Einführung in die theoretische Physik: Band 2, Teil 1 Theorie der Wärme, Molekular-kinetische Theorie der Materie [Reprint 2020 ed.] 9783112364765, 9783112364758


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German Pages 572 [668] Year 1921

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Einführung in die theoretische Physik: Band 2, Teil 1 Theorie der Wärme, Molekular-kinetische Theorie der Materie [Reprint 2020 ed.]
 9783112364765, 9783112364758

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Einführung die theoretische Physik In zwei Bänden Von

Dr. Clemens Schaefer o. ö. Professor an der Universität Marburg

ZWEITEN BANDES ERSTER TEIL Theorie der Wärme, Molekular-kinetische Theorie der Materie Mit 71 Figuren im Text

Berlin 1921 Vereinigung

w i s s e n s c h a f 11 i c h e r Walter de Gruyter & (Do.,

Verleger

vorm. G. J.QSschen'fche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trlibner — Veit & Comp., Berlin W 10 und Leipzig.

Druck Ton Oicar B r a n d i t i t i « in Leipzig.

Meinen

B r e s l a u e r F r e u n d e n und K o l l e g e n in h e r z l i c h e r

Gesinnung

zugeeignet

Vorwort. Die überaus freundliohe Aufnahme, die der erste Band dieses Werkes gefunden hat, hätte mich unter normalen Verhältnissen angespornt, die Portsetzung möglichst zu beschleunigen. Der Weltkrieg, der wenige Wochen nach dem Erscheinen des ersten Bandes ausbrach, hat dies vereitelt. Erst im Dezember 1918 konnte ich die Arbeit am zweiten Bande wieder aufnehmen, dessen ersten Teil ich hiermit den Fachgenossen vorlege. Er enthält die Wärmelehre (Wärmeleitung und Thermodynamik) und die kinetische Theorie der Materie (Gastheorie und statistische Mechanik). Das letzte Kapitel schildert das Eingreifen der Quantentheorie in die Lücken, die von der klassischen Theorie nicht ausgefüllt werden können. Die ganze Anlage dieses Bandes ist nach denselben Grundsätzen erfolgt, die ich im Vorwort zum ersten Bande ausführlich dargelegt habe und auf die hier verwiesen werden kann. Besonders beeinflußt haben meine Darstellung der Thermodynamik die bekannten Werke von P l a n c k und N e r n s t ; in der molekular-kinetischen Theorie habe ich mich im wesentlichen an das ausgezeichnete Referat von P. und T. E h r e n f e s t in der mathematischen Enzyklopädie angeschlossen. Zahlreichen Fachgenossen bin ich für ihre freundliche Unterstützung zu herzlichem Danke verbunden: Herr Privatdozent Dr. F. R e i c h e in Berlin hat -das Manuskript zur Thermodynamik, Herr Privatdozent Dr. E. B u c h w a l d dasjenige zur kinetischen Theorie durchgelesen; beiden Herren verdanke ich zahlreiche Verbesserungsvorschläge und Anregungen; desgleichen für die Thermodynamik den Assistenten am physikalischen Institut der Universität Breslau Frl. Dr. H. K o h n , Frl. Dr. E. B e n e d i c t , Herrn Dr. H. S e n f t i e b e n . Mit seiner reichen Erfahrung hat mich ferner vielfach mein Freund und Kollege Professor Dr. A r n o l d E u c k e n unterstützt. Die Figuren hat Herr Studienreferendar P. H a h n mit großem Geschick und Verständnis gezeichnet.

VI

Vorwort.

Beim Lesen der Korrektur beteiligten sich freundlicherweise die Herren B u c h w a l d , H a h n und cand. phil. M. Rusch. Ihnen allen sage ich hier nochmals meinen herzlichsten Dank, dir in gleicher Weise auch der Verlagsbuchhandlung gebührt, die das Buch -,rotz der schweren Zeitverhältnisse herausgebracht hat. — In dem Augenblicke, in dem ich dieses schreibe, geht meine 17jährige akademische Tätigkeit an der Universität Breslau ihrem Ende entgegen. Während dieser Zeit bin ich zahlreichen Kollegen menschlich und wissenschaftlich nahegetreten; niemand als ich selbst kann beurteilen, wie groß die Bereicherung ist, die mir der Verkehr mit ihnen gegeben hat. Zum Zeichen meines Dankes habe ich es gewagt, ihnen diesen Band, zu widmen; möchte er sich ihren Beifall erwerben! B r e s l a u , im Oktober 1920. Clemens Schaefer.

Inhalt Viertes Buch.

Theorie der Wärme. Einleitung: Grundtatsachen und Definitionen. Seite

1. tffermegleichgewicht, Thermometer, empirische Temperatur 2. Wärmemenge, spezifische Wärme Erstes Kapitel.

Theorie der Wärmeleitung. 8. Der Begriff der Wärmeleitung und des Wärmestromes 4. Zusammenhang zwischen Wärmeströmung und Temperatur 5. Beziehung zwischen den Komponenten des Wärmestroms und den Komponenten des Temperaturgradienten 6. Differentialgleichung der Wärmeleitung; Grenzbedingungen 7. Allgemeines über Integrale bei homogenen und inhomogenen Grenzbedingungen; Eindeutigkeit der Lösungen 8. Stationärer Zustand; zweidimensionale Probleme 9. Partikuläre Integrale der Wärmeleitungsgleichung 10. Differentialgleichung der linearen Wärmeleitung mit Berücksichtigung der seitlichen Ableitung; stationärer Zustand (Methode von D e s p r e t z ) 11. Lineare Wärmeleitung: Methode von F r a n z N e u m a n n . 12. Lineare Wärmeleitung; Temperaturwellen 13. Entwicklung willkürlicher Funktionen nach Eigenfunktionen 14. Das F o u r i e r s c h e Integral 15. Wärmeleitung in einem unendlich langen Stabe 16- Die Methode des elektrisch geheizten Körpers von b\ K o h l r a u s c h . . . 17. Dimensionen; Messungsergebnisse

1 1 lo 20 .4 2" 3; 45 49 52 57 60 62 65 68

Zweites Kapitel.

Der erste Hauptsatz der WSrmetheorle. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

Das Energieprinzip in der Mechanik 70 Die Wärme als neue Energieform ( J . R . M a y e r , J o u l e , H e l m h o l t z i 73 Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie 77 Zustandsgieichung; ideale Gase S1 Die Arbeit der äußeren Kräfte, speziell des Druckes; quasistatischc Prozesse 88 Die Energiegleichung der idealen Gase; der Versuch von G a y - L u s s a c und Thomson-Joule 92 24. Anwendung des ersten Hauptsatzes auf ideale Gase . . 95 25., Anwendung des ersten Hauptsatzes auf einen beliebigen homogenen Stoff . 101

Vili

Inhalt

26. Die v a n d e r Waalssche Zustandsgieichung für reale Gase; Anwendung des ersten Hauptsatzes auf ein reales Gas 27. Kreisprozesse; der Carn'otsche Kreisprozeß 28. Polytropische Prozesse, verallgemeinerter C a r n o t s c h e r Prozeß . . . 29. Chemische Reaktionen ohne Volumänderungen 30. Chemische Reaktionen mit Volumänderung

108 117 125 130 136

Drittes Kapitel.

Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie. 31. 32. 38. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.

