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German Pages [220] Year 2016
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Kutschera / Breitkopf Einführung in die moderne Logik
ALBER STUDIENBUCH
A
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Über dieses Buch: Diese elementare Einführung in die Logik ist in erster Linie für Studenten der Philosophie und der Geisteswissenschaften gedacht. Formalisierungsprozesse werden daher ausführlich erläutert und Sachverhalte von eher technischem Interesse beiseite gelassen. Behandelt werden Aussagenlogik, elementare Prädikatenlogik, Identität und Kennzeichnungen. In zwei ergänzenden Kapiteln werden die Prinzipien des Definierens und Grundbegriffe der Mengenlehre kurz angesprochen. Zahlreiche Aufgaben (mit Lösungen) erleichtern das Einüben des Stoffes. This book is an elementary introduction to logic, primarily addressed to students of philosophy and the humanities. For this reason the main focus of the book is on formalization methods rather than advanced technical aspects of modern logic. The topics include propositional logic, elementary predicate logic, identity, and description terms. In two complementary chapters fundamental notions from the theory of definition and from naive set theory are explained. Numerous exercises, with solutions, allow students to practice the presented material. Die Autoren: Prof. Dr. Franz von Kutschera, Universität Regensburg, verfaßte u. a.: »Platons Philosophie« (2002), »Philosophie des Geistes« (2009). Dr. Alfred Breitkopf leitete im Bayerischen Fernsehen die Redaktion Naturwissenschaften und Technik.
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Franz von Kutschera / Alfred Breitkopf
Einführung in die moderne Logik 9., neu bearbeitete Auflage Bearbeitet von Stefan Wölfl
Verlag Karl Alber Freiburg / München https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
9., neu bearbeitete Auflage 2014 Druckvorlage: Stefan Wölfl
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei) Printed on acid-free paper Alle Rechte vorbehalten – Printed in Germany © Verlag Karl Alber GmbH Freiburg/München 1971, 8 2007 Einband gesetzt in der Rotis SemiSerif von Otl Aicher Druck und Bindung: Difo-Druck, Bamberg ISBN 978-3-495-48271-1 E-ISBN 978-3-495-86088-5 https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Vorwort Dieses Buch ist aus einem Fernsehkolleg hervorgegangen, das ich 1970 für das Studienprogramm des Bayerischen Rundfunks gehalten habe. Dr. Alfred Breitkopf hat das Manuskript der Vorträge für die Buchveröffentlichung überarbeitet und mit vielen zusätzlichen Beispielen und Übungsaufgaben versehen. Nachdem in der 4. Auflage das Kapitel 15 über elementare Begriffe und Prinzipien der Mengenlehre hinzugekommen war – als systematische Darstellung dessen, was schon in früheren Kapiteln intuitiv vorausgesetzt wird –, wurde das Buch für die 7. Auflage grundlegend überarbeitet. Dabei wurde im gesamten Text auf größere Übersichtlichkeit Wert gelegt und die logische Symbolik der heute üblichen angeglichen. Im Anschluss an den Beweis des Vollständigkeitstheorems für die Prädikatenlogik werden nun im Abschnitt 11.2 der Satz von Löwenheim und Skolem, der Kompaktheitssatz und ein Satz über die Äquivalenz von Interpretations- und Bewertungssemantik angegeben. Der Beth’sche Kalkül der semantischen Tafeln ist jetzt durch eine einfachere Version ersetzt, die ich viele Jahren in meinen Vorlesungen verwendet habe. Dr. Stefan Wölfl erstellte für die 7. Auflage eine völlig neue Textvorlage, die sich durch eine wesentlich verbesserte Übersichtlichkeit auszeichnet, und hat diese für die nun vorliegende 8. Auflage nochmals überarbeitet und korrigiert. Auch viele andere Verbesserungen gehen auf ihn zurück. Für seine Mühe möchte ich ihm sehr herzlich danken. Das Buch ist eine elementare Einführung in die Logik, die in erster Linie für Studenten der Philosophie und der Geisteswissenschaften gedacht ist. Es hat den Hörern meiner Vorlesungen als Begleitbuch gedient. Hauptziel dieser Vorlesungen und der sie begleitenden Übungen war, den Studenten die grundlegenden Hilfsmittel für logische Analysen von Urteilen und Schlüssen an die Hand zu geben und solche Analysen einzuüben. Bei der Lektüre kann man die etwas schwierigeren Abschnitte, die mit einem Stern gekennzeichnet sind, zunächst überschlagen. Franz von Kutschera https://doi.org/10.5771/9783495860885
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Inhaltsverzeichnis 1
Gegenstand und Bedeutung der Logik 1.1 Der Gegenstand der Logik . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Bedeutung der Logik . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 14
2
Sätze und Satzverbindungen 2.1 Sätze . . . . . . . . . . . . . 2.2 Negation . . . . . . . . . . . 2.3 Konjunktion . . . . . . . . . 2.4 Adjunktion und Kontravalenz
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Satzoperatoren 3.1 Der Begriff des Satzoperators 3.2 Implikation . . . . . . . . . 3.3 Äquivalenz . . . . . . . . . 3.4 Vollständige Systeme . . . .
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31 31 32 34 35
4
Aussagenlogische Schlüsse 4.1 Aussagenlogische Gültigkeit . . . . . . . . . . . . . 4.2 Ein Entscheidungsverfahren für die Aussagenlogik . 4.3 Semantische Bäume . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43 43 45 49
5
Syntax und Semantik der Aussagenlogik 5.1 Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59 59 61
6
Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik 6.1 Der Kalkül Kal . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Metatheoreme . . . . . . . . . . . . . . .
67 69 70 71 72
3
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7 .
7
8
9
Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Aussagenlogik 7.1 Widerspruchsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2∗ Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77 77 78
Namen, Prädikate und Quantoren 8.1 Die Struktur einfacher Sätze . 8.2 Der Alloperator . . . . . . . . 8.3 Der Existenzoperator . . . . . 8.4 Mehrfaches Quantifizieren . .
83 83 87 88 90
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Syntax und Semantik der Prädikatenlogik 9.1 Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Prädikatenlogische Wahrheit und Gültigkeit 9.4∗ Grundlegende semantische Theoreme . . .
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95 . 95 . 98 . 102 . 103
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
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11 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik 115 11.1 Widerspruchsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 11.2∗ Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 12 Der prädikatenlogische Baumkalkül 123 12.1 Der Baumkalkül Bpl . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 12.2∗ Die Adäquatheit des Kalküls . . . . . . . . . . . . . 129 13 Erweiterungen der Prädikatenlogik 133 13.1 Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 13.2 Kennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 13.3 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 8
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14 Definitionen 145 14.1 Die traditionelle Definitionslehre . . . . . . . . . . . 145 14.2 Begriffsanalyse und Explikation . . . . . . . . . . . 149 14.3 Definitionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 15 Mengenlehre 15.1 Die naive Mengenlehre . . 15.2 Elementare Mengenalgebra 15.3 Logizismus . . . . . . . . 15.4 Antinomien . . . . . . . .
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Anhang A.1 Lösungen der Übungsaufgaben . A.2 Beweise . . . . . . . . . . . . . A.2.1 Aussagenlogik . . . . . A.2.2 Prädikatenlogik . . . . . A.3 Liste einfacher logischer Gesetze A.3.1 Aussagenlogik . . . . . A.3.2 Prädikatenlogik . . . . .
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171 171 193 193 200 205 205 207
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Bibliographie
209
Sachregister
213
Symbolverzeichnis
219
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1
Gegenstand und Bedeutung der Logik
Die Logik, die in der Form der traditionellen, aristotelischen Logik ein Teilgebiet der Philosophie war, ist heute eine selbständige wissenschaftliche Disziplin mit einem ausgedehnten Bereich gesicherter Erkenntnisse und vielen ungelösten Problemen.
1.1
Der Gegenstand der Logik
Bevor wir auf die Details dieser wissenschaftlichen Disziplin eingehen, stellen wir uns zunächst die Frage: Womit beschäftigt sich die Logik? Was ist ihr Gegenstand? Die Worte „Logik“ und „logisch“ werden nicht nur in der Umgangssprache uneinheitlich gebraucht, sondern auch in der Wissenschaft: Man hat unter anderem erkenntnistheoretische, transzendental-philosophische, spekulativ-metaphysische, ästhetische und psychologische Untersuchungen der Logik zugeordnet. Demgegenüber wollen wir dem heute üblichen engeren Sinn des Wortes „Logik“ folgen und unter Logik die formale Logik verstehen. Was also ist der Gegenstand der formalen Logik? In der philosophischen Tradition umfasst die formale Logik eine Lehre vom Begriff, eine Lehre vom Urteil und eine Lehre vom Schluss. Die Entwicklung einer Lehre vom Schließen setzt aber eine Analyse der Urteile schon voraus, denn ein Schluss ist ein Schluss von gewissen Urteilen auf ein anderes Urteil. Und da die Urteile mit Begriffen gebildet werden, muss einer Analyse der Urteile eine Analyse der Begriffe vorausgehen. Wir können die formale Logik deshalb einfach als Theorie des Schließens kennzeichnen: Die Logik, als formale Logik, ist eine Theorie des Schließens. Wir haben damit die Frage nach dem Gegenstand der Logik zurückgeführt auf die Frage, was ein logischer Schluss ist. Ein Beispiel eines einfachen Schlusses stellt folgende Figur dar: https://doi.org/10.5771/9783495860885
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1 Gegenstand und Bedeutung der Logik
(P1 ) (P2 )
Alle Logiker sind musikalisch. Heinrich ist ein Logiker.
(K)
Heinrich ist musikalisch.
Wir lesen diese Figur so: Wenn alle Logiker musikalisch sind und wenn Heinrich ein Logiker ist, so ist Heinrich musikalisch. Hier wird aus den beiden Sätzen P1 und P2 auf den Satz K geschlossen. Die Sätze eines Schlusses, aus denen wir schließen – in unserem Fall die Sätze P1 und P2 – nennen wir Prämissen des Schlusses, den Satz, auf den wir schließen – in unserem Fall der Satz K – nennen wir Konklusion des Schlusses. Jeder Schluss enthält eine oder mehrere Prämissen und eine Konklusion. Ein Schluss ist gültig, wenn unter der Voraussetzung, dass alle Prämissen wahr sind, auch die Konklusion wahr ist. Wenn wir behaupten, ein Schluss sei gültig, so behaupten wir weder, dass die Prämissen wahr sind, noch, dass die Konklusion wahr ist; wir behaupten vielmehr nur, dass die Konklusion wahr ist, falls alle Prämissen wahr sind. Die Konklusion eines gültigen Schlusses kann also durchaus auch falsch sein; dann ist aber auch mindestens eine Prämisse falsch. Wenn z. B. die Konklusion unseres Schlusses – der Satz „Heinrich ist musikalisch“ – falsch ist, so sind dann eben nicht alle Logiker musikalisch; und wenn alle Logiker musikalisch sind, so kann Heinrich kein Logiker sein. Die Logik heißt nun formal, weil sie sich nicht für beliebige Figuren der Art (P1 ) .. .
... .. .
(Pn )
...
(K)
...
interessiert, für die gilt, dass, falls alle Prämissen P1 bis Pn wahr sind, auch die Konklusion K ein wahrer Satz ist. Die formale Logik interessiert sich vielmehr nur für solche Schlüsse, die auch dann gültig bleiben, wenn man die in ihnen vorkommenden nichtgrammatikalischen Wörter durch andere Wörter ersetzt. Wir erhalten z. B. aus unserem 12
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1.1 Der Gegenstand der Logik
Schluss wieder einen gültigen Schluss, wenn wir das Wort „Logiker“ ersetzen durch „Mensch“, „musikalisch“ durch „sterblich“ und „Heinrich“ durch „Sokrates“. Wir erhalten dann den Schluss: (P1 ) (P2 )
Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch.
(K)
Sokrates ist sterblich.
Entsprechendes gilt für beliebige andere Ersetzungen. Wir können deshalb in unserem Schlussbeispiel statt der Wörter „Logiker“, „musikalisch“ und „Heinrich“ die Buchstaben S, P und a setzen, die beliebige Substantive, Adjektive und Namen vertreten. Wir erhalten dann die Schlussfigur: (P1 ) (P2 )
Alle S sind P. a ist ein S.
(K)
a ist ein P.
Aus dieser Figur entsteht ein gültiger Schluss, unabhängig davon, welche Substantive, Adjektive und Namen man für S, P und a einsetzt. Die Gültigkeit dieser Schlüsse beruht also nicht auf besonderen Bedingungen, die für Logiker und deren Musikalität oder für Menschen und deren Sterblichkeit gelten, sondern sie beruht auf einem abstrakten Verhältnis zwischen Begriffen: Wenn alle Objekte einer Art S eine Eigenschaft P haben, muss auch jedes einzelne Objekt a der Art S die Eigenschaft P haben. Solche Schlüsse, die gültig sind aufgrund abstrakter begrifflicher Beziehungen, nicht aber nur aufgrund der besonderen sachbezogenen Bedingungen, die für die Gegenstände gelten, auf die sich die Prämissen und die Konklusion beziehen, nennt man auch formal gültig. Wir können deshalb unsere Kennzeichnung der formalen Logik präzisieren: Die formale Logik ist die Theorie der formal gültigen Schlüsse.
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1 Gegenstand und Bedeutung der Logik
1.2
Die Bedeutung der Logik
Wozu beschäftigt man sich mit formaler Logik? Worin liegt ihr Nutzen? Ist die Beschäftigung mit der Logik nicht nur ein spezielles und etwas esoterisches Hobby, das kein allgemeineres Interesse für sich beanspruchen kann als z. B. das Briefmarkensammeln oder das Lösen von Kreuzworträtseln? Für diejenigen Wissenschaftler, die sich hauptsächlich oder ausschließlich mit Logik befassen, ist natürlich das immanente Interesse an der Logik ausschlaggebend, ebenso wie für den Physiker das immanente Interesse an der Physik leitend ist und nicht der Gesichtspunkt ihrer möglichen technischen Anwendung. Die elementare Logik ist darüber hinaus für die Wissenschaft von allgemeinem Interesse. Deshalb gehört die Logik zur wissenschaftlichen Propädeutik, d. h. zu den Themen, mit denen jeder Student und Wissenschaftler sich, systematisch gesehen, beschäftigen sollte, bevor er sich den speziellen Problemen seines Fachs zuwendet, weil diese Themen für jegliche Art wissenschaftlicher Untersuchung grundlegend sind. Ganz allgemein charakterisiert ist die Logik die Schule des korrekten, klaren und folgerichtigen Denkens. Da aber wissenschaftliches Denken zumindest ein in dieser Weise qualifiziertes Denken sein muss, sollte jeder Wissenschaftler diese Schule einmal besuchen. Diese Schule wird aber tatsächlich nur wenig besucht, weil sich zum einen viele Menschen für denkerische Naturbegabungen halten und weil zum andern die wissenschaftlichen Begriffs- und Theorienbildungen vielfach noch so einfach sind, dass man sie mit einer gesunden logischen Intuition durchaus meistern kann. Grundsätzlich ist aber zu sagen, dass das korrekte, klare und folgerichtige Denken eine durchaus anspruchsvolle und keineswegs immer leichte Tätigkeit ist, die man ohne gründliche Ausbildung nicht ausreichend beherrschen kann. Wenn man z. B. bemerkt, dass in der Umgangssprache das Wort „denken“ von vielen nur im Sinne von „fälschlich vermuten“ gebraucht wird, so wird einem klar, dass man mit dieser Art naturwüchsigen Denkens in den Wissenschaften kaum viel ausrichten kann. Uns allen ist geläufig, dass man gehen, sprechen, essen und Fußball spielen lernen muss, warum also ausgerechnet das Denken nicht? 14
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1.2 Die Bedeutung der Logik
Versuchen Sie z. B. die Verneinung des einfachen Satzes „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ zu bilden. Welcher der folgenden Sätze ist die Verneinung? • Einiges Gold glänzt nicht. • Einiges, was glänzt, ist nicht Gold. • Alles, was glänzt, ist Gold. • Alles Gold glänzt nicht. Oder versuchen Sie festzustellen, ob der folgende Schluss gültig ist: Wenn Friedrich nicht zu den Tätern gehört, wenn alle am Tatort anwesenden Amtspersonen Täter oder über achtzig Jahre alt waren und keine Amtsperson über achtzig Jahre alt ist und wenn Friedrich eine Amtsperson ist, so war Friedrich nicht am Tatort anwesend. Vielleicht wird Ihnen an solchen konkreten Fällen deutlich, dass eine Übung des logischen Denkens nicht überflüssig ist. Aber abgesehen von der allgemeinen Charakterisierung als Schule des Denkens, ist die Logik auch aus folgenden Gründen für alle Wissenschaften von Bedeutung: In den Wissenschaften spielen Argumentationen für oder gegen eine Behauptung eine wesentliche Rolle, und unter den wissenschaftlichen Argumenten kommt den Beweisen eine ausgezeichnete Rolle zu. Ein Beweis, denken Sie etwa an das Beispiel eines mathematischen Beweises, ist jedoch nichts anderes als eine Folge von Schlüssen, deren erste Prämissen bereits bewiesene Sätze sind und deren letzte Konklusion die zu beweisende Behauptung darstellt. Damit ein Beweis akzeptiert wird, fordert man im allgemeinen nur, dass jeder Schritt des Beweises, jeder einzelne Schluss, als richtig einleuchte. Dieses „Einleuchten“ ist jedoch kein unproblematisches Kriterium, denn es hat schon manchem etwas eingeleuchtet, was sich später als falsch erwiesen hat. Will man den Beweisen größtmögliche Strenge sichern und sie einer genauen Kontrolle zugänglich machen, wird man sich auf eine Theorie des Beweisens, d. h. aber eine Theorie des Schließens stützen, man wird deshalb die Logik zu Rate ziehen müssen. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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1 Gegenstand und Bedeutung der Logik
Ferner spielen in allen Wissenschaften Definitionen eine wesentliche Rolle. Damit die definierten Begriffe vernünftig gebildet und ausreichend bestimmt sind, müssen die Definitionen gewissen Bedingungen genügen, die man in der Definitionslehre untersucht. Die Definitionslehre gehört aber als Teil der Lehre vom Begriff zur Logik. Darüber hinaus wäre auch hinzuweisen auf die Bedeutung der Logik für die mathematische Grundlagenforschung, auf ihre Rolle bei der Entwicklung von Computern, auf ihren Einfluss auf die moderne Sprachwissenschaft usw. Wir wollen uns mit diesen Hinweisen auf den Gegenstand und die Bedeutung der Logik begnügen. Eine genauere Charakterisierung ist erst nach der Entwicklung der elementaren Theorien der Logik möglich. Zum Schluss dieser Einleitung müssen wir noch rechtfertigen, warum wir von „moderner“ Logik sprechen. Versteht es sich nicht von selbst, dass eine Einführung in die Logik sich nicht auf antiquierte und überholte Formen bezieht, sondern auf ihre moderne Gestalt? Der Zusatz ist tatsächlich nur historisch zu erklären: Die Logik als wissenschaftliche Disziplin ist von A RISTOTELES begründet worden. Diese Begründung war eine so geniale Tat, dass ihr in den folgenden 2000 Jahren nichts Wesentliches hinzugefügt werden konnte. Noch I MMANUEL K ANT hat behauptet, dass die Logik seit Aristoteles keinen Schritt vor noch zurück habe tun können. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich eine ganz neue Entwicklung in der Logik angebahnt, eingeleitet durch Arbeiten von G EORGE B OOLE (18151864), AUGUSTUS DE M ORGAN (1806-1871) und G OTTLOB F REGE (1848-1925). Im Laufe dieser Entwicklung ist die moderne Logik über die aristotelische Logik ähnlich weit hinausgewachsen wie die moderne Mathematik über die Mathematik des P YTHAGORAS. Diesen Fortschritt verdankt die Logik nicht zuletzt der Methode der Formalisierung, die wir im Folgenden noch kennenlernen werden. Diese Methode hatte zuvor schon die Mathematik mit großem Gewinn angewandt, und wegen dieser Ähnlichkeit der Methoden bezeichnet man die moderne Logik auch oft als mathematische Logik oder als symbolische Logik, denn die Formalisierung beruht auf der 16
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Übungsaufgaben
Einführung künstlicher Symbole. Diese Entwicklung hat aus der modernen Logik eine eigenständige wissenschaftliche Spezialdisziplin gemacht, die in mancher Hinsicht heute der Mathematik näher steht als der Philosophie, zu der sie früher gehörte. Und es gibt immer noch Versuche, neben die moderne oder mathematische Logik eine „philosophische“ Logik im Sinn der aristotelischen Logik zu stellen. Aber die Adjektive „philosophisch“ und „mathematisch“ bezeichnen dann nicht verschiedene wissenschaftliche Disziplinen mit verschiedenen Gegenstandsbereichen, sondern nur verschiedene Entwicklungsphasen derselben Logik; daher ist diese Terminologie recht überflüssig. Wir wollen also festhalten: Die moderne, mathematische oder symbolische Logik ist die heutige Gestalt der von Aristoteles begründeten formalen Logik.
Übungsaufgaben Aufgabe 1-1. Ersetzen Sie in dem Schluss (P1 ) (P2 )
Alle Menschen sind sterblich. Alle Griechen sind Menschen.
(K)
Alle Griechen sind sterblich.
die nicht grammatikalischen Wörter durch einen der Buchstaben M, P und S, so dass eine abstrakte Schlussfigur entsteht. Prüfen Sie, ob diese Figur formal gültig ist. Aufgabe 1-2. Ermitteln Sie in den beiden folgenden Figuren jeweils eine Konklusion zu den angegebenen Prämissen, so dass ein gültiger Schluss entsteht: (P1 ) Alle P sind nicht M. (P1 ) Alle M sind P. (P2 ) Einige S sind M. (P2 ) Einige S sind M. (K)
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1 Gegenstand und Bedeutung der Logik
Aufgabe 1-3. Geben Sie eine Prämisse P1 so an, dass aus dem folgenden Schema eine gültige Schlussfigur entsteht:
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(P1 ) (P2 )
Einige S sind nicht M.
(K)
Einige S sind nicht P.
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2
Sätze und Satzverbindungen
Die einfachste logische Theorie ist die Aussagenlogik. Am Beispiel der Aussagenlogik werden wir grundlegende Begriffe und Methoden der Logik einführen. In der Aussagenlogik werden sprachliche Ausdrücke untersucht, mit denen sich aus gegebenen Sätzen neue, komplexere Sätze erzeugen lassen. Bevor wir jedoch über diese Satzverbindungen sprechen können, müssen wir erläutern, was wir unter einem Satz verstehen.
2.1
Sätze
Deutsche Sätze sind zum Beispiel: (1) Die Zugspitze ist der höchste Berg Deutschlands. (2) Ich habe dir heute und hier seinen Brief gezeigt. (3) Gib mir mal das Salz! (4) Hast du gut geschlafen? (5) Wie schön! Die Sätze (1) und (2) sind Behauptungs- oder Aussagesätze, (3) ist ein Befehlssatz, (4) ein Fragesatz und (5) ein Ausrufesatz. In der Logik werden nur Sätze betrachtet, die entweder wahr oder falsch sind. Da Befehls-, Frage- und Ausrufesätze aber weder wahr noch falsch sind, interessieren sie uns im Folgenden nicht. Ob der Satz (2) wahr oder falsch ist, hängt von den Umständen ab, unter denen er ausgesprochen wird. In diesem Satz kommen die Ausdrücke „ich“, „du“, „heute“, „hier“ vor, die je nachdem, wer sie spricht, wer angesprochen wird und wann und wo gesprochen wird, Verschiedenes bedeuten. Ausdrücke dieser Art nennen wir Indikatoren. Da Sätze mit Indikatoren keine feste Bedeutung haben, werden sie in der Logik nicht berücksichtigt. Das scheint auf den ersten Blick eine starke Beschränkung zu sein, denn Indikatoren spielen in der Umgangssprache eine sehr wichtige Rolle. Man kann aber in jedem konkreten Fall die Indikatoren https://doi.org/10.5771/9783495860885
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2 Sätze und Satzverbindungen
durch Namen für bestimmte Personen, Orte und Zeiten ersetzen und auf diese Weise zu einem Satz übergehen, der wahr oder falsch ist, unabhängig von der Situation, in der er ausgesprochen wird. Der Satz (2) geht dadurch z. B. über in den Satz: (20 ) Fritz Schulze hat Erwin Maier am 2. April 1970 im Arbeitszimmer seiner Wohnung (München, Vogelstraße 2/lI) den Brief von Arno Kunze gezeigt (den er an diesem Tag von ihm erhalten hatte). In der Logik setzen wir also voraus, dass alle betrachteten Sätze entweder wahr oder falsch sind. Dieses grundlegende Prinzip halten wir fest in dem Postulat der Wahrheitsdefinitheit: Jeder Aussagesatz, der keine Indikatoren enthält, ist entweder wahr oder falsch. Dieses Postulat zeichnet die üblicherweise in der Umgangssprache wie in den Wissenschaften verwendete Logik aus, die man zur Abhebung von anderen Logiksystemen, auf die wir hier nicht eingehen werden, auch als klassische Logik bezeichnet. Die Erörterung der Frage, ob und inwieweit dieses Postulat berechtigt ist, gehört nicht zur Logik im Sinne der wissenschaftlichen Propädeutik, sondern zur logischen Grundlagenforschung, deren Problemstellung man erst verstehen kann, wenn man bereits über gewisse logische Kenntnisse verfügt. Schließlich wollen wir die Erläuterungen zum Satzbegriff noch durch einen Hinweis ergänzen. Wir wollen immer streng zwischen einem sprachlichen Ausdruck und dem, was er bedeutet, unterscheiden. Ein sprachlicher Ausdruck ist eine Folge von Lauten oder von Schriftzeichen, seine Bedeutung ist aber in der Regel etwas Nichtsprachliches. So unterscheiden wir z. B. zwischen dem Wort München und der Stadt München. Das Wort München bezeichnet die Stadt München, das Wort hat zwei Silben, nicht aber die Stadt, und die Stadt, nicht aber das Wort hat 1,3 Millionen Einwohner. Um diesen Unterschied graphisch deutlich zu machen, setzen wir auch oft das Wort München in Anführungszeichen, wenn wir über das Wort München sprechen. Wir sagen also: „München“ hat zwei Silben, nicht aber: München hat 20
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2.2 Negation
zwei Silben, und: München hat 1,3 Millionen Einwohner, aber nicht: „München“ hat 1,3 Millionen Einwohner. Ebenso verfahren wir bei Sätzen. Ein Satz ist ein sprachlicher Ausdruck, den wir streng von dem unterscheiden, was er bedeutet. In diesem Sinn sagen wir, dass der Satz „München hat 1,3 Millionen Einwohner“ fünf Wörter enthält. Wir können aber nicht sagen, dass der Sachverhalt, dass München 1,3 Millionen Einwohner hat, fünf Wörter enthält. Nach diesen Erläuterungen zum Begriff des Satzes wenden wir uns der Untersuchung von Satzverbindungen zu.
2.2
Negation
Ein Ausdruck, mit dem wir aus einem gegebenen Satz einen neuen Satz erzeugen können, ist das Wort „nicht“; wir können z. B. aus dem Satz „Friedel singt gern“ die Verneinung dieses Satzes, den Satz „Friedel singt nicht gern“, bilden. In der deutschen Sprache kann man die Verneinung eines Satzes nicht nur mit dem Wort „nicht“ bilden, sondern auch mit Wörtern wie: keineswegs, keinesfalls; mit Zusammensetzungen: nie (nicht irgendwann), nirgends (nicht irgendwo), nichts (nicht etwas), kein (nicht ein), niemand (nicht jemand); mit verneinenden Präfixen: un-, wider-; oder mit zusammengesetzten Wörtern. Die Regeln für die Bildung verneinter Sätze sind in der deutschen Syntax ebenfalls recht kompliziert, z. B. die Regeln, die angeben, welches Verneinungswort zu verwenden ist und wo es im Satz eingeschoben werden soll. Von diesen historisch gewachsenen Komplexitäten der Umgangssprache können wir uns in der Logik freimachen, indem wir uns auf eine logische Normalform der Verneinung einigen: Wir verneinen den Satz A, indem wir vor A das Wort „nicht“ stellen. Die Schreibweise für Verneinungen wird noch kürzer, wenn wir anstelle von „nicht“ das Symbol ¬ verwenden und für nicht-A schreiben: ¬A. Unter welchen Bedingungen ist ein verneinter Satz wahr bzw. falsch? Ein verneinter Satz ¬A ist falsch, wenn der unverneinte Satz A wahr ist; der verneinte Satz ist wahr, wenn der unverneinte Satz https://doi.org/10.5771/9783495860885
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2 Sätze und Satzverbindungen
falsch ist. Verwenden wir „w“ als Abkürzung für „wahr“ und „f“ als Abkürzung für „falsch“, so können wir diese Bedingungen für die Verneinung, oder wie wir auch sagen, für die Negation, durch folgende Tabelle festhalten: A
¬A
w f
f w
Wahr und falsch bzw. die Abkürzungen w und f nennen wir Wahrheitswerte; entsprechend nennen wir die Tabelle eine Wahrheitswerttabelle. Wir haben also die Satzverbindung Negation durch eine Wahrheitswerttabelle charakterisiert, die angibt, in welcher Weise der Wahrheitswert des negierten Satzes vom Wahrheitswert des unnegierten Satzes abhängt. Aufgrund dieser Kennzeichnung können wir ein erstes logisches Gesetz beweisen, das Gesetz der doppelten Verneinung: Doppelte Verneinung ist Bejahung, oder genauer: Ein doppelt verneinter Satz ¬¬A hat denselben Wahrheitswert wie der unverneinte Satz A. Denn ist ¬¬A wahr, so ist ¬A falsch, A also wieder wahr; und ist ¬¬A falsch, so ist ¬A wahr, A also wieder falsch. Der doppelt verneinte Satz ¬¬A hat also immer denselben Wahrheitswert wie der Satz A, die beiden Sätze haben dieselbe Wahrheitswertverteilung.
2.3
Konjunktion
Im Folgenden wollen wir einige weitere Ausdrücke der Umgangssprache betrachten, mit denen wir aus Sätzen neue, komplexe Sätze bilden können. Ebenso wie für die Verneinung wollen wir diese Ausdrücke logisch normieren, d. h. nach Bedingungen suchen, die angeben, wie der Wahrheitswert des komplexen Satzes von den Wahrheitswerten der Teilsätze abhängt. Mithilfe des Wortes „und“ lässt sich aus zwei Sätzen ein neuer Satz erzeugen. Man kann z. B. aus den beiden Sätzen „Fritz schläft“ 22
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
2.3 Konjunktion
und „Fritz schnarcht“ den Satz „Fritz schläft und Fritz schnarcht“ erzeugen. Dabei wird das Wort „und“ zwischen die beiden Sätze gestellt. Nach den Regeln der deutschen Sprache kann man aber das „und“ bei gleichem Subjekt der Sätze auch zwischen die Prädikate stellen, wie in „Fritz schläft und schnarcht“, oder bei gleichen Prädikaten zwischen die Subjekte usw. Auch hier sind also die Bildungsregeln für „und“-Verbindungen oder Konjunktionen, wie man in der Logik auch sagt, nicht einfach. Hinzu kommt, dass neben dem Wort „und“ auch folgende Wörter zum Ausdruck der Konjunktion verwendet werden: auch, sowie, wie, außerdem, dazu, zudem, überdies, desgleichen, ferner, dann, nicht nur – sondern auch, zum einen – zum andern, sowohl – als auch. Der Einfachheit halber legen wir wieder eine logische Normalform für Konjunktionen fest; diese wird gebildet, indem zwischen die beiden konjunktiv zu verbindenden Sätze A und B das Wort „und“ gestellt wird: A-und-B. Für „und“ führen wir dann das Symbol ∧ ein, wir schreiben also für A-und-B kurz: A ∧ B. Eine Konjunktion A ∧ B ist dann und nur dann wahr, wenn beide Teilsätze A und B wahr sind. Diese Bedingung können wir durch folgende Wahrheitswerttabelle ausdrücken: A
B
w w w f f w f f
A∧B w f f f
Links in dieser Tabelle stehen die vier möglichen Kombinationen von Wahrheitswerten für die Sätze A und B, rechts stehen die zugehörigen Wahrheitswerte der Konjunktion A ∧ B. Mithilfe der Charakterisierung der Negation und der Konjunktion durch Wahrheitswerttabellen können wir die Bedingungen analysieren, unter denen komplexe Sätze, die mit „nicht“ und „und“ gebildet sind, wahr bzw. falsch sind; zu diesem Zweck ermitteln wir die Wahrheitswerttabellen dieser Sätze. Betrachten wir z. B. den Satz „Eva ist nicht schön, aber klug“. Dieser Satz hat die logische Form ¬A ∧ B, das ist eine Konjunktion https://doi.org/10.5771/9783495860885
23 .
2 Sätze und Satzverbindungen
mit den Konjunktionsgliedern ¬A und B. Ausgehend von den möglichen Wahrheitswerten für A und B ermitteln wir die Wahrheitswerttabelle von ¬A ∧ B: B
¬A
¬A ∧ B
w w w f f w f f
f f w w
f f w f
A
Der Satz „Eva ist nicht schön, aber klug“ ist also genau dann wahr, wenn der Teilsatz „Eva ist schön“ falsch und der Teilsatz „Eva ist klug“ wahr ist. Vergleichen wir damit folgendes Beispiel: Der Satz „Es ist nicht wahr, dass Eva schön und klug ist“ hat die logische Struktur ¬(A∧B); das ist die Verneinung einer Konjunktion. Unter welchen Bedingungen ist dieser Satz wahr? A
B
w w w f f w f f
A∧B
¬(A ∧ B)
w f f f
f w w w
„Es ist nicht wahr, dass Eva schön und klug ist“ ist also nur dann falsch, wenn die Teilsätze „Eva ist schön“ und „Eva ist klug“ beide wahr sind. Wir stellen fest, dass sich die Wahrheitsbedingungen für die Konjunktion von ¬A und B und für die Verneinung der Konjunktion von A und B unterscheiden. Wir müssen deshalb auch graphisch zwischen diesen Interpretationen des Ausdrucks ¬A ∧ B unterscheiden, indem wir den Bereich, auf den sich die Negation erstreckt, durch Klammern kennzeichnen: ¬(A ∧ B) ist die Verneinung von A ∧ B, (¬A) ∧ B hingegen die Konjunktion von ¬A und B. Entsprechend unterscheidet man in der Mathematik (4 · 3) + 5, die Summe des Produkts 4 · 3 und 5, und 4 · (3 + 5), das Produkt von 4 und der Summe von 3 und 5. In der Mathematik kann man manche Klammern dadurch einsparen, 24
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
2.3 Konjunktion
dass man festlegt: Der Punkt als Zeichen für die Multiplikation bindet stärker als das Pluszeichen. Entsprechend formulieren wir in der Logik die Regel: Das Negationszeichen ¬ bindet stärker als das Konjunktionszeichen ∧. Aufgrund dieser Regel können wir ¬A ∧ B statt (¬A) ∧ B und A ∧ ¬B statt A ∧ (¬B) schreiben; dagegen können wir in dem Ausdruck ¬(A ∧ B) die Klammern nicht weglassen. Der Wahrheitswert der bisher analysierten Sätze war abhängig von den Wahrheitswerten ihrer Teilsätze. Daneben gibt es jedoch komplexe Sätze, deren Wahrheitswert nicht von den Wahrheitswerten ihrer Teilsätze abhängt, und gerade diese Sätze sind für die Logik von besonderem Interesse. Betrachten wir z. B. die Sätze A ∧ ¬A und ¬(A ∧ ¬A): A
¬A
A ∧ ¬A
¬(A ∧ ¬A)
w f
f w
f f
w w
Die Wahrheitswerttabelle zeigt, dass A ∧ ¬A falsch ist, unabhängig davon, ob A wahr oder falsch ist. Einen Satz dieser Art nennen wir „aussagenlogisch falsch“. Wir definieren also: Definition 2-1. Ein Satz heißt aussagenlogisch falsch, wenn er immer falsch ist, unabhängig davon, welche Wahrheitswerte seine einfachen Teilsätze haben. Entsprechend heißt ein Satz aussagenlogisch wahr, wenn er immer wahr ist, unabhängig davon, welche Wahrheitswerte seine einfachen Teilsätze haben. Der Satz ¬(A ∧ ¬A) ist also ein aussagenlogisch wahrer Satz; man nennt diesen Satz auch das Gesetz vom ausgeschlossenen Widerspruch. Logisch wahre Sätze nennt man auch tautologisch, logisch falsche Sätze kontradiktorisch. Definition 2-2. Sätze, die entweder aussagenlogisch wahr oder aussagenlogisch falsch sind, nennt man aussagenlogisch determiniert, aussagenlogisch indeterminierte Sätze nennt man auch aussagenlogisch kontingent. https://doi.org/10.5771/9783495860885
25 .
2 Sätze und Satzverbindungen
In der Wahrheitswerttabelle eines aussagenlogisch determinierten Satzes enthält also die letzte Spalte immer nur das Zeichen w bzw. f, während in der letzten Spalte eines aussagenlogisch indeterminierten Satzes sowohl das Zeichen w als auch das Zeichen f vorkommt. Wir werden sehen, dass sich die Frage, ob ein Schluss formal gültig ist, zurückführen lässt auf die Frage, ob ein Satz logisch wahr ist. Von daher gewinnt das Problem der Auszeichnung logisch wahrer Sätze für die Logik seine besondere Bedeutung.
2.4
Adjunktion und Kontravalenz
Wir wollen noch ein weiteres Beispiel eines Ausdrucks betrachten, mit dem sich aus zwei Sätzen ein neuer Satz bilden lässt, das Wort „oder“. Mit ihm kann man z. B. aus den beiden Sätzen „Werner ist dumm“ und „Werner ist faul“ den Satz „Werner ist dumm oder Werner ist faul“ bilden. Wie Negation und Konjunktion folgt auch die „oder“-Verbindung in der Umgangssprache keinen einfachen Regeln: Das Wort „oder“ steht, wie der Satz „Werner ist dumm oder faul“ zeigt, nicht immer zwischen vollständigen Sätzen. Darüber hinaus treten neben „oder“ im gleichen Sinn Wörter auf wie entweder – oder, sonst, andernfalls usw. Daher führen wir auch für „oder“-Verbindungen eine logische Normalform ein: Aus zwei Sätzen A und B wird durch ein zwischengestelltes „oder“ ein neuer Satz erzeugt. Wenn wir nach den Wahrheitsbedingungen für die „oder“-Verbindung fragen, dann erhalten wir zwei mögliche Wahrheitswerttabellen: A
B
w w w f f w f f
A oder B w w w f
A
B
w w w f f w f f
A oder B f w w f
Diese Vorschläge unterscheiden sich dadurch, dass für den Fall, dass sowohl A als auch B wahr ist, der Satz A-oder-B einmal als wahr, das andere Mal als falsch angesehen wird. In diesem Unterschied 26
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
2.4 Adjunktion und Kontravalenz
drücken sich zwei mögliche Interpretationen des „oder“ aus, die beide umgangssprachlich vorkommen. Es gibt ein „oder“ im nicht ausschließenden Sinn, das man z. B. verwendet, wenn man sagt: „Werner ist dumm oder faul“. Hier soll der Fall, dass Werner zugleich dumm und faul ist, nicht ausgeschlossen werden. Der Satz ist also auch dann wahr, wenn Werner sowohl dumm als auch faul ist. Ebenso soll das Verbot „Im Englischen Garten ist es verboten, Hunde frei laufen zu lassen oder Rad zu fahren“ nicht denjenigen von der Strafe ausnehmen, der sowohl Rad fährt als auch seinen Hund frei laufen lässt. Hingegen will man beim Gebrauch des Wortes „oder“ im ausschließenden Sinne, wie z. B. in dem Satz „Heinrich fährt in seinem Urlaub nach Grönland oder nach Marokko“ oder in „Hans wird Lehrer oder Pastor“ ausschließen, dass beide Alternativen zugleich zutreffen. Das ausschließende „oder“ kann man prägnanter durch „entweder – oder“ ausdrücken. In der Logik nennen wir das ausschließende „oder“ Kontravalenz. Für die Kontravalenz führen wir als Abkürzung ein; „A B“ ist also eine Abkürzung für „entweder das Zeichen A oder B“. Das ausschließende „oder“ wird in der Umgangssprache häufiger verwendet als das nichtausschließende. In der Logik erweist sich jedoch das nichtausschließende „oder“ als wichtiger. Diese Satzverbindung nennen wir in der Logik Adjunktion und verwenden dafür das Zeichen ∨. A
B
w w w f f w f f
A∨B w w w f
Bei der Verbindung von Adjunktionen mit Negationen und Konjunktionen müssen wir wieder durch Klammern den Bereich angeben, auf den sich diese logischen Ausdrücke beziehen. Wir müssen z. B. zwischen (A ∧ B) ∨C und A ∧ (B ∨C) unterscheiden. Um Klammern einsparen zu können, legen wir fest: Negation und Konjunktion binden stärker als die Adjunktion. https://doi.org/10.5771/9783495860885
27 .
2 Sätze und Satzverbindungen
Nach dieser Regel können wir z. B. ¬A ∨ B statt (¬A) ∨ B und A ∧ B ∨C statt (A ∧ B) ∨C schreiben. Aufgrund der Charakterisierung der Adjunktion durch eine Wahrheitswerttabelle können wir einen wichtigen logischen Satz beweisen, das Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten. In der logischen Symbolsprache lautet dieses Gesetz: A ∨ ¬A. Der Wahrheitswerttabelle für A ∨ ¬A A
¬A
A ∨ ¬A
w f
f w
w w
können wir entnehmen, dass A ∨ ¬A immer wahr ist, unabhängig davon, welchen Wahrheitswert A hat; A ∨ ¬A ist also aussagenlogisch wahr.
Übungsaufgaben Aufgabe 2-1. Welche der folgenden Sätze sind Aussagesätze, die unabhängig von den Umständen ihrer Äußerung wahr oder falsch sind? a) Schwören Sie, dass Sie die Wahrheit sagen! b) Sie haben hier ein wenig phantasiert. c) Moment! d) Wer hat geschossen? e) Der Polizeiwachtmeister Herberts sagte in der Verhandlung am 12. März 1970, er könne sich an die Aussage von Frau Elser nicht mehr erinnern. f) Auch die Tatzeit ist bis heute nicht belegt worden.
28
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Übungsaufgaben
Aufgabe 2-2. Übersetzen Sie folgende Sätze in die aussagenlogische Symbolsprache: a) Es regnet, aber es ist nicht kalt. b) Fritz fährt nicht nach Florenz oder Pisa, sondern nach Rom. c) Berta und Ursula lieben Fritz nicht. Aufgabe 2-3. Prüfen Sie, ob folgende Sätze aussagenlogisch wahr bzw. aussagenlogisch falsch sind: a) ¬(A ∧ B) ∨ A b) ¬(¬¬¬A ∨ A) c) A ∨ B ∨ ¬(A ∧ B)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
29 .
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
3 3.1
Satzoperatoren Der Begriff des Satzoperators
Wir haben bisher Satzkonstruktionen betrachtet, bei denen der Wahrheitswert des komplexen Satzes nur von den Wahrheitswerten der Teilsätze, aus denen er gebildet ist, abhängt. Solche Satzbildungen lassen sich durch Wahrheitswerttabellen charakterisieren, die jeder Verteilung von Wahrheitswerten auf die Teilsätze einen Wahrheitswert für den komplexen Satz zuordnen. Wörter oder Wortgruppen der Umgangssprache oder Zeichen der logischen Symbolik, mit denen wir aus Sätzen neue Sätze bilden, deren Wahrheitswert in dieser Weise von den Wahrheitswerten der Teilsätze abhängt, nennen wir im Folgenden Satzoperatoren. Neben Satzoperatoren wie „nicht“, „und“ und „oder“ kommen in der Umgangssprache auch viele Ausdrücke vor, mit denen wir aus Sätzen neue Sätze bilden können, die aber keine Satzoperatoren sind. Solche Ausdrücke sind z. B. „es ist notwendig, dass“, „möglicherweise“, „vermutlich“, „weil“, „daher“ usw. Der Wahrheitswert eines Satzes der Gestalt „Es ist notwendig, dass A“ hängt nicht nur vom Wahrheitswert von A ab, denn dieser Satz kann für wahre A sowohl wahr als auch falsch sein, je nach der Bedeutung von A. Ist A z. B. der Satz „7 ist eine Primzahl oder 7 ist keine Primzahl“, so ist der Satz „Es ist notwendig, dass A“ wahr. „Es ist notwendig, dass A“ ist hingegen falsch, wenn A der Satz „Der Gran Paradiso ist 4061 m hoch“ ist. Obwohl in beiden Fällen für A ein wahrer Satz eingesetzt wird, ist der komplexe Satz im einen Fall wahr, im andern jedoch falsch: „Es ist notwendig, dass A“ ist also kein Satzoperator. In der Aussagenlogik betrachtet man nur Satzkonstruktionen mit Satzoperatoren, d. h. zum Beispiel Sätze, die mit „nicht“, „und“, „oder“ usw. gebildet sind, nicht aber Sätze mit „Es ist notwendig, dass“, „vermutlich“ usw. Man betrachtet aber nicht nur Satzoperatoren, die in der Umgangssprache vorkommen oder die ein Äquivalent in der Umgangssprache haben, sondern alle Ausdrücke, mit denen sich aus Sätzen neue Sätze bilden lassen, deren Wahrheitswert sich nach einer Wahrheitswerttabelle aus den Wahrheitswerten der Teilhttps://doi.org/10.5771/9783495860885
31 .
