Ein Raum im Umbruch?: Herrschaftsstrategien in Besançon im Hochmittelalter [1 ed.] 9783412514198, 9783412511647


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Ein Raum im Umbruch?: Herrschaftsstrategien in Besançon im Hochmittelalter [1 ed.]
 9783412514198, 9783412511647

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Jessika Nowak / Jens Schneider / Anne Wagner (Hg.)

Ein Raum im Umbruch? Herrschaftsstrategien in BesanÅon im Hochmittelalter

Mit 9 Abbildungen

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

ANALYSE COMPARÉE DES POUVOIRS

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstþtzung der UniversitØ Paris-Est Marne-la-VallØe.  2020 by Bçhlau Verlag GmbH & Cie, Lindenstraße 14, D-50674 Kçln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: BesanÅon, Biblioth›que Municipale, ms 166, fol.1 Vandenhoeck & Ruprecht Verlage j www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51419-8

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Jessika Nowak / Jens Schneider / Anne Wagner Ein Raum im Umbruch? Herrschaftsstrategien in BesanÅon im Hochmittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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FranÅois Demotz (Lyon) Die Kontrolle über die Grafschaft Burgund im 9. und 10. Jahrhundert. Einige Überlegungen zu den Forschungstraditionen . . . . . . . . . . . .

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Laurent Ripart (Chamb8ry) BesanÅon 1016. Die damnatio memoriae König Rudolfs III. von Burgund

51

Matthias Weber / Justus Wingenfeld (Bochum) Investituren im Investiturstreit. BesanÅon im Vergleich zu Reichsburgund und dem ostfränkisch-deutschen Reich . . . . . . . . . .

71

Gerhard Lubich (Bochum) Der Weg nach BesanÅon. Burgundpolitik und Herrschaftsgestaltung in der Frühzeit Friedrich Barbarossas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Alheydis Plassmann (Bonn) Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund . . . . . . 103 Verena Schweizer (Stuttgart) Königstreues Zentrum in Burgund? BesanÅon und Friedrich I. Barbarossa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

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Inhalt

Markus Keller / Lisa Klocke (Bochum) Der Kaiser, der Erzbischof und die Bürger. Überlegungen zu den Konflikten in BesanÅon (1163–1178) und zur »Städtepolitik« Friedrich Barbarossas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Clemens Regenbogen (Marburg) Überlassene Herrschaft. Pfalzgraf Otto III. († 1248) und die Grafschaft Burgund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Thomas Bauer (Münster) Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese BesanÅon (10.–12. Jahrhundert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Abkürzungsverzeichnis

Abt. AD AN Aufl. Bd., Bde. bearb./Bearb. begr. BnF bzw. cap. D8p. ders. dies. Diss. ebd. ed. f./ff. fol. hg./Hg. insbes. JL

Lief. Lkr. m. E. masch. MGH Const. DD

Abteilung Archives d8partementales Archives Nationales Auflage Band/Bände bearbeitet/Bearbeiter begründet BibliothHque nationale de France beziehungsweise Kapitel D8partement derselbe dieselbe(n) Dissertation ebenda ediert folgende folio herausgegeben/Herausgeber insbesondere Regesta pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum, ed. Philipp Jaffé, ed. secundam correctam et auctam … curaverunt Samuel Loewenfeld, Ferdinand Kaltenbrunner, Paul Ewald, Bd. 1–2, 1885–1888 [ND Graz 1956] Lieferung Landkreis meines Erachtens maschinenschriftlich Monumenta Germaniae Historica Leges. Constitutiones et acta publica imperatorum et regum Diplomata

8

Abkürzungsverzeichnis

Dt. MA Epp. sel. Ldl SS SS rer. Germ. SS rer. Germ. N. S. Migne, PL MIÖG ND Nr. N. S. o. O. r Reg. RI S. St.

u. a. v vgl. z. B. ZBLG ZRG GA z. T.

Deutsches Mittelalter. Kritische Studientexte Epistolae selectae in usum scholarum separatim editae Scriptores. Libelli de lite imperatorum et pontificum saeculis XI. et XII. conscripti Scriptores (in folio) Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi Scriptores rerum Germanicarum. Nova Series Patrologiae cursus completus. Series Latina, ed. Jacques Paul Migne, Paris 1844ff. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Nachdruck, Neudruck Nummer Neue Serie, Nova Series ohne Ort recto Regesten Regesta Imperii Seite(n) Karl Friedrich Stumpf-[Brentano], Die Reichskanzler vornehmlich des X., XI. und XII. Jahrhunderts, 2: Die Kaiserurkunden des X., XI. und XII. Jahrhunderts, Innsbruck 1865–1883 [ND 1960]; 3: Acta imperii inde ab Heinrico I. ad Heinricum VI. usque adhuc inedita, Innsbruck 1865–1881 unter anderem/und andere verso vergleiche zum Beispiel Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung zum Teil

Jessika Nowak / Jens Schneider / Anne Wagner

Ein Raum im Umbruch? Herrschaftsstrategien in Besançon im Hochmittelalter

Ce siHcle avait deux ans! Rome remplaÅait Sparte, D8j/ Napol8on perÅait sous Bonaparte, … Alors dans BesanÅon, vieille ville espagnole, Jet8 comme la graine au gr8 de l’air qui vole, Naquit d’un sang breton et lorrain / la fois Un enfant sans couleur, sans regard et sans voix … C’est moi.

So heißt es in den Versen Victor Hugos, eines der wohl berühmtesten Söhne der am Doubs gelegenen Stadt, der hier im Jahr 1802 das Licht der Welt erblickte. Die Wendung des »sang breton et lorrain / la fois« erinnert daran, dass im früheren Mittelalter Burgund ohne Lothringen schwer zu denken ist. Dass auch spanische Ambitionen auf BesanÅon bestanden, zeigen nicht zuletzt die Spuren, die ein anderer Sohn der Stadt, Antoine Perrenot de Granvelle, Ratgeber und Minister Karls V., Philipps II. und der Margarethe von Parma, hinterlassen hat: der Palais Granvelle und die berühmte Handschriftensammlung des bibliophilen Kardinals, aus der die Umschlagabbildung zu diesem Band stammt.1 Weitaus schwieriger als die Geschichte der Stadt ist freilich der Raum um sie herum zu greifen, der im Zentrum dieses Bandes stehen soll. Er wird am ehesten durch die Gestalt der Diözese umrissen, durch die gleich einer Lebensader der Fluss Doubs fließt. Zu fragen wird sein, wie dieser Raum zu definieren ist und wie die Zeitgenossen ihn gefasst haben: geprägt durch die erbitterte Rivalität zweier Nachbarn oder durch den Konflikt zwischen Kirche und antiklerikalen Kräften, wie es Louis Pergaud aus Belmont am Doubs in seinem mehrfach verfilmten Buch »La Guerre des boutons« (1912) so eindringlich geschildert hat. Bereits um die erste Jahrtausendwende lässt sich die Attraktivität des Raumes um BesanÅon erkennen. Gerade weil er am Rande oder vielmehr zwischen den 1 BesanÅon, BibliothHque municipale, ms. 166, fol. 1 (Mitte 15. Jahrhundert).

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etablierten regna lag, weckte er Interesse.2 Nicht ohne Grund bezeichnet Michel Chevalier diese Gegend in seiner Studie über den geographischen Rahmen BesanÅons als »province-carrefour / cheval sur le Jura et sur son avant-pays« oder auch als »zone de rencontre des voies nord-sud entre pays rh8nans et pays rhodaniens et des voies transjurassiennes qui mettent en rapport la plaine suisse et la France du Nord«.3 Und nicht nur bei den weltlichen Herrschern stieß dieser Raum zunehmend auf Interesse, auch als Erzbistum spielte er eine Rolle.4 Eine nähere Betrachtung dieser früheren Zeit ist umso spannender, als sie, insbesondere von deutscher Seite, bislang wenig Beachtung gefunden hat. Um ein breiteres Spektrum an Herrschaftsstrategien und der sich in diesem Raum vollziehenden Umbrüche aufzeigen zu können, erscheint es freilich sinnvoll, den Zeitrahmen etwas auszuweiten und den Blick bis in die etwas besser erforschte Zeit der Staufer zu richten, in der es gleichfalls zu großen Umwälzungen kam, änderte sich doch hier durch ein anderes Verhältnis zu den fideles letztlich auch das Verhältnis zum Raum. Es scheint geboten, an dieser Stelle die bewegte und komplexe Geschichte des 2 Zur Geschichte von BesanÅon und dessen Umgebung siehe insbesondere Reinhold Kaiser, Art. »BesanÅon«, in: Lexikon des Mittelalters 1 (2003), Sp. 2052–2055; Claude Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1: Des origines / la fin du XVIe siHcle, BesanÅon 1981; Hektor Ammann, BesanÅon im Mittelalter, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 17 (1967), S. 482–532; Lucien Febvre, Histoire de Franche-Comt8 (Les vieilles provinces de France 9), Paris 101930; Jean Vartier, Histoire de la Franche-Comt8 et du Pays de Montb8liard, Paris 1975; G8rard Chouquer, Entre Bourgogne et Franche-Comt8. Histoire d’un paysage de l’8poque gauloise / nos jours, Paris 1993; Ren8 Locatelli/G8rard Moyse/Bernard de Vregille, La Franche-Comt8 entre le royaume et l’empire (fin IXe–XIIe siHcle), in: Francia 15 (1987), S. 109–147; Jean-Yves Mariotte, Le comt8 de Bourgogne sous les Hohenstaufen 1156–1208 (Cahiers d’8tudes comtoises 4. Annales litt8raires de l’Universit8 de FrancheComt8 56), Paris 1963; Roland Fiétier, BesanÅon, cit8 imp8riale: ses relations avec la comt8 et l’empire (XIIe–XVe s.), in: Provinces et 8tats dans la France de l’Est. Le rattachement de la Franche-Comt8 / la France. Espaces r8gionaux et espaces nationaux [Actes du colloque de BesanÅon, 3–4 octobre 1977] (Cahiers d’8tudes comtoises 24/Annales litt8raires de l’Universit8 de BesanÅon 216), Paris 1979, S. 297–313. 3 Michel Chevalier, Le Cadre g8ographique de BesanÅon, in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 21–23, hier S. 21. 4 Zum Erzbistum und den Erzbischöfen siehe Maurice Rey, Les diocHses de BesanÅon et SaintClaude (Histoire des diocHses en France 6), Paris 1977; zentral unverändert Gallia Pontificia, Bd. I: DiocHse de BesanÅon, bearb. von Bernard de Vregille/Ren8 Locatelli/G8rard Moyse (Regesta pontificum romanorum, France 1), Göttingen 1998; Werner Kundert, Das Erzbistum BesanÅon, in: Schweizerische Kardinäle. Das apostolische Gesandtschaftswesen in der Schweiz. Erzbistümer und Bistümer I (Helvetia Sacra I/1), Bern 1972, S. 437–448; Marianne Niewisch, Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von BesanÅon im Mittelalter, Breslau 1937; Anne Wagner, Les 8vÞques de BesanÅon, in: Dies./Nicole Brocard (Hg.), Les Royaumes de Bourgogne jusqu’en 1032 / travers la culture et la religion [Actes du colloque, BesanÅon, 2–4 octobre 2014] (Culture et soci8t8 m8di8vales 30), Turnhout 2018, S. 329–344 sowie FranÅoisIgnace Dunod de Charnage, Histoire de l’Pglise, ville et diocHse de BesanÅon […], Bd. 1, BesanÅon 1750.

Ein Raum im Umbruch? Herrschaftsstrategien in Besançon im Hochmittelalter

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uns interessierenden Raumes, der nach dem Vertrag von Verdun zunächst zu den Reichen Lothars I. und Lothars II. gezählt wurde und dann mit dem Vertrag von Meersen teilweise an Karl den Kahlen gefallen war, kurz Revue passieren zu lassen, wobei das ausklingende 9. Jahrhundert sowie das 10. Jahrhundert, und somit die Phase, in der sich dieser Raum mehrfach neu formierte und neu ausrichtete, etwas ausführlicher dargestellt seien.5 Insbesondere die Haltung des Erzbischofs von BesanÅon Theoderich/Dietrich illustriert die sich in diesem Raum vollziehenden Umbrüche sehr deutlich, orientierte er sich doch zunächst an den westfränkischen Herrschern, dann an Boso von Vienne, als sich dieser 879 zum König von Niederburgund ausrufen ließ, daraufhin notgedrungen an Karl dem Dicken, schließlich von 888 bis 893 am burgundischen König Rudolf I., dessen Erzkanzler er auch wurde, bevor Dietrich sich dann – zumindest kurzzeitig – an Zwentibold, den dessen Vater Arnulf zum König von Lotharingien und Burgund ernannt hatte, ausrichtete.6 Die Lage um BesanÅon darf als umso unübersichtlicher gelten, als auch ein Teil der bisontinischen pagi, darunter die civitas Genf, Ende des 9. Jahrhunderts dem nun über Niederburgund herrschenden Ludwig dem Blinden, Bosos Sohn, unterstand (vgl. auch die Karte im Umschlag). Um 900 hatte der burgundische König Rudolf I. jedoch seinen Einfluss auf BesanÅon wieder festigen können, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass er den Erzbischof Berengar, der seinem Onkel Dietrich in BesanÅon nachgefolgt war, hatte gefangen nehmen und blenden lassen und ihn durch seinen eigenen Kandidaten, Aymin, ersetzte.7 Als vorerst einzigem Metropoliten im Königreich Burgund kam dem Erzbischof zunächst eine große Bedeutung zu. 5 Zur noch früheren Phase siehe u. a. Bernard de Vregille, Les temps carolingiens, in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 201–220, insbes. S. 214f. (Dans le royaume de Lorraine [843–869]), S. 215f. (Dans le royaume de France [870–879]), S. 217–219 (Charles le Chauve et BesanÅon), S. 220f. (Dans les royaumes de Boson [879–880] et de Charles le Gros [880–888]); Maria Schäpers, Lothar I. (795–855) und das Frankenreich (Rheinisches Archiv 159), Wien/ Köln/Weimar 2018; MichHle Gaillard u. a. (Hg.), De la mer du Nord / la M8diterran8e. Francia Media, une r8gion au cœur de l’Europe (c. 840–c. 1050) [Actes du colloque international, Metz, Luxembourg, TrHves, 8–11 f8vrier 2006] (Publications du Centre Luxembourgeois de Documentation et d’Ptudes M8di8vales 25), Luxemburg 2011; Jens Schneider, Auf der Suche nach dem verlorenen Reich. Lotharingien im 9. und 10. Jahrhundert (Publications du Centre Luxembourgeois de Documentation et d’Ptudes M8dievales 30), Köln/Weimar/ Wien 2010 und speziell mit dem Blick auf den Vertrag von Meersen Ders., Spatializing Meersen: Monasteries in Jurassian Burgundy (6th–9th c.), in: BUCEMA 22/1 (2018) [https:// journals.openedition.org/cem/15084 (09. 09. 2018)]. 6 Zu Dietrich von BesanÅon siehe Andrea Hauff, Die Stellung des Erzbischofs und Erzkanzlers Dietrich von BesanÅon zwischen Rudolf I. von Hochburgund und Zwentibold, in: Jessika Nowak/Jan Rüdiger (Hg.), Zwischen Basel und Marseille: das Burgund der Rudolfinger (9.–11. Jahrhundert)/De B.le / Marseille: l’espace bourguignon / l’8poque rodolphienne (IXe–XIe siHcles) (Itinera 46), Basel 2019, S. 65–73. 7 Zum Königreich Burgund siehe Bernard de Vregille, Le royaume de Bourgogne (888–1032),

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Weitere einschneidende Wandlungen vollzogen sich im Raum BesanÅon auch im zweiten und dritten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts, nach dem Tode Rudolfs I. im Jahre 912: Das Gewicht der Erzbischöfe von BesanÅon schwand ein wenig, weil die Grafen ihren Einfluss über alle bisontinischen pagi zu erstrecken vermochten. Ihnen kam dabei zugute, dass der Fokus von Rudolfs (I.) gleichnamigem Sohn nicht mehr so sehr auf den Raum um BesanÅon gerichtet war, sondern stärker auf Schwaben, Italien und Niederburgund gelegt wurde. Hatte Richard Justitiarius,8 der Hugo Abbas, dem Bruder seines Schwiegervaters, als Graf von Auxerre und Laienabt von Sainte-Colombe nachgefolgt war und der vor allem von seinem Schwager Karl dem Kahlen mit der Verwaltung des westfränkischen Burgunds bedacht worden war, schon Einfluss auf den bisontinischen Raum zu nehmen gewusst, so glückte dies in noch höherem Maße seinem jüngeren Sohn, Hugo dem Schwarzen,9 der aus Richards Ehe mit Rudolfs I. Schwester Adelheid stammte. Richard hatte seinem jüngeren Sohn zunächst nur die jenseits der Saine liegenden Grafschaften vermacht, während Hugos Bruder Rudolf/Raoul dem Vater im Herzogtum nachgefolgt war.10 Nach Rudolfs Wahl in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 221–238, hier insbes., S. 221f.; Ren8 Poupardin, Le royaume de Bourgogne (888–1038). Ptude sur les origines du royaume d’Arles (BibliothHque de l’Pcole des hautes 8tudes 163), Paris 1907 [ND Genf 1974]; FranÅois Demotz, La Bourgogne, dernier des royaumes carolingiens (855–1056). Roi, pouvoirs et 8lites autour du L8man (M8moires et documents. Soci8t8 d’histoire de la Suisse romande IV/ 9), Lausanne 2008; Laetitia Boehm, Geschichte Burgunds. Politik – Staatsbildungen – Kultur (Kohlhammer-Urban-Taschenbücher 134), Stuttgart 1971 [Wiesbaden 1998]; Hermann Kamp, Burgund. Geschichte und Kultur (Beck’sche Reihe 2414), München 2007; Jean-Yves Mariotte, Le royaume de Bourgogne et les souverains allemands du haut Moyen ffge (888–1032), in: M8moires de la Soci8t8 pour l’histoire du droit et des institutions des anciens pays bourguignons, comtois et romands 23 (1962), S. 163–183 sowie Christian Guilleré/ Jean-Michel Poisson/Laurent Ripart/Cyrille Ducourthial (Hg.), Le royaume de Bourgogne autour de l’an mil [Actes de la table-ronde de Lyon II, 15–16 mai 2003] (Langages, litt8rature, soci8t8s. Collection soci8t8s, religions, politiques 8), Chamb8ry 2008 ; Laurent Ripart, Le royaume rodolphien de Bourgogne (fin IXe–d8but XIe siHcle), in: Gaillard u. a. (Hg.), De la mer du Nord, S. 429–452 sowie jüngst Wagner/Brocard (Hg.), Les Royaumes de Bourgogne und Nowak/Rüdiger (Hg.), Zwischen Basel und Marseille.– Für die spätere Zeit siehe auch Friedrich Baethgen, Das Königreich Burgund in der deutschen Kaiserzeit des Mittelalters, in: Mediaevalia. Aufsätze, Nachrufe, Besprechungen von Friedrich Baethgen (MGH. Schriften 17/1), Stuttgart 1960, S. 25–50. 8 Jean Richard, Art. »Richard ›der Justitiar‹«, in: Lexikon des Mittelalters 7 (2003), S. 813f. 9 Jean Richard, Art. »Hugo der Schwarze«, in: Lexikon des Mittelalters 5 (2003), Sp. 162; de Vregille, Le royaume de Bourgogne (888–1032), S. 225–227 (Le marquis Hugues le Noir). 10 Zu den Ursprüngen des Herzogtums Burgund siehe u. a. Maurice Chaume, Les origines du duch8 de Bourgogne. PremiHre partie: histoire politique Dijon 1925 [Dijon 1977]; Jean Richard, Les ducs de Bourgogne et la formation du duch8 du XIe au XIVe siHcle (Publications de l’Universit8 de Dijon 12), Paris 1954.– Zur Geschichte der Grafschaft Burgund siehe Clemens Regenbogen, Das burgundische Erbe der Staufer (1180–1227). Zwischen Akzeptanz und Konflikt, Diss. Freiburg 2017 [im Druck] (Kap. II.1: Die Grafschaft Burgund bis zum Jahre 1180); Ren8 Locatelli/Roland Fiétier, Naissance et essor du comt8 de Bourgogne

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zum westfränkischen König11 sollte jedoch auch das Herzogtum an Hugo übergehen, der nun zudem im bisontinischen Raum als Markgraf erscheint und überdies als Graf von Lyon begegnet. Im westfränkischen Reich wie im Königreich Burgund übte Hugo der Schwarze zu dieser Zeit großen Einfluss aus.12 Seines Bruders Tod im Jahr 936 bedeutete eine kurzzeitige Beschneidung seiner Machtfülle und erforderte eine stärkere Verlagerung der Aufmerksamkeit in das westfränkische Königreich. Da Hugo der Schwarze König Ludwig IV. nicht anzuerkennen gewillt war, entzog dieser dem Bruder des verstorbenen Königs Langres und die nördlichen Teile Burgunds. Nach dem Tode seines Vetters, des burgundischen Königs Rudolf II., der im Jahr 937 mit dem Bruch zwischen Ludwig IV. und Hugo Magnus zusammenfiel, schloss sich Hugo der Schwarze dann jedoch Ludwig IV. an und unterstellte diesem seine jenseits der Saine liegenden Gebiete. Die Notwendigkeit, ein stärkeres Augenmerk auf die Ereignisse im westfränkischen Reich zu legen, bedeutete auch für den Raum um BesanÅon einen erneuten Wandel; hier delegierte Hugo nun seine Macht an ausgewählte Große, insbesondere an den Grafen Alberich von M.con.13 In einem vergleichenden Blickwinkel fällt hier der unterschiedliche Erfolg des neuen Herzogstitels in Ost und West auf. Im frühen 10. Jahrhundert erscheint der dux im Ostreich gewissermaßen aus dem Nichts und etabliert sich schnell; im Mittelreich bleibt der frühe Beleg für Gebhard in einer Originalurkunde von 903 rätselhafte Ausnahme, bis ein Vierteljahrhundert später Giselbert als Schwiegersohn des ostfränkischen Königs Heinrich I. auch mit dem Herzogstitel auftritt.14 Im Westreich ist der Titel nur wenige Male für den genannten Richard belegt, der sich selbst Ricardus comes et dux Burgundiae nennt.15 Für seine Söhne

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(XIe–XIIIe siHcles), in: Roland Fiétier (Hg.), Histoire de la Franche-Comt8 (Univers de la France et des pays francophones. Histoire des provinces), Paris 1977, S. 121–161; Pierre Gresser, Livre II: Le mill8naire m8di8val, in: Ders./Antonio Gonzales, Nouvelle histoire de la Franche-Comt8, Bd. 1, Pontarlier 2014, S. 89–338; Charles Duvernoy, Mouvance du Comt8 de Bourgogne envers l’empire germanique depuis le XIe siHcle, BesanÅon 1948; Dietrich Lohrmann, Das Papsttum und die Grafschaft Burgund im 11.–12. Jahrhundert, in: Ernst-Dieter Hehl (Hg.), Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts (Mittelalter-Forschungen 6), Stuttgart 2002, S. 61–75. Franz J. Felten, Robert I. 922/923 und Rudolf I. 923–936, in: Joachim Ehlers u. a. (Hg.), Die französischen Könige des Mittelalters. von Odo bis Karl VIII. 888–1498 (bsr 1723), München 2006, S. 33–41, hier S. 35–41. Zum Folgenden siehe insbes. Richard, Art. »Hugo der Schwarze«, Sp. 162. De Vregille, Le royaume de Bourgogne, S. 227–228 (Le comte Aubry). Die Urkunden Zwentibolds und Ludwigs des Kindes, ed. Theodor Schieffer (MGH DD regum Germaniae ex stirpe Karolinorum 4), Berlin 1960, Nr. 20 (24. Juni 903); Schneider, Auf der Suche nach dem verlorenen Reich, S. 124–132, Übersicht S. 127. ARTEM: Chartes originales ant8rieures / 1121 conserv8es en France, ed. C8dric Giraud u. a., Nancy/Orl8ans 2010, Nr. 156 (18. Mai 918) [http://www.cn-telma.fr/originaux/char te156/ (09. 09. 2018)]; vgl. ebd., Nr. 796 (1. September 918).

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König Rudolf und Hugo den Schwarzen ist der Titel nicht bezeugt. Nach dem Tod Richards vergehen 15 Jahre, bis ein westfränkischer König den Herzogstitel wieder verwendet: der Robertiner Hugo Magnus begegnet in der ersten Urkunde Ludwigs IV. als dux Francorum, und er selbst wie auch sein Sohn Hugo Capet erscheinen in einigen Privaturkunden als dux.16 Als Herzog, so kann man folgern, hat der König im Westreich immer nur einen seiner Großen herausgehoben, um einen mächtigen potentiellen oder tatsächlichen Rivalen an sich zu binden. Diese Strategie lässt sich mit dem Modell des Umbruchs um 900 erklären, wonach es in der Zeit zwischen 870 und 920 zu einer Umstrukturierung beim Adel kam, der sich vom Königtum emanzipierte und verstärkt regional radizierte.17 Für das Westreich wie auch für das Mittelreich, das ehemalige Lotharreich, erscheint das Herzogsamt im 10. Jahrhundert damit nicht im Sinne eines Stammesherzogtums, als das Herrschaftsgebiet eines Anführers, was sowohl lateinisch dux wie althochdeutsch herizogo natürlich meinen, sondern als unscharf konturiertes Ehrenamt und Statthalterschaft. Auch hier stellt sich die Frage, welche Herrschaftsstrategien in der späteren Freigrafschaft um BesanÅon zu beobachten sind und welche Veränderungen sie in dem hier gewählten Zeitraum erfahren. Mit Blick auf das Königreich Burgund erfolgte ein Umschwung, als Konrad von Burgund, der Sohn des Cousins Hugos des Schwarzen, der 937 – noch minderjährig beim Tode seines Vaters – an den Hof Ottos des Großen verbracht worden war, nach 940 mit ottonischer Hilfe seine Herrschaft im Burgundischen wieder errichtete. Der in den beiderseits der Saine gelegenen Gebieten als marchio erscheinende Hugo akzeptierte dies nicht nur, sondern unterstützte mit seinem Getreuen Alberich und dessen Söhnen auch Konrad maßgeblich. Eine erneute enge Anbindung an das burgundische Königreich zeichnete sich ab, dessen Herrscher nun seinerseits sein Augenmerk auf die Integration Niederburgunds legte, die dem burgundischen König sechs weitere Erzbischofssitze einbrachte, darunter mit Vienne und Lyon zwei außerordentlich prestigeträchtige, was wiederum die Bedeutung desjenigen von BesanÅon erheblich relativierte. Der Tod Hugos des Schwarzen im Jahr 952 führte zu neuen Veränderungen in 16 Recueil des actes de Louis IV, roi de France (936–954), ed. Philippe Lauer (Chartes et diplimes relatifs / l’histoire de France), Paris 1914, Nr. 1 (936). Vgl. Walther Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert). Mit Listen der ältesten deutschen Privaturkunden, München/Wien 1968, S. 58f., 87–92. 17 R8gine Le Jan, La noblesse aux IXe et Xe siHcles: continuit8 et changements, in: Dies., Femmes, pouvoir et soci8t8 dans le haut Moyen Age (Les m8di8vistes franÅais 1), Paris 2001, S. 190–203; Dies., Le royaume franc vers 900: un pouvoir en mutation? in: Pierre Bauduin (Hg.), Les fondations scandinaves en Occident et les d8buts du duch8 de Normandie (Colloque de Cerisy-la-Salle), Caen 2005, S. 83–95.

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diesem Raum. Da Hugo keine Söhne hatte, fiel zum einen die markgräfliche Ebene wieder aus, zum anderen rissen die verwandtschaftlichen Bande, die Hugo den Schwarzen mit den burgundischen Königen verbunden hatten, ab, und zum dritten bildete der Raum um BesanÅon nun nicht mehr nur den Teil eines Fürstentums, das auch das Herzogtum Burgund beinhaltete, sondern einen eigenständigen Machtbereich. Die Großen, die sich unter Hugo dem Schwarzen hier etabliert hatten und deren Grafentitel inzwischen erblich geworden war, konnten sich im Raum BesanÅon nicht nur halten, sondern vermochten es auch, ihre Macht noch weiter auszubauen. Vermutlich wurde dies dadurch vereinfacht, dass der Fokus König Konrads von Burgund zu dieser Zeit verstärkt auf Niederburgund lag. Entscheidend dürfte auch gewesen sein, dass Hugos des Schwarzen Tochter Berta in der Zwischenzeit Letald, den Sohn des bereits mehrfach erwähnten Grafen Alberich von M.con, geheiratet hatte. Der Einfluss von Letald,18 der in erster Ehe mit Ermengard, der Tochter des Grafen Manasses von Dijon, vermählt gewesen war und der schon zu Lebzeiten seines Vaters in einer Urkunde als Leotaldus, Dei gratia comes, begegnet,19 erstreckte sich über die Grafschaften Amous, Portois, Varais und Escouens. Letalds Bruder Humbert indes, dem das Land um Salins-les-Bains zugefallen war, konnte – nicht zuletzt dank der Salinen von Le Bourg-Dessous (Bourg-le–Comte) und Bourg-Dessus (Grande Saunerie) – zu Wohlstand kommen und sollte als Herr und Stammvater der Familie Salins Bedeutung erlangen.20 Letald starb um 965, sein Sohn Alberich II. um 982. Unter dessen Nachfolger Otto-Wilhelm,21 dem zweiten Ehemann 18 Jean Richard, Art. »Leutald (Li8taud) v. M.con, Gf.«, in: Lexikon des Mittelalters 5 (2003), Sp. 1920; de Vregille, Les temps carolingiens, S. 228–229 (Les comtes Li8taud et Aubry); Barth8lemy Rameau, Les comtes h8r8ditaires de M.con, in: Annales de l’Acad8mie de M.con 3e s8r. 6 (1901), S. 121–209; siehe ferner Georges Duby, La soci8t8 aux XIe et XIIe siHcles dans la r8gion m.connaise (BibliothHque g8n8rale de l’8cole pratique des hautes 8tudes 6), Paris 1953, S. 88–10; Henri de Chizelle, AperÅu sur le comt8 de Chalon-surSaine au Xe siHcle: / propos de la Comtesse A8lis, in: Annales de Bourgogne 58 (1986), S. 45–68; Johannes Nospickel, Graf Leotald von M.con als Förderer des Klosters Cluny, in: Franz Neiske/Dietrich W. Poeck/Mechthild Sandmann (Hg.), Vinculum Societatis. Joachim Wollasch zum 60. Geburtstag, Sigmaringendorf 1991, S. 157–174. 19 Recueil des chartes de l’abbaye de Cluny, ed. Auguste Bernard/Alexandre Bruel, Bd. 1: 802–954, Paris 1876 [ND Frankfurt am Main 1974], Nr. 432, S. 420. 20 Jean Richard, Art. »Salins«, in: Lexikon des Mittelalters 7 (2003), Sp. 1303f.; Jean-Baptiste Guillaume de Gevigney, Histoire g8n8alogique des sires de Salins, BesanÅon 1757/1758 [ND BesanÅon 1782]. 21 Siehe hierzu Jean Richard, Art. »Ott-Wilhelm«, in: Lexikon des Mittelalters 6 (2003), Sp. 1590; de Vregille, Les temps carolingiens, S. 229–231 (Le comte Otte-Guillaume [982– 1026]); siehe auch Franz Wagner, Das Geschlecht der Grafen von Burgund, vom Ende des 10. Jahrhunderts bis zum Jahr 1102. Ein Beitrag zur politischen und kirchlichen Geschichte Burgunds, sowie des Kreuzzuges 1101/02. Erster Theil (Diss. phil. Breslau), Neisse 1878; Jean Richard, Les ducs de Bourgogne et la formation du duch8 du XIe au XIVe siHcle (Publication de l’universit8 de Dijon 12), Dijon 1954; Charles William Previté-Orton, The Early History of the House of Savoy (1000–1233), Cambridge 1912; Thierry Le Hête, Les comtes palatins

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der Witwe Alberichs II., Ermentrude, kam es dann zu weiteren größeren Umbrüchen. Der mächtige Otto-Wilhelm, der Sohn Adalberts von Ivrea, des einstigen Königs im regnum Italiae, und der Gerberga von Chalon, war infolge seiner Expansionsbestrebungen nicht nur dem burgundischen König Rudolf III., der 993 seinem Vater Konrad nachgefolgt war, ein Dorn im Auge. Auch Robert II. von Westfranken störte sich an ihm, erhob Otto-Wilhelm, der vom zweiten Gatten seiner Mutter, Heinrich I. von Burgund, adoptiert worden war, doch Ansprüche auf das Herzogtum, das Robert II. von Westfranken wiederum seinem eigenen Sohn Heinrich (dem späteren König Heinrich I.) zugedenken wollte. Auch Heinrichs II. Kreise im regnum Italiae störte Otto-Wilhelm wahrscheinlich nach dem Tode Arduins. Im Burgundischen kam es wohl erst in den 1020er Jahren zwischen OttoWilhelm und Rudolf III. zu einer beidseitigen Anerkennung des status quo. OttoWilhelm akzeptierte die Herrschaft Rudolfs III., der seinerseits Otto-Wilhelms Erbfolge in der Grafschaft Burgund billigte und den Salins den Besitz der aus Saint-Maurice d’Agaune stammenden Güter bestätigte. Diese äußerst bewegte Phase von der Erwähnung des ersten Grafen von BesanÅon im Jahr 864 bis hin zum mächtigen Grafen Otto-Wilhelm und dessen Sohn Rainald, an den der Raum zwischen der Saine und dem Jura nach dem Tode des Vaters fiel, während Rainalds Bruder Wido die Grafschaft M.con erhielt, nimmt FranÅois Demotz in den Blick. In seinem Beitrag, der den vorliegenden Band eröffnet, warnt er vor allzu rasch gezogenen Parallelen zwischen dem Herzogtum und der Grafschaft wie auch vor der Konstruktion von Gegensätzen beidseits des Jura. Seine Revision mancher etablierter Ansichten gilt etwa für die Existenz des archicomes, die bosonidisch-rudolfingische Opposition, die vermeintlich schwache Position des burgundischen Königs oder auch die feindliche Haltung von Otto-Wilhelms Sohn Rainald dem Reich gegenüber. Der umtriebige und allseits ausgreifende Otto-Wilhelm wird auch im Beitrag von Laurent Ripart angesprochen: Um 1016 suchte er Einfluss auf die Besetzung des Erzbistums BesanÅon zugunsten des der lokalen Aristokratie entstammenden Walter zu nehmen, der schließlich im Ringen um den Erzbischofssitz auch den Sieg davontragen sollte. Laurent Ripart zeigt anhand einer für den Erzbischof Hugo von Salins ausgestellten Bulle Papst Leos IX. aus dem Jahr 1049 und anhand der Beschreibung der Episode des Jahres 1016 bei Thietmar von Merseburg eindrücklich, wie sehr diese Besetzung zum Politikum werden sollte. Herrschaftsstrategien ganz besonderer Art verbanden sich mit diesem Ereignis, de Bourgogne et leur descendance agnatique. Histoire et g8n8alogie d’une dynastie sur 8 siHcles (IXe–XVIIe siHcle), Cond8-sur-Noireau 1995; Constance Brittain Bouchard, Sword, Miter and Cloister. Nobility and the Church in Burgundy, 980–1198, Ithaca/London 1987, S. 261–279.

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das sogar rückblickend instrumentalisiert und äußerst geschickt genutzt wurde, um die damnatio memoriae des burgundischen Königs Rudolf III. nachhaltig zu betreiben. War es Thietmars Absicht, die Interventionen Heinrichs II. im Burgundischen zu rechtfertigen und der progressiven Integrierung des burgundischen Königreichs den Weg zu bereiten, so sollte dies zwar nicht mehr unter Heinrich II. gelingen, den der söhnelose Rudolf III. schlicht überlebte, doch unter Heinrichs II. Rechtsnachfolger, Konrad II., erfolgte dieser Schritt.22 Otto-Wilhelms Sohn Rainald scheint 1033 nicht bei der Krönung Konrads II. in Peterlingen anwesend gewesen zu sein und er blieb auch 1038 dem Hoftag in Solothurn fern, bei dem Konrads II. Sohn, Heinrich III., zum König von Burgund erhoben wurde. Noch im Jahr 1044 sollte Rainald sich gemeinsam mit dem Grafen Gero von Genf gegen die Salier auflehnen; erst im Folgejahr erkannte er den Kaiser in Solothurn an.23 Doch nicht die gesamte Region stand den Saliern so distanziert gegenüber – und auch hier zeichnen sich wieder die Vielschichtigkeit und der Facettenreichtum dieses Raumes ab. Eine sehr wichtige Rolle beim Übergang des burgundischen Königreichs an Konrad II., der sich zwar nicht selbst nach BesanÅon begeben zu haben scheint, aber zumindest eine Urkunde für die civitas ausstellte,24 kam eben dem Urkundenempfänger, dem Erzbischof Hugo von Salins,25 zu. Die Wahl Hugos, des einstigen Erzkaplans Rudolfs III., zum Erzbischof im Jahre 1031 ist für Jean Richard ein »Wendepunkt in der Geschichte Burgunds«.26 Hugo, geweiht von Rudolfs III. (Stief-)Sohn Hugo, dem Bischof von Lausanne, wurde ein enger Vertrauter insbesondere Heinrichs III.,27 der ihm 1041/1042 die

22 Zu dieser Angliederung siehe u. a. Hans-Dietrich Kahl, Die Angliederung Burgunds an das mittelalterliche Imperium. Zum geschichtlichen Hintergrund des Schatzfundes von Corcelles-prHs-Payerne, in: Schweizerische numismatische Rundschau 8 (1969), S. 13–105, hier S. 27; Lisa Klocke, Die Integration Burgunds in das Kaiserreich – Eine Analyse der Netzwerke burgundischer Bistümer, in: Tristan Martine/Jessika Nowak/Jens Schneider (Hg.), Espaces eccl8siastiques et seigneuries la"ques/Kirchliche Räume und weltliche Herrschaften [im Druck]; Franz-Reiner Erkens, Konrad II. (um 990–1039). Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers, Regensburg 1998, S. 158–171; Herwig Wolfram, Konrad II. 990–1039. Kaiser dreier Reiche, München 2002, S. 257–264. 23 Ernst Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III., Bd. 1, Leipzig 1874 [ND Darmstadt 1963; Berlin 2014], S. 218–219. 24 J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, 1. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Konrad II. 1024–1039, bearb. von Heinrich Appelt/Norbert von Bischoff, Graz 1951, Nr. 222c. 25 Zu diesem wichtigen Erzbischof siehe Bernard de Vregille, Hugues de Salins. ArchevÞque de BesanÅon 1031–1066, BesanÅon 1981; Ders., L’archevÞque Hugues Ier de Salins (1031– 1066), in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 239–272. 26 Richard, Art. »BesanÅon«, Sp. 2053. 27 Zu Heinrich III. und Burgund siehe jüngst: Rolf Grosse, Heinrich III., Burgund und Frankreich: Beziehungsgeflechte und ihre Träger, in: Gerhard Lubich/Dirk Jäckel (Hg.),

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Kanzlei für das Königreich Burgund anvertraute und ihn wohl zunehmend mit Rechten ausstattete, während die Rechte Rainalds, der nach dem Tode Rudolfs III. Konrads Kontrahenten, Rudolfs III. Neffen Odo von Blois, unterstützt hatte, weitgehend beschnitten wurden. Nicht ohne Grund charakterisiert Bernard de Vregille – unter Verweis auf Kehr28 – Hugo von Salins als »principal homme de confiance de Henri III«, ja sogar als »›r8gent‹ particulier du royaume bourguignon«, auf dessen Schultern des Saliers gesamte Burgundpolitik ruhe, deren Dreh- und Angelpunkt nun BesanÅon wurde.29 Hugo dürfte auch erheblichen Anteil daran gehabt haben, dass Heinrich III. im Jahr 1043 in BesanÅon seine Verlobung gerade mit Agnes von Poitou, der Nichte Rainalds und Tochter des Herzogs Wilhelm von Aquitanien, zelebrieren konnte.30 Unter Rainalds Sohn Wilhelm, der einen erneuten Wandel einleitete, indem er die Grafschaft Burgund und die Grafschaft M.con wieder zu vereinen vermochte, schwand der salische Zugriff erneut. Dies dürfte zum einen ein Resultat der Minderjährigkeit Heinrichs IV. sein, während der seine Mutter Agnes ihren Schwiegersohn Rudolf von Rheinfelden mit Reichsrechten in Burgund betraut hatte; zum anderen ist es aber wohl auch dadurch zu erklären, dass Heinrich IV. sich im Späteren nicht nur mit den sich gegen ihn auflehnenden Fürsten und ihrem Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden auseinanderzusetzen hatte, sondern insbesondere auch mit Gregor VII., weshalb ganz andere Tätigkeitsfelder für ihn Priorität gewannen. Wilhelm war es auch, der es dem exkommunizierten Heinrich, dem Sohn seiner Cousine Agnes, Ende des Jahres 1076 gestattete, durch sein Gebiet nach Canossa zu ziehen und in BesanÅon das Weihnachtsfest zu begehen, als die süddeutschen Fürsten Heinrich den direkten Weg nach Italien versperrt hatten. Diese schon für die Karolingerkönige belegte Route von Worms über Burgund und den Mont Cenis nach Italien nehmen Matthias Weber und Justus Wingenfeld zum Anlass, um anhand einiger Bistümer die Investiturpolitik sowohl im deutschen Reich als auch in Burgund zu analysieren.31 Vergleichend stellen sie

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Heinrich III. Dynastie – Region – Europa (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 43), Wien u. a. 2018, S. 141–159. Paul Fridolin Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III. (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1930/1), Berlin 1931, S. 45. De Vregille, L’archevÞque Hugues Ier de Salins, S. 248.– Zur Frage nach der weltlichen Herrschaft der Erzbischöfe siehe auch S. 249–254. Grosse, Heinrich III., S. 154–157; siehe auch Ernst Müller, Das Itinerar Kaiser Heinrichs III. (1039 bis 1056) (Historisches Studien 26), Berlin 1901, S. 45.– Auch ist es gewiss nicht von ungefähr, dass die vier uns bekannten von Heinrich III. für burgundische Empfänger ausgestellten Urkunden allesamt geistlichen Institutionen in BesanÅon galten (Die Urkunden Heinrichs III., ed. Harry Bresslau/Paul Kehr [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 5], Berlin 21957, Nr. 88, 134, 239, 313). Zu diesem Themenfeld siehe jüngst auch Matthias Weber, Der Höhepunkt der deutschen

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Worms, Speyer und Straßburg sowie BesanÅon und Genf gegenüber und bereichern diesen Vergleich noch durch einen Blick auf Basel, Lausanne, Vienne und Lyon. Der Erzbischof von BesanÅon, Hugo von Montfaucon,32 der höchstwahrscheinlich bereits zuvor unter Heinrich III. als Kanzler in dessen burgundischer Kanzlei gewirkt hatte, war wohl im Jahr 1067 von Heinrich IV. auf den bisontinischen Erzstuhl erhoben worden. Wie sein gleichnamiger Vorgänger, Hugo von Salins, dessen enger Vertrauter er gewesen war, stand er den Saliern selbst verhältnismäßig nahe, weshalb ihn der päpstliche Legat Hugo von Die zeitweilig suspendierte. Noch engere Parteigänger Heinrichs IV. waren jedoch Burchard von Lausanne und Burchard von Basel, den Heinrich IV. 1072 ebenfalls investiert hatte. Nichtsdestotrotz blieb auch in diesen nördlichen Regionen Burgunds der königliche Einfluss vergleichsweise gering. Wie stark das Gewicht der Grafen im Raum BesanÅon wieder geworden war, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Hugos von Montfaucon gleichnamiger Nachfolger, Hugo von Burgund,33 1085 trotz des noch nicht erreichten kanonischen Alters ins Amt gelangte. Der Vater des Erzbischofs war jener Graf Wilhelm, der als Cousin von Heinrichs IV. Mutter Agnes im Gegenzug für den gewährten Durchzug durch seinen Machtbereich mit zwei wichtigen Stätten des einstigen rudolfingischen Burgunds bedacht worden war, nämlich mit Orbe und Romainmitier. Doch waren dies keineswegs die einzigen Erfolge, die seine Familie verzeichnen konnte. Hugos Bruder Guido34 glückte es nicht nur, 1088 das Erzbistum Vienne zu erlangen, dem bereits unter den letzten beiden rudolfingischen Herrschern eine hohe Tragweite zugekommen war ;35 1119 konnte Guido sogar als Calixt II. den Stuhl Petri besteigen. Hugo von Burgund freilich war bereits im Jahr 1101 verschieden, und auch seine Brüder, Rainald II. und Stefan, hatten im Folgejahr während eines Kreuzzuges in Ramla und an der libanesischen Küste den Tod gefunden.36 Ihnen folgten Wilhelm II. und Stefans Sohn, Rainald III., als burgundische Grafen nach. Die auf Hugo von Montfaucon folgenden Erzbischöfe von BesanÅon hielten Distanz zu den salischen Herrschern. Bis zum Jahr 1124 findet sich keiner von

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Reichkirche? Die Investiturpraxis Heinrichs III. im ostfränkisch-deutschen Reich, Italien und Burgund, in: Lubich/Jäckel (Hg.), Heinrich III., S. 109–140. Bernard de Vregille, De la mort de Hugues Ier de Salins / l’avHnement de Fr8d8ric Barberousse (1066–1152), in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 289–319, hier S. 289–292 (Hugues II [1067–1085] et la Querelle des Investitures). Ebd., S. 292f. (Hugues III. de Bourgogne et ses frHres [1085–1101]). Beate Schilling, Guido von Vienne – Papst Calixt II. (MGH. Schriften 45), Hannover 1998. Nathana[l Nimmegeers, PvÞques entre Bourgogne et Provence (Ve–XIe siHcle). La province eccl8siastique de Vienne au haut Moyen ffge, Rennes 2014. De Vregille, De la mort de Hugues Ier de Salins, S. 294.

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ihnen im kaiserlichen Umfeld.37 Das Wormser Konkordat von 1122, das für Italien und Burgund eine Szepterinvestitur erst nach der Weihe festschrieb, bedeutete mit Laetitia Boehm zudem »praktisch einen Freibrief für die Wiederloslösung der eben erst in das ottonisch-salische System eingegliederten burgundischen Kirche aus der Reichskirche, indem hier die kaiserliche Pfründeneinweisung sozusagen nur noch den Vollzugsstrich unter die kirchlich abgeschlossene Amtsbestellung des Konsekrierten setzen sollte«.38 Auch Rainald III. suchte offenbar nicht die Nähe der salischen Herrscher und ihrer Nachfolger, sondern ging bewusst auf Distanz. Dies führte zwar dazu, dass er im Späteren als »Freigraf« verklärt wurde,39 es sollte ihm jedoch letztlich zum Verhängnis werden, als Wilhelm (IV.) das Kind, der letzte direkte Nachfahr OttoWilhelms, im Jahr 1127 ermordet wurde. Als Rainald III. nun die Leitung des gesamten Grafenhauses zu übernehmen versuchte, wurde er von Lothar III. von Süpplingenburg ausgebremst, der es wohl vor dem Hintergrund der häufigen Abwesenheit Rainalds III. bei den Hoftagen vorzog, Wilhelms II. Schwager, Konrad von Zähringen,40 zum rector Burgundiae zu ernennen. 1148, nach dem Tod Rainalds III., dessen Einfluss sich weitgehend auf das cisjuranische Burgund beschränkt hatte, wurde sein Bruder Wilhelm, der zuvor über die Grafschaft M.con geherrscht hatte, zum Vormund für Beatrix, Rainalds III. einziges Kind,41 und blieb dies bis zu seinem eigenen Tod, der ihn 1155 37 Ebd., S. 294f. (La difficile succession de Hugues [1101–1109]).– Zu Guillaume d’Arguel (1109–1116) und Ansari (1117–1134) ebd., S. 296–305. 38 Boehm, Geschichte Burgunds, S. 129. 39 Locatelli/Fiétier, Naissance et essor, S. 135; Ren8 Locatelli, Une principaut8 dans l’orbite imp8riale, in: Pliane Vergnolle (Hg.), La cr8ation architecturale en Franche-Comt8 au XIIe siHcle. Du roman au gothique (Annales litt8raires de l’Universit8 de FrancheComt8 708), BesanÅon 2001, S. 13–45, hier S. 20.– Erstmals urkundlich erwähnt wurde die »Freigrafschaft« allerdingst erst wesentlich später, genau genommen erst im Jahr 1366, zu Zeiten der flandrischen Gräfin Margarethe von Nevers. Siehe hierzu Rudolf Hoke, Die Freigrafschaft Burgund, Savoyen und die Reichsstadt BesanÅon im Verbande des mittelalterlichen deutschen Reiches, in: ZRG GA 79 (1962), S. 106–194, hier S. 141. 40 Zu den Zähringern siehe Thomas Zotz, Die Zähringer. Dynastie und Herrschaft (Kohlhammer Taschenbücher), Stuttgart 2018, S. 81–99 (Herzog Konrad, das Rektorat von Burgund und die Staufer); Ulrich Parlow, Die Zähringer. Kommentierte Quellendokumentation zu einem südwestdeutschen Herzogsgeschlecht des hohen Mittelalters (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe A: Quellen 50), Stuttgart 1999, S. 172f.; siehe auch Boehm, Geschichte Burgunds, S. 129f.; Hartmut Heinemann, Die Zähringer und Burgund, in: Karl Schmid (Hg.), Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung, Sigmaringen 1986 (Veröffentlichungen zur ZähringerAusstellung 1), S. 215–265; Ders., Untersuchungen zur Geschichte der Zähringer in Burgund. Erster Teil, in: Archiv für Diplomatik 29 (1983), S. 42–192; Zweiter Teil, in: ebd. 30 (1984), S. 97–257; Clemens Regenbogen, Das burgundische Rektorat – Anspruch und Wirklichkeit, in: Jürgen Dendorfer/Heinz Krieg/Johanna Regnath (Hg.), Die Zähringer. Rang und Herrschaft um 1200, Ostfildern 2018, S. 157–170. 41 Rainalds III. Gattin Agathe von Oberlothringen war bereits ein Jahr vor diesem verschieden.

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ereilte. Eben jener Beatrix sollte eine ungemeine Relevanz zukommen, erkor sie doch kein anderer als Friedrich Barbarossa, der seine Ehe mit Adela von Vohburg hatte annullieren lassen,42 zu seiner Gemahlin.43 Die Hochzeit erfolgte 1156. Es versteht sich von selbst, dass dieser zentralen Phase der burgundischen Geschichte gleich mehrere Beiträge zu widmen sind, zumal sich Friedrich Barba-

– Zu Beatrix siehe u. a. Felicia von Keszycka, Kaiserin Beatrix. Gemahlin Friedrichs I. Barbarossa, Posen 1923; Elke Goez, Beatrix von Hohenstaufen. Eine politische Kaiserin?, in: Otto Borst (Hg.), Frauen bei Hof (Stuttgarter Symposion 6), Tübingen 1998, S. 28–40; Knut Görich, Kaiserin Beatrix, in: Karl-Heinz Ruess (Hg.), Frauen der Staufer (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 25), Göppingen 2006; Martina Hartmann, Beatrix, in: Amalie Fössel (Hg.), Die Kaiserinnen des Mittelalters, Regensburg 2011, S. 197–212. 42 Siehe hierzu u. a. Tobias Weller, Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (Rheinisches Archiv 149), Köln/Weimar/Wien 2004, S. 87–89; Arnold Mardus, Die Eheschließungen in den deutschen Königsfamilien von Lothar III. bis Friedrich II. hinsichtlich ihrer politischen Bedeutung (Diss. phil. Greifswald), Greifswald 1909; Jan Paul Niederkorn, Der Übergang des Egerlandes an die Staufer. Die Heirat Friedrich Barbarossas mit Adela von Vohburg, in: ZBLG 54 (1991), S. 613–622; Lisa Klocke, Rex ab uxore sua separatus fuerat – Die Scheidungen Lothars II. und Friedrich Barbarossas im Vergleich (erscheint in der von Gerhard Lubich herausgegebenen Reihe »Studien zur Vormoderne« [Bd. 1, im Druck]). 43 Siehe u. a. Rainer Maria Herkenrath, Die burgundische Heirat Kaiser Friedrichs I., in: Karl Amon u. a. (Hg.), Ecclesia peregrinans. Josef Lenzenweger zum 70. Geburtstag, Wien 1986, S. 89–94; Johannes Merz, Würzburg. Die Hochzeit Friedrich Barbarossas mit Beatrix von Burgund 1156, in: Alois Schmid/Katharina Weigand (Hg.), Schauplätze der Geschichte in Bayern, München 2003, S. 104–118.– Zu Friedrich Barbarossa und Burgund allgemein siehe auch Verena Türck, Beherrschter Raum und anerkannte Herrschaft. Friedrich I. Barbarossa und das Königreich Burgund (Mittelalter-Forschungen 42), Stuttgart 2013; Ferdinand Güterbock, Zur Geschichte Burgunds im Zeitalter Barbarossas, in: Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 17 (1937), S. 145–229; Heinrich Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund. Studien zur Politik des Staufers im 12. Jahrhundert, in: Theodor Mayer (Hg.), Probleme des 12. Jahrhunderts. Reichenau-Vorträge 1965–1967, Konstanz 1968, S. 79–119, hier S. 79–87; Georg Hüffer, Das Verhältnis des Königreiches Burgund zu Kaiser und Reich, besonders unter Friedrich I., Paderborn 1873; Richard Kallmann, Die Beziehungen des Königreichs Burgund zu Kaiser und Reich. Von Heinrich III. bis auf die Zeit Friedrichs I., in: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte 14 (1889), S. 1–110; Ren8 Locatelli, Fr8d8ric Ier et le royaume de Bourgogne, in: Alfred Haverkamp (Hg.), Friedrich Barbarossa – Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers (Vorträge und Forschungen 40), Sigmaringen 1992, S. 169–197; Mariotte, Le comt8 de Bourgogne; Fiétier, BesanÅon, cit8 imp8riale, S. 297–313; Maurice Rey/Roland Fiétier, Au temps des Hohenstaufen, in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1, S. 329–353, hier S. 329–336 (BesanÅon et Fr8d8ric Barberousse).– Siehe natürlich generell auch Johannes Laudage, Friedrich Barbarossa (1152–1190). Eine Biografie, Regensburg 2009; Knut Görich, Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011; Ferdinand Opll, Friedrich Barbarossa, Darmstadt 42009; Marcel Pacaut, Fr8d8ric Barberousse, Paris 1990.– Siehe zudem demnächst Clemens Regenbogen, Das burgundische Erbe, Kap. II.2: 1156: Der Eintritt in die staufische Herrschaftssphäre und Kap. II.3: Die unangefochtene Stellung des Kaiserpaares [im Druck].

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rossa viel häufiger im nördlichen Burgund aufhielt als seine Vorgänger.44 Sicherlich sieben Mal dürfte ihn sein Weg in den Raum BesanÅon geführt haben.45 Friedrich Barbarossa, dessen Rechtmäßigkeit der Thronbesteigung anfänglich bekanntlich keineswegs unumstritten war,46 liebäugelte mit Burgund nicht nur deshalb als Herrschaftsraum, weil er es als wichtige Basis für seine Italienpolitik erachtete. Welcher Stellenwert der Burgundpolitik in der Frühzeit Friedrichs zukam, als dieser noch hochgradig auf die Unterstützung der Großen angewiesen war, führt uns Gerhard Lubich in seinem Beitrag vor Augen. Vor dem Hintergrund seiner anfänglich noch sehr beschränkten Handlungsoptionen setzte Friedrich Barbarossa auf den Zähringerherzog Berthold IV.,47 der bereits am 11. Januar 1152 – und somit noch unter Konrad III. – in der Nachfolge seines Vaters als »Herzog von Burgund« erschienen war.48 Friedrich betraute ihn mit der Stellvertretung in denjenigen burgundischen Gebieten, die nicht unter der Verwaltung des bereits erwähnten Grafen Wilhelm von M.con standen und die noch auf einem Burgundzug zu erschließen waren, ohne dass dies freilich die Investitur der Bischöfe in den dem König unterstehenden Bistümern mit eingeschlossen hätte. Zunächst kam jedoch der Burgundzug, zu dem sich Friedrich Barbarossa gegenüber dem Zähringerherzog verpflichtet hatte, angesichts der ausbleibenden Unterstützung durch die anderen Fürsten nicht zustande. So urkundete Friedrich Barbarossa zwar 1152 für burgundische Empfänger,49 BesanÅon selbst suchte er jedoch erst zu Beginn des Folgejahres auf und kam dort auch mit Bertholds IV. Gegenspieler, dem Grafen Wilhelm von M.con, zusammen. Der von Gerhard Lubich skizzierte Weg führt uns dann bis ins Jahr 1157, bis zum berühmten ersten burgundischen Hoftag seit über einem Jahrhundert,50 44 Da Heinrich V. sich offenbar weder nach BesanÅon noch nach Burgund begeben hat und Lothars III. und Konrads III. Wege sie ebenfalls nicht nach BesanÅon geführt zu haben scheinen, finden deren Herrschaften in diesem Band indes keine stärkere Berücksichtigung, selbst wenn die Erzbischöfe von BesanÅon in den Urkunden dieser Herrscher zu greifen sind. Siehe Türck, Beherrschter Raum, S. 66–67. 45 Zum Itinerar siehe insbes. Ferdinand Opll, Das Itinerar Kaiser Friedrich Barbarossas (1152–1190) (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 1), Wien/ Köln/Graz 1978; zum Itinerar Friedrich Barbarossas in Burgund siehe auch Türck, Beherrschter Raum, S. 297. 46 Siehe hierzu u. a. Stefanie Dick, Die Königserhebung Friedrich Barbarossas im Spiegel der Quellen – Kritische Anmerkungen zu den »Gesta Friderici« Ottos von Freising, in: ZRG GA 121 (2004), S. 200–237. 47 Zu diesem siehe jüngst Zotz, Die Zähringer, S. 100–134 (Die Zähringer und Kaiser Friedrich I. Barbarossa); Türck, Beherrschter Raum, S. 81–86. 48 Zotz, Die Zähringer, S. 101; Türck, Beherrschter Raum, S. 85. 49 Zu den Urkunden Friedrichs I. für burgundische Empfänger siehe Türck, Beherrschter Raum, S. 297–303. 50 Vgl. Gerhard Lubich, Der Tag von BesanÅon (1157) im Kontext. Europäische Politik, hochmittelalterliche Versammlungen, Netzwerke und Karrieren im Zusammenspiel, in: Gabriele Annas/Jessika Nowak (Hg.), Et l’homme dans tout cela? Von Menschen, Mächten

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der gerne als Wendepunkt in der Geschichte Friedrich Barbarossas gewertet wird. Wenn zu dieser Zeit eine viel intensiver betriebene Burgundpolitik zu konstatieren ist, so hängt dies natürlich auch damit zusammen, dass 1155, wie bereits anklang, mit dem Grafen Wilhelm von M.con der Vormund von Rainalds III. Tochter Beatrix51 verstorben war und Friedrich Barbarossa, der dem Zähringerherzog als Entschädigung das Recht der Regalieninvestitur in Lausanne, Genf und Sitten zugestanden hatte,52 über seine Heirat mit eben jener Erbtochter seine Position in Burgund hatte festigen können. Wie es Friedrich Barbarossa mit der Hilfe von Beatrix gelang, diesen Herrschaftsraum zu erschließen, zeigt wiederum Alheydis Plassmann.53 Zur Bewertung der Rolle sowie der Rechtsform der erheirateten Herrschaft werden als Vergleichsfolie die Fälle Heinrichs II. von England und der Eleonore von Aquitanien sowie derjenige von Heinrichs II. Sohn Gaufred (Gottfried/Geoffroy) von Anjou und der Konstanze von der Bretagne herangezogen und die Herrschergattinnen etwa in Hinblick auf die Interveniententätigkeit verglichen.54 Die Ausstellungsorte, Zeugen wie die Belange der Urkunden dieser drei Erbtöchter sind interessanterweise einem sehr regionalen Kreis zuzurechnen, wie die erstellten Karten anschaulich vor Augen führen. Weder Friedrich Barbarossa noch Heinrich II. versuchten indes, ihre Ansprüche in dem über die Gattin erworbenen Gebiet allein über ihre Frauen zu legitimieren. Der Staufer agierte in erster Linie als Kaiser, wohingegen die engere Zusammenarbeit der Eheleute Gaufred und Konstanze in der Bretagne sich aus der Tatsache erklärt, dass Gaufreds

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und Motiven. Festschrift für Heribert Müller zum 70. Geburtstag (Frankfurter Historische Abhandlungen 48), Stuttgart 2017, S. 301–320. Heinrich Appelt, Kaiserin Beatrix und das Erbe der Grafen von Burgund, in: Hubert Mordek (Hg.), Aus Kirche und Reich. Studien zu Theologie, Politik und Recht im Mittelalter. Festschrift für Friedrich Kempf zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag und fünfzigjährigem Doktorjubiläum, Sigmaringen 1983, S. 275–283; Türck, Beherrschter Raum, S. 171–179. Zotz, Die Zähringer, S. 108. Vgl. auch Alheydis Plassmann, Legitimation staufischer Herrschaft in Burgund. Rückgriff auf die Vergangenheit?, in: Volker Gallé (Hg.), Schätze der Erinnerung. Geschichte, Mythos und Literatur in der Überlieferung des Nibelungenliedes [Dokumentation des 7. wissenschaftlichen Symposiums der Nibelungenliedgesellschaft Worms e.V. und der Stadt Worms, 17.–19. Oktober 2008] (Schriftenreihe der Nibelungenliedgesellschaft 6), Worms 2009, S. 147–185. Siehe auch Dies., Herrschaftspraxis und Legitimation – Möglichkeiten und Grenzen der Urkundenauswertung am Beispiel der Staufer in Burgund, in: Archiv für Diplomatik 56 (2010), S. 43–63. Zu diesem Feld sei ferner verwiesen auf Alheydis Plassmann, Ererbte und erheiratete Herrschaft. Die Einbeziehung von Eliten in der Normandie und in Aquitanien unter Heinrich II. von England, in: Wolfram Drews (Hg.), Die Interaktion von Herrscher und Elite in imperialen Ordnungen des Mittelalters (Das Mittelalter. Beihefte 8), Berlin u. a. 2018, S. 247–281.

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Herrschaft sich im Unterschied zu den anderen beiden allein auf das erheiratete Herzogtum stützte. Den Fragen, inwieweit BesanÅon unter Friedrich Barbarossa der Visualisierung von dessen Herrschaft diente und inwiefern die erzbischöfliche civitas auch als »königstreues Zentrum« zu betrachten ist, widmet sich Verena Schweizer. Anknüpfend an ihre 2013 noch unter dem Mädchennamen Türck publizierte Dissertation zum burgundischen Raum55 richtet Verena Schweizer in ihrem Beitrag den Blick zunächst auf die Aufenthalte und Hoftage Friedrich Barbarossas in BesanÅon. Der Weg führt von der Reise des Jahres 1153 und dem spektakulären Hoftag von 1157 über den vor dem Hintergrund der schismatischen Papstwahl des Jahres 1159 zu sehenden Reichstag des Jahres 1162 in SaintJean-de-Losne und in BesanÅon, schließlich über die Reisen, die den Kaiser 1166 und 1168 nach BesanÅon brachten, bis hin zum den Hoftagen der Jahre 1170 und 1178, die freilich nicht mehr die Dimension der vorausgehenden erreichten.56 Auch das Verhältnis Friedrich Barbarossas zu den erzbischöflichen »Stadtherren« wird von Verena Schweizer thematisiert.57 Hier sind insbesondere der sehr einflussreiche Erzbischof Humbert von Scey, Mitinitiator der Ehe mit Beatrix, sowie der 1162 – angesichts seines Unvermögens, im Schisma seinen Kandidaten gegen den kaiserlichen durchzusetzen – resignierende Walter zu nennen, aber auch der Friedrich Barbarossa sehr nahestehende, jedoch später päpstlicherseits als Schismatiker gebrandmarkte und einer damnatio memoriae anheimgefallene Her(i)bert, der mit den Bewohnern von BesanÅon und dem Abt von Saint-Vincent um die Privilegien seiner Kirche rang und sich sehr für die neuen Orden einsetzte.58 Ebenso ist an Eberhard de la Tour Saint-Quentin zu denken, der auch im Beitrag von Lisa Klocke und Markus Keller noch eingehender betrachtet wird, und letztlich auch an Theoderich, während dessen Pontifikat die Zuständigkeit für die Region bis 1184 vorrangig in den Händen der kaiserlichen Gattin lag.

55 Vgl. Anm. 43. 56 Siehe hierzu auch Türck, Beherrschter Raum, S. 100–110 sowie 110–115 (Der Hoftag von BesanÅon 1157), S. 116–125 (Die Hoftage von Saint-Jean-de-Losne und BesanÅon 1162), S. 125f. (Der Hoftag von BesanÅon 1170), S. 126–128 (Die Hoftage während des Burgundzugs 1178). 57 Zu Friedrichs Verhältnissen zu den Erzbischöfen siehe auch ebd., S. 161–167 (Der Erzbischof von BesanÅon).– Zu Friedrich Barbarossas Verhältnis zu den weltlichen Großen der Region siehe zukünftig Clemens Regenbogen, Das burgundische Erbe, Kap. II.3: Die unangefochtene Stellung des Kaiserpaares [im Druck]. 58 Zur Positionierung der burgundischen geistlichen Würdenträger während des Schismas siehe Türck, Beherrschter Raum, S. 271–282; zu Her(i)bert auch Ren8 Locatelli, Sur les chemins de la perfection. Moines et chanoines dans le diocHse de BesanÅon vers 1060–1220, Saint-Ptienne 1992 sowie Ders./Moyse/de Vregille, La Franche-Comt8.

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Nach deren Tod fiel diese dann interimistisch an die Reichslegaten59 und schließlich an Friedrich Barbarossas Sohn Otto. Den bereits erwähnten Erzbischof Eberhard und dessen angespanntes Verhältnis zur Bürgerschaft von BesanÅon, das ein Eingreifen Friedrich Barbarossas ab 1176 immer dringlicher werden und – vor dem Hintergrund einer festeren Einbindung Nordburgunds – auch eine den Interessen der Bürger noch stärker Rechnung tragende Politik als geboten erscheinen ließ, nehmen Lisa Klocke und Markus Keller noch einmal gesondert näher in den Blick. Ihr Interesse gilt neben der Rolle BesanÅons für das Königtum auch den weiteren Motiven Friedrichs, die ihn bewogen, 1178, im Jahr seiner Krönung in Arles,60 einzuschreiten und sich in dem Konflikt zwischen dem Erzbischof und der nun einflussreicher gewordenen und nicht mehr zu ignorierenden Bürgerschaft zu positionieren. Ein Vergleich mit anderen Bischofsstädten (Basel und Valence) führt Lisa Klocke und Markus Keller zu der abschließenden Frage, inwiefern es angebracht erscheint, im Sinne von politics und nicht von policy oder polity, von einer »Städtepolitik« zu sprechen. Da Friedrich Barbarossa den Raum BesanÅon schließlich in gewisser Weise vom übrigen Burgund abtrennte und zur Pfalzgrafschaft erhob, darf ein Blick auf sie nicht fehlen. Clemens Regenbogen hat jüngst eine Dissertation zum burgundischen Erbe der Staufer mit Fokus auf den Kaisersohn und Pfalzgrafen Otto I. und dessen Schwiegersohn Otto II. abgeschlossen:61 Diese Phase bleibt daher hier ausgespart. Clemens Regenbogen richtet im vorliegenden Band indes – im Sinne eines Ausblicks – sein Augenmerk auf die Zeit des Pfalzgrafen Ottos III. (1236–1248).62 Dessen Erbe umfasste mütterlicherseits die burgundische Pfalzgrafschaft und väterlicherseits Meranien, dessen achter Herzog er war. Angesichts seines weitverstreuten Erbes war er nur 1241/1242 sowie 1244 dazu in 59 Hierzu siehe auch Türck, Beherrschter Raum, S. 133–146 (Personelle Stellvertreter. Legaten für Burgund). 60 Zu dieser ebd., S. 234–243 (Die Krönungen Friedrichs I. in Arles und Beatrix’ in Vienne 1178). 61 Siehe oben Anm. 10; vgl. Clemens Regenbogen, Pfalzgraf Otto I. von Burgund und das Elsass, in: Mittelalter am Oberrhein, https://oberrhein.hypotheses.org/1996 (online 1. 12. 2016).– Siehe auch Stephanie Haarländer, Art. »Otto I., Pfalzgraf von Burgund«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Berlin 1999, S. 682f.; Rey/Fiétier, Au temps des Hohenstaufen, S. 336–337 (Kap. II: BesanÅon aprHs Barberousse. Les d8buts du comte Othon Ier); Türck, Beherrschter Raum, S. 180–182.– Zu den burgundischen Grafen im 13. Jahrhundert sei ferner verwiesen auf Marie-Th8rHse Allemand-Gay, Le pouvoir des comtes de Bourgogne au XIIIe siHcle (Cahiers d’8tudes comtoises 36/Annales litt8raires de l’Universit8 de BesanÅon 368), Paris 1988. 62 Zu diesem siehe auch Ludwig Holzfurtner, Art. »Otto III., Pfalzgraf von Burgund, Herzog von Meranien (VIII.)«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Berlin 1999, S. 683f.; Jean Richard, Art. »Otto III., Pfalzgraf von Burgund«, in: Lexikon des Mittelalters 6 (2003), Sp. 1576.

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der Lage, in die zunächst verpfändete und zudem recht abgelegene Grafschaft zu kommen, weshalb er andere Herrschaftsstrategien anwenden musste, um dieses Gebiet aus der Ferne zu kontrollieren. Eine Regierung über eigene Mittelsmänner schien offenbar weniger zweckdienlich als eine Übergabe der Grafschaft an einen Treuhänder. Pfalzgraf Otto III. gab dabei seinem Nachbarn, dem kapetingischen Herzog Hugo IV. von Burgund, den Vorzug gegenüber dem mächtigsten Magnaten in der Grafschaft Burgund, Johann, dem Schwiegervater seiner Schwester Alix. Er vertraute Herzog Hugo bei seinem ersten Burgundbesuch die Grafschaft Burgund zunächst für fünf Jahre an: eine Entscheidung, die er offenbar nicht bereute, bekräftigte und verlängerte er doch bei seinem zweiten Burgundaufenthalt im Jahr 1244 die Treuhänderschaft unter leicht modifizierten Bedingungen um etwa vier weitere Jahre, bis zum 1. November 1248. Da Otto III. jedoch schon vor diesem Datum verstarb, entspann sich ein langwieriger Streit um das Erbe, aus dem Ottos III. Schwester Alix erst ein Vierteljahrhundert später siegreich hervorging. Ausblickend sei erwähnt, dass Pfalzgraf Ottonin, der Sohn aus der Ehe von Alix mit dem Grafen Hugo von Chalon, aus finanziellen Schwierigkeiten 1295 entschied, die Grafschaft an Frankreich zu verkaufen; nur BesanÅon selbst blieb noch bis 1664 als freie Reichstadt dem Reich zugehörig. Die Reihe der Untersuchungen, die aus unterschiedlichen Perspektiven die zwischen dem späten 9. und frühen 13. Jahrhundert zu beobachtenden Umbrüche in Burgund beleuchten, wird durch den Beitrag von Thomas Bauer abgerundet: Die im Umschlag eingebundene Karte verzeichnet erstmalig für die Zeit des 10. bis 12. Jahrhunderts praktisch alle überlieferten Belegorte der pagi im Raum der Diözese BesanÅon (Franche-Comt8) sowie der angrenzenden pagi. Die Karte bietet gleichsam die Fortsetzung der 2017 publizierten Karte für den gleichen Raum.63 Ein ausführlicher Kommentar erläutert das Vorgehen und diskutiert die wesentlichen Probleme. Für die konstruktive Zusammenarbeit bei der Kartografie gilt unser herzlicher Dank erneut Anthony Dumontet (ArTeHiS, UMR 6298, CNRS, Dijon). Das vorliegende Buch nimmt in Teilen Beiträge des deutsch-französischen Forschungsateliers »Junge Mediävistik« auf, das im Februar 2015 an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg veranstaltet wurde; andere Kapitel wurden im Sinne eines kohärenten Publikationsplans gezielt erbeten. Der Band versteht sich mithin als Fortführung des Dossiers »La Bourgogne au premier Moyen ffge (VIe–Xe s.): approches spatiales et institutionnelles«, das bereits in zwei Lieferungen des Bulletin du centre d’8tudes m8di8vales d’Auxerre veröffentlicht wurde.64 Allen Autorinnen und Autoren ist für ihre Teilnahme an diesem be63 Thomas Bauer, Les pagi du diocHse de BesanÅon et de sa marge occidentale, in: BUCEMA 21/2 (2017) [https://journals.openedition.org/cem/14793 (09. 09. 2018)]. Vgl. die folgende Anm. 64 Jessika Nowak/Jens Schneider (Hg.), La Bourgogne au premier Moyen ffge (VIe–Xe s.):

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scheidenen Burgundprojekt zu danken. Für die finanzielle Unterstützung der Drucklegung danken die Herausgeberinnen und der Herausgeber dem Institut Analyse Compar8e des Pouvoirs (ACP, EA 3350, Universit8 Paris-Est Marne-laVall8e). Knut Görich warnt uns davor, dem Handeln mittelalterlicher Herrscher allzu schnell allzu viele konzeptionelle Ideen unterstellen zu wollen, und er appelliert daran, sich die Offenheit historischer Entwicklungen zu vergegenwärtigen. Dennoch meint man im Raum BesanÅon vom späten 9. bis zum frühen 13. Jahrhundert auffällige Umbrüche beobachten zu können, die verschiedene Herrschaftsstrategien provozierten. Selbstredend können Umbrüche im 11. Jahrhundert in der deutschen wie der französischen Forschung nicht als spezifisch für Burgund gelten, aber vielleicht treten sie, in einer Perspektive der longue dur8e über dreieinhalb Jahrhunderte und in der besonderen Gemengelage, in der sich Phasen der Unabhängigkeit mit solchen einer stärkeren Orientierung an, oder Zugehörigkeit zum Westfrankenreich, zum rudolfingischen Reich und später auch zum ottonisch-salischen-staufischen Reich abwechselten, deutlicher zutage. Je nachdem, ob es eine Herrschaft erst zu etablieren oder zu konsolidieren galt, wurden unterschiedliche Ressourcen aktiviert, geistliche oder weltliche Bündnispartner rekrutiert oder wurde auf spezielle Mechanismen rekurriert, die von der Heiratspolitik bis hin zum Rektorat und zur Treuhänderschaft reichen konnten. Einige dieser Herrschaftsstrategien aufzuzeigen, ein wenig Licht in das bislang gerade in seiner Frühphase noch recht unerforschte burgundische Dickicht zu bringen, die Neugierde des Lesers zu wecken und ihn dazu zu animieren, auch zukünftig weiter in dieses vorzudringen, soll Ziel dieses Bandes sein.

approches spatiales et institutionnelles [mit 14 Karten], in: BUCEMA 21/2 (2017) & 22/1 (2018).