Allgemeine Charakterisierung der Bedeutung des zweiten Hauptsatzes . . . Beweis eines HilfBsatzes Das Perpetuum mobile zweiter Art . . . . Die C1 auai ursehe Ungleichung; der zweite Hauptsatz Die Berechnung der Entropie; Anwendung auf den G a y - Lussacsehen Prozeß und die Diffusion idealer Gase Reversible und irreversible Prozesse Das Prinzip von der Vermehrung der Entropie Allgemeine Folgerungen über den Nutzeffekt thermodynamischer Maschinen Die exakte Definition der Temperatur Isotherme Vorgänge; freie und gebundene Energie; adiabatisches und isothermes Potential Gleichgewichtsbedingungen

138 140 141 145 149 157 160 162 164 166 172

Viertes Kapitel.

Physikalisch homogene Systeme. 42. 43. 44. 45.

Allgemeine Formulierung Der Zustand des Systems wird durch zwei Variable bestimmt Energie, Entropie, freie Energie realer Gase Der G a y - L u s a a c s c h e und der T h o m s o n - J o u l e s c h e Versuch mit einem realen Gase 46. Diffusion realer Gase 47. Inkompressible (feste oder flüssige) Körper unter allseitigem Druok . . . . 48. Kompressible (feste oder flüssige) Körper unter allseitigem Druck . . . .

174 176 180 182 185 188 191

Fünftes Kapitel.

Physikalisch heterogene Systeme. 49. 5051. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62.

Formulierung der Grundgleichungen Anwendung auf den Verdampfungsprozeß Die Theorie des Sättigungsgesetzes Anwendung der C l a u s i u s - C l a p e y r o n s c h e n Gleichung auf das Schmelzen und Sublimieren Der Tripelpunkt Ätiotrope Umwandlung Thermische Dissoziation Energie, Entropie, isotherm-isobares Potential für ein heterogenes System . Allgemeine Ableitung der Bedingungen für das Gleichgewicht Die»Gibbssche Phasenregel . . . Klassifikation der Systeme nach der Anzahl der Freiheitsgrade und der Komponenten; Beispiele zur Phasenregel Abhängigkeit des Gleichgewichtes von Drucjt und Temperatur Dampfdruck, Siedepunktserhöhung, Gefrierpunktserniedrigung einer Lösung Der osmotische Druck von Lösungen

194 196 204 207 209 215 220 222 226 228 234 236 240 248

IX Sechstes Kapitel.

Spezielle Systeme (Gase und. verdünnte Lösungen). 63. Energie, Entropie, thermodynamisches Potential eines Gemisches idealer Gase 64. Thermodynamisches Gleichgewicht einer Gasrnischung; das MaBsenwirkungsgesetz 65. Experimentelle Prüfung des Massenwirkungsgesetzes 66. Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf das Gleichgewicht heterogener Substanzen (57. Energie, Entropie, isotherm-isobares Potential für verdünnte Lösungen . . 68. Das thermodynamische Gleichgewicht in Lösungen; das Massenwirkungsgesetz ii 9. Siedepunktserhöhung, Gefrierpunktserniedrigung,Dampfspannung, osmotischer Druck verdünnter Lösungen 70. Der Verteilungssatz von N e r n s t

^ 253 256 261 268 271 274 278 283

Siebentes Kapitel.

Die chemische Affinität und das Wärmetheorem von N e r n s t 71. 72. 73. 74.

Das Die Das Die

Problem der chemischen Affinität Beziehung der elektromotorischen Kraft zur Affinität N e r n s t s c h e Wärmetheorem; die Affinität kondensierter Systeme . . . Affinität gasförmiger Reaktionen nach dem Nernstschen Theorem; die chemische Konstante und die Entropiekonstante 75. Erweiterte Formulierung des Nernstschen TheoremB durch P l a n c k . .

287 294 299 305 313

F ü n f t e s Buch.

Molekular-kinetische Theorie der Materie. 76. Allgemeine Charakterisierung der Aufgabe und (}er Methode der kinetischen Theorie

320

Achtes Kapitel.

Elementare kinetische Theorie der Gase. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88.

Die ZuBtandsgleichung der idealen Gase Die Virialgleichung von C l a u s i u s Hilfssätze aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung Das M a z w e l l s c h e Verteilungsgesetz der Geschwindigkeiten Mittelwerte von Funktionen der Geschwindigkeit Das Äquipartitionstheorem und seine Konsequenzen Die Theorie der spezifischen Wärmen idealer Gase; Kritik derselben . . . Die klassische Theorie der spezifischen Wärmen fester Körper; das D u l o n g P e t i t s c h e Gesetz; Kritik der klassischen Theorie Stoßzahl; freie Weglänge Transport einer bestimmten Größe (Impuls oder Energie) Reibung und Wärmeleitung Theorie der v a n der Waalsschen Gleichung (Nichtideales Gas)

323 331 334 339 346 348 352 358 363 371 378 383

Neuntes Kapitel.

Entropie und Wahrscheinlichkeit 89. Stoß elastischer Kugeln 90. Beweis des Max wellschen Verteilungsgesetzes und des Aquipartitionstheorems

391 394

X

Inhalt. Seite

91. Das li-Theorem; Znsammenhang zwischen der ff Funktion und der Entropie 402 92. Thermodynamische Wahrscheinlichkeit; Entropie und Wahrscheinlichkeit . 405 93. Reversibilität oder Irreversibilität? Modell der Ii-Kurve 412 Zehntes Kapitel.

Statistische Mechanik. 94. Allgemeine Charakterisierung der Aufgabe und der Methode der statistischen Mechanik 95. Die H a m i l t o n s c h e n Gleichungen der Dynamik 96. Phasenraum, Phasenpunkt, Phasenbahn, Liouvillescher Satz 97. Statistisches Gleichgewicht 98. Beziehung zwischen Scharmittel und Zeitmittel; die Ergodenhypothese . . 99. Die mikrokanonische und die kanonische Gesamtheit nach G i b b s . . . . 100. Einführung äußerer Kräfte: Scharmittelwert derselben 101. Zustandsgieichung idealer einatomiger Gase 102. Das Äquipartitionstheorem; die Theorie der spezifischen Wärmen . . . . 103. Die Dispersion der Energie in der kanonischen Verteilung 104. Die physikalische Bedeutung des Moduls der kanonischen Gesamtheit . . 105. Der zweite Hauptsatz; die physikalische Bedeutung der Größe . . . . 106. Das M a x w e l l - B o l t z m a n n s c h e Geschwindigkeitsverteilungsgesetz . . . . 107. Entropie und thermodynamische Wahrscheinlichkeit; allgemeine H-Funktion 108. Theorie des Sedimentationsgleichgewichtes in kolloidalen Lösungen . . . . 109. Theorie der Dichteschwankungen in Gasen und Lösungen 110. Theorie der Brownschen Molekularbewegung 111. Unmöglichkeit des Perpetuum mobile II. Art nach der kinetischen Theorie

419 421 424 434 437 440 443 445 448 451 454 457 459 468 474 477 487 491

Elftes Kapitel

Das Eingreifen der Quantentheorie. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. Iii).

Verallgemeinerung der kanonischen Verteilung 493 Die Energiestufenhypothese von P l a n c k 498 Die E i n s t e i n s c h e Theorie der spezifischen Wärme fester Körper . . . : 504 Verbesserung der Einsteinsclien Theorie durch D e b y e 510 Die spezifische Wärme der Gase 529 Die Größe der molekularen Trägheitsmomente 533 Die chemische Konstante und dio Energiekonstante 539 Die Entartung der idealen Gase bei sehr tiefen Temperaturen 540

Viertes Buch.