3 Satzoperatoren
sätze bestimmen lässt, die sich also in diesem Sinn durch Wahrheitswerttabellen definieren lassen. Mit dieser Abgrenzung des Horizonts der Aussagenlogik haben wir nun eine präzise Bestimmung ihres Inhalts gewonnen, wir können sagen: Die Aussagenlogik ist die Theorie der Satzoperatoren. Wenn also alle möglichen Satzoperatoren unabhängig davon, ob sie in der Umgangssprache vorkommen oder nicht, für die Aussagenlogik von Interesse sind, so können wir Operatoren einfach durch Wahrheitswerttabellen einführen. Wir zeigen das an zwei Beispielen, der Implikation und der Äquivalenz.
3.2
Implikation
Wir definieren die Satzverbindungen A → B – gelesen „A impliziert B“ – durch folgende Wahrheitswerttabelle: A
B
w w w f f w f f
A→B w f w w
Nach dieser Tabelle ist A → B nur dann falsch, wenn der Vordersatz A wahr, der Hintersatz B dagegen falsch ist; in allen anderen Fällen ist A→B wahr. Mit anderen Worten: A→B ist wahr, wenn A falsch oder B wahr ist. Damit ist das Symbol → der Implikation als Satzoperator vollständig charakterisiert, und wir können untersuchen, ob mithilfe der Implikation gebildete Sätze aussagenlogisch wahr sind. Zum Beispiel ist der Satz (A → B) → (¬B → ¬A) aussagenlogisch wahr; dies zeigt folgende Tabelle: 32
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
3.2 Implikation
A
B
w w w f f w f f
A→B
¬B → ¬A
(A → B) → (¬B → ¬A)
w f w w
w f w w
w w w w
Man nennt diese Formel auch das Gesetz der Kontraposition. Dagegen ist der Satz (A → B) → (¬A → ¬B), der sich von dem Gesetz der Kontraposition dadurch unterscheidet, dass ¬A und ¬B vertauscht sind, nicht aussagenlogisch wahr. Denn ist A falsch und B wahr, so ist (A → B) → (¬A → ¬B) falsch: A
B
w w w f f w f f
A→B
¬A → ¬B
(A → B) → (¬A → ¬B)
w f w w
w w f w
w w f w
Als Regel für die Einsparung von Klammern bei Implikationen legen wir fest: Die Symbole ¬ , ∧, ∨ binden stärker als →. Man beachte, dass die Ausdrücke (A → B) →C und A → (B →C) verschiedenen Wahrheitswert haben können; bei mehrfachen Implikationen müssen deshalb Klammern gesetzt werden. Für den Satzoperator → gibt es in der Umgangssprache kein direktes Äquivalent. Zwar besteht eine gewisse Analogie zwischen A → B und dem Satz „Wenn A, dann B“; während aber der Ausdruck „wenn – dann“ eine inhaltliche Beziehung der Folge, sei sie logischer, mathematischer oder naturwissenschaftlicher Art, ausdrückt, gilt das für die Implikation nicht. Vergleichen wir die Sätze: https://doi.org/10.5771/9783495860885
33 .
3 Satzoperatoren
(1) 2 + 2 = 4 impliziert: Der Mars ist ein Planet. (2) Wenn 2 + 2 = 4 ist, dann ist der Mars ein Planet. (3) 2 + 2 = 5 impliziert: Der Mars ist kein Planet. (4) 2 + 2 = 5 impliziert: Der Mars ist ein Planet. Der Satz (1) ist eine sinnvolle und wahre Implikation, der Satz (2) hingegen ist falsch, denn zwischen der mathematischen Aussage „2 + 2 = 4“ und der astronomischen Aussage „Der Mars ist ein Planet“ besteht keine Beziehung einer inhaltlichen Folge. Ferner ist eine Implikation A → B schon immer dann wahr, wenn der Vordersatz A falsch oder der Hintersatz B wahr ist; deshalb sind die Sätze (3) und (4) wahre Implikationen. Diese Wahrheitsbedingung gilt aber für „wenn – dann“-Sätze nicht. Die „wenn – dann“-Verbindung ist eben kein Satzoperator, da ihre Wahrheit vom Inhalt der Teilsätze abhängt und nicht nur von deren Wahrheitswerten. Dennoch kann man in manchen Fällen das umgangssprachliche „wenn – dann“ durch die Implikation wiedergeben, denn wenn eine Implikation A → B falsch ist, d. h. wenn A wahr und B falsch ist, so ist auch immer der entsprechende Satz „Wenn A, dann B“ falsch.
3.3
Äquivalenz
Die Satzverbindung A ← → B – gelesen „A äquivalent B“ – wird durch folgende Wahrheitswerttabelle definiert: A
B
w w w f f w f f
A← →B w f f w
Nach dieser Tabelle ist der Satz A ← → B genau dann wahr, wenn A und B denselben Wahrheitswert haben. Durch diese Tabelle ist das Symbol ← → der Äquivalenz als Satzoperator vollständig bestimmt, und wir können nachweisen, dass der Satz A ← → B genau dann wahr ist, wenn 34
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
3.4 Vollständige Systeme
der Satz (A → B) ∧ (B → A) wahr ist. Dazu vergleichen wir die Tabelle der Äquivalenz mit der Tabelle für den letzteren Satz: A
B
A→B
B→A
(A → B) ∧ (B → A)
w f w w
w w f w
w f f w
w w w f f w f f
A← → B bedeutet also dasselbe wie (A → B) ∧ (B → A). Deshalb entspricht dem Satz A ← → B der Satz „Wenn A, dann B, und wenn B, dann A“ oder „A genau dann (dann und nur dann), wenn B“. Das gilt jedoch mit denselben Einschränkungen wie für die Sätze A → B und „Wenn A, dann B“. Für die Einsparung von Klammern legen wir fest: Die Operatoren ¬, ∧, ∨, → binden stärker als ← →. Mithilfe der Äquivalenz können wir z. B. das Gesetz der doppelten Verneinung durch den aussagenlogisch wahren Satz A ← → ¬¬A ausdrücken.
3.4
A
¬A
¬¬A
A← → ¬¬A
w f
f w
w f
w w
Vollständige Systeme
Wir haben bisher sechs Satzoperatoren ¬, ∧, ∨, , → und ← → definiert, und wir wollen uns nun eine Übersicht darüber verschaffen, wie viele Satzoperatoren es gibt. Zunächst gibt es vier einstellige Satzoperatoren, d. h. vier Satzoperatoren, die aus nur einem Satz einen neuen https://doi.org/10.5771/9783495860885
35 .
3 Satzoperatoren
Satz erzeugen. Es sind das die folgenden Operatoren: A
1 A
2 A
3 A
4 A
w f
w w
w f
f w
Deutung
Tautologie
A
¬A
f f Kontradiktion
Den dritten Operator haben wir schon kennengelernt, es ist die Negation. Der erste Operator ist die Tautologie, die wir durch einen beliebigen tautologischen Satz darstellen können, der letzte Operator ist die Kontradiktion, und der zweite Operator ändert den Wahrheitswert von A nicht. Es gibt ferner sechzehn zweistellige, d. h. sechzehn Operatoren, die aus zwei Sätzen einen neuen Satz erzeugen:
A
B
w w w f f w f f Deutung
A
B
w w w f f w f f Deutung
36
A
1
B
w w w w Tautologie
A
5
B
f w w w ¬(A ∧ B)
A
2
B
A
3
B
A
4
B
w w w f A∨B
w w f w B→A
w f w w A→B
A
A
A
6
w w f f A
B
7
w f w f B
B
8
B
w f f w A← →B
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
3.4 Vollständige Systeme
A
B
A
w w w f f w f f Deutung
A
A
B
A
w w f f
w f w f
Deutung
9
B
A
f w w f
B
B
A
f w f w ¬B
B
13
10
A
14
11
B
f f w w ¬A
B
A
15
A
12
B
w f f f A∧B
B
f w f f
f f w f
f f f w
A ∧ ¬B
¬A ∧ B
¬A ∧ ¬B
A
16
B
f f f f Kontradiktion
Schon hier können wir erkennen, dass wir durch die uns schon bekannten Operatoren alle sechzehn Satzoperatoren ausdrücken können, d. h. wir können Sätze angeben, die mithilfe von A und B und den bekannten Operatoren gebildet sind, und die dieselben Wahrheitswertverteilungen haben wie die Operatoren der Tabelle. Nach einem Satz der mathematischen Kombinatorik, den wir hier nicht beweisen wollen, gibt es allgemein 2n mögliche Verteilungen n der beiden Wahrheitswerte auf n Sätze und 22 mögliche Anordnungen der Wahrheitswerte zu einer Folge mit 2n Gliedern. Desn halb gibt es allgemein 22 mögliche n-stellige Satzoperatoren, denn die n-stelligen Satzoperatoren sind durch solche Folgen in den letzten Spalten von Wahrheitswerttabellen definiert. Es gibt also schon 3 22 = 28 = 256 dreistellige Satzoperatoren; die Zahl der Satzoperatoren wächst mit ihrer Stellenzahl rasch an. Da sich die Aussagenlogik nicht auf die Betrachtung von Satzoperatoren mit einer Stellenzahl beschränkt, die kleiner ist als ein bestimmtes n, gibt es unendlich viele Satzoperatoren. Deshalb erscheint https://doi.org/10.5771/9783495860885
37 .
3 Satzoperatoren
es auf den ersten Blick als ein hoffnungsloses Unterfangen, sich einen Überblick über diese Satzoperatoren verschaffen und eine vollständige Theorie der Satzoperatoren entwickeln zu wollen. Es zeigt sich aber, dass man sich in der Aussagenlogik auf einige wenige Satzoperatoren, z. B. auf die beiden Satzoperatoren ¬ und →, beschränken kann, weil sich alle anderen Satzoperatoren durch sie definieren lassen. Das wollen wir nun beweisen. Wir zeigen zunächst, dass sich alle Satzoperatoren durch die Operatoren ¬, ∧ und ∨ definieren lassen. Den Beweisgedanken können wir am Beispiel eines bekannten zweistelligen Operators verdeutlichen, der Kontravalenz, die durch folgende Wahrheitswerttabelle charakterisiert ist: A
B
w w w f f w f f
A
B f w w f
Wir untersuchen die Verteilungen, bei denen A zwei Fälle:
B wahr ist; das sind
1. A B ist wahr, wenn A wahr und B falsch ist. B ist genau dann falsch, wenn ¬B wahr ist. A B ist also wahr, wenn A und ¬B wahr sind, d. h. wenn die Konjunktion A ∧ ¬B wahr ist. 2. A B ist wahr, wenn A falsch und B wahr ist, d. h. wenn ¬A∧B wahr ist. A B ist also genau dann wahr, wenn A ∧ ¬B oder ¬A ∧ B wahr ist; d. h. die Sätze A B und (A ∧ ¬B)∨(¬A ∧B) haben immer denselben Wahrheitswert. Die Äquivalenz A B ← → A ∧ ¬B ∨ ¬A ∧ B ist deshalb aussagenlogisch wahr. Aus diesem Grund können wir die Kontravalenz A B durch den Satz A ∧ ¬B ∨ ¬A ∧ B definieren. Denn eine Definition ist eine Festsetzung über die Bedeutung des definierten Ausdrucks, nach der er dasselbe bedeuten soll wie der definierende Ausdruck; derzufolge er also insbesondere immer denselben Wahrheitswert hat wie dieser. Um zu kennzeichnen, dass wir einen Ausdruck A durch einen Ausdruck B definieren, verwenden wir das Zeichen :=. Wir schreiben 38
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
3.4 Vollständige Systeme
also A := B, wenn A durch B definiert wird. Entsprechend können wir die Definition der Kontravalenz wiedergeben: B := A ∧ ¬B ∨ ¬A ∧ B.
A
Dasselbe Verfahren wenden wir bei dreistelligen Satzoperatoren an. Ein dreistelliger Satzoperator (A, B,C) sei durch die folgende Wahrheitswerttabelle gekennzeichnet: B
C
(A, B,C)
w w w w w f w f f w f w f f f f
w f w f w f w f
f f f w f w w f
A
Wir untersuchen wieder die Verteilungen, bei denen (A, B,C) wahr ist: 1. (A, B,C) ist wahr, wenn A wahr ist und B sowie C falsch sind, wenn also die Konjunktion A ∧ ¬B ∧ ¬C wahr ist. 2. (A, B,C) ist wahr, wenn A falsch, B wahr und C falsch ist, wenn also ¬A ∧ B ∧ ¬C wahr ist. 3. (A, B,C) ist wahr, wenn die Konjunktion ¬A ∧ ¬B ∧ C wahr ist. Das sind alle Fälle, in denen (A, B,C) wahr ist. (A, B,C) ist deshalb genau dann wahr, wenn die Adjunktion A ∧ ¬B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ ¬B ∧C wahr ist; d. h. die Äquivalenz (A, B,C) ← → A ∧ ¬B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ ¬B ∧C ist aussagenlogisch wahr. Deshalb können wir definieren: (A, B,C) := A ∧ ¬B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ B ∧ ¬C ∨ ¬A ∧ ¬B ∧C. In dem definierenden Ausdruck kommen nur die Operatoren ¬, ∧ und ∨ vor. https://doi.org/10.5771/9783495860885
39 .
3 Satzoperatoren
Es ist unmittelbar einsichtig, dass wir dieses Verfahren auf jeden beliebigen Satzoperator anwenden können, wir erhalten dadurch eine Definition für diesen Operator, wobei im definierenden Ausdruck nur die Operatoren ¬, ∧ und ∨ vorkommen. Deshalb gilt der Satz: Satz 3-1. Die Operatoren ¬, ∧ und ∨ bilden ein vollständiges System von Satzoperatoren. C Es bleibt zu zeigen, dass sich die Operatoren ∧ und ∨ auch durch ¬ und → definieren lassen. Durch Aufstellen der Wahrheitswerttabellen kann man leicht feststellen, dass folgende Äquivalenzen aussagenlogisch wahr sind: A∧B A∨B
← → ¬(A → ¬B) ← → ¬A → B
Deshalb können wir definieren: A ∧ B := ¬(A → ¬B) A ∨ B := ¬A → B Diese Definitionen führen die Adjunktion und die Konjunktion auf die Negation und die Implikation zurück. Wir können uns also merken: Satz 3-2. Auch die Operatoren ¬ und → bilden ein vollständiges System von Satzoperatoren. Beweis: Wir können jeden Satz durch einen gleichwertigen Satz ersetzen, der nur die Operatoren ¬, ∧ und ∨ enthält; danach können wir alle vorkommenden ∧ und ∨ aufgrund der Definitionen durch gleichwertige Ausdrücke ersetzen, die nur mit ¬ und → gebildet sind. C Wir haben also gezeigt, dass sich die Aussagenlogik als Theorie der Satzoperatoren ¬ und → auffassen lässt und dass sich alle in der Aussagenlogik betrachteten Sätze als definitorische Abkürzungen von Sätzen verstehen lassen, die nur diese beiden Symbole enthalten. Diese Methode der Darstellung aller Satzoperatoren durch ein endliches vollständiges System von Satzoperatoren spielt in einer anderen Form in der Theorie der Automaten eine zentrale Rolle. Man spricht 40
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Übungsaufgaben
hier allerdings nicht über Wahrheitswerte, sondern über die Zahlen 0 und 1. Den Satzoperatoren entsprechen dann die Funktionen auf der Menge der Zahlen 0 und 1. Wie in unserem Beweis für die Vollständigkeit des Systems der Operatoren „nicht“, „und“ und „oder“ kann man dann zeigen, dass man mithilfe einer Verknüpfung von „nicht“-Schaltungen, „und“Schaltungen und „oder“-Schaltungen jede Funktion der angegebenen Art darstellen und berechnen kann.
Übungsaufgaben Aufgabe 3-1. Übersetzen Sie die folgenden Sätze in die aussagenlogische Symbolsprache, indem Sie „Wenn A, dann B“ durch „A → B“ wiedergeben: a) Wenn die Sonne scheint, regnet es nicht, und wenn es regnet, scheint die Sonne nicht. b) Peter verkauft nur, wenn er keinen Verlust hinnehmen muss. c) Kurt verreist nicht gern, es sei denn ins Ausland. Aufgabe 3-2. Beweisen Sie, dass folgende Sätze aussagenlogisch wahr sind: a) A → (B → A) b) ¬(A ∨ B) ← → ¬A ∧ ¬B c) A → (B →C) ← → A ∧ B →C Aufgabe 3-3. Beweisen Sie, dass die folgenden Äquivalenzen, die der Definition der Konjunktion bzw. der Adjunktion zugrunde liegen, aussagenlogisch wahr sind: a) A ∧ B ← → ¬(A → ¬B) b) A ∨ B ← → ¬A → B https://doi.org/10.5771/9783495860885
41 .
3 Satzoperatoren
Aufgabe 3-4. Durch die folgende Wahrheitswerttabelle ist ein dreistelliger Satzoperator (A, B,C) definiert. Ermitteln Sie einen Ausdruck, der mit (A, B,C) logisch gleichwertig ist und der nur die Operatoren ¬, ∧ und ∨ enthält. A
B
C
w w w w w f w f w w f f f w w f w f f f w f f f
42
(A, B,C) w f w f f f w w
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4
Aussagenlogische Schlüsse
Im ersten Kapitel haben wir die Logik als Theorie des Schließens charakterisiert. Unter diesem Aspekt stellt sich die Aussagenlogik dar als Theorie bestimmter Schlüsse, die aufgrund der aussagenlogischen Struktur ihrer Prämissen und Konklusionen gelten. Diese aussagenlogische Struktur ist nichts anderes als die Art und Weise der Zusammensetzung dieser Sätze aus einfachen Sätzen mithilfe von Satzoperatoren.
4.1
Aussagenlogische Gültigkeit
Wir haben früher gesagt, was wir unter einem gültigen Schluss verstehen wollen: Ein Schluss mit den Prämissen A1 , . . . , An und der Konklusion B heißt gültig, wenn die Konklusion B wahr ist, vorausgesetzt, dass alle Prämissen A1 , . . . , An wahr sind, d. h., wenn es nicht der Fall ist, dass die Prämissen A1 , . . . , An alle wahr sind, die Konklusion B aber falsch ist. Symbolisch notieren wir einen Schluss in der Form A1 , . . . , An ⇒ B, und wir lesen diesen Ausdruck: A1 , . . . , An , folglich B. Wir haben einen Schluss logisch oder formal gültig genannt, wenn er gültig ist unabhängig von der Deutung nichtlogischer Ausdrücke in den Prämissen und der Konklusion. Diese Erläuterung können wir nun für die Aussagenlogik präzisieren: Definition 4-1. Ein Schluss A1 , . . . , An ⇒ B heißt aussagenlogisch gültig, wenn er gültig ist bei jeder möglichen Verteilung der Wahrheitswerte auf die einfachen Sätze, die in Prämissen und Konklusion vorkommen. Ein aussagenlogisch gültiger Schluss ist daher gültig ausschließlich aufgrund der Festlegungen über die Satzoperatoren, die in den Prämissen und der Konklusion enthalten sind. Aus der Theorie der Satzoperatoren ergibt sich also eine Theorie der aussagenlogisch gültigen Schlüsse. https://doi.org/10.5771/9783495860885
43 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
Betrachten wir den Schluss A, A → B ⇒ B. Ist dieser Schluss aussagenlogisch gültig? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir von den möglichen Verteilungen der Wahrheitswerte auf die einfachen Teilsätze A und B ausgehen. Es gibt wieder vier mögliche Verteilungen, die Implikation hat dabei die bekannte Wahrheitswerttabelle: A B A→B w w w w f f f w w f f w Wir müssen die Fälle untersuchen, in denen beide Prämissen A und A → B wahr sind. Das ist nur bei der ersten Verteilung der Fall, in diesem Fall ist auch die Konklusion B wahr. Damit haben wir gezeigt, dass bei allen Verteilungen, die die Prämissen A und A → B wahr machen, auch die Konklusion B wahr ist; d. h. der Schluss A, A → B ⇒ B ist aussagenlogisch gültig. Welcher Zusammenhang besteht zwischen aussagenlogisch gültigen Schlüssen und aussagenlogisch wahren Sätzen? Darüber gibt es einige einfache Sätze: Satz 4-2. Der Schluss A ⇒ B ist genau dann aussagenlogisch gültig, wenn der Satz A → B aussagenlogisch wahr ist. Beweis: Nehmen wir an, A ⇒ B sei gültig. Ist dann A wahr, so ist auch B wahr, d. h. A → B ist wahr; ist A dagegen falsch, dann ist A → B aufgrund der Tabelle für die Implikation wahr; A → B ist also immer wahr. Unter der Voraussetzung, dass A ⇒ B aussagenlogisch gültig ist, ist A → B deshalb aussagenlogisch wahr. Ist andererseits A → B wahr, und ist A wahr, dann ist auch B wahr, d. h. der Schluss A ⇒ B ist gültig; ist A hingegen falsch, so ist A ⇒ B nach Definition trivialerweise gültig. Unter der Voraussetzung, dass A → B aussagenlogisch wahr ist, ist also A ⇒ B bei jeder Wahrheitswertverteilung gültig, d. h. aussagenlogisch gültig. C Satz 4-3. Der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B ist genau dann aussagenlogisch gültig, wenn der Schluss A1 , . . . , An−1 ⇒ An → B aussagenlogisch gültig ist. 44
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4.2 Ein Entscheidungsverfahren für die Aussagenlogik
Beweis: Wir nehmen an, die Sätze A1 , . . . , An−1 seien wahr. Der Beweis ergibt sich dann aus dem Beweis für den Satz 4-2, indem wir A durch An ersetzen. C Satz 4-4. Der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B ist aussagenlogisch gültig genau dann, wenn der Satz A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ) aussagenlogisch wahr ist. Beweis: Dieser Satz folgt aus einer n-maligen Anwendung des Satzes 4-3 (bzw. im letzten Schritt mit Satz 4-2). C Mit diesen Sätzen können wir die Frage, ob ein Schluss aussagenlogisch gültig ist, zurückführen auf die Frage, ob ein Satz aussagenlogisch wahr ist. Der Schluss A, A → B ⇒ B ist z. B. aussagenlogisch gültig genau dann, wenn der Schluss A ⇒ (A → B) → B aussagenlogisch gültig ist, und das ist dann und nur dann der Fall, wenn der Satz A → ((A → B) → B) aussagenlogisch wahr ist. Der Schluss ¬A, A ⇒ B ist aussagenlogisch gültig genau dann, wenn der Satz ¬A → (A → B) aussagenlogisch wahr ist. Die Frage nach der aussagenlogischen Wahrheit lässt sich aber, wie wir schon früher gesehen haben, dadurch beantworten, dass man die Wahrheitswerttabelle für den fraglichen Satz aufstellt und prüft, ob in der letzten Spalte nur das Symbol w auftritt.
4.2
Ein Entscheidungsverfahren für die Aussagenlogik
Für komplexe Sätze ist aber folgendes Verfahren praktischer: Ist A der fragliche Satz und kommen in ihm die einfachen Teilsätze B1 , . . . , Bn vor, die selbst keine Satzoperatoren mehr enthalten, so stellt man zunächst die 2n möglichen Verteilungen von Wahrheitswerten auf diese Sätze B1 , . . . , Bn zusammen. Ist A z. B. der Satz ¬(C ∧D)← → ¬C ∨ ¬D, so ist B1 = C, B2 = D, und wir erhalten die folgenden Wahrheitswertverteilungen: https://doi.org/10.5771/9783495860885
45 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
(w, w) (w, f ) ( f , w) (f, f)
C
D
w w f f
w f w f
Dann setzen wir zunächst für B1 , . . . , Bn die nach der ersten Verteilung vorgeschriebenen Wahrheitswerte ein und ersetzen danach, anfangend bei den Ausdrücken, die aus Operatoren bestehen, die vor einem bzw. zwischen zwei Wahrheitswertsymbolen stehen, diese durch Wahrheitswerte nach Maßgabe der zu diesen Operatoren gehörigen Wahrheitswerttabellen, bis endlich nur ein Wahrheitswertsymbol stehen bleibt. Aus ¬w erhalten wir z. B. f , aus w ∧ w erhalten wir w: (w, w):
¬(w ∧ w) ← → ¬w ∨ ¬w ¬ w ← → f ∨ f ← → f f w
Ist das letzte Symbol w, so wird der fragliche Satz A bei der ersten Belegung wahr und wir untersuchen in gleicher Weise die zweite Wahrheitswertverteilung usf.:
46
(w, f ):
¬(w ∧ f ) ← → ¬w ∨ ¬ f ¬ ← → f ∨ w f w ← → w w
( f , w):
¬( f ∧ w) ← → ¬ f ∨ ¬w ¬ ← → w ∨ f f w ← → w w
( f , f ):
¬( f ∧ f ) ← → ¬f ∨ ¬f ¬ ← → w ∨ w f w ← → w w https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4.2 Ein Entscheidungsverfahren für die Aussagenlogik
Diese Analyse zeigt, dass der Satz ¬(C ∧ D) ← → ¬C ∨ ¬D aussagenlogisch wahr ist. Erhalten wir jedoch einmal den Endwert f , so haben wir eine Verteilung gefunden, für die der fragliche Satz A falsch wird; wir haben damit bewiesen, dass A nicht aussagenlogisch wahr ist und können das Verfahren abbrechen. Hierzu behandeln wir als Beispiel den Satz: C ∨ D →C ∧ D. C ∨ D→C ∧ D w ∨ w→w ∧ w w → w w
(w, w):
w ∨ f → w ∧ f w → f f
(w, f ):
Dieses Verfahren können wir weiter verbessern, indem wir zunächst nur für einen Teilsatz die Wahrheitswerte w bzw. f einsetzen, dann versuchen, so weit als möglich zu vereinfachen, und erst danach die Wahrheitswertverteilung eines zweiten Teilsatzes berücksichtigen. Wir können z. B. einen Ausdruck der Form f → A durch w ersetzen: da das Vorderglied der Implikation den Wert f hat, erhält die Implikation den Wert w, unabhängig vom Wahrheitswert von A. Beispiel: A → (B ∨C → (¬A →C)). Wir ersetzen zuerst A durch w bzw. f und versuchen aufgrund der Wahrheitswerttabelle für die Operatoren die Wahrheitswerte der komplexeren Teilsätze zu ermitteln. → (B ∨C → (¬w → C)) → (B ∨C → ( f → C)) → (B ∨C → w ) → w w
(w):
w w w w
( f ):
f → (B ∨C → (¬ f → C)) w https://doi.org/10.5771/9783495860885
47 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
Ohne die Wahrheitswerte von B und C berücksichtigen zu müssen, erhalten wir in beiden Fällen für den Satz A → (B ∨C → (¬A →C)) den Wert w, der Satz ist also aussagenlogisch wahr. Wären wir schematisch vorgegangen, dann hätten wir den Wert dieses Satzes für die acht möglichen Verteilungen der Wahrheitswerte auf die Teilsätze A, B,C berechnen müssen. Dass es bei diesem Verfahren auf eine günstige Wahl des Teilsatzes ankommt, den man zuerst durch die Wahrheitswerte ersetzt, erweist sich an folgendem Beispiel: (A →C) → ((B →C) → (A ∨ B →C)). Wir ersetzen die Teilsätze A, B und C in der Reihenfolge (C, A, B) durch Wahrheitswerte. (w):
(A → w) → ((B → w) → (A ∨ B → w)) w → ( w → w ) w → w w
Das heißt, wenn wir C den Wert w zuordnen, dann wird der Satz wahr, unabhängig von den Wahrheitswerten von A und B. ( f ):
(A → f ) → ((B → f ) → (A ∨ B → f ))
Diesen Ausdruck können wir nicht weiter vereinfachen; deshalb ersetzen wir nun A durch w bzw. f und erhalten die beiden Fälle ( f , w) und ( f , f ): ( f , w):
(w → f ) → ((B → f ) → (w ∨ B → f )) →( ... ) f w
Wenn C den Wert f und A den Wert w erhält, ist der Satz wahr, unabhängig vom Wert von B. ( f , f ):
48
( f → f ) → ((B → f ) → ( f ∨ B → f )) w → ((B → f ) → ( f ∨ B → f )) https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4.3 Semantische Bäume
Nun müssen wir auch den Wahrheitswert von B berücksichtigen; es ergeben sich die Fälle ( f , f , w) und ( f , f , f ): ( f , f , w):
w w w
→ ((w → f ) → ( f ∨ w → f )) → (f → ( ... )) → w w
( f , f , f ):
w w w w
→ (( f → f ) → (w → (w → w
→ ( f ∨ f → f )) → ( f → f )) → w ) w
Damit haben wir den Wahrheitswert des Satzes (A →C) → ((B →C) → (A ∨ B →C)) für alle möglichen Verteilungen der Wahrheitswerte auf die einfachen Teilsätze A, B und C ermittelt, und wir können feststellen, dass dieser Satz aussagenlogisch wahr ist. Wir mussten jedoch nur fünf statt acht Berechnungen durchführen. Aus diesem Ergebnis folgt aufgrund unserer Sätze über den Zusammenhang der aussagenlogischen Wahrheit von Sätzen und der aussagenlogischen Gültigkeit von Schlüssen, dass der Schluss A →C, B →C, A ∨ B ⇒ C aussagenlogisch gültig ist.
4.3
Semantische Bäume
Die Frage, ob ein Satz aussagenlogisch wahr ist, können wir auch durch ein indirektes Argument entscheiden. Betrachten wir z. B. den Satz ¬A → (A → B). Nehmen wir an, diese Implikation sei falsch, dann muss der Vordersatz ¬A wahr, d. h. A falsch, und der Hintersatz A → B falsch, d. h. A wahr und B falsch sein. Aus der Annahme, ¬A → (A → B) sei falsch, folgt also: A ist sowohl wahr als auch https://doi.org/10.5771/9783495860885
49 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
falsch. Durch diesen Widerspruch ist unsere Annahme jedoch widerlegt. Eine Wahrheitswertverteilung, die dem Satz ¬A → (A → B) den Wert f zuordnet, müsste dem Satz A sowohl w als auch f zuordnen. Wir betrachten hier jedoch immer nur Verteilungen, die jedem Satz genau einen Wahrheitswert zuordnen. Daher ordnen alle Verteilungen dem Satz ¬A → (A → B) den Wert w zu; d. h. dieser Satz ist aussagenlogisch wahr. Solche indirekten Argumente können wir generell so beschreiben, wenn wir sie gleich auf Schlüsse beziehen: Ein Schluss wird dadurch bewiesen, dass man versucht, ihn zu widerlegen und dabei scheitert. Man versucht eine Wahrheitswertverteilung auf die Prämissen und die Konklusion des Schlusses und deren Teilsätzen zu finden, die sämtliche Prämissen wahr macht, die Konklusion aber falsch. Die Annahme des Wahrheitswerts wahr für einen Satz C notieren wir einfach durch diesen Satz C, die Annahme des Wahrheitswerts falsch für C durch ∼C. Dann können wir die Annahme, der Schluss von A1 , . . . , An auf B sei nicht aussagenlogisch gültig, ausdrücken durch A1 .. . An ∼B
Nun betrachten wir die Folgerungen dieser Annahmen über die Wahrheitswerte der Sätze A1 , . . . , An und B, die Operatoren enthalten, und setzen die obige Folge nach folgenden Regeln fort: ¬A
∼ ¬A (¬2)
(¬1) ∼A 50
A
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4.3 Semantische Bäume
A∧B
∼A∧B
(∧1)
(∧2) A
∼B
∼A
B
A∨B
∼A∨B
(∨1)
(∨2) ∼A B
A
∼B
A→B
∼A → B
(→1)
(→2) A
∼A
B
∼B
∼A ↔ B
A↔B (↔2)
(↔1) A
∼A
A
∼A
B
∼B
∼B
B
Was über dem Strich steht, ist die Prämisse der Regel, was darunter steht ist, ihre Konklusion bzw. ihre Konklusionen. Mit diesen https://doi.org/10.5771/9783495860885
51 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
Regeln setzen wir unsere Anfangsfolge A1 .. . An ∼B zu einem Baum fort. Wenden wir erst eine der Regeln (¬1), (¬2), (∧1), (∨2) oder (→2) auf eine der Formeln in der gegebenen Reihenfolge an, so wird die gegebene Folge um die Konklusion(en) dieser Regel verlängert. Dabei unterstreichen wir jeweils die Prämisse zum Zeichen, dass aus ihr bereits Folgerungen gezogen wurden, dass wir auf sie im Folgenden also keine Regeln mehr anzuwenden brauchen. Auch bei einer Anwendung einer der übrigen Regeln unterstreichen wir die Prämisse. Bei diesen Regeln spaltet jedoch nun die Folge, in der die Prämisse steht, in zwei Folgen auf, von denen die eine die linke(n) Konklusion(en) enthält, die andere die rechte(n). So entsteht ein auf dem Kopf stehender Baum, dessen Äste wir aber nicht erst bei Verzweigungen, sondern schon mit dem Stamm beginnen lassen. Unsere Frage nach der aussagenlogischen Wahrheit des Satzes ¬A → (A → B) können wir auch als Frage nach der aussagenlogischen Gültigkeit des Schlusses ohne Prämissen auf die Konklusion ¬A → (A → B) formulieren. Die Konstruktion eines semantischen Baumes beginnt dann mit der Formel (1)
∼ ¬A → (A → B)
d. h. wir gehen von der Annahme aus, dass der Satz ¬A → (A → B) falsch sei. Aus dieser Anfangsfolge erhalten wir durch Anwendung der Regel (→2) die Formelfolge: ∼ ¬A → (A → B) (2)
¬A ∼A→B
52
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
4.3 Semantische Bäume
Das entspricht der Tatsache, dass aus der Falschheit der Implikation ¬A → (A → B) die Wahrheit ihres Antezedens ¬A und die Falschheit ihres Sukzedens A→B folgt. Es spielt nun prinzipiell keine Rolle, in welcher Reihenfolge man die Regeln anwendet, es erspart aber Schreibarbeit, wenn man zunächst jene Regeln anwendet, bei denen der Ast, zu dem die Prämisse gehört, nicht (weiter) aufspaltet. Das gilt in unserem Fall für beide Regeln, die in Frage kommen. Beginnen wir z. B. mit (¬1), so erhalten wir aus der Folge (2) die Folge: ∼ ¬A → (A → B) ¬A (3) ∼A→B ∼A Und daraus mit Regel (→2): ∼ ¬A → (A → B) ¬A ∼A→B (4) ∼A A ∼B Die Annahme der Falschheit von ¬A → (A → B) führt uns also zur Annahme, der Satz A sei sowohl wahr wie falsch. Da das nicht sein kann, ist unsere Annahme, ¬A → (A → B) könne falsch sein, unhaltbar, d. h. es gibt keine konsistente Wahrheitswertverteilung, die ihn falsch macht; er ist also aussagenlogisch wahr. https://doi.org/10.5771/9783495860885
53 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
Unser zweites Beispiel ist das Peirce’sche Gesetz in Form des Schlusses (A → B) → A ⇒ A. Nehmen wir an, dieser Schluss sei nicht aussagenlogisch gültig, so entspricht das der Annahme: (A → B) → A (5) ∼A Daraus erhalten wir mit der Regel (→1): (A → B) → A ∼A
(6) ∼A→B
A
Hier haben wir nun einen Baum mit zwei Ästen. Im rechten Ast lassen sich keine Regeln mehr anwenden. Selbst wenn sich noch Regeln anwenden ließen, würde man aber schon sehen: Die Annahme, A sei wahr, ist nicht mit der darüberstehenden Annahme ∼ A, d. h. mit der Annahme A sei falsch, verträglich; der rechte Ast ergibt also keine Wahrheitswertverteilung. Wir wollen nun einen Ast geschlossen nennen, wenn es einen Satz C gibt, so dass der Ast sowohl C als auch ∼C enthält. Der rechte Ast unserer Figur ist also geschlossen. Wenden wir nun auf die Formel ∼(A→B) im linken Ast die Regel (→2) an, so erhalten wir die Figur: (A → B) → A ∼A (7)
∼A→B
A
A ∼B 54
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4.3 Semantische Bäume
Auch der linke Ast ist also geschlossen; auch dieser Weg, eine Wahrheitswertverteilung zu finden, die ein Gegenbeispiel gegen die Annahme der Gültigkeit unseres Schlusses darstellt, ist daher nicht gangbar. Wir nennen jede Figur, die wir durch Anwendung unserer Regeln auf eine Folge von Formeln erhalten, eine Herleitung aus diesen (Annahme-) Formeln. Sind, wie in unseren beiden obigen Beispielen, alle Äste einer Herleitung geschlossen, so nennen wir die Herleitung selbst geschlossen. Ein Schluss von Prämissen A1 , . . . , An auf eine Konklusion B ist in unserem Baumverfahren – wir nennen es Bal – beweisbar, wenn es eine geschlossene Herleitung aus der Formelfolge A1 .. . An ∼B gibt. Unser Verfahren ermöglicht uns auch, im Fall ungültiger Schlüsse all jene Wahrheitswertverteilungen auf die einfachen Teilsätze von Prämissen und Konklusion zu finden, die Gegenbeispiele gegen die Annahmen der Gültigkeit sind. Als Beispiel betrachten wir hierzu den Schluss von der Prämisse A∨B auf die Konklusion A∧B. Wir erhalten folgende Herleitung:
A (3;1)
A∨B
(1;0)
∼A∧B
(2;0)
B (4;1)
∼ A (5;2) ∼ B (6;2) ∼ A (7;2) ∼ B (8;2) https://doi.org/10.5771/9783495860885
55 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
Hier haben wir die Formeln mit Nummernpaaren versehen, deren erste die Nummer der Formel ist (genauer: des Formelvorkommnisses; denn dieselbe Formel – oben z. B. ∼ A – kann in der Herleitungsfigur an verschiedenen Stellen stehen) und deren zweite die Nummer desjenigen Formelvorkommnisses ist, aus dem sie nach einer der Regeln gewonnen wurde – 0 bezeichnet dabei die Ausgangsformel. Unsere Herleitung hat also vier Äste, von denen die beiden äußeren geschlossen sind. Die offenen Äste sagen uns nun, dass unser Schluss ungültig wird, wenn A wahr und B falsch ist (2. Ast von links), aber auch, wenn A falsch und B wahr ist (3. Ast von links). Man beachte, dass eine Formel wie die mit der Nummer 2 in einem Aststück nur dann unterstrichen werden darf, wenn in jedem Ast, zu dem dieses Stück gehört, die passende Regel darauf angewendet wurde. Aus der Anwendung von (∧2) auf 2 erhält man also nicht nur unter 3 oder nur unter 4 etwas, sondern es ergibt sich unter beiden Formeln eine weitere Aufspaltung. Diese Herleitung ist vollständig, d. h. es gibt in den offenen Ästen keine nicht unterstrichenen Formeln mehr, auf die sich noch Regeln anwenden ließen – alle Formeln, die nicht atomar sind, sind unterstrichen. Man kann sich klar machen, dass die mit unserem Baumverfahren Bal beweisbaren Schlüsse genau die aussagenlogisch gültigen Schlüsse sind. Wir wollen das hier jedoch nicht tun, sondern uns damit begnügen, dass ein Schluss genau dann gültig ist, wenn jeder Versuch scheitert, eine Wahrheitswertverteilung zu finden, die alle Prämissen wahr, die Konklusion hingegen falsch macht, und dass unser Verfahren plausiblerweise die Möglichkeiten erschöpft, eine solche Wahrheitswertverteilung zu finden. Genauer überlegen wir uns die Sache im 12. Kapitel, wo wir den Kalkül für die Prädikatenlogik erweitern. Mit diesem Verfahren, wie auch mit dem im Abschnitt 4.2 dargestellten, haben wir für die Aussagenlogik ein Verfahren zur Beantwortung der Frage, ob ein beliebiger vorgelegter Satz aussagenlogisch wahr ist, angegeben, das in endlich vielen, schematisch festgelegten Schritten zu einer definitiven Entscheidung dieser Frage führt. Wegen der Existenz eines solchen Entscheidungsverfahrens ist die Aus56
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Übungsaufgaben
sagenlogik als Theorie der aussagenlogisch wahren Sätze und der aussagenlogisch gültigen Schlüsse eine triviale Theorie. Man muss nicht für jeden Satz einen neuen Beweisgedanken entwickeln, sondern kann alle Fragen nach der aussagenlogischen Wahrheit von Sätzen und der aussagenlogischen Gültigkeit von Schlüssen in einfacher mechanischer Weise beantworten. Mit diesem Ergebnis könnten wir prinzipiell die Behandlung der Aussagenlogik abschließen. Wir wollen aber im Folgenden unsere bisherigen Ausführungen in zwei Punkten präzisieren und dann am einfachen Fall der Aussagenlogik den Begriff des Axiomensystems einführen, der in höheren logischen Theorien und anderen Wissenschaften eine wichtige Rolle spielt.
Übungsaufgaben Aufgabe 4-1. Überprüfen Sie mit dem in Abschnitt 4.2 vorgestellten Verfahren die aussagenlogische Gültigkeit der folgenden Schlüsse, indem Sie zuerst den Satz angeben, der genau dann aussagenlogisch wahr ist, wenn der Schluss aussagenlogisch gültig ist, und danach prüfen, ob dieser Satz aussagenlogisch wahr ist! a) A ⇒ A ∨ B b) A, B ⇒ A ∧ B c) A → B, B →C ⇒ A →C d) A → (B →C), A → B ⇒ A →C e) A → B, A → ¬B ⇒ ¬A Aufgabe 4-2. Wir haben gezeigt, dass folgende Sätze aussagenlogisch wahr sind. Welche Schlüsse sind deshalb aussagenlogisch gültig? Schreiben Sie abkürzend A ⇔ B für A ⇒ B und B ⇒ A. a) A → (B → A) b) ¬A → (A → B) c) A → (B →C) ← → A ∧ B →C d) (A → B) → (¬B → ¬A) e) (¬A → ¬B) → (B → A) https://doi.org/10.5771/9783495860885
57 .
4 Aussagenlogische Schlüsse
f) ¬¬A ← →A g) ¬(A ∧ B) ← → ¬A ∨ ¬B h) ¬(A ∨ B) ← → ¬A ∧ ¬B Aufgabe 4-3. Untersuchen Sie mit dem Baumverfahren Bal die aussagenlogische Gültigkeit folgender Schlüsse: a) A → B ⇒ ¬B → ¬A b) (A → B) → A ⇒ B c) ¬(A ← → B) ⇒ ¬A ← →B Aufgabe 4-4. Beweisen Sie, dass für die aussagenlogische Folgerungsbeziehung folgende Sätze gelten: a) A1 , . . . , An ⇒ Ai , für jedes i aus 1, . . . , n. b) Aus A1 , . . . , An ⇒ B folgt A1 , . . . , An , An+1 ⇒ B. c) Gilt A1 , . . . , An ⇒ B sowie A1 , . . . , An , B ⇒ C, so gilt auch A1 , . . . , An ⇒ C.
58
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5
Syntax und Semantik der Aussagenlogik
Wir hatten bisher nur Symbole für Satzoperatoren eingeführt; die mit diesen Symbolen verknüpften Sätze waren Sätze der Umgangssprache. Das wurde dadurch etwas verschleiert, dass wir die Buchstaben A, B,C, . . . als Mitteilungszeichen für unbestimmt gelassene Sätze der Umgangssprache verwendet, diese Sätze also durch A, B, C, . . . repräsentiert haben. Demgegenüber wollen wir nun eine in sich geschlossene Kunstsprache für die Aussagenlogik aufbauen, die keine Bestandteile der Umgangssprache enthält.
