ZVG: Kommentar zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 9783814557052

This new commentary explains the complex interrelationships between Grundstückssachenrecht (Real Estate Property Law) an

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ZVG: Kommentar zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
 9783814557052

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Depré (Hrsg.) ZVG

ZVG Kommentar zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung 1. Auflage 2014

herausgegeben von Rechtsanwalt Peter Depré, Mannheim

bearbeitet von Rechtspfleger Walter Bachmann, Böchingen Rechtsanwalt Dr. Friedrich L. Cranshaw, Mutterstadt Rechtsanwalt Peter Depré, Mannheim Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Popp, Mannheim Rechtsanwalt Leif Holger Wedekind, Lüneburg

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH · Köln

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2014 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) zu vervielfältigen. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Inhaltsübersicht Seite Vorwort ....................................................................................................................... V Bearbeiterverzeichnis ............................................................................................... IX Literaturverzeichnis ................................................................................................. XI Kommentierung ZVG Erster Abschnitt

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 1 – 161)............................................................ 1

Erster Titel

Allgemeine Vorschriften (§§ 1 – 14) .................................. 1

Zweiter Titel I. II.

Zwangsversteigerung (§§ 15 – 145a) ............................... 167 Anordnung der Versteigerung (§§ 15 – 27) ...................... 167 Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens (§§ 28 – 34) ...................................................... 387 Bestimmung des Versteigerungstermins (§§ 35 – 43) ......................................................................... 421 Geringstes Gebot Versteigerungsbedingungen (§§ 44 – 65) .......................................................................... 455 Versteigerung (§§ 66 – 78).................................................. 623 Entscheidung über den Zuschlag (§§ 79 – 94) ................. 723 Beschwerde (§§ 95 – 104) .................................................. 807 Verteilung des Erlöses (§§ 105 – 145) ............................... 819 Grundpfandrechte in ausländischer Währung (§§ 145a) .......................................................................... 1017

III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. Dritter Titel

Zwangsverwaltung (§§ 146 – 161) ................................. 1025

Zweiter Abschnitt

Zwangsversteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 162 – 171n).................................................................. 1133

Erster Titel

Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken (§§ 162 – 171) ................................... 1133

Zweiter Titel

Zwangsversteigerung von Luftfahrzeugen (§§ 171a – 171n) ............................................................... 1251

Dritter Abschnitt

Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen (§§ 172 – 186)............................... 1305

VII

Inhaltsverzeichnis Anhang ZVG ZVGEG

Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ...................................................................... 1335

ZwVwV

Zwangsverwalterverordnung ........................................ 1339

Basiszinssätze

Basiszinssatz gemäß § 247 BGB und DÜG ................. 1347

Sterbetafel

2009/2011 Deutschland ................................................. 1349

Stichwortverzeichnis ........................................................................................... 1353

VIII

§ 141

Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss

zusehen. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 140 Abs. 5 ZVG; hiernach gilt eine im Vollstreckungsverfahren erfolgte Anmeldung auch für das Aufgebotsverfahren. 12

Bei einer Anmeldung, durch die jemand den hinterlegten Betrag für sich beansprucht,7) ist entweder das Aufgebotsverfahren bis zur endgültigen Entscheidung über das angemeldete Recht auszusetzen oder in dem Ausschließungsbeschluss das angemeldete Recht vorzubehalten (§ 440 FamFG); denn es ist nicht Aufgabe des Aufgebotsverfahrens, über materielle Fragen zu entscheiden. 7.

Ausschließungsbeschluss

13

Die Entscheidung über den Aufgebotsantrag ergeht in jedem Fall durch Beschluss. Wird der Antrag zurückgewiesen, kann sich nach § 59 Abs. 2 FamFG der Antragsteller dagegen mit Beschwerde wehren.

14

Das Aufgebotsverfahren endet mit Erlass eines Ausschließungsbeschlusses, der gemäß § 441 Satz 1 FamFG an den „Ausgeschlossenen“ öffentlich zuzustellen ist; hierfür gelten gemäß § 441 Satz 2 FamFG die §§ 186 bis 188 ZPO. Daneben wird der Beschluss an in Absatz 3 genannten Beteiligten von Amts wegen zugestellt.

15

Der Beschluss wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam (§ 439 Abs. 2 FamFG). Maßgeblicher Rechtsbehelf ist die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG, die innerhalb eines Monats einzulegen ist (§ 61 FamFG). III. Kosten

16

Das Aufgebotsverfahren wird nicht durch die Gebühren des Zwangsversteigerungsverfahrens mit abgegolten; vielmehr werden hierfür besondere Kosten erhoben. Nach GNotKG KVNr. 1512 Nr. 3 beträgt die Gerichtsgebühr 0,5. Der Wert hierfür ist gemäß § 36 Abs. 1 GNotKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Betracht kommt hier der Betrag, hinsichtlich dessen der unbekannte Berechtigte ausgeschlossen werden soll. Daneben kommen als Auslagen insbesondere die KVNr. 31002 (Zustellungspauschale von 3,50 €, aber erst ab der 11. Zustellung) und KVNr. 31004 (Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung) in Betracht.

17

Neben den Gerichtskosten können dem Antragsteller auch außergerichtlichen Kosten entstanden sein. Die Erstattung seiner gesamten Kosten kann er gemäß Absatz 6 aus dem zugeteilten Betrag verlangen. _____________ 7)

Weil er der z. B. wahre Berechtigte sei.

§ 141 Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss Nach der Erlassung des Ausschließungsbeschlusses hat das Gericht einen Termin zur weiteren Ausführung des Teilungsplans zu bestimmen. Die Terminsbestimmung ist dem Antragsteller und den Personen, welchen Rechte in dem Urteil vorbehalten sind, dem Vertreter des unbekannten Berechtigten sowie demjenigen zuzustellen, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war.

1002

Bachmann

Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss

§ 141

Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Verteilung nach dem Ausgebotsverfahren ............................................... 3 1. Besonderer Verteilungstermin ............. 3

I.

2. 3. 4.

Beteiligte ................................................ 4 Zuteilung ................................................ 5 Vorbehaltene Rechte und Widerspruch .......................................... 9

Allgemeines

Nach Erlass des Ausschließungsbeschlusses ist das Aufgebotsverfahren beendet. Das Vollstreckungsgericht muss nun für die Verteilung einen Termin zur weiteren Ausführung des Teilungsplans bestimmen (§ 141 ZVG).

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

2

II. Verteilung nach dem Ausgebotsverfahren 1.

Besonderer Verteilungstermin

Nach Rechtskraft (vgl. § 439 Abs. 2 FamFG) des Ausschließungsbeschlusses muss das Vollstreckungsgericht zur weiteren Ausführung des Teilungsplans von Amts wegen einen besonderen Verteilungstermin bestimmen (Satz 1). Dies geschieht nicht mehr im Rahmen des Aufgebotsverfahrens, sondern gehört (wieder) zum eigentlichen Zwangsversteigerungsverfahren. 2.

3

Beteiligte

Die Terminsbestimmung für diesen weiteren Verteilungstermin ist gemäß Satz 2 (nur) an folgende Beteiligte zuzustellen: –

an den Antragsteller des Aufgebotsverfahrens,



an alle Personen, denen im Ausschließungsbeschluss Rechte vorbehalten worden sind,



an den Ermittlungsvertreter,



an den Eigentümer des Grundstücks zum Zeitpunkt des Zuschlags.

3.

Zuteilung

In dem neuen Verteilungstermin wird der durch den Ausschließungsbeschluss frei gewordene Betrag an den Eventualberechtigten zugeteilt, der das Aufgebotsverfahren beantragt hat. Dies geschieht in folgender Reihenfolge: –

Gerichtskosten der nachträglichen Verteilung (vgl. hierzu § 109 Abs. 1 letzter Halbsatz),



Vergütung und Auslagen des Ermittlungsvertreters (§ 135 Satz 3 ZVG),



gerichtliche und außergerichtliche Kosten des Aufgebotsverfahrens (§ 140 Abs. 6 ZVG),



Ansprüche des (jetzt unbedingt) Zuteilungsberechtigten.

Die Hinterlegungsstelle wird vom Vollstreckungsgericht angewiesen, den nach § 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG hinterlegten Betrag insoweit an die Berechtigten zu überweisen.

Bachmann

1003

4

5

6

§ 142

Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag

7

Hatte der Ersteher das Meistbargebot nicht bezahlt, war im ursprünglichen Verteilungstermin gemäß § 118 ZVG eine (bedingte) Forderungsübertragung erfolgt. Hierfür wurde die Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG veranlasst. In diesem Fall ist durch den Ausschließungsbeschluss die ursprüngliche Bedingung bei der Forderungsübertragung weggefallen. Eine bereits eingetragene Sicherungshypothek muss insoweit auch berichtigt werden. Deshalb muss das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung ersucht werden.

8

Wenn noch weitere Eventualberechtigte vorhanden sind, die aber kein Aufgebotsverfahren beantragt haben, dann bleibt der für sie zur Verfügung stehende Erlös weiter unverteilt und hinterlegt. 4.

9

Vorbehaltene Rechte und Widerspruch

Diejenigen, deren Ansprüche im Ausschließungsbeschluss vorbehalten worden sind (vgl. § 440 FamFG), sind als Widersprechende zu behandeln (§ 115 Abs. 2 ZVG). Das weitere Verfahren richtet sich somit nach § 115 i. V. m. §§ 876 ff. ZPO. Dies bedeutet: –

Im Verteilungstermin wird über die Widersprüche verhandelt.



Auf Verlangen müssen die Widersprechenden ihre Ansprüche glaubhaft machen.



Kommt keine Einigung zustande, muss der Widersprechende seine Rechte mit einer Klage verfolgen (§ 878 ZPO). Die Monatsfrist hierfür beginnt mit diesem (neuen) Verteilungstermin.



Der Teilungsplan muss insoweit geändert werden, als jetzt dem (ursprünglichen) Eventualberechtigten erneut bedingt zugeteilt wird, jetzt aber nach § 124 Abs. 1 ZVG.

§ 142 Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag In den Fällen des § 117 Abs. 2 und der §§ 120, 121, 124, 126 erlöschen die Rechte auf den hinterlegten Betrag mit dem Ablauf von dreißig Jahren, wenn nicht der Empfangsberechtigte sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; derjenige, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war, ist zur Erhebung berechtigt. Die dreißigjährige Frist beginnt mit der Hinterlegung, in den Fällen der §§ 120, 121 mit dem Eintritt der Bedingung, unter welcher die Hinterlegung erfolgt ist. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Erlöschen der Rechte auf den hinterlegten Betrag .............................. 1. Betroffene Hinterlegungsfälle .............. 2. Erlöschensfrist ....................................... 3. Rechtsverlust des Empfangsberechtigten ...........................................

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4.

Erhebungsberechtigung des Eigentümers ......................................... 10 III. Landesrechtliche Vorschriften ......... 11 1. Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe .......................................... 12 2. Verfall der Hinterlegungsmasse an das Land ............................................... 13

Bachmann

§ 142

Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag

7

Hatte der Ersteher das Meistbargebot nicht bezahlt, war im ursprünglichen Verteilungstermin gemäß § 118 ZVG eine (bedingte) Forderungsübertragung erfolgt. Hierfür wurde die Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG veranlasst. In diesem Fall ist durch den Ausschließungsbeschluss die ursprüngliche Bedingung bei der Forderungsübertragung weggefallen. Eine bereits eingetragene Sicherungshypothek muss insoweit auch berichtigt werden. Deshalb muss das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung ersucht werden.

8

Wenn noch weitere Eventualberechtigte vorhanden sind, die aber kein Aufgebotsverfahren beantragt haben, dann bleibt der für sie zur Verfügung stehende Erlös weiter unverteilt und hinterlegt. 4.

9

Vorbehaltene Rechte und Widerspruch

Diejenigen, deren Ansprüche im Ausschließungsbeschluss vorbehalten worden sind (vgl. § 440 FamFG), sind als Widersprechende zu behandeln (§ 115 Abs. 2 ZVG). Das weitere Verfahren richtet sich somit nach § 115 i. V. m. §§ 876 ff. ZPO. Dies bedeutet: –

Im Verteilungstermin wird über die Widersprüche verhandelt.



Auf Verlangen müssen die Widersprechenden ihre Ansprüche glaubhaft machen.



Kommt keine Einigung zustande, muss der Widersprechende seine Rechte mit einer Klage verfolgen (§ 878 ZPO). Die Monatsfrist hierfür beginnt mit diesem (neuen) Verteilungstermin.



Der Teilungsplan muss insoweit geändert werden, als jetzt dem (ursprünglichen) Eventualberechtigten erneut bedingt zugeteilt wird, jetzt aber nach § 124 Abs. 1 ZVG.

§ 142 Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag In den Fällen des § 117 Abs. 2 und der §§ 120, 121, 124, 126 erlöschen die Rechte auf den hinterlegten Betrag mit dem Ablauf von dreißig Jahren, wenn nicht der Empfangsberechtigte sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; derjenige, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war, ist zur Erhebung berechtigt. Die dreißigjährige Frist beginnt mit der Hinterlegung, in den Fällen der §§ 120, 121 mit dem Eintritt der Bedingung, unter welcher die Hinterlegung erfolgt ist. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Erlöschen der Rechte auf den hinterlegten Betrag .............................. 1. Betroffene Hinterlegungsfälle .............. 2. Erlöschensfrist ....................................... 3. Rechtsverlust des Empfangsberechtigten ...........................................

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4.

Erhebungsberechtigung des Eigentümers ......................................... 10 III. Landesrechtliche Vorschriften ......... 11 1. Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe .......................................... 12 2. Verfall der Hinterlegungsmasse an das Land ............................................... 13

Bachmann

Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag

I.

§ 142

Allgemeines

Das ZVG sieht in manchen Fällen der Erlösverteilung die Hinterlegung von Geld vor. In den hierzu erforderlichen Ersuchen des Vollstreckungsgerichts an die Hinterlegungsstelle beim Amtsgericht müssen grundsätzlich auch die Empfangsberechtigten angegeben werden, für welche die Hinterlegungen erfolgen und ggf. die Bedingung, von der es abhängt, dass diese den hinterlegten Betrag in Empfang nehmen dürfen.

1

Ähnlich wie bei der Hinterlegung nach BGB, wo § 382 BGB das Erlöschen des Gläubigerrechts nach 30 Jahren vorsieht, erlöschen nach § 142 ZVG auch die Rechte des Empfangsberechtigten nach 30 Jahren, wenn dieser sich nicht vorher meldet. Nach diesem Zeitpunkt kann dann der Eigentümer zum Zeitpunkt des Zuschlags den hinterlegten Betrag beanspruchen.

2

Hierzu hat der Eigentümer aber regelmäßig nur ein Jahr Zeit; denn die landesrechtlichen Bestimmungen über die Hinterlegung sehen vor, dass in diesen Fällen die Hinterlegungsmasse nach insgesamt 31 Jahren dem betreffenden Land verfällt.

3

II. Erlöschen der Rechte auf den hinterlegten Betrag 1.

Betroffene Hinterlegungsfälle

In § 142 ZVG sind folgende Hinterlegungsfälle ausdrücklich aufgeführt: –

4

§ 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG Wenn bei der Ausführung des Teilungsplans die Auszahlung an den Berechtigten nicht erfolgen kann, ist der Betrag für diesen zu hinterlegen.



§ 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG Wenn der Anspruch aufschiebend bedingt ist, muss der Betrag für den Berechtigten hinterlegt werden.



§ 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG In den Fällen des § 92 Abs. 2 ZVG ist das Deckungskapital für den Berechtigten zu hinterlegen, aus dem dann die Rentenzahlungen zu leisten sind.



§ 124 Abs. 2 ZVG



§ 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG

Bei Erhebung eines Widerspruchs ist der streitige Betrag zu hinterlegen. Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, ist dieser Betrag für den unbekannten Berechtigten zu hinterlegen. 2.

Erlöschensfrist

Die nach den o. a. Vorschriften hinterlegten Beträge können zeitlich nicht unbeschränkt hinterlegt bleiben. Die Rechte der Empfangsberechtigten auf den hinterlegten Betrag erlöschen nach Ablauf von dreißig Jahren.

5

Diese Frist beginnt grundsätzlich mit der Hinterlegung, in den Fällen der §§ 120, 121 ZVG aber erst mit dem Eintritt der Bedingung, unter welcher die Hinterlegung erfolgt ist (Satz 2).

6

Bachmann

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§ 142 7

Da es sich hier um eine Ausschlussfrist und nicht um eine Notfrist handelt, ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich. 3.

8

9

Rechtsverlust des Empfangsberechtigten

Wenn der Berechtigte den hinterlegten Betrag nicht innerhalb von 30 Jahren in Anspruch genommen hat, verliert er alle Rechte an dem hinterlegten Betrag. Um dies zu verhindern, muss er also innerhalb der Frist tätig werden; das Gesetz spricht davon, dass er sich bei der Hinterlegungsstelle meldet. Hintzen1) verlangt dagegen, dass sich der Betreffende innerhalb der Frist als Berechtigter ausweist: –

in den Fällen der §§ 117 Abs. 2, 120, 121 ZVG bei der Hinterlegungsstelle,



in den Fällen der §§ 124 und 126 ZVG beim Vollstreckungsgericht.

Dies ist durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt. Nach § 142 ZVG muss sich der Berechtigte bei der „Hinterlegungsstelle melden“. Dass er aufgrund der bloßen „Meldung“ noch keine Auszahlung erreicht, ergibt sich aus den Hinterlegungsvorschriften (siehe Rz. 12 Fn. 3). Diese sehen in jedem Fall eine Herausgabeanordnung vor. Und diese ergeht nur, wenn die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist oder wenn die zuständige Behörde um Herausgabe an eine von ihr bezeichneten Person ersucht. Bei § 142 ZVG geht es aber (noch) nicht um die Auszahlung des hinterlegten Betrags, sondern nur um Verhinderung des Rechtsverlusts. 4.

10

Dreißigjährige Frist für hinterlegten Betrag

Erhebungsberechtigung des Eigentümers

Nach Ablauf der 30 Jahre fällt das Recht zu Erhebung des hinterlegten Betrags an den Eigentümer des Grundstücks zum Zeitpunkt des Zuschlags. Damit dieser den Betrag auch tatsächlich erhält, muss er bei der Hinterlegungsstelle die Auszahlung des hinterlegten Betrags beantragen. Dabei muss er seine Berechtigung nachweisen; hierzu gehört der Nachweis des Fristablaufs und damit indirekt auch der Nachweis des Fristbeginns durch Eintritt der Bedingung, unter der die Hinterlegung erfolgt ist.2) III. Landesrechtliche Vorschriften

11

Nachdem die bundeseinheitliche Hinterlegungsordnung (HinterlO) am 1.10 2010 außer Kraft getreten ist, haben die Bundesländer inzwischen eigene Gesetze erlassen, die sich in den wesentlichen Punkten gleichen. Hinterlegungsgeschäfte werden von Hinterlegungsstellen wahrgenommen; diese sind den Amtsgerichten zugewiesen. Daneben gibt es Hinterlegungskassen. 1.

12

Erlöschen des Anspruchs auf Herausgabe

Die einzelnen Hinterlegungsgesetze sehen in den in § 142 ZVG genannten Fällen der Hinterlegung vor, dass der Anspruch auf Herausgabe mit dem Ablauf von 31 _____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 142 Rz. 5. Und spätestens hier wird deutlich, dass in diesen Fällen nicht mehr das Vollstreckungsgericht zuständig ist, auch wenn in den Fällen des §§ 124 und 126 ZVG im Normalfall die Hinterlegungsstelle vom Vollstreckungsgericht um Auszahlung ersucht wird. Nach 30 Jahren befinden sich die Versteigerungsakten regelmäßig gar nicht mehr beim Vollstreckungsgericht.

1006

Bachmann

§ 143

Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung

Jahren erlischt, wenn nicht bis zu diesem Zeitpunkt ein begründeter Antrag auf Herausgabe vorliegt. Die Frist beginnt mit der Hinterlegung, in den Fällen der §§ 120, 121 ZVG mit dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung eingetreten ist, unter der hinterlegt ist. Kann der Eintritt der Bedingung nicht ermittelt werden, so beginnt die Frist mit dem Ablauf von zehn Jahren seit der Hinterlegung oder, wenn die Bedingung erst in einem späteren Zeitpunkt eintreten konnte, mit dem Ablauf von zehn Jahren seit diesem Zeitpunkt.3) 2.

Verfall der Hinterlegungsmasse an das Land

Dass mit dem Erlöschen des Anspruchs die Hinterlegungsmasse dem betreffenden Land zufällt, ist ebenfalls in sämtlichen Hinterlegungsgesetzen vorgesehen.4) _____________ 3)

4)

So z. B. § 20 HintO Rheinland-Pfalz in der Fassung v. 12.10.1995. Ähnliche Regelungen gelten in den übrigen Ländern. Im Einzelnen sind dies: Bayern: Art. 25 BayHintG v. 23.11.2010; Baden-Württemberg: § 27 HintG BW v. 11.5.2010; Berlin: § 22 BerlHintG, in Kraft seit 21.4.2011; Brandenburg: § 26 BbgHintG v. 3.11.201; Bremen: § 27 BremenHintG v. 31.8.2010; Hamburg: § 27 HambHintG v. 25.11.2010; Hessen: § 28 HessHintG v. 8.10.2010; Mecklenburg-Vorpommern: § 27 HintG M-V v. 9.11.2010; Niedersachsen: § 20 NHintG v. 9.11.2012, in Kraft seit 1.3.2013; Nordrhein-Westfalen: § 27 HintG NRW v. 16.3.2010; Rheinland-Pfalz: § 20 HintO RP v. 12.10.1995; Saarland: § 27 SaarlHintG v. 18.11.2010; Sachsen: § 27 SächsHintG v. 11.6.2010; Sachsen-Anhalt: § 28 HintG LSA v. 22.3.2010; Schleswig-Holstein: § 27 HintG SH v. 12.11.2010; Thüringen: § 26 ThürHintG v. 9.9.2010. So z. B. § 23 HintO Rheinland-Pfalz.

§ 143 Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung Die Verteilung des Versteigerungserlöses durch das Gericht findet nicht statt, wenn dem Gericht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird, daß sich die Beteiligten über die Verteilung des Erlöses geeinigt haben. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Außergerichtliche Einigung über die Erlösverteilung ............................... 1. Einigung der Beteiligten ....................... 2. Nachweis der Einigung .........................

1 4 4 7

3. Zeitpunkt des Nachweises .................... 9 4. Wirkung der Einigung ......................... 10 III. Eingeschränkte Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts ...................... 11

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§ 143

Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung

Jahren erlischt, wenn nicht bis zu diesem Zeitpunkt ein begründeter Antrag auf Herausgabe vorliegt. Die Frist beginnt mit der Hinterlegung, in den Fällen der §§ 120, 121 ZVG mit dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung eingetreten ist, unter der hinterlegt ist. Kann der Eintritt der Bedingung nicht ermittelt werden, so beginnt die Frist mit dem Ablauf von zehn Jahren seit der Hinterlegung oder, wenn die Bedingung erst in einem späteren Zeitpunkt eintreten konnte, mit dem Ablauf von zehn Jahren seit diesem Zeitpunkt.3) 2.

Verfall der Hinterlegungsmasse an das Land

Dass mit dem Erlöschen des Anspruchs die Hinterlegungsmasse dem betreffenden Land zufällt, ist ebenfalls in sämtlichen Hinterlegungsgesetzen vorgesehen.4) _____________ 3)

4)

So z. B. § 20 HintO Rheinland-Pfalz in der Fassung v. 12.10.1995. Ähnliche Regelungen gelten in den übrigen Ländern. Im Einzelnen sind dies: Bayern: Art. 25 BayHintG v. 23.11.2010; Baden-Württemberg: § 27 HintG BW v. 11.5.2010; Berlin: § 22 BerlHintG, in Kraft seit 21.4.2011; Brandenburg: § 26 BbgHintG v. 3.11.201; Bremen: § 27 BremenHintG v. 31.8.2010; Hamburg: § 27 HambHintG v. 25.11.2010; Hessen: § 28 HessHintG v. 8.10.2010; Mecklenburg-Vorpommern: § 27 HintG M-V v. 9.11.2010; Niedersachsen: § 20 NHintG v. 9.11.2012, in Kraft seit 1.3.2013; Nordrhein-Westfalen: § 27 HintG NRW v. 16.3.2010; Rheinland-Pfalz: § 20 HintO RP v. 12.10.1995; Saarland: § 27 SaarlHintG v. 18.11.2010; Sachsen: § 27 SächsHintG v. 11.6.2010; Sachsen-Anhalt: § 28 HintG LSA v. 22.3.2010; Schleswig-Holstein: § 27 HintG SH v. 12.11.2010; Thüringen: § 26 ThürHintG v. 9.9.2010. So z. B. § 23 HintO Rheinland-Pfalz.

§ 143 Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung Die Verteilung des Versteigerungserlöses durch das Gericht findet nicht statt, wenn dem Gericht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird, daß sich die Beteiligten über die Verteilung des Erlöses geeinigt haben. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Außergerichtliche Einigung über die Erlösverteilung ............................... 1. Einigung der Beteiligten ....................... 2. Nachweis der Einigung .........................

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3. Zeitpunkt des Nachweises .................... 9 4. Wirkung der Einigung ......................... 10 III. Eingeschränkte Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts ...................... 11

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§ 143 I.

Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung

Allgemeines

1

Der Versteigerungserlös wird grundsätzlich vom Vollstreckungsgericht verteilt (§§ 105 ff. ZVG). Abweichend hiervon können die Beteiligten auch zwei außergerichtliche Wege beschreiten. Die Verteilung durch das Gericht unterbleibt: – wenn dem Gericht eine Einigung über die Erlösverteilung nachgewiesen wird (§ 143), – wenn der Ersteher nachweist, dass er die Zuteilungsberechtigten befriedigt hat oder von diesen als alleiniger Schuldner angenommen worden ist (§ 144).

2

In beiden Fällen sind gemäß § 145 ZVG bestimmte Verfahrensvorschriften entsprechend anzuwenden.

3

§ 143 ZVG gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG. Auch im Zwangsverwaltungsverfahren findet die Vorschrift Anwendung (§ 160 ZVG). Die praktische Bedeutung beider Verfahrensarten ist aber äußerst gering. II. Außergerichtliche Einigung über die Erlösverteilung 1.

5

Einigung der Beteiligten

Die Einigung der Beteiligten muss sich auf die Verteilung des Erlöses beziehen. Nach Ansicht von Stöber1) gehört hierzu auch der Anspruch auf die nach § 109 Abs. 1 ZVG vorweg zu entnehmenden Kosten. Konsequenterweise verlangt er damit auch die Mitwirkung der Gerichtskasse (bzw. Landesjustizkasse oder Landesoberkasse) bei der Einigung. Die Einigung muss sich über den gesamten Erlös erstrecken; ansonsten müsste der gesamte Erlös durch das Vollstreckungsgericht verteilt werden. An der Einigung müssen alle mitwirken, welche einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Erlös haben. Damit scheiden Mieter und Pächter aus; denn sie haben keinen Befriedigungsanspruch. Zu den Beteiligten gehört auch derjenige, der sein angemeldetes Recht noch glaubhaft machen muss (§ 145 i. V. m. § 105 Abs. 2 Satz 2 ZVG). Mitwirken muss auch ein Beteiligter, dessen der Versteigerung entgegenstehendes Recht sich nun auf den Versteigerungserlös erstreckt. Auch der Nießbrauchsberechtigte oder Pfandrechtsgläubiger an einem Befriedigungsrecht muss zustimmen. Streitig dagegen wird die Frage beantwortet, ob folgende Personen mitwirken müssen: – Der Ersteher, der nicht auch zuteilungsberechtigt ist, ist kein Beteiligter (vgl. § 9 ZVG); damit ist seine Erklärung dem Vollstreckungsgericht gegenüber nicht nachzuweisen.2) – Hinsichtlich der Gerichtskasse, für welche die Gerichtskosten vorweg zu entnehmen sind, ist eine Mitwirkung nicht erforderlich. Die entsprechenden Kosten sind vom Ersteher an die Gerichtskasse zu überweisen.3) _____________ 1) 2) 3)

Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.3; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 143 Rz. 3; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 143 Rz. 3 und 8. So Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.3 a); a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 143 Rz. 6: Zu beteiligen ist der Ersteher, da mit ihm Zahltag und Zahlungsweise zu vereinbaren sind. So auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 143 Rz. 3; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 143 Rz. 8; a. A. Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.3.

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Bachmann

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Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung



§ 143

Ausfallende Beteiligte müssen auch mitzuwirken; denn ansonsten könnte ihr Recht auf Erhebung eines Widerspruchs gegen die Zuteilung an einen anderen „unterlaufen“ werden.4) Demnach muss auch der Vollstreckungsschuldner mitwirken.5)

Aus der Einigung muss ersichtlich sein, auf welche Art der Erlös verteilt wird und wer was erhält. Inhaltlich kann sie zwar von einer Erlösverteilung nach den für das Vollstreckungsgericht geltenden Vorschriften abweichen; aber bestimmt muss sie sein. Verteilt wird der vom Ersteher bezahlte Betrag oder (bei Nichtzahlung) die Forderung gegen diesen. Eine Forderungsübertragung durch das Vollstreckungsgericht gemäß § 118 ZVG kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht; vielmehr müsste der Forderungsübergang durch Einigung der Anspruchsberechtigten mit dem Schuldner herbeigeführt werden (§§ 398 ff. BGB). Auch die Eintragung einer Sicherungshypothek nach § 128 ZVG kommt hier nicht in Betracht; die Eintragung eines Grundpfandrechts müsste rechtsgeschäftlich herbeigeführt werden (§§ 1113 ff. BGB). 2.

6

Nachweis der Einigung

Die Einigung muss dem Vollstreckungsgericht in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen werden. Es muss auch die Berechtigung der Personen nachgewiesen werden, welche die Erklärung (mit-)abgegeben haben. So ist z. B. bei einem Briefrecht auch der Grundpfandrechtsbrief vorzulegen, eventuelle Abtretungserklärungen sind ebenfalls einzureichen (§ 1155 BGB). Die Vollmacht eines rechtsgeschäftlichen Vertreters muss ebenfalls in der Form des § 143 ZVG nachgewiesen werden.

7

Wer die entsprechenden Unterlagen vorlegt, ist unerheblich; es müssen dem Vollstreckungsgericht nur sämtliche erforderlichen Erklärungen vorliegen, damit dieses vom gerichtlichen Verteilungsverfahren absehen kann.

8

3.

Zeitpunkt des Nachweises

Da das Gesetz keine Angabe darüber enthält, bis wann spätestens die Einigung nachgewiesen sein muss, kann diese Frage nur aus dem Gesamtzusammenhang beantwortet werden. Nach Stöber kann die Einigung nur bis zu Beginn der Ausführung des Teilungsplans im Verteilungstermin nachgewiesen werden; denn danach hat das Vollstreckungsgericht schon über den Erlös verfügt.6) 4.

Wirkung der Einigung

Die außergerichtliche Einigung wirkt wie eine Befriedigung aus dem Grundstück. Die Forderung des Zuteilungsberechtigten steht in der durch die Einigung festgelegten Höhe endgültig fest. Eine Hypothek zur Sicherung dieser Forderung kann nur auf entsprechende Bewilligung des Erstehers im Grundbuch eingetragen

_____________ 4) 5) 6)

9

So auch Stöber, ZVG, Rz. 2.3; a. A. offenbar Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 143 Rz. 6 mit Fn. 3. So auch Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.3. Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.3 d); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 143 Rz. 8.

Bachmann

1009

10

§ 143

Außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung

werden. Da die Forderung aber auch nach §§ 132, 133 ZVG vollstreckbar ist,7) kann auch eine entsprechende Zwangssicherungshypothek eingetragen werden (§ 866 ZPO). III. Eingeschränkte Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts 11

Zunächst hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen, ob die Erklärungen sämtlicher Beteiligter in der erforderlichen Form vorliegen. Fehlende Zustimmungen oder Nachweise (Vollmachten, Grundpfandrechtsbriefe) können mit Zwischenverfügung durch das Gericht nachgefordert werden. Werden die Mängel nicht behoben, dann muss das Gericht das „normale“ Verteilungsverfahren gemäß §§ 105 ff. ZVG durchführen. Hierfür bedarf es keiner besonderen Entscheidung.8) Das Gericht bestimmt vielmehr einen Verteilungstermin oder führt einen bereits anberaumten Termin durch.

12

Sind die Voraussetzungen des § 143 ZVG jedoch erfüllt, wird ein bereits bestimmter Verteilungstermin wieder aufgehoben, ein bereits begonnener Termin wird abgebrochen. Falls ein Verteilungstermin noch gar nicht bestimmt war, unterbleibt eine entsprechende Terminsbestimmung. Das weitere Vorgehen des Gerichts ist in § 145 ZVG näher beschrieben.

13

Wenn das Gericht angenommen hat, dass die Voraussetzungen des § 143 vorliegen und deshalb vom gerichtlichen Verteilungsverfahren abgesehen hat oder umgekehrt, dann kann hiergegen Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden. Wenn der Beschwerdeführer vorher gehört worden ist, dann ist die sofortige Beschwerde gegeben (§ 793 ZPO).

14

Kostenrechtlich wirkt sich die Einigung wie folgt aus:

Nach Nr. 2216 KV GKG beträgt die Gerichtsgebühr für das Verteilungsverfahren nicht wie sonst 0,5 (= Nr. 2215 KV GKG), sondern nur 0,25. Wenn die Bestimmung des Verteilungstermins ganz unterbleibt, entfallen auch die entsprechenden Zustellungsauslagen (vgl. § 105 Abs. 2 ZVG). Damit sind die aus der Teilungsmasse vorweg zu entnehmenden Kosten entsprechend geringer. 15

Auf der anderen Seite entstehen den Beteiligten jedoch Kosten für die erforderlichen Beurkundungen oder Unterschriftsbeglaubigungen. Diese muss aber zunächst jeder Beteiligte selbst tragen. Daher ist es sinnvoll, in der Einigung auch diese Kosten mit zu regeln.

_____________ 7) 8)

Die Vollstreckungsklausel müsste hier auf Gläubigerseite gemäß § 727 ZPO umgeschrieben werden. So Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.5; a. A. Dassler/Schiffhauer u. a.-Hintzen, ZVG, § 143 Rz. 10: Aus Gründen der Rechtssicherheit ist das Ergebnis der Prüfung durch einen förmlichen Beschluss festzustellen; vermittelnd Löhnig/Hannemann, ZVG, § 143 Rz. 9: Förmliche Entscheidung ist nicht vorgesehen, wird jedoch teilweise für sinnvoll erachtet.

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Bachmann

§ 144

Außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten

§ 144 Außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten (1) Weist der Ersteher oder im Falle des § 69 Abs. 3 der für mithaftend erklärte Bürge dem Gericht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nach, daß er diejenigen Berechtigten, deren Ansprüche durch das Gebot gedeckt sind, befriedigt hat oder daß er von ihnen als alleiniger Schuldner angenommen ist, so sind auf Anordnung des Gerichts die Urkunden nebst der Erklärung des Erstehers oder des Bürgen zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle niederzulegen. Die Beteiligten sind von der Niederlegung zu benachrichtigen und aufzufordern, Erinnerungen binnen zwei Wochen geltend zu machen. (2) Werden Erinnerungen nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist erhoben, so beschränkt sich das Verteilungsverfahren auf die Verteilung des Erlöses aus denjenigen Gegenständen, welche im Falle des § 65 besonders versteigert oder anderweit verwertet worden sind. Übersicht I. II. 1. 2. 3. III. 1. 2.

Allgemeines .......................................... 1 Außergerichtliche Befriedigung ........ 4 Gegenstand und Umfang ...................... 4 Nachweise .............................................. 7 Wirkung ................................................. 8 Aufgaben des Vollstreckungsgerichts .................................................. 9 Prüfung .................................................. 9 Entscheidung ....................................... 11

I.

Allgemeines

3. 4.

Niederlegung der Urkunden .............. 13 Benachrichtigung mit Aufforderung ...................................................... 14 5. Erinnerung ........................................... 15 IV. Sonstiges .............................................. 16 1. Widerspruch ........................................ 16 2. Behandlung der Bietsicherheit ............ 18 3. Rechtsbehelf ........................................ 19 4. Kosten .................................................. 20

§ 144 ZVG sieht eine weitere Möglichkeit einer außergerichtlichen Verteilung des Versteigerungserlöses vor. Aber anders als bei § 143 ZVG sind hier nur Erklärungen der Beteiligten erforderlich, die eine Zuteilung zu bekommen haben. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, wird aber auch hier kein gerichtliches Verteilungsverfahren durchgeführt; jedoch obliegt dem Vollstreckungsgericht eine Überwachungspflicht.

1

Auch hier sind gemäß § 145 ZVG verschiedene Vorschriften aus dem „normalen“ Verteilungsverfahren anzuwenden (Einzelheiten bei § 145).

2

§ 144 ZVG gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Über § 160 ZVG gilt die Vorschrift auch im Zwangsverwaltungsverfahren.

3

II. Außergerichtliche Befriedigung 1.

Gegenstand und Umfang

Gegenstand der außergerichtlichen Befriedigung ist der Zwangsversteigerungserlös aus dem Meistbargebot. Der Erlös aus einer besonderen Versteigerung oder einer anderweitigen Verwertung (§ 65 ZVG) gehört nicht dazu; dieser Erlös wird immer durch das Gericht verteilt (vgl. Abs. 2 Halbs. 2). Die außergerichtliche Verteilung muss aber den gesamten Erlös aus dem Meistbargebot (einschließlich Bar-

Bachmann

1011

4

§ 144

Außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten

gebotszinsen) umfassen; eine teilweise gesetzliche und teilweise außergerichtliche Verteilung sieht das ZVG nicht vor. 5

Wie bei § 143 ZVG besteht auch bei § 144 ZVG unter den Kommentatoren Streit über die Frage, ob die nach § 109 Abs. 2 ZVG vorweg zu entnehmenden Kosten an dem außergerichtlichen Verfahren teilnehmen müssen oder ob diese Kosten „ohne weiteres Verfahren“ aus dem Erlös vorweg entnommen werden, also vom Ersteher an die Gerichtskasse überwiesen bzw. aus der hinterlegten Bietsicherheit des Meistbietenden befriedigt werden, indem das Vollstreckungsgericht eine entsprechende Umbuchungsanordnung veranlasst. Die überwiegende Ansicht spricht sich für die letztgenannte Möglichkeit aus.1)

6

Mit der Wirkung des § 144 ZVG können neben dem Ersteher auch der nach § 69 Abs. 3 ZVG für mithaftend erklärte Bürge oder der gemäß § 81 Abs. 4 ZVG für mithaftend erklärte Meistbietende die Zuteilungsberechtigten befriedigen. Eine bestimmte Art der Befriedigung ist nicht vorgesehen; somit kommen neben der Zahlung auch Aufrechnung oder Hinterlegung unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme (§§ 372, 378 BGB) in Betracht. Anstelle der Befriedigung sieht Absatz 1 Satz 1 Alt. 2 auch die Möglichkeit vor, dass der Ersteher bzw. Bürge oder der für mithaftend erklärte Meistbietende vom Zuteilungsberechigten als alleiniger Schuldner angenommen wurde. Wenn der Ersteher selbst etwas aus dem Erlös zusteht, dann ist auch seine Erklärung erforderlich; sie bedarf aber nicht der Form des § 144 ZVG. Die Zustimmung des Vollstreckungsschuldners ist nicht erforderlich, es sei denn, er würde auch etwas aus dem Erlös erhalten. 2.

7

3. 8

Nachweise

Der Ersteher, der für mithaftend erklärte Meistbietende oder der für mithaftend erklärte Bürge müssen dem Vollstreckungsgericht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, dass er alle Zuteilungsberechtigte befriedigt hat oder dass sie ihn als alleinigen Schuldner angenommen haben. Aus der Erklärung müssen sich der entsprechende Betrag und der Zeitpunkt der Befriedigung ergeben. Wirkung

Die Befriedigungserklärung oder die Annahme des Erstehers als alleiniger Schuldner bewirken, dass der bisherige Schuldner von seiner Schuld befreit wird und auch die Mitschuld eines Dritten (z. B. eines Bürgen) entfällt. III. Aufgaben des Vollstreckungsgerichts 1.

9

Prüfung

Ob alle erforderlichen Erklärungen in der richtigen Form vorliegen, muss das Vollstreckungsgericht prüfen. Diese Prüfung erstreckt sich auf folgende Punkte: –

Haben alle aus dem Erlös zu befriedigenden Berechtigten eine Erklärung abgegeben?

_____________ 1)

So auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 144 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 144 Rz. 3; a. A. Stöber, ZVG, § 144 Rz. 2.4.

1012

Bachmann

Außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten

§ 144



Haben sich die Berechtigten ausreichend legitimiert (z. B. durch Briefvorlage, durch Vorlage der Abtretungserklärung)?



Sind die Erklärungen inhaltlich vollständig (Höhe der Befriedigung; Zeitpunkt der Befriedigung)?



Liegen die Erklärungen in der richtigen Form (öffentlich beurkundet oder öffentlich beglaubigt) vor?

Um diese Prüfung durchführen zu können, muss das Gericht einen Kontrollteilungsplan aufstellen. Dieser richtet sich nach den allgemeinen Regeln und enthält demnach insbesondere die Teilungs- und Schuldenmasse. Hinsichtlich der richtigen Berechnung der Bargebotszinsen kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn die einzelnen Befriedigungserklärungen unterschiedliche Befriedigungszeitpunkte nennen. Die h. M.2) will die Zinsen bis zu dem Tag berechnen, den die einzelne Befriedigungserklärung aufweist. Bei unterschiedlichen Zeitpunkten wird hier der Ersteher also so gestellt, als hätte er das Meistbargebot in Teilbeträgen zu unterschiedlichen Tagen an das Vollstreckungsgericht gezahlt. 2.

10

Entscheidung

Kommt das Gericht bei der Prüfung zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 144 ZVG nicht vorliegen, so erlässt es bei behebbaren Mängeln eine Zwischenverfügung. Werden die Mängel nicht beseitigt, muss das Verteilungsverfahren vom Gericht durchgeführt werden. Ein förmlicher Beschluss ist hierfür nicht erforderlich; es wird vielmehr ein Verteilungstermin bestimmt.

11

Liegen dagegen die Voraussetzungen des § 144 ZVG vor, wird ein bereits angesetzter Verteilungstermin wieder aufgehoben, ein bereits begonnener Termin wird unterbrochen.

12

3.

Niederlegung der Urkunden

Daraufhin hat das Gericht die Erklärung des Erstehers bzw. des Bürgen oder des für mithaftend erklärten Meistbietenden mit den Urkunden zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle niederzulegen (Abs. 1 Satz 1). 4.

Benachrichtigung mit Aufforderung

Sämtliche Beteiligte sind gemäß Absatz 1 Satz 2 von der Niederlegung zu benachrichtigen und aufzufordern, Erinnerung binnen zwei Wochen geltend zu machen. Diese Aufforderung ist von Amts wegen zuzustellen. Zu den Beteiligten gehören hier auch diejenigen, welche nach dem Kontrollteilungsplan ausfallen, sowie die, welche ihr angemeldetes Recht noch glaubhaft machen müssen. Ob die Gerichtskasse dazu gehört, hängt davon ab, wie die Frage beantwortet wird, ob die aus dem Erlös vorweg zu entnehmenden Kosten an der außergerichtlichen Verteilung teilnehmen oder nicht (vgl. hierzu Rz. 5).

_____________ 2)

13

Stöber, ZVG, § 144 Rz. 2.5 c); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 144 Rz. 9; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 144 Rz. 8.

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14

§ 144 5. 15

Außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten

Erinnerung

Wenn ein Beteiligter rechtzeitig Erinnerung einlegt, dann findet kein Verfahren nach § 144 ZVG, sondern das „normale“ Verteilungsverfahren gemäß §§ 105 ff. ZVG statt. Die Frist von zwei Wochen ist eine Ausschlussfrist; sie kann nicht verlängert werden. Die Erinnerung muss nicht begründet werden. Ist sie völlig grundlos, sollte das Vollstreckungsgericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht darauf hinweisen und die Rücknahme der Erinnerung empfehlen; erzwungen werden kann die Rücknahme aber nicht. Der Erinnerungsführer kann seine Erinnerung bis zum Beginn der Ausführung der gerichtlichen Zuteilung zurücknehmen. IV. Sonstiges 1.

Widerspruch

16

Kommt es beim gerichtlichen Verteilungsverfahren zu einem Widerspruch gegen einen schon vom Ersteher befriedigten Berechtigten, dann ist Folgendes zu beachten:

17



Gegner der Widerspruchsklage ist der Ersteher, sogar dann, wenn der Schuldner einem vollstreckbaren Anspruch widerspricht (§ 115 Ab. 3 ZVG).3)



Wird der Widerspruch für begründet erklärt, muss der Ersteher nochmals zahlen. Von dem befriedigten Beteiligten kann er den vorher bezahlten Betrag nur mit Bereicherungsklage zurückfordern.4)

2.

Behandlung der Bietsicherheit

18

Wenn die dem Gericht vorgelegten Urkunden ergeben, dass die Anspruchsberechtigten ohne Inanspruchnahme der Bietsicherheit befriedigt worden sind, veranlasst das Vollstreckungsgericht die Rückgabe der Bietsicherheit an den Sicherheit Leistenden. Oft wird vereinbart sein, dass die Kosten des Verfahrens aus der Bietsicherheit zu entnehmen sind. In diesem Fall ist dann nur der Restbetrag an den Ersteher zurückzuzahlen. 3.

19

Rechtsbehelf

Wenn das Vollstreckungsgericht kein Verteilungsverfahren durchführt, obwohl fristgerecht eine Erinnerung eingelegt worden ist, kann dies mit Erinnerung nach § 766 ZPO angefochten werden. 4.

Kosten

20

Wird das Verfahren außergerichtlich durchgeführt, so ermäßigt sich die Verteilungsgebühr des Gerichts auf 0,25 (Nr. 2216 KV GKG). Wenn die Bestimmung des Verteilungstermins ganz unterbleibt, entfallen auch die entsprechenden Zustellungsauslagen (vgl. § 105 Abs. 2 ZVG). Damit sind die aus der Teilungsmasse vorweg zu entnehmenden Kosten entsprechend geringer.

21

Auf der anderen Seite entstehen dem Ersteher bzw. dem mithaftenden Bürgen oder dem mithaftenden Meistbietenden jedoch Kosten für die erforderlichen Beurkundungen oder Unterschriftsbeglaubigungen; denn die Beteiligten werden von diesem regelmäßig die Erstattung dieser Kosten verlangen. _____________ 3) 4)

BGH, Urt. v. 30.4.1980 – V ZR 159/78 = ZIP 1980, 577 Rpfleger 1980, 339 = NJW 1980, 2586. OLG Köln, Urt. v. 22.12.1982 – 2 U 57/82 Rpfleger 1983, 121.

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§ 145

Anzuwendende Vorschriften

§ 145 Anzuwendende Vorschriften Die Vorschriften des § 105 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 127, 130 bis 133 finden in den Fällen der §§ 143, 144 entsprechende Anwendung. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

Allgemeines .......................................... 1 Anwendbare Vorschriften .................. 2 § 105 Abs. 2 Satz 2 ZVG ....................... 2 § 127 ZVG ............................................. 3 § 130 ZVG ............................................. 4

I.

Allgemeines

4. 5. 6. 7.

§ 130a ZVG ............................................ 5 § 131 ZVG ............................................. 6 § 132 ZVG ............................................. 7 § 133 ZVG ............................................. 9

§ 145 ZVG regelt das weitere Verfahren des Gerichts in den Fällen der Einigung über die Erlösverteilung (§ 143 ZVG) und der außergerichtlichen Verteilung (§ 144 ZVG), indem es bestimmte Vorschriften aus dem gerichtlichen Verteilungsverfahren auch hier für anwendbar erklärt.

1

II. Anwendbare Vorschriften 1.

§ 105 Abs. 2 Satz 2 ZVG

Am Verfahren sind auch diejenigen beteiligt, die ihr Recht zwar angemeldet, aber noch nicht glaubhaft gemacht haben. 2.

§ 127 ZVG

Dem Vollstreckungsgericht vorgelegte Grundpfandrechtsbriefe über erloschene Rechts sind unbrauchbar zu machen. Bei zum Teil erloschenen Rechten ist ein entsprechender Vermerk auf dem Brief anzubringen. Vorgelegte Vollstreckungstitel sind „abzuquittieren“. Der Wortlaut der entsprechenden Vermerke ist in den Gerichtsakten zu vermerken; ein Protokoll (vgl. § 127 Abs. 3 ZVG) wird in den Fällen des §§ 143, 144 ZVG nicht erstellt. 3.

4

§ 130a ZVG

Auch nach einem der beiden in §§ 143, 144 ZVG genannten Verfahren kann der Antrag gemäß § 130a ZVG gestellt werden, eine Vormerkung für den Löschungsanspruch an einem bestehen bleibenden Recht einzutragen.1)

_____________ 1)

3

§ 130 ZVG

Nach Abschluss des Verfahrens hat das Gericht auch nach einer außergerichtlichen Verteilung des Erlöses das Grundbuchamt um Eintragung des Versteigerungsergebnisses zu ersuchen. Da in diesen Fällen jedoch keine Forderungsübertragung erfolgte, kommt die Eintragung von Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG hier nicht in Betracht. 4.

2

So Stöber, ZVG, § 144 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 144 Rz. 4; a. A. Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130a Rz. 10 und § 145 Rz. 5.

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5

§ 145 5. 6

Anzuwendende Vorschriften

§ 131 ZVG

Zur Löschung eines erloschenen Briefrechtes muss dem Grundbuchamt der entsprechende Grundpfandrechtsbrief nicht vorgelegt werden. Dasselbe gilt für die Eintragung der Vormerkung nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZVG. 6.

§ 132 ZVG

7

Wenn der Ersteher im Fall des § 143 ZVG nicht zahlt und die Forderung gegen ihn auf die Berechtigten übertragen wird, ist gegen den Ersteher die Zwangsvollstreckung wegen der persönlichen Forderung aus dem Zuschlagsbeschluss möglich. Eine Zwangsvollstreckung wegen der dinglichen Forderung kommt hier jedoch nicht in Betracht, weil im Rahmen des § 143 ZVG keine Sicherungshypotheken eingetragen werden.

8

In einem Verfahren nach § 144 ZVG kommt eine Zwangsvollstreckung dann nicht in Betracht, wenn sich die Berechtigten für befriedigt erklärt haben. Wenn der Ersteher jedoch von einem Berechtigten als alleiniger Schuldner angenommen worden ist, kann nach der entsprechenden Vereinbarung die Forderung fällig und vollstreckbar sein. In diesem Fall ist dem Berechtigten auf Antrag eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses zu erteilen. Wenn der Ersteher die Vollstreckbarkeit bestreitet, muss er Klage nach § 767 ZPO erheben. Wenn sich aus den eingereichten Urkunden jedoch ergibt, dass die Vollstreckbarkeit ausgeschlossen ist, darf auch keine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden. 7.

9

§ 133 ZVG

Zur Wiedervollstreckung in das ersteigerte Grundstück sieht § 133 ZVG bestimmte Erleichterungen vor. Diese treffen auch zu, wenn im Anschluss an ein Versteigerungsverfahren, in dem die Erlösverteilung nach § 143 oder § 144 ZVG erfolgt ist, eine Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss möglich ist.

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Bachmann

IX. Grundpfandrechte in ausländischer Währung § 145a Fremdwährungsgrundpfandrecht Cranshaw

Für die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, das mit einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld in einer nach § 28 Satz 2 der Grundbuchordnung zugelassenen Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Terminbestimmung muß die Angabe, daß das Grundstück mit einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld in einer nach § 28 Satz 2 der Grundbuchordnung zugelassenen Währung belastet ist, und die Bezeichnung dieser Währung enthalten.

2.

In dem Zwangsversteigerungstermin wird vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt und bekannt gemacht, welchen Wert die in der nach § 28 Satz 2 der Grundbuchordnung zugelassenen Fremdwährung eingetragene Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nach dem amtlich ermittelten letzten Kurs in Euro hat. Dieser Kurswert bleibt für das weitere Verfahren maßgebend.

3.

Die Höhe des Bargebots wird in Euro festgestellt. Die Gebote sind in Euro abzugeben.

4.

Der Teilungsplan wird in Euro aufgestellt.

5.

Wird ein Gläubiger einer in nach § 28 Satz 2 der Grundbuchordnung zulässigen Fremdwährung eingetragenen Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht vollständig befriedigt, so ist der verbleibende Teil seiner Forderung in der Fremdwährung festzustellen. Die Feststellung ist für die Haftung mitbelasteter Gegenstände, für die Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners und für die Geltendmachung des Ausfalls im Insolvenzverfahren maßgebend. Übersicht

I.

Normhintergrund und Normzweck ........................................... 1 1. Normhintergrund ................................. 1 2. Normfunktion des § 28 Satz 2 GBO .................................... 2 a) Text des § 28 GBO (Auszug) ......................................... 2 b) Normfunktion ............................... 3 c) Zugelassene Währungen ................ 5 3. Normfunktion des § 145a ZVG ........... 6 a) Schnittstellenfunktion des § 145a ZVG .................................... 6 b) Beispiel ............................................ 7 II. § 145a Nr. 1 ZVG ................................. 8

III. § 145a Nr. 2 ZVG – Vergleichbarkeit der Grundpfandrechte und Abwicklungsfähigkeit des Verfahrens ............................................. 9 IV. § 145a Nrn. 3, 4 ZVG – Einheitliche Angaben in Euro .......... 10 V. § 145a Nr. 5 ZVG – Rückkehr zur Fremdwährung .......... 11 1. Rückkehr zur Fremdwährung bei fehlender vollständiger Befriedigung des Fremdwährungsrechts ......... 11 2. Folgen der Feststellung gemäß § 145a Nr. 5 Satz 2 ZVG ..................... 14 a) Mitbelastete Gegenstände ........... 17 b) Maßgeblichkeit der Feststellung der persönlichen Verbindlichkeit .... 18

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§ 145a

1

Fremdwährungsgrundpfandrecht

I.

Normhintergrund und Normzweck

1.

Normhintergrund

Ein Grundpfandrecht muss als Folge des § 28 Satz 2 Grundbuchordnung zwingend in inländischer Währung bestellt und eingetragen werden. Die zitierte Norm der Grundbuchordnung gestattet als Ausnahme aber auch die Eintragung in bestimmten ausländischen Währungen auf der Grundlage einer Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium (zur GrPfREuroV siehe nachfolgend unter Rz. 5). 2.

Normfunktion des § 28 Satz 2 GBO1)

a) Text des § 28 GBO (Auszug) „§ 28 GBO

2 [Satz 1]…

Einzutragende Geldbeträge sind in inländischer Währung anzugeben; durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen kann die Angabe in einer einheitlichen europäischen Währung, in der Währung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder einer anderen Währung, gegen die währungspolitische Bedenken nicht zu erheben sind, zugelassen und, wenn gegen die Fortdauer dieser Zulassung währungspolitische Bedenken bestehen, wieder eingeschränkt werden.“ b) Normfunktion 3

Die Norm des § 28 Satz 2 GBO ermöglicht die formale bzw. bei ökonomischer Betrachtung die (anfängliche) währungswirtschaftliche Sicherstellung2) des Grundpfandgläubigers und Investors z. B. in die Finanzierung inländischer Immobilien durch die Eintragung eines Rechts in seiner ihm vertrauten oder doch gewählten Währung. Dadurch werden Währungskursrisiken des Grundpfandrechtsinhabers, d. h. des Kreditgebers, wenn man von der Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) als Beispiel ausgeht, aber nur tendenziell gemindert. Das Fremdwährungsrecht ist nicht nur auf die Immobilienfinanzierung im Inland beschränkt, mag hier auch der Schwerpunkt liegen. Das verbindende Band zwischen Grundpfandrecht und Forderung ist wie stets der Sicherungszweck des Finanzierungsgrundpfandrechts, so dass auch das Fremdwährungsrecht jede Finanzierung weltweit besichern kann. Man denke als Beispiel an den vor einigen Jahren (nahezu europaweit) kreierten kurzfristigen Geldmarktkredit in Schweizer Franken (SFr/CHF) durch eine inländi_____________ 1) 2)

Grundbuchordnung (GBO) i. d. F. d. Gesetzes v. 10. Oktober 2013, BGBl. I 2013, 3786. Die Absicherung gegen Kursrisiken kann nur außerhalb des dinglichen Rechts durch komplexe Kurs- bzw. Währungssicherungsgeschäfte (die z. T. mit Zinssicherungsgeschäften verbunden werden) mit schuldrechtlicher Wirkung erfolgen, deren Risiken wiederum grundpfandrechtlich für den beteiligten Finanzgläubiger nur über den Sicherungsvertrag des Grundpfandrechts abgedeckt werden können. Alle diese Vorgänge bewegen sich außerhalb des Immobiliarvollstreckungsverfahrens. Diese Sicherungsgeschäfte sind Finanzmarktprodukte mit hohem Beratungsbedarf und sie sind ihrerseits mit Risiken behaftet; geeignete Produkte sind sachgerecht und unverzichtbar. Ihre Bezeichnung ist ganz unterschiedlich und im Ergebnis anbieterspezifisch (z. B. „Optionsgeschäft“, „Derivate“, „Währungsswap“), irgendwelche einheitlichen Definitionen gibt es nicht.

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§ 145a

Fremdwährungsgrundpfandrecht

sche Bank, der zur vorübergehenden Investitionsfinanzierung verwendet werden soll und der auf inländischem Grundbesitz durch eine Grundschuld abgesichert wird. § 28 Satz 2 GBO gestattet, die Ermächtigung zu Fremdwährungsgrundpfandrechten auf dem Verordnungsweg auch wieder einzuschränken, wenn sich nach Zulassung „währungspolitische Bedenken“ im Hinblick auf die Gesamtsituation oder einzelne Währungen ergeben.

4

c) Zugelassene Währungen § 28 Satz 2 GBO erlaubt keine Grundpfandrechte in beliebiger Währung, sondern nur solche, die in einer entsprechenden Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums im Einvernehmen mit dem (für das Währungsrecht zuständigen) Finanzministerium bezeichnet sind. Die einschlägige GrPfREuroV3) gestattet in § 1 die Angabe von Geldbeträgen in: (1) Euro (§ 1 Nr. 1 GrPfREuroV), (2) der Währung eines Mitgliedstaates der EU (§ 1 Nr. 2 GrPfREuroV). Da die Regelung dynamisch ist, können auch Grundpfandrechte in Währungen von Mitgliedstaaten eingetragen werden, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung noch keine Mitgliedstaaten waren. Dazu gehören (Stichtag 1.9.2014) Großbritannien (das brit. Pfund wäre insoweit die bedeutendste Währung), Bulgarien, Dänemark, Kroatien, Litauen (Euro ab 1.1.2015), Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien, Ungarn. Währungen der weiteren Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums sind entgegen der Verordnungsermächtigung des § 28 GBO nicht zugelassen; da Liechtenstein den Schweizer Franken zur Währung hat, sind lediglich noch Norwegen und Island betroffen, deren Währungen nicht eintragungsfähig wären. (3) Schweizer Franken (SFr/CHF, § 1 Nr. 3 GrPfREuroV). (4) US-$ (§ 1 Nr. 4 GrPfREuroV). SFr/CHF und US-$ sind Währungen, gegen die im Sinne des § 28 Satz 2 GBO keine „währungspolitischen Bedenken“ bestehen. Ab 1.1.2002 konnten keine Grundpfandrechte in Währungen mehr eingetragen oder in der Summe in der bisherigen Währung verändert werden, die durch den Euro zu jenem Zeitpunkt ersetzt wurden (§ 2 Satz 1 GrPfREuroV). Die Vorschrift gilt entsprechend für Währungen von Mitgliedstaaten, die nach dem 1.1.2002 den Euro übernommen haben oder noch übernehmen. Satz 2 der Norm ist wesentlich, denn bestehende Grundpfandrechte bleiben unberührt. Die in Vorgängerwährungen des Euro eingetragenen Rechte werden also konserviert, obwohl der Euro eingeführt wurde. Das hat im Folgenden zu erörternde Konsequenzen für § 145a ZVG und die Parallelvorschriften. Die Verordnung gilt für die Grundpfandrechte Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, aber analog auch für die Reallast (§ 3 GrPfREuroV). _____________ 3)

Verordnung über Grundpfandrechte in ausländischer Währung und in Euro v. 30.10.1997, BGBl. I 1997, 2683, I 1998, 4023.

Cranshaw

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5

§ 145a 3.

Fremdwährungsgrundpfandrecht

Normfunktion des § 145a ZVG

a) Schnittstellenfunktion des § 145a ZVG 6

Durch die Optionen, die § 28 Satz 2 GBO den Beteiligten eröffnet, ergeben sich im Falle der Zwangsverwertung der Immobilie Schnittstellen zu den Grundpfandrechten anderer Grundpfandgläubiger, die entweder in EURO oder in einer der anderen zugelassenen Währungen eingetragen worden sind. Die eine Schnittstelle betrifft die Notwendigkeit der Erkennbarkeit der Eintragung in ausländischer Währung, für die Beteiligten ein Problem, welches § 145a Nr. 1 ZVG löst. Der Grund hierfür ist nicht nur die Klarheit und Bestimmtheit des Grundbuchs, sondern im Versteigerungsverfahren auch die Risikosteuerung durch diejenigen Grundpfandgläubiger, die dem Grundpfandrecht in ausländischer Währung im Rang nachfolgen. Diese werden in ihrer Werthaltigkeit nämlich durchaus durch die Kursentwicklung des vorrangigen Rechts berührt, wie § 145a Nr. 2 ZVG zeigt. Die Währungsrisiken sind aufgrund der wertenden Entscheidung des Gesetzgebers des ZVG angemessen verteilt. Der gegenüber dem Fremdwährungsgläubiger nachrangige Grundpfandgläubiger trägt das Risiko der Werterhöhung des Kurswertes der ausländischen Währung zwischen dem Zeitpunkt seiner Eintragung bis zum Stichtag. Der Inhaber des vorrangigen Rechts in ausländischer Währung trägt das Risiko der Verschlechterung von der Eintragung ebenfalls bis zum Stichtag. § 145a ZVG macht die Optionen der Beteiligten zur Eintragung von Fremdwährungsrechten im Zwangsversteigerungsverfahren handhabbar. Für die freihändige Veräußerung gelten diese Regelungen nicht, hier ist § 244 BGB anzuwenden.4) b) Beispiel

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Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 100.000 SFr. am 23.10.2008 zum Kurs von 100 SFr./CHF = ca. 66,99 €. Vier Monate später wird eine Grundschuld in Euro nach der Währungsgrundschuld eingetragen. Zwei Jahre später wird die Zwangsversteigerung angeordnet. Im Termin wird nach § 145a Nr. 2 ZVG der Kurs des Sfr/CHF im Ergebnis um 20 % höher zulasten des Euro angegeben im Vergleich zu dem Zeitpunkt der Eintragung des nachrangigen Gläubigers.5) Er bleibt dann im Verfahren unverändert. Für den nachrangigen Gläubiger verschlechtert sich seine Erwartung an den Versteigerungserlös um diese 20 % der Kursdifferenz. Wäre nun aber der Schweizer Franken zum Zeitpunkt der Eintragung des nachrangigen Gläubigers um 30 % gesunken, verglichen mit der Eintragung der Fremdwährungsgrundschuld, erreicht der vorrangige Grundpfandgläubiger dieser Grundschuld in SFR/CHF nie mehr den Nominalbetrag des Wertes seiner Grundschuld in Euro, der Währung der weiteren Abwicklung. Dinglich bleibt er im Versteigerungsverfahren um 30 % dahinter zurück, auch wenn der Erlös problemlos ausreichen würde, die Grundschuld mit dem ursprünglichen Wert zu befriedigen. Der Wert kommt den nachrangigen Gläubigern insoweit zugute. Die Gläubiger in Fremdwährungsrechten müssen daher sorgfältig abwägen, ob sie diese Variante wählen. Auch der Schuldner kann beeinträchtigt werden, denn die Beleihungsfähigkeit der _____________ 4) 5)

Zur Fremdwährungsschuld, als „unechte“ bzw. „echte Valutaschuld“ siehe Palandt/ Grüneberg, § 244 BGB Rz. 18 – 22, auch zur Begrifflichkeit. Am 23.10.2013 z. B. lag der Kurs bei ca. 81,25 €/100 CHF.

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§ 145a

Fremdwährungsgrundpfandrecht

Immobilie wird dadurch berührt, den bestehenden ökonomischen Imponderabilien wird eine weitere hinzugefügt. Man muss daher fragen, ob nicht der Gläubiger in Fremdwährung die Währungsrisiken in den schuldrechtlichen Kreditvereinbarungen berücksichtigt, sie insbesondere einpreist und den Weg über ein Fremdwährungsgrundpfandrecht vermeidet. II. § 145a Nr. 1 ZVG Die Bestimmung des § 145a Nr. 1 ZVG ergänzt § 37 ZVG und ist daher zwingend zu beachten („Die Terminsbestimmung muß […] enthalten.“). Fehlt die Angabe, so ist der Termin wie bei Verstößen gegen § 37 ZVG aufzuheben, es sei denn der Mangel kann noch innerhalb der Frist des § 43 Abs. 1 ZVG abgestellt werden.6) Empfindlicher wirkt sich das Unterbleiben der Angabe aus, wenn der Fehler erst später nach dem Zuschlag festgestellt wird. Denn der Fehler, wie bei § 37 ZVG, ist Grund für die Versagung des Zuschlags oder dessen Aufhebung, wie aus § 83 Nr. 7 ZVG bzw. § 100 Abs. 3 ZVG hervorgeht.7)

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III. § 145a Nr. 2 ZVG – Vergleichbarkeit der Grundpfandrechte und Abwicklungsfähigkeit des Verfahrens § 145a Nr. 2 Satz 1 ZVG dient der Herstellung der wertmäßigen Vergleichbarkeit der Grundpfandrechte aller Währungen und zwar zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Aufforderung der Abgabe von Geboten. Maßgeblich ist der letzte amtliche Kurs in Euro. Bei Grundpfandrechten, deren Währungen nicht mehr bestehen, weil die betreffenden EU-Mitgliedstaaten der Eurozone beigetreten sind, ist der maßgebliche Kurs derjenige, zu welchem der Beitritt zur Eurozone vollzogen worden ist. Satz 2 der Bestimmung „konserviert“ diesen Kurs für das weitere gesamte Versteigerungsverfahren, so dass Währungsschwankungen im Interesse der Stabilität des Verfahrens ausgeschlossen werden. Die damit verbundenen weiteren Währungsrisiken treffen alle Verfahrensbeteiligten gleichermaßen. Die Lösung ist daher im Ergebnis interessengerecht.

9

IV. § 145a Nrn. 3, 4 ZVG – Einheitliche Angaben in Euro § 145a Nrn. 3 und 4 ZVG sind die Konsequenz aus der Regelung der Nr. 2. Die Gebote, Bargebot und Teilungsplan enthalten ausschließlich die inländische Währungseinheit, also Euro.

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V. § 145a Nr. 5 ZVG – Rückkehr zur Fremdwährung 1.

Rückkehr zur Fremdwährung bei fehlender vollständiger Befriedigung des Fremdwährungsrechts

§ 145a Nr. 5 ZVG befasst sich mit der Frage, welche Folge es hat, wenn der Grundpfandgläubiger des Fremdwährungsrechts mit seiner dinglichen Forderung aus dem Versteigerungserlös nicht vollständig befriedigt wird. Maßgeblich, in welcher Höhe der Gläubiger befriedigt wird, ist in erster Stufe der Erlös, der nach dem in _____________ 6) 7)

Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 83 ZVG Rz. 44 f. m. w. N. Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 100 ZVG Rz. 2, 5 (amtswegige Beachtung der Verletzung des § 83 Nr. 7 ZVG und damit des § 145a ZVG durch das Beschwerdegericht).

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Euro aufzustellenden Teilungsplan auf diesen Gläubiger in Euro entfällt (§ 145a Nrn. 3, 4 ZVG). Der Teilungsplan wird in Euro ausgeführt. 12

Eine Konstellation, wie sie § 145a Nr. 5 Satz 1 ZVG im Auge hat, liegt im folgenden Beispiel vor: Gläubiger X. hält ein Fremdwährungsrecht im Wert von 100.000 SFr./ CHF; der im Versteigerungsverfahren maßgebliche Kurs wird mit 1,2307 CHF = 1 € festgestellt, so dass die 100.000 CHF/SFr. einem Betrag von 81.254,57 € entsprechen. Bei der Erlösverteilung erhält der Gläubiger nur 61.254,57 € zugeteilt. Seine nicht befriedigte (dingliche) Forderung beläuft sich auf ca. 20.000 €.

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Diesen Betrag muss das Vollstreckungsgericht nun im Beschlusswege feststellen und zwar nach vorheriger umgekehrter Rückrechnung in die Fremdwährung zu dem nach § 145a Nr. 2 Satz 1 ZVG festgestellten Kurs. Die Feststellung gehört noch zum „weiteren Verfahren“ i. S. d. § 145a Nr. 2 Satz 2 ZVG. Mit dieser Feststellung endet das Versteigerungsverfahren und der Kurswert der unbefriedigt gebliebenen Forderung kann sich wieder verändern. 2.

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Folgen der Feststellung gemäß § 145a Nr. 5 Satz 2 ZVG

§ 145a Nr. 5 Satz 2 ZVG enthält die Rechtsfolgen der Feststellung der im Verfahren nicht befriedigten Forderung des Grundpfandgläubigers eines Fremdwährungsrechts. Die Tragweite der Feststellung scheint weitreichend, denn sie soll entscheidend sein für –

die Haftung „mitbelasteter Gegenstände“,



die „Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners“ und



den „Ausfall im Insolvenzverfahren“ (= § 52 Satz 2 InsO).

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Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift handelt es sich aber nicht um die persönliche Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner, soweit das Recht, aus dem versteigert wurde, abstrakte Grundschuld ist und nicht akzessorische Hypothek. Das hätte nämlich zur Folge, dass das Vollstreckungsgericht des Versteigerungsverfahrens zum einen weitreichend über die schuldrechtliche Forderung verbindlich entscheiden würde, die es nicht kennt. Möglicherweise würde ein Anspruch unanfechtbar festgestellt, den es zwar dinglich, nicht indes schuldrechtlich gegeben hat oder gibt. Eine solche Bevorzugung des Fremdwährungsrechts ist mit Sinn und Zweck des § 145a ZVG unvereinbar. Vielmehr ist die Rechtsfolge des § 145a Nr. 5 Satz 2 ZVG in den Fällen der Vollstreckung aus abstraktem Recht dahingehend zu verstehen, dass die bezeichneten Rechtsfolgen eintreten, soweit dem Gläubiger in dieser Höhe noch ein schuldrechtlicher Anspruch zusteht. Hierüber ist ggf. im Prozessverfahren zu entscheiden. § 145a Nr. 5 Satz 2 ZVG ist daher teleologisch zu reduzieren.

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Die verschiedenen Varianten der Norm im Einzelnen: a) Mitbelastete Gegenstände

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„Mitbelastete Gegenstände“ können nur solche sein, die durch das Recht belastet wurden, aber nicht mit versteigert wurden, denn der Erlös für mit versteigerte Gegenstände ist bereits im Teilungsplan berücksichtigt. Ein Recht aus einem Grundpfandrecht an belasteten Gegenständen, die nicht mit versteigert wurden, kann nicht mehr bestehen, da dieses erloschen ist (§ 90 ZVG). 1022

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b) Maßgeblichkeit der Feststellung der persönlichen Verbindlichkeit Die „persönliche Verbindlichkeit“ betrifft den schuldrechtlichen Anspruch, soweit er eben noch besteht. Er ist gesondert nachzuweisen, erleichtert durch die Feststellung.

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Der „Ausfall im Insolvenzverfahren“ betrifft ebenfalls die nach den §§ 49, 52 Satz 2 InsO i. V. m. den §§ 189 Abs. 1, 190 Abs. 1 InsO seitens des Grundpfandgläubigers nachzuweisende persönliche Forderung nach Verwertung der Immobilie, an der das Grundpfandrecht als Absonderungsrecht nach § 49 InsO bestanden hat. Der Grundpfandgläubiger muss neben der Feststellungsentscheidung des Gerichts seine persönliche Forderung im Anmeldeverfahren nach § 174 InsO anmelden und beweisen. Die Feststellung seitens des Vollstreckungsgerichts beweist den Ausfall (als Differenz zwischen dem zugeteilten Erlösanteil und der festgestellten schuldrechtlichen Forderung). Der Grundschuldgläubiger der Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) ist als Darlehensgeber zur Korrektur seiner Forderungsanmeldung nach § 174 InsO veranlasst, die zunächst den vollen Betrag der besicherten schuldrechtlichen Finanzierungsforderung vor Versteigerung und Erlösverteilung umfasste.8) Der wesentliche Teil davon ist die Forderungsabrechnung, in der der Gläubiger nach Maßgabe des Sicherungsvertrags auch die Kosten und Zinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsprechend der Tilgungsreihenfolge des § 367 BGB9) aufnimmt, soweit nicht das Verbraucherkreditrecht eine andere Reihenfolge vorschreibt (vgl. §§ 497 Abs. 3, 503 BGB). Im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens ist dann auf die Fremdwährungsschuld (Identität zwischen der Währung für die schuldrechtliche Forderung bzw. die Grundschuld vorausgesetzt) § 45 Satz 2 InsO, d. h. die Umrechnung in Euro, anzuwenden. Maßgeblich sind der Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung des Insolvenzverfahrens und der Kurswert am vereinbarten Zahlungsort. Die zitierte insolvenzrechtliche Bestimmung ist im Interesse der „gleichberechtigten Teilnahme der Gläubiger am Verfahren“10) im Ergebnis lex specialis zu § 244 Abs. 2 BGB.

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_____________ 8) Die Absonderungsberechtigten sind in Höhe ihrer gesamten schuldrechtlichen Forderungen Insolvenzgläubiger und daher zur Anmeldung ihrer vollen Forderungen berechtigt, unabhängig von dem bestehenden Grundpfandrecht, BGH, Urt. v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, Rz. 13, ZIP 2006, 1009 ff. = ZInsO 2006, 544 ff. = DZWiR 2006, 380 ff.; zustimmend K. Schmidt/Thole, InsO, § 52 InsO Rz. 8 m. w. N.; a. A. Leonhardt/Smid/Zeuner-Smid/ Leonhardt, InsO, § 52 Rz. 4 m. w. N. Das „vorläufige“ Bestreiten durch den Insolvenzverwalter spielt keine Rolle. 9) Entgegen deren insolvenzrechtlichem Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nrn. 1, 2 InsO, BGH, Urt. v. 17.2.2011 – IX ZR 83/10, Rz. 7 ff., 10 ff, m. w. N. = ZIP 2011, 579 ff. = Rpfleger 2011, 579 ff. = DZWiR 2011, 283 ff.; a. A. wohl die überwiegende Meinung in der Literatur. Dem BGH zustimmend im Ergebnis K. Schmidt/Thole, InsO, § 52 InsO Rz. 12 m. w. N.; kritisch Ganter, WuB VI A § 39 InsO 1.12. Dem BGH folgend auch Braun-Bäuerle, InsO, § 52 Rz. 4. 10) BT-Drucks. 12/2443 v. 15.4.1992, S. 124, Begründung zu § 52 InsO-RegE (= § 45 InsO).

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Dritter Titel Zwangsverwaltung § 146 Anordnung der Zwangsverwaltung Depré

(1) Auf die Anordnung der Zwangsverwaltung finden die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 147 bis 151 ein anderes ergibt. (2) Von der Anordnung sind nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts die Beteiligten zu benachrichtigen. Literatur: Rellermeyer, Klaus, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Bergwerkseigentum, unbeweglichen Bergwerksanteilen und Salzabbaugerechtigkeiten, Rpfleger 2008, 462; Hawelka, Michael, Die problematische Inbesitznahme bei der Zwangsverwaltung, ZfIR 2005, 14; Neubert, Klaus, Das Hannoveraner Modell zur Verwalterauswahl, ZinsO 2010, 73, Bund Deutscher Rechtspfleger, Rechtspflegerblatt 2003, 21. Übersicht I. II. III. IV. V.

Zweck der Zwangsverwaltung ............ 1 Rechtsschutzbedürfnis ........................ 2 Wirtschaftliche Gesichtspunkte ......... 5 Anzuwendende Vorschriften ............. 6 Gegenstände der Zwangsverwaltung ............................... 8 VI. Anordnung der Zwangsverwaltung ............................. 11 1. Voraussetzungen ................................. 11 2. Die Entscheidung des Gerichts .......... 12 a) Ablehnung des Antrags ............... 12 b) Hindernisse für die Anordnung ....................... 13

I.

c) Anordnung der Zwangsverwaltung ................. 19 d) Bekanntmachung der Entscheidung ......................... 23 e) Beitritt ........................................... 26 3. Rechtsbehelfe ...................................... 27 VII. Wirkungen der Anordnung ............. 30 VIII. Einstellung der Zwangsverwaltung ............................. 32 1. Auf Antrag des Gläubigers ................. 32 2. Auf Antrag des Schuldners ................. 34 3. Einstweilige Einstellung als einstweiliger Vollstreckungsschutz .... 35

Zweck der Zwangsverwaltung

Die Zwangsverwaltung ist eine Form der Zwangsvollstreckung (§ 866 ZPO) und erfordert somit deren Voraussetzungen. Anders als die Zwangsversteigerung, welche durch die Zwangsverwaltung nach Möglichkeit vermieden werden soll, findet der Gläubiger seine Befriedigung nicht aus der Substanz, sondern aus den Erträgen des verwalteten Objektes.

1

II. Rechtsschutzbedürfnis Da das ZVG nur ein herausgelöster Teil (§ 869 ZPO) der Zivilprozessordnung ist, müssen zur Anordnung der Zwangsverwaltung die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen, insbesondere muss ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden sein. Im Gegensatz zur Mobiliarvollstreckung, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nicht ohne Weiteres, selbst wenn von Anfang an feststeht, dass eine Befriedigung des Gläubigers

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Anordnung der Zwangsverwaltung

durch die Zwangsverwaltung nicht zu erwarten ist, denn bei der Zwangsversteigerung gilt § 803 Abs. 2 ZPO nicht – auch nicht analog.1) 3

Da die Zwangsverwaltung umfangreiche und für die Befriedigung des Gläubigers letztendlich wichtige Wirkungen haben kann, wäre es zu eng gesehen, das Rechtsschutzbedürfnis nur daran zu messen, ob eine künftige Teilungsmasse („Überschüsse“) vorhanden ist und ob der Gläubiger aus dieser eine Zuteilung zu erwarten hat. Nur wenn das Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausgenutzt wird,2) kommt eine Ablehnung des Antrags auf Zwangsverwaltung mangels Rechtsschutzbedürfnisses in Betracht. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Antrag formularmäßig und ersichtlich ohne Sachprüfung und ohne erkennbaren sachlichen Nutzen gestellt würde.3)

4

Sind keine Erträge für den Gläubiger zu erwarten, wird er allerdings darlegen müssen, welchen Nutzen ihm die Verwaltung bringen soll.4) Gründe für eine solche Zwangsverwaltung ohne unmittelbare Erträge sind meist im Gleichlauf mit einer bereits beantragten, anhängigen oder demnach beabsichtigten Zwangsversteigerung zu finden, wo sie den Erlös günstig beeinflusst,5) etwa weil der Zwangsverwalter unübersichtliche Mietverhältnisse ordnen, Verbesserungen am Grundstück vornehmen und BietInteressenten den Zugang ermöglichen kann, um ein höheres Gebot zu erreichen.6) Allein der Wunsch, so dem vom Gericht im Zwangsversteigerungsverfahren bestellten Sachverständigen den Zutritt zu verschaffen, dürfte allerdings nicht ausreichen, zumal der Erfolg fraglich wäre.7) III. Wirtschaftliche Gesichtspunkte

5

Neben dem Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen sollte ein Gläubiger vor der Antragstellung ebenfalls prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, einen Antrag auf Zwangsverwaltung zu stellen. Neben den nicht geringen Gerichtskosten kann die Weiterführung des Verfahrens von erheblichen Vorschüssen abhängig werden, die nicht ohne Weiteres wieder einzubringen sind. Bedacht werden muss auch das vom BGH geschaffene Risiko des Gläubigers, zunächst einmal Verbindlichkeiten des Eigentümers bei dessen Mietern bezahlen zu müssen, statt Befriedigung der eigenen Forderung zu erlangen. Hat der Eigentümer (Schuldner) die Kaution seiner Mieter nicht ordnungsgemäß angelegt, muss dies der Zwangsverwalter auf deren Verlangen nach Anordnung der Zwangsverwaltung nachholen und dazu vom Gläubiger einen Vorschuss fordern, falls er nicht ausreichende Erträge erzielt (siehe § 152 Rz. 20 ff. [Depré]). Gleiches gilt für einen Fehlbetrag bei der Abrechnung _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

BGH, 18.7.2002 – IX ZB 26/02, Rpfleger 2002, 578; BGH, 30.1.2004 – IXa ZB 233/03, Rpfleger 2004, 302. BGH, Beschl. V. 20.11.2008 – V ZB 31/08, Rpfleger 2009, 252 = ZfIR 2009, 147 mit Anm. Schmidberger. Depré/Mayer, § 1 Rz. 6. Vgl. BGH, 30.11.2008 – V ZB 31/08, Rpfleger 2009, 252 = ZfIR 2009, 147 m. Anm. Schmidberger. BGH, 18.7.2002 – IX ZB 26/02, Rpfleger 2002, 578. Depré/Mayer, § 3 Rz. 970 ff. Dazu HWFH, § 146 ZVG Rz. 29; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 146 Rz. 59; LG Ellwangen, Beschl. v. 24.4.1995 – 1 T 64/95, Rpfleger 1995, 427 = KTS 1996, 123.

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der Nebenkosten aus der Vergangenheit. Zwar besteht ein Anspruch gegen den Schuldner auf Ersatz, der aber üblicherweise wegen dessen Zahlungsunfähigkeit wertlos ist. IV. Anzuwendende Vorschriften Auf das Zwangsverwaltungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 1 – 14 ZVG unmittelbar anwendbar. Die §§ 15 – 27 ZVG sind anwendbar durch die Verweisung in § 146 Abs. 1 ZVG mit Ausnahme von § 21 Abs. 1 und 2 ZVG (wegen § 148 Abs. 1 ZVG), § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG (wegen § 148 Abs. 1 Satz 2 ZVG) und § 24 ZVG (wegen § 148 Abs. 2 ZVG). Die §§ 28, 29, 32 und 34 ZVG sind durch die Verweisung in § 161 Abs. 4 ZVG entsprechend anwendbar. Die §§ 105 bis 145a ZVG sind auf das Zwangsverwaltungsverfahren nicht anwendbar, soweit nicht in § 156 Abs. 2 Satz 2 ZVG (Anwendung von §§ 105 Abs. 2 Satz 2, 113 Abs. 1, 114, 115, 124, 126 ZVG), in § 157 Abs. 2 ZVG (Anwendung von §§ 135 – 142 ZVG), in § 158 Abs. 3 ZVG (Anwendung von §§ 117, 127 ZVG) und in § 160 ZVG (Anwendung von §§ 143 – 145 ZVG) die Geltung angeordnet wird.

6

Die Regelungen aus der ZPO finden Anwendung, soweit sie für das Zwangsverwaltungsverfahren einschlägig sind. Schließlich wird das ZVG durch die auf der Grundlage von § 152a ZVG ergangene Zwangsverwalterverordnung vom 19.12.2003 (ZwVwV)8) ergänzt.

7

V. Gegenstände der Zwangsverwaltung Die Zwangsverwaltung kann sich insbesondere erstrecken auf:

8



Grundstücke, § 864 Abs. 1 ZPO.



Grundstücksbruchteile, die im Eigentum eines Miteigentümers stehen oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher belastet ist (§ 864 Abs. 2 ZPO).



Grundstücksgleiche Rechte (§ 870 ZPO), also insbesondere Erbbaurechte (§ 11 ErbbauRG).



Sondereigentum nach § 1 WEG.



das Gebäudeeigentum aufgrund früherer Rechtsvorschriften, die in den neuen Bundesländern noch weitergelten.9)

Nicht erstrecken kann sich die Zwangsverwaltung auf:

9



Anteile einer Gesamthandsgemeinschaft (Erbengemeinschaft, Gütergemeinschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts).



Schiffe, Schiffsbauwerke (§ 870a Abs. 1 ZPO) und Luftfahrzeuge (§ 171a ZVG).

Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge können unter besonderen Voraussetzungen einem Treuhänder unterstellt werden (§§ 165 Abs. 2, 171c Abs. 3 ZVG). Auch Bergwerkseigentum (auf unbeweglichen Bergwerksanteilen) und Salzabbauge_____________ 8) 9)

BGBl. I, 2804. Stöber, ZVG, § 146 Rz. 3.3e; Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 33.

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rechtigkeiten können Gegenstand einer Zwangsverwaltung sein, wobei landesrechtliche Regelungen eine wichtige Rolle spielen.10) VI. Anordnung der Zwangsverwaltung 1. 11

Voraussetzungen

Für die Anordnung der Zwangsverwaltung gelten gemäß § 146 Abs. 1 ZVG die für die Zwangsversteigerung geltenden Regelungen der §§ 15 – 27 ZVG entsprechend, soweit sich nicht aus §§ 147 – 151 ZVG etwas anderes ergibt. Hinsichtlich des Antrags sowie der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung wird auf § 15 Rz. 9 ff. und § 16 Rz. 1 ff. [Cranshaw] verwiesen; zum Rechtsschutzbedürfnis siehe auch § 15 Rz. 9 […]. Die Regelung des § 147 ZVG, nach der die Zwangsverwaltung auch gegen den Eigenbesitzer möglich ist, stellt eine Ausnahme zu § 17 ZVG dar, wonach der Schuldner als Eigentümer im Grundbuch eingetragen oder Erbe des eingetragenen Eigentümers sein muss; nähere Einzelheiten hierzu siehe bei § 147 Rz. 1 ff. [Depré]. 2.

Die Entscheidung des Gerichts

a) Ablehnung des Antrags 12

Liegen zu Beginn der Zwangsvollstreckung die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung noch nicht vor und müssen erst noch geschaffen werden, ist der Antrag zurückzuweisen oder dem Gläubiger formlos nahezulegen, angesichts der drohenden Zurückweisung den Antrag (kostenfrei) zurückzunehmen und neu zu stellen, sobald die Voraussetzungen vorliegen.11) Zur Zurückweisung führen insbesondere folgende Mängel: –

Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen liegen nicht vor und der Mangel kann nicht unverzüglich behoben werden. Kann der Mangel wahrscheinlich rasch behoben werden (z. B. fehlende Vollmacht, Anschrift des Schuldners ist unvollständig, Forderung nicht genügend aufgeschlüsselt) wäre eine Aufklärungsverfügung mit Fristsetzung angebracht und erst nach deren fruchtlosem Ablauf auf Zurückweisung zu entscheiden. Der Antrag kann auch teilweise zurückgewiesen werden, etwa wegen nicht erstattungsfähiger Kosten.



Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen noch nicht vor und müssen erst noch geschaffen werden.



Der Schuldner ist nicht oder nicht mehr als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, ohne dass ausnahmsweise (§ 147 ZVG) eine Vollstreckung zulässig wäre.



Über das Vermögen des Schuldners ist das Insolvenzverfahren eröffnet.



Der vorgelegte Titel reicht nicht aus, um die geforderte Zwangsvollstreckung vorzunehmen, z. B. fehlender Duldungstitel zur Vollstreckung „aus der Hypothek“.

_____________ 10) Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 34; Rellermeyer, Rpfleger 2008, 462. 11) Depré/Mayer, § 1 Rz. 62.; a. A. Böttcher/Keller, § 146 Rz. 56 i. V. m. §§ 15, 16 Rz. 104 – 106; Stöber, § 15 Rz. 3.6; Löhnig/Bluhm, § 15 Rz. 88 i. V. m. § 146 Rz. 25.

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§ 146

Anordnung der Zwangsverwaltung

b) Hindernisse für die Anordnung Im Grundbuch eingetragene Rechte, welche dem Berechtigten gegenüber dem Eigentümer ein Recht zum Besitz gewähren, können dazu führen, dass die Zwangsverwaltung nur beschränkt angeordnet werden darf. In Betracht kommen insbesondere ein Nießbrauch, ein Leibgeding (Altenteil) oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (z. B. Wohnungsrecht). Auch ein dinglicher Gläubiger, dessen Recht einen besseren Rang als das Nießbrauchsrecht hat, benötigt bereits zur Anordnung der Zwangsverwaltung einen Titel gegen den Nießbraucher, den er sich regelmäßig durch Umschreibung der Vollstreckungsklausel beschaffen kann.12) Ist die Umschreibung ausnahmsweise nicht möglich und stimmt der Nießbraucher der Zwangsverwaltung auch nicht zu, ist eine Duldungsklage erforderlich. Ohne einen solchen Titel kann er trotz des besseren Grundbuchranges nur eine „beschränkte Zwangsverwaltung“ erreichen.

13

Hat der dingliche Gläubiger allerdings einen solchen Titel, kann er die Rechte des Nießbrauchers ausüben und diesen aus dem Besitz setzen. Dem Nießbraucher steht nicht, wie dem Eigentümer, eine mietfreie „Schuldnerwohnung“ zu.13) Hat der Nießbraucher im Rahmen seines Rechts einen Mietvertrag geschlossen, kann der Zwangsverwalter die nach diesem Vertrag zu zahlenden Mieten einziehen.

14

Geht das Recht des Gläubigers dem Nießbrauch etc. im Range nach, ist zwar die Anordnung einer Zwangsverwaltung möglich, aber dahingehend beschränkt, dass die Rechte des Nießbrauchers etc. nicht berührt werden. Der Zwangsverwalter kann also den Nießbraucher etc. nicht aus dem Besitz setzen. Soweit das ganze Grundstück dem Nutzungsrecht unterliegt, beschränkt sich die Zwangsverwaltung auf jene Rechte, welche dem Schuldner gegenüber dem Rechtsinhaber noch verblieben sind. Kommt nur die Anordnung einer beschränkten Zwangsverwaltung in Betracht, sollte dies bereits im Anordnungsbeschuss ausgewiesen werden.14)

15

Ein Nießbrauch, der zugunsten des Eigentümers eingetragen ist, bleibt unbeachtet.

16

Hat der Schuldner auch den mittelbaren Besitz aufgegeben, wie dies bei einer Eigentumsübertragung gelegentlich erfolgt, kann mit einem Titel gegen den Eigentümer keine Zwangsverwaltung angeordnet werden, da diese zumindest mittelbaren Besitz des Eigentümers voraussetzt.15) In Betracht kommt allenfalls eine Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer (§ 147 ZVG), wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.16)

17

Eine Auflassungsvormerkung hindert die Anordnung der Zwangsverwaltung mit einem Titel gegen den noch eingetragenen Eigentümer nicht. Wird nach Anordnung der Zwangsverwaltung ein neuer Eigentümer im Range der vorher eingetragenen Auflassungsvormerkung eingetragen und hat der Gläubiger den Rang nach der Auflassungsvormerkung, muss die Zwangsverwaltung aufgehoben werden (§ 28 ZVG). Hat der Gläubiger den Rang vor der Auflassungsvormerkung, kann das Verfahren _____________

18

BGH, Urt. v. 10.4.2004 – IX ZR 106/02, Rpfleger 2003, 378; Depré/Mayer, § 1 Rz. 66. BGH, Urt. v. 12.1.2006 – IX ZR 131/04, Rpfleger 2006, 331 = NJW 2006, 1124. Stöber, ZVG, § 146 Rz. 11.6; Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 50. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – IX 88/84, Rpfleger 1986, 26 = auch ZIP 1985, 1532; BGH, Beschl. v. 19.3.2004 – Ixa ZB 190/03, ZfIR 2004, 746 = Rpfleger 2004, 510. 16) Hawelka, ZfIR 2005, 14.

12) 13) 14) 15)

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§ 146

Anordnung der Zwangsverwaltung

gegen den neuen Eigentümer fortgesetzt werden. Eine Vollstreckungsklausel gegen diesen ist nicht erforderlich.17) c) Anordnung der Zwangsverwaltung 19

Zum Inhalt des Anordnungsbeschlusses wird auf § 15 Rz. 155 ff. [Cranshaw] verwiesen. Zusammen mit der Bestellung ist anzuordnen, wie der Verwalter in den Besitz des zu verwaltenden Objektes gelangen soll. In Betracht kommt die Verschaffung des Besitzes durch einen Gerichtsvollzieher oder aber die Ermächtigung, sich selbst den Besitz zu verschaffen. Darf der Verwalter den Besitz eines Dritten nicht brechen, ist dies im Beschluss kenntlich zu machen.18) Eine weitergehende Begründung ist grundsätzlich nicht erforderlich, aber ratsam, wenn Besonderheiten vorliegen, die sich aus dem Anordnungsbeschluss nicht eindeutig erkennen lassen, wie etwa eine Vollstreckung gegen den noch nicht eingetragenen Erben.

20

Eine Anhörung des Schuldners vor der Anordnung findet nicht statt. Es soll damit verhindert werden, dass dieser noch rasch eine Verfügung trifft, welche zum Nachteil des Gläubigers zugunsten eines gutgläubigen Dritten wirksam sein könnte.

21

Im Anordnungsbeschluss wird, soweit möglich, der Zwangsverwalter bestellt (§ 150 Abs. 1 ZVG). Der Verwalter wird vom Gericht ausgewählt, das an Wünsche und Vorschläge des Gläubigers nicht gebunden ist. Das BVerfG hat zur Verwalterauswahl festgestellt, dass dem Rechtspfleger bei der Auswahl des Verwalters ein Auswahlermessen zusteht, das er pflichtgemäß, also nicht nach freiem Belieben, ausüben muss.19) Auch geeignete Bewerber haben keinen Anspruch dahingehend, dass sie ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles20) ständig oder anteilsmäßig Berücksichtigung finden.21) Rechtsschutz wird einem übergangenen Bewerber allenfalls im konkreten Einzelfall gewährt, nicht aber für einen Anspruch auf generelle (grundsätzliche) Berücksichtigung.

22

Verschiedene Auswahlkriterien wurden durch § 1 Abs. 2 ZwVwV und mehrere gerichtliche Entscheidungen22) normiert, wobei der Verordnungsgeber des § 1 Abs. 2 ZwVwV mit der Vorgabe von Auswahlkriterien seine ihm in § 152a ZVG übertragenen Befugnisse überstieg23), so dass die freie Auswahl unberührt bleibt. _____________ 17) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, Rpfleger 2007, 333 = auch NJW 2007, 2993; BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, ZfIR 2007, 579; Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.8c; Depré/Mayer, § 1 Rz. 74; a. M. OLG Hamm, Rpfleger 1984, 426; Böttcher/Keller, ZVG, § 28 Rz. 9. 18) Depré/Mayer, § 1 Rz. 78. 19) BVerfG, Beschl. v. 15.2.2010 – 1 Bv R 285/10, Rpfleger 2010, 436 = ZfIR 2010, 335 = IGZInfo 2010, 106 = Rpfleger 2010, 436; BGH, 28.6.2012 – IV AR (VZ) 2/12, IGZinfo 2012, 133. 20) Zu den „Umständen des Einzelfalles“ und das sog. „Hannoveraner Modell“ Neubert, ZInsO 2010, 73. 21) Zum Erfordernis einer Vorauswahlliste u. a. OLG Hamm, 27.9.2012 – 15 VA 7/12, ZfIR 2012, 36. 22) OLG Koblenz, Beschl. v. 27.6.2005 – 12 VA 1/05, ZInsO 2005, 1174 m. Anm. Förster = Rpfleger 2005, 618 m. Anm. Kirsch; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.1.2008 – 20 VA 9/07 = ZInso 2009, 102; Depré, ZfIR 2006, 565. 23) So zutreffend die Stellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger, abgedruckt im „Rechtspflegerblatt“ 2003, 21.

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§ 146

Anordnung der Zwangsverwaltung

d) Bekanntmachung der Entscheidung Das Gericht hat den Anordnungsbeschluss unverzüglich bekannt zu machen, insbesondere durch: –

die förmliche Zustellung an den Schuldner, eine Belehrung ist nicht vorgesehen; für eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts erfolgt die Zustellung an den geschäftsführenden Gesellschafter. Ist ein solcher nicht vorhanden, genügt die Zustellung an einen der Gesellschafter;24)



die formlose Übersendung des Beschlusses an den Gläubiger, falls dem Antrag voll umfänglich stattgegeben wurde; andernfalls durch Zustellung;



die formlose Mitteilung an alle Beteiligten (§ 9 ZVG), die schon jetzt bekannt sind, andernfalls wird dies nach Eingang des Grundbuchauszugs (§ 146 Abs. 2 ZVG) nachgeholt;



bei Erbbaurechten die formlose Benachrichtigung des Ausgebers (§ 24 ErbbauRG);



die Zuleitung des Anordnungsbeschlusses an den Verwalter. Eine Zustellung ist nicht vorgesehen, aber möglich, wenn der sichere Zugang dokumentiert werden soll.

23

Die MiZi25) kann vorsehen, dass das Gericht weitere Stellen benachrichtigen muss, wie etwa die kommunale Kasse, die die Grundsteuern einzieht, das Finanzamt oder die Kaminkehrer.

24

Das Gericht hat sofort das zuständige Grundbuchamt um Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerkes zu ersuchen, die Beifügung einer Abschrift des Anordnungsbeschlusses ist zweckmäßig. Das Grundbuchamt hat den Vermerk sofort einzutragen, ohne dass es rechtliche Bedenken gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung zu prüfen hätte. Nach Eintragung übersendet das Grundbuchamt dem Gericht eine Eintragungsnachricht, wobei es anzugeben hat, wann das Ersuchen bei ihm eingegangen ist, einen Grundbuchauszug und die Grundakten zur Einsicht. Letzteres ist zwar nur alternativ vorgesehen, ersetzt aber die Übersendung der Kopien aller Urkunden, die Mitteilung der bekannten Anschriften der Rechteinhaber und die Mitteilung eventuell vorhandener Zustellungsbevollmächtigter und ist somit heute allgemein üblich. Das Gericht wird die Grundakten zurückgeben, sobald es sich die notwendigen Informationen daraus verschafft hat, und sie erst wieder zur Vorbereitung des Verteilungstermins anfordern.

25

e) Beitritt Wird der Beitritt zu einem bereits angeordneten Verfahren zugelassen, muss die Bestellung des Verwalters nicht erneut ausgesprochen werden. Der Beitrittsgläubiger hat die gleichen Rechte und Pflichten wie derjenige, der den Anordnungsbeschluss erwirkt hat (§ 146, 27 Abs. 2 ZVG). Seine Stellung gegenüber Dritten ist selbstständig zu prüfen. Der Beitrittsbeschluss wird dem Schuldner zugestellt, dem Bei_____________ 24) BGH, Beschl. v. 7.12.2006 – V ZB 166/05, Rpfleger 2007, 216 = ZIP 2007, 248. 25) „Mitteilung in Zivilsachen“, eine Verwaltungsanordnung der Länder, teils bundeseinheitlich, teils mit besonderem Länderteil, über Benachrichtigungen in Zivilsachen (Sonderdruck erhältlich über Kulturbuch-Verlag GmbH, Sprosserweg 3, 12351 Berlin).

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§ 146

Anordnung der Zwangsverwaltung

trittsgläubiger jedoch nur, wenn teilweise Ablehnung erfolgt ist. Er ist auch dem Verwalter zuzustellen (§ 151 Abs. 2 ZVG). Alle weiteren Mitteilungen müssen nicht wiederholt werden; auch wird kein neuer Zwangsverwaltungsvermerk eingetragen, weshalb kein Ersuchen an das Grundbuchamt erfolgt. 3.

Rechtsbehelfe

27

Der Gläubiger hat gegen die Ablehnung seines Antrags auf Zwangsverwaltung die sofortige Beschwerde mit Abhilfemöglichkeit (§§ 793, 572 Abs. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG). Wurde der Antrag nur wegen zu vollstreckender Kosten abgewiesen, richtet sich der Rechtsbehelf nach der Höhe des Kostenbetrages. Erfolgte die Ablehnung bezüglich eines Kostenbetrages von mehr als 200,00 € ist die sofortige Beschwerde gegeben. Der Rechtspfleger kann ihr abhelfen (§ 572 Abs. 1 ZPO). Wurde der Antrag nur wegen 200,00 € oder weniger abgelehnt, ist innerhalb von zwei Wochen die sofortige Erinnerung an den Referatsrichter einzureichen, wobei der Rechtspfleger zuvor abhelfen kann. Die Entscheidung des Referatsrichters ist gebührenfrei (§ 11 Abs. 4 RPflG) und unanfechtbar.

28

Der Schuldner, der vor der Anordnung der Zwangsverwaltung nicht gehört wurde, hat gegen diese Anordnung zunächst die Erinnerung nach § 766 ZPO und gegen die richterliche Entscheidung (§ 20 Nr. 17 RPflG) auf Zurückweisung der Erinnerung die sofortige Beschwerde, wenn die Voraussetzung des § 567 Abs. 2 ZPO vorliegt. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landgericht; gegen dessen Entscheidung ist Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) zulässig, wenn diese vom Landgericht zugelassen wurde und die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorliegen. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers, kann die Zulassung nur durch die Kammer, nicht durch den Einzelrichter erfolgen.26) Beim Beschwerdegericht entscheidet der originäre Einzelrichter (§ 568 Abs. 1 ZPO), weil die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger erlassen wurde. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nur durch die Kammer möglich.

29

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat (§ 575 Abs. 1 ZPO) an den BGH (§ 133 GVG) zu richten. Zulassung und Nichtzulassung sind unanfechtbar. VII.

Wirkungen der Anordnung

30

Der Anordnungsbeschluss bewirkt zugunsten des betreibenden Gläubigers die Beschlagnahme des Grundstücks (§§ 20 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG).27) Die Beschlagnahme umfasst alle Gegenstände, welche der Hypothekenhaftung unterliegen (§ 20 ZVG). Ihr Umfang geht über die durch die Anordnung der Zwangsversteigerung bewirkte Beschlagnahme weit hinaus, denn sie umfasst auch die in § 21 Abs. 1, 2 ZVG genannten Gegenstände und ist nicht durch die „Schuldnervorbehalte“ (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24 ZVG) beschränkt (§ 148 ZVG).

31

Beschlagnahmt sind also insbesondere das Grundstück, Erzeugnisse (§§ 97, 98 BGB), Bestandteile (§§ 93 ff. BGB) und Zubehör (§§ 97, 98 BGB) des Grundstücks im _____________ 26) BGH, Beschl. v. 26.1.2006 – V ZB 169/05, IGZInfo 2006, 88, zuletzt Beschl. v. 7.5.2013 – IX ZB 51/12, WM 2013, 1516 und Beschl. v. 17.10.2013 – IX ZB 83/12, Beck-RS 2013, 19264. 27) Zum Wesen der Beschlagnahme vgl. Depré/Mayer, § 1 Rz. 135 ff.

1032

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§ 146

Anordnung der Zwangsverwaltung

Umfang des § 1120 BGB, Miet- und Pachtforderungen (§§ 1123 ff. BGB) und die wiederkehrenden Leistungen der mit dem Eigentum verbundenen Rechte (§ 1126 BGB), die nach § 96 BGB als Bestandteil des Grundstücks angesehen werden, sowie Versicherungsforderungen aus der Versicherung eines beschlagnahmten Gegenstandes (§ 1127 BGB).28) VIII. Einstellung der Zwangsverwaltung 1.

Auf Antrag des Gläubigers

Ob das Zwangsverwaltungsverfahren auf Antrag des Gläubigers einstweilen eingestellt werden kann, ist streitig. Eine Meinung29) hält eine einstweilige Einstellung gemäß § 30 ZVG für möglich, wobei der Gläubiger darlegen müsse, warum er den Antrag stelle, was für § 30 ZVG nicht gefordert wird. Außerdem soll die Bewilligung der einstweiligen Einstellung entgegen § 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG ohne Konsequenz für die Beschlagnahme mehr als zweimal möglich sein30) und die durch § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG bestimmte Höchstfrist nicht gelten. Vielmehr soll das Gericht eine solche Frist bestimmen.

32

Die Anwendung des § 30 ZVG wird somit in mehrfacher Hinsicht modifiziert. Diese Ansicht ist jedoch nicht überzeugend, da kein von der Rechtsordnung gebilligter Zweck ersichtlich ist, den eine solche einstweilige Einstellung erfüllen könne, sondern die einstweilige Einstellung stattdessen dazu benutzt werden kann, den Schuldner zu schädigen.31)

33

2.

Auf Antrag des Schuldners

Es besteht Einigkeit darüber, dass § 30a ZVG nicht anwendbar ist und somit keine einstweilige Einstellung auf Schuldnerantrag erfolgt. Allerdings kann unter ganz besonderen Umständen ausnahmsweise auf Schuldnerantrag eine Entscheidung nach 765a ZPO ergehen, wobei es sich wohl kaum jemals um eine einstweilige Einstellung, sondern um die Regulierung einer Einzelmaßnahme handeln wird.32) 3.

34

Einstweilige Einstellung als einstweiliger Vollstreckungsschutz

Eine einstweilige Einstellung kommt in Betracht, wenn das Prozessgericht (§ 775 Satz 2 ZPO) diese anordnet. Insoweit wäre auch eine vollstreckungsgerichtliche Entscheidung nach § 769 Abs. 2 ZPO denkbar. Angesicht des Umstandes, dass im Zwangsverwaltungsverfahren nur selten Maßnahmen anstehen, welche dringlich gestoppt werden müssen, wird eine einstweilige Einstellung nach § 775 Ziff. 4 u. 5 ZPO kaum notwendig werden.

35

Während der Dauer der vom Prozessgericht angeordneten einstweiligen Einstellung bleibt der Verwalter „im Amt“. Er erledigt alle Verwaltungshandlungen und hat

36

_____________ 28) Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 70. 29) Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 78 ff.; a. M. Stöber, ZVG, § 146 Rz. 6.5; HWFH, § 146 ZVG Rz. 62; Depré/Mayer, § 1 Rz. 219 ff. 30) A. A. Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 81: § 31 ZPO ist anwendbar. 31) Hierzu Depré/Mayer, § 1 Rz. 221 f. 32) BGH, 30.11.2008 – V ZB 31/08, Rpfleger 2009, 252 = ZfIR 2009, 147 m. Anm. Schmidberger; Böttcher/Keller, ZVG, § 146 Rz. 75.

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1033

§ 147

Eigenbesitz des Schuldners

auch einen Anspruch auf eine Vergütung in dieser Zeit.33) Lediglich die Zahlung an die betreibenden Gläubiger unterbleibt. 37

Eine einstweilige Einstellung kommt auch in Betracht, wenn ein Hindernis vorliegt, welches vom Gläubiger überwunden werden kann und noch überwunden werden soll (§ 28 ZVG). In diesem Fall bedarf es ausnahmsweise keines Fortsetzungsantrages, sondern das Verfahren wird von Amts wegen fortgesetzt, wenn die fehlenden Unterlagen vorliegen, oder andernfalls nach Fristablauf aufgehoben.34) _____________ 33) AG Chemnitz, Beschl. v. 2.4.2009 – 22 L 362/07, IGZInfo 2009, 146. 34) Depré/Mayer, § 1 Rz. 228.

§ 147 Eigenbesitz des Schuldners (1) Wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht findet die Zwangsverwaltung auch dann statt, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 nicht vorliegen, der Schuldner aber das Grundstück im Eigenbesitz hat. (2) Der Besitz ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern er nicht bei dem Gericht offenkundig ist. Literatur: Hawelka, Michael, Die problematische Inbesitznahme bei der Zwangsverwaltung, ZfIR 2005, 14; Schmidberger, Gerhard, Der Eigenbesitz in der Zwangsverwaltung, § 872 BGB und § 147 ZVG in der Praxis, IGZInfo 2014, 51. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzung der Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer ....... 2

I. 1

1. 2.

Eigenbesitzer als Vollstreckungsschuldner ................................................ 2 Anspruch aus eingetragenem Recht ..... 4

Allgemeines

Ausnahmsweise und unter besonderen Voraussetzungen kann die Zwangsverwaltung auch gegen einen „Eigenbesitzer“ angeordnet werden. II. Voraussetzung der Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer 1.

Eigenbesitzer als Vollstreckungsschuldner

2

Eigenbesitzer ist, wer das Grundstück im Sinne von § 872 BGB „als ihm gehörend“ besitzt und die tatsächliche Gewalt wie ein Eigentümer ausübt, ohne schon Eigentümer zu sein. In Betracht kommt ein Käufer, welchem laut Kaufvertrag bereits der Besitz übertragen wurde, dessen Eintragung als Eigentümer sich aber verzögert, weil z. B. die Vermessung noch nicht erfolgt ist oder behördliche Genehmigungen fehlen. Unerheblich ist, ob bereits die Auflassung erklärt wurde. Ein weiterer Anwendungsfall wäre ein Erbe, der als solcher das Grundstück in Besitz genommen hat, aber sein Erbrecht noch nicht nachweisen kann.

3

Zur Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 147 ZVG muss der Vollstreckungstitel gegen den Eigenbesitzer gerichtet sein; der Eigenbesitzer muss im Titel oder in der Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sein. Die Zustellung des Titels, 1034

Depré

§ 147

Eigenbesitz des Schuldners

auch einen Anspruch auf eine Vergütung in dieser Zeit.33) Lediglich die Zahlung an die betreibenden Gläubiger unterbleibt. 37

Eine einstweilige Einstellung kommt auch in Betracht, wenn ein Hindernis vorliegt, welches vom Gläubiger überwunden werden kann und noch überwunden werden soll (§ 28 ZVG). In diesem Fall bedarf es ausnahmsweise keines Fortsetzungsantrages, sondern das Verfahren wird von Amts wegen fortgesetzt, wenn die fehlenden Unterlagen vorliegen, oder andernfalls nach Fristablauf aufgehoben.34) _____________ 33) AG Chemnitz, Beschl. v. 2.4.2009 – 22 L 362/07, IGZInfo 2009, 146. 34) Depré/Mayer, § 1 Rz. 228.

§ 147 Eigenbesitz des Schuldners (1) Wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht findet die Zwangsverwaltung auch dann statt, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 nicht vorliegen, der Schuldner aber das Grundstück im Eigenbesitz hat. (2) Der Besitz ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern er nicht bei dem Gericht offenkundig ist. Literatur: Hawelka, Michael, Die problematische Inbesitznahme bei der Zwangsverwaltung, ZfIR 2005, 14; Schmidberger, Gerhard, Der Eigenbesitz in der Zwangsverwaltung, § 872 BGB und § 147 ZVG in der Praxis, IGZInfo 2014, 51. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzung der Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer ....... 2

I. 1

1. 2.

Eigenbesitzer als Vollstreckungsschuldner ................................................ 2 Anspruch aus eingetragenem Recht ..... 4

Allgemeines

Ausnahmsweise und unter besonderen Voraussetzungen kann die Zwangsverwaltung auch gegen einen „Eigenbesitzer“ angeordnet werden. II. Voraussetzung der Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer 1.

Eigenbesitzer als Vollstreckungsschuldner

2

Eigenbesitzer ist, wer das Grundstück im Sinne von § 872 BGB „als ihm gehörend“ besitzt und die tatsächliche Gewalt wie ein Eigentümer ausübt, ohne schon Eigentümer zu sein. In Betracht kommt ein Käufer, welchem laut Kaufvertrag bereits der Besitz übertragen wurde, dessen Eintragung als Eigentümer sich aber verzögert, weil z. B. die Vermessung noch nicht erfolgt ist oder behördliche Genehmigungen fehlen. Unerheblich ist, ob bereits die Auflassung erklärt wurde. Ein weiterer Anwendungsfall wäre ein Erbe, der als solcher das Grundstück in Besitz genommen hat, aber sein Erbrecht noch nicht nachweisen kann.

3

Zur Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 147 ZVG muss der Vollstreckungstitel gegen den Eigenbesitzer gerichtet sein; der Eigenbesitzer muss im Titel oder in der Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sein. Die Zustellung des Titels, 1034

Depré

Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

§ 148

der Klausel und ggf. weiterer Unterlagen müssen an den Eigenbesitzer erfolgt sein. Nicht zu beachten ist, wenn der eingetragene Eigentümer das eingetragene Recht bestreitet; er hat seine Einwendung im Klageweg nach § 771 ZPO vorzubringen.1) Bestreitet der Eigentümer den Eigenbesitz, hat er als Beteiligter (§ 9 ZVG) die Vollstreckungserinnerung (§ 766 Abs. 2 ZPO) zu erheben. 2.

Anspruch aus eingetragenem Recht

Die Anordnung darf nur aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht, also einem Grundpfandrecht oder einer Reallast, erfolgen. Aus Ansprüchen der Rangklassen 1 – 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ZVG) kann die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer nicht angeordnet werden,2) obwohl diese Ansprüche sonst wie dingliche Rechte behandelt werden.

4

Hat der Gläubiger bereits einen Titel gegen den Eigentümer, kommt eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO in Betracht.3) Hierbei ist der Eigenbesitz durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden (z. B. Kaufvertrag) nachzuweisen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist.4) Eine Zustellung der Klausel und der Urkunden (§ 750 ZPO) ist erforderlich.

5

Hat der Gläubiger des eingetragenen Rechts noch keinen Titel (Grundpfandrecht ohne Unterwerfungsklausel, Reallast) ist eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich. Auch der Berechtigte einer Zwangshypothek, die gegen den Eigentümer eingetragen ist, kann grundsätzlich die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer verlangen, allerdings kann er seinen persönlichen Titel nicht gegen diesen umschreiben lassen. Er ist auf eine Duldungsklage angewiesen.5) § 867 Abs. 3 ZPO hat die Notwendigkeit eines Duldungstitels nur für die Zwangsversteigerung beseitigt.

6

Neben dem Duldungstitel gegen den Eigenbesitzer ist bei Antragstellung der Eigenbesitz auch durch (auch private) Urkunden glaubhaft zu machen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist (§ 147 Abs. 2). Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Eigenbesitzer „Schuldner“ i. S. d. § 149 ZVG.6) _____________

7

1) 2) 3) 4) 5) 6)

BGH, Beschl. v. 19.3.2004 – Ixa ZB 190/03, ZfIR 2004, 746 = Rpfleger 2004, 510; Hawelka, ZfIR, 2005, 14. BGH, Beschl. v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, Rpfleger 2010, 37 = ZfIR 2009 = 829, IGZInfo 2010, 18. Stöber, ZVG, § 147 Rz. 2.7. Böttcher/Keller, ZVG, § 147 Rz. 5; Stöber, ZVG, § 147 Rz. 3. Depré/Mayer, § 1 Rz. 35. Depré/Mayer, § 1 Rz. 36.

§ 148 Beschlagnahme des Grundstück und Umfang (1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Depré

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Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

§ 148

der Klausel und ggf. weiterer Unterlagen müssen an den Eigenbesitzer erfolgt sein. Nicht zu beachten ist, wenn der eingetragene Eigentümer das eingetragene Recht bestreitet; er hat seine Einwendung im Klageweg nach § 771 ZPO vorzubringen.1) Bestreitet der Eigentümer den Eigenbesitz, hat er als Beteiligter (§ 9 ZVG) die Vollstreckungserinnerung (§ 766 Abs. 2 ZPO) zu erheben. 2.

Anspruch aus eingetragenem Recht

Die Anordnung darf nur aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht, also einem Grundpfandrecht oder einer Reallast, erfolgen. Aus Ansprüchen der Rangklassen 1 – 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ZVG) kann die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer nicht angeordnet werden,2) obwohl diese Ansprüche sonst wie dingliche Rechte behandelt werden.

4

Hat der Gläubiger bereits einen Titel gegen den Eigentümer, kommt eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO in Betracht.3) Hierbei ist der Eigenbesitz durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden (z. B. Kaufvertrag) nachzuweisen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist.4) Eine Zustellung der Klausel und der Urkunden (§ 750 ZPO) ist erforderlich.

5

Hat der Gläubiger des eingetragenen Rechts noch keinen Titel (Grundpfandrecht ohne Unterwerfungsklausel, Reallast) ist eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich. Auch der Berechtigte einer Zwangshypothek, die gegen den Eigentümer eingetragen ist, kann grundsätzlich die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer verlangen, allerdings kann er seinen persönlichen Titel nicht gegen diesen umschreiben lassen. Er ist auf eine Duldungsklage angewiesen.5) § 867 Abs. 3 ZPO hat die Notwendigkeit eines Duldungstitels nur für die Zwangsversteigerung beseitigt.

6

Neben dem Duldungstitel gegen den Eigenbesitzer ist bei Antragstellung der Eigenbesitz auch durch (auch private) Urkunden glaubhaft zu machen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist (§ 147 Abs. 2). Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Eigenbesitzer „Schuldner“ i. S. d. § 149 ZVG.6) _____________

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1) 2) 3) 4) 5) 6)

BGH, Beschl. v. 19.3.2004 – Ixa ZB 190/03, ZfIR 2004, 746 = Rpfleger 2004, 510; Hawelka, ZfIR, 2005, 14. BGH, Beschl. v. 23.9.2009 – V ZB 19/09, Rpfleger 2010, 37 = ZfIR 2009 = 829, IGZInfo 2010, 18. Stöber, ZVG, § 147 Rz. 2.7. Böttcher/Keller, ZVG, § 147 Rz. 5; Stöber, ZVG, § 147 Rz. 3. Depré/Mayer, § 1 Rz. 35. Depré/Mayer, § 1 Rz. 36.

§ 148 Beschlagnahme des Grundstück und Umfang (1) Die Beschlagnahme des Grundstücks umfaßt auch die im § 21 Abs. 1, 2 bezeichneten Gegenstände. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Depré

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§ 148

Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

(2) Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen. Literatur: Eickmann, Dieter, Temporäre Beschlagnahme- und Verfahrenswirkungen in der Zwangsvollstreckung, ZfIR 2003, 1021; Mayer, Günter, Zwangsverwaltung zwischen Zuschlag und Aufhebung, Rpfleger 1994, 101; Mayer, Günter, Zwangsverwaltung – Zuschlag und doch kein Ende, ZfIR 2013, 51; Mayer, Günter, Die Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 287; Ganter, Hans Gerhard, Zur teleologischen Reduktion der Zwangsverwalterhaftung, ZfIR 2013, 305. Übersicht

1

I. II. III. IV. 1. 2. 3. 4. 5.

Allgemeines .......................................... 1 Wesen der Beschlagnahme .................. 2 Wirkungen der Beschlagnahme ......... 4 Umfang der Beschlagnahme ............... 6 Grundstücke und Bestandteile ............. 6 Zubehör ................................................. 7 Schlüssel und Urkunden ..................... 10 Früchte ................................................. 12 Sachfrüchte und andere Erzeugnisse .......................................... 15

I.

Allgemeines

V. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Miete und Pacht ................................. 17 Eingezogene Mieten ............................ 18 Im Voraus fällige Miete ....................... 19 Rückständige Mieten .......................... 20 Vorausverfügung ................................. 21 Miet-Nebenkosten .............................. 23 Untermietvertrag ................................. 24 Wiederkehrende Leistungen ............... 25

Umfang und Wirkungen der Beschlagnahme sind im Zwangsverwaltungsverfahren im Vergleich zum Zwangsversteigerungsverfahren durch § 148 ZVG erweitert, um die Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen. Dem Schuldner wird die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks vollständig entzogen (Ausnahme: § 149 Abs. 1, 3 ZVG). Während die Beschlagnahme zu Beginn alle ihre Wirkungen gleichzeitig entfaltet, ist es keineswegs erforderlich, dass alle ihre Wirkungen auch gleichzeitig zu Ende gehen.1) Obwohl das „Verwaltungsrecht“ (§ 148 Abs. 2 ZVG) durch die Beschlagnahme des Grundstücks geschaffen wird, endet es nicht mit dieser Beschlagnahme, sondern bedarf zu seiner Beendigung einer konstruktiven Entscheidung. Eine solche liegt beispielsweise vor, wenn das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben wird.2) II. Wesen der Beschlagnahme

2

Die Beschlagnahme des ZVG bewirkt keine einheitliche Rechtsfolge, sondern ist ein Sammelbegriff für verschiedene Wirkungen, insbesondere: –

ein relatives Veräußerungsverbot zugunsten des Gläubigers an den beschlagnahmten Sachen und Rechten i. S. d. §§ 135, 136 BGB;



eine Aktivierung der Hypothekenhaftung des Grundstücks (§ 1113 BGB) und der Gegenstände des Haftungsverbandes (§§ 1120 ff. BGB), soweit die Beschlagnahme aus einem Grundpfandrecht betrieben wird;

_____________ 1) 2)

Eickmann, ZfIR 2003, 121; Mayer, Rpfleger 1994, 101. BGH, IGZInfo 2010, 126; BGH, Beschl. v. 18.10.2012 – V ZB 233/11 = NJW-RR 2013, 18 = IGZInfo 2013, 25; so auch Mayer, ZfIR 2013, 51, 53 zum Ende der Verwaltungsbefugnis nach Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren.

1036

Depré

Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

§ 148



die Schaffung eines bisher nicht bestehenden Anspruchs auf Befriedigung aus dem Grundstück (bzw. aus seinen Erträgen), wenn die Beschlagnahme zugunsten eines persönlichen Gläubigers bewirkt wurde;



den Entzug der Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis des Schuldners (§ 148 Abs. 2 ZVG).

Die Beschlagnahme ist kein Pfandrecht im Sinne der ZPO, aber diesem so angenähert, dass zu ihrer Beschreibung auf die Normen verwiesen werden kann, die für das Pfandrecht entwickelt wurden.3) Beschlagnahme ist also – ebenso wie das Pfandrecht – ein Rechtsverhältnis, das dazu dient, eine Forderung des Gläubigers zu befriedigen. Somit kann die Beschlagnahme ihrem Wesen nach nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner entfalten. Dritte sind daran nicht beteiligt. Soweit Dritte betroffen sind (z. B. durch das relative Veräußerungsverbot), handelt es sich lediglich um Abwehr-Rechte, welche nur dazu dienen, das durch die Beschlagnahme bewirkte Befriedigungsrecht des Gläubigers gegen Beeinträchtigung zu schützen.

3

III. Wirkungen der Beschlagnahme Die Beschlagnahme zeigt zwei Wirkungen, die unbedingt unterschieden werden müssen: –

Sie schafft oder konkretisiert das Befriedigungsrecht des Gläubigers. Dies ist gewissermaßen die „materielle Wirkung“ der Beschlagnahme.



Sie schafft ein selbstständiges Recht des Zwangsverwalters unter Ausschluss des Schuldners auf Besitz und Verwaltung des Grundbesitzes (§ 148 Abs. 2 ZVG). Auf dieser Beschlagnahme des Grundstücks und nicht etwa auf der Beschlagnahme der Erträge beruht das Einzugsrecht des Verwalters. Er ist nunmehr an Stelle des Schuldners berechtigt, alle auf das Grundstück bezogenen Forderungen einzuziehen, die bisher vom Schuldner einzuziehen waren. In Anlehnung an die Lehre vom Pfandrecht könnte man dieses Verwaltungsrecht als „Verstrickung“ bezeichnen.

Das Einzugsrecht des Zwangsverwalters richtet sich daher nicht danach, ob eine Forderung beschlagnahmt ist oder nicht. Rechtsgrundlage für den Einzug ist nur das jeweilige bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnis. Also hat der Verwalter nach erfolgtem Inkasso Geldbeträge in seiner Kasse, welche im materiellen Sinne beschlagnahmt sind und somit zum Zwecke des § 155 ZVG zur Verfügung stehen und solche, die nur verstrickt sind. Jetzt erst, wenn über die weitere Verwendung des Geldes zu entscheiden ist, kommt es auf die materielle Beschlagnahme an.4)

4

5

IV. Umfang der Beschlagnahme 1.

Grundstücke und Bestandteile

Wie in der Versteigerungsbeschlagnahme erfasst die Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung Grundstücke (§ 864 Abs. 1 ZPO), Grundstücksbruchteile, sofern es sich _____________ 3) 4)

Eickmann, ZfIR 2003, 1021. Aktivlegitimierung des Zwangsverwalters und Beschlagnahmewirkung nach Aufhebung der ZV wegen Zuschlagserteilung vgl. KG, ZfIR 2013, 213.

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6

§ 148

Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

um Miteigentumsanteile handelt (§ 864 Abs. 2 ZPO), Wohnungs- und Teileigentum (§ 864 Abs. 2 ZPO, §§ 1, 6 WEG), Erbbaurecht und Wohnungserbbaurecht (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG, § 864 Abs. 2 ZPO, §§ 1, 6 WEG). Erfasst werden außerdem wesentliche und nicht wesentliche Bestandteile (Verweis auf §§ 20, 21 ZVG) und alle zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlagnahme noch nicht getrennten land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse. 2.

Zubehör

7

Grundstückszubehör ist beschlagnahmt, wenn es dem Schuldner gehört (§ 20 Abs. 2 i. V. m. § 1120 BGB). Sieht ein Mietvertrag vor, dass für ein Zubehörstück (z. B. eine Einbauküche) eine separate Miete zu zahlen ist, unterliegt diese auch der Beschlagnahme und ist vom Verwalter einzuziehen.5)

8

Ein Zubehörstück bleibt beschlagnahmt, auch wenn es nach der Beschlagnahme im Rahmen der ordnungsgemäßen Wirtschaft die Zubehöreigenschaft verliert, weil es hierzu nicht mehr tauglich ist. Ein untauglich gewordenes, aber immer noch beschlagnahmtes Zubehörstück darf der Verwalter veräußern, wenn es den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht. Die Entscheidung bedarf seitens des Zwangsverwalters einer sorgfältigen Prüfung der Wirtschaftlichkeit; zur eigenen Absicherung sollte er vor dem Verkauf Schuldner und Gläubiger hören oder eine Weisung des Gerichts herbeiführen. In der Praxis wird der Zwangsverwalter auch nur dann zur Veräußerung schreiten, wenn die weitere Verwahrung des unbrauchbaren Gegenstandes nennenswerte Aufwendungen erfordern würde oder der Erlös für die Neuanschaffung von Zubehör benötigt wird.

9

Veräußert der Zwangsverwalter ein untauglich gewordenes Zubehörstück, darf er den Erlös weder für die Zwecke der Zwangsverwaltung (§ 155 Abs. 1 ZVG) verwenden, noch gemäß dem Teilungsplan auskehren (§ 155 Abs. 2 ZVG), weil ihm hierfür nur die Erträge, nicht aber die Substanz oder deren Surrogat zur Verfügung stehen. Der Erlös gebührt dem Schuldner, unterliegt jedoch während der Dauer der Zwangsverwaltung dem Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters. Dieser hat ihn, falls der Betrag nicht zur Anschaffung neuen Zubehörs verwendet wird, verzinslich anzulegen und bis zur Aufhebung der Verwaltung für den Schuldner zu verwahren. Die Zinsen gehören zur Verwaltungsmasse.6) 3.

10

Schlüssel und Urkunden

Beschlagnahmtes Zubehör sind auch die Schlüssel des Gebäudes, die der Verwalter durch einen Gerichtsvollzieher mit dem Anordnungsbeschluss (ohne Klausel) dem Schuldner wegnehmen lassen kann, falls dieser sie nicht freiwillig aushändigt.7) Sind dem Schuldner Wohnräume zu belassen, darf er die zur Benutzung notwendigen Schlüssel behalten. Ebenfalls Zubehör sind Baupläne. _____________ 5)

6) 7)

LG Hagen, Beschl. 11.2.1999 – 10 S 372/98, Rpfleger 1999, 341. Die Entscheidung kann wegen § 97 Abs. 1 S. 2 BGB insoweit nicht verallgemeinert werden, als sie eine Einbauküche generell zum Zubehör erklärt. Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 1 Rz. 163. LG Hamburg, Beschl. v. 10.12.2003 – 319 T 45/03, Rpfleger 2004, 304.

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Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

§ 148

Mietverträge und Versicherungsverträge (Policen) sind nach allgemeiner Meinung kein Zubehör, werden aber vom Verwalter dringend benötigt. Der Schuldner hat diese Unterlagen dem Verwalter herauszugeben.8) Bei Weigerung erfolgt die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher. Titel ist der Anordnungsbeschluss;9) einer besonderen Klausel bedarf es nicht. 4.

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Früchte

Die Erzeugnisse, die nach Beschlagnahme des Grundstücks geerntet (vom Grundstück getrennt) werden, sind beschlagnahmt, da sie zum Zeitpunkt der Beschlagnahme noch wesentliche Bestandteile waren. Die damals eingetretene Beschlagnahme endet jedoch mit der Ernte kraft Gesetzes, wenn diese Früchte durch die Ernte in das Eigentum eines anderen als des Eigentümers oder Eigenbesitzers (§§ 954 – 957 BGB) fallen. Insbesondere der Pächter darf also (§ 21 Abs. 3 ZVG) ernten und damit die Beschlagnahme beenden, da die geernteten Früchte gemäß § 956 BGB mit der Ernte sein Eigentum werden.

12

Ausnahmsweise können noch nicht geerntete Früchte nach § 810 ZPO gepfändet werden, wenn sie noch nicht in der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung beschlagnahmt sind und die Pfändung nicht früher als einen Monat vor der üblichen Reife dieser Früchte erfolgt.10) Gegen die Pfändung kann der Zwangsverwalter Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO einlegen. Ist die Pfändung zulässig, muss sie der Verwalter gegen sich gelten lassen.

13

Bereits geerntete Früchte werden von der Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung erfasst (§ 148 Abs. 1 S. 1 ZVG), es sei denn, die Früchte wurden vorher veräußert und vom Grundstück entfernt (§ 1121 BGB, § 20 Abs. 2 ZVG) oder ohne Veräußerung – aber dauerhaft – vom Grundstück entfernt, also z. B. in ein fremdes Lagerhaus zum Zwecke des Verkaufs verbracht (§ 1122 BGB, § 20 Abs. 2 ZVG).11)

14

5.

Sachfrüchte und andere Erzeugnisse

Sachfrüchte (z. B. Jungtiere wie Ferkel, Kälber; Eier) werden von der Beschlagnahme erfasst. Die für die Nachzucht (z. B. Muttersau und Eber) oder die Produktion (z. B. Hühner, Bienen) benötigten Tiere sind aber Zubehör, also nur ganz ausnahmsweise zu veräußern. So können z. B. „legeunfähige“ Hühner, die nicht mehr Zubehör sind, aber der Beschlagnahme unterliegen, an den Schlachter veräußert werden, um mit dem Erlös neue, junge Hühner zu kaufen.

15

Andere Erzeugnisse wie z. B. Bodenschätze kann der Verwalter ausbeuten, wenn er dies für sachdienlich hält (§ 5 Abs. 1 ZwVwV), entweder in eigener Regie oder durch Verpachtung.

16

_____________ 8) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05, Rpfleger 2005, 463 m. Anm. Schmidtberger; a. A. AG Siegburg, DGVZ 1998, 174. 9) OLG München, Beschl. v. 28.2.2002 – 5 W 3055/01, Rpfleger 2002, 373. 10) Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 1 Rz. 173. 11) Zu den Folgen der Pfändung vor der Beschlagnahme siehe Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 1 Rz. 178 f.

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§ 148

Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

V. Miete und Pacht 17

Miete und Pacht gehören zum Haftungsverband der Hypothek (§ 1123 Abs. 1 BGB) und werden somit durch die Zwangsverwaltung beschlagnahmt (§ 20 Abs. 2 ZVG), soweit sie noch dem Haftungsverband unterstellt sind. Es ist für diese Wirkung gleichgültig, ob die Beschlagnahme zugunsten eines Grundpfandrechtes oder durch einen persönlichen Gläubiger erfolgte. Grundsätzlich scheiden Miet- und Pachtzins aus der Hypothekenhaftung aus, indem sie der Eigentümer vor der Beschlagnahme einzieht (§ 1124 BGB), durch eine ein Jahr oder länger zurückliegende Fälligkeit (§ 1123 Abs. 2 BGB), sofern die fällige Forderung noch nicht eingezogen ist, durch eine Vorausverfügung über diese Leistungen, auch im Wege der Zwangsvollstreckung, durch Trennung von Miet-/Pachtforderung und Eigentum (z. B. durch Zession der Miet-/Pachtforderung nach § 1124 Abs. 2 BGB oder Veräußerung des Grundstücks ohne Miet-/Pachtforderung) oder für den in § 1123 Abs. 2 BGB genannten Fälligkeitszeitraum nach Beschlagnahme, sofern die Leistung im Voraus fällig wird und noch nicht eingezogen ist. 1.

18

2. 19

Eingezogene Mieten

Die Beschlagnahme erfasst keine Mietforderungen, die der Eigentümer vor der Beschlagnahme eingezogen hat (§ 1124 BGB). Dies betrifft nicht nur die Zahlungen seitens des Mieters/Pächters, sondern jedes zulässige Erfüllungssurrogat.12) Ist die Mietforderung durch Einziehung des Schuldners aus der Hypothekenhaftung ausgeschieden, ist dies dem Verwalter gegenüber wirksam. Der Schuldner ist daher nicht verpflichtet, einen solchen bereits eingezogenen Betrag an den Verwalter herauszugeben. Zieht der Schuldner nach der Beschlagnahme Miete von einem gegenüber der Beschlagnahme gutgläubigen Mieter ein, so wird zwar der gutgläubige Mieter frei (§§ 22 Abs. 2, Satz 2, 146 ZVG). Dies betrifft aber nur das Rechtsverhältnis des Schuldners zum Mieter, nicht das Rechtsverhältnis des Gläubigers zum Schuldner, in dem die Beschlagnahme wirkt. Die später eingezogene Forderung wurde vor der Beschlagnahme nicht nach § 1124 BGB haftungsfrei und bleibt beschlagnahmt. Der Anspruch des Verwalters gegen den Schuldner oder Dritten auf Herausgabe des Geldes beruht auf seinem Verwaltungsrecht.13) Im Voraus fällige Miete

Ist die Miete im Voraus zu entrichten, so ist sie nach § 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB für den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bzw. bei einer Beschlagnahme nach dem 15. Tag des Monats auch für den folgenden Kalendermonat nicht von der Beschlagnahme erfasst. War daher die Miete viertel-, halb- oder jährlich im Voraus fällig und wurde bezahlt, so ist sie für die vor der Beschlagnahme liegenden Monate wegen Einziehung und nach § 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB für den bei der Beschlagnahme laufenden Monat aus der Beschlagnahme ausgeschieden. Die nach dem Zeitraum des § 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB fällig werdenden Mietforderung sind _____________ 12) Zu Einzelheiten siehe HWFH, § 8 ZwVwV Rz. 6. 13) Depré/Mayer, § 1 Rz. 192; a. M. BGH, Urt. v. 24.9.2009 – IX ZR 149/08, Rpfleger 2010, 38 = NJW-RR 2010, 17.

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Beschlagnahme des Grundstück und Umfang

§ 148

beschlagnahmt und können vom Verwalter nochmals angefordert werden, soweit der Gläubiger nicht auf den Einzug verzichtet (§ 8 ZwVwV).14) 3.

Rückständige Mieten

Rückständige Miet- und Pachtforderungen sind nicht beschlagnahmt, soweit ihre Fälligkeit ein Jahr oder länger zurückliegt (§ 1123 Abs. 2 BGB).15) 4.

20

Vorausverfügung

Hat der Schuldner über die Miete/Pacht im Voraus verfügt, z. B. durch Abtretung, bestimmt § 1124 Abs. 1 BGB zunächst die Wirksamkeit dieser Vorausverfügung gegenüber der Hypothekenhaftung. Eine Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung (Pfändung) steht nach allgemeiner Ansicht einer rechtsgeschäftlichen Verfügung gleich. Die Beschlagnahme unterstellt aber diese Miete/Pacht für die Zukunft wieder der Hypothekenhaftung. Der Mietzinsanspruch gehört auch dann zum Haftungsverband eines Grundpfandrechtes, wenn dieses erst nach einer Abtretung oder Pfändung begründet worden ist. Dies gilt sogar dann, wenn die Abtretung/ Pfändung zugunsten eines vorrangigen Grundpfandrechtes erfolgte.16)

21

Wurde in einem Mietvertrag auf unbestimmte Zeit vereinbart, dass der Mieter gegen eine Einmalzahlung überhaupt keine Miete mehr zahlen muss, gilt dies nicht als Vorausverfügung i. S. d. § 1124 BGB, so dass der Zwangsverwalter keine Zahlungen mehr fordern kann, wenn die Einmalzahlung vor der Beschlagnahme geleistet wurde. Diese gilt auch dann, wenn das Grundpfandrecht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits eingetragen war.17) Wurde jedoch eine Vorauszahlung für einen bestimmten Zeitabschnitt vereinbart, ist diese Vorauszahlung zeitanteilig in solche vor und nach der Beschlagnahme aufzuteilen.

22

5.

Miet-Nebenkosten

Die vom Verwalter eingezogenen Miet-Nebenkosten sind nicht beschlagnahmt, da sie nicht zur Befriedigung des Gläubigers dienen (also nicht nach § 155 ZVG verwendet18) werden dürfen).19) Das Inkassorecht des Zwangsverwalters beruht weder für die Miete noch für die Nebenkosten auf deren Beschlagnahme, sondern auf seiner von der Beschlagnahme des Grundstücks abgeleiteten Verwaltungsbefugnis. Diese Befugnis erlaubt ihm, die Gesamtzahlung beim Mieter aufgrund des einheitlichen Mietvertrages einzufordern und zwar ohne Rücksicht auf die Frage der Beschlagnahme, an welcher der Mieter ohnehin nicht beteiligt ist. _____________ 14) Ausführlich Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 1 Rz. 192 ff. 15) Böttcher/Keller, ZVG, § 148 Rz. 8. 16) BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, Rpfleger 2005, 684 = auch ZIP 2005, 1452; OLG Frankfurt am Main, 23.2.2012, 2 U 143/11, IGZInfo 2012, 151. 17) BGH, Urt. v. 25.4.2007 – VIII 234/06, IGZInfo 2007, 104. 18) Die gegenteilige Ansicht des OLG Brandenburg, Urt. v. 2.3.2010 – 6 U 40/09, IGZInfo 2010, 139, 140, beruht offensichtlich auf der falschen Interpretation des Beschlagnahmebegriffes und hat keine Beachtung gefunden. 19) Im Ergebnis zutreffend BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, Rpfleger 2008, 89; dazu Mayer, Rpfleger 2009, 287; zustimmend Ganter, ZfIR 2013, 305, 309.

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§ 149 6. 24

Wohnräume und Unterhalt des Schuldners

Untermietvertrag

Forderungen aus einem Untermietvertrag werden grundsätzlich nicht von der Beschlagnahme erfasst, da sie im Normalfall nicht dem Eigentümer (Schuldner), sondern einem Dritten (Hauptmieter) zustehen. Steht die Untermiete aber ausnahms weise dem Eigentümer (Schuldner) zu, z. B. weil der Hauptmietvertrag unwirksam ist, erfasst die Beschlagnahme auch die Untermiete.20) 7.

25

Wiederkehrende Leistungen

Die vorgenannten Regeln gelten auch bezüglich wiederkehrender Leistungen, die nicht als Miete/Pacht, sondern aus einem „subjektiv dinglichen Recht“ (§ 1126 BGB, z. B. Reallast, Grunddienstbarkeiten, Überbau- und Notwegerecht, Jagdrecht) geschuldet sind. Die Schutzfrist beträgt gemäß § 1126 Satz 2 BGB drei Monate. Ein Nießbrauch am Grundstück ist nach h. M. eine Verfügung über das Grundstück, nicht über die Miete/Pacht, so dass die vorgenannten Vorschriften keine Anwendung finden. _____________ 20) BGH, Urt. v. 4.2.2005 – V ZR 294/03, Rpfleger 2005, 323 = MDR 2005, 773.

§ 149 Wohnräume und Unterhalt des Schuldners (1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen. (2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben. (3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde. Übersicht I. 1. 2. 3.

1

Wohnrecht des Schuldners ................. Umfang des Wohnrechts ...................... Grenzen des Wohnrechts ..................... Nebenkosten .........................................

I.

Wohnrecht des Schuldners

1.

Umfang des Wohnrechts

1 1 4 7

4. Unentbehrliche Räume ......................... 8 5. Entzug des Wohnrechts ........................ 9 II. Unterhalt ............................................. 13

Wohnt der Schuldner im Verwaltungsobjekt, d. h. hat er unmittelbaren Besitz, so ist ihm die Wohnung ohne Nutzungsentgelt zu belassen (§ 5 Abs. 2 ZwVwV). Der Schuldner hat Anspruch auf die für sich und seinen Hausstand unentbehrlichen

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§ 149 6. 24

Wohnräume und Unterhalt des Schuldners

Untermietvertrag

Forderungen aus einem Untermietvertrag werden grundsätzlich nicht von der Beschlagnahme erfasst, da sie im Normalfall nicht dem Eigentümer (Schuldner), sondern einem Dritten (Hauptmieter) zustehen. Steht die Untermiete aber ausnahms weise dem Eigentümer (Schuldner) zu, z. B. weil der Hauptmietvertrag unwirksam ist, erfasst die Beschlagnahme auch die Untermiete.20) 7.

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Wiederkehrende Leistungen

Die vorgenannten Regeln gelten auch bezüglich wiederkehrender Leistungen, die nicht als Miete/Pacht, sondern aus einem „subjektiv dinglichen Recht“ (§ 1126 BGB, z. B. Reallast, Grunddienstbarkeiten, Überbau- und Notwegerecht, Jagdrecht) geschuldet sind. Die Schutzfrist beträgt gemäß § 1126 Satz 2 BGB drei Monate. Ein Nießbrauch am Grundstück ist nach h. M. eine Verfügung über das Grundstück, nicht über die Miete/Pacht, so dass die vorgenannten Vorschriften keine Anwendung finden. _____________ 20) BGH, Urt. v. 4.2.2005 – V ZR 294/03, Rpfleger 2005, 323 = MDR 2005, 773.

§ 149 Wohnräume und Unterhalt des Schuldners (1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen. (2) Gefährdet der Schuldner oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die Verwaltung, so hat auf Antrag das Gericht dem Schuldner die Räumung des Grundstücks aufzugeben. (3) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks hat der Zwangsverwalter aus den Erträgnissen des Grundstücks oder aus deren Erlös dem Schuldner die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse erforderlich sind. Im Streitfall entscheidet das Vollstreckungsgericht nach Anhörung des Gläubigers, des Schuldners und des Zwangsverwalters. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde. Übersicht I. 1. 2. 3.

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Wohnrecht des Schuldners ................. Umfang des Wohnrechts ...................... Grenzen des Wohnrechts ..................... Nebenkosten .........................................

I.

Wohnrecht des Schuldners

1.

Umfang des Wohnrechts

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4. Unentbehrliche Räume ......................... 8 5. Entzug des Wohnrechts ........................ 9 II. Unterhalt ............................................. 13

Wohnt der Schuldner im Verwaltungsobjekt, d. h. hat er unmittelbaren Besitz, so ist ihm die Wohnung ohne Nutzungsentgelt zu belassen (§ 5 Abs. 2 ZwVwV). Der Schuldner hat Anspruch auf die für sich und seinen Hausstand unentbehrlichen

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§ 149

Wohnräume und Unterhalt des Schuldners

Räume. Das muss nicht zwingend die Wohnung sein, die er bisher bereits bewohnt. Er muss sich einen Umzug in Räume im gleichen Objekt gefallen lassen,1) die für ihn genügen und eine bessere Vermietung des Restes ermöglichen. Vor einer solchen Anordnung sollte der Gläubiger gehört und auch die Zustimmung des Gerichts eingeholt werden. Das „Umsetzen“ erfolgt notfalls zwangsweise durch einen vom Verwalter beauftragten Gerichtsvollzieher. Der Schuldner darf nur neu ins Objekt einziehen, wenn seine Familie zum Zeitpunkt der Beschlagnahme dort bereits wohnte. Es dürfen keine Räume an Dritte überlassen werden. Hat der Schuldner Räume vermietet, tritt der Verwalter in den Mietvertrag ein. Soweit nicht beschlagnahmte bewegliche Sachen mitvermietet sind (Möbel), muss der Verwalter dem Schuldner einen Teil der Miete hierfür belassen. Dieser Teil wäre auch für Dritte pfändbar.

2

Obwohl sich das Wohnrecht vom Schuldner ableitet, kann sich ein Mitglied des Hausstandes selbstständig auf dieses Wohnrecht berufen, soweit es einen entsprechenden Besitzwillen hat2) und es tatsächlich zum Zeitpunkt der Beschlagnahme Mitglied des schuldnerischen Hausstandes war. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner zu diesem Zeitpunkt nicht mehr selbst in der bisherigen Wohnung lebte (z. B. im Pflegeheim ist) und dorthin wohl auch nicht mehr zurückkehren wird. Die Wohnung bleibt im Besitz des Mitglieds des Hausstandes Schuldnerwohnung i. S. d. § 149 Abs. 1 ZVG. Somit kann keine Räumung mit dem Anordnungsbeschluss erfolgen. Es bedarf eines Vollstreckungstitels, der in einem Erkenntnisverfahren zu erwirken ist.

3

2.

Grenzen des Wohnrechts

Der Schuldner verliert entschädigungslos sein Wohnrecht, wenn er den Besitz aufgibt und auszieht, ohne Zustimmung des Verwalters mit einem Mieter Räume tauscht oder das Grundstück veräußert, wobei der Erwerber kein neues Wohnrecht erwirbt.3) Soweit ein Wohnrecht des Schuldners bestand, können die bisherigen Mitglieder des Hausstandes auch nach dem Tod des Schuldners weiterwohnen. Dieses Recht wird man heute allen Mitgliedern des Hausstandes zubilligen müssen, die nach § 563 BGB berechtigt sind, in einen Mietvertrag einzutreten. Erben, die bisher nicht beim Schuldner wohnten (vgl. § 564 BGB), haben kein Wohnrecht an der SchuldnerWohnung.

4

Eine juristische Person als Schuldner kann keine „Wohnung“ haben. Ihre Räume sind immer Geschäftsräume. Der Geschäftsführer der juristischen Person, die Schuldner ist, hat keinen Anspruch auf unentgeltliche Nutzung von Räumen, auch wenn er zum Zeitpunkt der Beschlagnahme auf dem Grundstück wohnte.

5

Ein Wohnrecht kann nur in Gebäuden anerkannt werden, die nach Baugenehmigung und Nutzungsart zum Wohnen bestimmt sind und in denen das Wohnen nicht durch _____________

6

1)

2) 3)

Ausführlich zur Frage des evtl. Wohnungstausches: HWFH, § 149 ZVG Rz. 5; zum Umzug in kleinere Räume vgl. BGH, Urt. v. 16.5.2013 – IX ZR 224/12, NJW-RR 2013, 1097 = ZfIR 2013, 740 m. Anm. Depré. LG Heilbronn, Beschl. v. 29.9.2004 – 1 T 308/04, Rpfleger 2005, 154; OLG Brandenburg, 15.8.2012, 3 U 128/11, IGZinfo 2012, 191 = ZfIR 2012, 797 mit Anm. Engels. BGH, Urt. v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ, 130, 314 = NJW 1995, 2846.

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§ 149

Wohnräume und Unterhalt des Schuldners

die Bauordnung untersagt ist. In einem reinen Gewerbeobjekt kann daher weder dem Schuldner noch seinen Angehörigen eine Schuldnerwohnung belassen werden.4) 3. 7

Die Unentgeltlichkeit bezieht sich nur auf die Nutzung der Räume, nicht aber auf die Betriebskosten (Wasser, Strom, Gas, Heizung etc.). Diese hat der Schuldner an den Verwalter zu zahlen, soweit nicht die direkte Zahlung des Schuldners an den Versorger anderweitig gewährleistet ist. Sind auch Räume vermietet, hat der Verwalter durch geeignete Vereinbarungen oder Maßnahmen (Zwischenzähler, soweit technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll) dafür Sorge zu tragen, dass der Schuldner die anteiligen Kosten zahlt. Andernfalls muss Abrechnung nach dem Maßstab erfolgen, welcher für die vermieteten Räume aufgestellt wurde, notfalls nach den allgemeinen Regeln. 4.

8

Nebenkosten

Unentbehrliche Räume

Dem Schuldner sind nur die unentbehrlichen Räume zu belassen. Entbehrliche Räume kann der Schuldner nur gegen die Vereinbarung eines Nutzungsentgelts nutzen. Zahlt der Schuldner kein Nutzungsentgelt, sollte der Zwangsverwalter dem Schuldner die Räumung entbehrlicher Räume aufgeben, auch wenn es keine Möglichkeit gibt, diese Räume irgendwie anderweitig zu vermieten. Verweigert der Schuldner sowohl die Räumung als auch die für ihn bezahlbare Nutzungsentschädigung, kann dies als Gefährdung der Verwaltung zur Begründung eines Antrags nach § 149 Abs. 2 ZVG genügen.5) 5.

Entzug des Wohnrechts

9

Das Vollstreckungsgericht kann die Räumung der Schuldnerwohnung anordnen, wenn er oder ein Mitglied seines Hausstandes das Grundstück oder die ordnungsgemäße Verwaltung gefährdet. Das BVerfG hat diese Vorschrift als verfassungskonform angesehen, wenn das Verfahren auf Vollstreckung einer Geldforderung gerichtet ist und nicht nur zu einem Nebenzweck dient, der Schuldner immer noch nachhaltig das Ergebnis der Vollstreckung gefährdet und keine milderen Mittel (z. B. § 25 ZVG) den gewünschten Erfolg herbeiführen können.6) Dabei kann und muss das Vollstreckungsgericht auf früheres Fehlverhalten zurückgreifen, wenn die Gefährdung immer noch besteht. Das BVerfG hat als solches Fehlverhalten ausdrücklich die Nichtzahlung der Nebenkosten genannt und somit anerkannt, dass deren Verlangen durch den Zwangsverwalter jedenfalls nicht verfassungswidrig ist.

10

An die formalen Voraussetzungen sind hohe Anforderungen zu stellen, die in den Gründen des Beschlusses ihren Niederschlag finden müssen. Eine solche Entscheidung sollte nicht ohne mündliche Verhandlung ergehen. Der Beschluss des Gerichts

_____________ 4) 5) 6)

AG Dülmen, Beschl. v. 16.4.2007 – 7 M 231/07, Rpfleger 2007, 494. Ausführlich: Depré/Mayer, § 149 Rz. 583 ff.; zur Kollision Zwangsverwaltung – Insolvenzverwaltung siehe auch Zipperer, ZfIR 2011, 385. BVerfG, Beschl. v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, Rpfleger 2009, 329.

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§ 149

Wohnräume und Unterhalt des Schuldners

ist Vollstreckungstitel. Er bedarf weder einer Klausel noch der erneuten Zustellung. Vollstreckt wird durch den Gerichtsvollzieher im Auftrag des Verwalters.7) Da eine solche Entscheidung keinesfalls ohne Anhörung von Gläubiger und Schuldner ergehen kann, ist sie mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Der Verwalter hat keinen Rechtsbehelf, auch gegen die Ablehnung seines Antrags, da er an die rechtlichen Anweisungen des Gerichts gebunden ist. Die Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses sollte abgewartet werden, wenn keine besondere Dringlichkeit vorliegt. § 721 ZPO ist nicht anwendbar. Räumungsschutz nach § 765a ZPO ist aber möglich, z. B. wegen Gesundheitsgefährdung oder Selbstmordgefahr für sich oder einen Angehörigen.8)

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Räumungsgründe sind zunächst alle Gründe (außer Mietrückstand), die nach der Rechtsprechung einen Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigen würden. Wegen der Besonderheiten der Zwangsverwaltung genügt jedoch auch anderes Missverhalten, insbesondere: massiver Widerstand bei der Besitzergreifung, Abschreckung oder gar Bedrohung der Mietinteressenten, die der Verwalter bringt; Einziehen von Mieten; schuldhaftes Nichtzahlen der Nebenkosten (strittig);9) Verwahrlosung der überlassenen Räume; permanente Belästigung der Mieter. Schuldhaftes, wenn auch nicht unbedingt vorsätzliches Verhalten muss vorliegen, wobei der Schuldner für das schuldhafte Verhalten seiner Hausgenossen auch ohne eigene Schuld einstehen muss. Der Vorsatz muss sich nicht darauf erstrecken, das Grundstück oder die Verwaltung zu gefährden.

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II. Unterhalt Außer der vorgenannten Überlassung der unentbehrlichen Räume hat der Schuldner in der Zwangsverwaltung grundsätzlich keinen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse.10) Ausgenommen sind lediglich Naturallieferungen bzw. Zahlungen aus den Erträgen eines landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücks für die notwendigen Bedürfnisse.

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Erforderlich ist, dass die Nutzung zumindest die hierfür erforderlichen Früchte bringt. Die Leistungen gebühren dem Schuldner auch, wenn er nicht zum Verwalter bestellt wurde und kein Wohnrecht nach § 149 Abs. 2 ZVG hat. Es erscheint jedoch unbillig, dass die Anspruchsgrundlagen in § 149 Abs. 3 ZVG und § 150e ZVG trotz verschiedener Leistungen des Schuldners gleichen Umfang der Leistungen erbringen sollen. Dem Schuldner als Zwangsverwalter, zumal wenn er das Grundstück selbst bewirtschaftet, wäre mehr zu belassen, als jenem, der evtl. sogar wegen Fehlverhaltens gemäß § 149 Abs. 2 ZVG vom Grundstück entfernt wurde.11)

14

_____________ 7) Depré/Mayer, § 149 Rz. 589. 8) BGH, Beschl. v. 20.11.2008 – V ZB 31/08, Rpfleger 2009, 252; Depré/Mayer, § 149 Rz. 591 m. w. N. 9) Depré/Mayer, § 149 Rz. 580, siehe auch LG Schwerin, ZfIR 2013, 745 Räumung des Objekts bei Verweigerung des Zutritts durch Zwangsverwalter, mit ablehnender Anm. Schmidberger. 10) LG Saarbrücken, Beschl. v. 9.12.1994 – 5 T 697/94, Rpfleger 1995, 265; Böttcher/Keller, ZVG, § 149 Rz. 12. 11) Depré/Mayer, § 149 Rz. 595.

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§ 150

Bestellung des Verwalters und Übergabe des Grundstücks

§ 150 Bestellung des Verwalters und Übergabe des Grundstücks (1) Der Verwalter wird von dem Gericht bestellt. (2) Das Gericht hat dem Verwalter durch einen Gerichtsvollzieher oder durch einen sonstigen Beamten das Grundstück zu übergeben oder ihm die Ermächtigung zu erteilen, sich selbst den Besitz zu verschaffen. Literatur: Bund Deutscher Rechtspfleger, Rechtspflegerblatt 2003, 21; Neubert, Klaus, Das Hannoveraner Modell zur Verwalterauswahl, ZinsO 2010, 73; Hintzen, Udo, Zwangsverwaltung – Rechtsprechung und Tendenzen in 2009, IGZ Info 2010, 55; Sessig/Fischer, IGZInfo 2012, 11. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Die Person des Verwalters .................. III. Die Auswahl des Zwangsverwalters ................................. IV. Bestellungsbeschluss ............................

I. 1

1 2 3 4

V. Übergabe des Grundstücks (§ 150 Abs. 2 ZVG) .............................. 5 1. Unmittelbarer Besitz des Schuldners ....................................... 8 2. Mittelbarer Besitz des Schuldners ...... 13

Allgemeines

Der Verwalter wird vom Gericht ausgewählt. Hierbei ist es grundsätzlich an Wünsche und Vorschläge des Gläubigers nicht gebunden (Ausnahme: § 150aZVG). II. Die Person des Verwalters

2

Immer schwierigere und haftungsträchtigere Verfahren und entsprechend höhere Anforderungen an die Qualifikation des Zwangsverwalters erfordern eine steigende Sorgfalt bei dessen Auswahl. Neben der ohnehin zu fordernden Sachkunde soll es sich um eine unabhängige, sozial kompetente Persönlichkeit handeln, die in der Lage ist, das Amt interessengerecht zu führen, und die bei den Betroffenen (Gläubigerbanken, Gemeinden, Energieversorgern, WEG-Verwaltern, Mietern etc.) die erforderliche Akzeptanz erfährt. Nach § 1 Abs. 2 ZwVwV muss es sich bei dem Zwangsverwalter um eine natürliche Person handeln. Juristische Personen dürfen nicht bestellt werden. Der Verwalter muss geschäftskundig sein, also wirtschaftliche und steuerliche Grundkenntnisse haben und er muss eine zur Führung der Verwaltung ausreichende Büroausstattung besitzen.1) Allerdings übersteigt der Verordnungsgeber mit der Vorgabe von Auswahlkriterien seine ihm in § 152a ZVG übertragenen Befugnisse, so dass die freie Auswahl unberührt bleibt.2) III. Die Auswahl des Zwangsverwalters

3

Zuständig für Auswahl und Bestellung des Zwangsverwalters ist das Vollstreckungsgericht. Das BVerfG billigt dem Rechtspfleger bei der Auswahl des Verwalters ein Auswahlermessen zu, das er pflichtgemäß, also nicht nach freiem Belieben, ausüben _____________ 1)

2)

Zu den Auswahlkriterien auch OLG Koblenz, Beschl. v. 27.6.2005 – 12 VA 1/05, ZInsO 2005, 1174 m. Anm. Förster = Rpfleger 2005, 618 m. Anm. Kirsch; OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.1.2008 – 20 VA 9/07, Rpfleger 2009, 102; Depré, ZfIR 2006, 565. So zutreffend die Stellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger, abgedr. im „Rechtspflegerblatt“ 2003, 21; Depré/Mayer, § 1 Rz. 81.

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muss.3) Auch geeignete Bewerber haben keinen Anspruch dahingehend, dass sie ohne Rücksicht auf die Umstände eines Einzelfalles4) ständig oder anteilsmäßige Berücksichtigung finden.5) Rechtsschutz wird einem Bewerber allenfalls im konkreten Einzelfall gewährt, nicht aber für einen Anspruch auf eine generelle grundsätzliche Berücksichtigung. IV. Bestellungsbeschluss Die Bestellung des Zwangsverwalters erfolgt im Anordnungsbeschluss. Zusammen mit der Bestellung ist anzuordnen, wie der Verwalter in den Besitz des zu verwaltenden Objektes gelangen soll. In Betracht kommt die Beschaffung des Besitzes durch einen Gerichtsvollzieher oder aber die Ermächtigung, sich selbst den Besitz zu verschaffen. Eine Anhörung des Schuldners vor der Anordnung findet nicht statt. Es soll damit verhindert werden, dass dieser noch rasch eine Verfügung trifft, die zum Nachteil des Gläubigers zugunsten eines gutgläubigen Dritten wirksam sein könnte.

4

V. Übergabe des Grundstücks (§ 150 Abs. 2 ZVG) Zwar sieht § 150 Abs. 2 ZVG vor, dass der Verwalter in den Besitz des Grundstücks durch einen Beamten oder Gerichtsvollzieher eingewiesen werden kann; die Erlaubnis, sich selbst den Besitz zu verschaffen, ist jedoch in der Praxis allgemein üblich. Für die Ergreifung des Besitzes kommt es zunächst darauf an, ob der Schuldner unmittelbarer oder nur mittelbarer Besitzer ist. Hat der Schuldner überhaupt keinen Besitz, kann sich auch der Verwalter den Besitz nicht verschaffen.6) Soweit die Zwangsverwaltung nicht gegen den Eigenbesitzer (§ 147 ZVG) angeordnet werden kann, obliegt es dem Gläubiger, nicht dem Zwangsverwalter, durch Pfändung des etwaigen Schuldneranspruchs auf Besitzverschaffung und Klage gegen den besitzenden Dritten auf Übertragung des Besitzes auf den Schuldner die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung zu schaffen.

5

Umstritten ist, ob der Zwangsverwalter persönlich handeln muss, um den unmittelbaren Besitz des Objektes zu ergreifen. Nach der hier vertretenen Auffassung erfordert § 1 Abs. 3 ZwVwV persönliches Handeln, zumal der Zwangsverwalter über die Besitzergreifung, die ein Realakt ist, einen Bericht zu erstatten hat (§ 3 ZwVwV), den er nach allgemeiner Meinung nicht delegieren kann. Er müsste also über ein reales Geschehen berichten, das er nicht selbst wahrgenommen hat. Trotz des Trends zum „Delegationsbetrieb“7) kann die Ergreifung des unmittelbaren Besitzes nicht delegiert werden.8) Die Kenntnis des Objektes aus eigener Anschauung ist außerdem Grundlage einer guten Verwaltung, weshalb ein Zwangsverwalter die Besitzergreifung

6

_____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8)

BVerfG, Beschl. v. 15.2.2010 – 1 BvR 285/10, Rpfleger 2010, 436 = ZfIR 2010, 335 = IGZInfo 2010, 106; BGH, 28.6.2012 – IV AR (VZ) 2/12, IGZinfo 2012, 133. Zu den „Umständen des Einzelfalles“ und das sog. „Hannoveraner Modell“ Neubert, ZInsO 2010, 73. Zum Erfordernis einer Vorauswahlliste u. a. OLG Hamm, 27.9.2012 – 15 VA 7/12, ZfIR 2012, 36. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – IX ZR 88/84, Rpfleger 1986, 26 = NJW 1986, 2438. HWFH, § 1 ZwVwV Anm. 10 ff, dazu auch Hintzen IGZInfo 2010, 55, 56 und das LG Potsdam, Beschl. v. 5.5.2008 – 5 T 669/07 mit krit. Anm. Hawelka; ZfIR 2009, 105. Sessig/Fischer, IGZInfo 2012, 11.

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auch dann persönlich vornehmen sollte, wenn die Rechtslehre künftig eine Delegation billigt. Der Verwalter muss sich auch dann einen persönlichen Eindruck verschaffen, wenn er einen großen Besitz betreut und eine weite Anfahrt erforderlich ist. Das Delegationsrecht wird überschritten und der Verwalter seiner Verantwortung nicht gerecht, wenn er das Objekt überhaupt nicht kennt und die gesamte Verwaltung einem Mitarbeiter überlässt, der es für ihn in Besitz genommen hat (vgl. § 152 Rz. 4 [Depré]).9) 7

Wird dem Verwalter nur der mittelbare Besitz übertragen (§ 868 BGB), kann er sich vertreten lassen. Die Verständigung der Mieter etc. kann ein qualifizierter Mitarbeiter übernehmen. 1.

Unmittelbarer Besitz des Schuldners

8

Ist der Schuldner unmittelbarer Besitzer, wird der Verwalter durch die Besitzübergabe unmittelbarer Besitzer, der Schuldner wird mittelbarer Eigenbesitzer (§§ 868, 872 BGB).

9

Übergibt der Schuldner den Besitz nicht freiwillig, so ist der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung mit Zustellungsvermerk zusammen mit der Ermächtigung nach § 150 Abs. 2 ZVG Vollstreckungstitel gegen den Schuldner, mit dem ohne Klausel10) und erneute Zustellung im Auftrag des Verwalters ein Gerichtsvollzieher den Schuldner gemäß § 885 Abs. 1 ZPO aus dem Besitz setzen und den Zwangsverwalter in den Besitz einzusetzen hat. Dies kann z. B. dadurch entstehen, dass der Gerichtsvollzieher die vom Verwalter bezeichneten Teile des Grundstücks räumen lässt und sie dem Verwalter übergibt.11) Dieser kann die erneute Besitzergreifung seitens des Schuldners dadurch verhindern, dass er ihm die Schlüssel wegnehmen oder die Schlösser ändern lässt. Weigert sich der Schuldner, dem Zwangsverwalter den Besitz einzuräumen, kann dies u. U. ein Grund sein, ihm auch das an sich zu belassende Wohnungsrecht entziehen zu lassen (§ 149 Abs. 2 ZVG), denn die Verweigerung der Besitzergreifung gefährdet die ordnungsgemäße Verwaltung.

10

Verweigert der Schuldner das Betreten des Hauses und verhindert auf diese Weise die Besitzergreifung durch den Verwalter und die Feststellung, ob Räume vermietet sind und ob der Schuldner nur notwendige Räume in Besitz hat, so kann der Gerichtsvollzieher im Auftrag des Verwalters den Widerstand gemäß §§ 892, 758 Abs. 3 ZPO notfalls mit Hilfe der Polizei brechen und die Öffnung und Durchsuchung des Hauses zwecks Besitzergreifung durch den Verwalter ermöglichen. Wegen § 758a Abs. 2 ZPO ist eine besondere richterliche Genehmigung nicht erforderlich, obwohl der zu vollstreckende Titel vom Rechtspfleger erlassen wurde.12)

11

Allerdings sollte der Verwalter eine solche Maßnahme mit dem Gericht der Zwangsverwaltung absprechen und den Gläubiger hören. Soweit nicht Gefahr in Verzug ist, soll er dem Schuldner sein Vorhaben androhen, um ihn zum Einlenken zu _____________ 9) A. A. Böttcher/Keller, ZVG, § 150 Rz. 6c. 10) LG Hamburg, Beschl. v. 10.12.2003 – 319 T 45/03, Rpfleger 2004, 304. 11) Vgl. BGH, Beschl. v. 4.12.2008 – I ZB 120/05, Rpfleger 2009, 250, dort zur Vollstreckung aus einem Prozessurteil = NJW-RR 2009, 445. 12) MünchKomm-Häßler, ZPO, § 758a Rz. 42 (für einen Zuschlagsbeschluss); BGH, Beschl. v. 24.2.2011 – V ZB 280/10, Rpfleger 2011, 452 = ZfIR 2011, 572; LG Bonn, IGZInfo 2011, 44.

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§ 150

bewegen. Zur Unzeit (§ 758a Abs. 4 ZPO) soll die Besitzergreifung gegen den Willen des Schuldners nur erfolgen, wenn dies ausnahmsweise nötig ist. Dazu ist dann allerdings die besondere Anordnung des zuständigen Richters erforderlich.13) Betreibt der Schuldner auf dem Grundstück einen kleinen Gewerbebetrieb, unterstehen die hierfür genutzten Räume nicht dem Schutz des § 149 Abs. 1 ZVG. Um die reibungslose Weiterführung des Betriebes zu ermöglichen, sollte der Zwangsverwalter mit einem willigen Schuldner sofort eine Nutzungsvereinbarung gegen Entgelt treffen (§ 5 Abs. 2 ZwVwV). In diesem Fall beschränkt sich der Verwalter auf das Ergreifen des mittelbaren Besitzes, was für ihn genügt. Weigert sich der Schuldner, eine solche Vereinbarung abzuschließen, muss der Verwalter den Schuldner aus dem Besitz setzen, auch wenn dadurch der Gewerbebetrieb zum Erliegen kommt. In diesem Fall müssten die nicht beschlagnahmten Gegenstände, die also kein Zubehör sind, entfernt (§ 885 Abs. 2 bis 4 ZPO) und die leeren Räume zusammen mit dem zurückgebliebenen Zubehör nach Möglichkeit anderweitig verpachtet werden, falls eine Verpachtung des Betriebs als solchem nicht möglich ist. Vor einer derartigen einschneidenden Maßnahme muss der Gläubiger gehört werden, vor allem um zu erfahren, ob nicht evtl. die alsbaldige Antragsrücknahme zu erwarten ist. Auch sollte die Zustimmung des Gerichts eingeholt werden, auch wenn beides nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. In geeigneten Fällen ist es denkbar, dass der Rechtspfleger eine mündliche Verhandlung mit Gläubiger, Schuldner und Verwalter anordnet, um dem Schuldner eine letzte Möglichkeit zum Einlenken zu geben und die Höhe des zu zahlenden Entgelts festzulegen.14) 2.

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Mittelbarer Besitz des Schuldners

Ist der Schuldner nur mittelbarer Besitzer, so kann auch der Verwalter sich nur den mittelbaren Besitz verschaffen. Dies genügt aber, um die Wirkungen der Zwangsverwaltung hervorzubringen. Die Besitzergreifung erfolgt in diesem Fall durch Verständigung der Mieter (§ 4 ZwVwV), verbunden mit der Aufforderung, die Miete ab sofort auf das Konto der Zwangsverwaltung zu zahlen. Dieser Aufforderung sollte eine Kopie der Bestallungsurkunde (§ 2 ZwVwV) beigefügt werden. Es ist zweckmäßig, den Mieter zur Rücksprache aufzufordern, falls er die Miete bisher nicht an den Schuldner, sondern an einen Dritten bezahlt hat oder bereits Vorauszahlungen geleistet hat. Der Verwalter kann dann feststellen und mit den Mietern erörtern, ab wann er Anspruch auf die Miete hat. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die nochmalige Zahlung der Miete an den Verwalter erforderlich wird, wenn jetzt noch unberechtigt an den Schuldner oder einen Dritten gezahlt wird. Wie der Zwangsverwalter die in § 4 ZwVwV vorgesehene Verständigung vorzunehmen hat, ist ihm überlassen. Bestehen wegen des Zugangs Bedenken oder lässt das Verhalten des Mieters erkennen, dass er sich den Anordnungen nicht fügen will, soll ein gerichtliches Zahlungsverbot (§§ 151, Abs. 3, 22 Abs. 2 Satz 2, § 4 ZwVwV) erwirkt werden, mit dessen Zustellung der Mieter spätestens als bösgläubig gilt.15) _____________ 13) Depré/Mayer, § 2 Rz. 562. 14) Depré/Mayer, § 2 Rz. 565, 676 ff. 15) Depré/Mayer, § 2 Rz. 569.

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§ 150a

Vorgeschlagener Verwalter

§ 150a Vorgeschlagener Verwalter (1) Gehört bei der Zwangsverwaltung eines Grundstücks zu den Beteiligten eine öffentliche Körperschaft, ein unter staatlicher Aufsicht stehendes Institut, eine Hypothekenbank oder ein Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes, so kann dieser Beteiligte innerhalb einer ihm vom Vollstreckungsgericht zu bestimmenden Frist eine in seinen Diensten stehende Person als Verwalter vorschlagen. (2) Das Gericht hat den Vorgeschlagenen zum Verwalter zu bestellen, wenn der Beteiligte die dem Verwalter nach § 154 Satz 1 obliegende Haftung übernimmt und gegen den Vorgeschlagenen mit Rücksicht auf seine Person oder die Art der Verwaltung Bedenken nicht bestehen. Der vorgeschlagene Verwalter erhält für seine Tätigkeit keine Vergütung. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Vorschlagsrecht .................................... 2 III. Entscheidung des Gerichts ................. 3

I. 1

IV. Der Institutsverwalter ......................... 6 V. Rechtsbehelfe ........................................ 8

Zweck der Norm

Bei der Institutsverwaltung handelt es sich um ein Rechtsgebilde, das nicht nur unserem Rechtsverständnis zuwiderläuft,1) sondern wohl auch von der wirtschaftlichen Entwicklung überholt ist. Es mag sein, dass in der Vergangenheit nur wenig qualifizierte Personen zur Übernahme einer Zwangsverwaltung bereit waren. Heute ist dies angesichts vieler hierauf spezialisierter und hoch qualifizierter Büros nicht mehr der Fall. Andererseits haben die Kreditinstitute ihr Personal derart ausgedünnt, dass sie kaum noch eigene Leute mit genügender Qualifikation abstellen können. Dies führt dazu, dass diese einmal gut gemeinte Institution zunehmend dazu missbraucht wird, das Auswahlrecht der Gerichte zu umgehen und es außerdem in der Praxis gelegentlich an der gerichtlichen Aufsicht über diese Verwalter mangelt. Die Institutsverwaltung ist verfassungsrechtlich nicht unbedenklich und sollte ersatzlos aufgehoben werden. Wie wenig zeitgemäß die Institutsverwaltung heute noch ist, zeigt der Versuch einer Hypothekenbank, mit gerichtlicher Billigung diese Verwaltung auf einen „freien“ Rechtsanwalt auszulagern. Der BGH2) hat hierzu klargestellt, dass ein Institutsverwalter sich in einem „Beamten- oder festen Arbeitsverhältnis“ zum Institut befinden muss. II. Vorschlagsrecht

2

Die in § 150a ZVG näher bezeichneten Institute,3) insbesondere also alle Banken, Versicherungen und Bausparkassen, können vom Gericht die Bestellung eines Instituts_____________ 1) 2) 3)

Eickmann, § 39 II.2; HWFH, § 150a ZVG, Rz. 31; Mayer, ZfIR 2005, 809. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 10/05, Rpfleger 2005, 457 m. Anm. Erler = MDR 2005, 1011. Hierzu sehr ausführlich: Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, § 150a, Rz. 6 ff.

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§ 150a

Vorgeschlagener Verwalter

verwalters verlangen, wenn sie Beteiligte (§ 9 ZVG) des Verfahrens, also nicht notwendig Gläubiger, sind. III. Entscheidung des Gerichts Schlägt ein hierzu berechtigter Beteiligter einen Institutsverwalter vor, muss (§ 150a Abs. 2 ZVG) das Gericht ihn bestellen, wenn der Vorgeschlagene in den Diensten des Instituts oder einer hundertprozentigen Tochter des Beteiligten steht,4) das Institut die Haftung (§ 154 Abs. 1 ZVG) für den Verwalter übernimmt und gegen den Vorgeschlagenen mit Rücksicht auf seine Person und die Art der Verwaltung keine Bedenken bestehen. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat das Gericht kein Ermessen.

3

Umstritten ist, ob und unter welchen Umständen das Gericht einen freien Verwalter entlassen muss bzw. kann, wenn ein Institut den Antrag nachträglich stellt.5) Die LGe Halle6) und Kassel7) haben dem Antrag einer Bank stattgegeben, welche durch Abtretung nachträglich Beteiligtenstellung erlangt hat. Dies wird zunehmend in Zweifel gezogen. So wird ein Vorschlagsrecht abgelehnt für einen Gläubiger, der erst nach Verwalterbestellung beitritt,8) nach Abtretung einer Forderung9) oder wenn der ursprüngliche Gläubiger auf das Benennungsrecht verzichtet hatte.10) Auch soll ein nachträglich eingetragener Gläubiger, der dem Verfahren nicht beigetreten ist, keine Ablösung des bereits bestellten Verwalters bewirken können.11) Das Risiko einer späteren Benennung könnte das Gericht nur umgehen, indem es allen am Verfahren beteiligten Instituten eine Frist setzt (§ 150a Abs. 1 ZVG), innerhalb der sie einen Institutsverwalter benennen können12) und wenn man davon ausgeht, dass der Fristablauf auch gegen einen Rechtsnachfolger wirkt. Dies hat sich jedoch nicht als praxistauglich erwiesen.

4

Schlagen mehrere Institute einen Verwalter vor, ist das Gericht in seiner Auswahl frei. Es ist weder an die Reihenfolge des Eingangs, noch an den Rang (§ 10 ZVG) des vorschlagenden Instituts gebunden, sollte aber dem Vorschlag desjenigen Institutes den Vorzug geben, das an der Verwaltung das größte Interesse hat. Wird aus einem anderen Grund ein Verwalterwechsel erforderlich, kann jedes Institut jetzt erstmals einen Institutsverwalter vorschlagen.

5

IV. Der Institutsverwalter Der Institutsverwalter steht wie jeder Zwangsverwalter unter der Aufsicht des Gerichts (vgl. auch § 153 Rz. 1 ff. [Depré]). § 153 ZVG ist uneingeschränkt anwendbar. _____________ 4) 5) 6) 7) 8) 9)

LG Koblenz, Beschl. v. 29.8.2003 – 2 T 177/03, Rpfleger 2004, 114. Depré/Mayer, § 1 Rz. 111. Differenzierung HWFH, § 150a Rz. 29a. LG Halle, Beschl. v. 20.6.2007 – 2 T 225/07, IGZInfo 2007, 162. LG Kassel, Beschl. v. 27.11.2006 – 3 T 644/06 IGZInfo 2007, 163. Stöber, ZVG, § 150a Rz. 2.5a; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 150a, Rz. 13. AG Leipzig, Beschl. v. 28.2.2008 – 474 L 1103/07, ZfIR 2008, 810, wenn hierdurch ein als zuverlässig geltender Verwalter abgelöst werden soll; ebenso AG Stralsund, Beschl. v. 8.2.2011 – 12 L 29/04, Rpfleger 2011, 393. 10) AG Heilbronn, Beschl. v. 10.8.2007 – 15 L 36/99, IGZInfo 2007, 165. 11) Stöber, ZVG, § 150a Rz. 2.5b. So auch das AG Leipzig, Beschl. v. 28.2.2008 – 474 L 1103/07, Rpfleger 2011, 103, unter Hinweis auf Missbrauchsmöglichkeiten. 12) Stöber, ZVG, § 150a Rz. 2.4b.

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§ 150b

Schuldner als Verwalter

Auch er muss dem Gericht Bericht erstatten und ist an den gerichtlichen Teilungsplan gebunden. Er muss bei der Überweisung der Zuteilung aus den Überschüssen an das Institut genau angeben, wie diese Zahlungen gemäß dem Plan zu verrechnen sind. 7

Der Verwalter erhält keine Vergütung (§ 150a Abs. 2 letzter Satz ZVG). Dies schließt eine Entnahme der tatsächlichen Auslagen aus der Masse nicht aus. Auch kann er in gleicher Weise Vorschüsse für Aufwendungen verlangen, wie dies ein freier Verwalter könnte. Das Institut kann die Kosten dem Schuldner nicht in Rechnung stellen, insbesondere nicht dem Haftungsumfang der Grundschuld unterstellen. Eine entsprechende Vereinbarung in der Sicherungsabrede wäre nicht wirksam, da der Schuldner mit diesen Kosten nicht belastet werden darf.13) V. Rechtsbehelfe

8

Die Ablehnung eines vorgeschlagenen Institutsverwalters wird vom vorschlagenden Institut mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Gläubiger, Schuldner und die übrigen Beteiligten rügen die betroffene Auswahl mit der sofortigen Beschwerde, wenn sie vorher angehört wurden. Andernfalls gibt es die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO.

9

Der Vorgeschlagene selbst hat keinen Rechtsbehelf gegen seine Ablehnung. _____________ 13) LG Koblenz, Beschl. v. 29.8.2003 – 2 T 177/03, Rpfleger 2004, 114.

§ 150b Schuldner als Verwalter (1) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks ist der Schuldner zum Verwalter zu bestellen. Von seiner Bestellung ist nur abzusehen, wenn er nicht dazu bereit ist oder wenn nach Lage der Verhältnisse eine ordnungsmäßige Führung der Verwaltung durch ihn nicht zu erwarten ist. (2) Vor der Bestellung sollen der betreibende Gläubiger und etwaige Beteiligte der in § 150a bezeichneten Art sowie die untere Verwaltungsbehörde gehört werden. (3) Ein gemäß § 150a gemachter Vorschlag ist nur für den Fall zu berücksichtigen, daß der Schuldner nicht zum Verwalter bestellt wird. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

I. 1

III. Verfahren .............................................. 3

Allgemeines

Sollen landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Grundstücke unter Zwangsverwaltung gestellt werden, benötigt man in erster Linie eine Person, die tatsächlich die dort anfallende Bewirtschaftung – also persönliche Arbeitsleistungen – vollbringt, und dazu wird kaum eine andere Person so kostengünstig bereit sein wie der Schuldner. Deshalb kann er in diesem Fall ausnahmsweise zum 1052

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§ 150b

Schuldner als Verwalter

Auch er muss dem Gericht Bericht erstatten und ist an den gerichtlichen Teilungsplan gebunden. Er muss bei der Überweisung der Zuteilung aus den Überschüssen an das Institut genau angeben, wie diese Zahlungen gemäß dem Plan zu verrechnen sind. 7

Der Verwalter erhält keine Vergütung (§ 150a Abs. 2 letzter Satz ZVG). Dies schließt eine Entnahme der tatsächlichen Auslagen aus der Masse nicht aus. Auch kann er in gleicher Weise Vorschüsse für Aufwendungen verlangen, wie dies ein freier Verwalter könnte. Das Institut kann die Kosten dem Schuldner nicht in Rechnung stellen, insbesondere nicht dem Haftungsumfang der Grundschuld unterstellen. Eine entsprechende Vereinbarung in der Sicherungsabrede wäre nicht wirksam, da der Schuldner mit diesen Kosten nicht belastet werden darf.13) V. Rechtsbehelfe

8

Die Ablehnung eines vorgeschlagenen Institutsverwalters wird vom vorschlagenden Institut mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Gläubiger, Schuldner und die übrigen Beteiligten rügen die betroffene Auswahl mit der sofortigen Beschwerde, wenn sie vorher angehört wurden. Andernfalls gibt es die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO.

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Der Vorgeschlagene selbst hat keinen Rechtsbehelf gegen seine Ablehnung. _____________ 13) LG Koblenz, Beschl. v. 29.8.2003 – 2 T 177/03, Rpfleger 2004, 114.

§ 150b Schuldner als Verwalter (1) Bei der Zwangsverwaltung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücks ist der Schuldner zum Verwalter zu bestellen. Von seiner Bestellung ist nur abzusehen, wenn er nicht dazu bereit ist oder wenn nach Lage der Verhältnisse eine ordnungsmäßige Führung der Verwaltung durch ihn nicht zu erwarten ist. (2) Vor der Bestellung sollen der betreibende Gläubiger und etwaige Beteiligte der in § 150a bezeichneten Art sowie die untere Verwaltungsbehörde gehört werden. (3) Ein gemäß § 150a gemachter Vorschlag ist nur für den Fall zu berücksichtigen, daß der Schuldner nicht zum Verwalter bestellt wird. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

I. 1

III. Verfahren .............................................. 3

Allgemeines

Sollen landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Grundstücke unter Zwangsverwaltung gestellt werden, benötigt man in erster Linie eine Person, die tatsächlich die dort anfallende Bewirtschaftung – also persönliche Arbeitsleistungen – vollbringt, und dazu wird kaum eine andere Person so kostengünstig bereit sein wie der Schuldner. Deshalb kann er in diesem Fall ausnahmsweise zum 1052

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§ 150b

Schuldner als Verwalter

Zwangsverwalter bestellt werden. Aus dieser Vorgabe ergibt sich gleichzeitig, dass § 150b ZVG nicht anzuwenden ist, wenn der fragliche Grundbesitz verpachtet ist.1) II. Voraussetzungen Liegen die nachfolgenden Voraussetzungen vor, ist der Schuldner vom Gericht zum Verwalter zu bestellen; selbst eine Institutsverwaltung hat keinen Vorrang (§ 150b Abs. 3 ZVG): –

Es handelt sich um ein landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutztes Grundstück, das nicht verpachtet ist.



Der Schuldner muss zur Annahme des Amtes bereit sein. Er kann nicht zur Übernahme der Zwangsverwaltung gezwungen werden.



Nach Lage der Verhältnisse ist eine ordnungsgemäße Führung der Verwaltung durch den Schuldner zu erwarten.2) Hat der Schuldner zuletzt die fraglichen Grundstücke nicht mehr ordnungsgemäß genutzt und könnten sie ohne Weiteres verpachtet werden, wäre an sich eine Verpachtung sinnvoller. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes muss aber auch hier der Schuldner bestellt werden. Allerdings ist in diesem Falle sehr eingehend zu prüfen, ob eine ordnungsgemäße Führung der Verwaltung durch den Schuldner zu erwarten ist.

2

III. Verfahren Vor der Anordnung sind der Gläubiger, die am Verfahren (§ 9 ZVG) beteiligten Institute des § 150a ZVG und die „untere Verwaltungsbehörde“, also allgemein das Landratsamt, die Kreisverwaltung oder die nach Landesrecht entsprechende Behörde, zu hören. Letztere ist nicht Beteiligte i. S. d. § 9 ZVG; ihre Äußerung hat gutachterlichen Charakter. Der Schuldner ist vor der Anordnung nicht zu hören. Er könnte sonst auch in diesem Verfahren die Beschlagnahme durch eine wirksame Verfügung unterlaufen.3)

3

Hat nicht schon der Gläubiger vor seinem Antrag Einvernehmen mit dem Schuldner hergestellt und dessen Einverständnis mit der Bestellung dem Antrag beigefügt, bleibt dem Vollstreckungsgericht nichts anderes übrig, als zunächst die Zwangsverwaltung ohne Verwalter anzuordnen und erst dann den Schuldner zu hören. Damit ergeben sich zwischen Antragstellung und Verwalterbestellung Zeiträume, die durch kurze Fristsetzungen nur unzulänglich zu verkürzen sind. Ob das Gericht nach Anordnung der Verwaltung auf Gläubigerantrag Maßnahmen nach § 25 ZVG beschließt oder gar einen vorläufigen Verwalter „mit Entlassungsvorbehalt“ bestellt, muss im Einzelfall entschieden werden. Es wäre daran zu denken, eine bereits in Aussicht genommene „Aufsichtsperson“ zum vorläufigen Verwalter zu bestellen, wenn diese auch bei Ausfall des Schuldners Zwangsverwalter bleiben will.4)

4

_____________ 1) 2) 3) 4)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 124; Stöber, ZVG, § 150b, Rz. 2.4; HWFH, §§ 150b – 150e ZVG Rz. 3. OLG Hamm, 12.6.1987 – 15 W 48/87, NJW-RR 1988, 60 = Rpfleger 1988, 37. Depré/Mayer, § 1 Rz. 128. A. A. Stöber, ZVG, § 150b Rz. 3.1; Böttcher/Keller, ZVG, §§ 150b – 150e Rz. 8: Schuldner ist anzuhören. Depré/Mayer, § 1 Rz. 128.

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§ 150c

Aufsichtsperson für Schuldner als Verwalter

§ 150c Aufsichtsperson für Schuldner als Verwalter

1

2

(1) Wird der Schuldner zum Zwangsverwalter bestellt, so hat das Gericht eine Aufsichtsperson zu bestellen. Aufsichtsperson kann auch eine Behörde oder juristische Person sein. (2) Für die Aufsichtsperson gelten die Vorschriften des § 153 Abs. 2 und des § 154 Satz 1 entsprechend. Gerichtliche Anordnungen, die dem Verwalter zugestellt werden, sind auch der Aufsichtsperson zuzustellen. Vor der Erteilung von Anweisungen im Sinne des § 153 ist auch die Aufsichtsperson zu hören. (3) Die Aufsichtsperson hat dem Gericht unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn der Schuldner gegen seine Pflichten als Verwalter verstößt. (4) Der Schuldner führt die Verwaltung unter Aufsicht der Aufsichtsperson. Er ist verpflichtet, der Aufsichtsperson jederzeit Auskunft über das Grundstück, den Betrieb und die mit der Bewirtschaftung zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zu geben und Einsicht in vorhandene Aufzeichnungen zu gewähren. Er hat, soweit es sich um Geschäfte handelt, die über den Rahmen der laufenden Wirtschaftsführung hinausgehen, rechtzeitig die Entschließung der Aufsichtsperson einzuholen. Dem Schuldner als Zwangsverwalter ist eine Aufsichtsperson zu bestellen, unter deren Aufsicht die Verwaltung geführt wird. Der Schuldner ist ihr über alle Vorgänge Rechenschaft schuldig. Geschäfte, die über die laufende Wirtschaftsführung hinausgehen, bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsperson (§ 150c Abs. 4 ZVG i. V. m. § 150d ZVG). Andererseits hat die Aufsichtsperson kein Weisungsrecht gegenüber dem Schuldner.1) Entstehende Probleme hat sie dem Gericht mitzuteilen, welches seinerseits dem Schuldner-Verwalter Weisungen erteilt oder ihn notfalls entlässt. Obwohl das ZVG keine Vergütung der Aufsichtsperson vorsieht, wird heute überwiegend angenommen, dass sie Anspruch auf eine solche in entsprechender Anwendung der für den Verwalter vorgesehenen Normen hat.2) _____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 150c Rz. 3.6. Depré/Mayer, § 1 Rz. 130; Stöber, ZVG, § 150c Rz. 3.10.

§ 150d Befugnisse des Schuldners als Verwalter Der Schuldner darf als Verwalter über die Nutzungen des Grundstücks und deren Erlös, unbeschadet der Vorschriften der §§ 155 bis 158, nur mit Zustimmung der Aufsichtsperson verfügen. Zur Einziehung von Ansprüchen, auf die sich die Beschlagnahme erstreckt, ist er ohne diese Zustimmung befugt; er ist jedoch verpflichtet, die Beträge, die zu notwendigen Zahlungen zur Zeit nicht erforderlich sind, nach näherer Anordnung des Gerichts unverzüglich anzulegen. I.

Übersicht Befugnisse und Pflichten des II. Rechtsbehelfe ........................................ 4 Schuldners ............................................ 1

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Depré

§ 150c

Aufsichtsperson für Schuldner als Verwalter

§ 150c Aufsichtsperson für Schuldner als Verwalter

1

2

(1) Wird der Schuldner zum Zwangsverwalter bestellt, so hat das Gericht eine Aufsichtsperson zu bestellen. Aufsichtsperson kann auch eine Behörde oder juristische Person sein. (2) Für die Aufsichtsperson gelten die Vorschriften des § 153 Abs. 2 und des § 154 Satz 1 entsprechend. Gerichtliche Anordnungen, die dem Verwalter zugestellt werden, sind auch der Aufsichtsperson zuzustellen. Vor der Erteilung von Anweisungen im Sinne des § 153 ist auch die Aufsichtsperson zu hören. (3) Die Aufsichtsperson hat dem Gericht unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn der Schuldner gegen seine Pflichten als Verwalter verstößt. (4) Der Schuldner führt die Verwaltung unter Aufsicht der Aufsichtsperson. Er ist verpflichtet, der Aufsichtsperson jederzeit Auskunft über das Grundstück, den Betrieb und die mit der Bewirtschaftung zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zu geben und Einsicht in vorhandene Aufzeichnungen zu gewähren. Er hat, soweit es sich um Geschäfte handelt, die über den Rahmen der laufenden Wirtschaftsführung hinausgehen, rechtzeitig die Entschließung der Aufsichtsperson einzuholen. Dem Schuldner als Zwangsverwalter ist eine Aufsichtsperson zu bestellen, unter deren Aufsicht die Verwaltung geführt wird. Der Schuldner ist ihr über alle Vorgänge Rechenschaft schuldig. Geschäfte, die über die laufende Wirtschaftsführung hinausgehen, bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsperson (§ 150c Abs. 4 ZVG i. V. m. § 150d ZVG). Andererseits hat die Aufsichtsperson kein Weisungsrecht gegenüber dem Schuldner.1) Entstehende Probleme hat sie dem Gericht mitzuteilen, welches seinerseits dem Schuldner-Verwalter Weisungen erteilt oder ihn notfalls entlässt. Obwohl das ZVG keine Vergütung der Aufsichtsperson vorsieht, wird heute überwiegend angenommen, dass sie Anspruch auf eine solche in entsprechender Anwendung der für den Verwalter vorgesehenen Normen hat.2) _____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 150c Rz. 3.6. Depré/Mayer, § 1 Rz. 130; Stöber, ZVG, § 150c Rz. 3.10.

§ 150d Befugnisse des Schuldners als Verwalter Der Schuldner darf als Verwalter über die Nutzungen des Grundstücks und deren Erlös, unbeschadet der Vorschriften der §§ 155 bis 158, nur mit Zustimmung der Aufsichtsperson verfügen. Zur Einziehung von Ansprüchen, auf die sich die Beschlagnahme erstreckt, ist er ohne diese Zustimmung befugt; er ist jedoch verpflichtet, die Beträge, die zu notwendigen Zahlungen zur Zeit nicht erforderlich sind, nach näherer Anordnung des Gerichts unverzüglich anzulegen. I.

Übersicht Befugnisse und Pflichten des II. Rechtsbehelfe ........................................ 4 Schuldners ............................................ 1

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Depré

§ 150d

Befugnisse des Schuldners als Verwalter

I.

Befugnisse und Pflichten des Schuldners

Der Schuldner ist verantwortlich für die Bestellung des Grundbesitzes. Er darf zwar ernten, aber die geernteten Früchte nur mit Zustimmung der Aufsichtsperson veräußern. Auf den Grundbesitz bezogene Ansprüche gegen Dritte auf Geld- oder Sachleistungen (also z. B. die Pacht für eine verpachtete Teilfläche) darf er ohne Zustimmung der Aufsichtsperson einziehen, jedoch nicht erlassen, aufrechnen oder stunden.1)

1

Aus den Nutzungen hat der Schuldner-Verwalter – ohne Zustimmung der Aufsichtsperson – folgende Zahlungen zu leisten:

2



Den Unterhalt des Schuldner-Verwalters und seiner Familie („notwendige Bedürfnisse“), dessen Umfang das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson festsetzt. In Betracht kommen geerntete Naturalien oder auch Geld aus den Einnahmen der Verwaltung.2) Eine Entschädigung für die Bemühungen erhält der Schuldner nicht (§ 150e ZVG). Eine Zahlung an ihn aus einem Gläubigervorschuss kommt daher nicht in Betracht.3)



Die tatsächlichen Kosten der Verwaltung mit Einschluss der Ausgaben für die laufende Wirtschaftsführung,4) also z. B. die Prämien der notwendigen Sachversicherungen und Kosten für den notwendigen und üblichen Ankauf von Saatund Düngemitteln; nicht hierunter fallen z. B. die Prämien für persönliche Versicherungen, soweit diese nicht durch Gerichtsentscheidung nach § 150e ZVG zu den „notwendigen Bedürfnissen“ zählen.



Die laufenden wiederkehrenden öffentlichen Lasten (im gleichen Umfang wie jeder Zwangsverwalter, § 156, Abs. 1 ZVG), insbesondere also die laufende Grundsteuer, Feldhut etc.

Einen eventuellen Überschuss zahlt der Schuldner-Verwalter gemäß dem gerichtlichen Teilungsplan an die dort genannten Berechtigten. Bleibt nach alledem ein Geldbetrag, der nicht sofort zu verwenden ist, hat ihn der Schuldner nach Anweisung des Gerichts anzulegen.5)

3

II. Rechtsbehelfe Der Schuldner, der nach Anhörung seine Zustimmung zur Verwalterbestellung gegeben hat und doch nicht bestellt wurde, hat hiergegen die sofortige Beschwerde. Der Gläubiger und die angehörten Institute können ebenfalls mit sofortiger Beschwerde entweder die nicht erfolgte Bestellung des Schuldners fordern, oder aber die Bestellung des nach ihrer Ansicht nicht geeigneten Schuldners rügen. Alle übrigen Beteiligten haben, da sie nicht angehört wurden, mit gleichem Ziel die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO und erst nach deren Ablehnung die sofortige Beschwerde.

_____________ 1) 2) 3) 4) 5)

Stöber, ZVG, § 150d Rz. 2.4d. HWFH, §§ 150b – 150e Rz. 7. Depré/Mayer, § 1 Rz. 132, 261. Stöber, ZVG, § 150d Rz. 2.4a. Stöber, ZVG, § 150d Rz. 2.4d.

Depré

1055

4

§ 150e 5

Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter

Gleiches gilt für die Rechtsbehelfe gegen die Auswahl der Aufsichtsperson. Soweit das Gericht Bestimmungen zu treffen hat, wird seine Entscheidung, die wohl immer erst nach Anhörung der Betroffenen ergehen kann, mit sofortiger Beschwerde angefochten. Ist der Schuldner aus eigenem Recht betroffen (z. B. § 150e ZVG), steht ihm, obwohl er Verwalter ist, ebenfalls das Beschwerderecht zu. Die Aufsichtsperson hat kein Beschwerderecht.

§ 150e Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter Der Schuldner erhält als Verwalter keine Vergütung. Erforderlichenfalls bestimmt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson, in welchem Umfang der Schuldner Erträgnisse des Grundstücks oder deren Erlös zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse verwenden darf. Übersicht

1

I.

Allgemeines .......................................... 1

I.

Allgemeines

II. Rechtsbehelfe ........................................ 2

Eine Entschädigung für die Bemühungen erhält der Schuldner nicht. Eine Zahlung an ihn aus einem Gläubigervorschuss kommt daher nicht in Betracht (siehe § 150d Rz. 1 ff. [Depré]). Allerdings können dem Schuldner aus den Erzeugnissen oder aus deren Erlös Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts überlassen werden (§ 149 Abs. 3 ZVG). Den Umfang setzt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson fest (§ 150e Satz 2 ZVG). Der Schuldner darf Erzeugnisse oder Geld erst nach Erlass des gerichtlichen Beschlusses entnehmen. II. Rechtsbehelfe

2



Für Schuldner-Verwalter und die Beteiligten, die vorher gehört worden sind, sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO).



Für die Aufsichtsperson und die Beteiligten, die vorher nicht gehört worden sind, Erinnerung gemäß § 766 ZPO.

§ 151 Wirksamwerden der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme wird auch dadurch wirksam, daß der Verwalter nach § 150 den Besitz des Grundstücks erlangt. (2) Der Beschluß, durch welchen der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird, soll dem Verwalter zugestellt werden; die Beschlagnahme wird zugunsten des Gläubigers auch mit dieser Zustellung wirksam, wenn der Verwalter sich bereits im Besitz des Grundstücks befindet. (3) Das Zahlungsverbot an den Drittschuldner ist auch auf Antrag des Verwalters zu erlassen. 1056

Depré

§ 150e 5

Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter

Gleiches gilt für die Rechtsbehelfe gegen die Auswahl der Aufsichtsperson. Soweit das Gericht Bestimmungen zu treffen hat, wird seine Entscheidung, die wohl immer erst nach Anhörung der Betroffenen ergehen kann, mit sofortiger Beschwerde angefochten. Ist der Schuldner aus eigenem Recht betroffen (z. B. § 150e ZVG), steht ihm, obwohl er Verwalter ist, ebenfalls das Beschwerderecht zu. Die Aufsichtsperson hat kein Beschwerderecht.

§ 150e Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter Der Schuldner erhält als Verwalter keine Vergütung. Erforderlichenfalls bestimmt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson, in welchem Umfang der Schuldner Erträgnisse des Grundstücks oder deren Erlös zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse verwenden darf. Übersicht

1

I.

Allgemeines .......................................... 1

I.

Allgemeines

II. Rechtsbehelfe ........................................ 2

Eine Entschädigung für die Bemühungen erhält der Schuldner nicht. Eine Zahlung an ihn aus einem Gläubigervorschuss kommt daher nicht in Betracht (siehe § 150d Rz. 1 ff. [Depré]). Allerdings können dem Schuldner aus den Erzeugnissen oder aus deren Erlös Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts überlassen werden (§ 149 Abs. 3 ZVG). Den Umfang setzt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson fest (§ 150e Satz 2 ZVG). Der Schuldner darf Erzeugnisse oder Geld erst nach Erlass des gerichtlichen Beschlusses entnehmen. II. Rechtsbehelfe

2



Für Schuldner-Verwalter und die Beteiligten, die vorher gehört worden sind, sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO).



Für die Aufsichtsperson und die Beteiligten, die vorher nicht gehört worden sind, Erinnerung gemäß § 766 ZPO.

§ 151 Wirksamwerden der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme wird auch dadurch wirksam, daß der Verwalter nach § 150 den Besitz des Grundstücks erlangt. (2) Der Beschluß, durch welchen der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird, soll dem Verwalter zugestellt werden; die Beschlagnahme wird zugunsten des Gläubigers auch mit dieser Zustellung wirksam, wenn der Verwalter sich bereits im Besitz des Grundstücks befindet. (3) Das Zahlungsverbot an den Drittschuldner ist auch auf Antrag des Verwalters zu erlassen. 1056

Depré

§ 150e 5

Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter

Gleiches gilt für die Rechtsbehelfe gegen die Auswahl der Aufsichtsperson. Soweit das Gericht Bestimmungen zu treffen hat, wird seine Entscheidung, die wohl immer erst nach Anhörung der Betroffenen ergehen kann, mit sofortiger Beschwerde angefochten. Ist der Schuldner aus eigenem Recht betroffen (z. B. § 150e ZVG), steht ihm, obwohl er Verwalter ist, ebenfalls das Beschwerderecht zu. Die Aufsichtsperson hat kein Beschwerderecht.

§ 150e Keine Vergütung für Schuldner als Verwalter Der Schuldner erhält als Verwalter keine Vergütung. Erforderlichenfalls bestimmt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson, in welchem Umfang der Schuldner Erträgnisse des Grundstücks oder deren Erlös zur Befriedigung seiner und seiner Familie notwendigen Bedürfnisse verwenden darf. Übersicht

1

I.

Allgemeines .......................................... 1

I.

Allgemeines

II. Rechtsbehelfe ........................................ 2

Eine Entschädigung für die Bemühungen erhält der Schuldner nicht. Eine Zahlung an ihn aus einem Gläubigervorschuss kommt daher nicht in Betracht (siehe § 150d Rz. 1 ff. [Depré]). Allerdings können dem Schuldner aus den Erzeugnissen oder aus deren Erlös Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts überlassen werden (§ 149 Abs. 3 ZVG). Den Umfang setzt das Gericht nach Anhörung der Aufsichtsperson fest (§ 150e Satz 2 ZVG). Der Schuldner darf Erzeugnisse oder Geld erst nach Erlass des gerichtlichen Beschlusses entnehmen. II. Rechtsbehelfe

2



Für Schuldner-Verwalter und die Beteiligten, die vorher gehört worden sind, sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO).



Für die Aufsichtsperson und die Beteiligten, die vorher nicht gehört worden sind, Erinnerung gemäß § 766 ZPO.

§ 151 Wirksamwerden der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme wird auch dadurch wirksam, daß der Verwalter nach § 150 den Besitz des Grundstücks erlangt. (2) Der Beschluß, durch welchen der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird, soll dem Verwalter zugestellt werden; die Beschlagnahme wird zugunsten des Gläubigers auch mit dieser Zustellung wirksam, wenn der Verwalter sich bereits im Besitz des Grundstücks befindet. (3) Das Zahlungsverbot an den Drittschuldner ist auch auf Antrag des Verwalters zu erlassen. 1056

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§ 151

Wirksamwerden der Beschlagnahme Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Eintritt der Beschlagnahme ................ 2 1. Bei Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 151 Abs. 1 ZVG) ........... 2

2. 3.

Bei Zulassung des Beitritts zur Zwangsverwaltung (§ 151 Abs. 2 ZVG) .............................. 5 Gegenüber Drittschuldnern bei beschlagnahmten Forderungen (§ 151 Abs. 3 ZVG) .............................. 6

I. Allgemeines § 151 ZVG ergänzt für die Zwangsverwaltung die Möglichkeiten des § 22 ZVG zum Wirksamwerden der Beschlagnahme.

1

II. Eintritt der Beschlagnahme 1.

Bei Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 151 Abs. 1 ZVG)

Die Beschlagnahme erfolgt durch Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner (§ 146 i. V. m. § 22 Abs. 1 ZVG). Richtet sich die Anordnung gegen mehrere Schuldner, wird sie erst wirksam mit der Zustellung an den letzten von ihnen, wenn die Schuldner in Gesamthandsgemeinschaft eingetragen sind. Bei einer Bruchteilsgemeinschaft kann jeder Bruchteil zu verschiedenen Zeiten beschlagnahmt werden, wenn der Anordnungsbeschluss den Bruchteilern an verschiedenen Tagen zugestellt worden ist und keine frühere einheitliche Beschlagnahme auf eine der beiden nachstehend genannten Weisen erfolgt ist.

2

Die Beschlagnahme wird auch wirksam durch Eingang des Ersuchens auf Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks beim Grundbuchamt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG), wenn die Eintragung des Vermerks „demnächst“ erfolgt oder dadurch, dass der Verwalter den Besitz des Grundstücks erlangt (§ 151 Abs. 1 ZVG), wobei es gleichgültig ist, ober er in den Besitz eingewiesen wurde oder diesen sich selbst verschafft hat.

3

Entscheidend ist die zeitlich erste Beschlagnahme (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 1 ZVG). Grundsätzlich erfolgt für jeden Gläubiger eine individuelle Beschlagnahme, die sein Rechtsverhältnis und evtl. auch seinen Rang im Verfahren bestimmt. Für Verfahrensfragen, insbesondere aber für die wichtige Unterscheidung zwischen laufenden und rückständigen Leistungen, entscheidet die zeitlich erste Beschlagnahme im Verfahren, auch dann, wenn der Gläubiger, zu dessen Gunsten sie erfolgte, bereits aus dem Verfahren ausgeschieden ist, welches ein anderer Gläubiger mit späterer Beschlagnahme weiterführt.1)

4

2.

Bei Zulassung des Beitritts zur Zwangsverwaltung (§ 151 Abs. 2 ZVG)

Im Falle eines Beitritts erfolgt kein neues Ersuchen auf Eintragung eines Zwangsverwaltungsvermerks. Somit scheidet diese Möglichkeit aus. Die Beschlagnahme für den Beitrittsgläubiger erfolgt also zunächst durch die Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Schuldner. Hat der Verwalter bereits den Besitz des Grundstücks erlangt, wird die Beschlagnahme auch durch Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Verwalter wirksam. Erfolgen Anordnung und Beitritt so zeitnah, dass der _____________ 1)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 146.

Depré

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5

§ 152

Aufgaben des Verwalters

Verwalter noch keinen Besitz erlangt hat, wirkt seine Besitzergreifung auch als Beschlagnahme zugunsten des Beitrittsgläubigers.2) 3.

Gegenüber Drittschuldnern bei beschlagnahmten Forderungen (§ 151 Abs. 3 ZVG)

6

Es geht um das Zahlungsverbot nach § 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG, das also nicht nur auf Gläubiger-Antrag, sondern das auch auf Verwalterantrag zu erlassen ist.

7

Im Zwangsverwaltungsverfahren sind gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 ZVG auch die Mietzins- oder Pachtforderungen erfasst. Gegenüber dem Mieter bzw. Pächter als Drittschuldner wird die Beschlagnahme wirksam:

8



Durch Erlangung der Kenntnis der Beschlagnahme (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG).



Durch Kenntnis des Zwangsverwaltungsantrags (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG).



Durch Zustellung eines Zahlungsverbots an den Drittschuldner (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG), welches auf Antrag des betreibenden Gläubigers vom Vollstreckungsgericht erlassen und dem Drittschuldner von Amts wegen zugestellt wird.

Gemäß § 151 Abs. 3 ZVG kann dieses Zahlungsverbot im Zwangsverwaltungsverfahren aber auch vom Zwangsverwalter beantragt werden. Im Gegensatz zum betreibenden Gläubiger kann der Zwangsverwalter jedoch keine Vorpfändung gemäß § 845 ZPO veranlassen, da § 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG in § 151 Abs. 3 ZVG nicht erwähnt ist. Im Übrigen liegt für den Zwangsverwalter die grundlegende Voraussetzung einer Vorpfändung, ein vollstreckbarer Schuldtitel, gar nicht vor. _____________ 2)

OLG Braunschweig, Urt. v. 11.1.2001 – 2 U 120/00, Rpfleger 2001, 254.

§ 152 Aufgaben des Verwalters (1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen. (2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam. Literatur: Hintzen, Udo, Zwangsverwaltung – Rechtsprechung und Tendenzen in 2009, IGZ Info 2010, 55; Drasdo, Michael, Die Abrechnungspflichten des Zwangsverwalters, NZI 2013, 12; Engels, Ralf, Zwangsverwaltung und Steuern, ZfIR 2012, 381; Hartung, Ludmila, Mietkaution und Zwangsverwaltung, NZI 2014, 739; Wedekind, Leif Holger, Vorsteuerberichtigungsansprüche gemäß § 15a UstG in der Zwangsverwaltung – ein in der Praxis unterschätzes Problem, ZfIR 2011, 648; Schmidberger ZfIR 2006, 11; BMF Schreiben v. 19.2.1992 – IV A 3 – S 7340-3/92 BStBl I 1992, S. 397.

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§ 152

Aufgaben des Verwalters

Verwalter noch keinen Besitz erlangt hat, wirkt seine Besitzergreifung auch als Beschlagnahme zugunsten des Beitrittsgläubigers.2) 3.

Gegenüber Drittschuldnern bei beschlagnahmten Forderungen (§ 151 Abs. 3 ZVG)

6

Es geht um das Zahlungsverbot nach § 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG, das also nicht nur auf Gläubiger-Antrag, sondern das auch auf Verwalterantrag zu erlassen ist.

7

Im Zwangsverwaltungsverfahren sind gemäß § 148 Abs. 1 Satz 2 ZVG auch die Mietzins- oder Pachtforderungen erfasst. Gegenüber dem Mieter bzw. Pächter als Drittschuldner wird die Beschlagnahme wirksam:

8



Durch Erlangung der Kenntnis der Beschlagnahme (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG).



Durch Kenntnis des Zwangsverwaltungsantrags (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG).



Durch Zustellung eines Zahlungsverbots an den Drittschuldner (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG), welches auf Antrag des betreibenden Gläubigers vom Vollstreckungsgericht erlassen und dem Drittschuldner von Amts wegen zugestellt wird.

Gemäß § 151 Abs. 3 ZVG kann dieses Zahlungsverbot im Zwangsverwaltungsverfahren aber auch vom Zwangsverwalter beantragt werden. Im Gegensatz zum betreibenden Gläubiger kann der Zwangsverwalter jedoch keine Vorpfändung gemäß § 845 ZPO veranlassen, da § 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG in § 151 Abs. 3 ZVG nicht erwähnt ist. Im Übrigen liegt für den Zwangsverwalter die grundlegende Voraussetzung einer Vorpfändung, ein vollstreckbarer Schuldtitel, gar nicht vor. _____________ 2)

OLG Braunschweig, Urt. v. 11.1.2001 – 2 U 120/00, Rpfleger 2001, 254.

§ 152 Aufgaben des Verwalters (1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen. (2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam. Literatur: Hintzen, Udo, Zwangsverwaltung – Rechtsprechung und Tendenzen in 2009, IGZ Info 2010, 55; Drasdo, Michael, Die Abrechnungspflichten des Zwangsverwalters, NZI 2013, 12; Engels, Ralf, Zwangsverwaltung und Steuern, ZfIR 2012, 381; Hartung, Ludmila, Mietkaution und Zwangsverwaltung, NZI 2014, 739; Wedekind, Leif Holger, Vorsteuerberichtigungsansprüche gemäß § 15a UstG in der Zwangsverwaltung – ein in der Praxis unterschätzes Problem, ZfIR 2011, 648; Schmidberger ZfIR 2006, 11; BMF Schreiben v. 19.2.1992 – IV A 3 – S 7340-3/92 BStBl I 1992, S. 397.

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§ 152

Aufgaben des Verwalters Übersicht I. II. III. IV. 1. V. 1.

I.

Die Rechtsstellung des Zwangsverwalter .................................. 1 Handlungsgrundsätze ......................... 3 Aufgaben des Zwangsverwalters: Erhaltung des Grundstücks ................ 6 Aufgabe des Zwangsverwalters: Benutzung des Grundstücks ............... 9 Gewerblich genutzte Grundstücke ...... 9 Miet- und Pachtverträge (§ 152 Abs. 2 ZVG) ............................ 15 Die vorgefundenen Mietverträge ....... 15 a) Vertragsurkunden ........................ 16 b) Gestaltungsrechte ........................ 18 c) Kaution ......................................... 20

d) Miet-Nebenkosten ....................... 28 2. Mietverträge des Verwalters ............... 32 VI. Zwangsverwalter und Prozessführung ................................... 36 1. Prozessführungsbefugnis .................... 36 2. Fehlende Prozessführungsbefugnis des Verwalters ...................................... 39 3. Vollstreckung aus vorhandenen Titeln .................................................... 40 4. Unterbrechung laufender Verfahren ............................................. 42 5. Ende der Prozessführungsbefugnis .... 44 VII. Zwangsverwaltung und Steuern ......................................... 48

Die Rechtsstellung des Zwangsverwalter

Der Theorienstreit,1) wie das Amt des Verwalters zu beurteilen ist, wird heute überwiegend und richtig zugunsten der „Neutralitätstheorie“ entschieden. Demnach ist die Verwaltung „objektbezogen“ und wird somit weder einseitig im Interesse der Gläubigers noch des Schuldners geführt. Eine wesentliche Bedeutung für die Praxis der Zwangsverwaltung hat der Theorienstreit nicht. Allerdings ist die vom Eigentum unabhängig gedachte „Neutralitätstheorie“ am besten geeignet, das Verhältnis Zwangsverwalter/Ersteher zwischen Zuschlag und Aufhebung systemgerecht zu erklären.

1

Der Zwangsverwalter ist „Verwalter fremden Rechtes in eigener Verantwortung“. Sein Handeln begünstigt oder belastet unmittelbar das Vermögen des Schuldners, wobei er nur insoweit verfügen kann, als seine Handlungsmacht reicht. Somit kann der Zwangsverwalter kein „Rechtsnachfolger“ des Schuldners sein und niemand wird irgendwann sein Rechtsnachfolger. Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung wird der beschlagnahmte Teil des Schuldnervermögens unter fremde Verwaltung gestellt, ohne dass das Eigentum als solches berührt wird. Deshalb kann der Zwangsverwalter den Grundbesitz weder belasten noch veräußern und auch nicht „aus der Zwangsverwaltung freigeben“.2)

2

II. Handlungsgrundsätze Summarisch umschreibt § 152 ZVG die Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters. Einzelheiten dazu regelt die Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV)3) vom 19.12.2003. Diese summarische Umschreibung hat nun der Verwalter unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gegebenheiten und der ihm auferlegten Beschränkungen mit wirtschaftlicher Vernunft zu nutzen. Soweit er hierzu der Mitwirkung des Gerichts bedarf, hat sich dieses nicht an Formalien zu orientieren, sondern im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens dahingehend zu nutzen, dass die Interessen des Gläubigers, des Schuldners und der übrigen Beteiligten in wirtschaftlich vernünftiger Weise gegeneinander abgewogen werden. Im Zweifelsfall haben die Interessen des Gläubigers _____________ 1) 2) 3)

Ausführlich Stöber, ZVG, § 152 Rz. 2. Depré/Mayer, § 2 Rz. 526. BGBl. I, 2804.

Depré

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3

§ 152

Aufgaben des Verwalters

zur Verwirklichung seiner Rechte Vorrang. Der Zwangsverwalter hat darauf zu achten, dass das Objekt in seinem Bestand erhalten und nicht verschlechtert wird.4) 4

Der Verwalter muss grundsätzlich persönlich handeln und im Falle einer nicht nur ganz kurzfristigen Verhinderung das Gericht verständigen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 ZwVwV). Er darf von sich aus keinen Vertreter für die Gesamtverwaltung beauftragen (siehe § 152 Rz. 4 [Depré]). Allerdings kann er nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV einzelne Geschäfte, die keinen Aufschub dulden, im Falle seiner Verhinderung durch andere Personen (seine Mitarbeiter oder unter seiner Verantwortung auch Dritte) besorgen lassen und unter seiner Verantwortung Hilfskräfte mit unselbstständigen Tätigkeiten betrauen. Hierbei kommt es weder auf Verhinderung noch auf Dringlichkeit an. Nach Auffassung des LG Potsdam5) darf der Verwalter Aufgaben wie z. B. Buchhaltung, Akteneinsicht oder Projektbetreuung auch an rechtlich selbstständige Dritte (hier eine GmbH, deren Geschäftsführer er ist) übertragen. Dieser Auffassung wird nicht gefolgt, da sich die Bedeutung der persönlichen Abwicklung auch darin äußert, dass nach § 1 Abs. 2 ZwVwV eine vorhandene Büroausstattung Voraussetzung für die Verwalterauswahl ist.

5

Unzulässig wäre ebenfalls, dass eine Bank, um die Rechtsprechung des BGH zu umgehen, einen ihrer Bediensteten als Institutsverwalter bestellen lässt, der nun seinerseits per Vollmacht die Gesamtverwaltung an einen Außenstehenden, z. B. einen Rechtsanwalt, überträgt (siehe § 150a Rz. 6 f. [Depré]).6) III. Aufgaben des Zwangsverwalters: Erhaltung des Grundstücks

6

Der Verwalter hat das Grundstück in seinem Bestand zu erhalten. Dies bedeutet, dass er notwendige Reparaturen vornehmen muss. Insbesondere muss er Sicherungsmaßnahmen durchführen, welche die zuständige Behörde angeordnet hat. Soweit es sich nicht um die gewöhnliche Unterhaltung handelt – also sich unübliche Reparaturen als notwendig erweisen –, muss er die Einwilligung des Gerichts einholen (§ 10 Abs. 1 Ziff. 5 ZwVwV).

7

Übersteigt der Aufwand 15 % des „geschätzten Verkehrswertes“, handelt es sich um solche unübliche Reparaturen. Hierbei hat der Zwangsverwalter – nicht das Gericht – den Verkehrswert „nach pflichtgemäßem Ermessen“ zu schätzen. Es versteht sich von selbst, dass hierfür keine kostenträchtigen Gutachten eingeholt werden dürfen. In erster Linie kommen Gutachten in Betracht, die sich in den Gerichtsakten befinden oder ihm aus dem Besitz des Schuldners zugänglich sind. Anderenfalls kommen Faustformeln in Betracht. Letztendlich entscheidet der Verwalter selbst, ob er in Grenzfällen die Einwilligung des Gerichts einholen will oder nicht. Aus Gründen seiner eigenen Sicherheit sollte er im Zweifel dessen Einwilligung einholen. Ob er an eine vorliegende Wertfestsetzung des Gerichts im Zwangsversteigerungsverfahren gebunden ist, bleibt offen.7) _____________ 4) 5) 6) 7)

Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 10 ff. LG Potsdam, Beschl. v. 5.5.2008 – 5 T 669/07 mit krit. Anm. Hawelka, ZfIR 2009, 105 mit Zustimmung Hintzen, in IGZInfo 2010, 55, 56. Vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 10/05, Rpfleger 2005, 457 m. Anm. Erler = MDR 2005, 1011. Depré/Mayer, § 1 Rz. 262.

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Verbesserungen wird der Verwalter nur vornehmen, wenn dadurch die Einnahmen gesteigert werden können und diese Steigerung in einem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Aufwendungen für die Verbesserung steht, oder wenn der Verwalter zur Vornahme der Verbesserung verpflichtet ist und er – soweit erforderlich (§ 10 Abs. 1 Ziff. 5 ZwVwV) – die Zustimmung des Gerichts eingeholt hat. Entsprechende Mittel muss der Gläubiger durch Vorschuss bereitstellen, wenn die Erträge dazu nicht reichen. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass der Verwalter einen angefangenen Bau fertig stellt oder einen Brandschaden beseitigt.8) Bei wesentlichen Reparaturen, die zu einer Umgestaltung führen, hat der Zwangsverwalter auf die Belange des Schuldners gebührende Rücksicht zu nehmen.9) Nachhaltige Veränderungen oder solche, welche die wirtschaftliche Beschaffenheit des Grundstücks in ihrem Gesamtcharakter berühren, darf der Verwalter nicht vornehmen und kann ihm auch das Gericht nicht gestatten.10)

8

IV. Aufgabe des Zwangsverwalters: Benutzung des Grundstücks 1.

Gewerblich genutzte Grundstücke

Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung findet eine Art „Vermögensspaltung“ zwischen den beschlagnahmten Gegenständen des Haftungsverbandes und dem übrigen Vermögen des Schuldners statt. Während der Insolvenzverwalter die gesamte Insolvenzmasse (und diese umfasst den Gewerbebetrieb insgesamt) in Besitz und Verwaltung nimmt, darf der Zwangsverwalter nur den Besitz der beschlagnahmten Gegenstände ergreifen. Gegen die Verwendung nicht beschlagnahmter Gegenstände bestehen also grundsätzliche Bedenken.

9

Findet der Verwalter ein Grundstück vor, auf dem kein aktiver Gewerbebetrieb vorhanden ist, das sich aber nach Lage und Beschaffenheit für einen solchen eignen würde, oder das für einen Gewerbebetrieb eingerichtet ist, der aber derzeit nicht betrieben wird, erlaubt die ZwVwV grundsätzlich die Nutzbarmachung. Im erstgenannten Fall ist allerdings wegen § 5 Abs. 1 ZwVwV die vorherige Zustimmung des Gerichts erforderlich, welches bei seiner Entscheidung insbesondere prüfen wird, ob die vorgesehene Verwendung nach Aufhebung der Zwangsverwaltung unverzüglich rückgängig gemacht werden kann und keine für den Schuldner schwerwiegenden Nachteile zurückbleiben.