FranÅois Demotz (Lyon)

Die Kontrolle über die Grafschaft Burgund im 9. und 10. Jahrhundert. Einige Überlegungen zu den Forschungstraditionen1

Wie bei jeglicher Regionalgeschichte lockt auch bei der Betrachtung der Geschichte der Grafschaft Burgund eine doppelte Versuchung. Zum einen wird gerne die wichtige Rolle des betrachteten Gebiets betont – so liegt im 11. Jahrhundert der Fokus bevorzugt entweder auf Hugo von Salins oder auf BesanÅon unter Heinrich III.; zum anderen erscheint es reizvoll, die Singularität der Franche-Comt8 als zone princiHre zu unterstreichen. Letzteres geschah und geschieht vor allem bei der Betrachtung der Phase vom Ende des 9. Jahrhunderts bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts. Dieser Ansatz soll auch hier gewählt, aber zugleich kritisch beleuchtet werden. Eine Neubewertung der Lage scheint nicht zuletzt deshalb geboten, weil die Grafschaft bislang gebrochen wie durch zwei Prismen betrachtet wurde, welche die Grafschaft Burgund »verwestlichten«. So war man zum einen stets versucht, die Verhältnisse in BesanÅon den wesentlich besser dokumentierten Vorgängen im Herzogtum Burgund anzunähern. Da man den Ausbau der Herrschaft von Richard Justitiarius und die Konstituierung des Herzogtums Burgund beobachten konnte, musste für die andere Seite der Saine Gleiches gelten. Auf diese Weise entwickelte sich die Erzählung von Rofrids – um mit den Worten von Maurice Chaume zu sprechen – pouvoir archicomtal und seiner autorit8 exceptionnelle dans le diocHse de BesanÅon,2 während in Wirklichkeit die einzige Person, von der man weiß, dass sie tatsächlich eine bedeutende Rolle spielte, der Erzbischof Dietrich war. Zum anderen haben diejenigen, die sich mit BesanÅon befasst haben, gerne auf die Gegensätze abgestellt. Besonders beliebt ist der Konstrast zu all jenem, das sich östlich des Juragebirges abspielt. So hat der Konflikt zwischen Otto-Wilhelm und Rudolf III. zu der Schlussfolgerung geführt, dass im Späteren auch Graf Rainald zwangsläufig Konrad II. feindlich gesonnen gewesen sein muss. Um 1033/1034 – und somit zu der Zeit, zu der die 1 Dieser Text wurde durch Jessika Nowak ins Deutsche übertragen. 2 Maurice Chaume, Les origines du duch8 de Bourgogne, Dijon 1925/1937, Bd. I, S. 253, 381, 414.

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Nachfolge Rudolfs III. anstand3 –, aber auch bereits zuvor – das heißt letztlich schon seit dem Ende des 9. Jahrhunderts –, waren jedoch die bisontischen pagi im Königreich Burgund nahezu unabhängig.4 Die von Arnulf und den Bosoniden erhobenen Ansprüche sowie die starke Stellung Hugos des Schwarzen können somit als Indiz für die nicht vorhandene Macht des burgundischen Königs im Westen gesehen werden. Überdies haben Historiker, die aus dem Klerus stammen oder die Fragen überwiegend aus der Perspektive der Kirchengeschichte beleuchten, wie so oft, bevorzugt die Konflikte zwischen der Kirche von BesanÅon und den Laien herausgestellt. Doch halten viele dieser Behauptungen keiner Analyse stand. Erste Schritte in diese Richtung hat bereits Bernard de Vregille unternommen, der selbst Kleriker war und aus BesanÅon stammte. Er hat als erster die Arrondierung der pagi in Frage gestellt5 und den monolithischen Charakter des 10. Jahrhunderts aufgebrochen, indem er zu zeigen vermochte, dass die Situation der Kirche von Burgund im Königreich Burgund eine Entwicklung durchlief: BesanÅon spielte zunächst als einziger Erzbischofssitz eine herausragende Rolle; noch vor der Mitte des 10. Jahrhunderts wurde es jedoch dann durch die Angliederung der Provence und das Hinzutreten prestigeträchtigerer Metropolitansitze in den Augen der Herrscher zweitrangig.6 Eine erneute Untersuchung der Verhältnisse in der Grafschaft Burgund scheint daher angebracht. Dabei sollen drei letztlich sehr verschiedene Phasen unterschieden werden: Die erste fällt mit dem Ende des karolingischen Reiches zusammen. Sie ist die Epoche der von der Forschung erschaffenen archicomites – und in Wirklichkeit diejenige der Erzbischöfe. Die zweite Phase ist diejenige des Grafen Hugo des Schwarzen, von dem man lange ausschließlich die bosonidische Abkunft sehen wollte, und seiner Nachfahren. In die letzte Phase wiederum fällt die Geburt des ersten erblichen Grafen.

1.

Der karolingische archicomes: ein Mythos, der die Zersplitterung verschleiert

Als Konrad, einstmals Graf von Auxerre, von Ludwig von Italien zum dux von Transjuranien ernannt wurde, erstreckte sich seine Macht bis ins Waadtland, aber nicht bis in die Grafschaft Burgund; diese gehörte zum Königreich Lo3 Claude Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, Paris 1964, S. 243. 4 Maurice Rey (Hg.), Les diocHses de BesanÅon et de Saint-Claude, Paris 1977, S. 23. 5 Ren8 Locatelli/G8rard Moyse/Bernard de Vregille, La Franche-Comt8 entre le royaume et l’empire (fin IXe–XIIe siHcle), in: Francia 15 (1987), S. 116. 6 Bernard de Vregille, Les origines chr8tiennes et le haut Moyen ffge, in: Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, S. 222.

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thars II., und man findet dort vor dem Jahr 888 keinerlei Spuren, die von auch nur irgendeiner Intervention der Rudolfinger zeugen. Die Suche nach einem Relikt des sich beidseitig des Jura erstreckenden ducatus, in merowingischer Tradition, ist dementsprechend vergebens.7 Versucht man indes auszumachen, wer die gräfliche Gewalt am Westhang des Jura ausübte, so stößt man eher auf zwar einflussreiche, aber periphere Gestalten als auf einen archicomes mit Sitz in BesanÅon.

Graf Atto und der archicomes Rofrid Als erster Graf von BesanÅon gilt Odo/Audo/Atto. Er wird als solcher um 864 erstmals erwähnt, als Odo, der Abt von Glanfeuil, vorübergehend den Körper des heiligen Maurus in eine von dessen nahe der Saine gelegenen Domänen verbrachte. Es ist jedoch nicht gesichert, ob es sich um das linke Saineufer handelte. Zuvor scheint dieser Graf Odo indes keinerlei Verbindung zu BesanÅon gehabt zu haben. Er war in der Tat Graf von Troyes und gehörte zur Familie der Rorgoniden, aus der auch Abt Odo stammte, der seinerseits ein Getreuer Karls des Kahlen war.8 Somit zählte er zur Verwandtschaft und zu den Verbündeten der damals mit den Welfen rivalisierenden Robertiner.9 858 schloss Odo sich der Revolte der Robertiner gegen Karl den Kahlen an und musste dies mit dem Verlust von Troyes bezahlen. Möglicherweise versuchte Odo daraufhin sein Glück bei Lothar II. – wie es auch die Welfen taten10 –, denn er sollte später über Besitz im Escuens verfügen. So geht aus einem Diplom Lothars II. vom 1. Februar 869 hervor, dass er dem Grafen Atto [bzw. Odo], seinem Verwandten, drei im Escuens gelegene Güter überließ, die die Kirche von BesanÅon für sich beanspruchte.11 Dies zeigt, dass Lothar – hier wie in Transjuranien – nicht zögerte, Kirchengüter an einfluss7 Ren8 Poupardin (Le royaume de Bourgogne [888–1038], Paris 1907, S. 6) äußert diesbezüglich Bedenken. 8 Jean-Pierre Devroey, La villa Floriacus et la pr8sence de l’abbaye des Foss8s en R8mois durant le Haut Moyen ffge, in: Revue belge de philologie et d’histoire 82/4 (2004), insbes. S. 818. 9 Die Rorgoniden und die Welfen waren starke Konkurrenten, insbesondere in Paris bestand eine starke Rivalität zwischen dem Welfen Hugo Abbas und dem Abt und Bischof Gauzlin, einem Rorgoniden, der zunächst Abt von Glanfeuil gewesen war. 10 Dies gilt insbesondere für Hugo Abbas nach 861. 11 Die Verwandtschaftsbeziehung zwischen dem Grafen und dem König wird nicht erklärt; vielleicht bestand sie über die Rorgoniden. Zu letzteren siehe R8gine Le Jan, Famille et pouvoir dans le monde franc (VIIe–Xe siHcle). Essai d’anthropologie sociale, Paris 1995, S. 445.

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reiche Laien zu vergeben.12 Seine Versöhnung mit dem westfränkischen König 861 erlaubte es Odo dann, jene honores in Burgund zu erhalten, die die Welfen, die nun ihrerseits in Ungnade gefallen waren, hatten aufgeben müssen.13 Jener Odo findet sich in der Peripherie der Diözese BesanÅon, wo er wohl keine wirkliche Grafengewalt ausübte. Dass er 869/870 im Übrigen nicht unter den Großen Lothars II. angeführt wird, spricht stark dafür, dass er eigentlich ein Mann Westfrankens, ein Untergebener Karls des Kahlen, war, der Güter und Rechte im Sainetal und im Escuens erworben hatte. Die Entwicklungen lassen nun wiederum den Grafen Rofrid eingreifen. Gegen Ende der 860er Jahre kam es infolge des Fehlens eines legitimen Erben von Lothar II. und angesichts seines nahenden Endes zu umfänglichen Verhandlungen. So weiß Hugo von Flavigny zu 869 zu berichten, dass Graf Rofrid und Herzog Gerhard (von Vienne) einen Brief von Papst Hadrian II. erhalten hätten, der sie dazu bewegen sollte, sich Ludwig von Italien und nicht Karl dem Kahlen zu unterwerfen.14 Wie auch rund 25 Jahre später, das heißt 893, intervenierte Rofrid in einer rudolfingischen Urkunde, die den comitatus Portois betraf. Die Forschung hat daraus geschlussfolgert, dass Rofrid offensichtlich über alle pagi herrschte, die von BesanÅon abhingen.15 Auch hier scheint eine erneute Überprüfung geboten. Sie läuft auf einen Vergleich von Odo und Rofrid hinaus. Rofrid verband, wie bereits Odo vor ihm, die beiden Saine-Ufer miteinander. Er oder zumindest jemand, der ihm sehr nahestand, erschien denn auch als gräflicher Vasall in einer der Urkunden Lothars I., die sich auf ein im Escuens gelegenes Gut der Kirche von Autun bezieht.16 Da er sowohl im Herzogtum als auch in der Grafschaft Burgund verwurzelt war, erwies sich Rofrid als sehr nützlich, als Karl der Kahle einen Grafen für seine neuen burgundischen Besitzungen auswählen musste, die er nach dem Tode Lothars (gest. 869) und kraft des Vertrags von Meersen (870) erhalten hatte, namentlich das Portois17 und BesanÅon, mit seinen Abteien Sainte-Marie und 12 Trotz des Konflikts, der zwischen beiden hernach bestand, scheint Lothar die Handlungen des Abtes Hukbert als Herzog von Transjuranien mitgetragen zu haben. 13 Devroey, La villa Floriacus, S. 811–819. Sein Sohn wurde dann Graf von Troyes. 14 Hugo von Flavigny, Chronicon, ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 8, Hannover 1848, S. 354. 15 De Vregille, Les origines, S. 225. 16 In dieser Urkunde vom 3. Juli 853 bestätigt Lothar I. Jonas von Autun und der Kirche SaintNazaire den Besitz einer villa im pagus Escuens, die der verstorbene Graf Alderich unrechtmäßig besessen und seinem Vasallen Rotfrid anvertraut hatte (Die Urkunden Lothars I. und Lothars II., ed. Theodor Schieffer [MGH Die Urkunden der Karolinger 3], Berlin/Zürich 1966, Nr. 129). 17 Ohne die königlichen Abteien Lure, Luxeuil, Enfonvelle und Faverney. De Vregille, Les origines, S. 216.

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Saint-Martin. Rofrid wurde als Mann Karls des Kahlen Graf im Portois. Hingegen entging ihm ein großer Teil der Diözese, nämlich jener Teil, der Ludwig dem Deutschen zugefallen war : das Varais, Escuens, Amous, die im Portois gelegenen Abteien sowie Basel und der Sundgau. Es stellt sich die Frage, ob Rofrid zugleich Grafengewalt über BesanÅon erhielt und ausübte. Dies scheint angesichts des Fehlens jeglicher anderer Grafen durchaus plausibel, doch war letztlich der Erzbischof derjenige, auf den Karl der Kahle sich stützte und dessen Macht er beförderte.

Die Machtfülle des Erzbischofs und die Implantierung des Markgrafen Rudolf Historiker neigten durch die gregorianische Brille dazu, die Machtfülle des Erzbischofs vor der Mitte des 11. Jahrhunderts unterzubewerten. Sie stellten auf den Zugriff auf Kirchengut von BesanÅon ab, und dies umso stärkter, als der Graf die Herrschaft über die Stadt bis zu jenem Zeitpunkt innehatte, zu dem diese Konzessionen an Hugo von Salins fielen.18 Und doch weist alles auf die temporale Machtfülle der folgenden bisontinischen Prälaten, Arduicus und Dietrich, hin. Arduicus, der von 843 bis 871 Erzbischof war, war ein Mann Lothars I. Dieser setzte ihn in BesanÅon durch;19 Arduicus engagierte sich im Ehestreit Lothars II. und empfing Lothar II. gegen Ende von dessen Herrschaft, im Januar/Februar 869, in BesanÅon. Sowohl von Lothar I. als auch von Lothar II. erhielt er wichtige Güter. Nach dem Tode Lothars II. schloss er sich sogleich Karl dem Kahlen an. Arduicus empfing ihn in BesanÅon und nahm an den Versammlungen teil, die dieser anberaumte; im Gegenzug erhielt er weitreichende Rechte, zweifelsohne Zölle, Münz- und Marktrechte. Möglicherweise unterstützte er auch die Ernennung von Rofrid als Graf von Portois mit Amtsgewalt über BesanÅon.20 872 wurde sein Nachfolger, Dietrich, durch oder mit Zustimmung Karls des Kahlen gewählt, dem er nahestand.21 Wie Arduicus empfing auch Dietrich den König in BesanÅon, und er nahm ebenfalls an den Reichsversammlungen teil; 18 Vor 1041 und der kaiserlichen Konzession repräsentierte dort ein vicecomes den Grafen (Bernard de Vregille, Hugues de Salins, archevÞque de BesanÅon, 1031–1066, thHse, BesanÅon/Lille 1978, S. 425). 19 Sein Vorgänger Amalwin wurde abgesetzt und durch Arduicus ersetzt (de Vregille, Les origines, S. 214). 20 Die erste Erwähnung Rofrids erfolgte als Vasall des Grafen Alderich. Dieser ist zwar ansonsten unbekannt, aber möglicherweise kann sein Name mit demjenigen von Arduicus in Verbindung gebracht werden. 21 Ein bisontinischer ordo erinnert daran, dass Karl der Kahle der Kirche von BesanÅon Reliquien des heilgen Vinzenz schenkte.

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insbesondere war er bei der großen Synode zugegen, die 876 in Ponthion abgehalten wurde.22 Der Erzbischof dürfte wohl die bedeutendste Persönlichkeit westlich des Jura gewesen sein. Sein Einfluss im geistlichen Bereich erstreckte sich theoretisch über die gesamte Zone, die indes politisch sehr stark zersplittert war. Die Teilung der bisontinischen pagi zwischen zwei Königreichen, das Fehlen eines mächtigen Grafen vor Ort sowie die gestärkten Rechte des Prälaten über die civitas zeugen von einer sehr starken Fragmentierung, von der wiederum der Erzbischof zu profitieren wusste, wenn er auch seine Besitzungen nicht gänzlich vor Usurpationen durch Laien zu schützen vermochte. In der Tat war er derjenige, der vor Ort während der ungewissen und konfliktreichen letzten zehn Jahre des karolingischen Reiches die entscheidende Rolle spielte und der durchaus auch auf das politische Gleichgewicht einzuwirken vermochte. Die Phase vom Tode Ludwigs von Italien (875) bis zu demjenigen Ludwigs des Stammlers (879) brachte – über politische Scharmützel hinaus – keine größeren Neuerungen. Erzbischof Dietrich blieb ein Getreuer des westfränkischen Königs, während ein Teil seiner Diözese vom ostfränkischen Reich abhängig war. Seit 877 jedoch erhob Karl der Dicke Ansprüche auf die gesamte Diözese. Dietrich leistete zunächst Widerstand, wobei er von Johannes VIII. unterstützt wurde, wie es der Konflikt von 878 zeigt, der um den Bischofssitz von Lausanne und die Wahl von Hieronymus entbrannte.23 Die Hoffnungen, die Dietrich in die Protektion der westfränkischen Herrscher und des Papstes gesetzt hatte, schwanden alsbald. So entschloss Dietrich sich, Boso zu folgen, als dieser, nach dem Tode Ludwigs des Stammlers, nach der Königskrone griff. Am 15. Oktober 879 war er auf der Versammlung von Mantaille zugegen.24 Die folgenden Jahre (880–882) waren von der missglückten Politik Dietrichs gekennzeichnet; sie brachten aber auch die Wiedervereinigung seiner Diözese unter der Herrschaft Karls des Dicken mit sich. Bereits Ende 879 hatten die Söhne Ludwigs des Stammlers ihren Teil des Reiches Lothars II. aufgegeben, BesanÅon inbegriffen. Dietrich versuchte nun, 22 Gallia Pontificia, DiocHse de BesanÅon, bearb. von Bernard de Vregille/Ren8 Locatelli/ G8rard Moyse (Regesta pontificum romanorum, France 1), S. 30. 23 Ebd., Nr. 8.– Dietrich von BesanÅon unterstützte die Wahl von Hieronymus gegen den Willen Karls des Dicken, der Herr über Lausanne war.– Zum um den Bischofssitz von Lausanne entbrannten Konflikt siehe Bernard de Vregille, BesanÅon et Lausanne: m8tropolitains et suffragants des origines au XIe siHcle, in: Revue d’histoire eccl8siastique suisse 82 (1988), S. 81f.; Jean-Daniel Morerod, GenHse d’une principaut8 8piscopale. La politique des 8vÞques de Lausanne (IXe–XIVe siHcle) (BibliothHque Historique Vaudoise 116), Lausanne 2000, p. 63; FranÅois Demotz, La Bourgogne, dernier des royaumes carolingiens (855–1056). Roi, pouvoirs et 8lites autour du L8man (M8moires et documents. Soci8t8 d’histoire de la Suisse romande IV/9), Lausanne 2008, S. 68. 24 Ren8 Poupardin, Le royaume de Provence sous les Carolingiens (855–933?), Paris 1901, S. 98.

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den Papst gegen Karl den Dicken auszuspielen: am 20. April 880 schrieb er an den Papst und beschwerte sich über die Übergriffe, die seine Kirche durch Hubo, einen »Getreuen König Karls«, hatte erleiden müssen.25 Dieser Brief wurde als Indiz dafür gewertet, dass BesanÅon Boso höchstens einige Monate angehangen haben könne und dass ein Eimarsch der Männer Karls des Dicken die antiostfränkische Politik Dietrichs abgestraft haben müsse.26 Eine derartige Schlussfolgerung muss jedoch nicht zwangsläufig zutreffen. Tatsächlich weist nichts darauf hin, dass diese Episode die bisontinischen pagi betrifft. Die Kirche von BesanÅon besitzt auch östlich des Jura gelegene Güter, insbesondere bei der villa regalis Colombier, in einer Zone, die von den Getreuen Karls des Dicken gehalten wird. Zudem scheint Dietrich Herr über BesanÅon zu bleiben, wohingegen es seinem Verbündeten Hieronymus nicht gelingen sollte, zum Bischof von Lausanne geweiht zu werden. Es hat demzufolge den Anschein, dass sich, trotz der von Karl unternommenen Einschüchterungsversuche, die Situation kaum veränderte. Die Vermittlung durch Papst Johannes VIII. führte zweifelsohne zu einer Beruhigung der Lage, was 881 dann auch für Lausanne wahrnehmbar wird.27 Die Konfliktregulierung wurde durch die Umsicht Dietrichs erleichtert, der sich nicht an die Spitze der Anhänger Bosos gesetzt hatte; so erhielt er, im Gegensatz zu Otramnus von Vienne, in dieser causa auch keinen vorwurfsvollen Brief des Papstes. 882 markierte der Fall von Vienne das Ende der in Boso gesetzten Hoffnungen und vollendete den Anschluss Dietrichs an Karl. Die Diözese unterstand nach 882 allein der Autorität Karls des Dicken. Der Frieden kehrte wieder ein: Erzbischof Dietrich wurde vergeben. Er stand in guten Beziehungen zur wohl stärksten Stütze des Kaisers in der Region, Markgraf Rudolf, der über Transjuranien herrschte. Die Zersplitterung scheint bei der Ausübung der politischen Herrschaft vor Ort letzteren stärker begünstigt zu haben als die einstigen Getreuen Karls des Kahlen, Dietrich und Rofrid. Graf Rofrid dehnte seine Herrschaft wohl nicht über die gesamte Diözese aus. Er griff von diesem Zeitpunkt an nur im Portois ein. Werden indes in den Quellen Gebiete erwähnt, die zuvor zum ostfränkischen Gebiet gehört hatten, so waren diese nun in der Hand Rudolfs. Nach seiner Erhebung zum König intervenierte Rudolf im Escuens, ohne dass hier ein Graf erwähnt würde.28 Es ist dementsprechend sehr wahrscheinlich, dass der marquis-comte-abb8 Rudolf, der stärkste Halt Karls des Dicken in der Region, für seine Treue während der bewegten Zeiten belohnt wurde. Seine Herrschaft erstreckte sich nicht nur über Transjuranien, sondern 25 26 27 28

Gallia Pontificia, BesanÅon, Nr. 14. De Vregille, Les origines, S. 220. Demotz, La Bourgogne, S. 68–71. MGH. Die Urkunden der burgundischer Rudolfinger (Diplomata. Regum Burgundiae e stirpe Rudolfina diplomata et acta), ed. Theodor Schieffer unter Mitarbeit von Hans Eberhard Mayer [künftig zitiert als: MGH DD Burg.], München 1977, Nr. 9.

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auch über jene pagi, die nach dem Vertrag von Meersen, der zwölf Jahre zuvor abgeschlossen worden war, zum ostfränkischen Reich gehört hatten. Diese Dreiteilung, derzufolge der Erzbischof über die civitas, Rofrid über das Portois und Rudolf über den Rest herrschte, hatte bis zum Tode Karls des Dicken – und selbst noch nach der im Januar 888 erfolgten Krönung Rudolfs als König von Burgund – Bestand. Dietrich und Rofrid erkannten den neuen Herrscher an, und die Diözese BesanÅon wurde in das neu entstandene Königreich eingegliedert. Wenn auch über das Prinzip an sich wenig Zweifel bestehen, so wurde die Realität dieser Eingliederung dennoch lange von den Historikern in Frage gestellt.

2.

Die rudolfingische Grafschaft: Königliche Optionen und die Zusammenarbeit zwischen Welfen und Bosoniden

Ren8 Poupardin betrachtete die Kontrolle des Jura – und sogar diejenige aller juranischen Regionen – aus dem Blickwinkel des Gegensatzes zwischen Welfen und Bosoniden, während zahlreiche Landesgeschichtler Gefallen daran fanden, eine königliche Macht zu beschreiben, die fern oder schwach – das heißt abwesend – war. Nun trifft dies bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts jedoch nicht zu, da in der Grafschaft Burgund auf lange Sicht eher eine Zusammenarbeit zwischen Welfen und Bosoniden erfolgte, als dass ein Konflikt zwischen diesen bestand. Und diese Zusammenarbeit verband den westlichen Jura mit dem Königreich Burgund. Zudem verstand es Rudolf I., seit 888 von seiner Implantierung in den bisontinischen pagi zu profitieren und so seine noch ganz neue Königsmacht zu festigen. Da die Großen aus der Grafschaft Burgund ihm wohlgesonnen waren, entschloss sich Rudolf I., das politische Gleichgewicht dauerhaft zu sichern.

Die Entscheidung Rudolfs I. für die karolingische Tradition: der Weg über die Bischöfe Rudolf stellte sich in die karolingische Tradition und stützte sich auf den Erzbischof von BesanÅon, der auch sogleich Kanzler des Königreichs Burgund wurde.29 Diese Wahl lässt sich nicht nur durch den Vorrang Dietrichs westlich des Jura und durch dessen große politische Erfahrung erklären. Sie gehorchte auch symbolischen und geopolitischen Überlegungen: Erzbischof Dietrich war der 29 Ebd., Nr. 3.

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einzige Metropolit, der sich hinter Rudolf stellen konnte, und seine Treue sicherte einen Zugang nach Lotharingien, wo Rudolf als König anerkannt werden wollte. Dietrichs Ernennung als Kanzler war zugleich eine Botschaft an die Eliten der Saine-Rhine-Achse: Die Vergabe einer prominenten Position an einen Prälaten, der 879 am königlichen Abenteuer Bosos teilgenommen hatte, war ein Zeichen des guten Willens, das sich an die Bosoniden und ihre Anhänger richtete. Als Kanzler spielte Dietrich rasch eine aktive Rolle zugunsten seines neuen Herrschers: er wohnte höchstwahrscheinlich der zweiten Krönung Rudolfs in Toul bei und er fertigte die ersten Urkunden der neuen Dynastie aus. Er war ein Metropolit im Dienste seines Königs: er beförderte die Anbindung an den Bischof von Basel, Iring, und er griff in die Bischofsnachfolge in Lausanne ein, um Rudolf I. dabei zu helfen, einen Bischof mit dem aufschlussreichen Namen Boso durchzusetzen.30 Graf Rofrid spielte indes eine bescheidene Rolle, auch wenn seine Unterstützung zur Durchführung der Unternehmungen in Lotharingien erforderlich war und er im Jahr 893 als Graf im Portois Erwähnung fand, welches wohl zum Königreich Burgund gehörte. Die ersten rudolfingischen Urkunden nennen zwar keine Intervenienten, doch stellte Erzbischof Dietrich Rofrid als Petent mit Blick auf ein königliches bzw. zu Saint-Maurice gehörendes Gut dar.31 Diese diplomatische Besonderheit wirft die Frage auf, ob Rofrid, der seit so langer Zeit Graf am Rande des Königreichs war, nicht weitgehende Autonomie gegenüber der königlichen Macht besaß. Die dritte Person, die zugleich für die Integration der Eliten in das Königreich Burgund und den Einfluss des Erzbischofs Dietrich steht, ist der Abt Berno. Dieser war Abt von Gigny, einem Stift, das er auf seinen eigenen Ländereien gegründet hatte. Seit seinem Herrschaftsbeginn zeichnete Rudolf ihn aus. So überließ Rudolf ihm zwischen 888 und 890 die cella Baume-les-Messieurs im Escuens.32 Dietrich erteilte seine Zustimmung, da Lothar dieses Königsgut zuvor der Kirche von BesanÅon abgetreten hatte. Abgesehen davon, dass sie den Anfang einer langen Zusammenarbeit zwischen den Rudolfingern und der künftigen cluniazensischen Wirkungssphäre markiert, fügt sich diese königliche und erzbischöfliche Geste in eine Politik der guten Beziehungen mit den Bosoniden ein. In der Tat ist es für Rudolf wichtig, die westliche Flanke zu stabilisieren und somit die an der Diözese BesanÅon entlanglaufende Grenze gegenüber den 30 Cartulaire du chapitre de Notre-Dame de Lausanne, ed. Charles Roth (M8moires et documents publi8s par la Soci8t8 d’histoire de la Suisse romande III/3), Lausanne 1948, S. 49. 31 MGH DD Burg., Nr. 4. 32 Ebd., Nr. 14.

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Bosoniden zu sichern, gegenüber von Richard Justitiarius im Norden und gegenüber von seinem Neffen Ludwig im Süden. Das Bündnis, das schon durch die Hochzeit von Richard Justitiarius mit Adelheid, der Schwester Rudolfs I., geknüpft worden war, wurde nun durch Gesten gegenüber den Bosoniden gefestigt. Sobald er König geworden war, überließ Rudolf die königliche Abtei Romainmitier seiner Schwester Adelheid;33 hernach übertrug er eine weitere Einrichtung im Jura, Baume, an die Abtei Gigny, die von der Diözese Lyon abhing, das heißt von Ludwig von der Provence. Dreh- und Angelpunkt dieser auf eine Beruhigung der Lage abzielenden Politik ist die Vermittlerposition von Richard Justitiarius, der zwischen der Provence und Burgund schlichtete,34 und sie funktionnierte umso besser, als Richard und Rudolf Karl dem Einfältigen gegenüber wohlgesonnen waren und König Odo kritisch gegenüberstanden. Auch scheint sich nach der Zusammenkunft Rudolfs und Arnulfs in Regensburg die Situation zu stabilisieren: die Diözese BesanÅon bildete offiziell den westlichen Teil des Königreichs Burgund; die anderen Herrscher, Herzog Richard sowie die kirchlichen und weltlichen Eliten erkannten dies an; Erzbischof Dietrich, die Nummer zwei des Königreichs und Nummer eins der geistlichen Großen, verkörperte dabei die Macht Rudolfs westlich des Jura. Das Gleichgewicht zerbarst erst nach 890 durch das Zutun Arnulfs. Der ostfränkische König unterstützte 890 Ludwig als König der Provence, er griff 891 in Luxeuil ein, schließlich gelang es ihm im Jahr 893, Richard Justitiarius aus dem Lager Karls des Einfältigen, des Verbündeten Rudolfs, herauszulösen. Arnulf versuchte hernach, das rudolfingische Königreich zu liquidieren; wie auch sein Sohn Zwentibold führte er 894 einen Feldzug gegen Rudolf und er trat Ludwig im selben Jahr einige Gebiete ab, die Rudolf gehört hatten; schießlich machte er Zwentibold 895 zum König von Burgund und vom gesamten Reich Lothars.35 Drei Dinge gilt es dementsprechend für die Geschichte der bisontinischen pagi festzuhalten: Erstens erfolgte 894/895 eine Teilung, die derjenigen von 870 ähnelte: Zwentibold verfügte über das Portois und über BesanÅon, während Ludwig von der Provence einen Teil der bisontinischen pagi, das heißt die civitas Genf, erhalten haben dürfte.36 Alles läuft darauf hinaus, zugunsten Ludwigs das Königreich seines Vaters Boso wiederherzustellen – zumindest den Norden der Diözese –, während man zugleich die Ambitionen der Erzbischofssitze von Lyon und Vienne befriedigte. Die Teilung wurde zunächst durchgesetzt – zumindest im Norden der Diözese: 894 musste Dietrich von BesanÅon das Lager Rudolfs

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Ebd., Nr. 3. Dies ist etwa bei einem Gerichtstag 890 in Varennes der Fall. Zu diesen Ereignissen siehe Demotz, La Bourgogne, S. 91–97. Davon zeugen die ostfränkischen Interventionen in Luxeuil und die provenzalischen in Gigny (Locatelli/Moyse/de Vregille, La Franche-Comt8, S. 115).

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verlassen – nach 893 tritt er nicht mehr als Kanzler in Erscheinung37 – und sich Zwentibold unterwerfen, der seiner Kirche daraufhin als Zeichen der Versöhnung Güter zurückerstattete;38 Dietrich verschwand dann kurz nach 895 von der Bildfläche. Im Süden, das heißt in den Bereichen der Diözese, die Rudolf zweifelsohne selbst kontrollierte, vermochte es Ludwig von der Provence, wie Regino betont, indes nicht, seinen Anteil wiederzuerlangen.39 Zweitens ist bemerkenswert, wie rasch Rudolf wieder Fuß in BesanÅon fassen konnte – und dies nicht erst um 900, wie man so oft lesen kann.40 Tatsächlich war die Lage seit 896/897 günstig, um erneut westlich des Jura einzugreifen: Richard Justitiarius verfolgte abermals dieselben Interessen wie Rudolf;41 das ostfränkisch-provenzalische Lager war indes durch die Krankheit Arnulfs im Jahr 996, durch den Tod Ermengards, der sich spätestens 997 ereignete, sowie durch die Schwierigkeiten Zwentibolds in Lotharingien geschwächt. Rudolf I. war in Transjuranien nicht mehr bedroht, er konnte sich demzufolge gegen den neuen Erzbischof Berengar wenden, den Neffen Dietrichs, der vielleicht auch .dessen Notar in der Kanzlei Rudolfs gewesen war.42 Rudolf ließ Berengar gefangennehmen und blenden und ersetzte ihn als Erzbischof durch seinen Kandidaten Aymin.43 Das Prozedere erinnert durchaus an dasjenige, das kurz zuvor angesichts eines gespaltenen und sehr feindlichen Kapitels in Lausanne Anwendung gefunden hatte. Rudolf konnte das Argument vorbringen, dass Berengar zwar durch das Kapitel, aber ohne seine licentia eligendi gewählt worden war, was eine Absetzung rechtfertigte. Rudolf ging jedoch noch weiter als im Falle von Lausanne, da er den abgesetzten Prälaten dieses Mal blenden ließ, eine Strafe, die Verräter und Eidbrüchige ereilte. Berengar scheint nicht das Geschick seines Onkels besessen zu haben, den Herrscher zu wechseln, und die Härte der Strafe, die Berengar auferlegt wurde, trug dazu bei, ihn während des Höhepunktes des Konflikts, das heißt in der Zeit von 894/895, als Verräter zu brandmarken. Diese Episode führt zu einer dritten Schlussfolgerung: die Kontrolle über BesanÅon beruhte zwar immer noch auf den Prälaten, aber die Königsherrschaft ging dennoch gestärkt aus der Krise hervor. Rudolf schlug nun nicht mehr allein den bischöflichen Weg ein, sondern er wusste diesen auch geschickt zu nutzen, 37 Als Kanzler wird er das letzte Mal im Oktober/November 893 genannt (MGH DD Burg., Nr. 4). 38 De Vregille, Les origines, S. 222. 39 Regino von Prüm, Chronicon, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. Germ. [50]), Hannover 1890, ad a. 894. 40 De Vregille, Les origines, S. 222. 41 Er nährte sich erneut Karl dem Einfältigen an, mit dem Rudolf seine Allianz 895 gefestigt hatte. 42 MGH DD Burg., Nr. 3f. 43 Von der Angelegenheit weiss man nur durch den Wandel, der sich zwanzig Jahre später vollzog (de Vregille, Les origines, S. 223).

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indem er einen Prälaten ernannte, der zweifelsohne fremd in der civitas war und – anders als Berengar – aus den transjuranischen Eliten stammte.44 In den folgenden Jahren sicherten der Tod Zwentibolds im Jahr 900, die unglücklichen Bestrebungen Ludwigs von der Provence im Regnum Italiae (900–905) und seine Ablösung als Haupt der Bosoniden durch Richard Justitiarius, der wiederum ein traditioneller Verbündeter Rudolfs I. war und dessen Pläne keine Bedrohung für das Königreich Burgund darstellten, Rudolf I. die Herrschaft über die bisontinischen pagi. Hiervon zeugt die neuerliche Schenkung Rudolfs I. zugunsten von Berno von Gigny,45 die 903 erging, das heißt zu einem Zeitpunkt, zu dem Ludwig in der Provence und nicht im Regnum Italiae residierte. Zudem sollte der königstreue Aymin zumindest bis zum Jahr 915 Erzbischof sein – 914 wählte Papst Johannes X. ihn als Legaten –,46 dann übernahm Berengar wieder den Erzbischofsstuhl. Dies spricht dafür, dass die einstigen Konflikte nun beigelegt waren, aber auch dafür, dass das Gewicht des Erzbischofs schwand. Das politische Gleichgewicht vor Ort wandelte sich in der Tat, angestoßen vom neuen König, Rudolf II., der weltlichere Vorbilder und Modelle wählte und dessen Ambitionen, so groß sie auch weiterhin gewesen sein mögen, nicht mehr Lotharingien galten. Dies ließ es nun auch an der westlichen Grenze des Königsreichs friedlicher werden, die nun zweitrangig geworden war. Das zweite Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts markiert somit eine Wende in der Geschichte der Grafschaft Burgund.

Rudolfs II. Wahl eines Wegs über die Grafen In der Anfangszeit der Herrschaft Rudolfs II. blieb der Erzbischof von BesanÅon für den Herrscher eine wichtige und – vor allem wegen seiner Autorität als Metropolit – nützliche Persönlichkeit. Zum einen war er der einzige Erzbischof des Königreichs. Ihm kam somit die Rolle des ersten Prälaten im Königreich zu. In dieser Funktion bestätigte er 927 die Wahl des Bischofs von Lausanne.47 932 schritt Erzbischof Gerfred auf Bitten Rudolfs II. ein und nahm die Weihe der Bischöfe vor, darunter auch diejenige des Bischofs von Sitten, das nicht zu seiner Kirchenprovinz zählte.48 Andererseits hatte der König Interesse an den Suffraganbistümern von BesanÅon, zu allererst an Basel, das zum ostfränkischen Reich 44 Vor 929 schenkte Berengar seiner Kirche die villa Tarcenay im pagus Varais (G8rard Moyse, Les origines du monachisme dans le diocHse de BesanÅon [Ve–Xe siHcle], in: BibliothHque de l’Pcole des Chartes 131 [1973], S. 25, VII). 45 MGH DD Burg., Nr. 9. 46 Gallia Pontificia, BesanÅon, Nr. 17. 47 Cartulaire de Lausanne, S. 50. 48 MGH DD Burg., Nr. 23.

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gehörte, aber auch an Belley, das unter der schwindenden Autorität Ludwigs des Blinden, des Königs der Provence, stand. Wenn auch der Erzbischof keine bedeutende Rolle bei dem Erwerb von Basel gespielt zu haben scheint, der 926 abgeschlossen war,49 so gibt es doch zumindest hinsichtlich Belleys Hinweise auf eine tatsächliche Aktivität des Metropoliten. Aymin begab sich 915 zum Konzil von Ch.lon und wurde dabei von seinem Suffragan aus Belley begleitet,50 und auch Berengar stand Stephan von Belley nahe.51 Vor allem ist diese Aktivität nicht vom königlichen Handeln losgelöst zu sehen: die im Jahr 932 ausgestellte Urkunde bekräftigt, dass die von Gerfred geweihten Bischöfe, unter denen sich auch Hieronymus von Belley befand, drei verstorbene Bischöfe »unserer Kirche« ersetzen sollten; der Elekt aus Belley ist übrigens höchstwahrscheinlich der protocancellarius Rudolfs II.,52 der wohl versucht zu haben scheint, Prälaten aus BesanÅon zu nutzen, um seine »Schachfiguren« auf Kosten des Königreichs Provence vorzuschieben. Nichtsdestotrotz ist zu diesem Zeitpunkt, seit rund zwanzig Jahren, Graf Hugo der Schwarze, der jüngste Sohn von Richard Justitiarius und Adelheid von Burgund, der mächtigste Mann westlich des Jura. Zu welchem Zeitpunkt aber erfolgte die Installation Hugos des Schwarzen in der Grafschaft Burgund? Da bereits Richard Justitiarius im Portois intervenierte,53 und es schon Rofrid vor ihm getan hatte, stützt nichts jene Hypothese, derzufolge Rudolf I. ihm die gräfliche Gewalt über die Gesamtheit der bisontinischen pagi anvertraut haben soll, bevor dann sein Sohn diese erhielt.54 Im Gegenteil, die Laufbahn des letzteren fügt sich perfekt in die Politik Rudolfs II., der weitaus weniger empfänglich für die karolingische Tradition als sein Vater und dem Klerus deutlich weniger wohlgesonnen war als dieser. Zudem benötigte der neue König eine zahlenmäßig stärkere Aristokratie und mehr Große von Gewicht, um ein Expandieren seines Königreichs möglich zu machen. Tatsächlich beziehen sich die ersten Angaben auf die Anfangszeit der Herrschaft Rudolfs II.: 914 verfügte Hugo über Rechte im Varais55 und spätestens seit 921 auch im Portois56 – ein Zeichen dafür, dass seine Macht sich auch über die Gesamtheit der Diözese BesanÅon erstreckte. Die Rückkehr Berengars, die kurz nach 914 erfolgte, und somit etwa zur selben Zeit, 49 Er wird niemals im Laufe des Prozesses des Erwerbs von Basel erwähnt, der zunächst militärisch dann diplomatisch verlief. Zum Frieden kam es 926. 50 Cartulaire de Saint-Vincent de M.con, ed. Camille Ragut, M.con 1864, Nr. 144. 51 Morerod, GenHse, S. 70. 52 Demotz, La Bourgogne, S. 121. 53 Laut den Miracula SS. Waldeberti et Eustasii (ed. Oswald Holder-Egger, in: MGH SS 15/2, Hannover 1878, S. 1174) spielte Richard Justitiarius in Luxeuil im Portois eine Rolle. 54 Dies ist die Schlussfolgerung, die de Vregille zieht; Poupardin (Bourgogne, S. 205) zufolge, intervenierte Richard Justitiarius lediglich zugunsten seines Sohnes. 55 Poupardin, Bourgogne, S. 205. 56 Sein Vater starb 921.

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lässt an eine Übereinkunft mit den lokalen Eliten denken, die den Grafen des Königs im Gegenzug zum Versprechen einer Rückkehr des aus der civitas stammenden Erzbischofs akzeptiert haben könnten. Diese Annahme ist umso glaubwürdiger als eine derartige Aushandlung für das Lyonnais in den 980er Jahren bekannt ist.57 Im zweiten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts fiel also eine wesentliche Entscheidung, die das politische Gleichgewicht vor Ort erschütterte. Alle bisontinischen pagi wurden unter einem Grafen vereint, der von nun an durch seine Geburt, seinen Einfluss und den Markgrafentitel im Königreich Burgund über dem Erzbischof stand. Von nun an wurde die öffentliche Gewalt durch den Grafen ausgeübt, daher resultieren auch die strengen Urteile über die Herrschaft der Rudolfinger : So heißt es in der Histoire de BesanÅon: »la carence de l’autorit8 royale, ici plus sensible, est un ph8nomHne g8n8ral en Bourgogne«. Und selbst eine Intervention des Königs, eine in Cussey ausgestellte Urkunde Konrads, gibt Anlass zu folgender Feststellung: »C’est peut-Þtre le seul indice qui permette de conjecturer qu’un roi de Bourgogne soit jamais venu / BesanÅon«.58 In Wirklichkeit hat es der König nicht mehr nötig, sich direkt in die bisontinischen Angelegenheiten einzumischen, da er diejenigen kontrolliert, an die er die Herrschaft in diesem Gebiet delegiert hat, welches er wie eine externe Zone behandelt, vergleichbar mit der Grafschaft Provence unter der Herrschaft seines Sohnes Konrad. Der Erzbischof verdankte somit seinen Sitz dem König, und der Graf war dessen Cousin ersten Grades und spielte eine beträchtliche Rolle im Königreich. Seit den ersten Jahren der Herrschaft Rudolfs II. beförderte Hugo der Schwarze die Niederlassung von Getreuen am Rande des Genfer Sees, besonders auf der anderen Seite des Jura, und diese schlugen erfolgreiche Laufbahnen ein. Über Hugos Rolle bei den Konflikten in und um Schwaben und bei den italienischen Expeditionen ist nichts bekannt. In der Folgezeit mischten sich jedoch einige seiner Getreuen mit alemannischen Familien (zum Beispiel den Anselmiden). In der Mitte der 920er Jahre war Hugo dann zur zweitwichtigsten Person im Königreich geworden. 927, nach der Rückkehr Rudolfs II. aus Italien, war er an vorderster Front auf einer im Waadtland abgehaltenen Versammlung zu finden. In der Nachricht erschien er mit dem Titel eines Markgrafen. Der Erzbischof von BesanÅon indes wurde erst relativ spät erwähnt.59 Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Vettern ersten Grades wurde durch die gemeinsamen Interessen befördert, die sie an der Nachfolge Ludwigs des Blinden in der Pro57 Laut der Hypothese von Pierre Ganivet, die von Forschern aus Lyon geteilt wird, ließ König Konrad seinen Sohn als Erzbischof im Gegenzug dafür anerkennen, dass er einen lokalen Großen zum Grafen ernannte. 58 De Vregille, Les origines, S. 223f. 59 Cartulaire de Lausanne, S. 50.

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vence hatten; während Rudolf seine Herrschaft über Belley ausweitete, wurde Hugo vor 930 Graf von Lyon. Dennoch widmete er in den folgenden Jahren den burgundischen Angelegenheiten immer weniger Zeit. 932 – oder kurz danach – übernahm er nämlich den herzoglichen honor in Burgund, den ihm sein Bruder Rudolf überlassen hatte, der neun Jahre zuvor König im Westfrankenreich geworden war. Wenn auch der Friede von Ivois (935) zwischen Rudolf II., Rudolf und Heinrich I. die Position Hugos, der in beiden Königtümern gleichermaßen beheimatet war, stärkte, so nahmen ihn doch nach dem Tode Rudolfs (936) die französischen Angelegenheiten immer stärker in Beschlag, was insbesondere ein Resultat seiner Rivalität mit Hugo Magnus war.60 Demzufolge war es nicht seine Position innerhalb des Königreichs Burgund, sondern seine Rolle außerhalb dessen, die ihn von BesanÅon entfernte. Hugo musste daher einige Aufgaben delegieren, und diese Umorganisation wiederum konsolidierte die Vorherrschaft des Grafen. Diese Entscheidung könnte durch den König erschwert worden sein, der den Erzbischof unterstützte; dessen ungeachtet konnte der burgundische König auf Hugo den Schwarzen und dessen Getreue bei dem, das für ihn Priorität hatte – nämlich der Erwerb der Provence und ihrer Erzbischofssitze – zählen.

3.

Das Entstehen der ersten erblichen Grafschaft des Königreichs Burgund

Das Auftreten einer neuen Grafenfamilie entspringt dem Bedürfnis Hugos des Schwarzen, über Mittelsmänner vor Ort zu verfügen; diese profitieren ihrerseits zunächst vom Wachstum der Machtfülle Hugos des Schwarzen, dann von seinem Rückzug. Der Aufschwung der Ebene der Mittelsmänner erinnert an denjenigen, der sich bei den Getreuen der Robertiner, etwa dem Haus Anjou, beobachten lässt.61

60 Im Jahr 936 bediente sich Hugo Magnus seines Einflusses auf den neuen König, Ludwig IV., um diesem einen Teil Burgunds abzupressen. Dann suchte Ludwig IV. jedoch nach Unterstützern gegen Hugo, was Hugo den Schwarzen und den westfränkischen König einander näher brachte. Der Friede von Vis8 zwischen Ludwig IV. und Otto I., der im November 942 geschlossen wurde, festigte die Grenzen, zum Vorteil von Hugo dem Schwarzen, der Herzog von Burgund im westfränkischen Reich und Graf von Lyon und BesanÅon im Königreich Burgund war. 61 Siehe beispielsweise die Arbeiten von Olivier Guillot, Le comte d’Anjou et son entourage au XIe siHcle, Paris 1972.

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Die Einsetzung eines Grafen von Burgund im Fürstentum Hugos des Schwarzen Seit 928 begann Hugo der Schwarze, seine Macht über BesanÅon an einen seiner Getreuen, Alberich, den Grafen von M.con, zu übertragen, der dann im Escuens intervenierte.62 Die Nachfolge des Erzbischofs Berengar um 928 bis 930 spiegelt die Machtfülle wider, die Alberich bereits erworben hatte oder die ihm zumindest zugeschrieben wurde: er ließ seinen Neffen Maiolus wählen, einen zwanzigjährigen Mann, der, wie er, aus dem Süden gekommen war und bereits Erzdiakon von M.con war. Doch dieser – der zukünftige Abt von Cluny und den Rudolingern sehr wohlgesonnen – lehnte ab.63 Zweifelsohne war es Alberich, der daraufhin dafür Sorge trug, dass Gerfred zum Erzbischof gewählt wurde.64 Auch fünfzehn Jahre später hatten sich die Strukturen noch nicht gewandelt. Sie spielten eine wesentliche Rolle bei der Restauration des jungen Königs Konrad sowie bei der tatsächlichen Angliederung der Provence an das burgundische Königreich. Hugo der Schwarze sicherte Konrad, seinem Vetter zweiten Grades, die Unterwerfung der civitates BesanÅon und Lyon. Ersteres gelang dank des Grafen Alberich, letzteres dank seiner gräflichen Machtfülle. Vienne jedoch lag außerhalb der eigentlichen Einflusszone Hugos des Schwarzen. Hier vermochte es der König, den Grafen KarlKonstantin, seinen Verwandten, zu unterwerfen. Die Liste der Zeugen des Gerichtstages zeigt dennoch Hugo inmitten seiner Getreuen, denen, die ihre Karriere in der Gegend des Genfer Sees gemacht hatten, wie die Anselmiden, und denen, die die Grafschaft Burgund hielten, der Graf Letald und Humbert, die Söhne des Grafen Alberich.65 Letztere wurden für ihre Treue belohnt. 942 erhielt Alberich auf Anweisung des Königs wichtige Fiskalgüter in Saint-Maurice, mit der Befugnis, diese an seine beiden Söhne weiterzugeben. Diese erhielten ihrerseits im Jahr 943 Güter von Saint-Maurice d’Agaune, die bei Salins lagen.66 Sie kontrollierten seitdem die Salinen, eine Quelle großen Reichtums; dies galt umso mehr, als diese an wichtigen Durchgangswegen lagen. Vor allem aber trat mit Alberich und Letald der erste bekannte Fall eines weitervererbten Grafentitels im Königreich Burgund ein. Zur gleichen Zeit profitierte Humbert von den königlichen Wohltaten, um einen Nebenzweig in Salins zu implantieren, wo er eine seigneurie errichtete.67 Auf diese Weise implantierte sich Alberichs Familie im Jura, in Absprache mit der königli-

62 Cartulaire de M.con, Nr. 38. 63 Gemäß der Vita Maioli; siehe auch Locatelli/Moyse/de Vregille, La Franche-Comt8, S. 118. 64 G8rard Moyse, Pr8histoire d’une seigneurie 8piscopale: l’Pglise de BesanÅon sous l’archevÞque Gerfroi (… 932–953 …), in: BibliothHque de l’Pcole des Chartes 147 (1989), S. 17. 65 MGH DD Burg., Nr. 29. 66 Ebd., Nr. 64f. 67 De Vregille, Hugues de Salins, S. 4ff.; Poupardin, Bourgogne, S. 215–219.

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chen Gewalt, gleich in zweifacher Hinsicht – gräflich wie grundherrschaftlich.68 Das Aufkommen einer neuen erblichen Grafenfamilie in BesanÅon wurde dadurch erleichtert, dass der Erzbischofssitz für den König zweitrangig geworden war, seit er über Lyon und Vienne herrschte, zwei civitates, die sehr viel prestigeträchtiger als BesanÅon waren und deren Prälaten den Rudolfingern wohlgesonnen waren. Dennoch leitete sich in der Mitte des 10. Jahrhunderts die Herrschaft nach wie vor von derjenigen ab, die im zweiten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts installiert worden war : Der König begünstigte die großen Laien, die ihm treu ergeben waren. Das Gewicht des Erzbischofs nahm indes ab, selbst wenn dieser den Aufschwung von Cluny beförderte,69 dem die Rudolfinger sehr verbunden waren.70 Die Hierarchie war, auch wenn sie sich verändert hatte, fest etabliert. Markgraf Hugo der Schwarze war unter dem König der Herr von BesanÅon, dem er sehr vebunden blieb: er machte Schenkungen an seine Kirche71 und wurde wahrscheinlich dort bestattet. Wiederum unter ihm übte nun Letald als Getreuer des Markgrafen und des Königs seine erbliche gräfliche Herrschaft aus; wenn er Schenkungen an das Kapitel von BesanÅon machte, bezeichnete er sich als Getreuer Hugos des Schwarzen, den er »erlauchter Markgraf und glorreicher Graf« nannte.72 Als Hugo der Schwarze am 17. Dezember 952 ohne Nachfahren starb, vereinfachte dies das System, da nun die markgräfliche Ebene wegfiel, und transformierte es zugleich. Zu einem Zeitpunkt, zu dem König Konrad in die provenzalischen Angelegenheiten vertieft war, verschwand das königliche Fürstentum: die verwandschaftliche Bindung, die den Herrscher an den Herrn von BesanÅon band, riss ab, und die bisontinischen pagi bildeten nun ein deutliches politisches Ganzes und nicht mehr nur einen Teil eines Fürstentums.

Außerhalb der königlichen Familie, aber nicht des Königreichs Burgund Wenn auch Letald, wie bereits zuvor Hugo, zwischen den beiden Königreichen hin- und hergerissen war und öfter beim westfränkischen König als beim burgundischen erschien,73 so standen doch die beiden Höfe in sehr guten Verbin68 De Vregille, Les origines, S. 228. 69 Gallia Pontificia, BesanÅon, S. 31. 70 FranÅois Demotz, De l’alliance politique / l’affinit8 spirituelle: l’amiti8 personnelle entre clunisiens et rois de Bourgogne, in: Dominique Iogna-Prat/Michel Lauwers/Florian Mazel/Isabelle Ros8 (Hg.), Cluny, le monachisme et la soci8t8 au premier .ge f8odal, Rennes 2013, S. 249–259. 71 Die Schenkung von Pouilley wurde von König Konrad bestätigt (MGH DD Burg., Nr. 43). 72 In der Schenkung der Kirchen von Pontaillier-sur-Saine und Gray-la-Ville, die er 951 dem Kapitel von BesanÅon machte (FranÅois Ignace Dunod de Charnage, Histoire du comt8 de Bourgogne, BesanÅon 1730, Bd. II, S. 594). 73 Richer von Reims (Histoire de France, ed. und übersetzt von Robert Latouche, Paris

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dungen, und die Bande zwischen Cluny und den Rudolfingern verfestigten sich. Gerade in diesem sehr friedlichen Kontext vollzog sich der einzige dokumentierte Besuch eines rudolfingischen Königs in BesanÅon. Im September 967 war Konrad in Cussey (Cussey-sur-l’Ognon/Cussey-surLison), wo er eine Versammlung abhielt. Bei dieser Gelegenheit ersuchte ihn der Abt des Kapitels Saint-Ptienne in BesanÅon gemeinsam mit anderen Kanonikern um die königliche Bestätigung aller früheren Schenkungen. Die damals ausgestellte Urkunde zielt nicht auf die gräfliche Herrschaft ab. Sie fügt sich in eine Reihe von Urkunden ein, die für Abteien ausgestellt wurden und insbesondere dazu dienten, diese vor ihrem Bischof zu schützen.74 Von einem Konflikt mit dem Grafen ist nicht die Rede; im Gegenteil wird sogar der »ruhmreiche Graf Hugo« erwähnt. Der königliche Besuch hatte, unter anderem, zum Ziel, den neuen Grafen und die Inhaber der königlichen Güter zu bestätigen. Tatsächlich spielte sich dieser Besuch kurz nach dem Verschwinden der Generation der Leihenehmer von 942/943 ab: Humbert, der erste Herr von Salins, starb um 960; er wurde von seinem Sohn Gaucher abgelöst. Diesem wiederum folgte 965 dessen Bruder, Graf Letald, dem wiederum dessen Sohn Alberich II. nachfolgte.75 Dies führt zur Korrektur einer historiographischen Skurrilität: Der Besuch des Königs erfolgte just zu dem Zeitpunkt, zu dem er angeblich keine Autorität mehr haben sollte. Anders gewendet: Wie lässt sich das Fehlen von königlicher Macht, so wie es üblicherweise zu lesen steht, mit dem ungewohnten Besuch des Königs in Einklang bringen? Der König intervenierte selten in den bisontinischen pagi, doch wollte er manifestieren, dass er es war, durch den die großen honores vergeben und gehalten wurden. Niemand stellte in Frage, dass er die legitime Herrschaft verkörperte und übertrug. Man muss dementsprechend den Zeitpunkt, zu dem die Grafschaft Burgund aus der Treue gegenüber dem König entglitt nach hinten verschieben, auch wenn die Grafen von Burgund zugleich Grafen von M.con waren und stark ins westfränkische Reich blickten. Die fehlenden Kenntnisse von der Machtausübung Alberichs II. als Graf von M.con und BesanÅon erlauben es nicht, ein Urteil über die 970er Jahre zu fällen. Die Präsenz des Erzbischofs (Guy) am königlichen Hof gibt uns keinerlei Aufschlüsse, weil diese seit den 940er Jahren üblich geworden war. König Konrad scheint sich weder der Niederlassung der Familien widersetzt zu haben, die gezwungen waren, aus dem nun ottonischen Italien zu fliehen, noch dem Aufstieg OttoWilhelms entgegengewirkt zu haben, der zu einer Epoche einsetzte, als die Be1930–1937, Bd. I, S. 291) nennt ihn princeps Vesoncionis und erfindet einen Besuch Ludwigs IV. in BesanÅon mit einer Huldigung Letalds. So heißt es bei de Vregille: »On voit en tout cas Li8taud dans l’entourage des rois de France Louis IV et Lothaire autant et plus que dans celui des rois de Bourgogne« (de Vregille, Les origines, S. 228). 74 MGH DD Burg., Nr. 43. 75 Es wird hier der Genealogie von de Vregille (Hugues de Salins, passim) gefolgt.

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ziehungen zwischen dem burgundischen König und Otto II. abgekühlt waren. Tatsächlich traten bis 982, bis zu der Zeit, zu der Otto-Wilhelm auf Alberich II. folgte, keinerlei Spannungen und Konflikte auf; vielleicht kamen diese auch erst mit dem Herrschaftsbeginn Rudolfs III., elf Jahre später. Es scheinen letzterer und sein Bruder, der Erzbischof Burchard von Lyon, gewesen zu sein, die die Initiative im Konflikt ergriffen und so die Revolte auslösten, die von Otto-Wilhelm und den Herren von Salins seit 995 angeführt wurde.76 Ohne die Episoden des schon recht gut bekannten Konflikts wiederholen zu wollen, scheint es hier angebracht, auf die Tatsache zu verweisen, dass dieser trotz seiner Heftigkeit und seiner Dauer – die freilich relativiert werden muss77 – in den 1020er Jahren durch Verhandlungen und eine beidseitige Anerkennung des status quo abgeschlossen wurde. Der Graf von Burgund erkannte die Herrschaft des burgundischen Königs an; im Gegenzug segnete dieser die Erbfolge in der Grafschaft Burgund ab und bestätigte den Salins den Besitz der aus Königsgut und aus Saint-Maurice d’Agaune stammenden Güter. Die Großen aus der Grafschaft Burgund erscheinen nun wieder beim König – Hugo von Salins machte am Hof eine ebenso schnelle wie brillante Karriere78 – und blieben diesem treu ergeben. Graf Rainald schloss sich nicht den Versuchen Ernsts von Schwaben an, der 1027 bis an die Tore Neuenburgs vordrang, bevor er dann wieder umkehren musste. Auch weist anders, als man üblicherweise liest, ebenfalls nichts darauf hin, dass Graf Rainald 1033/1034 die Partei von Odo von Blois ergriffen und sich einer Angliederung an das Reich widersetzt hätte, die der Erzbischof Hugo von Salins wiederum stark unterstützte.79 Eine neue Lesart der Geschichte der Grafschaft Burgund, bei der man sich von gewissen Paradigmen freimacht, scheint daher geboten. Das Resultat ist ein Bild, das sich sehr von dem unterscheidet, was im letzten Jahrhundert geschrieben wurde. In der Karolingerzeit verhinderte die poltische Spaltung die Existenz eines archicomes; der wichtigste Mann war hier der Erzbischof, auch wenn er nur einen Teil der bisontinischen pagi innehatte. Die Erfolge Karls des Dicken erlaubten es den welfischen Rudolfingern dann allmählich, ihren Einfluss im Westen des Jura als Markgrafen auszudehnen. Die Auflösung des Karolingerreiches veränderte diese Strukturen kaum. Die Konflikte blieben recht kurz und 76 77 78 79

Demotz, La Bourgogne, S. 436. Es sei auf den Beitrag von Laurent Ripart in diesem Band verwiesen. De Vregille, Hugues de Salins, S. 23–31. Die Haltung Rainalds wird nirgends erwähnt, doch wird diese wichtige Persönlichkeit nicht anlässlich der in Genf im Jahr 1034 abgehaltenen Zeremonie genannt, bei der Burchard (III.) von Lyon und Gerold von Genf sich unterwarfen. Anders als im zweiten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts, als die Feindschaft Heinrichs II. gegenüber Otto-Wilhelm offenkundig war, wird in den Jahren 1033/1034 von keiner Expedition der Salier nach Burgund berichtet. Die Anhänger Odos von Blois, die die Festung Joux hielten, scheinen sogar beabsichtigt zu haben, den Zugang nach Transjuranien über BesanÅon zu verriegeln.

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sie lassen sich nicht auf zwischen Welfen und Bosoniden bestehende Rivalitäten engführen. Die burgundisch-provenzalischen Auseinandersetzungen überdauerten die Generation Bosos nicht, und die aktive Zusammenarbeit beider Familien veränderte die Strukturen in der Diözese BesanÅon und ihrer beider Stellung gegenüber dem König. Dieser war alles andere als abwesend. Es war der König, der die Entscheidung traf, ob das politische Gleichgewicht zu verstetigen war oder modifiziert werden musste. Rudolf I. stützte sich zunächst auf die Strukturen vor Ort, seine direkte Herrschaft in bestimmten pagi sowie auf die Vorherrschaft des Erzbischofs; die Situation lässt sich teilweise mit derjenigen im Wallis vergleichen, wo es dem König gelungen zu sein scheint, die gräfliche Herrschaft zu bewahren, und wo der Bischof von Sitten den Erzkanzler Dietrich als Kanzler des Reiches ablöste. Die königliche Politik wandelte sich dann aus verschiedenen Gründen, die schwer voneinander zu trennen sind: das Aufkommen einer neuen Generation, sich verändernder Modelle und neuer Ambitionen, das Verschwinden der welfischen Erinnerungen im Herzogtum Burgund … Rudolf II. entschied sich nun für das Delegieren der öffentlichen Gewalt an einen princeps und vereinte alle pagi unter einer einzigen Herrschaft. Der princeps von BesanÅon schirmte nun die königliche Autorität ab und setzte seine eigenen Grafen ein, aber er blieb dem Burgunderkönig treu ergeben und zählte sogar ganz zu Beginn der Herrschaft Konrads zu dessen aktivsten Stützen.80 Die Lösung brachte dem König keinerlei Nachteile, da BesanÅon seit den 940er Jahren seine Schlüsselposition in der Königskirche verloren hatte. Der Tod Hugos des Schwarzen lockerte die Bande beidseits des Jura, ohne jedoch die Verbindung mit dem König gänzlich abreißen zu lassen, der nun sogar außergewöhnlicherweise nach BesanÅon kam und der die Autonomie des mächtigen gräflichen Hauses begünstigte. Das Auseinanderdriften eskalierte erst zu Zeiten Otto-Wilhelms in einem Konflikt. Nach dem Ende einer sehr heftigen Krise, die durch die siegreiche Revolte des Jahres 995 markiert wird, suchten die Eliten in der Grafschaft erneut die Nähe des Königs und taten sich mit dem König gegen die Annexionspläne Heinrichs II. zusammen. Ohne Zweifel ist es erforderlich, die Einbindung der Diözese BesanÅon in die verschiedenen Burgunds zu betonen und dabei den rein politischen Rahmen dieser Studie zu überschreiten und sich auch auf das geistliche Terrain zu begeben. Die Kleriker im Jura gehörten zu einer geistlichen Sphäre Burgunds, die 80 Die Situation lässt sich mit derjenigen in der Provence vergleichen, wo die Rudolfinger ebenfalls die Konzentration der pagi unter einer einzigen Autorität beförderten und eine andere erzbischöfliche civitas unterstützten. Den Quellen zufolge kam der König nur ausnahmsweise nach Lyon und stellte nahezu keine Urkunde für die civitas aus. Er scheint dort keine Güter besessen zu haben. Dennoch spielte Lyon eine zentrale Rolle im königlichen Apparat; zunächst, zu Zeiten Hugos des Schwarzen, durch den Grafen, später vor allem durch den von den Rudolfingern abstammenden Erzbischof.

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Eliten verband, unabhängig davon, ob diese nun weltlich oder geistlich waren. Erinnern wir hier nur an jene Rolle, die Berno um 900 spielte, sowie an die Gegenwart Rudolfs III. im M.connais anlässlich der Weihe Odilos, nahezu ein Jahrhundert später. In der Tat entsprach das cluniazensische Netz, das sich in der Mitte des 10. Jahrhunderts über den Jura bis nach Peterlingen spann, mehr oder weniger der Einflusssphäre des Grafen von Burgund zu Beginn des 12. Jahrhunderts.

Laurent Ripart (Chamb8ry)

Besançon 1016. Die damnatio memoriae König Rudolfs III. von Burgund1

Der Tod Hektors, des Erzbischofs von BesanÅon, der am 27. Oktober 1015 verschieden war, sollte eine schwere Krise hervorrufen, die im Sommer 1016 ihren Höhepunkt erreichte.2 Für zwei Kandidaten schien die Nachfolge damals in greifbarer Nähe: Einer der beiden, Bertald, konnte auf die Unterstützung des Kaisers und des Papstes zählen; sein der lokalen Aristokratie entstammender Kontrahent Walter wurde indes von dem äußerst mächtigen Grafen Otto-Wilhelm unterstützt, dessen großer Einfluss sich nahezu über das gesamte Erzbistum BesanÅon erstreckte.3 Thietmar von Merseburg berichtet in seiner Chronik ausführlich über diesen Konflikt und dessen Folgen.4 Doch seine wohl im Jahr 1017 verfasste und somit nahezu zeitgenössische Schilderung der Ereignisse ist nicht das einzige Zeugnis, das uns von diesem Streit um den Erzbischofssitz in BesanÅon überliefert ist. Die zweite Quelle, die uns nähere Informationen zu diesem Konflikt gibt, ist zeitlich etwas später anzusetzen. Sie ist im Kontext der Mainzer Synode zu verorten, die die causa der Vergabe des Erzbischofsstuhls in BesanÅon im Oktober 1049 neuerlich prüfte. Dies geschah auf ein Ersuchen Bertalds, der sich dort ein letztes Mal bemühte, sein Anrecht auf den Erzbi1 Dieser Aufsatz beruht weitgehend auf einer Übersetzung meiner französischsprachigen Studie BesanÅon, 1016. GenHse de la damnatio memoriae du roi Rodolphe III de Bourgogne, in: Agostino Paravicini Bagliani (Hg.), La m8moire du temps au Moyen ffge (Micrologus’ Library 12), Florenz 2005, S. 17–36, die von Jessika Nowak ins Deutsche übertragen wurde. 2 Zum Todesdatum Hektors siehe Bernard de Vregille, Hugues de Salins, archevÞque de BesanÅon, 1031–1066, thHse, BesanÅon 1976, 3 Bde., hier Bd. II, Nr. 63, S. 651f. 3 Zu Otto-Wilhelm und der Entstehung der Grafschaft Burgund siehe Ren8 Poupardin, Le royaume de Bourgogne (888–1038). Ptude sur les origines du royaume d’Arles (BibliothHque de l’Pcole des hautes 8tudes 163), Paris 1907 [ND Genf 1974], S. 201–233; Maurice Chaume, Les origines du duch8 de Bourgogne. PremiHre partie: histoire politique, Dijon 1925, S. 463–491; Jean Dhondt, Ptudes sur la naissance des principaut8s territoriales en France (IXe–Xe siHcles), Brügge 1948, S. 147–169; Ren8 Locatelli/G8rard Moyse/Bernard de Vregille, La Franche Comt8 entre le Royaume et l’Empire, in: Francia 15 (1987), S. 109–147. 4 Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung. Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon, ed. Robert Holtzmann (MGH SS rer. Germ. N. S. 9), Berlin 1935, VII,27–30.

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schofssitz BesanÅon durchzusetzen. Aus dem Königreich Burgund selbst ist indes keine einzige erzählende Quelle überkommen. Umso wertvoller sind die beiden vorgenannten Quellen, die uns helfen, ein wenig Licht in die recht unbekannte und relativ im Dunkeln liegende Geschichte der rudolfingischen Könige zu bringen.5 Zum Unglück König Rudolfs III. (993–1032) fallen diese Quellen allerdings alles andere als schmeichelhaft für diesen aus. Dies schlug sich natürlich auf seine Memoria nieder und spiegelt sich entsprechend in den Urteilen, die über den letzten der rudolfingischen Könige gefällt wurden. Man darf jedoch nicht übersehen, dass diese beiden Zeugnisse aus dem Reich stammen, in dem das Königreich der Rudolfinger nach dem Tode Rudolfs III. aufgehen sollte, und dass diese beiden Quellen dementsprechend die im Reich vorherrschende Sichtweise und Lesart abbilden. Es gilt also, sich die Memoria vor Augen zu führen, die am ottonischen und salischen Hof betrieben wurde, als dieser in den Besitz des Königreichs Burgund gelangte bzw. zu gelangen versuchte. In einer Studie über Liutprand von Cremona hat Philippe Buc jüngst das durchaus erfolgreiche Bestreben des getreuen Dieners Ottos I. gezeigt, den postkarolingischen Königen des Regnum Italiae den Glanz zu nehmen, um die ottonischen Eroberungen der Jahre 961/962 umso legitimer erscheinen zu lassen.6 Eine ähnliche Zielrichtung trifft letztlich auch für die Quelle aus der Feder Thietmars von Merseburg und für die Mainzer Synode im Hinblick auf die sich in und um BesanÅon im Jahr 1016 abspielenden Ereignisse zu. Patrick Geary hat die ganz neue Tragweite unterstrichen, die der Erinnerung und dem Vergessen um die Jahrtausendwende zukam.7 Es lohnt sich daher, die beiden uns vorliegenden Quellen auch einmal aus dieser Perspektive zu betrachten. Zunächst soll dabei die Bulle aus dem Jahr 1049 näher beleuchtet werden, da sie eine ausführlichere Schilderung der Ereignisse liefert. Anschließend wird dann Thietmars Text, der zwar polemischer, aber auch zeitnäher verfasst ist, einer eingehenderen Untersuchung unterzogen. Abschließend wird in einem Epilog der 5 Zu den jüngsten Arbeiten über das Königreich Burgund: FranÅois Demotz, La Bourgogne, dernier des royaumes carolingiens (855–1056): roi, pouvoirs et 8lites autour du L8man (M8moires et documents de la Soci8t8 d’histoire de la Suisse romande IV/9), Lausanne 2008; Laurent Ripart, Vivre au premier .ge f8odal dans des terres de tradition royale. L’exemple des pays de la Bourgogne rhodanienne et l8manique, in: Dominique Iogna-Prat u. a. (Hg.), Cluny, les moines et la soci8t8 au premier .ge f8odal (880–1050), Rennes 2013, S. 229–248; Jessika Nowak/Jens Schneider (Hg.), La Bourgogne au premier Moyen ffge (VIe–Xe s.): approches spatiales et institutionnelles – 1re livraison, in: BUCEMA 22/1 (2017) [https://journals.openedi tion.org/cem/14724]; Anne Wagner/Nicole Brocard (Hg.), Les royaumes de Bourgogne jusqu’en 1032 / travers la culture et la religion (Culture et soci8t8s m8di8vales 30), Turnhout 2018. 6 Philippe Buc, Dangereux rituel. De l’histoire m8di8vale aux sciences sociales (Le nœud gordien), Paris 2003, S. 19–61 [englische Fassung: Princeton 2003]. 7 Patrick Geary, La m8moire et l’oubli / la fin du premier mill8naire (Aubier histoires), Paris 1996 [englisches Original: Princeton 1994].

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Prozess skizziert, der vor dem Hintergrund der Ereignisse des Jahres 1016 am kaiserlichen Hof zu besagter damnatio memoriae führte, die bis in unsere heutigen Tage das Bild von König Rudolf III. prägt.

Besançon 1016: Die Lesart der Mainzer Synode Im Oktober 1049 wurde ein alter Kleriker namens Bertald auf der Mainzer Synode vorstellig, der Papst Leo IX. und Kaiser Heinrich III. vorsaßen. Als die Sprache auf die simonistischen Praktiken kam, die verdammt und an den Wurzeln ausgerottet werden sollten, trat ebenjener Bertald vor, unterstrich, der rechtmäßige Erzbischof von BesanÅon zu sein, und verkündete, in dieser Sache Anklage erheben zu wollen. Er sei seit vielen Jahren geweiht, habe seinen Bischofssitz aber nie in Empfang nehmen können, da ein anderer Eindringling diesen Sitz usurpiert habe. Die Konzilsväter nahmen sich der Anklage an, die der Erzbischof von Köln im Namen Bertalds führte. Die Verteidigung des bereits 1031 verstorbenen Walter übernahm – auf Bitten von dessen Patensohn und Nachfolger – der Erzbischof von Bremen. Nachdem beide Seiten angehört worden waren, wurde die Klage des unglücklichen Bertald auf einstimmigen Beschluss der Synode abgewiesen. Über diesen Sachstand sind wir dank der umfangreichen Bulle, die Papst Leo IX. Hugo von Salins auf ausdrücklichen Wunsch der Mainzer Konzilsväter ausstellte, gut unterrichtet. Die Bulle, die Bernard de Vregille in seiner bemerkenswerten dreibändigen Studie über Hugo von Salins ediert und ausführlich analysiert hat,8 führt uns das Geschehen detailliert vor Augen, gibt die von den beiden Parteien angeführten Argumente wieder und liefert uns somit eine sehr präzise Schilderung des Streites, in dem, wie wir erfahren, das Wort zunächst dem Kläger erteilt wurde. Die Rede, die der Erzbischof von Köln im Namen Bertalds führte, ist in indirekter Rede wiedergegeben: Qui sumens causam eius dicendam, a rege Burgundionum Rodulfo exorsus est, cui idem Bertaldus famulabatur [in] debitamque subiectionem impendebat, cum forte contigit Hectorem archiepiscopum Vesonticensem a corporis uinculis absolui eiusque cathedram remanere uacuam. Beneficio uero regis idem Bertaldus, dictante causidico suo, professus est inuestituram se eiusdem archiepiscopatus accepisse eoque rege praecipiente a suffraganeis episcopis consecratum fuisse et in sede episcopali sedisse et etiam ordinationes fecisse, sed contradicente sibi episcopatum quodam comite Willelmo, postea expulsum a Walterio antecessore Hugonis eiusdem sedis archiepiscopi, qui tunc nostrae synodo intererat, contra quem de sua sede clamabat. Dicebat etiam quod post expulsionem 8 Zur Edition der Bulle siehe de Vregille, Hugues de Salins, Bd. III, Nr. XXVI, S. 82*–85*; zu deren Interpretation siehe ebd., Bd. I, S. 176–183.