5.1
Syntax
Für diese Sprache, nennen wir sie A , müssen wir zunächst ein Alphabet angeben, d. h. eine Liste von Grundzeichen, aus denen die Ausdrücke von A gebildet werden sollen. Definition 5-1 (Alphabet von A ). Grundzeichen von A sind die Zeichen: p, 0 , ¬, →, ( und ). Jede endliche Folge von Grundzeichen von A nennen wir einen Ausdruck von A . Diese Zeichen sollen in unserer Kunstsprache die Funktion übernehmen, die in der Umgangssprache die Buchstaben a, b, c, d, . . . und die Interpunktionszeichen haben. Natürlich können nicht beliebige Ausdrücke interpretierbare Sätze der Sprache A sein. Wir müssen deshalb Regeln angeben, die festlegen, welche Ausdrücke Sätze von A sein sollen. Die einfachsten Sätze oder Primsätze von A , die an die Stelle der einfachen Sätze der Umgangssprache treten, nennen wir Satzkonstanten. Definition 5-2 (Satzkonstanten von A ). (a) p ist eine Satzkonstante von A . (b) Ist p eine Satzkonstante von A , so auch p0 . https://doi.org/10.5771/9783495860885
59 .
5 Syntax und Semantik der Aussagenlogik
(c) Satzkonstanten von A sind nur Ausdrücke nach den Bestimmungen (a) und (b). Nach diesen Bestimmungen sind also die Ausdrücke der Folge p, p0 , p00 , . . . die Satzkonstanten von A . Denn nach der Regel (a) ist p eine Satzkonstante; diese Satzkonstante können wir in (b) für p setzen, und wir erhalten, dass p0 eine Satzkonstante ist. Nun können wir in (b) p0 für p setzen und folgern, dass p00 , eine Satzkonstante ist, usw. In dieser Weise können wir mit den beiden Regeln (a) und (b) Satzkonstanten gewinnen: die erste Regel (a) zeichnet ein bestimmtes Zeichen, p, als Satzkonstante aus, und ausgehend von dieser Satzkonstanten können wir mithilfe der zweiten Regel (b) die unendliche Folge p, p0 , p00 , . . . der Satzkonstanten erzeugen. Die Bestimmung (c) stellt sicher, dass ausschließlich die nach (a) und (b) erzeugten Ausdrücke Satzkonstanten von A sind. Entsprechend können wir, ausgehend von den Satzkonstanten, definieren, was ein Satz der Sprache A ist. Definition 5-3 (Sätze von A ). (a) Die Satzkonstanten von A sind (Prim-) Sätze von A . (b) Ist A ein Satz von A , so auch ¬A. (c) Sind A und B Sätze von A , so ist auch (A → B) ein Satz von A . (d) Sätze von A sind nur Ausdrücke nach (a) bis (c). Diese Definition wenden wir in entsprechender Weise an wie die Definition der Satzkonstanten. Es sind also z. B. nach der Regel (a) p, p0 und p00 Sätze von A , nach (b) ist dann auch ¬p0 ein Satz von A , nach (c) sind (¬p0 → p) und (p0 → p00 ) Sätze von A , nach (b) ist ¬(p0 → p00 ) ein Satz von A , und wieder nach (c) ist deshalb ((¬p0 → p) → ¬(p0 → p00 )) ein Satz von A . Als Regel für die Einsparung von Klammern legen wir fest, dass äußere Klammern weggelassen werden können. Wir schreiben z. B. p0 → p00 statt (p0 → p00 ). Die Sätze der Sprache A sind nur mithilfe der Negation und der Implikation gebildet. Dass diese Sprache dennoch eine hinreichend 60
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
5.2 Semantik
ausdrucksfähige Sprache der Aussagenlogik ist, folgt aus der Tatsache, dass mithilfe der Satzoperatoren ¬ und → alle anderen Satzoperatoren definiert werden können: Wir haben bewiesen, dass Negation und Implikation ein vollständiges System von Satzoperatoren bilden. Zum Beispiel haben wir definiert: A ∧ B := ¬(A → ¬B) A ∨ B := ¬A → B Diese Definitionen können wir in unsere Sprache übernehmen; wir fassen den linken Ausdruck jeweils als eine Abkürzung des rechten Ausdrucks auf, der nur mithilfe der Negation und Implikation gebildet ist. Darüber hinaus definieren wir: A← → B := (A → B) ∧ (B → A) Damit haben wir die Grammatik oder, wie man auch sagt, die Syntax der Sprache A der Aussagenlogik als einer reinen Symbolsprache konstruiert.
5.2
Semantik
Die Sätze der Sprache A sind zunächst nur bestimmte Reihen von Zeichen, sie haben noch keine Bedeutung. Bedeutungsvoll werden die Sätze erst, wenn man den Primsätzen Sätze der Umgangssprache zuordnet und z. B. sagt: p soll dasselbe bedeuten wie „Der Mond scheint“, p0 soll bedeuten „Fido bellt“, usw. Für die Auszeichnung der aussagenlogisch wahren Sätze und der aussagenlogisch gültigen Schlüsse kommt es aber nicht auf die Bedeutung der Sätze an und auch nicht auf ihre Wahrheitswerte, sondern ausschließlich auf die Definitionen der Satzoperatoren, die festlegen, in welcher Weise die Wahrheitswerte komplexer Sätze von den Wahrheitswerten der Primsätze abhängen. Um die Begriffe der aussagenlogischen Wahrheit und der aussagenlogischen Gültigkeit auf die Sprache A übertragen zu können, führen wir folgende Begriffe ein:
https://doi.org/10.5771/9783495860885
61 .
5 Syntax und Semantik der Aussagenlogik
Definition 5-4. Eine Vorschrift, die jedem Satz der Sprache A genau einen Wahrheitswert zuordnet, nennen wir eine Belegung der Sätze von A . Ordnet die Belegung V dem Satz A den Wert w bzw. f zu, drücken wir das auch durch die Schreibweise V(A) = w bzw. V(A) = f aus. Eine Belegung V der Sätze der Sprache A heißt eine Bewertung, wenn gilt: (a) (b)
V(¬A) = w gdw. V(A) = f V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w
Die Bedingungen (a) und (b) treffen für die Wahrheitswerte der Sätze ¬A und A → B dieselben Festlegungen wie die Wahrheitswerttabellen für Negation und Implikation. Das heißt, eine Bewertung ordnet einem komplexen Satz von A bei einer bestimmten Wahrheitswertverteilung auf die Primsätze denselben Wahrheitswert zu, der diesem Satz nach den Wahrheitswerttabellen für diese Verteilung zuzuordnen wäre. Die Bewertungsregeln entsprechen den syntaktischen Bildungsregeln für komplexe Sätze. Deshalb ist eine Bewertung für alle Sätze von A definiert, wenn sie für die Primsätze definiert ist. Nehmen wir z. B. an, dass für eine Bewertung V gilt: V(p) = w, V(p0 ) = w und V(p00 ) = f. Dann ergibt sich nach den Bewertungsregeln für die oben angegebenen Beispielsätze: V(¬p0 ) = f, V(¬p0 → p) = w, V(p0 → p00 ) = f, V(¬(p0 → p00 )) = w, V((¬p0 → p) → ¬(p0 → p00 )) = w, usw. Wir halten also fest: Satz 5-5. Eine Vorschrift, die den Primsätzen von A jeweils einen Wahrheitswert zuordnet, lässt sich zu einer Bewertung von A „fortsetzen“. C Darüber hinaus gilt: Satz 5-6. Je zwei Bewertungen, die allen Primsätzen jeweils den gleichen Wahrheitswert zuordnen, ordnen sämtlichen Sätzen von A jeweils den gleichen Wahrheitswert zu. C 62
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
5.2 Semantik
Die Konjunktion und die Adjunktion haben wir in die Sprache A als syntaktische Abkürzungen eingeführt, z. B.: A ∧ B := ¬(A → ¬B). Wir können nachweisen, dass die Konjunktion aufgrund dieser Definition und der Bewertungsregeln die übliche, durch die Wahrheitswerttabelle normierte Bedeutung erhält. Aus der Definition erhalten wir: V(A ∧ B) = w gdw. V(¬(A → ¬B)) = w. Nach der Bewertungsregel für die Negation gilt: V(¬(A → ¬B)) = w gdw. V(A → ¬B) = f. Nach der Bewertungsregel für die Implikation gilt nun V(A→¬B) = f genau dann, wenn V(A) = w und V(¬B) = f ist. Denn eine Bewertung ordnet einer Implikation genau dann den Wert f zu, wenn sie dem Vordersatz den Wert w und dem Hintersatz den Wert f zuordnet. V(¬B) ist schließlich genau dann falsch, wenn V(B) wahr ist. Wir erhalten also für die Konjunktion folgende Bewertungsregel: V(A ∧ B) = w gdw. V(A) = w und V(B) = w. Das entspricht der Kennzeichnung der Konjunktion durch die Wahrheitswerttabelle. Entsprechend kann man die Bewertungsregeln für die Adjunktion und die Äquivalenz ermitteln. Mithilfe des Begriffs der Bewertung können wir die Begriffe der aussagenlogischen Wahrheit und der aussagenlogischen Gültigkeit präzisieren: Definition 5-7. Eine Bewertung V erfüllt einen Satz A, wenn gilt: V(A) = w. Zum Beispiel erfüllt eine Bewertung V, für die V(p) = f und V(p0 ) = w gilt, den Satz ¬p → p0 ; nach den Bewertungsregeln ergibt sich nämlich V(¬p → p0 ) = w. Dagegen erfüllt eine Bewertung V, für die V(p) = f und V(p0 ) = f gilt, den Satz ¬p → p0 nicht. In dieser Terminologie können wir nun unsere frühere Definition wie folgt formulieren: Definition 5-8. a) Ein Satz A ist aussagenlogisch wahr genau dann, wenn jede Bewertung A erfüllt. https://doi.org/10.5771/9783495860885
63 .
5 Syntax und Semantik der Aussagenlogik
b) Ein Schluss A1 , . . . , An ⇒ B ist aussagenlogisch gültig genau dann, wenn jede Bewertung, die alle Prämissen A1 , . . . , An erfüllt, auch die Konklusion B erfüllt. Betrachten wir ein Beispiel! Wir wollen zeigen, dass der Satz (¬p → ¬p0 ) → (p0 → p)
w w f f
w f w f
f f w w
f w f w
w w f w
V (( → ¬p (p 0 → → ¬p 0 p) ) )
p)
V
(p 0 →
(¬ p→ V
(¬ p0 ) V
(¬ p) V
(p 0 )
V
V
(p )
¬p )0
aussagenlogisch wahr ist. Wir gehen von den möglichen Belegungen der Primsätze p und p0 aus und ermitteln nacheinander die zugehörige Bewertung von ¬p, ¬p0 , ¬p → ¬p0 , p0 → p und schließlich von (¬p → ¬p0 ) → (p0 → p):
w w f w
w w w w
Da Bewertungsregeln und Wahrheitswerttabellen für die Satzoperatoren einander entsprechen, können wir das früher angegebene Entscheidungsverfahren anwenden. Es ist auch leicht einzusehen, dass nicht nur (¬p → ¬p0 ) → (p0 → p), sondern alle Sätze der Gestalt (¬A → ¬B) → (B → A) aussagenlogisch wahr sind. Schließlich wollen wir prüfen, ob Schlüsse der Form A → B, ¬A → B ⇒ B aussagenlogisch gültig sind. Wir nehmen hierzu an: V(A → B) = w und V(¬A → B) = w; wir müssen zeigen, dass daraus V(B) = w folgt. Es gilt nun V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w sowie V(¬A → B) = w gdw. V(¬A) = f oder V(B) = w gdw. V(A) = w oder V(B) = w. 64
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Übungsaufgaben
Angenommen V(B) = f, dann folgt: V(A) = f und V(A) = w, d. h. ein Widerspruch. V(A → B) = w und V(¬A → B) = w gilt also nur dann, wenn V(B) = w ist. Alle Schlüsse der Form A → B, ¬A → B ⇒ B sind deshalb aussagenlogisch gültig. Wie wir früher gezeigt haben, lässt sich die Frage nach der aussagenlogischen Gültigkeit von Schlüssen zurückführen auf die Frage nach der aussagenlogischen Wahrheit von Sätzen. Deshalb kann man den Beweis für die aussagenlogische Gültigkeit von Schlüssen der Form A → B, ¬A → B ⇒ B auch führen, indem man zeigt, dass Sätze der Form (A → B) → ((¬A → B) → B) aussagenlogisch wahr sind, und diese Frage kann man mit dem Entscheidungsverfahren beantworten.
Übungsaufgaben Aufgabe 5-1. Beweisen Sie, dass folgende Ausdrücke Sätze der Sprache A sind, indem Sie zeigen, wie sich diese aus Satzkonstanten durch Anwendung der Regeln ergeben. a) (p → ¬p0 ) → ¬(p0 → p) b) ¬(((¬p → p0 ) → p) → ¬p0 ) Aufgabe 5-2. Geben Sie Bewertungen an, die die Sätze in Aufgabe 5-1 erfüllen. Gibt es eine Bewertung, die beide Sätze zugleich erfüllt? Aufgabe 5-3. Übersetzen Sie den Ausdruck (¬(p ∨ p0 ) ∨ (p ∧ ¬p0 )) ∧ p aufgrund der Definitionen von ∧ und ∨ in einen Ausdruck, der nur die Operatoren ¬ und → enthält. https://doi.org/10.5771/9783495860885
65 .
5 Syntax und Semantik der Aussagenlogik
Aufgabe 5-4. Beweisen Sie, dass die Sätze a) A ∧ (B ∨C) ← → A ∧ B ∨ A ∧C b) A ∨ (B ∧C) ← → (A ∨ B) ∧ (A ∨C) aussagenlogisch wahr sind. Aufgabe 5-5. Weisen Sie nach, dass sich aus den Definitionen A ∨ B := ¬A → B A← → B := (A → B) ∧ (B → A) und den Bewertungsregeln für Negation und Implikation die folgenden Bewertungsregeln für die Adjunktion und die Äquivalenz ergeben: V(A ∨ B) = w gdw. V(A) = w oder V(B) = w V(A ← → B) = w gdw. V(A) = V(B)
66
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6
Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
Seit A RISTOTELES gilt das axiomatische System als ideale Form wissenschaftlicher Theorien. Ein axiomatisches System besteht aus einer Liste von Axiomen, den grundlegenden Sätzen oder Prinzipien dieser Theorie, und aus Regeln, die besagen, wie man aus diesen Axiomen die übrigen Sätze oder Theoreme der Theorie gewinnen kann. Bei nichtlogischen Theorien, d. h. Theorien, die nicht selbst Theorien des logischen Schließens sind, sondern eine Schlusslehre bereits voraussetzen können, sind diese Regeln die Regeln des logischen Schließens: Alle Theoreme sind dann logische Folgerungen der Axiome, und die Axiome enthalten somit den gesamten materialen Gehalt der Theorie. Die wichtigste Leistung der Axiomatisierung einer Theorie besteht in diesem Sinn darin, dass der gesamte Inhalt der Theorie so systematisiert wird, dass er sich in einigen wenigen, leicht überschaubaren Sätzen ausdrückt und damit genau abgegrenzt und bestimmt wird. Eine präzise Formulierung axiomatischer Systeme ist erst durch die moderne Logik möglich geworden, die eine genaue und ausreichend starke Theorie des Schließens entwickelt hat. Die aristotelische Logik war in ihrer Anwendbarkeit viel zu eng begrenzt und viel zu schwach, als dass man mit ihr z. B. aus den euklidischen Axiomen der Geometrie alle geometrischen Lehrsätze hätte ableiten können. Man musste sich dabei vielmehr auf intuitiv einleuchtende Schlüsse stützen. Bei einem solchen intuitiven Schließen besteht aber die Gefahr, dass man nicht nur logische Prinzipien, sondern auch materiale, sachbezogene Prinzipien benützt, ohne dass einem selbst das vielleicht immer deutlich wird und ohne dass diese Prinzipien explizit angegeben werden. Wenn das aber geschieht, sind die Theoreme nicht streng logische Folgerungen der Axiome und damit ist nicht der gesamte materiale Gehalt der Theorie in den Axiomen enthalten; der Sinn der Axiomatisierung wird dadurch verfehlt. Einen weiteren Beitrag zur Axiomatisierung von Theorien hat die moderne Logik dadurch geleistet, dass sie einen rein syntaktischen Folgerungsbegriff entwickelt hat: Das Schließen geht in der moderhttps://doi.org/10.5771/9783495860885
67 .
6 Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
nen Logik nicht in der Weise vor sich, dass eine Verbindung zwischen dem Inhalt der Prämissen und dem Inhalt der Konklusion hergestellt wird, sondern indem nach bestimmten Regeln aus Sätzen als Ausdrücken einer bestimmten Gestalt andere Sätze erzeugt werden, auf die Bedeutung der Sätze kommt es dabei nicht an. Dafür ist es notwendig, dass man die Sätze in einer Sprache formuliert, die nach der Idee von Leibniz so beschaffen ist, dass ihre syntaktische Struktur ihrer inhaltlichen Struktur entspricht und dass man syntaktische Regeln des Schließens angibt, die inhaltlichen Folgebeziehungen entsprechen. Die erste dieser beiden Forderungen ist für unsere aussagenlogische Sprache A erfüllt, die zweite Forderung werden wir beim Aufbau der aussagenlogischen Axiomatik noch zu erfüllen haben. Die syntaktische Formulierung des Schließens sichert auch gegen Irrtümer und Ungenauigkeiten, die sich oft mit dem inhaltlichen Denken verbinden, insbesondere dort, wo es sich um verwickelte Tatbestände handelt, die sich inhaltlich nur schwer überschauen lassen. Diesen Aspekt hat auch F REGE betont, wenn er sagte: Das Schließen geht nun in meiner Begriffsschrift nach Art einer Rechnung vor sich. Ich meine dies nicht in dem engen Sinne, als ob dabei ein Algorithmus herrschte, gleich oder ähnlich dem des gewöhnlichen Addierens oder Multiplizierens, sondern in dem Sinne, dass überhaupt ein Algorithmus da ist, d. h. ein Ganzes von Regeln, die den Übergang von einem Satze oder von zweien zu einem neuen beherrschen, so dass nichts geschieht, was nicht diesen Regeln gemäß wäre. Meine Absicht ist also auf lückenlose Strenge der Beweisführung und größte logische Genauigkeit gerichtet, daneben auf Übersichtlichkeit und Kürze.1
Diese syntaktische Fassung des logischen Schließens bezeichnet man auch als Formalisierung des Schließens, und diese Methode hat zu einem ganz erheblichen Teil zu den großen Erfolgen der modernen Logik beigetragen. 1 G. Frege: „Über die Begriffsschrift des Herrn Peano und meine eigene“. Ber. d. Vhdlg. d. Kgl. Sächsischen Ges. d. Wiss. zu Leipzig, Math.-Phys. Classe 48 (1897), S. 364 f.
68
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6.1 Der Kalkül Kal
Wenn wir ein Axiomensystem der Aussagenlogik angeben, tun wir das nicht, um in diesem System ein Mittel zur Auszeichnung der aussagenlogisch wahren Sätze oder der aussagenlogisch gültigen Schlüsse zu gewinnen. Über ein solches Mittel verfügen wir schon in dem Entscheidungsverfahren, das sich auf die Wahrheitswerttabellen stützt. Vielmehr wollen wir am Beispiel der Aussagenlogik die wichtigsten Begriffsbildungen behandeln, die sich auf solche Axiomensysteme beziehen. Wir wollen damit die Darstellung höherer logischer Theorien vorbereiten, in denen kein Entscheidungsverfahren für die logische Wahrheit existiert, so dass man nicht ohne eine axiomatische Theorie auskommt.
6.1
Der Kalkül Kal
Wir nennen die axiomatische Theorie der Aussagenlogik Kalkül Kal und legen fest: Axiome von Kal sind alle Sätze der Gestalt: (A1) A → (B → A) (A2) (A → (B →C)) → ((A → B) → (A →C)) (A3) (¬A → ¬B) → (B → A) Als Deduktionsregel von Kal dient die Regel: (R1) Aus den Sätzen A und A → B kann man den Satz B gewinnen. Wir gehen im Kalkül Kal nicht von endlich vielen Sätzen der Sprache A als Axiomen aus, wir legen vielmehr Axiomenschemata zugrunde, d. h. wir zeichnen alle Sätze von A , die eine der Formen (A1), (A2) oder (A3) haben, als Axiome aus. Aus dem Axiomenschema (A1) erhalten wir z. B. folgende Axiome: p → (p0 → p), indem wir p für A und p0 für B setzen; (p → p0 ) → (p00 → (p → p0 )), indem wir (p → p0 ) für A und p00 für B setzen, usw. Diese unendliche Zahl der Axiome hat aber nicht zur Folge, dass die Theorie unübersichtlich würde, denn für jeden Satz von A ist in einfacher Weise entscheidbar, ob er ein Axiom von Kal ist oder nicht, d. h. ob er die Form (A1), (A2) oder (A3) hat oder nicht. https://doi.org/10.5771/9783495860885
69 .
6 Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
Da Kal eine logische Theorie ist, können wir nicht sagen, dass die Regeln zur Gewinnung von Theoremen aus diesen Axiomen die Regeln des logischen Schließens sind; diese Regeln sollen durch Kal erst fixiert werden. Daher trägt auch die Regel (R1) wesentlich zum Gehalt der Theorie Kal bei. Die Rechtfertigung für die Auswahl der Axiomenschemata und der Regel ergibt sich erst im Folgenden, wenn wir die Leistungsfähigkeit des Kalküls Kal untersuchen.
6.2
Beweise
Wir definieren nun den Begriff beweisbar in Kal durch die Festsetzungen: Definition 6-1 (Beweisbare Sätze in Kal ). (a) Jedes Axiom von Kal ist in Kal beweisbar. (b) Wenn die Prämissen von (R1) – d. h. die Sätze A und A → B – in Kal beweisbar sind, so ist auch die Konklusion von (R1) – d. h. der Satz B – in Kal beweisbar. (c) In Kal sind nur Sätze nach (a) und (b) beweisbar. Ist A in Kal beweisbar, so schreiben wir auch `Kal A, wobei das Suffix Kal auch weggelassen werden kann. Einen Beweis in Kal für einen Satz A können wir angeben als eine endliche Folge von Sätzen, deren letztes Glied A ist und für deren sämtliche Glieder gilt: sie sind Axiome oder entstehen durch einmalige Anwendung von (R1) auf vorhergehende Glieder der Folge. Ein Satz A ist also beweisbar in Kal genau dann, wenn es einen Beweis für A in Kal gibt. Den Satz p → p können wir in Kal z. B. wie folgt beweisen: 1. p → ((p → p) → p)
A1
2. (p → ((p → p) → p)) → A2 ((p → (p → p)) → (p → p)) 3. (p → (p → p)) → (p → p) R1: 1, 2
70
4. p → (p → p)
A1
5. p → p
R1: 3, 4 https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
6.3 Ableitungen
Am Beispiel dieses Beweises wird das syntaktische Beweisverfahren deutlich: Die Axiome von Kal sind Sätze bestimmter syntaktischer Gestalt, und (R1) erzeugt aus Sätzen bestimmter syntaktischer Gestalt Sätze gewisser syntaktischer Form. Die Bedeutung der Sätze, auch die Definition der Satzoperatoren ¬ und → ist dabei ganz unerheblich. Man sieht hier auch, wie die syntaktische Fassung des Beweisbegriffs diesen Begriff so präzisiert, dass immer entscheidbar ist, ob eine vorgelegte Satzfolge ein Beweis in Kal ist oder nicht. Dazu braucht man nur die einzelnen Sätze von oben nach unten daraufhin durchzusehen, ob sie Axiome von Kal sind – das ist, wie wir sahen, entscheidbar – oder, falls das nicht der Fall ist, ob sie aus vorhergehenden Gliedern der Folge durch eine einmalige Anwendung von (R1) hervorgehen; da es nur endlich viele vorhergehende Glieder gibt, lässt sich das durch Probieren immer entscheiden.
6.3
Ableitungen
Eine Verallgemeinerung des Beweisbegriffes ist der Ableitungsbegriff. Wir definieren:
Definition 6-2. Ein Satz B ist aus Sätzen A1 , . . . , An in Kal ableitbar – symbolisch: A1 , . . . , An ` B –, wenn B in dem Kalkül K beweisbar ist, der aus Kal entsteht durch Hinzunahme von A1 , . . . , An als Axiomen. Die Sätze A1 , . . . , An nennen wir dann auch Annahmeformeln.
Danach ist eine Ableitung von B aus den Annahmeformeln A1 , . . . , An in Kal eine endliche Folge von Sätzen, deren letztes Glied B ist und deren sämtliche Glieder Axiome von Kal oder Sätze aus der Folge A1 , . . . , An sind – oder aus vorhergehenden Gliedern der Folge durch einmalige Anwendung von (R1) hervorgehen. https://doi.org/10.5771/9783495860885
71 .
6 Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
Eine Ableitung von p → p0 aus ¬p sieht z. B. wie folgt aus: 1. ¬p
Annahmeformel
2. ¬p → (¬p0 → ¬p)
A1
3. ¬p0 → ¬p
R1: 1, 2
4.
(¬p0 → ¬p) → (p → p0 )
A3
5.
p → p0
R1: 3, 4
Anstelle von Sätzen von A kann man in Kal auch Satzschemata beweisen und statt Ableitungsbeziehungen zwischen Sätzen von Kal auch solche zwischen Satzschemata. Man kann z. B. statt des Satzes p → p das Satzschema A → A beweisen und statt der Ableitungsbeziehung ¬p ` p → p0 die Beziehung ¬A ` A → B. Dazu braucht man im Beweis für p → p bzw. in der Ableitung von p → p0 aus ¬p nur überall p durch A und p0 durch B zu ersetzen. Aus dem entstehenden Beweisbzw. Ableitungsschema geht dann ein Beweis bzw. eine Ableitung hervor, wenn die Variablen A und B durch Sätze der Sprache A ersetzt werden. Das hat den Vorteil, dass man damit nicht nur einzelne Sätze bzw. Ableitungsbeziehungen beweist, sondern unendlich viele Sätze bzw. Ableitungsbeziehungen gewinnt. Mit A → A hat man nicht nur den Satz p → p bewiesen, sondern auch p0 → p0 , (p → p0 ) → (p → p0 ) usw.
6.4
Metatheoreme
Die Leistungsfähigkeit solcher Beweis- oder Ableitungsschemata wird noch übertroffen durch die Effektivität von Metatheoremen. Ein Metatheorem für den Kalkül Kal macht eine Aussage darüber, dass gewisse Sätze oder Ableitungsbeziehungen im Kalkül Kal beweisbar sind, wenn gewisse andere Sätze oder Ableitungsbeziehungen im Kalkül Kal beweisbar sind. Ein besonders wichtiges Metatheorem ist das Theorem 6-3 (Deduktionstheorem). Ist A1 , . . . , An ` B in Kal beweisbar, so auch A1 , . . . , An−1 ` An → B. 72
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
6.4 Metatheoreme
Mithilfe dieses Metatheorems können wir z. B. aus der bewiesenen Ableitungsbeziehung ¬A ` A → B folgern, dass der Satz ¬A → (A → B) beweisbar ist. Solche Metatheoreme können nicht im Kalkül Kal bewiesen werden, es sind nicht Sätze von A oder Satzschemata oder Ableitungsbeziehungen oder Ableitungsschemata, sondern Sätze über den Kalkül Kal . Das Deduktionstheorem wollen wir nun beweisen: Beweis: Wir nehmen an, es sei eine Ableitung H von B aus den Annahmeformeln A1 , . . . , An gegeben; diese Ableitung bestehe aus einer Folge von Sätzen C1 bis Cm . Jeder dieser Sätze ist nach Definition ein Axiom des Kalküls Kal oder eine der Annahmeformeln A1 , . . . , An oder er wird aus vorausgehenden Sätzen mit der Regel (R1) gewonnen; der letzte Satz Cm der Ableitung ist B. Aus dieser Ableitung erzeugen wir zunächst die Satzfolge H 0 ; sie entsteht dadurch, dass wir jeden Satz Ci der Ableitung H durch die Implikation An → Ci ersetzen, also C1 durch An → C1 , C2 durch An →C2 , und allgemein Ci durch An →Ci , für alle i = 1, . . . , m:
H
H0
C1 .. .
An →C1 .. .
Ci .. . Cm
7−→
An →Ci .. . An →Cm
An → B ist der Satz, für den wir zeigen wollen, dass er aus A1 , . . . , An−1 herleitbar ist. Die Satzfolge H 0 ist jedoch keine Ableitung mehr. Damit H 0 wieder zu einer Ableitung wird, schieben wir vor die einzelnen Sätze An →Ci , beginnend mit An →C1 , weitere Sätze ein. Damit wir eine Ableitung von An → B aus A1 , . . . , An erhalten, müssen wir erreichen, dass jeder Satz ein Axiom des Kalküls Kal oder eine der Annahmeformeln A1 , . . . , An−1 ist oder aus in der Reihe vorausgehenden Sätzen durch Anwendung der Regel (R1) gewonnen wird; insbesondere darf An nicht mehr als Annahmeformel auftreten. Dies gelingt durch folgende Konstruktion: Jeder Satz Ci des Beweises H https://doi.org/10.5771/9783495860885
73 .
6 Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
ist entweder ein Axiom oder die Annahmeformel An oder eine der Annahmeformeln A1 , . . . , An−1 oder eine Konklusion von (R1) mit Prämissen, die in der Folge vorhergehen. Entsprechend unterscheiden wir vier Fälle: 1. Ist Ci ein Axiom, so schieben wir vor An →Ci die beiden Zeilen ein: Ci → (An →Ci ) Ci
A1 Axiom
Die erste Zeile ist ein Axiom nach (A1), die zweite ein Axiom aufgrund der Annahme; aus beiden Sätzen folgt An →Ci nach der Regel (R1). 2. Ist Ci = An , so schieben wir vor An →Ci = An → An den Beweis für diesen Satz ein, den wir früher angegeben hatten, bis auf dessen letzte Zeile. Dadurch erreichen wir, dass An nicht mehr als Annahmeformel vorkommt. 3. Ist Ci = Ak für k = 1, . . . , n − 1, so schieben wir vor An → Ak die beiden Zeilen ein: Ak → (An → Ak ) Ak
A1 Annahmeformel
Die erste Zeile ist ein Axiom nach (A1), die zweite eine Annahmeformel Ak mit k = 1, . . . , n − 1. Aus diesen beiden Sätzen folgt An → Ak nach (R1). 4. Ergibt sich Ci in H durch eine Anwendung von (R1) auf Sätze C j und C j →Ci , so treten vor der Zeile An →Ci die Sätze An → C j und An → (C j →Ci ) auf. Wir schieben vor die Zeile An →Ci die beiden Sätze ein: (An → (C j →Ci )) → ((An →C j ) → (An →Ci )) (An →C j ) → (An →Ci )
A2 R1
Der erste Satz ist ein Axiom nach (A2); aus diesem und An → (C j →Ci ) folgt der zweite Satz mithilfe der Regel (R1). Aus den 74
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
6.4 Metatheoreme
Sätzen An → C j und (An → C j ) → (An → Ci ) folgt schließlich An →Ci nach (R1). Diese Einschübe bewirken, dass jeder Satz der ergänzten Folge H 0 ein Axiom oder eine der Annahmeformeln A1 , . . . , An−1 ist oder durch Anwendung der Regel (R1) auf in der Folge vorhergehende Sätze gewonnen wurde. Das bedeutet aber, dass H 0 eine Ableitung von An → B aus den Annahmeformeln A1 , . . . , An−1 ist. Damit ist das Deduktionstheorem bewiesen. C Durch n-malige Anwendung des Deduktionstheorems folgt: Korollar 6-4. Ist in Kal aus Sätzen A1 , . . . , An der Satz B ableitbar, so ist in Kal der Satz A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ) beweisbar. C Das Deduktionstheorem ist nicht ein im Kalkül Kal selbst beweisbarer Satz, sondern eine Aussage über den Kalkül Kal . In der Logik beschränkt man sich also nicht nur auf Beweise innerhalb bestimmter Kalküle, sondern man macht diese Kalküle selbst zum Gegenstand logischer Untersuchungen. Diese Betrachtungsweise werden wir im Folgenden fortführen: Wir werden dann die Frage nach der Widerspruchsfreiheit und der Vollständigkeit des Kalküls Kal stellen. Für den Beweis weiterer Theoreme siehe den Anhang A.2 (Beweise).
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75 .
6 Eine axiomatische Theorie der Aussagenlogik
Übungsaufgaben Aufgabe 6-1. a) Prüfen Sie, ob die angegebene Folge von Sätzen eine Ableitung von A →C aus den Annahmeformeln A → (B → C) und B im Kalkül Kal ist: 1. A → (B →C) 2. (A → (B →C)) → ((A → B) → (A →C)) 3. (A → B) → (A →C) 4. B → (A → B) 5. B 6. A → B 7. A →C b) Wenden Sie auf die Ableitungsbeziehung A → (B → C), B ` A → C das Deduktionstheorem an! Welcher Satz erweist sich dadurch als beweisbar? Aufgabe 6-2. Weisen Sie nach, dass in Kal die Ableitungsbeziehung A → (A → B) ` A → B gilt! Aufgabe 6-3. Formen Sie die Ableitung von p → p0 aus ¬p nach den Anweisungen, die im Beweis des Deduktionstheorems enthalten sind, in einen Beweis für den Satz ¬p → (p → p0 ) um! Aufgabe 6-4. Beweisen Sie, dass für die Ableitungsbeziehung im Kalkül Kal folgende Sätze gelten: a) A1 , . . . , An ` Ai , für jedes i aus 1, . . . , n. b) Aus A1 . . . , An ` B folgt A1 , . . . , An , An+1 ` B. c) Aus A1 , . . . , An ` B und A1 , . . . , An , B ` C folgt A1 , . . . , An ` C.
76
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7
Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Aussagenlogik
Die axiomatische Theorie Kal ist zunächst nur ein Kalkül zur Erzeugung gewisser Sätze, nämlich der in Kal beweisbaren Sätze. Wir müssen nachweisen, dass dieser Kalkül auch etwas mit logischem Schließen zu tun hat, dass er eine adäquate Theorie der Aussagenlogik ist. Dazu müssen wir zweierlei zeigen: 1. Alle in Kal beweisbaren Sätze sind aussagenlogisch wahr; und 2. alle aussagenlogisch wahren Sätze sind in Kal beweisbar. Die erstere Eigenschaft ist die der aussagenlogischen Widerspruchsfreiheit, die letztere die der aussagenlogischen Vollständigkeit. Beide zusammen besagen, dass im Kalkül Kal genau die aussagenlogisch wahren Sätze beweisbar sind, d. h. dass Kal eine adäquate Theorie der Aussagenlogik ist.
7.1
Widerspruchsfreiheit
Wir beweisen die aussagenlogische Widerspruchsfreiheit von Kal , indem wir zeigen: a) Alle Axiome von Kal sind aussagenlogisch wahre Sätze. b) Mit (R1) werden aus aussagenlogisch wahren Sätzen immer nur wieder aussagenlogisch wahre Sätze erzeugt. Damit ist dann nachgewiesen, dass jeder Beweis in Kal nur aussagenlogisch wahre Sätze enthält und jeder in Kal beweisbare Satz aussagenlogisch wahr ist. Dass alle Axiome von Kal aussagenlogisch wahre Sätze sind, beweist man in einfacher Weise mit dem Entscheidungsverfahren. Wenn A → B ein aussagenlogisch wahrer Satz ist, so erfüllt jede Bewertung, die A erfüllt, auch B. Wenn aber auch A aussagenlogisch wahr ist, erfüllen alle Bewertungen den Satz A, so dass dann auch alle Bewertungen den Satz B erfüllen, der deshalb ebenfalls als aussagenlogisch wahr erwiesen ist. https://doi.org/10.5771/9783495860885
77 .
7 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Aussagenlogik
Damit haben wir also die Behauptung der Widerspruchsfreiheit bewiesen: Satz 7-1 (Widerspruchsfreiheit von Kal ). Im Kalkül Kal sind nur aussagenlogisch wahre Sätze beweisbar. C Hieraus folgt auch: Korollar 7-2. Ist ein Satz B aus Sätzen A1 , . . . , An von A ableitbar, so ist der Schluss von den Prämissen A1 , . . . , An auf die Konklusion B aussagenlogisch gültig. Beweis: Ist aus A1 , . . . , An in Kal der Satz B ableitbar, so ist nach dem Deduktionstheorem der Satz A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ) in Kal beweisbar, also ein aussagenlogisch wahrer Satz. Deshalb ist, wie wir früher gesehen haben (siehe Satz 4-4), der Schluss von A1 , . . . , An auf B aussagenlogisch gültig. C
7.2∗
Vollständigkeit
Der Kalkül Kal ist auch aussagenlogisch vollständig, d. h. jeder aussagenlogisch wahre Satz ist in Kal beweisbar. Um diesen etwas anspruchsvolleren Beweis führen zu können, definieren wir einige neue Begriffe. Der Beweis ist so angelegt, dass sich viele Überlegungen auf spätere Vollständigkeitsbeweise übertragen lassen. Definition 7-3. a) Enthält eine Satzmenge Σ unendlich viele Sätze, so sagen wir, ein Satz A sei aus Σ ableitbar – symbolisch: Σ ` A –, wenn A aus endlich vielen Sätzen von Σ ableitbar ist. b) Eine Menge Σ von Sätzen heißt inkonsistent, wenn es einen Satz A gibt, so dass aus Σ der Satz ¬(A → A) ableitbar ist. Andernfalls heißt Σ konsistent.2 2 Zur Erläuterung: Wir haben schon gezeigt, dass in K für jeden Satz A der Satz al A → A beweisbar ist; insbesondere gilt deshalb für jede Menge Σ von Sätzen Σ ` A → A. Wenn es einen Satz A gibt, so dass Σ ` ¬(A → A) gilt, dann ist aus Σ sowohl A → A als auch dessen Negation ¬(A → A) ableitbar, d. h. Σ enthält einen Widerspruch.
78
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
7.2 Vollständigkeit
c) Wir nennen eine Satzmenge Σ maximal konsistent, wenn Σ konsistent ist und wenn für jeden in Σ nicht enthaltenen Satz A gilt, dass die um A erweiterte Menge Σ ∪ {A} inkonsistent ist. Wir gehen von folgenden Hilfssätzen aus: Lemma 7-4. Ist A nicht in Kal beweisbar, so ist die Menge {¬A}, die nur den Satz ¬A enthält, konsistent. Lemma 7-5. Zu jeder konsistenten Menge Σ gibt es eine maximal konsistente Menge Σ∗ , die alle Sätze aus Σ enthält. Lemma 7-6. Zu jeder maximal konsistenten Menge Σ∗ gibt es eine Bewertung, die genau die Sätze aus Σ∗ erfüllt. Aus diesen drei Hilfssätzen folgt bereits die aussagenlogische Vollständigkeit des Kalküls Kal . Wir schließen indirekt: Ist A nicht in Kal beweisbar, dann ist nach dem ersten Lemma die Menge {¬A} konsistent. Nach den beiden Lemmata 7-5 und 7-6 gibt es eine Satzmenge Σ∗ , die ¬A enthält, und eine Bewertung, die genau die Sätze von Σ∗ , also insbesondere ¬A, erfüllt. Diese Bewertung macht A falsch, d. h. A ist nicht aussagenlogisch wahr. Wenn also ein Satz A nicht in Kal beweisbar ist, dann ist A nicht aussagenlogisch wahr. Daraus folgt durch Kontraposition: Theorem 7-7 (Vollständigkeit von Kal ). wahre Satz ist im Kalkül Kal beweisbar.
Jeder aussagenlogisch C
Wir müssen noch die Beweise der Hilfssätze 7-4 bis 7-6 nachtragen. Beweis (Lemma 7-4): A sei in Kal nicht beweisbar. Wäre dann {¬A} inkonsistent, so gäbe es einen Satz B, so dass gilt ¬A ` ¬(B → B). Mit dem Deduktionstheorem erhielte man daraus ` ¬A → ¬(B → B), mit (A3) und (R1) also (B → B) ` A und mit dem Theorem ` B → B und (R1) deshalb ` A, im Widerspruch zu unserer Annahme, A sei nicht in Kal beweisbar. Ist A also nicht in Kal beweisbar, so muss {¬A} konsistent sein. C https://doi.org/10.5771/9783495860885
79 .
7 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Aussagenlogik
Beweis (Lemma 7-5): Ist Σ eine konsistente Satzmenge, so können wir daraus eine maximal konsistente Satzmenge Σ∗ , die alle Sätze von Σ enthält, erzeugen: Wir nummerieren alle Sätze von A durch, indem wir sie z. B. ihrer Länge nach und bei gleicher Länge alphabetisch ordnen. Es sei dann Σ0 := Σ. Σn+1 entstehe für beliebige n aus der Menge Σn , indem wir den (n + 1)-ten Satz von A zu Σn hinzunehmen, wenn die so entstehende Menge konsistent ist. Andernfalls sei Σn+1 := Σn . Wir erhalten so eine Folge von Mengen Σ0 ⊆ Σ1 ⊆ Σ2 ⊆ · · · , die alle konsistent sind. Σ∗ sei nun die Menge, die alle Sätze enthält, die in einer dieser Mengen enthalten sind, und nur solche Sätze. Die Menge Σ∗ ist konsistent. Denn andernfalls gäbe es eine endliche inkonsistente Teilmenge Σ0 von Σ∗ . Ist An derjenige Satz von Σ0 mit dem größten Index n, so ist Σ0 in Σn enthalten. Es müsste dann aber auch Σn inkonsistent sein; wir haben aber schon gesehen, dass das nicht der Fall ist; deshalb ist auch Σ∗ konsistent. Ferner ist Σ∗ maximal konsistent, denn wenn z. B. der i-te Satz Ai von A nicht in Σ∗ enthalten ist, so deshalb, weil die Menge Σi erweitert um Ai inkonsistent ist. Es ist dann aber auch Σ∗ erweitert um Ai inkonsistent. C Beweis (Lemma 7-6): Ist Σ∗ eine maximal konsistente Menge, so definieren wir eine Belegung V der Sätze von A dadurch, dass wir setzen: V(A) = w gdw. A ist ein Element aus Σ∗ . Die Belegung V ist eine Bewertung, d. h. V erfüllt die beiden Bedingungen: V(¬A) = w gdw. V(A) = f V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w Denn ist V(¬A) = w, so ist ¬A in Σ∗ . Dann ist aber A nicht in Σ∗ , weil wegen der Ableitungsbeziehung ¬A ` A → B, die wir früher bewiesen hatten, gilt: ¬A, A ` ¬(A→A), so dass Σ∗ , wenn es A enthielte, inkonsistent wäre. Ist aber A nicht in Σ∗ , so gilt V(A) = f. Ist umgekehrt V(A) = f, so ist A nicht in Σ∗ . Ist aber A nicht in Σ∗ , so ist ¬A in Σ∗ . Da Σ∗ maximal konsistent ist, so wäre ja ¬A nur dann 80
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7.2 Vollständigkeit
nicht in Σ∗ enthalten, wenn gelten würde: Σ∗ , ¬A ` ¬(B → B). Wie im Beweis für Lemma 7-4 würde dann auch gelten: Σ∗ , B → B ` A und daher Σ∗ ` A, so dass A in Σ∗ wäre, im Widerspruch zur Annahme. (Gilt für eine beliebige konsistente Menge Σ: Σ ` A, so ist Σ erweitert um A konsistent, weil aus Σ und A dann nicht mehr folgt als aus Σ selbst.) Ist aber ¬A in Σ∗ , so ist V(¬A) = w. Ist ferner V(A → B) = w, so ist A → B in Σ∗ . Ist dann auch A in Σ∗ , so wegen (R1) auch B, d. h. es gilt: A ist nicht in Σ∗ , also V(A) = f; oder B ist in Σ∗ , also V(B) = w. Ist umgekehrt V(A) = f, also A nicht in Σ∗ , so ist, wie wir schon sahen, ¬A in Σ∗ , also wegen ¬A ` A → B auch A → B in Σ∗ enthalten, so dass gilt V(A → B) = w. Und ist V(B) = w, so ist B in Σ∗ , nach (A1) und (R1) also auch A → B, so dass V(A → B) = w ist. C Damit ist die aussagenlogische Vollständigkeit von Kal bewiesen. Korollar 7-8. Ist der Schluss von den Prämissen A1 , . . . , An auf die Konklusion B aussagenlogisch gültig, so ist in Kal aus A1 , . . . , An der Satz B ableitbar. Beweis: Ist der Schluss von A1 , . . . , An auf B aussagenlogisch gültig, so ist der Satz A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ) aussagenlogisch wahr (siehe Satz 4-4), also in Kal beweisbar. Mit (R1) erhält man dann in Kal aus den Annahmeformeln A1 , . . . , An den Satz B, so dass also gilt: A1 , . . . , An ` B. C Mit diesem Nachweis, dass der axiomatische Kalkül Kal eine adäquate Theorie des aussagenlogischen Schließens ist, wollen wir die Aussagenlogik verlassen und uns einer stärkeren logischen Theorie, der Prädikatenlogik, zuwenden.