10

Betreibt der Schuldner bei Anordnung der Zwangsverwaltung aktiv einen Gewerbebetrieb auf dem Grundstück, so ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen, ob der Verwalter gegen den Willen des Schuldners befugt ist, den Betrieb selbst zu betreiben oder zu verpachten. Besteht der Gewerbebetrieb so gut wie ausschließlich darin, das Grundstück als solches zu nutzen oder Bodenbestandteile mittels beschlagnahmten Zubehörs auszubeuten (z. B. ein kostenpflichtiger Parkplatz, ein Campingplatz ohne Betrieb des Kiosks), kann der Verwalter dies von einem Pächter vornehmen lassen oder aber auch in eigener Regie vornehmen, wenn eine Verpachtung unmöglich oder untunlich ist. Vorausgesetzt ist allerdings, dass kein Zugriff auf nicht be-

11

_____________ 8) Depré/Mayer, § 1 Rz. 263, 836 ff. 9) LG Göttingen, Beschl. v. 8.7.2003 – 10 T 72/03, Rpfleger 2004, 113 = ZfIR 2004, 657. 10) BGH, Beschl. v. 10.12.2004 – Ixa ZB 231/03, Rpfleger 2005, 210.

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schlagnahmte Betriebsteile erforderlich wird und die Genehmigung des Gerichts (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ZwVwV) vorliegt. 12

Besteht nur eine lockere Verbindung zwischen Gewerbebetrieb und Grundstück, so dass der Betrieb ohne große Probleme vom Grundstück entfernt und auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden kann (z. B. Atelier eines Künstlers, vom Schuldner betriebener Laden, Bürofläche eines Reisebüros, Gaststätte), darf der Verwalter dem Schuldner den Betrieb als solchen regelmäßig nicht entziehen, also nicht selbst betreiben oder verpachten. Er kann dann allenfalls die Entfernung des Betriebes unter Zurücklassung der beschlagnahmten Gegenstände verlangen und die leeren Flächen verpachten oder dem Schuldner das Betriebsgrundstück gegen „angemessenes Entgelt“ belassen, falls eine solche Vereinbarung möglich ist. Insbesondere, wenn hierdurch die wirtschaftliche Existenz des Schuldners vernichtet wird, sollte auch der Gläubiger gehört werden, notfalls im Rahmen einer mündlichen Erörterung zusammen mit dem Schuldner beim Gericht.11)

13

Setzt sich der Gewerbebetrieb – mehr oder weniger gewichtet – aus beschlagnahmten und nicht beschlagnahmten Komponenten zusammen, ist eine pauschale Abgrenzung nicht möglich, sondern es ist im Einzelfall abzuwägen. Dabei kommt es insbesondere auf das besondere wirtschaftliche Gepräge des beschlagnahmten Grundstücks und darauf an, ob dieses sachgemäß nur durch die Betriebsfortführung seitens des Zwangsverwalters (ggf. bis zur Verpachtung) zu nutzen ist. Der Zwangsverwalter kann also den Gewerbebetrieb, welcher dem Grundstück das „besondere wirtschaftliche Gepräge“ gibt und der nicht vom Grundstück losgelöst werden kann, selbst weiterführen oder zur Fremdnutzung verpachten, wenn das hierfür erforderliche Inventar als Zubehör beschlagnahmt ist oder dem Schuldner überlassen und neu beschafft werden kann. So kann der Zwangsverwalter z. B. eine Tankstelle12) oder ein Hotel13) betreiben.14) Immaterielle Wirtschaftsgüter, welche nur im Zusammenhang mit dem Betrieb geschützt sind, können – obwohl nicht beschlagnahmt – mitbenutzt werden. Die Zustimmung des Schuldners ist grundsätzlich nicht erforderlich.15) Übernimmt der Verwalter den Betrieb vom Schuldner und führt ihn weiter oder wird der bisherige Pächter durch den Verwalter gekündigt, handelt es sich um einen Betriebsübergang nach § 613a BGB.16)

14

Führt der Zwangsverwalter den Betrieb weiter, ist eine eingehende Prüfung seiner Haftpflichtversicherung erforderlich. Bedarf es einer Sonderversicherung (welche auch die Umweltrisiken17) umfassen sollte), muss deren Abschluss vom Gericht angeordnet werden (§ 1 Abs. 4 ZwVwV), da sonst der Verwalter die Prämie aus seiner Vergütung bestreiten müsste. Wirtschaftlich sinnvoll ist dies nur, wenn so er_____________ 11) Depré/Mayer, § 2 Rz. 687. 12) OLG Dresden, 3.6.1998 – 13 W 599/98, Rpfleger 1999, 410 = MDR 1999, 890; ablehnend dazu HWFH, § 5 ZwVwV 1999, 410. 13) BGH, 14.4.2005 – V ZB 16/05, Rpfleger 2005, 557 = NJW-RR 2005, 1175. 14) Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 27 ff. m. w. Beispielen. 15) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 16/05, Rpfleger 2005, 557; ausführlich zur Weiterführung des Betriebs durch den Zwangsverwalter Depré/Mayer, § 2 Rz. 689 ff, 695. 16) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 16/05, Rpfleger 2005, 557; BAG, 18.8.2011 – 8 AZR 230/10, ZfIR 2012, 31; Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 28a. 17) Vgl. HWFH, § 5 ZwVwV Rz. 16.

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hebliche Überschüsse zu erwirtschaften sind oder der Gläubiger wegen der unmittelbar bevorstehenden Versteigerung die Stilllegung vermeiden will. V. Miet- und Pachtverträge (§ 152 Abs. 2 ZVG) 1.

Die vorgefundenen Mietverträge

Der Verwalter ist an die bestehenden Mietverträge gebunden, soweit die Mieter bereits vor der Beschlagnahme Besitz erlangt haben. Er soll die bisherige Nutzungsart nicht ohne triftigen Grund verändern (§ 5 Abs. 1 ZwVwV).18)

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a) Vertragsurkunden Obwohl der Mietvertrag nach allgemeiner Meinung nicht Zubehör des Grundstücks ist, muss ihn der Schuldner an den Zwangsverwalter herausgeben, und der Verwalter kann ihn dem Schuldner auch aufgrund des Anordnungsbeschlusses durch den Gerichtsvollzieher zwangsweise wegnehmen lassen.19) Auch die Mieter sind verpflichtet, dem Verwalter Einsicht in den Mietvertrag zu gewähren.20) Wird ihm die Einsicht verweigert, muss der Verwalter Klage erheben, da der Anordnungsbeschluss es gegenüber dem Mieter nicht ermöglicht, diese Einsicht auf dem Vollstreckungswege zu erzwingen.21)

16

Der Verwalter ist grundsätzlich verpflichtet, Mietrückstände geltend zu machen, d. h. gegen den Mieter das Mahnverfahren einzuleiten oder Klage zu erheben. Hiervon darf er nur absehen, wenn der Gläubiger auf die Rechtsverfolgung verzichtet (§ 8 ZwVwV).

17

b) Gestaltungsrechte Steht dem Vermieter infolge des Rückstandes ein gesetzliches oder vertragliches Kündigungsrecht zu, hat der Verwalter nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, ob er die Kündigung ausspricht, wenn der Mieter nicht unverzüglich die rückständige Miete zahlt. Er sollte seine Entscheidung mit dem Gericht abstimmen. Auch in allen anderen Fällen kann der Verwalter nach pflichtgemäßen Ermessen die Mietverträge kündigen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt, der auch den Eigentümer zur Kündigung berechtigt hätte.

18

Gesetzlich oder vertraglich mögliche Mieterhöhungen hat der Verwalter grundsätzlich geltend zu machen. Allerdings hat dies mit wirtschaftlicher Vernunft zu geschehen. In Gebieten mit mangelndem Wohnraum wird der Verwalter wohl gesetzlich zulässige Erhöhungen immer durchsetzen müssen, da er die Wohnung auch nach Kündigung durch den Mieter neu vermieten kann. Wo die Rezession bereits einen Überfluss an Wohnraum geschaffen hat und generell bei Geschäftsräumen (Büro, Läden), wird sich der Verwalter überlegen müssen, ob er eine mögliche Mieterhöhung _____________

19

18) BGH, Beschl. v. 10.12.2004 – Ixa ZB 231/03, Rpfleger 2005, 210. 19) AG Stuttgart, Beschl. v. 22.2.1995 – 2 M 8271/94, Rpfleger 1995, 375; AG Stolzenau, Beschl. v. 11.11.1998 – 3 C 644/97, WuM 1999, 32; BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05, Rpfleger 2005, 463. 20) AG Stolzenau, Beschl. v. 3.2.1998 – 3 C 619/97, WuM 1998, 212. 21) Zum Thema „Umgehungskonstellation“ Mietvertrag mit nahen Angehörigen vgl. BGH, Urt. v. 18.9.2013 – VIII ZR 297/12, ZfIR 2013, 474; zu den Nachweisanforderungen für unter Angehörigen abgeschlossene Mietverträge vgl. BGH, Urt. v. 18.9.2013 – VIII ZR 297/12, ZfIR 2014, 106 ff. m. Anm. Depré.

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durchsetzt und damit alsbald einen Leerstand riskiert. Es ist anzunehmen, dass das OLG Köln22) diese Frage heute mit mehr wirtschaftlicher Einsicht entscheiden würde, nachdem auch in Großstädten bei gewerblichen Immobilien zunehmend Leerstände festzustellen sind und deren Neuvermietung zunehmend schwierig ist. Der Verwalter wird also dem Wunsch eines solventen Mieters, den Gewerbemietvertrag vorzeitig ohne Mieterhöhung zu verlängern, nach gewissenhafter Prüfung nachkommen dürfen, ohne sich hierdurch grundsätzlich pflichtwidrig zu verhalten.23) c) Kaution 20

Hat der Schuldner eine gezahlte Mietkaution gemäß § 551 Abs. 2 BGB getrennt von seinem Vermögen angelegt oder wurde die Kaution durch Stellung einer Bürgschaft geleistet, kann der Verwalter mit dem Anordnungsbeschluss ohne besondere Klausel die Zwangsvollstreckung gegen den Eigentümer (Schuldner) auf Herausgabe (§ 883 ZPO) der Kaution betreiben.24) Der Zwangsverwalter kann mit dem Anordnungsbeschluss als Titel auch dann noch vollstrecken, wenn der Gläubiger, auf dessen Antrag angeordnet wurde, aus dem Verfahren ausgeschieden ist und ein anderer Gläubiger mit Beitrittsbeschluss das Verfahren weiterführt.25)

21

Hat der Schuldner das Kautionsgeld nicht ordnungsgemäß angelegt, kann der Verwalter vom Schuldner verlangen, dass dieser an ihn den entsprechenden Geldbetrag zahlt. Zur Zwangsvollstreckung ist allerdings ein neuer Titel erforderlich. Der Anordnungsbeschluss ermöglicht keine Vollstreckung auf Zahlung einer Geldsumme.26) Ist die Vollstreckung ergebnislos geblieben, kann der Zwangsverwalter dem Schuldner auf der Grundlage des Anordnungsbeschlusses zur Abgabe der Offenbarungsversicherung vorladen lassen. Versichert jedoch der Schuldner an Eides statt, er habe die Kaution mit Mietrückständen verrechnet, ist hiermit das Verfahren auf Abgabe der Offenbarungsversicherung beendet und der Zwangsverwalter kann keine neue Versicherung über die Verrechnung der Kaution fordern.27)

22

Streitig ist, ob der Verwalter mit dem Anordnungsbeschluss als Titel oder auch in einem hierauf gerichteten Erkenntnisverfahren vom Schuldner verlangen kann, ihm die zur Geltendmachung der Miete erforderliche Auskunft zu erteilen und evtl. vorhandene Unterlagen herauszugeben (§ 836 Abs. 3 ZPO), um auf diese Weise eine Information über den Verbleib der Kaution zu erhalten.28)

23

Auch der Mieter kann klageweise vom Schuldner verlangen, dass dieser die Kaution dem Verwalter aushändigt.29) Dem steht die Auffassung des BGH30) entgegen, der _____________ 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28)

29) 30)

OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1999 – 2 W 112/99, Rpfleger 1999, 502 = ZMR 1999, 760. Depré/Mayer, § 2 Rz. 613. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05 mit Anm. Schmidberger, Rpfleger 2005, 463. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05 mit Anm. Schmidberger, Rpfleger 2005, 463; AG Dülmen, Beschl. v. 16.4.2007 – 7 M 231/07, Rpfleger 2007, 494. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 6/05 mit Anm. Schmidberger, Rpfleger 2005, 463. BGH, Beschl. v. 21.2.2008 – I ZB 66/07, Rpfleger 2008, 435 = ZIP 2008, 1200. Bejahend: LG Heilbronn, Beschl. v. 20.6.2007 – 1 T 154/07, Rpfleger 2007, 620; ablehnend: LG Berlin, Urt. v. 14.7.1992 – 29 O 538/91, MDR 1993, 274 = Rpfleger 1993, 123; der BGH, Rpfleger 2008, 435 hat hierzu keine Andeutung gemacht. AG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.1991 – 42 C 5082/91, ZMR 1992, 549. BGH, Urt. v. 11.3.2009, VIII ZR 184/08, Rpfleger 2009, 468.

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Schuldner sei durch den Entzug des Verwaltungsrechtes „nicht mehr in der Lage“, seine Verpflichtung zu erfüllen. Diese Ansicht ist kaum nachvollziehbar und läuft möglicherweise auf eine Verwechslung des ZVG mit dem Insolvenzverfahren hinaus. Die Ansprüche des Mieters gegen den Schuldner aus der Zeit vor der Zwangsverwaltung werden durch die Beschlagnahme (an welcher bekanntlich der Mieter nicht „beteiligt“ ist) nicht berührt. Für den ähnlich gelagerten Fall der Ansprüche einer WEG-Gemeinschaft ist dies mehrfach obergerichtlich entschieden.31) Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Mieter die Verpflichtung des Vermieters (Schuldners) zur Anlage der Kaution nach Beschlagnahme nicht mehr einfordern kann und deshalb an den Zwangsverwalter verwiesen werden muss. Allerdings ist es für den (vom BGH umfassend geschützten) Mieter leichter und Erfolg versprechender, seinen früheren Fehler, nicht auf der Anlage bestanden zu haben, auf Kosten des Gläubigers (also regelmäßig eines Kreditinstituts) zu korrigieren. Der Zwangsverwalter hat dem Mieter die von diesem an den Schuldner geleistete Mietkaution auszukehren, sobald diese zur Rückzahlung fällig ist, selbst wenn der Verwalter die Kaution nicht erlangt hat.32) Diese Auffassung löst jedoch nicht den Widerspruch, dass der Mieter vom Verwalter seine auf das Grundstück vorgenommenen „nützlichen Verwendungen“ wegen § 1125 BGB nicht fordern kann, wohl aber die Kaution, welche das Objekt nicht verbessert hat. Neuerdings verpflichtet der BGH33) den Zwangsverwalter auch dazu, auf Verlangen des Mieters die Kaution anzulegen, falls dies der Schuldner unterlassen hatte. Mangels einer anderen Grundlage kommt hierfür nur § 155 Abs. 1 ZVG in Betracht. Der Zwangsverwalter muss also entgegen der Regelung in §§ 1124 ff. BGB beschlagnahmtes Geld verwenden. Falls der Verwalter, wie zu diesem Zeitpunkt üblich, noch keine Erträge hat, um dieser Verpflichtung nachzukommen, muss der Gläubiger bei Meidung der Aufhebung des Verfahrens (§ 161 ZVG) in Vorlage treten. Er muss also, statt Befriedigung seiner Forderung zu erlangen, zunächst einmal eine Verpflichtung seines Schuldners begleichen. Wie dies mit der verfassungsrechtlichen Position eines Gläubigers34) (Schutz des Eigentums) vereinbart werden kann, ist nicht ersichtlich. Mit Rücksicht auf dieses verfassungsrechtliche Bedenken scheint es überlegenswert, einen Vorschuss nur für die Rückzahlung einer nicht erlangten Kaution zu verweigern und gegen die Aufhebungsentscheidung des Gerichts über Rechtsbehelfe zum BGH oder gar zum BVerfG zu gelangen. Die Pflicht zur Anlegung der Kaution (§ 551 Abs. 3 BGB) gehört zum Wohnraum-Mietrecht und ist daher auf gewerbliche Vermietung nicht anwendbar.35) Konsequent müsste dies auch für die Einstandspflicht des Zwangsverwalters gelten.

_____________ 31) OLG München, Beschl. v. 12.10.2006 – 32 Wx 124/06, Rpfleger 2007, 158; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.7.2005 – 3 W 167/04, IGZInfo 2006, 91; OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2007 – 16 WX 100/07, IGZInfo 2008, 142. 32) BGH, Urt. v. 16.7.2003, VIII ZR 11/03, Rpfleger 2003, 678; BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 330/03, Rpfleger 2005, 460. 33) BGH, Urt. v. 11.3.2009 – VIII ZR 148/08, Rpfleger 2009, 468. 34) BGH, Beschl. v. 4.5.2005 – I ZB 10/05, Rpfleger 2005, 454 = NJW 2005, 1859. 35) BGH, Beschl. v. 2.4.2008 – 5 StR 354/07, IGZInfo 2008, 134.

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Nimmt der Mieter den Verwalter auf Zahlung in Anspruch, muss er beweisen,36) dass er dem Schuldner die Kaution bezahlt hat.

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Ist das Mietverhältnis bereits beendet und der Schuldner ist ausgezogen, kann er bei nachträglicher Anordnung der Zwangsverwaltung vom Verwalter keinen Ersatz der Kaution verlangen, die dieser nicht vom Schuldner erhalten hat.37)

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Der Zwangsverwalter haftet dem Ersteher nicht auf eine Mietkaution, die er nicht erlangt hat, wenn das Mietverhältnis über den Zuschlagsbeschluss hinaus fortdauert.38) Mit dem Zuschlag übernimmt der Ersteher als eigene Verbindlichkeit die Erstattung der Kaution (§ 566a BGB i. V. m. § 57 ZVG).39) Ersteigert der Mieter selbst das Grundstück, kann er vom Zwangsverwalter nachträglich nicht mehr die Erstattung der Kaution verlangen, welche er dem früheren Eigentümer übergeben hatte und die der Zwangsverwalter nicht erlangt hat.40) Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung kann der Zwangsverwalter nicht mehr auf Rückzahlung der Kaution in Anspruch genommen werden. Die Klage ist als unzulässig abzuweisen.41) d) Miet-Nebenkosten

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Die vom Verwalter eingezogenen Miet-Nebenkosten sind nicht beschlagnahmt, da sie nicht zur Befriedigung des Gläubigers dienen.42) Abschläge auf die Nebenkosten kann der Zwangsverwalter nur verlangen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. Anderenfalls erfolgt deren Abrechnung nach Ablauf der Periode des § 556 Abs. 3 BGB. Ist keine Zahlung der Nebenkosten vereinbart (Warmmiete), kann auch der Verwalter ein künftiges Verlangen nicht durchsetzen.

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Nach Ablauf des Rechnungsjahres erstellt der Verwalter dem Mieter eine Abrechnung über die Nebenkosten, welche der BetrKV43) und der HeizkostenVO44) in der jeweiligen Fassung entspricht.45) Ergibt sich eine Nachzahlungspflicht, hat sie der Verwalter unverzüglich einzufordern; eine Rückzahlungsverpflichtung muss er gemäß § 155 Abs. 1 ZVG notfalls auch aus beschlagnahmten Geldern oder einem Gläubigervorschuss erfüllen. Der Mieter wird von der Nachzahlungspflicht grundsätzlich frei, wenn die Abrechnung nicht spätestens innerhalb des zwölften Monats nach Ablauf der Abrechnungsperiode erfolgt. Der Verwalter trägt die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang. Rechnet er falsch oder schuldhaft verspätet ab, haftet er für die Rechtsverfolgungskosten des Mieters.46) Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die _____________ 36) 37) 38) 39) 40) 41) 42) 43) 44) 45) 46)

BGH, Urt. v. 28.9.2005 – VIII ZR 372/04, Rpfleger 2006, 30. BGH, Urt. v. 3.5.2006, Rpfleger 2006, 489. LG Flensburg, Urt. v. 13.12.2007 – 3 O 285/07, Rpfleger 2008, 436 m. Anm. Alff. BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 13/10, Rpfleger 2012, 399. BGH, Urt. v. 9.6.2010 – VIII ZR 189/09, Rpfleger 2010, 650, IGZInfo 2010, 179, ZfIR 2010, 652 m. Anm. Blauth/Mayer. BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 301/03, Rpfleger 2005, 559. Ausführlich Depré/Mayer, § 2 Rz. 628 ff. Verordnung über die Aufstellung der Betriebskosten (Betriebskostenverordnung BetrKV) vom 25.11.2003, BGBl I, 2346. Verordnung über die Heizkostenabrechnung vom 5.10.2009, BGBl I, 3250. Zur Abrechnung nach Antragsrücknahme oder Aufhebung des Verfahrens Depré/Mayer, § 2 Rz. 639 ff. AG Zwickau, Urt. v. 9.11.2006, 4 C 1030/06, IGZInfo 2007, 36.

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Rückzahlung sämtlicher Abschläge zu verlangen, weil die Abrechnung nicht fristgemäß erfolgte.47) Endet die Zwangsverwaltung nach Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren, kann der Zwangsverwalter die Betriebskosten, die er im laufenden Abrechnungszeitraum gezahlt hat, die aber nicht von den Nebenkostenvorauszahlungen der Mieter gedeckt waren, nicht vom Ersteher aus Aufwendungsersatz analog § 670 BGB verlangen.48) Überschüssige Vorauszahlungen muss er dem Ersteher jedoch mangels Beschlagnahme herausgeben.49)

30

Ist das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits beendet, trifft den Verwalter keine Pflicht, die vom Schuldner versäumte Abrechnung der Nebenkosten nachzuholen. Der Mieter muss sich deshalb an den bisherigen Eigentümer wenden.50) Für ein bei Beschlagnahme noch bestehendes Mietverhältnis muss der Verwalter noch alle offenstehenden Abrechnungen nachholen, auch wenn er wegen des Fristablaufes keine Nachzahlung mehr zur Masse ziehen kann.51) Evtl. anfallende Rückzahlungen an die Mieter muss er mit beschlagnahmtem Geld, hilfsweise aus einem Vorschuss des Gläubigers, bezahlen. Es erscheint jedoch verfassungsrechtlich (§ 14 GG) bedenklich, dass der Gläubiger des Schuldners auf diese Weise dessen Schulden beim Mieter bezahlen muss, wenn er weitervollstrecken will (vgl. zur Kaution Rz. 20). Die Rechtfertigung dieser Entscheidung, der Mieter könne für die zurückliegenden Zeiträume wegen der angeordneten Zwangsverwaltung keinen Anspruch mehr gegen den Eigentümer auf Abrechnung geltend machen,52) ist unzutreffend. Es ist für ihn nur bequemer, hierfür den Zwangsverwalter – und damit meistens eine Bank – in Anspruch zu nehmen.

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2.

Mietverträge des Verwalters

Findet der Verwalter leer stehende Räume oder (seltener) nicht vom Schuldner landwirtschaftlich genutzte Grundstücke vor, hat er diese zu vermieten bzw. zu verpachten (§ 152 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 5 Abs. 2 ZwVwV). Gleiches gilt für Räume/ Grundstücke, deren Miet- bzw. Pachtverhältnis im Laufe der Zwangsverwaltung endet. Das Verhalten des Verwalters steht im Spannungsfeld zwischen den Verpflichtungen, möglichst hohe Erträge zu erzielen, aber auch den Schuldner – für den Fall der Aufhebung – nicht ungebührlich lange an seiner Disposition durch für ihn verbindliche Verträge zu hindern, und die Interessen der Gläubiger einer gleichzeitigen Zwangsversteigerung an einem hohen Erlös nicht durch Mietverträge zu gefährden.53) _____________ 47) 48) 49) 50) 51) 52)

AG Zwickau, Urt. v. 9.11.2006, 4 C 1030/06, IGZInfo 2007, 36. BGH, 17.11.2011 – V ZB 34/11, ZfIR 2012, 188, 189. BGH, 17.11.2011 – V ZB 34/11, ZfIR 2012, 188, 189. BGH, Urt. v. 4.4.2007 – VIII ZR 219/06, Rpfleger 2007, 415 = NJW 2007, 1818. BGH, Urt. v. 3.5.2006 – VIII ZR 168/05, Rpfleger 2006, 488; Drasdo, NZI 2013, 12. Für den vergleichbaren Fall Hausgeld ist mehrfach zutreffend entschieden, dass Eigentümer und Zwangsverwalter nebeneinander haften: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.7.2005 – 3 W 167/04, IGZInfo 2006, 91; OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2007 – 16 WX 100/07, IGZInfo 2008, 143; OLG München, Urt. v. 12.10.2006 – 32 Wx 124/06, Rpfleger 2007, 158. 53) Zu den Gefahren und dem Vorgehen bei einer sog. „kalten Enteignung“ Depré/Mayer, § 2 Rz. 659.

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§ 152

Aufgaben des Verwalters

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Der Verwalter darf (§ 6 Abs. 1 ZwVwV) Miet- oder Pachtverträge nur schriftlich abschließen. Diese Vorschrift hat keine Außenwirkung, sondern dient der Beweissicherung. Auch ein formlos abgeschlossener Mietvertrag wäre gültig, falls nicht andere Vorschriften die Schriftform zwingend erfordern. So könnte z. B. wegen § 550 BGB ein befristeter Vertrag mangels Schriftform als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelten. Auch mit dem Schuldner kann der Zwangsverwalter nunmehr Mietund Pachtverträge ohne Mitwirkung des Gerichts abschließen.54)

34

Die ZwVwV sieht in § 6 Abs. 2 vor, dass sich der Verwalter beim Vertragsabschluss gegen drei Risiken abzusichern hat:55)

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Ansprüche des Mieters, dem das Objekt nicht mehr vor einem Zuschlag in der Zwangsversteigerung überlassen werden konnte.



Schadensersatzansprüche des Mieters aus dem Mietvertrag, wenn ein Ersteher die von ihm zu übernehmenden vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt.



Schadensersatzansprüche eines Mieters, der sich nach dem Zuschlag einer Sonderkündigung seitens des Erstehers (§ 57a ZVG) oder eines Erwerbers nach § 111 InsO ausgesetzt sieht.

Der Verwalter muss bei der Vermietung eine Kaution fordern, soweit dies den Umständen nach üblich ist. Nach der Neuregelung des Kautionsrechts wird davon auszugehen sein, dass der Mieter gegen den Verwalter einen über die Aufhebung des Verfahrens hinausgehenden Anspruch auf Erstattung der Kaution bei Beendigung des Mietverhältnisses hat, wenn diese nicht vom Schuldner bzw. Ersteher zu erlangen ist und die Weitergabe an den Schuldner bzw. Ersteher ohne Zustimmung des Mieters erfolgte.56) VI. Zwangsverwalter und Prozessführung 1.

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Prozessführungsbefugnis

Der Verwalter ist befugt, sämtliche Ansprüche prozessual zu verfolgen, welche sich auf beschlagnahmte Gegenstände beziehen; seine Prozessführungsbefugnis ist das prozessuale Gegenstück zur materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis. Ebenso kann er wegen solcher Gegenstände gerichtlich in Anspruch genommen werden. Insbesondere kann er also Forderungen und Gestaltungsrechte aus Mietverträgen/ Pachtverträgen und Entschädigung für entgangene Nutzung einklagen, Vermieterpfandrechte geltend machen und Forderungen gegen Versicherungen (für beschlagnahmte Gegenstände) durchsetzen. Soweit die ihm in § 152 Abs. 1 ZVG auferlegte Pflicht dies fordert, kann der Verwalter auch Eingriffe Dritter gegen die seiner Verwaltung unterliegenden Gegenstände abwehren, also z. B. Besitzstörungen abwenden oder auch der Pfändung beschlagnahmter Gegenstände widersprechen. Er kann alle Rechte geltend machen, welche sich aus den von ihm abgeschlossenen _____________ 54) BGH, Urt. v. 20.2.1964 – III ZR 115/63, WM 1964, 789, 795; Depré/Mayer, § 2 Rz. 667; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 152 Rz. 130; a. A. HWFH, § 6 ZwVwV Rz. 17 m. w. N. 55) Ausführlich HWFH, § 6 ZwVwV Rz. 21 ff. 56) Vgl. zum Herausgabeanspruch gegen VermieterBGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160 = ZIP 1999, 970.

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Depré

§ 152

Aufgaben des Verwalters

Verträgen ergeben und wird umgekehrt aus diesen Verträgen in Anspruch genommen, wobei sich die Verpflichtung zunächst gegen die Masse richtet.57) Auch bei Gerichten der besonderen Gerichtsbarkeit kann der Verwalter in Prozessstandschaft für den Schuldner tätig werden.58) Schließlich könnte er eine verfassungswidrige Beeinträchtigung des Eigentums (an der beschlagnahmten Sache) mit Verfassungsbeschwerde beim BVerfG rügen. Hatte ein entlassener Zwangsverwalter schuldhaft die Masse verkürzt, ist der neue Verwalter befugt, vom bisherigen Verwalter Ersatz des Gemeinschaftsschadens zu verlangen.59)

37

Der Zwangsverwalter erhebt die Klage in eigenem Namen, jedoch muss erkennbar sein, dass er als Zwangsverwalter klagt oder verklagt wird. Das Urteil wirkt – materiellrechtlich – nur für und gegen den Schuldner, nicht für und gegen den Verwalter. Wird jedoch der Verwalter persönlich auf Schadensersatz verklagt, lautet die Parteibezeichnung nur auf seinen Namen ohne Zusatz. Gleiches gilt, wenn der Verwalter nach Aufhebung des Verfahrens ihm zustehende Ersatzleistungen aus der Zeit der Verwaltung einklagt, z. B. die ihm festgesetzte Vergütung gegen den Gläubiger.

38

2.

Fehlende Prozessführungsbefugnis des Verwalters

Der Verwalter ist nicht zur Prozessführung befugt, wenn es sich um einen Rechtsstreit des Schuldners handelt, welcher die Verwaltung nicht berührt. Er kann kein Rechtsmittel des Schuldners zurücknehmen, wenn zwar der beschlagnahmte Gegenstand betroffen ist, die ordnungsgemäße Verwaltung und Nutzung des Gegenstandes aber vom Ausgang des Verfahrens nicht tangiert ist. Er kann nicht nachträglich die Voraussetzungen für die Zwangsverwaltung schaffen, welche bei deren Anordnung noch nicht vorlagen,60) also z. B. einen Besitzanspruch des bei Anordnung nicht besitzenden Schuldners durchsetzen. Eine dingliche Klage aus einem Grundpfandrecht kann nicht gegen den Verwalter erhoben werden, da sich diese stets gegen den Verfügungsberechtigten richten muss; der Verwalter aber nur verwaltungsberechtigt ist.61) 3.

Vollstreckung aus vorhandenen Titeln

Hat der Schuldner bereits einen Vollstreckungstitel gegen einen Dritten erstritten und handelt es sich bei der titulierten Forderung um eine solche, die jetzt der Zwangsverwaltung unterliegt, kann der Verwalter sich eine auf seinen Namen lautende Vollstreckungsklausel (§ 727 ZPO) verschaffen und die Vollstreckung einleiten und durchführen. Umgekehrt kann ein Titel gegen den Verwalter umgeschrieben (titelerweiternde Klausel) und zum Zwecke der Zwangsvollstreckung in die Verwaltungsmasse verwendet werden, wenn die Forderung des Dritten auf einem Rechtsverhältnis beruht, welches jetzt der Verwalter zu wahren hat; z. B. ein Urteil auf Vornahme einer Reparatur der Mietsache. _____________ 57) 58) 59) 60) 61)

39

Depré/Mayer, § 2 Rz. 708. Zu Steuerforderungen BFH, Urt. v. 23.6.1988 – V R 203/83, ZIP 1989, 122. BGHZ, Urt. v. 2.11.1989 – IX ZR 197/88, 109, 171 = Rpfleger 1990, 132. BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, Rpfleger 1986, 274 = NJW 1986, 3206. Depré/Mayer, § 2 Rz. 711; Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 56.

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§ 152 41

Aufgaben des Verwalters

Mit einem Titel gegen den Zwangsverwalter kann in die Verwaltungsmasse vollstreckt werden, da die Kosten eines verlorenen Rechtsstreits Aufwand i. S. d. § 155 Abs. 1 ZVG sind. Allerdings wird einer solchen Vollstreckung wohl das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kostengläubiger nicht vorher versucht, eine Anweisung des Vollstreckungsgerichts auf Begleichung der Schuld (aus der Masse oder einem Gläubiger-Vorschuss) zu erlangen. Eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung in die Masse setzt voraus, dass Masse vorhanden ist. Der Anspruch des Zwangsverwalters gegen den Gläubiger auf Leistung eines Vorschusses kann nicht gepfändet werden.62) Soweit allerdings der Verwalter verpflichtet ist, die Forderung zu erfüllen (z. B. die Reparatur vornehmen zu lassen), kann er vom Vollstreckungsgericht auf Anregung des Prozessgegners dazu angehalten werden, beim Gläubiger den erforderlichen Vorschuss einzufordern. 4.

Unterbrechung laufender Verfahren

42

Anhängige Klagen werden nicht in analoger Anwendung von § 241 oder § 240 ZPO unterbrochen; vielmehr soll § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog gelten.63) Da der Schuldner nicht mehr prozessführungsbefugt ist, die Klage aber nicht unterbrochen wird, lässt sich das Problem nur über die gewillkürte Prozessstandschaft lösen. Stimmt der Prozessgegner dem Eintritt des Zwangsverwalters als Partei zu (§ 265 Abs. 2 ZPO), kann der Rechtstreit weitergeführt werden. Erfolgt keine Zustimmung, kann das Gericht den Eintritt als „sachdienlich“ dennoch zulassen (§ 263 ZPO). Auf Rüge der Gegenseite kann die Klage auf Leistung oder Herausgabe an den Zwangsverwalter umgestellt werden, wenn das Gericht den Eintritt nach § 263 ZPO nicht zulässt.64) Mit Rücksicht auf diese Unsicherheit kann sich der Erlass eines Zahlungsverbotes (§§ 22 Abs. 2, 151 Abs. 3 ZVG) empfehlen, um zu verhindern, dass an den Schuldner bezahlt wird.65) Scheidet der Zwangsverwalter aus dem Amt aus, hat dies keine prozessuale Folge, da das Gericht sofort einen neuen Verwalter bestellen muss.66) Gleiches gilt für den Tod des Zwangsverwalters.67)

43

Ist zum Zeitpunkt der Beschlagnahme eine Klage eines Insolvenzverwalters gegen z. B. einen Mieter auf Mietzahlung anhängig, hat die Beschlagnahme auf die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters keinen Einfluss (§ 265 Abs. 2 ZPO). Vielmehr führt der Insolvenzverwalter den Rechtsstreit in (jetzt doppelter) Prozessstandschaft weiter. Allerdings muss er, damit die (weiterhin zulässige) Klage nicht als

_____________ 62) Depré/Mayer, § 2 Rz. 714. 63) BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, Rpfleger 1986, 274 = NJW 1986, 3206; OLG Naumburg, Beschl. v. 17.6.2000 – 9 W 18/0021, OLG-NL 2001, 20; Stöber, ZVG, § 152 Rz. 14.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, § 152 Rz. 232 ff.; Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 57 ff.; HWFH, § 7 ZwVwV, Rz. 6 ff. 64) So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, § 152 Rz. 235 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, NJW 1986, 3206 m. w. N. 65) Stöber, ZVG, § 152 Rz. 14.4. 66) Stöber, ZVG, § 152 Rz. 14.6.; HWFH, § 7 ZwVwV Rz. 8 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Engels, ZVG, § 152 Rz. 247. 67) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 150 Rz. 28.2.

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§ 152

Aufgaben des Verwalters

unbegründet abgewiesen wird, den Klageantrag auf Zahlung an den Zwangsverwalter umstellen.68) 5.

Ende der Prozessführungsbefugnis

Die allgemein vertretene Auffassung, die Prozessführungsbefugnis (einschließlich der Passivlegitimation) ende mit der Aufhebung des Verfahrens, ist näher zu präzisieren: Richtig ist, dass sie grundsätzlich mit dem Wegfall der Beschlagnahme als Grundlage des Verwaltungsrechtes (§ 152 Abs. 1 ZVG) endet.69)

44

Bei Antragsrücknahme endet die Beschlagnahme mit dem konstitutiven Beschluss des Gerichts.70) Der Zwangsverwalter kann jedoch nach Aufhebung noch eine wirksame Erledigungserklärung abgeben, wenn die Klage ursprünglich zulässig und begründet war.71) Durch eine Anordnung nach § 12 ZwVwV kann eine Beschlagnahme nicht aufrechterhalten werden, da § 152a ZVG dem Verordnungsgeber eine solche Macht nicht einräumt. Ein (nur) mit dieser Befugnis erstrittener Geldbetrag wäre dem Schuldner auszuhändigen und nicht gemäß Teilungsplan zu verteilen.72) Nur wenn der Gläubiger seine Antragsrücknahme entsprechend beschränkt und das Gericht dies in seinem Beschluss zum Ausdruck gebracht hat, kann er innerhalb der Beschränkung den Rechtsstreit weiterführen.73) Der Verwalter kann nach Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht mehr klageweise auf Rückgabe einer Mietsicherheit (Kaution) in Anspruch genommen werden, wenn der Rechtsstreit erst nach Aufhebung der Zwangsverwaltung rechtshängig wurde. Die Klage wäre als unzulässig abzuweisen.74)

45

In den Fällen § 161 Abs. 2 und 3 ZVG endet die Beschlagnahme ebenfalls mit dem Aufhebungsbeschluss, falls das Gericht nicht die Wirkungen an den Eintritt der Rechtskraft geknüpft hat. Somit gilt das Gleiche wie bei der Aufhebung nach Antragsrücknahme.

46

Durch den Zuschlag endet die Beschlagnahme; die Verwaltungs- und Prozessführungsbefugnis bezüglich Grundstück und mitversteigerter Gegenstände endet aber erst mit dem konstitutiven Aufhebungsbeschluss. Die Beschlagnahme endet bezüglich der nicht mitversteigerten Gegenstände erst mit der Freigabe durch den Gläubiger und die anschließende Aufhebungsentscheidung des Gerichts (§§ 29, 161 ZVG). Es handelt sich hierbei also nicht um eine nachwirkende, sondern um eine aufgrund der Weiterwirkung der Beschlagnahme fortbestehende Prozessführungsbefugnis des Verwalters, welche jahrelang nach dem Zuschlag weiterbestehen kann und auch die Aufnahme neuer Rechtstreite einschließt.75) Einer Anordnung nach § 12 Abs. 2 ZwVwV bedarf es nicht.76)

47

_____________ 68) 69) 70) 71) 72) 73) 74) 75) 76)

BGH, Urt. v. 12.3.1986 – VIII ZR 64/85, Rpfleger 1986, 274 = NJW 1986, 3206. Depré/Mayer, § 2 Rz. 725. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2000 – 13 U 196/98, OLGR 2001, 151. OLG Frankfurt, 28.3.2012 – 4 U 252/11, IGZinfo 2012, 146. Depré/Mayer, § 2 Rz. 726. BGH, Urt. v. 8.5.2003 – IX ZR 385/00, Rpfleger 2003, 457 = ZIP 2003, 1466. BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 301/03, Rpfleger 2005, 559 = MDR 2005, 1306. BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 181/08, IGZInfo 2010, 171. Depré/Mayer, § 2 Rz. 734.

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§ 152 VII.

Aufgaben des Verwalters

Zwangsverwaltung und Steuern

48

Auch nach der Anordnung der Zwangsverwaltung bleibt der Schuldner steuerpflichtig. Soweit er bisher Unternehmer z. B. i. S. d. § 33 Abs. 1 AO war, bleibt er dies auch nach der Beschlagnahme. Den Verwalter treffen als Vertreter der Sondermasse (§ 34 Abs. 3 AO) die gleichen steuerlichen Pflichten, soweit diese im Rahmen seiner Verwaltertätigkeit anfallen.77) Soweit Steuerzahlungen zulasten der Masse anfallen, handelt es sich um Aufwendungen i. S. d. § 155 Abs. 1 ZVG. Das Vollstreckungsgericht ist nicht befugt, den Verwalter anzuweisen, eine sich ergebende Steuerpflicht nicht aus der Masse zu erfüllen.

49

Soweit den Eigentümer des verwalteten Grundstücks steuerliche Pflichten treffen, hat sie der Verwalter zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für die Zahlung der Grundsteuer und ggf. der hiermit verbundenen Ortskirchensteuer. Diese sind eine öffentliche Last i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG. Der Verwalter hat auch Steuern zu bezahlen, welche auf einem Gegenstand lasten, der als Zubehör mit beschlagnahmt ist. Deshalb ist der Steuerbescheid für die Kfz-Steuer dem Zwangsverwalter (nicht dem Schuldner und auch nicht seinem Insolvenzverwalter) zuzustellen, wenn diese Voraussetzung gegeben ist.78)

50

Der Verwalter muss umsatzsteuerliche Pflichten erfüllen, wenn er aus der Verwaltung Einnahmen erzielt und diese grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind, der Schuldner bereits vor Anordnung der Verwaltung zur Umsatzsteuer optiert hatte oder der Verwalter sich entschlossen hat, zur Umsatzsteuer zu optieren.79) Ein häufig nicht gesehenes Risiko80) besteht darin, dass der Schuldner bereits optiert hat, aber dann eine Vermietung vorgenommen hat, die nicht mit Umsatzsteuer belastet ist. Dies betrifft nicht nur Vermietung als Wohnraum, sondern auch an Gewerbe, welche von Gesetzes wegen keine Umsatzsteuer zahlen müssen, wie z. B. Apotheken, Arztpraxen, Postfilialen etc. Nach der Auffassung des FG Greifswald muss der Zwangsverwalter als Aufwand nach § 155 Abs. 1 ZVG für die Zeit seiner Verwaltung die anteilige Vorsteuer zurückzahlen.81) Dies gilt natürlich auch, wenn der Verwalter einen leer stehenden gewerblichen Raum neu vermietet. Er wird sich beim Finanzamt erkundigen müssen, ob eine Option vorliegt, wenn er umsatzsteuerfrei vermieten will. Notfalls kann es besser sein, den leeren Raum für eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung vorzuhalten.

51

Führt der Schuldner den Betrieb auf dem Grundstück weiter und zahlt an den Verwalter eine Nutzungsentschädigung, handelt es sich nicht um einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang, da der Schuldner auch nach der Beschlagnahme Unternehmer und Steuerschuldner bleibt und der Verwalter nur dessen Steuerschuld erfüllt. Somit kann der Verwalter nicht optieren und auch vom Schuldner keine zusätzliche Steuer neben der Nutzungsentschädigung fordern. Allerdings kann dann der Schuldner unmittelbar die Steuer aus den Rechnungen, welche dem Verwalter gestellt werden, als Vorsteuer in _____________ 77) 78) 79) 80) 81)

Ausführlich zu Zwangsverwaltung und Steuer Engels, ZfIR 2012, 381 ff. FG München, Urt. v. 23.3.2011 – 4 K 812/08, IGZInfo 2012, 107. Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 67. Wedekind, ZfIR 2011, 648; Schmidberger, ZfIR 2006, 11. FG Greifswald, Beschl. v. 28.10.2010 – 2 K 152/08, ZfIR 2011, 668.

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§ 152a

Ermächtigung des Bundesjustizministers

seinem Betrieb geltend machen. Insbesondere in diesem Fall muss der Verwalter darauf achten, dass die ihm gestellten Rechnungen ordnungsgemäß erfolgen. Werden mehrere Grundstücke des gleichen Schuldners zwangsverwaltet, so sind die Aufwendungen des § 155 ZVG getrennt zu ermitteln. Dies gilt grundsätzlich auch für die Umsatzsteuer.82) Der Zwangsverwalter hat gemäß eines Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 8.6.199283) einen Anspruch auf eine separate Steuernummer bei mehreren getrennt steuerpflichtigen Objekten für jede Einheit.

52

Wer als Unternehmer (§ 2 UStG) Bauleistungen für sein Unternehmen durchführen lässt, ist verpflichtet, eine pauschale Bauabzugssteuer an das Finanzamt des Bauunternehmers abzuführen und die Rechnung entsprechend zu kürzen. Unternehmer ist auch der Zwangsverwalter, welcher nur Wohnungen vermietet und deshalb keine Umsatzsteuer schuldet.84)

53

_____________ 82) BFH, Urt. v. 18.10.2001 – VR 44/00, ZInsO 2002, 70 = Rpfleger 2002, 165. 83) BMF-Schreiben vom 19.2.1992 – IV A 3 – S 7340 – 3/92, BStBl I 1992, 397. 84) Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 67a.

§ 152a Ermächtigung des Bundesjustizministers Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, Stellung, Aufgaben und Geschäftsführung des Zwangsverwalters sowie seine Vergütung (Gebühren und Auslagen) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu regeln. Die Höhe der Vergütung ist an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten. Es sind Mindest- und Höchstsätze vorzusehen. Literatur: Förster, Karsten, Zur Bemessung der Vergütung für Zwangsverwalter, Rpfleger 2008, 278. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Die Vergütung des Zwangsverwalters .......................... 2 1. Die Regelvergütung .............................. 3 2. Die Zeitvergütung ............................... 11 3. Mitarbeiter und Hilfskräfte ................ 14

I.

4. 5. 6. 7. 8.

Die Mindestvergütung ........................ 17 Vergütung in besonderen Fällen ........ 22 Auslagen ............................................... 24 Einsatz berufsbedingter Spezialkenntnisse ................................ 29 Die Festsetzung der Vergütung ......... 30

Allgemeines

§ 152a ZVG ermächtigt das Bundesministerium der Justiz Stellung, Aufgaben, Geschäftsführung und Vergütung des Zwangsverwalters durch Rechtsverordnung zu regeln (Art. 80 GG). Dies ist durch die Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) vom 19.12.2003 erfolgt.1)

_____________ 1)

BGBl. I, 2804.

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Ermächtigung des Bundesjustizministers

seinem Betrieb geltend machen. Insbesondere in diesem Fall muss der Verwalter darauf achten, dass die ihm gestellten Rechnungen ordnungsgemäß erfolgen. Werden mehrere Grundstücke des gleichen Schuldners zwangsverwaltet, so sind die Aufwendungen des § 155 ZVG getrennt zu ermitteln. Dies gilt grundsätzlich auch für die Umsatzsteuer.82) Der Zwangsverwalter hat gemäß eines Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 8.6.199283) einen Anspruch auf eine separate Steuernummer bei mehreren getrennt steuerpflichtigen Objekten für jede Einheit.

52

Wer als Unternehmer (§ 2 UStG) Bauleistungen für sein Unternehmen durchführen lässt, ist verpflichtet, eine pauschale Bauabzugssteuer an das Finanzamt des Bauunternehmers abzuführen und die Rechnung entsprechend zu kürzen. Unternehmer ist auch der Zwangsverwalter, welcher nur Wohnungen vermietet und deshalb keine Umsatzsteuer schuldet.84)

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_____________ 82) BFH, Urt. v. 18.10.2001 – VR 44/00, ZInsO 2002, 70 = Rpfleger 2002, 165. 83) BMF-Schreiben vom 19.2.1992 – IV A 3 – S 7340 – 3/92, BStBl I 1992, 397. 84) Böttcher/Keller, ZVG, § 152 Rz. 67a.

§ 152a Ermächtigung des Bundesjustizministers Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, Stellung, Aufgaben und Geschäftsführung des Zwangsverwalters sowie seine Vergütung (Gebühren und Auslagen) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu regeln. Die Höhe der Vergütung ist an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten. Es sind Mindest- und Höchstsätze vorzusehen. Literatur: Förster, Karsten, Zur Bemessung der Vergütung für Zwangsverwalter, Rpfleger 2008, 278. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Die Vergütung des Zwangsverwalters .......................... 2 1. Die Regelvergütung .............................. 3 2. Die Zeitvergütung ............................... 11 3. Mitarbeiter und Hilfskräfte ................ 14

I.

4. 5. 6. 7. 8.

Die Mindestvergütung ........................ 17 Vergütung in besonderen Fällen ........ 22 Auslagen ............................................... 24 Einsatz berufsbedingter Spezialkenntnisse ................................ 29 Die Festsetzung der Vergütung ......... 30

Allgemeines

§ 152a ZVG ermächtigt das Bundesministerium der Justiz Stellung, Aufgaben, Geschäftsführung und Vergütung des Zwangsverwalters durch Rechtsverordnung zu regeln (Art. 80 GG). Dies ist durch die Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) vom 19.12.2003 erfolgt.1)

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BGBl. I, 2804.

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Ermächtigung des Bundesjustizministers

II. Die Vergütung des Zwangsverwalters 2

Das ZVG bestimmt in § 153 ZVG nur, dass dem Verwalter eine Vergütung zusteht und dass diese vom Gericht festzusetzen ist. Eine Regelung über deren Grundlagen und Höhe enthält das Gesetz nicht. Aufgrund der Ermächtigung des § 152a ZVG regeln nun die §§ 17 – 22 ZwVwV rechtsverbindlich die Vergütung und den Ersatz der Auslagen des Zwangsverwalters. Ausdrücklich betont § 17 Abs. 1 ZwVwV den Anspruch des Verwalters auf eine leistungsgerechte Vergütung und Ersatz seiner Auslagen im Rahmen des § 21 ZwVwV. 1.

Die Regelvergütung

3

Hat der Zwangsverwalter Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung, ist der eingezogene Bruttobetrag im jeweiligen Abrechnungszeitraum Grundlage für die Berechnung der Vergütung. Die Regelvergütung beträgt einheitlich 10 % des Bruttoertrags, die vom Verwalter eingenommenen Nebenkosten zur Miete also eingeschlossen. Es ist für die Berechnung der Vergütung nicht mehr erforderlich, innerhalb eines einheitlichen Objektes für die einzelnen Miet- bzw. Pachtverhältnisse eine getrennte Rechnung zu erstellen. Vielmehr berechnet sich die Vergütung aus der Gesamtsumme.

4

Der Abrechnungszeitraum des § 14 Abs. 2 ZwVwV bestimmt auch die Summe der Einnahmen, aus welchen sich die Vergütung berechnet. Im gesetzlichen Normalfall ist dies das Kalenderjahr, wobei dann der Abrechnungszeitraum für die Gerichtsgebühren mit jenem der Verwaltervergütung übereinstimmt. Hat das Gericht dem Verwalter (§ 14 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV) einen anderen Rechenzeitraum gestattet, ist dieser auch für die Vergütung maßgebend.

5

Die Miete muss tatsächlich an den Verwalter geflossen sein. Es reicht nicht aus, dass er wegen der Miete einen Mahnbescheid beantragt hat.2) Auch Direktzahlungen des Mieters an den Schuldner oder an Gläubiger werden nicht mitgerechnet.3) Je nach Einzelfall kommt ein Ausgleich über § 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV, über § 18 Abs. 2 ZwVwV oder über § 19 ZwVwV in Betracht. Entscheidend ist der Tag des Eingangs beim Verwalter. Rückstände aus dem vorhergehenden Abrechnungszeitraum rechnen im Zeitraum des Eingangs. Dies gilt auch für eine Nachzahlung aufgrund der Nebenkostenabrechnung für das Vorjahr. Eingänge, die erst nach Aufhebung wegen Antragsrücknahme eingehen, rechnen mit,4) weil sie vom Verwalter noch abzurechnen sind.

6

Umfasst die Verwaltung mehrere Grundstücke des Schuldners (insbesondere aber mehrere Eigentumswohnungen), kommt es für die Berechnung der Vergütung nicht darauf an, ob das Gericht die Verwaltung im einheitlichen Verfahren oder (richtiger) im getrennten Verfahren angeordnet hatte. Entscheidend ist nur, ob die Besitzergreifung durch den Verwalter durch einen einheitlichen Akt erfolgen konnte oder ob er jede Einheit getrennt in Besitz nehmen musste. Sind alle Wohneinheiten an _____________ 2) 3) 4)

BGH, 26.4.2012 – V ZB 155/11, IGZinfo 2012, 144, Rpfleger 2012, 564 = ZfIR 2012, 561. BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 155/11, Rpfleger 2012, 564, IGZInfo 2012, 144. LG Dresden, Beschl. v. 6.4.2006 – 13 T 0039/06, IGZInfo 2006, 92; a. M. AG Hannover, Beschl. v. 3.9.1990 – 731 a L 21/89, Rpfleger 1991, 169; Stöber, ZVG, § 152a Rz. 4.3.

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Ermächtigung des Bundesjustizministers

einen Zwischenvermieter vermietet, werden sie zumindest dann als getrennte Einheiten angesehen, wenn der Zwangsverwalter den Zwischenmietvertrag nicht kannte.5) Für vertraglich geschuldete, aber im Abrechnungszeitraum nicht eingezogene Mieten oder Pachten erhält der Verwalter 20 % der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn er den Betrag eingezogen hätte (§ 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV). Dabei ist es gleichgültig, ob der Verwalter erhebliche zeitaufwändige Bemühungen für diesen Einzug unternommen hatte oder ob er mit Rücksicht auf die erkennbare Erfolglosigkeit hiervon abgesehen hat.6)

7

Ist die Vergütung des Verwalters nach § 18 Abs. 1 ZwVwV zu berechnen und ergibt die so berechnete Vergütung ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der zu gewährenden Vergütung, so kann das Gericht die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwV berechnete Vergütung (also 10 %) bis auf 5 % ermäßigen oder bis auf 15 % anheben. Der Zwangsverwalter hat die Umstände, welche eine Anhebung begründen sollen, genau7) darzulegen. Eine Zeitvergütung nach § 19 ZVG kommt erst in Betracht, wenn auch die angehobene Vergütung angesichts des Aufwands offensichtlich unangemessen wäre. Der Prozentsatz kann in jedem Jahr unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände neu festgesetzt werden.

8

Die Regelung des § 18 ZwVwV umfasst keinen typisierten Regelfall,8) sondern schlechthin alle Fälle vermieteter oder verpachteter Objekte. Das Gericht hat aufgrund einer an die Wertung des § 152a ZVG angelegten Beurteilung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles zu einem für diesen Einzelfall gerechten Ergebnis zu kommen.9) Diese Gesamtwürdigung ist in der Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt nachprüfbar. Ein pauschales Zusammenrechnen von Erschwernissen und Erleichterungen kann die Einzelfallprüfung nicht ersetzen.10) Es kommen somit nur Gründe für eine Anhebung in Betracht, welche im Einzelfall die Verwaltung derart erschwerten, dass Aufwand und Vergütung in einem Missverhältnis stünden, z. B. zahlreiche Eingaben des Schuldners, mit denen sich der Verwalter befassen musste;11) die Übernahme eines anhängigen Verfahrens mit über 1.000 Aktenseiten;12) Baumängel, mit welchen sich der Verwalter befassen musste (ohne dass der Sonderfall des § 18 Abs. 3 vorgelegen hätte) und häufiger Mieterwechsel;13) Streit mit den Mietern um Mietminderung infolge des schlechten Bauzustandes14) oder neben umfangreicher Buchhaltung auch Instandsetzungen und Neuver-

9

_____________ 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14)

LG Wuppertal, Beschl. v. 8.1.2008 – 6 T 10-22/08, Rpfleger 2008, 273. Zur Unangemessenheit dieser Regelung Depré/Mayer, § 2 Rz. 854. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – Ixa ZB 202/03, NJW 2004, 3429 = Rpfleger 2005, 152. So aber Förster, Rpfleger 2008, 278. BGH, Beschl. v. 15.11.2007, V ZB 12/07, Rpfleger 2008, 216 = IGZInfo 2008, 43 = ZfIR 2008, 199 mit Anm. Wedekind. BGH, Beschl. v. 15.11.2007, V ZB 12/07 = Rpfleger 2008, 216 = IGZInfo 2008, 43, ZfIR 2008, 199; a. A. Förster, Rpfleger 2008, 278. LG Göttingen, Beschl. v. 1.6.1999 – 10 T 24/99, Rpfleger 1999, 503 = KTS 2000, 279. LG Göttingen, Besch. v. 6.2.2001 – 10 T 103/00, Rpfleger 2001, 312. LG Leipzig, Beschl. v. 22.10.2001 – 1 T 8897/00, Rpfleger 2002, 166. LG Flensburg, Beschl. v. 26.7.2001 – 5 T 167/01, ZInsO 2001, 749.

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Ermächtigung des Bundesjustizministers

mietungen.15) Allein die Anzahl der Wohnungen16) oder die gewerbliche Nutzung eines Objekts17) reichen jedoch für eine Erhöhung nicht aus. 10

Muss der Zwangsverwalter für Zeiträume Nebenkosten abrechnen, welche zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits abgeschlossen waren (§ 152 Rz. 28 ff. [Depré]), so handelt es sich hierbei regelmäßig um eine so erhebliche Mehrarbeit, dass im Jahr der Abrechnung stets ein Missverhältnis zwischen Regelvergütung und Aufwand entstehen wird. Der Verwalter kann in einem solchen Fall grundsätzlich für das Jahr, in welchem er die Abrechnung vornehmen musste, einen Zuschlag fordern.18) 2.

Die Zeitvergütung

11

Der Verwalter erhält seine Vergütung nach Zeitaufwand, wenn entweder keine Mieteinnahmen eingehen oder die Vergütung nach § 18 ZwVwV unangemessen niedrig ist. Der Verwalter kann nicht zur Zeitvergütung optieren. Falls Einnahmen aus Vermietung/Verpachtung vorhanden sind, muss die – ggf. auf 15 % erhöhte – Vergütung nach § 18 ZwVwV mit der möglichen Zeitvergütung verglichen werden und Letztere kommt nur in Betracht, wenn Erstere offensichtlich unangemessen ist. Es ist davon auszugehen, dass dies bei 25 % Differenz anzunehmen19) ist. Dass die Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift vorliegt, hat der Verwalter durch eine Vergleichsberechnung darzustellen.20) Es kann für eine einheitliche Verwaltung nur einheitlich entweder nach § 18 oder nach § 19 der ZwVwV abgerechnet werden (§ 19 Abs. 2 ZwVwV).

12

Rechnet der Verwalter nach § 19 ZwVwV ab, erhält er einen einheitlichen Stundensatz zwischen 35 und 95 €, und zwar sowohl für seinen eigenen Zeitaufwand als auch für den seiner qualifizierten Mitarbeiter. In diesem Fall kann also der Verwalter auch die Zeit abrechnen (was er bei der Vergütung nach § 18 ZwVwV nicht kann), welche seine regelmäßigen Mitarbeiter für die Verwaltung als solche aufgewendet haben. Die Verordnung geht davon aus, dass diese qualifizierten Mitarbeiter den eigenen Zeitaufwand des Verwalters entsprechend reduziert haben. Maßstab für die Höhe des Stundensatzes ist nicht die Qualifikation des Verwalters, sondern die Schwierigkeit der Verwaltung im Einzelfall. Es kommt also nur auf die im Einzelfall erforderliche, nicht auf die grundsätzlich vorhandene Qualifikation an.21) Der durchschnittliche Stundensatz für durchschnittlich schwierige Verfahren wird zwischen _____________ 15) BGH, Beschl. v. 14.12.200 – IX ZBI 105/00, ZInsO 2001, 165 für einen Insolvenzverwalter. Weitere Einzelfälle: Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 152a Rz. 61 = Rpfleger 2001, 255. 16) So aber LG Zwickau, Beschl. v. 19.12.2006 – 8 T 116/00 (für 48 Wohnungen): IGZInfo 2007, 34. 17) BGH, Beschl. v. 15.11.2007, V ZB 12/07, IGZInfo 2008, 43, 45; ZfIR 2008, 199; a. A. LG Erfurt, Beschl. v. 2.1.2007 – 2 T 244/05, IGZInfo 2007, 32. 18) Depré/Mayer, § 2 Rz. 866; zusätzlicher Mehraufwand wg. Umsatzsteuer-Vorausanmeldungen LG Koblenz Beschl. v. 12.11.2012 – 2 T 588/12, Rpfleger 2013, 285. 19) BGH, Beschl. v. 11.10.2007 – V ZB 1/07, IGZInfo 2008, 47; KG (für § 14 RWG: 20 %), Beschl. v. 6.12.2010 – 1 Ws 45/10, Rpfleger 2011, 347. 20) BGH, Beschl. v. 10.1.2008 – V ZB 31/07, Rpfleger 2008, 270 = MDR 2008, 470. 21) BGH, Besch. v. 27.2.2004, IXa ZB 37/08, BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 117/06 Rpfleger 2004, 367, Rpfleger 2007, 414 = ZIP 2004, 367 = ZIP 2007, 1628. Dazu auch LG Frankenthal, Beschl. v. 26.10.2005, ZfIR 2006, 36 m. Anm. Depré.

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70 und 80 € anzusetzen sein.22) Der rechnerische Mittelwert zwischen dem Mindestsatz (35 €) und dem Höchstsatz (95 €), also 65 €, kann nicht als Durchschnitts-Satz für ein normal schwieriges Verfahren dienen.23) Grundlage für die Entscheidung des Gerichts über die Höhe des Stundensatzes kann nur der Verwalterbericht – ggf. einschließlich einer mündlichen Erörterung – sein. Seine Abrechnung muss also eine plausible, nachvollziehbare Darlegung des tatsächlichen Arbeitsaufwandes enthalten24) Eine minutengenaue Abrechnung ist nicht erforderlich.25) Liegt eine solche Abrechnung vor und versichert der Zwangsverwalter deren Richtigkeit, ist das Gericht regelmäßig daran gebunden und nimmt nur eine Plausibilitätskontrolle vor. Erst auf Einwendungen, die der Rechtspfleger als erheblich ansieht, ist der Zeitaufwand näher zu erläutern.26) Dabei ist zu beachten, dass der Zwangsverwalter in seiner Arbeitsorganisation frei ist.27) 3.

13

Mitarbeiter und Hilfskräfte

Hilfskräfte, welche ein Eigentümer üblicherweise für ein solches Objekt anstellt (oder welche der Verwalter sogar vorgefunden hat), also z. B. Hausmeister oder Reinigungskräfte, sind in der ZwVwV nicht angesprochen. Ihre Besoldung ist Aufwand i. S. d. § 155 Abs. 1 ZVG und der Verwalter bezahlt sie aus Mitteln der Verwaltung ohne gerichtliche Mitwirkung. Für die Mitarbeit seines Personals in der Kanzlei erhält der Verwalter grundsätzlich keinen Ersatz (§ 21 Abs. 1 ZwVwV), soweit es sich nicht um „qualifizierte Mitarbeiter“ handelt und § 19 ZwVwV anzuwenden ist.

14

Rechnet der Verwalter seine Vergütung nach § 18 ZwVwV ab und hat er Hilfskräfte für bestimmte Verwaltungsaufgaben speziell für dieses Verfahren eingestellt, handelt es sich bei deren Besoldung um Auslagen i. S. d. § 21 Abs. 2 ZwVwV. Bei einer sehr großen Wohnanlage mit häufigem Mieterwechsel käme z. B. ein Mitarbeiter in Betracht, welcher dort präsent ist, für den Verwalter die Wohnung ausziehender Mieter „abnimmt“, Mietinteressenten leere Wohnungen zeigt und neue Mieter in ihre Mieträume einweist. Der Verwalter muss sich für die Gehaltszahlung entweder einen Vorschuss (§ 22 Satz 2 ZwVwV) bewilligen lassen oder das Geld aus eigenen Mitteln bis zur Festsetzung am Ende des Abrechnungszeitraumes vorschießen.

15

Rechnet der Verwalter seine eigene Vergütung als Zeitvergütung nach § 19 ZwVwV ab, kann er auch eine Vergütung für die Arbeitszeit seiner regelmäßigen Mitarbeiter (also auch solcher, die er nicht speziell für diese Verwaltung eingestellt hat) insoweit in Ansatz bringen, als er die von ihnen vorgenommenen Geschäfte ohne deren Mitarbeit hätte selbst erledigen müssen – und sie also zu vergütende „VerwalterZeit“ erspart haben (qualifizierte Mitarbeiter). Nur diese Mitarbeit ist in § 19 Abs. 1 ZwVwV geregelt. Kanzleikräfte, die also nur Schreibarbeit leisten, fallen auch in diesem Zusammenhang unter § 21 Abs. 1 ZwVwV und werden nicht geson_____________

16

22) 23) 24) 25) 26) 27)

So auch Böttcher/Keller, ZVG, § 152a Rz. 19; HWFH, § 19 ZwVwV Rz. 6. A. A. Stöber, ZVG, § 152a Rz. 5.2. LG Erfurt, Beschl. v. 7.9.2006 – 2 T 173/06, IGZInfo 2006, 147. LG Mönchengladbach, Beschl. v. 3.4.2006 – 5 T 539/05, IGZInfo 2006, 92. LG Erfurt, Beschl. v. 7.9.2006 – 2 T 173/06, IGZInfo 2006, 149. LG Frankenthal, Beschl. v. 26.10.2005, ZfIR 2006, 36 m. Anm. Depré.

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dert vergütet. Auch für die Vergütung dieser qualifizierten Mitarbeiter muss der Verwalter in Vorlage treten, falls ihm nicht die Entnahme eines Vorschusses aus der Masse (§ 22 Satz 2 ZwVwV) gestattet wurde. 4.

Die Mindestvergütung

17

Eine Zwangsverwaltung bereitet in den ersten Tagen und Wochen im Normalfall deutlich mehr Arbeit für den Zwangsverwalter, als dies später der Fall ist. Ein sachgemäßer Ausgleich ist nur möglich, wenn die Zwangsverwaltung lange dauert. Endet sie aber alsbald nach der Anordnung, kann der Verwalter nach § 18 ZwVwV regelmäßig keine angemessene Vergütung für seinen Aufwand erhalten. Dies hat die ZwVwV richtig erkannt und deshalb die bisherigen nicht mehr diskutablen Mindestvergütungen angehoben.

18

Wurde das Verfahren aufgehoben, bevor der Verwalter das Objekt in Besitz genommen hat, so erhält er eine Mindestvergütung in Höhe von 200 € (§ 20 Abs. 2 ZwVwV). Es muss jede Tätigkeit genügen, die er entfaltet hat, nachdem er von seiner Bestellung erfahren hat, wie z. B. die Einrichtung eines Anderkontos oder der Entwurf eines Schreibens an die Mieter. In besonders gelagerten Fällen kann der Verwalter evtl. statt dieser Mindestvergütung eine höhere Zeitvergütung nach § 19 ZwVwV fordern. Verweigert z. B. der Schuldner die Besitzübergabe oder auch die vom Verwalter vorgenommenen Versuche, ihn mittels Gerichtsvollzieher und Polizei aus dem unmittelbaren Besitz zu setzen, und der Gläubiger nimmt den Antrag zurück, können bereits so viele Arbeitsstunden angefallen sein, dass die nach § 19 ZwVwV zu gewährende Zeitvergütung den Betrag von 200 € übersteigt.

19

Endet das Verfahren, nachdem der Verwalter den Besitz des Objektes erlangt hat, beträgt seine Gesamtvergütung für dieses Verfahren mindestens 600 € (§ 20 ZwVwV), auch wenn eine Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV niedriger wäre. Dies gilt auch dann, wenn die Summe der eingenommenen Mieten geringer ist als die Mindestvergütung28) und somit ein Minus erwirtschaftet wird. Die ZwVwV sieht also keine Mindest-Jahresvergütung, sondern nur eine Mindest-Gesamtvergütung29) vor.

20

Bisher nicht geklärt ist die Frage, wann dem Zwangsverwalter die Mindestvergütung festzusetzen ist, wenn nach Beendigung des ersten Abrechnungsjahres (besonders nach einem Rumpfjahr) noch nicht feststeht, ob die Mindestvergütung oder eine höhere Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV in Betracht kommt. Nach der ersten Berechnungsmöglichkeit bewilligt das Gericht zunächst die Vergütung nach §§ 18 oder 19 ZwVwV30) und entscheidet erst bei Aufhebung des Verfahrens darüber, ob angesichts der bisher nach §§ 18, 19 ZwVwV bereits bewilligten oder noch zu bewilligenden Vergütung nicht doch insgesamt die Mindestvergütung anzusetzen ist. Bei der zweiten, wirtschaftlich korrekten Berechnungsmöglichkeit bewilligt das _____________ 28) LG Saarbrücken, Beschl. v. 31.5.2012 – 5 T 286/12, Rpfleger 2012, 645. 29) BGH, Urt. v. 1.6.2006 – V ZB 29/06, Rpfleger 2006, 490 = ZinsO 2006, 760 = InVo 2006, 447 = IGZInfo 2006, 80. 30) LG Essen, Beschl. v. 22.12.2004 – 7 T 570/04, Rpfleger 2005, 211; HWFH, § 20 ZwVwV Rz. 3 und Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 152a Rz. 94, die aber die 2. Version als vertretbar ansehen.

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Gericht im ersten Jahr die Mindestvergütung,31) wenn jene nach §§ 18, 19 ZwVwV geringer wäre. Ergibt sich bei der nächsten Abrechnung, dass die Mindestvergütung überschritten wird, erfolgt Anrechnung. Tritt im Laufe des Verfahrens ein Verwalterwechsel ein, steht dem neuen Verwalter erneut die Mindestvergütung zu. Dies ergibt sich aus dem Gebot einer leistungsgerechten Vergütung (§ 152a ZVG). 5.

21

Vergütung in besonderen Fällen

Für die Fertigstellung eines Bauvorhabens erhält der Verwalter neben der Regeloder Mindestvergütung zusätzlich 6 % der von ihm verwalteten Bausumme, wobei Planungs-, Ausführungs- und Abnahmekosten Bestandteil der Bausumme sind (§ 18 Abs. 3 ZwVwV). Das Gericht kann die Vergütung nach § 18 Abs. 3 ZwVwV weder erhöhen noch ermäßigen. § 18 Abs. 3 ZwVwV ist analog auch bei einer Ausbesserung oder Erneuerung anzuwenden, wenn der Aufwand den Objektwert um 15 % übersteigt und somit die vorherige Zustimmung des Gerichts (§ 10 Abs. 1 Ziff. 5 ZwVwV) erforderlich ist; insbesondere, wenn ein Brandschaden beseitigt werden muss.32)

22

Führt ausnahmsweise der Verwalter einen Gewerbebetrieb in eigener Regie, kommt nur eine Zeitvergütung nach § 19 ZwVwV in Betracht. Auf die Höhe des Ertrages kommt es nicht an. Allerdings wird das Gericht gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 1 ZwVwV die Weiterführung in eigener Regie nach Anhörung von Gläubiger und Schuldner (§ 10 Abs. 2 ZwVwV) untersagen müssen, wenn Gewinn und Vergütung im Missverhältnis stehen und die Weiterführung nicht aus anderen Gründen geboten ist.

23

6.

Auslagen

Der Zwangsverwalter erhält keinen Ersatz für die allgemeinen Kosten seines Büros mit Einschluss der Gehälter seiner Angestellten (§ 21 Abs. 1 ZwVwV) und auch die Prämie für seine für alle Zwangsverwaltungsfälle abgeschlossene Haftpflichtversicherung ist mit der Vergütung abgegolten (§ 21 Abs. 3 ZwVwV).

24

Falls der Aufwand angemessen ist, kann der Verwalter neben seiner Vergütung Ersatz verlangen für Fahrtkosten und Reisekosten (§ 21 Abs. 2 ZwVwV), zumindest in Höhe des JVEG – falls er Anwalt ist auch in Höhe der Nr. 7003 ff. VV-RVG; für Kosten der Hilfskräfte (siehe Rz. 14 ff.); für die Aufwendungen für Porto und Telekommunikation, die speziell für dieses Verfahren angefallen sind; für Kosten einer Haftpflichtversicherung für den Einzelfall, die er auf gerichtliche Anordnung (§ 1 Abs. 4 Satz 2 ZwVwV) abgeschlossen hat; für Kosten zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes33) und das Honorar nach § 17 Abs. 3 ZwVwV. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

25

Der Verwalter kann entweder seinen tatsächlich entstandenen Aufwand verlangen, wenn er Entstehen und Höhe in einer dem Gericht genügenden Weise darlegt. Da die ZwVwV hierzu keine Bestimmung trifft, entscheidet das Gericht nach seinem

26

_____________ 31) LG Potsdam, Beschl. v. 24.5.2005 – 7 T 72/05, Rpfleger 2005, 620; Depré/Mayer, § 2 Rz. 884. 32) Depré/Mayer, § 2 Rz. 892. 33) BGH, Beschl. v. 2.7.2009 – V ZB 122/08, Rpfleger 2009, 632, ZfIR 2009, 832 mit Anm. Bergsdorf, IGZInfo 2009, 180.

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Ermessen, welche Angaben oder Nachweise es für die – erforderliche – Festsetzung verlangt. Für die Anzahl der Fahrten zum Objekt und für die Porto- und Kommunikationskosten wird eine sachliche Darlegung genügen oder der Verwalter kann sich darauf beschränken, statt des tatsächlichen Aufwandes eine Pauschale in Höhe von 10 % seiner Vergütung, höchstens 40 € für jeden angefangenen Monat seiner Tätigkeit, zu fordern. Da Auslagen i. S. d. § 21 Abs. 2 ZwVwV stets anfallen, bedarf das Verlangen der Pauschale keiner Begründung. Wählt der Verwalter die Pauschale, kann er grundsätzlich daneben keine weiteren Auslagen einzeln abrechnen,34) mit Ausnahme der Kosten für eine besondere Haftpflichtversicherung35) auf Anordnung des Gerichts und die Kosten für die Beauftragung eines externen Rechtsanwalts oder Steuerberaters.36) Der Zwangsverwalter muss sich nicht auf die gesamte Dauer der Verwaltung auf eine Abrechnungsmethode festlegen. Er kann also in einem Abrechnungszeitraum die Pauschale fordern und im nächsten die tatsächlich entstandenen Beträge abrechnen. 27

Der Verwalter hat Anspruch auf die Umsatzsteuer, welche auf seine Vergütung und die festgesetzten Auslagen entfällt (§ 17 Abs. 2 ZwVwV). Seine Tätigkeit ist gemäß § 12 UStG umsatzsteuerpflichtig. Die festzusetzende Vergütung ist immer eine „Nettovergütung“, so dass die Steuer getrennt zusätzlich festzusetzen ist. Soweit die Vergütung des Verwalters aus umsatzsteuerpflichtigen Erträgen entnommen wurde, handelt es sich grundsätzlich um eine abzugsfähige Vorsteuer zugunsten der Masse. Eine von der Masse nicht benötigte Vorsteuer aus der Vergütung des Verwalters kann der Schuldner anschließend für die Verrechnung seiner künftigen Umsatzsteuerschuld verwenden.

28

Der Vorsteuer-Verrechnungsanspruch der Masse unterliegt der Beschlagnahme und damit dem relativen Veräußerungsverbot, so dass eine Verrechnung mit Forderungen gegen den Schuldner aus der Zeit vor der Beschlagnahme nicht möglich ist. Dieses Veräußerungsverbot erlischt jedoch mit dem Ende der Beschlagnahme. Hebt das Gericht – z. B. nach Antragsrücknahme – das Verfahren ohne Einschränkung auf, erlischt damit die Beschlagnahme, auch wenn der Verwalter nach § 12 Abs. 2 ZwVwV noch weitere Geschäfte zu erledigen hat. Wird nun anschließend die Vergütung festgesetzt, besteht zu diesem Zeitpunkt das relative Veräußerungsverbot nicht mehr und die Steuerbehörde kann jetzt gegen den Vorsteuererstattungsanspruch zulasten der Masse mit Forderungen aufrechnen, welche vor der Beschlagnahme zulasten des Schuldners entstanden sind.37) Dieses Ergebnis mag im Falle der Antragsrücknahme als billig hinzunehmen sein. Im Falle der Beendigung der Verwaltung nach Zuschlag könnte es jedoch vermieden werden. Das relative Veräußerungsverbot schützt zwar grundsätzlich das Befriedigungsrecht des Gläubigers (das durch den Zuschlag endet), hat jedoch auch Außenwirkung für das weiterbestehende Verwaltungsrecht, welches _____________ 34) So auch Stöber, ZVG, § 152a Rz. 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 152a Rz. 120 und Böttcher/Keller, ZVG, § 152a Rz. 25. 35) So auch Böttcher/Keller, ZVG, § 152a Rz. 27. 36) BGH, Beschl. v. 2.7.2009 – V ZB 122/08, Rpfleger 2009, 632, ZfIR 2009, 832 mit Anm. Bergsdorf, IGZInfo 2009, 180. 37) FG Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.9.2011 – 9 K 629/07, ZfIR 2012, 199 mit Anm. Depré/ Lambert.

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Ermächtigung des Bundesjustizministers

erst mit der Aufhebung endet. Wenn also der Rechtspfleger nach dem Zuschlag zunächst nur auf Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände entscheidet, sodann die Vergütung festsetzt und mit der formellen Aufhebung wartet, bis die Verrechnung vorgenommen wurde, dürfte kein Zugriff der Steuerbehörde erfolgen.38) 7.

Einsatz berufsbedingter Spezialkenntnisse

Ist der Verwalter Rechtsanwalt, kann er die Vergütung nach dem RVG fordern, wenn ein Zwangsverwalter, der nicht Rechtsanwalt ist, die vorgenommene Tätigkeit einem Anwalt übertragen hätte.39) Dies gilt auch für Steuerberater und andere Personen mit besonderer Qualifikation (§ 17 Abs. 3 ZwVwV), für Letztere aber nur, wenn es für deren freiberufliche Tätigkeit ein anerkanntes Kostenverzeichnis (§ 612 Abs. 2 BGB) gibt. Der Rechtsanwalt als Zwangsverwalter kann jedoch nicht für jede Rechtshandlung, für welche das RVG eine Gebühr vorsieht, auch eine solche berechnen.40) 8.

29

Die Festsetzung der Vergütung

Die Festsetzung der Vergütung des Verwalters und der ihm zu erstattenden Auslagen erfolgt auf seinen Antrag (§ 22 ZwVwV) durch das Gericht. Sie erfolgt nach dem jeweiligen Ablauf eines Abrechnungszeitraums (§ 14 Abs. 2 ZwVwV) oder anlässlich der Schlussrechnung (§ 14 Abs. 3 ZwVwV). Verlangt der Verwalter nur die in der ZwVwV vorgesehene Regelvergütung, genügt eine entsprechende Abrechnung anhand der eingenommenen Beträge. Beantragt er eine Erhöhung der Regelvergütung oder Vergütung nach Zeitaufwand, ist dies zu begründen. Die Auslagen sind einzeln aufzustellen und – soweit üblich – zu belegen, falls nicht die Pauschale verlangt wird.41)

30

Der Festsetzungsbeschluss ist zu begründen. Dies ist auch erforderlich, wenn die Regelvergütung festgesetzt wird, wobei dann eine kurzgefasste pauschale Begründung genügt. Bei der Festsetzung einer Zeitvergütung oder bei einer Abweichung von der Regelvergütung hat das Gericht jedoch seine Überlegungen in nachprüfbarer Weise darzulegen. Der Zwangsverwalter hat auch dann einen Anspruch auf eine Vergütung, wenn die Anordnung fehlerhaft war und aufgehoben wurde. Diese Vergütung ist – auch noch nach der Aufhebung – vom Gericht festzusetzen und kann von ihm aus der vorhandenen Masse entnommen werden.42) Der Beschluss wird dem Gläubiger und dem Schuldner zugestellt; dem Verwalter nur, wenn seinem Antrag nicht vollumfänglich entsprochen worden ist. Nur diesen Beteiligten steht ein Rechtsbehelf zu.

31

Wird um mehr als 200 € gestritten, ist sofortige Beschwerde zum Landgericht statthaft (§ 11 RPflG i. V. m. § 567 Abs. 2 ZPO). Das Landgericht kann die Rechtsbeschwerde

32

_____________ 38) Depré/Mayer, § 2 Rz. 911. 39) BGH, 26.4.2012 – V ZB 155/11, IGZInfo 2012, 144, 145: nicht für Mahnverfahren = NJWRR 2012, 979. 40) Ausführlich dazu mit Beispielsfällen Depré/Mayer, § 2 Rz. 915 ff. 41) BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 202/03, WM 2005, 86 = Rpfleger 2005, 152 = ZfIR 2005, 215 m. Anm. Depré. 42) BGH, 18.10.2012 – V ZB 233/11, IGZInfo 2013, 25 = NJW-RR 2013, 18.

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§ 153

Anordnungen und Aufsicht des Gerichts

zulassen, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.43) Geht es in dem Streit um 200 € oder weniger, entscheidet der Richter des Amtsgerichts über die befristete Erinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG). Seine Entscheidung ist unanfechtbar. Der Rechtspfleger kann in beiden Fällen abhelfen. Ab 1.1.2014 ist eine Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluss des Rechtspflegers obligatorisch. 33

Der Verwalter kann den festgesetzten Betrag nach der Festsetzung aus der vorhandenen Verwaltungsmasse,44) notfalls auch aus den vorhandenen Vorschüssen der Gläubiger entnehmen. Reichen diese nicht aus, hat er einen Anspruch gegen den Gläubiger.45) Der Festsetzungsbeschluss des Gerichts ist jedoch kein Vollstreckungstitel. Vielmehr muss der Verwalter sich einen Titel gegen den Gläubiger verschaffen, wobei das Prozessgericht die Höhe der Vergütung nicht mehr nachprüfen darf. Ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht nicht. Die Bewilligung von PKH für den Gläubiger schließt weder die Festsetzung einer Vergütung noch den Anspruch des Zwangsverwalters gegen den Gläubiger aus, wenn aus der Verwaltungsmasse keine Entnahme möglich ist.46) _____________ 43) HWFH, § 22 ZwVwV Rz. 13. 44) Auch bei nicht wirksam angeordneter Zwangsverwaltung: BGH, 18.10.2012 – V ZB 233/11, IGZInfo 2013, 25 = NJW-RR 2013, 18. 45) OLG Hamm, Urt. v. 15.11.1990 – 27 U 96/90, MDR 1991, 358; BGH, Urt. v. 17.6.2004 – IX ZR 218/03, Rpfleger 2004, 579 = ZIP 2004, 1521; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2005 – I – 4 U 42/05, IGZInfo 2007, 28. 46) LG Saarbrücken, Beschl. v. 7.9.2011 – 5 T 528/10, Rpfleger 2012, 94.

§ 153 Anordnungen und Aufsicht des Gerichts (1) Das Gericht hat den Verwalter nach Anhörung des Gläubigers und des Schuldners mit der erforderlichen Anweisung für die Verwaltung zu versehen, die dem Verwalter zu gewährende Vergütung festzusetzen und die Geschäftsführung zu beaufsichtigen; in geeigneten Fällen ist ein Sachverständiger zuzuziehen. (2) Das Gericht kann dem Verwalter die Leistung einer Sicherheit auferlegen, gegen ihn Zwangsgeld festsetzen und ihn entlassen. Das Zwangsgeld ist vorher anzudrohen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Aufsicht des Gerichts .......................... 4

I.

III. Weisungen ............................................. 6 IV. Maßnahmen des Gerichts ................. 10

Allgemeines

1

Die Vorschrift befasst sich mit dem Verhältnis zwischen dem Vollstreckungsgericht und dem Zwangsverwalter. Sie wird ergänzt durch § 154 Satz 3 (Rechnung ist dem Gericht einzureichen) und durch die §§ 10, 16 ZwVwV.

2

Wesentliche Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist demnach die Überwachung bzw. Aufsicht des Zwangsverwalters, dem es entsprechende Weisungen erteilen

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§ 153

Anordnungen und Aufsicht des Gerichts

zulassen, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.43) Geht es in dem Streit um 200 € oder weniger, entscheidet der Richter des Amtsgerichts über die befristete Erinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG). Seine Entscheidung ist unanfechtbar. Der Rechtspfleger kann in beiden Fällen abhelfen. Ab 1.1.2014 ist eine Rechtsbehelfsbelehrung im Beschluss des Rechtspflegers obligatorisch. 33

Der Verwalter kann den festgesetzten Betrag nach der Festsetzung aus der vorhandenen Verwaltungsmasse,44) notfalls auch aus den vorhandenen Vorschüssen der Gläubiger entnehmen. Reichen diese nicht aus, hat er einen Anspruch gegen den Gläubiger.45) Der Festsetzungsbeschluss des Gerichts ist jedoch kein Vollstreckungstitel. Vielmehr muss der Verwalter sich einen Titel gegen den Gläubiger verschaffen, wobei das Prozessgericht die Höhe der Vergütung nicht mehr nachprüfen darf. Ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht nicht. Die Bewilligung von PKH für den Gläubiger schließt weder die Festsetzung einer Vergütung noch den Anspruch des Zwangsverwalters gegen den Gläubiger aus, wenn aus der Verwaltungsmasse keine Entnahme möglich ist.46) _____________ 43) HWFH, § 22 ZwVwV Rz. 13. 44) Auch bei nicht wirksam angeordneter Zwangsverwaltung: BGH, 18.10.2012 – V ZB 233/11, IGZInfo 2013, 25 = NJW-RR 2013, 18. 45) OLG Hamm, Urt. v. 15.11.1990 – 27 U 96/90, MDR 1991, 358; BGH, Urt. v. 17.6.2004 – IX ZR 218/03, Rpfleger 2004, 579 = ZIP 2004, 1521; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2005 – I – 4 U 42/05, IGZInfo 2007, 28. 46) LG Saarbrücken, Beschl. v. 7.9.2011 – 5 T 528/10, Rpfleger 2012, 94.

§ 153 Anordnungen und Aufsicht des Gerichts (1) Das Gericht hat den Verwalter nach Anhörung des Gläubigers und des Schuldners mit der erforderlichen Anweisung für die Verwaltung zu versehen, die dem Verwalter zu gewährende Vergütung festzusetzen und die Geschäftsführung zu beaufsichtigen; in geeigneten Fällen ist ein Sachverständiger zuzuziehen. (2) Das Gericht kann dem Verwalter die Leistung einer Sicherheit auferlegen, gegen ihn Zwangsgeld festsetzen und ihn entlassen. Das Zwangsgeld ist vorher anzudrohen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Aufsicht des Gerichts .......................... 4

I.

III. Weisungen ............................................. 6 IV. Maßnahmen des Gerichts ................. 10

Allgemeines

1

Die Vorschrift befasst sich mit dem Verhältnis zwischen dem Vollstreckungsgericht und dem Zwangsverwalter. Sie wird ergänzt durch § 154 Satz 3 (Rechnung ist dem Gericht einzureichen) und durch die §§ 10, 16 ZwVwV.

2

Wesentliche Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist demnach die Überwachung bzw. Aufsicht des Zwangsverwalters, dem es entsprechende Weisungen erteilen

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§ 153

Anordnungen und Aufsicht des Gerichts

kann. Zur Durchsetzung steht die Verhängung von Zwangsgeld und als ultima ratio die Entlassung des Zwangsverwalters zur Verfügung. Aus § 153 ZVG muss aber auch der Schluss gezogen werden, dass weder für den betreibenden Gläubiger noch für den Schuldner unmittelbare Einflussmöglichkeiten auf die Tätigkeit des Zwangsverwalters möglich sind. Es können allenfalls Anweisungen bei Gericht angeregt werden – auch von sonstigen Beteiligten (vgl. § 9 ZVG).

3

II. Aufsicht des Gerichts Die Tätigkeit des Gerichts ist nicht nur auf die gelegentlich erforderlich werdende Zustimmung zu bestimmten Rechtsgeschäften beschränkt, sondern umfasst die gesamte Aufsicht über die Geschäftsführung des Verwalters (§ 153 ZVG), wozu der Verwalter nach gesetzlicher Vorgabe oder auf jeweiliges Verlangen Berichte über seine Tätigkeit zu erstatten hat. Der Verwalter ist auf Verlangen des Gerichts verpflichtet (§ 16 ZwVwV), diesem auch während eines laufenden Verfahrens alle Belege vorzulegen und Einsicht in die Buchungsunterlagen zu gewähren. Das Gericht kann mit dieser Einsicht auch eine Hilfsperson, insbesondere einen Sachverständigen (§ 153 Abs. 1 ZVG), beauftragen.

4

Auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners hat der Verwalter Auskunft über den Sachstand zu erteilen (§ 13 Abs. 4 ZwVwV). Dieses Verlangen außerhalb der eigentlichen Berichtspflicht darf nicht dahingehend ausgedehnt werden, dass der Verwalter ständig ohne besonderen Grund solchen Fragen ausgesetzt ist. Der Verwalter ist berechtigt, eine Weisung des Gerichts einzuholen, ob er die Auskunft erteilen muss. Aus gegebenem Anlass könnte nach der hier vertretenen Auffassung auch das Gericht entscheiden, dass die Anträge nach § 13 Abs. 4 ZwVwV bei ihm einzureichen sind und sich die Anordnung vorbehalten, ob der Verwalter die Auskunft erteilen muss.1)

5

III. Weisungen Das Gericht kann dem Verwalter Anweisungen erteilen. In Betracht kommen zunächst allgemeine Anweisungen, die regelmäßig nur bei der ersten Bestellung eines Verwalters erforderlich werden.

6

Besondere Anweisungen für den Einzelfall werden nur ergehen, wenn sie erforderlich sind. Die Beteiligten (§ 9 ZVG) können dem Verwalter keine Anweisungen geben, wohl aber solche beim Gericht anregen. Vor der Entscheidung über eine Anweisung wird das Gericht stets den Verwalter und auch den Gläubiger und den Schuldner hören. Lehnt das Gericht das Verlangen eines Beteiligten nach einer Anweisung an den Verwalter als nicht erforderlich ab, wird dies in der Regel nicht ohne Anhörung des Schuldners und des Gläubigers (§ 153 Abs. 1 ZVG) erfolgen. Seine Entscheidung ergeht dann durch Beschluss, gegen welchen sofortige Beschwerde zulässig ist. Nur wenn es sich um eine Verfügung ohne Anhörung handelt, kommt für den Schuldner bzw. Gläubiger als Rechtsbehelf die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) in Betracht.2)

7

_____________ 1) 2)

Depré/Mayer, § 2 Rz. 533. So wohl auch Stöber, ZVG, § 153 Rz. 4.2.

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§ 153

Anordnungen und Aufsicht des Gerichts

8

Der Verwalter ist an die Anweisung des Gerichts gebunden (§ 1 Satz 2 ZwVwV). Er darf die Anweisung nur ignorieren, wenn sie offensichtlich rechtswidrig oder für ihn pflichtwidrig ist (was eigentlich nicht vorkommen dürfte) oder wenn eine neue Tatsache voraussichtlich zu einer anderen Anweisung geführt hätte. Dann aber wird er sich sofort mit dem Gericht ins Benehmen setzen müssen. Ein Verstoß gegen eine berechtigte Anweisung macht den Zwangsverwalter möglicherweise schadensersatzpflichtig und kann zur Entlassung führen. Die Anweisung hat keine Außenwirkung. Nimmt der Verwalter eine Rechtshandlung vor, die ihm vom Gericht verboten wurde (z. B. eine Kündigung), ist diese deshalb nicht unwirksam.

9

Der Verwalter ist jedoch grundsätzlich in seinen Entscheidungen im Rahmen der Gesetze frei und hat die Geschäfte nach eigener Entschließung und in eigener Verantwortung zu führen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZwVwV). Anweisungen sind daher immer die Ausnahme, freie Entschließung die Regel. Das Gericht darf sein Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens des Verwalters setzen. Allerdings können sich solche Ermessensfragen nur im Bereich der „Zweckmäßigkeit“ ergeben. Im Bereich der „Rechtmäßigkeit“ hat der Verwalter gegenüber der gerichtlichen Anordnung kein Ermessen.3) IV. Maßnahmen des Gerichts

10

Das Gericht kann gegenüber dem Zwangsverwalter aus gegebenem Anlass Maßnahmen nach § 153 Abs. 2 ZVG ergreifen, um die ordnungsgemäße Abwicklung der Verwaltung sicherzustellen.

11

Dem Verwalter kann die Leistung einer Sicherheit auferlegt werden. Diese Möglichkeit hat keinerlei praktische Bedeutung erlangt. Der Verwalter ist gehalten, sich auf seine eigenen Kosten gegen die Haftpflicht aus dem übernommenen Amt zu versichern (§ 1 Abs. 4 ZwVwV) und dies auf Verlangen des Gerichts oder der Verfahrensbeteiligten auch nachzuweisen. Berufsträger wie z. B. Rechtsanwälte unterliegen ohnehin aufgrund ihrer Berufsordnung einer Versicherungspflicht (z. B. § 51 BRAO).

12

Das Gericht kann dem Verwalter (nach vorheriger Androhung) ein Zwangsgeld auferlegen, um die Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung zu erzwingen. In der Praxis muss dies leider gelegentlich erfolgen, um die Vorlage eines Berichtes zu erzwingen, welcher trotz Mahnung nicht eingereicht wird. Das Zwangsgeld kann nach gerichtlichem Ermessen zwischen 5 und 1.000 € angedroht und festgesetzt werden.4) Zahlt der Verwalter das Zwangsgeld nicht innerhalb der ihm hierfür vom Gericht gesetzten Frist an die Gerichtskasse, erfolgt die Vollstreckung aufgrund einer Vollstreckungsanordnung nach § 3 VwVG durch die Landesjustizkasse nach der Justizbeitreibungsverordnung. Das Geld gebührt der Landeskasse. Hat die Festsetzung zu keinem Erfolg geführt, kann (nach erneuter Androhung, am besten schon im vorherigen Festsetzungsbeschluss) ein erneutes Zwangsgeld fest_____________ 3) 4)

HWFH, § 153 ZVG, Rz. 2. Nach allgemeiner Meinung ist Art. 6 EGStGB anzuwenden: Stöber, ZVG, § 153 Rz. 7.1; Böttcher/Keller, ZVG, § 153 Rz. 14; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 153 Rz. 49; Löhnig/Blümle, ZVG, § 153 Rz. 21; HWFH, § 153 ZVG Rz. 13; die Ansicht des AG Mühldorf, Beschl. v. 31.5.2001 – L 022/99, (§§ 869, 888 ZPO anwenden), Rpfleger 2001, 562 ist abzulehnen.

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§ 153

Anordnungen und Aufsicht des Gerichts

gesetzt oder der Verwalter entlassen werden. Gegen die Festsetzung ist sofortige Beschwerde gegeben. Der Verwalter kann mit dieser Beschwerde nicht die Zulässigkeit der vom Gericht getroffenen Aufsichtsanordnung anfechten.5) Die Androhung als solche kann der Verwalter mit sofortiger Beschwerde nicht anfechten.6) Allerdings ist die Rechtspflegererinnerung zulässig, über welche der Referatsrichter abschließend entscheidet. Somit ist die Androhung ab 1.1.2014 mit einer obligatorischen Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Nach seiner Rechtskraft kann der das Zwangsgeld aussprechende Beschluss nicht mehr aufgehoben werden.7) Die Justizverwaltung kann dann aber aus Billigkeitsgründen auf die Vollstreckung verzichten. Da dies erst nach Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses erfolgen darf, kommt eine Rückzahlung eines bereits eingezogenen Zwangsgeldes nicht mehr in Betracht. Der Rechtspfleger hat also (§ 572 Abs. 1 ZPO) den Beschluss aufzuheben, wenn – als „neue Tatsache“ (§ 571 Abs. 2 ZPO) – die zu erzwingende Maßnahme innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO nachgeholt wird und gleichzeitig sofortige Beschwerde eingelegt wird.8)

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Das Gericht kann den Verwalter entlassen, wenn keine mildere Maßnahme in Betracht kommt, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu ermöglichen. Verschulden ist nicht erforderlich; es muss genügen, dass der Verwalter nach Überzeugung des Gerichts „amtsunfähig“ ist.9) Ein Rechtspfleger, der als solcher selbst Zwangsverwaltungssachen bearbeitet, darf nicht als Zwangsverwalter bestellt werden. Geschieht dies doch, ist er sofort aus diesem Amt zu entlassen.10) Eine reine Meinungsverschiedenheit zwischen Gläubiger und Zwangsverwalter, welche die Durchführung der Zwangsverwaltung nicht ernsthaft gefährdet, führt nicht zur Entlassung.11) Ein Zwangsverwalter ist zu entlassen, der bei der Bestellung unberechtigt einen Doktoroder Diplomtitel führt.12) Der entlassene Verwalter ist zum Schlussbericht und zur Übergabe der Verwaltung an den neuen Verwalter verpflichtet. Der Verwalter kann seine eigene Entlassung aus wichtigem Grund beantragen; er kann aber das Amt nicht einfach niederlegen, obwohl er zur Übernahme nicht verpflichtet war. Dem Wunsch auf Entlassung sollte das Gericht ohne große Ermittlung über den Entlassungsgrund nachkommen, wenn eine andere zur Annahme bereite und geeignete Person zur Verfügung steht. _____________

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5) BGH, Beschl. v. 7.4.2011 – IX ZB 170/10, Rpfleger 2011, 552 = ZfIR 2011, 681 für einen Insolvenzverwalter mit Anm. Bank. 6) Stöber, ZVG, § 153, Rz. 4.2. unter Bezug auf LG Lüneburg, 3.5.1978 – 4 T 68/78, KTS 1979, 128. Die entsprechende Entscheidung des BGH, Beschl. v. 7.4.2011 – IX ZB 170/10 (Rpfleger 2011, 552) kann zur Begründung nicht herangezogen werden, da sie unter Beachtung der Einschränkung § 6 Abs. 1 InsO ergangen ist. 7) So auch Steiner-Hagemann, ZVG, § 153 Rz. 42 und Stöber, ZVG, § 153 Rz. 7; a. M. LG Oldenburg, Beschl. v. 29.4.1982 – 5 T 128/82, Rpfleger 1982, 351 (zu § 153 ZVG) und darauf gestützt HWFH, § 153 ZVG Rz. 15 sowie Böttcher/Keller, ZVG, § 153 Rz. 14. 8) Depré/Mayer, § 2 Rz. 544. 9) Allgemeine Meinung z. B. Löhnig/Blümle, ZVG, § 153 Rz. 23; Böttcher/Keller, ZVG, § 153 Rz. 15; Stöber, ZVG, § 153 Rz. 7.2. 10) BGH, Beschl. v. 22.10.2009 – V ZB 77/09, Rpfleger 2010, 151 = MDR 2010, 53. 11) LG Braunschweig, Beschl. v. 21.5.2010 – 4 T 338/10 (36), IGZInfo 2010, 157. 12) BGH, Beschl. v. 23.9.2009 – V ZB 90/09, Rpfleger 2010, 96 – auch zur Frage der Entschädigung für bisher geleistete Arbeit = MDR 2009, 1414.

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§ 153a

Anordnungen über Entgelt für Viehfutter

§ 153a Anordnungen über Entgelt für Viehfutter Ist in einem Gebiet das zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörende Vieh nach der Verkehrssitte nicht Zubehör des Grundstücks, so hat, wenn der Schuldner zum Zwangsverwalter bestellt wird, das Vollstreckungsgericht gemäß § 153 Anordnungen darüber zu erlassen, welche Beträge der Schuldner als Entgelt dafür, daß das Vieh aus den Erträgnissen des Grundstücks ernährt wird, der Teilungsmasse zuzuführen hat und wie die Erfüllung dieser Verpflichtung sicherzustellen ist. 1

Der in § 153a ZVG geregelte Sonderfall bezog sich auf die damalige, heute nicht mehr bestehende, Rechtslage in einigen norddeutschen Gebieten und sollte den Fall dass „nicht beschlagnahmtes Vieh frisst beschlagnahmtes Futter“ verhindern.1) Die Vorschrift ist gegenstandslos.2) _____________ 1) 2)

Dazu OLG Oldenburg, Urt. v. 2.4.1976 – 6 U 142/75, Rpfleger 1976, 243. Depré/Mayer, § 1 Rz. 133.

§ 153b Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters (1) Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung anzuordnen, wenn der Insolvenzverwalter glaubhaft macht, daß durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. (2) Die Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, daß die Nachteile, die dem betreibenden Gläubiger aus der Einstellung erwachsen, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse ausgeglichen werden. (3) Vor der Entscheidung des Gerichts sind der Zwangsverwalter und der betreibende Gläubiger zu hören. Literatur: Vallender, Heinz, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Lichte des neuen Insolvenzrechts, Rpfleger 1997, 353. Übersicht

1

I. II. III. IV.

Allgemeines .......................................... Der Antrag ............................................ Das Verfahren ...................................... Die Voraussetzungen ...........................

I.

Allgemeines

1 3 4 5

V. Wirkungen ............................................ 6 VI. Nachteilsausgleich ............................... 9 VII. Rechtsbehelf ....................................... 12

Da die Insolvenzordnung – anders als die von ihr abgelöste Konkursordnung – die Erhaltung eines Gewerbebetriebes durch eine Sanierung des Schuldners mit in den Vordergrund gerückt hat, kann der Fall eintreten, dass dieses Ziel durch das Handeln des Zwangsverwalters vereitelt werden könnte. Deshalb hat § 153b ZVG die Möglichkeit geschaffen, unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Gläu1086

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§ 153a

Anordnungen über Entgelt für Viehfutter

§ 153a Anordnungen über Entgelt für Viehfutter Ist in einem Gebiet das zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörende Vieh nach der Verkehrssitte nicht Zubehör des Grundstücks, so hat, wenn der Schuldner zum Zwangsverwalter bestellt wird, das Vollstreckungsgericht gemäß § 153 Anordnungen darüber zu erlassen, welche Beträge der Schuldner als Entgelt dafür, daß das Vieh aus den Erträgnissen des Grundstücks ernährt wird, der Teilungsmasse zuzuführen hat und wie die Erfüllung dieser Verpflichtung sicherzustellen ist. 1

Der in § 153a ZVG geregelte Sonderfall bezog sich auf die damalige, heute nicht mehr bestehende, Rechtslage in einigen norddeutschen Gebieten und sollte den Fall dass „nicht beschlagnahmtes Vieh frisst beschlagnahmtes Futter“ verhindern.1) Die Vorschrift ist gegenstandslos.2) _____________ 1) 2)

Dazu OLG Oldenburg, Urt. v. 2.4.1976 – 6 U 142/75, Rpfleger 1976, 243. Depré/Mayer, § 1 Rz. 133.

§ 153b Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters (1) Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung anzuordnen, wenn der Insolvenzverwalter glaubhaft macht, daß durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. (2) Die Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, daß die Nachteile, die dem betreibenden Gläubiger aus der Einstellung erwachsen, durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse ausgeglichen werden. (3) Vor der Entscheidung des Gerichts sind der Zwangsverwalter und der betreibende Gläubiger zu hören. Literatur: Vallender, Heinz, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Lichte des neuen Insolvenzrechts, Rpfleger 1997, 353. Übersicht

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I. II. III. IV.

Allgemeines .......................................... Der Antrag ............................................ Das Verfahren ...................................... Die Voraussetzungen ...........................

I.

Allgemeines

1 3 4 5

V. Wirkungen ............................................ 6 VI. Nachteilsausgleich ............................... 9 VII. Rechtsbehelf ....................................... 12

Da die Insolvenzordnung – anders als die von ihr abgelöste Konkursordnung – die Erhaltung eines Gewerbebetriebes durch eine Sanierung des Schuldners mit in den Vordergrund gerückt hat, kann der Fall eintreten, dass dieses Ziel durch das Handeln des Zwangsverwalters vereitelt werden könnte. Deshalb hat § 153b ZVG die Möglichkeit geschaffen, unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des Gläu1086

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

§ 153b

bigers das Handeln des Zwangsverwalters den Erfordernissen des Insolvenzverfahrens anzupassen. Die Vorschrift ist ein Musterbeispiel für die Formulierungskunst moderner Gesetzgeber und deshalb stark interpretationsbedürftig:1) „Einstellung“ im Sinne der ZPO und des bisherigen ZVG bedeutet (siehe z. B. § 775 Abs. 1 Satz 1 ZPO) die Beendigung einer Maßnahme. Wörtlich genommen müsste das Vollstreckungsgericht also unter Beseitigung der Beschlagnahme das Zwangsverwaltungsverfahren aufheben. Gemeint ist aber nur eine einstweilige Einstellung, wie sich aus § 153c ZVG ergibt. „Ganz oder teilweise“ bedeutet nicht, aufheben oder einstweilen einstellen, sondern ermächtigt das Gericht, die einstweilige Einstellung auf einen Teil des verwalteten Grundbesitzes zu beschränken. „Betreibender“ Gläubiger ist eine unnötige Begriffsverwirrung! Nach der Diktion des ZVG ist „Gläubiger“ nur, wer das Verfahren betreibt.

2

II. Der Antrag Antragsberechtigt sind der Insolvenzverwalter, der Schuldner bei Eigenverwaltung (§ 270 InsO) und wohl auch der Treuhänder.2) Nicht antragsberechtigt ist der vorläufige Insolvenzverwalter, auch nicht der „starke“. Der Antrag ist (erst) zulässig, wenn und sobald eine Zwangsverwaltung und ein eröffnetes Insolvenzverfahren nebeneinander treten, wobei es nicht darauf ankommt, wer das Verfahren betreibt und welches Verfahren zuerst angeordnet wurde. Der Antrag ist an keine Frist gebunden und kann mehrmals gestellt werden.

3

III. Das Verfahren Das Gericht muss gemäß Abs. 3 den Zwangsverwalter und die „betreibenden“ Gläubiger hören. Hat einer von mehreren die einstweilige Einstellung bewilligt, muss er auch gehört werden, da er jederzeit die Fortsetzung verlangen kann und dann von § 153b ZVG „betroffen“ wäre. Der Insolvenzverwalter hat sein tatsächliches Vorbringen glaubhaft (§ 294 ZPO) zu machen. Ob das Gericht dann nach Anhörung der Beteiligten schriftlich entscheidet oder wegen des Nachteilsausgleichs (Rz. 9) die mündliche Verhandlung anberaumt, liegt in seinem Ermessen. Der Beschluss ist den vorgenannten Beteiligten zuzustellen, auch wenn er in einem Termin verkündet worden ist, und den übrigen Beteiligten des § 9 ZVG formlos zuzuleiten.

4

IV. Die Voraussetzungen Der Beschluss darf nur ergehen, wenn anderenfalls die sinnvolle Nutzung des Grundstücks für den Insolvenzverwalter unmöglich oder erheblich erschwert wäre. Damit sollte eigentlich das Eingreifen des Gerichts zur Ausnahme werden, da eine solche Situation nur eintreten kann, wenn zwischen den beiden Verwaltern keine vernünftige Absprache zu treffen ist. In Betracht käme z. B., dass der Zwangsverwalter das Betriebsgrundstück an die Konkurrenz verpachten will, um den Insolvenzverwalter zur Räumung zu zwingen. Oder er will einen Mietvertrag abschließen, welcher den Insolvenzverwalter daran hindert, eine sonst mögliche freihändige Veräußerung des _____________ 1) 2)

Sehr ausführlich hierzu Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO, § 49 Rz. 71 ff. Dazu HWFH, § 153b ZVG Rz. 2.

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§ 153b

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

Grundstücks zu guten Konditionen vorzunehmen. Weigert sich der Insolvenzverwalter, dem Zwangsverwalter die ortsübliche Pacht für die Weiterbenutzung zu zahlen, wäre der Antrag abzulehnen, falls die Pacht zu erwirtschaften ist. Das Verfahren darf nicht dazu dienen, der Insolvenzmasse auf diesem Umweg die billige oder kostenlose Nutzung des Grundstücks zu ermöglichen.3) V. Wirkungen 6

Der Einstellungsbeschluss bewirkt, dass der Zwangsverwalter keine Verwaltungshandlungen mehr vornehmen darf. Zwar bleibt die Beschlagnahme bestehen, der Vermerk im Grundbuch eingetragen und der Zwangsverwalter bleibt im Amt, aber seine Tätigkeit beschränkt sich jetzt darauf, die noch vorhandenen Mittel für die bisher angefallenen Ausgaben nach § 155 Abs. 1 ZVG zu verwenden bzw. hierfür zurückzulegen, ggf. vorhandene Überschüsse noch gemäß dem Teilungsplan zu verteilen. Er sollte unverzüglich nach der Einstellungsentscheidung dem Gericht eine Abrechnung seiner Einnahmen/Ausgaben vorlegen und die Festsetzung seiner Vergütung fordern, da er für die „verwalterlose Zeit“ keine Vergütung erhält.

7

Das Grundstück wird nunmehr vom Insolvenzverwalter verwaltet. Somit ist dieser nun auch für die Aufwendungen verantwortlich, welche sonst unter § 155 Abs. 1 ZVG fallen. Zahlt er die öffentlichen Lasten bzw. Zinsen der Grundpfandrechte nicht, sind die Berechtigten gut beraten, umgehend eine Vollstreckungsklausel gegen den Insolvenzverwalter zu erwirken und die Zwangsversteigerung zu beantragen.

8

Das Gericht kann die einstweilige Einstellung auf einen Teil des Objektes beschränken, auch wenn es sich hierbei nicht um ein rechtlich selbstständiges Grundstück handelt. Es wird z. B. bereits verpachtete oder vermietete Objekte, welche der Insolvenzverwalter ohnehin nicht nutzen kann, von der Einstellung ausnehmen. Insoweit bleibt der Zwangsverwalter im Amt und tätig. Geschieht dies nicht, tritt für die Dauer der einstweiligen Einstellung die Wirkung des § 1124 BGB außer Kraft, obwohl die Beschlagnahme fortbesteht, da der dort dekretierte Vorrang nur der Nutzung durch eine Zwangsverwaltung zusteht und nicht auf diesem Umweg dem Insolvenzverfahren zukommen kann. VI. Nachteilsausgleich

9

Im Beschluss ist nach Absatz 2 der Nachteilsausgleich zu regeln, welchen der Gläubiger durch die einstweilige Einstellung hat. Dies betrifft alle Gläubiger! Ein solcher Nachteil kann ihnen nur entstehen, wenn für sie eine Zuteilung in Betracht gekommen wäre. Das Gericht muss bereits im Voraus eine Prognose treffen, ob und wann dies geschehen würde.4) Deshalb könnte in einer mündlichen Verhandlung das Gericht der Zwangsverwaltung auf eine Einigung über die Höhe der Ausgleichszahlung hinwirken. Festgesetzte Zahlungen sind an den Gläubiger, nicht an den Zwangsverwalter zu leisten. Auf diesem Wege können nur Gläubiger, nicht sonstige _____________ 3) 4)

Depré/Mayer, § 3 Rz. 1008. So richtig Böttcher/Keller, ZVG, § 153b Rz. 5; auch Vallender, Rpfleger 1997, 353, 355; a. A. HWFH, § 153b ZVG Rz. 16 (das Gericht beziffert nur den Betrag, der im Teilungsplan steht; ob der Gläubiger auch etwas zu bekommen habe, sei zwischen Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter zu klären).

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§ 153c

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

Beteiligte, Zahlungen erhalten. Ob ein Gläubiger Zahlungen auf einen Vorschuss erhält, den er an den Zwangsverwalter geleistet hat, ist unklar. Man wird aber eine solche Zahlungspflicht des Insolvenzverwalters annehmen müssen. Zu zahlen sind die „dinglichen Zinsen“, wenn der Gläubiger aus dem dinglichen Recht vollstreckt und diese Zinsen als solche der Rangklasse 4 in einem Teilungsplan stehen oder stehen würden.5)

10

Beitrittsgläubiger, welche nach der einstweiligen Einstellung beigetreten sind, haben ebenfalls einen Anspruch auf solche Zahlungen; dazu muss der Beschluss ergänzt werden. Wenn also ein Gläubiger der Rangklasse 4 bisher nicht beigetreten war, weil er ohnehin mit Vorrang seine laufenden Zinsen erhalten hatte, sollte er jetzt wegen dieser Zinsen beitreten, damit sie der Insolvenzverwalter zahlen muss.

11

VII.

Rechtsbehelf

Der Zwangsverwalter hat gegen die Entscheidung des Gerichts keinen Rechtsbehelf, auch nicht der Schuldner oder die übrigen Beteiligten des Verfahrens. Ob der Gläubiger gegen die einstweilige Einstellung oder der Insolvenzverwalter gegen deren Ablehnung oder beide gegen die Ausgleichszahlung bzw. deren Höhe einen Rechtsbehelf haben, ist streitig, weil der Rechtsausschuss eigentlich eine unanfechtbare Entscheidung schaffen wollte, hierbei aber übersehen hat, dass das Verfahren der ZPO, nicht der InsO unterliegt und daher grundsätzlich gegen eine solche Entscheidung ein Rechtsbehelf möglich ist (§ 95 ZVG). Nun kommt es aber nicht auf die Pläne des Gesetzgebers an, sondern darauf, was endgültig Gesetz geworden ist. Deshalb wird man den Betroffenen die sofortige Beschwerde nicht verweigern können.6) _____________ 5)

6)

Streitig! So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 153b Rz. 12 ff. und sehr ausführlich HWFH, § 153b Rz. 15 auch mit Belegen für die Gegenmeinung (nur „vertragsmäßige“ Zinsen). So richtig: Stöber, ZVG, § 153b Rz. 8 und Böttcher/Keller, ZVG, § 153b Rz. 6; Löhnig/Blümle, § 153b Rz. 6; a. M. HWFH, § 153b ZVG Rz. 9 ff. Richtig ist allerdings, dass zumindest eine Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zulässig wäre, die dann der Richter abschließend zu entscheiden hätte.

§ 153c Aufhebung der einstweiligen Einstellung (1) Auf Antrag des betreibenden Gläubigers hebt das Gericht die Anordnung der einstweiligen Einstellung auf, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, wenn die Auflagen nach § 153b Abs. 2 nicht beachtet werden oder wenn der Insolvenzverwalter der Aufhebung zustimmt. (2) Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Insolvenzverwalter zu hören. Wenn keine Aufhebung erfolgt, enden die Wirkungen der Anordnung mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

III. Verfahren .............................................. 5 IV. Wirkungen der Aufhebung ................. 8

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§ 153c

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

Beteiligte, Zahlungen erhalten. Ob ein Gläubiger Zahlungen auf einen Vorschuss erhält, den er an den Zwangsverwalter geleistet hat, ist unklar. Man wird aber eine solche Zahlungspflicht des Insolvenzverwalters annehmen müssen. Zu zahlen sind die „dinglichen Zinsen“, wenn der Gläubiger aus dem dinglichen Recht vollstreckt und diese Zinsen als solche der Rangklasse 4 in einem Teilungsplan stehen oder stehen würden.5)

10

Beitrittsgläubiger, welche nach der einstweiligen Einstellung beigetreten sind, haben ebenfalls einen Anspruch auf solche Zahlungen; dazu muss der Beschluss ergänzt werden. Wenn also ein Gläubiger der Rangklasse 4 bisher nicht beigetreten war, weil er ohnehin mit Vorrang seine laufenden Zinsen erhalten hatte, sollte er jetzt wegen dieser Zinsen beitreten, damit sie der Insolvenzverwalter zahlen muss.

11

VII.

Rechtsbehelf

Der Zwangsverwalter hat gegen die Entscheidung des Gerichts keinen Rechtsbehelf, auch nicht der Schuldner oder die übrigen Beteiligten des Verfahrens. Ob der Gläubiger gegen die einstweilige Einstellung oder der Insolvenzverwalter gegen deren Ablehnung oder beide gegen die Ausgleichszahlung bzw. deren Höhe einen Rechtsbehelf haben, ist streitig, weil der Rechtsausschuss eigentlich eine unanfechtbare Entscheidung schaffen wollte, hierbei aber übersehen hat, dass das Verfahren der ZPO, nicht der InsO unterliegt und daher grundsätzlich gegen eine solche Entscheidung ein Rechtsbehelf möglich ist (§ 95 ZVG). Nun kommt es aber nicht auf die Pläne des Gesetzgebers an, sondern darauf, was endgültig Gesetz geworden ist. Deshalb wird man den Betroffenen die sofortige Beschwerde nicht verweigern können.6) _____________ 5)

6)

Streitig! So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 153b Rz. 12 ff. und sehr ausführlich HWFH, § 153b Rz. 15 auch mit Belegen für die Gegenmeinung (nur „vertragsmäßige“ Zinsen). So richtig: Stöber, ZVG, § 153b Rz. 8 und Böttcher/Keller, ZVG, § 153b Rz. 6; Löhnig/Blümle, § 153b Rz. 6; a. M. HWFH, § 153b ZVG Rz. 9 ff. Richtig ist allerdings, dass zumindest eine Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zulässig wäre, die dann der Richter abschließend zu entscheiden hätte.

§ 153c Aufhebung der einstweiligen Einstellung (1) Auf Antrag des betreibenden Gläubigers hebt das Gericht die Anordnung der einstweiligen Einstellung auf, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, wenn die Auflagen nach § 153b Abs. 2 nicht beachtet werden oder wenn der Insolvenzverwalter der Aufhebung zustimmt. (2) Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Insolvenzverwalter zu hören. Wenn keine Aufhebung erfolgt, enden die Wirkungen der Anordnung mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

III. Verfahren .............................................. 5 IV. Wirkungen der Aufhebung ................. 8

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§ 153c I. 1

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

Allgemeines

Die Aufhebung der einstweiligen Einstellung erfolgt nach § 153c ZVG, also nur auf Antrag des Gläubigers. II. Voraussetzungen

2

Voraussetzungen für die Aufhebung sind neben dem Gläubigerantrag: –

ihre Voraussetzungen sind entfallen (z. B. Insolvenzverwalter schließt den Betrieb),



der Insolvenzverwalter zahlt die festgesetzten Ausgleichsbeträge nicht oder



der Insolvenzverwalter stimmt der Aufhebung zu.

3

Offen bleibt, was geschieht, wenn der Insolvenzverwalter die Maßnahme nicht mehr will, der Gläubiger aber keinen Antrag stellt. Zunächst wird der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Ausgleichszahlung verweigern und wenn dies nicht hilft (oder den Gläubiger nicht trifft), ihn prozessual zwingen, den Aufhebungsantrag zu stellen und damit das Grundstück wieder in dessen Verwaltung und Verantwortung zurückzuführen. Will der Gläubiger keine Weiterführung der Zwangsverwaltung, kann sein Schweigen nicht (mehr) als konkludente Antragsrücknahme angesehen werden, da (jetzt) ein konstitutiver Aufhebungsbeschluss erforderlich wäre. Wahrscheinlich wird dann aber die Erhebung der Jahresgebühr für die Zwangsverwaltung irgendwann den Gläubiger dazu bringen, sich zu entscheiden und entsprechende Anträge zu stellen.

4

Endet das Insolvenzverfahren, entfallen die Wirkungen der Einstellung (§ 153c Abs. 2 Satz 2 ZVG). In diesem Fall ist kein Antrag erforderlich. Das Zwangsverwaltungsverfahren wird fortgesetzt und zwar entgegen sonstiger Grundsätze des ZVG ohne Fortsetzungsantrag. Anderenfalls würde ein quasi „herrenloses“ Grundstück zurückbleiben, da es keinen Insolvenzverwalter mehr gibt und sowohl der Zwangsverwalter als auch der Schuldner (wegen der Beschlagnahme der Zwangsverwaltung) an der Verwaltung gehindert sind.1) III. Verfahren

5

Die Aufhebung der Einstellung erfolgt nur auf Antrag des von ihr betroffenen (betreibenden) Gläubigers. Vor seiner Entscheidung muss das Vollstreckungsgericht nach Absatz 2 Satz 1 den Insolvenzverwalter hören. Die Zustimmung des Insolvenzverwalters ist schriftlich nachzuweisen oder von diesem zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären. Die anderen Gründe der Einstellungsaufhebung muss der Antragsteller darlegen; nur wenn sein Tatsachenvortrag vom Insolvenzverwalter bestritten wird, muss er dies glaubhaft machen.2)

6

Das Vollstreckungsgericht entscheidet durch begründeten Beschluss. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich. Der Beschluss wird an den Zwangsverwalter

_____________ 1) 2)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 1017. So Stöber, ZVG, § 153c Rz. 3.1 unter Hinweis auf § 153b Abs. 1, nach der der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen der Einstellung auch „nur“ glaubhaft machen muss; a. A. offenbar Böttcher/Keller, ZVG, § 153c Rz. 3: immer Glaubhaftmachung.

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§ 154

Verantwortung des Verwalters und Rechnungslegung

und den Insolvenzverwalter zugestellt, dem antragstellenden Gläubiger nur, wenn seinem Antrag nicht voll entsprochen worden ist. Den betreibenden Gläubigern, die keinen Antrag gestellt haben, wird der Beschluss formlos mitgeteilt; die übrigen Beteiligten bekommen keine Nachricht. Gegen die Zurückweisung seines Aufhebungsantrages kann der Antragsteller sofortige Beschwerde erheben (§ 11 Abs. 1 RpflG, § 793 ZPO). Gegen die Aufhebung der Entscheidung kann der Insolvenzverwalter sofortige Beschwerde erheben (§ 11 Abs. 1 RpflG, § 793 ZPO). Der Zwangsverwalter hat in beiden Fällen keine Anfechtungsmöglichkeit.

7

IV. Wirkungen der Aufhebung Mit der Aufhebung der Einstellung wird das Zwangsverwaltungsverfahren fortgesetzt. Der Zwangsverwalter, der noch im Amt ist, muss sich den Besitz wieder verschaffen und seine Verwaltungsaufgaben wieder wahrnehmen. Ein bereits festgestellter Teilungsplan ist nach der darin enthaltenen Weisung des Vollstreckungsgerichts auszuführen. Jedoch sind durch den Insolvenzverwalter gemäß § 153b Abs. 2 vorgenommene Zahlungen zu berücksichtigen.

8

Bei einer Änderung der Sachlage kann eine erneute Einstellung nach § 153b erfolgen.3)

9

_____________ 3)

Stöber, ZVG, § 153c Rz. 4.2; Böttcher/Keller, ZVG, § 153c Rz. 5; Löhnig/Bauch, ZVG, § 153c Rz. 4.

§ 154 Verantwortung des Verwalters und Rechnungslegung Der Verwalter ist für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen allen Beteiligten gegenüber verantwortlich. Er hat dem Gläubiger und dem Schuldner jährlich und nach der Beendigung der Verwaltung Rechnung zu legen. Die Rechnung ist dem Gericht einzureichen und von diesem dem Gläubiger und dem Schuldner vorzulegen. Literatur: Ganter, Hans Gerhard, Zur teleologischen Reduktion der Zwangsverwalterhaftung, ZfIR 2013, 305. Übersicht I. 1. 2. 3. II.

Haftung ................................................. 1 Beteiligte ................................................ 2 Haftungsverpflichtung allgemein ......... 4 Haftungstatbestände ............................. 7 Rechnungslegung (§ 154 Satz 2 und 3 ZVG) .................. 10

I.

Haftung

1. 2. 3. 4.

Der Zeitraum ....................................... 12 Der Inhalt ............................................ 14 Die Prüfung durch das Gericht .......... 17 Einwendungen ..................................... 20

Der Zwangsverwalter haftet den Beteiligten für die ihm gemäß ZVG obliegenden Pflichten, also auf eine ordnungsgemäße Verwaltung, mit seinem eigenen Vermögen. Es handelt sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis, einem Geschäftsbesorgungs-

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Verantwortung des Verwalters und Rechnungslegung

und den Insolvenzverwalter zugestellt, dem antragstellenden Gläubiger nur, wenn seinem Antrag nicht voll entsprochen worden ist. Den betreibenden Gläubigern, die keinen Antrag gestellt haben, wird der Beschluss formlos mitgeteilt; die übrigen Beteiligten bekommen keine Nachricht. Gegen die Zurückweisung seines Aufhebungsantrages kann der Antragsteller sofortige Beschwerde erheben (§ 11 Abs. 1 RpflG, § 793 ZPO). Gegen die Aufhebung der Entscheidung kann der Insolvenzverwalter sofortige Beschwerde erheben (§ 11 Abs. 1 RpflG, § 793 ZPO). Der Zwangsverwalter hat in beiden Fällen keine Anfechtungsmöglichkeit.

7

IV. Wirkungen der Aufhebung Mit der Aufhebung der Einstellung wird das Zwangsverwaltungsverfahren fortgesetzt. Der Zwangsverwalter, der noch im Amt ist, muss sich den Besitz wieder verschaffen und seine Verwaltungsaufgaben wieder wahrnehmen. Ein bereits festgestellter Teilungsplan ist nach der darin enthaltenen Weisung des Vollstreckungsgerichts auszuführen. Jedoch sind durch den Insolvenzverwalter gemäß § 153b Abs. 2 vorgenommene Zahlungen zu berücksichtigen.

8

Bei einer Änderung der Sachlage kann eine erneute Einstellung nach § 153b erfolgen.3)

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_____________ 3)

Stöber, ZVG, § 153c Rz. 4.2; Böttcher/Keller, ZVG, § 153c Rz. 5; Löhnig/Bauch, ZVG, § 153c Rz. 4.

§ 154 Verantwortung des Verwalters und Rechnungslegung Der Verwalter ist für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen allen Beteiligten gegenüber verantwortlich. Er hat dem Gläubiger und dem Schuldner jährlich und nach der Beendigung der Verwaltung Rechnung zu legen. Die Rechnung ist dem Gericht einzureichen und von diesem dem Gläubiger und dem Schuldner vorzulegen. Literatur: Ganter, Hans Gerhard, Zur teleologischen Reduktion der Zwangsverwalterhaftung, ZfIR 2013, 305. Übersicht I. 1. 2. 3. II.

Haftung ................................................. 1 Beteiligte ................................................ 2 Haftungsverpflichtung allgemein ......... 4 Haftungstatbestände ............................. 7 Rechnungslegung (§ 154 Satz 2 und 3 ZVG) .................. 10

I.

Haftung

1. 2. 3. 4.

Der Zeitraum ....................................... 12 Der Inhalt ............................................ 14 Die Prüfung durch das Gericht .......... 17 Einwendungen ..................................... 20

Der Zwangsverwalter haftet den Beteiligten für die ihm gemäß ZVG obliegenden Pflichten, also auf eine ordnungsgemäße Verwaltung, mit seinem eigenen Vermögen. Es handelt sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis, einem Geschäftsbesorgungs-

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vertrag entsprechend.1) Somit bestimmt sich der Umfang der Haftung nach § 249 BGB, ggf. § 254 BGB. 1.

Beteiligte

2

Der Kreis der Beteiligten in § 154 ZVG entspricht nicht demjenigen des § 9 ZVG, sondern wurde vom BGH2) – in Anlehnung an das Insolvenzrecht – von § 9 ZVG losgelöst und dahingehend definiert, dass er alle Personen umfasst, denen gegenüber das ZVG dem Zwangsverwalter spezifische Pflichten auferlegt.3) Der Beteiligtenbegriff wurde dadurch dergestalt ausdehnt, dass praktisch jeder „Beteiligter i. S. d. § 154 ZVG“ wird, wenn er mit dem Zwangsverwalter in rechtliche Berührung kommt. Dabei wird übersehen, dass der Zwangsverwalter ja nicht für eine „autonome Masse“ handelt (wie der Insolvenzverwalter), sondern sein Handeln stets den Schuldner begünstigt oder belastet und seine Rechtsstellung (durch die jederzeit mögliche Beendigung infolge Antragsrücknahme) keine Planungssicherheit ermöglicht, wie diese ein Insolvenzverwalter hat. Auch kann z. B. der Verwalter für die Begleichung der Verbindlichkeiten seiner „Verwaltungsmasse“ (§ 155 Abs. 1 ZVG) keine Substanz verwerten. Somit ist sein Risiko, eine Verbindlichkeit entgegen seiner Annahme nicht aus der Masse erfüllen zu können, wesentlich größer als jenes des Insolvenzverwalters.4)

3

Soll an dem weiten Beteiligtenbegriff in § 154 Abs. 1 ZVG festgehalten werden, so müsste stärker danach differenziert werden, welche Pflichten als „verwalterspezifisch“ angesehen werden können, so dass von der Haftung nur Tätigkeiten erfasst werden, die speziell im Zusammenhang mit Pflichten aus der Zwangsverwaltung stehen. Vertragspflichten, die sich lediglich aus der Stellung des Zwangsverwalters z. B. als Vermieter ergeben, sollten – wie in § 61 InsO – nur nach den allgemeinen vertragsrechtlichen Regeln abgewickelt werden.5) 2.

Haftungsverpflichtung allgemein

4

Haftet der Zwangsverwalter nach § 154 ZVG und somit nach §§ 249, 276 BGB, kommt auch eine Haftung für seine qualifizierten Mitarbeiter (§ 278 BGB) oder – bei unselbstständiger Tätigkeit, z. B. Hausmeister – auch § 831 BGB in Betracht. Auch ohne Rückgriff auf § 154 ZVG haftet der Zwangsverwalter für die Verkehrssicherheit des Objektes wie ein Eigentümer6) – und dies auch gegenüber einem Mieter. Er muss also die üblichen Streupflichten etc. beachten und ihre Erledigung sicherstellen (§ 838 BGB).

5

Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Verwalter können die Beteiligten bereits während der Dauer der Verwaltung (und ohne dass der Verwalter vorher entlassen wurde) auf dem Prozessweg geltend machen. Als Gerichtsstand kommt § 31 ZPO _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 154 Rz. 3; Ganter, ZfIR 2013, 305. BGH, Urt. v. 5.2.2009 – IX ZR 21/07, Rpfleger 2009, 331; IGZInfo 2009, 91, ZfIR 2009, 434 m. Anm. Lüke. BGH, Urt. v. 5.2.2009 – IX ZR 21/07, Rpfleger 2009, 331; Ganter, ZfIR 2013, 305, 309. Depré/Mayer, § 2 Rz. 814. Ausführlich Ganter, ZfIR 2013, 305 ff. OLG Hamm, Beschl. v. 15.1.2004 – 6 W 69/03, VersR 2005, 1096 = ZMR 2004, 511.

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§ 154

in Betracht. Das Vollstreckungsgericht kann den Verwalter nicht anweisen, einem Beteiligten Schadensersatz zu leisten. Erfüllt der Verwalter eine Anweisung des Gerichts, haftet er nur, wenn er ohne Weiteres feststellen konnte, dass sein Verhalten gesetzes- oder pflichtwidrig war. Anderenfalls kommt die Amtshaftung des Gerichts in Betracht. Die Ansprüche gegen den Verwalter verjähren in drei Jahren, das Jahr, in welchem der Anspruch entstanden ist, nicht mitgerechnet (§§ 195, 199 BGB).7) Für die Haftung des Zwangsverwalters wird insofern § 62 InsO analog angewendet. 3.

6

Haftungstatbestände

Schon bisher haftete der Verwalter für die regelmäßige Überprüfung des Mietobjektes,8) insbesondere wenn die Wohnung leer steht. Einem Hinweis auf Verwahrlosung muss er vor Ort nachgehen.9) Unterlässt er dies, trifft ihn im Streitfall die Beweislast, dass der Schaden durch Verwahrlosung nicht auf seinem Verschulden beruht.10) Die Haftung greift auch gegenüber dem Ersteher, da der Ersteher durch den Zuschlag „ein Recht am Grundstück“ erworben hat und das Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters ihm gegenüber fortdauert.11) Auch der Eigentümer eines Zubehörstücks könnte als Beteiligter unter § 9 ZVG fallen, da er ein Recht an einem Gegenstand des Haftungsverbandes geltend macht; vorausgesetzt, es ist Anmeldung erfolgt.12)

7

Inzwischen hat der BGH auch eine Wohnungseigentümergemeinschaft13) und den Lieferanten von Energie und Wasser als Beteiligten angesehen.14) Das LG Zwickau sah bereits eine persönliche Haftung als gegeben an, wenn der Zwangsverwalter in einem Rechtsstreit (Kläger) als möglicher Zweitschuldner keine entsprechende Rücklage gebildet hatte.15) Die persönliche Haftung für die Prozesskosten nach einer offensichtlich unzulässigen Kündigung und nicht vorhandener Masse für die Kosten des Prozessgegners konnte das LG Berlin auch ohne Rückgriff auf § 154 ZVG begründen.16)

8

Wurde ein Zwangsverwalter entlassen und ist durch sein pflichtwidriges Verhalten der Masse ein Schaden entstanden, muss der neue Zwangsverwalter diesen Gemeinschaftsschaden zur Masse ziehen.17)

9

_____________ 7) OLG Köln, Entsch. v. 27.1.1956, NJW 1956, 835, auf der Grundlage des damaligen § 852 BGB. 8) OLG Köln, Beschl. v. 25.6.2007 – 2 U 39/07, Rpfleger 2008, 321 = ZfIR 2008, 73. 9) BGH, 23.6.2005 – IX ZR 419/00, Rpfleger 2005, 616 = ZInsO 2005, 882. 10) BGH, 23.6.2005 – IX ZR 419/00, Rpfleger 2005, 616. 11) BGH, 11.10.2007 – IX ZR 156/06, ZfIR 2008, 25 m. Anm. Eckert = Rpfleger 2008, 89. 12) Depré/Mayer, § 2 Rz. 817. 13) BGH, Urt. v. 5.2.2009, Rpfleger 2009, 331, IGZInfo 2009, 91 = NJW 2009, 1674. 14) BGH, Urt. v. 5.3.2009 – IX ZR 15/08, IGZInfo 2009, 134. 15) LG Zwickau, Beschl. v. 16.7.2008 – 8 T 228/07, IGZInfo 2008, 187, allerdings mit Rückgriffsrecht gegen den Gläubiger. 16) LG Berlin, Urt. v. 30.10.1990 – 64 S 277/90, NJW-RR 1991, 528. 17) BGHZ 109, 124; BGH, Urt. v. 2.11.1989 – IX ZR 197/88, NJW 1990, 454 = Rpfleger 1990, 132.

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Verantwortung des Verwalters und Rechnungslegung

II. Rechnungslegung (§ 154 Satz 2 und 3 ZVG) 10

Der Verwalter ist den Betroffenen, also dem Schuldner und dem Gläubiger gemäß § 154 ZVG rechnungslegungspflichtig. Seine Abrechnung wird dem Gericht eingereicht und von diesem den Gläubigern und dem Schuldner zugeleitet. Die übrigen Beteiligten haben keinen Anspruch auf Abrechnung gegen den Verwalter, können jedoch, da ihnen der Verwalter haftet, diese beim Gericht einsehen und auch eine Abschrift verlangen.18)

11

Grundsätzlich haben Gläubiger und Schuldner einen Anspruch auf die Rechnungslegung des Verwalters, sowohl auf die Jahresrechnung als auf die Schlussrechnung. Einklagen können sie diesen Anspruch aber nur, wenn die Möglichkeiten des Vollstreckungsgerichts, den Zwangsverwalter zu einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung zu veranlassen, ohne Erfolg geblieben sind.19) 1.

Der Zeitraum

12

Die Rechnungslegung erfolgt (§ 14 Abs. 2 ZwVwV) nach Kalenderjahren.20) Dies kann nur so verstanden werden, dass der Verwalter am Jahresende des ersten Jahres nach der Anordnung der Zwangsverwaltung eine Abrechnung für dieses Rumpfjahr zu legen hat und im Anschluss daran nach vollen Kalenderjahren abrechnet. Mit Zustimmung des Gerichts kann ein anderer Rechenzeitraum bestimmt werden (§ 14 Abs. 2 ZwVwV). Da gemäß § 152a ZVG bezüglich der Geschäftsführung des Verwalters – und dazu gehört die Abrechnung – die ZwVwV auch eine für das Gericht verbindliche Rechtsgrundlage darstellt, kann also das Gericht nur auf Wunsch des Verwalters, nicht aber auf eigenen Wunsch, einen anderen Rechnungszeitraum bestimmen. Dies kollidiert jedoch mit der Aufsichtspflicht des Gerichts, welches deshalb entgegen § 14 Abs. 2 ZwVwV z. B. eine Zwischenrechnung verlangen kann. Man wird dies aus § 16 ZwVwV herleiten können, es sollte aber nur aus triftigem Grund erfolgen.21)

13

§ 154 ZVG verlangt eine jährliche Rechnungslegung und zwar gegenüber Gläubiger und Schuldner. Deshalb könnte zwar ein kürzerer, aber kein längerer Abrechnungszeitraum bestimmt werden. Wenn also z. B. die Beschlagnahme am 2.12.2013 erfolgt, kann das Gericht wegen § 154 ZVG dem Verwalter nicht gestatten, erstmals bis zum 31.12.2014 abzurechnen. Vereinbart das Gericht mit dem Verwalter einen anderen Rechnungszeitraum als das Kalenderjahr, stimmen Rechnungszeitraum für die Gerichtskosten und für die Jahresrechnung nicht mehr überein. Der Verwalter muss dann dem Gericht durch entsprechende Angaben die Ermittlung der auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Einnahmen ermöglichen. 2.

14

Der Inhalt

Der „Bericht“ zerfällt in zwei Teile, einmal in eine sachliche Schilderung der im Berichtszeitraum vorgenommenen Handlungen und zum anderen in die eigentliche Abrechnung, die eine Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben des Ver_____________ 18) 19) 20) 21)

HWFH, § 154 ZVG Rz. 4. OLG Frankfurt, IGZInfo 2010, 183. A. A. Böttcher/Keller, ZVG, § 154 Rz. 9. Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 2 Rz. 786.

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§ 154

walters im Berichtzeitraum zu enthalten hat. Differenzbuchungen sind unzulässig. Hat z. B. der Verwalter dem Mieter gestattet, eine Reparatur selbst vornehmen zu lassen, und dieser hat dann den Aufwand von der Miete abgezogen, darf nicht etwa nur die gekürzte Miete gebucht werden, sondern es müssen die volle Miete als Einnahme und der Aufwand als Ausgabe erscheinen. Es sind sämtliche Belege beizufügen, damit das Gericht die Geschäftsführung des Verwalters nicht nur sachlich, sondern auch rechnerisch prüfen kann. Die Einnahmen einer jeden separat vermieteten Einheit sind getrennt aufzustellen (§ 15 Abs. 1 Ziff. 1 ZwVwV), wobei ersichtlich sein sollte, welcher Teilbetrag der Einnahmen auf Miete und welcher auf Vorschüsse für Nebenkosten entfällt. Soweit Mietvorauszahlungen, welche für diesen Abrechnungszeitraum bestimmt sind, bereits in einer früheren Abrechnung ausgewiesen wurden, muss dies ersichtlich sein. Auch eine bereits eingegangene Mietvorauszahlung, die für den folgenden Zeitraum bestimmt ist, wird als solche kenntlich gemacht. In einer Nebenrechnung soll der Verwalter die eingenommenen Abschlagszahlungen auf die Nebenkosten (die bei ihm nur „durchlaufende Posten“ sind) für jedes Mietverhältnis mit den angefallenen (ggf. anteiligen) Ausgaben verrechnen und so kenntlich machen, ob Rückzahlungen erfolgten oder Nachzahlungen seitens der Mieter erforderlich waren. Es wäre sachdienlich, die den Mietern zugegangenen Abrechnungen in Kopie beizufügen. Miet- und Pachtzinsen und andere Einnahmen sind getrennt auszuweisen (§ 15 Abs. 1 Ziff. 2 ZwVwV). Eingetriebene Mietrückstände aus dem Vorjahr sind gesondert kenntlich zu machen.

15

Die Aufschlüsselung der Ausgaben erfolgt nach § 15 Abs. 3 ZwVwV in sechs Konten. Außerdem sind (§ 15 Abs. 4 ZwVwV) im Falle der Umsatzsteuerpflicht Umsatzsteueranteile und Vorsteuerbeträge gesondert auszuweisen. Dies muss entgegen dem Wortlaut der ZwVwV auch gelten, wenn die Umsatzsteuerpflicht kraft Gesetzes und nicht aufgrund einer Option besteht.22)

16

3.

Die Prüfung durch das Gericht

Die Rechnung wird seitens des Gerichts als Ausfluss seines in § 153 ZVG normierten Prüfungsrechts sachlich und rechnerisch geprüft. Bei Unklarheiten ist der Verwalter verpflichtet, diese auszuräumen. Das Gericht kann verlangen, dass der Verwalter dort vorspricht und die Unklarheiten mündlich erläutert (§ 16 ZwVwV). Das Gericht kann einen Sachverständigen für die Prüfung heranziehen, was natürlich auf seltene Ausnahmefälle zu beschränken sein wird. Dem in § 113 ZVG erwähnten „Rechnungssachverständigen“ darf es die Prüfung auch dann nicht übertragen, wenn das Landesrecht einen solchen noch vorsieht.23)

17

Sind keine Beanstandungen verblieben, leitet das Gericht eine Abschrift des Berichtes allen Gläubigern und dem Schuldner zu. Es behält die Urschrift und die Belege. Das Gericht soll die Gläubiger und den Schuldner auffordern, innerhalb einer Frist evtl. beabsichtigte Einwendungen zu erheben. Dies ist dies aber keine Ausschlussfrist; Einwendungen können auch noch später erhoben werden. Ob sie dann

18

_____________ 22) Depré/Mayer, § 2 Rz. 792. 23) Depré/Mayer, § 2 Rz. 796.

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verwirkt sind, entscheidet das Prozessgericht. Werden keine Einwendungen erhoben, gibt das Gericht dem Verwalter die Belege zur Verwahrung zurück. Er muss sie aufbewahren. 19

Legt der Verwalter den fälligen Bericht auch auf Aufforderung und Mahnung nicht vor, erlegt das Gericht dem Verwalter (nach vorheriger Androhung) ein Zwangsgeld auf, um die Vorlage zu erzwingen. Gleiches gilt, wenn der Verwalter der Aufforderung zur Aufklärung bestehender Unklarheiten nicht nachkommt.24) 4.

Einwendungen

20

Die vorgenannte Prüfung des Gerichts („Abnahme“ der Jahres- oder Schlussrechnung genannt) beschränkt sich darauf, die Rechnung als formell ordnungsgemäß, vollständig sowie sachlich und rechnerisch richtig zu bezeichnen. Das Gericht signalisiert den Beteiligten, dass keine Unklarheiten verblieben oder Ergänzungen erforderlich sind. Diese Feststellung des Gerichts bedeutet keine „Entlastung“ des Verwalters. Gläubiger und Schuldner können Einwendungen erheben, welche das Gericht nicht erhoben hatte. Das Gericht wird dann in der Praxis den Verwalter hören und evtl. im Rahmen einer mündlichen Erörterung versuchen, die Einwendungen auszuräumen. Gelingt dies nicht, so kann das Gericht entweder im Aufsichtsweg gegen den Verwalter einschreiten, wenn nach seiner Auffassung der Verwalter die Einwendung beseitigen kann und muss, oder dem Beteiligten mitteilen, dass es hierfür keinen Anlass sieht. Dann muss der Beteiligte seine Einwendungen im Prozessweg gegen den Verwalter verfolgen.25)

21

Schweigen die Beteiligten zum Bericht, so gilt dies nicht als Anerkenntnis; auch dann nicht, wenn das Gericht bei der Zuleitung um Mitteilung der Einwendungen innerhalb einer (angemessenen) Frist ersucht hat. Mit wesentlich verspäteten Einwendungen wird sich das Gericht jedoch nicht mehr befassen, sondern den Einwender auf den Prozessweg verweisen. Und der Verwalter wird sich dort mit Erfolg auf Verwirkung berufen können, wenn die Einwendungen so spät erhoben wurden, dass er sich deshalb nicht mehr angemessen wehren kann.26) In der Literatur wird die Auffassung vertreten, ein Anerkenntnis könne in diesem Fall durch schlüssiges Verhalten bereits erfolgt sein.27) Auch wird die Auffassung vertreten, der Verwalter könne auf dem Prozessweg das Anerkenntnis seines Berichtes erzwingen und damit künftige Forderungen ausschließen.28)

22

Beanstandet das Gericht den Bericht des Verwalters, hat dieser – obwohl es sich hierbei um eine Aufsichtsmaßnahme nach § 153 ZVG handelt – ausnahmsweise ein Beschwerderecht.29) _____________ Ausführlich hierzu Depré/Mayer, § 2 Rz. 541 ff. Depré/Mayer, § 2 Rz. 802. Stöber, ZVG, § 154 Rz. 4.6. Stöber, ZVG, § 154 Rz. 4.6; Steiner-Hagemann, ZVG, § 154 Rz. 46; Böttcher/Keller, ZVG, § 154 Rz. 11. 28) Böttcher/Keller, ZVG, § 154 Rz. 11; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 154 Rz. 44. 29) BGH, Beschl. v. 7.4.2011 – IX ZB 170/10; ZfIR 2011, 681 (in den Gründen) Rpfleger 2012, 274.

24) 25) 26) 27)

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

§ 155 Verteilung der Nutzungen (1) Aus den Nutzungen des Grundstücks sind die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers entstehen, vorweg zu bestreiten. (2) Die Überschüsse werden auf die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche verteilt. Hierbei werden in der zweiten, dritten und vierten Rangklasse jedoch nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, einschließlich der Rentenleistungen, sowie auf diejenigen Beträge berücksichtigt, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Abzahlungsbeträge auf eine unverzinsliche Schuld sind wie laufende wiederkehrende Leistungen zu berücksichtigen, soweit sie fünf vom Hundert des ursprünglichen Schuldbetrages nicht übersteigen. (3) Hat der eine Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden Vorschüsse gewährt, so sind diese zum Satz von einhalb vom Hundert über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen. Die Zinsen genießen bei der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung dasselbe Vorrecht wie die Vorschüsse selbst. (4) Hat der Zwangsverwalter oder, wenn der Schuldner zum Verwalter bestellt ist, der Schuldner mit Zustimmung der Aufsichtsperson Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel angeschafft, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden, so haben Ansprüche aus diesen Lieferungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang. Das gleiche gilt von Krediten, die zur Bezahlung dieser Lieferungen in der für derartige Geschäfte üblichen Weise aufgenommen sind. Literatur: Schmidberger, Gerhard, Zwangsverwaltung und Vorschüsse für Hausgeld, ZfIR 2010, 1; Engels, Ralf, Altlasten in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2010, 557. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Die Zwangsverwaltungsmasse ............ 2 III. Die Ausgaben der Zwangsverwaltung ............................... 5 1. Die vorweg zu deckenden Kosten der Verwaltung ......................... 6 2. Kosten des Gerichts .............................. 8 3. Aufwendungen für die eigentliche Verwaltung ....................... 13 4. Ansprüche bei Wohnungs- und Teileigentum ........................................ 18

5. 6.

Unterhalt des Schuldners .................... 21 Immissionen, Abfälle und Altlasten ....................................... 22 IV. Die Verteilung des Überschusses ..... 28 1. Rangklasse 1 ......................................... 29 2. Rangklasse 2 ......................................... 31 3. Rangklasse 3 ......................................... 32 4. Rangklasse 4 ......................................... 34 5. Rangklasse 5 ......................................... 39 6. Weitere Rangklassen ........................... 41

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§ 155 I. 1

Verteilung der Nutzungen

Allgemeines

Die §§ 155 bis 160 ZVG regeln die Verteilung der Einnahmen (Nutzungen) aus dem Zwangsverwaltungsverfahren. Hierbei muss unterschieden werden: –

Die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 155 Abs. 1 vorweg bestritten, d. h. hierzu ist weder ein Teilungsplan nach eine Zustimmung des Gerichts erforderlich. Untereinander stehen sie zumindest in keinem gesetzlich geregelten Rangverhältnis.



Nach Deckung der vorstehend genannten Ausgaben und Kosten, kann der Verwalter die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sowie laufende Wohngelder ohne weiteres Verfahren berichtigen (§ 156 Abs. 1).



Nur wenn darüber hinaus noch Mittel zur Verfügung stehen, sind im Rahmen eines vom Vollstreckungsgericht aufzustellenden Teilungsplans (vgl. § 156 Abs. 2) die Ansprüche der Rangklassen § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 zu berichtigen, wobei aus den Rangklassen 2, 3 und 4 nur die laufenden Ansprüche berücksichtigt werden können.



Wenn dann noch Nutzungen vorhanden sind, kann in einem weiteren Termin auch eine Zahlung auf das Kapital von Grundpfandrechten erfolgen (§ 158 Abs. 1 ZVG).

II. Die Zwangsverwaltungsmasse 2

3

4

Unter den „Nutzungen des Grundstücks“ i. S. v. § 155 ZVG sind die gesamten Bruttoeinnahmen des Zwangsverwalters zu verstehen. Dies sind: –

Alle Einnahmen aus Vermietung bzw. Verpachtung des Zwangsverwaltungsobjekts,



die Früchte und Erzeugnisse des Grundstücks und der Erlös aus deren Veräußerung und



Forderungen aus Rechtsgeschäften des Zwangsverwalters.

Nicht zur Zwangsverwaltungsmasse gehören jedoch: –

Das Grundstück und die mit beschlagnahmten Gegenstände,



das beschlagnahmte Zubehör, auch nicht der aus der Verwertung eines solchen Gegenstandes erzielte Erlös.1)

In die Zwangsverwaltungsmasse darf ein Dritter nur mit einem gegen den Zwangsverwalter wirksamen Vollstreckungstitel vollstrecken. III. Die Ausgaben der Zwangsverwaltung

5

Das ZVG unterscheidet zwischen Aufwendungen (§ 155 Abs. 1 ZVG) und Überschüssen (§ 155 Abs. 2 ZVG). Die Aufwendungen bezahlt der Verwalter ohne besondere Anordnung. Aus den Überschüssen leistet er nur Zahlungen gemäß Teilungsplan. Nach der hier vertretenen Auffassung sind die öffentlichen Lasten _____________ 1)

Die Zinsen für den angelegten Erlös jedoch gehören zur Masse und können demnach mit verteilt werden. So Böttcher/Keller, ZVG, § 155 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 155 Rz. 2.2; Löhnig/ Blümle, ZVG, § 155 Rz. 8.

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Depré

§ 155

Verteilung der Nutzungen

zwar Rangklasseforderungen, werden jedoch – ebenso wie die Hausgeldforderungen – wegen § 156 ZVG für die Zahlung durch den Verwalter so behandelt, als seien es Aufwendungen.2) 1.

Die vorweg zu deckenden Kosten der Verwaltung

Ohne gerichtliche Anordnung, insbesondere also ohne Teilungsplan, hat der Verwalter aus den Nutzungen die Kosten der Verwaltung zu bestreiten (§ 155 Abs. 1 ZVG). Es sind dies: –

Die Gerichtskosten, ausgenommen hiervon sind die Kosten für die Anordnung oder einen Beitritt.



Die beim Verwalter anfallenden Aufwendungen für die eigentliche Verwaltung.



Die Aufwendungen für die Erhaltung und Verbesserung des Grundstücks.3)



Die für die Deckung seiner Vergütung zurückzulegenden Beträge.



Neuerdings auch Kautionen und Vorschüsse auf die Miet-Nebenkosten, die der Verwalter aufgrund der hierzu ergangenen Entscheidungen des BGH4) zurückzahlen muss, ohne sie erlangt zu haben.



Laufende Forderungen der WEG (Hausgeld), wenn eine Eigentumswohnung verwaltet wird.

Für künftig anfallende Aufwendungen – auch für seine Vergütung – hat er eine Rücklage zu bilden. Soweit entsprechende Einnahmen nicht zur Verfügung stehen, zeigt er dies dem Gericht an, welches dann dem Gläubiger bei Meidung der Aufhebung die Leistung eines Vorschusses auferlegt. 2.

6

7

Kosten des Gerichts

Das Gericht erhebt für das Verfahren eine Verfahrensgebühr in Höhe der Hälfte einer vollen Gebühr (Nr. 2221 KVGKG). Die Gebühr fällt für jedes Kalenderjahr an, also auch für die Rumpfjahre, in welchen das Verfahren beginnt (Tag der Beschlagnahme) und in welchen es endet (Wirksamwerden der Aufhebung). Wird also das Verfahren nach Zuschlag bezüglich noch beschlagnahmter Gegenstände (z. B. Zubehör, rückständige Miete) weitergeführt, endet die Beschlagnahme erst mit der Aufhebung bezüglich dieser Gegenstände.5) Die Mindestgebühr beträgt 120 €, für die Rumpfjahre (= das erste und das letzte Kalenderjahr) je 60 €.

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Erhoben wird eine 0,5 Gebühr aus den Bruttoeinnahmen des Verwalters, also ohne Abzüge (§ 55 GKG). Somit zählen auch jene Einkünfte mit, die nicht beschlagnahmt sind, sondern vom Verwalter aufgrund seines Einzugsrechts (siehe § 148 Rz. 17 ff. [Depré]) eingezogen werden. Nicht aber zählen Surrogate für die

9

_____________ 2) 3) 4)

5)

BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, Rpfleger 2010, 35 = MDR 2010, 107; Schmidberger, ZfIR 2010, 1. OLG Hamm, Beschl. v. 24.11.2003 – 15 W 342/03, Rpfleger 2004, 369 = ZMR 2004, 369. BGH, Urt. v. 26.3.2003 – VIII ZR 333/02, Rpfleger 2003, 456 und Urt. v. 16.7.2003 – VIII ZR 11/03, Rpfleger 2003, 678 = ZiP 2003, 1899; BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 330/03, Rpfleger 2005, 460 = MDR 2005, 980. Depré/Mayer, § 1 Rz. 240.

Depré

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

Substanz, also z. B. verkauftes Zubehör oder Schadensersatzforderungen. Der Mietwert der Schuldnerwohnung zählt ebenfalls nicht mit. 10

Die Gebühr ist am Ende des Kalenderjahres oder bei Aufhebung fällig (§ 7 Abs. 2 GKG).

11

Kostenschuldner ist der Antragsteller, soweit die Gebühr nicht der Masse entnommen werden kann (§ 26 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Antragsteller hat jährlich einen Vorschuss zu zahlen (§ 15 Abs. 2 GKG). Im Sinne dieser Vorschrift gilt jeder Beitrittsgläubiger als Antragsteller. Mehrere Antragsteller haften als Gesamtschuldner. Soweit ein Gläubiger einen Vorschuss geleistet hat, ist dieser ebenfalls gemäß Absatz 1 vorweg zu erstatten.6)

12

Zu der Gebühr kommen noch die Auslagen des Gerichts, insbesondere also die Zustellungskosten für die Ladung zum Verteilungstermin (Nr. 9002 KVGKG). Hierbei ist auf die Anmerkung zu Nr. 9002 KVGKG hinzuweisen: Die Zustellungspauschale von z. Zt. 3,50 € je Zustellung wird nur erhoben, soweit in einem Rechtszug mehr als 10 Zustellungen anfallen. Die Zustellungskosten werden gemäß § 9 Abs. 2 GKG fällig, sobald das Verfahren beendet ist. 3.

Aufwendungen für die eigentliche Verwaltung

13

Durch die Vergütung abgegolten sind die allgemeinen Bürokosten des Verwalters, also alle jene Kosten, welche auch angefallen wären, wenn er diese Verwaltung nicht übernommen hätte. Es sind dies z. B. die Miete samt Nebenkosten für sein Büro, die Anschaffungskosten für dessen Einrichtung, der Computer für die Buchhaltung, auch wenn dieser jetzt erstmals angeschafft wird. Dazu gehören auch die Kosten seines Personals, welches auch für die Zwecke der Zwangsverwaltung eingesetzt wird (§ 21 Abs. 1 ZwVwV).7)

14

Besondere Auslagen, die dem Verwalter speziell durch diese Zwangsverwaltung entstehen, sind – grundsätzlich gegen Nachweis – zu erstatten. In Betracht kommen z. B. Reisekosten oder der Aufwand für Hilfskräfte, welche der Verwalter speziell für Aufgaben im Rahmen der Zwangsverwaltung zu seiner Unterstützung eingestellt hat. Deren Besoldung sind für den Verwalter Auslagen (also keine Aufwendungen i. S. d. § 155 Abs. 1 ZVG), bedürfen also vor der Entnahme der Festsetzung durch das Gericht (§§ 21 Abs. 2, 22 ZwVwV). Diese – unsinnige – Regelung kann wohl nur dadurch praxisgerecht umgesetzt werden, dass das Gericht den erforderlichen Betrag als Vorschuss (§ 22 Satz 2 ZwVwV) ansieht und dessen Entnahme nach Anfall gestattet.8) Die Bezahlung von Hilfskräften, welche untergeordnete Tätigkeiten im Haus verrichten (z. B. Hausmeister und Reinigungskräfte), sind dagegen Aufwendungen i. S. d. § 155 Abs. 1 ZVG. Somit kann sie der Verwalter ohne die Einschränkung besolden, und zwar gleichgültig, ob er sie übernommen oder neu eingestellt hat. Im letztgenannten Fall muss er lediglich § 9 Abs. 2 bzw. § 10 Abs. 1 Satz 3 ZwVwV beachten. _____________ 6) 7) 8)

Böttcher/Keller, ZVG, § 155 Rz. 13 m. w. N. Einzelheiten bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 155 Rz. 16. Depré/Mayer, § 1 Rz. 244.

1100

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

Die Prämie für die in § 1 Abs. 4 ZwVwV vorgeschriebene Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden kann ebenfalls nicht gesondert in Rechnung gestellt werden (§ 21 Abs. 3 ZwVwV). Ordnet jedoch das Gericht an, dass der Verwalter für den Einzelfall einen höheren Versicherungsschutz nehmen muss (§ 1 Abs. 4 Satz 2 ZwVwV), sind die Prämien Auslagen und werden dem Verwalter als solche erstattet (§ 21 Abs. 3 ZwVwV). Die Entnahme bedarf deshalb der vorherigen Festsetzung durch das Gericht (§ 22 ZwVwV), falls dieses nicht – praxisgerecht – zusammen mit der Anordnung der Höherversicherung auch die Entnahme der Prämie als Vorschuss gestattet.9)

15

Der Verwalter hat die Umsatzsteuer aus den Einnahmen anzumelden und zu zahlen, soweit Umsatzsteuer anfällt (siehe § 152 Rz. 50 ff. [Depré]). Er hat auch die aufgrund seiner Verträge anfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für Hilfspersonen abzuführen. Die persönlichen Steuerschulden des Schuldners interessieren ihn aber nicht. Insbesondere muss er keine Bilanzen für den Schuldner erstellen.10)

16

Der Verwalter muss alle Betriebskosten zahlen, welche auf die Zeit seiner Tätigkeit entfallen, also insbesondere für Wasser, Abwasser, Gas, Strom, Müllabfuhr. Er zahlt sie zunächst aus den (nicht beschlagnahmten) Abschlägen der Mieter. Reichen diese nicht aus, zahlt er aus beschlagnahmten Einnahmen.11) Forderungen aus der Zeit vor der Beschlagnahme zahlt der Zwangsverwalter nicht. Anders als im Insolvenzverfahren kann sich der Berechtigte nach wie vor an den Schuldner halten.12)

17

4.

Ansprüche bei Wohnungs- und Teileigentum

Der BGH13) hat entschieden, dass die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 155 Abs. 2, 156 Abs. 1 ZVG zu begleichenden Ansprüche der WEG-Gemeinschaft gemäß § 155 Abs. 1 ZVG zu begleichen sind. Konkret sind das die gemeinschaftlichen Lasten nach § 16 Abs. 2 WEG sowie Vorschüsse gemäß Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 2 WEG), und zwar (§ 155 Abs. 2 i. V. m § 13 ZVG) nur die laufenden Beträge. Dies bedeutet also zunächst, dass der Zwangsverwalter keine rückständigen Hausgeldraten zu zahlen hat. Der Wirtschaftsplan bestimmt bereits deren Fälligkeit, nicht erst die abschließende Entscheidung nach Ablauf des Rechnungsjahres. Da nicht nur regelmäßig wiederkehrende Leistungen zu zahlen sind, muss der Verwalter die nach Beschlagnahme beschlossene Abrechnungsspitze ebenfalls bezahlen, soweit darin nicht die vom Eigentümer schuldig gebliebenen Hausgeldraten ihm aufgelastet werden.

18

Fraglich erscheint, ob er eine nach Beschlagnahme beschlossene Umlage für eine einmalige Leistung zahlen darf. Geht man davon aus, dass die Ansprüche der WEG-

19

_____________ Ausführlich zu Versicherungen in der Zwangsverwaltung Depré/Mayer, § 1 Rz. 246 ff. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.2.1967, Rpfleger 1967, 418. Zur Problematik der Rechtsgrundlage Depré/Mayer, § 1 Rz. 250 ff. OLG Brandenburg, Urt. v. 2.3.2010 – 6 U 40/09, für „Fernwärme“ Rpfleger 2010, 531, IGZInfo 2010, 139; LG Krefeld für Werkvertrag zur Erhaltung der Immobilie, Urt. v. 20.8.2009 – 5 O 55/08, IGZInfo 2010, 95; dies verkennt OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.8.2011 – 8 LA 104/11, ZfIR 2011, 892 m. Anm. Depré. 13) BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, Rpfleger 2010, 35, IGZInfo 2010, 26 = MDR 2010, 107.

9) 10) 11) 12)

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

Gemeinschaft „Rangklasseforderung“ (§ 155 Abs. 2 ZVG) sind, darf er diese Umlage nicht zahlen.14) Schließlich erhält die Gemeinde (Rangklasse 3) auch keine einmaligen Leistungen. Sieht man in der Entscheidung des BGH15) eine Beseitigung des Rangklassensystems (auch die Forderungen der Rangklasse 2 sind „Auslagen“), muss er sie als solche zahlen. 20

Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen von Keller16) verwiesen. 5.

21

Unterhalt des Schuldners

Hierher gehören auch die nach § 149 Abs. 3 ZVG oder § 150e ZVG an den Schuldner zu leistenden Unterhaltszahlungen. Da sie aber nur aus Erträgen bestritten werden dürfen, kann der Verwalter hierfür keinen Vorschuss des Gläubigers verlangen oder verwenden. 6.

Immissionen, Abfälle und Altlasten

22

Der Verwalter kann als Handlungsstörer (Verhaltensverantwortlicher) in Anspruch genommen werden, wenn er selbst die Immissionen bzw. Abfälle verursacht, indem er einen Betrieb weiterführt, bei welchem solche anfallen.17) Hat er bereits Abfälle produziert, aber noch keine Mittel, sie zu beseitigen, und erhält er keinen Vorschuss, weil der Gläubiger den Antrag zurücknimmt, kann sich eine persönliche Haftung ergeben.

23

Viel häufiger wird der Verwalter als Zustandsstörer (Zustandsverantwortlicher) in Anspruch genommen werden. Hierzu genügt, dass er solche Abfälle auf dem verwalteten Grundstück vorfindet. Dabei genügt es, dass er die tatsächliche Gewalt über das Grundstück hat und somit Dritte von der Benutzung ausschließen kann. Es ist auch für den Eintritt seiner Verantwortung nicht erforderlich, dass z. B. die Abfälle mit seinem Willen auf das Grundstück gelangt sind. Auch „über die Mauer geworfenen Abfall“ muss er entsorgen.

24

Ist ihm bekannt, dass Altlasten im Boden vorhanden sind, muss er sie beseitigen lassen. Dies gilt insbesondere, wenn bereits eine gerichtliche Verfügung vorliegt. Bei einem begründeten Verdacht auf beseitigungspflichtige Altlasten wird er wohl eine Untersuchung veranlassen müssen. In keinem Fall darf er mit der Beseitigung etc. beginnen, bevor die zu erwartenden Kosten gedeckt sind (§ 9 Abs. 2 ZwVwV). Wegen § 10 Abs. 1 Ziff. 5 ZwVwV und weil er fast immer einen Vorschuss benötigt, bedarf die geplante Maßnahme immer der Einwilligung des Gerichts.

25

Der Verwalter ist Adressat der öffentlich-rechtlichen Anordnungen, welche auf Beseitigung des polizeiwidrigen Zustandes gerichtet sind. Allerdings muss die Anordnung (nochmals) an ihn ergehen, auch wenn bereits gegen den Schuldner eine Anordnung ergangen ist – denn er ist nicht Rechtsnachfolger des Schuldners. Auch _____________ 14) A. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 156 Rz. 10.5: auch Sonderumlagen sind zu zahlen. 15) BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, Rpfleger 2010, 35, IGZInfo 2010, 26, MDR 2010, 107. 16) Böttcher/Keller, § 155 Rz. 10 – 10c). 17) BVerwG, Beschl. v. 22.10.1998 – 7 C 38/97, ZIP 1998, 2167 zum Konkursverwalter = NJW 1999, 1416.

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

wenn gleichzeitig das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, muss die Ersatzvornahme gegen den Zwangsverwalter angeordnet werden.18) Kosten einer Ersatzvornahme, die bereits gegen den Schuldner angeordnet und durchgeführt wurde, treffen den Zwangsverwalter nicht.19) Kosten einer gegen den Verwalter durchgeführten Ersatzvornahme sind Aufwand nach § 155 Abs. 1 ZVG, da seine Verpflichtung (§ 152 Abs. 1 ZVG), das Grundstück in seinem Bestand zu erhalten, auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen erfasst.20) Reicht die Masse nicht aus, muss der Gläubiger bei Meidung der Aufhebung des Verfahrens einen Vorschuss leisten. Nimmt er jetzt – also nachdem gegen den Verwalter bereits eine Ersatzvornahme angeordnet wurde – den Antrag zurück, wird man wohl keine persönliche Haftung des Zwangsverwalters annehmen können.21)

26

Beseitigt der Zwangsverwalter selbst (also ohne Ersatzvornahme) die Altlast, sind die vom Gläubiger hierfür zu leistenden Vorschüsse bevorrechtigt nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG; auch in einer Zwangsversteigerung, wenn die Zwangsverwaltung bis dahin fortdauert. Die Kosten einer Ersatzvornahme können aber nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG fallen. Die Leistung der öffentlichen Hand ist kein „Vorschuss“ i. S. d. § 161 ZVG und sie sind auch nicht bevorrechtigt (Rangklasse 3) wie der „Wertausgleich“. Falls sie nicht nach § 155 Abs. 1 ZVG beglichen werden können, bleibt nur der Beitritt in Rangklasse 5.

27

IV. Die Verteilung des Überschusses Die Überschüsse (im Gegensatz zu den Aufwendungen des § 155 Abs. 1 ZVG) sind nach § 155 Abs. 2 ZVG zu verteilen. Diese Vorschrift begrenzt die Berechtigung, während § 156 ZVG den Auszahlungsmodus bestimmt. 1.

28

Rangklasse 1

In diese Rangklasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG) gehören folgende Forderungen:

29



Vorschüsse, welche ein Gläubiger zur Erhaltung und Verbesserung des Grundstücks gegeben hat und die auch für diesen Zweck tatsächlich verwendet worden sind. Es ist für die Rangklasse ohne Bedeutung, ob der Vorschuss direkt an den Verwalter oder aufgrund einer gerichtlichen Anordnung gezahlt wurde.



Zinsen im Umfang des § 155 Abs. 3 ZVG für einen Gläubiger, der einen solchen Vorschuss gegeben hat. Die dort gegebene Umschreibung des begünstigten Zwecks deckt sich mit der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG.



Anschaffung von Düngemitteln, Saatgut und Futtermitteln, die vom Zwangsverwalter oder vom Schuldner-Verwalter mit Zustimmung der Aufsichtsperson im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung des Betriebs vorgenommen wurde (§ 155 Abs. 4 ZVG), sowie die Kredite, welche zu diesem Zweck in üblicher Weise aufgenommen werden mussten.

_____________ 18) VG Dresden, Beschl. v. 19.6.2003 – 13 K 862/02, ZIP 2004, 373; so auch Engels, Rpfleger 2010, 557, 566. 19) Engels, Rpfleger 2010, 557, 563. 20) AG Saarlouis ZfIR 2003, 62; a. A. Engels, Rpfleger 2010, 557, 563. 21) Depré/Mayer, § 1 Rz. 272.

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§ 155 30

Die Vergütung des Zwangsverwalters kann nur ausnahmsweise zu den bevorrechtigten Aufwendungen des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 ZVG gehören, wenn die Zwangsverwaltung notwendig war, um das Grundstück für die Zwangsversteigerung zu erhalten oder wiederherzustellen.22) Die Rangklasse 1a kann in der Zwangsverwaltung nicht vorkommen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG). 2.

31

Verteilung der Nutzungen

Rangklasse 2

Falls es sich bei dem verwalteten Objekt um Wohnungseigentum etc. handelt, auf welches das WEG anzuwenden ist, werden an dieser Rangstelle gewisse Forderungen der Eigentümergemeinschaft bedient. Für andere Objekte kann an dieser Rangstelle nichts anfallen. 3.

Rangklasse 3

32

In diese Rangklasse gehören die laufend wiederkehrenden öffentlichen Lasten23), somit die letzte Fälligkeit vor der Beschlagnahme (§ 13 ZVG). Sie können auf Bundes- oder Landesrecht beruhen und haben unter sich gleichen Rang. Obwohl es sich also im Grundsatz um Rangklasseforderungen handelt, werden sie wegen § 156 ZVG ohne Aufnahme in den Teilungsplan gezahlt.

33

Eine wichtige Forderung der Rangklasse 3 ist die Grundsteuer. Sie wird (§ 28 GrStG) regelmäßig in der Quartalsmitte fällig. Für Kleinbeträge bis 15 € kann die Satzung jährliche Fälligkeit am 15.8. vorsehen; für solche bis 30 € halbjährliche Fälligkeit am 15.2. und 15.8. Diese Fälligkeiten sind für den Zwangsverwalter bei der Feststellung nach § 13 ZVG verbindlich. Hat jedoch die Gemeinde dem Schuldner auf Antrag für andere Summen individuell Jahresfälligkeit zugestanden (§ 28 Abs. 3 GrStG), bedarf es zur Verbindlichkeit gegenüber dem Verwalter eines förmlichen Verwaltungsaktes (Bescheid) vor der Beschlagnahme gegenüber dem Schuldner. Eine mündliche Gestattung ist dem Verwalter gegenüber wirkungslos. Allerdings kann auch der Verwalter mit der Gemeinde eine solche Fälligkeit vereinbaren. 4.

Rangklasse 4

34

Zur Rangklasse 4 (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) gehören die laufenden wiederkehrenden Leistungen der im Grundbuch eingetragenen Rechte. In Betracht kommen also insbesondere (§§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 155 Abs. 2 bis 5 ZVG) die Zinsen der Grundpfandrechte; wiederkehrende Leistungen aus Reallasten, insbesondere der Erbbauzins, aber auch Renten; Tilgungsbeträge, die als Zuschlag zu den Zinsen zu zahlen sind und der allmählichen Tilgung dienen und Abzahlungsbeträge zur Tilgung einer unverzinslichen Schuld, jedoch höchstens in Höhe von 5 % der ursprünglichen Schuld.

35

Keine Berücksichtigung finden verzinsliche Abzahlungshypotheken, bei welchen für die Tilgung neben den Zinsen ein fester Betrag gefordert wird. Begrifflich können auch Höchstbetragshypotheken nicht berücksichtigt werden, da diese neben dem _____________ 22) BGH, Urt. v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, Rpfleger 2003, 454 = ZIP 2003, 1172. 23) Wegen der Einschränkung in Abs. 2 nicht auch die rückständigen öffentlichen Lasten: Diese können – genauso wie einmalige öffentliche Leistungen – nur aufgrund eines entsprechenden Beitrittsbeschlusses, dann aber in Rangklasse 5 berücksichtigt werden.

1104

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§ 155

Verteilung der Nutzungen

Höchstbetrag keine besonderen Zinsen ausweisen. Dagegen erhalten Zwangshypotheken ihre eingetragenen Zinsen. Wegen § 1197 Abs. 2 BGB erhält auch der Eigentümer aus der Eigentümergrundschuld die laufenden Zinsen. Das ZVG definiert die Begriffe „laufend“ und „rückständig“ für seine Zwecke in § 13 ZVG abweichend vom üblichen Begriff. Erforderlich ist zunächst die Feststellung, welche Beschlagnahme die zeitlich erste (§ 13 Abs. 4 ZVG) dieses Verfahrens war. Dieser Zeitpunkt bleibt Rechenzeitpunkt für das gesamte Verfahren und zwar ohne Rücksicht auf den Rang des Gläubigers, der diese erste Beschlagnahme bewirkt hat, und auch dann, wenn dieser Gläubiger bereits aus dem (von mehreren Gläubigern betriebenen) Verfahren ausgeschieden ist. Auf die zeitlich frühere Beschlagnahme in einem gleichzeitigen Versteigerungsverfahren kommt es nicht an. „Laufend“ im Sinne des ZVG ist daher eine wiederkehrende Leistung, welche letztmals vor dieser ersten Beschlagnahme fällig geworden ist (§ 13 Abs. 1 ZVG). Ebenso alle Leistungen, die nach der Beschlagnahme fällig werden. Alle älteren Leistungen sind „Rückstände“ und finden in der Zwangsverwaltung keine Berücksichtigung. Sie können aber – soweit sie vollstreckbar sind – durch einen Beitritt ins Verfahren eingeführt werden und haben dann die normale Rangklasse 5.24)

36

Im Range der jeweiligen Hauptforderung (hier also im Range der „laufenden“ wiederkehrenden Leistungen) können auch die Kosten angemeldet werden, welche für die Rechtsverfolgung entstanden sind, insbesondere die Kosten eines beauftragten Rechtsanwalts.

37

Sehr häufig werden Anträge auf Anordnung der Zwangsverwaltung für Ansprüche aus der Rangklasse 4 und der Rangklasse 5 einheitlich gestellt. Es entsteht dem Rechtsanwalt dann auch nur eine einheitliche Verfahrensgebühr. Im Teilungsplan ist die Gebühr in der Rangklasse 4 so anzusetzen, als wäre nur Anmeldung in dieser Rangklasse erfolgt. Der Rest wird dann in der Rangklasse 5 angesetzt.25)

38

5.

Rangklasse 5

Um in diese Rangklasse (§ 10 Abs. 1 S. 5 ZVG) zu gelangen, bedarf es immer eines Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses. Dabei werden nur jene Beträge berücksichtigt, welche in einem solchen Beschluss genannt sind. Andere (insbesondere vergessene Beträge) bedürften eines neuen Beitrittsgesuches, was sich aus Kostengründen selten lohnt. Dies gilt insbesondere grundsätzlich auch für die nach § 788 ZPO ohne Festsetzung vollstreckbaren Kosten. Ausnahmsweise aber können (§ 10 Abs. 2 ZVG) die Kosten dieser dinglichen Rechtsverfolgung (also z. B. die Anordnungsgebühr des Gerichts sowie die Anwaltskosten) formlos angemeldet werden. Dies muss aber bis zum Verteilungstermin geschehen, um im Verteilungsplan Berücksichtigung zu finden. Wenn hier auch § 110 ZVG vom Begriff her nicht anwendbar ist, so bestimmen doch die §§ 114 und 156 Abs. 2 ZVG Anmeldepflicht spätestens „im Verteilungstermin“ – und da nur einer stattfindet, können diese Beträge nicht mehr durch Nachmeldung Berücksichtigung finden. _____________ 24) Ausführlich dazu mit Beispielen Depré/Mayer, § 1 Rz. 321. 25) So auch Stöber, ZVG, § 155 ZVG Rz. 6.7k und Böttcher/Keller, ZVG, § 155 ZVG Rz. 27.

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1105

39

§ 156 40

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

Wird das Verfahren nur von persönlichen Gläubigern betrieben, richtet sich der Rang nach der Zeitreihenfolge der Beschlagnahme (§ 11 Abs. 2 ZVG). Innerhalb der einheitlichen Forderung gilt die Reihenfolge des § 12 ZVG. Konkurrieren jedoch persönliche Gläubiger mit Grundpfandrechten oder mehrere Grundpfandrechte untereinander, wird die Frage des Rangverhältnisses unter ihnen unterschiedlich beantwortet.26) Nach der hier vertretenen Auffassung hat die Einordnung einer Forderung in die Rangklasse 5, gleichgültig welcher Herkunft, auch ihre Unterstellung unter § 11 Abs. 2 ZVG zur Folge. Demnach haben alle Forderungen innerhalb dieser Rangklasse den Rang nach der Zeitreihenfolge ihrer Beschlagnahme. Auf ihre Herkunft kommt es nicht an. 6.

Weitere Rangklassen

41

Da die Anordnung der Zwangsverwaltung nur ein relatives Verfügungsverbot bewirkt, erfolgt keine Grundbuchsperre. Es können also im Rang nach dem Zwangsverwaltungsvermerk weitere Rechte eingetragen werden; sowohl mit Bewilligung des Schuldners (Eigentümers) als auch im Wege der Zwangsvollstreckung. Diese Rechte haben Rang nach dem Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG). Da aber die Befriedigung des Gläubigers zur Aufhebung des Verfahrens führt (§ 161 Abs. 2 ZVG), gibt es begrifflich in der Zwangsverwaltung (anders als in der Zwangsversteigerung) keine Zuteilung in der Rangklasse 6. Ist jedoch ein weiterer Gläubiger dem Verfahren beigetreten, kann das neu eingetragene Recht Rang zwischen der Beschlagnahme durch den Anordnungsbeschluss und dem Beitrittsbeschluss haben. In diesem Fall hat das Recht einen „relativen Rang“, d. h. es hat gegenüber dem Beitrittsgläubiger die Rangklasse 4 (siehe § 157 Rz. 11 ff. [Depré]).27)

42

Die Rangklassen 7 und 8 (§ 10 Abs. 1 Satz 7 und 8 ZVG) können in der Zwangsverwaltung nicht vorkommen, weil es hiervon um (ältere) Rückstande geht (vgl. Absatz 2 Satz 2). _____________ 26) Dazu ausführlich Stöber, ZVG, § 155 Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 155 Rz. 74; Löhnig/Blümle, ZVG, § 155 Rz. 27; Böttcher/Keller, ZVG, § 155 Rz. 37. 27) Ausführlich Depré/Mayer, § 1 Rz. 375 ff.

§ 156 Öffentliche Lasten; Verteilungstermin (1) Die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sind von dem Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum für die laufenden Beträge der daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 findet keine Anwendung. (2) Ist zu erwarten, daß auch auf andere Ansprüche Zahlungen geleistet werden können, so wird nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts der Verteilungstermin bestimmt. In dem Termin wird der 1106

Depré

§ 156 40

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

Wird das Verfahren nur von persönlichen Gläubigern betrieben, richtet sich der Rang nach der Zeitreihenfolge der Beschlagnahme (§ 11 Abs. 2 ZVG). Innerhalb der einheitlichen Forderung gilt die Reihenfolge des § 12 ZVG. Konkurrieren jedoch persönliche Gläubiger mit Grundpfandrechten oder mehrere Grundpfandrechte untereinander, wird die Frage des Rangverhältnisses unter ihnen unterschiedlich beantwortet.26) Nach der hier vertretenen Auffassung hat die Einordnung einer Forderung in die Rangklasse 5, gleichgültig welcher Herkunft, auch ihre Unterstellung unter § 11 Abs. 2 ZVG zur Folge. Demnach haben alle Forderungen innerhalb dieser Rangklasse den Rang nach der Zeitreihenfolge ihrer Beschlagnahme. Auf ihre Herkunft kommt es nicht an. 6.

Weitere Rangklassen

41

Da die Anordnung der Zwangsverwaltung nur ein relatives Verfügungsverbot bewirkt, erfolgt keine Grundbuchsperre. Es können also im Rang nach dem Zwangsverwaltungsvermerk weitere Rechte eingetragen werden; sowohl mit Bewilligung des Schuldners (Eigentümers) als auch im Wege der Zwangsvollstreckung. Diese Rechte haben Rang nach dem Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG). Da aber die Befriedigung des Gläubigers zur Aufhebung des Verfahrens führt (§ 161 Abs. 2 ZVG), gibt es begrifflich in der Zwangsverwaltung (anders als in der Zwangsversteigerung) keine Zuteilung in der Rangklasse 6. Ist jedoch ein weiterer Gläubiger dem Verfahren beigetreten, kann das neu eingetragene Recht Rang zwischen der Beschlagnahme durch den Anordnungsbeschluss und dem Beitrittsbeschluss haben. In diesem Fall hat das Recht einen „relativen Rang“, d. h. es hat gegenüber dem Beitrittsgläubiger die Rangklasse 4 (siehe § 157 Rz. 11 ff. [Depré]).27)

42

Die Rangklassen 7 und 8 (§ 10 Abs. 1 Satz 7 und 8 ZVG) können in der Zwangsverwaltung nicht vorkommen, weil es hiervon um (ältere) Rückstande geht (vgl. Absatz 2 Satz 2). _____________ 26) Dazu ausführlich Stöber, ZVG, § 155 Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 155 Rz. 74; Löhnig/Blümle, ZVG, § 155 Rz. 27; Böttcher/Keller, ZVG, § 155 Rz. 37. 27) Ausführlich Depré/Mayer, § 1 Rz. 375 ff.

§ 156 Öffentliche Lasten; Verteilungstermin (1) Die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten sind von dem Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Dies gilt auch bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum für die laufenden Beträge der daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 findet keine Anwendung. (2) Ist zu erwarten, daß auch auf andere Ansprüche Zahlungen geleistet werden können, so wird nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts der Verteilungstermin bestimmt. In dem Termin wird der 1106

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§ 156

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

Teilungsplan für die ganze Dauer des Verfahrens aufgestellt. Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten sowie dem Verwalter zuzustellen. Die Vorschriften des § 105 Abs. 2 Satz 2, des § 113 Abs. 1 und der §§ 114, 115, 124, 126 finden entsprechende Anwendung. Literatur: Mayer, Günter, Grundsteuer im Insolvenzverfahren, in der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2000, 260; Mayer, Günter, Rechtspfleger Schlau und die neue ZwVwV, RpflStud. 2004, 171. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Öffentliche Lasten ............................... 6 III. Ansprüche bei Wohnungs- und Teileigentum ...................................... 11 IV. Der Verteilungstermin ...................... 14 1. Anzeigepflicht des Verwalters ............ 14

I.

2. 3. 4. 5.

Terminsbestimmung durch das Gericht ................................................. 16 Der vorläufige Teilungsplan ............... 17 Ablauf des Verteilungstermins ........... 22 Muster eines Teilungsplans ................. 28

Allgemeines

§ 156 ZVG regelt das Verfahren bei der Verteilung des Erlöses in der Zwangsverwaltung.

1

Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens sind nach § 155 Abs. 1 ZVG aus den Nutzungen vorweg zu bestreiten – also ohne gerichtliches Verfahren. Ebenfalls ohne ein solches Verfahren sind nach § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten zu zahlen. Dies gilt nach den Sätzen 2 und 3 auch für die laufenden Beträge der Rangklasse 3.

2

Aus dem Zusammenhang der beiden Vorschriften muss geschlossen werden, dass die in § 156 Abs. 1 ZVG genannten Ansprüche erst nach den in § 155 Abs. 1 ZVG genannten Kosten der Verwaltung und nach den Verfahrenskosten bezahlt werden dürfen.

3

Alle übrigen Ansprüche können nach § 156 Abs. 2 ZVG nur aufgrund eines vom Gericht aufzustellenden Teilungsplans bedient werden. Dieser Plan behält grundsätzlich für die gesamt Dauer des Verfahrens seine Gültigkeit.

4

Und bei dem „Zusammenspiel“ der beiden Vorschriften kann es u. U. zu Schwierigkeiten kommen: Da in § 156 Abs. 2 ZVG Teile der Rangklasse 3 und der Rangklasse 1 aber überhaupt nicht aufgeführt sind, stellt sich die Frage, ob die Rangfolge des § 10 Abs. 1 ZVG im Verhältnis zu den anderen Ansprüchen gilt, welche nur aufgrund eines Teilungsplans nach § 156 Abs. 2 ZVG bedient werden dürfen. Nach einer Ansicht1) müssen vor den laufenden Beträgen der Rangklasse 3 die Ansprüche aus Rangklasse 1 und 2 aus den Überschüssen gedeckt sein, die aber erst nach Aufstellung des Teilungsplans zum Zuge kommen dürften – es gilt also § 10 ZVG. Der Verwalter muss deshalb vor der Zahlung auf die in § 156 Abs. 1 ZVG genannten Ansprüche prüfen, ob er noch ausreichende Mittel für die Ansprüche aus Rangklasse 1 zur Verfügung hat oder bis zur Fälligkeit haben wird.2) Nach a. A.3) _____________

5

1) 2) 3)

Beispielsweise Stöber, ZVG, § 156 Rz. 2.2; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 156 Rz. 3. So Böttcher/Keller, ZVG, § 156 Rz. 2. Beispielsweise Mayer, Rpfleger 2000, 260, 262.

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§ 156

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

spielt die Rangordnung insoweit keine Rolle; denn die in § 156 Abs. 1 ZVG aufgeführten Ansprüche seien im weitesten Sinn „Ausgaben der Verwaltung“ i. S. v. § 155 Abs. 1 ZVG. II. Öffentliche Lasten 6

Öffentliche Lasten im Sinne des ZVG sind nur jene Beträge, für welche nach Bundes- oder Landesrecht das Grundstück als solches haftet. Neben den Bundesgesetzen bestimmen also insbesondere die Kommunalabgabengesetze (KAG) der einzelnen Bundesländer, welche Abgaben auf dem Grundstück i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG ruhen. Das Landesrecht kann eine Ermächtigung vorsehen, welche die Gemeinde berechtigt, bestimmte Beträge durch Ortssatzung zur öffentlichen Last zu erklären. Ohne eine solche Ermächtigung ist eine diesbezügliche Bestimmung in der Satzung wirkungslos.4)

7

Im Zwangsverwaltungsverfahren werden öffentliche Lasten nur berücksichtigt, wenn es sich um wiederkehrende Leistungen handelt und der Betrag laufend im Sinne des ZVG ist (siehe Rz. 6 ff.).

8

Problemlos für Gerichte und Zwangsverwalter sind die öffentlichen Lasten, welche auf Bundesrecht beruhen. Dies sind insbesondere die Grundsteuer (§ 12 GrStG), Erschließungsbeiträge (§ 134 Abs. 2 BauGB) und andere Leistungen nach dem BauGB, Flurbereinigungskosten (§ 20 FlurbG) und gewisse Schornsteinfegergebühren.5) Seit 1.1.2013 sind es nur noch jene zur Deckung des Verwaltungsaufwandes nach Landesrecht erhobenen Kosten (§§ 14, 15, 16 SchfHwG) für die Tätigkeiten, welche dem Bezirksschornsteinfeger vorbehalten sind (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG). Auch das Landesrecht kann unmittelbar bestimmen, dass genau bezeichnete Abgaben als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen (z. B. Ausbaubeiträge) oder vorsehen, dass die jeweilige Gemeinde durch Ortssatzung befugt ist, für genau bestimmte Erträge zu bestimmen, dass sie auf dem Grundstück ruhen; also öffentliche Last sind. Auch die nach dem Messbetrag zur Grundsteuer erhobene Ortskirchensteuer kann landesrechtlich öffentliche Last sein.

9

Da die Ausbaubeiträge im Prinzip einmalige Leistungen sind, auch wenn sie in mehreren Raten fällig werden, sind sie grundsätzlich nicht vom Verwalter zu tragen.6) Zunehmend erlaubt jedoch das Landesrecht, diese Beiträge dergestalt umzulegen, dass nicht nur das unmittelbar betroffene Grundstück belastet wird, sondern sämtliche Grundstücke einer Gemeinde oder einer Zone. Hierdurch soll ungleiche Behandlung des Grundbesitzes sowie Belastung einzelner Eigentümer mit hohen Beträgen vermieden werden. Machen die Gemeinden hiervon Gebrauch, ist der Umlagebetrag „wiederkehrende Leistung“ i. S. d. § 13 ZVG und muss vom Verwalter als solche gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bezahlt werden. Der Verwalter kann hierfür einen Vorschuss anfordern und verwenden.7) _____________ 4) 5) 6) 7)

BGH, Urt. v. 30.6.1988 – IX ZR 141/87, Rpfleger 1988, 493 = MDR 1989, 60, Rpfleger 1981, 349. Vgl. HWFH, § 11 ZwVwV Rz. 5. HWFH, § 11 ZwVwV Rz. 7 a. E. Depré/Mayer, § 1 Rz. 300.

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§ 156

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

Die öffentlichen Lasten müssen nicht angemeldet werden und werden im Teilungsplan allenfalls erwähnt, aber nicht rechnerisch ausgewiesen. Der Verwalter ist gehalten, die Einzugsstellen solcher öffentlichen Lasten oben die Anordnung der Zwangsverwaltung zu benachrichtigen und um Mitteilung der geforderten Beträge zu ersuchen. III. Ansprüche bei Wohnungs- und Teileigentum Gleichgültig, ob man die Zahlungspflicht des Zwangsverwalters unmittelbar aus § 155 Abs. 1 ZVG herleitet oder aus § 155 Abs. 2 i. V. m. § 156 ZVG,8) kommen als Aufwendungen die laufenden Beiträge zu den Lasten und Kosten des Gemeinschaftseigentums oder des Sondereigentums einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer wegen der Vorleistung für diese Beträge (vgl. auch Rz. 12 f.) in Betracht. Anders als in der Zwangsversteigerung ist das Vorrecht nicht durch einen Höchstbetrag begrenzt (§ 156 Abs. 1 Satz 3 ZVG). Somit wird die Zahlungspflicht des Zwangsverwalters auch nicht durch den Verbrauch9) des Vorrechts in der Zwangsversteigerung beeinflusst. Hat der Verwalter entsprechende Einnahmen, so zahlt er die jeweils fälligen Beträge ohne Teilungsplan (§ 156 ZVG). Nach Ansicht des BGH10) kann (muss) der Zwangsverwalter vom Gläubiger einen Vorschuss fordern, wenn er keine ausreichenden Einnahmen hat. Auch für dieses Ergebnis ist es gleichgültig, ob man die Zahlungspflicht unmittelbar aus § 155 Abs. 1 ZVG herleitet (und damit das RangklasseSystem des ZVG beschädigt), oder nach der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass die Zahlung „wie Auslagen“ erfolgt, nachdem gemäß § 155 Abs. 2 ZVG die grundsätzliche Zahlungspflicht festgestellt ist. Im Übrigen ist diese Vorschusspflicht eher gerechtfertigt als jene zur Abdeckung von Mieterforderungen, da der Gläubiger an einer ordnungsgemäßen Verwaltung ein wirtschaftliches Interesse hat. Die Anordnung der Zwangsverwaltung befreit den Schuldner nicht von seiner Zahlungspflicht gegenüber der Eigentümergemeinschaft. Diese kann also vom Eigentümer (Schuldner), alles fordern, was dieser schuldet, ohne durch die Zwangsverwaltung gehindert zu sein.11)

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13

IV. Der Verteilungstermin 1. Anzeigepflicht des Verwalters Sobald der Verwalter übersehen kann, dass er Einnahmen haben wird, welche die Aufwendungen (siehe § 155 Rz. 13 ff. [Depré]) und die öffentlichen Lasten (Rz. 6) übersteigen, muss er dies dem Gericht anzeigen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV). Die Anzeige erfolgt also schon, sobald eine begründete Aussicht auf deren Eingang besteht; nicht erst nach Geldeingang.

14

Will man nicht das gesamte Rangklassensystem des § 10 ZVG ad absurdum führen, muss Folgendes festgehalten werden: Die Forderungen „Hausgeld“ (Nr. 2) und _____________

15

8) Ausführlich hierzu Depré/Mayer, § 1 Rz. 490 ff. 9) Hierzu BGH, Beschl. v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, Rpfleger 2010, 333 = NJW 2010, 3169. 10) BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, Rpfleger 2010, 35 = IGZInfo 2010, 26 = KKZ 2010, 13 = MDR 2010, 1003. 11) OLG München, Beschl. v. 12.10.2006 – 32 Wx 124/06, Rpfleger 2007, 158; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.7.2005 – 3 W 167/04, IGZInfo 2006, 91; OLG Köln, Beschl. v. 15.11.2007 – 16 Wx 100/07, IGZInfo 2008, 142.

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§ 156

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

„öffentliche Last“ (Nr. 3) unterliegen den Regeln ihrer jeweiligen Rangklasse. Das gilt einmal für die Feststellung von Art und Umfang und auch für das Verhältnis zueinander und zu anderen Rangklassen. Daran kann auch die umstrittene Frage, ob sie nun gleichzeitig systemwidrig „Aufwand“ sind (so der BGH)12) oder nur wegen § 156 ZVG „wie Aufwand“ zu bezahlen sind, nichts ändern. Also ist der Vorrang der Rangklasse 1 zu beachten. Da aber, falls Ansprüche der Rangklasse 1 denkbar sind, diese Forderungen der Feststellung im Teilungsplan bedürfen, muss der Verwalter dessen Aufstellung veranlassen, bevor er Zahlungen an die Rangklasse 2 oder Rangklasse 3 leistet.13) 2. 16

Terminsbestimmung durch das Gericht

Das Gericht – welches inzwischen die Grundbuchnachricht nach § 19 Abs. 2 ZVG erhalten haben müsste – bestimmt nun einen Verteilungstermin. Hierzu werden alle Gläubiger, der Schuldner und alle übrigen Beteiligten (§ 9 ZVG) und natürlich auch der Verwalter durch Zustellung (§ 3 ZVG) der Terminsbestimmung geladen. Die Zustellungserleichterungen der §§ 4 bis 7 ZVG finden Anwendung. Eine Ladungsfrist ist nicht vorgesehen. Es muss jedoch den Beteiligten genügend Zeit bleiben, sich auf den Termin einzustellen und insbesondere die Anmeldungen vorzubereiten. Zwei Wochen Ladungsfrist sollten nicht unterschritten werden. Die Belastung der Gerichte erfordert in der Praxis aber meist unnötig lange Fristen. 3.

Der vorläufige Teilungsplan

17

Die endgültige Entscheidung über die Erlösverteilung erfolgt erst im Verteilungstermin. Dennoch wird kaum ein Rechtspfleger ohne eine vorläufige Berechnung dieser Verteilung auskommen; er wird also einen vorläufigen Teilungsplan aufstellen. Da auf diesen später Bezug genommen werden kann, vereinfacht dies auch die Protokollführung im Termin. Damit der Teilungsplan aus sich heraus verständlich ist, sollten in einem „Vorbericht“ die für die Aufstellung wesentlichen Angaben zusammengestellt werden; also z. B. das Datum der ersten Beschlagnahme, die Rangklasse der Gläubiger und die bereits vorliegenden Anmeldungen. Üblich, aber nicht erforderlich, ist die Feststellung, dass der Verwalter die öffentlichen Lasten aus den hierfür rangmäßig vorgesehenen Mitteln zu bezahlen hat. Deren Höhe soll nicht angegeben werden, da sich diese im Laufe der Zeit ändern kann.

18

Sodann werden die Ansprüche einzeln und in der Reihenfolge ihres Ranges (§ 155 Abs. 2 ZVG) aufgeschlüsselt, wobei Kosten neben Zinsen und Hauptforderung stets getrennt auszuweisen sind. Laufend wiederkehrende Nebenleistungen sind derart zu bezeichnen, dass der Plan „für die Ewigkeit“ steht.

19

Am Schluss wird meist der Satz angefügt, dass der Verwalter auf nachrangige Beträge nur Zahlung leisten darf, wenn er damit rechnen kann, vorrangige Beträge am Fälligkeitstag zu befriedigen. _____________ 12) BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 430, Rpfleger 2010, 35 = MDR 2010, 107. 13) So Stöber, ZVG, § 156 Rz. 2.2.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 156 Rz. 3; a. M. Steiner-Hagemann, ZVG, § 156 Rz. 8. Zwar fordert Böttcher/Keller, ZVG, § 156 Rz. 2, auch eine Rangprüfung, will sie aber – systemwidrig – dem Zwangsverwalter überlassen.

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§ 156

Öffentliche Lasten; Verteilungstermin

In der Praxis kommt häufig nur die Zuteilung auf die laufenden Zinsen des erstrangigen Grundpfandrechts in Betracht, weshalb sich die Rechtspfleger gelegentlich die Gesamtberechnung ersparen. Richtig ist dies aber nicht.14) Der Teilungsplan muss auf unbestimmte Zukunft aufgestellt werden (§ 156 Abs. 2 Satz 2 ZVG) und alle bis dahin feststehenden zuteilungsfähigen Forderungen ausweisen. Ergänzungen sind nur zulässig, wenn sich künftig Änderungen ergeben.

20

Die Übersendung des vorläufigen Teilungsplanes an die Beteiligten ist nicht vorgesehen. Sie sollte erfolgen, falls dies ausdrücklich gewünscht wird und vor allem auch, wenn ein Beteiligter durch die Art seiner Anmeldung zu erkennen gibt, dass ihm die Grundsätze der Verteilung in der Zwangsverwaltung fremd sind. Auf diese Weise ist es oft möglich, sinnlose Diskussionen im Termin zu vermeiden und insbesondere Widersprüche nach § 115 Abs. 2 ZVG vor dem Termin auszuräumen.15)

21

4.

Ablauf des Verteilungstermins

Die Verhandlung ist nicht öffentlich, weshalb Feststellung der erschienenen Beteiligten erforderlich ist. Immer häufiger ist das Gericht unter sich, da weder der Verwalter noch ein Beteiligter erscheint. Anderenfalls gibt der Verwalter dem Gericht und den erschienenen Beteiligten mündlich einen kurzen Sachstandsbericht. Soweit die Beteiligten durch Bevollmächtige vertreten sind, gelten die §§ 79 ff. ZPO. Das Gericht kann vom Gläubiger die erneute Vorlage des Vollstreckungstitels verlangen, muss es aber nicht. Neu eingetretene Gläubiger können als solche zum Termin nur zugelassen werden, wenn sie ihre Stellung durch Vorlage des auf sie umgeschriebenen Vollstreckungstitels nachweisen.

22

Da im Teilungsplan der materiell Empfangsberechtigte festgestellt wird, muss jetzt (erstmals) bei Briefrechten der Brief vorgelegt werden.16) Schließlich bezieht sich diese Feststellung nicht nur auf – im Teilungstermin – bereits fällige Zinsen sondern auch auf solche, die erst in Zukunft fällig werden. Soweit Grundpfandrechte bereits abgetreten wurden, ist dies anzumelden, wenn die Abtretung außerhalb des Grundbuchs erfolgte oder erst nach dem Zwangsverwaltungsvermerk im Grundbuch eingetragen wurde. Außerdem ist die Abtretung nachzuweisen durch Nachweis der Grundbucheintragung oder Briefvorlage mit Abtretungserklärung in der Form des § 1155 BGB. Spätere Abtretungen bedürfen einer Änderung des gerichtlichen Teilungsplanes (siehe § 157 Rz. 8 ff. [Depré]). Der Zwangsverwalter darf einen Gläubigerwechsel von sich aus nicht beachten. Deshalb muss er sich auch den Brief nicht vorlegen lassen, bevor er Zinsen an den Berechtigten laut Teilungsplan zahlt.17)

23

Sodann verliest das Gericht den vorläufigen Teilungsplan und stellt an die Beteiligten (nicht den Verwalter) die Frage, ob gegen diesen Plan Widersprüche erhoben werden. Wird kein Widerspruch erhoben, beschließt das Gericht, dass der bisher nur vorläufige Teilungsplan jetzt zum endgültigen Teilungsplan erklärt wird und dass der _____________

24

14) Dazu Mayer, RpflStd. 2004, 171. 15) Zur Anmeldung zum Teilungsplan Depré/Mayer, § 1 Rz. 348. 16) So auch Stöber, ZVG, Rz. 5.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 156 Rz. 20; a. M. Böttcher/Keller, ZVG, § 156 Rz. 14. 17) So aber HWFH, § 156 ZVG Rz. 7.

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans

Verwalter dem Plan entsprechende Zahlungen zu leisten hat. Erhebt ein Beteiligter Widerspruch, was grundsätzlich zulässig ist, da § 115 ZVG in § 156 Abs. 2 ZVG für anwendbar erklärt ist, muss der streitige Betrag hinterlegt werden, falls darüber keine Einigung zustande kommt. Mit Rücksicht darauf, dass Widersprüche in der Zwangsverwaltung extrem selten sind, wird auf die Regelung in der Zwangsversteigerung18) verwiesen, auch für den Widerspruch nach § 115 Abs. 2 ZVG durch Nichtbeachtung einer Anmeldung. 25

Während der Widerspruch auf Änderung der materiellen Rechtslage gerichtet ist, kann jeder Beteiligte mit sofortiger Beschwerde einen Verfahrensfehler des Gerichts rügen, z. B. die Aufnahme einer Forderung in den Plan, welche in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden kann, die Aufnahme nicht erstattungsfähiger Kosten oder eine falsche Zinsberechnung. Obwohl die Beschlüsse im Teilungstermin verkündet werden, müssen das Protokoll mit den Beschlüssen und der Teilungsplan allen Beteiligten i. S. d. § 9 ZVG zugestellt werden, damit die Frist für die sofortige Beschwerde beginnen kann.19) Falls nur um die Aufnahme von Kosten von weniger als 200 € gestritten wird, ist der Rechtsbehelf die befristete Erinnerung an den Referatsrichter, der endgültig entscheidet.

26

Der Verwalter könnte auch im Falle der sofortigen Beschwerde die Auszahlung vornehmen, ohne die Rechtskraft abzuwarten. Er sollte es aber nicht tun, da die Auszahlung die Erledigung des Rechtsmittels zur Folge hätte. Vielmehr soll er das Gericht auffordern, insoweit eine Anordnung nach § 570 Abs. 2 ZPO (Aufschub der Zahlung) zu erlassen. Der Beschwerdeführer könnte notfalls eine solche Anweisung auch durch das Beschwerdegericht erlangen (§ 570 Abs. 3 ZPO).

27

Der Verwalter kann gegen die Entscheidung des Gerichts weder Widerspruch erheben noch sofortige Beschwerde einlegen. 5.

28

Muster eines Teilungsplans

Verschiedene Handbücher enthalten entsprechende Muster.20) _____________ 18) Sehr ausführlich hierzu Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3. 19) BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401 = MDR 2009, 769. 20) Zum Beispiel Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 5 Rz. 1129 oder Löhnig/ Blümle, Anhang Formular 25.

§ 157 Ausführung des Teilungsplans (1) Nach der Feststellung des Teilungsplans hat das Gericht die planmäßige Zahlung der Beträge an die Berechtigten anzuordnen; die Anordnung ist zu ergänzen, wenn nachträglich der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird. Die Auszahlungen erfolgen zur Zeit ihrer Fälligkeit durch den Verwalter, soweit die Bestände hinreichen. (2) Im Falle der Hinterlegung eines zugeteilten Betrags für den unbekannten Berechtigten ist nach den Vorschriften der §§ 135 bis 141 zu verfahren. Die Vorschriften des § 142 finden Anwendung. 1112

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans

Verwalter dem Plan entsprechende Zahlungen zu leisten hat. Erhebt ein Beteiligter Widerspruch, was grundsätzlich zulässig ist, da § 115 ZVG in § 156 Abs. 2 ZVG für anwendbar erklärt ist, muss der streitige Betrag hinterlegt werden, falls darüber keine Einigung zustande kommt. Mit Rücksicht darauf, dass Widersprüche in der Zwangsverwaltung extrem selten sind, wird auf die Regelung in der Zwangsversteigerung18) verwiesen, auch für den Widerspruch nach § 115 Abs. 2 ZVG durch Nichtbeachtung einer Anmeldung. 25

Während der Widerspruch auf Änderung der materiellen Rechtslage gerichtet ist, kann jeder Beteiligte mit sofortiger Beschwerde einen Verfahrensfehler des Gerichts rügen, z. B. die Aufnahme einer Forderung in den Plan, welche in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden kann, die Aufnahme nicht erstattungsfähiger Kosten oder eine falsche Zinsberechnung. Obwohl die Beschlüsse im Teilungstermin verkündet werden, müssen das Protokoll mit den Beschlüssen und der Teilungsplan allen Beteiligten i. S. d. § 9 ZVG zugestellt werden, damit die Frist für die sofortige Beschwerde beginnen kann.19) Falls nur um die Aufnahme von Kosten von weniger als 200 € gestritten wird, ist der Rechtsbehelf die befristete Erinnerung an den Referatsrichter, der endgültig entscheidet.

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Der Verwalter könnte auch im Falle der sofortigen Beschwerde die Auszahlung vornehmen, ohne die Rechtskraft abzuwarten. Er sollte es aber nicht tun, da die Auszahlung die Erledigung des Rechtsmittels zur Folge hätte. Vielmehr soll er das Gericht auffordern, insoweit eine Anordnung nach § 570 Abs. 2 ZPO (Aufschub der Zahlung) zu erlassen. Der Beschwerdeführer könnte notfalls eine solche Anweisung auch durch das Beschwerdegericht erlangen (§ 570 Abs. 3 ZPO).

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Der Verwalter kann gegen die Entscheidung des Gerichts weder Widerspruch erheben noch sofortige Beschwerde einlegen. 5.

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Muster eines Teilungsplans

Verschiedene Handbücher enthalten entsprechende Muster.20) _____________ 18) Sehr ausführlich hierzu Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3. 19) BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401 = MDR 2009, 769. 20) Zum Beispiel Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 5 Rz. 1129 oder Löhnig/ Blümle, Anhang Formular 25.

§ 157 Ausführung des Teilungsplans (1) Nach der Feststellung des Teilungsplans hat das Gericht die planmäßige Zahlung der Beträge an die Berechtigten anzuordnen; die Anordnung ist zu ergänzen, wenn nachträglich der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird. Die Auszahlungen erfolgen zur Zeit ihrer Fälligkeit durch den Verwalter, soweit die Bestände hinreichen. (2) Im Falle der Hinterlegung eines zugeteilten Betrags für den unbekannten Berechtigten ist nach den Vorschriften der §§ 135 bis 141 zu verfahren. Die Vorschriften des § 142 finden Anwendung. 1112

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Ausführung durch den Zwangsverwalter ........................... III. Änderung des Teilungsplans .............. 1. Gründe für die Änderung .....................

I.

1 2 8 9

2. 3. 4. IV.

Der „relative Rang“ ............................. 11 Verfahren ............................................. 14 Rechtsbehelfe ...................................... 16 Hinterlegung für den unbekannten Berechtigten (Abs. 2) ......................... 18

Allgemeines

Erst nach Feststellung des Teilungsplanes und Anordnung der planmäßigen Ausführung darf der Verwalter Zahlungen an die Berechtigten leisten, welche im Teilungsplan ausgewiesen sind. Er benötigt hierzu keine Einzelanweisung durch das Gericht. Vielmehr hat er selbst zu prüfen, an wen er wann Zahlungen zu leisten hat. Der Teilungsplan muss dies genau ausweisen. Sollte dies nicht der Fall sein, weil der Rechtspfleger nicht sorgfältig gearbeitet hat, sollte der Zwangsverwalter den Plan nicht eigenmächtig auslegen, sondern eine verbindliche Weisung durch das Gericht einfordern, wie z. B. eine Zahlungsanordnung des Vollstreckungsgerichts.

1

II. Ausführung durch den Zwangsverwalter Einer Anweisung eines Empfängers, die Zahlungen nicht an ihn, sondern für ihn an einen Dritten zu leisten, muss der Verwalter nachkommen, wenn sie ihm schriftlich und zweifelsfrei zugeht.1) Wird ihm jedoch angezeigt, dass ein Gläubigerwechsel stattgefunden hat, soll er die Zahlungen zurückhalten und das Gericht verständigen. Dieses wird den Plan durch Beschluss ändern. Zahlungen auf die Zinsen eines Briefrechtes erfolgen ohne Vorlage des Grundpfandbriefes. Dieser hatte im Teilungstermin dem Gericht vorgelegen (siehe § 156 Rz. 14 ff. [Depré]).

2

Der Auszahlungsanspruch ist pfändbar. Hat also einer der Empfänger selbst Verbindlichkeiten, kann sein Gläubiger den Auszahlungsanspruch pfänden. Die Zahlung durch den Verwalter entspricht ihrem Wesen nach der Zahlung durch das Vollstreckungsgericht im Verteilungstermin der Zwangsversteigerung. Es handelt sich also um eine Zahlung aus Schuldnermitteln aufgrund hoheitsrechtlicher Verfügungsbefugnis.

3

Somit kann der Verwalter nicht Drittschuldner sein. Drittschuldner bleibt der Grundstückseigentümer. Der Pfandgläubiger hat unter Vorlage des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Ergänzung der Auszahlungsanordnung beim Gericht der Zwangsverwaltung zu bewirken.

4

Zutreffend und plakativ bezeichnen HWFH 2) die nachfolgende Tätigkeit des Verwalters als Liquiditätsmanagement. Dies bedeutet aber nach hiesiger Auffassung nicht, dass der Verwalter jetzt alle eingehenden Gelder so lange verwahrt, bis die Kasse für die nächste – oft noch in weiter Ferne liegende – Fälligkeit der erstrangigen Forderung gefüllt ist, ohne die bereits fällige zweitrangige Leistung zu erbringen. Auch die ZwVwV fordert dies nicht. Die gegenteilige Interpretation des § 9 Abs. 2 ZwVwV ist aus dem Text nicht herzuleiten. So würde ein sorgfältig wirtschaftender

5

_____________ 1) 2)

OLG Köln, Urt. v. 6.4.1993 – 22 U 252/92, VersR 1994, 113. So aber HWFH, § 9 ZwVwV Rz. 1 und § 11 ZwVwV Rz. 9; Löhnig/Blümle, ZVG, § 157 Rz. 8.

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans

Eigentümer nicht handeln. Vielmehr wird der Verwalter die zweitrangige Forderung bezahlen, wenn er nach Sachlage vernünftigerweise damit rechnen kann, bis zum Fälligkeitstag entsprechende Einnahmen zu haben.3) Angesichts der Wirtschaftslage hat diese Frage aber nur selten praktische Bedeutung. 6

Der Zwangsverwalter wird also zunächst (§ 9 ZwVwV) die erforderlichen Gelder für die Kosten der Verwaltung (§ 155 Abs. 1 ZVG) einschließlich seiner Vergütung zurücklegen und dann zur Auszahlung gemäß Teilungsplan schreiten. Deshalb (und auch zur Sicherung einer späteren Fälligkeit) zurückzulegende Gelder sind verzinslich anzulegen. Insbesondere bei der Zahlung auf Zinsen eines Kreditinstituts muss der Verwalter (am besten vor der ersten Zahlung) dieses darauf hinweisen, dass es an seine – dem Teilungsplan entsprechende – Verrechnungsweise gebunden ist und nicht banküblich auf ältere Zinsen verrechnen darf, und dass dies auch für künftige Zahlungen zu gelten hat.

7

Lehnt die Bank unter Bezugnahme auf ihre Geschäftsbedingungen diese Verrechnung ab, unterbleibt die Zahlung. Der Verwalter verständigt das Gericht. Gelingt es auch diesem nicht, den Empfänger auf die richtige Verrechnung zu verpflichten, erfolgt Hinterlegung. Verwalter und Gericht müssen sich stets daran erinnern, dass die Zahlung des Verwalters Befriedigung aus dem Grundstück ist und zum dinglichen Erlöschen (Grundbuch wird unrichtig) der bezahlten Zinsen führt; dies ist auch in einem gleichzeitig anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren zu berücksichtigen. Es besteht Anlass, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Verpflichtung auch einen Institutsverwalter (§ 150a ZVG) trifft, wobei das Gericht dies mit besonderer Sorgfalt zu überprüfen hat. III. Änderung des Teilungsplans

8

Das ZVG nennt in § 157 ZVG nur den Beitritt eines Gläubigers als Ergänzungsgrund. Tatsächlich sind aber zahlreiche Gründe denkbar, welche Anlass zu einer solchen Änderung geben können. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass bei der Erlösverteilung die materielle Rechtslage (= der richtige Empfangsberechtigte) und nicht nur die formelle Grundbuchlage beachtlich ist. Somit muss das Gericht ihm bekannt gewordene Änderungen schon dann beachten, wenn sie ihm mit genügender Sicherheit dargelegt werden. Im Zweifelsfall kann es die Beteiligten auffordern, Urkunden vorzulegen. 1.

9

Gründe für die Änderung

Als Änderungsgründe kommen neben dem im Gesetz genannten Beitritt eines weiteren Gläubigers insbesondere in Betracht: –

die nachgewiesene Abtretung oder Ablösung eines Grundpfandrechts,



ein durch Vorlage einer umgeschriebenen Vollstreckungsklausel nachgewiesener Gläubigerwechsel,4)

– Die Pfändung oder Überweisung einer in Plan ausgewiesenen Forderung, _____________ 3) 4)

So auch Stöber, ZVG, § 157 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 157 Rz. 12 und Böttcher/Keller, ZVG, § 157 Rz. 5. Die Zustellung der umgeschriebenen Klausel samt der entsprechenden Nachweisurkunden muss gemäß § 750 Abs. 2 ZPO ebenfalls nachgewiesen werden.

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans



die Löschung eines Rechts im Grundbuch,



der Tod des Empfangsberechtigten eines Rechts (Reallast), das auf Lebenszeit bestellt war.

Während in den drei erstgenannten Fällen Anmeldung erforderlich ist (welche durch die Vorlage der genannten Urkunden als erfolgt anzusehen ist), hat das Gericht die beiden letztgenannten Fälle von Amts wegen zu beachten. 2.

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Der „relative Rang“

Da die Anordnung der Zwangsverwaltung nur ein relatives Verfügungsverbot bewirkt, erfolgt keine Grundbuchsperre. Es können also im Rang nach dem Zwangsverwaltungsvermerk weitere Rechte eingetragen werden; sowohl mit Bewilligung des Schuldners (Eigentümers) als auch im Wege der Zwangsvollstreckung. Diese Rechte haben Rang nach dem Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG). Da aber die Befriedigung des Gläubigers zur Aufhebung des Verfahrens führt (§ 161 Abs. 2 ZVG), gibt es begrifflich in der Zwangsverwaltung (anders als in der Zwangsversteigerung) keine Zuteilung in der Rangklasse 6. Ist jedoch ein weiterer Gläubiger dem Verfahren beigetreten, kann das neu eingetragene Recht Rang zwischen der Beschlagnahme aus dem Anordnungsbeschluss und der aus dem Beitrittsbeschluss haben. In diesem Fall hat das Recht einen „relativen Rang“, d. h. es hat gegenüber dem Beitrittsgläubiger die Rangklasse 4 (siehe § 155 Rz. 41 [Depré]).

11

Für das Vollstreckungsgericht hat dies folgende Bedeutung:5)

12



Solange nur ein Gläubiger das Verfahren betreibt, kann das nachrangige Recht keine Zuteilung erhalten und daher erfolgt auch keine Ergänzung des Plans.



Sobald aber eine Ergänzung für einen Beitrittsgläubiger zu erfolgen hat,6) muss der Plan auch um das ihm gegenüber mit Vorrang eingetragene Recht ergänzt werden, da dieses dem zweiten Gläubiger gegenüber der Rangklasse 4 zuzuordnen ist und für den Fall der Befriedigung des ersten Gläubigers Anspruch auf seine laufenden Zinsen hat. Obwohl das Grundbuchamt dem Vollstreckungsgericht die Eintragung gemäß § 19 Abs. 3 ZVG mitteilen wird, ist die Anmeldung erforderlich (§ 114 Abs. 1 ZVG).



Es versteht sich von selbst, dass das „Zwischenrecht“ in den Teilungsplan aufgenommen wird, wenn zum Zeitpunkt der Aufstellung bereits ein nachrangiger Beitrittsgläubiger vorhanden ist, der jetzt ebenfalls im Teilungsplan steht. In diesem Fall – auch wenn der Beitritt aus dem „Zwischenrecht“ selbst erfolgte – ist anzuordnen, dass die laufenden Zinsen dieses Rechtes erst befriedigt werden können, wenn der vorrangige Gläubiger aus dem Verfahren ausgeschieden ist.

Bei der Frage, welche Zinsen das nachträglich eingetragene Recht beanspruchen kann, muss wegen der eindeutigen Bestimmung des § 13 Abs. 4 ZVG für die Berechnung der laufenden Zinsen auf die erste Beschlagnahme (durch den inzwischen ausgeschiedenen Gläubiger) abgestellt werden, was regelmäßig dazu führen wird, dass sämtliche bereits fälligen Zinsen als laufend eingestuft werden müssen und somit dem Bei_____________ 5) 6)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 377. Stöber, ZVG, § 157 Rz. 3.1.

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§ 157

Ausführung des Teilungsplans

trittsgläubiger im Range vorgehen, obwohl das Recht erst durch die zweite Beschlagnahme überhaupt zuteilungsfähig wurde. Vor diesen Zinsen sind die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung in den Plan aufzunehmen (§ 12 ZVG). Eine Zuteilung auf das Kapital ist dagegen ausgeschlossen.7) 3.

Verfahren

14

Das ZVG geht davon aus, dass kein zweiter Verteilungstermin stattfindet. Einmal ist dies grundsätzlich nicht vorgesehen. Außerdem soll im Verteilungstermin der Plan für die ganze Dauer des Verfahrens aufgestellt werden und schließlich geht das Gesetz nicht von einer Planänderung, sondern nur von der Änderung der gerichtlichen Anordnung aus – und diese kann durch Beschluss erfolgen und bedarf keines Termins. Auch § 159 ZVG wäre unverständlich, wenn dauernd neue Verteilungstermine stattfinden würden.

15

Richtig ist also, dass alle Änderungen der Auszahlungsanordnung (samt der als Voraussetzung erforderlichen Planänderung) durch Beschluss erfolgen können. Nach den allgemeinen Verfahrensregeln kann aber das Gericht auch in diesem Fall mündliche Verhandlung anordnen und hierzu die Betroffenen laden. Diese mündliche Verhandlung ist nicht obligatorisch und ist insbesondere auch kein Verteilungstermin. Deshalb findet auch § 156 Abs. 2 Satz 4 ZVG keine Anwendung. Auch wenn der erforderliche Beschluss bei dieser Gelegenheit verkündet wird, muss er wegen § 329 Abs. 3 ZPO den Betroffenen, insbesondere dem Schuldner, zugestellt werden. Dem Verwalter wird er formlos zugeleitet. Ob eine Zuleitung an die nicht betroffenen Beteiligten erforderlich ist, sei dahingestellt; sie dürfte aber sachdienlich sein.8) 4.

Rechtsbehelfe

16

Gegen diesen Beschluss steht den Betroffenen die sofortige Beschwerde zu. Der Rechtspfleger kann abhelfen. Wird um Kosten von nicht mehr als 200 € gestritten (§ 567 Abs. 2 ZPO) ist der Rechtsbehelf die sofortige Erinnerung (Abhilfe möglich) zum Referatsrichter, der endgültig entscheidet. Gleichgültig, ob die Entscheidung der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach dem Rechtspflegergesetz unterliegt, ist ab 1.1.2014 ist eine obligatorische Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich.9)

17

Bei der Frage, welcher Rechtsbehelf geboten ist, muss weiter differenziert werden: 1.

Gegen den Teilungsplan:10) a) wegen materieller Einwände als Rechtsbehelf der Widerspruch, b) wegen formeller Einwände als Rechtsbehelf die sofortige Beschwerde

2.

Gegen die Zahlungsanordnung des Vollstreckungsgerichts (§ 157 Abs. 1 Satz 1 ZVG): Diese ist selbstständig nicht anfechtbar.11)

_____________ 7) 8) 9) 10) 11)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 378. Böttcher/Keller, ZVG, § 157 Rz. 13. Depré/Mayer, 1 Rz. 381. Vgl. § 156 Rz. 24 ff. Vgl. Böttcher/Keller, § 157 Rz. 9.

1116

Depré

§ 158

Kapital von Grundpfandrechten

3.

Bei einer etwaigen Änderung muss unter Umständen neben der Zahlungsanordnung auch der Teilungsplan geändert werden, da für die Änderung nichts anderes gelten kann, als für die ursprüngliche Regelung.

IV. Hinterlegung für den unbekannten Berechtigten (Abs. 2) Falls der Zuteilungsberechtigte unbekannt ist (z. B. der Grundpfandrechtsbrief im Verteilungstermin nicht vorliegt), hat der Zwangsverwalter auszuzahlende Beträge „für den unbekannten Berechtigten des Rechts…“ zu hinterlegen (§ 156 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG). Das Vollstreckungsgericht muss nach § 156 Abs. 2 Satz 4, i. V. m. § 126 Abs. 1 ZVG eine Eventualzuteilung vornehmen für den Fall, dass der Berechtigte nicht ermittelt wird. Wegen der praktischen Schwierigkeiten bei der Feststellung dieses Hilfsberechtigten wird auf die Ausführungen von Stöber12) verwiesen.

18

Der hinterlegte Betrag fällt nach 30 Jahren an den Grundstückseigentümer (§ 157 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 142 ZVG). Wenn dieser seinen Anspruch nicht innerhalb eines Jahres geltend macht, geht das hinterlegte Geld in das Eigentum des betreffenden Landes über (vgl. hierzu die landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze).