Theorie der Wärme. Einleitung: Grundtatsachen und Definitionen. 1. Wärmegleichgewicht, Thermometer, empirische Temperatur. Vermöge des Tastsinnes oder allgemeiner: einer bestimmten körperlichen Organisation erkennen wir den Körpern eine Eigenschaft zu, die wir „Wärme" oder „Warmheit" nennen und deren Abstufungen wir durch die Prädikate „heiß", „warm!T, „lau", kalt" usw. zu bezeichnen pflegen. Mit den physikalischen Ursachen dieser Eigenschaft und ihren Gesetzen beschäftigt sich die Wärmetheorie. Wie bereits erwähnt, vermögen wir verschiedene Grade der Warmheit eines Körpers zu erkennen und sind imstande, eine Anzahl gegebener Substanzen in eina Riihe zu ordnen, die zunehmender oder abnehmender „Warmheit" entspricht. Im speziellen sind wir auch befähigt, durch Betasten zweier Körper das Urteil auszusprechen, „ s i e seien g l e i c h w a r m " oder hätten „ d e n g l e i c h e n Grad der W a r m h e i t " . Unsere Sinne befähigen uns also, die Warmheit eines Körpers angenähert zu messen, doch ist diesa Methode eine zu primitive und ungenaue, als daß sie den Ansprüchen einer Wissenschaft genügte. Auch ist das Urteil über den Grad der Warmheit eines Körpers, den wir betasten, abhängig davon, mit welchen Substanzen vorher z. B. unsere Hände in Berührung gewesen sind. Es seien etwa folgende Substanzen gegeben: schmelzendes Eis, siedendes Wasser und schmelzendes Stearin. Man betastet diese Stoffe etwa mit der rechten Hand und stellt dann folgende Reihenfolge fest: heiß: warm: kalt: siedendes Wasser. schmelzendes Stearin, schmelzendes Eis, Genau dasselbe Resultat ergibt sich, wenn wir ebenso mit der linken Hand verfahren. Taucht man dagegen die linke Hand in schmelzendes Eis, die rechte in siedendes Wasser und dann beide in schmelzendes Stearin, so fällt man auf Grund der Empfindung der linken Hand das Urteil: „warm", auf Grund der der rechten Hand dagegen: „kalt". Dieser Versuch erläutert den Einfluß , der Vorbehandlung der als Meßinstrument dienenden Hand und zeigt die Subjektivität des Urteils über den Grad der WarmS c h a e i e r , Lehrbuch.

II.

1

2

Theorie der Wärme.

heit., Noch stärkeren Täuschungen unterliegt man, wenn man zwei warme Körper n i c h t g l e i c h z e i t i g o d e r u n m i t t e l b a r n a c h e i n a n d e r , sond e r n in l ä n g e r e n Z e i t a b s t ä n d e n auf ihre Reihenfolge in der Skala der Warmheit untersucht; man muß sich dann auf die Erinnerung verlassen, und ist in den wenigsten Fällen in der Lage, ein richtiges Urteil zu fällen. Wenn auch zuzugeben ist, daß manche Menschen durch tägliche Übung einen verhältnismäßig großen Grad von Sicherheit im Beurteilen des Wärmegrades erwerben können (der für einige praktische Zwecke völlig ausreichend sein mag), so genügt dies doch nicht, um die geschilderte Art der Messung zu einer wissenschaftlich brauchbaren zu machen. Wir bedürfen dazu eines vom Menschen und seinen Empfindungen unabhängigen Instrumentes. Um uns dieses zu verschaffen, müssen wir folgendermaßen vorgehen : Wir müssen ein und denselben Körper nacheinander in Zustände bringen, die — nach dem Tastsinn beurteilt — verschiedenen Graden der Warmheit entsprechen. Dies ist erfahrungsgemäß stets zu erreichen. Z. B. können wir den gerade betrachteten Körper der Reihe nach in Bäder von schmelzendem Eis, schmelzendem Stearin und siedendem Wasser stecken. Nachdem der Körper hinreichend lange Zeit in einem der Bäder gewesen ist, urteilen wir nach unserem Tastsinne, daß der Körper entweder mit schmelzendem Eis oder Stearin oder siedendem Wasser gleich warm geworden ist. Durch geeignet gewählte, zwischen den obigen Wärmegraden liegende Bäder kann man es so erreichen, daß der Körper nacheinander eine größere Reihe von Zuständen annimmt, die verschiedenen Graden ¿er Warmheit entsprechen Wir k ö n n e n nun f e s t s t e l l e n , d a ß g l e i c h z e i t i g m i t Ä n d e r u n g d e s G r a d e s d e r W a r m h e i t an d e m b e t r a c h t e t e n K ö r p e r g e w i s s e Verä n d e r u n g e n v o r sich g e h e n . Z. B. ändert sich das Volumen meistens in dem Sinne, daß es mit wachsendem Wärmegrade zunimmt; ferner ändert sich "der elektrische Widerstand des Körpers, die Elastizitätsmoduln nehmen andere Werte an usw. Wir m ü s s e n n u n , um zu e i n e m w i s s e n s c h a f t l i c h b r a u c h b a r e n M a ß e des W ä r m e g r a d e s zu g e l a n g e n , v o r a u s s e t z e n , d a ß die b e o b a c h t e t e n V e r ä n d e r u n g e n in e i n d e u t i g e r Weise m i t dem v e r ä n d e r t e n W ä r m e g r a d e v e r k n ü p f t s i n d . Dann können wir eine beliebige der genannten Änderungen der Körpereigenschaften zur eindeutigen Charakterisierung des Wärmegrades benutzen. Habe der Körper z. B. bei Wärmegleichheit mit schmelzendem Eise das Volumen F 0 , bei Wärmegleichheit mit schmelzendem Stearin das Volumen V1, so können wir die Volumzunahme (V1 — F 0 ) des Körpers zur quantitativen Charakterisierung des Wärmegrades des Körpers benutzen. Jedesmal, wenn der betreffende Körper die Volumvermehrung ( F t — V„) erfährt, hat er den gleichen Wärmegrad wie schmelzendes Stearin. Einer beliebigen Volumvermehrung F — F 0 entspricht also auch Wärmegleichheit mit einem ganz bestimmten Bade. Natürlich hätten wir auch da» Volumen F selbst zur Bestimmung des Wärmegrades nehmen können;, ebenso die relative Widerstands Veränderung usw.

Einleitung: Grundtatsachen und Definitionen.