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8
Namen, Prädikate und Quantoren
Die Prädikatenlogik, die wir im Folgenden behandeln werden, ist wesentlich leistungsfähiger als die Aussagenlogik, sie enthält schon fast alle logischen Hilfsmittel, die man zur Analyse wissenschaftlicher Begriffsbildungen und Beweise benötigt.
8.1
Die Struktur einfacher Sätze
Während man in der Aussagenlogik die Bildung von komplexen Sätzen aus einfachen Sätzen betrachtet, die Struktur der einfachen Sätze hingegen nicht analysiert, untersucht man in der Prädikatenlogik, wie solche einfachen, aussagenlogisch nicht zusammengesetzten Sätze gebildet sind. Wir gehen wieder von der Umgangssprache aus. Die einfachsten Sätze der Umgangssprache sind Sätze, die nur aus Subjekt und Prädikat bestehen. Solche Sätze sind zum Beispiel: (1) Fritz schnarcht. (2) Hans ist krank. (3) Xaver ist ein Bayer. (4) Emil ist gestürzt. (5) Pferde wiehern. (6) Der Hahn kräht. (7) Ich turne. Als Subjekt fungiert hier jeweils ein Substantiv mit oder ohne Artikel, wie in (1) bis (6), oder ein Pronomen, wie in (7). Sätze, die Pronomina, also Indikatoren, enthalten, brauchen wir hier aber aus den schon früher erörterten Gründen nicht zu betrachten. Es bleiben also nur Subjekte, die Substantive sind. Substantive sind: • Namen: – Eigennamen: „Aristoteles“, „Zugspitze“, „Berlin“, „Siebzehn“; https://doi.org/10.5771/9783495860885
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8 Namen, Prädikate und Quantoren
– komplexe Namen: „der Vater von Maria“, „die kleinste Primzahl“; • Gattungsbezeichnungen: – Gattungsbezeichnungen im engeren Sinn: „Mensch“, „Kraftfahrzeug“, „Stern“; – Kollektiva: „Wald“, „Herde“, „Regiment“; – Stoffnamen: „Wasser“, „Gold“, „Pfeffer“ Substantive sind also Namen, die bestimmte, einzelne konkrete oder abstrakte Gegenstände oder Personen – wir sagen zusammenfassend Objekte – bezeichnen, oder Gattungsbezeichnungen, d. h. Ausdrücke, die für gewisse Arten von Objekten stehen, ferner Kollektiva, also Ausdrücke für Gruppen von Objekten (Bäumen, Kühen, Soldaten) angehören, und Stoffnamen. Wir wollen zunächst nur solche einfachen Sätze betrachten, deren Subjekt ein Name ist. Die Begründung dafür wird sich später daraus ergeben, dass, logisch gesehen, Gattungsnamen immer Prädikatbestandteile sind. Das Prädikat eines einfachen Satzes ist entweder ein Verb, wie in den Beispielen (1), (5), (6), (7), oder eine Form der Hilfszeitworte „sein“, „haben“ oder „werden“, verbunden mit einem Adjektiv (2), einem Gattungsnamen (3) oder einem Partizip (4). Während die Grammatiker darin übereinstimmen, dass ein Verb sowie ein Hilfszeitwort verbunden mit einem Partizip ein Prädikat ist, gehen die Auffassungen darüber auseinander, ob ein Hilfszeitwort verbunden mit einem Adjektiv oder einem Substantiv ein Prädikat ist, oder ob dabei nur das Hilfszeitwort selbst das Prädikat darstellt, während das Substantiv z. B. als „Gleichsetzungsnominativ“ und das Adjektiv als Adverb interpretiert wird. In der Logik umgeht man diese Diskussionen, indem man denjenigen Ausdruck als logisches Prädikat anspricht, der übrigbleibt, wenn man in einem einfachen Satz den in ihm vorkommenden Namen wegstreicht. In diesem logischen Sinne wollen wir das Wort Prädikat im Folgenden immer verstehen. In den Beispielen stellen also die kursiv gedruckten Ausdrücke die Prädikate dar. 84
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8.1 Die Struktur einfacher Sätze
Während bei den einfachen Sätzen, die nur einen Namen enthalten, dieser logische Prädikatbegriff zumindest mit manchen grammatikalischen Auffassungen des Prädikatbegriffs übereinstimmt, entfernen wir uns gänzlich vom grammatikalischen Prädikatbegriff, wenn wir Sätze betrachten, die auch ein oder mehrere grammatikalische Objekte enthalten. Diese Sätze wollen wir hier ebenfalls einfach nennen, wenn sie keine Nebensätze, Attribute und Adverbien enthalten. Solche Sätze sind zum Beispiel: (8) Erna liebt Max. (9) Regensburg liegt an der Donau. (10) Die Zugspitze ist höher als die Alpspitze. (11) München liegt zwischen Garmisch und Nürnberg. (12) Ute verweist Fritz an Hans. Auch hier fassen wir logisch den ganzen Ausdruck, der übrigbleibt, wenn man alle Eigennamen aus einem Satz wegstreicht, als dessen Prädikat auf, ohne Rücksicht darauf, ob diese Ausdrücke in der Grammatik noch in grammatikalische Prädikate, Präpositionen und dergleichen analysiert werden. Die Prädikate in unseren Beispielsätzen sind also die kursiv gedruckten Ausdrücke. Wenn man aus einem einfachen Satz in dieser Weise Namen herausstreicht, entstehen Leerstellen, und wir wollen diese Leerstellen als Bestandteile der Prädikate betrachten. Die Prädikate in den früheren Beispielsätzen haben demnach eine Leerstelle, d. h. sie werden durch Einsetzen eines Namens (an dieser Stelle) zu Sätzen, die Prädikate in (8) bis (10) hingegen enthalten zwei Leerstellen, denn sie werden durch Einsetzen von zwei Namen zu Sätzen, und die Prädikate in (11) und (12) enthalten drei Leerstellen. Allgemein bezeichnet man auch ein Prädikat mit n Leerstellen als n-stelliges Prädikat. Wir unterscheiden wieder streng zwischen den Prädikaten als sprachlichen Ausdrücken und ihren Bedeutungen. Die Bedeutungen n-stelliger Prädikate bezeichnet man auch als n-stellige Begriffe. Einstellige Begriffe bezeichnet man meist als Eigenschaften, mehrstellige Begriffe als Beziehungen. Es bedeutet also z. B. das Prädikat „ist rot“ die Eigenschaft, rot zu sein, und das Prädikat „lieben“ bedeutet die Beziehung des Liebens. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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8 Namen, Prädikate und Quantoren
Betrachten wir zunächst nur einfache Sätze im Präsens. Wir können eine logische Normalform für einfache Sätze in der Weise bilden, dass wir das Prädikat in der 3. Person Singular Indikativ Präsens Aktiv vorausstellen und dann die Namen in einer festzulegenden bestimmten Reihenfolge, in Klammern und durch Kommata getrennt, dahinter schreiben. Dadurch entstehen aus den Beispielsätzen z. B. die Ausdrücke: (10 ) schnarcht (Fritz) (20 ) ist krank (Hans) (30 ) ist gestürzt (Emil) (80 ) liebt (Erna, Max) (90 ) liegt an (Regensburg, die Donau) (100 ) ist höher als (die Zugspitze, die Alpspitze) (110 ) liegt zwischen und (München, Garmisch, Nürnberg) (120 ) verweist an (Ute, Fritz, Hans) Es kommt dabei für mehrstellige Prädikate wesentlich auf die Reihenfolge der Namen an, denn nach der Festlegung, dass in „liebt (Erna, Max)“ der erste Name das Subjekt, der zweite das Objekt darstellt, bedeutet „liebt (Max, Erna)“ soviel wie „Max liebt Erna“. Wenn wir F, G, H, . . . als Mitteilungszeichen für Prädikate und a, b, c, . . . als Mitteilungszeichen für Namen verwenden, können wir einfache Sätze in der Form F(a), G(a, b), H(a, b, c) usw. schreiben, eine Schreibweise, die sich an die in der Mathematik geläufige Funktionsschreibweise anlehnt. Wir lesen diese Ausdrücke auch so: „F von a“ oder „F trifft auf a zu“ bzw. „G von a und b“ oder „G trifft auf a und b zu“ usw. Man kann nun solche Sätze F(a), G(a, b) usw. durch Satzoperatoren zu neuen Sätzen verbinden, also z. B. die Sätze ¬F(a), G(a, b) → ¬H(a, b, c) usf. bilden.
86
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8.2 Der Alloperator
8.2
Der Alloperator
Mit der Analyse der einfachen Sätze der Aussagenlogik in Namen und Prädikate verstärken wir die Ausdrucksfähigkeit der Aussagenlogik noch nicht wesentlich. Der entscheidende Schritt im Aufbau der Prädikatenlogik besteht in der Einführung von prädikatenlogischen Operatoren, die aus einstelligen Prädikaten Sätze erzeugen. Solche Ausdrücke sind z. B.: alle, alles, sämtliche, jeder, jedermann, jegliche. Diese Wörter drücken eine Generalisierung aus. Wir können z. B. aus dem Prädikat „ist rot“ mit dem Wort „alles“ den Satz „Alles ist rot“ bilden. Diesem Satz können wir auch die Form „Für jedes Ding gilt: es ist rot“ geben. Das Pronomen „es“ bezieht sich hier auf den generalisierenden Ausdruck „jedes“, ist also kein Indikator. Es erweist sich nun, wie wir gleich sehen werden, als praktisch, dieses Pronomen durch eine Marke, z. B. durch einen Buchstaben, zu ersetzen, dadurch ergibt sich die Formulierung „Für jedes Ding x gilt: x ist rot“. Wenn man aus den einfachen Sätzen F(a), G(a, b), H(a, b, c) usw. die Prädikate bildet, indem man Namen herausstreicht, erhält man die Ausdrücke F( ), G( , ), H( , , ). Wir wollen die Leerstellen nun durch Buchstaben markieren und also F(x), G(x, y), H(x, y, z) schreiben. Das hat erstens den Vorteil, dass man Leerstellen auch identifizieren kann: Wenn z. B. G das Prädikat „liebt“ darstellt, kann man G(x, x) schreiben für das Prädikat „sich selbst lieben“. Für beide x muss man dann denselben Namen einsetzen und erhält z. B. G(a, a) für „Hans liebt Hans“ oder „Hans liebt sich selbst“, wenn a für „Hans“ steht. Zweitens kann man dann auch den generalisierenden Ausdruck „Für jedes Ding x gilt:“ direkt vor das Prädikat stellen und den Satz „Für jedes Ding x gilt: F(x)“ bilden, wobei F für „ist rot“ steht. Wenn man endlich für den Ausdruck „Für jedes Ding x gilt:“ schreibt ∀x, so erhält man den symbolischen Ausdruck ∀x F(x). Das Symbol ∀ nennt man Alloperator, die Ausdrücke ∀x, ∀y, ∀z usw. Allquantoren und die Marken x, y, z, . . . (Objekt-) Variablen. Der Übergang von einem umgangssprachlichen Prädikat zu einem symbolischen Allsatz sieht also so aus: https://doi.org/10.5771/9783495860885
87 .
8 Namen, Prädikate und Quantoren
1. – ist rot. 2. Alles ist rot. 3. Für jedes Ding gilt: es ist rot. 4. Für jedes Ding x gilt: x ist rot. 5. Für jedes Ding x gilt: F(x). 6. ∀x F(x) Wir können allgemein aus Sätzen in unserer symbolischen Schreibweise dadurch neue Sätze erzeugen, dass wir einen Namen durch eine Variable ersetzen und den Alloperator mit derselben Variablen davorstellen. So entsteht aus ¬F(a) der Satz ∀x ¬F(x), aus F(a) ∧ G(a) der Satz ∀x(F(x) ∧ G(x)), aus F(a) → H(a, b) der Satz ∀x(F(x) → H(x, b)). Dabei ist es wichtig, durch Klammern anzudeuten, auf welches Prädikat sich der Quantor bezieht. In dem Satz ∀x(F(x) ∧ G(x)) bezieht sich der Allquantor ∀x auf das zusammengesetzte Prädikat F(x) ∧ G(x), in ∀x(F(x)) ∧ G(x) hingegen nur auf das Prädikat F(x). Als Regel für die Einsparung von Klammern legen wir fest: Der Allquantor bindet stärker als die Satzoperatoren ∧, ∨, → und ← →.
8.3
Der Existenzoperator
Als zweiten Ausdruck, mit dem sich aus einem einstelligen Prädikat ein Satz erzeugen lässt, betrachtet man in der Prädikatenlogik den Ausdruck etwas oder: ein, es gibt ein, einige, manche. Diese Wörter drücken eine Partikularisierung aus. Mit dem Wort „etwas“ können wir aus dem Prädikat „ist rot“ den Satz „Etwas ist rot“ erzeugen. Diesen Satz können wir auch in der Form „Es gibt (mindestens) ein Ding, für das gilt: es ist rot“ wiedergeben oder, wenn wir wieder Buchstaben statt Pronomina verwenden, in der Form „Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: x ist rot“. Wenn wir das Prädikat in symbolischer Form schreiben, erhalten wir den Satz „Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: F(x)“, und 88
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8.3 Der Existenzoperator
wenn wir für „Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt:“ den symbolischen Ausdruck ∃x verwenden, ergibt sich der symbolische Satz ∃x F(x). Das Symbol ∃ nennen wir Existenzoperator und die Ausdrücke ∃x, ∃y, ∃z, . . . Existenzquantoren. Wie oben ergibt sich also eine Folge von Ersetzungen, die von einem umgangssprachlichen Prädikat zu einem symbolischen Existenzsatz führen: 1. – ist rot. 2. Etwas ist rot. 3. Es gibt (mindestens) ein Ding, für das gilt: es ist rot. 4. Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: x ist rot. 5. Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: F(x). 6. ∃x F(x) Man kann wieder aus beliebigen Sätzen einer Symbolsprache neue Sätze erzeugen, indem man einen Namen durch eine Variable ersetzt und einen Existenzquantor mit derselben Variablen davorstellt. Die Klammer setzen wir dabei nach derselben Regel wie bei den Allquantoren. Mithilfe des Existenz- und Alloperators können wir folgende einfache Satzformen bilden: a) ∀x(F(x) → G(x)) – Für alle Dinge x gilt: wenn das Prädikat F auf x zutrifft, so trifft das Prädikat G auch auf x zu. Oder: Alle F sind G. b) ∀x(F(x) → ¬G(x)) – Für alle Dinge x gilt: wenn das Prädikat F auf x zutrifft, so trifft das Prädikat G nicht auf x zu. Oder: Alle F sind nicht G. Oder: Kein F ist ein G. c) ∃x(F(x) ∧ G(x)) – Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: das Prädikat F trifft auf x zu und das Prädikat G trifft auf x zu. Oder: Einige F sind G. d) ∃x(F(x) ∧ ¬G(x)) – Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: das Prädikat F trifft auf x zu und das Prädikat G trifft nicht auf x zu. Oder: Einige F sind nicht G. Instanzen dieser einfachen Satzformen sind: https://doi.org/10.5771/9783495860885
89 .
8 Namen, Prädikate und Quantoren
a0 ) Für alle Dinge x gilt: wenn das Prädikat „ist ein Mensch“ auf x zutrifft, so trifft auch das Prädikat „ist sterblich“ auf x zu – oder: Alle Menschen sind sterblich. b0 ) Für alle Dinge x gilt: wenn das Prädikat „ist ein Witwer“ auf x zutrifft, so trifft das Prädikat „ist verheiratet“ nicht auf x zu – oder: Alle Witwer sind nicht verheiratet, oder: Kein Witwer ist verheiratet. c0 ) Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: das Prädikat „ist ein Pfeifenraucher“ trifft auf x zu und das Prädikat „ist musikalisch“ trifft auf x zu – oder: Einige Pfeifenraucher sind musikalisch. d0 ) Es gibt (mindestens) ein Ding x, für das gilt: das Prädikat „ist ein Besucher“ trifft auf x zu und das Prädikat „ist angemeldet“ trifft nicht auf x zu – oder: Einige Besucher sind nicht angemeldet. Das sind einige einfache und sehr häufig gebrauchte Satzformen, die Quantoren enthalten. Diese vier Satzformen werden in der aristotelischen Schlusslehre, der Syllogistik, ausschließlich betrachtet, d. h. diese Logik untersucht nur Schlüsse zwischen Sätzen dieser Formen.
8.4
Mehrfaches Quantifizieren
In der prädikatenlogischen Symbolsprache lassen sich jedoch nicht nur einfache quantifizierte Sätze, sondern auch wesentlich kompliziertere Satzformen bilden, an denen sich die Überlegenheit der modernen gegenüber der traditionellen Logik deutlich erweist. Aus dem Satz G(a, b) entsteht durch Quantifizieren z. B. der Satz ∀x G(x, b). Nach derselben Methode – Ersetzen eines Namens durch eine Variable und Voranstellen eines All- oder Existenzquantors mit derselben Variablen – können wir aus diesem Satz den Satz ∃y ∀x G(x, y) erzeugen. Bei der Bildung mehrfach quantifizierter Sätze ist es wichtig, dass immer deutlich wird, welche Variable zu welchem Quantor gehört. Das ist z. B. der Fall bei dem Satz ∀x F(x) ∧ ∀x G(x), nicht aber bei 90
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8.4 Mehrfaches Quantifizieren
∀x ∃x G(x, x). Wenn hier G(x, y) für das Prädikat „x liebt y“ steht, ist nicht deutlich, ob mit diesem Satz gemeint ist, dass alle Leute jemanden lieben, oder dass alle Leute von jemand geliebt werden. Diese beiden Fälle muss man durch die Verwendung von zwei verschiedenen Variablen unterscheiden, d. h. durch die Sätze ∀x ∃y G(x, y) und ∀y ∃x G(x, y) wiedergeben. Daher wird man, wenn man aus einem Satz einen neuen bildet, indem man einen Namen durch eine Variable ersetzt und einen Quantor mit derselben Variablen davorstellt, immer fordern, dass diese Variable in dem ursprünglichen Satz nicht vorkommt. Dass sich in der modernen logischen Symbolik Sätze mit verschränkten Quantoren bilden lassen, in denen also ein Quantor vor einen Ausdruck gestellt wird, der selbst schon Quantoren enthält, erhöht den Ausdrucksreichtum dieser Symbolik ganz wesentlich. Erst mit dieser Symbolik kann man eine Fülle von Ausdrucksformen der Alltagssprache wie der wissenschaftlichen Terminologie analysieren: • • • •
Jeder liebt jeden – ∀x ∀y G(x, y) Jeder liebt jemanden – ∀x ∃y G(x, y) Jemand liebt jeden – ∃x ∀y G(x, y) Jemand liebt jemanden – ∃x ∃y G(x, y)
Betrachten wir z. B. diese vier Sätze; hier wird deutlich, dass man Quantoren benötigt, um den Bedeutungsunterschied der Sätze darzustellen, und wie diese Quantoren zu verwenden sind. An diese Beispiele können wir folgende Überlegung anknüpfen: Wenn jeder jeden liebt, so wird auch jeder von jedem geliebt und umgekehrt, d. h. es gilt der Satz ∀x ∀y G(x, y) ← → ∀y ∀x G(x, y). Wenn einer jemanden liebt, so wird auch jemand von jemandem geliebt und umgekehrt, d. h. es gilt der Satz ∃x ∃y G(x, y) ← → ∃y ∃x G(x, y). Zwei aufeinanderfolgende All- bzw. Existenzquantoren können also vertauscht werden, ohne dass sich dabei der Wahrheitswert des Satzes ändert. https://doi.org/10.5771/9783495860885
91 .
8 Namen, Prädikate und Quantoren
Wenn jemand jeden liebt, so wird jeder von jemandem geliebt, d. h. es gilt der Satz ∃x ∀y G(x, y) → ∀y ∃x G(x, y). Die Umkehrung dieses Satzes gilt hingegen nicht, denn der Satz, dass jeder von jemandem geliebt wird, ist z. B. auch dann wahr, wenn jeder nur sich selbst liebt. In diesem Falle ist aber der Satz, dass jemand jeden liebt, falsch. Diese drei Sätze sind einfache prädikatenlogische Gesetze, sie gelten unabhängig von der Interpretation des Prädikats G(x, y). Ein weiteres wichtiges prädikatenlogisches Gesetz können wir folgender Überlegung entnehmen: Wenn es ein Ding mit der Eigenschaft F gibt, so ist es nicht der Fall, dass alle Dinge nicht die Eigenschaft F haben, und umgekehrt gilt: Wenn es nicht der Fall ist, dass alle Dinge nicht die Eigenschaft F haben, so gibt es ein Ding mit der Eigenschaft F. Drücken wir die Eigenschaft F durch das Prädikat F aus, so erhalten wir das prädikatenlogische Gesetz (1)
∃x F(x) ← → ¬ ∀x ¬F(x).
Aufgrund dieses Satzes kann man den Existenzoperator durch den Alloperator definieren: ∃x A[x] := ¬ ∀x ¬A[x]. Es genügt also prinzipiell, in der Prädikatenlogik den Alloperator als neuen logischen Operator einzuführen. Setzen wir nun in dem aussagenlogisch wahren Satz (A ← → B) ← → (¬A ← → ¬B) ∃x F(x) für A und ¬ ∀x ¬F(x) für B, dann folgt der Satz ¬ ∃x F(x) ← → ¬¬ ∀x ¬F(x). Mithilfe des aussagenlogisch wahren Satzes ¬¬A ← →A ergibt sich schließlich, dass der Satz (2) 92
¬ ∃x F(x) ← → ∀x ¬F(x) https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
8.4 Mehrfaches Quantifizieren
prädikatenlogisch wahr ist. Setzen wir in (1) das Prädikat ¬F für F, und ziehen wir wieder ¬¬A ← → A heran, so folgt, dass der Satz (3)
∃x ¬F(x) ← → ¬ ∀x F(x)
prädikatenlogisch wahr ist. Entsprechend folgt aus (2) der prädikatenlogisch wahre Satz (4)
¬ ∃x ¬F(x) ← → ∀x F(x).
Wir wollen nun noch zwei Beispiele angeben, die die Verwendung mehrfacher Quantifizierungen verdeutlichen. Im Englischen gibt es eine Redensart, die lautet: You can fool all people some of the time and you can fool some people all of the time, but nobody can fool all people all of the time. Wenn F(x, y,t) für das Prädikat „x can fool y at time t“ steht und wir „you“ als generalisierenden Ausdruck auffassen, können wir diesen Satz durch folgenden symbolischen Ausdruck wiedergeben: ∀x ∀y ∃t F(x, y,t) ∧ ∀x ∃y ∀t F(x, y,t) ∧ ¬ ∃x ∀y ∀t F(x, y,t). In der mathematischen Analysis spielt der Begriff der Stetigkeit eine wesentliche Rolle. Eine (für reelle Zahlen erklärte) Funktion f heißt überall stetig, wenn es für jede Zahl ε > 0 eine Zahl δ > 0 gibt, so dass für alle Zahlen x und y mit |x − y| < δ gilt: | f (x) − f (y)| < ε: ∀x ∀ε (ε > 0 → ∃δ (δ > 0 ∧ ∀y (|x − y| < δ → | f (x) − f (y)| < ε))) . Die Definitionsbedingung nimmt in unserer symbolischen Schreibweise die angegebene Gestalt an. In ihr kommen also schon vier Quantoren vor.
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93 .
8 Namen, Prädikate und Quantoren
Übungsaufgaben Aufgabe 8-1. Übersetzen Sie folgende syllogistische Schlüsse in die prädikatenlogische Symbolsprache: (P1 ) (P2 )
Alle Menschen sind sterblich. Alle Griechen sind Menschen.
(K)
Alle Griechen sind sterblich.
(P1 ) (P2 )
Kein Fisch ist ein Säugetier. Alle Huftiere sind Säugetiere.
(K)
Kein Huftier ist ein Fisch.
Aufgabe 8-2. Übersetzen Sie die folgenden umgangssprachlichen Sätze in die prädikatenlogische Sprache: a) Alles ist vergänglich. b) Selig sind die Sanftmütigen. c) Fritz hat etwas verloren. d) Jeder Mensch betrügt sich selbst. e) Es ist nicht alles Gold, was glänzt. f) Alles, was Fritz interessiert, langweilt Hans. g) Für jede Handlung gibt es ein Motiv. h) Keine Regel ohne Ausnahme.
94
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9
Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
Bisher standen die Namen und Prädikate unserer prädikatenlogischen Sprache für Namen und Prädikate der Umgangssprache. Wie in der Aussagenlogik wollen wir nun diese Bestandteile eliminieren und eine in sich geschlossene Sprache der Prädikatenlogik aufbauen.
9.1
Syntax
Für die Syntax der prädikatenlogischen Sprache, nennen wir sie P , wählen wir zunächst ein bestimmtes Alphabet: Definition 9-1 (Alphabet von P ). Grundzeichen von P sind die Zeichen: a, x, F, 0 , ¬, →, ∀, ( und ). Jede endliche Reihe dieser Zeichen nennen wir einen Ausdruck von P. Nun legen wir fest, welche Ausdrücke Gegenstandskonstanten sein sollen; diese Gegenstandskonstanten sind die Zeichen, die wir später als Namen von Objekten interpretieren werden. Definition 9-2 (Gegenstandskonstanten von P ). (a) a ist eine Gegenstandskonstante von P . (b) Ist a eine Gegenstandskonstante von P , so auch a0 . (c) Gegenstandskonstanten von P sind nur Ausdrücke nach (a) und (b). Aufgrund dieser Regeln sind die Ausdrücke a, a0 , a00 , . . . Gegenstandskonstanten. In derselben Weise definieren wir die Gegenstandsvariablen, die wir benötigen, um All- und Existenzaussagen ausdrücken zu können. https://doi.org/10.5771/9783495860885
95 .
9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
Definition 9-3 (Gegenstandsvariablen von P ). (a) x ist eine Gegenstandsvariable von P . (b) Ist x eine Gegenstandsvariable von P , so auch x0 . (c) Gegenstandsvariablen sind nur Ausdrücke nach (a) und (b). Gegenstandsvariablen sind also die Ausdrücke der Folge x, x0 , Schließlich definieren wir die Prädikatkonstanten, die in der Anwendung Begriffe bedeuten werden. x00 , . . .
Definition 9-4 (Prädikatkonstanten von P ). (a) F ist eine Prädikatkonstante von P . (b) Ist F eine Prädikatkonstante, so auch F 0 . (c) Prädikatkonstanten von P sind nur Ausdrücke nach (a) und (b). Prädikatkonstanten sind also die Ausdrücke der Folge F, F0 , Für jede Prädikatkonstante von P legen wir eine Stellenzahl n ≥ 1 fest, und zwar so, dass es für jede Stellenzahl unendlich viele Prädikatkonstanten von P gibt. Zum Beispiel seien F und F0 einstellig, F00 sei zweistellig, und F000 sei dreistellig. Mithilfe der Gegenstandskonstanten, Gegenstandsvariablen und Prädikatkonstanten können wir nun die Sätze der Sprache P definieren. F00 , . . .
Definition 9-5 (Sätze von P ). (a) Ist F eine n-stellige Prädikatkonstante von P und sind a1 , . . . , an Gegenstandskonstanten von P , so ist F(a1 , . . . , an ) ein (Prim-) Satz von P . (b) Ist A ein Satz von P , so auch ¬A. (c) Sind A und B Sätze von P , so ist auch (A → B) ein Satz von P . (d) Ist A[a] ein Satz von P und ist x eine Gegenstandsvariable von P , die in A[a] nicht vorkommt, so ist ∀x A[x] ein Satz von P . Die Schreibweise A[a] und A[x] soll dabei Folgendes besagen: Ist A[∗] eine bestimmte endliche Folge von Grundzeichen von P und dem Symbol ∗, so soll A[a] derjenige Ausdruck sein, der aus A[∗] dadurch entsteht, dass man in A[∗] das Symbol ∗ überall, wo es vorkommt, durch den Ausdruck a ersetzt. Ist z. B. A[∗] der Ausdruck F(∗, a, ∗), so ist A[a] der Ausdruck F(a, a, a) und A[x] der Ausdruck F(x, a, x). In entsprechender Weise verstehen wir die Ausdrücke A[∗1 , . . . , ∗n ] und A[a1 , . . . , an ]. 96
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9.1 Syntax
Beispiele a) Die Ausdrücke F und F 0 seien einstellige Prädikatkonstanten und a eine Gegenstandskonstante; nach (a) sind dann F(a) und F 0 (a) Sätze von P ; nach (c) ist (F(a) → F 0 (a)) ein Satz von P . A[∗] sei gleich (F(∗) → F 0 (∗)), A[a] ist dann der Satz (F(a) → F 0 (a)); da die Gegenstandsvariable x in diesem Satz nicht vorkommt, ist nach (d) der Ausdruck ∀x A[x], d. h. ∀x(F(x) → F 0 (x)) ein Satz von P . Schließlich ist nach (b) ¬ ∀x(F(x) → F 0 (x)) ein Satz von P . b) Es sei F eine einstellige, F 000 eine dreistellige Prädikatkonstante. Folgende Ausdrücke sind dann Sätze von P: F(a0 ) ¬F(a0 ) F 000 (a, a0 , a) ∀x F 000 (x, a0 , a)
nach (a) nach (b) nach (a) nach (d); dabei ist A[∗] gleich F 000 (∗, a0 , a). 0 000 0 (¬F(a ) → ∀x F (x, a , a)) nach (c) ∀x0 (¬F(x0 ) → ∀x F 000 (x, x0 , a)) nach (d); dabei ist A[∗] gleich (¬F(∗) → ∀ x F 000 (x, ∗, a)); die Gegenstandsvariable x0 kommt in A[a0 ] nicht vor.
In der prädikatenlogischen Sprache P kommt nur der Alloperator, nicht hingegen der Existenzoperator als neues Grundzeichen vor. Wir haben aber schon nachgewiesen, dass ∃x F(x) und ¬ ∀x ¬F(x) logisch äquivalent sind; dieses Gesetz motiviert folgende Definition: ∃x A[x] := ¬ ∀x ¬A[x]. Wir fassen ∃x A[x] also als Abkürzung für den Satz ¬ ∀x ¬A[x] auf. Darüber hinaus definieren wir wie in der Aussagenlogik: A ∧ B := ¬(A → ¬B) A ∨ B := ¬A → B A← → B := (A → B) ∧ (B → A) Damit haben wir die Syntax der Sprache P als einer reinen Kunstsprache aufgebaut. https://doi.org/10.5771/9783495860885
97 .
9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
9.2
Semantik
Wir müssen nun noch die Semantik von P präzisieren und dabei insbesondere die Definition des Alloperators angeben. An die Stelle des Bewertungsbegriffes, der für die Semantik der Aussagenlogik grundlegend war, tritt dabei nun der Begriff der Interpretation. Einer Interpretation der Prädikatenlogik müssen wir einen Bereich von Gegenständen, der mindestens ein Objekt enthalten soll, zugrunde legen. Die Gegenstandskonstanten werden dann als Namen für Objekte dieses Gegenstandsbereichs und die Prädikatkonstanten als Umfänge von Begriffen, die sich auf diese Objekte beziehen, gedeutet. Unter dem Umfang eines einstelligen Begriffs (einer Eigenschaft) versteht man die Menge aller Objekte, die diese Eigenschaft haben. Der Umfang des Begriffs „Mensch“ ist also die Menge aller Menschen. Als Umfang einer n-stelligen Beziehung versteht man die Menge der Folgen von n Objekten, die zueinander in dieser Beziehung stehen. Der Umfang des Begriffs „kleiner als“ für natürliche Zahlen ist die Menge aller Zahlenpaare (x, y), für die gilt, dass x kleiner als y ist. Zu dieser Menge gehören z. B. die Zahlenpaare (1, 2), (1, 3), (2, 3), (2, 4) usf., nicht hingegen die Zahlenpaare (1, 1), (2, 1), (2, 2), (3, 2) usw. Eine Interpretation V der Prädikatenlogik über einem Gegenstandsbereich G ist also eine Vorschrift, die jeder Gegenstandskonstanten a ein Objekt V(a) aus G, jeder Prädikatkonstanten F den Umfang V(F) eines Begriffs und jedem Satz einen Wahrheitswert zuordnet, nach Maßgabe der nun zu diskutierenden Bedingungen. Betrachten wir ein Beispiel: Der Gegenstandsbereich G sei die Menge der natürlichen Zahlen, M sei die Teilmenge der geraden Zahlen und R sei die Menge aller Paare (x, y) von natürlichen Zahlen, für die x < y gilt. Die Interpretation V über der Menge G sei für die Gegenstandskonstanten a, a0 , a00 , . . . und die Prädikatkonstanten F0 und F00 wie folgt festgelegt: V(a) = 1, V(a0 ) = 2, V(a00 ) = 3 usw.; V(F0 ) = M und V(F00 ) = R. Wir zeichnen einen Primsatz F(a) als wahr aus, wenn das Objekt, das V der Gegenstandskonstanten a zuordnet, ein Element der Menge 98
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9.2 Semantik
ist, die V der Prädikatkonstanten F zuordnet, d. h.: V(F(a)) = w gdw. V(a) ∈ V(F). Aufgrund dieser Bestimmung ist z. B. im gewählten Beispiel V(F0 (a0 )) = w dann und nur dann, wenn V(a0 )∈V(F0 ), d. h. 2∈M gilt, wenn also 2 eine gerade Zahl ist. Wir können daraus schließen, dass V(F0 (a0 )) = w ist. Entsprechend folgt V(F0 (a)) = f, V(F0 (a00 )) = f, V(F0 (a000 )) = w usw. V(F00 (a, a00 )) = w gilt genau dann, wenn das Paar (V(a), V(a00 )) ein Element der Menge V(F00 ) ist (V(F00 ) ist eine Menge von geordneten Paaren); wenn also das Zahlenpaar (1, 3) in der Menge aller Paare (x, y) natürlicher Zahlen, für die x < y gilt, enthalten ist, d. h. wenn 1 < 3 gilt. Weil das zutrifft, gilt V(F00 (a, a00 )) = w. In derselben Weise ergibt sich V(F00 (a00 , a)) = f, V(F00 (a, a0 )) = w, V(F00 (a0 , a)) = f usw. Wir haben damit erläutert, was wir unter der Interpretation eines Primsatzes verstehen. Die Satzoperatoren ¬ und → deuten wir wie in der Aussagenlogik, d. h. es soll gelten: V(¬A) = w gdw. V(A) = f, und V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w. Wie interpretieren nun wir einen Allsatz ∀x F(x)? Wir werden ∀x F(x) den Wert w zuordnen, wenn der Begriff, den die Interpretation V der Prädikatkonstanten F zuordnet, auf alle Objekte des Gegenstandsbereichs zutrifft, d. h. wenn alle Objekte des Gegenstandsbereichs zum Umfang dieses Begriffs gehören. Diese Deutung können wir nun nicht durch folgende Bestimmung wiedergeben: V(∀x F(x)) = w gdw. für alle Gegenstandskonstanten a von P gilt: V(F(a)) = w. Denn es kann vorkommen, dass es aufgrund der Interpretation V nicht für jedes Objekt des Gegenstandsbereichs einen Namen gibt. Wenn das der Fall ist, kann V(F(a)) = w für alle Gegenstandskonstanten a https://doi.org/10.5771/9783495860885
99 .
9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
gelten und dennoch der Allsatz ∀x F(x) falsch sein. Ist z. B. G wieder die Menge der natürlichen Zahlen und M die Teilmenge der geraden Zahlen, und ist die Interpretation V für die Gegenstandskonstanten a, a0 , a00 , . . . und die Prädikatkonstante F0 wie folgt festgelegt: V(a) = 2, V(a0 ) = 4, V(a00 ) = 6, . . . und V(F0 ) = M, dann gilt zwar V(F0 (a)) = w für jede Gegenstandskonstante a. Dennoch trifft die nach V von F0 bezeichnete Eigenschaft nicht auf alle Objekte des Gegenstandsbereichs zu, d. h. ∀x F0 (x) ist bei der Interpretation V falsch. Wir gehen also besser von der evidenten Tatsache aus, dass genau dann alle Zahlen die Eigenschaft F haben, wenn n die Eigenschaft F hat – unabhängig davon, welche Zahl n ist. Ist also von Zahlen die Rede, so ist der Satz ∀x F(x) genau dann wahr, wenn der Satz F(n) wahr ist – egal welche Zahl n bezeichnet. Ist g ein Objekt des Gegenstandsbereichs, dann können wir eine b die g einen Namen zuordnet, durch folgende FestInterpretation V, b soll gleich V sein, bis auf die Interpretation setzung definieren: V b der Gegenstandskonstanten a, und es soll V(a) = g gelten. Für unser b wie folgt angeben: V b sei gleich V bis auf Beispiel können wir ein V b die Interpretation der Gegenstandskonstanten a und es sei V(a) = 1; b 0 (a)) = f. Da V und V b insbesondere in der Interpretation dann ist V(F der Prädikatkonstanten übereinstimmen, folgt daraus: Bezeichnet die Gegenstandskonstante a das Objekt 1, so trifft die von F0 nach V bezeichnete Eigenschaft nicht auf das durch a bezeichnete Objekt zu. Allgemein fordern wir: Ist a eine Gegenstandskonstante, so ist der Satz ∀x F(x) bei einer Interpretation wahr genau dann, wenn F(a) wahr ist, welches Objekt des Gegenstandsbereichs die Gegenstandskonstante a auch immer bezeichnet. Diese Bestimmung können wir durch folgende Definition präzisieren, wobei wir den Ausdruck a b= „V V“ als Abkürzung verwenden für den Satz „Die Interpretation b stimmt mit der Interpretation V überein bis auf höchstens die InterV pretation der Gegenstandskonstanten a“: a b mit V b= V(∀x F(x)) = w gdw. für alle Interpretationen V V b gilt: V(F(a)) = w.
Wir zeigen noch einmal, dass diese Definition adäquat ist: Wenn alle Objekte aus G (dem Grundbereich der Interpretation V) jene Ei100
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9.2 Semantik
genschaft haben, die der Prädikatkonstanten F durch die Interpretab zugeordnet wird – V und V b unterscheition V und damit auch durch V den sich ja nicht in der Interpretation der Prädikatkonstanten –, so gilt b V(F(a)) = w, welches Objekt aus G die Gegenstandskonstante a auch a b mit V b= b immer bezeichnet; d. h. es gilt für alle V V: V(F(a)) = w, und deshalb V(∀x F(x)) = w. Gibt es hingegen ein Objekt g aus G, das die nach V durch F ausgedrückte Eigenschaft nicht besitzt, so a b mit V b= b gibt es eine Interpretation V V, für die V(a) = g und deshalb b b mit V(F(a)) = f gilt. Dann gilt aber nicht für alle Interpretationen V a b b V = V: V(F(a)) = w, so dass also V(∀x F(x)) = f ist. Diese Erläuterungen können wir in folgender Definition zusammenfassen: Definition 9-6. Eine Interpretation V der Sprache P über dem Objektbereich G (der mindestens ein Objekt enthalten soll) ordnet jeder Gegenstandskonstanten a von P ein Objekt V(a) aus G zu und jeder n-stelligen Prädikatkonstanten F von P eine Menge V(F) von n-gliedrigen Folgen von Objekten aus G; sie ordnet ferner jedem Satz A von P einen Wahrheitswert V(A) zu, so dass gilt: (a) (b) (c) (d)
V(F(a1 , . . . , an )) = w gdw. (V(a1 ), . . . , V(an )) ∈ V(F) V(¬A) = w gdw. V(A) = f V(A → B) = w gdw. V(A) = f oder V(B) = w b V(∀x A[x]) = w gdw. für alle Interpretationen V a b b mit V = V gilt: V(A[a]) = w
Hierbei sei a in (d) eine beliebige Gegenstandskonstante, die in ∀x A[x] nicht vorkommt. Es besagt dann die Bedingung (a), dass ein Primsatz der Gestalt F(a1 , . . . , an ) dann und nur dann wahr ist, wenn die Folge der Objekte, die durch die Gegenstandskonstante a1 , . . . , an bezeichnet werden, zum Umfang des Begriffes gehört, der durch die Prädikatkonstante F ausgedrückt wird, d. h. genau dann, wenn die durch a1 , . . . , an bezeichneten Objekte in der durch F ausgedrückten Beziehung zueinander stehen. Die Bedingungen (b) und (c) treffen für die Satzoperatoren ¬ und → die uns schon bekannten Festsetzungen. Die Bedinhttps://doi.org/10.5771/9783495860885
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9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
gung (d) endlich besagt, dass ein Satz der Gestalt ∀x A[x] wahr ist genau dann, wenn das Prädikat A[x] auf alle Objekte aus G zutrifft. Die Wahl der Gegenstandskonstante a in (d) spielt keine Rolle, sofern a nicht in ∀x A[x] vorkommt. Die letztere Bedingung ist jedoch wesentlich. Denn es folgt zwar, dass der Satz ∀x F(x, a) wahr ist, wenn der Satz F(b, a) wahr ist, unabhängig davon, welches Objekt aus G b bezeichnet; aber ∀x F(x, a) braucht nicht wahr zu sein, wenn der Satz F(a, a) wahr ist, unabhängig davon, welches Objekt a bezeichnet. Gilt: b liebt a, wer immer b sei, so folgt daraus, dass jeder a liebt. Gilt hingegen: a liebt a, wer immer a sei, so folgt daraus nur, dass jeder sich selbst liebt, also ∀x F(x, x), nicht hingegen, dass jeder a liebt, d. h. ∀x F(x, a).
9.3
Prädikatenlogische Wahrheit und Gültigkeit
Der Begriff der Interpretation tritt in der Prädikatenlogik an die Stelle des aussagenlogischen Begriffs der Bewertung; mit seiner Hilfe können wir die Begriffe der prädikatenlogischen Wahrheit von Sätzen und der prädikatenlogischen Gültigkeit von Schlüssen definieren. Wir müssen nur in den entsprechenden aussagenlogischen Definitionen das Wort „Bewertung“ durch „Interpretation“ ersetzen: Definition 9-7. a) Eine Interpretation V erfüllt einen Satz A genau dann, wenn V(A) = w gilt. b) Ein Satz ist prädikatenlogisch wahr genau dann, wenn alle Interpretationen ihn erfüllen. c) Ein Schluss A1 , . . . , An ⇒ B ist prädikatenlogisch gültig, wenn jede Interpretation, die alle Prämissen A1 , . . . , An erfüllt, auch die Konklusion B erfüllt. Jeder aussagenlogisch wahre Satz ist auch prädikatenlogisch wahr, da die Definition der Interpretationen die Definition der Satzoperatoren enthält, aber nicht umgekehrt. Entsprechendes gilt für die aussagenlogisch bzw. prädikatenlogisch gültigen Schlüsse: Jeder aussagenlogisch gültige Schluss ist auch prädikatenlogisch gültig, aber nicht umgekehrt. Die Aussagenlogik ist also in der Prädikatenlogik 102
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9.4 Grundlegende semantische Theoreme
enthalten, die Prädikatenlogik aber ist eine stärkere Theorie, d. h. sie zeichnet mehr Sätze bzw. Schlüsse als logisch wahr bzw. als logisch gültig aus als die Aussagenlogik.