19

Die Ermittlung des unbekannten Berechtigten ist nicht Aufgabe des Zwangsverwalters; vielmehr muss das Vollstreckungsgericht einen Ermittlungsvertreter bestellen (§ 157 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 135 ZVG). Bei nachträglicher Ermittlung des Berechtigten wird der Plan ausgeführt (§ 157 Abs. 2 i. V. m. § 137 ZVG). Wenn der Berechtigte nicht innerhalb von drei Monaten ermittelt worden ist, kann sich der Hilfsberechtigte ermächtigen lassen, dass Aufgebotsverfahren zur Ausschließung des Berechtigten zu beantragen (§ 157 Abs. 2 i. V. m. § 138 ZVG). Dieses Aufgebotsverfahren wird auf entsprechenden Antrag durch das Vollstreckungsgericht durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu den §§ 135 bis 142 [Depré] verwiesen.

20

_____________ 12) Stöber, ZVG, § 156 Rz. 5.6 b).

§ 158 Kapital von Grundpfandrechten (1) Zur Leistung von Zahlungen auf das Kapital einer Hypothek oder Grundschuld oder auf die Ablösungssumme einer Rentenschuld hat das Gericht einen Termin zu bestimmen. Die Terminsbestimmung ist von dem Verwalter zu beantragen. (2) Soweit der Berechtigte Befriedigung erlangt hat, ist das Grundbuchamt von dem Gericht um die Löschung des Rechts zu ersuchen. Eine Ausfertigung des Protokolls ist beizufügen; die Vorlegung des über das Recht erteilten Briefes ist zur Löschung nicht erforderlich. (3) Im übrigen finden die Vorschriften der §§ 117, 127 entsprechende Anwendung.

Depré

1117

§ 158

Kapital von Grundpfandrechten

3.

Bei einer etwaigen Änderung muss unter Umständen neben der Zahlungsanordnung auch der Teilungsplan geändert werden, da für die Änderung nichts anderes gelten kann, als für die ursprüngliche Regelung.

IV. Hinterlegung für den unbekannten Berechtigten (Abs. 2) Falls der Zuteilungsberechtigte unbekannt ist (z. B. der Grundpfandrechtsbrief im Verteilungstermin nicht vorliegt), hat der Zwangsverwalter auszuzahlende Beträge „für den unbekannten Berechtigten des Rechts…“ zu hinterlegen (§ 156 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG). Das Vollstreckungsgericht muss nach § 156 Abs. 2 Satz 4, i. V. m. § 126 Abs. 1 ZVG eine Eventualzuteilung vornehmen für den Fall, dass der Berechtigte nicht ermittelt wird. Wegen der praktischen Schwierigkeiten bei der Feststellung dieses Hilfsberechtigten wird auf die Ausführungen von Stöber12) verwiesen.

18

Der hinterlegte Betrag fällt nach 30 Jahren an den Grundstückseigentümer (§ 157 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 142 ZVG). Wenn dieser seinen Anspruch nicht innerhalb eines Jahres geltend macht, geht das hinterlegte Geld in das Eigentum des betreffenden Landes über (vgl. hierzu die landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze).

19

Die Ermittlung des unbekannten Berechtigten ist nicht Aufgabe des Zwangsverwalters; vielmehr muss das Vollstreckungsgericht einen Ermittlungsvertreter bestellen (§ 157 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 135 ZVG). Bei nachträglicher Ermittlung des Berechtigten wird der Plan ausgeführt (§ 157 Abs. 2 i. V. m. § 137 ZVG). Wenn der Berechtigte nicht innerhalb von drei Monaten ermittelt worden ist, kann sich der Hilfsberechtigte ermächtigen lassen, dass Aufgebotsverfahren zur Ausschließung des Berechtigten zu beantragen (§ 157 Abs. 2 i. V. m. § 138 ZVG). Dieses Aufgebotsverfahren wird auf entsprechenden Antrag durch das Vollstreckungsgericht durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu den §§ 135 bis 142 [Depré] verwiesen.

20

_____________ 12) Stöber, ZVG, § 156 Rz. 5.6 b).

§ 158 Kapital von Grundpfandrechten (1) Zur Leistung von Zahlungen auf das Kapital einer Hypothek oder Grundschuld oder auf die Ablösungssumme einer Rentenschuld hat das Gericht einen Termin zu bestimmen. Die Terminsbestimmung ist von dem Verwalter zu beantragen. (2) Soweit der Berechtigte Befriedigung erlangt hat, ist das Grundbuchamt von dem Gericht um die Löschung des Rechts zu ersuchen. Eine Ausfertigung des Protokolls ist beizufügen; die Vorlegung des über das Recht erteilten Briefes ist zur Löschung nicht erforderlich. (3) Im übrigen finden die Vorschriften der §§ 117, 127 entsprechende Anwendung.

Depré

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§ 158

Kapital von Grundpfandrechten Übersicht

I. Allgemeines .......................................... 1 II. Zahlung auf das Kapital eines Grundpfandrechts ............................... 3

I.

III. Verfahren im Termin .......................... 4 IV. Grundbuchersuchen (Abs. 2) ............. 7

Allgemeines

1

Gläubiger von Grundpfandrechten erhalten in Rangklasse 4 nur die laufenden wiederkehrenden Leistungen (§ 155 Abs. 2). Die Ansprüche auf das Kapital bzw. auf die Ablösesumme können nur in Rangklasse 5 berücksichtigt werden und dies auch nur, wenn hieraus die Zwangsverwaltung betrieben wird. Da eine Zahlung auf das Kapital nach § 1181 Abs. 1 BGB das Erlöschen der Hypothek bzw. der Grundschuld (§ 1192 Abs. 1 BGB) zur Folge hat und damit das Grundbuch unrichtig wird, sieht § 158 ZVG vor, dass zur Zahlung auf das Kapital ein besonderer Termin zu bestimmen ist (Abs. 1 Satz 1). Für Gläubiger, die die Zwangsverwaltung wegen eines persönlichen Anspruchs betreiben, gilt diese Besonderheit nicht.

2

Die Absätze 2 und 3 befassen sich mit der anschließenden Grundbuchberichtigung, die aufgrund des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts vorzunehmen ist. II. Zahlung auf das Kapital eines Grundpfandrechts

3

Hat der Verwalter genügend Einnahmen (was nur selten vorkommen wird), um Zahlung auf das Kapital einer in Rangklasse 5 stehenden persönlichen Forderung zu leisten, kann er dies ohne Weiteres tun. Einer besonderen Anweisung durch das Gericht bedarf es nicht.1) Steht jedoch das Kapital eines Grundpfandrechts in der Rangklasse 5 (was nur über einen Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss möglich wäre), darf der Verwalter hierauf von sich aus keine Zahlung leisten (§ 11 Abs. 3 ZwVwV). Vielmehr muss er dem Gericht anzeigen, welchen Betrag er auf welches Grundpfandrecht leisten will. Das Gericht bestimmt sodann einen Termin (§ 158 Abs. 1 ZVG). Diese Formalität dient der Rechtsklarheit. Die Zahlung des Zwangsverwalters auf das Kapital eines Grundpfandrechtes bewirkt Befriedigung aus dem Grundstück und hat somit die Folge, dass das Grundpfandrecht nach §§ 1181 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB erlischt.2) Das Grundbuch wird also unrichtig. Es entsteht weder eine Eigentümergrundschuld (bei einer Hypothek) noch ein Rückgewähranspruch (bei einer Grundschuld). Ein eventuell vorhandener Löschungsanspruch eines nachstehenden Rechtes ist erfüllt. III. Verfahren im Termin

4

Zum Termin werden der Verwalter, der Schuldner und der Gläubiger geladen. Nicht die Aussage des Verwalters, dass er zahlen kann und will, sondern nur die Zahlung selbst (also die reale Übergabe eines Zahlungsmittels) führt zum Erlöschen des bezahlten Grundpfandrechtes bzw. des letztrangigen Teilbetrages dieses Rechtes. Somit ist eigentlich vorgesehen, dass die Übergabe von Bargeld im Termin durch den Verwalter an den Gläubiger erfolgen muss. Will man dies als den heutigen Zahlungsmodalitäten nicht mehr entsprechend vermeiden, muss der Verwalter einen _____________ 1) 2)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 367. So richtig HWFH, § 11 ZwVwV Rz. 11.

1118

Depré

§ 158

Kapital von Grundpfandrechten

Scheck übergeben und der Gläubiger muss ihn als Erfüllung annehmen. Nur dann kann das Gericht in seinem Protokoll feststellen, dass die Zahlung erfolgt ist und nur mit einer solchen Feststellung kann es aufgrund des Protokolls auf Berichtigung des Grundbuchs ersuchen. Eine Überweisung des Betrages vom Verwalter an den Gläubiger ist nach der hier vertretenen Ansicht nicht möglich.3) Schließlich muss eine Ausfertigung des Protokolls dem Grundbuchersuchen beigefügt werden (§ 158 Abs. 2 Satz 2 ZVG), was nur den Sinn haben kann, dem Grundbuchamt eine öffentliche Urkunde zu überlassen, durch welche das tatsächlich erfolgte Erlöschen (Realakt) nachgewiesen wird.4) Ist der Gläubiger unbekannt, insbesondere weil der Grundpfandbrief nicht vorgelegt wird, oder ist er nicht erschienen, überweist der Verwalter an das Gericht der Zwangsverwaltung. Man wird dies – ähnlich wie eine berechtigte Hinterlegung (§ 157 ZVG) – als Erfüllungssurrogat ansehen müssen, so dass im Anschluss an diese unbare Zahlung die Grundbuchberichtigung erfolgen kann. Das Gericht ordnet dann die Hinterlegung des Betrages für den nicht bekannten Empfangsberechtigten an (§ 158 Abs. 3 i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG).

5

Im Übrigen gehört dieses Verfahren in der Praxis zu den extremen Seltenheiten und kommt selbst bei großen Amtsgerichten über Jahrzehnte nicht vor.

6

IV. Grundbuchersuchen (Abs. 2) Die Zahlung auf das Kapital bringt in Höhe dieser Zahlung das Grundpfandrecht zum Erlöschen (§ 1181 Abs. 1 BGB). Das Grundbuch wird in Ansehung des betreffenden Rechts damit unrichtig. Deshalb sieht Absatz 2 vor, dass das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um entsprechende Grundbuchberichtigung ersucht. Nach Absatz 2 Satz 2 ist dem Ersuchen eine Ausfertigung des Protokolls beizufügen. Zu Recht verweist Engels5) darauf, dass diese Vorlage überflüssig ist; denn nach dem Grundbuchrecht ersetzt ein Ersuchen (§ 38 GBO) nicht nur den Antrag, sondern auch die Bewilligungen bzw. den Unrichtigkeitsnachweis, der wiederum eine Bewilligung ersetzt.

7

Nach ausdrücklicher Regelung in Absatz 2 Satz 2 Halbs. 2 ist die Vorlegung des entsprechenden Briefes nicht erforderlich. Wurde der Brief jedoch vorgelegt, dann ist das teilweise Erlöschen hierauf zu vermerken. Bei völligem Erlöschen ist der Brief unbrauchbar zu machen (§ 158 Abs. 3 i. V. m. § 127 ZVG).

8

_____________ 3)

4) 5)

So aber HWFH, § 158 ZVG Rz. 3; Stöber, ZVG, § 158 Rz. 2.5a fordert wegen §§ 158 Abs. 3, 117 Abs. 1 Satz 2 ZVG die unbare Leistung an das Gericht, das den Betrag an den Gläubiger auskehrt. So auch Stöber, ZVG, § 158 Rz. 2.5b. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 158 Rz. 10.

Depré

1119

§ 158a

Fremdwährungsgrundpfandrecht und Zwangsverwaltung

§ 158a Fremdwährungsgrundpfandrecht und Zwangsverwaltung Cranshaw

Für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks, das mit einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld in einer nach § 28 Satz 2 der Grundbuchordnung zugelassenen Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Beträge, die auf ein in der Fremdwährung eingetragenes Recht entfallen, sind im Teilungsplan in der eingetragenen Währung festzustellen.

2.

Die Auszahlung erfolgt in Euro.

3.

Der Verwalter zahlt wiederkehrende Leistungen nach dem Kurswert des Fälligkeitstages aus. Zahlungen auf das Kapital setzt das Gericht in dem zur Leistung bestimmten Termin nach dem amtlich ermittelten letzten Kurswert fest. Übersicht

I. Normzweck ........................................... 1 II. Systematik der Behandlung des Fremdwährungsrechts im Zwangsverwaltungsverfahren ............ 2

I. 1

1. 2. 3.

Allgemeines ........................................... 2 § 158a Nr. 1 und 2 ZVG ....................... 4 § 158a Nr. 3 ZVG .................................. 5

Normzweck

§ 158a ZVG ist für das Zwangsverwaltungsverfahren wie § 145a ZVG für die Zwangsversteigerung eine Norm, die den nach § 28 Satz 2 GBO bestehenden Möglichkeiten Rechnung trägt, ein Grundpfandrecht in einer anderen Währung als Euro einzutragen. Diese Option besteht für die Beteiligten für die Währungen der EU-Staaten, den Schweizer Franken und den US-$. Für Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 145a ZVG in diesem Kommentar verwiesen. Das Grundpfandrecht in fremder Währung muss für die Zwecke der Wertfeststellung handhabbar gemacht werden, um die gleichberechtigte Teilhabe der Gläubiger an den Vollstreckungsergebnissen zu gewährleisten. II. Systematik der Behandlung des Fremdwährungsrechts im Zwangsverwaltungsverfahren 1.

Allgemeines

2

§ 158a ZVG wählt für die Herbeiführung der gleichberechtigten Teilhabe aller Grundpfandgläubiger am Verfahren einen anderen Weg als § 145a ZVG für das Versteigerungsverfahren. Dort wird der Kurswert der Fremdwährung im Termin unmittelbar vor der Abgabe von Geboten nach dem letzten amtlichen Kurs ermittelt und dieser Betrag für das gesamte Verfahren konserviert, so dass u. a. die Erlösverteilung unabhängig von der Wertentwicklung der Fremdwährung wird.

3

Abweichend hiervon bleiben in der Zwangsverwaltung die Folgen von Wechselkursänderungen der Währung des eingetragenen Rechts fortbestehend. Wechselkursschwankungen zwischen Euro und Fremdwährung setzen sich daher innerhalb des Verfahrens auf allen Ebenen fort, ein kaum steuerbares operationelles Risiko für die Beteiligten.

1120

Cranshaw

§ 159

Klage auf Änderung des Teilungsplans

2.

§ 158a Nr. 1 und 2 ZVG

Im Teilungsplan wird nach § 158a Nr. 1 ZVG der Betrag, der auf das Fremdwährungsrecht entfällt, in der Währung dieses Rechts festgestellt. Die Auszahlung erfolgt freilich in Euro, § 158a Nr. 2 ZVG. Dadurch entsteht der Natur der Sache nach ein Dilemma, welches § 158a ZVG nicht überzeugend löst: Im Teilungsplan muss nämlich der in Euro bestehende Zwangsversteigerungserlös in die Fremdwährung umgerechnet werden, wobei das Gesetz keine Regelung enthält, nach welchem Kurswert dies geschehen soll. 3.

4

§ 158a Nr. 3 ZVG

Für die vom Zwangsverwalter vorzunehmende Auszahlung allerdings enthält in § 158a Nr. 3 ZVG differenzierte Lösungen in Abhängigkeit davon, ob auf wiederkehrende Leistungen oder auf das Kapital des Grundpfandrechts bezahlt wird.

5

§ 158a Nr. 3 Satz 1 ZVG legt fest, dass die Auszahlung auf wiederkehrende Leistungen nach dem Kurswert des Fälligkeitstages erfolgt. Es kommt also nicht darauf an, ob zu jenem Tag tatsächlich bezahlt wird. Nachteilige Kurswertänderungen zulasten des betroffenen Grundpfandgläubigers kann er gegen den Zwangsverwalter als Verzugsschaden verfolgen. Die Bestimmung weicht von § 244 Abs. 2 BGB ab, wonach für die Umrechnung in Euro der Kurswert zum Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung maßgeblich ist.1) Schäden des Gläubigers in diesem Zusammenhang müssten nach §§ 280, 286 BGB als Verzugsschaden ausgeglichen werden.2)

6

Zahlungen auf das Kapital des Grundpfandrechts (vgl. § 158 ZVG)3) setzt das Gericht „in dem zur Leistung bestimmten Termin“ auf den zu jenem Zeitpunkt bestehenden Kurswert fest, § 158a Nr. 3 Satz 2 ZVG.

7

Der Grund der Differenzierung in Nr. 3 ist ebenso wenig überzeugend wie die systematische Abweichung von § 145a ZVG.

8

_____________ 1)

2) 3)

BGH, Urt. v. 7.4.1992 – IX ZR 119/90, juris Rz. 10 = WM 1993, 2011 ff.; siehe zu weiteren materiellrechtlichen Aspekten auch Prütting/Wegen/Weinreich-Schmidt-Kessel, BGB, § 245 BGB Rz. 14 m. w. N. Palandt/Grüneberg, BGB, § 245 Rz. 20. Dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 158a ZVG Rz. 3.

§ 159 Klage auf Änderung des Teilungsplans Cranshaw/Depré

(1) Jeder Beteiligte kann eine Änderung des Teilungsplans im Wege der Klage erwirken, auch wenn er Widerspruch gegen den Plan nicht erhoben hat. (2) Eine planmäßig geleistete Zahlung kann auf Grund einer späteren Änderung des Planes nicht zurückgefordert werden. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Klageverfahren ..................................... 4

III. Auswirkungen des Urteils auf das Zwangsverwaltungsverfahren ............ 6

Cranshaw/Depré

1121

§ 159

Klage auf Änderung des Teilungsplans

2.

§ 158a Nr. 1 und 2 ZVG

Im Teilungsplan wird nach § 158a Nr. 1 ZVG der Betrag, der auf das Fremdwährungsrecht entfällt, in der Währung dieses Rechts festgestellt. Die Auszahlung erfolgt freilich in Euro, § 158a Nr. 2 ZVG. Dadurch entsteht der Natur der Sache nach ein Dilemma, welches § 158a ZVG nicht überzeugend löst: Im Teilungsplan muss nämlich der in Euro bestehende Zwangsversteigerungserlös in die Fremdwährung umgerechnet werden, wobei das Gesetz keine Regelung enthält, nach welchem Kurswert dies geschehen soll. 3.

4

§ 158a Nr. 3 ZVG

Für die vom Zwangsverwalter vorzunehmende Auszahlung allerdings enthält in § 158a Nr. 3 ZVG differenzierte Lösungen in Abhängigkeit davon, ob auf wiederkehrende Leistungen oder auf das Kapital des Grundpfandrechts bezahlt wird.

5

§ 158a Nr. 3 Satz 1 ZVG legt fest, dass die Auszahlung auf wiederkehrende Leistungen nach dem Kurswert des Fälligkeitstages erfolgt. Es kommt also nicht darauf an, ob zu jenem Tag tatsächlich bezahlt wird. Nachteilige Kurswertänderungen zulasten des betroffenen Grundpfandgläubigers kann er gegen den Zwangsverwalter als Verzugsschaden verfolgen. Die Bestimmung weicht von § 244 Abs. 2 BGB ab, wonach für die Umrechnung in Euro der Kurswert zum Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung maßgeblich ist.1) Schäden des Gläubigers in diesem Zusammenhang müssten nach §§ 280, 286 BGB als Verzugsschaden ausgeglichen werden.2)

6

Zahlungen auf das Kapital des Grundpfandrechts (vgl. § 158 ZVG)3) setzt das Gericht „in dem zur Leistung bestimmten Termin“ auf den zu jenem Zeitpunkt bestehenden Kurswert fest, § 158a Nr. 3 Satz 2 ZVG.

7

Der Grund der Differenzierung in Nr. 3 ist ebenso wenig überzeugend wie die systematische Abweichung von § 145a ZVG.

8

_____________ 1)

2) 3)

BGH, Urt. v. 7.4.1992 – IX ZR 119/90, juris Rz. 10 = WM 1993, 2011 ff.; siehe zu weiteren materiellrechtlichen Aspekten auch Prütting/Wegen/Weinreich-Schmidt-Kessel, BGB, § 245 BGB Rz. 14 m. w. N. Palandt/Grüneberg, BGB, § 245 Rz. 20. Dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 158a ZVG Rz. 3.

§ 159 Klage auf Änderung des Teilungsplans Cranshaw/Depré

(1) Jeder Beteiligte kann eine Änderung des Teilungsplans im Wege der Klage erwirken, auch wenn er Widerspruch gegen den Plan nicht erhoben hat. (2) Eine planmäßig geleistete Zahlung kann auf Grund einer späteren Änderung des Planes nicht zurückgefordert werden. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Klageverfahren ..................................... 4

III. Auswirkungen des Urteils auf das Zwangsverwaltungsverfahren ............ 6

Cranshaw/Depré

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§ 159 I. 1

Klage auf Änderung des Teilungsplans

Allgemeines

In § 159 ZVG ist vorgesehen, dass jeder Beteiligte, auch wenn er keinen Widerspruch im Verteilungstermin eingelegt hat, eine Änderung des Planes im Wege der Klage erwirken kann. Erstaunlicherweise wird diese Vorschrift als „unerklärlich“1) oder „eigenartig“2) bezeichnet. Dabei handelt es sich um die logische und konsequente Umsetzung der Vorstellung des Gesetzgebers, dass –

materielle Einwendungen nur durch Widerspruch und anschließende Klage verfolgbar sind,



Widersprüche aber spätestens im Verteilungstermin erhoben werden müssen,



auch das Zwangsverwaltungsverfahren grundsätzlich nur einen Verteilungstermin kennt,



aber mit Rücksicht auf die unbegrenzt lange Verfahrensdauer auch noch nach dem Verteilungstermin materielle Einwendungen möglich bleiben müssen.

2

Da im Verfahren über die Planergänzung somit kein Widerspruch mit der Wirkung des § 115 ZVG möglich ist und da eine materielle Unrichtigkeit nachträglich auch verfolgbar bleiben muss, wurde dies konsequent in § 159 ZVG geregelt.3)

3

Die Möglichkeit einer Planänderung ohne Klage ist immer vorhanden (§ 157 Abs. 1 Satz 1 ZVG), nur führt sie eben nicht immer zum Ziel.4) Wer durch Planänderung seinen Anspruch verfolgen kann, hat kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage.5) Depré

II. Klageverfahren 4

Der Kläger muss im Klageantrag genau angeben, welche Änderung er begehrt; d. h. also, wie der Teilungsplan nach seiner Ansicht lauten müsste. Das Urteil muss den Planinhalt konkret festlegen.6) Auszahlungen, die bis dahin planmäßig geleistet wurden, bleiben unberührt (§ 159 Abs. 2 ZVG).7)

5

Das Prozessgericht kann jedoch anordnen, dass bis zu seiner Entscheidung die streitigen Beträge nicht zur Auszahlung gelangen. III. Auswirkungen des Urteils auf das Zwangsverwaltungsverfahren

6

Das Urteil (mit Rechtskraftvermerk versehen), welches den Teilungsplan ändert, muss der Kläger dem Vollstreckungsgericht vorlegen. Dieses braucht zwar seinen Teilungsplan nicht mehr zu ändern, da dieser bereits durch das Gestaltungsurteil geändert worden ist; jedoch muss das Gericht seine Zahlungsanordnung nach § 157 Abs. 1 ZVG dem geänderten Plan „anpassen“.

7

Die Änderung wirkt nur für die Zukunft; eine aufgrund des bisherigen Planes erfolgte Zahlung kann deshalb nicht zurückgefordert werden (Abs. 2). Unberührt bleibt das Recht, ein besseres Recht nach § 878 Abs. 2 ZPO durch Klage geltend zu machen. _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

HWFH, § 159 ZVG Rz. 2. Eickmann, § 41 II. 2e. Depré/Mayer, § 1 Rz. 382. BGH, Beschl. v. 1.2.2007 – V ZB 80/06, Rpfleger 2007, 336 = MDR 2007, 796. Zutreffend Eickmann, § 41 II. 2e; HWFH, § 159 ZVG Rz. 2. Eickmann, § 41 II. 2e. Depré/Mayer, § 1 Rz. 384.

1122

Depré

§ 161

Aufhebung des Verfahrens

§ 160 Außergerichtliche Verteilung Die Vorschriften der §§ 143 bis 145 über die außergerichtliche Verteilung finden entsprechende Anwendung. Die Vorschrift hat keine praktische Bedeutung1) und sollte vom Gesetzgeber ersatzlos aufgehoben werden.2)

1

Da es keinen Ersteher i. S. d. § 144 ZVG gibt verbleibt für diese Vorschrift im Zwangsverwaltungsrecht kein Anwendungsbereich.

2

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 160 Rz. 1.2; HWFH, § 160 ZVG Rz. 2; Böttcher/Keller, ZVG, § 160 Rz. 1. Böttcher/Keller, ZVG, § 160 Rz. 1 = Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 160 Rz. 1.

§ 161 Aufhebung des Verfahrens (1) Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluß des Gerichts. (2) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist. (3) Das Gericht kann die Aufhebung anordnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens besondere Aufwendungen erfordert und der Gläubiger den nötigen Geldbetrag nicht vorschießt. (4) Im übrigen finden auf die Aufhebung des Verfahrens die Vorschriften der §§ 28, 29, 32, 34 entsprechende Anwendung. Literatur: Schmidberger, Gerhard, Der Vorschuss in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2007, 746; Schmidberger, Gerhard/Traub, Roland, Das Ende der Zwangsverwaltung, ZfIR 2012, 805; Hintzen, Udo, Beschlagnahmewirkung nach Antragsrücknahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 68; Schmidberger, Gerhard Zwangsverwaltung und Zuschlag, Rpfleger 2007, 241; Eickmann, Dieter, Temporäre Beschlagnahme- und Verfahrenswirkungen in der Zwangsvollstreckung, ZfIR 2003, 1021; Ganter, Hans Gerhard, Die “ewige Beschlagnahme” in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2011, 229; Mayer, Günter, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens .................................... 2 1. Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 ZVG) .............................. 2 2. Aufhebung mangels Vorschusszahlung (§ 161 Abs. 3 ZVG) ................ 4 3. Antragsrücknahme durch den Gläubiger (§§ 161 Abs. 4, 29 ZVG) ..... 8 4. Andere Aufhebungsgründe ................ 12

III. 1. 2. 3. IV. 1. 2. 3. 4.

Depré

Die Abwicklung ................................. 13 Vorschüsse/Überschuss ...................... 17 Ermächtigung (§ 12 ZwVwV) ............ 19 Mehrere Gläubiger .............................. 21 Verfahrensende nach Zuschlag ........ 24 Tätigkeit des Gerichts ......................... 26 Situation des Erstehers ........................ 28 Stellung des Zwangsverwalters ........... 30 Verhältnis Verwalter/Ersteher ........... 36

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

§ 160 Außergerichtliche Verteilung Die Vorschriften der §§ 143 bis 145 über die außergerichtliche Verteilung finden entsprechende Anwendung. Die Vorschrift hat keine praktische Bedeutung1) und sollte vom Gesetzgeber ersatzlos aufgehoben werden.2)

1

Da es keinen Ersteher i. S. d. § 144 ZVG gibt verbleibt für diese Vorschrift im Zwangsverwaltungsrecht kein Anwendungsbereich.

2

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 160 Rz. 1.2; HWFH, § 160 ZVG Rz. 2; Böttcher/Keller, ZVG, § 160 Rz. 1. Böttcher/Keller, ZVG, § 160 Rz. 1 = Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 160 Rz. 1.

§ 161 Aufhebung des Verfahrens (1) Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluß des Gerichts. (2) Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist. (3) Das Gericht kann die Aufhebung anordnen, wenn die Fortsetzung des Verfahrens besondere Aufwendungen erfordert und der Gläubiger den nötigen Geldbetrag nicht vorschießt. (4) Im übrigen finden auf die Aufhebung des Verfahrens die Vorschriften der §§ 28, 29, 32, 34 entsprechende Anwendung. Literatur: Schmidberger, Gerhard, Der Vorschuss in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2007, 746; Schmidberger, Gerhard/Traub, Roland, Das Ende der Zwangsverwaltung, ZfIR 2012, 805; Hintzen, Udo, Beschlagnahmewirkung nach Antragsrücknahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 68; Schmidberger, Gerhard Zwangsverwaltung und Zuschlag, Rpfleger 2007, 241; Eickmann, Dieter, Temporäre Beschlagnahme- und Verfahrenswirkungen in der Zwangsvollstreckung, ZfIR 2003, 1021; Ganter, Hans Gerhard, Die “ewige Beschlagnahme” in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2011, 229; Mayer, Günter, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens .................................... 2 1. Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 ZVG) .............................. 2 2. Aufhebung mangels Vorschusszahlung (§ 161 Abs. 3 ZVG) ................ 4 3. Antragsrücknahme durch den Gläubiger (§§ 161 Abs. 4, 29 ZVG) ..... 8 4. Andere Aufhebungsgründe ................ 12

III. 1. 2. 3. IV. 1. 2. 3. 4.

Depré

Die Abwicklung ................................. 13 Vorschüsse/Überschuss ...................... 17 Ermächtigung (§ 12 ZwVwV) ............ 19 Mehrere Gläubiger .............................. 21 Verfahrensende nach Zuschlag ........ 24 Tätigkeit des Gerichts ......................... 26 Situation des Erstehers ........................ 28 Stellung des Zwangsverwalters ........... 30 Verhältnis Verwalter/Ersteher ........... 36

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§ 161 I. 1

Aufhebung des Verfahrens

Allgemeines

§ 161 ZVG trifft Regelungen zur Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens. Es handelt sich um keine abschließende und umfassende Darstellung der Aufhebungsgründe. II. Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens 1.

Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 ZVG)

2

Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt wurde (§ 161 Abs. 2 ZVG). Diese Vorschrift geht von der Befriedigung im Zwangsverwaltungsverfahren, also durch Zahlung seitens des Verwalters, aus. Der Verwalter hat die Befriedigung unverzüglich dem Gericht anzuzeigen (§ 12 Abs. 4 ZwVwV). Das Gericht wird dann den Gläubiger hören und die Aufhebung beschließen. Der Beschluss ist konstitutiv. Falls der Gläubiger bei der Anhörung die erfolgte Befriedigung nicht ausdrücklich und uneingeschränkt anerkennt, soll angeordnet werden, dass die Wirkungen erst mit der Rechtskraft eintreten. Dem Gläubiger steht die sofortige Beschwerde gegen die Aufhebungsentscheidung zu. Der Zwangsverwaltungsvermerk wird erst nach Rechtskraft gelöscht. Wird das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben, wird das Verfahren nur für den befriedigten Gläubiger aufgehoben und für die anderen weitergeführt.

3

§ 161 Abs. 2 ZVG ist nicht anzuwenden, wenn Verwalter oder Gericht erfahren, dass der Gläubiger wegen seiner Forderung außerhalb des Verfahrens befriedigt wurde. § 12 Abs. 4 Satz 2 ZwVwV verpflichtet den Verwalter, dem Gericht unverzüglich Mitteilung zu machen, wenn ihm der Gläubiger seine Befriedigung erklärt. Dies führt aber nicht zur Aufhebung nach § 161 Abs. 2 ZVG. Vielmehr muss der Gläubiger gegenüber dem Gericht den Antrag zurücknehmen. Erfährt der Verwalter auf andere Weise von der Befriedigung des Gläubigers, wird er dies ebenfalls dem Gericht mitteilen. Nimmt der Gläubiger trotz erfolgter Befriedigung den Antrag nicht zurück, bleibt dem Schuldner nur Klage nach § 767 ZPO. Wird dies dem Gericht glaubhaft gemacht, kann eine einstweilige Einstellung (§ 769 Abs. 2 ZPO) dergestalt erfolgen, dass eine alsbald vorzunehmende Zahlung an diesen Gläubiger zurückzustellen ist.1) 2.

4

Aufhebung mangels Vorschusszahlung (§ 161 Abs. 3 ZVG)

Sind nicht sofort Einnahmen zu erwarten oder ist abzusehen, dass diese die Aufwendungen (siehe § 155 Rz. 7 [Depré]) nicht decken, hat das Gericht den Gläubiger aufzufordern, einen angemessenen Vorschuss, dessen Höhe das Gericht nach Anhörung des Verwalters bestimmt, zu leisten. Dabei soll es dem Gläubiger eine Frist für die Einzahlung setzen. Die Anordnung der Zwangsverwaltung darf nicht bereits von der Voreinzahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden,2) da erst der Zwangsverwalter aufgrund seines Zugriffs auf das Objekt erkennen kann, ob ein Vorschuss benötigt wird und ggf. in welcher Höhe. Wird der Vorschuss nicht fristgemäß geleistet, kann das Gericht die Aufhebung des Verfahrens (§ 161 Abs. 3 _____________ 1) 2)

Zur Befriedigung im Zwangsversteigerungsverfahren Depré/Mayer, § 3 Rz. 958. Löhnig/Blümle, ZVG, § 161 Rz. 11, unter Bezugnahme auf Schmidberger, ZfIR 2007, 748.

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

ZVG) beschließen. Die Entscheidung erfolgt zwar nach pflichtgemäßem Ermessen, wird aber so gut wie immer auf Aufhebung lauten müssen. Die Frist ist keine Ausschlussfrist. Zahlung nach Ablauf, aber vor Erlass des Beschlusses verhindert die Aufhebung. Betreiben mehrere Gläubiger das Verfahren, kann das Gericht alle, einige oder nur einen zur Vorschusszahlung auffordern. Es entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen und wird jenen zuerst belasten, der das größte Interesse an der Durchführung des Verfahrens hat. Selbstverständlich kann die Aufhebung nur gegenüber dem Gläubiger erfolgen, der zur Vorschusszahlung aufgefordert wurde. Betreiben mehrere Gläubiger das Verfahren, die bereits Vorschüsse geleistet haben oder bisher hierzu noch nicht aufgefordert wurden, wird das Verfahren für diese weitergeführt.3)

5

Der Aufhebungsbeschluss ist konstitutiv. Es soll daher angeordnet werden, dass er erst mit Rechtskraft wirksam wird. Erst dann kann der Verwalter aufgefordert werden, die Verwaltung zu beenden. Der Zwangsverwaltungsvermerk darf erst nach Rechtskraft gelöscht werden. Der Beschluss unterliegt der sofortigen Beschwerde seitens des Gläubigers, dessen Verfahren aufgehoben wurde. Nachdem der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde abhelfen darf, muss der Beschluss über die Aufhebung wieder rückgängig gemacht (aufgehoben) werden, wenn der Gläubiger sofortige Beschwerde einlegt und innerhalb der Beschwerdefrist zahlt. Der Schuldner hat kein Beschwerderecht gegen die Anordnung der Vorschusszahlung gegenüber dem Gläubiger.4)

6

Die entstandenen Gerichtskosten stellt der Kostenbeamte gegen den Gläubiger zu Soll. Hat der Verwalter keine Mittel eingenommen, aus welchen er seine Vergütung, seine Auslagen und evtl. unbedingt zu leistende Aufwendungen (§ 9 Abs. 3 ZwVwV) bestreiten konnte, hat er einen Anspruch gegen den Gläubiger,5) welcher im Prozessweg geltend zu machen ist. Die vom Gericht getroffene Festsetzung der Vergütung und der Auslagen ist für das Prozessgericht bindend.6)

7

3.

Antragsrücknahme durch den Gläubiger (§§ 161 Abs. 4, 29 ZVG)

Der BGH7) hat nunmehr den bisherigen Streit dahingehend entschieden, dass die Beendigung der Beschlagnahme nach Antragsrücknahme durch den Gläubiger eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichts mit konstitutiver Wirkung (§§ 161 Abs. 4, 29, 32 ZVG) bedarf. Umstritten ist, wann die Aufhebung wirksam wird. Ursprünglich wurde angenommen, der Beschluss des BGH sei dahingehend zu verstehen, dass diese Wirkung erst mit der Zustellung eintritt. Inzwischen wird überwiegend und richtig angenommen,8) dass die Beschlagnahme mit dem Erlass des Aufhebungsbeschlusses endet. Somit kommt es weder auf die (wegen § 32 ZVG) notwendige Zustellung an den Schuldner noch auf die Rechtskraft des Beschlusses an. _____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Depré/Mayer, § 1 Rz. 404; Böttcher/Keller, ZVG, § 161 Rz. 11. LG Heilbronn, Rpfleger 2002, 336. BGH, Urt. V. 17.6.2004 – IX ZR 218/03, Rpfleger 2004, 579 = MDR 2004, 1443. Stöber, ZVG, § 153 Rz. 6.6. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, Rpfleger 2008, 586 = MDR 2008, 1182 = ZfIR 2008, 876. Dazu Schmidberger/Traub, ZfIR 2012, 805, 812.

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

9

Die Aufhebung ist unverzüglich nach Eingang der Antragsrücknahme zu beschließen. Der Beschluss ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar, für welche allerdings meist das Rechtsschutzbedürfnis fehlen wird. Deshalb wird das Gericht von der Möglichkeit, den Beschluss erst mit Rechtskraft wirksam werden zu lassen, nur ausnahmsweise Gebrauch machen;9) z. B. wenn die Erklärung des Gläubigers auslegungsfähig und der Gläubiger für eine Rückfrage nicht sofort zu erreichen ist. Das Gericht verständigt sofort den Zwangsverwalter von der Aufhebung. Dieser darf die Abwicklung erst beginnen, wenn er vom Gericht benachrichtigt wurde.

10

Der Aufhebungsbeschluss wirkt nur bezüglich des Gläubigers, welcher den Antrag zurückgenommen hat. Sind mehrere Gläubiger vorhanden, wird für diese das Verfahren weitergeführt. Der Aufhebungsbeschluss sollte diese Rechtsfolge unmissverständlich klarstellen. Nimmt nur einer von mehreren Gläubigern den Antrag zurück, erfolgt keine Gesamtabwicklung. Das Gericht hebt gegenüber diesem Gläubiger das Verfahren auf und „ergänzt“ (= berichtigt) die Auszahlungsanordnung zum Teilungsplan, indem es diesen Gläubiger als Zahlungsempfänger streicht, soweit die Zuteilung auf dem Anordnungsbeschluss beruhte. Eine hiervon unabhängige Zinszuteilung wird nicht aufgehoben. Es ist zweckmäßig, diese Anordnung zusammen mit dem Aufhebungsbeschluss zu erlassen und zuzustellen.

11

Der Gläubiger kann in seiner Rücknahme-Erklärung bestimmte (beschlagnahmte) Gegenstände bezeichnen, bezüglich derer die Zwangsverwaltung weitergeführt werden soll (Teilrücknahme).10) Dies kann z. B. eines von mehreren Grundstücken sein oder aber auch rückständige Miete, die noch einzuziehen ist. In diesem Fall muss das Gericht den Aufhebungsbeschluss entsprechend dem Gläubiger-Antrag beschränken. Auf eine sorgfältige Formulierung ist besonders zu achten, da diese jetzt konstitutiv wirkt. Nunmehr führt der Verwalter bezüglich dieser nicht von der Rücknahme betroffenen Gegenstände die Verwaltung weiter. Erlöse hieraus unterstehen der Verteilung nach § 155 ZVG. Bestehen Zweifel, ob die Entscheidung genau den Willen des Gläubigers verlautet, kann die Wirkung der Aufhebung an die Rechtskraft geknüpft werden, da dann eine nicht gewünschte Aufhebung korrigiert werden könnte. 4.

12

Andere Aufhebungsgründe

Die Aufzählung in § 161 ZVG ist bei weitem nicht vollständig. Es kommen noch eine Reihe anderer Aufhebungsgründe in Betracht, von denen nur die wichtigsten hier genannt werden: –

Die Vorlage einer vollstreckbaren Entscheidung, nach welcher der Titel (der zur Anordnung der Zwangsverwaltung führte) oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben wurde (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO).



Die Vorlage einer vollstreckbaren Entscheidung, nach welcher die Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Titel für unzulässig erklärt oder eingestellt wurde (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO).

_____________ 9) Depré/Mayer, § 1 Rz. 387; Böttcher/Keller, ZVG, § 161 Rz. 16b hält Anordnung dagegen für sinnvoll. 10) BGH, Urt. v. 8.5.2003 – IX ZR 385/00, Rpfleger 2003, 457 = MDR 2003, 1378.

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Aufhebung des Verfahrens



Die Vorlage einer öffentlichen Urkunde, nach welcher der Schuldner die ihm nachgelassene Sicherheitsleistung erbracht oder eine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zugelassene Hinterlegung erfolgt ist (§§ 775 Nr. 3, 776 Satz 1 ZPO).



Eine rechtskräftige Entscheidung, wonach die Fortsetzung der Verwaltung gemäß § 765a ZPO für unzulässig erklärt wurde.



Die Löschung des Rechtes, wenn nur wegen dieses dinglichen Anspruchs betrieben wurde.

III. Die Abwicklung Nachdem der Aufhebungsbeschluss das Verfahren beendet hat, muss die Abwicklung erfolgen. Der Zwangsverwalter darf die Verwaltung erst einstellen, wenn ihm das Gericht die Aufhebung mitgeteilt hat (§ 12 Abs. 1 ZwVwV). Nunmehr stellt er die Verwaltungshandlungen gegenüber Dritten ein und verständigt die Mieter über die Aufhebung der Verwaltung. Insoweit findet § 672 BGB entsprechende Anwendung. Er überträgt dem Schuldner den Besitz zurück, bzw. – bei unmittelbarem Besitz – fordert er diesen auf, den Besitz zu ergreifen. Kann der Schuldner unaufschiebbare Maßnahmen, mit deren Unterlassung Gefahr verbunden ist, nicht unverzüglich selbst einleiten, muss der Zwangsverwalter dies noch tun.

13

Der Zwangsverwalter wird nun keine Zahlung gemäß Teilungsplan oder nach § 156 ZVG mehr leisten, mit den in seiner Kasse vorhandenen Mitteln alle noch offenstehenden Rechnungen aus seiner Verwaltertätigkeit begleichen und für solche, die noch nicht fällig sind, eine Rücklage bilden (§ 12 Abs. 3 ZwVwV) sowie eine Rücklage für seine Vergütung und Auslagen bilden; nach Absprache mit dem Gericht auch für die nicht durch Vorschüsse gedeckten Gerichtskosten.

14

Die Jahresabrechnung der Nebenkosten eines Mietvertrages obliegt nach Aufhebung dem Schuldner. Hierzu hat ihm der Verwalter in der Schlussrechnung die notwendigen Informationen zu erteilen und die verwahrten (noch nicht verbrauchten) Abschlagszahlungen der Mieter auf die Nebenkosten auszuhändigen.11) Das Gericht kann trotz Aufhebung den Verwalter ermächtigen (§ 12 Abs. 2 ZwVwV), einen Streit über seine bereits vorgenommene Abrechnung zu Ende zu führen.

15

Nachdem der Zwangsverwalter die von ihm verursachten Verbindlichkeiten aus vorhandener Masse beglichen hat, übergibt er dem Gericht eine Schlussrechnung in der Form des § 14 Abs. 3 ZwVwV. Dieser ist der Antrag auf Festsetzung der Vergütung und der Auslagen beizufügen. Nach deren Festsetzung kann die Auszahlung der noch vorhandenen Gelder erfolgen. Sie ist dem Gericht anzuzeigen. Hat der Verwalter keine ausreichenden Mittel, muss der Gläubiger einspringen (§ 12 Abs. 3 Satz 2 ZwVwV).12)

16

1.

Vorschüsse/Überschuss

Soweit der Verwalter Aufwendungen aus Vorschüssen der Gläubiger bestritten hatte und noch ein Überschuss vorhanden ist, wird dieser an den Gläubiger zurückge_____________ 11) Zu Haftungsgefahren bei Aushändigung der Kaution an den Schuldner vgl. § 152 Rz. 20 ff. [Depré]. 12) BGH, Urt. v. 17.6.2004 – IX ZR 218/03, Rpfleger 2004, 579 = MDR 2004, 1443.

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Aufhebung des Verfahrens

zahlt.13) Ein vom Verwalter aus Einnahmen erwirtschafteter Überschuss gebührt dem Schuldner. Eine besondere gerichtliche Anordnung für die Auszahlung ist nicht erforderlich.14) Dessen Gläubiger können den Auszahlungsanspruch pfänden. Anders als bei Zahlungen gemäß dem Teilungsplan handelt es sich hier nicht um eine Zahlung auf gerichtliche Anweisung, sondern um die Erfüllung einer dem Verwalter obliegenden Pflicht. Deshalb ist der Zwangsverwalter Drittschuldner. Der Gläubiger hat auch dann keinen Anspruch auf den Überschuss, wenn ihm die Mieten, aus welchen der Überschuss erzielt wurde, vor Anordnung der Zwangsverwaltung abgetreten waren.15) Will er auf diese zugreifen, muss er den Rücknahmeantrag beschränken, so dass der Überschuss weiter beschlagnahmt bleibt und gemäß dem Teilungsplan auszukehren ist. Keinesfalls darf das Gericht nach erfolgter uneingeschränkter Aufhebung im Wege einer Anordnung nach § 12 Abs. 2 ZwVwV die Auszahlung an den Gläubiger anordnen. 18

Ist ein Eigentumswechsel während des Verfahrens eingetreten, gebührt der Überschuss grundsätzlich dem neuen Eigentümer. Allerdings sollte in diesem Fall eine gerichtliche Weisung eingefordert werden. Das Gericht wird dann den früheren Eigentümer (Schuldner) hören und im Streitfall Hinterlegung anordnen. Im Übrigen ist dies nach der hier vertretenen Auffassung keine Verfahrensfrage, sondern die Frage nach dem materiell Empfangsberechtigten. Verwalter und Gericht haben deshalb einen ihnen bekannt gewordenen Eigentumswechsel auch dann zu beachten, wenn keine formelle Anmeldung nach § 9 ZVG erfolgt ist.16) 2.

19

Ermächtigung (§ 12 ZwVwV)

Das Gericht kann den Verwalter ermächtigen, die Verwaltung in einem genau zu bestimmenden Umfang auch nach der Aufhebung weiterzuführen.17) In Betracht kommt z. B. die Weiterführung eines anhängigen Rechtsstreites, auch um diesen korrekt abzuwickeln (z. B. die Kostenfestsetzung zu betreiben) oder für den Eintritt des Schuldners offenzuhalten, die Abrechnung der Miet-Nebenkosten, wenn die Aufhebung unmittelbar nach dem Ablauf des Rechnungsjahres erfolgte und der Verwalter die Vorschüsse eingenommen und die angefallenen Rechnungen bezahlt hat oder der Abschluss einer vom Verwalter in Auftrag gegebenen und kurz vor der Fertigstellung stehenden Reparatur im Objekt. Soweit der Auftrag reicht, bleibt der Verwalter auch zum Besitz berechtigt. Nach Erledigung der Angelegenheit ist keine nochmalige Aufhebung erforderlich.18) Es genügt die Anzeige des Verwalters an das Gericht, ggf. mit Abrechnung.

_____________ 13) Klawikowski, Rückzahlung von Vorschüssen aus der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2013, 483. 14) OLG Köln, Urt. V. 6.4.1993 – 22 U 252/92, VersR 1994, 113; BGH Urt. v. 13.10.11 – IX ZR 188/10, Rpfleger 2012, 163. 15) BGH, Urt. v. 13.10.11 – IX ZR 188/10, Rpfleger 2012, 163. 16) A. A. Stöber, ZVG, § 161 Rz. 5.1; Böttcher/Keller, ZVG, § 161 Rz. 32: Berücksichtigung nur bei Anmeldung durch den Erwerber = Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG § 161 Rz. 25. 17) So schon BGH, Urt. v. 8.5.2003 – IX ZR 385/00, Rpfleger 2003, 457 = MDR 2003, 1378; jetzt geregelt in § 12 Abs. 2 ZwVwV. 18) Hintzen, Rpfleger 2009, 68, 70.

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

Vor der Anordnung nach § 12 ZwVwV ist zu beachten:

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Die Beschlagnahme als solche endet mit dem Erlass des Aufhebungsbeschlusses. Ohne entsprechenden Vorbehalt im Beschluss ist dessen Rechtskraft nicht erforderlich. Auch das Beschwerdegericht könnte eine erloschene Beschlagnahme nicht mehr wiederherstellen. Es käme nur eine Neu-Anordnung in Betracht.



„Beschlagnahme-Wirkung“ im Sinne des BGH19) kann nur das von der Beschlagnahme abgeleitete Verwaltungsrecht des Verwalters sein, nicht aber die Beschlagnahme als solche, also das Befriedigungsrecht des Gläubigers aus Gegenständen des Haftungsverbandes. Eine so weitgehende Befugnis konnte der Verordnungsgeber nicht bestimmen. Somit kann z. B. das Gericht nicht anordnen, dass der Erlös eines weiterzuführenden Rechtsstreits dem Gläubiger auszukehren ist. Will dies der Gläubiger, muss er den Weg der teilweisen Rücknahme gehen.

3.

Mehrere Gläubiger

Soweit nur einer von mehreren Gläubigern den Antrag zurücknimmt, erfolgt keine Gesamtabwicklung (siehe Rz. 10).

21

Hat der Gläubiger einen Vorschuss geleistet, darf der Verwalter aus diesem Vorschuss keine Gelder mehr zur Zahlung künftig entstehender Aufwendungen entnehmen. Gegebenenfalls hat der Verwalter zu veranlassen, dass einer der verbleibenden Gläubiger sofort einen ausreichenden Vorschuss für diese künftigen Bedürfnisse leistet.

22

An sich hat der ausscheidende Gläubiger einen Anspruch, alsbald den nicht verbrauchten Rest des von ihm geleisteten Vorschusses zurückzuerhalten. Dies geht aber nur mit Hilfe des Gerichts. Dieses muss bestimmen, welcher Teilbetrag aus dem Vorschuss für die Vergütung des Verwalters und für die bereits angefallenen Gerichtskosten zurückzuhalten ist. Dabei wäre es durchaus sachgemäß und auch zulässig, für den bisher abgelaufenen Zeitraum die Vergütung des Verwalters und seine Auslagen endgültig festzusetzen und gleichzeitig – soweit noch nicht geschehen – den anteiligen Betrag für die Gerichtskosten als Vorschuss einzufordern. Dies ermöglicht es dem Verwalter, dem Gläubiger exakte Rechnung zu legen. Ist das Gericht zu dieser Mitwirkung nicht bereit, muss der Verwalter den Vorschuss bis zur Jahresrechnung zurückhalten, ohne ihn anderweitig verwenden zu dürfen. Nach der hier vertretenen Auffassung kann der betroffene Gläubiger die Weigerung des Gerichts mit Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO), nach Anhörung mit sofortiger Beschwerde, anfechten. Der Verwalter wird also dem Gläubiger eine Abschrift seiner Eingabe an das Gericht zuleiten.

23

IV. Verfahrensende nach Zuschlag Das ZVG enthält keine ausdrückliche Regelung für die Beendigung der Zwangsverwaltung nach erfolgtem Zuschlag. Nach der hier vertretenen Auffassung sah man im Gesamtsystem eine genügende Rechtsgrundlage, besonders mit Rücksicht auf die Vorschriften über die Wirkung des Zuschlags (für die „materiellen“ Fragen) und § 161 Abs. 4 ZVG (für die „Verstrickung“). Der andauernde Streit, der offenbar auch _____________ 19) BGH, Urt. v. 8.5.2003 – IX ZR 385/00, Rpfleger 2003, 457.

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

schon sehr früh20) begonnen hat, beruht nach der hier vertretenen Auffassung auf einer nicht konsequenten Anwendung der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Regelungen. 25

Weitgehende Einigkeit besteht wohl darüber, dass für die Aufhebung neben dem Zuschlag eine besondere gerichtliche Entscheidung mit konstitutiver Wirkung erforderlich ist und dass diese Entscheidung erst nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ergehen darf. 1.

Tätigkeit des Gerichts

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Mit dem Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks und der mitversteigerten Gegenstände (§ 90 ZVG), falls der Zuschlag nicht im Beschwerdeweg aufgehoben wird. Der Zuschlagsbeschluss beseitigt das Befriedigungsrecht des Gläubigers an den Erträgen der Zwangsverwaltung, die auf die Zeit nach dem Zuschlag fallen. Da aber das Besitz- und Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters vom Fortbestand der materiellrechtlichen Beschlagnahme (= Befriedigungsrecht des Gläubigers) unabhängig weiterbesteht, wird es vom Zuschlag nicht berührt und kann nur durch eine Entscheidung, welche im Zwangsverwaltungsverfahren zu ergehen hat, beseitigt werden.21)

27

Von dieser Überlegung ausgehend bestimmt – zutreffend – die allgemeine Meinung, dass das Gericht die Zwangsverwaltung erst aufheben darf, wenn der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig geworden ist.22) Diese Zeit der Ungewissheit wird kaum mehr als drei bis vier Wochen betragen, wenn kein Rechtsbehelf eingelegt wird. Sie kann sich aber sehr verlängern, wenn einer der Beteiligten den Zuschlag anficht und das Landgericht nicht unverzüglich über den Rechtsbehelf entscheidet. Wird gegen diese Entscheidung des Landgerichts die Rechtsbeschwerde neuer Fassung zugelassen, können Monate vergehen, bis der Ersteher sicherer Eigentümer geworden ist.23) 2.

Situation des Erstehers

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Da die Zwangsverwaltung vor Rechtskraft nicht aufgehoben werden kann (es sei denn, der Antrag wird zurückgenommen), mutet die Rechtsordnung dem Ersteher die damit verbundene Beschränkung zu. Gelegentlich vermittelt die Literatur den Eindruck, dass hierdurch dem Ersteher ein Unrecht geschehe, was man mildern müsse. Dies ist aber nicht der Fall. Der Ersteher hat bei der Abgabe des Meistgebotes gewusst, dass das Grundstück unter Zwangsverwaltung steht und hat dies in Kauf genommen.24)

29

Das Vollstreckungsgericht hat unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses die Zwangsverwaltung aufzuheben. Dieser Beschluss ist mit so_____________ 20) Wie Schmidberger, Rpfleger 2007, 241 (nicht zuletzt aufgrund seiner beachtlichen Sammlung uralter Literatur zum ZVG) aufzeigt. 21) Depré/Mayer, § 1 Rz. 418. 22) Böttcher/Keller, ZVG, § 161 Rz. 40. 23) Zur (fehlenden) Schutzwirkung des § 94 ZVG Depré/Mayer, § 1 Rz. 420 ff. 24) Hierzu hat der BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, BGHZ 39, 235 ausgeführt: „Er übernimmt das Grundstück in dem Bewusstsein, dass für ihn auch ein nach dem Zuschlag handelnder Zwangsverwalter da ist.“, Rpfleger 2008, 89 = MDR 2008, 168.

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Aufhebung des Verfahrens

fortiger Beschwerde anfechtbar und ab 1.1.2014 mit obligatorischer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Dennoch ist der Zwangsverwaltungsvermerk sofort nach Aufhebung (also vor Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses) zu löschen. Dies ergibt sich daraus, dass der Vermerk nur das relative Veräußerungsverbot am Grundstück und den mitversteigerten Sachen verlautet; und dieses ist bereits durch den Zuschlag (und nicht erst durch den Aufhebungsbeschluss) erloschen. Ein auf das Blatt des Erstehers übertragener, wenn auch später gelöschter, Zwangsverwaltungsvermerk ist für den Ersteher sehr unangenehm. 3.

Stellung des Zwangsverwalters

Grundlage für die Handlungsmacht des Verwalters ist sein Verwaltungsrecht, das von der Beschlagnahme (des Grundstücks) abgeleitet ist. Dieses Verwaltungsrecht wird zwar durch die Beschlagnahme begründet, ist aber als „Verfahrensfolge“ vom Fortbestand der Beschlagnahme nicht abhängig.25)

30

Die Beschlagnahme bewirkt ein Befriedigungsrecht des Gläubigers an den Erträgen des Grundstücks. Dieses Befriedigungsrecht ist durch den Eigentumsübergang bereits ohne besondere Aufhebung beendet worden, nachdem der Anspruch auf diese Erträge durch den Zuschlag (§ 56 Satz 2 ZVG) auf den Ersteher übergegangen ist. Das von der Beschlagnahme geschaffene relative Veräußerungsverbot zugunsten des Gläubigers schützt nichts anderes als dessen Befriedigungsrecht. Wenn also das Befriedigungsrecht an den Erträgen nach dem Zuschlag nicht mehr besteht, entfällt auch das Veräußerungsverbot. Der Ersteher kann alsbald nach dem Zuschlag über das Grundstück einen Übereignungsvertrag schließen, ohne durch ein Veräußerungsverbot gehindert zu sein.

31

Vom Zuschlag nicht berührt wurde die dritte wichtige Wirkung der angeordneten Zwangsverwaltung, nämlich der Übergang des Verwaltungs- und Benutzungsrechts (§ 148 Abs. 2 ZVG) auf den Verwalter. Dieses Recht ist für seinen Fortbestand nicht von der Beschlagnahme abhängig; vielmehr handelt es sich um eine Verfahrensfolge und eine solche kann begrifflich nur in dem Verfahren beseitigt werden, in welchem sie geschaffen worden ist. Somit kann und muss nur diese verbliebene Beschlagnahme-Folge Gegenstand der Aufhebungsentscheidung sein.26) Für den Verwalter ändert sich durch den Zuschlag an der Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis daher zunächst nichts. Er hat die gleichen Rechte, die er bereits vor dem Zuschlag besaß. Somit ist er im Außenverhältnis legitimiert, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, welche er auch vor dem Zuschlag vornehmen konnte. Er bleibt auch gegenüber dem Ersteher zum Besitz berechtigt.

32

Allerdings erlangt er durch den Zuschlag auch keine zusätzlichen Rechte, die er vorher nicht hatte. Ein Sonderkündigungsrecht, wie es § 57a ZVG dem Ersteher zubilligt, hat der Verwalter nie gehabt. Deshalb wird auch – zutreffend – allgemein angenommen, dass er nicht befugt sei, dieses Sonderkündigungsrecht auszuüben. Es steht nur dem Ersteher zu, der zur Ausübung keiner Zustimmung durch den _____________

33

25) Grundlegend hierzu Eickmann, ZfIR 2003, 1021. 26) Depré/Mayer, § 1 Rz. 432; a. A. Streuer, Rpfleger 2000, 357, der von einer einheitlichen Beendigung der Beschlagnahme bereits durch den Zuschlag ausgeht, allerdings nur für die vom Zuschlag erfassten Gegenstände.

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§ 161

Aufhebung des Verfahrens

Verwalter bedarf. Dieser muss ihm lediglich auf Verlangen aus seinen Unterlagen und Erkenntnissen die hierfür erforderlichen Informationen liefern. Rechtslehre und Rechtsprechung verwehren ihm allerdings auch die Befugnis, Ansprüche prozessual geltend zu machen, die dem Ersteher zustehen.27) Nach der hier vertretenen Auffassung müsste das differenziert gesehen werden. Ansprüche, die vom fortdauernden Verwaltungsrecht umfasst werden, müsste er bis zur Aufhebung des Verfahrens auch einziehen dürfen. Ansprüche des Erstehers, die erst nach dem Zuschlag begründet wurden, darf er allerdings nicht verfolgen. 34

Der Verwalter untersteht auch in der Zeit zwischen Zuschlag und Aufhebung der Aufsicht des Gerichts, das ihm in gleicher Weise Weisungen erteilen kann, wie es dies vor dem Zuschlag konnte. Der Ersteher dagegen kann dem Verwalter keine verbindlichen Weisungen für die Führung der Verwaltung erteilen.

35

Da der Ersteher bereits durch den Zuschlag die mitversteigerten beschlagnahmten Gegenstände und Erträge beschlagnahmefrei erhalten hat, bedarf es hierfür keiner nochmaligen Entscheidung. Verblieben ist (nur) die Verwaltungsbefugnis des Verwalters, welche sich zwar von der Beschlagnahme ableitet (§ 148 Abs. 2 ZVG), jedoch vom Fortbestand der Beschlagnahme nicht abhängt. Diese Verfahrensfolge bedarf der Beseitigung innerhalb des Verfahrens, das sie geschaffen hat, also innerhalb des Zwangsverwaltungsverfahrens. Erforderlich ist demnach nur noch die „Freigabe“ der versteigerten Gegenstände aus der Verwaltung, also eine Art „Entstrickung“ – und eine entsprechende Bezeichnung würde manche Irritation ersparen. Das Wort „Aufhebung“ lässt eben stets an einen „actus contrarius“ bezüglich des Gesamtverfahrens denken.28) 4.

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37

Verhältnis Verwalter/Ersteher

Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses und Aufhebung des Verfahrens muss der Verwalter dem Ersteher das Grundstück samt den mitversteigerten Gegenständen übergeben. Die Rechtshandlungen, welche der Verwalter in der Zwischenzeit vorgenommen hat, begünstigen und belasten den Ersteher.29) Der Verwalter haftet dem Ersteher für Rechtshandlungen, welche er nach dem Zuschlag vorgenommen hat.30) Übernimmt der Ersteher eine vom Verwalter abgeschlossene Sachversicherung, muss er sich dessen vor dem Zuschlag begangene Vertragsverletzung anrechnen lassen.

_____________ 27) Eickmann, ZfIR 2003, 1021, 1025 m. w. N. 28) Ausführlich Depré/Mayer, § 1 Rz. 439 ff.; zu den Gefahren der üblichen Bezeichnung als „Aufhebung“ vgl. Ganter, ZfIR 2011, 229; Mayer, ZfIR 2011, 635. 29) BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, BGHZ 39, 235 = MDR 2008, 168 = Rpfleger 2008, 89. 30) BGH Urt. v. 13.3.1963 – V ZR 36/61, Rpfleger 1963, 285 = BGHZ 39, 235; BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, ZIP 2007, 2375.

1132

Depré

Zweiter Abschnitt Zwangsversteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen im Wege der Zwangsvollstreckung Erster Titel Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken § 162 Anzuwendende Vorschriften Wedekind

Auf die Zwangsversteigerung eines im Schiffsregister eingetragenen Schiffs oder eines Schiffsbauwerks, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder in dieses Register eingetragen werden kann, sind die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht aus den §§ 163 bis 170a etwas anderes ergibt. Literatur: Albrecht, Die Zwangsversteigerung von Seeschiffen im internationalen Rechtsverkehr, 1983; Albrecht/Reinicke, Zwangsversteigerung im Ausland, Hansa 1979, 504; App, Vollstreckung in Binnenschiffe, KKZ 1985, 54; Böttcher, Das Meer als Rechtsraum – Anwendbarkeit deutschen Sachenrechts auf Offshore-Windkraftanlagen, RNotZ 2011, 589; Dobberahn, Rechte an Schiffen und Luftfahrzeugen, MittRhNotK 1998, 145; Drischler, „Ausgeflaggte“ Seeschiffe und Zwangsversteigerung, KTS 1980, 111; Gottschall, Die Besicherung von Offshore-Windkraftanlagen nach deutschem und US-amerikanischem Recht: unter besonderer Berücksichtigung des anwendbaren Rechts auf OffshoreInstallationen in hoheitsfreien Gebieten (Diss.), 2011; Hornung, Die Abwrackaktion in der Binnenschifffahrt, Rpfleger 1970, 117; Hornung, Beiträge zum Schiffsregister, Rpfleger 1985, 271 und Rpfleger 1985, 345; Hornung, Die Schiffsregister, RpflJB 1959, 95; Hornung, Europäische Abwrackaktion in der Binnenschifffahrt, Rpfleger 1990, 445; Hornung, Das Schwimmdock in der Register- und Vollstreckungspraxis, Rpfleger 2003, 232; Knops, Die Kündigung des vertragsgemäß bedienten Kredits wegen Vermögensverschlechterung, WM 2012, 1649; Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012, S. 312; Krone, Abwicklung notleidender Schiffsfinanzierungen aus Sicht eines NPL-Investors, ZInsO 2012, 1197; Michaels, Schiffsgläubigerrecht und Auslandsveräußerung, TranspR 1997, 330; Mohrbutter, Zum Schiffsversteigerungsrecht, KTS 1974, 88; Pamperin-Herbst, Das Schiffsvorzertifikat, Rpfleger 2009, 76; Rabe, Seehandelsrecht, 4. Auflage, 2000; Schalast/Walter, Verkauf von Forderungen aus notleidenden Schiffsfinanzierungsdarlehen, BB 2012, 1301; Schiering, Schiffskredit und Werftpfandrechte, Hansa 1979, 1435; Sebode, Neuerungen bei der Zwangsvollstreckung in Schiffe und Schiffsbauwerke, DR 1941, 620; Strube, Arrestpfändung ausländischer Seeschiffe, Hansa 1981, 1294; Weimar, Die mithaftenden Gegenstände bei der Schiffshypothek, WM 1963, 154; Wurmnest, Windige Geschäfte? Zur Bestellung von Sicherungsrechten an Offshore-Windkraftanlagen, RabelsZ 2008, 236. Übersicht I. II. III. 1. 2.

Zweck der Norm .................................. 1 Anwendungsbereich ............................ 5 Vollstreckungsgegenstände ................ 6 (Binnen-/See)-Schiffe – Keine Wracks ................................................... 7 Bohrinseln ............................................ 13

3. 4. 5.

Wedekind

Schiffsbauwerk und Schwimmdocks .................................... 20 Ausländische Schiffe ........................... 22 Bruchteile vs. Parten ........................... 24 a) Bruchteilseigentum ...................... 25 b) Abgrenzung (Bruchteils) – Eigentum zu Parten ..................... 27

1133

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

c) Nebeneinander von Immobiliarvollstreckung (Schiff) und Zwangsvollstreckung in die Schiffspart (Mobiliarvollstreckung) – Wechselwirkungen ....... 6. Off-Shore-Windkraftanlagen ............. IV. Zubehör, Bestandteile und Versicherung ...................................... 1. Zubehör und Bestandteile .................. 2. Versicherungsforderung ..................... 3. Umfang der Beschlagnahme ............... V. Anwendbare Vorschriften ................ 1. Erster Abschnitt .................................. a) Grundsätzliche Anwendung .......

I.

29 31 35 35 44 45 49 49 49

b) Zuschlag: Erteilung/Versagung .... 53 c) Nicht anwendbare Vorschriften ................................. 58 2. Dritter Abschnitt – Grundsätzliche Anwendung ......................................... 59 3. ZPO ..................................................... 62 4. Weitere Hinweise ................................ 67 VI. Arrest-Vollziehung ............................ 71 VII. Vollstreckung im Ausland ............... 75 VIII. Exkurs: Insolvenzordnung ............. 80 IX. Kurzüberblick zur Seehandelsrechtsreform – Änderungen bei Seeschiffen (z. T. auch Binnenschiffen) ............................................... 82

Zweck der Norm

1

§ 162 ZVG regelt Besonderheiten der Immobiliarvollstreckung in Schiffe und Schiffsbauwerke. Diese sind zwar ihrer tatsächlichen Natur nach bewegliche Sachen, aber werden vollstreckungsrechtlich wie Immobilien behandelt.1) Dies gilt für inländische (deutsche) Schiffe und Schiffsbauwerke, wenn sie im Schiffsregister (bzw. Schiffsbauregister) eingetragen sind, und nach Maßgabe des § 171 ZVG auch für ausländische Schiffe (und Schiffsbauwerke). Diese unterliegen insgesamt2) der Immobiliarvollstreckung. Ausgangspunkt sind §§ 864 Abs. 1, 870a ZPO.

2

Auch auf die diversen Sonderbestimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch sei hier hingewiesen, insbesondere auf:

3



§ 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB (Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung),



§ 216 Abs. 1 BGB (die Verjährung eines Anspruchs, für den eine Hypothek, eine Schiffshypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Gläubiger nicht, seine Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand zu suchen),



§ 578a BGB (Mietverhältnisse über eingetragene Schiffe),



§ 929a BGB (Auflassung bei nicht eingetragenem Seeschiff) und



§ 932a BGB (gutgläubiger Erwerb bei nicht eingetragenem Seeschiff).

Die konkreten Regelungen zur Zwangsversteigerung (und Bewachung und Verwahrung sowie „Quasi-Zwangsverwaltung“ finden sich dann in §§ 162 – 170 ZVG (deutsche Schiffe) und ergänzend in § 170a ZVG (Schiffsbauwerke, Schwimmdocks) sowie § 171 ZVG (ausländische Schiffe).

_____________ 1)

2)

Seit dem 1.1.1941 werden eingetragene Schiffe (See- und Binnenschiffe) und – eingetragene oder eintragungsfähige – Schiffsbauwerke allgemein nach den gleichen sachrechtlichen Grundsätzen wie Grundstücke behandelt (seit Inkrafttreten des SchiffsRG). Ergänzend wurden durch Gesetz vom 4.12.1968 – BGBl I, 1295 – SchRÄndG – Schwimmdocks den Schiffsbauwerken gleichgestellt und unterliegen nun ebenfalls der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Nicht eingetragene deutsche Schiffe oder Schiffsbauwerke (und nicht fiktiv-eintragungspflichtige ausländische Schiffe) hingegen unterliegen der Mobiliarvollstreckung. Hierzu näher § 61 Rz. 29 f. [Wedekind], § 164 Rz. 10 [Wedekind], § 171 Rz. 29 ff. [Wedekind].

1134

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

Mit der Anwendung des Immobiliarvollstreckungsrechts trägt das Gesetz dem hohen Wert und der großen wirtschaftlichen Bedeutung dieser besonderen Vollstreckungsgegenstände Rechnung.3)

4

II. Anwendungsbereich } auf

5

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

Eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Seeschiffe

Eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

eingetragene/eintragungsSchiffsbauwerke u. fähige Schwimmdocks nach Maßgabe von § 170a ZVG ./. III. Vollstreckungsgegenstände Die nachfolgenden Begriffsbestimmungen gelten für „Schiffe“, „Schiffsbauwerke“ sowie „Schwimmdocks“ (unabhängig von der an anderer Stelle relevanten Unterscheidung zwischen Binnenschiffen und Seeschiffen bzw. zwischen deutschen und ausländischen Schiffen). 1.

6

(Binnen-/See)-Schiffe – Keine Wracks

Ein Schiff ist ein schwimmender Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der zur freien Fortbewegung auf dem Wasser fähig und bestimmt ist, und in der Lage ist, Personen und Sachen zu tragen; die Fortbewegung aus eigener Kraft ist nicht erforderlich.4) Die Schiffseigenschaft beginnt mit dem Stapellauf. Vor dem Stapellauf handelt es sich um ein Schiffsbauwerk (beginnend ab der sog. Kiellegung).5) Keine Schiffe sind bloße schwimmende Objekte, wie Wohnschiffe, Lagerschiffe6) oder Gaststättenschiffe, oder schwimmende Badeanstalten7); denn die Vorgenannten sind nicht zur Fortbewegung bestimmt bzw. haben diese Eigenschaft verloren. Dieser Ausschluss würde an sich auch für die Schwimmdocks gelten, die aber gemäß § 81a SchRG Schiffsbauwerken gleichgestellt sind und daher im Ergebnis mit Schiffshypotheken belastet werden können. Mangels Hohlraums sind auch Flöße keine Schiffe.

7

Hingegen sind nach allgemeiner Ansicht Schiffe Schwimmbagger8) und Schwimmkräne9), sofern sie nicht dauernd mit dem Land verbunden sind. Auch Schleppkähne, Baggerkähne und Prähme sind Schiffe im Rechtssinn.10) _____________

10

3) Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 2. 4) Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 147 m. w. N.; BGH, Urt. v. 14.12.1951 – I ZR 84/51, NJW 1952, 1135 = LM Nr. 3 zu § 4 Bin(n)schG. 5) Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 38. 6) Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 147. 7) Stöber, ZVG, § 162 Rz. 3.2. 8) BGH, Urt. v. 14.12.1951 – I ZR 84/51, NJW 1952, 1135 = LM Nr. 3 zu § 4 Bin(n)schG. 9) BGH, Urt. v. 13.3.1980 – II ZR 163/78, BGHZ 76, 201 – 206, 201 = NJW 1980, 1747 – 1748. 10) App, KKZ 1985, 54.

Wedekind

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8

9

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

11

Schiffswracks haben die Schiffseigenschaft verloren, wenn sie derart beschädigt oder zerstört sind, dass sie nicht mehr geborgen oder repariert werden können.11) Sie unterliegen auch dann nicht mehr der Immobiliarvollstreckung, wenn sie auch (unzutreffenderweise) noch im Schiffsregister eingetragen sein sollten. Dasselbe gilt für Binnenschiffe, die ihre Schiffseigenschaft durch freiwillige Abwrackung (das ist vollständige Verschrottung des Schiffsrumpfes) im Zuge von – staatlichen oder staatlich geförderten – Maßnahmen zum Abbau unrentablen Schiffsraumes verloren haben.12)

12

Wird ein Schiff allerdings nur (z. B. im Hafen) derart beschädigt, dass es auf die Sohle des Hafenbeckens absackt, dadurch die Bewegungsfähigkeit verliert, keine Besatzung mehr aufnehmen und auch in absehbarer Zeit nicht wieder gehoben werden kann, so verliert es alleine dadurch – jedenfalls was etwaige Schiffsgläubigerrechte anlangt (und wohl damit insgesamt i. S. d. §§ 162 ff. ZVG) – noch nicht den Rechtscharakter eines Schiffes,13) denn noch könnte es ggf. wieder „flottgemacht“ werden. 2.

Bohrinseln

13

Differenziert zu sehen ist die Rechtslage bei Bohrinseln. Da sehr verschiedenartige Bautypen existieren, kann hinsichtlich der Schiffseigenschaft nur anhand der Eigenschaften und Charakteristika im Einzelfall eine Einordnung vorgenommen werden.

14

Eindeutig ein Schiff ist das Bohrschiff, welches dadurch charakterisiert ist, dass es während der Bohrarbeiten schwimmt und lediglich mittels Ankern, Tauen und speziellen Positionshaltesystemen am vorbestimmten Standort gehalten wird, und nach Erledigung der Arbeiten diese Position verlässt.14)

15

Plattformen für ortsfeste Bohrinseln, die erst (auf diesen Plattformen) am Einsatzort errichtet werden, sind sicherlich nicht (mehr) als Schiffe zu betrachten, wenn sie in den Meeresgrund abgesenkt worden sind; bis dahin kann aber die Schiffseigenschaft in Frage kommen.15)

16

Umso mehr muss das gelten für Hubinseln und die flutbaren Plattformen, die auf der Werft gebaut, mit Hohlräumen versehen und mitsamt Ausrüstung und Ausstattung durch Schlepper zum Bohrpunkt verbracht werden. Dass diese grundsätzlich i. S. v. § 162 ZVG Schiffe sind, ist offenkundig.16)

17

Es wird allerdings z. T. danach differenziert, ob bezweckt ist, dass diese Hubinseln oder flutbaren Plattformen während ihrer (voraussichtlichen wirtschaftlichen) Lebensdauer mehrfach fortbewegt werden sollen. Nur wenn dies ausnahmsweise festgestellt werden könne, sei im Einzelfall die Schiffseigenschaft zu bejahen.17) Diese _____________ 11) Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 24; AG Glückstadt, Beschl. v. 19.8.194 – 1 K 4/64 – V, SchlHA 1965, S. 19. 12) Vgl. hierzu im Einzelnen Hornung, Rpfleger 1990, 445. 13) Vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1951 – I ZR 84/51, NJW 1952, 1135 = LM Nr. 3 zu § 4 Bin(n)schG. 14) Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 33 m. w. N. 15) So auch Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 6 und 9. 16) So auch Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 6. 17) Dobberahn, MittRhNotK1998, 145, 147.

1136

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

Auffassung ist erkennbar ergebnisorientiert und überzeugt dogmatisch nur begrenzt, denn dem Schiffsbegriff ist eigentlich das hier neu eingeführte Zeitelement fremd. Wie lange die Lebensdauer ist, lässt sich zuverlässig nur in der Rückschau beurteilen. Dieses nicht im Gesetz stehende Merkmal taugt daher für eine sachenrechtliche (!) Einordnung nicht, zumal wenn davon die zulässige Zwangsvollstreckungsmaßnahme abhängt.

18

Hier wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber nötig. Bis dahin wird es für vertretbar gehalten, Hubinseln unter § 162 ff. ZVG zu subsumieren, also ggf. im Einzelfall die Schiffseigenschaft zu bejahen.18)

19

3.

Schiffsbauwerk und Schwimmdocks

Die Schiffseigenschaft beginnt mit dem Stapellauf. Vor dem Stapellauf handelt es sich um ein Schiffsbauwerk. Ein Schiffsbauwerk ist also danach zu bestimmen, ob es nach dem Stapellauf ein Schiff sein wird (bzw. werden soll). Also kurz gesagt: Ab der sog. Kiellegung handelt es sich um ein Schiffsbauwerk, und ab dem Stapellauf um ein Schiff.

20

Schwimmdocks sind eigentlich keine Schiffe i. S. d. §§ 162 ff. ZVG, denn keine Schiffe sind schwimmende Objekte, die nicht zur Fortbewegung bestimmt sind bzw. diese Eigenschaft verloren haben (siehe oben). Es bedurfte daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Gleichstellung der Schwimmdocks für die Anwendbarkeit der §§ 162 ff. ZVG: Gemäß § 81a SchRG, Art. 3 SchRÄndG werden Schwimmdocks rechtlich wie Schiffsbauwerke (§ 170a ZVG) behandelt; sie können daher im Ergebnis mit Schiffshypotheken belastet werden und gemäß §§ 162 ff. ZVG zwangsversteigert werden (einschließlich Sicherung und Verwahrung und „Quasi-Zwangsverwaltung“ sowie Sicherungsverwaltung nach Zuschlag, siehe u. a. § 165 Rz. 173 ff. [Wedekind] und § 170 Rz. 10 [Wedekind] sowie zu Schiffsbauwerken § 170a Rz. 41 ff. [Wedekind]).

21

4.

Ausländische Schiffe

Für ausländische Schiffe bestehen verfahrensrechtliche Besonderheiten: siehe § 171 ZVG, der aber im Wesentlichen auf §§ 162 ff. ZVG verweist.

22

Eine andere – für die Praxis wichtige Rechtsfrage – ist die der Vollstreckung im Ausland (Siehe ergänzend: § 169 Rz. 96 ff. [Wedekind]).

23

5.

Bruchteile vs. Parten

Tatsächlich und rechtlich zu unterscheiden sind Bruchteile (sprich Bruchteilseigentum) und Parten (Schiffsparten im Sinne gesellschaftsrechtlicher Anteile):

24

a) Bruchteilseigentum An Schiffen und Schiffsbauwerken kann – wie bei anderen Eigentumsrechten – auch Bruchteilseigentum bestehen. Die Bruchteile können als Anteile eines Mit_____________ 18) So auch Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 6 und 9.

Wedekind

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25

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

eigentümers selbstständig belastet werden (§§ 8 Abs. 3, 77 Satz 2, 81a Satz 2 SchRG) und sie können auch selbstverständlich versteigert werden (§ 864 Abs. 2 ZPO). 26

Bruchteilseigentum ist dinglich auch Eigentum und unterliegt demzufolge ebenfalls der Immobiliarvollstreckung in Eigentum, hier also den §§ 162 ff. ZVG. b) Abgrenzung (Bruchteils)-Eigentum zu Parten

27

Parten sind eine besondere gesellschaftsrechtliche Form der Beteiligung an einer Partenreederei (§§ 489 ff. HGB a. F. = §§ 489 ff. HGB n. F. entfallen). Die Vollstreckung insoweit erfolgt wie die Vollstreckung in andere Gesellschaftsanteile auch, also nach den Regeln der Mobiliarvollstreckung: durch Pfändung (§§ 858, 857 ZPO).

28

Hinweis zur Seehandelsreform: Durch das am 4.2.2013 vom Bundesrat verabschiedete „Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts“19) ist das Rechtsinstitut der Partenreederei abgeschafft worden, und zwar in der Weise, dass für die bis zum Inkrafttreten des Reformgesetzes entstandenen Partenreedereien die bisherigen Vorschriften fortgelten (Art. 71 Abs. 1 EGHGB). Das heißt, Partenreedereien können ab dem 25.4.2013 nicht mehr gegründet werden, aber für die bis zum 24.4.2013 „entstandenen“ Partenreedereien gilt die alte Rechtslage weiter. c) Nebeneinander von Immobiliarvollstreckung (Schiff) und Zwangsvollstreckung in die Schiffspart (Mobiliarvollstreckung) – Wechselwirkungen

29

Die Zwangsvollstreckung in das ganze Schiff und die Schiffspart können nebeneinander betrieben werden. Durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung (Immobiliarvollstreckung in das Eigentum am Schiff) erlischt auch das Recht an der Schiffspart.

30

Hingegen lässt die Versteigerung der Schiffspart (Mobiliarvollstreckung) die Rechte am ganzen Schiff unberührt, eine Zwangsversteigerung des Eigentums am Schiff wäre also weiterhin möglich. 6.

Off-Shore-Windkraftanlagen

31

Off-Shore-Windkraftanlagen erlangen – zumal nach der Reaktor-Katastrophe im japanischen Fukushima und dem entsprechenden Politikwechsel und daraus folgender Legislatur – eine immer größere wirtschaftliche Bedeutung. Es entsteht damit eine Fragestellung wie sie auch für Bohrinseln bereits in ähnlicher Weise erörtert wurde (siehe Rz. 13 ff.). Grundsätzlich erscheint es naheliegend, die Regeln über Schiffe, Schiffsbauwerke und Schwimmdocks auch auf Off-Shore-Windkraftanlagen zu erstrecken.20)

32

Unzweifelhaft unterliegen Offshore-Windkraftanlagen im Bereich des sog. Küstenmeers (12-Meilen-Zone nach individueller nationaler Festlegung) dem deutschen _____________ 19) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4101-1 veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3746) geändert worden ist. 20) So auch Gottschall, S. 103; dies ist z. T. schon geltende Rechtslage infolge internationaler seerechtlicher Abkommen, vgl. Staudinger-Nöll, SchiffsRG, § 1 Rz. 9 m. w. N.

1138

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

Sachenrecht. In diesem Bereich ist zwar die Bestellung eines Erbbaurechtes rechtlich möglich, allerdings wird dies nur in Gebieten mit geringem Nutzungskonfliktpotenzial praktisch werden. Damit bleibt als anderes Mittel der Kreditsicherung nur die Möglichkeit einer Sicherungsübereignung, was jedoch voraussetzt, dass es sich um Scheinbestandteile handelt. Dieses wiederum kommt nur in Betracht, wenn die voraussichtliche Lebensdauer der Windkraftanlage die geplante Nutzungsdauer nicht nur unerheblich überschreitet (hier hat das Zeitelement – anders als oben bei der Bestimmung der Schiffseigenschaft – seine Berechtigung).21) Denn dann ist davon auszugehen, dass dieselbe Windkraftanlage an anderer Stelle neu aufgebaut wird (und dann ggf. nach noch zu erwartender Restnutzungsdauer und beabsichtigter Standzeit wiederum ggf. „Scheinbestandteil“ am neuen Aufstellungsort wird). Die sachenrechtlichen Verhältnisse an Off-Shore-Windkraftanlagen im Bereich der sog. „ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZ)22) richten sich aufgrund einer völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 43 EGBGB ebenfalls nach deutschem Recht. Allerdings ist für diese Anlagen gegenwärtig nur eine Kreditsicherung durch Sicherungsübereignung möglich.

33

De lege ferenda: Mehr Rechtssicherheit könnte durch die ausdrückliche Öffnung des Schiffsregisters für Off-Shore-Windkraftanlagen nach norwegischem Vorbild erreicht werden. Dadurch könnten diese dann mit einer Hypothek belastet werden.23) Das würde die Finanzierung dieser für die „Energie-Wende“ wichtigen Anlagen fördern und wäre daher de lege ferenda unbedingt wünschenswert.

34

IV. Zubehör, Bestandteile und Versicherung 1.

Zubehör und Bestandteile

Grundsätzlich besteht auch bei Schiffen eine Haftung des Zubehörs (Haftungsverband der Hypothek). Denn die Beschlagnahme umfasst diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Schiff- oder Schiffsbauwerk die Schiffshypothek erstreckt (§ 162 ZVG i. V. m. § 20 Abs. 2 ZVG), und damit ist auch das Zubehör beschlagnahmt. Das Schiffszubehör unterliegt also den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie das Schiff (§ 865 ZPO), eine gesonderte Pfändung des Zubehörs ist gemäß § 865 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

35

Für Seeschiffe war vor der Seehandelsrechtsreform das Zubehör in § 478 HGB a. F. definiert wie folgt: „Zubehör eines Schiffes sind auch die Schiffsboote. Im Zweifel werden Gegenstände, die in das Schiffsinventar eingetragen sind, als Zubehör des Schiffes angesehen.“ Die Norm ist ab 25.4.2013 ersatzlos entfallen; stattdessen gelten die allgemeinen Regeln (§ 97 BGB). Schiffsboote werden im Ergebnis aber weiterhin i. d. R. Zubehör (i. S. v. § 97 BGB) sein.

36

_____________ 21) Wurmnest, RabelsZ 2008, 236, 258. 22) Die „ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ) ist definiert in Art. 50 SRÜ (Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.1982, englischer Titel „United Nation Convention the Law of the Sea“ abgekürzt „SRÜ“. Es handelt sich beim SRÜ sozusagen um eine „Verfassung der Meere“. 23) Böttcher, RNotZ 2011, 589, 601.

Wedekind

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§ 162

Anzuwendende Vorschriften

37

Zubehör des Schiffs24) sind somit gemäß § 97 BGB bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu der Hauptsache in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (ausgenommen Sachen, die im Rechtsverkehr nicht als Zubehör angesehen werden).

38

Hierbei begründet allein die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache noch nicht die Zubehöreigenschaft; und eine bestehende Zubehöreigenschaft wird nicht allein durch eine vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache wieder aufgehoben.

39

Die Feststellung der Zubehöreigenschaft kann im Einzelfall hinsichtlich des Kriteriums des „entsprechenden räumlichen Verhältnisses“ schwierig werden.

40

Nicht in die Beschlagnahme fallen Zubehörstücke, die nicht in das Eigentum des Schiffseigentümers gelangt sind (denn auf diese erstreckt sich eine Schiffshypothek gemäß § 31 Abs. 1 SchRG nicht).

41

Auch bei Schiffen können Zubehörstücke von der Haftung frei werden, wenn ihre Zubehöreigenschaft in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft aufgehoben wird oder die Stücke veräußert und von dem Schiff entfernt werden, bevor sie zugunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind; § 1121 Abs. 2 BGB gilt sinngemäß – dies beides ergibt sich aus § 31 Abs. 2 SchRG.

42

Für Bestandteile findet sich eine ähnliche Regelung in § 31 Abs. 3 SchiffsRG, wonach § 31 Abs. 2 ZVG (wiederum mit der Verweisung auf § 1121 Abs. 2 BGB) für die Bestandteile sinngemäß gilt, mit der Maßgabe, dass anstelle der Aufhebung der Zubehöreigenschaft die Trennung und Entfernung von dem Schiff tritt, sofern nicht die Entfernung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt.

43

Wie auch bei Grundstückszubehör gilt, dass das tatsächliche Zubehör, wenn nicht der wahre Eigentümer seine Rechte nach §§ 162, 55 Abs. 2, 37 Nr. 5 ZVG geltend macht, mit versteigert wird und vom Zuschlag mit umfasst wird (§ 90 Abs. 2 ZVG),25) sodass dann das Eigentum verloren geht und dann nur ein Ersatzanspruch gemäß § 37 Nr. 5 ZVG besteht. 2.

44

Hat der Eigentümer/Reeder oder für seine Rechnung ein anderer (z. B. ein Ausrüster) für das Schiff eine Versicherung abgeschlossen, so erstreckt sich die Schiffshypothek auch auf die Versicherungsforderung (§ 32 Abs. 1 SchRG). 3.

45

Versicherungsforderung

Umfang der Beschlagnahme

Hingegen unterliegt ein Prämienanspruch im Rahmen einer freiwilligen Abwrackaktion nicht der Hypothekenhaftung und damit auch nicht der Beschlagnahme,26) derartige Ansprüche können aber im Rahmen eines Vollstreckungsschutzantrags gemäß § 765a ZPO eine Rolle spielen (siehe Rz. 64). _____________ 24) Beispiele bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 51 sowie Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 156 f. 25) Mohrbutter, KTS 1974, 88, 91. 26) Hornung, Rpfleger 1990, 445, 449 f.

1140

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

Frachtgelder, auch wenn sie den Schiffsgläubigern pfandrechtlich haften (z. B. gemäß §§ 566 Abs. 2 Satz 1 HGB), gehören ebenfalls nicht zum Zubehör und werden von der Beschlagnahme des Zubehörs nicht erfasst. Die Vollstreckung in Frachtgelder ist stets gesondert und außerhalb der §§ 162 ff. ZVG zu prüfen. Auch Mieten und ähnliche Nutzungsentgelte aus Charter etc., unterfallen nicht der Beschlagnahme, da sie bei der Schiffshypothek nicht zum Haftungsverband gehören.

46

Container, auch wenn sie z. T. zur „Grundausstattung“ eines Schiffes dazugehören, sind grundsätzlich kein Zubehör und auch keine Bestandteile, denn es fehlt an einer dauerhaften Zuordnung zum Schiff.27)

47

Auch Bunkervorräte oder sonstige Vorräte gelten nach der Verkehrsanschauung nicht als Zubehör.28)

48

V. Anwendbare Vorschriften 1.

Erster Abschnitt

a) Grundsätzliche Anwendung Die Vorschriften des ersten Abschnitts des ZVG, also die §§ 1 ff. ZVG (mit Ausnahme von §§ 146 ff. ZVG bzgl. der „echten“ Zwangsverwaltung)29) sind anwendbar.

49

§§ 20 – 26 ZVG sind eingeschränkt anwendbar. Die Anwendung von § 21 Abs. 1 und 3 ZVG kommt mangels entsprechender Erzeugnisse nicht in Betracht. Die Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 24, 25 ZVG wird durch § 165 Abs. 1 Satz 1 ZVG ausdrücklich ausgeschlossen.

50

§ 27 ZVG (Beitritt) ist anwendbar. Eine erneute Anordnung der Bewachung und Verwahrung (§ 165 Abs. 1 Satz 1 ZVG) erfolgt im Falle eines Beitritts nicht.

51

§§ 28 – 34 ZVG (Aufhebung und einstweilige Einstellung) sind anwendbar und werden durch § 165 Abs. 2 ZVG ergänzt. Da bei § 30a Abs. 3 Satz 2 ZVG für Seeschiffe gemäß § 169a Abs. 1 ZVG kein Verkehrswert festgesetzt wird, ist insoweit zu verfahren wie mit einem Versteigerungsobjekt, für das im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einstellungsantrag der Wert noch nicht festgesetzt ist. Allein für diese Entscheidung ist der Wert (bei Seeschiffen) nicht in dem Verfahren nach § 74a Abs. 5 ZVG zu ermitteln, sondern dann eben anhand sonstiger Unterlangen (siehe § 169a Rz. 6 ff. und Rz. 10 f. [Wedekind]).

52

b) Zuschlag: Erteilung/Versagung Die Vorschriften über die Erteilung/Versagung des Zuschlags sind grundsätzlich anwendbar, aber mit folgenden Abweichungen: _____________ 27) Staudinger-Nöll, § 4 SchiffsRG, Rz. 7; a. A. Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 156 f. 28) Staudinger-Nöll, § 4 SchiffsRG, Rz. 11. 29) H. M. – wobei die h. M. gleichwohl auf die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG so weitgehend analog anwendet, sodass die §§ 146 ff. ZVG und die ZwVwV im Ergebnis doch überwiegend analog heranzuziehen sind; zu der hier vertretenen Mindermeinung, §§ 146 ff. ZVG unmittelbar für anwendbar zu halten, siehe § 165 Rz. 173 [Wedekind].

Wedekind

1141

53

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

54

Die von Amts wegen erfolgende Zuschlagsversagung wegen Nicht-Erreichens der sog. 5/10-Grenze des § 85a ZVG und die auf Antrag eines Berechtigten erfolgende Zuschlagsversagung wegen Nicht-Erreichens der sog. 7/10-Grenze (§ 74a ZVG) wird nur relevant für:

55



Schiffsbauwerke und Schwimmdocks und

56



Binnenschiffe (die früher für vorrangig geltenden Sondervorschriften der §§ 13 – 15 BinSchVollStrG a. F. sind durch Art. 21 BRBerG aufgehoben worden).

57

Aber nur für Seeschiffe gelten weiterhin Sonderregelungen (siehe § 169a ZVG). c) Nicht anwendbare Vorschriften

58

§ 77 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZVG sind nicht anwendbar; ebenso ist nicht anwendbar § 94 ZVG (denn dieser wird durch § 170 ZVG ersetzt, wie sich aus § 170 ZVG ergibt, siehe § 170 Rz. 6 [Wedekind]). 2.

Dritter Abschnitt – Grundsätzliche Anwendung

59

Die Vorschriften des dritten Abschnitts des ZVG, also die §§ 172 ff. ZVG, sind ebenfalls grundsätzlich anwendbar.

60

Auch wenn dies in § 162 ZVG nicht ausdrücklich angeordnet wird und die übliche – auch hier sinngemäß verwendete – nicht amtliche Überschrift von § 162 ZVG nur von der Anwendung des „Ersten Abschnitts“ spricht. Der Grund ist die sog. Verweisungstechnik des ZVG, das systematisch so konzipiert ist, dass immer nur „nach vorne“ verwiesen wird. Folgerichtig findet sich im hier gegenständlichen zweiten Abschnitt keine Verweisung auf den dritten Abschnitt, sondern umgekehrt, die Anwendbarkeit des dritten Abschnitts ergibt sich aus diesem. Daher gilt: Die Anwendbarkeit des dritten Abschnitts folgt aus §§ 172, 176, 180 ZVG.30)

61

§ 185 ZVG ist nicht anwendbar.31) 3.

ZPO

62

Ferner ist anzuwenden die ZPO (dieses schon allein aus dem Grund, dass das ZVG ein ausgelagertes Buch der ZPO ist, wie sich aus § 869 ZPO ergibt, worauf § 870 ZPO verweist und § 870a ZPO Bezug nimmt).

63

Insbesondere sind folgende Normen der ZPO anzuwenden:

64

Unmittelbare Anwendung finden die §§ 858, 864, 865, 870a, 931 ZPO.

65

Außerdem ist auch § 765a ZPO anwendbar. In diesem Rahmen ist dann streitig, inwieweit auch bei Seeschiffen – wo die Feststellung eines Verkehrswertes eigentlich ausgeschlossen ist – dennoch im Hinblick auf Vollstreckungsschutz ein Verkehrswert zu ermitteln sei.32)

66

Ein Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO kann dann sinnvoll sein, wenn das Schiff im Rahmen einer freiwilligen Abwrackaktion verschrottet werden kann und der Gläubiger sittenwidrig die Versteigerung weiter betreibt, obwohl die _____________ 30) Stöber, ZVG, § 162 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 69. 31) Stöber, ZVG, § 162 Rz. 2.2. 32) Siehe dazu näher § 169a Rz. 10 ff. [Wedekind].

1142

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

durch Vorbescheid festgestellte Abwrackprämie höher als der zu erwartende Versteigerungserlös ist. Aber der Anordnung der Zwangsversteigerung als solcher steht das nicht entgegen. Nach der Anordnung verhindert die Bewachung und Verwahrung des Schiffes (§ 165 Abs. 1 Satz 1 ZVG) allerdings die Abwrackung (siehe § 165 Rz. 63 [Wedekind]). 4.

Weitere Hinweise

Hinweis zur Seehandelsrechtsreform (siehe dazu ausführlicher Rz. 82 ff.):

67

Der bis 24.4.2013 geltende § 482 HGB a. F. schloss – nur für Seeschiffe – die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung sowie die Vollziehung eines Arrestes aus für die Zeit, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt. Ab 25.4.2013 enthält § 870a Abs. 1 ZPO n. F. eine entsprechende Regelung, die gemäß Gesetzeswortlaut wiederum nur für Seeschiffe gilt. Maßgeblicher Zeitpunkt war früher die sog. „Segelfertigkeit“ (also vor Beginn der Reise bei Eintritt der Reisefertigkeit), während es heute auf den Beginn der Reise ankommt (siehe dazu näher § 171 Rz. 77 ff. [Wedekind]).

68

Eine entsprechende Anwendung von ZPO-Normen kommt im Allgemeinen in Betracht, soweit das mit dem Wesen der Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken vereinbar ist und soweit nicht die positiven Vorschriften der §§ 163 – 170a ZVG ausdrücklich etwas anderes bestimmen.

69

Des Weiteren sei hier auch noch auf § 171 ZVG hingewiesen, der für ausländische Schiffe Sonderregelungen enthält. (Hinweis zur Seehandelsrechtsreform: hinsichtlich des Arrests eines nicht eingetragenen Seeschiffs: § 930 Abs. 4 ZPO n. F.; für den Arrest eines eingetragenen Seeschiffs: § 931 Abs. 7 ZPO n. F.).

70

VI. Arrest-Vollziehung Eine Arrestvollziehung in eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke erfolgt nach § 931 ZPO. Hier werden Schiffe und Schiffsbauwerke wie bewegliche Sachen behandelt. Dies ist sozusagen noch ein Überbleibsel der bis 1940 geltenden Rechtslage.33)

71

Hinsichtlich der Beschlagnahme gilt folgende Besonderheit: Läuft im Zeitpunkt der Arrestvollziehung ein Zwangsversteigerungsverfahren, so gilt die insoweit erfolgte Beschlagnahme als erste Pfändung i. S. d. § 826 ZPO. Dieses folgt aus § 931 Abs. 5 ZPO.

72

Auf Antrag des Gläubigers ist das Arrestpfandrecht in das Schiffs- oder Schiffsbauregister einzutragen (§ 931 Abs. 6 ZPO). Damit wäre eine Befriedigung aus einem eingetragenen Schiff oder eintragungsfähigen, bzw. eingetragenen Schiffsbauwerk im Wege des freihändigen Verkaufs nach §§ 1233 ff. BGB dann wirkungslos.

73

Zur Seehandelsrechtsreform insoweit siehe Rz. 82 ff.

74

_____________ 33) Vgl. hierzu näher Sebode, DR 1941, 620, 623.

Wedekind

1143

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

VII. Vollstreckung im Ausland 75

Literatur: Albrecht, Die Zwangsversteigerung von Seeschiffen im internationalen Rechtsverkehr, 1983; Albrecht/Reinicke, Zwangsversteigerung im Ausland; Hansa 1979, 504; Drischler, „Ausgeflaggte“ Seeschiffe und Zwangsversteigerung, KTS 1980, 111; Krüger, zum auf Schiffspfandrechte anzuwendenden Recht in der Türkei, IPRax 2012, 190; Michaels, Schiffsgläubigerrecht und Auslandsveräußerung, TranspR 1997, 330; Zevenbergen, Arrest von Seeschiffen nach niederländischem Recht, Hansa 1979, 1352.

76

Im Rahmen der sog. Ausflaggung ist zu unterscheiden zwischen dem bloßen „befristeten Flaggenwechsel“34) gemäß § 7 FlaggRG (wo das Schiff weiterhin im vollstreckungsrechtlichen Sinne ein deutsches Schiff bleibt) und der echten Ausflaggung (dazu siehe auch § 171 Rz. 6 ff. [Wedekind]).

77

Nur bei der echten Ausflaggung verliert das Schiff die Eigenschaft „deutsch“ und unterliegt dann ausländischem (Vollstreckungs-)Recht. Übliche Form der Ausflaggung ist eine Art Sale-and-Lease-Back-Verfahren, bei dem der ausländische Reeder/ Eigentümer (oft ein ausländisches Tochterunternehmen) dann im Wege einer sog. Bare-Boat-In-Charter das Schiff dem deutschen Ausrüster überlässt.35)

78

Bei der Eintragung im sog. Deutschen Zweitregister hingegen geht es nur um Optionen hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse ausländischer Besatzungsmitglieder, aber sachenrechtlich und vollstreckungsrechtlich bleibt das Schiff „deutsch“.36)

79

Auch kann das Zusammenspiel mit dem EGBGB im Einzelfall schwierig werden.37) VIII. Exkurs: Insolvenzordnung

80

Hinzuweisen ist auf folgende Normen: –

§ 23 Abs. 3 InsO (Eintragung und Bekanntmachung der Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister und im Register über Pfandrechten an Luftfahrzeugen, mit Verweis auf §§ 32, 33 InsO).



§ 81 Abs. 1 InsO (unwirksame Verfügungen des Schuldners).



§ 91 Abs. 2 InsO (Ausschluss des sonstigen Rechtserwerbs an Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens): Unberührt bleiben hiernach die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen und § 20 Abs. 3 der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung.



§ 106 Abs. 2 InsO (Vormerkung): Der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger kann gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 InsO für seinen Anspruch Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Ist zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück des Schuldners oder an einem für den Schuldner eingetragenen Recht oder zur Sicherung eines Anspruchs auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts _____________ 34) Stöber, ZVG, § 162 Rz. 3.7. 35) Näher dazu Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 150 m. w. N.; Schalast/Walter, BB 2012, 1301, 1303; Prause, Schiffskreditrecht, S. 174. 36) Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 150. 37) Zu dieser Frage näher Schalast/Walter, BB 2012, 1301, 1303.

1144

Wedekind

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen, so kann der Gläubiger für seinen Anspruch Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Dies gilt auch, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber weitere Verpflichtungen übernommen hat und diese nicht oder nicht vollständig erfüllt sind (§ 106 Abs. 1 Satz 2 InsO). –

§ 140 Abs. 2 InsO (für die insolvenzanfechtungsrechtliche Prüfung der Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes maßgeblicher Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung); § 147 InsO (Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung).



Bezüglich eines etwaigen Insolvenzplans: § 228 Satz 3 InsO (Insolvenzplan: Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse), § 267 Abs. 3 InsO (Bekanntmachung der Überwachung des Insolvenzplans und Eintragung und Bekanntmachung dieser Überwachung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister und im Register über Pfandrechte an Luftfahrzeugen, mit Verweis auf §§ 32, 33 InsO).



§ 277 Abs. 3 InsO (Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte bei Eigenverwaltung).

Internationales Insolvenzrecht:

81



§ 336 Satz 2 InsO: Bei einem Vertrag, der ein dingliches Recht oder ein Recht zur Nutzung eines im Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Gegenstand betrifft, ist das Recht des Staates maßgebend, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird.



§ 346 Abs. 3 InsO: Bei ausländischen Insolvenzverfahren gelten für die Eintragung der Verfahrenseröffnung in das Schiffsregister, das Schiffsbauregister und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen die Absätze 1 und 2 entsprechend (d. h. in der Regel Eintragung auf Antrag des ausländischen Insolvenzgerichts).



§ 349 Abs. 1 InsO: Hat bei einem ausländischen Insolvenzverfahren der Schuldner über einen Gegenstand der Insolvenzmasse, der im Inland im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, oder über ein Recht an einem solchen Gegenstand verfügt, so sind die §§ 878, 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 3 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und § 5 Abs. 3, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen anzuwenden.



§ 349 Abs. 2 InsO: Ist zur Sicherung eines Anspruchs im Inland eine Vormerkung im Grundbuch, Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, so bleibt § 106 InsO (Vormerkung siehe oben) unberührt.

IX. Kurzüberblick zur Seehandelsrechtsreform – Änderungen bei Seeschiffen (z. T. auch Binnenschiffen) Die Seehandelsrechtsreform hat zu weitreichenden Veränderungen im Recht der Seeschiffe (und z. T. auch der Binnenschiffe) geführt. Des Weiteren ist die Numerierung der Vorschriften weitgehend verändert worden. Soweit wird im Folgenden

Wedekind

1145

82

§ 162

Anzuwendende Vorschriften

auf die bisherigen Regelungen (HGB a. F.) und die neuen Regelungen (HGB n. F.) verwiesen. 83

Reeder, Ausrüster, Kapitän („Schiffer“) werden z. T. neu geregelt:

84

Reeder (§ 476 HGB n. F., vormals § 484 HGB a. F.) ist wie bisher der rechtliche Eigentümer des Schiffs, der das Schiff betreibt, zum Erwerb durch Seefahrt betreibt also selbst „ausrüstet“ bzw. durch einen Ausrüster ausrüsten lässt).

85

Ausrüster (§ 477 HGB n. F., vormals § 510 HGB a. F.) ist wie bisher ein NichtEigentümer, der ein ihm nicht gehörendes Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt betreibt und damit gegenüber Dritten als Reeder anzusehen ist.

86

Die Rechtsstellung des Kapitäns/„Schiffers“ (§ 479 HGB n. F., vormals u. a. §§ 526 ff. HGB a. F.) hat sich inhaltlich verändert mehr hin zu einer arbeitnehmerähnlichen Person (und weniger einer unternehmerischen Stellung). Der Kapitän hat weiterhin die gesetzliche Vertretungsmacht für den Reeder in Bezug auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Schiffs gewöhnlich mit sich bringt (vorher reichte die Vertretungsmacht darüber z. T. hinaus).

87

Neuerdings gibt es eine Zustellungsvollmacht des Kapitäns/Schiffers (§ 619 HGB n. F.).

88

Die Partenreederei (§ 489 HGB a. F.) gibt es künftig nicht mehr (siehe Rz. 28).

89

Die Regelungen über den Korrespondentenreeder (§§ 492 – 499 HGB a. F.) sind ersatzlos entfallen.

90

Die Vorschriften über die Schiffsgläubigerrechte bleiben im Kern inhaltlich unverändert, finden sich aber jetzt unter anderer Numerierung in den §§ 596 – 604 HGB n. F. (statt vormals §§ 754 – 764 HGB a. F.).

91

Wichtige Neuerung ist, dass § 760 Abs. 2 HGB a. F. entfallen ist, der früher einem Schiffsgläubiger ermöglichte, die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff gegen den Schiffer/Kapitän zu richten. Ab 25.4.2013 kann die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schiffer/Kapitän gerichtet werden; sondern vielmehr ist der richtige Beklagte nunmehr der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.). Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

92

§ 482 HGB a. F. (Vollstreckung in Seeschiff nur dann, wenn es im Hafen liegt) entfällt und wird in der ZPO geregelt, allerdings auf drei Paragrafen verteilt:

93



§ 870a ZPO n. F. (Zwangsversteigerung)



§ 930 Abs. 4 ZPO n. F. (Vollziehung Arrest bei Seeschiff ohne Eintragung)



§ 931 Abs. 7 ZPO n. F. (Vollziehung Arrest bei eingetragenem Seeschiff)

Gemäß § 917 Abs. 2 ZPO n. F. bedarf es künftig keines Arrestgrundes mehr, sofern der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Seeschiff stattfindet. Das ist eine wesentliche Erleichterung, die aus Gläubigersicht sehr zu begrüßen ist.

1146

Wedekind

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

§ 163

§ 163 Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte (1) Für die Zwangsversteigerung eines eingetragenen Schiffs ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich das Schiff befindet; § 1 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Für das Verfahren tritt an die Stelle des Grundbuchs das Schiffsregister. (3) Die Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gelten als Beteiligte, auch wenn sie eine Forderung nicht angemeldet haben. Bei der Zwangsversteigerung eines Seeschiffes vertritt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, bei der Zwangsversteigerung eines Binnenschiffes die Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft die übrigen Versicherungsträger gegenüber dem Vollstreckungsgericht. Literatur: Ehricke, Spezialisierung als Rechtsprinzip für die Zuständigkeit im deutschen Zivilverfahrensrecht?, NJW 1996, 812; Falk, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 11.5.1993 – X ARZ 347/93, Rpfleger 1993, 355; Hintzen/Riedel, Das deutsche Internationale Mahnverfahren, Rpfleger 1997, 293; Müller, Peter, Sicherung von Beitragsforderungen der Krankenkassen gegen Schiffseigner der Binnenschifffahrt, Die Beiträge 1969, 73; Pfeiffer, Zuständigkeitskonzentration im Auslandsmahnverfahren, IPRax 1994, 421; Rellermeyer, Zuständigkeitskonzentrationen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1995, 492. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 5 III. Zuständiges Vollstreckungsgericht ................................................... 6 1. Spezielle Konzentrationsverordnungen ........................................ 6 2. Allgemeine Konzentrationsverordnungen ........................................ 7 3. Unpraktikabilität der gesetzlichen Regelung des ausschließlichen Gerichtsstands ....................................... 8 4. Forderung an den Gesetzgeber .......... 14 5. Anmerkungen zur Historie ................ 20

I.

6. IV. V. VI. 1.

Hinweis auf § 168b ZVG ..................... 26 Ermittlung des Schiffstandortes ...... 32 Schiffsregister ..................................... 35 Beteiligte ............................................. 50 Originäre Beteiligte ohne Anmeldung .......................................... 50 2. Sozialversicherungsträger als originäre Beteiligte ohne Anmeldung (aber mit Anmeldeerfordernis) ........................... 52 3. Beteiligte (nur) aufgrund Anmeldung .......................................... 57 VII. Forderung an die Legislative ........... 61

Zweck der Norm

§ 163 ZVG beinhaltet Zuständigkeitsvorschriften (Abs. 1) und enthält ergänzende Bestimmungen, um den Kreis der Beteiligten näher zu bestimmen (Abs. 3 ergänzt insoweit § 17 ZVG und privilegiert bestimmte Schiffsgläubiger, § 596 Abs. 1 Nr. 5 HGB n. F. = § 754 Abs. 1 Nr. 5 HGB a. F., die auch ohne Anmeldung – automatisch – Beteiligte sind).

1

Absatz 2 regelt registerliche Besonderheiten. Konkret heißt das, abweichend von § 764 ZPO überträgt Absatz 1 die örtliche Zuständigkeit dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sich das Schiff in einem bestimmten Zeitpunkt befindet (dazu siehe Rz. 20 ff.). Mit diesem Anknüpfen an den bei Anordnung aktuellen Schiffsstandort soll erreicht werden, dass grundsätzlich nur dasjenige Gericht zuständig ist, welches zugleich in der Lage ist, das Schiff in seinem Bezirk festzuhalten (vgl. die Kommen-

2

Wedekind

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§ 163

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

tierung zu § 165 Rz. 42 ff. [Wedekind]). Nur von diesem Gericht könne auch erwartet werden, dass es in der Lage sein werde, das Schiff dem Ersteher zu übergeben.1) 3

Zur Kritik siehe Rz. 8 ff.

4

§ 163 Abs. 2 ZVG enthält diverse registerrechtliche Besonderheiten, die sich daraus ergeben, dass für das hier gegenständliche Verfahren anstelle des Grundbuches ein anderes Register tritt, nämlich das Schiffsregister. II. Anwendungsbereich

5

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Seeschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

eingetragene/eintragungsSchiffsbauwerke u. fähige Schwimmdocks nach Maßgabe von § 170a ZVG ./. III. Zuständiges Vollstreckungsgericht 1. 6

2. 7

Spezielle Konzentrationsverordnungen

Für die Zwangsversteigerung von Schiffen gelten die Konzentrationsverordnungen in denjenigen Ländern, die besondere Regelungen für die Schiffsversteigerung geschaffen haben, nämlich: in Baden-Württemberg, in Hamburg, in Nordrhein-Westfalen.2) Allgemeine Konzentrationsverordnungen

Ferner gelten für die Zwangsversteigerung von Schiffen auch jene Konzentrationsverordnungen gleichermaßen, die sich nicht ausdrücklich auf die Zwangsversteigerung von Grundstücken beschränken, nämlich: in Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen.3) 3.

Unpraktikabilität der gesetzlichen Regelung des ausschließlichen Gerichtsstands

8

Das Anknüpfen einer ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit an den bei Anordnung aktuellen Schiffsstandort führt in der Praxis zu erheblichen praktischen und rechtlichen Problemen.

9

Zudem sind die gesetzgeberischen Motive (siehe oben) als obsolet anzusehen. Die Übergabe des Schiffes an den Ersteher erfolgt in der Praxis nicht durch das Gericht, sondern durch den gemäß § 165 ZVG bestellten Treuhänder. Dieser wird _____________ 1) 2) 3)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 163 Rz. 5 ff. Rz. 1 m. w. N.

Näheres bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 163 Rz. 6. Vgl. im Detail Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 163 Rz. 5 ff.

1148

Wedekind

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

§ 163

üblicherweise ansonsten als Zwangsverwalter tätig sein und ist als solcher gewohnt, einen größeren räumlichen Einzugsbereich zu haben. In der Praxis führt die Norm eher dazu, dass die Gläubiger über Wochen, manchmal über Monate, eine unsinnige Odyssee von einem Vollstreckungsgericht zum nächsten unternehmen müssen, oftmals auch Detektive oder ähnliches einschalten müssen. Hierbei besteht die Herausforderung nicht nur darin, den aktuellen Standort des Schiffes zu ermitteln, sondern vor allem auch darin, den zuständigen Rechtspfleger dazu zu bewegen, zu einem Zeitpunkt den Anordnungsbeschluss zu erlassen, in dem sich das Schiff – hoffentlich zufälligerweise noch – im Gerichtsbezirk eben gerade dieses Amtsgerichts befindet.

10

Kern des Problems ist, dass es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 802 ZPO handelt. Dies hat zur Folge, dass bei Erlass des Anordnungsbeschlusses durch das örtlich unzuständige Amtsgericht (das Schiff ist also z. B. gerade eben über die Grenze des einen Amtsgerichtsbezirks in den Bezirk des angrenzenden Vollstreckungsgerichtes gefahren) der Anordnungsbeschluss an einem unheilbaren Mangel leidet.

11

In Praktiker-Foren finden sich daher z. T. Tipps bzw. Erfahrungsberichte von Rechtspflegern, die davon berichten, dass sie sich z. T. mit vorgefertigten Anordnungsbeschlüssen an das Ufer des Flusses oder den Rand des Hafenbeckens bewegen, in der Hoffnung, das Schiff dort noch im Gerichtsbezirk befindlich anzutreffen, und sozusagen im Angesicht des Schiffes dann den (schon vorbereiteten) Anordnungsbeschluss auszufertigen.

12

Da die Länder von der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, Zuständigkeitskonzentrationen vorzunehmen, offenkundig keinen hinreichenden Gebrauch machen, wäre hier der Bundesgesetzgeber gefordert.

13

4.

Forderung an den Gesetzgeber

Vorbild einer praxistauglichen modernen rechtsstaatlichen Neureglung könnte die Regelung sein, wie sie bei Luftfahrzeugen schon seit Langem gilt; dort gibt es nämlich gemäß § 171b ZVG exakt ein örtlich zuständiges Amtsgericht, nämlich dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk sich das Luftfahrtbundesamt mit seinem Sitz befindet.

14

Die Existenz von § 171b ZVG (der viel später geschaffen wurde als § 163 ZVG) belegt auch die (vom ersten Geltungszeitpunkt des § 163 ZVG am 1.1.1900 bis zum 1.1.1964, ab welchem § 171b ZVG gilt) zwischenzeitlich geänderte moderne Verkehrsanschauung, derzufolge es auf eine Übergabe des Vollstreckungsgegenstandes durch das Gericht nun wahrlich nicht ankommt, da dieses in der Praxis schlicht nicht stattfindet.

15

Soweit Bedenken bestehen sollten, angesichts verschiedener regionaler Schwerpunkte von Schifffahrt, z. B. Rheinschifffahrt, Moselschifffahrt oder Bodenseeschifffahrt etc. nur ein örtlich zuständiges Vollstreckungsgericht zu haben, wäre auch vorstellbar, bundesgesetzlich anzuordnen, dass de lege ferenda je Bundesland ein Amtsgericht als ausschließlich örtlich zuständiges Amtsgericht zu bestimmen ist, ggf. ergänzt, um eine Zweifelsregelung, dass dieses im Zweifel dasjenige Amts-

16

Wedekind

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§ 163

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

gericht sein soll, in dessen Bezirk sich das jeweilige Wasser- und Schifffahrtsamt befindet. 17

Für eine Änderung der derzeitigen Regelung über die örtliche Zuständigkeit spricht auch, dass sich nach allgemeiner Auffassung die örtliche Zuständigkeit desjenigen Gerichts, das einmal die Zwangsversteigerung angeordnet hat, auch dann nicht ändert, wenn sich das Schiff zwischenzeitlich (nach Anordnungsbeschluss) aus dem Gerichtsbezirk entfernt haben sollte.4) Das Wesen von Schiffen besteht gerade darin, bewegt zu werden, dieses bringt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung (auch im Rahmen einer Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Satz 1 ZVG) regelmäßig mit sich. Das Problem ist also keineswegs nur theoretischer Natur.

18

Zudem ist bei einer Vollstreckungsmaßnahme immer auch als Möglichkeit davon auszugehen, dass sich der Schuldner der Vollstreckungsmaßnahme entziehen will – dies ist de lege lata einfach möglich, denn durch eine einfache Schiffsbewegung können die Anordnungsbeschlüsse jeweils unheilbar nichtig gemacht werden; dieses ist aus Gläubigersicht (immerhin absonderungsberechtigte dinglich gesicherte Gläubiger) nicht nachvollziehbar und nur noch durch obsolete Argumente zu rechtfertigen.

19

Warum es ausgerechnet bei der Anordnung des Verfahrens ein nichtigkeitsbegründendes Kriterium sein soll, dass sich das Schiff zufälligerweise in einem bestimmten Gerichtsbezirk befindet, ist nicht nachvollziehbar. Diese gesetzliche Regelung muss dringend reformiert werden. 5.

Anmerkungen zur Historie

20

Vor Geltung des ZVG (also vor dem 1.1.1900) kam es in den Landesrechten auch schon auf das Belegensein (bzw. den Standort) des Schiffes für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit an, und zwar kam es in Hamburg auf den Zeitpunkt des Antrags an, während es in Preußen auf den Zeitpunkt der Beschlagnahme ankam. Das ZVG hat seinerzeit sozusagen einen Mittelweg gewählt und auf den Zeitpunkt abgestellt, „in welchem das Verfahren angeordnet wird“.5)

21

Maßgeblich war dabei allein folgende Vorstellung: „Nur dasjenige Gericht, welches zugleich in der Lage ist, das Schiff in seinem Bezirk festzuhalten (§ 165 ZVG), soll zuständig sein, weil nur von ihm erwartet werden kann, dass es auch in der Lage sein werde, das Schiff dem Ersteher wirklich zu übergeben.“6)

22

Die Frage, ob es sich wirklich bei dieser Art der Zuständigkeitsbestimmung um eine ausschließliche i. S. v. § 802 ZPO handeln sollte, war in der damaligen Kommission streitig gewesen: „Ein Antrag in der Kommission des Reichstags, auf Antrag eines Beteiligten auch ein anderes Amtsgericht zum Vollstreckungsgericht bestellen zu lassen und die hierauf bezügliche Anordnung dem zunächst höheren Gericht zu übertragen, wurde abgelehnt.“7) _____________ 4) 5) 6) 7)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 163 Rz. 10. Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 163 Anm. 1 m. w. N. Wörtliches Zitat aus Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 163 Anm. 1. Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 163 Anm. 1 m. w. N.

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Wedekind

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

§ 163

Kurzum: Auch der historische Gesetzgeber hatte keineswegs die Vorstellung, dass § 163 ZVG die einzig mögliche Zuständigkeitsregelung sei. Nur aufgrund der – seit langem als obsolet anzusehenden – Vorstellung, dass das Vollstreckungsgericht selbst das Schiff nach der Versteigerung dem Ersteher übergebe, kam man auf die Idee, § 163 ZVG in der heute noch immer geltenden Fassung zu regeln. Der Blick auf die Entstehung des ZVG ist also umso mehr ein Argument, § 163 ZVG nunmehr zeitgemäß neu zu regeln.

23

Bei Neufassung des ZVG zu Beginn der Bundesrepublik wurde offenkundig „nur das Nötigste“ neu durchdacht und im Zweifel die vor Kriegsende bestehende Rechtslage übernommen. Nicht ohne Grund lautet der Titel des Standardwerks dazu „Zwangsvollstreckungsnotrecht“. Dort wird § 163 ZVG überhaupt nicht erörtert.8)

24

In den engen Grenzen der Fälle des § 36 Nr. 1, 5 und 6 ZPO kann sich auch de lege lata schon eine abweichende Zuständigkeit ergeben, dieses wäre de lege ferenda sinnvoll zu ergänzen.

25

6.

Hinweis auf § 168b ZVG

Auch wäre de lege ferenda vorstellbar, an den Rechtsgedanken von § 168b ZVG anzuknüpfen, dass eine Stellung des Zwangsversteigerungsantrags an das zuständige Registergericht ebenfalls genügt. Wenn dort zum Schutz – wenn auch nur der Schiffsgläubiger, und nicht der Schiffshypothekengläubiger – eine Anmeldung für ausreichend angesehen wird, mit entsprechender von Amts wegen zu erfolgender Weitergabeverpflichtung an das Versteigerungsgericht, warum soll dann nicht aus demselben Rechtsgedanken heraus dort auch die Stellung des Zwangsversteigerungsantrags wirksam möglich sein? Zumal bei den Luftfahrzeugen § 171b ZVG im Ergebnis dieses bereits heute so regelt.

26

Man mag dann noch diskutieren, ob es wirklich darauf ankommt, in welchem Gerichtsbezirk sich das Schiff bei Anordnung befindet (dieses Gericht also weiterhin das primär örtlich zuständige Versteigerungsgericht bleibt, aber die Stellung des Versteigerungsantrags auch bei dem Registergericht bzw. dem am Ort des Registergerichts ansässigen Vollstreckungsgerichts zulässig und ausreichend ist) – kleine Lösung.

27

Oder ob angesichts der Tatsache, dass der Treuhänder das Schiff sehr wohl aus dem Zuständigkeitsbezirk des Gerichts herausbewegen darf, ohne dass die Gerichtszuständigkeit erlischt, und lediglich zum Versteigerungstermin das Schiff wieder in den Gerichtsbezirk zu bringen hat, es nicht einfach so ist, dass das Schiff zum jeweils zuständigen Gericht hinbewegt wird. Mit anderen Worten, dass nicht die Zuständigkeit zum Schiff „wandert“ sondern das Schiff zum zuständigen Gericht. Und dann wäre es weder rechtlich noch praktisch ein Problem, wenn – große Lösung – das Vollstreckungsgericht am Sitz des Registergerichts örtlich zuständig wäre. Denn damit, dass der Treuhänder das Schiff zum Versteigerungstermin in den Gerichtsbezirk des örtlich zuständigen Gerichts verbringt, hat auch niemand ein rechtliches oder praktisches Problem.

28

_____________ 8)

Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, S. 324.

Wedekind

1151

§ 163

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

29

Im Rahmen der „kleinen Lösung“ mag man noch diskutieren, auf den Zeitpunkt des Eingangs bei welchem Gericht es ankommt und ob es ggf. Fristen gibt, innerhalb derer von Amts wegen vom Registergericht an das Vollstreckungsgericht abgegeben werden muss und ob ggf. da eine Fiktion der Weitergabe innerhalb einer bestimmten Frist gilt.

30

All dies wäre gesetzestechnisch mühelos zu regeln und würde der Rechtspraxis einen sehr großen Dienst erweisen, wenn denn auf irgendeine verlässliche Weise das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen wäre und die oben beschriebene „Odyssee“ vermieden werden könnte.

31

Dies würde auch die Schiffshypothek und die damit verbundenen Schiffshypothekenbriefe stärken und im Ergebnis Deutschland als Wirtschaftsstandort und weltweit führenden Schiffsfinanzierungsstandort stärken. IV. Ermittlung des Schiffstandortes

32

Da de lege lata der Anordnungsbeschluss unheilbar nichtig ist, wenn das Schiff sich bei Anordnung nicht (mehr) im Bezirk des den Beschluss erlassenden Amtsgerichts befindet, ist der Gläubiger doppelt gefordert. Zum einen muss er den tatsächlichen Schiffsstandort ermitteln (z. B. durch einen Detektiv) und dann das Gericht ermitteln, in dessen Bezirk sich das Schiff gerade befindet und dann den zuständigen Rechtspfleger von der örtlichen Zuständigkeit und der Notwendigkeit, einer umgehenden Verfahrensanordnung überzeugen, bevor das Gericht den Gerichtsbezirk wieder verlassen hat.

33

Da Amtsgerichtsbezirke nicht unbedingt groß sein müssen, ist dieses keineswegs nur ein theoretisches Problem, sondern führt in der Praxis z. T. zu erheblichen Kosten und Verzögerungen.

34

Das Gericht müsste sich vergewissern, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Anordnungsbeschlusses das Schiff noch im Gerichtsbezirk ist. Hierzu wären entsprechende Feststellungen zu protokollieren. Ggf. könnte der Detektiv (als Zeuge) per Telefon dem Gerichtsvollzieher den Schiffsstandort bei Erlass des Anordnungsbeschlusses melden, sodass der Rechtspfleger nicht selbst dem Schiff „hinterher reisen“ muss. V. Schiffsregister

35

Die Schiffsregister werden – getrennt nach See- und Binnenschiffsregister sowie Schiffsbauregister – bei den Amtsgerichten geführt (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 65 SchRegO).

36

Örtlich zuständig für die Führung des Schiffsregisters ist das Gericht, in dessen Bezirk sich der Heimathafen oder Heimatort des Schiffes befindet. Falls ein Heimathafen fehlt oder die Schifffahrt bei einem Seeschiff von einem ausländischen Hafen aus betrieben wird, steht dem Eigentümer des Schiffes die Wahl des örtlich zuständigen Schiffsregisters frei (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 SchRegO).

37

Die Festlegung der Gerichte und Gerichtsbezirke erfolgt gemäß § 1 Abs. 2 SchRegO durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen.

38

In das Seeschiffsregister werden die Kauffahrteischiffe (= Handelsschiffe i. S. v. § 5a EStG) und andere zur Seefahrt bestimmte Schiffe (Seeschiffe) eingetragen, die 1152

Wedekind

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

§ 163

nach § 1 FlaggRG die Bundesflagge führen müssen oder diese gemäß §§ 2, 11 FlaggRG führen dürfen und zum Einsatz in der Seefahrt bestimmt sind.9) Die derzeit 15 Seeschiffsregistergerichte sind: Brake, Bremen, Bremerhaven, Cuxhaven, Duisburg-Ruhrort, Emden, Flensburg, Hamburg, Itzehoe, Kiel, Lübeck, Rostock, St. Goar, Stade, Wilhelmshaven.10)

39

In das Binnenschiffsregister11) werden die zur Schifffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten Schiffe (Binnenschiffe) eingetragen. Es kommt hierbei auch noch auf die Tragfähigkeit an – für eine Eintragung ins Binnenschiffsregister muss die Tragfähigkeit mehr als zehn Tonnen betragen, oder es muss eine Maschinenleistung von mindestens 50 PS vorliegen; ferner werden als Binnenschiffe eingetragen: Schlepper, Tankschiffe, Stoßbote, auch wenn bei ihnen die vorgenannten Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Maschinenleistung oder der Tragfähigkeit nicht vorliegen.

40

Die derzeit 27 Binnenschiffsregistergerichte sind: Berlin-Charlottenburg, Brake, Brandenburg, Bremen, Bremerhaven, Dortmund, Duisburg-Ruhrort, Emden, Hamburg, Heilbronn, Kiel, Köln, Konstanz, Lübeck, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Meppen, Merzig, Minden, Regensburg, Rendsburg, Saarbrücken, St. Goar, Stade, Wiesbaden, Würzburg.12)

41

Des Weiteren gibt es Schiffsbauregister, in welche die Schiffsbauwerke eingetragen werden (§ 65 SchRegO).

42

Für die Frage, ob ein Schiff ein Seeschiff oder ein Binnenschiff ist, kommt es darauf an, ob das Schiff regelmäßig zu Fahrten auf Binnengewässern verwendet wird.13)

43

Eine unrichtige Eintragung in einem Binnenschiffsregister anstatt in einem Seeschiffsregister oder umgekehrt, macht die Eintragung nicht unwirksam (§ 5 SchRegO). Ist ein Schiff im Seeschiffsregister eingetragen, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, dass das Schiff ein Binnenschiff sei; bei Eintragung im Binnenschiffsregister kann der Eigentümer nicht geltend machen, es handle sich um ein Seeschiff (§ 6 SchRegO). Kurzum: Es gibt sozusagen keinen guten Glauben bezüglich einer Falscheintragung im Binnenschiffs- oder Seeschiffsregister.

44

Für jedes Schiff ist ein gesondertes Registerblatt zu führen (§ 7 SchRegO). Das Schiffsregister ist öffentlich, jedermann hat das Recht der Einsicht und das Recht, die Erteilung von Abschriften zu verlangen, bei Registerakten aber nur bei berechtigtem Interesse (§ 8 SchRegO).

45

Wenn der Eigentümer weder Wohnsitz noch gewerbliche Niederlassung im Geltungsbereich des Grundgesetzes hat, so muss er einen Vertreter bestellen, der die Rechte und Pflichten gegenüber dem Registergericht wahrnimmt (§ 4 Abs. 3 SchRegO). Und zwar über die Eintragung und Löschung eines Schiffs (§ 9 – 22 SchRegO), über die Eintragung von Rechtsverhältnissen (§§ 23 – 59 SchRegO), über Schiffsur-

46

_____________ 9) 10) 11) 12) 13)

Siehe näher Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 11, 14 – 23. Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG Rz. 31. Siehe im Detail Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 12, 13, 24 – 27. Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG Rz. 31. OLG Hamburg, Urt. v. 24.11.1959 – 2 U 148/59, MDR 1960, 316 – 317, 316.

Wedekind

1153

§ 163

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

kunden (§§ 60 – 63 SchRegO), über Beschwerde (§§ 75 – 90 SchRegO). Über das Schiffsbauregister: §§ 65 – 74 SchRegO. 47

Das Schiffsregister ist außerhalb des Versteigerungsverfahrens dem Grundbuch nicht durchweg gleichgestellt, sondern im Wesentlichen nur im Zwangsversteigerungsverfahren.

48

Für die Praxis noch zu beachten: Die Aufteilung des Schiffsregisters ist etwas anders als beim Grundbuch. Dem Bestandsverzeichnis (kurz BV) entspricht beim Schiffsregister Abteilung I, die Eigentümerangaben finden sich in Abt. II und dingliche Rechte werden sämtlich in Abt. III eingetragen (auch z. B. Dienstbarkeiten, die im Grundbuch in dessen Abt. II eingetragen werden würden).

49

Über die Eintragung im Register wird ein Schiffsbrief (bei Binnenschiffen) bzw. Schiffszertifikat (bei Seeschiffen)14) erteilt, die zu den Schiffspapieren bzw. Schiffsurkunden zählen.15) Die Originale werden z. T. zur Sicherheit bei den finanzierenden Banken hinterlegt, es genügt dann ggf. die Mitführung eines beglaubigten Auszugs (vgl. § 4 Abs. 2 FlRG).16) VI. Beteiligte 1.

Originäre Beteiligte ohne Anmeldung

50

Der Begriff der Beteiligten ergibt sich aus § 9 und § 163 Abs. 3 ZVG. Unterschieden werden Beteiligte ohne Anmeldung (Vollstreckungsgläubiger gemäß § 9 ZVG i. V. m. § 164 ZVG; Vollstreckungsschuldner gemäß § 9 ZVG i. V. m. § 166 ZVG).

51

Des Weiteren gibt es im Schiffsregister bzw. Schiffsbauregister eingetragene oder durch Eintragung gesicherte Berechtigte nach § 9 Satz 1 ZVG, insbesondere Eigentümer (§§ 2, 3, 5 – 7 SchRG), Schiffshypothekengläubiger (§§ 8, 24 ff. SchRG), durch Vormerkung gesicherte Schiffshypothekengläubiger (§§ 11, 12 SchRG) usw. 2.

Sozialversicherungsträger als originäre Beteiligte ohne Anmeldung (aber mit Anmeldeerfordernis)

52

Die Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung, wie in § 163 Abs. 3 ZVG näher bezeichnet (dazu § 754 Satz 10 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 5 HGB n. F. und § 102 Nr. 6 BinSchG) sind zwar als Beteiligte anzusehen, auch ohne dass sie eine Anmeldung vorgenommen haben. Es handelt sich um Schiffsgläubiger (§ 596 Abs. 1 Nr. 5 HGB n. F. = § 754 Abs. 1 Nr. 5 a. F. HGB), die durch § 163 Abs. 3 ZVG teilweise privilegiert werden.

53

Aber da die Forderungen der Sozialversicherungsträger – wie bei anderen Schiffsgläubigern auch – aus dem Schiffsregister nicht ersichtlich sind, besteht gleichwohl ein Anmeldeerfordernis (§ 167 Abs. 2 ZVG).

54

Zur Berücksichtigung von nicht aus dem Schiffsregister ersichtlichen Ansprüchen der Sozialversicherungsträger im geringsten Gebot oder im Teilungsplan ist deren Anmeldung und ggf. Glaubhaftmachung erforderlich (§§ 162, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG). _____________ 14) Ergänzend siehe zum Schiffsvorzertifikat Pamperin-Herbst, Rpfleger 2009, 76 – 77 sowie zum Flaggenschein und Flaggenzertifikat Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG Rz. 57. 15) Vgl. im Einzelnen Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG Rz. 56 f. 16) Vgl. im Einzelnen Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG Rz. 57 m. w. N.

1154

Wedekind

Zuständiges Amtsgericht; Schiffsregister; Beteiligte

§ 163

Zur Rangordnung vergleiche § 169 Rz. 28 ff. [Wedekind].

55

Bei der Zwangsversteigerung eines Seeschiffs vertritt die Deutsche Rentenversicherungknappschaft-Bahn-See kraft Gesetzes die übrigen Sozialversicherungsträger. Dasselbe gilt bei der Zwangsversteigerung eines Binnenschiffs für die Berufsgenossenschaft für Transport- und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr), welche entstanden ist durch den Zusammenschluss der See-Berufsgenossenschaft und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (mit welcher sich zuvor die im Gesetz noch genannte Binnenschifffahrt-Berufungsgenossenschaft vereinigt hatte).17)

56

3.

Beteiligte (nur) aufgrund Anmeldung

Des Weiteren gibt es Beteiligte aufgrund Anmeldung (und evtl. Glaubhaftmachung). Dies sind diejenigen, die ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht an dem Schiff haben oder an einem Recht, das Schiff belastet. Recht haben, z. B. der nicht eingetragene Eigentümer.

57

Des Weiteren sind es diejenigen, die einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Schiff haben, deren Recht nicht eingetragen ist (z. B. mit einem der in § 586 HGB n. F. genannten Pfandrechte oder gesetzlichen Pfandrechten von Schiffsgläubigern, §§ 754 ff. HGB a. F. = §§ 596 ff. HGB n. F., §§ 102, 103 BinSchG).

58

Des Weiteren diejenigen, deren Recht zu Unrecht gelöscht oder erst nach dem Versteigerungsvermerk eingetragen wurde, z. B. nachträglich eingetragene Ansprüche von Arrestpfandgläubigern (§ 931 ZPO). Mieter und Pächter sind nach allgemeinen Vorschriften Beteiligte aufgrund Anmeldung (§ 9 Nr. 2 ZVG).

59

60

VII. Forderung an die Legislative Wie oben näher ausgeführt Rz. 8 ff. ist die bestehende Regelung einer ausschließlichen Zuständigkeit eines Gerichtes, das durch den wechselnden Schiffsstandort bestimmt wird, unpraktikabel, die historischen Argumente für die bestehende Regelung sind in doppelter Hinsicht überholt: zum einen übergibt i. d. R. kein Vollstreckungsgericht in der Praxis dem Ersteher das ersteigerte Schiff und zum anderen ist in § 171b ZVG für die vergleichbare Frage bei Luftfahrzeugen eine ausdrücklich andere Wertentscheidung getroffen worden.

61

Es ist unbedingt erforderlich, eine rechtssichere Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts zu ermöglichen. Dieses kann entweder dadurch gelöst werden, dass – auch oder ausschließlich – das am Sitz des Registergerichts befindliche Vollstreckungsgericht zuständig ist, oder das für den Sitz des örtlich zuständigen Wasserund Schifffahrtsamtes zuständige Vollstreckungsgericht (oder ein anderes Gericht je Bundesland).

62

_____________ 17) Am 1. Januar 2010 nahm die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft ihre Arbeit auf. Sie entstand aus der Fusion der See-Berufsgenossenschaft und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BFH). Vorausgegangen war bereits ein Zusammenschluss zwischen der BGF und der Binnenschifffahrts-Berufsgenossenschaft (BG verkehr Newsletter – Nr. 3/2011 – http://www.bg-verkehr.de); vgl. auch Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 163 Rz. 12.

Wedekind

1155

§ 164

Antragsvoraussetzungen und Glaubhaftmachung

§ 164 Antragsvoraussetzungen und Glaubhaftmachung Die Beschränkung des § 17 gilt für die Zwangsversteigerung eines eingetragenen Schiffs nicht, soweit sich aus den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs oder des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt, etwas anderes ergibt; die hiernach zur Begründung des Antrags auf Zwangsversteigerung erforderlichen Tatsachen sind durch Urkunden glaubhaft zu machen, soweit sie nicht dem Gericht offenkundig sind; dem Antrag auf Zwangsversteigerung ist ein Zeugnis der Registerbehörde über die Eintragung des Schiffs im Schiffsregister beizufügen. Literatur: Hornung, Beiträge zum Schiffsregister (A), Rpfleger 1985, 271; Hornung, Beiträge zum Schiffsregister (B), Rpfleger 1985, 345; Hornung, Gerichtliche Zuständigkeiten in Schiffsregister- und Schiffsbauregistersachen, RpflJb 1986, S. 369; Hornung, Schiffs- und Schiffsbauregister in den ostdeutschen Bundesländern, RpflJb 1997, 243; Krieger, Die Durchführungsverordnung zum Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. Dezember 1940, DJ 1941, 209, Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012; Nöll in: Sebode, Neuerungen bei der Zwangsvollstreckung in Schiffe und Schiffsbauwerke, DR 1941, 620. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich .......................... 11 III. Vollstreckung gegen Eigentümer oder Erben ........................................... 16 IV. Ausnahme: Schiffsgläubiger ............. 20

I. 1

V. Schiffer und Ausrüster als (Fremd)-Besitzer ................................ 22 VI. Sonstige Voraussetzungen ................ 24 VII. Eigentumswechsel und herrenlose Schiffe .................................................. 25 VIII. Antrag ............................................... 33

Zweck der Norm

Die Norm trägt der Tatsache Rechnung, dass die Zwangsversteigerung gemäß §§ 162 ff. ZVG beantragt werden darf durch zwei unterschiedliche Arten von Gläubigern: –

Schiffshypothekengläubiger (dürfen nur gegen den Eigenbesitzer vollstrecken).



Schiffsgläubiger (dürfen gegen jeden Besitzer vollstrecken, insbesondere auch gegen den Schiffer = Schiffsführer = Kapitän; „Schiffer“ ist die historische Bezeichnung, die heutige sind „Kapitän“ (bei Seeschiffen) und „Schiffsführer„ (bei Binnenschiffen), siehe § 166 Rz. 1 ff. [Wedekind].

2

Es handelt sich zwei rechtlich unterschiedliche Arten von Gläubigern und zwei unterschiedliche Rechtsgründe:

3

Schiffshypothekengläubiger sind durch ein im Schiffsregister eingetragenes dingliches Recht gesichert.

4

Demgegenüber erwerben die Schiffsgläubiger (§§ 596 n. F. ff. i. V. m. § 593 HGB n. F., §§ 102 ff. BinSchG) i. d. R. ihre Forderungen aufgrund schuldrechtlicher Verträge, die oft mit dem Kapitän/Schiffsführer/Schiffer geschlossen werden (und nicht mit dem Eigentümer = Reeder = Schiffseigner und auch nicht mit dem Ausrüster).

5

Den vorgenannten Schiffsgläubigern gewährt das materielle Schiffrecht ein gesetzliches Pfandrecht, das quasi-dinglich ist. Die Schiffsgläubiger sind nicht darauf 1156

Wedekind

§ 164

Antragsvoraussetzungen und Glaubhaftmachung

beschränkt, nur gegen den Eigenbesitzer vollstrecken zu dürfen, sondern dürfen gegen jeden Besitzer (Eigen- oder Fremdbesitzer) vollstrecken, wobei unmittelbarer Besitz erforderlich sein dürfte (siehe unten). Den Forderungen der Schiffsgläubiger werden die schuldrechtlichen Forderungen aus Schiffs-Bergungen gleichgestellt; diese führen ebenfalls zu einem Pfandrecht am – geborgenen – Schiff (§ 585 HGB n. F. = § 755 HGB a. F., § 102 Nr. 3 BinSchG).

6

Da nach den Vorschriften des HGB über Seeschiffe und den Normen des BinSchG über Binnenschiffe die Rechte der Schiffsgläubiger gegen jeden unmittelbaren Besitzer des Schiffes verfolgt werden können, bedurfte es dementsprechend im ZVG einer besonderen Regelung für die Anordnungsvoraussetzungen in diesen Fällen. Im Zwangsversteigerungsverfahren gilt gemäß § 17 Abs. 1 ZVG der Grundsatz, dass ein Antrag auf Zwangsversteigerung nur zulässig ist gegen den Eigentümer (aufgrund Eintragung im Grundbuch oder als nachgewiesener Erbe).

7

Wenn also bei Schiffen auch eine Zwangsversteigerung gegen Nichteigentümer und bloße Besitzer möglich ist, bedurfte es insoweit also einer Regelung, die § 17 ZVG ergänzt bzw. erweitert. Insbesondere musste geregelt werden, wie der Nachweis/ die Glaubhaftmachung zu erfolgen haben (wobei im Allgemeinen Nachweis nicht erforderlich ist, sondern im Regelfall die Glaubhaftmachung durch Urkunden genügt). Des Weiteren war zu regeln, wann und inwieweit ggf. Entbehrlichkeit von Nachweis/Glaubhaftmachung bei Offenkundigkeit vorliegt.

8

Dass § 164 ZVG eine Beschränkung der Mittel der Glaubhaftmachung auf die Urkunden als wohl sicherstes Mittel enthält, ist mit Rücksicht auf die einschneidenden Folgen der Verfahrensordnung bestimmt worden. Auf einen Urkundenbeweis wurde bewusst verzichtet, um (weitere) Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden.1)

9

Die Notwendigkeit des Nachweises der Eintragung des Schiffes im Schiffsregister durch ein entsprechendes Zeugnis ergibt sich daraus, dass festgestellt werden muss, ob der Vollstreckungsgegenstand den Vorschriften der Immobiliarvollstreckung überhaupt unterliegt.2) Sonst würde Mobiliarvollstreckungsrecht gelten.

10

II. Anwendungsbereich } auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

./.

Seeschiffe

eingetragene

./.

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks

./.

./.

11

Der Anwendungsbereich des § 164 ZVG ist beschränkt auf inländische Schiffe (Binnenschiffe und Seeschiffe). _____________ 1) 2)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 164 Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 164 Rz. 1.

Wedekind

1157

12

§ 164

Antragsvoraussetzungen und Glaubhaftmachung

13

Nicht anwendbar ist § 164 ZVG auf: Schiffsbauwerke und Schwimmdocks (vgl. hierzu: § 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG). Bezüglich ausländischer Schiffe gilt die Sondervorschrift des § 171 ZVG.

14

Hinweis zur Historie: § 164 Satz 1 ZVG lautete früher: „Die Zwangsversteigerung darf, soweit sich nicht aus den Vorschriften des HGB oder des BinSchG ein anderes ergibt, nur angeordnet werden, wenn der Schuldner das Schiff in Eigenbesitz hat.“ Mit Rücksicht auf § 48 SchRG wurde durch die DVO vom 21.12.1940 die Norm des § 164 ZVG in die jetzige Fassung abgeändert.3)

15

Damit ist die Prüfung der Anwendbarkeit des § 17 ZVG (Frage, inwieweit Eigentum und inwieweit Besitz erforderlich ist und welche Art von Nachweis oder Glaubhaftmachung zu erfolgen hat) vollständig aus dem ZVG hinaus verlagert in die Gesetze, die die Binnenschifffahrt und Seeschifffahrt regeln (BinSchG bzw. HGB). III. Vollstreckung gegen Eigentümer oder Erben

16

Es darf also die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden (falls nicht eine der unten näher bezeichneten Ausnahmen vorliegt), wenn der Vollstreckungsschuldner Eigentümer oder Erbe des Eigentümers ist (§ 17 Abs. 1 ZVG).

17

Falls das Schiff herrenlos ist, so ist ein Vertreter zu bestellen (§ 787 Abs. 2 ZPO), siehe Rz. 32.

18

Für Eigentumswechsel nach der Beschlagnahme gelten §§ 23 Abs. 2 und § 26 ZVG. Hiernach kann der Erwerber eines Schiffes einer Fortsetzung des Verfahrens nur dann im Wege des § 771 ZPO widersprechen, wenn er in der Lage ist, das eingetragene Schiffspfandrecht des betreibenden Gläubigers zu beseitigen; im Falle der Beschlagnahme aufgrund eines persönlichen Rechts ist dieses aber nur der Fall, wenn der Erwerb vor Eintragung des Versteigerungsvermerks oder ohne Kenntnis der Beschlagnahme (konkret des Versteigerungsantrages) erfolgt ist.

19

Keine Ausnahme von diesem Erfordernis besteht bei einer Vollstreckung gegen den sog. Korrespondentenreeder (§ 494 HGB a. F. ist im neuen HGB ersatzlos entfallen), da dieser Vertreter des Eigentümers ist, es sich also auch insoweit um eine Vollstreckung gegen den Eigentümer i. S. v. § 17 ZVG handelt. IV. Ausnahme: Schiffsgläubiger

20

Ausnahmsweise ist es nicht erforderlich, dass der Schuldner als Eigentümer eingetragen oder dessen Erbe ist, und zwar in folgenden Fällen:

21

Bei Vollstreckung eines Schiffsgläubigers (zur Begriffsbestimmung und dem Unterschied zu Schiffshypothekengläubiger siehe Rz. 2 ff.) –

gegen den Ausrüster (§ 510 HGB a. F. = § 477 HGB n. F., § 2 BinSchG),



gegen jeden Besitzer (§ 755 HGB a. F. = § 597 HGB n. F., § 759 HGB a. F. = § 600 HGB n. F., § 103 Abs. 2 und Abs. 3 BinSchG),



bei Vollstreckung gegen den Schiffer = „Schiffsführer“ = „Kapitän“ gemäß § 761 HGB a. F. = § 602 HGB n. F., § 751 HGB a. F. = § 585 HGB n. F., §§ 97, 103 BinSchG.

_____________ 3)

Sebode, DR 1941, 620 ff.; Krieger, DJ 1941, 209 ff.

1158

Wedekind

Antragsvoraussetzungen und Glaubhaftmachung

§ 164

V. Schiffer und Ausrüster als (Fremd)-Besitzer Die Vollstreckung gegen den Schiffer = Schiffsführer = Kapitän ist in § 166 ZVG weiter geregelt (siehe auch § 166 Rz. 1 ff. [Wedekind]).

22

Wegen der Reformierung des HGB siehe § 162 Rz. 82 ff. [Wedekind].

23

VI. Sonstige Voraussetzungen Abgesehen von den Besonderheiten, die oben in Bezug auf § 17 ZVG bereits erwähnt wurden, sind die allgemeinen und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen bei Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu beachten.

24

VII. Eigentumswechsel und herrenlose Schiffe Eine nach der Beschlagnahme erfolgte Veräußerung des Schiffes ist auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner (auch wenn dies nicht der Eigenbesitzer ist) ohne Einfluss, wenn die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eigenen Recht angeordnet ist; anderenfalls ist der Erwerber befugt, der Fortsetzung des Verfahrens zu widersprechen (§ 771 ZPO), außer wenn er erst nach Eintragung des Versteigerungsvermerks erworben oder die bereits erfolgte Beschlagnahme gekannt hätte. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 26 ZVG i. V. m. § 163 Abs. 1 ZVG.4)

25

Die Ausnahmen, auf welche § 164 Satz 1 ZVG durch Bezugnahme auf die Vorschriften des HGB und des Binnenschifffahrtsgesetzes hinweist, sind folgende:

26

Nach § 760 Abs. 2 HGB a. F. konnte die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung auch gegen den Schiffer gerichtet werden (n. F. ersatzlos entfallen). Früher erlaubte auch § 97 BinSchG a. F. im Falle der Bergung und Hilfeleistung die Pfandklage hinsichtlich des Schiffes bei demjenigen Gericht, in dessen Bezirk die Bergung oder Hilfeleistung stattgefunden hat, gegen den Schiffer (n. F. ersatzlos entfallen).

27

Nach § 755 HGB a. F. = § 597 HGB n. F., § 759 HGB a. F. = § 600 HGB n. F. und § 103 BinSchG können die Schiffsgläubiger auch heute noch ihr Pfandrecht an dem Schiff und dessen Zubehör gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgen.

28

Nach § 510 HGB a. F. = § 477 HGB n. F. haftet der sog. Ausrüster (d. h. derjenige, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt für seine Rechnung verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut) einem Dritten, welcher aus der Verwendung einen Anspruch als Schiffsgläubiger herleitet, mit dem Schiffe, und der Eigentümer kann den Dritten an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern, wenn er nicht beweist, dass die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche und der Gläubiger nicht im guten Glauben war. Das Gleiche gilt nach § 2 BinSchG.

29

In den oben genannten Fällen geht der – schuldrechtliche – vollstreckbare Titel nicht gegen den Eigenbesitzer (sondern gegen den Schiffer); gleichwohl findet aufgrund desselben die Zwangsversteigerung statt, wenn beim Gericht offenkundig

30

_____________ 4)

Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 163 Anm. 1 m. w. N.

Wedekind

1159

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

ist, oder durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, dass derjenige, gegen den der Titel geht, noch jetzt Schiffer bzw. Besitzer bzw. Ausrüster ist. 31

Wichtige Neuerung durch die Reform des HGB im Zuge der SeehandelsrechtsReform ist, dass die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schiffer/Kapitän gerichtet werden kann, sondern vielmehr der richtige Beklagte nunmehr der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.) ist. Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

32

Bei herrenlosen Schiffen ist im Grunde wie bei derelinquierten/herrenlosen Grundstücken zu verfahren: Falls das Schiff herrenlos ist, so ist ein Vertreter zu bestellen (§ 787 Abs. 2 ZPO). VIII. Antrag

33

Gemäß § 15 ZVG ist Voraussetzung der Verfahrenseinleitung der Antrag. Dem Antrag auf Zwangsversteigerung ist ein Zeugnis der zuständigen ZVG Registerbehörde über die Eintragung des Schiffs im Schiffsregister (z. B. Schiffsbrief, § 125 Abs. 3 BinSchG a. F. = § 60 Abs. 1 SchRegO n. F.) beizufügen, wie sich aus § 164 ZVG ergibt.

34

Bezugnahme auf das Register genügt ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG (wenn Registergericht und Vollstreckungsgericht zu demselben Amtsgericht gehören).

35

Die Eintragung des Schuldners – oder bei einem Erben dessen Erblasser – als Eigentümer ist durch ein Zeugnis der Registerbehörde bzw. Bezugnahme auf den Eintrag in das Register nachzuweisen (§ 17 Abs. 2 ZVG).

36

Sofern jemand Erbe eines im Grundbuch eingetragenen Eigentümers ist, genügt gemäß § 17 Abs. 3 ZVG, dass die Erbfolge durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, sofern sie nicht dem Vollstreckungsgericht ohnehin offenkundig ist.

37

Die in § 17 ZVG geregelten Ausnahmetatbestände sind urkundlich glaubhaft zu machen, sofern sie nicht offenkundig sind. Öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sind zur Glaubhaftmachung nicht erforderlich.

§ 165 Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung (1) Bei der Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Gericht zugleich die Bewachung und Verwahrung des Schiffs anzuordnen. Die Beschlagnahme wird auch mit der Vollziehung dieser Anordnung wirksam. (2) Das Gericht kann zugleich mit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens im Einverständnis mit dem betreibenden Gläubiger anordnen, daß die Bewachung und Verwahrung einem Treuhänder übertragen wird, den das Gericht auswählt. Der Treuhänder untersteht der Aufsicht des Gerichts und ist an die ihm erteilten Weisungen des Gerichts gebunden. Das Gericht kann ihn im Einverständnis des Gläubigers auch ermächtigen, das Schiff für Rechnung und im Namen des Schuldners zu nutzen. Über die Verwendung des Reinertrages ent1160

Wedekind

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

ist, oder durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, dass derjenige, gegen den der Titel geht, noch jetzt Schiffer bzw. Besitzer bzw. Ausrüster ist. 31

Wichtige Neuerung durch die Reform des HGB im Zuge der SeehandelsrechtsReform ist, dass die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schiffer/Kapitän gerichtet werden kann, sondern vielmehr der richtige Beklagte nunmehr der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.) ist. Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

32

Bei herrenlosen Schiffen ist im Grunde wie bei derelinquierten/herrenlosen Grundstücken zu verfahren: Falls das Schiff herrenlos ist, so ist ein Vertreter zu bestellen (§ 787 Abs. 2 ZPO). VIII. Antrag

33

Gemäß § 15 ZVG ist Voraussetzung der Verfahrenseinleitung der Antrag. Dem Antrag auf Zwangsversteigerung ist ein Zeugnis der zuständigen ZVG Registerbehörde über die Eintragung des Schiffs im Schiffsregister (z. B. Schiffsbrief, § 125 Abs. 3 BinSchG a. F. = § 60 Abs. 1 SchRegO n. F.) beizufügen, wie sich aus § 164 ZVG ergibt.

34

Bezugnahme auf das Register genügt ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG (wenn Registergericht und Vollstreckungsgericht zu demselben Amtsgericht gehören).

35

Die Eintragung des Schuldners – oder bei einem Erben dessen Erblasser – als Eigentümer ist durch ein Zeugnis der Registerbehörde bzw. Bezugnahme auf den Eintrag in das Register nachzuweisen (§ 17 Abs. 2 ZVG).

36

Sofern jemand Erbe eines im Grundbuch eingetragenen Eigentümers ist, genügt gemäß § 17 Abs. 3 ZVG, dass die Erbfolge durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, sofern sie nicht dem Vollstreckungsgericht ohnehin offenkundig ist.

37

Die in § 17 ZVG geregelten Ausnahmetatbestände sind urkundlich glaubhaft zu machen, sofern sie nicht offenkundig sind. Öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sind zur Glaubhaftmachung nicht erforderlich.

§ 165 Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung (1) Bei der Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Gericht zugleich die Bewachung und Verwahrung des Schiffs anzuordnen. Die Beschlagnahme wird auch mit der Vollziehung dieser Anordnung wirksam. (2) Das Gericht kann zugleich mit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens im Einverständnis mit dem betreibenden Gläubiger anordnen, daß die Bewachung und Verwahrung einem Treuhänder übertragen wird, den das Gericht auswählt. Der Treuhänder untersteht der Aufsicht des Gerichts und ist an die ihm erteilten Weisungen des Gerichts gebunden. Das Gericht kann ihn im Einverständnis des Gläubigers auch ermächtigen, das Schiff für Rechnung und im Namen des Schuldners zu nutzen. Über die Verwendung des Reinertrages ent1160

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

scheidet das Gericht. In der Regel soll er nach den Grundsätzen des § 155 verteilt werden. Literatur: Berges, Geschäftsführung in der Vollstreckung, KTS 1956, 113; Hornung, Die Abwrackaktion in der Binnenschiffahrt, Rpfleger 1970, 117; Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, 16. Auflage, 1954, S. 324; Mohrbutter, Treuhänderische Nutzung eines Schiffes in der Zwangsversteigerung – Ein Beitrag zur Geschäftsfortführung in der Vollstreckung, KTS 1963, 21; Mohrbutter, Anmerkung zu LG Osnabrück, Beschl. 17.5.1965 – 8 T 86/65, DGVZ 1965, 210; Schmidt-Räntsch, Betriebsfortführung in der Zwangsverwaltung, ZInsO 2006, 303; sowie ergänzend die Literatur zu § 162 ZVG. Übersicht I. 1.

Zweck der Norm .................................. 1 Absatz 1 (i. d. R. i. V. m. Abs. 2 Satz 1) ......................................... 1 2. Absatz 2 Satz 3 – hier als QuasiZwangsverwaltung bezeichnet ............. 4 3. Zusammenschau von Absatz 1 und Absatz 2 .......................................... 6 II. Anwendungsbereich .......................... 11 III. (Reine) Bewachung und Verwahrung (ähnlich § 25 ZVG) ........................................... 12 1. Durchführung ..................................... 12 2. Anordnung .......................................... 13 a) von Amts wegen .......................... 13 b) Einstweilige Einstellung (aus beliebigem Rechtsgrund) ..... 14 c) Einverständnis des Gläubigers (bei Anordnung) .......................... 17 3. Kostentragung ..................................... 25 4. Gläubigervorschuss ............................. 29 5. Praktische Durchführbarkeit vs. Literaturmeinungen ............................ 34 a) Treuhänderauswahl und -vergütung .................................... 35 b) An die Kette legen ....................... 42 c) Kennzeichnung hinsichtlich der erfolgten Beschlagnahme/ Pfändung ...................................... 49 d) Abwrackung ................................. 63 e) Versicherung ................................ 66 6. „Schuldnerwohnrecht“ (ähnlich § 149 ZVG) ........................... 67 7. Analoge Anwendung von Zwangsverwaltungsrecht (§§ 146 – 161 ZVG und ZwVwV) ....... 68 8. Sequestration gemäß § 931 ZPO vs. § 165 ZVG ...................................... 69 IV. Quasi-Zwangsverwaltung ................. 71 1. Terminierungspraxis – Wünschenswerte Gestaltung aus Gläubigersicht ............................... 72 2. Kein eigenständiges Verteilungsverfahren .............................................. 73 3. Die Art der Bewachung und Verwahrung ......................................... 83

4.

Parallele Anordnung nach §§ 165 und 25 ZVG? ....................................... 89 5. Aufhebung der Sicherungsmaßregel ...... 90 6. Sanierungs-/Fortführungsfeindlichkeit .................................................. 98 V. Wirksamwerden der Beschlagnahme ................................................ 101 VI. Wirkungen der Beschlagnahme ..... 105 VII. Quasi-Zwangsverwaltung mit Betriebsfortführung im Detail ....... 119 1. Willkürliche Versagung der Einwilligung des Gläubigers? ........... 119 2. Treuhänder – Auswahl ...................... 121 3. Nutzung „für Rechnung des Schuldners“ durch den Treuhänder .... 124 4. Aufsicht des Gerichts/ Verfahrensherrschaft ......................... 128 5. Treuhänder-Vergütung ..................... 129 6. Betriebsfortführung durch einen (Quasi)-Zwangsverwalter/ Treuhänder ......................................... 134 7. Zu den praktischen Problemen: ....... 140 a) Umsatzsteuer ............................. 140 b) Versicherungen .......................... 141 c) Behörden .................................... 152 d) Reparaturen und sog. „Klasse machen“ ...................................... 156 e) Räumliche Verlagerung .............. 158 f) Förderung des Zwangsversteigerungsverfahrens ................ 160 g) Fortsetzung der Vollstreckungs-(Quasi)-Zwangsverwaltung nach Zuschlag vs. Sicherungsverwaltung gemäß § 94 ZVG (hier über die Einstiegsnorm § 170 ZVG) ............. 162 8. Exkurs: Rückschlüsse auf die Auslegung der §§ 146 ff. ZVG ......... 167 VIII. Erlösverteilung – Verfahren und Rangklassen .............................. 172 IX. Warum eigentlich nicht eine „echte“ Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG? (noch MM) ............. 173 1. Kein Ausschluss in der ZPO ............ 174 2. Die Regelungen im ZVG .................. 180

Wedekind

1161

§ 165 3.

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Ergebnis ............................................. 194 a) Die „echte“ Zwangsverwaltung eines (deutschen) Schiffes ist gemäß §§ 162, 146 ZVG entgegen der h. M. zulässig (noch MM) ................................. 194 b) Bei Schiffsbauwerken ist die „echte“ Zwangsverwaltung unzulässig (allg. Auffassung) .... 195

I.

Zweck der Norm

1.

Absatz 1 (i. d. R. i. V. m. Abs. 2 Satz 1)

c) Die „echte“ Zwangsverwaltung eines ausländischen Schiffes ist gemäß §§ 171 Abs. 1, 146 ff. ZVG entgegen der h. M. zulässig (noch MM) ................................. 197 d) Praktische Reichweite der Zulässigkeit der Zwangsverwaltung .................................. 199

1

Absatz 1 ist die Entsprechung zu § 25 ZVG bei Grundstücken. Dass bei Schiffen die Bewachung und Verwahrung von Amts wegen angeordnet wird, ist der Tatsache geschuldet, dass Schiffe zwar vollstreckungsrechtlich wie Immobilien behandelt werden, tatsächlich aber sehr mobil sind. Vorrangig geht es also darum, zu verhindern, dass das Schiff in einer Weise (fort)bewegt wird, dass die Vollstreckung gefährdet würde. Dies wird üblicherweise auf die Kurzformel gebracht, die Anordnung der Bewachung und Verwahrung des Schiffes bei der Verfahrensanordnung diene der Sicherstellung der Durchführung des Verfahrens.1)

2

Die Durchführung der Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1 kann theoretisch auch durch das Gericht selbst oder den Gerichtsvollzieher erfolgen.

3

In der Praxis wird aber – zu Recht – in der Regel ein Treuhänder gemäß Absatz 2 Satz 1 bestellt. 2.

Absatz 2 Satz 3 – hier als Quasi-Zwangsverwaltung bezeichnet

4

Eine „echte“ Zwangsverwaltung ist bei Schiffen nur deswegen nicht im Gesetz vorgesehen, weil man bei Schaffung des ZVG hierfür keinen praktischen Bedarf sah (nicht etwa weil man diese für unzulässig gehalten hätte).2)

5

Ein Schiff ist aber nicht nur ein „toter“ Vermögensgegenstand, sondern der Natur nach ein Unternehmen. Gerade vor dem Hintergrund des sich immer mehr auf Unternehmenssanierung und Betriebsfortführung fokussierenden Insolvenzrechts, muss die Möglichkeit einer „Quasi-Zwangsverwaltung“ wie sie § 165 Abs. 2 ZVG vorsieht (wenngleich de lege lata auch nur bei einstweiliger Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens, und damit anders als bei der „richtigen“ Zwangsverwaltung, bei der das Zwangsversteigerungsverfahren weiterlaufen kann), als mindestens gleichwertiger Normzweck zu Absatz 1 angesehen werden, wenn nicht sogar als der vorrangige Normzweck. 3.

6

Zusammenschau von Absatz 1 und Absatz 2

Man könnte also sagen, dass § 165 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 165 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 ZVG lediglich die auf die Besonderheiten der Schiffsversteigerung angepasste Norm des § 25 ZVG beinhaltet, während § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1 eine besondere Art einer Zwangsverwaltung anordnet, die zwingend in einer _____________ 1) 2)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 4 f.; Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 165 Anm. 3.

1162

Wedekind

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Fortführung des vom Schuldner in dem Beschlagnahmeobjekt geführten Betriebes besteht (währenddessen bei der „normalen“ Zwangsverwaltung dieses eine Ausnahme ist, die nur in bestimmten Fällen eines grundstücksbezogenen Gewerbebetriebes für zulässig angesehen wird).3) Die Frage, warum bezüglich Absatz1 nicht einfach auf § 25 ZVG verwiesen wurde, ist gesetzestechnisch nicht wirklich nachzuvollziehen. Der wesentliche Unterschied zwischen der Anordnung der reinen Bewachung und Verwahrung (§ 165 Abs. 1 ZVG, ggf. i. V. m. Abs. 2 Satz 1) und der Quasi-Zwangsverwaltung (§ 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1) einerseits zu § 25 ZVG andererseits besteht darin, dass bei einer „echten“ Immobilie keine Notwendigkeit besteht, diese „an die Kette zu legen“, während bei einem Schiff diese praktische Notwendigkeit offenkundig besteht.

7

Dass die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1 voraussetzt, dass der Gläubiger die Zwangsversteigerung beantragt und es zu einer einstweiligen Einstellung derselben kommen muss, kann nur historisch erklärt werden. Sinnvoll scheint diese Einschränkung der Zwangsverwaltungsmöglichkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung in Schiffe nicht.

8

Siehe zum Verhältnis von § 165 Abs. 2 Satz 2 ZVG zur „echten“ Zwangsverwaltung gemäß §§ 146 ff. ZVG Rz. 173 ff.

9

Während Absatz 1 und Absatz 2 Satz 3 zwei unterschiedliche Arten von Sicherungsmaßregeln beschreiben, betrifft Absatz 2 Satz 1 die Art der Durchführung – Treuhänder bzw. Gericht(sbediensteter), Gerichtsvollzieher (wobei sich diese beiden theoretischen Möglichkeiten implizit aus Absatz 1 ergeben).

10

II. Anwendungsbereich 11

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Seeschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Schiffsbauwerke u. eingetragene/eintragungsfähige Schwimmdocks nach Maßgabe von § 170a ZVG ./. III. (Reine) Bewachung und Verwahrung (ähnlich § 25 ZVG) 1.

Durchführung

Analog der drei in § 150 Abs. 2 ZVG aufgeführten Möglichkeiten kann die Bewachung und Verwahrung grundsätzlich durchgeführt werden durch: –

das Gericht selbst (eine eher theoretische Möglichkeit),



einen Gerichtsvollzieher (früher üblicher, heute unüblich),



einen Treuhänder (Regelfall) – so explizit § 165 Abs. 2 Satz 1 ZVG.

Die Frage der späteren Durchführung ist vor Anordnung zu überlegen. _____________ 3)

Grundlegend BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 16/05, BGHZ 163, 9 – 19; ausführlich dazu Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303 – 314.

Wedekind

1163

12

§ 165 2.

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Anordnung

a) von Amts wegen 13

Die Bewachung und Verwahrung des Schiffes ist gemäß Absatz 1 Satz 1 in jedem Fall von Amts wegen zugleich mit dem Beschluss, mit dem die Zwangsversteigerung angeordnet wird, durch das Vollstreckungsgericht anzuordnen. Das muss aber nicht formal in demselben Beschluss erfolgen, auch wenn das am Praktikabelsten scheint. b) Einstweilige Einstellung (aus beliebigem Rechtsgrund)

14

Die Bestellung eines Treuhänders gemäß Absatz 2 Satz 1 erfordert die einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Hierbei beschränkt das Gesetz die zulässigen Einstellungsgründe aber keineswegs auf einstweilige Einstellung auf Veranlassung (mit Bewilligung) des Gläubigers gemäß § 30 ZVG.

15

Es kommen vielmehr alle denkbaren Gründe für eine einstweilige Einstellung (§ 165 Abs. 2 ZVG) in Betracht.4) Insbesondere kommen also auch einstweilige Einstellungen auf Antrag des Schuldners gemäß §§ 30a ff., 162 ZVG bzw. des Insolvenzverwalters gemäß §§ 30d ff., 162 ZVG in Betracht.

16

Des Weiteren auch einstweilige Einstellungen durch ein Prozessgericht, z. B. aus §§ 775, 776 ZPO. Aber auch einstweilige Einstellungen gemäß § 77 ZVG (Nichtabgabe von Geboten) oder § 86 ZVG (Versagung des Zuschlags) genügen den Anforderungen der nach Abs. 2 Satz 1 geforderten einstweiligen Einstellung. Mithin ergeben sich vielfältige taktische Varianten, sowohl aus Gläubiger- als auch aus Schuldnersicht. c) Einverständnis des Gläubigers (bei Anordnung)

17

Weitere Voraussetzung für die Anordnung der reinen Bewachung und Verwahrung durch einen Treuhänder gemäß Absatz 2 Satz 1 ist (ebenso wie bei der QuasiZwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3) das „Einverständnis“ des Gläubigers mit der Bestellung eines Treuhänders.

18

Hierbei wird das Gericht auf entsprechende Anregungen der Beteiligten, den Gläubiger nach einem etwaigen „Einverständnis“ fragen müssen, z. B. wenn der Schuldner eine einstweilige Einstellung gemäß § 30a ZVG erwirkt hat und seinerseits die Bestellung eines Treuhänders anregt.

19

„Einverständnis“ umfasst also sowohl die Möglichkeit, dass die Initiative vom Gläubiger ausgeht, als auch die Möglichkeit, dass – z. B. bei einer nicht auf Gläubigerinitiative zustande gekommenen einstweiligen Einstellung – die Frage vom Gericht ausgeht; oder auch vom Schuldner (der formal aber nur insoweit das Gericht ersuchen kann, wiederum den Gläubiger zu fragen, oder informell kann sich der Schuldner natürlich auch direkt an den Gläubiger wenden).

20

Der Umfang des notwendigen Einverständnisses des Gläubigers gemäß Absatz 2 Satz 1 erstreckt sich aber nur auf die Übertragung der Verwaltung (Bewachung und _____________ 4)

Mohrbutter, KTS 1963, 21, 24 f.

1164

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Verwahrung gemäß Absatz 1 oder Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3) auf einen Treuhänder als solches; das stellt Absatz 2 Satz 1 Halbs. 2 auch klar. Hingegen erfolgt die Auswahl des Treuhänders nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts, daran knüpft Absatz 2 Satz 2 an: Aufsicht und Weisungsbefugnis über den Treuhänder auch ausschließlich beim Gericht.

21

Die Beteiligten dürfen dem Gericht zwar Anregungen geben, wer als Treuhänder in Betracht komme. Aber das Gericht ist daran nicht gebunden.5) Ein Antragsrecht oder Vorschlagsrecht gibt es nicht. Als „Anträge“ Bezeichnetes ist als Anregung zu verstehen.

22

Erforderlich ist nur, dass das Einverständnis des Gläubigers im Zeitpunkt der Anordnung vorliegt. Es schadet also nicht, wenn das Einverständnis später entzogen wird.6)

23

Bei einem Beitritt ist ein Einverständnis des beitretenden Gläubigers folgerichtig nicht erforderlich (wohl aber, dass auch hinsichtlich des beigetretenen Gläubigers eine einstweilige Einstellung erfolgt, denn dieses verlangt Absatz 2 Satz 1 explizit).7)

24

3.

Kostentragung

Die Kosten der (reinen) Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1 einschließlich der Kosten des regelmäßig einzusetzenden Treuhänders gemäß Absatz 2 Satz 1 gehören (wie auch die bei der Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3) zu den Kosten des Verfahrens (§ 109 ZVG), und zwar des Zwangsversteigerungsverfahrens.8) Dies umfasst auch Kosten für angemessene Versicherungen.9)

25

Das impliziert, dass der Treuhänder daran denken muss, insoweit – anders als der Zwangsverwalter – eine Anmeldung seiner Vergütungsforderung im Zwangsversteigerungsverfahren vorzunehmen, damit diese Forderung im geringsten Gebot berücksichtigt wird.

26

Daraus folgt dann auch die Notwendigkeit, dass der Treuhänder – anders als der Zwangsverwalter, bei dem persönliches Erscheinen im Zwangsversteigerungstermin unüblich ist – im Zwangsversteigerungstermin anwesend sein sollte oder gar muss.

27

Währenddessen kann sich der „echte“ Zwangsverwalter bei „echten“ Zwangsverwaltungen darauf beschränken, ggf. zum Zwangsversteigerungstermin einen aktuellen Kurzbericht zum Zwangsverwaltungsverfahren einzureichen und sich im Übrigen darauf verlassen, dass die Zwangsverwaltervergütung nicht im Verteilungsverfahren des Zwangsversteigerungsverfahrens eine Rolle spielt, sondern ausschließlich – und unabhängig davon – im Zwangsverwaltungsverfahren (§ 155 Abs. 1 ZVG, §§ 22, 9 Abs. 1 ZwVwV). Dies ist ein für die Praxis bedeutsamer Unterschied (siehe Rz. 74 ff.).

28

_____________ 5) 6) 7) 8) 9)

Mohrbutter, KTS 1963, 21, 25. Mohrbutter, KTS 1963, 21, 26 f. Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27. Grundlegend RG, Urt. v. 29.10.1919 – I 125/19, RGZ 97, 61 – 66; zustimmend Mohrbutter, KTS 1963, 21, 23. Mohrbutter, KTS 1963, 21, 23 m. w. N.

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§ 165 4.

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Gläubigervorschuss

29

Regelmäßig ist beim Gläubiger ein Vorschuss zu erheben. Wenn der Gläubiger den Vorschuss nicht leistet, darf das Gericht deswegen nicht das Zwangsversteigerungsverfahren aufheben, aber ggf. die Sicherungsmaßregeln (analog § 161 Abs. 3 ZVG).

30

Fraglich ist aber, in welchem Umfang eine derartige Aufhebung zulässig wäre. Die Aufhebung einer gemäß Absatz 1 angeordneten Bewachung und Verwahrung als solcher scheidet aus, denn diese Sicherungsmaßregel ist von Amts wegen anzuordnen.

31

Fraglich kann aber sein, ob eine Treuhänderbestellung gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzuheben wäre, mit der Folge, dass die Bewachung und Verwahrung dann durch das Gericht (oder ggf. den Gerichtsvollzieher), also in jedem Falle kostenmäßig zulasten der Landesjustizkasse durchzuführen wäre.

32

Die Privilegierung eines den Anforderungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG entsprechenden Gläubigervorschusses (siehe auch § 155 Abs. 3 ZVG) war vor Schaffung des Absatzes 2 abgelehnt worden.10)

33

Nach Schaffung des Absatz 2 Satz 3, der i. V. m. Satz 1 seit 1953 die Quasi-Zwangsverwaltung erlaubt, wird allgemein nunmehr von der Anwendbarkeit von § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG ausgegangen11) – ein weiteres Argument dafür, dass de facto die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 3 ZVG sich nur insoweit noch von der Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG unterscheidet, dass letztere auch zulässig ist, wenn kein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig ist (wobei diese Differenzierung bei den weitreichenden Möglichkeiten der einstweiligen Einstellung und damit erzielbaren Quasi-Zwangsverwaltungen von einem Jahr oder mehreren Jahren Dauer praktisch auch nivelliert wird). Zu denselben Frage bei der QuasiZwangsverwaltung gemäß Absatz 2 siehe Rz. 127. 5.

34

Praktische Durchführbarkeit vs. Literaturmeinungen

Zur praktischen Durchführung finden sich in der Literatur zum Teil wenig praktikable Ausführungen, was auch am Alter dieser Literatur liegen mag. a) Treuhänderauswahl und -vergütung

35

Zum Beispiel ist die früher häufiger vertreten Vorstellung, es könne sich ein Treuhänder finden, der das erhebliche Haftungsrisiko auf sich nimmt, ohne dafür angemessen bezahlt zu werden,12) realitätsfremd. Denn auch dann wenn dem Gerichtsvollzieher die Bewachung und Verwahrung übertragen wird, steht ihm dafür eine eigenständige angemessene Vergütung zu.13) _____________ 10) RG, Urt. v. 29.10.1919 – I 125/19, RGZ 97, 61 – 66; dort waren des Weiteren die Aufwendungen vor Einleitung der Zwangsversteigerung gemacht, sodass diese Entscheidung in keiner Weise geeignet ist, die Anwendung von § 10 Abs. 1 auszuschließen. 11) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 32. 12) Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, S. 327. 13) LG Osnabrück, Beschl. 17.5.1965 – 8 T 86/65, DGVZ 1965, 210 (mit zust. Anm. Mohrbutter, a. a. O., 211); zur identischen Rechtsfrage bei der Sicherungsverwaltung nach Zuschlag gemäß § 94 Abs. 1, § 171g LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121; AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47.

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Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Auch die Vorstellung, Behörden oder amtliche Stellen könnten dazu bereit sein, die Bewachung und Verwahrung zu übernehmen, dürfte sich in der Regel in der Praxis als unrealistisch erweisen. Rechtlich wären dies im Übrigen auch „Treuhänder“. Etwas anderes gilt nur, soweit das Vollstreckungsgericht selbst als Bewacher und Verwahrer handelt, was eher theoretisch sein dürfte.

36

Die Bestellung eines sog. Institutsverwalters gemäß § 150a ZVG scheidet aus, da das Gesetz dies bei Schiffen nicht vorsieht.14)

37

Die Bestellung eines angemessen bezahlten und professionellen Treuhänders muss dementsprechend der Regelfall sein, unabhängig davon, ob es nur um Bewachung und Verwahrung geht, oder ob auch eine Quasi-Zwangsverwaltung in Betracht kommt. Hierbei ist stets einzukalkulieren, dass aus einer reinen Bewachung und Verwahrung kurze Zeit später eine Quasi-Zwangsverwaltung werden kann und es wenig opportun ist, dann einen anderen Treuhänder zu bestellen. Mithin ist auch bei der Anordnung der reinen Bewachung und Verwahrung und der entsprechenden Treuhänderbestellung in der Regel ein Treuhänder auszuwählen, der auch für die Durchführung einer Quasi-Zwangsverwaltung als geeignet anzusehen ist.

38

Geeignete Personen dürften solche Zwangsverwalter sein, die mit Gewerbeobjekten Erfahrung haben und über das notwendige kaufmännische Know-how und auch umsatzsteuerliche Kenntnisse verfügen und es gewohnt sind, mit einem selbstständigen Unternehmer, wie es der Schiffer = Schiffsführer = Kapitän (oft zugleich auch der Eigentümer/Reeder oder mit diesem familiär verbunden) im Regelfall ist, umgehen zu können.

39

Als Insolvenzverwalter Tätige dürften nur ausnahmsweise in Betracht kommen, und dies allenfalls dann, wenn sie vertiefte Kenntnisse im ZVG und in praktischer Zwangsverwaltung plausibel machen können. Das Insolvenzverfahren und die InsO sind in vielerlei Hinsicht unterschiedlich von dem Verfahren nach dem ZVG, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen und praktischen Seite von Zwangsverwaltungsverfahren. Auch fühlt sich der Insolvenzverwalter vorrangig den einfachen Insolvenzgläubigern verpflichtet und nicht – wie hier maßgeblich – den zur abgesonderten Befriedigung Berechtigten.

40

Der typische Treuhänder wird sich also aus einem bestimmten Kreis von geeigneten Zwangsverwaltern rekrutieren.

41

b) An die Kette legen In der Praxis findet sich für die „Bewachung und Verwahrung“ oft der Ausdruck „an die Kette legen“.15) Auch wird auf das Erfordernis einer Kenntlichmachung der erfolgten Beschlagnahme am Schiff hingewiesen.16) Des Weiteren sei ein Inventar aufzunehmen.

42

Das umzusetzen, ist zum einen praktisch oft schwierig. Ein sprichwörtliches „Andie-Kette-Legen“ mit einer Kette, die stark genug ist, das Schiff am Ankerort zu

43

_____________ 14) Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, S. 326. 15) Beispielsweise Mohrbutter, KTS 1963, 21, 23. 16) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 23.

Wedekind

1167

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

halten, ist eher theoretisch. Die Vorstellung etwa, es sei eine „Kette um den Mast zu legen“,17) dürfte eher in die Ära der Segelschiffe gehören und nicht mehr zeitgemäß sein. 44

Auch muss im Hinblick auf die Gezeiten und den Tidenhub (der je nach Nähe zur Einmündung ins Meer auch auf Binnengewässern relevant ist) bedacht werden, dass die Kette ggf. eine variable Länge braucht; dort wo die Anlegevorrichten – sog. Steiger – selbst schwimmen und damit die Taue zwischen Schiff und Steiger eine konstante Länge haben können, bleibt das Problem, dass der Steiger ggf. bewegt werden kann, um die „Kette“ zu zerreißen.

45

Praktikabler ist eher, das Ruder oder Steuerrad zu blockieren, was aber bei der Notwendigkeit von Manövern – z. B. wegen eines Brandes am Hafenrand, der auf das Schiff übergreifen könnte, – problematisch werden kann.

46

Auch die Empfehlung, das Schiff in ein gesondertes Hafenbecken zu verlagern,18) welches dann mit einer Kette versperrt werde, ist wohl eher theoretisch zu sehen. Denn zum einen stehen derartige Hafenbecken nicht unbegrenzt zur Verfügung und zum anderen sind Liegeplätze teuer, zumal wenn sie „exklusiv“ sein sollen und gar in einem eigenen Hafenbecken bestehen sollen.

47

Die realistischste Art des „An-die-Kette-Legen“ besteht wohl eher darin, die Wasserschutzpolizei, Schleusen, Hafenaufsicht, Wasser- und Schifffahrtsämter etc. über die Beschlagnahme zu informieren und um Unterstützung zu bitten, um so über etwaige ungewollte Schiffsbewegungen rechtzeitig informiert zu werden oder einen ggf. „flüchtigen“ Schiffer z. B. durch ein Polizeiboot stoppen zu lassen.

48

Hier ist auch der Gesetzeszweck zu beachten. Wie oben bereits ausgeführt, unterscheidet sich § 165 ZVG von § 25 ZVG dadurch, dass es bei § 165 ZVG um real sehr mobile Sachen geht und bei § 25 ZVG um Immobilien. Daraus folgt dann der weitere Unterschied, dass bei den mobilen Sachen die Bewachung und Verwahrung von Amts wegen anzuordnen ist, während Maßregeln nach § 25 ZVG einen Gläubigerantrag voraussetzen. Wenn es also bei § 165 Abs. 1 ZVG darum geht, eine mobile Sache quasi immobil zu machen, dann folgt daraus auch der notwendige Umfang des „An-die-Kette-legen“ wie auch die Grenzen des Gebotenen. c) Kennzeichnung hinsichtlich der erfolgten Beschlagnahme/Pfändung

49

Die Kennzeichnung des Schiffes ist vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks (siehe Rz. 1) und auch praktischer Aspekte ebenso differenziert zu sehen.

50

Einmal steht ein für alle sichtbarer Aushang in einem gewissen Gegensatz zu dem Rechtsgedanken der §§ 2 und 4 ZwVwV. Unter anderem zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Schuldners ist in § 2 ZwVwV vorgesehen, dass die Bestallungsurkunde, mittels derer der Zwangsverwalter – einem beschränkten Kreis von Personen – die Beschlagnahme anzuzeigen hat, nicht sämtliche Angaben aus dem Anordnungsbeschluss enthält. Gemäß § 4 ZwVwV ist die Bestallungsurkunde nicht öffentlich auszuhängen (auch nicht am Zwangsverwaltungsobjekt), sondern der _____________ 17) App, KKZ 1985, 54. 18) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 165 Rz. 3 m. w. N.

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Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Verwalter hat lediglich alle von der Verwaltung betroffenen Dritten unverzüglich über die Zwangsverwaltung zu informieren (auf die Anzeige der Beschlagnahme an Mieter/Pächter und den Erlass etwaiger Zahlungsverbote kommt es hier mangels entsprechender Beschlagnahmewirkung bei § 165 Abs. 1 und § 165 Abs. 2 ZVG nicht an, aber insoweit gilt auch hier, dass die Beschlagnahme nur dort und insoweit anzuzeigen und zu „veröffentlichen“ ist, wie das die Durchführung des Verfahrens gebietet). Des Weiteren wird der Schiffer ggf. derartige Aushänge in der Regel wieder entfernen. Und da es sich nicht um Pfandsiegel o. Ä. handelt, könnte der Treuhänder eine „echte“ Siegelung im Rechtssinne allenfalls unter Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers bewirken (wobei dieser zu Recht nach der Rechtsgrundlage fragen wird), sodass die Frage bleibt, ob der Nutzen (welcher?) einer derartigen „Siegelung durch den ggf. eintretenden Schaden, der auch gerade bei einer Quasi-Zwangs-verwaltung geschäftsschädigend und damit dem Gläubigerinteresse zuwider laufend sein kann, überhaupt zu rechtfertigen wäre (und also der Schiffer ggf. sogar zu Recht einer derartigen „Siegelung“ entgegentreten würde).

51

Es sei hier daher darauf hingewiesen, dass das An-die-Kette-Legen und Kenntlichmachen historisch zur sicheren Durchführung des Verfahrens (der Zwangsversteigerung) vorgesehen war. Und die sichtbare Kenntlichmachung sollte nur deswegen erfolgen, um einen gutgläubigen Erwerb am Schiff zu verhindern.19)

52

Bei den der Immobiliarvollstreckung gemäß §§ 162 – 171 ZVG unterfallenden Gegenständen ist ein derartiger gutgläubiger Erwerb aber nur gemäß §§ 929a, 932a BGB bei nicht in einem deutschen Register eingetragenen Seeschiffen möglich.

53

Mithin kommt eine derartige Kenntlichmachung entsprechend dem obig beschriebenen Gesetzeszweck und unter Beachtung der Kollision mit den schützenswerten Interessen des Schuldners regelmäßig auch nur bei einem Seeschiff in Betracht, und dieses auch nur insoweit, als es nicht in einem deutschen Schiffsregister eingetragen ist (vgl. §§ 929a, 932a BGB), denn nur dann gibt es für die Hinderung gutgläubigen Erwerbs ein praktisches und rechtliches Erfordernis.

54

Kurzum: Die öffentlich sichtbare Kenntlichmachung der eingetretenen Beschlagnahme hat im Regelfall zu unterbleiben.

55

Sofern das Gericht ein sprichwörtliches „An die Kette legen“ oder ein öffentliches Kenntlichmachen im Beschluss anordnen sollte, sollte der Treuhänder ggf. hierzu das Gespräch mit dem Gericht (und dem Schuldner) suchen.

56

Wichtig, insbesondere an die Adresse derjenigen, die die Bewachung und Verwahrung vollziehen (typischerweise wird das ein neutraler Dritter sein, den das Gericht zum Treuhänder bestellt hat), ist folgender praktischer Hinweis: Bei Schiffen (jedenfalls wenn Vollstreckungsgericht und Schiffsregistergericht verschieden sind) kommt es mehr als bei Grundstücken auf den Zeitpunkt des Vollzugs der Bewachung und Verwahrung (§ 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG) an, weil häufiger als bei Grundstücken dieses der maßgebliche Zeitpunkt für die erste Beschlagnahme sein wird (von den

57

_____________ 19) Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 165 Anm. 1.

Wedekind

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§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

drei möglichen Zeitpunkten, von denen der früheste zur Beschlagnahme führt), siehe sogleich weiter Rz. 101 ff. 58

Daher kommt es also auf eine entsprechende sorgfältige Protokollierung dieses Zeitpunktes an.

59

Zu den praktischen Problemen die daraus entstehen, wenn die Gerichte den Vollzug der Bewachung und Verwahrung nicht durch einen Gerichtsvollzieher durchführen lassen, siehe Rz. 51 f.

60

Hier ist für die Praxis dringend anzuregen, dass die Gerichte bei Abfassung der Beschlüsse Formulierungen finden, die es dem Treuhänder (der regelmäßig ermächtigt sein wird, die Besitzverschaffung selbst durchzuführen, sich also selbst in den Besitz zu setzen) ermöglichen, ohne „größere Überzeugungsarbeit“ – und vor allem ohne vermeidbare Zeitverluste – einen Gerichtsvollzieher davon „überzeugen“ zu können, dass der Beschluss über die Bestellung des Treuhänders diesen Treuhänder auch ermächtigt, einen Gerichtsvollzieher hinzuziehen und sich durch diesen in den Besitz setzen zu lassen.

61

Soweit die Wegnahme der Schiffspapiere im Beschluss erwähnt wird, ist für die Praxis anzumerken, dass der Teil der Schiffspapiere, der nicht ständig an Bord mitzuführen ist, häufig im Original bei Gläubigern als Sicherheit hinterlegt ist. Die praktische Umsetzung der Wegnahme der Schiffspapiere kann also ggf. schwierig werden (bei der Quasi-Zwangsverwaltung kann sich ggf. ein Teil der möglichen Wegnahme verbieten, wenn dadurch der Betrieb unzulässig wäre, weil die Schiffspapiere mitzuführen sind.

62

Die Inventarisierung des Zubehörs ist ähnlich zu sehen wie bei gewerblichen Zwangsverwaltungsobjekten. Dies kann ein durchaus zeitaufwändiger Vorgang sein. Hierfür können gemäß § 21 Abs. 2 ZwVwV erstattungsfähige Auslagenansprüche entstehen.20) d) Abwrackung

63

Ein Antrag im Rahmen einer freiwilligen Abwrackaktion steht der Anordnung der Zwangsversteigerung als solcher nicht entgegen. Nach der Anordnung verhindert die Bewachung und Verwahrung des Schiffes (§ 165 Abs. 1 Satz 1 ZVG) allerdings wohl im Ergebnis regelmäßig die Abwrackung.

64

Ein Antrag des Schuldners auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO kann dann sinnvoll sein, wenn das Schiff im Rahmen einer freiwilligen Abwrackaktion verschrottet werden kann und der Gläubiger – ggf. sittenwidrig – die Versteigerung weiter betreibt, obwohl die durch Vorbescheid festgestellte Abwrackprämie höher als der zu erwartende Versteigerungserlös ist.21)

65

Zur Frage, inwieweit die Quasi-Zwangsverwaltung eine Abwrackung und Einziehung der Abwrackprämie erlauben würde, siehe sogleich Rz. 114 ff.

_____________ 20) HWFH, Zwangsverwaltung, § 22 ZwVwV Rz. 32. 21) Hornung, Rpfleger 1970, 117, 122.

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Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

e) Versicherung Siehe hierzu die Darstellung im Kontext mit der Quasi-Zwangsverwaltung unter Rz. 141 ff. 6.

„Schuldnerwohnrecht“ (ähnlich § 149 ZVG)

Dem auf dem Schiff wohnenden Schuldner mit Familie ist die Wohnung zu belassen, solange keine Gefährdung besteht (dieses ergibt sich zum einen aus §§ 24 und 25 ZVG, zum anderen insbesondere auch aus dem analog anzuwendenden Rechtsgedanken des § 149 Abs. 1 ZVG).22) 7.

67

Analoge Anwendung von Zwangsverwaltungsrecht (§§ 146 – 161 ZVG und ZwVwV)

Insgesamt erscheint es naheliegend, die Regelungen über die Zwangsverwaltung analog heranzuziehen, denn die praktische und vor allem wirtschaftliche Herausforderung ist ähnlich, die Rechtslage ebenso. Erklärtermaßen sind Schiffe nach Immobiliarvollstreckungsrecht zu behandeln und die allgemeinen Regeln anwendbar, lediglich aus historischen Gründen wurde die Anwendung der Regeln über die Zwangsverwaltung in unmittelbarer Anwendung ausgeschlossen; dieses schließt jedoch eine analoge Anwendung nicht aus. 8.

66

68

Sequestration gemäß § 931 ZPO vs. § 165 ZVG

Zur Unterscheidung zwischen Sequestrierung gemäß § 928 Abs. 2 ZPO a. F. (heute § 931 ZPO) und § 165 ZVG führt das OLG Hamburg aus, dass der Gerichtsvollzieher bei der Vollziehung des Arrestes nach § 931 ZVG das Schiff beschlagnahme, aber die Mannschaft an Bord lasse. Während hingegen bei einer „Sequestration“ nach § 165 Abs. 1 ZVG das Schiff an eine den Seeverkehr weniger störende Stelle im Hamburger Hafen verholt werde, die Mannschaft von Bord gehe, und der gesamte Schiffsbetrieb stillgelegt werde und die Bewachung des „stillgelegten Betriebs Schiff“ durch den Treuhänder vorgenommen wird.23)

69

Des Weiteren wird ausgeführt, dass der GVZ beim Gläubiger bei einer Sequestration 1 – 2 % des Schiffswertes als Gebührenvorschuss verlange, während es bei einem Arrest nur 1/5 bis 1/10 dieses Betrages sei.24)

70

IV. Quasi-Zwangsverwaltung Noch mehr als bei der reinen Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1 ist eine analoge Anwendung der Zwangsverwaltungsregeln geboten bei der treuhänderischen Nutzung, die nicht nur praktisch sondern auch rechtlich Quasi-Zwangsverwaltung genannt werden kann. In Abgrenzung von der „echten Zwangsverwaltung“ sind hierbei nur zwei wesentliche Unterschiede zu beachten: _____________ 22) Mohrbutter, KTS 1963, 21 – 36; so schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 165 Anm. 1. 23) OLG Hamburg, Urt. v. 2.3.1967 – 6 U 177/66, MDR 1967, 677 – 680 m. kritischer Anm./ Aufsatz Liesecke, MDR 1967, 625. 24) OLG Hamburg, Urt. v. 2.3.1967 – 6 U 177/66, MDR 1967, 677 – 680 m. kritischer Anm./ Aufsatz Liesecke, MDR 1967, 625.

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§ 165 1. 72

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Terminierungspraxis – Wünschenswerte Gestaltung aus Gläubigersicht

Es ist zu beachten, dass de lege lata diese Quasi-Zwangsverwaltung nur bei einer einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens durchgeführt werden darf. Das bedeutet in der Praxis, dass das Gericht möglichst so das Verfahren vorbereitet und terminiert, dass sozusagen für das Ende der einstweiligen Einstellung und damit für das Ende der Quas-Zwangsverwaltung alles für die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens, insbesondere die Durchführung des Versteigerungstermins „in der Schublade“ liegt, sodass möglichst wenig Verzögerung eintritt.25) 2.

Kein eigenständiges Verteilungsverfahren

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Der weitere wesentliche Unterschied besteht darin, dass es kein eigenständiges Verteilungsverfahren gibt. Bei der echten Zwangsverwaltung gemäß §§ 146 ff. ZVG findet in diesem ein eigenes Verteilungsverfahren statt mit der im Regelfall erfolgenden Aufstellung eines Teilungsplanes gemäß § 156 ZVG und ggf. Kapitalverteilungsterminen gemäß § 158 ZVG.

74

Dies hat auch der Treuhänder zu beachten, insbesondere bei der Geltendmachung der Treuhändervergütung (siehe dazu auch Rz. 28). Denn bei einer Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1 oder eine Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3 findet die Verteilung ausschließlich im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens statt, allerdings mit der Besonderheit, dass bei der Quasi-Zwangsverwaltung (§ 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1) mit Zustimmung des Gerichts durch den Treuhänder bereits vor dem Teilungstermin im Zwangsversteigerungsverfahren Auszahlungen an die Gläubiger vorgenommen werden können, dogmatisch dürfte das als vorschussweise Verteilung einzuordnen sein.

75

Hierbei soll gemäß § 165 Abs. 2 Satz 4 ZVG nach den Grundsätzen des § 155 ZVG verteilt werden. Dies wird z. T. so verstanden, dass von der bindenden Verteilungsreihenfolge von §§ 155, 10 ZVG (ergänzt um die Besonderheiten hinsichtlich des Rangs der Schiffsgläubigerrechte) erheblich abgewichen werden dürfe,26) dies erscheint aber gesetzessystematisch und rechtsstaatlich bedenklich, wenn nicht gar falsch.

76

Die Bezahlung eigentlich nachrangiger Gläubiger mit dem Ziel, dass diese nicht mehr am Zwangsversteigerungsverfahren teilnehmen,27) erscheint vor dem Hintergrund des Anfechtungsrechts (sowohl des insolvenzrechtlichen in §§ 129 ff. InsO wie auch des außerinsolvenzrechtlichen, insbesondere den Normen des AnfG) zweifelhaft. Gerade wenn eine derartige Abweichung von der Verteilungsreihenfolge vorgenommen wird, um zu erreichen, dass die treuhänderische Nutzung des Schiffes fortgesetzt werden kann (und nicht an einer ggf. nicht erfolgenden Einstellung eines solchen Nachranggläubigers scheitert),28) werden allerhöchste An_____________ 25) Zu „Tricks“, um eine möglichst lange, ggf. mehrjährige, Quasi-Zwangsverwaltung zu erreichen siehe Mohrbutter, KTS 1963, 21, 25 – 27. 26) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27 f. 27) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27 f. 28) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27 f.

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Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

forderungen zu stellen sein an das Einverständnis aller ggf. davon betroffenen Beteiligten, damit ggf. im Ausnahmefall ein derartiges Vorgehen nicht unzulässig wäre. Tatsächlich ist wohl das Wort „soll“ im Gesetzestext in einer anderen Weise zu verstehen. Die besondere Schwierigkeit bei der Feststellung der Verteilungsreihenfolge besteht nämlich darin, dass – anders als bei Grundstücken – Schiffsgläubigerrechte vorrangig sein können, die nicht aus den Registern ersichtlich sind.

77

Hinzu kommt, dass diese Schiffsgläubigerrechte schon im deutschen Recht nicht im ZVG geregelt sind, sondern in anderen Gesetzen wie BinSchG und HGB. Auch ausländische Schiffsgläubigerrechte können relevant werden, für die dann in der Regel ausländisches Recht maßgeblich ist. Bei den Schiffsgläubigerrechten gibt es immer wieder rechtliche Veränderungen, sowohl national wie auch international. Diese besondere Fehleranfälligkeit der Verteilung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 4 ZVG mag es rechtfertigen, etwaige Fehler bei der Verteilung dann – auch verfahrensrechtlich – für lässliche Sünden zu halten, wenn denn das Verteilungsergebnis am Ende (also nach Verteilung nach erfolgtem Zuschlag) stimmt.

78

Mit anderen Worten, es ist nicht ausgeschlossen, auch einmal von der vom Gesetz vorgegebenen Verteilungsreihenfolge abzuweichen, aber dafür braucht es dann schon triftige Gründe.29)

79

Hier mag es auch eine Rolle spielen, dass man die Verteilungen vor dem Teilungstermin im Zwangsversteigerungsverfahren als vorschussweise Verteilungen ansehen kann, sodass dann ggf. die Anforderungen an vorschussweise Verteilungen niedriger zu stellen sein mögen (als an das endgültige Ergebnis der Verteilung), so lange sichergestellt bleibt, dass am Ende nach dem Teilungstermin im Versteigerungsverfahren im Ergebnis korrekt unter Beachtung der gesetzlichen Verteilungsreihenfolge verteilt worden ist.

80

Praktisch muss das Gericht entweder eine abstrakte Auszahlungsanweisung analog einem Teilungsplan gemäß § 156 ZVG erstellen, worin auch die Ränge der diversen Schiffsgläubigerrechte zutreffend zu berücksichtigen wären. Ggf. kommt auch in Betracht, dass der Treuhänder die seiner Meinung nach verteilbaren Beträge auf ein

81

_____________ 29) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27 f. ist allerdings zuzugeben, dass er auf einen ähnlichen Rechtsgedanken verweist, wie er der unterschiedlichen Behandlung von Rangklasse 4 und 5 in Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung zugrunde liegt. In der Zwangsverwaltung werden deswegen nur laufende Beträge in Rangklasse 4, und Kapital erst in Rangklasse 5 verteilt, damit möglichst alle Gläubiger die laufenden Beträge erhalten und möglichst vermieden wird, dass ein nachrangiger Gläubiger unnötigerweise die Zwangsversteigerung betreibt. Entsprechend könnte man argumentieren, um auch bei § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG einen nachrangigen Gläubiger „ruhig zu stellen“, damit dieser nicht seinerseits die Zwangsversteigerung beantrage, ohne dass es insoweit dann zu einer einstweiligen Einstellung kommt. Wenn dieses aber auch immer unter dem Erfordernis steht, dass im Ergebnis die „richtige“ Verteilung unter Beachtung aller Ränge erreicht werden kann (und alles andere wäre wohl auch strafrechtlich relevant), dann besteht praktisch – gerade wegen der Kompliziertheit und Fehleranfälligkeit der ranggerechten Verteilung – ein hohes Haftungsrisiko. Verteilungen abweichend von der zwingenden Verteilungsreihenfolge dürften also letztlich doch eher theoretisch sein bzw. nur etwas für „risikofreudige“ Verwalter bzw. Gerichte.

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§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

beim bzw. vom Gericht geführten Treuhandkonto überweist, damit das Gericht dann die konkrete Verteilung durch eigene Überweisungen eigenständig vornimmt.30) 82

Am Praktikabelsten erscheint, dass die Verteilungen im Einzelfall durch das Gericht genehmigt und angeordnet und dann durch den Treuhänder von dem durch diesen unterhaltenen Treuhandkonto ausgeführt werden. 3.

Die Art der Bewachung und Verwahrung

83

Die Art der Bewachung und Verwahrung wird vom Vollstreckungsgericht bestimmt. Am Zweckmäßigsten ist es, wenn verfügt wird, dass das Schiff den Hafen oder den Gerichtsbezirk verlassen darf (denn dies kann auch z. B. für Wartungsund Reparaturarbeiten oder das sog. „Klasse-Machen“ notwendig sein; auch kann ein außerordentlicher Tidenhub oder ggf. ein Hochwasser eine kurzfristige Verlagerung des Schiffsstandortes erfordern).

84

Der historische Gesetzgeber wollte zunächst zwingend vorschreiben, dass das Schiff während des Verfahrens den Hafen (oder wenigstens den Bezirk des Vollstreckungsgerichts) nicht verlassen dürfe. Dies war im Entwurf I ausdrücklich so bestimmt, aber die Kommission II hat diesen Entwurf gestrichen.31)

85

Hinzuweisen ist für die heutige Rechtslage auf § 482 HGB a. F. (Vollstreckung in ein Seeschiff nur dann, wenn es im Hafen liegt), die nun in der ZPO geregelt ist: § 870a ZPO n. F. (Zwangsversteigerung); siehe auch: § 930 Abs. 4 ZPO n. F. (Vollziehung Arrest bei Seeschiff ohne Eintragung) und § 931 Abs. 7 ZPO n. F. (Vollziehung des Arrestes bei eingetragenem Seeschiff).

86

Neben der reinen Bewachung und Verwahrung (Abs. 1 entsprechend § 25 ZVG) ist eine Quasi-Zwangsverwaltung mit Treuhänderbestellung wohl32) nur möglich, wenn eine einstweilige Einstellung des Verfahrenes erfolgt ist (§ 165 Abs. 2 Satz 1 ZVG). Abgesehen von diesem Fall ist eine Nutzung nicht möglich, auch wenn das Verfahren länger dauert. Dieses ist als ein Mangel der bestehenden Rechtslage anzusehen.

87

Die rechtlichen Konstrukte, die z. T. entwickelt werden, um ggf. eine QuasiZwangsverwaltung (also mit Einnahmeerzielung) über den Zuschlag hinaus oder über das Ende einstweiliger Einstellungen hinaus und das ggf. für viele Jahre ermöglichen sollen,33) laufen im Ergebnis darauf hinaus, die Verwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG zu einer Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG zu machen.

88

Es ist auch nicht wirklich einzusehen, warum nicht wie bei der „echten“ Zwangsverwaltung eine Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG neben einem laufenden Zwangsversteigerungsverfahren her betrieben werden kann. Das liegt sowohl im Interesse des Gläubigers als auch des Schuldners, denn ein Schiff ist ein lebender Betrieb, dessen Wert maßgeblich davon beeinflusst wird, dass das Unter_____________ 30) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 31. 31) Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 165 Anm. 1. 32) Zur Frage, ob nicht wenigstens de lege ferenda oder ggf. auch bei richtiger Auslegung bereits heute de lege lata eine „echte“ Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG ebenfalls möglich wäre, siehe Rz. 173 ff. 33) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 27 f.

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Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

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nehmen sozusagen fortgeführt wird. Hier sei nochmals auf die dazu bestehenden Überlegungen, die auch Gesetz geworden und gelebte Praxis sind, im Insolvenzrecht verwiesen sowie auf die hier vertretene Mindermeinung, auch de lege lata sei ein „echte“ Zwangsverwaltung gemäß § 146 ZVG bereits jetzt zulässig (siehe Rz. 173 ff). 4.

Parallele Anordnung nach §§ 165 und 25 ZVG?

Auf Antrag ist anstelle von § 165 ZVG (Abs. 1 – reine Bewachung und Verwahrung – oder auch Abs. 2 Satz 3) oder zusätzlich auch eine Sicherungsmaßnahme gemäß § 25 ZVG zulässig, denn §§ 165 und 25 ZVG schließen einander nicht aus. Hier sei auf die entsprechende Diskussion zur Frage verwiesen, inwieweit Zwangsverwaltung und Maßnahmen gemäß § 25 ZVG nebeneinanderher bestehen können. Auch dort wird überwiegend angenommen, dass beides parallel möglich sei;34) inwieweit das im Einzelfall praktisch sinnvoll ist, ist dann eine andere Frage. 5.

89

Aufhebung der Sicherungsmaßregel

Nach hier vertretener Auffassung ist die Sicherungsmaßregel des § 165 Abs. 1 ZVG mit Erteilung (Verkündung nicht erst mit Rechtskraft!) des Zuschlages (§§ 89, 104 ZVG) durch das Vollstreckungsgericht wieder aufzuheben. Sollte allerdings der Zuschlag nicht erteilt werden, weil z. B. der Gläubiger die einstweilige Einstellung gemäß § 30 ZVG bewilligt, können die Sicherungsmaßregeln des § 165 Abs. 1 ZVG und auch des Absatzes 2 Satz 3 (inkl. Treuhänderbestellung gemäß Absatz 2 Satz 2) wieder angeordnet werden, hinsichtlich Absatz 1 muss dies sogar wieder von Amts wegen erfolgen.35)

90

Bei Erteilung des Zuschlags erfolgt die Aufhebung der Sicherungsmaßregeln vorbehaltlich der §§ 170 Abs. 1 und § 171 Abs. 5. (Dies kann nur noch die „reine“ Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1 betreffen. Denn die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3 kann in diesem Zeitpunkt nicht mehr fortdauern, denn diese setzt eine einstweilige Einstellung des Verfahrens voraus).36)

91

Anders als bei der „echten“ Zwangsverwaltung, wo die bislang noch herrschende Meinung es für zulässig und im Regelfall sogar für geboten erachtet, die Zwangsverwaltung über den Zuschlagszeitpunkt hinaus fortbestehen zu lassen (auch ohne dass eine Ersteherverwaltung gemäß § 94 ZVG beantragt ist) endet also die Bewachung und Verwahrung richtigerweise sofort mit Erteilung des Zuschlags.

92

Dieses rigide Aufhebungserfordernis erzeugt selbstverständlich einige praktische Probleme, denn es besteht die Möglichkeit, dass von einem Moment auf den anderen sich niemand mehr um das Schiff kümmert. Dieses kann in Situationen, die eine Gefährdungslage für das Schiff darstellen – der Verfasser hatte einen Fall, wo die Schiffsversteigerung während einer akuten Hochwassersituation stattfand – in der Praxis problematisch sein.

93

_____________ 34) Statt aller Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 76 – 78. 35) Zur Argumentationen und Rechtskonstrukten, um diesen strikten Konnex aufzulösen vgl. Mohrbutter, KTS 1963, 21 – 36, was zumindest de lege ferenda bedenkenswert scheint. 36) A. A. Mohrbutter, KTS 1963, 21, 34 f.

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Anderseits besteht keine Veranlassung, an den eindeutigen Festlegungen seitens des Gesetzes zu zweifeln. Auch das vorgenannte praktische Problem ist ohne Weiteres lösbar: Wer beabsichtigt, ein Schiff zu ersteigern, kann ohne Weiteres dafür Sorge tragen, dass er mit Erteilung des Zuschlages Personen vor Ort hat, die ggf. sofort quasi die Bewachung und Verwahrung des Schiffes (nunmehr für den Ersteher auf eigene Rechnung und Gefahr) übernehmen können.

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Auch für den Fall, dass der Gläubiger einen sog. Rettungserwerb durchführen sollte, besteht keine Notwendigkeit, dass der Treuhänder weiter tätig wird, ohne dass es dazu einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Treuhänder oder Gläubiger bedürfte. Das Gericht hat hier nichts zu regeln und nichts anzuordnen.

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Also: Mit Erteilung des Zuschlages sind die Maßregeln aufzuheben, das betrifft die Aufhebung der Sicherung und Verwahrung mit dem dazugehörigen Treuhänder und dessen Bestellung, die damit auch aufzuheben ist (die Quasi-Zwangsverwaltung und die Treuhänderbestellung insoweit war schon bei Fortsetzung des Verfahrens, sprich beim Ende der einstweilige Einstellung, aufzuheben).

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Exkurs: Es wäre auch zu fragen, ob nicht auch bei den „normalen“ Zwangsverwaltungsverfahren diesem Gedanken zu folgen wäre, dass im Regelfall mit Erteilung des Zuschlages das Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben wird und es dann Sache des Erstehers ist, sich um die Bewachung und Verwahrung zu kümmern. Ansonsten steht mit § 94 ZVG ein rechtliches Instrument zur Verfügung, mit dem der Gläubiger, wenn er das möchte, eine besondere Art der Verwaltung nach Zuschlag beantragen kann. 6.

Sanierungs-/Fortführungsfeindlichkeit

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Der Konnex zwischen Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3 und Satz 1, den Satz 1 herstellt, wäre bei einer Reformierung des Gesetzes zu überdenken. Denn während es in der Insolvenz ein Gebot ist, einen fortführungsfähigen Betrieb auch fortzuführen, erfolgt hier sozusagen eine zwangsweise Betriebseinstellung, selbst da, wo eine Betriebsfortführung möglich wäre und möglicherweise auch im Interesse des Erstehers wäre und möglicherweise auch – im Interesse von Gläubigern und Schuldner – zu besseren Verwertungsergebnissen führen würde.

99

Kurzum: Die gesetzliche Regelung krankt de lege lata daran, dass um 1900 keine Notwendigkeit für eine detailliertere Regelung (insbesondere hinsichtlich Schaffung eines Zwangsverwaltungsverfahrens) bestand und dieses 1953 und auch danach offenbar niemals wirklich wieder hinterfragt worden ist.

100

Gegebenenfalls ist die gesetzliche Regelung von 1953 auch schlicht „missglückt“ und ist es lediglich nicht gelungen, das gesetzgeberische Anliegen im Gesetzestext zu versprachlichen. Die Praxis und auch die über die Jahrzehnte veränderte Rechtslage sowie auch die – z. T. sehr weitreichenden – Überlegungen der Literatur,37) die Unterschiede zur Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG zu nivellieren, zeigen deutlich, dass es dringend einer gesetzlichen Grundlage dafür bedarf, dass auch bei

_____________ 37) Mohrbutter, KTS 1963, 21 – 36.

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Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Schiffen eine „normale“ Zwangsverwaltung parallel zu einem Zwangsversteigerungsverfahren möglich ist.38) V. Wirksamwerden der Beschlagnahme Die Beschlagnahme wird wirksam

101



mit der Zustellung des Beschlagnahmebeschlusses an den Vollstreckungsschuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG) oder



mit dem Eingang des Ersuchens um Eintragung des Versteigerungsvermerkes bei dem Gericht, bei dem das Schiffsregister geführt wird (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 163 Abs. 2 ZVG), oder



mit dem Vollzug der Bewachung und Verwahrung (§ 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG) – vgl. bei der Zwangsverwaltung die entsprechende Regelung in § 151 Abs. 1 ZVG),



davon der früheste der drei möglichen Zeitpunkten.

Über die dem Eigentümer gleichstehenden Personen vgl. § 164 (Schuldner, Eigentümer/Reeder, Erbe etc.), insbesondere § 164 Rz. 16 ff. und Rz. 31 [Wedekind]).

102

In der Praxis kann der dritte mögliche Beschlagnahmezeitpunkt (§ 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG) anders als bei den Zwangsverwaltungen von Grundstücken, wo das Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt in der Regel der früheste der drei möglichen Beschlagnahmezeitpunkte ist, dann relevant werden, wenn das Schiffsregister bei einem anderen Gericht als dem Vollstreckungsgericht geführt wird. Denn dann kann der Eingang des Ersuchens um Eintragung des Versteigerungsvermerkes bei dem Gericht, bei dem das Schiffsregister geführt wird (§§ 22 Abs. 1 Satz 2, 171a Satz 2 ZVG i. V. m. Satz 1) sich ggf. verzögern.

103

Insofern kommt dem Zeitpunkt des Vollzugs der Bewachung und Verwahrung (§ 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG) ggf. praktisch und rechtlich eine stärkere Bedeutung zu.

104

VI. Wirkungen der Beschlagnahme Die Beschlagnahme wirkt wie ein relatives Veräußerungsverbot zugunsten des betreibenden Gläubigers (§§ 20 Abs. 1, 23 ZVG) und ergreift mit der Wirkung eines Befriedigungsrechts das Schiff bzw. Schiffsbauwerk/Schwimmdock (§ 162 ZVG) samt Bestandteilen und dem Vollstreckungsschuldner gehörigen Zubehör sowie Versicherungsforderungen (§ 865 Abs. 1 ZPO; § 20 Abs. 2 ZVG, §§ 31 – 33 SchRG, § 755 HGB a. F. = § 597 HGB n. F., § 103 BinSchG).

105

Auch hier sind die Regelungen im Prinzip wie bei der „normalen“ Zwangsversteigerung (dazu siehe bereits zu § 162 Rz. 45 ff.) bzw. wie bei der Zwangsverwaltung relevant.

106

Zum Zubehör: § 97 BGB. Zubehör eines Seeschiffes sind auch die Schiffsbote; im Zweifel werden Gegenstände, die in das Schiffsinventar eingetragen sind, als Zubehör des Schiffes angesehen (die Norm des § 478 HGB a. F., in dem früher das Zubehör bei Seeschiffen geregelt war, ist entfallen).

107

_____________ 38) Siehe dazu näher Rz. 87 f., 173 ff.

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§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

108

Das verhaftete Zubehör darf nicht selbstständig gepfändet werden (§ 865 Abs. 2 ZPO). Über den erweiterten Umfang der Beschlagnahme siehe § 55 Abs. 2.

109

Zur Aufhebung der Pfandhaftung siehe § 31 Abs. 2 SchRG (mit Verweis auf § 1121 Abs. 2 BGB). Über Beendigung der Pfandhaftung bei Bestandteilen siehe § 31 Abs. 3 SchRG (mit Verweis auf § 31 Abs. 2 SchRG und von dort wiederum Verweis auf § 1121 Abs. 2 BGB).

110

Zur Beschlagnahme gegen den Schiffer siehe § 166 ZVG.

111

Die Beschlagnahme ergreift nicht im Beschlagnahmezeitpunkt bestehende – laufende oder rückständige – Miet- und Pachtzinsforderungen bzw. Vergütungen für eine Vercharterung (§ 21 Abs. 2 ZVG). Diese unterliegen der Pfändung (Mobiliarvollstreckung); mit anderen Worten, der Gläubiger müsste ggf. insofern eine gesonderte Vollstreckungsmaßnahme ergreifen, welches dann allerdings kein insolvenzfestes Recht auf abgesonderte Befriedigung schafft (anders als bei einer „echten„ Zwangsverwaltung; auch dieses wäre de lege ferenda zu überdenken).

112

Nicht zu verwechseln ist das mit den Forderungen, die aus der Tätigkeit des Treuhänders folgen, diese fallen in die Beschlagnahme bzw. insoweit wird der Umfang der Beschlagnahme durch den entsprechenden Beschluss des Gerichts erweitert.

113

Das Frachtgeld (nicht das Frachtgut) wird zwar vom gesetzlichen Pfandrecht erfasst (§ 756 HGB a. F. = § 598 HGB n. F., 759 HGB a. F. = § 600 HGB n. F., § 104 BinSchG), hingegen wird es nicht vom eingetragenen Pfandrecht erfasst (§ 31 Abs. 1 SchRG) und unterfällt daher gemäß § 865 Abs. 1 ZPO auch nicht der Beschlagnahme.

114

Ein Prämienanspruch im Rahmen einer freiwilligen Abwrackaktion unterfällt nicht der Hypothekenhaftung und damit auch nicht der Beschlagnahme39) und kann daher wohl auch nicht über eine Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG erfasst werden.

115

Folglich muss der Treuhänder – ebenso der Quasi-Zwangsverwalter gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1 – die Abwrackung verhindern. Denn er muss die Substanz des Beschlagnahmegegenstandes erhalten und kann in keinem Falle ausnahmsweise etwas Gegenteiliges damit rechtfertigen, dass dies wirtschaftlich vorteilhafter sei und dies somit im Interesse von Schuldner und Gläubigern liege.

116

Dem Schuldner bleibt nur ein Antrag nach § 765a ZVG (siehe § 162 Rz. 64 [Wedekind], sofern der Gläubiger nicht selbst die einstweilige Einstellung gemäß § 30 ZVG bewilligt.

117

Anwartschaftsrechte des Schuldners auf Zubehörstücke können ggf. von der Beschlagnahmewirkung umfasst sein.40) Dies wirft dann interessante praktische und rechtliche Fragen auf, etwa inwieweit der Treuhänder durch Zahlungen die Anwartschaftsrechte zu Volleigentum erstarken lassen darf oder inwieweit dem Gläubiger dabei ein Mitspracherecht zusteht. _____________ 39) Hornung, Rpfleger 1990, 445, 450. 40) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 29 m. w. N.

1178

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Hinsichtlich der Prozessführung – Aktiv- und Passivlegitimation – steht jedenfalls der Treuhänder/Quasi-Zwangsverwalter gemäß Absatz 2 Satz 3 einem Zwangsverwalter gleich.41)

118

VII. Quasi-Zwangsverwaltung mit Betriebsfortführung im Detail 1.

Willkürliche Versagung der Einwilligung des Gläubigers?

Missbrauchspotenzial besteht hinsichtlich Absatz 2 Satz 1 insofern, als ggf. ein uneinsichtiger Vollstreckungsgläubiger eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung zum Schaden von Mitgläubigern und Schuldner vereitelt kann, da der Gläubiger seine Einwilligung willkürlich geben oder verneinen kann, ohne eine Begründung geben zu müssen oder bei unzweckmäßigem Handeln verantwortlich gemacht werden zu können. Hier wäre de lege ferenda zu erwägen, inwieweit den Gläubiger eine durch den Schuldner einklagbare Pflicht zur Erteilung des Einverständnisses trifft, sofern dies objektiv wirtschaftlich das Vernünftigste wäre. Gegebenenfalls könnte auch § 765a ZPO insoweit sinnvoll ergänzt werden.

119

Denn anders als bei der Zwangsversteigerung von Immobilien, wo die Nichtanordnung der Zwangsverwaltung den Schuldner gerade nicht hindert, selbst weiterhin ordnungsgemäß verwalten und die Früchte (in der Regel „Rechtsfrüchte“ in Form von Miete und Pacht oder die Gewinne eines grundstücksbezogenen Betriebs) ziehen zu können, führt die von Amts wegen vorzunehmende Anordnung der Bewachung und Verwahrung dazu, dass der Schuldner de facto eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht mehr durchführen kann und der „Betrieb Schiff“ eingestellt wird, obwohl sich dies zum Schaden des Schuldners und der Gläubiger auswirkt und objektiv unvernünftig ist.

120

2.

Treuhänder – Auswahl

Die Auswahl des Treuhänders erfolgt wie auch bei der reinen Bewachung und Verwahrung (Abs. 1) ähnlich hinsichtlich der Quasi-Zwangsverwaltung (Abs. 2 Satz 3) analog den Regeln zur Auswahl des Zwangsverwalters. Dazu, dass in der Regel nur besonders qualifizierte Personen aus dem Kreis der als Zwangsverwalter Tätigen in Betracht kommen dürften, siehe Rz. 35 ff., insbesondere Rz. 41.

121

Auch die Frage der Vergütung ist analog der Regeln zur Zwangsverwaltung zu lösen (siehe unten).

122

Eine Instituts-Zwangsverwaltung gemäß § 150a ZVG sieht das Gesetz nicht vor (siehe Rz. 37). Dies ist im Ergebnis auch richtig, denn es wäre falsch, einem bloß zur abgesonderten Befriedigung berechtigten Gläubiger gleichsam einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Schuldners zu erlauben. Eine Institutsverwaltung ist richtigerweise auch dem Insolvenzrecht fremd.

123

3.

Nutzung „für Rechnung des Schuldners“ durch den Treuhänder

Die Nutzung des Schiffes durch den Treuhänder erfolgt für Rechnung des Schuldners. _____________ 41) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 29 (an der Stelle nicht differenzierend zwischen Treuhänder im Rahmen einer reinen Bewachung und Verwahrung gemäß § 165 Abs. 1 ZVG i. V. m. Abs. 2 Satz 1 und einem Quasi-Zwangsverwalter gemäß Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Satz 1).

Wedekind

1179

124

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

125

Über die Verwendung des Reinerlöses entscheidet das Gericht, wobei von den Grundsätzen des § 155 ZVG auszugehen ist (inwieweit die zwingende Verteilungsreihenfolge selbstverständlich auch an dieser Stelle einzuhalten ist, siehe dazu die obigen Ausführungen unter Rz. 75 ff.).

126

Eine Nutzung für Rechnung eines betreibenden Gläubigers kann zulässigerweise nicht angeordnet werden.