3

Nachdem wir so an einem Körper durch seine Volumveränderung seinen Wärmegrad zu charakterisieren gelernt haben, können wir diesen „geeichten" Körper dazu benutzen, auch den Wärmegrad beliebiger anderer Körper zu bestimmen. Wir bringen dazu den geeichten Körper, den wir ein „ T h e r m o m e t e r " nennen, mit dem zu untersuchenden in direkte, möglichst innige Berührung. Nun haben wir uns schon vorher auf die Erfahrung berufen, daß zwei in Kontakt befindliche Substanzen schließlich den gleichen Wärmegrad erhalten. Demgemäß beobachten wir, daß, sobald das Thermometer mit dem zu untersuchenden Körper in Verbindung gebracht worden ist, sowohl das Thermometer, als auch der Körper Volumänderungen zeigen. Es ist sehr wichtig, zu beachten, daß die Volumänderungen der beiden in Berührung befindlichen Körper das entgegengesetzte Vorzeichen haben. Nimmt das Volumen des Thermometers zu, so nimmt das des zu messende^ Körpers ab, und umgekehrt. Im ersteren Falle wird also das Thermometer wärmer, der zu messende Körper kälter, im zweiten Falle ist es genau umgekehrt. Der Wärmegrad des einen Körpers nimmt also ab, der des anderen zu: die beiden Substanzen stehen im „ W ä r m e a u s t a u s c h " . Nach einer hinreichend langen Zeit sind jedoch beide Volumina, sowohl des Thermometers, als des zu messenden Körpers, konstant geworden. Wir müssen also sagen, daß der Wärmegrad beider Substanzen sich nicht mehr ändert: der „ W ä r m e a u s t a u s c h " hat aufgehört, und die beiden Körper stehen jetzt im „ W ä r m e g l e i c h g e w i c h t " . Lesen wir jetzt am Thermometer die Volumänderung ab, die nach dem früheren einem bestimmten Wärmegrade entspricht, ^ so bestimmt diese gleichzeitig den augenblicklichen Wärmezustand des mit dem Thermometer im Wärmegleichgewicht befindlichen zu messenden Körpers. Wir führen nun die üblichen Bezeichnungen ein. Wenn zwei Körper im Wärmegleichgewicht sind, so sagen wir: „ b e i d e K ö r p e r h a b e n die gleiche T e m p e r a t u r " . Indem wir also unser Thermometer der Reihe nach mit den verschiedensten Körpern ins Wärmegleichgewicht bringen, können wir allen diesen Körpern im Wärmegleichgewicht eine bestimmte Temperatur zuschreiben, die gemessen wird durch die Volumausdehnung des mit der Substanz im Kontakt befindlichen Thermometers. Die so definierte Temperatur mißt den Grad der Warmheit der Körper, und das Thermometer ist das wissenschaftliche Instrument, das an Stelle unseres „Wärmesinnes" getreten ist. Die praktische Ausführung des Thermometers ist etwa die folgende: Eine Glashohlkugel mit anschließender Kapillare ist mit Quecksilber gefüllt, das zum Teil in die Kapillare hineinragt. Diesen Körper bringen wir zunächst in schmelzendes Eis und markieren die Stelle der Kapillare, bis zu der dann das Hg-Volumen reicht. Diese Marke nennen wir den „ E i s p u n k t " des Thermometers. Ferner tauchen wir das Thermometer bei Atmosphärendruck in siedendes Wasser, worauf sich das Hg-Volumen vergrößert. Wir erhalten dann eine zweite Marke, die der „Siedep u n k t " des Instruments heißt. Die S t r e c k e zwischen E i s p u n k t 1*

4 und S i e d e p u n k t t e i l e n w i r w i l l k ü r l i c h in h u n d e r t v o l u m g l e i c h e T e i l e , und s e t z e n die T e i l u n g in g l e i c h e r W e i s e nach oben und unten f o r t . Jedem Teilstriche entspricht dann eine bestimmte Temperatur des Thermometers resp. des mit ihm im Wärmegleichgewicht befindlichen Körpers. Bezeichnen wir die Temperatur des Eispunktes durch 0 Grad ( 0 ° ) , die des Siedepunktes durch 100°, so haben wir die hundertteilige Skala eingeführt, die Celsius vorgeschlagen hat. Unterhalb der Temperatur des Eispunktes werden die Temperaturen negativ gezählt. Die so definierte Temperatur in Celsiusgraden ist insofern willkürlich, als wir als thermometrische Substanz Quecksilber zugrunde gelegt haben. Würden wir statt dessen Alkohol genommen haben und im übrigen genau so verfahren sein, so hätten wir auch auf der Skala dieses Thermometers den Abstand der beiden Fixpunkte in Mundert gleiche Teile zu teilen. Vergleicht man nun die Angaben des Quecksilber- und Alkoholthermometers miteinander, so müssen sie — i h r e r H e r s t e l l u n g g e m ä ß — an den F i x p u n k t e n ü b e r e i n s t i m m e n . A b e r sie w e r d e n im a l l g e m e i n e n bei k e i n e r d a z w i s c h e n l i e g e n d e n S t e l l e g l e i c h z e i g e n . Denn wenn wir die Temperatur durch das Hg - Thermometer messen, so ist wegen der Teilung des Intervalles zwischen Eispunkt und Siedepunkt in hundert v o l u m g l e i c h e Teile die Volumänderung des Hg pro Grad konstant, d. h. das V o l u m e n des Hg ist e i n e l i n e a r e F u n k t i o n der T e m p e r a t u r , wenn diese durch das H g - T h e r m o m e t e r gemesseJi w i r d . Ebenso ist die Ausdehnung des Alkohols pro Grad konstant, wenn die Temperatur durch das Alkoholthermometer definiert wird. W i r d a b e r die A u s d e h n u n g des Hg m i t dem A l k o h o l t h e r m o m e t e r o d e r d i e des A l k o h o l s m i t dem H g - T h e r m o m e t e r bes t i m m t , so l i e g t n a t ü r l i c h g a r k e i n Grund v o r a n z u n e h m e n , daß A l k o h o l sich g l e i c h m ä ß i g m i t der „ H g - T e m p e r a t u r " ausdehne und u m g e k e h r t . Im allgemeinen werden also die Angaben der beiden Thermometer nur an den Fixpunkten übereinstimmen, im übrigen aber (wenn auch vielleicht, was tatsächlich der Fall ist, wenig) differieren. Hier zeigt sich besonders deutlich die Willkür und das Unbefriedigende, das unserer Temperaturdefinition anhaftet. Je nach der Wahl der thermometrischen Substanz erhalten wir eine verschiedene Temperaturskala, von denen keine vor der anderen grundsätzlich bevorzugt ist. Vorläufig müssen wir diesen Übelstand mit in den Kauf nehmen und nennen die so definierte Temperatur, um sie von der später einzuführenden exakten Temperaturdefinition zu unterscheiden, die der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie (Kap. I I I , Nr. 31») vermittelt, die „ e m p i r i s c h e T e m p e r a t u r " . Wir denken uns im folgenden, auch wo es nicht besonders hervorgehoben ist, die empirische Temperatur stets durch eine und dieselbe Thermometersubstanz definiert, so daß nie ein Zweifel auftreten kann, was unter Temperatur gemeint ist.

Einleitung:

Grundtatsachen und Definitionen.