9.4∗
Grundlegende semantische Theoreme
Für den Umgang mit dem Interpretationsbegriff sind folgende beiden Theoreme besonders wichtig. Das erste Theorem lautet: Theorem 9-8 (Koinzidenztheorem). Gilt für Interpretationen V a und V0 V = V0 und kommt die Gegenstandskonstante a in einem Satz A von P nicht vor, so gilt V(A) = V0 (A). Wir beweisen dieses Theorem durch Induktion nach dem Grad des Satzes A. Als Grad eines Satzes A bezeichnen wir dabei die Anzahl der Vorkommnisse von logischen Operatoren in A. Induktive Beweise sind Ihnen aus der Mathematik geläufig. Um z. B. zu zeigen, dass alle Zahlen 0, 1, 2, . . . eine Eigenschaft E haben, zeigt man zunächst, dass 0 diese Eigenschaft hat, und man zeigt dann, dass eine beliebige Zahl n > 0 die Eigenschalt E hat, wenn n − 1 – oder auch: wenn alle Zahlen < n – die Eigenschaft E haben. Daraus ergibt sich dann: 0 hat die Eigenschaft E, also auch die nächstgrößere Zahl 1, also auch 2, also auch 3 usw. Das heißt, alle Zahlen haben die Eigenschaft E. Beweis: Wir zeigen also zunächst, dass unser Theorem für die Sätze vom Grad 0, d. h. für die Primsätze von P gilt: Das ist aber trivial, weil nach der Definitionsbedingung (a) der Interpretation (Def. 9-6) der Wahrheitswert von Primformeln nur von der Interpretation der in ihnen vorkommenden Konstanten abhängt. Sei nun n eine beliebige Zahl und sei ferner das Theorem schon für alle Sätze mit Grad < n bewiesen. Dann gilt das Theorem auch für die Sätze A vom Grad n. Denn hat A die Gestalt ¬B, so gilt nach Voraussetzung V(B) = V0 (B), da B den Grad n − 1 hat, nach (b) gilt also V(¬B) = V0 (¬B). Hat A die Gestalt B→C, so gilt nach Voraussetzung V(B) = V0 (B) und V(C) = V0 (C), da B und C jeweils vom Grad < n sind, also nach (c) auch V(B →C) = V0 (B →C). https://doi.org/10.5771/9783495860885
103 .
9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
Hat A endlich die Gestalt ∀x B[x] und ist V(∀x B[x]) = f, dann gibt b b mit V b= b es nach (d) eine Interpretation V V und V(B[b]) = f – wobei b eine (beliebige) von a verschiedene Gegenstandskonstante ist, die b0 in ∀x B[x] nicht vorkommt. Definieren wir nun eine Interpretation V b a b0 b0 = b0 (b) = V(b), b b= durch V V0 und V so gilt V V , d. h. wir können b0 statt auf b und V unsere Voraussetzungen auf die Interpretationen V 0 0 b b V und V anwenden und erhalten so V(B[b]) = V (B[b]) = f, da B[b] b b0 mit V b0 = vom Grad n − 1 ist. Es gibt dann also eine Interpretation V b0 (B[b]) = f, d. h. nach (d) gilt V0 (∀x B[x]) = f. Ebenso zeigt V0 und V man, dass aus V0 (∀x B[x]) = f auch V(∀x B[x]) = f folgt, d. h. es gilt V(∀x B[x]) = V0 (∀x B[x]). Damit ist das Koinzidenztheorem bewiesen. C
Intuitiv besagt das Koinzidenztheorem einfach, dass die Deutung eines Satzes nur abhängt von der Deutung der Konstanten, die im Satz vorkommen, und dem Objektbereich, über dem der Satz interpretiert wird. Das zweite Theorem ist das Theorem 9-9 (Überführungstheorem). Gilt für Interpretationen a V0 und V von P V0 = V und V0 (a) = V(b), so gilt V0 (A[a]) = V(A[b]), für jeden Satz A[a], für den die Gegenstandskonstante a nicht in dem Satz A[b] vorkommt. Beweis: Auch diese Behauptung beweisen wir durch Induktion nach dem Grad des Satzes A[a], wobei wir uns wieder auf die Definition 9-6 beziehen. Ist A[a] vom Grad 0, ist also A[a] eine Primformel, z. B. der Gestalt F(a, b, c) (für von a verschiedene Gegenstandskonstanten b und c), so gilt nach (a): V0 (F(a, b, c)) = w gdw. (V0 (a), V0 (b), V0 (c)) ∈ V0 (F). a
Wegen V0 =V ist nun V0 (b) = V(b), V0 (c) = V(c) und V0 (F) = V(F), wegen V0 (a) = V(b) gilt also V0 (F(a, b, c)) = w genau dann, wenn (V(b), V(b), V(c)) ∈ V(F), d. h. genau dann, wenn V(F(b, b, c)) = w. 104
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9.4 Grundlegende semantische Theoreme
Es sei die Behauptung für alle Sätze A[a] vom Grad < n bewiesen und der Grad von A[a] sei nun n. Hat dann A[a] die Gestalt ¬B[a] oder B[a] →C[a], so erhält man die Behauptung in einfacher Weise aus der Induktionsvoraussetzung. Hat A[a] die Gestalt ∀x B[x, a] und gilt V0 (∀x B[x, a]) = f, so gibt c 0 b0 mit V b0 = b0 (B[c, a]) = f (woes nach (d) eine Interpretation V V und V bei c eine von a und b verschiedene Gegenstandskonstante ist, die in c b durch V b= ∀x B[x, a] nicht vorkommt). Definiert man nun V V und a b0 b0 (c), so gilt V b0 (a), b b b= V(c) =V V und V(b) = V(b) = V0 (a) = V also nach der Voraussetzung, die wir nun auf die beiden Interpreb0 und V b anwenden können, V(B[c, b tationen V b]) = f. Es gibt also c b b b eine Interpretation V mit V = V und V(B[c, b]) = f, d. h. nach (d) gilt V(∀x B[x, b]) = f. Ebenso erhält man aus V(∀x B[x, b]) = f auch V0 (∀x B[x, a]) = f. Es gilt also V0 (∀x B[x, a]) = V(∀x B[x, b]). C Mit diesen beiden Theoremen können wir nun folgende Folgerungen beweisen: Korollar 9-10. Alle Sätze der Form ∀x A[x] → A[a] sind prädikatenlogisch wahr, wobei a eine beliebige Gegenstandskonstante ist. Beweis: Ist V eine beliebige Interpretation mit V(A[a]) = f, so gilt – wenn b eine beliebige Gegenstandskonstante ist, die in ∀x A[x] nicht b b eine Interpretation ist mit V b =V b vorkommt, und V und V(b) = V(a) – b nach dem Überführungstheorem V(A[b]) = f. Es gibt dann also eine b b mit V b= b Interpretation V V und V(A[b]) = f, so dass nach (d) gilt V(∀x A[x]) = f. Es kann also nicht sein, dass V den Satz ∀x A[x] erfüllt, nicht aber den Satz A[a]. Das heißt, jede Interpretation erfüllt den Satz ∀x A[x] → A[a]. C Korollar 9-11. Ist A → B[a] ein prädikatenlogisch wahrer Satz, so auch A → ∀x B[x], sofern die Gegenstandskonstante a in diesem letzteren Satz nicht vorkommt. Beweis: Ist der letztere Satz nicht prädikatenlogisch wahr, so gibt es eine Interpretation V, die A erfüllt, aber nicht ∀x B[x], d. h. es gibt a b mit V b= dann eine Interpretation V V (a kommt nach Voraussetzung https://doi.org/10.5771/9783495860885
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9 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik
b nicht in ∀x B[x] vor), für die gilt V(B[a]) = f. Es gilt aber nach dem b Koinzidenztheorem V(A) = V(A) = w, da a nach Voraussetzung nicht b erfüllt somit den Satz A → B[a] nicht. Wenn es in A vorkommt. V also eine Interpretation gibt, die den zweiten Satz nicht erfüllt, so gibt es auch eine Interpretation, die den ersten Satz nicht erfüllt. Durch Kontraposition erhalten wir daraus die Behauptung. C Mithilfe dieser beiden Sätze werden wir im Folgenden den aussagenlogischen Kalkül Kal zu einer axiomatischen Theorie der Prädikatenlogik erweitern.
Übungsaufgaben Aufgabe 9-1. Bestimmen Sie mithilfe der Definition des Existenzoperators ∃x A[x] := ¬ ∀x ¬A[x] und der Interpretationsregeln für die Negation und den Alloperator die Interpretationsregel für den Existenzoperator. Aufgabe 9-2. Beweisen Sie, dass die Schlüsse a) ∀x(A[x] → B[x]) ⇒ ∀x A[x] → ∀x B[x] b) ∀x(A[x] → B[x]) ⇒ ∃x A[x] → ∃x B[x] prädikatenlogisch gültig sind. Aufgabe 9-3. Weisen Sie nach, dass folgende Sätze gelten: a) Alle Sätze der Form A[a] → ∃x A[x] sind prädikatenlogisch wahr. b) Ist A[a] → B ein prädikatenlogisch wahrer Satz, so auch ∃x A[x] → B, sofern die Gegenstandskonstante a im letzten Satz nicht vorkommt.
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10
Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
Im Gegensatz zu den entsprechenden aussagenlogischen Begriffen existiert für die Begriffe der prädikatenlogischen Wahrheit von Sätzen und der prädikatenlogischen Gültigkeit von Schlüssen kein Entscheidungsverfahren. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass es gelingt, widerspruchsfreie und vollständige axiomatische Theorien der Prädikatenlogik zu konstruieren. Einen Kalkül dieser Art, wir nennen ihn Kpl , charakterisieren wir durch folgende Axiome und Regeln. Axiome von Kpl sind alle Sätze von P der Gestalt: (A1) A → (B → A) (A2) (A → (B →C)) → ((A → B) → (A →C)) (A3) (¬A → ¬B) → (B → A) (A4) ∀x A[x] → A[a] Deduktionsregeln von Kpl sind die Regeln: (R1) Aus Sätzen A und A → B kann man den Satz B gewinnen. (R2) Aus einem Satz A → B[a] kann man den Satz A → ∀x B[x] gewinnen, wenn die Gegenstandskonstante a in der Konklusion dieser Regel nicht vorkommt. Die ersten drei Axiomenschemata sind aus der Aussagenlogik übernommen; das vierte Axiomenschema ist ein spezifisch prädikatenlogisches Axiom. Die erste Regel ist die bekannte Regel der Aussagenlogik; für die zweite, prädikatenlogische Regel haben wir schon bewiesen, dass sie von prädikatenlogisch wahren Sätzen wieder zu prädikatenlogisch wahren Sätzen führt. Diese Regel nennt man auch die Regel der hinteren Generalisierung, denn sie erlaubt unter bestimmten Bedingungen die Einführung eines Allquantors im Hintersatz einer Implikation. Sie sehen, dass der Kalkül Kpl der Prädikatenlogik alle Axiome und Regeln des Kalküls der Aussagenlogik enthält, darüber hinaus https://doi.org/10.5771/9783495860885
107 .
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
jedoch noch ein weiteres Axiom und eine zusätzliche Regel. Der prädikatenlogische Kalkül Kpl ist also eine Erweiterung des aussagenlogischen Kalküls Kal . Der Beweis- und der Ableitungsbegriff für den Kalkül Kpl werden analog definiert wie für den aussagenlogischen Kalkül Kal : Ein Beweis im Kalkül Kpl ist eine endliche Folge von Sätzen, wobei jeder Satz ein Axiom ist oder aus in der Folge vorausgehenden Sätzen durch Anwendung einer der beiden Regeln hervorgeht. In einer Ableitung aus bestimmten Annahmeformeln können darüber hinaus noch diese Annahmeformeln vorkommen. Wir wollen gleich ein einfaches Beispiel für einen Beweis geben. ` ∀x A[x] → ∀y A[y] Beweis: Wähle eine Gegenstandskonstante a, welche in ∀x A[x] nicht vorkommt. Dann kommt a also auch nicht in dem Satz ∀x A[x] → ∀y A[y] vor. Wir können dann wie folgt schließen: Theorem (TP1).
1. ∀x A[x] → A[a]
A4
2. ∀x A[x] → ∀y A[y] R2: 1; s. Vorbemerkung
C
Dieses Theorem besagt, dass es nicht auf die Wahl der Variablen in den Quantoren ankommt. Das ergibt sich auch schon in der prädikatenlogischen Semantik aus dem Koinzidenztheorem. Als Beispiel einer Ableitungsbeziehung beweisen wir in Kpl das Theorem (TP2).
A[a] ` ∀x A[x], falls a in ∀x A[x] nicht vorkommt.
Beweis: Wähle einen beliebigen Satz B, in dem die Gegenstandskonstante a nicht vorkommt. Somit kommt a auch nicht in dem Satz (B → B) → ∀x A[x] vor. Wir schließen so: 1. A[a]
Annahmeformel
2. A[a] → ((B → B) → A[a]) A1
108
3. (B → B) → A[a]
R1: 1, 2
4. (B → B) → ∀x A[x]
R2: 3
5. B → B
a. l. Theorem
6. ∀x A[x]
R1: 4, 5
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
Definition 10-1. Ist C1 , . . . ,Cn eine Satzfolge, die eine Ableitung H in Kpl des Satzes B aus Annahmeformeln A1 , . . . , Am darstellt, so heißt Ci (i = 1, . . . , n) in H von einer Annahmeformel Ak (k = 1, . . . , m) abhängig, wenn Ci = Ak ist oder wenn Ci Konklusion einer Anwendung von (R1) oder (R2) ist mit Prämissen, von denen eine in H von Ak abhängig ist. Untersuchen wir, welche Sätze unserer Ableitung im Beweis von (TP2) von der Annahmeformel A[a] abhängig sind! Dies ist erstens die Annahmeformel A[a] selbst; denn die erste Definitionsbedingung war, dass ein Satz von einer bestimmten Annahmeformel abhängt, wenn er mit dieser Annahmeformel übereinstimmt. Abhängig von A[a] ist ferner der dritte Satz; denn er ergibt sich aus der Anwendung der Regel (R1) auf Prämissen, von denen eine, nämlich A[a], von der Annahmeformel abhängig ist. Auch der Satz in der vierten Zeile ist von der Annahmeformel abhängig; denn er ergibt sich aus dem abhängigen Satz der dritten Zeile durch Anwendung der Regel (R2). Schließlich ist der Satz ∀x A[x] von der Annahmeformel abhängig; denn er ist die Konklusion einer Anwendung von (R1) auf Prämissen, von denen eine, der Satz der vierten Zeile, von der Annahmeformel abhängt. Die Sätze der zweiten und der fünften Zeile sind dagegen nicht von der Annahmeformel abhängig. An diesen Begriff anknüpfend definieren wir, unter welchen Bedingungen eine Gegenstandskonstante für eine Annahmeformel „eliminiert“ wird. Definition 10-2. Eine Gegenstandskonstante a wird in einer Ableitung H für eine Annahmeformel Ak eliminiert, wenn a in Ak vorkommt und H eine Anwendung von (R2) auf einen in H von Ak abhängigen Satz Ci enthält, bei der a durch eine Variable ersetzt wird. Wird in H für eine Annahmeformel eine Gegenstandskonstante a eliminiert, so schreiben wir dafür auch: A1 , . . . , An `a B. Wird in H für keine Annahmeformel eine Gegenstandskonstante eliminiert, so deuten wir das so an: A1 , . . . , An `0 B. In unserer Ableitung wird die Gegenstandskonstante a für die Annahmeformel A[a] eliminiert, denn die Annahmeformel enthält diese Gegenstandskonstante und die Ableitung enthält in der vierten Zeile https://doi.org/10.5771/9783495860885
109 .
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
eine Anwendung der Regel (R2), bei der diese Gegenstandskonstante durch eine Variable ersetzt wird. Dabei wird (R2) auf einen Satz angewendet, der von der Annahmeformel abhängig ist. Wir können das Theorem (TP2) informativer also auch so ausdrücken: A[a] `a ∀x A[x]. Auch im Kalkül Kpl gilt unter bestimmten Voraussetzungen das Deduktionstheorem: Theorem 10-3 (Deduktionstheorem). Wenn im Kalkül Kpl aus Annahmeformeln A1 , . . . , An der Satz B so ableitbar ist, dass für die Annahmeformel An keine Gegenstandskonstante eliminiert wird, so gilt in Kpl auch die Ableitungsbeziehung A1 , . . . , An−1 ` An → B. Beweis: Den Beweis führt man wie den Beweis des aussagenlogischen Deduktionstheorems (siehe Theorem 6-3). Man muss nur als neuen Fall berücksichtigen, dass sich der Satz Ci der i-ten Zeile durch eine Anwendung der Regel (R2) auf die Formel C j = D → E[a] ergibt, d. h. Ci gleich der Formel D → ∀x E[x] ist, wobei die Gegenstandskonstante a in Ci nicht vorkommt. Die entsprechenden Sätze in H 0 haben dann die Form An → (D → E[a]) und An → (D → ∀x E[x]). Wir müssen zwei Fälle unterscheiden: (α) Die Gegenstandskonstante a kommt in An nicht vor. Dann ergänzen wir H 0 durch folgende Sätze: An → (D → E[a]) An ∧ D → E[a]
a. l.
An ∧ D → ∀x E[x]
R2
An → (D → ∀x E[x])
a. l.
Der Satz An ∧ D → E[a] folgt aussagenlogisch aus dem Satz An → (D → E[a]); eine Anwendung von (R2) ergibt An ∧ D → ∀x E[x]; daraus folgt wieder aussagenlogisch An → (D → ∀x E[x]). (β ) Die Gegenstandskonstante a kommt in An vor. Dann ist nach Voraussetzung D → E[a] nicht von An abhängig; es gibt also 110
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
eine Ableitung H 00 von D → E[a] aus den Annahmeformeln A1 , . . . , An−1 . Diese Ableitung ergänzen wir in folgender Weise: D → E[a] D → ∀x E[x]
R2
(D → ∀x E[x]) → (An → (D → ∀x E[x]))
A1
An → (D → ∀x E[x])
R1
Die dritte Zeile ist ein Axiom nach (A1); aus der zweiten und der dritten Zeile folgt An → (D → ∀x E[x]) nach (R1). Damit haben wir das Deduktionstheorem für die Prädikatenlogik bewiesen. C
Für den Vollständigkeitsbeweis im nächsten Kapitel benötigen wir die folgenden beiden Theoreme: Theorem (TP3). A[a] →C `a ∃x A[x] →C, sofern die Gegenstandskonstante a in der Konklusion ∃x A[x] →C nicht vorkommt. Beweis: Weil a in dem Satz ∃x A[x] → C, d. h. nach Definition von ∃x A[x] in dem Satz ¬ ∀x ¬A[x] →C nicht vorkommt, kommt a auch in dem Satz ¬C → ∀x ¬A[x] nicht vor. 1. A[a] →C
Annahmeformel
2. ¬C → ¬A[a]
a. l. aus 1
3. ¬C → ∀x ¬A[x] R2: 2 4. ∃x A[x] →C
C
a. l. aus 3
Theorem (TP4). ` (∀x A[x] →C) → ∃x(A[x] →C), wenn die Variable x in C nicht vorkommt. Beweis: Wir zeigen: ∀x ¬(A[x] →C) `0 ¬(∀x A[x] →C). Mit dem Deduktionstheorem erhalten wir: ` ∀x ¬(A[x] → C) → ¬(∀x A[x] → C). Und daraus ergibt sich aussagenlogisch dann das Theorem (TP4). Für https://doi.org/10.5771/9783495860885
111 .
10 Eine axiomatische Theorie der Prädikatenlogik
die folgende Ableitung sei a eine beliebige Gegenstandskonstante, die in ∀x A[x] nicht vorkommt. 1. ∀x ¬(A[x] →C)
Annahmeformel
2. ∀x ¬(A[x] →C) → ¬(A[a] →C)
A4
3. ¬(A[a] →C)
R1: 1, 2
4. ¬(A[a] →C) → A[a]
a. l. Theorem
5. ¬(A[a] →C) → ¬C
a. l. Theorem
6. A[a]
R1: 3, 4
7. ¬C
R1: 3, 5
8. ∀x A[x]
TP2: 6; siehe Vorbem.
9. ∀x A[x] → (¬C → ¬(∀x A[x] →C)) a. l. Theorem 10. ¬C → ¬(∀x A[x] →C)
R1: 8, 9
11. ¬(∀x A[x] →C)
R1: 7, 10
C
Für den Beweis weiterer Theoreme siehe den Anhang A.2 (Beweise).
Übungsaufgaben Aufgabe 10-1. Weisen Sie nach, dass im Kalkül Kpl folgende Sätze beweisbar sind! Aussagenlogische Folgerungsbeziehungen können dabei angewendet werden, ohne dass sie in Kpl explizit bewiesen werden. (Dass alle aussagenlogischen Folgerungsbeziehungen in Kpl beweisbar sind, folgt daraus, dass der Kalkül Kal aussagenlogisch vollständig ist und dass Kal eine Teiltheorie von Kpl ist.) a) ` A[a] → ∃x A[x] b) ∀x(A → B[x]) ` (A → ∀x B[x]), wenn die Gegenstandsvariable x in A nicht vorkommt. c) ∀x(A[x] → B[x]) ` ∀x A[x] → ∀x B[x] 112
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Übungsaufgaben
Aufgabe 10-2. Beweisen Sie folgende Metatheoreme: a) Aus ` A[a] → B folgt ` ∃x A[x] → B, wenn die Gegenstandskonstante a in ∃x A[x] → B nicht vorkommt. b) Aus A `0 B[a] folgt A `0 ∀x B[x], wenn die Gegenstandskonstante a in A und ∀x B[x] nicht vorkommt. c) Aus A[a] `0 B folgt ∃x A[x] `0 B, wenn die Gegenstandskonstante a in ∃x A[x] und B nicht vorkommt.
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113 .
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11
Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik
Um zu zeigen, dass der Kalkül Kpl eine adäquate Theorie des prädikatenlogischen Schließens ist, weisen wir nach, dass Kpl widerspruchsfrei und vollständig ist.
11.1
Widerspruchsfreiheit
Satz 11-1 (Widerspruchsfreiheit von Kpl ). Kpl ist prädikatenlogisch widerspruchsfrei, d. h. in Kpl sind nur prädikatenlogisch wahre Sätze beweisbar. Beweis: Dazu zeigen wir wieder, dass alle Axiome von Kpl prädikatenlogisch wahre Sätze sind – das haben wir für die Axiome nach (A4) im Abschnitt 9.4 schon bewiesen – und für die Axiome nach (A1) bis (A3) folgt das daraus, dass diese Sätze aussagenlogisch wahr sind, aussagenlogisch wahre Sätze aber auch prädikatenlogisch wahr sind. Ferner ist zu zeigen, dass die Regeln (R1) und (R2) aus prädikatenlogisch wahren Sätzen immer nur wieder prädikatenlogisch wahre Sätze erzeugen. Für (R1) ist das trivial, denn jede Interpretation, die A und A → B erfüllt, erfüllt auch B. Wenn also alle Interpretationen sowohl A wie A → B erfüllen, erfüllen auch alle Interpretationen den Satz B. Für (R2) haben wir die Behauptung ebenfalls im Abschnitt 9.4 bewiesen. C Im System Kal gilt der Satz, dass aus A1 , . . . , An ` B die aussagenlogische Gültigkeit des Schlusses A1 , . . . , An ⇒ B folgt. Ein entsprechender Satz gilt für das System Kpl nicht, wie das Beispiel des Theorems (TP2) zeigt. Ist z. B. V eine Interpretation über dem Bereich der beiden Zahlen {0, 1}, die der Gegenstandskonstanten a die Zahl 0 und der Prädikatkonstanten F die Menge {0}, die nur die 0 enthält, zuordnet, so gilt V(F(a)) = w, aber V(∀x F(x)) = f, da es eine b b mit V b= b b Interpretation V V und V(b) = 1 gibt, so dass V(F(b)) =f https://doi.org/10.5771/9783495860885
115 .
11 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik
ist. Das heißt, es gilt zwar die Ableitungsbeziehung F(a) `a ∀x F(x), der Schluss F(a) ⇒ ∀x F(x) ist jedoch nicht prädikatenlogisch gültig. Hingegen gilt: Korollar 11-2. Ist A1 , . . . , An `0 B in Kpl beweisbar, so ist der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B prädikatenlogisch gültig. Beweis: Aus A1 , . . . , An `0 B folgt durch n-malige Anwendung des Deduktionstheorems ` A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ), so dass dieser Satz prädikatenlogisch wahr ist. Dann ist aber auch der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B prädikatenlogisch gültig. C
11.2∗
Vollständigkeit
Dass Kpl ein prädikatenlogisch vollständiges System ist, heißt, dass jeder prädikatenlogisch wahre Satz in Kpl beweisbar ist. Diese Eigenschaft von Kpl beweisen wir nach dem gleichen Schema wie früher die aussagenlogische Vollständigkeit des Systems Kal . Dabei wollen wir aber nun eine Satzmenge Σ als konsistent ansprechen, wenn nicht gilt: Σ `0 ¬(A → A) für irgendeinen Satz A. Ferner tritt dadurch eine Komplikation ein, dass wir Interpretationen nicht wie Bewertungen bezüglich beliebiger maximal konsistenter Satzmengen definieren können, sondern nur bezüglich normaler maximal konsistenter Mengen: Definition 11-3. Eine Satzmenge Σ heißt normal, wenn der Satz ∀x A[x] immer dann in Σ enthalten ist, falls für jede Gegenstandskonstante b der Satz A[b] in Σ enthalten ist. Es gilt nun: Lemma 11-4. Ist der Satz A nicht in Kpl beweisbar, so ist die Menge {¬A}, die nur den Satz ¬A enthält, konsistent. 116
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11.2 Vollständigkeit
Lemma 11-5. Zu jeder konsistenten Satzmenge Σ, in der unendlich viele Gegenstandskonstanten nicht vorkommen, gibt es eine normale maximal konsistente Menge Σ∗ , die alle Sätze aus Σ enthält. Lemma 11-6. Zu jeder normalen maximal konsistenten Menge Σ∗ gibt es eine Interpretation, die genau die Sätze aus Σ∗ erfüllt. Dann gilt wieder: Ist A nicht in Kpl beweisbar, so gibt es eine Interpretation, die ¬A erfüllt, A also nicht erfüllt, so dass A nicht prädikatenlogisch wahr ist. Ist also A prädikatenlogisch wahr, so ist A in Kpl beweisbar. Wir haben beim Vollständigkeitsbeweis für den Kalkül Kal das Lemma 11-4 bereits bewiesen. Da die Axiome und Deduktionsregeln von Kal auch solche von Kpl sind, gilt der Satz auch für Kpl . Wir beweisen nun den zweiten Hilfssatz und folgen dabei einem Gedanken von L EON H ENKIN. (Die Vollständigkeit der Prädikatenlogik wurde zuerst von K URT G ÖDEL 1930 bewiesen.) Beweis (Lemma 11-5): Es sei A1 , A2 , . . . eine Abzählung der Sätze von P und a1 , a2 , . . . eine Abzählung der Gegenstandskonstanten von P . Wir setzen Σ0 = Σ. Σn+1 sei die Satzmenge Σn , erweitert um den Satz B[a] → ∀x B[x], wenn der Satz An+1 die Gestalt ∀x B[x] hat – a sei dabei die erste Gegenstandskonstante der Folge a1 , a2 , . . . , die weder in An+1 noch in den Sätzen aus Σn vorkommt. Hat An+1 nicht die Gestalt ∀x B[x], so setzen wir Σn+1 = Σn . Es sei dann Σ0 die Menge, die jeden Satz enthält, der in einer der Mengen Σi (i = 1, 2, . . . ) enthalten ist und die nur solche Sätze enthält. Σ0 ist konsistent, denn jede der Mengen Σ0 , Σ1 , . . . ist konsistent. Für Σ0 gilt das nach Voraussetzung, und gilt es für Σn , so auch für Σn+1 . Denn wenn Σn+1 inkonsistent wäre, so auch schon Σn : Ist Σn+1 = Σn , so ist diese Behauptung trivial; ist Σn+1 die Satzmenge Σn erweitert um B[a] → ∀x B[x], so gilt: (1)
Σn , B[a] → ∀x B[x] `0 ¬(C →C)
– nach Annahme ist Σn+1 inkonsistent (wähle hierbei C so, dass die Gegenstandskonstante a in C nicht vorkommt). Mit dem Deduktionstheorem erhalten wir aus (1): (2)
Σn `0 (B[a] → ∀x B[x]) → ¬(C →C). https://doi.org/10.5771/9783495860885
117 .
11 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik
Hieraus folgt mit Theorem (TP3): (3)
Σn `0 ∃y(B[y] → ∀x B[x]) → ¬(C →C).
Mit Theorem (TP4) erhalten wir: (4)
Σn `0 (∀y B[y] → ∀x B[x]) → ¬(C →C).
Mit Regel (R1) folgt dann: (5)
Σn , ∀y B[y] → ∀x B[x] `0 ¬(C →C).
Schließlich folgt hieraus mit Theorem (TP1): (6)
Σn `0 ¬(C →C),
d. h. Σn ist inkonsistent. Sind aber alle Σn (n = 1, 2, . . . ) konsistent, so auch Σ0 , wie wir uns das in einem ähnlichen Fall schon bei der Aussagenlogik überlegt hatten. (Wäre Σ0 inkonsistent, so auch eine endliche Teilmenge Σ00 von Σ0 , diese wäre in einer Menge Σn enthalten, die also auch inkonsistent sein müsste.) Zu Σ0 gibt es, nach dem in der Aussagenlogik geführten Beweis, eine maximal konsistente Menge Σ∗ . Σ∗ ist nun auch normal. Denn sind die Sätze B[b] für alle Gegenstandskonstanten b von P in Σ∗ , so ist auch der Satz ∀x B[x] in Σ∗ , da in Σ∗ nach Konstruktion ein Satz B[a] → ∀x B[x] enthalten ist. C Beweis (Lemma 11-6): Es sei G die Menge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, . . . und es sei die Interpretation V über G wie folgt definiert: V(ai ) = i und V(F) sei die Menge der n-gliedrigen Folgen von natürlichen Zahlen m1 , . . . , mn , für die der Satz F(am1 , . . . , amn ) in Σ∗ enthalten ist; also: V(ai ) := i V(F) := { (m1 , . . . , mn ) : F(am1 , . . . , amn ) ∈ Σ∗ } Es gilt dann: V(A) = w genau dann, wenn A in Σ∗ ist. Wir beweisen diese Behauptung durch Induktion nach dem Grad des Satzes A: 118
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
11.2 Vollständigkeit
Ist der Grad von A gleich 0, d. h. ist A eine Primformel, so ist die Behauptung trivial. Ist sie schon bewiesen für alle Sätze vom Grad < n und ist nun n der Grad von A, so hat A die Gestalt ¬B oder B → C – diese Fälle haben wir aber schon beim Beweis der aussagenlogischen Vollständigkeit des Kalküls Kal behandelt – oder A = ∀x B[x]. Ist dann V(∀x B[x]) = w, so gilt auch V(B[b]) = w für alle Gegenstandskonstanten b, so dass nach Voraussetzung diese Sätze (kleineren Grades) in Σ∗ sind. Da Σ∗ normal ist, ist auch ∀x B[x] in Σ∗ . b mit Ist hingegen V(∀x B[x]) = f, so gibt es eine Interpretation V a b = V und V(B[a]) b V = f, wobei a eine Gegenstandskonstante ist, die b in ∀x B[x] nicht vorkommt. Ist nun V(a) = i, so gilt nach Definib tion von V: V(ai ) = V(a), nach dem Überführungstheorem gilt also V(B[ai ]) = f. Nach Voraussetzung ist dann B[ai ] nicht in Σ∗ enthalten, also auch ∀x B[x] nicht. Denn aus Σ∗ ` A folgt, dass A in Σ∗ enthalten ist; wäre ∀x B[x] in Σ∗ , so wäre aus Σ∗ mithilfe von (A4) B[ai ] ableitbar, d. h. B[ai ] wäre in Σ∗ . C Damit sind die drei Behauptungen bewiesen, die zum Nachweis der prädikatenlogischen Vollständigkeit des Systems Kpl noch ausstanden. Wir halten dies nochmals fest: Theorem 11-7 (Vollständigkeit von Kpl ). Im Kalkül Kpl sind alle Sätze von P beweisbar, die prädikatenlogisch wahr sind. C Korollar 11-8. Ist der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B prädikatenlogisch gültig, so ist die Ableitungsbeziehung A1 , . . . , An `0 B in Kpl beweisbar. Beweis: Ist der Schluss A1 , . . . , An ⇒ B prädikatenlogisch gültig, so ist der Satz A1 → (A2 → · · · (An → B) · · · ) prädikatenlogisch wahr, also in Kpl beweisbar. Mit (R1) erhalten wir daraus die Ableitungsbeziehung A1 , . . . , An `0 B. C Neben dem syntaktischen kann man auch einen semantischen Folgerungsbegriff definieren: Ein Satz A folgt semantisch aus einer Satzmenge Σ – symbolisch: Σ |= A –, falls jede Interpretation, die sämtliche Sätze aus Σ erfüllt, auch A erfüllt. Die Behauptung des Vollständigkeitstheorems lässt sich dann sogar noch verstärken: Jeder https://doi.org/10.5771/9783495860885
119 .
11 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik
Satz, der semantisch aus einer Satzmenge Σ folgt, folgt auch syntaktisch aus Σ. Die Umkehrung dieser Behauptung folgt unmittelbar aus Satz 11-1, so dass wir letztlich folgende Äquivalenz erhalten: Σ |= A gdw. Σ `0 A. Wir können diese Behauptung auch wie folgt umformulieren: Eine Satzmenge Σ ist dann und nur dann konsistent, wenn es eine Interpretation gibt, die sämtliche Sätze aus Σ erfüllt. Aus dem Vollständigkeitstheorem ergeben sich ferner drei wichtige Folgerungen: Satz 11-9 (Satz von L. Löwenheim und Th. Skolem). Jede semantisch konsistente Satzmenge, d. h. jede Satzmenge, für die es eine Interpretation gibt, die alle Sätze aus dieser Menge erfüllt, ist über einem abzählbar unendlich großen Objektbereich erfüllbar. Beweis: Wir betrachten hier aus Einfachheitserwägungen eine semantisch konsistente Satzmenge Σ, in der unendlich viele Gegenstandskonstanten von P nicht vorkommen. Diese Satzmenge ist dann auch syntaktisch konsistent: andernfalls gäbe es ja eine endliche Teilmenge Σ0 von Σ, aus der ohne Elimination von Gegenstandskonstanten eine Kontradiktion ableitbar wäre; aus der Widerspruchsfreiheit von Kpl würde sich dann aber ergeben, dass aus Σ0 und damit aus Σ auch semantisch ein Widerspruch folgt. Zu Σ betrachten wir dann die normale Satzmenge Σ∗ aus dem Beweis von Lemma 11-5 und zu Σ∗ die im Beweis von Lemma 11-6 angegebene Interpretation V, die genau die Sätze aus Σ∗ erfüllt. V ist über der (abzählbar unendlich großen) Menge der natürlichen Zahlen als Objektbereich definiert und erfüllt natürlich auch alle Sätze aus Σ. C Satz 11-10 (Endlichkeits-, Kompaktheitssatz). Aus einer beliebigen Satzmenge Σ folgt ein Satz A semantisch dann und nur dann, wenn es eine endliche Teilmenge von Σ gibt, aus der A semantisch folgt. Beweis: Im Falle des syntaktischen Folgerungsbegriffes hatten wir Entsprechendes durch Definition festgelegt. Gibt es nun ein endliche Teilmenge von Σ, aus der A semantisch folgt, so folgt A natürlich auch 120
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
11.2 Vollständigkeit
aus Σ. Gibt es hingegen keine endliche Teilmenge von Σ, aus der A folgt, so gibt es auch keine solche Teilmenge Σ0 von Σ mit Σ0 `0 A wegen der Widerspruchsfreiheit von Kpl . Dann gilt aber auch nicht Σ `0 A, also wegen der (starken) Vollständigkeit von Kpl auch nicht, dass A aus Σ semantisch folgt. C Fassen wir die oben bewiesenen Lemmata 11-5 und 11-6 zusammen, so erhalten wir: Zu jeder konsistenten Satzmenge Σ, in deren Sätzen unendlich viele Gegenstandskonstanten nicht vorkommen, gibt es eine normale Interpretation V, die alle Sätze aus Σ erfüllt. Eine normale Interpretation ist dabei eine Interpretation, die jeden Allsatz ∀x A[x] erfüllt, sofern sie all seine Instanzen A[a] erfüllt. Definieren wir nun prädikatenlogische Bewertungen im Sinn aussagenlogischer Bewertungen (siehe Def. 5-4), für die zudem die Bedingung V(∀x A[x]) = w gdw. V(A[a]) = w, für alle Gegenstandskonstanten a gilt, so können wir zeigen: Satz 11-11 (Satz über prädikatenlogische Bewertungen). Die prädikatenlogisch wahren Sätze sind genau jene Sätze, die von allen prädikatenlogischen Bewertungen erfüllt werden. Beweis: Jede Bewertung definiert wie in Lemma 11-6 eine äquivalente Interpretation – d. h. eine, die allen Sätzen jeweils den gleichen Wahrheitswert zuordnet –, und jede normale Interpretation erfüllt die Bedingungen einer prädikatenlogischen Bewertung. Da es nun zu jedem Satz und jeder Interpretation, die ihn erfüllt, eine normale Interpretation gibt, die ihn ebenfalls erfüllt, gibt es also auch eine Bewertung, die ihn erfüllt. C Wir haben in Kpl nun, da sich Kpl als eine adäquate Theorie der Prädikatenlogik erwiesen hat, ein Verfahren zum Beweis der prädikatenlogischen Wahrheit von Sätzen und der prädikatenlogischen Gültigkeit von Schlüssen. Dieses Beweisverfahren ist aber kein Entscheidungsverfahren. Wenn man in Kpl einen Satz A beweisen will, muss einem dazu etwas einfallen, und wenn es einem nicht gelingt, A in Kpl zu beweisen, folgt daraus nicht, dass A in Kpl nicht beweisbar ist – es https://doi.org/10.5771/9783495860885
121 .
11 Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Prädikatenlogik
könnte ja sein, dass einem ein richtiger Weg, A zu beweisen, nicht eingefallen ist. Der amerikanische Logiker A LONZO C HURCH hat 1936 gezeigt, dass es für die Prädikatenlogik kein mechanisch anzuwendendes Entscheidungsverfahren gibt. Die Prädikatenlogik ist in diesem Sinn also keine triviale logische Theorie wie die Aussagenlogik. Es gibt jedoch Kalküle der Prädikatenlogik, in denen das Beweisverfahren so vereinfacht ist, dass man, wenn ein Satz A überhaupt beweisbar ist, einen Beweis für A immer rein mechanisch finden kann. Ein solcher Kalkül ist zum Beispiel der Baumkalkül.
122
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12
Der prädikatenlogische Baumkalkül
Nachdem es einerseits kein Entscheidungsverfahren für die Prädikatenlogik gibt und andererseits der Beweis prädikatenlogischer Theoreme in der axiomatischen Theorie Kpl nicht einfach ist, vielmehr eine gewisse Übung und Geschicklichkeit erfordert, gewinnen prädikatenlogische Kalküle wie die Erweiterung unseres Verfahrens aus Abschnitt 4.3 besonderes Interesse. Den ersten Kalkül dieser Art hat der holländische Logiker E VERT W. B ETH angegeben: den Kalkül der semantischen Tafeln. Dieser Kalkül ist das optimale Verfahren, wenn ein Entscheidungsverfahren fehlt, nämlich ein mechanisches Beweisverfahren. In diesem Kalkül kann man für jeden beweisbaren Satz der Prädikatenlogik einen Beweis rein mechanisch auffinden, ohne dass einem dazu etwas einfallen muss. Man kann zwar nicht entscheiden, ob ein Satz A beweisbar ist, aber wenn A beweisbar ist, findet man durch schematische Anwendung der Regeln in endlich vielen Schritten einen Beweis für A. Wie viele Schritte zur Konstruktion eines solchen Beweises notwendig sind, kann man freilich nicht von vornherein sagen, andernfalls läge ja ein Entscheidungsverfahren vor. Es kann vorkommen, dass man nach vielen Schritten immer noch keinen Beweis gefunden hat und auch nicht weiß, ob weitere Schritte einen Beweis liefern werden oder nicht. Auch in solchen Fällen zeigt jedoch der Gang der Konstruktion oftmals schon, dass sie nicht zu einem Beweis führen kann. Zwar lässt sich zu jedem formalen Kalkül ein rein mechanisches Beweisverfahren angeben, aber dieses Verfahren ist im allgemeinen für praktische Zwecke nicht brauchbar. Man kann z. B. im Kalkül Kpl die Beweise ihrer Länge nach und bei gleicher Länge in irgendeiner Weise alphabetisch ordnen und hat dann, um einen Beweis für eine in Kpl beweisbare Formel A zu finden, nur die Reihe dieser Beweise zu durchlaufen. Die Beweise von Kpl lassen sich ja rein mechanisch erzeugen, und man kann auch entscheiden, ob die Endformel eines vorgelegten Beweises die Formel A ist. Dieses Verfahren ist aber höchst unhandlich und umständlich. Hingegen ist das mechanische Beweisverfahren in dem Kalkül von Beth recht einfach und daher auch für praktische Zwecke besonders geeignet. https://doi.org/10.5771/9783495860885
123 .
12 Der prädikatenlogische Baumkalkül
Der Kalkül von Beth hat auch den Vorteil großer intuitiver Durchsichtigkeit; denn die Beweisschritte entsprechen den Schritten des natürlichen logischen Schließens, das auf den semantischen Festlegungen über die Wahrheitswerte der mit logischen Operatoren gebildeten Sätze beruht. Wir verwenden hier jene Vereinfachung des BethKalküls, die schon im Abschnitt 4.3 eingeführt wurde.
12.1
Der Baumkalkül Bpl
Wir erweitern zunächst das Verfahren zur Konstruktion von Herleitungen nach 4.3, indem wir prädikatenlogische Regeln angeben:
∀x A[x] (∀1)
∼ ∀x A[x] (∀2)
A[a]
∼ A[b]
∃x A[x]
∼ ∃x A[x]
(∃1)
(∃2) A[b]
∼ A[a]
Ist der Satz ∀x A[x] wahr, so ist auch A[a] wahr für jede Gegenstandskonstante a. Wir dürfen daher für a eine beliebige Konstante wählen, und ebenso im Fall (∃2). Am besten ist es freilich, eine Konstante zu wählen, die in einer Formel des Astes der Herleitung, zu dem die Prämisse gehört, bereits vorkommt, denn auf diese Weise erreicht man am ehesten Geschlossenheit. Ist der Satz ∀x A[x] hingegen bei der Interpretation V falsch, so b gibt, die ∀x A[x] ebenwissen wir nur, dass es eine Interpretation V falls falsch macht, und darüber hinaus auch den Satz A[b], wo b eine Konstante ist, die in diesem Allsatz nicht vorkommt. Ist b zudem eine 124
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
12.1 Der Baumkalkül Bpl
Konstante, die auch in den anderen Formeln des Astes der Prämisse b nach dem Koinzidenznicht vorkommt, so erfüllt die Interpretation V theorem mit V auch all diese Formeln. Analog im Fall (∃1). Wir halten also fest: Die simultane Erfüllbarkeit der Formeln eines Astes vererbt sich bei der Anwendung unserer Regeln auf mindestens eine Fortsetzung dieses Astes, sofern man Folgendes beachtet: Bei einer Anwendung der Regel (∀2) bzw. (∃1) muss eine Gegenstandskonstante b gewählt werden, die in dem Ast, in dem die Prämisse dieser Regel steht, bisher noch nicht vorkommt. Bei einer Anwendung der Regel (∀1) bzw. (∃2) darf die Gegenstandskonstante a hingegen beliebig gewählt werden. Sehen wir zunächst noch von der Frage der Unterstreichung der Prämissen unserer prädikatenlogischen Regeln ab und betrachten zwei Beispiele. 1. Der Schluss ¬ ∃x A[x] ⇒ ∀x ¬A[x] ist prädikatenlogisch gültig, denn wir erhalten: ¬ ∃x A[x] (1;0)
∼ ∀x ¬A[x]
∼ ¬A[a]
(2;0)
(3;2)
A[a] (4;3) ∼ ∃x A[x]
(5;1)
∼ A[a] (6;5)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
125 .