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suam a Romano pontifice palleum cum priuilegio acceperit ad suscepti honoris confirmationem.9

Es folgt die vom Erzbischof von Bremen für Hugo von Salins vorgetragene Verteidigung: Qui etiam nostra indulgentia Bremensem archiepiscopum Albertum in suum suscepit causidicum. Quo dictante, taliter obiecta coepit repellere: quod eidem Bertaldo sedem quam requirebat nec ipse abstulerit nec antecessor suus, quia nunquam in sedem ascendisset, numquam ibi quicquam episcopaliter egisset, pro eo quod nec clerus nec populus eum elegerit nec ab eis receptus est, sed omni contradictione repulsus, quia magnam pecuniam, ut episcopus fieret, regi dedisset, et quia contra ius loci fecisset, qui semper electionem sui episcopi ipse habuisset.10

Nachdem beide Parteien gehört worden waren, wies die Synode die Klage Bertalds ab: decreuit sancta synodus eundem Bertaldum a filiis ecclesiae non electum, non receptum, non pro pastore habitum, sed semper repudiatum, semper repulsum …11

Die Konzilsväter ordneten daher an, dass er für immer schweigen solle, und ersuchten dann den Papst, mit einer Bulle die Erzbischofswürde von Hugo von Salins zu bestätigen. Dies sei ein Zeugnis ihrer Zuneigung zu diesem Hirten, der ebenso durch sein Wissen wie durch seine würdevolle Lebensführung glänze. Sie baten Leo IX., eine Bulle auszustellen, um sowohl die Erinnerung an diese Geschehnisse zu bewahren, als auch um ein Exempel für die folgenden Generationen zu statuieren.12 Dreiunddreißig Jahre nach dem um den Erzbischofssitz in BesanÅon entbrannten Streit trug die Mainzer Synode somit für eine neue Lesart der Ereignisse Sorge – eine Lesart, die ebenso wertvoll und aufschlussreich wie problematisch ist. Es gilt also festzuhalten, dass die Bulle Leos IX. uns einen ausführlichen, wenn auch verzerrten Bericht des in BesanÅon entbrannten Streites liefert. In diesem werden zwei Kandidaten einander gegenübergestellt, deren Legitimität sehr unterschiedlich ist: Walter wurde durch den Klerus und das Volk gewählt, Bertald indes kann sein Anrecht lediglich auf eine simonistische Investitur durch den burgundischen König zurückführen. Eine derartige Darstellung der Fakten zeigt deutlich, wie sehr die Mainzer Synode den um den Erzbischofsstuhl von BesanÅon entbrannten Streit vor dem Hintergrund des – von Papst Leo IX. auf die Tagesordnung gesetzten – Kampfes gegen Simonie und Laieninvestitur gesehen hat. Diese Lesart des Konflikts ist jedoch insofern 9 10 11 12

Ebd., Bd. III, Nr. XXVI, S. 83*f. Ebd., S. 84*. Ebd., S. 84*f. Ebd., S. 85.

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anachronistisch, als der Streit um die Nachfolge um den Erzbischofsstuhl von BesanÅon zu einer Zeit entbrannte, zu der die libertas ecclesiae und die königliche Investitur noch nicht im deutlichen Gegensatz zueinander standen. Der auf der Mainzer Synode gegen Hugo von Salins angestrengte Prozess wird aber nur verständlich, wenn man ihn in den Kontext der kanonischen Prozesse einordnet, die Papst Leo IX. auf den Synoden während seiner im Jahr 1049 unternommenen Reise führte. Knapp zwei Wochen vor der Mainzer Synode hatte Leo IX. ein anderes Konzil in Reims einberufen. Auf diesem waren sechs französische Bischöfe der Simonie beschuldigt worden.13 Der konkrete Ablauf, die Funktion und die Modalitäten der Reimser und des Mainzer Prozesses, über die wir aus der päpstlichen Bulle unterrichtet sind, ähneln sich. Sie alle verdammten zunächst, anhand einiger wohl ausgewählter Exempel, die Simonie und die Laieninvestitur. Dennoch besteht zwischen dem in Mainz durch Bertald angestrengten Prozess und den Prozessen in Reims ein gravierender Unterschied. Während auf der Reimser Synode Prälaten der Simonie beschuldigt und abgesetzt wurden, bestärkte die Mainzer Synode hingegen einen Prälaten, der als Verteidiger der libertas ecclesiae galt, indem sie die gegen diesen erhobene Klage abwies und den Ankläger zur ewigen Buße verdammte. Der politische Hintergrund, vor dem sich die zwei Synoden abspielten, hätte kaum unterschiedlicher sein können. Hatte Papst Leo IX. in Reims Anklage gegen einige der bedeutendsten französischen Prälaten erheben können, war ihm dies in Mainz mit Sicherheit nicht möglich. Gewiss gab es auch im Reich simonistische Prälaten, aber diese waren durch den Kaiser eingesetzt worden, der der Mainzer Synode auch persönlich vorsaß. Somit war es undenkbar, sie der Simonie zu beschuldigen. Daher stellte der alte Streit um die Nachfolge in BesanÅon eine äußerst glückliche Begebenheit dar, da es der Mainzer Synode auf diese Weise ermöglicht wurde, einen Prälaten der Simonie anzuklagen, ohne dabei die kaiserliche Investitur der Bischöfe im Reich in Frage zu stellen. Durch das Erscheinen des alten Bertald konnte auf der Mainzer Synode ein symbolträchtiger Prozess durchgeführt werden, der denjenigen in Reims ähnelte. Indem man mit den Worten schloss, der Ort [BesanÅon] solle selbst über die Freiheit der Wahl seines Bischofs verfügen, konnten die Konzilsväter dem vom Papst vertretenen Prinzip der libertas folgen und zur Säuberung der Kirche schreiten, ohne die Investituren anzutasten, die der Kaiser im Reich vornahm. Beim genaueren Nachdenken überrascht es daher nicht, dass der Mainzer Prozess eine derart elaborierte Inszenierung zur Schau stellte, bei der die Rollen eines simonistischen Bischofs und eines vorbildlichen Prälaten schon im Vorhinein verteilt worden waren. Man kann sich kaum vorstellen, dass 13 Siehe hierzu Anselme de Saint-R8my, Histoire de la d8dicace de Saint-R8my, ed. und übersetzt von Jacques Hourlier, in: La Champagne b8n8dictine. Contribution / l’ann8e Saint Beno%t (480–1980) (Travaux de l’Acad8mie nationale de Reims 160), Reims 1981, S. 181–297.

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Bertald nur zwei Wochen nach den spektakulären Absetzungen in Reims ernsthaft glauben konnte, der Augenblick sei nun opportun, um sein Erzbistum einzufordern – und dass er ausgerechnet vor Papst Leo IX. das Argument vorgebracht haben soll, er verdanke sein Erzbistum der Investitur durch Rudolf III. von Burgund. Es scheint auch wenig glaubhaft, dass Bertald gerade die Mainzer Synode als vorteilhaft erachtete, um Hugo von Salins zu attackieren, genoss dieser doch zugleich das Wohlwollen Papst Leos IX., der die Tatkraft und Beharrlichkeit schätzte, die Hugo bei der Verteidigung der libertas seiner Kirche an den Tag legte,14 wie die Gunst Kaiser Heinrichs III., der Hugo von Salins die Erzkanzlei des Königreichs Burgund anvertraut hatte. Alles sprach dafür, dass eine von Bertald erhobene Anklage nur zu einem großen Misserfolg führen konnte. Der alte Bertald dürfte daher nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, dass er durch sein Erscheinen auf der Mainzer Synode das Erzbistum würde wiedererlangen können, das er schon vor so langer Zeit verloren hatte. Als Bertald sich nach Mainz begab, akzeptierte er wohl seinen Bußgang, der ihn dazu führte, öffentlich seine simonistische Wahl einzugestehen, bevor er dann ein für alle Mal zum Schweigen verurteilt wurde – wahrscheinlich durch seinen Eintritt ins Kloster. Bertald scheint für die Mainzer Konzilsväter ein äußerst bequemer Sündenbock gewesen zu sein. In dem Burgunderkönig Rudolf III. fanden sie noch einen weiteren. Ihn steckten sie aus gegebenem Anlass in die wenig schmückenden Kleider eines simonistischen Herrschers. Auf diese Weise schadeten die Konzilsväter niemandem, denn Rudolf III. hatte bereits seit siebzehn Jahren das Zeitliche gesegnet. Er hinterließ keinen Nachfahren, den die Folgen dieser Handlung getroffen hätten. Ebenso wie der unglückliche Bertald stellte der burgundische König somit einen willkommenen Prügelknaben dar. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Zu der Zeit, als sich in BesanÅon die Frage stellte, wer Erzbischof Hektor nachfolgen würde, befand sich die rudolfingische Monarchie in einer Phase eines dezidierten Rückzugs und war so schwach, dass ihr die Kontrolle über die im eigenen Herrschaftsbereich gelegenen Bistümer zu entgleiten drohte.15 Vor diesem Hintergrund scheint es kaum vorstellbar, dass Rudolf III. ernsthaft versucht haben soll, gerade in die Nachfolge um den Erzbischofssitz von BesanÅon einzugreifen. Die lokalen Grafen kontrollierten diesen bereits seit der Mitte des 10. Jahrhunderts.16 Allem Anschein nach waren die 14 Siehe hierzu de Vregille, Hugues de Salins, insbes. Bd. I, S. 364f. 15 Zur Emanzipation der Bischöfe unter der Herrschaft Rudolfs III. siehe die Studien in dem Band von Christian Guilleré/Jean-Michel Poisson/Laurent Ripart/Cyrille Ducourthial (Hg.), Le royaume de Bourgogne autour de l’an mil [Actes de la table-ronde de Lyon II, 15–16 mai 2003] (Langages, litt8rature, soci8t8s. Collection soci8t8s, religions, politiques 8), Chamb8ry 2008. 16 De Vregille, Hugues de Salins, Bd. I, S. 36f.

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Kleider des simonistischen Laien, in die ihn die Mainzer Synode ohne jeden Skrupel steckte, viel zu groß für die schmalen Schultern des burgundischen Königs. Einige weitere Punkte kommen hinzu: Es liegt kein einziges Dokument vor, das davon zeugt, dass Rudolf III. zugunsten von Bertald intervenierte;17 es ist zudem auch mehr als zweifelhaft, dass Bertald dem Burgunderkönig je so nahegestanden hat, wie er vorgibt. Er erscheint nie in den burgundischen Urkunden;18 an sich sollte es der Titel des Erzbischofs jedoch normalerweise leicht ermöglichen, ihn problemlos in diesen ausfindig zu machen. Überdies war er wohl noch nicht einmal Burgunder, da die einzigen Güter, die wir von ihm kennen, im Reich lagen,19 übrigens nicht weit von der Diözese Mainz entfernt, in der er zu einem so bemerkenswerten Zeitpunkt wiederauftauchte. Es ist somit festzuhalten, dass die Bulle von 1049 mit Blick auf die Schilderung von Bertalds Rolle alles andere als unproblematisch ist. Wenden wir nun unsere Aufmerksamkeit der zweiten Quelle zu und schauen wir, ob wir dann ein wenig klarer sehen.

17 Mayer, der das von Rudolf III. in Logis castello ausgestellte Diplom (MGH. Die Urkunden der burgundischen Rudolfinger [Diplomata. Regum Burgundiae e stirpe Rudolfina diplomata et acta], ed. Theodor Schieffer unter Mitarbeit von Hans Eberhard Mayer, München 1977 [künftig zitiert als: MGH DD Burg.], Nr. 108) auf den 21. Februar 1016 datiert (Hans Eberhard Mayer, Die Politik der Könige von Hochburgund im Doubsgebiet, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 18 [1962], S. 530–539, hier S. 536), nimmt an, Rudolf III. habe sich nach La Loye, in der Nähe von Dole begeben. Dies führt ihn zu der Schlussfolgerung, Rudolf III. habe eine Unternehmung eingeleitet, um Bertald zu befreien. Mayer hat dabei übersehen, dass bereits Aebischer nachgewiesen hat, dass Logis mit dem im Kanton Bern gelegenen Laupen zu identifizieren ist (Paul Aebischer, Pourquoi Neuch.tel s’est appel8 Neuch.tel?, in: Mus8e Neuch.telois. Recueil d’histoire nationale et d’arch8ologie 34 [1947], S. 22–27, hier S. 25).– Bernard de Vregille hat seinerseits diese Überlegungen aufgegriffen und gezeigt, dass die Annahme von Mayer nicht zu halten ist (de Vregille, Hugues de Salins, Bd. II, Nr. 65, S. 653f.). 18 Man wird sich kaum der Gallia Christiana anschließen können, wenn sie Bertald mit jenem Bertaldus gleichsetzt, der eine Urkunde unterzeichnete, die König Rudolf III. und Burchard, der Erzbischof von Lyon, um 1010 ausstellten (MGH DD Burg., Nr. 95). Der Name Bertoldus/ Bertaldus war einfach damals zu häufig und geläufig, als dass diese Identifizierung überzeugen könnte. 19 1035 weihte der Straßburger Bischof Wilhelm jene Kirche, die Bertald, »Erzbischof nur dem Namen nach«, in Burgheim bei Lahr errichtet hatte (de Vregille, Hugues de Salins, Bd. II, Nr. 66, S. 655 zur Identifizierung des Ortsnamens).

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Besançon, 1016: Die Schilderung der Ereignisse nach Thietmar von Merseburg Im Unterschied zur Bulle des Jahres 1049 liefert uns Thietmars Chronik eine sehr zeitnahe Schilderung der Ereignisse.20 Obgleich Thietmar, der bereits am 1. Dezember 1018 verstarb, mit wenig Distanz zu den Ereignissen schrieb, sind die Informationen, die wir von und durch ihn erhalten, nicht weniger schwierig zu dechiffrieren, denn Thietmar interpretierte die zeitgenössischen Ereignisse stärker als er sie beschrieb. Er deutete sie vor dem Hintergrund der auf der göttlichen Vorsehung fußenden Sicht der Reichsgeschichte, die die sächsischen Historiographen antrieb. Thietmar von Merseburg betrachtete die Ereignisse von BesanÅon dementsprechend durch eine stark ideologisch gefärbte Brille. [VII, 27] Proximam palmarum iucunditatem inperator cum Heinrico venerabili Wirciburgiensis aeclesiae complens, IIIIa feria ad Bavanberg venit ibique cenam Domini et passionem cum paschali tripudio honorabiliter peregit. Et quia Rothulfus Burgundionem rex, avunculus eius, sicut vocatus erat, huc venire non potuit, nepotem sibi dilectum obviam sibi pergere rogavit. Fit eorundem conventio in urbe Argentina, et mutue caritatis invicem larga benignitas consociis arrisit utrisque. Fuit quoque ibidem Rothulfi regis inclita coniunx, quae familiaritatis huius adiutrix filios suimet duos, senioris autem sui privignos, cesari commendavit; dilectis sibi militibus hoc totum dedit in beneficium, quod sibi ad avinculo suimet tunc est concessum et quod Willehelmus Pictaviensis hactenus habuit regio munere prestitum. [VII, 28] Imperator sapienti usus consilio hoc voluit cum hiis id sibi firmius subdere, quod longe prius rex predictus ei sacramentis post mortem suam sancierat. Omnem namque Burgundiae regionis primatum per manus ab avinculo suimet accepit et de maximis rebus sine eius consilio non fiendis securitatem firmam. Episcopatum in hac regione quodam nobili viro dedit, de quo postea vix securus evasit. Namque Willehelmus, prepotens vir in hiis partibus, ut hoc omne comperit, eundem persequi et ad ultimum fugientem solum canibus precepit inquiri. Quos cum antistes iam defatigatus latrantes audiret, quod unicum tunc habuit solacium, signo sanctae crucis sua post [se] signans vestigia, quasi mortuus iacuit et ad predam paratus fuit; et ecce canes rapidi loca eminus olfacientes signata, ut grandi turbine retroacti, reversi sunt, et sic verus Dei famulus per incognita nemoris loca ad amicos perrexit fines. [VII, 29] Cesar autem regi et contectali eius cunctisque suimet principibus ineffabilem pecuniam dedit et firmata iterum antiqua tradicione eos abire permisit, ipse exercitu 20 Zur Chronik des Thietmar von Merseburg siehe Helmut Lippelt, Thietmar von Merseburg. Reichsbischof und Chronist, Köln/Wien 1973; Lutz E. von Padberg, Geschichtsschreibung und kulturelles Gedächtnis. Formen der Vergangenheitswahrnehmung in der hochmittelalterlichen Historiographie am Beispiel von Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen und Helmold von Bosau, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 105/2 (1994), S. 156–177; David A. Warner, Thietmar of Merseburg on Rituals of Kingship, in: Viator. Medieval and Renaissance Studies 26 (1995), S. 53–76.

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congregato ad Basulam urbem profectus. Sed cum ibi Willehelmum munitis urbibus resistentem et introitum sibi prohibere cupientem audiret, parva multitudine diffisus amicam manum undiquessecus colligit et provincias sibi rebellare presumentes incendio late flagranti securus desolavit. Cumque se nullam urbium earundem expugnare pro certo sciret, reversus est tristis, quod nec hic nec in parte orientali nocituram hostibus suis intulit molestiam […].21

Hinsichtlich der gegebenen Details ist Thietmar zweifelsohne noch genauer als die Bulle des Jahres 1049. Er unterrichtet uns zunächst darüber, dass der simonistische Herrscher, der Bertald eingesetzt hatte, nicht der Burgunderkönig Rudolf III., sondern Kaiser Heinrich II. gewesen war. Auch liefert er weitere wichtige Indizien für die zeitliche Einordnung der Ereignisse. So weist er etwa darauf hin, dass Bertalds Investitur erst bei der Straßburger Zusammenkunft erfolgte. Heinrichs II. Itinerar wiederum erlaubt es, das Treffen auf Ende Mai/ Anfang Juni 1016 zu datieren.22 Eine derartige Datierung mag überraschen, impliziert sie doch, dass Bertald erst sechs Monate nach dem Tode des Erzbischofs Hektor eingesetzt wurde. Aber sie ist kohärent zur päpstlichen Bulle vom 1. April 1016, die ihrerseits zeigt, dass Benedikt VIII. zu dieser Zeit Walter als Erzbischof anerkannte.23 Laut der Bulle von 1049 soll der Papst indes das Pallium bereits an Bertald gesandt haben. Thietmars Chronik bietet noch einige weitere sehr interessante Details. Umso bemerkenswerter ist es hingegen, dass sie keinerlei Erklärung für die Gründe abgibt, die Heinrich II. dazu bewogen, derart engagiert in das Erzbistum BesanÅon einzugreifen, das bislang nicht im Blickfeld der ottonischen Herrscher gestanden hatte. Und doch dürften die Beweggründe Heinrichs II. äußerst schwerwiegend gewesen sein; immerhin hatte dieser im Jahr 1016 ganz andere Probleme zu lösen – insbesondere in Polen und Italien.24 Ren8 Poupardin hat daher angeregt, das Eingreifen Heinrichs II. weniger im Zusammenhang mit den burgundischen Angelegenheit zu sehen als vielmehr im Kontext mit einer gegen die Ottonen gerichteten Verschwörung, die 21 Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung, ed. Robert Holtzmann (MGH SS 6. SS rer. Germ. N. S. 9), Berlin 1935 [ND München 1980], VII,27–29, S. 430–434. 22 Zum Termin des Straßburger Treffens siehe Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 124. 23 In einer Bulle, die Benedikt VIII. am 1. April für den Abt Odilo von Cluny ausstellte, wandte sich der Papst an Waltherio archiepiscopo Besontiensi (Recueil des chartes de l’abbaye de Cluny, ed. Auguste Bernard/Alexandre Bruel, Bd. III: 987–1023 [Collection de documents in8dits sur l’histoire de France. S8rie 1. Histoire politique 49,3], Paris 1884 [ND Frankfurt am Main 1974], Nr. 2703, S. 727; zu diesem Datum siehe de Vregille, Hugues de Salins, Bd. II, Nr. 48, S. 640f.).– Setzt man diese Bulle mit der Erzählung Thietmars in Bezug, so könnte der zeitliche Ablauf der folgende sein: 1.) Herbst 1015: Tod Hektors und lokale Wahl Walters, der sich zumindest kurzzeitig einer breiten Anerkennung erfreut zu haben scheint; 2.) Mai– Juni 1016: Eingreifen Heinrichs II. zugunsten Bertalds, der aus dem kaiserlichen Umfeld Unterstützung erfährt und von Papst Benedikt VIII. das Pallium erhält. 24 Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 121–124.

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in Italien entdeckt worden war und über die der Bischof Leo von Vercelli den Kaiser in einem wahrscheinlich zu Ostern des Jahres 1016 verfassten Schreiben unterrichtet hatte.25 In diesem Brief hieß es, der Arduine Odalrich-Maginfred, der Markgraf von Turin, habe den einstigen Kampf König Arduins wiederaufgenommen und Komplotte geschmiedet, um einen neuen Gegenkönig wählen zu lassen. Leo von Vercelli nennt zwar nicht explizit den Namen des Gegenkandidaten, doch spricht einiges dafür, dass es sich bei diesem höchstwahrscheinlich um den Grafen OttoWilhelm handelte.26 Dieser war geradezu ein natürlicher Anwärter für den Thron im Regnum Italiae, war er doch der Enkel – und somit in direkter Linie ein Erbe – König Berengars II.27 Laut Leo von Vercelli soll König Rudolf III. ebenfalls in die Verschwörung involviert gewesen sein. Seine Unterstützung soll er im Gegenzug zur Abtretung der Mark Ivrea zugesichert haben. Wenn auch dieses vielsagende Schreiben viel zu parteiisch ist, um uns auch nur die geringste Gewissheit über die tatsächlichen Abläufe zu geben, so lässt es doch vermuten, dass der Kaiser durch sein Eingreifen in BesanÅon versuchen wollte, das burgundische Königreich (wieder) in seine Hand zu bekommen. Dessen Autonomie war zu einer starken Bedrohung geworden, seitdem die Aktivität der Rudolfinger mit den wiederkehrenden Aufständen der sich traditionell der kaiserlichen Autorität widersetzenden markgräflichen Familien aus dem Nordwesten des Regnum Italiae zusammenfiel. Thietmar hüllt sich jedoch diesbezüglich in totales Stillschweigen. Er verliert kein einziges Wort über die Verschwörung im Regnum Italiae. Zweifelsohne handelte es sich um eine Art »Staatsgeheimnis«, das der Bischof von Merseburg nicht in einem Text preisgeben wollte, der zur allgemeinen Lektüre bestimmt war. Hier wie andernorts war Thietmar weniger daran gelegen, die kaiserliche Politik zu beschreiben, er suchte sie vielmehr zu rechtfertigen. Der Kontext war durchaus brisant, hatten sich doch die Versuche Heinrichs II., seinen Kandidaten als Erzbischof von BesanÅon durchzusetzen, hingezogen und letztendlich zu nichts geführt. Thietmar von Merseburg wollte daher vor allem demonstrieren, dass das Intervenieren Heinrichs II. rechtmäßig war, und er wollte zeigen, dass dessen Niederlage keinesfalls als göttliche Strafe zu sehen war. Es ist somit kein Zufall, dass der Bischof von Merseburg seine Erzählung mit der Teilnahme des Herrschers an den im Rahmen des Osterfestes 25 Siehe Hermann Bloch, Beiträge zur Geschichte des Bischofs Leo von Vercelli und seiner Zeit, in: Neues Archiv 22 (1887), S. 13–136. 26 Siehe hierzu Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 122f.; Charles William PrevitéOrton, The Early History of the House of Savoy (1000–1233), Cambridge 1912, S. 15–19, 172–174. 27 Zu den Wurzeln Otto-Wilhelms siehe zuletzt Thierry Le Hête, Les comtes palatins de Bourgogne et leur descendance agnatique. Histoire et g8n8alogie d’une dynastie sur 8 siHcles (IXe–XVIIe siHcle), Cond8-sur-Noireau 1995, S. 17–41.

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abgehaltenen Gottesdiensten beginnen lässt. Neben einer schlichten zeitlichen Verortung28 – die umso weniger erforderlich gewesen wäre, als das Osterfest in jenem Jahr auf einen ersten April fiel und somit zwei Monate vor dem Treffen von Straßburg lag – erlaubte eine derartige Erwähnung Bischof Thietmar das Hervorheben der beinahe episkopalen Dimension der kaiserlichen Würde, die Heinrich II. dazu berechtigte, sich mit der Leitung der kirchlichen Angelegenheiten der gesamten Christenheit zu befassen. Jenseits aller allgemeinen Betrachtungen und Überlegungen war es Thietmar ein besonderes Anliegen, das Anrecht des Kaisers auf ein Intervenieren im Königreich Burgund zu rechtfertigen. Er stellte daher zunächst die verwandtschaftlichen und affektiven Bande zwischen Heinrich II. und König Rudolf III. heraus und betonte auch, dass der Kaiser ohne Zögern seinem Onkel entgegengereist sei. Thietmar war ebenfalls darauf bedacht, zu unterstreichen, wie sehr König Rudolf III. in der Schuld Heinrichs II. stand. So verwies der Bischof von Merseburg auch auf die zahlreichen Wohltaten und Gefälligkeiten, die der Kaiser seinem Onkel etwa dadurch hatte zuteilwerden lassen, dass er auch die Söhne, die Rudolfs III. Gattin noch aus erster Ehe mitgebracht hatte, unter seinen Schutz nahm. Dem Kaiser, der auf diese Weise als äußerst treusorgender Verwandter und Protektor des Königs von Burgund inszenierte wurde, wurde so geradezu eine natürliche Bestimmung zur Intervention in das Königreich seines Onkels zugesprochen. Grundsätzlich beabsichtigte Thietmar vor allem, die Rechtsgrundlage darzulegen, die den Kaiser dazu autorisierte, im Königreich Burgund zu intervenieren. Von den zahlreichen Gegenständen, die beim Straßburger Treffen zur Sprache kamen, thematisierte Thietmar vor allem drei: erstens das Zugeständnis Rudolfs III., dass seine Großen Heinrich II. das homagium leisteten;29 zweitens die Verpflichtung Rudolfs III., nicht ohne das Einholen von Heinrichs Rat zu regieren, und drittens die Zusicherung der traditio des burgundischen Reiches, wenn es Rudolf III. nicht mehr gelänge, den bislang noch ausstehenden Sohn zu zeugen. Diese Bestimmungen werden häufig als eine bedeutende Zäsur in den Beziehungen zwischen dem Reich und Burgund gesehen; doch darf man nicht vergessen, dass schlicht keine Beschreibung einer der anderen zahlreichen Übereinkünfte überliefert ist, die seit den 920er Jahren regelmäßig zwischen den rudolfingischen Königen und den ottonischen Herrschern geschlossen wurden.30 Zweifelsohne muss die Tragweite der Straßburger Übereinkunft relativiert 28 Zur üblichen Erwähnung der Orte königlicher Feiern und der wichtigsten christlichen Feste in der karolingischen und postkarolingischen Historiographie siehe Buc, Dangereux rituel, S. 72f. 29 Thietmar verwendet den Begriff primatus üblicherweise, wenn er von den Großen des Reiches spricht (siehe hierzu Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 127f.). 30 Siehe hierzu Jean-Yves Mariotte, Le royaume de Bourgogne et les souverains allemands du haut Moyen ffge (888–1032), in: M8moires de la Soci8t8 pour l’histoire du droit et des

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werden. Sie dürfte sich höchstwahrscheinlich nach seit langem etablierten Ritualen abgespielt haben, die bis zu diesem Zeitpunkt von den Chronisten lediglich als nicht wichtig genug erachtet worden waren, um sie der Nachwelt zu überliefern. So ist es zweifelhaft, ob die Autorität Heinrichs II. über Burgund tatsächlich dadurch angewachsen ist, dass ihm sein Onkel den primatus übertrug. Schon seit dem Ende des 10. Jahrhunderts hatte der kaiserliche Hof das Recht beansprucht, Beschwerden, welche die burgundischen Großen gegen ihren Herrn vorbrachten, entgegenzunehmen.31 Es besteht daher keinerlei Anlass, das Wort Thietmars beim berühmten, von Rudolf III. in Straßburg geleisteten Versprechen über eine Nachfolge im Burgundischen in Frage zu stellen, wenn Thietmar versichert, es würde sich hierbei lediglich um die Bestätigung eines alten Eides handeln.32 Im Übrigen waren die Rudolfinger in das sächsiche genus so stark eingebunden, dass es ihnen schwer gefallen wäre, den Ottonen das Anrecht auf das Erbe abzusprechen.33 Rudolf III. war Neffe Ottos I., Vetter ersten Grades Ottos II. und Onkel Heinrichs II., dessen eindeutigen Status als der natürliche Erbe des Königreichs Burgund niemand bestreiten konnte. institutions des anciens pays bourguignons, comtois et romands 23 (1962), S. 163–183; Laurent Ripart, Saint Maurice et la tradition r8galienne bourguignonne (443–1032), in: Pierrette Paravy (Hg.), Des Burgondes au royaume de Bourgogne (Ve–XIe siHcle), Grenoble 2002, S. 211–249. 31 So ordnete Otto III. 997 an, Rudolf III. möge dem Bischof von Lausanne den Fiscus Umbra restituieren (MGH DD Burg., Nr. 80); zwei Jahre später, 999, erschien die Kaiserin Adelheid höchstpersönlich in Burgund, um Streitigkeiten zu schlichten, die den König und seine Großen entzweiten – siehe zuletzt Guido Castelnuovo, Un regno, un viaggio, una principessa: l’imperatrice Adelaide e il regno di Borgogna (931–999), in: Roberto Delle Donne/ Andrea Zorzi (Hg.), Le storie et la memoria. In onore di Arnold Esch, Florenz 2001(ebook: http://www.rm.unina.it/ebook/festesch.html), S. 215–234 sowie Ders., Kaiserin Adelheid und das Königreich Burgund, in: Jessika Nowak/Jan Rüdiger (Hg.), Zwischen Basel und Marseille. Das Burgund der Rudolfinger (9.–11. Jahrhundert) (Itinera 46), Basel 2019, S. 63–73. 32 In der Einleitung seiner Edition der Urkunden der burgundischen Rudolfinger (MGH DD Burg., S. 31) deutet Theodor Schieffer sehr raffiniert eine recht obskure Passage aus den Einsiedler Annalen, in denen es zum Jahr 1006 heißt: Heinricus rex in regnum Burgundionum veniens, Basileam civitatem suo regno adscivit (Annales Einsidlenses, in: MGH SS 3, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1839, S. 144). Alles weist indes darauf hin, dass die Stadt Basel in der Hand Rudolfs III. geblieben ist. Schieffer sieht daher in dieser Passage eine Anspielung auf ein früheres Versprechen, das der Burgunderkönig Heinrich II. mit Blick auf die Nachfolge gegeben haben soll (MGH DD Burg., S. 31). 33 Zum Begriff des sächsischen genus siehe Michel Bur, Adalb8ron, archevÞque de Reims, reconsid8r8, in: Michel Parisse/Xavier Barral I Altet (Hg.), Le roi de France et son royaume autour de l’an Mil, Paris 1992, S. 55–63, insbes. S. 57; R8gine Le Jan, La reine Gerberge entre Carolingiens et Ottoniens, in: Odile Redon (Hg.), Les assises du pouvoir. Temps m8di8vaux, territoires africains. Ptudes offertes / Jean Devisse, Paris 1994, S. 163–174, insbes. S. 164 [ND R8gine Le Jan, Femmes, pouvoir et soci8t8 dans le haut Moyen ffge, Paris 2001, S. 30–38, insbes. S. 31].

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Zudem war Thietmar bestrebt zu zeigen, dass der Misserfolg des Kaisers nicht als Zeichen des göttlichen Missfallens zu deuten war. Um noch nachdrücklicher zu veranschaulichen, dass die Niederlage Bertalds keinesfalls aus einem Gottesurteil resultierte, ließ er den »wahren Diener Gottes« durch das Zutun des Grafen Otto-Wilhelm beinahe ein Martyrium erleiden. Thietmar unterstrich, dass die von Bertald geschlagenen Kreuzzeichen diesem ermöglichten, vor den Hunden zu entkommen, die Otto-Wilhelm auf ihn losgelassen hatte. Auf diese Weise wollte der Bischof von Merseburg illustrieren, dass die göttliche Vorsehung dem Kandidaten Heinrichs II. zur Hilfe kam; dessen Rechtmäßigkeit wurde durch die Wirksamkeit von Gottes Segen bewiesen. Die Schuld am Misserfolg bzw. den Großteil der Verantwortung für diesen schrieb Thietmar indes dem burgundischen König zu. Nachdem Thietmar sein 29. Kapitel mit einem kurzen Verweis auf die von Boleslav ausgehende, auf die östlichen Reichsgrenzen ausgeübte Bedrohung hatte ausklingen lassen, kam er im folgenden Kapitel erneut auf die Konsequenzen zu sprechen, die die causa BesanÅon gezeitigt hatte, wobei er die gesamte Schuld allein in der Tücke Rudolfs III. sah. [VII, 30] Sed Burgundiorum rex mollis et effiminatus bona, quae nepoti suimet promisit, impedire eorum instinctu voluit, quibus relaxato iusticiae freno velud infelici vitulo per latum liberos currere placuit. Cum vero iterum ceptis persistere studuit, eorum conflacione et pessima reluctacione non potuit. Nullus enim, ut audio, qui sic presit in regno: nomen tantum et coronam habet et episcopatus hiis dat, qui a principibus hiis eliguntur ; ad suam vero utilitatem pauca tenens ex inpensis antistitum vivit et hos vel alios in aliquo extrinsecus laborantes eripere nequit. Unde hii manibus complicatis cunctis primatibus velud regi suo serviunt et sic pace fruuntur. Ob hoc solum talis rector inter eos

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dominatur, ut eo liberius malignorum furor invicem vagetur et ne lex nova alterius regis ibi adveniat, quae inolitam consuetudinem rumpat.34

Dieser häufig zitierten Passage Thietmars kann sicherlich ein gewisser Wahrheitsgehalt nicht abgesprochen werden. Einige Untersuchungen haben jüngst gezeigt, dass der burgundische König in der Tat »recht wenig« besaß. Die königlichen Domänen erstreckten sich in der zweiten Hälfte der Herrschaft Rudolfs III. weitgehend nur noch über die Diözesen Lausanne und Sitten.35 Diese Studien haben auch auf die Autoritätskrise abgestellt, die die königliche Macht während der Herrschaft Rudolfs III. durchlief. Die lokalen Großen traten in die Abhängigkeit einer neuen Fürstengeneration; die Umstände waren dabei den von Thietmar angeprangerten recht ähnlich. Die Untersuchungen haben ferner ebenfalls erwiesen, dass das Schwinden des königlichen Einflusses über die burgundischen Kirchen keine Erfindung des Bischofs von Merseburg war. Rudolf III. scheint tatsächlich während seiner langen Herrschaft die Kontrolle über die meisten Kathedralen des einstigen königlichen Herrschaftsgebietes verloren zu haben. Auch wenn das von Thietmar skizzierte Portrait vermeintlich objektive Charakteristika der burgundischen Monarchie beinhaltet, so ist es dennoch essentiell, darauf zu hinweisen, dass das Bild zuallererst einem topischen Diskurs entsprang – einem Diskurs, der darauf abzielte, das kaiserliche Protektorat zu legitimieren, das die Ottonen dem Königreich Burgund aufzuzwingen suchten. Thietmars harscher Ton lässt sich in der Tat nicht verstehen, wenn man sich nicht den Kontext des Konflikts vor Augen führt – eines Konflikts, der nach dem missglückten kaiserlichen Eingreifen in BesanÅon zwischen Rudolf III. und Heinrich II. immer offener zutage trat. Der Misserfolg Heinrichs II. scheint in der Tat die Etablierung einer kaiserlichen Schirmherrschaft über das Königreich Burgund stark beeinträchtigt zu haben. Dort versuchten nun diejenigen, »deren Zügel der Gerechtigkeit freier Lauf gelassen worden war«, die Situation zu nutzen, um Heinrichs II. Anrecht auf eine Nachfolge im Königreich Burgund in Frage zu stellen. Noch präziser als Thietmars Chronik ist in diesem Punkt eine Passage aus dem um 1021/1022 von Alpert von Metz verfassten Werk De diversitate temporum. Hier liest man, dass nach der kaiserlichen Expedition ins Burgundische die einstigen Aufrührer sich vor Rudolf III. niedergekniet hätten. Nachdem sie beteuert hätten, dass sie gemäß der immerwährenden lex Burgundionem den von ihnen Gewählten und Eingesetzten zum König nehmen würden,36 hätten sie dann dem burgundischen

34 Thietmar, Chronicon, ed. Holtzmann, S. 434f. 35 Zu den rudolfingischen Domänen, siehe Robert Walpen, Studien zur Geschichte des Wallis im Mittelalter (9. bis 15. Jahrhundert), Bern 1983, S. 28–32. 36 Legem hanc perpetuam Burgundionum esse, ut hunc regem haberent quem ipsi eligerent atque

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König ihren Gehorsam versprochen, wenn er von seinen gegenüber dem Kaiser eingegangenen Verpflichtungen Abstand zu nehmen bereit sei.37 Sowohl Alpert von Metz als auch Thietmar von Merseburg versichern, dass der König ihrer Bitte aufmerksam gelauscht habe. Wie immer dem aber auch gewesen sein mag, in jedem Fall verschlechterten sich die Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem burgundischen König zusehends. Nicht nur wurde im Umfeld Rudolfs III. der prokaiserlich gesonnene Bischof Heinrich von Lausanne ermordet,38 Heinrich II. führte auch im Sommer 1018 eine weitere Expedition ins Burgundische durch, die sich diesmal unmittelbar gegen König Rudolf III. richtete.39 In dieser nun äußerst angespannten Lage ist das bissige Portrait zu verorten, das Thietmar vom Burgunderkönig zeichnete. Es war Teil der Propaganda des kaiserlichen Hofes und hatte den Zweck, die Rechtmäßigkeit der Schirmherrschaft zu unterstreichen, die Heinrich für das Königreich Burgund und für die dieses betreffenden Angelegenheiten beanspruchte. Der Bischof von Merseburg wälzte dementsprechend die Verantwortung für die Verschlechterung der Lage auf König Rudolf III. ab und beschuldigte diesen, das feierliche, in Straßburg eingegangene Versprechen missachtet zu haben. Der Bischof von Merseburg konnte die Undankbarkeit des burgundischen Königs umso mehr beklagen, als er zuvor die Freigebigkeit betont hatte, die der Kaiser in Straßburg gegenüber seinem Onkel unter Beweis gestellt hatte. Thietmars Anklagerede fußte jedoch dadurch, dass sie den verweichlichten und verweiblichten Charakter und die Trägheit Rudolfs III. unterstrich, auf einem noch viel gefährlicheren Argument. Auf diese Weise stufte der Bischof von Merseburg den burgundischen König in die Kategorie der reges inutiles ein und zählte ihn somit zu den unfähigen Herrschern, deren Absetzung gemäß der politischen Theologie der Karolinger möglich, wenn nicht sogar notwendig war.40 Durch die Beschuldigung und das Belasten Rudolfs III. gab der Bischof von Merseburg weniger seinem Zorn nach; ihm war vielmehr daran gelegen, dem burgundischen König alle Attribute zuzusprechen, die einen rex inutilis in der

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constituerent (Alpert, De diversitate temporum, in: MGH SS 4, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1841, S. 700–723, hier S. 717). Hi vero qui antea rebellionem fecerant […] venerunt ad regem et eius pedibus provoluti se dediderunt et omnibus rationibus de comtemptu satisfacturos promiserunt, neque se umquam ab hoc animo revocari quin semper suis imperiis sint obedientes (ebd., S. 717). Morerod hat die Tragweite der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Rudolf III. und Heinrich II. betont und zu zeigen vermocht, dass diese wahrscheinlich die Quelle für die Ermordung des Lausanner Bischofs Heinrich bildet, die im August 1018 erfolgte (Jean-Daniel Morerod, GenHse d’une principaut8 8piscopale, la politique des 8vÞques de Lausanne [IXe–XVe siHcle], Lausanne 2000 [BibliothHque Historique Vaudoise 116], S. 86–89). Siehe hierzu Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 132–136. Zum rex inutilis siehe Edward Peters, The Shadow King. Rex Inutilis in Medieval Law and Litterature (751–1327), Yale 1970.

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politischen Kultur der Karolinger ausmachten. Wie jeder »roi fain8ant«, jeder untätige König, war Rudolf III., der mollis und effeminatus war, nicht in der Lage, seine königlichen Aufgaben wahrzunehmen. Er vermochte es nicht, Frieden in seinem Reich zu gewährleisten, wie es die Verunsicherung seiner Untertanen offenbart, die sich dazu gezwungen sahen, sich neue Protektoren zu suchen. Er war nicht in der Lage, die Kirche zu schützen, ja er ließ es nicht nur zu, dass sich die Großen der Bistümer bemächtigten, sondern er lebte sogar selbst auf Kosten seines Klerus. Nachdem Thietmar den Beweis geführt hatte, dass Rudolf III. ein neuer Childerich III. war, schloss er mit einem wahrhaften Aufruf zur Absetzung des Burgunderkönigs, dessen Königtum nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich und verhängnisvoll war, weil ein »anderer König« – sprich Kaiser Heinrich II. – auf diese Weise daran gehindert wurde, ein »neues Gesetz« einzuführen. Die von Thietmar erhobenen Anschuldigungen blieben keineswegs eine vereinzelte Stimme. Weitere Geschichtsschreiber aus dem Reich griffen diese Anschuldigungen auf. Einen ähnlichen Diskurs finden wir etwa bei Alpert von Metz. Bei ihm liest man, der König von Burgund sei ein gutgläubiger Herrscher, der ein ahnungsloses Leben führe41 und dem die Angelegenheiten des Königtums gänzlich fremd blieben.42 In den Annales Sangallenses heißt es zudem, Rudolf III. – der hier im Übrigen den Titel regulus erhielt – sei ein derart unfähiger Herrscher, dass er militärisch von seinen Großen zermalmt worden sei, obgleich er über überlegene Streitkräfte verfügt habe.43 Die intellektuellen Eliten des Reiches stimmten einen derart ähnlichen Diskurs an, dass er offenkundig ein und derselben ideologischen Offensive entsprungen sein muss, deren Quelle höchstwahrscheinlich am kaiserlichen Hof zu suchen ist und deren Ziel es gewesen sein dürfte, die Gemüter auf eine mögliche Absetzung des burgundischen Königs einzustimmen.

Epilog: Besançon, 1016 – Das Konstruieren der damnatio memoriae Königs Rudolf III. Was ist nun im Jahr 1016 in BesanÅon geschehen? Wie die dargelegten Quellen gezeigt haben, wissen wir sehr wenig über die tatsächlichen Ereignisse. Wie so oft verraten die Quellen rein gar nichts über die tiefer reichenden Ursachen des 41 Ruodolfus rex Burgundiae propter mansuetudinem et innocentiam vitae a quibusdam principibus contemptus est (Alperti, De diversitate temporum, S. 716). 42 Regem [Rudolfum] a negotiis regni alienatum (ebd., S. 717). 43 Rodulfus in Burgundia, qui patri Chuonrado successit in regnum, quosdam suorum hereditate privare conatus, bello lacessitus est ab eis, ubi ipse regulus licet copiosum haberet exercitum, facile tamen victus et fugatus (Annales Sangallenses maiores, in: MGH SS 1, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1826, S. 72–85, ad a. 994, hier S. 81).

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Konflikts. Höchstwahrscheinlich stand das Eingreifen Heinrichs II. in BesanÅon mit dem Aufdecken einer Verschwörung im Königreich Italien in Verbindung; doch hierbei handelt es sich, wie gesagt, nur um eine reine Annahme, die sich allein auf Basis unserer Quellen nicht verifizieren lässt. Besonders schwer ist es, die exakte Rolle, die König Rudolf III. bei alledem spielte, einzuschätzen. Man darf wohl annehmen, dass er ein höchst komplexes Spiel betrieb, das ihn dem Kaiser gegenüber seine Aufrichtigkeit beteuern ließ, während er zugleich die Großen bei ihren Aufständen im Königreich Burgund und im Regnum Italiae unterstützte, mit dem Ziel, die erdrückende kaiserliche Vorherrschaft zu schwächen. Eines steht jedoch fest: In der langen Geschichte der zwischen dem Reich und dem Königreich Burgund bestehenden Beziehungen markieren die Ereignisse, die sich in BesanÅon im Jahr 1016 abspielten, eine wichtige Wende. Weniger wegen des berühmten, mit Blick auf die Nachfolge geleisteten Versprechens, das Rudolf III. gegenüber dem Kaiser beim Straßburger Treffen ablegte – dies stellte in der Tat nur eine Bestätigung früherer, seitens des burgundischen Königs eingegangener Verpflichtungen dar –, als vielmehr wegen der abrupt verhärteten Fronten am kaiserlichen Hof. Diesem galt die Nachfolge auf dem Erzbischofssitz von BesanÅon als Vorwand, um militärisch im Königreich Burgund einzuschreiten. Durch die Investitur Bertalds als Erzbischof von BesanÅon und durch dessen Einsetzen manu militari startete der kaiserliche Hof, der sich bislang mit einer stabilen, aber diskreten Schirmherrschaft über das Königreich Burgund begnügt hatte, nun eine wahrhafte Eroberungskampagne, die durch die ottonische Propaganda dadurch aktiv unterstützt wurde, dass diese die Nutzlosigkeit des rudolfingischen Königtums anprangerte. Die definitive Annektion des Königreichs Burgund durch Kaiser Konrad II. im Jahr 1033/1034 setzte den regen propagandistischen Aktivitäten kein Ende, im Gegenteil. Sie bestärkte diese nur noch. Wipo, der den Kriegserfolg Konrads II. feierte, verkündete in seinen Gesta Chuonradi II Imperatoris, dass der Kaiser Burgund endlich »die Wohltaten eines lange vergessenen und beinahe außer Gebrauch gekommenen Gesetzes« gebracht habe.44 Für die kaiserliche Umgebung beruhte die Legitimität des Kaisers im Königreich Burgund weniger auf seiner Verwandtschaft mit Rudolf III. – Konrad war nur ein recht entfernter Cousin von diesem – als vielmehr auf seiner charismatischen Fähigkeit, die königliche Autorität wieder aufzurichten, die die vorherige Dynastie hatte verkommen lassen. Die Realität war dennoch eine andere: Kaiser Konrad II., der durch fast vollständige Abwesenheit glänzte, musste den Burgundern als der 44 Eiusdem anni [1038] autumno Burgundiam adiit et convocatis cunctis principibus regni generale colloquium habuit cum eis et diu desuetam atque pene deletam legem tunc primum Burgundiam praelibare fecerat (Wipo, Gesta Chuonradi II Imperatoris, in: Die Werke Wipos, ed. Harry Bresslau, Hannover/Leipzig 31915 [SS rer. Germ. 61], S. 3–62, hier S. 58).

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eigentliche »roi fain8ant« erscheinen. Seine Herrschaft versetzte den ohnehin schon schwankenden monarchischen Institutionen den eigentlichen Todesstoß. Als sich die Großen, die sich ohnehin schon weitgehend von der königlichen Schirmherrschaft befreit hatten, munter in den Kampf um die kirchlichen Benefizien stürzten, sah sich Wipo alsbald genötigt, in seinem Tetralogus einen eindringlichen Appell an Kaiser Heinrich III. zu richten. Er verwies darauf, dass die neu gewonnenen Gebiete zunehmend ins Wanken gerieten, wenn ihr Herr zu lange fernbliebe; denn wahr sei das alte Diktum: »aus den Augen, aus dem Sinn«.45 Als die kaiserliche Politik mit einem großen Misserfolg zu enden schien,46 verdoppelten die Chronisten aus dem Reich ihre Anstrengungen, um die Erinnerung an den letzten Rudolfinger zu verdammen, dessen legendäre Schwäche ein bequemes Alibi bot, um die Fahrlässigkeit seiner Nachfolger zu rechtfertigen. Am Ende des 11. Jahrhunderts heißt es dementsprechend bei Hermann von Reichenau, dass unter der Herrschaft Rudolfs III. das Recht verschwunden sei und sich Gewalt und Raub im ganzen Königreich so stark ausgebreitet hätten, dass es kein Leichtes mehr sei, sie auszurotten.47 Hermann von Reichenau war auch der erste, der den burgundischen König als Rudolf den Faulen (ignavus) bezeichnete48 – ein Beiname, den die Geschichtsschreiber im Reich nun systematisch aufgriffen.49 Nachdem Rudolf III. zunächst als Sündenbock gedient hatte, um die kaiserliche Herrschaft dafür zu exkulpieren, dass es ihr nicht gelungen war, die königlichen Institutionen im Burgundischen wiederaufzurichten, wurde das Bild des in Verruf geratenen Rudolf III. bald einstimmig genutzt, um diesem die Schuld für alles Vergangene anzulasten. Vor diesem Hintergrund versuchte auch 45 Praeterea tibi, rex, mandat Burgundia, surge / Atque veni, propera; noviter subiecta vacillant / Interdum domino per tempora multa remoto / Funditus est verum veterano tempore dictum / Quicquid abest oculis, removetur lumine cordis (Wipo, Tetralogus, in: Die Werke Wipos, ed. Bresslau, S. 75–87, hier S. 82, Vers 203–207). 46 Zur Unfähigkeit der salischen Herrscher, das burgundische Königtum wieder aufzurichten, siehe Helmut Beumann, Der Deutsche König als »Romanorum rex«, Wiesbaden 1981, S. 14–32. Beumann zeigt, dass die Formel in regno Burgundie in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts verschwand. 47 Sub quo [Roudulfuo] cessante iure, violentia et rapinae in illo regno, ut non facile propelli possint, adolevere (Herimanni Augiensis Chronicon, in: MGH SS 5, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1844, S. 67–133, hier S. 117). 48 Cuonrado rege Burgundiae defuncto et apud Sanctum Mauricium sepulto, Roudulfus filius licet ignavus regium ibi nomen annos circiter XXXVIII occupavit (ebd., S. 117) sowie Roudolfus ignavus Burgundiae regulus (ebd., S. 121). 49 Im Chronicon Suevicum universale heißt es beispielsweise in einem Eintrag zum 11. Jahr der Herrschaft Ottos III.: Chonrado rege Burgundiae mortuo, Rodolfus filius eius ignavus, successit (Chronicon Suevicum universale, ed. Harry Bresslau, in: MGH SS 13, Hannover 1881, S. 61–72, hier S. 69).

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die Mainzer Synode des Jahres 1049, die Erinnerung an den verstorbenen Burgunderkönig noch ein wenig stärker zu trüben. Nun wurde ihm auch die simonistische Investitur Bertalds zugeschrieben, um die »heilige« Erinnerung an Kaiser Heinrich II. noch etwas stärker zu »entlasten«. Die nun bereits fest etablierte damnatio memoriae König Rudolfs III. wurde zum Allgemeinplatz; ihm konnte man bequem alle Sünden der Vergangenheit aufbürden. Es hat eine gewisse Ironie, dass die damnatio memoriae König Rudolfs III. später, im Ancien R8gime, auch von der französischen Geschichtsschreibung instrumentalisiert wurde. Diese setzte nun alles daran, die kaiserliche Souveränität über das einstige Königreich Burgund in Verruf zu bringen. Sie sah als Ursprung für diese die Unbesonnenheit »Rudolfs des Faulen«, der seine gallischen Gebiete einem deutschen Herrscher ausgeliefert hatte. Ulysse Plancher erweiterte das von Thietmar gezeichnete Portrait und charakterisierte Rudolf den Faulen nun mit den folgenden Worten: »peu propre / r8gner, indolent, timide, paresseux, sans r8solution, sans valeur, 8galement incapable de gouverner et de d8fendre ses Etats«.50 Nicolas Chorier wiederum konnte es dem König von Burgund nicht verzeihen, dass er sein Reich einem »h8ritier au-del/ du Rhin«51 vermacht hatte. Bei ihm heißt es: »quoy qu’il e0t eu diverses femmes, il est certain qu’il estoit impuissant, n’y ayant point d’hommes si ardents aprHs ce sexe que ceux qui ne sont pas entiHrement hommes«.52 Obwohl ein derartiges Portrait natürlich besonders verletzend für das Gedächtnis Rudolfs III. ist, bot es ihm in gewisser Weise eine kleine Revanche: die damnatio memoriae, die der kaiserliche Hof geschmiedet hatte, wendete sich nun letztendlich genau gegen diejenigen, die diese geschaffen hatten.

50 Ulysse Plancher, Histoire g8n8rale et particuliHre de Bourgogne, Dijon 1739, 3 Bde., Teil I, S. 221. 51 Nicolas Chorier, Histoire g8n8rale de Dauphin8, Grenoble 1661, S. 590. 52 Ebd., S. 580.

Matthias Weber / Justus Wingenfeld (Bochum)

Investituren im Investiturstreit. Besançon im Vergleich zu Reichsburgund und dem ostfränkisch-deutschen Reich

Im Jahr 1075 erhob der deutsche König Heinrich IV. die Bischöfe von Spoleto und Fermo.1 Dieses Eingreifen in das vom Papst beanspruchte Einflussgebiet stieß bei Gregor VII. auf Missfallen. In einem Schreiben an den deutschen König verlangte er dessen Gehorsam und übermittelte auf mündlichem Weg zusätzlich die Androhung der Exkommunikation.2 Der König reagierte derart, dass er sich am 24. Januar 1076 mit zahlreichen Bischöfen und Großen in Worms versammelte, wobei er 26 Bischöfe dazu bewog, dem Papst ihre Treue aufzukündigen und ihrerseits ein Absetzungsschreiben zu formulieren.3 Dieser Brief erreichte den Papst auf der Fastensynode vom Februar 1076 in Rom. Er suspendierte daraufhin alle 26 Bischöfe, setzte Heinrich IV. ab und belegte diesen mit dem Kirchenbann.4 Doch blieb es für den abgesetzten Herrscher nicht nur, neumodisch gesprochen, bei diesen »Kompetenzstreitigkeiten« mit dem Papst. Auch die Oppositionen im deutschen Reiche, allen voran die Sachsen und die süddeutschen Fürsten, stellten sich gegen den König. Ein knappes Jahr später trafen sich die Fürsten und Großen des ostfränkisch-deutschen Reiches mit zahlreichen Bischöfen am 16. Oktober 1076 in Tribur, wo sie über die Zukunft des Reiches – und damit auch über die Zukunft des im Februar von Papst Gregor VII. ab1 Es waren Wolfarangus in Spoleto sowie ein namentlich nicht bekannter Bischof in Fermo, vgl. Gerhard Schwartz, Die Besetzung der Bistümer Reichsitaliens unter den sächsischen und salischen Kaisern mit den Listen der Bischöfe 951–1122, Leipzig/Berlin 1913, S. 234, 240. 2 Papst Gregor VII. warf Heinrich die Erhebung der Bischöfe von Fermo und Spoleto entgegen der auf der Fastensynode des Jahres 1075 beschlossenen Grundsätze vor, vgl. Gregorii VII registrum, Bd. I: lib. I–IV, ed. Erich Caspar (MGH Epp. sel. 2,1), Berlin 1920, III,10, S. 264: Et nunc quidem, ut vulnus vulneri infligeres, contra statuta apostolice˛ sedis tradidisti Firmanam et Spoletanam ecclesiam, si tamen ab homine [trad]i ecclesia aut donari potest, quibusdam personis nobis etiam ignotis, quibus non licet nisi probatis et ante bene cognitis regulariter manum imponere. 3 Brief Heinrichs an Papst Gregor VII., den »falschen Mönch« (in: MGH Const. 1, ed. Ludwig Weiland, Hannover 1893, Nr. 62, S. 110f.). 4 Protokoll der Fastensynode des Jahres 1076, Gregorii VII registrum, Bd. I, ed. Caspar, III,10a, S. 270f.

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gesetzten Königs – berieten. Unzählige Vorwürfe, Vergehen und Unzulänglichkeiten wurden gegen den Exkommunizierten vorgebracht. Man war sich einig: Es musste gehandelt werden. Heinrich IV., sich dieser brisanten Situation bewusst, lagerte am anderen Rheinufer in Oppenheim.5 Seine Gefolgschaft war gering und seine Lage prekär. Nach den Annalen Lamperts von Hersfeld sandte Heinrich Boten nach Tribur, die seine Bereitschaft signalisierten, die Reichsregierung vollständig in die Hände der Fürsten zu legen, wenn die Fürsten ihm im Gegenzug seinen Titel beließen.6 Inwieweit Lampert zu glauben ist, bleibt fraglich, doch ist unumstritten, dass Heinrich eine promissio aufsetzte, durch die er gegenüber Gregor VII. seinen Gehorsam aussprach, sich bußfertig zeigte und vor allem die Absetzung Gregors vom Januar 1076 bereute.7 Um zudem der geplanten Reise des Papstes nach Deutschland zuvorzukommen, entschloss sich Heinrich IV., selbst nach Italien zu reisen. Der sprichwörtlich gewordene »Gang nach Canossa« begann.8 Zum Ende des Jahres 1076 befand sich Heinrich in BesanÅon, wo er das Weihnachtsfest beging.9 Als Route nach Italien hatte Heinrich den Weg über Burgund gewählt, da ihm der direkte Weg über die Alpen durch die süddeutschen Großen versperrt wurde.10 Diese Rekapitulation der Ereignisse vor »Canossa« führt in zweierlei Hinsicht 5 Ohne im Detail auf die Vorgänge in Oppenheim und Tribur und die daran anschließenden Begebenheiten eingehen zu können, sei verwiesen auf Josef Fleckenstein, Heinrich IV. und der deutsche Episkopat in den Anfängen des Investiturstreites. Ein Beitrag zur Problematik von Worms, Tribur und Canossa, in: Ders./Karl Schmid (Hg.), Adel und Kirche. Gerd Tellenbach zum 65. Geburtstag dargebracht von Freunden und Schülern, Freiburg i. Br. 1968, S. 221–236, sowie auf Helmut Beumann, Tribur, Rom und Canossa, in: Josef Fleckenstein (Hg.), Investiturstreit und Reichsverfassung (Vorträge und Forschungen 17), Sigmaringen 1973, S. 33–60. 6 Lamperti monachi Hersfeldensis opera, ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 38), Hannover/Leipzig 1894, ad a. 1076, S. 278f.: postremo ultro se iure suo cedere eisque gubernandi disponendique pro suo arbitratu tocius regni ius potestatemque facere, dummodo equo animo paterentur sola regii nominis regiique cultus rata sibi manere insignia, quae semel legittime accepta sine summa omnium eorum ignominia amittere non posset. 7 Promissio Heinrichs IV. an Gregor VII., in: Die Briefe Heinrichs IV., ed. Carl Erdmann (MGH Dt. MA 1), Leipzig 1937, Anhang B, S. 69. 8 Die Ereignisse vor und in Canossa können in diesem Beitrag nicht thematisiert werden und sind überdies bereits ausführlichst dargelegt worden. Verwiesen sei weiterhin auf Harald Zimmermann, Der Canossagang von 1077. Wirkungen und Wirklichkeit (Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse. Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz 1975, 5), Wiesbaden 1975. Zum Stellenwert Canossas innerhalb des Konflikts im 11. und beginnenden 12. Jahrhundert siehe die mit Absicht als solche deklarierte Streitschrift von Johannes Fried (Canossa: Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift, Berlin 2012). 9 Vgl. immer noch Eugen Kilian, Itinerar Kaiser Heinrichs IV., Karlsruhe 1886, S. 74. 10 Lampert, Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1077, S. 285. Vgl. Gerold Meyer von Knonau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 2: 1070 bis 1077, Berlin 1894 [ND 1964], S. 742.

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zum Kern dieses Beitrages. Zum einen verweist die historische Rahmung auf die besondere Bedeutung der hier behandelten herrscherlichen und päpstlichen Investituren innerhalb der Auseinandersetzung zwischen regnum und sacerdotium. Zum anderen findet sich der Weg nach Canossa angesprochen, der zu einem großen Teil durch Burgund führte und hierfür als gliederndes Element dienen soll. Über das Abschreiten der Strecke wird versucht, anhand bestimmter Bistümer bzw. Städte, die Investiturpolitik sowohl im deutschen Reich als auch in Burgund nachzuvollziehen und zu vergleichen.11 Der Ereigniszusammenhang liefert überdies eine Begründung für die Eingrenzung des Betrachtungsspektrums, zumal nicht alle 47 deutschen und 38 burgundischen Bistümer betrachtet werden können. An dieser Stelle nicht zu leisten, ist die für einen vollständigen Vergleich im Grunde notwendige zusätzliche Beobachtung der 69 reichsitalienischen Bistümer. In einem ersten Schritt soll damit anhand von Heinrichs Reiseweg nach Canossa eine Auswahl von vorzustellenden Bistümern getroffen werden, um diese anschließend geographisch ein- und den politisch-administrativen Räumen zuzuordnen. Ist somit der räumliche Bezugsrahmen geklärt, wird ein zweiter Schritt in das Erzbistum BesanÅon zur Zeit des Investiturstreits führen, um es in seiner zentralen Position darzustellen, bevor dann der Canossa-Route und den dort anliegenden Bistümern gefolgt wird, um die Investiturpolitik bzw. die Investituren im Reich mit Burgund und BesanÅon vergleichen zu können. Am Ende soll schließlich eine zusammenfassende Überlegung stehen, die eine Verbindung von Investitur und der Nähe zwischen Bistum und Herrscher postuliert. Das Königreich Burgund fiel, wie wir wissen, nach dem Tod König Rudolfs III. im Jahr 1032 testamentarisch an Konrad II. und damit an das ostfränkischdeutsche Reich.12 In dieser Situation wäre zu erwarten gewesen, dass sich Konrad intensiv um die Angliederung dieses neuen Reichsteils an die bestehende Struktur des Reiches bemüht hätte, sei es über Aufenthalte in Burgund, über diplomatische Kontakte oder über eine politische Einflussnahme, etwa durch die Besetzung relevanter Bistümer mit ihm vertrauten Gefolgsleuten. Tatsächlich 11 Zu verweisen ist an dieser Stelle bezüglich der Investiturpolitik in Burgund und den Verbindungen zwischen Burgund und dem deutschen Herrscher auf die immer noch verbindliche Darstellung von Richard Kallmann, Die Beziehungen des Königreichs Burgund zu Kaiser und Reich von Heinrich III. bis auf die Zeit Friedrichs I., in: Jahrbuch für Schweizerische Geschichte 14 (1889), S. 1–110. Ansonsten sei genannt die Dissertation von Christiane Mainz, Die Besetzung der burgundischen Bistümer im Zeitalter der Salier und Staufer, Bonn 1921, derer man jedoch zumeist nur in stark gekürzter Fassung habhaft werden kann und die dementsprechend nicht komplett vorlag. 12 Gerafft zusammengefasst bei Heinrich Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund. Studien zur Politik der Staufer während des 12. Jahrhunderts, in: Theodor Mayer (Hg.), Probleme des 12. Jahrhunderts. Reichenau-Vorträge 1965–1967 (Vorträge und Forschungen 12), Konstanz u. a. 1968, S. 79.

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aber geben die erzählenden Quellen keinerlei Hinweis darauf, dass Konrad den Versuch unternommen hätte, in die Bistumspolitik Burgunds einzugreifen. Ohnehin hätte er sich dabei – anders als dies in Deutschland der Fall war – mit starken regionalen Machthabern auseinandersetzen müssen, die entscheidenden Einfluss auf die Besetzungspolitik der Bistümer ausübten. So lässt sich erklären, warum keine Investitur Konrads in Burgund nachzuweisen und lediglich eine Urkunde des Kaisers an einen Empfänger in Burgund auf uns gekommen ist: eine Besitzbestätigung für die erzbischöfliche Kirche zu Vienne unter ihrem Erzbischof Leodegar.13 Dass gerade Vienne von Konrad bedacht wurde, war sicher kein Zufall. Vienne war als ehemalige römische Kaiserstadt und Erzbistum wichtiger Bezugspunkt in Niederburgund.14 Darüber hinaus, und dies dürfte noch schwerer gewogen haben, hatte Rudolf III. bereits 1011 seiner damaligen Verlobten Irmingard die Stadt und die Grafschaft Vienne zu freiem Eigen überlassen.15 Sie überlebte Rudolf um 25 Jahre. Später wurden die Grafschaftsrechte dann dem Erzbischof von Vienne übertragen.16 Konrad sah sich wohl genötigt, seinen Einfluss auf die Stadt zu verdeutlichen. Schon Büttner hat jedoch die aus der Urkunde zu entnehmenden unpräzisen Kenntnisse des Herrscherhofes über die Verhältnisse in Niederburgund hervorgehoben.17 Von den dortigen Rechtsverhältnissen hatte der Kaiser offensichtlich keinerlei Kenntnis, was wohl auch erklärt, warum die versuchte Einflussnahme nicht von Erfolg gekrönt war. Vielmehr erscheint Leodegar von Vienne noch bis 1057 in Urkunden Königin Irmingards.18 Der über Vienne hinausgehende Einfluss der 13 Die Urkunden Konrads II., ed. Harry Bresslau (MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 4), Hannover/Leipzig 1909, Nr. 265, S. 366. Ausgestellt wurde das Diplom erst am 31. März 1038 in Spello in Italien, somit nicht unmittelbar nach dem Fall des Königreichs Burgund an das ostfränkisch-deutsche Reich. Die geringe Aufmerksamkeit, die Konrad Burgund entgegengebrachte, zeigt sich auch darin, dass keine eigene Kanzlei für Burgund eingerichtet wurde. In der Rekognition erscheint neben dem italienischen Kanzler Cadalus, der in Personalunion auch als Bischof das Bistum Naumburg vertrat, der italienische Erzkanzler Hermann, der Erzbischof von Köln. Die Einrichtung einer burgundischen Kanzlei erfolgte erst unter Heinrich III. Es darf jedoch angenommen werden, dass Konrad II. auch für BesanÅon urkundete, diese Urkunden jedoch heute verloren sind. Erzbischof Hugo I. bemerkte zum Jahr 1044, Konrad habe eine Schenkung König Rudolfs III. an seine Kirche bestätigt, vgl. Bernard de Vregille, Hugues de Salins, archevÞque de BesanÅon: 1031–1066, BesanÅon 1981, S. 56. 14 Vgl. Büttner, Friedrich Barbarossa, S. 79. 15 Die Urkunden der burgundischen Rudolfinger, ed. Theodor Schieffer, München 1977, Nr. 98, S. 253 [künftig zitiert als: MGH DD Burg.]. 16 Ebd., Nr. 115, S. 281–283. 17 Vgl. Büttner, Friedrich Barbarossa, S. 79. 18 Leodegar war Unterzeichner mehrerer Urkunden Irmingards, die zwischen dem 6. September 1032 und Herbst 1036 ausgestellt wurden: Signum Leudegarii Viennensis archiepiscopi (MGH DD Burg., Nr. 138f., S. 316–319); zudem heißt es am 23. August 1057: Signum domini Levdegarii archiepiscopi Uiennensis (ebd., Nr. 142, S. 321–323, hier S. 323).

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Königin sowie derjenige des bis 1070 amtierenden Leodegar beschränkten offenkundig den politischen Spielraum Konrads II. in Burgund beträchtlich. Erst Heinrich III. und sein Sohn sollten wieder den Versuch unternehmen, »politisch« in Burgund einzugreifen, wenngleich Vienne auch für sie unerreichbar bleiben sollte. Damit sind wir bereits bei Heinrich IV., dessen Reiseweg nach Canossa und den dabei mehr oder weniger direkt berührten Bistümern angelangt. Den Annalen Lamperts zufolge brach Heinrich zum Jahresende 1076 aus Oppenheim auf und begab sich – den Wünschen der Opposition folgend – nach Speyer. Der Forderung, alle Exkommunizierten aus seinem Gefolge zu entfernen,19 kam Heinrich nach und entließ den Erzbischof von Köln20 sowie die Bischöfe von Bamberg,21 Straßburg,22 Naumburg23 und Osnabrück,24 aber auch

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Schließlich restituierte Irmingard dem Kloster Saint-Pierre vor Vienne am 20. September 1057 im Beisein Leodegars mehrere Weinberge: Facta est hec redditio ac donatio Viennae in praesentia domni Leodegarii archiepiscopi (ebd., Nr. 143, S. 323f., hier S. 324). Weiterhin restituierte Leodegar am 3. November 1036 mit Zustimmung Irmingards dem Kloster SaintFerr8ol in Grigny die Güter in seinem Einflussbereich: Ego Leodegarius sancte matris aecclesiae Viennensis archiepiscopus (ebd., Nr. 173, S. 353). Von einer Hinwendung zu Konrad II. kann im Fall Leodegars kein Beleg gefunden werden; die von jenem ausgestellte Urkunde hat in dieser Beziehung keine Wirkung gezeigt. Deutlicher war hingegen die Fokussierung Leodegars auf das Papsttum, insbesondere auf Papst Leo IX., in dessen Umfeld der Erzbischof mehrfach nachzuweisen ist. So erschien er im Jahr 1050 auf der Ostersynode des Papstes, wie einem Schreiben Leos entnommen werden kann (Migne, PL 143, 644): Nomina episcoporum atque abbatum qui interfuerunt synoda Romae: […] Leodegarius Viennensis archiepiscopus. Vgl. dazu Georg Gresser, Die Synoden und Konzilien in der Zeit des Reformpapsttums in Deutschland und Italien von Leo IX. bis Calixt II. 1049–1123 (Konziliengeschichte. Reihe A. Darstellungen), Paderborn u. a. 2006, S. 23. Lampert, Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1076, S. 281f.: omnes, quos ille excommunicavit, extemplo a convictu contubernioque suo amoveat, ipse in urbem Spirensium dimisso exercitu secedat; sowie die Chronik Bertholds von Reichenau, ed. Ian S. Robinson (MGH SS rer. Germ. N. S. 14), Hannover 2003, S. 252: Rex autem, transacto circa Oppinhaim prescripto colloquio, Spirae […] stetit. Hildolf, Erzbischof von 1076 bis 1078. Vgl. Friedrich Wilhelm Oediger, Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. 1: 313–1099 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 21), Bonn 1954–1961, Nr. 1113, S. 338f., sowie Stefan Weinfurter, Colonia (Köln), in: Ders./Odilo Engels (Hg.), Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MXCXVII, Bd. 5,1: Germania: Archiepiscopatus Coloniensis, Stuttgart 1982, S. 27. Hermann I., Bischof ab 1065, investiert durch Heinrich IV. Im Jahr 1075 abgesetzt. Vgl. Erich Frhr. von Guttenberg, Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Bamberg (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte 6,2), Würzburg 1963, Nr. 379, S. 193; Nr. 466, S. 239f. Wernher II., Bischof von 1065 bis 1077, investiert durch Heinrich IV. Vgl. Paul Wentzcke, Regesten der Bischöfe von Strassburg, Bd. 1, Innsbruck 1908, S. 280, Nr. 295; S. 287, Nr. 331. Eppo, Bischof von 1045 bis 1079, investiert noch durch Heinrich III. Vgl. Tilman Struve, Art. »Eberhard (Eppo)«, in: Lexikon des Mittelalters 3 (1986), Sp. 1520f. Benno II., Bischof von 1068 bis 1088, investiert durch Heinrich IV. Vgl. dazu Helmuth Kluger/Angelika Spicker-Wendt, Osnabrugensis eccl (Osnabrück), in: Series episcoporum ecclesiae catholicae, Bd. 5,1: Germania: Archiepiscopatus Coloniensis, S. 153.

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diejenigen von Basel25 und Lausanne26 aus seiner Umgebung. In Speyer, wo der König sich den gesamten November und auch Anfang Dezember aufhielt, reifte dessen Entschluss, dem Papst entgegenzureisen, um ihm zuvorzukommen. Paucis igitur ante natalem Domini diebus habe Heinrich IV., so berichtet es Lampert, Speyer verlassen.27 Sein Weg führte ihn zunächst nach Burgund, genauer nach BesanÅon, wo er mit Wilhelm von Burgund, dem Vetter seiner Mutter Agnes, das Weihnachtsfest beging, wie es u. a. Berthold in seiner Chronik berichtet.28 Nur kurz weilten die Reisenden in BesanÅon. Urkundlich ist Heinrich IV. dann noch am 26. Dezember in Nordburgund zu fassen,29 ehe er in Richtung Genf zog und dort die Rhine überquerte. Anschließend wandten sich die Reisenden westwärts und überschritten den Pass des Mont Cenis. Der weitere Weg führte über Turin, Vercelli und Pavia, bis man im Februar 1077 Canossa erreichte.30 Welche Bistümer geraten damit in unseren Betrachtungshorizont? Dem Weg Heinrichs folgend sind es Worms, Speyer und Straßburg im deutschen Reich und anschließend, als sicher nachzuweisende Stationen, BesanÅon und Genf in Burgund. Hinzugenommen werden Basel und Lausanne sowie als Vergleichsobjekte im Süden Burgunds die Metropolregionen Lyon und Vienne. BesanÅon erscheint in diesem Zusammenhang als das Zentrum der Canossareise. Es wäre für den König sicherlich möglich gewesen, die Reise auf einem schnelleren Weg nach Italien fortzusetzen, doch entschied sich Heinrich dazu, die Weihnachtsfeiertage in BesanÅon zu verbringen. Dort traf Heinrich, wie erwähnt, auf einen Verwandten. Graf Wilhelm von Burgund war der Vetter seiner Mutter, der Kaiserin Agnes, der dem König und seiner Gefolgschaft, wie es Gerold Meyer von Knonau formuliert, »werthvolle Bundesgenossenschaft«31 entgegenbrachte. 25 Burchard IV., Bischof von 1072 bis 1107, investiert durch Heinrich IV. Vgl. Tilman Struve, Art. »Burkhart IV. von Fenis«, in: Lexikon des Mittelalters 2 (1983), Sp. 1104. 26 Burchard, Bischof von 1056 bis 1089, investiert möglicherweise noch durch Heinrich III. Vgl. Gilbert Coutaz u. a., Le diocHse de Lausanne, de Lausanne et GenHve et de Lausanne, GenHve et Fribourg. Les 8vÞques (Helvetia Sacra I/4), Bern 1988, S. 108. 27 Lampert, Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1076, S. 283. 28 Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1077, S. 255f.: Rex natalem Domini apud Bizantium in Burgundia, uno ibidem vix die commoratus, quomodocumque celebravit. Inde assumpta uxore et filio nec non toto suorum comitatu et apparatu, ut antea iam deliberatum est, Genove Rodano transito, Alpes asperrimo vix scandens reptansque itinere, festinus Longobardiam per Taurinensem episcopatum intravit. Nicht vermerkt ist der Aufenthalt überraschenderweise bei Bernold von Konstanz, wobei es doch gerade dieser war, der die Erhebung des dortigen Bischofs Hugo II. durch König Heinrich IV. 1066 explizit und exklusiv betonte, sodass eine Verbindung Bernolds zu BesanÅon hätte angenommen werden dürfen. 29 St. 2795a. Das ist nach Kilian (25.12. nach Berthold und Lampert und urkundliche Notiz vom 26.12.). 30 Vgl. Zimmermann, Der Canossagang, S. 29. 31 Meyer von Knonau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V.,

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Doch nicht nur der weltliche Rückhalt war Heinrich durch den verwandten Grafen gewiss,32 sondern er traf ebenso auf einen ihm treuen Bischof, der ihm in kirchlicher, besonders aber wohl auch administrativer Hinsicht eine Stütze war. Hugo II. war 1066 von Heinrich selbst zum Erzbischof erhoben worden. Er war, nach Berthold von Reichenau, eiusdem ecclesie canonicus33 und darüber hinaus wahrscheinlich bereits unter Heinrich III. als Kanzler in der erst unter diesem eingerichteten burgundischen Kanzlei tätig. Immerhin dreimal begegnet in der Rekognition34 ein Hugo cancellarius, den bereits Meyer von Knonau und Harry Bresslau mit dem späteren Erzbischof Hugo II. identifizierten.35 Der erste Erzkanzler Burgunds war im Übrigen kein anderer gewesen als Erzbischof Hugo I. von BesanÅon36 – die enge Verbindung zwischen BesanÅon und dem Reich lässt

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Bd. 2, S. 742. Zu dem Heinrich IV. ergebenen Grafen Wilhelm auch Zimmermann, Der Canossagang, S. 29. Lampert (Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1077, S. 285f.) berichtet, Wilhelm habe Heinrich in dessen schwerer Lage amplissimae et florentissimae empfangen. Dies mag von einem Verwandten erwartet werden können, doch schildert Lampert weiterhin, wie Heinrich, nachdem er aus BesanÅon aufgebrochen war, seine Schwiegermutter Adelheid bei Genf antraf, die ihm die Durchreise nur für die Übertragung von fünf angrenzenden Bistümern gestatten wollte. Zwar habe Adelheid ihren Schwiegersohn ehrenvoll (honorifice) empfangen, doch hätten verwandtschaftliche Gefühle bei ihr keine Rolle gespielt. Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1066, S. 203. So erscheint in der Rekognition in den Urkunden Heinrichs III. neben dem Erzkanzler, Erzbischof Hugo I., in drei Fällen ein weiterer Hugo als Kanzler : in einer unechten Urkunde über eine Schenkung an die Kirche und die Kanoniker zu BesanÅon vom 14. September 1042 (?): Ego Hugo cancellarius advicem domni Hugonis archiepiscopi et archicancellarii recognovi (Die Urkunden Heinrichs III., ed. Harry Bresslau/Paul Kehr [Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 5], Berlin 1931 [künftig zitiert als: MGH DD HIII], Nr. 398) sowie 1053 in zwei Diplomata an das Kloster des hl. Benignus zu Dijon und an die Kanoniker zu BesanÅon: Hugo cancellarius vice Hugonis archicancellarii et archiepiscopi recognovit (ebd., Nr. 312f.). Vgl. Harry Bresslau (Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, Bd. 1, Berlin 41969, S. 475), der, gleich Gerold Meyer von Knonau (Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 1: 1056 bis 1069, Leipzig 1890, S. 531 mit Anm. 71) davon ausgeht, dass sich hinter dem Kanzler Hugo der spätere Erzbischof Hugo II. verbirgt. Hugo ist wohl bereits im Jahr 1041 zum Erzkanzler bestimmt worden. Bresslau und Kehr (MGH DD HIII, S. XXXVI) gehen davon aus, dass die Schlusszeile von MGH DD HIII, Nr. 88 gekürzt wurde und durch Ermannus cancellarius [vice Hugonis archicancellarii et archiepiscopi] ergänzt werden kann, sodass bereits zu diesem Zeitpunkt die Ernennung Hugos zum Erzkanzler des burgundischen Reiches angenommen werden darf. Weiterhin erscheint Hugo als Erzkanzler in ebd., Nr. 134, 239, 244, 312f. und 389 [unecht]. Vier dieser sechs Diplome beziehen sich darüber hinaus auf die Bischofskirche, Kanoniker oder Stifte zu BesanÅon, zwei sind gerichtet an das Kloster Cluny sowie an das Kloster des hl. Benignus zu Dijon. Die zentrale Position BesanÅons unter Heinrich III. wird deutlich, selbst wenn angesichts von sechs Urkunden über einen Zeitraum von 15 Jahren eine gewisse Vorsicht geboten ist. Grundsätzlich zur Politik Heinrichs III. in Burgund siehe de Vregille, Hugues de Salins, S. 85ff.