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2. Wärmemenge; spezifische Wärme. Gewisse Tatsachen legen uns außer der Einführung des Begriffes der Temperatur noch die Aufstellung eines weiteren Begriffes nahe. Wir knüpfen an folgendes ganz konkrete Experiment an. Wir erhitzen der Reihe nach Stücke gleicher Masse (M) aus verschiedenem Material (Fe, Cu, AI, . . .) in siedendem Wasserdampf auf 100° C. Jedes dieser Stücke bringen wir dann in ein Wasserbad, etwa von der Temperatur 20°; jedes Wasserbad enthalte etwa m Gramm Wasser. Wir warten dann tib. bis Wärmegleichgewicht zwischen dem jeweiligen Bade und dem hineingeworfenen Körper besteht, was daran erkannt wird, daß die Länge des Hg-Fadens eingetauchter Thermometer sich nicht mehr ändert. Man liest dann an diesen Thermometern die dem jeweiligen Endzustand entsprechenden Temperaturen ab. Man f i n d e t , d a ß d i e s e E n d t e m p e r a t u r e n , auf die s i c h j e d e r . K ö r p e r v e r e i n t m i t d e m z u g e h ö r i g e n W a s s e r b a d e e i n s t e l l t , n i c h t g l e i c h s i n d , o b w o h l die A n f a n g s t e m p e r a t u r e n d e r K ö r p e r u n d d e r W a s s e r b ä d e r u n d die M a s s e n d e r K ö r p e r u n d W a s s e r b ä d e r in a l l e n F ä l l e n g l e i c h w a r e n . D i e E n d t e m p e r a t u r h ä n ^ t a l s o u n t e r s o n s t g l e i c h e n U m s t ä n d e n noch von d e m M a t e r i a l d e r in d a s B a d g e w o r f e n e n S t ü c k e ab. Die Erscheinung, daß jeder Körper und das zugehörige Wasserbad sich auf eine gemeinsame Endtemperatur einstellen, legt uns die Auffassung nahe, d a ß in d e m g e s c h i l d e r t e n E x p e r i m e n t ein g e w i s s e s Q u a n t u m W ä r m e v o n d e m h e i ß e r e n K ö r p e r auf d e n k ä l t e r e n ü b e r g e h t , womit eine T e m p e r a t u r s e n k u n g des heißeren und eine T e m p e r a t u r s t e i g e r u n g des k ä l t e r e n v e r b u n d e n ist, bis bei E r reichung des Wärmegleichgewichts der W ä r m e ü b e r g a n g a u f h ö r t . J e mehr Wärme von dem einen Körper auf den andern übergeht, um so stärker wird die Temperatursenkung des wärmeren und die Temperatursteigerung des kälteren sein. Diese Auffassungsweise führt uns folgerichtig dazu, weiter zu behaupten, daß im obigen Experimente die ins Wasser geworfenen Stücke v e r s c h i e d e n e M e n g e n von W ä r m e a n d i e W a s s e r b ä d e r a b g e b e n , da deren Temperatursteigerungen'verschieden sind. Ersetzen wir die Wasserbäder ferner etwa durch Alkoholbäder (oder durch irgendeine andere Substanz) und wiederholen wir jetzt das Experiment unter, im übrigen gleichen Bedingungen, so beobachten wir wieder eine Verschiedenheit der schließlichen Temperaturerhöhungen der Bäder, u n d f e r n e r sind a u c h die T e m p e r a t u r ä n d e r u n g e n , d i e d u r c h e i n e n u n d d e n s e l b e n K ö r p e r in v e r s c h i e d e n e n B ä d e r n e r z e u g t w e r d e n , v e r schieden. Der hier eingeführte Begriff der „Wärmemenge" wird erst dann ein wissenschaftlich brauchbarer, wenn die Wärmemenge eine exakt meßbare Größe ist. Nun schließen wir, ceteris paribus, daß die auf einen Körper übergegangene Wärmemenge um so größer ist, je größer die dadurch bewirkte Temperatursteigerung ist; wir werden daher die auf einen Körper

6

Theorie der Wärme.

übergehende (oder von ihm abgegebene) Wärmemenge Q proportional der Temperaturdifferenz zwischen Anfang und Ende dieses Wärmeüberganges setzen. Aber da wir im letzten Experimente sahen, daß die Temperaturerhöhung auch vom Material abhängt, insofern verschiedene Bäder unter gleichen Umständen verschiedene Temperaturerhöhungen annehmen, so muß der Proportionalitätsfaktor jedenfalls vom Material abhängen. Endlich hängt die Endtemperatur auch noch ab von der Masse des Bades, indem ein Versuch uns zeigt, daß eine doppelte oder dreifache Masse der Wasserbäder die unter gleichen Bedingungen erzeugte Temperaturerhöhung auf die Hälfte oder ein Drittel reduziert. Daraus folgt also, daß der erwähnte Proportionalitätsfaktor auch der Masse des Bades proportional sein muß. Allen Ergebnissen des Experimentes werden wir gerecht, indem wir die Wärmemenge Q, die eine Substanz von der Masse m aufnimmt (oder abgibt), wenn ihre Temperatur # sich um A & ändert, gleichsetzen: (1) Q = c-m-Aft, wo c der erwähnte Materialfaktor ist, der die „spezifische W ä r m e " der Substanz genannt wird. Nach (1) ist die Einheit der Wärmemenge diejenige, die eine Substanz von der Masse eines Gramms und von der spezifischen Wärme c = 1 bei einer Temperaturerhöhung um I o C aufnimmt; die Größe dieser Einheit steht noch in unserem Belieben insofern, als wir willkürlich eine Substanz herausgreifen müssen, deren spezifische Wärme wir gleich 1 setzen. Denn es gibt offenbar keine Methode, c zu bestimmen, solange wir nicht cinc von Gleichung (1) unabhängige Definition von Q besitzen, und umgekehrt keine Methode, um Q zu messen, solange wir nicht c kennen. Als Normalsubstanz, deren spezifische Wärme gleich 1 gesetzt wird, hat man Wasser gewählt. Dabei ist jedoch noch ein einschränkender Zusatz notwendig, weil die spezifische Wärme im allgemeinen von der Temperatur abhängen wird und tatsächlich abhängt1). Man wählt also Wasser von einer Ausgangstemperatur von 14,5° C. Die E i n h e i t der Wärmemenge i s t also d i e j e n i g e , die 1 g Wasser von der T e m p e r a t u r 14,5° C auf 15,5° C erhöht; sie h e i ß t eine „ K a l o r i e " . Statt Jessen nennt man auch oft Kalorie diejenige Wärmemenge, die 1 g Wasser von 0 ° auf I o erwärmt; diese „ N u l l p u n k t s k a l o r i e " i s t um etwa 8°/00 kleiner als die „ Z i m m e r t e m p e r a t u r k a l o r i e " ; wir benutzen die erstere Definition, weil diese Kalorie sich experimentell genauer herstellen läßt als die Nullpunktskalorie. Endlich stellt man unter dem Namen „große K a l o r i e " den obengenannten „kleinen" die Wärmemengen gegenüber, die die entsprechende Temperaturerhöhung von 1000 g *) Daher wird, wenn A # ein e n d l i c h e s Temperaturintervall ist, durch Gl. (1) nicht die wahre, sondern nur eine mittlere spezifische Wärme definiert; die wahre spezifisohe Wärme ist also zu bestimmen nach der Gleichung:

C

=

lilil í i? = 0

Einleitung:

Orundlaísachen

und

Definitionen.

7

Wasser hervorbringen. Bevor wir an eine Messung der spezifischen Wärme gehen können, müssen wir uns über die Dimension derselben klar werden. Diese ist durch die Definitionsgleichung festgelegt, also durch Gleichung (1). Wählen wir in (1) die Masse ra und die Temperaturdifierenz 1, so wird c = Q, d. h. die s p e z i f i s c h e W ä r m e i s t d i e j e n i g e W ä r m e menge, die man e i n e m K ö r p e r von der Masse l g zuführen m u ß , um seine T e m p e r a t u r um I o zu erhöhen. Die spezifische Wärme ist also von der Dimension: r -. Wärmemenge LJ Masse Grad Wir können — vorläufig wenigstens — weder Wärmemengen noch Temperaturen durch die absoluten Einheiten der Masse, der Länge und der Zeit ausdrücken. Wir sind vielmehr genötigt, sowohl die Einheit der Wärmemenge, d. h. die Kalorie, als auch die Einheit der Temperatur, d. h. den Celsiusgrad, als neue Einheiten zu benutzen. Demgemäß drückt sich die spezifische Wärme aus durch die Einheiten: , wie schon oben bemerkt, i. a. von Punkt zu Punkt variieren wird, hier aber nur die zeitliche Änderung an einer bestimmten Stelle, d. h. bei konstanten x, y, e gemeint ist. In dieser Gleichung steht links ein Oberflächen-, rechts ein Raumintegral, und es liegt nahe, vermittels einer Integraltransformation, nämlich des Gaußschen Satzes, das links stehende Oberflächenintegral ebenfalls in ein Raumintegral überzuführen. Da nach dem Gaußschen Satze [Bd. I, pag. 502, Gl. (8)] für einen beliebigen Vektor 51 bei nach innen gerichteter Normale die Transformation gilt: (12)

-

JXdS-JdivHdr,

so folgt durch Anwendung dieses Satzes auf den Vektor j in Gl. (11) die Beziehung: - J d i v ji/r ^ j e c ~ d r , oder:

13 Multiplikation mit dem Zeitelement dt, und daraus die in einer endlichen Zeit einströmenden Mengen durch eine Integration nach der Zeit, was ohne weitere Erklärung einleuchtet. 4. Zusammenhang zwischen Wärmeströmung und Temperatur. Wir wollen uns nun eine geschlossene Fläche S denken, durch die nach (10a) in der Zeit dt die Wärmemenge Qdt = dtJ"i„dS einströmt; diese hat — wenn wir natürlich von allen sekundären, z. B. chemischen Prozessen, die dadurch eingeleitet werden könnten, absehen — zur Folge daß der von der Fläche S umschlossene Raum t sich erwärmt. Es ist natürlich nicht anzunehmen — da der Wärmestrom ganz beliebig sein kann — daß die im Räume r eintretende Temperaturerhöhung gleichmäßig sein wird, wir werden daher den Raum r in unendlich kleine Elemente dr = dx-dy-de teilen, die die Masse dm haben, und wollen die in einem solchen Volumelemente erzeugte Temperaturerhöhung dd nennen. Dazu ist an dieses Volumelement, wenn seine spezifische Wärme mit c bezeichnet wird, eine Zufuhr von Wärme notwendig, die den Betrag cdd • dm hat; wenn wir die Dichte t einführen, so daß die Masse dm = edr gesetzt werden kann, so ergibt sich für die einem Volumelement dr zugeführte Wärmemenge ncdr-dd, und die gesamte Wärmemenge, die dem Räume r zukommt, ergibt sich durch Integration über r zu: / ecd&dr, wobei im allgemeinen e und c als Funktionen des Ortes anzusehen sein werden. Für diese nämliche Wärmemenge haben wir oben bereits einen andern Ausdruck aufgestellt, und durch Gleichsetzung beider und Division mit dt folgt die Beziehung: (11)

Ji

n

dS=J«4fdT.

Dabei haben wir den Differentialquotienten ~

mit partiellen Diffe-

rentiakeichen geschrieben, da t>, wie schon oben bemerkt, i. a. von Punkt zu Punkt variieren wird, hier aber nur die zeitliche Änderung an einer bestimmten Stelle, d. h. bei konstanten x, y, e gemeint ist. In dieser Gleichung steht links ein Oberflächen-, rechts ein Raumintegral, und es liegt nahe, vermittels einer Integraltransformation, nämlich des Gaußschen Satzes, das links stehende Oberflächenintegral ebenfalls in ein Raumintegral überzuführen. Da nach dem Gaußschen Satze [Bd. I, pag. 502, Gl. (8)] für einen beliebigen Vektor 51 bei nach innen gerichteter Normale die Transformation gilt: (12)

-

JXdS-JdivHdr,

so folgt durch Anwendung dieses Satzes auf den Vektor j in Gl. (11) die Beziehung: - J d i v ji/r ^ j e c ~ d r , oder:

Theorie der Wörme.

14

J(divJ + e c ^ ) d T = 0 .

(13)

Diese Gleichung muß für einen beliebigen Raum t gelten, mag derselbe so groß oder so klein sein wie er will. Daher kann das Integral nur so zu Null werden, daß der Integrand verschwindet. Denn wären im Räume t Stellen vorhanden, an denen der Integrand größer als Null ist, und ferner solche, an denen er kleiner als Null ist, so daß das Integral durch Kompensation der positiven Beiträge durch die negativen verschwände, so könnte man das Integral ebensogut auf die ersteren Stellen allein anwenden, und dann wäre (13), die doch allgemein gelten soll, unmöglich. Dann müßte vielmehr die rechte Seite positiv sein. Also muß stets der Integrand sich annullieren, mithin stets zwischen j und ß die Beziehung bestehen: (14)

divj=-ec^,

die wir außerdem noch in kartesischen Koordinaten anmerken wollen: t15'

¿x + dy + dz ~

df

EC

Diese Gleichung spricht lediglich aus, daß die gesamte in die Volumeinheit eintretende Wärmemenge deren Temperatur nach Maßgabe der spezifischen Wärme und der Dichte erhöht. Natürlich hätte man diese Gleichung durch spezielle Betrachtungen direkt ableiten können, ohne den Gaußschen Satz zu benutzen. Da dabei der -physikalische Sinn vielleicht klarer hervortritt, so möge diese zweite Ableitung nochmals mitgeteilt werden; das Prinzip derselben ist bereits im ersten Bande mehrfach [z. B. auf pag. 402] benutzt worden. Diese Ableitung hat übrigens den Nachteil, auf ein bestimmtes, z. B. kar-

z

Fig. 2.

15 tesisches, Koordinatensystem zugeschnitten zu sein, während (14) für alle Koordinatensysteme paßt. dy, Wir betrachten ein Parallelepiped mit den Kantenlängen dx, dz; die Kanten sind den Koordinatenachsen parallel. Wir wollen die Wärmemenge berechnen, die pro Zeitelement dt darein einströmt. Wir betrachten zunächst etwa die zwei Flächen von der Größe d y - d z , die in Fig. 2 mit den Bezeichnungen (1) und (2) versehen sind; auf beiden errichten wir die nach innen gehende Normale. Diese fällt bei der Fläche (1) zusammen mit der positiven x-Richtung, bei (2) ist sie dieser entgegengerichtet. Die Ecke A des Parallelepipeds habe die Koordinaten (x, y, z), so daß die Fläche (1) in der Ebene x = konst., die Fläche (2) dagegen in der Ebene x + dx = konst. liegt. Wir haben jetzt nach (10) die Normalkomponente von j in bezug auf die Flächen (1) und (2) zu bilden, das ist im ersten Falle } x , im zweiten \_x = — \ x . Es strömt also in der Zeiteinheit durch die Fläche (1) die Menge: (i6a) durch (2) dagegen: (16b)

( U

(U.-rfyd*. x

+ d

J y - d * =

- ( l )

x

+

d

x

d y d z .

Dabei ist in (16a) der Index x, in (16b) der Index x-\- dx angefügt, um darauf hinzuweisen, daß der, Wert \x in (16 a) in der Ebene x = konst., in (16 b) dagegen in der Ebene x + d x = konst. zu bilden ist. Entwickeln wir nun ( f x ) nach dem Taylorschen Satze, wobei hinter dem linearen Gliede abgebrochen wird, so folgt:

setzt man dies in (16 b) ein und addiert zu (16 a), so folgt als Wärmemenge Q*dt, die in der Zeit dt durch die Flächen (1) und (2) eindringt, der Wert: (17a) (f-dt= - ^ d r d t . '

d x

Analog folgt als Wärmemenge in der Zeit (17b)



durch die beiden Flächen dx (17c)

dt

=

dt

-

^ - d z d t ,



y t - d r d t ;

durch die Flächen

d z d x :

dy:

Q?. d t =

und durch Addition der drei Gl. (17) folgt die ganze während dt in das Parallelepiped einströmende Wärme: (18)'

= -

&

+ %

+

Diese Wärmemenge erzeugt im Volumen dx die Temperaturerhöhung dd, so daß vermittels spezifischer Wärme c und Dichte e die nämliche Wärmemenge (18) auch durch

16 (19;

ecdddt

ausgedrückt werden kann, durch deren Gleichsetzung schließlich wieder die Gl. (15) sich ergibt: \cx

cy

cz!

8t_

Will man nach der letzteren Methode die entsprechende Gleichung z. B. für räumliche Polarkoordinaten (r, in eine Taylorsche Reihe entwickeln:

geeignet. Wir setzen nämlich:

su daß

Ii/' y zufolge der Diffgl. (31) 'gleich

wird.