127

Dass eine Nutzung erlaubt ist, und damit grundsätzlich Einnahmen erzielt werden, schließt nicht aus, dass dennoch Gläubigervorschüsse zu leisten sind, soweit die Einnahmen nicht ausreichen, die laufenden Ausgaben der Verwaltung und die Kosten des Verfahrens zu decken. Auch hier können die Regelungen zur Zwangsverwaltung analog herangezogen werden (siehe auch schon die obigen Ausführungen, die entsprechend auch hier gelten unter Rz. 29 ff.). 4.

128

Aufsicht des Gerichts/Verfahrensherrschaft

Der Treuhänder als Quasi-Zwangsverwalter untersteht der Aufsicht des Vollstreckungsgerichts und ist an dessen Weisungen gebunden, so wie der Zwangsverwalter auch (insofern sei auf die dortigen Anmerkungen verwiesen, die vollumfänglich analog heranzuziehen sind). 5.

Treuhänder-Vergütung

129

Hinsichtlich der Vergütung kann analog auf die Regelungen zur Vergütung des Zwangsverwalters zurückgriffen werden,42) wobei im Regelfall davon auszugehen ist, dass die Fortführung eines Betriebs mit entsprechenden rechtlichen und praktischen Herausforderungen nicht zu den einfacheren Tätigkeiten zählen, sondern regelmäßig zu Erhöhungssätzen führen wird.

130

Wichtig ist, dass die Vergütung des Treuhänders – anders als im Zwangsverwaltungsverfahren – nicht Teil eines eigenständigen Verteilungsverfahrens ist, es gibt sozusagen keine eigenständige „Klasse Null“, sondern vielmehr sind die Vergütung des Treuhänders als Auslagen des Zwangsversteigerungsverfahrens anzusehen.

131

Es ist möglich, dass die Vergütung aus den Nutzungen des Schiffes entnommen werden kann, aber ähnlich wie bei der Zwangsverwaltung, darf es nicht das Risiko des Treuhänders sein, inwieweit die Nutzungen des Schiffes, insbesondere nach Abzug der laufenden Ausgaben, zur Deckung der Vergütung ausreichen.

132

Im Ergebnis wird immer der Gläubiger einzustehen haben bzw. die Verteilung im Zwangsversteigerungsverfahren die Deckung der Vergütung erbringen müssen. Sollte aber eine Deckung der Vergütung im Zwangsversteigerungsverfahren nicht erfolgen, so muss wie auch bei der Zwangsverwaltung eine subsidiäre Haftung des Gläubigers greifen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 ZwVwV analog).

133

Zu der Notwendigkeit der Anmeldung zum Zwangsversteigerungstermin und zur Aufnahme ins geringste Gebot siehe Rz. 71 ff.

_____________ 42) Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 58; Mohrbutter, KTS 1963, 21, 30 f.

1180

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

6.

§ 165

Betriebsfortführung durch einen (Quasi)-Zwangsverwalter/Treuhänder

Die praktische Durchführung einer derartigen Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3 begegnet denselben rechtlichen und praktischen Bedenken wie auch bei einer Betriebsfortführung (eines grundstücksbezogenen Betriebs des Schuldners) bei Grundstücken im Rahmen der Zwangsverwaltung.43)

134

Das ZVG ist – jedenfalls bislang – nicht darauf ausgelegt, eine angemessene Regelung hinsichtlich der Haftungsrisiken zu treffen: Während im Rahmen der Insolvenz der Insolvenzverwalter durch das Gesetz (InsO) dadurch „geschützt“ ist, dass die Insolvenz in der Regel nicht sofort eröffnet wird, sondern im Rahmen eines Vorverfahrens geprüft wird, inwieweit überhaupt die wirtschaftliche Grundlage für eine etwaige Betriebsfortführung gegeben ist, und zudem eine hohe Hürde besteht dafür, dass der Insolvenzverwalter für nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten haftet, fehlt beim ZVG jede Differenzierung dieser Art. Weder gibt es ein Vorverfahren, noch gibt es eine Differenzierung in Bezug auf Masseverbindlichkeiten, und es fehlen auch jegliche Regelungen über eine Masseunzulänglichkeit. Auch gibt es kein Insolvenzarbeitsrecht, das erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bietet, was bei Schiffsbesatzungen durchaus praktisch bedeutsam werden kann.

135

Es ist daher in der Literatur mehrfach darauf hingewiesen worden, dass eine Betriebsfortführung im Rahmen der Zwangsverwaltung (anstelle einer Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren) zu erheblichen Haftungsrisiken für den Zwangsverwalter führt.44) Dieses – lösbare – Problem besteht in gleicher Weise auch für den Treuhänder gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG.

136

Eine praktikable Regelung für die Praxis kann darin bestehen, dass der Treuhänder das Schiff in der Weise nutzt, dass er es verpachtet (wie das praktisch in gleicher Weise auch bei der „echten“ Zwangsverwaltung in der Regel gelöst wird; die Verpachtung ist auch bei Schiffen nach allgemeiner Auffassung eine zulässige Art der Nutzung). Damit sind dann alle Haftungsrisiken hinsichtlich Arbeitsrecht und Löhnen/Gehältern, Erfüllung öffentlich-rechtlicher Erfordernisse etc. beim Pächter. Hingegen verbleibt beim Treuhänder als Verpächter ein ähnlich überschaubares Risiko, für das auch adäquate rechtliche Regelungen im ZVG vorhanden sind, wie beim „normalen“ Zwangsverwalter.

137

Ist eine Verpachtung/Vercharterung an einen Dritten nicht möglich oder nicht opportun, sondern steht im Ergebnis nur der Schuldner zur Verfügung, kann das im Zweifel bedeuten, dass der Schuldner (wenn dieser selbst weiter betreiben soll, was aufgrund der notwendigen Schiffspatente etc. sehr häufig eine praktikable oder möglicherweise die einzige praktikable Möglichkeit sein wird) z. B. eine UG gründet, an die dann verpachtet wird.

138

Dass der Treuhänder – wie es das Gesetz vorsieht – selbst das Schiff betreibt, kann in der Praxis nicht empfohlen werden. Allenfalls bei umfassender Haftungsfreistellung seitens eines Gläubigers (mit hinreichender Bonität und Vertrauenswürdigkeit) mag etwas anderes gelten.

139

_____________ 43) Ausführlich dazu Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303 – 314. 44) Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303 – 314.

Wedekind

1181

§ 165 7.

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

Zu den praktischen Problemen:

a) Umsatzsteuer 140

Würde der Treuhänder selbst betreiben, so wäre bei der Umsatzsteuer ggf. nach verschiedenen Steuersätzen zu differenzieren. Außerdem bestünde das Problem, die tatsächlichen Einnahmen des Schiffers zu überwachen und entsprechend zutreffende Steuervoranmeldungen und Erklärungen abzugeben. In der Praxis ist das – insbesondere dort, wo auch Barzahlung in erheblichem Umfang üblich ist, wie z. B. bei Fahrgastschiffen, Fähren etc. – schwer durchführbar. Auch das ist ein weiteres Argument für das „Verpachtungs-Modell“. b) Versicherungen

141

Versicherungen von Schiffen unterliegen besonderen praktischen und rechtlichen Gegebenheiten. Es ist in der Praxis nicht einfach, die Versicherung auf den Treuhänder umschreiben zu lassen, z. T. wird sogar rechtlich bezweifelt, ob dieses überhaupt die richtige Rechtsfolge wäre, oder ob nicht vielmehr die Versicherung für Rechnung des Schuldners fortzuführen ist.

142

So differenziert Mohrbutter45) im Sinne einer Art 3-Phasen-Modell etwa dahingehend, dass während der reinen Bewachung und Verwahrung – die zu Verfahrensbeginn von Amts wegen sofort anzuordnen ist, auch wenn ggf. später eine einstweilige Einstellung mit Einverständnis des Gläubigers zur treuhänderischen Nutzung im Rahmen einer Quasi-Zwangsverwaltung erfolgt (Phase 1) – eine rein hoheitliche Maßnahme vorliege und es zu keinem vertragsähnlichen Verhältnis des Treuhänders zum Schuldner komme Entsprechendes gelte, wenn die einstweilige Einstellung und damit verbundene Quasi-Zwangsverwaltung (Phase 2) ende, um dann in Phase 3 direkt Kurs auf den Zuschlag im fortgesetzten Versteigerungsverfahren zu nehmen.

143

In Phase 1 und 3 bei der reinen Bewachung und Verwahrung habe der Treuhänder zwar einen versicherungsfähigen Zustand der Schiffe zu erhalten, aber sei nicht für die Versicherung als solche zuständig. Vielmehr haben ausschließlich „der Schiffseigner und seine Gläubiger“ für den Abschluss neuer Versicherungsverträge und die Prämienzahlung bei laufenden Verträgen zu sorgen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass dies in Phase 2 während der Quasi-Zwangsverwaltung wohl anders zu sehen sei.46)

144

Diese Auffassung ist wenig praxistauglich, da zum einen kaum umsetzbar ist, dass in Phase 2 der Treuhänder wie ein Zwangsverwalter unmittelbar auf die Versicherungen zugreift und für diese allein zuständig ist, während das in Phase 1 und Phase 3 nur der Schuldner (und die Gläubiger) sein soll – völlig unklar ist auch, wie die Versicherung einmal in der Beschlagnahme- und der Verwaltungskompetenz des (Quasi)-Zwangsverwalters ist, und dann wiederum nicht mehr.

145

Außerdem macht es wenig Sinn, wenn der Treuhänder für einen versicherungsfähigen Zustand zu sorgen hat, aber die Erfüllung der Obliegenheiten (Mitteilungen an die _____________ 45) Mohrbutter, DGVZ 1965, 211. 46) Mohrbutter, DGVZ 1965, 211.

1182

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

Versicherung über Gefahrerhöhungen, Schadensmeldungen etc.) allein der Schuldner haben soll. Rechtlich überzeugt diese Sicht ebenfalls nicht. Einmal beruht die obig dargestellte Auffassung auf der sog. Vertretertheorie, also der Vorstellung, der Treuhänder handle als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Schuldners. Diese Auffassung ist aber obsolet: Hinsichtlich aller gleichgelagerter Treuhandverhältnisse ist heute h. M. dass der Treuhänder eine Partei kraft Amtes47) ist (was hoheitliche und rechtsgeschäftliche Vertretungselemente verbindet, wobei die Vertretungselemente insbesondere dem Erfordernis geschuldet sind, eine dogmatische Erklärung zu benötigen, warum durch einen Treuhänder/Zwangsverwalter geschlossene Verträge nach Verfahrensaufhebung den Schuldner binden können, insbesondere auch soweit es nicht um Miet-/Pachtverträge geht).

146

Des Weiteren passt die Auffassung nicht zusammen mit dem Beschlagnahmeumfang. Denn wenn der Eigentümer/Reeder oder für seine Rechnung ein anderer (z. B. ein Ausrüster) für das Schiff eine Versicherung abgeschlossen hat, so erstreckt sich die Schiffshypothek auch auf die Versicherungsforderung. (§ 32 Abs. 1 SchRG). Wenn also Versicherungsforderungen in den Haftungsverband der Hypothek fallen, dann ist nicht einzusehen, warum sich die bloße Bewachung und Verwahrung gemäß § 165 Abs. 1 ZVG nicht auch auf die Versicherung erstrecken soll bzw. durch entsprechenden Beschluss des Gerichts darauf erstreckt werden kann. Erst recht gilt dies für die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß Absatz 2 Satz 3. Andererseits enthält § 165 ZVG zu dieser Frage nichts Explizites.

147

Mithin verweisen die Versicherer in der Praxis oft – wohl mit einem gewissen Recht – darauf, sie sähen als Versicherungsnehmer weiterhin den Schuldner. Dies ist aber – sowohl rechtlich als auch praktisch – für den Treuhänder misslich.

148

Ob nun analog § 148 ZVG von einer unmittelbaren Beschlagnahme der Forderungen gegen die Versicherung ausgegangen wird oder analog § 152 Abs. 1 ZVG von einer für die Dauer der Quasi-Zwangsverwaltung (und wohl sinnvollerweise auch für die Dauer der reinen Bewachung und Verwahrung gemäß Absatz 1) bestehenden umfassenden Verwaltungskompetenz, die nicht nur den Einzug etwaiger Versicherungsforderungen, sondern auch die sonstige Verwaltung und ggf. Gestaltung der Versicherungsverhältnisse umfasst, mag dahinstehen. Aber im Ergebnis muss der Treuhänder/Quasi-Zwangsverwalter die Versicherungen in seiner alleinigen Verwaltungskompetenz haben, insbesondere auch, was die Geltendmachung von Forderungen gegen die Versicherung und die Einziehung der Versicherungsleistungen angeht.

149

Dies lässt sich auch dogmatisch begründen: Wenn durch die Quasi-Zwangsverwaltung eine „Erweiterung der Beschlagnahmewirkung auf die vom Treuhänder gezogenen Nutzungen“ eintritt,48) dann ist eine Erweiterung der Beschlagnahmewirkung auf die Versicherungen auch dogmatisch darstellbar, de lege lata wenigstens

150

_____________ 47) Palandt-Ellenberger, BGB, Vor § 164 Rz. 9. 48) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 29.

Wedekind

1183

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

für die Dauer der treuhänderischen Nutzung, sprich der Quasi-Zwangsverwaltung (Phase 2).49) 151

Jedenfalls wäre zumindest de lege ferenda eine Klarstellung zu schaffen, die den Treuhänder (auch in Phase 1 und Phase 2, siehe oben) in die Lage versetzt, auf einer rechtlich zuverlässigen Grundlage die Versicherungsverhältnisse verwalten und etwaige Versicherungsforderungen einziehen zu können. Denn ohne eine verlässliche gesetzliche Grundlage werden die Vollstreckungsgerichte kaum wirksam eine entsprechende Erweiterung anordnen können. c) Behörden

152

Dringend empfohlen werden muss dem Treuhänder/Quasi-Zwangsverwalter, eine Kooperation mit – den im weiteren Sinne zuständigen – Behörden zu suchen. Hier sind insbesondere zu nennen Wasser- und Schifffahrtsämter, Hafenbehörden, Wasserschutzpolizei.

153

Auch wenn sich diese Behörden zum Teil nicht formal bestimmte Verantwortungen überbürden lassen und sich z. B. oft dagegen verwahren werden, die Bewachung und Verwahrung ganz oder teilweise durch den Treuhänder übertragen zu bekommen (wie das manche Beschlüsse dem Treuhänder erlauben wollen), können diese Behörden durchaus praktische Hilfe leisten (und tun das informell in der Regel auch), insbesondere bei der „Überwachung“ des Schiffers/Eigentümers.

154

Zum Teil darf das Schiff nicht bewegt werden, ohne dass entsprechende Genehmigungen seitens der vorgenannten Behörden vorliegen, oder es muss zumindest eine Anmeldung der Fahrten (u. a. auch bei Schleusen) erfolgen, sodass zumindest eine praktische Überwachung der Schiffsbewegungen auf diese Art und Weise möglich ist.

155

Auch das Wissen, dass auf diese Art und Weise eine Überwachung seitens des Treuhänders praktisch erfolgen kann, mag auf den Schiffer/Eigentümer entsprechend der Kooperation fördernd wirken. d) Reparaturen und sog. „Klasse machen“

156

Schiffe benötigen Betriebsgenehmigungen und Abnahmen von u. a. der Berufungsgenossenschaft. Die Praxis spricht z. T. vom „Klasse-Machen“.

157

Die Herausforderung in der Praxis ist, dass hierfür die Schiffe zum Teil bewegt werden müssen (z. B. vom Anleger oder sog. Steiger weg ins Fahrwasser oder gar zu einer Werft hin). Oft besteht die einzige praktikable Möglichkeit darin, dass diese Schiffsbewegungen der Schiffer/Schuldner durchführt (entsprechende Kooperation vorausgesetzt). Zur Notwendigkeit, dass die Beschlüsse der Gerichte nicht derartige Schiffsbewegungen ausschließen oder ggf. bereits vorsorglich Schiffsbewegungen (ggf. auch aus dem Bezirk des Vollstreckungsgerichts hinaus) gestatten, siehe Rz. 83 f.

_____________ 49) So auch Mohrbutter noch in KTS 1963, 21, 29; später aber wie Rz. 142 ff. dargestellt nach drei Phasen differenzierend Mohrbutter, DGVZ 1965, 211.

1184

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

e) Räumliche Verlagerung Räumliche Verlagerungen können auch erforderlich werden, z. B. weil die Genehmigung einen bestimmten Anleger zu nutzen, nicht verlängert wird. Oder ein Liegeplatz nicht weiter zur Verfügung steht. Auch können Hochwasser oder andere Gegebenheiten eine Verlagerung erzwingen. Dieses gilt schon bei der bloßen Bewachung und Verwahrung.

158

Erst recht gilt dies bei der Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG.

159

f)

Förderung des Zwangsversteigerungsverfahrens

Anders als bei der „normalen“ Zwangsverwaltung ist bei der Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG unzweifelhaft der Treuhänder/QuasiZwangsverwalter befugt, den Zutritt des gerichtlichen Sachverständigen zur Erstellung des Verkehrswertgutachtens zu erzwingen, denn die Quasi-Zwangsverwaltung ist unselbstständiger Teil des Versteigerungsverfahrens (anders als die Zwangsverwaltung gemäß §§ 146 ff. ZVG, die ein unabhängiges Verfahren neben dem Versteigerungsverfahren ist).

160

Inwieweit Bietinteressenten – gegen den Willen des Schuldners – Besichtigungen ermöglicht werden dürfen, ist zweifelhaft, denn das Zwangsversteigerungsrecht sieht dieses gerade nicht vor; im Gegenteil. § 56 Satz 3 ZVG schließt jegliche Gewährleistung aus.

161

g) Fortsetzung der Vollstreckungs-(Quasi)-Zwangsverwaltung nach Zuschlag vs. Sicherungsverwaltung gemäß § 94 ZVG (hier über die Einstiegsnorm § 170 ZVG) In der Literatur wird diskutiert, inwieweit die Quasi-Zwangsverwaltung nicht vollständig einer Zwangsverwaltung gleichzustellen und insbesondere die Quasi-Zwangsverwaltung auch dann fortzusetzen sei, wenn die einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens beendet und damit das Erfordernis des § 165 Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erfüllt ist.50)

162

Einigkeit besteht, dass es zumindest zulässig ist, nach Erklärung des Gläubigers, die einstweilige Einstellung solle nicht aufrechterhalten bleiben, zumindest so viel Zeit bis zur Aufhebung der Treuhänderschaft vergehen zu lassen, bis der Schuldner selbst ggf. einen Antrag gemäß § 30a ZVG stellen konnte. Denn – fast in absurder Weise – würde ein derartiger Antrag des Schuldners wiederum dazu führen, dass das Zwangsversteigerungsverfahren eingestellt wäre und dementsprechend nunmehr der Schuldner eine Fortführung der (üblicherweise ursprünglich durch den Gläubiger initiierten) Quasi-Zwangsverwaltung ermöglichen würde.51)

163

Auch werden Lösungen mit Einverständnis der Beteiligten diskutiert.52) Diese Diskussionen können richtigerweise aber nur zu der Konsequenz führen, dass eine „echte“ Zwangsverwaltung bei Schiffen möglich sein muss, entweder durch eine

164

_____________ 50) Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 89 f. 51) Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 36 ff. 52) Mohrbutter, KTS 1963, 21, 25 – 27.

Wedekind

1185

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

entsprechende auch heute schon mögliche Gesetzesauslegung oder de lege ferenda durch eine Klarstellung im Gesetz (siehe dazu sogleich Rz. 173 ff.). 165

Interessant auch das Plädoyer von Berges, anknüpfend an den Schuldner-Zwangsverwalter gemäß §§ 150b ff. ZVG und die Tendenz, die Eigenverwaltung durch den Schuldner insgesamt (auch im Insolvenzrecht) zu stärken, nicht nur bei landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken Eigenverwaltung anzuordnen, sondern diesen Gedanken auch auf Zwangsverwaltungen zu erweitern, was dann folgerichtig auch für die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG i. V. m. Satz 1 gelten müsste.

166

Zumindest de lege ferenda wäre zu überlegen, ob statt eines Treuhänders/QuasiZwangsverwalters auch (nur) eine Aufsichtsperson analog § 150c Abs. 2 ZVG (oder gemäß dem Rechtsgedanken von §§ 270 Abs. 1, 270c, 274 InsO) bestellt wird.53) Dies ist aber mit § 165 ZVG de lege lata wohl (noch) nicht vereinbar. 8.

Exkurs: Rückschlüsse auf die Auslegung der §§ 146 ff. ZVG

167

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Diskussion um § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG auch Rückschlüsse auf die Diskussion um die Reform der Zwangsverwaltung ermöglicht. Es erscheint sachgerecht, Überlegungen aus dem Grundstücks-Zwangsverwaltungsrecht der §§ 146 – 161 ZVG in die Anwendung von § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG zu übernehmen und nach Möglichkeit auch in eine etwaige Gesetzesänderung einfließen zu lassen.

168

Umgekehrt erscheint es auch sachgerecht, Erkenntnisse über die rechtliche Gestaltung und die praktische Anwendung von § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG dafür heranzuziehen, wie die Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG rechtlich zu sehen ist und praktisch durchgeführt werden kann, bis hin ebenfalls zur etwaigen entsprechenden gesetzlichen Änderungen bzw. Klarstellungen.

169

Die in der Literatur54) z. T. vertretene Auffassung, ähnlich wie beim Zwangsverwalter habe der Treuhänder gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG noch eine Art Notgeschäftsführung fortzuführen, erscheint bedenklich, soweit das über eine echte Notgeschäftsführung hinausgeht.

170

Jedenfalls, so lange das Gesetz eindeutig anordnet, dass mit Erteilung des Zuschlags die Sicherungsmaßnahmen enden. Ab dem Zeitpunkt kann dann nur noch der allgemeine Grundsatz einer Geschäftsführung ohne Auftrag gelten und erscheint es abwegig, dem vormaligen Treuhänder irgendwelche darüber hinausgehenden Pflichten überbürden zu wollen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass es zum einen um Haftungsrisiken geht und zum anderen um die Frage, wie dieser fortgesetzte Verantwortungszeitraum zu vergüten sei.

171

Es besteht auch keinerlei Notwendigkeit für derartige über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Auslegungen (siehe Rz. 91 ff.).

_____________ 53) Berges, KTS 1956, 113, 115. 54) Steiner-Hagemann, ZVG, § 165 Rz. 89 f.

1186

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

VIII. Erlösverteilung – Verfahren und Rangklassen Siehe hierzu die Kommentierung zu § 169 Rz. 28 ff. [Wedekind].

172

IX. Warum eigentlich nicht eine „echte“ Zwangsverwaltung gemäß § 146 ff. ZVG? (noch MM) In der Literatur ist öfter sinngemäß zu lesen, es gebe keine Zwangsverwaltung von Schiffen und Schiffbauwerken/Schwimmdocks oder eine solche „findet nicht statt“ (wobei die Formulierungen oft etwas diffus sind und mehr nach Beschreibungen im Tatsächlichen als nach zwingenden gesetzlichen Normierungen klingen). Diese Tendenz ist jedoch zu hinterfragen. Denn ein ausdrücklicher Ausschluss einer „echten“ Zwangsverwaltung findet sich nirgendwo im Gesetz: 1.

173

Kein Ausschluss in der ZPO

In der Regel wird zur Begründung der Auffassung, eine „echte“ Zwangsverwaltung sei nicht zulässig, u. a. auf § 870a ZPO verwiesen.

174

Dort steht: „Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Schiff oder in ein Schiffsbauwerk, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder in dieses Register eingetragen werden kann, erfolgt durch Eintragung einer Schiffshypothek für die Forderung oder durch Zwangsversteigerung.“ (§ 870a Abs. 1 Satz 1 ZVG).

175

Zuvor ist dazu in § 864 Abs. 1 ZPO bestimmt: „Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen außer den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe und die Schiffsbauwerke, die im Schiffsbauregister eingetragen sind oder in dieses Register eingetragen werden können.“

176

Und § 866 Abs. 1 ZVG bestimmt zu Arten der Vollstreckung: „ Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung.“

177

In der Zusammenschau fällt auf, dass in § 870a ZPO die „Zwangsverwaltung“, die in § 866 Abs. 1 ZVG als eine von drei Vollstreckungsarten genannt ist, fehlt.

178

Ob die Nichtnennung gleichzusetzen wäre mit einem zwingenden gesetzlichen Ausschluss, sei einmal dahingestellt, denn § 869 ZPO verweist darauf, dass „die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung [werden] durch ein besonderes Gesetz geregelt“ werden. Anders als bei der Frage des Verhältnisses von § 152a ZVG zu den Normen der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV), ist das ZVG aber ein eigenständiges Gesetz, welches durchaus auch die ZPO inhaltlich modifizieren oder überlagern kann. Es kommt also darauf an, was das ZVG insoweit regelt.

179

2.

Die Regelungen im ZVG

§ 162 ZVG erklärt dem Wortlaut nach nur die Vorschriften des Ersten Abschnitts für anwendbar. Nach allgemeiner Auffassung sind aber auch die Vorschriften des Dritten Abschnitts grundsätzlich anwendbar.55) § 162 ZVG ist also keineswegs eine abschließende Aufzählung – genau genommen ist es überhaupt keine Aufzählung –, sondern nur die Klarstellung, dass grundsätzlich das gesamte ZVG entsprechend _____________ 55) Allgemeine Auffassung, siehe Rz. 59 ff.

Wedekind

1187

180

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

anwendbar sein kann, sofern nicht ausnahmsweise dies in den Regelungen der §§ 162 ff. ZVG ausdrücklich ausgeschlossen ist. 181

Die §§ 146 ff. ZVG enthalten keinen Ausschluss der Zulässigkeit einer „echten“ Zwangsverwaltung von Schiffen etc.

182

§ 162 ZVG erklärt zunächst einmal den Ersten Abschnitt grundsätzlich für anwendbar, dieser umfasst die §§ 1 – 161 ZVG, also auch die §§ 146 – 161 ZVG.

183

Zum Teil findet sich als quasi-systematisches Argument, § 165 ZVG bezwecke nur eine Sicherung.56) Dieser Ausgangspunkt der Argumentation selbst ist aber schon angesichts des erklärten gesetzgeberischen Anliegens zweifelhaft und selbst wenn man dieser Annahme noch folgen wollte, so würde der nächste logische Schritt ebenso wenig überzeugen, denn die Sicherungsverwaltung gemäß § 94 ZVG erfasst unstreitig auch die Einnahmen. Ergo: Ob eine „Zwangsverwaltung“ zur Sicherung oder zur Vollstreckung zwecks Befriedigung der Gläubiger unmittelbar aus dem Vollstreckungserfolg dient, hat mit der Frage, ob auch die Einnahmen erfasst werden, überhaupt nichts zu tun.

184

Damit spitzt sich die Frage darauf zu, ob die bloße Existenz von § 165 ZVG i. S. v. § 162 ZVG „etwas anderes ergibt“. Die klare Antwort lautet „nein“.

185

Es ist ohne Weiteres möglich, § 165 Abs. 2 ZVG nicht als Ersatz für eine Zwangsverwaltung anzusehen, sondern als eine besondere weitere Möglichkeit neben einer Zwangsverwaltung.

186

Auch die Motive und Beratungen zum ZVG – abgesehen davon, dass die historische Auslegung nicht das vorrangige Auslegungskriterium ist – geben allenfalls her, dass „kein praktisches Bedürfnis“ für die Regelung der Zwangsverwaltung gesehen wurde.57) Das kann aber auch so verstanden werden, dass man die Regelungen der §§ 146 – 161 ZVG (damals gab es nur den heutigen § 165 Abs. 1 ZVG) für hinreichend ansah und nur keinen Bedarf sah, Spezifika hinsichtlich der Zwangsverwaltung von Schiffen (schon 1900) zu regeln.

187

§ 165 Abs. 2 ZVG ist dann 1953 ins Gesetz gekommen, ausdrücklich mit dem erklärten Ziel, dem „wirtschaftlich höchst unerwünschten Zustand“ entgegenzutreten, dass „ein Schiff sehr lange Zeit hindurch ungenutzt festgehalten wird“ und während dieser Zeit nicht genutzt werden kann, weil eine Zwangsverwaltung eingetragener Schiffe vom Gesetz nicht vorgesehen ist.58)

188

Offenkundig haben sowohl die gesetzgeberische Intention und deren Umsetzung schon damals nicht überzeugt. Jonas/Pohle fragen zu Recht, warum nicht einfach auf die Regelungen über die Zwangsverwaltung verwiesen wurde und halten die Anwendung der §§ 146 – 161 ZVG im Rahmen von § 165 Abs. 2 ZVG ohnehin „zur Ausfüllung von Lücken“ für geboten, mit anderen Worten, sie halten die Regelung des § 165 Abs. 2 ZVG für „Stückwerk“, das nur mäßig gelungen ist. Dem kann man nur beipflichten, denn die tatsächlich gefundene Regelung (jedenfalls in der gängigen _____________ 56) Zöller-Stöber, ZPO, § 870 Rz. 1. 57) Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., Vor § 162, wo auch zu erfahren ist, dass das mecklenburgische Recht zuvor eine Zwangsverwaltung von Schiffen vorgesehen hatte. 58) E II Begr. S. 18 zum ZVMG; Jonas/Pohle, Zwangsvollstreckungsnotrecht, S. 325.

1188

Wedekind

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

§ 165

restriktiven Auslegung) dient nur bedingt wirklich dem erklärten Zweck, der evident richtig ist. Wenn es dem Gesetzgeber 1953 erklärtermaßen darum ging, dem Mangel abzuhelfen, dass es – vermeintlich oder tatsächlich – vor Schaffung des § 165 Abs. 2 ZVG keine zulässige Zwangsverwaltung von Schiffen gab oder dies zumindest die h. M. so sah, dann wäre die einzig logische Konsequenz die gewesen, auf die § 146 ff. ZVG zu verweisen und diese allenfalls durch schiffsspezifische Regelungen zu ergänzen.

189

Da aber das Unvermögen des Gesetzgebers, das erklärtermaßen Gewollte gesetzestechnisch umzusetzen, nach neuerer BGH-Rechtsprechung die Rechtsprechung nicht hindert, das tatsächlich vom Gesetzgeber Gewollte als Recht zu erkennen,59) ergibt sich gerade auch aus diesem Gedanken, dass die Zwangsverwaltung von Schiffen in entsprechender Anwendung der §§ 146 ff. ZVG vom Gesetzgeber gewollt war und das Gesetz auch in diesem Sinne ausgelegt werden kann, wenn nicht muss.

190

Fazit: Die Zwangsverwaltung eines Schiffes gemäß § 162 ZVG i. V. m. § 146 ZVG ist grundsätzlich zulässig. Diese zunächst verblüffend erscheinende Folgerung muss man jedoch ziehen, wenn man konsequent das Gesetz auslegt. Der historische Gesetzgeber wollte 1900 eine Zwangsverwaltung von Schiffen durchaus ermöglichen, sah nur (noch) keinen Bedarf, dafür detaillierte Regelungen zu schaffen.60) Auch der Gesetzgeber 1953 wollte im Ergebnis eine Zwangsverwaltung regeln.

191

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Zwangsverwalterverordnung gemäß § 24 ZwVwV keine Regelung zur Nichtanwendbarkeit auf Schiffe etc. vorsieht, sondern nur Verwaltungen gemäß §§ 150b – 150e ZVG ausnimmt sowie Verwaltungen, bei denen durch die §§ 150, 153, 154 ZVG die dem Gericht zugewiesene Tätigkeit nach Landesrecht durch eine landwirtschaftlichen oder ritterschaftliche Kreditanstalt übernommen wird. In § 3 ZwVwV ist auch konsequent von „Zwangsverwaltungsobjekt“ die Rede, was ebenfalls Schiffe nicht ausschließt.

192

Insofern mag auch die Formulierung der ZwVwV als ein Indiz gewertet werden, dass nach heutiger Sicht eine Zwangsverwaltung von Schiffen in entsprechender Anwendung der §§ 146 ZVG ohne Weiteres mit dem ZVG in Einklang zu bringen ist.

193

3.

Ergebnis

a) Die „echte“ Zwangsverwaltung eines (deutschen) Schiffes ist gemäß §§ 162, 146 ZVG entgegen der h. M. zulässig (noch MM) Der landläufig vertretenen Auffassung, die Zwangsverwaltung eines deutschen Schiffes sei nicht zulässig, ist hiermit klar entgegenzutreten (zur Argumentationskette siehe oben).

_____________ 59) Vgl. BGH, Beschl. v. 15.10.2009 – V ZB 43/09, BGHZ 182, 361 – 369, insbesondere Rz. 22. 60) Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 3.

Wedekind

1189

194

§ 165

Bewachung, Verwahrung; Quasi-Zwangsverwaltung

b) Bei Schiffsbauwerken ist die „echte“ Zwangsverwaltung unzulässig (allg. Auffassung) 195

Nur bezüglich Schiffsbauwerken hat die allgemeine Auffassung Recht. Denn bezüglich § 170a Abs. 2 ZVG fehlt der Verweis auf § 162 ZVG und damit der Verweis auf auch die §§ 146 – 161 ZVG.

196

Im Rahmen der gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG zulässigen Quasi-Zwangsverwaltung darf der Quasi-Zwangsverwalter/Treuhänder aber gleichwohl ein Schiffsbauwerk fertigbauen, also zum Schiff vollenden (vgl. dazu näher § 170a Rz. 43 ff. [Wedekind]). c) Die „echte“ Zwangsverwaltung eines ausländischen Schiffes ist gemäß §§ 171 Abs. 1, 146 ff. ZVG entgegen der h. M. zulässig (noch MM)

197

Denn auch § 171 Abs. 1 ZVG verweist wie § 162 ZVG auf die Anwendbarkeit des Ersten Teils „} soweit sich nicht aus den folgenden Vorschriften etwas anderes ergibt.“

198

Dass § 165 ZVG in § 171 Abs. 5 ZVG für anwendbar erklärt wird, besagt zu der Frage, ob gemäß § 171 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 146 ZVG die „echte“ Zwangsverwaltung zulässig wäre, nichts. d) Praktische Reichweite der Zulässigkeit der Zwangsverwaltung

199

Die Zulässigkeit der Zwangsverwaltung gemäß §§ 146, 162 ZVG für inländische und ausländische Schiffe führt allerdings nicht dazu, den Beschlagnahmeumfang der Schiffshypothek zu erweitern. Vor Beschlagnahme fällig gewordene Mieten, Pachten, Entgelte für Vercharterung und auch Frachtentgelte, fallen also nicht in die Beschlagnahme.

200

Wohl aber ist eine Zwangsverwaltung gemäß §§ 146, 162 ZVG auch ohne Stellung eines Zwangsversteigerungsantrages möglich. Dieses ist durchaus ein wichtiger Aspekt. Denn viele Gläubiger, die bei Grundstücken nur die Zwangsverwaltung (und nicht die Zwangsversteigerung) betreiben, tun dies, weil sie keine Veröffentlichung (des Zwangsversteigerungsverfahrens), sondern „diskret“ eine freihändige Verwertung bewerkstelligen und währenddessen eine ordnungsgemäße Verwaltung und einen insolvenzfesten Zugriff auf die laufenden Einnahmen erreichen wollen.

201

Dieses erlaubt § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG in herkömmlicher Auslegung aber gerade nicht. Insofern wäre eine Anwendbarkeit der §§ 146 – 161 ZVG (ob nun unmittelbar über § 162 ZVG oder durch eine entsprechende teleologische Auslegung von § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG) von erheblicher praktischer Bedeutung.

202

Zumindest bei einer anstehenden Reformierung des ZVG61) wären de lege ferenda ggf. klarstellende Regelungen im Gesetz (ZVG und/oder ZPO) zu schaffen.

_____________ 61) Vgl. Ausschreibung Forschungsvorhaben zum Reformbedarf des ZVG, BAnz AT 1.8.2013 A1.

1190

Wedekind

Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung

§ 166

§ 166 Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung (1) Ist gegen den Schiffer auf Grund eines vollstreckbaren Titels, der auch gegenüber dem Eigentümer wirksam ist, das Verfahren angeordnet, so wirkt die Beschlagnahme zugleich gegen den Eigentümer. (2) Der Schiffer gilt in diesem Fall als Beteiligter nur so lange, als er das Schiff führt; ein neuer Schiffer gilt als Beteiligter, wenn er sich bei dem Gericht meldet und seine Angabe auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft macht. Literatur: Liesecke, Schiffsgläubigerrecht und Arrest, MDR 1967, 625; Michaels, Schiffsgläubigerrecht und Auslandsveräußerung, TranspR 1997, 330. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 5 III. Schiffer = Schiffsführer = Kapitän .................................................. 8 1. Begriffsbestimmung „Eigentümer“ ...... 8 2. Begriffsbestimmung „Schiffer“ .......... 11

I.

3.

Anordnung der Zwangsversteigerung gegen den Schiffer ............. 13 IV. Der Schiffer als Beteiligter (§ 166 Abs. 2 ZVG) ............................ 19 V. Dinglicher Titel .................................. 25 VI. Weitreichende Änderungen durch Seehandelsrechtsreform .................... 39

Zweck der Norm

Die Norm trägt den Gegebenheiten des materiellen Schiffsrechtes Rechnung und zieht die notwendigen Folgerungen aus der Notwendigkeit einer Zwangsversteigerung gegen den Schiffer (auch „Schiffsführer“ oder „Kapitän“) als Vollstreckungsschuldner (vgl. auch § 162 Rz. 83 ff. [Wedekind]).

1

Wenngleich in diesen Fällen nicht der Eigentümer Schuldner im Verfahren ist, sondern der Schiffer = Schiffsführer = Kapitän (der typischerweise eine Art Angestellter des Eigentümers/Reeders ist und zu diesem in einem Dienstverhältnis steht), soll doch sichergestellt werden, dass auch die Beschlagnahme gegen den Eigentümer wirkt (§ 166 Abs. 1 ZVG), damit bei einem Ausscheiden des Schiffers aus dem Dienstverhältnis bzw. seiner Stellung das Zwangsversteigerungsverfahren seinen Fortgang nehmen kann.

2

Die zeitliche Begrenzung der Beteiligtenstellung des Schiffers auf die Zeit seiner Schiffsführung (§ 166 Abs. 2 Halbs. 1 ZVG) ist deswegen bestimmt, weil dieser nur solange den Vollstreckungsgegenstand im Besitz hat und den Eigentümer vertritt. Der Erwerb der Beteiligtenstellung des neu eingetretenen Schiffers (§ 166 Abs. 2 Halbs. 2 ZVG) durch Anmeldung und ggf. Glaubhaftmachung entspricht allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 9 Nr. 2 ZVG).

3

Der Rechtsgedanke hinter dieser Norm (§ 166 ZVG) bzw. der dort in Bezug genommenen Normen im Recht über die Binnen- und Seeschifffahrt ist, dass der Schiffer im laufenden Betrieb des Schiffes Verbindlichkeiten begründet und die entsprechenden Gläubiger auch auf die dingliche Sicherheit des Schiffes zugreifen können sollen, ohne darauf verwiesen zu sein, gegen den Schuldner vollstrecken zu müssen, was u. a. deswegen schwierig sein könnte, weil möglicherweise eben der

4

Wedekind

1191

§ 166

Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung

Schuldner der entsprechenden Verbindlichkeit nicht der Eigentümer des Schiffes ist. Ein ähnlicher Rechtsgedanke stand hinter der Rangklasse 2/3. II. Anwendungsbereich 5

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Seeschiffe

eingetragene

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks

./.

./.

6

Hinzuweisen ist darauf, dass bis zur Neufassung 1940 § 166 Abs. 1 ZVG lautete: „Ist gegen den Schiffer aufgrund eines vollstreckbaren Titels, der auch gegen den Reeder oder Schiffseigner wirksam ist, das Verfahren angeordnet, so wirkt die Beschlagnahme zugleich gegen den Reeder oder Schiffseigner.“

7

Da der Reeder bei Seeschiffen gleich dem Eigentümer eines ihm zum Erwerbe durch die Seefahrt dienenden Schiffes ist (§ 476 HGB n. F. = § 484 HGB a. F.), war die Differenzierung zwischen Eigentümer und Reeder entbehrlich geworden. III. Schiffer = Schiffsführer = Kapitän 1.

Begriffsbestimmung „Eigentümer“

8

Schiffseigner ist bei der Binnenschifffahrt der Eigentümer eines zur Schifffahrt auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern bestimmten und hierzu von ihm verwendeten Schiffes (§ 1 BinSchG).

9

Das SchRG (§ 1 ff.) spricht nur von „Eigentümer“ eines Schiffes. Hierunter fallen Reeder und Schiffseigner. In Angleichung an diese Terminologie der vorgenannten Gesetze spricht auch § 166 Abs. 1 ZVG nur vom Eigentümer.

10

Zur Gleichstellung des Ausrüsters siehe Rz. 16 ff., 30 ff.). 2.

Begriffsbestimmung „Schiffer“

11

Der Führer des Schiffes (auch „Schiffsführer“) ist in § 7 Abs. 1 BinSchG als „Schiffer“ legaldefiniert. Weitere Bezeichnungen sind Schiffskapitän oder Kapitän (§ 511 HGB a. F. = entfallen; erwähnt ist der Kapitän aber u. a. noch in § 478 HGB n. F. als Teil der „Schiffsbesatzung“; er wird hinsichtlich seiner Rechtsstellung u. a. auch in § 479 HGB n. F. bezeichnet als „befugt, für den Reeder alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Betrieb des Schiffes gewöhnlich mit sich bringt“; vgl. auch § 19 Abs. 1 BinSchG sowie Abs. 2 i. V. m. § 17 BinSchG).

12

Reeder bzw. Schiffseigner und Führer eines Schiffes können identisch sein. Bei einem „Familienbetrieb“ fährt ggf. der Eigentümer selbst. 3.

13

Anordnung der Zwangsversteigerung gegen den Schiffer

Bei Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens gegen den Schiffer aufgrund eines vollstreckbaren Titels gegen den Schiffer wirkt die Beschlagnahme dann

1192

Wedekind

Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung

§ 166

gegen den Eigentümer, wenn der Vollstreckungstitel auch gegen den Eigentümer wirkt (§ 166 Abs. 1 ZVG). Der Schiffseigentümer ist Beteiligter, wenn sein Eigentum zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks im Schiffsregister eingetragen ist oder wenn es angemeldet oder eventuell glaubhaft gemacht wurde. In diesem Fall ist für die Wahrnehmung der Rechte des Schuldners lediglich sein Wille maßgeblich, der sich in der Anmeldung der Eigentümerstellung oder im Unterlassen der Anmeldung ausdrückt.

14

Der Schiffer ist Beteiligter neben dem Eigentümer, solange der Schiffer das Schiff führt. Ein nach der Beschlagnahme gegen den Schiffer beantragtes weiteres Verfahren gegen den Eigentümer oder umgekehrt, ist als Beitritt zu behandeln, dann sind beide – also Schiffer und Eigentümer – Vollstreckungsschuldner.

15

Wichtige Neuerung durch die Seehandelsrechts-Reform ist, dass § 760 Abs. 2 HGB a. F. entfallen ist, der früher einem Schiffsgläubiger ermöglichte, die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff gegen den Schiffer/Kapitän zu richten. Nunmehr ist der richtige Beklagte ausschließlich der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.). Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

16

Soweit ein gegen den Schiffer als solchen gerichteter Vollstreckungstitel vorliegt, kann in diesen Fällen auch gegen den Eigentümer selbst vorgegangen werden; es bedarf hierzu aber einer Vollstreckungsklausel und deren Zustellung (§ 750 Abs. 2 ZPO).

17

Auf die Erteilung der Klausel sind die §§ 727, 730 ZPO nicht anzuwenden. Lediglich dann ist § 730 ZPO anzuwenden, wenn nach Erlass des Urteils ein Eigentumswechsel vorliegt. Namentliche Bezeichnung des Eigentümers im Urteil ist daher zweckmäßig, auch wenn das Prozessverfahren nur gegen den Schiffer gerichtet war.

18

IV. Der Schiffer als Beteiligter (§ 166 Abs. 2 ZVG) Der Schiffer ist Vollstreckungsschuldner, wenn die Vollstreckung gegen ihn betrieben wird, er ist dann auch Beteiligter (§ 9 ZVG). Er ist jedoch nur solange Beteiligter, wie er das Schiff führt (§ 166 Abs. 2 Halbs. 1 ZVG). Maßgebend ist hierfür das zwischen dem Schiffer und dem Eigentümer bestehende Dienstverhältnis. Aus dem Wort „so lange“ ergibt sich, dass mit Beendigung des Verhältnisses als Schiffer auch die Schuldner- und Beteiligteneigenschaft endet.

19

Tritt nach der Beschlagnahme ein neuer Schiffer in das Verfahren ein, indem er sich meldet und seine Angabe auf Verlangen glaubhaft macht (§ 166 Abs. 2 Halbs. 2 ZVG), so nimmt das Verfahren ohne Weiteres seinen Fortgang. Es bedarf zur Fortsetzung (im Gegensatz zur Einleitung oder zum Beitritt) keiner neuen Vollstreckungsklausel. Der neue Schiffer wird nur durch Zustellung zugezogen.

20

Keine Glaubhaftmachung ist bei §§ 41 Abs. 3 BinSchG (Zustellung der Terminsbestimmung), § 105 Abs. 2 Satz 2 ZVG erforderlich (dieses ergibt sich aus der Auslegung von § 162 ZVG).

21

Wedekind

1193

§ 166

Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung

22

Ein etwaiger Eigentumswechsel gemäß § 26 ZVG ist insoweit bedeutungslos und selbstständig zu beurteilen (siehe § 164 Rz. 18 ff. [Wedekind]).

23

Bei Beendigung der Schiffereigenschaft vor Beschlagnahme kann gegen den Eigentümer vorgegangen werden, wenn der Vollstreckungstitel gegen ihn wirkt (siehe oben).

24

Gegen einen neu aufgestellten Schiffer kann die Vollstreckungsklausel umgeschrieben werden (§§ 727, 730 ZPO analog). V. Dinglicher Titel

25

Der Titel gegen den Schiffer bzw. Kapitän muss ein dinglicher Vollstreckungstitel sein.

26

In der See- und Binnenschifffahrt können die Gläubiger das ihnen zustehende gesetzliche Pfandrecht gegen jeden dritten Besitzer des Schiffes verfolgen (§ 755 HGB a. F. = § 597 HGB n. F., § 760 HGB a. F. = § 601 HGB n. F., § 103 Abs. 2 BinSchG). Ein auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den dritten Besitzer ergangenes Urteil war auch gegenüber dem Eigentümer wirksam (§ 760 Abs. 2 Satz 2 HGB a. F.); dies hat sich geändert (s. u., der Schiffer ist nur noch Zustellungsbevollmächtigter des Eigentümers).

27

In der Binnenschifffahrt können die Gläubiger wegen Forderungen aus Bergungsund Hilfskosten (§ 79 BinSchG a. F. = § 93 Abs. 2 n. F. BinSchG) mit Verweisung auf die Vorschriften der „§§ 574 – 584, 585 Absatz 2 und 3, §§ 586 und 587, 606 Nummer 3 i. V. m. § 607 Absatz 7 und § 618 des Handelsgesetzbuchs sowie Artikel 8 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuche“ die Pfandklage (das ist die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff) erheben (wie bereits dargestellt, bislang gegen den Schiffer, heute nur noch gegen den Eigentümer, aber mit dem Schiffer als Zustellungsbevollmächtigten für diesen).

28

Im Binnenschifffahrtsrecht ist Schiffer definiert als der „Führer des Schiffes“, dieses kann also der Schiffseigner (Eigentümer) selbst sein oder aber eine von ihm mit der Führung des Schiffes betraute Person (§ 7 Abs. 1 BinSchG). Ein gegen den Schiffer ergangenes Urteil ist nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen auch gegen den Schiffseigner wirksam. Wegen der übrigen Schiffsgläubigerrechte muss sich die Klage gegen den Schiffer als Besitzer richten.

29

Zu der im Seeschifffahrtsrecht durch die Seehandelsrechtsreform veränderten Rechtslage siehe sogleich Rz. 39 ff.

30

In der See- und Binnenschifffahrt wird der Ausrüster als Reeder bzw. Schiffseigner behandelt.

31

Ausrüster ist derjenige, der ein ihm nicht gehörendes Schiff zum Erwerbe durch die Seefahrt für seine Rechnung bzw. zur Binnenschifffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Kapitän bzw. Schiffer anvertraut (§ 510 HGB a. F. = § 477 HGB n. F., §§ 102, 5c Abs. Nr. 1 BinSchG).

32

Schiffsgläubiger können die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff – auch weiterhin! – gegen den Ausrüster richten (§ 760 Abs. 2 Satz 1 HGB a. F. = § 601 Abs. 2 Satz 1 HGB n. F.), und zwar so lange, wie das Ausrüstungsverhältnis besteht.

1194

Wedekind

Beschlagnahme gegen den Schiffer und dessen Beteiligtenstellung

§ 166

Der Ausrüster bleibt der richtige Beklagte, auch wenn im Laufe des Rechtstreits ein anderer das Schiff erwirbt und selbst zur Schifffahrt verwendet. Gegen den Eigentümer kann die Klage, solange das Ausrüstungsverhältnis besteht, nicht erhoben werden; er kommt auch nicht als „dritter Besitzer“ in Betracht. Das gegen den Ausrüster gerichtete Urteil ist auch gegenüber dem Eigentümer wirksam (§ 760 Abs. 2 Satz 2 HGB a. F. = § 601 Abs. 2 Satz 2 HGB n. F.).

33

Die Regelungen zum Korrespondentenreeder sind durch die Seehandelsrechtsreform ersatzlos entfallen (siehe unten). Früher konnte die Mehrheit der Mitreeder einen Korrespondentenreeder (= Schiffsdirektor oder Schiffsdisponent) bestellen und dieser vertrat dann die Reederei bei Rechtsgeschäften und vor Gericht gemäß der aufgehobenen §§ 492, 493 HGB a. F.

34

Aus dem gegen den dritten Besitzer (bis zur Geltung der Seehandelsreform auch gegen den Schiffer = Schiffsführer = Kapitän) bzw. – auch immer noch – gegen den Ausrüster erwirkten Duldungstitel findet die Zwangsvollstreckung in das Schiff statt. Der Eigentümer kann dem grundsätzlich nicht widersprechen, es sei denn, die Verwendung des Schiffes durch den dritten Besitzer oder Ausrüster war ihm gegenüber widerrechtlich und der Schiffsgläubiger hat dies beim Erwerb einer Forderung gewusst (Bösgläubigkeit).

35

Die Einwendungen sind durch die Klage nach § 771 ZPO geltend zu machen.

36

Der Erwerber eines Binnenschiffes kann sich durch das Aufgebot der Schiffsgläubiger (§ 110 BinSchG) vor ihm unbekannten gesetzlichen Schiffspfandrechten schützen.

37

Der Eigentümer ist in dem Zwangsversteigerungsverfahren in den genannten Fällen nicht Vollstreckungsschuldner. Verfahrensbeteiligter ist er nur, wenn er zur Zeit der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Register eingetragen ist oder wenn er sein Recht anmeldet (siehe oben).

38

VI. Weitreichende Änderungen durch Seehandelsrechtsreform Die Seehandelsrechtsreform hat zu weitreichenden Veränderungen im Recht der Seeschiffe (und auch der Binnenschiffe) geführt.

39

Reeder (§ 476 HGB n. F., vormals § 484 HGB a. F.) ist wie bisher der rechtliche Eigentümer des Schiffes, der das Schiff zum Erwerb durch Seefahrt betreibt (also selbst „ausrüstet“ bzw. durch einen Ausrüster ausrüsten lässt).

40

Ausrüster (§ 477 HGB n. F., vormals § 510 HGB a. F.) ist wie bisher ein NichtEigentümer, der ein ihm nicht gehörendes Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt betreibt und damit gegenüber Dritten als Reeder anzusehen ist.

41

Die Rechtsstellung des Kapitäns/„Schiffers“ (§ 479 HGB n. F., vormals u. a. §§ 526 ff. HGB a. F.) ist heute eher die einer arbeitnehmerähnlichen Person (und weniger einer unternehmerischen Stellung). Der Kapitän hat weiterhin die gesetzliche Vertretungsmacht für den Reeder in Bezug auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Schiffs gewöhnlich mit sich bringt. Neuerdings gibt es eine Zustellungsvollmacht (§ 619 HGB n. F.).

42

Wedekind

1195

§ 167

Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes

43

Die Regelungen über den Korrespondentenreeder (§§ 492 – 499 HGB a. F.) sind ersatzlos entfallen.

44

Die Vorschriften über die Schiffsgläubigerrechte bleiben im Kern inhaltlich unverändert, finden sich aber jetzt unter anderer Numerierung in den §§ 596 – 604 HGB n. F. (statt vormals §§ 754 – 764 HGB a. F.).

45

Wichtige Neuerung ist, dass die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schiffer/Kapitän (§ 760 Abs. 2 HGB a. F.) gerichtet werden kann, sondern vielmehr der richtige Beklagte nunmehr der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.) ist. Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

§ 167 Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes (1) Die Bezeichnung des Schiffs in der Bestimmung des Versteigerungstermins soll nach dem Schiffsregister erfolgen. (2) Die im § 37 Nr. 4 bestimmte Aufforderung muß ausdrücklich auch auf die Rechte der Schiffsgläubiger hinweisen. Literatur: Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 4 III. Bezeichnung des Schiffes .................... 6

I.

IV. Aufforderung an die Gläubiger ........ 15 V. Zur Historie ........................................ 18

Zweck der Norm

1

Die Terminsbestimmung dient dem Interesse aller schon bekannten Beteiligten sowie der noch unbekannten weiteren Betroffenen und soll auch das Interesse potentieller Erwerber erwecken.1) Soweit zur Erreichung dieses Zweckes die entsprechenden anzuwendenden Vorschriften der §§ 37 und 38 ZVG noch nicht ausreichen, sind in § 167 ZVG weitere Bestimmungen getroffen worden, mit anderen Worten § 167 ZVG ergänzt die §§ 37 und 38 ZVG, die gemäß § 162 ZVG entsprechend anzuwenden sind.

2

Absatz 1 der Norm will erreichen, dass das Versteigerungsobjekt möglichst umfassend in der Terminsbestimmung beschrieben wird.

3

Absatz 2 stellt die notwendige Erweiterung des Aufgebots der nicht aus dem Schiffsregister ersichtlichen Betroffenen auf die Schiffsgläubiger sicher. Damit wird den materiellen Besonderheiten des Schiffsrechts Rechnung getragen (dieses gilt auch bei anderen der davorstehenden Normen). Auf die vorzunehmende Unterscheidung zwischen Schiffshypothekengläubigern und Schiffsgläubigern sei hier nochmals hingewiesen (ausführlich dazu siehe § 164 Rz. 1 ff. [Wedekind].

_____________ 1)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 167 Rz. 1.

1196

Wedekind

§ 167

Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes

43

Die Regelungen über den Korrespondentenreeder (§§ 492 – 499 HGB a. F.) sind ersatzlos entfallen.

44

Die Vorschriften über die Schiffsgläubigerrechte bleiben im Kern inhaltlich unverändert, finden sich aber jetzt unter anderer Numerierung in den §§ 596 – 604 HGB n. F. (statt vormals §§ 754 – 764 HGB a. F.).

45

Wichtige Neuerung ist, dass die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schiffer/Kapitän (§ 760 Abs. 2 HGB a. F.) gerichtet werden kann, sondern vielmehr der richtige Beklagte nunmehr der Eigentümer (Reeder) oder der Ausrüster (§ 601 HGB n. F.) ist. Hierbei allerdings ist der Kapitän („Schiffer“) gemäß § 619 HGB n. F. zustellungsbevollmächtigt.

§ 167 Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes (1) Die Bezeichnung des Schiffs in der Bestimmung des Versteigerungstermins soll nach dem Schiffsregister erfolgen. (2) Die im § 37 Nr. 4 bestimmte Aufforderung muß ausdrücklich auch auf die Rechte der Schiffsgläubiger hinweisen. Literatur: Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 4 III. Bezeichnung des Schiffes .................... 6

I.

IV. Aufforderung an die Gläubiger ........ 15 V. Zur Historie ........................................ 18

Zweck der Norm

1

Die Terminsbestimmung dient dem Interesse aller schon bekannten Beteiligten sowie der noch unbekannten weiteren Betroffenen und soll auch das Interesse potentieller Erwerber erwecken.1) Soweit zur Erreichung dieses Zweckes die entsprechenden anzuwendenden Vorschriften der §§ 37 und 38 ZVG noch nicht ausreichen, sind in § 167 ZVG weitere Bestimmungen getroffen worden, mit anderen Worten § 167 ZVG ergänzt die §§ 37 und 38 ZVG, die gemäß § 162 ZVG entsprechend anzuwenden sind.

2

Absatz 1 der Norm will erreichen, dass das Versteigerungsobjekt möglichst umfassend in der Terminsbestimmung beschrieben wird.

3

Absatz 2 stellt die notwendige Erweiterung des Aufgebots der nicht aus dem Schiffsregister ersichtlichen Betroffenen auf die Schiffsgläubiger sicher. Damit wird den materiellen Besonderheiten des Schiffsrechts Rechnung getragen (dieses gilt auch bei anderen der davorstehenden Normen). Auf die vorzunehmende Unterscheidung zwischen Schiffshypothekengläubigern und Schiffsgläubigern sei hier nochmals hingewiesen (ausführlich dazu siehe § 164 Rz. 1 ff. [Wedekind].

_____________ 1)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 167 Rz. 1.

1196

Wedekind

§ 167

Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes

II. Anwendungsbereich } auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

./.

Seeschiffe

eingetragene

./.

4

Abs. 1 gilt für: eingetragene/eintragungsSchiffsbauwerke u. fähige ./. nach Maßgabe von § 170a Schwimmdocks Abs. 2: gilt nicht Ergänzend sind auch die §§ 35 ff. ZVG gemäß § 162 ZVG für die Bestimmungen des Versteigerungstermins maßgebend, soweit nicht §§ 167, 168 ZVG Ausnahmen enthalten.

5

III. Bezeichnung des Schiffes Die Bezeichnung nach dem Schiffsregister ist eine bloße Ordnungsvorschrift (§ 167 Abs. 1 ZVG).2) Also machen Verstöße gegen § 167 Abs. 1 ZVG für sich genommen die Terminsbestimmungen nicht unwirksam, wenn das Schiff ansonsten unzweideutig bezeichnet ist (bloßer Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift).3)

6

Eine Verletzung der Ordnungsvorschrift § 167 Abs. 1 ZVG über die Bezeichnung des Schiffes kann aber zugleich auch eine ungenügende Bezeichnung des Schiffes zur Folge haben und dann wegen einer Verletzung von § 37 Nr. 1 BinSchG gleichwohl die Unwirksamkeit der Terminsbestimmung zur Folge haben. In derartigen Fällen liegt dann insoweit doch ggf. ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 7 BinSchG vor (der nicht geheilt werden kann).

7

Über die Angaben bei Anmeldung eines See- und Binnenschiffes enthalten §§ 11, 12 SchRegO das Nähere.

8

Bei der Anmeldung eines Seeschiffs sind gemäß § 11 SchRegO anzugeben:

9

1.

der Name des Schiffs,

2.

die Gattung und der Hauptbaustoff,

3.

der Heimathafen,

4.

der Bauort, die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut worden ist, und das Jahr des Stapellaufs, es sei denn, daß dies nur mit besonderen Schwierigkeiten zu ermitteln ist,

5.

die nach Maßgabe der Resolution A.600 (15) vom 19. November 1987 der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) vergebene Schiffsidentifikationsnummer (IMO-Nummer), sofern sie sich aus dem Messbrief oder einer entsprechenden Urkunde (§ 13 SchRegO) ergibt, die Ergebnisse der amtlichen Vermessung sowie die Maschinenleistung,

_____________ 2) 3)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 167 Rz. 9. Für die Praxis sei verwiesen auf z. B. Mohrbutter-Drischler, Muster 167.

Wedekind

1197

§ 167

Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes

6.

der Eigentümer, bei einer Reederei die Mitreeder und die Größe der Schiffsparten, bei einer offenen Handelsgesellschaft die Gesellschafter, bei einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien die persönlich haftenden Gesellschafter,

7.

der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums,

8.

die das Recht zur Führung der Bundesflagge begründenden Tatsachen,

9.

bei einer Reederei der Korrespondentreeder,

10. im Fall des § 4 Abs. 3 SchRegO der Vertreter. 10

Ist das Schiff im Inland noch nicht amtlich vermessen, so genügt gemäß § 11 Abs. 2 SchRegO zu Absatz 1 Nr. 5 die Angabe der Ergebnisse einer im Ausland vorgenommenen Vermessung.

11

Bei einem Binnenschiff sind anzugeben (§ 12 SchRegO): 1.

12

der Name, die Nummer oder das sonstige Merkzeichen des Schiffs,

2.

die Gattung und der Hauptbaustoff,

3.

der Heimatort,

4.

der Bauort, die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut worden ist, und das Jahr des Stapellaufs, es sei denn, daß dies nur mit besonderen Schwierigkeiten zu ermitteln ist,

5.

bei Schiffen, die zur Beförderung von Gütern bestimmt sind, die größte Tragfähigkeit, bei anderen Schiffen die Wasserverdrängung bei größter Eintauchung sowie bei Schiffen mit eigener Triebkraft außerdem die Maschinenleistung,

6.

der Eigentümer, bei mehreren Eigentümern die Größe der einzelnen Anteile,

7.

der Rechtsgrund für den Erwerb des Eigentums.

Bei der Terminsbestimmung sind anzugeben: –

Vollstreckungsgericht bzw. Rechtspfleger,



Zeit und Ort der Versteigerung,



das zur Versteigerung kommende Schiff (Registerblattnummer sowie weitere Daten: bei Binnenschiffen nach Maßgabe von § 27 Abs. 1 SchRegDV, bei Seeschiffen nach Maßgabe von § 34 Abs. 1 SchRegDV, bei Schiffsbauwerken nach Maßgabe von § 69 Abs. 3 SchRegO, bei Schwimmdocks nach Maßgabe von § 73b und § 73a SchRegO) und



der Name des Eigentümers oder sonstigen Vollstreckungsschuldners.

Die Angaben sind dem Schiffsregister bzw. Schiffsbauregister zu entnehmen.4) 13

Streitig ist, ob der landesrechtliche Vorbehalt in § 6 EGZVG auch auf Schiffe anzuwenden ist. Landesrecht ist dazu insoweit nicht ergangen. Deshalb ist die Frage zurzeit bedeutungslos. Grundsätzlich wird man die Frage mit der überwiegenden Meinung bejahen, da kein Grund ersichtlich ist, § 6 EGZVG nicht anzuwenden. _____________ 4)

Vgl. hierzu auch Mohrbutter-Drischler, ZVG, Muster 169; Dassler/Schiffhauer/u. a.Rellermeyer, ZVG, § 167 Rz. 2.

1198

Wedekind

Terminsbestimmung; Bezeichnung des Schiffes

§ 167

Über die Folgen der Verletzung wesentlichen und unwesentlichen Inhalts der Terminsbestimmung siehe §§ 37, 38 Rz. 39 ff. [Bachmann].

14

IV. Aufforderung an die Gläubiger Die gemäß § 37 Nr. 4 ZVG erforderliche Aufforderung hat ausdrücklich auf die Rechte der Schiffsgläubiger hinzuweisen (§ 167 Abs. 2 ZVG).

15

Eine Verletzung dieser Vorschrift führt zu einem Zuschlagsversagungsgrund gemäß §§ 162, 83 Nr. 7 ZVG. Dieser Mangel ist unheilbar.

16

Anzumerken ist noch ergänzend, dass es den Schiffsgläubigern die Wahrnehmung ihrer Rechte erleichtert, dass die Terminsbestimmung mit der Aufforderung zur Anmeldung nach § 168 Abs. 1 ZVG in einem Schifffahrtsfachblatt bekannt gemacht werden muss und die Anmeldungen bei dem Registergericht innerhalb der letzten sechs Monate vor der Terminsbekanntmachung nach § 168b ZVG auch für das Vollstreckungsgericht gelten.

17

V. Zur Historie § 167 Abs. 2 ZVG ist durch die DVO zum Schiffsrechtsgesetz vom 21.12.1940 neu gefasst worden. Die alte Fassung hatte § 37 Nr. 4 ZVG ersetzt, weil diese Vorschrift nach altem Recht wegen der damals bei Schiffsversteigerungen nicht geltenden Vorschriften über das geringste Gebot nicht angewendet werden konnte.5) Bei der Verwendung alter Kommentare (also vor 1940) ist daher Vorsicht geboten.

18

Die frühere Fassung hatte gelautet: „Die Terminsbestimmung muss die Aufforderung an die Schiffsgläubiger und die sonstigen Berechtigten enthalten, ihre Rechte sind, soweit sie zurzeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Schiffsregister nicht ersichtlich waren, spätestens im Verteilungstermin anzumelden, widrigenfalls die Rechte bei der Verteilung des Versteigerungserlöses nicht berücksichtigt werden würden.“

19

Diese alte Fassung des § 167 Abs. 2 ZVG bedeutete eine wesentliche Abweichung von § 37 Nr. 4 ZVG hinsichtlich der Anmeldefrist (Ablauf des Verteilungstermins), durch Wegfall der Glaubhaftmachung (bis zum Versteigerungstermin) und bezüglich der Folgen bei Nichtanmeldung (Nichtanwendung des § 110 ZVG). Diese alte Regelung erwies sich aber als unzweckmäßig und zu weit gehend.

20

Die jetzt gültige neue Fassung hat alle diese früheren Abweichungen beseitigt. Es wird heute nur noch § 37 Nr. 4 ZVG inhaltlich dergestalt erweitert, dass Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Schiffsregister (anstelle. Grundbuch) nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden sind, und hierbei auch auf die Rechte der Schiffsgläubiger hinzuweisen ist.

21

_____________ 5)

Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 167 Rz. 3.

Wedekind

1199

§ 168

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

§ 168 Bekanntmachung der Terminsbestimmung (1) Die Terminbestimmung soll auch durch ein geeignetes Schiffahrtsfachblatt bekannt gemacht werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen hierüber zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Befindet sich der Heimathafen oder Heimatort des Schiffs in dem Bezirk eines anderen Gerichts, so soll die Terminsbestimmung auch durch das für Bekanntmachungen dieses Gerichts bestimmte Blatt oder elektronische Informations- und Kommunikationssystem bekanntgemacht werden. (3) Die im § 39 Abs. 2 vorgesehene Anordnung ist unzulässig. Literatur: Schiffhauer, Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1968, 218 – 223; Schiffhauer, nochmals: Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1969, 165. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 6 III. Bekanntmachung im Schifffahrtsfachblatt ................................................ 8

I.

IV. Bekanntmachung in anderem Gerichtsbezirk (Abs. 2) ..................... 14 V. Kein Absehen von der Bekanntmachung wegen geringen Werts (§ 39 Abs. 2 ZVG) .............................. 18

Zweck der Norm

1

In § 168 Abs. 1 und 2 ZVG wird bestimmt, dass weitere Veröffentlichungen erfolgen sollen, die über die bei Grundstücksversteigerungen üblichen Veröffentlichungen der Terminsbestimmung hinausgehen.

2

Mit der Veröffentlichung in einem geeigneten Schifffahrtsfachblatt (Abs. 2) soll erreicht werden, dass die bevorstehende Versteigerung in Schifffahrtskreisen bekannt wird. Denn es ist davon auszugehen, dass die Amtsblätter des Vollstreckungsgerichts in Schifffahrtskreisen nicht allen zugänglich und bekannt sein werden und daher von ihnen selten gelesen und beachtet werden. Durch die Veröffentlichung auch in Schifffahrtsfachblättern können mehr Bietinteressenten auf das Versteigerungsobjekt aufmerksam gemacht werden und damit wird die Versteigerung gefördert.

3

Dem gleichen Zweck, nämlich der Erzeugung eines größeren Bietinteresses durch weiter gestreute Bekanntmachung, dient die zusätzlich Veröffentlichung im Amtsblatt des Heimathafens bzw. Heimatortes. Wegen der Zuständigkeitsregelung im § 163 Abs. 1 ZVG wird das Vollstreckungsgericht häufig von dem Gericht des Heimathafens bzw. Heimatortes verschieden sein. Am besten bekannt wird das Schiff aber am Heimathafen bzw. Heimatort sein, sodass eine dortige zusätzliche Veröffentlichung Sinn macht.

4

Der Grund für die Nichtanwendung des § 39 Abs. 2 ZVG ist darin zu suchen, dass ein so geringer Wert, der die öffentliche Bekanntmachung nicht lohnen würde, bei

1200

Wedekind

§ 168

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

einem Schiff kaum in Betracht kommt.1) Überzeugend ist dieses Argument nicht, denn wenn ein entsprechender Wert nicht in Betracht käme, würde eben § 39 Abs. 2 ZVG jeweils tatbestandlich nicht einschlägig sein. Da aber Schiffen, die nicht weit von dem Wrackzustand entfernt sind, durchaus möglich scheint, dass die Tatbestandsmäßigkeit von § 39 Abs. 2 ZVG doch fraglich sein könnte, ist im Ergebnis wohl zu begrüßen, dass das gerichtliche Verfahren von der diesbezüglichen Prüfung insgesamt entlastet ist (bei Schiffsbauwerken stellt sich diese Frage nicht, denn für Schiffsbauwerke gilt § 168 Abs. 3 ZVG nicht; dort ist § 39 Abs. 2 ZVG also anwendbar).

5

II. Anwendungsbereich 6

} auf

deutsch(e)

Binnenschiffe

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG: eingetragene also nur § 168 Abs. 1 und 3 ZVG

ausländisch(e)

fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG: also nur § 168 Abs. 1 und 3 ZVG Seeschiffe

eingetragene § 168 Abs. 2 ZVG gilt nicht

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks ./.

./.

Die Vorschriften über die Bestimmung des Versteigerungstermins (§§ 35 – 43 ZVG) finden nach § 162 ZVG entsprechende Anwendung. Sie werden hier in folgender Beziehung modifiziert: –

Die Sollvorschrift in § 38 ZVG wird (teilweise) durch § 167 Abs. 1 ZVG ersetzt.



Die Aufforderung zur Anmeldung nicht eingetragener Rechte (§ 37 Nr. 4 ZVG) wird geändert bzw. ergänzt (§ 167 Abs. 2 ZVG).



Zu der in § 39 Abs. 1 ZVG vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung tritt eine Sollvorschrift hinsichtlich weiterer Bekanntmachungen (§ 168 Abs. 1 ZVG).



Die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 ZVG wird ausgeschlossen (§ 168 Abs. 2 ZVG).

7

III. Bekanntmachung im Schifffahrtsfachblatt Die Bekanntmachung des Termins in einem Schifffahrtsfachblatt ist sehr zweckmäßig, da dadurch die bevorstehende Versteigerung den interessierten Kreisen zur Kenntnis gebracht wird. Es handelt sich um eine bloße Sollvorschrift, wie auch § 40 ZV.

8

Die genauere Bestimmung der zur Veröffentlichung geeigneten Publikationen hatte ursprünglich das Reichsjustizministerium vorgenommen.2)

9

_____________ 1) 2)

So z. B. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168 Rz. 2. Verfügung des Reichsjustizministeriums v. 7.3.1941 (DJ 335 Nr. 94 Bekanntmachung der Termine zur Zwangsversteigerung von Schiffen).

Wedekind

1201

§ 168

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

10

Die Justizverwaltungen der Länder haben hierzu später durch eigene Justizministerbekanntmachungen eigene Bestimmungen getroffen, so z. B. Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Auch für Berlin West erging am 18.10.1952 eine Anordnung.3)

11

Nach der Neufassung von § 168 Abs. 1 ZVG durch Art. 58 des ersten BMJBerG steht diese Befugnis den Landesregierungen oder den von diesen ermächtigten Landesjustizverwaltungen zu, die eine Bestimmung durch Rechtsverordnung nicht mehr durch Verwaltungsvorschrift treffen dürfen. Bis zu einer Neuregelung sind die bisherigen Regelungen in dem jeweiligen Land weiter anzuwenden.

12

In den Ländern sind regelmäßig für Seeschiffe, soweit überhaupt eine Regelung getroffen ist, die Zeitschrift „Hansa“ und für Binnenschiffe die „Binnenschifffahrts-Nachrichten“ bestimmt.4)

13

Als zusätzliches Fachblatt zur Veröffentlichung nach § 40 Abs. 2 ZVG kam bis 1980 bei Binnenschiffsversteigerungen in Betracht: „Die Rheinschifffahrt“ (einschließlich Norddeutscher Ausgabe) „zwischen Rhein und Elbe“,5) heute ggf. auch Zeitschriften wie z. B. „Binnenschifffahrt“ oder „Schifffahrts-Magazin“. IV. Bekanntmachung in anderem Gerichtsbezirk (Abs. 2)

14

Als bloße Ordnungsvorschrift (Sollvorschrift) bestimmt § 168 Abs. 2 ZVG die Bekanntmachung der Terminsbestimmung in dem für Bekanntmachungen bestimmten Blatt des Gerichtsbezirks des Heimathafens oder Heimatortes, wenn der Gerichtsbezirk, in dem versteigert wird, hiervon verschieden ist. Zweck ist auch hier, wie bei § 168 Abs. 1 ZVG, zu erreichen, dass die Interessenten von dem Versteigerungstermin erfahren.

15

Zu Heimathafen: § 480 HGB a. F. = n. F. ist ersatzlos entfallen. Die alte Legaldefinition/-fiktion kann aber noch herangezogen werden. § 480 Abs. 1 HGB a. F. lautete: „Als Heimathafen des Schiffes gilt der Hafen, von welchem aus die Seefahrt mit dem Schiff betrieben wird.“

16

Zum Heimatort: § 6 BinSchG (mit ähnlicher Definition und Verweisung auf das BinSchGerG, in dem dann die örtliche Zuständigkeit der für Zivilrechtsstreitigkeiten und Straf-/Ordnungswidrigkeitssachen zuständigen Gerichte, Schifffahrtsgerichte (AG) bzw. Schifffahrtsobergerichte (OLG) näher bestimmt werden; wobei damit problematisch werden kann, inwieweit das BinSchG und aufgrund dessen ergangene Zuständigkeitsfestlegungen durch die Landesregierungen gemäß § 23 BinSchGerG auch den Heimatort gemäß § 6 BinSchG und damit auch den Heimatort i. S. v. § 168 ZVG beeinflussen, oder ob dieser von den Zuständigkeitsfestlegungen des BinSchGerG unberührt bleibt). _____________ 3)

4) 5)

Eine Auflistung der in den Ländern seinerzeit noch geltenden Ausführungsbestimmungen findet sich u. a. bei Steiner-Hagemann, ZVG, § 168 Rz. 8. Wie bereits ausgeführt, gelten diese weiter, soweit sie nicht durch neue aufgrund der Neufassung von § 168 Abs. 1 nunmehr ergangenen Rechtsverordnungen ersetzt worden sind. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 168 Rz. 3. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168 Rz. 9.

1202

Wedekind

§ 168a Die Verletzung des § 168 Abs. 2 ZVG ist ohne Folgen. Die Frist des § 43 Abs. 1 gilt für die Sollvorschrift des § 168 Abs. 2 ZVG nicht. Den Heimathafen oder den Heimatort kann das Vollstreckungsgericht regelmäßig aus der ihm vom Registergericht übermittelten beglaubigten Registerabschrift entnehmen. Soweit dem Vollstreckungsgericht das Amtsblatt des anderen Gerichtes nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, sogleich mit dem Ersuchen um Eintragung des Vollstreckungsvermerkes dort um entsprechende Mitteilung zu ersuchen.

17

V. Kein Absehen von der Bekanntmachung wegen geringen Werts (§ 39 Abs. 2 ZVG) Die Anwendung des § 39 Abs. 2 ZVG ist unzulässig. (Abs. 3) Daher muss die öffentliche Bekanntmachung der Terminsbestimmung im Amtsblatt in jedem Fall erfolgen, auch bei Schiffen von geringem Wert.

18

Die Folge ist, dass ein vollständiges Unterbleiben der Veröffentlichung – selbst bei Schiffen von geringen Wert – einen unheilbaren Zuschlagsversagungsgrund darstellt (§§ 162, 83 Nr. 7, 100 Abs. 3 ZVG).

19

Eigene Stellungnahme: Wenn tatsächlich der gesetzgeberische Grund für § 168 Abs. 2 ZVG derjenige war, dass davon ausgegangen wurde, dass es gar nicht vorkommen könne, dass ein Schiff nur einen geringen Wert habe, stellt sich natürlich die Frage, ob in den Fällen, in denen tatsächlich ein geringer Wert vorliegt (und deswegen die Veröffentlichung unterbleibt), die Rechtsfolge eines unheilbaren Zuschlagsversagungsgrunds richtig ist.

20

Andererseits scheint es für die Praxis angemessen, bei Schiffen stets eine Veröffentlichung vorzunehmen und so das Gericht von der Frage zu entlasten ob ggf. ein geringer Wert i. S. v. § 39 Abs. 2 ZVG vorliegt.

21

Hinzuweisen ist noch darauf, dass bei Schiffsbauwerken und Schwimmdocks § 168 Abs. 3 ZVG die Anwendung von § 39 Abs. 2 ZVG nicht ausschließt, also § 39 Abs. 2 ZVG insoweit anwendbar ist. Denn § 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG nimmt den gesamten § 168 ZVG von der Anwendung aus, also auch dessen Absatz 3. Inwieweit bei Schiffsbauwerken oder Schwimmdocks Anwendungsfälle für § 39 Abs. 2 ZVG vorstellbar sind, mag dahinstehen.

22

§ 168a (aufgehoben) I.

Ursprünglicher Zweck der Norm

Gesetzgeberischer Zweck dieser Norm war es, ausländischen Schiffsgläubigern Gelegenheit zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu geben. Die Vorschrift war durch DVO zum SchiffsRG vom 21.12.19401) in das Gesetz gekommen und ist durch Gesetz vom 4.12.19682) wieder aufgehoben worden. _____________ 1) 2)

RGBl I, 1609. BGBl I, 1295.

Wedekind

1203

1

§ 168a Die Verletzung des § 168 Abs. 2 ZVG ist ohne Folgen. Die Frist des § 43 Abs. 1 gilt für die Sollvorschrift des § 168 Abs. 2 ZVG nicht. Den Heimathafen oder den Heimatort kann das Vollstreckungsgericht regelmäßig aus der ihm vom Registergericht übermittelten beglaubigten Registerabschrift entnehmen. Soweit dem Vollstreckungsgericht das Amtsblatt des anderen Gerichtes nicht bekannt ist, empfiehlt es sich, sogleich mit dem Ersuchen um Eintragung des Vollstreckungsvermerkes dort um entsprechende Mitteilung zu ersuchen.

17

V. Kein Absehen von der Bekanntmachung wegen geringen Werts (§ 39 Abs. 2 ZVG) Die Anwendung des § 39 Abs. 2 ZVG ist unzulässig. (Abs. 3) Daher muss die öffentliche Bekanntmachung der Terminsbestimmung im Amtsblatt in jedem Fall erfolgen, auch bei Schiffen von geringem Wert.

18

Die Folge ist, dass ein vollständiges Unterbleiben der Veröffentlichung – selbst bei Schiffen von geringen Wert – einen unheilbaren Zuschlagsversagungsgrund darstellt (§§ 162, 83 Nr. 7, 100 Abs. 3 ZVG).

19

Eigene Stellungnahme: Wenn tatsächlich der gesetzgeberische Grund für § 168 Abs. 2 ZVG derjenige war, dass davon ausgegangen wurde, dass es gar nicht vorkommen könne, dass ein Schiff nur einen geringen Wert habe, stellt sich natürlich die Frage, ob in den Fällen, in denen tatsächlich ein geringer Wert vorliegt (und deswegen die Veröffentlichung unterbleibt), die Rechtsfolge eines unheilbaren Zuschlagsversagungsgrunds richtig ist.

20

Andererseits scheint es für die Praxis angemessen, bei Schiffen stets eine Veröffentlichung vorzunehmen und so das Gericht von der Frage zu entlasten ob ggf. ein geringer Wert i. S. v. § 39 Abs. 2 ZVG vorliegt.

21

Hinzuweisen ist noch darauf, dass bei Schiffsbauwerken und Schwimmdocks § 168 Abs. 3 ZVG die Anwendung von § 39 Abs. 2 ZVG nicht ausschließt, also § 39 Abs. 2 ZVG insoweit anwendbar ist. Denn § 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG nimmt den gesamten § 168 ZVG von der Anwendung aus, also auch dessen Absatz 3. Inwieweit bei Schiffsbauwerken oder Schwimmdocks Anwendungsfälle für § 39 Abs. 2 ZVG vorstellbar sind, mag dahinstehen.

22

§ 168a (aufgehoben) I.

Ursprünglicher Zweck der Norm

Gesetzgeberischer Zweck dieser Norm war es, ausländischen Schiffsgläubigern Gelegenheit zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu geben. Die Vorschrift war durch DVO zum SchiffsRG vom 21.12.19401) in das Gesetz gekommen und ist durch Gesetz vom 4.12.19682) wieder aufgehoben worden. _____________ 1) 2)

RGBl I, 1609. BGBl I, 1295.

Wedekind

1203

1

§ 168b

Anmeldung von Rechten der Schiffsgläubiger beim Registergericht

II. Ursprüngliche Fassung der Norm 2

Die Vorschrift lautete ursprünglich: „Der Zeitraum zwischen der Bekanntmachung der Terminsbestimmung und dem Versteigerungstermin (§ 43 Abs. 1 ZVG) muss bei der Versteigerung eines Seeschiffs drei Monate betragen“.

§ 168b Anmeldung von Rechten der Schiffsgläubiger beim Registergericht Hat ein Schiffsgläubiger sein Recht innerhalb der letzten sechs Monate vor der Bekanntmachung der Terminsbestimmung bei dem Registergericht angemeldet, so gilt die Anmeldung als bei dem Versteigerungsgericht bewirkt. Das Registergericht hat bei der Übersendung der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Urkunden und Mitteilungen die innerhalb der letzten sechs Monate bei ihm eingegangenen Anmeldungen an das Versteigerungsgericht weiterzugeben. Literatur: Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012. Übersicht I. II. III. IV.

I. 1

Normzweck ........................................... Anwendungsbereich ............................ Anmeldung von Rechten .................... Mitteilung (über Anmeldungen) vom Vollstreckungs- an Registergericht ...................................................

V. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Register- an Vollstreckungsgericht .................................................... 6

1 2 3 5

Normzweck

Die Norm dient dem Schutz der Schiffsgläubiger (§ 754 HGB a. F. = § 596 HGB n. F., § 102 BinSchG), damit diese auch bei einer für sie überraschenden Versteigerung ihre Rechte wahren können, indem sie diese vorsorglich beim Registergericht mit Wirkung für das Vollstreckungsgericht anmelden, wobei eine derartige vorsorgliche Anmeldung für sechs Monate wirkt. Hintergedanke ist dabei, dass die Schiffsgläubiger sich ggf. selbst auf Reise befinden und wegen der Ortsabwesenheit ggf. verhindert sind.1) II. Anwendungsbereich

2

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

./.

Seeschiffe

eingetragene

./.

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks

./.

./.

III. Anmeldung von Rechten 3

Die Anmeldung beim Registergericht bedarf keiner Glaubhaftmachung.2) Aber auf Verlangen des Vollstreckungsgerichts muss ggf. die Glaubhaftmachung nach_____________ 1) 2)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1.

1204

Wedekind

§ 168b

Anmeldung von Rechten der Schiffsgläubiger beim Registergericht

II. Ursprüngliche Fassung der Norm 2

Die Vorschrift lautete ursprünglich: „Der Zeitraum zwischen der Bekanntmachung der Terminsbestimmung und dem Versteigerungstermin (§ 43 Abs. 1 ZVG) muss bei der Versteigerung eines Seeschiffs drei Monate betragen“.

§ 168b Anmeldung von Rechten der Schiffsgläubiger beim Registergericht Hat ein Schiffsgläubiger sein Recht innerhalb der letzten sechs Monate vor der Bekanntmachung der Terminsbestimmung bei dem Registergericht angemeldet, so gilt die Anmeldung als bei dem Versteigerungsgericht bewirkt. Das Registergericht hat bei der Übersendung der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Urkunden und Mitteilungen die innerhalb der letzten sechs Monate bei ihm eingegangenen Anmeldungen an das Versteigerungsgericht weiterzugeben. Literatur: Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012. Übersicht I. II. III. IV.

I. 1

Normzweck ........................................... Anwendungsbereich ............................ Anmeldung von Rechten .................... Mitteilung (über Anmeldungen) vom Vollstreckungs- an Registergericht ...................................................

V. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Register- an Vollstreckungsgericht .................................................... 6

1 2 3 5

Normzweck

Die Norm dient dem Schutz der Schiffsgläubiger (§ 754 HGB a. F. = § 596 HGB n. F., § 102 BinSchG), damit diese auch bei einer für sie überraschenden Versteigerung ihre Rechte wahren können, indem sie diese vorsorglich beim Registergericht mit Wirkung für das Vollstreckungsgericht anmelden, wobei eine derartige vorsorgliche Anmeldung für sechs Monate wirkt. Hintergedanke ist dabei, dass die Schiffsgläubiger sich ggf. selbst auf Reise befinden und wegen der Ortsabwesenheit ggf. verhindert sind.1) II. Anwendungsbereich

2

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

./.

Seeschiffe

eingetragene

./.

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks

./.

./.

III. Anmeldung von Rechten 3

Die Anmeldung beim Registergericht bedarf keiner Glaubhaftmachung.2) Aber auf Verlangen des Vollstreckungsgerichts muss ggf. die Glaubhaftmachung nach_____________ 1) 2)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1.

1204

Wedekind

§ 168c

Schiffshypothek in ausländischer Währung

geholt werden (§§ 162, 9 Nr. 2, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG), das sonst die Beteiligtenstellung verloren geht. Die Terminsbestimmung (§§ 162, 41 Abs. 3 ZVG) ist den Schiffsgläubigern aber auch bereits vorher (also vor einer ggf. verlangten Glaubhaftmachung) zuzustellen.3)

4

IV. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Vollstreckungs- an Registergericht Das Vollstreckungsgericht hat gemäß §§ 162, 19 Abs. 1 ZVG bei Anordnung der Zwangsversteigerung eines Schiffes an das Registergericht ein Eintragungsersuchen (auf Eintragung des Versteigerungsvermerks) zu übersenden.

5

V. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Register- an Vollstreckungsgericht Das Registergericht hat gemäß §§ 162, 19 Abs. 2 ZVG alle innerhalb der letzten sechs Monate (maßgeblicher Zeitpunkt gemäß Absatz 1 „sechs Monate vor der Bekanntmachung der Terminsbestimmung“ bzw. der Übersendung derselben) beim Registergericht eingegangene Anmeldungen von Schiffsgläubigern an das Vollstreckungsgericht zu übersenden.

6

Später noch ggf. beim Registergericht eingehende Anmeldungen sind gleichfalls unverzüglich an das Vollstreckungsgericht weiterzugeben.4)

7

Die Anmeldungen beim Registergericht müssen nicht glaubhaft gemacht werden. Aber das Vollstreckungsgericht kann später die Glaubhaftmachung verlangen (§§ 162, 9 Nr. 2, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG); erfolgt eine geforderte Glaubhaftmachung nicht, geht die Beteiligteneigenschaft verloren (siehe hierzu § 163 Rz. 54 ff. und § 164 Rz. 1 ff. und für die privilegierten Schiffsgläubiger ohne Anmeldung § 163 Rz. 50 ff. [Wedekind]). _____________

8

3) 4)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 12 ff.

§ 168c Schiffshypothek in ausländischer Währung Wedekind/Cranshaw

Für die Zwangsversteigerung eines Schiffs, das mit einer Schiffshypothek in ausländischer Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Terminbestimmung muß die Angabe, daß das Schiff mit einer Schiffshypothek in ausländischer Währung belastet ist, und die Bezeichnung dieser Währung enthalten.

2.

In dem Zwangsversteigerungstermin wird vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt und bekanntgemacht, welchen Wert die in ausländischer Währung eingetragene Schiffshypothek nach dem amtlich ermittelten letzten Kurs in Euro hat. Dieser Kurswert bleibt für das weitere Verfahren maßgebend.

3.

Die Höhe des Bargebots wird in Euro festgestellt. Die Gebote sind in Euro abzugeben.

4.

Der Teilungsplan wird in Euro aufgestellt. Wedekind/Cranshaw

1205

§ 168c

Schiffshypothek in ausländischer Währung

geholt werden (§§ 162, 9 Nr. 2, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG), das sonst die Beteiligtenstellung verloren geht. Die Terminsbestimmung (§§ 162, 41 Abs. 3 ZVG) ist den Schiffsgläubigern aber auch bereits vorher (also vor einer ggf. verlangten Glaubhaftmachung) zuzustellen.3)

4

IV. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Vollstreckungs- an Registergericht Das Vollstreckungsgericht hat gemäß §§ 162, 19 Abs. 1 ZVG bei Anordnung der Zwangsversteigerung eines Schiffes an das Registergericht ein Eintragungsersuchen (auf Eintragung des Versteigerungsvermerks) zu übersenden.

5

V. Mitteilung (über Anmeldungen) vom Register- an Vollstreckungsgericht Das Registergericht hat gemäß §§ 162, 19 Abs. 2 ZVG alle innerhalb der letzten sechs Monate (maßgeblicher Zeitpunkt gemäß Absatz 1 „sechs Monate vor der Bekanntmachung der Terminsbestimmung“ bzw. der Übersendung derselben) beim Registergericht eingegangene Anmeldungen von Schiffsgläubigern an das Vollstreckungsgericht zu übersenden.

6

Später noch ggf. beim Registergericht eingehende Anmeldungen sind gleichfalls unverzüglich an das Vollstreckungsgericht weiterzugeben.4)

7

Die Anmeldungen beim Registergericht müssen nicht glaubhaft gemacht werden. Aber das Vollstreckungsgericht kann später die Glaubhaftmachung verlangen (§§ 162, 9 Nr. 2, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG); erfolgt eine geforderte Glaubhaftmachung nicht, geht die Beteiligteneigenschaft verloren (siehe hierzu § 163 Rz. 54 ff. und § 164 Rz. 1 ff. und für die privilegierten Schiffsgläubiger ohne Anmeldung § 163 Rz. 50 ff. [Wedekind]). _____________

8

3) 4)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 1. Steiner-Hagemann, ZVG, § 168b Rz. 12 ff.

§ 168c Schiffshypothek in ausländischer Währung Wedekind/Cranshaw

Für die Zwangsversteigerung eines Schiffs, das mit einer Schiffshypothek in ausländischer Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Terminbestimmung muß die Angabe, daß das Schiff mit einer Schiffshypothek in ausländischer Währung belastet ist, und die Bezeichnung dieser Währung enthalten.

2.

In dem Zwangsversteigerungstermin wird vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt und bekanntgemacht, welchen Wert die in ausländischer Währung eingetragene Schiffshypothek nach dem amtlich ermittelten letzten Kurs in Euro hat. Dieser Kurswert bleibt für das weitere Verfahren maßgebend.

3.

Die Höhe des Bargebots wird in Euro festgestellt. Die Gebote sind in Euro abzugeben.

4.

Der Teilungsplan wird in Euro aufgestellt. Wedekind/Cranshaw

1205

§ 168c

Schiffshypothek in ausländischer Währung

5.

Wird ein Gläubiger einer in ausländischer Währung eingetragenen Schiffshypothek nicht vollständig befriedigt, so ist der verbleibende Teil seiner Forderung in der ausländischen Währung festzustellen. Die Feststellung ist für die Haftung mitbelasteter Gegenstände, für die Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners und für die Geltendmachung des Ausfalls im Insolvenzverfahren maßgebend.

I.

Normzweck ........................................... 1

I.

Normzweck

Übersicht II. Die Einzelregelungen des § 168c ZVG ........................................... 4

Cranshaw

1

Normzweck sind wie bei der Parallelvorschrift des § 145a ZVG die Vergleichbarkeit und die Handhabbarkeit des Fremdwährungsrechts und damit die gleichberechtigte Teilhabe der Gläubiger an dem Versteigerungserlös. Wie in § 145a ZVG wird der letzte Kurswert der in ausländischer Währung bestehenden Schiffshypothek (vgl. § 8 SchRG)1) vor der Abgabe von Geboten festgestellt und dann für das gesamte Versteigerungsverfahren konserviert.

2

Grundlage der Eintragungsfähigkeit einer Schiffshypothek in einer Fremdwährung ist § 52 Abs. 1 PfandBG.2) Entgegen einer Literaturstimme3) bedarf es doch wohl des § 168c ZVG, und zwar ungeachtet der Bestimmungen der §§ 162, 145a ZVG, da an die Stelle des dortigen § 28 Satz 2 GBO nicht einfach die §§ 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG über das Schiffsregister oder das Schiffsbauregister treten können. § 36 SchRegO4) fordert nämlich, dass einzutragende Geldbeträge in inländischer Währung eingetragen werden, also in Euro, sofern nicht anderweitige Währungen gesetzlich zugelassen sind. Diese Lücke schließt § 52 Abs. 1 PfandBG.5) Die Bestimmung ist auch weiter als § 28 GBO und die dazu ergangene Rechtsverordnung, die GrPfREuroV.6) _____________ 1) 2)

3) 4) 5) 6)

SchRG, Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 15.11.1940 BGBl. III 403-4 bis zur Fassung d. Art. 2 des Gesetzes v. 21.1.2013, BGBl. I 2013, 91. Pfandbriefgesetz v. 22.5.2005 bis zur Fassung d. Art. 9 d. Gesetzes v. 15.7.2014, BGBl. I 2014, 934; § 52 Abs. 1 PfandBG entspricht § 51 Abs. 1 des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Neuordnung des Pfandbriefrechts, BT-Drucks. 15/4312 v. 29.11.2004, S. 21. Die Bestimmung hat die Überschrift „Fortgeltende Bestimmungen des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Schiffsbankgesetzes“. In Art. 18 Nr. 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Pfandbriefrechts v. 22.5.2005, BGBl. I 2005, S. 1373 ff. (Art. 1 dieses Gesetzes ist das Pfandbriefgesetz) wird das Schiffsbankgesetz aufgehoben. Die Gesetzesbegründung des § 51 PfandBG-Entwurf (= § 52 Abs. 1 PfandBG) sah weiterhin ein Bedürfnis für eine „Öffnung für andere Währungen“, BT-Drucks. 15/4321, S. 39, sodass es sich gerade nicht um eine Übergangsvorschrift handelt, sondern um die materielle Grundlage von Schiffshypotheken in ausländischen Währungen. Dassler/Schiffhauer-Rellermeyer, ZVG, § 168c Rz. 2 a. E. Schiffsregisterordnung v. 19.12.1940 i. d. F. d. Bekanntmachung v. 26.5.1994, BGBl. I 1994, 1133 bis zur Fassung d. Art. 15 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. Siehe dazu die Begründung des Regierungsentwurfes zu § 51 PfandBG (= § 52 PfandBG), BT-Drucks. 15/4321, S. 39. Verordnung über Grundpfandrechte in ausländischer Währung und in Euro v. 30.10.1997, BGBl. I 1997, 2683; I 1998, 4023.

1206

Cranshaw

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

§ 169

§ 52 Abs. 1 PfandBG ermöglicht die Eintragung von Schiffshypotheken auch in anderen Währungen als in der GrPfREuroV vorgesehen.7) In dergleichen Fällen erhöhen sich die Währungsrisiken und das Bedürfnis nach deren Absicherung (vgl. § 145a Rz. 3 (Fn. 2) [Cranshaw]).

3

II. Die Einzelregelungen des § 168c ZVG Die einzelnen Bestimmungen des § 168c ZVG sind, wie bereits erwähnt, mit § 145a ZVG inhaltlich identisch und lediglich im Wortlaut auf die Schiffshypothek angepasst, sodass für Einzelheiten im Hinblick auf diese sachliche Identität auf die Kommentierung des § 145a ZVG in dem vorliegenden Kommentar verwiesen werden darf.

4

Ein gewisser Unterschied besteht im Hinblick auf § 168c Nr. 5 Satz 2 ZVG, da die Schiffshypothek als streng akzessorisches Recht (vgl. § 8 Satz 3 SchRG) als Folge der Zuteilung im Teilungsplan in Höhe der nicht zugeteilten Beträge ausfällt, sodass anders als bei der abstrakten Grundschuld der Ausfallbetrag des dinglichen Rechts ohne Weiteres maßgeblich für die verbleibende persönliche Forderung bzw. den Ausfall nach § 52 InsO ist.

5

_____________ 7)

In diesem Sinne auch eindeutig die BT-Drucks. 15/4321, S. 39.

§ 169 Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher Cranshaw/Wedekind

(1) Ist das Schiff einem Mieter oder Pächter überlassen, so gelten die Vorschriften des § 578a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Soweit nach § 578a Abs. 2 für die Wirkung von Verfügungen und Rechtsgeschäften über die Miete oder Pacht der Übergang des Eigentums in Betracht kommt, ist an dessen Stelle die Beschlagnahme des Schiffs maßgebend; ist der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, auf Antrag des Gläubigers dem Mieter oder Pächter zugestellt, so gilt mit der Zustellung die Beschlagnahme als dem Mieter oder Pächter bekannt. (2) Soweit das Bargebot bis zum Verteilungstermin nicht berichtigt wird, ist für die Forderung gegen den Ersteher eine Schiffshypothek an dem Schiff in das Schiffsregister einzutragen. Die Schiffshypothek entsteht mit der Eintragung, auch wenn der Ersteher das Schiff inzwischen veräußert hat. Im übrigen gelten die Vorschriften des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) über die durch Rechtsgeschäft bestellte Schiffshypothek. Literatur: Hornung, Schutzgrenzen durch Mindestgebote, Wertfestsetzung und Befriedigungsfiktion in Verfahren der Schiffsversteigerung, RpflJb 1991, S. 216; Mohrbutter, Zum Schiffsversteigerungsrecht, KTS 1974 88; Rabe, Ordre public – zur Bedeutung der Rechtspraxis bei Beurteilung der Entstehung und des Ranges eines ausländischen (venezolanischen) Schiffspfandrechts, EWiR 1991, 571; Schiffhauer, Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1968, 218; Schiffhauer, Nochmals: Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1969, 165; Sieg, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, MDR 1961, 1003.

Cranshaw/Wedekind

1207

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

§ 169

§ 52 Abs. 1 PfandBG ermöglicht die Eintragung von Schiffshypotheken auch in anderen Währungen als in der GrPfREuroV vorgesehen.7) In dergleichen Fällen erhöhen sich die Währungsrisiken und das Bedürfnis nach deren Absicherung (vgl. § 145a Rz. 3 (Fn. 2) [Cranshaw]).

3

II. Die Einzelregelungen des § 168c ZVG Die einzelnen Bestimmungen des § 168c ZVG sind, wie bereits erwähnt, mit § 145a ZVG inhaltlich identisch und lediglich im Wortlaut auf die Schiffshypothek angepasst, sodass für Einzelheiten im Hinblick auf diese sachliche Identität auf die Kommentierung des § 145a ZVG in dem vorliegenden Kommentar verwiesen werden darf.

4

Ein gewisser Unterschied besteht im Hinblick auf § 168c Nr. 5 Satz 2 ZVG, da die Schiffshypothek als streng akzessorisches Recht (vgl. § 8 Satz 3 SchRG) als Folge der Zuteilung im Teilungsplan in Höhe der nicht zugeteilten Beträge ausfällt, sodass anders als bei der abstrakten Grundschuld der Ausfallbetrag des dinglichen Rechts ohne Weiteres maßgeblich für die verbleibende persönliche Forderung bzw. den Ausfall nach § 52 InsO ist.

5

_____________ 7)

In diesem Sinne auch eindeutig die BT-Drucks. 15/4321, S. 39.

§ 169 Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher Cranshaw/Wedekind

(1) Ist das Schiff einem Mieter oder Pächter überlassen, so gelten die Vorschriften des § 578a des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend. Soweit nach § 578a Abs. 2 für die Wirkung von Verfügungen und Rechtsgeschäften über die Miete oder Pacht der Übergang des Eigentums in Betracht kommt, ist an dessen Stelle die Beschlagnahme des Schiffs maßgebend; ist der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, auf Antrag des Gläubigers dem Mieter oder Pächter zugestellt, so gilt mit der Zustellung die Beschlagnahme als dem Mieter oder Pächter bekannt. (2) Soweit das Bargebot bis zum Verteilungstermin nicht berichtigt wird, ist für die Forderung gegen den Ersteher eine Schiffshypothek an dem Schiff in das Schiffsregister einzutragen. Die Schiffshypothek entsteht mit der Eintragung, auch wenn der Ersteher das Schiff inzwischen veräußert hat. Im übrigen gelten die Vorschriften des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) über die durch Rechtsgeschäft bestellte Schiffshypothek. Literatur: Hornung, Schutzgrenzen durch Mindestgebote, Wertfestsetzung und Befriedigungsfiktion in Verfahren der Schiffsversteigerung, RpflJb 1991, S. 216; Mohrbutter, Zum Schiffsversteigerungsrecht, KTS 1974 88; Rabe, Ordre public – zur Bedeutung der Rechtspraxis bei Beurteilung der Entstehung und des Ranges eines ausländischen (venezolanischen) Schiffspfandrechts, EWiR 1991, 571; Schiffhauer, Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1968, 218; Schiffhauer, Nochmals: Was ist Grundstückswert i. S. des § 114a ZVG?, KTS 1969, 165; Sieg, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, MDR 1961, 1003.

Cranshaw/Wedekind

1207

§ 169

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher Übersicht

I. Zweck der Norm .................................. 1 1. Absatz 1 ................................................. 1 2. Absatz 2 ................................................. 3 II. Anwendungsbereich ............................ 7 III. Miete und Pacht ................................. 10 IV. Vorausverfügungen ........................... 19 V. Geringstes Gebot ............................... 20 VI. Mindestgebot/Wertgrenzen .............. 22 VII. Schiffshypothek gegen Ersteher ..... 23 VIII. Verteilung – Termin – Rangklassen ........................................ 28 1. Vorbemerkung .................................... 28 2. Rangordnung bei Seeschiffen ............. 36 a) Vor Rangklasse 1 („Rangklasse 0“) .......................... 38 b) Rangklasse 1 ................................. 39 c) Rangklasse 1a ............................... 40 d) Rangklasse 2 ................................. 41 e) Rangklasse 3 ................................. 43 f) Rangklasse 4 ................................. 45 g) Rangklasse 5 ................................. 48 h) Rangklasse 6 ................................. 51 i) Rangklasse 7 ................................. 53 j) Rangklasse 8 – 10 .......................... 54 k) Rangklasse 8 – 10 .......................... 55 3. Rangordnung bei Binnenschiffen ....... 56 a) Vor Rangklasse 1 – 1a (also „Rangklasse 0“), Rangklasse 1 und Rangklasse 1a ........................ 58 aa) „Rangklasse 0“: ............................. 59 bb) Rangklasse 1 ................................. 60 cc) Rangklasse 1a ............................... 61 b) Rangklasse 2 ................................. 62

I.

Zweck der Norm

1.

Absatz 1

4. 5. 6.

c) Rangklasse 3 ................................. 63 d) Rangklasse 4 ................................. 67 e) Rangklasse 5 ................................. 71 f) Rangklasse 6 ................................. 75 g) Rangklasse 7 ................................. 77 h) Rangklasse 8 ................................. 79 i) Rangklasse 9 – 11 .......................... 82 j) Nach Rangklasse 11 ..................... 84 Rangordnung bei Schiffsbauwerken ............................................ 85 Ansprüche von unbestimmtem Betrag ................................................... 87 Einzelne Entscheidungen: Rang (und Berücksichtigung) eines ausländischen Registerpfandrechts .......... 88 a) Zur Zuständigkeit der Gerichte für die Forderungen von Schiffsgläubigerrechten ............... 88 b) Zurückbehaltungsrecht ................ 89 c) Arrest wegen Schiffsgläubigerrechts? ........................... 91 d) Ausländisches Schiffsgläubigerrecht ............................... 92 e) Ausländische Hypothek .............. 93 f) Zur Anwendbarkeit deutschen Rechts ........................................... 95 g) Versteigerung eines deutschen Schiffes im Ausland ..................... 96 h) Such- und Bergungskosten .......... 98 i) Drittwirkung des Vollstreckungsbefehls im Widerspruchsprozess ............................. 99 j) Sozialversicherungsbeiträge ....... 101

Wedekind

1

Absatz 1 hat den Zweck, den Schutz des Mieters bzw. des Pächters bei einem Eigentumsübergang zu regeln – wie bei Grundstücken, wo sich die entsprechenden Regelungen in § 57, 57a und 57b ZVG befinden, besteht auch bei Schiffen (aufgrund der sachenrechtlichen Behandlung von Schiffen wie Grundstücke) ein entsprechendes Bedürfnis.

2

Dies betrifft die Frage nach dem Recht zum Besitz und insbesondere auch die Wirksamkeit von Vorausverfügungen über den Miet- bzw. Pachtzins gegenüber dem Ersteher. Hierbei sind die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse bei Schiffen zu berücksichtigten. Daher hat der Gesetzgeber für Schiffe die Vorschrift des § 578a BGB1) geschaffen.

_____________ 1)

Vormals § 580a BGB a. F.

1208

Wedekind

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

2.

§ 169

Absatz 2

§ 169 Abs. 2 ZVG enthält den zweiten Regelungsinhalt der Norm: Absatz 2 soll die am Erlös Berechtigten sichern, wenn der Ersteher das Meistgebot im Verteilungstermin nicht zahlt.

3

Da bei Seeschiffen z. T. schon keine Eintragung im Schiffsregister vorliegt (vgl. §§ 929a, 932a BGB) oder trotz Eintragung im Schiffsregister eine bloße Einigung über den Eigentumswechsel (also ohne Registereintragung) genügt – § 2 Abs. 1 SchiffsRG – hätte eine entsprechende Anwendung des § 128 ZVG nicht ausgereicht.2) Zum Schutze der Berechtigten gegen benachteiligende Verfügungen des Erstehers bedurfte es daher einer besonderen Regelung.

4

Konkret geht es in Absatz 2 um Bestimmungen über die Eintragung, das Entstehen und die Wirkungen der bei Nichtzahlung des Meistgebotes einzutragenden Schiffshypothek für die Forderung gegen den Ersteher; die Vorschrift ist im Zusammenhang mit §§ 118, 130, 162 ZVG zu sehen. Sie ersetzt für den hiesigen Geltungsbereich § 128 ZVG.

5

Die Vorschrift wurde im Laufe der Zeit stark verändert; bis zur Rechtsänderung 1940 hatte die Vorschrift gelautet „Die Vorschriften über das geringste Gebote finden keine Anwendung. Das Meistgebot ist in seinem ganzen Betrage durch Zahlung zu berichtigen.“ Diese Regelung hatte sich in der Praxis nicht bewährt und wurde daher geändert.

6

II. Anwendungsbereich } auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

eingetragene

./.

eingetragene

./.

Seeschiffe

7

Abs. 1 gilt z. T. nicht*) Schiffsbauwerke u. (nur) Abs. 2 gilt, und zwar für eingetragene/ ./. Schwimmdocks eintragungsfähige nach Maßgabe von § 170a ZVG *) gemäß Art. 3 Abs. 2 SchRGÄndG3) sind auf fertiggestellte Schwimmdocks die Vorschriften über vermietete eingetragene Schiffe anzuwenden; Absatz 1 gilt also (nur) nicht für Schiffsbauwerke und im Bau befindliche Schwimmdocks („Schwimmdock-Bauwerke“).

Für fertige Schwimmdocks gilt Absatz 1.

8

Absatz 2 gilt für eintragungsfähige Schiffsbauwerke sowie Schwimmdock-Bauwerke = unfertige (= im Bau befindliche) Schwimmdocks und fertige Schwimmdocks.

9

_____________ 2) 3)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 169 Rz. 16. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, der Schiffsregisterordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 4.12.1968 (BGBl. I, 1295) – SchRGÄndG.

Wedekind

1209

§ 169

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

III. Miete und Pacht 10

Die Regelung in § 169 Abs. 1 ZVG schließt sich an § 578a BGB an. § 169 Abs. 1 ZVG verdrängt aber die Anwendung der §§ 57 – 57b ZVG nicht vollständig, sondern ergänzt die §§ 57 – 57b ZVG, die im Übrigen gemäß § 162 ZVG entsprechend anwendbar bleiben, soweit sich aus den nachstehenden Ausführungen nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt:

11

An die Stelle des § 57 ZVG tritt § 169 Abs. 1 Satz 1 ZVG, der § 578a BGB für entsprechend anwendbar erklärt. § 578a Abs. 1 BGB verweist auf die auch in § 57 ZVG aufgeführten §§ 566, 566a BGB.

12

Es gilt also wie bei der Grundstücksversteigerung der Grundsatz, dass der Ersteher anstelle des bisherigen Vermieters/Eigentümers in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis und aus der Mietsicherheit kraft Gesetzes (durch den Eigentumserwerb aufgrund des Zuschlages) eintritt.

13

Anstelle von § 566b Abs. 1, § 566c BGB gilt für Schiffe § 578a Abs. 2 Satz 1 und 2 ZVG BGB. Danach ist eine Vorausverfügung des Vermieters über die Miete und Rechtsgeschäfte zwischen dem Mieter und dem Vermieter über die Mietforderung – mit den dort genannten Ausnahmen – ohne Beschränkung auf Fristen grundsätzlich wirksam.

14

§ 566d BGB (Aufrechnung) gilt entsprechend (dies ergibt sich aus § 578a Abs. 2 Satz 3 BGB).

15

§ 57a über das sog. Sonder-Kündigungsrecht des Erstehers (besser wegen der hier nicht relevanten Notwendigkeit eines Kündigungsrechts im Wohnraummietrecht als „Sonderkündigungsfrist“ bezeichnet) ist anwendbar.

16

Soweit es für die Wirksamkeit einer Verfügung nach § 578a Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs ankommt, tritt gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 ZVG an die Stelle des Eigentumsübergangs die Beschlagnahme des Schiffs. Diese gilt dem Mieter als bekannt, wenn ihm der Anordnungsbeschluss – auf Antrag des Gläubigers – zugestellt wurde. Diese Regelung entspricht § 57b Abs. 1 Satz 1 und 2 ZVG

17

Die ergänzenden Vorschriften des § 57b Abs. 1, Satz 3 und 4 ZVG sind aufgrund § 162 ZVG nicht unmittelbar anwendbar. § 57b Abs. 2 und 3 ZVG gelten nicht. Auch eine analoge Anwendung der § 57b Abs. 2 und 3 ZVG bei einer „QuasiZwangsverwaltung“ scheidet aus, da die „Quasi-Zwangsverwaltung“ keine bestehenden Miet- oder Pachtforderungen des Schuldners erfasst, weil es gerade an der Beschlagnahmewirkung gemäß §§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 2, 20 Abs. 1 ZVG fehlt (was ggf. de lege ferenda zu ändern wäre, im Interesse eines besseren Schutzes der Gläubiger).

18

Die vorstehenden Ausführungen zu den Mietverhältnissen gelten für Pachtverhältnisse entsprechend (dieses ergibt sich aus § 581 Abs. 2 BGB). IV. Vorausverfügungen

19

Bezüglich der erfassten Vorausverfügungen sei verwiesen auf § 57b Rz. 33 ff. [Bachmann] sowie § 148 Rz. 21 ff. [Depré].

1210

Wedekind

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

§ 169

V. Geringstes Gebot Die Vorschriften über das geringste Gebot (§§ 44 ff. ZVG) finden in vollem Umfange Anwendung.

20

Hinweis: Wie oben bereits ausgeführt, waren bis zur Rechtsänderung 1940 die Vorschriften über das geringste Gebot nicht anwendbar, was zu praktischen Schwierigkeiten führte, welche im Ergebnis zu der oben erwähnten Gesetzesänderung führten.4)

21

VI. Mindestgebot/Wertgrenzen Siehe hierzu bereits die Darstellung bei § 162 Rz. 54 ff. [Wedekind]).

22

VII. Schiffshypothek gegen Ersteher § 169 Abs. 2 ZVG tritt an die Stelle von § 128 ZVG. Wird also das Bargebot bis zum Verteilungstermin nicht bezahlt, dann wird im Schiffsregister für die Forderung gegen den Ersteher eine Schiffshypothek eingetragen.

23

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Ersteher das Schiff zwischenzeitlich weiter veräußert haben sollte (was bei einem im Seeschiffsregister eingetragenen Schiff möglich ist, da die Übertragung des Eigentums gemäß § 2 Abs. 1 SchRG keine Eintragung erfordert; beachte auch §§ 929a, 932a BGB bezüglich derjenigen Seeschiffe, die schon nicht im Register eingetragen sind).

24

Auch in diesen Fällen wird die Schiffshypothek für die Forderung gegen den Ersteher im Schiffsregister eingetragen. Auf guten oder schlechten Glauben des Erwerbers kommt es dabei nicht an. Diesen Eingriff in die Rechtskonsequenz hielt der Gesetzgeber für geboten, „um den Berechtigten einen wirksamen Schutz gegen benachteiligende Verfügungen des Erstehers zu gewähren“.5)

25

Die vorgenannte Schiffshypothek steht rechtsgeschäftlich bestellten Schiffshypotheken gleich, einschließlich der Rangverhältnisse zu ggf. zwischenzeitlich entstehenden Schiffsgläubigerrechten.

26

Allerdings wenn ein Seeschiff einem Ausländer zugeschlagen wird und im (deutschen) Seeschiffsregister gelöscht wird, ist eine Eintragung einer Schiffshypothek nicht möglich. In diesem Fall ist § 171 Abs. 5 ZVG entsprechend anzuwenden.6)

27

VIII. Verteilung – Termin – Rangklassen 1.

Vorbemerkung

Zu unterscheiden sind Schiffshypothekengläubigerrechte und Schiffsgläubigerrechte. Wie oben (siehe § 164 Rz. 1 ff. [Wedekind]) bereits näher dargestellt, sind Schiffshypotheken im Schiffsregister eingetragen, während Schiffsgläubigerrechte sich nicht aus dem Register ersehen lassen. Es können sich demzufolge Rangkolli-

_____________ 4) 5) 6)

Zur Historie näher Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 155. Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 169 Anm. 4. Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 158, § 169 Rz. 19, § 171 Rz. 61; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 169 Rz. 6.

Wedekind

1211

28

§ 169

Vorausverfügungen über Miet- oder Pachtzins; Schiffshypothek gegen Ersteher

sionen ergeben zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Rechten (wie es das bei Grundstücken nicht in vergleichbarer Weise gibt).7) 29

Die Rangfolge des § 10 ZVG wird für Schiffe in mehrfacher Weise modifiziert: –

für Seeschiffe gelten eigene Regeln (§ 754 HGB a. F. – § 764 HGB a. F. = § 596 HGB n. F. – § 604 HGB n. F.),



für Binnenschiffe gelten wiederum etwas andere Regeln (§ 102 bis § 116 BinSchG),



für Schiffsbauwerke gilt im Wesentlichen § 10 ZVG.

30

Schiffsgläubigerrechte bei Seeschiffen erlöschen nach Ablauf eines Jahres seit Entstehen der Forderung, wenn nicht zuvor die Beschlagnahme des Schiffes – auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzschutzes – erwirkt wird, die ohne zwischenzeitliche Freigabe zur Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung führen muss (§ 759 HGB a. F. = § 600 HGB n. F.).

31

Es darf hierbei keine zwischenzeitliche Freigabe aus der Beschlagnahme (§ 600 Abs. 2 HGB n. F. = § 759 Abs. 2 HGB a. F.) erfolgen, auch keine Rücknahme des Versteigerungsantrags (§ 29 ZVG) auch keine zwei ergebnislosen Zwangsversteigerungstermine (§ 77 Abs. 1 ZVG).8)

32

Hingegen schadet die Bewilligung der einstweiligen Einstellung (§ 30 ZVG) insofern nicht.9)

33

Bei Binnenschiffen sieht § 117 BinSchG für bestimmte Schiffsgläubigerrechte eine Verjährungsfrist von ebenfalls einem Jahr vor. Dieser Einjahreszeitraum erinnert an den Einjahreszeitraum der beschlagnahmten Miet- und Pachtrückstände, die in den Haftungsverband der Hypothek (an einem Grundstück) fallen gemäß § 1123 Abs. 2 BGB.

34

Auch wenn die Erlöschensfrist bei Seeschiffen und die Verjährungsfrist bei Binnenschiffen in der Regel zu ähnlichen Ergebnissen führen, ist zu beachten, dass es rechtlich zu differenzieren gilt.

35

Der Berechtigte eines vertraglichen Zurückbehaltungsrechts, welches kein Befriedigungsrecht, sondern lediglich ein Sicherungsrecht gewährt, ist mangels Erwähnung in § 754 HGB a. F. = § 596 HGB n. F. bzw. § 102 BinSchG kein Schiffsgläubiger und damit auch kein Beteiligter i. S. d. § 9 ZVG und somit auch nicht widerspruchsberechtigt gegen die Zuteilung an einen vorrangigen Schiffshypothekengläubiger. 2.

36

Rangordnung bei Seeschiffen

Aus §§ 10 – 12 ZVG sowie § 754 HGB a. F. bis § 764 HGB a. F. = § 596 HGB n. F. – § 604 HGB n. F. ergibt sich bei der Zwangsversteigerung von Seeschiffen die nachfolgend dargestellte Rangordnung. Hierbei sind jeweils gemäß §§ 162, 10 Abs. 2 ZVG auch die Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung zu berücksichtigen (also Zinsen und Kosten für Schiffsgläubigerrechte gemäß § 755 _____________ 7)

8) 9)

Beispielsweise BGH, Urt. v. 11.7.1974 – II ZR 1/73, BGHZ 63, 61 – 65 = Rpfleger 1975, 17 = NJW 1974, 2284 zum Widerspruch eines Schiffshypothekengläubigers gegen das Vorrecht der titulierten Forderung eines Schiffsgläubigers. Mohrbutter, KTS 1974 88, 91. Mohrbutter, KTS 1974 88, 91.

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Wedekind

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§ 169

Abs. 2 HGB a. F. = § 597 HGB n. F.). Für das Verhältnis von Haupt- und Nebenansprüchen innerhalb eines Anspruches gilt § 12 ZVG (§ 162 ZVG). Die Rangfolge ist also wie folgt:

37

a) Vor Rangklasse 1 („Rangklasse 0“) Vorab sind dem Erlös die Kosten des Verfahrens (§ 109 Abs. 1 ZVG) einschließlich der Kosten, die durch die Bewachung und Verwahrung des Schiffes (§ 165 Abs. 1 Satz 1 ZVG) in jeder der drei Varianten (siehe § 165 Rz. 142 ff. [Wedekind]) oder durch die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG entstanden sind, zu entnehmen.

38

b) Rangklasse 1 Entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG ist der Anspruch des betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Vorschüsse für Ausgaben für die treuhänderische Nutzung des Schiffs (§ 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG) zu berücksichtigen, soweit die Ausgaben der Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Schiffs dienen und nicht aus den Nutzungen entnommen werden können, weil die treuhänderische Nutzung die bei Schiffen nicht mögliche Zwangsverwaltung ersetzt.10) Durch die Einführung des § 165 Abs. 2 ZVG ist ältere Literatur und Rechtsprechung, soweit sich diese gegen eine Anwendbarkeit von § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG ausgesprochen hat, ggf. hinsichtlich dieser Frage überholt.11) Siehe näher § 165 Rz. 32 ff. [Wedekind].

39

c) Rangklasse 1a In den in § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG genannten Fällen wird der Anspruch auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände erfasst, auf die sich die Versteigerung erstreckt (typischerweise Grundstückszubehör im Insolvenzbeschlag, hier entsprechend Schiffszubehör) deren Höhe muss sich mangels einer Wertfestsetzung (siehe § 169a Rz. 6 ff. [Wedekind]) nach der Anmeldung durch den Insolvenzverwalter und ggf. dessen Glaubhaftmachung (§§ 162, 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, § 110 ZVG) richten; das Gericht muss hier ggf. sachgerecht „schätzen“ (siehe § 169a Rz. 10 ff. [Wedekind]).

40

d) Rangklasse 2 Es folgen die Heuerforderungen des Kapitäns („Schiffer“ = Schiffsführer/Führer des Schiffes) und der übrigen Personen der Schiffsbesatzung (§ 754 Abs. 1 Nr. 1 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 1 HGB n. F.) mit Vorrang vor den übrigen Schiffsgläubigerforderungen (§ 762 Abs. 1 HGB a. F. = § 602 HGB n. F.), mit Ausnahmen hinsichtlich später entstandener Ansprüche der Rangklasse 512) und vor allen anderen _____________ 10) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 55; Mohrbutter/Drischler, Muster 171 und Muster 170 Anmerkung 3. 11) RG, Urt. v. 29.10.1919 – I 125/19, RGZ 97, 61 – 66, hatte die Anwendbarkeit der Rangklasse 1 des § 10 ZVG verneint. Allerdings sollte man diese Entscheidung in ihrer Aussagekraft nicht überbewerten – zu der Zeit gab es noch keinen § 165 Abs. 2 (galt also eine andere als die heutige Rechtslage), zudem hatte das RG nur über Aufwendungen zu entscheiden, die vor Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgt waren, nicht jedoch über die eher vergleichbare Frage von Aufwendungen nach Einleitung des Verfahrens. 12) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 29.

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§ 169

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Pfandrechten (§ 761 Satz 1 HGB a. F. = § 602 HGB n. F.) untereinander im gleichen Rang (§ 763 Abs. 1 HGB a. F. = § 604 HGB n. F.). 42

Gesetzessystematische Anmerkung: Die vormals bei Grundstücken zu findende Rangklasse 2 für sog. Lidlohn, sprich Arbeitslohn für grundstücksbezogene Tätige, gibt es hier also quasi noch. Die heutige Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG hat hier keinerlei Anwendungsbereich. e) Rangklasse 3

43

Sodann folgen im Rang die öffentlichen Schiffs- und Schifffahrts- und Hafenabgaben sowie Lotsengelder (§ 754 Abs. 1 Nr. 2 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 2 HGB n. F.) mit Vorrang vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 762 Abs. 1 HGB a. F. = § 603 Abs. 1 HGB n. F.), mit Ausnahmen hinsichtlich später entstandener Ansprüche der Rangklasse13) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 761 Satz 2 HGB a. F. = § 602 Satz 2 HGB n. F.) untereinander bzw. im Verhältnis zueinander mit gleichem Rang (§ 763 Abs. 1 HGB a. F. = § 604 Abs. 1 HGB n. F.).

44

§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG ist hier also nicht relevant, sondern ist durch die o. g. Vorschriften ersetzt. f)

Rangklasse 4

45

Danach werden die in § 754 Abs. 1 Nr. 3 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 3 HGB n. F. genannten Schadenersatzforderungen mit Ausnahme derjenigen nach § 754 Abs. 2 HGB a. F. = § 596 Abs. 2 HGB n. F. berücksichtigt.

46

Diese Schadenersatzforderungen haben Vorrang vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 762 Abs. 1 HGB a. F. = § 603 HGB n. F.), mit Ausnahmen hinsichtlich später entstandener Ansprüche der Rangklasse 514) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 761 Satz 1 HGB a. F. = § 602 Satz 1 HGB n. F.). Untereinander haben die Rechte der Rangklasse 4 gleichen Rang (§ 763 Abs. 1 HGB a. F. = § 604 Abs. 1 HGB n. F.).

47

Jedoch gehen Pfandrechte für Forderungen wegen Personenschäden denjenigen für Forderungen wegen Sachschäden vor (§ 763 Abs. 2 HGB a. F. = § 604 Abs. 2 HGB n. F.). g) Rangklasse 5

48

In diese Rangklasse werden die Forderungen auf Bergelohn oder auf Sondervergütung einschließlich Bergungskosten, Beiträge des Schiffes und der Fracht zur großen Haverei und Forderungen wegen der Beseitigung des Wracks eingeordnet (§ 754 Abs. 1 Nr. 4 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 4 HGB n. F.).

49

Sie haben Vorrang vor den nachfolgend genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 762 Abs. 1 HGB a. F. = § 603 Abs. 1 HGB n. F.) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 761 Satz 1 HGB a. F. = § 602 Satz 1 HGB n. F.), ferner Vorrang vor den früher entstandenen Ansprüchen aus den Rangklassen 2 – 4 (§ 762 Abs. 2 HGB _____________ 13) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 29. 14) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 29.

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§ 169

a. F. = § 603 Abs. 2 HGB n. F.). Zum Entstehungszeitpunkt der Forderungen siehe § 762 Abs. 3 HGB a. F. = § 603 Abs. 3 HGB n. F.). Innerhalb dieser Rangklasse geht das Pfandrecht für die später entstandene Forderung demjenigen für die früher entstandene Forderung vor; untereinander sind Pfandrechte wegen gleichzeitig entstandener Forderungen gleichberechtigt (§ 764 HGB a. F. = § 604 HGB n. F.).

50

h) Rangklasse 6 Hierher gehören die Forderungen der Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Reeder (§ 754 Abs. 1 Nr. 5 HGB a. F. = § 596 Abs. 1 Nr. 5 HGB n. F.) mit Vorrang vor allen anderen Pfandrechten (§ 761 Satz 1 HGB a. F. = § 602 Satz 1 HGB n. F.), untereinander mit gleichem Rang (§ 763 Abs. 1 HGB a. F. = § 604 Satz 1 HGB n. F.).

51

Ein Sozialversicherungsträger kann seine Leistungsbescheide wegen nichterfüllter Beitragsansprüche so ausgestalten, dass sie als Titel zur Durchsetzung des Schiffsgläubigerrechts im Wege der Zwangsversteigerung geeignet sind.15)

52

i)

Rangklasse 7

Es folgen die dinglichen Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG. Für das Rangverhältnis näherer Ansprüche untereinander gilt § 11 ZVG. j)

53

Rangklasse 8 – 10

Sodann folgen die persönlichen Ansprüche des betreibenden Gläubigers nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG, die dem Beschlagnahmegläubiger gegenüber unwirksamen dinglichen Ansprüchen nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG und die älteren Rückstände dinglicher Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG. Für das Rangverhältnis mehrerer Ansprüche innerhalb einer Rangklasse untereinander gilt wiederum § 11 ZVG.

54

k) Rangklasse 8 – 10 Schließlich folgen die Ansprüche, die ungeachtet der Aufforderung nach §§ 162, 37 Nr. 4 ZVG nicht rechtzeitig angemeldet oder glaubhaft gemacht wurden (§§ 162, 110 ZVG). 3.

55

Rangordnung bei Binnenschiffen

Aus §§ 10 – 12 ZVG und §§ 102 – 117 BinSchG ergibt sich bei der Zwangsversteigerung von Binnenschiffen folgende Rangordnung. Hierbei sind jeweils gemäß §§ 162, § 10 Abs. 2 ZVG auch die Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung zu berücksichtigen (Zinsen und Kosten für Schiffsgläubigerrechte gemäß § 105 BinSchG).

56

Für das Verhältnis von Haupt- und Nebenansprüchen innerhalb eines Anspruches gilt § 12 ZVG.

57

_____________ 15) OLG Hamburg, Urt. v. 8.12.2000 – 1 U 22/96, OLGR Bremen Hamburg Schleswig 2001, 167.

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§ 169

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a) Vor Rangklasse 1 – 1a (also „Rangklasse 0“), Rangklasse 1 und Rangklasse 1a 58

Hier sind dieselben Ansprüche wie bei der Zwangsversteigerung von Seeschiffen zu berücksichtigen,16) also in Kürze: aa) „Rangklasse 0“:

59

Kosten des Verfahrens (§ 109 Abs. 1 ZVG) einschließlich Kosten der Bewachung und Verwahrung oder einer Quasi-Zwangsverwaltung. bb) Rangklasse 1

60

Anspruch des betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Vorschüsse für Ausgaben der Erhaltung oder nötigen Verbesserung im Rahmen Quasi-Zwangsverwaltung (siehe zur entsprechenden Frage Rz. 39). cc) Rangklasse 1a

61

Feststellungskosten für Schiffszubehör im Insolvenzbeschlag – das Gericht muss hier mangels festzusetzenden Verkehrswerts ggf. sachgerecht „schätzen“. b) Rangklasse 2

62

Es folgen die öffentlichen Schiffs- und Schifffahrtsabgaben (§ 102 Nr. 1 BinSchG) mit Vorrang vor den übrigen Schiffsgläubigerforderungen (§ 107 BinSchG) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 109 Abs. 1 BinSchG), unter sich mit gleichem Rang (§ 108 Abs. 1 BinSchG). c) Rangklasse 3

63

Danach werden die Gehalts- und Lohnforderungen der Schiffsbesatzung für die Vergangenheit, jedoch höchstens für den Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet von der Beschlagnahme ab (§ 102 Nr. 2 BinSchG), berücksichtigt.

64

Sowie sonstige Forderungen aus den Arbeitsverträgen der Schiffsbesatzung ohne die vorgenannte zeitliche Begrenzung (auf sechs Monate).

65

Diese Forderungen der Rangklasse 3 haben Vorrang vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 107 BinSchG) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 109 Abs. 1 BinSchG).

66

Untereinander haben sie den gleichen Rang (§ 108 Abs. 1 BinSchG). d) Rangklasse 4

67

In diese Rangklasse werden die Lotsengelder sowie Bergelohn oder Sondervergütung einschließlich Bergungskosten und die Beiträge des Schiffes zur großen Haverei eingeordnet (§ 102 Nr. 3 BinSchG).

68

Dazu gehören aber nicht die Forderung des Eigentümers einer Wasserstraße auf Ersatzaufwendungen für die auftragslose Suche und Bergung vom beim Untergang des Schiffes über Bord gegangenen Ladungsteilen.17) _____________ 16) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 23 – 25. 17) BGH, Urt. v. 9.12.1985 – II ZR 5/85, BGHZ 96, 332 – 336 = NJW 1987, 131 = MDR 1986, 476.

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§ 169

Die eben genannten Forderungen haben Vorrang vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 107 BinSchG) und vor allen anderen Pfandrechten (§ 109 Abs. 1 BinSchG).

69

Innerhalb dieser Rangklasse geht das Pfandrecht für die später entstandene Forderung demjenigen für die früher entstandene Forderung vor; Pfandrechte wegen gleichzeitig entstandener Forderungen sind gleichberechtigt; Forderungen aus Anlass desselben Notfalles gelten als gleichzeitig entstanden, § 108 Abs. 2 BinSchG (früher fand sich eine entsprechende Regelung in § 106 BinSchG a. F., der ersatzlos weggefallen ist).

70

e) Rangklasse 5 Sodann folgen die Forderungen wegen Personenschäden und Sachschäden, die an Bord oder in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes eingetreten sind (§ 102 Nr. 4 BinSchG).18)

71

Diese Forderungen in der Rangklasse 5 haben Vorrang vor den in den nachfolgenden Nummern genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 107 BinSchG).

72

Vor den sonstigen Pfandrechten haben sie nur insoweit Vorrang, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind (§ 109 Abs. 1 BinSchG); geht hiernach ein früher entstandenes sonstiges Pfandrecht im Rang vor, so hat es zugleich Vorrang vor den weiteren nachrangigen Schiffsgläubigerforderungen (§ 109 Abs. 2 BinSchG).

73

Untereinander haben sie gleichen Rang (§ 108 Abs. 1 BinSchG); jedoch gehen Pfandrechte für Forderungen wegen Personenschäden denjenigen für Forderungen wegen Sachschäden vor (§ 108 Abs. 3 BinSchG).

74

f)

Rangklasse 6

Hierher gehören die nicht unter einer der vorherigen Nummern fallenden Forderungen aus Rechtsgeschäften, die der Schiffer als solcher Kraft seiner gesetzlichen Befugnisse (§§ 15, 16 BinSchG) und nicht mit Bezug auf eine Vollmacht geschlossen hat (§ 102 Nr. 5 BinSchG), mit Vorrang vor den nachfolgend genannten Schiffsgläubigerforderungen (§ 107 BinSchG) und untereinander mit gleichem Rang (§ 108 Abs. 1 BinSchG).

75

Auch insoweit gilt der Vorrang vor den sonstigen Pfandrechten nur insoweit, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind (§ 109 Abs. 1 BinSchG); geht hiernach ein früher entstandenes sonstiges Pfandrecht im Rang vor, so hat es sogleich Vorrang vor den weiteren nachrangigen Schiffsgläubigerforderungen (§ 109 Abs. 2 BinSchG).

76

_____________ 18) BGH, Urt. v. 21.3.1983 – II ZR 179/82, MDR 1983, 911 – 912 = Vers R 1983, 685 zu § 102 Nr. 5 BinSchG a. F.: Ein Schiffsgläubigerrecht für eine Forderung des Geschädigten aus dem Verschulden der Besatzung wird auch dann gegen Schiffseigner begründet, wenn dieser bei Schadenseintritt nicht mehr Eigentümer ist.

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§ 169

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g) Rangklasse 7 77

Danach werden die Forderungen der Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung gegen den Schiffseigner (§ 102 Nr. 6 BinSchG) erfasst.

78

Diese stehen untereinander im gleichem Rang (§ 108 Abs. 1 BinSchG). Für diese Forderungen gilt gleichfalls der Vorrang vor den sonstigen Pfandrechten nur insoweit, als jene Pfandrechte nicht früher entstanden sind (§ 109 Abs. 1 BinSchG). h) Rangklasse 8

79

Es folgen die dinglichen Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG.

80

Diese haben jedoch Rang vor Rechten der Rangklassen 5 – 7, soweit sie früher als jene entstanden sind, und in diesem Falle zugleich Vorrang vor den weiteren nachrangigen Schiffsgläubigerforderungen (§ 109 Abs. 1, 2 BinSchG).

81

Für das Rangverhältnis mehrerer Ansprüche untereinander gilt § 11 ZVG. i)

Rangklasse 9 – 11

82

Sodann folgen die persönlichen Ansprüche des betreibenden Gläubigers nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG, die dem Beschlagnahmegläubiger gegenüber unwirksamen dinglichen Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG und die älteren Rückstände dinglicher Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG.

83

Für das Rangverhältnis näherer Ansprüche innerhalb einer Rangklasse gilt wiederum § 11 ZVG. j)

84

Nach Rangklasse 11

Schließlich folgen die Ansprüche, die ungeachtet der Aufforderung nach §§ 162, § 37 Nr. 4 ZVG nicht rechtzeitig angemeldet oder glaubhaft gemacht wurden (§§ 162, 110 ZVG). 4.

Rangordnung bei Schiffsbauwerken

85

Für Schiffsbauwerke sind die Rangklassen nach § 10 Abs. 1 ZVG, soweit anwendbar, ohne weitere Besonderheiten maßgebend.

86

Besondere Pfandrechte von Schiffsgläubigern gibt es hier nicht. 5.

87

Ansprüche von unbestimmtem Betrag

Auf Ansprüche von unbestimmtem Betrag ist jeweils § 14 ZVG anwendbar. 6.

Einzelne Entscheidungen: Rang (und Berücksichtigung) eines ausländischen Registerpfandrechts

a) Zur Zuständigkeit der Gerichte für die Forderungen von Schiffsgläubigerrechten 88

Für die gerichtliche Zuständigkeit des Schifffahrtsgerichts (Zivilrechtsstreit) über das Schiffsgläubigerrecht ist maßgeblich, wo sich das Schiff im Zeitpunkt des

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§ 169

schadenstiftenden Ereignisses befindet, und nicht wo es im Zeitpunkt des Schadenseintritts ist.19) b) Zurückbehaltungsrecht Der Berechtigte eines Zurückbehaltungsrechts (hier rückständige Liegeplatzgebühren) hat nur ein Sicherungsrecht, aber kein Befriedigungsrecht im Sinne eines Schiffsgläubigerrechts. Besteht zugleich eine nachrangige Schiffshypothek, ändert das nichts daran, dass ein dingliches Recht nur nachrangig (aus der Schiffshypothek) besteht; der vertragliche Anspruch, der zu einem Zurückbehaltungsrecht führt, wird dadurch nicht verdinglicht. Demzufolge kann einer Verteilung an einen (zu der nachrangigen Schiffshypothek) vorrangigen Gläubiger auch nicht mit Erfolg widersprochen werden.20)

89

Für den Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung kommt dem Gläubiger, dem ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht zusteht, der Vorrang gegenüber dem Schiffshypotheken-Gläubiger zu.21)

90

c) Arrest wegen Schiffsgläubigerrechts? Ein bestehendes Schiffsgläubigerrecht allein begründet keinen Arrest gegen den Eigentümer/Reeder; will der Schiffsgläubiger die Entfernung des Schiffes verhindern (u. a. um das Entstehen neuer Schiffsgläubigerrechte, die seine Befriedigungschancen schmälern können und ggf. sogar seinen Ansprüchen vorrangig sein können, zu verhindern), so muss er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen oder das Schiff i. S. v. § 928 Abs. 2 ZPO sequestrieren lassen.22) Siehe hierzu näher § 165 Rz. 69 f. [Wedekind].

91

d) Ausländisches Schiffsgläubigerrecht Der Rang eines im Ausland entstandenen Schiffsgläubigerrechts bestimmt sich bei einer inländischen Versteigerung nach deutschem Recht.23)

92

e) Ausländische Hypothek Wird ein ausländisches Binnenschiff, welches mit einer ausländischen Schiffshypothek belastet ist, in Deutschland zwangsversteigert, so gilt für die Versteigerung im Inland inländisches Recht; aber hierbei werden ausländische Rechte so behandelt, als wären sie inländische (auch wenn im Ausland ein anderes Rangverhältnis gelten würde), also: es gelten die Rangverhältnisse wie sie für ein vergleichbares inländisches Recht gelten würden.24) _____________ 19) BGH, Urt. v. 21.3.1983 – II ZR 179/82, MDR 1983, 911 – 912 betreffend ein nicht mehr bestehendes Schiffsgläubigerrecht gemäß § 104 Abs. 3 SchiffsRG a. F.; ansonsten aber dem Rechtsgedanken nach ist die Entscheidung noch nutzbar. 20) LG Rostock, Beschl. v. 9.7.1998 – 2 T 52/98, Rpfleger 1999, 35 – 36. 21) OLG Hamburg, Urt. v. 1.7.1987 – 8 U 193/85, MDR 1988, 235 – 236, 235. 22) OLG Hamburg, Urt. v. 2.3.1967 – 6 U 177/66, MDR 1967, 677 – 680 m. kritischer Anm./Aufsatz Liesecke, MDR 1967, 625. 23) OLG Oldenburg, Urt. v. 7.6.1974 – 6 U 29/74, VersR 1975, 271 ff. 24) RG, Urt. v. 9.2.1900 – Rep. Via 263/99, RGZ 45, 276 – 283; ähnliche Fallgestaltung mit ähnlichen Fragen, ähnliche Antwort RG, Urt. v. 14.6.1911 – Rep. I. 116/10, RGZ 77, 1 – 5.

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§ 169 94

§ 171 ZVG besagt nichts darüber, welche ausländischen Normen bei einer Versteigerung im Inland anwendbar sind, insbesondere, ist damit nicht gesagt, dass die Berücksichtigung ausländischer Hypotheken nicht von deren Eintragung in irgend „ein“ Schiffsregister abhängig sein soll (im fraglichen Fall25) sah das ausländische Recht zu der Zeit nicht vor, dass Schiffsregisterpfandrechte bestehen, Schiffe wurden nach dortigem Recht nicht wie Immobilien behandelt, es gab kein Immobiliarvollstreckungsrecht). Ergo: Es muss nach ausländischem Recht eine vollstreckungsrechtliche Gleichstellung von Schiffen mit Imobilien erfolgt sein und das ausländische Recht nach dortigem Recht einer deutschen Schiffshypothek entsprechen, dann gilt das ausländische Recht (auch wenn das ausländische Recht ggf. keine Eintragung in ein Register verlangt).26) Ist aber das ausländische Recht so, dass es keine Immobiliarsicherheit annimmt (wofür die fehlende Registereintragung dann lediglich ein Indiz ist), dann wird das ausländische Pfandrecht im Inland nicht wie eine Hypothek behandelt.27) f)

95

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Zur Anwendbarkeit deutschen Rechts

Die Frage, welches Recht gilt in Bezug auf den Rang eines Schiffsgläubigerrechts, welches hinsichtlich der Belieferung eines deutschen Schiffes im Ausland entstanden ist, kann insbesondere deswegen relevant werden, weil ggf. das ausländische Recht einen anderen Umfang der Verpflichtungsbefugnis des Schiffers annimmt. Maßgeblich ist bei einer Belieferung eines deutschen Schiffes im Ausland das auf die betreffenden Rechtsgeschäfte geltende ausländische Recht einschließlich der dortigen Regeln über den Umfang der Vertretungsbefugnis des Schiffers.28) Steht hiernach fest, dass ein Schiffsgläubigerrecht im Ausland begründet wurde, richtet sich dessen Rang nach den allgemeinen Regeln. g) Versteigerung eines deutschen Schiffes im Ausland

96

Wird ein deutsches Schiff im Ausland im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert, so ist deutsches Recht für Bereicherungsansprüche von Schiffsgläubigern und Schiffshypothekengläubigern maßgebend, die darauf gestützt werden, bei der Verteilung des Erlöses sei das sich aus dem deutschen Recht ergebende Rangverhältnis dieser Rechte nicht beachtet worden.29)

97

Der Rangverlust nach §§ 162, 110 ZVG wegen Nichtanmeldung aus dem Schiffsregister nicht ersichtlicher Rechte tritt nur ein, wenn die Terminsbestimmung von einem deutschen Vollstreckungsgericht mit der Aufforderung nach §§ 37 Nr. 4, 167 Abs. 2 ZVG bekanntgemacht worden ist.30) h) Such- und Bergungskosten

98

Die Forderung des Eigentümers einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Wasserstraße auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Suche und Bergung beim _____________ 25) 26) 27) 28) 29) 30)

RG, Urt. v. 2.10.1912 – Rep. I. 379/11, RGZ 80, 129 – 134. RG, Urt. v. 2.10.1912 – Rep. I. 379/11, RGZ 80, 12 – 134. RG, Urt. v. 2.10.1912 – Rep. I. 379/11, RGZ 80, 129 – 134. RG, Urt. v. 5.2.1913 – Rep. I. 258/12, RGZ 81, 283 – 287. BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 – 272, 267. BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 – 272, 267.

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§ 169

Untergang eines Schiffes über Bord gegangener Ladungsteile oder für Wahrschaumaßnahmen hinsichtlich dieses Schiffes begründet kein Schiffsgläubigerrecht an dem Fahrzeug,31) denn es fehlte am gemäß § 102 BinSchG notwendigen Auftrag. i)

Drittwirkung des Vollstreckungsbefehls im Widerspruchsprozess

Dem Schiffshypothekengläubiger wird durch einen rechtskräftigen, auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff lautenden Vollstreckungsbefehl, den ein anderer Gläubiger wegen eines behaupteten Schiffsgläubigerrechts gegen den Reeder erwirkt hatte, nicht das Recht abgeschnitten, das Vorrecht dieses anderen Gläubigers im Widerspruchsprozess mit der Behauptung zu bestreiten, das Schiffsgläubigerrecht sei vor Einleitung des Mahnverfahrens bereits erloschen gewesen.

99

Dagegen kann der Schiffshypothekengläubiger das Vorrecht eines Schiffsgläubigers nicht mit der Einrede bekämpfen, das Schiffsgläubigerrecht sei verjährt.32)

100

j)

Sozialversicherungsbeiträge

Der Sozialversicherungsträger ist im Rahmen seiner sich aus § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV ergebenden Befugnis, nicht erfüllte Beitragsansprüche durch Verwaltungsakt festzusetzen, auch berechtigt, die Leistungsbescheide bei entsprechender gesetzlicher Regelung (hier § 754 Abs. 1 Nr. 5 = § 596 Abs. 1 Nr. 5 HGB n. F.) so auszugestalten, dass sie als Titel zur Durchsetzung des Schiffsgläubigerpfandrechts im Wege der Zwangsversteigerung geeignet sind.33)

101

Im Gesamtvollstreckungsverfahren berechtigen – ebenso wie im Konkursverfahren – gesetzlich begründete Pfandrechte zur abgesonderten Befriedigung, sodass der Pfandgläubiger auch nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens an der Einzelzwangsvollstreckung nicht durch § 7 Abs. 3 GesO gehindert ist.34)

102

Treffen der Vollstreckungsverwalter und der Pfandgläubiger zur Abwendung der Zwangsversteigerung des aufgrund des titulierten Pfandrechts beschlagnahmten Schiffs eine Vereinbarung über eine freihändige Veräußerung und der Forderungsbefriedigung aus dem Erlös, so kann sich der Verwalter später nicht darauf berufen, dass das Schiff entgegen der gesetzlichen Regelung des § 759 Abs. 2 Satz 1 HGB a. F. = § 600 Abs. 2 Satz 1 HGB n. F. nicht im Wege der Zwangsversteigerung veräußert worden ist, wenn im Zeitpunkt der Beschlagnahme das Schiffsgläubigerrecht bestanden hat.35)

103

_____________ 31) BGH, Urt. v. 9.12.1985 – II ZR 5/85, BGHZ 96, 332 – 336; ausdrücklich in Abweichung vom Urt. v. 10. April 1969 – II ZR 239/67, VersR 1969, 562 f. 32) BGH, Urt. v. 11.7.1974 – II ZR 1/73, BGHZ 63, 61 – 65. 33) OLG Hamburg, Urt. v. 8.12.2000 – 1 U 22/96, OLGR Bremen Hamburg Schleswig 2001, 167 – 171, 167. 34) OLG Hamburg, Urt. v. 8.12.2000 – 1 U 22/96, OLGR Bremen Hamburg Schleswig 2001, 167 – 171, 167. 35) OLG Hamburg, Urt. v. 8.12.2000 – 1 U 22/96, OLGR Bremen Hamburg Schleswig 2001, 167 – 171, 167.

Wedekind

1221

§ 169a

Kein Antrag auf Versagung des Zuschlags bei Seeschiffen

§ 169a Kein Antrag auf Versagung des Zuschlags bei Seeschiffen (1) Auf die Zwangsversteigerung eines Seeschiffes sind die Vorschriften der §§ 74a, 74b und 85a nicht anzuwenden; § 38 [Abs. 1]*) Satz 1 findet hinsichtlich der Angabe des Verkehrswerts keine Anwendung. (2) § 68 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß Sicherheit für ein Zehntel des Bargebots zu leisten ist. *)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 169a Rz. 3 merkt zu Recht an, dass sich die Nichtanwendbarkeit des § 38 sich auf dessen Absatz 1 Satz 1 beschränkt. Es handelt sich um eine offenkundige redaktionelle Unrichtigkeit.

Literatur: Pamperin-Herbst, Das Schiffsvorzertifikat, Rpfleger 2009, 76. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 4 III. Keine VerkehrswertFestsetzung/Keine Wertgrenzen/ Keine Mindestgebote ........................... 6

I.

IV. Schätzung des Verkehrswerts ........... 10 V. 10 % Sicherheitsleistung (vom Bargebot) .................................. 12 VI. Zur Abgrenzung Seeschiff vs. Binnenschiff ....................................... 17

Zweck der Norm

1

§ 169a ZVG sollte einen früher bestehenden Streit beenden, der darüber bestand, ob die Wertgrenzen gemäß §§ 74a und 74b ZVG (sowie ggf. auch § 85a ZVG) bei der Zwangsversteigerung von Seeschiffen anzuwenden seien.

2

Da ansonsten im Falle einer Zuschlagsversagung aus den vorgenannten Gründen des Nichterreichens der Wertgrenzen der dann erforderliche weitere Versteigerungstermin erst nach mindestens drei Monaten stattfinden dürfte (§§ 74a Abs. 3, 85a Abs. 2 ZVG) würde sich eine entsprechende Verzögerung ergeben. Während dieser Zeit könnte das Schiff regelmäßig nicht genutzt werden, denn § 165 Abs. 1 ZVG sieht nur eine bloße Bewachung und Verwahrung vor. Eine „Quasi-Zwangsverwaltung“ ist de lege lata gemäß § 165 Abs. 2 ZVG nicht ohne einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen (siehe § 165 Rz. 14 ff., 24, 86 und 91 [Wedekind]).

3

Diese gesetzgeberische Intention überzeugt nur begrenzt, zumal über die problematische Ausgestaltung von § 171 Abs. 5 ZVG (siehe § 171 Rz. 51 ff. [Wedekind]) zwar die Versteigerung von Seeschiffen beschleunigt werden mag, aber mit der Folge, dass diese dann ggf. langfristig zulasten der Justizkassen gemäß §§ 170, § 171 ZVG einer Sicherungsverwaltung nach Zuschlag unterliegen. II. Anwendungsbereich

4

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

./.

./.

Seeschiffe

fiktiv eintragungspflichtige eingetragene nach Maßgabe von § 171 ZVG

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks ./. 1222

Wedekind

./.

Kein Antrag auf Versagung des Zuschlags bei Seeschiffen

§ 169a

§ 169a ZVG bezieht sich unmittelbar nur auf die Zwangsversteigerung inländischer Seeschiffe, findet jedoch aufgrund der Verweisungsvorschrift § 171 Abs. 5 Satz 1 ZVG auf die Versteigerung ausländischer Seeschiffe entsprechend Anwendung.

5

III. Keine Verkehrswert-Festsetzung/Keine Wertgrenzen/Keine Mindestgebote Es ist – entgegen zuvor bestehender Rechtslagen – heute ausdrücklich durch das Gesetz angeordnet, dass die Vorschriften über die sog. Wertgrenzen (§§ 74a, 74b und 85a ZVG) bei der Zwangsversteigerung eines Seeschiffes nicht anzuwenden sind.

6

Dementsprechend kommt keine Zuschlagsversagung wegen nicht Erreichens der 5/10-Grenze (§ 74a ZVG) oder der auf Antrag geltenden 7/10-Grenze (§ 85a ZVG) aus.

7

Dementsprechend ist es auch folgerichtig, dass die gemäß § 74a Abs. 5 ZVG vorgesehene Festsetzung eines Verkehrswertes bei Seeschiffen unterbleiben kann, denn dieser wird nicht gebraucht, wenn keine Wertgrenzen gelten. 114a ZVG ist aber gleichwohl anzuwenden.

8

§ 169a ZVG wurde durch das Gesetz vom 4.12.19681) in das ZVG eingefügt. Die sich später durch Einfügung des § 85a ZVG ergebende Frage, wie mit diesem zu verfahren sei, wurde durch die Zwangsvollstreckungsnovelle 19792) geklärt durch eine entsprechende Erweiterung des Wortlautes des § 169a ZVG, der nun den § 85a ZVG ausdrücklich von der Anwendung ausnimmt.

9

IV. Schätzung des Verkehrswerts Auch soweit andere auf Seeschiffe anwendbare Vorschriften des ZVG grundsätzlich einen Verkehrswert voraussetzen (z. B. §§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, 30a Abs. 3 Satz 2 §ZVG, § 765a ZPO, §§ 64 Abs. 1, 66 Abs. 1, 112 Abs. 2, 114a ZVG und der Kostenansatz), folgt nicht etwa daraus, dass der klaren und gesetzlichen Anordnung des § 169a ZVG, ein Verkehrswert sei nicht festzusetzen, nicht zu folgen wäre.

10

Vielmehr hat das Gericht, soweit wie vorgenannt ein Wert erforderlich ist, diesen nach pflichtgemäßem Ermessen zu ermitteln (vgl. für Zwangsverwalter § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZwVwV „nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzter Verkehrswert“), z. B. aus Untersuchungsberichten, Versicherungspolicen, Schiffspapieren etc.

11

V. 10 % Sicherheitsleistung (vom Bargebot) Zur Höhe der Sicherheitsleistung kann mangels eines Verkehrswertes nicht auf die übliche gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene Regel, dass 1/10 des Verkehrswertes als Sicherheit zu leisten sei, zurückgegriffen werden.

12

Dementsprechend ordnet das Gesetz auch explizit an, dass 1/10 des Bargebotes als Sicherheit zu leisten sei.

13

Bis zur Reform durch das ZVG u. a. ÄndG (§ 68 Abs. 1 a. F.) war auch bei Grundstücken die Sicherheitsleistung von 10 % auf das Bargebot (und nicht auf den Verkehrswert – wie heute) bezogen. Bei Seeschiffen kann also zur Frage der Sicher_____________

14

1) 2)

BGBl I, 1295. Gesetz vom 1.2.1979 (BGBl I, 127).

Wedekind

1223

§ 170

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

heitsleistung analog auf Kommentierungen zur ehemaligen Rechtslage bei Grundstücken zurück gegriffen werden. 15

Hatte also ein Bieter Sicherheit geleistet, die durch eine spätere Erhöhung des Gebotes unzureichend geworden ist, so muss er den Differenzbetrag auch ohne besonderen Antrag nachschießen,3) weil das Sicherheitsverlangen gemäß §§ 162, 67 Abs. 1 Satz 2 ZVG stets auch für weitere Gebote desselben Bieters gilt. Dies war hinsichtlich § 68 Abs. 1 ZVG a. F. allgemeine Auffassung und muss entsprechend jetzt für die Auslegung von § 169a ZVG gelten.

16

Der die Sicherheit Verlangende kann allerdings auf den Nachschuss verzichten. VI. Zur Abgrenzung Seeschiff vs. Binnenschiff

17

Für die Frage, ob ein Schiff ein Seeschiff oder ein Binnenschiff ist, kommt es darauf an, ob das Schiff regelmäßig zu Fahrten auf Binnengewässern verwendet wird.4) Die Unterscheidung nach Binnenschiff und Seeschiff ist bei der Eintragung in das jeweilige Schiffsregister vorzunehmen (siehe § 164 Rz. 35 ff. [Wedekind]).

18

Eine unrichtige Eintragung in einem Binnenschiffsregister anstatt in einem Seeschiffsregister oder umgekehrt macht die Eintragung nicht unwirksam (§ 5 SchRegO). Ist ein Schiff im Seeschiffsregister eingetragen, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, dass das Schiff ein Binnenschiff sei; bei Eintragung im Binnenschiffsregister kann der Eigentümer nicht geltend machen, es handle sich um ein Seeschiff (§ 6 SchRegO). Kurzum, es gibt sozusagen keinen guten Glauben bezüglich einer Falscheintragung bzgl. Binnenschiffs- oder Seeschiffsregister.

19

Es kommt darauf an, ob das Schiff tatsächlich ein Seeschiff ist, was das Versteigerungsgericht also eigenständig zu beurteilen hat, ohne sich allein auf die Registereintragung verlassen zu können.

20

Zur Bestimmung der Seeschiff-Eigenschaft siehe näher Nöll.5) _____________ 3) 4) 5)

Steiner-Storz, ZVG, § 168 Rz. 9. OLG Hamburg, Urt. v. 24.11.1959 – 2 U 148/59, MDR 1960, 316 – 317, 316. Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 11, 13 – 23.

§ 170 Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes (1) An die Stelle der nach § 94 Abs. 1 zulässigen Verwaltung tritt die gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffs. (2) Das Gericht hat die getroffenen Maßregeln aufzuheben, wenn der zu ihrer Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. Literatur: Siehe Literatur zu § 94 ZVG und ggf. zu § 165 ZVG sowie allgemein zu § 162 ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungbereich .............................. 3

1224

III. Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag ................................................ 4

Wedekind

§ 170

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

heitsleistung analog auf Kommentierungen zur ehemaligen Rechtslage bei Grundstücken zurück gegriffen werden. 15

Hatte also ein Bieter Sicherheit geleistet, die durch eine spätere Erhöhung des Gebotes unzureichend geworden ist, so muss er den Differenzbetrag auch ohne besonderen Antrag nachschießen,3) weil das Sicherheitsverlangen gemäß §§ 162, 67 Abs. 1 Satz 2 ZVG stets auch für weitere Gebote desselben Bieters gilt. Dies war hinsichtlich § 68 Abs. 1 ZVG a. F. allgemeine Auffassung und muss entsprechend jetzt für die Auslegung von § 169a ZVG gelten.

16

Der die Sicherheit Verlangende kann allerdings auf den Nachschuss verzichten. VI. Zur Abgrenzung Seeschiff vs. Binnenschiff

17

Für die Frage, ob ein Schiff ein Seeschiff oder ein Binnenschiff ist, kommt es darauf an, ob das Schiff regelmäßig zu Fahrten auf Binnengewässern verwendet wird.4) Die Unterscheidung nach Binnenschiff und Seeschiff ist bei der Eintragung in das jeweilige Schiffsregister vorzunehmen (siehe § 164 Rz. 35 ff. [Wedekind]).

18

Eine unrichtige Eintragung in einem Binnenschiffsregister anstatt in einem Seeschiffsregister oder umgekehrt macht die Eintragung nicht unwirksam (§ 5 SchRegO). Ist ein Schiff im Seeschiffsregister eingetragen, so kann sich der Eigentümer nicht darauf berufen, dass das Schiff ein Binnenschiff sei; bei Eintragung im Binnenschiffsregister kann der Eigentümer nicht geltend machen, es handle sich um ein Seeschiff (§ 6 SchRegO). Kurzum, es gibt sozusagen keinen guten Glauben bezüglich einer Falscheintragung bzgl. Binnenschiffs- oder Seeschiffsregister.

19

Es kommt darauf an, ob das Schiff tatsächlich ein Seeschiff ist, was das Versteigerungsgericht also eigenständig zu beurteilen hat, ohne sich allein auf die Registereintragung verlassen zu können.

20

Zur Bestimmung der Seeschiff-Eigenschaft siehe näher Nöll.5) _____________ 3) 4) 5)

Steiner-Storz, ZVG, § 168 Rz. 9. OLG Hamburg, Urt. v. 24.11.1959 – 2 U 148/59, MDR 1960, 316 – 317, 316. Staudinger-Nöll, § 1 SchiffsRG, Rz. 11, 13 – 23.

§ 170 Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes (1) An die Stelle der nach § 94 Abs. 1 zulässigen Verwaltung tritt die gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffs. (2) Das Gericht hat die getroffenen Maßregeln aufzuheben, wenn der zu ihrer Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. Literatur: Siehe Literatur zu § 94 ZVG und ggf. zu § 165 ZVG sowie allgemein zu § 162 ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungbereich .............................. 3

1224

III. Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag ................................................ 4

Wedekind

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes IV. Voraussetzung der Anordnung .......... 9 1. Aufhebung mangels Vorschussleistung ................................................. 10 2. Vorschussleistung (schon) als Voraussetzung der Anordnung? ........ 14 V. Aufhebung mangels Vorschusses – Folgefrage ........................................... 22

I.

§ 170

VI. Vorbemerkung: Verhältnis von § 94 ZVG zu „nachwirkender“ Zwangsverwaltung bei Grundstücken .............. 25 VII. Auslegung von § 170 ZVG unter Berücksichtigung der Eigenarten von Schiffen im Vergleich zu denjenigen von Grundstücken ......... 29 VIII. Dauer der Verwaltung/ Aufhebung .......................................... 38

Zweck der Norm

§ 170 ZVG dient dem Schutze derjenigen Beteiligten, die eine Verteilung aus dem Verteilungstermin (Befriedigung aus dem Bargebot) erwarten können, gegen Unzuverlässigkeit des Erstehers (hinsichtlich der Zahlung oder Hinterlegung des Bargebotes).

1

Da es eine „echte“ Zwangsverwaltung bei Schiffen nicht gibt, ist § 94 Abs. 2 ZVG wohl nicht unmittelbar anwendbar. Insofern scheint es nachvollziehbar, dass das Gesetz insoweit nicht einfach auf § 94 ZVG verweist, sondern eine eigenständige Regelung enthält. Allerdings hätte man das sicherlich gesetzestechnisch auch anders lösen können.

2

II. Anwendungbereich } auf

Binnenschiffe

3

deutsch(e)

ausländisch(e)

eingetragene

nur bezüglich Abs. 1: gilt für fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG aber: Abs. 2 gilt nicht (§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG)

Seeschiffe

nur bezüglich Abs. 1: gilt für fiktiv eintragungspflichtige nach Maßgabe von § 171 ZVG

eingetragene

aber: Abs. 2 gilt nicht (§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG) Schiffsbauwerke u. eingetragene/eintragungsfähige ./. Schwimmdocks nach Maßgabe von § 170a ZVG III. Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag Inhaltlich führt § 170 ZVG zu keiner anderen Regelung als § 94 Abs. 1 ZVG:

4

Die Bewachung und Verwahrung des Schiffs nach dem Zuschlag erfolgt für Rechnung des Erstehers.

5

Bewachung und Verwahrung gemäß § 170 ZVG tritt an die Stelle der Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 ZVG. Hierbei sind „Bewachung und Verwahrung“ und „Verwaltung“ offenbar nur unterschiedliche Formulierungen. Eine inhaltliche Differenzierung ist allenfalls insoweit erkennbar, als Verwaltung i. S. v. § 94 ZVG auch die

6

Wedekind

1225

§ 170

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

Einziehung von Einnahmen aus Miete/Pacht umfasst, während nach h. M. dieses bei § 170 ZVG nicht möglich ist, da § 170 ZVG sozusagen nur das Äquivalent der Bewachung und Verwahrung gemäß § 165 Abs. 1 ZVG beinhaltet, aber gerade nicht auch der Quasi-Zwangsverwaltung (§ 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG). 7

Zur Bewachung und Verwahrung gemäß § 170 ZVG ist – wie auch bei der Verwaltung gemäß § 94 ZVG – anzumerken, dass es sich nicht – wie häufig fälschlich angenommen wird – um eine Verwaltung „gegen“ den Ersteher handelt, sondern um eine Verwaltung für Rechnung des Erstehers, die sich nur insoweit „gegen“ den Ersteher richtet, als diese einen Sicherungscharakter hat und sozusagen gegen den Willen des Erstehers angeordnet werden kann.

8

Die Art der Durchführung der Bewachung und Verwahrung entspricht grundsätzlich derjenigen des § 165 Abs. 1 ZVG. IV. Voraussetzung der Anordnung

9

Die Voraussetzungen und das Verfahren der Anordnung sind im Prinzip dieselben wie bei § 94 ZVG. Die Maßregel wird nur auf Antrag angeordnet. 1.

Aufhebung mangels Vorschussleistung

10

Die gemäß § 170 Abs. 1 ZVG angeordnete Bewachung und Verwahrung ist bei inländischen Schiffen, Schiffsbauwerken und Schwimmdocks aufzuheben, wenn der zur Fortsetzung dieser Verwaltung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird.

11

Für ausländische Schiffe ordnet § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ausdrücklich etwas anderes an als § 170 Abs. 2 ZVG (siehe § 171 Rz. 52 ff. [Wedekind]).

12

Bei § 94 Abs. 1 ZVG ist die Rechtslage jedenfalls im Ergebnis nicht anders, da auf die entsprechenden Vorschriften aus der Zwangsverwaltung – § 161 Abs. 3 ZVG – verwiesen wird bzw. diese Anwendung finden.

13

§ 161 Abs. 3 ZVG spricht zwar nur davon, dass bei Nichtleistung des Vorschusses aufgehoben werden „soll“, jedoch dürfte sich bei § 161 Abs. 3 ZVG das Ermessen des Gerichts regelmäßig auf Null reduzieren, also dahingehend, dass aufzuheben ist, wenn nicht die durch Fortdauer der Verwaltung entstehenden laufenden Ausgaben und Verfahrenskosten gedeckt werden. Denn sonst fallen diese im Ergebnis der Staatskasse zur Last, sei es aus Amtshaftung oder weil man dann folgerichtig eine originäre Haftung des Staates für die laufenden Ausgaben und die Verfahrenskosten der fortdauernden Verwaltung annehmen müsste. 2.

Vorschussleistung (schon) als Voraussetzung der Anordnung?

14

Die Anordnung kann von einer vorherigen Vorschussleistung des Antragstellers abhängig gemacht werden, so zutreffenderweise die frühere allgemeine Auffassung.1)

15

Der Gegenauffassung ist zuzugeben, dass auf der einen Seite abzuwägen ist das Interesse, die Maßregel sofort anordnen zu können. _____________ 1)

Vgl. die Darstellung der früheren h. M. und der heutigen – abzulehnenden – Gegenauffassung Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 170 Rz. 12.

1226

Wedekind

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

§ 170

Andererseits stellt sich die Frage, welches schutzwürdige Interesse daran der Gläubiger haben sollte. Der Gläubiger weiß ja, wann der Versteigerungstermin ist, er kann sich entsprechend darauf einrichten, dass er einen Vorschuss zu leisten haben wird, der die zu erwartenden laufenden Ausgaben einschließlich insbesondere der für das Verfahren entstehenden Kosten und insbesondere der Vergütung des Treuhänders, zu decken hat.

16

Es muss daher – wenn man nicht zu einer staatlichen Haftung für die Treuhändervergütung kommen will (was eine neue Diskussion wäre) – dem Gericht erlaubt sein, die Anordnung der Verwaltung gemäß § 94 ZVG ebenso wie die Anordnung der Bewachung und Verwahrung gemäß § 170 ZVG (zu der gleichen Frage bei Luftfahrzeugen gem. § 171a ff. ZVG, siehe auch: § 171g Rz. 8 [Wedekind]) von der Leistung eines Vorschusses abhängig zu machen.

17

Zunächst die Anordnung der Maßregel ohne Anordnung eines Gläubigervorschusse zu verlangen, wäre auch Förmelei, denn das Gericht könnte sozusagen eine juristische Sekunde, nachdem es die Maßregel angeordnet hat, nunmehr umgehend gemäß § 170 Abs. 2 ZVG den entsprechenden Vorschuss anfordern mit einer entsprechend kurzen Frist und dann ggf. binnen sehr kurzer Frist aufheben. Das scheint wenig sinnvoll.

18

Richtig ist allein, dass das Gericht bereits die Anordnung von der Leistung eines Vorschusses abhängig machen kann.

19

Der Gläubiger muss notfalls im Vorfeld klären, welcher Vorschuss ggf. angefordert werden wird. Ggf. wäre das Gesetz nochmals zu überarbeiten und de lege ferenda eine Vorschusspflicht zu regeln.

20

Bei verständiger Auslegung von § 170 Abs. 2 ZVG lässt sich aber wohl auch schon de lege lata eine Vorschusspflicht nach billigem Ermessen des Gerichts bejahen.

21

V. Aufhebung mangels Vorschusses – Folgefrage Bei der oben (siehe Rz. 17 ff.) dargestellten Aufhebung mangels Vorschusszahlung (§ 170 Abs. 2 ZVG) ergibt sich dann eine Folgefrage:

22

Inwieweit kann der vorschusspflichtige Antragsteller (später) von dem Ersteher Ersatz verlangen? Dies wird wohl nur im Klagewege möglich sein.2)

23

Eine ähnliche Problematik besteht bei der „echten“ Zwangsverwaltung, wo der BGH dem Zwangsverwalter die Befugnis abspricht (sowohl materiell als auch prozessual), gegen den Ersteher vorzugehen und ebenfalls darauf verweist, der Gläubiger müsse dann eben direkt gegen den Ersteher klagen.3)

24

VI. Vorbemerkung: Verhältnis von § 94 ZVG zu „nachwirkender“ Zwangsverwaltung bei Grundstücken In der Praxis besteht weitgehende Übereinstimmung, dass eine bis zum Zuschlag fortdauernde „echte“ Zwangsverwaltung in der Regel nicht mit Zuschlag aufgehoben wird, sondern bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses als Vollstreckungs_____________ 2) 3)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 170 Rz. 12. BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 89/08, ZfIR 2009, 714 ff.

Wedekind

1227

25

§ 170

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

maßnahme fortgesetzt wird und dann quasi rückwirkend auf den Zuschlagszeitpunkt aufgehoben wird.4) Inwieweit sich der Ersteher gegen diese Beeinträchtigung seines Rechtes wehren könnte, ist rechtlich umstritten.5) 26

Auch bestehen diverse weitere rechtliche und praktische Probleme für die Durchführung dieser nicht im Gesetz vorgesehen Art von Zwangsverwaltung (so z. B. die Frage der Vergütung, der Haftung für die Vergütung, der Haftung des Zwangsverwalters: Noch gegenüber den Gläubigern? Auch oder nur gegenüber dem Ersteher? Ebenso unklar ist der Maßstab der Verwaltung: Hat sich der Zwangsverwalter an den Wünschen und Interessen des Gläubigers zu orientieren oder an denen des Erstehers oder an denen des Schuldners?

27

Allgemein wird die Verwaltung nach § 94 ZVG gerade hinsichtlich des Verwaltungsmaßstabs (Gläubigerinteresse, Schuldnerinteresse, Ersteherinteresse – welches davon und wie gewichtet?) etwas anders gesehen als die Zwangsverwaltung nach § 146 ff. ZVG6)

28

Entsprechende Fragen stellen sich für eine Verwaltung nach § 170 ZVG. VII. Auslegung von § 170 ZVG unter Berücksichtigung der Eigenarten von Schiffen im Vergleich zu denjenigen von Grundstücken

29

Während jedenfalls nach der bisherigen Rechtspraxis, die sich auf eine überwiegende Meinung in der Rechtsprechung stützen kann, also eine „normale“ Zwangsverwaltung bei einem Grundstück auch nach Zuschlag noch für eine begrenzte Zeit fortgeführt werden kann, also insbesondere der Zwangsverwalter auch weiterhin Mieten einzieht (wenngleich er diese ab dem Datum des Zuschlags im Ergebnis dann an den Ersteher auszukehren haben wird, sobald die Zwangsverwaltung dann quasi rückwirkend mit Wirkung auf das Zuschlagsdatum aufgehoben wird), stellt sich die Frage, warum eigentlich bei einer Verwaltung gemäß § 170 ZVG nicht ebenfalls eine derartige Einnahmenerzielung möglich sein soll.

30

Das vordergründige Argument, dass im Bereich der Zwangsversteigerung von Schiffen eine „echte“ Zwangsverwaltung nicht möglich sei, sondern § 165 Abs. 2 ZVG lediglich eine „Quasi-Zwangsverwaltung“ für die Dauer der einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens erlaube, vermag wenig zu überzeugen.

31

Denn wie oben zu den Gesetzesmotiven zu § 169a ZVG ausgeführt worden ist geht es bei Schiffen (und insbesondere Seeschiffen) um besondere wirtschaftliche Werte, die im Wesentlichen im Going-Concern-Wert und dem Ertragswert liegen, also sozusagen lebende Betriebe sind.

32

Daher stellt sich die Frage, warum es eigentlich nicht möglich sein soll, auch im wirtschaftlichen Interesse des Erstehers, einen Going-Concern-Wert erhalten zu können. Es mutet etwas befremdlich an, dass möglicherweise im Rahmen einer gegen den Willen des Erstehers (für dessen Rechnung) angeordneten Verwaltung, _____________ 4) 5) 6)

Z. B. Stöber, ZVG, § 161 Rz. 3.11. Vgl. z. B. Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 1745. Vgl. z. B. Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 1747 ff.

1228

Wedekind

Gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes

§ 170

es nicht möglich sein sollte, das Schiff ordnungsgemäß zu bewirtschaften (sprich durch Erzielung von Einnahmen). Die Frage ist nur, wie das rechtlich zu lösen ist. Im Zweifel wäre hier de lege ferenda der Gesetzgeber gefordert. Auch die Frage, wie der Quasi-Zwangsverwalter bzw. Treuhänder bzw. ErsteherVerwalter bzw. Sicherungs-Verwalter vergütet wird, und inwieweit der betreibende Gläubiger dafür einzustehen hat oder auch der Verwalter nur auf eine Geltendmachung gegen den Ersteher verwiesen wäre, wäre de lege ferenda befriedigend zu klären.

33

Es kann jedenfalls auf keinen Fall sein, dass es das wirtschaftliche Risiko des Treuhänders im Rahmen einer Verwaltung nach § 170 ZVG wäre, inwieweit er zu seiner Vergütung kommt. In derartigen Fällen wäre wenigstens die Anordnung einer derartigen Verwaltung davon abhängig zu machen, dass wenigstens die Treuhändervergütung durch einen entsprechenden Vorschuss oder aus entsprechenden Einnahmen gesichert ist (wobei de lege lata schon sehr fraglich ist, wie diese überhaupt in die Zuständigkeit des Treuhänders im Rahmen einer Verwaltung nach § 170 ZVG fallen könnten).

34

Bleibt aber immer noch die für den Gläubiger unbefriedigende Situation, wie der Gläubiger seine entsprechende Erstattungsforderung gegenüber dem Ersteher realisieren kann. Hier scheint insgesamt ein Handlungsbedarf für den Gesetzgeber zu bestehen.

35

Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Maßregeln, die nach § 165 ZVG angeordnet waren, mit dem Wirksamwerden des Zuschlages enden (siehe § 165 Rz. 95 ff. [Wedekind]). Von diesem Zeitpunkt an geht die Gefahr des Unterganges auf den Ersteher über und es ist auch dessen Sache, für die Sicherheit des Schiffes zu sorgen. Vom Zuschlag an gebühren dem Ersteher auch die Nutzungen (§ 56 Satz 2 ZVG).

36

In der Literatur bleibt z. T. etwas unklar,7) ob nun im Rahmen dieser Verwaltung gemäß § 170 ZVG eine Bewirtschaftung des Schiffes stattfinden kann, also ob ggf. der Treuhänder diese Bewirtschaftung vornimmt oder ob es der Ersteher tun kann, ob ihn der Treuhänder ggf. daran hindern könnte, inwieweit ggf. der Treuhänder auf die vom Ersteher erzielten Einnahmen zugreifen kann usw. Das ist alles völlig unklar de lege lata, und es stellt sich auch die Frage, wie das lege ferenda praxistauglich geregelt werden könnte.

37

VIII. Dauer der Verwaltung/Aufhebung Eine nach § 170 ZVG angeordnete Maßregel dauert im Regelfall so lange an, bis der zur Deckung des im Verteilungstermin zu berücksichtigenden Anspruchs des Antragstellers erforderliche Betrag gezahlt oder hinterlegt worden ist. Zur Rechtslage bei mehreren Antragstellern vgl. § 94 Rz. 15 f. [Bachmann].

38

Die Maßregel ist ferner aufzuheben, wenn

39



der Antrag des Beteiligten zurückgenommen wird,

– der Zuschlag rechtskräftig aufgehoben wird, _____________ 7)

Z. B. Steiner-Hagemann, ZVG, § 170 Rz. 5.

Wedekind

1229

§ 170a

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks



der Zuschlag im Beschwerdeverfahren einem anderen erteilt wird,



der Antragsteller dadurch seine Antragsberechtigung verloren hat, dass er nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 118 Abs. 2 ZVG auf die Rechte aus der Forderungsübertragung verzichtet oder die Wiederversteigerung beantragt hat.

Praxishinweis: Der Gläubiger muss diese Frist im Auge behalten! 40

Des Weiteren wird, wie bereits ausgeführt, gemäß § 170 Abs. 2 ZVG die Maßregel aufgehoben, wenn der Antragsteller den zu ihrer Fortsetzung erforderlichen, von ihm angeforderten Geldbetrag nicht vorgeschossen hat.

41

Die Aufhebung geschieht immer von Amts wegen. Das Vollstreckungsgericht muss also ständig prüfen, ob ein Fortbestehen der Maßregel gemäß § 170 ZVG immer noch statthaft bzw. zulässig ist.

§ 170a Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks (1) Die Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks darf erst angeordnet werden, nachdem es in das Schiffsbauregister eingetragen ist. Der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung kann jedoch schon vor der Eintragung gestellt werden. (2) § 163 Abs. 1, §§ 165, 167 Abs. 1, §§ 168c, 169 Abs. 2, § 170 gelten sinngemäß. An die Stelle des Grundbuchs tritt das Schiffsbauregister. Wird das Schiffsbauregister von einem anderen Gericht als dem Vollstreckungsgericht geführt, so soll die Terminsbestimmung auch durch das für Bekanntmachungen dieses Gerichts bestimmte Blatt bekanntgemacht werden. An Stelle der im § 43 Abs. 1 bestimmten Frist tritt eine Frist von zwei Wochen, an Stelle der im § 43 Abs. 2 bestimmten Frist eine solche von einer Woche. Literatur: Hornung, Das Schwimmdock in der Register- und Vollstreckungspraxis, Rpfleger 2003, 232. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungbereich/Begriffe/ Zubehör/Bestandteile/ Versicherungsforderungen ................. 4 III. Versteigerungsantrag (§ 170a Abs. 1 ZVG) .......................... 14 IV. Anzuwendende Vorschriften (§ 170a Abs. 2 ZVG) .......................... 18 1. Erster Abschnitt .................................. 18 2. § 162 – 170 ZVG .................................. 19 a) Vorbemerkung ............................. 20 b) § 162 ZVG .................................... 22 c) § 163 ZVG .................................... 23 d) § 165 ZVG .................................... 25 e) § 167 ZVG .................................... 26

1230

f) § 168 ZVG .................................... 32 g) § 168c ZVG .................................. 34 h) § 169 ZVG .................................... 35 i) § 170 ZVG .................................... 37 V. Nicht anzuwendende Vorschriften ........................................ 40 VI. Bewachung, Verwahrung und Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 ZVG ........................................... 41 1. Fertigbau durch Treuhänder ............... 43 2. Zustimmungserfordernisse ................. 49 VII. Sicherungsverwaltung nach Zuschlag (§ 170 ZVG) ....................... 52 VIII. Verteilung/Rangfolge ..................... 53

Wedekind

§ 170a

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks



der Zuschlag im Beschwerdeverfahren einem anderen erteilt wird,



der Antragsteller dadurch seine Antragsberechtigung verloren hat, dass er nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 118 Abs. 2 ZVG auf die Rechte aus der Forderungsübertragung verzichtet oder die Wiederversteigerung beantragt hat.

Praxishinweis: Der Gläubiger muss diese Frist im Auge behalten! 40

Des Weiteren wird, wie bereits ausgeführt, gemäß § 170 Abs. 2 ZVG die Maßregel aufgehoben, wenn der Antragsteller den zu ihrer Fortsetzung erforderlichen, von ihm angeforderten Geldbetrag nicht vorgeschossen hat.

41

Die Aufhebung geschieht immer von Amts wegen. Das Vollstreckungsgericht muss also ständig prüfen, ob ein Fortbestehen der Maßregel gemäß § 170 ZVG immer noch statthaft bzw. zulässig ist.

§ 170a Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks (1) Die Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks darf erst angeordnet werden, nachdem es in das Schiffsbauregister eingetragen ist. Der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung kann jedoch schon vor der Eintragung gestellt werden. (2) § 163 Abs. 1, §§ 165, 167 Abs. 1, §§ 168c, 169 Abs. 2, § 170 gelten sinngemäß. An die Stelle des Grundbuchs tritt das Schiffsbauregister. Wird das Schiffsbauregister von einem anderen Gericht als dem Vollstreckungsgericht geführt, so soll die Terminsbestimmung auch durch das für Bekanntmachungen dieses Gerichts bestimmte Blatt bekanntgemacht werden. An Stelle der im § 43 Abs. 1 bestimmten Frist tritt eine Frist von zwei Wochen, an Stelle der im § 43 Abs. 2 bestimmten Frist eine solche von einer Woche. Literatur: Hornung, Das Schwimmdock in der Register- und Vollstreckungspraxis, Rpfleger 2003, 232. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungbereich/Begriffe/ Zubehör/Bestandteile/ Versicherungsforderungen ................. 4 III. Versteigerungsantrag (§ 170a Abs. 1 ZVG) .......................... 14 IV. Anzuwendende Vorschriften (§ 170a Abs. 2 ZVG) .......................... 18 1. Erster Abschnitt .................................. 18 2. § 162 – 170 ZVG .................................. 19 a) Vorbemerkung ............................. 20 b) § 162 ZVG .................................... 22 c) § 163 ZVG .................................... 23 d) § 165 ZVG .................................... 25 e) § 167 ZVG .................................... 26

1230

f) § 168 ZVG .................................... 32 g) § 168c ZVG .................................. 34 h) § 169 ZVG .................................... 35 i) § 170 ZVG .................................... 37 V. Nicht anzuwendende Vorschriften ........................................ 40 VI. Bewachung, Verwahrung und Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 ZVG ........................................... 41 1. Fertigbau durch Treuhänder ............... 43 2. Zustimmungserfordernisse ................. 49 VII. Sicherungsverwaltung nach Zuschlag (§ 170 ZVG) ....................... 52 VIII. Verteilung/Rangfolge ..................... 53

Wedekind

§ 170a

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

I.

Zweck der Norm

§ 170a ZVG hat zwei Normzwecke. Es geht einmal darum, abweichende Verfahrensvorschriften zu schaffen für Schiffsbauwerke und Schwimmdocks1) (die wie Schiffsbauwerke behandelt werden.2) Denn Schiffsbauwerke/Schiffsdocks unterscheiden sich sowohl ihrer tatsächlichen wie auch rechtlichen Natur nach von Schiffen, insbesondere auch hinsichtlich ihrer registermäßigen Behandlung. § 170a Abs. 1 ZVG trägt diesen Besonderheiten dadurch Rechnung, dass unterschieden wird wie folgt:

1

Die Anordnung der Zwangsversteigerung ist erst nach der Eintragung im maßgeblichen Register zulässig. Aber auch schon vor Registereintragung besteht die Zulässigkeit des Antrages auf Zwangsversteigerung. Hierbei ist das maßgebliche Register jeweils das Schiffsbauregister (anstelle des Schiffsregisters bei den §§ 162 ff. ZVG betreffenden Schiffen).

2

Zweiter Normzweck ist die Beschleunigung des Verfahrens. Hierzu werden die Bekanntmachungsfristen des § 43 Abs. 1 ZVG und die Zustellungsfristen des § 43 Abs. 2 ZVG verkürzt. Dieses wird allgemein als vertretbar angesehen, weil bei der Versteigerung eines Schiffsbauwerks/Schwimmdocks Interessen ausländischer Schiffsgläubiger kaum in Betracht kommen.3)

3

II. Anwendungbereich/Begriffe/Zubehör/Bestandteile/ Versicherungsforderungen } auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

./.

./.

Seeschiffe

./.

./.

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks eingetragene/eintragungsfähige ./. Ein Schiffsbauwerk ist gemäß § 76 Abs. 1 SchRG ein im Bau befindliches Schiff. Die Bestellung einer Schiffshypothek ist gemäß § 76 Abs. 2 SchRG zulässig, sobald der Kiel gelegt ist und das Schiffsbauwerk durch Namen oder Nummer an einer bis zum Stapellauf des Schiffs sichtbar bleibenden Stelle deutlich und dauernd gekennzeichnet ist.

4

Kurz gesagt: das was ab Stapellauf ein „Schiff“ sein wird, ist ab Kiellegung ein „Schiffsbauwerk“. Gemäß § 76 Abs. 3 SchRG kann eine Schiffshypothek am Schiffsbauwerk nur bestellt werden, wenn es nach der Fertigstellung (als Seeschiff) mehr als fünfzig Kubikmeter Rauminhalt haben wird oder nach der Fertigstellung als Binnenschiff zur Eintragung in das Binnenschiffsregister geeignet ist. Die Eintragungsfähigkeit ist in Zweifelsfällen durch eine Auskunft der zuständigen Schiffsvermessungs- oder Eichbehörde festzustellen.

5

_____________ 1) 2) 3)

Ausführlich zu Schwimmdocks Hornung, Rpfleger 2003, 232. Die Gleichbehandlung ergibt sich aus § 81a SchRG; §§ 73a, 73b SchRegO. Steiner-Hagemann, ZVG, § 170a Rz. 1 m. w. N.

Wedekind

1231

§ 170a

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

6

Einzutragen ist das Schiffsbauwerk im Schiffsbauregister des Bauorts, das Registergericht bleibt auch zuständig, wenn das Schiffsbauwerk an einen anderen Ort außerhalb des Gerichtsbezirks verbracht wird (§ 67 SchRegO).

7

Es werden nur inländische Schiffsbauwerke erfasst. (§ 171 ZVG betreffend ausländische Schiffe verweist nämlich nicht auf § 170a ZVG).

8

Schwimmdocks – sowohl im Bau befindliche wie auch fertiggestellte – unterfallen § 81a SchRG. Bezüglich fertiggestellter Schwimmdocks verweist § 81a SchRG für die Bestellung einer Schiffshypothek auf die Vorschriften über fertiggestellte Schiffe (§§ 77, 78, 80 SchRG).

9

Die Bestellung einer Schiffshypothek für ein nicht fertiggestelltes, also noch im Bau befindliches, nicht fertiges Schwimmdock regelt sich gemäß § 81a SchRG ebenfalls nach den Vorschriften für fertiggestellte Schiffe (§§ 77, 78, 80 SchRG) und zusätzlich denen über Schiffsbauwerke (§§ 76 Abs. 2 Satz 1 und 79, 81 ZVG, die gemäß § 81a ZVG entsprechend anzuwenden sind). Entsprechendes regeln §§ 73a, 73b SchRegO.

10

Die für Schiffsbauwerke geltenden Beschränkungen gemäß § 76 Abs. 3 SchRG (siehe oben) gelten nicht, d. h. ein Schwimmdock – auch ein im Bau befindliches – ist ohne eine Mindestgröße stets eintragungsfähig.

11

Eine gesetzliche Definition des Begriffs des Schwimmdocks gibt es nicht. Nach allgemeinem Verständnis ist ein Schwimmdock4) ein Dock (das ist eine Anlage, in der Schiffe völlig trocken gestellt werden können, um die Unterwasserteile zu untersuchen, auszubessern oder anzustreichen), welches aus einer mit Schwimmzellen ausgestatteten Wanne besteht. Diese Wanne kann durch Fluten der Schwimmzellen abgesenkt werden, um das Schiff einzuholen, oder das geflutete Schwimmdock zum selben Zweck (mit eigenem Antrieb) unter das Schiff zu fahren.5)

12

Bei Schiffsbauwerken werden neben dem Schiffsbauwerk in seinem jeweiligen Bauzustand, dem Zubehör und den Bestandteilen die auf der Bauwerft befindlichen, zum Einbau bestimmten und als solche gekennzeichneten Bauteile mit Ausnahme der Bauteile, die nicht in das Eigentum des Eigentümers des Schiffsbauwerks gelangt sind, erfasst (§ 79 SchRG).

13

Nur bei besonderer Versicherung wird ausnahmsweise auch eine Versicherungsforderung erfasst (§ 80 SchRG). Entsprechendes gilt für Schwimmdocks (§ 81a SchRG). III. Versteigerungsantrag (§ 170a Abs. 1 ZVG)

14

Bei einem Schiffsbauwerk (zur Begriffsbestimmung siehe § 162 Rz. 20 f. [Wedekind]) darf die Zwangsversteigerung erst angeordnet werden, wenn es in das Schiffsbauregister (welches insoweit an die Stelle des Schiffsregisters bei der Anwendung der §§ 162 ff. ZVG tritt) eingetragen ist. Die Anordnung der Zwangsversteigerung ist erst ab diesem Zeitpunkt der Eintragung zulässig, vorher ist sie unzulässig. _____________ 4) 5)

Hornung, Rpfleger 2003, 232. Hornung, Rpfleger 2003, 232.

1232

Wedekind

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

§ 170a

Um durch dieses Erfordernis keine vermeidbare Verzögerung eintreten zu lassen, ist die Antragstellung jedoch schon zuvor möglich. Diese Regelung des § 170a Abs. 1 ZVG ist im Zusammenhang zu sehen mit § 66 SchRegO, wonach ein Schiffsbauwerk in das Schiffsbauregister nur eingetragen wird, wenn entweder eine Schiffshypothek an dem Schiffsbauwerk eingetragen wird oder wenn die Zwangsversteigerung des Schiffsbauwerks beantragt wird.

15

Mithin wird die Eintragung im Schiffsbauregister (wenn sie nicht vorher schon bestanden hat) durch die Stellung eines Versteigerungsantrages gemäß § 170a ZVG sozusagen ausführbar, sodass dann in Folge dieser so möglich gewordenen Registereintragung die Verfahrensordnung erfolgen kann.

16

§ 170 Abs. 2 ZVG ist gegenstandslos, wenn noch kein Eintrag im Schiffsbauregister vorliegt.

17

IV. Anzuwendende Vorschriften (§ 170a Abs. 2 ZVG) 1.

Erster Abschnitt

Die Fristen des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 sind verkürzt: Die Versteigerungsfrist des § 43 Abs. 1 ZVG beträgt nur zwei Wochen, die Zustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG nur eine Woche (§ 170a Abs. 2 Satz 3 ZVG). 2.

18

§ 162 – 170 ZVG

§ 162 ZVG erwähnt das Schiffsbauwerk. Insofern finden gemäß § 162 Abs. 2 ZVG die Vorschriften des ersten Abschnitts des ZVG entsprechend Anwendung, soweit sich nicht aus § 170a ZVG etwas anderes ergibt. Im Einzelnen:

19

a) Vorbemerkung Eine abschließende Aufzählung derjenigen Vorschriften der §§ 162 bis 170 ZVG, die entsprechend Anwendung finden, trifft § 170a Abs. 2 ZVG.

20

Wie sich aus Art. 3 Abs. 2 SchRGÄndG6) ergibt, wird diese abschließende Aufzählung des § 170a Abs. 2 ZVG aber nur für fertiggestellte Schwimmdocks dahin gehend erweitert, dass auf fertiggestellte Schwimmdocks § 169 ZVG insgesamt – also mit Abs. 1 – anwendbar ist.

21

b) § 162 ZVG § 162 ZVG ist anwendbar.

22

c) § 163 ZVG § 163 Abs. 1 ZVG findet entsprechende Anwendung: Über die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts (wobei an die Stelle des Grundbuchs das Schiffsbauregister tritt), wie in § 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG ausdrücklich erwähnt wird (damit wird ausdrücklich § 163 Abs. 2 ZVG ersetzt). § 163 Abs. 3 ZVG bezüglich Erweiterung des Beteiligtenbegriffes auf die Träger der Sozialversicherung findet keine Anwendung. _____________ 6)

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, der Schiffsregisterordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 4.12.1968 (BGBl. I, 1295) – SchRGÄndG.

Wedekind

1233

23

§ 170a 24

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

Konkret wird erwähnt das Grundbuch (an dessen Stelle nunmehr das Schiffsbauregister tritt) in: §§ 9 Nr. 1, 17 Abs. 2, 19, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1, § 37 Nr. 4, 45, 54 Abs. 2, § 91 Abs. 2, 114, 128 Abs. 1, § 130 Abs. 1 ZVG. d) § 165 ZVG

25

Anwendbar (siehe im Detail Rz. 41 ff.). e) § 167 ZVG

26

§ 167 Abs. 1 ZVG ist sinngemäß anzuwenden (siehe § 167 Rz. 4 ff. [Wedekind]).

27

Neben dem Registerblatt ist also die Bezeichnung des Schiffsbauwerks anzugeben: Hierbei soll (Soll-Vorschrift als reine Ordnungsvorschrift) also die Bestimmung des Schiffsbauwerks nach dem Schiffsbauregistereintrag erfolgen.

28

Nach § 69 Abs. 1 SchRegO sind bei Anmeldung zum Schiffsbauregister anzugeben: 1.

der Name oder die Nummer oder sonstige Bezeichnung und die Gattung des im Bau befindlichen Schiffs,

2.

der Bauort und die Schiffswerft, auf der das Schiff erbaut wird,

3.

der Eigentümer.

29

Der Hinweis bei der Aufforderung in der Terminsbestimmung (§ 37 Nr. 4 ZVG) auf die Rechte der Schiffsgläubiger (siehe § 167 Rz. 15 ff. [Wedekind]) ist nicht erforderlich, da § 167 Abs. 2 ZVG nicht anwendbar ist, weil ein solcher Hinweis dem Gesetzgeber entbehrlich erschien.

30

Eine Verletzung der Ordnungsvorschrift § 167 Abs. 1 ZVG (i. V. m. § 170a Abs. 2 ZVG) über die Bezeichnung des Schiffes kann aber wegen einer Verletzung von § 37 Nr. 1 ZVG gleichwohl auch eine ungenügende Bezeichnung des Schiffes und die Unwirksamkeit der Terminsbestimmung zur Folge haben (im Regelfall ist das so), sodass insoweit dann doch ggf. ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 7 ZVG vorliegt, der nicht geheilt werden kann).

31

Dagegen machen Verstöße gegen § 167 Abs. 1 ZVG Terminsbestimmungen nicht unwirksam, wenn das Schiff ansonsten unzweideutig bezeichnet ist (bloßer Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift). f)

§ 168 ZVG

32

Die Bekanntmachung in einem Schifffahrtsfachblatt (§ 168 Abs. 1) kann nach § 40 Abs. 2 ZVG verfügt werden. Ist das Schiffsbauwerk von geringem Wert, so kann eine Anordnung nach § 39 Abs. 2 ZVG erlassen werden. § 168 Abs. 3 ZVG ist nämlich nicht anwendbar (siehe § 168 Rz. 5 f. [Wedekind]).

33

Zu den Regelungen über die Bekanntmachung: Gegebenenfalls ist auch die Veröffentlichung in elektronischen Systemen zulässig. Dieses erscheint auch zeitgemäß.7)

_____________ 7)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 170a Rz. 9.

1234

Wedekind

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

§ 170a

g) § 168c ZVG § 168c ZVG (Schiffshypotheken in ausländischer Währung) ist sinngemäß anwendbar.

34

h) § 169 ZVG § 169 Abs. 2 ZVG bezieht sich auf die Eintragung einer Schiffshypothek zur Sicherung der Forderung gegen den Ersteher (anstelle des ansonsten geltenden § 128 ZVG), dies gilt auch hier.

35

§ 169 Abs. 1 ZVG gilt gemäß Art. 3 Abs. 2 SchRÄndG nur bei einem fertiggestellten vermieteten Schwimmdock.8)

36

i)

§ 170 ZVG

Siehe auch Rz. 52.

37

Auch § 170 ZVG über Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag ist sinngemäß anwendbar.

38

Diejenigen Vorschriften der §§ 162 – 170 ZVG, die nicht explizit in § 170a Abs. 2 ZVG genannt sind, sind nicht anzuwenden (abschließende Aufzählung; einzige Ausnahme: gemäß Art. 3 Abs. 2 SchRGÄndG9) sind auf fertiggestellte Schwimmdocks die Vorschriften über vermietete eingetragene Schiffe anzuwenden; § 169 Abs. 1 ZVG gilt also für fertiggestellte befindliche Schwimmdocks).

39

V. Nicht anzuwendende Vorschriften Die nicht anzuwendenden Vorschriften der §§ 162 – 170 ZVG sind insbesondere: –

§ 163 Abs. 2, Abs. 3 ZVG,



§§ 164, 166 ZVG,



§§ 167 Abs. 2, 168, 168b ZVG sowie



§ 169 Abs. 1 ZVG (hierbei ist allerdings zu beachten, dass nur für im Bau befindliche Schwimmdocks und für Schiffsbauwerke § 169 Abs. 1 nicht gilt; während für fertiggestellte Schwimmdocks § 169 Abs. 1 ZVG gemäß Art. 3 Abs. 2 SchRGÄndG gilt).

40

VI. Bewachung, Verwahrung und Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 ZVG § 165 ZVG über Bewachung und Verwahrung ist anwendbar.

41

Wie auch bei Schiffen ist eine „echte Zwangsverwaltung“ vom Gesetz nicht vorgesehen, wohl aber die „Quasi-Zwangsverwaltung“ gemäß § 165 ZVG. Dieses führt dann allerdings zu Folgefragen, die soweit ersichtlich in der Literatur bislang wenig erörtert worden sind.

42

_____________ 8) 9)

Hornung, Rpfleger 2003, 232 – 238, 233. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, der Schiffsregisterordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 4.12.1968 (BGBl. I, 1295) – SchRGÄndG.

Wedekind

1235

§ 170a 1.

Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks

Fertigbau durch Treuhänder

43

Der Zwangsverwalter eines Grundstückes darf nämlich ein nicht fertiggestelltes Gebäude zu Ende bauen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZwVwV), und zwar in bestimmten Grenzen (die sich aber nicht auf den Grad der bisherigen Fertigstellung und das noch erforderliche Ausmaß der Fertigstellung beziehen, sondern darauf, inwieweit von dem Nutzungskonzept bzw. der Unternehmerentscheidung des Schuldners, welche Art von Gebäude es sein soll, abgewichen wird). So hat der BGH z. B. ausdrücklich die Änderung eines Gebäudes, welches für Betreutes Wohnen ausgelegt war, zu einem für den Betrieb eines Altenheims mit Pflegebetrieb ausgelegten Gebäudes für unzulässig (und auch nicht durch das Vollstreckungsgericht genehmigungsfähig) angesehen.10)

44

Inwieweit die dazu bestehenden Regelungen der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV), insbesondere § 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 ZwVwV, materiellrechtliche Bedeutung haben oder – weil § 152a ZVG ggf. keine hinreichende Verordnungsermächtigung für die ZwVwV darstellt – lediglich regeln, wie der Zwangsverwalter in Bezug auf derartige Sachverhalte seinen Berichtspflichten zu genügen und inwieweit er Zustimmungen seitens des Vollstreckungsgerichts einzuholen hat, sei an dieser Stelle nicht erörtert.

45

Denn jedenfalls steht fest, dass der Zwangsverwalter grundsätzlich auch bei einem niedrigen Fertigstellungsgrad eines Gebäudes die Fertigstellungsbefugnis hat, soweit er sich gemäß der vorzitierten BGH-Rechtsprechung im Rahmen des vom Schuldner vorgegebenen Nutzungskonzept hält (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZwVwV, der zutreffenderweise diese Befugnis – ebenso wie § 18 Abs. 3 ZwVwV – implizit voraussetzt).

46

Dieses kann für den „Quasi-Zwangsverwalter“ gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG eigentlich nicht anders sein. Denn alleine die Tatsache, dass die „Quasi-Zwangsverwaltung“ gemäß § 165 ZVG in Abweichung von der „normalen“ Zwangsverwaltung der §§ 146 ff. ZVG eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens voraussetzt (was ggf. lediglich eine Nuance im Gesetz ist, die mehr auf der Entstehungsgeschichte des Gesetzes beruht, als auf einer noch heute als bewusst anzusehenden Entscheidung des Gesetzgebers), kann insoweit keine Bedeutung haben.

47

Gerade wenn im Recht der Schiffsversteigerung wirtschaftliche Überlegungen noch stärker in den Vordergrund treten und auch der Gedanke einer Betriebsfortführung noch bedeutsamer wird (siehe § 165 Rz. 119 ff. [Wedekind]), muss es erst recht möglich sein, dass nach allgemeinen Kriterien und Voraussetzungen der Quasi-Zwangsverwalter/Treuhänder ein Schiffsbauwerk fertigstellen kann.

48

Entsprechendes wird auch für ein Schwimmdock zu gelten haben. Hier kommt als weiteres Argument hinzu, dass das Gesetz die im Bau befindlichen Schwimmdocks und die fertigen Schwimmdocks immobiliarvollstreckungsrechtlich gleich behandelt (und lediglich hinsichtlich der registerrechtlichen Behandlung differenziert). _____________ 10) Grundlegend BGH, Beschl. v. 10.12.2004 – IXa ZB 231/03, BGHZ 161, 336 = ZVI 2005, 196 = ZfIR 2005, 886.

1236

Wedekind

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

§ 171

Also: Auch der Treuhänder gemäß § 165 ZVG (jedenfalls der Quasi-Zwangsverwalter gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG) hat die grundsätzliche Fertigstellungsbefugnis, darf also ein Schiffsbauwerk = ein im Bau befindliches Schiff weiterbauen, ebenso wie er ein im Bau befindliches Schwimmdock weiterbauen darf. 2.

Zustimmungserfordernisse

Damit stellt sich die Frage, inwieweit die Zustimmungserfordernisse des § 10 ZwVwV auch für diese Fälle gelten würden. Eine unmittelbare Anwendung der Zwangsverwalterverordnung wird durch § 24 ZwVwV nicht ausgeschlossen.

49

Auch der Wortlaut des § 152a ZVG steht der Annahme einer direkten Anwendbarkeit der Zwangsverwalterverordnung nicht entgegen, da er nur vom „Zwangsverwalter“ spricht und über die Verweisung in § 162 ZVG sowie die Formulierung von § 165 Abs. 2 ZVG davon auszugehen ist, dass der Treuhänder gemäß § 165 Abs. 2 ZVG – mit Ausnahme derjenigen Besonderheiten, die sich aus der abweichenden Regelung in den § 162 ff. ZVG zu den Regelungen über die Grundstücke ergeben – als Zwangsverwalter oder wenigstens als ein dem Zwangsverwalter ähnlich zu sehender Treuhänder anzusehen ist.

50

Sofern nur eine analoge Anwendung der Zwangsverwalterverordnung in Betracht kommt, ist eine solche jedenfalls geboten. Es ist kein Grund ersichtlich, warum § 10 ZwVwV über die Zustimmungsvorbehalte nicht entsprechend auch für die gemäß § 165 ZVG möglichen „Quasi-Zwangsverwalter“ gelten sollte. Die Zustimmungserfordernisse regeln sich also entsprechend § 10 ZwVwV.

51

VII. Sicherungsverwaltung nach Zuschlag (§ 170 ZVG) Auch § 170 ZVG über Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag ist sinngemäß anwendbar

52

VIII. Verteilung/Rangfolge Die Verteilung (Verfahren) und die Rangfolge richten sich nach den Vorschriften, die für das fertiggestellte Schiffsbauwerk (= vom Stapel gelaufenes Schiff) gelten. Siehe § 169 Rz. 28 ff. [Wedekind]).

53

Einziger Unterschied: Weder bei Schiffsbauwerken noch bei Schwimmdocks gibt es Schiffsgläubigerrechte.

54

§ 171 Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung (1) Auf die Zwangsversteigerung eines ausländischen Schiffs, das, wenn es ein deutsches Schiff wäre, in das Schiffsregister eingetragen werden müßte, sind die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht die Eintragung im Schiffsregister voraussetzen und sich nicht aus den folgenden Vorschriften etwas anderes ergibt. (2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich das Schiff befindet; § 1 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zwangsversteigerung darf, soweit sich nicht aus den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs oder des Wedekind

1237

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

§ 171

Also: Auch der Treuhänder gemäß § 165 ZVG (jedenfalls der Quasi-Zwangsverwalter gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG) hat die grundsätzliche Fertigstellungsbefugnis, darf also ein Schiffsbauwerk = ein im Bau befindliches Schiff weiterbauen, ebenso wie er ein im Bau befindliches Schwimmdock weiterbauen darf. 2.

Zustimmungserfordernisse

Damit stellt sich die Frage, inwieweit die Zustimmungserfordernisse des § 10 ZwVwV auch für diese Fälle gelten würden. Eine unmittelbare Anwendung der Zwangsverwalterverordnung wird durch § 24 ZwVwV nicht ausgeschlossen.

49

Auch der Wortlaut des § 152a ZVG steht der Annahme einer direkten Anwendbarkeit der Zwangsverwalterverordnung nicht entgegen, da er nur vom „Zwangsverwalter“ spricht und über die Verweisung in § 162 ZVG sowie die Formulierung von § 165 Abs. 2 ZVG davon auszugehen ist, dass der Treuhänder gemäß § 165 Abs. 2 ZVG – mit Ausnahme derjenigen Besonderheiten, die sich aus der abweichenden Regelung in den § 162 ff. ZVG zu den Regelungen über die Grundstücke ergeben – als Zwangsverwalter oder wenigstens als ein dem Zwangsverwalter ähnlich zu sehender Treuhänder anzusehen ist.

50

Sofern nur eine analoge Anwendung der Zwangsverwalterverordnung in Betracht kommt, ist eine solche jedenfalls geboten. Es ist kein Grund ersichtlich, warum § 10 ZwVwV über die Zustimmungsvorbehalte nicht entsprechend auch für die gemäß § 165 ZVG möglichen „Quasi-Zwangsverwalter“ gelten sollte. Die Zustimmungserfordernisse regeln sich also entsprechend § 10 ZwVwV.

51

VII. Sicherungsverwaltung nach Zuschlag (§ 170 ZVG) Auch § 170 ZVG über Bewachung und Verwahrung nach Zuschlag ist sinngemäß anwendbar

52

VIII. Verteilung/Rangfolge Die Verteilung (Verfahren) und die Rangfolge richten sich nach den Vorschriften, die für das fertiggestellte Schiffsbauwerk (= vom Stapel gelaufenes Schiff) gelten. Siehe § 169 Rz. 28 ff. [Wedekind]).

53

Einziger Unterschied: Weder bei Schiffsbauwerken noch bei Schwimmdocks gibt es Schiffsgläubigerrechte.

54

§ 171 Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung (1) Auf die Zwangsversteigerung eines ausländischen Schiffs, das, wenn es ein deutsches Schiff wäre, in das Schiffsregister eingetragen werden müßte, sind die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht die Eintragung im Schiffsregister voraussetzen und sich nicht aus den folgenden Vorschriften etwas anderes ergibt. (2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich das Schiff befindet; § 1 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zwangsversteigerung darf, soweit sich nicht aus den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs oder des Wedekind

1237

§ 171

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, etwas anderes ergibt, nur angeordnet werden, wenn der Schuldner das Schiff im Eigenbesitz hat; die hiernach zur Begründung des Antrags auf Zwangsversteigerung erforderlichen Tatsachen sind durch Urkunden glaubhaft zu machen, soweit sie nicht beim Gericht offenkundig sind. (3) Die Terminsbestimmung muß die Aufforderung an alle Berechtigten, insbesondere an die Schiffsgläubiger, enthalten, ihre Rechte spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Die Terminsbestimmung soll, soweit es ohne erhebliche Verzögerung des Verfahrens tunlich ist, auch den aus den Schiffspapieren ersichtlichen Schiffsgläubigern und sonstigen Beteiligten zugestellt und, wenn das Schiff im Schiffsregister eines fremden Staates eingetragen ist, der Registerbehörde mitgeteilt werden. (4) Die Vorschriften über das geringste Gebot sind nicht anzuwenden. Das Meistgebot ist in seinem ganzen Betrag durch Zahlung zu berichtigen. (5) Die Vorschriften der §§ 165, 166, 168 Abs. 1 und 3, §§ 169a, 170 Abs. 1 sind anzuwenden. Die vom Gericht angeordnete Überwachung und Verwahrung des Schiffs darf erst aufgehoben und das Schiff dem Ersteher erst übergeben werden, wenn die Berichtigung des Meistgebots oder die Einwilligung der Beteiligten nachgewiesen wird. Literatur: Abraham, Das Seerecht, 4. Aufl., 1974; Albrecht, Die Zwangsversteigerung von Seeschiffen im internationalen Rechtsverkehr, 1983; Strube, Arrestpfändung ausländischer Seeschiffe, Hansa 1981, 1294. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungbereich .............................. 3 III. Zuständiges Vollstreckungsgericht ................................................. 11 IV. Eigenbesitz des Schuldners oder Besitz des Schiffers ............................. 14 V. Antrag – Anordnung – Terminsbestimmung – weitere Besonderheiten ................................................... 21 VI. (Kein) Geringstes Gebot, Meistgebot und Mindestgebot .......... 35 VII. Bewachung (Überwachung), Verwahrung und QuasiZwangsverwaltung ............................. 41 1. (Bloße) Überwachung und Verwahrung (entsprechend § 165 Abs. 1 ZVG) .............................. 41 2. Quasi-Zwangsverwaltung (Verwaltung durch Treuhänder) ........ 43 3. Aufhebung der Überwachung und Verwahrung ......................................... 46 4. Kostentragung ..................................... 50

1238

5.

Abgrenzung § 170 ZVG vs. § 165 Abs. 1 ZVG – jeweils i. V. m. § 171 Abs. 5 ZVG .......................................... 59 VIII. Sicherungsmaßnahmen nach Zuschlag ..................................... 61 1. „Überwachung und Verwahrung“ ...... 61 2. (Keine) Eintragung einer Schiffshypothek .............................................. 64 3. (Keine) Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses ........................................... 65 4. Beschwerde .......................................... 67 IX. (Weitere) Anzuwendende Vorschriften ........................................ 69 1. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Anwendbarkeit von: ...................... 70 2. Beschwerde .......................................... 71 3. (Keine) Eintragung in einem deutschen Register .............................. 72 4. (Kein) geringstes Gebot/(Keine) bestehen bleibenden Rechte ............... 73 5. Keine Anwendung von § 168 Abs. 2 ZVG ................................ 76

Wedekind

§ 171

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung 6.

Hinweis zur Seehandelsrechtsreform .................................................. 77 X. Verteilung/Rangfolge ....................... 82

I.

XI. Exkurs: Vollstreckung in deutsches Schiff im Ausland ............. 83

Zweck der Norm

Die Norm trägt der Besonderheit Rechnung, dass ausländische Schiffe nicht im deutschen Schiffsregister eingetragen sind. Stattdessen wird abgestellt auf eine fiktive Eintragungspflicht (siehe dazu Rz. 27 f.).

1

Die Absätze 2 – 5 enthalten Sonderregelungen, die zum Teil eine ausdrückliche Abweichung von der für inländische Schiffe (sowie auch Grundstücke) geltenden Rechtslage und auch eine ausdrückliche Wiederholung und Inbezugnahme auf anderweitig geltende Regelungen beinhalten, wohl aus dem Gesichtspunkt einer Konzentration der maßgeblichen Rechtsvorschriften an einer Stelle im Gesetz (was aus Sicht von Nicht-Deutschen sicher als Vorteil wahrgenommen wird und den Wirtschaftsstandort Deutschland fördert).

2

II. Anwendungbereich 3

} auf

deutsch(e)

ausländisch(e)

Binnenschiffe

./.

(fiktiv) eintragungspflichtig

Seeschiffe

./.

(fiktiv) eintragungspflichtig

Schiffsbauwerke u. Schwimmdocks

./.

./.

Vollstreckungsgegenstände i. S. d. Norm sind ausländische Schiffe, und zwar sowohl Seeschiffe als auch Binnenschiffe.

4

Ausländisch ist ein Schiff, das nicht gemäß §§ 1, 2 FlaggRG zur Führung der Bundesflagge (Art. 22 GG) berechtigt ist. Hierbei kommt es im Ergebnis maßgeblich auf die Eigentumsverhältnisse an. Gemäß § 1 Abs. 1 FlaggRG hat ein zur Seefahrt bestimmtes Schiff (Seeschiff), dessen Eigentümer Deutsche sind, die ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben, die Bundesflagge zu führen. § 1 Abs. 2 FlaggRG regelt dann, inwieweit Deutschen juristische Personen gleichgestellt werden, und § 2 FlaggRG erweitert dies dann z. T. noch.

5

Eine nur zeitweise Suspendierung der Pflicht zur Führung der Bundesflagge gemäß § 7 FlaggRG – sog. zeitweise Ausflaggung für max. zwei Jahre oder bis auf Widerruf (Bareboat-out-Charter) – macht ein deutsches Seeschiff nicht ausländisch. Es wird nur gemäß § 17 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 16 Abs. 2 FlaggRG ein Vermerk in das Schiffsregister eingetragen, dass das Führen der deutschen Flagge vorübergehend nicht mehr gestattet ist.

6

Umgekehrt gilt: Eine bloße vorübergehende Berechtigung zur Führung der Bundesflagge gemäß § 10 FlaggRG (Überführungsreise in einen anderen Hafen) oder § 11 FlaggRG (sog. Bareboat-in-Charter) macht ein ausländisches Seeschiff nicht inländisch. Das ausländische Schiff bleibt also ausländisch.

7

Bei dauerhafter Ausflaggung, wird in der Regel an eine ausländische Tochtergesellschaft zur treuen Hand veräußert. Hier entfällt dann mangels deutscher Eigen-

8

Wedekind

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§ 171

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

tümer die Berechtigung zur Führung der Bundesflagge, was auch gewollt ist.1) Das Seeschiff wird dann ausländisch und gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SchRegO im deutschen Schiffsregister gelöscht. Zum Schutz der Schiffshypothekengläubiger darf gemäß § 20 Abs. 3 SchRegO seine Eintragung aber erst gelöscht werden, wenn die Schiffshypothekengläubiger (und falls eine Schiffshypothek nach dem Inhalt des Schiffsregisters mit dem Recht eines Dritten belastet ist, auch dieser) die Löschung bewilligen. Für die Bewilligung gilt § 37 ZVG sinngemäß. 9

Ein Binnenschiff ist dann i. S. d. Norm ausländisch, wenn es keinen inländischen Heimatort hat, von dem aus die Schifffahrt betrieben wird (§ 6 BinSchG). Es kommt also bei einem Binnenschiff darauf an, dass sein Heimathafen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes ist; aber es ist nicht entscheidend, ob es einem Ausländer gehört. Zur Abgrenzung zwischen Seeschiffen und Binnenschiffen siehe § 163 Rz. 43 [Wedekind])

10

Mangels Verweisung auf § 170a ZVG (Schiffsbauwerke/Schwimmdocks) sind ausländische Schiffsbauwerke oder ausländische Schwimmdocks nicht von § 171 ZVG erfasst. Das scheint sinnvoll, da diese – anders als fertiggestellte Schiffe – in der Regel nicht in den Geltungsbereich des ZVG gelangen dürften, sondern im Ausland bleiben, und dann dortigem Recht unterfallen. III. Zuständiges Vollstreckungsgericht

11

Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts richtet sich nach dem Bezirk, in dem sich das Schiff befindet. Dass sich die Bezirke der Vollstreckungsgerichte nur auf deutsches Hoheitsgebiet erstrecken können, ist offenkundig. Dementsprechend ist die Vollstreckung in ein Schiff, welches hoheitlichen Zwecken eines ausländischen Staates dient, in der Regel unzulässig, da es sozusagen fremdes Hoheitsgebiet ist.

12

Der Bezirk des Schiffsregisters kommt nur bei Übertragung der Zuständigkeit seitens des Bundesjustizministeriums in Betracht (§ 171 Abs. 2 Satz 1 ZVG verweist auf § 163 Abs. 1 Halbs. 2 ZVG).

13

Zu den Zuständigkeitskonzentrationen: Allgemeine Zuständigkeitskonzentrationen erfassen auch § 171 ZVG, ggf. sind auch spezielle Zuständigkeitskonzentrationen möglich.2) IV. Eigenbesitz des Schuldners oder Besitz des Schiffers

14

Hervorzuheben ist das Erfordernis, dass die Zwangsversteigerung eines ausländischen Schiffes nur angeordnet werden darf, wenn der Vollstreckungsschuldner Eigenbesitz (§§ 872, 868, 1006 BGB) hat. Zu Ausnahmen vgl. Rz. 18 ff.

15

Es kommt also nicht darauf an, dass der Schuldner Eigentümer sein muss. Ein derartiges Erfordernis wäre auch aus Gläubigersicht und aus Sicht des Vollstreckungsgerichts wenig praktikabel, denn die Eigentumsverhältnisse an ausländischen Schiffen sind keinem deutschen Register zu entnehmen. Hingegen ist Eigenbesitz auch ohne Einsicht in ein Register möglich, da es hierbei allein auf objektiv (ggf. vor Ort, also im Inland) feststellbare Tatsachen ankommt. _____________ 1) 2)

Staudinger-Nöll, BGB, § 1 SchiffsRG, Rz. 22. Siehe näher Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171 Rz. 9 – 10.

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§ 171

Rechtliche Folge ist, dass ein ausländischer Eigentümer – selbst wenn er in einem ausländischen Register eingetragen ist – grundsätzlich auf die Vollstreckungsgegenklage des § 771 ZPO verwiesen wird (§ 37 Nr. 5, § 90 ZVG).

16

Geht es darum, dass es am Eigenbesitz fehlt, dann ist hiergegen die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO gegeben, nicht jedoch die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 771 ZPO. Diese vollstreckungsrechtliche Besonderheit ist aus Sicht eines ausländischen Eigentümers wohl weniger erfreulich. Während man bei Schaffung des § 171 ZVG offenkundig ausländischen Eigentümern einen einfachen Zugang zum Erkennen der geltenden Rechtslage eröffnet hat, ist die vollstreckungsrechtliche Rechtslage nicht ganz so übersichtlich; ggf. wird nämlich irrtümlich der falsche Rechtsbehelf gewählt.

17

Erfolgt ein Eigentumswechsel nach der Beschlagnahme (§§ 26, 23 Abs. 2 ZVG), dann kann der Erwerber des Schiffes der Fortsetzung des Verfahrens nach § 771 ZPO ggf. nur dann mit Erfolg widersprechen, wenn er ein (im Ausland) eingetragenes Schiffspfandrecht des betreibenden Gläubigers zu beseitigen in der Lage ist oder wenn der Erwerb ohne Kenntnis der Beschlagnahme erfolgt ist.3)

18

Die Ausnahme vom Erfordernis des Eigenbesitzes ergibt sich aus der Verweisung auf § 166 ZVG:

19

Schiffsgläubiger können gegen jeden Besitzer des Schiffes vollstrecken, also nicht nur gegen den Eigenbesitzer, vielmehr können Schiffsgläubiger auch vollstrecken gegen den Schiffer als (unmittelbaren) Fremdbesitzer (dass es auf unmittelbaren Fremdbesitz ankommt, folgt daraus, dass § 166 Abs. 2 ZVG auf den § 171 Abs. 5 ZVG verweist). Wobei gegen einen Fremdbesitzer folglich nur so lange vollstreckt werden darf, wie dieser das Schiff führt, also unmittelbaren Besitz hat.

20

V. Antrag – Anordnung – Terminsbestimmung – weitere Besonderheiten Der Versteigerungsantrag hat die zur Begründung erforderlichen Tatsachen durch Urkunden glaubhaft zu machen, wenn sie nicht bei Gericht offenkundig sind (so § 171 Abs. 2 Satz 2 ZVG a. E., was insoweit § 164 Abs. 1 ZVG entspricht).

21

Über den Inhalt der Terminsbestimmung enthält § 171 Abs. 3 Satz 1 ZVG eine Ergänzung zu § 37 Nr. 4 ZVG (ähnlich wie insoweit auch § 167 Abs. 2 ZVG):

22

Die Terminsbestimmung soll gemäß § 171 Abs. 3 Satz 2 ZVG, soweit dies ohne erhebliche Verzögerung erfolgen kann, auch an die aus den Schiffspapieren ersichtlichen Schiffsgläubiger und sonstigen Beteiligten zugestellt werden; dies geht insoweit weiter als § 167 Abs. 2 ZVG.

23

Die Registerbehörde eines fremden Staates, wenn das Schiff in dessen Schiffsregister eingetragen ist, soll ebenfalls eine derartige Mitteilung über die Terminsbestimmung erhalten, § 171 Abs. 3 Satz 2 ZVG (diese Regelung ersetzt § 168 Abs. 2 und § 168b ZVG, die beide in § 171 Abs. 5 Satz 1 ZVG nicht als entsprechend anwendbar erwähnt sind).

24

_____________ 3)

Steiner-Riedel, ZVG, § 171 Rz. 2.

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25

Es handelt sich bei § 171 Abs. 3 ZVG (wie auch bei § 168 Abs. 2 ZVG (siehe § 168 Rz. 14 [Wedekind]) um eine bloße Ordnungsvorschrift; daher ist eine etwaige Verletzung ohne Einfluss auf das Verfahren.

26

Die Mitteilung an die ausländische Registerbehörde dient dazu, der Gefahr vorzubeugen, dass die Versteigerung im Ausland nicht anerkannt und dort von Gläubigern oder vom Vollstreckungsschuldner das Schiff mitbeschlagnahmt werden könnte.4)

27

Gemäß § 171 Abs. 1 ZVG ist die Zwangsversteigerung nur zulässig bezogen auf ein „ausländisches Schiff, das, wenn es ein deutsches Schiff wäre, in das Schiffsregister eingetragen werden müsste“. Es geht also um eine fiktive Eintragungspflicht. Eine bloße Eintragungsfähigkeit reicht also gemäß ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht.