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sich also nicht erst seit Heinrich IV. nachvollziehen. Hugo I. war im Jahr 1031 noch unter der Herrschaft des letzten burgundischen Königs, Rudolfs III., auf den Erzstuhl von BesanÅon gewählt worden, erhielt das Pallium jedoch erst im Jahr 1037.37 Die enger werdende Verbindung BesanÅons zum deutschen König und Kaiser, namentlich zu Heinrich III., lässt sich jedoch nicht alleine anhand der Einrichtung einer burgundischen Kanzlei ablesen, zu deren Leiter Hugo berufen wurde. Nicht zuletzt ist Hugo I. als Teilnehmer der königlich initiierten Synoden von Pavia,38 Sutri und Rom im Jahr 104639 sowie auf der Mainzer Synode 104940 nachzuweisen. Zwar hat sich nur eine unechte Urkunde Heinrichs an Hugo und die Kirche von BesanÅon erhalten,41 doch sind sich Bresslau und Kehr in der Vorbemerkung der MGH-Edition zum Diplom Nr. 389 sicher, dass »bei der besonderen Stellung, die der Erzbischof Hugo von BesanÅon am Hofe Heinrichs III. einnahm, […] es nicht unwahrscheinlich [ist], daß die Kirche von BesanÅon noch andere DD. als die auf uns gekommenen erhalten hat«.42 Be-

37 Vgl. J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, 5. Abt.: Papstregesten 1024–1058, 1. Lief.: 1024–1046, bearb. von Karl Augustin Frech, Köln u. a. 2006, Nr. 199, S. 142. Weiterhin dazu insbesondere de Vregille, Hugues de Salins, S. 39ff., 60ff. 38 Vgl. das Protokoll der Synode von Pavia vom 25. Oktober 1046 (in: MGH Const. 1, ed. Weiland, Nr. 48, S. 94): Interfuit etiam […] Ugo archiepiscopus Crisopolitanus. Grundsätzlich zu dieser Synode vgl. Heinz Wolter, Die Synoden im Reichsgebiet und in Reichsitalien von 916 bis 1056 (Konziliengeschichte. Reihe A. Darstellungen 5), Paderborn u. a. 1988, S. 374ff. 39 Die Teilnahme der gleichen Bischöfe an der Synode in Rom, die bereits ebenfalls an der Synode von Sutri teilgenommen hatten, betonen sowohl die Chronik von Montecassino (cum omnibus eiusdem concilii episcopis Romam venit [ed. Hartmut Hoffmann [MGH SS 34], Hannover 1980, II,77, S. 322]) sowie Desiderius in seinen Dialogi, lib. III (Post haec rex Urbem ingressus, congregato in ecclesia beati Petri apostoli Romano clero et populo, una cum episcopis, qui in praedictam convenerant synodum, communi consilio Clementem Pavimbergensem episcopum elegerunt [in: MGH SS 30,2, ed. Gerhard Schwartz/Adolf Hofmeister, Leipzig 1934, S. 1143]). Vgl. dazu auch Wolter, Die Synoden im Reichsgebiet, S. 382f., 395. Als einziger burgundischer Bischof, der an den genannten Synoden in Italien teilnahm, blieb Hugo auch im Jahr 1047 im Umfeld Kaiser Heinrichs III. und er ist bei einem Königsgericht am 7. April 1047 in Ravenna nachweisbar : Hoc factum est innumera populi multitudine considente et stante […] Vgone Bissaciensi archiepiscopo (MGH DD HIII, Nr. 192). 40 Vgl. die Synodalurkunde Papst Leos IX. vom 19. Oktober 1049 für Erzbischof Hugo von BesanÅon, ausgestellt auf dem Mainzer Konzil Kaiser Heinrichs III. und Leos IX., in: MGH Const. 1, ed. Weiland, Nr. 51, S. 99. Hugo I. nahm an dieser Synode nicht nur teil; Heinrich III. verteidigte den Erzbischof ebendort gegen Angriffe anderer, insbesondere gegen den ihm entgegenstehenden Erzbischof von BesanÅon, Bertald. Sicher ist anzunehmen, dass auch dieses in BesanÅon bis zum Jahr 1049 vorliegende Schisma dazu beigetragen hat, Hugo I. näher an den Kaiser heranzuführen. Vgl. dazu weiterhin Büttner, Friedrich Barbarossa, S. 79; Gresser, Die Synoden und Konzilien, S. 21; Wolter, Die Synoden im Reichsgebiet, S. 409ff. 41 MGH DD HIII, Nr. 389. 42 Vorbemerkung zu ebd., Nr. 389. Neben der Bischofskirche von BesanÅon hat Heinrich III. überdies mit dem Stift der hl. Maria und des hl. Paulus sowie dem St. Stephansstift zwei von

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sanÅon und Hugo I. sind somit unter Heinrich III. zu – für die Verbindung von Deutschland und Hochburgund wichtigen – Einflussfaktoren aufgestiegen. Diplomatische Verbindungen zu Niederburgund fehlen jedoch weiterhin, allerdings muss eine gewisse Beziehung zwischen den niederburgundischen Erzbistümern und Heinrich III. bestanden haben. Immerhin erschienen auf den genannten Synoden 1046 in Pavia, Sutri und Rom auch die Erzbischöfe von Arles43 und Lyon. Die Teilnahme Halinards von Lyon war jedoch zu erwarten gewesen, denn Heinrich hatte ihn im Vorfeld der Synoden als bereits zweiten Bischof innerhalb Burgunds investiert und somit, gleich seinem Vater, offensichtlich den Versuch unternommen, seinen Einfluss in Niederburgund zu festigen oder überhaupt herzustellen.44 Wenig überraschend war es dann Erzbischof Hugo I. von BesanÅon, der an Halinard die Weihe vornahm, wie es die Chronik von St-B8ninge in Dijon verzeichnet.45 Doch auch die Einflussnahme Heinrichs III. scheint nicht dauerhaft von Erfolg gekrönt gewesen zu sein. Lässt sich Hugo I. von BesanÅon im Anschluss an die Synoden von 1046 auch im folgenden Jahr, wie oben gehört, weiterhin im Umkreis des mittlerweile zum Hugo I. gegründeten oder wiederhergestellten Stiften 1045 und 1049 Urkunden zukommen lassen (ebd., Nr. 134, 239). 43 Erzbischof Reimbald (1030–1067/1069). 44 Bereits Halinards Vorgänger, Odulrich, ist von Heinrich im Jahr 1041 zum Erzbischof von Lyon promoviert worden. Halinard hatte zuvor die ihm schon 1041 angetragene erzbischöfliche Würde von Lyon noch zurückgewiesen. Dazu berichtet die Chronik von St-B8nigne in Dijon: (Halinardus) […] diligebatur quam plurimum a regibus Francorum Rotberto et Heinrico. Sed et Chonradus imperatore et eius filius Henricus caesar nimio illum venerabantur affectu. Unde factum est, ut Lugdunensi sedis vacante antistite, ab ipso Henrico imperatore, eo quod olim sibi cognitus et pro religiosa conversatione ac fama sanctitatis erat valde dilectus, oblatus est ei honor illius episcopatus. Ipso vero grave pondus procellosi culminis per custodiam refugit humilitatis, obtendens, se monachum ad tantum honus nequaquam fore idoneum. Erat tunc in clero Lingonensi quidam clericus, nomine Odulricus, aetate pariter ac sancta conversatione provectus, litteris adprime eruditus, qui tunc in palatio regis aderat, sed tamen principi non plene cognitus. Hunc domnus pater noster Halinardus suasit expetendum; quem et sapientiae ubertas et senectutis commendabat dignitas. His renunciatis regi verbis, miratus vel quod oblatum honorem sacerdotii tam vili penderet, vel quod in se denegabat pro alio tam sollicite expetebat, assensit, et episcopatus dignitatem memorato domno Odulrico concessit (MGH SS 7, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1846, S. 235). Vgl. Jacques Gadille (Hg.), Le diocHse de Lyon (Histoire des diocHses de France, N. S. 16), Lyon 1983, S. 68; Ernst Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III., Bd. 1, Leipzig 1874, S. 135f. 45 Sehr ausführlich wird über Halinards Reise an den Königshof, seine vorläufige Ablehnung der Würde sowie schlussendlich seine Investitur berichtet (MGH SS 7, S. 236 f.). Ebd. schließlich auch zur Weihe durch Erzbischof Hugo I. (S. 237): Ordinatus est autem venerandus pater Halinardus per manus domni Hugonis archiepiscopi Chrisopolitani, in loco qui vocatur Herbrestinc lingua Teutonica, quod in nostra Bonas-mansiones signat, anno ab incarnatione Domini 1046 (ebd., S. 237).– Allgemein zu Halinard vgl. Matthias Schrör, Art. »Halinard«, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon 26 (2006), Sp. 612ff.; zur unkanonischen Erhebung de Vregille, Hugues de Salins, S. 94f.

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Kaiser erhobenen Heinrich nachweisen, so schweigen die Quellen hinsichtlich einer Präsenz der Erzbischöfe von Arles und Lyon im Umfeld des Kaisers.46 Während sich somit eine engere Bindung Hochburgunds an das deutsche Reich annehmen lässt,47 behielt Niederburgund seine bereits unter Konrad zu beobachtende vom Reich distanzierte Stellung bei. Diese noch 1076 vorherrschende Struktur fand Heinrich IV. bei seinem Aufenthalt zum Weihnachtsfest in BesanÅon vor, das als eine wohl bereits traditionell reichsnahe und reichstreue Bischofsstadt erscheint, die ihm bei seiner Italienreise Aufnahme gewährte. Wie aber verhielt es sich mit der Bischofserhebung Hugos II., die anscheinend erstaunlich unspektakulär verlief ? Von ihr sprechen lediglich die zwei sehr knappen Berichte Bertholds sowie Bernolds von Konstanz.48 Berthold berichtet, jedoch nur in der zweiten Fassung seiner Chronik, vom Tod Hugos I. sowie der kanonischen Wahl seines Nachfolgers. Eine Einflussnahme Heinrichs IV. sucht man in diesem Bericht vergebens. Erst Bernold, der ansonsten weitgehend den Wortlaut Bertholds übernimmt, ergänzt die entscheidenden Worte a rege substituitur. Warum Bernold seine Vorlage erweitert, lässt sich nur vermuten. Doch sei darauf hingewiesen, dass sich im Unterschied zum deutschen Reichsteil, wo zahlreiche Quellen über Investituren durch Heinrich IV. bereits vor 1077 berichten, sich dergleichen für Burgund nicht findet. Der Eindruck, der durchaus auch auf geringes Interesse der Quellen zurückzuführen sein könnte, ist anscheinend tatsächlich Ausdruck eines vergleichsweise geringen königlichen Einflusses. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass neben BesanÅon nur die Investitur des Basler Bischofs Burchard IV. im Jahr 1072 durch Heinrich mit großer Sicherheit anzunehmen ist, wobei dieser Bischof zudem noch von Hugo II. geweiht wurde.49 Als umso bedeutender ist damit in der Zeit der Konflikte 46 Halinard erschien zwar vermehrt auf Synoden Papst Leos IX., so 1049 in Rom (JL 4158) und Reims (JL 4176) sowie 1050 erneut in Rom auf der Ostersynode (JL 4219), er ist aber nicht mehr im Umkreis des Kaisers anzutreffen. 47 Die Basler Bischöfe Ulrich und Theoderich erhielten mehrfach Schenkungen Heinrichs III. (MGH DD HIII, Nr. 38–40, 77). Theoderich war überdies 1049 Teilnehmer der Synode von Mainz und vor Beginn seines Episkopats lange deutscher Kanzler, vgl. Die Urkunden Heinrichs III., ed. Bresslau/Kehr, S. 473. 48 Das Jahr 1066 unter Nennung der kanonischen Wahl Hugos führt Berthold nur in der zweiten Fassung an (ed. Robinson, S. 203: cui successit a fratribus canonice electus eiusdem ecclesiae canonicus); die Bestätigung durch Heinrich IV. ergänzt die Chronik Bernolds von Konstanz (ed. Ian S. Robinson [MGH SS rer. Germ. N. S. 14], Hannover 2003, S. 396: Cui eiusdem aeclesiae canonicus, a fratribus electus, a rege substituitur). 49 Zu Erhebung und Weihe Burchards vgl. Albert Bruckner u. a., Das alte Bistum Basel, in: Schweizerische Kardinäle. Das apostolische Gesandtschaftswesen in der Schweiz. Erzbistümer und Bistümer I (A-Ch) (Helvetia Sacra I/1), Bern 1972, S. 169. Dazu auch J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, 2. Abt.: Heinrich IV. 1056 (1050)–1106, 2. Lief.: 1065–1075, bearb. von Tilman Struve/Gerhard Lubich/Dirk Jäckel, Köln u. a. 2010 [künftig zitiert als: RI III,2,2], Nr. 620, S. 123f. Überliefert hat sich die von Burchard gegenüber der Kirche von BesanÅon geleistete Obedienzerklärung, vgl. Georg Waitz, Obe-

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die Rolle BesanÅons sowie insbesondere Hugos II. in seiner Beziehung zu Heinrich IV. aufzufassen, auch wenn die Quellen wenig darüber verraten. Einzig in einer Urkunde Heinrichs an das Stift der hl. Maria und des hl. Paulus zu BesanÅon aus dem Jahr 1067 wird Hugo II. von Heinrich IV. als fidelis noster bezeichnet50 und ist damit einer der wenigen namentlich erwähnten burgundischen Bischöfe. Die Urkunde offenbart jedoch noch einen weiteren Aspekt. Hugo II. wird nicht nur als treuer Anhänger des Königs geführt, sondern er erscheint darüber hinaus als sanctae Bisuntinensis ecclesiae venerabilis electus archiepiscopus. Hugo hatte somit zu diesem Zeitpunkt die Bischofsweihe noch nicht erhalten; es ist nicht ersichtlich, ob er sie überhaupt je erhalten hat. Dies mag mit der Verbindung zu Heinrich IV. in Zusammenhang stehen, was allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt in der Herrschaft des Königs noch nicht derartige Auswirkungen gehabt haben dürfte. Die Gründe für die ausgebliebene Weihe, sollte sie tatsächlich nicht erteilt worden sein, bleiben somit vorerst im Dunkeln. Sicher ist jedoch die bestehende Verbindung zwischen dem Erzbischof und dem König, auch wenn es auffällig ist, dass Hugo II. nicht die Nachfolge als Erzkanzler Burgunds antrat. Dies mag jedoch auch mit dem Bedeutungsverlust der burgundischen Kanzlei zusammenhängen, in der erst zum Jahr 1082 mit Bischof Ermenfried von Sitten wieder ein Kanzler nachweisbar ist.51 Ein ähnlich gutes Auskommen zwischen Herrscher und Bischof bestand ansonsten vielleicht noch in den nordburgundischen Bistümern Basel, Lausanne sowie Sitten, in den zentralen Bereichen sowie im Süden Burgunds jedoch nicht. Doch auch die Verbindung zwischen BesanÅon und dem Reich nahm ein Ende. Unter dem Nachfolger Hugos II., Hugo III., ist eine Verbindung zu Heinrich IV. nicht mehr festzustellen.52 Doch auch eine päpstliche Ausrichtung, in dieser Zeit dienzerklärungen Burgundischer und Französischer Bischöfe, in: Neues Archiv 3 (1878), S. 198: Ego Burchardus Basiliensis ecclesiae episcopus, subjectionem pisticamque oboedientiam spondeo, promitto manuque propria firmo, rectoribus sanctae matris Vesonticensis ecclesiae, ab hinc servare sicut decet. 50 Die Urkunden Heinrichs IV., ed. Dietrich von Gladiss (Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 6), Berlin 1941 [künftig zitiert als: MGH DD HIV], Nr. 196, S. 253. 51 Auch das Bistum Sitten gehört in den dem Reich zugeneigten Verbund hochburgundischer Städte. Ermenfried von Sitten, über dessen Erhebung keine genauen Berichte vorliegen, nahm hingegen erst frühestens 1071 Partei für Heinrich IV. und war zuvor Legat mehrerer Päpste in Frankreich und England. Vgl. Louis Carlen, 1000 Jahre Bischöfe von Sitten (999–1999), in: Ders. (Hg.), Recht, Geschichte und Symbol: Aufsätze und Besprechungen, Hildesheim 2002, S. 242ff., sowie Gilbert Coutaz u. a., Das Bistum Sitten / Le diocHse de Sion. Bischöfe / EvÞques, in: Das Bistum Sitten. Le diocHse de Sion. L’archidiocHse de Tarentaise (Helvetia Sacra I/5), Basel 2001, S. 149f. Als burgundischer Kanzler erscheint Ermenfried in zwei Diplomen von 1082 und 1087 (MGH DD HIV, Nr. 344, 397). 52 Nicht übersehen werden darf an dieser Stelle die dahinter liegende familiäre Konstellation. Hugo war Sohn des Grafen Wilhelm von Burgund, der, wie gezeigt, mit der Mutter Heinrichs IV., Agnes, in verwandtschaftlichem Verhältnis stand. Es gibt keine Überlieferung, die eine Einflussnahme Wilhelms auf die Besetzung seines Sohnes als Erzbischof von BesanÅon

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häufig ausschlaggebend für die Abwendung eines Bischofs von Heinrich IV., ist nicht eindeutig festzumachen. Die Gesta episcoporum Virdunensium berichten über die Einsetzung des 1089 durch Heinrich IV. investierten Richers zum Bischof von Verdun53 im Jahr 1094, die erst post abiurationem Heinricianae partis erfolgt sei.54 Richer wandte sich für seine Einsetzung somit nicht an seinen, Heinrich IV. zugewandten, Metropoliten Egilbert, den Erzbischof von Trier,55 sondern an Erzbischof Hugo von Lyon. Geographisch näher hätte BesanÅon gelegen, doch Richer suchte offenbar seine Erhebung durch einen ausgewiesenen Anhänger und Vertrauten des Papstes zu erlangen. Auf der einen Seite sind somit unter Hugo III. von BesanÅon Verbindungen zwischen dem Reich und dem Kaiser nicht weiter feststellbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in BesanÅon stattdessen päpstlicher Einfluss zu beobachten wäre. Gewiss zeugt der Aufbruch Erzbischof Hugos III. zum Kreuzzug 1100/1101, in dessen Folgen er den Tod finden sollte,56 von einer religiösen Überzeugung, doch muss dies nicht unbe-

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überliefert; dennoch ist dies natürlich nicht auszuschließen. Dass jedoch diese familiäre Bindung automatisch zu einem guten Verhältnis zwischen Herrscher und Bischof führte, widerlegt die Erhebung eines weiteren Sohnes Wilhelms zum Erzbischof von Vienne. Guido war im Jahr 1088 erhoben worden, er war bald als päpstlicher Legat nachzuweisen und ebendieser Guido, ab 1119 Papst Calixt II., exkommunizierte 1112 Kaiser Heinrich V. (vgl. im weiteren Verlauf dieses Beitrages). Vgl. dazu auch Jean Richard, Art. »Wilhelm d. Gr., Gf. von Burgund (1057–1087)«, in: Lexikon des Mittelalters 9 (1998), Sp. 145. Zur familiären Konstellation vgl. auch Detlev Schwennicke (Hg.), Europäische Stammtafeln. Neue Folge: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten, Bd. 2: Die außerdeutschen Staaten. Die regierenden Häuser der übrigen Staaten Europas, Marburg 1984, Tafel 59. Grundsätzlich zu Richer und seiner Erhebung durch Heinrich IV. vgl. Franz-Reiner Erkens, Die Trierer Kirchenprovinz im Investiturstreit (Passauer historische Forschungen 4), Köln/ Wien 1987, S. 168ff. unter Verweis auf die irreführende Information des Laurentius von Lüttich, der berichtet, Richer habe zwar den Weg zum Königshof genommen, um die Investitur zu empfangen, sei jedoch praktisch gegen seinen Willen dorthin geführt worden, weil sich ihm keine andere Möglichkeit geboten hätte: quoniam alia via non patebat, ductus est ad curiam, contra vetitum apostolicae sedis a caesare pontificalem baculum suscepit (Laurentii gesta episcoporum Virdunensium, in: MGH SS 10, ed. Georg Waitz, Hannover 1852, c. 10, S. 497). Nach Erkens ist diesem erst 50 Jahre später entstandenen Bericht kein entscheidender Wert beizumessen, sodass Richer nicht als antiköniglicher Kandidat anzusehen sei. Laurentii gesta episcoporum Virdunensium (MGH SS 10, ed. Waitz, c. 10, S. 497): eum [sc. Richer] Lugdunum Burgundiae duxit, ubi eum praedictus Hugo archipraesul post abiurationem Heinricianae partis in sancto paschali sabbato in presbiterum consecravit, in die autem festo in antistitem promovit. Vgl. zur Erhebung Richers auch Alfons Becker, Papst Urban II. (1088–1099) (MGH. Schriften 19), Stuttgart 1964, S. 153. Bereits im Jahr 1093 hatten die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun den Gehorsam gegenüber ihrem Metropoliten Egilbert aufgekündigt: Metensis aeclesia et Tullensis et Virdunensis ab obedientia Eigilberti Treverensis excommunicati discesserunt, eique se non amplius obedituras apertissime mandaverunt (Bernold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1093, S. 501f.). Auskunft darüber gibt nur ein Brief Papst Calixts II. aus dem Jahr 1120 an Erzbischof Ansericus von BesanÅon: Hugonis Salinensis bonae memoriae Bisuntini archiepiscopi usque ad tempora fratris nostri Hugonis, qui in Jerosolymitana peregrinatione defunctus est (Michel-

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dingt für eine Ausrichtung auf das Papsttum sprechen, waren doch die Motive für die Kreuznahme bekannt vielfältig. BesanÅon scheint vielmehr für den Kaiser an Bedeutung verloren zu haben. BesanÅon mag nun – als Erzbistum, als Stätte direkten Kontakts zwischen Kaiser und Bischof, als exponierter Ort – eine Ausnahmeposition eingenommen haben, insbesondere unter den Erzbischöfen Hugo I. und Hugo II. Dies lässt sich allein im Vergleich erkennen, der zunächst mit einem Blick auf das deutsche Reich beginnen soll, bevor der Investiturpolitik in Burgund weiter nachzugehen sein wird. Dort bieten sich Speyer und Worms als zu untersuchende Bistümer an, zumal beide am Westrand des Reiches lagen und bis in den Elsass hinein begütert waren, mithin also die direkte Nachbarschaft Burgunds darstellten. In Speyer findet sich eine »Hochburg« der Salier. Beginnend mit Bischof Konrad, der 1056 durch Heinrich III. eingesetzt wurde, bis zu Bischof Bruno, der von Heinrich V. vermutlich 1107 die Investitur erhielt, sind sieben saliertreue Bischöfe zu fassen. Heinrich IV. investierte allein vier57 von diesen, von denen kurz auf Bischof Rüdiger, genannt Huzmann, eingegangen werden soll. Eingesetzt 1075 durch König Heinrich IV. war es u. a. eben dieser Huzmann, der 1076 das Aufkündigungsschreiben Papst Gregor VII. überbrachte58 und der auch kurzfristig aus dem Umfeld des Königs weichen musste, als dieser seine promissio abgab.59 In der Folge war er ein treuer Anhänger des Königs, was u. a. 1085 zu seiner Exkommunikation führte.60 Die Erhebungen in Speyer zum Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts waren überaus unproblematisch für die Heinrizianer. Wichtig ist zudem, dass keinerlei päpstliche Einflussnahme zu belegen ist. Dies stellt sich für Worms gänzlich anders dar, woran die Investiturproble-

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Jean-Joseph Brial, Recueil des historiens des Gaules et de la France, Bd. 15, Paris 1878, Nr. 29, S. 244). Vgl. dazu auch Werner Kundert, Das Erzbistum BesanÅon, in: Schweizerische Kardinäle (Helvetia Sacra I/1), S. 445. Einhard II. (1060–1067); Heinrich I. (1067–1075); Huzmann (bis 1090) und Johann I. (1090– 1104). Vgl. dazu grundsätzlich Johannes Emil Gugumus, Die Speyerer Bischöfe im Investiturstreit. Forschungen zu Problemen über das Verhältnis von Kirche und Staat im ausgehenden 11. Jahrhundert, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 3 (1951), S. 77– 144 und ebd. 4 (1952), S. 45–78; Ingrid Heidrich, Bischöfe und Bischofskirche von Speyer, in: Stefan Weinfurter (Hg.), Die Salier und das Reich, Bd. 2, Sigmaringen 1991, S. 187–224; Georg Gresser, Das Bistum Speyer bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 89), Mainz 1998, insbes. S. 158–180. Indeque litteras abrenuntiatorias per episcopos duos, Spirensem et Basiliensem, primum in Italiam principibus et episcopis illius patrie, huic conspirationi associandis, direxit, deinde Romam (Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1076, S. 237). Lampert, Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1076, S. 282f. In fine autem sinodi sententia anathematis cum ardentibus candelis promulgata est […] Item in […] Hoˇzemannum Spirensem exepiscopus (Bernold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1085, S. 452).

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matik der Zeit verdeutlicht werden kann. Bischof Adalbert, dessen Einsetzung 1070 zumindest unter der Zustimmung Heinrichs IV. geschah,61 stellt von der zeitlichen Einordnung her das Gegenstück zu Huzmann dar. Doch stand Adalbert im Sachsenkrieg auf der gegnerischen Seite, brach demnach mit dem König, wurde daraufhin 1073 von seinem Bischofssitz vertrieben,62 gelangte aber 1076 wieder zurück,63 war maßgeblich an der Wahl des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden 1077 beteiligt64 und geriet schließlich 1078 in königliche Gefangenschaft.65 Die Billigung Adalberts verschaffte dem König ganz offensichtlich keinen Parteigänger, das Bistum Worms war – trotz aller Nähe zum salischen Schwerpunkt Speyer – dem Zugriff des Herrschers entzogen. Um wieder mehr Einfluss zu erlangen, erhob Heinrich mit Thietmar, Winither, Ebbo und Konrad insgesamt vier kaiserliche Gegenbischöfe in Folge.66 Doch keiner der Bischöfe behauptete sich lange. Das Beispiel Worms zeigt, welche Ausmaße die »Kompetenzstreitigkeiten« um die Einsetzung gewinnen konnten, und beide Beispiele führen nochmals die Bedeutung des Bischofs sowie den Stellenwert der Investitur vor Augen. Dass diese spektakulären Sachverhalte das Interesse der Zeitgenossen fanden, versteht sich fast von selbst – und dass Begleiterscheinung und Konsequenz dieser Zustände als eine sich bildende »Öffentlichkeit« bewertet werden können, deutet Leidulf Melve sicherlich richtig.67 Doch so sehr man geneigt ist, seiner 61 Vgl. zu dieser Vermutung Andreas Urban Friedmann, Die Beziehungen der Bistümer Worms und Speyer zu den ottonischen und salischen Königen (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 72), Mainz 1994, S. 138f. Dass die Beteiligung Heinrichs IV. an der Erhebung Adalberts jedoch Spekulation bleiben muss, betont Josef Fleckenstein, Hofkapelle und Reichsepiskopat unter Heinrich IV., in: Ders. (Hg.), Investiturstreit und Reichsverfassung (Vorträge und Forschungen 17), Sigmaringen 1973, S. 127. 62 Ubi [sc. Worms] cum magna pompa a civibus in urbem susceptus est, qui et paulo ante, ut sua erga eum studia clariora facerent, milites episcopi, ingressum eius prohibere temptantes urbe expulerant, et ipsum episcopum, nisi mature fuga lapsus civitate excessisset, comprehendissent et vinctum ei misissent (Lampert, Annalen, ed. Holder-Egger, ad a. 1073, S. 169). 63 […] missis quoque Wormaciam nunciis milites, quos illic presidii causa constituerat abscedere urbemque episcopo patere precipit […] Suevi et Saxones, postquam deditis Wormaciensibus, statum civitatis episcopo pacatissimum reddiderunt (ebd., ad a. 1076, S. 283). 64 Zu den Vorgängen in Forchheim bis heute grundlegend Walter Schlesinger, Die Wahl Rudolfs von Rheinfelden zum Gegenkönig 1077 in Forchheim, in: Josef Fleckenstein (Hg.), Investiturstreit und Reichsverfassung (Vorträge und Forschungen 17), Sigmaringen 1973, S. 61–85. 65 Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1078, S. 334f.; Bernold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1078, S. 419; Bruno de bello Saxonico, ed. Hans-Eberhard Lohmann (MGH Dt. MA 2), Leipzig 1937, c. 96, S. 89; Liber de unitate ecclesiae conservanda, in: MGH Ldl 2, ed. Wilhelm Schwenkenbecher, Hannover 1892, II,16, S. 232. 66 Vgl. zu den Wormser Gegenbischöfen Friedmann, Beziehungen, S. 144ff. 67 Vgl. Leidulf Melve, Inventing the Public Sphere. The Public Debate during the Investiture Contest, c. 1030–1122, 2 Bde. (Brill’s studies in intellectual history 154), Leiden u. a. 2007.

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Interpretation Recht zu geben, so wenig erklärt sie das bestehende regionale Gefälle hinsichtlich der Berichterstattung. In Burgund etwa sieht es, wie am Beispiel BesanÅon bereits verdeutlicht werden konnte, deutlich schlechter aus als im Reich. Berichten beispielsweise über die Erhebung Erzbischof Annos II. von Köln – zugegebenermaßen eine der prominentesten Persönlichkeiten der Zeit – mehrere historio- und hagiographische Texte, finden sich zu Hugo II. von BesanÅon nur die aufeinander aufbauenden Berichte Bertholds und Bernolds, und dies wohl auch nur aufgrund der geographischen Nähe BesanÅons zum süddeutschen Herkunftsraum der Chronisten. Eine ansonsten oft bei Berthold und Bernold zu findende Diskreditierung Heinrichs in Zusammenhang mit einer von diesem durchgeführten Investitur oder aber eine Herabsetzung des Investierten findet sich hingegen nicht. Als Polemik wird man also den Bericht über die Erhebung Hugos II. somit nicht werten wollen. Entsprechende Nachrichten über Investituren finden sich auch im geographischen Umfeld BesanÅons, das 1076/ 1077 als Zentrum einer dem König treu ergebenen Region erscheint. Sowohl der mit großer Sicherheit von Heinrich IV. erhobene Basler Bischof Burchard als auch Burchard von Lausanne, der bereits 1056, möglicherweise noch von Heinrich III., erhoben worden war und die Weihe wohl durch Hugo II. von BesanÅon empfangen hatte,68 lassen sich als Gefolgsleute Heinrichs beschreiben – und dies auch in durchaus praktischem Sinn, begleiteten beide doch den König nach Canossa.69 Nicht zufällig finden sich also zahlreiche Quellen gerade über diese beiden burgundischen Bischöfe, wohl bezeichnenderweise mehr noch über ihre Verbindungen zu Heinrich IV. und ihr Ableben als über ihre Investitur.70 68 Die Weihe durch Erzbischof Hugo II. erfolgte wohl erst im Jahr 1073, wie die überlieferte Obedienzerklärung Burchards zu vermuten erlaubt, vgl. Waitz, Obedienzerklärungen, S. 197: Ego Burcardus sanctae Lausannensis ecclesiae nunc ordinandus episcopus subjectionem et reverentiam et oboedientiam a sanctis patribus constitutam secundum praecepta canonum, sanctae sedi Crisopolitanae ecclesiae rectoribusque ejus in praesentia domni archiepiscopi Hugonis perpetuo me exhibiturum promitto et super sanctum altare propria manu firmo. Dass hingegen sowohl Burchard von Basel als auch Burchard von Lausanne in den Jahren 1072 und 1073 durch Heinrich IV. eingesetzt wurden, wie dies bereits Gerold Meyer von Knonau (Die Einsetzung Bischof Burchard’s von Basel 1072 und Bischof Burchard’s von Lausanne 1073 in ihren Beziehungen zum Gegensatz zwischen König Heinrich IV. und Herzog Rudolf, in: Anzeiger für Schweizerische Geschichte 6, Teilbd. 2/2 [1891], S. 163) vermutet, muss wohl zurückgewiesen werden, da die Erhebung Burchards mit gewisser Wahrscheinlichkeit bereits nach 1056 datiert werden muss. Dennoch ist es nicht endgültig sicher, welcher Hugo (I.? II.?) Burchard von Lausanne die Weihe erteilte, vgl. de Vregille, Hugues de Salins, S. 181. 69 Dehinc facta pro eis consueta oratione, et in osculo sancto regi et episcopis quinque, Argentino, Bremensi, Lausannensi, Basiliensi, Neapolitano, et ceteris maioribus dignanter salutatis (Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1077, S. 261). 70 Zu nennen sind vor allem die Annalen Lamperts sowie die Chroniken Bertholds und Bernolds. Die Erhebung Burchards von Lausanne ist beispielsweise nur annäherungsweise mit

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Dies verweist auf eine weiter greifende Beobachtung, die das burgundische Material zulässt: Der Streitpunkt der Investitur als solcher, wie er zwischen König und Papst in Deutschland und Italien thematisiert wurde, lässt sich aus den Quellen heraus in Burgund kaum nachvollziehen. Ein Grund mag sein, dass Heinrich außerhalb der reichsnahen Gebiete um BesanÅon und Basel anscheinend nicht mehr als eine einzige Investitur vornahm, wobei die Quellenlage noch nicht einmal unbedingt eindeutig ist: Es wird vermutet, dass Heinrich bereits im Jahr 1065 Humbert zum Erzbischof von Lyon investiert haben soll.71 Diese Vermutung gründet zum einen darauf, dass bereits 1046 Heinrich III. Halinard, wie bereits ausgeführt, dort zum Erzbischof eingesetzt hatte; Heinrich IV. hätte sich somit in die Tradition seines Vaters gestellt. Zum anderen wurde Humbert im Jahr 1077 vertrieben und sein Nachfolger Gebuin auf Geheiß Papst Gregors VII. persönlich eingesetzt.72 Offensichtlich trafen königliche und päpstliche Interessenslage in einem burgundischen Bistum aufeinander, doch lässt sich daraus streng genommen kein Rückschluss auf die Einsetzung der Erzbischöfe ziehen.73 Über Lyon hinausgehend hat Heinrich anscheinend nie versucht, sei1056 anzugeben, der Tod hingegen ist in zehn Annalen und Chroniken verzeichnet (u. a. bei Bernold, den Hildesheimer Annalen, der Chronik des Marianus Scottus und bei Ekkehard von Aura). 71 Vgl. Kallmann, Die Beziehungen des Königreichs Burgund, S. 56. 72 Dazu die Chronik Hugos von Flavigny, in: MGH SS 8, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1848, II, S. 415 zum Konzil von Reims 1077: Quinta autem die, quia Lugdunensis sedes, Humberto symoniaco expulso et in locis Iurensibus monacho facto, vacabat antistite, a latere domni Linguonensis electus est Gebuinus archidiaconus, vir morum probitate venustus, ut praeficeretur Lugdunensi aecclesiae.– Die Weihe Gebuins durch päpstliche Legaten am 17. September verzeichnet ebenfalls Hugo (ebd., II, S. 416): Uno igitur die, id est die dominico 15. Kalendas Octob. consecrati sunt apud Eduam summa omnium exultatione et tripudio, domnus Gebuinus in Lugdunensem archiepiscopum ab ipso Romanae sedis legato, et praefatus electus in abbatem Divionensem a praedicto Linguonensi episcopo.– Das Privileg Papst Gregors VII. an Gebuin vom 20. April 1079 über das diesem zugesprochene Primat über verschiedene Gebiete bestätigt die enge Verbindung beider, vgl. Gregorii VII registrum, Bd. II: lib. V–IX, ed. Erich Caspar (MGH Epp. sel. 2,2), Berlin 1928, VI,34, S. 448f.): His vero, qui aliter intraverint, videlicet qui iuxta dominicam sententiam non per ostium sed aliunde ut fures et latrones ascenderint, non solum primatum huius dignitatis non concedimus, verum etiam omni honore ecclesiastici regiminis indignos et alienos fore adiudicamus. Provincias autem illas, quas vobis confirmamus, dicimus Lugdunensem Rotomagensem Tuorensem et Senonensem, ut he˛ videlicet provincie˛ condignam oboedientiam Lugdunensi ecclesie˛ exhibeant et honorem, quem Romani pontifices reddendum esse scriptis propriis prefixerunt, humiliter et devote persolvant salva in omnibus apostolice˛ sedis reverentia et auctoritate. 73 Insbesondere aus dem Grund, dass durchaus eine Korrespondenz zwischen Humbert I. sowie Papst Gregor VII. bestand, hier somit keine ausschließliche Distanz angenommen werden darf. Der Papst richtete in den Jahren 1073 und 1074 zwei Briefe an Humbert, worin dieser von Gregor VII. aufgefordert wird, Bischof Landric von M.con die Weihe zu erteilen und ihn, falls notwendig, mit Gewalt zur Annahme seiner Würde zu zwingen: electum ab eis Augustudunensem Landricum archidiaconum episcopum seu per te seu per suffraganeos tuos ordinare studeat, si tamen auctoritas sanctorum patrum probatur sibi non obviare. Si vero

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nen Einfluss durch ihm genehme Bischöfe zu stärken oder überhaupt durchzusetzen. Deutlicher konturiert findet sich dort jedoch eine päpstliche Einflusszone. Es ist erneut Berthold, der die Geschichte von der Bischofswerdung Hugos von Die im Jahr 1073 erzählt: Hugo war von den Kardinalbischöfen von Ostia und Albano, die sich beide im Auftrag des Papstes in Die aufhielten und damit den päpstlichen, durch Legaten deutlich gesteigerten Einflussradius aufzeigen, als geeigneter Kandidat ausgewählt worden. Hugo jedoch entfloh nach seiner Wahl zum Bischof und versteckte sich in einer Kirche, sodass er lange nicht gefunden werden konnte. Erst ein göttliches Licht aus dem Himmel sollte schließlich die Suchenden zu seinem Versteck geleiten.74 Die Weihe erhielt Hugo bald darauf von Papst Gregor persönlich, auch wenn Heinrich IV. zu intervenieren versuchte und bat, die Weihe bis zum Erhalt der königlichen Investitur zu verschieben. Ihm war somit daran gelegen, auch im Süden Burgunds sein Recht auf die Investitur der Bischöfe durchzusetzen, er hatte jedoch mit seinen Forderungen keinen Erfolg.75 Entsprechend charakterisierte Cowdrey die Weihe Hugos durch Gregor als »a landmark in Gregory’s hardening attitude towards lay

ipse hunc ordinem suscipere renuerit et inflexibilem se exhibuerit, volumus, ut cum episcopo suo vim sibi inferas eumque ad recipiendum episcopalem ordinem vigilanti studio atque pastorali rigore constringas (Gregorii VII registrum, Bd. I, ed. Caspar, I,36, S. 58). Zudem wurde er über das Ansinnen Landrics informiert, sich Humbert zu unterwerfen (ebd., I,76, S. 108). 74 Illic quoque de Galliarum partibus aderat episcopus Divensis, qui non humana set divina electione episcopus factus est. Quippe causa orationis dum se domo sua Romam moveret, ad Divensem civitatem illic pernoctaturus devenit. Legatus autem apostolice sedis Geraldus Ostiensis episcopus, qui et ipso tempore eo loci concilium pro utilitate et necessitate ecclesie collegit, videns eum, non parum de adventu illius gavisus est; namque ipsi notus et amicissimus fuerat. Et osculato eo statim intulit: ‹Bene venisti, quia Deo auctorante huius ecclesie, episcopo suo orbate et destitute, te pro illo episcopum et provisorem habituri sumus.’ Et ille modestius subridens, putabat, eum hoc iocando sibi dixisse. Deinde, cum non ioco sed serio hoc dictum sibi veraciter persensisset, indutias pro hoc respondendi in crastinum usque vix ab eo acquisivit. In ipsa nocte pondus cure pastoralis quomodocumque subterfugere toto conatu premeditatus, sociis suis id nescientibus, ipse solus ab eis furtive se subtrahebat, cuiusdam illic ecclesie latibulum se occultaturus ibidem irrepserat. Mane facto dum diu ubique multumque quesitus non posset inveniri, legatus apostolicus, assumptis secum cleri totiusque populi non modicis processionibus, cum letaniis et obsecrationibus per ecclesias illas devotissime eum a Domino queritando circuibat. Cum vero ad ecclesiam ubi fugitivus latuit perventum est, lux celitus emissa super eum resplendens electum Dei prodidit. Sic itaque proditus, regiminis culmen, quod ex corde humiliter fugerat, dispositioni divine subditus, quamquam invitus subire coactus est (Berthold, Chronik, ed. Robinson, ad a. 1078, S. 315f.). 75 Cum ergo Romae positi praestolarentur diem consecrationis suae, venerunt nuncii regis Heinrici Romam, rogantes ne contra morem praedecessorum suorum domnus papa eos consecrare vellet, qui episcopatus electionem solam, non autem donum per regiam acceperant investituram … In Diensi vero adquiescere noluit, sed eum prima quadragesimae ebdomada, sabbato in presbiterum, et dominica consecravit in episcopum (Hugo von Flavigny, Chronicon, ed. Pertz, II, S. 411f.). Vgl. dazu RI III,2,2, S. 154, Nr. 693.

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investiture«.76 Hugo von Die selbst wurde vermutlich 1083 zum Erzbischof von Lyon erhoben, womit es Gregor gelungen war, das unter Heinrich III. und wohl auch Heinrich IV. königlich kontrollierte Bistum einem treuen Anhänger des Papsttums anzuvertrauen.77 Dies macht deutlich, dass die Einflusszone Heinrichs IV. über die deutschen und dem deutschen Reich nahe liegenden Bistümer in Burgund nicht hinausging. Päpstlicher Einflussnahme hingegen begegnet man immer wieder,78 auch durch die Tätigkeit von Legaten, wie am Falle Hugos von Die zu sehen. Doch bestanden auch unmittelbare Beziehungen zwischen dem Süden Burgunds und Rom. Solche lassen sich im ausgehenden 11. Jahrhundert in Vienne unter Erzbischof Guido noch besser fassen, der als Legat von Urban II. und Paschalis II. auf dem Kontinent und in Britannien hervortrat,79 bevor er als Calixt II. im Jahr 1119 selbst die Kathedra Petri besteigen sollte. Manifestierte sich somit der Süden Burgunds mit den Metropolen Arles und Vienne als Zentrum päpstlichen Einflussgebietes, blieb der Norden Burgunds dem Reich auch im beginnenden 12. Jahrhundert überwiegend zugewandt. Über den Hugo III. als Erzbischof von BesanÅon nachgefolgten Hugo IV. ist hingegen wenig bekannt. Allgemein wird angenommen, dass sich hinter ihm, der nur in den Jahren 1100 und 1101 nachzuweisen ist, sowie dem ihm nachfolgenden Pontius ein und dieselbe Person verbirgt.80 Pontius stand in Kontakt mit Papst Paschalis II., der Hugo/Pontius 1105 das Pallium überreichte und bei dieser 76 Herbert Cowdrey, Pope Gregory VII 1073–1085, London 1998, S. 356. 77 Die Erhebung Hugos zum Erzbischof erfolgte zwischen dem 24. Oktober 1081 sowie dem 23. Juli 1083 zwischen der letztmaligen Urkundentätigkeit Hugos als Bischof von Die sowie seiner erstmaligen als Erzbischof, vgl. Wilhelm Lühe, Hugo von Die und Lyon, Legat von Gallien, Breslau 1898, S. 14. Folgt man dem Totenbuch aus Lyon (Gallia christiana, in Provincias ecclesiasticas distributa 4, ed. Pierre-Jacques Cazes/Pierre Drevet, Paris 1728, Sp. 109), laut dem Hugo 23 Jahre, 8 Monate und 7 Tage als Erzbischof amtierte, so wurde er, unter Berücksichtigung seines Todes am 7. Oktober 1106, am 31. Januar/1. Februar 1083 gewählt. 78 Die Erzbischöfe Gibelin von Arles und Lantelm von Embrun sowie Bischof Hugo von Grenoble wurden, nachdem sie im Jahr 1080 auf der Synode von Avignon gewählt worden waren, durch Papst Gregor VII. in Rom geweiht: Celebravit et septimum apud Avennionem, in quo depositus est Achardus Arelatensis invasor, et electi sunt Gibilinus in Arelatensem archiepiscopum, Lantelmus in Ebredunensem eque archiepiscopum, Hugo in Gratianopolitanum episcopum […] quos post expletionem concilii secum Romam duxit, et consecrati sunt a papa (Hugo von Flavigny, Chronicon, ed. Pertz, II, S. 422). 79 Vgl. Gresser, Die Synoden und Konzilien, S. 296. Seine Tätigkeit als päpstlicher Legat in Britannien ergibt sich u. a. Ex Eadmeri historia novorum in Anglia, in: MGH SS 13, ed. Reinhold Pauli, Hannover 1881, III, S. 144: Eodem anno venit in Angliam Guido archiepiscopus Viennensis, functurus, ut dicebat, legatione totius Britanniae, ex precepto et auctoritate apostolice sedis. Dazu sowie grundsätzlich zur Legationstätigkeit Guidos vgl. Beate Schilling, Guido von Vienne. Papst Calixt II. (MGH. Schriften 45), Hannover 1998, S. 354ff. 80 Vgl. dazu Kallmann, Die Beziehungen des Königreichs Burgund, S. 97, sowie Marianne Niewiesch, Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von BesanÅon, Breslau 1936, S. 54.

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Gelegenheit die Besitzungen der Kirche von BesanÅon bestätigte.81 Wie Hugo/ Pontius an seine Position gelangt war, ist nicht bekannt, doch erscheint ein Eingreifen Heinrichs IV. äußerst unwahrscheinlich. Nähere Beziehungen zum Papsttum sind ebenfalls nicht nachweisbar.82 Auch die darauf folgenden Erzbischöfe Wilhelm (1109–1117) sowie Ansericus (1117–1134) sind nicht nachweislich durch die Hand Heinrichs V. investiert worden.83 Doch erscheint mit Ansericus erstmals seit Hugo II. wieder ein Erzbischof aus BesanÅon in den Urkunden des Kaisers.84 Es mag somit eine erneute Annäherung zwischen BesanÅon und dem Reich stattgefunden zu haben.85 Eine ebenso zeitweise Unter81 JL 6056. 82 Allerdings erteilte Girold, dem Bischof von Lausanne, die Weihe im Jahr 1107 Erzbischof Guido von Vienne, vgl. dazu Waitz, Obedienzerklärungen, S. 196: Ego Geraudus sanctae Lausonnensis ecclesie nunc ordinandus episcopus, in praesentia donni Guidonis Viennensis archiepiscopi, sanctae Crisopolitanae ecclesie subjectionem et reverentiam et obedientiam a sanctis patribus constitutam promitto, et super sanctam altare propria manu firmo. Guido war bereits zum Jahr 1100 Teil einer Gesandtschaft von Papst Paschalis II. in Britannien (vgl. dazu Ex Eadmeri historia novorum in Anglia, ed. Pauli), es ist also begründet anzunehmen, dass in diesem Fall der Papst über einen Vertrauensmann Einfluss auszuüben bestrebt war. Eine unmittelbare Bindung zwischen Hugo IV./Pontius von BesanÅon und Paschalis II. ist daraus jedoch nicht abzuleiten, alleine schon deshalb, da der Name des Erzbischofs von BesanÅon, anders als in Erklärungen der Obedienz der Bischöfe von Basel und Lausanne aus den Jahrzehnten zuvor, nicht genannt wird. Zur Rolle Guidos als Vikar der Kirche von BesanÅon, eine Position, die er im Auftrag Papst Paschalis II. wohl seit 1107 ausfüllte, sowie zur Einschätzung, dass es aufgrund innerkirchlicher Streitfälle bezüglich zweier konkurrierender Kathedralkapellen, die zur Abdankung Bischof Pontius geführt haben mögen, zum Zeitpunkt der Weihe durch Guido keinen Erzbischof in BesanÅon gegeben haben mag, Schilling, Guido von Vienne, S. 360f. 83 Im Fall Erzbischof Wilhelms vermutet Schilling (ebd., S. 362), dass dessen Wahl »sicher nicht ohne Zutun Guidos [von Vienne] erfolgt war«. Für dessen Nachfolger Ansericus erachtet es Mary Stroll (Calixtus II [1119–1124]. A pope born to rule [Studies in the history of Christian traditions 116], Leiden 2004, S. 40) als offensichtlich, dass auch er von Guido ausgewählt worden ist. 84 Dreimal ist Ansericus als Intervenient in Urkunden des Kaisers nachweisbar (Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde, ed. Matthias Thiel/Alfred Gawlik [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 7], München 2016 [künftig zitiert als: MGH DD HV], Nr. †270, 274f.). 85 Diese Annäherung kann jedoch bereits für vor 1124 angenommen werden. Im Jahr 1115/1116 beabsichtigte Erzbischof Guido von Vienne, der spätere Papst Calixt II., im Kapitelstreit von BesanÅon zugunsten der Kirche Saint-Jean zu entscheiden, während Heinrich V. die Forderungen der Kanoniker von Saint-Ptienne unterstützte, die in ihrer Kirche die wahre Bischofskirche sahen. Inwiefern es dabei möglicherweise auch darum ging, den Einfluss des Erzbischofs zu beschneiden, kann nur vermutet werden. Sicher ist jedoch, dass sich Heinrich V. brieflich u. a. an Bischof Girold von Lausanne mit der Aufforderung wandte, den Bestrebungen Guidos nicht Folge zu leisten: Multorum relatione comperimus, quod ille Viennensis, inimicus pacis et concordiae, ille contemptor apostolicae auctoritatis et imperatoriae, immo divinae – qui enim potestati resistit, dei ordinationi resistit –, ille inquam, sanctorum patrum statutis inobediens ac rebellis, Bisuntinam sanctissimi protomartyris ecclesiam destruere nititur et ab illo archiepiscopalis sedis et dignitatis statu, quo a sanctis

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brechung der Beziehungen zwischen dem Bistum und dem deutschen Herrscher kann in Lausanne konstatiert werden. Nach dem Tod Burchards 1089 knüpfte erst wieder Girold nach 1114 Verbindungen zu Heinrich V.86 Durchgehend blieb hingegen die Verbindung zwischen den Bischöfen von Basel und dem deutschen König.87 Zeigen sich somit über Jahrzehnte Unruhen und nicht eindeutig nachzuvollziehende Beziehungsgeflechte, erscheinen gerade in den letzten Jahren der Herrschaft Heinrichs V. auch die Bischöfe aus Hochburgund wieder in seiner Umgebung. Ob sie vorher der kaiserlichen Seite entsagt hatten oder sie in der Reichspolitik nur eine untergeordnete Rolle spielten, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden. Wichtig ist jedoch, dass Investituren in Burgund unter Heinrich V. weder in BesanÅon noch in den umliegenden Bistümern mit Sicherheit nachgewiesen werden können.88 patribus et apostolicis viris fundata atque firmata est, contendit deiicere, quod neque nos aequanimiter ferimus neque fidelium nostrorum quempiam velle vel consentire volumus; quia sancti patres nostri eiusdem sanctae sedis fundatores, tutores et advocati fuerunt, et nos sanctorum statutis consona sentientes eam in nostrae emunitatis tuitione suscepimus et, quaecumque ei imperatores seu Romani pontifices seu quilibet fideles contulerunt aut firmaverunt, perpetu. ei tranquillitate possidenda concedimus atque sancimus (ebd., Nr. 151).– Friedrich Hausmann (Reichskanzlei und Hofkapelle unter Heinrich V. und Konrad III. [MGH. Schriften 14], Stuttgart 1956, S. 60) ging, Meyer von Knonau (Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 6: 1106 bis 1116, Leipzig 1907, S. 248 mit Anm. 50) folgend, von einer Datierung des Schreibens zu 1112 anstatt zu 1115/ 1116 aus, sodass er die Einbeziehung Girolds in die Reichspolitik bereits drei Jahre zuvor ansetzt. Unerheblich von der genauen Datierung betont Hausmann, dass Girold »ein entscheidender Parteigänger des Kaisers war«. Zur Datierung nach 1112 sowie allgemein zu den Vorgängen in BesanÅon vgl. auch Schilling, Guido von Vienne, S. 360f., 374f. Vgl. weiterhin Stroll, Calixtus II, S. 36f. 86 Der von 1090 bis c. 1097 amtierende Bischof Lambert muss bei Heinrich IV. in Ungnade gefallen sein, da dieser alle Vergabungen Lamberts für ungültig erklärte (MGH DD HIV, Nr. *416). Girold schließlich trat sowohl als Intervenient (MGH DD HV, Nr. 124) als auch als Zeuge (ebd., Nr. †270, 273f.) in Diplomen Heinrichs V. hervor, erhielt selbst ein solches (ebd., Nr. 151) und rekognoszierte eine Urkunde als burgundischer Kanzler (ebd., Nr. 269). 87 Bischof Rudolf III. von Basel trat zwischen 1107 und 1118 in sechs Diplomen Heinrichs V. als Intervenient hervor (ebd.., Nr. †16, †88, 111, 124, 147, 150), war Zeuge bei der Ausfertigung zweier Urkunden (ebd., Nr. 95, 125) und erhielt selbst ein Diplom (ebd., Nr. 126). Sein Nachfolger Berthold I. erschien zwischen (1122) 1123 und 1125 in vier kaiserlichen Diplomen als Zeuge (ebd., Nr. 247f., †270, 273), obwohl wie bereits bei Girold von Lausanne die Weihe durch Erzbischof Guido von Vienne erfolgte, vgl. Waitz, Obedienzerklärungen, S. 196. Somit kann auch hier zumindest eine päpstliche Kontrolle der Vorgänge nicht ausgeschlossen werden. Wie im zuvor genannten Beispiel Girolds von Lausanne fehlt auch in der Erklärung Rudolfs der Name des Erzbischofs von BesanÅon, sodass eine päpstliche Ausrichtung auch hier nicht angenommen werden darf.– Laut Schilling gab es in BesanÅon zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 1107, keinen Erzbischof (Schilling, Guido von Vienne, S. 360f.– Ebd., S. 361 jedoch auch der Hinweis, dass Guido mit der Weihe Rudolfs, der zuvor die Investitur durch Heinrich V. empfangen hatte, gegen das Verbot der Laieninvestitur verstieß). 88 Einzige Ausnahme ist die Erhebung Bischof Rudolfs III. von Basel, die Heinrich V. mögli-

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Konstatierte Kallmann in seiner Untersuchung zur Beziehung Burgunds zum deutschen Reich von 1889, dass der Süden Burgunds, im Gegensatz zum Norden, im Investiturstreit kaum als saliertreu zu bezeichnen ist, und umschrieb ebenso auch Büttner, der 1968 über Burgund und Friedrich Barbarossa arbeitete, eine unterschiedliche Gewichtung der »Bezogenheit zum Reich«, so kann nach der reinen Investiturbetrachtung Gleiches festgehalten werden. Anhand der wenigen Investituren Heinrichs IV. kann eine enge Anbindung des burgundischen Nordens an das deutsche Königtum geschlussfolgert werden. Vor allem das Erzbistum BesanÅon scheint in der Hochphase des Investiturstreits 1076/1077 im unmittelbaren Einflussgebiet des deutschen Königs bzw. Kaisers gelegen zu haben. Erst nach 1085, unter Hugo III., lässt sich ein Abbruch der Beziehungen zwischen dem Reich und BesanÅon feststellen. Unter Heinrich V. wurden sie jedoch, spätestens nach Abschluss des Wormser Konkordates 1122, wieder aufgenommen.

cherweise durchgeführt hatte. Vgl. dazu Herbert Zielinski, Art. »Rudolf, Bischof von Basel (seit 1107), † 9.(10.)11.1122«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 22, Berlin 2005, S. 172f.

Gerhard Lubich (Bochum)

Der Weg nach Besançon. Burgundpolitik und Herrschaftsgestaltung in der Frühzeit Friedrich Barbarossas

Ablauf und Rechtmäßigkeit der Thronbesteigung Friedrich Barbarossas können als umstritten gelten. Insbesondere die Frage, ob Barbarossa die Ansprüche seines minderjährigen Vetters eigennützig überging oder aber im Sinne seines verstorbenen Onkels handelte, wird sich wohl nie eindeutig klären lassen.1 Einigkeit besteht in der Forschung jedoch darin, dass der Staufer seine Königsherrschaft niemals hätte antreten können, wenn er nicht mit den Großen des Reiches ein Auskommen gefunden hätte. In den Blickpunkt geraten dadurch Wahlgeschenke, Versprechungen und politische Absichtserklärungen, um Unterstützung für seinen Anspruch auf Nachfolge zu mobilisieren.2 Dies gelang ihm erstaunlich schnell, hatte aber zur Konsequenz, dass seine Königsherrschaft zunächst noch erheblich von den Fürsten mitbestimmt wurde. Deutlich wird dies etwa am Beispiel des auf Druck der Fürsten und gegen Friedrichs Willen aufgeschobenen schnellen Italienzugs mit projektierter Kaiserkrönung3 oder aber anhand der Weigerung des deutschen Aufgebots in Ancona (1155), ihrem 1 Zusammenstellung der Quellen zum Tode Konrads III. und der Nachfolge Friedrichs in: J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 2. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190, 1. Lief.: 1152 (1122)–1158, bearb. von Ferdinand Opll/Hubert Mayr, Wien 1980 [künftig zitiert als: RI IV,2,1], Nr. 60. In den letzten Jahren überwiegen kritische Stimmen, etwa Stefanie Dick, Die Königserhebung Friedrich Barbarossas im Spiegel der Quellen – Kritische Anmerkungen zu den »Gesta Friderici« Ottos von Freising, in: ZRG GA 121 (2004), S. 200–237 oder mit quellenkritischem Hintergrund Jan-Paul Niederkorn, Zu glatt und daher verdächtig? Zur Glaubwürdigkeit der Schilderung der Wahl Friedrich Barbarossas (1152) durch Otto von Freising, in: MIÖG 115 (2007), S. 1–9. Die Gesamtproblematik findet sich ausführlich bei Johannes Laudage, Friedrich Barbarossa (1152–1190). Eine Biografie, Regensburg 2009, S. 34–42 mit gewisser Anlehnung an die Ergebnisse von Niederkorn; knapper und neutraler zusammengefasst bei Knut Görich, Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011, S. 93–97. 2 Im Handlungskontext Görich, Friedrich Barbarossa, S. 110; mit Ausdeutung hinsichtlich des Verhältnisses zum Papst Laudage, Friedrich Barbarossa, S. 42. 3 Otto von Freising, Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica, ed. Franz-Josef Schmale (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 17), Darmstadt 1965, II,4, S. 288.

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Gerhard Lubich

Kaiser nach Süditalien gegen die Normannen zu folgen, um die Verpflichtungen zu erfüllen, die dieser im Rahmen weitgreifender internationaler Bündnisse eingegangen war.4 Erst in der Folgezeit wurde Barbarossas Herrschaft deutlich eigenständiger. Verantwortlich hierfür war zum einen der Ausgleich mit Heinrich dem Löwen durch das Privilegium Minus im September 1156, wodurch ein Spannungsfeld im Reich beseitigt wurde, das sich seit Jahren aufgebaut hatte.5 Sorgte dies bereits dafür, dass die potentiellen Konfliktlinien innerhalb der obersten Schicht der Fürsten weniger wurden, so versprach die politische Neuorientierung Barbarossas nach Dänemark und Burgund weitere Betätigungsfelder außerhalb des bisherigen, nunmehr beruhigten Wirkungskreises der Fürsten, wodurch zunächst keine Streitigkeiten zu erwarten standen. Einigend wirkte wohl auch der Konflikt mit dem Papsttum, der sich nach Ancona und dem Vertrag von Benevent (18. Juni 1156) langsam angekündigt hatte und auf dem Hoftag von BesanÅon (Oktober 1157) öffentlichkeitswirksam ausgebrochen war.6 Von nun an erscheint Barbarossa als die deutlich dominante Figur in der Ausgestaltung der Politik, was sicherlich auch daran lag, dass seit dem inszenierten Eklat von BesanÅon Reichstage deutlich mit Blick auf den Herrscher und seiner reichsbeherrschenden Stellung inszeniert wurden.7 Immerhin ist seit den 1160er Jahren weitaus weniger von Fürstenmitverantwortung die Rede; Dissens war schnell als Untreue diffamierbar, wie das Beispiel Heinrichs des Löwen zeigt, und die illustrative Einbindung einer gehorsamen Fürstenschaft als Verkörperung des Reiches auf dem Mainzer Hoftag,8 ein Jahr nach der Entmachtung des Löwen, spricht im Grunde für sich. Gewiss ließe sich diese hier nur grob skizzierte Linie verfeinern, etwa da4 Aus deutscher Perspektive immer noch grundlegend Wolfgang Georgi, Friedrich Barbarossa und die auswärtigen Mächte. Studien zur Außenpolitik 1159–1180 (Europäische Hochschulschriften: Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 442), Frankfurt am Main 1990, S. 17–32; zuletzt im Kontext des päpstlich-normannischen Verhältnisses Anne J. Duggan, Totius christianitatis caput. The Pope and the princes, in: Brenda Bolton/Dies. (Hg.), Adrian IV. The English Pope. Studies and texts (Church, Faith and Culture in the Medieval West), Aldershot 2003, S. 105–157, hier S. 112–120. 5 Vgl. hierzu die Beiträge in Peter Schmid/Heinrich Wanderwitz (Hg.), Die Geburt Österreichs: 850 Jahre Privilegium minus (Regensburger Kulturleben 4), Regensburg 2006. 6 Gerhard Lubich, Der Tag von BesanÅon (1157) im Kontext. Europäische Politik, hochmittelalterliche Versammlungen, Netzwerke und Karrieren im Zusammenspiel, in: Gabriele Annas/Jessika Nowak (Hg.), Et l’homme dans tout cela? Von Menschen, Mächten und Motiven. Festschrift für Heribert Müller zum 70. Geburtstag (Frankfurter Historische Abhandlungen 48), Stuttgart 2017, S. 301–320. 7 Ebd., S. 312f. 8 Gerhard Lubich, Das Kaiserliche, das Höfische und der Konsens auf dem Mainzer Hoffest (1184). Konstruktion, Inszenierung und Darstellung gesellschaftlichen Zusammenhalts am Ende des 12. Jahrhunderts, in: Stefan Burkhardt/Thomas Metz/Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hg.), Staufisches Kaisertum im 12. Jahrhundert. Konzepte – Netzwerke – Politische Praxis, Regensburg 2010, S. 277–294.

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durch, dass man die Rolle Rainalds von Dassel als Regisseur dieses Wandels stärker akzentuierte,9 oder indem man auf die Konsequenzen der »Katastrophe von Rom« von 1167 verwiese10 und die daraus erwachsenden Handlungsspielräume des Herrschers in diesem Generationswechsel einmal untersuchte. Doch würde auch eine solche detailliertere und nuancenreichere Darstellung nichts daran ändern, dass dem Hoftag von BesanÅon in der Geschichte Barbarossas die Rolle eines Wendepunktes zukommt – überdeutlich durch den öffentlich vollzogenen Bruch mit dem Papsttum und seine Konsequenzen, sinnfällig aber auch darin, dass die neuen Politikfelder hier erstmals eine größere Rolle spielten. Das Thema Dänemark war durch die Inhaftierung des Bischofs Eskil von Lund Anlass des Streites auf dem Hoftag gewesen, und als erster burgundischer Hoftag Barbarossas (und damit eines deutschen Herrschers seit mehr als einem Jahrhundert)11 markiert er den Auftakt zu einer intensivierten Burgundpolitik,12 an deren Ende man die (faktisch wenig bedeutende) Übernahme der Krone des Arelats sehen kann.13 Allerdings, und dies wird vergleichsweise wenig beachtet, resultierte die Burgundpolitik keineswegs nur aus den aktuellen Konstellationen des Jahres 1157. Vielmehr hat sie eine ganz eigene Vorgeschichte, die hier kurz 9 Zu ihm fehlt eine neuere Arbeit; das Werk von Hubertus Zummach, Ruina mundi. Rainald von Dassel, des Heiligen Römischen Reiches Erz- und Reichskanzler, Holzminden 2007, ist wissenschaftlich nur begrenzt wertvoll. Siehe ferner Helmuth Kluger, Rainald von Dassel (1120–1167). Reichskanzler – Erzbischof von Köln – Erzkanzler für Italien, in: Karlheinz Gierden (Hg.), Das Rheinland – Wiege Europas? Eine Spurensuche von Agrippina bis Adenauer, Köln 2011, S. 107–130; Ders., Friedrich Barbarossa und sein Ratgeber Rainald von Dassel, in: Stefan Weinfurter (Hg.), Stauferreich im Wandel. Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas (Mittelalter-Forschungen 9), Stuttgart 2002, S. 26–40. 10 J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 2. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190, 2. Lief.: 1158–1168, bearb. von Ferdinand Opll/Hubert Mayr, Wien 1991, Nr. 1697 (mit der älteren Literatur). 11 Die Begehung des Weihnachtsfests durch Heinrich IV. auf seinem Weg nach Canossa (J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, Teil 2: 1056–1125, 3. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106, 3. Lief.: 1076–1085, bearb. von Gerhard Lubich, nach Vorarbeiten von Tilman Struve unter Mitwirkung von Dirk Jäckel, Köln 2016, Nr. 850) war lediglich die Wegstation eines kleinen Kontingents; geladen oder politisch gehandelt wurde nicht. 12 So setzt etwa Heinrich Büttner (Friedrich Barbarossa und Burgund. Studien zur Politik der Staufer während des 12. Jahrhunderts, in: Theodor Mayer [Hg.], Probleme des 12. Jahrhunderts. Reichenau-Vorträge 1965–1967 [Vorträge und Forschungen 12], Konstanz 1968, S. 79–119, hier S. 94) mit diesem Tag den Beginn eines neuen Unterkapitels seiner Darstellung. Im Grunde beginnt die Darstellung von Verena Türck (Beherrschter Raum und anerkannte Herrschaft. Friedrich I. Barbarossa und das Königreich Burgund [MittelalterForschungen 42], Stuttgart 2013) mit dieser Zäsur, zumal sie die hier zur Debatte stehende Vorgeschichte auf S. 100 knapp abhandelt. 13 Vgl. hierzu immer noch Johannes Fried, Friedrich Barbarossas Krönung in Arles (1178), in: Historisches Jahrbuch 103 (1978), S. 347–371; die Krönung spielt in den neueren Biografien kaum noch eine Rolle.

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auszubreiten sein wird, zumal sie neben dem Regionalbetreff auch durchaus erhellend für die Handlungsspielräume Barbarossas in seiner Frühzeit ist. Es sind im Grunde zwei Quellen, die Barbarossas Berührungen mit Burgund schon recht bald nach seiner Thronbesteigung (Wahl: 4. März 1152 in Frankfurt;14 Krönung 9. März 1152 in Aachen15) nachweisen. Zum einen handelt es sich dabei um eine conventio, die der König noch vor dem 1. Juni 1152 mit dem Zähringerherzog Berthold IV. schloss.16 Gegenstand des Vertrages war die Behandlung Burgunds und der im Vertrag davon getrennten Provence. Diese Länder standen jedoch, wie der Text schnell deutlich macht, noch keineswegs unter der unmittelbaren Herrschaft des Reiches. Innerhalb eines Jahres nach dem 1. Juni solle ein Zug nach Burgund unternommen werden, bei dem der Kaiser dem Herzog bei der Unterwerfung des Gebietes helfe, was gemäß dem Rat der teilnehmenden Fürsten geschehen solle. Herzog Berthold, der sich im Gegenzug zu militärischer Hilfeleistung und der Abtretung des Besitzkomplexes Teck verpflichtete, wurde zum Stellvertreter des Herrschers in diesen Gebieten, wobei sich seine Befugnisse ausdrücklich nicht auf die Investitur in königlichen Bistümern sowie die Ländereien der Beatrix bezogen, die unter der Verwaltung des (französisch-burgundischen) Grafen Wilhelm von M.con standen. Eine Reihe von Fürsten bürgten für den Herrscher, am prominentesten die Welfen Heinrich der Löwe und Welf VI. sowie Otto von Wittelsbach und, auf geistlicher Seite, der Kanzler und Kölner Erzbischof Arnold von Wied. Dieses Dokument ist in der Forschung zu Barbarossa selbstverständlich verschiedentlich besprochen worden;17 es legt beredtes Zeugnis von den Notwendigkeiten ab, in denen der frisch ernannte König sich befand: Es musste ihm darum gehen, Bündnisgenossen auf seine Seite zu ziehen, insbesondere so kurz nach der Wahl, als zwar bereits Verhandlungen mit den Fürsten geführt, jedoch noch kein größerer Reichstag abgehalten war,18 auf dem die neuen Leitlinien diskutiert und verkündet werden konnten. Die Parteinahme der Zähringer, die der Vertrag sichern sollte, scheint Barbarossa überaus wichtig gewesen zu sein, 14 RI IV,2,1, Nr. 64. 15 Ebd., Nr. 66. 16 Die Urkunden Friedrichs I., Teil 1: 1152–1158, ed. Heinrich Appelt unter Mitwirkung von Rainer Maria Herkenrath/Walter Koch/Josef Riedmann/Winfried Stelzer/Kurt Zeillinger (MGH DD Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/1), Hannover 1975, Nr. 12; RI IV,2,1, Nr. 94; Ulrich Parlow, Die Zähringer. Kommentierte Quellendokumentation zu einem südwestdeutschen Herzogsgeschlecht des hohen Mittelalters (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe A: Quellen 50), Stuttgart 1999, Nr. 343. 17 Vgl. die Literaturangaben bei Parlow, Die Zähringer, Nr. 343; zusammenfassend Görich, Friedrich Barbarossa, S. 135f.; knapp Laudage, Friedrich Barbarossa, S. 90. 18 Der Pfingsthoftag vom 18. Mai 1152 (RI IV,2,1, Nr. 88) diente neben der Klärung der Beziehungen zu Dänemark auch Angelegenheiten in Böhmen und Sachsen (Magdeburger Doppelwahl, Winzenburger Erbe).

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wenn man nach dem immensen Umfang der abgetretenen Anspruchssphäre – vom Rheinknie zum Mittelmeer – und den eingegangenen Verpflichtungen urteilt. Auch wenn es sein mag, dass das zähringische Wohlwollen durch den nur wenige Jahre zuvor eskalierten Konflikt während Friedrichs Herzogszeit nur teuer zu erkaufen war,19 so erstaunt doch, dass Barbarossa zu Beginn seiner Herrschaft immerhin zwei große Machtkonzentrationen in den Händen zweier konkurrierender Familien duldete, der Zähringer und der Welfen, die jede für sich einen Vergleich mit den königlichen Machtgrundlagen nicht zu scheuen brauchte. Die damit erkennbare Abhängigkeit vom Wohlwollen der Großen wird aber auch an anderer Stelle deutlich, ebenfalls wieder im Zusammenhang mit Burgund. Auf dem Regensburger Hoftag am 29. Juni 1152 erteilten die Fürsten an zwei Vorhaben Barbarossas eine Absage, einerseits an eine militärische Expedition nach Ungarn, andererseits an den Burgundzug, zu dem sich Friedrich ja bereits in dem bilateralen Abkommen mit Berthold von Zähringen verpflichtet hatte. Gerade dieser letzte Punkt, den unsere Leitquelle Otto von Freising nicht erwähnt,20 verdient deutlich mehr Beachtung, als ihm bislang eingeräumt worden ist. Nicht nur ist der Sachverhalt von elementarer Bedeutung für die weitere Bewertung der staufischen Burgundpolitik bis 1156/1157, sondern er ist auch aussagekräftig für die Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten Friedrichs in der frühen Phase seiner Königsherrschaft. Wer bestimmte die Politik? Ganz offensichtlich hatte Barbarossa mit den Fürsten auf Augenhöhe die nächsten konkreten Schritte abzustimmen, und es ist weder von einer Art »Richtlinienkompetenz« des Herrschers noch von einer Art »Folgepflicht« der Fürsten zu sprechen – zwei Begriffe, die zugegebenermaßen problematisch sind, da sie entweder anachronistisch (Richtlinienkompetenz) sind21 oder aber auf ein ausgestaltetes und normiertes Lehnswesen verweisen, das in dieser Zeit in dieser Form noch nicht vorhanden war.22 Und doch muss gefragt werden, was denn genau die Position eines Königs ausmachte, wo sein Zugriff auf Personen, Institutionen und Strukturen begann, auf welche Arten er tätig werden konnte und welche Grenzen seiner Macht gesetzt waren. Auch wenn man in Rechnung stellt, 19 Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund, S. 88. 20 Die Information stammt aus einem Brief eines königlichen Notars an Wibald von Stablo: Das Briefbuch Wibalds von Stablo, ed. Martina Hartmann nach Vorarbeiten von Heinz Zatschek und Timothy Reuter (Briefe der deutschen Kaiserzeit 9), München 2012, Bd. 3, Nr. 369 (J 391), S. 772–774, hier S. 773: Dominus rex nec contra Ungaros nec versus Arelatum hoc anno expeditionem movebit. 21 Vgl. Grundgesetz § 65. 22 Für den deutschen Forschungsstand vgl. die Beiträge in: Jürgen Dendorfer/Roman Deutinger (Hg.), Das Lehnswesen im 12. Jahrhundert. Forschungskonstrukte – Quellenbefunde – Deutungsrelevanz (Mittelalter-Forschungen 34), Ostfildern 2010 sowie die Darstellung von Steffen Patzold, Das Lehnswesen, München 2012.