Dann erhalten

wir

aus (50):

¡'(öOV i >•> f i" o*0 ! -.-• ) a T — / — 0 , also auch ' " =- — — = 0 sind, im zweiten Gliede ox . Oy £z die untere Grenze fort und es bleibt:

o Auf der linken Seite steht dann eine Summe von durchweg positiven Gliedern. Da diese gleich Null sein soll, so müssen die Glieder einzeln Null sein und daher die Ableitungen , , , sämtlich an allen ° dt' öx' cy Oz Stellen des Raumes r und zu allen Zeiten, d. h. identisch verschwinden, d. h. ß kann nur eine absolute Konstante sein. Diese Konstante muß aber selbst den Wert Null haben, da für t — 0 die Temperatur überall i> - - 0 sein soll, nach (49). Also sind !) l und />,, überall und immer gleich, d. h. identisch, es g i b t a l s o u n t e r d e n v o r a u s g e s e t z t e n B e d i n g u n g e n nur e i n e L ö s u n g . Man erkennt leicht, daß dieselbe Argumentation sich auch für die andern Grenzbedingungen ebenso durchführen läßt. Also folgt als allgemeines Ergebnis: „ B e i g e g e b e n e m A n f a n g s z u s t a n d e und v o r g e s c h r i e b e n e n R a n d b e d i n g u n g e n b e s t i m m t die D i f f e r e n t i a l g l e i c h u n g d e r W ä r m e l e i t u n g die T e m p e r a t u r v o l l s t ä n d i g . " Haben wir also auf irgend einem Wege eine Lösung gefunden, die sämtlichen Bedingungen genügt, so w i s s e n w i r , d a ß es d i e e i n z i g e i s t . 8. Stationärer Zustand;

zweidimensionale Probleme.

Wir wollen uns zunächst mit dem stationären Zustand befassen, in dem alle Größen von der Zeit unabhängig sind. Alle Ableitungen nach t

27 Damit folgt aus der letzten Gleichung:

Vertauscht man schließlich noch im zweiten Integrale die Reihenfolge der Integration nach r und der Differentiation nach t, so kann die letzte Formel geschrieben werden:

Da das eine Glied die Gestalt eines Differentialquotienten nach der Zeit hat, so liegt es nahe, eine Integration nach t vorzunehmen, von 0 bis f, was liefert:

ij^m^+WtW+M^0-

Hier fällt, da wegen (49) an allen Stellen des Körpers zur Zeit t = 0 die Temperatur t> — 0 , also auch ' " =- — — = 0 sind, im zweiten Gliede ox . Oy £z die untere Grenze fort und es bleibt:

o Auf der linken Seite steht dann eine Summe von durchweg positiven Gliedern. Da diese gleich Null sein soll, so müssen die Glieder einzeln Null sein und daher die Ableitungen , , , sämtlich an allen ° dt' öx' cy Oz Stellen des Raumes r und zu allen Zeiten, d. h. identisch verschwinden, d. h. ß kann nur eine absolute Konstante sein. Diese Konstante muß aber selbst den Wert Null haben, da für t — 0 die Temperatur überall i> - - 0 sein soll, nach (49). Also sind !) l und />,, überall und immer gleich, d. h. identisch, es g i b t a l s o u n t e r d e n v o r a u s g e s e t z t e n B e d i n g u n g e n nur e i n e L ö s u n g . Man erkennt leicht, daß dieselbe Argumentation sich auch für die andern Grenzbedingungen ebenso durchführen läßt. Also folgt als allgemeines Ergebnis: „ B e i g e g e b e n e m A n f a n g s z u s t a n d e und v o r g e s c h r i e b e n e n R a n d b e d i n g u n g e n b e s t i m m t die D i f f e r e n t i a l g l e i c h u n g d e r W ä r m e l e i t u n g die T e m p e r a t u r v o l l s t ä n d i g . " Haben wir also auf irgend einem Wege eine Lösung gefunden, die sämtlichen Bedingungen genügt, so w i s s e n w i r , d a ß es d i e e i n z i g e i s t . 8. Stationärer Zustand;

zweidimensionale Probleme.

Wir wollen uns zunächst mit dem stationären Zustand befassen, in dem alle Größen von der Zeit unabhängig sind. Alle Ableitungen nach t

28

Theorie der Wärme.

verschwinden demnach, und die Diffgl. (31) der Wärmebewegung vereinfacht sich in die uns bereits bekannte Laplacesche Gleichung:

( 52 )

^ +

+^ =

=

Diese stimmt überein mit der Differentialgleichung des Schwerepotentials und des Geschwindigkeitspotentials reibungsloser inkompressibler Flüssigkeiten, wovon wir in Bd. I, pag. 790 ff. eine Anzahl von Spezialfällen untersucht haben. Aus diesem Grunde können wir uns hier kurz fassen und lediglich eine Anzahl partikulärer Lösungen aufzählen, wobei wir jedesmal auf die frühere Stelle zurückverweisen werden. Zunächst sind alle linearen Funktionen der Koordinaten und unter gewissen Bedingungen auch quadratische Funktionen derselben Lösungen der Laplaceschen Gleichung; doch wollen wir auf diese uninteressanten Fälle nicht näher eingehen, sondern uns mit der wichtigen Funktion - oder wo

eine Konstante, l das Wärmeleitvermögen

bedeutet, also

A ebenfalls konstant ist, beschäftigen. 4 7li 1. Daß

eine Lösung von (52) ist, ist pag. 790 des ersten Bandes ausführlich er1 örtert und folgt durch einfache Differentiation von — ^ 1 ). r = y'^S + yS-j-j» Wir können nun Flächen t? = const. konstruieren, sogenannt« „ I a o t h e r m e n f l ä c h e n " , die durchaus den früher betrachteten „ Ä q u i p o t e n t i a l f l ä c h e n " entsprechen; diese sind in unserem Falle konzentrische Kugeln r = const. um den Anfangspunkt. Wir können ferner Kurven definieren durch die Gleichung: ,r„ i i i iO d& d& (54) =

deren Richtung in jedem Punkte also zusammenfällt mit der Richtung der Normale der durch diesen Punkt gehenden Isothermenfläche, diese Kurven durchschneiden die Isothermalflächen also orthogonal. Wir nennen sie, wie früher, „ S t r o m l i n i e n " , da sie wegen der Proportionalität zwischen ~ . . . und \x, . . . in jedem Punkte die Richtung des Wärmestromes angeben. Diese Lösung (53) entspricht also offenbar dem Falle, daß im Punkte (0, 0, 0) eine punktförmige Wärmequelle, positiv oder negativ, sich bel

) Daß liier der Bequemlichkeit halber der Faktor

trifft offenbar in keiner Weise Wesentliches.

hinzugefügt worden ist,

Theorie, der Wärmeleitung.

