich mit der bloßen Feststellung der Kollektivrechtsverletzung, weder hebt es die Maßnahme auf, noch ordnet es ihre Rückgängigmachung an.

4.

Das Gesetz trifft keine Aussage über die Rechtsfolgen einer zustimmungslos durchgeführten Einstellung. Eine Aufhebungsvorschrift entsprechend § 101 BetrVG ist dem Personalvertretungsrecht fremd.

5.

Das Problem wird überwiegend für das Betriebsverfassungsrecht diskutiert. Eigenständige personalvertretungsrechtliche Lösungsversuche unter Beachtung der Besonderheiten des öffentlichen Dienstes sind nur vereinzelt anzutreffen. Die Eigenständigkeit der personalvertretungsrechtlichen Materie sowie die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes, die diesen von privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnissen und Mitbestimmungsmaximen unterscheidet, erfordern und rechtfertigen jedoch eine eigenständige Untersuchung des Problems.

6.

Die für das Betriebsverfassungsrecht entwickelte Lösung, die Auswirkungen auf den Einzelarbeitsvertrag aufgrund eines eingeschränkten

7. Kapitel: Ergebnisse

293

Einstellungsbegriffs von vornherein verneint, kann aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht auf das Personalvertretungsrecht übertragen werden. 7.

Aus der grammatischen Gestaltung der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsvorschrift lassen sich Schlußfolgerungen von besonderem Wert nicht herleiten. Zum einen ist die Sprache des Gesetzes nur wenig konsequent, zum anderen sind der Diktion gerade in jüngeren Gesetzen nur wenig Anhaltspunkte zu entnehmen.

8.

Ebensowenig Anhaltspunkte gibt die historische Betrachtung der Mitbestimmungsvorschriften. M i t der Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes wird zwar eine Mitbestimmungsregelung aus dem alten Recht übernommen, die der bis dahin herrschenden Meinung als nahezu einziges Argument für die "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" diente. Dies rechtfertigt jedoch noch nicht die Schlußfolgerung, diese Theorie habe nunmehr Eingang in das Gesetz finden sollen. Der Gesetzgeber betont zwar den Willen zur Angleichung an das Betriebsverfassungsgesetz, die Frage der individuellen Rechtsfolgen wurde aber auch dort nicht beantwortet und war umstritten. Hinzu kommt, daß trotz des ständig betonten Angleichungswillen eine Vereinheitlichung der Zustimmungsvorschrift von Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsgesetz nicht stattfand.

9.

Die systematische Untersuchung der Mitbestimmungsvorschriften rechtfertigt keine Schlußfolgerungen für die Frage der Individualrechtsfolgen kollektivrechtswidrig durchgeführter Aibeitnehmereinstellung. Das Zustimmungserfordernis gibt zunächst nur eine Handlungsanweisung an den Dienststellenleiter. Die verfahrensrechtliche Rollenverteilung, die von der Konzeption des Gesetzes her die Initiativlast dem Dienststellenleiter auferlegt, gibt keine Rechtsfolge vor, denn die Personalvertretung ist in jedem Fall gehalten, gegen einen Kollektivrechtsverstoß vorzugehen, unabhängig von der mit ihm verbundenen rechtlichen Konsequenzen.