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dass es nicht um grundsätzliche, alle Bereiche umfassende Anordnungsgewalt gehen kann, so zeigt die Ablehnung des königlichen Ansinnens, einen Heerzug durchzuführen, zunächst einmal einen im Grunde machtlosen Herrscher, der offenbar keine eigenständigen militärischen Befugnisse hatte. Dies mag mit Blick auf Ungarn weniger ungewöhnlich wirken als hinsichtlich Burgunds, handelte es sich dabei doch um einen Reichsteil; gewiss scheint auch dort nicht immer notwendig dem Herrscher gefolgt worden zu sein, etwa auf Italienfahrten;23 doch lässt die generelle Absage beider Unternehmungen nur den Schluss zu, dass Barbarossas Handlungsmöglichkeiten im Sommer 1152 sowohl in seinem Verhältnis zu anderen Reichen, zugleich aber auch hinsichtlich der Ordnungsfunktion im eigenen Reich gänzlich vom Wohlwollen der Fürsten abhingen. Nun ließe der Sachverhalt auch die Interpretation zu, es handele sich hier um eine Konstellation, die verursacht sei durch das, was man im Anschluss an Bernd Schneidmüller als »konsensuale Herrschaft« versteht: Die Ausverhandlung des politischen Kurses und seiner Durchsetzung zwischen Fürsten und Herrscher.24 Allerdings verliefen im vorliegenden Fall die Fronten deutlich anders, denn immerhin hatte die Burgund-conventio zwischen Friedrich und Berthold, bei der ja die Mitwirkung der Fürsten bereits in den Vertrag eingeschrieben war, auch gewährleistende Zeugen, allen voran die Welfen, deren »Commitment« jedoch die anderen Großen offenbar nicht zu überzeugen wusste; die anscheinend so übermächtige Trias aus König, Welfen und Zähringern setzte sich nicht durch. Nun zeigt aber der weitere Verlauf der Geschichte, dass die Weigerung der Fürsten das Burgundprojekt keineswegs zu Fall brachte. Zum einen urkundete Barbarossa auf dem folgenden Reichstag von Ulm (29./30. Juli 1152) mehrfach für burgundische Empfänger : Er nahm zwei Klöster in seinen Schutz und bestätigte einem anderen den Besitzstand, wobei alle drei Klöster sich im transjuranischen Bereich befanden, der mit dem Wirkungskreis der Zähringer

23 So bestand eine der Unterwerfungsbedingungen der Staufer gegen Lothar von Süpplinburg im Jahr 1133 darin, sich zum Italienzug zu verpflichten, vgl. Reichschronik des Annalista Saxo ad a. 1136, ed. Klaus Nass (MGH SS 37), München 2006, S. 598 sowie Annales Magdeburgenses ad a. 1135, ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 16, Hannover 1859, S. 105–196, hier S. 185 (beide wohl auf der Basis der verlorenen Nienburger Annalen). Auch die Bamberger Ministerialität verweigerte etwa Heinrich IV. die Folge nach Italien, vgl. J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, Teil 2: 1056–1125, 3. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Heinrich IV. 1056 (1050)–1106, 2. Lief.: 1065–1075, bearb. von Tilman Struve unter Mitwirkung von Gerhard Lubich/Dirk Jäckel, Köln 2010, Nr. 375, was – neben anderen Faktoren – zur Absage des Zuges führte (ebd., Nr. 377). 24 Bernd Schneidmüller, Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politischer Ordnung im Mittelalter, in: Paul-Joachim Heinig u. a. (Hg.), Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw (Historische Forschungen 67), Berlin 2000, S. 53–87.

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übereinstimmte.25 Im Januar des Jahres 1153 schließlich unternahm er, von Lothringen über das Elsass kommend, einen Zug nach Burgund, der ihn bis nach BesanÅon führte. Sofern die Zeugenreihen nicht zu viel verschweigen, wird dabei auch das Personal deutlich, mit dem Barbarossa reiste – es waren eben dieselben Großen, die sich in der conventio des Frühjahres 1152 für das kaiserliche Vorgehen in Burgund verbürgt hatten. Im Grunde schon seit dem Weihnachtsfest 1152 waren mit Erzbischof Arnold von Köln, Heinrich dem Löwen, Welf und Otto von Wittelsbach die exponierten Bürgen an der Seite Friedrich Barbarossas.26 Berthold von Zähringen erscheint bei diesem Zug nur ein einziges Mal, nämlich in Colmar, also noch bevor sich der Hof auf den Weg nach BesanÅon machte.27 Dort traf man auf den Grafen Wilhelm von M.con, Vormund der Beatrix, dessen Stellung ja im Vertrag des Vorjahres als klärungsbedürftig definiert worden war. Neben ihm finden sich an lokalen Großen noch der Graf Amadeus von Genf, während die aus anderen Regionen stammenden Adligen, die wohl mit dem Hof reisten, mit Ausnahme des Markgrafen Hermann von Sachsen nur sporadisch erwähnt werden. Deutlich wird bei dem Aufenthalt in der Bischofsstadt jedenfalls, dass auch zahlreiche Geistliche anwesend gewesen sein müssen, finden sich neben dem Ortsbischof Humbert auch die Bischöfe von Lausanne, Basel, Konstanz, Worms und Havelberg erwähnt.28 Was genau in BesanÅon verhandelt wurde, mit welchem Ergebnis man zurückkehrte – all das verraten die Quellen nicht, doch dürfte es nicht zum Konflikt mit Wilhelm von M.con gekommen sein, der den Hof nach den Verhandlungen wohl noch ein Stück ostwärts zurückgeleitete.29 Es scheint, in Anbetracht der doch recht prominenten und zahlreichen Anwesenden, dass das burgundische Unternehmen doch so etwas wie eine Reichsangelegenheit geworden ist, als die es die Forschung im Grunde immer betrachtet hat.30 Allerdings haben wir keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich die Position der Fürsten seit dem Sommer 1152 geändert haben könnte, und es

25 RI IV,2,1, Nr. 113–115. 26 Ebd., Nr. 150–162a.– Die Präsenz in den Urkunden ist nur für Heinrich den Löwen ausdrücklich lückenlos; Arnold von Wied ist bereits in Nr. 148 belegt, nicht jedoch in Nr. 150 und Nr. 152, wobei alle Aktivitäten sich in Trier abspielten; Pfalzgraf Otto von Wittelsbach ist erst am 29. Dezember 1152 nachweisbar (Nr. 153), von da ab jedoch permanent. Im Januar 1153 fehlt Herzog Welf (Nr. 155–158), um dann im Februar in Mülhausen noch einmal als Zeuge erwähnt zu werden (Nr. 159). 27 RI IV,2,1, Nr. 158. 28 Ebd., Nr. 160f. 29 Ebd., Nr. 162, der letzte Beleg für die Burgundexpedition stammt aus Baume-les-Dames, östlich der Stadt BesanÅon.– Auch Görich (Friedrich Barbarossa, S. 136) spricht hier von einem »Ausgleich« und einer »Einigung« zwischen Wilhelm und Friedrich. 30 Vgl. etwa Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund, S. 89; Görich, Friedrich Barbarossa, S. 136f.

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macht auch nachdenklich, dass als führende Große hauptsächlich die bereits im Vertrag Involvierten nachweisbar sind. Will man nun nicht postulieren, dass uns schlicht eine Nachricht fehlt, so müsste man entweder annehmen, dass Barbarossa innerhalb kürzester Frist seine Position im Reich grundsätzlich verbessert hätte, oder man müsste weniger einen vom Reich getragenen »Burgundzug« annehmen denn eine Fahrt von vertraglich Gebundenen, die in einer nichtmilitärischen Privataktion ihre Verpflichtungen auf diplomatischem Wege einzulösen gedachten. Im Grunde könnte dies, wollte man allein aus dem Ablauf der Aktion und dem erwähnten Personal schließen, durchaus erfolgreich gewesen sein – ein Zug in die Grafschaft Burgund, an der sich der Zähringer als interessierte und in Transjuranien zunächst abgefundene und unterstützte Partei nicht beteiligte, folgend ein diplomatisch hergestelltes Einvernehmen mit Wilhelm von M.con, schließlich eine friedliche Rückreise. In Übereinstimmung damit stünde auch, dass sich der Zähringerherzog Berthold keineswegs aus den Reichsgeschäften heraushielt, sondern sich besonders während des Italienzugs der Jahre 1154/1155 exponierte.31 Barbarossa fokussierte seine Taten in dieser Zeit in einer Art Ferndiplomatie zum einen eher auf den südfranzösischen Bereich, das eigentliche Arelat (im auf die Provence eingegrenzten Sinne), blieb aber zum anderen auch in Transjuranien präsent. Von einem Konflikt mit dem Zähringer, den Friedrich durchaus auch Bündnisse mit Spitzen gegen Wilhelm von M.con schließen ließ,32 ist nichts belegbar. Insgesamt entsteht der Eindruck, als ob drei Einflusszonen in Burgund vom Zugriff her geschieden wurden, einmal die Grafschaft als mit Wilhelm von M.con auszuhandelnde Zuständigkeit des Reiches, ein zähringisch dominiertes Transjuranien und eine südfranzösische Option auf die Zukunft. Nun widerspricht dieses hier skizzierte Bild eines einvernehmlichen Auskommens zwischen dem Staufer und dem Zähringer auf der Basis einer territorialen Trennung dem Bild, das in der Forschung von der Situation der Zeit und dem Verhältnis zwischen den Protagonisten gezeichnet wird. Hier finden wir entweder einen enttäuschten Zähringer, demgegenüber Barbarossa seinen Verpflichtungen bestenfalls zögerlich nachgekommen sei,33 oder einen Barbarossa, der den Zähringer nach 1156 nur nolens volens beteiligte,34 oder aber einen Zähringer, der selbst seine Versprechungen nicht einlösen konnte.35 Grundlage 31 Parlow, Die Zähringer, Nr. 353–389 (Juni 1153 – Mai 1156) stellen ausschließlich Erwähnungen Bertholds im Reichsdienst dar. 32 RI IV,2,1, Nr. 270 = Parlow, Die Zähringer, Nr. 365. 33 So etwa bei Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund, S. 89. 34 Laudage, Friedrich Barbarossa, S. 91f. 35 So – im Anschluss an die Auffassung von Althoff – zuletzt Holger Berwinkel, Verwüsten und Belagern. Friedrich Barbarossas Krieg gegen Mailand (1158–1162) (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 114), Tübingen 2007, S. 38ff.

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dieser Bewertungen ist der Bericht in den Annalen von Lobbes, nach dem Barbarossa im Februar 1153 deficiente exercitu, negotio infecto ins Reich zurückgekehrt sei36 – was dem Zeugnis der urkundlichen Überlieferung, die wir gerade ausgebreitet haben, durchaus widerspricht. Gerade die Frage des negotium infectum deckt sich nur schwerlich mit dem, wie sich das Verhältnis zu Wilhelm von M.con darstellt; und ob nun generell von einem fehlenden Heer oder aber genauer von einem fehlenden zähringischen Aufgebot (und damit einer einseitigen Vertragsverletzung) die Rede ist, gibt die Stelle nicht her. Wie immer man diesen Sachverhalt nun bewerten will, feststeht, dass Veränderungen in den Binnenbeziehungen in der nächsten Zeit nicht festzustellen sind, weder von Seiten des, wie erwähnt, im Reichsdienst durchaus engagierten Zähringers, noch von Seiten Barbarossas. Eine regelrechte Wende setzte erst im Jahr 1155 ein, als im Herbst Graf Wilhelm von M.con verstarb, die Erbin Beatrix nunmehr ohne Vormund war und dadurch die Machtverhältnisse in der Grafschaft Burgund neu zu regeln waren. Bekanntlich nutze Friedrich diese Möglichkeit durch die Heirat mit Beatrix, was ihm nunmehr eine feste Position in Burgund sicherte und damit eine Chance zur Gestaltung eines eigenen Herrschaftsraumes bot. Auffällig ist, dass er z. T. noch vor der Eheschließung einige in der Grafschaft Burgund gelegene Klöster, zumeist Zisterzen, in seinen Schutz nahm.37 Der Heirat folgte im Spätherbst 1156 ein erneuter Zug nach Burgund – offenbar stellte das Klima keinen Hinderungsgrund für Burgundexpeditionen dar –,38 von wo er nach eigener Aussage compositis in Burgundia magnifice nostris negotiis zurückkehrte,39 was durchaus auf das neue Abkommen mit dem Zähringer gemünzt gewesen sein mag, der nunmehr statt einem weitgreifenden Anspruch die konkrete Herrschaft über die drei transjuranischen Bistümer Lausanne, Sitten und Genf erhielt.40 Auch bei diesem Zug wissen wir nicht, ob er eine Angelegenheit des Reiches war oder nicht. Aufrufe sind nicht erhalten, und auch auf den Hoftagen des Jahres stand Burgund nicht auf der Agenda. All dies bedurfte offenbar noch der Vorarbeit, und es gelang erst im Herbst 1157, vielleicht bereits im Schatten des bevorstehenden und vielfach diskutierten41 Itali36 Annales Laubienses ad a. 1153, in: MGH SS 4, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1841, S. 9–28, hier S. 23: Rex super Arelatem vadens, sed non perveniens, deficiente exercitu, negotio infecto reversus est. 37 RI IV,2,1, Nr. 402–404. 38 Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund, S. 89. 39 Briefbuch Wibalds von Stablo, ed. Hartmann, Nr. 423 (J 448), S. 878f.; allerdings stellte Barbarossa Wibald gegenüber mitunter Dinge auch überaus geschönt dar, wie etwa den Polenfeldzug des Jahres 1157 (ebd., Nr. 451 [J 470], S. 930–932 [= RI IV,2,1, Nr. 483]).– Zum eigentlichen Verlauf Görich, Friedrich Barbarossa, S. 262ff. 40 Parlow, Die Zähringer, Nr. 390. 41 Görich, Friedrich Barbarossa, S. 267 zu den Hoftagen von Fulda und Worms (RI IV,2,1, Nr. 442 und 445).

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enzugs, einen Hoftag in BesanÅon abzuhalten, bei dem dann auch nicht nur deutsche Fürsten, sondern beachtlich viele internationale Gesandte anwesend waren.42 Der Weg dorthin war ein langer gewesen, und seine Nachverfolgung hat ein paar Details offengelegt, die vielleicht ein wenig an einigen liebgewonnenen Vorstellungen rütteln können und einen gewissen Argumentationsbedarf erweisen. So ergibt sich etwa mit Hinblick auf die Herrschaft im Reich die Frage, wie wir uns genau »konsensuale Herrschaft« vorstellen, wenn sich offensichtlich der Herrscher auch im Verbund mit den wohl mächtigsten Fürsten nicht durchsetzen konnte, in einem Teil des Reiches für Ordnung zu sorgen. Auch die anscheinenden »Privataktionen« des Herrschers in der Grafschaft Burgund lassen danach fragen, wie eigentlich die Einbindung einzelner Reichsteile gedacht und aktualisiert wurde. Vor diesem Hintergrund blieb dann auch offen, wie genau sich denn das Verhältnis zwischen Friedrich und dem Zähringer Berthold entwickelte. Allem Anschein nach bedurfte es aber eines genealogischen Zufalles (Tod Wilhelms von M.con), mehrerer Initiativen und Aktivitäten Friedrichs sowie einer geänderten Gesamtlage, um mit dem Hoftag des Jahres 1157 schließlich auch eine geregelte staufische Burgundpolitik einzuläuten.

42 RI IV,2,1, Nr. 491.

Alheydis Plassmann (Bonn)

Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund

Otto von Freising war der festen Überzeugung, dass die Heirat von Friedrich I. Barbarossa mit der Tochter Graf Rainalds von Burgund ganz in die Pläne des Kaisers zur Erneuerung des Kaisertums passte. Otto erzählte ausführlich, wie sich die Freigrafschaft durch das Verschulden Rainalds aus dem Einflussbereich des Reiches entfernt hatte. Rainald hatte seine Verpflichtungen gegenüber dem imperium vernachlässigt, und die Folge war eine nur noch lockere Anbindung dieser Region an das Reich, die in Ottos Worten erst die Heirat mit der Erbtochter wieder heilen konnte: »Jener Rainald aber heiratete die Tochter des Herzogs Simon von Lothringen, und diese gebar ihm nur dieses Mädchen und hinterließ es, als er bald darauf starb, gemäß der oben erwähnten Sitte, als Erbin seines ganzen Landes. Als nun der Kaiser sie, wie berichtet, zur Gemahlin erhielt, begann er … nicht nur Burgund, sondern auch die Provence, beide schon lange dem Reich entfremdet, unter dem Rechtstitel seiner Gattin (sub uxoris titulo) als Familieneigentum (familiariter) in Besitz zu nehmen.«1 Es ist für die zeitgenössischen Historiographen durchaus typisch, dass zwischen dem südlichen Teil von Burgund, dem regnum Arelatense, und der Freigrafschaft nicht in aller Form deutlich unterschieden wird. Von der Perspektive des Reiches aus gesehen, war alles gemeinsam die Region Burgund, die locker dem imperium zugehörte. Noch deutlicher als bei Otto von Freising ist dies bei Otto von St. Blasien. Im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung Barbarossas berichtet dieser, dass Otto, der Sohn von Barbarossa und Beatrix, die Krone von

1 Otto von Freising, Gesta Friderici I. imperatoris, ed. Bernhard von Simson (MGH SS rer. Germ. [46]), Hannover/Leipzig 1912, II,48, S. 155; zur Heirat vgl. Rainer Maria Herkenrath, Die burgundische Heirat Kaiser Friedrichs I., in: Karl Amon (Hg.), Ecclesia perigrinans. Festschrift für Josef Lenzenweger zum 70. Geburtstag, Wien 1986, S. 89–94; Johannes Merz, Würzburg. Die Hochzeit Friedrich Barbarossas mit Beatrix von Burgund 1156, in: Alois Schmid/Katharina Weigand (Hg.), Schauplätze der Geschichte in Bayern, München 2003, S. 104–118; Tobias Weller, Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (Rheinisches Archiv 149), Köln 2004, S. 91–99.

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Arles als Erbe seiner Mutter erhalten habe.2 Radulf von Diceto bezeichnet die Burgunder als eines der Völker, die Barbarossa beherrscht, und sieht Burgund als ein Königreich, das Barbarossa nicht wie das Deutsche Reich durch Wahl, sondern durch Erbschaft erhalten hatte.3 Von Italien aus hingegen wurde Burgund mal getrennt von der Provence, mal für alle Gebiete verwendet, wofür Otto Morenas Chronik als Beispiel dienen kann.4 Giselbert von Mons berichtet, dass Friedrich »eine Frau aus Burgund nahm, über die er die civitas BesanÅon und einen großen Teil Burgunds erhielt.«5 Für die Frage, wie die rechtliche Lage Barbarossas als Ehemann der Erbtochter von Burgund einzuschätzen ist, kann die Bedeutung der Zugehörigkeit Burgunds zum Kaisertum gar nicht genug betont werden. Natürlich stand dem Ehemann der Erbtochter die Herrschaft über die Freigrafschaft zu, aber dem Kaiser stand es zu, über ganz Burgund zu bestimmen, so selten er dies auch tatsächlich tun sollte.6 Wenn Barbarossa im südlichen Burgund agierte, kann kaum bezweifelt werden, dass er dies als Kaiser tat und seine Autorität darauf stützte. In der Freigrafschaft mochte er sich auch auf die Autorität von Beatrix und ihrer Familie stützen. Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit diese Voraussetzung eines Agierens in einer erheirateten Herrschaft bei den Regie2 Otto von St. Blasien, Chronik, ed. Adolf Hofmeister (MGH SS rer. Germ. [47]), Hannover/ Leipzig 1912, hier cap. 21, S. 31: Ottone archisolio Arelatensi cum Burgundia, Reinaldi avi sui terra, sublimato … 3 Radulf von Diceto, Imagines historiarum, ed. Wilhelm Stubbs (Rolls Series 68/1), London 1876, S. 267–440, hier S. 426f.: Fredericus imperator Romanus varias regnorum imperio subditorum metas pro varietate linguarum distinguens, Longobardos, Baioraios, Austrasios, Burgundiones, diligenter recensuit, et iuxta numerum quattuor populorum edoctus est plenius quattuor sibi cumpetere diademata. Que simul imperio consolidata Romano Fredericum in conspectu regum magnificant. Cui Burgundie regnum, a multis retro temporibus usque nunc, suppresso regis nomine, per comites administratum, nomine dotis non et dubium accrevisse, suis heredibus hereditario iure legittime devolvendum, non per electionem, sicut imperiale culmen plerumque transfertur, in quempiam conferendum. Et licet Fredericus in adversis hucusque semper extiterit constantissimus, vir tamen uxorius reputatur a multis, querens in omnibus, quomodo placeat uxori. Rediens liquide ab Italia, ne quid imperatrici deesset ad gloriam, in terra nativitatis sue capiti suo fecit imponi diadema Burgundie, die nativitatis beate virginis in urbe Vienna … 4 Otto Morena, Libellus de rebus a Frederico imperatore gestis, ed. Franz-Josef Schmale, in: Italische Quellen über die Taten Friedrichs I. in Italien und der Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I., ed. Ders. (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 17a), Darmstadt 1986, hier zum Jahr 1154, S. 44 (Unterscheidung zwischen Burgundia und Provincia, beide sind indes Teil des imperium) und zum Jahr 1160, S. 126 (Burgund insgesamt als Teil des imperium). 5 Giselbert von Mons, Chronik, ed. L8on Vanderkindere (Recueil de textes pour servir / l’8tude pour l’histoire de Belgique), Brüssel 1904, hier cap. 54, S. 93f.: … uxoremque duxit de Burgundia, ex cuius parte Besontionem civitatem et magnam Burgundie partem obtinuit … 6 Zur Geschichte der Anbindung Burgunds an das Reich vgl. jüngst Verena Türck, Beherrschter Raum und anerkannte Herrschaft. Friedrich I. Barbarossa und das Königreich Burgund (Mittelalter-Forschungen 42), Sigmaringen 2013, S. 55–67.

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rungshandlungen von Barbarossa in Burgund zum Tragen kam. Da die literarischen Quellen ausgesprochen dünn sind, müssen unsere Überlegungen zu großen Teilen auf den Urkunden fußen. Um besser einschätzen zu können, inwieweit die Rechtsform der erheirateten Herrschaft eine Rolle spielte, soll zum Vergleich gelegentlich der Fall von Heinrich II. von England und seiner Frau Eleonore von Aquitanien herangezogen werden, weil hier mit einem König, der eine Erbtochter heiratete, ein vergleichbarer Fall vorliegt.7 Zur besseren Einordnung in das Phänomen der erheirateten Herrschaft insgesamt wird auch der Fall des Gaufred, Sohn Heinrichs II., herangezogen, der als Mann der Erbtochter Konstanze von der Bretagne keinen eigenen Besitz mit in die Ehe brachte.8 Die Kontakte von Barbarossa mit Burgund setzten nicht erst nach der Hochzeit mit Beatrix ein: Schon 1154 kamen burgundische Große nach Worms.9 Die Herren von Baux wollten die Autorität des weit entfernten Kaisers nutzen, um sich in der regionalen Politik einen Vorteil zu verschaffen. Weiterhin können wir Kontakte zwischen Barbarossa und den Erzbischöfen von Vienne, Arles und BesanÅon feststellen.10 Wenn also – wie im Übrigen auch für Konrad III., der

7 Zu Aquitanien als erheirateter Herrschaft im agiovinischen Reich vgl. Nicholas Vincent, King Henry II and the Poitevins, in: Martin Aurell (Hg.), La cour Plantagenet (1154–1204), Poitiers 2000, S. 103–135; Marie Hivergneaux, Queen Eleanor and Aquitaine, in: Bonnie Wheeler (Hg.), Eleanor of Aquitaine. Lord and Lady, New York 2008, S. 55–76, hier S. 66–71; Matthew Strickland, Henry the Young King. 1155–1183, New Haven/London 2016, S. 134–138. 8 Hierzu Judith Ann Everard, Brittany and the Angevins. Province and Empire 1158–1203 (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought. Fourth Series), Cambridge 2000, S. 93–122. 9 J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 2. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190, 1. Lief.: 1152 (1122)–1158, bearb. von Ferdinand Opll/Hubert Mayr, Wien 1980 [künftig zitiert als: RI IV,2,1], Nr. 398; zur Besprechung burgundischer Angelegenheiten schon vor der Heirat vgl. Ren8 Locatelli, Fr8d8ric Ier et le royaume de Bourgogne, in: Alfred Haverkamp (Hg.), Friedrich Barbarossa – Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers (Vorträge und Forschungen 40), Sigmaringen 1992, S. 169–197; hier S. 176ff.; Alheydis Plassmann, Legitimation staufischer Herrschaft in Burgund. Rückgriff auf die Vergangenheit?, in: Volker Gallé (Hg.), Schätze der Erinnerung. Geschichte, Mythos und Literatur in der Überlieferung des Nibelungenliedes [Dokumentation des 7. wissenschaftlichen Symposiums der Nibelungenliedgesellschaft Worms e. V. und der Stadt Worms vom 17. bis 19. Oktober 2008] (Schriftenreihe der Nibelungenliedgesellschaft 6), Worms 2009, S. 147–185, hier S. 165f. Vgl. Die Urkunden Friedrichs I. 1152–1190, ed. Heinrich Appelt, 5 Bde., 1: 1152–1158, 2: 1158–1167, 3: 1168–1180, 4: 1181–1190, 5: Einleitung, Verzeichnisse (MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/1–5), Hannover 1975–1990 [künftig zitiert als: MGH DD FI], Nr. 49 und 50 für BesanÅon; Nr. 58 für Cluny ; Nr. 61 für den Edlen Silvius von Cl8rieux; Nr. 62 für den Erzbischof Hugo von Vienne; Nr. 64 für den Erzbischof Raimund von Arles; Nr. 75 für Saint-Paul-Trois-Ch.teaux. 10 Humbert von BesanÅon ist Zeuge in MGH DD FI, Nr. 48f., 69, 133; Wilhelm von Vienne ist Empfänger in ebd., Nr. 62f.; RI IV,2,1, Nr. 184f.; Raimund von Arles ist Empfänger von MGH

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Burgund nie betrat, aber dennoch 8 Urkunden für burgundische Empfänger ausstellte11 – festzuhalten ist, dass Barbarossa mit den Großen in dem peripheren Bereich schon vor seiner Heirat Kontakt aufnahm, so sind die Ereignisse doch zu vereinzelt, um Grundlinien von Politik auszumachen. Man wird konstatieren, dass eine Bevorzugung der Freigrafschaft nicht gegeben ist; aber angesichts der Tatsache, dass die Burgunder den Kaiser aufsuchten, kann von einer Schwerpunktsetzung seinerseits ohnehin nicht ausgegangen werden. Dies änderte sich mit der Heirat von Barbarossa und Beatrix. Die Forschung hat von jeher, wie auch jüngst Verena Türck, viel Aufhebens darum gemacht, dass die Krönung der Beatrix ausgerechnet in Worms stattfand, dem Nibelungenlied nach der Sitz des alten Burgunderreiches.12 Indes lassen sich Einwände dagegen vorbringen: Worms ist als Ort in der Mitte des Reiches ein Ort, an dem vielfältige Belange besprochen wurden. Eine Übersicht über die in Worms bedachten Empfänger (Karte 1)13 sowie eine Übersicht über die Ausstellungsorte der für die Freigrafschaft Burgund ausgestellten Urkunden Barbarossas (Karte 2)14 macht unmittelbar deutlich, dass von einer Bevorzugung von Worms keine Rede sein kann. Und da eine Verbindung zwischen der Freigrafschaft oder dem Arelat und der Nibelungenlegende in keiner uns bekannten Quelle explizit hergestellt wird, kann man eine Wahl von Worms als Ort der Krönung als Reminiszenz an die Nibelungen nicht belegen. Eine solche Verbindung muss daher im Reich der Spekulation verbleiben.15 Ein Jahr nach der Heirat reiste das kaiserliche Paar für einen langen Auf-

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DD FI, Nr. 64.– Ebd., Nr. 75 für die bischöfliche Kirche von Saint-Paul-Trois-Ch.teaux ist zweifelhaft. Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich, ed. Friedrich Hausmann (MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 9), Wien/Köln/Graz 1969 [ND München 1987], Nr. *24 und 58 aus Straßburg, Nr. 128 und 257 aus Worms, Nr. 132 aus Würzburg, Nr. 145 aus Aachen, Nr. 165f. aus Speyer. Das vermutet etwa Herkenrath, Burgundische Heirat, hier S. 93; ebenso Türck, Beherrschter Raum, S. 228–231. MGH DD FI, Nr. 58–62, 74–75, 164–166, 403, 490, 492, 548, 605, 608, 773, 963. Vgl. zur Bedeutung solcher zentralen Orte im Reich Theo Kölzer, Der Hof Kaiser Barbarossas und die Reichsfürsten, in: Peter Moraw (Hg.), Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im späteren Mittelalter (Vorträge und Forschungen 48), Sigmaringen 2002, S. 3–47, hier S. 7f.; zu Worms auch Ferdinand Opll, Das Itinerar Kaiser Friedrich Barbarossas (1152–1190) (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 1), Wien/Köln/Graz 1978, S. 155f. Von den Urkunden für die Freigrafschaft wurden MGH DD FI, Nr. 49f., 190f., 193f., 198, 390, 515, 598 und 760 in der Freigrafschaft ausgestellt; Nr. 143–145, 472, 490, 777, 947 und 994 im Bereich des heutigen Deutschland; Nr. 370, 639, 710 und 884 in Italien; Nr. 143–145 wurden anlässlich der Heirat in Würzburg ausgestellt; Nr. 472, 777, 947 und 994 im Elsass, nur Nr. 490 wurde in Worms ausgestellt. Plassmann, Legitimation, S. 185.– Dass das Nibelungenlied am staufischen Königshof bekannt gewesen sein mag, muss keinesfalls bedeuten, dass man solche Anspielungen bewusst gesucht hätte.

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enthalt in die Freigrafschaft,16 wohl um die Inbesitznahme der erheirateten Herrschaft deutlich zu machen. Anhand der Urkunden können wir dies nicht festmachen: Keine der auf diesem Zug ausgestellten Urkunden17 weist eine enge Verbindung zur Familie der Beatrix oder zu Graf Rainald auf. Nur Otto von Freising spricht davon, dass Friedrich sich um die Angelegenheiten der Güter seiner Gemahlin gekümmert habe; er spricht aber auch davon, dass die Untertanen aus dem regnum Arelatense dem imperium die Treue geschworen hätten.18 Indes können wir am Parallelbeispiel der Eleonore von Aquitanien sehen, dass der Ehemann nach der Heirat in der Herrschaft der Frau vorgestellt wurde: Sowohl Ludwig, der erste Ehemann der Eleonore, als auch Heinrich II. reisten unmittelbar nach der Heirat mit Eleonore in Aquitanien.19 Ähnlich verhält es sich bei Konstanze von der Bretagne, die für die Konsolidierung der Herrschaft ihres Ehemannes eine wichtige Rolle spielte.20 Dass wir von Beatrix aus dieser Zeit keine Urkunden haben, ist leicht zu erklären. Von Eleonore sind 159 Urkunden überliefert,21 von Beatrix nur 11.22 Auf dem Zug nach Burgund wurden tatsächlich, wie Otto von Freising erwähnt, Kontakte zum Arelat geknüpft.23 Der Erzbischof von Arles schickte Boten, und in den Urkunden vom Burgundzug von 1157 sind Zeugen aus der Provence belegt.24 Inwiefern die Einschätzung Ottos richtig ist, dass Friedrich plante, in 16 Türck, Beherrschter Raum, S. 101f. 17 MGH DD FI, Nr. 183–198. 18 Otto von Freising, Gesta Friderici, III,12, S. 180: Missis tamen per honestos valde et industrios nuntios litteris omnimodam subiectionem et debitam fidelitatem imperio Romano compromiserunt; III,13, S. 181: rebus feliciter gestis prediisque coniugis sue imperatricis, de qua supra dictum est, ad arbitrium suum dispotis … 19 Vgl. hierzu Marie Hivergneaux, Autour d’Alienor d’Aquitaine. Entourage et pouvoir au prisme des chartes (1137–1189), in: Martin Aurell (Hg.), Plantagenets et Cap8tiens. Confrontations et h8ritages, Turnhout 2006, S. 61–73, hier S. 62–64; Dies., Queen Eleanor and Aquitaine, S. 57–63. 20 Vgl. Everard, Brittany, S. 99–103. 21 Eine Auflistung der Urkunden Eleonores findet sich bei Nicholas Vincent, Patronage, Politics and Piety in the Charters of Eleanor of Aquitaine, in: Martin Aurell (Hg.), Plantagenets et Cap8tiens. Confrontations et h8ritages, S. 17–60, hier S. 56–60. Außerdem werden die Urkunden Eleonores demnächst auch als Anhang zu den Urkunden Heinrichs II. zur Verfügung stehen. Die Urkunden Heinrichs II. werden von Nicholas Vincent ediert [künftig zitiert als: Acta Henry II]. Ich danke ihm dafür, dass er mir eine elektronische Vorabversion der Urkunden zur Verfügung gestellt hat. 22 Als Anhang zu den Urkunden Barbarossas ediert in MGH DD FI, 4. Zum Urkundencorpus der Beatrix vgl. auch Heinrich Appelt, Kaiserin Beatrix und das Erbe der Grafen von Burgund, in: Hubert Mordek (Hg.), Aus Kirche und Reich. Studien zu Theologie, Politik und Recht im Mittelalter. Festschrift für Friedrich Kempf zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag und fünfzigjährigen Doktorjubiläum, Sigmaringen 1983, S. 275–283; Plassmann, Legitimation, S. 167ff.; Türck, Beherrschter Raum, S. 177ff. 23 Otto von Freising, Gesta Friderici, III,12, S. 180. 24 In MGH DD FI, Nr. 184f., 192, 195–197 sind folgende Zeugen zu finden: Peter von Tarentaise

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das Arelat zu ziehen, muss offenbleiben. Die Tatsache, dass Zeugen in die Freigrafschaft kamen, würde eher dafür sprechen, dass man nicht mit einem Aufenthalt des Kaisers im Süden rechnete. Bei anderen Aufenthalten des Kaisers in der Freigrafschaft sind – bis auf eine Ausnahme – keine Zeugen aus dem Arelat anzutreffen.25 Aus dem regnum Arelatense bot es sich eher an, den Kaiser in Italien aufzusuchen: Die weitaus meisten Urkunden für Empfänger aus dem Arelat sind außerhalb des Arelats, in Italien, ausgestellt worden.26 In den Jahren zwischen 1157 und 1177 war die Freigrafschaft locker unter der Oberhoheit des Reiches. Erst 1178/1179 wurde Beatrix in Burgund wieder größere Aufmerksamkeit zuteil. Wie Radulf von Diceto berichtet, ließ Barbarossa seine Frau in Arles krönen, wie Radulf behauptet »im Land ihrer Geburt (terra nativitatis sue)«.27 Diese recht weiträumige Definition kann angesichts der unklaren Bezeichnungen für Burgund nicht wirklich erstaunen. Verena Türck hat plausibel gemacht, dass die Krönung der Beatrix wie auch das Unter-der-KroneGehen von Barbarossa im Arelat nicht der Wiederbelebung des Königreichs Burgund galt, sondern von Barbarossa angeregt wurde, um zum einen die mangelbehaftete Krönung der Beatrix durch einen Gegenpapst auszugleichen und um zum anderen in einer feierlichen Zeremonie seinen eigenen Status, der im Frieden von Venedig gelitten hatte, wieder zu stärken.28 Die Verbindung der Beatrix mit der Freigrafschaft blieb in diesen Jahren locker. Beatrix hat als Kaiserin einige Male in Urkunden interveniert; ein Schwerpunkt auf Belangen der Freigrafschaft ist dabei nicht festzustellen und wäre bei der universellen Stellung der Kaiserin wohl auch nicht angemessen gewesen. Die Interventionen der Kaiserin waren folgende: – MGH DD FI, Nr. 191, 194 für Empfänger in der Freigrafschaft, ausgestellt auf dem Zug in die Freigrafschaft ein Jahr nach der Heirat; – MGH DD FI, Nr. 279 für Kloster Ebdorf; – MGH DD FI, Nr. 466, 614 für das Kloster St-Ghislain; – MGH DD FI, Nr. 648 ein Vertrag mit der Stadt Tortona.29 Ein weiteres Beispiel für einen solchen Befund von geringer Einmischung in die Politik des Ehemannes bei einer Herrschaft, die ja eigentlich der Frau gehörte,

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(Nr. 184f.), Ado, Abt von St-Gilles bei Arles (Nr. 192), Heraclius von Lyon (Nr. 192–193), Gaufred von Avignon (Nr. 195–197) und Odo von Valence (Nr. 195–197). Ausnahme: MGH DD FI, Nr. 514 für Wilhelm von Vienne, dort ist Drogo von Lyon Zeuge. Ebd., Nr. 97, 115, 316, 329, 332, 378, 382f., 435–437, 544, 634, 668, 867, 869f., 877, 937f. Siehe oben Anm. 3. Türck, Beherrschter Raum, S. 242. Zu den Interventionen der Beatrix vgl. auch Amalie Fössel, Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume (Mittelalter-Forschungen 4), Stuttgart 2000, hier S. 126, und MGH DD FI, 5, S. 113; Plassmann, Legitimation, S. 166f.; Türck, Beherrschter Raum, S. 171–175 zur Rolle der Beatrix am Hof.

Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund

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kann man etwa auch im Fall der Eleonore von Aquitanien ausmachen. Wie bei Beatrix und Barbarossa ist auch bei Eleonore und Heinrich II. die Zahl der Urkunden, die auf eine Interaktion zurückzuführen sind, erstaunlich gering; dies gilt nämlich nur für 14 der insgesamt über 3.000 Urkunden des englischen Königs.30 Offenbar ist es von großer Bedeutung, dass die Autorität des Ehemannes über jener der erheirateten Herrschaft stand: Im Fall des Gaufred von Anjou, der mit Konstanze von der Bretagne verheiratet war und außer seinem Status als angeheirateter Herzog der Bretagne lediglich seinen eigenen Status als unausgestatteter Sohn eines Königs in die Ehe einbrachte, sieht der Befund ganz anders aus: Etwa ein Drittel der Urkunden Gaufreds sind in Zusammenarbeit mit Konstanze entstanden.31 Auch die Familie der Kaiserin hat keine Stellung, die sie besonders mit der Freigrafschaft in Verbindung bringen würde. Wenn wir uns Matthäus von Lothringen, den Onkel der Beatrix,32 und Wilhelm von Montferrat, den Großonkel,33 ansehen, können wir beobachten, dass beide in ziemlich unterschiedlichen Belangen als Zeugen herangezogen wurden. Eine besondere Verbindung zur Freigrafschaft oder zu Belangen der Freigrafschaft bestand nicht. Matthäus von Lothringen ist häufiger in der Freigrafschaft zu finden als Wilhelm. Dies mag aber auch mit seiner relativen Nähe zu Burgund zusammenhängen. Wenn wir Matthäus etwa mit Otto von Wittelsbach vergleichen, der ein enger Vertrauter Barbarossas war, können wir feststellen, dass der bayerische Pfalzgraf nicht unbedingt für Belange Burgunds herangezogen wurde, da er nur ein einziges Mal in burgundischen Angelegenheiten konsultiert wurde.34 Wenn wir die Beteiligten aus der Region in den Blick nehmen, können wir 30 Acta Henry II, Nr. *61, 285, 1063 (als Petentin), Nr. 1338 (als Petentin), Nr. 1657 und Nr. 952, 1048, 1182, 1632–1635, 2460, 2911 als Zeugin. 31 Von den 30 Urkunden Gaufreds sind 11 mit Beteiligung Konstanzes entstanden: The charters of Duchess Constance of Brittany and her family, 1171–1221, ed. Judith Everard, Woodbridge 2000, Nr. 2, 4, 7, 10f., 15f., 20f., 25, 28. 32 Vgl. Karte 3.– Zeuge in MGH DD FI, Nr. 1f., 4, 27, 32, 34, 36, 40, 42–44, 69, 133, 136, 140–145, 149, 156, 165, vor dem Jahr 1158, danach nur noch in Nr. 472, 500, 517, 576, 597, 621.– 1157 war er in Burgund (Nr. 184f., 189–198) und zeugte in Nr. 514f. aus dem Jahr 1166 in burgundischen Angelegenheiten; zu ihm vgl. auch Alheydis Plassmann, Die Struktur des Hofes unter Friedrich I. Barbarossa nach den deutschen Zeugen seiner Urkunden (MGH Studien und Texte 20), Hannover 1998, S. 126. 33 Vgl. Karte 4.– Zeuge in MGH DD FI, Nr. 96f., 100, 141, 189f., 275, 316, 325, 337, 347, 350, 356, 359f., 367–370, 382, 388, 422, 456, 459, 523, 531f., 634, 638, 642, 653, 728–730, 732.– Nur Nr. 190 und 370 sind für Empfänger aus der Freigrafschaft. 34 Zeuge in ebd., Nr. 13, 28, 70, 88f., 92, 94, 96f., 99–102, 109, 111f., 115f., 120, 123, 127, 134, 140–142, 149, 151–153, 158, 160–161, 165, 173–174, 176–178, 182, 184, 199–202, 228, 231, 259, 271, 274f., 279, 300, 305, 308, 315f., 322f., 326, 328, 332–334, 367f., 372, 374, 376, 382, 388, 394f., 412, 419, 421, 421a, 424, 442f., 456–458, 506f., 509f., 513, 545, 549, 553, 560–564, 570, 595, 622, 633, 635, 638f., 785, 789, 791, 796, 798, 803f., 825f., 831f., 845, 847–851. Nur Nr. 639 ist für einen Empfänger in der Freigrafschaft. Vgl. Plassmann, Struktur, S. 76ff.

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festhalten, dass die Adligen der Freigrafschaft den Königshof nur selten an anderen Orten aufsuchten. Stefan von M.con, ein entfernter Verwandter, ist zwar in Würzburg, anlässlich der Hochzeit,35 und in Worms36 am Königshof nachzuweisen; üblicherweise wartete man aber ab, bis der Kaiser nach Burgund kam. Da Barbarossa im Laufe seiner Regierung die Freigrafschaft zehnmal aufsuchte,37 war Kontakt immerhin möglich, und man war als Bewohner der Freigrafschaft auch nicht schlechtergestellt als etwa ein Bewohner Sachsens.38 Der Befund ist daher durchaus ähnlich: Nur die Erzbischöfe von BesanÅon sind häufiger am Hof zu finden. Aber Erzbischof Heribert von BesanÅon war auch von Barbarossa eingesetzt worden und stammte aus dem Reich.39 Dennoch ist die Freigrafschaft stärker in das Reich einbezogen worden als das entferntere Arelat. Der Theorie nach waren die für Burgund bestimmten Legaten für ganz Burgund zuständig, tätig waren sie aber nur in der Freigrafschaft.40 Dies dürfte mit der größeren Nähe zum Reich ebenso viel zu tun haben wie mit der Verbindung zu und über Beatrix. Verena Türck hat die Einsetzung der Legaten mit ihren Verbindungen zur Freigrafschaft erklärt.41 Indes ist eine Herkunft aus der Freigrafschaft nur für den ab 1180 tätigen Magister Daniel zu vermuten.42 Die anderen Legaten konnten unter Umständen verwandtschaftliche Beziehungen zu Adligen aus der Freigrafschaft aufweisen, wie Ludwig von Saarwerden, der mit den Grafen von Mömpelgard verwandt war ;43 aber dass diese Verwandtschaft ihre Einsetzung als Legaten bestimmt hat, dürfte kaum nachzuweisen sein. Wie wir im Fall des Matthäus von Lothringen und des Wilhelm von Montferrat gesehen haben, war nicht einmal die Verwandtschaft zu den Freigrafen selber ein Garant für eine Beteiligung an den Belangen Burgunds. In jedem Fall dürfte das 35 36 37 38 39

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MGH DD FI, Nr. 143–145. Ebd., Nr. 490. Opll, Itinerar, S. 157–160; Türck, Beherrschter Raum, S. 98–128. Kölzer, Der Hof Kaiser Barbarossas, S. 8f. zur Einschränkung des Itinerars in den späteren Jahren Barbarossas. Humbert von BesanÅon Zeuge in MGH DD FI, Nr. 48f., 69, 133, 140–145, 184f., 191–193, 195–198; Heribert in Nr. 490, 514f., 531f. Über die Karriere von Heribert, erst in der Kanzlei Konrads III. und dann Friedrichs I., vgl. MGH DD FI, 5, S. 29f.; Christian Uebach, Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152–1167), Düsseldorf 2008, S. 227–229; Türck, Beherrschter Raum, S. 163f. und weiterhin den Beitrag von Ders. (nun Schweizer) in diesem Band. Jean-Yves Mariotte, Le comt8 de Bourgogne sous les Hohenstaufen 1156–1208, Paris 1963, S. 115–123 (über die kaiserlichen Legaten zur Zeit Barbarossas), S. 171–173 (Regesten der Legaten); Plassmann, Legitimation, S. 173.– Auch unter Philipp von Schwaben ist der Legat für Burgund, Bischof Konrad von Speyer, nur in der Freigrafschaft tätig, vgl. Bernd Schütte, König Philipp von Schwaben. Itinerar, Urkundenvergabe, Hof (MGH. Schriften 51), Hannover 2002, S. 512. Türck, Beherrschter Raum, S. 133–146 (zu den Legaten). Ebd., S. 143ff. Plassmann, Legitimation, S. 173.

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persönliche Vertrauensverhältnis zum Kaiser für eine Einsetzung als Legat entscheidend gewesen sein, wenn ein gewisses Maß an Verständnis für die Region bei einer Ernennung auch nicht geschadet haben dürfte. Ab 1180 sollte offenbar die Erbschaft eines der Söhne Barbarossas in der Freigrafschaft vorbereitet werden. Die Tatsache, dass später Otto die Grafschaft geerbt hat, hat der Forschung den Blick darauf verstellt, dass es ursprünglich wohl Konrad gewesen ist, dem das Erbe der Mutter zufallen sollte. Für diese Interpretation der Quellen spricht, dass es Konrad gewesen ist, der 1183 offenbar zusammen mit seinem Erzieher und der Mutter die Freigrafschaft aufsuchte,44 und dass Otto erst dann als Erbe auftauchte, als sich für Konrad andere Optionen auftaten. Warum der jüngere Konrad das Erbe der Mutter antreten sollte, während für Otto vielleicht noch nicht vorgesorgt war, ist nicht ganz klar ; aber die Begleitung der Mutter spricht doch eine deutliche Sprache und zeugt von der Vorbereitung der Herrschaftsübernahme: Mit Eleonore von Aquitanien, ihrem Zug durch Aquitanien mit ihrem Sohn Richard und ihrer vermehrten Urkundentätigkeit zur Vorbereitung dieser Nachfolge im Jahr 1172 lässt sich da ein Parallelfall nennen,45 der diese Interpretation der wenigen Urkunden von Beatrix aus dem Jahr 1183 nahelegt. Es ist aufschlussreich, dass die Urkunden von Beatrix für die Freigrafschaft in gewissem Sinne deutlich regionaler sind als diejenigen ihres Gemahls. Das betrifft auf jeden Fall die Ausstellungsorte, die zeigen, dass Beatrix nur in der Freigrafschaft selbst tätig wurde (Karte 5), und es betrifft die herangezogenen Zeugen, die für Beatrix sämtlich aus der lokalen Umgebung rekrutiert wurden. Ein Vergleich mit den Urkunden Barbarossas verdeutlicht diesen regionalen Zuschnitt (Karte 6). Auffällig ist, dass es nur wenige Zeugen gibt, die in den Urkunden beider Ehepartner auftauchen. Dies mag mit dem geringen zeitlichen Ausschnitt zusammenhängen, über den uns die Urkunden der Beatrix Auskunft geben und der sich gerade nicht mit der Tätigkeit ihres Gemahls überschneidet. Als Parallelfall lässt sich hier wieder auf einen Vergleich zwischen Heinrich II. und Eleonore verweisen. Auch hier sind die Zeugen, die der Gattin allein zuzuordnen sind, deutlich »regionaler« als die des Königs (Karte 7). Der Befund bei Gaufred und seiner Frau Konstanze in der Bretagne zeigt eine viel engere Verzahnung des Hofes und der Zeugen von Erbtochter und Ehemann (Karte 8). Wenden wir uns nun der Frage zu, inwieweit die Freigrafschaft als erheiratete Herrschaft in die Legitimation von Barbarossas Herrschaftsakten einbezogen wurde. Es ist ein auffälliger Befund, der schon den Editoren der Barbarossa44 Ebd., S. 168.– In MGH DD Beatrix, Nr. 7–10. 45 Dazu die Urkunden Eleonores (wie Anm. 21), Nr. 11, 31, 41, 55–57, 84, 92f., 99, 112, 123 und möglicherweise Nr. 86, 98, 133f.; vgl. Vincent, Patronage, S. 19; Hivergneaux, Autour d’Alienor, S. 66–71.

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Urkunden ins Auge gefallen ist, dass die Urkunden für Burgund ein Pathos für das Imperium auszeichnet, der gegenüber anderen Urkunden heraussticht.46 In den Arengen der Urkunden, gerade für das Arelat, wird das Imperium für die Legitimierung der Herrschaftsakte herangezogen, aber auch als Bezugspunkt der burgundischen Untertanen evoziert. Dies ist kein Spezifikum der Barbarossa-Urkunden, sondern gilt auch für die Urkunden anderer Stauferkaiser für Burgund.47 Deutlich abgeschwächt sind dieser Bezug auf das Imperium und die mächtige Bildsprache indes in den Urkunden Philipps von Schwaben und Konrads III., die keine Kaiser waren.48 In den Urkunden für die Freigrafschaft wird dieser Bezug zum Imperium ebenfalls deutlich, eine Abschwächung ist nur bei den Mandaten zu bemerken.49 Bei diesen konkreten Handlungsanweisungen musste offenbar nicht in großem Stile auf das Imperium verwiesen werden. Auch bei einem anderen Bezug auf das Kaisertum, nämlich bei der Besiegelung mit Goldbullen, nimmt Burgund eine Sonderstellung ein. Verena Türck hat dies ohne Bezug zum Kaisertum erklären wollen und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Empfänger üblicherweise die Goldbullen erbeten haben.50 Indes dürfte außer Frage stehen, dass die Goldbulle eben mehr ist als ein königliches Siegel, zumal wie Türck – ohne indes auf die Implikationen einzugehen – selber bemerkt,51 die Stadt Rom auf der Rückseite abgebildet wurde. Dass mit diesem Material und dem Bildnis das Kaisertum evoziert wurde, hat auch Johannes Fried so interpretiert.52 In Bezug auf die Goldbullierung ist auffällig, dass das regnum Arelatense die gewöhnlichen Dimensionen vollständig sprengt. Immerhin 38 % der Urkunden für das Arelat sind mit einer Goldbulle versehen worden.53 Gegenüber den etwa 10 % Goldbullen im Gesamtdurchschnitt für die Barbarossa-Urkunden54 ist dies doch mehr als ein statistischer Ausreißer. Gleichzeitig ist auch in diesem Fall die Goldbullierung in einer Tradition zu sehen, die sich bis zu Friedrich II. hinzieht. 46 Einleitung zu MGH DD FI, 5, S. 95. 47 Vgl. dazu ausführlich Alheydis Plassmann, Herrschaftspraxis und Legitimation – Möglichkeiten und Grenzen der Urkundenauswertung am Beispiel der Staufer in Burgund, in: Archiv für Diplomatik 56 (2010), S. 43–63. 48 Ebd., S. 58f. 49 Vgl. etwa MGH DD FI, Nr. 361 an Erzbischof Humbert von BesanÅon und Burchard von Asvel.– Ähnlich Nr. 389 an Klerus und Volk von Genf; Nr. 806 für die Vasallen des Bistums Basel; Nr. 950 an Graf Wilhelm von Genf, alle ohne den Verweis auf die dem imperium schuldigen Dienste.– Dazu Plassmann, Legitimation, S. 163. 50 Türck, Beherrschter Raum, S. 155. 51 Ebd. 52 Johannes Fried, Friedrich Barbarossas Krönung in Arles, in: Historisches Jahrbuch 103 (1983), S. 347–371, hier S. 354. 53 MGH DD FI, Nr. 61f., 184, 192, 195–197, 316, 332, 382, 435f., 514, 634, 668, 741–743, 748, 750, 756, 867, 877, 938; Plassmann, Legitimation, S. 179f. 54 Dazu vgl. MGH DD FI, 5, S. 91ff. Aufstellung der Goldbullen.

Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund

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Der Prozentsatz an Goldbullen ist für die Freigrafschaft etwas geringer, liegt aber mit 25 % immer noch deutlich jenseits des Durchschnitts.55 Einen solchen Befund trifft man kaum adäquat, wenn man vermutet, dass er lediglich auf Gruppendynamik zurückzuführen sei,56 auch wenn unbenommen ist, dass ein solches von Konkurrenz bestimmtes Verhalten der burgundischen Empfänger in dem Wunsch nach einer Goldbulle zu dem Phänomen beigetragen haben kann. Als letztes wäre noch auf die Frage einzugehen, ob die Urkunden vom Bezugsgebiet her innerhalb des regionalen Rahmens verbleiben. Wenn wir uns die Urkunden für die Freigrafschaft ansehen, können wir feststellen, dass keine Verbindungen zum Reich geknüpft wurden, aber auch nicht zu den anderen Gegenden Burgunds. Die Belange der Freigrafschaft blieben zumindest im Urkundencorpus von Kaiser und Kaiserin im Kontext der Freigrafschaft selbst, so dass die Akte des Herrschers in der Freigrafschaft keine Verbindungen zu anderen Herrschaftsbereichen des Kaisers knüpften.57 Für das Arelat gilt dies ähnlich. Die einzige Ausnahme ist hier das Diplom für den Erzbischof von Vienne, der als Erzkanzler für Burgund eine Verbindung zum Reich hatte, der aber in der Herrschaftsausübung keine Bedeutung zukam.58 Das bedeutet, dass für Freigrafschaft und Arelat Verbindungen zum Reich im Rahmen der Urkundenausstellung nur dann geknüpft wurden, wenn Personen Barbarossa in anderen Reichsteilen aufsuchten. Dies geschah aber, wie wir schon gesehen haben, nur sehr selten. Als Vergleich seien die Urkunden für die ebenfalls periphere Region Sachsen genannt. Wenn man die Urkunden für Heinrich den Löwen einmal außen vor lässt,59 ist auch hier eine deutliche Beschränkung von Ausstellungsorten und Bezugsgebieten auf die Region zu bemerken.60 Burgund ist eben in dieser Hinsicht nicht anders einzuschätzen als eine andere periphere Region im Reich. In 55 MGH DD FI, Nr. 49, 190, 472 für BesanÅon; Nr. 193 für Baume-les Messieurs; Nr. 639 und 884 für St-Oyen-de-Joux. 56 Türck, Beherrschter Raum, S. 155. 57 In sämtlichen Urkunden für Empfänger aus der Freigrafschaft sind auch die Bezugsgebiete innerhalb der Freigrafschaft. 58 MGH DD FI, Nr. 514. 59 Ebd., Nr. 80, 199f., 218 (in bayerischen Belangen). 60 Ebd., Nr. 10, 11, 14, 56f., 138, 171, 210, 213f., 310, 397, 403, 556, 593, 604, 616, 780f., 814, 818, 974, 978, 979, 981, 983f., 1001, 1002. In den fett markierten Urkunden kommt das Word imperium oder imperialis in der Arenga vor, ohne dass die Arenga je so blumig wäre wie in den burgundischen Urkunden. Ausnahmen der Beschränkung der Bezugsgebiete auf Sachsen sind Diplom Nr. 209 für Hartwig von Bremen, in dem es um Güter des Erzbistums auch in anderen Gebieten des Reiches geht, Nr. 211 für das Nonnenkloster Nordhausen, in dem ein Tauschgeschäft mit einem thüringischen Gut bestätigt wird, und Nr. 553, in dem dem Stift Goslar Güter auch außerhalb von Sachsen bestätigt werden. Diese drei weisen ausführlichere Arengen auf, in denen die wechselseitige Verpflichtung zwischen Herrscher und Beherrschten angesprochen wird.

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Sachsen indes erfolgt kein Rückbezug auf das Imperium. Barbarossa bezog sich bei seiner Herrschaft über Burgund also keinesfalls auf die Autorität, die er als Ehemann der Beatrix hatte, sondern legitimierte sich über den älteren Anspruch des imperium. Dies lässt sich zum einen daran belegen, dass der imperiale Anspruch insgesamt in den Urkunden staufischer Herrscher für Burgund formuliert wird, Friedrich Barbarossa also in dieser Hinsicht in das Muster seiner Familie passt.61 Ein Vergleich mit der Herrschaft Heinrichs II. über Aquitanien, das Land seiner Frau Eleonore, zeigt strukturelle Ähnlichkeiten, die sich dadurch erklären lassen, dass beide ihre Autorität nicht auf den Anspruch der Ehefrau stützen mussten, da beide von vorneherein als Kaiser und König eine überregionale Autorität hatten. Heinrich II. konnte sich zwar auf seine englische Königskrone nicht berufen, um seine Herrschaft in Aquitanien zu untermauern, das zusätzliche Prestige eines Königs wird aber kaum bedeutungslos gewesen sein. Wie Burgund für Barbarossa war Aquitanien für Heinrich eine Herrschaft, die an der Peripherie lag. Dies wird an der strukturellen Ähnlichkeit deutlich. Sowohl Friedrich als auch Barbarossa haben für die Herrschaftspraxis in der erheirateten Region auf Vertraute gesetzt, die ohnehin schon in ihrem Umkreis waren. Natürlich wurde nicht gegen den regionalen Adel regiert, aber dieser wurde lediglich bei den Aufenthalten in der Region herangezogen. Dass die Situation ganz anders aussehen konnte, wenn der Ehemann selbst keine eigene Herrschaft hatte, können wir am Beispiel von Gaufred von Anjou und seiner Frau Konstanze von der Bretagne sehen: Die deutlich engere Zusammenarbeit der Ehepartner ist hier sicherlich der Tatsache geschuldet, dass Gaufred ohne seine Frau nichts aufzuweisen hatte.62 Schließlich sei darauf verwiesen, dass auch Heinrich VI. bei der Inbesitznahme des Königreichs Sizilien die Legitimation über die Ansprüche des Kaisertums vor den Anspruch seiner Frau setzte.63 Dies hat man bislang immer mit der Ferne der Eheleute erklärt,64 es ist aber angesichts des Befundes bei Barbarossa und Burgund möglicherweise auch schlichtweg Machtkalkül oder durch das Bewusstsein der Besonderheit des Kaisertums zu erklären. Am Vergleich mit anderen peripheren Regionen wie Sachsen schließlich lässt sich sehen, dass der Rückbezug auf das Imperium keine Frage der Randstellung Burgunds ist, sondern dass dies ein Spezifikum Burgunds ist, das wir nicht 61 Vgl. Plassmann, Herrschaftspraxis, S. 57–60. 62 Siehe Karte 8. 63 Dies fasst man unter das Schlagwort Unio regni ad imperium. Dazu Gerhard Baaken, Ius imperii ad regnum. Königreich Sizilien, Imperium Romanum und römisches Papsttum vom Tode Kaiser Heinrichs VI. bis zu den Verzichtserklärungen Rudolfs von Habsburg (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 11), Köln 1993. 64 Peter Csendes, Heinrich VI. (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 1993, S. 159–163.

Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund

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richtig einschätzen, wenn wir Barbarossa dort nur als König agieren sehen.65 Der Vergleich mit Sachsen mag hier auf der einen Seite als Hinweis gelten, dass bei Aktionen innerhalb einer Region im Reich eine Betonung des Kaisertums nicht nötig war. Auf der anderen Seite lässt sich auf Böhmen verweisen, wo die Legitimation des römisch-deutschen Königs durch die kaiserliche Stellung ebenfalls nützlich war und in den wenigen Urkunden für den Herzog von Böhmen auch beschworen wurde.66 Zieht man die Befunde außerhalb Burgunds zum Vergleich heran, wird deutlich, dass Barbarossa in Burgund als K a i s e r agierte. Das Argument, dass Barbarossa schon vor seiner Kaiserkrönung in burgundischen Belangen tätig wurde, wird man kaum für gewichtig halten können, denn die Kaiserkrönung stand als Möglichkeit immer im Raum und erfolgte im Zweifel beim ersten Italienzug. Auch Konrad III. und Philipp von Schwaben waren als prospektive Kaiser in Burgund tätig, wenn sich in den Begründungen ihrer herrschaftlichen Akte das Defizit der fehlenden Kaiserkrone auch bemerkbar macht. Die theoretische Anbindung an das Kaisertum steht selbstverständlich der Beobachtung, dass das Interesse Barbarossas mit der Heirat der Beatrix an dieser Region deutlich zunahm, keinesfalls entgegen. Der Rückbezug auf das Kaisertum bedeutete nicht, dass Barbarossa Gelegenheiten zur Stärkung seiner Herrschaft, die sich aus der pragmatischen Anbindung an die Freigrafschaft ergaben, nicht ausnutze. Die Tradition des kaiserlichen Einflusses auf Burgund und die Anknüpfungsmöglichkeiten über das Erbe der Beatrix schlossen sich nicht gegenseitig aus.

65 Türck, Beherrschter Raum, vgl. vor allem die Zusammenfassung ihrer Ergebnisse, S. 286–293. 66 MGH DD FI, Nr. 201, 782.

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Karte 1: Übersicht der in Worms bedachten Empfänger T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

Alheydis Plassmann

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Karte 2: Ausstellungsorte der Urkunden für Empfänger der Freigrafschaft T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Karte 3: Übersicht über die Zeugentätigkeit Matthäus’ von Lothringen T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Karte 4: Übersicht über die Zeugentätigkeit Wilhelms von Montferrat T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Karte 5: Ausstellungsorte der von Friedrich I. und Beatrix ausgestellten Urkunden für Empfänger der Freigrafschaft T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Karte 6: Übersicht über die Zeugen der von Friedrich I. und Beatrix ausgestellten Urkunden für Empfänger der Freigrafschaft T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Karte 7: Übersicht über die Zeugen in den Urkunden Heinrichs II. von England und Herzogin Eleonores von Aquitanien T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

Barbarossa, Beatrix und die erheiratete Freigrafschaft Burgund

Karte 8: Zeugen in den Urkunden Gaufreds von der Bretagne und seiner Frau Konstanze T A. Plassmann, Universität Bonn, 2019

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Verena Schweizer (Stuttgart)

Königstreues Zentrum in Burgund? Besançon und Friedrich I. Barbarossa

Im Titel meines Beitrags steckt die Frage nach der Bedeutung BesanÅons für die Herrschaft Friedrichs I. Barbarossa im Königreich Burgund.1 Fragen möchte ich nach der Rolle und Funktion BesanÅons bei den Bemühungen Friedrichs, das Königreich Burgund herrschaftlich zu durchdringen. War BesanÅon der Schlüssel zu Burgund, das königliche Zentrum für Friedrich? BesanÅon war im Hochmittelalter eine Stadt des Erzbischofs,2 denn im Verlauf des Frühmittelalters und Hochmittelalters konnten sich die Erzbischöfe auch mit Unterstützung der Salier als Stadtherren etablieren. Zudem war BesanÅon der zentrale Erzbischofssitz im Norden des Königreichs Burgund. Dieses reichte im Mittelalter von Basel über das Rhinetal bis zum Mittelmeer. Das Erzbistum BesanÅon im Norden Burgunds umfasste neben BesanÅon selbst die Suffraganbistümer Belley, Lausanne und Basel. BesanÅon lag zwar inmitten der Grafschaft Burgund, war aber kein Teil von ihr.3 Vielmehr war BesanÅon schon unter den Saliern ein wichtiger Ort für das Königtum. So feierte z. B. Heinrich III. hier seine Verlobung mit Agnes von Poitou. Der Erzbischof von BesanÅon war unter Heinrich III. auch Erzkanzler von Burgund.4 Die meisten Könige und Kaiser reisten aber nicht bis BesanÅon, 1 Der Beitrag beruht auf einem im Rahmen des Deutsch-Französischen Forschungsateliers »Junge Mediävistik III« zum Thema »BesanÅon« in Freiburg am 20. Februar 2015 gehaltenen Vortrag. Für die Druckfassung wurde das Manuskript nur geringfügig überarbeitet, der Redestil wurde beibehalten. Die Forschungsergebnisse gehen auf meine Dissertation zurück: Verena Türck, Beherrschter Raum und anerkannte Herrschaft. Friedrich I. Barbarossa und das Königreich Burgund (Mittelalter-Forschungen 42), Ostfildern 2013, vor allem Kapitel 5.2.1, 5.2.2 und 5.4.1.1. 2 Siehe zu BesanÅon ausführlich weiter unten. 3 Die Grafen von Burgund hatten ihren Besitz vor allem in Umland von BesanÅon in Dole, Arbois, Poligny, Gray und Vesoul. 4 Matthias Becher, Heinrich III. (1039–1056), in: Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hg.), Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I. (919–1519), München 2003, S. 136–153, hier S. 140–142; Laetitia Boehm, Geschichte Burgunds. Politik – Staatsbildung – Kultur, Stuttgart 1979, S. 121–126; Johannes Laudage, Die Salier. Das erste deutsche Königshaus (C.H. Beck Wissen in der Beck’schen

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Verena Schweizer

sondern hielten sich entweder in Basel, im Elsass oder in Peterlingen/Payerne auf.5 Dennoch unterhielten schon die Vorgänger Friedrichs I. Kontakte zu den Erzbischöfen von BesanÅon und versuchten so, im Königreich Burgund Einfluss zu nehmen. Daher ist es nicht überraschend, dass Friedrich I. den Erzbischof von BesanÅon zu einem wichtigen Partner seiner Herrschaft im Königreich Burgund machte. Dies möchte ich im Folgenden an zwei Aspekten aufzeigen: erstens an den Aufenthalten und Hoftagen Friedrichs in BesanÅon und zweitens am Verhältnis Friedrichs zu den Erzbischöfen von BesanÅon.

1.

Aufenthalte und Hoftage

Die römisch-deutschen Könige waren seit Konrad II. gleichzeitig Könige von Burgund.6 Doch zunächst spielte für Friedrich I. Barbarossa (1152–1190) Burgund wie auch für seine Vorgänger kaum eine Rolle. Doch durch seine 1156 mit Beatrix von Burgund geschlossene Ehe rückte das Königreich Burgund in Friedrichs Blickfeld.7 Durch Beatrix, die als ihr väterliches Erbe die Grafschaft Burgund mitbrachte, erhielt Friedrich einen viel direkteren Zugriff auf den Raum Burgund, als dies für seine Vorgänger möglich gewesen war. Deutlich wird dies beispielsweise an den Aufenthalten Friedrichs im Königreich Burgund: Als erster römisch-deutscher König bereiste er nicht nur den Grenzraum zu Basel, sondern reiste auf seinem großen Burgundzug 1178 von Arles, wo er sich krönen ließ, durch die Provence entlang des Rhinetals bis nach BesanÅon. Auch hielt er sich viel öfter im Norden Burgunds auf als seine Vorgänger und besuchte dort unterschiedliche Orte. Der erste Besuch Friedrichs in Burgund nach seiner Wahl zum römischdeutschen König 1152 fand ein Jahr später, 1153, statt. Friedrich bereiste den Norden, unter anderem hielt er sich in BesanÅon auf, wohl um erste Kontakte mit Erzbischof Humbert von BesanÅon und Graf Wilhelm von M.con herzustellen.8

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Reihe 2397), München 2006, S. 39; Friedrich Baethgen, Das Königreich Burgund in der deutschen Kaiserzeit des Mittelalters, in: Mediaevalia. Aufsätze, Nachrufe, Besprechungen von Friedrich Baethgen (MGH. Schriften 17/1), Stuttgart 1960, S. 25–50, hier S. 36–38. Siehe hierzu das Kapitel bei Türck, Beherrschter Raum, S. 62–67. Baethgen, Königreich Burgund, S. 33; Boehm, Burgund, S. 120; Carlrichard Brühl, Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen (9.–11. Jahrhundert), Köln/Weimar/Wien 2001, S. 685. Jean-Yves Mariotte, Le comt8 de Bourgogne sous les Hohenstaufen 1156–1208 (Cahiers d’8tudes comtoises 4), Paris 1963, S. 46; Türck, Beherrschter Raum, S. 91. J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 2. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190, 4 Lief., bearb. von Ferdinand Opll, 1. Lief.: 1152 (1122)–1158, 2. Lief.: 1158–1168, 3. Lief.: 1168–1180, 4. Lief.: 1181–1190,

Königstreues Zentrum in Burgund? Besançon und Friedrich I. Barbarossa

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1157 hielt Friedrich I. den durch den beneficium-Streit bekannt gewordenen Hoftag in BesanÅon ab.9 Bemerkenswert für meine Fragestellung ist, dass Friedrich einen Hoftag von europäischer Dimension und mit Teilnehmern aus dem ganzen Reich, aus Reichsitalien, Süditalien, Venedig, Frankreich, England, Spanien und mit zwei päpstlichen Kardinallegaten nicht in einer seiner Kernregionen im Reich, sondern ausgerechnet in Burgund abhielt.10 Vielleicht sind diese Burgundreise und der große Hoftag von BesanÅon auch als Folge der Hochzeit mit Beatrix zu sehen. Erst durch diese Ehe und den damit verbundenen Machtgewinn durch den Zugriff auf die Grafschaft Burgund wurde der burgundische Raum für Friedrich attraktiv. Vermutlich wollte Friedrich bald nach der Hochzeit in Würzburg Burgund aufsuchen, um dort seinen Herrschaftsanspruch zu manifestieren; denn der Hoftag von BesanÅon 1157 behandelte nicht nur europäische Themen, sondern diente gleichzeitig der Kontaktaufnahme mit vielen burgundischen Großen, die durch ihre Anwesenheit das Königtum Friedrichs vor der Öffentlichkeit des Hoftages anerkannten.11 Daher kann dieser Hoftag als Auftakt einer eigenständigen Politik Friedrichs in Burgund bewertet werden.12 Einige Jahre später – 1162 – fand erneut ein Hoftag in BesanÅon statt.13 Dieser

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Wien/Köln/Graz 1980–2011 [künftig zitiert als: RI IV,2], IV,2,1, 160f., 162a. Siehe auch ausführlicher bei Türck, Beherrschter Raum, S. 101ff. RI IV,2,1, Nr. 491. Siehe zum beneficium-Streit und dem Hoftag von BesanÅon den Beitrag von Gerd Lubich, Der Tag von BesanÅon (1157) im Kontext. Europäische Politik, hochmittelalterliche Versammlungen, Netzwerke und Karrieren im Zusammenspiel, in: Gabriele Annas/Jessika Nowak (Hg.), Et l’homme dans tout cela? Von Menschen, Mächten und Motiven. Festschrift für Heribert Müller zum 70. Geburtstag (Frankfurter Historische Abhandlungen 48), Stuttgart 2017, S. 301–320. Die zentralen Quellenstellen zum Hoftag von BesanÅon geben keine Auskunft über die Gründe für die Wahl des Ortes, aber sie liefern Informationen über den Teilnehmerkreis, z. B. Rahewin, Gesta Friderici I. imperatoris, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Germ. [46]), Hannover/Leipzig 1912, S. 162–351; III,8, S. 172f. Siehe auch bei Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 50; Türck, Beherrschter Raum, S. 110f. Rahewin, Gesta Friderici, III,12, S. 179f. Über Urkunden sind im Umfeld des Hoftages belegt: Erzbischof Humbert von BesanÅon, Erzbischof Heraclius von Lyon, Erzbischof Stefan von Vienne, Erzbischof Petrus von Tarentaise, Bischof Odo von Valence, Bischof Gaufred von Avignon, Abt Ado von Saint-Oyen-de-Joux, Graf Stefan von Burgund/M.con, Graf Burchard von Asuel, Graf Odo von Champagne, Walter von Salins und Vicomte Giselbert von Vesoul (Die Urkunden Friedrichs I. 1152–1190, ed. Heinrich Appelt, 5 Bde., 1: 1152–1158, 2: 1158–1167, 3: 1168–1180, 4: 1181–1190, 5: Einleitung, Verzeichnisse [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/1–5], Hannover 1975–1990 [künftig zitiert als: MGH DD FI], 1, Nr. 183–185, 192–198). Türck, Beherrschter Raum, S. 115. RI IV,2,2, Nr. 1150. Zum Hoftag bei Knut Görich, Die Ehre Friedrich Barbarossas. Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Studien zur Geschichte, Literatur und Kunst), Darmstadt 2001, S. 135–141; Walter Heinemeyer, Die Verhandlungen an der Saine im Jahre 1162, in:

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nahm seinen Anfang in Saint-Jean-de-Losne. Der Ort wurde gewählt, da zuvor ein Herrschertreffen Friedrichs mit dem französischen König Ludwig VII. auf der Saine bei Saint-Jean-de-Losne stattfand. Diesmal stand der Hoftag ganz im Zeichen der schismatischen Papstwahl von 1159. Innerburgundische Themen spielten hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Wieder handelte es sich bei diesem Hoftag, der wohl auch den Charakter einer Synode hatte und zur Anerkennung Viktors IV. im Reich führte, um ein überregionales Treffen. Auch diesmal reichte der Personenkreis der Anwesenden über das Reich hinaus, wobei vor allem das Reich und Reichsitalien stark vertreten waren. Deutlich wird die Bedeutung dieses zweiten großen Hoftages auf burgundischem Boden auch durch die zahlreichen Berichte unterschiedlichster Chronisten.14 Interessant ist, dass gerade die Chronisten aus dem Reich in ihren Berichten oft nur den zweiten Ort des Hoftages – nämlich BesanÅon – erwähnen, nicht aber Saint-Jean-deLosne. Die politischen Ereignisse wurden also mit dem zentralen Erzbischofssitz im Norden Burgunds verbunden. Gottfried von Viterbo bezeichnet sogar den Ort der Verhandlungen als Burgundia sedes.15 Zweimal gelang es Friedrich also, durch die Abhaltung von Hoftagen die Aufmerksamkeit des Reiches und darüber hinaus auf BesanÅon zu lenken und so diese Stadt mit der überregionalen Politik zu verknüpfen und seinen Herrschaftsanspruch zu visualisieren. 1166 bereiste Friedrich den Norden Burgunds und suchte auch BesanÅon auf.16 Zwei Jahre später, 1168, machte Friedrich – von Italien über den Mont Cenis kommend – vermutlich erneut kurz in BesanÅon Station.17 1170 kam es wieder zu einem Hoftag in BesanÅon.18 Dieser ist aber nicht mit den Hoftagen von 1157 und 1162 vergleichbar. Die Quellen schweigen leider zu den Inhalten

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Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 20,1 (1964), S. 155–189; Johannes Laudage, Friedrich Barbarossa (1152–1190). Eine Biographie, Regensburg 2009, S. 189–210. Wichtige Quellenstellen u. a. in der Chronica regia Coloniensis, ed. Georg Waitz (MGH SS rer. Germ. [18]), Hannover 1880 [ND 1978], Recensio I. codd. A., ad a. 1162, S. 112f.; Lambert, Annales Cameracenses, ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 16, Hannover 1859 [ND Stuttgart 1994], S. 509–554, hier ad a. 1162, S. 534f.; Saxo Grammaticus, Gesta Danorum – Danmarkhistorien, ed. Karsten Friis-Jensen/Peter Zeeberg, 2 Bde., Kopenhagen 2005, hier Gesta Danorum, XIV,28,15–20, S. 308–310; Hugo Pictavinus, Ex Historia Vizeliacensis Monasterii, in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France, Bd. 12, ed. L8opold Delisle, Paris 1877, S. 317–344, hier lib. IV, S. 328–336; Robert von Torigny, Chronica, ed. Richard Howlett (Chronicles of the Reigns of Stephen, Henry II, and Richard I. 4), London 1889, ad a. 1162, S. 215; Helmold von Bosau, Chronica Slavorum: Helmolds Slavenchronik, ed. Bernhard Schneider (MGH SS rer. Germ. [32]), Hannover 1937, I,91, S. 176f.; Annales Stadenses, ed. Johann Michael Lappenberg, in: MGH SS 16, Hannover 1859 [ND Stuttgart 1994], S. 271–379, ad a. 1163, S. 344f. Gottfried von Viterbo, Gesta Friderici et Heinrici VI., ed. Georg Heinrich Pertz (MGH SS rer. Germ. [30]), Hannover 1870 [ND 1993], cap. 24, S. 20f. RI IV,2,2, Nr. 1571. Ebd., Nr. 1780. Ebd., Nr. 1899–1901.