29

findet, die radial nach allen Seiten einen Wärmestrom i = — l — schickt. ' ' er Die Stromlinien sind offenbar die Radien. Berechnen wir die Ergiebigkeit der Quelle, so haben wir das Integral J — jM d S für eine den Anfangspunkt umschließende Fläche mit der innern Normalen n zu bilden; wir wählen natürlich hier eine Kugelfläche, so daß die pro Sekunde austretende Wärmemenge den Wert hat:

wo da) der unendlich kleine räumliche Winkel ist, unter dem d S vom Kugelmittelpunkte aus erscheint. Also ist die Wärmemenge, die pro Sekunde aus der Kugel austritt, gleich q; diese ist gleich der von der Quelle pro Sekunde erzeugten Wärme, q ist also ein Maß für die „ E r g i e b i g k e i t " derselben und kann natürlich positiv und negativ sein; im ersten Falle haben wir eine „ Q u e l l e " , im letzteren eine „ S e n k e " , oder besser „ n e g a t i v e Q u e l l e " im Anfangspunkte. Dieser muß natürlich von der Betrachtung ausgeschlossen werden, weil in ihm die Temperatur unendlich werden würde, was unmöglich ist; im übrigen Räume gilt aber die Lösung (53). 2. Eine allgemeinere Lösung läßt sich durch Addition mehrerer Lösungen der Form (53) folgendermaßen zusammensetzen: (55)

* =

4in 2t«

wo ra = V(x - xaf + (y — yrf + (z - zaf ist; in den Punkten (xa, ya, za) befinden sich Wärmequellen von der bezüglichen Ergiebigkeit qa; die Lösung (55) gilt im ganzen Räume, mit Ausnahme der Punkte (xayazJ, in denen die Temperatur wieder unendlich werden würde. — 3. Einen besonders wichtigen Fall bilden die zweidimensionalen Probleme, bei denen also & nur von zwei Koordinaten, etwa x und y, dagegen nicht von z abhängt. Diese Fälle sind nahezu realisiert für die Wärmeströmung in sehr dünnen ebenen Platten. & gehorcht hier der Gleichung:

Bezeichnen wir mit z') = x -f- i y eine komplexe Variable, und mit w = f(z) eine beliebige Funktion einer solchen, so können wir f in seinen reellen und imaginären Teil zerlegen: f(z) =

0 die Differentialgleichung befriedigt: (123 a) S c h a e f e r , Lehrbuch.

II.

4

Theorie der log^-log oder:

Wärmeleitung.

49

= (asa — sbJ VÄ'/ft1 »

(121)

Dann verfährt man in derselben Weise mit einem gleichdimensionierten Stabe, dem man wieder dieselbe Oberflächenbeschafienheit gibt, und erhält wie vorher die relativen Werte des Leitvermögens. 11. Lineare Wärmeleitung: Methode von Franz Neumann. Neben der D e s p r e t z s c h e n Methode bedarf man natürlich noch einer absoluten Methode; wir wollen von solchen diejenige von F r a n z N e u m a n n besprechen, die neben einer von A n g s t r ö m die erste exakte Methode zur Bestimmung von k" war. Wir wollen das folgende Problem untersuchen: Ein Stab von der Länge L wird frei an zwei Fäden aufgehängt und an einem Ende erwärmt, bis der stationäre Zustand eingetreten ist. Dann wird die Wärmequelle entfernt und man beobachtet den allmählichen Ausgleich der Temperaturverteilung. Es ist nicht wesentlich, daß die anfängliche Erwärmung bis zur Erreichung des stationären Zustandes fortdauert; wir können auch allgemeiner sagen, daß dem Stabe durch Erwärmung an einem Ende eine bestimmte Temperaturverteilung zur Zeit t = 0 erteilt wird, die etwa durch F(x) ausgedrückt werden kann, wo F(x) eine gegebene Funktion von x ist. Die Enden des Stabes sind völlig frei; es treten also an ihnen die Randbedingungen (37) hinzu. Da die nach innen gerichtete Normale an der Stelle x = 0 mit der positiven, an der Stelle x = L dagegen mit der negativen x - Richtung übereinstimmt, lauten die zu erfüllenden Bedingungen hier: für x = 0 :

(122)

d

= 0,

x

f* *

1

Der Verlust, der durch die Endflächen eintritt, ist jedoch um so kleiner, je dünner der Stab ist, so daß wir den Koeffizienten h in den obigen Gleichungen für solche dünnen Stäbe annähernd gleich Null setzen können. Nur mit diesem vereinfachten Problem wollen wir uns hier beschäftigen; das allgemeinere findet man z. B. in K i r c h o f f s Vorlesungen über die Theorie der Wärme, pag. 30 ff., behandelt. Es liegt also, wenn wir zusammenfassen, folgendes mathematische Problem vor: Gesucht ist eine Funktion ft von x und t, die in dem Intervalle von x = 0 bis x = L für alle Zeiten t > 0 die Differentialgleichung befriedigt: (123 a) S c h a e f e r , Lehrbuch.

II.

4

50

Theorie der Wärme.

an den Stellen x = 0 und x = L die Bedingungen erfüllt: für x = 0:

^ dx = 0', (123 b) ... ad=o, T ' für x = L: dx and endlich für t = 0 in eine gegebene Funktion F(x) (123c)

für i = 0:

&(x) =

übergeht:

F(x).

Aus dem allgemeinen Eindeutigkeitsbeweise wissen wir, daß, wenn überhaupt eine diesen Bedingungen genügende Funktion existiert, es nur eine einzige gibt, da sie durch die gegebenen Daten völlig bestimmt ist. Wir setzen zunächst an: (124) t> = e- 0 , (*), wo «" eine reelle, zu bestimmende Konstante ist; daß wir — n e g a t i v reell nehmen, rechtfertigt sich durch die Überlegung, daß für t > 0 ein A u s g l e i c h der Temperaturdifferenzen erfolgt. Mit diesem Ansätze geht die Diffgl. (123a) in die folgende für

F(a) d a +

-L

diese Gleichung kann geschrieben werden: +L i »+t = ¿ f * » -L oder endlich:

d a

+ Z¿ J w

«I

+/»L

sin

T

s i n

z

^

, v* a y ti x j- COS —j— • COS —j—

. +L 1, I, Vtx> A

= ¿JJF(a)da + Í2,J'F(«)-C08T(a-ÍC)dar -L -L An diese Form wollen wir die Frage anknüpfen, was aus dieser Gleichung wird, w e n n wir L u n e n d l i c h g r o ß w e r d e n l a s s e n , d. h. w e n n d i e S t a b l ä n g e u n d d a m i t die P e r i o d e der F u n k t i o n F(x) u n e n d l i c h g r o ß wird. Setzen wir: (163)

í »

(164)

^

so*wird wegen des unendlich Grenze als stetig variabel zu (165) dJ a =

=

großen L betrachten (y+l) — n

das eigentlich jinstetige a in der sein, und es ist offenbar: VJT Z" = 3tZ '

+ 00 so daß 2 =

wird.

Wenn nun jF{a) +L

da einen endlichen Wert hat,

— 00

so wird das erste Glied l i m ^ j F ( a ) da dem Werte Null zustreben, und €s folgt dann die Integraldarstellung von 00

F(x):

+ 00

(166)

F(x)=^jdojF(a)cosa(a-x)da. 0 —00 Diese Gleichung nennt man das F o u r i e r s c h e Integral, und es ist von einer Periodizität der Funktion F(x) dabei keine Rede mehr, die doch bei der Darstellung (161) als F o u r i e r s c h e Reihe natürlich vorausgesetzt werden mußte. Die gegebene Herleitung ist keineswegs ein exakter Beweis für das F o u r i e r s c h e Integral, bei dem vor allen Dingen die Ausführung der Grenzübergänge genau untersucht werden muß. Darauf gehen wir hier nicht ein 1 ). l ) Vgl. z. B. R i e m a n n - W e b e r , Partielle Differentialgleichungen, 5. Aufl., Bd. I, pag. 42 ff.

62

Theorie der

Wärme.

15. W&rmeleitung In einem unendlich langen Stabe.

Wenn der Stab, wie wir jetzt voraussetzen wollen, anendlich lang ist» verschwinden die Grenzbedingungen und es sind lediglich die Differentialgleichung und der Anfangszustand gegeben, wodurch alles bestimmt sein muß. Wir wollen annehmen, daß zur Zeit t — 0: &(0) = F(x) sein soll, und es handelt sich nun darum, # als Funktion von t und x zu bestimmen. Wir gehen von unserem alten Ansätze aus: #= c-k,te-aU