12 Der prädikatenlogische Baumkalkül
– a sei hierbei eine Gegenstandskonstante, die in A[x] nicht vorkommt. Diese Herleitung ist geschlossen. Die Annahme, es gäbe eine Interpretation, die den Satz ¬ ∃x A[x] wahr, den Satz ∀x ¬A[x] hingegen falsch macht, erweist sich als unhaltbar, denn es gäbe dann auch eine Interpretation, die den Satz A[a] wahr macht, und – da sie auch ¬ ∃x A[x] erfüllt – den Satz A[a] zugleich falsch macht. 2. Der Schluss ∀x(A[x] → B[x]) ⇒ ∀x A[x] → ∀x B[x] ist ebenfalls prädikatenlogisch gültig: ∀x(A[x] → B[x])
(1;0)
∼ ∀x A[x] → ∀x B[x] ∀x A[x]
∼ ∀x B[x]
(2;0)
(3;2)
(4;2)
∼ B[a] (5;4)
A[a] (6;3) A[a] → B[a]
∼ A[a] (8;7)
(7;1)
B[a] (9;7)
– die Gegenstandskonstante a komme hierbei in A[x] und B[x] nicht vor. Würden wir bei Anwendung der Regeln (∀1) und (∃2) die Prämissen unterstreichen, d. h. auf sie diese Regeln später nicht mehr 126
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
12.1 Der Baumkalkül Bpl
anwenden, so könnten sich auch offene Herleitungen im Falle von Schlüssen ergeben, die eigentlich gültig sind. Ein Beispiel hierfür ist der Schluss: ∀x F(x) ⇒ ∀y F(y). ∀x F(x)
∼ ∀y F(y)
(1;0)
(2;0)
F(a) (3;1) ∼ F(b) (4;2) Hier sind alle nicht unterstrichenen Formeln atomar, so dass man die Herleitung nicht weiter fortsetzen kann. Geschickter wird man zwar zuerst immer die Regeln (∀2) und (∃1) anwenden und erhält dann auch mit Unterstreichungen eine geschlossene Herleitung: ∀x F(x)
∼ ∀y F(y)
(1;0)
(2;0)
∼ F(b) (3;2)
F(b) (4;1) Das gelingt aber nicht immer, und wir wollen auch generell ein rein mechanisch, nicht nur bei Geschicklichkeit funktionierendes Verfahren angeben. Wir können nun die Prämissen von (∀1) und (∃2) auch nicht einfach ununterstrichen lassen, sonst ergeben sich wieder https://doi.org/10.5771/9783495860885
127 .
12 Der prädikatenlogische Baumkalkül
offene Herleitungen für gültige Schlüsse wie zum Beispiel: ∀x F(x) (1;0) ∼ ∀y F(y) (2;0)
F(a) (3;1)
F(b) (4;1)
F(c) (5;1) Wir legen daher folgende Regel für das Unterstreichen fest: Jedes Formelvorkommnis, das als Prämisse für eine Regelanwendung verwendet wurde, wird unterstrichen. Auf unterstrichene Formelvorkommnisse darf keine Regel mehr angewendet werden, mit folgender Ausnahme: Handelt es sich um eine Formel der Gestalt ∀x A[x] oder ∼ ∃y B[y], so wird diese Unterstreichung getilgt, wenn sonst keine Regeln mehr anwendbar sind.
Dazu betrachten wir als Beispiel den ungültigen Schluss ∀x ∃y F(x, y) ⇒ ∃y ∀x F(x, y): In der Herleitung
128
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
12.2 Die Adäquatheit des Kalküls
∀x ∃y F(x, y)
(1;0)
∼ ∃y ∀x F(x, y)
∃y F(a, y)
(2;0)
(3;1)
F(a, b) (4;3) ∼ ∀x F(x, b)
(5;2)
∼ F(c, b) (6;5) müssen die Unterstreichungen der Formeln 1 und 2 aufgehoben werden, um all ihre Konsequenzen zu prüfen, z. B. die Konsequenz ∃y F(a, y) von 1 oder die Konsequenz ∼ ∀x F(x, b) von 2, usf.
12.2∗
Die Adäquatheit des Kalküls
Für den Beweis, dass genau die prädikatenlogisch gültigen Schlüsse mit unserem Verfahren beweisbar sind, legen wir die Wahl der Konstanten in den Konklusionen der prädikatenlogischen Regeln noch genauer fest. Es sei hierzu a1 , a2 . . . eine Abzählung aller Gegenstandskonstanten von P . Für die Regel (∀2) bzw. (∃1) sei b die erste Konstante in der Abzählung, die in den Formeln des Astes, in dem diese Regel angewendet wird, noch nicht vorkommt. Bei einer Anwendung von (∀1) auf eine Formel ∀x A[x] bzw. von (∃2) auf eine Formel ∼ ∃x B[x] sei a die erste Konstante in der Abzählung, für die im Ast, in dem diese Regel angewendet wird, die Formel A[a] bzw. ∼ B[a] noch nicht vorkommt. https://doi.org/10.5771/9783495860885
129 .
12 Der prädikatenlogische Baumkalkül
Es gilt dann: 1. Sind die Formeln eines Astes simultan erfüllbar, so auch die Formeln mindestens einer Erweiterung dieses Astes durch eine Anwendung einer der Regeln. Für die aussagenlogischen Fälle haben wir uns das schon im Abschnitt 4.3 überlegt, für die prädikatenlogischen Fälle oben. 2. Ist Ψ ein offener Ast einer vollständigen Herleitung, so gibt es eine prädikatenlogische Bewertung V – und damit nach unseren Überlegungen im letzten Kapitel auch eine Interpretation –, die alle Formeln von Ψ erfüllt. Setze hierzu für alle Primsätze A: ( w, falls A in Ψ vorkommt; V(A) = f, falls ∼ A in Ψ vorkommt. Beide Fälle zusammen können bei einem offenen Ast nicht eintreffen. V erfüllt also alle Formeln vom Grad 0 von Ψ. Durch Induktion nach dem Grad der Formeln zeigen wir nun, dass V auch alle Formeln von höherem Grad aus Ψ erfüllt. Dafür nur drei Beispiele: Steht A → B in Ψ, so auch ∼ A oder B, denn in einem offenen Ast einer vollständigen Herleitung sind alle nichtatomaren Formeln unterstrichen, d. h. auf sie alle wurde die passende Regel angewendet. Ist nun V(A) = f oder V(B) = w, so ist V(A → B) = w. Steht ∀x A[x] in Ψ, so nach unseren Regeln auch die Sätze A[a] für alle Gegenstandskonstanten a; denn die Herleitung wäre nicht vollständig, wenn auf die Formel ∀x A[x] nicht die Regel (∀1) mit immer neuen Konstanten in der Konklusion angewendet worden wäre. Da sich bei jeder Regelanwendung die Summe der Grade der nicht unterstrichenen Formelvorkommnisse in einem Ast reduziert, werden die Unterstreichungen von Formeln der Gestalt ∀x A[x] und ∼ ∃x A[x] jeweils nach endlich vielen Schritten wieder aufgehoben. Ist nun V(A[a]) = w für alle Gegenstandskonstanten a, so gilt auch V(∀x A[x]) = w. Steht in Ψ hingegen ∼ ∀x A[x], so wegen der Vollständigkeit der Herleitung auch A[b] für eine Konstante b. Dann ist nach Induktionsvoraussetzung V(A[b]) = f, also auch V(∀x A[x]) = f. 130
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Übungaufgaben
Aus (2) folgt: Ist ein Schluss nicht in Bpl beweisbar, so gibt es ein Gegenbeispiel gegen ihn, er ist also nicht gültig; ist er also gültig, so ist er auch beweisbar, d. h. Bpl ist (semantisch) vollständig. Aus (1) folgt: Ist der Schluss nicht gültig, gibt es also ein Gegenbeispiel, so ist keine zugehörige Herleitung geschlossen, d. h. seine Gültigkeit ist in Bpl unbeweisbar. Ist er also beweisbar, so auch gültig, d. h. Bpl ist (semantisch) widerspruchsfrei. In jedem Fall ist es günstig, die Regeln (∀2) und (∃1), bei denen neue Konstanten eingeführt werden, möglichst vor den Regeln (∀1) und (∃2) anzuwenden, und bei diesen letzteren nur Konstanten zu verwenden, die in den Formeln des Astes schon vorkommen.
Übungaufgaben Aufgabe 12-1. Beweisen Sie im Baumkalkül, dass folgende Schlüsse prädikatenlogisch gültig sind! (Hierbei stehe wieder A ⇔ B für: A ⇒ B und B ⇒ A.) a) ¬ ∃x F(x) ⇔ ∀x ¬F(x) b) ¬ ∀x F(x) ⇔ ∃x ¬F(x) c) ∃x F(x) → ∀x G(x) ⇒ ∀x(F(x) → G(x)) d) ∀x(F(x) ∧ G(x)) ⇔ ∀x F(x) ∧ ∀x G(x) e) ∃x(F(x) ∨ G(x)) ⇔ ∃x F(x) ∨ ∃x G(x) f) ∃x(F(x) ∧ G(x)) ⇒ ∃x F(x) ∧ ∃x G(x) g) ∀x F(x) ∨ ∀x G(x) ⇒ ∀x(F(x) ∨ G(x)) Aufgabe 12-2. Beweisen Sie im Baumkalkül, dass folgende aristotelische Syllogismen prädikatenlogisch gültig sind: a) ∀x(M(x) → P(x)), ∀x(S(x) → M(x)) ⇒ ∀x(S(x) → P(x)) b) ∀x(P(x) → ¬M(x)), ∃x(S(x) ∧ M(x)) ⇒ ∃x(S(x) ∧ ¬P(x))
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131 .
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
13
Erweiterungen der Prädikatenlogik
Der Ausdrucksreichtum und die Leistungsfähigkeit der Prädikatenlogik wird beträchtlich verstärkt, wenn man sie um die Identitätsrelation und um Kennzeichnungs- und Funktionsausdrücke erweitert.
13.1
Identität
Zunächst nehmen wir ein Prädikat für die Identität zweier Objekte zu unserer Sprache P hinzu. Dazu könnten wir irgendeine bestimmte zweistellige Prädikatkonstante von P verwenden, wir wollen aber die Identität in der üblichen Weise durch a = b wiedergehen. Ein Satz a = b besagt, dass das durch die Gegenstandskonstante a bezeichnete Objekt mit dem durch die Gegenstandskonstante b bezeichneten Objekt identisch ist, dass also a und b dasselbe Objekt bezeichnen. Wir nehmen das Symbol „=“ als neues Grundzeichen in das Alphabet der Sprache P auf und fügen zu den Formregeln von P (Def. 9-5, S. 96) die Bestimmung hinzu: (e) Wenn a und b Gegenstandskonstanten von P sind, so ist a = b ein Satz von P . Die Definition einer Interpretation von P (Def. 9-6, S. 101) erweitern wir um die Bestimmung: V(a = b) = w gdw. V(a) = V(b). Diese Festlegung besagt, dass der Satz a = b bei einer Interpretation V genau dann wahr ist, wenn V den Gegenstandskonstanten a und b dasselbe Objekt zuordnet, wenn also bei der Interpretation V die Gegenstandskonstanten a und b dasselbe Objekt bezeichnen. Wir müssen die Axiome des prädikatenlogischen Kalküls Kpl so ergänzen, dass Kpl zu einer adäquaten Theorie der Prädikatenlogik https://doi.org/10.5771/9783495860885
133 .
13 Erweiterungen der Prädikatenlogik
mit Identität wird. Es lässt sich zeigen, dass man mit den Axiomenschemata (A5) und (A6) auskommt: (A5) ∀x x = x (A6) ∀x ∀y(x = y → (A[x] → A[y])) Axiom (A5) drückt die Reflexivität der Identität aus. Allgemein nennt man eine Relation F(x, y) reflexiv, wenn ∀x F(x, x) gilt; man nennt F(x, y) symmetrisch, wenn ∀x ∀y(F(x, y) → F(y, x)) gilt, und man nennt F(x, y) transitiv, wenn ∀x ∀y ∀z(F(x, y) ∧ F(y, z) → F(x, z)) gilt. In dem erweiterten Kalkül Kpl können wir beweisen, dass die Identität symmetrisch und transitiv ist – hierbei schreiben wir im Folgenden für ∀x ∀y kurz ∀xy bzw. ∃xy für ∃x ∃y und entsprechend für mehr als zwei aufeinanderfolgende All- bzw. Existenzquantoren. Satz 13-1. Die Identität ist symmetrisch, d. h.: ` ∀xy(x = y → y = x). Beweis. 1. ∀xy(x = y → (x = x → y = x)) A6; dabei ist A[∗] := ∗ = x 2. a = b → (a = a → b = a)
mit A4 und R1 aus 1
3. a = a → (a = b → b = a)
a. l. aus 2
4. ∀x x = x
A5
5. a = a
mit A4 und R1 aus 4
6. a = b → b = a
R1: 3, 5
7. ∀xy(x = y → y = x)
mit TP2 aus 6
C
Satz 13-2. Die Identität ist transitiv, d. h.: ` ∀xyz(x = y ∧ y = z → x = z). 134
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
13.1 Identität
Beweis. 1. ∀yz(y = z → (a = y → a = z)) A6; dabei ist A[∗] := a = ∗ 2. b = c → (a = b → a = c)
mit A4 und R1 aus 1
3. a = b ∧ b = c → a = c
a. l. aus 2
4. ∀xyz(x = y ∧ y = z → x = z)
mit TP2 aus 3
C
Aus der Symmetrie der Identität und dem Axiomenschema (A6) folgt leicht der Satz ∀xy(x = y → (A[x] ← → A[y])). Er besagt: Gilt a = b, so kann man a und b überall durch einander ersetzen, ohne dass sich der Wahrheitswert der Sätze ändert. Dieses Prinzip nennt man auch das Substitutionsprinzip der Identität. Reflexivität, Symmetrie, Transitivität und das Substitutionsprinzip sind diejenigen Eigenschaften, die dem Gebrauch des Gleichheitszeichens in der Logik zugrunde liegen. Mithilfe der Identität kann man Anzahlaussagen formulieren. Solche Aussagen sind z. B. die folgenden – hierbei schreiben wir für ¬a = b kurz a 6= b: • Es gibt mindestens zwei Dinge: ∃xy x 6= y. • Es gibt mindestens drei Dinge: ∃xyz(x 6= y ∧ y 6= z ∧ x 6= z). • Es gibt mindestens n Dinge: ∃x1 . . . xn (x1 6= x2 ∧ · · · ∧ xn−1 6= xn ). In diesem Satz soll für alle i und j aus 1, . . . , n der Ausdruck xi 6= x j als Konjunktionsglied vorkommen für i 6= j. https://doi.org/10.5771/9783495860885
135 .
13 Erweiterungen der Prädikatenlogik
• Es gibt höchstens ein Ding: ∀xy x = y. • Es gibt höchstens zwei Dinge: ∀xyz(x = y ∨ x = z ∨ y = z). Das heißt, von je drei Dingen sind mindestens zwei identisch. • Es gibt höchstens n Dinge: ∀x1 . . . xn+1 (x1 = x2 ∨ · · · ∨ xn = xn+1 ), wobei für alle i und j aus 1, . . . , n + 1 der Ausdruck xi = x j als Adjunktionsglied vorkommt (für i 6= j). Der Satz besagt, dass von je n + 1 Dingen mindestens zwei Dinge identisch sind. • Dass es genau n Dinge gibt, heißt, dass es mindestens n und höchstens n Dinge gibt. Entsprechend lässt sich ausdrücken, dass es mindestens bzw. höchstens bzw. genau n Dinge gibt, die eine Eigenschaft F haben. Die Prädikatkonstante F soll hierzu im Folgenden die Eigenschaft F ausdrücken. • Es gibt mindestens ein Ding mit der Eigenschaft F: ∃x F(x). • Es gibt mindestens zwei Dinge mit der Eigenschaft F: ∃xy(x 6= y ∧ F(x) ∧ F(y)). • Es gibt höchstens ein Ding mit der Eigenschaft F: ∀xy(F(x) ∧ F(y) → x = y). • Es gibt höchstens zwei Dinge mit der Eigenschaft F: ∀xyz(F(x) ∧ F(y) ∧ F(z) → x = y ∨ x = z ∨ y = z). 136
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
13.2 Kennzeichnung
• Es gibt genau ein Ding mit der Eigenschaft F: ∃x F(x) ∧ ∀xy(F(x) ∧ F(y) → x = y). Dass es genau ein Ding mit der Eigenschaft F gibt, können wir auch kürzer durch den gleichwertigen Ausdruck ∃x ∀y(F(y) ← → y = x) wiedergeben. Denn angenommen, ∃x ∀y(F(y) ← → y = x) ist wahr und a ist ein Objekt, für das ∀y(F(y) ← → y = a) gilt. Daraus folgt F(a) ← → a = a; da a = a gilt, ergibt sich F(a), d. h. a hat die Eigenschaft F; also gilt ∃x F(x). Für ein Ding b mit b 6= a folgt aus ∀y(F(y) ← → y = a), dass ¬F(b) gilt, d. h. a ist das einzige Ding mit der Eigenschaft F. Wir können also definieren: ∃!x A[x] := ∃x ∀y(A[y] ← → x = y). ∃!x A[x] ist zu lesen als: „das Prädikat A[x] trifft genau auf einen Gegenstand zu“.
13.2
Kennzeichnung
Die zweite, praktisch ebenfalls sehr wichtige Erweiterung der Prädikatenlogik besteht darin, dass wir in unsere prädikatenlogische Symbolik auch Kennzeichnungsausdrücke einführen. Kennzeichnungsausdrücke sind Ausdrücke wie: • der Autor des „Wilhelm Tell“ • der gegenwärtige Präsident der USA • die kleinste Primzahl • der älteste Einwohner Münchens Die logische Normalform dieser Ausdrücke können wir so festlegen: 1. der Autor des „Wilhelm Tell“ 2. dasjenige Objekt, für das gilt: es ist Autor von „Wilhelm Tell“ https://doi.org/10.5771/9783495860885
137 .
13 Erweiterungen der Prädikatenlogik
3. dasjenige Objekt x, für das gilt: x ist Autor von „Wilhelm Tell“ 4. dasjenige Objekt x, für das gilt: F(x) ι
5. x F(x) ι
Dabei bezeichnen wir das Symbol als Kennzeichnungsoperator und die Ausdrücke x, y, . . . als Kennzeichnungsquantoren. ι ι
ι
Wenn wir nun auch das Symbol als neues Grundzeichen in das Alphabet der Sprache P aufnehmen, so müssen wir durch eine simultan rekursive Definition festlegen, welche Ausdrücke als Namen (oder: Terme) und welche als Sätze gelten sollen – als Terme von P bezeichnen wir also neben Kennzeichnungstermen auch die Gegenstandskonstanten von P . Wir können die Formregeln von P dann wie folgt festlegen: (a) Jede Gegenstandskonstante von P ist ein Term von P . (b) Sind s und t Terme von P , so ist s = t ein (Prim-) Satz von P . (c) Ist F eine n-stellige Prädikatkonstante von P und sind t1 , . . . ,tn Terme von P , so ist F(t1 , . . . ,tn ) ein (Prim-) Satz von P . (d) Sind A und B Sätze von P , so auch ¬A und (A → B). (e) Wenn A[a] ein Satz der Sprache P ist und x eine Gegenstandsvariable, die in A[a] nicht vorkommt, so ist x A[x] ein Term von P und ∀x A[x] ein Satz von P . ι
Endlich formulieren wir das Axiom (A4) so: (A40 )
∀x A[x] → A[t], für beliebige Terme t.
Kennzeichnungsausdrücke sollen als Namen fungieren, und ein Name soll ein bestimmtes Objekt bezeichnen. Ein Kennzeichnungsterm x F(x) bezeichnet aber nur dann ein bestimmtes Objekt, wenn es ein Objekt gibt, auf das das Prädikat F zutrifft, aber auch nur höchstens ein solches Objekt. Denn das Objekt, das diesen Ausdruck bezeichnen soll, wird ja gekennzeichnet als das Objekt, auf das das Prädikat F zutrifft. Diese Redeweise ist aber nur dann sinnvoll, wenn es genau ein solches Objekt gibt. x F(x) steht also für ein bestimmtes Objekt nur dann, wenn gilt: ∃!x F(x). Diese Bedingung bezeichnet man auch als Normalbedingung für Kennzeichnungen. ι
ι
138
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
13.2 Kennzeichnung
Die Ausdrücke „der deutsche König des Jahres 1078“ und „der deutsche König des Jahres 1257“ bezeichnen also keine bestimmten Personen, weil es 1078 zwei deutsche Könige (Heinrich IV. und den Gegenkönig Rudolf von Schwaben) gab, 1257, im Interregnum, aber keinen. Nun wäre es aber ungünstig, manchen wohlgeformten Termen keine Bedeutungen zuzuordnen. Daher legen wir fest, dass der Term x A[x] dasselbe Objekt bezeichnen soll wie eine feste Gegenstandskonstante, sagen wir a0 , falls die Normalbedingung nicht erfüllt ist. Semantisch legt man also fest: a b mit V b= falls für alle Interpretationen V V g, b b V( x A[x]) = gilt: V(A[a]) = w gdw. V(a) = g; V(a0 ), sonst ι
ι
– dabei sei g ein Objekt aus dem Gegenstandsbereich von V und a eine Gegenstandskonstante, die in x A[x] nicht vorkommt. ι
Entsprechend nimmt man zu Kpl folgende Axiomenschemata hinzu: (A7) ∃!x A[x] → A[ x A[x]] ι
(A8) ¬ ∃!x A[x] → x A[x] = a0 ι
Daraus folgt unmittelbar der Satz: ∃!x A[x] → ∀y(A[y] ← → y = x A[x]). ι
Denn aus ∃!x A[x] folgt mit (A7) der Satz A[ x A[x]]; ∃!x A[x] ist definiert durch den Ausdruck ∃x ∀y(A[y] ← → y = x), und wir nehmen an, → x A[x] = a. für ein a gelte ∀y(A[y] ← → y = a). Daraus folgt A[ x A[x]] ← Mithilfe von A[ x A[x]] ergibt sich daraus x A[x] = a. Indem wir in ∀y(A[y] ← → y = a) a durch x A[x] ersetzen, erhalten wir die Behauptung. ι
ι
ι
ι
ι
ι
Schließlich erhalten wir hieraus folgenden Satz 13-3. Jeder Satz, der eine Kennzeichnung enthält, ist äquivalent zu einem Satz ohne Kennzeichnung; genauer gilt: ∃!x A[x] → (B[ x A[x]] ← → ∃x(A[x] ∧ B[x])) ι
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139 .
13 Erweiterungen der Prädikatenlogik
und → B[a0 ]). ¬ ∃!x A[x] → (B[ x A[x]] ← ι
Beweis: Angenommen ∃!x A[x] und B[ x A[x]]. Aus ∃!x A[x] folgt nach (A7) A[ x A[x]]; d. h. es ergibt sich A[ x A[x]] ∧ B[ x A[x]], daraus folgt unmittelbar ∃x(A[x] ∧ B[x]). Für die andere Richtung der Äquivalenz nehmen wir ∃!x A[x] und ∃x(A[x] ∧ B[x]) an. Für ein a gelte ferner A[a] ∧ B[a]. Aus A[ x A[x]] und A[a] folgt dann nach dem obigen Satz a = x A[x]. Indem wir in B[a] a durch x A[x] ersetzen, erhalten wir die Behauptung B[ x A[x]]. Gilt ¬ ∃!x A[x], so folgt aus (A8) und (A6): B[ x A[x]] ← → B[a0 ]. C ι
ι
ι
ι
ι
ι
ι
ι
ι
B ERTRAND RUSSELL hat für Kennzeichnungsausdrücke die folgende Definition angegeben, die auch heute noch vielfach verwendet wird: B[ x A[x]] := ∃x(∀y(A[y] ← → y = x) ∧ B[x]). ι
Diese Definition hat jedoch Nachteile: 1. Der negierte Ausdruck ¬B[ x A[x]] ist mit zwei Sätzen äquivalent, die ihrerseits jedoch nicht äquivalent sind: ι
¬B[ x A[x]] ← → ¬ ∃x(∀y(A[y] ← → y = x) ∧ B[x]) ¬B[ x A[x]] ← → ∃x(∀y(A[y] ← → y = x) ∧ ¬B[x]) ι ι
Der erste Satz ergibt sich, indem man beide Seiten der definitorischen Äquivalenz negiert, der zweite, indem man darin B[∗] durch ¬B[∗] ersetzt. Die beiden Sätze rechts vom Äquivalenzzeichen sind jedoch keineswegs prädikatenlogisch äquivalent; gilt ∀x ¬A[x], dann wird der zweite Satz falsch, der erste Satz, der mit ∀x(∀y(A[y] ← → y = x) → ¬B[x]) äquivalent ist, wird hingegen wahr. Dieser Schwierigkeit kann man begegnen, wenn man in der Russell’schen Definition für B ausschließlich Primsätze zulässt. 2. Gilt die Normalbedingung ∃!x A[x] nicht, so ist das Definiens falsch. Es ist also dann z. B. auch der Satz F( x A[x]) falsch, obwohl der Allsatz ∀x F(x) wahr sein kann. Wir können deshalb im Axiom (A4), ∀x A[x] → A[t], für t nicht beliebige Kennzeichnungsterme zulassen. ι
140
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
13.3 Funktionen
Gleichwertig mit unserer Einführung der Kennzeichnungsterme ist hingegen die Definition von RUDOLF C ARNAP, die auf F REGEs Behandlung der Kennzeichnungen aufbaut: B[ x A[x]] := ∃!x A[x] ∧ ∃x(A[x] ∧ B[x]) ∨ ¬ ∃!x A[x] ∧ B[a0 ] ι
– siehe Satz 13-3. Man kann zeigen, dass diese Definition die Mängel der Russell’schen Definition vermeidet.
13.3
Funktionen
Endlich wollen wir auch noch Funktionsterme in unsere prädikatenlogische Sprache aufnehmen. Was sind Funkionen? Eine einstellige Funktion f ordnet jedem Objekt einer Menge M, dem Definitionsbereich von f , genau ein Objekt aus einer Menge N, dem Wertbereich von f , zu. Ist y der Wert der Funktion f für das Argument x – d. h. ordnet f dem Objekt x das Objekt y zu – so schreibt man dafür f (x) = y. Entsprechend ordnet eine n-stellige Funktion jeder Folge von n Objekten x1 , . . . , xn aus n Mengen M1 , . . . , Mn ein Objekt y aus dem Wertbereich zu und man schreibt dafür f (x1 , . . . , xn ) = y. Oft ist M1 = M2 = · · · = Mn = M, und wir wollen uns im Folgenden auf solche Funktionen beschränken. Funktionen sind aus der Schulmathematik bekannt. So ist x2 eine einstellige Funktion, deren Definitions- und Wertbereich eine Menge von Zahlen ist, z. B. die Menge der natürlichen Zahlen, und sie ordnet jeder Zahl x deren Quadrat zu. x + y ist eine zweistellige Funktion, deren Definitionsbereich und Wertbereich eine Menge von Zahlen ist, z. B. die Menge der reellen Zahlen, und sie ordnet je zwei Zahlen eine reelle Zahl als Wert zu. Wenn wir nun in unsere prädikatenlogische Sprache P auch Funktionskonstanten aufnehmen, für die jeweils eine bestimmte Stellenzahl festgelegt ist, so können wir auch Funktionsterme bilden: (f) Wenn f eine n-stellige Funktionskonstante von P und t1 , . . . ,tn Terme von P sind, so ist f (t1 , . . . ,tn ) ein Term von P . https://doi.org/10.5771/9783495860885
141 .
13 Erweiterungen der Prädikatenlogik
Jede Interpretation V über einem Objektbereich G soll dann jeder n-stelligen Funktionskonstanten f von P eine n-stellige Funktion V( f ) zuordnen, die auf G definiert ist, und es soll gelten: V( f (t1 , . . . ,tn )) = V( f )(V(t1 ), . . . , V(tn )). Das heißt: V ordnet dem Funktionsterm f (t1 , . . . ,tn ) dasjenige Objekt zu, das der Wert der durch f bezeichneten Funktion für die durch t1 , . . . ,tn bezeichneten Argumente ist. Deuten wir die erweiterte Sprache der Prädikatenlogik z. B. über dem Gegenstandsbereich der natürlichen Zahlen, und bezeichnet dabei a die Zahl 1, a0 die Zahl 2, a00 die Zahl 3 usw., und f die Addition, dann können wir in dieser Sprache arithmetische Aussagen ausdrücken, z. B. f (a, a0 ) = a00 , d. h. 1 + 2 = 3, oder: ∀xy( f (x, y) = f (y, x)), d. h. für alle x und y gilt x + y = y + x. Satz 13-4. Funktionsterme lassen sich durch Kennzeichnungen ersetzen. Ist nämlich F(x1 , . . . , xn , y) ein (n+1)-stelliges Prädikat, für das gilt: ∀x1 . . . xn ∃!y F(x1 , . . . , xn , y), gibt es also zu jeder n-gliedrigen Folge x1 , . . . , xn von Objekten genau ein Objekt y, das in der durch F ausgedrückten Beziehung zu der Folge x1 , . . . , xn steht, so bezeichnet y F(x1 , . . . , xn , y) dieses Objekt und stellt die Funktion dar, die der Folge x1 , . . . , xn das zugehörige Objekt zuordnet. Es stellt so z. B der Ausdruck z(x + y = z) die Funktion x + y dar und y(x2 = y) die Funktion x2 . Man kann also auch Funktionsterme als Kennzeichnungen schreiben mit den entsprechenden Relationen. ι
ι
ι
Die um Identität, Kennzeichnungsterme und Funktionsterme erweiterte Prädikatenlogik stellt schon ein sehr leistungsfähiges logisches System dar. Mit ihr lassen sich die meisten wissenschaftlichen Begriffsbildungen und Theorien analysieren, sie reicht also für die meisten Anwendungen der Logik aus. Deswegen haben wir diese Prädikatenlogik auch in den Mittelpunkt dieser Einführung in die Logik gestellt und sie – soweit das im Rahmen dieses Buches möglich ist – ausführlich besprochen.
142
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Übungsaufgaben
Übungsaufgaben Aufgabe 13-1. Beweisen Sie im Kalkül der Prädikatenlogik mit Identität, Kennzeichnungs- und Funktionstermen folgende Sätze: a) ∀xyz(x = y ∧ x = z → y = z) b) ∀xy(x = y → f (x) = f (y)) c) ∀x ∃!y F(x, y) → ∀x F(x, y F(x, y)) ι
d) ∀x ∃!y F(x, y) → ∀x(F(x, f (x)) → f (x) = y F(x, y)) ι
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14
Definitionen
Wie schon im ersten Kapitel betont wurde, spielen Definitionen in allen Wissenschaften eine sehr wichtige Rolle, deshalb ist die Definitionslehre für die Anwendungen der Logik von besonderem Interesse.
14.1
Die traditionelle Definitionslehre
Die erste Theorie der Definitionen wurde von A RISTOTELES begründet. Sie dient in der Form, die sie in der traditionellen Logik angenommen hat, auch heute noch vielfach als Maßstab korrekten Definierens. Die traditionelle Definitionslehre gibt ein Definitionsschema an, nach dem ein einstelliger Begriff F zu definieren ist durch Angabe des nächsthöheren Artbegriffs G und eines spezifischen Merkmals M, das den Begriff F vor anderen Unterbegriffen von G auszeichnet. Die traditionelle Formel für dieses Schema lautet: Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam. Symbolisch lässt sich dieses Schema in der Form (S) darstellen: (S)
F(x) ← → G(x) ∧ M(x).
Dabei ist G der nächsthöhere Artbegriff und M das spezifische Merkmal, das den Begriff F von anderen Unterbegriffen von G unterscheidet. Definitionen nach diesem Schema müssen darüber hinaus folgenden Kriterien genügen, um korrekte Definitionen im Sinne der traditionellen Logik zu sein: (I) Eine Definition muss das Wesen des zu definierenden Begriffes erfassen. (II) Eine Definition muss nichtzirkulär sein. (III) Eine Definition muss nichtnegativ sein. (IV) Die definierenden Begriffe G und M müssen hinreichend klar und scharf bestimmt sein. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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14 Definitionen
Beispiele für korrekte Definitionen in diesem Sinne sind folgende Sätze: • Ein Mensch ist ein vernunftbegabtes Lebewesen. • Ein Minderjähriger ist eine Person, die weniger als 21 Jahre alt ist. • Ein Fisch ist ein Wirbeltier, das schuppenbedeckt und mit Flossen als Gliedmaßen versehen ist, durch Kiemen atmet, wechselwarmes Blut hat, sich durch Eier fortpflanzt und dessen Herz nur eine Vor- und eine Herzkammer hat. Dagegen enthält die Definition • Ein Hecht ist ein Fisch, der ein Hecht ist einen Verstoß gegen die Bedingung (II), denn hier wird der zu definierende Begriff Hecht im definierenden Ausdruck schon verwendet. Die Definition • Ein Spatz ist kein Säugetier enthält einen Verstoß gegen die Bedingung (III) der Nichtnegativität; hier wird nur festgelegt, unter welchen Bedingungen etwas kein Spatz ist. Ein hübsches Beispiel einer negativen Definition ist auch die folgende Definition des Bumerangs: • Bumerang ist, wenn man ihn wirft, und er kommt nicht zurück, dann ist es keiner. Die Definition • Wahrheit ist ein Splitter der Unendlichkeit schließlich verstößt gegen die Bedingung (IV). Denn diese Definition der Wahrheit ist so vage und nichtssagend, dass man damit nichts anfangen kann. Die traditionelle Definitionslehre hat also einen gewissen Wert, insofern sie die Struktur gewisser Definitionen genauer beschreibt und erlaubt, gewisse unkorrekte Definitionen auszuschließen. Sie ist aber weder präzise noch auch weit genug, um alle korrekten Definitionen auszuzeichnen. Zum ersten Punkt ist zu bemerken, dass alle vier Kriterien mehr oder minder vage sind: Im Kriterium (I) ist unklar, was unter dem 146
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14.1 Die traditionelle Definitionslehre
„Wesen“ eines Begriffs zu verstehen ist. Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Gemeint ist wohl, dass z. B. die Definition „Ein Fisch ist ein Wirbeltier, das schuppenbedeckt und mit Flossen als Gliedmaßen ausgestattet ist, durch Kiemen atmet . . . “ das Wesen der Fische besser erfasst als eine Definition wie etwa „Ein Fisch ist ein Tier, das mit einer Angelrute gefangen wird“. (Die Adäquatheit dieser Charakterisierung der Fische sei hier einmal vorausgesetzt.) Denn die Kiemenatmung der Fische ist eine tiefere Charakterisierung als die Art und Weise, wie sie gefangen werden; sie ermöglicht uns, aufgrund der bekannten biologischen Gesetze, eine größere Anzahl von Aussagen über Fische abzuleiten als diese. Wenn man diese Vorstellung verallgemeinern wollte, müsste man etwa sagen: Eine Definition eines Begriffes F genügt bezüglich einer Theorie T dem Kriterium (I), wenn sie in T eine möglichst große Zahl von möglichst relevanten Voraussagen über die unter F fallenden Gegenstände ermöglicht. Von einer brauchbaren Präzisierung wäre das Kriterium jedoch auch dann noch weit entfernt. Im Kriterium (II) bleibt unklar, unter welchen Bedingungen eine Zirkularität vorliegt. Man könnte z. B. annehmen, dass F REGEs Definition der Anzahlen: „Die Anzahl einer Menge M ist die Menge der mit M gleichzahligen Mengen“ zirkulär ist, wenn man den Begriff „gleichzahlig“ als gleichbedeutend mit „identische Anzahlen habend“ versteht. Auch der bedeutende Mathematiker G EORG C ANTOR hatte in seiner Rezension von Freges Grundgesetze der Arithmetik diese Definition für zirkulär erklärt, obwohl tatsächlich von einer solchen Zirkularität keine Rede sein kann, denn Frege hat den Begriff „gleichzahlig“ für zwei Mengen durch die Existenz einer eineindeutigen Abbildung der einen auf die andere Menge erklärt. Es fehlen also präzise formale Kriterien für Zirkularität. Das Kriterium (III) wird man zunächst so interpretieren, dass eine Definition nicht nur ein hinreichendes Kriterium für das Nichtzutreffen des zu definierenden Begriffs angeben darf, wie das in dem Satz „Ein Spatz ist kein Säugetier“ der Fall ist. Da aber solche Definitionen https://doi.org/10.5771/9783495860885
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14 Definitionen
ohnehin nicht unter das Schema (S) fallen, ist das Kriterium überflüssig oder es ist in anderer Weise zu deuten. Eine mögliche Deutung wäre, dass im definierenden Ausdruck kein Ausdruck für die Negation vorkommen darf. Aber auch in diesem Sinn wäre das Kriterium nichtssagend, da man Negationen immer nach dem Schema ¬A ← →A→1=0 eliminieren oder auch nach dem Schema A← → A ∨ ¬(B → B) einführen kann. Endlich würden durch ein Verbot des Vorkommens von Negationen im definierenden Ausdruck auch korrekte Definitionen ausgeschaltet, wie z. B. die Definition „Eine Primzahl ist eine Zahl, die nicht durch eine von 1 verschiedene kleinere Zahl ohne Rest teilbar ist“. Das Kriterium (IV) endlich ist zu vage, da nicht hinreichend klar ist, welche Begriffe hinreichend klar bestimmt sind. Auch da kann man wieder ganz verschiedener Meinung sein. Auch das Schema (S) selbst ist insofern ungenau formuliert, als es den nächsten Oberbegriff G zu einem Begriff F nicht gibt. Im allgemeinen gibt es viele „nächste“ Oberbegriffe. Im Paradebeispiel der traditionellen Logik „Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Lebewesen“ wäre auch sicher Säugetier ein näherer Oberbegriff zu Mensch als Lebewesen. Die Rede vom genus proximum ist also im traditionellen Definitionsschema nicht so genau zu nehmen. Die traditionelle Definitionslehre ist ferner nicht weit genug, um alle korrekten Definitionen zu erfassen; denn es gibt korrekte Definitionen, die nicht nach dem Schema (S) konstruiert sind. Da (S) nur ein Definitionsschema für einstellige Begriffe ist, gilt das insbesondere für alle korrekten Definitionen von mehrstelligen Begriffen (Beziehungen), von Funktionen oder Gegenständen. Aber auch einstellige Begriffe kann man auf andere Weise korrekt definieren als nach dem Schema (S). So ist die Definition „Ein Wirbeltier ist ein Fisch oder ein Lurch oder ein Kriechtier oder ein Vogel oder ein Säugetier“ sicherlich korrekt, obwohl hier ein Oberbegriff als Vereinigung von 148
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14.2 Begriffsanalyse und Explikation
Unterbegriffen definiert wird, nicht aber ein Unterbegriff vermittels eines Oberbegriffes, wie das in (S) verlangt wird. Zusammenfassend wird man also sagen müssen, dass das traditionelle Definitionsschema (S) und die Kriterien (I) bis (IV) nicht zur Begründung einer brauchbaren Definitionslehre ausreichen. Die traditionelle Logik unterscheidet weiterhin zwischen Realund Nominaldefinitionen. Eine Nominaldefinition ist eine Festsetzung über die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks, des Definiendums, des zu definierenden Ausdrucks, der bisher noch keine Bedeutung hatte (oder von dessen bisheriger Bedeutung man im betreffenden Kontext gänzlich absehen will). In dieser Festsetzung wird dem Definiendum die Bedeutung eines anderen Ausdrucks, der also bereits eine wohlbestimmte Bedeutung hat, des Definiens, des definierenden Ausdrucks, zugeordnet. Die Definition stellt daher eine Konvention dar, nach der das Definiendum mit dem Definiens synonym sein soll. Ist A das Definiendum, B das Definiens, so schreiben wir diese Festsetzung auch in der Gestalt A := B. Eine Festsetzung oder Konvention dieser Art ist keine Behauptung, sondern eine Vorschrift, und als solche weder wahr noch falsch. Sie führt aber dazu, dass der Satz wahr wird, der die Synonymität beider Ausdrücke behauptet. Was eine Realdefinition ist, wird in der traditionellen Logik weniger klar. Deutlich ist nur, dass Realdefinitionen Behauptungen sein sollen, die wahr oder falsch sind, dass es sich dabei also nicht um reine Festsetzungen handelt. Nach der nächstliegenden Deutung der Realdefinitionen sind sie Begriffsanalysen.
14.2
Begriffsanalyse und Explikation
Bei einer Begriffsanalyse hat das zu analysierende Prädikat (das Analysandum) bereits eine wohlbestimmte Bedeutung, von der in der Definition ausgesagt wird, dass sie mit der Bedeutung des analysierenden Prädikats (des Analysans) zusammenfällt. Solche Analysen können entweder linguistischen oder empirischen Charakter haben. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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14 Definitionen
Eine linguistische Analyse, wie z. B. • Ein Junggeselle ist ein unverheirateter Mann, wird nur durch den Sprachgebrauch begründet und besagt: Das Wort „Junggeselle“ wird in der deutschen Sprache im Sinn von „unverheirateter Mann“ verwendet. Eine empirische Analyse hingegen liegt vor, wenn man z. B. den Namen „Americium“ durch Nominaldefinition für das chemische Element mit 95 Protonen einführt und dann, sei es durch Beobachtungen, sei es durch Ableitungen in einer empirischen Theorie, feststellt: Americium ist das Element, das die und die chemischen Eigenschaften hat. Von Begriffsanalysen sind Begriffsexplikationen zu unterscheiden, die zwischen Definitionen und Analysen einzuordnen sind: In einer Begriffsexplikation wird ein umgangssprachliches Prädikat, dessen Bedeutung nur bis auf einen gewissen Unbestimmtheitshorizont festgelegt ist, für seine Verwendung in einer exakten Theorie in seiner Bedeutung genauer bestimmt. Dabei soll der Umfang des explizierenden Begriffs im Wesentlichen mit dem bisherigen Anwendungsbereich des Wortes zusammenfallen. Die Präzisierung ist also nicht völlig frei; eine Explikation ist also keine freie Bedeutungsfestsetzung im Sinne der Nominaldefinition; im Übrigen kann man über die Erweiterung oder Einengung des Anwendungsbereiches des zu präzisierenden Prädikats frei verfügen. Deshalb handelt es sich nicht um eine Feststellung im Sinne der Begriffsanalysen, die aufgrund der vorgegebenen Bedeutung des Explikandums bereits als wahr oder falsch fixiert wäre. Man gebraucht z. B. das umgangssprachliche Wort „Fisch“ in der Biologie in einem präzisierten Sinne, der in einigen Anwendungsfällen vom umgangssprachlichen Wortsinn abweicht; diese Abweichung wird durch die Zielsetzung einer einheitlichen und tiefgreifenden biologischen Klassifizierung nahegelegt. Realdefinitionen sind, als Begriffsanalysen, etwas ganz anderes als Nominaldefinitionen, und sie sind weder als linguistische noch als naturwissenschaftliche Aussagen Thema der Logik. Deshalb gebraucht man auch heute das Wort „Definition“ ausschließlich im 150
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14.3 Definitionsformen
Sinne von Nominaldefinition. Wir wollen uns deshalb im Folgenden nur mit Nominaldefinitionen beschäftigen. Die traditionelle Logik hat noch weitere Kriterien für korrekte Nominaldefinitionen entwickelt. Dazu gehören z. B. PASCALs Forderungen der Eliminierbarkeit der definierten Ausdrücke und der Nichtkreativität von Definitionen: Da eine Nominaldefinition das Definiendum als bloße Abkürzung für das Definiens einführt, sind Definitionen grundsätzlich entbehrlich, die definierten Zeichen müssen in allen Kontexten eliminierbar sein. Und aus einer Nominaldefinition eines Zeichens als einer bloßen sprachlichen Abkürzung dürfen keine neuen Tatsachenbehauptungen folgen.