28

Fehlt es an der fiktiven Eintragungspflicht (laut Rellermeyer5) ist eine bloße Eintragungsfähigkeit bzw. fiktive Eintragungsfähigkeit nicht genügend, es bedarf gem Gesetzeswortlaut vielmehr einer Pflicht) so scheidet auch dann, wenn das Schiff in einem ausländischen Register eingetragen sein sollte, eine Zwangsvollstreckung nach dem ZVG aus. Exkurs: Mobiliarvollstreckung

29

Ein nicht fiktiv-eintragungspflichtiges Schiff gilt dann für die Zwangsvollstreckung als bewegliche Sache und auf die Versteigerung finden die Bestimmungen der §§ 816 ff. ZPO Anwendung. Bei hohen Geboten ist jedoch aus praktischen Erwägungen die in §§ 817 Abs. 2 ZPO verlangte Barzahlung mit der Hingabe bestätigter Schecks der Landeszentralbank (Deutschen Bundesbank) als geschehen anzusehen.

30

Eine Versteigerung kann auch mit Rücksicht auf die oft sehr hohen Liegekosten in Vollziehung eines Arrestes angeordnet werden (§ 930 Abs. 3 ZPO). Bei einer Versteigerung im Wege der Mobiliarvollstreckung erlöschen die etwa im ausländischen Register eingetragenen Schiffspfandrechte. Sie setzen sich jedoch am Erlös fort.

31

Die Bestimmungen zum Mindestgebot (§ 817a ZPO) sind zu beachten.

32

Der gesetzliche Vorrang der Schiffsgläubigerrechte gilt auch in der Mobiliarvollstreckung.

33

Zeit und Ort der Versteigerung sind unter Bezeichnung des Schiffes in einer solchen Weise öffentlich bekannt zu machen, dass auch ausländische Gläubiger ihre Rechte wahrnehmen können.

34

Dieser Exkurs, wohlgemerkt zur Mobiliarvollstreckung, also einer Ausnahme von den Regelungen in § 171 ZVG, gilt sozusagen nur als sinngemäße Ergänzung. VI. (Kein) Geringstes Gebot, Meistgebot und Mindestgebot

35

Die Vorschriften über das geringste Gebot finden keine Anwendung. Bei der Versteigerung eines ausländischen Schiffes gibt es kein geringstes Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG). Eine bestimmte Höhe des Gebots ist also nicht Voraussetzung seiner _____________ 4) 5)

Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 171 Anm. 4. Dassler/Schiffhauer u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171 Rz. 2.

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§ 171

Zulässigkeit, auch nicht wegen der Kosten, für deren Ausfall der betreibende Gläubiger haftet. Es gibt keine förmlichen Wertgrenzen und damit auch kein förmliches Mindestgebot – es gelten nur die allgemeinen Vollstreckungsschutznormen, die bei Zuschlagserteilung zu beachten sind (siehe näher § 169a Rz. 5 ff. [Wedekind]).

36

Gesetzliche Versteigerungsbedingung ist die Barzahlung des gesamten Meistgebots im Verteilungstermin, auch dies ist eine Besonderheit. Jeder Beteiligte hat ein Recht darauf, die Barzahlung des gesamten Meistgebots zu verlangen. Historisch galt diese Regelung allgemein bei der Schiffsversteigerung (§ 169 Abs. 1 ZVG a. F.). Nunmehr ist die Ausschaltung des geringsten Gebots und die Notwendigkeit der Barzahlung für das gesamte Meistgebot beschränkt auf die Versteigerung eines ausländischen Schiffes (§ 171 Abs. 4 n. F. ZVG). Historischer Grund des gesetzlichen Erfordernisses der Barzahlung (historisch: für Schiffsversteigerungen allgemein – heute nur noch für die Versteigerung ausländischer Schiffe) war, dass der historische Gesetzgeber davon ausging, dass die Mehrzahl der in Betracht kommenden Gläubiger Schiffsgläubiger sind und deren Forderungen ihrer Natur nach Barzahlung verlangen und eine dauernde Belastung der Schiffe mit Pfandrechten als nicht wünschenswert angesehen wurde.6) Abweichende Versteigerungsbedingungen, insbesondere über das Bestehenbleiben von (im Ausland eingetragenen) Pfandrechten können vereinbart werden, §§ 59 ff., 91 ZVG. Soweit dies nicht geschehen ist, erlöschen durch den Zuschlag alle Rechte am Schiff (§§ 53 Abs. 1, 90, 91 ZVG): Das heißt, dass dann die gesetzlichen wie die im Ausland begründeten und eingetragenen Pfandrechte komplett erlöschen, auch die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden und die nur an der Schiffspart bestehenden Rechte würden dann also erlöschen.7) Hinsichtlich der so erlöschenden Rechte können, nachdem der Zuschlag rechtskräftig geworden ist, Rechte nur noch an dem Versteigerungserlös geltend gemacht werden; daneben mögen Ansprüche aus Bereicherungsrecht in Betracht kommen, diese sind dann aber außerhalb des Verfahrens im Zivilrechtswege einzuklagen diese sind dann aber außerhalb des Verfahrens im Zivilrechtswege einzuklagen.

37

38

39

40

VII. Bewachung (Überwachung), Verwahrung und Quasi-Zwangsverwaltung 1.

(Bloße) Überwachung und Verwahrung (entsprechend § 165 Abs. 1 ZVG)

§ 171 Abs. 5 ZVG erklärt § 165 ZVG für anwendbar mit einer wichtigen Ergänzung durch § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG.

41

Folglich ist gemäß § 165 Abs. 1 ZVG auch bei Anordnung des Zwangsversteigerungsverfahrens über ein ausländisches Schiff von Amts wegen die Bewachung und Verwahrung anzuordnen. § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG spricht allerdings von „Überwachung“ und Verwahrung, womit wohl die Zeit ab Zuschlag gemeint ist, was zunächst also nur auf § 170 ZVG verweist (der eigentlich von „Bewachung“ und Verwahrung spricht). Hält man für möglich, dass auch eine „Bewachung und Verwah_____________

42

6) 7)

Steiner-Riedel, ZVG, § 171 Anm. 4. Steiner-Hagemann, ZVG, § 171 Rz. 47 m. w. N.

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rung“ gemäß § 165 ZVG über den Zuschlagszeitpunkt hinaus fortgesetzt werden darf (wie bei der „echten“ Zwangsverwaltung, siehe § 165 Rz. 90 ff. [Wedekind]), dann könnte § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG auch eine Rückwirkung auf die Auslegung von § 165 ZVG i. V. m. § 171 Abs. 1 und 5 ZVG haben. 2.

Quasi-Zwangsverwaltung (Verwaltung durch Treuhänder)

43

Auch eine Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG ist möglich, denn § 171 Abs. 5 ZVG nimmt den gesamten § 165 ZVG in Bezug und erklärt ihn für anwendbar.

44

Für die Kosten der Maßregel haftet, wie auch bei § 165 ZVG, der betreibende Gläubiger als veranlassender Teil (soweit der Grundsatz; zu den Problemstellungen siehe Rz. 50 ff.).

45

Zu der hier vertretenen Mindermeinung, dass ggf. auch eine „echte“ Zwangsverwaltung gemäß §§ 146 ff. ZVG zulässig sein könnte, siehe § 165 Rz. 173 ff. [Wedekind]. 3.

Aufhebung der Überwachung und Verwahrung

46

Die Bewachung bzw. „Überwachung“ und Verwahrung dauert ohne besonderen Antrag gegen den Ersteher gerichtet fort und darf gemäß Abs. 5 Satz 2 – anders als bei §§ 165, 170 ZVG – erst dann aufgehoben werden und das Schiff darf dem Ersteher erst dann übergeben werden, wenn die Berichtigung des Meistgebots oder die Einwilligung der Beteiligten nachgewiesen wird.

47

Diese Fortdauer der Bewachung und Verwahrung sowie die erhöhten Anforderungen an die Voraussetzungen des Anspruchs des Erstehers auf Übergabe sichert die Rechte der Beteiligten, wenn die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird (§ 118 ZVG).

48

Diese besonderen Maßgaben gelten auch dann, wenn ein Deutscher das Schiff ersteigert hat, da eine Schiffshypothek nach § 169 Abs. 2 ZVG vorerst nicht eingetragen werden kann. Der Grund für diese Maßnahme der fortdauernden Bewachung und Verwahrung entfällt folglich dann, sobald der inländische Ersteher die Eintragung freiwillig herbeigeführt hat.

49

Soweit zum Grundsätzlichen. Zu den rechtlichen und praktischen Problemstellungen siehe sogleich Rz. 50 ff. 4.

Kostentragung

50

Grundsätzlich haftet für die Kosten der „Überwachung und Verwahrung“ – wie auch bei §§ 165 und auch bei § 170 ZVG – der betreibende Gläubiger als veranlassender Teil.

51

Streitig ist z. T., ob die Kosten nach § 109 ZVG aus der Masse gedeckt werden können.8) Dies wird man wohl nicht im Hinblick auf § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG für unzulässig halten können, denn es ist nicht erkennbar, dass dort unter Ausschluss der anderweitigen Kostendeckungsmöglichkeit allein ein Druckmittel für die dann _____________ 8)

Ablehnend die ü. M z. B. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171 Rz. 34 m. w. N.; im hier vertretenen Sinne aber ebenfalls Mohrbutter/Drischler, Muster 170 Anm. 9.

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einzige Kostendeckungsmöglichkeit geschaffen werden sollte.9) Diese Auffassung beruht offenkundig noch auf der lange überholten Ansicht, die Kosten der Verwaltung ab Zuschlag (ob nun eine über den Zuschlagszeitpunkt hinaus fortgesetzte „echte“ Zwangsverwaltung – deren Zulässigkeit wie erwähnt, streitig ist – oder eine unzweifelhaft statthafte Verwaltung gemäß § 94 ZVG) habe im Ergebnis der Ersteher zu tragen. Kurzum: Nach der bereits von Mohrbutter vertretenen (und zuzustimmenden) Auffassung10) sind sowohl die Kosten einer Bewachung und Verwahrung gemäß § 165 ZVG, einer Sicherungs-Bewachung und -Verwahrung gemäß § 170 ZVG als auch einer „Überwachung“ und Verwahrung gemäß § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG – in beiden letztgenannten Fällen z. T. als angemessener Vorschuss – nach § 109 ZVG der Verteilungsmasse zu entnehmen, was impliziert, dass der Treuhänder daran denken muss, eine rechtzeitige Anmeldung vorzunehmen. Die abweichende Auffassung stellt selbst fest, dass sie zu wenig überzeugenden Ergebnissen führt: Denn die „Überwachung und Verwahrung“ gemäß § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG (welche der „Bewachung und Verwahrung“ nach § 170 Abs. 1 entspricht) darf nicht – wie im Falle des hier von der Anwendung ausgeschlossenen § 170 Abs. 2 ZVG – mangels einer Vorschusszahlung aufgehoben werden (was ein erhebliches Praxisproblem ist!). Vielmehr gilt auch hier Absatz 5 Satz 2, wonach eine Aufhebung erst nach Zahlung des Meistgebots oder mit Einwilligung aller Beteiligten zulässig ist. Das führt dann zu der Schlussfolgerung, diese Kosten seien notfalls von der Landeskasse zu verauslagen, nicht jedoch dürften sie dem Erlös vorab entnommen werden, weil es sich nicht um Kosten i. S. d. § 109 ZVG handele, sondern um solche, die ab Zuschlag dem Ersteher zur Last fallen.11) Diese abzulehnende Auffassung ist äußerst schädlich für die Landeskassen. Sie hat zudem das wesentliche praktische Problem, dass es kein geeignetes Druckmittel gibt, den Ersteher dazu zu bringen, auch tatsächlich das Meistgebot (und er muss das gesamte Meistgebot zahlen) tatsächlich auch zu berichtigten. Vielmehr beinhaltet die abzulehnende Auffassung geradezu die Einladung zum Missbrauch. Ersteher mit nicht ernsthaftem Erwerbswillen könnten zulasten der Landeskassen und der Gläubiger eine effiziente Verwertung einfach sabotieren, indem – ggf. um den Preis einer Sicherheitsleistung von nur 10 % des Bargebots – ein Zuschlag ergeht und dann alles „auf Stopp gestellt“ wird. Derartige Gestaltungen durch Strohmänner/-frauen sind auch bei Grundstücksversteigerungen durchaus zu beobachten. Für notfalls 10 % des Verkehrswerts bzw. hier des Bargebots kann so eine im Gesetz nicht vorgesehene „kalte“ einstweilige Einstellung für ein halbes oder ganzes Jahr erlangt werden, währenddessen ggf. ein Dritter (der Ersteher oder noch eine weitere Person) die tatsächlichen Nutzungen zieht. Kurzum: Die wohl noch als überwiegende Auffassung anzusehende Rechtsansicht, dass eine Entnahme der Kosten aus der Verteilungsmasse gemäß § 109 ZVG, jedenfalls für eine Verwaltung nach § 170 ZVG bzw. gemäß §§ 171 Abs. 5, § 170 ZVG, _____________ 9) So aber Steiner-Hagemann, ZVG, § 171 Rz. 47 und 66 m. w. N.; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 171 Anm. 6. 10) So schon zutreffend Mohrbutter/Drischler, Muster 170 Anm. 9. 11) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171 Rz. 34 m. w. N.

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nicht möglich sei, ist aus praktischen und auch rechtspolitischen Erwägungen heraus abzulehnen. 56

Die Auffassung, auch bei der Verwaltung nach § 170 ZVG bzw. gemäß §§ 171 Abs. 5, § 170 ZVG dürften die Kosten/Auslagen insoweit gemäß § 109 ZVG der Teilungsmasse entnommen werden (wie sie bei § 170 Rz. 14 ff. [Wedekind] vertreten wird), ist dogmatisch keineswegs ausgeschlossen und dürfte im Ergebnis die sachgerechte und damit vorzugswürdige Auslegung des Gesetzes sein.

57

Hier ist insbesondere auch auf die Entwicklung der Rechtsprechung und Literatur zu den parallelen Fragen zur „echten“ Zwangsverwaltung hinzuweisen. Wie bereits mehrfach ausgeführt, schließen die §§ 162 ff. ZVG die „echte“ Zwangsverwaltung ja nicht aus dogmatischen Gründen aus,12) sondern der historische Gesetzgeber hatte um 1900 keine praktische Notwendigkeit gesehen, die unmittelbare Anwendbarkeit von Zwangsverwaltungsrecht gesetzlich anzuordnen. Dies wäre ggf. de lege ferenda im Gesetz klarzustellen, wobei es nach hier vertretener Auffassung tatsächlich nur eine Klarstellung bezüglich einer Auslegung wäre, die auch de lege lata möglich ist.

58

De lege ferenda wäre des Weiteren anzuregen, § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ersatzlos zu streichen. Bei den parallelen Normen zu den Luftfahrzeugen hat der Gesetzgeber richtigerweise auf die Schaffung einer vergleichbaren Norm verzichtet (siehe § 171g Rz. 10 ff. [Wedekind]). 5.

Abgrenzung § 170 ZVG vs. § 165 Abs. 1 ZVG – jeweils i. V. m. § 171 Abs. 5 ZVG

59

§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG spricht von „Überwachung und Verwahrung“, während die Formulierung in § 165 Abs. 1 ZVG und auch in § 170 Abs. 1 ZVG jeweils „Bewachung und Verwahrung“ lautet. Dies mag eine bloße redaktionelle Ungenauigkeit sein, ggf. liegt aber darin auch eine rechtlich relevante Differenzierung.

60

Damit ist fraglich, worauf § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG überhaupt genau verweist. Hierbei entsteht, jedenfalls bei einer im Rahmen von § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG über den Zuschlagszeitpunkt fortdauernden „Überwachung und Verwahrung“ dieselbe Frage, die bei der „echten“ Zwangsverwaltung auch streitig ist: Ob die Zwangsverwaltung (entsprechend also die Quasi-Zwangsverwaltung gemäß § 165 Abs. 2 ZVG hier i. V. m. § 171 Abs. 1 ZVG) oder eine gemäß § 25 ZVG angeordnete Maßregel13) zwingend mit Zuschlag aufzuheben ist und dann nur noch mit durchaus relevanten Abweichungen in der Rechtsfolge eine Verwaltung gemäß § 94 ZVG (siehe sogleich Rz. 61 ff.) zulässig ist. VIII. Sicherungsmaßnahmen nach Zuschlag 1.

61

„Überwachung und Verwahrung“14)

Die gerichtliche Verwaltung bzw. Sicherungsverwaltung oder Verwaltung für die Rechnung des Erstehers (wohl nicht „gegen“ den Ersteher) gemäß § 94 Abs. 1, § 170 _____________ 12) Wenn überhaupt, siehe § 165 Rz. 173 ff. [Wedekind]. 13) Die gemäß 171 Abs. 1 ZVG nicht zwingend ausgeschlossen scheint, vgl. die parallele Fragestellung zu § 165 Rz. 89 [Wedekind]. 14) Im Anschluss an Rz. 59.

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Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

§ 171

Abs. 1 ZVG wird gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 ZVG mit der Ergänzung durch Abs. 5 Satz 2 ersetzt und ermöglicht unter den Voraussetzungen des §§ 94 ZVG die Anordnung der Bewachung und Verwahrung des Schiffs. Dass § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG von „Überwachung“ und Verwahrung spricht, mag eine redaktionelle Ungenauigkeit sein, oder soll ggf. zum Ausdruck bringen, dass es nicht nur um die „Bewachung“ des Schiffes, sondern ggf. auch um die Überwachung des Verhaltens des Erstehers geht. Ggf. wäre de lege ferenda die Formulierung zu überdenken und entweder §§ 170 Abs. 1, § 165 ZVG in der Wortwahl anzupassen, oder soweit es bei § 171 Abs. 5 Satz 2 bei dem Wort „Überwachung“ bleiben sollte, wäre – zumindest in der Gesetzesbegründung – zu erläutern, ob und ggf. inwieweit sich daraus eine zu §§ 170 Abs. 1, § 165 ZVG unterschiedliche Rechtsfolge ergeben soll.

62

§ 171 Abs. 5 ZVG verweist lediglich auf § 170 Abs. 1 ZVG und nicht auch auf Abs. 2, ergänzt durch § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG. Berichtigt der Ersteher das Meistgebot im Verteilungstermin nicht, so wird die Forderung gegen ihn auf die Berechtigten übertragen (§ 118 ZVG) und vollstreckbar (§§ 132, 133 ZVG).

63

2.

(Keine) Eintragung einer Schiffshypothek

An die Stelle der Eintragung einer Schiffshypothek (§ 169 Abs. 2 ZVG wird in § 171 Abs. 5 ZVG nicht als anwendbar erklärt) tritt die Maßregel des § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG auf Kosten des Erstehers. Diese ist weder von einem Antrag noch von der Leistung eines Vorschusses abhängig (zu den praktischen Problemen siehe bereits Rz. 34 ff., 52 ff.). 3.

64

(Keine) Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses

Solange die Voraussetzungen des §§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG – Berichtigung des Meistgebots durch den Ersteher oder Nachweis der Einwilligung der Beteiligten – nicht erfüllt sind, darf dem Ersteher eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses (§ 93 ZVG) nicht erteilt werden.

65

Der Nachweis der Einwilligung ist durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu liefern.15)

66

4.

Beschwerde

Gegen die Aufhebung der Maßregel der „Überwachung“ und Verwahrung ist sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) bzw. Rechtspflegerinnerung möglich.

67

Die Eintragung einer Schiffshypothek und Berichtigung des Registers von Amts wegen ist auch dann ausgeschlossen, wenn ein Inländer den Zuschlag erhält, obwohl das Schiff dadurch eintragungspflichtig geworden ist.16)

68

_____________ 15) Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 171 Anm. 6. 16) Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 171 Anm. 6.

Wedekind

1247

§ 171

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

IX. (Weitere) Anzuwendende Vorschriften 69

70

71

Die Vorschriften des Ersten Abschnitts sind grundsätzlich entsprechend anzuwenden (§ 171 Abs. 1 ZVG verdrängt insoweit § 162 ZVG). 1.

Hinzuweisen ist insbesondere auf die Anwendbarkeit von:



§§ 44 – 48, 50 – 52 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53, 54 ZVG, aber gemäß § 171 Abs. 4 ZVG nur insoweit, als sie sich nicht auf das geringste Gebot beziehen!



§§ 55, 56, 58, 63 Abs. 1 und Abs. 2 ZVG sowie §§ 59, 63 Abs. 4, 65 ZVG, sind – soweit sie sich nicht auf das geringste Gebot beziehen – ebenfalls anwendbar; mit Ausnahme des § 63 Abs. 4 Satz 2 ZVG, dem ein Anwendungsbereich fehlt; (§ 64 ZVG ist gemäß § 171 Abs. 4 ZVG nicht anwendbar, da er sich auf das geringste Gebot bezieht; bei § 65 Abs. 1 ZVG ist zu beachten, inwieweit die separate Versteigerung nicht ausgeschlossen ist).



§ 68 Abs. 2 ZVG – Sicherheitsleistung (zur Sicherheitsleistung auch sogleich zu § 169a ZVG).



§ 83 Nr. 3 und Nr. 4 ZVG – Zuschlagsversagung.



§§ 110, 112 Abs. 2 – 4, § 112 Abs. 3, § 125 ZVG – Verteilung des Erlöses.



§ 165 ZVG – Bewachung/Verwahrung, Quasi-Zwangsverwaltung (Verweisung in § 171 Abs. 5 ZVG); siehe Rz. 41 ff.



§§ 166 ZVG – Verfahren/Beschlagnahme gegen den Schiffer wegen Schiffsgläubigerrechten (Verweisung in § 171 Abs. 5 ZVG).



§ 168 Abs. 1 und 3 ZVG – Terminsbestimmung (Verweisung in § 171 Abs. 5 ZVG).



§ 169a ZVG – Versteigerung eines Seeschiffs: dort ausnahmsweise kein Verkehrswert – § 169a Abs. 1 Satz 2 ZVG; Sicherheit 1/10 vom Bargebot (Verweisung in § 171 Abs. 5 ZVG).



§ 170 Abs. 1 ZVG – Sicherungsverwahrung nach Zuschlag für Rechnung des Erstehers (Verweisung in § 171 Abs. 5 ZVG), siehe Rz. 61 ff.



aus dem Dritten Abschnitt:17) §§ 174, 179, 182 ZVG.

2.

Beschwerde

§§ 95 – 104 ZVG sind grundsätzlich anwendbar. In § 100 Abs. 1 ZVG entfällt jedoch die Bezugnahme auf § 85a ZVG für Seeschiffe wegen Absatz 5 Satz 1, § 169a Abs. 1 ZVG. 3.

72

(Keine) Eintragung in einem deutschen Register

Zur Anwendung offenkundig ungeeignet sind alle Vorschriften, die eine Eintragung im (Deutschen) Schiffsregister voraussetzen; daher unterbleibt die Eintragung eines Versteigerungsvermerks (§ 19 Abs. 1 ZVG) sowie die Eintragung des Erstehers (§ 130 Abs. 1 ZVG), auch § 17 Abs. 2 ZVG ist gegenstandslos. _____________ 17) Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 169 Anm. 1 und 4.

1248

Wedekind

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

4.

§ 171

(Kein) geringstes Gebot/(Keine) bestehen bleibenden Rechte

Die Vorschriften über das geringste Gebot und über bestehen bleibende Rechte sind gemäß Abs. 4 bei der Zwangsversteigerung ausländischer Schiffe nicht anzuwenden.

73

Alle Rechte erlöschen mit dem Zuschlag. Das Meistgebot ist in voller Höhe zu zahlen („bar“).

74

Abweichende Versteigerungsbedingungen sind insoweit allerdings gemäß § 59 Abs. 1 ZVG möglich; das Bestehenbleiben eines Rechts kann nach § 91 Abs. 2 ZVG vereinbart werden.

75

5.

Keine Anwendung von § 168 Abs. 2 ZVG

Hingegen ist § 168 Abs. 2 ZVG nicht anzuwenden. Durch § 40 Abs. 2 ZVG ist die Möglichkeit anderweitiger Veröffentlichung gegeben, sodass die Veröffentlichung – wo sie zweckmäßig ist – trotzdem in dem in § 168 Abs. 2 ZVG bezeichneten Blatt erfolgen darf (aber nicht muss).18) 6.

76

Hinweis zur Seehandelsrechtsreform

Der bis 24.4.2013 geltende § 482 HGB a. F. schloss für Seeschiffe die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung sowie die Vollziehung eines Arrestes aus, für die Zeit, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt. Ab 25.4.2013 enthält § 870a Abs. 1 ZPO n. F. eine entsprechende Regelung, die wiederum nur für Seeschiffe gilt. Maßgeblicher Zeitpunkt war historisch die sog. „Segelfertigkeit“ (also wenn das Schiff fertig war, um eine Reise anzutreten), während es heute auf den Beginn bzw. den Antritt der Reise ankommt, dieser Zeitpunkt liegt also später als die historische „Segelfertigkeit“.

77

Sind die zum Auslaufen benötigten Papiere vorhanden und befindet sich der Hafenlotse an Bord, so kann die Zwangsversteigerung angeordnet werden, solange das Schiff die Reise noch nicht angetreten, sprich noch nicht mit dem Ablegemanöver begonnen hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Beschlagnahme wirksam wird (§§ 162, 22 Abs. 1, § 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG), weil das Vollstreckungsgericht bei Erlass des Beschlusses kaum feststellen kann, ob ein zum Auslaufen gerüstetes Schiff die Reise bereits begonnen hat.

78

Dass die Anordnung der Zwangsversteigerung nach § 482 HGB a. F. = § 870a Abs. 1 ZPO n. F. unzulässig ist, muss vom Schuldner mit der Vollstreckungserinnerung geltend gemacht werden.

79

Eine entsprechende Anwendung von ZPO-Normen kommt ggf. in Betracht, soweit das mit dem Wesen der Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken vereinbar ist und soweit nicht die positiven Vorschriften der §§ 163 – 170a ZVG ausdrücklich etwas anderes bestimmen.

80

Hinweis zur Seehandelsrechtsreform: hinsichtlich des Arrests eines nicht eingetragenen Seeschiffs: § 930 Abs. 4 ZPO n. F.; für den Arrest eines eingetragenen Seeschiffs: § 931 Abs. 7 ZPO n. F.).

81

_____________ 18) Steiner-Riedel, ZVG, § 171, Anm. 5 a. E.

Wedekind

1249

§ 171

Ausländische Schiffe: Versteigerung und Verwaltung

X. Verteilung/Rangfolge 82

Siehe hierzu § 169 Rz. 36 ff. [Wedekind]. Die Verteilungsreihenfolge unterscheidet nicht nach ausländischen und inländischen Schiffen, sondern nach Seeschiffen und Binnenschiffen (siehe § 168 Rz. 56 – 84 [Wedekind]). XI. Exkurs: Vollstreckung in deutsches Schiff im Ausland

83

Wird ein deutsches Schiff im Ausland im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert, so unterliegt das Verfahren zwar dem ausländischen Recht. Dieses schließt jedoch nicht aus, dass für Bereicherungsansprüche von Schiffsgläubigern und Schiffshypothekengläubigern, welche darauf gestützt werden, dass bei der Verteilung des Erlöses ein sich aus deutschem Recht ergebendes Rangverhältnis nicht beachtet worden sei, deutsches Recht dennoch maßgebend ist.19)

84

Ein Rangverlust nach §§ 162, 110 ZVG wegen Nichtanmeldung von aus dem Schiffsregister nicht ersichtlichen Rechten tritt bei der Zwangsversteigerung eines deutschen Schiffes im Ausland nicht ohne Weiteres ein, da es an einer Aufforderung in der Terminsbestimmung durch ein deutsches Gericht nach §§ 37 Nr. 4, 167 Abs. 2 ZVG fehlt.

85

Beispiel: Infolge Nichtanmeldung werden Sozialversicherungsbeiträge, die nach § 596 Nr. 5 HGB n. F. (= § 754 Nr. 10 HGB a. F.), § 602 HGB n. F. (= § 761 HGB a. F.) den Vorrang vor den Schiffshypothekengläubigern haben, bei der Verteilung (im Ausland nach ausländischem Recht) nicht berücksichtigt. Da ein Rechtsverhältnis im Inland bestand, die Aufforderung aus §§ 37 Nr. 4, § 167 Abs. 2 ZVG jedoch fehlt, sind Bereicherungsansprüche nach § 812 BGB gegen die zum Zuge gekommenen nachrangigen Gläubiger gegeben.20)

_____________ 19) BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 – 272 = BGH, NJW 1961, 1672 = MDR 1961, 831. 20) BGH, Urt. v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 – 272 = BGH, NJW 1961, 1672 = MDR 1961, 831.

1250

Wedekind

Zweiter Titel Zwangsversteigerung von Luftfahrzeugen § 171a Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts Wedekind

Auf die Zwangsversteigerung eines in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugs sind die Vorschriften des Ersten Abschnitts entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht aus den §§ 171b bis 171g etwas anderes ergibt. Das gleiche gilt für die Zwangsversteigerung eines in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Luftfahrzeugs, dessen Eintragung in der Luftfahrzeugrolle gelöscht ist. Literatur: App, Zum Vorgehen bei der Vollstreckung in Ersatzteile von Luftfahrzeugen, ZKF 2013, 204; Bauer, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, JurBüro 1974, Sp. 1; Bölling, Das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, ZLR 1959, 215; Boos/Görke, Eine erste Bewertung aus Sicht des VÖB (Flugzeugpfandbriefe), Kreditwesen 2004, 1126; Dobberahn, Rechte an Schiffen und Luftfahrzeugen, MittRhNotK 1998, 145; Groth, Das Registerpfandrecht nach dem Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, 1965; Haupt, Fragen zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, NJW 1974, 1457; Kronke, Neues internationales Mobiliarsicherungsrecht erleichtert die Finanzierung von Luft- und Raumfahrzeugen, ZLW 2002, 147; Melzer/Haslach, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge aus deutschem Registerpfandrecht, ZLW 2003, 582; Meyer-Stolte, Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, RpflJB 1961, S. 379; Mümmler, Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, DGVZ 1962, 1; Opitz, Zur Einführung des Flugzeugpfandbriefes in Deutschland, ZLW 2009, 201; Ott, Die Bestellung eines Registerpfandrechts an einem Luftfahrzeug, MittBayNot 1985, 1; Rehm, Rechtsprobleme der Luftfahrzeughypothek, NJW 1959, 709; Reuleaux, Der zukünftige Luftfahrzeugpfandbrief als vergleichbare Sicherheit i. S. d. § 22 Abs. 5 PfandBG?, ZBB 2006, 463; Reuleaux, Sicherungsrechte an Flugzeugtriebwerken, ZBB 2005, 354; Reuleaux/ Herick, Das Registerpfandrecht für Luftfahrzeuge – qualitativ sicher genug für die Begebung von Pfandbriefen?, ZLW 2004, 558; Schladebach/Kraft, Das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen, BKR 2012, 270; Schmidt-Räntsch, Das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen, DB 1959, 563; Schölermann/Schmid-Burgk, Flugzeuge als Kreditsicherheit, WM 1990, 1137; Schwenk, Die Kreditsicherung bei der Beleihung von Luftfahrzeugen, BB 1966, 477 ff.; Sester/ Haag, Die Umsetzung der Kapstadt-Konvention: Kollisionen mit dem deutschen Vollstreckungs- und Insolvenzrecht, ZLW 2005, 493; Thode, Innerstaatliche Anerkennung ausländischen Registerpfandrechts an Luftfahrzeug, WuB IV A § 439 BGB 1.92; Wendt, Dingliche Rechte an Luftfahrzeugen, MDR 1963, 448. Übersicht I. II. III. 1.

2.

Zweck der Norm .................................. 1 Anwendungsbereich ............................ 6 Vollstreckungsgegenstände .............. 10 Immobiliarvollstreckung vs. Mobiliarvollstreckung ......................... 10 a) Immobiliarvollstreckung ............. 13 b) Exkurs: Mobiliarvollstreckung .... 17 Luftfahrzeuge ...................................... 20 a) Luftfahrzeuge – Begriffsbestimmung ..................... 20 b) Zubehör ........................................ 27 aa) Abweichender Zubehörbegriff .... 27

3. 4. 5. 6.

Wedekind

c) Anwartschaftsrechte an Zubehörstücken ........................... 31 bb) Sonderthema Triebwerke ............ 33 d) Enthaftung von Zubehörstücken ........................... 38 e) Ersatzteile (Besonderheiten) ....... 41 f) Versicherungsforderung .............. 45 Keine Flugzeugbauwerke und keine Flugzeugdocks ........................... 46 (Nur) Miteigentumsanteile ................ 50 (Keine) Wracks .................................... 52 Eigentum und Eigentumswechsel ...... 55

1251

§ 171a IV. 1. 2. 3.

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

Anwendbare Vorschriften ................ 64 Erster Abschnitt des ZVG .................. 64 Dritter Abschnitt des ZVG ................ 77 Verhältnis zu den §§ 162 – 171 ZVG und sonstigen Normen ....................... 80 V. Rangordnung/Rangkonflikte .......... 85 1. Rangordnung ....................................... 85 a) Rangklasse 0 ................................. 85 b) Grundsatz für alle Rangklassen .... 88 c) Rangklasse 1 ................................. 91 d) Rangklasse 1a ............................... 92 e) (Keine) Rangklasse 2 ................... 93 f) Rangklasse 3 ................................. 94 g) Rangklasse 3/4 .............................. 97 h) Rangklasse 4 ................................. 98 i) Rangklasse 5 ............................... 102 j) Rangklassen 6 – 8 ........................ 105 k) Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung ....................... 107 2. Rangkollisionen ................................. 108 VI. Beteiligte ........................................... 112 VII. Luftfahrzeugrolle und Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (Pfandrechtsregister) .......... 114

I.

1.

Pfandrechtsregister – Registerpfandrecht ............................ 114 a) Rechtsnatur des Registerpfandrechts ................... 114 b) Entstehung ................................. 120 2. Zwangsvollstreckung – zwei mögliche Vorgehensweisen .............. 123 a) Eintragung eines Registerpfandrechts ................... 124 b) Entstehung im Rahmen eines Arrestverfahrens ............... 126 c) Ausländisches Luftfahrzeug ...... 128 d) Registerrecht und Folgen für die Kautelarpraxis (inkl. Flugzeugleasing) .............. 129 3. Luftfahrzeugrolle als öffentlichrechtliches Verzeichnis (im Detail) ......................................... 130 a) Nr. 1 ............................................ 131 b) Nr. 2 ............................................ 132 VIII. Exkurs: Luftfahrzeugpfandbriefe ................. 136

Zweck der Norm

1

§ 171a ZVG ist bezüglich der Luftfahrzeuge die Entsprechung zu § 162 ZVG bei den Schiffen. Geregelt wird die Anwendbarkeit anderer Vorschriften des ZVG, insbesondere des Ersten Abschnittes.

2

Die Vorschriften über die Zwangsversteigerung von Luftfahrzeugen (§§ 171a – 171n ZVG) sind die vollstreckungsrechtliche Ergänzung zu den Normen über die Schaffung eines besonderen Kreditsicherungsmittels in Form eines Registerpfandrechts an Luftfahrzeugen (§ 1 LuftFzgG). Dieses wiederum erfolgte aufgrund eines internationalen Abkommens1); die internationale Anerkennung ist eine wichtige Voraussetzung für die Tauglichkeit des Registerpfandrechts als Kreditsicherungsmittel.2)

3

Das Registerpfandrecht ist ausgestaltet als ein besitzloses Pfandrecht.3)

4

Die §§ 171a – 171g ZVG beziehen sich unmittelbar nur auf deutsche Luftfahrzeuge, die der §§ 171h – 171n ZVG beziehen sich auf ausländische Luftfahrzeuge.

_____________ 1)

2) 3)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223. Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1138. Dies entspricht praktischen Bedürfnissen. Wäre der Pfandgläubiger im Besitz des Flugzeugs, wäre i. d. R. die wirtschaftliche Grundlage des Flugzeugs (dessen Flugbetrieb) entzogen und damit die wesentliche Einnahmequelle für die Rückführung der besicherten Kredite.

1252

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

Die Bestimmungen über den Haftungsverband und die Immobiliarvollstreckung sind insgesamt denen der Hypothek (§§ 1120 ff. BGB) und der Schiffshypothek (§§ 31 ff. SchRG) weitgehend nachgebildet worden.

5

II. Anwendungsbereich § 171a ZVG ist für Luftfahrzeuge die Generalnorm (entsprechend § 162 ZVG für Schiffe, Schiffsbauwerke und Schwimmdocks). Die Norm gilt unmittelbar nur für inländische Luftfahrzeuge. Dies folgt aus dem Erfordernis einer vorhandenen oder gelöschten Eintragung in der Luftfahrzeugrolle, denn dort können nur deutsche Luftfahrzeuge eingetragen werden.

6

Die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung ausländischer Luftfahrzeuge ergibt sich aus § 106 Abs. 1 Nr. 1 LuftFzgG (siehe §§ 171h – 171n ZVG, die mit Modifikationen auf die §§ 171a – 171g ZVG zurückverweisen).

7

Inländische = deutsche Luftfahrzeuge in diesem Sinne sind Luftfahrzeuge, die im ausschließlichen Eigentum natürlicher Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit (= deutscher Staatsangehöriger) stehen, diese werden nach § 3 Abs. 1 LuftVG in die Luftfahrzeugrolle eingetragen. Juristische Personen und Gesellschaften des Handelsrechts werden unter bestimmten in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 LuftVG näher bestimmten Voraussetzungen deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt; Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen deutschen Staatsangehörigen gleich (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LuftVG); das Gleiche gilt für Angehörige aus anderen Staaten, in denen das Luftverkehrsrecht der Europäischen Union Anwendung findet (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LuftVG).4)

8

Zur Abgrenzung: Ausländische Luftfahrzeuge sind alle im obigen Sinne nichtinländischen (und auch nicht inländischen gleichgestellte) Luftfahrzeuge, also ggf. auch Luftfahrzeuge von Staaten, die dem Abkommen vom 19.6.1948 nicht beigetreten sind, ferner auch Luftfahrzeuge, die im Eigentum eines Staatenlosen stehen.

9

III. Vollstreckungsgegenstände 1.

Immobiliarvollstreckung vs. Mobiliarvollstreckung

Luftfahrzeuge werden grundsätzlich nach den Vorschriften über bewegliche Sachen (Mobilien) behandelt. Ausnahmsweise gilt gemäß § 98 LuftFzgG nur dann etwas anderes, wenn dies ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist, wie z. B. die hier gegenständliche Immobiliarvollstreckung gemäß §§ 99 LuftFzgG, §§ 864, 865, 870a ZPO, §§ 171a ff. ZVG.

10

Das Spannungsfeld zwischen Immobiliarvollstreckung und Mobiliarvollstreckung spielt auch im Rahmen der §§ 171a ff. ZVG eine Rolle (z. B. hinsichtlich der Ersatzteile (siehe Rz. 41 ff.) oder im Rahmen der Insolvenz (siehe § 171c Rz. 53 ff. [Wedekind]).

11

§ 171a ZVG stellt auf eine vorhandene (Satz 1) oder gelöschte (Satz 2) Eintragung in der Luftfahrzeugrolle ab (dazu näher sogleich und unter Rz. 114 ff.).

12

_____________ 4)

Näher zur praxisrelevanten Frage einer Eintragung einer Leasinggesellschaft mit Sitz im Ausland in die Luftfahrzeugrolle Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1139.

Wedekind

1253

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

a) Immobiliarvollstreckung 13

Die Immobiliarvollstreckung gemäß § 171a ZVG knüpft also an die Eintragung in die Luftfahrzeugrolle an. Die Luftfahrzeugrolle ist ein vom Luftfahrt-Bundesamt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 LFBAG) geführtes Verzeichnis der Deutschen Luftfahrzeuge, welches öffentlich-rechtlichen Zwecken dient. Die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle ist öffentlich-rechtlich bedeutsam, weil – soweit die Eintragung vorgeschrieben ist – dieses Voraussetzung für die Zulassung zum Verkehr eines deutschen Luftfahrzeugs ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 LuftVG).

14

Von der Luftfahrzeugrolle zu unterscheiden ist das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (oder: Pfandrechtsregister), in welches Registerpfandrechte und Schutzvermerke eingetragen werden (näher geregelt in §§ 78 – 97 LuftFzgG und die Luftfahrzeugpfandrechtsregisterverordnung – LuftRegV). Die Eintragungsfähigkeit im Pfandrechtsregister knüpft an die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle an (§ 79 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG), das Pfandrechtsregister wird vom Amtsgericht am Sitz des Luftfahrt-Bundesamtes geführt (§ 78 LuftFzgG).

15

Rechtlich bedeutsam ist, dass – insbesondere im Hinblick auf öffentlichen Glauben – nur das Pfandrechtsregister dem Grundbuch gleichzusetzen ist (und daher z. T. auch als „Grundbuch für Pfandrechte“ bezeichnet wird; der öffentliche Glaube beschränkt sich hierbei auf die Pfandrechte.)5) Zu Details bei Luftfahrzeugrolle und Pfandrechtsregister und der Bedeutung auch der ersteren bei gutgläubigem Erwerb siehe Rz. 61 ff.).

16

Für die Führung des Pfandrechtsregisters gelten im Wesentlichen die Vorschriften über die Eintragung von Rechtsverhältnissen in das Schiffsregister (§§ 23 bis 59 SchRegO, also der dritte Abschnitt der SchRegO), so § 86 Abs. 1 LuftFzgG. b) Exkurs: Mobiliarvollstreckung

17

Nicht eingetragene Luftfahrzeuge unterliegen der Mobiliarvollstreckung. Das gilt auch für nicht eingetragene, hoheitlichen Zwecken dienende Luftfahrzeuge, insbesondere Militärflugzeuge, soweit nicht § 882a Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung ohnehin ausschließt. Auch Wracks unterliegen ggf. der Mobiliarvollstreckung (siehe sogleich Rz. 52 ff.).

18

(Nicht enthaftetes) Zubehör kann gemäß § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht im Wege der Mobiliarvollstreckung gepfändet werden (wohl aber enthaftetes Zubehör, siehe sogleich).

19

Vom Zubehör zu unterscheiden sind Ersatzteile (eine Besonderheit des Rechts der Luftfahrzeuge, siehe Rz. 41 ff.). Ersatzteile sind kein Zubehör, sondern unterliegen der Mobiliarvollstreckung; Gleiches gilt für enthaftetes Zubehör.

_____________ 5)

Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 272 m. w. N.

1254

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

2.

§ 171a

Luftfahrzeuge

a) Luftfahrzeuge – Begriffsbestimmung § 14 LuftVZO6) benennt die Luftfahrzeuge, die – im Regelfall – bei der Verkehrszulassung von dem Luftfahrt-Bundesamt von Amts wegen in die Luftfahrzeugrolle einzutragen sind; dies sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO: Flugzeuge, Drehflügler, Luftschiffe, Motorsegler, Segelflugzeuge und bemannte Ballone.

20

Ausnahmsweise kann diese Eintragung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 LuftVZO auch bereits vor der Verkehrszulassung vorgenommen werden, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird (was in der üblichen Bestellungspraxis hinsichtlich Kreditsicherheiten bei der Finanzierung von Luftfahrzeugen eine durchaus relevante Rolle spielt)7).

21

Ultraleichtflugzeuge (die z. T. von der laienhaften Anmutung wie „normale“ Flugzeuge aussehen können) werden für die Verkehrszulassung von den Beauftragten nach § 31c LuftVG in ein gesondertes Verzeichnis, nämlich das Luftsportgeräteverzeichnis eingetragen; weitere Luftsportgeräte können dort nach § 1 Abs. 4 auf Antrag eingetragen werden.

22

Luftfahrzeuge sind gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 11 LuftVG:

23

Nr. 1:

Flugzeuge

Nr. 2:

Drehflügler (insbesondere: Hubschrauber)

Nr. 3:

Luftschiffe

Nr. 4:

Segelflugzeuge

Nr. 5:

Motorsegler

Nr. 6:

Freiballone und Fesselballone

Nr. 7:

(weggefallen)

Nr. 8:

Rettungsfallschirme

Nr. 9:

Flugmodelle

Nr. 10: Luftsportgeräte (wie z. B. Ultraleichtflugzeuge) Nr. 11: Sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhen von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 LuftVG gelten als Luftfahrzeuge auch Raumfahrzeuge, Raketen und ähnliche Flugkörper, solange sie sich im Luftraum befinden. Ebenfalls als Luftfahrzeuge gelten unbemannte Fluggeräte einschließlich ihrer Kontrollsta_____________ 6)

7)

Die vormalige Beschränkung in § 14 LuftVZO a. F., dass nur Luftfahrzeuge mit eigenem Antrieb in die Luftfahrzeugrolle eintragungsfähig und damit Pfandregister-fähig seien, ist entfallen. Hierzu siehe näher Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1139; ein wirtschaftliches Interesse, z. B. nur so die benötigte Finanzierung zu bekommen, genüge als berechtigtes Interesse.

Wedekind

1255

24

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

tion, die nicht zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung betrieben werden (unbemannte Luftfahrtsysteme). 25

Wesentliche Bestandteile von Luftfahrzeugen sind z. B. die Flugzeugzelle, das Leitwerk, die Tragflächen, Teile der Hydraulik, die Steuerung oder das Fahrgestell.8)

26

Zu den Triebwerken/Motoren siehe sogleich Rz. 33 ff. b) Zubehör aa) Abweichender Zubehörbegriff

27

Das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen erstreckt sich gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG auch auf Zubehör des Luftfahrzeugs, jedoch mit Ausnahme derjenigen Zubehörstücke, die nicht in das Eigentum des Eigentümers des Luftfahrzeugs gelangt sind (§ 31 Abs. 1 Satz 2 LuftFzgG).

28

Die Zubehöreigenschaft einer Sache wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Sache nur vorübergehend für den Betrieb des Luftfahrzeugs benutzt wird (§ 31 Abs. 1 Satz 3 LuftFzgG). Dies ist eine wichtige Abweichung vom ansonsten geltenden Zubehörbegriff. Während bei Grundstücken und Schiffen der Zubehörbegriff gemäß § 97 Abs. 2 BGB eine Dauerhaftigkeit der Bestimmung des Zwecks der Hauptsache zu dienen voraussetzt, genügt bei Luftfahrzeugen grundsätzlich auch eine Bestimmung zu lediglich vorübergehender Nutzung.

29

Beispiele für Zubehör: nicht fest eingebaute Navigationsgeräte, Flugkarten, Fallschirme,9) auch das Treibstofflager.10)

30

Praktisch und rechtlich wichtig ist die Abgrenzung zwischen den Sachen, die den Zwecken des Luftfahrzeugs dienen (Zubehör) und denjenigen Sachen, die den Zwecken der Ladung („Ladungszwecken“) dienen.11) c) Anwartschaftsrechte an Zubehörstücken

31

Bei einem Zubehörstück fällt grundsätzlich auch das Anwartschaftsrecht in den Haftungsverband. Dies hat der BGH für die dingliche Anwartschaft des Eigentumsvorbehaltskäufers von Zubehörstücken des Grundstücksmietrechts angenommen.12)

32

Dem steht die Bestimmung des § 31 Abs. 1 LuftFzgG (entspricht § 1120 BGB bzw. § 31 SchRG) nicht entgegen, sodass im Ergebnis derselbe Rechtsgedanke auch hier Anwendung findet. Anwartschaftsrechte an Zubehörstücken fallen in den Haftungsverband des Registerpfandrechts.13)

_____________ Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 274. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 4. Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1143 m. w. N. Siehe näher Schleicher/Reymann/Abraham, Recht der Luftfahrt, LuftFzgG § 31 Anm. 6 ff., hier insbesondere Anm. 9. 12) BGH, Urt. v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85-95 m. zust. Anmerkung: Mohrbutter, KTS 1963, 77; vgl. auch: BGH, Urt. v. 10.10.1984 – VIII ZR 244/83, BGHZ 92, 280 – 294. 13) Mohrbutter, KTS 1963, 77. 8) 9) 10) 11)

1256

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

bb) Sonderthema Triebwerke Triebwerke besitzen einen sehr hohen wirtschaftlichen Wert und werden zwecks Wartung regelmäßig ausgewechselt und ersetzt, um einen längeren Stillstand des Flugzeugs zu vermeiden.14)

33

Es kann daher von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein – u. a. auch für die Kreditsicherung –, ob Triebwerke als wesentliche Bestandteile der Hauptsache anzusehen sind oder als Zubehör (denn im Gegensatz zu wesentlichen Bestandteilen ist bei Zubehör leicht möglich, dass es enthaftet wird).

34

Dass Triebwerke ausgewechselt werden, schließt im Ergebnis15) aus, sie als wesentliche Bestandteile der Hauptsache anzusehen. Nach internationalem Flugrecht ist ein Flugzeug ein Fluggerät, das auf der Grundlage von Aerodynamik sich fortzubewegen in der Lage ist, was dafür sprechen könnte, die Triebwerke als wesentliche Bestandteile anzusehen. Aber das Genfer Pfandrechtsabkommen von 194816) sieht in Art. 10 Abs. 4 vor, dass Triebwerke zwar zu einem Luftfahrzeug gehörende Teile sind, aber nicht das Luftfahrzeug selbst verkörpern, was wiederum in § 68 Abs. 1 Satz 2 LuftFzgG seinen Niederschlag gefunden hat, wonach ausgebaute Triebwerke (genau: solche Triebwerke, die zum Einbau in ein Luftfahrzeug als Ersatz entfernter Teile bereitgehalten werden) "Ersatzteile" sind, für die wiederum besondere Regeln gelten (siehe unten).

35

Kurzum: Eingebaute Triebwerke sind Zubehör, ausgebaute Triebwerke sind Ersatzteile (dazu gleich unter Rz. 42).

36

Die z. T. gezogene Analogie zu Schiffsmotoren17) geht fehl, denn anders als bei Schiffen, werden Triebwerke bei Verkehrsmaschinen im „laufenden normalen Betrieb“ in verschiedener Weise „durchgetauscht“, sowohl zwischen verschiedenen Flugzeugen derselben Flotte wie auch zwischen verschiedenen Fluggesellschaften, die z. T. gemeinsame Ersatzteillager unterhalten; auch gibt es ein „Ausleihen“ von Gesellschaft zu Gesellschaft oder Dritte, bei denen man Triebwerke „leihen“ kann, wobei dieses „Leihen“ i. d. R. rechtlich eine Art Miete sein dürfte.18)

37

d) Enthaftung von Zubehörstücken Ein Freiwerden der Zubehörstücke (wie auch von Bestandteilen) von der Haftung durch Veräußerung und Entfernung ist ähnlich wie bei der Hypothek (§§ 1121, 1122 BGB) und der Schiffshypothek (§ 31 Abs. 2 und Abs. 3 SchRG) geregelt worden (§ 31 Abs. 2 – 4 LuftFzgG).

_____________ 14) Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 274. 15) Zur Abwägung der verschiedenen Argumente, unter Einbeziehung einer Parallelbetrachtung für die Motoren von Kraftfahrzeugen, für die es aber bekanntlich keine dinglichen Pfandrechte gibt, sodass die dingliche Rechtslage nicht vergleichbar ist, siehe Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 275 m. w. N. 16) BGBl. 1959 II, 129. 17) Z. B. Palandt-Heinrichs, BGB, § 94 Rz. 5 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 9.1.1958 – II ZR 275/56, BGHZ 26, 225 – 232 (Schiffsmotoren als wesentlicher Bestandteil). 18) Vgl. näher Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 113 – 1143.

Wedekind

1257

38

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

39

Hierbei kann die Zubehöreigenschaft in den Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft aufgehoben werden oder die Stücke werden in ein Ersatzteillager eingebracht werden oder sie werden veräußert und von dem Luftfahrzeug entfernt, bevor sie zugunsten des Gläubigers in Beschlag genommen werden (§ 31 Abs. 2 und 3 LuftFzgG).

40

Für Bestandteile (z. B. Triebwerke/Motoren, Leitwerk, Bedienungsapparaturen, Fahrgestell) gilt dasselbe mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Aufhebung der Zubehöreigenschaft die Trennung und Entfernung von dem Luftfahrzeug tritt, sofern nicht die Entfernung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt (§ 31 Abs. 4 LuftFzgG). e) Ersatzteile (Besonderheiten)

41

Zum Unterschied von der Schiffshypothek kann das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen auch auf Ersatzteile erweitert werden, die an einer örtlich bezeichneten bestimmten Stelle (Ersatzteillager) im Inland oder im Ausland lagern (§ 68 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG).

42

Als Ersatzteile gelten gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 LuftFzgG alle zu einem Luftfahrzeug gehörenden Teile, Triebwerke (hierzu siehe Rz. 33 f.), Luftschrauben („Propeller“), Funkgeräte, Bordinstrumente, Ausrüstungen und Ausstattungsgegenstände sowie Teile dieser Gegenstände, ferner allgemein alle sonstigen Gegenstände irgendwelcher Art, die zum Einbau in ein Luftfahrzeug als Ersatz entfernter Teile bereitgehalten werden.

43

Aufgrund einer solchen Erweiterung erstreckt sich das Registerpfandrecht nach § 71 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG auch auf später in das Ersatzteillager eingebrachte Ersatzteile (mit Ausnahme der Ersatzteile, die nicht in das Eigentum des Eigentümers des Luftfahrzeugs gelangt sind, § 71 Abs. 1 Satz 2 LuftFzgG).

44

Die Vollstreckung in diese Gegenstände findet jedoch nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Mobiliarzwangsvollstreckung) statt, §§ 99 Abs. 1 Satz 2, § 100 LuftFzgG. Dies gilt selbst dann, wenn das Registerpfandrecht im beiderseitigen Einvernehmen gemäß § 68 LuftFzgG erweitert worden ist).19) Registerpfandrecht und Immobiliarvollstreckung fallen also z. T. auseinander. f)

45

Versicherungsforderung

Erfasst ist auch eine Versicherungsforderung (§ 32 Abs. 1 LuftFzgG). Anders als bei Schiffen (§ 36 SchRG) wird der Versicherer gemäß § 36 LuftFzG – bei Versicherungen, die nicht den Betrieb des Luftfahrzeugs betreffen – auch dann nicht gegenüber dem Gläubiger von der Leistung frei, wenn er gegen dem Versicherungsnehmer von der Leistung frei wäre (wegen dessen Verschulden, oder wegen Rücktritt des Versicherers vom Vertrag). Insbesondere bei Kaskoversicherungen kommt in Betracht, dass der Versicherer dem Gläubiger gegenüber noch gemäß § 36 Satz 1 LuftFzG zur Leistung verpflichtet bleibt (nicht jedoch bei Versicherungen gegen Schäden an Fracht oder Passagieren).20) _____________ 19) Näheres bei App, ZKF 2013, 204. 20) Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1144; Schleicher/Reymann/Abraham, Recht der Luftfahrt, LuftFzgG § 31 Anm. 2.

1258

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

3.

§ 171a

Keine Flugzeugbauwerke und keine Flugzeugdocks

Anders als bei Schiffen unterfallen Bauwerke (hier Luftfahrzeuge bzw. unfertige Luftfahrzeuge) nicht der Immobiliarvollstreckung gemäß § 171a ff. ZVG. Die Aufzählung des § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LuftVG ist insoweit abschließend.

46

Da die Eintragung in die Luftfahrzeugrolle die Fertigstellung voraussetzt, ist eine Immobiliarvollstreckung in unfertige Luftfahrzeuge gemäß § 171a ff. ZVG schon aus diesem Grunde ausgeschlossen.

47

Auch gibt es – schon im Tatsächlichen – keine den Schwimmdocks tatsächlich ähnelnde „Flugzeugdocks“, denn diese müssten dann ja in Entsprechung zu Schwimmdocks fliegen, sodass eine rechtliche Regelung insoweit entbehrlich war und auch nicht existiert.

48

Eine Entsprechung zum besonderen Sicherungsrecht zugunsten einer Schiffswerft (§ 648 Abs. 2 BGB) besteht zugunsten einer Flugzeugwerft (oder ähnlichen Produktionsstätten für Luftfahrzeuge) nicht.

49

4.

(Nur) Miteigentumsanteile

Gemäß § 6 LuftFzgG kann ein Bruchteil des Eigentums an einem Luftfahrzeug nur dann mit einem Registerpfandrecht belastet werden, wenn der Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht.

50

Eine der Partenreederei (auch bei Schiffen nur noch hinsichtlich bis 24.4.2013 entstandener Partenreedereien, siehe § 162 Rz. 27 f. [Wedekind]) entsprechende Gesellschaftsform gibt es bei Luftfahrzeugen nicht.

51

5.

(Keine) Wracks

Flugzeugswracks haben die Luftfahrzeugeigenschaft verloren, wenn sie derart beschädigt oder zerstört sind, dass sie nicht mehr geborgen oder repariert werden können (und folglich nicht mehr den Anforderungen von § 1 ff. LuftVG genügen), also auch nicht mehr in die Luftfahrzeugrolle eintragungsfähig sind.

52

Die nach Absturz eines Luftfahrzeugs (und Löschung desselben in der Luftfahrzeugrolle) noch vorhandenen Wrackteile sind gewöhnliche Mobilien und unterliegen als solche der gewöhnlichen Mobiliarvollstreckung; etwaige Registerpfandrechte stehen jetzt einer Pfändung nicht mehr entgegen (§ 805 ZPO).21)

53

Derartige nach einem Absturz verbleibende Wrackteile werden wie bewegliche Sachen verwertet. Die Gläubiger von Registerpfandrechten können aber gemäß § 805 ZPO ihren Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös geltend machen.22)

54

6.

Eigentum und Eigentumswechsel

Der Eigentumserwerb an einem Luftfahrzeug erfordert keine Registereintragung (siehe Rz. 63). Die Luftfahrtrolle ist nur ein öffentlichrechtliches Register (nicht zu verwechseln mit dem Pfandrechtsregister; nur dieses Register für Pfandrechte an _____________ 21) LG Braunschweig, Beschl. v. 5.11.1971 – 8 T 475/71, DGVZ 1972, 72. 22) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 6.

Wedekind

1259

55

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

Luftfahrzeugen wird als „Grundbuch für Pfandrechte" bezeichnet, siehe Rz. 15). Vielmehr finden die §§ 929 ff. BGB (insbesondere §§ 929, 930, 932) Anwendung. 56

Ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragener Eigentümer gilt gleichwohl, aber nur zugunsten eines Registerpfandrechtsgläubigers als Eigentümer (§ 48 Satz 1 LuftFzG). Daher ist aus Sicht des die Immobiliarvollstreckung gemäß §§ 171a ZVG betreibenden Gläubigers ein nicht in der Luftfahrzeugrolle eingetragener Eigentumswechsel vor Beschlagnahme unbeachtlich. Das Verfahren wird dann später gegen den – dann später neu – eingetragenen Eigentümer fortgesetzt.

57

Der wahre Eigentümer muss Einwendungen gegen das Registerpfandrecht gemäß § 48 Satz 2 LuftFzG gegen den Anspruch eines persönlichen Gläubigers gemäß § 771 ZPO geltend machen.

58

War der Eigentumswechsel eingetragen, so ist dem dinglichen Gläubiger Gelegenheit zur Vorlage eines gegen den neuen Eigentümer gerichteten Vollstreckungstitels zu geben; das wegen eines persönlichen Anspruchs betriebene Verfahren ist gemäß §§ 171a, 28 ZVG aufzuheben.

59

Bei Eigentumswechsel nach Beschlagnahme gelten §§ 23 Abs. 2, § 26 ZVG entsprechend. Dieses ergibt sich aus § 171a ZVG.

60

Über die dem Eigentümer gleichstehenden Personen (Schuldner, Eigentümer, Erbe etc.) siehe 164 Rz. 16 ff. [Wedekind]). Hierbei ist zu beachten, dass es eine dem Schiffer rechtlich gleichgestellte Person bei den Luftfahrzeugen nicht gibt.

61

Inwieweit auch ein Käufer/Erwerber als solcher (also nicht etwa wegen eines ggf. unabhängig davon zu seinen Gunsten bestehenden Registerpfandrechts, was zu obiger Fiktion führen würde) entsprechend den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vom Nicht-Berechtigten (§§ 932, 933, 934 BGB) geschützt ist, ist streitig:

62

Zum Teil wird vertreten, den Käufer eines Luftfahrzeugs treffe im Hinblick auf die Existenz der Luftfahrzeugrolle eine erhöhte Prüfungspflicht.23) Es trete hinsichtlich des Fehlens einer grob fahrlässigen Nichtkenntnis eine Umkehr der Beweislast24) ein, z. T. soll gar Bösgläubigkeit25) eintreten.

63

Die vorgenannten Versuche, der Luftfahrzeugrolle einen grundbuchartigen Schutzcharakter zuzuweisen, gehen jedoch fehl. Die Luftfahrzeugrolle ist eben gerade kein „öffentliches Register“ und genießt keinen öffentlichen Glauben. Vielmehr richtet sich der gutgläubige Eigentumserwerb an Luftfahrzeugen (auch solchen, die in die Luftfahrzeugrolle eingetragen sind) ausschließlich nach Fahrnisrecht, sprich nach §§ 932 ff. BGB.26) Es kommt also allein darauf an, ob tatsächlich guter Glaube vorlag oder nicht. Die Eintragung oder Nichteintragung in der Luftfahrzeugrolle oder dem Pfandrechtsregister hat keinerlei Indizwirkung für die Eigentumsverhältnisse. Die einzige explizite Ausnahme gilt nur zugunsten der Registerpfandrechtsgläubiger (siehe Rz. 56). _____________ 23) Wendt, MDR 1963, 448, 449, der aber die Luftfahrzeugrolle rechtlich unzutreffend ein „öffentliches Register“ nennt. 24) Dobberahn, MittRhNotK 1998, 146, 162. 25) Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 271. 26) Ebenso Melzer/Haslach, ZLW 2003, 582, 586; Bölling, ZLR 1959, 215, 218.

1260

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

IV. Anwendbare Vorschriften 1.

Erster Abschnitt des ZVG

Für das Zwangsversteigerungsverfahren eines deutschen, in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen, Luftfahrzeugs (§ 3 LuftVG) wie für ein in dieser Rolle gelöschtes, jedoch in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenes Luftfahrzeug, gelten die allgemeinen Vorschriften der Zwangsversteigerung eines Grundstücks (erster Abschnitt des ZVG) entsprechend, soweit sich nicht aus den Bestimmungen der §§ 171b – 171g ZVG etwas anderes ergibt (so der Gesetzeswortlaut von § 171a ZVG).

64

§§ 20 – 26 ZVG sind eingeschränkt anwendbar. Die Anwendung von § 21 Abs. 1, 3 ZVG kommt mangels entsprechender Erzeugnisse nicht in Betracht. Die Anwendung von §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24, 25 ZVG wird durch § 171c Abs. 2 Satz 1 ZVG ausdrücklich ausgeschlossen. Im Übrigen werden die anwendbaren Vorschriften durch § 171c Abs. 2 Satz 2 ZVG ergänzt. Bei der Zwangsversteigerung ausländischer Luftfahrzeuge gilt ergänzend §§ 171k – 171n ZVG.

65

Der Beschlagnahmeumfang umfasst diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Luftfahrzeug das Registerpfandrecht erstreckt (§ 171a ZVG i. V. m. § 20 Abs. 2 ZVG).

66

Die Regeln über geringstes Gebot und Versteigerungsbedingung (§§ 44 – 56 und §§ 58 – 65 ZVG) sind anwendbar (mit Ausnahme von §§ 52 Abs. 2 und 63 Abs. 1 Satz 2 ZVG, denen hier ein Anwendungsbereich fehlt).

67

Es ist gemäß § 74a Abs. 5 ZVG (i. V. m. § 171a ZVG) ein Verkehrswert festzusetzen. Die Verhandlung über den Zuschlag nach Schluss der sog. Bietstunde bzw. der Versteigerung erfolgt gemäß § 74 ZVG i. V. m. § 171a ZVG.

68

Die Regeln über die sog. Wertgrenzen bzw. Zuschlagsversagung auf Antrag eines Berechtigten wegen Nicht-Erreichens von 7/10 des Verkehrswerts (sog. 7/10Grenze) gemäß § 74a ZVG sind anwendbar. Auch die Regeln über die Zuschlagsversagung von Amts wegen bei Nicht-Erreichen der sog. 5/10-Grenze (§ 85a Abs. 1 ZVG) sind anwendbar.

69

Die Vorschrift über die erweiterte Befriedigung (bzw. sog. 7/10-Befriedigungsfiktion bei sog. Rettungserwerben) des § 114a ZVG ist ebenfalls anwendbar.27)

70

Zur Erlösverteilung: §§ 105 – 114, 115 – 145 ZVG sind im Wesentlichen anwendbar und werden durch § 171e Nr. 4 und 5 ZVG (Registerpfandrechte in ausländischer Währung) ergänzt (siehe § 171e Rz. 1 ff. [Cranshaw]).

71

Bei der Anwendung des § 122 Abs. 1 Satz 1 ZVG tritt § 47 Abs. 2 LuftFzgG an die Stelle des § 1132 Abs. 1 Satz 2 BGB. § 128 ZVG wird durch §§ 171f ZVG i. V. m. 169 Abs. 2 ZVG ersetzt (siehe § 171f Rz. 4 ff. [Wedekind]).

72

Bei der Zwangsversteigerung ausländischer Luftfahrzeuge ist für gewisse verdinglichte Mietrechte entsprechend ergänzend § 171n ZVG zu beachten (siehe § 171n Rz. 1 ff. [Cranshaw]).

73

_____________ 27) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 44.

Wedekind

1261

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

74

Da Registerpfandrechte stets Buchrechte sind, entfallen die Anwendung des § 126 Abs. 1 ZVG hinsichtlich fehlender Briefvorlage und die Anwendung von §§ 127 Abs. 1, 131 Satz 1, 136 ZVG.

75

Mangels eines gesetzlichen Löschungsanspruchs entsprechend § 1179a BGB bei dem Registerpfandrecht sind §§ 130a, 131 Satz 2 ZVG nicht anwendbar.

76

Im Rahmen des § 145 ZVG entfallen die Bezugnahmen auf §§ 127, Abs. 1, 130a, 131 ZVG. Zur Erlösverteilung siehe Rz. 81 ff. 2.

Dritter Abschnitt des ZVG

77

Da sich der zweite Abschnitt des ZVG nur mit der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen befasst, erklärt § 171a ZVG ausdrücklich nur die Vorschriften des ersten Abschnitts des ZVG für anwendbar wie auch bei § 162 ZVG. Aufgrund der Verweisungstechnik des ZVG schließt aber eine Verweisung „nach vorne“ keineswegs aus, dass auch „weiter hinten“ Normen anwendbar sind – das würde sich nämlich nach der Systematik des ZVG aus den „hinteren“ Vorschriften ergeben – und so ist es auch, wie bei § 162 ZVG (siehe § 162 Rz. 59 ff. [Wedekind].

78

Luftfahrzeuge können auch auf Antrag des Insolvenzverwalters (§§ 172 – 174a ZVG) und auf Antrag des Erben (§§ 175 – 179 ZVG) versteigert werden.

79

Auch eine Versteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft (§§ 180 – 184 ZVG sog. Teilungsversteigerung) ist zulässig. Hierbei kommt die Anwendung des § 185 ZVG hingegen nicht in Betracht.28) 3.

Verhältnis zu den §§ 162 – 171 ZVG und sonstigen Normen

80

Während bei den §§ 171a – 171n ZVG eine inhaltliche Anlehnung an die §§ 162 – 171 ZVG erkennbar ist, kommt es aber nur in einem Fall zu einer direkten Verweisung (einzig § 171f ZVG verweist explizit auf § 169 ZVG).

81

Für die Rangfolge ergibt sich eine Verweisung auf die Schiffsregisterordnung (SchRegO), und zwar über § 86 Abs. 1 LuftFzgG, der auf § 49 Abs. 1 SchRegO verweist. Das LuftFzgG ist übrigens ähnlich gegliedert wie die SchRegO.

82

Das aus § 879 BGB bekannte Prioritätsprinzip bei dinglichen Rechten ist in entsprechender Weise in § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG geregelt.

83

Abweichende Rangvereinbarungen, die wie im Grundbuchrecht der Eintragung bedürfen, können von Anfang an getroffen werden (§ 25 Abs. 2 LuftFzgG).

84

Gemäß § 26 Abs. 1 LuftFzgG können nachträgliche Rangänderungen bzw. Rangrücktritte auch nachträglich vereinbart werden. Hierbei ist – anders als beim Rangrücktritt bei einem Grundpfandrecht gemäß § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB – die Zustimmung des Eigentümers nicht erforderlich.29)

_____________ 28) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 47. 29) Der Grund sei, dass es kein der Eigentümergrundschuld entsprechendes „Eigentümerregisterpfandrecht an Luftfahrzeugen“ gebe, so Ott, MittbayNot 1985, 1, 2.

1262

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

V. Rangordnung/Rangkonflikte 1.

Rangordnung

a) Rangklasse 0 Vor allen anderen Ansprüchen sind die Kosten des Verfahrens gemäß § 109 ZVG, welcher nach § 171a ZVG entsprechende Anwendung findet, dem Versteigerungserlös zu entnehmen. Hierzu gehören auch die seitens der Gläubiger geleisteten Vorschüsse auf die Verfahrenskosten und die Kosten der Bewachung und Verwahrung (einschl. der Treuhändervergütung).

85

Eine den Schiffsgläubigerrechten entsprechende Rangklasse bzw. Kategorie von bei der Verteilung zu berücksichtigen Rechten gibt es bei Luftfahrzeugen grundsätzlich nicht.30)

86

Dass Rechte, die nicht im Pfandrechtsregister eingetragen sind, ausnahmsweise doch im Einzelfall den eingetragenen Registerpfandrechten vorgehen können, regeln die §§ 75 ff. LuftFzgG. Dies war die Folge der gemäß Art. 4 und 11 Abs. 2 lit. b) LuftFzgAbk31) übernommenen aus internationalen Verpflichtungen – diese Ausnahme kann aber nur Bergungskosten und außerordentliche – zur Erhaltung des Luftfahrzeugs nötige – Aufwendungen treffen, sofern diese Maßnahmen im Ausland vollendet wurden und nach LuftFzgAbk anzuerkennen sind.32) Diese in §§ 75 ff. LuftFzgG unter bestimmten Voraussetzungen mit Vorrang ausgestatteten Rechte aus Bergungs- und Erhaltungsmaßnahmen können zwar grundsätzlich den Wert des Registerpfandrechts beeinflussen, aber ihre praktische Relevanz ist gering.33)

87

b) Grundsatz für alle Rangklassen Nach Entnahme der Verfahrenskosten erfolgt die Befriedigung der weiteren Ansprüche nach Maßgabe ihrer Zugehörigkeit zu der jeweiligen Rangklasse. Ein Anspruch einer nachgehenden Rangklasse kann nur befriedigt werden, wenn sämtliche Ansprüche der vorgehenden Rangklasse befriedigt worden sind (wie es bei § 10 Abs. 1 Nr. 1 ff. ZVG etc. auch gilt).

88

Da die §§ 171b – 171g ZVG keine abweichenden Bestimmungen enthalten, sind bei inländischen Luftfahrzeugen die geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich den Rangklassen des § 10 ZVG zuzuordnen. Es ergeben sich nur geringfügige Abweichungen gegenüber dem Verteilungsverfahren in der Grundstücksversteigerung. Die Rangfolge innerhalb eines Anspruchs richtet sich nach § 12 ZVG. Zur Abgrenzung laufender von rückständigen wiederkehrenden Leistungen gilt § 13 ZVG.

89

Beachte: Bei einer Zwangsversteigerung ausländischer Luftfahrzeuge gilt ergänzend § 171i ZVG (aber nur dort).

90

_____________ 30) Offenbar eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, siehe Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 49 Rz. 55 m. w. N.; vgl. BR-Drucks. 108/58. 31) Genfer Abkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130). 32) Näher dazu Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1142. 33) Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 275 m. w. N.

Wedekind

1263

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

c) Rangklasse 1 91

Die Rangklasse 1 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG) kann nur dann Bedeutung erlangen, wenn die treuhänderische Nutzung des Luftfahrzeuges nach § 171c Abs. 3 ZVG angeordnet worden ist. Insofern gilt das Gleiche wie bei Schiffsversteigerungen (siehe § 169 Rz. 39, 60 [Wedekind]). d) Rangklasse 1a

92

In den in § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG genannten Fällen wird der Anspruch auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände erfasst, auf die sich die Versteigerung erstreckt. Insofern gilt das Gleiche wie bei Schiffsversteigerungen (siehe § 169 Rz. 40, 61 [Wedekind]). e) (Keine) Rangklasse 2

93

Die Rangklasse 2 bezieht sich nur auf die Zwangsversteigerung bestimmter Grundstücke. Eine entsprechende Anwendung scheidet offenkundig aus. f)

Rangklasse 3

94

In der Rangklasse 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) sind die öffentlichen Lasten, für die das Luftfahrzeug dinglich haftet, zu berücksichtigen. Für die dingliche Haftung muss eine gesetzliche Grundlage bestehen.

95

Bezüglich der zeitlichen Beschränkung der einmaligen und wiederkehrenden Leistungen gilt das Gleiche wie bei Grundstücken.

96

Beachte: § 171i Abs. 1 ZVG enthält Besonderheiten, die nur für ausländische Luftfahrzeuge gelten; dort können ggf. auch ausländische Gebühren vorrangig sein. Auch kommen ggf. weitere vorrangige Rechte34) in Betracht, dieses aber nur, soweit dies durch entsprechende spezifische zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt ist.35) g) Rangklasse 3/4

97

Zwischen Rangklasse 3 und 4 sind die Rechte aus Bergungs- und Erhaltungsmaßnahmen nach §§ 75 ff. LuftFzgG zuzuordnen. h) Rangklasse 4

98

In der Rangklasse 4 (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) sind die Ansprüche aus den Registerpfandrechten zu berücksichtigen.

99

Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Ansprüche gilt § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG entsprechend, sodass insbesondere die Zeitschranke von zwei Jahren bezüglich der rückständigen wiederkehrenden Leistungen zu beachten ist.

100

Der Rang verschiedener Ansprüche richtet sich nach dem Rang der Registerpfandrechte, wie er sich aus dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen ergibt (§ 11 Abs. 1 ZVG in entsprechender Anwendung). _____________ 34) Näher dazu Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1142 m. w. N. 35) BGH, Beschl. v. 25.11.2010 – VII ZB 120/09, Rpfleger 2011, 223 (konkret: hinsichtlich Zoll- und Steuerforderungen der Republik Argentinien – Vorrang abgelehnt).

1264

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

Beachte: § 171i Abs. 2 ZVG bezieht sich wiederum nur auf ausländische Luftfahrzeuge und enthält insofern Besonderheiten. i)

101

Rangklasse 5

In die Rangklasse 5 (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG) gehören die Ansprüche der betreibenden Gläubiger, soweit sie nicht aus vorhergehenden Rangklassen zu befriedigen sind.

102

Bei diesen sog. Beschlagnahmegläubigern handelt es sich um die Ansprüche der persönlichen Gläubiger und Ansprüche von Berechtigten aus vorhergehenden Rangklassen, die infolge Zeitablaufs ihr Vorrecht verloren haben, wenn diese das Verfahren wegen ihrer Ansprüche betreiben.

103

Diese Ansprüche (der Rangklasse 5) benötigen keinen dinglichen Titel.36) Für den Rang der Ansprüche untereinander ist der Beschlagnahmezeitpunkt entscheidend (§ 11 Abs. 2 ZVG entsprechend).

104

j)

Rangklassen 6 – 8

Bezüglich der Rangklassen 6 – 8 (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 – 8 ZVG) ergeben sich gegenüber der Grundstücksversteigerung keine Besonderheiten. Insoweit wird auf § 10 Rz. 138 ff. [Cranshaw] verwiesen.

105

Sobald es dabei um den Eingang des Ersuchens um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks und dessen Eintragung geht, tritt an die Stelle des Grundbuchamts das Registergericht und an die Stelle des Grundbuchs das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (Pfandrechtsregister).

106

k) Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung In allen Rangklassen sind neben dem Hauptanspruch die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gemäß § 10 Abs. 2 ZVG (welcher nach § 171a ZVG entsprechend anzuwenden ist) zu berücksichtigen. 2.

107

Rangkollisionen

Für den wirtschaftlichen Wert des Registerpfandrechts ist zudem von Bedeutung, dass dieses nicht durch andere, nicht aus dem Register ersichtliche Belastungen beeinträchtigt wird. Diesem Bedürfnis trägt § 9 LuftFzgG Rechnung, wonach ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragenes Luftfahrzeug nicht in anderer Weise als mit einem Registerpfandrecht belastet werden kann. Die Bestellung eines Pfandrechts (§ 1204 BGB), eines Nießbrauchs (§ 1030 BGB) oder die Entstehung eines Unternehmerpfandrechts ist daher nicht möglich.37)

108

Umstritten ist, ob § 9 LuftFzgG – außer dem dort ausdrücklich genannten Unternehmerpfandrecht nach § 647 BGB – gesetzliche Pfandrechte an Luftfahrzeugen, z. B. das Vermieterpfandrecht aus Mietverträgen über die Nutzung von Flugzeughallen (§ 562 BGB), ausschließt.38)

109

_____________ 36) Steiner-Hagemann, ZVG, § 171a Rz. 71. 37) Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 275. 38) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 14 m. w. N.; Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 49 Rz. 55.

Wedekind

1265

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

110

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass neben dem ausdrücklich in § 9 LuftFzgG genannten Unternehmerpfandrecht des § 647 BGB sämtliche sonstigen gesetzlichen Pfandrechte (z. B. § 562 BGB, §§ 397, 404, 441, 464, 475b HGB) ausgeschlossen sind.39)

111

Jedenfalls haben eingetragene Registerpfandrechte nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 des Genfer Pfandrechtsabkommens40) den Vorrang vor anderen Rechten, also auch vor evtl. gesetzlichen Pfandrechten. Gegenüber persönlichen Gläubigern können die Gläubiger vor der Beschlagnahme entstandener gesetzlicher Pfandrechte – sofern man solche anerkennt – den Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO geltend machen. VI. Beteiligte

112

§ 9 ZVG ist anwendbar.

113

Beim Beitritt ist § 27 ZVG anwendbar. Eine erneute Anordnung der – von Amts wegen anzuordnenden – Bewachung und Verwahrung gemäß § 171c Abs. 2 Satz 1 ZVG erfolgt wegen des Beitritts nicht (wie auch bei § 165 ZVG – siehe § 162 Rz. 51 [Wedekind]). VII. Luftfahrzeugrolle und Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (Pfandrechtsregister) 1.

Pfandrechtsregister – Registerpfandrecht

a) Rechtsnatur des Registerpfandrechts 114

Das Registerpfandrecht gemäß § 1 LufFzgG ist –

besitzlos (vgl. § 5 Abs. 1 LuftFzG),



streng akzessorisch (§§ 4, 57 LuftFzgG) und



brieflos.

Daher kann es nur registerlich abgetreten werden.41) 115

Das Registerpfandrecht ist als Sicherungshypothek ausgebildet und wird auch z. T. als „Luftfahrzeughypothek“42) bezeichnet.

116

Eine Eigentümergrundschuld bzw. ein Eigentümer(register)pfandrecht ist nicht vorgesehen. Auch das Recht zur rangwahrenden Neubestellung – gemäß § 57 Abs. 3 SchRG, der wirtschaftlich der „Ersatz“ für die auch bei Schiffen fehlende Grundschuld mit durch Zweckerklärung austauschbaren Forderungen (Sicherungsgrundschuld) ist – fehlt bei den Luftfahrzeugen. _____________ 39) Siehe h. M.: Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 275; Reuleaux/Herick, ZLW 2004, 558, 565; Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1139 f. und 1142; Dobberahn, MittRhNotK 1998, 146, 163; a. A.: Wendt, MDR 1963, 448, 450; Schwenk, BB 1966, 477, 478. 40) Abkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 (BGBl. 1959 II, 130) – LuftFzgAbk; dazu ergangenes Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. 41) Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1143. 42) Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1141.

1266

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

Die strenge Akzessorietät des § 4 LuftFzG wird in zweierlei Hinsicht durchbrochen (oder relativiert):

117

Zum einen durch die rechtliche Möglichkeit eines Höchstbetrags-Registerpfandrechts (§ 3 Satz 2 LuftFzgG), welches praktisch aber schwierig zu handhaben ist und daher in der Praxis der Kreditsicherheiten kaum eine Rolle spielt.43) Zum anderen ist wie auch bei den Schiffspfandrechten die besicherte Forderung in der Praxis oft eine solche aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis,44) was allgemein als zulässig angesehen wird,45) auch wenn damit das Erfordernis der Akzessorietät zu einem gewissen Teil unterlaufen werden kann

118

Gemäß § 28 LuftFzgG ist auch die Bestellung eines Gesamtregisterpfandrechts möglich; diese Regelung entspricht § 1132 BGB (Gesamthypothek) bzw. § 28 SchRG (Gesamtschiffshypothek) und ist von der nord-amerikanischen Fleet Mortgage deutlich zu unterscheiden.46)

119

b) Entstehung Das Registerpfandrecht („Luftfahrzeughypothek“) kann auf zwei Arten entstehen:47)

120

Entweder es entsteht kraft Rechtsgeschäfts oder es entsteht als sog. richterliches Registerpfandrecht im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung (§ 99 LuftFzgG).

121

Beide Entstehungsformen setzen voraus, dass das betreffende Luftfahrzeug in die Luftfahrzeugrolle eingetragen ist. Ist dies nicht der Fall, so kann das Luftfahrzeug nur wie eine sonstige bewegliche Sache verpfändet werden. Die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Registerpfandrechts ist unzulässig, wenn bereits ein richterliches Registerpfandrecht eingetragen ist (§ 7 LuftFzgG).

122

2.

Zwangsvollstreckung – zwei mögliche Vorgehensweisen

Bei der Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Luftfahrzeug hat der Gläubiger die Wahl zwischen der zwangsweisen Eintragung eines Registerpfandrechts oder der Zwangsversteigerung.

123

a) Eintragung eines Registerpfandrechts Für die Eintragung eines Registerpfandrechts erklärt § 99 Abs. 1 LuftFzgG die Vorschrift des § 870a ZPO mit Ausnahme dessen Absatzes 3 Satz 1 Halbs. 2 für entsprechend anwendbar.

124

Voraussetzung ist demnach ein Antrag des Gläubigers (§ 870a Abs. 2 ZPO i. V. m. § 867 ZPO). Ferner darf die Belastung nur für einen Betrag von mehr als 750 € eingetragen werden (§ 870a Abs. 2 ZPO i. V. m. 866 Abs. 3 ZPO).

125

_____________ 43) 44) 45) 46) 47)

Vgl. näher Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1141. Melzer/Haslach, ZLW 2003, 582, 589 (dort Fn. 38). Melzer/Haslach, ZLW 2003, 582, 591; Dobberahn, MittRhNotK 1998, 145, 162. Vgl. im Einzelnen: Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1141. Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 271.

Wedekind

1267

§ 171a

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

b) Entstehung im Rahmen eines Arrestverfahrens 126

Ein richterliches Registerpfandrecht kann zudem als Maßnahme zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung im Rahmen des Arrestverfahrens (§§ 916 ff. ZPO) entstehen. Nach § 99 Abs. 2 LuftFzgG wird die Arrestanordnung vollzogen, indem der Gerichtsvollzieher das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung nimmt und ein Registerpfandrecht für die Forderung eingetragen wird (§ 99 Abs. 2 Satz 1 LuftFzgG). In der Eintragung des Registerpfandrechts ist der nach § 923 ZPO festgestellte Geldbetrag als Höchstbetrag zu bezeichnen, für den das Luftfahrzeug haftet (§ 99 Abs. 2 Satz 2 LuftFzgG).

127

Die Regelungen zur Zwangshypothek gemäß § 867 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO und die Vorschrift des § 870a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1, Satz 2 ZPO finden sinngemäß Anwendung (§ 99 Abs. 2 Satz 3 LuftFzgG). c) Ausländisches Luftfahrzeug

128

Bei der Vollziehung des Arrestes in ein ausländisches Luftfahrzeug ist § 106 Abs. 3 LuftFzgG zu beachten. d) Registerrecht und Folgen für die Kautelarpraxis (inkl. Flugzeugleasing)

129

Zu Details siehe in der Literatur Melzer/Haslach.48) 3.

130

Luftfahrzeugrolle als öffentlichrechtliches Verzeichnis (im Detail)

In die Luftfahrzeugrolle werden die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 LuftVG genannten Luftfahrzeuge vorbehaltlich abweichender Verordnungen des Rates der Europäischen Union nur dann eingetragen, wenn: a) Nr. 1

131

sie in einem ausländischen staatlichen Luftfahrzeugregister nicht eingetragen sind und im ausschließlichen Eigentum deutscher Staatsangehöriger stehen; juristische Personen und Gesellschaften des Handelsrechts mit Sitz im Inland werden deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt, wenn der überwiegende Teil ihres Vermögens oder Kapitals sowie die tatsächliche Kontrolle darüber deutschen Staatsangehörigen zusteht und die Mehrheit der Vertretungsberechtigten oder persönlich haftenden Personen deutsche Staatsangehörige sind; und b) Nr. 2

132

ein Recht eines deutschen Staatsangehörigen, an einem Luftfahrzeug Eigentum durch Kauf zu erwerben oder ein Recht zum Besitz aufgrund eines für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten abgeschlossenen Mietvertrages oder eines dem Mietvertrag ähnlichen Rechtsverhältnisses besteht.

133

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stehen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hierbei deutschen Staatsangehörigen gleich. Das Gleiche gilt für Angehörige aus anderen Staaten, in denen das Luftverkehrsrecht der Europäischen Union Anwendung findet. (§ 3 Abs. 1 Satz 3 LuftVG). Nach § 3 Abs. 2 LuftVG _____________ 48) Melzer/Haslach, ZLW 2003, 582, 586 – 593 (Registerrecht) sowie ZLW 2003, 582, 596 – 601 (Flugzeugleasing).

1268

Wedekind

Entsprechende Anwendung des ersten Abschnitts

§ 171a

kann die für die Verkehrszulassung zuständige Stelle (das ist das Luftfahrtbundesamt) im Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn besondere Umstände vorliegen. Ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragenes Luftfahrzeug wird auf Anmeldung des Eigentümers oder desjenigen, der aufgrund eines Vollstreckungstitels eine Eintragung verlangen kann oder zu dessen Gunsten ein Schutzvermerk einzutragen ist, in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen (§ 79 LuftfahrzeugG).

134

Der Verkäufer eines (in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen) Luftfahrzeugs, welches dem Käufer noch nicht übereignet ist, kann aus einem vollstreckbaren Titel, den er wegen seiner Kaufpreisforderung erwirkt hat, nicht in das Luftfahrzeug vollstrecken.49)

135

VIII. Exkurs: Luftfahrzeugpfandbriefe Seit 2009 ist auch in Deutschland die Begebung von Luftfahrzeugpfandbriefen möglich. Die neu geschaffenen Regelungen orientieren sich an den entsprechenden für Schiffe geltenden Regelungen.

136

Die Kreditwirtschaft und die Literatur äußern sich grundsätzlich positiv zur rechtlichen Regelung und sehen darin einen wichtigen Beitrag, dass die deutsche Rechtsentwicklung mit den Erfordernissen der zunehmenden Internationalisierung der Finanzierung von Luftfahrzeugen Schritt halten kann.50) Das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen spielt auch bei dieser Art der Verbriefung als Sicherheit eine entscheidende Rolle.

137

Zu der bisherigen wirtschaftlichen Bedeutung:

138

Laut einer Mitteilung des „vdp“ Verbands Deutscher Pfandbriefbanken vom 17.4.201351) gab es –

beim Hypothekenpfandbrief im Jahr 2012 einen Absatz von 40,9 Milliarden € (2011: 38,5 Milliarden €) bei einem Umlauf von 216 Mrd. € (2012);



bei emittierten Schiffspfandbriefen im Jahr 2012 aufgrund von institutsspezifischen Sondereffekten trotz der Schifffahrtskrise einen Absatz von 3,2 Mrd. € (2011: von 0,9 Mrd. €) – Umlauf 2012: 7,3 Mrd. €.



erstmals seit 2012 – und damit drei Jahre nach seiner Einführung als vierte Pfandbrief-Gattung – einen emittierten Flugzeugpfandbrief; die Emission habe ein Volumen von 0,5 Mrd. € gehabt.

_____________ 49) LG Braunschweig, Beschl. v. 14.1.1974 – 8 T 488/73, NdsRpfl 1974, 105 – 106. 50) Statt aller Schladebach/Kraft, Das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen, BKR 2012, 270, 276 m. w. N. 51) Siehe http://www.pfandbrief.de/cms/_internet.nsf/tindex/de_71.htm?OpenDocument& 8ED9D168E3DC7889C1257B4F0047DE62 (Stand: 3.12.2013).

Wedekind

1269

§ 171b

Zuständiges Amtsgericht und Pfandrechtsregister

§ 171b Zuständiges Amtsgericht und Pfandrechtsregister (1) Für die Zwangsversteigerung des Luftfahrzeugs ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Luftfahrt-Bundesamt seinen Sitz hat. (2) Für das Verfahren tritt an die Stelle des Grundbuchs das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen. Literatur zu Abs. 1: Ehricke, Spezialisierung als Rechtsprinzip für die Zuständigkeit im deutschen Zivilverfahrensrecht?, NJW 1996, 812; Hintzen/Riedel, Das deutsche Internationale Mahnverfahren, Rpfleger 1997, 293; Pfeiffer, Zuständigkeitskonzentration im Auslandsmahnverfahren, IPRax 1994, 421; Rellermeyer, Zuständigkeitskonzentrationen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1995. Literatur zu Abs. 2: Dobberahn, Rechte an Schiffen und Luftfahrzeugen, MittRhNotK 1998, 145; Melzer/Haslach, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge aus deutschem Registerpfandrecht, ZLW 2003, 582. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 3 III. Zuständiges Vollstreckungsgericht ................................................... 4

I.

IV. Ermittlung des Standortes ................ 12 V. Pfandrechtsregister ............................ 13 VI. Klarstellungsbedarf im Gesetz? ........ 14

Zweck der Norm

1

Die Übertragung in § 171b Abs. 1 ZVG auf ein einzelnes/einziges Amtsgericht für alle Luftfahrzeugversteigerungen ist aus Gründen der Zweckmäßigkeit erfolgt, zumal auch das Register für Pfandrechte von Luftfahrzeugen von demselben Amtsgericht geführt wird. Hinter dem Gedanken des Konzentrierens der Verfahren auf ein Gericht steht die Vorstellung davon, dass es sich um eine spezielle Rechtsmaterie handelt, die eine entsprechende Spezialisierung erfordert. Da der Gesetzgeber davon ausging, dass es nur wenige Luftfahrzeugsversteigerungsverfahren gebe, wurde die Schaffung eines einzigen örtlich zuständigen Gerichts für ausreichend angesehen.

2

Angesichts der Tatsache, dass auch für die Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Schwimmdocks – mit Besonderheiten für ausländische Schiffe bzw. Schiffsbauwerke – eine ähnliche rechtliche Situation besteht, sei auf das anderweitige Plädoyer (siehe § 163 Rz. 14 ff., 61 f. [Wedekind]) verwiesen, auch in Schiffsversteigerungssachen Zuständigkeitskonzentrationen zu schaffen; zum einen aus dem Gesichtspunkt der Spezialisierung, und zum anderen auch aus dem Gesichtspunkt des Gläubigerinteresses, bei einem Vollstreckungsgegenstand, der in seiner tatsächlichen Natur beweglich ist, rechtlich aber nach dem Immobiliarvollstreckungsrecht behandelt wird, eine in der Praxis einfach und rechtssicher feststellbare örtliche Zuständigkeit zu haben. II. Anwendungsbereich

3

Absatz 1 gilt für inländische und ausländische Luftfahrzeuge (siehe § 171h ZVG). Absatz 2 gilt nur für inländische Luftfahrzeuge.

1270

Wedekind

Zuständiges Amtsgericht und Pfandrechtsregister

§ 171b

III. Zuständiges Vollstreckungsgericht Zuständig für die Zwangsversteigerung eines Luftfahrzeugs ist als Vollstreckungsgericht ausschließlich dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk das Luftfahrtbundesamt seinen Sitz hat (§ 171b Abs. 1 ZVG).

4

Der Sitz dieses Amtes (§ 1 des Gesetzes vom 30.11.1954)1) ist nach der Verwaltungsanordnung vom 14.12.19542) Braunschweig.

5

Allerdings ist später die Unternehmenszentrale der Flugsicherung (DFS) in die Stadt Langen (Hessen) verlagert worden. Daher wurde durch die jetzt geltende Verwaltungsanordnung vom 28.4.20033) Braunschweig und für die Verwaltungsstelle Flugsicherung Langen (Hessen) als Sitz des Luftfahrt-Bundesamtes bestimmt.

6

Demzufolge ist die Zuständigkeitsbestimmung in Abs. 1 des § 171b ZVG nicht mehr eindeutig. Wegen des Doppelsitzes des Luftfahrt-Bundesamtes kommen sowohl das Amtsgericht Braunschweig als auch das Amtsgericht Langen (Hessen) in Betracht.

7

Faktisch werden Zwangsversteigerungsverfahren über Luftfahrzeuge zwar weiterhin ausschließlich beim Amtsgericht Braunschweig durchgeführt, weil dort auch ausschließlich das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen geführt wird (§ 78 LuftFzG). Die alleinige Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig ist auch wegen der engen Verbindung des Pfandrechtsregisters zur Luftfahrzeugrolle (die das Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig führt)4) sinnvoll.

8

Dennoch bleibt der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Erwägungen aufgefordert, die Zuständigkeit auf eine gesetzlich eindeutige Grundlage zu stellen. Bis dahin könnte an eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 ZVG oder auch des § 35 ZPO gedacht werden.5)

9

Kern des Problems ist, dass es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 802 ZPO handelt. Dies hat zur Folge, dass bei Erlass des Anordnungsbeschlusses durch das örtlich unzuständige Amtsgericht der Anordnungsbeschluss an einem unheilbaren Mangel leidet. Grundsätzlich besteht hier das Potenzial, ein Zwangsversteigerungsverfahren – ggf. erst nach erfolgtem Zuschlag – mit Erfolg anzugreifen, mit dem Argument, dass ein unheilbarer Verfahrensmangel vorliege, weil ggf. das örtlich unzuständige Gericht den Anordnungsbeschluss erlassen habe bzw. es an einer ordnungsgemäßen Bestimmung des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG fehle. Zumindest besteht hier Potenzial für Verfahrensverzögerungen.

10

Hat die jeweilige Landesregierung von ihrer Ermächtigung zu einer Zuständigkeitskonzentration (z. B. für Mahnverfahren gemäß § 689 Abs. 3 ZPO) Gebrauch ge

11

_____________ 1) 2) 3) 4) 5)

BGBl I, 354. BAnz. Nr. 245. BAnz 10593. Vgl. z. B. Mitteilungspflichten nach §§ 83, 91 LuftFzGG, zum Datenabruf: § 16 Abs. 1 LuftRegV. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171b Rz. 3 f.

Wedekind

1271

§ 171c

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

macht, gilt diese Gerichtszuständigkeit auch für gegnerische Parteien, also hier für Schuldner, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben.6) IV. Ermittlung des Standortes 12

Das bei Schiffen beschriebene Problem der Ermittlung des Standortes in einem – sehr viel kleineren – ausschließlichen Zuständigkeitsbezirk (siehe § 163 Rz. 8 ff. [Wedekind]) stellt sich bei Luftfahrzeugen nicht. V. Pfandrechtsregister

13

Zum Pfandrechtsregister siehe § 171a Rz. 114 ff. [Wedekind]. VI. Klarstellungsbedarf im Gesetz?

14

Auch wenn man im Ergebnis über eine Auslegung (siehe Rz. 7 f.) zu einer Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts kommen mag, ist es ein unhaltbarer Zustand, dass das Gesetz an einem derartigen Mangel leidet, der ggf. das gesamte Verfahren aushebeln kann. Zudem scheint Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beachtet. Hier wäre eine redaktionelle Bereinigung dringend wünschenswert.

15

Konkreter Formulierungsvorschlag de lege ferenda: Anstelle „das LuftfahrzeugBundesamt“ wird formuliert: „… ist … die für die Führung des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen zuständige Bundesbehörde … ausschließlich zuständig“. Alternativ im Sinne der Rechtsklarheit ggf. noch besser: „… ist … das Amtsgericht Braunschweig ausschließlich zuständig.“ _____________ 6)

BGH, Beschl. v. 11.5.1993 – X ARZ 347/93, Rpfleger 1993, 355 (mit zust. Anm. Falk); BGH, Beschl. v. 14.7.1993 – X ARZ 461/93, Rpfleger 1994, 30 (m. Anm. Pfeiffer, IPRax 1994, 421 – 426).

§ 171c Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme und Quasi-Zwangsverwaltung (1) Die Zwangsversteigerung darf erst angeordnet werden, nachdem das Luftfahrzeug in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist. Der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung kann jedoch schon vor der Eintragung gestellt werden. (2) Bei der Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Gericht zugleich die Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs anzuordnen. Die Beschlagnahme wird auch mit der Vollziehung dieser Anordnung wirksam. (3) Das Gericht kann zugleich mit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens im Einverständnis mit dem betreibenden Gläubiger anordnen, daß die Bewachung und Verwahrung einem Treuhänder übertragen wird, den das Gericht auswählt. Der Treuhänder untersteht der Aufsicht des Gerichts und ist an die ihm erteilten Weisungen des Gerichts gebunden. Das Gericht kann ihn im Einverständnis mit dem Gläubiger auch ermächtigen, das Luftfahrzeug für Rechnung und im Namen des Schuldners zu nutzen. Über die Verwendung des Reinertrages 1272

Wedekind

§ 171c

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

macht, gilt diese Gerichtszuständigkeit auch für gegnerische Parteien, also hier für Schuldner, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben.6) IV. Ermittlung des Standortes 12

Das bei Schiffen beschriebene Problem der Ermittlung des Standortes in einem – sehr viel kleineren – ausschließlichen Zuständigkeitsbezirk (siehe § 163 Rz. 8 ff. [Wedekind]) stellt sich bei Luftfahrzeugen nicht. V. Pfandrechtsregister

13

Zum Pfandrechtsregister siehe § 171a Rz. 114 ff. [Wedekind]. VI. Klarstellungsbedarf im Gesetz?

14

Auch wenn man im Ergebnis über eine Auslegung (siehe Rz. 7 f.) zu einer Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts kommen mag, ist es ein unhaltbarer Zustand, dass das Gesetz an einem derartigen Mangel leidet, der ggf. das gesamte Verfahren aushebeln kann. Zudem scheint Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beachtet. Hier wäre eine redaktionelle Bereinigung dringend wünschenswert.

15

Konkreter Formulierungsvorschlag de lege ferenda: Anstelle „das LuftfahrzeugBundesamt“ wird formuliert: „… ist … die für die Führung des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen zuständige Bundesbehörde … ausschließlich zuständig“. Alternativ im Sinne der Rechtsklarheit ggf. noch besser: „… ist … das Amtsgericht Braunschweig ausschließlich zuständig.“ _____________ 6)

BGH, Beschl. v. 11.5.1993 – X ARZ 347/93, Rpfleger 1993, 355 (mit zust. Anm. Falk); BGH, Beschl. v. 14.7.1993 – X ARZ 461/93, Rpfleger 1994, 30 (m. Anm. Pfeiffer, IPRax 1994, 421 – 426).

§ 171c Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme und Quasi-Zwangsverwaltung (1) Die Zwangsversteigerung darf erst angeordnet werden, nachdem das Luftfahrzeug in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist. Der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung kann jedoch schon vor der Eintragung gestellt werden. (2) Bei der Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Gericht zugleich die Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs anzuordnen. Die Beschlagnahme wird auch mit der Vollziehung dieser Anordnung wirksam. (3) Das Gericht kann zugleich mit der einstweiligen Einstellung des Verfahrens im Einverständnis mit dem betreibenden Gläubiger anordnen, daß die Bewachung und Verwahrung einem Treuhänder übertragen wird, den das Gericht auswählt. Der Treuhänder untersteht der Aufsicht des Gerichts und ist an die ihm erteilten Weisungen des Gerichts gebunden. Das Gericht kann ihn im Einverständnis mit dem Gläubiger auch ermächtigen, das Luftfahrzeug für Rechnung und im Namen des Schuldners zu nutzen. Über die Verwendung des Reinertrages 1272

Wedekind

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

§ 171c

entscheidet das Gericht. In der Regel soll er nach den Grundsätzen des § 155 verteilt werden. Literatur zu Abs. 1: Siehe Literatur zu § 171b ZVG. Literatur zu Abs. 2 und 3: Dobberahn, Rechte an Schiffen und Luftfahrzeugen, MittRhNotK 1998, 145; Melzer/Haslach, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge aus deutschem Registerpfandrecht, ZLW 2003, 582; Schölermann/Schmid-Burgk, Flugzeuge als Kreditsicherheit, WM 1990, 1137. Literatur zu Schiffen (analog verwendbar): Berges, Geschäftsführung in der Vollstreckung, KTS 1956, 113; Mohrbutter, Treuhänderische Nutzung eines Schiffes in der Zwangsversteigerung – Ein Beitrag zur Geschäftsfortführung in der Vollstreckung, KTS 1963, 21. Übersicht I. II. III. 1. 2.

Zweck der Norm .................................. 1 Anwendungsbereich ............................ 2 Anordnungsgegner .............................. 3 Anordnung gegen Eigentümer ............. 4 Anordnung gegen Nichteigentümer – Eigenbesitzer oder Nichtbesitzer? ..... 10 IV. Sonderfälle: z. B. herrenloses Luftfahrzeug ....................................... 15 V. Beschlagnahme – Wirksamwerden und Wirkungen .................................. 16 1. Wirksamwerden ................................... 16 2. Wirkung ............................................... 17 3. Besonderheiten bei Beitritt? .......................................... 19

I.

VI. „Reine“ Bewachung und Verwahrung bei Verfahrensanordnung gemäß Absatz 2 .............. 21 VII. Treuhänderische Nutzung = „Quasi-Zwangsverwaltung“ ............. 25 1. Allgemeines ......................................... 25 2. Vertretertheorie oder Partei kraft Amtes? ........................................ 28 3. „Echte“ Zwangsverwaltung gemäß §§ 146, 171a ZVG – ein Plädoyer ....... 29 4. Betriebsfortführung ............................ 41 5. Fertigbau bei Bauwerken und Wracks .......................................... 42 6. Weitere praktische Fragen .................. 46 VIII. Insolvenz ........................................... 53

Zweck der Norm

Der Normzweck des Abs. 1 besteht darin, die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu regeln im Hinblick auf die Besonderheit, dass bei Luftfahrzeugen keine Eintragungspflicht in das Register besteht. Daher legt § 171c Abs. 1 ZVG fest, dass die Zwangsversteigerung erst angeordnet werden darf, nachdem das Luftfahrzeug in ein Register (hier: das Pfandrechtsregister) eingetragen ist, wenngleich der Antrag auf Zwangsversteigerung auch schon vor dieser Eintragung gestellt werden kann. Absätze 2 und 3 entsprechen der Vorschrift des § 165 ZVG in der Schiffsversteigerung. Die Bestimmungen dienen der Sicherstellung der Verfahrensdurchführung und ersetzen unter bestimmten Voraussetzungen die gesetzlich nicht geregelte Zwangsverwaltung.

1

II. Anwendungsbereich Absätze 2 und 3 gelten für inländische und ausländische Luftfahrzeuge (siehe § 171h ZVG). Absatz 1 gilt nur für inländische Luftfahrzeuge (da er die Eintragung im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen voraussetzt).

2

III. Anordnungsgegner Der Versteigerungsantrag kann bereits vor der Eintragung des Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen gestellt werden. Dem Antrag darf aber erst nach der Eintragung stattgegeben werden (§ 171c Abs. 1 ZVG). Dieses ist ähnlich wie bei den Schiffsbauwerken/Schwimmdocks (§ 170a ZVG). Wedekind

1273

3

§ 171c 1.

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

Anordnung gegen Eigentümer

4

Eine Anordnung ist (eigentlich) nur zulässig gegen den (wahren) Eigentümer. Anders als bei Grundstücken erfordert der Eigentumserwerb an einem Luftfahrzeug aber keine Registereintragung (siehe § 171a Rz. 55 ff. [Wedekind]).

5

Ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragener Eigentümer gilt zugunsten eines Registerpfandrechtsgläubigers als Eigentümer (§ 48 Satz 1 LuftFzG); daher ist aus Sicht des die Immobiliarvollstreckung gemäß §§ 171a ZVG betreibenden Gläubigers ggf. ein nicht in der Luftfahrzeugrolle eingetragener Eigentumswechsel vor Beschlagnahme unbeachtlich. Das Verfahren wird dann gegen den – später neu – eingetragenen Eigentümer fortgesetzt.

6

Der wahre Eigentümer muss Einwendungen gegen das Registerpfandrecht gemäß § 48 Satz 2 LuftFzG, gegen den Anspruch eines persönlichen Gläubigers gemäß § 771 ZPO geltend machen.

7

War der Eigentumswechsel eingetragen, so ist dem dinglichen Gläubiger Gelegenheit zur Vorlage eines gegen den neuen Eigentümer gerichteten Vollstreckungstitels zu geben; das wegen eines persönlichen Anspruchs betriebene Verfahren ist gemäß §§ 171a, 28 ZVG aufzuheben.

8

Bei Eigentumswechsel nach Beschlagnahme gelten §§ 23 Abs. 2, 26 ZVG entsprechend. Dieses ergibt sich aus § 171a ZVG.

9

Über die dem Eigentümer gleichstehenden Personen (Schuldner, Eigentümer, Erbe etc.) siehe § 164 Rz. 16 ff. [Wedekind]. Hierbei ist zu beachten, dass es eine dem Schiffer rechtlich gleichgestellte Person bei den Luftfahrzeugen nicht gibt. 2.

Anordnung gegen Nichteigentümer – Eigenbesitzer oder Nichtbesitzer?

10

Dass eine Anordnung der Zwangsversteigerung nur gegen den Eigentümer zulässig ist, entspricht den Regelungen über die Grundstücksversteigerung. Dort allerdings ist eine Zwangsverwaltung auch gegen den Eigenbesitzer (der nicht Eigentümer ist) zulässigerweise möglich (§ 147 ZVG).

11

Bei Schiffen ist die Beantragung einer eigenständigen Zwangsverwaltung nach der herrschenden Meinung nicht zulässig, während die hier vertretene Auffassung (siehe § 165 Rz. 173 ff. [Wedekind]) dies für hinterfragenswert hält, da das ZVG in der Normenhierarchie nicht unter der ZPO steht, also insbesondere § 870a ZPO ohne Weiteres durch § 162 ZVG Erweiterungen oder Änderungen erfahren kann.

12

Nach der herrschenden Meinung ist die Quasi-Zwangsverwaltung (treuhänderische Nutzung gemäß § 165 Abs. 2 Satz 3 ZVG) nur eine Variante in demselben Zwangsversteigerungsverfahren, kann sich also nur gegen denselben Schuldner richten. Dieses ist bei Schiffen entweder der Eigentümer (auch „Reeder“ genannt) oder – dies ist eine Besonderheit bei Schiffen – der Schiffer (auch „Schiffsführer“ oder „Kapitän“ genannt), wobei gegen Letzteren nur die Schiffsgläubiger (eine weitere Besonderheit des Schiffsversteigerungsrechts) antragsberechtigt sind. Der Schiffer muss hierbei unmittelbaren Eigenbesitz haben.

1274

Wedekind

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

§ 171c

Bei Luftfahrzeugen hingegen gibt es keine Rechtsfigur, die dem Schiffer oder den Schiffsgläubigern entspricht. Im Grundsatz1) dürfen nur die Registerpfandrechtsgläubiger vollstrecken, und dies auch nur gegen den Eigentümer mit der oben dargestellten Besonderheit, dass der eingetragene Eigentümer insoweit als der Eigentümer i. S. v. § 171a ff. ZVG gilt.

13

Im Ergebnis ist damit also sogar die Anordnung der Zwangsversteigerung gegen einen Fiktiv-Eigenümer möglich, also gegen einen Nicht-Eigentümer, nämlich den Veräußerer, dessen Eigentumsverlust noch nicht in der Luftfahrzeugrolle eingetragen ist. Dieser Veräußerer ist oft gerade kein Eigenbesitzer. Vielmehr wird dieser Fiktiv-Eigentümer (gemäß § 48 Satz 1 LuftFzG) in der Regel den Besitz an den Erwerber (und noch nicht eingetragenen Eigentümer übertragen haben und hat ggf. gar keinen Besitz mehr (also auch keinen Fremdbesitz).

14

IV. Sonderfälle: z. B. herrenloses Luftfahrzeug Hier kann auf die entsprechenden Ausführungen zu Schiffen in entsprechender Anwendung zurückgegriffen werden: Es ist gemäß § 787 Abs. 2 ZPO ein Vertreter zu bestellen (siehe § 164 Rz. 32 [Wedekind]).

15

V. Beschlagnahme – Wirksamwerden und Wirkungen 1.

Wirksamwerden

Die Beschlagnahme wird ähnlich wie bei den Schiffen wirksam:

16



mit der Zustellung des Beschlagnahmebeschlusses an den Vollstreckungsschuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG) oder



mit dem Eingang des Ersuchens um Eintragung des Versteigerungsvermerkes bei dem Gericht, bei dem das Pfandrechtsregister geführt wird (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 171a Satz 2 ZVG i. V. m. Satz 1), oder



mit dem Vollzug der Verwahrung und Bewachung (§ 171c Abs. 2 Satz 2 ZVG); vgl. bei der Zwangsverwaltung die entsprechende Regelung in § 151 Abs. 1 ZVG,

und davon mit dem frühesten der drei möglichen Zeitpunkte. 2.

Wirkung

Die Wirkungen der Beschlagnahme sind wie bei den Schiffen (siehe § 165 Rz. 101 ff., 105 ff. [Wedekind]), wobei sich Besonderheiten ergeben, die zum einen aus den Spezifika des Zubehörbegriffs bei Luftfahrzeugen (siehe § 171a Rz. 27 ff. [Wedekind]) folgen, zum anderen aus der Besonderheit hinsichtlich der Ersatzteile (siehe § 171a Rz. 41 ff. [Wedekind]).

17

Soweit nach obigen Ausführungen die § 171a ff. ZVG nicht anwendbar sind, also insbesondere für Ersatzteile (und ausgebaute Triebwerke), kann folgerichtig auch keine Beschlagnahmewirkung gemäß § 171c ZVG eintreten.

18

_____________ 1)

Es gibt von diesem Grundsatz nur wenige Ausnahmen gemäß §§ 75 ff. LuftFzgG: Bergungskosten und außerordentliche zur Erhaltung des Luftfahrzeugs nötige Aufwendungen, sofern diese Maßnahmen im Ausland vollendet wurden und nach LuftFzgAbk anzuerkennen sind – siehe § 171a Rz. 87 – die praktische Relevanz ist gering.

Wedekind

1275

§ 171c 3.

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

Besonderheiten bei Beitritt?

19

§ 9 ZVG ist anwendbar; ebenso ist beim Beitritt § 27 ZVG anwendbar.

20

Eine erneute Anordnung der von Amts wegen anzuordnenden Bewachung und Verwahrung gemäß § 171c Abs. 2 Satz 1 ZVG erfolgt wegen des Beitritts nicht wie auch bei § 165 ZVG (siehe § 162 Rz. 51 [Wedekind]). VI. „Reine“ Bewachung und Verwahrung bei Verfahrensanordnung gemäß Absatz 2

21

Die gemäß § 171 Abs. 2 ZVG von Amts wegen vorzunehmende Anordnung der Bewachung und Verwahrung entspricht § 165 Abs. 1 ZVG (siehe § 165 Rz. 71 ff. [Wedekind]). Die als gesetzlicher Regelfall vorgesehene Möglichkeit, dass das Gericht selbst diese Bewachung und Verwahrung vornimmt (Abs. 1), dürfte heute rein theoretischer Natur sein. Regelfall wird auch bei „reiner Bewachung und Verwahrung“ gemäß § 171c ZVG (wie auch bei den parallelen Normen § 165 Abs. 1 ZVG oder § 25 ZVG) die Bestellung eines Dritten sein (bei §§ 165 Abs. 1 ZVG und § 171c Abs. 1 ZVG "Treuhänder" und bei § 25 ZVG üblicherweise "Sequester" genannt).

22

Wie oben bereits ausgeführt, kann die Beschlagnahme auch mit der Vollziehung der Bewachung und Verwahrung wirksam werden (§ 171c Abs. 2 ZVG) – in der Praxis wird dies selten rechtlich entscheidend sein – wie auch bei den Zwangsverwaltungen von Grundstücken, wo das Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt in der Regel der früheste der drei möglichen Beschlagnahmezeitpunkte ist (anders ggf. bei den Schiffen, wenn das Schiffsregister bei einem anderen Gericht als dem Vollstreckungsgericht geführt wird, siehe dazu § 165 Rz. 103 [Wedekind]).

23

Auch hier gilt aber die dringende Anregung an das Gericht, die Beschlüsse so klar zu fassen, dass deren Umsetzung – insbesondere eine ggf. notwendige Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers – auf keine vermeidbaren Probleme stößt.

24

Die ordnungsgemäße Durchführung einer reinen Bewachung und Verwahrung besteht im Regelfall in der sicheren Unterbringung des Flugzeugs in einer Halle (Vertrag mit der Flughafengesellschaft), im Abschluss einer Stilllegekaskoversicherung, in der Siegelung bzw. Blockierung des Gashebels, der Steuereinrichtungen und der Kabinentür sowie in dem gegenüber der Flugleitung ausgesprochenen Startverbot. Stichprobenartige Kontrollgänge zweimal pro Woche genügen, tägliche Kontrollgänge sind nicht erforderlich.2) Der Bewacher/Treuhänder darf diese Kontrollgänge ganz oder teilweise auf eine zuverlässige Person (juristische Person oder natürliche Person) übertragen.3) VII. Treuhänderische Nutzung = „Quasi-Zwangsverwaltung“ 1.

25

Allgemeines

Gemäß § 171 Abs. 3 Satz 3 ZVG „kann“ das Gericht darüber hinaus „im Einverständnis mit dem betreibenden Gläubiger“ die treuhänderische Nutzung anordnen (diese Regelung entspricht § 165 Abs. 1 ZVG, siehe § 165 Rz. 71 ff. [Wedekind]). _____________ 2) 3)

LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121; ähnlich auch schon AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47. AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47.

1276

Wedekind

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

§ 171c

Die setzt – wie bei § 165 Abs. 2 ZVG – die einstweilige Einstellung des (Zwangsversteigerungs-)Verfahrens (wie bei § 165 ZVG aus beliebigem rechtlichen Grund siehe § 165 Rz. 14 ff. [Wedekind]) voraus.

26

Des Weiteren erforderlich ist die Zustimmung des betreibenden Gläubigers – wobei dies wohl eher in der Praxis als „auf Antrag des Gläubigers“ zu lesen ist, auch wenn theoretisch auch vorstellbar wäre, dass die Idee und Initiative vom Gericht ausgeht. (vgl. zu der parallelen Frage bei § 165 Rz. 17 ff. [Wedekind]).

27

2.

Vertretertheorie oder Partei kraft Amtes?

Dass im Gesetz auch noch die inzwischen obsolete reine Vertretertheorie ihren Niederschlag gefunden hat, ist dem Entstehungszeitpunkt der Norm geschuldet, entspricht aber nicht mehr dem heutigen Stand von Literatur und Rechtsprechung. Das Gesetz spricht vom „Treuhänder“, sodass eine Auslegung nach modernen Kriterien über diesen Begriff eröffnet wird. Treuhänder4) ist nach heutigem Verständnis eine Partei kraft Amtes, die als Vermögensverwalter neben den Schuldner tritt. Insofern ist also die Nutzung und das Ziehen von Nutzungen „für Rechnung und im Namen des Schuldners“ zeitgemäß in derselben Weise auszulegen wie bei z. B. beim Zwangsverwalter. 3.

28

„Echte“ Zwangsverwaltung gemäß §§ 146, 171a ZVG – ein Plädoyer

Dass es nach der herrschenden Meinung keine „echte“ Zwangsverwaltung gibt – zu der hier vertretenen Mindermeinung zu § 165c ZVG, die für 171c ZVG entsprechend vertreten wird, sogleich noch Näheres – wirkt sich bei Luftfahrzeugen besonders negativ aus.5)

29

Denn Flugzeuge werden oft verchartert, wobei „Charter“ Miete oder Pacht entspricht. Diese Miet- oder Pachtzinsen machen oft den Ertragswert des Luftfahrzeugs aus und sind die maßgebliche Quelle für die finanziellen Mittel zur Rückführung der Kredite, zu deren Sicherung die Registerpfandrechte bestellt werden.

30

Zwar werden die Miet-/Pacht-/Charter-Forderungen in der Regel abgetreten,6) dieses ist aber ebenso wenig insolvenzfest wie eine entsprechende Pfändung (auch wenn sie aufgrund dinglichen Titels erfolgen würde, sog. dingliche Pfändung). Dies hat der BGH mehrfach ausdrücklich entschieden.7)

31

Zwar wird z. T. argumentiert, insolvenzrechtlich seien Luftfahrzeuge als bewegliche Sachen zu behandeln. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Insolvenzrechtlich werden Luftfahrzeuge sowohl als bewegliche wie auch als unbewegliche Sachen _____________

32

4)

5) 6) 7)

Vgl. zum „Treuhänder“ im Rahmen des sog. Verbraucherinsolvenzverfahrens und des Restschuldbefreiungsverfahrens: Auch wenn der „Treuhänder“ inzwischen wegen erweiterter Befugnisse ebenso als „Verwalter“ bzw. Insolvenzverwalter bezeichnet wird, ist das Beispiel weiterhin valide, denn in dem heutigen „Verwalter“ „steckt“ noch der vormalige „Treuhänder“ – beides sind Parteien kraft Amtes. Kurzum: Auch der „Treuhänder“ i. S. v. § 171c Abs. 3 ZVG (jedenfalls der Treuhänder gemäß Abs. 3 Satz 3) ist eine derartige Partei kraft Amtes, die u. a. einem Zwangsverwalter i. S. d. §§ 146 ff. ZVG, §§ 1 ff. ZwVwV vergleichbar ist. Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1145 f. Melzer/Haslach, ZLW 2003, 582, 598 ff.; Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1145 f. So z. B. BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 197/11, NJW 2013, 3520-352 BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, NJW 2008, 1599 f.

Wedekind

1277

§ 171c

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

behandelt, denn nach allgemeiner Auffassung steht dem zur abgesonderten Befriedigung berechtigten Registerpfandrechtsgläubiger der Weg offen, gemäß § 171a ZVG, § 49 InsO die Zwangsversteigerung eines Luftfahrzeugs zu beantragen. 33

Es ist mithin naheliegend, dass die Abtretung von Miet-/Pacht-/Charterforderungen gemäß § 110 InsO unwirksam wird, mithin das Absonderungsrecht insoweit nicht besteht.

34

Wie anders wäre die rechtliche Lage und die Werthaltigkeit des Registerpfandrechts, wenn wie bei Grundstücken eine „echte“ Zwangsverwaltung gemäß §§ 146 ZVG zulässig wäre! Was hier – ausdrücklich als Mindermeinung – so vertreten wird.

35

Hierzu ist zunächst zu präzisieren, dass sich hinsichtlich der Einnahmen, die aus einer treuhänderischen Nutzung erzielt werden, bereits nach heutiger allgemeiner Auffassung, die Beschlagnahme nach § 171a ff. ZVG gegen einen etwaigen Insolvenzbeschlag durchsetzen würde, denn eine – insolvenzfeste – Beschlagnahme der laufenden Mieten und Pachten erfolgt auch bereits nach der der heutigen h. M. entsprechenden Auslegung von § 171c Abs. 3 ZVG. Dass dort in der Regel noch der veralteten reinen Vertretertheorie gefolgt wird, während sich für Insolvenzverwalter und Zwangsverwalter die Theorie von der Partei-kraft-Amtes durchgesetzt hat, ist kein valides Argument, sondern nur ein Indiz dafür, dass die Diskussion zu den §§ 162 – 171n ZVG seit einiger Zeit stagniert und auf die Höhe der differenzierteren Betrachtungen gebracht werden muss, wie sie sich zur Rechtstellung des Insolvenzverwalters und Zwangsverwalters herausgebildet haben.

36

Man mag noch einwenden, dass eine Erweiterung der dinglichen Haftung nicht allein über die vollstreckungsrechtlichen Normen der ZPO und des ZVG erfolgen könne, sondern diese nur die zivilprozessrechtliche Umsetzung der zivilrechtlichen materiellen Rechtslage (Haftungsverband der Hypothek bzw. des Registerpfandrechts) seien. Hierbei ist aber zu beachten, dass das Recht der Registerpfandrechte ausdrücklich eine Erweiterung der dinglichen Haftung auch auf Ersatzteile zulässt und – wenngleich dort dann im Rahmen der Mobiliarvollstreckung – ein Vorrang gemäß § 805 ZPO zu beachten ist. Daran also, dass materiellrechtlich ein dinglicher Vorrang besteht, kann also kein Zweifel bestehen. Dies unterstreicht auch die Existenz von § 171c Abs. 3 ZVG und dessen Auslegung nach h. M.

37

Es ist also lediglich die Frage, wie dieser dingliche Vorrang gewahrt wird (und diese Frage ist auch nur hinsichtlich der vor Beschlagnahme fällig gewordenen Nutzungen offen).

38

Dass der dingliche Vorrang durch die derzeitige h. M. mit einer dann wohl unzutreffenden Subsumtion unter § 110 InsO ausgehöhlt wird, kann nicht richtig sein. Konsequent und logisch wäre es, notfalls durch eine entsprechende Klarstellung de lege ferenda im Gesetz, dass die Miet-/Pacht-/Charterforderungen über eine Zwangsverwaltung eines Luftfahrzeugs beschlagnahmt werden können und somit gemäß obig zitierter BGH-Rechtsprechung das Absonderungsrecht an diesen gewahrt bleibt.

39

Da die zitierte BGH-Rechtsprechung dogmatisch konsequent ist, liegt es nahe, entweder bereits jetzt § 171c ZVG in dem Sinne auszulegen, dass eine „echte“ Zwangsverwaltung zulässig ist und die treuhänderische Nutzung im Rahmen eines einst-

1278

Wedekind

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

§ 171c

weilen eingestellten Zwangsversteigerungsverfahrens also nur eine weitere Möglichkeit ist. Oder aber der Gesetzgeber muss diese Klarstellung vornehmen. Der maßgebliche Großkommentar in seiner letzten aktuellen Auflage 1986 jedenfalls spricht sich für eine Zwangsverwaltung in gleichem Umfange wie bei der Schiffsversteigerung aus (wo auch schon eine klare Tendenz erkennbar ist, die „echte“ Zwangsverwaltung für zulässig zu halten).8) 4.

Betriebsfortführung

Dogmatisch regelt § 171c Abs. 3 Satz 3 ZVG eine Betriebsfortführung, wie sie der BGH und die überwiegende Meinung bei Grundstücken auch in engen Grenzen (insbesondere Grundstücksbezogenheit des Betriebes)9) für zulässig hält. 5.

40

41

Fertigbau bei Bauwerken und Wracks

Wie auch bei Schiffen stellt sich die Frage, wie weitreichend die Befugnisse des Treuhänders/Quasi-Zwangsverwalters sind.

42

Ein Fertigbau von unfertigen Flugzeugen dürfte schon deswegen ausscheiden, weil diese nicht den § 171a ZVG unterfallen (es fehlt an der Eintragungsfähigkeit in die Luftfahrzeugrolle, siehe § 171a Rz. 114 ff. [Wedekind]). Bei Wracks ist zu differenzieren: Ist die Wrackeigenschaft schon bei Anordnung gegeben, fehlt es an einem zulässigen Vollstreckungsgegenstand (siehe § 171a Rz. 17, 52 ff. [Wedekind]).

43

Verunfallt ein Flugzeug jedoch nach der Beschlagnahme, stellt sich die Frage, ob das Zwangsversteigerungsverfahren und damit auch die Quasi-Zwangsverwaltung/ Treuhandsverwaltung gemäß § 171c Abs. 3 Satz 3 ZVG aufzuheben ist, oder ob ggf. vorstellbar ist, dass der Treuhänder noch die Wracksicherung/Beseitigung vorzunehmen hat und ggf. die Versicherungsforderung einzieht (zu der Frage, inwieweit sich die Beschlagnahme überhaupt auf die Versicherungsforderung erstreckt siehe § 171a Rz. 45 [Wedekind].

44

Im Beschlagnahmeumfang des Zwangsversteigerungsverfahrens ist die Versicherungsforderung (dingliche Surrogation – die Versicherungsleistung bzw. die entsprechende Forderung gegen die Versicherung tritt wirtschaftlich und rechtlich an die Stelle des verlorenen Substanzwerts) nur hinsichtlich des Treuhänders/Quasi-Zwangsverwalters unklar, ob in dessen Zuständigkeit auch die Versicherungsforderung fällt und was daraus konkret rechtlich und praktisch folgt (zu der parallelen Frage bei Schiffen siehe § 165 Rz. 141 ff. [Wedekind]).

45

6.

Weitere praktische Fragen

Zur Vergütung siehe die entsprechenden Ausführungen zur Parallelnorm bei Schiffsversteigerungen (§ 165 Rz. 35 ff., 129 ff. [Wedekind]). Die Bemessung der Vergütung hat – auch dann wenn ein Gerichtsvollzieher beauftragt ist – nicht etwa nach den

_____________ 8) 9)

Steiner-Hagemann, § 171c Rz. 2; vgl. auch Steiner-Hagemann, § 165 Rz. 1. Grundlegend: BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 16/05, BGHZ 163, 9 – 19; ausführlich dazu Schmidt-Räntsch, ZInsO 2006, 303 – 314.

Wedekind

1279

46

§ 171c

Besondere Anordnungsvoraussetzungen, Wirksamwerden der Beschlagnahme

Gerichtsvollziehergebühren zu erfolgen, vielmehr ist eine „angemessene“ Vergütung festzusetzen.10) 47

Bei Kontrollgängen kann ein Pauschalbetrag je Kontrollgang beantragt werden.11) Die Vergütung für eine reine Bewachung und Verwahrung hat sich an der vergleichbaren Vergütung nach § 25 ZVG zu orientieren.12)

48

Bei der Quasi-Zwangsverwaltung ist die Vergütung entsprechend den Regelungen für Zwangsverwalter (§§ 152a, 17 – 22 ZwVwV) zu bemessen, die auch für eine Bewachung und Verwahrung nach § 25 ZVG (hier: gemäß § 171c Abs. 2 ZVG) herangezogen werden kann.13)

49

Hierbei ist es zweifelhaft, ob das Gericht im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nachträglich die Auffassung vertreten darf, es seien die unstreitig tatsächlich täglich durchgeführten Kontrollgänge nur zweimal je Woche notwendig gewesen und mit der Begründung die Vergütung auf 2/7 zurückkürzen darf.14)

50

Dem Treuhänder/Bewacher ist daher anzuraten, dem Gericht frühzeitig näher darzulegen, welche Frequenz von Kontrollgängen er für erforderlich hält, um so zum einen die Haftung für etwaige Schäden, die bei häufigeren Kontrollgängen vermeidbar gewesen wären, im Wege der Amtshaftung auf das Gericht zu verlagern, und um zum anderen sicherzustellen, dass die tatsächliche Tätigkeit später auch bezahlt wird.

51

Folgt der Treuhänder einer Weisung des Vollstreckungsgerichts, den Aufwand seiner Tätigkeit zu beschränken und führt das später zu der Beurteilung, dass diese Intensität an Überwachung und Kontrolle nicht ausreichend war, führt das dann unzweifelhaft zu Amtshaftungsansprüchen.

52

Es ist im Übrigen ein allgemeiner Grundsatz staatlicher Vergütungsordnungen, dass das Haftungsrisiko sich in anzuwendenden Stundensätzen ebenso niederzuschlagen hat wie besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten. Da es bei Luftfahrzeugen typischerweise um erhebliche Werte geht, scheint es verfehlt, allein auf den Zeitaufwand abzustellen, ohne den Wert der bewachten Sache mit in die Überlegungen

_____________ 10) LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121; AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47 sowie zur parallelen Rechtslage bei der Schiffsversteigerung LG Osnabrück, Beschl. 17.5.1965 – 8 T 86/65, DGVZ 1965, 210 (m. zustimm. Anm. Mohrbutter, S. 211). 11) AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47, wobei der 1970 für angemessen angesehene Satz von 15 DM je Kontrollgang wohl weit unter dem heute Angemessenen liegen dürfte; LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121 erwähnt einen Satz von 50 DM je Kontrollgang. 12) LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121. 13) LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121 (LS). 14) So aber LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121.

1280

Wedekind

§ 171d

Terminsbestimmung

einzubeziehen. Dass sich in den zitierten Entscheidungen15) dazu nicht einmal Erwägungen finden, macht diese ermessensfehlerhaft. Denn diese Frage des Werts der bewachten, überwachten und ggf. treuhänderisch genutzten Sache ist in die Ermessensentscheidung über die Vergütungsfestsetzung einzubeziehen. Fehlt es daran, liegt ein Ermessensausfall vor und ist die Entscheidung schon aus dem Grunde angreifbar. VIII. Insolvenz Die Kollision zwischen Insolvenzbeschlag, Registerpfandrecht und den §§ 171a ff. ZVG wird maßgeblich bestimmt durch die Frage der Einordnung in dem Spannungsverhältnis zwischen Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung (siehe dazu § 162 Rz. 80 f. [Wedekind]).

53

Die Rechtslage insoweit scheint nicht wirklich klar.16) Auch ist zu fragen, ob angesichts der immensen wirtschaftlichen Bedeutung, zumal nach Einführung von Verbriefungen (siehe § 171a Rz. 136 ff. [Wedekind] zum Luftfahrzeugpfandbrief) nicht eine Klarstellung im Gesetz dringend erforderlich ist.

54

Zum Inhalt dieser Klarstellung wird hier die Auffassung vertreten, dass der vollstreckungsrechtliche Weg, die Luftfahrzeuge insoweit dem Immobiliarvollstreckungsrecht zuzuordnen, entsprechend konsequent auch für die Berührungspunkte zum Insolvenzrecht zu sehen wäre. Soweit dies nicht schon jetzt im Wege richtiger Auslegung zu erreichen ist, wäre dieses durch den Gesetzgeber eindeutig zu regeln.

55

_____________ 15) LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121; AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47 sowie zur parallelen Rechtslage bei der Schiffsversteigerung LG Osnabrück, Beschl. 17.5.1965 – 8 T 86/65, DGVZ 1965, 210 (m. zustimm. Anm. Mohrbutter, S. 211). 16) Vgl. die detaillierte Kritik von Melzer/Haslach, ZLW, 2003, 582, 598 ff., die auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung dieser Frage für Leasing und damit für Finanzierung von Luftfahrzeugen hinweisen.

§ 171d Terminsbestimmung (1) In der Bestimmung des Versteigerungstermins soll das Luftfahrzeug nach dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen bezeichnet werden. (2) Die in § 39 Abs. 2 vorgesehene Anordnung ist unzulässig. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171a ZVG. Übersicht I. II. III. 1. 2. 3.

Zweck der Norm .................................. 1 Anwendungsbereich ............................ 5 Bezeichnung des Luftfahrzeuges ........ 6 Ordnungsvorschrift .............................. 6 § 37 Nr. 1 ZVG ..................................... 7 Bezeichnung des Luftfahrzeugs ........... 9 a) Soll-Angaben (wohlgemerkt nur bei inländischen Luftfahrzeugen) ............................. 9

b) Zwingende Mindestangaben (bei inländischen und ausländischen Luftfahrzeugen) ... 10 c) Fazit für die Praxis hinsichtlich der notwendigen Angaben ........... 13 IV. Keine Aufforderung an nicht im Pfandrechtsregister eingetragene Gläubiger ............................................ 15 V. Bekanntmachung/kein Absehen ...... 19

Wedekind

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§ 171d

Terminsbestimmung

einzubeziehen. Dass sich in den zitierten Entscheidungen15) dazu nicht einmal Erwägungen finden, macht diese ermessensfehlerhaft. Denn diese Frage des Werts der bewachten, überwachten und ggf. treuhänderisch genutzten Sache ist in die Ermessensentscheidung über die Vergütungsfestsetzung einzubeziehen. Fehlt es daran, liegt ein Ermessensausfall vor und ist die Entscheidung schon aus dem Grunde angreifbar. VIII. Insolvenz Die Kollision zwischen Insolvenzbeschlag, Registerpfandrecht und den §§ 171a ff. ZVG wird maßgeblich bestimmt durch die Frage der Einordnung in dem Spannungsverhältnis zwischen Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung (siehe dazu § 162 Rz. 80 f. [Wedekind]).

53

Die Rechtslage insoweit scheint nicht wirklich klar.16) Auch ist zu fragen, ob angesichts der immensen wirtschaftlichen Bedeutung, zumal nach Einführung von Verbriefungen (siehe § 171a Rz. 136 ff. [Wedekind] zum Luftfahrzeugpfandbrief) nicht eine Klarstellung im Gesetz dringend erforderlich ist.

54

Zum Inhalt dieser Klarstellung wird hier die Auffassung vertreten, dass der vollstreckungsrechtliche Weg, die Luftfahrzeuge insoweit dem Immobiliarvollstreckungsrecht zuzuordnen, entsprechend konsequent auch für die Berührungspunkte zum Insolvenzrecht zu sehen wäre. Soweit dies nicht schon jetzt im Wege richtiger Auslegung zu erreichen ist, wäre dieses durch den Gesetzgeber eindeutig zu regeln.

55

_____________ 15) LG Braunschweig, Beschl. v. 27.3.1990 – 8 T 168/90, DGVZ 1990, 121; AG Braunschweig, Beschl. v. 10.3.1970 – 27 K 57/70, DGVZ 1973, 47 sowie zur parallelen Rechtslage bei der Schiffsversteigerung LG Osnabrück, Beschl. 17.5.1965 – 8 T 86/65, DGVZ 1965, 210 (m. zustimm. Anm. Mohrbutter, S. 211). 16) Vgl. die detaillierte Kritik von Melzer/Haslach, ZLW, 2003, 582, 598 ff., die auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung dieser Frage für Leasing und damit für Finanzierung von Luftfahrzeugen hinweisen.

§ 171d Terminsbestimmung (1) In der Bestimmung des Versteigerungstermins soll das Luftfahrzeug nach dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen bezeichnet werden. (2) Die in § 39 Abs. 2 vorgesehene Anordnung ist unzulässig. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171a ZVG. Übersicht I. II. III. 1. 2. 3.

Zweck der Norm .................................. 1 Anwendungsbereich ............................ 5 Bezeichnung des Luftfahrzeuges ........ 6 Ordnungsvorschrift .............................. 6 § 37 Nr. 1 ZVG ..................................... 7 Bezeichnung des Luftfahrzeugs ........... 9 a) Soll-Angaben (wohlgemerkt nur bei inländischen Luftfahrzeugen) ............................. 9

b) Zwingende Mindestangaben (bei inländischen und ausländischen Luftfahrzeugen) ... 10 c) Fazit für die Praxis hinsichtlich der notwendigen Angaben ........... 13 IV. Keine Aufforderung an nicht im Pfandrechtsregister eingetragene Gläubiger ............................................ 15 V. Bekanntmachung/kein Absehen ...... 19

Wedekind

1281

§ 171d I.

Terminsbestimmung

Zweck der Norm

1

Absatz 1 der Norm will sicherstellen, dass eine umfassende Beschreibung des Versteigerungsobjektes im Interesse aller Beteiligten erreicht wird (ähnlich auch wie bei § 167 ZVG). Absatz 2 entspricht § 168 Abs. 3 ZVG bei der Schiffsversteigerung.

2

Der Grund dafür, dass hier ebenfalls in Absatz 2 der § 39 Abs. 2 ZVG für nicht anwendbar bzw. die nach § 39 Abs. 2 ZVG vorgesehene Anordnung für unzulässig erklärt wird, lag darin, dass davon ausgegangen wurde, dass bei Luftfahrzeugen ein derart geringer Wert, dass § 39 Abs. 2 ZVG anwendbar sein könnte, ebenfalls nicht vorstellbar sei.

3

Der Grund dafür, dass man es nicht dabei belassen hat, § 39 Abs. 2 ZVG zwar anwendbar sein zu lassen, aber davon auszugehen, dass es praktisch keine Anwendungsfälle geben würde, dürfte darin zu sehen sein, dass man dem Gericht die Prüfung dieser Frage ersparen wollte und auch das Verfahren von einem möglichen Streit über die Richtigkeit einer Entscheidung des Gerichtes gemäß § 39 Abs. 2 ZVG entlasten wollte.

4

§ 171d ZVG ergänzt die §§ 37 und 38 ZVG (die gemäß § 171a ZVG entsprechend anzuwenden sind). II. Anwendungsbereich

5

Absatz 1 gilt nur für inländische Luftfahrzeuge, denn nur diese sind in dem in Absatz 1 genannten Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (kurz Pfandrechtsregister) verzeichnet (vgl. § 106 Abs. 1 LuftFzgG). Absatz 2 hingegen gilt für inländische Luftfahrzeuge und ausländische Luftfahrzeuge (siehe § 171h ZVG). III. Bezeichnung des Luftfahrzeuges 1.

6

Ordnungsvorschrift

Abs. 1 ist nur eine Ordnungsvorschrift: die Bezeichnung „soll“ nach dem Pfandrechtsregister erfolgen, muss es aber nicht, ein Verstoß ist also zunächst folgenlos. Wohlgemerkt: nur geltend für inländische Luftfahrzeuge. 2.

§ 37 Nr. 1 ZVG

7

Allerdings ist hierbei – wie auch bei § 167 ZVG – zu beachten, dass gemäß § 37 Nr. 1 ZVG (der hier in Verbindung mit § 171a zur Anwendung kommt) das Erfordernis besteht, dass in der Terminsbestimmung zwingend die Mindestangaben enthalten sein müssen, sodass Beteiligte und Dritte erkennen können, welches Luftfahrzeug zur Versteigerung kommen soll.

8

Ein Verstoß gegen § 37 Nr. 1 i. V. m. § 171a ist unheilbar und führt zu einem unheilbaren Zuschlagsversagungsgrund – dieser allgemeine Grundsatz gilt für inländische und ausländische Luftfahrzeuge. (Denn § 171h ZVG verweist auf § 171a ZVG, der wiederum auf die Vorschriften des ersten Abschnitts, und damit auch auf § 37 Nr. 1 verweist).

1282

Wedekind

§ 171d

Terminsbestimmung

3.

Bezeichnung des Luftfahrzeugs

a) Soll-Angaben (wohlgemerkt nur bei inländischen Luftfahrzeugen) Soll-Angaben sind:

9 1)



Registerblattnummer sowie



die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftRegV, § 80 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 LuftFzgG einzutragenden Angaben: •

Nummer des Blattes der Luftfahrzeugrolle



Staatszugehörigkeits- und Eintragungszeichen,



Art, Muster und Werknummer

b) Zwingende Mindestangaben (bei inländischen und ausländischen Luftfahrzeugen) Die Literatur beschränkt sich in der Regel auf den Hinweis auf den dogmatischen Unterschied zwischen Soll-Vorschrift (Abs. 1) und den zwingenden Angaben des § 37 Nr. 1 i. V. m. § 171a ZVG und gibt keine genaue Antwort, was genau denn nun die absolut unverzichtbaren Minimalangaben (in Abgrenzung zu den verzichtbaren bloßen Soll-Angaben) sind.2)

10

Für die Praxis kann daher nur empfohlen werden, nicht zu „sparsam“ bei den Angaben zu sein.

11

Mohrbutter3) sieht z. B. die obigen „Soll-Angaben“ sämtlich vor, noch ergänzt um:

12



Stationierungsort

c) Fazit für die Praxis hinsichtlich der notwendigen Angaben Die Soll-Angaben gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftRegV, § 80 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 LuftFzgG (ggf. noch ergänzt um den Stationierungsort) sind in der Regel auch gemäß § 31 Nr. 1, § 171a ZVG als zwingende Minimalangaben anzusehen (für inländische Luftfahrzeuge).

13

Bei ausländischen Luftfahrzeugen ist in sinngemäßer Anwendung zu verfahren.

14

IV. Keine Aufforderung an nicht im Pfandrechtsregister eingetragene Gläubiger Im Unterschied zu der Parallelnorm § 167 ZVG bei den Schiffen findet bei den Luftfahrzeugen keine Aufforderung an die nicht im Pfandrechtsregister eingetragenen Gläubiger statt (bei Schiffen: sog. Schiffsgläubiger – siehe § 169 Rz. 36 ff., 56 ff. [Wedekind]).

15

Auch etwas dem Aufgebot der Schiffsgläubiger Vergleichbares ist nicht vorgesehen.

16

Zur Erklärung ist anzumerken, dass es zwar keine rechtliche Regelungen bei Luftfahrzeugen gibt, die denen über die Schiffsgläubiger entspricht (sodass es zunächst

17

_____________ 1) 2) 3)

Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen. So z. B. Steiner-Hagemann, ZVG § 171d Rz. 4 und 6 (mit Verweis auf Steiner-Hagemann, ZVG, § 167 Rz. 12, wo aber auch nichts Präziseres steht). Mohrbutter-Drischler, Muster 173 (Antrag) und Muster 174 (Anordnungsbeschluss).

Wedekind

1283

§ 171e

Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung

naheliegend scheint, dass die entsprechenden Normen, die Schiffsgläubiger betreffen, nicht ähnlich auch für Luftfahrzeuge gelte). 18

Aber es gibt gleichwohl auch bei Luftfahrzeugen nicht im Pfandrechtsregister eingetragene Gläubiger, die – ggf. sogar vorrangig – zu berücksichtigen sind (siehe § 171a Rz. 85 ff. [Wedekind]). Diese Gläubigerklasse ist insoweit bei Luftfahrzeugen weniger gut geschützt, als das bei den Schiffen der Fall ist. V. Bekanntmachung/kein Absehen

19

Die Zwangsversteigerung kann gemäß § 171a, 40 Abs. 2 ZVG auch in einem Luftverkehrsfachblatt gekannt bemacht werden.

20

Die Belastung des Luftfahrzeugs mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung muss in der Terminsbestimmung enthalten sein (vgl. § 171e ZVG und die dortige Kommentierung (§ 171e Rz. 1 ff. [Cranshaw]).

21

Die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 2 ZVG ist ausgeschlossen, da der Gesetzgeber davon ausging, dass § 39 Abs. 2 ZVG keinen Anwendungsbereich habe. (Zur Kritik dazu siehe oben zur entsprechenden Norm bei Schiffen § 168 Rz. 18 ff. [Wedekind]).

§ 171e Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung Wedekind/Cranshaw

Für die Zwangsversteigerung eines Luftfahrzeugs, das mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Terminsbestimmung muß die Angabe, daß das Luftfahrzeug mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung belastet ist, und die Bezeichnung dieser Währung enthalten.

2.

In dem Zwangsversteigerungstermin wird vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt und bekanntgemacht, welchen Wert das in ausländischer Währung eingetragene Registerpfandrecht nach dem amtlich ermittelten letzten Kurs in Euro hat. Dieser Kurswert bleibt für das weitere Verfahren maßgebend.

3.

Die Höhe des Bargebots wird in Euro festgestellt. Die Gebote sind in Euro abzugeben.

4.

Der Verteilungsplan wird in Euro aufgestellt.

5.

Wird ein Gläubiger eines in ausländischer Währung eingetragenen Registerpfandrechts nicht vollständig befriedigt, so ist der verbleibende Teil seiner Forderung in der ausländischen Währung festzustellen. Die Feststellung ist für die Haftung mitbelasteter Gegenstände, für die Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners und für die Geltendmachung des Ausfalls im Insolvenzverfahren maßgebend.

Literatur: Maier-Reimer, Fremdwährungsverbindlichkeiten, NJW 1985, 2049; von Bodungen, Mobiliarsicherungsrechte an Luftfahrzeugen und Eisenbahnrollmaterial im nationalen und internationalen Rechtsverkehr, 2009.

1284

Wedekind/Cranshaw

§ 171e

Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung

naheliegend scheint, dass die entsprechenden Normen, die Schiffsgläubiger betreffen, nicht ähnlich auch für Luftfahrzeuge gelte). 18

Aber es gibt gleichwohl auch bei Luftfahrzeugen nicht im Pfandrechtsregister eingetragene Gläubiger, die – ggf. sogar vorrangig – zu berücksichtigen sind (siehe § 171a Rz. 85 ff. [Wedekind]). Diese Gläubigerklasse ist insoweit bei Luftfahrzeugen weniger gut geschützt, als das bei den Schiffen der Fall ist. V. Bekanntmachung/kein Absehen

19

Die Zwangsversteigerung kann gemäß § 171a, 40 Abs. 2 ZVG auch in einem Luftverkehrsfachblatt gekannt bemacht werden.

20

Die Belastung des Luftfahrzeugs mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung muss in der Terminsbestimmung enthalten sein (vgl. § 171e ZVG und die dortige Kommentierung (§ 171e Rz. 1 ff. [Cranshaw]).

21

Die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 2 ZVG ist ausgeschlossen, da der Gesetzgeber davon ausging, dass § 39 Abs. 2 ZVG keinen Anwendungsbereich habe. (Zur Kritik dazu siehe oben zur entsprechenden Norm bei Schiffen § 168 Rz. 18 ff. [Wedekind]).

§ 171e Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung Wedekind/Cranshaw

Für die Zwangsversteigerung eines Luftfahrzeugs, das mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung belastet ist, gelten folgende Sonderbestimmungen: 1.

Die Terminsbestimmung muß die Angabe, daß das Luftfahrzeug mit einem Registerpfandrecht in ausländischer Währung belastet ist, und die Bezeichnung dieser Währung enthalten.

2.

In dem Zwangsversteigerungstermin wird vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt und bekanntgemacht, welchen Wert das in ausländischer Währung eingetragene Registerpfandrecht nach dem amtlich ermittelten letzten Kurs in Euro hat. Dieser Kurswert bleibt für das weitere Verfahren maßgebend.

3.

Die Höhe des Bargebots wird in Euro festgestellt. Die Gebote sind in Euro abzugeben.

4.

Der Verteilungsplan wird in Euro aufgestellt.

5.

Wird ein Gläubiger eines in ausländischer Währung eingetragenen Registerpfandrechts nicht vollständig befriedigt, so ist der verbleibende Teil seiner Forderung in der ausländischen Währung festzustellen. Die Feststellung ist für die Haftung mitbelasteter Gegenstände, für die Verbindlichkeit des persönlichen Schuldners und für die Geltendmachung des Ausfalls im Insolvenzverfahren maßgebend.

Literatur: Maier-Reimer, Fremdwährungsverbindlichkeiten, NJW 1985, 2049; von Bodungen, Mobiliarsicherungsrechte an Luftfahrzeugen und Eisenbahnrollmaterial im nationalen und internationalen Rechtsverkehr, 2009.

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Wedekind/Cranshaw

Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung

§ 171e

Übersicht I. Normzweck ........................................... II. Die Regelungen des § 171e ZVG im Einzelnen ......................................... 1. Rechtsgrundlage und Hintergrund des § 171e ZVG ..................................... a) Inhalt des § 87 LuftFzgG ..............

1 3 3 3

2.

b) Fremdwährungsschuld und § 87 LuftFzgG ........................ 5 c) Welche Fremdwährung ist zugelassen? ................................ 9 Folgen des Rechts in ausländischer Währung gem. § 171e Nr. 1 – 5 ZVG; Währungskursrisiken ............... 10

Cranshaw

I.

Normzweck

§ 171e ZVG ist die für die Versteigerung von Luftfahrzeugen inhaltlich identische Parallelnorm zu den §§ 145a, 168c ZVG über die Versteigerung von Immobilien (§ 145a ZVG) und Schiffen bzw. Schiffsbauwerken (§ 168c ZVG). Grund der Norm ist hier wie dort die gleichberechtigte Teilhabe aller Gläubiger am Versteigerungsergebnis, unabhängig von der Währung, in der ihr Recht bestellt wurde.

1

§ 171e ZVG ist allein auf Flugzeuge im inländischen Register anzuwenden.

2

II. Die Regelungen des § 171e ZVG im Einzelnen 1.

Rechtsgrundlage und Hintergrund des § 171e ZVG

a) Inhalt des § 87 LuftFzgG Grundlage des Registerpfandrechts in ausländischer Währung an in der inländischen Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen ist § 87 LuftFzgG:1)

3

„§ 87 Wird für eine Forderung, die auf ausländische Währung lautet und deren Gläubiger seinen Wohnsitz oder Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat, ein Registerpfandrecht in das Register eingetragen, so kann der Geldbetrag der Forderung und etwaiger Nebenleistungen oder der Höchstbetrag, bis zu dem das Luftfahrzeug haften soll, in ausländischer Währung angegeben werden.“ Die Gesetzesbegründung des § 87 LuftFzgG sieht die Vorschrift als Ergänzung zu § 36 Schiffsregisterordnung (SchRegO),2) auf die § 86 LuftFzgG verweist.3) Grund war damals der „Aufbau der deutschen Luftfahrt“ und die bereits bestehenden dinglichen Rechte an im Ausland angekauften gebrauchten Flugzeugen, eine heute überholte Begründung des historischen Gesetzgebers.

4

b) Fremdwährungsschuld und § 87 LuftFzgG Die Zulässigkeit der Fremdwährungsschuld resultiert als Umkehrschluss aus § 244 BGB, sie besteht als „echte Valutaschuld“.4) „§ 87 LuftfzgG greift diese Möglichkeit _____________ 1) 2) 3) 4)

LuftFzgG, Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, v. 26.2.1059, BGBl. III 403-9, bis zur Fassung d. Art. 16 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. SchRegO v. 19.12.1940, heute i. d. F. der Bekanntmachung v. 26.5.1994, BGBl. I 1994, 1133 i. d. F. bis zu Art. 15 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. BT-Drucks. 423, 3. Wahlperiode v. 9.6.1958, S. 12, 31 f. Vgl. zu solchen Geldschulden, auch zur Begrifflichkeit Palandt/Grüneberg, BGB, § 244 Rz. 22; Prütting/Wegen/Weinreich-Schmidt-Kessel, BGB, § 244 Rz. 12 f.; BGH, Urt. v. 13.7.1987 – II ZR 280/86, BGHZ 101, 296 ff., 302. Das frühere Währungsgesetz mit seinen Einschränkungen, auf das der BGH noch Bezug zu nehmen hatte, wurde durch Art. 7 Drittes Euro-Einführungsgesetz v. 16.12.1999, BGBl. I 1999, 2402, zum 1.1.2002 aufgehoben.

Cranshaw

1285

5

§ 171e

Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung

einer Fremdwährungsschuld auf. Nach dieser Norm kann bei einer durch ein Registerpfandrecht besicherten Forderung, „die auf ausländische Währung lautet und deren Gläubiger seinen Wohnsitz oder Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat [….], der Geldbetrag der Forderung und etwaiger Nebenleistungen oder der Höchstbetrag, bis zu dem das Luftfahrzeug haften soll, in ausländischer Währung angegeben werden". Das Registerpfandrecht lautet dann aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung der Beteiligten auf die vereinbarte ausländische Währung.5) 6

Wird eine derartige Fremdwährungsschuld an einem im Inland in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeug durch ein Registerpfandrecht im inländischen Register besichert (vgl. §§ 1 ff., 24 ff. LuftFzgG), und zwar gegenüber einem ausländischen Forderungsinhaber, ist es möglich, den Betrag der ausländischen Währung einzutragen. Das Registerpfandrecht ist streng akzessorisch (§ 4 LuftFzgG).

7

Die Beschränkung auf einen ausländischen Forderungsinhaber ist in praxi völlig unproblematisch, wenn der inländische Forderungsinhaber nämlich die zu besichernde Forderung an eine ausländische Beteiligungsgesellschaft verkauft und abtritt und erst danach eine Besicherung erfolgt, sodass das Kriterium des Gesetzes erfüllt ist. Der inländische Verkäufer kann auch problemlos eine eigene Finanzierungsbeteiligungsgesellschaft mit ausländischem Sitz einschalten.6)

8

Aufgrund der weiten Fassung des § 1 LuftFzgG findet eine Beschränkung des Registerpfandrechts auf Forderungen im Kontext mit einer Flugzeugfinanzierung nicht statt, vielmehr ist jeder Anspruch besicherbar und damit auch jede Fremdwährungsschuld. In praxi wird es aber fast stets um Finanzierungsgeschäfte mit Flugzeugen oder Triebwerken gehen (vgl. zur letzteren Thematik die §§ 68 ff. LuftFzgG), seien es Kauf- oder Leasingfinanzierungen oder Refinanzierungen derselben. c) Welche Fremdwährung ist zugelassen?

9

Das Gesetz sieht eine Beschränkung auf bestimmte Währungen nicht vor; dass man zum Zeitpunkt des Erlasses des LuftFzgG im Jahre 1959 an Hersteller in den USA, Großbritannien Frankreich usw. gedacht hat und an Verträge in dortiger Währung, namentlich in US-$, mag sein, kommt aber in der Gesetzesbegründung nicht zum Ausdruck. Es ist daher Sache der Vertragsparteien, sich hier zu einigen. 2.

10

Folgen des Rechts in ausländischer Währung gem. § 171e Nr. 1 – 5 ZVG; Währungskursrisiken

Auf die Kommentierung zu § 145a ZVG wird im Hinblick auf die inhaltliche Identität der §§ 145a, 168c und 171e ZVG verwiesen. Da im Grundbuch jedoch nur bestimmte Fremdwährungen zulässig sind, in § 171e ZVG solche Einschränkungen indes nicht enthalten sind, enthält das Registerpfandrecht in Fremdwährung als akzessorisches Recht, das der Fremdwährungsschuld folgt, größere Währungskursrisiken für die Beteiligten, als sie aus § 145a ZVG resultieren. Auf die Sachgerechtheit von Währungs(kurs)sicherungsgeschäften (vgl. § 145a Rz. 3 (Fn. 2) [Cranshaw]) wird hingewiesen. _____________ 5) 6)

Palandt/Grüneberg, BGB, § 244 Rz. 22; Prütting/Wegen/Weinreich-Schmidt-Kessel, BGB, § 244 Rz. 12 f. Die Vereinbarkeit des § 87 LuftFzgG mit dem europäischen Recht mag hier dahinstehen.

1286

Cranshaw

§ 171f

Miet- oder Pachtzins – Hypothek

§ 171f Miet- oder Pachtzins – Hypothek Wedekind

§ 169 gilt für das Luftfahrzeug entsprechend. Literatur: siehe die Hinweise zu § 167 (Parallelnorm bei der Schiffsversteigerung) Übersicht I. Zweck der Norm .................................. II. Anwendungsbereich ............................ III. Miete und Pacht/ Vorausverfügungen ............................. IV. Verteilungstermin ...............................

I.

1 4 7 9

V. Registerpfandrecht gegen den Ersteher ............................. 10 VI. Sicherungsmaßregeln gegen Ersteher .................................... 14

Zweck der Norm

Der Normzweck besteht wie auch bei – dem in § 171f ZVG für anwendbar erklärten – § 169 ZVG darin, die Rechtslage hinsichtlich Miet- und Pachtverhältnissen und des Eigentumserwerbs zu klären.

1

Nach § 98 Abs. 2 LuftFzgG gilt u. a. § 578a BGB (= § 580a BGB a. F.) sinngemäß für Luftfahrzeuge mit der Maßgabe, dass an die Stelle des eingetragenen Schiffs das in der Luftfahrzeugrolle eingetragene Luftfahrzeug und an die Stelle der Schiffshypothek das Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug tritt.

2

Da der Eigentumserwerb sich gemäß § 98 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 LuftFzgG nur nach den Vorschriften über bewegliche Sachen vollzieht und hierbei – gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 LuftFzgG – die Regeln über das Erlöschen von Rechten Dritter durch gutgläubigen Erwerb gemäß § 936 BGB nicht gelten, der Rechtsverlust also unabhängig vom Besitzübergang auf den Dritten eintritt, ist der Schutz der am Erlös Berechtigten gegen benachteiligende Verfügungen des Erstehers besonders wichtig. Dies zu gewährleisten ist Sinn von § 171f ZVG.

3

II. Anwendungsbereich § 171f ZVG gilt uneingeschränkt für deutsche/inländische Luftfahrzeuge.

4

Für ausländische Flugzeuge gilt § 171f ZVG nur insoweit, als auf § 169 Abs. 1 ZVG verwiesen wird. Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 171h ZVG.

5

§ 171f ZVG gilt für ausländische Flugzeuge nicht, soweit auf § 169 Abs. 2 ZVG verwiesen wird. Das ergibt sich daraus, dass § 169 Abs. 2 ZVG die Eintragung im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen voraussetzt.

6

III. Miete und Pacht/Vorausverfügungen Die Miet- und Pachtrechte werden wie bei Schiffen behandelt. § 171f ZVG verweist auf § 169 Abs. 1 ZVG und diese Norm des § 169 Abs. 1 ZVG modifiziert §§ 57 – 57b ZVG, die im Übrigen gemäß § 171a ZVG anwendbar sind. Im Rahmen des in § 169 Abs. 1 ZVG in Bezug genommenen § 578a BGB tritt das Luftfahrzeug an die Stelle des Schiffes (§ 98 Abs. LuftFzgG).

Wedekind

1287

7

§ 171f 8

Miet- oder Pachtzins – Hypothek

Im Übrigen sind die Anmerkungen zu § 169 Abs. 2 ZVG insoweit entsprechend anwendbar (siehe § 169 Rz. 19 [Wedekind]). IV. Verteilungstermin

9

Für den in § 169 Abs. 2 Satz 1 ZVG i. V. m. § 171f ZVG genannten Verteilungstermin gelten gemäß § 171a ZVG die Regeln des Ersten Abschnitts, einschließlich der Verteilungsreihenfolge (siehe § 171a Rz. 64 ff. [Wedekind]). V. Registerpfandrecht gegen den Ersteher

10

§ 169 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 171f ZVG tritt an die Stelle von § 128 ZVG. Wird also das Bargebot bis zum Verteilungstermin nicht bezahlt, dann wird im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen für die Forderung gegen den Ersteher ein Registerpfandrecht eingetragen.

11

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Ersteher das Luftfahrzeug zwischenzeitlich weiter veräußert haben sollte (§ 169 Abs. Satz 2 ZVG analog). Denn wie oben dargestellt (§ 171a Rz. 55 ff. [Wedekind]) erfordert der Eigentumserwerb an einem Luftfahrzeug keine Registereintragung, sondern erfolgt gemäß §§ 929 ff. BGB. Auch in diesen Fällen wird das Registerpfandrecht für die Forderung gegen den Ersteher im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeuge eingetragen. Auf guten oder schlechten Glauben des Erwerbers kommt es dabei nicht an. Diesen Eingriff in die Rechtskonsequenz hielt der Gesetzgeber für geboten, „um den Berechtigten einen wirksamen Schutz gegen benachteiligende Verfügungen des Erstehers zu gewähren“.1)

12

Das vorgenannte Registerpfandrecht steht rechtsgeschäftlich bestellten Registerpfandrechten gleich, einschließlich der Rangverhältnisse (§ 169 Abs. 2 Satz 3 ZVG analog), wobei an Stelle der dort in Bezug Regelungen des SchRG die Regelungen des LuftFzgG treten.

13

Allerdings wenn ein Luftfahrzeug einem Ausländer zugeschlagen wird und im (deutschen) Pfandrechtsregister (sowie der Luftfahrzeugrolle) gelöscht wird, ist eine Eintragung eines Registerpfandrechts im Pfandrechtsregister nicht möglich. In diesem Fall dürfte wiederum die entsprechende Anwendung von § 171 Abs. 5 ZVG in Betracht kommen wie auch bei § 169 ZVG. Siehe dazu § 169 Rz. 27 [Wedekind]).2) VI. Sicherungsmaßregeln gegen Ersteher

14

Zu der Sicherungsverwaltung entsprechend § 170 ZVG (bzw. ähnlich § 94 ZVG) siehe § 171g Rz. 1 ff. [Wedekind]).

_____________ 1) 2)

Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl., § 169 Anm. 4 (für die Schiffe); der Gedanke ist später für Luftfahrzeuge in § 171f ZVG übernommen worden. Steiner-Hagemann, ZVG, § 162 Rz. 158, § 169 Rz. 19, § 171 Rz. 61; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 169 Rz. 6.

1288

Wedekind

Sicherungsmaßnahmen nach Zuschlag, Bewachung und Verwahrung

§ 171g

§ 171g Sicherungsmaßnahmen nach Zuschlag, Bewachung und Verwahrung (1) An die Stelle der nach § 94 Abs. 1 zulässigen Verwaltung tritt die gerichtliche Bewachung und Verwahrung des versteigerten Luftfahrzeugs. (2) Das Gericht hat die getroffenen Maßregeln aufzuheben, wenn der zu ihrer Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. Literatur: Siehe Hinweise zu § 170 ZVG (Parallelnorm bei Schiffsversteigerungen); sowie zu § 171a ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 3 III. Bewachung und Verwahrung/ Verwaltung nach Zuschlag ................. 4 IV. Voraussetzung der Anordnung .......... 8 V. Aufhebung mangels Vorschuss .......... 9 1. § 171g Abs. 2 ZVG ................................ 9 a) Inländische Luftfahrzeuge ............. 9 b) Ausländische Luftfahrzeuge – § 171 Abs. 5 Abs. 2 ZVG analog anwendbar? ....................... 10

I.

2.

Folgefrage: Rückgriff des Antragstellers beim Ersteher? ............ 15 VI. Verhältnis zu nach Zuschlag angeordneter Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 und Abs. 2 ZVG i. V. m. §§ 146 ff. ZVG ....................... 16 VII. Dauer der Verwaltung/Aufhebung .................... 17

Zweck der Norm

Die Norm bezweckt wie die entsprechende Vorschrift des § 170 ZVG in der Schiffsversteigerung Ähnliches wie § 94 Abs. 1 ZVG. Sie dient dem Schutze der Beteiligten, die eine Verteilung aus dem Verteilungstermin (Befriedigung aus dem Bargebot) erwarten können, gegen Unzuverlässigkeit des Erstehers hinsichtlich der Zahlung oder Hinterlegung des Bargebotes.

1

Es soll eine Entfernung des Luftfahrzeugs aus dem Bundesgebiet und damit dem Geltungsbereich des ZVG vor der Zahlung bzw. Hinterlegung des Meistgebotes verhindert werden.

2

II. Anwendungsbereich § 171f ZVG gilt für deutsche Luftfahrzeuge unmittelbar und über die Verweisung in § 171h ZVG auch für ausländische Luftfahrzeuge.

3

III. Bewachung und Verwahrung/Verwaltung nach Zuschlag Mit dem Zuschlag kann auf Antrag eines zur Befriedigung aus dem Bargebot berechtigten Gläubigers die Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs (welche gemäß § 171c ZVG von Amts wegen immer anzuordnen war) als Sicherungsmaßnahme nach dem Zuschlag fortgesetzt werden (§§ 171g Abs. 1, 94 Abs. 1 ZVG). Die Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs nach dem Zuschlag erfolgt für Rechnung des Erstehers.

4

Bewachung und Verwahrung gemäß § 171g ZVG tritt an die Stelle der Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 ZVG. Hierbei sind „Bewachung und Verwahrung“ und „Verwaltung“ offenbar nur unterschiedliche Formulierungen. Eine inhaltliche Differenzierung ist allenfalls insoweit erkennbar, als „Verwaltung“ i. S. v. § 94 Abs. 1 ZVG auch die

5

Wedekind

1289

§ 171g

Sicherungsmaßnahmen nach Zuschlag, Bewachung und Verwahrung

Einziehung von Einnahmen aus Miete/Pacht umfasst, während nach h. M. dieses bei § 171g ZVG nicht möglich ist, da § 171g ZVG sozusagen nur das Äquivalent der Bewachung und Verwahrung gemäß § 171c Abs. 2 ZVG beinhaltet, aber gerade nicht auch eine Entsprechung zu der Quasi-Zwangsverwaltung (§ 171c Abs. 3 Satz 3 ZVG) ist. 6

Zu der Bewachung und Verwahrung gemäß § 171g ZVG ist, wie auch bei der Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 ZVG (und der nach § 170 ZVG), anzumerken, dass es sich nicht, wie häufig fälschlich angenommen wird, um eine Verwaltung „gegen“ den Ersteher handelt, sondern um eine Verwaltung für Rechnung des Erstehers, die sich nur insoweit „gegen“ den Ersteher richtet, als diese einen Sicherungscharakter hat und sozusagen gegen den Willen des Erstehers angeordnet werden kann.

7

Die Art der Durchführung der Bewachung und Verwahrung entspricht grundsätzlich derjenigen des § 171c Abs. 2 ZVG. IV. Voraussetzung der Anordnung

8

Das Gericht kann nach richtiger Auffassung die Anordnung von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen (§ 171g Abs. 2 ZVG). Zu der Streitfrage, ob die Anordnung zunächst auch ohne Vorschusszahlung zu erfolgen hat, auch wenn sie dann ggf. umgehend gemäß Abs. 2 wieder aufgehoben wird, siehe oben zu der inhaltlich entsprechenden Norm bei der Schiffsversteigerung § 170 Rz. 9 ff. [Wedekind]). V. Aufhebung mangels Vorschuss 1.

§ 171g Abs. 2 ZVG

a) Inländische Luftfahrzeuge 9

Die Anwendbarkeit von § 171g Abs. 2 ZVG auf inländische Luftfahrzeuge steht außer Frage. Dies entspricht der parallelen Regelung bei der Schiffsversteigerung in § 170 ZVG. b) Ausländische Luftfahrzeuge – § 171 Abs. 5 Abs. 2 ZVG analog anwendbar?

10

Bei den parallelen Regelungen zur Schiffsversteigerungen enthält § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG (welcher § 171g Abs. 2 ZVG inhaltlich entspricht) aber eine Ausnahme von § 170 Abs. 2 ZVG:

11

Gemäß § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG darf das Gericht bei Schiffsversteigerungen die von ihm angeordnete Bewachung1) und Verwahrung des (ausländischen) Schiffs erst aufheben und darf das Schiff dem Ersteher erst übergeben werden, wenn die Berichtigung des Meistgebots oder die Einwilligung der Beteiligten nachgewiesen wird.

12

Hier stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber bei Schaffung von §§ 171a – 171n ZVG den § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG übersehen hat – dieser also analog anzuwenden ist – und das Gericht somit die von ihm gemäß § 171g Abs. 1 ZVG angeordnete Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs erst aufheben und das Luftfahrzeug dem Ersteher erst übergeben darf, wenn die Berichtigung des Meistgebots oder die _____________ 1)

Das Gesetz verwendet das Wort „Überwachung“ – es ist davon auszugehen, dass damit dasselbe gemeint ist wie mit „Bewachung“; siehe § 171 Rz. 41 ff. [Wedekind]).

1290

Wedekind

§ 171h

Ausländische Luftfahrzeuge

Einwilligung der Beteiligten nachgewiesen wird, oder ob es sich um eine bewusste und gewollte Abweichung des Gesetzgebers von der parallelen Fragestellung bei § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG handelt und sich deswegen dazu nichts in den §§ 171h – 171 ZVG über die ausländischen Luftfahrzeuge findet. Da schon die Regelung des § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG als missglückt anzusehen ist (zur Kritik siehe § 171 Rz. 51 ff. [Wedekind]), wäre wohl eher umgekehrt zu argumentieren. Die bessere Einsicht des Gesetzgebers, die offenkundig bei den §§ 171a – 171n ZVG maßgeblich war, wäre konsequent auch auf § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG anzuwenden. Die Aufforderung an den Gesetzgeber de lege ferenda lautet deshalb, § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ersatzlos zu streichen.

13

§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ist jedenfalls nicht analog anwendbar auf § 171g ZVG.

14

2.

Folgefrage: Rückgriff des Antragstellers beim Ersteher?

Ersteher Ersatz verlangen kann siehe zur parallelen Frage bei Schiffen: § 170 Rz. 23.

15

VI. Verhältnis zu nach Zuschlag angeordneter Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 und Abs. 2 ZVG i. V. m. §§ 146 ff. ZVG Siehe § 170 Rz. 25 ff. [Wedekind]).

16

VII. Dauer der Verwaltung/Aufhebung Die Aufhebung geschieht immer von Amts wegen. Das Vollstreckungsgericht muss also ständig prüfen, ob ein Fortbestehen der Maßregel gemäß § 171g ZVG immer noch statthaft bzw. zulässig ist.

17

Im Übrigen siehe § 170 ZVG als inhaltsgleiche Norm für die Schiffe bzw. § 170 Rz. 25 ff. [Wedekind]).

18

§ 171h Ausländische Luftfahrzeuge Auf die Zwangsversteigerung eines ausländischen Luftfahrzeugs sind die Vorschriften in §§ 171a bis 171g entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht aus den §§ 171i bis 171n anderes ergibt. Literatur: Bauer, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, JurBüro 1974, Sp. 1; Groth, Das Registerpfandrecht nach dem Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, 1965; Kronke, Neues internationales Mobiliarsicherungsrecht erleichtert die Finanzierung von Luftund Raumfahrzeugen, ZLW 2002, 147; Melzer/Haslach, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge aus deutschem Registerpfandrecht, ZLW 2003, 582; Meyer-Stolte, Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, RpflJB 1961, S. 379; Mümmler, Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, DGVZ 1962, 1; Reuleaux, Sicherungsrechte an Flugzeugtriebwerken, ZBB 2005, 354; Schölermann/Schmid-Burgk, Flugzeuge als Kreditsicherheit, WM 1990, 1137; Schwenk, Die Kreditsicherung bei der Beleihung von Luftfahrzeugen, BB 1966, 477 ff.; Sester/Haag, Die Umsetzung der Kapstadt-Konvention: Kollisionen mit dem deutschen Vollstreckungs- und Insolvenzrecht, ZLW 2005, 493; Thode, Innerstaatliche Anerkennung ausländischen Registerpfandrechts an Luftfahrzeug, WuB IV A § 439 BGB 1.92; Wendt, Dingliche Rechte an Luftfahrzeugen, MDR 1963, 448.

Wedekind

1291

§ 171h

Ausländische Luftfahrzeuge

Einwilligung der Beteiligten nachgewiesen wird, oder ob es sich um eine bewusste und gewollte Abweichung des Gesetzgebers von der parallelen Fragestellung bei § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG handelt und sich deswegen dazu nichts in den §§ 171h – 171 ZVG über die ausländischen Luftfahrzeuge findet. Da schon die Regelung des § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG als missglückt anzusehen ist (zur Kritik siehe § 171 Rz. 51 ff. [Wedekind]), wäre wohl eher umgekehrt zu argumentieren. Die bessere Einsicht des Gesetzgebers, die offenkundig bei den §§ 171a – 171n ZVG maßgeblich war, wäre konsequent auch auf § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG anzuwenden. Die Aufforderung an den Gesetzgeber de lege ferenda lautet deshalb, § 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ersatzlos zu streichen.

13

§ 171 Abs. 5 Satz 2 ZVG ist jedenfalls nicht analog anwendbar auf § 171g ZVG.

14

2.

Folgefrage: Rückgriff des Antragstellers beim Ersteher?

Ersteher Ersatz verlangen kann siehe zur parallelen Frage bei Schiffen: § 170 Rz. 23.

15

VI. Verhältnis zu nach Zuschlag angeordneter Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 und Abs. 2 ZVG i. V. m. §§ 146 ff. ZVG Siehe § 170 Rz. 25 ff. [Wedekind]).

16

VII. Dauer der Verwaltung/Aufhebung Die Aufhebung geschieht immer von Amts wegen. Das Vollstreckungsgericht muss also ständig prüfen, ob ein Fortbestehen der Maßregel gemäß § 171g ZVG immer noch statthaft bzw. zulässig ist.

17

Im Übrigen siehe § 170 ZVG als inhaltsgleiche Norm für die Schiffe bzw. § 170 Rz. 25 ff. [Wedekind]).

18

§ 171h Ausländische Luftfahrzeuge Auf die Zwangsversteigerung eines ausländischen Luftfahrzeugs sind die Vorschriften in §§ 171a bis 171g entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht aus den §§ 171i bis 171n anderes ergibt. Literatur: Bauer, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, JurBüro 1974, Sp. 1; Groth, Das Registerpfandrecht nach dem Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, 1965; Kronke, Neues internationales Mobiliarsicherungsrecht erleichtert die Finanzierung von Luftund Raumfahrzeugen, ZLW 2002, 147; Melzer/Haslach, Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge aus deutschem Registerpfandrecht, ZLW 2003, 582; Meyer-Stolte, Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, RpflJB 1961, S. 379; Mümmler, Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, DGVZ 1962, 1; Reuleaux, Sicherungsrechte an Flugzeugtriebwerken, ZBB 2005, 354; Schölermann/Schmid-Burgk, Flugzeuge als Kreditsicherheit, WM 1990, 1137; Schwenk, Die Kreditsicherung bei der Beleihung von Luftfahrzeugen, BB 1966, 477 ff.; Sester/Haag, Die Umsetzung der Kapstadt-Konvention: Kollisionen mit dem deutschen Vollstreckungs- und Insolvenzrecht, ZLW 2005, 493; Thode, Innerstaatliche Anerkennung ausländischen Registerpfandrechts an Luftfahrzeug, WuB IV A § 439 BGB 1.92; Wendt, Dingliche Rechte an Luftfahrzeugen, MDR 1963, 448.

Wedekind

1291

§ 171h

Ausländische Luftfahrzeuge Übersicht

I.

Zweck der Norm und Anwendungsbereich ............................ 1 II. Anzuwendende Vorschriften ............. 5 1. Erster Abschnitt .................................. 10 2. § 171b Abs. 1 ZVG – Zuständiges Vollstreckungsgericht ......................... 13 3. § 171c Abs. 2 und 3 ZVG ................... 14 4. § 171d Abs. 2 ZVG ............................. 15

I.

5.

§ 171f ZVG – in Bezug auf Miet- und Pachtverhältnisse ............... 16 6. § 171g ZVG – Bewachung und Verwahrung ......................................... 17 III. Nicht anzuwendende Vorschriften ........................................ 18 IV. Sondervorschriften ............................ 19

Zweck der Norm und Anwendungsbereich

1

Nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 LuftFzgG sind auf die Zwangsvollstreckung in ausländische Luftfahrzeuge die Vorschriften für Luftfahrzeuge, die in der Luftfahrzeugrolle eingetragen sind (also deutsche Luftfahrzeuge), sinngemäß anzuwenden.

2

Damit hat der Gesetzgeber die Bestimmungen des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 (LuftFzgAbk) in das deutsche Recht übernommen.1) Mit den §§ 171h ff. wird die notwendige Folgerung für das Vollstreckungsrecht gezogen.

3

Allerdings wird bei § 171h ZVG die Anwendung nicht beschränkt auf Vertragsstaaten des LuftFzgAbk, sondern § 171h ZVG gilt für alle ausländischen Luftfahrzeuge. (ausländische Luftfahrzeuge in diesem Sinne sind alle Luftfahrzeuge, die nicht inländische sind, siehe § 171a Rz. 9 [Wedekind]).

4

Beachte aber, dass sich § 171k ZVG (und von den §§ 171h bis 171n ZVG allein diese einzige Norm) nur auf Vertragsstaaten des Genfer Abkommens vom 19.6.1948 (LuftFzgAbk) bezieht (siehe § 171k Rz. 2 ff. [Wedekind]). II. Anzuwendende Vorschriften

5

Auf die Versteigerung eines ausländischen Luftfahrzeugs sind nach § 171h ZVG die Vorschriften der § 171a – 171g ZVG (welche für inländische Luftfahrzeuge gelten) entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht aus den Sonderregelungen der §§ 171i – 171n ZVG ausdrücklich etwas anderes ergibt. Die für inländische Luftfahrzeuge geltenden §§ 171a – 171g ZVG verweisen wiederum im Wesentlichen auf das Schiffsversteigerungsrecht bzw. sind diesem nachgebildet.

6

Die Unterschiede, die sich in den §§ 171h – 171n ZVG im Vergleich zu den §§ 162 bis 171 des Schiffsversteigerungsrechts finden, sind insbesondere auf die Verpflichtungen Deutschlands aus dem Beitritt zum Genfer Abkommen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk – zurückzuführen.

_____________ 1)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223.

1292

Wedekind

§ 171h

Ausländische Luftfahrzeuge

Da ausländische Luftfahrzeuge nicht in das deutsche Pfandrechtsregister eingetragen werden können, sind alle Vorschriften unanwendbar, die sich auf Eintragungen in das Pfandrechtsregister beziehen.

7

Zur Bedeutung der Eintragungen in einem ausländischen Register siehe § 171i Rz. 10 ff. [Wedekind]).

8

Entsprechend anzuwenden sind:

9

1.

Erster Abschnitt

Über den anwendbaren § 171a ZVG wird wiederum verwiesen auf den Ersten Abschnitt.

10

Es sind also entsprechend anwendbar: Die Vorschriften der §§ 1 bis 145 ZVG, soweit sich nicht aus §§ 171b – 171g ZVG etwas anderes ergibt; dabei sind die Sondervorschriften der § 171i ff. ZVG zu beachten.

11

Dies betrifft insbesondere die Vorschriften über:

12



Antrag, Anordnung, Terminsbestimmung,



geringstes Gebot, Meistgebot, Mindestgebot,



Zuschlagsversagung (Wertgrenzen), Verkehrswert, insbesondere §§ 74a, 85a, 114a ZVG.

2.

§ 171b Abs. 1 ZVG – Zuständiges Vollstreckungsgericht

Gemäß § 171b Abs. 1 ZVG: Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig2).

13

Hierbei ist § 171b Abs. 2 ZVG unanwendbar.

14

3.

§ 171c Abs. 2 und 3 ZVG

Anordnung der Bewachung und Verwahrung, Bestellung eines Treuhänders und treuhänderische Nutzung (Quasi-Zwangsverwaltung):

15

Hierbei ist § 171c Abs. 1 ZVG unanwendbar.

16

4.

§ 171d Abs. 2 ZVG

Die öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt ist in jedem Falle vorzunehmen.

17

Hierbei ist § 171d Abs. 1 ZVG unanwendbar.

18

5.

§ 171f ZVG – in Bezug auf Miet- und Pachtverhältnisse

Anwendbar sind § 169 Abs. 1; § 171f – mit der Ergänzung in § 171n.

19

Nicht anwendbar ist der in Bezug genommene § 169 Abs. 2 ZVG, weil keine Eintragung im Pfandrechtsregister erfolgen kann.

20

6.

§ 171g ZVG – Bewachung und Verwahrung

Bezüglich des versteigerten Luftfahrzeugs ebenfalls anwendbar.

21

_____________ 2)

Zu der ggf. mangelnden hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich der Anknüpfung an den Sitz des Luftfahrt-Bundesamts, welches zwischenzeitlich neben dem Behördensitz Braunschweig auch in Langen (Hessen) ansässig ist: siehe § 171b Rz. 7 ff. [Wedekind].

Wedekind

1293

§ 171i

Rangordnung der Rechte; Besonderheiten bei Klasse 3 und 4

III. Nicht anzuwendende Vorschriften 22

Neben den bereits genannten Absätzen der § 171b ff. ZVG ist nicht anzuwenden § 171e ZVG. IV. Sondervorschriften

23

sind getroffen worden wie folgt: –

bezüglich der Rangordnung (§ 171i ZVG),



bezüglich der Belastung und der Veräußerung nach der Beschlagnahme (§ 171k ZVG),



bezüglich der Benachrichtigung der ausländischen Registerbehörde von der Verfahrensanordnung (§ 171l Abs. 1 ZVG),



24

bezüglich der Fristen: •

zwischen Terminsbestimmung und Versteigerungstermin sowie



der Bekanntmachung der Terminsbestimmung (§ 171l Abs. 2 ZVG),



bezüglich der Zuschlagsbeschwerde (§ 171m ZVG),



bezüglich des Wertersatzes für erloschene längerfristige – quasi verdinglichte – Mietverhältnisse (§ 171n ZVG).

Siehe jeweils die Kommentierungen bei den in Bezug genommenen Paragrafen.

§ 171i Ausländische Luftfahrzeuge: Rangordnung der Rechte; Besonderheiten bei Klasse 3 und 4 (1) In der dritten Klasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 3) werden nur befriedigt Gebühren, Zölle, Bußen und Geldstrafen auf Grund von Vorschriften über Luftfahrt, Zölle und Einwanderung. (2) In der vierten Klasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 4) genießen Ansprüche auf Zinsen aus Rechten nach § 103 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 57) das Vorrecht dieser Klasse wegen der laufenden und der aus den letzten drei Geschäftsjahren rückständigen Beträge. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 2 III. Allgemeines zur Rangordnung .......... 3

I. 1

IV. Besonderheiten in Klasse 3 ................. 6 V. Besonderheiten in Klasse 4 ................. 9

Zweck der Norm

Die Norm regelt die Besonderheiten der Rangklassen 3 und 4 bei ausländischen Luftfahrzeugen und setzt damit die Artikel V und XII des Genfer Abkommens über die

1294

Wedekind

§ 171i

Rangordnung der Rechte; Besonderheiten bei Klasse 3 und 4

III. Nicht anzuwendende Vorschriften 22

Neben den bereits genannten Absätzen der § 171b ff. ZVG ist nicht anzuwenden § 171e ZVG. IV. Sondervorschriften

23

sind getroffen worden wie folgt: –

bezüglich der Rangordnung (§ 171i ZVG),



bezüglich der Belastung und der Veräußerung nach der Beschlagnahme (§ 171k ZVG),



bezüglich der Benachrichtigung der ausländischen Registerbehörde von der Verfahrensanordnung (§ 171l Abs. 1 ZVG),



24

bezüglich der Fristen: •

zwischen Terminsbestimmung und Versteigerungstermin sowie



der Bekanntmachung der Terminsbestimmung (§ 171l Abs. 2 ZVG),



bezüglich der Zuschlagsbeschwerde (§ 171m ZVG),



bezüglich des Wertersatzes für erloschene längerfristige – quasi verdinglichte – Mietverhältnisse (§ 171n ZVG).

Siehe jeweils die Kommentierungen bei den in Bezug genommenen Paragrafen.

§ 171i Ausländische Luftfahrzeuge: Rangordnung der Rechte; Besonderheiten bei Klasse 3 und 4 (1) In der dritten Klasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 3) werden nur befriedigt Gebühren, Zölle, Bußen und Geldstrafen auf Grund von Vorschriften über Luftfahrt, Zölle und Einwanderung. (2) In der vierten Klasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 4) genießen Ansprüche auf Zinsen aus Rechten nach § 103 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 57) das Vorrecht dieser Klasse wegen der laufenden und der aus den letzten drei Geschäftsjahren rückständigen Beträge. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 2 III. Allgemeines zur Rangordnung .......... 3

I. 1

IV. Besonderheiten in Klasse 3 ................. 6 V. Besonderheiten in Klasse 4 ................. 9

Zweck der Norm

Die Norm regelt die Besonderheiten der Rangklassen 3 und 4 bei ausländischen Luftfahrzeugen und setzt damit die Artikel V und XII des Genfer Abkommens über die

1294

Wedekind

Rangordnung der Rechte; Besonderheiten bei Klasse 3 und 4

§ 171i

internationale Anerkennung von Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk – um.1) II. Anwendungsbereich § 171i ZVG gilt für alle ausländischen Luftfahrzeuge. Siehe hierzu auch § 171a Rz. 4, 7 ff. [Wedekind]).

2

III. Allgemeines zur Rangordnung Die Rangordnung des § 10 ZVG gilt, da dieser nach den §§ 1711, 171h ZVG entsprechend anzuwenden ist, soweit sich nicht bei Luftfahrzeugen ohnehin eine entsprechende Anwendung verbietet (siehe dazu schon § 171a Rz. 80 ff. [Wedekind]).

3

Mit Ausnahme der Rangklasse 2 (früher Lit-Lohn bzw. heute: Forderungen der Wohnungseigentümer), für die kein Anwendungsfeld erkennbar ist und die mithin ohnehin nicht gilt, können die Ausnahmen grundsätzlich alle Rangklassen betreffen. Wie bei inländischen Luftfahrzeugen sind auch bei ausländischen Luftfahrzeugen die Rechte aus Bergung und Erhaltungsmaßnahmen (vgl. § 104 LuftFzgG) einer Zwischenklasse 3/4 zuzuordnen.

4

Das im Genfer Abkommen in Artikel 7 Abs. 5 geregelte Vorrecht für denjenigen, der im Inland durch ein ausländisches Luftfahrzeug auf der Erde beschädigt worden ist, wurde im deutschen Recht nicht eingeführt, weil kein Grund für die Bevorzugung dieser Ansprüche gegenüber anderen dinglich gesicherten Ansprüchen gesehen wurde.2)

5

IV. Besonderheiten in Klasse 3 In der Rangklasse 3 werden nur Gebühren, Zölle, Bußen und Geldstrafen aufgrund von Vorschriften über Luftfahrt, Zölle und Einwanderung befriedigt (Art. 12 LuftFzgAbk). § 171i Abs. 1 ZVG schränkt insoweit das Vorrecht der öffentlichen Hand (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG, Rangklasse 3) ein. Es kommt darauf an, dass nach dem nationalen Recht des Staates, dem das Luftfahrzeug zuzuordnen ist, entsprechende gesetzliche Vorschriften bestehen.

6

Andere Ansprüche haben grundsätzlich nicht das Vorrecht dieser Rangklasse; ausnahmsweise aber kommen ggf. weitere ggf. vorrangige Rechte3) in Betracht. Dieses aber nur, soweit dies durch entsprechende spezifische zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt ist.4) Hinsichtlich des Umfanges der Ansprüche in dieser Rangklasse gilt § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG entsprechend. 171i Abs. 1 ZVG begrenzt lediglich die Art der Ansprüche (nicht die Höhe).

7

_____________ 1)

2) 3) 4)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223. BT-Drucks. 423/1958, S. 38. Näher dazu Schölermann/Schmid-Burgk, WM 1990, 1137, 1142 m. w. N. BGH, Beschl. v. 25.11.2010 – VII ZB 120/09, Rpfleger 2011, 223 (Zoll- und Steuerforderungen der Republik Argentinien abgelehnt).

Wedekind

1295

§ 171k 8

Ausländische Luftfahrzeuge: Verfügungen nach der Beschlagnahme

Es ist insbesondere auch die zeitliche Beschränkung der einmaligen und wiederkehrenden Leistungen zu beachten, die sich nach den Vorschriften von § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG i. V. m. § 13 ZVG ergibt; d. h. Rückstände der laufenden Beträge der letzten zwei Jahre. V. Besonderheiten in Klasse 4

9

Zugleich erweitert § 171i Abs. 2 ZVG das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG (lfd. dingliche Zinsen) auf Zinsen für alle in Art. 1 Abs. 1 zu lit. d) des LfzgAbk genannten Ansprüche.

10

In der Rangklasse 4 finden Berücksichtigung die besitzlosen Pfandrechte, Hypotheken oder ähnliche Rechte, die vertraglich zur Sicherung einer Forderung bestellt sind, sofern sie nach dem Recht des ausländischen Staates, in dem das Luftfahrzeug zur Zeit der Begründung des Rechts als staatszugehörig eingetragen war, gültig entstanden und in einem öffentlichen Register dieses Staates eingetragen sind (vgl. § 103 LuftFzgG).

11

Die wiederkehrenden Leistungen aus diesem Recht genießen das Vorrecht gemäß § 171i Abs. 2 ZVG wegen der laufenden Beträge (zu den Rückständen sogleich).

12

Hinsichtlich der Rückstände gilt folgende Besonderheit: Auch Rückstände der laufenden Beträge genießen das Vorrecht nach § 171i Abs. 2 ZVG, und zwar die in den letzten drei Geschäftsjahren rückständigen Beträge (nicht wie nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG vorgesehen zwei Jahre). Dass es insoweit auf Geschäftsjahre des Flugbetriebes ankommt, ist eine weitere Besonderheit.5) Im Gegensatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 kommt es nicht auf den Beschlagnahmezeitpunkt i. S. v. § 13 ZVG an, sondern auf die Geschäftsjahre des Flugbetriebes.6) _____________ 5) 6)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 7 m. w. N. Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 7 m. w. N.

§ 171k*) Ausländische Luftfahrzeuge: Verfügungen nach der Beschlagnahme Wird das Luftfahrzeug nach der Beschlagnahme veräußert oder mit einem Recht nach § 103 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen belastet und ist die Veräußerung oder Belastung nach Artikel VI des Genfer Abkommens vom 19. Juni 1948 (Bundesgesetzbl. 1959 II S. 129) anzuerkennen, so ist die Verfügung dem Gläubiger gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Schuldner im Zeitpunkt der Verfügung Kenntnis von der Beschlagnahme hatte. *)

In der Numerierung des Gesetzes folgt „k“ auf „i“ („j“ fehlt).

Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich: Ausländische Luftfahrzeuge ............... 2

1296

III. Analoge Anwendung auf inländische Luftfahrzeuge? ................. 7

Wedekind

§ 171k 8

Ausländische Luftfahrzeuge: Verfügungen nach der Beschlagnahme

Es ist insbesondere auch die zeitliche Beschränkung der einmaligen und wiederkehrenden Leistungen zu beachten, die sich nach den Vorschriften von § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG i. V. m. § 13 ZVG ergibt; d. h. Rückstände der laufenden Beträge der letzten zwei Jahre. V. Besonderheiten in Klasse 4

9

Zugleich erweitert § 171i Abs. 2 ZVG das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG (lfd. dingliche Zinsen) auf Zinsen für alle in Art. 1 Abs. 1 zu lit. d) des LfzgAbk genannten Ansprüche.

10

In der Rangklasse 4 finden Berücksichtigung die besitzlosen Pfandrechte, Hypotheken oder ähnliche Rechte, die vertraglich zur Sicherung einer Forderung bestellt sind, sofern sie nach dem Recht des ausländischen Staates, in dem das Luftfahrzeug zur Zeit der Begründung des Rechts als staatszugehörig eingetragen war, gültig entstanden und in einem öffentlichen Register dieses Staates eingetragen sind (vgl. § 103 LuftFzgG).

11

Die wiederkehrenden Leistungen aus diesem Recht genießen das Vorrecht gemäß § 171i Abs. 2 ZVG wegen der laufenden Beträge (zu den Rückständen sogleich).

12

Hinsichtlich der Rückstände gilt folgende Besonderheit: Auch Rückstände der laufenden Beträge genießen das Vorrecht nach § 171i Abs. 2 ZVG, und zwar die in den letzten drei Geschäftsjahren rückständigen Beträge (nicht wie nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG vorgesehen zwei Jahre). Dass es insoweit auf Geschäftsjahre des Flugbetriebes ankommt, ist eine weitere Besonderheit.5) Im Gegensatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 kommt es nicht auf den Beschlagnahmezeitpunkt i. S. v. § 13 ZVG an, sondern auf die Geschäftsjahre des Flugbetriebes.6) _____________ 5) 6)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 7 m. w. N. Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 7 m. w. N.

§ 171k*) Ausländische Luftfahrzeuge: Verfügungen nach der Beschlagnahme Wird das Luftfahrzeug nach der Beschlagnahme veräußert oder mit einem Recht nach § 103 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen belastet und ist die Veräußerung oder Belastung nach Artikel VI des Genfer Abkommens vom 19. Juni 1948 (Bundesgesetzbl. 1959 II S. 129) anzuerkennen, so ist die Verfügung dem Gläubiger gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Schuldner im Zeitpunkt der Verfügung Kenntnis von der Beschlagnahme hatte. *)

In der Numerierung des Gesetzes folgt „k“ auf „i“ („j“ fehlt).

Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich: Ausländische Luftfahrzeuge ............... 2

1296

III. Analoge Anwendung auf inländische Luftfahrzeuge? ................. 7

Wedekind

Ausländische Luftfahrzeuge: Verfügungen nach der Beschlagnahme

I.

§ 171k

Zweck der Norm

Die Norm regelt die Behandlung von Verfügungen über ein beschlagnahmtes ausländisches Luftfahrzeug und nimmt die Durchführung des Art. 6 des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 vor;1) sie dient zugleich der Angleichung des Vollstreckungsrechts des ZVG an § 106 Abs. 5 LuftFzgG.

1

II. Anwendungsbereich: Ausländische Luftfahrzeuge Beachte, dass sich § 171k ZVG (und von den §§ 171h – 171n ZVG allein diese einzige Norm) nur auf Vertragsstaaten des Genfer Abkommens vom 19.6.1948 (LuftFzgAbk) bezieht.

2

Dementsprechend erstreckt sich der Geltungsbereich von § 171k ZVG auch nicht auf alle ausländischen Luftfahrzeuge, sondern nur auf diejenigen ausländischen Luftfahrzeuge, die im Eigentum von Angehörigen eines der Vertragsstaaten stehen.

3

Wenn ein Luftfahrzeug nach der Beschlagnahme (§ 20 bzw. § 171c Abs. 2 ZVG) veräußert oder mit einem Recht nach § 103 LuftFzgG belastet wird (dazu siehe Rz. 9 ff.) und diese Veräußerung oder Belastung nach Art. 6 LuftFzgAbk anzuerkennen ist, so ist nach § 171k ZVG die Verfügung dem betreibenden Gläubiger gegenüber wirksam. Diese Wirkung tritt nicht ein, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der Verfügung Kenntnis von der Beschlagnahme hatte.

4

Bei den in § 171k ZVG genannten Rechten nach § 103 LuftFzgG handelt es sich insbesondere um das Recht des Besitzers eines Luftfahrzeuges, Eigentum an diesem durch Kauf zu erwerben (also eine Art Vorkaufsrecht). Ferner um das Recht zum Besitz des Luftfahrzeuges aufgrund eines für einen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten abgeschlossenen Mietvertrages und um ein besitzloses Pfandrecht, eine Hypothek oder ein ähnliches Recht, das vertraglich zur Sicherung einer Forderung bestellt ist (quasi-dingliches Mietrecht, siehe § 171n Rz. 1 ff. [Cranshaw]).

5

Für die Wirksamkeit der vorgenannten Verfügungen kommt es nicht auf den guten Glauben des jeweils Begünstigten an (§§ 135, 136 BGB), sondern allein auf die Kenntnis des Schuldners von der Beschlagnahme. Die Frage der Wirksamkeit der vorgenannten Verfügungen ist nach dem Heimatrecht der ausländischen Luftfahrzeuge zu beurteilen.

6

III. Analoge Anwendung auf inländische Luftfahrzeuge? Bei inländischen Luftfahrzeugen gelten die allgemeinen Regeln über den gutgläubigen lastenfreien Erwerb. Da das Recht der Luftfahrzeuge – gerade auch wegen der Einflüsse internationaler Abkommen und anderer ausländischer Rechtsquellen – aber vielfältige Besonderheiten aufweist und § 171k ZVG die einzige Norm ist, die _____________ 1)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223.

Wedekind

1297

7

§ 171l

Ausländische Luftfahrzeuge: Termin – Bekanntmachung, Benachrichtigung im Ausland

sich explizit mit Gut-Glaubens-Aspekten bei Luftfahrzeugen befasst, scheint es zumindest vertretbar, auch für die Beurteilung von Fragen rund um den gutgläubigen Erwerb von inländischen Luftfahrzeugen auf Rechtsgedanken des § 171k ZVG und diesbezüglicher Literatur und Rechtsprechung zurückzugreifen. 8

Hierbei wird im Einzelfall zu untersuchen sein, ob eine entsprechende Anwendung geboten ist (wegen insoweit vergleichbarer Fragen), oder ob ggf. genau im Gegenteil wegen der relevanten rechtlichen Unterschiede bei der konkreten Einzelfrage abweichend von § 171k ZVG zu entscheiden ist.

§ 171l Ausländische Luftfahrzeuge: Benachrichtigung der ausländischen Registerbehörde, Terminsbestimmung 6 Wochen vorher, Bekanntmachung auch im Ausland (1) Das Vollstreckungsgericht teilt die Anordnung der Zwangsversteigerung tunlichst durch Luftpost der Behörde mit, die das Register führt, in dem die Rechte an dem Luftfahrzeug eingetragen sind. (2) Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin muß mindestens sechs Wochen betragen. Die Zustellung der Terminsbestimmung an Beteiligte, die im Ausland wohnen, wird durch Aufgabe zur Post bewirkt. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben“ versehen werden. Sie soll tunlichst durch Luftpost befördert werden. Der betreffende Gläubiger hat die bevorstehende Versteigerung mindestens einen Monat vor dem Termin an dem Ort, an dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, nach den dort geltenden Bestimmungen öffentlich bekanntzumachen. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 4 III. Benachrichtigung ausländischer Registerbehörden ................................. 5

I.

IV. Zustellung an Beteiligte im Ausland ............................................... 11 V. Bekanntmachung im Ausland (durch Gläubiger!) ............................. 13

Zweck der Norm

1

Die Norm bezweckt die Durchführung der Artikel 7 Abs. 2 und 14 des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948.1)

2

§ 171l Abs. 1 ZVG soll durch die Mitteilung der Verfahrensanordnung an die ausländische Registerbehörde sicherstellen, dass das ausländische Register für Luft_____________ 1)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223.

1298

Wedekind

§ 171l

Ausländische Luftfahrzeuge: Termin – Bekanntmachung, Benachrichtigung im Ausland

sich explizit mit Gut-Glaubens-Aspekten bei Luftfahrzeugen befasst, scheint es zumindest vertretbar, auch für die Beurteilung von Fragen rund um den gutgläubigen Erwerb von inländischen Luftfahrzeugen auf Rechtsgedanken des § 171k ZVG und diesbezüglicher Literatur und Rechtsprechung zurückzugreifen. 8

Hierbei wird im Einzelfall zu untersuchen sein, ob eine entsprechende Anwendung geboten ist (wegen insoweit vergleichbarer Fragen), oder ob ggf. genau im Gegenteil wegen der relevanten rechtlichen Unterschiede bei der konkreten Einzelfrage abweichend von § 171k ZVG zu entscheiden ist.

§ 171l Ausländische Luftfahrzeuge: Benachrichtigung der ausländischen Registerbehörde, Terminsbestimmung 6 Wochen vorher, Bekanntmachung auch im Ausland (1) Das Vollstreckungsgericht teilt die Anordnung der Zwangsversteigerung tunlichst durch Luftpost der Behörde mit, die das Register führt, in dem die Rechte an dem Luftfahrzeug eingetragen sind. (2) Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin muß mindestens sechs Wochen betragen. Die Zustellung der Terminsbestimmung an Beteiligte, die im Ausland wohnen, wird durch Aufgabe zur Post bewirkt. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben“ versehen werden. Sie soll tunlichst durch Luftpost befördert werden. Der betreffende Gläubiger hat die bevorstehende Versteigerung mindestens einen Monat vor dem Termin an dem Ort, an dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, nach den dort geltenden Bestimmungen öffentlich bekanntzumachen. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 4 III. Benachrichtigung ausländischer Registerbehörden ................................. 5

I.

IV. Zustellung an Beteiligte im Ausland ............................................... 11 V. Bekanntmachung im Ausland (durch Gläubiger!) ............................. 13

Zweck der Norm

1

Die Norm bezweckt die Durchführung der Artikel 7 Abs. 2 und 14 des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948.1)

2

§ 171l Abs. 1 ZVG soll durch die Mitteilung der Verfahrensanordnung an die ausländische Registerbehörde sicherstellen, dass das ausländische Register für Luft_____________ 1)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223.

1298

Wedekind

Ausländische Luftfahrzeuge: Termin – Bekanntmachung, Benachrichtigung im Ausland

§ 171l

fahrzeuge nach den dort geltenden Bestimmungen möglichst frühzeitig gesperrt werden kann. Die Bestimmungen in Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 – 4 über die Zulassung des unmittelbaren Postverkehrs mit dem Ausland, der sonst im Rechtsverkehr unzulässig ist (siehe dazu näher Rz. 8 ff.), dienen der Verfahrenserleichterung und damit auch der Beschleunigung des Verfahrens, soweit der sonst vorgeschriebene Weg für Auslandszustellungen über den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland vermieden wird (siehe dazu näher Rz. 8 ff.). Die Verlängerung der Mindestfrist zwischen Terminsanberaumung und Versteigerungstermin in Absatz 2 Satz 1 wie auch die öffentliche Bekanntmachung am Heimatort gemäß Absatz 2 Satz 5 sind überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrung der – ausländischen – Beteiligten zu sehen.

3

II. Anwendungsbereich § 171l ZVG gilt für alle ausländischen Luftfahrzeuge (ist also nicht auf die Vertragsstaaten des LuftFzgAbk beschränkt). Siehe hierzu auch § 171a Rz. 4, 7 ff. [Wedekind]).

4

III. Benachrichtigung ausländischer Registerbehörden Für die Versteigerung aller ausländischen Luftfahrzeug gilt eine erweiterte Benachrichtigungspflicht. Das Vollstreckungsgericht hat die Anordnung der Versteigerung der ausländischen Registerbehörde mitzuteilen (§ 171l Abs. 1 ZVG). Die Ermittlung der entsprechenden ausländischen Registerbehörde hat das Vollstreckungsgericht vorzunehmen.

5

Die Versteigerung ist mindestens einen Monat vor dem Termin an dem Ort, an dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, nach den dort geltenden Vorschriften öffentlich bekannt zu machen (§§ 171 l Abs. 2 ZVG).

6

Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Versteigerungstermins und dem Termin der Bekanntgabe an dem ausländischen Ort des Registers muß mindestens sechs Wochen betragen. Dies ist eine Abweichung von § 43 ZVG. Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Versteigerungstermins und dem Termin der Bekanntgabe muss auch dann mindestens sechs Wochen betragen, wenn das Verfahren einstweilen eingestellt war. Kann der Sechs-Wochen-Mindestzeitraum nicht eingehalten werden, so ist gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 1 LuftFzgAbk der Termin aufzuheben oder in entsprechender Anwendung von § 83 Nr. 7 der Zuschlag zu versagen. Die Versendung der Mitteilung soll per Luftpost erfolgen.

7

In Abweichung vom ansonsten üblichen Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland wird hier ausnahmsweise der unmittelbare Schriftverkehr zwischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden zugelassen und als Soll-Vorschrift angeordnet. Diese Besonderheit gilt aber nur hinsichtlich der Vertragsstaaten des LuftFzgAbk.2)

8

Bei ausländischen Staaten, die Nicht-Vertragsstaat des LuftFzgAbk sind, ist der Rechtshilfeweg einzuhalten.3) Eine Unterlassung der Mitteilung bleibt auf das Verfahren ohne Einfluss, kann aber zu Amtshaftungsansprüchen führen.4)

9

_____________ 2) 3) 4)

Steiner-Hagemann, ZVG, § 171l Rz. 4 m. w. N. Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 4. Steiner-Hagemann, ZVG, § 171i Rz. 4.

Wedekind

1299

§ 171l 10

Ausländische Luftfahrzeuge: Termin – Bekanntmachung, Benachrichtigung im Ausland

In der Praxis sollte die Terminierung also stets so erfolgen, dass die Einhaltung des Sechs-Wochen-Mindestzeitraums unproblematisch ist. Hierbei sind länderspezifische Besonderheiten und Erfahrungswerte hinsichtlich Zustelldauern etc. zu berücksichtigen. IV. Zustellung an Beteiligte im Ausland

11

Absatz 2 Satz 2 bis 4 ergänzen §§ 4, 41 Abs. 1 und § 43 Abs. 2 ZVG über die Zustellung der Terminsbestimmung an Beteiligte außerhalb des Gerichtsbezirks.

12

Wie oben schon erwähnt, sieht Absatz 2 Satz 4 die Beförderung durch Luftpost vor; anstelle der in ansonsten in § 4 ZVG vorgesehenen Aufgabe zur Post als Einschreiben. Die Aufgabe zur Luftpost ist dogmatisch keine Auslandszustellung, sondern eine fingierte Zustellung im Inland.5) V. Bekanntmachung im Ausland (durch Gläubiger!)

13

Für Gläubiger wichtig: Die Bekanntmachung der Versteigerung im Ausland hat der Gläubiger zu veranlassen (§ 171l Abs. 2 Satz 5 ZVG), und nicht das Gericht. Diese Bekanntmachung hat nach den am ausländischen Registerort geltenden Bestimmungen zu erfolgen.

14

Diese Bekanntmachung muss innerhalb einer Frist von einem Monat vor dem Termin bewirkt sein. Dies gilt für alle ausländischen Luftfahrzeuge. Zwar ist dies gemäß Art. 7 Abs. 2 lit. b) Satz 2 LuftFzgAbk eigentlich nur für die Vertragsstaaten des LuftFzgAbk zwingend vorgeschrieben. § 171l Abs. 2 Satz 5 ZVG hat dies aber auch auf die Versteigerung ausländischer Luftfahrzeuge aus Nicht-Vertragsstaaten des LuftFzgAbk erstreckt.

15

Der Gläubiger muss dem (deutschen) Vollstreckungsgericht nachweisen, dass die fristgerechte Bekanntmachung im Ausland erfolgt ist. Eine Verletzung führt in Übereinstimmung mit Art. 7 Abs. 3 Satz 1 LuftFzgAbk (in unmittelbarer Anwendung für Vertragsstaaten und gemäß § 171l Abs. 2 Satz 5 ZVG in analoger Anwendung auch für Nicht-Vertragsstaaten) zur Terminsaufhebung oder in entsprechender Anwendung von § 83 Nr. 7 ZVG zur Zuschlagsversagung.6)

_____________ 5)

6)

BGH, Beschl. v. 13.11.2001 – VI ZB 9/01, NJW 2002, 521 – 522; anders noch SteinerHagemann, ZVG, § 171l Rz. 4 und Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl. § 171l Rz. 3 (in der 14. Aufl. aufgegeben). Steiner-Hagemann, ZVG, § 171l Rz. 8.

1300

Wedekind

Ausländische Luftfahrzeuge: Beschwerde gegen Erteilung des Zuschlags

§ 171m

§ 171m Ausländische Luftfahrzeuge: Beschwerde gegen Erteilung des Zuschlags Die Beschwerde gegen die Erteilung des Zuschlags ist binnen sechs Monaten einzulegen. Sie kann auf die Gründe des § 100 nur binnen einer Notfrist von zwei Wochen, danach nur noch darauf gestützt werden, daß die Vorschriften des § 171l Abs. 2 verletzt sind. Literatur: Siehe die Hinweise zu § 171h ZVG. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich ............................ 2

I.

III. Zuschlagsbeschwerde ........................... 3

Zweck der Norm

Die Norm bezweckt die Durchführung des Artikels 7 Abs. 3 des Genfer Abkommens.1) Danach kann jeder, der durch eine unter Verstoß gegen § 171l Abs. 2 ZVG vorgenommene Verwertung geschädigt worden ist, diese Verwertung binnen sechs Monaten für nichtig erklären lassen.

1

II. Anwendungsbereich § 171l ZVG gilt für alle ausländischen Luftfahrzeuge (ist also nicht auf die Vertragsstaaten des LuftFzgAbk beschränkt). Siehe hierzu auch § 171a Rz. 4, 7 ff. [Wedekind]).

2

III. Zuschlagsbeschwerde Für die Zuschlagsbeschwerde gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 96 ff. ZVG.

3

Darüber hinaus kann die Zuschlagsbeschwerde wegen Verletzung des § 171l Abs. 2 ZVG, welcher dem Artikel 7 Abs. 2 des vorgenannten Abkommens entspricht, binnen sechs Monaten eingelegt werden (§ 171m Abs. 1 ZVG). Diese besondere sechsmonatige Frist ist keine Notfrist, sondern eine Ausschlussfrist.

4

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO ist möglich. Für den Beginn der Frist ist § 98 ZVG maßgeblich.

5

Hingegen ist die Frist zur Stützung einer Zuschlagsbeschwerde auf die Gründe des § 100 ZVG eine Notfrist. Diese beträgt zwei Wochen – § 96 ZVG, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Siehe hierzu: Wegen § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO i. V. m. mit der Möglichkeit der außerordentlichen Beschwerde gem. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZVG; beachte auch § 586 Abs. 2 Satz 3 ZVG. Insgesamt zu § 96 ZVG siehe § 96 Rz. 1 ff. [Popp].

6

_____________ 1)

In Umsetzung des Genfer Abkommens über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19.6.1948 – LuftFzgAbk (BGBl. 1959 II, 130) erging das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl. 1959 II, 129) – LuftFzgAbkG. Und in dessen Umsetzung wiederum erfolgte die die innerstaatliche Umsetzung durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (LuftFzgG), BGBl. 1959 I, 57, 223.

Wedekind

1301

§ 171n

Bewertung ausländischer Mietrechte

§ 171n Bewertung ausländischer Mietrechte Cranshaw

Erlischt durch den Zuschlag das Recht zum Besitz eines Luftfahrzeugs auf Grund eines für einen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten abgeschlossenen Mietvertrages, so gelten die Vorschriften über den Ersatz für einen Nießbrauch entsprechend. Literatur: Haag, Sicherungsrechte an Flugzeugen in der Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz, Diss., 2004; Kreuzer, Die Inlandswirksamkeit fremder besitzloser vertraglicher Mobiliarsicherheiten, die italienische Autohypothek und das US-amerikanische mortgage an Luftfahrzeugen, IPrax 1993, 157 – 162. Übersicht I.

Normhintergrund, inländisches Recht und Genfer Abkommen ........... 1 1. LuftFzgG ............................................... 1 2. Genfer Abkommen von 1948 ............... 3 II. Gegenstand der Norm und das dinglich besicherte längerfristige Mietverhältnis ...................................... 4

1

1.

Das betroffene ausländische Mietverhältnis und anwendbares Recht ................................ 4 2. Weitere Anforderungen an das Mietverhältnis nach § 171n ZVG ......... 6 III. Erlöschen des Rechts durch Zuschlag und Rechtsfolge ................. 11

I.

Normhintergrund, inländisches Recht und Genfer Abkommen

1.

LuftFzgG

Normhintergrund der vollstreckungsrechtlichen Bestimmung des § 171n ZVG ist § 103 Abs. 1, Nrn. 1, 2 LuftFzgG:1) „§ 1032) [Auszug] Besteht an einem ausländischen Luftfahrzeug 1. ein Recht des Besitzers dieses Luftfahrzeugs, Eigentum durch Kauf zu erwerben, 2. ein Recht zum Besitz dieses Luftfahrzeugs aufgrund eines für einen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten abgeschlossenen Mietvertrages oder 3. ein besitzloses Pfandrecht […],

2

so geht es allen anderen Rechten an dem Luftfahrzeug vor, sofern es nach dem Recht des Staates, in dem das Luftfahrzeug zur Zeit der Begründung des Rechts als staatszugehörig eingetragen war, gültig entstanden und in einem öffentlichen Register dieses Staates eingetragen ist.“ Die Vorschrift des § 103 LuftfzG war in der aktuellen Fassung bereits im Regierungsentwurf von 1958 enthalten.3) 2.

3

Genfer Abkommen von 1948

Gesetzgeberischer Hintergrund dieser Norm des LuftFzgG wiederum ist das Genfer Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an _____________ 1) 2) 3)

LuftFzgG, Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, v. 26.2.1959, BGBl. III 403-9, bis zur Fassung d. Art. 16 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. Hervorhebung der im Auszug zitierten Gesetzesvorschrift d. d. Verfasser. Siehe BT-Drucks. 423, 3. Wahlperiode v. 9.6.1958, S. 15, 36 ff.; der Gesetzentwurf nimmt neben dem Genfer Abkommen auch Bezug auf das Chikagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt v. 7.12.1944, dem die Bundesrepublik 1956 beigetreten ist, Gesetz v. 7.4.1956, BGBl. II 1956, 412.

1302

Cranshaw

§ 171n

Bewertung ausländischer Mietrechte

Luftfahrzeugen.4) Art. 1 Abs. 1 Halbs. 1 lit. b) und c) des Abkommens verpflichten die Vertragsstaaten zur Anerkennung u. a. von Kaufoptionen des Besitzers (lit. b) und von Rechten des Mieters (lit. c), wie dies § 103 Nrn. 1, 2 LuftFzgG vorsehen. Die zitierten Vorschriften des Abkommens stimmen in deutscher Sprache wörtlich mit denjenigen des § 103 Nrn. 1, 2 LuftFzgG überein. Andere Rechte dürfen denen in Art. 1 Abs. 1 des Abkommens, zu denen auch das Eigentum am Luftfahrzeug und vertragliche Sicherungsrechte, wie „besitzlose Pfandrechte („Mortgages“), Hypotheken und ähnliche Rechte […]“ gehören, im Rang nicht vorgehen, Art. 1 Abs. 2 Genfer Abkommen. II. Gegenstand der Norm und das dinglich besicherte längerfristige Mietverhältnis 1.

Das betroffene ausländische Mietverhältnis und anwendbares Recht

Die Vorschrift bezieht sich nicht auf sämtliche Mietverhältnisse, sondern nur auf solche an ausländischen Luftfahrzeugen (vgl. § 171h ZVG mit den dortigen Verweisungen sowie die Kommentierung im vorliegenden Kommentar) und zwar nur nach ausländischem Recht begründete. Art 1 des Genfer Abkommens ist nach dessen Art. 11 in seiner Anwendung beschränkt „auf in einem anderen Vertragsstaat eingetragene Luftfahrzeuge“; dem folgt das Konzept des § 103 LuftfzG.5) Das inländische Recht sieht ein solch weitreichendes dingliches Besitzrecht des Mieters an Flugzeugen in diesem Sinne nicht vor, im LuftFzgG ist es nicht geregelt (vgl. § 9 LuftFzgG); die Tatbestandsvoraussetzungen des § 103 Halbs. 2 LuftFzgG sind nicht gegeben.

4

Mit dem Wechsel des bislang ausländischen Luftfahrzeugs, das mit dem Besitzrecht des Mieters belastet ist, ins Inland, tritt mit der inländischen Registereintragung ein Statutenwechsel ein, das bisherige ausländische Recht erlischt.6)

5

2.

Weitere Anforderungen an das Mietverhältnis nach § 171n ZVG

Das gesicherte Mietverhältnis muss materielle und verfahrensrechtliche Voraussetzungen erfüllen, wobei offen bleiben mag, inwieweit die Registereintragung nach dem Recht der Staaten, die ein solches weitgehendes verdinglichtes Besitzrecht des Mieters kennen, konstitutiven oder nur deklaratorischen Charakter hat.

6

Das Mietverhältnis muss auf einen längeren Zeitraum als sechs Monate abgeschlossen sein.

7

Das aufgrund der Mietvertrages dergestalt „verdinglichte“ Besitzrecht des Mieters bzw. der Mietvertrag oder das Mietverhältnis müssen wirksam entstanden und in dem öffentlichen Register des ausländischen Staates eingetragen sein. _____________

8

4)

5) 6)

Siehe das deutsche Zustimmungsgesetz und den Text des Abkommens in den verbindlichen Sprachen englisch, französisch und spanisch mit deutscher Übersetzung, BGBl. II 1959, 129 ff. Der Text des Abkommens ist mit der Angabe der Signatarstaaten u. a. verfügbar auf der Internetseite der Schweizerischen Rechtssammlung der Behörden der Schweiz Nr. 0.748.217.1, http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19480165/ index.html#fn1 (Stand: 22.10.2013); Depositar ist nach Art. XXIII des Abkommens die International Civil Aviation Organization. BT-Drucks. 423, 3. Wahlperiode, S. 36. BT-Drucks. 423, 3. Wahlperiode, S. 36. Offen muss hier bleiben, ob dies mit den Binnenmarktregeln der EU harmoniert.

Cranshaw

1303

§ 171n

Bewertung ausländischer Mietrechte

9

Ob alle diese Voraussetzungen vorliegen, bestimmt sich nach ausländischem Recht; dieses entscheidet namentlich auch darüber, welche Vertragsstruktur unter den Begriff des Mietvertrags zu subsumieren ist (ob beispielsweise das „Finanzierungsleasing“ dazu gehört), wann eine Dauer von sechs Monaten überschritten ist oder ob all die hier umrissenen Vorgänge „gültig“ sind und ob ordnungsgemäß eingetragen worden ist. § 171n ZVG und § 103 LuftfzG sind kollisionsrechtliche Regelungen des internationalen Privatrechts. Das Vollstreckungsgericht muss sich über die einschlägigen Bestimmungen des ausländischen Rechts vergewissern (vgl. § 293 ZPO) und prüfen, ob im ausländischen Register ein solches Recht eingetragen ist. Eine materielle Prüfungspflicht ist ihm freilich nicht auferlegt. Daneben können dingliche Rechte bestehen, die bei fehlender Eintragung in das Heimatregister nach der lex rei sitae zum Zeitpunkt der Bestellung des Rechts zu beurteilen sind.7) Solche Rechte sind nach § 37 Nr. 4 ZVG anzumelden, sie gehen jedoch den vertraglichen Rechten des § 103 LuftFzgG bzw. des Art. 1 Genfer Abkommen im Rang nach.

10

Der betroffene Mieter/Besitzer i. S. d. § 171n ZVG ist Beteiligter gemäß § 9 Nr. 2 ZVG. Die Information über die Versteigerung sichert § 171l Abs. 2 ZVG, insbesondere auch § 171l Abs. 2 Satz 5 ZVG. III. Erlöschen des Rechts durch Zuschlag und Rechtsfolge

11

Erlischt das dingliche Besitzrecht des Mieters (vgl. §§ 52, 91 ZVG), so ist die Rechtsfolge die analoge Anwendung der auf den Nießbrauch anzuwendenden Vorschriften. Konsequenz ist, dass eine dem Jahreswert8) des Besitzrechts an dem Flugzeug (= Mietwert) entsprechende „Geldrente zu leisten“ ist, § 92 Abs. 2 ZVG. Dieser Ersatzbetrag ist anzumelden, der ausländische Berechtigte ist zwingend nach § 139 ZPO zu belehren.9) § 92 Abs. 2 Sätze 2, 3 ZVG sind ebenfalls heranzuziehen, sodass auch die Vorauszahlung für drei Monate nach § 92 Abs. 2 Satz 2 ZVG entrichtet werden muss. Da die Bestimmungen über den Nießbrauch analog Anwendung finden, gelten auch die dortigen Erlöschensvorschriften entsprechend;10) u. a. gilt § 1061 BGB, sollte der Mieter vor Ablauf seiner Mietzeit versterben. Bei juristischen Personen des ausländischen Rechts oder diesen gleich zu achtenden Gesellschaften als Mieter richtet sich das Erlöschen des Anspruchs wegen Erlöschens des Mieters/Nießbrauchers (analog § 1061 Satz 2 BGB) nach dem jeweils anzuwendenden ausländischen Gesellschaftsrecht.

12

Im Teilungsplan ist § 121 Abs. 1 ZVG zu beachten, die Dauer der Leistungen ist auf die Laufzeit des Mietvertrages begrenzt.11) Der 25-fache Jahresbetrag dürfte in praxi kaum in Frage kommen.

_____________ 7) BT-Drucks. 423, 3. Wahlperiode, S. 37. 8) Stöber, ZVG, § 171n Rz. 1.2, § 92 Rz. 4.1. 9) Zur Anmeldung und zu § 139 ZPO generell siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 35; für ausländische Beteiligte gilt die prozessuale Hinweispflicht des § 139 Abs. 2 ZPO erst recht. 10) Vgl. Palandt/Bassenge, BGB, Einf v. § 1030 Rz. 6 m. w. N. 11) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171n Rz. 1; für die dinglichen Kaufrechte des Mieters gemäß § 103 Nr. 1 LuftFzgG weist er in Rz. 2 zutreffend darauf hin, dass dafür § 171n ZVG nicht gilt.

1304

Cranshaw

Dritter Abschnitt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen § 172 Zwangsversteigerung in Insolvenzverfahren Popp

Wird die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung von dem Insolvenzverwalter beantragt, so finden die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 173, 174 ein anderes ergibt. Literatur: Depré, Peter/Lambert, Antje, Aktuelle steuerliche Aspekte bei der Verwaltung und Verwendung von Immobilien in der Insolvenz, ZfIR 2012, 1. Übersicht I.

Die Insolvenzverwalterversteigerung ........................................ 1 II. Funktion des Insolvenzverwalters ..... 8 III. Beitritt zum Verfahren ...................... 10

I.