294

7. Kapitel: Ergebnisse

Die Regelungen über vorläufige Maßnahmen stellen hinsichtlich der Rechtsfolge keine Ausnahme zu den Vorschriften über endgültige Maßnahmen dar, denn das Regel-Ausnahme-Verhältnis besteht hier ausschließlich hinsichtlich der gesetzlich erlaubten Vorgehensweise des Dienststellenleiters. Aus der gesetzlichen Anordnung einer beteiligungslos ausgesprochenen Kündigung kann aufgrund der unterschiedlichen Intensität der Beteiligungsrechte weder im Umkehr- noch im "erst recht"-Schluß eine Rechtsfolge für die zustimmungslos durchgefühlte Einstellung hergeleitet werden. Auch die unterschiedlichen landesrechtlichen Kündigungsregelungen besitzen keine Aussagekraft, denn § 108 Abs. 2 ordnet die Rechtsfolge für die beteiligungslos ausgesprochene Kündigung mit unmittelbarer Wirkung für die Landesgesetze an und deckt die gesamte Spanne möglicher Beteiligungsrechte ab. Für Auswirkungen auf der Individualrechtsebene spricht, daß im Unterschied zum Betriebsverfassungsrecht in § 69 AJ?s. 1 die Maßnahme selbst eine eigene Erwähnung erfährt. Dagegen kennt das Personalvertretungsrecht keine § 104 BetrVG entsprechende Regelung, so daß nach den Vorschriften des Personalvertretungsrechts für den Personalrat keinerlei Möglichkeiten bestehen, zu Lasten des Bestandes von Arbeitsverhältnissen einzuwirken. 10. Rechtskreisübergreifende Überlegungen führen zu keiner Lösung. Die Wirksamkeit der zustimmungslos vorgenommenen Beamtenernennung hat für die Arbeitnehmereinstellung keine Bedeutung. Sie beruht auf den gesetzlich abschließend geregelten Rücknahmegründen und den Besonderheiten, die die Einstellung durch Verwaltungsakt mit sich bringt. Eine strikte Trennung von Individual- und Kollektivebene im Recht der Beschäftigtenvertretung verbietet noch keine Auswirkungen auf das Individualverhältnis, denn der Kollektivschutz allein auf kollektiver Ebene kann durchaus Konsequenzen auf der inidividuellen Ebene erfordern.

7. Kapitel: Ergebnisse

295

Der Einwand der "Zweigleisigkeit der Rechtswege" kann gegen Auswirkungen des Kollektivrechtsverstoßes auf der individuellen Ebene nicht angeführt werden. Die Entscheidungsbedürftigkeit kollektivrechtlicher Streitgegenstände im Individualprozeß ist arbeitsrechtlich keine Besonderheit. Entweder ist der Kollektivrechtsverstoß als Vorfrage zu prüfen oder es steht die präjudizielle Wirkung des Verwaltungsgerichtsbeschlusses in Frage. 11. Die Absicherung der Beteiligungsrechte erfordert Rechtsfolge für den individuellen Arbeitsvertrag.

keine bestimmte

Zwar fehlt im Personalvertretungsrecht eine § 101 BetrVG entsprechende Vorschrift. Die damit möglicherweise verbundene Folgenlosigkeit mitbestimmungswidriger Maßnahmen kann aber durch die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages nicht kompensiert werden: Der Dienststellenleiter ist aufgrund seiner Bindung an Recht und Gesetz grundsätzlich zur Beseitigung rechtswidriger Maßnahmen verpflichtet. Rechtsstaatliche Gründe des Vertrauensschutzes erfordern jedoch eine angemessene Berücksichtigung schützenswerter entgegenstehender Interessen. Ergäbe die dafür erforderliche Abwägung die Vorrangigkeit des Bestandsschutzes, so würde dieses Ergebnis durch die Unwirksamkeitsfolge in sein Gegenteil verkehrt. Die im Personalvertretungsrecht fehlende Möglichkeit der Zwangsvollstreckung des den Kollektivrechtsverstoß feststellenden Verwaltungsgerichtsbeschlusses kann die Unwirksamkeitsfolge ebenfalls nicht begründen, denn auch bei Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages müßte die Personalvertretung zu Zwangsmaßnahmen greifen, käme der Dienststellenleiter einer Beseitigungspflicht nicht nach. Die im öffentlichen Dienst bestehenden Aufsichtsinstrumente kompensieren das Fehlen von Sanktionsnormen entsprechend § 23 Abs. 3 BetrVG. 12. Die Abwägung der von einer kollektivrechtswidrig durchgeführten Einstellung betroffenen Interessen gebietet die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages, erfordert jedoch eine nachträgliche Beteiligung der Personalvertretung.