Königstreues Zentrum in Burgund? Besançon und Friedrich I. Barbarossa

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dieses Hoftages, so dass von einer regionalen Versammlung mit burgundischen Teilnehmern auszugehen ist. Gleiches gilt auch für den Hoftag, den Friedrich 1178 abhielt, als er auf seinem großen Zug durch das ganze Königreich Burgund in BesanÅon Halt machte.19 Lassen Sie mich die Beobachtungen zusammenfassen: BesanÅon war der von Friedrich I. am häufigsten besuchte Ort im Königreich Burgund.20 Mit sieben Aufenthalten liegt BesanÅon gleichauf mit Städten im Reich wie Koblenz (sechs), Straßburg (sieben), Mainz (fünf), Gelnhausen (sechs) und Aachen (sieben).21 BesanÅon war im Hinblick auf die Präsenz des Königs also kein Nebenort, wie dies für das Königreich Burgund insgesamt oft angenommen wird. BesanÅon wurde regelmäßig von Friedrich aufgesucht. BesanÅon war damit zumindest im Hinblick auf das Itinerar Friedrichs keine königsferne Stadt. Zudem wurde BesanÅon zweimal – 1157 und 1162 – zum Schauplatz überregionaler Hoftage und wichtiger europäischer Verhandlungen und bekam hierdurch viel Aufmerksamkeit im Reich und in Europa. Auch hierin zeigt sich der Wille Friedrichs, BesanÅon in seinen Herrschaftsbereich einzubeziehen.

2.

Das Verhältnis Friedrichs I. zu den Erzbischöfen von Besançon

Wie schon eingangs erwähnt, war BesanÅon bis ins 12. Jahrhundert hinein eine Stadt des Erzbischofs, erst im 12. und dann vor allem im 13. Jahrhundert formierte sich die Bürgerschaft als politische Größe.22 Der Erzbischof war als 19 RI IV,2,3, Nr. 2442–2443, 2446–2447. 20 Türck, Beherrschter Raum, S. 108f., 311. 21 Ferdinand Opll, Kaiser Friedrich I. Karte der Aufenthaltsorte 1152–1189, in: Hans Hausherr/Christian Väterlein (Hg.), Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur. Katalog zur Ausstellung im Alten Schloß und Kunstgebäude Stuttgart vom 26. März bis 5. Juni 1977, 5 Bde., Stuttgart 1977–1979, hier Bd. 4, Karte III. 22 Einführend Reinhold Kaiser, Art. »BesanÅon«, in: Lexikon des Mittelalters 1 (1980), Sp. 2052–2055; Hektor Ammann, BesanÅon im Mittelalter, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 17 (1967), S. 482–532, vor allem S. 484f.; Roland Fiétier, BesanÅon, cit8 imp8riale. Ses relations avec la Comt8 et l’Empire (XIIe–XVe s.), in: Provinces et 8tats dans la France de l’Est. Le rattachement de la Franche-Comt8 / la France. Espaces r8gionaux et espaces nationaux [Actes du colloque de BesanÅon, 3–4 octobre 1977] (Annales litt8raires de l’Universit8 de BesanÅon 216/Cahier d’8tudes comtoises 24), Paris 1979, S. 297–313, hier S. 298; zum Hochmittelalter Maurice Rey/Roland Fiétier, Livre III: Le Moyen ffge du XIIe au XVe siHcle, in: Claude Fohlen (Hg.), Histoire de BesanÅon, 2 Bde., Paris 1964/1965, Bd. 1: Des origines / la fin du XVIe siHcle, S. 323–556; zu den Anfängen der Stadt: Bernard de Vregille, Livre II: Les origines chr8tiennes et le haut Moyen ffge, in: ebd., Bd. 1, S. 143–321; Ren8 Locatelli, Sur les chemins de la perfection. Moines et chanoines dans le diocHse de BesanÅon vers 1060–1220, Saint-Ptienne 1992, S. 189–330; siehe außerdem Fi8tiers ausführliche Studie zu BesanÅon im Spätmittelalter (Roland Fiétier, La cit8 de BesanÅon de la

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Stadtherr damit der natürliche Ansprechpartner für die römisch-deutschen Könige. Bei der Königswahl Friedrichs 1152 war Humbert Erzbischof von BesanÅon.23 Friedrich hielt sich mehrmals in dessen Amtszeit in BesanÅon auf. Ebenfalls spricht es für ein gutes Verhältnis zu Humbert, dass Friedrich 1157 zu einem großen Hoftag in BesanÅon einlud. Aber nicht nur Friedrich reiste nach Burgund, sondern Humbert kam auch ins Reich, so war er 1154 in Worms am Hof anwesend und wirkte hier offenbar als Fürsprecher für mehrere burgundische Bischöfe, die Privilegien von Friedrich erbaten.24 Zudem fungiert Humbert regelmäßig in den Urkunden Friedrichs als Zeuge.25 Die guten Beziehungen Friedrichs zu Humbert werden zudem bei der Hochzeit mit Beatrix von Burgund 1156 deutlich: Vermutlich begleitete Humbert Beatrix auf ihrem Weg zur Hochzeit in Würzburg und war bei den Feierlichkeiten in Würzburg anwesend.26 Bei der Synode von Pavia 1160 war Humbert hingegen nicht präsent, er ließ sich aber durch seinen Suffragan Bischof Ortlieb von Basel vertreten und stimmte so den Ergebnissen zu.27 Auf Humbert folgte 1162 Walter, ein Bruder des Herzogs von Burgund, im Erzbistum BesanÅon.28 Erzbischof Walter war zwar bei den Hoftagen in SaintJean-de-Losne und BesanÅon 1162 anwesend,29 durch seine Nähe zu Frankreich war er aber von Beginn des Schismas an ein Anhänger Papst Alexanders III. Als sich abzeichnete, dass das Schisma kein baldiges Ende finden würde, gab Walter noch im Jahr 1162 ungeweiht sein Amt auf.30 Offenbar sah Walter keine Chance, seine Position in BesanÅon durchzusetzen.31 So kann man seinen Rücktritt auch als eine Folge des wachsenden königlichen Einflusses Friedrichs in BesanÅon deuten.

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fin du XIIe au milieu du XIVe siHcle. Ptude d’une soci8t8 urbaine, 3 Bde., Lille/Paris 1978). – Eine Liste der Erzbischöfe von BesanÅon findet sich bei Maurice Rey, Les diocHses de BesanÅon et Saint-Claude (Histoire des diocHses en France 6), Paris 1977, S. 293–295. Humbert war von 1134 bis 1161 Erzbischof von BesanÅon (de Vregille, Origines chr8tiennes, S. 307–309). In MGH DD FI, 1, Nr. 74, S. 124, wird von quatuor episcopis de Prouincia berichtet. Hiermit waren wohl die anwesenden burgundischen Bischöfe gemeint. Über die ausgestellten Urkunden sind Erzbischof Humbert von BesanÅon sowie die Bischöfe Amadeus von Lausanne, Arducius von Genf und Wilhelm von Saint-Paul-Trois-Ch.teaux nachweisbar (ebd., 1, Nr. 69, 75). Ebd., 1, Nr. 48f., 69, 133, 140–145, 183–185, 191–193, 195–198. RI IV,2,1, Nr. 400–404. Ebd., Nr. 822. Rey, DiocHse de BesanÅon, S. 48; Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 89. RI IV,2,2, Nr. 1145. Rey, DiocHse de BesanÅon, S. 48; Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 89; Rey/Fiétier, Moyen ffge, S. 328f. Türck, Beherrschter Raum, S. 163.

Königstreues Zentrum in Burgund? Besançon und Friedrich I. Barbarossa

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Nach dem Weggang Walters gelang es Friedrich, seinen engen Vertrauten Kapellan Heribert in BesanÅon als neuen Erzbischof zu installieren. Heribert hatte eine leitende Funktion in der Hofkapelle inne und war oft im Umfeld Friedrichs anzutreffen.32 So war Heribert 1160 in Pavia anwesend und an mehreren wichtigen Manifesten gegen Alexander III. beteiligt. Heriberts klare prokaiserliche Position machte ihn in den Augen Friedrichs zur idealen Besetzung für den Erzbischofsstuhl von BesanÅon. Von 1163 bis 1170 war Heribert Erzbischof in BesanÅon und er stellte sich im Alexandrinischen Schisma auf die Seite Friedrichs.33 So begleitete Heribert Friedrich auf dessen vierten Italienzug und wurde dort am 30. Juli 1167 vom Gegenpapst Paschalis III. geweiht. In einigen Urkunden bezeichnet sich Heribert als kaiserlicher Legat (imperalis aule legatus).34 Allerdings nimmt keine dieser Urkunden auf Rechtsgeschäfte Friedrichs Bezug. Vielmehr sind sie alle in das Tätigkeitsfeld Heriberts als Erzbischof von BesanÅon einzuordnen. Insofern ist unklar, ob der Titel eines kaiserlichen Legaten lediglich als Rangerhöhung zu betrachten ist oder er mit tatsächlichen Befugnissen verknüpft war. Deutlich wird in jedem Fall das enge Vertrauensverhältnis zwischen dem König und dem Erzbischof. Ansonsten wissen wir wenig über weitere Kontakte Heriberts mit Friedrich; nur gelegentlich taucht er in den Urkunden Friedrichs bis zu seinem Tod im Jahr 1170 auf.35 Dies ist vielleicht auch auf die spätere damnatio memoriae zurückzuführen,36 denn nach der Beendigung des Schismas durch den Frieden von Venedig wurde Heribert auf dem Dritten Laterankonzil 1177 als Schismatiker verurteilt. Alle von ihm durchgeführten Amtshandlungen, Weihen und ausgestellten Urkunden wurden für ungültig erklärt, sein Name aus Dokumenten getilgt. Friedrich musste diese Verurteilung Heriberts zum Schismatiker wie auch die Aberkennung anderer Weihen hinnehmen, um den mit Alexander III. geschlossenen Frieden nicht zu gefährden. Auf Heribert folgte Eberhard de la Tour, der ab 1171 Erzbischof von BesanÅon war.37 Dieser entstammte einer in BesanÅon ansässigen Adelsfamilie und war in 32 Friedrich Hausmann, Art. »Heribert«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 8, Berlin 1969, Sp. 613f. Siehe zu dessen Episkopat auch bei Rey/Fiétier, Moyen ffge, S. 329f. 33 Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 89; Türck, Beherrschter Raum, S. 164. 34 Preuves de l’8tat civil des personnes et de la condition des terres dans les Gaules, dHs les temps celtiques jusqu’/ la r8daction des coutumes, ed. Claude-Joseph Perreciot, Paris 1845, Bd. 3: Cartulaire de l’abbaye de Bellevaux, Nr. 16–18, S. 26–29. Siehe ausführlich zu Heriberts Legatentätigkeit bei Türck, Beherrschter Raum, S. 135f. 35 MGH DD FI, 2, Nr. 490, 514–515, 531. 36 Dietrich Lohrmann, Das Papsttum und die Grafschaft Burgund im 11.–12. Jahrhundert, in: Ernst-Dieter Hehl (Hg.), Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts (Mittelalter-Forschungen 6), Stuttgart 2002, S. 61–75, hier S. 72f.; Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 97f. 37 Ferdinand Güterbock, Zur Geschichte Burgunds im Zeitalter Barbarossas, in: Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 17 (1937), S. 145–229, hier S. 194–197; Mariotte, Comt8 de Bourgogne, S. 94f.; Rey, DiocHse de BesanÅon, S. 50.

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den Jahren 1157 bis 1170 auf Seiten der kaiserlichen Partei. Doch als Eberhard 1171 zum Erzbischof gewählt wurde, zeichnete sich in Burgund insgesamt eine klare Tendenz zu Gunsten Alexanders III. ab. So bemühte sich Eberhard um eine Annäherung an Alexander III. und erlangte spätestens seit 1174 dessen Anerkennung. Parallel dazu unterhielt Eberhard gute Kontakte zu Friedrich. Beispielsweise war er am Frieden von Venedig 1177 als Vermittler beteiligt und begleitete Friedrich auf dessen Burgundzug 1178.38 Umgekehrt versuchte Friedrich I. den Erzbischof bei seinen Konflikten mit den Bürgern von BesanÅon in den Jahren 1176/1177 zu unterstützen.39 Nach dem Tod Eberhards folgte Theoderich als Erzbischof.40 Doch nach 1178 wurde Burgund für Friedrich immer mehr zum Nebenschauplatz, den er seiner Frau Beatrix und seinen Söhnen überließ. Allerdings trafen sich Theoderich und Friedrich mehrmals persönlich, beispielweise im Elsass und beim Mainzer Hoffest 1184.41 Die Erzbischöfe von BesanÅon waren somit für Friedrich auch in den schwierigen Zeiten des Alexandrinischen Schismas verlässliche Partner. Während die meisten anderen Erzbischöfe in Burgund von Anfang an die Partei Alexanders III. ergriffen oder im Verlauf des Schismas bald einen Ausgleich zwischen Friedrich I. und Alexander III. suchten, trug vor allem Heribert die kaiserliche Politik mit.42 Ich komme zu meinem Fazit: Die Erzbischöfe von BesanÅon waren für Friedrich wichtige Partner im Norden Burgunds und – zusammen mit Beatrix und der Grafschaft Burgund – der zentrale Zugang zum Königreich Burgund. Durch zwei große Hoftage inszenierte Friedrich die Bedeutung BesanÅons vor der Öffentlichkeit des Reiches und weit darüber hinaus. Zudem gelang es Friedrich, bei der Wahl Heriberts zum Erzbischof direkten Einfluss auf die Wahl in BesanÅon zu nehmen. Hierdurch war der Erzbischof von BesanÅon im Schisma – im Gegensatz zu den anderen Erzbischöfen in Burgund – ein wichtiger Verbündeter Friedrichs. Friedrich I. Barbarossa war damit der erste römischdeutsche König, der BesanÅon intensiver für seine Herrschaft in Burgund erfolgreich nutzte. BesanÅon war in diesem Sinne ein königstreues Zentrum im Königreich Burgund.

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RI IV,2,3, Nr. 2291; MGH DD FI, 3, Nr. 703, 760, *761, 762f. Siehe hierzu den Beitrag von Markus Keller und Lisa Klocke in dieser Publikation. Güterbock, Geschichte Burgunds, S. 197. MGH DD FI, 4, Nr. 994; Gislebert, Chronicon Hanoniense: La Chronique de Gislebert de Mons. Avec une carte du comt8 de Hainaut / la fin du XIIe siHcle, ed. L8on Vanderkindere (Comission Royale d’Histoire. Recueil de Textes), Brüssel 1904, S. 157f. 42 Timothy A. Reuter, The Papal Schism, the Empire and the West 1159–1169, o. O. 1976, S. 196; Türck, Beherrschter Raum, S. 281f.

Markus Keller / Lisa Klocke (Bochum)

Der Kaiser, der Erzbischof und die Bürger. Überlegungen zu den Konflikten in Besançon (1163–1178) und zur »Städtepolitik« Friedrich Barbarossas

In den Jahren 1176 bis 1178 schien das Eingreifen Kaiser Friedrich Barbarossas in die Belange der nordburgundischen Bischofsstadt BesanÅon immer dringlicher zu werden: Die seit Jahren andauernden Konflikte zwischen Erzbischof Eberhard und seinen Bürgern nahmen immer weiter zu und drohten zu eskalieren. In einem als Diplom überlieferten Rechtsspruch aus dem Jahr 1178 unternahm der Kaiser schließlich den Versuch, den Konflikt beizulegen.1 Die folgenden Überlegungen werden immer wieder auf dieses Diplom rekurrieren. Mit seiner Ausstellung verbindet sich eine Reihe von Fragen, die das Eingreifen Friedrich Barbarossas erklären sollen, und zwar in dreierlei Hinsicht: Erstens und ganz grundsätzlich ist zu klären, welche Bedeutung BesanÅon für die Königsherrschaft Friedrichs hatte. Zweitens ist, auf den Anlass bezogen, zu fragen, warum Friedrich I. gerade in diesen Konflikt eingriff, welche Interessen er mit seiner Intervention verfolgte und wie er sich innerhalb der Streitigkeiten positionierte. Drittens soll als Forschungsfrage anhand dieser Überlegungen erneut erwogen werden, inwiefern das Beispiel BesanÅon es erlaubt, von einer »Städtepolitik« unter Friedrich I. zu sprechen. Doch beginnen wir zunächst mit einem Blick auf die Geschichte BesanÅons im frühen 12. Jahrhundert, die maßgeblich von Konflikten zwischen dem Erzbischof und den Bürgern geprägt war, was insbesondere an Fragen der Münze deutlich wird. Und gerade diese Frage rief auch das Kaisertum auf den Plan. Bereits 1112 hatte der Münzer Jeselinus seinem Erzbischof Wilhelm (1109– 1 Der Rechtsspruch ist als Diplom ediert in Die Urkunden Friedrichs I. 1152–1190, ed. Heinrich Appelt, 5 Bde., 1: 1152–1158, 2: 1158–1167, 3: 1168–1180, 4: 1181–1190, 5: Einleitung, Verzeichnisse (MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/1–5), Hannover 1975–1990 [künftig zitiert als: MGH DD FI], 3, Nr. 777, S. 333ff. Das Diplom ist 1179 entstanden, doch wurde der Rechtsspruch bereits im Jahr 1178 gefällt. Vgl. dazu J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 2. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Friedrich I. 1152 (1122)–1190, 4 Lief., bearb. von Ferdinand Opll/Hubert MAYR, 1. Lief.: 1152 (1122)–1158, 2. Lief.: 1158–1168, 3. Lief.: 1168–1180, 4. Lief.: 1181–1190, Wien/Köln/Graz 1991 [künftig zitiert als: RI IV,2], IV,2,3, Nr. 2446, 2489.

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1117)2 das Münzrecht streitig gemacht, doch blieb dieser Fall zunächst nur eine Episode.3 Etwa eine Generation später zeigte sich, dass unter Erzbischof Heribert (1163–1170)4 der Widerstand gegen den Bischof nicht mehr nur von einzelnen Personen oder einem einzigen Berufsstand getragen wurde, sondern von der Gemeinschaft der Bürger. Diese hatten um 1163 offenbar begonnen, in angulis domorum selbstständig Geldwechsel zu betreiben.5 Ganz abgesehen von den finanziellen Einbußen der Kirche von BesanÅon stellte die Aneignung dieses Rechts zugleich eine Infragestellung der bischöflichen Autorität dar, war die Aufsicht über das städtische Geldwesen doch verbrieftes Recht des Stadtherrn. Bereits an dieser Stelle macht sich die schmale konkrete Machtbasis des Erzbischofs bemerkbar, denn offenbar bedurfte es einer externen Intervention, um sein Recht durchzusetzen. 1164 wurde in Straßburg ein Reichsurteil gefällt, das die Rechte des Erzbischofs ausdrücklich bestärkte, was durch Friedrich Barbarossa in einem Diplom aus demselben Jahr bestätigt wurde: Nur an den vom Erzbischof bestimmten Orten und mit dessen ausdrücklicher Erlaubnis dürfe in BesanÅon Geld gewechselt werden, so der Beschluss.6 All dies reichte aber offenbar nicht aus, um die Angelegenheit nachhaltig zu regeln. Ein angeblich zum Jahr 1167 ausgestelltes Urkundenregest berichtet von dem vorläufigen Höhepunkt der Konflikte.7 Demnach hätten die Brüder Rainald 2 Eine Liste der Erzbischöfe von BesanÅon im Mittelalter findet sich bei Werner Kundert, Das Erzbistum BesanÅon, in: Schweizerische Kardinäle. Das apostolische Gesandtschaftswesen in der Schweiz. Erzbistümer und Bistümer I (Helvetia Sacra I/1), Bern 1972, S. 437–448. Zu genaueren Angaben vgl. Marianne Niewiesch, Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von BesanÅon im Mittelalter, Schneidemühl 1937, S. 38. 3 Carta Villelmi archiepiscopi, ed. Dom Anselme Berthod, Dissertation couronn8e en 1764 sur les diff8rentes positions de la ville de BesanÅon, in: M8moires et Documents in8dits pour servir / l’histoire de la Franche-Comt8 2 (1839), Nr. 30, S. 311: […] quod Jeselinus monetarius Cunvin (laut Beyerle cum in) domo sua inferius prope pontem et in custodia sua Bisuntinam monetam fabricare […]. Nach dieser Eigenmächtigkeit von Jeselinus wurde verfügt, dass unter Banndrohung die Münze bei der Kapelle des Heiligen Quintin, also bei der Porta Nigra auf dem Stiftsgelände, verbleiben solle. Dazu Franz Beyerle, Zur Typenfrage in der Stadtverfassung, in: ZRG GA 50 (1930), S. 1–114, hier S. 45f.; Reinhold Kaiser, Münzprivilegien und bischöfliche Münzprägung in Frankreich, Deutschland und Burgund im 9.–12. Jahrhundert, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 63 (1976), S. 289–338, hier S. 332. 4 Vgl. Niewiesch, Beiträge S. 53. 5 MGH DD FI, 2, Nr. 472, S. 384; Ferdinand Güterbock, Zur Geschichte Burgunds im Zeitalter Barbarossas, in: Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 17 (1937), S. 147–229, hier S. 199f. 6 MGH DD FI, 2, Nr. 472, S. 384: Statuentes igitur firmiter precipimus, ne aliquis de cetero audeat in civitate Bisuntina alicubi cambire nisi tantum in illis tabulis, quae predicti electi vel suorum successorum in eadem sede assensu statute fuerint et levate. 7 Hierbei handelt es sich um ein Regest einer verlorenen Kaiserurkunde. Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 201, bezieht sich auf folgende in seinem Aufsatz abgedruckte Version des Regests: BesanÅon, AD du Doubs, G 531, fol. 25, Nr. 22. Eine in der Ausdrucksweise abweichende französischsprachige Version ist zu finden bei Charles Duvernoy, Mouvance du

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und Hugo einen Aufstand in der Stadt initiiert. In einem späteren Diplom Friedrich Barbarossas wird deutlich Bezug auf diese Ereignisse genommen, weshalb die Forschung die im Regest überlieferten Ereignisse auf die Zeit um 1176/1177 datiert hat.8 Doch der weiter schwelende Konflikt kulminierte schließlich im Jahr 1178. Hier scheint sich erstmalig die gesamte Bürgerschaft gegen Erzbischof Eberhard aufgelehnt zu haben. Die einzige Quelle, die über diese Auseinandersetzung berichtet, ist das eingangs bereits erwähnte Diplom Friedrich Barbarossas. Mit diesem Diplom war nun ein Zustand erreicht, der es uns erlaubt, die wechselseitigen Beziehungen im Rahmen einer aus Kaiser, Erzbischof und Bürgern bestehenden Akteurskonstellation zu betrachten und die eingangs bereits formulierten Fragen zu beantworten, mithin also den dargestellten Konflikt zu bewerten.

I Zum ersten Punkt, nämlich der grundsätzlichen Bedeutung BesanÅons für die Königsherrschaft, somit also zum historischen Hintergrund, vor dem der geschilderte Konflikt zu bewerten ist: Trotz der Zugehörigkeit Burgunds zum Reich seit 1032 nahm diese Region keinen besonderen Stellenwert in der Herrschaft der deutschen Könige ein.9 Burgund existierte aus der Herrscherperspektive allenfalls als rein geographischer Raum. Wie der in diesem Band befindliche Beitrag über Bischofseinsetzungen im Investiturstreit verdeutlicht, waren personale Bindungen und Beziehungen eher sporadischer Natur.10 Dies ist insofern von Bedeutung, als »Raum« von der Forschung mittlerweile als eine Konfiguration verstanden wird, die sich erst infolge sozialen Handelns konstituiert.11 Ein über die rein geographische Dimension hinausgehender Herrschaftsraum ist demnach von der Interaktion zwischen Herrschenden und Beherrschten ge-

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Comt8 de Bourgogne envers l’empire germanique depuis le XIe siHcle, BesanÅon 1948, Nr. 54, S. 39. Dabei handelt es sich um MGH DD FI, 3, Nr. 710, S. 245f. Es ist das Verdienst von Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 203f., diese Neudatierung plausibel gemacht zu haben. Dieser Interpretation ist die Forschung gefolgt, siehe dazu Ferdinand Opll, Stadt und Reich im 12. Jahrhundert (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 6), Wien/ Köln/Graz 1986, S. 506. Heinrich Büttner, Friedrich Barbarossa und Burgund. Studien zur Politik des Staufers im 12. Jahrhundert, in: Theodor Mayer (Hg.), Probleme des 12. Jahrhunderts. ReichenauVorträge 1965–1967, Konstanz 1968, S. 79-119, hier S. 79–87. Vgl. den Beitrag von Matthias Weber und Justus Wingenfeld im vorliegenden Band. Ein Forschungsüberblick findet sich bei Verena Türck, Beherrschter Raum und anerkannte Herrschaft. Friedrich I. Barbarossa und das Königreich Burgund (Mittelalter-Forschungen 42), Ostfildern 2013, S. 25–33.

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prägt.12 Ganz offensichtlich wurde der burgundische Raum in der Stauferzeit wesentlich stärker durchdrungen als unter deren Vorgängern. Verena Türck hat zeigen können, dass die Heiratsverbindung zwischen Beatrix von Burgund und Friedrich I. im Jahr 1156 den Beginn der Durchdringung des nordburgundischen Raumes durch den Staufer markierte und auf diese Weise ein nunmehr dynamisch zu verstehender Herrschaftsraum erschlossen wurde.13 Dass der Bischofsstadt BesanÅon bei der Erschließung des nordburgundischen Herrschaftsraumes eine zentrale Rolle zukam, soll im Folgenden dargelegt werden. Die gestiegene Bedeutung BesanÅons für Friedrich I. seit 1156 zeigt sich in dessen Itinerar. Ganze sieben Aufenthalte Friedrichs in BesanÅon sind nachzuweisen.14 Zum Vergleich: Wenn man bedenkt, dass Friedrich etwa in den 12 Hanna Vollrath, Geographischer Raum – politischer Raum – historischer Raum, in: Eberhard Winfried u. a. (Hg.), Westmitteleuropa, Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 70), München 1992, S. 71–78, hat darauf aufmerksam gemacht, dass das geographische Ausmaß des Herrschaftsraumes nicht zwangsläufig mit der Macht im politischen Raum korrespondiert. Als Argument führt Vollrath an, dass sich politisches Geschehen im Früh- und Hochmittelalter nicht im Rahmen von Flächenstaaten, sondern innerhalb von Personenverbänden vollzog. Im Miteinander von Personenverbänden und Herrscher wird von einer »konsensualen Herrschaft« ausgegangen, auf deren Grundlage die Macht des Königs von der Akzeptanz seiner Getreuen abhängig war. Der Aktionsradius eines Herrschers definiert sich demnach durch dessen Getreue. 13 Vgl. auch den Beitrag von Verena Schweizer im vorliegenden Band. Ebenso Türck, Beherrschter Raum, passim. Auch in der Darstellung der Gesta Friderici Ottos von Freising, II,48, markiert die Hochzeit zwischen Friedrich I. und Beatrix von Burgund den Auftakt der Burgundpolitik (ed. Georg Waitz [MGH SS rer. Germ. 46], Hannover/Leipzig 1912, S. 156: Quam imperator, ut ostensum est, in matrimonio sortitus non solum Burgundiam, sed et Provinciam, imperio iam diu alienatas, sub uxoris titulo, ut postmodum plenius dicetur, familiariter possidere coepit). Gleichwohl sind ähnliche Bestrebungen in Ansätzen auch schon vor der Vermählung erkennbar. Diese Auffassung vertrat auch schon Büttner, Burgund, S. 88–94. So zeigt bereits der mit Herzog Berthold von Zähringen geschlossene Vertrag, wonach sich der König verpflichtete, mit dem Herzog nach Burgund und in die Provence zu ziehen, die dortigen Ländereien zu unterwerfen und sie Berthold zur Verwaltung zu übergeben, die Ambitionen des Staufers in Burgund, vgl. dazu das Diplom MGH DD FI, 1, Nr. 12, S. 22ff. In diesem Zusammenhang ist auch der geplante aber letztlich gescheiterte Zug nach Burgund in den ersten Monaten des Jahres 1153 zu sehen, von dem die Annales Laudienses ad a. 1153 berichten (MGH SS 4, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1841, S. 23): Fridericus rex super Arelatem vadens, sed non perveniens, deficiente exercitu, negotio infecto reversus est. 14 Folgende Aufenthalte Friedrichs in BesanÅon sind belegt: 15. Februar 1153, 24.–28. Oktober 1157, 11. September 1162, 17. Juli 1166, 1168, 13.–15. September 1178, vgl. dazu Ferdinand Opll, Das Itinerar Kaiser Friedrich Barbarossas (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 1), Wien/Köln/Graz 1978, S. 167, 180, 193, 199, 203, 216. Vermutlich hat sich Friedrich auch im Jahr 1170 in BesanÅon aufgehalten. So verweist Johannes Fried, Friedrich Barbarossas Krönung in Arles (1178), in: Historisches Jahrbuch 103 (1983), S. 347–371, hier S. 359f., auf eine Fehldatierung der Urkunden MGH DD FI, 1, Nr. 187–188, S. 315ff. Diese seien in der Forschung seit Stumpf aufgrund einer aus Rahewin zitierten Stelle in der Vorbemerkung durchweg auf das Jahr 1157 datiert worden. Eine Da-

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großen rheinischen Bischofsstädten wie Köln und Mainz jeweils sechs Aufenthalte zu verzeichnen hatte,15 wird deutlich, dass die relative Häufigkeit der Aufenthalte in BesanÅon durchaus bemerkenswert ist. Von diesen Aufenthalten sind insbesondere die Hoftage in den Jahren 1157, 1162, 1170 und 1178 zu erwähnen, da Hoftage zumeist an königstreuen Orten abgehalten wurden.16 Deutlich wird dieser Umstand auch daran, dass BesanÅon im Anschluss an den Hoftag 1157 Anfangs- und Endpunkt für den Herrscherumritt des Staufers war.17 Seine Vorgänger haben BesanÅon hingegen mehrheitlich nie betreten.18

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tierung der Urkunden auf das Jahr 1157 sei jedoch nicht zwingend, da weder der in MGH DD FI, 1, Nr. 188, S. 316, erwähnte König von Aragon, noch dessen als Graf der Provence bezeichneter Bruder zu dieser Zeit regiert haben, so dass Fried die genannten Urkunden auf das Jahr 1170 datiert und sie in einen Zusammenhang mit einem von der Forschung bis dato noch nicht erkanntem Reichstag Barbarossas gebracht hat. Dieser sollte dazu dienen, die Verhältnisse in Mittel- und Südburgund zu klären. Ein weiterer Zusammenhang sei in der ebenfalls bisher nicht beachteten concordia zwischen dem Kaiser und dem Grafen G8rard von M.con und Vienne zur Befriedung des mittelburgundischen Raumes zu sehen, in welcher mehrere burgundische Fürsten als Zeugen auftauchen. Diese setzt Fried ebenfalls in Bezug zum Reichstag von 1170. Diese Überlegungen greift Türck, Beherrschter Raum, S. 100, 104, 125, auf und belegt dies mit weiteren Urkunden aus dem Jahr 1170 (vgl. RI IV,2,2, Nr. 1899–1904). Aufenthalte des Kaisers in Köln: 30. März 1152, 1. November 1153, 15. April 1157, 2. Oktober 1165, 24. Juni 1171, 1174, vgl. Opll, Itinerar, S. 165, 168, 179, 197, 207, 209; zu Mainz: 12. Dezember 1152, März–April 1163, Ostern und Pfingsten 1182, Pfingsten 1184, 27. März 1188, vgl. Opll, Itinerar, S. 167, 194, 220, 222, 228. Zu den Hoftagen in BesanÅon Türck, Beherrschter Raum, S. 110–125, insbes. S. 100, 104, 125. Vgl. auch RI IV,2,1, Nr. 491, RI IV,2,2, Nr. 1150, RI IV,2,3, Nr. 2448. Zum Jahr 1170 vgl. Anm. 14. Zum Hoftag von 1157 vgl. Gerhard Lubich, Der Tag von BesanÅon (1157) im Kontext. Europäische Politik, hochmittelalterliche Versammlungen, Netzwerke und Karrieren im Zusammenspiel, in: Gabriele Annas/Jessika Nowak (Hg.), Et l’homme dans tout cela? Von Menschen, Mächten und Motiven. Festschrift für Heribert Müller zum 70. Geburtstag (Frankfurter Historische Abhandlungen 48), Stuttgart 2017, S. 301–320. Opll, Stadt und Reich, S. 504. Für den ersten Salier Konrad II. ist kein direkter Aufenthalt in BesanÅon belegt. Heinrich III. hingegen war im Jahr 1043 nachweislich in BesanÅon. Im Rahmen seiner Verlobung mit Agnes von Poitou holte er diese aus BesanÅon in das Reich. Zeitgenössische Quellen berichten von diesem Ereignis: […] duxit uxorum […] nomine Agnetem, quam etiam desponsavit in civitate Crisopolitana, quae vulgo Vesuntio vocatur (Ex Rodulfi Glabri historiarum libris V, in: MGH SS 7, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1844, V,1, S. 70); sowie Mox convocata non minori multitudine profectus est rex Vesontionum, urbem Burgundiae, et illic accipiens, quam praediximus, sponsam, duxit eam Mogonciacum ibique consecrari eam reginam curavit […] (Annales Altahenses maiores, in: MGH SS 20, ed. Georg Heinrich Pertz, Hannover 1868, S. 798), vgl. dazu Ernst Müller, Das Itinerar Kaiser Heinrichs III. (1039 bis 1056) (Historisches Studien 26), Berlin 1901, S. 45. Auch Heinrich IV. ist nachweislich in BesanÅon gewesen, vgl. dazu den Beitrag von Matthias Weber und Justus Wingenfeld in diesem Band. Heinrich V. hingegen hat BesanÅon bzw. Burgund nie betreten, vgl. dazu Büttner, Burgund, S. 82, sowie Hans-Jochen Stüllein, Das Itinerar Heinrichs V. in Deutschland, Diss. München 1971. Für Lothar III. lassen sich abermals keine Belege eines Besuches der Stadt BesanÅon finden. Gleiches gilt für den ersten Staufer Konrad III., vgl. dazu Wolfram

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Ein ähnlicher Befund zeigt sich auch an der Ausstellung von Diplomata für die Bischofsstadt sowie den personellen Kontakten des Staufers. Während es in der Zeit von Konrad II. bis Konrad III. keine bzw. kaum Kontakte zwischen König und BesanÅon gab, welche anhand der Urkunden ersichtlich wären,19 änderte sich auch dies mit Friedrich Barbarossa schlagartig. Der Staufer stellte insgesamt neun Urkunden zugunsten des Erzbischofs aus.20 Damit korrespondieren die fast durchweg guten Beziehungen zu den Erzbischöfen von BesanÅon. Einzig der nur für ein Jahr amtierende Walter bezog im Alexandrinischen Schisma eine Gegenposition zum Kaiser. Ob sein Rücktritt im Jahr 1162 auf königlichen Einfluss hin erfolgte,21 lässt sich auf Grundlage der Quellen nicht abschließend beurteilen. Die Erzbischöfe Humbert (1134–1162),22 Heribert (1163–1170) und Eberhard (1172–1180)23 jedenfalls können als durchweg kaisertreu charakterisiert werden. So war Humbert Mitinitiator der Verbindung zwischen Friedrich und Beatrix von Burgund und begleitete die Kaisergattin nach Würzburg, wo die

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Ziegler, König Konrad III. (1138–1152). Hof, Urkunden und Politik (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 26), Köln/Weimar/Wien 2008. Der einzig nachweisbare Kontakt Konrads II. mit der Stadt BesanÅon ist eine Urkunde, in welcher der Salier Erzbischof Hugo von BesanÅon eine Kirche samt Kapelle bestätigte (J. F. Böhmer, Regesta Imperii III: Salisches Haus 1024–1125, 1. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Konrad II. 1024–1039, bearb. von Heinrich Appelt/Norbert von Bischoff, Graz 1951 [künftig zitiert als: RI III,1], Nr. 222c). Für Heinrich III. lässt sich festhalten, dass Erzbischof Hugo von BesanÅon dessen Erzkanzler für Burgund war, vgl. Büttner, Burgund, S. 79, und dass der Kaiser überdies in vier Diplomen für die Geistlichkeit BesanÅons urkundete (Die Urkunden Heinrichs III., ed. Harry Bresslau/Paul Kehr [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 5], Berlin 1931, Nr. 88, 134, 239, 313, S. 115, 168ff., 318ff., 427f.). Zu den personellen Beziehungen und der Urkundenproduktion Heinrichs IV. vgl. den Beitrag von Weber/Wingenfeld in diesem Band. Nach dem derzeitigen Stand der Diplomata Heinrichs V., welche im Rahmen einer Vorab-Edition online abrufbar sind, lassen sich auch für den letzten Salier kaum personelle Kontakte verzeichnen. Lediglich in einer Urkunde nimmt Heinrich V. auf die Stadt BesanÅon Bezug, indem er die Vasallen der Kirche St. Stephan zu BesanÅon und andere in seinen Schutz nimmt und deren Besitzungen bestätigt (Die Urkunden Heinrichs V. und der Königin Mathilde, ed. Matthias Thiel unter Mitwirkung von Alfred Gawlik [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 7], Nr. 15, http://www.mgh.de/ddhv/ [zuletzt abgefragt am 25. 06. 2015]). Unter Lothar III. wurden die Erzbischöfe von BesanÅon in drei Urkunden erwähnt (J. F. Böhmer, Regesta Imperii IV: Lothar III. und ältere Staufer 1125–1197, 1. Abt.: Die Regesten des Kaiserreichs unter Lothar III. und Konrad III., bearb. von Wolfgang Petke, 1: Lothar III.: 1125 [1075]–1137, Köln/Weimar/Wien 1994, Nr. 213, †377, 428), davon in zweien als Zeuge (ebd., Nr. †377, 428), und einmal als Bittsteller (ebd., Nr. 213). Außerdem war Erzbischof Ansericus von BesanÅon auf dem Hoftag Lothars III. am 8. Februar 1130 in Basel zugegen (ebd., Nr. 214). Unter Konrad III. war Erzbischof Heribert in der Kanzlei tätig und an der Ausstellung von 63 Diplomen beteiligt, vgl. Ziegler, Konrad III., S. 326–329. Vgl. dazu die Auflistung der Diplome Friedrichs mit burgundischen Empfängern bei Türck, Beherrschter Raum, S. 297–303. Diese Interpretation ebd., S. 163. Vgl. Niewiesch, Beiträge, S. 63f. Vgl. ebd., S. 69.

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Hochzeit stattfand.24 Im Falle Heriberts konnte der Kaiser gar direkten Einfluss auf die Investitur nehmen, einem bewährten Vertrauten zur Bischofswürde verhelfen und ihm kurz nach Amtsantritt die Legatschaft für Burgund verleihen.25 Eberhard schließlich nahm im Papstschisma eine schlichtende Position ein und war als Vermittler am Frieden von Venedig 1177 beteiligt.26 So lässt sich sagen, dass Friedrich I. im Vergleich zu seinen Vorgängern einen räumlichen Herrschaftsanspruch in BesanÅon geltend machte, der durch direkte Präsenz und personelle Kontakte, insbesondere zu den Erzbischöfen von BesanÅon, gestützt wurde. In Anlehnung an die Terminologie Frank Göttmanns machte der Kaiser seinen Herrschaftsanspruch nicht nur für den Ort BesanÅon als MikroRaum, sondern auch für die Region Nordburgund als Meso-Raum geltend.27 Ferdinand Opll hat BesanÅon daher aus dieser Perspektive als Hauptsitz Friedrich Barbarossas im nördlichen Burgund bezeichnet.28

24 Türck, Beherrschter Raum, S. 162. Bereits Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 186f., vermutet, dass Erzbischof Humbert Mitinitiator der Eheverbindung Barbarossas mit Beatrix war. 25 Zum Legatentitel Heriberts vgl. Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 165, 192; Rudolf Hoke, Die Freigrafschaft Burgund, Savoyen und die Reichsstadt BesanÅon im Verbande des mittelalterlichen deutschen Reiches, in: ZRG GA 79 (1962), S. 106-194, hier S. 149 sowie JeanYves Mariotte, Le comt8 de Bourgogne sous les Hohenstaufen 1156-1208, Paris 1963, S. 89f. 26 Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 195f. 27 Einen neueren Ansatz zur Raumforschung bietet Frank Göttmann, Zur Bedeutung der Raumkategorie in der Regionalgeschichte (2009), http://ubdok.uni-paderborn.de/servlets/ DocumentServlet?id=10226 [letzter Zugriff: 20. 06. 2015], S. 3, der in seinem online verfügbaren Essay festhält, dass »Raum« erst durch die Wahrnehmung eines handelnden Subjekts entstehe. Dies bedeute, dass Raum »das Ergebnis von ineinandergreifenden Prozessen der Konstruktion und Aneignung« sei. Göttmanns zentrale These ist, dass »Raum« in drei »Dimensionen« aufteilbar ist: »(1) Der Mikro-Raum als Raum der elementaren leiblichen und sozialen Lebenserfahrung des Menschen, (2) Der Meso-Raum repräsentiert komplexe Raumstrukturen auf der Ebene regionaler Lebens- und Gesellschaftszusammenhänge und vereinigt insofern Teil-Räume […] zu einem Raumsystem, (3) Makro-Räume scheinen vom gestaltenden Faktor her eher eindimensional, abstrakter und weniger komplex. Sie entsprechen je nach Fragestellung und Sichtweise nationalen politischen Räumen oder internationalen Wirtschaftsräumen bzw. binden kleinere Raumeinheiten ein […]« (Zitat S. 6). Dieses für die Geschichte der frühen Neuzeit entwickelte Konzept macht Caspar Ehlers (Ort, Region, Reich. Mobilität als Herrschaftsfaktor, in: Gerhard Lubich [Hg.], Heinrich V. in seiner Zeit. Herrschen in einem europäischen Reich des Hochmittelalters [Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 34], Köln/Weimar/Wien 2013, S. 81–102, hier S. 84) auch für das Mittelalter fruchtbar, indem er es auf Heinrich V. und dessen ambulante Herrschaft anwendet. Schlussendlich kommt Ehlers zu dem Ergebnis, dass »[d]er Rückbezug der Orte und Regionen zum Reich im Sinne des Dreiklanges von den Makro-, Meso und Mikroräumen […] deutlich« wird (Zitat S. 102). 28 Opll, Stadt und Reich, S. 84.

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II Doch zurück zu den Konflikten in den Jahren 1164 bis 1179 und der Frage, wie sich der Kaiser in dem Streit positionierte. Es ist unübersehbar, dass sich der Widerstand der Bürger gegen den Erzbischof im Laufe der Zeit sukzessive steigerte und überdies immer mehr Bürger mobilisiert wurden. Dabei waren die Ursachen für die Konflikte durchaus unterschiedlicher Art, wie zu zeigen sein wird. Bei den Streitigkeiten um den Geldwechsel in den Jahren um 1164 ging es für die Bürger in erster Linie um ökonomische Vorteile. Dieses Verhalten wurde so lange als Aufbegehren gegen alte Gewohnheiten gewertet, wie die Forschung davon ausging, dass Karl der Kahle dem Erzbischof von BesanÅon im Jahr 871 das Münzrecht verliehen habe.29 Seit Reinhold Kaiser jedoch dargelegt hat, dass es sich bei dieser Urkunde um eine Fälschung handelt, lässt sich lediglich davon ausgehen, dass der Erzbischof von BesanÅon das Münzrecht seit der Zeit Heinrichs III. innehatte.30 Indem die Bürger dieses urkundlich festgehaltene und bis dato unangefochtene Recht des Erzbischofs für sich beanspruchten, unterminierten sie zwar die Autorität des Stadtherrn, aber wohl ohne einen grundsätzlichen Konflikt zwischen der Bürgerschaft und dem Erzbischof herbeiführen zu wollen. Immerhin wurde BesanÅon häufig von Reisenden und Kaufleuten frequentiert,31 so dass der Geldwechsel ein besonders einträgliches Geschäft 29 Diplime de Charles le Chauve, ed. Auguste Castan, Concession mon8taire de Charles le Chauve / l’8glise m8tropolitaine de BesanÅon, in: Revue Numismatique 3e s8r. 9 (1891), S. 47–59, hier S. 59: […] per nostram pietatem, sibi seu Ecclesiæ Vesontionensi, cui Deo ordinante præesse videtur, monetam nostram concederemus […]. 30 Zur Frage der Verleihung des Münzprivilegs für den Erzbischof von BesanÅon Reinhold Kaiser (Karls des Kahlen Münzprivileg für BesanÅon vom 1. November 871. Eine Gelehrtenforschung des 17. Jahrhunderts, in: Schweizerische numismatische Rundschau 55 [1976], S. 179–201, hier S. 185f.), welcher belegt, dass es sich bei der Urkunde Karls des Kahlen von 871 um eine Fälschung handelt. Dies greift er nochmals auf in Ders., Münzprivilegien und bischöfliche Münzprägung, S. 297f. Zweifel an der Authentizität des Diploms Karls bereits bei Jules-Adrien Blanchet/Adolphe Dieudonné, Manuel de Numismatique FranÅaise, Bd. 4, Bologna 1936, S. 206. Von dem Privileg Karls des Kahlen unabhängig ist allerdings durch eine Bulle Papst Leos IX. vom 19. November 1049 bekannt, dass dem erzbischöflichen Statthalter Hugo I. von Salins (1031-1066) die Münze bestätigt wurde: Monetam vero tibi similiter corroboramus […] (Gallia Christiana XV, ed. Bartholomäus Hauréau, Paris 1860, instrumenta Nr. 10, Sp. 14). Zwar sind die ersten Münzen aus BesanÅon mit pippinscher Prägung bereits seit dem späten 8. Jahrhundert nachweisbar, vgl. dazu Hans Hermann Völckers, Karolingische Münzfunde der Frühzeit (751–800). Pippin, Karlmann, Karl der Große, I. und II. Münzperiode (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Historische Klasse, Dritte Folge, Nr. 61), Göttingen 1965, S. 122; doch sind aus BesanÅon Stephanspfennige mit bischöflicher Prägung seit Hugo I. bezeugt (Kaiser, Münzprivilegien und bischöfliche Münzprägung, S. 332). 31 In MGH DD FI, 2, Nr. 472, S. 384, ist die Rede von Pilgern: […] peregrinatium, quorum frequens est ibi transitus […]. Zur Rolle BesanÅons als Hauptverkehrsader Beyerle,

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gewesen zu sein scheint, ohne dass man dahinter ein kalkuliertes Aufbegehren gegen den Stadtherrn vermuten müsste. Vielmehr scheint es sich eher um ein situatives Vorgehen der Bürger gehandelt zu haben. Der König positionierte sich in diesen Streitigkeiten durchaus eindeutig, indem er dem Erzbischof ohne Einschränkungen die Aufsicht über den Geldwechsel in der Stadt bestätigte. Wie erwähnt, bleibt aber zu beachten, dass die Position des Erzbischofs bereits so geschwächt war, dass es des Eingreifens des Königs bedurfte, Erzbischof Heribert den Konflikt also nicht aus eigener Machtvollkommenheit lösen konnte. Die Unruhen von 1176/1177 sind als Aufstand einiger erzbischöflicher Ministerialen anders zu bewerten. Dass es sich bei den Brüdern Rainald und Hugo um erzbischöfliche Ministerialen gehandelt haben muss, wird anhand ihrer Bezeichnung als milites deutlich.32 Während sich Eberhard mit Friedrich im Rahmen der Friedensverhandlungen in Italien aufgehalten zu haben scheint, nutzten die Aufständischen die Abwesenheit des Stadtherrn.33 Gemäß dem erwähnten Urkundenregest verhängte Friedrich I. den Bann über die Brüder Rainald und Hugo, nachdem beide einen Aufruhr in der Stadt initiiert hatten, in dessen Folge Häuser Erzbischof Eberhards und seiner Anhänger in Brand gesteckt sowie ihr Hab und Gut geraubt worden seien. Überdies hätte der Kaiser allen Bewohnern BesanÅons den Bann für den Fall angedroht, dass sie den Aufrührern hülfen.34 Über die Gründe dieses Aufstandes schweigen die Quellen. Folgt man dem kaiserlichen Diplom, so hatte Rainald offenbar ohne GenehmiStadtverfassung, S. 45f.; Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 200.– Zu den Handelsverbindungen BesanÅons nach Italien vgl. Hektor Ammann, BesanÅon im Mittelalter, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 17 (1967), S. 482–532, hier S. 489ff. 32 Diese Auffassung hat die Forschung einhellig vertreten. Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 202; so auch Opll, Stadt und Reich, S. 504.– Zur Herausbildung des Rechtsstandes der Ministerialität in der frühen Salierzeit Thomas Zotz, Die Formierung der Ministerialität, in: Stefan Weinfurter (Hg.), Die Salier und das Reich, Bd. 3: Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier, Sigmaringen 1991, S. 3–50.– Zur Ministerialität und ihrer Bedeutung für die städtische Entwicklung Knut Schulz, Die Ministerialität als Problem der Stadtgeschichte. Einige allgemeine Bemerkungen, erläutert am Beispiel der Stadt Worms, in: Matthias Krüger (Hg.), Die Freiheit des Bürgers. Städtische Gesellschaft im Hoch- und Spätmittelalter, Darmstadt 2008, S. 131–170.– Zur Ministerialität im Zusammenhang mit der Stadt BesanÅon vgl. Niewiesch, Beiträge, S. 9–15. 33 Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 196, 203f. 34 Claude Fohlen, Histoire de BesanÅon. Des origines / la fin du XVe siHcle, Paris 1964, S. 334–336. Gemäß dem Regest bei Duvernoy, Mouvance du Comt8, Nr. 54, S. 39: »Decret de l’empereur Fr8d8ric, par lequel il met au ban de l’empire les personnes et les biens de Renaud et Hugues, frHres de BesanÅon, et de leurs complices, […] pour avoir pill8 les biens et br0l8 les maisons de l’8glise dudit BesanÅon; […] pourquoi l’empereur les proscrit, et ordonne / tous les habitants de la Bourgogne de leur courir sus et de les poursuivre partout, avec d8claration que quiconque leur prÞtera secours et leur donnera retraite, sera pareillement mis au ban de l’empire«. Vgl. auch Karl Friedrich Stumpf, Die Reichskanzler vornehmlich des 10., 11. und 12. Jahrhunderts, 3: Acta imperii inde ab Heinrico I. ad Heinricum VI. usque adhuc inedita, Innsbruck 1865–1881 [ND Aalen 1964], 4542a.

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gung des Erzbischofs einen Turm errichten lassen, was gegen das Befestigungsregal des Erzbischofs verstieß.35 Doch dass diese Streitfrage dazu geeignet war, auch weite Teile der Bürgerschaft zu mobilisieren, ist wenig wahrscheinlich. Angesichts der geschilderten Verheerungen des kirchlichen Besitzes wird man aber schließen können, dass Rainald und Hugo durchaus zahlreiche Mitstreiter mobilisieren konnten, was ebenfalls daran deutlich wird, dass in dem Regest von Unterstützern der beiden Ministerialen die Rede ist.36 Und auch die im Diplom gewählte Bezeichnung des Aufstandes als coniuratio lässt vermuten, dass wir es bereits hier mit einer Auflehnung weiter Teile der Bürgerschaft zu tun haben und dass es für diesen Aufruhr gewichtigere Gründe gegeben haben muss als nur eine Streitfrage zwischen Rainald und Eberhard. Wie im Folgenden gezeigt werden soll, scheinen bereits diese Konflikte mit dem Diplom aus dem Jahr 1178 in Verbindung zu stehen. Der Kaiser positionierte sich, indem er den Reichsbann über die Aufständischen verhängte, jedenfalls erneut eindeutig. Überdies wurden den Aufständischen Strafgelder als Sühne für die Verschwörung auferlegt (in ultione coniurationis), die sich der Kaiser und der Erzbischof teilten (per medium dividemus).37 Dass diese Strafgelder einen einmaligen finanziellen Vorteil für den Kaiser mit sich brachten, war mit Sicherheit nicht das leitende Motiv für das entschiedene Eingreifen zugunsten des Erzbischofs, doch gilt es zu vermerken, dass der Kaiser damit einmal mehr als beteiligte Partei vor Ort erscheint.38 Ausschlaggebend scheint vielmehr die Ablehnung kommunaler Bewegungen durch den Staufer gewesen zu sein und damit einhergehend eine Politik, die darauf ausgerichtet war, jegliche Formen kommunalen Aufruhrs im Keim zu ersticken. Die coniuratio als eine auf wechselseitigem Eid beruhende Schwureinigung der Bürger, die sich allzu häufig gegen den Herrscher, sei es nun gegen den Erzbischof oder den Kaiser, richtete und sowohl die Anerkennung der Stadtgemeinde als auch die Erlangung städtischer Privilegien zum Ziel hatte,39 musste dabei den Widerspruch des Staufers hervorrufen, so dass die Unterbindung der in BesanÅon geschlossenen Schwureinigung sicherlich das handlungsleitende Motiv für den Kaiser war. Entsprechend sicherte Friedrich I. dem Erzbischof auch die Unter35 36 37 38

MGH DD FI, 3, Nr. 710, S. 245: Turris etiam, quam Regnaldus ibidem struit […]. Vgl. Anm. 32. MGH DD FI, 3, Nr. 710, S. 245. Dass die Teilung von Strafgeldern bzw. die Reservierung der Hälfte der Einnahmen durch den König durchaus keine Besonderheit darstellte, zeigt bereits ein von Konrad III. ausgestelltes Diplom (Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich, ed. Friedrich Hausmann [MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 9], Wien/Köln/Graz 1969 [künftig zitiert als: MGH DD KIII], Nr. 204, S. 368ff.). 39 Zur coniuratio vgl. Gerhard Dilcher, Art. »Conjuratio«, in: Adalbert Erler/Ekkehard Kaufmann (Hg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 1, Berlin 1971, Sp. 632ff.

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stützung durch den burgundischen Legaten Graf Ludwig zu.40 In einem Diplom der Kaiserin Beatrix aus dem Jahr 1183 tauchen die beiden Brüder allerdings schon wieder als Zeugen auf, so dass sie trotz ihres Aufruhrs offenbar schon bald wieder in die Gnade des Herrschers aufgenommen wurden.41 In den weiterhin schwelenden Konflikten um 1178 schließlich müssen nun aber ohne Zweifel weite Teile der Bürgerschaft gegen den Erzbischof opponiert haben. Ausschlaggebend scheint der Wunsch gewesen zu sein, sich aus den personalen Bindungen feudaler Abhängigkeit zu lösen. Seit dem 11. Jahrhundert hatte sich das Rechtsverhältnis der Zensualität in den Städten massiv ausgebreitet, so dass vor allem Unfreie durch Schenkung der Kirche übergeben wurden. Damit waren sie zwar unter den Schutz des Erzbischofs gestellt, doch gingen mit diesem Rechtsstatus auch finanzielle Verpflichtungen einher, die aus einer Sterbefallabgabe, einem jährlichen Kopfzins sowie einer Heiratsgebühr bestanden.42 Auch hatte der Erzbischof von BesanÅon das Recht auf den gesamten Nachlass der Unfreien in der Stadt.43 Es war nun insbesondere die Forderung nach Testierfreiheit, die es möglich machte, die Bürger gegen den Erzbischof zu mobilisieren. Anscheinend passte ein Recht, das eher an die Zeit der Grundherrschaft erinnert, nicht in den selbstbestimmten Lebensentwurf des Bürgertums. Überdies ging es um die Frage der direkten Abgaben. Bereits Erzbischof Humbert hatte auf die Erhebung direkter Abgaben von den Bürgern verzichtet.44 Die Urkunde Humberts ist nicht erhalten; allerdings ergibt sich dieser frühe Verzicht aus dem Rechtsspruch des Kaisers aus dem Jahr 1178.45 Offenbar scheint es unter Eberhard erneut zu Streitigkeiten bezüglich dieser Angelegenheit gekommen zu sein. Nimmt man beide Punkte zusammen, so lässt sich argumentieren, dass es sich in diesen Konflikten, anders als noch bei der Frage 40 MGH DD FI, 3, Nr. 710, S. 245. 41 Das Diplom ist ediert bei Mariotte, Bourgogne, Nr. 7, S. 205f.: […] Reynaldus de Bisuntio, Hugo de Mortpr8 […]. 42 Zur Zensualität maßgeblich Knut Schulz, Zum Problem der Zensualität im Hochmittelalter, in: Krüger (Hg.), Die Freiheit des Bürgers, S. 69–106.– Zum Zusammenhang zwischen Stadt und der Erlangung persönlicher Freiheit zusammenfassend Franz Irsigler, Luft macht frei – Wie frei macht Stadtluft?, in: Lukas Clemens/Sigrid Hirbodian (Hg.), Christliches und jüdisches Europa im Mittelalter. Kolloquium zu Ehren von Alfred Haverkamp, Trier 2011, S. 9–26. 43 Hoke, Freigrafschaft Burgund, S. 120f. 44 Dieser Verzicht wurde von Mariotte (Bourgogne, S. 109) auf die Jahre um 1140, von Heinrich Büttner (Zum Städtewesen der Zähringer und Staufer am Oberrhein während des 12. Jahrhunderts, in: Heinz Stoob [Hg.], Altständisches Bürgertum, Bd. 1: Herrschaft und Gemeinverfassung, Darmstadt 1978, S. 255–287, hier S. 282f. [zuerst erschienen in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 105 [1957], S. 63–88]) auf die Jahre 1155/1160 datiert. 45 In Diplom MGH DD FI, 3, Nr. 777, S. 34, wird Bezug auf Humbert genommen: […] quam antecessor suus Vmbertus […].

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des Münzrechts, um eine grundsätzliche und zugespitzte Streitfrage gehandelt haben dürfte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lässt sich von einem kommunalen Aufruhr im eigentlichen Sinne sprechen, da hier erstmalig eine Erhebung der gesamten Bürgerschaft erkennbar ist.46 Es stellt sich dennoch die Frage, welcher Zusammenhang zwischen dem von Rainald und Hugo initiierten Aufruhr in den Jahren 1176/1177 und dem Rechtsspruch des Kaisers im Jahr 1178 besteht. Da, wie oben dargelegt, bereits die coniuratio von 1176 eine gewisse Unterstützung erfahren haben muss und es wenig plausibel erscheint, dass der Streit des Erzbischofs mit Rainald dazu geeignet war, auch die Bürger zum Aufruhr zu veranlassen, kann es als wahrscheinlich gelten, dass der Grund für die coniuratio von 1176/1177 in eben jenen Streitigkeiten um das Erbrecht und die direkten Abgaben zu sehen ist, welche in dem Diplom aus dem Jahr 1178 geregelt wurden.47 Folgt man dieser Interpretation, so lässt sich in BesanÅon eine gegen den Stadtherrn gerichtete Interessenallianz zwischen der städtischen Ministerialität und den Bürgern fassen, die Knut Schulz in seinen Arbeiten als geradezu paradigmatisch für die Herausbildung der Kommune beschrieben hat.48 Suchte man den Anschluss an weiter greifende Theorien, so hieße das, dass hier jener von Max Weber für die okzidentale Stadt beschriebene idealtypische Prozess stattgefunden zu haben scheint, wonach eine Vergesellschaftung und Vergemeinschaftung der Bürger auf der Grundlage von wert- oder zweckrationalem Verhalten und aufgrund einer gemeinsamen Interessenlage zu zielgerichtetem, kollektivem Handeln führte, welches die Erlangung von Freiheit zum Ziel hatte.49 Zwar liegen Aufbau und Entwicklung der Sozialstruktur BesanÅons im 12. Jahrhundert weitgehend im Dunkeln, doch wissen wir immerhin, dass ein

46 Zu Erhebungen der Bürgerschaft nach wie vor maßgeblich Knut Schulz, »Denn sie lieben die Freiheit so sehr…«. Kommunale Aufstände und Entstehung des europäischen Bürgertums im Hochmittelalter, Darmstadt 21995. 47 So auch Opll, Stadt und Reich, S. 508. 48 Die Bedeutung der Ministerialität für die städtische Entwicklung betont Schulz, Ministerialität, S. 131–170, insbes. S. 131–145ff.– Dass die Ministerialität auch vor dem Bischofsmord nicht zurückschreckte, zeigt exemplarisch bereits die Ermordung Bischof Kunos von Trier durch Trierer Ministeriale im Jahr 1066, vgl. dazu Gerold Bönnen, Aspekte gesellschaftlichen und stadtherrlichen Wandels in salierzeitlichen Städten, in: Tilmann Struve (Hg.), Die Salier, das Reich und der Niederrhein, Köln 2008, S. 207–282, hier S. 220. 49 Max Weber, Die Stadt des Okzidents, in: Ders., Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Tübingen 51990, S. 741–757; vgl. dazu Otto Gerhard Oexle, Kulturwissenschaftliche Reflexionen über soziale Gruppen in der mittelalterlichen Gesellschaft: Tönnies, Simmel, Durkheim und Max Weber, in: Historische Zeitschrift 17 (1994), S. 115–159, sowie Ders., Max Weber und die okzidentale Stadt, in: Albrecht Cordes (Hg.), Stadt – Gemeinde – Genossenschaft. Festschrift für Gerhard Dilcher, Berlin 2003, S. 375–388.

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Bürger von BesanÅon 1040 die Kirche St. Quentin gestiftet hat.50 In einem Diplom Leos IX. aus dem Jahr 1049 wird zudem der populus der Stadt erwähnt.51 Allerdings taucht die gesamte Bürgerschaft in ihrer Bezeichnung als cives bisuntini in den Quellen erst in einem Diplom aus dem Jahr 1155 auf.52 Auch wenn dies, verglichen mit norditalischen oder rheinischen Bischofsstädten, eine verhältnismäßig späte Nennung der Bürger ist, so lässt sich dennoch festhalten, dass hiermit ein deutliches Indiz für die weit fortgeschrittene städtische Entwicklung BesanÅons vorliegt. Spätestens die Konflikte zwischen 1176 und 1178 lassen dann erkennen, dass in BesanÅon im späten 12. Jahrhundert jener Grad der Bildung der Kommune erreicht war, der etwa für die norditalienischen oder rheinischen Städte bereits im späten 11. Jahrhundert zu konstatieren ist. Ausgehend von dem Aufbegehren des Münzers, weiter über die Streitigkeiten zwischen Erzbischof und den Bürgern bezüglich des Geldwechsels, bis hin zur coniuratio von 1176 und dem aller Wahrscheinlichkeit nach damit zusammenhängenden Rechtsspruch des Kaisers aus dem Jahr 1178 hatte sich augenscheinlich eine Entwicklung vollzogen, an deren Ende die Opposition gegen den Erzbischof nunmehr von der gesamten Bürgerschaft getragen wurde. Wie aber positionierte sich der Kaiser? Anders als zuvor kann in diesem Konflikt von einer einseitigen Parteinahme keine Rede sein. Der Inhalt des kaiserlichen Diploms lässt erkennen, dass die Bürger fortan von den direkten Abgaben (pro taliis seu collectis) befreit sein sollten, auf die bereits Erzbischof Humbert verzichtet hatte.53 Vor allem aber wurde festgehalten, dass die homines archiepiscopi, die in persönlicher Abhängigkeit zum Erzbischof stehenden Zensualen, nunmehr frei testamentarisch über ihren Nachlass verfügen durften. Dieser fiel beim Vorliegen eines Testaments sowohl legitimen als auch illegitimen Nachkommen zu, während Immobilien sogar ohne vorhandenes Testament an den nächsten Verwandten übergingen.54 Im Gegenzug sicherten die Bürger dem 50 Ammann, BesanÅon, S. 489. Auch Niewiesch, Beiträge, S. 69, verweist auf den Bau der Kirche durch die Ritterfamilie Saint Quentin, der ebenfalls Erzbischof Eberhard angehörte. 51 MGH Constitutiones et acta publica imperatorum et regum, Bd. I: Inde ab a. DCCCCXI. usque ad a. MCXCVII., ed. Ludwig Weiland, Hannover 1893, Nr. 51, S. 97f. 52 Mariotte, Bourgogne, S. 110f., führt diesen Quellenbeleg als die früheste Nennung der Bürger von BesanÅon an. Das Diplom, in dem […] Herbertus & Heinricus cives Bisuntini […] als Zeugen aufgeführt sind, ist ediert in Pierre-Francois Chiflet, S. Bernardi Clarevallensis abbatis Genus illustre assertum, Dijon 1660, Nr. 91, S. 531f.; Ammann, BesanÅon, S. 484, 489, erwähnt eine weitaus frühere Nennung der cives im Jahr 1049 durch Papst Leo IX., ohne diese Behauptung allerdings an die Quellen rückzubinden bzw. mit einer Anmerkung zu versehen. Trotz intensiver Recherchen zu Urkunden und Briefen Leos in den einschlägigen Quellensammlungen (Patrologia Latina, Regesten Leos, Gallia Christiana) war es nicht möglich, diese Behauptung zu verifizieren. Womöglich bezog sich Ammann auf die in Anm. 51 erwähnte Nennung des populus. 53 MGH DD FI, 3, Nr. 777, S. 334. 54 Ebd.: Si civis Bisuntinus homo archiepiscopi legitimos heredes habens decesserit, testamen-

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Erzbischof Anteile an den Einkünften der Fleisch- und Jahrmärkte (reditus de macellis, de nundinis ter in anno celebrandis), die jährliche Zahlung eines fixen Betrags (XXV libras Stephani monete) sowie eine Abgabe für die Hoffahrten des Erzbischofs (XL libras dabunt ei, quando extra episcopatum suum curiam imperialem adierit sive vocatus sive causa civitatis) zu.55 Damit war nun nicht die vollständige Abschaffung des Zensualenrechts verbunden, schließlich wird in dem Diplom auch betont, dass die Zensualen dem Erzbischof auch weiterhin pro consuetudine civitatis zu dienen hatten.56 Doch wurde das Zensualenrecht stark zugunsten der Bewohner BesanÅons modifiziert. Und dass die Bürger in diesem Interessensausgleich überhaupt als politische Größe und als Verhandlungspartner anerkannt wurden, stellt eine qualitative Änderung zu den vorigen Konflikten dar. Es erscheint daher zulässig, diese Entscheidung des Kaisers als einen wesentlichen Beitrag zur Emanzipation der Bürger vom Erzbischof und zur Bildung der Stadtgemeinde zu sehen.57 Dies bedeutet jedoch nicht, dass es zu direkten Interaktionen zwischen Kaiser und Bürgern gekommen war. Erzbischof Eberhard galt nach wie vor als der rechtmäßige Stadtherr und alleiniger Ansprechpartner für den König. Schließlich war Eberhard der Empfänger des Diploms und nicht die Bürgerschaft, was für das 12. Jahrhundert allerdings auch eine Seltenheit darstellen würde.58 Auch wird man davon auszugehen haben, dass der Kaiser erst auf Anfrage Eberhards hin tätig geworden ist und nicht von sich aus in den Konflikt eingriff. Gleichwohl wurden die Bürger BesanÅons mit diesem Rechtsspruch erstmals vom Kaiser berücksichtigt und letztlich gar begünstigt. Die Positionierung des Kaisers in den geschilderten Phasen des Konflikts lässt sich daher folgendermaßen auf die wesentlichen Elemente reduzieren: Erst nachdem die Bürger als politische Größe geeint in Erscheinung getreten waren, lässt sich eine ausgleichende und die Interessen der Bürger berücksichtigende Politik Friedrichs I. feststellen. Anders als zuvor wurde der Konflikt 1178 konsensuell und durchaus zugunsten beider Konfliktparteien beigelegt.59 Der König

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tum, quod eisdem heredibus fecerit, ratum teneatur. […] Si vero civis Bisuntinus homo archiepiscopi legitimos heredes non habens de suis bonis mobilibus testamentum fecerit, ratum per omnia teneatur […] Immobilia autem ad proximos eius, qui defunctus est, convenienti redemptione transibunt per gratiam archiepiscopi. Ebd. Ebd. Diese Interpretation auch bei Fohlen, Histoire de BesanÅon, S. 341–345. Vgl. dazu die wenigen direkt an die Bürger ausgestellten Diplome in Anm. 75f. Grundlegend Bernd Schneidmüller (Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politischer Ordnung im Mittelalter, in: Paul-Joachim Heinig u. a. [Hg.], Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw, Berlin 2000, S. 53–87), der unter dem Begriff der »konsensualen Herrschaft« freilich nur einen Interessensausgleich zwischen den Fürsten versteht. Mit der Betonung des »kompetitiven Unter-

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trat somit als arbiter iustissimus auf, der eine vermittelnde Funktion einnahm.60 Von einem einseitigen Vorgehen zugunsten des Stadtherrn oder gar einer städtefeindlichen Politik, wie die Forschung sie dem Kaiser bisweilen attestiert hat, ist hier jedenfalls nichts zu sehen.61

III Die Positionierung Friedrichs I. in diesem Konflikt führt uns zu unserer abschließenden Frage, ob das Handeln Barbarossas innerhalb unseres Fallbeispiels als »Städtepolitik« bezeichnet werden kann, mithin auf ein konzeptionell festgelegtes Handlungsmuster mit erkennbaren Zielen und Maximen schließen lässt. Die Forschung hat lange darüber debattiert, ob es eine »Städtepolitik« der Staufer gegeben habe. Während Heinz Stoob, Heinrich Büttner und Erich Maschke Gebrauch von dem Begriff gemacht haben, äußerten Bernhard Diestelkamp, Berent Schwineköper, Heinrich Koller und Gerold Bönnen Zweifel an der Existenz einer planvoll betriebenen »Städtepolitik«.62 In einem 2013 erbaus« von Herrschaft Steffen Patzold, Konsens und Konkurrenz. Überlegungen zu einem aktuellen Forschungskonzept der Mediävistik, in: Frühmittelalterliche Studien 41 (2007), S. 75–103. 60 Zur vermittelnden Rolle des Königs bei Konflikten grundlegend die Forschungen von Gerd Althoff, vgl. insbes. Ders., Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft, in: Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 99–125, sowie Ders., Staatsdiener oder Häupter des Staates. Fürstenverantwortung zwischen Reichsinteressen und Eigennutz, in: ebd., S. 126–153. Eine kritische Auseinandersetzung mit eben jenen von Althoff formulierten »Spielregeln der Politik« findet sich in Bezug auf die Zeit Heinrichs IV. bei Philippe Buc, Die Krise des Reiches unter Heinrich IV., mit und ohne Spielregeln. »Par malvais roi est mains frans hom homnis« (Raoul de Cambrai, v. 650), in: Claudia Garnier/ Hermann Kamp (Hg.), Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention, Darmstadt 2010, S. 61–93. 61 Franz Xaver Vollmer (Reichs- und Territorialpolitik Kaiser Friedrichs I., Freiburg i. Br. 1951, S. 384) bezeichnet die Haltung Friedrichs gegenüber den Städten als »eindeutige und kompromißlose Unterstützung der reichsbischöflichen Stadtherren gegen die ›conjurationes‹« und wertet auch das Beispiel BesanÅon als Indiz einer »städtefreiheitsfeindlichen Politik Barbararossas«. Auch Türck (Beherrschter Raum, S. 165f.) vertritt die Auffassung, dass Friedrich in dem Konflikt 1178 »überwiegend zu Gunsten des Erzbischofs entschied und dessen Gegner bestrafte«. 62 Dezidiert Büttner, Städtewesen, S. 63–88; Heinz Stoob, Formen und Wandel staufischen Verhaltens zum Städtewesen, in: Ders. (Hg.), Altständisches Bürgertum, Bd. 1: Herrschaft und Gemeinverfassung, S. 380–413 [zuerst in: Otto Brunner u. a. (Hg.), Festschrift Hermann Aubin zum 80. Geburtstag, Bd. 2, Wiesbaden 1965, S. 423–451].– Erich Maschke (Die deutschen Städte in der Stauferzeit, in: Reiner Hausherr [Hg.], Die Zeit der Staufer, Teil 1, Stuttgart 1977, S. 59–74) sieht die »Städtepolitik« als »Mittel politischer Machtentfaltung«. Dagegen Bernhard Diestelkamp (König und Städte in salischer und staufischer Zeit, in: Friedrich Vittinghoff [Hg.], Stadt und Herrschaft. Römische Kaiserzeit und Mittelalter

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schienenen Aufsatz zur Stadtentwicklung in der Zeit Heinrichs V. hat Gabriel Zeilinger die Skepsis gegenüber dem Begriff »Städtepolitik« erneut zum Ausdruck gebracht.63 Demnach sei die Interaktion zwischen Königtum und Städten im frühen 12. Jahrhundert eher reaktiv und punktuell denn strategisch und konzeptionell gewesen. Zeilinger schließt seine Überlegungen mit einem bei Berent Schwineköper entlehnten Zitat, wonach die Vorstellung einer konzeptionellen »Städtepolitik« auch noch für die Stauferzeit anachronistisch sei.64 Ohne an dieser Einsicht rühren zu wollen, soll an dieser Stelle gefragt werden, ob die Anwendung der in der Politikwissenschaft lange etablierten Unterscheidung zwischen polity, policy und politics noch neue Nuancen ergeben kann.65 Denn den unterschiedlichen Auffassungen liegen ganz offensichtlich differente Vorstellungen davon zugrunde, was denn nun unter »Städtepolitik« zu verstehen sei. Dass es eine staufische »Städtepolitik« im Sinne von polity als institutionelle Rahmenbedingungen gegeben hat, ist von vornherein auszuschließen. Auch im Sinne von policy als eine konzeptionelle Programmatik in Bezug auf den Umgang mit Städten scheint der Begriff wohl ein Anachronismus zu sein. Doch ließe sich »Städtepolitik« am vorliegenden Beispiel durchaus im Sinne von politics ver-

[Historische Zeitschrift. Beihefte 7], München [1982], S. 247–297), der die Städte allenfalls als »zweitrangige politische Faktoren« charakterisiert. Ebenfalls mit Skepsis gegenüber dem Begriff Heinrich Koller (Zur Stadtpolitik der Staufer in Süddeutschland, in: Die alte Stadt. Zeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie und Denkmalpflege 5 [1978], S. 317–349).– Berent Schwineköper (Königtum und Städte bis zum Ende des Investiturstreits. Die Politik der Ottonen und Salier gegenüber den werdenden Städten im östlichen Sachsen und Nordthüringen [Vorträge und Forschungen. Sonderband 11], Sigmaringen 1977, insbes. S. 157) gelangt für die Salierzeit zu einem ähnlichen Urteil, behandelt die Frage allerdings auch lediglich für Städte in Sachsen und Thüringen. Jüngst hat auch Bönnen (Aspekte, S. 274) die Existenz einer planvoll betriebenen »Städtepolitik« erneut zurückgewiesen. 63 Gabriel Zeilinger, Zwischen coniuratio und familia. Stadtentwicklung und Städtepolitik im frühen 12. Jahrhundert, in: Lubich (Hg.), Heinrich V. in seiner Zeit, S. 103–118. 64 Zeilinger, familia, S. 118.– Das Zitat von Berent Schwineköper in: Die Problematik von Begriffen wie Stauferstädte, Zähringerstädte und ähnlichen Bezeichnungen, in: Erich Maschke/Jürgen Sydow (Hg.), Südwestdeutsche Städte im Zeitalter der Staufer (Stadt in der Geschichte 6), Sigmaringen 1980, S. 95–172, hier S. 129: »Es ist wohl auch eine anachronistische Vorstellung, Männer wie Herzog Konrad von Zähringen, König Konrad III. oder Friedrich Barbarossa über die Planzeichnungen von Freiburg, Hagenau oder Gelnhausen gebeugt zu sehen«. 65 Polity bezeichnet die formale Dimension von Politik und umfasst daher die institutionelle politische Ordnung, die einem politischen System zugrunde liegt; der Begriff policy betont hingegen die Voraussetzungen, Inhalte und Folgen von Politik. Der dem Verständnis dieses Beitrags zugrunde liegende Begriff politics betont den prozessualen Charakter von Politik und damit den von Konflikt und/oder Konsens geprägten Prozess politischer Gestaltung, vgl. dazu die Artikel von Klaus Schubert, in: Dieter Nohlen/Rainer-Olaf Schultze (Hg.), Lexikon der Politikwissenschaft: Theorien, Methoden, Begriffe, Bd. 2, München, Sp. 694, 697, 778.