IV. Zwangsverwaltungsantrag durch den Insolvenzverwalter ..................... 11 V. Prozesskostenhilfe für das Zwangsversteigerungsverfahren ...... 17

Die Insolvenzverwalterversteigerung

§ 172 ZVG gibt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter eine weitere Alternative der Verwertung an die Hand. Diese ist insbesondere aus haftungsrechtlichen Gründen für den Insolvenzverwalter von Vorteil, da keine Gewährleistungsansprüche des Erwerbers bestehen (§ 56 Satz 3 ZVG). Demgegenüber ist bei einer freihändigen Veräußerung der Immobilien zwar die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses denkbar. Eine Freizeichnung ist aber insbesondere gegenüber Verbrauchern problematisch bzw. unwirksam. Die Möglichkeit einer genauen Festlegung der Sollbeschaffenheit unter umfassender Angabe von bekannten und bestehenden Mängeln hilft im Rahmen einer freihändigen Veräußerung hier nur bedingt weiter. Bei einem freihändigen Verkauf ist auch zu berücksichtigen, dass an einen etwaigen Gewährleistungsausschluss für Altlasten besondere Anforderungen bestehen und ein üblicher Gewährleistungsausschluss nicht ohne Weiteres auch Ansprüche nach § 24 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz umfasst.1)

1

Die entsprechenden Risiken können bei einer Insolvenzverwalterversteigerung vermieden werden. Darüber hinaus kann dem Insolvenzverwalter bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften des ZVG auch nicht vorgeworfen werden, dass er den Grundbesitz unter Wert veräußert habe.2)

2

Für den Insolvenzverwalter ist daher die Zwangsversteigerung, auch vor dem Hintergrund der Regeln des § 174a ZVG (siehe näher dort) eine echte, vielfach auch die letzte Alternative, um ein Grundstück zu verwerten. Scheitert auch dies bleibt ggf. nur noch die Freigabe aus der Insolvenzmasse.

3

_____________ 1) 2)

BGH, Urt. v. 2.4.2004 – V ZR 267/03, NJW-RR 2004, 1243, 1246. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 3.3 m. w. N.

Popp

1305

§ 172

Zwangsversteigerung in Insolvenzverfahren

4

§ 172 ZVG korrespondiert insoweit mit § 165 InsO.

5

Das Antragsrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, welcher hierfür keines Vollstreckungstitels bedarf.3) Nachgewiesen wird das Recht durch die Bestallungsurkunde.4)

6

Demgegenüber stand dem Treuhänder im vereinfachten Verfahren das entsprechende Recht zu einem Antrag nicht zu (§ 313 Abs. 3 InsO a. F.). Mit Wirkung ab dem 1.7.2014 wurde § 313 InsO gestrichen. Die Regelung des § 313 Abs. 3 InsO gilt nur noch für Insolvenzverfahren die vor dem 1.7.2014 beantragt wurden5) (vgl. Art 103h EGInsO). Die Regelung findet zudem nur Anwendung, wenn an dem Grundstück Grundpfandrechte bzw. Absonderungsrechte bestehen. Insoweit ist zwar strittig, ob § 313 Abs. 3 Satz 1 InsO a. F. die freihändige Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters beschränkt.6) Unbestritten ist allerdings, dass die Zwangsversteigerung gerade auch vor dem Hintergrund des § 174a ZVG dem Treuhänder nicht zustehen sollte. Eine Ausnahme ergibt sich aufgrund der Verweisung des § 313 Abs. 3 InsO auf § 173 Abs. 2 InsO. Demnach kann auf Antrag des Verwalters nach Anhörung des absonderungsberechtigten Gläubigers das Insolvenzgericht eine Frist bestimmen, innerhalb welcher der Gläubiger den Gegenstand zu verwerten hat. Nach Ablauf der Frist ist dann der Insolvenzverwalter zur Verwertung und mithin zur Versteigerung berechtigt. Durch den Wegfall des § 313 InsO besteht für Verfahren, die nach dem 1.7.2014 beantragt wurden, uneingeschränkt die Antragsbefugnis auch in Verbraucherinsolvenzverfahren.

7

Das Recht des Verwalters einen Versteigerungsantrag zu stellen, ist auf die Insolvenzmasse beschränkt. Gehört demnach nur ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück zur Insolvenzmasse, so kann der Insolvenzverwalter nach § 172 ZVG auch nur die Zwangsversteigerung hinsichtlich dieses Miteigentumsanteils betreiben. Daneben besteht das Recht nach den §§ 180, 181 ZVG die Teilungsversteigerung durchzuführen.7) Ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters ergibt sich auch nicht im Hinblick auf § 174a ZVG. Zwar soll diese Regelung es dem Insolvenzverwalter ermöglichen, auch stark belastete Grundstücke zu versteigern, hieraus ergibt sich jedoch kein allgemeines Recht, die Gegenstände zu versteigern, die nicht zur Insolvenzmasse gehören.8) II. Funktion des Insolvenzverwalters

8

Im Rahmen einer Insolvenzverwalterversteigerung hat der Insolvenzverwalter eine Doppelrolle; er ist zugleich betreibender Gläubiger und Vollstreckungsschuldner.9) Der Insolvenzschuldner ist kein Verfahrensbeteiligter, die Verfügungsbefugnis obliegt allein dem Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO).10) Gleichwohl wird vielfach empfohlen, die Zustellung vorsorglich auch an den Schuldner vorzunehmen.11) _____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11)

Stöber, ZVG, § 172 Rz. 5.1. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 5.1. MünchKomm/Ott/Vuia, InsO, § 312 Rz. 14. OLG Hamm, Urt. v. 4.11.2011 – 15 W 698/10, NZI 2012, 33, 34. BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, NZI 2012, 575. BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, NZI 2012, 575, 576. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 3.2; Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 165 Rz. 9. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 3.3. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 3.3.

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§ 172

Zwangsversteigerung in Insolvenzverfahren

Entsprechend seiner Doppelrolle kann der Insolvenzverwalter das Verfahren durch Rücknahme beenden oder die Einstellung des Verfahrens bewilligen. In der Terminsbestimmung wird angegeben (§ 37 Nr. 3 ZVG), dass die Versteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters erfolgt. Der Insolvenzverwalter hat auch das Recht nach § 67 ZVG, die Sicherheitsleistung für ein Gebot zu verlangen.12) Die 7/10-Grenze des § 74a ZVG gilt aber nicht für den Insolvenzverwalter, von seltenen Ausnahmen abgesehen.13)

9

III. Beitritt zum Verfahren In der Praxis kommt es häufig dazu, dass weitere Gläubiger, insbesondere auch die öffentliche Hand, den Beitritt zum Insolvenzverwalterversteigerungsverfahren erklären möchten. Der Beitritt eines Gläubigers zum Insolvenzversteigerungsverfahren wird wegen der verschiedenen Verfahrensarten überwiegend als unzulässig angesehen.14) Der entsprechende Antrag auf Beitritt ist in diesen Fällen als Antrag auf ein neues Vollstreckungsversteigerungsverfahren zu behandeln bzw. auszulegen.15)

10

IV. Zwangsverwaltungsantrag durch den Insolvenzverwalter Nach § 172 ZVG hat der Insolvenzverwalter auch das Recht die Zwangsverwaltung zu betreiben. Die entsprechende Möglichkeit hat nur geringe Bedeutung. Der Insolvenzverwalter hat selbst die Möglichkeit, die Mieten der zur Insolvenzmasse gehörenden Grundstücke einzuziehen. Dies ergibt sich bereits aus seinem allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsrecht (§ 80 InsO). Die Pfändung und Einziehung mithaftender Mieten oder Pachten durch absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger ist nach Insolvenzeröffnung nicht mehr wirksam, was sich aus § 110 InsO ergibt.16)

11

Praktische Fälle, in denen ein Antrag auf Zwangsverwaltung durch den Verwalter einmal sinnvoll ist, sind nur schwerlich vorstellbar.

12

Soweit als Beispiel angeführt wird, dass der Insolvenzverwalter der eigenen Insolvenzverwaltung nicht gewachsen ist,17) dürfte ein solcher Fall in der Praxis nicht vorkommen. Auch der geschilderte Fall, dass sich auf dem Grundstück ein Gewerbebetrieb befindet, dessen Verwaltung in der Zwangsverwaltung zweckmäßig erscheint, ist wohl nur von theoretischer Natur.18) Ungeachtet der Frage, in welchem Umfang der Zwangsverwalter einen Gewerbebetrieb weiterführen oder auch verpachten darf,19) ist der praktische Anwendungsbereich für die Anordnung einer Zwangsverwaltung seitens des Insolvenzverwalters auch hier gering, gerade im Hinblick auf die weite Rechtsstellung des Insolvenzverwalters.

13

_____________ 12) Stöber, ZVG, § 172 Rz. 5.12. 13) Vgl. hierzu Stöber, ZVG, § 74a Rz. 2.1. 14) AG Pirmasens, Beschl. v. 23.1.2013 – 1 K 6/13 (n. v.); Stöber, ZVG, § 172 Rz. 7, auch zur Gegenposition. 15) AG Pirmasens, Beschl. v. 23.1.2013 – 1 K 6/13 (n. v.); Stöber, ZVG, § 172 Rz. 7, auch zur Gegenposition. 16) Ausführlich BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, NZI 2006, 577 ff. 17) Vgl. Stöber, ZVG, § 172 Rz. 8.3. 18) Vgl. hierzu Stöber, ZVG, § 172 Rz. 8.3. 19) Depré/Mayer, § 2 Rz. 676 ff.

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§ 172

Zwangsversteigerung in Insolvenzverfahren

14

Häufiger wird es in der Praxis zu Fällen kommen, dass Gläubiger einen Zwangsverwaltungs- oder auch einen Zwangsversteigerungsantrag stellen. Insoweit kann nur noch zugunsten eines Gläubigers der Rangklasse 1 – 4 des § 10 Abs. 1 ZVG die Zwangsverwaltung zugelassen werden, wozu ggf. umgeschriebener Titel gegen den Insolvenzverwalter vonnöten ist.20)

15

Insoweit ist zu beachten, dass die Umschreibung nicht in persönlicher Hinsicht, sondern nur in dinglicher Hinsicht erfolgen kann. Einer entsprechenden Klauselerteilung in persönlicher Hinsicht fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der Insolvenzverwalter insoweit nicht Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners i. S. d. § 727 ZPO geworden ist.21)

16

Vermeiden lassen sich solche Anträge ggf. durch entsprechende Verwaltungs- und Verwertungsvereinbarungen mit den Grundpfandrechtsgläubigern.22) V. Prozesskostenhilfe für das Zwangsversteigerungsverfahren

17

Ein weiteres praktisches Problem ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Insolvenzverwalterversteigerung. Vielfach sind massearme Verfahren gegeben, bei denen die Masse erst durch die Verwertung generiert werden soll bzw. muss. Die Handhabung der Gerichte reicht von der unproblematischen Gewährung bis zur großen Skepsis.

18

Der Bundesgerichtshof sieht neben den allgemeinen Grundsätzen der Prozesskostenhilfe als Korrektiv den Begriff des „Mutwillens“.23) Im Rahmen der (Teilungs)versteigerung nimmt der Bundesgerichthof eine Mutwilligkeit nur an, wenn das Verhältnis zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und dem geringsten Gebot voraussichtlich alle in Betracht kommenden Interessenten von der Abgabe von Geboten abhalten wird (BGH a. a. O.). Insoweit wird zugunsten des Insolvenzverwalters auch die Möglichkeit des Antrages nach § 174a ZVG sowie seine grundsätzliche Pflicht zur Verwertung zu berücksichtigen sein.

19

Gerade wenn sich die Verwertungsaussichten bei Beginn noch nicht abschließend beurteilen lassen, bietet es sich an, dass die Bewilligung abschnittsweise erfolgt.24)

20

Vielfach wird in der Gerichtspraxis Prozesskostenhilfe auch nur mit der Auflage bewilligt, dass der Antragsteller die Kosten und ggf. erhaltene PKH-Anwaltsvergütung aus einem etwaigen Erlösüberschuss aus der Versteigerung oder einer alternativen rechtsgeschäftlichen Veräußerung zu zahlen hat. Dies ist vor dem Hintergrund kritisch, dass der BGH einen allgemeinen Grundsatz ablehnt, wonach Erträge der Rechtsverfolgung vorrangig zur Deckung von Verfahrenskosten zu verwenden sind.25) Für die Handhabung der Gerichte spricht allerdings, dass es sich bei den _____________ 20) Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, § 3 Rz. 993, 994. 21) Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18; OLG München, Beschl. v. 11.10.1999 – 11 W 2206/99, NZI 1999, 498; LG Frankenthal, Beschl. v. 16.4.2013 – 1 T 84/13 (n. v.). 22) Zur sog. kalten Zwangsverwaltung, siehe auch Beck/Depré-Ringstmeier, Praxis der Insolvenz, § 22 Rz. 114 ff; zu steuerlichen Aspekten solcher Vereinbarungen vgl. Depré/Lambert, ZflR 2012, 1, 4 f. 23) BGH, Beschl. v. 15.3.2011 – V ZB 177/10, Rpfleger 2011, 547. 24) BGH, Beschl. v. 15.3.2011 – V ZB 177/10, Rpfleger 2011, 547, 548. 25) BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – IX ZB 305/05, Rpfleger 2007, 32, 33.

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§ 174

Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger

Kosten um Kosten des Verfahrens handelt, die vorrangig abzuführen sind (§ 109 ZVG). Nunmehr sieht auch die Neufassung des § 120a Absatz 3 ZPO die Möglichkeit einer Berücksichtigung von Erlangtem aus der Rechtsverfolgung vor. Eine Anwaltsbeiordnung wird vielfach mit dem Argument abgelehnt, dass der Insolvenzverwalter, insbesondere wenn er auch Rechtsanwalt ist, über hinreichende Kenntnisse verfügt und sich daher selbst vertreten kann. Diese Begründung, so vermeintlich überzeugend sie auf den ersten Blick wirkt, verkennt aber, dass bei der Frage der Notwendigkeit der Anwaltsbeiordnung fiktiv auf den Insolvenzverwalter abzustellen ist, der keine volljuristischen Kenntnisse hat.26) Zumindest dann wenn komplexere (Rechts)fragen im Rahmen des Verfahrens zu erwarten sind sollte daher eine Anwaltsbeiordnung möglich sein. Sofern in einem Teilungsversteigerungsverfahren ein Antragsgegner anwaltlich vertreten ist, ist der Anwaltsbeiordnung wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit zu entsprechen. Dieser Fall ist in § 122 Abs. 2 ZPO ausdrücklich gesetzlich geregelt.

21

_____________ 26) BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, NJW 2006, 1597.

§ 173 Beschluss ist keine Beschlagnahme Der Beschluß, durch welchen das Verfahren angeordnet wird, gilt nicht als Beschlagnahme. I. S. d. §§ 13, 55 ist jedoch die Zustellung des Beschlusses an den Insolvenzverwalter als Beschlagnahme anzusehen. Die Norm legt fest, dass nur eine beschränkte Wirkung des Anordnungsbeschlusses besteht. Hintergrund ist, dass dem Eigentümer mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits die Verfügung über sein Vermögen entzogen ist.1)

1

Lediglich im Hinblick auf die §§ 13, 55 ZVG wird eine Beschlagnahmewirkung zuerkannt. Demnach tritt eine Beschlagnahmewirkung im Hinblick auf laufende Beträge wiederkehrender Leistungen in Abgrenzung zu Rückständen (§ 13 Abs. 1 ZVG) ein. Ferner gilt die Beschlagnahmewirkung auch für die Frage, welche Gegenstände von der Versteigerung des Grundstücks umfasst sind (§ 55 ZVG).

2

_____________ 1) Stöber, ZVG, § 173 Rz. 2.

§ 174 Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger Hat ein Gläubiger für seine Forderung gegen den Schuldner des Insolvenzverfahrens ein von dem Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke, so kann er bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots nur

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§ 174

Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger

Kosten um Kosten des Verfahrens handelt, die vorrangig abzuführen sind (§ 109 ZVG). Nunmehr sieht auch die Neufassung des § 120a Absatz 3 ZPO die Möglichkeit einer Berücksichtigung von Erlangtem aus der Rechtsverfolgung vor. Eine Anwaltsbeiordnung wird vielfach mit dem Argument abgelehnt, dass der Insolvenzverwalter, insbesondere wenn er auch Rechtsanwalt ist, über hinreichende Kenntnisse verfügt und sich daher selbst vertreten kann. Diese Begründung, so vermeintlich überzeugend sie auf den ersten Blick wirkt, verkennt aber, dass bei der Frage der Notwendigkeit der Anwaltsbeiordnung fiktiv auf den Insolvenzverwalter abzustellen ist, der keine volljuristischen Kenntnisse hat.26) Zumindest dann wenn komplexere (Rechts)fragen im Rahmen des Verfahrens zu erwarten sind sollte daher eine Anwaltsbeiordnung möglich sein. Sofern in einem Teilungsversteigerungsverfahren ein Antragsgegner anwaltlich vertreten ist, ist der Anwaltsbeiordnung wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit zu entsprechen. Dieser Fall ist in § 122 Abs. 2 ZPO ausdrücklich gesetzlich geregelt.

21

_____________ 26) BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, NJW 2006, 1597.

§ 173 Beschluss ist keine Beschlagnahme Der Beschluß, durch welchen das Verfahren angeordnet wird, gilt nicht als Beschlagnahme. I. S. d. §§ 13, 55 ist jedoch die Zustellung des Beschlusses an den Insolvenzverwalter als Beschlagnahme anzusehen. Die Norm legt fest, dass nur eine beschränkte Wirkung des Anordnungsbeschlusses besteht. Hintergrund ist, dass dem Eigentümer mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits die Verfügung über sein Vermögen entzogen ist.1)

1

Lediglich im Hinblick auf die §§ 13, 55 ZVG wird eine Beschlagnahmewirkung zuerkannt. Demnach tritt eine Beschlagnahmewirkung im Hinblick auf laufende Beträge wiederkehrender Leistungen in Abgrenzung zu Rückständen (§ 13 Abs. 1 ZVG) ein. Ferner gilt die Beschlagnahmewirkung auch für die Frage, welche Gegenstände von der Versteigerung des Grundstücks umfasst sind (§ 55 ZVG).

2

_____________ 1) Stöber, ZVG, § 173 Rz. 2.

§ 174 Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger Hat ein Gläubiger für seine Forderung gegen den Schuldner des Insolvenzverfahrens ein von dem Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke, so kann er bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots nur

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§ 174

Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger

Kosten um Kosten des Verfahrens handelt, die vorrangig abzuführen sind (§ 109 ZVG). Nunmehr sieht auch die Neufassung des § 120a Absatz 3 ZPO die Möglichkeit einer Berücksichtigung von Erlangtem aus der Rechtsverfolgung vor. Eine Anwaltsbeiordnung wird vielfach mit dem Argument abgelehnt, dass der Insolvenzverwalter, insbesondere wenn er auch Rechtsanwalt ist, über hinreichende Kenntnisse verfügt und sich daher selbst vertreten kann. Diese Begründung, so vermeintlich überzeugend sie auf den ersten Blick wirkt, verkennt aber, dass bei der Frage der Notwendigkeit der Anwaltsbeiordnung fiktiv auf den Insolvenzverwalter abzustellen ist, der keine volljuristischen Kenntnisse hat.26) Zumindest dann wenn komplexere (Rechts)fragen im Rahmen des Verfahrens zu erwarten sind sollte daher eine Anwaltsbeiordnung möglich sein. Sofern in einem Teilungsversteigerungsverfahren ein Antragsgegner anwaltlich vertreten ist, ist der Anwaltsbeiordnung wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit zu entsprechen. Dieser Fall ist in § 122 Abs. 2 ZPO ausdrücklich gesetzlich geregelt.

21

_____________ 26) BGH, Beschl. v. 23.3.2006 – IX ZB 130/05, NJW 2006, 1597.

§ 173 Beschluss ist keine Beschlagnahme Der Beschluß, durch welchen das Verfahren angeordnet wird, gilt nicht als Beschlagnahme. I. S. d. §§ 13, 55 ist jedoch die Zustellung des Beschlusses an den Insolvenzverwalter als Beschlagnahme anzusehen. Die Norm legt fest, dass nur eine beschränkte Wirkung des Anordnungsbeschlusses besteht. Hintergrund ist, dass dem Eigentümer mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits die Verfügung über sein Vermögen entzogen ist.1)

1

Lediglich im Hinblick auf die §§ 13, 55 ZVG wird eine Beschlagnahmewirkung zuerkannt. Demnach tritt eine Beschlagnahmewirkung im Hinblick auf laufende Beträge wiederkehrender Leistungen in Abgrenzung zu Rückständen (§ 13 Abs. 1 ZVG) ein. Ferner gilt die Beschlagnahmewirkung auch für die Frage, welche Gegenstände von der Versteigerung des Grundstücks umfasst sind (§ 55 ZVG).

2

_____________ 1) Stöber, ZVG, § 173 Rz. 2.

§ 174 Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger Hat ein Gläubiger für seine Forderung gegen den Schuldner des Insolvenzverfahrens ein von dem Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke, so kann er bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots nur

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§ 174

Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger

die seinem Anspruche vorgehenden Rechte berücksichtigt werden; in diesem Fall ist das Grundstück auch mit der verlangten Abweichung auszubieten. Übersicht I.

Zweck der Vorschrift und Inhalt ....... 1

I.

Zweck der Vorschrift und Inhalt

II. Antrag ................................................... 4

1

Die Vorschrift regelt, dass dann, wenn ein Gläubiger für seine vorrangigen Forderungen gegen den Insolvenzschuldner ein vom Insolvenzverwalter anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück hat, der Gläubiger verlangen kann, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur diesem Anspruch vorgehende Rechte berücksichtigt werden.

2

Auch im Rahmen der Versteigerung durch den Insolvenzverwalter gilt der sog. Deckungsgrundsatz.1) Mit der Regelung wird ermöglicht, dass der Gläubiger auch solche Gebote zulassen kann, die sein Recht nicht decken. Hier wird im Ergebnis der Gläubiger so gestellt, als wenn er bestrangig betreibender Gläubiger wäre und zugleich berücksichtigt, dass vielfach bei einem normal festgesetzten geringen Gebot kein Versteigerungserlös zu erzielen ist.2)

3

Die Anerkennung kann auch stillschweigend oder teilweise erfolgen.3) II. Antrag

4

Der Antrag ist entsprechend dem Wortlaut bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungsverfahren möglich, auch möglich ist es, diesem vor dem Versteigerungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu geben.4) Unter „bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung“ wird die Aufforderung zur Abgabe von Geboten bezeichnet,5) nach anderer Ansicht soll noch bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag ein solcher Antrag gestellt werden können oder bis zum Schluss der Versteigerung.6)

5

Konsequenz des entsprechend zulässigen Antrags ist, ein Doppelausgebot, das Objekt muss dementsprechend normal ausgeboten werden sowie andererseits mit der entsprechenden verlangten Abweichung. Erfolgen auf beide Ausgebote Gebote, so ist in Abweichung von § 81 ZVG der Zuschlag auf das Ausgebot nach § 174 ZVG zu erteilen.7)

6

Der Antragsteller wird durch einen solchen Antrag nicht betreibender Gläubiger.8) Dementsprechend kann er keine Sicherheitsleistung verlangen und kann auch nicht verhindern, dass der Insolvenzverwalter den Verfahrensantrag zurücknimmt.9) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9)

Stöber, ZVG, § 173 Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.1. Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.2. Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.6 Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.7 Vgl. bei Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.7 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 174 Rz. 7. Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 166 Rz. 14. Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.8. Stöber, ZVG, § 174 Rz. 3.8.

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§ 174a

Antragsrecht des Insolvenzverwalters

§ 174a Antragsrecht des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter kann bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die den Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a vorgehenden Rechte berücksichtigt werden; in diesem Fall ist das Grundstück auch mit der verlangten Abweichung auszubieten. Übersicht I.

Zweck der Vorschrift ........................... 1

I.

Zweck der Vorschrift

II. Formale Anforderungen und Verfahren .............................................. 5

Die Vorschrift soll dem Insolvenzverwalter ermöglichen, auch hochbelastete Grundstücke zur Versteigerung zu bringen.1) Dies geschieht dadurch, dass der Insolvenzverwalter bei Ausübung des Rechts nach § 174a ZVG die Stellung eines bestrangigen Gläubigers erhält.2) Dementsprechend kann er verlangen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die den Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG vorgehenden Rechte berücksichtigt werden. Voraussetzung ist zunächst einmal bereits, dass die Versteigerung mithaftende Gegenstände erfasst und dass überhaupt ein zur Insolvenzmasse gehörender Anspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände begründet ist.3)

1

Diese Regelung wird teilweise stark kritisiert, insbesondere weil damit den Feststellungskosten ein zu hoher Stellenwert zugemessen wird.4) Dies kann zu einem entsprechenden Anspruchsverlust von erstrangigen Grundpfandrechten und an sich versteigerungsfesten Ansprüchen, z. B. der Erbbauzinsreallast5) oder einer erstrangigen Auflassungsvormerkung6) führen.

2

Andererseits ist der Rechtsverlust dadurch begrenzt, dass dann, wenn der Zuschlag auf das abweichende Ausgebot erteilt wird, bei der Erlösverteilung zunächst die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden und Hypotheken in der Rangfolge des § 10 ZVG zu befriedigen sind und erst dann ein etwaiger Überschuss an den Insolvenzverwalter ausgeschüttet wird.7) Es erfolgt somit eine Befriedigung aus dem Erlös nach dem Surrogationsgrundsatz.8)

3

Zudem besteht für Gläubiger die Möglichkeit die Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG abzulösen, freilich mit dem Risiko, dass die Ansprüche nach § 10

4

_____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Vgl. Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO § 165 Rz. 22 m. w. N. BGH, Beschl. v. 26.4.2012, V ZB 181/11, NZI 2012, 575, 576 m. w. N. BGH, Beschl. v. 26.4.2012, V ZB 181/11, NZI 2012, 575, 576; Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.1; Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO § 165 Rz. 23. Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.6; Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO § 165 Rz. 23. Stöber, a. a. O. Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 14a. Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 174a Rz. 7. Leonhard/Smid/Zeuner-Depré, § 165 Rz. 22.

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§ 175

Antragsrecht des Erben

Abs. 1 Nr. 1a ZVG im Falle eines freihändigen Verkaufs durch den Verwalter oder eines Endes des Insolvenzverfahrens erlöschen bzw. nicht mehr bestehen.9) II. Formale Anforderungen und Verfahren 5

Erforderlich ist ein Antrag des Insolvenzverwalters auf besondere Feststellung des geringsten Gebots, was eine entsprechende Anmeldung des Anspruchs voraussetzt.10)

6

Auch hier ist der Antrag entsprechend nur bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin zulässig. Insoweit ergibt sich eine vergleichbare Situation wie im Rahmen des § 174 ZVG. Auch im Rahmen des § 174a ZVG kommt es zu einem Doppelausgebot.11) Wenn zugleich auch ein Antrag nach § 174 ZVG eines Gläubigers vorliegt, führt dies sogar zu einem Dreifachausgebot.12) _____________ 9) 10) 11) 12)

Leonhard/Smid/Zeuner-Depré, § 165 Rz. 22 m. w. N. Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.4; Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 14a. Leonhard/Smid/Zeuner-Depré, § 165 Rz. 24.

§ 175 Antragsrecht des Erben (1) Hat ein Nachlassgläubiger für seine Forderung ein Recht auf Befriedigung aus einem zum Nachlasse gehörenden Grundstück, so kann der Erbe nach der Annahme der Erbschaft die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragen. Zu dem Antrag ist auch jeder andere berechtigt, welcher das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen kann. (2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet oder wenn der Nachlassgläubiger im Aufgebots verfahren ausgeschlossen ist oder nach den §§ 1974, 1989 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 4

I.

III. Antragsberechtigung ........................... 5 IV. Unzulässigkeit des Antrages ............... 7

Normzweck

1

Die Vorschrift regelt zunächst, dass ein Erbe nach der Anordnung der Erbschaft die Zwangsversteigerung beantragen kann, wenn ein Nachlassgläubiger für seine persönliche Forderung einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Nachlassgrundstück hat (vgl. § 1971 BGB).

2

Insoweit hilft dem Erben das Aufgebot der Nachlassgläubiger nichts, er kann hierdurch nicht seine Haftung beschränken.1) Seine weitere Möglichkeit ein Nachlassinsolvenzverfahren oder eine Nachlassverwaltung zu beantragen hat demgegenüber den Nachteil, dass der Erbe seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verliert. _____________ 1)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 175 Rz. 1.

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§ 175

Antragsrecht des Erben

Abs. 1 Nr. 1a ZVG im Falle eines freihändigen Verkaufs durch den Verwalter oder eines Endes des Insolvenzverfahrens erlöschen bzw. nicht mehr bestehen.9) II. Formale Anforderungen und Verfahren 5

Erforderlich ist ein Antrag des Insolvenzverwalters auf besondere Feststellung des geringsten Gebots, was eine entsprechende Anmeldung des Anspruchs voraussetzt.10)

6

Auch hier ist der Antrag entsprechend nur bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin zulässig. Insoweit ergibt sich eine vergleichbare Situation wie im Rahmen des § 174 ZVG. Auch im Rahmen des § 174a ZVG kommt es zu einem Doppelausgebot.11) Wenn zugleich auch ein Antrag nach § 174 ZVG eines Gläubigers vorliegt, führt dies sogar zu einem Dreifachausgebot.12) _____________ 9) 10) 11) 12)

Leonhard/Smid/Zeuner-Depré, § 165 Rz. 22 m. w. N. Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.4; Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 14a. Leonhard/Smid/Zeuner-Depré, § 165 Rz. 24.

§ 175 Antragsrecht des Erben (1) Hat ein Nachlassgläubiger für seine Forderung ein Recht auf Befriedigung aus einem zum Nachlasse gehörenden Grundstück, so kann der Erbe nach der Annahme der Erbschaft die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragen. Zu dem Antrag ist auch jeder andere berechtigt, welcher das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen kann. (2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet oder wenn der Nachlassgläubiger im Aufgebots verfahren ausgeschlossen ist oder nach den §§ 1974, 1989 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 4

I.

III. Antragsberechtigung ........................... 5 IV. Unzulässigkeit des Antrages ............... 7

Normzweck

1

Die Vorschrift regelt zunächst, dass ein Erbe nach der Anordnung der Erbschaft die Zwangsversteigerung beantragen kann, wenn ein Nachlassgläubiger für seine persönliche Forderung einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Nachlassgrundstück hat (vgl. § 1971 BGB).

2

Insoweit hilft dem Erben das Aufgebot der Nachlassgläubiger nichts, er kann hierdurch nicht seine Haftung beschränken.1) Seine weitere Möglichkeit ein Nachlassinsolvenzverfahren oder eine Nachlassverwaltung zu beantragen hat demgegenüber den Nachteil, dass der Erbe seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verliert. _____________ 1)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 175 Rz. 1.

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§ 175

Antragsrecht des Erben

Das Verfahren nach §§ 175 – 179 ZVG dient daher primär dazu festzustellen, in welchem Umfang eine persönliche Haftung für den Erben besteht, wobei dies im Hinblick auf das Grundstück erst feststeht, wenn erkennbar ist, in welchem Umfang der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundbesitz erlangt hat.2) In der Praxis gelten die Vorschriften der §§ 175 – 179 ZVG als weitgehend bedeutungslos.3)

3

II. Voraussetzungen Voraussetzung ist zunächst für einen solchen Antrag, dass ein Nachlassgläubiger Forderungen hat, es muss sich mithin um eine Nachlassverbindlichkeit handeln (§ 1967 BGB). Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Gläubiger ein Recht auf Befriedigung auf ein zum Nachlass gehörendes Grundstück besitzt.

4

III. Antragsberechtigung Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern er die Erbschaft angenommen hat, wobei der Antrag nach § 175 ZVG als Annahme gewertet werden kann.4) Dies dürfte man jedoch nicht einschränkungslos bejahen dürfen. Insbesondere dürfte es eine Frage der Auslegung sein, ob man die Antragstellung in jedem Fall als Annahme der Erbschaft ansehen kann. Zu berücksichtigen gilt, dass nach § 1943 BGB die Erbschaft auch dann als angenommen gilt, wenn die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist.

5

Daneben ist entsprechend Satz 2 auch jeder andere berechtigt, der das Aufgebot der Nachlassgläubiger beantragen kann, insbesondere sind dies der Testamentsvollstrecker und der Nachlasspfleger, wenn ihm die Verwaltung des Nachlassgrundstücks zusteht (§ 455 Abs. 2 FamFG) sowie der Nachlassverwalter. Für einen Antrag eines Nachlasspflegers oder Nachlassverwalters bedarf es nicht der Annahme der Erbschaft oder des Ablaufs der Ausschlagungsfrist.5) Speziell für den Fall, dass das Grundstück zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört, ist auch der Ehegatte, der Nichterbe ist, aber das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, ohne Zustimmung des anderen Ehegatten berechtigt, einen solchen Antrag zu stellen (§ 462 FamFG).6)

6

IV. Unzulässigkeit des Antrages Nach Absatz 2 ist das Verfahren nach § 175 ZVG nicht zulässig, wenn der Erbe bereits unbeschränkt haftet, weil der Zweck der Regelung dann nicht mehr erreicht werden kann.7) Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn der Erbe nur einzelnen Gläubigern gegenüber unbeschränkt haftet (vgl. § 2006 Abs. 3 Satz 1 BGB).8) Entscheidend ist insoweit der Zweck des Verfahrens. Demnach muss gerade offen sein, _____________ 2) 3)

4) 5) 6) 7) 8)

Stöber, ZVG, § 175 Rz. 1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 1; vgl. aber LG Düsseldorf, Urt. v. 29.2.2012 – 25 S 139/11 U, BeckRS 2013, 12834, das diesen Antrag als Möglichkeit bei der Unveräußerlichkeit einer Wohnung sieht. So unter Hinweis auch auf die Gegenansicht Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 4. Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 5. Stöber, ZVG, § 175 Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 175 Rz. 2.3. Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 175 Rz. 7.

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§ 176

Anzuwendende Vorschriften

ob und in welchem Umfang eine persönliche Forderung im Hinblick auf das Grundstück besteht. 8

Eine Zwangsverwaltung ist in keinem Fall möglich. Dies ist in § 175 ZVG nicht vorgesehen und geregelt.9) _____________ 9)

Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 175 Rz. 1.

§ 176 Anzuwendende Vorschriften Wird die Zwangsversteigerung nach § 175 beantragt, so finden die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts sowie der §§ 173, 174 entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 177, 178 ein anderes ergibt. Übersicht

1

I.

Verweis auf Verfahrensvorschriften ..... 1

I.

Verweis auf Verfahrensvorschriften

II. Parallelen und Besonderheiten .......... 2

Die Norm regelt, dass die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts (§§ 1 – 145 a, 162 – 171 ZVG) entsprechend anzuwenden sind, soweit sich nicht aus den §§ 177, 178 ZVG etwas anderes ergibt. Ferner wird die entsprechende Anwendung der §§ 173, 174 ZVG geregelt. Die Zwangsverwaltungsvorschriften finden bereits deshalb keine Anwendung, weil das Verfahren nach § 175 ff. ZVG eine Zwangsverwaltung nicht vorsieht.1) II. Parallelen und Besonderheiten

2

Zu beachten ist insbesondere, dass ein vollstreckbarer Titel nicht erforderlich ist.2) Der Anordnungsbeschluss bewirkt keine Beschlagnahme (vgl. § 173 Abs. 1 ZVG), die §§ 20 – 26 ZVG sind nicht anzuwenden.3) Ein Beitritt (§ 27 ZVG) ist nur eingeschränkt möglich. Beitreten kann ein anderer Berechtigter i. S. d. § 175 ZVG, nicht aber ein Vollstreckungsgläubiger. Insoweit handelt es sich um zwei verschiedene Verfahren, die auch gleichzeitig nebeneinander anhängig sein können.4)

3

Die §§ 28 – 30 ZVG sowie § 31 – 34 ZVG sind entsprechend anwendbar mit Ausnahme der §§ 30a – f ZVG sowie § 765a ZPO. Dies hat seinen Hintergrund darin, dass der Antragsteller nach § 30 ZVG selbst die Einstellung bewilligen kann, sodass für die Vorschriften der §§ 30a – f ZVG kein Raum ist. Im Fall des Antrags eines anderen Antragsberechtigten kann der Erbe keinen Vollstreckungsschutz beanspruchen.5) _____________ 1) 2) 3) 4) 5)

Stöber, ZVG, § 175 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 177 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.2 und 3.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 4.

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§ 176

Anzuwendende Vorschriften

ob und in welchem Umfang eine persönliche Forderung im Hinblick auf das Grundstück besteht. 8

Eine Zwangsverwaltung ist in keinem Fall möglich. Dies ist in § 175 ZVG nicht vorgesehen und geregelt.9) _____________ 9)

Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 175 Rz. 1.

§ 176 Anzuwendende Vorschriften Wird die Zwangsversteigerung nach § 175 beantragt, so finden die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts sowie der §§ 173, 174 entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 177, 178 ein anderes ergibt. Übersicht

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I.

Verweis auf Verfahrensvorschriften ..... 1

I.

Verweis auf Verfahrensvorschriften

II. Parallelen und Besonderheiten .......... 2

Die Norm regelt, dass die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts (§§ 1 – 145 a, 162 – 171 ZVG) entsprechend anzuwenden sind, soweit sich nicht aus den §§ 177, 178 ZVG etwas anderes ergibt. Ferner wird die entsprechende Anwendung der §§ 173, 174 ZVG geregelt. Die Zwangsverwaltungsvorschriften finden bereits deshalb keine Anwendung, weil das Verfahren nach § 175 ff. ZVG eine Zwangsverwaltung nicht vorsieht.1) II. Parallelen und Besonderheiten

2

Zu beachten ist insbesondere, dass ein vollstreckbarer Titel nicht erforderlich ist.2) Der Anordnungsbeschluss bewirkt keine Beschlagnahme (vgl. § 173 Abs. 1 ZVG), die §§ 20 – 26 ZVG sind nicht anzuwenden.3) Ein Beitritt (§ 27 ZVG) ist nur eingeschränkt möglich. Beitreten kann ein anderer Berechtigter i. S. d. § 175 ZVG, nicht aber ein Vollstreckungsgläubiger. Insoweit handelt es sich um zwei verschiedene Verfahren, die auch gleichzeitig nebeneinander anhängig sein können.4)

3

Die §§ 28 – 30 ZVG sowie § 31 – 34 ZVG sind entsprechend anwendbar mit Ausnahme der §§ 30a – f ZVG sowie § 765a ZPO. Dies hat seinen Hintergrund darin, dass der Antragsteller nach § 30 ZVG selbst die Einstellung bewilligen kann, sodass für die Vorschriften der §§ 30a – f ZVG kein Raum ist. Im Fall des Antrags eines anderen Antragsberechtigten kann der Erbe keinen Vollstreckungsschutz beanspruchen.5) _____________ 1) 2) 3) 4) 5)

Stöber, ZVG, § 175 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 177 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.2 und 3.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 4.

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§ 177

Glaubhaftmachung durch Urkunden

Die §§ 35 – 42 ZVG sind anwendbar, wobei bei der Terminsbestimmung bzgl. § 37 Nr. 3 ZVG anzugeben ist, dass die Versteigerung auf Antrag des Erben erfolgt und für das Erfordernis einer Glaubhaftmachung im Rahmen der Aufforderung nach § 37 Nr. 4 ZVG auf den Widerspruch der Erben abzustellen ist.6) Ein Anspruch auf Verlegung nach § 227 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 ZPO besteht auch hier nicht, da es sich um ein Zwangsvollstreckungsverfahren handelt und diese typischerweise eilbedürftig sind.7)

4

Das geringste Gebot ist grundsätzlich so zu berechnen, als wenn ein persönlicher Gläubiger das Verfahren betreiben würde, wobei bei entsprechender Anmeldung (§ 37 Nr. 4, § 45 ZVG) auch die Ansprüche aus den Rangklassen 7 und 8 einzubeziehen sind.8)

5

Die §§ 66 – 74b, 77 und 78 ZVG hinsichtlich der Versteigerung sind anzuwenden.9) Auch der Antragsteller kann Gebote abgeben.10) Auf Verlangen eines dazu Berechtigten muss er Sicherheitsleistung erbringen, § 68 Abs. 3 ZVG gilt jedoch nicht, weil der Erbe nicht Vollstreckungsschuldner ist.11)

6

Der Grundstückswert ist entsprechend § 74a Abs. 5 ZVG festzusetzen, die Zuschlagsversagung nach den §§ 74a, 85a ist auf Antrag eines nachrangig Berechtigten möglich.12) Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass auch der Antragsteller des Verfahrens die Versagung nach § 74a ZVG beantragen kann.13)

7

_____________ 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13)

Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.19; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG,§ 176 Rz. 5. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 176 Rz. 5; Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.21. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.8. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.18; Dassler/Schiffhauer-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.23.

§ 177 Glaubhaftmachung durch Urkunden Der Antragsteller hat die Tatsachen, welche sein Recht zur Stellung des Antrags begründen, durch Urkunden glaubhaft zu machen, soweit sie nicht bei dem Gericht offenkundig sind. Nach dieser Vorschrift muss der Antragsteller sein Antragsrecht darlegen und durch Urkunden glaubhaft machen. Nicht ausreichend sind demgegenüber die eidesstattliche Versicherung oder sonstige Beweismittel, wobei es sich bei der Urkunde nicht notwendig um eine öffentliche Urkunde handeln muss.1) Offenkundige Tatsachen sind entsprechend § 291 ZPO nicht glaubhaft zu machen.

_____________ 1)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 1.

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§ 177

Glaubhaftmachung durch Urkunden

Die §§ 35 – 42 ZVG sind anwendbar, wobei bei der Terminsbestimmung bzgl. § 37 Nr. 3 ZVG anzugeben ist, dass die Versteigerung auf Antrag des Erben erfolgt und für das Erfordernis einer Glaubhaftmachung im Rahmen der Aufforderung nach § 37 Nr. 4 ZVG auf den Widerspruch der Erben abzustellen ist.6) Ein Anspruch auf Verlegung nach § 227 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7 ZPO besteht auch hier nicht, da es sich um ein Zwangsvollstreckungsverfahren handelt und diese typischerweise eilbedürftig sind.7)

4

Das geringste Gebot ist grundsätzlich so zu berechnen, als wenn ein persönlicher Gläubiger das Verfahren betreiben würde, wobei bei entsprechender Anmeldung (§ 37 Nr. 4, § 45 ZVG) auch die Ansprüche aus den Rangklassen 7 und 8 einzubeziehen sind.8)

5

Die §§ 66 – 74b, 77 und 78 ZVG hinsichtlich der Versteigerung sind anzuwenden.9) Auch der Antragsteller kann Gebote abgeben.10) Auf Verlangen eines dazu Berechtigten muss er Sicherheitsleistung erbringen, § 68 Abs. 3 ZVG gilt jedoch nicht, weil der Erbe nicht Vollstreckungsschuldner ist.11)

6

Der Grundstückswert ist entsprechend § 74a Abs. 5 ZVG festzusetzen, die Zuschlagsversagung nach den §§ 74a, 85a ist auf Antrag eines nachrangig Berechtigten möglich.12) Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass auch der Antragsteller des Verfahrens die Versagung nach § 74a ZVG beantragen kann.13)

7

_____________ 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13)

Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.19; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG,§ 176 Rz. 5. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 176 Rz. 5; Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.21. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.8. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.18; Dassler/Schiffhauer-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 176 Rz. 9. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 3.23.

§ 177 Glaubhaftmachung durch Urkunden Der Antragsteller hat die Tatsachen, welche sein Recht zur Stellung des Antrags begründen, durch Urkunden glaubhaft zu machen, soweit sie nicht bei dem Gericht offenkundig sind. Nach dieser Vorschrift muss der Antragsteller sein Antragsrecht darlegen und durch Urkunden glaubhaft machen. Nicht ausreichend sind demgegenüber die eidesstattliche Versicherung oder sonstige Beweismittel, wobei es sich bei der Urkunde nicht notwendig um eine öffentliche Urkunde handeln muss.1) Offenkundige Tatsachen sind entsprechend § 291 ZPO nicht glaubhaft zu machen.

_____________ 1)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 1.

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§ 178

Nachlassinsolvenz

2

Glaubhaft zu machen ist die Eigenschaft als Erbe bzw. als sonstiger Berechtigter. Dies geschieht typischerweise durch Vorlage der entsprechenden Urkunden (Erbschein, Bestallungsurkunde, Testament u. Ä.). Ferner glaubhaft zu machen ist die persönliche Haftung des Erben und die Annahme der Erbschaft, soweit diese Verfahrensvoraussetzung ist.

3

Im Hinblick auf die persönliche Haftung sind entsprechende Verträge und Vereinbarungen vorzulegen wie z. B. die Grundschuldzweckerklärung.2) Sofern das Grundbuchamt und das Vollstreckungsgericht zum selben Gericht gehören, genügt die Bezugnahme auf die Grundakte, wenn sich aus den dort vorliegenden Unterlagen die persönliche Haftung ergibt.3)

4

Stellt sich heraus, dass die glaubhaft gemachten Tatsachen nicht zutreffen, so können alle Beteiligten beantragen, das Verfahren aufzuheben. Eine Glaubhaftmachung für entgegenstehende Tatsachen nach § 175 Abs. 2 ZVG ist nicht erforderlich.4) _____________ 2) 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 177 Rz. 3 und 4; Stöber, ZVG, § 177 Rz. 2.1. Stöber, ZVG, § 177 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 5.

§ 178 Nachlassinsolvenz (1) Die Zwangsversteigerung soll nicht angeordnet werden, wenn die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens beantragt ist. (2) Durch die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens wird die Zwangsversteigerung nicht beendigt; für das weitere Verfahren gilt der Insolvenzverwalter als Antragsteller. Übersicht

1

I.

Normzweck ........................................... 1

I.

Normzweck

II. Regelungsinhalt ................................... 2

Im Falle der Anordnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (vgl. § 320 ff. InsO) haftet der Erbe nur noch beschränkt auf den Nachlass, sofern nicht schon zuvor eine unbeschränkte Haftung eingetreten ist (§ 1975 BGB). Der Zweck des § 175 ZVG fällt mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens weg, ein entsprechender Antrag wäre unzulässig.1) II. Regelungsinhalt

2

Aus prozessökonomischen Gründen2) sieht § 178 ZVG daher vor, dass eine entsprechende Zwangsversteigerung nicht angeordnet werden soll, wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt ist. Insoweit ist das Verfahren auszu_____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 178 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 178 Rz. 2.

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§ 178

Nachlassinsolvenz

2

Glaubhaft zu machen ist die Eigenschaft als Erbe bzw. als sonstiger Berechtigter. Dies geschieht typischerweise durch Vorlage der entsprechenden Urkunden (Erbschein, Bestallungsurkunde, Testament u. Ä.). Ferner glaubhaft zu machen ist die persönliche Haftung des Erben und die Annahme der Erbschaft, soweit diese Verfahrensvoraussetzung ist.

3

Im Hinblick auf die persönliche Haftung sind entsprechende Verträge und Vereinbarungen vorzulegen wie z. B. die Grundschuldzweckerklärung.2) Sofern das Grundbuchamt und das Vollstreckungsgericht zum selben Gericht gehören, genügt die Bezugnahme auf die Grundakte, wenn sich aus den dort vorliegenden Unterlagen die persönliche Haftung ergibt.3)

4

Stellt sich heraus, dass die glaubhaft gemachten Tatsachen nicht zutreffen, so können alle Beteiligten beantragen, das Verfahren aufzuheben. Eine Glaubhaftmachung für entgegenstehende Tatsachen nach § 175 Abs. 2 ZVG ist nicht erforderlich.4) _____________ 2) 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 177 Rz. 3 und 4; Stöber, ZVG, § 177 Rz. 2.1. Stöber, ZVG, § 177 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 177 Rz. 5.

§ 178 Nachlassinsolvenz (1) Die Zwangsversteigerung soll nicht angeordnet werden, wenn die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens beantragt ist. (2) Durch die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens wird die Zwangsversteigerung nicht beendigt; für das weitere Verfahren gilt der Insolvenzverwalter als Antragsteller. Übersicht

1

I.

Normzweck ........................................... 1

I.

Normzweck

II. Regelungsinhalt ................................... 2

Im Falle der Anordnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (vgl. § 320 ff. InsO) haftet der Erbe nur noch beschränkt auf den Nachlass, sofern nicht schon zuvor eine unbeschränkte Haftung eingetreten ist (§ 1975 BGB). Der Zweck des § 175 ZVG fällt mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens weg, ein entsprechender Antrag wäre unzulässig.1) II. Regelungsinhalt

2

Aus prozessökonomischen Gründen2) sieht § 178 ZVG daher vor, dass eine entsprechende Zwangsversteigerung nicht angeordnet werden soll, wenn die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt ist. Insoweit ist das Verfahren auszu_____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 178 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 178 Rz. 2.

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§ 179

Berücksichtigung eines Nachlassgläubigers

setzen bis über den Eröffnungsantrag entschieden wurde.3) Sofern das Verfahren bereits vorher angeordnet worden ist, sieht Absatz 2 vor, dass die Zwangsversteigerung nicht beendet ist, sondern der Insolvenzverwalter als Antragsteller gilt. Es handelt sich dann um eine Insolvenzverwalterversteigerung gemäß § 172 ff. ZVG. Für den seltenen Fall, dass das Nachlassinsolvenzverfahren vor Abschluss des Verfahrens nach § 175 ZVG durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet ist, muss das Verfahren nach § 175 Abs. 2 ZVG von Amts wegen aufgehoben werden, weil die Erben nur noch beschränkt haften (§§ 1989, 1973 BGB) und die Nachlassgläubiger, den im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossenen Gläubigern gleichstehen (§ 1989 BGB).4) Entsprechendes gilt im Fall der Einstellung mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO; vgl. § 1990 BGB).5)

3

_____________ 3) 4) 5)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 178 Rz. 2; ähnlich Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.5. Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.6. Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.6.

§ 179 Berücksichtigung eines Nachlassgläubigers Ist ein Nachlassgläubiger, der verlangen konnte, daß das geringste Gebot nach Maßgabe des § 174 ohne Berücksichtigung seines Anspruchs festgestellt werde, bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt, so kann ihm die Befriedigung aus dem übrigen Nachlaß verweigert werden. Übersicht I.

Normzweck ........................................... 1

I.

Normzweck

II. Regelungsinhalt ................................... 2

Der Nachlassgläubiger, der einen Antrag nach § 174 ZVG stellen konnte, den Antrag aber nicht gestellt hat und im geringsten Gebot berücksichtigt wurde, läuft Gefahr, dass die Befriedigung aus dem übrigen Nachlass von dem oder den Erben verweigert werden kann. Eine persönliche Einrede ist in der vorliegenden Vorschrift vorgesehen.1) Damit soll mittelbar Druck auf den Antragsteller ausgeübt werden von der entsprechenden Berechtigung nach § 174 ZVG Gebrauch zu machen.2) Keine Anwendung findet § 179 ZVG, wenn ein Verfahren nach § 175 ZVG anhängig war oder wenn der Anspruch des Nachlassgläubigers nicht anerkannt wurde, ferner auch dann, wenn in der Terminsbestimmung auf die Besonderheiten des Verfahrens nicht hingewiesen wurde, also nicht mitgeteilt wurde, dass die Versteigerung auf Antrag des Erben stattfindet.3)

_____________ 1) 2) 3)

Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeryer, ZVG, § 179 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 2.

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§ 179

Berücksichtigung eines Nachlassgläubigers

setzen bis über den Eröffnungsantrag entschieden wurde.3) Sofern das Verfahren bereits vorher angeordnet worden ist, sieht Absatz 2 vor, dass die Zwangsversteigerung nicht beendet ist, sondern der Insolvenzverwalter als Antragsteller gilt. Es handelt sich dann um eine Insolvenzverwalterversteigerung gemäß § 172 ff. ZVG. Für den seltenen Fall, dass das Nachlassinsolvenzverfahren vor Abschluss des Verfahrens nach § 175 ZVG durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet ist, muss das Verfahren nach § 175 Abs. 2 ZVG von Amts wegen aufgehoben werden, weil die Erben nur noch beschränkt haften (§§ 1989, 1973 BGB) und die Nachlassgläubiger, den im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossenen Gläubigern gleichstehen (§ 1989 BGB).4) Entsprechendes gilt im Fall der Einstellung mangels Masse (§ 207 Abs. 1 InsO; vgl. § 1990 BGB).5)

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_____________ 3) 4) 5)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 178 Rz. 2; ähnlich Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.5. Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.6. Stöber, ZVG, § 178 Rz. 2.6.

§ 179 Berücksichtigung eines Nachlassgläubigers Ist ein Nachlassgläubiger, der verlangen konnte, daß das geringste Gebot nach Maßgabe des § 174 ohne Berücksichtigung seines Anspruchs festgestellt werde, bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt, so kann ihm die Befriedigung aus dem übrigen Nachlaß verweigert werden. Übersicht I.

Normzweck ........................................... 1

I.

Normzweck

II. Regelungsinhalt ................................... 2

Der Nachlassgläubiger, der einen Antrag nach § 174 ZVG stellen konnte, den Antrag aber nicht gestellt hat und im geringsten Gebot berücksichtigt wurde, läuft Gefahr, dass die Befriedigung aus dem übrigen Nachlass von dem oder den Erben verweigert werden kann. Eine persönliche Einrede ist in der vorliegenden Vorschrift vorgesehen.1) Damit soll mittelbar Druck auf den Antragsteller ausgeübt werden von der entsprechenden Berechtigung nach § 174 ZVG Gebrauch zu machen.2) Keine Anwendung findet § 179 ZVG, wenn ein Verfahren nach § 175 ZVG anhängig war oder wenn der Anspruch des Nachlassgläubigers nicht anerkannt wurde, ferner auch dann, wenn in der Terminsbestimmung auf die Besonderheiten des Verfahrens nicht hingewiesen wurde, also nicht mitgeteilt wurde, dass die Versteigerung auf Antrag des Erben stattfindet.3)

_____________ 1) 2) 3)

Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeryer, ZVG, § 179 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 2.

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§ 180

Aufhebung einer Gemeinschaft

II. Regelungsinhalt 2

Im geringsten Gebot berücksichtigt ist der Nachlassgläubiger auch dann, wenn das geringste Gebot nicht erreicht wird und es deshalb nicht zum Zuschlag kommt. Fraglich ist, ob dies auch dann zu bejahen ist, wenn der Nachlassgläubiger einen Antrag nach § 174 ZVG gestellt hat aber ein zulässiges Gebot nicht abgegeben wurde.4) Richtigerweise wird man mittlerweile davon ausgehen müssen, dass dem Nachlassgläubiger nicht angelastet werden kann, dass ein zulässiges Gebot nicht abgegeben wurde. Mit der Stellung des Antrags hat er alles getan, was er tun konnte, die Erfolglosigkeit des Antrags kann ihm nicht zur Last gelegt werden, sodass der Erbe ihm die Befriedigung aus dem übrigen Nachlass nicht verweigern kann.5)

3

Liegen die Voraussetzungen des § 179 ZVG vor, besteht ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Rückforderungsrecht nach den §§ 813, 814 BGB.6) Die Einrede steht wegen der Akzessorietät auch dem Bürgen und dem Verpfänder zu.7) _____________ 4) 5) 6) 7)

Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 179 Rz. 5. Dassler/Schiffhauer.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 6. Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 6.

§ 180 Aufhebung einer Gemeinschaft (1) Soll die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft erfolgen, so finden die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 181 bis 185 ein anderes ergibt. (2) Die einstweilige Einstellung des Verfahrens ist auf Antrag eines Miteigentümers auf die Dauer von längstens sechs Monaten anzuordnen, wenn dies bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der mehreren Miteigentümer angemessen erscheint. Die einmalige Wiederholung der Einstellung ist zulässig. § 30b gilt entsprechend. (3) Betreibt ein Miteigentümer die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft, der außer ihm nur sein Ehegatte oder sein früherer Ehegatte angehört, so ist auf Antrag dieses Ehegatten oder früheren Ehegatten die einstweilige Einstellung des Verfahrens anzuordnen, wenn dies zur Abwendung einer ernsthaften Gefährdung des Wohls eines gemeinschaftlichen Kindes erforderlich ist. Die mehrfache Wiederholung der Einstellung ist zulässig. § 30b gilt entsprechend. Das Gericht hebt seinen Beschluß auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. (4) Durch Anordnungen nach Absatz 2, 3 darf das Verfahren nicht auf mehr als fünf Jahre insgesamt einstweilen eingestellt werden. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345, Hellgardt, Alexander/Illmer, Martin, Wiederauferstehung der Sitztheorie?, NZG 2009, 94.

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Aufhebung einer Gemeinschaft

II. Regelungsinhalt 2

Im geringsten Gebot berücksichtigt ist der Nachlassgläubiger auch dann, wenn das geringste Gebot nicht erreicht wird und es deshalb nicht zum Zuschlag kommt. Fraglich ist, ob dies auch dann zu bejahen ist, wenn der Nachlassgläubiger einen Antrag nach § 174 ZVG gestellt hat aber ein zulässiges Gebot nicht abgegeben wurde.4) Richtigerweise wird man mittlerweile davon ausgehen müssen, dass dem Nachlassgläubiger nicht angelastet werden kann, dass ein zulässiges Gebot nicht abgegeben wurde. Mit der Stellung des Antrags hat er alles getan, was er tun konnte, die Erfolglosigkeit des Antrags kann ihm nicht zur Last gelegt werden, sodass der Erbe ihm die Befriedigung aus dem übrigen Nachlass nicht verweigern kann.5)

3

Liegen die Voraussetzungen des § 179 ZVG vor, besteht ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Rückforderungsrecht nach den §§ 813, 814 BGB.6) Die Einrede steht wegen der Akzessorietät auch dem Bürgen und dem Verpfänder zu.7) _____________ 4) 5) 6) 7)

Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG § 179 Rz. 5. Dassler/Schiffhauer.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 6. Stöber, ZVG, § 179 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 179 Rz. 6.

§ 180 Aufhebung einer Gemeinschaft (1) Soll die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft erfolgen, so finden die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 181 bis 185 ein anderes ergibt. (2) Die einstweilige Einstellung des Verfahrens ist auf Antrag eines Miteigentümers auf die Dauer von längstens sechs Monaten anzuordnen, wenn dies bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der mehreren Miteigentümer angemessen erscheint. Die einmalige Wiederholung der Einstellung ist zulässig. § 30b gilt entsprechend. (3) Betreibt ein Miteigentümer die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft, der außer ihm nur sein Ehegatte oder sein früherer Ehegatte angehört, so ist auf Antrag dieses Ehegatten oder früheren Ehegatten die einstweilige Einstellung des Verfahrens anzuordnen, wenn dies zur Abwendung einer ernsthaften Gefährdung des Wohls eines gemeinschaftlichen Kindes erforderlich ist. Die mehrfache Wiederholung der Einstellung ist zulässig. § 30b gilt entsprechend. Das Gericht hebt seinen Beschluß auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. (4) Durch Anordnungen nach Absatz 2, 3 darf das Verfahren nicht auf mehr als fünf Jahre insgesamt einstweilen eingestellt werden. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345, Hellgardt, Alexander/Illmer, Martin, Wiederauferstehung der Sitztheorie?, NZG 2009, 94.

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§ 180

Aufhebung einer Gemeinschaft Übersicht I. Normzweck ........................................... II. Gegenstand des Verfahrens ................ III. Betroffene Gemeinschaften und Gesellschaften ............................... IV. Antragsteller ......................................... V. Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung .........................

I.

1 2 3 5 7

VI. Verfahren ............................................ 15 VII. Einstellungsantrag (Absatz 2) ......... 20 VIII. Einstellungsmöglichkeit aus Gründen des Kindeswohls .......... 23 IX. Frist ...................................................... 27 X. Verfahren der Teilungsversteigerung ....................... 30

Normzweck

Diese Norm regelt die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft, wobei sich der Begriff der Teilungsversteigerung, mag er auch inhaltlich nicht ganz korrekt sein,1) eingebürgert hat. Letztlich ist sie aber nur ein Schritt im Hinblick auf die endgültige Auseinandersetzung. Nach Versteigerung des Grundstückes wird der Erlös, sofern keine Einigung der Parteien dem Gericht einvernehmlich mitgeteilt wird, hinterlegt. Die eigentliche Auseinandersetzung konzentriert sich sodann auf den entsprechenden Erlös, wobei hieran das Vollstreckungsgericht nicht beteiligt ist.2) Ob es sich um ein Verfahren der Zwangsvollstreckung handelt oder nicht, ist strittig. Letztlich kann mit Hilfe der Teilungsversteigerung aber eine Verwertung auch gegen den Willen des Miteigentümers durchgesetzt werden, sodass von einem Zwangsvollstreckungsverfahren auszugehen ist.3) Nach § 869 ZPO ist das ZVG und damit auch die Regelung zur Teilungsversteigerung Bestandteil der ZPO, das Teilungsversteigerungsverfahren wird grundsätzlich in Form der Vollstreckungsversteigerung durchgeführt.4)

1

II. Gegenstand des Verfahrens Gegenstand der Teilungsversteigerung sind Grundstücke, Bruchteile eines Grundstücks, grundstücksgleiche Rechte sowie Luftfahrzeuge, Schiffe und Schiffsbauwerke etc.5)

2

III. Betroffene Gemeinschaften und Gesellschaften Im Wege der Zwangsversteigerung können folgende Gemeinschaften aufgehoben werden: –

Die Bruchteilsgemeinschaft. Insoweit kann eine Aufhebung nach § 749 Abs. 1 BGB verlangt werden. Auf das Verhältnis der Anteile kommt es nicht an, d. h. grundsätzlich kann jeder Miteigentümer die Aufhebung verlangen und damit die Teilungsversteigerung beantragen.6)

_____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 1. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 1, 2. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 3 m. w. N. auch zu Gegenauffassungen; Böttcher, FPR 2013, 345, 345. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 5. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 2.2., Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 6. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 2.4a).

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Aufhebung einer Gemeinschaft

Die Gesamthandsgemeinschaften. Es besteht ein Aufhebungsanspruch gemäß § 2042 BGB bei der Erbengemeinschaft, die Auseinandersetzung kann jeder Miterbe jederzeit verlangen, sofern keine Ausnahmetatbestände (vgl. §§ 2043 – 2045 BGB) vorliegen.7) Auch die eheliche Gütergemeinschaft wird auseinandergesetzt. Dies kann erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft bzw. nach Beendigung des Güterstandes verlangt werden (§§ 1419 Abs. 2, 1471 Abs. 1 BGB), sofern nichts anderes vereinbart oder gesetzlich geregelt ist (§§ 1474, 1475 – 1481 BGB sowie § 1497 BGB für die fortgesetzte Gütergemeinschaft). Besonderheiten ergeben sich für den Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuches der ehemaligen DDR (§§ 13 – 16 DDRFGB, § 4 DDR-EGFGB). In diesem Güterstand lebten fast alle Ehegatten der ehemaligen DDR.8) Der entsprechende Güterstand wurde am 3.10.1992 in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft übergeleitet (Art. 234, § 4 Abs. 1 EGBGB). Etwas anderes gilt nur, wenn bis zum 2.10.1922 einschließlich ein Ehegatte dem damaligen Kreisgericht gegenüber erklärt hat, dass für die Ehe der bisherige Güterstand fortgelten soll (Art. 2134, § 4 II EGBGB). Wenn ein Ehegatte sich für die Beibehaltung entschieden hat, besteht grundsätzlich kein mit der Teilungsversteigerung verfolgbarer Auseinandersetzungsanspruch. Ob bei Beendigung der Ehe durch Tod eines Ehegatten oder bei vorzeitiger Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft etwas anderes gilt, ist strittig.9)



Die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft. Diese Gesellschaften können nur im Wege der Teilungsversteigerung (teil)auseinandergesetzt werden, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Art der Auseinandersetzung vereinbart ist. Weiterhin kann eine Teilungsversteigerung auch von allen Liquidatoren gemeinschaftlich beantragt werden.10)



Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gegentand eines Teilungsversteigerungsverfahrens kann auch das Grundstück einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sein. Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR ändert hieran nichts. Die Zulässigkeit ergibt sich daraus, dass für die Auseinandersetzung des Vermögens einer gekündigten GbR nach § 731 Satz 2 BGB die Regelungen der Gemeinschaft gilt und die Teilung des Grundstücks danach gemäß § 743 Abs. 1 BGB durch Teilungsversteigerung zu erfolgen hat.11) Im Teilungsversteigerungsverfahren ist nur die Abgabe und Zugang der Kündigungserklärung, nicht aber ihre Wirksamkeit zu prüfen. Etwaige Einwände, die sich gegen die materiellrechtliche Wirksamkeit der Kündigung oder aus Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ergeben, haben die anderen Gesellschafter im Wege der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend zu ma-

_____________ 7) 8) 9) 10) 11)

Stöber, ZVG, § 180 Rz. 2.4b). Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 12. Vgl. zum Streitstand im Einzelnen Stöber, § 180 Rz. 2.12b m. w. N. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 2.4 f. BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, DNotZ 2013, 930.

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chen.12) Es genügt insoweit für die Teilungsversteigerung ein entsprechender Antrag eines Gesellschafters, es bedarf keiner klageweisen Durchsetzung des Anspruchs auf Versteigerung des Gesellschaftergrundstückes vor dem Prozessgericht.13) Anders kann es dann sein, wenn sich die Einwände bereits aus dem Grundbuch ergeben. Weiterhin kann auch bei im Grundbuch eingetragenen ausländischen Gemeinschaften eine Teilungsversteigerung denkbar sein. Das Vollstreckungsgericht muss insoweit aufgrund der in der Regel maßgeblichen ausländischen materiellrechtlichen Vorschriften prüfen, ob die Auseinandersetzung im Wege der Teilungsversteigerung durchgesetzt werden kann. Sieht das ausländische Recht eine entsprechende Auseinandersetzung vor, erfolgt die Teilungsversteigerung nach den deutschen Verfahrensvorschriften (lex fori).14) Soweit eine Anwendung der (modifizierten) Sitztheorie in Betracht kommt, ist offen, wie sich dies auf die gesellschaftsrechtlichen Ansprüche und damit auch auf einen Auseinandersetzungsanspruch auswirkt.15) Nicht auseinandergesetzt werden kann demgegenüber die Wohnungseigentümergemeinschaft, da § 11 Abs. 1 WEG dies ausschließt. Eine Teilungsversteigerung ist entsprechend unzulässig.16)

4

IV. Antragsteller Antragsteller ist der jeweilige Gesellschafter, Teilhaber bzw. das Mitglied der Gemeinschaft. Anerkannt ist, dass der einzelne Miterbe auch das sog. große Antragsrecht wahrnehmen kann. Selbst wenn er beispielsweise nur als Mitglied einer Erbengemeinschaft einen Miteigentumsanteil hält, kann er für das gesamte Grundstück einen Antrag stellen, so dass dies insgesamt auseinanderzusetzen ist und nicht lediglich der entsprechende Miteigentumsanteil.17)

5

Geklärt hat der Bundesgerichtshof mittlerweile auch, dass der Insolvenzverwalter soweit er Miteigentümer eines Grundstückes ist, nur die Teilungsversteigerung und nicht die Zwangsversteigerung des gesamten Grundstückes nach § 172 ff. ZVG betreiben kann.18) Die Vorschriften über eine abweichende Feststellung des geringsten Gebotes nach §§ 174, 174a ZVG sind im Falle dieser Teilungsversteigerung nicht anwendbar.19)

6

V. Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung Eine Teilungsversteigerung kann aus verschiedenen Gründen nicht zulässig sein. In Betracht kommt insbesondere, dass die Auseinandersetzung durch Vereinbarung ausgeschlossen oder eine andere Art der Auseinandersetzung mit den Miteigen_____________ 12) 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19)

BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, DNotZ 2013, 930. BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, DNotZ 2013, 930. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 12c. Vgl. Hellgardt/Illmer, NZG 2009, 94. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 11. Dassler/Schiffhauer/u. a-Hintzen, ZVG, § 181 Rz. 12 f. BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, NZI 2012, 575, 576. BGH, Beschl. v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, NZI 2012, 575, 576.

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tümern vereinbart ist.20) Auch bei Vereinbarung einer entsprechenden Beschränkung kann bei einer Bruchteilsgemeinschaft die Auseinandersetzung dann verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 749 Abs. 2 Satz 1 BGB). 8

Bei einer Erbengemeinschaft kann schließlich der unbeschränkte Auseinandersetzungsanspruch ausgeschlossen oder beschränkt sein (vgl. § 2044 BGB). Die Regelungen der §§ 749 Abs. 2, 3, 750, 751, 1010 BGB gelten hier entsprechend.21) Des Weiteren kann auch hier eine Auseinandersetzung durch Vereinbarung der Miterben ausgeschlossen oder beschränkt sein.

9

Solche Einschränkungen wirken nicht im Insolvenzverfahren (§ 84 Abs. 2 Satz 1 InsO).22) Dies gilt sowohl für die Bruchteilsgemeinschaft wie die Erbengemeinschaft, auch wenn eine Vereinbarung der Miterben vorliegt (vgl. § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 InsO).

10

Eine praktisch ebenfalls bedeutsame Einschränkung ergibt sich aus § 1365 BGB. Demnach bedarf eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen einer Einwilligung des anderen Ehegatten. Diese Regelung dient primär der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen sowie der Verhinderung einer Gefährdung einer möglichen künftigen Zugewinnausgleichsforderung.23) Erfasst sind auch Rechtsgeschäfte über Grundstücke, wenn diese das gesamte oder nahezu das ganze Vermögen ausmachen. Bei einem kleineren Vermögen bleibt das Geschäft zustimmungsfrei, wenn dem Ehegatten 15 % verbleiben. Macht bei einem größeren Vermögen das verbleibende Vermögen 10 % des ursprünglichen Gesamtvermögens aus, greift § 1365 BGB in der Regel nicht ein.24) Sind die Grenzen überschritten, bedarf der Antrag auf Teilungsversteigerung der Zustimmung des anderen Ehegatten, wenn die Voraussetzung der Norm vorliegt.25)

11

Schließlich kann auch der Grundsatz von Treu und Glauben einer Teilungsversteigerung entgegenstehen. Hierbei handelt es sich jedoch um seltene Fälle, schon weil die Teilungsversteigerung die gesetzlich vorgesehene Auseinandersetzungsform ist und die Absätze 2 und 3 auch Schutzvorschriften für Miteigentümer beinhalten. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben setzt voraus, dass durch die Teilungsversteigerung den Miteigentümern bewusst Nachteile zugefügt werden ohne dass der Antragsteller durch die Teilungsversteigerung einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erlangen könnte, so dass sie demnach schlechthin unzumutbar ist.26) Ein Teilhaber einer Gemeinschaft, der die Aufhebung der Gemeinschaft betreibt, kann auch gehalten sein auf diese zu verzichten und sich mit einem nach seinen Interessen gerecht werdenden und zumutbaren Realteilungsvorschlag des anderen Teilhabers abzufinden.27) Auch insoweit handelt es sich jedoch um seltene Ausnahmefälle. _____________ Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 14. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 15. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 15. MünchKomm-Koch, BGB, § 1365 Rz. 1 und 2. Vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1365 Rz. 4 m. w. N. Palandt-Brudermüller, BGB, § 1365 Rz. 8; BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 102/06, NJW 2007, 3124, 3125. 26) Stöber, ZVG, § 180 Rz. 9.5. 27) Stöber, ZVG, § 180 Rz. 9.5b). 20) 21) 22) 23) 24) 25)

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Der Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung ist vom Vollstreckungsgericht nur zu beachten, wenn die Voraussetzungen des § 28 ZVG vorliegen, zum Beispiel wenn der Ausschluss aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Gegebenenfalls ist es erforderlich durch Verfügung eine Frist zu setzen damit der Antragsteller eine prozessgerichtliche Entscheidung über die gleichwohl bestehende Zulässigkeit der Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs vorlegen kann.28)

12

Es besteht von den Fällen des § 28 ZVG abgesehen kein Verfahrenshindernis, vielmehr sind die Ansprüche nach § 771 ZPO durch Klage vor dem Prozessgericht zu verfolgen.29)

13

Auch ein Ausschluss nach § 1365 BGB mangels Zustimmung des anderen Ehegatten ist nur beachtlich, wenn das Versteigerungsgericht bei der Entscheidung über den Antrag des anderen Ehegatten das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB kennt bzw. diese offen zu Tage treten.30) Dies ergibt sich auch aus § 28 Abs. 2 ZVG. Anderenfalls ist der Ehegatte auf eine Drittwiderspruchsklage vor dem Prozessgericht angewiesen.

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VI. Verfahren Die Teilungsversteigerung wird auf Antrag angeordnet, welcher schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden kann, er muss sich gegen alle anderen Miteigentümer richten, die ihrerseits Beteiligte i. S. d. § 9 ZVG sind. Manche Justizverwaltungen haben unverbindliche Muster veröffentlicht.31)

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Beteiligte sind grundsätzlich die in § 9 ZVG genannten Personen.32) Insoweit sind die Bestimmungen der §§ 3 – 8 ZVG einzuhalten. Insbesondere muss der Anordnungsbeschluss an die Antragsgegner zugestellt werden. Dem Antragsteller wird der Beschluss nur mitgeteilt, eine Zustellung erfolgt an diesen nur im Falle der Antragsablehnung.33)

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Im Übrigen gelten im Wesentlichen die allgemeinen Grundsätze (Abs. 1). Der Antragsgegner kann jederzeit der Teilungsversteigerung beitreten (§§ 8 Abs. 1, 27 ZVG). Der Antragsteller hat die Rolle des Gläubigers, der Antragsgegner die des Schuldners.34) Durch einen Beitritt gewinnt der andere Miteigentümer die Möglichkeit auf das Verfahren stärker Einfluss zu nehmen, insbesondere kann der Antragsteller nicht mehr durch Rücknahme seines Antrages das Verfahren beenden oder einstweilen einstellen lassen. Nicht zulässig ist demgegenüber, dass ein Gläubiger zum Zwecke der Zwangsversteigerung einer Teilungsversteigerung beitritt, da es sich um unterschiedliche Verfahrensziele handelt.35)

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_____________ 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35)

Stöber, ZVG, § 180 Rz. 9.7. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 18. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 3.13 f. Vgl. etwa unter http://www.mjv.rlp.de. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 2 Stöber, ZVG, § 180 Rz. 5. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 48.; Stöber, ZVG, § 180 Rz. 8. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 27; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 176.

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Strittig ist, ob vor Anordnung der Teilungsversteigerung rechtliches Gehör gewährt werden muss. Zum Teil wird dies unter Hinweis auf Art. 103 Abs. 1 GG bejaht.36) Nach der Gegenauffassung handelt es sich um eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, sodass rechtliches Gehör nicht gewährt werden muss, zumal der Antragsgegner auf die Anordnung wenig Einfluss nehmen könne und er überdies die Möglichkeit habe seine Einwände durch die Einlegung von Rechtsbehelfen geltend zu machen und Einstellungsanträge zu stellen.37) Angesichts des Umstandes, dass bei Einlegung der Erinnerung eine Abhilfemöglichkeit des Vollstreckungsgerichtes besteht und Art. 103 GG nicht zwingend eine Anhörung vor der einleitenden Maßnahme verlangt, spricht vieles gegen eine Anhörungspflicht. Die Entscheidung kein vorheriges rechtliches Gehör zu fordern ist jedenfalls vertretbar.38)

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Auch die Verfahrensverbindung mehrerer Grundstücke gemäß § 18 ZVG ist zulässig, sofern diese derselben Gemeinschaft gehören.39) VII.

Einstellungsantrag (Absatz 2)

20

§ 180 Abs. 2 ZVG lässt die einstweilige Einstellung des Verfahrens auf Antrag eines Miteigentümers auf die Dauer von längstens sechs Monaten zu, wenn dies bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Miteigentümer angemessen erscheint. Die Regelung stellt damit nicht so strenge Voraussetzungen wie § 30a ZVG auf, ist insbesondere auch flexibler und gewährt dem Gericht einen größeren Ermessensspielraum.40) Die einstweilige Einstellung ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu beantragen (§§ 180 Abs. 2 Satz 2 ZVG i. V. m. 30b Abs. 1 ZVG). Die Frist beginnt mit der entsprechenden Belehrung gemäß § 30b Abs. 1 ZVG.

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Antragsberechtigt ist jeder Miteigentümer gegen den sich das Verfahren richtet. Die Einstellung des Verfahrens setzt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Miteigentümer voraus. Insbesondere soll so verhindert werden, dass ein wirtschaftlich Stärkerer unter Ausnutzung vorübergehender Umstände die Versteigerung zur Unzeit durchsetzt, um den wirtschaftlich Schwächeren zu ungünstigen Bedingungen aus dem Grundstück zu drängen.41) Genannt werden als vorübergehende Umstände, z. B. eine in nächster Zeit eintretende deutliche Werterhöhung des Grundstückes oder die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder die Schwierigkeit der Beschaffung von angemessenem Wohnraum.42) Die Interessen des Antragstellers können demgegenüber sein, dass er den Erlös dringend benötigt oder ihn die Lastentragung für das Grundstück nicht mehr länger zugemutet werden kann.43) Denkbar sind als Einstellungsgrund auch ernsthafte Vergleichsverhandlungen oder

_____________ 36) 37) 38) 39) 40) 41) 42) 43)

Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 31. Dassler/Schifferhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 37; Stöber, ZVG, § 180 Rz. 5.8. Siehe die Überlegung bei Stöber, ZVG, § 180 Rz. 5. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 24. Nickel, FPR 2013, 370, 371. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 12.312.2b.; Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 68; Böttcher, FPR 2013, 345, 348. Vgl. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 68; ders., FPR 2013, 345, 347. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 68.

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die in Kürze bevorstehende Gewährung eines Darlehens für den Antragsgegner, sofern er dies glaubhaft machen kann.44) In der Praxis wird man vielfach vor der Problematik stehen, dass auch Anträge gestellt werden, die primär der Verfahrensverzögerung dienen. Entsprechend sorgfältig hat die Interessensabwägung zu erfolgen, ebenso ist auf die Glaubhaftmachung der entsprechenden Gründe zu achten. Die Neigung der Vollstreckungsgerichte den zumeist auch pauschal gehaltenen Anträgen stattzugeben, ist insoweit zu Recht gering. Grundsätzlich ist das Teilungsversteigerungsverfahren das einzig gesetzlich geregelte Verfahren zur Verwertung von Grundstücken. Gegenüber dem grundsätzlichen Auseinandersetzungsanspruch kann der Aufschub nur in besonderen Ausnahmefällen gewährt werden. So müssen Auseinandersetzungsverhandlungen soweit gediehen sein, dass sich der Abschluss einer außergerichtlichen Einigung konkret abzeichnet.45) In jedem Fall ist der Zeithorizont des § 180 Abs. 2 ZVG (sechs Monate) zu beachten. Dauerhafte Hindernisse genügen nicht. Dies gilt auch für eine dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung.46) Mit gewisser Vorsicht sind pauschale Formulierungen der Vollstreckungsgerichte anzusehen, nach denen eine Einstellung nur deshalb nicht in Betracht käme, weil aufgrund der Verfahrensdauer ohnehin noch genügend Zeit für Vergleichsgespräche u. Ä. bliebe. Dies übersieht, dass § 180 Abs. 2 ZVG bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einen Anspruch auf Einstellung des Verfahrens gewährt, wohingegen im weiteren Lauf des Verfahrens ein solcher Anspruch nach § 180 Abs. 2 ZVG wegen Fristablaufs nicht mehr geltend gemacht werden kann. Auch hängt die Verfahrensdauer vielfach von Zufälligkeiten ab.

22

VIII. Einstellungsmöglichkeit aus Gründen des Kindeswohls Eine weitere Einstellungsmöglichkeit sieht Absatz 3 vor. Voraussetzung ist hierfür zunächst dass das Verfahren Ehegatten oder frühere Ehegatten betrifft. Sofern noch andere Personen der Gemeinschaft angehören, gilt § 180 Abs. 3 ZVG nicht.47)

23

Das Kind muss ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten sein, wozu auch ein gemeinschaftlich angenommenes Kind und ein volljähriges Kind zählen.48) Jedenfalls zulässig ist ein Einstellungsantrag aber dann, wenn das gemeinschaftliche Kind, dessen Schutz gerade durch die Norm bezweckt wird, selbst Miteigentümer ist.49)

24

Die Einstellung setzt zunächst voraus, dass sie zur Abwendung einer ernsthaften Gefährdung des Wohles eines gemeinschaftlichen Kindes erforderlich ist. Insoweit wird davon ausgegangen, dass bei Durchsetzung eines Auseinandersetzungsanspruches ein Ehegatte in besonderer Weise auf die Interessen gemeinschaftlicher Kinder Rücksicht zu nehmen hat.50)

25

_____________ 44) 45) 46) 47) 48) 49) 50)

Stöber, ZVG, § 180 Rz. 12.3 m. w. Beispielen. LG Karlsruhe, Beschl. v. 9.4.1984 – 11 T 83/84 (n. v.). BGH, Beschl. v. 25.6.2004 – IXa ZB 267/03, Rpfleger 2004, 722. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 71. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 72 m. w. N. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 71 f.; Stöber, ZVG, § 180 Rz. 13.2. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 13.4.

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Voraussetzung ist, dass Beeinträchtigungen besonderer Art vorliegen, die über Unzuträglichkeiten hinausgehen, die mit einem Umzug aus dem Familienheim stets verbunden sind.51) Vielmehr ist Voraussetzung, dass sich die Wohn- und Lebensverhältnisse eines gemeinschaftlichen Kindes nachhaltig verschlechtern, dem Kind muss drohen, durch die Zwangsversteigerung in seinen Lebensverhältnissen erheblich benachteiligt und in seiner Entwicklung erheblich beeinträchtigt zu werden.52) Als Beispiele aufgeführt werden Fälle der Gefährdung der schulischen Entwicklung oder der Verlust des für ein behindertes Kind behindertengerecht ausgebautes Haus oder auch eine ausstehende Sorgerechtsentscheidung im laufenden Scheidungsverfahren, da Ungewissheit über den späteren Aufenthalt des Kindes besteht.53) Unerheblich ist insoweit, ob der die Einstellung beantragende Ehegatte die Gefährdung des Kindes mitzuverantworten hat. Dies versteht sich vor dem Hintergrund, dass es hier nur um den Schutz des Kindeswohles geht,54) eigentlich von selbst. IX. Frist

27

Hier gilt die Notfrist von zwei Wochen gemäß § 180 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 30b Abs. 1 Satz 1 ZVG. Voraussetzung für den Fristbeginn ist die Zustellung der Belehrung.

28

Bei Einstellungsanträgen nach § 180 Abs. 2 ZVG gilt eine Frist von sechs Monaten, wobei eine einmalige Wiederholung der Einstellung zulässig ist. In Fällen des Absatzes 3 ist für die voraussichtliche Dauer der ernsthaften Gefährdung des Kindeswohles einzustellen, längstens für die Dauer von fünf Jahren (Abs. 4).

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Insgesamt darf durch Anordnungen gemäß Absatz 2 und 3 das Verfahren nicht länger als fünf Jahre eingestellt werden. X. Verfahren der Teilungsversteigerung

30

Das weitere Verfahren richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften, auch hier bedarf es der Festsetzung des Verkehrwertes. Im Rahmen der Terminsbestimmung ist die Angabe der Verfahrensart erforderlich, sodass anzugeben ist, dass die Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt.55)

31

Mit dem Zuschlag ist die Teilungsauseinandersetzung erfolgt, wobei durch den Zuschlag die Gemeinschaft im Grundstück beendet ist und sich nach dem Surrogationsgrundsatz am Erlös fortsetzt.56) Die Auseinandersetzung wird durch Umwandlung des Versteigerungsobjektes in den teilbaren Erlös (Surrogat) umgewandelt.57)

32

Der nach dem Teilungsplan verbleibende Überschuss bleibt unverteilt, sofern keine einvernehmliche Regelung dem Gericht vorgelegt wird. Die Aufteilung der Gemeinschaft ist nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, sondern zwischen den Mit_____________ 51) 52) 53) 54) 55) 56) 57)

Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 73. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 13.4. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 73; Stöber, ZVG, § 180 Rz. 13.4. Stöber, ZVG, 3 180 Rz. 13.4. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 87. Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 101. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 17.1.

1326

Popp

§ 181

Voraussetzungen der Anordnung

eigentümern zu bewirken.58) Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG der Erlös zu hinterlegen. Die Auseinandersetzung muss dann vor dem Prozessgericht erfolgen. Hierbei kommt es auf die Gestaltung und die wechselseitigen Ansprüche im Innenverhältnis an. _____________ 58) BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/04, Rpfleger 2008, 379, 380; Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 104.

§ 181 Voraussetzungen der Anordnung (1) Ein vollstreckbarer Titel ist nicht erforderlich. (2) Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, Schiffs, Schiffsbauwerks oder Luftfahrzeugs darf nur angeordnet werden, wenn der Antragsteller als Eigentümer im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen oder Erbe eines eingetragenen Eigentümers ist oder wenn er das Recht des Eigentümers oder des Erben auf Aufhebung der Gemeinschaft ausübt. Von dem Vormund eines Miteigentümers kann der Antrag nur mit Genehmigung des Familiengerichts, von dem Betreuer eines Miteigentümers nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts gestellt werden. (3) (weggefallen) (4) Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 findet auch auf die Erbfolge des Antragstellers Anwendung. Übersicht I.

Kein Vollstreckungstitel ..................... 1

I.

Kein Vollstreckungstitel

II. Weitere formelle Voraussetzungen .................................. 2

Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedarf es für eine Teilungsversteigerung nicht der Vorlage eines vollstreckbaren Titels, sodass ein Duldungstitel nicht erforderlich ist. Gründe hierfür sollen zudem sein, dass selten zwischen den Miteigentümern streitig sein soll, ob ein Anspruch auf Teilung besteht,1) auch werde gerade keine Geldforderung vollstreckt.2) Ein Duldungstitel ist nur dann erforderlich, wenn sich entsprechend § 28 Abs. 2 ZVG ein ganzer oder teilweiser Ausschluss der Auseinandersetzung aus dem Grundbuch ergibt.3)

1

II. Weitere formelle Voraussetzungen Im Übrigen bedarf es eines Antrages der schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Weitere Voraussetzung ist, dass der Antragsteller als _____________ 1) 2) 3)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 181 Rz. 2.; Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.1. Vgl. die Erwägungen bei Nickel, FPR 2013, 370. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 181 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.1.

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2

§ 181

Voraussetzungen der Anordnung

eigentümern zu bewirken.58) Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG der Erlös zu hinterlegen. Die Auseinandersetzung muss dann vor dem Prozessgericht erfolgen. Hierbei kommt es auf die Gestaltung und die wechselseitigen Ansprüche im Innenverhältnis an. _____________ 58) BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/04, Rpfleger 2008, 379, 380; Böttcher, ZVG, § 180 Rz. 104.

§ 181 Voraussetzungen der Anordnung (1) Ein vollstreckbarer Titel ist nicht erforderlich. (2) Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, Schiffs, Schiffsbauwerks oder Luftfahrzeugs darf nur angeordnet werden, wenn der Antragsteller als Eigentümer im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen oder Erbe eines eingetragenen Eigentümers ist oder wenn er das Recht des Eigentümers oder des Erben auf Aufhebung der Gemeinschaft ausübt. Von dem Vormund eines Miteigentümers kann der Antrag nur mit Genehmigung des Familiengerichts, von dem Betreuer eines Miteigentümers nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts gestellt werden. (3) (weggefallen) (4) Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 findet auch auf die Erbfolge des Antragstellers Anwendung. Übersicht I.

Kein Vollstreckungstitel ..................... 1

I.

Kein Vollstreckungstitel

II. Weitere formelle Voraussetzungen .................................. 2

Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedarf es für eine Teilungsversteigerung nicht der Vorlage eines vollstreckbaren Titels, sodass ein Duldungstitel nicht erforderlich ist. Gründe hierfür sollen zudem sein, dass selten zwischen den Miteigentümern streitig sein soll, ob ein Anspruch auf Teilung besteht,1) auch werde gerade keine Geldforderung vollstreckt.2) Ein Duldungstitel ist nur dann erforderlich, wenn sich entsprechend § 28 Abs. 2 ZVG ein ganzer oder teilweiser Ausschluss der Auseinandersetzung aus dem Grundbuch ergibt.3)

1

II. Weitere formelle Voraussetzungen Im Übrigen bedarf es eines Antrages der schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Weitere Voraussetzung ist, dass der Antragsteller als _____________ 1) 2) 3)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 181 Rz. 2.; Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.1. Vgl. die Erwägungen bei Nickel, FPR 2013, 370. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 181 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 181 Rz. 2.1.

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2

§ 182

Feststellung des geringsten Gebots

Eigentümer in den entsprechenden Registern eingetragen ist oder er Erbe eines eingetragenen Eigentümers ist bzw. wenn er das Recht des Eigentümers oder des Erben auf Aufhebung der Gemeinschaft ausübt. Die Erbfolge ist durch entsprechende Urkunden glaubhaft zu machen, insoweit erfolgt die entsprechende Verweisung auf § 17 Abs. 3. ZVG 3

Der Vormund und der Betreuer dürfen nur mit Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts einen entsprechenden Antrag stellen, dies gilt auch für den Pfleger aufgrund der Verweisung in § 1915 BGB.4)

4

Der Vormund/Betreuer bzw. Pfleger muss die entsprechende Genehmigung vorlegen, eine Übersendung durch das Familien-/Betreuungsgericht soll nicht genügen.5) Ob diese Auffassung wirklich zutreffend ist, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller auf die entsprechende Genehmigung Bezug nimmt oder sich ansonsten aus den Umständen ergibt, dass der Antragsteller in Kenntnis der vorliegenden Genehmigung einen Antrag stellt, erscheint es auch ausreichend, wenn die entsprechende Genehmigung durch das Familien-/Betreuungsgericht selbst übermittelt worden ist. _____________ 4) 5)

Böttcher, ZVG, § 181 Rz. 8. Böttcher, ZVG, § 181 Rz. 8.

§ 182 Feststellung des geringsten Gebots (1) Bei der Feststellung des geringsten Gebots sind die den Anteil des Antragstellers belastenden oder mitbelastenden Rechte an dem Grundstück sowie alle Rechte zu berücksichtigen, die einem dieser Rechte vorgehen oder gleichstehen. (2) Ist hiernach bei einem Anteil ein größerer Betrag zu berücksichtigen als bei einem anderen Anteil, so erhöht sich das geringste Gebot um den zur Ausgleichung unter den Miteigentümern erforderlichen Betrag. Literatur: Bartels, Klaus, Das geringste Gebot in der Teilungsversteigerung – Erfordert der Beitritt durch Teilhaber eine Missbrauchskontrolle?, ZfLR 2013, 609; Nickel, Michael, Die Teilungsversteigerung als Sonderfall der Zwangsversteigerung, FPR 2013, 370. Übersicht I.

Geringstes Gebot – vorgehende Rechte .............................. 1 II. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 ........................................ 6

I. 1

III. Unterschiedliche Belastungen und Verwertungsprobleme ................. 9

Geringstes Gebot – vorgehende Rechte

Die Regelung stellt zunächst klar, welche Rechte dem Auseinandersetzungsanspruch des Antragstellers als vorgehend anzusehen sind.

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§ 182

Feststellung des geringsten Gebots

Eigentümer in den entsprechenden Registern eingetragen ist oder er Erbe eines eingetragenen Eigentümers ist bzw. wenn er das Recht des Eigentümers oder des Erben auf Aufhebung der Gemeinschaft ausübt. Die Erbfolge ist durch entsprechende Urkunden glaubhaft zu machen, insoweit erfolgt die entsprechende Verweisung auf § 17 Abs. 3. ZVG 3

Der Vormund und der Betreuer dürfen nur mit Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts einen entsprechenden Antrag stellen, dies gilt auch für den Pfleger aufgrund der Verweisung in § 1915 BGB.4)

4

Der Vormund/Betreuer bzw. Pfleger muss die entsprechende Genehmigung vorlegen, eine Übersendung durch das Familien-/Betreuungsgericht soll nicht genügen.5) Ob diese Auffassung wirklich zutreffend ist, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller auf die entsprechende Genehmigung Bezug nimmt oder sich ansonsten aus den Umständen ergibt, dass der Antragsteller in Kenntnis der vorliegenden Genehmigung einen Antrag stellt, erscheint es auch ausreichend, wenn die entsprechende Genehmigung durch das Familien-/Betreuungsgericht selbst übermittelt worden ist. _____________ 4) 5)

Böttcher, ZVG, § 181 Rz. 8. Böttcher, ZVG, § 181 Rz. 8.

§ 182 Feststellung des geringsten Gebots (1) Bei der Feststellung des geringsten Gebots sind die den Anteil des Antragstellers belastenden oder mitbelastenden Rechte an dem Grundstück sowie alle Rechte zu berücksichtigen, die einem dieser Rechte vorgehen oder gleichstehen. (2) Ist hiernach bei einem Anteil ein größerer Betrag zu berücksichtigen als bei einem anderen Anteil, so erhöht sich das geringste Gebot um den zur Ausgleichung unter den Miteigentümern erforderlichen Betrag. Literatur: Bartels, Klaus, Das geringste Gebot in der Teilungsversteigerung – Erfordert der Beitritt durch Teilhaber eine Missbrauchskontrolle?, ZfLR 2013, 609; Nickel, Michael, Die Teilungsversteigerung als Sonderfall der Zwangsversteigerung, FPR 2013, 370. Übersicht I.

Geringstes Gebot – vorgehende Rechte .............................. 1 II. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 ........................................ 6

I. 1

III. Unterschiedliche Belastungen und Verwertungsprobleme ................. 9

Geringstes Gebot – vorgehende Rechte

Die Regelung stellt zunächst klar, welche Rechte dem Auseinandersetzungsanspruch des Antragstellers als vorgehend anzusehen sind.

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§ 182

Feststellung des geringsten Gebots

Der Antragsteller soll sich durch Teilungsversteigerung gerade nicht von seinen Belastungen befreien können, diese bleiben vielmehr grundsätzlich bestehen.1) Dies gilt insbesondere für die praktisch relevanten Grundpfandrechte. Diese Belastungen müssen vom Ersteher übernommen werden (§ 52 Abs. 1 ZVG).2) Der bar zu zahlende Teil richtet sich demgegenüber nach § 49 Abs. 1 ZVG, hinzu kommt der Ausgleichsanspruch nach Absatz 2.3)

2

In das geringste Gebot sind zunächst bei einer Bruchteilsgemeinschaft die den Anteil des Antragstellers belastenden oder mitbelastenden Rechte einzustellen, ferner alle Rechte an einem anderen Anteil4) die einem dieser Rechte vorgehen oder gleichstehen.

3

Nachdem Miteigentümer nur eine aus dem Miteigentum resultierende Befugnis mit der Teilungsversteigerung geltend machen, nämlich den Auseinandersetzungsanspruch, steht dieser somit alle den Anteil belastenden oder mitbelastenden Rechte nach; der Zuschlag kann daher nur erteilt werden, wenn ein Gebot erfolgt, dass alle vorangehenden Rechte deckt.5)

4

Bei einer Gesamthandsgemeinschaft gibt es grundsätzlich keine Sonderbelastungen, so dass alle Belastungen im geringsten Gebot berücksichtigt werden.6) Ausnahmen sind hier denkbar, wenn die Belastung vor Eigentumsübergang auf die Gesamthand bestanden hat.7)

5

II. Ausgleichsanspruch nach Absatz 2 Für den Fall der ungleichen Belastung ordnet zudem Absatz 2 an, dass ein Ausgleichsbetrag im geringsten Gebot zu berücksichtigen ist. Damit werden unbillige Ergebnisse vermieden bzw. kompensiert.8)

6

Der Betrag ermittelt sich aus der Differenz zwischen der höchsten Belastung eines Anteils und den Belastungen der anderen Anteile.9) Bei der Ermittlung ist der Kapitalbetrag der bestehen bleibenden Grundpfandrechte sowie die ins geringste Bargebot fallenden Zinsen hieraus zu berücksichtigen.10)

7

Nach Feststellung des geringsten Gebotes sind die absolute Belastung des Grundstücks und sodann die relativen Belastungen der Anteile zu ermitteln.11) Der am stärksten belastete Anteil vervielfacht mit dem gemeinsamen Nenner ergibt nach der häufig verwendeten Freund’schen Formel nach Abzug der bestehen bleibenden

8

_____________ 1) Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 182 Rz. 3. 2) Vgl. nur Stöber, ZVG, § 182 Rz. 2; siehe auch Hartenstein, FPR 2013, 356, 357 mit Kritik und Änderungsansätzen. 3) Stöber, ZVG, § 182 Rz. 4.3. 4) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 182 Rz. 6. 5) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 182 Rz. 6. 6) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 182 Rz. 5. 7) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 182 Rz. 5. 8) Stöber, ZVG, § 182 Rz. 4.1. 9) Nickel, FPR 2013, 370, 378. 10) Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 182 Rz. 10; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 182 Rz. 12. 11) Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 182 Rz. 10; Stöber, ZVG, § 182 Rz. 4.8.

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§ 182

Feststellung des geringsten Gebots

Rechte und dem Bargebot sodann den Ausgleichsanspruch.12) Auf entsprechend ausführliche Berechnungsbeispiele wird verwiesen.13) III. Unterschiedliche Belastungen und Verwertungsprobleme 9

Kritisch ist wie zu verfahren ist, wenn – insbesondere infolge rechtzeitigen Beitritts – mehrere Antragsteller mit unterschiedlichen Belastungen vorhanden sind. Bei entsprechend hohen Belastungen eines Miteigentumsanteils kann dies faktisch zu einer Unmöglichkeit der Verwertung im Rahmen der Versteigerung führen. Auch ein entsprechender Missbrauch wäre leicht möglich. Wie in diesen Fällen zu verfahren ist, ist streitig.14)

10

Zum Teil wurde die Totalbelastungslehre vertreten. Demnach fallen alle Rechte auf allen Anteilen in das geringste Gebot, Missbrauchsfälle seien über §§ 242, 826 BGB (vor dem Prozessgericht)15) zu lösen.

11

Ferner wird die Zustimmungswegfall-Theorie vertreten. Demnach fallen alle Rechte auf allen Eigentumsanteilen in das geringste Gebot, wobei jeder Antragsteller – ohne Zustimmung des anderen – aber ein abweichendes Ausgebot nach § 59 ZVG verlangen könne, in dem die Belastung des anderen Anteils nicht enthalten ist.16)

12

Nach der Korrealbelastungslehre werden in das geringste Gebot nur die Rechte ausgenommen, die die Anteile beider Betreibenden belasten oder mitbelasten sowie die vorgehenden Rechte.17) Nach dem Räumungsprinzip habe der Deckungsgrundsatz nur so lange Geltung wie er von der Gegenseite nicht durch Antragsstellung beseitigt bzw. verdrängt werde.18)

13

Eine neue Auffassung stellt sich auf den Standpunkt, dass § 182 Abs. 1 ZVG dergestalt teleologisch zu reduzieren ist, dass als Antragsteller i. S. d. Norm nicht in Betracht kommt, wer erst nachträglich durch Beitritt diese Rolle erwirbt, abzustellen ist danach nur auf den ersten Antragsteller19).

14

Die herrschende Auffassung geht von der Niedrigstgebot-Lösung20) aus. Das geringste Gebot richtet sich demnach danach, welcher Miteigentumsanteil am niedrigsten belastet ist. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. _____________ 12) Stöber, ZVG, § 182 Rz. 4.8e; Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 182 Rz. 10. 13) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 182 Rz. 8, 13; Stöber, ZVG, § 182 Rz. 4.1 – 4.9; Böttcher, ZVG, § 182 Rz. 7 ff. 14) Vgl. zu diesen und weiteren Lösungsansätzen zusammenfassend Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, § 182 Rz. 19; Nickel, FPR 2013, 370, 375; Stöber, ZVG, § 182 Rz. 3.4; sehr ausführlich Bartels, ZflR 2013, 609 ff. 15) Vgl. bei Nickel, FPR 2013, 370, 375; vgl. auch Bartels, ZflR 2013, 609, 611. 16) Vgl. bei Stöber, ZVG, § 182 Rz. 3.4 d) unter Hinweis auf ältere Vorauflagen. 17) So Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, Rz. 183, Vorbemerkung II. 18) Streuer, Rpfleger 2001, 119, 120 f. 19) Bartels, ZflR 2013, 609, 613, 617 f. 20) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 182 Rz. 20; Böttcher, ZVG, § 182 Rz. 17; ausführlich auch Stöber, ZVG § 182 Rz. 3.6; zur Kritik an dieser Ansicht vgl. zusammenfassend Bartels, ZflR 2013, 609, 614.

1330

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§ 183

Vermietung oder Verpachtung

Die Totalbelastungslehre ist nicht praktikabel, der eventuelle Rückgriff auf Treu und Glauben und ggf. der Notwendigkeit der Klärung vor dem Prozessgericht weist zu unsichere Kriterien auf, die auch mit dem formalisierten Verfahren nach dem ZVG nicht harmonieren. Die Korrealbelastungslehre sowie das Räumungsprinzip missachten den Deckungsgrundsatz. Die neue Auffassung von Bartels führt zu einem Wettlauf darum, wer den Antrag stellt. Auch bedürfte es für diese Auffassung wohl einer Gesetzesänderung, da sie die Rechte des Beitretenden erheblich beeinträchtigt und von der gesetzlichen Stellung abweicht.21) Demgegenüber führt die Niedrigstgebotslösung zu einer ansatzweise adäquaten Lösung ohne den Deckungsgrundsatz vollständig aufzugeben.22) _____________

15

21) Vgl. zur Gegenargumentation Bartels, ZflR 2013, 609, 613. Nach seiner Ansicht ist auch die von ihm vorgeschlagene Ergänzung des § 182 nur klarstellend (617 f.). 22) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 182 Rz. 20; Böttcher, ZVG, § 182 Rz. 17; ausführlich auch Stöber, ZVG § 182 Rz. 3.6.

§ 183 Vermietung oder Verpachtung Im Falle der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks finden die in den §§ 57a und 57b vorgesehenen Maßgaben keine Anwendung. Literatur: Nickel, Michael, Die Teilungsversteigerung als Sonderfall der Zwangsversteigerung, FPR 2013, 370.

Die Teilungsversteigerung soll nicht dazu führen, dass der Mieter sein Besitzrecht durch Kündigung verlieren kann. Der Ersteher tritt auch bei der Teilungsversteigerung entsprechend §§ 566, Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB in das Miet-/Pachtverhältnis ein. Anders als bei einer Vollstreckungsversteigerung gibt es aber kein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 57a ZVG. Hiermit soll verhindert werden, dass die Teilungsversteigerung dazu genutzt wird, Mietverhältnisse vorzeitig zu beenden.1)

1

Es kann nur nach den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen gekündigt werden, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.2)

2

Im Übrigen gelten die Regelungen in den §§ 566 ff. BGB entsprechend. Dies gilt insbesondere auch für die Wirkung von Verfügungen und Rechtsgeschäften betreffend den Miet-/Pachtzins. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Übergang des Eigentums ist der Zeitpunkt des wirksamen Zuschlags.3)

3

Der Ausschluss gilt auch dann, wenn ein Dritter, z. B. als Pfandgläubiger die Teilungsversteigerung betrieben hat.4) Durch die Pfändung kann er keine stärkere Rechtsstellung erwerben.

4

_____________ 1) 2) 3) 4)

Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 183 Rz. 1; Nickel, FPR 2013, 370, 378. Nickel, FPR 2013, 370, 378. Stöber, ZVG, § 183 Rz. 2.3. Stöber, ZVG, § 183 Rz. 2.4.

Popp

1331

§ 11

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

erfolgt durch Duldungsklage analog § 1147 BGB, deren Tenor die Beschränkungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG aufzuweisen habe.204) 169

Nach Verfahrenseröffnung fällige Beträge oder erst danach entstehende Forderungen sind oktroyierte Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO i. V. m. § 90 Abs. 1 InsO, aus denen die Gemeinschaft nach Titulierung gegen den Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung gegen den Schuldner) die Versteigerung in der Rangklasse 5 betreiben kann. Ein Absonderungsrecht hat sie als Folge des § 91 Abs. 1 InsO nicht mehr auf ihrer Seite.205) Diese Möglichkeit besteht erst für Zeiträume nach Ablauf von sechs Monaten nach Insolvenzeröffnung, soweit nicht Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde (vgl. §§ 90 Abs. 1, 210, 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Ansonsten ist die Leistungsklage unzulässig.206) _____________ 204) BGH, IX ZR 120/10 Rz. 24 ff. 205) BGH, IX ZR 120/10, Rz. 7, 33 f. m. w. N., siehe HK-InsO/Lohmann, Hinweis auf die Möglichkeit der Erinnerung nach § 766 ZPO durch den Verwalter und die Heilung durch Ablauf des Sechsmonatszeitraums, soweit die Maßnahme vorher Wirksamkeit entfaltet. Die Insolvenzeröffnung tritt an die Stelle der Beschlagnahme zum Zwecke der Berechnung des für das Vorrecht relevanten Zeitraums. 206) BGH, IX ZR 120/10, Rz. 7 m. w. N.; BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358 ff., Ls c) und S. 360 f. Gibt der Insolvenzverwalter das Wohnungseigentum trotz Masseunzulänglichkeit längere Zeit nicht aus dem Insolvenzbeschlag frei, entstehen durch Leistungsklage durchsetzbare Neumasseverbindlichkeiten gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO, OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.4.2006, I-3 Wx 299/05, ZInsO 2007, 154 ff.

§ 11 Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse (1) Sind Ansprüche aus verschiedenen Rechten nach § 10 Nr. 4, 6 oder 8 in derselben Klasse zu befriedigen, so ist für sie das Rangverhältnis maßgebend, welches unter den Rechten besteht. (2) In der fünften Klasse geht unter mehreren Ansprüchen derjenige vor, für welchen die Beschlagnahme früher erfolgt ist. Übersicht I.

Funktion der Norm des § 11 Abs. 1 ZVG und Anwendungsbereich ............. 1 1. Aufgabe des § 11 Abs. 1 ZVG .............. 1 2. Anwendungsbereich der Vorschrift ..... 8 II. Rangbestimmung ............................... 10 1. Sonstige Beteiligte nach dem ZVG im „weiteren Sinne“ und Abgrenzung zu § 9 ZVG .................... 10 2. Im Grundbuch eingetragene Rechte .... 13 a) Rechtsgrundlage und Rolle der Vormerkung ........................... 13 b) Strukturen der Rangfolge nach § 879 BGB ............................ 15 3. Nicht eingetragene Rechte ................. 23

132

III. Differenzierungen in der Rangklasse 5 gemäß § 11 Abs. 2 ZVG ................................. 24 1. Verteilungsregelung des § 11 Abs. 2 ZVG .................................. 24 2. Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 ZVG .................................. 25 a) Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte .............................. 25 b) Schiffe und Schiffsbauwerke ....... 26 c) Luftfahrzeuge ............................... 32

Cranshaw

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

I.

Funktion der Norm des § 11 Abs. 1 ZVG und Anwendungsbereich

1.

Aufgabe des § 11 Abs. 1 ZVG

§ 11

§ 11 Abs. 1 ZVG enthält eine Kernaussage mit zwei Folgen, was nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, wohl aber aus Sinn und Zweck der Norm sowie einem Umkehrschluss aus dem Text erkennbar ist. Die Vorschrift ergänzt § 10 ZVG dadurch, dass dort zwar die Rangfolge der aus dem Vollstreckungsgegenstand zu befriedigenden Ansprüche allgemein bestimmt ist, seien sie dinglicher oder persönlicher Natur. Die dortigen acht Rangklassen werden durch die Rangklasse „0“, die Kosten, ergänzt, sodass mit Rellermeyer und Stöber1) eigentlich von neun Rangklassen auszugehen ist. § 10 ZVG behandelt aber nicht das Problem mehrerer Rechte in einer Rangklasse.

1

§ 11 Abs. 1 ZVG befasst sich daher mit dem Rangverhältnis verschiedener Rechte innerhalb jeweils derselben Rangklasse.

2

In den Rangklassen 4, 6 und 8 ist daher die Rangklasse des jeweiligen Rechts innerhalb derselben Gruppe nach dem anzuwendenden materiellen Recht zu bestimmen; das ist die erste Aussage des § 11 Abs. 1 ZVG.

3

Die Rangklasse 5 bedarf in Abs. 1 keiner Erwähnung, da für sie als lex specialis § 11 Abs. 2 besteht (siehe sogleich unter Rz. 24 ff.). Die Kosten nach der Rangklasse „0“ bedurften aufgrund ihres Vorrangs ebenfalls keiner Erwähnung (vgl. § 109 ZVG). Die individuellen Kosten jeden Gläubigers, die durch Kündigung und Rechtsverfolgung entstehen, sind Gegenstand von § 10 Abs. 2 ZVG und von § 12 ZVG.

4

Über die Rangklassen 1 – 3 ZVG trifft § 11 Abs. 1 ZVG keine ausdrückliche Aussage. Da offenkundige Zielsetzung des § 11 Abs. 1 ZVG eine „Wasserfall“-Regelung (siehe zu dem Begriff § 10 Rz. 1 [Cranshaw]) im Hinblick auf eine Mehrzahl von Rechten in derselben Rangklasse ist, folgt aus dem Schweigen zu den Rangklassen 1 – 3, dass dort gerade nicht die Sonderregelung des § 11 Abs. 1 ZVG greifen sollte. Das Problem der Befriedigung mehrerer Rechte in derselben Rangklasse ist in allen Rangklassen gleich. Der Umkehrschluss aus § 11 Abs. 1 ZVG zeigt daher, dass der Gesetzgeber (unverändert, verglichen mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des ZVG) für die Rechte in § 10 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 ZVG nicht die Rangfolge nach den jeweiligen Rechten wollte, sondern Gleichrang. § 10 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG enthält keine ausdrückliche Regelung zu dieser Problematik, sondern er geht vom Bestehen des Gleichrangs aus, soweit nichts anderes bestimmt ist.2)

5

Die Rangklasse 7 musste der Gesetzgeber nicht ansprechen, da für diese im hier relevanten Zusammenhang unmittelbar die für die Rangklasse 3 geltende Rechtslage (= Gleichrang) gilt.

6

Die Rangklasse 1a und die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG (zusammen mit § 10 Abs. 3 ZVG) sind im vorliegenden Zusammenhang gleichfalls ohne Bedeutung, da es dort nicht Ansprüche aus verschiedenen Rechten gibt, sondern nur einen einzigen

7

_____________ 1) 2)

Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 11 Rz. 1 sowie, auch zur Begrifflichkeit „Rangklasse 0“, Stöber, ZVG, § 11 Rz. 1.7. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 11 Rz. 2 m. w. N.; ebenso Stöber, ZVG, § 11 Rz. 2.

Cranshaw

133

§ 11

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

Anspruch (Rangklasse 1a) oder mehrere Wohngeldansprüche (Rangklasse 2), die aber immer nur einen zusammengefassten Anspruch ein- und derselben Wohnungseigentümergemeinschaft betreffen können. 2.

Anwendungsbereich der Vorschrift

8

Entsprechend seiner systematischen Stellung gilt die Vorschrift des § 11 Abs. 1 ZVG in allen Versteigerungsverfahren nach dem ZVG.

9

In der Zwangsverwaltung sind die §§ 155 f. ZVG entsprechend der anderen Zielsetzung und Verteilungsregelung im Zwangsverwaltungsverfahren maßgebend. II. Rangbestimmung 1.

Sonstige Beteiligte nach dem ZVG im „weiteren Sinne“ und Abgrenzung zu § 9 ZVG

10

§ 9 ZVG erfasst nur die originären Beteiligtengruppen mit den spezifischen Beteiligtenrechten. Nicht umfasst werden von dieser Norm diejenigen, die erst später im Verfahren hinzutreten oder die aus sonstigen Gründen kraft ihrer Stellung nur eingeschränkte Teilnahme im Verfahren beanspruchen können.

11

Dazu gehört z. B. das „Jedermannsrecht“ auf Akteneinsicht in die Mitteilungen des Grundbuchamts (§ 42 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 19 Abs. 2, 3 ZVG) sowie in die weiteren „Nachweisungen“ und „Abschätzungen“ nach § 42 Abs. 2 ZVG. Von hoher praktischer Relevanz ist beispielsweise das Recht auf Einsichtnahme in das Verkehrswertgutachten, das insbesondere dem Interesse von Bietinteressenten dient. Bei dieser Regelung handelt es sich um einen Wertungskompromiss des Gesetzgebers, da Gerichtsakten im Allgemeinen nicht öffentlich zugänglich sind. Bei Verweigerung des Rechts steht dem Interessenten die Erinnerung nach § 766 ZPO zu. Bei Verweigerung steht dem Interessenten die Erinnerung nach § 766 ZPO zu. Auch aus dem Akteneinsichtsrecht gemäß § 299 ZPO ergibt sich eine insoweit beschränkte Position als Beteiligter in einem weiteren Sinne als er § 9 ZVG innewohnt.3)

12

§ 11 Abs. 1 ZVG verweist für die Rangbestimmung in den Rangklassen 4, 6 und 8 des § 10 ZVG auf das materielle Recht, sodass die Spezifika des jeweiligen dinglichen Rechts in der Rangklasse entscheidend sind. Systematisch ist damit zwischen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Rechten zu unterscheiden; bei weitem am bedeutendsten sind hier die eingetragenen Rechte. 2.

Im Grundbuch eingetragene Rechte

a) Rechtsgrundlage und Rolle der Vormerkung 13

Die Rangfolge eingetragener Rechte resultiert aus § 879 BGB mit dem im Grundbuch zu wahrenden Rangvorbehalt bei Bestellung eines Rechts (vgl. § 880 BGB zur nachträglichen Rangänderung). Der Anwendungsbereich des § 879 BGB erfasst die Rechte in den Abteilungen II und III des Grundbuchs, die rangfähig sind, wozu auch eingetragene Nebenrechte4) in der Veränderungsspalte des Grund_____________ 3) 4)

134

Im Einzelnen siehe § 42 Rz. 1 – 7 [Bachmann]. Palandt/Bassenge, BGB, § 879 Rz. 1, 4.

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Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

§ 11

buchs5) gehören. Das Eigentum steht nicht in einem Rangverhältnis in diesem Sinne, ebenso wenig Verfügungsbeschränkungen.6) Der Rangwahrung dient auch die Vormerkung mit ihrer Sicherungsfunktion (§§ 883 ff. BGB; vgl. § 883 Abs. 3 BGB zur Rangwahrung, § 888 BGB zum Anspruch gegen den Erwerber eines vormerkungswidrig eingetragenen Rechts).7) Im Versteigerungsverfahren ist § 48 ZVG anzuwenden, die dingliche Belastungen erhöhende Vormerkung bleibt nach höchstrichterlicher Judikatur bestehen oder erlischt entsprechend ihrem Rang. Vormerkungen ohne diesen Inhalt (wie solche, deren Gegenstand etwa eine Rangänderung betrifft) fallen nicht darunter, sie teilen das Schicksal des Rechts, das von ihnen betroffen ist. Maßgeblich ist daher die Sicherung der Bestellung eines neuen Rechts.8)

14

b) Strukturen der Rangfolge nach § 879 BGB § 879 BGB enthält differenzierende Regelungen, die sich nach § 11 Abs. 1 ZVG auswirken. Das System des § 879 BGB baut auf der Struktur des Grundbuchs und den dafür geltenden Vorschriften der Grundbuchordnung auf. Im Kern der Vorschrift steht das Prioritätsprinzip,9) allerdings nicht im Sinne einer zeitlichen Priorität, die aber verfahrensrechtlich in der Grundbuchordnung gewahrt wird.

15

Bei Rechten in ein- und derselben Abteilung des Grundbuchs bestimmt sich der Rang nach der Reihenfolge der Eintragungen. Dies gilt auch dann, wenn die Einigung nach § 873 BGB erst nach der Eintragung vorliegt. Bestimmt also das materielle Recht, dass die verfahrensrechtliche Erledigung des Eintragungsantrags für den Rang entscheidend ist, nicht etwa die Vorstellungen die Parteien oder der Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim Grundbuchamt, so stellt sich die Frage der Sicherung der zeitlichen Priorität.

16

Diese wird zum einen bewirkt durch § 17 GBO, der vorschreibt, dass bei Eintragungsanträgen, die dasselbe Recht betreffen, der zeitlich frühere Antrag zuerst erledigt werden muss. Zum anderen bestimmt § 45 Abs. 1 Satz 1 GBO, dass mehrere Anträge zur Eintragung in ein- und dieselbe Abteilung des Grundbuchs nach ihrer zeitlichen Reihenfolge abzuarbeiten sind. Wurden sie gleichzeitig eingereicht, ist Gleichrang der Eintragungen im Grundbuch zu vermerken, § 45 Abs. 1 Satz 2 GBO.

17

Sind verschiedene Abteilungen des Grundbuchs betroffen und werden am gleichen Tage Eintragungen vorgenommen, die zeitlich unterschiedlich eingegangene Anträge zum Gegenstand haben, führt der früher eingegangene Antrag zum besseren Rang, _____________

18

5)

6) 7) 8) 9)

Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 11 m. w. N.; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 6, 9 m. w. N.; die Literatur bezieht sich u. a. auf RG, Beschl. v. 14.3.1931 – V B 2/31, RGZ 132, 106 ff., 112, das den Nebenrechten den Rang des Rechts in der Hauptspalte zuerkennt, Beschluss zu Hypothekenzinsen; siehe ferner den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 11 m. w. N. zu älterer Judikatur. Eigentum ist als „Vollrecht […] nicht rangfähig“, BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, juris Rz. 16 = BGHZ 170, 378 ff. = ZfIR 2007, 549 f. = Rpfleger 2007, 333 ff. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 6. Siehe zu den Funktionen der Vormerkung, auch in der Zwangsversteigerung, die Übersicht bei Palandt/Bassenge, BGB, § 883 Rz. 23 ff., 29 f. („Rangwirkung“). BGH, Urt. v. 7.11.1969 – V ZR 85/66, BGHZ 53, 47 ff., Ls. 1, S. 49; siehe auch § 48 Rz. 1, 4, 8 ff. [Bachmannn] sowie den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 48 Rz. 3 m. w. N. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 5 ff.

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§ 11

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

der im Grundbuch vermerkt wird (§ 45 Abs. 2 GBO). Bei gleichzeitiger Antragstellung ist Gleichrang einzutragen. § 45 Abs. 2 GBO hat materiellrechtliche Wirkung.10) Für fehlende Rangverhältnisse oder abweichende Rangbestimmungen im Eintragungsantrag enthält § 45 Abs. 3 GBO eine Öffnungsklausel, die dem Parteiwillen der Antragsteller Rechnung trägt. § 44 GBO schreibt vor, dass der Eintragungstag im Grundbuch angegeben werden soll. Verstöße gegen die §§ 17, 45 GBO führen als Folge der konstitutiv wirkenden Eintragung des Rangs (siehe § 879 BGB) gerade nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs,11) sondern zu einem Amtshaftungsanspruch gegen das Grundbuchamt (§ 839 BGB, Art. 34 GG). 19

Materiellrechtlich löst neben § 45 Abs. 2 GBO die Bestimmung des § 879 Abs. 1 Satz 2 BGB die Problematik der Rangkonkurrenzen der Eintragungen in den verschiedenen Abteilungen des Grundbuchs. Vorrang hat das an einem früheren Tag eingetragene Recht; am selben Tage eingetragene Rechte stehen im Gleichrang, soweit die Beteiligten nicht eine Rangbestimmung gemäß § 879 Abs. 3 BGB getroffen haben.

20

Bei Eintragungen in der Veränderungsspalte vertritt Böttcher12) anders als die wohl h. M., die Auffassung, der Rang bemesse sich dort in analoger Anwendung von § 879 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht nach dem Rang des „Hauptrechts“, sondern nach dem Eintragungsdatum des Nebenrechts in der Veränderungsspalte.

21

Der in der Literatur behandelte Sonderfall der Grundstücksvereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB (die auch grundstücksgleiche Rechte umfasst) führt nicht zu Rangänderungen. Vielmehr bleiben die Rechte, die auf dem durch Vereinigung grundbuchrechtlich als selbstständiges Grundstück untergegangenem Grundbesitz lasten, auf dem neuen Grundstück unverändert bestehen; sie „ruhen auf dem Teil […], der bereits vor der Vereinigung Belastungsgegenstand war.“13) Eine Sonderregelung gilt für die Fälle der Zuschreibung gemäß § 890 Abs. 2 BGB, in denen § 1131 Satz 2 BGB für Hypotheken und Grundschulden sowie Rentenschulden eine Rangbestimmung als Konsequenz der Haftungserstreckung des § 1131 Satz 1 BGB vorsieht. Grund_____________ 10) Hierzu und zu weiteren Einzelheiten siehe die Übersicht bei Palandt/Bassenge, BGB, § 879 Rz. 9. 11) Zutreffend Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 6 m. w. N.; siehe auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.9.2001 – 8 Wx 218/00, Rpfleger 2002, 135. Ausnahme von diesem Grundsatz ist die Bestimmung einer Rangfolge in Bewilligung und Antrag gleichzeitig beantragter Eintragungen, OLG Brandenburg, a. a. O., II 2e) der Gründe. 12) Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 11 m. w. N., wobei er eine Ausnahme in den (seltenen, kaum praxisrelevanten) Fällen des § 1119 BGB sieht (Erhöhung des Zinssatzes einer unverzinslichen bzw. unter fünf Prozentpunkten p. a. verzinsten Hypothek bzw. Grundschuld auf höchstens 5 Prozentpunkte p. a.). Vgl. dazu auch RGZ 132, 106 ff. sowie BayObLG, Beschl. v. 22.12.1959 – BReg 2 Z 192/59, NJW 1960, 1153 ff.; aus der Lit. siehe zur h. M. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 11 Rz. 4 m. w. N. 13) BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, juris, LS und Rz. 14 = ZfIR 2006, 220 ff. = Rpfleger 2006, 150 f. = NJW 2006, 1000 f.; Beitritt des Grundpfandgläubigers, der auf dem früheren Grundstücks ein Grundpfandrecht innehatte, zum Versteigerungsverfahren über das neue Gesamtgrundstück (§ 27 ZVG); siehe auch KG, Beschl. v. 27.6.1989 – 1 W 2309/89, juris Rz. 14 = Rpfleger 1989, 500 ff. = NJW-RR 1989, 1360 ff., Vereinigung von Wohnungseigentumsrechten; siehe aus der Kommentarliteratur Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 4 m. w. N.; so ferner Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 10 m. w. N.

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Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

§ 11

pfandrechtliche Belastungen (nur diese!) des zugeschriebenen Grundstücks gehen denjenigen des „Hauptgrundstücks“, die auf das zugeschriebene Grundstück erstreckt werden, vor.14) Ist ein eingetragenes Recht fälschlich gelöscht worden, ändert das der Natur der Sache nach seinen Rang nicht, da es zwar formell untergegangen ist, materiellrechtlich hingegen fortbesteht. § 892 BGB kann als Folge der Fiktion der Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs zugunsten des gutgläubigen Erwerbers eines eigentlich rangschlechteren Rechts gleichwohl zu einem Rangverlust des gelöschten Rechts führen.15) Voraussetzung ist der rechtsgeschäftliche Erwerb des Dritten.16) 3.

22

Nicht eingetragene Rechte

Von dem fehlerhaft nicht mehr eingetragenen Recht (siehe oben) abgesehen, handelt es sich bei den nicht eingetragenen Rechten um mehrere Fallgruppen. Der Rang dieser Rechte richtet sich grundsätzlich nach der zeitlichen Priorität ihres Entstehens. Fallgruppen dieser Rechte bilden: Altrechtliche vor dem 1.1.1900 begründete Grunddienstbarkeiten, die inhaltlich der Grunddienstbarkeit i. S. d. §§ 1018 ff. BGB entsprechen.17) – Sicherungshypotheken gemäß § 1287 Satz 2 Halbs. 1 BGB zugunsten des Pfandgläubigers, wenn der Schuldner nach den §§ 1281 ff. BGB leistet und die Leistung in der Übereignung des Eigentums an einem Grundstück besteht. Unter denselben Voraussetzungen entsteht bei der Übereignung eines Schiffs oder Schiffsbauwerks eine Schiffshypothek, § 1287 Satz 2 Halbs. 2 BGB. Für weitere Einzelheiten wird auf die Kommentarliteratur zum BGB verwiesen.18) – Weitere in der Literatur behandelte Fallgruppen sind diejenigen des zu duldenden Überbaus oder des Notwegerechts (§§ 912 ff., 914, 917 BGB), die im Hinblick auf die Überbaurente (§ 913 BGB) bzw. die Notwegrente (§ 917 Abs. 2 BGB) ein vorrangiges Recht am Grundstück außerhalb des Grundbuchs generieren (§§ 914, 917 Abs. 2 Satz 2, 1105 ff. BGB).19) Ob im Zuge der Umsetzung der _____________ –

14) Palandt/Bassenge, BGB, § 1131 Rz. 1, 2 m. w. N. und dem Hinweis auf die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 18 Abs. 3 EG BGB; Böttcher, ZVG, § 11 Rz. 10 m. w. N. 15) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 16; Palandt/Bassenge, BGB, § 892 Rz. 15 m. w. N. 16) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 16; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 11 Rz. 6 a. E.; Stöber, ZVG, § 11 Rz. 3.4. 17) Palandt/Bassenge, BGB, § 883, Art. 187 EG BGB Rz. 1 m. w. N.; vgl., auch zu den im Einzelfall komplexen Auslegungsproblemen BayObLG, Beschl. v. 3.3.1997 – 1Z RR 464/95, juris Ls 1., Rz. 16 ff. = BayObLGZ 1997, 98 ff. m. w. N. 18) Vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 1287 Rz. 1, 3 – 6, 7; Prütting/Wegen/Weinreich-Nobbe, BGB, § 1287 Rz. 1, 7; aus der Kommentarliteratur zum ZVG vgl. insbesondere Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 14, 15 m. w. N., der zugleich zutreffend auf die Parallele des § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO hinweist sowie auf den Vorrang des Sicherungsrechts vor den vom Schuldner zuvor bewilligten Rechten in Abt. III unter bestimmten Voraussetzungen, dazu BGH, Beschl. v. 18.12.1967 – V ZB 6/67, BGHZ 49, 197 ff., u. a. Ls. 2. 19) Siehe dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 15. Die Bedeutung des von Fischinger gleichfalls erwähnten gesetzlichen Pfandrechts an den Früchten (der Ernte) eines landwirtschaftlichen Betriebs nach § 2 Abs. 4 DüngMSaatG zugunsten des Lieferanten oder Finanzierers von „Düngemitteln und [….] Saatgut [….]“ sollte sich angesichts der Agrarmarktentwicklung seit seinem Inkrafttreten 1949 bzw. 1964 auf der Zeitachse erledigen. Zu Überbau- und Notwegrente siehe auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 11 Rz. 6.

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§ 11

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

Dämmung von Gebäudeaußenfassaden im Interesse der „Energiewende“ oder des Zugangs zu Anlagen erneuerbarer Energie außerhalb öffentlicher Wege diese Vorschriften, ggf. im Zusammenwirken mit dem Landesrecht, eine gewisse Bedeutung erlangen, mag offenbleiben. III. Differenzierungen in der Rangklasse 5 gemäß § 11 Abs. 2 ZVG 1. 24

Verteilungsregelung des § 11 Abs. 2 ZVG

In der Rangklasse 5 hat sich der Gesetzgeber bei den „Beschlagnahmerechten“20) in seiner Wertung dafür entschieden, für den „Wasserfall“ der Befriedigung den jeweiligen Beschlagnahmezeitpunkt als Maßstab zu wählen. Es ist daran zu erinnern, dass zu der Rangklasse 5 die Forderungen der dinglich nicht besicherten Gläubiger gehören, bei denen erst die Beschlagnahme die Möglichkeit der Befriedigung aus dem Versteigerungsgegenstand erzeugt. 2.

Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 ZVG

a) Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte 25

Im Bereich der Immobiliarversteigerung ist § 11 Abs. 2 ZVG generell heranzuziehen, für die Zwangsverwaltung siehe die §§ 155 ff. ZVG. b) Schiffe und Schiffsbauwerke

26

Bei der Schiffsversteigerung bzw. derjenigen von Schiffsbauwerken im inländischen Register bestehen andere Rangfolgen, die dazu führen, dass § 11 Abs. 2 ZVG hier nicht herangezogen werden kann.

27

Bei den Schiffshypotheken (§ 10 ZVG Rangklasse 4, § 11 Abs. 1 ZVG) ergibt sich der Rang zunächst aus der Reihenfolge der Eintragungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SchRG,21) eine Parallele zu § 879 Abs. 1 BGB für die Grundpfandrechte). Die §§ 25 ff. SchRG enthalten detaillierte Regelungen über deren Rang, auf deren Darstellung im vorliegenden Rahmen verzichtet wird. Für Schiffsbauwerke sind ergänzend die §§ 76 ff. SchRG heranzuziehen.

28

Bei den weiteren Pfandrechten an Schiffen ist nach Binnenschiffen und Seeschiffen zu unterscheiden:

29

Bei Binnenschiffen beschreiben die §§ 102 ff. BinschG22) bevorrechtigte Forderungen der Schiffsgläubiger, das daraus resultierende gesetzliche Pfandrecht an Schiff und Zubehör, die Rangfolge untereinander sowie den Umfang des Vorrechts des Pfandrechts des Schiffsgläubigers (§§ 105, 107 – 109 BinSchG).

30

Für Seeschiffe regeln die §§ 596 ff. HGB23) die Rechte der Schiffsgläubiger, die gesetzliche Pfandrechte an dem Schiff haben (vgl. § 597 HGB). Die Rangordnung _____________ 20) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 11 ZVG, Rz. 5. 21) SchRG, Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 15.11.1940 BGBl. III 403-4 bis zur Fassung d. Art. 2 d. Gesetzes v. 21.1.2013, BGBl. I 2013, 91. 22) BinSchG, Binnenschifffahrtgesetz, Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt v. 15.6.1895, BGBl. III 4103-1, bis zur Fassung d. Art. 5 d. Gesetzes v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831. 23) Handelsgesetzbuch i. d. F. des Gesetzes zur Reform des Seehandels v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff., nach Art. 15 d. Gesetzes in Kraft ab 25.4.2013.

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§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts

dieser gesetzlichen Pfandrechte untereinander und ihr Vorrang gegenüber anderen Pfandrechten an dem Schiff wird durch die Sondervorschriften der §§ 602 – 604 HGB bestimmt. § 11 Abs. 2 ZVG ist wie bei den Binnenschiffen auch hier nicht anwendbar, die sonstigen Rangfolgen der §§ 10 ff. ZVG werden insgesamt durch die schifffahrtsrechtlichen Bestimmungen modifiziert. Die Zwangsverwaltung von Schiffen oder Schiffsbauwerken ist ausgeschlossen (§§ 870a ZPO, 165 Abs. 1 Satz 1, 170a Abs. 2 ZVG), sodass § 11 ZVG generell keinen Anwendungsbereich hat.

31

c) Luftfahrzeuge Auf in der Luftfahrzeugrolle eingetragene Luftfahrzeuge ist die Bestimmung des § 11 Abs. 2 ZVG gleichermaßen unanwendbar. Sondervorschriften enthalten die §§ 24 ff. LuftFzgG24) über das Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug, wobei die §§ 25 ff. LuftFzG das Rangverhältnis regeln. Daneben besteht ein vorrangiges dingliches Recht an dem Luftfahrzeug zur Sicherung von im Ausland entstandenen Ansprüchen auf Entschädigung in Bergungsfällen bzw. für „außerordentliche“ Erhaltungsaufwendungen, sofern das anzuwendende ausländische Recht ein solches Recht und einen entsprechenden Vorrang kennt (§§ 75 – 77 LuftFzgG, Art. IV Genfer Abkommen).25)

32

Die Zwangsverwaltung eines Luftfahrzeugs scheidet aus (§ 99 Abs. 1 LuftFzgG, § 870a Abs. 1 ZPO).

33

_____________ 24) LuftFzgG, Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, v. 26.2.1059, BGBl. III 403-9, bis zur Fassung d. Art. 16 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. 25) Genfer Abkommen = Abkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen v. 19.6.1948, siehe das deutsche Zustimmungsgesetz v. 26.2.1959, BGBl. II 1959, 129 ff. Zum Text des Abkommens vgl. dort auf den S. 130 ff. in den Vertragssprachen der Konvention und in deutscher Übersetzung.

§ 12 Rangordnung innerhalb desselben Rechts Die Ansprüche aus einem und demselben Recht haben untereinander folgende Rangordnung: 1.

die Ansprüche auf Ersatz der im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten;

2.

die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen;

3.

der Hauptanspruch.

Literatur: Böttcher, Unterschiedliche Rangverhältnisse innerhalb einer Reallast? RpflStud 2005, 24; Holzer, EWiR 2004, 431; beide Anmerkungen zu BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274; Häublein, Zur Frage der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Wohngeldvorauszahlungen an Wohnungseigentümergemeinschaften, ZfIR 2005, 829.

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139

§ 183

Vermietung oder Verpachtung

Die Totalbelastungslehre ist nicht praktikabel, der eventuelle Rückgriff auf Treu und Glauben und ggf. der Notwendigkeit der Klärung vor dem Prozessgericht weist zu unsichere Kriterien auf, die auch mit dem formalisierten Verfahren nach dem ZVG nicht harmonieren. Die Korrealbelastungslehre sowie das Räumungsprinzip missachten den Deckungsgrundsatz. Die neue Auffassung von Bartels führt zu einem Wettlauf darum, wer den Antrag stellt. Auch bedürfte es für diese Auffassung wohl einer Gesetzesänderung, da sie die Rechte des Beitretenden erheblich beeinträchtigt und von der gesetzlichen Stellung abweicht.21) Demgegenüber führt die Niedrigstgebotslösung zu einer ansatzweise adäquaten Lösung ohne den Deckungsgrundsatz vollständig aufzugeben.22) _____________

15

21) Vgl. zur Gegenargumentation Bartels, ZflR 2013, 609, 613. Nach seiner Ansicht ist auch die von ihm vorgeschlagene Ergänzung des § 182 nur klarstellend (617 f.). 22) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 182 Rz. 20; Böttcher, ZVG, § 182 Rz. 17; ausführlich auch Stöber, ZVG § 182 Rz. 3.6.

§ 183 Vermietung oder Verpachtung Im Falle der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks finden die in den §§ 57a und 57b vorgesehenen Maßgaben keine Anwendung. Literatur: Nickel, Michael, Die Teilungsversteigerung als Sonderfall der Zwangsversteigerung, FPR 2013, 370.

Die Teilungsversteigerung soll nicht dazu führen, dass der Mieter sein Besitzrecht durch Kündigung verlieren kann. Der Ersteher tritt auch bei der Teilungsversteigerung entsprechend §§ 566, Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB in das Miet-/Pachtverhältnis ein. Anders als bei einer Vollstreckungsversteigerung gibt es aber kein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 57a ZVG. Hiermit soll verhindert werden, dass die Teilungsversteigerung dazu genutzt wird, Mietverhältnisse vorzeitig zu beenden.1)

1

Es kann nur nach den allgemeinen vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen gekündigt werden, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.2)

2

Im Übrigen gelten die Regelungen in den §§ 566 ff. BGB entsprechend. Dies gilt insbesondere auch für die Wirkung von Verfügungen und Rechtsgeschäften betreffend den Miet-/Pachtzins. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Übergang des Eigentums ist der Zeitpunkt des wirksamen Zuschlags.3)

3

Der Ausschluss gilt auch dann, wenn ein Dritter, z. B. als Pfandgläubiger die Teilungsversteigerung betrieben hat.4) Durch die Pfändung kann er keine stärkere Rechtsstellung erwerben.

4

_____________ 1) 2) 3) 4)

Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 183 Rz. 1; Nickel, FPR 2013, 370, 378. Nickel, FPR 2013, 370, 378. Stöber, ZVG, § 183 Rz. 2.3. Stöber, ZVG, § 183 Rz. 2.4.

Popp

1331

§ 184

Keine Sicherheitsleistung eines Miteigentümers

§ 184 Keine Sicherheitsleistung eines Miteigentümers Ein Miteigentümer braucht für sein Gebot keine Sicherheit zu leisten, wenn ihm eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zusteht. 1

An der Teilungsversteigerung kann auch jeder Miteigentümer teilnehmen und Gebote abgeben. Grundsätzlich besteht auch bei der Teilungsversteigerung die Pflicht auf Verlangen Sicherheit zu leisten (§ 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Sofern dem Miteigentümer ein durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundoder Rentenschuld zusteht, besteht insoweit keine Pflicht zur Sicherheitsleistung. Bedeutung hat diese Regelung für Gebote des Antragsgegners, für den antragstellenden Miteigentümer ergibt sich die entsprechende Konsequenz bereits aus § 67 Abs. 2 Satz 1 ZVG.1)

2

Soweit eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, verstößt das entsprechende Verlangen auch bei Abgabe eines Gebotes eines anderen Miteigentümers grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben.2) _____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 184 Rz. 1. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.11.1988 – 3 W 464/88, Rpfleger 1989, 167; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 184 Rz. 2.

§ 185 Anhängiges Verfahren über Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes (1) Ist ein Verfahren über einen Antrag auf Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes nach § 13 Abs. 1 des Grundstückverkehrsgesetzes vom 28. Juli 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1091) anhängig und erstreckt sich der Antrag auf ein Grundstück, dessen Zwangsversteigerung nach § 180 angeordnet ist, so ist das Zwangsversteigerungsverfahren wegen dieses Grundstücks auf Antrag so lange einzustellen, bis über den Antrag auf Zuweisung rechtskräftig entschieden ist. (2) Ist die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke angeordnet und bezieht sich der Zuweisungsantrag nur auf eines oder einzelne dieser Grundstücke, so kann das Vollstreckungsgericht anordnen, daß das Zwangsversteigerungsverfahren auch wegen der nicht vom Zuweisungsverfahren erfaßten Grundstücke eingestellt wird. (3) Wird dem Zuweisungsantrag stattgegeben, so ist das Zwangsversteigerungsverfahren, soweit es die zugewiesenen Grundstücke betrifft, aufzuheben und im übrigen fortzusetzen. (4) Die Voraussetzungen für die Einstellung und die Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens sind vom Antragsteller nachzuweisen.

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§ 184

Keine Sicherheitsleistung eines Miteigentümers

§ 184 Keine Sicherheitsleistung eines Miteigentümers Ein Miteigentümer braucht für sein Gebot keine Sicherheit zu leisten, wenn ihm eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zusteht. 1

An der Teilungsversteigerung kann auch jeder Miteigentümer teilnehmen und Gebote abgeben. Grundsätzlich besteht auch bei der Teilungsversteigerung die Pflicht auf Verlangen Sicherheit zu leisten (§ 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Sofern dem Miteigentümer ein durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundoder Rentenschuld zusteht, besteht insoweit keine Pflicht zur Sicherheitsleistung. Bedeutung hat diese Regelung für Gebote des Antragsgegners, für den antragstellenden Miteigentümer ergibt sich die entsprechende Konsequenz bereits aus § 67 Abs. 2 Satz 1 ZVG.1)

2

Soweit eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, verstößt das entsprechende Verlangen auch bei Abgabe eines Gebotes eines anderen Miteigentümers grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben.2) _____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 184 Rz. 1. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.11.1988 – 3 W 464/88, Rpfleger 1989, 167; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 184 Rz. 2.

§ 185 Anhängiges Verfahren über Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes (1) Ist ein Verfahren über einen Antrag auf Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes nach § 13 Abs. 1 des Grundstückverkehrsgesetzes vom 28. Juli 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1091) anhängig und erstreckt sich der Antrag auf ein Grundstück, dessen Zwangsversteigerung nach § 180 angeordnet ist, so ist das Zwangsversteigerungsverfahren wegen dieses Grundstücks auf Antrag so lange einzustellen, bis über den Antrag auf Zuweisung rechtskräftig entschieden ist. (2) Ist die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke angeordnet und bezieht sich der Zuweisungsantrag nur auf eines oder einzelne dieser Grundstücke, so kann das Vollstreckungsgericht anordnen, daß das Zwangsversteigerungsverfahren auch wegen der nicht vom Zuweisungsverfahren erfaßten Grundstücke eingestellt wird. (3) Wird dem Zuweisungsantrag stattgegeben, so ist das Zwangsversteigerungsverfahren, soweit es die zugewiesenen Grundstücke betrifft, aufzuheben und im übrigen fortzusetzen. (4) Die Voraussetzungen für die Einstellung und die Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens sind vom Antragsteller nachzuweisen.

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Anhängiges Verfahren über Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes

§ 185

Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Verfahren .............................................. 3 III. Mehrere Grundstücke ......................... 4

I.

IV. Erfolgreicher Zuweisungsantrag ........ 5 V. Nachweis ............................................... 6

Normzweck

Hintergrund dieser Norm ist das Zuweisungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, das durch eine Teilungsversteigerung nicht unterlaufen werden soll.1) Nach § 13 Abs. 1 GrdstVG kann das zuständige Gericht auf Antrag eines Miterben die Gesamtheit der Grundstücke aus denen ein landwirtschaftlicher Betrieb besteht, ungeteilt einem Miterben zuweisen. Die Voraussetzungen für die Zuweisung ergeben sich aus § 14 GrdstVG, die Abfindung und Vorteilsausgleichsansprüche sind in §§ 16, 17 GrdstVG geregelt.

1

Ist ein entsprechender Zuweisungsantrag anhängig und erstreckt er sich auf ein Grundstück für das die Teilungsversteigerung angeordnet ist, so ist das Zwangsversteigerungsverfahren zwingend auf Antrag so lange einzustellen, bis über den Zuweisungsantrag rechtskräftig entschieden ist.

2

II. Verfahren Entsprechend dem Wortlaut ist ein Antrag erforderlich, eine Einstellung von Amts wegen kommt nicht in Betracht, es handelt sich insbesondere auch um kein Verfahrenshindernis nach § 28 Abs. 1 ZVG.2)

3

III. Mehrere Grundstücke Wenn der Teilungsversteigerungsantrag hinsichtlich mehrerer Grundstücke angeordnet ist und sich der Zuweisungsantrag nur auf eines der Grundstücke erstreckt, so kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass das Zwangsversteigerungsverfahren auch wegen der nicht vom Zuweisungsverfahren erfassten Grundstücke eingestellt wird. Zwingend einzustellen ist dann nur hinsichtlich des einzelnen Grundstücks hinsichtlich derer die Teilungsversteigerung angeordnet ist, hinsichtlich der anderen zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Grundstücke kann die Einstellung erfolgen. Insoweit handelt es sich um eine Ermessensvorschrift („kann“), die den Zweck des § 13 GrdstVG im Auge haben muss.

4

IV. Erfolgreicher Zuweisungsantrag Nach Absatz 3 ist dann, wenn dem Zuweisungsantrag stattgegeben wird, das Zwangsversteigerungsverfahren, soweit es die Zuweisung der Grundstücke betrifft, aufzuheben und im Übrigen fortzusetzen. Wird der Zuweisungsantrag insgesamt abgewiesen, so ist auch das Verfahren ebenfalls von Amts wegen fortzusetzen.

5

V. Nachweis Die Voraussetzungen für die Einstellung und die Aufhebung sind nachzuweisen (Abs. 4). _____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 185 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 185 Rz. 2.2.

Popp

1333

6

§ 186

Übergangsvorschrift zum 2. Justizmodernisierungsgesetz

§ 186 Übergangsvorschrift zum 2. Justizmodernisierungsgesetz Die §§ 3, 30c, 38, 49, 68, 69, 70, 72, 75, 82, 83, 85, 88, 103, 105, 107, 116, 117, 118, 128, 132, 144 und 169 sind in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) auf die am 1. Februar 2007 anhängigen Verfahren nur anzuwenden, soweit Zahlungen später als zwei Wochen nach diesem Tag zu bewirken sind. 1

Diese vielfach als nicht gelungen bezeichnete Übergangsregelung1) ist durch Zeitablauf gegenstandslos geworden.2)

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 186 Rz. 1. Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 186 Rz. 1.

1334

Popp

Anhang Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ZVGEG Ausfertigungsdatum: 24.03.1897 Vollzitat: „Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-13, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 31 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist“ Stand:

Zuletzt geändert durch Art. 31 G v. 17.12.2008 I 2586

Fußnote (+++ Textnachweis Geltung ab: 1.7.1979 +++) §1 (1) Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung tritt, soweit es die Schiffe betrifft, gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, im übrigen für jeden Grundbuchbezirk mit dem Zeitpunkt in Kraft, in welchem das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. (2) Die Artikel 1 Abs. 2, Artikel 2, 50, 55 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch finden entsprechende Anwendung. §2 (1) Soweit in dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch zugunsten der Landesgesetze Vorbehalte gemacht sind, gelten sie auch für die Vorschriften der Landesgesetze über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. (2) Es treten jedoch die landesgesetzlichen Vorschriften außer Kraft, nach welchen den landschaftlichen und ritterschaftlichen Kreditanstalten für den Anspruch auf ältere als zweijährige Rückstände wiederkehrender Leistungen ein Vorrecht vor den im § 10 Nr. 1 bis 6 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichneten Ansprüchen beigelegt ist. §3 Die im Artikel 113 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bezeichneten Vorschriften bleiben auch insoweit unberührt, als sie für den Anspruch des Entschädigungsberechtigten oder des Dritten, welcher die Entschädigung geleistet hat, ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren und den Rang dieses Rechts bestimmen. Jedoch kann dem Anspruch auf Rückstände wiederkehrender Leistungen ein Vorrecht nur mit der im § 2 Abs. 2 bezeichneten Einschränkung beigelegt werden. 1335

Anhang

ZVGEG

§4 (1) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß gewisse öffentliche Lasten anderen im Range vorgehen. (2) §5 Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß dem Antrag auf Zwangsversteigerung ein Auszug aus einem Steuerbuch beigefügt werden soll. §6 Durch die Landesjustizverwaltung kann angeordnet werden, daß die Bestimmung des Versteigerungstermins noch andere als die im § 38 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgeschriebenen Angaben über das Grundstück enthalten soll. §7 Unberührt bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen noch andere als die in den §§ 39, 40 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichneten Veröffentlichungen der Terminsbestimmung zu erfolgen haben. §8 (1) Durch Landesgesetz kann für die Zwangsversteigerung bestimmt werden, daß die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetragenen Hypotheken bei der Feststellung des geringsten Gebots und bei der Aufstellung des Teilungsplans nur auf Grund einer Anmeldung zu berücksichtigen sind. (2) In einem solchen Fall muß die im § 37 Nr. 4 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgeschriebene Aufforderung auf die Anmeldung der Ansprüche aus den bezeichneten Hypotheken ausgedehnt werden. §9 (1) Soweit ein nach Landesgesetz begründetes Recht an einem Grundstück, das nicht in einer Hypothek besteht, zur Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung nicht bedarf oder soweit eine Dienstbarkeit oder eine Reallast als Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil oder Auszug eingetragen ist, bleibt das Recht nach Maßgabe des Landesgesetzes von der Zwangsversteigerung unberührt, auch wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. (2) Das Erlöschen eines solchen Rechts ist auf Verlangen eines Beteiligten als Versteigerungsbedingung zu bestimmen, wenn durch das Fortbestehen ein dem Recht vorgehendes oder gleichstehendes Recht des Beteiligten beeinträchtigt werden würde; die Zustimmung eines anderen Beteiligten ist nicht erforderlich. § 9a (1) In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet umfaßt die nach dem 31. Dezember 2000 angeordnete Beschlagnahme des Grundstücks auch das in Artikel 233 §§ 2b, 4 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche 1336

ZVGEG

Anhang

bezeichnete Gebäudeeigentum. Nach Ablauf der in Satz 1 bezeichneten Frist erlöschen durch den Zuschlag auch die in Artikel 233 § 2c Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Ansprüche, es sei denn, daß für diese ein Vermerk im Grundbuch eingetragen ist oder diese im Verfahren nach Absatz 2 angemeldet worden sind. Satz 2 gilt für Ansprüche auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz sinngemäß. (2) Dem Inhaber des Gebäudeeigentums stehen die in § 28 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichneten Rechte zu. Die in Artikel 233 § 2c Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Ansprüche sind, sofern sie nicht in dem für das Grundstück angelegten Grundbuch vermerkt sind, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten anzumelden. § 3b Abs. 2 des Vermögensgesetzes bleibt unberührt. (3) Der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, ist dem Nutzer zuzustellen. Ist dieser nicht bekannt, so ist, wenn nicht ein Pfleger bestellt wird, auf Ersuchen des Gerichts in entsprechender Anwendung des Artikels 233 § 2 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ein Vertreter zu bestellen. Ein Zwangsversteigerungsvermerk ist auch in ein bestehendes Gebäudegrundbuch für Gebäudeeigentum auf dem Grundstück einzutragen. § 10 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Zwangsversteigerung für Gebote kommunaler Körperschaften sowie bestimmter Kreditanstalten und Sparkassen Sicherheitsleistung nicht verlangt werden kann. § 11 Durch Landesgesetz kann für die Zwangsversteigerung, unbeschadet des § 112 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, bestimmt werden, daß und nach welchen Grundsätzen der Wert des Grundstücks festgestellt werden soll. § 12 Die Landesgesetze können für die Fälle, in welchen bei der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung ein Aufgebotsverfahren erforderlich wird, die Art der Bekanntmachung des Aufgebots und die Aufgebotsfristen abweichend von den Vorschriften der §§ 435, 437 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmen. § 13 – § 14 – § 15 – 1337

Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV) ZwVwV Ausfertigungsdatum: 19.12.2003 Vollzitat: „Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2804)“ Fußnote (+++ Textnachweis ab: 1.1.2004 +++) Eingangsformel Auf Grund des § 152a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-14, veröffentlichten bereinigten Fassung, der durch Artikel 7 Abs. 23 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) eingefügt worden ist, in Verbindung mit Artikel 35 des Gesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574), verordnet das Bundesministerium der Justiz: § 1 Stellung (1) Zwangsverwalter und Zwangsverwalterinnen führen die Verwaltung selbständig und wirtschaftlich nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Sie sind jedoch an die vom Gericht erteilten Weisungen gebunden. (2) Als Verwalter ist eine geschäftskundige natürliche Person zu bestellen, die nach Qualifikation und vorhandener Büroausstattung die Gewähr für die ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangsverwaltung bietet. (3) Der Verwalter darf die Verwaltung nicht einem anderen übertragen. Ist er verhindert, die Verwaltung zu führen, so hat er dies dem Gericht unverzüglich anzuzeigen. Zur Besorgung einzelner Geschäfte, die keinen Aufschub dulden, kann sich jedoch der Verwalter im Fall seiner Verhinderung anderer Personen bedienen. Ihm ist auch gestattet, Hilfskräfte zu unselbständigen Tätigkeiten unter seiner Verantwortung heranzuziehen. (4) Der Verwalter ist zum Abschluss einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für seine Tätigkeit mit einer Deckung von mindestens 500 000 Euro verpflichtet. Durch Anordnung des Gerichts kann, soweit der Einzelfall dies erfordert, eine höhere Versicherungssumme bestimmt werden. Auf Verlangen der Verfahrensbeteiligten oder des Gerichts hat der Verwalter das Bestehen der erforderlichen Haftpflichtversicherung nachzuweisen.

1339

Anhang

ZwVwV

§ 2 Ausweis Der Verwalter erhält als Ausweis eine Bestallungsurkunde, aus der sich das Objekt der Zwangsverwaltung, der Name des Schuldners, das Datum der Anordnung sowie die Person des Verwalters ergeben. § 3 Besitzerlangung über das Zwangsverwaltungsobjekt, Bericht (1) Der Verwalter hat das Zwangsverwaltungsobjekt in Besitz zu nehmen und darüber einen Bericht zu fertigen. Im Bericht sind festzuhalten: 1.

Zeitpunkt und Umstände der Besitzerlangung;

2.

eine Objektbeschreibung einschließlich der Nutzungsart und der bekannten Drittrechte;

3.

alle der Beschlagnahme unterfallenden Mobilien, insbesondere das Zubehör;

4.

alle der Beschlagnahme unterfallenden Forderungen und Rechte, insbesondere Miet- und Pachtforderungen, mit dem Eigentum verbundene Rechte auf wiederkehrende Leistungen sowie Forderungen gegen Versicherungen unter Beachtung von Beitragsrückständen;

5.

die öffentlichen Lasten des Grundstücks unter Angabe der laufenden Beträge;

6.

die Räume, die dem Schuldner für seinen Hausstand belassen werden;

7.

die voraussichtlichen Ausgaben der Verwaltung, insbesondere aus Dienst- oder Arbeitsverhältnissen;

8.

die voraussichtlichen Einnahmen und die Höhe des für die Verwaltung erforderlichen Kostenvorschusses;

9.

alle sonstigen für die Verwaltung wesentlichen Verhältnisse.

(2) Den Bericht über die Besitzerlangung hat der Verwalter bei Gericht einzureichen. Soweit die in Absatz 1 bezeichneten Verhältnisse nicht schon bei Besitzübergang festgestellt werden können, hat der Verwalter dies unverzüglich nachzuholen und dem Gericht anzuzeigen. § 4 Mitteilungspflicht Der Verwalter hat alle betroffenen Mieter und Pächter sowie alle von der Verwaltung betroffenen Dritten unverzüglich über die Zwangsverwaltung zu informieren. Außerdem kann der Verwalter den Erlass von Zahlungsverboten an die Drittschuldner bei dem Gericht beantragen. § 5 Nutzungen des Zwangsverwaltungsobjektes (1) Der Verwalter soll die Art der Nutzung, die bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung bestand, beibehalten. (2) Die Nutzung erfolgt grundsätzlich durch Vermietung oder Verpachtung. Hiervon ausgenommen sind: 1.

landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzte Objekte in Eigenverwaltung des Schuldners gemäß § 150b des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;

1340

ZwVwV

2.

Anhang

die Wohnräume des Schuldners, die ihm gemäß § 149 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unentgeltlich zu belassen sind.

(3) Der Verwalter ist berechtigt, begonnene Bauvorhaben fertig zu stellen. § 6 Miet- und Pachtverträge (1) Miet- oder Pachtverträge sowie Änderungen solcher Verträge sind vom Verwalter schriftlich abzuschließen. (2) Der Verwalter hat in Miet- oder Pachtverträgen zu vereinbaren, 1.

dass der Mieter oder Pächter nicht berechtigt sein soll, Ansprüche aus dem Vertrag zu erheben, wenn das Zwangsverwaltungsobjekt vor der Überlassung an den Mieter oder Pächter im Wege der Zwangsversteigerung veräußert wird;

2.

dass die gesetzliche Haftung des Vermieters oder Verpächters für den vom Ersteher zu ersetzenden Schaden ausgeschlossen sein soll, wenn das Grundstück nach der Überlassung an den Mieter oder Pächter im Wege der Zwangsversteigerung veräußert wird und der an die Stelle des Vermieters oder Verpächters tretende Ersteher die sich aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt;

3.

dass der Vermieter oder Verpächter auch von einem sich im Fall einer Kündigung (§ 57a Satz 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, § 111 der Insolvenzordnung) möglicherweise ergebenden Schadensersatzanspruch freigestellt sein soll.

§ 7 Rechtsverfolgung Der Verwalter hat die Rechtsverfolgung seiner Ansprüche im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zeitnah einzuleiten. § 8 Rückstände, Vorausverfügungen Die Rechtsverfolgung durch den Verwalter erstreckt sich auch auf Rückstände nach § 1123 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und unterbrochene Vorausverfügungen nach § 1123 Abs. 1, §§ 1124 und 1126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sofern nicht der Gläubiger auf die Rechtsverfolgung verzichtet. § 9 Ausgaben der Zwangsverwaltung (1) Der Verwalter hat von den Einnahmen die Liquidität zurückzubehalten, die für Ausgaben der Verwaltung einschließlich der Verwaltervergütung und der Kosten des Verfahrens vorgehalten werden muss. (2) Der Verwalter soll nur Verpflichtungen eingehen, die aus bereits vorhandenen Mitteln erfüllt werden können. (3) Der Verwalter ist verpflichtet, das Zwangsverwaltungsobjekt insbesondere gegen Feuer-, Sturm-, Leitungswasserschäden und Haftpflichtgefahren, die vom Grundstück und Gebäude ausgehen, zu versichern, soweit dies durch eine ordnungsgemäße Verwaltung geboten erscheint. Er hat diese Versicherung unverzüglich abzuschließen, sofern 1341

Anhang

ZwVwV

1.

Schuldner oder Gläubiger einen bestehenden Versicherungsschutz nicht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang des Anordnungsbeschlusses schriftlich nachweisen und

2.

der Gläubiger die unbedingte Kostendeckung schriftlich mitteilt.

§ 10 Zustimmungsvorbehalte (1) Der Verwalter hat zu folgenden Maßnahmen die vorherige Zustimmung des Gerichts einzuholen: 1.

wesentliche Änderungen zu der nach § 5 gebotenen Nutzung; dies gilt auch für die Fertigstellung begonnener Bauvorhaben;

2.

vertragliche Abweichungen von dem Klauselkatalog des § 6 Abs. 2;

3.

Ausgaben, die entgegen dem Gebot des § 9 Abs. 2 aus bereits vorhandenen Mitteln nicht gedeckt sind;

4.

Zahlung von Vorschüssen an Auftragnehmer im Zusammenhang insbesondere mit der Erbringung handwerklicher Leistungen;

5.

Ausbesserungen und Erneuerungen am Zwangsverwaltungsobjekt, die nicht zu der gewöhnlichen Instandhaltung gehören, insbesondere wenn der Aufwand der jeweiligen Maßnahme 15 Prozent des vom Verwalter nach pflichtgemäßem Ermessen geschätzten Verkehrswertes des Zwangsverwaltungsobjektes überschreitet;

6.

Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen im Zusammenhang mit Baumaßnahmen nach § 5 Abs. 3.

(2) Das Gericht hat den Gläubiger und den Schuldner vor seiner Entscheidung anzuhören. § 11 Auszahlungen (1) Aus den nach Bestreiten der Ausgaben der Verwaltung sowie der Kosten des Verfahrens (§ 155 Abs. 1 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung) verbleibenden Überschüssen der Einnahmen darf der Verwalter ohne weiteres Verfahren nur Vorschüsse sowie die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten nach der gesetzlichen Rangfolge berichtigen. (2) Sonstige Zahlungen an die Berechtigten darf der Verwalter nur aufgrund der von dem Gericht nach Feststellung des Teilungsplans getroffenen Anordnung leisten. Ist zu erwarten, dass solche Zahlungen geleistet werden können, so hat dies der Verwalter dem Gericht unter Angabe des voraussichtlichen Betrages der Überschüsse und der Zeit ihres Einganges anzuzeigen. (3) Sollen Auszahlungen auf das Kapital einer Hypothek oder Grundschuld oder auf die Ablösesumme einer Rentenschuld geleistet werden, so hat der Verwalter zu diesem Zweck die Anberaumung eines Termins bei dem Gericht zu beantragen. § 12 Beendigung der Zwangsverwaltung (1) Die Beendigung der Zwangsverwaltung erfolgt mit dem gerichtlichen Aufhebungsbeschluss. Dies gilt auch für den Fall der Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung. 1342

ZwVwV

Anhang

(2) Das Gericht kann den Verwalter nach dessen Anhörung im Aufhebungsbeschluss oder auf Antrag durch gesonderten Beschluss ermächtigen, seine Tätigkeit in Teilbereichen fortzusetzen, soweit dies für den ordnungsgemäßen Abschluss der Zwangsverwaltung erforderlich ist. Hat der Verwalter weiterführende Arbeiten nicht zu erledigen, sind der Anordnungsbeschluss und die Bestallungsurkunde mit der Schlussrechnung zurückzugeben, ansonsten mit der Beendigung seiner Tätigkeit. (3) Unabhängig von der Aufhebung der Zwangsverwaltung bleibt der Verwalter berechtigt, von ihm begründete Verbindlichkeiten aus der vorhandenen Liquidität zu begleichen und bis zum Eintritt der Fälligkeit Rücklagen zu bilden. Ein weitergehender Rückgriff gegen den Gläubiger bleibt unberührt. Dies gilt auch für den Fall der Antragsrücknahme. (4) Hat der Verwalter die Forderung des Gläubigers einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung bezahlt, so hat er dies dem Gericht unverzüglich anzuzeigen. Dasselbe gilt, wenn der Gläubiger ihm mitteilt, dass er befriedigt ist. § 13 Masseverwaltung (1) Der Massebestand ist von eigenen Beständen des Verwalters getrennt zu halten. (2) Der Verwalter hat für jede Zwangsverwaltung ein gesondertes Treuhandkonto einzurichten, über das er den Zahlungsverkehr führt. Das Treuhandkonto kann auch als Rechtsanwaltsanderkonto geführt werden. (3) Der Verwalter hat die allgemeinen Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung zu beachten. Die Rechnungslegung muss den Abgleich der Solleinnahmen mit den tatsächlichen Einnahmen ermöglichen. Die Einzelbuchungen sind auszuweisen. Mit der Rechnungslegung sind die Kontoauszüge und Belege bei Gericht einzureichen. (4) Auf Antrag von Gläubiger oder Schuldner hat der Verwalter Auskunft über den Sachstand zu erteilen. § 14 Buchführung der Zwangsverwaltung (1) Die Buchführung der Zwangsverwaltung ist eine um die Solleinnahmen ergänzte Einnahmenüberschussrechnung. (2) Die Rechnungslegung erfolgt jährlich (Jahresrechnung) nach Kalenderjahren. Mit Zustimmung des Gerichts kann hiervon abgewichen werden. (3) Bei Aufhebung der Zwangsverwaltung legt der Verwalter Schlussrechnung in Form einer abgebrochenen Jahresrechnung. (4) Nach vollständiger Beendigung seiner Amtstätigkeit reicht der Verwalter eine Endabrechnung ein, nachdem alle Zahlungsvorgänge beendet sind und das Konto auf Null gebracht worden ist. § 15 Gliederung der Einnahmen und Ausgaben (1) Die Soll- und Isteinnahmen sind nach folgenden Konten zu gliedern: 1.

Mieten und Pachten nach Verwaltungseinheiten,

2.

andere Einnahmen. 1343

Anhang

ZwVwV

(2) Der Saldo der vorigen Rechnung ist als jeweiliger Anfangsbestand vorzutragen. (3) Die Gliederung der Ausgaben erfolgt nach folgenden Konten: 1.

Aufwendungen zur Unterhaltung des Objektes;

2.

öffentliche Lasten;

3.

Zahlungen an die Gläubiger;

4.

Gerichtskosten der Verwaltung;

5.

Vergütung des Verwalters;

6.

andere Ausgaben.

(4) Ist zur Umsatzsteuer optiert worden, so sind Umsatzsteueranteile und Vorsteuerbeträge gesondert darzustellen. § 16 Auskunftspflicht Der Verwalter hat jederzeit dem Gericht oder einem mit der Prüfung beauftragten Sachverständigen Buchführungsunterlagen, die Akten und sonstige Schriftstücke vorzulegen und alle weiteren Auskünfte im Zusammenhang mit seiner Verwaltung zu erteilen. § 17 Vergütung und Auslagenersatz (1) Der Verwalter hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung sowie auf Erstattung seiner Auslagen nach Maßgabe des § 21. Die Höhe der Vergütung ist an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten. (2) Zusätzlich zur Vergütung und zur Erstattung der Auslagen wird ein Betrag in Höhe der vom Verwalter zu zahlenden Umsatzsteuer festgesetzt. (3) Ist der Verwalter als Rechtsanwalt zugelassen, so kann er für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter einem Rechtsanwalt übertragen hätte, die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts abrechnen. Ist der Verwalter Steuerberater oder besitzt er eine andere besondere Qualifikation, gilt Satz 1 sinngemäß. § 18 Regelvergütung (1) Bei der Zwangsverwaltung von Grundstücken, die durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, erhält der Verwalter als Vergütung in der Regel 10 Prozent des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten oder Pachten eingezogenen Bruttobetrags. Für vertraglich geschuldete, nicht eingezogene Mieten oder Pachten erhält er 20 Prozent der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn diese Mieten eingezogen worden wären. Soweit Mietrückstände eingezogen werden, für die der Verwalter bereits eine Vergütung nach Satz 2 erhalten hat, ist diese anzurechnen. (2) Ergibt sich im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der Vergütung nach Absatz 1, so kann der in Absatz 1 Satz 1 genannte Prozentsatz bis auf 5 vermindert oder bis auf 15 angehoben werden. (3) Für die Fertigstellung von Bauvorhaben erhält der Verwalter 6 Prozent der von ihm verwalteten Bausumme. Planungs-, Ausführungs- und Abnahmekosten sind

1344

ZwVwV

Anhang

Bestandteil der Bausumme und finden keine Anrechnung auf die Vergütung des Verwalters. § 19 Abweichende Berechnung der Vergütung (1) Wenn dem Verwalter eine Vergütung nach § 18 nicht zusteht, bemisst sich die Vergütung nach Zeitaufwand. In diesem Fall erhält er für jede Stunde der für die Verwaltung erforderlichen Zeit, die er oder einer seiner Mitarbeiter aufgewendet hat, eine Vergütung von mindestens 35 Euro und höchstens 95 Euro. Der Stundensatz ist für den jeweiligen Abrechnungszeitraum einheitlich zu bemessen. (2) Der Verwalter kann für den Abrechnungszeitraum einheitlich nach Absatz 1 abrechnen, wenn die Vergütung nach § 18 Abs. 1 und 2 offensichtlich unangemessen ist. § 20 Mindestvergütung (1) Ist das Zwangsverwaltungsobjekt von dem Verwalter in Besitz genommen, so beträgt die Vergütung des Verwalters mindestens 600 Euro. (2) Ist das Verfahren der Zwangsverwaltung aufgehoben worden, bevor der Verwalter das Grundstück in Besitz genommen hat, so erhält er eine Vergütung von 200 Euro, sofern er bereits tätig geworden ist. § 21 Auslagen (1) Mit der Vergütung sind die allgemeinen Geschäftskosten abgegolten. Zu den allgemeinen Geschäftskosten gehört der Büroaufwand des Verwalters einschließlich der Gehälter seiner Angestellten. (2) Besondere Kosten, die dem Verwalter im Einzelfall, zum Beispiel durch Reisen oder die Einstellung von Hilfskräften für bestimmte Aufgaben im Rahmen der Zwangsverwaltung, tatsächlich entstehen, sind als Auslagen zu erstatten, soweit sie angemessen sind. Anstelle der tatsächlich entstandenen Auslagen kann der Verwalter nach seiner Wahl für den jeweiligen Abrechnungszeitraum eine Pauschale von 10 Prozent seiner Vergütung, höchstens jedoch 40 Euro für jeden angefangenen Monat seiner Tätigkeit, fordern. (3) Mit der Vergütung sind auch die Kosten einer Haftpflichtversicherung abgegolten. Ist die Verwaltung jedoch mit einem besonderen Haftungsrisiko verbunden, so sind die durch eine Höherversicherung nach § 1 Abs. 4 begründeten zusätzlichen Kosten als Auslagen zu erstatten. § 22 Festsetzung Die Vergütung und die dem Verwalter zu erstattenden Auslagen werden im Anschluss an die Rechnungslegung nach § 14 Abs. 2 oder die Schlussrechnung nach § 14 Abs. 3 für den entsprechenden Zeitraum auf seinen Antrag vom Gericht festgesetzt. Vor der Festsetzung kann der Verwalter mit Einwilligung des Gerichts aus den Einnahmen einen Vorschuss auf die Vergütung und die Auslagen entnehmen.

1345

Anhang

ZwVwV

§ 23 Grundstücksgleiche Rechte Die vorstehenden Bestimmungen sind auf die Zwangsverwaltung von Berechtigungen, für welche die Vorschriften über die Zwangsverwaltung von Grundstücken gelten, entsprechend anzuwenden. § 24 Nichtanwendbarkeit der Verordnung (1) Die Vorschriften dieser Verordnung gelten nicht, falls der Schuldner zum Verwalter bestellt ist (§§ 150b bis 150e des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung). (2) Die Vorschriften dieser Verordnung gelten ferner nicht, falls die durch die §§ 150, 153, 154 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung dem Gericht zugewiesene Tätigkeit nach landesgesetzlichen Vorschriften von einer landschaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalt übernommen worden ist. § 25 Übergangsvorschrift In Zwangsverwaltungen, die bis einschließlich zum 31. Dezember 2003 angeordnet worden sind, findet die Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 (BGBl. I S. 185), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574), weiter Anwendung; jedoch richten sich die Vergütung des Verwalters und der Auslagenersatz ab dem ersten auf den 31. Dezember 2003 folgenden Abrechnungszeitraum nach den §§ 17 bis 22 dieser Verordnung. § 26 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2004 in Kraft. Schlussformel Der Bundesrat hat zugestimmt.

1346

Basiszinssätze Basiszinssatz gemäß § 247 BGB1) Jahr

Monat 1. Januar

1. Juli

2014

– 0,63 %

– 0,73 %

2013

– 0,13 %

– 0,38 %

2012

– 0,12 %

0,12 %

2011

– 0,12 %

0,37 %

2010

– 0,12 %

0,12 %

2009

– 1,62 %

0,12 %

2008

– 3,32 %

3,19 %

2007

– 2,70 %

3,19 %

2006

– 1,37 %

1,95 %

2005

– 1,21 %

1,17 %

2004

– 1,14 %

1,13 %

2003

– 1,97 %

1,22 %

2002

– 2,57 %

2,47 %

_____________ 1)

§ 247 Basiszinssatz*) (1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs. (2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt. *) Amtlicher Hinweis: Diese Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 3 der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35).

Siehe auch Pressemitteilungen der Deutschen Bundesbank unter http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen und Deutsche Bundesbank Zinsstatistik unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken.

1347

Anhang

Basiszinssätze

Basiszinssatz gemäß DÜG1), 2), 3) Jahr

2002

Monat 1. Januar

1. Mai

1. September

2,71 %





(1. Jan. – 3. April) 2001





3,62 %

2000

2,68 %

3,42 %

4,26 %

1999

2,50 %

1,95 %



_____________ 1)

2)

3)

Er ersetzt gemäß Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz (DÜG) i. V. mit der BasiszinssatzBezugsgrößen-Verordnung ab 1. Januar 1999 den Diskontsatz, soweit dieser in Verträgen und Vorschriften als Bezugsgröße für Zinsen und andere Leistungen verwendet wird. Dieser Basiszinssatz ist der am 31. Dezember 1998 geltende Diskontsatz der Deutschen Bundesbank. Er verändert sich mit Beginn des 1. Januar, 1. Mai und 1. September eines jeden Jahres, erstmals mit Beginn des 1. Mai 1999, und zwar dann, wenn sich der Zinssatz der EZB für längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (marginaler LRG-Satz) um mindestens 0,5 Prozentpunkte verändert hat (s. a. Anm. 2c und 3). Soweit die nachstehend genannten Zinssätze als Bezugsgröße für Zinsen und andere Leistungen in Rechtsvorschriften des Bundes auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts und des Verfahrensrechts der Gerichte, in nach dem Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) vorbehaltenem Landesrecht und in Vollstreckungstiteln und Verträgen auf Grund solcher Vorschriften verwendet werden, treten mit Wirkung vom 1. Januar 2002: a) an die Stelle des Zinssatzes für Kassenkredite des Bundes der um 1,5 Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz des BGB, b) an die Stelle des Lombardsatzes der SRF-Satz der EZB, c) an die Stelle des Basiszinssatzes des DÜG der Basiszinssatz gemäß § 247 BGB (s. a. Anm. 3). Gemäß Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz (VersKapAG) Artikel 4 § 1 werden das DÜG, die Basiszinssatz-Bezugsgrößen-Verordnung und die Lombardsatz-ÜberleitungsVerordnung aufgehoben. Nach Artikel 4 § 2 VersKapAG treten ab 4. April 2002 an Stelle des Diskontsatzes und des Basiszinssatzes gemäß DÜG der Basiszinssatz gemäß § 247 BGB, an Stelle des Lombardsatzes der SRF-Satz der EZB und an Stelle des Zinssatzes für Kassenkredite des Bundes der um 1,5 Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz gemäß § 247 BGB. Siehe auch Pressemitteilungen der Deutschen Bundesbank unter http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen und Deutsche Bundesbank Zinsstatistik unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken.

1348

Sterbetafel 2009/2011 Deutschland Männlich/Weiblich*) Vollendetes Alter

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren männlich

weiblich

0

77,72

82,73

1

77,02

81,99

2

76,04

81,01

3

75,06

80,02

4

74,07

79,03

5

73,08

78,04

6

72,09

77,05

7

71,09

76,05

8

70,10

75,06

9

69,11

74,06

10

68,11

73,07

11

67,12

72,08

12

66,12

71,08

13

65,13

70,09

14

64,14

69,09

15

63,15

68,10

16

62,16

67,11

17

61,17

66,12

18

60,20

65,13

19

59,22

64,14

20

58,25

63,16

21

57,28

62,17

_____________ *)

Ab dem Alter von 92 Jahren handelt es sich bei der Sterbewahrscheinlichkeit um geschätzte Werte. Hinweis: Eine neue „Allgemeine Sterbetafel“ wird jeweils nach Vorliegen der Ergebnisse einer Volkszählung berechnet. Zuletzt wurde die „Allgemeine Sterbetafel 1986/88“ im Statistischen Jahrbuch 1991 und in Fachserie 1, Reihe 1, S. 2 veröffentlicht.

1349

Anhang Vollendetes Alter

1350

Sterbetafel 2009/2011 Deutschland

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren männlich

weiblich

22

56,31

61,18

23

55,34

60,20

24

54,37

59,21

25

53,40

58,22

26

52,43

57,24

27

51,46

56,25

28

50,49

55,26

29

49,52

54,28

30

48,56

53,29

31

47,59

52,31

32

46,62

51,32

33

45,66

50,34

34

44,69

49,36

35

43,72

48,38

36

42,76

47,40

37

41,80

46,42

38

40,84

45,45

39

39,88

44,47

40

38,93

43,50

41

37,98

42,53

42

37,03

41,57

43

36,08

40,60

44

35,15

39,64

45

34,22

38,69

46

33,29

37,74

47

32,37

36,79

48

31,47

35,85

49

30,56

34,91

50

29,67

33,98

51

28,79

33,06

52

27,92

32,13

53

27,06

31,22

Anhang

Sterbetafel 2009/2011 Deutschland

Vollendetes Alter

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren männlich

weiblich

54

26,21

30,31

55

25,37

29,41

56

24,54

28,51

57

23,72

27,62

58

22,90

26,73

59

22,10

25,84

60

21,31

24,96

61

20,53

24,10

62

19,76

23,23

63

18,99

22,38

64

18,23

21,53

65

17,48

20,68

66

16,74

19,84

67

16,01

19,01

68

15,30

18,18

69

14,58

17,35

70

13,89

16,53

71

13,20

15,72

72

12,52

14,92

73

11,86

14,13

74

11,21

13,36

75

10,58

12,60

76

9,97

11,87

77

9,38

11,15

78

8,82

10,45

79

8,28

9,78

80

7,77

9,13

81

7,28

8,51

82

6,81

7,91

83

6,36

7,34

84

5,93

6,80

85

5,52

6,29

1351

Anhang Vollendetes Alter

Sterbetafel 2009/2011 Deutschland

Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren männlich

weiblich

86

5,13

5,81

87

4,76

5,37

88

4,43

4,96

89

4,12

4,58

90

3,84

4,25

91

3,56

3,94

92

3,32

3,68

93

3,10

3,43

94

2,89

3,19

95

2,71

2,97

96

2,54

2,78

97

2,38

2,60

98

2,23

2,43

99

2,10

2,28

100

1,98

2,14

Quelle: Sterbetafel Deutschland, 2009/11, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2013. Abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/ Sterbefaelle/Tabellen/SterbetafelDeutschland.html.

1352

§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts

dieser gesetzlichen Pfandrechte untereinander und ihr Vorrang gegenüber anderen Pfandrechten an dem Schiff wird durch die Sondervorschriften der §§ 602 – 604 HGB bestimmt. § 11 Abs. 2 ZVG ist wie bei den Binnenschiffen auch hier nicht anwendbar, die sonstigen Rangfolgen der §§ 10 ff. ZVG werden insgesamt durch die schifffahrtsrechtlichen Bestimmungen modifiziert. Die Zwangsverwaltung von Schiffen oder Schiffsbauwerken ist ausgeschlossen (§§ 870a ZPO, 165 Abs. 1 Satz 1, 170a Abs. 2 ZVG), sodass § 11 ZVG generell keinen Anwendungsbereich hat.

31

c) Luftfahrzeuge Auf in der Luftfahrzeugrolle eingetragene Luftfahrzeuge ist die Bestimmung des § 11 Abs. 2 ZVG gleichermaßen unanwendbar. Sondervorschriften enthalten die §§ 24 ff. LuftFzgG24) über das Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug, wobei die §§ 25 ff. LuftFzG das Rangverhältnis regeln. Daneben besteht ein vorrangiges dingliches Recht an dem Luftfahrzeug zur Sicherung von im Ausland entstandenen Ansprüchen auf Entschädigung in Bergungsfällen bzw. für „außerordentliche“ Erhaltungsaufwendungen, sofern das anzuwendende ausländische Recht ein solches Recht und einen entsprechenden Vorrang kennt (§§ 75 – 77 LuftFzgG, Art. IV Genfer Abkommen).25)

32

Die Zwangsverwaltung eines Luftfahrzeugs scheidet aus (§ 99 Abs. 1 LuftFzgG, § 870a Abs. 1 ZPO).

33

_____________ 24) LuftFzgG, Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, v. 26.2.1059, BGBl. III 403-9, bis zur Fassung d. Art. 16 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. 25) Genfer Abkommen = Abkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen v. 19.6.1948, siehe das deutsche Zustimmungsgesetz v. 26.2.1959, BGBl. II 1959, 129 ff. Zum Text des Abkommens vgl. dort auf den S. 130 ff. in den Vertragssprachen der Konvention und in deutscher Übersetzung.

§ 12 Rangordnung innerhalb desselben Rechts Die Ansprüche aus einem und demselben Recht haben untereinander folgende Rangordnung: 1.

die Ansprüche auf Ersatz der im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten;

2.

die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen;

3.

der Hauptanspruch.

Literatur: Böttcher, Unterschiedliche Rangverhältnisse innerhalb einer Reallast? RpflStud 2005, 24; Holzer, EWiR 2004, 431; beide Anmerkungen zu BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274; Häublein, Zur Frage der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Wohngeldvorauszahlungen an Wohnungseigentümergemeinschaften, ZfIR 2005, 829.

Cranshaw

139

§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts Übersicht

I.

Funktion des § 12 ZVG und Zusammenwirken mit den §§ 497, 503, 511 BGB .................... 1 II. Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG ......... 4 1. Kosten nach den §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG ............................................. 4 a) Überblick ........................................ 4 b) Einzelheiten, insbesondere das Kriterium der Notwendigkeit der Kosten ...................................... 5 2. Sonstige Kosten außerhalb von § 10 Abs. 2 ZVG .................................... 7 III. Wiederkehrende Leistungen und Nebenleistungen .................................. 8 1. Uneinheitlichkeit der Abgrenzung zwischen Nebenleistung und wiederkehrenden Leistungen ................ 8

I.

2.

Wiederkehrende Leistung und Nebenleistung im Gefüge des ZVG ..... 9 a) Wiederkehrende Leistungen .......... 9 b) Nebenleistungen .......................... 12 3. Keine Bedeutung des Begriffs des Rückstandes oder der laufenden wiederkehrenden Leistung im Rahmen des § 12 ZVG ........................ 13 4. Beispiele wiederkehrender Leistungen und von Nebenleistungen ............................................. 17 a) Wiederkehrende Leistungen ........ 17 b) Nebenleistungen .......................... 22 IV. Hauptanspruch gemäß § 12 Nr. 3 ZVG ................................... 24

Funktion des § 12 ZVG und Zusammenwirken mit den §§ 497, 503, 511 BGB

1

Während § 10 ZVG die verschiedenen Rangklassen des „Wasserfalls“ umfasst (den diese Norm in Abs. 1 mit den Besonderheiten der Absätze 2 bzw. 3 darstellt) und § 11 Sonderregelungen der Rangklassen 4, 6, 8 sowie der Rangklasse 5 festlegt, befasst sich § 12 ZVG mit der Rangordnung „ein- und desselben“ Rechtes. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG, wie aus den jeweiligen Verweisungsregeln auf den Ersten Abschnitt des ZVG folgt, soweit keine Sondervorschriften bestehen. Abweichend hiervon geht § 155 Abs. 2 Satz 2 ZVG im Zwangsverwaltungsverfahren vor, eine Bestimmung, die sachgerecht den Besonderheiten der auf die Erträge der Immobilie gerichteten Zwangsverwaltung Rechnung trägt.

2

§ 12 ZVG ist die vollstreckungsrechtliche Parallele zu den materiellrechtlichen Bestimmungen des § 367 BGB, der seinerseits für Verbraucherdarlehensverträge durch die zwingende Vorschrift des § 497 BGB1) (vgl. § 511 BGB) modifiziert wird (Tilgungsreihenfolge nach § 497 Abs. 3 BGB bei Teilleistungen: Kosten der Rechtsverfolgung; Hauptsacheforderung = fälliger Kapitalbetrag; Verzugszinsen). § 497 Abs. 3 Sätze 1, 2, 4, 5 gelten wiederum nicht für Immobiliendarlehensverträge i. S. d. § 503 Abs. 1 BGB, eine wichtige Einschränkung aufgrund der großen praktischen Bedeutung der darunter fallenden Finanzierungen (in der Praxis die weitaus meisten Finanzierungen für Private zum Erwerb von Wohneigentum).2) Vollstreckt ein Gläubiger aus einem ausschließlich auf Zinsen gerichteten Titel, gilt die besondere Tilgungsreihenfolge des § 497 BGB nicht (§ 497 Abs. 3 Satz 5). § 12 ZVG löst wie _____________ 1)

2)

140

§ 497 Abs. 3 BGB entspricht inhaltlich im Ergebnis § 11 Abs. 3 des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Verbraucherkreditgesetzes, das nach Art. 229 § 5 EG BGB für Altfälle vor dem 1.1.2002 weiterhin gilt; eine inhaltliche Rechtsänderung ist damit für jene Fälle durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht eingetreten. Immobiliendarlehen (§ 503 Abs. 1 BGB) = Darlehen gegen Grundpfandrecht zu marktüblichen Bedingungen für derartige Finanzierungen bzw. Zwischenfinanzierungen; von der Sicherheit kann nach § 7 Abs. 3 – 5 Bausparkassengesetz abgesehen werden.

Cranshaw

§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts

die Vorschriften des bürgerlichen Rechts das Konkurrenzproblem zwischen der Befriedigung der Hauptforderung und den Nebenforderungen bzw. Nebenleistungen, wenn keine vollständige, sondern nur eine Teilbefriedigung erfolgt. Die verbraucherrechtlich zwingenden Normen sind auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten,3) wenn auch mit dem bedeutsamen Unterschied, dass der Titel diese Reihenfolge ausweisen muss.4) In der notariellen Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist die gesetzliche Rangfolge nach der hier vertretenen Ansicht zwingend vorzusehen, ansonsten kann der Schuldner sich mit der Vollstreckungsgegenklage wehren, die nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert ist (vgl. § 797 Abs. 2 ZPO). Ist der Titel ein Duldungstitel als Folge des § 1147 BGB, obliegt es dem Schuldner, im Erkenntnisverfahren dem Duldungsanspruch insoweit entgegenzutreten, als die Rangordnung des § 12 ZVG im Klageantrag des Gläubigers zugrunde gelegt und die vorerwähnten spezifisch verbraucherrechtlichen Vorschriften nicht berücksichtigt sind; diese stellen Einreden i. S. d. § 1157 BGB dar. Bei den in praxi bei Finanzierungsgrundpfandrechten der letzten Jahrzehnte nahezu ausschließlich verwendeten Sicherungsgrundschulden folgen die Vollstreckungsmodifizierungen durch das Verbraucherkreditrecht zwanglos aus § 1192 Abs. 1a i. V. m. § 1157 Satz 1 BGB; für Grundschulden, die bis zum 19.8.2008 ordnungsgemäß bestellt wurden, ist die Rechtslage dennoch dieselbe (§ 1192 Abs. 1, 1157 Satz 1 BGB). § 1157 Satz 2 BGB scheidet bei Grundschulden zugunsten einer finanzierenden Bank aus (Folge aus § 1192 Abs. 1a Satz 1, letzter Halbs. BGB). Die Bestimmungen der §§ 491 – 510 BGB sind zugunsten des Verbrauchers zwingend, vertragliche Abweichungen und Umgehungen sind nichtig (§ 511 BGB).5) § 12 ZVG ist, von den verbraucherrechtlich zwingenden Normen abgesehen, dispositiv, d. h. die Beteiligten können die Rangfolge ändern. So hat das BayObLG entschieden, bei einer Reallast könne der Vorrang des Stammrechts vor einzelnen Leistungen daraus mit dinglicher Wirkung vereinbart werden.6) Der BGH hat die Eintragungsfähigkeit eines solchen Ranges im Grundbuch später verworfen,7) weil das materielle Recht der Reallast dies nicht ermögliche, allerdings im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Norm des § 12 ZVG keine gegenteilige Aussage getroffen.

3

II. Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG 1.

Kosten nach den §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG

a) Überblick § 12 Abs. 2 ZVG folgt der bereits oben erwähnten bürgerlich-rechtlichen Norm des § 367 BGB, ist aber versteigerungsspezifisch anders konzipiert und beschränkt sich _____________ 3) 4) 5) 6)

7)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 12 Rz. 6; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 3. Zöller/Stöber, ZPO, § 753 Rz. 7a. Prütting/Wegen/Weinreich/Kessal-Wulf, BGB, § 511 Rz. 1. BayObLG, Beschl. v. 11.10.1990 – BReG 2 Z 114/90, Rpfleger 1991, 50 = NJW-RR 1991, 407 f. m. zust. Anm. Joost, EWiR 2003, 161 f., Anmerkung zu OLG Hamm, Beschl. v. 11.7.2002 – 15 W 144/02, ZfIR 2002, 994, entgegen dem BayObLG. BGH, Beschl. v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274 ff. = ZfIR 2004, 68 ff. = Rpfleger 2004, 92 f. m. zustimmender Anm. Böttcher, RpflStud 2005, 24 f.; zust. auch Holzer, EWiR 2004, 431 f.

Cranshaw

141

4

§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts

durch den Verweis auf § 10 Abs. 2 ZVG auf die dortigen Kosten.8) Entscheidend ist damit der Rang des Hauptrechts wie aus § 12 Halbs. 1 ZVG hervorgeht. § 10 Abs. 2 ZVG entspricht inhaltlich mit Ausnahme der Zinsen zwar der Norm des § 1118 BGB über die Haftung des mit einer Hypothek oder Grundschuld bzw. Rentenschuld belasteten Grundbesitzes für Zinsen, Kündigung und Kosten der Rechtverfolgung, ist aber weiter als § 1118 BGB, da § 10 Abs. 2 ZVG alle Rangklassen umfasst. b) Einzelheiten, insbesondere das Kriterium der Notwendigkeit der Kosten 5

Die Kündigung des Rechts ist Verfügung darüber9) und Voraussetzung der Verfolgung der dinglichen Forderung (vgl. § 1141 BGB für die Hypothek, § 1193 BGB für die Grundschuld, § 1202 BGB für die Rentenschuld). Die Kosten der Kündigung (in praxi nur der Hypothek oder Grundschuld) sind bei institutionellen Gläubigern wie den Realkreditgebern im Allgemeinen nicht messbar oder geringfügig; sie erschöpfen sich in den Portokosten für ein Einschreiben gegen Rückschein oder in außerordentlichen Fällen in den Kosten der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher nach § 132 BGB. Die Kündigung des Grundpfandrechts wird regelmäßig mit der Kündigung der besicherten Forderungen verbunden. Müsste ein Rechtsstreit über die Berechtigung der Kündigung geführt werden, wären die in diesem Kontext entstehenden Verfahrenskosten des obsiegenden Grundpfandgläubigers unter § 10 Abs. 2 ZVG und damit unter § 12 Ziff. 1 ZVG zu subsumieren.10) Nach den §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG sind nur die i. S. d. § 91 Abs. 1 ZPO bzw. des § 788 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO „notwendigen“ Kosten zu berücksichtigen (Folge aus der Systematik des § 869 ZPO, durch den das ZVG Teil der ZPO bleibt).11) Entscheidend für die ersatzfähigen Kosten sind damit die Bestimmungen der ZPO, für Einzelheiten ist daher auf die Judikatur zu den §§ 91 ff.12) ZPO sowie zu § 788 ZPO zu verweisen.13) Notwendig sind Kosten der Zwangsvollstreckung, wenn der Gläubiger aus seinem Blick zu Beginn der unternommenen Vollstreckungsmaßnahme “objektiv“ annehmen durfte, sie sei zur Erreichung des Vollstreckungsziels unmittelbar geeignet und auch notwendig; sie muss (als staatliche Maßnahme) auch

_____________ 8) Siehe § 10 Rz. 161 ff. [Cranshaw]. 9) BGH, Urt. v. 15.3.1951 – IV ZR 9/50, BGHZ 1, 294 ff., 298. 10) Da solche Rechtsstreite freilich stets hauptsächlich Einwendungen gegen die schuldrechtliche Forderung betreffen und der daraus resultierende Angriff auf die Wirksamkeit der Kündigung der Grundschuld, die über den Sicherungsvertrag („Sicherungszweckerklärung“) mit dem schuldrechtlichen Anspruch verbunden ist, meist nur ein Nebenaspekt sein wird, stellt sich die Frage, ob § 12 Nr. 1 ZVG anzuwenden ist. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist wie der Kostengrundentscheidung nicht zu entnehmen, welche Kosten für die Kündigung angefallen sind. 11) Allg. Meinung, vgl. dazu statt aller Zöller/Stöber, ZPO, § 869 Rz. 1. Vorschriften des ZVG sind damit leges speciales zur ZPO, die ansonsten heranzuziehen ist, vgl. bereits RG, Urt. v. 30.3.1910 – Rep. V 318/09, RGZ 73, 194 ff., 194. 12) Dazu gehört, dass der Gläubiger eine Erklärung über seine Vorsteuerabzugsberechtigung gemäß § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO abgibt, wenn z. B. zu seinen Kosten mit Umsatzsteuer belastete Anwaltshonorare gehören. 13) Vgl. den Überblick bei Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rz. 13 sowie bei Zöller/Stöber, ZPO, § 788 Rz. 4, 6 f., 13.

142

Cranshaw

§ 12

Rangordnung innerhalb desselben Rechts

stets verhältnismäßig sein.14) Aussichtslose (und natürlich auch offenbar unzulässige) prozessuale Schritte bzw. Vollstreckungsmaßnahmen oder sonst überflüssige Kosten generierende Vorgehensweisen des Gläubigers zur Rechtsverfolgung sind nicht „notwendig“ i. S. d. Kostenvorschriften der ZPO.15) Einzelheiten sind quaestio facti, sie sind im vorliegenden Rahmen nicht zu behandeln. Der BGH geht im Hinblick auf die Vollstreckungskosten von dem „Veranlassungsprinzip“ aus und subsumiert unter die nach § 788 ZPO dem Gläubiger zu erstattenden Kosten diejenigen, die entstanden sind, „um unmittelbar die Vollstreckung vorzubereiten oder die […Vollstreckung…] durchzuführen.“16) Entstehen dem Gläubiger Aufwendungen für Maßnahmen, die im Ergebnis nicht die Befriedigung seiner (titulierten) Forderung zum Gegenstand haben, fallen diese nicht unter § 788 ZPO.17) Die Kriterien der Geeignetheit und der Notwendigkeit unterstreicht auch die Bestimmung des § 10 Abs. 2 ZVG, mit der lediglich Kosten privilegiert werden, die durch Maßnahmen verursacht werden, die die Befriedigung aus dem Grundstück bezwecken. Dazu gehören insbesondere nicht die Kosten der persönlichen Vollstreckung gegen den Schuldner in sein sonstiges Vermögen.18) Bei den institutionellen Gläubigern ist einzelfallabhängig, ob (und in welchem Umfang) sie einen Anwalt mandatieren dürfen, dessen Kosten dann als notwendig _____________ 14) Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 788 Rz. 19a, 19b m. w. N., insb. zur Frage der Verhältnismäßigkeit und der Unmittelbarkeit sowie zur aussichtslosen Zwangsvollstreckung. Ausführlich, insb. dazu, dass der Gläubiger seine Kosten so niedrig als (vertretbar) möglich zu halten hat, Zöller/Stöber, ZPO, § 788 Rz. 9, 9a – 9b m. w. N., u. a. zur „Veranlassung“ der Kosten durch den Schuldner. 15) Siehe Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 788 Rz. 19b m. w. N. 16) BGH, Beschl. v. 20.12.2005 – VII ZB 57/05, juris Rz. 10, m. w. N. = Rpfleger 2006, 204 f. = NJW 2006, 1141 f., Kosten eines Drittschuldnerprozesses. 17) BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 5/05, juris Rz. 8 ff., 10 = Rpfleger 2005, 552 ff. = NJW 2005, 2460 ff., Wohngeldforderungen. 18) In der Praxis der Immobilienfinanzierung der institutionellen Gläubiger (Banken, Versicherer) ist die Unterwerfung des Schuldners in notarieller Urkunde (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht nur in dinglicher Hinsicht im Umfang des § 800 ZPO üblich. Vielmehr unterwirft sich der Schuldner wegen der persönlichen Schuld parallel in derselben Urkunde der sofortigen Vollstreckung in sein gesamtes sonstiges Vermögen. Grundlage sind die jeweils von den Instituten oder Bankenverbänden entwickelten Mustervordrucke, die den AGB-rechtlichen Vorgaben standhalten. Basis der Unterwerfung ist das Anerkenntnis einer persönlichen Schuld im Umfang des dinglichen Rechts (= Grundschuld), wodurch freilich keine Verdoppelung der Haftung des Schuldners eintritt, sondern nur eine Verstärkung der Haftung durch Erweiterung der Haftungsmasse auf das persönliche Vermögen. Die Kontenpfändung beim Schuldner oder die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher generiert durch den Schuldner zu erstattende Zwangsvollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO, die allerdings nicht unter die §§ 10, 12 Nr. 1 ZVG zu subsumieren sind, da sie mit der Immobiliarvollstreckung nichts zu tun haben. Bei grenzüberschreitenden Finanzierungen durch Bankenkonsortien unter deutschem Recht wird verbreitet zugunsten des Konsortialführers ein abstraktes Schuldanerkenntnis verabredet, das diesem ermöglicht, aus treuhänderisch gehaltenen Grundschulden problemlos vorzugehen (sog. „parallel debt“). Zu einem üblichen Muster der Grundschuldbestellung mit gleichzeitiger Übernahme der persönlichen Haftung in abstraktem Schuldversprechen und „doppelter“ Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung im obigen Sinne vgl. Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anhang 4a, S. 645 ff., 649 f. und Rz. 112 ff., S. 71 ff.; zur Zweckerklärung für Grundschulden siehe dort Anh. 7, S. 657 ff. (Muster des Sparkassenverlags).

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vom Schuldner zu bezahlen sind. Das Kündigungsschreiben (der Grundschuld) durch einen Anwalt als eigenständiges Mandat erledigen zu lassen, kann trotz § 91 Abs. 2 ZPO bei dieser Gläubigergruppe nicht unter die notwendigen Rechtsverfolgungskosten subsumiert werden. Gläubiger mit eigener Inhouse-Rechtsabteilung werden generell nicht ohne Weiteres externe Anwälte beauftragen und deren Kosten dann unter den §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG geltend machen können (anders, wenn das im Rahmen der Vorbereitung der Duldungsklage gemäß § 1147 BGB geschieht). Im Einzelnen handelt es sich dabei ebenfalls um eine quaestio facti, deren Beantwortung insbesondere von dem Gegenstand abhängig ist, der dem Anwalt übertragen wurde und von der Organisation des Gläubigers. Nicht erstattungsfähig sind Kosten eigenen Personals mit Ausnahme von Reisekosten (z. B. zum Versteigerungstermin mit Übernachtung) und ähnlichen Auslagen. Kosten der Anfertigung von Kopien (praxisfern im gewöhnlichen Umfang von Kopien), Telekommunikationsauslagen (wenn messbar) u. Ä. sind ebenfalls erstattungsfähig. Ob die Kosten eines Korrespondenzanwalts (die Klage gemäß § 1147 BGB muss an anderem weiter entfernten Ort in anderem LG-Bezirk stattfinden) erstattungsfähig sind, ist ebenfalls nur im Einzelfall zu beantworten, institutionelle Gläubiger mit eigener Rechtsabteilung haben in aller Regel keinen Anspruch auf die Bezahlung eines zusätzlichen zweiten Rechtsanwalts.19) Dasselbe gilt bei solchen Gläubigern bei der Frage der Kostentragung bei Beauftragung eines Anwalts mit der Terminwahrnehmung des Versteigerungstermins, was allerdings tendenziell als Folge der sehr spezifischen Kenntnisse zum ZVG zu bejahen ist.20) Die Kosten sind anzumelden (Folge aus den §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG). Nicht genau bekannte Kosten der Terminswahrnehmung können nach zutreffender Meinung von Fischinger21) „pauschalisiert werden.“ Das OLG Düsseldorf hat einer Gläubigerin in einem Prozessverfahren außerhalb des Versteigerungsverfahrens aufgrund ihrer AGB eine pauschale Entschädigung für die Terminwahrnehmung in Höhe von 250 DM (= ca. 128 €) zugesprochen.22) 2. 7

Sonstige Kosten außerhalb von § 10 Abs. 2 ZVG

Umstritten ist, wo nach § 12 ZVG diejenigen Kosten zuzuordnen sind, die nicht unter § 10 Abs. 2 ZVG zu subsumieren sind, also die, die nicht solche der Rechts_____________ 19) BGH, Beschl. v. 13.6.2006 – IX ZB 44/04, juris Rz. 6 = ZIP 2006, 1416 f. = Rpfleger 2006, 570, fortgeführt (für den Korrespondenzanwalt des Insolvenzverwalters) in BGH, Beschl. v. 8.3.2012 – IX ZB 174/10, juris Rz. 9 = ZIP 2012, 697 f. = Rpfleger 2012, 468 f.; vgl. den Überblick bei Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91 ZPO Rz. 27 m. w. N. aus der Judikatur des BGH. 20) Hier sollte nicht selten ein Fall des „Outsourcing“ rechtlicher Dienstleistungen zu bejahen sein, der zur Erstattungsfähigkeit der entstandenen Kosten führt, vgl. bei Thomas/PutzoHüßtege, § 91 ZPO Rz. 2 sowie BGH, Beschl. v. 11.11.2003 – VI ZB 41/03, Rpfleger 2004, 182 = NJW-RR 2004, 430. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die beteiligte Haftpflichtversicherung einen Hausanwalt extern mandatiert, aber keine eigene Rechtsabteilung unterhalten. 21) Siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 126, auch zu der Thematik der Geltendmachung der Kosten der Wahrnehmung des Versteigerungstermins mit Hinweisen auf Judikatur vor 1949, Fn. 240, nämlich auf Entscheidungen des OLG Braunschweig (1932) und des seinerzeitigen OLG Stettin (1935). 22) OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.6.1999 – 16 U 140/98, juris Rz. 13 = Rpfleger 1999, 501 f.

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verfolgung aus dem Grundbesitz sind. Dazu zählen beispielsweise Kosten der Vollstreckung in das persönliche Vermögen. Natürlich ist es denkbar, solche Kosten durch eine Zwangssicherungshypothek zu sichern (dann gehören sie zur Rangklasse 4) oder sie über die Eintragung einer Nebenleistung zur Hypothek (§ 1115 BGB) bzw. Grundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB zur Sicherungsgrundschuld) abzusichern.23) Im letzteren Fall ist das eine Frage der Sicherungszweckabrede zwischen dem (Vollstreckungs-)Schuldner und dem persönlichen Gläubiger (= zugleich Grundpfandgläubiger). Ist beides nicht der Fall, muss der Gläubiger seine Kostenforderung (§ 788 ZPO) aus Rangklasse 5 mit seinem Hauptanspruch betreiben. Die Mehrheitsmeinung geht daher dahin, derartige Kosten § 12 Nr. 2 ZVG zuzuordnen.24) III. Wiederkehrende Leistungen und Nebenleistungen 1.

Uneinheitlichkeit der Abgrenzung zwischen Nebenleistung und wiederkehrenden Leistungen

Die „wiederkehrenden Leistungen“ sind nach § 12 Nr. 2 ZVG von den „anderen Nebenleistungen“ zu unterscheiden. Oberbegriff scheint damit systematisch die „Nebenleistung“, die wiederkehrenden Leistungen ein Unterfall davon. Der Begriff der Nebenleistung wird allerdings nicht einheitlich in der Gesetzessystematik verwendet. So hat Jaeckel/Güthe bereits in sehr früher Kommentierung zum ZVG aus den Gesetzesmaterialien nachgewiesen, dass der Begriff wohl allein auf § 1115 BGB abzielt, wonach bei der verzinslichen Hypothek, soweit „andere Nebenleistungen“ entrichtet werden sollen, diese nach ihrem Geldbetrag beim Grundbucheintrag zu bezeichnen sind.25) Die Nebenleistung ist begrifflich eine Leistung, die außerhalb des „Stammrechts“ selbst, außerhalb der „Hauptleistung“, geschuldet wird, wie das Reichsgericht ebenfalls schon sehr früh judiziert hat.26) Danach fehlt es im BGB an einer einheitlichen Begriffsbildung für „Nebenleistungen“, sodass jede Norm, die den Begriff verwendet, „isoliert“ dahingehend zu analysieren ist, welchen Zweck der Gesetzgeber damit verbunden hat.27) Hieraus hat das Reichsgericht zutreffend gefolgert, dass sich bei der Hypothek als Folge des § 1115 BGB der Umfang der hypothekarischen Haftung aus dem Grundbuch ergeben soll und daher alle Leistungen, die außerhalb der Zinsen geschuldet werden, anzugeben sind. Die Tilgungsbeträge, die (bei annuitätischen Darlehen) vertragsgemäß neben den Zinsen geschuldet werden, weil sie die Kapitalrückzahlung betreffen, können daher nicht im Grundbuch eingetragen werden.28) Für die Grundschuld gilt das entspre-

_____________ 23) Kritisch bei der Sicherungsgrundschuld zur Nebenleistung Handbuch des Fachanwalts, Bank- und Kapitalmarktrecht/Clemente, Kap. 5 D, Rz. 1059 – 1061, S. 1112 f. 24) Stöber, ZVG, § 10 Rz. 2; Dassler/Schiffhauer-Rellermeyer, ZVG, § 12 Rz. 3.; eingehend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 6 unter Darstellung der Meinung, die § 12 Nr. 1 ZVG anwenden will; a. A. Böttcher, ZVG, § 12 Rz. 5, der § 12 Nr. 3 ZVG anwenden will. 25) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 12 Rz. 3. 26) RG, Beschl. v. 4.3.1903 – Besch.-Rep. V. 37/03, RGZ 54, 88 ff., 89, 91. 27) RG, Beschl. v. 4.3.1903 – Besch.-Rep. V. 37/03, RGZ 54, 88 ff., 91. 28) RG, Beschl. v. 4.3.1903 – Besch.-Rep. V. 37/03, RGZ 54, 88 ff., 91 ff.

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chend (vgl. § 1191 Abs. 2 BGB).29) Dass „wiederkehrende Leistungen“ nicht zwingend „Nebenleistungen“ sein müssen, zeigen anschaulich Reallast und Rentenschuld. Gegenstand der Reallast sind gerade wiederkehrende Leistungen (§ 1105 Abs. 1 Satz 1 BGB), die aber keine Nebenleistung sind. Die Einzelleistungen stehen zum Stammrecht in Beziehung wie die Zinsen zur Hypothek (§ 1107 BGB). Für die Rentenschuld gilt das in ähnlicher Weise (siehe die §§ 1199 Abs. 1, 1200 Abs. 1 BGB).30) Die Einordnung als wiederkehrende Leistung hat die Konsequenz, dass diese Ansprüche unter § 12 Nr. 2 ZVG zu subsumieren sind. Der § 12 Nr. 2 ZVG zuzuordnende Hauptanspruch ist bei der Rentenschuld der Ablösebetrag (§ 1199 Abs. 2 BGB), bei der Reallast der Ersatzbetrag (§ 92 ZVG).31)

_____________ 29) Das durch Hypothek abgesicherte echte Amortisationsdarlehen („Annuitätendarlehen“, siehe bei Stöber, ZVG, § 10 Rz. 8.7 „Tilgungshypothek“, sowie § 49 Rz. 6.1), das einen einheitlichen Zinssatz von Beginn bis zum Ende der Finanzierung vorsah (also der Kapitalrückzahlung) mit einem Aufschlag auf den Zinssatz zur Tilgung („x % Zinsen + y % anfängliche Tilgung jährlich zzgl. ersparter Zinsen“ oder ähnliche Formulierungen im Darlehensvertrag), gibt es seit Jahrzehnten nicht mehr. Die in RGZ 54, 88 ff. in Rede stehende Finanzierung sah einen Tilgungszeitraum von 41 Jahren vor ohne jegliche Zinsanpassung. An Stelle dieser Darlehensform ist eine ähnliche Finanzierung getreten, die in Abschnitten konzipiert ist. Es besteht „Zinsbindung“ für einen bestimmten Zeitraum, z. B. bis zu fünf oder zehn Jahren mit Anpassung der Zinsen danach und damit der Annuitätsrate in den Folgezeiträumen. Das ist die sog. „unechte Abschnittsfinanzierung“, siehe dazu Handbuch des Fachanwalts, Bank- und Kapitalmarktrecht/Dörrie, Kap. 4E, Rz. 887 ff., S. 556 ff. Der Darlehensnehmer zahlt in der jeweiligen Periode in vereinbarten periodischen Abständen (meist vierteljährlich oder monatlich) einen festen Betrag, der von einem anfänglichen Tilgungsbetrag ausgeht und einen Tilgungsanteil enthält. Mit der zunehmenden Tilgung wird der Zinsanteil geringer, der Tilgungsanteil mit jeder Darlehensrate etwas höher, abhängig von der Zinshöhe („ersparter Zins“). Zur Absicherung von Darlehensansprüchen für den Fall, dass der dingliche Rahmen der heute fast ausschließlich verwendeten Grundschuld nicht ausreicht, um die schuldrechtliche Forderung abzudecken, z. B. im Hinblick auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, werden Nebenleistungen zur Grundschuld neben den Zinsen vereinbart (Bsp.: „15 % Zinsen jährlich nebst einer einmaligen Nebenleistung von 5 % des Darlehenskapitals“). Ob und wie sich die 2014 verabschiedete „Hypothekarkreditrichtlinie“ („Richtlinie 2014/17/EU des Europ. Parlaments und des Rates vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010“, ABl. EU L 60 v. 28.2.2014, S. 34 ff.) hierauf in praxi auswirken wird, bleibt abzuwarten. Insbesondere ist dort auf die Art. 18 ff. über die „Kreditwürdigkeitsprüfung“ sowie die Art. 25 – 28 über die „Vorzeitige Rückzahlung“ und die „Zahlungsrückstände und „Zwangsvollstreckung“ (Art. 28) hinzuweisen. Einflüsse auf die Gestaltung der Sicherungsgrundpfandrechte erscheinen denkbar. Die in der Literatur thematisierte „Abzahlungshypothek“ – siehe, auch zu Einzelheiten, Stöber, § 10 Rz. 8.8 – ist in der Praxis der Immobilienfinanzierer ohne Relevanz. Zur „Abzahlungshypothek“ bzw. „Tilgungshypothek“ nach dem insoweit in praxi vollständig überholten Lastenausgleichsgesetz (LAG) v. 14.8.1952 BGBl. I 1952, 446, i. d. F. d. Bekanntmachung v. 2.6.1993, BGBl. I 1993, 845, 847 ff., BGBl. I 1995, 248 bis zu Art. 32 d. Gesetzes v. 23.7.2013, BGBl. I 2013, 2586 vgl. dort. Für „Altfälle“ siehe bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 91 f.; der dort zitierte § 96 LAG ist in der Bekanntmachung des LAG von 1993 nicht abgedruckt, vgl. dazu aber BGBl. I 1952, 446, 471. 30) Vgl. dazu bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 12 Rz. 3 a. E. 31) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 24; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 10.

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2.

Wiederkehrende Leistung und Nebenleistung im Gefüge des ZVG

a) Wiederkehrende Leistungen Die wiederkehrende Leistung ist begrifflich dadurch gekennzeichnet, dass sie eine regelmäßig oder unregelmäßig zu zahlende wiederholte Geldleistung32) zum Gegenstand hat, im Unterschied zur „einmaligen“ Leistung.33)

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Die „wiederkehrenden Leistungen“ spricht das Gesetz an verschiedenen Stellen an, so in § 10 ZVG in der Rangklasse 2 (dort als laufende bzw. rückständige „Beträge“, wenn auch nicht mit dem Terminus „wiederkehrende Leistung“) sowie z. T. mittelbar in Abgrenzung zu den Rückständen in den Rangklassen 3, 4, 6, 7, 8. Ferner sind sie zu beachten beim geringsten Gebot (vgl. § 45 Abs. 2 ZVG zu aus dem Grundbuch erkennbaren Leistungen; siehe zur Rangklasse 2 in § 45 Abs. 3 ZVG), bei der Erlösverteilung, wo laufende wiederkehrende aus dem Grundbuch ersichtliche Leistungen nicht angemeldet werden müssen (§ 114 Abs. 2 ZVG) und bei der Rangregelung für die Sicherungshypotheken des § 129 ZVG.

10

In der Zwangsverwaltung regelt § 155 Abs. 2 ZVG systemgerecht die Behandlung der Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen, § 156 Abs. 1 ZVG die laufenden Beträge öffentlicher Lasten.

11

b) Nebenleistungen Die Nebenleistung ist eine parallel zu dem Stammrecht und von ihm abhängige Leistung, die aber wiederum selbst einmalig oder wiederkehrend („bedingt oder befristet“)34) sein kann (siehe oben). Angesichts der Uneinheitlichkeit der Terminologie in den verschiedenen gesetzlichen Regelwerken (ZVG, BGB usw. siehe oben) unterscheidet man mit Böttcher35) bzw. in Anlehnung an die dortige Auffassung – hier ausgehend von dem Kriterium der „Nebenleistung“ – zweckmäßig zwischen –

Nebenleistungen, die zugleich wiederkehrende Leistungen sind,



Nebenleistungen, die nicht „wiederkehrend“ sind, also einmalige Leistungen darstellen,



den umgekehrten Fall der wiederkehrenden Leistung, die keine Nebenleistung ist und



dem „Hauptanspruch“.

3.

Keine Bedeutung des Begriffs des Rückstandes oder der laufenden wiederkehrenden Leistung im Rahmen des § 12 ZVG

Systematisch kommt es in § 12 Nr. 2 (anders als in § 13 ZVG) nicht auf die Frage an, ob die „wiederkehrende Leistung“, der besondere Regelungsgegenstand des § 13 _____________ 32) Andere als Geldleistungen sind umzurechnen, so Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 45 Rz. 2. 33) Stöber, ZVG, § 10 Rz. 6.18 bzgl. der wiederkehrenden Leistungen der Rangklasse 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 45 f., in Abgrenzung zu den einmaligen Leistungen; wohl missverständlich zum Verhältnis der einmaligen zur wiederkehrenden Leistung bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 47 Rz. 2. 34) Böttcher, ZVG, § 12 Rz. 7, 8. 35) Stöber, ZVG, § 10 Rz. 6.

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ZVG, „laufend“ oder „rückständig“ ist. Der Wasserfall, den die Rangfolge des § 12 ZVG bewirkt, betrachtet nur den Betrag, der nach den weiteren Vorschriften auf das Hauptrecht an wiederkehrenden Leistungen und an Nebenleistungen entfällt. Daher spielt die Frage, wie die wiederkehrenden Leistungen zeitlich entstanden sind, keine Rolle. In der Praxis werden Rückstände der Rangklassen 7 und 8 meist nicht befriedigt werden können. 14

Entscheidend ist für § 12 Nr. 2 ZVG vielmehr, dass ein- und dasselbe Recht betroffen ist, wobei zwei Aspekte zu berücksichtigen sind. § 12 ZVG regelt die Rangfolge, soweit auf das betreffende Stammrecht (den „Hauptanspruch“) überhaupt Leistungen nach Maßgabe der Rangfolge des § 10 ZVG erfolgen. So werden Ansprüche der Rangklassen 7 und 8 richtigerweise erst dann befriedigt, wenn die vorherigen Rangklassen auch mit ihrem Hauptanspruch befriedigt worden sind. § 12 ZVG ändert hieran nichts.36)

15

Wird nur ein Teil der unter § 12 Nr. 2 ZVG fallenden Ansprüche befriedigt, wird in der Literatur zutreffend vorgeschlagen, § 366 Abs. 2 BGB anzuwenden (= analoge Anwendung des § 266 Abs. 2. Fall 4).37)

16

Besonders komplex gestaltet sich die Lage, wenn mehrere Berechtigte aus demselben Recht infolge Rechtsübergangs Teilansprüche nach § 12 Nr. 2 ZVG haben. Der u. a. von Fischinger zutreffend vorgeschlagene Gleichrang38) besteht aber naturgemäß dann nicht, wenn die Forderung eines der betroffenen Gläubiger nachrangig gegenüber einem anderen Teilgläubiger ist, z. B. als Konsequenz der Rangfolge der Gläubigerforderung beim gesetzlichen Forderungsübergang nach § 774 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Bürge den Gläubiger nur teilweise befriedigt, oder in den Fällen des Gesamtschuldnerausgleichs gemäß § 426 Abs. 2 Satz 2 BGB.39) 4.

Beispiele wiederkehrender Leistungen und von Nebenleistungen

a) Wiederkehrende Leistungen 17

In der von der Rangklasse 1 betroffenen Zwangsverwaltung gelten die dortigen Sonderregelungen mit den Verweisen in den §§ 155 Abs. 1, 156 1 ZVG. Rangklasse 1a kennt keine wiederkehrenden Leistungen und Nebenleistungen.

18

In Rangklasse 2 ist die Begrifflichkeit problematisch, wenn man Hauptanspruch und wiederkehrende Leistung abgrenzen will, was mit der Reichweite der Ansprüche der Rangklasse zu tun hat, die innerhalb ihres zeitlichen Rahmens alle fälligen _____________ 36) Böttcher, ZVG, § 12 Rz. 4. 37) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 12 Rz. 4.; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 17 a. E. 38) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 7 m. w. N. 39) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 11 m. w. N. unter zutreffendem Hinweis auf Fälle der Teilablösung nach § 268 BGB (bzw. § 1150 BGB); siehe dazu auch Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 12 Rz. 7 m. w. N. Das von Löhnig/Fischinger herangezogene Urteil des OLG Celle v. 29.2.1968 – 7 U 64/67, NJW 1968, 1139 f. betrifft § 268 Abs. 3 Satz 2 BGB; der Beklagte hatte Pachtzinsforderungen des Klägers teilweise abgelöst und damit Forderung und Verpächterpfandrecht bei der Landpacht (vormals § 585 BGB, heute § 592 BGB) gegenüber dem Schuldner erworben (§§ 1257, 1249, 412, 1250 BGB). Gegenüber dem Verpächter wurde das Recht des Erwerbers als nachrangig betrachtet. Zur Pfändung verhält sich die Entscheidung nicht, siehe dazu indes Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 11.

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Ansprüche der Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2, 5 WEG sowie des § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG („Instandhaltungsrückstellung“, i. V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 3 WEG) und den Regressanspruch nach § 16 Abs. 2 WEG bei einer Zweiergemeinschaft umfassen.40) Das sind alle fälligen Ansprüche, die die Gemeinschaft gegen den säumigen Miteigentümer hat. Die Begründung des Regierungsentwurfes des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze41) unterscheidet laufende bzw. rückständige Leistungen sowie ohne nähere Bezugnahme auf die weitere Systematik des ZVG wiederkehrende Leistungen, Nebenleistungen (wo als Beispiel Kosten nach § 10 Abs. 2 ZVG zugeordnet werden) und den Hauptanspruch.42) Die der Gemeinschaft zustehenden Leistungen sind die titulierten rückständigen Beträge sowie die aufgrund des Wirtschaftsplans beschlossenen Vorschussleistungen, die der BGH als „wiederkehrend“ nach § 197 BGB a. F. betrachtet hat.43) Ob wie üblich Vorschüsse von der Gemeinschaft gefordert werden oder ob der Betrag nach dem Wirtschaftsplan in einer Summe fällig wird, ist Sache der jeweiligen Gemeinschaft.44) Die Klage auf Zahlung der fälligen Ansprüche ist übliche Zahlungsklage, die damit ggf. verbundene Klage auf die nach dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüsse (vgl. § 28 Abs. 2 WEG) ist Klage auf künftige (wiederkehrende) Leistung gemäß § 258 ZPO.45) Fasst man zusammen, gehören zu den wiederkehrenden Leistungen der Rangklasse 2, die indes keineswegs Nebenleistungen sind, die Vorschussanforderungen, die sämtliche beschlossenen Betriebskosten enthalten sowie die im Titel des Urteils tenorierten Zinsen.46) Die mittels der Klage nach § 258 ZPO titulierten Vorschüsse sind zugleich Hauptanspruch der Gemeinschaft im Rahmen der Rangklasse 2. Sie sind dennoch im Interesse der Gemeinschaft (die zugleich Rückstände im selben Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG tituliert hat) nicht § 12 Nr. 3 zuzuordnen, sondern § 12 Nr. 2. Die Kosten der Titulierung und _____________ 40) Begründung des unverändert übernommenen Regierungsentwurfs zu § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 WEG; siehe die BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 44 f. 41) Das gleichnamige Gesetz v. 26.3.2007. BGBl. I 2007, 370 ff., ist am 1.7.2007 in Kraft getreten. 42) BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 44 f. 43) BGH, Urt. v. 24.6.2005 – V ZR 350/03, juris, Ls. = ZfIR 2005, 827 ff. = NJW 2005, 3146 ff. 44) BGH, V ZR 350/03, juris Rz. 12 f., 16, Ls. = ZfIR 2005, 827 ff. = NJW 2005, 3146 ff. 45) Zöller/Greger, ZPO, § 258 Rz. 1, 1b m. w. N., u. a. BGH, Urt. v. 2.12.1981 – IVb ZR 638/80, BGHZ 82, 246 ff., 258, Unterhaltsklage nach § 323 ZPO; AG Heilbronn, Urt. v. 27.5.2009 – 17 C 976/09, ZMR 2010, 325. Ohne Bedeutung ist, dass der BGH in dem Urteil zu V ZR 350/03 die Ziele des § 197 BGB a. F. und des § 258 ZPO als nicht deckungsgleich bezeichnet hat. Der prozessökonomische Zweck des § 258 ZPO, die Vermeidung mehrerer Prozesse mit identischem Streitstoff, ist gerade Ziel der Klage der Gemeinschaft. Der Anspruch ist zudem (im Allgemeinen) nicht von einer Gegenleistung der klagenden Gemeinschaft abhängig, vgl. zu der Problematik BGH, Urt. v. 18.7.2005 – V ZR 275/02, juris Rz. 14 = NZM 2003, 912 f. 46) Auf die von Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 8, genannten einzelnen Positionen, wie „Hausmeister“, „Straßenreinigung…“, „…Instandhaltungsrückstellung…“ kommt es daher nicht an, zu den „titulierten Zinsen“ siehe dort. Auch von der Gemeinschaft wirksam beschlossene Sonderumlagen (vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, § 28 WEG Rz. 19), die ratierlich fällig werden sollen, und zwar zur Ansammlung eines Betrages für größere Instandsetzungen usw., sind wiederkehrende Leistungen in diesem Sinne.

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Rangordnung innerhalb desselben Rechts

der Verfolgung der Forderung innerhalb der Rangklasse 2 sind hingegen nicht „Nebenleistung“,47) sondern unter § 12 Nr. 1 ZVG einzuordnende Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG. Ohne Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die jüngste Judikatur des BGH, wonach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zwar einen Vorrang der Eigentümergemeinschaft in der Zwangsversteigerung bzw. im Insolvenzverfahren generiert, der aber schuldrechtlich, nicht dinglich sei.48) 19

In der Rangklasse 3 sind die wiederkehrenden Leistungen u. a. die dort genannten „Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen“; die „annuitätischen“ Zuschläge zu den Zinsen zur „allmählichen Tilgung“ sind weder wiederkehrende Leistung noch Nebenleistung und daher wie die annuitätische Darlehenstilgung Hauptleistung nach § 12 Nr. 3 ZVG.