14.3
Definitionsformen
Die Ansätze zu einer systematischen Definitionslehre sind erst von G OTTLOB F REGE entwickelt worden, er hat die Diskussion über korrektes Definieren dadurch auf eine höhere Präzisionsebene gestellt, dass er seinen Definitionsbegriff auf Kunstsprachen bezog und den modernen logischen Formalismus zur Analyse von Definitionen benützte. Wenn man von dem oben angegebenen Begriff der Nominaldefinition ausgeht, ist das Definiendum ein Ausdruck, der bislang noch keine Bedeutung hat, während das Definiens bereits eine wohlbestimmte Bedeutung haben soll. Daraus ergibt sich, dass es für die Definitionen in einer Sprache S eine Reihenfolge geben muss, so dass das Definiens jeder Definition nur solche definierten Ausdrücke enthält, die Definiendum einer früheren Definition in S sind. Diese Forderung schließt Zirkeldefinitionen der Art A := B(A) oder A := C(B) und B := D(A) aus – B(A) und D(A) seien hierbei Ausdrücke, die A enthalten. Der Definitionsbegriff schließt ferner mehrfache Definitionen desselben Ausdrucks aus. Wenn zwei Definitionen demselben Ausdruck https://doi.org/10.5771/9783495860885
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14 Definitionen
Bedeutungen zuordnen, so sind diese Bedeutungen entweder identisch, dann ist eine der beiden Definitionen aber überflüssig, oder sie sind verschieden, dann ist die zweite Definition mit der ersten unverträglich. In jedem Fall verletzt die zweite Definition die Bedingung, dass das Definiens noch keine Bedeutung haben soll. Die weitere Bestimmung, dass dem Definiendum in der Definition dieselbe Bedeutung zugeordnet werden soll, wie sie das Definiens hat, lässt sich nur dann erfüllen, wenn Definiendum und Definiens Ausdrücke derselben syntaktischen Kategorie sind, d. h. wenn sie beide Namen, Sätze, n-stellige Satzoperatoren, n-stellige Prädikate oder nstellige Funktionsausdrücke sind. Insbesondere darf im Definiens keine Variable vorkommen, die im Definiendum nicht vorkommt. So kann z. B. eine Definition der Gestalt F(x, y) := G(x, y, z) zu Widersprüchen führen. Denn aus ihr folgt F(a, b) ← → G(a, b, c), und andererseits F(a, b) ← → G(a, b, d). Daraus erhält man aber G(a, b, c) ← → G(a, b, d). Wenn diese Äquivalenz nicht gilt, so führt die obige Definition zu einem Widerspruch. Die Bestimmung, dass das Definiendum ein bedeutungsloser Ausdruck sein soll, ist dahingehend zu verschärfen, dass es keinen Ausdruck enthalten darf, der bereits eine Bedeutung hat: Das Definiendum soll ein Ausdruck sein, der neben dem zu definierenden Zeichen nur Variable und Hilfszeichen enthält, nicht aber logische Symbole, Funktionsterme und dergleichen, die bereits gedeutet sind. Definitionen, die diese Bedingung erfüllen, nennt man Explizitdefinitionen. Ihnen stehen die Kontextdefinitionen gegenüber als Definitionen, die diese Bedingung nicht erfüllen. 152
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14.3 Definitionsformen
Kontextdefinitionen treffen unter Umständen Festlegungen für die bereits definierten Ausdrücke im Definiendum, die mit den früheren Festlegungen über deren Bedeutung nicht verträglich sind. Kontextdefinitionen sind also Festlegungen, die eines zusätzlichen Beweises für ihre Zulässigkeit bedürfen. Ein einfaches Beispiel für eine inkorrekte Kontextdefinition hat G IUSEPPE P EANO angegeben: Man definiert eine zweistellige Funktion ∗ für Brüche durch x1 x2 x1 + x2 ∗ := . y1 y2 y1 + y2 Nach dieser Definition ist z. B. 46 ∗ 23 = 87 ; da 64 = 23 gilt, folgt 46 ∗ 2 3 2 3 2 3 = 2 ∗ 3 . Nun gilt aber 2 ∗ 3 = 1. Aus der Definition folgt also der Widerspruch 78 = 1. Hier kommt im Definiendum der Bruchstrich als bereits definiertes Symbol vor, und die definitorische Festsetzung ist mit der Definition dieser Brüche nicht verträglich. Bei einer Kontextdefinition muss man also beweisen, dass es eine solche Funktion (bzw. einen solchen Begriff oder Gegenstand) gibt, wie man sie definieren will, und dass es genau eine solche Funktion gibt. Kann man das aber beweisen, so kann man die Kontextdefinition auch durch eine explizite Definition ersetzen, die die fragliche Funktion durch eine Kennzeichnung ausdrückt. Prinzipiell gesehen sind Kontextdefinitionen entweder also inkorrekt oder überflüssig. Praktisch spielen sie aber eine große Rolle. Man darf aber bei keiner solchen Definition den Existenz- und den Eindeutigkeitsbeweis vergessen. Definiert man z. B. die Kleiner-Beziehung ≺ für Brüche durch x2 x1 ≺ := x1 · y2 < x2 · y1 , y1 y2 so muss man zeigen: Es gibt genau eine Beziehung F, für die die Äquivalenz x x 1 2 F , ← → x1 · y2 < x2 · y1 , y1 y2 gilt. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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14 Definitionen
Wir haben den Begriff der Definition in der Weise bestimmt, dass eine Definition immer eine unbedingte Festsetzung ist. Es gibt aber auch bedingte definitorische Festsetzungen. Eine bedingte Definition hat z. B. die folgende Gestalt: F(x) → (G(x) ← → H(x)). Man muss dabei beachten, dass der zu definierende Ausdruck G(x) dann nur für solche Namen a definiert ist, für die F(a) gilt. Gilt für ein Objekt b nun ¬F(b), so ist das Prädikat G(x) nicht für alle Namen definiert, und es gelten deshalb wichtige logische Gesetze nicht, wie z. B. das tertium non datur: ∀x(G(x) ∨ ¬G(x)). Allgemein können bedingte Definitionen auch die Gestalt eines Systems von Bedingungen annehmen: F1 (x) → (G(x) ← → H1 (x)) F2 (x) → (G(x) ← → H2 (x)) .. . Fn (x) → (G(x) ← → Hn (x)) Hier muss bewiesen werden, dass die Bedingung Fi (x) ∧ Fk (x) → (Hi (x) ← → Hk (x)) für alle i, k aus 1, . . . , n gilt, weil sich sonst Widersprüche ergeben können (also das Kriterium der Nichtkreativität verletzt ist). Ferner werden auch durch solche Systeme von bedingten Definitionen nur die Anwendungen von G auf solche Namen a definiert, für die F1 (a)∨ · · · ∨ Fn (a) gilt. Wenn man zeigen will, dass durch solche bedingten Definitionen G vollständig definiert wird, so muss man beweisen: ∀x F(x) bzw.
∀x(F1 (x) ∨ · · · ∨ Fn (x)).
Dann lässt sich aber die Definition in eine Explizitdefinition umformen zu: G(x) := H(x) 154
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14.3 Definitionsformen
bzw. G(x) := F1 (x) ∧ H1 (x) ∨ · · · ∨ Fn (x) ∧ Hn (x). Bedingte Definitionen sind also unvollständig oder überflüssig. Korrekte und vollständige Nominaldefinitionen sind prinzipiell immer (unbedingte) Explizitdefinitionen. Genügen diese Explizitdefinitionen den Forderungen, dass sie für die betreffende Sprache eine Reihenfolge bilden, in der das Definiens jeder Definition nur solche definierten Ausdrücke enthält, die bereits früher definiert worden sind, und haben Definiens und Definiendum in ihnen die gleiche syntaktische Kategorie, so sind diese Nominaldefinitionen korrekt; d. h. wenn die nicht definierten Grundausdrücke der Sprache eine wohlbestimmte Bedeutung haben, so haben die definierten Ausdrücke eine wohlbestimmte Bedeutung, und sie sind rein sprachliche Festsetzungen oder Abkürzungen, die sich immer eliminieren lassen, die also prinzipiell entbehrlich sind und keinen Tatsachengehalt haben. Denn es lässt sich insbesondere zeigen, dass diese Definitionen immer den Pascal’schen Kriterien der Eliminierbarkeit und der Nichtkreativität genügen.
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Mengenlehre
Die Prädikatenlogik, erweitert um Identität, Kennzeichnungs- und Funktionsterme, nennt man elementare Logik; sie bildet die Grundlage der logischen Begriffsbildungen und des logischen Schließens. Die folgenden Bemerkungen sollen einen ungefähren Eindruck davon vermitteln, welche Überlegungen dazu führen, über diese elementare Logik hinauszugehen und höhere Logiksysteme zu entwickeln, die wesentlich leistungsfähiger sind als die Prädikatenlogik. Es wird sich dabei allerdings wirklich nur um einen Eindruck handeln können, da diese höheren Logiksysteme in ihrer Struktur zu komplex und in ihren Grundlagen zu problembeladen sind, als dass man sie im Rahmen dieses Buches ausführlich entwickeln könnte.
15.1
Die naive Mengenlehre
Der entscheidende Schritt über die elementare Logik hinaus besteht in der Einführung von Mengen. Unter einer Menge versteht man dabei den Umfang eines Begriffs. Die Menge der Menschen ist der Umfang des Begriffs Mensch, die Menge der Primzahlen der Umfang des Begriffs Primzahl usw. Allgemein gibt es zu jedem einstelligen Begriff eine Menge, die genau diejenigen Objekte enthält, die unter diesen Begriff fallen. Man nennt diese Objekte auch Elemente der Menge. Für „a ist ein Element der Menge b“ schreiben wir abkürzend „a ∈ b“. Dieses Prinzip nennt man auch das Komprehensionsprinzip. Da Mengen Objekte sind, kann man dieses Prinzip in der Sprache der Prädikatenlogik wie folgt formulieren: Komprehensionsprinzip: (1)
∃x ∀y(y ∈ x ← → A[y])
– dabei komme die Variable x in A[y] nicht vor. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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15 Mengenlehre
Ferner sind zwei Mengen als Begriffsumfänge identisch, wenn sie dieselben Elemente enthalten. Zum Beispiel sind die beiden Begriffe Lebewesen, das ein Herz hat und Lebewesen, das eine Niere hat verschieden, sie haben jedoch denselben Umfang, da jedes Lebewesen, das ein Herz hat, auch eine Niere besitzt, und umgekehrt (die Richtigkeit dieser biologischen Behauptung wollen wir voraussetzen). Dieses Prinzip, das auch Extensionalitätsprinzip genannt wird, können wir in der prädikatenlogischen Sprache wie folgt formulieren: Extensionalitätsprinzip: ∀xy (∀z (z ∈ x ← → z ∈ y) → x = y) .
(2)
Wir müssen jedoch einschränkend annehmen, dass die Gegenstandsbereiche der betrachteten Interpretationen nur Mengen, nicht hingegen Objekte, die keine Mengen sind, enthalten; denn diese wären aufgrund des Extensionalitätsprinzips alle untereinander und mit der leeren Menge, die kein Element enthält, identisch. Aus dem Komprehensions- und dem Extensionalitätsprinzip folgt: ∃!x ∀y(y ∈ x ← → A[y]).
(3)
Wir führen nun den Ausdruck λy A[y] als definitorische Abkürzung für x ∀y(y ∈ x ← → A[y]) ein: ι
λy A[y] := x ∀y(y ∈ x ← → A[y]). ι
Wir lesen λy A[y] als „die Menge der y, für die A[y] gilt“. Aus dieser Definition und dem Kennzeichnungsaxiom (A7) folgt das Abstraktionsprinzip: (4)
∀x(x ∈ λy A[y] ← → A[x]).
In entsprechender Weise könnte man auch Umfänge von mehrstelligen Begriffen, so genannte Relationen, einführen, die mehrgliedrige Folgen als Elemente enthalten. Eine n-gliedrige Folge von Objekten nennt man ein n-Tupel von Objekten. Wir schreiben dafür 158
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15.1 Die naive Mengenlehre
(a1 , . . . , an ). Ein 2-Tupel ist also ein geordnetes Paar, ein 3-Tupel ein geordnetes Tripel usw. Man kann aber Relationen auch als Mengen von n-Tupeln auffassen. Man braucht daher nicht über den bisherigen Rahmen der Mengenlehre hinausgehen, wenn es gelingt, die n-Tupel als Mengen zu definieren. Nach einem Vorschlag von W IENER und K URATOWSKI kann man, wenn {a} die Menge ist, die nur das Element a enthält, also {a} := λx(x = a), und {a, b} die Menge, die nur die beiden Elemente a und b enthält, also {a, b} := λx(x = a ∨ x = b), definieren: (t1 ,t2 ) := {{t1 }, {t1 ,t2 }}. Daraus folgt: (5)
(t1 ,t2 ) = (s1 , s2 ) ← → t1 = s1 ∧ t2 = s2 ,
d. h. die Definition der geordneten Paare ist adäquat. Dann definiert man: (t1 , . . . ,tn+1 ) := ((t1 , . . . ,tn ),tn+1 ). Wenn man das Elementschaftssymbol ∈ in die Sprache der Prädikatenlogik aufnimmt, kann man anstelle der Sätze der Form F(t) auch t ∈ a schreiben, wobei a eine Gegenstandskonstante ist, die den Umfang des durch F dargestellten Begriffes bezeichnet. Man kann also auf 1-stellige Prädikatkonstanten verzichten. Und für F(t1 , . . . ,tn ) kann man (t1 , . . . ,tn ) ∈ a schreiben, so dass man also auch mehrstellige Prädikatkonstanten nicht benötigt. Man erhält in dieser Weise eine Symbolsprache, in der die Regel für die Bildung von Primsätzen lautet: • Sind s und t Terme, so sind s ∈ t und s = t Sätze. Und man erhält, indem man zu den prädikatenlogischen Axiomen (A1) bis (A7) das Komprehensions- und das Extensionalitätsprinzip als Axiome (A8) und (A9) hinzunimmt, ein Axiomensystem der Mengenlehre. https://doi.org/10.5771/9783495860885
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15 Mengenlehre
15.2
Elementare Mengenalgebra
Wir wollen einige einfache mengentheoretische Begriffsbildungen angeben. Der Durchschnitt zweier Mengen a und b – symbolisch: a ∩ b – ist die Menge aller Dinge, die sowohl Elemente von a als auch Elemente von b sind. Wir können also definieren: (6)
a ∩ b := λx(x ∈ a ∧ x ∈ b).
Stellen wir eine Menge als eine umgrenzte Fläche und ihre Elemente durch die Punkte in dieser Fläche dar, so lässt sich der Durchschnitt a ∩ b in der folgenden Figur durch die schraffierte Fläche veranschaulichen:
a
b
Ist z. B. a die Menge der Hundebesitzer und b die Menge der Katzenbesitzer, so ist a ∩ b die Menge der Leute, die sowohl Hunde wie auch Katzen besitzen. Die Operation ∩ ist kommutativ und assoziativ, d. h. es gilt: (7)
a∩b = b∩a
(8)
a ∩ (b ∩ c) = (a ∩ b) ∩ c
Die letztere Beziehung kann man sich an folgendem Mengendiagramm klarmachen:
b a
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c
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15.2 Elementare Mengenalgebra
Die Vereinigung von a und b – symbolisch: a ∪ b – ist die Menge aller Dinge, die Elemente von a oder Elemente von b sind. Wir definieren also: (9)
a ∪ b := λx(x ∈ a ∨ x ∈ b).
Sind a und b dieselben Mengen wie im letzten Beispiel, so ist a ∪ b die Menge der Leute, die Katzen oder Hunde besitzen. Die Vereinigung stellt sich im folgenden Mengendiagramm als schraffierte Fläche dar:
a
b
Auch die Vereinigung ist kommutativ und assoziativ: (10)
a∪b = b∪a
(11)
a ∪ (b ∪ c) = (a ∪ b) ∪ c
Als Komplement einer Menge a – symbolisch: a – bezeichnet man die Menge aller Dinge, die nicht in a enthalten sind. Wir setzen also: (12)
a := λx ¬x ∈ a.
Stellt im folgenden Diagramm das Rechteck die Menge aller betrachteten Dinge – den Gesamtbereich – dar, so ist a die schraffierte Fläche:
a
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15 Mengenlehre
Ist also a die Menge der Hundebesitzer und betrachten wir als Gesamtbereich die Menge aller Personen, so ist a die Menge der Leute, die keine Hunde besitzen. W
Die Allmenge – symbolisch: – ist die Menge aller Dinge (des Gesamtbereichs), also dieser Gesamtbereich selbst. Wir können wegen (A5) setzen: (13)
W
:= λx x = x. V
Die Nullmenge oder leere Menge – symbolisch: – ist jene Menge, die keine Elemente enthält. Nach dem Extensionalitätsprinzip gibt es nur eine solche Menge. Wir setzen: (14)
V
:= λx x 6= x.
Man macht sich aufgrund der angegebenen Erläuterungen oder mithilfe von Mengendiagrammen intuitiv leicht klar, dass folgende einfache Theoreme gelten: (15)
a∪a =
W
(16)
a∩a =
V
(17)
a ∩ (a ∪ b) = a
(18)
a ∪ (a ∩ b) = a
(19)
a ∩ (b ∪ c) = (a ∩ b) ∪ (a ∩ c)
(20)
a ∪ (b ∩ c) = (a ∪ b) ∩ (a ∪ c)
Wegen der Geltung von (7), (8), (10), (11), (17) und (18) bilden die Operationen ∩ und ∪ einen Verband. Dieser Verband ist nach (15) und (16) komplementär und nach (19) und (20) distributiv. Distributive, komplementäre Verbände bezeichnet man als boolesche Verbände oder boolesche Algebren. Das erklärt die Rede von einer „Mengen-“ oder „Klassenalgebra“. Von der Geltung anderer Gesetze kann man sich intuitiv aufgrund der angegebenen Erläuterungen oder von Mengendiagrammen leicht überzeugen. Man kann sie natürlich auch streng beweisen, entweder im Rahmen der Mengenlehre oder durch eine Übersetzung in 162
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15.2 Elementare Mengenalgebra
die Aussagenlogik und anschließende Anwendung des aussagenlogischen Entscheidungsverfahrens. Ein Beispiel für das erstere Verfahren ist der folgende Beweis für das Gesetz (20): a ∪ (b ∩ c) = λx(x ∈ a ∨ x ∈ b ∩ c) = λx(x ∈ a ∨ x ∈ λy(y ∈ b ∧ y ∈ c)) = λx(x ∈ a ∨ (x ∈ b ∧ x ∈ c)) = λx((x ∈ a ∨ x ∈ b) ∧ (x ∈ a ∨ x ∈ c)) = λx(x ∈ a ∨ x ∈ b) ∩ λx(x ∈ a ∨ x ∈ c) = (a ∪ b) ∩ (a ∪ c)
nach (9) nach (6) nach (4) aussagenlogisch nach (6) und (4) nach (9)
Das zweite Verfahren lässt sich allgemein so formulieren: a) Sind s,t Terme der Klassenalgebra, d. h. aus Eigennamen a, b, c, . . . für Mengen mithilfe der Operatoren ∩, ∪ und gebildete Ausdrücke, so gilt die Gleichung: s = t gdw. (s ∪ t) ∩ (s ∪ t) = . W
Denn aus s = t folgt nach (15) s ∪ t = und s ∪ t = , wegen W W W W ∩ = also (s ∪t) ∩ (s ∪t) = . Und ist umgekehrt (s ∪t) ∩ W W (s ∪ t) = , so muss s ∪ t = gelten, also wegen (4), (9), (12) und (13) ∀x(x ∈ s ∨ ¬x ∈ t), also ∀x(x ∈ t → x ∈ s). Analog gilt W → x ∈ t); ferner s ∪ t = , also ∀x(x ∈ s → x ∈ t), also ∀x(x ∈ s ← somit folglich nach (2) s = t. W
W
b) Wir können nun jedem Term s der Klassenalgebra einen Satz s∗ der Aussagenlogik zuordnen, indem wir die einfachen Terme a, b, c, . . . durch Satzkonstanten p, q, r, . . . ersetzen, s ∩ t durch s∗ ∧ t ∗ , s ∪ t durch s∗ ∨ t ∗ , und s durch ¬s∗ . W
c) Es ist nun der Satz s = genau dann ein Theorem der Klassenalgebra, wenn s∗ ein aussagenlogisch wahrer Satz ist. Also ist s = t genau dann ein solches Theorem – siehe (a) –, wenn (s∗ ∨ ¬t ∗ ) ∧ (¬s∗ ∨ t ∗ ), also (t ∗ → s∗ ) ∧ (s∗ → t ∗ ), d. h. also s∗ ← → t ∗ aussagenlogisch wahr ist. Auf diese Weise können wir das aussagenlogische Entscheidungsverfahren auf die elementare Klassenalgebra anwenden. https://doi.org/10.5771/9783495860885
163 .
15 Mengenlehre
Den letzten Punkt beweist man so: Ersetzt man in s zunächst die einfachen Terme a, b, . . . durch die Mengen λx x ∈ a, λx x ∈ b, . . . – es gilt nach dem Abstraktionsprinzip ja b ∈ λx(x ∈ a) ← → b ∈ a, also ∀y(y ∈ λx(x ∈ a) ← → y ∈ a), also nach dem Extensionalitätsprinzip λx x ∈ a = a – und ersetzt man die Menge λx A∩λx B durch λx(A∧B), ferner λx A ∪ λx B durch λx(A ∨ B) sowie λx A durch λx ¬A, so entsteht aus s ein Term der Gestalt λxC[x] derart, dass C[x] mit aussagenlogischen Operatoren aus den Primsätzen x ∈ a, x ∈ b, . . . zusammenW gesetzt ist. Es ist nun λxC[x] = genau dann ein Gesetz der Klassenalgebra, wenn C[d] (d komme in λxC[x] nicht vor) wahr ist, egal welches Objekt d und welche Mengen a, b, c, . . . sind. Das gilt aber genau dann, wenn die Sätze d ∈ a, d ∈ b, . . . für alle Belegungen mit Wahrheitswerten wahr sind, d. h. wenn der Satz aussagenlogisch wahr ist, den man aus C[d] erhält, wenn man für d ∈ a, d ∈ b, . . . Satzkonstante p, q, . . . einsetzt. Das ist aber gerade der Satz s∗ . Es ist also z. B. a ∩ b = a∪b genau dann ein Gesetz der Klassenalgebra, wenn ¬(¬p ∧ ¬q) ← → p ∨ q ein aussagenlogisch wahrer Satz ist – und das ist tatsächlich der Fall. Zum Abschluss seien noch einige weitere wichtige Begriffe erwähnt: Als Differenz zweier Mengen a und b – symbolisch: a − b – bezeichnet man die Menge aller Dinge, die in a, aber nicht in b enthalten sind: a − b := λx(x ∈ a ∧ ¬x ∈ b). Im Mengendiagramm sieht das so aus:
a
b
Sind a und b wieder die Menge der Hunde- bzw. Katzenbesitzer, so ist a − b also die Menge der Leute, die Hunde, aber keine Katzen besitzen. Es gilt, wie man sich leicht klar macht: a − b = a ∩ b. 164
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
15.2 Elementare Mengenalgebra
Man sagt, a sei Teilmenge von b – symbolisch: a ⊆ b –, wenn alle Elemente von a auch Elemente von b sind: a ⊆ b := ∀x(x ∈ a → x ∈ b). Es gilt also insbesondere b ⊆ b, d. h. jede Menge ist Teilmenge von sich selbst. Von einer echten Teilmenge spricht man dagegen nur, wenn keine Identität der Mengen vorliegt: a ⊂ b := a ⊆ b ∧ a 6= b. Die Ausdrücke a ⊆ b und a ⊂ b sind also im Gegensatz zu a ∩ b, a ∪ b, a oder a − b Sätze, keine Namen für Mengen. Man macht sich leicht klar, dass folgende Sätze gelten: a=b← →a ⊆ b∧b ⊆ a a ⊆ b∧b ⊆ c→a ⊆ c V
⊆a
a⊆
W
Ist a eine Menge von Mengen,T so bezeichnet man als großen Durchschnitt von a – symbolisch: a – die Menge aller Dinge, die Elemente aller Mengen aus a sind: T
a := λx ∀y(y ∈ a → x ∈ y). S
Und als große Vereinigung von a – symbolisch: a – bezeichnet man die Menge aller Dinge, die Elemente mindestens einer Menge aus a sind: S a := λx ∃y(y ∈ a ∧ x ∈ y). Es gilt dann: b∈a→ a ⊆ b T
b∈a→b ⊆
S
a
https://doi.org/10.5771/9783495860885
165 .
15 Mengenlehre
15.3
Logizismus
Das soeben vorgestellte mengentheoretische System nennt man auch naive Mengenlehre. Die Mengenlehre bildet die fundamentale mathematische Theorie, auf der alle anderen mathematischen Disziplinen aufbauen. Deshalb entstand mit der Formulierung der Mengenlehre innerhalb der Logik durch G OTTLOB F REGE das Programm des Logizismus: Alle mathematischen Begriffe sollten durch logische Begriffe definiert werden, und alle mathematischen Theoreme sollten aufgrund dieser Definition in logische Theoreme überführt werden. Die Mathematik sollte also in der Logik aufgehen. Dieses Programm klingt zunächst recht verwegen. Wir wollen es daher am Fall der Arithmetik etwas plausibler machen: Frege hat zuerst eine Definition der natürlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . im Rahmen der naiven Mengenlehre angegeben. Wir wählen hier die etwas einfachere Definition von J OHANN VON N EUMANN. Neumann definiert: 0 a0 I(a) N
:= := := :=
λx x 6= x λx(x ∈ a ∨ x = a) 0 ∈ a ∧ ∀x(x ∈ a → x0 ∈ a) λx ∀y(I(y) → x ∈ y)
Mithilfe dieser Definitionen der natürlichen Zahlen 0, 1 (= {0}), 2 (= {0, 1}), . . . , der Nachfolgerfunktion und der Menge der natürlichen Zahlen als kleinster Menge, die die Null enthält und zu jedem Element den Nachfolger, lassen sich dann die nach dem italienischen Mathematiker G IUSEPPE P EANO genannten Grundgesetze der Arithmetik beweisen, aus denen sämtliche arithmetischen Theoreme logisch folgen. Die Peanoaxiome: (P1) 0 ∈ N (P2) a ∈ N → a0 ∈ N (P3) a ∈ N ∧ b ∈ N ∧ a0 = b0 → a = b (P4) a0 6= 0 (P5) 0 ∈ a ∧ ∀x(x ∈ a ∧ x ∈ N → x0 ∈ a) → ∀y(y ∈ N → y ∈ a) 166
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
15.4 Antinomien
Man kann also im Rahmen der naiven Mengenlehre die Arithmetik logisch begründen. Da in der Mathematik die ganzen, die rationalen, die reellen und die komplexen Zahlen auf der Grundlage der natürlichen Zahlen definiert werden, so wird hier schon deutlich, dass das Programm des Logizismus ein durchaus realistisches Programm war. Um die Jahrhundertwende stellte sich jedoch heraus, dass die naive Mengenlehre auf Vorstellungen beruht, die zu Widersprüchen führen.
15.4
Antinomien
Die ersten Widersprüche der Mengenlehre entdeckte C ANTOR selbst. Die einfachste der so genannten logischen Antinomien ist aber von B ERTRAND RUSSELL 1902 konstruiert worden: Nach dem Komprehensionsprinzip gibt es zu jeder Eigenschaft von Mengen eine Menge, die den Umfang dieser Eigenschaft darstellt. Betrachten wir nun die Eigenschaft von Mengen, sich selbst nicht als Element zu enthalten, so gibt es eine Menge der Mengen, die sich nicht selbst enthalten: λx ¬ x ∈ x. Ist diese Menge in sich selbst enthalten, so ist sie eine Menge, die sich nicht selbst enthält. Die Annahme, dass diese Menge sich selbst enthält, führt also zum Widerspruch. Enthält sich die Menge aber nicht selbst, so enthält sie sich selbst. Auch diese Annahme führt also zum Widerspruch. Da nun aber nach dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten gelten muss, dass die Menge sich selbst enthält oder dass sie sich nicht selbst enthält, erhalten wir einen Widerspruch, da jede der beiden Alternativen zum Widerspruch führt. Formal ergibt sich die Antinomie so: Nach (1) gilt: ∃x ∀y(y ∈ x ← → ¬ y ∈ y). Hieraus folgt prädikatenlogisch: ∃x(x ∈ x ← → ¬ x ∈ x). Prädikatenlogisch gilt aber auch: ¬ ∃x(x ∈ x ← → ¬ x ∈ x). https://doi.org/10.5771/9783495860885
167 .
15 Mengenlehre
Diese Widersprüche erzwingen, dass man das System der naiven Mengenlehre aufgibt und schwächere Prinzipien der Mengenbildung entwickelt. Ein möglicher Weg besteht darin, das Komprehensionsprinzip abzuschwächen, so dass nur mehr gewissen Prädikaten Mengen zugeordnet werden. Dieser Weg führt zu den Systemen der axiomatischen Mengenlehre, wie sie zuerst von E RNST Z ERMELO und A BRAHAM F RAENKEL entwickelt worden sind. Ein anderer Weg ist zuerst von Russell beschritten worden, er führt zur (einfachen) Typenlogik. In der Typentheorie wird das Komprehensions- und das Extensionalitätsprinzip aufrechterhalten, es werden dagegen verschiedene Typen von Objekten unterschieden: Individuen, die keine Mengen sind, Mengen von Individuen, Mengen von Mengen von Individuen usf. Jede Menge enthält nur Objekte eines Typs und ist immer von höherem Typ als ihre Elemente. Entsprechend unterscheiden wir intuitiv zwischen Individuen wie Zahlen; Begriffen, die für Individuen erklärt sind, wie „größer als“; Begriffen, die für solche Begriffe für Individuen erklärt sind, wie „transitiv“ usf., und wir wenden nicht Begriffe zugleich auf Individuen und Begriffe an. Da in den Logiksystemen, wie wir sie hier betrachtet haben, aber Begriffe immer nur extensional charakterisiert sind, d. h. als Funktionen, die Objekten Wahrheitswerte zuordnen, können wir diese extensional bestimmten Begriffe auch mit Mengen identifizieren und gelangen so zu einer Typenunterscheidung für Mengen. Auf die weitverzweigte und schwierige Problematik, die sich mit diesen höheren Logiksystemen verbindet, können wir hier nicht eingehen. Es ging uns hier nur um einen Blick über die Grenzen der elementaren Logik hinaus, der zeigen sollte, dass die Logik mit der Prädikatenlogik nicht schon am Ende ist, sondern dass sie hier, was ihre tiefere Problematik, ihre Schwierigkeiten und damit auch ihre Faszination betrifft, erst eigentlich beginnt.
168
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Übungsaufgaben
Übungsaufgaben Aufgabe 15-1. Beweisen Sie im Rahmen der Mengenlehre die folgenden Sätze: a) a ∩ a = a →b ⊆ a b) a ∪ b = ← W
c) a ∩ = a W
d) a ⊆ a ∪ b e) a ∩ b ⊆ a f) a = → a =
W
g) a = → a =
V
V
T
T
W
Aufgabe 15-2. Beweisen Sie mit dem aussagenlogischen Entscheidungsverfahren die Sätze: a) a ∪
V
=a
b) a − (b ∩ c) = (a − b) ∪ (a − c) c) a − (b ∪ c) = (a − b) − c Bemerkung: ersetzen.
V
ist dabei zuerst durch b ∩ b und a − b durch a ∩ b zu
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169 .
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Anhang A.1
Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 1-1.
Eine Lösung ist: (P1 ) (P2 )
Alle M sind P Alle S sind M
(K)
Alle S sind P
Aber auch alle anderen möglichen Ersetzungen der Wörter „Menschen“, „sterblich“ und „Griechen“ durch einen der Buchstaben M, P und S sind richtig. Der entstehende Schluss ist formal gültig. Vgl. Aufgabe 12-2(a)!
Aufgabe 1-2. Gültige Konklusionen sind z. B.: „Einige S sind P“ bzw. „Einige S sind nicht P“.
Aufgabe 1-3.
Eine mögliche Prämisse ist z. B. „Alle P sind M“.
Aufgabe 2-1. Der einzige Aussagesatz ohne Indikatoren ist der Satz (e). Die Sätze (b) und (f) sind zwar auch Aussagesätze, sie enthalten jedoch die Indikatoren „Sie“, „hier“ und „heute“.
Aufgabe 2-2. a) A ∧ ¬B b) ¬(A ∨ B) ∧C c) ¬A ∧ ¬B
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171 .
Anhang
Aufgabe 2-3. a)
A B A ∧ B ¬(A ∧ B) ¬(A ∧ B) ∨ A w w f f
b)
w f f f
f w w w
w w w w
A ¬A ¬¬A ¬¬¬A ¬¬¬A ∨ A ¬(¬¬¬A ∨ A) w f
c)
w f w f
f w
w f
f w
w w
f f
A B A ∨ B ¬(A ∧ B) A ∨ B ∨ ¬(A ∧ B) w w f f
w f w f
w w w f
f w w w
w w w w
Aufgabe 3-1. a) (A → ¬B) ∧ (B → ¬A) b) A → ¬B; wobei A für „Peter verkauft“ und B für „Peter muss einen Verlust hinnehmen“ stehen. c) (¬A → ¬B) ∧ (A → B), d. h. A ← → B; wobei A für „Kurt verreist ins Ausland“ und B für „Kurt verreist gern“ stehen.
Aufgabe 3-2. a)
A B B → A A → (B → A) w w f f
172
w f w f
w w f w
w w w w
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f f f w
f f w w
w w f f
f w f w
¬A
w w w w
f w w w
→ B ∧
∧
A
A
w f f f
w w w w w w w w ¬B )
w f w w w w w w
← → A∧ ¬( B A →
B ∧ A
A
→
¬B
w f w f
w w f f f f f f
¬B )
w f w w w w w w
Aufgabe 3-3. A B ¬B
B
(B → A
w f w w w f w w
→
w f w f w f w f
¬( A
w w f f w w f f
→
C
w w w w f f f f
B
A B C
b)
f f f w
→
c)
a)
f w f w
C A → ← → ( A B→ ∧ B C → ) C
w w w f
∧
∨ ¬( A
B A
w f w f
¬A ¬B
C)
w w f f
∨
A B
¬B
B)
b)
¬ ← → (A ∨ ¬A B ∧ ) ¬B
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
w f f f
w w w w
A B ¬A ¬A → B A ∨ B A ∨ B ← → ¬A → B w w f f
w f w f
f f w w
w w w f
w w w f
w w w w
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173 .
Anhang
Aufgabe 3-4. F(A, B,C) ← → (A ∧ B ∧C) ∨ (A ∧ ¬B ∧C) ∨ (¬A ∧ ¬B ∧C) ∨ (¬A ∧ ¬B ∧ ¬C) ← → (A ∧C) ∨ (¬A ∧ ¬B) Aufgabe 4-1. a) A → A ∨ B b) A → (B → A ∧ B) c) (A → B) → ((B →C) → (A →C)) d) (A → (B →C)) → ((A → B) → (A →C)) e) (A → B) → ((A → ¬B) → ¬A) Beispiel für die Überprüfung der aussagenlogischen Wahrheit: Wir ersetzen die einfachen Teilsätze von (d) in der Reihenfolge (C, A, B) durch Wahrheitswerte. (w)
(A → (B → w)) → ((A → B) → (A → w)) (A → w ) → ((A → B) → w ) w → w w
(f)
(A → (B → f)) → ((A → B) → (A → f))
(w → (B → f)) → (B → f) → (f,w,w) (w → f) → f → w (f,w,f) (f → f) → w → w (f,w)
(f,f)
174
((w → B) → (w → f)) ( B → f ) ( w → f ) f (
f
→ w
)
f
(f → (B → f)) → ((f → B) → (f → f)) w → ( w → w ) w → w w https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 4-2. a) A, B ⇒ A, bzw. A ⇒ B → A b) ¬A, A ⇒ B, bzw. ¬A ⇒ A → B c) A → (B →C) ⇔ A ∧ B →C d) A → B ⇒ ¬B → ¬A bzw. A → B, ¬B ⇒ ¬A e) ¬A → ¬B ⇒ B → A bzw. ¬A → ¬B, B ⇒ A f) ¬¬A ⇔ A g) ¬(A ∧ B) ⇔ ¬A ∨ ¬B h) ¬(A ∨ B) ⇔ ¬A ∧ ¬B
Aufgabe 4-3. a) Die folgende Herleitung ist geschlossen, der Schluss ist also aussagenlogisch gültig. A→B
(1;0)
∼ ¬B → ¬A
(2;0)
¬B
(3;2)
∼ ¬A
(4;2)
A (5;4) ∼ B (6;3) ∼ A (7;1)
B (8;1)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
175 .
Anhang
b) Die Herleitung (A → B) → A
(1;0)
∼ B (2;0) ∼A→B
A (4;1)
(3;1)
A (5;3) ∼ B (6;3) ist offen, der Schluss also nicht aussagenlogisch gültig. Die Verteilung, die A wahr und B falsch macht, widerlegt die Gültigkeit. c) Alle vier Äste der folgenden Herleitung sind geschlossen, der Schluss ist also aussagenlogisch gültig. ¬(A ← → B)
(1;0)
∼ ¬A ← →B
(2;0)
∼A← →B ¬A
176
(4;2)
(3;1)
∼ ¬A
(6;2)
∼ B (5;2)
B (7;2)
∼ A (8;4)
A (9;6)
A (10;3)
∼ A (12;3)
A (14;3)
∼ A (16;3)
∼ B (11;3)
B (13;3)
∼ B (15;3)
B (17;3)
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 4-4. a) trivial b) Jede Wahrheitswertverteilung, die A1 , . . . , An , An+1 wahr macht, macht auch A1 , . . . , An wahr und deshalb nach Voraussetzung auch B. c) Alle Wahrheitswertverteilungen, die A1 , . . . , An , B wahr machen, machen nach der zweiten Voraussetzung auch C wahr. Nun machen aber alle Verteilungen, die A1 , . . . , An wahr machen, nach der ersten Voraussetzung auch B wahr; also machen sie auch C wahr.
Aufgabe 5-1. a) p, p0 ¬p0 (p → ¬p0 ) (p0 → p) ¬(p0 → p) (p → ¬p0 ) → ¬(p0 → p)
nach Def. 5-2(a), 5-2(b), 5-3(a) nach Def. 5-3(b) nach Def. 5-3(c) nach Def. 5-3(c) nach Def. 5-3(b) nach Def. 5-3(c)
b) p, p0 ¬p, ¬p0 (¬p → p0 ) ((¬p → p0 ) → p) (((¬p → p0 ) → p) → ¬p0 ) ¬(((¬p → p0 ) → p) → ¬p0 )
nach Def. 5-2(a), 5-2(b), 5-3(a) nach Def. 5-3(b) nach Def. 5-3(c) nach Def. 5-3(c) nach Def. 5-3(c) nach Def. 5-3(b)
Aufgabe 5-2. a) V(p) = V(p0 ) = w bzw. V(p) = f und V(p0 ) = w. b) V(p) = V(p0 ) = w. Die Bewertung V(p) = V(p0 ) = w erfüllt demnach beide Sätze. https://doi.org/10.5771/9783495860885
177 .
Anhang
Aufgabe 5-3. 1. (¬(p ∨ p0 ) ∨ (p ∧ ¬p0 )) ∧ p 2. (¬(¬p → p0 ) ∨ ¬(p → ¬¬p0 )) ∧ p 3. (¬¬(¬p → p0 ) → ¬(p → ¬¬p0 )) ∧ p 4. ¬((¬¬(¬p → p0 ) → ¬(p → ¬¬p0 )) → ¬p) Aufgabe 5-4. thode.
Man verwende z. B. die auf S. 64 dargestellte Me-
Aufgabe 5-5. Aus den Definitionen von ∨ bzw. ← → in Abschnitt 5.1 und Definition 5-4 erhält man: V(A ∨ B) = w gdw. V(¬A → B) = w gdw. V(¬A) = f oder V(B) = w gdw. V(A) = w oder V(B) = w bzw. V(A ← → B) = w gdw. V((A → B) ∧ (B → A)) = w gdw. V(A → B) = w und V(B → A) = w gdw. (V(A) = f oder V(B) = w) und (V(B) = f oder V(A) = w) gdw. (V(A) = f und V(B) = f) oder (V(A) = f und V(A) = w) oder (V(B) = w und V(B) = f) oder (V(B) = w und V(A) = w) gdw. (V(A) = w und V(B) = w) oder (V(A) = f und V(B) = f) gdw. V(A) = V(B).
178
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 6-1. a)
1. A → (B →C)
AF
2. (A → (B →C)) → ((A → B) → (A →C)) 3. (A → B) → (A →C)
A2
4. B → (A → B)
A1
5. B
AF
6. A → B
R1: 5, 4
7. A →C
R1: 6, 3
R1: 1, 2
b) Aus A → (B →C), B ` A →C erhält man zunächst mit dem Deduktionstheorem (DT): A → (B →C) ` B → (A →C) und hieraus nochmals mit (DT): ` (A → (B →C)) → (B → (A →C)). Aufgabe 6-2.
Man beweist zuerst: A → (A → B), A ` B. 1. A → (A → B) AF 2. A
AF
3. A → B
R1: 2, 1
4. B
R1: 2, 3
Nach dem Deduktionstheorem ergibt sich: A → (A → B) ` A → B.
https://doi.org/10.5771/9783495860885
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Anhang
Aufgabe 6-3. 1.
¬p → ¬p
bew. in Kal
2a.
(¬p → (¬p0 → ¬p)) →
A1
(¬p → (¬p → (¬p0 → ¬p))) 2b. (¬p → (¬p0 → ¬p))
A1
2.
(¬p → (¬p → (¬p0 → ¬p)))
R1: 2b, 2a
3a.
(¬p → (¬p → (¬p0 → ¬p))) →
A2
((¬p → ¬p) → (¬p → (¬p0 → ¬p))) 3b. (¬p → ¬p) → (¬p → (¬p0 → ¬p))
R1: 2, 3a
3.
¬p → (¬p0 → ¬p)
R1: 1, 3b
4a.
((¬p0 → ¬p) → (p → p0 )) →
A1
(¬p → ((¬p0 → ¬p) → (p → p0 ))) 4b. (¬p0 → ¬p) → (p → p0 ) 4.
¬p → ((¬p0 → ¬p) → (p → p0 ))
A3 R1: 4b,4a
5a. (¬p → ((¬p0 → ¬p) → (p → p0 ))) → A2 ((¬p → (¬p0 → ¬p)) → (¬p → (p → p0 ))) 5b. (¬p → (¬p0 → ¬p)) → (¬p → (p → p0 )) R1: 4, 5a 5.
¬p → (p → p0 )
R1: 3, 5b
Aufgabe 6-4. (a) und (b) sind trivial. (c) Aus A1 , . . . , An , B ` C folgt nach dem Deduktionstheorem A1 , . . . , An ` B →C; aus A1 , . . . , An ` B und A1 , . . . , An ` B → C ergibt sich durch Anwendung von (R1) A1 , . . . , An ` C. Aufgabe 8-1. a)
∀x(M(x) → P(x)) ∀x(S(x) → M(x)) ∀x(S(x) → P(x))
180
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
b)
∀x(P(x) → ¬M(x)) ∀x(S(x) → M(x)) ∀x(S(x) → ¬P(x))
Aufgabe 8-2. a) ∀x F(x); F(x) stehe für „x ist vergänglich“. b) ∀x(F(x) → G(x)); F(x) für „x ist sanftmütig“ und G(x) für „x ist selig“. c) ∃x F(a, x); F(x, y) für „x hat y verloren“ und a für „Fritz“. d) ∀x(F(x) → G(x, x)); F(x) für „x ist ein Mensch“ und G(x, y) für „x betrügt y“. e) ¬ ∀x(F(x) → G(x)); F(x) für „x glänzt“ und G(x) für „x ist Gold“. f) ∀x(F(x, a) → G(x, b)); F(x, y) für „x interessiert y“, G(x, y) für „x langweilt y“, a für „Fritz“ und b für „Hans“. g) ∀x(F(x) → ∃y G(y, x)); F(x) für „x ist eine Handlung“ und G(x, y) für „x ist ein Motiv für y“. h) ¬ ∃x(F(x) ∧ ¬ ∃y G(x, y)); F(x) für „x ist eine Regel“ und G(x, y) für „y ist eine Ausnahme für x“.
Aufgabe 9-1. V(∃x A[x]) = w gdw. V(¬ ∀x ¬A[x]) = w gdw. V(∀x ¬A[x]) = f b mit gdw. es gibt eine Interpretation V a b= b V V und V(¬A[a]) = f, b d. h. V(A[a]) = w.
https://doi.org/10.5771/9783495860885
181 .
Anhang
Aufgabe 9-2. Im Folgenden sei a eine Gegenstandsvariable, die weder in A[x] noch B[x] vorkommt. a) Angenommen V(∀x A[x] → ∀x B[x]) = f. Daraus folgt V(∀x A[x]) = w und V(∀x B[x]) = f. Aus V(∀x B[x]) = f folgt: a b mit V b= b Es existiert eine Interpretation V V und V(B[a]) = f. b Aus V(∀x A[x]) = w folgt für diese Interpretation V(A[a]) = w; b also V(A[a] → B[a]) = f. Es gilt also nicht für alle Interpretaa b mit V b= b tionen V V: V(A[a] → B[a]) = w. Also: V(∀x(A[x] → B[x])) = f. Durch Kontraposition folgt, dass jede Interpretation, die ∀x(A[x] → B[x]) erfüllt, auch ∀x A[x] → ∀x B[x] erfüllt. b) Angenommen V(∃x A[x] → ∃x B[x]) = f. Dies gilt genau dann, wenn V(∃x A[x]) = w und V(∃x B[x]) = f ist. Aus V(∃x A[x]) = a b mit V b= b w folgt: Es gibt ein V V und V(A[a]) = w; aus b b V(∃x B[x]) = f folgt V(B[a]) = f; deshalb gilt: V(A[a]→B[a]) = f, also V(∀x(A[x] → B[x])) = f.