296

7. Kapitel: Ergebnisse

Insbesondere finanz- und haushaltsrechtliche Gründe stehen einem Beschäftigungsverbot entgegen. Gründe des Vertrauens- und Bestandsschutzes für den betroffenen Arbeitnehmer sowie sein Zugangsrecht aus Art. 33 Abs. 2 GG verbieten eine Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages. Bleibt letztlich die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages übrig, so erfordern rechtsstaatliche Erwägungen eine Verfahrensgestaltung, die eine möglichst hohe Gewähr für rechtmäßige Entscheidungen bietet. Dies gilt nicht nur für die rechtmäßige vorherige Beteiligung des Personalrats, sondern auch für die nachträgliche Beseitigung des Kollektivrechtsverstoßes. Diese steht nur dann in Einklang mit Recht und Gesetz, wenn der Personalrat sich auch materiell auf Verweigerungsgründe berufen kann, denn das Gesetz gibt ihm die Möglichkeit der Maßnahmeverhinderung nur in diesem Rahmen. Daneben erfordert das Zugangsrecht des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG, daß die nachträgliche Bewertung des Einstellungsaktes die dort genannten Kriterien beachtet. Dies ist nur gewährleistet, wenn sich der Personalrat auf einen gesetzlichen Verweigerungsgrund stützen kann. Die materielle Berechtigung der Personalvertretung zur Zustimmungsverweigerung ist in einem nachzuholenden Stufenverfahren vor Maßnahmebeseit:gung festzustellen. Kommt das nachgeholte Stufenverfahren zu dem Ergebnis, daß der Personalrat seine Zustimmung zu Recht verweigert hat, so hat der Dienststellenleiter dem Arbeitnehmer ordentlich zu kündigen. Die Kündigung ist grundsätzlich sozial gerechtfertigt, jedoch vom betroffenen Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage angreifbar. Diese kann dann erfolgreich sein, wenn die Rechtmässigkeit der im personalvertretungsrechtlichen Stufenverfahren getroffenen Entscheidung als Vorfrage negativ beschieden wird. Verzichtet der Personalrat nach der verwaltungsgerichtlichen Feststellung einer Kollektivrechtsverletzung auf weitere Schritte gegen den Bewerber, so besteht keine Aufhebungspflicht für den Dienststellenleiter, denn es liegt im Ermessen des Personalrats, ob und wie er von seinen Rechten Gebrauch machen will.

7. Kapitel: Ergebnisse

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13. Die Verfassung gebietet kein anderes Ergebnis. Personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung legitimiert sich allein aus dem Sozialstaatsprinzip, das jedenfalls eine konkrete Ausgestaltung der Mitbestimmung nicht vorgibt. Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG werden nicht verletzt, denn personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung ist kein Instrument zur Geltendmachung von Grundrechten der Beschäftigten. Da das Ergebnis auf dem gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren aufbaut, sind die im Rahmen personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung zu beachtenden Verfassungsprinzipien nicht berührt.

Verzeichnis der Personalvertretungsgesetze der Länder Bayern: Bayerisches Personalvertretungsgesetz vom 11. 11.1986 (GVB1. S. 349), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. 7. 1990 (GVB1. S. 237) (BayPVG) Baden-Württemberg: Personalvertretungsgesetz für das Land Baden-Württemberg vom 20. 12. 1990 (GVB1. 1991 S. 37) (PersVG BW) Berlin: Personalvertretungsgesetz vom 26. 7. 1974 (GVB1. S. 1669), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. 6. 1992 (GVB1. S. 210) (BlnPersVG) Bremen: Bremisches Personalvertretungsgesetz vom 5. 3. 1974 (GVB1. S. 131), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. 2. 1992 (GVB1. S. 19) (BremPereVG) Hamburg: Hamburgisches Personal Vertretungsgesetz vom 16. 1. 1979 (GVB1. S. 17), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. 5. 1991 (GVB1.1 S. 169) (HmbPereVG) Hessen: Hessisches Personalvertretungsgesetz vom 24. 3.1988 (GVB1.1S. 103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.2.1992 (GVB1.1 S. 77) (HPVG) Niedersachsen: Personal Vertretungsgesetz für das Land Niedersachsen vom 8. 8.1985 (GVB1. S. 261), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. 11. 1991 (GVB1. S. 293) (NdsPersVG)

Verzeichnis der Personal vertretungsgesetze der Länder

299

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