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Soweit es sich um künftig fällige Steuern, Abgaben oder Beiträge handelt, die zugleich öffentliche Last sind, wird die künftige Leistung regelmäßig durch kraft Gesetzes vollziehbaren Verwaltungsakt festgesetzt (vgl. § 80 Abs. 2 VwGO). Die (künftig) wiederkehrende (= laufende Forderung) steht in Konkurrenz mit den Rückständen aus demselben öffentlich-rechtlichen Verhältnis, sodass bei bloßer Teilbefriedigung des Anspruchs die wiederkehrenden Leistungen ebenfalls wohl unter § 12 Nr. 2 ZVG eingeordnet werden können.

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In Rangklasse 4 sind wiederkehrende Leistungen die Teilleistungen aus Rentenschuld und Reallast (§§ 1105 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB, siehe oben) sowie sich wiederholende Leistungen auf „Wohnung und Unterhalt“ im Zusammenhang mit Altenteilsrechten, die sich aus einem Konglomerat von Dienstbarkeiten und Reallasten zusammensetzen; dabei fehlt es an einer gesetzlichen Definition des Altenteilsrechts, da es sich um einen „historisch gewachsenen Rechtsbegriff“ handelt.49) b) Nebenleistungen

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Nebenleistungen sind die dem Hauptanspruch anhängenden Leistungen, die ihrerseits nach der obigen Systematik wiederkehrend sein können oder nicht. Unter „Nebenleistung“ sind einzuordnen die nicht unter § 10 Abs. 2 ZVG zu subsumierenden Kosten der Rechtsverfolgung der persönlichen Forderung, beispielsweise bei der Verfolgung in der Rangklasse 5. Typisch sind die dinglichen Zinsen von Hypothek und Grundschuld sowie die dort als solche ausdrücklich eingetragenen Nebenleistungen. Ferner gehören dazu Zinsansprüche (gesetzliche, vertragliche, Ver_____________ 47) So wohl aber die Begründung in der BT-Drucks. 16/887, S. 45. 48) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, juris Rz. 8 ff. = WM 2013, 1949 ff., keine dingliche Haftung des Erwerbers bei rechtsgeschäftlichem Erwerb vom Insolvenzverwalter. 49) Dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 8; zu Inhalt, Umfang und Begriff („Leibgedinge“) vgl. Gehrlein, ZInsO 2010, 1970 ff.; aus der Judikatur vgl. BGH, Beschl. v. 3.2.1994 – V ZB 31/93, BGHZ 125, 69 ff. = NJW 1994, 1158 f., Ls., u. a. zum Begriff „Leibzucht“ oder „Auszug“; die einzelnen Leistungen ergeben sich aus der Eintragungsbewilligung; siehe zu diesen Rechten auch Art. 9 EG ZVG sowie landesrechtliche Vorschriften, die eine Eintragung nicht fordern, z. B. Art. 30 AG GVG Bayern; siehe den Überblick bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 9 EG Rz. 4 – 6. Aus der Rechtsprechung siehe zur historischen Begriffsentwicklung BGH, Beschl. v. 4.7.2007 – VII ZB 86/06, juris = NJW-RR 2007, 1390 ff., mit dem richtigen Hinweis, dass auch städtischer, nicht nur agrarischer Grundbesitz, Gegenstand des Altenteilsrechts sein kann, juris Rz. 8.

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Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände

§ 13

zugszins, Zinseszins in den zugelassenen Fällen des Kontokorrents). Darunter gehören ferner sämtliche mit dem Hauptanspruch verbundene Provisionsansprüche des Gläubigers und ähnliche Entgelte.50) Unter Nebenleistungen sind ferner auch sämtliche Ansprüche der finanzierenden Banken außerhalb des Kapitalrückzahlungsanspruchs einzuordnen, wobei die aus der älteren Judikatur von Fischinger51) herausgearbeiteten Ansprüche in praxi überwiegend keine Anwendung mehr finden und durch andere Instrumente bzw. Verfahrensweisen abgelöst wurden oder – wie Entgeltansprüche – von der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH zurückgedrängt worden sind, jedenfalls im Verhältnis zu Verbrauchern. Für diese Fälle muss auf die einschlägige bankrechtliche Literatur verwiesen werden. Von Bedeutung ist heute vornehmlich die Vorfälligkeitsentschädigung, die nach einem komplexen IT-gestützten Verfahren ermittelt wird und die die Vermögensnachteile ausgleicht, die der Bank dann entstehen, wenn z. B. die Not leidende Finanzierung gekündigt werden und durch den Versteigerungserlös zurückgeführt werden muss. Ist zum maßgeblichen Zeitpunkt die Zinsbindung der Finanzierung noch nicht abgelaufen, steht der Bank eine Entschädigung bis zum Ende dieses Zeitraumes zu. Ist das betroffene Recht keine Hypothek, sondern Grundschuld, ergibt sich der Anspruch aus dem Sicherungsvertrag, der Anspruch und Grundschuld schuldrechtlich verbindet.

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IV. Hauptanspruch gemäß § 12 Nr. 3 ZVG52) Der Hauptanspruch gemäß § 12 Nr. 3 ZVG betrifft in Rangklasse 1 die Vorschüsse in der Zwangsverwaltung, in Rangklasse 2 die geltend gemachten Forderungen, soweit sie nicht § 12 Nr. 2 ZVG zuzuordnen sind; dasselbe gilt für die Rangklasse 3. In Rangklasse 4 besteht, wie bereits erwähnt, der Hauptanspruch in dem eingetragenen Kapitalbetrag des Rechts (Hypothek, Grundschuld) bzw. dem Wertersatz (vgl. § 92 ZVG). Der „Hauptbetrag“ der Rangklasse 5 ist die geltend gemachte persönliche Forderung des Gläubigers. Ein- und derselbe Gläubiger kann mit seinen Forderungen in verschiedenen Rangklassen vertreten sein. _____________ 50) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 10. 51) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 9 m. w. N; zu einzelnen Nebenleistungen in diesem Kontext siehe ferner Palandt/Bassenge, BGB, § 1115 Rz. 15, 21. 52) Siehe den Überblick bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 10 sowie bei Böttcher, ZVG, § 12 Rz. 9

§ 13 Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände (1) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge. Die älteren Beträge sind Rückstände. (2) Absatz 1 ist anzuwenden, gleichviel ob die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen auf öffentlichem oder privatem Recht oder ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen oder ob die gesetzlichen Vorschriften andere als die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bestimmten Fristen festsetzen; kürzere Fristen als die in § 10 Cranshaw

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§2

Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

§2 Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts (1) Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, welches Gericht zuständig ist, so hat das zunächst höhere Gericht eines der Amtsgerichte zum Vollstreckungsgericht zu bestellen; § 36 Abs. 2 und 3 und § 37 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. (2) Die gleiche Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren zulässig ist und die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen sind. Von der Anordnung soll das zum Vollstreckungsgericht bestellte Gericht die übrigen Gerichte in Kenntnis setzen. Literatur: Lwowski, WuB VI F § 2 ZVG 1.86, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29. Übersicht I. Funktion der Norm ............................. 1 II. Anwendungsbereich des § 2 ZVG ...... 3 III. Verfahren bei Kompetenzkonflikten ............................................. 7

I.

IV. Tatbestand des § 2 Abs. 1 ZVG im Einzelnen ....................................... 12 V. Tatbestand des § 2 Abs. 2 ZVG ......... 14

Funktion der Norm

1

Die Bestimmung des § 2 ZVG über die örtliche Zuständigkeit entspricht bis auf das Zitat des § 36 Abs. 2, 3 ZPO im Ergebnis wörtlich derjenigen Fassung der Norm, die bereits im ZVG vom 24.3.1897 enthalten war.1) Sie trägt den Imponderabilien der örtlichen Zuständigkeit in den besonderen Fallkonstellationen Rechnung, wie sie in den beiden Tatbestandsvarianten der Absätze 1 und 2 der Bestimmung dargestellt sind. § 2 ZVG stellt ganz praktisch daher eine gerichtsorganisatorische Zuständigkeitsregel dar, die dem funktionell zuständigen Vollstreckungsrichter seine örtliche Zuständigkeit aufzeigt. Die sachliche (§ 1 ZVG) und funktionelle Zuständigkeit (§ 3 Nr. 1 lit. i) RpflG) bleibt unberührt. Durch den Verweis auf die §§ 36, 37 ZPO wird die Frage des negativen und positiven Kompetenzkonfliktes beteiligter bzw. angerufener Gerichte geregelt. Man darf dabei nicht übersehen, dass es sich bei den vollstreckungsrechtlichen Gerichtsständen, also auch vorliegend im Bereich der örtlichen Zuständigkeit, um ausschließliche Gerichtsstände handelt, wie aus § 802 ZPO i. V. m. den §§ 864, 866 ZPO hervorgeht.

2

Damit erschöpft sich die Funktion des § 2 ZVG jedenfalls nach heutigem Verständnis aber nicht. Die Vorschrift bestimmt vielmehr jenseits von willkürlich angenommenen Zuständigkeiten bei ihrem Fehlen den „gesetzlichen Richter“ nach Art. 101 Abs. 1 GG,2) eine Norm, die für alle richterlichen Tätigkeiten gilt und gerade auch im Zwangsvollstreckungsverfahren, das von Eingriffen in grundrechtlich geschützte Sphären des Bürgers geprägt ist, hohe praktische Relevanz hat. _____________ 1) 2)

14

Siehe bereits bei Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 2 m. w. N. Siehe Maunz-Dürig/Maunz, GG, Art. 101 Rz. 11 ff., 16.

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Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

§2

II. Anwendungsbereich des § 2 ZVG § 2 ZVG ist anwendbar in allen Fällen

3



der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung



in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (also Eigentum und Miteigentum, Wohnungs- und Teileigentum, Erbbaurechte usw.). Der Schwerpunkt liegt in praxi bei den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken.

Ferner ist § 2 ZVG anzuwenden in den Sonderverfahren

4



der Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung durch den Insolvenzverwalter nach § 172 ZVG.



der Nachlassversteigerung durch den Erben gemäß den §§ 175, 176 ZVG, soweit der Erbe zum Versteigerungsantrag befugt ist.



der Teilungsversteigerung, § 180 ZVG.

Bei Zwangsvollstreckung in im Schiffsregister eingetragene Schiffe und im Schiffsbauregister eingetragene Schiffsbauwerke gehen § 163 ZVG (Schiffe) bzw. § 170a Abs. 2, 163 Abs. 1 (Schiffsbauwerke) der Regelung des § 2 Abs. 1 ZVG vor und schließen sie aus. Mit Rellermeyer dürfte indes dennoch ein Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 ZVG eröffnet sein, wie § 162 ZVG mit der Verweisung auf den Ersten Abschnitt des ZVG belegt. Gleichermaßen ist § 36 ZPO in dem ihm im Verfahren nach dem ZVG verbleibenden Fällen des § 36 Abs. 1 Nrn. 1, 5 und 6 zu beachten (siehe im Folgenden unter Rz. 8.3)

5

§ 2 ZVG scheidet im Verfahren über die Zwangsversteigerung von Luftfahrzeugen aus, da die alleinige örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig als Sitz des Luftfahrt-Bundesamtes begründet ist (§ 171b Abs. 1 ZVG). Die in der Literatur thematisierte Problematik eines Doppelsitzes des Luftfahrt-Bundesamtes als Folge der Errichtung einer „Dienststelle Flugsicherung“ in Langen bei Frankfurt in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der Konsequenz etwaiger Unsicherheit über das zuständige Vollstreckungsgericht4) hat sich erledigt. Die Aufgaben der Flugsicherung wurden durch das am 4.8.2009 in Kraft getretene Gesetz über die Errichtung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAFG) auf das BAFG übertragen, sodass das Luftfahrt-Bundesamt keinen Doppelsitz mehr hat, sondern nur noch den Sitz in Braunschweig.

6

III. Verfahren bei Kompetenzkonflikten Ist einer der Tatbestände des § 2 Abs. 1 ZVG bzw. des § 2 Abs. 2 ZVG eingetreten, also ein Gericht angerufen worden, das sich nicht für zuständig hält oder wurden mehrere Gerichte eingeschaltet (Beispiel: Gläubiger G. stellt in einem Fall nach § 2 Abs. 1 ZVG den Versteigerungsantrag gegen den Schuldner in das Objekt in M. beim Amtsgericht X., Gläubiger H. beim benachbarten Amtsgericht Y.), muss die Frage der örtlichen Zuständigkeit gelöst werden. Unklar ist nach dem Gesetzeswortlaut des Satzes 1, wie das Verfahren der Bestimmung des zuständigen Gerichts _____________ 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 13 a. E. m. w. N. Siehe im Einzelnen Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171b Rz. 3 f.

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§2

Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

in Gang gesetzt wird. Der Klärung dient der Verweis auf § 37 ZPO in § 2 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Nach dieser Bestimmung der ZPO wird das „zunächst höhere“ Gericht auf „Gesuch“ tätig (§ 37 Abs. 1 ZPO, was nichts anderes als den Antrag eines Beteiligten bedeutet, das aus seinem Blick örtlich zuständige Amtsgericht festzulegen.5) 8

In der Literatur wird zu der Frage, wann der Antrag gestellt werden kann, im Einklang mit der Judikatur des BGH zu § 36 ZPO die Meinung vertreten, dies könne (zur Vorabklärung) bereits vor dem Zwangsversteigerungsantrag erfolgen.6) Die weiteren in § 36 Abs. 1 Nrn. 1 ff. ZPO zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit Anlass gebenden Umstände deckt § 2 Abs. 1 ZVG nur teilweise ab bzw. die dortigen Tatbestände passen nicht auf Zwangsversteigerungsfälle. § 36 Abs. 1 Nr. 2 ZPO entspricht § 2 Abs. 1 ZVG, § 36 Nrn. 3 und 4 ZPO sind in den Verfahren nach dem ZVG gegenstandslos. Hingegen sind die Tatbestände des § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Verhinderung des zuständigen Gerichts „an der Ausübung des Richteramtes“), Nr. 5 (verschiedene Gerichte haben rechtskräftig ihre Zuständigkeit bejaht), Nr. 6 (verschiedene Gerichte, darunter das zuständige, haben sich rechtskräftig für unzuständig gehalten) parallel neben § 2 ZVG anwendbar. Die letztere Norm ist lex specialis zu den Regelungen des § 36 Abs. 1 Nrn. 5, 6 ZPO über die Behandlung der positiven und negativen Kompetenzkonflikte insoweit, als § 2 Abs. 1 ZVG nur den dortigen Spezialfall eines Kompetenzkonflikts im Zusammenhang mit der Belegenheit des betroffenen Grundbesitzes abdeckt, § 36 Abs. 1 Nrn. 5, 6 ZPO aber generell alle Kompetenzkonflikte, wobei die Vorschrift aber voraussetzt, dass die Entscheidung der beteiligten Gerichte jeweils rechtskräftig geworden ist. Ist § 36 Abs. 1 Nrn. 5, 6 ZPO aber einmal in einem Verfahren nach dem ZVG heranzuziehen, kann der Antrag auf Bestimmung der Zuständigkeit begrifflich erst nach Zustellung des Anordnungsbeschlusses gestellt werden.7) § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Verhinderung des Richters an der Ausübung seiner Funktion) ist ein auch im Versteigerungsverfahren möglicher Sonderfall. Es besteht Einigkeit, dass in den weiteren Sonderfällen des § 36 Abs. 1 Nrn. 1, 5, 6 ZPO die Vorlage durch das angerufene Gericht hinreicht, das Bestimmungsverfahren in Gang zu setzen, es mithin nicht stets eines Antrags Beteiligter bedarf. Es versteht sich von selbst, dass das zuständige nächst höhere Gericht an den Inhalt des Antrags oder die Vorlage des angerufenen Gerichts nicht gebunden ist. Das LG oder das OLG können damit auch ein bislang nicht befasstes Gericht für zuständig erklären. Fehler des bestimmenden Gerichts sind als Folge der Unanfechtbarkeit des die Bestimmung treffenden

_____________ 5) 6)

7)

16

Zöller/Vollkommer, ZPO, § 37 Rz. 1. BGH, Beschl. v. 5.3.1980 – IV ARZ 8/80, NJW 1980, 1281, u. a. zu § 36 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (= § 2 Abs. 1 ZVG); Löhnig/Fischinger, ZVG, § 2 Rz. 8; siehe zu der Thematik insgesamt bei Zöller/Vollkommer, ZPO, § 36 Rz. 8 m. w. N. Für die andere Situation im Erkenntnisverfahren hat dies der BGH in dem Beschluss zu IV ARZ 8/80 herausgearbeitet und auf die Rechtshängigkeit als sachlogische Voraussetzung des Antrags in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nrn. 5, 6 ZPO hingewiesen (vgl. BGH, Beschl. v. 5.3.1980 – IV ARZ 8/80, NJW 1980, 1281, u. a. zu § 36 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (= § 2 Abs. 1 ZVG); Löhnig/Fischinger, ZVG, § 2 Rz. 8; siehe zu der Thematik insgesamt bei Zöller/ Vollkommer, ZPO, § 36 Rz. 8 m. w. N.

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Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

§2

Beschlusses irrelevant, soweit die Entscheidung nicht ausnahmsweise willkürlich ist und damit nichtig wäre (in analoger Anwendung des Gedankens des § 44 VwVfG).8) Das nächsthöhere Gericht ist im Falle zweier Amtsgerichte im selben LG-Bezirk das übergeordnete Landgericht. Haben die betroffenen Amtsgerichte kein gemeinsames Landgericht, aber ein gemeinsames Oberlandesgericht, ist dieses nach § 2 Abs. 1 ZVG zuständig. An die Stelle des Bundesgerichtshofs – soweit die betroffenen Amtsgerichte nicht einmal im selben OLG-Bezirk angesiedelt sind – tritt hilfsweise das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das zuerst eingeschaltete Amtsgericht seinen Sitz hat (§ 2 Abs. 1 ZVG, § 36 Abs. 2 ZPO), das wiederum bei Divergenz seiner Rechtsmeinung zu einem anderen Oberlandesgericht bzw. zum Bundesgerichtshof schließlich dem BGH vorzulegen hat (§ 36 Abs. 3 ZPO).

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Die Gerichte entscheiden im Beschlusswege, der Beschluss ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Halbs. 2 ZVG, 37 Abs. 2 ZPO unanfechtbar.

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Ungeachtet des verkürzten Rechtswegs muss man dennoch festhalten, dass sich dadurch Verzögerungen des Versteigerungsverfahrens ergeben, die sich für die Beteiligten mit erheblichen ökonomischen Folgen auswirken können, eine notwendige und im Grundsatz von der Rechtsordnung hingenommene Folge justizförmiger Verfahren.

11

IV. Tatbestand des § 2 Abs. 1 ZVG im Einzelnen § 2 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG enthält zwei voneinander unabhängige Tatbestände. Beide kennzeichnen in der Praxis seltene Sachverhalte. Sie haben im Wesentlichen von Beteiligten einschließlich der Eigentümer nicht beeinflussbare Umstände der Gerichtsorganisation oder des Abgleichs zwischen der Justizverwaltung einerseits, der Kommunal- bzw. der Vermessungsbehörden andererseits zum Gegenstand. Es handelt sich damit um Auffangregelungen zur Behebung von faktischen (nicht behebbaren) Defiziten der Behördenorganisation. Weiterer Hintergrund ist, dass es, wie oben erwähnt, in Vollstreckungssachen eben nur ausschließliche Gerichtsstände (§ 802 ZPO) gibt.

12

Die 1. Alternative des § 2 Abs. 1 ZVG betrifft die Belegenheit des betroffenen Grundstücks in mehreren Gerichtsbezirken. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass eine solche Konstellation in den Fällen des § 890 BGB eintreten könne. Dabei handelt es sich um die Vereinigung mehrerer Grundstücke auf Veranlassung und Antrag des Eigentümers, sie auf einem einzigen Grundbuchblatt zu vereinen (§ 890 Abs. 1 BGB), oder darum, ein Grundstück durch Zuschreibung zu einem anderen zu dessen Bestandteil zu machen (§ 890 Abs. 2 BGB). In beiden Fällen entsteht ein neues Grundstück i. S. d. Grundbuchsrechts mit neuem Grundbuchblatt. Der in § 1131 BGB wurzelnde Unterschied zwischen der Vereinigung i. S. d. § 890 Abs. 1 BGB und derjenigen des § 890 Abs. 2 BGB spielt im vorliegenden Kontext im Regelfall keine Rolle. Entsteht aber aus mehreren rechtlich selbstständigen Grund-

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_____________ 8)

BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 ff. = DZWiR 2010, 199 f.; der BGH folgert aus der „absoluten Unzuständigkeit“ des angerufenen Gerichts Nichtigkeit; Voraussetzung ist, dass die gerichtliche Maßnahme „jeder Rechtsgrundlage“ entbehrt, BGH, a. a. O., Rz. 13 f.

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§2

Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

stücken ein neues Grundstück, so stellt sich dann, wenn die Grenzen der Amtsgerichtsbezirke entlang der Grundstücke der bisher benachbarten Grundstücke verlaufen sind, die Frage, welches Gericht für die Versteigerung zuständig ist. Lösungsparameter enthalten – jeweils nachvollziehbar – weder das bürgerliche Recht noch das ZVG und auch nicht das Zivilprozessrecht der ZPO. Komplexer wird die Situation dadurch, wenn zunächst eines der beteiligten Grundstücke geteilt und auf einem neuen Grundbuchblatt gebucht wird, um dann erst i. S. d. § 890 BGB vereinigt zu werden. Ein noch deutlich komplexeres Problem stellt materiellrechtlich der Umstand dar, dass die Grundstücke i. S. d. § 890 BGB weder räumlich noch wirtschaftlich zusammengehören müssen.9) Ein Korrektiv stellt das Grundbuchrecht her, wenn § 5 GBO verfahrensrechtlich zu § 890 Abs. 1 bzw. § 6 GBO zu Abs. 2 BGB bestimmen, dass die angestrebte Vereinigung nur dann erfolgen soll, wenn „Verwirrung nicht zu besorgen ist“ (§§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 GBO). Die §§ 5 Abs. 2, 6 Abs. 2 GBO fordern für den Regelfall, dass die betroffenen Grundstücke aneinandergrenzen und bei demselben Grundbuchamt und derselben Katasterbehörde eingetragen sind. Anders kann dies „insbesondere“ dann sein, wenn bauliche „Anlagen und Nebenanlagen“ (auch wirtschaftlich) zusammengehören und daher eine Vereinigung trotz verschiedener zuständiger Behörden geboten ist („ein erhebliches Bedürfnis entsteht“). § 890 BGB sowie die §§ 5, 6 GBO ergänzen daher die Norm des § 2 Abs. 1 Alt. 1 ZVG. Für den Fall der Führung der Grundbuchblätter der betroffenen Grundstücke durch mehrere Grundbuchämter in den Fällen des § 890 Abs. 1 BGB sieht § 5 Abs. 1 GBO die Bestimmung des zuständigen Grundbuchamts im Verfahren nach § 5 FamFG vor, der in Inhalt und Verfahren § 36 ZPO entspricht, soweit die hier relevanten Fallkonstellationen betroffen sind. Bei Zuschreibung nach § 890 Abs. 2 BGB ist das Grundbuchamt des „Hauptgrundstücks“ zuständig, eine im Einzelfall nicht minder schwierige Festlegung. V. Tatbestand des § 2 Abs. 2 ZVG 14

§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZVG ermöglicht die Bestimmung des zuständigen Gerichts in den Fällen gemeinsamer Immobiliarvollstreckung „mehrerer Grundstücke“ durch Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung in ein- und demselben Verfahren. Ob dieses Procedere zulässig ist, regelt nicht § 2 ZVG, vielmehr ist hierfür die Norm des § 18 ZVG (siehe § 18 Rz. 8 ff., 9, 12, 15 [Cranshaw]) mit ihren drei Varianten der Zulässigkeit einer solchen Versteigerung mehrerer Grundstücke heranzuziehen. Im Unterschied zu § 2 Abs. 1 ZVG mit der Bestimmung der Zuständigkeit als Pflicht des angerufenen höheren Gerichts, steht die Anordnung nach § 2 Abs. 2 ZVG im (pflichtgemäßen) Ermessen des dazu berufenen Gerichts. Ist eine der drei Voraussetzungen der Möglichkeit der Verfahrensverbindung nach § 18 ZVG zu bejahen und liegen die betroffenen Grundstücke in mehreren Gerichtsbezirken, so bedarf es der Bestimmung des örtlich zuständigen Vollstreckungsgerichts. Dazu wiederum bedarf es des Antrags auf Zwangsversteigerung bzgl. aller Grundstücke, die in einem Verfahren zusammengeführt werden sollen, bei einem der in Frage kommenden Gerichte oder eines Antrags bei jedem der Amtsgerichte, die ohne Verfahrensverbindung nach § 18 ZVG für die Zwangsversteigerung zuständig sind, _____________ 9)

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Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 3.

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Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts

§2

und eines Antrags, die Verfahren zu verbinden. Das angerufene Amtsgericht kann im ersteren Fall den Parteien seine rechtliche Würdigung im Rahmen eines Hinweises nach § 139 ZPO mitteilen und den Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung ebenso anregen wie selbstständig beim nächst höheren Gericht um die Bestimmung des zuständigen Gerichts ersuchen. Dies ist auch dann möglich, wenn das Amtsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 ZVG verneint, denn das um Entscheidung angesuchte nächst höhere Gericht entscheidet nach der sachlogisch zutreffenden Judikatur des BGH nicht nur über die Bestimmung des örtlich zuständigen Vollstreckungsgerichts, sondern auch über die Zulässigkeit der Verfahrensverbindung, unter beiden Teilaspekten nach pflichtgemäßem Ermessen.10) In dem vom BGH zu IX ARZ 5/84 entschiedenen Fall ging es um die Vollstreckung aus einer Gesamtgrundschuld in zwei Grundstücke, wobei das eine im Bezirk des AG Wipperfürth (OLG-Bezirk Köln), das andere im Bezirk des AG Schwelm (OLGBezirk Hamm) lag. Das AG Wipperfürth war das einzige angerufene Gericht und hatte beim BGH die Bestimmung des zuständigen Vollstreckungsgerichts angeregt. Nach heutiger Rechtslage (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZVG, § 36 Abs. 2 ZPO) müsste das OLG Köln über die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts entscheiden, nicht mehr der BGH. Der Senat schließt sich in der Entscheidung aus dem Jahr 1984 auch der Meinung des vormaligen BayObLG an, welches den Antrag nach § 2 Abs. 2 ZVG schon vor der Anordnung der Versteigerung für zulässig gehalten hat.11) Der Beschluss des BGH zu IX ARZ 5/84 ist auch deswegen ein Lehrbuchbeispiel für die Fälle des § 2 Abs. 2 ZVG, als der Senat nicht nur bejaht, dass im Rahmen des § 2 Abs. 2 ZVG die Voraussetzungen des § 18 ZVG implizit geprüft werden müssen, sondern dass darüber hinaus eine Abwägung vorgenommen wird. Parameter für seine Entscheidung waren einmal, dass der Sitz von Gläubiger und Schuldner im Bezirk des von ihm bestimmten Vollstreckungsgerichts lag, zum anderen aber auch das wirtschaftliche Verhältnis der betroffenen Grundstücke. Das „Hauptgrundstück“, so der Senat, liege im Bezirk des von ihm bestimmten Vollstreckungsgerichts („Hof- und Gebäudefläche“), das weitere Grundstück, ein „Waldgrundstück“ stehe damit im wirtschaftlichen Zusammenhang, dessen Wert bei gemeinsamer Versteigerung erhalten bleibe und in einen höheren Steigerlös münden dürfte. Auch könne dennoch der örtliche Bieterkreis (wie bei einer Einzelversteigerung durch das andere in Frage kommende Amtsgericht) erreicht werden.12) Der BGH argumentiert also vor dem Hintergrund des § 18 ZVG zutreffend mit der wirtschaftlichen Einheit, deren einheitliche Versteigerung für Gläubiger und Schuldner

_____________ 10) BGH, Beschl. v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, juris Rz. 2, 4 – 6 = Rpfleger 1984, 363 = NJW 1984, 2166 f.; Beschl. v. 17.8.1984 – IX ARZ 7/84, ZIP 1984, 1540 f.; siehe BGH, Beschl. v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29 = NJW-RR 1986, 1383; dazu Anm. Lwowski, WuB VI F § 2 ZVG 1.86 sowie BGH, Beschl. v. 15.5.1986 – IX ARZ 4/86, KTS 1986, 719 = JurionRS 1986, 11932, „Ablehnung der Bestellung“. 11) BGH, IX ARZ 5/84, juris Rz. 3; BayObLG, Beschl. v. 16.1.1974 – Allg Reg 40/73, juris (nur „Orientierungssatz“) = NJW 1974, 1204 f. 12) BGH, IX ARZ 5/84, juris Rz. 6.

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§3

Zustellung

positiv ist. Der Schwerpunkt dürfte bei der Verwertung von Gesamtgrundpfandrechten liegen (vgl. § 1132 BGB).13) 16

Der BGH hat in dem zitierten Beschluss zu IX ARZ 5/84 ferner entschieden, dass dem Schuldner kein rechtliches Gehör vor der Anordnung der Zwangsversteigerung zu gewähren sei, um den Verfahrenszweck nicht zu gefährden, denn auch bei Vollstreckung aus dinglichem Recht kann der Schuldner als Folge des § 1121 BGB die Versteigerung in das „Zubehör, Bestandteile oder Erzeugnisse vereiteln“.14) _____________ 13) Zur Abwägung im Anschluss an die zitierte BGH-Judikatur siehe BayObLG, Beschl. v. 29.4.1998 – 1Z AR 20/98, Rpfleger 1998, 438 = Jur. Büro 1999, 438 f. sowie BayObLG, Beschl. v. 7.10.1997 – 1Z AR 71/97, Rpfleger 1998, 79 (Teilungsversteigerung eines Hofes aus dem Nachlass). 14) BGH, IX ARZ 5/84, juris Rz. 7 m. w. N. unter Hinweis auf Judikatur des BVerfG.

§3 Zustellung Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen. Sie können durch Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Zustellungsverfahren .......................... 4 1. Strukturen der Regelungen des §§ 3 ff. ZPO und Verhältnis zu den §§ 166 ff. ZPO ....................................... 4 2. Welche Dokumente sind zuzustellen? ............................................... 6

I. 1

3. Zustellungsadressaten ........................... 8 4. Zustellungsmodalitäten ....................... 10 III. Zustellungen im Ausland .................. 13 1. Europäische Union ............................. 13 2. Auslandszustellungen im Raum des EWR und in Drittstaaten .................... 16

Normzweck

Die Zustellung der für das gerichtliche Verfahren wesentlichen Schriftstücke wie einer Urkunde, einer gerichtlichen Entscheidung oder einer verfahrensbestimmenden Verfügung ist Wesenselement des rechtsstaatlichen Handelns. Die förmliche Unterrichtung des Adressaten ermöglicht dessen Kenntnis von der Sach- und Rechtslage; sie dient der Wahrung seiner Rechte, die letztlich in den verfassungsrechtlich geschützten Verfahrensgrundrechten wurzeln („rechtliches Gehör“, Art. 103 Abs. 1 GG). Zustellung bedeutet daher die „Bekanntgabe eines Dokuments“ (§ 166 Abs. 1 ZPO, heute noch ganz weitgehend eines körperlichen Schriftstücks, künftig zunehmend eines elektronischen Dokuments.1) Daher sind solche Zustellungen von wesentlichen und von im Gesetz bestimmten Schriftstücken auch zwingend von den Vollstreckungsgerichten vorzunehmen. Sie erfolgen aus diesem Grunde von Amts wegen.2) Bei aller Notwendigkeit, den Adressaten einer etwa gerichtlichen _____________ 1) 2)

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Zöller/Stöber, ZPO, Vor § 166 Rz. 1 m. w. N. Siehe dazu auch BGH, Urt. v. 14.9.2011 – XII ZR 168/99, BGHZ 191, 59 ff. (zu Besonderheiten der Auslandszustellung).

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Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände

§ 13

zugszins, Zinseszins in den zugelassenen Fällen des Kontokorrents). Darunter gehören ferner sämtliche mit dem Hauptanspruch verbundene Provisionsansprüche des Gläubigers und ähnliche Entgelte.50) Unter Nebenleistungen sind ferner auch sämtliche Ansprüche der finanzierenden Banken außerhalb des Kapitalrückzahlungsanspruchs einzuordnen, wobei die aus der älteren Judikatur von Fischinger51) herausgearbeiteten Ansprüche in praxi überwiegend keine Anwendung mehr finden und durch andere Instrumente bzw. Verfahrensweisen abgelöst wurden oder – wie Entgeltansprüche – von der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH zurückgedrängt worden sind, jedenfalls im Verhältnis zu Verbrauchern. Für diese Fälle muss auf die einschlägige bankrechtliche Literatur verwiesen werden. Von Bedeutung ist heute vornehmlich die Vorfälligkeitsentschädigung, die nach einem komplexen IT-gestützten Verfahren ermittelt wird und die die Vermögensnachteile ausgleicht, die der Bank dann entstehen, wenn z. B. die Not leidende Finanzierung gekündigt werden und durch den Versteigerungserlös zurückgeführt werden muss. Ist zum maßgeblichen Zeitpunkt die Zinsbindung der Finanzierung noch nicht abgelaufen, steht der Bank eine Entschädigung bis zum Ende dieses Zeitraumes zu. Ist das betroffene Recht keine Hypothek, sondern Grundschuld, ergibt sich der Anspruch aus dem Sicherungsvertrag, der Anspruch und Grundschuld schuldrechtlich verbindet.

23

IV. Hauptanspruch gemäß § 12 Nr. 3 ZVG52) Der Hauptanspruch gemäß § 12 Nr. 3 ZVG betrifft in Rangklasse 1 die Vorschüsse in der Zwangsverwaltung, in Rangklasse 2 die geltend gemachten Forderungen, soweit sie nicht § 12 Nr. 2 ZVG zuzuordnen sind; dasselbe gilt für die Rangklasse 3. In Rangklasse 4 besteht, wie bereits erwähnt, der Hauptanspruch in dem eingetragenen Kapitalbetrag des Rechts (Hypothek, Grundschuld) bzw. dem Wertersatz (vgl. § 92 ZVG). Der „Hauptbetrag“ der Rangklasse 5 ist die geltend gemachte persönliche Forderung des Gläubigers. Ein- und derselbe Gläubiger kann mit seinen Forderungen in verschiedenen Rangklassen vertreten sein. _____________ 50) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 10. 51) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 12 Rz. 9 m. w. N; zu einzelnen Nebenleistungen in diesem Kontext siehe ferner Palandt/Bassenge, BGB, § 1115 Rz. 15, 21. 52) Siehe den Überblick bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 11 Rz. 10 sowie bei Böttcher, ZVG, § 12 Rz. 9

§ 13 Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände (1) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge. Die älteren Beträge sind Rückstände. (2) Absatz 1 ist anzuwenden, gleichviel ob die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen auf öffentlichem oder privatem Recht oder ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen oder ob die gesetzlichen Vorschriften andere als die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bestimmten Fristen festsetzen; kürzere Fristen als die in § 10 Cranshaw

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§ 13

Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände

Abs. 1 Nr. 3 und 4 bestimmten werden stets vom letzten Fälligkeitstag vor der Beschlagnahme zurückgerechnet. (3) Fehlt es innerhalb der letzten zwei Jahre an einem Fälligkeitstermin, so entscheidet der Zeitpunkt der Beschlagnahme. (4) Liegen mehrere Beschlagnahmen vor, so ist die erste maßgebend. Bei der Zwangsversteigerung gilt, wenn bis zur Beschlagnahme eine Zwangsverwaltung fortgedauert hat, die für diese bewirkte Beschlagnahme als die erste. Übersicht I. 1. 2.

1

Normfunktion und Bedeutung der Beschlagnahme gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 4 ZVG ....................... 1 Normfunktion ....................................... 1 Maßgeblichkeit des Beschlagnahmezeitpunkts gemäß § 13 Abs. 1 ZVG .................................... 7 a) Beschlagnahme und Fälligkeit als Abgrenzungskriterien der laufenden und der rückständigen Forderungen ............................ 7 b) Beschlagnahmezeitpunkt ............... 9 aa) Eintritt der Beschlagnahmewirkung mit Zustellung ................. 9 bb) Beitritt zum anhängigem Verfahren ...................................... 13 cc) Mehrheit von Schuldnern ............ 14 dd) Leistungszeitraum und Gläubigerwechsel bei wiederkehrenden Leistungen ................. 19

II. Fälligkeit als Abgrenzungskriterium der laufenden Beträge und der Rückstände gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 3 ZVG ..................... 21 1. Grundsatz ............................................ 21 2. Fälligkeitsbegriff, Sonderfälle und keine Anwendung des § 13 ZVG auf Rückstände einmaliger Leistungen der Rangklasse 3 ............... 24 3. Fälligkeitszeitpunkte ........................... 26 III. Gleichstellung von Ansprüchen und ähnliche Sachverhalte gemäß § 13 Abs. 2 ZVG ................................. 31 IV. Auffanglösung bei fehlendem Fälligkeitstermin gemäß § 13 Abs. 3 ZVG ................................. 34

I.

Normfunktion und Bedeutung der Beschlagnahme gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 4 ZVG

1.

Normfunktion

In einer Reihe von Bestimmungen des ZVG wird zwischen laufend zu entrichtenden Beträgen der wiederkehrenden Leistungen1) und deren Rückständen differenziert, die ganz unterschiedlich zu befriedigen sind. In § 10 Abs. 1 ZVG erstreckt sich in der Rangklasse 2 das Vorrecht der Ansprüche der Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft auf laufende und rückständige Beträge in dem dortigen Zeitraum. Entsprechend konkurrieren in Rangklasse 3 in ein- und demselben Recht laufende Beträge und Rückstände aus den letzten zwei Jahren; dasselbe gilt für die Rangklasse 4. Die älteren Rückstände erfassen die Rangklassen 7 und 8. Aus dem Grundbuch erkennbare wiederkehrende Leistungen müssen nicht angemeldet bzw. – als Rückstände – nicht glaubhaft gemacht werden (§ 45 Abs. 2 ZVG). Die aus dem Grundbuch erkennbaren laufenden Beträge wiederkehrender Leistungen, müssen nicht zur Aufnahme in den Teilungsplan angemeldet werden (§ 114 Abs. 2 ZVG). Die Sicherungshypothek, die bei der Übertragung der Forderung u. a. für die An_____________ 1)

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Für den Begriff der „wiederkehrenden Leistung“ wird auf § 12 Rz. 8 ff., 13 ff. [Cranshaw] verwiesen.

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§ 13

sprüche auf wiederkehrende Leistungen nach der Rangklasse 4 eingetragen wird (vgl. §§ 128 ZVG), darf nicht „zum Nachteil bestehen [gebliebener Rechte…] geltend gemacht werden“, soweit nicht der Sicherungshypothekar fristgerecht die Versteigerung beantragt (§ 129 Satz 2 ZVG). Die „laufenden wiederkehrenden Leistungen“ der zweiten bis vierten Rangklasse sind von erheblicher Bedeutung für die Überschussverteilung in der Zwangsverwaltung (§ 155 Abs. 1 ZVG), ebenso die „laufenden Beträge“ der öffentlichen Lasten der Rangklasse 3 (§ 156 Abs. 1 ZVG).

2

Der Vollständigkeit halber sei auch auf die Übergangsvorschrift des § 3 Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 2 EG ZVG und i. V. m. Art. 167 EG BGB hingewiesen.2)

3

§ 13 ZVG hat, wie Absatz 1 zeigt, die Funktion, für alle Bestimmungen im ZVG (aber nur dort) für den Begriff der laufenden und der rückständigen wiederkehrenden Leistung einheitliche Kriterien festzulegen. Dieser Systematik folgend ist § 13 ZVG in allen Verfahren, die nach dem ZVG durchgeführt werden, anzuwenden.

4

Modifizierungen enthalten die §§ 172 ff. ZVG (Insolvenzverwalterversteigerung) und 176 ZVG (Nachlassversteigerung). Da dort keine uneingeschränkte Beschlagnahme stattfindet, bedarf es zur Feststellung des jeweils maßgeblichen Zeitpunktes für die wiederkehrenden Leistungen der Sonderregelung des § 173 Satz 2 ZVG, der neben § 13 ZVG als lex specialis zu beachten ist. Diese Norm fingiert die Beschlagnahmewirkung für die Zwecke des § 13 ZVG und legt als maßgeblichen Termin die Zustellung an den Insolvenzverwalter (§ 173 ZVG) bzw. den Antragsteller im Nachlassversteigerungsverfahren (§ 176 i. V. m. § 173 ZVG) fest.3)

5

Die in der Kommentarliteratur angesprochenen Besonderheiten bei Schiffen4) betreffen die Vorrangrechte des Schiffsgläubigers nach § 109 Binnenschifffahrtsgesetz5) bzw. an Seeschiffen nach Maßgabe der §§ 596 ff., 602 – 604 HGB.6) Die „öffentlichen Schiffs-, Schifffahrts- und Hafenabgaben sowie Lotsengelder“ (§ 596 Abs. 1 Nr. 2 n. F. HGB) bzw. die „öffentlichen Schiffs- und Schifffahrtsabgaben, insbesondere

6

_____________ 2)

3) 4) 5)

6)

Dabei geht es um den Wegfall von Vorrechten für landschaftliche oder ritterschaftliche Kreditanstalten vor den Rangklassen 16 auf ältere Rückstände von wiederkehrenden Leistungen als zwei Jahre. Es besteht danach aber ein Vorrecht vor den Rangklassen 7 und 8. Die zitierten Bestimmungen betreffen nur ganz wenige heute noch existierende kleinere Realkreditinstitute, den Ritterschaftlichen Kreditverein Stade (siehe dazu unter http://www.rki-stade.de (Stand: 28.10.2013) und den Calenberger Kreditverein (siehe dazu unter http://www.calenberger.de (Stand: 28.10.2013); siehe dazu auch beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, Jahresbericht 2013, verfügbar unter http:// www.voeb.de (Stand: 28.10.2013). Vgl. zu unter § 13 ZVG fallende Banken die Anlage der 32. Verordnung [zu] Art. 131 GG, BGBl. I 1967, 1167, 1171. Die danach in anderen Banken aufgegangenen Institute dürften die geringen Privilegien nicht mehr innehaben. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 1, 3. Siehe dazu § 162 Rz. 4 ff. [Wedekind] sowie bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 16. BinSchG, Binnenschifffahrtgesetz, Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt v. 15.6.1895, BGBl. III 4103-1, bis zur Fassung d. Art. 5 d. Gesetzes v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831. Handelsgesetzbuch i. d. F. des Gesetzes zur Reform des Seehandels v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff., nach Art. 15 d. Gesetzes in Kraft ab 25.4.2013.

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die Brücken-, Schleusen- Kanal- und Hafengelder“ (§ 102 Nr. 1 BinSchG) und ähnliche Forderungen sind weitgehend keine wiederkehrende Leistung nach § 13 ZVG. 2.

Maßgeblichkeit des Beschlagnahmezeitpunkts gemäß § 13 Abs. 1 ZVG

a) Beschlagnahme und Fälligkeit als Abgrenzungskriterien der laufenden und der rückständigen Forderungen 7

Das Prinzip der Abgrenzung der laufenden wiederkehrenden von der rückständigen Leistung ist der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Beschlagnahme, § 13 Abs. 1 Satz 1 ZVG, ergänzt um die Voraussetzung der Fälligkeit der Leistung. Das letztere Kriterium ist zur Bestimmung des „laufenden“ Betrages nicht zwingend, aber eine sachgerechte wertende Entscheidung des Gesetzgebers, da die Beschlagnahmewirkung im Allgemeinen nicht mit einem Fälligkeitsdatum zusammentrifft. Der zu jenem Zeitpunkt noch nicht bezahlte, aber fällige Betrag ist zivil- wie öffentlich-rechtlich „rückständig“, aber mangels Beschlagnahme nicht rückständig i. S. d. ZVG.

8

Alle nach der Beschlagnahme, also künftig fällig werdende Leistungen, stellen zwangsversteigerungsrechtlich laufende Forderungen dar. Alle älteren Beträge sind Rückstände, § 13 Abs. 1 Satz 2 ZVG. b) Beschlagnahmezeitpunkt aa) Eintritt der Beschlagnahmewirkung mit Zustellung

9

Der relevante Beschlagnahmezeitpunkt folgt aus § 22 Abs. 1 ZVG sowie aus § 13 Abs. 4 ZVG sowie den Sonderregelungen bei der Insolvenzverwalter- und der Nachlassversteigerung (siehe oben). Die Beschlagnahmewirkung tritt danach mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner7) ein bzw. mit Eingang des Ersuchens auf Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch, sofern die Eintragung „demnächst erfolgt“, § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG i. V. m. § 167 ZPO.8) Der BGH hat für die Rangklasse 2 zwar darauf erkannt, § 167 ZPO sei nicht anwendbar, soweit es um die Rückwirkung des Antrags auf Anordnung der Versteigerung gehe;9) im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG ist § 167 ZPO freilich weiterhin heranzuziehen.

10

Zu Insolvenzverwalter- und Nachlassversteigerung siehe bei § 173 ZVG.

11

Für Schiffe wird die Beschlagnahme auch mit Vollziehung der Anordnung zur Bewachung und Verwahrung des Schiffs bewirkt (§ 165 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Für Schiffsbauwerke gilt das entsprechend (§ 170a Abs. 2 Satz 1, § 165 ZVG).

12

Für Luftfahrzeuge enthält § 171c Abs. 2 Satz 2 ZVG eine inhaltlich identische Regelung. Mit der Vollziehung der Anordnung zur Bewachung und Verwahrung des Flugzeugs tritt dort ebenfalls bereits die Beschlagnahmewirkung ein, ohne dass es auf die Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner ankäme. Für aus_____________ 7) 8) 9)

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Vgl. dazu § 8 Rz. 1 – 3 [Cranshaw]. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 45 f. BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, ZfIR 2010, 863 f. = Rpfleger 2011, 40 f. = NJW 2011, 528 f.

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ländische Luftfahrzeuge gilt diese Regelung gleichermaßen (§ 171h ZVG i. V. m. § 171c Abs. 2 Satz 2 ZVG). bb) Beitritt zum anhängigem Verfahren Eine komplexere Situation entsteht dann, wenn neben den Anordnungsbeschluss auf der Zeitachse Beitrittsbeschlüsse aufgrund weiterer Versteigerungsanträge von Gläubigern treten (vgl. § 27 ZVG)10). Ungeachtet dessen, dass jedes Verfahren ein gesondertes Schicksal hat, die Verfahren also jeweils selbstständig sind, kann doch der Vollstreckungsgegenstand nur ein einziges Mal versteigert werden, sodass insgesamt gleichwohl ein einheitliches Verfahren vorliegt. Damit bedarf es einer Regelung, die den relevanten Beschlagnahmezeitpunkt, u. a. für die Zwecke der zeitlichen Abgrenzung der wiederkehrenden Leistungen, festlegt. Diese Aufgabe erfüllt § 13 Abs. 4 Satz 1 ZVG, wonach bei mehreren Beschlagnahmen die erste entscheidend ist. War vor der ersten Beschlagnahme im Versteigerungsverfahren bereits ein Zwangsverwaltungsverfahren anhängig, so wird die Beschlagnahme in diesem Verfahren als erste Beschlagnahme fingiert (§ 13 Abs. 4 Satz 2 ZVG).

13

cc) Mehrheit von Schuldnern Ein weiteres Problem stellt sich, wenn es um die Beschlagnahmewirkung gegenüber einer Mehrheit von Schuldnern geht.

14

Für Gesamthandsgemeinschaften soll nach einhelliger Meinung die Beschlagnahmewirkung erst mit der Zustellung an den letzten Gesamthänder eintreten. Richtig ist das bei der Erbengemeinschaft.

15

Anders liegen die Dinge, soweit es sich um Personenhandelsgesellschaften handelt (OHG, KG; vgl. § 124 HGB bzw. §§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 124 HGB). Dort ist an den im Handelsregister eingetragenen organschaftlichen Vertreter zuzustellen; auch bei Gesamtvertretung genügt die Zustellung an einen der verschiedenen Vertreter (§ 125 Abs. 2 Satz 4 HGB).11)

16

Bei der BGB-Gesellschaft genügt nach neuerer Judikatur die Zustellung an einen zur Geschäftsführung und Vertretung befugten Gesellschafter, es muss nicht zwingend an alle Gesellschafter zugestellt werden.12)

17

Betrifft das Versteigerungsverfahren ideelles Miteigentum nach Bruchteilen (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB), so stellt jeder Miteigentumsanteil einen eigenen Vollstreckungsgegenstand dar,13) bei dem die Beschlagnahmewirkung mit Zustellung an den einzelnen Bruchteilseigentümer nur im Hinblick auf dessen Miteigentumsanteil eintritt, sodass der Beschlagnahmezeitpunkt für jeden der diversen Anteile ein anderer sein kann.

18

_____________ 10) Siehe im Einzelnen § 27 Rz. 1 f. [Cranshaw]. 11) Baumbach/Hopt, HGB, § 125 HGB Rz. 18; die Bestimmung des § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB über die Passivvertretung umfasst auch die Zustellung im gerichtlichen Verfahren (vgl. § 170 ZPO). 12) BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 ff., 349 Rz. 17 = ZfIR 2011, 147 ff. 13) Stöber, ZVG, Einleitung Rz. 12.5 a. E.

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dd) Leistungszeitraum und Gläubigerwechsel bei wiederkehrenden Leistungen 19

Ohne Bedeutung ist der Zeitraum, für welchen die Leistung geschuldet wird.14) Erfasst werden daher nachträglich zu zahlende Beträge ebenso wie vorschüssige, entscheidend ist hier allein das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.

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Ohne Einfluss ist ferner, wenn ein Gläubigerwechsel stattfindet,15) ansonsten würde der Realkreditgeber benachteiligt,16) der darauf vertrauen darf, dass ältere Rückstände als die in den einzelnen Rangklassen genannten in der 7. und 8. Rangklasse befriedigt werden. Der Gläubigerwechsel könnte bei anderer Betrachtung ständig einen neuen Vorrang „laufender Beträge“ generieren. II. Fälligkeit als Abgrenzungskriterium der laufenden Beträge und der Rückstände gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 3 ZVG 1.

Grundsatz

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Die laufenden wiederkehrende Leistungen sind zwei Fallgruppen zuzuordnen, die durch ihre jeweilige Fälligkeit bestimmt werden.

22

Die eine Fallgruppe besteht aus den Ansprüchen, die am letzten Fälligkeitstermin vor der Beschlagnahme fällig geworden sind. Die zweite Fallgruppe betrifft die künftigen Leistungen, die nach dem Beschlagnahmezeitpunkt fällig werden und die in der Rangklasse 5 beispielsweise ggf. nach § 258 ZPO zu titulierende, künftig fällig werdende Zahlungsansprüche betreffen. Mit dieser Definition in § 13 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist zugleich die Abgrenzung zu den Rückständen bewirkt, die nach Satz 2 der Norm eben diejenigen Ansprüche betreffen, die weiter zurückliegen als das letzte vor der Beschlagnahme liegende Fälligkeitsdatum.

23

2. 24

Fälligkeitsbegriff, Sonderfälle und keine Anwendung des § 13 ZVG auf Rückstände einmaliger Leistungen der Rangklasse 3

Fraglich ist, ob die Fälligkeitszeitpunkte durch Parteivereinbarung verschoben werden können, insbesondere durch eine ausdrückliche Stundungsvereinbarung, die materiellrechtlich den Bestand und die Erfüllbarkeit des Anspruchs nicht berührt, aber die Fälligkeit hinausschiebt.17) Bürgerlich-rechtlich beginnt dann die Verjährung nicht zu laufen.18) Damit könnte wiederum durch Abrede des Schuldners mit einem Gläubiger die Rangfolge der Befriedigung wiederkehrender Leistungen zulasten anderer Beteiligter verschoben werden, z. B. zulasten der Realkreditgeber. Die Rangklassen 7 und 8 könnten gegenstandslos gemacht werden. Stundungen _____________ 14) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 4; siehe auch § 22 Rz. 2 f., 20 ff. [Cranshaw]. 15) Stöber, ZVG, § 13 Rz. 1.3 unter Hinweis auf RG, Urt. v. 12.12.1917 – Rep. V 227/17, RGZ 91, 297, das festgehalten hat, eine Leistung sei rückständig, wenn „der Termin für ihre Fälligkeit vorübergegangen ist, ohne daß der Anspruch auf sie getilgt wurde oder sonst erlosch.“, S. 301. Ein Gläubigerwechsel ohne Tilgungsleistungen ist für die Frage, ob ein Rückstand besteht, ohne Belang. 16) RG, Urt. v. 12.12.1917 – Rep. V 227/17, RGZ 91, 303. 17) Palandt/Grüneberg, BGB, § 271 Rz. 12 ff. m. w. N.; BGH, Urt. v. 6.4.2000 – IX ZR 2/98, juris Rz. 23 = ZIP 2000, 962 ff. = NJW 2000, 2580 ff. 18) BGH, Urt. v. 8.7.2008 – XI ZR 230/07, ZIP 2008, 1762 ff. Rz. 17 = NJW-RR 2009, 378 ff.

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sind daher ohne Wirkung. Das gilt auch für die ihnen entsprechenden anderweitigen Abreden, die dieselbe Wirkung haben. Dazu gehören Stillhalteabkommen, aber auch Vereinbarungen über die Tilgung fälliger Beträge in Raten, Teilzahlungsvereinbarungen und ähnliche Instrumente,19) soweit die Stundungen und weiteren Absprachen oder einseitigen Zugeständnisse des Gläubigers nachträglich in Abweichung von der ursprünglichen vertraglichen oder gesetzlichen Fälligkeit erfolgten.20) Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt eine zeitliche Staffelung der geschuldeten Leistung (Teilzahlung, Stundung usw.) als Folge des Rechtsinstruments, das den Anspruch begründet, weder eine Stundung dar noch einen Umstand, der für den Betrag der wiederkehrenden Leistung zum Verlust der Rangklasse 3 oder 4 führt.21) Beispiel (fiktiver Sachverhalt in Anlehnung an eine in RGZ 83, 87 ff. geschilderte nach dem dortigen Sachverhalt mögliche Konstellation, vgl. dazu die Möglichkeit nach § 135 Abs. 2, Abs. 3 Satz 4 BauGB): –

Eine durch Bescheid der Kommune K. gegen das Unternehmen S. festgesetzte öffentlich-rechtliche Beitragsforderung unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG in Höhe von 1.000.000 € wäre am 15.2.2006 fällig, soweit der Schuldner nicht Teilzahlungen vorzieht. Die zugrunde liegende Satzung lässt dem jeweiligen Schuldner nach, diesen Betrag in zehn gleichen Jahresraten (im Beispiel zu je 100.000 €) zu tilgen, beginnend am 15.5.2006; Folgezahlungen sind dann fällig jeweils am 15.5. des Folgejahres bis 15.5.2015. In diesem Falle sind aus dem jeweils offenen Betrag Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Hauptrefinanzierungssatz der EZB (§ 247 BGB) zu zahlen, die ebenfalls jährlich zu entrichten sind. Satzung und Bescheid sind rechtmäßig. S. entscheidet sich für die Ratenzahlung, entrichtet aber bereits die Rate zum 15.5.2008 nicht mehr, ebenso wenig Zinsen. Am 20.2.2012 wird die Beschlagnahme des betroffenen betrieblichen Grundstücks aufgrund Versteigerungsantrags eines Grundpfandgläubigers G. wirksam, die Kommune K. tritt am 20.6.2012 bei (§ 27 ZVG). Am 15.9.2013 wird das Grundstück in der Versteigerung einem Erwerber zugeschlagen. Damit stellt sich die Frage, wie die unbezahlten Forderungen der Kommune K. im Hinblick auf § 13 ZVG einzuordnen sind. Nach der hier vertretenen Meinung ist die Lage wie folgt zu beurtei-

_____________ 19) Siehe dazu, auch zu den Beispielen, Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 13 m. w. N., mit Hinweis auf die historische Auslegung hiervon; eingehend Stöber, ZVG, § 13 Rz. 2.8, m. w. N. Die von der Literatur herangezogene Judikatur des Reichsgerichts (zu unter § 10 Nr. 3 ZVG fallenden Straßenanliegerbeiträgen nach vormaligem preußischem Recht, deren „Veranlagungen und Zahlungsfristen“ weitgehend außerhalb der Zweijahresfrist der Rangklasse 3 lagen) steht im Ergebnis auf dem Standpunkt, durch nachträgliche Abreden könne das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG nicht generiert werden, siehe RG, Urt. v. 11.7.1913, Rep V. 60/13, RGZ 83, 87 ff., 91. Zu die Fälligkeit beeinflussenden Instrumenten vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 271 Rz. 13 ff. 20) A. A. Stöber, ZVG, § 13 Rz. 2.8 a. E., wonach es auf den Zeitpunkt der Stundung nicht ankomme; vielmehr solle im Einklang mit der Denkschrift zum ZVG im Rahmen der Fristen des ZVG in der jeweiligen Rangklasse eine Stundung möglich sein, aber nicht darüber hinaus. 21) So im Ergebnis RG, Urt. v. 11.7.1913, Rep V. 60/13, RGZ 83, 90; BGH, Urt. v. 2.4.2004 – V ZR 105/03, juris Rz. 8 f. Ls. 2 = DNotZ 2005, 375 ff. (Keine Stundung bei Zug-um-ZugVereinbarung); BGH, Urt. v. 1.2.2007 – III ZR 159/06, NJW 2007, 1581 ff., 1582, Rz. 16, 17.

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len: Maßgeblicher Beschlagnahmezeitpunkt ist der 20.2.2012 (§§ 13 Abs. 4 Satz 1, 27 Abs. 2 ZVG). Die öffentlich-rechtlichen Forderungen von K. sind wiederkehrende Leistungen als Folge der satzungsmäßigen Strukturierung des Anspruchs, sodass § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG nicht anzuwenden ist (ansonsten fielen die unbezahlten Forderungen in die Rangklasse 7). Der letzte Fälligkeitstermin vor der Beschlagnahme war der 15.5.2011. Die Raten nebst den Zinsen als Nebenleistungen22) einschließlich der zu jenem Zeitpunkt fälligen Forderungen sind in der Rangklasse 3 als laufende Forderungen zu befriedigen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZVG, § 13 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Die drei unbezahlten Raten und Zinsen vom 15.5.2008, 15.5.2009 und 15.5.2010 sind unter zwangsversteigerungsrechtlichem Blick Rückstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 ZVG); davon fallen die beiden letzten rückständigen Raten nebst Zinsen in die Rangklasse 3. Die Rate zum 15.5.2008 fällt in die Rangklasse 7 einschließlich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen und der danach auf diesen Teilbetrag anfallenden Zinsen. –

Enthielten Satzung und Bescheid eine „Verfallklausel“23), die bei Nichtzahlung einer Rate automatisch Fälligkeit des gesamten noch offenen Betrages auslösen würde, wäre der offene Betrag am 15.5.2008 fällig geworden, bei Nichtbezahlung wäre der gesamte Betrag gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG rückständig. In diesem Falle muss man eine einmalige Leistung i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG bejahen, die das Vorrecht der Rangklasse 3 nur genießt, wenn der Rückstand höchstens vier Jahre alt ist. Da der Beitritt erst am 20.6.2012 wirksam wurde und § 13 ZVG ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG keine Aussage darüber trifft, wann der Zeitpunkt liegt, ab dem für die einmalige Leistung der Vierjahreszeitraum zurückzurechnen ist, stellt sich die Frage woran anzuknüpfen ist. Der BGH hat darauf erkannt, dass die Fälligkeit zum Zeitpunkt der Beantragung der Versteigerung durch den Gläubiger oder zum Zeitpunkt seines Beitritts bzw. der Anmeldung im Verfahren nicht länger als vier Jahre zurückliegen darf.24) Vorliegend hätte also K. die Rangklasse verloren.



Bei den Erschließungsbeiträgen stellt sich angesichts des § 135 Abs. 3 Satz 4 BauGB nicht die Frage, ob bei derartigen Teilzahlungsregelungen eine wiederkehrende oder eine einmalige Leistung zu bejahen ist. Fehlt es an einer positiven Norm, spricht bei anfänglich bereits nur in Teilbeträgen zu zahlenden Leistungen nach Maßgabe der Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sehr viel dafür, eine wiederkehrende und nicht eine einmalige Leistung anzunehmen, sodass § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG keine Anwendung findet, da von Anfang an keine Fälligkeit bestand.25)

_____________ 22) Siehe dazu § 12 Rz. 9 ff. [Cranshaw]. 23) Eingehend zu Begriff und Inhalt von Verfallklauseln bei Stöber, ZVG, § 13 Rz. 2.6. 24) BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – V ZB 89/07, Rpfleger 2008, 213 = NVwZ-RR 2008, 43, III 2c) der Gründe (Schmutzwasserbeitrag), ebenso BGH, Urt. v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, juris Rz. 15 ff. = ZfIR 2012, 713 ff. = ZIP 2012, 1629 ff. (Erschließungsbeitrag nach § 135 BauGB). 25) A. A. wohl Stöber, ZVG, § 10 Rz. 6.17 zu Erschließungsbeiträgen. Im hier verstandenen Sinne aber wohl RG, Urt. v. 11.7.1913, Rep V. 60/13, RGZ 83, 87 ff., 90. Zu der Frage, ob die Leistung einmalig oder wiederkehrend ist, verhält sich der Beschluss des BGH zu V ZB 89/07 nicht, ebenso wenig das BGH-Urt. v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, juris Rz. 15 ff. = ZfIR 2012, 713 ff. = ZIP 2012, 1629 ff. (Erschließungsbeitrag nach § 135 BauGB).

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3.

§ 13

Fälligkeitszeitpunkte

Die Fälligkeit einer Forderung hat entscheidende Bedeutung für die Befriedigung der Forderungen in der Rangklasse 1 (Zwangsverwaltung, § 155 Abs. 2 ZVG, „laufende wiederkehrende Leistungen“, siehe oben) sowie in den Rangklassen 2 – 4 und den Rangklassen 7 und 8. Das ZVG definiert den Begriff aber nicht, sondern setzt ihn voraus. Fälligkeit ist damit ein Begriff des materiellen Rechts, gleichgültig ob des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts (siehe § 13 Abs. 2 Halbs. 1 ZVG und Rz. 32 ff.).

26

Die Fälligkeit kennzeichnet den Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger die Leistung fordern kann.26) Sie ist einer der beiden Aspekte der Leistungszeit gemäß § 271 BGB, der auf der Seite des Schuldners die Leistungsbefugnis, die Erfüllbarkeit der Leistung, entspricht;27) es handelt sich um eine im Zivilrecht wie im öffentlichen Recht gleiche Begrifflichkeit.28) Wann im Einzelfall die Fälligkeit eintritt, bestimmt sich nach dem konkreten Rechtsverhältnis. Betrachtet man unter diesem Aspekt die Rangklassen des § 10 Abs. 1 ZVG, so resultiert folgendes:

27

In der Rangklasse 2 resultiert die Fälligkeit der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft entweder aus einer fälligkeitsbestimmenden allgemeinen Regelung in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung oder einer Beschlussfassung der Mehrheit der Wohnungseigentümer (§ 21 Abs. 7 WEG)29) bzw. aus § 28 Abs. 2 WEG für die Vorschüsse auf das Hausgeld i. V. m. § 271 BGB, falls nichts anderes vereinbart ist oder beschlossen wird.30) Dies entspricht im Ergebnis auch der BGH-Judikatur. Der Senat hat im Grundsatz ferner gestattet, die Jahresbeiträge auf das Hausgeld in einem Beschluss über den konkreten Wirtschaftsplan im Voraus zu fordern und den Eigentümern die Zahlung in Raten nachzulassen. Mittels einer Verfallklausel kann dann die „Gesamtfälligkeit wiederhergestellt werden“, sobald ein Rückstand auftritt. In der Teilungserklärung wäre diese Vorgehensweise wohl auch generell zulässig.31) Bei solchen Fallkonstellationen ist auf die einzelnen Teilleistungen § 13 Abs. 1, Abs. 4 ZVG anwendbar, begrenzt durch § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ZVG. Mit Verfallklausel treten Fälligkeiten früher ein und ein teilweiser Verlust der Rangklasse wird wahrscheinlicher.

28

In der Rangklasse 3 resultiert die Fälligkeit aus dem zugrunde liegenden öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis, dem Gesetz, der Satzung bzw. dem darauf gestützten wirksamen Bescheid, der die Fälligkeit des Anspruchs bestimmt und der nicht be-

29

_____________ 26) Vgl. statt aller BGH, Urt. v. 1.2.2007 – III ZR 159/06, juris Rz. 16 = NJW 2007, 1581 ff. Rz. 16 m. w. N. = ZIP 2007, 1114 ff. 27) Prütting/Wegen/Weinreich/Zöchling-Jud, BGB, § 271 Rz. 1; Palandt/Grüneberg, BGB, § 271 Rz. 1 m. w. N. 28) Prütting/Wegen/Weinreich/Zöchling-Jud, BGB, § 271 Rz. 2. 29) Prütting/Wegen/Weinreich/Elzer-Riecke, BGB, § 21 WEG Rz. 20 („Hausgeldinkasso“), § 28 WEG Rz. 9; Palandt/Bassenge, BGB, § 21 WEG Rz. 20, § 28 WEG Rz. 8, 11. 30) Zu den Vorschüssen siehe auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 8 sowie Prütting/ Wegen/Weinreich/Elzer-Riecke, BGB, § 28 WEG Rz. 9 m. w. N., auch zur Frage der Verjährung, wenn der Rückstand nochmals zum Beschlussgegenstand gemacht wird; der Einfluss auf die Verjährung ist danach umstr. 31) Siehe BGH, Urt. v. 24.6.2005 – V ZR 350/03, ZfIR 2005, 827 ff. = NJW 2005, 3146 ff.

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§ 13

Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände

standskräftig, aber vollziehbar sein muss. Bei öffentlichen Abgaben und Kosten ist dies stets der Fall (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).32) In die Rangklasse 3 fallen diese Ansprüche freilich nur, wenn sie öffentliche Grundstückslast sind.33) Fehlt es an einer Fälligkeitsangabe, tritt als Folge des § 271 BGB (analog) sogleich mit Bekanntgabe Fälligkeit ein (siehe oben). Im Steuerrecht sowie im Recht der Abgaben und Beiträge ist in denjenigen Regelwerken, auf die die AO anwendbar ist, § 220 Abs. 2 AO heranzuziehen, sodass der Anspruch mit seiner Entstehung fällig wird, sofern es an einer gesetzlichen Fälligkeitsangabe in dem jeweiligen Gesetz fehlt, das Grundlage des Anspruchs ist (§ 220 Abs. 1 AO). Ggf. tritt Fälligkeit erst mit der Festsetzung des Anspruchs (§ 220 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AO) ein, aus dem Blick des ZVG indes nicht erst mit Ablauf der Zahlungsfrist des § 254 AO i. V. m. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO (siehe oben zu Stundungs- und ähnlichen Effekten). Der BGH hat in einer frühen Entscheidung zur Fälligkeit nach damaligem Umsatzsteuerrecht die nach dem maßgeblichen Steuerrecht eintretende Fälligkeit auch für den seinerzeitigen Vorrang des Fiskus gemäß § 61 Abs. 2 KO im Konkursverfahren ausreichen lassen;34) für die Verfahren nach dem ZVG gilt dasselbe. 30

In Rangklasse 4 ergibt sich die Fälligkeit der wiederkehrenden Leistungen aus der Grundbucheintragung bzw. der dieser zugrunde liegenden Eintragungsbewilligung mit der Bestellung des Rechts und der Angaben von Zinsen und Nebenleistungen (vgl. §§ 1115, 1191 Abs. 2, 1192 Abs. 2 BGB). Dasselbe gilt für die Rangklassen 6 und 8 (wobei dort häufig Verjährung eingetreten sein wird, deren Fristen mit dem erfolgreichen Versteigerungsantrag und dem Beitritt neu zu laufen beginnen, § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB)35) Beim Fehlen eines Zinsbeginns bleibt nach der Judikatur nur die Auslegung der Grundbucheintragung bzw. der Eintragungsbewilligung.36) Die in der Literatur thematisierte Frage, ob bei der „Darlehenshypothek“ anstelle der Eintragung der Zinsfälligkeit im Grundbuch die schuldrechtliche Norm des § 488 Abs. 2 BGB (Fälligkeit der Zinsen von Darlehen mit Laufzeiten von mehr als einem Jahr mangels weiterer Absprache jeweils nach Ablauf eines Jahres) treten _____________ 32) Vgl. den Überblick der bei Eintritt der Fälligkeit damit vollziehbaren Anforderung der Zahlung bei Kopp/Schenke, VwGO, § 80 VwGO Rz. 57 ff. 33) Siehe dazu § 10 Rz. 75 ff. [Cranshaw]. 34) BGH, Urt. v. 28.11.1955 – III ZR 181/54, BGHZ 19, 163 ff., 171 f. 35) Bei der Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) wird (wie bei der Hypothek) die Rangklasse 8 meist ohnehin ökonomisch keine Rolle spielen, weil keine Zuteilungen erwartet werden können oder der Anspruch verjährt ist (§§ 195, 197 Abs. 2, 201, 216 Abs. 3 BGB). Dieser Umstand kann dem Gläubiger bei der Rechtsverfolgung gemäß § 1157 BGB entgegengehalten werden. Vgl. zur Verjährung der dinglichen Zinsen BGH, Urt. v. 28.9.1999 – XI ZR 90/98, ZfIR 1999, 836 f. = BGHZ 142, 332 ff., Ls., st. Rspr.; BGH, Urt. v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, juris Rz. 42, 44 = ZfIR 2010, 454 ff. = NJW 2010, 2041 ff. 36) Böttcher, ZVG, § 13 Rz. 9, 11 f. m. w. N. (siehe die nachfolgende Judikatur) mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Trennung von Grundschuld und Zinsansprüchen. Ebenso Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 9. Siehe aus der Rechtsprechung OLG Köln, Beschl. v. 2.11.1959 – 8 W 169/59, NJW 1960, 1108 f.; regelmäßig sei eine Eintragungsbewilligung bei Grundschulden ohne Zinsangabe dahingehend auszulegen, dass der Zinslauf mit Eintragung beginne. Dahingestellt lässt das OLG Köln, ob dies auch für die Hypothek gelte und ob die Angabe des Zinsbeginns in Grundbuch und Bewilligung überhaupt nötig sei. Im Ergebnis für die Grundschuld ebenso RG, Urt. v. 23.4.1932 – V 3/32, RGZ 136, 232 ff., 235.

160

Cranshaw

Laufende wiederkehrende Beträge und Rückstände

§ 13

könne,37) ist in der Praxis ohne Bedeutung. Bei den institutionellen Gläubigern, den Banken usw., kann ein solcher Fall nur bei erheblichen Bearbeitungsmängeln vorkommen. III. Gleichstellung von Ansprüchen und ähnliche Sachverhalte gemäß § 13 Abs. 2 ZVG § 13 Abs. 1 ZVG ist nach § 13 Abs. 2 ZVG auf alle Forderungen und ungeachtet anderweitiger anderer Fristen als in den Rangklassen 3 und 4 anzuwenden.

31

§ 13 Abs. 2 ZVG vereinheitlicht im Ergebnis die Durchsetzung der Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen,38) indem

32



der Rechtscharakter des jeweiligen Anspruchs (privat- oder öffentlich-rechtlich) gleichgültig ist,



ebenso seine Rechtsgrundlage (Bundes- oder Landesrecht) und auch



längere Fristen als sie in den Rangklassen 3 oder 4 vorgesehen sind.

Die Gläubiger werden also bei den wiederkehrenden Leistungen außerhalb des „Wasserfalls“ der Rangklassen nicht noch einmal einer weiteren Rangfolge als Konsequenz außerhalb des ZVG stehender Vorschriften unterworfen. Eine Abweichung sieht § 13 Abs. 2 letzter Halbs. allerdings vor. Sind die Fristen der auf den konkreten Anspruch anzuwendenden Norm kürzer als diejenigen der Rangklassen 3 und 4, werden diese für die Befriedigung „vom letzten Fälligkeitstag vor der Beschlagnahme zurückgerechnet“, eine im Ergebnis klarstellende Regelung.

33

IV. Auffanglösung bei fehlendem Fälligkeitstermin gemäß § 13 Abs. 3 ZVG Fehlt ein Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der letzten beiden Jahre vor der Beschlagnahme bzw. kann ein solcher nicht festgestellt werden, ist der Tag der Beschlagnahme entscheidend. Der historische Gesetzgeber des ZVG wollte bei solchen Sachverhalten aus praktischen Erwägungen die laufenden wiederkehrenden Leistungen am Tag der Beschlagnahme beginnen lassen, die davor fälligen Beträge sollten Rückstände sein.39) Erst recht gilt das, wenn die erste Fälligkeit nach der Beschlagnahme liegt.40) Die Norm hat Bedeutung für Zinsen jeglicher Art (als wiederkehrende Nebenleistungen), soweit sie keinen fest bestimmten Fälligkeits-

_____________ 37) Siehe zu der Problematik eingehend bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 9, 12; ebenso Böttcher, ZVG, § 13 Rz. 10. 38) Die Bestimmung des § 13 Abs. 2 ZVG ist durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 20.8.1953, BGBl. I 1953, 952, in das ZVG aufgenommen worden, ausgehend von der Regelung in einer Verordnung v. 31.3.1936; die dortige Bestimmung wird als zweckmäßig und beizubehalten bezeichnet. Eine nähere Begründung enthält der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht, siehe BT-Drucks. 3668, 1. Wahlperiode, S. 14. 39) Vgl. Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 13 Rz. 3, unter Zitierung der diese Erwägungen darstellenden Motive und zur weiteren Normentwicklung bis zum Erlass des Gesetzes. Häufig werden bei solchen Konstellationen die Ansprüche in die Rangklassen 7 oder 8 fallen, siehe das Beispiel einer Rentenschuld bei Jaeckel/Güthe, a. a. O. 40) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 13 Rz. 5 a. E. m. w. N.; das ist ebenfalls zwangsläufige Folge des § 271 BGB, siehe oben.

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34

§ 14

Ansprüche von unbestimmtem Betrag

termin haben. Die Folge ist dann die „tägliche“, d. h. jederzeitige Fälligkeit, als Konsequenz des § 271 BGB. Hierzu zählen beispielsweise Verzugszinsen, Prozesszinsen, in dem gesetzlich zulässigen Umfang Zinseszinsen (vgl. § 248 Abs. 2 BGB) und daher auch die Zinsen aus Zwangssicherungshypotheken.41) _____________ 41) Zu dem hier relevanten Katalog von Zinsen und zur Zwangssicherungshypothek siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 13 Rz. 5, sowie Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 12 f.; vgl. dort jeweils auch die Hinweise auf Zinsen im Zusammenhang mit Wechseln und Schecks, die als Folge der geänderten Zahlungsverkehrsmodalitäten und gewandelter Finanzierungsstrukturen wesentlich an Bedeutung eingebüßt haben.

§ 14 Ansprüche von unbestimmtem Betrag Ansprüche von unbestimmtem Betrag gelten als aufschiebend bedingt durch die Feststellung des Betrags. Literatur: Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988 51; Gehrlein, Notwendigkeit eines Doppelausgebots bei nachrangigem Altenteil, ZInsO 2010, 1970; Teufel, Gedanken zu § 14 ZVG, Rpfleger 1977, 193. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Abgrenzung zwischen betragsmäßig unbestimmten und „bestimmten“ Rechten ........................ 7

I.

1. 2.

Schnittstelle: Abgrenzung zu den Rechten mit bestimmtem Betrag .......... 7 Ansprüche unbestimmten Betrages ... 13

Normfunktion

1

§ 14 ZVG regelt die Frage, was mit Ansprüchen geschieht, die der Höhe nach noch nicht geldmäßig beziffert werden können, die also noch unbestimmt sind. Systematisch ist zu differenzieren zwischen zwei Fallgruppen:1)

2

Zu der einen Gruppe gehören Ansprüche aus Rechten, die auf Geld gerichtet sind und deren Betrag lediglich noch nicht beziffert werden kann.

3

Die zweite Fallgruppe bilden Ansprüche, die grundsätzlich keinen Geldanspruch zum Gegenstand haben, die daher in Geld noch festzustellen bzw. umzurechnen sind.

4

Ohne Belang i. S. d. § 14 ZVG ist, ob ein Geldbetrag auf eine (zugelassene) Fremdwährung lautet (siehe für die Grundstücksvollstreckung § 145a Rz. 1–5 [Cranshaw]), da der Betrag jederzeit in einen bestimmten Geldbetrag in inländischer Währung umrechenbar ist; er ist damit nicht unbestimmt (siehe auch die Kommentierungen zu §§ 158a, 168c und 171e [Cranshaw]).

5

Die unter § 14 ZVG zu subsumierenden Ansprüche, deren Geldbeträge noch nicht feststehen, sind strukturell keineswegs aufschiebend bedingt, sie werden lediglich als solche fingiert, bis der Betrag „festgestellt“ werden kann, ab welchem Zeitpunkt sie „bestimmt“ sind. _____________ 1)

162

Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 3.

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§ 14

Ansprüche von unbestimmtem Betrag

termin haben. Die Folge ist dann die „tägliche“, d. h. jederzeitige Fälligkeit, als Konsequenz des § 271 BGB. Hierzu zählen beispielsweise Verzugszinsen, Prozesszinsen, in dem gesetzlich zulässigen Umfang Zinseszinsen (vgl. § 248 Abs. 2 BGB) und daher auch die Zinsen aus Zwangssicherungshypotheken.41) _____________ 41) Zu dem hier relevanten Katalog von Zinsen und zur Zwangssicherungshypothek siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 13 Rz. 5, sowie Löhnig/Fischinger, ZVG, § 13 Rz. 12 f.; vgl. dort jeweils auch die Hinweise auf Zinsen im Zusammenhang mit Wechseln und Schecks, die als Folge der geänderten Zahlungsverkehrsmodalitäten und gewandelter Finanzierungsstrukturen wesentlich an Bedeutung eingebüßt haben.

§ 14 Ansprüche von unbestimmtem Betrag Ansprüche von unbestimmtem Betrag gelten als aufschiebend bedingt durch die Feststellung des Betrags. Literatur: Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988 51; Gehrlein, Notwendigkeit eines Doppelausgebots bei nachrangigem Altenteil, ZInsO 2010, 1970; Teufel, Gedanken zu § 14 ZVG, Rpfleger 1977, 193. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Abgrenzung zwischen betragsmäßig unbestimmten und „bestimmten“ Rechten ........................ 7

I.

1. 2.

Schnittstelle: Abgrenzung zu den Rechten mit bestimmtem Betrag .......... 7 Ansprüche unbestimmten Betrages ... 13

Normfunktion

1

§ 14 ZVG regelt die Frage, was mit Ansprüchen geschieht, die der Höhe nach noch nicht geldmäßig beziffert werden können, die also noch unbestimmt sind. Systematisch ist zu differenzieren zwischen zwei Fallgruppen:1)

2

Zu der einen Gruppe gehören Ansprüche aus Rechten, die auf Geld gerichtet sind und deren Betrag lediglich noch nicht beziffert werden kann.

3

Die zweite Fallgruppe bilden Ansprüche, die grundsätzlich keinen Geldanspruch zum Gegenstand haben, die daher in Geld noch festzustellen bzw. umzurechnen sind.

4

Ohne Belang i. S. d. § 14 ZVG ist, ob ein Geldbetrag auf eine (zugelassene) Fremdwährung lautet (siehe für die Grundstücksvollstreckung § 145a Rz. 1–5 [Cranshaw]), da der Betrag jederzeit in einen bestimmten Geldbetrag in inländischer Währung umrechenbar ist; er ist damit nicht unbestimmt (siehe auch die Kommentierungen zu §§ 158a, 168c und 171e [Cranshaw]).

5

Die unter § 14 ZVG zu subsumierenden Ansprüche, deren Geldbeträge noch nicht feststehen, sind strukturell keineswegs aufschiebend bedingt, sie werden lediglich als solche fingiert, bis der Betrag „festgestellt“ werden kann, ab welchem Zeitpunkt sie „bestimmt“ sind. _____________ 1)

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Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 3.

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§ 14

Ansprüche von unbestimmtem Betrag

Die Regelung spielt eine Rolle für die Feststellung des geringsten Gebots, in welches die Ansprüche nach § 14 ZVG aufgenommen werden, und zwar nach Maßgabe der §§ 46, 48, 50 Abs. 2 Nr. 1 ZVG.2) Bei der Erlösverteilung sind die §§ 119 ff. ZVG zu beachten, sodass eine Zahlung an den Berechtigten nur dann vorgenommen wird, wenn der Anspruch gegen den Ersteher festgestellt werden kann. Bis dahin ist der Betrag zu hinterlegen und Vorsorge zu treffen, an wen zu verteilen ist, wenn die Bedingung endgültig nicht eintritt. Ist der Betrag festgestellt, ist der Zweck des § 14 ZVG erreicht.3)

6

II. Abgrenzung zwischen betragsmäßig unbestimmten und „bestimmten“ Rechten 1.

Schnittstelle: Abgrenzung zu den Rechten mit bestimmtem Betrag

Die entscheidende Schnittstelle der Norm des § 14 ZVG ist die Abgrenzung von Rechten mit unbestimmtem Geldbetrag von denen mit bestimmtem Betrag.

7

„Bestimmt“ sind alle Grundpfandrechte einschließlich der Sicherungshypothek (§ 1184 BGB), der Zwangssicherungshypothek (§ 866 ZPO, § 1184 BGB), der Höchstbetragshypothek (§ 1190 BGB) und der Arresthypothek (§§ 932, 923 ZPO).

8

Die Hypothek (§ 1113 Abs. 1 BGB), die Grundschuld (§§ 191 Abs. 1 BGB) und die Rentenschuld (§ 1199 Abs. 1 BGB) enthalten bereits nach ihrer Legaldefinition das Kriterium einer „bestimmten Geldsumme“.

9

Die Schiffshypothek (§ 8 Abs. 1 SchiffsRG) einschließlich der Höchstbetragsschiffshypothek (§ 75Abs. 1 SchiffsRG) ebenso wie das Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen (§ 1 LuftFzgG) tragen ebenfalls bereits in der Legaldefinition den Begriff eines „bestimmten Betrages“. Sie sind daher gleichfalls nicht unter § 14 ZVG zu subsumieren.

10

In der Literatur werden ferner Unterhaltsansprüche und vergleichbare Forderungen thematisiert, die auf einen Geldbetrag lauten, aber an den Eintritt eines bestimmten Ereignisses geknüpft sind oder Forderungen, welche mit einer Wertindexierung versehen sind. Auch sie gehören nicht zu den Fällen des § 14 ZVG, da sich die Höhe des Anspruchs jederzeit ermitteln lässt, also i. S. d. Norm „bestimmt“ ist.4) Betagte unverzinsliche Ansprüche, die bestehen, aber deren Fälligkeit noch nicht eingetreten ist, sind ebenfalls „bestimmt“ und nicht unbestimmt nach § 14 ZVG.5)

11

_____________ 2)

3) 4) 5)

Mit Stöber, ZVG, § 14 Rz. 3.1 ist davon auszugehen, dass § 50 Abs. 2 Nr. 1 InsO im Zusammenhang mit § 14 ZVG keinen Anwendungsbereich hat, denn § 50 Abs. 2 ZVG hat die eingetragenen Grundpfandrechte des § 50 Abs. 1 ZVG im Blick, deren Betrag stets bestimmt ist; für Abs. 2 dieser Vorschrift gilt das nicht minder. Daher ist auch § 51 Abs. 1 ZVG nicht anwendbar, worauf die Literatur zu Recht hinweist, siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 7 m. w. N.; Böttcher, ZVG, § 14 Rz. 14 a. E. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 14 Rz. 1. Einhellige Meinung, vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 14 Rz. 5; Böttcher, ZVG, § 14 Rz. 11; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 3. So zutreffend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 14 Rz. 6 mit dem Hinweis auf § 111 ZVG, wonach der betagte Anspruch bei ungewissem Fälligkeitstermin als aufschiebend bedingt fingiert wird.

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§ 14 12

Ebenso besteht weitgehend – und zutreffend – Einigkeit darüber, dass § 14 ZVG nicht ausdehnend ausgelegt werden kann und daher nicht heranzuziehen ist, wenn nicht geklärt ist, wer Gläubiger oder Schuldner des Anspruchs ist oder wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs streitig sind.6) Ein argumentum a minore ad maius, erst recht müsse die Norm herangezogen werden, wenn nicht nur der Betrag, sondern auch schon Beteiligte oder seine Grundlagen streitig seien, ist hier nicht zulässig. Derlei Fragestellungen sind regelmäßig außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens zu klären, nämlich im Prozessverfahren. 2.

13

Ansprüche von unbestimmtem Betrag

Ansprüche unbestimmten Betrages

Zu den unter § 14 ZVG zu subsumierenden Rechten bzw. Ansprüchen gehört/ gehören: –

Die Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB).



Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB), einschließlich des dem Nießbrauch ähnelnden Wohnungsrechts nach § 1093 BGB.



Das Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht (§§ 31 ff. WEG).



Ansprüche aus Reallasten (§§ 1105 ff. BGB), die auf unbestimmte Zeit laufen und die nicht in Geldzahlungen bestehen, sondern in sonstigen Leistungen.7) Sie können nach § 1105 Abs. 1 Satz 2 BGB indexiert werden.



Der Nießbrauch (vgl. die §§ 1030, 1031 BGB und die weiteren für den Nießbrauch an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten geltenden Vorschriften).



Ansprüche auf Leistungen aufgrund eines Altenteils (auch Leibgedinge, Leibzucht, Auszug, vgl. § 9 EGZVG), das ohne gesetzliche Definition bei entsprechender Eintragung im Grundbuch als Konglomerat von beschränkter persönlicher Dienstbarkeit bzw. Reallast auftritt oder das im Einklang mit dem Landesrecht überhaupt nicht im Grundbuch eingetragen ist. Dennoch bleibt das Recht auch dann bestehen, wenn es nicht in das geringste Gebot fällt (§ 9 Abs. 1 ZVG i. V. m. entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften).8) In diesen Fällen, die sich durch unbestimmte Dauer auszeichnen, sind die regelmäßig zu erbringenden Leistungen unter die §§ 14 und 92 Abs. 2 ZVG zu subsumieren. Das nach den §§ 119 – 121 i. V. m. § 92 Abs. 1 ZVG zu bildende „Deckungskapital“ ist kein Anwendungsfall des § 14 ZVG.9) Erst mit Feststellung der Höhe der Geldrente kann diese gezahlt werden.

_____________ 6)

7) 8)

9)

164

Eingehender dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 6 m. w. N., auch zur Gegenmeinung von Teufel, Rpfleger 1977, 193 ff.; Böttcher, ZVG, § 14 Rz. 2 a. E. m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 14 Rz. 2; ausführlich auch Stöber, ZVG, § 14 Rz. 2.4. Vgl. den Überblick bei Palandt/Bassenge, BGB, § 1105 Rz. 1 ff., 4 ff. m. w. N. Eingehend dazu Gehrlein, ZInsO 2010, 1970 ff. Die Bestellung eines lebenslangen Wohnrechts (bzw. einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder Reallast) an einer städtischen Immobilie (Grundstück, grundstücksgleiches Recht) für den bisherigen Eigentümer nach lebzeitiger Übertragung an Angehörige (Kinder) ist nach zutreffender Würdigung von Gehrlein, ZInsO 2010, 1971, ein Altenteilsrecht i. S. d. § 9 EG ZVG. Böttcher, ZVG, § 14 Rz. 8.

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§ 14

Ansprüche von unbestimmtem Betrag



Höchstbeträge für den Wertersatz (§ 92 ZVG) im Falle des Erlöschens von nicht auf Kapitalleistung gerichteten Rechten, die nicht ablösbar sind, § 882 BGB. Der eingetragene Wert stellt lediglich die Obergrenze dar, der auf Widerspruch gegen den Teilungsplan (§ 115 ZVG) noch auf den tatsächlichen Wert reduziert werden kann.10)



Der Gesetzessystematik entsprechend Ansprüche, die durch Vormerkung (§§ 883 ff. BGB) bzw. Widerspruch (§§ 894, 899 BGB) besichert sind, der Natur der Sache nach aber nur, wenn der besicherte Anspruch selbst unter § 14 ZVG zu subsumieren ist.11)



Das dingliche Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle (§§ 1094 ff. BGB).12)

_____________ 10) Palandt/Bassenge, BGB, § 882 Rz. 1 m. w. N. 11) So Löhnig/Fischinger, ZVG, § 14 Rz. 4 m. w. N. 12) Vgl. in diesem Sinne Böttcher, ZVG, § 14 Rz. 6 m. w. N. zum erloschenen Vorkaufsrecht, bei dem der Wertersatzanspruch nach § 92 Abs. 1 ZVG unbestimmt sei. Siehe dort auch zu Erbbaurechten vor dem 22.1.1919. Das einmalige Vorkaufsrecht erlischt ohne Wertersatz, Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.10.

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165

Zweiter Titel Zwangsversteigerung I. Anordnung der Versteigerung § 15 Anordnung der Versteigerung Cranshaw

Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag angeordnet. Literatur: Alff, Rpfleger 2002, 90, Anm. zu LG Halle, Beschl. v. 20.9.2001 – 2 T 151/01, Rpfleger 2002, 89 (Anwendung des § 727 ZPO auf den vorläufigen starken Insolvenzverwalter); Becker, ZfIR 2013, 738, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 13.9.2013 – V ZB 198/12, ZfIR 2013, 734 ; Cranshaw, Taktik in der Zwangsversteigerung, in: Löhnig (Hrsg.), ZVG, 2010, S. 140; ders., Effizientes Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsmanagement – Perspektiven aus Gläubigersicht (Teil 1), ZfIR 2013, 345; ders., jurisPR-HaGesR 3/2013, Anm. 3 zu OLG München 34 Wx 461/12, (Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer polnischen AG in das Grundbuch); ders., jurisPR-InsR 17/2011, Anm. 1 zu BGH, Urt. v. 13.1.2011 – I ZR 53/09, ZInsO 2011, 389. (zur fehlenden Bindung des Insolvenzverwalters an einer vollstreckungsbeschränkenden Abrede mit einem Grundpfandgläubiger); ders., Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Kommunen, 2007; ders., ZfIR 2014, 530, Anm. zu BGH, Urt. v. 20.3.2014 – IX ZR 80/13, ZfIR 2014, 528; Hermann, jurisPR-InsR 12/2008, Anm. 3, Anm. zu BGH, Beschl. v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, juris, („Anspruch gegen Inhaber wertloser Grundpfandrechte auf Erteilung der Löschungsbewilligung“); Hintzen, EWiR 2001, 1151, Anm. zu LG Halle, Beschl. v. 20.9.2001 – 2 T 151/01, Rpfleger 2002, 89 (siehe oben); Terner, ZfIR 2008, 32, Anm. zu BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 102/06, ZfIR 2008, 28 („Zulässiger Antrag auf Teilungsversteigerung nur mit Zustimmung des Ehegatten bei das ganze Vermögen darstellendem Miteigentumsanteil am Grundstück“); Zimmer, Die Anwendung des § 1365 BGB in der Teilungsversteigerung, NJW 2007, 3104; Zimmer, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 11.4.2013 – V ZB 109/12, ZfIR 2013, 550 (Löschung eines durch Zeitablauf erloschenen Erbbaurechts nur gegen zeitund ranggerechte Eintragung der Entschädigungsforderung), ZfIR 2013, 552. Übersicht I.

Normfunktion, Anwendungsbereich ................................................... 1 II. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen und Gegenstände der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, Rechtsschutzinteresse des Gläubigers ...................... 9 1. Rechtsschutzinteresse des Gläubigers (Vollstreckungsversteigerung) ........ 9 a) Allgemeines Rechtsschutzinteresse .......................................... 9 b) Verfolgung von „Bagatellforderungen“ und „aussichtslose Vollstreckungsmaßnahmen“ ................. 12

2.

Rechtsschutzinteresse und Antragsbefugnis außerhalb der gläubigergetriebenen Verfahren nach dem ZVG .... 19 a) Insolvenzverwalterversteigerung ..................................... 19 b) Nachlassversteigerung ................. 20 3. Vollstreckungsgegenstände nach dem ZVG ............................................. 22 III. Beteiligte – Schuldner und Gläubiger ............................................ 30 1. Beteiligung und Beteiligteneigenschaft ........................................... 30 a) Verfahrensbeteiligte ..................... 30 b) Beteiligungsfähigkeit ................... 31

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

c) Verfahrensfähigkeit, Prozessfähigkeit ........................................ 42 d) Mängel der Partei- oder der Prozessfähigkeit ........................... 51 2. Schuldner ............................................. 54 a) Person des Schuldners ................. 54 b) Sonderfragen bei Schuldnern bestimmter Rechtsform ............... 56 3. Gläubiger ............................................. 57 IV. Titel, Klausel, Zustellung .................. 58 1. Vollstreckungsvoraussetzungen ......... 58 2. Vollstreckungstitel und Rangklassen, Zahlungs- und Duldungstitel ............. 59 3. Geeignete Titel, Vollstreckbarkeit mit und ohne Sicherheitsleistung ....... 62 a) Geeignete Vollstreckungstitel ..... 62 b) Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung ................................. 64 4. Inhalt des Titels – die Parteibezeichnungen ......................................... 67 5. Vollstreckungsklausel, § 724 ZPO ..... 81 a) Erforderlichkeit der Vollstreckungsklausel ............................... 81 b) Änderungen auf Gläubiger- und Schuldnerseite nach Entstehung des (rechtskräftigen) Titels ........... 83 c) Klauselerteilung bei der Sicherungsgrundschuld ........................ 84 6. Notarielle Urkunden als Vollstreckungstitel, Fragen der Unterwerfungserklärung .............................. 85 7. Zustellung, § 750 ZPO ....................... 89 8. „Vollstreckungshindernisse“, Fälle hinausgeschobener Vollstreckung, Vollstreckungsabsprachen zwischen Gläubiger und Schuldner .................... 93 a) Vollstreckungshindernisse nach § 775 ZPO .................................... 93 b) „Zeitlich beschränkender Vollstreckungsvertrag“ ....................... 94 c) Befristeter Eintritt der Vollstreckbarkeit, Vollstreckung bei Verurteilung Zug-um-Zug .......... 101 d) Vollstreckungshemmnisse durch BauGB und Flurbereinigungsgesetz? .............................. 104 V. Einige Sonderfragen der Immobiliarvollstreckung ........................... 105 1. Fälligkeit des Sicherungsgrundpfandrechts ........................................ 105 2. Eigentümergrundschulden im Verfahren, § 1197 BGB ..................... 109 3. Wohnungs- und Teileigentum sowie die weiteren Rechte nach dem WEG in den Verfahren nach dem ZVG ....... 112 a) Immobiliarvollstreckung durch dritte Gläubiger, Veräußerungsbeschränkung .................... 112

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b) „Gemeinschaftsinterne“ Immobiliarvollstreckung ................ 113 4. Erbbaurechte im Verfahren, Heimfallproblematik, Übernahme der Grundpfandrechte ...................... 116 5. Schnittstellen zwischen Immobiliarvollstreckungsverfahren und Insolvenzverfahren ............................ 119 a) Vollstreckungsverbote, Anfechtung ................................. 119 b) Vollstreckungsklausel im Insolvenzverfahren .................... 120 c) Titulierung gegen den Insolvenzverwalter ............................. 126 d) Vollstreckungsschutz des Schuldners gegen den Insolvenzverwalter ............................. 127 6. Immobiliarvollstreckung in den Nachlass, Beschränkung der Erbenhaftung, internationales Erbrecht .... 128 a) Durchführung des Verfahrens nach dem ZVG gegen den Erblasser in Vollstreckungsgegenstände aus dem Nachlass ........... 128 b) Zeitraum zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft oder Ablauf der Ausschlagungsfrist .... 130 c) Vollstreckung gegen die Erben bei Anordnungs-/Beitrittsbeschluss nach dem Tod des Erblassers..................................... 133 d) Internationales Erbrecht .............. 137 7. Folgen des Güterstandes für die Immobiliarvollstreckung, internationales Familienrecht ................... 138 a) Gesetzlicher Güterstand und Gütertrennung ........................... 138 b) Gütergemeinschaft ..................... 140 c) Lebenspartnerschaft und „Altgüterstände“ nach interlokalem Güterrecht .................................. 145 d) Ausländisches Ehegüterrecht .... 147 8. Immobiliarvollstreckung auf Antrag der öffentlichen Hand .......... 148 9. Beschränkte Vollstreckung gegen Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts ..................................... 150 VI. Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ........................... 155 1. Anordnungs- und Beitrittsbeschluss ............................................ 155 2. Zwischen-/Aufklärungsverfügungen zur Aufklärung und Behebung von Beanstandungen ........ 160 3. Rechtsbehelfsverfahren ..................... 161 VII. Kosten des Verfahrens .................... 166

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

I.

Normfunktion, Anwendungsbereich

Die Norm des § 15 ZVG steht im Zentrum des ZVG und beschreibt zwei entscheidende Verfahrensgrundsätze. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (§ 146 Abs. 1 ZVG verweist auf die Vorschriften über die Anordnung der Versteigerung) sind der Natur der Sache nach keine amtswegigen Verfahren, sondern sie werden nur auf Antrag angeordnet. Zugleich wird damit eine Dispositionsmaxime in die Verfahren nach dem ZVG eingeführt.1) Das Gericht darf über den Antrag des Gläubigers, ungeachtet etwaiger notwendiger oder jedenfalls sachdienlicher und zulässiger Hinweise gemäß § 139 ZPO, nicht hinausgehen (§ 308 ZPO Grundsatz des „ne ultra petita“).2) Es darf allerdings bei Mängeln „darunter“ bleiben und, soweit eine Begründung seiner Entscheidung nötig ist, diese auf andere als von den Beteiligten erwogenen rechtlichen Gesichtspunkte stützen. Beantragt z. B. eine Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft gegen einen Miteigentümer die Zwangsversteigerung wegen eines Zahlungsanspruchs in der Rangklasse 2 des § 10 ZVG, liegen aber die dortigen Voraussetzungen nicht vor, kann die Anordnung in der Rangklasse 5 erfolgen, nicht jedoch umgekehrt. Davon zu unterscheiden ist die Auslegung des Antrags als prozessrechtliche Erklärung analog § 133 BGB bzw. die Umdeutung analog § 140 BGB.3)

1

Zugleich bestimmt die Norm das Vollstreckungsgericht als Vollstreckungsorgan. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht folgt aus § 764 Abs. 1 ZPO und aus § 27 GVG, die örtliche aus den §§ 1, 2 ZVG. Es handelt sich um ausschließliche Gerichtsstände, § 802 ZPO. Die funktionelle Zuständigkeit (des Rechtspflegers) resultiert aus § 3 Abs. 1 lit. i) RpflG; sie kann durch Vorlage nach § 5 RpflG auf den Abteilungsrichter übergehen, ebenso die Entscheidung über Erinnerungen, denen der Rechtspfleger nicht abhilft, § 11 Abs. 2 Satz 6 RpflG. Die internationale Zuständigkeit ist auch in der Europäischen Union eine Funktion der Staatensouveränität der Mitgliedstaaten. Die Vollstreckung ist daher unabhängig von dem Herkunftsstaat des zugrunde liegenden Vollstreckungstitels

2

_____________ 1)

2)

3)

Davon zu unterscheiden ist, dass die Zwangsvollstreckung dem öffentlichen Recht angehört und daher von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Parteiabreden nicht möglich sind; siehe Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 1 unter Hinweis auf RG, Urt. v. 28.2.1930 – VII 645/29, RGZ 128, 81 ff., 85. Die Regelung ist die Folge der auch vollstreckungsrechtlich anzuwendenden „Dispositionsmaxime“, wonach es u. a. Sache der klagenden oder antragstellenden Partei ist, den Umfang der begehrten Durchsetzung ihrer Rechte festzulegen. Siehe den Überblick bei Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 308 Rz. 2 für das Erkenntnisverfahren, und Einl. I Rz. 5 für die gesamte ZPO. Ausnahmen bedürfen gesonderter gesetzlicher Regelung, siehe § 308a ZPO (Entscheidung im Räumungsprozess in Mietsachen über die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch ohne gesonderten Antrag). Siehe zu der Thematik Zöller/Greger, ZPO, Vor § 128 Rz. 25 m. w. N.; eine „eindeutige Erklärung“ kann danach aber nicht im Sinne eines Günstigkeitsprinzips der Interessen des erklärenden Beteiligten ausgelegt werden.

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von den Vollstreckungsorganen desjenigen Staates durchzuführen, in dem der Titel anerkannt wird/ist und in dem er vollstreckt werden soll.4) 3

§ 15 ZVG ist in allen Verfahren nach dem ZVG anzuwenden, unabhängig vom Vollstreckungsgegenstand, ergänzt durch § 27 ZVG über das Beitrittsverfahren nach der ersten Anordnung des Verfahrens nach § 15 ZVG. Die weiteren Verfahrensschritte in dem 1. Abschnitt des zweiten Titels des ZVG über die Anordnung der Versteigerung, den § 15 ZVG mit dem Antragsgrundsatz als Verfahrensmaxime einleitet, befassen sich mit –

dem Antragsinhalt (§ 16 ZVG),



weiteren Voraussetzungen (§§ 17, 18 ZVG) des Verfahrens,



dem Zusammenwirken des Vollstreckungsgerichts mit dem Grundbuchamt (§ 19 ZVG),



der im Mittelpunkt des Verfahrens stehenden Beschlagnahme (§§ 20 – 23 ZVG), dem Zusammenhang zwischen Veräußerung der Immobilie und Beschlagnahme im Sonderfall des § 26 ZVG



und der Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen dem fortbestehenden Besitz- und Nutzungsrecht des Schuldners und der Folge nicht mehr ordnungsgemäßen Schuldnerverhaltens (§§ 24, 25 ZVG).

4

Im Einzelnen wird auf die Kommentierung der zitierten Normen im vorliegenden Kommentar verwiesen.

5

Die Norm des § 15 ZVG muss wie die Bestimmungen des ZVG insgesamt, im Zusammenwirken mit § 864 ZPO und mit § 869 ZPO gesehen werden, der das Verfahren nach dem ZVG mit den allgemeinen zivilprozessrechtlichen Grundsätzen der Zwangsvollstreckung verzahnt. Diese sind demgemäß auch in allen Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren zu beachten, soweit nicht die spezialgesetzlichen Regelungen des ZVG und anderer Regelwerke vorgehen.

6

Im Rahmen des Verfahrens nach dem ZVG sind damit die allgemeinen Voraussetzungen für die Beantragung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens zu prüfen, die für alle derartigen Verfahren gelten, daneben sämtliche einschlägigen Voraussetzungen an ein Vollstreckungsverfahren sowie die spezifischen Vorschriften des ZVG. Der Grundsatz der Spezialität ist in dem ihm jeweils zuerkannten Rahmen zu beachten.

7

Die zunehmende internationale, insbesondere europaweite Verschränkung der Märkte, die Mobilität der Unternehmen und der Menschen führt wiederum stetig zunehmend dazu, dass Verfahren nach dem ZVG Berührungspunkte mit ausländi_____________ 4)

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Eine gewisse Ausnahme stellt der (Anfang 2014) noch im europäischen Gesetzgebungsverfahren befindliche Europäische Pfändungsbeschluss über die vorläufige Kontenpfändung nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europ. Parlaments und des Rates v. 15.5.2014, ABl. (EU) L 189 v. 27.6.2014, S. 59 ff. dar; siehe dazu Cranshaw, DZWiR 2012, 399 ff. Siehe zu der Thematik § 16 Rz. 46 ff. [Cranshaw]. Bei der Vollstreckung ausländischer Titel in Grundstücke ist das nicht vorstellbar. Schon im Hinblick auf den materiellrechtlichen Grundsatz der Maßgeblichkeit der lex rei sitae im Internationalen Sachenrecht (vgl. Art. 43 EGBGB), der in den Internationalen Privatrechten der Rechtsordnungen weltweit anerkannt ist, muss daher anderes gelten.

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schem Recht haben. Das kann den Titel betreffen und dessen Vollstreckbarkeit,5) aber auch materiellrechtliche Fragen, z. B. des Erbrechts oder des Ehegüterrechts, Fragen der Partei- oder Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person, Personengesellschaft oder eines sonstigen Verbandes sowie des Umfangs der jeweiligen Vertretungsmacht. Dabei besteht beispielsweise keineswegs Sicherheit für die Beteiligten, dass z. B. die inländische Niederlassung eines ausländischen Schuldners im inländischen Handelsregister (oder Grundbuch) eingetragen ist. Relevant werden diese Fragen, wenn ein ausländischer Gläubiger im Inland nach dem ZVG vollstreckt oder gegen einen ausländischen Schuldner in einen dem ZVG unterliegenden und im Inland belegenen Vollstreckungsgegenstand6) vollstreckt werden soll. Dem Vollstreckungsgericht obliegt es wie jedem Gericht, innerhalb des bei ihm anhängigen Verfahrens, die Bedeutung der in jenem Verfahren heranzuziehenden Vorschriften des ausländischen Rechts fehlerfrei zu ermitteln (§ 293 ZPO).7) Das Gericht ist in diesem Rahmen auch verpflichtet, die Judikatur der betroffenen ausländischen Rechtsordnung zu ermitteln und zu berücksichtigen.8) Das ausländische Recht ist allerdings nach ganz überwiegender Rechtsprechung nicht revisibel.9) Die Verantwortung liegt damit bei den Instanzgerichten. Ein in praxi ganz außerordentlich seltenes Problem ist die Frage der Unterstellung unter die deutsche Gerichtsbarkeit, die zu verneinen ist, wenn der Schuldner ein ausländischer Staat ist, in dessen hoheitliches genutztes Eigentum vollstreckt werden soll. Der völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität hindert die Vollstreckungsmaßnahme.10) Siehe dazu auch § 16 Rz. 16 f. und Fn. 15, 16 [Cranshaw].

_____________ 5) Vgl. zu ausländischen Titeln, insbesondere nach der EuGVVO, § 16 Rz. 46 ff. [Cranshaw]. 6) Vgl. paradigmatisch die Diskussion um die Eintragung der Zweigniederlassung einer polnischen Aktiengesellschaft im Grundbuch neben der ausländischen Hauptniederlassung. Das OLG München hat die Zweigniederlassung im Inland als eintragungsfähig betrachtet und die Verlautbarung der Hauptniederlassung (des Gesellschaftssitzes) im Ausland als fakultativ angesehen, wobei das Grundbuchamt ein Ermessen hat (siehe OLG München, Beschl. v. 18.12.2012 – 34 W 461/12, juris Rz. 11 = ZIP 2013, 884 f.). Die Zweigniederlassung muss bei einer solchen Konstellation natürlich gemäß § 13d HGB im inländischen Handelsregister eingetragen sein. Der Gläubiger, der die Vollstreckung in die Immobilie betreibt, kann ggf. die Anschrift des Sitzes aus dem Handelsregister eruieren. Siehe zu dem Beschluss des OLG München auch Cranshaw, jurisPR-HaGesR 3/2013, Anm. 3. 7) Vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2013 – V ZB 197/12, Rpfleger 2014, 71 ff. = ZIP 2013, 2173 ff. = NJW 2013, 2656 ff.; Zöller/Geimer, ZPO, § 293 Rz. 1, 6 – 8a, 9, 10, 14 f. 8) BGH, Urt. v. 14.3.2014 – II ZR 192/13, ZIP 2014, 394 ff. = ZInsO 2014, 452 ff., Rz. 14, 15. 9) BGH, II ZR 192/13, ZIP 2014, 394 ff. = ZInsO 2014, 452 ff., Rz. 14 m. w. N. 10) Beispiel wäre der Versuch der Beschlagnahme zum Zwecke der Versteigerung des Passagierflugzeugs eines ausländischen Staates, das zu privaten Zwecken von dem Staatsoberhaupt oder Regierungschef für eine Reise nach Deutschland benutzt wurde, das aber z. B. der Luftwaffe dieses Staates zugeordnet ist. Der antragstellende Gläubiger hat gegen diesen Staat rechtskräftig titulierte Ansprüche aus Staatsanleihen. Die Vollstreckung ist völkerrechtlich unzulässig. Siehe im Einzelnen § 16 Rz. 16 f. [Cranshaw] m. w. N., (auch zu einem dem hier gebildeten Beispiel entsprechenden Praxisfall).

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II. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen und Gegenstände der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, Rechtsschutzinteresse des Gläubigers 1.

Rechtsschutzinteresse des Gläubigers (Vollstreckungsversteigerung)

a) Allgemeines Rechtsschutzinteresse 9

Das allgemeine Rechtsschutzinteresse des Klägers, Antragstellers bzw. Gläubigers muss bei jeder Verfahrensart und bei jeder Inanspruchnahme der Gerichte vorliegen und damit auch im Zwangsvollstreckungsverfahren, wobei das allgemeine Rechtsschutzinteresse nicht identisch ist, sondern von Verfahrensart zu Verfahrensart Spezifizierungen aufweist. Ohne rechtlich geschütztes Interesse kann kein staatlichhoheitliches Handeln begehrt werden, zumal dieses in die grundrechtlich (durch das Eigentumsrecht geschützte) Sphäre der anderen Partei (z. B. des Schuldners in der Zwangsvollstreckung) eingreift. Das Zwangsvollstreckungsverfahren muss daher verhältnismäßig sein und die gleichermaßen geschützten Rechte von Schuldnern und Gläubigern in „praktischer Konkordanz“11) miteinander vereinen.

10

Eine der zu stellenden Fragen ist diejenige nach einer Bagatellgrenze (siehe unten), unterhalb derer staatlicher Eingriff nicht zulässig ist, rechtliche Einbußen daher hingenommen werden müssen. Das eine Beispiel ist die Anforderung des Mindestbetrages einer Zwangshypothek von 750 € (§ 866 Abs. 3 ZPO).12)

11

Ein weiteres Beispiel ist die Judikatur des BGH, nach welcher Gläubiger, deren Forderungen dinglich offensichtlich vollständig werthaltig (und rechtlich einwandfrei) besichert sind, keinen Insolvenzantrag stellen können, weil ihnen bei einem so weitgehenden Eingriff das Rechtsschutzinteresse im Allgemeinen fehlt.13) Im Umkehrschluss bedeutet diese Entscheidung, dass der Grundpfandgläubiger den Antrag auf Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung stellen können muss. Die am meisten in die Gläubigerrechte eingreifende Regelung des Vollstreckungsrechts im Verhältnis zum Schuldner ist die Restschuldbefreiung der natürlichen Person (§§ 286 ff. InsO), eine Konstellation, bei der der Gesetzgeber aus Gründen des _____________ 11) Zur praktischen Konkordanz siehe Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, S. 28 Rz. 73; das OLG Brandenburg sieht die „Funktion [der] praktischen Konkordanz zwischen Bestands- und Verkehrsschutz“ angesiedelt, Urt. v. 28.6.2012 – 5 U 151/09, NZI 2012, 774 ff., Rz. 2 (zur Versteigerung schuldnerfremden Eigentums). Der BGH hat das Urteil aufgehoben und zurückverwiesen, der Zuschlag ist unwirksam, wenn der „verständige Eigentümer“ anhand der publizierten Terminsbestimmung seine Betroffenheit nicht zu erkennen und demgemäß seine Rechte nicht zu wahren vermochte, BGH, Urt. v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, ZfIR 2014, 155 ff. = NJW 2014, 636 ff. 12) Ziel sei die Wahrung der Übersichtlichkeit des Grundbuchs sowie der Schutz der Immobilie als meist sehr wichtigem Vermögensbestandteil vor der Durchsetzung von „Kleinforderungen“, siehe Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 867 Rz. 3, was angesichts der jedenfalls künftig flächendeckend digital geführten Grundbücher und angesichts des Umstandes, dass der persönliche Gläubiger ohne diese Untergrenze die Versteigerung bzw. die Zwangsverwaltung aus der Rangklasse 5 des § 10 ZVG betreiben kann, nicht vollends zu überzeugen vermag. Ferner gilt die Untergrenze nicht für andere Sicherungshypotheken und naturgemäß auch nicht für rechtsgeschäftlich bestellte Grundpfandrechte. 13) BGH, Beschl. v. 29.11.2007 – IX ZB 12/07, ZInsO 2008, 103 f. = Rpfleger 2008, 220 f., bestätigt von BGH, Beschl. v. 5.5.2011 – IX ZB 250/10, juris = NZI 2011, 632 f. und AG Montabaur, Beschl. v. 7.3.2013 – 14 IN 345/12, juris; vgl. zu der Thematik auch Cranshaw, ZfIR 2013, 345 ff.

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Sozialstaatsprinzips den rechtlichen Schutz des Schuldners über das Vermögensinteresse (Art. 14 GG) des Gläubigers nachvollziehbar und angemessen gestellt hat. Evident wird diese Abwägung der Rechtssphären in der Zwangsvollstreckung bei der Betrachtung des § 765a ZPO in der Ausprägung durch die Judikatur in den letzten knapp 40 Jahren.14) b) Verfolgung von „Bagatellforderungen“ und „aussichtslose Vollstreckungsmaßnahmen“ Die Frage des Rechtsschutzinteresses oder der Sittenwidrigkeit der in Angriff genommenen Maßnahme der Immobiliarvollstreckung stellt sich bei der Verfolgung von Bagatellforderungen ebenso wie bei der Frage der offenkundigen Aussichtslosigkeit der Zwangsvollstreckung.

12

Extremes Beispiel, das diese Fragestellungen in sich vereinen soll: Gläubiger G. verfolgt aus einer Zwangshypothek, die im Grundbuch an offenkundig völlig aussichtsloser Stelle eingetragen ist, eine Teilforderung von 200 € und beantragt die Versteigerung des vom Schuldner selbst genutzten Einfamilienhauses. Der Gläubiger erspart hierdurch keine Kosten (siehe die §§ 7, 54 Abs. 1 GKG und KV Ziff. 2210 zum GKG); der Antrag bringt ihm keinen wirtschaftlichen Vorteil und er ist aussichtslos.

13

Von der Frage, ob bei sehr geringen Forderungen des Gläubigers von der Vollstreckung („Bagatellforderung“), z. B. aus sozialen Gründen, abzusehen ist – und ggf. schon von der Titulierung –, ist die völlig andere Frage zu unterscheiden, ob der Gläubiger, um ggf. Kosten zu sparen, von einer größeren Titelsumme beliebig Kleinstbeträge abspalten darf.15)

14

Bei der Mobiliarpfändung untersagt § 803 Abs. 2 ZPO die aussichtslose Pfändung durch den Gerichtsvollzieher, wenn ein Überschuss für den Gläubiger nicht erwartet werden kann, wenn sie sich als offenbar sinnlos herausstellt. Davon ist wiederum zu unterscheiden, ob der ins Auge gefasste Gegenstand überhaupt pfändbar ist.

15

Zur aussichtslosen Pfändung ist Folgendes festzuhalten: Eine Regelung wie § 803 Abs. 2 ZPO gibt es für die Verfahren nach dem ZVG nicht. Allerdings gibt es eine Schnittstelle mit dieser Thematik mit einem scheinbar ganz anderen Thema. Will nämlich der Schuldner einer grundpfandrechtlich belasteten Immobilie den Grundbesitz „freihändig“ veräußern, so kann eine Verpflichtung für den an aussichtsloser Stelle im Grundbuch positionierten Gläubiger aus § 242 BGB bestehen, sein

16

_____________ 14) Vgl. Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 765a ZPO Vollstreckungsschutz, S. 122 – 140. 15) Es ist völlig in Ordnung, wenn der Gläubiger aus einer Grundschuld in Millionenhöhe nur die Zwangsverwaltung betreibt und dort nur wegen der dinglichen (unverjährten) Zinsen. Unbedenklich ist auch, wenn der Gläubiger die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher aus einem Titel über 100.000 € wegen einer Zinsforderung von 1.000 € betreibt, weil er annimmt, es könne ohnehin kein größerer Betrag beigetrieben werden oder weil er Ratenzahlung vermeiden will, um nicht in der Insolvenz des Schuldners später mit § 133 InsO konfrontiert zu werden.

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Grundpfandrecht gegen Zahlung der Auslagen des Gläubigers für die Löschung freizugeben.16) 17

Vollstreckungsanträgen der öffentlichen Hand nach Verwaltungsvollstreckungsrecht (vgl. im Einzelnen § 16 Rz. 18 – 45 [Cranshaw]), denen die das Vollstreckungsgericht bindende Bestätigung der Vollstreckungsbehörde, die Voraussetzungen der Vollstreckung seien gegeben, nicht beigefügt wird oder bei denen offenkundig ist, dass der Subsidiaritätsgrundsatz des Vorrangs der Mobiliarvollstreckung nicht beachtet wurde, fehlt es am Rechtsschutzinteresse. Sie sind unzulässig.

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Eine allgemeine Subsidiarität des Zwangsversteigerungs- bzw. Zwangsverwaltungsverfahrens zugunsten einer zuvor in Angriff zu nehmenden „schonenderen“ Vollstreckungsmaßnahme, wie die Mobiliarpfändung durch den Gerichtsvollzieher, gibt es für Gläubiger außerhalb des § 322 Abs. 4 AO (in Fällen der Verwaltungsvollstreckung) nicht, auch nicht, wenn die verfolgte Forderung geringfügig ist. Die Grenzen für den Gläubiger bilden die Fälle des § 765a ZPO ab, materiell steht der Vollstreckung in den entsprechenden Fällen auch das Schikaneverbot (§ 226 BGB) als seltene Ausnahme entgegen oder ein Anspruch aus § 826 BGB. 2.

Rechtsschutzinteresse und Antragsbefugnis außerhalb der gläubigergetriebenen Verfahren nach dem ZVG

a) Insolvenzverwalterversteigerung 19

Der Insolvenzverwalter leitet sein Rechtsschutzinteresse sowie seine Antragsbefugnis allein aus den §§ 172 ff. ZVG i. V. m. § 80 InsO bzw. i. V. m. 35 InsO her. Die Versteigerung durch ihn ist Ausdruck seiner Pflicht zur Verwertung der Masse (vgl. insbesondere § 159 InsO). Hat er den Vollstreckungsgegenstand aus der Masse freigegeben, entfällt die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Versteigerung als Folge des Wegfalls des Insolvenzbeschlags ebenfalls. Der Gegenstand ist nicht mehr massezugehörig. b) Nachlassversteigerung

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Die Nachlassversteigerung ist eine Ergänzung der im BGB vorgesehenen Verfahrensweisen zur Beschränkung der Haftung der Erben für die Nachlassverbindlich_____________ 16) BGH, Beschl. v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, ZIP 2008, 884 f. = Rpfleger 2008, 440 f. = NJWRR 2008, 1074 f. (zur Insolvenzzweckwidrigkeit der Zahlung einer „Lästigkeitsprämie“ an nachrangigen Grundpfandgläubiger mit evident aussichtsloser Rechtsposition) m. Anm. Hermann, jurisPR-InsR 12/2008, Anm. 3; Löhnig/Cranshaw, ZVG, Taktik in der Zwangsversteigerung S. 140 ff., Rz. 5, LG Regensburg, Urt. v. 21.9.2009 – 4 O 1442/09, ZIP 2008, 2165 f. = ZInsO 2009, 2015 ff.; OLG Schleswig, Beschl. v. 23.2.2011 – 5 W 8/11, juris, Rz. 14 ff. = ZIP 2011, 1254 ff. = ZInsO 2011, 1745 ff. (Schadenersatzpflicht einer Bank durch Verhinderung des freihändigen Verkaufs infolge Beharrung auf einer nicht gerechtfertigten Lästigkeitsprämie); OLG Nürnberg, Urt. v. 19.11.2013 – 4 U 994/13, ZIP 2013, 2471 = ZfIR 2014, 28 (Zwangssicherungshypothek im Insolvenzverfahren). Der BGH hat in einem aktuellen Urteil v. 20.3.2014 – IX ZR 80/13, ZIP 2014, 978 f. = ZfIR 2014, 528 ff. = ZInsO 2014, 1009 ff. = juris, Rz. 23, seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2008 dahingehend präzisiert, dass eine Insolvenzzweckwidrigkeit dann nicht bejaht werden kann, wenn der an aussichtloser Stelle im Grundbuch positionierte Grundpfandgläubiger eine Lästigkeitsprämie erhält, deren „Betrag ausschließlich zu Lasten eines damit einverstandenen vorrangigen Grundpfandgläubigers geht; vgl. dazu die Anm. von Cranshaw, ZfIR 2014, 530 ff.“

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

keiten (vgl. die §§ 1970 ff., 1971, 1973, 1975, 1990 BGB). Ratio legis ist, die Basis für die Beantwortung der Frage zu schaffen, in welchem Umfang der Erbe, der die Erbschaft angenommen hat, der aber nicht unbeschränkt haftet, die Nachlassgläubiger befriedigen muss. Die Gläubiger, die über Absonderungsrechte an dem Vollstreckungsgegenstand verfügen, sind von dem Ausschluss im Aufgebotsverfahren (§§ 1971, 1973 BGB) nicht betroffen. Der haftende Erbe kann ihre Befriedigung daher nicht verweigern, wenn der Nachlass zugunsten der anderen Gläubiger erschöpft ist.17) Antragsbefugt sind daher die Erben (§ 175 Abs. 1 Satz 1 ZVG), aber auch diejenigen, die befugt sind, das Aufgebotsverfahren der Nachlassgläubiger zu beantragen (§ 175 Abs. 2 Satz 2 ZVG); das sind ebenfalls wieder die Erben (nach Annahme der Erbschaft), aber auch der Nachlasspfleger, Nachlassverwalter bzw. der Testamentsvollstrecker (ebenfalls erst nach Annahme der Erbschaft), soweit „ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht“ (§ 455 FamFG). Ist das Nachlassinsolvenzverfahren beantragt, soll ein Aufgebotsverfahren nicht mehr stattfinden, es endet mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 457 FamFG), das ja seinerseits die Sondermasse „Nachlass“ im Rahmen des § 35 InsO vollständig den Gläubigern zur Verfügung stellt. Die Antragsbefugnis zur Teilungsversteigerung (§ 180 ZVG) ist abhängig von dem für die jeweilige Gemeinschaft geltenden Regelwerk. Dabei ist zu beachten, dass bei den Personen- und Personenhandelsgesellschaften (insbesondere BGBGesellschaft, OHG) die Teilungsversteigerung nur dann zulässig ist, wenn die Gesellschaft nicht nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen auseinandergesetzt wird, sondern wenn unter den Gesellschaftern diese Art der Verwertung des Immobiliarvermögens als eine andere Art der Auseinandersetzung (§ 145 Abs. 1 HGB direkt oder analog) gewählt worden ist (im Gesellschaftsvertrag oder durch gesonderte Beschlussfassung). Wer dann antragsbefugt ist (alle Gesellschafter gemeinsam, die geschäftsführenden bzw. die vertretungsberechtigten Gesellschafter, die Liquidatoren), hängt ebenfalls von den Regelungen des Gesellschaftsvertrags ab mit entsprechenden Folgen für die jeweilige Antragsbefugnis. Der BGH steht bei der BGB-Gesellschaft auf dem Standpunkt, dass nach der Kündigung der Gesellschaft jeder Gesellschafter befugt ist, die Teilungsversteigerung zu beantragen, die Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft steht dem nicht entgegen. Einer vorherigen Klage gegen die anderen Gesellschafter zur Durchsetzung des Anspruchs auf Versteigerung des Gesellschaftsgrundstücks bedarf es nicht. Die Teilungsversteigerung ist hier die Folge des § 731 BGB, der auf § 753 Abs. 1 BGB verweist und damit den Weg der Teilungsversteigerung eröffnet.18) Als Folge der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR ist daher auch § 180 ZVG „nicht mehr unmittelbar“ die Grundlage der Teilungsversteigerung, sondern dies sind die §§ 731, 753 BGB i. V. m. den §§ 180 ff. ZVG (analog).19) _____________ 17) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 175 Rz. 1; Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 175 Rz. 1, S. 664 f. 18) BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, ZfIR 2013, 734 ff. = Rpfleger 2013, 694 ff. = ZIP 2013, 1763 ff. 19) BGH, V ZB 198/12, ZfIR 2013, 734 ff., Rz. 7, 8.

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§ 15 3.

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Vollstreckungsgegenstände nach dem ZVG

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Vollstreckungsgegenstand20) der Verfahren nach dem ZVG sind Grundstücke (mit eigenem Grundbuchblatt, siehe § 3 Abs. 1 GBO; siehe aber auch den grundbuchfreien Grundbesitz,21) bei dem die Eintragung im Grundbuch nur fakultativ ist, § 3 Abs. 2 GBO). Zu den Grundstücken gehört auch das ideelle Miteigentum nach Bruchteilen (§§ 1008 ff. BGB, 741 ff. BGB). Besonderheiten sind bei Grundbesitz von Gesamthandsgemeinschaften zu beachten, wenn der Gläubiger einen Anspruch nur gegen einen einzigen oder einen Teil der Gesamthänder hat; er muss dann den Anteil pfänden (§ 859 ZPO: GbR-Anteil und Anteile an einer Personenhandelsgesellschaft), um danach im Wege der Teilungsversteigerung vorzugehen.22) Hintergrund ist der Umstand, dass der einzelne Gesamthänder nicht über Gesamthandseigentum verfügen kann; siehe im Einzelnen für die BGB-Gesellschaft die §§ 717, 718, 719, für die Erbengemeinschaft § 2040 Abs. 1 BGB (Verfügung über Nachlassgegenstände nur „gemeinschaftlich“), für die in praxi unbedeutende Gütergemeinschaft § 1419 Abs. 1 BGB (nahezu wörtlich übereinstimmend mit § 719 BGB). Sind ausländische Güterstände maßgeblich, sind deren Spezifika zu beachten.

23

Besteht ein vollstreckbarer Anspruch gegen alle an der Gesamthand Beteiligten, muss erheblich differenziert werden:

24

Bei der BGB-Gesellschaft (als Außengesellschaft) bedarf es zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen eines Titels gegen alle Gesellschafter (§ 736 ZPO) oder gegen die Gesellschaft selbst, da diese rechtsfähig ist.23) Die Problematik des fortlaufend möglichen Gesellschafterwechsels bei der BGB-Gesellschaft (Ausscheiden von Gesellschaftern, Übertragung von Gesellschaftsanteilen, soweit der Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschlüsse Letzteres zulassen, ein Standard bei der Publikums-GbR als vermögensverwaltende Anlagegesellschaft für geschlossene Immobilienfonds u. Ä.), versucht das Gesetz mit der Vermutung gemäß § 899a BGB i. V. m. § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO zu lösen bzw. mit der Struktur des § 47 GBO insgesamt. Damit wird die Immobiliarvollstreckung in Grundbesitz der BGBGesellschaft auch dann möglich, wenn im Grundbuch eingetragene Gesellschafter nicht mehr Gesellschafter sind oder wenn neu hinzugetretene Gesellschafter nicht eingetragen wurden. Das ist deswegen von Belang, weil der Übergang der Beteiligung sich materiellrechtlich außerhalb des Grundbuchs vollzieht und auch keiner gesetzlichen Form bedarf. Eine Sonderfrage betrifft den Fall des Eintritts eines neuen Gesellschafters in eine bestehende BGB-Gesellschaft. Er haftet wie der _____________ 20) Siehe den Überblick bei Löhnig/Gietl, ZVG, Gegenstände der Zwangsversteigerung und verwaltung, S. 37 ff. 21) Text des § 3 Abs. 2 GBO: „Die Grundstücke des Bundes, der Länder, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände, der Kirchen, Klöster und Schulen, die Wasserläufe, die öffentlichen Wege, sowie die Grundstücke, welche einem dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnunternehmen gewidmet sind, erhalten ein Grundbuchblatt nur auf Antrag des Eigentümers oder eines Berechtigten.“ Sollte einmal die Versteigerung in ein solches Grundstück erfolgen, wäre § 17 ZVG teleologisch zu reduzieren. 22) Vgl. Löhnig/Gietl, ZVG, Gegenstände der Zwangsversteigerung und -verwaltung, S. 39, Rz. 8. 23) BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 ff.; Zöller/Stöber, ZPO, § 736 Rz. 2, Zöller/Vollkommer, ZPO, § 50 Rz. 18.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

persönlich haftende Gesellschafter der OHG und der KG akzessorisch für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 130 HGB, bei der BGB-Gesellschaft analog), auch für die vor seinem Eintritt entstandenen „Altverbindlichkeiten“. Ein Titel gegen die Gesellschaft ermöglicht auch nach Änderungen im Gesellschafterbestand nach Rechtshängigkeit die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen. Um in das Vermögen des Beigetretenen zu vollstrecken, bedarf es indes eines gesonderten Titels gegen diesen, der zuvor gegen alle anderen Gesellschafter erstrittene Titel (vgl. § 736 ZPO) reicht nicht aus. Für die Erbengemeinschaft wird auf Rz. 20, für die Gütergemeinschaft auf Rz. 22 verwiesen.

25

Vollstreckungsgegenstand sind ferner das Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG, die grundstücksgleichen Rechte nach § 870 ZPO („für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten“), darunter die wichtigen Erbbaurechte nach dem ErbbauRG sowie das eher seltenere Wohnungserbbaurecht (siehe § 30 WEG), das Bergwerkseigentum und altrechtliche Berechtigungen nach Landesrecht i. V. m. dem EGBGB (wie etwa eine Salzabbaugerechtigkeit.24), 25) Soweit relevant werden einzelne Rechte in den jeweiligen Vorschriften behandelt.

26

Einen gesonderten Vollstreckungsgegenstand bilden eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke (SchiffsRG, BinSchG, §§ 162 – 171 ZVG, § 870a ZPO) sowie eingetragene Luftfahrzeuge (LuftFzgG, §§ 171a – n ZVG). Auf die Kommentierung dazu im vorliegenden Kommentar wird verwiesen.

27

Auf die praktisch wenig bedeutende Vorschrift des § 871 ZPO über landesrechtliche Vorbehalte im Kontext mit der Zwangsvollstreckung in Eisenbahnen/Kleinbahnen ist nur der Vollständigkeit halber hinzuweisen. Das „Gesetz über Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs von Bahnunternehmen des öffentlichen Verkehrs“ will den Eisenbahnverkehr als wichtige Infrastruktur möglichst gegen Insolvenz und Zwangsversteigerung der dem Bahnbetrieb auch nur mittelbar zu dienen bestimmten unbeweglichen Gegenstände abschirmen, solange die Betriebsgenehmigung besteht (vgl. die §§ 1, 3 des Gesetzes).26) Die Zwangsversteigerung bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes). Weitergehende Bestimmungen des Landesrechts (für die dem Landesrecht unterstehenden Eisenbahngesellschaften) gehen dem Bundesgesetz vor (§ 3 Abs. 4 des Gesetzes).

28

Zu den Fällen der Grundstücksvereinigung bzw. der Zuschreibung gemäß § 890 BGB siehe § 16 Rz. 59 ff. [Cranshaw].

29

_____________ 24) BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – V ZB 49/12 (Grundbuchsache) Ls. („Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit“), Rpfleger 2013, 260 ff. = NJW-RR 2013, 588 f. 25) Zu weiteren grundstücksgleichen Rechten, die in der Praxis freilich von nur sehr geringer Bedeutung sind sowie zum Gebäudeeigentum der DDR, das vorliegend nicht behandelt wird, vgl. den Überblick bei Löhnig/Gietl, S. 40 f., Rz. 8, 12 ff. (Gebäudeeigentum). 26) Gesetz der Reichsregierung v. 7.3.1934, bereinigte Fassung in BGBl. III Gliederungsnummer 932-1 i. d. F. bis zu Art. 101 d. Gesetzes v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1864. Das Gesetz hat strukturell durch die Privatisierung im Eisenbahnsektor sicherlich an Bedeutung gewonnen. Zu weiteren Einzelheiten zu der Immobiliarvollstreckung in Eisenbahnvermögen vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 65; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, Vor § 172 Rz. 2, 8 und § 2 EG Rz. 9 f.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

III. Beteiligte – Schuldner und Gläubiger 1.

Beteiligung und Beteiligteneigenschaft

a) Verfahrensbeteiligte 30

Die Eigenschaft als Verfahrensbeteiligter an Verfahren nach dem ZVG ergibt sich aus § 9 ZVG, die daraus resultierenden Beteiligungsrechte finden sich in einer Reihe von Normen des ZVG. Daneben stehen die Beteiligten in einem weiteren Sinne, deren Funktionen und „Beteiligungsrechte“ ebenfalls in einer Reihe von Vorschriften des ZVG angesprochen sind (siehe § 9 Rz. 2 f., 57 ff. [Cranshaw]). Die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten setzt stets Beteiligungsfähigkeit (ein mit der Parteifähigkeit des § 50 ZPO identischer Begriff) und Verfahrensfähigkeit (= Prozessfähigkeit) voraus Die Rolle des Betroffenen im Verfahren ist dabei ohne Belang, vielmehr handelt es sich um Voraussetzungen, die in jedem gerichtlichen Verfahren vorliegen müssen. b) Beteiligungsfähigkeit

31

Entspricht die Beteiligungsfähigkeit der Parteifähigkeit, so ist wie in jedem gerichtlichen Verfahren, somit auch im Vollstreckungsverfahren, die Parteifähigkeit im gesamten Verfahrensablauf Verfahrensvoraussetzung. Sie ist daher ebenfalls im gesamten Verfahren von Amts wegen zu prüfen.27) Im materiellen Recht entspricht die Parteifähigkeit oder vorliegend die Beteiligungsfähigkeit (in einem weiteren Sinne als nach § 9 ZVG) der Rechtsfähigkeit (siehe den Wortlaut § 50 ZPO). Danach ist jede natürliche Person und jeder rechtsfähige Verband fähig, an einem Verfahren nach dem ZVG in einem weiten Sinne teilzunehmen und vorhandene Beteiligungsrechte auszuüben.

32

Bei den natürlichen Personen ist es der Natur der Sache nach unbeachtlich, durch welche beruflichen Merkmale die Beteiligten geprägt sind. Es spielt daher keine Rolle, ob sie Verbraucher oder Unternehmer sind (siehe § 14 BGB), ob sie ein einzelkaufmännisches Unternehmen betreiben, das im Handelsregister eingetragen ist oder nicht, ob sie freiberuflich tätig sind oder ob sie als Verbraucher Vermögensverwaltung des eigenen Vermögens betreiben oder nicht. Ohne Belang ist auch die etwa fehlende Geschäftsfähigkeit oder die Minderjährigkeit, denn dabei handelt es sich um die Frage der Prozess-/Verfahrensfähigkeit (siehe Rz. 42 ff.).

33

Zu den unter Rz. 31 angesprochenen Verbänden gehören alle juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts, damit namentlich auch die rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten einschließlich der Gebietskörperschaften und der kommunalen Zweckverbände.28) Die juristischen Personen des Privatrechts umschließen u. a. die Kapitalgesellschaften, die AG, _____________ 27) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 22 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 50 insb. Rz. 1 – 6, 8 m. w. N. 28) Zu dieser Gruppe gehören so bedeutende Gläubiger mit gesetzlichen Ansprüchen wie die Finanzämter und die Gemeinden (häufig Rangklasse 3). Aus dem Segment der Grundpfandgläubiger gehören die am Markt so bedeutenden Sparkassen dazu (fast durchgängig Anstalten des öffentlichen Rechts). Die kommunalen Eigenbetriebe sind hingegen als solche nicht rechtsfähig, sondern Sondervermögen der Gemeinden, sodass die Verfolgung von Forderungen kommunaler Eigenbetriebe in Verfahren nach dem ZVG rechtlich durch die Kommunen erfolgt.

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Anordnung der Versteigerung

KGaA, SE (Societas Europaea) und die GmbH sowie die eingetragene Genossenschaft.29) Unter die juristischen Personen zu subsumieren sind auch der eingetragene Idealverein (e. V., vgl. die §§ 21 ff. BGB) als Inbegriff des rechtsfähigen Verbandes (§ 6 HGB), der in praxi kaum existente „wirtschaftliche Verein“ des § 22 BGB und die rechtsfähige Stiftung des Privatrechts (§§ 80 ff. BGB) bzw. des öffentlichen Rechts.30) Neben den juristischen Personen des Privatrechts stehen die „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit“ (siehe dazu die Legaldefinition in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO), die „partiell“ rechtsfähig sind, eine für die Praxis des Verfahrens nach dem ZVG kaum relevante Einschränkung, auf die vorliegend nicht näher einzugehen ist. Zu dieser Gruppe gehören die Personengesellschaften und die Personenhandelsgesellschaften (z. B. die oHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft, die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung – EWiV nach europäischem Recht und nach dem deutschen Ausführungsgesetz, dem EWiVAG). Seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft durch den BGH und die sich anschließenden gesetzlichen Änderungen (vgl. etwa § 47 Abs. 2 GBO sowie § 899a BGB) ist auch die GbR als solche beteiligungsfähig und Eigentümer von Grundstücken, in die vollstreckt wird oder Gläubiger im Verfahren oder Schuldnerin in der Insolvenzverwalterversteigerung (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO).

34

Beteiligungsfähig als Gläubiger ist auch die Gemeinschaft der Wohnungs- bzw. Teileigentümer nach dem WEG, aber nur eingeschränkt, nämlich im Hinblick auf die in den Rangklassen 2 oder 5 geltend zu machenden Ansprüche im Zusammenhang mit dem Wohngeld/Hausgeld (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG); siehe im Einzelnen § 10 Rz. 39 ff., 164 ff. [Cranshaw].

35

Maßgeblich dafür, ob eine Gesellschaft, ein sonstiger Verband des privaten Rechts oder eine öffentlich-rechtliche Organisation als parteifähig bzw. beteiligungsfähig betrachtet wird, ist das jeweils einschlägige Gesetzesregelwerk. Vgl. z. B. für – die GmbH § 13 Abs. 1 GmbHG,

36

– die AG und die KGaA die §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 278 AktG, _____________ 29) Als Folge der „drei Säulen“ der deutschen Kreditwirtschaft spielen die als Genossenschaft organisierten Kreditinstitute ebenfalls eine Rolle als bedeutende Kreditgeber gerade auf dem Markt der privaten Immobilienfinanzierung. Aus diesem Grunde sind sie auch wichtige Protagonisten im Verfahren nach dem ZVG als Grundpfandgläubiger. Sie verwenden im Allgemeinen über ihren Verband entwickelte und zur Verwendung empfohlene oder als Muster jedenfalls angeregte Vordrucke für Darlehensverträge und Grundschuldbestellungsurkunden. Dies gilt in derselben Weise für die „Muster“ der Sparkassenfinanzgruppe (zu der auch die Landesbanken zählen) und der Privatbanken über die jeweils gruppenzugehörigen Verlage. Da der BGH bundesweit verwendete AGB (in Vordrucken bzw. in elektronischer Form den Instituten zur Verfügung gestellten Vertragsmuster) jeweils revisionsrechtlich auslegt, ist bei übergreifender Betrachtung mit dieser Vorgehensweise rechtssystematisch ein hohes Maß an Rechtssicherheit für die Beteiligten verbunden. 30) Der „wirtschaftliche Verein“ des § 22 BGB erlangt die Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung seitens der Behörden des Sitzbundeslandes, die Stiftung nach den §§ 80 ff. BGB durch staatliche Anerkennung seitens der Landesstiftungsbehörde (§ 80 BGB). Die rechtsfähige Stiftung darf indes nicht verwechselt werden mit der Treuhandstiftung, die lediglich ein Sondervermögen darstellt und nicht rechtfähig ist, siehe dazu OLG Naumburg, Beschl. v. 23.9.2013 – 1 W 28/13, juris = NJW-RR 2014, 548 ff.; vgl. dazu jurisPR-HaGesR 3/2014, Anm. 5, Cranshaw.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung



die Genossenschaft § 17 Abs. 1 GenG,



die BGB-Gesellschaft und die Personenhandelsgesellschaften die §§ 124, 161 Abs. 2 HGB,



die Partnerschaftsgesellschaft die §§ 7 Abs. 2 PartGG, 124 HGB,



die EWIV (Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung) § 1 EWIV-Ausführungsgesetz i. V. m. der Verordnung (EWG) 2137/85 v. 25.7.1988,



die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea), Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) 215/2001 des Rates vom 6.10.2001,



die Sparkassen (Anstalten des öffentlichen Rechts) das jeweilige Landesrecht, z. B. § 1 SpG (Sparkassengesetz für Baden-Württemberg v. 19.7.2005, GBl. 2005, 587 f., Gliederungs-Nr. 7640, www.landesrecht-bw.de [Stand: 27.3.2014]). Weitere Beispiele auf dem wichtigen Segment der Sparkassenfinanzgruppe als Finanzierer, Grundpfandgläubiger und Verfahrensbeteiligte an Versteigerungsverfahren: § 40 Abs. 1 SpG, Landesbausparkasse; § 1 Abs. 1 Gesetz über die Landesbank BadenWürttemberg v. 11.11.1998, GBl. 1998, 589, i. d. F. bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 19.12.2013, GBl. 2013, 491 f., betreffend die Landesbank. Vergleichbare Gesetze existieren in den anderen Bundesländern, www.landesrecht-bw.de (Stand: 27.3.2014).

37

Für die Vorgesellschaften (GmbH in Gründung/i. Gr.; AG in Gründung, Genossenschaft in Gründung usw.), die nach ordnungsgemäßer Gründung, aber vor Eintragung im jeweiligen Register bestehen und Geschäfte gegenüber Dritten aufnehmen, gelten die vorstehenden Regelungen für die durch Eintragung entstandenen Gesellschaften entsprechend. Die Vorgesellschaft kann damit Eigentümer von Grundstücken sein, sich der Zwangsvollstreckung unterwerfen und aktiv und passiv an Verfahren nach dem ZVG beteiligt sein. Sie ist nach herrschender Meinung rechts-, partei- und prozessfähig, soweit nicht für ihr Handeln gerade die Registereintragung entscheidend ist.31) Sie wird durch ihr in der Anmeldung ausgewiesenes Vertretungsorgan vertreten. Bei Eintragung ist die eingetragene Gesellschaft Gesamtrechtsnachfolger der Vorgesellschaft.32) Einer Umschreibung nach § 727 ZPO auf die „eingetragene“ GmbH, AG usw. bedarf es nicht, da kein Identitätswechsel zwischen Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft besteht.33)

38

Hat die als vermögenslos gelöschte Gesellschaft, die unter § 394 FamFG zu subsumieren ist, wider Erwarten doch noch Vermögensgegenstände, kann ggf. eine Nachtragsliquidation stattfinden, da die Gesellschaft formell erloschen ist, aber _____________ 31) Siehe wohl zuletzt BVerfG, Beschl. v. 14.1.2014 – 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12, juris Rz. 50, 59, jeweils m. w. N. = ZIP 2014, 368 ff. = NJW 2014, 613 ff. = AnwBl. 2014, 270 (zu Fragen der Zulassung einer Anwalts-/Patentanwalts-GmbH bei Doppelzulassung zur Anwaltskammer und der Patentanwaltskammer); BGH, Urt. v. 23.10.2006 – II ZR 162/05, BGHZ 169, 270 ff. 273 f. (Auflösung einer Vor-AG), st. Rspr. 32) Vgl. BGH, Urt. v. 24.10.1988 – II ZR 176/88, juris Rz. 9 = BGHZ 105, 300 ff. 33) Siehe Prütting/Gehrlein-Kroppenberg, ZPO, § 727 Rz. 4, m. w. N.; BayObLG, Beschl. v. 12.12.1987 – BReg 3 Z 145/87, BayObLGZ 19897, 446 ff. = JurBüro 1988, 641 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 2.11.1988 – 2 W 5/88, NJW-RR 1989, 637 f. (Anordnung eines Ordnungsmittels als Folge eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen eine GmbH, wobei die Klausel auf die Vorgesellschaft lautete).

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

nicht materiell.34) Ist diese Gesellschaft auf dem Wege der Nachtragsliquidation wieder im Handelsregister eingetragen, kann gegen sie aus den bestehenden Titeln vollstreckt werden und auch sie selbst ist wieder uneingeschränkt rechts-, parteiund prozessfähig. Für sie handelt der Nachtragsliquidator. Da die Identität der Gesellschaft aufrechterhalten geblieben ist, bedarf es weder irgendeiner Neutitulierung noch einer Klauselumschreibung. Die rechtsfähige Organisation nach ausländischem Recht ist ebenfalls uneingeschränkt beteiligungsfähig, unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in der EU, dem EWR oder in einem Drittstaat hat. Ihre Rechtsfähigkeit folgt stets aus den Bestimmungen des ausländischen Rechts.

39

Davon zu unterscheiden ist ein anderes Phänomen, das in der Praxis meist mit Stichwort der „Limited“ (= „Private Company Limited by Shares“ nach dem Recht von England und Wales) verbunden wird, nämlich die Einschaltung einer Gesellschaft, die in der Europäischen Union oder anderen Staaten, die mit der EU oder einzelnen Mitgliedstaaten (hier: mit Deutschland) durch entsprechende bilaterale Abkommen verbunden sind, gegründet wurde, dort ihren statutarischen Sitz hat, aber ihre sämtlichen wirtschaftlichen Aktivitäten außerhalb ihres Gründungsstaats in einem anderen Staat (hier: Bundesrepublik) betreibt und in diesem zweiten Staat auch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hat (sog. „Scheinauslandsgesellschaft“). Diese Gesellschaft wird nach Internationalem Gesellschaftsrecht insgesamt nach dem Gesellschaftsrecht ihres Gründungsstaats behandelt (sog. „Gründungstheorie“).35) Das betrifft gerade auch die Rechtsfähigkeit und die Prozessfähigkeit (siehe nachfolgend unter Rz. 42 ff., 51 ff.). Diese Rechtsauffassung ergibt sich aus der Judikatur des EuGH und des BGH. Zu Gesellschaften aus Staaten außerhalb der EU, bei denen die Gründungstheorie Anwendung findet, zählen die Staaten des EWR (also Liechtenstein, Norwegen, Island) und die USA. Diese Judikatur gilt indes nicht für die Schweiz, da diese nicht Mitglied von EU und EWR ist; gegenüber den dortigen Gesellschaften wendet der BGH unverändert die „Sitztheorie“ an,36) wenn eine solche Gesellschaft ihren tatsächlichen Sitz im Inland nimmt. Die juristische Person (schweizerische AG, siehe das Urteil „Trabrennbahn“) wird ohne Neugründung in der Bundesrepublik zur rechtsfähigen Personengesellschaft mit Auswirkungen auf die Haftung der Gesellschafter (materiellrechtlich) und prozessrechtlich auf die Beteiligungsfähigkeit im Verfahren nach dem ZVG.

40

Ist die Scheinauslandsgesellschaft nach ihrem Gründungsstatut im Register des Staates des statutarischen Sitzes gelöscht und als rechtsfähiger Verband erloschen, kommt – sofern dies nach der betroffenen Rechtsordnung möglich ist – eine

41

_____________ 34) Siehe zuletzt BGH, Beschl. v. 16.1.2014 – IX ZB 122/12, juris Rz. 7 m. w. N. = ZInsO 2014, 340 (Nachtragsverteilung im Insolvenzverfahren gemäß § 203 InsO trotz Löschung als vermögenslos); BGH, Urt. v. 18.1.1994 – XI ZR 95/93, NJW-RR 1994, 542. 35) Abzulehnen ist daher die Meinung von Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 23, wonach die Sitztheorie für die Frage der Rechtsfähigkeit bestimmend sei. 36) BGH, Urt. v. 27.10.2008 – II ZR 60/08, „Trabrennbahn“, BGHZ 178, 192 ff. = ZIP 2008, 2411 ff. = Rpfleger 2009, 222 ff., st. Rspr., im Anschluss an EuGH, Urt. v. 30.9.2003 – Rs C-167/01, „Inspire Art“, Slg. 2003 I-10155 = ZIP 2003, 1885; EuGH, Urt. v. 5.11.2002 – Rs C-280/00, „Überseering“, Slg. 2002 I-9919 = ZIP 2002, 2037, st. Rspr.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

„Nachtragsliquidation“ nach dem Recht dieses Staates in Frage. Bis dahin fehlt es an Partei- und Prozessfähigkeit im Inland. Die Praxis der Rechtsprechung behilft sich daher im Einzelfall mit der Figur der „Rest“- oder „Spaltgesellschaft“, die für den im Inland belegenen Vermögensrest und die bestehenden Altverbindlichkeiten (vor dem Erlöschen im Ausland) als fortbestehende Rechtspersönlichkeit fingiert wird.37) Da sich auch bei dieser Konstruktion die Identität nicht ändert, bedarf es keiner Klauselumschreibung nach § 727 ZPO. c) Verfahrensfähigkeit, Prozessfähigkeit 42

Für die Prozessfähigkeit (§ 52 ZPO) gelten im Wesentlichen dieselben Erwägungen wie für die Parteifähigkeit. Auch hier darf ebenfalls kein Zweifel über das Vorliegen dieser Voraussetzung über das gesamte Verfahren hinweg bestehen. Vor der notwendigen positiven Sachverhaltsaufklärung, um etwaige Zweifel auszuräumen, sind die Anberaumung des Versteigerungstermins und demgemäß erst recht der Zuschlag nicht zulässig.38) Sie ist mit der Parteifähigkeit identisch, soweit die betroffene Partei sich selbstständig „durch Verträge“ verpflichten kann.

43

Die rechtsfähigen juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Rechts können in einem engen Sinne nicht selbst handeln, sondern sie müssen sich durch ihre Organe vertreten lassen; diese wiederum können sich rechtsgeschäftlicher Vertreter (§§ 164 ff. BGB, Vertretungsmacht nach Handelsrecht wie die Prokura) bedienen. Im gerichtlichen Verfahren müssen sie sich im Anwaltsprozess durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (vgl. § 78 ZPO), außerhalb der Verfahren mit Anwaltszwang kann die Partei das Verfahren selbst führen.

44

Dasselbe gilt für die (partiell) rechtsfähigen Personengesellschaften, die ebenfalls durch ihre organschaftlichen Vertreter (vgl. die §§ 125 ff. HGB) handeln, die ihrerseits von rechtsgeschäftlichen Vertretern vertreten werden können.

_____________ 37) Siehe zu dieser Thematik den Beispielsfall der englischen „Limited“, die im Companies House gelöscht ist und deren Vermögen anders als im deutschen Recht herrenlos ist („bona vacantia“) und daher (ggf. vorübergehend) auf die Krone und andere englische Hoheitsträger übergeht, die im Ausland nicht tätig werden. Die Löschung kann rückgängig gemacht werden, was aber Aktivitäten Beteiligter erfordert. Hier hilft die Theorie der Rest- oder Spaltgesellschaft, die das Fortbestehen in Deutschland fingiert. Damit können Rechts-, Partei- und Prozessfähigkeit sowie Vertretungsmacht weiter für die Zwecke der Vermögensabwicklung (z. B. Versteigerung einer Immobilie) als aufrechterhalten angesehen werden. Ggf. kann ein Notvertretungsorgan eingesetzt werden (analog § 29 BGB, problematisch im Hinblick auf die Gründungstheorie), jedenfalls aber ein Verfahrenspfleger gemäß den §§ 57 f. ZPO. Erwirken Gesellschafter oder Gläubiger die Wiederaufnahme in das Register, treten die „Directors“ wieder an die Stelle der bestellten Pfleger usw. Vgl. zu einem solchen Fall, bei dem aber die Geschäfte nach Löschung im englischen Register fortgeführt wurden, sodass die Theorie der Restgesellschaft obsolet war, OLG Celle, Beschl. v. 29.5.2012 – 6 U 15/12, juris Rz. 8 m. w. N. = NJW-RR 2012, 738 m. Anm. Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2012, Anm. 4 m. w. N. zur Rest- und Spaltgesellschaft unter dem dortigen Abschnitt C. 38) OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.5.1995 – 8 W 127/95, Rpfleger 1996, 36 f.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

In den Verfahren nach dem ZVG besteht kein Anwaltszwang (§§ 13 RpflG, 153 GVG, 569 Abs. 3 ZPO)39) mit Ausnahme des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem BGH (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

45

Die Problematik der Prozessunfähigkeit betrifft daher nur natürliche Personen, die geschäftsunfähig sind, als Minderjährige beschränkt geschäftsfähig oder die trotz bestehender Prozessfähigkeit eines Betreuers bedürfen, entweder wegen Abwesenheit (§ 1911 BGB, „Abwesenheitspflegschaft“) oder infolge Anordnung der Betreuung aus den Gründen des § 1896 BGB.

46

Der jeweilige gesetzliche Vertreter ist in diesen Fällen Zustellungsadressat, aber nicht Titelschuldner, Titelgläubiger oder sonst am Verfahren Beteiligter; diese Rolle verbleibt bei dem verfahrensbeteiligten Minderjährigen, Geschäftsunfähigen und dem Betreuten.

47

Wer jeweils Vertreter ist, richtet sich nach den materiellrechtlichen Vorschriften des Familienrechts des BGB.40)

48

Der Betreute wird innerhalb des Wirkungskreises des Betreuers von diesem gesetzlich vertreten (§ 1902 BGB). Mit Anordnung des Einwilligungsvorbehalts (§ 1903 BGB) wird der Betreute materiellrechtlich dem Minderjährigen durch die analoge Anwendung u. a. der §§ 108 ff. BGB und damit einem Prozessunfähigen gleichgestellt. Im Rechtsstreit bewirkt § 53 ZPO, dass der Betreute grundsätzlich dem Prozessunfähigen gleichsteht, sofern der Aufgabenkreis des Betreuers die Prozessführung umfasst und der Betreuer bei geschäftsfähigen Betreuten das Verfahren aufnimmt. Da § 53 ZPO auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden ist, fungiert der Betreuer als Beteiligter und Zustellungsadressat, an den zugestellt werden muss (§ 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Vorheriges Handeln des Betreuten kann er genehmigen.41) Seine Legitimation muss der Betreuer nachweisen (vgl. § 290 FamFG zur Bestellungsurkunde, die in Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorzulegen ist).

49

Minderjährige werden durch ihre Eltern oder den sorgeberechtigten Elternteil gesetzlich vertreten (vgl. die §§ 1629, 1671, 1680 BGB). Steht der „Minderjährige nicht unter elterlicher Sorge“ bzw. sind die Eltern nicht sorgeberechtigt oder ist der Personenstand nicht zu ermitteln, so erhält der Minderjährige einen Vormund als gesetzlichen Vertreter (§§ 1773, 1793 BGB), der sich durch die Bestallungsurkunde (vgl. § 1791 BGB) legitimieren kann. Auf die Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht der Eltern nach den §§ 1629 Abs. 2, 1795 BGB und die Beschränkungen für den Vormund nach der letzteren Vorschrift ist hinzuweisen, ebenso auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Geschäfte des Vormunds in Grundstücksangelegenheiten und bei Geschäften im Zusammenhang mit eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, § 1821 BGB. Zustellungen müssen an Eltern bzw. den Vormund im jeweiligen Aufgabenkreis vorgenommen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

50

_____________ 39) Zur Beschwerde ohne Anwaltszwang vgl. Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 569 Rz. 9, 11, 13. 40) Bei Einschlag ausländischen Rechts können auch auf diesem Feld Abweichungen infolge der Regelungen des hier nicht zu diskutierenden Internationalen Privatrechts eintreten. 41) Siehe im Einzelnen dazu die Darstellung bei Zöller/Vollkommer, ZPO, § 53 Rz. 3, 5.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

d) Mängel der Partei- oder der Prozessfähigkeit 51

Sind Mängel der Parteifähigkeit festzustellen, so fehlt es an einer Beteiligungsvoraussetzung. Die Vollstreckung ist im Allgemeinen abzulehnen oder das Verfahren ist – soweit der Mangel behebbar erscheint – einstweilen einzustellen (Folge aus analoger Anwendung des § 56 ZPO42)), ansonsten ist es aufzuheben.

52

Bei im Handelsregister gelöschten Gesellschaften bedarf es der Nachtragsliquidation (siehe oben), um das Verfahren einleiten zu können, die ihrerseits das vermutliche Bestehen von Vermögenswerten voraussetzt. Bei nach Maßgabe ihres Gründungsstatuts beispielsweise durch Löschung im entsprechenden Register erloschenen ausländischen juristischen Personen des Privatrechts mit Vermögenswerten (Grundstück) im Inland kann man sich mit der Theorie der Restgesellschaft behelfen, die als existent behandelt wird, aber einen Vertreter oder Beistand benötigt (siehe oben).

53

Die Anordnung der Versteigerung oder der Zwangsverwaltung gegen einen Prozessunfähigen ist zulässig, aber zur Wahrung seiner Rechte muss an den gesetzlichen Vertreter zugestellt werden (§ 170 Abs. 1 ZPO). Vorausgesetzt wird, dass der Titel zuvor ordnungsgemäß zugestellt wurde (vgl. § 750 Abs. 1 ZPO). Die Prozessunfähigkeit hindert im Gläubigerinteresse nicht, die Beschlagnahme nach § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG eintreten zu lassen, sollte in Unkenntnis der Prozessunfähigkeit an den Schuldner selbst unwirksam zugestellt worden sein (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO), siehe dazu auch § 22 Rz. 5 m. w. N [Cranshaw]. Die Folge für den Gläubiger ist die einstweilige Einstellung nach § 28 Abs. 2 ZVG,43) ein den Schuldner nicht belastender Vorgang, da die Versagung der Beschlagnahmewirkung im Ergebnis nicht dem prozessunfähigen Schuldner nutzen würde, sondern nur anderen Gläubigern, die ebenfalls die Versteigerung einleiten. Der Grundsatz des fairen Verfahrens, eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, gebietet es freilich, dass der Prozessunfähige einen Vormund oder Betreuer erhält und das Vollstreckungsgericht daher bei nachgewiesener Prozessunfähigkeit oder bei hinreichend substantiierten Anhaltspunkten nach § 22a FamFG vorgeht und das Familien- bzw. das Betreuungsgericht einschaltet.44) Hintzen schlägt die Bestellung eines Beistandes vor, sofern der Schuldner seine Rechte nicht ordnungsgemäß wahren könne.45) 2.

Schuldner

a) Person des Schuldners 54

Wer Schuldner und Gläubiger ist, muss sich jeweils aus dem Titel ergeben (zum Rubrum siehe im Folgenden Rz. 67 ff.). Im Allgemeinen ist im Vollstreckungsverfahren weder die Person des Schuldners noch des Gläubigers zweifelhaft, ebenso wenig seine zutreffende Bezeichnung.46) Das Vollstreckungsverfahren steht regelmäßig am Ende der rechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten. Mängel in der _____________ 42) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 24. 43) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 22. 44) Vgl. zu der Thematik Zöller/Stöber, ZPO, Vor § 704 Rz. 16 m. w. N.; BGH, Urt. v. 22.12.1982 – V ZR 89/80, BGHZ 86, 184 ff., 189. 45) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 22 unter Verweis auf LG Ellwangen, Rpfleger 2011, 25. 46) Siehe dazu aber Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 31 ff.

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Anordnung der Versteigerung

Person der jeweils betroffenen Partei oder ihrer Bezeichnung sollten im Erkenntnisverfahren auftreten und sich im Vollstreckungsverfahren eigentlich verbieten. Anders ist dies freilich, wenn sich die Beteiligten entweder nach rechtskräftigem Abschluss des Erkenntnisverfahrens oder nach Erstellung einer vollstreckbaren Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) ändern, z. B. durch Rechtsnachfolge oder wenn sich deren Bezeichnung ändert (z. B. durch Umfirmierung, die die Identität des Beteiligten aber unberührt lässt). Ein Fall ist derjenige der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung nach dem UmwG, insbesondere durch Fusion oder Spaltung des Schuldners als übertragender Rechtsträger. Erschwert wird die Sachlage für einen Gläubiger, wenn der Schuldner grenzüberschreitend innerhalb der EU fusioniert oder seinen Sitz und seine Rechtsform grenzüberschreitend formwechselnd ändert. Außerhalb des Erkenntnisverfahrens können derartige Konstellationen auftreten, wenn – wie häufig – aus einer Grundschuld dinglich vollstreckt werden soll und es einen (schon etliche Jahre bestehenden) notariellen Titel nach den §§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO mit Unterwerfung nach § 800 ZPO gibt, der Schuldner aber gesellschaftsrechtlich umgewandelt wurde oder den Grundbesitz veräußert hat. Im letzteren Beispielsfall stimmt im Hinblick auf § 17 ZVG der Titel auch nicht mehr mit dem Grundbucheintrag überein. Änderungen sind erforderlich. Mängel der „namentlichen“ Bezeichnung des Schuldners begegnet § 750 Abs. 1 ZPO durch die Aufnahme der Bezeichnung des Schuldners in die Klausel. Das Vollstreckungsgericht ist freilich nicht an die Wertung des Gerichts des Erkenntnisverfahrens gebunden, sondern hat die Verfahrensvoraussetzungen eigenständig zu prüfen. Anlass gibt es regelmäßig nur bei Änderungen nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens bzw. nach Entstehung des Titels.

55

b) Sonderfragen bei Schuldnern bestimmter Rechtsform Siehe dazu unter Rz. 69 ff. 3.

56

Gläubiger

Für den Gläubiger bestehen dieselben Problemfelder wie für den Schuldner. Zu Einzelheiten hier wie dort zur Bezeichnung von Schuldner und Gläubiger im Titel (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) siehe unter Rz. 69 ff.

57

IV. Titel, Klausel, Zustellung 1.

Vollstreckungsvoraussetzungen

Voraussetzungen der Immobiliarvollstreckung sind dieselben wie auch bei Vollstreckungen in andere Vermögenswerte des Schuldners, nämlich ein Vollstreckungstitel, eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Titels mit der Vollstreckungsklausel (§ 724 f. ZPO; § 725 ZPO: „Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt“) und die Zustellung an den Schuldner (§ 750 ZPO). 2.

58

Vollstreckungstitel und Rangklassen, Zahlungs- und Duldungstitel

Die Zwangsversteigerung bzw. die Zwangsverwaltung verfolgen das Ziel, Geldforderungen eines Gläubigers durch Verwertung des Grundbesitzes zu befriedigen. Dabei sind jedoch systematisch zwei Gläubigergruppen zu unterscheiden, die Cranshaw

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persönlichen Gläubiger, die nur einen schuldrechtlichen Anspruch haben und die dinglichen Gläubiger, die einen dinglichen oder jedenfalls verdinglichten Anspruch haben. Die Innehabung eines dinglichen Anspruchs bedeutet nicht zugleich, dass diesem Gläubiger kein paralleler persönlicher Anspruch zur Seite stehe. Das Gegenteil ist im Allgemeinen richtig. Der dingliche Anspruch dient zur Besicherung des persönlichen Anspruchs, der dadurch verstärkt, aber nicht erweitert wird. Der Charakter als dinglicher Anspruch hat Bedeutung für die Befriedigungsreihenfolge in den Rangklassen des § 10 Abs. 1 ZVG, aber den Vorrang vor den dinglichen Ansprüche haben schuldrechtliche Ansprüche der Rangklassen „0“ (Verfahrenskosten), der Rangklassen 1, 1a und 2 sowie die „verdinglichten“ außerhalb des Grundbuchs stehenden öffentlich-rechtlichen oder ihnen gleichgestellten Forderungen der Rangklasse 3. 60

Der persönliche Anspruch wird auf der Grundlage eines Zahlungstitels durchgesetzt, der dingliche Anspruch ebenso wie der kraft Verwaltungsrechts verdinglichte Anspruch durch einen Duldungstitel. Für die Grundpfandrechte ist auf § 1147 BGB hinzuweisen. Die Duldungsklage muss wie der Duldungstitel auf ein ganz bestimmtes Grundstück lauten, sodass es im Vollstreckungsverfahren aus dem Titel selbst heraus identifiziert werden kann.

61

Jeder Titel bildet einen eigenständigen vollstreckungsrechtlichen Anspruch ab, der Grundpfandgläubiger der Sicherungsgrundschuld kann daher wegen seines dinglichen und zudem wegen seines persönlichen Anspruchs, sofern tituliert, Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung beantragen, dies freilich in verschiedenen Rangklassen (Grundpfandrecht in Rangklasse 4, persönliche Forderung in Rangklasse 5). Er kann auch das in der Formularpraxis der Banken meist zusätzlich bestehende abstrakte notarielle Schuldanerkenntnis (§§ 780 f. BGB) in Höhe der Grundschuldsumme, bezüglich dessen sich der Schuldner der sofortigen Vollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen hat, zur Grundlage der Vollstreckung in das Grundstück (in Rangklasse 5) nehmen. Allerdings kann er natürlich nur ein einziges Mal Zahlung fordern, sodass er sich im weiteren Verfahrenslauf entscheiden muss, woraus er letzten Endes Befriedigung begehrt. 3.

Geeignete Titel, Vollstreckbarkeit mit und ohne Sicherheitsleistung

a) Geeignete Vollstreckungstitel 62

Geeignete Titel zur Durchführung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung sind beispielsweise: –

gerichtliche Urteile als Zahlungs- oder Duldungstitel, auch Anerkenntnis- und Versäumnisurteile, rechtskräftige und nur vorläufig vollstreckbare,



gerichtliche Vorbehaltsurteile im Urkundenprozess (§§ 592, 599 ZPO), der sich auch für Duldungsklagen gemäß § 1147 BGB47) eignet, da diese auf die Duldung im Hinblick auf den Betrag eines konkreten Grundpfandrechts gerichtet sind,

_____________ 47) Palandt/Bassenge, BGB, § 1147 Rz. 3; siehe als Beispiel den Antrag auf Erlass des Duldungsurteils bei Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 28 a. E.

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Vollstreckungsbescheide (persönliche Zahlungstitel, Rangklasse 5),



gerichtliche Vergleiche, auch gemäß § 278 Abs. 6 ZPO,



notarielle Urkunden mit Vollstreckungsunterwerfung, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO,



Kostenfestsetzungsbeschlüsse,



für vollstreckbar erklärte Schiedssprüche,



ausländische Zahlungstitel nach Maßgabe unionsrechtlicher Rechtsinstrumente, des Luganoübereinkommens und der Urteile von Drittstaaten nach deren Vollstreckbarerklärung (§ 722 ZPO).

Darauf, ob der Titel rechtskräftig oder nur vorläufig vollstreckbar ist, kommt es nicht an. Auf die Darstellung der Vollstreckung aus Wechsel- und Scheckurteilen wird aus Gründen der Änderung der Refinanzierung der Unternehmen ebenso wie des Zahlungsverkehrs und damit des Rückgangs der Bedeutung dieser Finanzierungs-/Zahlungsverkehrsinstrumente verzichtet, ebenso auf den sicherlich praktisch einmaligen Fall der Zug-um-Zug-Verurteilung und -Vollstreckung gegen Aushändigung von Inhaberschuldverschreibungen (auf das Urteil des BGH zu VII ZB 64/07 wird verwiesen).48)

63

b) Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung Ist ein Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (vgl. §§ 708 ff. ZPO, einschließlich der Abwendungsbefugnis nach § 709 ZPO und des Schutzantrags des Schuldners gemäß § 712 ZPO), so sind im Vollstreckungsverfahren die §§ 751 Abs. 2, 752 ZPO zu beachten. Die Art der Sicherheit wird nach § 108 Abs. 1 ZPO vom Prozessgericht bestimmt und steht in dessen Ermessen. Allgemein üblich ist die Erbringung der Sicherheitsleistung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 ZPO durch „schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines […] Kreditinstituts“, das auf die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB verzichtet, bei Banken die gesetzliche Folge aus § 349 HGB. Da aus Gründen des europäischen Rechts auch Banken, die innerhalb der EU zugelassen sind, grundsätzlich taugliche Bürgen der Prozessbürgschaft sind und im Allgemeinen unter den Voraussetzungen der europäischen bankaufsichtsrechtlichen Voraussetzungen auch im Inland ihren Geschäften nachgehen dürfen, wird man auch darauf achten müssen, dass die Bürgschaft deutschem Recht untersteht. Üblich und zulässig ist als Inhalt der Bürgschaft ferner, dass sie mit Rückgabe an den Bürgen durch den Bürgschaftsnehmer, den nach § 108 ZPO Berechtigten, erlischt.49) Die Bürgschaftsurkunde muss dem Begünstigten zugestellt oder ausgehändigt und dies durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden, § 751 Abs. 2 ZPO. Damit scheidet im Ergebnis die Übergabe zugunsten der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher aus, wie Stöber zutreffend feststellt.50) Der BGH hat auch im Anwaltsprozess die Zustellung an den Begünstigten selbst – anstelle des _____________ 48) Zu beidem vgl. die Darstellung von Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 49 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 8.7.2008 – VII ZB 64/07, juris = BGHZ 177, 178 ff. = Rpfleger 2008, 448 ff. 49) Zöller/Herget, ZPO, § 108 Rz. 9 f., m. w. N. 50) Zöller/Stöber, ZPO, § 752 Rz. 6 m. w. N.

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Prozessbevollmächtigten – für hinreichend gehalten.51) Da die ordnungsgemäße Erbringung der Sicherheit Voraussetzung des Beginns der Vollstreckung nach § 751 Abs. 2 ZPO ist, muss das Vollstreckungsgericht diese Voraussetzung von Amts wegen berücksichtigen. 65

Die in derselben Norm (§ 108 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2) zugelassene Sicherheit durch Hinterlegung von Geld oder bestimmten Wertpapieren nach § 234 Abs. 1, 3 BGB ist ganz unüblich. Die Hinterlegung von Geld beeinträchtigt meist die Liquidität erheblich, bei den Wertpapieren ist trotz des Wertabschlags von 25 % nach § 234 Abs. 3 BGB das Volatilitätsrisiko für den Begünstigten meist nicht akzeptabel.52)

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Bei den nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbaren Urteilen, die auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet sind, ist ferner § 720a Abs. 1 Satz 1 lit. b), Satz 2 ZPO zu beachten. Danach ist die Immobiliarvollstreckung ohne vollständige Erbringung der Sicherheit durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung nicht zulässig, der Antrag wäre abzuweisen. Der Gläubiger kann lediglich eine Sicherungs- bzw. Schiffshypothek eintragen lassen. 4.

Inhalt des Titels – die Parteibezeichnungen

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Der Zwangseingriff des Staates zugunsten des Gläubigers auf dem Wege der Zwangsvollstreckung macht es erforderlich, dass das Vollstreckungsrecht mit sehr strikten Förmlichkeiten des Verfahrens einhergeht, das zugleich vermeiden muss, das abgeschlossene Erkenntnisverfahren unter anderem Vorzeichen zu wiederholen, ohne jedoch aus dem Auge zu verlieren, dass ausschließlich der titulierte Anspruch gegen den genau bezeichneten Schuldner für den ebenfalls genau bezeichneten Gläubiger durchgesetzt werden darf. Daher sind zwar im Allgemeinen die Beteiligten nach dem Inhalt des Titels dieselben, die sich als Antragsteller und Antragsgegner, als Gläubiger und Schuldner, im Vollstreckungsverfahren begegnen. Dennoch entbindet dieser rechtstatsächliche Umstand angesichts potentieller Änderungen auf der Ebene der Beteiligten das Vollstreckungsgericht nicht, eigenständig zu prüfen, ob die nach dem Titel aktiv- und passivlegitimierten Parteien auch diejenigen des Vollstreckungsverfahrens sind. Ein sehr praxisnaher Sachverhalt geht mit der Änderung des Titelgläubigers einher: Verkauft eine Bank eine Not leidende grundpfandrechtlich besicherte Forderung und überträgt sie dem Käufer das Grundpfandrecht, verliert sie nicht formell, aber materiell ihre Befugnis zur Zwangsvollstreckung, so lange der Titel nicht auf den Erwerber als Rechtsnachfolger umgeschrieben worden ist.53) Das laufende Verfahren wird von dem bisherigen Gläubiger bis dahin fortgesetzt.

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§ 750 Abs. 1 ZPO fordert, dass „die Personen, für und gegen die sie [die Zwangsvollstreckung] stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstre_____________ 51) BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – I ZB 14/07, Rpfleger 2008, 653 = NJW 2008, 3220 (presserechtliche Unterlassungserklärung). 52) Zu Einzelheiten dieser Form von Sicherheitsleistung siehe bei Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 39 ff. 53) Vgl. dazu Clemens/Cranshaw, Problemlösungen durch Verkauf von Darlehensforderungen, in: Clemens/Cranshaw/Flitsch/Günther/Habl, Problematische Firmenkundenkredite, S. 661 ff.

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ckungsklausel namentlich bezeichnet sind […]“. Die Norm gilt auch für alle anderen Vollstreckungstitel (siehe § 794 ZPO). Damit kommt der genauen Bezeichnung der Beteiligten entscheidende Bedeutung zu. Gläubiger und Schuldner müssen danach identifiziert werden können. Dabei ist bei der Art der Angaben nach natürlichen Personen und Verbänden bzw. Personengesellschaften zu unterscheiden.54) Bei natürlichen Personen muss zwischen Verbrauchern, Freiberuflern und Gewerbetreibenden ohne Registereintrag einerseits und im Handelsregister eingetragenen Kaufleuten andererseits unterschieden werden.

69

Der Titel muss Namen, Vornamen und Anschrift der Beklagten bzw. des Vollstreckungsschuldners enthalten, ggf. sogar „Stand oder Gewerbe“ (vgl. § 130 Nr. 1 ZPO). Zur Identifizierung kann natürlich auch das Geburtsdatum dienen, im Passivrechtsstreit wird es häufig nicht zur Verfügung stehen, im Rubrum wird es im Allgemeinen nicht angegeben. Die richtige Anschrift ist entscheidend dafür, ob an den Schuldner zugestellt werden und damit das Verfahren durchgeführt werden kann oder nicht, von der öffentlichen Zustellung mit ihren nicht einfach zu erfüllenden Voraussetzungen (siehe § 185 BGB) einmal abgesehen.

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Die im Handelsregister als eingetragener Kaufmann eingetragenen Einzelkaufleute (§ 19 HGB) führen eine Firma als Namen, unter dem das einzelkaufmännische Unternehmen betrieben wird (§ 17 Abs. 1 HGB) und unter dem der Kaufmann klagen und verklagt werden kann. Daraus ergeben sich einige potentielle Komplikationen, wobei auf firmenrechtliche Details hier nicht eingegangen werden soll. Ausgangspunkt ist, dass es haftungsrechtlich kein Firmenvermögen des Kaufmanns gibt, das vom „privaten“ Vermögen zu unterscheiden wäre, sodass nur eine einheitliche Haftungsmasse besteht. Im Grundbuch ist daher folgerichtig nicht die Firma des Kaufmanns, sondern sein „bürgerlicher Name“ angegeben, § 15 Abs. 1 lit. a) Grundbuchverfügung (GBV). Die „Privatanschrift“ des Kaufmanns ist zudem häufig bzw. regelmäßig nicht die Anschrift der „Firma“, deren Betrieb wiederum ggf. die „Firmenimmobilie“ zugeordnet ist, oft der bedeutendste Vermögenswert des Kaufmanns. Die Realkreditgläubiger, denen Grundpfandrechte bestellt worden sind, sollten in der Praxis keine Probleme mit dieser Konstellation haben, da Sicherungsgeber/Grundpfandrechtsschuldner der Kaufmann mit seinem „bürgerlichen Namen“ sein wird (sachgerechte Folge aus § 15 Abs. 1 lit. a) GBV) und damit auch dessen „private“ Anschrift sich aus dem Vollstreckungstitel bzw. der Klausel ergeben sollte. Hier bestehen Probleme beim Wohnsitzwechsel, die der Gläubiger, will er versteigern, beheben muss. Für Gläubiger aus dem unternehmerischen Bereich des Kaufmanns, die regelmäßig ohnehin nur persönliche Titel der Rangklasse 5 in Händen halten und die ggf. nur die Geschäftsanschrift kennen, ist das schwieriger, sollte der Betrieb aufgegeben worden sein und damit eine Zustellung am Geschäftslokal faktisch ausscheiden. Zudem kann der auf die Firma lautende Titel (§ 17 Abs. 2 HGB) nicht im Wege des Klauselverfahrens auf den _____________

71

54) Siehe im Einzelnen die „Kataloge“ der Parteibezeichnungen bzw. die Übersichten bei Zöller/Stöber, ZPO, § 750 Rz. 4a – 14; Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 13 – 23; Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 23 ff., 75 ff.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 31 – 42.

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bürgerlichen Namen nach § 727 ZPO umgeschrieben werden, es sei denn, die Firma sei erloschen.55) Für den eingetragenen Kaufmann als Gläubiger besteht freilich dasselbe Problem. 72

Personengesamtheiten als Beteiligte müssen namentlich und mit ihrer Anschrift aufgeführt werden. Die frühere bedeutende praktische Problematik bei der BGBGesellschaft sowie der Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft ist indes weitgehend aufgelöst (siehe dazu im Folgenden).

73

Die BGB-Gesellschaft ist rechtsfähig (siehe oben und § 124 Abs. 1 HGB analog) und kann unter dem von ihr geführten Namen und ihrer Adresse bzw. derjenigen des vertretungsberechtigten Gesellschafters erreicht werden (zu den Personenhandelsgesellschaften siehe im Folgenden). Ihre Besonderheit besteht in der allerdings teleologisch zu reduzierenden Norm des § 736 ZPO (siehe oben), sodass auch ein Titel gegen die GbR als solche hinreichend ist, um in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken. Allerdings reicht ein nur gegen die Gesellschaft gerichteter Titel nicht aus, um gegen die Gesellschafter zu vollstrecken (§ 124 Abs. 2 HGB analog). Dagegen hat der Titel nach § 736 ZPO den Vorteil, in diverse Vermögensmassen vollstrecken zu können, nach zutreffender Meinung auch wegen Forderungen, für die die Gesellschafter gesamtschuldnerisch haften, auch wenn dies nicht Verbindlichkeiten der Gesellschaft sind.56) Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die BGB-Gesellschaft nicht zwingend nur zwischen natürlichen Personen bestehen muss, sondern dass auch jede Gesellschaft zugleich Gesellschafter einer GbR sein kann. Ein nicht ganz seltenes Praxisproblem entsteht dann, wenn genau derselbe Gesellschafterkreis bei verschiedenen Immobilien engagiert ist, dann kann es sich um ein- und dieselbe, aber auch um eine andere BGB-Gesellschaft handeln, wenn nicht die Bezeichnung der Gesellschaft ganz eindeutig ist (Bsp.: „BGB-Gesellschaft X.-Stadt, A-straße 31“, „BGB-Gesellschaft X-Stadt, B-platz 42“).

74

Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Antragstellerin (siehe unten) ist in dem in praxi bedeutsamen Bereich der Verfolgung von Wohngeldforderungen partiell rechtsfähig (vgl. § 10 Abs. 6 Sätze 4, 5 WEG) und kann unter der Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft [zzgl. genaue Angabe des Grundstücks]“ handeln, wobei jedoch die in den Teilungserklärungen/Gemeinschaftsordnungen verbreiteten „Untergemeinschaften“57) nicht rechtsfähig sind.

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Bei Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft sind die einzelnen Beteiligten sämtlich persönlich zu bezeichnen, ebenso wenn in anderen Fällen eine Mehrheit von Personen betroffen ist. Aus dem Titel muss sich auch das Haftungsverhältnis der Beteiligten ergeben, worauf in der Literatur u. a. Bluhm und Böttcher58) zutreffend _____________ 55) Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 34. 56) Zutreffend zur Gesamtproblematik Zöller/Stöber, ZPO, § 736 Rz. 3 m. w. N., insbesondere auch zu gegenteiliger Judikatur des BGH, Urt. v. 25.1.2008 – V ZR 63/07, NJW 2008, 1378 = Rpfleger 2008, 365. 57) Die Untergemeinschaften werden insbesondere zur Aufspaltung von Kostentragungspflichten gebildet. 58) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 22 f.; siehe dort auch zur Frage der Anwendung der Auslegungsregel des § 427 BGB; im Zweifel gesamtschuldnerische Haftung bei vertraglich übernommener teilbarer Leistung; Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 25 m. w. N.

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hinweisen. Ohne diese Angabe kann nicht beurteilt werden, in welchem Umfang gegen Beteiligte vollstreckt werden kann. Eine ähnliche Konstellation wie bei der BGB-Gesellschaft bestand beim nicht rechtfähigen Verein, der über § 54 BGB der GbR angenähert ist. Vollstreckungsrechtlich ist der nicht rechtfähige Verein jedoch als Verband passivlegitimiert, wie aus § 735 ZPO hervorgeht. Die Regelung ist kaum praxisrelevant, da nicht rechtsfähige Vereine mit Grundvermögen, gegen die zu vollstrecken ist, selten sind. Altruistisch tätige Organisationen bedienen sich stattdessen des in das Vereinsregister eingetragenen Idealvereins (§§ 21 ff. BGB) oder der ihm wiederum angenäherten privatrechtlichen Stiftung (§§ 80 ff. BGB), die beide juristische Personen sind. Die nach dem Wortlaut des § 54 BGB denkbare Anwendung des § 736 ZPO scheitert heute aber schon daran, dass die Vereinsmitglieder nicht haften, sondern generell die Bestimmungen der §§ 21 ff. BGB auch für den nicht rechtsfähigen Verein gelten, sodass lediglich die Handelndenhaftung des § 54 Satz 2 BGB eine Ausnahme bildet.59)

76

Personenhandelsgesellschaften (oHG, KG) und ihnen vergleichbare Gesellschaften sind partiell rechtsfähig, sie sind nach ihrer Firma zu bezeichnen. Anzugeben sind ihre Anschrift und die vertretungsbefugten Personen, bei der GmbH & Co. KG auch die organschaftlichen Vertreter der Komplementär-GmbH (Folge aus deren Organstellung, vgl. §§ 162 Abs. 2, 125 – 127, 170 HGB).60) Um in (Immobilien)Vermögen der Gesellschaft zu vollstrecken, bedarf es eines Titels gegen die Gesellschaft (§ 124 Abs. 2 BGB), der nicht die Vollstreckung gegen die Gesellschafter ermöglicht. Auskunft gibt das Handelsregister (vgl. die §§ 9, 106 HGB).

77

Bei den juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Rechts ist der Name oder die Firma der juristischen Person anzugeben, deren Anschrift sowie die Namen der organschaftlichen Vertreter, Letzteres ist allerdings nicht zwingend. Diese Angaben sind den entsprechenden Registern zu entnehmen, d. h. dem Handelsregister und dem Genossenschaftsregister. In das erstere (Abt. A) sind auch die öffentlichen Banken eingetragen.

78

Ändert sich die Firma eines Unternehmens oder der Name einer natürlichen Person, aber nicht die Identität, so ändert dies nichts an der Geeignetheit des Vollstreckungstitels, wenn auch die Vollstreckung allein aufgrund des Titels vorgenommen können werden muss, ohne dass andere Urkunden hinzugezogen werden.61) Bei Identitätsänderungen (z. B. bei Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz durch Schuldner oder Gläubiger als übertragender Rechtsträger) bedarf es bei eingetretener Gesamtrechtsnachfolge der Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf den Rechtsnachfolger; die Rechtsnachfolge ist durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden nachzuweisen, § 727 Abs. 1 ZPO. Keinen Identitätswechsel stellt die formwechselnde Umwandlung nach den §§ 190, 202

79

_____________ 59) Siehe dazu sowie zur historischen Ausgangslage Palandt/Ellenberger, BGB, § 54 Rz. 12, 13. 60) Diese Regelungen gelten für alle „Mischformen“ der KG, unabhängig davon wer Komplementär ist, also etwa für die „AG & Co. KG“, die „Limited & Co. KG“ usw. 61) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 43.

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Anordnung der Versteigerung

Abs. 1 Nr. 1, 266 UmwG dar, sodass der auf die bisherige Gesellschaft vor dem Formwechsel lautende Titel nicht umzuschreiben ist. Vielmehr ist in diesen Fällen der Änderung ohne Identitätswechsel ein „klarstellender Klauselvermerk“ erforderlich, aber auch hinreichend.62) 80

Auch die innerhalb der Union zulässige63) grenzüberschreitende formwechselnde Umwandlung ist kein Identitätswechsel.64) 5.

Vollstreckungsklausel, § 724 ZPO

a) Erforderlichkeit der Vollstreckungsklausel 81

82

Die Klauselerteilung ist wesentlicher Bestandteil der Zwangsvollstreckung (zu den §§ 724 f. ZPO siehe oben). Grundsätzlich muss jeder Titel die Vollstreckungsklausel enthalten, denn erst die vollstreckbare Ausfertigung desselben belegt die Existenz des Titels sowie die Vollstreckungsreife.65) Ausnahmen bestehen für –

Vollstreckungsbescheide, es sei denn, es habe ein Wechsel auf der Schuldnerbzw. Gläubigerseite stattgefunden, der generell zu einer Klauseländerung Anlass gibt (§ 727 ZPO, Rechtsnachfolge; § 728 ZPO, Nacherbe, Testamentsvollstrecker; § 729 ZPO, Vermögens-66) und Firmenübernehmer),



vollstreckbare Arreste und einstweilige Verfügungen (§§ 929 Abs. 1, 936 ZPO) sowie



Kostenfestsetzungsbeschlüsse, die auf das Urteil gesetzt worden sind, §§ 795a, 105 ZPO; zugleich entfällt die Wartefrist des § 798 ZPO.

Das Klauselerteilungsverfahren ist nicht Teil des Verfahrens des Vollstreckungsgerichts, sondern vorgelagerte Voraussetzung der Vollstreckung und als solche der Prüfung der Klauselerteilung durch die dafür zuständigen Stellen überantwortet. Die Klausel wird bei „gerichtlichen Urkunden“ (vollstreckbare Urteile usw.) durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilt, § 724 Abs. 2 ZPO, § 797 Abs. 1 ZPO. Bei Notarurkunden ist der Urkundsnotar zur Klauselerteilung berufen bzw. derjenige, der die Urkunde verwahrt (wenn der Urkundsnotar nicht mehr im Amt ist, § 797 Abs. 2 ZPO) oder die entsprechende Behörde. Hoheitlich agierende öffentlich-rechtliche Gläubiger erteilen sich die vollstreckbare Entscheidung selbst. Das Vollstreckungsgericht überprüft diejenigen Gegenstände, die Teil des Klausel-

_____________ 62) Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 31 – 33; OLG Köln, Urt. v. 5.8.2003 – 3 U 30/03, juris Rz. 34 = ZIP 2004, 238 ff. 63) Der Staat, in den die Umwandlung „hinein“ erfolgen soll, muss für seine Inlandsgesellschaften einen solchen Formwechsel zugelassen haben. 64) Vgl. EuGH, Urt. v. 12.7.2012 – Rs C-778/10, „Vale“ – ZIP 2012, 1394 ff. = NJW 2012, 2715 ff., dazu Cranshaw, jurisPR-InsR 2012/ Anm. 1 sowie EuGH, Urt. v. 16.12.2008 – Rs C-210/06, „Cartesio“ – Slg. 2008 I-9641; zur formwechselnden Umwandlung einer luxemburgischen „GmbH“ in eine inländische GmbH siehe OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.6.2013 – 12 W 520/13, ZIP 2014, 128 ff. m. Anm. Wittmann/Molitor, jurisPR-HaGesR 2014, Anm. 1. 65) Siehe statt aller Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 724 ZPO, Rz. 3. 66) In praxi überholt, da nur die Fälle des aufgehobenen § 419 BGB a. F. betreffend.

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Anordnung der Versteigerung

verfahrens sind, nicht.67) Schwerwiegende Mängel des Titels, der Klausel oder des materiellen Anspruchs schlagen aber durch, wenn sie evident oder unstreitig sind.68) b) Änderungen auf Gläubiger- und Schuldnerseite nach Entstehung des (rechtskräftigen) Titels Nach rechtskräftiger Titulierung können sich Änderungen auf beiden Seiten, bei Schuldner und Gläubiger, ergeben, wenn beispielsweise: –

Die „Bezeichnungen“ der Beteiligten (§ 750 ZPO) ohne Identitätsänderung gewechselt haben. Hierzu gehört bei den juristischen Personen und den Gesellschaften die Firma oder der Name, bei den natürlichen Personen der Namenswechsel, z. B. infolge Annahme eines Ehenamens. Hier ist ein der Klarstellung dienender Klauselvermerk angezeigt (siehe oben).69)



Die Identität sich geändert hat, typisch bei Umwandlungsvorgängen in Gestalt der Verschmelzung mit dem Schuldner oder Gläubiger des Verfahrens nach dem ZVG als übertragender Rechtsträger (einschließlich der grenzüberschreitenden Fusion) oder der Spaltung mit dem Schuldner/Gläubiger als übertragender Rechtsträger (siehe oben). In diesen Fällen ist die Klausel umzuschreiben, § 727 ZPO.

83

c) Klauselerteilung bei der Sicherungsgrundschuld Eine besondere Problematik ergibt sich für das Klauselerteilungsverfahren, wenn eine Sicherungsgrundschuld abgetreten wird. Nach der Judikatur des XI. Zivilsenats des BGH muss der Zessionar, will er aus einer bestehenden Unterwerfungserklärung gemäß § 800 ZPO gegen den Schuldner vorgehen, in den Sicherungsvertrag zwischen Schuldner und Gläubiger eintreten.70) Aus dem Blick des Vollstreckungsgerichts ist diese Frage der Klauselerteilung vorbehalten; liegt die Klausel vor, kann das Verfahren angeordnet werden. Der Schuldner kann sich gegen die Klauselerteilung durch die Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO bzw. die Klauselabwehrklage nach § 768 ZPO zur Wehr setzen und im Verfahren selbst eine einstweilige Anordnung des Prozessgerichts oder „in dringenden Fällen“ des Vollstreckungsgerichts herbeiführen (§ 769 Abs. 1, 2 ZPO).

_____________ 67) Vgl. BGH, Beschl. v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, Rz. 7, Rpfleger 2012, 639 f. = NJW 2012, 3518 f. (Überprüfung einer Vollmacht zur Vollstreckungsunterwerfung nur im Klauselverfahren, analoge Anwendung von § 726 ZPO); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 44 a. E. spricht anschaulich von „Formalisierung der Zwangsvollstreckung“. 68) Zutreffend in diesem Sinne Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 44 a. E. 69) OLG Köln, Urt. v. 5.8.2003 – 5 U 30/03, juris Rz. 34 = ZIP 2004, 238 ff., zur formwechselnden Umwandlung siehe oben. 70) BGH, Vers. Urt. v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 ff. = Rpfleger 2010, 414 ff. = ZfIR 2010, 454 ff.; BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 237/11, ZfIR 2012, 407 ff. = ZInsO 2012, 1427 ff. = NJW 2012, 2354 ff.

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Notarielle Urkunden als Vollstreckungstitel, Fragen der Unterwerfungserklärung

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In der Finanzierungspraxis ist die Titulierung durch vollstreckbare Notarurkunde gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Standard. Dabei entstehen verschiedene Fragestellungen, von denen nachfolgend auf besonders praxisrelevante einzugehen ist.

86

Entgegen der Formulierung in den §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO („Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung“) ist die Wartefrist von zwei Wochen gemäß § 798 ZPO nach Zustellung einzuhalten.

87

Die Unterwerfungserklärung kann auch durch rechtsgeschäftlich ermächtigte Vertreter abgegeben werden, sogar durch den Gläubiger selbst.71) Die Vollmacht bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Die Vollstreckungsklausel wird aber nur erteilt, sofern die Vollmachtserteilung „in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde nachgewiesen wird“, § 726 ZPO analog.72) Die Vollmacht bzw. deren Genehmigung müssen ferner dem Schuldner nach § 750 Abs. 1, 2 ZPO zugestellt werden.73) Nur dadurch sieht der BGH einen effizienten Schutz des Schuldners gewährleistet, der die Möglichkeit zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der bevorstehenden Zwangsvollstreckung erhalten muss (Ausprägung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs).

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Der Insolvenzverwalter kann den Schuldner aber nicht in persönlicher Hinsicht der Zwangsvollstreckung unterwerfen, sondern nur sich selbst (für die Masse) als Organ kraft Amtes.74) 7.

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Zustellung, § 750 ZPO

Voraussetzung der Vollstreckung ist schließlich die Zustellung an den Schuldner, spätestens mit Beginn der Vollstreckung, d. h. dem Erlass der Anordnung gemäß § 15 ZVG,75) vgl. § 750 Abs. 1 ZVG. Davon zu unterscheiden ist die Zustellung im Verfahren nach dem ZVG gemäß den §§ 3 ff. ZVG. _____________ 71) Zöller/Stöber, ZPO, § 794 Rz. 33 m. w. N.; aus der Rechtsprechung siehe BGH, Beschl. v. 16.7.2004 – IXa ZB 326/03, juris Rz. 9 = ZfIR 2004, 964 ff. = NJW-RR 2004, 1718 ff. = Rpfleger 2005, 33 f.; BGH, Urt. v. 10.3.2004 – IV ZR 143/03, juris Rz. 12 f. = ZfIR 2004, 808 ff. = NJW-RR 2004, 1275 ff.; BGH, Beschl. v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, Rz. 7, Rpfleger 2012, 639 f. = NJW 2012, 3518 f., im Ergebnis gefestigte Judikatur mehrerer Senate des BGH. 72) Zur Judikatur siehe BGH, Beschl. v. 16.7.2004 – IXa ZB 326/03, juris Rz. 9 = ZfIR 2004, 964 ff. = NJW-RR 2004, 1718 ff. = Rpfleger 2005, 33 f. sowie BGH, Beschl. v. 17.4.2008 – V ZB 146/07, Ls. und Rz. 9, 14, ZfIR 2008, 512 = Rpfleger 2008, 505 ff. = NJW 2008, 2266 f.; BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, Rz. 15, 16 m. w. N. = ZfIR 2007, 110 f. = Rpfleger 2007, 37 f. = NJW-RR 2007, 358 f., h. M. 73) Siehe dazu BGH, Beschl. v. 17.4.2008 – V ZB 146/07, Ls. und Rz. 9, 14, ZfIR 2008, 512 = Rpfleger 2008, 505 ff. = NJW 2008, 2266 f.; BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, Rz. 15, 16 m. w. N. = ZfIR 2007, 110 f. = Rpfleger 2007, 37 f. = NJW-RR 2007, 358 f., h. M.; ablehnend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 50. 74) OLG Hamm, Urt. v. 3.12.2012 – I-5 U 42/12, juris Rz. 30, 31, 33 = ZIP 2013, 788 f. = ZInsO 2013, auch zur Möglichkeit der Vollstreckungsunterwerfung aufgrund Vollmacht. Die Restschuldbefreiung hilft dem Schuldner nicht gegen die Immobiliarvollstreckung durch einen Absonderungsberechtigten (vgl. §§ 49, 301 Abs. 2 Satz 1 InsO). 75) Vgl. § 20 Rz. 1, 3 [Cranshaw] m. w. N.

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In denjenigen Fällen, in denen die vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 726 Abs. 176) ZPO (Zug-um-Zug-Leistungen, bedingte Leistungen) erteilt wurde oder die Klausel zur Vollstreckung –

gegen Rechtsnachfolger (§ 727 ZPO),



bei Nacherbschaft bzw. bei Testamentsvollstreckung (Konstellationen des § 728 ZPO),



gegen Firmenübernehmer (§ 729 ZPO),



gegen Nießbraucher (§ 738 ZPO),



in Fällen der Gütergemeinschaft (§§ 742, 744, 745 Abs. 2 ZPO)



bzw. gegen Testamentsvollstrecker (§§ 748, 749 ZPO) dienen soll,

90

muss auch die Klausel selbst sowie eine Abschrift der zur Erteilung dienenden öffentlich oder öffentlich beglaubigten Urkunden zugestellt werden, § 750 Abs. 2 ZPO.

91

Zu § 750 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 720a ZPO (Abhängigkeit der Vollstreckung von vorheriger Sicherheitsleistung) siehe unter Rz. 64 ff., 66.

92

8.

„Vollstreckungshindernisse“, Fälle hinausgeschobener Vollstreckung, Vollstreckungsabsprachen zwischen Gläubiger und Schuldner

a) Vollstreckungshindernisse nach § 775 ZPO Die Zwangsvollstreckung ist trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen („Titel, Klausel, Zustellung“) „einzustellen oder zu beschränken“, wenn einer der Gründe des § 775 Nrn. 1 – 5 ZPO zu bejahen ist. Die Norm gilt für alle Vollstreckungen. Folgen ergeben sich aus § 776 ZPO, sie reichen von der Aufhebung der „getroffenen Vollstreckungsmaßregeln“ (in den Fällen des § 775 Nrn. 1 und 3) bis zum vorläufigen Fortbestand der Vollstreckungsmaßnahmen in den Fällen des § 775 Nr. 2, 4, 5 mit einer Besonderheit im Falle der Nr. 2. Der Wortlaut des § 775 ZPO zeigt bereits, dass bei Bekanntwerden eines der Vollstreckungshindernisse der Nrn. 1 – 5 (durch Vorlage einer jeweils dahingehenden Entscheidung, Urkunde oder eines sonstigen Beleges) das Vollstreckungsgericht von Amts wegen entscheiden muss. Eines formellen Antrages, gerichtet auf „Einstellung“ bezogen auf die gesamte Vollstreckung), „Beschränkung“ (bezogen auf einzelne Maßnahmen) oder „Aufhebung“ bedarf es daher nicht.

93

b) „Zeitlich beschränkender Vollstreckungsvertrag“77) Nicht selten vereinbaren Gläubiger und Schuldner einen befristeten Vollstreckungs„verzicht“. Es handelt sich nicht um einen materiellrechtlichen Erlassvertrag (§ 397 BGB) und auch nicht um ein in der Praxis verbreitetes „Stillhalteab_____________ 76) Ein praxisrelevanter Fall des § 26 Abs. 1 ZPO ist nach der zutreffenden Darstellung von Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 31 der folgende: Bestellung eines Grundpfandrechts mit Vollstreckungsunterwerfung gemäß § 800 ZPO gemeinsam durch Käufer und Verkäufer von Wohnimmobilien als Finanzierungsgrundpfandrecht im Interesse des Käufers, wobei gegen den Käufer als künftigen Eigentümer die vollstreckbare Ausfertigung erst nach „Entstehung des Anspruchs“ erteilt werden könne. 77) Vgl. zur Zulässigkeit solcher Abreden Prütting/Gehrlein-Kroppenberg, ZPO, vor §§ 704 ff. Rz. 16, 19.

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kommen“, das meist als materiellrechtliche Stundung anzusehen ist, welche die Fälligkeit der Forderung entfallen lässt (vgl. § 271 BGB). Eine solche Vereinbarung, eine bestimmte Zeit von Vollstreckungsmaßnahmen Abstand zu nehmen, ist kein materiellrechtliches „pactum de non petendo“. Fälligkeit und Verzug bleiben unberührt, darauf beruhende Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) bleibt ebenfalls aufrechterhalten. Im Einzelnen ist eine derartige Verabredung nach den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Sie hat nach der Rechtsprechung allein vollstreckungsrechtlichen Charakter.78) 95

Die Gründe in der Immobiliarvollstreckungspraxis hierfür können vielfältig sein, dazu die folgenden Beispiele:

96

Der Gläubiger ermöglicht dem Schuldner einen auskömmlichen Zeitraum zur freihändigen Veräußerung, welche die Versteigerung und deren ökonomische Risiken vermeiden soll.

97

Droht ein vom Gläubiger als aussichtsreich angesehener Antrag des Schuldners gemäß § 765a ZPO,79) kann es sich empfehlen, dieses Ergebnis durch vorübergehenden „Verzicht“, also eine vollstreckungsbeschränkende Vereinbarung, auf die Fortführung des Versteigerungsverfahrens herbeizuführen, sodass es nicht zu einer aus dem Blick des Gläubigers negativen Gerichtsentscheidung kommt.

98

Diese Konstellation ist nach der hier vertretenen Meinung ein Anwendungsfall des § 775 Nr. 4 ZVG (analog), wenn die Norm dort auch nur von „Stundung“, also einem materiellrechtlichen Einwand spricht.

99

Weder diese Norm noch § 766 ZPO (Folge der Ablehnung des § 775 Nr. 4 ZPO)80) ist aus dem Blick der frühen Judikatur des BGH heranzuziehen, wenn der Gläubiger entgegen diesem Vertrag vollstreckt. Vielmehr steht dem Schuldner nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Vollstreckungsabwehrklage analog § 767 Abs. 1 ZPO zu.81)

100

An eine solche vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffene Vereinbarung mit dem Gläubiger ist aber der Insolvenzverwalter nicht gebunden. Er kann dennoch z. B. die eigengenutzte Immobilie verwerten, auch nach § 172 ZVG, da dies seine Aufgabe als Verwalter sei.82) Im Falle der Vollstreckung durch den Verwalter steht aber dem Eigentümer der Antrag auf Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO zur Seite, dem das Vollstreckungsgericht insbesondere bei schwerwie_____________ 78) Vgl. BGH, Urt. v. 12.12.1967 – III ZR 115/67, NJW 1968, 700 f. m. w. N.; der Senat spricht unter Hinweis auf das Schrifttum von einem „zeitlich beschränkende[n] Vollstreckungsvertrag“. 79) Zur Tragweite des § 765a ZPO vgl. Löhnig/Cranshaw, ZVG, S. 122 ff. 80) Auch die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) scheidet damit aus; siehe zu den Rechtsbehelfen in den Fällen des § 775 ZPO Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 775 Rz. 18 f. 81) BGH, III ZR 115/67, NJW 1968, 700; vgl. aus der Judikatur ferner BGH, Urt. v. 12.7.1955 – V ZR 11/53, NJW 1955, 1556; BGH, Urt. v. 2.4.1991 – VI ZR 241/90, ZIP 1991, 611 ff. = NJW 1991, 2295 f.; BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – I ZB 3/05, juris Rz. 2, 9 = Rpfleger 2006, 139 f. = NJW-RR 2006, 645 f. 82) BGH, Urt. v. 13.1.2011 – I ZR 53/09, ZInsO 2011, 389 f. = ZIP 2011, 387 ff. m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 17/2011, Anm. 1 (keine Zwangsvollstreckung in eigengenutztes Grundstück des schwer erkrankten Schuldnerehepaars, solange keine anderen Gläubiger vollstreckten).

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genden Gefahren für Gesundheit oder Leben für den Schuldner und nahe Angehörige entsprechen wird. Dem Schuldner steht trotz des eröffneten Insolvenzverfahrens die Antragsbefugnis zu,83) notfalls auch gegenüber dem Insolvenzverwalter.84) c) Befristeter Eintritt der Vollstreckbarkeit, Vollstreckung bei Verurteilung Zug-um-Zug Von der unter den Parteien getroffenen vollstreckungsbeschränkenden Abrede (siehe oben) sind die aus dem Gesetz resultierenden Folgen des § 751 Abs. 1 ZPO (Abhängigkeit der Durchsetzung des zu vollstreckenden Anspruchs vom Eintritt eines Kalendertags) ebenso zu unterscheiden wie Urteile, die Leistungen Zug-umZug vorsehen (§ 765 ZPO).

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In den Fällen des § 751 Abs. 1 ZPO wird die Klausel erteilt, das Vollstreckungsgericht muss aber von Amts wegen beachten, ob der Termin eingetreten ist, bei Verstößen kann nach § 766 ZPO vorgegangen werden. Maßgeblich ist der kalendermäßig bestimmte Termin, wobei Bestimmbarkeit hinreichend sei.85)

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§ 765 ZPO erfordert, dass die Zug-um-Zug-Leistung aus dem Titel unmittelbar und eindeutig hervorgeht.86) Voraussetzung der Vollstreckung ist der Nachweis der Befriedigung des Schuldners oder dessen Annahmeverzug. Dieser Nachweis ist durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen. Einzelheiten sind streitig. Im Immobiliarbereich kann Gegenleistung eine Löschungsbewilligung87) sein, ggf. auch die Aushändigung der Urkunden gemäß § 1144 BGB „gegen Befriedigung des Gläubigers“.88)

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d) Vollstreckungshemmnisse durch BauGB und Flurbereinigungsgesetz?89) Die Sicherung städtebaulicher Maßnahmen nach dem BauGB oder Maßnahmen im Interesse der Strukturverbesserung von Land- und Forstwirtschaft nach dem FlurBG stehen der Versteigerung nicht entgegen. Ob diese im Einzelfall wirtschaftlich sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.90)

_____________ 83) BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, Rpfleger 2009, 259 ff. = ZInsO 2009, 254 f. 84) BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – IX ZB 77/08, juris Rz. 17 f. = Rpfleger 2009, 105 ff. = ZIP 2008, 2441 ff. = NJW 2009, 78 ff. 85) Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 751 Rz. 1 – 3. Eingehend zu Ratenvereinbarungen und Verfallklauseln Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, Vor § 15 Rz. 53 m. w. N.; siehe zu Verfallklauseln auch RG, Urt. v. 12.11.1931 – VI 225/31, RGZ 134, 156 ff., 159, 160. 86) Zöller/Stöber, ZPO, § 756 Rz. 3 (a), § 765 Rz. 3. 87) Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 751 Rz. 5, 88) Dabei handelt es sich um einen Fall der Zug-um-Zug-Verurteilung, da dem Eigentümer vor der Befriedigung des Gläubigers ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273, 274 BGB zustehe, Palandt/Bassenge, BGB, § 1144 Rz. 2; siehe auch den Überblick bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 59, 60, m. w. N.; so im Ergebnis auch RG, Urt. v. 27.6.1903 – Rep. V 76/03, RGZ 55, 224 ff., 227. 89) Vgl. dazu § 17 Rz. 18 – 20 und § 10 Rz. 75 [Cranshaw]. 90) Vgl. den Kurzüberblick zum BauGB/FlurbG bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 67, 75.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

V. Einige Sonderfragen der Immobiliarvollstreckung 1.

Fälligkeit des Sicherungsgrundpfandrechts

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Mit dem Risikobegrenzungsgesetz91) (2008) hat der Gesetzgeber aufgrund einer Reihe in der Öffentlichkeit diskutierter Fälle der nicht ganz unbegründeten Sorge Rechnung getragen, bei einem Gläubigerwechsel, insbesondere bei einem zulässigen Verkauf von Not leidenden Darlehnsforderungen nebst den zugehörigen Grundpfandrechten (sog. Non-performing Loans) durch Realkreditgeber, drohe dem Schuldner ungerechtfertigt die Versteigerung.92) Im hier interessierenden Kontext hat das Risikobegrenzungsgesetz den Begriff der Sicherungsgrundschuld in § 1192 Abs. 1a BGB legaldefiniert und dem Eigentümer die bestehenden Einreden gegen die Grundschuld aus dem Sicherungsvertrag gegenüber dem Grundschulderwerber zuerkannt (vgl. auch § 1157 Satz 1 BGB). Ferner bestimmt § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB seitdem, dass die Notwendigkeit der Kündigung der Grundschuld mit einer Frist von sechs Monaten für Sicherungsgrundschulden nicht (nach § 1193 Abs. 2 Satz 1 BGB) abbedungen werden kann. Diese Regelungen gelten allerdings nur für Grundschulden, die nach dem 19.8.2008 bestellt wurden (Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB).

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Allerdings dürfte die Grundschuld bereits nach ihrer Bestellung gekündigt werden können, also vor Vollstreckungsreife.93) Aus vollstreckungsrechtlichem Blick ist zu beachten, dass der sofortigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der in der Finanzierungspraxis üblichen notariellen Grundschuldbestellungsurkunde mit Vollstreckungsunterwerfung (§§ 794 Abs. 1 Nrn. 5, 800 ZPO) nach ihrer Erstellung nichts entgegensteht, wenn zugleich auf den Nachweis der Kündigung nach § 726 Abs. 1 ZPO verzichtet wird.94)

107

Die in der Kreditwirtschaft verwendeten Mustergrundschuldbestellungsurkunden sehen den Verzicht auf den Nachweis nach § 726 Abs. 1 ZPO vor. Für diese Möglichkeit spricht u. a. mit Gaberdiel/Gladenbeck95) (dort unter Hinweis auf BGH IX ZR 120/00), dass die Norm des § 726 ZPO, die eine Regelung zum Klauselerteilungsverfahren darstellt, materiellrechtlich keine Konsequenz hat. Der Eigentümer kann trotz der vollstreckbaren Ausfertigung, die der Urkundsnotar gemäß § 797 Abs. 2 Satz 1 ZPO erteilt, ohne Weiteres erfolgreich Vollstreckungsabwehrklage erheben, sollte die Grundschuld nicht ordnungsgemäß gekündigt und die Kündigungsfrist von sechs Monaten (§ 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB) bei Androhung der Vollstreckung oder bei Stellung des Versteigerungsantrags noch nicht abgelaufen _____________ 91) Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1666 ff. 92) Clemens/Cranshaw, Problemlösungen durch Verkauf von Darlehensforderungen, in: Clemens/Cranshaw/Flitsch/Günther/Habl, Problematische Firmenkundenkredite, S. 661 ff., 703 ff., Rz. 2445 – 2464. 93) Vgl. dazu und zu der Gegenmeinung Palandt/Bassenge, BGB, § 1193 Rz. 3; in der Praxis werden Kreditinstitute diese Möglichkeit aus wirtschaftspsychologischen Gründen nicht wählen, da innerhalb der Kundschaft u. a. Reputationsrisiken befürchtet werden müssten. 94) Palandt/Bassenge, BGB, § 1193 Rz. 3 m. w. N., auch zur Gegenmeinung. 95) Siehe Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, S. 163 f., Rz. 309 m. w. N. und Anhang 3, S. 631 ff. m. Anm. 11, 11a, Muster des Bankverlages.

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sein. Der Abwehrklage steht § 767 Abs. 2 ZPO bei den Titeln gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht entgegen, wie aus § 797 Abs. 4 ZPO folgt. Der Eigentümer kann ferner nach § 769 ZPO vorgehen und eine einstweilige Anordnung beantragen, die in „dringenden Fällen“ auch vom Vollstreckungsgericht anstelle des Prozessgerichts unter Fristsetzung zur Beibringung einer Entscheidung des Prozessgerichts erlassen werden kann (§ 769 Abs. 2 ZPO). Im Zwangsversteigerungsverfahren ist der Eigentümer bei einer solchen Konstellation auf die Abwehrklage verwiesen, ansonsten auf den Nachweis des § 726 ZPO, um die Vollstreckungsklausel zu erlangen. Im Rahmen der Duldungsklage nach § 1147 BGB scheitert der Kläger, wenn er den Nachweis der Kündigung nicht führen kann, denn nur dann hat er einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung im Hinblick auf das Grundschuldkapital (anders bei den Grundschuldzinsen).96) 2.

108

Eigentümergrundschulden im Verfahren, § 1197 BGB

Die Eigentümergrundschuld (§ 1197 BGB) ist im Interesse der nachrangigen Gläubiger im Zwangsversteigerungsverfahren nicht vollstreckbar (§ 1197 Abs. 1 BGB), wenngleich die BGH-Rechtsprechung die Vollstreckungsunterwerfung gegen den jeweiligen Eigentümer zulässt. § 1197 Abs. 1 BGB stellt lediglich eine „persönliche Beschränkung der verfahrensrechtlichen Rechtsstellung des Eigentümers als Inhaber der Grundschuld dar“.97)

109

Er kann nach § 1197 Abs. 2 BGB allerdings dingliche Zinsen aus der Grundschuld geltend machen, aber gerade nicht aufgrund eines Titels, sondern als Folge der von einem anderen Gläubiger herbeigeführten Beschlagnahme im Zwangsverwaltungsverfahren und während dieser Zwangsverwaltung.

110

Da § 1197 BGB allein den Eigentümer persönlich in seinen Verfahrensrechten einschränkt, ist es sachlogisch, dass dieses Hindernis wegfällt, sobald die Grundschuld in die Hand eines Dritten gelangt, da sie dann die Eigenschaft als Grundpfandrecht des Eigentümers an seinem eigenen Grundstück verliert und zur Fremdgrundschuld wird. Aufgrund dieser Zusammenhänge kann der Eigentümer das Recht schon von Anfang an vollstreckbar (als künftiges Fremdrecht) ausgestalten.98) Auch derjenige Dritte, der Rechte an der Grundschuld erwirbt, ist den Beschränkungen des Eigentümers zu Recht nicht ausgesetzt.

111

3.

Wohnungs- und Teileigentum sowie die weiteren Rechte nach dem WEG in den Verfahren nach dem ZVG

a) Immobiliarvollstreckung durch dritte Gläubiger, Veräußerungsbeschränkung Bei der Zwangsversteigerung bzw. der Zwangsverwaltung von Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG sind zwei grundsätzlich voneinander zu trennende _____________ 96) Palandt/Bassenge, BGB, § 1147 Rz. 3. 97) BGH, Urt. v. 16.5.1975 – V ZR 24/74, BGHZ 64, 316 ff. = NJW 1975, 1356 ff., 1356 = JZ 1975, 487 f.; Palandt/Bassenge, BGB, § 1197 Rz. 1, 2. 98) BGH, BGHZ 64, 316 ff., Palandt/Bassenge, BGB, § 1197 Rz. 1, 2.

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Konstellationen zu unterscheiden. Die eine Thematik betrifft die Immobiliarvollstreckung durch außerhalb der Eigentümergemeinschaft stehende Gläubiger aufgrund persönlicher oder dinglicher Forderung (z. B. aus dem Finanzierungsgrundpfandrecht). Die Versteigerung (anders bei der Zwangsverwaltung) kann durch eine Veräußerungsbeschränkung in der Teilungserklärung/Vereinbarung der Eigentümer beeinträchtigt sein, wenn diese als (dinglicher) Inhalt des Wohnungs- oder Teileigentums im Grundbuch eingetragen worden ist (§ 12 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 WEG). Die Folge ist, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft vor der Zustimmung (Genehmigung) der Wohnungs-/Teileigentümer (selten eines „anderen Dritten“) schwebend unwirksam sind.99) Der rechtsgeschäftlichen Veräußerung steht nach dieser Norm die Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung gleich. Eine solche Regelung ist aus dem Blick der anderen Wohnungs- bzw. Teileigentümer nachvollziehbar, denn sie soll nicht erwünschte Erwerber fernhalten, insbesondere bonitätsmäßig schwache Käufer, die nicht die Gewähr für die Bezahlung der anteiligen laufenden Lasten zu bieten scheinen oder Meistbietende, die offenbar den Steigerlös nicht zahlen können und daher das Risiko permanenter Weiterversteigerung hervorrufen.100) Allerdings mildert § 12 Abs. 2 WEG die aus Gläubigersicht/Finanzierungssicht kritische Regelung ab, da ein Anspruch auf Zustimmung besteht, wenn kein wichtiger Grund dagegen spricht. Ferner kann ein ausdrückliches gesondertes Zustimmungsrecht als Inhalt der Beschränkung der Veräußerung eingetragen werden; § 12 Abs. 2 WEG, die Vorschrift ist zwingendes Recht. Ferner kann die Veräußerungsbeschränkung durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümer aufgehoben werden (§ 12 Abs. 4 WEG). Dasselbe gilt für das Wohnungserbbaurecht (§ 30 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 12 WEG) sowie das Dauerwohnrecht (§§ 32 Abs. 1, 35 WEG i. V. m. § 12 WEG). Bei Teilung durch den Eigentümer nach den §§ 3, 8 WEG soll aus einer vollstreckbaren Urkunde, die das noch ungeteilte Grundstück betrifft, nach der Aufteilung nach dem WEG ohne Klauselumschreibung die Vollstreckung in die nach der Teilung entstandenen Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten möglich sein.101) b) „Gemeinschaftsinterne“ Immobiliarvollstreckung 113

Von der Immobiliarvollstreckung durch „außenstehende Gläubiger“ ist die Immobiliarvollstreckung gegen den Wohnungs-/Teileigentümer durch die Gemeinschaft oder einzelne Miteigentümer in dieser Eigenschaft zu unterscheiden. Dabei geht es zum einen um die Rechte und Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 und Abs. 7 WEG, in deren Rahmen die Gemeinschaft _____________ 99) Siehe zur schwebenden Unwirksamkeit, die nicht nur relativ ist, BGH, Beschl. v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76 ff. (zu der Frage der Erteilung der Zustimmung nach § 7 ErbbauRG (früher ErbbauVO) bei Vereinbarung des Zustimmungserfordernisses gemäß § 5 ErbbauRG (ErbbauVO), eine Parallele zu § 12 WEG); siehe ferner Palandt/Bassenge, BGB, § 12 WEG Rz. 12 m. w. N. 100) Der BGH spricht von dem Fernhalten „störender oder zahlungsunfähiger Personen“ von der Gemeinschaft, Urt. v. 27.4.2012 – V ZR 211/11, II 2c) der Entscheidungsgründe – DRsp Nr. 2012/10137 = WM 2013, 485 ff. 101) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 46; LG Berlin, Beschl. v. 16.5.1984 – 84 AR 23/84, Rpfleger 1985, 159 (umstr.).

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partiell parteifähig und prozessfähig ist (§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG).102) Die Gemeinschaft handelt durch den Verwalter als Organ nach Maßgabe der §§ 26, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG.103) Es handelt sich nach BGH V ZR 145/10 (siehe unten) nicht um einen Fall gewillkürter Prozessstandschaft. Betroffene Ansprüche, die von der Gemeinschaft als Verband durchgesetzt werden, sind die Ansprüche auf die „Wohn-/Hausgelder“ auf der Grundlage entsprechender Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft und zwar die Abschlagszahlungen (= Vorschüsse auf den Wirtschaftsplan), die Forderungen im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung (vgl. §§ 28 Abs. 2, 3, 5 WEG sowie § 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) und die den Wirtschaftsplan ergänzenden Sonderumlagen sowie der Anspruch auf Einzahlung des den jeweiligen Eigentümer treffenden anteiligen Betrages der „Instandhaltungsrückstellung“.104) Im Rahmen der Zwangsversteigerung bzw. der Zwangsverwaltung genießen diese Ansprüche unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG den Vorrang der Rangklasse 2. Des Weiteren ist der vorzulegende Titel nach § 10 Abs. 3 Sätze 2, 3 ZVG privilegiert. Außerhalb der engen Voraussetzungen der die Gemeinschaft favorisierenden Normen kann der Anspruch der Gemeinschaft nur in Rangklasse 5 geltend gemacht werden. Außerdem kann der Anspruch nur in das jeweils betroffene Wohnungseigentum in derselben Gemeinschaft mit den Vorteilen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZVG durchgesetzt werden.105)

114

Ein weiterer hier betroffener Anspruch ist derjenige auf Veräußerung des Wohnungseigentums nach § 18 WEG. Das Recht wird von der Gemeinschaft ausgeübt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 WEG; Ausnahme ist die Zweiergemeinschaft, bei der das Recht dem anderen Miteigentümer zusteht und von diesem ausgeübt wird.). Vgl. auch § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 1 WEG. Die Norm des § 18 WEG hat mit dem späteren etwaigen Versteigerungsverfahren nichts zu tun, sie generiert als Erkenntnisverfahren den Titel („Veräußerungsurteil“) für die Vollstreckung, die die Entziehung des Wohnungseigentums umsetzt. Die Antragsbefugnis für die Versteigerung bildet § 19 WEG ab; antragsbefugt ist nach dieser Norm zwar sowohl die Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft (außer bei der Zweiergemeinschaft) als auch jeder Miteigentümer. Da aber die Gemeinschaft selbst Titelgläubiger ist (mit der Bezeichnung nach § 10 Abs. 6 Satz 4 WEG), muss auch ihr die Vollstreckungsklausel erteilt werden. Der Schuldner von Wohngeldansprüchen (siehe oben), die zur Klage gemäß § 18 WEG geführt haben, kann den Zuschlag in der Versteigerung

115

_____________ 102) BT-Drucks. 16/3843 v. 13.12.2006 (Rechtsausschuss), Begründung zu § 10 WEG n. F., S. 5 (Gesetzestext), S. 24 (Begründung) sowie die BT-Drucks. 16/887, S. 56 – 59. Die normierte partielle Rechtsfähigkeit (damit Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit) der Gemeinschaft nach WEG geht zurück auf BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 ff., Ls. a), S. 159 ff. Zum Handeln berufenes Organ der Gemeinschaft ist hier der WEG-Verwalter, BGH, a. a. O., Ls. e) und S. 162, m. w. N. aus der Judikatur des Senats. 103) BGH, Beschl. v. 28.1.2011 – V ZR 145/10, BGHZ 188, 157 ff., 161 f., Rz. 10 ff.; siehe auch BT-Drucks. 16/887, S. 75 und BT-Drucks. 16/3843, S. 28. 104) Zu den Sonderumlagen vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 28 WEG Rz. 19 m. w. N., zur Instandhaltungsrückstellung siehe § 21 WEG Rz. 18, m. w. N. 105) Zu weiteren Details der Durchsetzung der Ansprüche der Gemeinschaft in diesem Kontext siehe § 10 Rz. 39 ff., 164 ff. [Cranshaw].