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stehen, das heißt als Entscheidungs- und Durchsetzungsprozess, der von den jeweiligen Interessen in der Akteurskonstellation abhängig ist. Mit einer solchen Perspektive lösen sich einige scheinbare Widersprüchlichkeiten der Forschung auf. Heinrich Koller etwa hat die Frage, ob es eine staufische »Städtepolitik« gegeben habe, lediglich vor dem Hintergrund des herrscherlichen Einflusses auf die Städtegründung und -entwicklung erörtert.66 Doch sollte zur Bewertung dieser Frage das Verhalten des Staufers auch anhand anderer Kriterien beleuchtet werden, etwa, wie in unserem Fall, vor der Frage der Positionierung des Kaisers im Konfliktfall. Genau dies hat Bernhard Diestelkamp getan und seine Auffassung, es habe keine staufische »Städtepolitik« gegeben, damit begründet, dass die Staufer in den Konflikten zwischen Bischof und Bürgern keine eindeutige Position bezogen hätten. Der König sei demnach nicht direkt auf die Bürger zugegangen und habe stattdessen die alte Ordnung aufrechterhalten, indem er die Stadtherrschaft der Bischöfe weiter uneingeschränkt unterstützt habe und sich bei Auseinandersetzungen in den Bischofsstädten nicht zugunsten der Bürger entschieden hätte.67 Schließlich, so sein abschließendes Urteil, fehle es an »sichere[n] Anhaltspunkte[n] für die These, die deutschen Könige des Hochmittelalters könnten ein Interesse an einer die Städte bevorzugenden Politik gehabt haben«.68 Diese Einschätzung mag zutreffend sein und deckt sich durchaus mit unserem Fallbeispiel. Doch ein Festhalten am Erzbischof als Stadtherrn bedeutet nun nicht, dass die Belange der Bürger nicht auch unter Berücksichtigung bischöflicher Interessen hätten beachtet werden können, wie dies in BesanÅon geschehen ist. Die Vorstellung, dass der König sich eindeutig hätte positionieren müssen, beruht offenbar auf der impliziten Annahme, dass es einen unüberwindbaren Gegensatz zwischen dem Erzbischof und den Bürgern gegeben hat und dass die Autonomiebestrebungen der Bürger völlig inkompatibel mit der bischöflichen Stadtherrschaft waren.69 Unter diesen Voraussetzungen würden die Möglichkeiten der Positionierung des Königs auf eine rein dichotome Unterscheidung zwischen bischofs- oder bürgertreu hinauslaufen. Tatsächlich aber blieb der Erzbischof von BesanÅon nach Auffassung

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Koller, Stadtpolitik, S. 322–335. Diestelkamp, Städte, S. 281–289; Zitat auf S. 292. Ebd., S. 292. Die Forschung hat dieses Autonomieideal, wonach Kommune und Stadtherrschaft als opponente Gegensatzpaare aufzufassen seien, weitestgehend hinter sich gelassen. Hermann Jakobs (Stadtgemeinde und Bürgertum um 1100, in: Bernhard Diestelkamp [Hg.], Beiträge zum hochmittelalterlichen Städtewesen, Köln/Wien 1982, S. 14–54, hier S. 18f.) verweist auf die in nahezu allen mittelalterlichen Städten aufrecht erhaltene Stadtherrschaft. Bönnen (Aspekte, S. 280f.) bezeichnet den Gegensatz zwischen Bischof und Bürgern als konstruiert und plädiert in diesem Zusammenhang für die Abschaffung des anachronistischen Begriffs der Emanzipation. Zuletzt auch Zeilinger, familia, S. 104f.

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des Königs weiterhin unangefochtener Stadtherr, während ab 1178 gleichzeitig auch die Interessen der Bürger berücksichtigt wurden. Gewiss, gerade in den ersten Jahrzehnten der Herrschaft Friedrichs lässt sich eine einseitige Parteinahme zugunsten des Erzbischofs in städtischen Konflikten nicht verhehlen. Parallelen lassen sich benennen, wenn Friedrich im Jahr 1161 die coniuratio in Trier mit der Begründung verbot, sie verstoße gegen die Ehre des Erzbischofs.70 Ganz ähnlich verhielt es sich im Mainzer Konflikt 1153 bis 1160: Auch hier sah es Friedrich als seine Pflicht an, die verletzte Ehre des Erzbischofs zu sühnen, indem er den Bürgern eine öffentlich inszenierte Bußleistung abverlangte.71 Entsprechend betonte Friedrich auch in dem Diplom, welches das Münzrecht des Erzbischofs von BesanÅon bestätigte, die Ehrwürdigkeit Heriberts.72 Vor dem Hintergrund der Wahrung des honor konnte und wollte der König aber gar keine eindeutige Position gegen den Erzbischof beziehen.73 Das Fallbeispiel BesanÅon führt uns aber auch vor Augen, dass der Kaiser im Umgang mit den Bürgern ab einem gewissen Zeitpunkt eine Kursänderung 70 Schulz, »Denn sie lieben«, S. 167–172. Dieses Verbot liegt in zwei Ausfertigungen vor. So richtet der Pfalzgraf Konrad, der die Trierer Kommune zuvor noch unterstützt hatte, aufgrund einer kaiserlichen Verfügung ein Schreiben an die Trierer Bürger, in dem er die Schwureinigung untersagt: […] quod contra honorem suum et antiqua iura civitatis vestre novas quasdam consuetudines et quedam iura insolita cuiusdam communionis vobis creaveriti […] quod ordine iudiciario ex sententia et auctoritate imperatoria a tali consensu vestro penitus prohibiti sumus; vgl. dazu Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschaftsund Sozialgeschichte bis 1250, ed. Lorenz Weinrich (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 32), Darmstadt 1977, S. 264ff.– Diese Entscheidung ist auch überliefert in MGH DD FI, 2, Nr. 338, S. 174: [C]om[m]unio quoque civium Treverensium, que et coniuratio dicit[ur], quam nos in ipsa civitate destruximus, dum presentes fuimus, et auctoritate nostra prorsus interdiximus […]. 71 Knut Görich, Die Ehre des Erzbischofs. Arnold von Selenhofen (1153–1160) im Konflikt mit Mainz, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 53 (2001), S. 93–123. 72 MGH DD FI, 2, Nr. 472, S. 384: […] karissimi nostri Herberti venerabilis […]. 73 Zum honor als »Summe all dessen, was – aus Vornehmheit, Ämtern, Besitz, persönlichen Fähigkeiten und Verbindungen gebildet – die Stellung dieser Person in den verschiedenen Lebensordnungen ausmacht«, bereits Gerd Althoff, Compositio. Wiederherstellung verletzter Ehre im Rahmen gütlicher Konfliktbeendigung, in: Klaus Schreiner/Gerd Schwerhoff (Hg.), Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Köln 1995, S. 63–76, hier S. 63.– Zur Bedeutung für die Herrschaftsauffassung Friedrich Barbarossas Knut Görich, Die Ehre Friedrich Barbarossas. Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert, Darmstadt 2001; Ders., Die »Ehre des Reichs« (honor imperii). Überlegungen zu einem Forschungsproblem, in: Johannes Laudage/Yvonne Leiverkus (Hg.), Rittertum und höfische Kultur der Stauferzeit (Europäische Geschichtsdarstellungen 12), Köln 2006, S. 36–74, hier S. 38ff.– Zur Begriffsgeschichte in der longue dur8e Gerhard Lubich, Wie die Ehre erblich wurde. Kursorische Bemerkungen zu honor und »konsensualer Herrschaft« zwischen Amt und Ehre, Institution und Person, in: Hartwin Brandt/Kathrin Köhler/Ulrike Siewert (Hg.), Genealogisches Bewusstsein als Legitimation (Bamberger Historische Studien 4), Bamberg 2010, S. 15–34, hier S. 32ff.

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vollzog und fortan nicht nur die Interessen des Erzbischofs, sondern auch die der Bürger in seine Überlegungen einbeziehen musste, und sei es allein aus realpolitischen Zwängen. Es ist und war evident, dass sich die Politik Barbarossas in Bezug auf die Städte um 1180 änderte.74 Dieser Wandel zeigt sich beispielsweise an der direkten Ausstellung von Privilegien an die Bürger. Zwischen 1152 und 1181 erteilte der Staufer lediglich vier solcher Privilegien für Bischofsstädte.75 Zwischen 1181 und 1189 hingegen wissen wir von mindestens zehn Privilegien für Bischofsstädte,76 so dass es durchaus berechtigt erscheint, von einer Intensivierung des Verhältnisses zwischen König und Bürgern zu sprechen.77 Vor allem aber zeigt sich dieser Wandel auch qualitativ. Dies wird insbesondere an den Privilegien für die Bürger von Speyer und Worms deutlich, mit denen der Staufer in den Jahren 1182 bzw. 1184 die bereits von Heinrich V. ausgestellten Privilegien erweiterte.78 Beide Diplome 74 Stoob (Formen, S. 393f.) stellt fest, dass die Bürger als Empfänger von Urkunden zunehmend neben den Bischof treten und dass auch das drastische Vorgehen gegen städtische coniurationes nicht mehr festzustellen ist. Eine solche Zäsur konstatiert trotz der Ablehnung des Begriffs »Städtepolitik« im Übrigen auch Koller (Stadtpolitik, S. 329): »Nach 1177 und endgültig nach 1180 wird das Interesse der Staufer an den deutschen Städten sichtlich größer«. Ähnlich auch das Urteil bei Knut Schulz (Zensualität und Stadtentwicklung im 11./ 12. Jahrhundert, in: Krüger [Hg.], Die Freiheit des Bürgers, S. 106–130, hier S. 123). Fred Schwind (Friedrich Barbarossa und die Städte im Regnum Teutonicum, in: Alfred Haverkamp [Hg.], Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers [Vorträge und Forschungen 40], Sigmaringen 1992, S. 469–499, hier S. 479) spricht in Bezug auf die Vermittlung im Konflikt von Cambrai von einer »Sinnesänderung« des Kaisers um 1184. 75 Augsburg: Verleihung des Stadtrechts 1156 (MGH DD FI, 1, Nr. 147, S. 246ff.); Worms: Privileg für die Juden 1157 (ebd., 1, Nr. 166, S. 284ff.); Bamberg: Verleihung gewisser Handelsvorteile für die Kaufleute 1163 (ebd., 2, Nr. 396, S. 271ff.); Bestätigung der Wormser Münze 1165 (ebd., 2, Nr. 491, S. 412ff.). 76 Köln: Zustimmung zum Mauerbau 1180 (ebd., 3, Nr. 799, S. 368ff.); Metz: Bestätigung der Schöffenordnung 1181 (ebd., 4, Nr. 805, S. 3f.); Speyer: Die Bestätigung des Diploms Heinrichs V. 1182 (ebd., 4, Nr. 827, S. 33ff.); Worms: Bestätigung des Diploms Heinrichs V. 1184 (ebd., 4, Nr. 853, S. 82ff.); Cambrai: zunächst das Verbot der Kommune 1182 (ebd., 4, Nr. 825, S. 29ff.), dann allerdings Festlegung einer neuen Rechtsordnung 1184 (ebd., 4, Nr. 858, S. 92ff.) sowie die Bestätigung einiger Vorrechte der Bürger 1184 (ebd., 4, Nr. 860, S. 60f.); Regensburg: Bestätigung der Abgabenfreiheit für das Überqueren der Steinernen Brücke sowie die Bestätigung der althergebrachten Rechte der Juden in Regensburg 1182 (ebd., 4, Nr. 831, 833, S. 40–44); Bremen: Bestätigung einiger Rechte der Bremer Bürger 1186 (ebd., 4, Nr. 955, S. 226ff.).– Die Privilegien für Pfalzstädte sind aufgrund der hier relevanten Fragestellung nicht berücksichtigt. Für die Städte am Niederrhein Bernhard Diestelkamp, Staufische Privilegien für Städte am Niederrhein, in: Klaus Fink/ Wilhelm Janssen (Hg.), Königtum und Reichsgewalt am Niederrhein (Klever Archiv 4), Kleve 1983, S. 103–144. 77 Dies konzediert auch Diestelkamp, Städte, S. 271. 78 Zum Diplom Heinrichs V. bereits Hans Wibel, Die ältesten deutschen Stadtprivilegien, insbesondere das Diplom Heinrichs V. für Speyer, in: Archiv für Urkundenforschung 6 (1918), S. 234–262. Zuletzt Sebastian Scholz, Die Urkundeninschriften in Speyer (1111),

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hatten die vollständige Abschaffung der Sterbefallabgabe zur Folge.79 Die Diplome für Bremen 1186 und Aachen 1166 sicherten den Bürgern sogar die volle persönliche Freiheit nach Jahr und Tag zu, was faktisch die Abschaffung des Zensualenrechts bedeutete.80 Genau dieser Umschwung zeigt sich nun auch in der Positionierung des Kaisers in unserem Fallbeispiel. Während sich Friedrich I. zunächst eindeutig zugunsten des Erzbischofs von BesanÅon positionierte, beobachten wir 1178 eine ausgleichende und alle Interessen berücksichtigende Politik. Dass das Handeln des Kaisers im Konflikt von BesanÅon darüber hinaus kein Einzelfall war, zeigt dessen Handeln in Köln und Cambrai,81 aber vor allem in Valence und Basel, womit noch ein Beispiel aus dem Metropolitanverband BesanÅon angesprochen wäre. Zunächst intensivierte sich auch in Valence das Verhältnis zwischen der burgundischen Bischofsstadt und dem Reich mit dem Beginn der Herrschaft Friedrichs, und auch hier kräftigte der Kaiser zunächst die Herrschaft des Bischofs, indem er Bischof Odo 1157 die Investitur erteilte und ihm sämtliche Regalien bestätigte.82 Doch scheint es in der Folgezeit zu erheblichen Konflikten in der Stadt gekommen zu sein. Während eines Aufenthaltes Barbarossas in Valence im August 1178 brachten die Bürger ihre Streitigkeiten mit dem Bischof zur Verhandlung und verlangten vom Kaiser die Bestätigung einer von Bischof Odo ausgestellten Urkunde, in der dieser den Bürgern offenbar weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte, über deren Inhalt aber nichts weiter bekannt ist.83 Doch der daraufhin erfolgte Schiedsspruch des Kaisers zeigt, dass es auch hier um ähnliche Fragen wie in BesanÅon gegangen sein muss. Demnach durfte der

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Mainz (1135) und Worms (1184) – Funktion und Bedeutung, in: Laura Heeg (Hg.), Die Salier. Macht im Wandel (Begleitband zur Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz Speyer 2), München 2011, S. 162–165; Ders., Die Urkundeninschriften Kaiser Heinrichs für Speyer aus dem Jahr 1111, in: ebd., S. 166–173. Im Wesentlichen hatte das Diplom Heinrichs V. die Befreiung der Speyerer und Wormser Bürger vom sogenannten Butteil zum Inhalt. Das Diplom Friedrich Barbarossas stellt in beiden Fällen eine Erweiterung dar und befreite die Bürger nunmehr von der gesamten Todfallabgabe, vgl. dazu Schulz, Zensualität, S. 99–105. In der Bestätigungsurkunde für Worms aus dem Jahr 1184 bestätigt Friedrich Barbarossa den Wormsern […] ut sicut ab exactione iuris quod buvteil dicitur indulgentia privilegii antiqui sunt immunes, ita etiam ab exactione optimi animalis sive preciosioris vestimenti, quod in vulgari houbitreht vocatur, de cetero sint absoluti (MGH DD FI, 4, Nr. 853, S. 83f.). Schulz, Zensualität und Stadtentwicklung, S. 116–123. Irsigler, Luft macht frei, S. 22f.– Zu Bremen: MGH DD FI, 4, Nr. 955, S. 226ff.; zu Aachen: ebd., 2, Nr. 502, S. 430ff. Vgl. Anm. 76. – Zu Köln vgl. RI IV,2,3, Nr. 2559, sowie Diestelkamp, Privilegien, S. 123f. – Zu Cambrai Schwind, Städte, S. 474–479.– Opll (Stadt und Reich, S. 61) bezeichnet das Privileg für Cambrai sogar als »Magna Carta der Kommune«. MGH DD FI, 1, Nr. 196, S. 328f. Opll, Stadt und Reich, S. 513–515; Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 198.

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Bischof zwar das Hochgericht und weite Teile der Niedergerichtsbarkeit behalten, doch erhielten die Bürger die freie Verfügung über das Erbe, das Recht der Wiederverheiratung von Witwen, die Befreiung von direkten Abgaben außer beim Reichsdienst des Bischofs sowie die Beschränkung von Geldstrafen. Gleichzeitig war den Bürgern jedoch auch hier untersagt, einen Eid ohne Zustimmung des Bischofs zu leisten.84 Gleichwohl kann das Urteil Barbarossas durchaus als bürgerfreundlich bezeichnet werden, da auch hier die Interessen beider Parteien berücksichtigt wurden.85 In Basel entzündete sich der Konflikt zwischen dem Bischof und den Bürgern ähnlich wie in BesanÅon an Fragen der Münze.86 Bereits im Jahr 1149 hatte Konrad III. dem Basler Bischof das Münzrecht verliehen und eine etwaige Zuwiderhandlung gegen dieses bischöfliche Recht unter Strafe gestellt.87 Die Umsetzung des noch nicht lange bestehenden bischöflichen Rechts – auch hier gleicht die Ausgangssituation derjenigen in BesanÅon – gestaltete sich anscheinend nicht reibungslos, da die Organisation des Münzwesens vorher wohl in den Händen von Ministerialen gelegen hatte und der königliche Eingriff sich damit zu deren Ungunsten darstellte.88 Auch hier bedurfte es der Intervention des Königs, um die Position des Bischofs innerhalb der Stadt zu bestätigen. In einem Diplom verbesserte Friedrich die bereits von seinem Vater verliehene Münze.89 Doch schon bald änderte der Kaiser auch hier seine Strategie. Nachdem das Basler Domkapitel sich beim Kaiser über Bischof Ludwig beschwert hatte, weil dieser offenbar Kirchengut veräußert hatte, entzog der Staufer dem Bischof im Jahr 1174 die Stadtherrschaft samt aller Regalien (quod episcopus bannum, monetam et theloneum) und übertrug die Geschicke der Stadt einem Konsortium aus Ministerialen.90 Dieser radikale Schritt mag ein Einzelfall gewesen sein, verdeutlicht aber die Zäsur im Umgang mit den Städten. 84 MGH DD FI, 3, Nr. 752, S. 300ff.; vgl. auch RI IV,2,3, Nr. 2424. 85 Allerdings hat Heinrich VI. 1188 Bischof Falco von Valence ein neues Privileg verliehen, in welchem er diese Zugeständnisse an die Bürger widerrief und die alten stadtherrlichen Rechte des Bischofs wieder bestätigte (Güterbock, Zur Geschichte Burgunds, S. 198; Stumpf, Acta imperii, Nr. 396, S. 557). 86 Für diesen Hinweis möchten wir uns herzlich bei Herrn Dr. Heinz Krieg (Freiburg i. Br.) bedanken. 87 MGH DD KIII, Nr. 204, S. 368ff. 88 Opll, Stadt und Reich, S. 42f., insbes. Anm. 21. 89 MGH DD FI, 1, Nr. 67, S. 113: […] pondere puritate in melius mutata […].– Außerdem verlieh der Kaiser dem Bischof in diesem Zusammenhang auch das Recht, in seiner Diözese Silberbergbau zu betreiben, vgl. ebd., 1, Nr. 68, S. 114. 90 Gisela Möncke, Bischofsstadt und Reichsstadt. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Stadtverfassung von Augsburg, Konstanz und Basel, Diss., Berlin 1971, S. 49ff.; Opll, Stadt und Reich, S. 43ff.– Das Zerwürfnis und die Intervention des Kaisers werden in MGH DD FI, 3, Nr. 631, S. 126f. behandelt. Das Konsortium sollte demnach aus dem Vitztum, dem Schultheiß, dem Münzer und dem Mundschenk bestehen, vgl. RI IV,2,3, Nr. 2099.

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Die Beispiele BesanÅon, Valence und Basel bestätigen, dass das vormals radikale Vorgehen gegen städtische coniurationes ab den 1180er Jahren nicht mehr festzustellen ist.91 Wie anhand dieser Fälle deutlich wurde, nahm die konsensuelle Beilegung innerstädtischer Konflikte eine wichtige Rolle in der »Städtepolitik« Friedrich Barbarossas ein. Insbesondere BesanÅon in seiner Funktion als Tor zur Peripherie und als wichtigste Stadt zur Durchdringung des nordburgundischen Raumes war von immenser Bedeutung. Wie der Saxo Grammaticus zu berichten weiß, kam es allerdings bereits im Zusammenhang mit dem Hoftag im Jahr 1162 zu Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern BesanÅons und dem Kaiser. Der Kaiser ordnete an, die Futterversorgung für die Pferde der dänischen Gesandten aufzustocken, was auf Seiten der Bürger zu Unmut führte und letztlich sogar in bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern und den dänischen Gesandten, die vom Marschall des Kaisers begleitet wurden, gipfelte.92 Bereits zu dieser Zeit wird also deutlich, dass Friedrich I. die Bürger in seine Politik miteinbeziehen musste, wenn er auch in Zukunft das servitium regis in einer für ihn wichtigen Stadt in Anspruch nehmen wollte.93 Denn dass die Bischofsstädte für den reisenden König von zentraler Bedeutung waren, lehrte die Herrschaftspraxis. Zwar konnten die Staufer mit Gründungen von Pfalzstädten allmählich eine gewisse Unabhängigkeit erlangen,94 doch ist über eine 91 Zu den unterschiedlichen Reaktionen auf die Bildung von Kommunen im 11. und 12. Jahrhundert Knut Schulz, Die Reaktion auf die frühe kommunale Bewegung vom Ende des 11. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts, in: Hans-Joachim Schmidt (Hg.), Tradition, Innovation, Invention. Fortschrittsverweigerung und Fortschrittsbewusstsein im Mittelalter, Berlin 2005, S. 335–360. 92 Saxo Grammaticus, Gesta Danorum, ed. Karsten Friis-Jensen/Peter Fisher (Oxford Medieval Texts), Oxford, IV,28, S. 1210: Ubi equorum pabulo non suppetente regeque emendi eius facultatem sibi non fieri conquerente Cesar eum, qui stabulo preerat, necessaria Danis expedire precepit. Qui mox eorum satellitibus secum eductis in uico eminus sito, quibus egerent, capienda demonstrat. Qui cum earum consuetudinum ignari equorum alimenta ab oppidianis inermes deposcerent uocesque suas sagitis ac iaculis repelli conspicerent, depositis precibus prelium ordiuntur. Vgl. auch RI IV,2,2, Nr. 1152. 93 Zum servitium regis Carlrichard Brühl, Fodrum, Gistum, Servitium regis. Studien zu den wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums im Frankenreich und in den fränkischen Nachfolgestaaten Deutschland, Frankreich und Italien vom 6. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts (Kölner Historische Abhandlungen 14), Bd. 1, Köln 1968, passim. 94 Eine quantitative Analyse der Aufenthalte Friedrich Barbarossas im Reich ergibt ein eindeutiges Bild: Im Durchschnitt waren nur noch 35 % der Aufenthalte in den alten Bischofsstädten, während 64 % der Aufenthalte auf Pfalzen oder neu gegründete Städte entfielen. Diese Zahlen basieren auf eigener statistischer Auswertung auf der Grundlage von Opll, Itinerar.– Die Bedeutung der Bischofsstädte ist besonders hervorzuheben für Heinrich IV., vgl. dazu Raymund Kottje, Zur Bedeutung der Bischofsstädte für Heinrich IV., in: Historisches Jahrbuch 98 (1978), S. 131–157. Dieses Muster bleibt tendenziell auch unter Heinrich V. bestehen. Mit den Staufern und dann vollends unter Friedrich Barbarossa findet hingegen eine eindeutige Verschiebung zugunsten der Pfalzstädte statt, vgl. Brühl, Fodrum, Gistum, Servitium regis, S. 141f.

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kaiserliche Pfalz in der Nähe BesanÅons nichts bekannt,95 so dass der Kaiser darauf angewiesen blieb, in der Bischofsstadt zu gastieren. Außerdem übertraf die Leistungsfähigkeit der Bischofsstädte diejenige der Neugründungen nach wie vor. Dies galt hinsichtlich der Finanzkraft, dem Festungswert und der Zentralfunktion für das Umland.96 Demzufolge waren zur Erfassung des burgundischen Herrschaftsraumes nicht nur personelle Beziehungen zum Erzbischof von BesanÅon, sondern ebenso zu den Bürgern nötig.

IV Eine die Interessen der Bürger berücksichtigende Politik war also vor dem Hintergrund der Herrschaftseingliederung Nordburgunds geboten. Zwar mahnt uns Knut Görichs Plädoyer zur Wahrung von Kontingenz, dem Handeln mittelalterlicher Herrscher nicht zu viele weitreichende konzeptionelle Ideen zugrunde zu legen und stattdessen die Offenheit historischer Entwicklungen zu beachten,97 doch lässt das Handeln Barbarossas im Falle BesanÅons durchaus ein kalkuliertes Handeln erkennen, mit dem das Ziel verfolgt wurde, die städtischen Ressourcen auch in Zukunft für die Etablierung Nordburgunds als Herrschaftsraum nutzen zu können. Zwar wurde der Kaiser in BesanÅon, Valence und Basel erst in akuten Krisensituationen tätig, agierte also keineswegs proaktiv, doch zeigt der Wandel im Umgang Friedrichs I. mit den Bürgern insgesamt einen gewissen Lernprozess, der es durchaus gerechtfertigt erscheinen lässt, von einer »Städtepolitik« Friedrichs I. zu sprechen – wohlgemerkt im Sinne von politics, also als Kunst des realistisch Umsetzbaren in der akuten Krisensituation, und nicht im Sinne eines ideologisch und strategisch fundierten Masterplans. Zur Erschließung des Meso-Raumes Nordburgund war der Mikro-Raum BesanÅon von entscheidender Bedeutung. Zu diesem Zweck musste der Kaiser eine Politik des Ausgleichs betreiben, denn ab der Mitte des 12. Jahrhunderts war die Kommunebildung in BesanÅon offenbar so weit fortgeschritten, dass die Bürger als »neue Kraft im Reich« nunmehr auch vom Kaiser wahrgenommen wurden.98 Und dass die Bürger mittlerweile über das Potential verfügten, auch das Königtum herauszufordern, hatte der Kaiser nicht zuletzt selbst in Italien

95 Opll, Stadt und Reich, S. 159. 96 Stoob, Formen, S. 385. 97 Knut Görich, Versuch zur Rettung von Kontingenz. Oder : Über Schwierigkeiten beim Schreiben einer Biographie Friedrich Barbarossas, in: Frühmittelalterliche Studien 43 (2009), S. 179–189. 98 Zum gesellschaftlichen Wandel in den Städten und der seit der Salierzeit zunehmenden Relevanz der Bürger Bönnen, Aspekte, passim, Zitat auf S. 208.

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erlebt.99 Die ausgleichende Strategie Barbarossas in BesanÅon verfolgte in diesem Sinne zwei Ziele: Zum einen sorgte sie dafür, die Bürger nicht gegen sich aufzubringen, zum anderen gewährleistete sie aber auch, dass der Erzbischof weiterhin in den Reichsdienst eingebunden werden konnte. Fred Schwind hat den Begriff der »Städtepolitik« in Bezug auf die Pfalzstädte für vertretbar erklärt, weil mit diesen eindeutig territorialpolitische Ziele verfolgt worden seien, mit denen die Königsherrschaft gezielt gesteigert werden sollte.100 Analog scheint die Verwendung des Begriffs auch für BesanÅon als Bischofsstadt legitim. Angesichts der Bedeutsamkeit BesanÅons für die Herrschaft Friedrichs I. war – neben der direkten Präsenz und den personellen Kontakten – eine Politik des Ausgleichs in den Konflikten zwischen dem Erzbischof und den Bürgern eine geeignete Methode, um das Potential dieser Stadt auch weiterhin nutzen zu können. Eine »Städtepolitik« im Sinne von politics lässt sich vor diesem Hintergrund auch verstehen als ein durch Konflikt und Konsens gekennzeichneter Prozess der politischen Gestaltung, welcher vom König bestimmt wurde – und auch dies lässt sich am Beispiel von BesanÅon ablesen.

99 Vgl. dazu Knut Görich, Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011, S. 326– 387.– Zur Herausforderung des Königtums durch die Bürger zuletzt Otto Gerhard Oexle, Wie die Kommunen das Königtum herausforderten, in: Bernhard Jussen (Hg.), Die Macht des Königs. Herrschaft in Europa vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit, München 2005, S. 138–148. 100 Schwind, Städte, S. 499.

Clemens Regenbogen (Marburg)

Überlassene Herrschaft. Pfalzgraf Otto III. († 1248) und die Grafschaft Burgund

Herrschaftsstrategien weltlicher und geistlicher Großer im Raum BesanÅon stehen im Fokus des vorliegenden Bandes. Solche Strategien zu entwickeln, setzte in der Regel voraus, dass Herrschende ihrer Tätigkeit in irgendeiner Weise selbst nachkamen. Es konnten indes auch Umstände eintreten, unter denen ein Magnat seine ererbte Herrschaft nicht wirklich anzutreten, geschweige denn auf Dauer selbstständig auszuüben in der Lage war. Einen derartigen Fall weist auch das hier in den Blick genommene burgundische Untersuchungsgebiet auf: Der andechs-meranische Pfalzgraf Otto III. von Burgund (1236–1248)1 vermochte die Grafschaft Burgund zwischen Saine und Jura, den mütterlichen Teil seines weit verstreuten herrschaftlichen Erbes, nämlich nicht selbst zu regieren. Die politischen Entwicklungen der ausgehenden 1230er und 1240er Jahre im Reich, besonders aber in den Stammlanden des fränkisch-bayerischen Dynasten beeinträchtigten Ottos hierfür nötiges Engagement in erheblichem Maße. Im folgenden Beitrag soll deshalb der bislang nicht eigens untersuchten Frage nachgegangen werden, wie Pfalzgraf Otto III. von Burgund mit seinem burgundischen Erbe umging, wenn er es schon nicht selbst zu beherrschen imstande war. Um aus der Ferne den Einfluss auf die von ihm fortwährend beanspruchte Grafschaft zu wahren, bedurfte Otto III. ebenfalls gezielter Herrschaftsstrategien. Bevor näher auf die einzelnen Etappen der Burgundpolitik Pfalzgraf Ottos III. eingegangen wird, sei zunächst hingegen auf die bewegte Vorgeschichte der Grafschaft Burgund im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert, ferner auf die familiäre Herkunft wie die herrschaftliche Ausgangslage des Pfalzgrafen hingewiesen. Beide Aspekte werfen Licht auf Rahmenbedingungen für ein Verständnis von Ottos Handeln in Burgund.

1 Zu Otto III. vgl. Ludwig Holzfurtner, Art. »Otto III., Pfalzgraf von Burgund, Herzog von Meranien (VIII.)«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Berlin 1999, S. 683f.; Jean Richard, Art. »Otto III., Pfalzgraf von Burgund«, in: Lexikon des Mittelalters 6 (1999), Sp. 1576.

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Clemens Regenbogen

Zur Situation der Grafschaft Burgund im frühen 13. Jahrhundert Gräfin Beatrix von Burgund († 1184), alleinige Erbtochter des Grafen Rainald III. († 1148), hatte Kaiser Friedrich I. Barbarossa († 1190) im Jahr 1156 die Grafschaft Burgund in die Ehe eingebracht. Unter dem ersten staufischen Kaiser wurde der von dieser Grafschaft erfasste, von den Südausläufern der Vogesen im Norden, dem Fluss Saine im Westen und dem Juragebirge im Süden und Osten umgrenzte Raum zu einem integralen Bestandteil des engeren Herrschaftskomplexes der regierenden Dynastie. Vorwiegend diente die Grafschaft dem Kaiserpaar als Ausgangsbasis für dessen intensive Italienpolitik. Bereits zu Lebzeiten Friedrichs I. Barbarossa, insbesondere aber nach seinem Kreuzfahrertod im Jahr 1190, sollten häufig wechselnde Akteure während des ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts für die Zugehörigkeit der Grafschaft Burgund zum staufischen Herrschaftskonglomerat Gewähr tragen. So wurden nach einem kürzeren, von 1181 bis 1184 währenden Zwischenspiel eigenständiger Herrschaftsausübung durch Kaiserin Beatrix nach deren Ableben Reichslegaten mit der interimistischen Wahrung der staufischen Interessen betraut, ehe ab 1189, folglich beinahe fünf Jahre nach dem Tod der Kaiserin, ihr dritter noch lebender Sohn, Otto, als Graf, sodann als Pfalzgraf, der Grafschaft bis zu seinem frühen Tod zu Beginn des Jahres 1200 vorstand. Die äußerst turbulente Dekade unter Pfalzgraf Otto I. von Burgund war in erster Linie durch eskalierende Auseinandersetzungen mit Seitenverwandten seiner Mutter aus der jüngeren Linie des burgundischen Grafenhauses und mehreren Adligen überschattet, in deren Folge der junge Stauferfürst nach Quellenzeugnissen im Raum um die Burgundische Pforte und im Elsass nicht weniger als drei Gegner tötete. Ottos Witwe, Pfalzgräfin Margarethe († 1230), eine geborene Gräfin von Blois, war in den folgenden Jahren bis 1208 vornehmlich mit der Abwicklung der politischen Hinterlassenschaft ihres Mannes sowie der Sicherung des Erbes ihrer minderjährigen Tochter Johanna beschäftigt. Ausgerechnet am Tage seiner eigenen Ermordung, dem 21. Juni 1208, verheiratete König Philipp von Schwaben, ein Bruder Pfalzgraf Ottos, seine Nichte Johanna, die spätere Beatrix II., in Bamberg mit Herzog Otto I. von Meranien († 1234). Damit sollten die burgundischen Herrschaftsrechte durch einen Angehörigen der den Staufern sehr nahestehenden reichsfürstlichen Familie von Andechs-Meranien wahrgenommen werden. Indes gelang es dem neuen Pfalzgrafen Otto II. erst ab Ende 1211 in Burgund Fuß zu fassen – und dies auch nur unter großen Zugeständnissen an Graf Stephan III. von Burgund († 1240/1241), das Haupt der jüngeren Linie der Grafen von Burgund.2 Der Andechs-Meranier 2 Vgl. hierzu demnächst Clemens Regenbogen, Das burgundische Erbe der Staufer (1180–1227). Zwischen Akzeptanz und Konflikt (Mittelalter-Forschungen 61) [im Druck].

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war aufgrund seiner zahlreichen Verpflichtungen nicht zuletzt als Reichsfürst und Kreuzfahrer auch in den kommenden Jahren nicht in der Lage, vor Ort kontinuierlich Herrschaft auszuüben. 1222 sah er sich gezwungen, eine seiner Töchter dem Enkel Graf Stephans III., Hugo († 1266), in die Ehe zu versprechen. Ein Ende 1225 ausgebrochener Krieg der gräflichen mit der pfalzgräflichen Linie endete im Frühsommer 1227 mit einem Friedensschluss, der sich trotz mehrerer Vorteile für Pfalzgraf Otto II. letztlich als Pyrrhussieg erwies. Die nötigen Aufwendungen, seine übergeordnete Stellung als Pfalzgraf erfolgreich zu behaupten, waren so hoch gewesen, dass sich Otto II. veranlasst sah, die Grafschaft Burgund gegen die Summe von 15.000 Pfund Stephansmünze an seinen wichtigsten militärischen Bündnispartner, den Grafen Theobald IV. von der Champagne († 1253), als Pfand zu versetzen.3 Auch mochte Pfalzgraf Otto II. damals schon absehen, dass ihn in Bälde das bayerisch-krainische Erbe seines todkranken Bruders Markgraf Heinrich IV. von Istrien († 1228) erwartete.4 Zum Jahr 1231 sollte der Pfalzgraf auf das 1222 in Aussicht genommene Vermählungsprojekt mit der jüngeren Linie des burgundischen Grafenhauses zurückgreifen und gab seine Tochter Alix († 1279) dem Grafen Hugo zur Frau. Erst 1236, zwei Jahre nach dem Tod Ottos II., wurde die Hochzeit dann tatsächlich begangen.5

Otto III. – Familiärer Hintergrund und Erbantritt In besagtem Jahr 1236 war Otto VIII. von Andechs bzw. Herzog Otto II. von Meranien oder vielmehr Pfalzgraf Otto III. von Burgund, als der er im Folgenden durchgehend bezeichnet wird, ungefähr 18 Jahre alt. Bis dahin hatte der wohl um das Jahr 1218 als einziger Sohn Pfalzgraf Ottos II. und seiner Gemahlin Beatrix II. von Burgund († 1231) Geborene unter der Vormundschaft seines Onkels Bischof Ekbert von Bamberg († 1237) und des Grafen 3 Paris, BnF, Cinq Cents de Colbert, Nr. 56, fol. 250r-253v (Abschrift); Druck: Louis Chantereau-Lefebvre, Trait8 des fiefs et de leur origine, Bd. II, Paris 1662, S. 178–180; Reg.: Regesten, in: Edmund Freiherr von Oefele, Geschichte der Grafen von Andechs, Innsbruck 1877 [künftig zitiert als: Oefele, Regesten], S. 105–219, Nr. 544. 4 Vgl. Jonathan R. Lyon, Die Andechs-Meranier und das Bistum Bamberg, in: Christine und Klaus van Eickels (Hg.), Das Bistum Bamberg in der Welt des Mittelalters (Bamberger interdisziplinäre Mittelalterstudien. Vorträge und Vorlesungen 1), Bamberg 2007, S. 247–262, hier S. 255–259; Ders., Princely Brothers and Sisters. The Sibling Bond in German Politics, 1100–1250, Ithaca/London 2013, S. 176. 5 BesanÅon, AD du Doubs, 1 B 400–1 (Vidimus von 1310); Druck: M8moires et documents in8dits pour servir / l’histoire de la Franche-Comt8, publi8s par l’Acad8mie de BesanÅon, Bd. VIII, BesanÅon 1908, S. 1–507 [künftig zitiert als: M8m. et doc. VIII], Nr. XVIII, S. 20f.; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 574.

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Clemens Regenbogen

Albert III. von Tirol († 1253), dem Vater seiner Verlobten Elisabeth, gestanden, nachdem sein eigener Vater bereits 1234 das Zeitliche gesegnet hatte.6 Von Otto III. ist erstmals im Jahr 1226 zu erfahren, als er im Zuge eines militärischen Beistandsbündnisses, für das seine Eltern den Grafen Theobald IV. von der Champagne gewinnen konnten, mit dessen Tochter Blanka († 1283) vermählt werden sollte.7 Diese Ehe wurde hingegen nie geschlossen. 1236, zehn Jahre später also, trat Otto III. sein politisches Erbe mit Besitzschwerpunkten in Oberfranken um Bamberg und im nachmaligen Tirol um Innsbruck an und trat fortan als selbstständiger Aussteller von Urkunden hervor. Zumeist handelt es sich dabei um Bestätigungen von Schenkungen und frommen Stiftungen Dritter an Klöster und Kirchen.8 In der Reichspolitik nahm der junge Herzog-Pfalzgraf anscheinend noch keine Rolle ein, was nicht heißt, dass er nicht bald auf regionaler Ebene von sich reden gemacht hätte. Zwar vorerst nicht in Burgund, das immer noch an den 1234 zwischenzeitig zum König von Navarra avancierten Grafen von Champagne verpfändet war, dagegen in Oberbayern, wo Otto III. gleichfalls Erbansprüche geltend machte. Bereits 1238 sollte hier ein Konflikt sichtbar werden, dessen Fortgang für das weitere politische Schicksal des jungen Herzogs und Pfalzgrafen entscheidende Bedeutung beizumessen ist. Gemeint sind die zeitlebens andauernden Auseinandersetzungen des Andechs-Meraniers mit den benachbarten Wittelsbachern, namentlich Herzog Otto II. »dem Erlauchten« von Bayern († 1253).9 Ihr Hintergrund lag offenbar in zuwiderlaufenden Ansprüchen auf die beiden oberbayerischen Grafschaften Andechs und Wolfratshausen. Die beiden Grafschaften hatten einst zum Erbteil des andechs-meranischen Markgrafen Heinrich IV. von Istrien gehört, waren diesem aber infolge des Bamberger Königsmords an Philipp von Schwaben in den Jahren 1208/1209 entzogen worden. Daraufhin hatte sich ihrer Herzog Ludwig I. von Bayern († 1231) bemächtigt.10 Es bleibt unklar, ob Herzog Ludwig »der Kelheimer« die Grafschaften auch über die 1228 erfolgte Rehabilitation Markgraf Heinrichs IV. und dessen kurz darauffolgenden 6 Vgl. Georg Herlitz, Geschichte der Herzöge von Meran aus dem Hause Andechs (Diss. phil. Halle/Wittenberg), Halle a. d. S. 1909, S. 78 mit Quellenbelegen. 7 Original: Paris, AN, J 198A Nr. 56 (Or.): […] super maritagio faciendo inter Othonem filium nostrum et Blancham filiam ipsius Theobaldi comitis Campanie […]; J. F. Böhmer, Regesta Imperii V: Jüngere Staufer 1198–1272. Die Regesten des Kaiserreichs unter Philipp, Otto IV, Friedrich II, Heinrich (VII), Conrad IV, Heinrich Raspe, Wilhelm und Richard: 1198–1272, 2: Päpste und Reichssachen, bearb. von Julius Ficker, Innsbruck 1892 [ND Hildesheim 1971], Nr. **12926; Oefele, Regesten, Nr. 538 und 658. 8 Oefele, Regesten, Nr. 662a, 663, 663a und 664. 9 Zu diesem vgl. Wilhelm Störmer, Art. »Otto II., der Erlauchte, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern«, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Berlin 1999, S. 673f. 10 Vgl. Ludwig Holzfurtner, Das Landgericht Wolfratshausen (Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern 13), München 1993, S. 68.

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Tod hinaus weiter einbehielt oder ob Ludwig sie den andechs-meranischen Erben Heinrichs, das heißt Herzog Otto I. von Meranien (Pfalzgraf Otto II.), zurückgeben musste. Sollte letzteres zutreffen, erscheint es mit Alois Schütz indes durchaus möglich, dass die Grafschaften nach dem Tod Herzog Ottos I. von Meranien 1234 anlässlich der Minderjährigkeit Ottos II. (III.) durch Herzog Ludwigs Sohn und Nachfolger Otto II. von Bayern erneut beansprucht wurden.11 Kurzum, über den Auslöser und auch den Ablauf der Kampfhandlungen zwischen den beiden Herzogsgeschlechtern in Oberbayern sind wir nur unzureichend unterrichtet. Jedenfalls scheinen es fränkische Truppen Ottos III. gewesen zu sein, die einen bestehenden Waffenstillstand brachen und die am 20. Dezember 1238 – während Kaiser Friedrich II. († 1250) im fernen Italien weilte – die wittelsbachische Burg Baierbrunn südlich von München eroberten und deren Umland verwüsteten. Durch eine Friedensinitiative Graf Konrads von Wasserburg († 1259) konnte der Konflikt noch im gleichen Jahr fürs Erste entschärft werden, indem Baierbrunn zurückgegeben wurde.12 Baierbrunn, das aus dem Erbe des kurz zuvor verstorbenen Otto III. von Valley († 1238) stammte, bot dem Wittelsbacher prinzipiell die Möglichkeit eines Zangengriffs auf Andechs und Wolfratshausen.13 Pfalzgraf Otto III. hielt sich daraufhin offenbar für längere Zeit auf seinen Inntäler Besitzungen auf, wo er am 9. Juni 1239 den Bürgern von Innsbruck verschiedene Freiheiten und Sonderrechte sowohl bestätigte als auch erweiterte, so etwa ein Münzrecht nach Augsburger Vorbild.14 Ebenfalls in das Jahr 1239 fiel vermutlich Ottos Hochzeit mit Elisabeth von Tirol († 1256), einer der beiden 11 Vgl. Alois Schütz, Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europäischen Hochmittelalter, in: Josef Kirmeier/Evamaria Brockhoff (Hg.), Herzöge und Heilige. Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europäischen Hochmittelalter. Mit einem Beitrag von Alois Schütz (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 24), Regensburg 1993, S. 21– 185, hier S. 96. 12 Die einzige Quelle hierzu sind die gegen Ende des 13. Jahrhunderts abgefassten sogenannten Großen Schäftlarner Annalen. Vgl. Annales Scheftlarienses maiores, ed. Philipp Jaffé, in: MGH SS 17, Hannover 1861, S. 335–343, hier S. 341: A. 1238. In vigilia sancti Thome [20. Dezember] ante natale […] […] infracte sunt treuge, que facte sunt inter ducem Bawarie et ducem Meranie. Nam homines ducis Meranie Franci per noctem obsident castrum Baierbrunne et dolose illud obtinuerunt et plurima mala hominibus nostris intulerunt; sed et incendia et rapine per diversa loca oriuntur, maxime in nostris possessionibus. […] Eodem anno renovate sunt treuge inter duces per comitem Kuonradum de Wazzerburch, et castrum Baierbrunne dominis suis restitutum; et quievit terra duobus annis. 13 Vgl. Andreas Kraus, Das Herzogtum der Wittelsbacher. Die Grundlegung des Landes Bayern, in: Hubert Glaser (Hg.), Wittelsbach und Bayern. Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern (Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1,1), München 1980, S. 165–200, hier S. 186f. 14 Tiroler Urkundenbuch, I. Abt.: Die Urkunden zur Geschichte des Deutschen Etschlandes und des Vintschgaus, bearb. von Franz Huter, 3. Bd.: 1231–1253, Innsbruck 1957 [künftig zitiert als: TUB I/3], Nr. 1097, S. 138.

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Clemens Regenbogen

Erbtöchter Graf Alberts III. von Tirol, seines Mitvormunds. Die gegen Ende des 13. Jahrhunderts abgefassten sogenannten Großen Schäftlarner Annalen berichten zum Jahr 1240 von erneuten Plünderungen meranischer Truppen im herzoglich-bayerischen Gebiet, denen als Reaktion ein wittelsbachischer Rachezug gefolgt sei, der in der Belagerung Wolfratshausens gegipfelt sei; Herzog Otto II. von Bayern persönlich habe zudem einen Feldzug ins Gebirge unternommen, welcher sich gegen den Grafen Albert III. von Tirol gerichtet habe. Man habe sich allerdings auf eine treuga geeinigt, nachdem den Angreifern die Lebensmittel ausgegangen seien.15 Mit seinem söhnelosen Schwiegervater Graf Albert III. hatte Otto III. wohl unterdessen einen Erbvertrag ausgehandelt. Ein solcher würde nämlich gewisse Bestimmungen eines Friedensvertrags zwischen Graf Albert III. und dem erwählten Bischof von Brixen verständlich machen. Gegen eine Summe von 700 Mark wurde der Brixner Elekt Egno von Eppan († 1273) am 20. März 1241 verpflichtet, dem »Grafen von Tirol und dem Herzog von Meranien« alle Brixner Kirchenlehen mit Ausnahme der Hochstiftsvogtei ungeteilt und zu Gesamter Hand zu übertragen, das heißt die Grafschaften im Inn-, Eisack- und Pustertal.16 Besagte Hochstiftsvogtei sollte einer der beiden mit der Zustimmung des anderen für die Dauer seines Lebens als Lehen (habere in feodum tempore vite sue) innehaben; der Überlebende der beiden sollte die Vogtei erben und war gehalten, diese künftig nicht zu entfremden. Graf Albert III. kam durch den Vertrag letztlich zeitlebens in den Genuss, zusätzlich zu seinen eigenen Besitztümern urspünglich andechs-meranische Güter zu verwalten. Nicht zuletzt bezweckte das Abkommen mit dem Brixner Oberhirten ferner, sämtliche betroffenen Güter und Rechte dem Zugriff des bayerischen Herzogs zu entziehen. Pfalzgraf Otto III. hatte sich somit dieses heiklen Aktionsfelds im Alpenraum vorerst entledigt und konzentrierte sich fortan vor allem auf Oberfranken und Oberbayern.

Reise nach Burgund 1241/1242 Weit davon im Westen beanspruchte Otto III. über seine Mutter Beatrix II. allerdings bekanntlich noch ein burgundisches Erbe, das nach Ausweis der Quellen bis dato aber weitestgehend außerhalb seines politischen Betätigungshorizontes lag. Grundsätzlich ist nicht zu ermessen, wie lange die im Novem15 Annales Scheftlarienses maiores (Jaffé), S. 342: A. 1241. Dux Otto iterum congregato magno exercitu intravit montana contra comitem Tyrolensem, et partem exercitus reliquit ad obsidendum castrum Wolfrathusen; sed parum prevalentes, cum victualia non haberent, iterum treugis factis, ad propria redierunt. 16 TUB I/3, Nr. 1127, S. 167–170; vgl. Josef Riedmann, Mittelalter, in: Josef Fontana (Hg.), Geschichte des Landes Tirol, Bd. 1, Bozen/Innsbruck/Wien 1985, S. 265–661, hier S. 338.

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ber 1227 begonnene Verpfändung der Grafschaft Burgund an Graf Theobald IV. von der Champagne fortdauerte und wann genau die Pfandschaft wieder eingelöst wurde. Ab 1240 schienen sich jedoch die Kontakte Ottos III. nach Burgund zu intensivieren. Im Juni dieses Jahres etwa erklärte der Adlige Theobald I. von Neufch.tel († 1268) unmittelbar vor seinem Aufbruch zum Kreuzzug, dass er Ch.tillon-sur-Devecey, welches er als Pfand Pfalzgraf Ottos III. innegehabt, diesem vollständig restituiert habe.17 Dabei handelte es sich um die Burg Ch.tillon-le-Duc, nicht irgendeine, sondern eine der wichtigsten pfalzgräflichen Burgen vor den Toren der erzbischöflichen Stadt BesanÅon. Offenbar hatte Otto III., wenn nicht schon sein Vater Otto II., über die Grafschaft Burgund hinaus noch weitere, kleinere Objekte als Pfandschaften ausgegeben, die nun wieder eingelöst wurden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Otto III. schon damals ein erstes Mal persönlich in Burgund anwesend war. Anscheinend hatte sich Pfalzgraf Otto III. im Jahr 1241 – zumal der Pfalzgraf anlässlich des im März 1241 vereinbarten Vertrags Graf Alberts III. von Tirol mit dem Elekten von Brixen nicht zugegen war –, spätestens aber zu Jahresbeginn 1242 (erneut) persönlich auf den Weg nach Burgund begeben, wo er im Zeitraum von März bis Oktober 1242 mehrfach belegt ist. Bereits am 20. September 1241 hatte ein gewisser miles Otto von La Tour erklärt, ausstehende Schulden des Pfalzgrafen eingelöst bekommen zu haben, sodann keine Klagen mehr gegen diesen zu führen und schließlich Otto III., ungeachtet seiner Treue zum Herrn von Charcenne, das homagium geleistet zu haben.18 Nur wenige Monate später aber sah sich der junge Pfalzgraf allerdings außerstande, seine Herrschaft in Burgund dauerhaft anzutreten und selbst auszuüben. Auch eine Regierung über eigene Mittelsmänner kam für ihn anscheinend nicht infrage, zielte doch sein Streben alsbald auf eine Übergabe der Grafschaft an einen Treuhänder. Brachte er keine Zeit für die vergleichsweise weit abgelegene Grafschaft auf ? Benötigte er die damit aufgesparten materiellen wie zeitlichen Ressourcen vielmehr für die Fortsetzung seiner Kämpfe gegen den wittelsbachischen Herzog von Bayern? Oder fühlte er sich seiner burgundischen Aufgabe anderweitig nicht gewachsen? Gleich nachdem der Adlige Theobald III. von Rougemont († nach 1259) dem Pfalzgrafen die ligische Treue für Besitztümer in den Orten Grandevelle, Boult (D8p. Haute-Saine), Gouhelans, Gondenans, Cubrial (D8p. Doubs) und Tra17 Druck: Trente-sept documents bourguignons de 1201 / 1248, in: M8moires et documents in8dits pour servir / l’histoire de la Franche-Comt8, publi8s par l’Acad8mie de BesanÅon, Bd. III, BesanÅon 1844, S. 487–535, Nr. XXXII, S. 526f.; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 670 [zum Juli 1240]. 18 BesanÅon, AD du Doubs, 1 B 45, fol. 10v (Abschrift); Druck: Trente-sept documents, Nr. XXXIII, S. 526f.; Cartulaire des comtes de Bourgogne (1166–1321), ed. Jules Gauthier/ Joseph de Sainte-Agathe/Roger de Lurion, in: M8m. et doc. VIII, hier Nr. XXI, S. 23; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 674.

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candans geleistet hatte,19 kam es am 29. März 1241 [1242] zu einem ersten Vertragsabschluss mit dem Herzog Hugo IV. von Burgund († 1272), der die nähere Zukunft der Grafschaft Burgund zum Inhalt besaß. In der darüber in Volkssprache verfassten Urkunde erklärte der Pfalzgraf, dass er seine Grafschaft und ihre zugehörigen Lehen und Domänen für den Zeitraum von fünf Jahren dem Herzog zur Hut und zum Besitz übergeben habe (que gie ay bailli8 / guarder & / tenir). Mit der Hilfe aller Leute, Ländereien und Lehen dürfe der Herzog gegen jedermann verfahren, ausgenommen den römischen Kaiser.20 Im Falle von Unrecht, das der Grafschaft angetan werde, dürfe der Herzog auf mündliche oder schriftliche Anfrage und dementsprechende Kosten des Pfalzgrafen seine Mannen zur Vergeltung und Bestrafung des Übels entsenden. Die Auslagen habe der Pfalzgraf vor Herrn Johann von Montferrand († 1252) und Magister Lambert von Rouvres († 1249)21 oder vor zwei anderen von den Vertragspartnern zu bestimmenden Personen zu vergelten.22 Sollte Otto III. ohne legitime Erben sterben, übergebe er Herzog Hugo IV. die Grafschaft mit allen Pertinenzien bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem bekannt sei, welche Rechte anderweitige Erbberechtigte am Nachlass hätten. Diesen habe der Herzog daraufhin ihre Rechte auszuhändigen.23 In sein homagium einzutreten, habe der Herzog hingegen jene 19 Druck: Oefele, Geschichte der Grafen von Andechs, Nr. 18, S. 245; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 672. Mit diesem Lehnsrevers vergrößerte Theobald die Zahl der Lehen, die er vom Pfalzgrafen hielt; Theobalds gleichnamiger Vater nahm im November 1224 von Pfalzgraf Otto II. lediglich die Orte Grandevelle und Boult zu Lehen. Original: BesanÅon, AD du Doubs, 1 B 487; Druck: M8m. et doc. VIII, Nr. CCCCLIX, S. 440; Trente-sept documents, Nr. XXV, S. 517; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 533. 20 Original verloren; Druck: Estienne Pérard, Recueil de plusieurs piHces curieuses servant / l’histoire de Bourgogne, Paris 1664, S. 449f. [hiernach zitiert]; Reg.: Ernest Petit, Histoire des ducs de Bourgogne de la race cap8tienne avec des documents in8dits et des piHces justificatives, Bd. IV, Dijon 1891, Nr. 2432, S. 331; Oefele, Regesten, Nr. 674: Gie Othes Dux de Meran, & Cuens de Bourgoigne Palatins; fais asauoir / toz ces qui verront ces lettres, que gie ay bailli8 / guarder & / tenir, mon contoy de Bourgoingne, & quanque gie i’ay en fiez & en demeure, / Hugon le Duc de Bourgoinge, iusques / cinc ans; en tel meniere, que il s’en puet & porra aidier, & de la terre, & des hommes, & des fiez contre totes gens, sauue la feautey l’Emparaor de Rome, iusque audeuant du termine. 21 Lambert von Rouvres war in den 1240er Jahren consiliarius und vir Herzog Hugos IV. von Burgund. Vgl. zu ihm Jean Richard, Les ducs de Bourgogne et la formation du duch8 du XIe au XIVe siHcle (Publications de l’Universit8 de Dijon 12), Paris 1954, S. 432f. und 453–455. 22 Pérard, Receuil de plusieurs piHces, S. 450: Et s’il auenoit chose que gie li requerisse de boiche, ou por mes lettres, pendant que il venist ou enuoyat ses gens oudit Contoy, ou autre part, pour vemger ou amander lou tort que l’on feroit oudit Contoy: Gie, ou mes gens, / luy, ou / ses gens demissins baillier despenses auenamment. Et s’il auenoit chose, que Gie, ou mes gens ne lor baillesins despenses, & il les feist doulueur: Gie li doi faire / rendre les despenses que il y feroit, ou ses gens. Au regard de Monseignor Iean de Montferrant, & de Maistre Lamber de Roure, ou d’autres dous que Gie, & li Dux de Bourgoinge nommeriens, se nos ne poiens ces, ou l’vn de ces auoir. 23 Ebd.: Et s’il auenoit chose que gie morisse sans leaux oyrs de mon cort, dequoy Dex me guart, vuil & octroy li Dux de Borgoingne temgne loudit Contoy, & les fiez, & les demeneure, iusque

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zu verpflichten, die die Burgen von Poligny, Vesoul, Baume(-les-Dames) und Ch.tillon(-le-Duc) innehätten. Des Weiteren versprach Otto III. dem Herzog, dass alle seine Lehnsleute (chasey) sowie die Gemeinden (commun des viles) der Grafschaft Hugo IV. die Treue schwören würden (li ferunt feautey).24 Sollte Otto III. diese Vereinbarungen nicht einhalten, so hätten die vier genannten Burgmannen mit ihren Lehen zum Herzog von Burgund und den Seinen überzuwechseln, bis alle Verpflichtungen seitens des Pfalzgrafen wieder erfüllt seien.25 Somit wurden die Burgmannen von vier der wichtigsten pfalzgräflichen Wehranlagen zu Bürgen der getroffenen Vereinbarungen bestimmt. Weshalb aber wählte Pfalzgraf Otto III. gerade den kapetingischen Herzog Hugo IV. von Burgund26 als Beschützer seiner Grafschaft? Herzog Hugo war immerhin ein Pair des Königreichs Frankreich, nicht Fürst des Reiches. Mehrere Gründe lassen sich hierfür anführen. Hugo war zunächst einmal 1241 vom sogenannten Kreuzzug der Barone heimgekehrt, es stand somit zu erwarten, dass er für die nächste Zeit keine größeren Vorhaben fernab seiner Heimat durchzuführen gedachte. Wichtiger aber war zweifellos, dass es sich bei Hugo IV. um den direkten Nachbarn des Pfalzgrafen handelte, dessen Herzogtum am gegenüberliegenden Ufer der Saine lag. Die für eine Administration der Grafschaft erforderlichen Wege waren für den Herzog mithin kurz. Zudem war Hugos Vater Herzog Odo III. von Burgund († 1218) von 1215 bis 1218 schon einmal mit der Obhut der benachbarten Grafschaft Burgund betraut gewesen – und dies offenbar zur Zufriedenheit Pfalzgraf Ottos II. Die Entscheidung für den Herzog von Burgund war indes zugleich eine gegen den Grafen Johann von Burgund († 1267).27 Johann war seit 1236 schließlich nicht nur der Schwiegervater von Ottos III. Schwester Alix; der Graf war auch, nachdem er mit Herzog Hugo IV. 1237 die salzreiche Herrschaft Salins gegen die

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tant que il seit queneu, que il droit en chascuns de mes eschaanz il deura auoir. Et quant il sera queneu, quel droit mi eschaans deurunt auoir, li Dux de Borgoingne lor doit lor droit deliurer, […]. Pérard, Receuil de plusieurs piHces, S. 450: […] & le doy faire, / entrer en son homaige celuy qui tenra mon Chastel de Poloygni, & celuy qui tenra Vesou, & celuy qui tenra Baume, & celuy qui tenra Chatoillum. Et se autres y estoit mis, ou por mor, ou por chaange, il doit faire hommaige au Duc de Borgoingne, & apres ie li ay promis, que tuit les chasey, & tuit li commun des viles de mondit Contoy li ferunt feautey. Ebd.: Et totes ces choses ie sui tenuz accomplir par mon sairement, & se ie non fasoye, cil qui tenroit ces quatre Chasteaux qui sont nommez, do"uent venir au Duc de Borgoingne, ou au suens, / to lor fiez, iusques totes ces choses seint accomplies enterrement. Et en tesmoignage ie ia mis mon seaul en ces lettres, en l’an de l’Incarnation nostre Seignor 1241. lou Verredy deuant Pasques Flories. Zu Hugo vgl. Jean Richard, Art. »Hugo IV., Herzog von Burgund«, in: Lexikon des Mittelalters 5 (1999), Sp. 162. Zu Johann vgl. Ders., Art. »Chalon, Jean von, l’Antique (um 1190–1267)«, in: Lexikon des Mittelalters 2 (1999), Sp. 1659f.

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Grafschaft Chalon eingetauscht hatte28 und 1241 seinem verstorbenen Vater Graf Stephan III. von Burgund gefolgt war, im Bereich der Grafschaft Burgund der mit Abstand mächtigste Magnat geworden. Diesem Mann wollte Otto III. im eigenen Interesse offenbar nicht ebenfalls noch die Obhut seiner Grafschaft anvertrauen. In den Folgemonaten besiegelten Otto III. und Hugo IV. noch weitere Zusatzverträge, um einerseits ihre rechtlichen Beziehungen zueinander zu präzisieren und andererseits Eventualitäten abzusichern. Wie es den Anschein hat, bestand hier noch größerer Abstimmungsbedarf zwischen Pfalzgraf und Herzog. Besonders ging es dabei um Fragen der Sicherheit und Verteidigung der zur Grafschaft Burgund gehörigen Rechte und Besitztümer. Im Mai 1242 bestätigte Pfalzgraf Otto III. auf Burg Gray, dass er seine Grafschaft Burgund für fünf oder mehr Jahre [!], wie es nun hieß, in die Hände Herzog Hugos IV. gegeben habe.29 Ergänzend wurde festgehalten, dass auf Bitten des Pfalzgrafen der Herzog den Lehnsleuten Ottos III. beizustehen habe, um deren Rechte zu behaupten.30 Die entstandenen Kosten im Falle eines erbetenen Einsatzes des Herzogs müssten von Otto III. ausbezahlt werden; solange dies nicht geschehen sei, dürfe der Herzog die Grafschaft und die Einkünfte behalten, bis er unter Aufsicht des Herrn Johann von Montferrand und des Magisters Lambert von Rouvres ausbezahlt worden sei.31 Einem Deperditum zufolge habe Otto III. am 5. September Herzog Hugo IV. (nochmals) ersucht, im Bedarfsfall zur Verteidigung der Grafschaft auszurücken. Die hierbei entstehenden Kosten werde der Pfalzgraf gemäß den Vereinbarungen des Vertrags vom März 1242 zurückerstatten.32 Am 26. Oktober versprach Pfalzgraf Otto III. in einer weiteren Urkunde zudem noch schriftlich, Herzog Hugo IV., sofern dieser auf pfalzgräfliche Ini28 Vgl. Ren8 Locatelli/Roland Fiétier, Naissance et essor du comt8 de Bourgogne (XIe–XIIIe siHcles), in: Roland Fiétier (Hg.), Histoire de la Franche-Comt8 (Univers de la France et des pays francophones. Histoire des provinces), Paris 1977, S. 121–161, hier S. 143– 145. 29 BibliothHque de la Ville de Dijon, Fonds Baudot, Nr. 8, fol. 62v (Abschrift); Druck: Pérard, Recueil de plusieurs piHces, S. 450f. [hiernach zitiert]; Reg.: Petit, Histoire des ducs IV, Nr. 2437, S. 332; Oefele, Regesten, Nr. 675: Ie Othes Dux de Meran, & Cuens de Borgoine Palazins; faiz sauoir / tous ces qui verront ces lettres, que cum ie aie bailli8 au noble Baron Ougon Duc de Borgoine, mon Cont8 de Borgoine, / tenir & / garder / bonne foy, iusques / cins ans ou plus, selonc ce que il est contenu as lettres qui sont faites sus ce; […]. 30 Ebd., S. 451: […] ie li ay pri8 que il aidoie / mis chasez lor droit / maintenir, tant cum il voudront droit faire. 31 Ebd.: Et s’il aduenoit chose qu’il venist en la terre, ou enuoyast / la requeste d’aucun de mes chasez, por veingier le tort qu’en li auroit fait, ou por son droit aidier / maintenir : Ie, ou mes gens li denuns bailler despense auenant / luy,& / ses gens,& se nos ne li bailliens, il la doit faire dou sien, & doit tenir le Comt8, & les issu[s, iusqu’/ tant que il en ait recaeu[ la despanse deuantdite, au regard de Monsegnor Iehan de Montferrant, & de Maistre Lambart de Roure, ou de dus autres, se cil dui deffailloient, ou se l’on ne les pooit auoir. 32 Deperditum; Reg.: Dijon, AD Cite d’Or, Recueil de Peinced8 II, S. 581; Petit, Histoire des ducs IV, Nr. 2444, S. 333.

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tiative in die Grafschaft gerufen werde, nach dessen Wahl eine der drei Burgen von Baume(-les-Dames), Ch.tillon(-le-Duc) oder Vesoul zu geben, für die Herr Fulko von Beaujeu († 1249) Hugos Lehnsmann sein werde, während die beiden anderen Burgen von denjenigen zu besetzen seien, die sie entweder mit Recht innehätten, oder von anderen, über die sich die beiden Vertragspartner einigen würden.33 Was die Burg von Poligny angehe, so dürfe der Pfalzgraf diese nach Wahl an Theobald I. von Neufch.tel, Heinrich »den Deutschen« oder den Herrn von Villafans übergeben. Die Inhaber aller vier Burgen wurden ihrerseits angehalten, dem Herzog Treue und Ligeität zu bekunden, und zwar solange, bis der Vertrag erfüllt sei.34 Damit waren die näheren Umstände der Treuhänderschaft des Herzogs von Burgund geregelt. Pfalzgraf Otto III. verweilte sicher noch bis in den November 1242 hinein in Burgund, denn zu diesem Monat ließ er im Ort Lavans (wohl Lavans-lHs-Dole, D8p. Jura) der Kirche St. Vinzenz zu BesanÅon noch eine Urkunde ausstellen, der zufolge weder er selbst noch ein anderer in seinem Namen die Leute des Klosters in und um Ch.tillon(-le-Duc) an sich ziehen dürfe.35 Mit diesem Dokument scheint abermals das gespannte Verhältnis der Pfalzgrafen zum Kloster St. Vinzenz durch, auf dessen Grund und Boden sie einst die Burg Ch.tillon errichtet hatten.36 Sollte Otto III. in der Hoffnung aus Burgund zu33 Original verloren; Druck: Urbain Plancher, Histoire g8n8rale et particuliHre de Bourgogne, Bd. II, Dijon 1741: Preuves de l’histoire de Bourgogne, Nr. XXXV, S. XV [hiernach zitiert]; Reg.: Dijon, AD Cite d’Or, Recueil de Peinced8 I, S. 558; Petit, Histoire des ducs IV, Nr. 2446, S. 333f.; Oefele, Regesten, Nr. 676: Gie Ottes, Dux de Mirane& Cuens de Bergoigne Palazins faz / savoir / tos ces qui verrunt ces lettres, que gie ay cex covenances au noble Baron / Hugum le Duc de Bergoigne, que se gie li requier gie ou mes comandemans por mes lettres pandans, que il veigne au mon dit Cont8, doutre Seogne, por les afaires doudit Cont8 por aynsint come il est contenu es lettres des covenances que nos avuns antre moy & luy. Gie doy lun de mes trois Chastes. Ce est / savoir de Baumes. De Chastoillun ou de Vesou bailler monsenor forcum de Biayulju. Louquel li dit Dux Hugues voudray. Et li autre du doivent estre baill8 / ces qui les tienent ayan droyt ou / autres que li dit Dux & gie acorderiens. 34 Ebd.: Et lou Chestiaul de Peloigne gie doy bailler Monsenor Tiebaut de Nuef-Chastyau, un Monsenor Henri Laulement ou Monsenor Facum de Vilefant, auquel que gie voudray de ces troys. Et ce quatre qui tanrrunt ces quatre Chastes de susdit dovent audit Dux de Bergoigne faire faaut8 & leg8e des ces quatre Chastiaus, jusques tant que les covenances que gie & li dit Dux avuns soyent acomplies por aynsint come il est ez lettres que li Dux ay de moy. Et ou tesmoint de ces choses gie ay fait a mottre an ces presentes lettres mon seaul, an l’an de Leyncarnacium nostre Senor mil & doux cenx & quarante & doux, le Diemoine devant feste Symon & Jude. 35 Druck: Trente-sept documents, Nr. XXXIV, S. 528 [hiernach zitiert]; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 677: Ego Otho, dux Meranie et comes palatinus Burgundie, notum facimus universis presentes litteras inspecturis, quod ego, vel aliquis nomine meo, nec possumus retrahere homines ecclesie S. Vincentii Bisuntine apud Castellionem, neque in appendiciis ejusdem loci. In cujus rei testimonium, presentes litteras sigilli mei munimine roboravi. Datum apud Lavans, anno Domini millesimo cc. Quadragesimo secundo, mense novembris. 36 In den Jahren 1197/1198 hatte Pfalzgraf Otto I. von Burgund auf Grund und Boden des

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rückgekehrt sein, sich nun mit konzentrierten Kräften und siegreich seinem wittelsbachischen Rivalen entgegenzustellen, so wurde er alsbald unangenehm überrascht: Im März 1243 gelang Herzog Otto II. von Bayern bei einem neuerlichen Aufflammen ihrer Fehde nämlich die irreversible Eroberung der umstrittenen Burg Wolfratshausen.37

Der zweite Aufenthalt in Burgund 1244 Offenkundig war Pfalzgraf Otto III. 1244 ein zweites Mal nach Burgund gereist,38 wiederum der Zukunft seiner dortigen Besitzungen wegen. Im Juli 1244 handelte er dort einen modifizierten Herrschaftsvertrag mit Herzog Hugo IV. von Burgund aus, der, wie Otto III. in der einleitenden Passage eigens voranstellt, »unter Beachtung unseres Nutzens und Vorteils« (Quod nos utilitatem & commodum nostrum respicientes) abgeschlossen worden sei: Bis zum Allerheiligenfest [1. November] in vier Jahren übergab der Pfalzgraf seinem Partner die Grafschaft Burgund nebst Burgen, Lehen, Herrlichkeiten, Gerichtsgefällen, Steuern, Einkünften und Grundholden zu halten, zu haben und zu besitzen (tradidimus tenendum, habendum & possidendum).39 Herzog Hugo IV. versprach im Gegenzug eidlich, die Grafschaft bis zu besagtem Termin zurückzugeben, und zwar befreit von jenen 7.000 Pfund Stephansmünze, für die einst Gray und Jussey mit Zubehör an Clementia von Fouvent († 1263) und deren Sohn Heinrich von Mirebeau († 1258/1267) verpfändet worden waren, und befreit des Weiteren von jenen 1.000 Pfund, die Hugo dem Pfalzgrafen, um seinem Wunsch zu entsprechen, anlässlich von Ottos Verzichtsleistungen und der Kosten, die der Herzog wegen der besagten Grafschaft verursachen werde, übertrug. Sodann sicherte Bisontiner Domkapitels St. Johann und der Kirche St. Vinzenz die Burg Ch.tillon errichtet. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1200 rang er sich zur Abtragung der Burg durch. 1223 war sein Schwiegersohn Pfalzgraf Otto II. wegen des Wiederaufbaus der Burg exkommuniziert worden, vgl. BesanÅon, AD du Doubs, G 175, Nr. XVII (Abschrift); Druck: Trente-sept documents, Nr. XXI, S. 511–513. 37 Vgl. Herlitz, Geschichte der Herzöge, S. 81. 38 Am 25. Dezember 1243 befand sich Otto III. noch auf seiner fränkischen Burg Fürstenau unweit von Bayreuth, vgl. Oefele, Regesten, Nr. 679. 39 Original verloren; Druck: Plancher, Histoire g8n8rale II, Preuves, Nr. XXXVIII, S. XVI f. [hiernach zitiert]; Reg.: Dijon, AD Cite d’Or, Recueil de Peinced8 I, S. 558; Petit, Histoire des ducs IV, Nr. 2487, S. 341; Oefele, Regesten, Nr. 680: Nos Otho Dux Meranye, & Comes Burgundie Palatinus, notum facimus universis presentes litteras inspecturis, nos tales conventiones super Comitatu nostro de Burgundia cum viro illustre Hugone Duce Burgundie inivisse & habuisse. Quod nos utilitatem & commodum nostrum respicientes, dicto Duci Burgundie, dictum Comitatum nostrum in castris, feodis, dominiis, justiciis, talliis, exitibus, hominibus & omnibus aliis commodis tradidimus tenendum, habendum & possidendum / festo omnium Sanctorum proximo venturo in quatuor annos.