Aufgabe 9-3. a) Angenommen V(A[a]) = w; b sei eine Gegenstandskonstante, b sei eine Interpretation mit die in A[a] nicht vorkommt, und V b b b V =V und V(b) = V(a). Nach dem Überführungstheorem folgt b daraus V(A[b]) = w und deshalb V(∃x A[x]) = w. Jede Interpretation, die A[a] erfüllt, erfüllt also auch ∃x A[x], d. h. also: A[a] → ∃x A[x] ist prädikatenlogisch wahr. b) Nehmen wir an V(∃x A[x] → B) = f, dann ergibt sich V(∃x A[x]) = w und V(B) = f. Aus V(∃x A[x]) = w folgt: Es gibt a b mit V b= b eine Interpretation V V und V(A[a]) = w und wegen b b des Koinzidenztheorems gilt V(B) = f, also V(A[a] → B) = f. Wenn es also eine Interpretation gibt, die ∃x A[x] → B nicht erfüllt, dann gibt es auch eine Interpretation, die A[a] → B nicht erfüllt. Erfüllen alle Interpretationen den Satz A[a] → B, dann erfüllen deshalb auch alle Interpretationen den Satz ∃x A[x] → B.
182
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 10-1. a)
1. ∀x ¬A[x] → ¬A[a]
A4
2. A[a] → ¬ ∀x ¬A[x] a. l. aus 1 (mit TA8d) 3. A[a] → ∃x A[x]
Def. von ∃x A[x]
b) Es sei a eine Gegenstandskonstante, die in ∀x(A → B[x]) nicht vorkommt. 1. ∀x(A → B[x]) AF 2. A → B[a]
mit A4 und R1 aus 1
3. A → ∀x B[x]
R2: 2
c) Es sei a eine Gegenstandskonstante, die weder in A[x] noch in B[x] vorkommt. 1. ∀x(A[x] → B[x]) AF 2. A[a] → B[a]
mit A4 und R1 aus 1
3. ∀x A[x]
AF
4. A[a]
mit A4 und R1 aus 3
5. B[a]
R1: 4, 2
6. ∀x B[x]
T2: 5
Das heißt: ∀x(A[x] → B[x]), ∀x A[x] `0 ∀x B[x]; daraus folgt mit dem Deduktionstheorem ∀x(A[x] → B[x]) `0 ∀x A[x] → ∀x B[x]. Aufgabe 10-2. a) Es sei ein Beweis für A[a]→B vorgegeben. Diesen Beweis setzt man wie folgt fort:
https://doi.org/10.5771/9783495860885
183 .
Anhang
.. . A[a] → B ¬B → ¬A[a]
a. l.
¬B → ∀x ¬A[x]
R2
¬ ∀x ¬A[x] → ¬¬B
a. l.
¬ ∀x ¬A[x] → B
a. l.
∃x A[x] → B
Def. von ∃x A[x]
b) Aus A `0 B[a] folgt nach dem Deduktionstheorem ` A → B[a]; durch eine Anwendung der Regel (R2) ergibt sich ` A → ∀x B[x], und mit (R1) folgt A `0 ∀x B[x]. c) Aus A[a] `0 B folgt nach dem Deduktionstheorem ` A[a] → B; daraus ergibt sich nach (a) ` ∃x A[x] → B und mit (R1) schließlich ∃x A[x] `0 B. Aufgabe 12-1. a) ¬ ∃x F(x)
(1;0)
∼ ∀x ¬F(x)
(2;0)
∀x ¬F(x)
(1;0)
∼ ¬ ∃x F(x)
(2;0)
und ∼ ¬F(a)
(3;2)
F(a) (4;3) ∼ ∃x F(x)
(5;1)
∼ F(a) (6;5)
184
∃x F(x)
(3;2)
F(a) (4;3) ¬F(a)
(5;1)
∼ F(a) (6;5)
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
b) ¬ ∀x F(x)
(1;0)
∼ ∃x ¬F(x)
(2;0)
∃x ¬F(x)
(1;0)
∼ ¬ ∀x F(x)
(2;0)
und ∼ ∀x F(x)
(3;1)
∼ F(a) (4;3) ∼ ¬F(a)
∀x F(x)
(3;2)
¬F(a)
(4;1)
∼ F(a) (5;4)
(5;2)
F(a) (6;5)
F(a) (6;3)
c) ∃x F(x) → ∀x G(x)
(1;0)
∼ ∀x(F(x) → G(x))
(2;0)
∼ F(a) → G(a)
(3;2)
F(a) (4;3) ∼ G(a) (5;3) ∼ ∃x F(x)
(6;1)
∼ F(a) (8;6)
∀x G(x)
(7;1)
G(a) (9;7)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
185 .
Anhang
d) ∀x(F(x) ∧ G(x))
(1;0)
∼ ∀x F(x) ∧ ∀x G(x) ∼ ∀x F(x)
(2;0)
∼ ∀x G(x)
(3;2)
(4;2)
und: ∼ F(a) (5;3) F(a) ∧ G(a)
∼ G(a) (6;4) (7;1)
F(a) ∧ G(a)
(8;1)
∀x F(x) ∧ ∀x G(x)
(1;0)
(2;0)
F(a) (9;7)
F(a) (11;8)
∼ ∀x(F(x) ∧ G(x))
G(a) (10;7)
G(a) (12;8)
∀x F(x)
(3;1)
∀x G(x)
(4;1)
∼ F(a) ∧ G(a)
(5;2)
F(a) (6;3) G(a) (7;4) ∼ F(a) (8;5)
186
∼ G(a) (9;5)
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
e) ∃x(F(x) ∨ G(x))
(1;0)
∼ ∃x F(x) ∨ ∃x G(x) ∼ ∃x F(x)
(3;2)
∼ ∃x G(x)
(4;2)
F(a) ∨ G(a)
(2;0)
(5;1)
F(a) (6;5)
G(a) (7;5)
∼ F(a) (8;3)
∼ G(a) (9;4)
und: ∃x F(x) ∨ ∃x G(x)
(1;0)
∼ ∃x(F(x) ∨ G(x))
(2;0)
∃x F(x)
(3;1)
F(a) (5;3) ∼ F(a) ∨ G(a)
∃x G(x)
(4;1)
G(a) (6;4) (7;2)
∼ F(a) ∨ G(a)
(8;2)
∼ F(a) (9;7)
∼ F(a) (11;8)
∼ G(a) (10;7)
∼ G(a) (12;8)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
187 .
Anhang
f)
∃x(F(x) ∧ G(x))
(1;0)
∼ ∃x F(x) ∧ ∃x G(x) F(a) ∧ G(a)
(2;0)
(3;1)
F(a) (4;3) G(a) (5;3) ∼ ∃x F(x)
(6;2)
∼ F(a) (8;6) g)
∼ ∃x G(x)
(7;2)
∼ G(a) (9;7)
∀x F(x) ∨ ∀x G(x)
(1;0)
∼ ∀x(F(x) ∨ G(x))
(2;0)
∼ F(a) ∨ G(a)
(3;2)
∼ F(a) (4;3) ∼ G(a) (5;3) ∀x F(x)
(6;1)
F(a) (8;6)
188
∀x G(x)
(7;1)
G(a) (9;7)
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 12-2. a) ∀x(M(x) → P(x))
(1;0)
∀x(S(x) → M(x))
(2;0)
∼ ∀x(S(x) → P(x))
(3;0)
∼ S(a) → P(a)
(4;3)
S(a) (5;4) ∼ P(a) (6;4) S(a) → M(a)
(7;2)
∼ S(a) (8;7)
M(a) (9;7) M(a) → P(a) ∼ M(a) (11;10)
(10;1)
P(a) (12;10)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
189 .
Anhang
b)
∀x(P(x) → ¬M(x)) ∃x(S(x) ∧ M(x))
(2;0)
∼ ∃x(S(x) ∧ ¬P(x)) S(a) ∧ M(a)
(1;0)
(3;0)
(4;2)
S(a) (5;4) M(a) (6;1) P(a) → ¬M(a)
(7;1)
∼ P(a) (8;7) ∼ S(a) ∧ ¬P(a) ∼ S(a) (12;10)
¬M(a) (9;7)
(10;3)
∼ ¬P(a)
∼ M(a) (11;9)
(13;10)
P(a) (14;13)
190
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.1 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 13-1. a)
1. a = b → (a = c → b = c)
A6 mit A[∗] := ∗ = c
2. a = b ∧ a = c → b = c
a. l. aus 1
3. ∀xyz(x = y ∧ x = z → y = z) TP2: 2 b)
1. a = b → ( f (a) = f (a) → f (a) = f (b)) 2.
c)
f (a) = f (a)
A6 mit A[∗] := f (a) = f (∗) A5
3. a = b → f (a) = f (b)
a. l. aus 1 und 2
4. ∀xy(x = y → f (x) = f (y))
TP2: 3
1. ∀x ∃!y F(x, y)
AF
2. ∃!y F(a, y)
mit A4 und R1 aus 1
ι
3. F(a, y F(a, y))
mit A7 und R1 aus 2
4. ∀x F(x, y F(x, y)) TP2: 3 ι
Aus ∀x ∃!y F(x, y) `0 ∀x F(x, y F(x, y)) erhält man mit dem Deduktionstheorem die Behauptung. ι
1. ∀x ∃!y F(x, y)
AF
2. F(a, f (a))
AF
3. ∃!y F(a, y)
mit A4 und R1 aus 1
ι
4. F(a, y F(a, y)) 5.
mit A7 und R1 aus 3
ι
f (a) = y F(a, y) p. l. aus 1, 2 und 4
Also ∀x ∃!y F(x, y), F(a, f (a)) `0 f (a) = y F(a, y). ι
Daraus folgt ∀x ∃!y F(x, y) `0 F(a, f (a)) → f (a) = y F(a, y) ι
und schließlich ` ∀x ∃!y F(x, y) → ∀x(F(x, f (x)) → f (x) = y F(x, y)). ι
d)
https://doi.org/10.5771/9783495860885
191 .
Anhang
Aufgabe 15-1. a) Offenbar gilt wegen (4) und (2) a = λx x ∈ a. Also gilt nach (6) a ∩ a = λx(x ∈ a ∧ x ∈ a) = λx x ∈ a = a. b) Es gilt: a∪b =
gdw. λx(x ∈ a ∨ ¬x ∈ b) =
W
W
gdw. ∀x(x ∈ a ∨ ¬x ∈ b) gdw. ∀x(x ∈ b → x ∈ a) gdw. b ⊆ a. c) Es gilt nach (6), (13) und (4): z∈a∩
gdw. z ∈ a ∧ z = z
W
gdw. z ∈ a. Hieraus folgt mit (2) a ∩
W
= a.
f) Offenbar gilt ∀xy(y 6= y → x ∈ y), also ∀x(x = x ← → ∀y(y 6= y → x ∈ y)), also mit (13), (2), (4) und (14): W
= λx ∀y(y 6= y → x ∈ y) = λx ∀y(y ∈ → x ∈ y) V
=
TV
.
V
V
g) Wir zeigen zunächst: = λx ∀y x ∈ y. ⊆ λx ∀y x ∈ y gilt offensichtlich. Ist umgekehrt z ∈ λx ∀y x ∈ y, so gilt nach (4) ∀y z ∈ y, V also auch z ∈ . Somit folgt mit (13) und (4): TW
= λx ∀y(y ∈ → x ∈ y) W
= λx ∀y(y = y → x ∈ y) = λx ∀y x ∈ y V
= .
192
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
A.2
Beweise
In den Kapiteln 6 und 10 wurden nur wenige Theoreme bzw. Metatheoreme bewiesen. Die Übungen dazu bieten zwar weiteres Anschauungsmaterial, zur Beherrschung der Beweistechnik sind aber weitere Beispiele nützlich. A.2.1
Aussagenlogik
Es wurde bewiesen: Theorem (TA1). ` A → A Theorem (TA2). ¬A ` A → B Theorem (TA3). A → (B →C) ` B → (A →C) Theorem (TA4). A → (A → B) ` A → B Einige weitere wichtige Theoreme beweist man wie folgt. Theorem (TA5).
` ¬¬A → A
Beweis: 1. ¬¬A
AF
2. ¬¬A → (¬A → ¬¬¬A)
TA2: 1
3. ¬A → ¬¬¬A
R1: 1, 2
4. (¬A → ¬¬¬A) → (¬¬A → A)
A3
5. ¬¬A → A
R1: 3, 4
6. A R1: 1, 5 Es gilt also ¬¬A ` A, nach dem Deduktionstheorem (DT) also die Behauptung. C Theorem (TA6).
` A → ¬¬A
Beweis: 1. ¬¬¬A → ¬A
TA5
2. (¬¬¬A → ¬A) → (A → ¬¬A)
A3
3. A → ¬¬A
R1: 1, 2
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885
193 .
Anhang
Theorem (TA7).
A → B, B →C ` A →C
Beweis: 1. A
AF
2. A → B
AF
3. B
R1: 1, 2
4. B →C
AF
5. C
R1: 3, 4
Also A → B, B → C, A ` C, mit (DT) erhält man daraus die Behauptung. C Theorem (TA8a).
A → B ` ¬B → ¬A
Beweis: 1. ¬¬A → A
TA5
2. A → B
AF
3. ¬¬A → B
TA7: 1, 2
4. B → ¬¬B
TA6
5. ¬¬A → ¬¬B
TA7: 3, 4
6. (¬¬A → ¬¬B) → (¬B → ¬A)
A3
7. ¬B → ¬A
R1: 5, 6
C
Theorem (TA8b). ¬A → ¬B ` B → A Beweis: 1. (¬A → ¬B) → (B → A)
194
A3
2. ¬A → ¬B
AF
3. B → A
R1: 2, 1
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
Theorem (TA8c). ¬A → B ` ¬B → A Beweis: 1. ¬A → B
AF
2. B → ¬¬B
TA6
3. ¬A → ¬¬B
TA7: 1, 2
4. ¬B → A
TA8b: 3
C
Theorem (TA8d). A → ¬B ` B → ¬A Beweis: 1. A → ¬B
AF
2. ¬¬A → A
TA5
3. ¬¬A → ¬B
TA7: 2, 1
4. B → ¬A
TA8b: 3
C
Die Theoreme (TA8x) sind die Kontrapositionsgesetze. Theorem (TA9).
A ` ¬A → B
Beweis: Aus (TA2) folgt mit (DT) ` ¬A → (A → B), mit (TA3) also C ` A → (¬A → B), mit (R1) also die Behauptung. Theorem (TA10). A → ¬A ` ¬A Beweis: 1. A → (¬A → ¬(A → A))
TA9, DT
2. (A → (¬A → ¬(A → A))) → A2 ((A → ¬A) → (A → ¬(A → A))) 3. (A → ¬A) → (A → ¬(A → A)) R1: 1, 2 4. A → ¬A
AF
5. A → ¬(A → A) 6. ¬¬A → A
R1: 4, 3 TA5
7. ¬¬A → ¬(A → A)
TA7: 6, 5
8. (A → A) → ¬A
TA8b: 7
9. A → A
TA1
10. ¬A
C
R1: 9, 8 https://doi.org/10.5771/9783495860885
195 .
Anhang
¬A → A ` A
Theorem (TA11). Beweis: 1. ¬A → A
AF
2. A → ¬¬A
TA6
3. ¬A → ¬¬A
TA7: 1, 2
4. ¬¬A
TA10: 3
5. ¬¬A → A
TA5
6. A
R1: 4, 5
C
` A ∨ ¬A
Theorem (TA12).
Beweis: Nach (TA1) gilt ` ¬A → ¬A; daraus erhält man die Behauptung mit der Definition der Adjunktion. C A ` A∨B
Theorem (TA13). Beweis: 1. A
AF
2. ¬A → B 3. A ∨ B
TA9: 1 Def.
C
Ebenso erhält man Theorem (TA14). B ` A ∨ B A∨A ` A
Theorem (TA15).
C
Beweis: Das folgt direkt aus (TA11). A∨B ` B∨A
Theorem (TA16). Beweis: 1. A ∨ B
196
AF
2. ¬A → B
Def.
3. B → ¬¬B
TA6
4. ¬A → ¬¬B
TA7: 2, 3
5. ¬B → A
TA8b: 4
6. B ∨ A
Def.
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
Theorem (TA17). A → B ` C ∨ A →C ∨ B Beweis: 1. A → B
AF
2. C ∨ A
AF
3. ¬C → A
Def.
4. ¬C → B
TA7: 3, 1
5. C ∨ B
Def.
Es gilt also A → B,C ∨ A ` C ∨ B; mit (DT) also die Behauptung.
C
Theorem (TA18). A →C, B →C ` A ∨ B →C Beweis: 1. A ∨ B
AF
2. B ∨ A
TA16: 1
3. A →C
AF
4. B ∨ A → B ∨C
TA17: 3
5. B ∨C
R1: 2, 4
6. C ∨ B
TA16: 5
7. B →C 8. C ∨ B →C ∨C
AF TA17: 7
9. C ∨C
R1: 6, 8
10. C
TA15: 9
Es gilt also A →C, B →C, A ∨ B ` C; mit (DT) erhält man daraus die Behauptung. C Theorem (TA19). A → B, ¬A → B ` B Beweis: 1. A → B
AF
2. ¬A → B
AF
3. A ∨ ¬A → B
TA18: 1, 2
4. A ∨ ¬A
TA12
5. B
R1: 3, 4
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885
197 .
Anhang
A∧B ` A
Theorem (TA20). Beweis: 1. A ∧ B
AF
2. ¬(A → ¬B)
Def.
3. ¬A → (A → ¬B)
TA2, DT
4. (A → ¬B) → ¬¬(A → ¬B)
TA6
5. ¬A → ¬¬(A → ¬B)
TA7: 3, 4
6. ¬(A → ¬B) → A
TA8b: 5
7. A
R1: 2, 6
C
Ebenso erhält man: Theorem (TA21). A ∧ B ` B
C
Theorem (TA22). A, B ` A ∧ B Beweis: 1. (A → ¬B) → (A → ¬B)
TA1
2. A → ((A → ¬B) → ¬B)
TA3: 1
3. A
AF
4. (A → ¬B) → ¬B
R1: 3, 2
5. ¬¬(A → ¬B) → (A → ¬B)
TA5
6. ¬¬(A → ¬B) → ¬B
TA7: 5, 4
7. B → ¬(A → ¬B)
TA8b: 6
8. B
AF
9. ¬(A → ¬B)
R1: 7, 8
10. A ∧ B
C
Def.
Theorem (TA23). ¬(A → B) ` A Beweis: 1. ¬A → (A → B)
198
TA2, DT
2. ¬(A → B) → A
TA8c: 1
3. ¬(A → B)
AF
4. A
R1: 3, 2
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
Theorem (TA24). ¬(A → B) ` ¬B Beweis: 1. B → (A → B)
A1
2. ¬(A → B) → ¬B
TA8a: 1
3. ¬(A → B)
AF
4. ¬B
R1: 3, 2
C
Theorem (TA25). A ∨ B →C ` (A →C) ∧ (B →C) Beweis: 1. A ∨ B →C 2. ¬C → ¬(A ∨ B)
AF TA8a: 1
3. ¬C → ¬(¬A → B)
Def.
4. ¬(¬A → B) → ¬A
TA23, DT
5. ¬C → ¬A
TA7: 3, 4
6. A →C
TA8b: 5
7. ¬(¬A → B) → ¬B
TA24, DT
8. ¬C → ¬B
TA7: 3, 7
9. B →C
TA8b: 8
10. (A →C) ∧ (B →C)
C
TA22: 6, 9
https://doi.org/10.5771/9783495860885
199 .
Anhang
A.2.2
Prädikatenlogik
Es wurden bewiesen (siehe auch Aufgaben 10-1 und 10-2): Theorem (TP1). ` ∀x A[x] → ∀y A[y] Theorem (TP2). A[a] `a ∀x A[x], wo a nicht in der Konklusion vorkommt. Theorem (TP3). A[a] → C `a ∃x A[x] → C, wo a nicht in der Konklusion vorkommt. Theorem (TP4). ` (∀x A[x] →C) → ∃x(A[x] →C) Theorem (TP5). ` A[a] → ∃x A[x] Theorem (TP6). ∀x(A → B[x]) `0 A → ∀x B[x] Theorem (TP7). ∀x(A[x] → B[x]) `0 ∀x A[x] → ∀x B[x] Theorem (TP8). Gilt A `0 B[a], so auch A `0 ∀x B[x], wo a weder in A noch in ∀x B[x] vorkommt. Theorem (TP9). Gilt A[a] `0 B, so auch ∃x A[x] `0 B, wo a weder in B noch in ∃x A[x] vorkommt. Einige weitere Theoreme beweist man wie folgt: Theorem (TP10).
` ∀x A[x] → ∃x A[x]
Beweis: 1. ∀x A[x] → A[a]
200
A4
2. A[a] → ∃x A[x]
TP5
3. ∀x A[x] → ∃x A[x]
a. l. (mit TA7)
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
Theorem (TP11).
` ∃x ∀y A[x, y] → ∀y ∃x A[x, y]
Beweis: 1. ∀y A[a, y]
AF
2. ∀y A[a, y] → A[a, b]
A4 (b komme nicht in ∀y A[a, y] vor)
3. A[a, b]
R1: 1, 2
4. A[a, b] → ∃x A[x, b]
TP5
5. ∃x A[x, b]
R1: 3, 4
6. ∀y ∃x A[x, y]
TP2: 5
Es gilt also ∀y A[a, y] `0 ∀y ∃x A[x, y] – bei der Verwendung der Regel (TP2) wurde keine Gegenstanskonstante eliminiert, die in ∀y A[a, y] vorkommt. Also gilt mit (TP9) ∃x ∀y A[x, y] `0 ∀y ∃x A[x, y], nach (DT) also die Behauptung. C Theorem (TP12).
→ ∀x A[x] ∧ ∀x B[x] ` ∀x(A[x] ∧ B[x]) ←
Beweis: 1. ∀x(A[x] ∧ B[x])
AF
2. A[a] ∧ B[a]
mit A4 und R1 aus 1 (a komme weder in A[x] noch in B[x] vor)
3. A[a]
a. l. aus 2 (TA20)
4. ∀x A[x]
TP2: 3
Es gilt also ∀x(A[x] ∧ B[x]) `0 ∀x A[x], also nach (DT): 5. ∀x(A[x] ∧ B[x]) → ∀x A[x] Ebenso erhält man: 6. ∀x(A[x] ∧ B[x]) → ∀x B[x] Und somit: 7. ∀x(A[x]∧B[x])→∀x A[x]∧∀x B[x] a. l. aus 5 und 6 Ferner gilt: https://doi.org/10.5771/9783495860885
201 .
Anhang
8. ∀x A[x] ∧ ∀x B[x]
AF
9. ∀x A[x]
a. l. aus 8 (TA20)
10. A[a]
mit A4 und R1 aus 9 (a komme weder in A[x] noch B[x] vor)
11. ∀x B[x]
a. l. aus 8 (TA21)
12. B[a]
mit A4 und R1 aus 11
13. A[a] ∧ B[a]
a. l. aus 10, 12 (TA22)
14. ∀x(A[x] ∧ B[x])
TP2: 13
Es gilt also ∀x A[x] ∧ ∀x B[x] `0 ∀x(A[x] ∧ B[x]), mit (DT) also ` ∀x A[x] ∧ ∀x B[x] → ∀x(A[x] ∧ B[x]). Mit der Definition von A ← → B erhält man aus 7 und 14 a. l. (TA22) die Behauptung. C → ∃x A[x] ∨ ∃x B[x] ` ∃x(A[x] ∨ B[x]) ←
Theorem (TP13). Beweis: 1. A[a]
AF (a komme weder in A[x] noch B[x] vor)
2. A[a] → ∃x A[x]
TP5
3. ∃x A[x]
R1: 1, 2
4. ∃x A[x] ∨ ∃x B[x]
a. l. aus 3 (TA13)
Also A[a] `0 ∃x A[x] ∨ ∃x B[x], mit (DT) also: 5. A[a] → ∃x A[x] ∨ ∃x B[x] Ebenso erhält man: 6. B[a] → ∃x A[x] ∨ ∃x B[x] Also: 7. A[a] ∨ B[a] → ∃x A[x] ∨ ∃x B[x]
a. l. aus 5 und 6 (TA18)
8. ∃x(A[x]∨B[x])→∃x A[x]∨∃x B[x] TP3: 7 Umgekehrt erhält man: 202
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.2 Beweise
1. A[a]
AF
2. A[a] ∨ B[a]
a. l. aus 1 (TA13)
3. ∃x(A[x] ∨ B[x])
mit TP5 und R1 aus 2
Also A[a] `0 ∃x(A[x] ∨ B[x]), mit (DT) also: 4. A[a] → ∃x(A[x] ∨ B[x]) 5. ∃x A[x] → ∃x(A[x] ∨ B[x])
TP3: 4
Ebenso erhält man: 6. ∃x B[x] → ∃x(A[x] ∨ B[x]) Also: 7. ∃x A[x]∨∃x B[x]→∃x(A[x]∨B[x]) a. l. aus 5 und 6 (TA18) Damit erhält man nach der Definition von A ← → B und (TA22) die Behauptung. C Theorem (TP14).
` ∀x A[x] ∨ ∀x B[x] → ∀x(A[x] ∨ B[x])
Beweis: 1. ∀x A[x]
AF
2. A[a]
mit A4 und R1 aus 1 (a komme weder in A[x] noch in B[x] vor)
3. A[a] ∨ B[a]
a. l. aus 2 (TA13)
4. ∀x(A[x] ∨ B[x])
TP2: 3
Es gilt also ∀x A[x] `0 ∀x(A[x] ∨ B[x]), nach (DT) also: 5. ∀x A[x] → ∀x(A[x] ∨ B[x]) Ebenso erhält man: 6. ∀x B[x] → ∀x(A[x] ∨ B[x]) Also: 7. ∀x A[x]∨∀x B[x]→∀x(A[x]∨B[x]) a. l. aus 6 und 7 (TA18) C https://doi.org/10.5771/9783495860885
203 .
Anhang
Theorem (TP15). ∃x(A[x] ∧ B[x]) → ∃x A[x] ∧ ∃x B[x] Beweis: 1. A[a] ∧ B[a]
AF (a komme weder in A[x] noch B[x] vor)
2. A[a]
a. l. aus 1 (TA20)
3. ∃x A[x]
mit TP5 und R1: aus 2
4. B[a]
a. l. aus 1 (TA21)
5. ∃x B[x]
mit TP5 und R1: aus 4
6. ∃x A[x] ∧ ∃x B[x]
a. l. aus 3 und 5 (TA22)
Es gilt also A[a] ∧ B[a] `0 ∃x A[x] ∧ ∃x B[x], nach (DT) somit: 7. A[a] ∧ B[a] → ∃x A[x] ∧ ∃x B[x] Also: 8. ∃x(A[x]∧B[x])→∃x A[x]∧∃x B[x] TP3: 7
204
C
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.3 Liste einfacher logischer Gesetze
A.3
Liste einfacher logischer Gesetze
A.3.1
Aussagenlogik
Negation ¬¬A ← →A Konjunktion A∧A← →A A∧B← →B∧A A ∧ (B ∧C) ← → (A ∧ B) ∧C A → (B → A ∧ B) A∧B→A A∧B→B A∧B← → ¬(¬A ∨ ¬B) A∧B← → ¬(A → ¬B) A∧B→A∨B A ∧ B → (A → B) A ∧ B → (A ← → B) A ∧ ¬A → B A ∧ (B ∨C) ← → A ∧ B ∨ A ∧C A ∧ (A ∨ B) ← →A Adjunktion A∨A← →A A∨B← →B∨A A ∨ (B ∨C) ← → (A ∨ B) ∨C A→A∨B B→A∨B (A →C) ∧ (B →C) ← → (A ∨ B →C) A∨B← → ¬(¬A ∧ ¬B) https://doi.org/10.5771/9783495860885
205 .
Anhang
A∨B← → ¬A → B B → A ∨ ¬A A ∨ (B ∧C) ← → (A ∨ B) ∧ (A ∨C) A ∨ (A ∧ B) ← →A Implikation A→A (A → B) ∧ (B →C) → (A →C) ¬A → (A → B) A → (¬A → B) B → (A → B) A ∧ (A → B) → B ¬B ∧ (A → B) → ¬A (A → B) → (A ∧C → B) (A → B) ← → (¬B → ¬A) A → (B →C) ← → A ∧ B →C A → (B →C) ← → B → (A →C) A → (A → B) ← →A→B A → (B →C) ← → (A → B) → (A →C) A → (B ∧C) ← → (A → B) ∧ (A →C) ((A → B) → A) → A A→B← → ¬(A ∧ ¬B) A→B← → ¬A ∨ B (A → ¬A) → ¬A (¬A → A) → A (A → B) ∧ (A → ¬B) → ¬A (A → B) → (A ∨C → B ∨C) 206
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
A.3 Liste einfacher logischer Gesetze
Äquivalenz A← →A (A ← → B) ← → (B ← → A) (A ← → B) ∧ (B ← →C) → (A ← →C) (A ← → (B ← →C)) ← → ((A ← → B) ← →C) (A ← → B) ← → (¬A ← → ¬B) ¬(A ← → B) ← → (¬A ← → B) ¬(A ← → B) ← → (A ← → ¬B) (A → B) ∧ (B → A) ← → (A ← → B) (A ← → B) ← → (A ∧ B ∨ ¬A ∧ ¬B) (A ← → B) → (A → B) (A ← → B) → (B → A) A.3.2
Prädikatenlogik ∀x A[x] → A[a] A[a] → ∃x A[x] ∃x A[x] ← → ¬ ∀x ¬A[x] ¬ ∃x A[x] ← → ∀x ¬A[x] ∃x ¬A[x] ← → ¬ ∀x A[x] ¬ ∃x ¬A[x] ← → ∀x A[x] ∀x A[x] → ∃x A[x] ∀x(A[x] ∧ B[x]) ← → ∀x A[x] ∧ ∀x B[x] ∀x A[x] ∨ ∀x B[x] → ∀x(A[x] ∨ B[x]) ∀x(A[x] → B[x]) → (∀x A[x] → ∀x B[x]) ∀x(A[x] → B[x]) → (∃x A[x] → ∃x B[x]) ∀x(A[x] ← → B[x]) → (∀x A[x] ← → ∀x B[x]) ∀x(A[x] ← → B[x]) → (∃x A[x] ← → ∃x B[x]) ∀x(A[x] ∧C) ← → ∀x A[x] ∧C https://doi.org/10.5771/9783495860885
207 .
Anhang
∀x(A[x] ∨C) ← → ∀x A[x] ∨C ∀x(A[x] →C) ← → ∃x A[x] →C ∀x(C → A[x]) ← →C → ∀x A[x] ∀x(C ← → A[x]) → (C ← → ∀x A[x]) ∃x(A[x] ∧ B[x]) → ∃x A[x] ∧ ∃x B[x] ∃x(A[x] ∨ B[x]) ← → ∃x A[x] ∨ ∃x B[x] ∃x(A[x] → B[x]) ← → ∀x A[x] → ∃x B[x] ∃x(A[x] ∧C) ← → ∃x A[x] ∧C ∃x(A[x] ∨C) ← → ∃x A[x] ∨C ∃x(A[x] →C) ← → ∀x A[x] →C ∃x(C → A[x]) ← →C → ∃x A[x] Dabei komme die Variable x nirgends in C vor.
208
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Bibliographie Bedeutende Werke aus der Geschichte der modernen Logik Boole, G.: The Mathematical Analysis of Logic, Cambridge, London 1847. De Morgan, A.: Formal Logic, London 1847. Frege, G.: Begriffsschrift, eine der arithmetischen nachgebildete Formalsprache des reinen Denkens, Halle 1879, Nachdruck: Darmstadt 1964. Grundgesetze der Arithmetik, 2 Bde., Jena 1893 und 1903, Nachdruck: Darmstadt 1962. Kleine Schriften, hrsg. von J. Angelelli, Hildesheim 2 1990. Nachgelassene Schriften, hrsg. von H. Hermes u. a., Hamburg 2 1983.
Whitehead, A. N., und B. Russell: Principia Mathematica, 3 Bde., Cambridge 1910–1913, 2 1925–1927, Nachdruck: 2 1968.
Zur Geschichte der modernen Logik Bochénski, I. M.: Formale Logik, Freiburg, München 5 1996. Kneale, W., und M. Kneale: 1962 (corr. 1968).
The Development of Logic,
Oxford
Kutschera, F. v.: Gottlob Frege: Eine Einführung in sein Werk, Berlin 1989. Scholz, H.: Abriß der Geschichte der Logik, Freiburg, München 3 1967.
https://doi.org/10.5771/9783495860885
209 .
Bibliographie
Weiterführende Lehrbücher der elementaren Logik Carnap, R.: Einführung in die symbolische Logik, Wien, New York 3 1968. Church, A.: Introduction to Mathematical Logic I, Princeton 5 1967. D’Agostino, M., D. M. Gabbay, R. Hähnle und J. Posegga (Hrsg.): Handbook of Tableaux Methods, Dordrecht 1999. Ebbinghaus, H.-D., J. Flum und W. Thomas: Einführung in die mathematische Logik, Heidelberg u. a. 4 1996. Essler, W. K., R. F. Martinez und E. Brendel: Grundzüge der Logik, 2 Bde., Frankfurt a. M. 3 1983, 3 1987. Hermes, H.: Einführung in die mathematische Logik, 4 1976.
Stuttgart
Hilbert, D., und W. Ackermann: Grundzüge der theoretischen Logik, Berlin, Heidelberg, New York 6 1972. Kleene, S. C.: Mathematical Logic, New York u. a. 1968. Kreisel, G., und J. L. Krivine: Elements of Mathematical Logic (Model Theory), Amsterdam 2 1971. Lorenzen, P.: Formale Logik, Berlin 4 1970. Quine, W. V. O.: Methods of Logic, New York u. a. 3 1967. Deutsch: Grundzüge der Logik, Frankfurt a. M. 2 1974. Suppes, P.: Introduction to Logic, Princeton u. a. 11 1968. Tarski, A.: Einführung in die mathematische Logik, Göttingen 1966, erw. 1977.
Mengenlehre Bernays, P., und A. A. Fraenkel: Axiomatic Set Theory, Amsterdam 2 1968. Ebbinghaus, H.-D.: 3 1994.
Einführung in die Mengenlehre,
Mannheim
Fraenkel, A. A.: Abstract Set Theory, Amsterdam 4 1968. 210
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Bibliographie
Mengenlehre und Logik, Berlin 2 1968. Halmos, P.: Naive Mengenlehre, Göttingen 5 1994. Kuratowski, K., und A. Mostowski: Set Theory, Amsterdam 2 1976. Quine, W. V. O.: Set Theory and its Logic, Cambridge 2 1969. Deutsch: Mengenlehre und ihre Logik, Braunschweig 1973. Schmidt, J.: Mengenlehre I (Einführung in die axiomatische Mengenlehre), Mannheim 2 1974. Suppes, P.: Axiomatic Set Theory, London u. a. 2 1969.
Mathematische Grundlagenforschung Beth, E. W.: The Foundations of Mathematics, Amsterdam 2 1965. Fraenkel, A. A., und Y. Bar-Hillel: Foundations of Set Theory, Amsterdam 2 1973. Hermes, H.: Aufzählbarkeit, Entscheidbarkeit, Berechenbarkeit, Berlin u. a. 2 1971. Hilbert, D., und P. Bernays: Grundlagen der Mathematik, 2 Bde., Berlin u. a. 2 1968 und 2 1970. Kleene, S. C.: Introduction to Metamathematics, Amsterdam 5 1967. Kleene, S. C., und R. Vesley: The Foundations of Intuitionistic Mathematics, Amsterdam 1965. Lorenzen, P.: Metamathematik, Mannheim 2 1980. Schütte, K.: Beweistheorie, Berlin u. a. 1960. Shoenfield, J. R.: Mathematical Logic, Reading u. a. 1967. Stegmüller, W.: Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit, Wien 3 1973. Troelstra, A. S.: Principles of Intuitionism, Berlin u. a. 1969.
https://doi.org/10.5771/9783495860885
211 .
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Sachregister
abhängig, 109 Ableitung — aus einer Satzmenge, 78 — im Kalkül Kal , 71 — im Kalkül Kpl , 108 Abstraktionsprinzip, 158 Adjunktion, 26ff Adäquatheit — eines Kalküls, 77 Allmenge, 162 Alloperator, 87f Alphabet — der Sprache A , 59 — der Sprache P , 95 Analysandum, 149 Analysans, 149 Annahmeformel, 71 Antinomie — logische, 167 Anzahlaussagen, 135ff Äquivalenz, 34f Ast, 52 — geschlossener, 54 Ausdruck, 20, 85 — der Sprache A , 59 — der Sprache P , 95 Aussagenlogik, 32 Axiome — der naiven Mengenlehre, 157ff — des Kalküls Kal , 69 — des Kalküls Kpl , 107
— des Kalküls Kpl mit Identität, 134 — des Kalküls Kpl mit Identität und Kennzeichnung, 138f Axiomenschema, 69 Axiomensystem, 57, 68
Baum — semantischer, 49ff Baumkalkül — Bal , 49ff Bedeutung, 20, 85 Begriff, 85 Begriffsanalyse, 149 — empirische, 150 — linguistische, 150 Begriffsexplikation, 150 Belegung, 62 Beweis — im Baumkalkül, 55, 124ff — im Kalkül Kal , 70 — im Kalkül Kpl , 108 — induktiver, 103 beweisbar, siehe Beweis Beweisverfahren, 121, 123 Bewertung, 62 — prädikatenlogische, 121 Beziehung, 85 boolesche Algebra, 162
https://doi.org/10.5771/9783495860885
213 .
Sachregister
Deduktionsregel — des Kalküls Kal , 69 — des Kalküls Kpl , 107 Deduktionstheorem, 72, 110 Definiendum, 149 Definiens, 149 Definition — bedingte, 154 — Explizit-, 152 — Kontext-, 152 — korrekte, 145, 151 — mehrfache, 151 — Nominal-, 149 — simultan rekursive, 138 Definitionsbereich, 141 Definitionskriterien, 151 Definitionsschema — traditionelles, 145 determiniert — aussagenlogisch, 25 Differenz, 164 Durchschnitt, 160 — großer, 165
Eigenname, 83 Eigenschaft, 85 Element — einer Menge, 157 Elimination — einer Gegenstandskonstante, 109 Eliminierbarkeit — definierter Ausdrücke, 151 Endlichkeitssatz, 120 Entscheidungsverfahren, 56, 121 erfüllt, 63, 102 Existenzoperator, 88ff Explikandum, 150
214
Explikation, 150 Explizitdefinition, 152 Extensionalitätsprinzip, 158
falsch, 22 Falschheit — aussagenlogische, 25 Folgerung — semantische, 119 — syntaktische, 67 Formalisierung, 16 Funktion, 141f Funktionsterm, 141
Gattungsname, 84 Gegenstandskonstante, 95 Gegenstandsvariable, 95 — siehe Variable 96 genus proximum, 148 Gesetz — der doppelten Verneinung, 22 — der Kontraposition, 33, 195 — Peirce’sches, 54 — vom ausgeschlossenen Dritten, 28, 167 — vom ausgeschlossenen Widerspruch, 25 Grad — eines Satzes, 103
Herleitung — geschlossene, 55 — im Baumkalkül, 55 — vollständige, 56
Identität, 133ff
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Sachregister
Implikation, 32ff Indikator, 19 Induktion, 103 inkonsistent, 78 Interpretation, 98, 101, 133, 142 — normale, 121
Kalkül, 69 — aussagenlogischer (Kal ), 69 — Baum-, 49ff, 124ff — prädikatenlogischer (Kpl ), 107 Kennzeichnung, 137ff Kennzeichnungsausdruck, 137 Kennzeichnungsoperator, 138 Klammerregel, 27, 33, 35, 60, 88f Koinzidenztheorem, 103 Kollektiva, 84 Kompaktheitssatz, 120 Komplement, 161 Komprehensionsprinzip, 157 Konjunktion, 22ff Konklusion, 12, 51 konsistent, 78, 116 Kontextdefinition, 152 kontingent, 25 kontradiktorisch, 25 Kontraposition, 33, 195 Kontravalenz, 26ff
Logik — elementare, 157 — formale, 11 — klassische, 20 — mathematische, 16 — symbolische, 16 logische Normalform, siehe Normalform
Logizismus, 166
maximal konsistent, 79 Menge, 157 — All-, 162 — leere, 162 — Null-, 162 Mengenalgebra, 160ff Mengenlehre — axiomatische, 168 — naive, 166 Metatheorem, 72 Mitteilungszeichen, 86
Name, 83 — Eigen-, 83 — Gattungs-, 84 — komplexer, 84 Negation, 21f Nichtkreativität, 151 Nichtnegativität, 145 Nichtzirkularität, 145 Nominaldefinition, 149 — korrekte, 151 Normalbedingung — für Kennzeichnungen, 138 Normalform — der Adjunktion, 26 — der Konjunktion, 23 — der Negation, 21 — von Kennzeichnungsausdrücken, 137 Nullmenge, 162
Objekt, 84 Operation
https://doi.org/10.5771/9783495860885
215 .
Sachregister
— assoziative, 160 — kommutative, 160 Operator — prädikatenlogischer, 87
Partikularisierung, 88 Peanoaxiome, 166 Primsatz, 60, 96, 138 Prädikat, 84 Prädikatkonstante, 96 Prämisse, 12, 51 Pronomen, 83
Quantor — All-, 87 — Existenz-, 89 — Kennzeichnungs-, 138
Realdefinition, 149 Regel — der hinteren Generalisierung, 107 — für das Unterstreichen, 128 Relation, 158 — reflexive, 134 — symmetrische, 134 — transitive, 134
Satz, 21 — aussagenlogisch falscher, 25 — aussagenlogisch wahrer, 25 — beweisbarer, 70 — der Sprache A , 60 — der Sprache P , 96 — einfacher, 85
216
— — — —
kontingenter, 25 kontradiktorischer, 25 tautologischer, 25 über prädikatenlogische Bewertungen, 121 — von Löwenheim und Skolem, 120 Satzkonstante, 59 Satzmenge — konsistente, 78, 116 — maximal konsistente, 79 — normale, 116 Satzoperator, 31 — dreistelliger, 37 — einstelliger, 35 — zweistelliger, 36 Schluss, 11 — aussagenlogisch gültiger, 43, 64 — formal gültiger, 13 — gültiger, 12, 43 — prädikatenlogisch gültiger, 102 Semantik — der Sprache A , 61ff — der Sprache P , 98ff Sprache — aussagenlogische, 59ff — prädikatenlogische, 95ff Stetigkeit, 93 Stoffnamen, 84 Substantiv, 83 Substitutionsprinzip, 135 Syllogistik, 90 synonym, 149 Syntax — der Sprache A , 59ff — der Sprache P , 95ff
https://doi.org/10.5771/9783495860885 .
Sachregister
tautologisch, 25 Teilmenge, 165 — echte, 165 Term, 138, 141 tertium non datur, 154 Tupel, 158 Typenlogik, 168
Wertbereich, 141 Widerspruchsfreiheit — des Kalküls Bpl , 129ff — des Kalküls Kal , 77f — des Kalküls Kpl , 115f
Zirkeldefinition, 151 Überführungstheorem, 104 Umfang, 98 — eines Begriffs, 98
Variable, 87 Verband, 162 — boolescher, 162 — distributiver, 162 — komplementärer, 162 Vereinigung, 161 — große, 165 Verneinung, 21 Vollständigkeit — des Kalküls Bpl , 129ff — des Kalküls Kal , 77ff — des Kalküls Kpl , 116ff — einer Definition, 154 — eines Systems von Satzoperatoren, 35ff
wahr, 22 Wahrheit — aussagenlogische, 25, 63 — prädikatenlogische, 102 Wahrheitsdefinitheit, 20 Wahrheitswerte, 22 Wahrheitswerttabelle, 22 Wahrheitswertverteilung, 22 https://doi.org/10.5771/9783495860885
217 .
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Symbolverzeichnis ¬ ∧ ∨ → ← → := ⇒ V ` ∀ ∃ A[∗] `0 `a |= = ∃! ι ∈
λ ∩ ∪ W V
⊆ T S
Negation 21, 59 Konjunktion 23, 61 Adjunktion 27, 61 Kontravalenz 27 Implikation 32, 59 Äquivalenz 34, 61 Definition 39, 149 Schlusssymbol 43 Bewertung, Interpretation 62, 101 Beweisbarkeits-, Ableitungszeichen Alloperator 87, 95 Existenzoperator 89, 97 Prädikatsausdruck 96 109 110 semantische Folgerung 119 Identität 133 137 Kennzeichnungsoperator 138 Element 157 Klassenabstraktion 158 Durchschnitt 160 Vereinigung 161 Komplement 161 Allmenge 162 Nullmenge 162 Teilmenge 165 großer Durchschnitt 165 große Vereinigung 165
70, 71, 108
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