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Hugo IV. wiederum unter Eid zu, die Grafschaft mit allen Pertinenzien wie sein eigenes Land auf Treu und Glauben zu schützen und zu verteidigen und in ihr niemanden zu ergreifen, es sei denn aus angemessenem Grund.40 Schatzungen solle der Herzog nur unter Berücksichtigung der pfalzgräflichen Getreuen Theobald von Neufch.tel, Fulko von Beaujeu und Jakob von Villafans oder zweier von ihnen durchführen.41 Für die Geltungsdauer sah der Vertrag in seinen abschließenden Teilen vor, dass vier mit der Burghut betraute Getreue des Pfalzgrafen für ihre Burgen als ligische Männer des Herzogs zu gelten hatten. Diese als Bürgen des Vertrags fungierenden Männer würden im Gegenzug vom Herzog jährlich mit unterschiedlichen Geldsummen und sonstigen Gütern bestallt werden. Theobald von Neufch.tel hielt in diesem Zusammenhang die Burg Baume(-les-Dames) gegen 60 Pfund Stephansmünze und Getreide für die Wachtmänner ; Fulko von Beaujeu erhielt für die Burg Ch.tillon(-le-Duc) ebenfalls 60 Pfund Stephansmünze, außerdem Vogthafer. Jakob von Villafans bekam für die Burg Vesoul 100 Pfund Stephansmünze, Weinberge und den Versorgungsbedarf für die Wachtmänner gestellt, während Heinrich »der Deutsche« für Poligny gar 200 Pfund Stephansmünze, ferner 100 bichet Getreide nach Doler Maß, den Zehnten von Grozon (D8p. Jura) sowie schließlich Weinberge zu Poligny zusamt Herbergsrechten erlangte.42 Möglicherweise spiegelt 40 Plancher, Histoire g8n8rale II, Preuves, Nr. XXXVIII, S. XVI: Et idem Dux Burgundie, juramento corporaliter prestito, nobis promisit quod dictum Comitatum ad dictum terminum nobis reddet quittum & absolutum de septem mille libris stephan. pro quibus Grayacum & Juxeyum cum pertinentiis dictorum locorum erant pignori obligata in manibus Clemencie Domine Fontivenne & Henrici Domini Miribelli filii sui, & de mille libris stephan. quas nobis tradidit pro voluntate nostra facienda & occasione missionum & costamentorum, que dictus Dux Burgundie pro dicto Comitatu faciet, non potest omittere, quin nobis dictum Comitatum ad dictum terminum tradat, sicut superius est expressum. Et promisit quod dictum Comitatum sicut terram suam propriam, juramento interposito, cum feodis & custodiis & aliis pertinentiis bona fide custodiet & deffendet, & in illo neminem potest capere nisi de causa rationali. 41 Ebd.: Debet verk dictus Dux prisias facere in terra ad respectum fidelium nostrum H. [sic!] Domini Novicastri, Furconis de Bellojoco, & Domini Jacobi de Villefans, vel ad respectum duorum illorum, vel duorum aliorum qui ad hoc constituerentur, si de illis aliquid eveniret. 42 Ebd., S. XVI f.: Sciendum est quod pro istis conventionibus attendendis, Theobaldus Dominus Novicastri, est homo ligius dicti Ducis Burgundie de Castro de Baumes, quod tenet pro ipso Duce Burgundie usque ad terminum pretaxatum & pro provisione sua dictus Dux Burgundie debet tradere annuatim dicto Theobaldo sexaginta libras stephan. & Bladum de Gaytis; & Dominus Furco de Bellojoco, similiter est homo ligius dicti Domini de Castellione quod tenet pro ipso usque ad terminum pretaxatum, & pro provisione su., debet eidem tradere dictus Dux annuatim sexaginta libras stephan. & commendisias avenarum. Dominus Jacobus de Villefans, similiter est homo ligius dicti Ducis de Visulio, quod tenet pro ipso usque ad terminum pretaxatum, & pro provisione sua, debet tradere eidem dictus Dux Burgundie centum libras stephan. & vineas […] […] & costamenta Gaytarum; & Dominus Henricus Teuthonicus est homo ligius dicti Ducis usque ad dictum terminum de Poloigniaco, quod tenet pro ipso & debet dare ei dictus Dux pro provisione sua ducentas libras stephan. & centum

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sich in der Höhe der jährlichen Bestallungssumme die jeweilige Größe der Burg wider. Zuletzt versprach Otto III. den vier Bürgen, dass er gegenüber den genannten Burgen keine Gewalt anwenden, ihnen vielmehr bei Bedrohung durch Dritte verteidigend mit Rat und Hilfe beistehen werde.43 Die Vertragspartner ließen in einem Schlusspassus offen, andere Aufseher in den Ländereien und Burgen einzusetzen oder diese auszutauschen.44 Pfalzgraf Otto II. entledigte sich mit diesem gegenüber 1242 in mehreren Punkten modifizierten Abkommen ein weiteres Mal seiner direkten Herrschaft über die Grafschaft Burgund. Anders als in der Literatur dargestellt,45 handelte es sich aber auch bei diesem zweiten Vertrag nicht um eine Verpfändung vergleichbar mit derjenigen von 1227, bei der Pfalzgraf Otto II. eine fixe Summe von 15.000 Pfund Stephansmünze vom Grafen von der Champagne für die Vergabe des Landes als Pfand erhalten hatte. Erneut ist 1244 dagegen von einer Übergabe der Grafschaft in den Schutz des Herzogs von Burgund die Rede. Weshalb wurde nach nur zwei Jahren ein neuer Vertrag mit Herzog Hugo IV. ausgehandelt? Ging es lediglich um die Vertragsdauer? Während der alte Vertrag von 1242 im bichetos bladi, scilicet mensuram de Dola & decimam de Grosum & vineas de Poloigny & arbergias. 43 Ebd., S. XVII: Ad hec omnia supradicta exequenda dicto Duci Burgundie& suis heredibus, nos & heredes nostros obligavimus & promisimus supradictis Theobaldo Domino Novi Castri, & Domino Furconi de Bellojoco, & Domino Jacobo de Villefans, & Domino Henrico Teuthonico quod supradictis castris nullam violentiam faciemus, immk si alius vellet facere, nos in defensionem, auxilium & consilium poneremus; […]. 44 Ebd.: […] & si nos & dictus Dux Burgundia [sic!] concordaverimus: alias gardas in terris, castris ponere possumus vel mutare. Actum anno Domini M. CC. XLIV. mense Julio. 45 Vgl. etwa Oefele, Geschichte der Grafen von Andechs, S. 103; Herlitz, Geschichte der Herzöge, S. 81; nach Schütz (Das Geschlecht der Andechs-Meranier, S. 98 und Ders., Die Andechs-Meranier in Franken und ihre Rolle in der europäischen Politik des Hochmittelalters, in: Lothar Hennig [Hg.]/Ursula Vorwerk [Red.], Die Andechs-Meranier in Franken. Europäisches Fürstentum im Hochmittelalter. Ausstellung in Bamberg vom 19. Juni bis 30. September 1998, Mainz 1998, S. 3–54, hier S. 45) übergab Otto III. »im April 1242 die Herrschaft an Herzog IV. von Burgund, der ihm dafür eine nicht bekannte Summe zu zahlen versprach«. Eine dieser Darstellung entsprechende Passage kann im Urkundentext jedoch nicht explizit erkannt werden. Locatelli/Fiétier (Naissance et essor, S. 142) sowie MarieTh8rHse Allemand-Gay (Le pouvoir des comtes de Bourgogne au XIIIe siHcle [Cahiers d’8tudes comtoises 36/Annales litt8raires de l’Universit8 de BesanÅon 368], Paris 1988, S. 36) sprechen hingegen zutreffend nur von einer garde. Für die bei Oefele, Regesten, Nr. 680a und 680b unter Berufung auf Loys Gollut (Les m8moires historiques de la R8publique s8quanoise et des princes de la Franche-Comt8 de Bourgogne. Avec un sommaire de l’Histoire des Catholiques Rois de Castille, & Portugal, de la maison desdicts Princes de Bourgogne, Dole 1592. Neu hg., korr. und mit Anm. versehen von Charles Duvernoy/Emmanuel Bousson de Mairet, Arbois 1846, Sp. 1852) angeführten (Pfand-)Zahlungen, denen zufolge Otto III. von Clementia von »Faucogney« 6.000 Pfund, von Herzog Hugo IV. in zwei Tranchen 8.000 Pfund erhalten habe, besteht darüber hinaus kein Nachweis in den Quellen. Bei der Pfandnehmerin hätte es sich im Übrigen nicht um Clementia von Faucogney, sondern um Clementia von Fouvent gehandelt.

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Jahr 1247 ausgelaufen wäre, beinhaltete der neue eine Verlängerung der Hut bis zum 1. November 1248. Oder hatten sich die 1242 getroffenen Bestimmungen nicht bewährt, waren sie gar unzureichend? Neu war 1244 schließlich zum einen die Bestimmung, wonach der Herzog von Burgund Schatzungen durchführen konnte. Diese Steuererhebung hatte allerdings unter Aufsicht zu erfolgen. Zum anderen wurden die Beziehungen der Burgmänner, die mit Herzog Hugo IV. eine ligische Bindung eingingen, dergestalt erweitert, dass sie vom Herzog künftig mit Geld, Einkünften und Vorratsgütern bestallt wurden. Leider ist nichts darüber bekannt, wie sich die Inschutznahme der Grafschaft Burgund durch Herzog Hugo IV. in den kommenden Jahren tatsächlich gestaltete, ob der temporäre Herrschafts- und Verwaltungswechsel etwa ohne Reibungsverluste vonstattenging. Offensichtlich hatte der Pfalzgraf nach seiner Abreise aber mit dem Oberfranken Heidenreich von Rubendorf (wohl Rugendorf, heute: Stadtsteinach, Lkr. Kulmbach), in den vorgenannten Urkunden als Henri l’Aulemant oder Henri Theutons bezeichnet, einen Getreuen als Bailli und Sachwalter (baiulus et ordinator rerum nostrarum) in Burgund installiert, wie aus einem Seelgerät Heidenreichs von 1246 zu erfahren ist.46 Heidenreich sollte wahrscheinlich an Ort und Stelle organisatorische Abläufe sicherstellen.

Einschnürung des Aktionskreises Ottos III. Pfalzgraf Otto III. konnte sich derweil seinen zahlreichen anderen Aufgaben widmen. Nachdem es in burgundischen Urkunden der Jahre 1240/1241 erste Anzeichen für finanzielle Engpässe des Pfalzgrafen gegeben hatte, befand sich der Andechs-Meranier im Sommer 1244 offenbar erneut bzw. immer noch in Geldnöten. Schließlich lieh er sich am 25. August 1244 von seinem fränkischen Getreuen Eberhard Förtsch von Thurnau und dessen Sohn Albert von Wallenrode 800 Mark Silber, wofür er seine Gläubiger und deren Erben mit der Burg Arnstein bei Weismain (Lkr. Lichtenfels) sowie zwei Dörfern belehnte.47 Überdies musste Otto III. damals einen Konflikt mit Bischof Hermann I. von Würzburg († 1254) ausgefochten haben, der am 25. September 1244 vertraglich zum Nachteil des Pfalzgrafen beigelegt werden konnte. Unter Vermittlung des Elekten Heinrich von Bamberg († 1257) tauschten die Kontrahenten Gefangene aus; Otto III. hatte dem Bischof zudem verschiedene Schäden zu vergüten.48 Das Frühjahr und den Sommer 1245 über suchte Pfalzgraf Otto III. zusammen 46 Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 690. Heidenreich von »Ruendorf« fungierte 1244 in Scheßlitz (Lkr. Bamberg) als Zeuge für Pfalzgraf Otto III. betreffend Kloster Langheim, ebd., Nr. 683. 47 Vgl. ebd., Nr. 681. 48 Ebd., Nr. 682; vgl. Schütz, Die Andechs-Meranier in Franken, S. 46.

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mit seinem Onkel, dem Patriarchen Berthold von Aquileja († 1251), in Oberitalien ein letztes Mal den Hof Friedrichs II. († 1250) auf. Führten die Andechser dort Klage gegen das Gebaren Herzog Ottos II. von Bayern? Oder signalisierte der Pfalzgraf dem Kaiser, dass sich in Franken ein Abfall mehrerer Bischöfe zur päpstlichen Seite andeutete?49 Des Pfalzgrafen Aussichten auf kaiserliche Unterstützung schwanden, insofern Herzog Otto II. von Bayern 1246 ins staufische Lager zurückkehrte und der Andechs-Meranier hinfort nicht mehr mit einem gegen den Wittelsbacher gerichteten Interesse Friedrichs II. rechnen konnte. Wohl ebenso, um seine fränkischen Besitzungen vor dem zum Papst übergetretenen Bischof Heinrich I. von Bamberg zu schützen, schloss sich nun in Gestalt Ottos III. erstmals ein Andechs-Meranier der päpstlichen Seite an. Doch anstatt echte Schützenhilfe zu erlangen, musste er sich mit einem Privileg von Innozenz IV. († 1254) begnügen, welches ihm zusagte, einzig vom Papst gebannt werden zu können.50 Ottos 1246 erlittene Niederlage in Oberbayern war gleichbedeutend mit dem Verlust der andechs-meranischen Besitzungen um Ammersee und Starnberger See. Auch ein letzter Versuch Pfalzgraf Ottos III., mithilfe des Reichsmarschalls Heinrich von Pappenheim einen Gegenschlag zu lancieren, bei dem aus Nordwesten ein Einfall in die wittelsbachische terra unternommen wurde, missglückte letztendlich.51 Im Juni 1248 übertrug Friedrich II. zudem die andechsischen Grafschaften Neuburg und Schärding am Unterlauf des Inns, die Otto III. bisher vom Kaiser und vom Reich getragen hatte (quos idem dux Meranie a nobis et imperio tenuit), an Herzog Otto II. von Bayern.52 Die Grafschaften waren zuvor erst 1243 aufgrund der Trennung der Agnes von Andechs († 1263) von Herzog Friedrich II. »dem Streitbaren« von Österreich († 1246) an Agnes’ Bruder Otto III. zurückgefallen.53 Politisch war Otto III. nun nahezu isoliert und de facto auf Oberfranken zurückgeworfen.

49 Vgl. Schütz, Das Geschlecht der Andechs-Meranier, S. 98. 50 Vgl. ebd., S. 98f. 51 Vgl. Max Spindler/Andreas Kraus, I. Die Auseinandersetzungen mit Landesadel, Episkopat und Königtum unter den drei ersten wittelsbachischen Herzögen (1180–1253), in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 2: Das Alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, begr. von Max Spindler, hg. von Andreas Kraus, 2., überarb. Aufl., München 1988, S. 7–52, hier S. 44. 52 Druck: Jean-Louis-Alphons Huillard-Bréholles, Historia diplomatica Friderici Secundi, Bd. VI/2, Paris 1861, S. 631f.; J. F. Böhmer, Regesta Imperii V: Jüngere Staufer 1198–1272. Die Regesten des Kaiserreichs unter Philipp, Otto IV, Friedrich II, Heinrich (VII), Conrad IV, Heinrich Raspe, Wilhelm und Richard: 1198–1272, 1: Kaiser und Könige, bearb. von Julius Ficker, Innsbruck 1881 [ND Hildesheim 1971], Nr. 3708. 53 Vgl. Spindler/Kraus, Die Auseinandersetzungen mit Landesadel, S. 44f.

Überlassene Herrschaft. Pfalzgraf Otto III. († 1248) und die Grafschaft Burgund

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Tod und Erbe Der unerwartet frühe Tod des circa 30-jährigen Pfalzgrafen am 18./19. Juni 1248 befreite Otto III. aus seiner misslichen Lage. Damit ereignete sich gleichwohl nichts weniger als der Ausklang des Hauses Andechs-Meranien – in Burgund und anderwärts. Obgleich mit Berthold V., dem Patriarchen von Aquileja, noch ein männliches Familienmitglied unter den Lebenden weilte, hatte ein fürstliches Geschlecht sein jähes Ende gefunden, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts noch zu den einflussreichsten Familien des Reiches rechnete. Der anscheinend schwer erkrankte Herzog-Pfalzgraf hatte die letzte Phase seines Lebens auf der fränkischen Burg Niesten nahe Weismain verbracht.54 Neben der reumütigen Rückgabe entfremdeter Güter an das Domstift zu Bamberg55 und an Kloster Banz56 kümmerte er sich damals vornehmlich um fromme Stiftungen, die der Familie altverbundenen Klöstern wie Langheim, Banz oder Dießen zugutekamen.57 Aber auch in Burgund setzte Otto III. im Zuge dessen einen letzten Akzent. Am 15. Juni, wenige Tage vor seinem Tod, ließ Otto III. ein eigenes Testament für Burgund ausfertigen. Hierbei tätigte er die größte kirchliche Stiftung, welche ein burgundischer Pfalzgraf bisher je ins Leben rief – eine Kollegiatskirche mitsamt zwölf Chorherrenpfründen.58 Erbaut werden sollte dieses Stift in Poligny (in burgo Poloni), einem der Vororte pfalzgräflicher Herrschaft in Burgund. Den einzelnen Chorherren sollten fortan Einkünfte zustehen, die aus Gray, Vesoul, Dole, La Loye, Jussey, Arbois, Grozon sowie Poligny in verschiedener Höhe bereitzustellen waren.59 Nochmals spiegelten sich in dieser Liste die wichtigsten pfalzgräflichen Orte im Bereich der Grafschaft 54 In einer Urkunde vom 17. Juni 1248 an das Stift Dießen bezeichnete sich Otto III. egritudinis molestia lecto decumbentes. Vgl. Oefele, Regesten, Nr. 700. 55 Ebd., Nr. 701. 56 Ebd., Nr. 699. 57 Ebd., Nr. 698, 700 und 702. 58 BesanÅon, AD du Doubs, 1 B 1, fol. 25rv (Abschrift); Druck: M8m. et doc. VIII, Nr. XXIV, S. 28f. [hiernach zitiert]; M8moires historiques sur la ville et seigneurie de Poligny, avec des recherches relatives / l’Histoire du Comt8 de Bourgogne et de ses anciens Souverains, et une collection de chartes int8ressantes, Bd. I, hg. von FranÅois-F8lix Chevalier, Lons-le-Saunier 1767, S. 343; Reg.: Oefele, Regesten, Nr. 697: Nos Ottho, Dei gratia dux Meranie, comes palatinus Burgundie, notum facimus universis presentem paginam inspecturis: quod nos in suprema et ultima voluntate nostra, in comitatu Burgundie, qui nos jure contingebat avito et paterno, pro animabus patris nostri et matris nostre et pro anima nostra, testamentum nostrum condidimus in hunc modum. Statuimus enim ut in burgo Poloni duodecim sint persone canonice in ecclesia que de novo edificatur quam dotamus in hunc modum: […]. 59 Ebd.: In nomine sancte et individue Trinitatis et in virtute divini judicii statuimus irrefragabiliter observandum: ut duodecim canonicis quos aput Poloniacum ordinavimus singulis annis dentur de Graiaco viginti libre; de Vysulio vingiti libre; de Dola viginti libre; de Loya decem libre; de Jusseio decem libre; de Arbosio quindecim libre; de Grusun decem libre; de Poloniaco quindecim libre.

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Burgund wider. Als Testamentsvollstrecker bestimmte der Stifter schließlich seine Schwester Alix, deren Ehemann Graf Hugo, dessen Vater Johann, den Grafen von Burgund und Herrn von Salins, des Weiteren die bisweilen schon bekannten Adligen Theobald I. von Neufch.tel, Wilhelm IV. von Pesmes und Johann von Montferrand. Nach dem letzten Willen des Pfalzgrafen sollte sein langjähriger Kaplan und Notar Hermann60 mit einer der zwölf Pfründen dotiert werden, ferner die Stiftskirche dem Patronat der Heiligen Jungfrau Maria unterstehen.61 Nur wenige Tage später, am 18. oder 19. Juni 1248, erlag Pfalzgraf Otto III. von Burgund seinem Leiden.62 Wie so oft im Falle früher Fürstentode kamen in seinem Fall Gerüchte über ein widernatürliches Ende auf,63 die jedoch keinen Widerhall in den unmittelbaren Quellen aufweisen. Beigesetzt wurde Otto III. wie seine Eltern in der oberfränkischen Zisterze Langheim. Der Pfalzgraf starb somit noch vor dem Auslaufdatum der Treuhänderschaft seiner burgundischen Grafschaft am 1. November 1248. Vermutlich behielt Herzog Hugo IV. die Grafschaft auch über diesen Stichtag in seiner Obhut. Wie schon im Vertrag von 1242 angeklungen war, als es um die Regelung eines möglichen kinderlosen Todes Ottos III. gegangen war, entspann sich in der Tat ein längeres Tauziehen zwischen den Schwestern des Pfalzgrafen um Anteile an dessen burgundischem Erbe. Seine Schwester Alix konnte nach längeren Erbstreitigkeiten mit ihren Schwestern und deren Gatten schließlich erst gegen Ende der 1260er Jahre das ungeteilte burgundische Erbe des Pfalzgrafen für sich und ihren Sohn Otto IV. (Ottenin) erlangen.64 60 Zu Hermann vgl. Oefele, Regesten, Nr. 668, 678 und 683. 61 M8m. et doc. VIII, Nr. XXIV, S. 28: Cum autem nichil adeo debeatur hominibus quam ut supreme voluntatis liber sit stilus, ordinatores et conservatores voluntatis et testamenti nostri constituimus dominam Alis sororem nostram, maritum ejus comitem Hugonem, patrem ejus dominum Johannem, comitem Burgundie, dominum Salinensem, Theobaudum dominum Novi Castri, Gwilamum dominum de Pemis et Johannem dominum Montisferrandi, rogantes eosdem quatinus ipsi illud finaliter ordenent et disponant quod Hermannus capellanus et notarius noster, qui per multa tempora nobis servivit fideliter et devote, unus sit de duodecim canonicis aput Poloniacum ordinatis. Quod in virtute testamenti nostri statuimus firmiter observandum, rogantes ut predicta ecclesia in honore sancte Marie virginis consecretur. 62 Die Angaben über das Sterbedatum Ottos III. variieren in den Totenbüchern. Die Notae Diessenses (ed. Philipp Jaffé, in: MGH SS 17, Hannover 1861, S. 323–327, hier S. 325) vermerken Otto III. zur 14. Kal. Iulii, mithin zum 18. Juni 1248. Dagegen überliefern Bamberger Nekrologe den 19. Juni 1248, vgl. Caspar Anton Schweitzer, Vollständiger Auszug aus den vorzüglichsten Calendarien des ehemaligen Fürstenthums Bamberg, in: Siebenter Bericht über das Bestehen und Wirken des historischen Vereins zu Bamberg in Oberfranken von Bayern, Bamberg 1844, S. 67–319, hier S. 197f. 63 Vgl. Schütz, Das Geschlecht der Andechs-Meranier, S. 99. 64 Vgl. ebd., S. 104–106; Johannes Mötsch, Das Ende der Andechs-Meranier – Streit ums Erbe, in: Hennig (Hg.), Die Andechs-Meranier in Franken, S. 129–141, hier S. 132 und 135–137. Eine Urkunde vom 23. Mai 1248, die angeblich die Einsetzung von Alix als Alleinerbin in Burgund noch zu Lebzeiten Ottos III. festlegte, ist nach Mötsch, ebd., S. 137, durch Schütz,

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Resümee Noch weniger als sein Vater vermochte der letzte Pfalzgraf aus dem Hause Andechs-Meranien, seinen Herrschaftsanspruch bezüglich der Grafschaft Burgund eigenständig zur Geltung zu bringen. Priorität besaß für Otto III. offenkundig, seine Herrschaftsansprüche in Oberbayern, das zwischen seinen Positionen in Oberfranken und seinem zukünftig zu erwartenden Tiroler Erbe im Zentralalpenraum gelegen war, gegen den wittelsbachischen Bayernherzog durchzusetzen. Die Grafschaft Burgund lag aus dieser Warte weit abseits im Westen. Gezeigt werden konnte, dass der Pfalzgraf seine burgundische Grafschaft nicht wie dereinst sein Vater verpfändete, sondern dem benachbarten Herzog Hugo IV. von Burgund anvertraute. In dieser Hinsicht knüpften Otto III. und Hugo IV. dann doch an eine Vorgehensweise Pfalzgraf Ottos II. und des Vaters von Hugo, Herzog Odo III. von Burgund, an. Ein erster Vertrag von 1242 wurde 1244 unter anderem hinsichtlich der Dauer der Treuhänderschaft modifiziert. Otto III. starb 1248 zu einem Zeitpunkt, als er in Bayern Herzog Otto II. unterlegen war, während sich die Grafschaft Burgund noch in der Obhut Herzog Hugos IV. befand. Eine nähere Untersuchung von temporären Übergaben größerer Herrschaftskomplexe in Treuhänderschaft wie auch der damit verbundenen Ziele, Mechanismen und Folgen erweist sich für das hohe und späte Mittelalter als Forschungsdesiderat.

Das Geschlecht der Andechs-Meranier, S. 106, »mit guten Gründen« als Fälschung apostrophiert worden.

Thomas Bauer (Münster)

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

Folgende Ausführungen und Kommentare zum Kartenbild der pagi der Diözese BesanÅon von etwa 1000 bis 1200 können und sollen lediglich als Beobachtungen und Vermutungen verstanden werden. Dies ist zum einen der Kürze der Zeit geschuldet, die mir zur Verfügung stand, um der freundlichen Bitte nachzukommen, die zugehörige Karte (vgl. Einband) für den vorliegenden Sammelband zu erstellen; zum anderen ist der Charakter des Vorläufigen, noch näher zu Untersuchenden darin begründet, dass die Franche-Comt8 – und damit die Diözese BesanÅon – recht fern von dem ausgewählten Raum liegt, den ich im Rahmen meiner Habilitationsschrift näher untersucht und exemplarisch aufgearbeitet habe, nämlich im Südwesten des heutigen Frankreich das umfassende Gebiet zwischen Loire, Tarn/Garonne und Atlantikküste. Die Untersuchung für diesen Beispielraum ist begleitet von umfassenden Beleglisten im Anhang und einem interaktiven Kartenwerk mit Datenbankverknüpfung. Die unveröffentlicht gebliebene Trierer Habilitationsschrift »Administrativpolitische und historisch-geographische Raumerfassung und Raumgliederung: Der mittelalterliche pagus« (2001) versuchte, – durch die Erfassung der Gesamtverbreitung des mittelalterlichen pagus in West- und Mitteleuropa (und auch Teilen Ost-, Südost- und Südeuropas) vom ausgehenden 5. Jahrhundert bis 1200 – im ersten Teil eine Synthese sowie die Grundlage für einen strukturellen Vergleich durch Raum und Zeit zu schaffen, für den im zweiten Teil mit der erwähnten exemplarischen Aufarbeitung und Analyse für weite Teile des westlichen und vor allem südwestlichen Frankreich eine erste Handhabe gegeben wird. Anspruch und Ziel zugleich ist die möglichst vollständige Erfassung der Belege für sämtliche pagi im genannten Untersuchungszeitraum des Mittelalters anhand der für den jeweiligen pagus konkret genannten Orte bzw. Örtlichkeiten. Ungeachtet der heute weitgehend etablierten und für weite Teile des immensen Verbreitungsgebiets des mittelalterlichen pagus auch völlig zutreffenden Auffassung, dass lineare Grenzen aus zum Teil sehr verschiedenen Gründen ohnehin nicht oder nur sehr partiell gezogen werden könnten, erfordert diese Methode die Anwendung von Punktverbreitungskarten.

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Eine solche liegt nun auch hier zugrunde. Für die Erstellung dieser sowie der vor kurzem veröffentlichten Karte »Les pagi du diocHse de BesanÅon et de sa marge occidentale (VIIe–XIe s.)«, die also denselben Raum im früheren Mittelalter behandelt, habe ich noch fehlende Belege für die (spätere) Franche-Comt8 bzw. die Diözese BesanÅon eingearbeitet und diesen Raum nach den Maßstäben des Beispielraums meiner Habilitation aufbereitet, was dem Kartographen die Grundlage für die Erstellung der vorliegenden Karte(n) gab. Eine nähere Analyse steht allerdings noch aus. Sie mag der Fachwelt vorbehalten bleiben, so dass ich mich hier, nach den notwendigen Vorbemerkungen zur Methode, mit einigen ersten Beobachtungen und Anregungen begnügen möchte. Vermutlich hätten nicht wenige, auch und gerade für das 10. bis 12. Jahrhundert, beim Blick auf die Karte an der einen oder anderen Stelle mehr Belegorte erwartet, wie sie etwa die Skizzen von Maurice Chaume für das unmittelbar angrenzende Herzogtum Burgund oder, für Teile der Franche-Comt8 selbst, nun die Karten von Wolfgang Haubrichs bieten. Die geringere Dichte liegt wesentlich im methodischen Ansatz begründet, nämlich das Bild ausschließlich und strengstens nach dem Quellenbefund zu erarbeiten und zu zeichnen. Das bedeutet zunächst einmal: das Kartenbild soll »eins zu eins« den Gegebenheiten, Benennungen und Zuweisungen der Quellen entsprechen, auch wenn diese bisweilen offensichtlich unzutreffend sind – nur ein Beispiel aus dem angrenzenden Burgund: Einen pagus Burgund (genannt 954/955, 957 und 1107, mit Zuweisung von Orten westlich der Saine zwischen M.con und Chalon-surSaine) hat es sicherlich nicht gegeben; die Privaturkunde aus Cluny von 957 (Cluny, Bd. 2, ed. Bernard/Bruel, Nr. 1040) legt die Vermutung nahe, dass dem Schreiber eine Fehlkonstruktion unterlief, nämlich eine Lokalisierung im pagus Burgund und im comitatus M.con anstelle von im ducatus Burgund und im pagus M.con, die sich auch in die Diplome einschlich bzw. dort ebenso verstanden wurde, zumal in der Mitte des 10. Jahrhunderts ein ducatus Burgund noch relativ neu gewesen ist. Aber auch in unserem Untersuchungsraum lässt sich, allerdings nur vor dem hier zu beleuchtenden Zeitraum, eine doch eher ungewöhnliche pagus-Bezeichnung finden: 792 pagus Pefferauga bzw. Pefferanga, zu identifizieren als P8rouse oder Phaffans, jedenfalls mit Ortszuweisungen kleinräumig nordöstlich von Belfort. Aus dem genannten Anspruch folgt, dass im Kartenbild Anpassungen, »Begradigungen« etc., aus welchem Blickwinkel und mit welcher Intention auch immer man sie ins Auge fassen könnte, absolut unterbleiben müssen – so verdienstvoll die akribische Aufarbeitung für das (frühmittelalterliche) Herzogtum Burgund von Maurice Chaume auch heute noch sein mag, enthält sie doch einige Ortsnamenidentifizierungen, die kaum oder gar nicht zutreffen können. Ebenso sind alle pagus-Belege aufzunehmen, ungeachtet der Funktion oder des Sinnes,

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

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in dem dieser äußerst vielschichtige Begriff (vgl. oben) jeweils gebraucht wird. Zum einen geht dies weit über einen rein administrativ-politischen Sinn hinaus; umgekehrt aber verbietet dieser Ansatz die Aufnahme und Kartierung von Belegen aus comitatus-Zuweisungen, die dem jeweiligen pagus gleichnamig sind (z. B. im Fall des pagus Ajoie: 866 comitatus Alsgaugensis; oder des pagus Amous: 953 comitatus Amauuinse, etc.), ungeachtet der vieldiskutierten, m. E. sehr differenziert zu beantwortenden Frage nach dem Verhältnis von pagus und comitatus, die hier nicht Gegenstand sein soll. Auf den Punkt gebracht: die Karte spiegelt die Fakten, was in der pagus-Thematik häufig zu einem vielschichtigen Bild führt. Sie soll zur Interpretation anregen, nicht selbst schon Interpretation sein. Zunächst sind die Verhältnisse innerhalb des Untersuchungsraums in den Blick zu nehmen. Was verrät das Kartenbild hinsichtlich der pagi über Kontinuitäten, Brüche und Entwicklungen? Zugegeben, eine Karte, die bis in die Anfänge der pagus-Belege in der (späteren) Franche-Comt8 Mitte des 7. Jahrhunderts zurückginge, könnte zu diesen Fragen deutlich mehr Aufschluss geben, würde aber auch, um gut nachvollziehbar zu sein, eine visuelle Differenzierung in (mindestens) zwei Zeitstufen erfordern. Doch liegen durchaus auch für den hier abzubildenden Untersuchungszeitraum (10.–12. Jahrhundert) Wechselbelege vor. Fassbar sind diese in Zuweisungen von Orten oder Örtlichkeiten zu zwei oder mehreren verschiedenen pagi in unterschiedlicher Zeitstellung. Das Spektrum zur Erklärung bzw. Deutung solcher Wechselbelege ist breit gefächert: Sie können Auflösungen, Unterteilungen etc. von pagi spiegeln. Ein Beispiel aus Burgund: der pagus Oscheret als Abspaltung bzw. Feinteilung des »alten« pagus Atuyer, wofür m. E. unter anderem der Erstbeleg 762 (!) spricht (gegen Chaumes These einer Feinteilung erst aus dem pagus Dijon). Weiterhin, blickt man auf die Grenzgebiete von zwei pagi, sind wechselnde Zuweisungen von Orten nicht selten auf eine nur oberflächliche, regionale bzw. lokale Kenntnis der Schreiber zurückzuführen (vor allem bei Diplomen). Wechselbelege deuten gelegentlich ebenfalls auf Überlappungen zwischen pagi in dem eher »klassischen« weltlichadministrativen Sinne einerseits und kirchlichen Einheiten als pagi andererseits hin. Und nicht zuletzt spiegeln auch und gerade Wechselbelege die annähernd im gesamten Verbreitungsgebiet des pagus nachweisbare Gemengelage im Gebrauch des Begriffs pagus mit einer Spannweite von klarer administrativ-organisatorischer Einheit (z. B. mit Belegen für einen comes pagi) bis hin zu einer reinen Landschafts- oder gar Herkunftsbezeichnung. Für die Kartierung von Wechselbelegen stehen technisch bzw. visuell verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. In der vorliegenden Karte wurde die Zweiteilung des Kreissymbols, entsprechend der Farbe der jeweils zugewiesenen pagi, angewandt. Um die Möglichkeiten der Deutung aufzuzeigen, sei in diesen Prolegomena

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ein markantes Beispiel illustriert: Salins-les-Bains, 10 km nordöstlich von Arbois gelegen, ist durch die Jahrhunderte für drei verschiedene pagi genannt (jeweils nur der Erstbeleg): 717 Amous (Flavigny, ed. Bouchard, Nr. 1 und 57), 942 Varais (MGH DD Burg., Nr. 64) und (nach) 1018, in der berühmten Sigismund-Fälschung für die Abtei Saint-Maurice d’Agaune (Diplomata, ed. Pardessus, Bd. I, Nr. 104), BesanÅon. Der Beleg für 717 (und weitere im 8. Jahrhundert) bezieht sich unstrittig auf die Ansiedlung von Chamaven, die von den Merowingerkönigen zur Befriedung und Eingliederung des 532 eroberten Burgunderreichs offenbar recht weiträumig im Gebiet des Zusammenflusses von Saine, Doubs und Ognon vorgenommen worden war. Ebenso unstrittig ist der Beleg von 942 auf den pagus zu beziehen, der nach den Warasken benannt ist. Deren Ansiedlung vom Bayerischen Wald aus erfolgte vermutlich noch einige Jahrzehnte früher, doch ist der pagus nicht vor dem Ende des 9. Jahrhunderts ausdrücklich als solcher genannt. Von einer Feingliederung, das hieße hier : pagus Varais als Ab- oder Untergliederung des pagus Amous, kann dennoch keine Rede sein. Der Wechselbeleg Amous/Varais spiegelt vermutlich die Grenzlage des wirtschaftlich bedeutenden Ortes Salins zwischen den beiden pagi wider. In einen anderen Kontext weist dagegen die Zuweisung zum pagus BesanÅon: Wie aus dem angeblichen Diplom Sigismunds 515 (Fälschung um 800 als Vorlage, ergänzt [nach] 1018), der Gründungsurkunde für die Abtei SaintMaurice, hervorgeht, sind mit den pagus-Bezeichnungen für die umfangreiche Ausstattung der Abtei jeweils die Diözesen bezeichnet, ist mithin der Begriff pagus hier also als eine großräumige kirchliche Einheit zu verstehen. Die Diözese BesanÅon hätte nach dieser Definition also nur einen einzigen »pagus«, und diesem ist dann völlig folgerichtig auch der mitten in der Diözese gelegene Ort Salins zugeordnet. Nur am Rande bemerkt: für eine Gleichsetzung pagus = Diözese bzw. für die Verwendung des pagus-Begriffs zur Bezeichnung der Diözese insgesamt lassen sich im gesamten Verbreitungsgebiet von Spanien bis nach Polen und von der Bretagne bis auf den Balkan keineswegs für alle Bistümer oder gar flächendeckend Belege finden, dennoch begegnet diese Sinngebung durchaus nicht selten. Für unseren Untersuchungsraum muss man auch nicht lange weitersuchen: Das Barbarossa-Diplom von 1184 (MGH DD FI, Nr. 884) mit zahlreichen pagus-Orten (siehe Karte) bezieht sich ohne Zweifel auf die Diözese als pagus BesanÅon; ja überhaupt kann man mit gutem Grund vermuten, dass sämtliche Belege für diesen pagus sich auf die Diözese, also eine kirchlich-administrative Einheit, beziehen. Mit einem Fall im äußersten Osten, im Schweizer Jura, lässt sich dies noch erhärten: Courtedoux, Chevenez und Saint-Ursanne sind in einem Nachtrag aus dem späten 9. Jahrhundert (das heißt: hier nicht kartiert) im berühmten Polyptychon Irminonis (Saint-Germain-des-Pr8s) für den pagus = die Diözese BesanÅon bezeugt, in der Folgezeit nicht mehr : SaintUrsanne und das Gebiet am Doubsbogen waren, vermutlich im Umfeld der

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rudolfingischen Schenkung von Moutier-Grandval 999, an das Bistum Basel gelangt. Wechselbelege lassen sich nicht nur im Innern, sondern selbstverständlich auch an pagi im Grenzbereich der Diözese BesanÅon nachweisen und eben durch die Grenznähe erklären. Ein prominentes und zugleich besonders zu beachtendes Beispiel bietet der Ort Pontailler-sur-Saine, und zwar deshalb, weil die wechselnde Zuweisung nicht auf einen tatsächlichen Wechsel – bei Saint-Ursanne beispielsweise BesanÅon ! Basel –, sondern vielmehr auf eine Unsicherheit bezüglich der Zugehörigkeit hindeutet. Die Belege springen nämlich in loser Folge zwischen pagi der Diözese Langres und einem solchen der Diözese BesanÅon oder, in weltliche Größen »übersetzt«, zwischen dem Herzogtum Burgund und der (späteren) Franche-Comt8 hin und her. 887 ist Pontailler dem pagus Atuyer (Langres) zugewiesen (MGH DD Karl, Nr. 155a mit MGH Conc. 5, Nr. 21), 951 dem Amous (BesanÅon) (Moyse, Origines, Nr. 13), im 11. Jahrhundert dann wieder dem herzoglichen Saine-Gebiet, nämlich dem pagus Oscheret (Chartes, ed. Chevrier/Chaume, Nr. 109), der aus dem Atuyer hervorgegangen war (vgl. oben). In und bei Pontailler gibt es – blickt man auf hydrographische Bedingungen – Schlingen und Nebenarme der Saine, der jedenfalls in diesem Gebiet im Untersuchungszeitraum offensichtlich eine Grenzfunktion zukam. Flusslaufveränderungen in so kurzen Zeitspannen sind vermutlich auszuschließen, so dass man tatsächlich von einer gewissen Unsicherheit oder gar Unkenntnis der jeweiligen Urkundenschreiber bzw. Kopisten ausgehen kann. Über die Wechselbelege hinaus sind in der vorliegenden pagus-Karte, also auch für den relativ engen Zeitraum vom 10. bis 12. Jahrhundert, noch in anderer Weise Binnenentwicklungen ablesbar. Anfang des 12. Jahrhunderts ist in der Überlieferung von Romainmitier erstmals ein pagus Arli (Arlier) bezeugt (Cartulaire, ed. Pahud, Nr. 47), nachdem unter diesem Namen im vorhergehenden Jahrhundert ein comitatus genannt worden war. Man darf annehmen, dass dieser pagus das weite Hochplateau von Arlier bezeichnen sollte, mit Pontarlier als Zentrum. Welche seiner vielfältigen Funktionen und Sinngebungen dem pagus-Begriff hier beigemessen werden sollte, muss noch geklärt werden. Vielleicht ist ein wirtschaftlicher Kontext zu vermuten, in den dann die Entwicklung und der Aufstieg Pontarliers ab dem 12. Jahrhundert gut passen würden. Für die Leitfrage des vorliegenden Bandes »Ein Raum im Umbruch?« sind Binnenentwicklungen zweifellos ersten Ranges, doch dürfen mögliche Entwicklungen an den »Außengrenzen« keineswegs außer Acht bleiben. Wie sind in dieser Konstellation Wechselbelege (vgl. oben) zu erklären? Indizieren sie eventuell sogar tatsächliche Verschiebungen? Wie gestaltete sich, aus der Per-

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spektive der pagi der Diözese BesanÅon bzw. der Franche-Comt8 betrachtet, das Verhältnis zu angrenzenden bzw. unmittelbar benachbarten Räumen? Was solche pagi angeht, so habe ich folgende Ortslisten aus meinem Material ergänzend herangezogen und ausgewertet, um erstens Wechselbelege (das heißt: Zuweisungen eines Ortes bzw. einer Örtlichkeit zu verschiedenen pagi) und zweitens die interessanten Fälle von echten oder vermeintlichen »Grenzüberschreitungen«, die sehr unterschiedlich begründet sein können (ausführlich hierzu siehe meine erwähnte Habilitationsschrift), erschließen und im Kartenbild wiedergeben zu können. Ausdrücklich betont sei, dass für diese pagi die Belegsammlung meinerseits zwar zum Teil bereits weit vorangeschritten, aber keineswegs schon abgeschlossen ist. Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass für diese Erhebung alle angrenzenden bzw. benachbarten pagi analysiert wurden, ungeachtet ihrer Funktion(en), mit der sie als pagus bezeichnet wurden. Die immense Spannweite in der Verwendung des (mittelalterlichen) pagus-Begriffs durch Raum und Zeit aufzuzeigen und zu dokumentieren, war eines der Hauptanliegen meiner Habilitationsschrift. Schließlich ist anzumerken, dass für diese angrenzenden pagi nur jeweils diejenigen Belegorte kartiert wurden, die innerhalb der Diözese BesanÅon liegen. Dies dient der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit der Karte, obgleich auf diese Weise in der vorliegenden Karte auf Details, wie beispielsweise hinsichtlich der Frage nach Korrelationen zwischen pagus-Grenzen im Darstellungszeitraum (und auch früher) und den kirchenadministrativen Grenzen aus den spätmittelalterlichen pouill8s, verzichtet wird. Vereinzelt ließen sich zu diesem Aspekt interessante Details und Aufschlüsse gewinnen: etwa im Gebiet der oberen Saine um Monthureux/Darney oder, am entgegengesetzten Rand des Untersuchungsraums, im Gebiet der (späteren) terre de Saint-Claude zwischen den Diözesen Lyon und BesanÅon, und – um ein letztes Beispiel zu geben – im Grenzbereich zur Diözese Chalon-sur-Saine im Gebiet nördlich von Louhans. Streckenweise ließen sich anhand der pagus-Zuweisungen also kleinräumig recht genaue Diözesangrenzen vo r den pouill8s nachzeichnen – und vor allem ohne den in der älteren Forschung weit verbreiteten, aber auch heute noch gelegentlich anzutreffenden generellen, umfassenden Rückschluss von spätmittelalterlichen pouill8s auf früh- und hochmittelalterliche pagi. Dieser gilt aber eben nur streckenweise, ohne Grund und ohne jede Berechtigung zur Verallgemeinerung. Für folgende benachbarte pagi habe ich meine Ortslisten auf Orte in Grenznähe zur oder gar in der Diözese BesanÅon hin sondiert (Reihenfolge in etwa im Uhrzeigersinn; Angabe mit ungefährer Lage): – Soulosse (südlich von Neufch.teau [88]) – Xaintois (Charmes, Ch.tenois [88]) – Toul (südwestlich von Nancy, Toul)

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

183

Chaumont (Nancy, Charmes, Ppinal) Albe (Tal der V8zouce) Vosagus (Saar – Remiremont) Elsass Sundgau (Mulhouse, Altkirch) Basel (Rheinknie) Augst (Kaiseraugst) Sisgau (Rheinfelden, Sissach, Oberdorf) Sorne (D8l8mont, Moutier, Soleure) Avenches (um den Neuenburger See) Yverdon (südwestlich des Neuenburger Sees) Ultraiuranus (Orbe) Waadt (Fribourg – Lausanne) Ogoz (Thun, Bulle) Lausanne (Genfer See – Neuenburger See) Nyon (westlich des Genfer Sees) Wallis (östlich und südöstlich des Genfer Sees) Chablais (Südufer des Genfer Sees) Genf (südlich des Genfer Sees, Genf, Annecy) Aostatal (Aosta) Albens (Aix-les-Bains, Annecy) Lyon (Saint-Claude, Villefranche, Roanne, Lyon, Givors) Dombes (südöstlich von M.con) M.con (Cluny, M.con, Beaujeu) Chalon-sur-Saine (Chalon, Buxy, Tournus) Beaune (Pouilly-en-Auxois, Arnay-le-Duc, Beaune, Chagny) Oscheret (um Dijon, Auxonne) Dijon (um Dijon) Atuyer (südlich von Langres, Gray, Dijon) Mesmont (Saint-Seine) Langres (Molesmes, Langres) Bassigny (nördlich von Langres, Chaumont) Lassois (Chaource; Bar-sur-Seine) Bologne (Chaumont) Bar-sur-Aube Blaise (nördlich von Chaumont) Ornois (nordöstlich von Chaumont)

Konzentrieren möchte ich meine Beobachtungen zu den angrenzenden pagi auf die auffällige Besonderheit der Zuweisungen von Louhans. Zwar fehlen Belege im oben geschilderten Sinne pagus = Diözese BesanÅon und auch solche, die den

184

Thomas Bauer

Ort einem weltlich-administrativen pagus zuweisen würden – zu erwarten wäre dann zweifellos eine Zuweisung zum Escuens –, doch blieb Louhans in den Wirren der Völkerwanderungszeit, abweichend von der übrigen Bresse, bei BesanÅon und ist in den pouill8s ab dem 14. Jahrhundert auch wieder für die Diözese nachgewiesen. Zwischenzeitlich scheint Louhans aber, zumindest was die kirchlich-administrative Zugehörigkeit angeht, weder der Diözese noch der Kirchenprovinz BesanÅon zugeordnet gewesen zu sein; anders lassen sich die vom ausgehenden 9. bis in das 11. Jahrhundert hinein dichten Belege für die pagi Lyon, Chalon-sur-Saine und M.con wohl kaum erklären. Zunächst zum Erstbeleg für Louhans außerhalb der Diözese BesanÅon bzw. der späteren Franche-Comt8. Betrachtet man den Kontext, insbesondere die weiteren pagus-Nennungen des verlorenen, 1664 in der Histoire de Tournus von Chifflet erstmals gedruckten Diploms Ludwigs des Stammlers von 878 (D LdSt, Nr. 26) näher, so wird deutlich, dass der Schreiber zwischen weltlichen pagi und kirchlichen Einheiten zu differenzieren wusste. Louhans wies er dem pagus Lyon zu und bezeichnete damit offensichtlich die Diözese, was dann zwar in deren äußersten Norden führt, aber keineswegs unzutreffend wäre. Im 10. und 11. Jahrhundert wurde Louhans dann mehrfach, was sicher auch zutreffender ist, dem pagus = der Diözese Chalon zugeordnet, und dies sowohl in Privaturkunden (Cluny) als auch in Diplomen. Wie aber sind die immerhin drei Belege aus dem 10. Jahrhundert (924, 941, 956) für den pagus M.con zu erklären? Sollte hier eine irrtümliche oder versehentliche Zuweisung vorliegen, so ließe sich deren Ausmaß schmälern, da alle drei Belege aus französischen Diplomata stammen (D Ru I, Nr. 5; D LuIV, Nr. 16; D Lothar, Nr. 10), das heißt: der Fehler aus der Vorurkunde bzw. den Vorurkunden in der Kanzlei bei der Bestätigung bzw. Erweiterung der Privilegien wohl einfach fortgeschrieben wurde. Aber : alle diese Diplome wurden für die Abtei Tournus ausgestellt, die im Chalonnais liegt, was sie selbst übrigens völlig korrekt mit der Zuweisung zum pagus Chalon zum Ausdruck bringen. Im Sinne von »Diözese« wird die auffällige Angabe für Louhans in pago Matisconensi also eher nicht zu verstehen sein. Bleibt die primäre (weltliche) Begriffsbestimmung des pagus einschließlich der nur landschaftlichen Bezeichnung, die aber für Diplomata des 10. Jahrhunderts annähernd ausgeschlossen werden kann. In meiner Ortsliste für den pagus M.con, die über 1.000 Belegorte enthält (was vor allem, aber nicht nur der Überlieferung von Cluny zu verdanken ist), kann ich für die Gebiete links der Saine nach Norden Orte bzw. Örtlichkeiten bis an die Grenze des heutigen d8partement Ain und vereinzelt auch ein wenig darüber hinaus (Romenay) nachweisen; doch auch von solchen nördlichen »Außenposten« des pagus M.con liegt Louhans nochmals zehn Kilometer entfernt; dazwischen liegen Belegorte für den pagus Lyon … Sicherlich können die pagus-Thematik, isoliert wie hier betrachtet, und eine aufgrund der Quellenlage nicht sonderlich belegdichte Karte nur wenig zur

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

185

Leitfrage »Ein Raum im Umbruch?« für die werdende Franche-Comt8 und damit auch für die Diözese BesanÅon an sich beitragen – es sei denn, man würde etwa die Zuordnungen von Louhans zum pagus M.con mit der Frühphase der Herausbildung der »Freigrafschaft«, das heißt: der Herrschaft des Grafenhauses M.con, begründen wollen. Zeitlich gehören die Belege tatsächlich hierhin, doch würde man diese Hypothese wohl kaum stützen können. Doch muss man sich auch gar nicht in die Grauzone der Spekulationen begeben; die Karte bietet genügend sichere Anhaltspunkte und Interpretationsmöglichkeiten auf festem Boden. Diese zeigen einen Raum, der im Hinblick auf den pagus des 10. bis 12. Jahrhunderts Entwicklungen und Prozessen unterworfen ist, die durchaus zeittypisch sind und im Vergleich zu umliegenden Räumen keineswegs als raumspezifisch zu werten wären.

Quellen- und Literaturhinweise Auf einen Einzelnachweis der zahlreichen Quellen, aus denen die Belege geschöpft wurden, sowie auf die Auflösung der oben genannten MGH-Titel und der Urkunden der westfränkischen Könige kann hier verzichtet werden. Die einzelnen Belege sind in den hier relevanten pagus-Ortslisten meiner Habilitationsschrift (siehe unten) nachgewiesen.

Ergänzend wurde herangezogen Chartes et documents de Saint-B8nigne de Dijon, Bd. 2: 990–1124, ed. Georges Chevrier/ Maurice Chaume (Analecta Burgundica), Dijon 1943. Diplomata, chartae, epistolae, leges aliaque instrumenta ad res gallo-francicas spectantia, Bd. 1: Instrumenta ab anno 417 ad annum 627, coll. Louis George Oudard Feudrix de Bréquigny/FranÅois Jean Gabriel La Porte du Theil, ed. Jean Marie Pardessus, Paris 1843 [ND Aalen 1969]. Le cartulaire de Romainmitier (XIIe siHcle). Introduction et 8dition critique, ed. Alexandre Pahud (Cahiers lausannois d’histoire m8di8vale 21), Lausanne 1998. Pouill8s des provinces de BesanÅon, de Tarentaise et de Vienne, bearb. von Ptienne Clouzot (Recueil des Historiens de la France: Pouill8s 7), Paris 1940. Recueil des chartes de l’abbaye de Cluny, Bd. 2: 954–987, ed. Auguste Bernard/Alexandre Bruel (Collection de documents in8dits sur l’histoire de France 49,2), Paris 1880. The cartulary of Flavigny. 717–1113, ed. Constance Brittain Bouchard (Mediaeval Academy books 99), Cambridge, Mass. 1991.

186

Thomas Bauer

Sekundärliteratur Bauer, Thomas, Administrativ-politische und historisch-geographische Raumerfassung und Raumgliederung: Der mittelalterliche pagus (Ende 5. Jahrhundert bis 1200) (unveröffentlichte Habilitationsschrift, Universität Trier 2001). Bauer, Thomas, [Karte] Les pagi du diocHse de BesanÅon et de sa marge occidentale (VIIe–XIe s.), in: Bulletin du centre d’8tudes m8di8vales d’Auxerre 21/2 (2017), Carte 2 [https://journals.openedition.org/cem/14793 (18. 07. 2018)]. Bonnet, Charles/Lieb, Hans/Santschi, Cath8rine (Bearb.), Province eccl8siastique de BesanÅon (Maxima Sequanorum) (Topographie chr8tienne des cit8s de la Gaule des origines au milieu du VIIIe siHcle 15), Paris 2007. Chaume, Maurice, Les origines du duch8 de Bourgogne, Bd. 1: Histoire politique, Dijon 1925 [ND Aalen 1977]; Bd. 2: G8ographie historique (3 Teilbde.), Dijon 1927–1937 [ND Aalen 1977]. Chifflet, Pierre FranÅois, Histoire de l’abbaye royale et de la ville de Tournus, Dijon 1664. Clerc, Pdouard, Essai sur l’histoire de la Franche-Comt8, Bd. 1, BesanÅon 21870. Demotz, FranÅois, La Bourgogne transjurane (855–1056). L’8volution des rapports de pouvoirs dans le monde post-carolingien, 2 Bde., Diss. (masch.) Lyon 2002. Demotz, FranÅois, La Bourgogne, dernier des royaumes carolingiens (855–1056). Roi, pouvoirs et 8lites autour du L8man (M8moires et documents publi8s par la Soci8t8 d’histoire de la Suisse romande IV/9), Lausanne 2008. Durand, Daniel, Sur les confins des diocHses de Toul et de BesanÅon. Cit8 des Leuques et cit8 des S8quanes, in: Le pays lorrain 89 (1992), S. 173–186. Fiétier, Roland (Hg.), Histoire de la Franche-Comt8 (Univers de la France et des pays francophones 40), Toulouse 1977. Fiétier, Roland/Locatelli, Ren8/Moyse, G8rard, La frontiHre au nord-est de la FrancheComt8 durant le haut Moyen ffge (aux origines du comt8 de Montb8liard), in: FrontiHres et contacts de civilisation [Colloque universitaire franco-suisse, BesanÅon/Neuch.tel, octobre 1977] (Le Pass8 Pr8sent = Ptudes et Documents d’Histoire), Neuch.tel 1979, S. 97–113. Fohlen, Claude (Hg.), Histoire de BesanÅon, Bd. 1: Des origines / la fin du XVIe siHcle, Paris 1964. Haubrichs, Wolfgang, Chamaven, Hattuarier, Warasken, Skutingen und Burgunden in der Onomastik Nordburgunds. Eine linguistische Spurensuche, in: Waldemar Czachur/ Marta Czyzewska (Hg.), Vom Wort zum Text. Studien zur deutschen Sprache und Kultur. Festschrift Jjzef Wiktorowicz, Warschau 2008, S. 621–637. Haubrichs, Wolfgang, Les Chamaves et les autres: une enquÞte linguistique sur les traces des Chamaves, Hattuaires, Varasques, Scotinges et Burgondes au nord de la Bourgogne, in: Bulletin du centre d’8tudes m8di8vales d’Auxerre 21/2 (2017) [https://journals.openedition.org/cem/14779 (18. 07. 2018).] Hausmann, Germain, La constitution du patrimoine de Saint-Maurice, 515–1128, in: Vallesia (1999), S. 205–239. Locatelli, Ren8, Sur les chemins de la perfection. Moines et chanoines dans le diocHse de BesanÅon, vers 1060–1220 (Centre Europ8en de Recherches sur les Congr8gations et Ordres Religieux: Travaux et Recherches 2), Saint-Ptienne 1992.

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

187

Locatelli, Ren8/Moyse, G8rard/de Vregille, Bernard, La Franche-Comt8 entre le royaume et l’empire (fin IXe–XIIe siHcle), in: Francia 15 (1987), S. 109–147. Moyse, G8rard, Deux couples de privilHges pontificaux du XIe siHcle pour Saint-Claude. L8on IX (1050) et Jean (faux), Pascal II (mars et avril 1100), in: Rolf Grosse (Hg.), L’acte pontifical et sa critique (Studien und Dokumente zur Gallia Pontificia 5), Bonn 2007, S. 31–50 (mit Edition). Moyse, G8rard, La Bourgogne septentrionale et particuliHrement le diocHse BesanÅon de la fin du monde antique au seuil de l’.ge carolingien (Ve–VIIIe siHcles), in: Joachim Werner/Eugen Ewig (Hg.), Von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Aktuelle Probleme in historischer und archäologischer Sicht (Vorträge und Forschungen 25), Sigmaringen 1979, S. 467–488. Moyse, G8rard, Les origines du monachisme dans le diocHse de BesanÅon (Ve–Xe siHcle), Paris 1973. Moyse, G8rard, Pr8histoire d’une seigneurie 8piscopale: l’8glise de BesanÅon sous l’archevÞque Gerfroi (… 932–953 …), in: BibliothHque de l’Pcole des Chartes 147 (1989), S. 3–28. Passard, FranÅoise u. a. (Hg.), Burgondes, Alamans, Francs, Romains dans l’est de la France, le sud-ouest de l’Allemagne et la Suisse, Ve–VIIe siHcle aprHs J.-C. [Actes des XXIe Journ8es internationales d’arch8ologie m8rovingienne, BesanÅon, 20–22 octobre 2000] (Annales litt8raires de l’Universit8 de Franche-Comt8 756 = S8rie Art et arch8ologie 47), BesanÅon 2003. Rebetez, Jean-Claude (Hg.), La donation de 999 et l’histoire m8di8vale de l’ancien EvÞch8 de B.le, Pruntrut 2002. Rück, Peter, Pouvoir temporel et pouvoir spirituel dans la formation des frontiHres du Jura pendant le Haut Moyen ffge (du VIIe au XIIe siHcle), in: FrontiHres et contacts de civilisation [Colloque universitaire franco-suisse, BesanÅon/Neuch.tel, octobre 1977] (Le Pass8 Pr8sent = Ptudes et Documents d’Histoire), Neuch.tel 1979, S. 115–127. Vregille, Bernard de, BesanÅon et Lausanne. M8tropolitains et suffragants des origines au XIe siHcle, in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 82 (1988), S. 77–88. Vregille, Bernard de, [Le diocHse de BesanÅon] Kap. 1–7, in: Maurice Rey (Hg.), BesanÅon et Saint-Claude (Histoire des diocHses de France N. S. 6), Paris 1977, S. 9–52.

Vorbemerkung zu den folgenden Listen Um einem Gesamtbild des Untersuchungsraums möglichst nahezukommen, wurden in die Listen der pagi in Petitdruck auch diejenigen Orte aufgenommen, die bereits vor dem eigentlichen Beginn des Untersuchungszeitraums dieses Beitrags, also vor 900, für den jeweiligen pagus belegt sind. Zur kartographischen Abbildung dieser Belegorte vor 900 siehe meine eingangs bereits erwähnte Karte im Bulletin du centre d’8tudes m8di8vales d’Auxerre 21/2 (2017) (siehe Literaturliste).

Chuntilingas

Chinzicha

Leimone

Monte Escherolo

S. Maria in Castro

Rupibus

basilica ubi S. Desiderius requiescit

S. Ypolitus

Hindlingen

(wüst) Kinzingen

Leymen

Mont8cheroux

Pont-de-Roide

Roches-lHs-Blamont

Saint-Dizier-l’PvÞque

Saint-Hippolyte

Heimonevill

Scottis

Pcot

Heiwiller

Datira/Dadarinsis (finis)

Delle

Fontanis

Domnus Petrus

Dampierre

Gyldolfivil

Flaboteshaim

Blotzheim

Gildwiller

Baltiovil

Balschwiller

Fontaine-lHs-Clerval

ON Erstbeleg im pagus

8 n. Ma%che

5 sw. Delle

1040

1040

13 sö. Montb8liard

1040 1040 735/737

735/737

735/737

1040

1040

1040

12 s. Montb8liard

19 s. Montb8liard

11 sw. Basel

4 sw. Mühlhausen, n. in Didenheim

735/737

735/737

7 ö. Altkirch 10 sw. Altkirch

735/737

735/737

735/737

735/737

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

16 sw. Mühlhausen

8 w. L’Isle-s-le-Doubs

10 sw. Montb8liard

16 ö. Montb8liard

6 sw. Montb8liard

9 nw. Basel

8 nw. Altkirch

Lage

ALSGAU [Ajoie] Alsegaugensis; Alsgaugensis; Alsgogiensis; Algagensis; Elischowe; Alsgodiensium 735/737

heutiger Ortsname

! Belegorte

pagus: Ersterwähnung: Nota

188 Thomas Bauer

Sosis

Soye

6 w. L’Isle-s-le-Doubs

3 ö. L’Isle-s-le-Doubs, Gde. Saint-Maurice-Colombier

nicht eindeutig zuzuweisen (Ortsreihen aus zwei oder mehreren pagi): * 768/814 [Fälschung (Ende?) 12. Jh.] in pago Alsacense et in pago Algagense mit 14 Ortsnamen weitere Erwähnungen des pagus ohne Nennung von dazugehörigen Orten: (nach) 870; 968/992

nicht identifiziert [! nicht zu kartieren]: Lueris (1144)

S. Mauricius

Saint-Maurice

(Fortsetzung)

1040

1040

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

189

campus Vellii

Cariniaco

Casseago

Chamblay (?)

Charnay-lHs-Chalon

Chassey

Fraxino

Genreco

Germiniaco

Geveriaco

?

Frasne-les-MeuliHres (?)

Gendrey

Germigney

Gevry

Gray

Caviniaco

Badenem

Bans

Chevigny

Autsidingus

Auxange

Cattiliago

Alnoras

Annoire

Casellas

Emeningas

Amange

Chazelle

Adatens

(wüst) Adatens

Chatelay

ON Erstbeleg im pagus

787

4 ö. Montbarrey

42 nw. BesanÅon

787

787

8 s. Dole

717

787

7 sö. Auxonne 13 n. Dole

717

20 nö. Dole

787

17 sö. Dole 9 nö. Verdun-sur-le-Doubs

717

7 nö. Verdun-sur-le-Doubs 787

865/875

19 s. Gray, Gde. Mutigney

787

20 sö. Dole

787

787

787

951

970

nur Regest

Identifizierung fraglich

Identifizierung fraglich

aufgegangen in oder identisch mit Longepierre

(erster) Beleg Nota für 10.–12. Jh.

15 s. Dole

5 sw. Gendrey

22 sw. Dole

10 n. Dole

10 sö. Seurre

Lage

AMOUS Amauorum; Comauorum; Conmauorum; Ammauiorum; Ammauicorum; Amaorum; Amausensis; Amosensis; Emaus; Adamos 717

heutiger Ortsname

! Belegorte

Ersterwähnung:

pagus:

190 Thomas Bauer

Pagniaco

Pisadicio

Pontiliacus

Scolingus

Porlingus

Alblinus

Pagney

Peseux

Pontailler-sur-Saine

Port-Lesney

Pourlans

Saint-Aubin (?)

Salins-les-Bains

717 787

12 nö. Arbois 18 nö. Verdun-sur-le-Doubs

13 n. Auxonne

787

787

23 nö. Dole 16 sw. Dole

787

21 nö. Dole

Vigris

Voires

787 717

1 sw. Dole 8 ö. Ornans

nicht identifiziert [! nicht zu kartieren]: Reccus (787), Tingus (787)

Sentincus

Saviniacho

Santans

(wüst) Savigny (?)

787

Audinnaco

Ougney

717

18 nö. Gy

15 sö. Dole

Macereas

MaiziHres

787

19 sw. Dole

10 sö. Seurre

717

Longovico

Longwy-sur-le-Doubs

787

9 nö. Arbois

longa Petra

Longepierre

bei Tichey, 18 sw. Dole

787

15 nö. Verdun-sur-le-Doubs

Salinis

Lastriacense (finis)

(wüst) Latrecey

717

6 n. Poligny

787

Jadangos

Jallanges

15 sw. Dole

Grausone

Grozon

(Fortsetzung)

951

970

unsicher, ob Ort noch für den pagus gemeint

Identifizierung fraglich

515 (F): pagus BesanÅon 942: pagus Varais

Identifizierung fraglich

nur Regest 887 pagus Atuyer ; 11. Jh. pagus Oscheret

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

191

ON Erstbeleg im pagus

Monstore

(wüst) Monte Tauriaco (?)

ARLIER Arli Anfang 12. Jh.

heutiger Ortsname

! Belegorte

pagus: Ersterwähnung:

10 sw. Pontarlier, Gde. La RiviHre-Drugeon

Lage Anfang 12. Jh.

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

Identifizierung fraglich

Nota

192 Thomas Bauer

Cosancia

Cousance

21 sw. Lons-le-Saunier

11 nw. Saint-Ursanne

13 nw. Saint-Ursanne

16 nw. Saint-Claude

23 sw. Poligny

3 s. Arbois

Maisors

Curtis Uldulfi

Courtedoux

Maisod

Chuuiniacus

Chevenez (?)

15 nw. Saint-Claude

burgus Ledonis

Cerchiliaco

Charchilla 9. Jh. 9. Jh.

1184

ca. 1170

1184

1184

1184

1184

1184

1184

Identifizierung fraglich

Identifizierung fraglich

(nach) 1018 Fälschung um 800, ergänzt (nach) 1018

25 n. Genf, Stadt Nyon (1 n. des Zentrums)

9 nö. Arbois

Castellana

Changins

Changins (?)

Lons-le-Saunier

Bracon

Bracon

1184

1184

6 s. Lons-le-Saunier

13 sö. Lons-le-Saunier

La Ch.telaine

Bornaco

Bornay

1184

13 sw. Pontarlier

Bletis

Blye

1184

20 sö. Lons-le-Saunier

1184

1184

(erster) Beleg für Nota 10.–12. Jh.

10 n. Poligny

Domnus Petrus

Barasiaco

Bar8sia-sur-l’Ain

Dompierre-lesTilleuls

ecclesia S. Iusti

Arbois, Saint-Just

10 n. Poligny

12 sö. Seurre

21 sw. Lons-le-Saunier

Arbosio

Cousance, Saint-L8ger capella S. Leodegarii

Annores

Arbois

ON Erstbeleg im pagus Lage

BESANC¸ON Uesuncensis; Bisumtinensis; Bisuntinensis 515 (Fälschung, um 800, ergänzt [nach] 1018)

Annoire

heutiger Ortsname

! Belegorte

pagus: Ersterwähnung:

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

193

Mehenay

Miegens

Moirinco

Multua

Valle Nante

Ausiniaco

Aunoys

Pupillins

Rochetta

ecclesia S. Ciriaci

ecclesia S. Lupicini

abbatia S. Ursini

Salinum

Sigurosco

Villanoua

Villetta

Vincens

Mesnay

MiHges

Moirans-enMontagne

Mouthe

Nance

Oisenans

Onoz

Pupillin

Rochette

Saint-Cyr

Saint-Lupicin

Saint-Ursanne

Salins-les-Bains

Sirod

Villeneuve-d’Aval

Villette-lHs-Arbois

Vincent

9. Jh.

15 n. Lons-le-Saunier

2 nw. Arbois

1184

1184

1184

1184

6 sö. Champagnole 8 n. Arbois

(nach) 1018 Fälschung um 800, ergänzt (nach) 1018 717: pagus Amous 942: pagus Varais

1184

1184

11 nö. Arbois

16 w. Del8mont

6 w. Saint-Claude

7 nw. Arbois, Gde. Saint-Cyr-Montmalin

1184

1184

12 nw. Saint-Claude, Gde. Moirans-en-Montagne

1184

7 nö. Poligny

1184

1184

18 nw. Saint-Claude

10 nw. Lons-le-Saunier

12 nw. Lons-le-Saunier

1184

22 ö. Champagnole

(nach 1018) Fälschung um 800, ergänzt (nach) 1018

11 nö. Champagnole 1184

1184

1 ö. Arbois 12 nw. Saint-Claude

1184

13 sw. Champagnole

nicht identifiziert [! nicht zu kartieren]: Candrezel (1184), capella S. Georgii (1184) [bei Dompierre-les-Tilleuls?], ecclesia S. Saturnini (1184) [an der oberen Ain?], Serruins (1184)

Mariniaco

Marigny

(Fortsetzung)

194 Thomas Bauer

Balma

Uoltnaus

Carnonis castrum

Satgiacum

Montis

Salvamentum

Sylviniacum

Vincalis

Baume-les-Messieurs

Chapelle-Voland

Ch.teau-Chalon

Sagy

Saint-Martin-du-Mont

(wüst) Sauvement

Savigny-en-Revermont

Vincelles

um 930

4 n. Louhans

11 nw. Lons-le-Saunier

um 930

928/936

um 930

6 sö. Louhans in Mantry, 12 sw. Poligny

um 930

869

8 sö. Louhans

10 n. Lons-le-Saunier

853

869

8 nö. Lons-le-Saunier 20 nw. Lons-le-Saunier

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

Lage

Nota

weitere Erwähnungen des pagus ohne Nennung von dazugehörigen Orten: ca. 660; 1058/1065

nicht identifiziert [! nicht zu kartieren]: Appugniaco, Appuniacum, Aponiaco (um 930) [bei Mantry?], Vigniaco (um 930) [östlich von Louhans]

ON Erstbeleg im pagus

ESCUENS Scutingis; Scudingis; Scudensis; Scutiacensis; Scodingensis; Sconigensis; Scodingorum; Scotingorum; Scutengorum; Sindingorum; Exoens ca. 660

heutiger Ortsname

! Belegorte

Ersterwähnung:

pagus:

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

195

ON Erstbeleg im pagus

Pefferanga bzw. Pefferauga

Roabach

Phaffans (?)

Roppe

Datum Erstbeleg im pagus 792 792

Lage

7 nö. Belfort 6 nö. Belfort

PHAFFANS (oder PPROUSE?) Pefferauga bzw. Pefferanga 792

heutiger Ortsname

! Belegorte

pagus: Ersterwähnung:

möglich auch: das nahegelegene P8rouse, 4 sw. Phaffans

Nota

196 Thomas Bauer

Puscione

Albiniacum

Villare

Pusey

Saint-Marcel-lHs-Jussey

Villers-sur-Port

13 nw. Vesoul

19 s. Bourbonne

4 nw. Vesoul

17 ö. Langres, Gde. Haute-Amance

ca. 886

579

717

887

717

10 sö. Bourbonne 16 n. Vesoul

893

846

34 nö. Langres 18 s. Bourbonne

717

10. Jh.

940

940

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

6 n. Port-sur-Saine

Lage

weitere Erwähnungen des pagus ohne Nennung von dazugehörigen Orten: um 660; (nach) 870; ca. 1115

Faverniacum

Urtis villa

Hortes (?)

Eriffonuilla

Enfonvelle

Faverney

Borbona

Coldranico

Chauvirey

Dagomundi Curtis

Amoncourt (?)

Bourbonne-les-Bains

ON Erstbeleg im pagus

Identifizierung fraglich

Identifizierung fraglich

Nota

PORT-sur-Saine (Portois) Decollatinensis; Colatensis; Colerinsis; Portensis; Portinsis; Portuensis; Portunensis; Postinsis 579

heutiger Ortsname

! Belegorte

Ersterwähnung:

pagus:

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

197

Chiuriciaco

Cusciacus

ecclesia S. Petri in Calme Arlicana

Frascino

Jusanum monasterium

Salinis

?

Oseyas

molendinum unum intra nostram urbem ad radicem S. Stephani montis

(?)

Cussey-surl’Ognon

Dompierre-leTilleuls

Frasne

Jussamo0tier

Salins-les-Bains

Tarcenay

Usiers

[eine Mühle]

942 vor 929

9 nö. Arbois 14 sö. BesanÅon

in BesanÅon, bei Saint-Ptienne-sur-leMont

1033

942

1033

40 sö. Gray, Stadt BesanÅon

10 nw. Pontarlier

942

942

1033

942

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

17 sw. Pontarlier

13 sw. Pontarlier

13 nw. BesanÅon

12 nw. Genf

Lage

nur Regest

515 (F): pagus BesanÅon 717: pagus Amous

Identifizierung fraglich

Nota

weitere Erwähnungen des pagus ohne Nennung von dazugehörigen Orten: (nach) 870; 968/992

nicht identifiziert [! nicht zu kartieren]: Cundamina campus (1033) [in BesanÅon], Froscingo (942) [nahe Pontarlier] nicht zu kartieren: (Gebiet) la Chaux-d’Arlier, Hochebene zwischen dem Doubs und dem Drugeon, südwestlich von Pontarlier : Calme Arlicana (942)

ON Erstbeleg im pagus

VARAIS Warascum; Warasch (nach) 870

heutiger Ortsname

! Belegorte

pagus: Ersterwähnung:

198 Thomas Bauer

ON Erstbeleg im pagus

Gradicum

Pontiliacum

Servoiolum

heutiger Ortsname

Gray-la-Ville

Pontailler-sur-Saine

S8veux

18 nö. Gray

20 sw. Gray

1 w. Gray

Lage

887

887

889/903

(erster) Beleg für 10.–12. Jh.

951 pagus Amous; 11. Jh. pagus Oscheret

Nota

ATUYER Atoariensis; Attoariensis; Attuariensis; Attuerinsis; Hattuerensis; Attoriensis; Atoerensis; Hatuariae; Attoarius; Atoriorum; Attariorum; Attoariorum; Atoariorum; Athoriarum; Attroariorum 658

! Belegorte des pagus ATUYER innerhalb der Diözese BesanÅon

Ersterwähnung:

pagus:

Orte angrenzender pagi, die innerhalb der Diözese BesanÅon liegen

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

199

Lovincensis (vicaria) Louincum

Louhans

Mont-lHs-Seurre Montaurum (?)

ON Erstbeleg im pagus

heutiger Ortsname

10 nö. Verdun-sur-leDoubs

27 nö. Tournus

Lage

855

924 1060/ 1061

Identifizierung fraglich, nach Kontext DLdSt 20 (878) aber wahrscheinlich

878 pagus Lyon; 924, 941, 956: pagus M.con

(erster) Beleg Nota für 10.–12. Jh.

! Belegorte des pagus CHALON innerhalb der Diözese BesanÅon

CHALON Cabilonensis; Cavilonensis; Kabilonensis; Cabillonensis; Cavillonensis; Cabilionensis; Cavillonis; Cabilonissis; Caplonensis; Calonensis; Capilonens; Cavlonensis; Chavilonensis; Gabilonensis; Cavillomensis; Capilonensis; Cabilonensium Ersterwähnung: [768/814 (Fälschung, [Ende?] 12. Jh.)]; 835

pagus:

200 Thomas Bauer

ON Erstbeleg im pagus

Senciaco

Kundis

Dordingo

Lovingo

Martiniaco

mons Cusella

Sintiacum

heutiger Ortsname

Chancia

Condes

Dortan

Louhans

Martigna

Montcusel

S8z8ria (?)

2 w. Orgelet

10 n. Oyonnax

12 w. Saint-Claude

27 nö. Tournus

6 n. Oyonnax

9 n. Oyonnax

9 n. Oyonnax

Lage

878

um 930

1184

1184

1184

1184

1184

Identifizierung fraglich

hart an der »Grenze« – evtl. doch außerhalb?

hart an der »Grenze« – evtl. doch außerhalb?

926 und 1060/1061: pagus Chalon 924, 941, 956: pagus M.con

hart an der »Grenze« – evtl. doch außerhalb?

hart an der »Grenze« – evtl. doch außerhalb?

hart an der »Grenze« – evtl. doch außerhalb?

(erster) Beleg für Nota 10.–12. Jh.

LYON Leudunensis; Lugdunensis; Lucdunensis; Lugdunensium; Ledunensis; Ludunemsis; Luddunus; Luddunensis; Ludunensis; Lugdunis; Lucdunensium [515 (Fälschung, um 800, ergänzt [nach] 1018)]; 739

! Belegorte des pagus LYON innerhalb der Diözese BesanÅon

Ersterwähnung:

pagus:

Erläuterungen zur Karte: Die pagi der Diözese Besançon (10.–12. Jahrhundert)

201

ON Erstbeleg im pagus

Lovingum

heutiger Ortsname

Louhans

27 nö. Tournus

Lage 924

878 pagus Lyon; 926 und 1060/1061: pagus Chalon

(erster) Beleg für Nota 10.–12. Jh.

MffCON Matisconensis; Matisconinsis; Matiscensis; Matisconens; Matascensis; Madasconensis; Matisconensium; Matasconensis; Madisconensis; Matiscensium; Matisconis; Maticessis; Maconensis; Matisconessis; Matisconsis; Matescensis; Matisconemsis; Matisconesis; Matisscensis; Masticonensis; Matissensis; Maticonensis; Madisconsis; Masconensis; Matiscunensis; Matisconus; Maticensis; Matischonensis; Matiscus; Matisconenssis; Masconemsis; Matismasconensis 739

! Belegorte des pagus MffCON innerhalb der Diözese BesanÅon

Ersterwähnung:

pagus:

202 Thomas Bauer