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dadurch abwenden, dass er den offenen Betrag nebst Kosten und etwa weiter aufgelaufenen Rückstände bis zum Zuschlag bezahlt (und dies nachweist). Der Zuschlag ist dann zu versagen (§ 83 Nr. 6 ZVG) mit der Folge der Verfahrensaufhebung bei Rechtskraft (§ 86 ZVG). Gegen die Fortführung des Verfahrens nach Bezahlung kann sich der Schuldner wie auch sonst mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) zur Wehr setzen. 4.

Erbbaurechte im Verfahren, Heimfallproblematik, Übernahme der Grundpfandrechte

116

Die Immobiliarvollstreckung in das Erbbaurecht wirft Besonderheiten im Hinblick auf die Rechte des Grundstückseigentümers auf. Regelmäßig wird eine Vereinbarung über eine dingliche Veräußerungsbeschränkung des Erbbaurechts zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem getroffen und im Erbbaurechtsgrundbuch eingetragen (§ 5 Abs. 1 ErbbauRG). Die Veräußerung ist bis zur Zustimmung des Grundstückseigentümers oder deren Ersetzung schwebend unwirksam.106) Siehe zu der parallelen Problematik bei der Wohnungseigentümergemeinschaft vorstehend unter Rz. 112. Die Veräußerungsbeschränkung soll der Einhaltung des Zwecks der Einräumung des Erbbaurechts dienen und verhindern, dass an die Stelle des Erbbaurechtsinhabers unzuverlässige und/oder zahlungsunfähige Erbbaurechtsinhaber treten, die das berechtigte Interesse des Erbbaurechtsausgebers (= Grundstückseigentümers) beeinträchtigen. Die Veräußerungsbeschränkung gilt nach § 8 ErbbauRG auch für Verfügungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung, der Arrestvollziehung oder bei Veräußerung durch den Insolvenzverwalter. Sie sind damit ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers unwirksam, wenn sie die Rechte aus § 5 ErbbauRG „vereiteln oder beeinträchtigen würden.“ Der Erbbaurechtsinhaber hat nach Maßgabe des § 7 Abs. 1, 3 ErbbauRG einen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Zustimmung, die durch das Amtsgericht des belegenen Grundstücks ersetzt werden kann. Die Zustimmung des Grundstückseigentümers muss vor dem Zuschlag „erteilt oder ersetzt sein.“ Die Ersetzung wird mit Rechtskraft des entsprechenden Gerichtsbeschlusses wirksam (§ 7 Abs. 3 Satz 2 ErbbauRG, 40 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Damit scheidet der Zuschlag ohne das Vorliegen der Zustimmung des Eigentümers aus.

117

Erlischt das Erbbaurecht durch Zeitablauf (§ 27 ErbbauRG), steht dem Erbbauberechtigten ein Entschädigungsanspruch zu, welcher bei Antrag der Löschung des Erbbaurechts durch den Grundstückseigentümer im Wege der Grundbuchberichtigung gleichzeitig mit der Löschung (§§ 13, 22 GBO) im Rang des erlöschenden Erbbaurechts (§ 28 ErbbauRG) auf weiteren Antrag einzutragen ist.107) Der Anspruch ist ein eintragungsfähiges „dingliches Sicherungsrecht“ sui generis, welches einer Reallast vergleichbar ist.108) Er wird daher wie eine Reallast und wie das Erbbaurecht selbst in Abt. II des Grundstücksgrundbuchs eingetragen. Die Grund_____________ 106) BGH, Beschl. v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76 ff., Ls. 2a), b), 3. 107) BGH, Beschl. v. 11.4.2013 – V ZB 109/12, ZfIR 2013, 550 ff., Rz. 11, 13 ff. m. Anm. Zimmer, ZfIR 2013, 552 f. = NJW-RR 2013, 1102. Wird der Antrag auf Eintragung des Entschädigungsantrags nicht gestellt, wird das Erbbaurecht nicht gelöscht. 108) BGH, V ZB 109/12, Rz. 17 m. w. N.

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pfandgläubiger des Erbbaurechts und die Reallastberechtigten sind ihrerseits aus diesem Entschädigungsanspruch, der sich gegen den Eigentümer richtet, zu befriedigen (§ 29 ErbbauRG).109) Sie werden so behandelt, als ob bei Zeitablauf des Erbbaurechts ein Zuschlag in der Zwangsversteigerung erfolgt wäre (vgl. §§ 91, 92 ZVG). Die Befriedigung aus dem Entschädigungsrecht richtet sich nach den §§ 1277, 1282 BGB und in der Rangfolge, als ob ein Fall des § 10 ZVG zu bejahen wäre.110) Der Eintragung eines konkreten Betrages bedarf es nicht zwingend, wenn dessen Höhe noch nicht feststeht,111) wobei im Zwangsversteigerungsverfahren über das Grundstück dann allerdings Problemlagen für alle Beteiligten entstehen.112) Das Erlöschen des Erbbaurechts durch Zeitablauf hat damit erhebliche Auswirkungen für die dort eingetragenen Realgläubiger. Übt der Eigentümer das Heimfallrecht (Heimfallanspruch) aus (§§ 2 Nr. 4, 5, 32 f. ErbbauRG), bleiben die Fremdgrundpfandrechte und Fremdreallasten aufrechterhalten, alle anderen Rechte erlöschen, § 33 Abs. 1 ErbbauRG. Haftet der Erbbauberechtigte persönlich, ist er also nicht nur Drittsicherungsgeber einer das Erbbaurecht belastenden Sicherungsgrundschuld, sondern auch persönlicher Schuldner, so findet eine privative Schuldübernahme nach Maßgabe des § 416 BGB kraft Gesetzes statt (§ 33 Abs. 2 ErbbauRG), die zwingendes Recht ist.113) Die Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung aus den bestehen bleibenden Rechten nach § 33 Abs. 1 ErbbauRG richtet sich nach Vollzug des Heimfalls gegen den Grundstückseigentümer als Erbbauberechtigten (Folge aus den §§ 2 Nr. 4, 11 ErbbauRG, denn der Heimfallanspruch verpflichtet zur Übertragung des Erbbaurechts) bzw. gegen den von ihm benannten Dritten in der Fällen des § 3 Halbs. 2 ErbbauRG. Dementsprechend muss die Titulierung erfolgen. Die Klausel muss auf den neuen Erbbaurechtsinhaber lauten; ist ein Titel, z. B. eine vollstreckbare Notarurkunde vorhanden, ist die Vollstreckungsklausel nach Maßgabe des § 727 ZPO „umzuschreiben“. 5.

118

Schnittstellen zwischen Immobiliarvollstreckungsverfahren und Insolvenzverfahren114)

a) Vollstreckungsverbote, Anfechtung Zwischen dem Insolvenzverfahren (als Gesamtvollstreckung) und der Einzelvollstreckung nach dem ZVG in Grundbesitz des Insolvenzschuldners besteht eine Reihe von Schnittstellen. Dabei geht es zum einen darum, dass nur noch der absonderungsberechtigte Gläubiger, der ein anfechtungsfestes dingliches Recht an dem betroffenen Grundbesitz im eröffneten Insolvenzverfahren innehat, vollstre_____________ 109) Siehe dazu OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2007 – 15 W 404/06, Rpfleger 2007, 541 = DNotZ 2007, 750 = Entscheidungsdatenbank Nordrhein-Westfalen (NRWE) Rz. 19-21, 24; siehe http://www.justiz.nrw.de mit Verlinkungen. 110) OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2007 – 15 W 404/06, Rpfleger 2007, 541 = DNotZ 2007, 750, II. der Gründe, Rz. 19 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, § 28 ErbbauRG Rz. 1, § 29 ErbbauRG Rz. 2. 111) BGH, V ZB 109/12, ZfIR 2013, 551 Rz. 18; OLG Hamm, 15 W 404/06, NRWE Rz. 24. 112) So zutreffend Zimmer, ZfIR 2013, 552 f., 503. 113) Palandt/Bassenge, BGB, § 33 ErbbauRG Rz. 2. 114) Siehe dazu im Einzelnen § 22 Rz. 6 – 19 [Cranshaw].

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cken darf (§ 49 InsO). Alle anderen Vollstreckungsmaßnahmen aus persönlichen Titeln unterliegen dem Vollstreckungsverbot des § 89 InsO, der Rückschlagsperre des § 88 InsO und dem Risiko der Anfechtung nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO. Das im Eröffnungsverfahren beantragte Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren kann nach § 30d Abs. 4 ZVG einstweilen eingestellt werden. Entgegen dem Wortlaut dieser Norm muss dies auch in den Fällen der vorläufigen Eigenverwaltung gelten, da ansonsten die Zielsetzung beispielsweise des § 270b InsO (Schutzschirmverfahren) ins Leere gehen würde. Ein Vollstreckungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO lässt die Immobiliarvollstreckung unberührt.115) b) Vollstreckungsklausel im Insolvenzverfahren 120

Ist das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet, reicht ein auf den Insolvenzschuldner lautender Titel nebst Vollstreckungsklausel aus. Das bereits anhängige Verfahren wird mit Eröffnung fortgesetzt. Eine Unterbrechung nach § 240 ZPO tritt nicht ein, denn diese Bestimmung ist auf Vollstreckungsmaßnahmen nicht anwendbar.116) In den Fällen der Eigenverwaltung erübrigt sich die Klauselumschreibung der Natur der Sache nach, da der Schuldner unverändert verwaltungs- und verfügungsbefugt bleibt.

121

Die (umstrittene) Frage ist, wie sich die in praxi seltene Bestellung eines „starken“ Insolvenzverwalters auswirkt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.1 InsO, § 22 Abs. 1 InsO). Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen, die werdende Insolvenzmasse (vgl. § 35 InsO), geht auf den vorläufigen „starken“ Verwalter über. Dennoch ist das Verfahren nicht eröffnet. Andererseits treten im Ergebnis dieselben Folgen ein wie nach § 80 InsO im eröffneten Verfahren. Der vorläufige Verwalter nach § 22 Abs. 1 InsO handelt als Partei kraft Amtes „aus eigenem Recht“,117) als ob also das Verfahren eröffnet worden wäre. Der Schuldner bzw. seine Organe verlieren die entsprechenden Befugnisse. Daher ist es gerechtfertigt, auch schon im Eröffnungsverfahren die Klausel gemäß § 727 ZPO auf den starken vorläufigen Insolvenzverwalter umzuschreiben (zum eröffneten Verfahren siehe im Folgenden).118) Er ist i. S. d. § 727 ZPO „Rechtsnachfolger“ des Schuldners.119)

122

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss die Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO auf den Insolvenzverwalter umgeschrieben werden. Er ist Rechtsnachfolger des Schuldners in diesem Sinne.120) Ein Rechtsschutzinteresse besteht dabei _____________ 115) Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier-Sander, Insolvenzrecht, InsO, § 21 Rz. 37 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 75, 80 f. 116) BGH, Beschl. v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16 ff., 18 – 20, Rz. 7 – 12. 117) MünchKomm-Haarmeyer, InsO, § 22 Rz. 23 f. 118) So LG Cottbus, Beschl. v. 20.4.2000 – 7 T 548/99, ZInsO 2000, 337 f. = Rpfleger 2000, 465 f.; a. A. für die Zwangsverwaltung LG Halle, Beschl. v. 20.9.2001 – 2 T 151/01, Rpfleger 2002, 89 f.; zutreffend dagegen kritisch Hintzen, EWiR 2001, 1151 f., ebenso Alff, Rpfleger 2002, 90 f. 119) A. A. Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18 m. w. N., ebenso Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 58 unter Hinweis auf Stöber, ZVG, § 15 Rz. 23.16. 120) Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18 m. w. N.; vgl. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423 f. = WM 2005, 1324 ff.

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§ 15

Anordnung der Versteigerung

allein für die Gläubiger mit einem Absonderungsrecht am Grundstück (Folge aus § 49 InsO), die „persönlichen“ Gläubiger können ihre Forderungen nur nach § 87 InsO i. V. m. den §§ 174 ff. InsO durch Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren geltend machen. Dies gilt auch für die persönliche Forderung des Darlehensgläubigers, der durch Grundpfandrecht besichert ist bzw. in dessen Grundschuldbestellungsurkunde parallel ein abstraktes Schuldanerkenntnis enthalten ist, bezüglich dessen der Schuldner sich der sofortigen Zwangsvollstreckung gemäß § 800 ZPO unterworfen hat, Insoweit darf die Umschreibung der Klausel nicht erfolgen, dem Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Dies gilt auch für den ausländischen Insolvenzverwalter eines im Ausland eröffneten grenzüberschreitenden Insolvenzverfahrens (im Bereich der EuInsVO) für in Deutschland belegenen Grundbesitz, sodass auch auf ihn umzuschreiben und zuzustellen ist.121)

123

Gibt der Verwalter den Grundbesitz aus der Masse frei, ist aber bereits zuvor die Klausel auf ihn gemäß § 727 ZPO umgeschrieben worden, kann die Vollstreckung ohne erneute Umschreibung auf den Schuldner vonstattengehen, da zwar der Insolvenzverwalter insoweit Rechtsnachfolger des Schuldners ist, dies aber nicht umgekehrt gilt, denn der Schuldner war stets Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes.122)

124

Details sind umstritten, z. B., ob beim Verwalterwechsel der an seine Stelle tretende Verwalter dessen Rechtsnachfolger sei.123)

125

c) Titulierung gegen den Insolvenzverwalter Fehlt es an einem Titel, muss der Grundpfandgläubiger den Insolvenzverwalter zur Vollstreckungsunterwerfung wegen des dinglichen Rechts auffordern (ansonsten droht die Kostenfolge des § 93 ZPO, sollte der Verwalter anerkennen) und ggf. gemäß § 1147 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung klagen. Ist die Eigenverwaltung angeordnet, tritt der Schuldner an die Stelle des Insolvenzverwalters (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Mitwirkung des Sachwalters zur Vollstreckungsunterwerfung ist nach der hier vertretenen Meinung erforderlich, soweit eine entsprechende Anordnung nach § 277 Abs. 1 InsO getroffen worden ist.

126

d) Vollstreckungsschutz des Schuldners gegen den Insolvenzverwalter Im Vollstreckungsverfahren kann der Schuldner als natürliche Person auch einen gegen den Insolvenzverwalter gerichteten Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO stellen, soweit die vom Verwalter ausgehende Vollstreckung zu Gefahren für Leib oder Leben des Schuldners oder naher Familienangehöriger führt.124) _____________ 121) BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – V ZB 54/10, juris = BGHZ 188, 177 ff. = ZfIR 2011, 618 ff. (englischer Insolvenzverwalter). 122) BGH, V ZB 25/05, juris Rz. 9 ff. 123) Hierzu und zu der Situation, wenn die Masse selbst einen titulierten Anspruch hat, den der Verwalter erstritten hat, siehe im Einzelnen Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18 m. w. N. 124) Siehe unter Rz. 11, 97 sowie bei Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 765a ZPO, 122 ff., 136, Rz. 49 m. w. N. zu BGH zu IX ZB 77/08, NJW 2009, 78 ff.

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§ 15 6.

Anordnung der Versteigerung

Immobiliarvollstreckung in den Nachlass, Beschränkung der Erbenhaftung, internationales Erbrecht

a) Durchführung des Verfahrens nach dem ZVG gegen den Erblasser in Vollstreckungsgegenstände aus dem Nachlass 128

Für die Vollstreckung nach dem ZVG in Gegenstände, die zu einem Nachlass gehören, ist entscheidend, wann der Erblasser verstorben ist, ob dies vor Erlass des Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses geschehen ist oder danach. Auf erloschene bzw. im jeweiligen Register gelöschte juristische Personen oder sonstige Personenverbände sind die nachfolgenden Erwägungen der Natur der Sache nach nicht einmal analog anwendbar, sondern allein auf natürliche Personen. Ist der Grundstückseigentümer und Vollstreckungsschuldner vor der Anordnung der Versteigerung oder der Zwangsverwaltung bzw. dem Beitritt verstorben, dann kann ein Vollstreckungsverfahren gegen ihn nicht mehr durchgeführt werden. Zutreffend empfiehlt Bluhm im Ergebnis, das Vollstreckungsgericht möge bei entsprechenden Anhaltspunkten das zuständige Standesamt um Auskunft im Wege der Amtshilfe ersuchen.125) Zuzustimmen ist auch der dortigen Anregung an den Antragsteller, den damit aus formellen Gründen aussichtslosen Vollstreckungsantrag zurückzunehmen. Schnittstelle ist für die Bejahung des Erlasses der Anordnung oder der Bewilligung des Beitritts die Herausgabe des vom Rechtspfleger unterschriebenen Beschlusses in den äußeren Geschäftsgang, das Gericht hat sich dann der Anordnung bzw. Entscheidung „entäußert“ (siehe oben).126) Hier hat dieses Kriterium der Anordnung wesentliche Bedeutung im Verfahren: Ist der Schuldner zur Zeit der Anordnung verstorben, darf die Vollstreckungsmaßnahme gegen ihn eben nicht mehr angeordnet werden, eine bereits laufende Maßnahme ist aufzuheben. Das Verfahren ist neu gegen die an seine Stelle tretenden Erben, Nachlassinsolvenzverwalter, Nachlasspfleger, den Nachlassverwalter, oder den Testamentsvollstrecker durchzuführen (siehe unter Rz. 135 f.).

129

Ist aber zum Zeitpunkt des Erbfalles (§ 1922 BGB) das Verfahren angeordnet oder der Beitritt bewilligt, gilt Folgendes: Das Verfahren wird nach § 779 Abs. 1 ZPO in den Nachlass fortgesetzt. Die Klauselumschreibung auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger (vgl. § 1922 BGB) oder die (erneute) Titelzustellung (§ 750 ZPO) entfallen. Die weiteren Zustellungen im Verfahren müssen gleichwohl an die Erben vorgenommen werden. b) Zeitraum zwischen Erbfall und Annahme der Erbschaft oder Ablauf der Ausschlagungsfrist

130

Haben die Erben die Erbschaft noch nicht angenommen oder ist der Erbe unbekannt bzw. bestehen Zweifel über die Annahme, bestellt das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers einen „einstweiligen besonderen Vertreter“ für den unbekannten Erben, § 779 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Diese Maßnahme ist obsolet und unterbleibt, wenn ein Nachlasspfleger bestellt ist oder Testamentsvollstreckung besteht (vgl. § 779 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das Vollstreckungsgericht hat die Bestel_____________ 125) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 71. 126) A. A. Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 69, „Unterzeichnung des Anordnungsbeschlusses“.

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lung dieses Vertreters aufzuheben, wenn ihm bekannt wird, dass die Voraussetzungen für seine Einsetzung entfallen sind, das Amt endet mit konstitutiv wirkendem Aufhebungsbeschluss.127) Zum Testamentsvollstrecker siehe Rz. 135.

131

Bis zur Annahme der Erbschaft kann das Betreuungsgericht (siehe § 340 FamFG „betreuungsgerichtliche Zuweisungssache“)128)einen Nachlasspfleger bestellen (§§ 1960 f. BGB zur „Sicherung des Nachlasses“, bzw. wenn der „Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat“), dessen Person und Amt von dem Nachlassverwalter (§§ 1975, 1981 ff. BGB) zu unterscheiden ist. Der Nachlasspfleger der §§ 1960 f. BGB ist in dem ihm zugewiesenen Bereich gesetzlicher Vertreter der Erben.129) Die Klausel ist auf die Erben, vertreten durch den Nachlasspfleger umzuschreiben; an ihn ist zuzustellen.130)

132

c) Vollstreckung gegen die Erben bei Anordnungs-/Beitrittsbeschluss nach dem Tod des Erblassers Die Erbschaft fällt kraft Gesetzes an, unbeschadet der Möglichkeit, sie auszuschlagen, § 1942 Abs. 1 BGB. Aus diesem Grunde kann eine längere Frist verstreichen, bis die Erbschaft angenommen worden ist (vgl. §§ 1943, 1944 BGB). Für diesen Zwischenzeitraum ordnet § 778 ZPO an, dass vor der Annahme wegen der Schulden des Erblassers nur in den Nachlass vollstreckt werden darf (Abs. 1), wegen eigener Schulden des Erben nur in dessen Vermögen (Abs. 2).131) Damit wird der Vermögensvermischung ebenso entgegengewirkt wie der Durchbrechung der Möglichkeit der beschränkten Erbenhaftung. Erst nach der Erbschaftsannahme kann wegen aller Schulden sowohl gegen den Erben als auch in den Nachlass vollstreckt werden. Der Erbe macht die beschränkte Erbenhaftung nach Maßgabe der §§ 780 ff. ZPO geltend.

133

Bei der Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) wird der Nachlass „gemeinschaftliches Vermögen“, den Nachlassgläubigern gegenüber haften die Erben gesamtschuldnerisch (§ 2058 BGB). Damit bedarf es eines gegen jeden der Erben gerichteten Titels, um in den ungeteilten Nachlass vollstrecken zu können (vgl. die §§ 2059 ff.

134

_____________ 127) BGH, Beschl. v. 23.9.2009 – V ZB 60/09, BGHZ 182, 293 ff. = Rpfleger 2010, 40 ff. = ZfIR 2009, 887. 128) Palandt/Weidlich, BGB, § 1960 Rz. 9. 129) Siehe aus der Judikatur des BGH das Urt. v. 26.10.1967 – VII ZR 86/65, BGHZ 49, 1 ff., 4 f. (Nachlasspflegschaft über im Inland belegenen Vermögen eines nach ausländischem Recht im Ausland beerbten Erblassers). 130) Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18; unklar BayObLG, Beschl. v. 18.7.1991 – BReg 3Z 82/91, juris Rz. 11 = Rpfleger 1992, 28 (der Senat will auf den Nachlasspfleger „umstellen“); wie hier, § 727 ZPO ablehnend, Prütting/Gehrlein-Kroppenberg, ZPO, § 727 Rz. 2. 131) Das gilt selbstverständlich nur, soweit nicht wechselseitige Haftungen zwischen Erblasser und Erben zugunsten eines Gläubigers bestehen, denn § 778 ZPO betrachtet die Vollstreckung allein unter dem Blickwinkel der Erbenhaftung und des Nachlasses als Sondervermögen. Hatte der Erblasser eine Sicherungsgrundschuld auf seinem Grundbesitz bewilligt, um persönliche Verbindlichkeiten des Erben zu besichern, dann liegt das außerhalb des § 778 Abs. 2 ZPO bzw. es handelt sich um einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch aus § 1147 BGB nach § 778 Abs. 1 ZPO.

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BGB). Dem Gläubiger des Erben bleibt nur der Weg der Pfändung des Miterbenanteils (§§ 857, 859 Abs. 2 ZPO).132) 135

Ist Testamentsvollstreckung angeordnet (§§ 2197 ff. BGB) bedarf es zur Zwangsvollstreckung eines Titels gegen den Testamentsvollstrecker, §§ 2211 BGB, 748 Abs. 1, 749 ZPO. Ist der Testamentsvollstrecker nur für einzelne Nachlassgegenstände eingesetzt (§§ 2208 Abs. 1 Satz 2, 2205 BGB), z. B. für den Immobilienbesitz des Erblassers, bedarf es eines Leistungstitels gegen den Erben und eines Duldungstitels gegen den Testamentsvollstrecker, § 748 Abs. 2, 749 ZPO. Ein vorhandener Titel ist nach § 727 ZPO „umzuschreiben“ und zuzustellen.

136

Bei Anordnung der Nachlassverwaltung (§§ 1981 ff. BGB) tritt der Nachlassverwalter an die Stelle der Erben insoweit, als auf ihn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Nachlasses übergeht (§ 1984 Abs. 1 BGB). Er ist Organ kraft Amtes und ist insoweit mit dem Insolvenzverwalter vergleichbar.133) Die Vollstreckungsklausel wird daher gegen den Nachlassverwalter erteilt (umstr.).134) d) Internationales Erbrecht135)

137

Ein materiellrechtliches Problem kann bei Einwirkungen eines ausländischen Erbstatuts eintreten. Das Internationale Erbrecht der Europäischen Union (ohne Dänemark, Vereinigtes Königreich, Irland) ist mittels der Europäischen Erbrechtsverordnung, die ab dem 17.8.2015 anzuwenden ist, unionsrechtlich bestimmt.136) Nach Art. 20 EurErbVO kann das anzuwendende Erbstatut auch das Erbrecht eines Drittstaates sein. Grundsatz ist, dass die Erbfolge sich nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers richtet, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erblassers. Dies gilt auch dann, wenn etwa der Drittstaat für das in seinem Gebiet befindliche Vermögen des Erblassers das danach z. B. anzuwendende deutsche Erbrecht nicht als verbindlich anerkennt. Für Immobilienvermögen im Inland spielt das keine Rolle, da sich alle diesbezüglichen Rechte nach der lex rei sitae (Art. 43 EGBGB) und die Vollstreckung nach inländischem Vollstreckungsrecht richtet. Damit kann die Immobiliarvollstreckung nach dem Eintritt des Erbfalls nur dadurch tangiert sein, dass der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hatte, sodass sich die Frage nach dem anzuwendenden Erbstatut stellt. Schwierig dürften die Fälle werden, bei denen der Erblasser in Deutschland und in einem anderen Staat mit nahezu gleicher Verbun_____________ 132) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 39. 133) Palandt/Weidlich, BGB, § 1985 Rz. 1, 2, 4 – 6, m. w. N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 51 Rz. 7 m. w. N.; BGH, Urt. v. 28.11.1962 – V ZR 9/61, BGHZ 38, 281 ff., 284 ff. 134) Zöller/Stöber, ZVG, § 727 Rz. 18; Prütting/Gehrlein-Kroppenberg, ZPO, § 727 ZPO Rz. 2 unter Hinweis auf BGHZ 113, 132 ff. (nachfolgend); so wohl auch BGH, Urt. v. 10.12.1990 – II ZR 256/89, BGHZ 113, 132 ff., 133, 136 f.; a. A. Palandt/Weidlich, BGB, § 1984 Rz. 4 m. w. N. 135) Die bisher geltende Rechtslage nach dem inländischen Internationalen Erbrecht (Art. 25, 26 EGBGB) wird im vorliegenden Rahmen nicht angesprochen. 136) Verordnung (EU) 650/12 des Europ. Parlaments und des Rates v. 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl. EU L 201 v. 27.7.2012, S. 107 ff.

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denheit und Zeitanteilen lebte mit jeweils entsprechendem, insbesondere eigengenutzen Grundbesitz, wenn beispielsweise in den inländischen Grundbesitz oder eine im inländischen Schiffsregister eingetragene Jacht wegen Nachlassverbindlichkeiten oder Erbenschulden vollstreckt werden soll. Dabei ist zu beachten, dass der Erblasser durch letztwillige Verfügung nach Art. 22 EurErbVO als Erbstatut, abweichend von dem Erbstatut seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts, das Recht des Staates wählen kann, dessen Staatsangehöriger er ist oder des Rechtes eines der betroffenen Staaten, wenn er mehrere Staatsangehörigkeiten hat. Dem gewählten Erbstatut unterfallen sämtliche erbrechtlichen Verhältnisse, Art. 23 EurErbVO. Die Folge dieser Rechtslage ist, dass die Anordnung der Versteigerung in inländische Grundstücke bzw. sonstige Gegenstände der Vollstreckung nach dem ZVG nach Eintritt des Erbfalls von einer vorherigen Prüfung des anzuwendenden Erbstatuts und der daraus resultierenden Folgen abhängig ist. Das gilt im Wesentlichen auch für die Frage des Eintritts des Erbfalls. Die vorstehenden Regelungen der ZPO sind in diesen Fällen ebenfalls nur modifiziert anwendbar. Die zu klärenden Fragen sind im Wesentlichen Bestandteil des Erkenntnis- bzw. des Klauselerteilungsverfahrens. 7.

Folgen des Güterstandes für die Immobiliarvollstreckung, internationales Familienrecht

a) Gesetzlicher Güterstand und Gütertrennung Vollstreckungsrechtlich sind der in Deutschland geltende gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) und der vertragliche Güterstand der Gütertrennung (§§ 1408 ff., 1414 BGB) weitgehend unproblematisch. Die Immobiliarvollstreckung ist nur mittels eines Titels gegen den jeweiligen Ehegatten oder Partner nach dem LPartG (§§ 6, 7) als Titelschuldner zulässig. In der Praxis sind wohl statistisch weitaus am häufigsten aber diejenigen Fallkonstellationen, bei denen Ehegatten das eigengenutzte Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung in Bruchteilseigentum zu je ½ erworben haben (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) und für die dafür notwendige Finanzierung auch gemeinsam als Gesamtschuldner einstehen. Die damit üblicherweise verbundene grundpfandrechtliche Sicherung am Beleihungsobjekt lastet dann in voller Höhe und an derselben Rangstelle auf beiden Miteigentumsanteilen. Der schuldrechtliche Anspruch des Grundpfandgläubigers wie der dingliche und persönliche Titel betrifft beide Ehegatten, der Versteigerungsantrag betrifft stets beide Miteigentumsanteile. Ohne die Versteigerung der gesamten Immobilie ist eine sachgerechte Belastung und Finanzierung für den Gläubiger unter Risikogesichtspunkten in praxi nicht darstellbar. Die Thematik der rechtlich getrennten Betrachtung der Miteigentumsanteile der beiden Ehegatten spielt dann im Ergebnis keine entscheidende Rolle mehr.

138

Eine (weitere) Ausnahme von der getrennten Betrachtung des jeweiligen Ehegatten hinsichtlich der Versteigerung von Immobilienvermögen stellt die Teilungsversteigerung (§ 180 ZVG) bei gesetzlichem Güterstand dar, eine Folge des Veräußerungsverbotes des § 1365 Abs. 1 BGB, der daran hindert, dass ein Ehegatte über sein Vermögen als Ganzes verfügt oder sich dazu verpflichtet, ohne dass die Einwilligung des anderen Ehepartners vorliegt. Die Vollstreckungsversteigerung

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durch einen Gläubiger (siehe Rz. 138) wird durch § 1365 BGB zwar nicht beeinträchtigt.137) Bei der Teilungsversteigerung wendet der BGH jedoch in seiner neueren Rechtsprechung § 181 Abs. 2 Satz 2 ZVG analog an, denn er geht von einer planwidrigen Regelungslücke aus, wenn der „Miteigentumsanteil“ das ganze Vermögen des betroffenen Ehegatten bildet.138) Der Senat setzt also die Interessenlage des Mündels bzw. des Betreuten, dessen Vormund bzw. Betreuer der Genehmigung des Familien- bzw. des Betreuungsgerichts bedarf, um die Teilungsversteigerung zu beantragen (§ 181 Abs. 2 Satz 2 ZVG), der Interessenlage des anderen Ehegatten der Zugewinngemeinschaft gleich. Diese Judikatur entspricht im Ergebnis der ganz überwiegenden Rechtsmeinung der Oberlandesgerichte. Der betroffene Ehegatte wendet § 1365 Abs. 1 BGB verfahrensrechtlich durch Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO (vor dem Familiengericht) gegen den antragstellenden anderen Ehegatten ein bzw. durch die Erinnerung gemäß § 766 ZPO (i. V. m. § 28 Abs. 2 ZVG), wenn die tatsächlichen Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB im Versteigerungsverfahren offenkundig oder unstreitig sind oder während des Verfahrens unstreitig werden.139) b) Gütergemeinschaft 140

Die heute seltene Gütergemeinschaft mit ihren beiden Formen der Verwaltung des Gesamtguts, des gemeinschaftlichen Vermögens (§ 1416 BGB, das vom Vorbehaltsgut des § 1416 BGB und dem Sondergut des § 1417 BGB zu unterscheiden ist), durch entweder einen der Ehegatten (§ 1421, 1422 ff. BGB) bzw. durch beide Ehegatten gemeinsam (§§ 1450 ff. BGB) wirft Sonderprobleme auf. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Güterstand im Güterrechtsregister (vgl. § 1412 BGB) eingetragen worden ist.140)

141

Verwaltet ein Ehegatte das Gesamtgut allein, bedarf es eines Titels gegen den verwaltenden Ehegatten, um in das Gesamtgut vollstrecken zu können, § 740 Abs. 1 ZPO.

142

Bei gemeinschaftlicher Verwaltung, von der mangels ausdrücklicher Bestimmung im Ehevertrag auszugehen ist (§ 1421 Satz 2 BGB), bedarf es eines Titels gegen beide Ehegatten, § 740 Abs. 2 ZPO. Grundsätzlich kann von gemeinschaftlicher _____________ 137) Siehe dazu den Überblick zu § 1365 BGB bei Palandt/Brudermüller, BGB, § 1365 Rz. 1, 28, 9; BGH, Beschl. v. 20.12.2005 – VII ZB 50/05, NJW 2006, 849 f., Rz. 8; Hinweis auf BGH., Urt. v. 2.2.2000 – XII ZR 25/98, BGHZ 143, 356 ff., 361 = NJW 2000, 1947; Zimmer, NJW 2007, 3106; siehe auch die Kommentierung zu den §§ 180 ff. ZVG im vorliegenden Kommentar. 138) BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 102/06, Rz. 11 ff. = ZfIR 2008, 28 ff. m. Anm. Terner, ZfIR 2008, 32 f. = Rpfleger 2007, 558 ff. = NJW 2007, 3124 ff. m. Anm. Zimmer, NJW 2007, 3104 ff.; wie der BGH zuletzt auch OLG Köln, Senat für Familiensachen, Beschl. v. 6.3.2012 – II-4 UF 156/11, juris Rz. 3 ff., 8 = FamRZ 2012, 1568. Das „gesamte“ Vermögen ist danach berührt, wenn ein einzelner Vermögensgegenstand mindestens 85 % des Vermögens des betroffenen Ehegatten ausmacht (sog. „Einzeltheorie“), OLG Köln, a. a. O., Rz. 8. 139) Zimmer, NJW 2007, 3104 ff., 3105 f.; BGH, V ZB 102/06, Rz. 5 ff.; OLG Köln, II-4 UF 156/11, Rz. 5 ff. 140) Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 740 Rz. 1.

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Verwaltung ausgegangen werden, sodass der Gläubiger die Verwaltung durch einen Ehegatten, wenn dieser sein Titelschuldner ist, nachweisen muss.141) Die Vollstreckung in Vorbehaltsgut (vgl. § 1418 BGB) bedarf des Titels gegen den Ehegatten, dem das Vorbehaltsgut zuzurechnen ist (analog § 739 BGB).142)

143

Komplexer wird die Situation noch, wenn (bei beiden Spielarten der Gütergemeinschaft) einer der Ehegatten mit Einwilligung des anderen ein „selbstständiges Erwerbsgeschäft“ betreibt (§§ 1431, 1456 BGB). In diesen Fällen bedarf es eines Titels gegen den Ehegatten, der Betriebsinhaber ist, wenn nicht zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der andere Ehegatte Einspruch gegen die Betriebstätigkeit erhoben oder seine frühere Einwilligung widerrufen hat. Dieser Umstand muss zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des zu titulierenden Anspruchs des Gläubigers oder bei Errichtung des Titels (z. B. vollstreckbare Notarurkunde zur Ermöglichung der Vollstreckung in das Betriebsgrundstück) in das Güterrechtsregister eingetragen sein, § 741 ZPO.143)

144

c) Lebenspartnerschaft und „Altgüterstände“ nach interlokalem Güterrecht Für Lebenspartnerschaften nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG)144) gelten die ehegüterrechtlichen Bestimmungen entsprechend (§§ 6, 7 LPartG).

145

Zu dem früheren interlokalen Güterrecht der DDR in „Altfällen“ siehe Art. 234 § 4 Abs. 2 EGBGB.145)

146

d) Ausländisches Ehegüterrecht Das Internationale Ehegüterrecht ist derzeit noch nicht unionsrechtlich determiniert, eine Verordnung der EU ist in Vorbereitung, die nach Art. 16 ff. des Entwurfes verschiedene Optionen der Wahl des Güterstandes normiert, der auch während der Ehe wieder gewechselt werden kann.146) Derzeit gelten die Art. 15, 16 EGBGB, die vergleichbare Optionen enthalten, wobei insbesondere auf Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB hinzuweisen ist, wonach Ehegatten für ihr unbewegliches Vermögen das Güterrecht des Lageorts (für inländische Grundstücke deutsches Recht) wählen können.147) Der jeweilige ausländische Güterstand wirft ebenso wie die inländischen Güterstände (siehe oben) spezifische Fragen und Probleme auf, sodass im Rahmen der Immobiliarvollstreckung (einschließlich der Sonderverfahren) in in_____________ 141) 142) 143) 144)

Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 740 Rz. 2. Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 68. Vgl. den Überblick bei Zöller/Stöber, ZPO, § 741 Rz. 1, 4 – 6. LPartG v. 16.2.2001, BGBl. I 2001, 266 bis Art. 8 d. Gesetzes v. 7.5.2013, BGBl. I 2013, 1122; siehe zum dortigen Güterrecht bei Palandt/Brudermüller, BGB, § 6 LPartG Rz. 1, § 7 LPartG Rz. 1 – 3. 145) Zu Einzelheiten siehe Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 70. 146) Vgl. aber das diskutierte Dokument KOM (2011) 126 endgültig, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts v. 16.3.2011, Gesetzgebungsverfahren anhängig, siehe unter http://www.ec.europa.eu/prelex mit Verlinkungen (Stand: 21.3.2014). 147) Siehe dazu Palandt/Thorn, BGB, Art 15 EGBGB Rz. 22 m. w. N.

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ländischen Grundbesitz oder in Gegenstände, die der Vollstreckung nach dem ZVG unterliegen, das ausländische Güterrechtsstatut zu beachten und daher zuvor zu analysieren ist. Aus dem Blick des Vollstreckungsgerichts besteht diese Problematik im Allgemeinen indes nur, wenn Zweifel an der Zulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahme offensichtlich oder unstreitig sind (siehe zu solchen Themen vorstehend Rz. 138 ff.). Ansonsten steht auch hier dem anderen Ehegatten die Drittwiderspruchsklage zur Seite.148) Ein weitergehendes Problem entsteht zusätzlich dann, wenn ein ausländischer Titel unter den Ehegatten in Rangklasse 5 zur Vollstreckung in ein inländisches Grundstück genutzt werden soll. Unabhängig vom Güterrechtsstatut ist aber die Frage der Vollstreckungsversteigerung durch einen externen Gläubiger, die unberührt bleibt, soweit nicht dem Titel ein dem Ehegüterrecht entspringender Mangel (z. B. fehlende Zustimmung des anderen Ehegatten) besteht und sich durchsetzt. Auch in diesen Fällen ist das aber eine Thematik des § 767 ZPO auf der Seite des Vollstreckungsschuldners.149) 8.

Immobiliarvollstreckung auf Antrag der öffentlichen Hand

148

Die Durchführung von Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung auf Antrag der öffentlichen Hand, beispielsweise auf Antrag einer Gemeinde (wegen Grundbesitzabgaben), des Finanzamts (Steuern) oder der Einzugstelle der Sozialversicherung (AOK, Sozialversicherungsbeiträge von Unternehmen) hat hohe praktische Relevanz.

149

Dabei ist zu beachten, dass eine Fülle öffentlich-rechtlicher Forderungen privilegierte öffentliche Grundstückslasten sind, die vorrangig in der Rangklasse 3 zu befriedigen sind.150) Auf die Kommentierung zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG151) im vorliegenden Kommentar zu den öffentlichen Lasten der Rangklasse 3 wird verwiesen, ebenso auf die Kommentierung zur Verwaltungsvollstreckung nach Bundes- und Landesrecht in § 16 ZVG.152) 9.

Beschränkte Vollstreckung gegen Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts

150

Der „persönliche“ Anwendungsbereich der in der Überschrift umrissenen Thematik betrifft die Gebietskörperschaften, die kommunalen Zweckverbände, alle anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einschließlich der öffentlich-rechtlich verfassten Kirchen (Folge aus den Artikeln 140 GG, 137 Abs. 5 WRV) und ihrer entsprechend konzipierten Verbände. Uneingeschränkt kann indes gegen öffentliche Unternehmen in den Formen des Privatrechts vollstreckt werden sowie gegen öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (und Versicherungen).

151

Der „sachliche“ Anwendungsbereich der Vollstreckungsbeschränkung betrifft die Vollstreckung aus schuldrechtlichen Ansprüchen. Dingliche Ansprüche sind ohne solche Beschränkungen durchsetzbar sind (vgl. § 882a Abs. 1 Halbs. 2 ZPO), _____________ 148) 149) 150) 151) 152)

212

Siehe oben zu BGH – V ZB 102/06, ZfIR 2008, 28 ff. Zur Vollstreckung aus ausländischem Titel siehe § 16 Rz. 46 ff. [Cranshaw]. Siehe dazu § 10 Rz. 57 ff. [Cranshaw]. Siehe § 10 Rz. 57 ff. und zu Beispielen Rz. 76 ff. [Cranshaw]. Siehe § 16 ZVG Rz. 18 ff. [Cranshaw].

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Im Fokus gesetzlicher Regelungen in diesem Kontext steht zunächst § 882a ZPO, der die Vollstreckung gegen Bund und Länder (Abs. 1) bzw. gegen alle anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Abs. 3) erst vier Wochen nach der Anzeige gemäß § 882a Abs. 1 ZPO gegenüber der zuständigen Stelle erlaubt. Für die Vollstreckung gegen Kommunen und Gemeindeverbände gilt § 15 Nr. 3 EGZPO, der mit Ausnahme dinglicher Ansprüche auf das Landesrecht verweist.

152

Zudem ist die Vollstreckung in öffentlichen Zwecken gewidmete Gegenstände oder an denen ein öffentliches Interesse besteht unzulässig (vgl. § 882a Abs. 2 ZPO).

153

Wirkliche praktische Bedeutung haben diese Vollstreckungen oder deren Beschränkungen nicht, da Vollstreckungen, auch solche aufgrund dinglicher Ansprüche, bisher so gut wie nicht aufgetreten sind oder von den Schuldnern abgewendet werden konnten.153)

154

VI. Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts 1.

Anordnungs- und Beitrittsbeschluss

Dem Anordnungsbeschluss (§ 15 ZVG) bzw. dem Beitrittsbeschluss (§ 27 ZVG) geht wie auch sonst im gerichtlichen Verfahren die Prüfung der Voraussetzungen der vom Antragsteller begehrten Entscheidung voraus. Dabei unterscheidet sich das Vollstreckungs-, hier das Versteigerungsverfahren, vom gerichtlichen Erkenntnisverfahren durch die Beschränkung der Prüfungen auf die verfahrensrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen des betroffenen Antrags und die weiteren vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, die indes keine Prüfung etwa des materiellrechtlichen Anspruchs, der durch Vollstreckung befriedigt werden soll, zum Gegenstand haben. Auch der titulierte, aber inzwischen erfüllte oder verjährte Anspruch steht aus formeller vollstreckungsrechtlicher Sicht der Anordnung der Versteigerung nicht entgegen, sofern nicht das materiellrechtliche Hindernis offenkundig oder unstreitig ist. Der Schuldner muss sich daher regelmäßig auf anderem Wege als nur mit Einwendungen oder Rechtsbehelfen im Vollstreckungsverfahren zur Wehr setzen, nämlich insbesondere mit der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO.154)

155

Zusammenfassend lässt sich in Anlehnung an die nahezu einhellige Kommentarliteratur festhalten, dass das Vollstreckungsgericht im Wesentlichen von Amts wegen prüft:155)

156

– seine Zuständigkeit; _____________ 153) Siehe zur Thematik den Überblick bei Cranshaw, Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Kommunen, Rz. 183 – 193, S. 144 – 153. 154) Siehe den Überblick bei Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., Rz. 6 – 25 m. w. N. 155) Siehe den Katalog der Prüfungsthemen und der -reihenfolge bei Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. 75 sowie das Muster des Anordnungsbeschlusses und der Verfügung, Rz. 76, 77, 78 – 86. Siehe ferner den kürzeren Prüfungskatalog bei Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 99 f. sowie bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 15 Rz. 3, mit dem zutreffenden Hinweis mit Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 100, dass auch die Verjährung nicht vom Vollstreckungsgericht zu beachten sei, sondern nur im Wege der Klage gemäß § 767 ZPO. Da die Verjährung eine peremptorische Einrede des materiellen Rechts darstellt und keine Verfahrensregelung, erscheint dieses Ergebnis zwingend.

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das Vorliegen eines hinreichend substantiierten Antrags (ohne Belang ist, ob Anordnung oder Beitritt beantragt wurde);



die Parteifähigkeit und die Prozessfähigkeit der beteiligten Parteien (Schuldner und Gläubiger);



die ordnungsgemäße (gesetzliche) Vertretung der Parteien, Nachweis der Vollmacht der rechtsgeschäftlichen Vertreter. Bei Anwälten sollte die anwaltliche Versicherung der Vertretung hinreichend sein, wobei es aber durchaus üblich ist, dass Anwälte ihre Vollmacht in Kopie dem Antrag als Anlage beifügen;



die Voraussetzungen des weiteren Antragsinhalts gemäß § 16 ZVG;



die Voraussetzungen der §§ 17, 18 ZVG;



die Beifügung des Titels (in Ausfertigung !), der Klausel, der Zustellungsnachweise und aller anderen etwa notwendigen Urkunden (siehe § 16 Rz. 73 ff. [Cranshaw]);



die Beachtung der Voraussetzungen der Vollstreckung bei Rechtsnachfolge;



etwaige Wartefristen oder Zug-um-Zug-Leistungen, deren Erbringung nicht nachgewiesen wurde;



der Vollstreckung entgegenstehende Rechte nach § 28 ZVG;



aus den eingereichten Unterlagen und dem Antrag erkennbare offenbare Vollstreckungshindernisse und ähnliche Hemmnisse.

157

Die verschiedenen o. g. Aspekte, die die (sofortige) Anordnung beeinträchtigen können, können sich überschneiden.

158

Die Entscheidung ergeht im Beschlusswege (§ 764 Abs. 3 ZPO) ohne vorherige Anhörung des Schuldners,156) um nicht den Vollstreckungserfolg zu beeinträchtigen. Eine mündliche Verhandlung ist nicht vorgesehen, sodass die Beschlüsse nicht verkündet werden. Da sie aber rechtsbehelfsfähig sind, werden sie den Beteiligten zugestellt, § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO, §§ 3, 8 ZVG i. V. m. mit der Beschlagnahmewirkung des § 22 ZVG.

159

Neben dem Tenor enthält der Beschluss eine kurze Darstellung der tragenden Gründe nebst dem maßgeblichen Sachverhalt, da jedenfalls rechtsbehelfsfähige gerichtliche Entscheidungen begründet werden müssen.157)

_____________ 156) Siehe BGH, Beschl. v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, juris Rz. 7 = Rpfleger 1984, 363 = ZIP 1984, 886 f. = NJW 1984, 2166 f. (Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 2 ZVG). 157) Das ist eine Folge des Rechtsstaatsprinzips; eine ordnungsgemäße Rechtsverteidigung seitens des Rechtsbehelfsführers ist nicht möglich, wenn es an jeder Begründung fehlt. Das übergeordnete Gericht kann dann erst recht keine sachgerechte Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen vornehmen. Zur Begründungspflicht vgl. statt aller Zöller/ Vollkommer, ZPO, § 329 Rz. 24 m. w. N. Der BGH hat beispielsweise entschieden, Beschlüsse, gegen die die Rechtsbeschwerde statthaft sei, müssten den „maßgeblichen Sachverhalt“ wiedergeben, ansonsten seien sie nicht ordnungsgemäß nach den gesetzlichen Bestimmungen begründet, BGH, Beschl. v. 20.6.2002 – IX ZB 56/01, ZInsO 2002, 724 = NJW 2002, 2648 f. In dem fraglichen Fall fehlte es sogar an der Darstellung des Streitgegenstandes, auch der Antrag des Gläubigers war nicht zu erkennen (siehe II. der Gründe).

214

Cranshaw

§ 15

Anordnung der Versteigerung

2.

Zwischen-/Aufklärungsverfügungen zur Aufklärung und Behebung von Beanstandungen

Weist der Antrag Mängel auf, die innerhalb angemessener Zeit behoben werden können, bedarf es der Zurückweisung nicht, vielmehr bedarf ein solcher Antrag der „Zwischenverfügung“ („Aufklärungsverfügung“), mittels der das Gericht (vgl. § 139 ZPO analog) den Antragsteller auf Mängel hinweist und unter Setzung einer angemessenen Frist deren Behebung anheimstellt. Geschieht das, Fristverlängerung ist möglich, kann die Versteigerung angeordnet werden. Ansonsten ist der Antrag zurückzuweisen. Zutreffend warnt Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, die nach Behebung des Mangels ergangene Anordnung des Verfahrens wahre keinen Rang, die Beseitigung der Beanstandung wirke nur ex nunc.158) Es liegt also im wohlverstandenen Interesse des Adressaten der Verfügung, schnellstmöglich den Mangel zu beheben. 3.

160

Rechtsbehelfsverfahren

Wird der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss erlassen, steht dem Schuldner, soweit er nicht zuvor angehört worden ist, die unbefristete Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO zu (nicht indes die Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 RpflG, da es sich hierbei nicht um eine Entscheidung i. S. d. § 793 ZPO handelt). Der Rechtsbehelf richtet sich gegen die fehlerhafte Würdigung der vom Vollstreckungsgericht zu beachtenden Verfahrensweisen und Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (siehe insbesondere die Rz. 9 ff., 58 ff.).

161

Der Rechtspfleger kann und muss der von ihm als begründet angesehenen Erinnerung abhelfen, wenn es auch keine ausdrückliche Norm dazu gibt; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen will offenbar § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog anwenden, wofür vieles spricht.159) Der Rechtspfleger darf aber nicht zurückweisen, wenn er die Erinnerung für unbegründet hält, sondern muss nach § 20 Abs. 1 Nr. 17 Satz 2 RpflG dem Richter vorlegen, der seinerseits ebenfalls abhelfen kann. Ansonsten weist er zurück, eine Entscheidung, gegen die die sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO zum Landgericht zulässig ist. Der Rechtsweg ist mit der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts meist ausgeschöpft, da die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) zum BGH gegen diese Entscheidung nur statthaft ist, wenn sie vom Landgericht zugelassen worden ist. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Versagung der Rechtsbeschwerde ist nicht vorgesehen und nicht statthaft.160)

162

Wurde der Schuldner angehört, ist statthafter Rechtsbehelf die sofortige Beschwerde, § 793 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG, da mit der Anordnung der Maßnahme nach Anhörung, d. h. mit der Gewährung rechtlichen Gehörs, eine der Beschwerde unterliegende Entscheidung vorliegt. Dieser kann der Rechtspfleger

163

_____________ 158) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 15 Rz. 11. 159) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 15 Rz. 19, siehe den Überblick bei Cranshaw/ Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., S. 103 f., Rz. 37 ff.; Zöller/Stöber, ZPO, § 766 Rz. 24, m. w. N., geht ebenfalls ohne weitere Bezugnahme auf eine konkrete Norm von der Abhilfeberechtigung und -verpflichtung aus. 160) Siehe im Einzelnen bei Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., S. 103 f., Rz. 37 ff., 40 m. w. N.

Cranshaw

215

§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

abhelfen (siehe oben) oder sie dem Beschwerdegericht vorlegen, § 572 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO.161) 164

Weist der Rechtspfleger die Anordnung oder den Beitritt zurück, steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu, § 793 ZPO, die bei Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger vom Landgericht zu entscheiden ist. Gegen dessen Entscheidung ist auch hier nur die Zulassungsrechtsbeschwerde zum BGH zulässig.

165

Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit des Titels bzw. für und gegen die Klauselerteilung sind insbesondere im Wege der Vollstreckungsgegenklage/abwehrklage bzw. mit den Rechtsbehelfen im Klauselerteilungsverfahren geltend zu machen.162) VII.

166

Kosten des Verfahrens

Auf eine Darstellung der Verfahrenskosten (Gericht), der Anwaltskosten sowie der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe wird vorliegend verzichtet und auf die einschlägige Literatur zum Kostenrecht, zum RVG und zum Prozesskostenhilferecht verwiesen.163) _____________ 161) Die Darstellung unter (a) – (c) entspricht der vom BGH als herrschend angesehenen Meinung, der er sich anschließt, siehe BGH, Beschl. v. 30.9.2010 –V ZB 219/09, juris Rz. 7 ff. = BGHZ 187, 132 ff. = Rpfleger 2011, 97 ff. = NJW 2011, 525 ff. 162) Siehe im Einzelnen bei Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in Löhnig (Hrsg.), ZVG, S. 93 ff., S. 103 f., Rz. 6 – 17 („Vollstreckungsabwehrklage“), Rz. 25 – 34 („Drittwiderspruchsklagen“) und Rz. 47 – 50 („Rechtsbehelfe im Klauselverfahren“). 163) Für einen ersten Überblick vgl. auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 15 Rz. 23 – 37. Zu beachten sind die seitdem eingetretenen Änderungen im Prozesskostenhilferecht (1.1.2014), im Anwaltsvergütungsrecht und zum GKG. So etwa wurde die Anordnungs- bzw. Beitrittsgebühr nach GKG KV von 50 € auf 100 € angehoben. Die Anwaltskosten haben sich 2013 ebenfalls deutlich erhöht.

§ 16 Zulässigkeit und Inhalt des Antrags (1) Der Antrag soll das Grundstück, den Eigentümer, den Anspruch und den vollstreckbaren Titel bezeichnen. (2) Die für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden sind dem Antrag beizufügen. Literatur: Cranshaw, jurisPR-HaGesR 1/2011, Anm. 4, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 10.5.2010 – I-24 U 160/09, ZIP 2010, 1852 f.; ders., jurisPRHaGesR 8/2012 Anm. 4, Anmerkung zu OLG Celle, Beschl. v. 29.5.2012 – 6 U 15/12, NJW-RR 2012, 1065; ders., Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2007; Kroiß/Seiler (Hrsg.), FamFG Kommentiertes Verfahrensformularbuch, 2014; Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, Bearbeitung 2011; Reul, Anmerkung zu OLG Hamm v. 3.12.2013 – I-5 U 42/12, MittBayNot 2013, 408 410; Schreiber, jurisPR-MietR 14/2005, Anm. 5, Anmerkung zu OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.1.2005 – 8 W 411/04, NJW-RR 2005, 814; Wilske/Nettlau, LMK 2013, 345597, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 30.1.2013 – III ZR 40/12, NJW 2013, 3184 = WM 2013, 1903.

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Cranshaw

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ZVG Ausfertigungsdatum: 24.03.1897 Erster Abschnitt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung Erster Titel Allgemeine Vorschriften §1 Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte Cranshaw

(1) Für die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. (2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuzuweisen, sofern die Zusammenfassung für eine sachdienliche Förderung und schnellere Erledigung der Verfahren erforderlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Übersicht I.

Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgericht .................... II. Zentralisierung von Vollstreckungsgerichten in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen gemäß § 1 Abs. 2 ZVG .............. III. Landesrechtliche Regelungen zu Verfahrenskonzentrationen und gemeinsames ZVG-Portal ................... 1. Konzentrationsbestrebungen in den Bundesländern ....................................... 2. Publikationen von Terminen und Daten der Versteigerungsobjekte im Internet sowie Justizportal und private Internetanbieter ........................ IV. Zuständigkeitskonzentration in den Bundesländern im Einzelnen ......

I.

1

4 5 5

6

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

Baden-Württemberg ............................. 7 Bayern .................................................. 12 Berlin .................................................... 14 Brandenburg ........................................ 15 Bremen ................................................. 16 Hamburg .............................................. 17 Hessen .................................................. 18 Mecklenburg-Vorpommern ................ 19 Niedersachsen ...................................... 20 Nordrhein-Westfalen .......................... 21 Rheinland-Pfalz ................................... 26 Saarland ................................................ 29 Sachsen ................................................. 30 Sachsen-Anhalt .................................... 32 Schleswig-Holstein ............................. 33 Thüringen ............................................ 34

7

Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgericht

§ 1 Abs. 1 ZVG enthält die Grundsatznorm der gerichtlichen Zuständigkeit in Immobiliarvollstreckungssachen, soweit Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung betroffen sind. Anders verhält sich dies bei dem weiteren Instrument der Cranshaw

1

1

§1

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

Immobiliarvollstreckung, der Entscheidung über den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek (vgl. die §§ 866 f. ZPO). Hier ist das Grundbuchamt als Grundbuchbehörde zugleich Vollstreckungsorgan,1) die Zuständigkeit folgt aus der Grundbuchordnung. § 1 Abs. 1 ZVG verhält sich nur zur Zwangsverwertung der Substanz der Immobilie durch Zwangsversteigerung und ihres Ertrages durch Zwangsverwaltung. Die Bestimmung ist lex specialis zu § 764 ZPO, der die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Zwangsvollstreckung den Amtsgerichten im Bezirk des Vollstreckungsverfahrens zuweist, wenn nicht ein anderes Amtsgericht gesetzlich bestimmt ist. Eine solche Ausnahmeregelung ist § 1 Abs. 1 ZVG. 2

Die Vorschrift regelt die sachliche, ebenso wie die örtliche Zuständigkeit, Ausnahmen hiervon enthält § 1 Abs. 2 ZVG ebenso wie § 2 ZVG. Die funktionelle Zuständigkeit, d. h. die Abgrenzung zwischen Richtern und Rechtspfleger bestimmt nicht das ZVG, sondern das RPflG (§ 3 Nr. 1 lit. i), § 5, § 112) sowie § 22 GVG, der die Geschäfte der Amtsgerichte Einzelrichtern zuweist.

3

Die internationale Zuständigkeit bedarf keiner Regelung, da es keine grenzüberschreitende Immobiliarvollstreckung gibt, die die Vollstreckung durch Gerichte des einen Staates in einem anderen Staat ermöglichen. Ungeachtet der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach der EuInsVO, der EuGVVO und dem Luganer Abkommen im Raum der EU, des EWR und der Schweiz ist das Vollstreckungsverfahren allein den Gerichten bzw. der sonstigen Vollstreckungsbehörden des Vollstreckungsstaats übertragen. Das gilt auch für Vollstreckungsmaßnahmen im Rahmen von Insolvenzverfahren ausländischen Rechts, die im Inland anerkannt werden.3) II. Zentralisierung von Vollstreckungsgerichten in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen gemäß § 1 Abs. 2 ZVG

4

Die Konzentration von Vollstreckungsgerichten in Fällen der Immobiliarvollstreckung in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen ist in mehrerlei Hinsicht zweckmäßig. Zum einen führt die Bündelung dazu, dass der Personalschlüssel („Pensenschlüssel“) der Gerichte effektiver gestaltet werden kann und nicht „Minideputate“ für Versteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen herauskommen. Des Weiteren erhöht sich dadurch die Sachkompetenz und zuletzt insgesamt die Effizienz der Arbeit des Gerichts. Der Nachteil für die Bürger und Unternehmen mit Immobilieninvestitionen ist der weitere Weg zu den Gerichten, was aber nach der hier vertretenen Meinung durch die mögliche Effizienzsteige_____________ 1) 2) 3)

2

Vgl. BGHZ 27, 310 ff., 313. RPflG i. d. F. d. Bek. v. 14.4.2013, BGBl.I 2013, S. 778, 2014, S. 46 bis zu Art.3 d. Ges. v. 8.7.2014, BGBl. I 2014, S. 890. Siehe zu der Thematik Art. 41 Abs. 1 Verordnung 1215/2012/EU, ABl. EU L 351 v. 20.12.2012, S. 1 ff., die ab 10.1.2015 an die Stelle der dadurch novellierten EuGVVO tritt. Die bis dahin noch geltenden Vorschriften sind die Artt. 38 ff. EuGVVO. Für Vollstreckungen als Folge ausländischer Verfahren im Raum der EuInsVO (EU ohne Dänemark) verweisen Art. 25 Unterabs. 1 Satz 2 und Abs. 2 auf die EuGVVO bzw. deren Vorgängerregelung, das Brüsseler Übereinkommen. Im Europäischen Wirtschaftsraum (ohne Liechtenstein) und der Schweiz entspricht das Luganer Übereinkommen auch in der 2007 zustande gekommenen Fassung der EuGVVO.

Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

§1

rung der Arbeit der Gerichte wettgemacht werden kann. Mit der in der Zukunft fortschreitenden elektronischen Akte und dem elektronischen Postverkehr auch bei den Gerichten verringert sich der räumliche Nachteil zusehends. III. Landesrechtliche Regelungen zu Verfahrenskonzentrationen und gemeinsames ZVG-Portal 1.

Konzentrationsbestrebungen in den Bundesländern

Die Länder haben von den Möglichkeiten des § 1 Abs. 2 ZVG in ganz unterschiedlichem Maße, insgesamt aber dennoch nur verhalten, Gebrauch gemacht. 2.

Publikationen von Terminen und Daten der Versteigerungsobjekte im Internet sowie Justizportal und private Internetanbieter

Unabhängig von der Konzentration von Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung auf bestimmte Amtsgerichte haben die Landesjustizverwaltungen ein gemeinsames Portal unter www.justiz.de bzw. unmittelbar unter http://www.zvg-portal.de4) eingerichtet, welches über Veröffentlichungen in Zwangsversteigerungsverfahren unterrichtet, wenn auch die Übersicht über die Amtsgerichte zeigt, dass die Plattform wohl (noch) keineswegs lückenlos ist. Sie bietet insbesondere die Suche nach Versteigerungsterminen an, „Hinweise für Bieter“ und ein „Bieter Handbuch“ mit Handlungseinleitungen. Dort ist u. a. ausgeführt, dass bei den (eben nicht lückenlos angegebenen Amtsgerichten) teilweise wieder elektronisch „Gutachten, Exposés und Fotos […]“ veröffentlicht werden.5) Die „Suchmaschine“ für die Termine ermöglicht die jeweils getrennte Suche nach Terminen, Bundesland, Gericht, Aktenzeichen, Art der Versteigerung, Art des Objektes, Angabe eines konkreten Objektes, Lage, genaue Anschrift sowie eine zeitliche Eingrenzung („Termin von – bis“). Private Anbieter veröffentlichen Termine und Daten zu verschiedenen Bundesländern im Internet, aber ebenfalls keineswegs lückenlos, wie eine aleatorische Internetrecherche (Oktober 2013) des Verfassers gezeigt hat. Hierauf ist nicht näher einzugehen. Die privaten Anbieter zeichnen sich zudem von der Haftung für ihre Inhalte unter Hinweis auf die Gerichte frei. Teilweise wird auch der Gläubiger nebst Ansprechpartner und Kontaktadresse publiziert wie in den bislang ganz üblichen Zeitungsanzeigen oder -informationen, die sicherlich mehr und mehr zurückgehen werden. Es spricht viel dafür, das Portal der Bundesländer schnellstmöglich ganz lückenlos zu gestalten. Eine gesetzliche Grundlage hierfür bietet § 39 ZVG, der die öffentliche Bekanntmachung in einem „für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem“ als Alternative zur bisher üblichen Pressepublikation vorsieht (siehe im Einzelnen § 39 Rz. 2 f. [Bachmann]).

_____________ 4) 5)

5

Stand: Ende November 2013. Bieterhandbuch der Plattform, S. 2 unter 2.

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3

6

§1

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

IV. Zuständigkeitskonzentration in den Bundesländern im Einzelnen 1.

Baden-Württemberg

7

Baden-Württemberg hat 108 Amtsgerichte errichtet und von § 1 Abs. 2 ZVG in § 8 ZuVOJu6) Gebrauch gemacht. Dort werden Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen nach den OLG-Bezirken Karlsruhe (§ 8 Abs. 1 für Baden) und Stuttgart (§ 8 Abs. 2 für Württemberg) und nach LG-Bezirken zugeordnet.

8

Eine besondere Zuständigkeit im Schifffahrtsbereich begründet § 8 Abs. 3 ZuVOJu. Für die Zwangsversteigerung von (Binnen)Schiffen ergibt sich daraus als Folge der entsprechenden Anwendung von § 7 Abs. 1 der Verordnung Folgendes: Die für die Registerführung zuständigen Behörden sind zugleich die Versteigerungsgerichte. Am Bodensee ist das Amtsgericht Konstanz für die Verfahren in den LG-Bezirken Ravensburg, Konstanz und Waldshut-Tiengen zuständig. Das AG Mannheim7) ist (am Rhein) zuständig für den Bezirk des OLG Karlsruhe, das Amtsgericht Heilbronn (am Neckar) für denjenigen des OLG Stuttgart.

9

Bei der Versteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten ergeben sich nach der bereits erwähnten Regelung des § 8 Abs. 1 ZuVOJu für die Amtsgerichte in Baden folgende Zuständigkeiten, überwiegend über den eigenen Bezirk hinaus (in Klammern sind die übergeordneten Landgerichte vermerkt): –

Das Amtsgericht Baden-Baden (LG Baden-Baden) ist auch für die Amtsgerichtsbezirke Achern und Bühl zuständig,



das Amtsgericht Emmendingen (LG Freiburg) auch für die Amtsgerichtsbezirke Kenzingen und Waldkirch,



das Amtsgericht Freiburg (LG Freiburg) auch für die Amtsgerichtsbezirke Breisach/Rhein, Müllheim, Staufen/Breisgau und Titisee-Neustadt,



das Amtsgericht Lörrach (LG Freiburg) für seinen Bezirk,



das Amtsgericht Heidelberg (LG Heidelberg) für seinen Bezirk,



das Amtsgericht Bruchsal (LG Karlsruhe) auch für die Amtsgerichtsbezirke Bretten und Philippsburg,



das Amtsgericht Karlsruhe (LG Karlsruhe) auch für die Amtsgerichtsbezirke Ettlingen und Karlsruhe-Durlach,



das Amtsgericht Pforzheim auch für den Amtsgerichtsbezirk Maulbronn,



das Amtsgericht Mannheim (LG Mannheim) für seinen Bezirk,



das Amtsgericht Mosbach (LG Mosbach) für die Amtsgerichtsbezirke Adelsheim und Buchen (Odenwald),

_____________ 6)

7)

4

ZuVOJu – Verordnung des Justizministerium über Zuständigkeiten in der Justiz (Zuständigkeitsverordnung Justiz) v. 20.11.1998, GBl. 1998, S. 680, Gliederungs-Nr.: 3001, bis zur Änderung durch die Verordnung v. 3.6.2014, GBl. 2014, S. 213 (Abruf: 15. August 2014). Davon zu unterscheiden ist, dass das AG Mannheim zugleich Rheinschifffahrtsgericht ist (vgl. § 14 GVG).

Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte



§1

das Amtsgericht Tauberbischofsheim (LG Mosbach) für den Amtsgerichtsbezirk Wertheim,



das Amtsgericht Kehl (LG Offenburg) für seinen Bezirk,



das Amtsgericht Lahr/Schwarzwald (LG Offenburg) für den Amtsgerichtsbezirk Ettenheim,



das Amtsgericht Offenburg für die Amtsgerichtsbezirke Gengenbach und Oberkirch,



das Amtsgericht Wolfach (LG Offenburg) für seinen Bezirk und



das Amtsgericht Waldshut-Tiengen (LG Waldshut-Tiengen) für den gesamten LG-Bezirk.

Für Württemberg folgen aus § 8 Abs. 2 ZuVOJu entsprechend der Regelung für Baden folgende Zuständigkeiten der Amtsgerichte für die eigenen Bezirke, z. T. auch für die Bezirke anderer Amtsgerichte: –

Das Amtsgericht Aalen (LG Ellwangen/Jagst) ist auch zuständig für die Amtsgerichtsbezirke Ellwangen/Jagst und Neresheim,



das Amtsgericht Crailsheim (LG Ellwangen/Jagst) auch für die Amtsgerichtsbezirke Bad Mergentheim und Langenburg,



die Amtsgerichte Heidenheim und Schwäbisch Gmünd (beide LG Ellwangen/ Jagst) jeweils für ihren Bezirk,



die Amtsgerichte Albstadt, Balingen, Hechingen und Sigmaringen (sämtlich LG Sigmaringen) jeweils für ihren Bezirk,



das Amtsgericht Heilbronn (LG Heilbronn) auch für den Amtsgerichtsbezirk Brackenheim,



das Amtsgericht Schwäbisch Hall (LG Heilbronn) auch für die Amtsgerichtsbezirke Künzelsau und Öhringen,



das Amtsgericht Vaihingen an der Enz (LG Heilbronn) auch für die Amtsgerichtsbezirke Besigheim und Marbach/Neckar,



das Amtsgericht Biberach an der Riß (LG Ravensburg) auch für den Amtsgerichtsbezirk Riedlingen,



das Amtsgericht Ravensburg (LG Ravensburg) auch für die Amtsgerichtsbezirke Bad Waldsee, Leutkirch/Allgäu, Saulgau und Wangen/Allgäu,



das Amtsgericht Tettnang (LG Ravensburg) für seinen Bezirk,



das Amtsgericht Freudenstadt (LG Rottweil) auch für den Amtsgerichtsbezirk Horb/Neckar,



das Amtsgericht Rottweil (LG Rottweil) auch für den Amtsgerichtsbezirk Oberndorf,



das Amtsgericht Tuttlingen (LG Rottweil) auch für den Amtsgerichtsbezirk Spaichingen,



das Amtsgericht Esslingen (LG Stuttgart) für die Amtsgerichtsbezirke Kirchheim unter Teck und Nürtingen, Cranshaw

5

10

§1

11



das Amtsgericht Ludwigsburg (LG Stuttgart) auch für den Amtsgerichtsbezirk Backnang,



das Amtsgericht Stuttgart (LG Stuttgart) auch für die Amtsgerichtsbezirke Böblingen und Leonberg,



das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstadt (LG Stuttgart) auch für die Amtsgerichtsbezirke Schorndorf und Waiblingen,



das Amtsgericht Calw (LG Tübingen) auch für den Amtsgerichtsbezirk Nagold,



das Amtsgericht Reutlingen (LG Tübingen) auch für die Amtsgerichtsbezirke Bad Urach und Münsingen,



das Amtsgericht Tübingen (LG Tübingen) auch für den Amtsgerichtsbezirk Rottenburg/Neckar,



das Amtsgericht Göppingen (LG Ulm) auch für den Amtsgerichtsbezirk Geislingen an den Steige und



das Amtsgericht Ulm (LG Ulm) auch für den Amtsgerichtsbezirk Ehingen/ Donau.

14 Amtsgerichte sind in dem Länderportal www.zvg-portal.de verzeichnet (November 2013). 2.

12

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

Bayern

Bayern hat eine konsequente Konzentration bei seinen 82 Amtsgerichten einschließlich der sieben Amtsgerichte, die Zweigstellen anderer Amtsgerichte sind, eingeführt.8) Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 GZVJu9) ist die Zuständigkeit für „Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- und Insolvenzsachen […] jeweils dem Amtsgericht am Sitz des übergeordneten Landgerichts für alle Amtsgerichte des betreffenden Landgerichtsbezirks übertragen.“ Das Amtsgericht in München hat Zuständigkeit für einen besonders weiten Umkreis, da dort nach § 52 Abs. 1 Satz 2 GZVJu neben den Verfahren im Bezirk des LG München I (Stadt München und kreisangehörige Gemeinden des Landkreises München) auch die Verfahren aus dem Bezirk des LG München II durchzuführen sind, dem flächenmäßig größten Landgerichtsbezirk in Bayern.10) Hieraus folgen 22 Amtsgerichtsstandorte an den Sitzen der Landgerichte sowie die weiteren im Folgenden aufgeführten Gerichte, insgesamt 32 Versteigerungs- und Zwangsverwaltungsgerichte in Bayern. Davon sind die meisten in dem Internetportal www.zvg-portal.de erfasst, nicht indes die Amtsgerichte Ansbach, Bayreuth, München und Mühldorf/Inn. _____________ 8) Siehe die alphabetische Übersicht über die Amtsgerichte und die Verweise auf die dortigen Kontaktdaten mit Angabe der jeweiligen Website des Amtsgerichts unter http://www.justiz.bayern.de/justiz-und-justizvollzug/amtsgerichte/n-w/… (Stand: Ende Juni 2013). 9) GZVJu – Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz) v. 11.6.2012, GVBl. 2012, S. 295, verfügbar unter http://www.gesetze-bayern.de/jportal/ … (Stand: August 2014). Verordnungsgeber ist das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. 10) Siehe http://www.justiz.bayern.de/gericht/lg/m2/bezirk/… (Stand: Ende November 2013).

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Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

§1

§ 52 Abs. 2 GZVJu enthält von dem Grundsatz des Absatzes 1 jedoch eine Reihe von Ausnahmen und zugleich teilweise eigenständige Zuständigkeitskonzentrationen: –

Das Amtsgericht Nördlingen im Bezirk des LG Augsburg ist auch für den Amtsgerichtsbezirk Dillingen/Donau zuständig.



Das Amtsgericht Neu-Ulm im Bezirk des LG Memmingen ist auch für den Amtsgerichtsbezirk Günzburg zuständig.



Im LG Bezirk München II ist das Amtsgericht Weilheim i. OB. auch zuständig für die Amtsgerichtsbezirke Garmisch-Partenkirchen und Weilheim, das Amtsgericht Wolfratshausen auch für den Amtsgerichtsbezirk Miesbach.



Im LG-Bezirk Nürnberg-Fürth umfasst die Zuständigkeit des Amtsgerichts Fürth auch die Amtsgerichtsbezirke Erlangen und Neustadt/Aisch.



Im LG-Bezirk Regensburg hat das Amtsgericht Straubing die Zuständigkeit in seinem Bezirk, sodass dort keine Zuständigkeit des Amtsgerichts Regensburg in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen besteht.



Im LG-Bezirk Traunstein ist das Amtsgericht Mühldorf/Inn auch für den Amtsgerichtsbezirk Altötting zuständig, das Amtsgericht Rosenheim hat Zuständigkeit für seinen Bezirk unter Ausschluss des ansonsten zuständigen Amtsgerichts Traunstein.



Im LG-Bezirk Ansbach hat das Amtsgericht Weißenburg eigene Zuständigkeit unter Ausschluss der ansonsten bestehenden Zuständigkeit des Amtsgerichts Ansbach, im LG-Bezirk Kempten das Amtsgericht Kaufbeuren anstelle des nach § 52 Abs. 1 GZVJu zuständigen AG Kempten.

3.

Berlin

Alle Berliner Amtsgerichte sind auch für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen zuständig. Eine Konzentration hat hier bislang im Unterschied zu Regelinsolvenzverfahren (Amtsgericht Charlottenburg) nach aktueller Mitteilung der Berliner Justiz nicht stattgefunden.11) 4.

14

Brandenburg

Das Land Brandenburg hat sich der Möglichkeiten des § 1 Abs. 2 ZVG bedient und in § 12 2. GerZV12) gewisse Zuständigkeitskonzentrationen eingeführt. Neben seinem jeweils eigenen Bezirk ist in Zwangsversteigerungs-/Zwangsverwaltungssachen zuständig –

13

das Amtsgericht Frankfurt/Oder auch für die Bezirke der Amtsgerichte Eisenhüttenstadt und Fürstenwalde,

_____________ 11) Siehe dazu die elektronische Publikation „Die Berliner Amtsgerichte – konzentrierte Aufgaben“, verfügbar über http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ag/sonstiges.html (Stand: November 2013). 12) 2. GesZV – Zweite Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeitskonzentrationen (Zweite Gerichtszuständigkeits-Verordnung) v. 8.5.2007, GVBl. II/07 [Nr. 09], S. 113 i. d. F. bis zur Verordnung v. 18.7.2012, GVBl. II/12 [Nr. 60], verfügbar über http://www.bravors.brandenburg.de/sixcms/detail.php?gsid=land_bb_bravors_01.c.47133.de (Stand: August 2014).

Cranshaw

7

15

§1

16



das Amtsgericht Luckenwalde auch für den Bezirk des Amtsgerichts Zossen,



das Amtsgericht Neuruppin für alle Amtsgerichte im Landgerichtsbezirk,



das Amtsgericht Potsdam auch für die Bezirke der Amtsgerichte Brandenburg, Nauen und Rathenow und



das Amtsgericht Strausberg auch für die Bezirke der Amtsgerichte Bad Freienwalde, Bernau und Eberswalde.

5.

Bremen

Das Amtsgericht Bremen (Stadt Bremen ohne Bremen-Nord mit Abgrenzungsproblemen)13) ebenso wie das Amtsgericht Bremen-Blumenthal (zuständig für „Bremen-Nord“)14) ist für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Immobilien zuständig. Das Amtsgericht Bremen ist zudem auch für die Zwangsversteigerung von im Schiffsregister eingetragenen Schiffen, die „sich zum Zeitpunkt der Beschlagnahme in Bremen befinden zuständig.“15) In Bremerhaven, das zu der Hansestadt und dem Bundesland Bremen gehört, hat das Amtsgericht Bremerhaven eine eigene Abteilung für Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltung.16) 6.

17

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

Hamburg

Für im Register eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke, die sich „tatsächlich in Hamburg“ befinden, ist das Amtsgericht Hamburg (-Mitte) zentral zuständig für die gesamte Freie und Hansestadt Hamburg.17) Ansonsten hat jedes Hamburger Amtsgericht Zuständigkeiten in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen. Die Justizverwaltung stellt einen Link „Behördenfinder“ zur Verfügung.18) Die insgesamt acht Hamburger Amtsgerichte sind jeweils für ihren Bezirk für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen zuständig. Auf eine Konzentration wurde verzichtet.

_____________ 13) Siehe im Einzelnen http://www.amtsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid= bremen85.c.1723.de (Stand: November 2013). 14) Siehe unter http://www.amtsgericht-blumenthal.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid= bremen139.c.1645.de (Stand: Ende Juni 2013). 15) Siehe die Internetverlautbarung des Amtsgerichts Bremen zur Zwangsversteigerung, verfügbar unter http://www.amtsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen85. c.1674.de (Stand: November 2013). 16) Siehe die Internetverlautbarung des Amtsgerichts Bremerhaven unter http://www.amtsgericht-bremerhaven.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen75.c.1560 (Stand: Ende Juni 2013). 17) Siehe die Internetverlautbarung des Amtsgerichts Hamburg zur Zwangsversteigerung von Schiffen, verfügbar unter http://justiz.hamburg.de/amtsgericht/1287520/zwangsversteigerung.html (Stand: November Juni 2013). 18) Siehe unter http://www.hamburg.de/behoerdenfinder/hamburg/11252670/… (Stand: November 2013).

8

Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

7.

§1

Hessen

Die 41 hessischen Amtsgerichte sind dezentral zuständig. Eine Konzentration besteht nicht.19) 8.

Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern hat von § 1 Abs. 2 ZVG ebenfalls keinen Gebrauch gemacht, sodass sämtliche 21 Amtsgerichte jeweils für ihren Bezirk für Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen zuständig sind.20) 9.

18

19

Niedersachsen

Eine Zuständigkeitskonzentration hat auch Niedersachsen nicht vorgenommen, sodass jedes der dortigen 80 Amtsgerichte auch für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen zuständig ist; auf der Internetseite der einzelnen Gerichte sind weitgehend vereinheitlichte Hinweise auf die Verfahren aufgenommen.21)

20

10. Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen hat bereits 1970 spezifisch allein für Zwangsversteigerungsund Zwangsverwaltungssachen eine Konzentrationsregelung geschaffen, die indes mit Wirkung zum 1.1.2009 durch eine Neuregelung ersetzt wurde, die einheitlich auch von Schiffen und Schiffsbauwerken umfasst. Das ist eine konsequente Lösung angesichts des Umstandes, dass das Bundesland als Rheinanlieger mit bedeutenden Binnenhäfen ebenso wie angesichts des bedeutenden Mittellandkanals und der Kanalschnittstellen für die Binnenschifffahrt auch hier Bedarf nach Reduzierung von derartigen Verfahren auf wenige Gerichte hat. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der „Konzentrations VO ZVG“22) eine Lösung gewählt, die dem Justiz_____________ 19) Ein Verzeichnis der Amtsgerichte mit Link zu den einzelnen Internetadressen steht unter http://verwaltung.hessen.de/irj/HMdJ_Internet?uid=c20305a3-baed-7121-aeb6-df197ccf4e69 zur Verfügung (Stand: November 2013). Die Internetseite enthält Hinweise auf das Länderportal http://www.zvg-portal.de. Die Angaben zu den Gerichten sind nicht aktualisiert, da Hessen mehrere Amtsgerichte aufgelöst und anderen Amtsgerichten deren Aufgaben übertragen hat (AG Bad Arolsen zum AG Korbach; AG Nidda zu den AGen Gießen und Büdingen; AG Rothenburg a. d. Fulda zum AG Bad Hersfeld; AG Schlüchtern zum AG Gelnhausen; AG Usingen zu den AGen Königstein i. Taunus und Bad Homburg). Eine Zweigstelle des AG Rüdesheim (ZWSt. Eltville) wurde geschlossen. 20) Siehe unter http://www.mv-justiz.de/gerichte.htm mit Link zu den Internetseiten der Amtsgerichte. Dort steht auf den meisten Internetseiten wiederum ein Link zu einem privaten Anbieter von Informationen über Termine in allen Bundesländern und damit auch von Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung. Das Amtsgericht Neustrelitz stellt einen Link zu dem Internetportal http://www.zvg-portal.de der Landesjustizverwaltungen über Zwangsversteigerungen bereit. Das Amtsgericht Bergen/Rügen verzichtet auf Links. 21) Siehe unter http://www.justizportal.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id= 13311&article_id=56769&_psmand=50 mit der Liste der einzelnen Amtsgerichte und deren Internetseite mit „weiteren links“ (Stand: jeweils November 2013). Unter „Aktuelles/ Zwangsversteigerungen“ oder „Wir über uns“ sind Zuständigkeiten und Versteigerungstermine mit Details zu dem betroffenen Grundbesitz abrufbar. 22) Verordnung zur Bildung gemeinsamer Amtsgerichte für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen v. 23.9.2008, GV.NRW 2008, S. 626, verfügbar über https:// recht.nrw.de/lmi/owa/… (Stand: 8.8.2014).

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9

21

§1

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

ministerium auferlegt, bis Ende 2013 der Landesregierung über die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Verordnung zu berichten, § 4 der Verordnung. Das Justizministerium kann aufgrund der ihm übertragenen Ermächtigung die Zuständigkeitskonzentration ändern und sogar vollständig aufheben, § 3 der Verordnung. Die Adressen der Amtsgerichte stehen über http://www.justizadressen.nrw.de/og.php zur Verfügung (Abruf: August 2014). Die Amtsgerichte des bevölkerungsreichsten Bundeslandes sind unter https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/justizimwww/ ordentlichegerichte/ags/index.php, gegliedert nach den Oberlandesgerichtsbezirken Köln. Düsseldorf und Hamm festzustellen. Die Internetseite leitet weiter auf den Internetauftritt der einzelnen Amtsgerichte. Die Bildung gemeinsamer Amtsgerichte ist jedoch angesichts von 130 Amtsgerichten im Land (OLG Düsseldorf: 29 Gerichte, OLG Hamm: 78 Gerichte, OLG Köln: 23 Gerichte) nicht sehr ausgeprägt (siehe im Folgenden). 22

Die Konzentrations VO ZVG bestimmt in § 1, dass die nachfolgenden Amtsgerichte neben den Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen in ihren eigenen Bezirken die entsprechenden Aufgaben der im Folgenden genannten anderen Amtsgerichte übernehmen: –





Im OLG-Bezirk Düsseldorf übernimmt das •

Amtsgericht Duisburg die entsprechenden Aufgaben der Bezirke der Amtsgerichte Duisburg-Hamborn und Duisburg Ruhrort und



das Amtsgericht Kleve die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Emmerich.

Im OLG-Bezirk Hamm übernimmt •

das Amtsgericht Ahaus die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Gronau (Westfalen),



das Amtsgericht Brilon die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Marsberg,



das Amtsgericht Essen die Aufgaben in den Amtsgerichtsbezirken EssenBorbeck und Essen-Steele,



das Amtsgericht Hagen die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Wetter,



das Amtsgericht Meschede die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Schmallenberg



und das Amtsgericht Paderborn die Aufgaben im Amtsgerichtsbezirk Delbrück.

Im OLG-Bezirk Köln übernimmt das Amtsgericht Bergisch-Gladbach zugleich die Aufgaben des Amtsgerichts Wermelskirchen in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen. Die 119 für Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen zuständigen Amtsgerichte sind in dem Internetportal des Länder www.zvg-portal.de vertreten.

23

Die Verordnung regelt in ihrem § 2 die Zuweisung der Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken, die im Schiffsregister eingetragen sind oder dort eingetragen werden können.

10

Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

§1

Danach ist zuständig

24



das Amtsgericht Duisburg-Ruhrort für alle Verfahren der Amtsgerichte im Bezirk des OLG-Bezirks Düsseldorf und des außerhalb des OLG-Bezirks liegenden Landgerichtsbezirks Essen,



das Amtsgericht Köln zentral für alle Verfahren in den Bezirken der Amtsgerichte des OLG-Bezirks Köln,



das Amtsgericht Dortmund für alle Verfahren in den Bezirken der Amtsgerichte in den Landgerichtsbezirken Arnsberg, Bochum, Dortmund, Hagen, Münster und Siegen und



das Amtsgericht Minden für alle Verfahren in den Bezirken der Amtsgerichte in den Landgerichtsbezirken Bielefeld, Detmold und Paderborn.

Die Verordnung zeigt anschaulich eine weitere Konsequenz für die örtliche Zuständigkeit der Beschwerdegerichte. Mit der Übertragung der Aufgaben von Amtsgerichten auf solche außerhalb des jeweiligen Landgerichtsbezirkes wechselt auch die Zuständigkeit der Landgerichte als Beschwerdegericht.

25

11. Rheinland-Pfalz Eine gewisse Konzentration der Gerichte in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen hat Rheinland-Pfalz eingeführt durch die „Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“,23) deren § 2 bestimmt, dass neben seinem eigenen Bezirk zuständig ist –

im Landgerichtsbezirk Bad Kreuznach das Amtsgericht Bad Kreuznach zugleich für die Amtsgerichtsbezirke Bad Sobernheim und Simmern/Hunsrück,



im Landgerichtsbezirk Trier das Amtsgericht Bitburg auch für den Bezirk des Amtsgerichts Prüm,



im selben Landgerichtsbezirk das Amtsgericht Trier für die Bezirke der Amtsgerichte Hermeskeil und Saarburg,



im Landgerichtsbezirk Landau/Pfalz das Amtsgericht Landau auch für die Bezirke der Amtsgerichte Germersheim und Kandel.

26

Im Amtsgerichtsbezirk Landau/Pfalz besteht an der Zweigstelle Bad Bergzabern des Amtsgerichts Landau keine Abteilung für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen.

27

Die anderen der hier nicht genannten 46 Amtsgerichte des Landes sind jeweils für ihren Bezirk für die genannten Immobiliarvollstreckungsverfahren zuständig.24)

28

_____________ 23) Landesverordnung v. 22.11.1985, GVBl. 1985, S. 267, Gliederungs-Nr. 301-6, bis zu Art. 1 der Verordnung v. 6.3.2012, GVBl. 2012, S. 117, verfügbar über http://landesrecht.rlp.de/jportal/portal/… (Stand: 16.8.2014). 24) Zu den einzelnen Gerichten und deren Adressen siehe unter http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/ broker.jsp?uMen=919c40a4-87e4-11d4-a735-0050045687ab (Stand: August 2014).

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11

§1

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

12. Saarland 29

Saarland hat ebenfalls keinen Gebrauch von der Konzentrationsmöglichkeit gemacht, sodass jedes der zehn saarländischen Amtsgerichte Zuständigkeiten für Versteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen innehat.25) Sie sind sämtlich in dem Länderportal www.zvg-portal.de vertreten. 13. Sachsen

30

31

Sachsen hatte im Jahr 1999 die Möglichkeiten des § 1 Abs. 2 ZVG umfassend genutzt. Die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeiten in Justizverwaltungssachen26) enthält eine sehr umfangreiche Regelung über die Zuständigkeitskonzentration in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen. Diese Verordnung wurde zum 1.1.2013 vollständig aufgehoben, nachdem bereits ab 1.1.2008 die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Organisation der Justiz27) in § 17 bestimmte, dass für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren die Zuständigkeit der Amtsgerichte am Sitz des übergeordneten Landgerichts begründet ist. Zum 1.1.2013 wurde die Verordnung zu der hier relevanten Materie dahingehend geändert, dass nach dem nunmehr neuen § 17 Abs. 2 für Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung folgende Zuständigkeiten begründet sind:28) –

Das Amtsgericht Bautzen ist zuständig für seinen eigenen Bezirk und die Amtsgerichtsbezirke Hoyerswerda und Kamenz,



Das Amtsgericht Chemnitz für den LG-Bezirk Chemnitz,



Das Amtsgericht Dresden für den LG-Bezirk Dresden,



Das Amtsgericht Görlitz für seinen eigenen Bezirk und die Amtsgerichtsbezirke Weißwasser und Zittau,



Das Amtsgericht Leipzig für den LG-Bezirk Leipzig,



Das Amtsgericht Zwickau für den LG-Bezirk Zwickau.

Alle Gerichte sind in dem Portal www.zvg-portal.de vertreten. 14. Sachsen-Anhalt

32

Vor den 25 Amtsgerichten in Sachsen-Anhalt29) waren im Jahr 2012 insgesamt 555 Zwangsverwaltungen anhängig (von 850 – 900 in den Jahren 2010 und 2011) und _____________ 25) Zu den Adressen der Gerichte siehe unter http://www.saarland.de/2319.htm (Stand: August 2014). 26) Justizzuständigkeitsverordnung – JuZustVO v. 6.5.1999, Sächs. GVBl. 1999, S. 281 ff.; aufgehoben zum 1.1.2013 durch Art. 5 Nr. 3 i. V. m. Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Justizgesetzes und weiterer Gesetze v. 14.12.2012, Sächs. GVBl. 2012, 748 ff. 27) Sächsische Justizorganisationsverordnung – SächsJOrgVO, Sächs. GVBl. 2007, S. 600/605. 28) Art. 1 Nr. 11 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa zur Änderung der Sächsischen Justizorganisationsverordnung und zur Aufhebung einer weiteren Verordnung v. 13.12.2012, Sächs. GVBl. 2012, S. 782 ff., 784. 29) Zu Adressen und Internetseiten siehe http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=3086 (Stand: November 2013).

12

Cranshaw

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte

§1

2.307 Zwangsversteigerungen (von 2.752 im Jahr 2011 und 2.702 im Jahr 2010).30) Eine Konzentration wie in Sachsen besteht nicht, anders aber bei den Insolvenzgerichten, bei denen die Zuständigkeit jeweils bei den Amtsgerichten Dessau-Roßlau, Halle (Saale), Magdeburg und Stendal31) gebündelt ist, also am Sitz der übergeordneten Landgerichte. Alle 25 Vollstreckungsgerichte sind in den Portalen www.zvgportal.de des Bundes und der Länder vertreten. 15. Schleswig-Holstein Die 22 Amtsgerichte in Schleswig-Holstein32) sind in ihren Bezirken jeweils für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren zuständig. Nur zwei davon, Elmshorn und Norderstedt, sind in dem Portal www.zvg-portal.de verzeichnet.

33

16. Thüringen Thüringen hat in § 6 ThürGerZustVO33) (in Nachfolge einer Regelung aus dem Jahr 1993) die Option des § 1 Abs. 2 ZVG genutzt. Danach sind Immobiliarvollstreckungsmaßnahmen auf dem Wege der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung auf jeweils einen Teil der Amtsgerichte im LG-Bezirk konzentriert (ab 1.1.2012): –

Im LG-Bezirk Erfurt sind die Amtsgerichte Arnstadt, Gotha jeweils für ihren Bezirk zuständig, das Amtsgericht Erfurt auch für den Amtsgerichtsbezirk Sömmerda und das Amtsgericht Weimar für den Amtsgerichtsbezirk Apolda.



Im LG-Bezirk Gera ist das Amtsgericht Altenburg allein für seinen Bezirk zuständig, das Amtsgericht Gera auch für den Amtsgerichtsbezirk Greiz, das Amtsgericht Jena auch für den Amtsgerichtsbezirk Stadtroda und das Amtsgericht Rudolstadt auch für den Amtsgerichtsbezirk Pößneck.



Im LG Bezirk Meiningen sind die Amtsgerichte Meinigen und Suhl allein für ihre Bezirke zuständig, das Amtsgericht Eisenach auch für den Amtsgerichtsbezirk Bad Salzungen und das Amtsgericht Sonneberg auch für den Amtsgerichtsbezirk Hildburghausen.



Im LG-Bezirk Mühlhausen ist das Amtsgericht Mühlhausen auch für den Amtsgerichtsbezirk Heilbad Heiligenstadt zuständig, das Amtsgericht Nordhausen auch für den Amtsgerichtsbezirk Sondershausen.

_____________ 30) Siehe http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_ Verwaltung/Bibliothek_MJ/zahlen/gz_age.pdf (Stand: November 2013). 31) Siehe http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=2938 (Stand: Ende Juni 2013). 32) Zu Kontakt- und Internetadressen siehe http://schleswig-holstein.de/Justiz/DE/Gerichte/ OrdentlicheGerichte/Amtsgerichte/Amtsgerichte.html (Stand: November 2013). 33) Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (ThürGerZustVO) v. 17.11.2011, GVBl. 2011, 511, Gliederungs-Nr. 301-1 siehe www.landesrecht.thueringen.de, mit Verlinkungen (Stand: August 2014).

Cranshaw

13

34

§3

Zustellung

positiv ist. Der Schwerpunkt dürfte bei der Verwertung von Gesamtgrundpfandrechten liegen (vgl. § 1132 BGB).13) 16

Der BGH hat in dem zitierten Beschluss zu IX ARZ 5/84 ferner entschieden, dass dem Schuldner kein rechtliches Gehör vor der Anordnung der Zwangsversteigerung zu gewähren sei, um den Verfahrenszweck nicht zu gefährden, denn auch bei Vollstreckung aus dinglichem Recht kann der Schuldner als Folge des § 1121 BGB die Versteigerung in das „Zubehör, Bestandteile oder Erzeugnisse vereiteln“.14) _____________ 13) Zur Abwägung im Anschluss an die zitierte BGH-Judikatur siehe BayObLG, Beschl. v. 29.4.1998 – 1Z AR 20/98, Rpfleger 1998, 438 = Jur. Büro 1999, 438 f. sowie BayObLG, Beschl. v. 7.10.1997 – 1Z AR 71/97, Rpfleger 1998, 79 (Teilungsversteigerung eines Hofes aus dem Nachlass). 14) BGH, IX ARZ 5/84, juris Rz. 7 m. w. N. unter Hinweis auf Judikatur des BVerfG.

§3 Zustellung Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen. Sie können durch Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Zustellungsverfahren .......................... 4 1. Strukturen der Regelungen des §§ 3 ff. ZPO und Verhältnis zu den §§ 166 ff. ZPO ....................................... 4 2. Welche Dokumente sind zuzustellen? ............................................... 6

I. 1

3. Zustellungsadressaten ........................... 8 4. Zustellungsmodalitäten ....................... 10 III. Zustellungen im Ausland .................. 13 1. Europäische Union ............................. 13 2. Auslandszustellungen im Raum des EWR und in Drittstaaten .................... 16

Normzweck

Die Zustellung der für das gerichtliche Verfahren wesentlichen Schriftstücke wie einer Urkunde, einer gerichtlichen Entscheidung oder einer verfahrensbestimmenden Verfügung ist Wesenselement des rechtsstaatlichen Handelns. Die förmliche Unterrichtung des Adressaten ermöglicht dessen Kenntnis von der Sach- und Rechtslage; sie dient der Wahrung seiner Rechte, die letztlich in den verfassungsrechtlich geschützten Verfahrensgrundrechten wurzeln („rechtliches Gehör“, Art. 103 Abs. 1 GG). Zustellung bedeutet daher die „Bekanntgabe eines Dokuments“ (§ 166 Abs. 1 ZPO, heute noch ganz weitgehend eines körperlichen Schriftstücks, künftig zunehmend eines elektronischen Dokuments.1) Daher sind solche Zustellungen von wesentlichen und von im Gesetz bestimmten Schriftstücken auch zwingend von den Vollstreckungsgerichten vorzunehmen. Sie erfolgen aus diesem Grunde von Amts wegen.2) Bei aller Notwendigkeit, den Adressaten einer etwa gerichtlichen _____________ 1) 2)

20

Zöller/Stöber, ZPO, Vor § 166 Rz. 1 m. w. N. Siehe dazu auch BGH, Urt. v. 14.9.2011 – XII ZR 168/99, BGHZ 191, 59 ff. (zu Besonderheiten der Auslandszustellung).

Cranshaw

§3

Zustellung

Anordnung von derselben individuell so zu unterrichten, dass er die Möglichkeit erhält, von ihr Kenntnis zu nehmen und seine Rechtsverteidigung darauf aufzubauen, darf andererseits aber nicht die Effizienz der Zustellungsmodalitäten aus dem Auge verloren werden. Ein Blick in die Zustellung nach der Insolvenzordnung, also in den Bereich der in die Rechte Beteiligter noch schwerwiegender eingreifenden Gesamtvollstreckung zeigt, dass es dort für die amtswegige Zustellung genügt, wenn das Schriftstück zur Post gegeben wird und der Zugang im Inland nach Ablauf einer Frist von drei Tagen nach in den Akten zu dokumentierender Aufgabe zur Post als zugestellt fingiert wird, bei Zustellung im Ausland nach zwei Wochen (vgl. § 8 Abs. 1 InsO).

2

Zur Rechtsverteidigung steht z. B. dem Vollstreckungsschuldner (auch als Drittsicherungsgeber) in den Fällen der Anordnung der Zwangsversteigerung und/oder Zwangsverwaltung eine Reihe von prozessualen Möglichkeiten zur Verfügung. Sogar dann, wenn der betreffende Rechtsbehelf nicht unmittelbar im Zwangsvollstreckungsverfahren vorgebracht werden kann, wird er bei Erfolg das Verfahren dennoch maßgeblich beeinflussen. Zu den gleichen Maßnahmen der Rechtsverteidigung gehört namentlich die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), die darauf gerichtet ist, die Vollstreckung aus dem zur Versteigerung verwendeten Vollstreckung für unzulässig zu erklären. Ist der Titel eine vollstreckbare Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, so folgt die Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage aus § 797 Abs. 4, 5 ZPO unter Ausschluss der Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO). Mangels „Suspensiveffektes“ der Klage3) muss der Kläger/Schuldner eine einstweilige Anordnung gemäß § 769 Abs. 1 ZPO beim Prozessgericht bzw. „in dringenden Fällen“ eine solche des Vollstreckungsgerichts beantragen, um die einstweilige Einstellung des Verfahrens bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu erreichen. Da diese durch Entscheidung im Beschlusswege ergeht, muss wiederum zugestellt werden, wenn auch eine Anfechtung der Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde nicht möglich ist (analog § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wohl allg. Meinung).4) Der Schuldner hat aber die Möglichkeit der befristeten Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RpflG, über die bei mangelnder Abhilfe der Richter endgültig befindet (§ 11 Abs. 2 Sätze 2, 3 RpflG, seit dem 1.1.2014 § 11 Abs. 2 Sätze 6 und 7 dieser Norm).5) Daneben stehen die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO), die Möglichkeiten der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO und die Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen des Rechtspflegers nach § 11 Abs. 1 RpflG, sodass die Zustellung als System der Bekanntgabe zur Wahrung der Rechte und der Möglichkeit der Rechtsmittel jeweils Betroffener, namentlich des Schuldners oder anderer Beteiligter, in deren Rechte eine gerichtliche Maßnahme oder Entscheidung eingreift, hohe Bedeutung hat. Die Zustellung dient, wie erwähnt,

3

_____________ 3)

4) 5)

Zu den Rechtsbehelfen im Verfahren nach dem ZVG siehe den Überblick von Cranshaw/ Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., zur Klage nach § 767 ZPO, S. 95 – 99, Rz. 6 ff., 14. Siehe Zöller/Herget, ZPO, § 769 Rz. 13 m. w. N. Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., Rz. 16, 82 ff.; zu § 11 Abs. 2 n. F. RpflG ab dem 1.1.2014 siehe Art. 4 Nr. 2, Art. 21 Satz 2 des Gesetzes v. 5.12.2012, BGBl. I 2012, 2418.

Cranshaw

21

§3

Zustellung

der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs, also eines Verfahrensgrundrechts (Art. 103 Abs. 1GG).6) Die Zustellung ist nach Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU bzw. Art. 6 Abs. 1 EMRK Ausprägung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens.7) II. Zustellungsverfahren 1. 4

Strukturen der Regelungen des §§ 3 ff. ZPO und Verhältnis zu den §§ 166 ff. ZPO

Die Norm des § 3 ZVG ist vor dem Hintergrund der §§ 864 ff. ZPO, namentlich des § 869 ZVG zu sehen, der die Systematik der Immobiliarvollstreckung als verselbstständigten Teil der Vollstreckung der ZPO belegt.8) Die Zustellung nach den §§ 3 ff. ZVG ist als Folge der (damit vorrangigen) Sonderregelung im ZVG von dem Verfahren der Zustellung zu unterscheiden, das sich allein nach den §§ 166 ff. ZPO richtet. Merkmal des ZVG ist beispielsweise, dass es mit geringfügigen Ausnahmen9) keine Zustellung im Parteibetrieb (§§ 191 ff. ZPO) geben kann, sondern nur die amtswegige Zustellung durch das Vollstreckungsgericht. Neben der förmlichen Zustellung nach den zitierten Vorschriften der ZPO, auf die für das Zwangsversteigerungsverfahren eigentlich schon § 869 ZPO und schließlich auch § 3 Satz 1 ZVG verweist, stehen insbesondere die Zustellung nach § 3 Sätze 2 und 3 ZVG10) sowie die erwähnten Zustellungssonderregelungen der §§ 4 – 7 ZVG (mit ihren Vereinfachungen und Überschneidungen mit den §§ 166 ff. ZPO). Diese Sonderbestimmungen gelten wiederum nicht in den Fällen des § 8 ZVG für Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse, deren Zustellung sich wieder allein nach den Bestimmungen der §§ 166 ff. ZPO richtet (siehe im Einzelnen § 8 Rz. 1 f., 4 ff. [Cranshaw]). Nach § 3 Sätze 2 und 3 ZVG kann die Zustellung an Stelle des Verfahrens nach § 3 Satz 1 ZVG (also nach den §§ 166 ff. ZPO) auch durch Versand per Post als „Einschreiben gegen Rückschein“ erfolgen. Diese Regelung entspricht § 175 ZPO, sodass § 3 Sätze _____________ 6) BVerfG, Beschl. v. 11.7.1984 – 1 BvR 1269/83, NJW 1984, 2567 = ZIP 1984, 1137, II 1. der Gründe; BGH, Urt. v. 6.4.1992 – II ZR242/91, BGHZ 118, 45 ff., 47, II 1. der Entscheidungsgründe, st. Rspr. 7) Vgl. aus der Judikatur der Unionsgerichtsbarkeit EuGH, Urt. v. 12.12.2012 – Rs C-325/11, „Alder/Orlowska“ – Internetpubl. des EuGH, noch nicht in der amtl. Slg., Rz. 35 m. w. N. = NJW 2013, 443. 8) Zöller/Stöber, ZPO, § 869 Rz. 1 m. w. N. 9) Ausnahme ist die Erstreckung der Beschlagnahme auf eine Forderung (vgl. zum materiellen Recht die §§ 1123, 1127 BGB), wo § 22 Abs. 2 Sätze 2, 3 ZVG i. V. m. § 845 ZPO bei einer ausgebrachten Vorpfändung die Zustellung gegenüber dem Drittschuldner und dem Schuldner im Parteibetrieb vorsieht. In den seltenen Fällen der Herausnahme einer Forderung aus der Versteigerung nach § 65 Abs. 1 ZVG ist ebenfalls der Gläubiger aufgerufen, dem Drittschuldner zustellen zu lassen (§ 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Siehe den Hinweis zu diesen Fällen bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 3 Rz. 7, der zutreffend auch darauf hinweist, dass die Überweisung der Forderung an Zahlungs statt ebenfalls der Zustellung im Parteibetrieb unterstellt ist, § 835 Abs. 3 Satz 1, 829 Abs. 2 ZPO. Zur Zustellung im Parteibetrieb allgemein siehe auch Böttcher, ZVG, § 3 Rz. 16. 10) § 3 Sätze 2, 3 ZVG sind erst durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz v. 22.12.2006, BGBl. I 2006, 3416, in das ZVG eingefügt worden, begründet hat man das im Regierungsentwurf mit der Angleichung an § 175 ZPO sowie mit „Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens“, siehe BR-Drucks.550/06, S. 86.

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§3

Zustellung

2 und 3 ZVG eine redundante Lösung des Gesetzes aufzeigen. Ohne Belang für die Praxis ist aber im Ergebnis, ob die Bestimmung des § 3 ZVG im Hinblick auf die allgemeinen Vorschriften der ZPO, namentlich im Hinblick auf § 869 ZPO, obsolet sei.11) Fasst man zusammen, so enthält das ZVG in den §§ 3 ff. leges speciales zu den Zustellungsnormen der ZPO, die ergänzend – oder in den Fällen des § 8 ZVG ausschließlich (mit Ausnahme des § 3 Sätze 2 und 3 ZVG) – gelten, wobei Überschneidungen und Redundanzen festzustellen sind, die für die Praxis aber keine entscheidenden Probleme bereiten. Bei später im (Immobiliarvollstreckungs)Verfahren offenbar gewordenen Zustellungsmängeln sind die Heilungsmöglichkeiten des § 189 ZPO zu beachten.12) 2.

5

Welche Dokumente sind zuzustellen?

Die §§ 3 ff. ZVG, 166 ff. ZPO regeln die Modalitäten der Zustellung, nicht indes, in welchen Fällen zugestellt werden muss (siehe § 166 Abs. 2 ZPO), nämlich in den vom Gesetz vorgeschriebenen sowie in den vom Gericht angeordneten Fällen. Die Notwendigkeit hierfür folgt u. a. aus den §§ 329 Abs. 2, 869 ZPO. Nicht verkündete Beschlüsse und Verfügungen sind zuzustellen, sofern sie einen Termin enthalten oder „eine Frist in Lauf“ setzen, insbesondere, wenn ein Rechtsbehelf zulässig ist. Die Möglichkeit dazu ist allerdings nach § 95 ZVG für Entscheidungen vor dem Zuschlag, die dessen Vorbereitung dienen, eingeschränkt auf „Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens“. Die Norm des § 95 Halbs. 2 ZVG beschreibt damit innerhalb seines Regelungsbereiches mittelbar auch den Rahmen der zustellungsbedürftigen Maßnahmen und Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts.13)

6

Zuzustellen ist/sind bzw. zu den zuzustellenden Dokumenten bzw. Schriftstücken gehört/gehören beispielsweise (nicht abschließend):

7



In der Gläubigervollstreckung die Zustellung des Anordnungsbeschlusses bzw. des Beitrittsbeschlusses an den Schuldner nach der ZPO außerhalb der §§ 4 – 7 ZVG (§§ 15, 27 ZVG, siehe auch die §§ 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 ZVG). Dasselbe gilt bei der Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken sowie von Luftfahrzeugen, aber auch in der Insolvenzverwalterversteigerung. In der Teilungsversteigerung ist der Beschluss dem Antragsgegner zuzustellen.14)



Die Entscheidung über die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 2 ZVG, die bei Ablehnung der Bestimmung durch das Landgericht anfechtbar ist (§ 37 Abs. 2 ZPO, § 567 Abs. 1 ZPO).



Der Anordnungs- und Beitrittsbeschluss an den Gläubiger, wenn dem Gläubigerantrag nicht oder nicht voll umfänglich entsprochen wurde, weil dann eine

_____________ 11) Siehe dazu schon nach der Rechtslage vor Einführung des § 3 Sätze 2, 3 ZVG Böttcher, ZVG, § 3 Rz. 1. 12) Siehe dazu eingehend § 8 Rz. 17 [Cranshaw]; bei den dortigen Konstellationen ist eine Heilung nach § 189 ZVG umstritten. 13) Zu der Reichweite des § 95 ZVG vgl. Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 95 Rz. 2 ff. sowie § 95 Rz. 1, 2 ff. [Popp]. 14) Siehe auch § 8 Rz. 10 [Cranshaw].

Cranshaw

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§3

Zustellung

Vollstreckungsmaßnahme angeordnet wurde, gegen die die Erinnerung (§ 766 ZPO) zulässig ist oder, sofern eine Entscheidung i. S. d. § 793 ZPO zu bejahen ist, die sofortige Beschwerde. –

Die Bestellung eines Zustellungsvertreters (§ 6 Abs. 1 ZVG).



Die Beschlussfassung über die Vergütung des Zustellungsvertreters und dessen Auslagen (§ 6 Abs. 2 ZVG).



Die Beschlussfassung über die Vergütung des nach § 94 ZVG eingesetzten Verwalters („gerichtliche Verwaltung auf Rechnung des Erstehers“), § 94 ZVG i. V. m. § 22 ZwVwV.



Die Beschlussfassung über die Verfahrensanordnung oder -trennung, § 18 ZVG.15)



Die Anordnung der „erforderlichen Maßregeln“ zur Behebung der Gefahren, die durch nicht ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Vollstreckungsgegenstandes durch den Schuldner drohen, § 25 ZVG.



Die Aufhebung des Verfahrens, § 28 f. ZVG.



Die einstweilige Einstellung des Verfahrens, §§ 28 Abs. 1, 30, 30b Abs. 3 (sofortige Beschwerde), 32 ZVG.



Die einstweilige Einstellung in den Fällen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, §§ 30d, § 30f Abs. 3 i. V. m. § 30b Abs. 3; das Zustellungserfordernis an die daran Beteiligten folgt aus § 32 ZVG.



Die Terminsbestimmung; sie ist den Beteiligten zuzustellen, § 41 Abs. 1 ZVG, auch die neuen Terminsbestimmungen nach § 43 ZVG.



Der Wertfestsetzungsbeschluss, § 74a Abs. 5 Sätze 1, 3 ZVG).



Die Zustellung an den Mieter oder Pächter auf Antrag des betreibenden Gläubigers, u. a., um die Miete und Pacht in den Fällen der §§ 566b Abs. 1, 566c, 566d BGB durch Bekanntgabe der Beschlagnahme an Mieter bzw. Pächter zu sichern, § 57b Abs. 1 Satz 2 ZVG. Für die Zwangsverwaltung siehe § 57b Abs. 2 Satz 2 ZVG mit demselben Ergebnis. Die Parallelvorschrift bei der Versteigerung von Schiffen ist § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 ZVG, bei der Versteigerung von Luftfahrzeugen § 171 f. ZVG.



Die einstweilige Einstellung gemäß § 77 Abs. 1 ZVG und die Aufhebung des Verfahrens sowie dessen Fortsetzung als Zwangsverwaltungsverfahren, wenn zwei Termine ergebnislos waren, § 77 Abs. 2 ZVG.



Die Zustellung der erneuten Terminsbestimmung in den Fällen des § 85 Abs. 1 ZVG an den Meistbietenden, § 85 Abs. 2 ZVG.



Der Zuschlagsbeschluss in den Fallkonstellationen des § 88 ZVG an die Beteiligten, den mithaftenden Bürgen und den Meistbietenden.



Der Beschluss über die Zuschlagsbeschwerde, wenn der Beschluss aufgehoben oder abgeändert wird, und zwar an alle Beteiligten und den betroffenen Ersteher,

_____________ 15) Siehe die § 18 Rz. 19 [Cranshaw].

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Cranshaw

§3

Zustellung

an den mithaftenden Bürgen nach § 69 Abs. 3 ZVG und an den Meistbietenden in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 ZVG gemäß § 103 Satz 1 ZVG. –

Der die Zuschlagsbeschwerde zurückweisende Beschluss an den Beschwerdeführer und „den zugezogenen Gegner“, § 103 Satz 2 ZVG.



Die Zuschlagserteilung durch das Beschwerdegericht, die mit der Zustellung an den Ersteher wirksam wird, § 104 ZVG.



Die Terminsbestimmung zur Erlösverteilung, § 105 Abs. 2, Abs. 4 ZVG.



Die Aufstellung und Abänderung des Teilungsplans, da er nach der Judikatur des BGH als Beschluss der sofortigen Beschwerde unterliegt.16)



Die entsprechenden Anordnungen im Zwangsverwaltungsverfahren (vgl. § 146 ZVG).



Der Beschluss über den Unterhalt des Schuldners und seiner Familie bei Streitigkeiten über die Zurverfügungstellung der hierfür erforderlichen Mittel bei der Zwangsverwaltung gärtnerisch bzw. land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke in den (seltenen) Fällen des § 149 Abs. 3 Sätze 2, 3 ZVG.



Die Anordnung über die Bestellung des Zwangsverwalters, gegen die je nach Lage des Einzelfalls die Vollstreckungserinnerung oder die sofortige Beschwerde zulässig ist, vgl. § 150 ZVG. Dasselbe gilt bei der Bestellung eines Institutszwangsverwalters bzw. des Schuldners als Verwalter gemäß § 150a ZVG bzw. § 150c ZVG.



Die einstweilige Einstellung bzw. die einstweilige teilweise Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 153b ZVG) bzw. die Aufhebung dieser Maßnahme (§ 153c ZVG). Soweit das Gericht pflichtgemäß dem Zwangsverwalter und dem betreibenden Gläubiger (§ 153b Abs. 3 ZVG) bzw. dem Insolvenzverwalter als Antragsgegner (bei der beabsichtigten Aufhebung der Einstellung, § 153c Abs. 2 ZVG) rechtliches Gehör gewährt hat, kommt nur die sofortige Beschwerde als Rechtsbehelf in Frage; die Notwendigkeit der Zustellung ist evident. Bei der Anordnung der Zwangsverwaltung dürfte in den Insolvenzfällen (wie bei der Zwangsversteigerung auch) die Zustellung an den Schuldner trotz § 80 InsO geboten sein, weil dem Schuldner das Recht auf den Antrag nach § 765a ZPO hier wie dort auch gegenüber dem betreibenden Insolvenzverwalter zusteht (siehe § 172 ZVG). Umso mehr gilt das bei einem rechtlichen Vorgehen gegen den Gläubiger. Die Antragsbefugnis besteht im Hinblick auf § 80 InsO allerdings nur bei Gefahren für Leib oder Leben des Schuldners oder naher Angehöriger.17)



der Beschluss über die Aufhebung der Zwangsverwaltung, §§ 161 Abs. 1, Abs. 4 ZVG i. V. m. den §§ 28, 32 ZVG.

_____________ 16) BGH, Beschl. v. 19.12.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401 = NJW-RR 2009, 1427; eingehend dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 117 Rz. 29. 17) BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, Rz. 9 ff., 15 = Rpfleger 2009 259 ff. = ZIP 2009, 781 ff. = ZInsO 2009, 254 f.; vgl. Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 765a ZPO, S. 122 ff., 132 ff., 136, Rz. 50 f.

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§3 3.

Zustellung

Zustellungsadressaten

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Die Zustellungsadressaten in funktionalem Sinne ergeben sich aus der jeweiligen verfahrensrechtlichen Norm, insbesondere abhängig davon, ob der jeweils Beteiligte zur Einlegung eines Rechtsbehelfs befugt ist oder ob eben der Gesetzgeber die Zustellung angeordnet oder darauf ausdrücklich verzichtet hat. Ein Beispiel ist der Zuschlagsbeschluss (siehe vorstehend unter Rz. 7, zu diesem Stichwort), der gerade nicht allen Beteiligten zugestellt werden muss, sondern nur denjenigen, die weder im Versteigerungstermin noch im Verkündungstermin erschienen sind; ferner ist dem Ersteher, dem Bürgen und dem Meistbietenden in dem Sonderfall des § 81 Abs. 4 ZVG zuzustellen. Adressat ist der in seinen Rechten jeweils selbst Betroffene.

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Die Zustellungsadressaten ergeben sich ferner aus dem materiellen Recht. Betroffen hiervon sind (neben der natürlichen Person als Adressat) zum einen Zustellungen an rechtsfähige Organisationen und (sonstige) Personenzusammenschlüsse (u. a. (Gesellschaften, Vereine, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, sonstige juristische Personen, Wohnungseigentümergemeinschaften, Stiftungen, Erbengemeinschaften, Behörden) sowie an Vermögensmassen, die von natürlichen Personen als Organ kraft Amtes geführt werden (Bsp.: Insolvenzverwalter). Ebenfalls aus dem materiellen Recht ergeben sich die Zustellungsadressaten, die kraft Gesetzes für natürliche Personen tätig werden müssen (z. B. Betreuer, gesetzliche Vertreter für Minderjährige). Das sind sämtlich Fälle der gesetzlichen (bei Gesellschaften der organschaftlichen) Vertretung (vgl. die Grundsatznorm des § 170 Abs. 1 ZPO) oder der rechtsgeschäftlichen Vertretung (vgl. § 170 Abs. 2 ZPO).18) Das Verständnis des Zustelladressaten knüpft an eine personale Verbindung desselben mit dem Schuldner oder einem Beteiligten an, dem zuzustellen ist. Der Zustellungsadressat ist in seinen Rechtspflichten gegenüber der vertretenen natürlichen Person oder der Organisation bzw. der Vermögensmasse (Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter usw.) betroffen; meist hat er Vermögensfürsorgepflichten. Wer Zustelladressat in diesen Fällen ist, resultiert wie oben erwähnt aus den Vertretungsregelungen des jeweiligen materiellen Rechtsgebietes.19) Dasselbe gilt für die Zustellung an Behörden als Beteiligte; wer bei der „erleichterten Zustellung“ gemäß § 170 Abs. 2 ZPO Behördenleiter ist, folgt aus dem öffentlichen Recht des Bundes und der Länder.20) Vom etwa entgegenstehenden materiellen Recht weicht im Interesse der Effizienz der Zustellung § 170 Abs. 3 ZPO ab, “der bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern“ die Zustellung an einen von ihnen genügen lässt.21)

_____________ 18) Eingehend dazu Zöller/Stöber, ZPO, § 170 Rz. 3 ff. m. w. N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 52 Rz. 6a. 19) Siehe auch den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 3 Rz. 11 – 13, der u. a. auf den Verwalter nach WEG für die Zustellung an die Wohnungs- bzw. Teileigentümergemeinschaft nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG hinweist. 20) Zur „Erleichterung [der] Zustellung“ an den Leiter anstelle des gesetzlichen Vertreters nach § 170 Abs. 2 ZPO siehe bei Zöller/Stöber, ZPO, § 170 Rz. 4 m. w. N. 21) Zu Einzelheiten vgl. Zöller/Stöber, ZPO, § 170 Rz. 6 f. m. w. N.

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§3

Zustellung

4.

Zustellungsmodalitäten

Die Einzelheiten der Zustellung folgen aus § 3 Sätze 2 und 3, den §§ 4 ff. ZVG sowie aus den §§ 166 ff. ZPO. Die Zustellung wird in den Fällen der §§ 173 – 175 ZPO durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bewirkt (§§ 3 ff. ZVG i. V. m. 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 153 GVG). Dabei bedient man sich regelmäßig der lizenzierten Postdienstleister als Beliehene nach den §§ 33 f. PostG, um die förmlichen Zustellungen durchzuführen.22) Davon zu unterscheiden ist die Zustellung an Rechtsanwälte, Steuerberater und die anderen Berufsgruppen des § 174 ZPO sowie an Behörden, an die per Post gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden kann, sogar per Telekopie („Telefax“) unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 2 ZPO und durch elektronisches Dokument gemäß § 174 Abs. 3 ZPO bzw. durch De-Mail-Dienste nach Maßgabe des De-Mail-Gesetzes auf der Basis einer elektronischen Kommunikationsplattform.23) Die Praxis ist hier noch der Postversand, häufig über Regionalpostdienstleister anstelle der Deutschen Post AG.

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Die Zustellung wird vorgenommen:

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In den Fällen prozessunfähiger Personen an die gesetzlichen Vertreter oder an den „Leiter“ (bei juristischen Personen), § 170 ZPO (siehe oben).



An rechtsgeschäftliche Vertreter, § 171 ZPO; im Verfahren nach dem ZVG ist diese Variante meist irrelevant.



An Prozess-/Verfahrensbevollmächtigte, vgl. § 172 ZPO; ist ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt, so muss nach einer landgerichtlichen Entscheidung an ihn zugestellt werden.24)



Durch die (seltene) „Aushändigung an Amtsstelle“, § 173 ZPO.



An die Berufsgruppen des § 174 ZVG gegen Empfangsbekenntnis, wie oben erwähnt.



Durch Einschreiben gegen Rückschein, § 175 ZVG, im Verfahren nach dem ZVG gemäß § 3 Sätze 2, 3 ZVG.



Durch Zustellung mittels Zustellungsauftrags durch die Post (vgl. § 33 PostG, siehe oben), einen „Justizbediensteten oder einen Gerichtsvollzieher“, §§ 176, 177 – 181, 182 ZPO, wobei auch die Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 181 ZPO zu beachten ist; dem Nachweis der Zustellung dient die Zustellungsurkunde nach § 182 ZPO.



In Fällen mit Auslandsberührung nach Maßgabe der §§ 183 f. ZPO (siehe sogleich unter Rz. 13 zu den Auslandszustellungen.



Durch öffentliche Zustellung nach den §§ 185–188 ZPO aufgrund Bewilligung durch das Gericht unter den erschwerten Voraussetzungen des § 185 ZPO, um den Grundrechtsbezug der Zustellung (siehe unter Rz. 3 zu Art. 103 GG zu

_____________ 22) Siehe den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 3 Rz. 14 f. 23) De-Mail-Gesetz v. 28.4.2011, BGBl. I 2011, 3044, i. d. F. bis zu Art. 3 Abs. 8 d. Gesetzes v. 7.8.2013, BGBl. I 2013, 3154. 24) LG Gießen, Beschl. v. 28.8.1980 – 7 T 198/80, Rpfleger 1981, 26 (Hinweis nach § 30b Abs. 1 Satz 2 ZVG an den Schuldner).

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§3

Zustellung

wahren.25) Nach dem ZVG soll zwar nach Literaturstimmen die öffentliche Zustellung mit Ausnahme des Anordnungs- und des Beitrittsbeschlusses im Hinblick auf § 6 ZVG ausgeschlossen sein.26) In diesen Ausnahmefällen entscheidet das Vollstreckungsgericht amtswegig über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung. Der zitierten Literaturmeinung ist teilweise zu widersprechen, da die in § 6 ZVG vorgeschriebene Bestellung eines Zustellungsvertreters nicht in Frage kommt, wenn sich kein dazu bereiter Zustellungsvertreter findet, denn es gibt keine Pflicht, diese Funktion zu übernehmen.27) Dann scheitert die gesetzliche Vorgabe und es bleibt jedenfalls als Ausweichlösung bei der öffentlichen Zustellung gemäß den §§ 185 ff. ZPO. Zustellungsfehler lassen sich im Allgemeinen nach § 189 ZPO heilen.28) 12

Für weitere Einzelheiten zu den einzelnen Zustellungsmodalitäten wird auf die Kommentarliteratur zur Zivilprozessordnung verwiesen. III. Zustellungen im Ausland 1.

13

Europäische Union

Bei Zustellungen an Beteiligte (vgl. § 9 ZVG) im Ausland bleibt im Raum der Europäischen Union die europäische Zustellungsverordnung (EuZVO) aufgrund des Vorrangs des europäischen Rechtes unberührt.29) Die zitierte Verordnung ist parallel zu den §§ 3 ff. ZVG und den §§ 166 ff. ZPO bei der Zustellung in Vollstreckungsfällen nach dem ZVG mit Auslandsberührung im Raum der EU zu beachten. Sie ist wohl nur anwendbar, sofern die Vollstreckung aus einem Titel in einer Zivil- oder Handelssache nach Maßgabe des Art. 1 EuGVVO30) und der Artt. 38 ff. EuGVVO (künftig Artt. 39 ff. Verordnung (EU) 1215/2012) erfolgt. Ausführungsvorschriften zur EuZVO enthalten die §§ 1067 – 1069 ZPO. Die Verordnung ermöglicht in Art. 14 beispielsweise, an Zustellungsadressaten mit Wohnsitz (oder Sitz) im Ausland Zustellungen durch Postdienstleister „per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen.“, ein Verfahren, das mit § 3 ZVG und § 175 ZPO kompatibel ist. § 1068 ZPO bestimmt in Ergänzung der EuZVO _____________ 25) Siehe zu dem Erfordernis, dass der Aufenthalt des Zustelladressaten unbekannt ist, die umfänglichen Anforderungen der Judikatur, bevor dieses Tatbestandsmerkmal bejaht werden kann, Zöller/Stöber, ZPO, § 185 Rz. 2 mit einer Fülle von Rechtsprechungszitaten. 26) Siehe § 6 Rz. 7 f. [Cranshaw]. Die öffentliche Zustellung mit Ausnahme von Anordnung und Beitritt nach § 8 ZVG verneint Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 3 Rz. 17 m. w. N. 27) So zu Recht Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 7 m. w. N. 28) Vgl. dazu auch § 8 Rz. 17 [Cranshaw]. 29) Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europ. Parlaments und des Rates v. 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates, ABl. (EU) L 324 v. 10.12.2007, S. 79 ff., i. d. F. der Verordnung (EU) Nr. 517/2013 v. 13.5.2013, ABl. (EU) L 158 v. 10.6.2013, S. 1 ff. Dänemark hat die Verordnung übernommen (anders noch Art. 1 Abs. 3 der Verordnung); zur Verordnung siehe im Einzelnen die Kommentierung von Zöller/Geimer, ZPO, EuZustellungsVO, S. 3243 ff. sowie Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 3 Rz. 19 ff. 30) Die Novellierung der EuGVVO ab 10.1.2015 durch die Verordnung (EU) 1215/2012 v. 12.12.2012, ABl. (EU) L 351 v. 20.12.2012, S. 1 ff. ändert insoweit nichts.

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§3

Zustellung

für das inländische Verfahren, dass der Rückschein oder der gleichwertige Beleg i. S. d. zitierten Norm der Verordnung die Zustellung beweist. Aufgrund der vielfältigen Verflechtungen im europäischen Binnenmarkt sind zwar Immobiliarvollstreckungsverfahren mit grenzüberschreitendem Charakter nicht das „Tagesgeschäft“ der Gerichte, dennoch werden sie vorkommen und künftig statistisch betrachtet zunehmen. Man kann sich beispielsweise vorstellen, dass ein Vollstreckungsschuldner seinen Sitz im Ausland genommen hat oder an einen Gläubiger oder sonst Beteiligten im Ausland zuzustellen ist. Bsp.: Der Antragsgegner einer Teilungsversteigerung (§ 180 ZVG) hat seinen Altersitz in einen Mittelmeerstaat verlegt.

14

Zustellungsfiktionen sind unter der europäischen Zustellungsverordnung wohl nicht möglich, wenn auch der EuGH in diesem Kontext nur zu einem besonderen Fall der Zustellungsfiktion judiziert hat, der davon geprägt war, dass das polnische Prozessrecht für die ausländische Partei die Bestellung eines in Polen ansässigen Zustellungsbevollmächtigten fordert (wenn nicht bereits ein polnischer Anwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellt wurde); geschieht das nicht, werden die zuzustellenden Schriftstücke zu den Akten genommen und gelten als zugestellt. Der EuGH hat darauf erkannt, diese Lösung stehe nicht im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007.31) Damit ist auch § 184 Abs. 2 ZPO mindestens problematisch, der bei Auslandszustellungen mangels der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland die Aufgabe zur Post und den Ablauf einer Frist von zwei Wochen oder einer längeren vom Gericht gesetzten Frist ausreichen lässt, um die Zustellung danach (als Zustellung im Inland) zu fingieren.32) Bei der Beauftragung eines Postdienstes bedarf es eben des Einschreibens gegen Rückschein bzw. anderweitiger entsprechender Belege des Empfangsstaates, soweit diese Möglichkeit besteht. Der Zugang ist nachzuweisen. Dasselbe gilt für die Regelung des § 4 ZVG, auch wenn dort die Aufgabe zur Post als Einschreiben vorgeschrieben ist. Die Judikatur des BGH steht daher zutreffend auf dem Standpunkt, § 184 ZPO sei nur in den Fällen der Auslandszustellung nach völkerrechtlichen Vereinbarungen nach Maßgabe des § 183 Abs. 1 – 4 ZPO, nicht jedoch im Anwendungsbereich der EuZVO nach § 183 Abs. 5 ZPO heranzuziehen.33) Die Zustellungsmodalitäten ergeben sich unmittelbar aus der EuZVO.

15

_____________ 31) EuGH, Urt. v. 12.12.2012 – Rs C-325/11, „Alder/Orlowska“- Internetpubl. des EuGH, noch nicht in der amtl. Slg. = NJW 2013, 443. 32) Die Lösung ist umstritten, siehe den Überblick bei Zöller/Geimer, ZPO, § 183 Rz. 79a; zur Fiktion der Zustellung nach § 184 ZPO als Inlandszustellung als „allgemeine Meinung“ siehe BGHZ 188, 164 ff., Rz. 10 sowie BGH, Urt. v. 2.2.2011 – VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 ff., Ls. und Rz. 10 = ZIP 2011, 884 = DZWiR 2011, 465. Der BGH hat allerdings darauf erkannt, die Lösung des polnischen Rechts über die Zustellungsfiktion durch „Verbleib […] in der Prozessakte“ gehe weit über die Lösung der Zustellungsfiktion nach der deutschen ZPO hinaus, BGH, Beschl. v. 26.8.2009 – XII ZB 169/07, BGHZ 182, 188 ff., 203 Rz. 42. 33) BGH, Urt. v. 2.2.2011 – VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 ff., Ls. und Rz. 10 = ZIP 2011, 884 = DZWiR 2011, 465.

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§4 2.

Zustellung durch Aufgabe zur Post

Auslandszustellungen im Raum des EWR34) und in Drittstaaten

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Bei Auslandszustellungen außerhalb des Geltungsbereichs der EuZVO ist § 183 Abs. 1 – 4 ZPO als lex specialis gegenüber den Normen des ZVG zu beachten. Maßgeblich sind die völkerrechtlichen Vereinbarungen, namentlich das Haager Übereinkommen („HZÜ“)35) aus dem Jahre 1965. Für die weiteren multilateralen Abkommen aus den Jahren 1905 und 1954 mit eingeschränkter Reichweite auf wenige Staaten sowie für bilaterale völkerrechtliche Verträge wird auf die Spezialliteratur verwiesen.36)

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Daher im Folgenden nur ein Überblick: –

Maßgeblich sind die völkerrechtlichen Vereinbarungen; darf danach über Postdienstleister unmittelbar zugestellt werden, soll das mittels Einschreiben gegen Rückschein geschehen, ansonsten durch die Behörden des Empfangsstaates (§ 183 Abs. 1 ZPO).



Ist die Zustellung nach § 183 Abs. 1 ZPO nicht möglich, erfolgt sie durch die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik, die jeweils zuständig sind (§ 183 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Unvermeidbar ist das beim Fehlen multi- oder bilateraler Vereinbarungen und bei fehlender Rechtshilfe des Empfangsstaates bzw. wenn „besondere Gründe“ bestehen (§ 183 Abs. 2 ZPO).



Ist gegenüber einem deutschen Diplomaten in einer Vertretung im Ausland zuzustellen, ist hierfür die Auslandsvertretung die zuständige Zustellungsbehörde (§ 183 Abs. 3 ZPO). Der Nachweis der Zustellung wird durch den Rückschein oder das „Zeugnis“ der zustellenden Stelle vorgenommen.

_____________ 34) Europäischer Wirtschaftsraum (EWR): EU (hier gilt die EuZVO); Island, Norwegen, Liechtenstein; die Schweiz ist insoweit Drittstaat und gehört nicht zum EWR. 35) Siehe dazu das Gesetz zu dem Haager Übereinkommen v. 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-oder Handelssachen und zu dem Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, BGBl. II 1977, 1452, 1453 ff. 36) Siehe den Überblick für derartige Konstellationen bei Zöller/Geimer, ZPO, § 183 Rz. 93 ff. (HZÜ) bzw. Rz. 101– 104 (bilaterale Vereinbarungen und deren Reichweite).

§4 Zustellung durch Aufgabe zur Post Wohnt derjenige, welchem zugestellt werden soll, weder am Ort noch im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, so kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgen, solange nicht die Bestellung eines daselbst wohnhaften Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten dem Gericht angezeigt ist. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben“ versehen werden. Literatur: Ahrens, Neues zur Annahmeverweigerung im europäischen Zustellungsrecht NJW 2008, 2817.

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Cranshaw

§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

abhelfen (siehe oben) oder sie dem Beschwerdegericht vorlegen, § 572 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO.161) 164

Weist der Rechtspfleger die Anordnung oder den Beitritt zurück, steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu, § 793 ZPO, die bei Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger vom Landgericht zu entscheiden ist. Gegen dessen Entscheidung ist auch hier nur die Zulassungsrechtsbeschwerde zum BGH zulässig.

165

Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit des Titels bzw. für und gegen die Klauselerteilung sind insbesondere im Wege der Vollstreckungsgegenklage/abwehrklage bzw. mit den Rechtsbehelfen im Klauselerteilungsverfahren geltend zu machen.162) VII.

166

Kosten des Verfahrens

Auf eine Darstellung der Verfahrenskosten (Gericht), der Anwaltskosten sowie der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe wird vorliegend verzichtet und auf die einschlägige Literatur zum Kostenrecht, zum RVG und zum Prozesskostenhilferecht verwiesen.163) _____________ 161) Die Darstellung unter (a) – (c) entspricht der vom BGH als herrschend angesehenen Meinung, der er sich anschließt, siehe BGH, Beschl. v. 30.9.2010 –V ZB 219/09, juris Rz. 7 ff. = BGHZ 187, 132 ff. = Rpfleger 2011, 97 ff. = NJW 2011, 525 ff. 162) Siehe im Einzelnen bei Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in Löhnig (Hrsg.), ZVG, S. 93 ff., S. 103 f., Rz. 6 – 17 („Vollstreckungsabwehrklage“), Rz. 25 – 34 („Drittwiderspruchsklagen“) und Rz. 47 – 50 („Rechtsbehelfe im Klauselverfahren“). 163) Für einen ersten Überblick vgl. auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 15 Rz. 23 – 37. Zu beachten sind die seitdem eingetretenen Änderungen im Prozesskostenhilferecht (1.1.2014), im Anwaltsvergütungsrecht und zum GKG. So etwa wurde die Anordnungs- bzw. Beitrittsgebühr nach GKG KV von 50 € auf 100 € angehoben. Die Anwaltskosten haben sich 2013 ebenfalls deutlich erhöht.

§ 16 Zulässigkeit und Inhalt des Antrags (1) Der Antrag soll das Grundstück, den Eigentümer, den Anspruch und den vollstreckbaren Titel bezeichnen. (2) Die für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden sind dem Antrag beizufügen. Literatur: Cranshaw, jurisPR-HaGesR 1/2011, Anm. 4, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 10.5.2010 – I-24 U 160/09, ZIP 2010, 1852 f.; ders., jurisPRHaGesR 8/2012 Anm. 4, Anmerkung zu OLG Celle, Beschl. v. 29.5.2012 – 6 U 15/12, NJW-RR 2012, 1065; ders., Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2007; Kroiß/Seiler (Hrsg.), FamFG Kommentiertes Verfahrensformularbuch, 2014; Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, Bearbeitung 2011; Reul, Anmerkung zu OLG Hamm v. 3.12.2013 – I-5 U 42/12, MittBayNot 2013, 408 410; Schreiber, jurisPR-MietR 14/2005, Anm. 5, Anmerkung zu OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.1.2005 – 8 W 411/04, NJW-RR 2005, 814; Wilske/Nettlau, LMK 2013, 345597, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 30.1.2013 – III ZR 40/12, NJW 2013, 3184 = WM 2013, 1903.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags Übersicht I.

Normfunktion und Anwendungsbereich ................................................... 1 II. Inhalte des Anordnungsantrags als Voraussetzung der Vollstreckung gemäß § 16 Abs. 1 ZVG ........... 7 1. Charakter des § 16 Abs. 1 ZVG als Ordnungsvorschrift .............................. 7 2. Allgemeine prozessrechtliche Voraussetzungen des Antrags .............. 8 3. Sonderfälle der Vollstreckung I – Verwaltungsvollstreckung durch inländische Behörden ............... 18 a) Verwaltungsvollstreckung aufgrund Bundesrechts, VwVG (Bund) .......................................... 18 aa) Grundlegende Bedeutung des (jeweiligen) VwVG als Grundlage der Verwaltungsvollstreckung ...................................... 18 bb) Zuständige Behörden, Antragsinhalte ........................................... 19 b) Abgabenordnung und Verwaltungsvollstreckung ................. 20 c) Rangklassenproblematik? ............ 23 d) Vollstreckung von Sozialversicherungsforderungen und Justizforderungen ........................ 24 e) Verwaltungsvollstreckungsrecht der Länder ........................... 26

I.

f)

Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Verwaltungsvollstreckung ...................................... 45 4. Sonderfälle der Vollstreckung II – Vollstreckung aufgrund ausländischer Titel ............................................ 46 5. Spezifische Angaben im Antrag auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gemäß § 16 Abs. 1 ZVG – Grundstück bzw. sonstige Vollstreckungsgegenstände ....................... 54 a) Angaben zum Grundstück bzw. sonstigen Vollstreckungsgegenstand .................................... 54 b) Grundstücksvereinigung und Grundstücksteilung ..................... 57 aa) Kategorien .................................... 57 bb) Vereinigung/Verschmelzung und Zuschreibung ........................ 59 (1) Vereinigung/Verschmelzung ....... 59 (2) Zuschreibung ................................ 60 cc) Grundstücksteilung ..................... 61 dd) Gläubigerverhalten ....................... 63 c) Sonstige Vollstreckungsgegenstände ............................................ 64 6. Angaben zum Eigentümer .................. 65 7. Vollstreckungsrechtlicher Anspruch ............................................. 66 8. Titel ...................................................... 71 III. Notwendige Unterlagen für den Beginn der Vollstreckung ................... 73

Normfunktion und Anwendungsbereich

Das Vollstreckungsverfahren ist ein Antragsverfahren. Dieser Grundsatz ist in § 15 ZVG normiert.1) Es unterliegt daher der freien Disposition des Vollstreckungsgläubigers, ob er überhaupt aus einem Titel vollstreckt oder in welchem Umfang er die Vollstreckung betreibt. Einer der wesentlichen Prinzipien ist dabei wie im Erkenntnisverfahren der Grundsatz des ne ultra petita, wie er in § 308 ZPO seinen Ausdruck gefunden hat. Davon zu unterscheiden ist, inwieweit dem Antrag des Gläubigers seitens des Vollstreckungsorgans entsprochen werden kann. Der staatliche Vollstreckungseingriff berührt rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze, also Verfahrensgrundrechte ebenso wie die verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechte des Art. 14 GG. Schuldner und Gläubiger (dieser in Gestalt seiner Forderungsrechte) sind gleichermaßen betroffen. Das Vollstreckungsorgan (hier das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht) muss daher die Rechtmäßigkeit der vom Gläubiger beantragten Vollstreckungsmaßnahme prüfen. Dem Gericht müssen der Natur der Sache nach ferner die Tatsachen bekannt gemacht werden, die erforderlich sind, um die begehrte Vollstreckung überhaupt anordnen zu _____________ 1)

Vgl. im Einzelnen § 15 Rz. 1 – 6 [Cranshaw].

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1

§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

können. Ferner müssen der Vortrag bzw. die Behauptungen des Gläubigers belegt werden. Diese Funktion füllt § 16 ZVG aus. 2

Während § 16 Abs. 1 ZVG den Inhalt des Antrags beschreibt und Sollvorschrift ist, handelt es sich bei § 16 Abs. 2 ZVG um eine „Muss-Vorschrift“. Der Gläubiger muss seinem Antrag zwingend Urkunden beifügen, die seinen Vollstreckungsantrag stützen. Dabei müssen nicht sämtliche Unterlagen des Gläubigers mit dem Antrag vorgelegt werden, sondern nur solche mit dem Charakter einer Urkunde und zwar nur diejenigen Urkunden, die für den „Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlich“ sind.

3

§ 16 ZVG ist in allen Verfahren nach dem ZVG anwendbar, z. T. den verschiedenen Verfahrensarten bzw. Vollstreckungsgegenständen (Schiffe, Luftfahrzeuge) angepasst.

4

So entfällt in der Teilungsversteigerung die Vorlage eines Vollstreckungstitels und es besteht auch kein vollstreckbarer Anspruch. Grundlage ist hier nämlich die „Auseinandersetzung einer Gemeinschaft“ (§ 180 Abs. 1 ZVG), die neben dem Grundstück und der Eigentumslage daher zu bezeichnen ist. Im Kern ist das bereits der Kern des Antragstenors i. S. d. §§ 15, 16 Abs. 1 ZVG.2)

5

Auch im Rahmen der Insolvenzverwalterversteigerung (§ 172 ZVG) gibt es weder einen vollstreckbaren Titel noch einen Vollstreckungsanspruch. Die Legitimation des Verfahrens folgt aus § 172 ZVG i. V. m. § 80 InsO und den §§ 159, 165 InsO. Seine Vertretungsmacht weist er nach § 56 Abs. 2 InsO nach. In der Eigenverwaltung gilt dasselbe für den Schuldner. Dieser muss mittels des Eröffnungsbeschlusses die Eigenverwaltung nachweisen; die handelnden gesetzlichen Akteure rechtsfähiger Verbände und Gesellschaften bzw. diesen gleichgestellter Organisationen weisen ihre Vertretungsmacht in der üblichen Weise nach.

6

Auch bei der Nachlassversteigerung entfällt strukturell ein Vollstreckungsanspruch ebenso wie ein vollstreckbarer Titel. Der antragstellende Erbe (§ 175 Abs. 1 Satz 1 ZVG) oder der an seine Stelle tretende Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlasspfleger weist seine Rechtsposition und die weiteren Voraussetzungen gemäß § 177 ZVG urkundlich nach.3)

_____________ 2)

3)

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Vgl. Stöber, ZVG, § 180 Rz. 4.3, 5.1, 10.1 (Muster des Antrags und Tenor), wobei es richtig ist, die aufzulösende „Gemeinschaft“ genau zu bezeichnen. Siehe auch § 180 Rz. 3 [Popp]. Welche „Gemeinschaft“ nach § 180 ZVG auseinandergesetzt werden kann, folgt aus dem materiellen Recht. So sind hier zu nennen die Abwicklung der Bruchteilsgemeinschaft nach ideellen Miteigentumsanteilen (§§ 1008 ff, 741 ff., 753 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB), ggf. sogar die BGB-Gesellschaft (§§ 731, Abs. 1 Satz 2, 753 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB), ganz subsidiär bei entsprechender Vereinbarung die Personenhandelsgesellschaften (§§ 145 Halbs. 2 Alt. 1, 161 Abs. 2 HGB), die Erbengemeinschaft (§§ 2042 Abs. 2, 753 Abs. 1 BGB) und ebenfalls nur subsidiär die Abwicklung der heute seltenen Gütergemeinschaft (§§ 1477 Abs. 1, 753 BGB). Der Einschlag ausländischen Güterrechts mag ebenfalls zur Teilungsversteigerung führen. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 177 Rz. 1 f., 4 (zu § 175 Abs. 2 ZVG) sowie §§ 175, 177 Rz. 1 – 3 [Popp].

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II. Inhalte des Anordnungsantrags als Voraussetzung der Vollstreckung gemäß § 16 Abs. 1 ZVG 1.

Charakter des § 16 Abs. 1 ZVG als Ordnungsvorschrift

Der Vollstreckungsantrag ist als verfahrensrechtlicher Akt eine Prozesshandlung. § 16 Abs. 1 ZVG befasst sich nicht mit den allgemeinen Voraussetzungen einer Prozesshandlung, sondern setzt diese voraus. Das Vollstreckungsgericht muss daher neben den spezifischen Antragsvoraussetzungen in § 16 Abs. 1 ZVG die generellen Voraussetzungen an die Zulässigkeit des Antrags prüfen. Der Charakter des § 16 Abs. 1 ZVG als Sollvorschrift vermeidet das Verdikt der Nichtigkeit des Antrags, wenn sein formaler Inhalt nicht beachtet worden sein sollte, die Bestimmung hat also bloßen Charakter als Ordnungsvorschrift.4) Der Antrag verlangt hinlängliche Angaben zum Grundstück (ohne die schlechterdings keine Anordnung der Versteigerung oder der Zwangsverwaltung möglich ist), zum Eigentümer (zwingend im Hinblick auf § 17 Abs. 1 ZVG), zu dem Anspruch, der auf dem Vollstreckungswege durchgesetzt werden soll (mit dem Titel ist er nicht zwingend identisch) und zum Titel (als Vollstreckungsgrundlage). 2.

7

Allgemeine prozessrechtliche Voraussetzungen des Antrags5)

Der Vollstreckungsantrag ist unter Beachtung allgemeiner prozessrechtlicher Voraussetzungen zulässig.

8

Der Antrag muss unbedingt gestellt werden, da Prozesshandlungen grundsätzlich bedingungsfeindlich sind, soweit es sich um außerprozessuale Bedingungen handelt.6) Prozessuale Hilfs- und Eventualanträge sind zulässig.7)

9

Ferner muss der Antrag inhaltlich hinreichend bestimmt sein, denn das Gericht darf nur nach Maßgabe der Reichweite des Antrags entscheiden und nicht darüber hinausgehen (vgl. § 308 ZPO). Dabei kann die prozessuale Erklärung ausgelegt werden.8)

10

Da es sich um einen verfahrenseinleitenden Antrag in einem von dem Dispositionsgrundsatz beherrschten Verfahren handelt (siehe § 15 ZVG), ist der Nachweis erforderlich, dass der Antrag von dem dazu befugten Gläubiger gestellt worden ist. Eine besondere Form ist allerdings nicht vorgeschrieben. Grundsätzlich kann er schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Im ersteren Falle muss der Antrag unterschrieben werden und zwar eigenhändig. Faksimilierte Unterschriften genügen nicht; zu unterscheiden hiervon ist ein per Fax gestellter Antrag, der im Übrigen eine Originalunterschrift trägt (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO).

11

_____________ 4) 5)

6)

7) 8)

Vgl. bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 16 Rz. 2, S. 80, Rz. 6, S. 81. Vgl. den Überblick zu allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung z. B. bei Löhnig/Bluhm, ZVG, § 15 Rz. ff.; ebenso bei Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 2 – 7, 19 – 21. Zöller/Greger, ZPO, vor § 128 Rz. 20 m. w. N.; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 17.10.1984 – 1 BvR 620/78 u. a., NJW 1985, 846. Bedingungsfeindlichkeit als anerkannter Grundsatz für Prozesshandlungen. Für das Erkenntnisverfahren siehe Zöller/Greger, ZPO, Vor § 128 Rz. 20 m. w. N. Zöller/Greger, ZPO, Vor § 128 Rz. 25 m. w. N.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

Elektronische Anträge sind derzeit noch nicht zulässig (vgl. § 130a ZPO). Von der im Ergebnis nicht möglichen telefonischen Antragstellung ist die telefonische Überprüfung zu unterscheiden, ob ein Antrag von dem befugten Gläubiger oder seinem Vertreter gestellt worden ist.9) 12

Vertretung ist durch gesetzliche/organschaftliche und gewillkürte Vertreter (aufgrund Vollmacht) möglich. Die Vertretungsmacht/Vollmacht ist ihrerseits nachzuweisen und im Antrag darzulegen.10) Bei ausländischen Gesellschaften als Antragsteller wird die Vertretungsregelung nach Maßgabe der Bestimmungen des ausländischen Rechts nachgewiesen. Bei Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung im inländischen Handelsregister, zumal, wenn in den Titel die inländische Niederlassung aufgenommen wurde, genügt die Publizität des Handelsregisters (vgl. §§ 15 HGB i. V. m. den §§ 13d ff. HGB), auch wenn die Angaben zur Vertretungsmacht nach ausländischem Recht materiell nicht richtig wären oder das ausländische Recht einen Registereintrag mit den Folgen des § 15 HGB nicht kennt.11)

13

Anwaltliche Vertretung ist nicht geboten, da das Verfahren in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fällt (§ 78 Abs. 1 ZPO). Der Antragsteller kann sich indes nach § 79 Abs. 2 Satz 1 ZPO anwaltlich vertreten lassen. Fehlt es an einer wirksamen Vollmacht, so hat das auf die Wirksamkeit der Prozesshandlung keine Auswirkungen (§ 79 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Erst im Rechtsbeschwerdeverfahren ist eine Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich.

14

Der Antragsteller muss parteifähig (§ 50 Abs. 1 ZPO) und prozessfähig (§ 51 ZPO) sein,12) ansonsten ist der Antrag nicht zulässig. Diese Voraussetzungen prüft das Gericht von Amts wegen (§ 56 Abs. 1 ZPO). Problemfälle der Parteifähigkeit kann es infolge des regelmäßig auf den Antragsteller lautenden Titels nur mehr eingeschränkt geben. Zweifel können sich ergeben, wenn nicht der Titelgläubiger den Versteigerungs- oder Beitrittsantrag stellt, sondern ein Rechtsnachfolger, sei es infolge Singularsukzession bei Abtretung der vollstreckungsrechtlichen Ansprüche, sei es als Folge einer Universalsukzession wie bei einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung oder im Falle der Erbfolge nach dem Gläubiger. Ergibt sich aus dem Antrag, dass ein Gläubiger selbst insolvent ist, muss die Vertretung durch den Insolvenzverwalter nachgewiesen werden (siehe die Urkunde gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 InsO). Sollte der Gläubiger wie aus dem Antrag bzw. den dortigen Ausfüh_____________ 9) Vgl. Löhnig/Bluhm, ZVG, § 16 Rz. 2 – 4. 10) Bei den gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertretern der in öffentlichen Registern eingetragenen Verbände und Gesellschaften (HReg, Genossenschafts-, Vereins-, Partnerschaftsgesellschaftsregister) wird der Nachweis durch aktuellen „beglaubigten“ Registerauszug bzw. (richtiger: „Amtlicher Ausdruck“) geführt (siehe § 9 Abs. 4, § 10, § 30a Handelsregisterverordnung, HRV bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786). Zum Vereinsregister siehe die §§ 17, 32 Vereinsregisterverordnung, zum Genossenschaftsregister vgl. zu dem hier interessierendem Gegenstand § 1 GenRegV, der auf das Handelsregister verweist, zur Partnerschaftsgesellschaft siehe § 1 Partnerschaftsregisterverordnung, die ebenfalls auf die Handelsregisterverordnung verweist. 11) Siehe § 15 Abs. 4 HGB, sodass sich die Publizität des Handelsregisters in ihrer jeweiligen Tragweite auch auf die ausländische Gesellschaft erstreckt. 12) Siehe dazu z. B. bei Zöller/Vollkommer, ZPO, § 50 Rz. 1 – 3, § 51 Rz. 1 – 3a.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

rungen erkennbar als Gesellschaft im Handelsregister erloschen sein, stellt sich die Frage der Fortführung. In allen Fällen kommt es also auf die genaue Bezeichnung des Gläubigers an, der sich des zu vollstreckenden Anspruchs berühmt. Bei ausländischen Antragstellern ist das Recht des Herkunftsstaats für die Parteiund Prozessfähigkeit entscheidend. Für Gesellschaften ausländischen Rechts in der Rechtsform juristischer Personen, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland haben, gilt das uneingeschränkt nur, wenn die Gründungstheorie heranzuziehen ist; dies gilt für Gesellschaften aus der Europäischen Union und dem EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein) sowie anderen Staaten mit Freundschafts- und ähnlichen Abkommen wie den USA;13) ansonsten sind juristische Personen ausländischen Rechts nach der Sitztheorie lediglich rechtsfähige Personengesellschaften (so bei der Schweiz).

15

Ein im Vollstreckungsrecht weniger relevantes Thema ist die Frage der internationalen Zuständigkeit der inländischen Gerichte. Es gilt der Grundsatz, dass Vollstreckungshandlungen ausschließlich auf dem Gebiet des Staates stattfinden, dessen Vollstreckungsorgane sie angeordnet haben.14) Aufgrund eines inländischen Titels kann also nicht etwa im Inland die Versteigerung eines Feriengrundstücks in Spanien angeordnet werden, aus einem spanischen Titel von einem spanischen Gericht nicht die Vollstreckung in ein Grundstück in Deutschland.

16

Ein ähnliches, von dieser Konstellation aber zu unterscheidendes Problem, ist die Zuständigkeit der inländischen Gerichtsbarkeit zur Vollstreckung von Titeln gegen ausländische Staaten oder deren hoheitliches Sondervermögen im Inland. In diesem Zusammenhang kommen gelegentlich Fälle vor. Ohne dies hier zu vertiefen, kann zusammengefasst bemerkt werden, dass der gegen einen ausländischen Staat gerichtete vollstreckbare Titel nicht zur Vollstreckung in Vermögenswerte genutzt werden kann, die der hoheitlichen Tätigkeit (sog. „acta iure imperii“) dieses Staates

17

_____________ 13) Für die juristischen Personen aus Mitgliedstaaten der EU siehe EuGH, Urt. v. 30.9.2003 – Rs C-167/01, „Inspire Art“, Slg. I-2003, 10155 = ZIP 2003, 1885 ff. st. Rspr.; BGH, Urt. v. 19.9.2005 – II ZR 372/03, BGHZ 164, 148 ff. = Rpfleger 2006, 20 f., „liechtensteinische AG“; BGH, Urt. v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 ff. = ZIP 2008,. 2411 ff., „Trabrennbahn“, schweizerische AG, st. Rspr. 14) Eine Ausnahme stellt der Europäische Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung als Sicherungsmaßnahme dar; vgl. dazu die Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europ. Parlaments und des Rates v. 15.5.2014, ABl. (EU) L 189 v. 27.6.2014, S. 59 ff. Die Verordnung tritt im hier interessierenden Kontext am 18.1.2017 in Kraft. Siehe auch bei § 15 Fn. 4.

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

gewidmet sind.15), 16) Anders ist dies, wenn der betreffende Staat auf die Staatenimmunität verzichtet hat.17) 3.

Sonderfälle der Vollstreckung I – Verwaltungsvollstreckung durch inländische Behörden

a) Verwaltungsvollstreckung aufgrund Bundesrechts, VwVG (Bund) aa) Grundlegende Bedeutung des (jeweiligen) VwVG als Grundlage der Verwaltungsvollstreckung 18

Besonderheiten für die Vollstreckung einschließlich der Immobiliarvollstreckung bestehen, wenn Verwaltungsbehörden auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Ansprüche die Immobiliarvollstreckung betreiben.18) Grundlagen sind das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes19) und die entsprechenden Ländergesetze, d. h. die dortigen Vorschriften über die Vollstreckung von Geldforderungen.20) Wesentliches Merkmal des VwVG ist, dass die Einleitung der Vollstreckung durch „Vollstreckungsanordnung“ (§ 3 Abs. 1 VwVG) erfolgt und ein vollstreckbarer Titel nicht notwendig ist. Voraussetzungen sind aber ein Leistungsbescheid (= _____________ 15) Im Insolvenzverfahren Walter-Bau hatte der Insolvenzverwalter im Jahre 2011 in ein angeblich hoheitlichen Zwecken gewidmetes Flugzeug des thailändischen Kronprinzen vollstreckt, das dann ggf. versteigert worden wäre (siehe die §§ 171h ff. ZVG). Ob das im konkreten Fall möglich ist, müssen die Vollstreckungsgerichte im Instanzenzug entscheiden. Ist die Vollstreckung nach internationalen Standards (siehe Art. 25 GG) rechtmäßig, so sind die übergeordneten außenpolitischen Interessen Deutschlands im Verhältnis zum Gläubiger bzw. dessen Insolvenzverwalter vollstreckungsrechtlich ohne jegliche Bedeutung. Im Falle Walter-Bau kam es damals zur Flugzeugfreigabe gegen Sicherheitsleistung, siehe dazu Focus Online v. 10.8.2011 (Stand: 24.1.2014). Siehe dazu OLG München, Beschl. v. 4.7.2011 – 34 Sch 20/11, IPrax 2011, 811 ff.; KG Beschl. v. 4.6.2012 – 20 Sch 10/11, SchiedsVZ 2013, 112 ff.; BGH, Beschl. v. 30.1.2013 – III ZR 40/12, NJW 2013, 3184 ff. = WM 2013, 1903 ff., m. Anm. Wilske/Nettlau, LMK 2013, 345597. 16) Aus rechtlichem Blick handelt es sich dabei um das Problem der vollstreckungsrechtlichen Staatenimmunität, die von der Immunität im Erkenntnisverfahren zu unterscheiden ist. Zu der Problematik der fehlenden Gerichtsbarkeit infolge der Staatenimmunität siehe Cranshaw, Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Rz. 78 ff., Rz. 89 (zur vollstreckungsrechtlichen Immunität), wegweisend BVerfG, Beschl. v. 13.12.1977 2 BvM 1/76, BVerfGE 46, 342 ff. = NJW 1978, 485 „Philippinen-Beschluss“; BGH, Beschl. v. 28.5.2003 – IXa ZB 19/03, juris Rz. 9 ff., 12 = Rpfleger 2003, 518 ff. = NJW-RR 2003, 1218 ff. = WM 2003, 1388 ff., unzulässiger Versteigerungsantrag in ausländisches Botschaftsgebäude. Die Immobilie muss sich nicht auf „Botschaftsgelände“ befinden, hinreichend ist das im Grundbuch ausgewiesene Eigentum der öffentlichen Hand des fremden Staates und die nachgewiesene Widmung zu hoheitlichen Zwecken desselben. Vgl. aus der Literatur zum ZVG bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 16 Rz. 4. 17) Siehe zu der Thematik im Zusammenhang mit Schiedssprüchen BGH, Beschl. v. 30.1.2013 – III ZB 40/12, WM 2013, 1903 ff. = NJW 2013, 3184 ff.= SchiedsVZ 2013, 110 ff. 18) Siehe hierzu auch die Ausführungen zu den öffentlichen Lasten (Rangklasse 3) in § 10 Rz. 57 ff., 75, 76 ff. [Cranshaw]. 19) VwVG v. 27.4.1953, BGBl. III 201-4 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 29.7.2009, BGBl. I 2009, 2258. 20) Neben dem VwVG stehen die Regelungen der Abgabenordnung, der gesetzlichen Sozialversicherung und der Vorschriften über die Beitreibung von Forderungen der Justiz nach der Justizbeitreibungsordnung, siehe § 1 Abs. 3 VwVG.

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

Aufforderung zur Leistung), die Fälligkeit der Forderung und der Ablauf einer Wochenfrist nach Bekanntgabe des Leistungsbescheids oder der etwa späteren Fälligkeit; ferner soll der Schuldner vor der Anordnung der Vollstreckung nochmals mit einer Schonfrist von einer Woche gemahnt werden (§ 3 Abs. 2, 3 VwVG). Vollstreckungsschuldner ist neben dem, der die Leistung schuldet oder demjenigen, der dafür haftet, auch derjenige, der verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden. (§ 2 Abs. 2 VwVG). Die Duldungspflicht selbst ergibt sich nicht aus dem VwVG, sondern aus anderen Regelwerken. bb) Zuständige Behörden, Antragsinhalte Zuständige Vollstreckungsbehörden sind die im Einzelnen auf Bundesebene bestimmten Bundesbehörden, die Vollstreckungsstellen der Bundesfinanzverwaltung oder Länderbehörden im Wege der Amtshilfe, wobei dann das Landesrecht einschlägig ist (§§ 4, 5 Abs. 2 VwVG). Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung wird aufgrund Antrages oder Beitritts der Vollstreckungsbehörden vom zuständigen Vollstreckungsgericht nach Maßgabe des ZVG durchgeführt. Daher muss, wenn auch mit den hier umrissenen Besonderheiten, der Antrag den Anforderungen des § 16 ZVG genügen. Dazu gehört u. a. die genaue Bezeichnung der zuständigen Behörde und der von ihr darzulegenden formalen Vollstreckungsvoraussetzungen. Ein Bestandteil hiervon ist die ordnungsgemäße Vertretung der Behörde nach den einschlägigen Vorschriften hierfür, die ihrerseits die Frage beantworten, ob die Anbringung des Dienstsiegels auf dem Antrag erforderlich ist oder nicht.21)

19

b) Abgabenordnung und Verwaltungsvollstreckung Das Verfahren der Bundesbehörden richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung.

20

Duldung der Zwangsvollstreckung:

21

§ 77 Abs. 1 AO regelt generell, dass derjenige, der eine Steuer aus den seiner Verwaltung unterliegenden Mitteln zu entrichten hat, die Vollstreckung in diese Vermögenswerte zu dulden hat. Als lex specialis bestimmt § 77 Abs. 2 AO die Duldungspflicht des Eigentümers von Grundbesitz wegen Steuern, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen. Als Eigentümer gegenüber der Finanzverwaltung gilt derjenige, der als solcher im Grundbuch eingetragen ist. Die tatsächliche Eigentumslage spielt daher keine Rolle. Durch Verweisungen in anderen Vorschriften, etwa in den Kommunalabgabengesetzen, ist die Durchschlagskraft dieser Norm beachtlich. Immobiliarvollstreckung und Abgabenordnung:

22

Das Verfahren der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen bestimmt § 322 AO. Die Norm erfasst in den Absätzen 1 und 2 alle Gegenstände der Vollstreckung, in die im Verfahren nach dem ZVG vollstreckt werden kann. Wesentliche Verfahrensbestimmung ist zum einen § 322 Abs. 1 Abs. 1 Satz 2 AO, wonach die _____________ 21) Vgl. dazu Löhnig/Bluhm, ZVG, § 16 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 16 Rz. 2.2 m. w. N. Das Vollstreckungsgericht entscheidet über die Formalien des Antrags (Urschrift des Antrags, keine Ausfertigung, wie Stöber, a. a. O., zutreffend feststellt), das Behördenorganisationsrecht aber über die weiteren Formalien wie Dienstsiegel, Vertretungsmacht usw.

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

Vollstreckung nach der ZPO (§§ 864 ff. ZPO) und dem ZVG durchzuführen ist. Die Verwaltungsvollstreckung geht in die gerichtliche Vollstreckung durch das Vollstreckungsgericht nach den für alle Immobiliarvollstreckungen geltenden Normen über. Die andere weitreichende Bestimmung ist § 322 Abs. 3 Sätze 1 – 3 AO. Die Antragsbefugnis nach § 16 ZVG hat die zuständige Vollstreckungsbehörde nach Bundesrecht (siehe § 4 VwVG) oder Landesrecht, soweit die Landesrechte auf die AO verweisen, § 322 Abs. 3 Satz 1 AO. Der Antrag (i. S. d. § 16 ZVG) muss die Bestätigung enthalten, dass die „gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen“, § 322 Abs. 3 Satz 2 AO. Damit sind alle einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen der AO bzw. des VwVG gemeint, mittelbar aber auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen. Das Vollstreckungsgericht hat diese Bestätigung inhaltlich ebenso wenig wie das Grundbuchamt (bei Beantragung einer Zwangshypothek durch das Finanzamt beispielsweise) zu überprüfen, § 322 Abs. 3 Satz 3 AO. Mit anderen Worten: Das Vollstreckungsgericht prüft, ob dem Antrag die Bestätigung beigefügt oder im Antrag enthalten ist und ob die Erklärungen in der gehörigen Form von den organisationsrechtlich zuständigen Stellen abgegeben wurde, mehr nicht. Da Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nur subsidiär nach Fruchtlosigkeit der Pfändung in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschuldners eingesetzt werden sollen (vgl. § 322 Abs. 4 AO), hat die Vollstreckungsbehörde die Tatsache der Erfolglosigkeit der Beitreibung in das bewegliche Vermögen vor dem Antrag nach § 16 ZVG festzustellen. Ob dies zutrifft, hat das Vollstreckungsgericht nicht zu prüfen, der Antrag muss diese Angabe auch nicht enthalten, denn auch § 322 Abs. 4 AO ist eine der Vollstreckungsvoraussetzungen des § 322 Abs. 3 Satz 3 AO. Die Auseinandersetzung über die Zulässigkeit der Vollstreckung und ggf. die materielle Berechtigung dazu ist somit nicht Sache des Vollstreckungsgerichts. Hierfür sind vielmehr Verfahren und Instanzenzug der Finanzgerichtsbarkeit oder der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit bzw. der Sozialgerichtsbarkeit (siehe nachfolgend unter Rz. 24 zuständig, abhängig von der beigetriebenen Forderung und ihrer öffentlich-rechtlichen Grundlage. c) Rangklassenproblematik? 23

Als Folge der erleichterten Vorgehensweise der verwaltungsbehördlichen Vollstreckung zur Durchsetzung von Geldforderungen muss seitens der Behörde angegeben werden, ob Anordnung oder Beitritt zur Versteigerung aus der Rangklasse 3 (öffentliche Lasten), 4 oder 5 erfolgen. Sie muss also beim Antrag erklären, ob sie aus der öffentlich-rechtlichen (schuldrechtlichen) Forderung vorgeht oder ob sie aus dinglichem Duldungsanspruch Befriedigung begehrt.22) Die sachliche Überprüfung der Berechtigung hierzu liegt außerhalb der Kompetenz des Vollstreckungsgerichts. d) Vollstreckung von Sozialversicherungsforderungen und Justizforderungen

24

Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie der anderen Träger von Sozialleistungen werden nach § 66 SGB X vollstreckt. Die Vollstreckung erfolgt gemäß _____________ 22) Stöber, ZVG, § 15 Rz. 38.6 unter Hinweis auf RG, Urt. v. 15.2.1916 – Rep. VII 212/15, RGZ 88, 99 ff.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

§ 66 Abs. 1 Satz 2, Absätze 2 und 3 SGB X nach Maßgabe des VwVG23) bzw. der Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder, sodass wiederum mittelbar eine Verweisung u. a. auf § 322 AO besteht (siehe im Einzelnen die vorstehenden Ausführungen unter Rz. 22). Alternativ kann die Vollstreckung nach § 66 Abs. 4 SGB X auch analog gemäß den Vorschriften der ZPO durchgeführt werden; am Immobiliarvollstreckungsverfahren und am Antrag gemäß § 16 ZVG ändert sich nichts. Die gerichtliche Auseinandersetzung über den materiellrechtlichen Anspruch und das Verfahren ist vor den Verwaltungsgerichten bzw. vor den Sozialgerichten zu führen, abhängig von der jeweiligen Rechtsmaterie nach den einzelnen Büchern des SGB. Eigene Forderungen der Justiz (§ 1 Abs. 1 Justizbeitreibungsordnung) werden u. a. nach Maßgabe der §§ 841 – 886 (also einschließlich der §§ 864 ff. ZPO über die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen und des § 869 ZPO i. V. m. dem ZVG) vollstreckt, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Justizbeitreibungsordnung). Die Antragsvoraussetzungen nach § 16 ZVG sind zu beachten.

25

e) Verwaltungsvollstreckungsrecht der Länder Die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder bzw. die in anderen Gesetzen kodifizierten Bestimmungen über die Verwaltungsvollstreckung enthalten dem VwVG des Bundes vergleichbare Regelungen. Länderübergreifend kann eine inländische Vollstreckungsbehörde eines Landes die Immobiliarvollstreckung nur nach verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Grundsätzen des anderen Bundeslandes durchführen und zwar nur mit dessen Amtshilfe. Ansonsten verbleibt es bei der Vollstreckung nach ZPO und ZVG; § 16 ZVG gilt in derartigen Fällen uneingeschränkt.

26

Zu der Gesetzeslage in den einzelnen Bundesländern Folgendes:

27

Das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz Baden-Württemberg24) verweist in § 15 Abs. 1 über die Vollstreckung von Geldforderungen u. a. auf die §§ 316 – 327 AO und somit auch auf § 322 AO über die Immobiliarvollstreckung (siehe Rz. 22).

28

Das Bayerische Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz25) unterscheidet in den Artt. 23 ff. über die Vollstreckung von Verwaltungsakten, die Geldleistungen fordern, zwischen Forderungen des Landes, der kommunalen Gebietskörperschaften bzw. der Zweckverbände und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Art. 25 – 27). Auf die Vollstreckung der Forderungen des Landes ist die Abgabenordnung entsprechend anzuwenden (Art. 25 Abs. 2), damit auch § 322 AO. Kommunale (Gebiets)Körperschaften und Zweckverbände vollstrecken ihre Verwaltungsakte mit verschiedenen Ausnahmeregelungen über die ordentlichen Gerichte (Art. 26 Abs. 2 Satz 1); bei der Immobiliarvollstreckung verbleibt es bei

29

_____________ 23) So etwa ist es bei einem Insolvenzantrag der gesetzlichen Krankenkasse hinreichend, wenn Vollstreckungsersuchen an die „zuständige Vollstreckungsstelle“ mit Darstellung der fraglichen Beträge vorgelegt werden, weitergehender Nachweise bedarf es nicht, LG Freiburg, Beschl. v. 23.1.2003 – 4 T 260/02, Rpfleger 2003, 380 f. 24) LVwVG v. 12.3.1974 Gliederungs-Nr. 201, GBl. 1974, 93 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 13.11.2012, GBl. 2012, S. 572; siehe unter http://www.landesrecht-.bw.de (Stand: 26.8.2014). 25) VwZVG, BayRS II, S. 232 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 22.7.2014, 286, verfügbar über http://www.gesetze-bayern.de (Stand: 25.1.2014).

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

dem Verweis auf die entsprechende Anwendung des 8. Buchs der ZPO und damit auch auf das ZVG (Art. 26 Abs. 7). Die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts vollstrecken ihre Verwaltungsakte wie die Kommunen, sie müssen allerdings zusätzlich noch zur Anbringung der Vollstreckungsklausel durch Rechtsverordnung ermächtigt worden sein (Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2). Bei der Entscheidung über den Versteigerungsantrag einer öffentlich-rechtlichen Organisation aus Bayern müssen die formalen Kriterien der Art. 23 ff. des Gesetzes vom Vollstreckungsgericht beachtet werden, soweit sie den Antragsinhalt betreffen. Das Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung26) verweist in § 5a „Vollstreckung“ auf das VwVG des Bundes (siehe oben). Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg27) behandelt die Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen in den §§ 17 ff. VwVGBbg. Ländergrenzenüberschreitend28) vollziehen die brandenburgischen Behörden auch Verwaltungsakte im Wege der Vollstreckungshilfe, soweit nicht Bundesrecht greift (§§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 4 VwVGBrBg). Zum Vollstreckungsschuldner und zur Duldungspflicht siehe § 6 VwVGBbg. Zu den Voraussetzungen der Beitreibung von Geldforderungen siehe § 19 VwVGBbg. Das Verfahren der Beitreibung in das unbewegliche Vermögen erfolgt gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 4 VwVGBbg nach den §§ 77 Abs. 2, 322 f. AO (siehe oben). Bestimmte bürgerlich-rechtliche Geldforderungen der Kommunen können ebenfalls öffentlich-rechtlich beigetrieben werden (vgl. § 25 VwVGBbg), sodass auch insoweit die Prüfungskompetenzen des Vollstreckungsgerichts beim Antrag beschränkt bleibt. Ob das im Einzelnen der Gesetzgebungskompetenz des Landes unterfällt, darf hinterfragt werden. Das Bremische Gesetz über die Vollstreckung von Geldforderungen im Verwaltungswege29) umfasst nach § 1 öffentlich-rechtliche Geldforderungen der bremischen Behörden, aber auch bestimmte privatrechtliche Geldforderungen. Zum Vollstreckungsschuldner und zum Duldungsanspruch siehe § 3 ZVG. Bezüglich des Verfahrens verweist § 6 Abs. 1 BremGVG u. a. auf die §§ 77 und 281 – 327 AO, damit auf die dortigen Vorschriften über die Immobiliarvollstreckung (siehe zu § 322 AO). Für Auseinandersetzungen über die Berechtigung sind die Finanzgerichte zuständig, soweit öffentlich-rechtliche Forderungen betroffen sind, ansonsten die ordentlichen Gerichte. Das Vollstreckungsgericht ist auf die ihm durch das BrmGVG und § 322 AO zugewiesene Funktion beschränkt. Das Hamburgische Verwaltungsvollstreckungsgesetz30) regelt in den §§ 30 – 37 die Beitreibung von Geldforderungen einschließlich der „länderübergreifende(n) _____________ 26) Gesetz v. 8.12.1976, GVBl. 1976, S. 2735, ber. S. 2898 bis zur Fassung d. Gesetzes v. 19.6.2006, GVBl. 2006, S. 573; siehe http://gesetze.berlin.de (Stand: 26.8.2014). 27) VwVGBbg v. 16.5.2013, GVBl. I/13 [Nr. 18], bis zu Art. 2 d. Gesetzes v. 10.7.2014, GVBl. I/14 [Nr. 32], verfügbar über http://www.bravors.brandenburg.de (Stand: 26.8.2014). 28) Vollstreckungshilfe für ausländische Behörden bedarf der völkerrechtlichen Vereinbarung oder eines wirksamen europäischen Rechtsaktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 VwVGBbg). 29) BrmGVG v. 15.12.1981, Brem. GBl. S. 283, SA BremR 202-8-2, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 26.8.1984, Brem GBl. 1984, S. 231, verfügbar über http://bremen.beck.de (Stand: 26.8.2014). 30) HmbVwVG v. 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 510 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 21.5.2013, HmGVBl. 2013, S. 210, verfügbar über http://www.landesrecht-hamburg.de (Stand: 26.8.2014).

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

Vollstreckungsmaßnahmen“ (§ 36; die länderübergreifende Immobiliarvollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht anderer Bundesländer wird dadurch aber nicht ermöglicht) und die Beitreibungshilfe privatrechtlicher Geldforderungen zugunsten bestimmter hamburgischer Behörden (§ 37 HmbVwVG; erforderlich ist hierzu eine gesonderte Rechtsverordnung des Senats). Zum Vollstreckungsschuldner und zur Duldung der Vollstreckung als Folge dinglicher Haftung siehe § 32 HmbVwVG). Da auch das Hamburgische Gesetz in § 35 Abs. 1 u. a. die §§ 191 AO (Duldungsbescheid) sowie die §§ 286 – 327 AO analog anwendet, gilt auch § 322 AO mit den oben umrissenen Folgen. Das Hessische Verwaltungsvollstreckungsgesetz31) regelt in den §§ 58 f. die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Durchsetzung von Geldforderungen. Anstelle der Verweisung auf die AO enthält § 58 HessVwVG eine klare inhaltliche Regelung dahingehend, dass die Vollstreckung nach den §§ 864 – 870a ZPO und dem ZVG erfolgt. Die Immobiliarvollstreckung soll nur nachrangig beantragt werden (§ 58 Abs. 2), öffentliche Lasten der Rangklasse 3 des § 10 ZVG können durch aufschiebend bedingte Sicherungshypothek für den Fall des Wegfalls des Vorrechts besichert werden (§ 58 Abs. 3 Satz 1). Selbstgenutzte „Ackernahrung, Kleinsiedlung oder Kleinwohnung“ dürfen aus offenkundig sozialen Gründen nur mit Zustimmung des Schuldners zwangsversteigert oder zwangsverwaltet werden (§ 58 Abs. 3 Satz 2). Der Rechtsnachfolger muss bei Eintragung einer Sicherungshypothek die Vollstreckung daraus dulden (§ 59). Das Vollstreckungsgericht ist hinsichtlich der Prüfung des Antrags beschränkt; die Vollstreckbarkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsakts darf es nicht prüfen (§ 58 Abs. 4).

34

Das in Mecklenburg-Vorpommern einschlägige Gesetz ist das Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz.32) Die Systematik des Gesetzes ist übersichtlich: Es verweist in seiner einzigen Vorschrift (§ 111 VwVfG M-V) über die Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Geldforderungen auf die §§ 1 bis 3 VwVG (Bund) und auf § 5 Abs. 1 VwVG mit den dortigen Verweisungen auf die Abgabenordnung; mithin ist § 322 AO ebenfalls Inhalt des Landesrechts in Mecklenburg-Vorpommern (zu den Einzelheiten und Folgen siehe oben). Die Verweisung ist allerdings nicht dynamisch, sondern statisch auf die Fassung des VwVG bis zum 17.12.1997 ausgerichtet. Nach der aktuellen Rechtslage zum 1.1.2014 ergeben sich keine Unterschiede.

35

Das Niedersächsische Verwaltungsvollstreckungsgesetz33) entspricht gesetzessystematisch der hessischen Lösung (siehe oben), vgl. §§ 58 f. NVwVG. § 58 Abs. 1, 2 NVwVG unterstellt die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen in das unbewegliche Vermögen den §§ 864 – 871 ZPO und dem ZVG, bei _____________

36

31) HessVwVG v. 12.12.2008, GVBl. I 2009, 2, Gliederungs-Nr. 304-12, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 21.11.2012, GVBl. 2012, S. 430, verfügbar über http://www.rv.hessenrecht.hessen.de (Stand: 26.8.2014). 32) Landesverwaltungsverfahrensgesetz VwVfG M-V i. d. F. d. Bek. v. 26.2.2004, GVOBl. M-V 2004, S. 106 i. d. F. bis zur Änderung v. 19.5.2014, GVOBl. M-V 2014, S. 190, verfügbar über http://www.landesrecht-mv.de (Stand: 26.8.2014). 33) NVwVG i. d. F. v. 4.7.2011, Nds. GVBl. 2011, S. 104, Gliederungs-Nr. 2012003, bis zu Art. 1 d. Gesetzes v. 23.7.2014, Nds. GVBl. 2014, S. 211, verfügbar über http://www.ndsvoris.de (Stand: 26.8.2014).

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

ausländischen Luftfahrzeugen zudem § 106 Abs. 1, 2 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen. 37

Wesentlich für den Antrag ist die Antragsbefugnis der jeweiligen Vollstreckungsbehörde; sie muss bestätigen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (§ 58 Abs. 3 Satz 2 NVwVG). Eine Überprüfung hiervon durch das Vollstreckungsgericht bzw. das Grundbuchamt findet nicht statt (§ 58 Abs. 3 Satz 3 NVwVG). § 58 Abs. 5 NwVG ermöglicht wie in Hessen die Eintragung einer aufschiebend bedingten Sicherungshypothek zur Sicherung einer vorrangigen öffentlichen Last bei Wegfall des Rangklassenvorrechts der Klasse 3. Ist eine Sicherungshypothek, eine Schiffshypothek oder ein Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen eingetragen worden, bedarf es zur Versteigerung daraus (und damit aus der Rangklasse 4) keines Duldungsbescheids, wenn nicht nach Eintragung ein Eigentumswechsel eingetreten ist (§ 59 NVwVG).

38

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen34) regelt umfassend die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen oder solcher, die durch Rechtsverordnung den öffentlich-rechtlichen Ansprüchen gleichgestellt werden (§ 1 VwVG NRW). Der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist die schmale Norm des § 51 VwVG NRW gewidmet. § 51 Abs. 1 verweist für das Verfahren auf die „gerichtliche Zwangsvollstreckung“ (d. h. auf ZPO und ZVG), antragsbefugt sind die zuständigen Vollstreckungsbehörden. Wie in anderen Bundesländern kann für vorrangige öffentliche Lasten der Rangklasse 3 eine aufschiebend bedingte Sicherungshypothek eingetragen werden, für die u. a. die Untergrenze des § 866 Abs. 3 ZPO gilt. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung sind auch in NRW subsidiär (§ 51 Abs. 2). Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt überprüfen die Vollstreckbarkeit der Forderung nicht, § 51 Abs. 3. Sonderrechte der Kreditverbände bleiben unberührt, § 51 Abs. 4. Rechtsnachfolger des Schuldners und Grundstückseigentümers müssen die Vollstreckung dulden, wenn eine Sicherungshypothek eingetragen wurde, § 52.

39

Das rheinland-pfälzische Recht schließt sich der Systematik von Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen bzw. Niedersachsen an. Die §§ 59 f. Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (RP)35) regeln die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Inhaltlich entsprechen diese Normen den Bestimmungen der §§ 58 f. NVwVG oder § 51 f. VwVG NRW (mit Ausnahme der Bestimmung zu Kreditverbänden), sodass hierauf verwiesen werden kann.

40

Das Recht des Saarlandes folgt mit den §§ 69, 70 SVwVG36) den Ländern, die die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Verwaltungsvollstreckungsgesetz _____________ 34) VwVG NRW i. d. F. d. Bek. v. 19.2.2003, GV NRW 2003, S. 156 ber. 2005, S. 818, bis zur Fassung d. Änderung d. d. Gesetz v. 13.11.2012, GV NRW 2012, S. 508, verfügbar über https://recht.nrw.de (Stand: 8.8.2014). 35) LvwVG v. 8.7.1957, GVBl. 1957, 101 Gliederungs-Nr. 2010-2, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 12.9.2012, GVBl. 2012, 311, verfügbar über http://www.landesrecht.rlp.de (Stand: 26.8.2014). 36) Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz v. 27.3.1974, Amtsbl. I 1974, S. 430, verfügbar über http://sl.juris.de (Stand: 26.8.2014), i. d. F. bis zum Gesetz v. 21.9.2011, Amtsbl. I 2011, S. 350; das Gesetz tritt am 31.12.2015 außer Kraft.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

ganz allgemein den „Vorschriften für gerichtliche Zwangsvollstreckungen“ zuweisen. Die Antragsbefugnis steht den für die Vollstreckung zuständigen Verwaltungsbehörden zu; die Zwangsversteigerung-/Zwangsverwaltung soll nur subsidiär angewendet werden (§ 69 Abs. 1, 3 SvwVG). Die Vollstreckbarkeit bzw. die Zulässigkeit der Vollstreckung ist der Prüfung durch das Gericht entzogen (§ 69 Abs. 4 SVwVG); wie in anderen Landesrechten ist der Wortlaut zu weit, gemeint ist, dass nur das Vollstreckungsgericht nicht zur Prüfung befugt ist (und die gerichtliche Überprüfung in der zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit stattfindet). Der Freistaat Sachsen folgt in § 15 Abs. 2 Nr. 3 SächsVwVG37) den Landesrechten (siehe oben zu Bremen und Hamburg bzw. zum VwVG des Bundes), die für die Beitreibung von Geldforderungen durch Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen auf die §§ 322, 323 AO verweisen (siehe oben Einzelheiten zu § 322 AO).

41

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt38) regelt die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen oder diesen aufgrund einer Rechtsverordnung gleichgestellten bestimmten privatrechtlicher Forderungen (vgl. § 2 VwVG LSA) nahezu wörtlich wie das Land Niedersachsen in den §§ 58 f. VwVG LSA (siehe auch die §§ 58 f. NVwVG) mit geringfügigen redaktionellen Unterschieden. § 58 Abs. 3a VwVG LSA bestimmt jedoch, dass in den Fällen der Vollstreckungshilfe die §§ 866 – 871 ZPO analog anzuwenden sind (und damit auch § 869 ZPO und das ZVG) und die Antragsbefugnis dem Forderungsgläubiger zusteht. In diesen Fällen findet die erleichterte Vollstreckung auf der Grundlage des Ersuchens der Vollstreckungsbehörde nach § 58 Abs. 3 VwVG LSA nicht statt; somit gibt es auch keine Bestätigung über das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen, die das Vollstreckungsgericht nicht überprüft. Bei Vollstreckungshilfe ist daher § 16 ZVG uneingeschränkt anzuwenden.

42

Schleswig-Holstein hat die Verwaltungsvollstreckung im Allgemeinen Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein39) kodifiziert. Die §§ 313, 314 LVwVG entsprechen inhaltlich im Ergebnis den Rechten der anderen Bundesländer. § 313 LVwVG regelt das Verfahren mit dem Verweis auf ZPO und ZVG (§ 313 Abs. 1), der Antragsbefugnis der Vollstreckungsbehörde (§ 313 Abs. 2 Satz 1). Nach dieser Norm besteht die Möglichkeit der Eintragung einer aufschiebend bedingten Sicherungshypothek zur Sicherung von Ansprüchen im Zusammenhang mit öffentlichen Lasten (§ 313 Abs. 2 Satz 2). Die Vollstreckung nach dem ZVG ist subsidiär (§ 313 Abs. 3). Die Prüfung (des Antrags) durch das Vollstreckungsgericht ist wie in anderen Bundesländern eingeschränkt (vgl. § 313 Abs. 4). § 314 LVwVG

43

_____________ 37) Verwaltungsvollstreckungsgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVG) v. 10.9.2003, SächsGVBl. 2003, S. 131, 134, ber. SächsGVBl. 2003, S. 913, „Rechtsbereinigt mit Stand: 31.10.2013“, verfügbar über http://www.revosax.sachsen.de (Stand: 26.8.2014). 38) VwVG LSA v. 23.6.1994, GVBl. LSA 1994, S. 710, Gliederung-Nr. 2011.1, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 26.3.2013, GVBl. LSA 2013, S. 134 (Stand: 26.8.2014). 39) Landesverwaltungsgesetz – LVwG i. d. F. d. Bek. v. 2.6.1992, GVOBl. 1992, S. 243, 543 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 21.6.2013, GVOBl. 2013, S. 254, verfügbar über http:// www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de (Stand: 26.8.2014).

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

ermöglicht die Vollstreckung gegen den Rechtsnachfolger, wenn eine Zwangssicherungshypothek eingetragen ist. Zum Vollstreckungsschuldner siehe § 264 LVwVG. 44

Das einschlägige Gesetzesregelwerk in Thüringen ist das Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz.40) Zum Vollstreckungsschuldner einschließlich der Duldung der Zwangsvollstreckung siehe § 20 ThürVwZVG, zur Vollstreckungshilfe siehe § 22 ThürVwZVG. Zur Vollstreckung, um Ansprüche auf öffentlich-rechtliche Geldleistungen durchzusetzen, siehe die §§ 20 ff. ThürVwZVG. Bei der Struktur des Vollstreckungsverfahrens folgt Thüringen wie andere Bundesländer der Verweisung auf die Abgabenordnung. Die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen der öffentlich-rechtlichen Forderungen der verschiedenen Vollstreckungsgläubiger des Landes (Land Thüringen, kommunale Gläubiger, sonstige Personen des öffentlichen Rechts nach Landesrecht) richtet sich nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 ThürVwZVG; die Vorschrift verweist auf die §§ 77 Abs. 2, 322, 323 AO. f)

45

4. 46

Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Verwaltungsvollstreckung

Neben die gesetzlichen Regelwerke der Verwaltungsvollstreckung tritt in den Vollstreckungsverfahren durch die Bundes- und Landesfinanzbehörden als allgemeine verwaltungsinterne Regelung41) die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der Vollstreckung nach der Abgabenordnung (Vollstreckungsanweisung – VollstrA).42) Die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen regeln die Abschnitte 45 – 51 VollstrA. Abschnitt 46 beschreibt das einzuhaltende Verfahren, auf die einschlägigen Normen der ZVG wird dort verwiesen. Ist ein Eigentumswechsel nach Eintragung eines Sicherungsrechts (Sicherungshypothek, Schiffshypothek, Registerpfandrecht an Luftfahrzeug) zu verzeichnen, muss erst ein Duldungsbescheid gegen den Rechtsnachfolger erlassen werden (Abschnitt 48 VollstrA). Abschnitt 50 VollstrA schreibt vor, wie bei öffentlichen Lasten vorzugehen ist. Sonderfälle der Vollstreckung II – Vollstreckung aufgrund ausländischer Titel

Wird ein ausländischer Vollstreckungstitel zur Antragstellung vorgelegt, so muss bei der Entscheidung über den Antrag danach differenziert werden, ob es sich (1) um einen Titel handelt, der unter die EuGVVO oder ein sonstiges europäisches Regelwerk fällt, _____________ 40) ThürVwZVG i. d. F. d. Bek. v. 5.2.2009, GVBl. 2009, S. 24, Gliederungs-Nr. 2010-2 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 13.3.2014, GVBl. 2014, S. 92, 95, verfügbar über http:// landesrecht.thueringen.de (Stand: 26.8.2014). 41) Allgemeine Verwaltungsvorschriften sind behördeninterne Regelwerke, hier mit Gültigkeit für alle Behörden, die die Vollstreckung im Anwendungsbereich der VollstrA (siehe unten) betreiben. Gegenüber dem Bürger im Außenverhältnis binden sie das Verwaltungshandeln und das Ermessen der Behörde, das Verfahren führt zur „Selbstbindung“, siehe auch zur Terminologie, Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 VwVfG Rz. 26 ff. m. w. N., zum Charakter der Verwaltungsvorschrift (zum allgemeinen Verwaltungsrecht). Im Verfahren nach der AO gilt das nicht minder. 42) VollStrA v. 13.3.1980, BStBl. I 1980, S. 112 ff. bis zur Änderung d. Art. 1 der Allg. Verwaltungsvorschrift v. 10.3.2011, BStBl. I 2011, S. 238; Grundlage ist Art. 108 Abs. 7 GG.

230

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

(2) um einen Titel handelt, der unter das Luganoübereinkommen II aus dem Jahr 2007 (EU-Staaten einschl. Dänemark, Schweiz, Norwegen, Island) fällt, oder (3) um einen Titel aus einem Staat handelt, mit dem die EU oder die Bundesrepublik durch ein Abkommen über die Behandlung gerichtlicher Entscheidungen bzw. notarielle und vergleichbare Urkunden als Vollstreckungstitel verbunden ist, oder (4) um einen Staat handelt, mit dem weder internationale noch bilaterale Abkommen bestehen. EuGVVO. Soll aus einem Titel vollstreckt werden, der der Fallgruppe (1) angehört, muss weitergehend differenziert werden:

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Die Titel nach der EuGVVO43) in ihrer bis 9.1.2015 geltenden Fassung werden nach Maßgabe der Artt. 38 ff. EuGVVO vollstreckt. Ausgenommen sind Titel im engen Zusammenhang mit Konkursen, Vergleichen und ähnlichen Verfahren, die der EuInsVO zuzuordnen sind (Art. 1 Abs. 2 lit. b) EuGVVO).44) Öffentlichrechtliche Ansprüche sind gleichermaßen nicht in ihren Geltungsbereich einbezogen (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 lit. c), Abs. 2 enthält weitere Ausnahmen. Klagen, die unmittelbare dingliche (= gegen jedermann wirkende) Rechte an unbeweglichen Gegenständen (einschl. eingetragener Schiffe und Luftfahrzeuge) zum Streitgegenstand haben,45) sind ausschließlich den Gerichten des Belegenheitsstaats zugeordnet (Art. 22 EuGVVO = Art. 24 VO (EU) 1215/2012). Damit kann die Zwangsvollstreckung nach dem ZVG unmittelbar aus einem dinglichen Recht (auf Duldung der Zwangsvollstreckung) immer nur ein inländischer Titel sein. Ansonsten kommen nur Titel im Zusammenhang mit schuldrechtlichen Zahlungsansprüchen der Rangklasse 5 in Frage. Eine Ausnahme könnte bestehen, wenn eine inländische Wohnungseigentümergemeinschaft eine Wohngeldklage gegen einen im Ausland lebenden Miteigentümer führen muss und die internationale Zuständigkeit ausländischer Gerichte zu bejahen wäre. Dann würde ein ausländisches Urteil zu einer Vollstreckung in Rangklasse 2 führen können, sofern die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZVG eingehalten werden. Die Frage der internationalen Zuständigkeit ist nicht abschließend geklärt und nicht unumstritten.46) Übereinstimmung scheint dahingehend zu bestehen, dass jedenfalls die Belegenheit _____________

48

43) Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG L 12 v. 16.1.2001, S. 1 ff, bis zur Änderung d. d. Verordnung (EU) Nr. 566/2013 v. 18.6.2013 zur Änderung des Anhangs 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 […], ABl. EU L 167 v. 19.6.2013, S. 29. Ab 10.1.2015 wird die EuGVVO ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 v. 12.12.2012, ABl. EU L 351 v. 20.12.2012, S. 1 ff. 44) Entscheidungen im Zusammenhang mit „Konkursen, Vergleichen und ähnlichen Verfahren“ müssen nach der Rechtsprechung des EuGH „unmittelbar aus diesen Verfahren hervorgehen und sich eng innerhalb des Rahmens eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens […] halten“, EuGH, Urt. v. 22.2.1979 – Rs 133/88, Slg. 1979, S. 734 ff., 742 ff., 744, Rz. 4 der Entscheidungsgründe, st. Rspr. 45) Siehe dazu Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/ EuIPR, Bearbeitung 2011, Art. 22 Brüssel I-VO, S. 463 ff.; aus der Rechtsprechung siehe BGH, Urt. v. 4.8.2004 – XII ZR 28/01 Ls. a), NJW-RR 2005, 72. 46) Vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, § 43 WEG Rz. 1 a. E. m. w. N.; Zöller/Geimer, ZPO, Anh I Art. 22 EuGVVO Rz. 2 m. w. N.

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§ 16

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

des Wohnungseigentums entscheidend für das anzuwendende Recht und mit verschiedener Begründung des internationalen Gerichtsstandes ist. In der inländischen Judikatur hat das OLG Stuttgart aufgrund der „starken Ortsbezogenheit des Wohngeldanspruchs“ den „Ort der Wohnanlage“ als Erfüllungsort der Wohngeldverbindlichkeit gesehen und daher die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus dem Gerichtsstand des Vertrages gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a) EuGVVO (= Art. 7 Nr. 1 VO (EU) 1215/2012) abgeleitet.47) Die gerichtlichen Entscheidungen, öffentlichen Urkunden (Art. 58 EuGVVO) und Prozessvergleiche (Art. 59 EuGVVO) werden nach Maßgabe der Artt. 38 ff. EuGVVO nach einem vorausgehenden Vollstreckbarerklärungsverfahren vollstreckt, Art. 38 Abs. 1 EuGVVO i. V. m. §§ 1, 3 ff. AVAG.48)

50

Mit dem Inkrafttreten der VO (EU) 1215/2012 ab dem 10.1.2015 fällt das Verfahren der vorherigen Vollstreckbarerklärung weg (Art. 39 ff. VO (EU) 1215/2012). Der Gläubiger muss weder eine Anschrift noch einen Vertreter im Vollstreckungsstaat haben (Art. 41 Abs. 3). Der Gläubiger, der die Vollstreckung betreibt, muss dem Vollstreckungsorgan die Unterlagen gemäß Art. 42 der Verordnung vorlegen, nämlich eine Ausfertigung des Titels, die die notwendigen Beweisfunktionen erfüllt nebst einer Bescheinigung gemäß Art. 53 der Verordnung. Die Bescheinigung wird nur auf Antrag ausgestellt, sie muss dem Formblatt I entsprechen, das der Verordnung beigefügt ist. Das Vollstreckungsorgan darf nur ausnahmsweise eine Übersetzung oder Transliteration fordern (Art. 42 Abs. 3, 4, Art. 57), wenn nämlich ansonsten das Verfahren (an den sprachlichen Kompetenzen des Gerichts bzw. weiterer Beteiligter scheitert). Für das Vollstreckungsgericht fällt damit für Entscheidungen nach dem 9.1.2015 der Filter der vorgeschalteten Vollstreckbarkeitserklärung weg und es muss selbstständig die Antragsvoraussetzungen des § 16 ZVG anhand des ausländischen Titels prüfen. Zugleich ist damit die Rangklasse vorgezeichnet; die Zahlungstitel nach der EuGVVO (alte und neue Fassung) werden in der Rangklasse 5 als persönliche Titel durchgesetzt.

51

Neben der EuGVVO stehen weitere Rechtsinstrumente des Unionsrechts, die ebenfalls ohne Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden und die sich auf die Prüfungspflichten des Vollstreckungsgerichts auswirken: Der Europäische Zahlungsbefehl49) kommt ebenfalls ohne Vollstreckbarerklärungsverfahren aus (Artt. 18 f. der Verordnung), sodass der erlangte Titel unmittelbar zur Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG in Rangklasse 5 ver_____________

–

47) OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.1.2005 – 8 W 411/04, juris Rz. 16 ff. = NJW-RR 2005, 814 f. = NZM 2005, 430 f., unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des EuG, m. Anm. Schreiber, jurisPR-MietR 14/2005, Anm. 5; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.1.2003 – I-4 U 158/01, juris Rz. 4 f. = VersR 2003, 1324 f.; Ableitung der internationalen Zuständigkeit der niederländischen Gerichte für eine „Wohngeldklage“ einer niederländischen „Wohnungseigentümergemeinschaft“ gegen den in Deutschland lebenden Beteiligten aber aus Art. 16 Abs. 1 lit. a) a. F. EuGVÜ (dem Brüsseler Abkommen als Vorgänger der EuGVVO) = Art. 22 EuGVVO (dem „dinglichen Gerichtsstand“). Das OLG Düsseldorf hat die Frage des Art. 22 EuGVVO offen gelassen (a. a. O., juris Rz. 9). 48) Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz i. d. F. d. Bek. v. 3.12.2009, BGBl. I 2009, 3830 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 8.7.2014, BGBl. I 2014, 890. 49) Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europ. Parl. und des Rates v. 12.12.2006 zur Einführung eines Europ. Mahnverfahrens, ABl. (EG) L 399 v. 31.12.2006, S. 1 ff. bis zur Änderung d. d. VO (EU) Nr. 517/2013 d. Rates v. 13.5.2013, ABl. EU L 158 v. 10.6.2013, S. 1 ff.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

wendet werden kann. Für den Inhalt des Antrags und die notwendigen Unterlagen ist auf die Artt. 21 ff. der Verordnung zu verweisen. –

–

Demselben System ohne Vollstreckbarkeitsverfahren folgt die Europäische Verordnung über geringfügige Forderungen 861/200750) (siehe zur Vollstreckung die Artt. 15, 20 ff. der Verordnung). Die Titel aufgrund der Europäischen Unterhaltsverordnung51) bedürfen ebenfalls keiner Vollstreckbarerklärung, soweit Mitgliedstaaten, die durch das Haager Protokoll52) gebunden werden, beteiligt sind (Art. 16, 17 – 22). Hingegen bedarf es in Fällen von Entscheidungen aus Mitgliedstaaten ohne Bindung an das Haager Protokoll der Vollstreckbarerklärung (Artt. 16, 26 ff.), sodass das Vollstreckungsgericht je nach Herkunft des Titels den Antrag nach § 16 ZVG weitergehend oder weniger weitergehend nach Maßgabe der §§ 30 ff. AUG (Fälle ohne Exequaturverfahren) zu prüfen hat. Siehe auch § 1 Abs. 2, Abs. 3 AVAG.

–

Ebenfalls ohne Exequatur kommt die Vollstreckung von Titeln nach der Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen aus;53) zur Vollstreckung siehe die Artt. 5, 20 ff. Die Verordnung ist auch auf gerichtliche oder gerichtlich bestätigte Vergleiche und öffentliche Urkunden anwendbar (Art. 4 Nrn. 2, 3 und Artt. 24, 25 der Verordnung).

–

Entscheidungen im Rahmen von grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren innerhalb der Union (ohne Dänemark) werden nach der EuGVVO vollstreckt (siehe oben), vgl. Art. Abs. 1, 2 EuInsVO.

Luganer Übereinkommen. Das Luganer Übereinkommen (II) v. 30.10.200754) folgt der EuGVVO in der bisherigen Fassung. Die Vollstreckung aus den dem Übereinkommen unterliegenden Titeln in Immobilien usw. und die weiteren Vollstreckungsgegenstände nach dem ZVG erfolgt in Rangklasse 5. Zu Einzelheiten siehe die Artt. 32, 38 ff. Luganer Übereinkommen. i. V. m. den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) AVAG, 3 ff. AVAG. _____________ 50) Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europ. Parl. und des Rates v. 11.7.2007 zur Einführung eines europ. Verfahrens für geringfügige Forderungen, ABl. (EG) L 199 v. 31.7.2007, S. 1 ff.; betroffen sind Forderungen in Zivil- und Handelssachen bis 2.000 €. 51) Verordnung (EG) Nr. 4/2009 d. Rates v. 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. (EG) L 7 v. 10.1.2009, S. 1 ff., bis zur Änderung d. d. Verordnung (EU) Nr. 517/2013, siehe oben. 52) Zum Haager Protokoll v. 23.11.2007 siehe die Hinweise bei Zöller/Geimer, ZPO, Anh. II H, Art. 1 EuUnterhVO Rz. 1, 5, 12 ff. sowie das AUG, das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (AUG) v. 23.5.2011 BGBl. I 2011, 898 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 31.8.2013, BGBl. I 2013, 3533. Zur Vollstreckung siehe die §§ 30 ff., 36 ff. ZVG. 53) Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europ. Parl. und des Rates v. 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, ABl. (EG) L 143 v. 30.4.2004, S. 15 ff. bis zur Änderung d. d. Verordnung (EG) Nr. 1103/2008 des Europ. Parlaments und des Rates v. 22.10.2008 […], ABl. (EG) L 304 v. 14.11.2008, S. 80 ff. 54) Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidung in Zivil- und Handelssachen, ABl. (EG) L 339 v. 21.12.2007, 3 ff.; siehe ferner den Ratsbeschluss v. 27.11.2008 zu 2009/430/EG über die Zustimmung zu dem Übereinkommen seitens der EU, ABl. (EU) L 147 v. 10.6.2009, S. 1 ff.

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§ 16 53

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

Vereinbarungen mit Drittstaaten. Die vollstreckungsrechtliche Behandlung von vollstreckbaren Entscheidungen aus Drittstaaten richtet sich nach den §§ 722 f. ZPO (Notwendigkeit eines „Vollstreckungsurteils“ bzgl. der ausländischen Entscheidung durch das Amts- oder Landgericht des allgemeinen inländischen Gerichtsstands des Beklagten oder des Gerichtsstands des Vermögens oder Gegenstands gemäß § 23 ZPO). Das Vollstreckungsgericht hat dann im Rahmen des Antrags nach § 16 ZVG nicht mehr die Rechtmäßigkeit und Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels zu prüfen. Die Vollstreckung kommt auch hier nur in Rangklasse 5 in Frage (siehe ansonsten zur dinglichen Klage § 24 ZPO, Art. 43 EG BGB und Art. 22 EuGVVO). Völkerrechtliche Abkommen mit Drittstaaten haben Vorrang. Zu Drittstaatenabkommen siehe auch § 1 Nr. 1 lit. c) – e), §§ 40 – 49 AVAG. 5.

Spezifische Angaben im Antrag auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gemäß § 16 Abs. 1 ZVG – Grundstück bzw. sonstige Vollstreckungsgegenstände

a) Angaben zum Grundstück bzw. sonstigen Vollstreckungsgegenstand 54

Wesentlich ist die genaue Angabe des Grundbesitzes, in den vollstreckt werden soll, da ansonsten eine Vollstreckung ausscheidet. Die Identität des Grundbesitzes muss zudem im Hinblick auf das Erfordernis der Eintragung des Vollstreckungsschuldners als Eigentümer im Grundbuch (§ 17 ZVG) nachgewiesen werden.55) Bei den Duldungsklagen muss die Grundbuchbezeichnung, die für die Identifizierung des Vollstreckungsgegenstandes entscheidend ist, mit den Angaben im dinglichen Titel übereinstimmen. Selbstverständlich muss bei der Versteigerung von Miteigentumsanteilen auch der konkret betroffene MEA angegeben werden.56)

55

Dabei können sich insbesondere bei der Durchsetzung von Duldungstiteln nach Titulierung, aber vor Beschlagnahme (siehe § 23 ZVG), Komplikationen ergeben, wenn sich den Grundbesitz betreffende Sachverhalte ändern.57) Solche Änderungen beeinträchtigen ggf. die Rechtsverfolgung.

56

Ein spezifisches „Grundstücksproblem“ sind daher die in der Literatur deshalb auch diskutierten, in der Praxis eher seltenen, Fälle der Grundstücksvereinigung oder der Grundstückszuschreibung gemäß § 890 BGB.58) Davon zu unterscheiden ist die Grundstücksaufteilung, die ebenfalls Probleme bei der Versteigerung generieren kann (vgl. z. B. etwaige bauplanungsrechtliche Genehmigungserfordernisse der Teilung). _____________ 55) Vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8.11.2013 - V ZR 155/12, juris Rz. 18 = BGHZ 199, 31 ff. = Rpfleger 2014, 216 ff. = NJW 2014, 636 ff., zur Auslegung des Zuschlagsbeschlusses und zur ordnungsgemäßen Bezeichnung des Versteigerungsgrundstücks in der Terminsbestimmung, ohne die schuldnerfremdes Eigentum nicht wirksam versteigert werden kann. 56) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 16 Rz. 5. 57) Bei Zahlungstiteln geht es im Ergebnis vorrangig um die richtige Bezeichnung des Vollstreckungsgegenstandes, die bei Unklarheiten durch Aufklärungsverfügung des Gerichts gerügt und vom Titelgläubiger durch Einblick in Grundbuch und ggf. Kataster, wozu er aufgrund des Titels berechtigt ist, bereinigt werden können. 58) Eingehend dazu Löhnig/Bluhm, ZVG, § 16 Rz. 12 – 16; vgl. zu § 890 BGB § 2 Rz. 13, § 16 Rz. 57 ff. und § 27 Rz. 17 [Cranshaw].

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

b) Grundstücksvereinigung und Grundstücksteilung aa) Kategorien Zu unterscheiden sind

57

–

die Grundstücksvereinigung/-verschmelzung, § 890 Abs. 1 BGB, § 5 GBO,

–

die Zuschreibung, § 890 Abs. 2 BGB, § 6 GBO und

–

die Grundstücksteilung; sie ist nicht ausdrücklich im Sachenrecht des BGB geregelt und Folge der Befugnisse des Eigentümers aus § 903 BGB; bei beabsichtigter Belastung eines Grundstücksteiles ist die Teilung zwingend, wie aus § 7 Abs. 1, 2 GBO hervorgeht.

Die verschiedenen Konstellationen müssen im Hinblick auf ihre zivil- und grundbuchrechtlichen Wirkungen und verfahrensrechtliche Folgen auseinandergehalten werden.

58

bb) Vereinigung/Verschmelzung und Zuschreibung (1) Vereinigung/Verschmelzung: Die Grundstücksvereinigung oder -verschmelzung (= Sonderfall der Vereinigung mit katastertechnischer Umsetzung unter Entstehung eines einzigen Flurstücks)59) erfolgt durch Eintragung im Grundbuch aufgrund entsprechender Erklärung des Eigentümers der beteiligten Grundstücke (vgl. § 873 BGB). Mit einer katastermäßigen Vereinigung der vor der Verschmelzung rechtlich selbstständigen Grundstücke ist der Vorgang nicht zwangsläufig verbunden. Wie die Zuschreibung (siehe Rz. 60) oder die Teilung (siehe Rz. 61), so steht auch die Grundstücksvereinigung nicht nur für Grundstücke, sondern auch für grundstücksgleiche Rechte zur Verfügung (Erbbaurecht, Wohnungseigentum usw.). Die Rechte müssen allerdings zwingend gleichartig sein.60) Die Verschmelzung ist grundbuchrechtlich nur zulässig, wenn davon „Verwirrung nicht zu besorgen ist“, § 5 Abs. 1 Satz 1 GBO. Sie soll „insbesondere“ nicht vorgenommen werden, wenn die zu vereinigenden Grundstücke unterschiedlich mit Grundpfandrechten bzw. Reallasten belastet sind oder wenn zwar diese Rechte identisch sind, ihre Rangfolge aber unterschiedlich ist, § 5 Abs. 1 Satz 2 GBO. Mit dieser am 9.10.2013 in Kraft

_____________ 59) Die vorliegende Darstellung folgt hier der überzeugenden, von Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 7, S. 178 m. w. N. vertretenen, Terminologie. 60) So zutreffend Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 1 f. m. w. N., u. a. unter Hinweis auf OLG Jena, siehe unten; ebenso Prütting/Wegen/Weinreich-Huhn, BGB, § 890 Rz. 3; umstritten ist danach die Vereinigung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Prütting/Wegen/Weinreich-Huhn, a. a. O., § 890 Rz. 3. Nicht möglich ist jedenfalls die Vereinigung von Grundstück und grundstücksgleichem Recht, welches das Grundstück belastet, da es sich hierbei nach zutreffender Meinung um wechselseitige Bestandteilszuschreibung handelt, OLG Jena, Beschl. v. 4.12.1997 – 6 W 608/97, Rpfleger 1998, 195 f. = JurionRS 1997, 23145, Rz. 8 m. w. N.; keine Zuschreibung von Gebäudeeigentum nach Art. 233 § 4 EGBGB zu dem belasteten Grundstück und umgekehrt. Damit kann auch nicht etwa das Erbbaurecht dem Grundstück auf dem es lastet, zugeschrieben werden und umgekehrt.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

getretenen Regelung61) ist die vom OLG Düsseldorf beispielsweise vertretene Judikatur mindestens teilweise obsolet, die bei der – allerdings nicht katastermäßigen – Verschmelzung verschiedener (dort: dreier) Grundstücke eine Gefahr der Verwirrung des Grundbuchs verneint hat, obwohl die grundpfandrechtliche Belastung unterschiedlich war.62) Die Rechtslage war insoweit abhängig vom Landesrecht, das z. B. in Rheinland-Pfalz die Vereinigung unterschiedlich belasteter Grundstücke ganz untersagt (§ 19 AGBGB RP).63) Diese strengeren landesrechtlichen Regelungen bleiben aber aufrechterhalten, da die Neufassung des § 5 Abs. 1 GBO Sollvorschrift ist.64) Grund der Gesetzesänderung sind erkannte Probleme im Versteigerungsverfahren.65) Am Ende steht ein einziges neues Grundstück im Rechtssinne, die vorher bestehenden Teilgrundstücke werden nicht wesentliche Bestandteile desselben.66) Die Belastungen bleiben auf jedem Teilgrundstück bestehen.67) In der zitierten Entscheidung des BGH zu V ZB 23/05 hat der Senat zu einem Fall geurteilt, der drei katastertechnisch und grundbuchrechtlich vereinigte Grundstücke betraf, die vor der Verschmelzung bereits unterschiedlich belastet waren. Er hat den Beitritt des Gläubigers einer Grundschuld, die auf einem der früheren Grundstücke eingetragen war („lastend am ehemaligen Flurstück […]“), welche es rechtlich nicht mehr gab, zugelassen. Nach einer Vereinigung lasteten, so der BGH, die Grundpfandrechte auf den ehemaligen Grundstücken weiter fort, unabhängig davon, ob es die belasteten Flurstücke noch gebe. Der Vollstreckungstitel sei dennoch bestimmt. Soweit sich aus den tatsächlichen Umständen der belastete Flächenabschnitt ergebe, ist es danach im Ergebnis möglich, dennoch Versteigerung oder Beitritt anzuordnen.68) Anhand der „Genese“ lasse sich der betroffene Flächenabschnitt feststellen. Diese Judikatur wird von Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen erheblich kritisiert,69) die Eintragung der Verschmelzung wird dort _____________ 61) Siehe Art. 1 Nr. 2 lit. a) DaBaGG (= § 5 Abs. 1 Satz 2 n. F. GBO), Art. 7 Satz 1DaBaGG (Inkrafttreten). DaBaGG = Gesetz zur Einführung eines Datengrundbuch v. 1.10.2013, BGBl. I 2013, 3719 ff. 62) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.1.2000 – 3 Wx 438/99, ZfIR 2000, 284 f. = Rpfleger 2000, 211 f. = Jurion RS 2000, 30977. 63) AGBGB (Rheinland-Pfalz) v. 18.11.1976, Gliederungs-Nr. 400-1, http:// www.landesrecht.rlp.de (Stand: 1.2.2014), Grundlage ist Art. 119 Nr. 2 EGBGB, der durch das DaBaGG (siehe oben) aufrechterhalten geblieben ist. 64) Siehe zur Begründung der Neufassung des § 5 GBO den Regierungsentwurf des DaBaGG, BT-Drucks. 17/12635 v. 6.3.2013, S. 7 (Text), S. 17 f. mit der Übersicht über die verschiedenen Rechtsmeinungen und unter Hinweis auf die Landesrechte in Hessen (§ 22 AGBGB) und Rheinland-Pfalz. 65) BT-Drucks. 17/12635, S. 17 f. 66) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.1.2000 – 3 Wx 438/99, ZfIR 2000, 284 f., bei Palandt/ Bassenge, BGB, § 890 Rz. 7, als OLG Frankfurt zitiert. 67) BGH, Beschl. v. 21.10.1977 – V ZR 121/75, JurionRS 1977, 12692 = DNotZ 1978, 156 f., Grunddienstbarkeit/Wegerecht; BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, DNotZ 2006, 288 ff. = NJW 2006, 1000 f. = Rpfleger 2006, 150 f. = JurionRS 2005, 26625, Belastung mit Grundpfandrechten. 68) BGH, V ZB 23/05, Ls b), Rz. 14 – 16, 17 f. 69) Eingehend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 7, 8, S. 177 – 179 und Fn. 9 unter Darstellung der verschiedenen Probleme für die Art der Gebote im Versteigerungstermin. Man wird der Kommentierung mit dem Verdikt in Fn. 9 zustimmen, wonach die Praxis kaum mit einer solchen Lösung wird arbeiten können.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

als fehlerhaft analysiert. Diese Problematik dürfte durch § 5 Abs. 1 Satz 2 GBO n. F. deutlich entschärft sein. Folge der Vereinigung ist nicht die Entstehung eines Gesamtgrundpfandrechts, sondern die Aufrechterhaltung der einzelnen Rechte auf den bisherigen Grundstücken.70) Neue Eintragungen in den Abt. II und III des Grundbuchs sind indes nur auf dem verschmolzenen „Gesamtgrundstück“ möglich. Grundbuchrechtlich sorgt § 6 GBO dafür, dass „Verwirrung nicht zu besorgen ist.“ Durch das DaBaGG vom 1.10.2013 ist auch § 6 GBO angepasst und die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 GBO in § 6 Abs. 2 GBO inkorporiert worden, sodass unterschiedliche Belastungen des zugeschriebenen Grundstücks und des Hauptgrundstücks mit Grundpfandrechten bzw. Reallasten oder unterschiedlicher Rang gleicher Rechte dieser Art die Zuschreibung im Allgemeinen verhindern. (2) Zuschreibung: Die Zuschreibung (§ 890 Abs. 2 BGB), einer der Formen der Vereinigung, unterscheidet sich von der Vereinigung des Absatzes 1 dadurch, dass das zugeschriebene Grundstück nicht wesentlicher Bestandteil des Hauptgrundstücks wird. Die vor der Zuschreibung bestehenden Belastungen bleiben bestehen. Der Unterschied zu § 890 Abs. 1 BGB folgt aus der Norm des § 1131 BGB; die Grundpfandrechte an dem Hauptgrundstück belasten nunmehr das gesamte Grundstück, also mitsamt dem zugeschriebenen Teil. Die Inhaber von Grundpfandrechten auf dem zugeschriebenen Grundstück sind jedoch denen auf dem (bisherigen) Hauptgrundstück gegenüber nachrangig. Es entstehen also in den Fällen des § 890 BGB generell keine Gesamtgrundpfandrechte. Belastungen nach Vollzug der Zuschreibung belasten freilich das nunmehr einheitliche „Gesamtgrundstück“.71)

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cc) Grundstücksteilung Die Möglichkeit der Grundstücksteilung, die öffentlich-rechtlich (z. B. bauplanungsrechtlich) in Ausnahmefällen behördlicher Genehmigung bedarf,72) folgt bürgerlich-rechtlich aus § 903 BGB; sie wird auf der Grundlage einer Teilungserklärung73)

_____________ 70) Vgl. u. a. Prütting/Wegen/Weinreich-Huhn, BGB, § 890 Rz. 8. 71) Vgl. u. a. Prütting/Wegen/Weinreich-Huhn, BGB, § 890 Rz. 9. 72) Bauplanungsrechtlich bedarf die Teilung im Allgemeinen keiner Genehmigung, sie darf im Bereich eines Bebauungsplanes aber nicht dessen Festsetzungen beeinträchtigen (§ 19 Abs. 2 BauGB). Während der Umlegung muss die Teilung aber genehmigt werden (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), ebenso während der städtebaulichen Sanierung im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, § 144 Abs. 2 Nr. 5 BauGB bzw. bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen, § 169 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Eine Teilungsgenehmigung nach Bauordnungsrecht („Landesbauordnungen“) gibt es Anfang 2014 nur noch in NordrheinWestfalen. In den anderen Bauordnungen darf durch die Teilung das Baurecht nicht beeinträchtigt werden bzw. nach einem Teil der Bundesländer sind im Wesentlichen die Abstandsflächen u. Ä. geschützt. Die verbreitetste Regelung in § 7 oder § 8 der jeweiligen LBO lautet: „Durch die Teilung eines Grundstücks, das bebaut ist oder dessen Bebauung genehmigt ist, dürfen keine Verhältnisse geschaffen werden, die den Vorschriften dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften zuwiderlaufen.“ (Siehe hierzu § 8 Abs. 1 NBO = Niedersächsische Bauordnung, siehe http://www.nds-voris.de (Stand: 1.2.2014). 73) Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 5 – 7 m. w. N.

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Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

gemäß § 873 BGB mit Eintragung im Grundbuch wirksam.74) Diese wiederum kann erst erfolgen, wenn die Trennung aus dem Kataster ersichtlich ist.75) Damit entstehen mehrere Grundstücke. Bei der Teilung eingetragene Grundpfandrechte werden sachlogisch Gesamtrechte (vgl. § 1132 BGB). Zu der Frage des Unschädlichkeitszeugnisses nach Art. 120 EGBGB (Befreiung von den Belastungen eines Teilgrundstücks bei dessen Veräußerung durch die zuständige Behörde) siehe das jeweilige Landesrecht.76) Nach dem Vollzug sind die entstandenen Teilgrundstücke Gegenstand der Vollstreckung aus den eingetragenen „Altrechten“. Auf die verschiedenen materiellrechtlichen Folgen der Teilung bei anderweitigen Belastungen ist vorliegend nicht einzugehen, insoweit wird auf die einschlägige sachenrechtliche Literatur verwiesen.77) 62

Grundsätzlich sind auch grundstücksgleiche Rechte nach denselben Grundsätzen teilbar. Außerhalb der heute als grundstücksgleich angesehenen Rechte gilt dies zudem für entsprechende altrechtliche Berechtigungen nach Landesrechten und nach dort überkommenen Rechtsvorschriften (z. B. „Gerechtigkeiten“), die nicht mehr neu entstehen könnten, unabhängig davon, ob sie im Grundbuch (für Grundstücke) als solchem verlautbart werden können oder ob sie in einem gesonderten Grundbuch einzutragen sind („Gerechtigkeitsgrundbuch“).78) Der BGH79) hat dies 2012 in dem Beschluss zur „Salzabbaugerechtigkeit“ nach früherem Landesbergrecht80) zum Ausdruck gebracht, die ihrerseits aufgrund verschiedener fortgeltender landesrechtlicher Verweisungen grundpfandrechtlich belastbar und nach dem ZVG verwertbar ist.81) dd) Gläubigerverhalten

63

Der Gläubiger, der die Zwangsversteigerung erst anstrebt, wird in Fällen des § 890 BGB bzw. bei Teilung angesichts der Entwicklung vor dem Antrag prüfen, worauf sein Titel gerichtet ist. Ungeachtet der verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Lage dürfte es ökonomisch und faktisch häufig kaum möglich sein, die Versteigerung sachgerecht durchzuführen. Die Zwangsverwaltung dürfte noch weitaus problematischer sein. Daher ist es ein erheblicher Fortschritt, wenn Ver_____________ 74) Vgl. dazu BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – V ZB 49/12, Rpfleger 2013, 260 ff. = NJW-RR 2013, 588 f. = JurionRS 2012, 31289, Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit; siehe den Überblick bei Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 5 – 7 m. w. N. 75) BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – V ZB 49/12, Rpfleger 2013, 260 ff.; BGH, Urt. v. 18.1.2008 – V ZR 174/06, Rz. 25, ZfIR 2008, 372 ff. = NJW 2008, 1658 ff. 76) Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 5 – 7 m. w. N.; ders., EG 120 Rz. 1, Angaben zu den Landesrechten Rz. 2; die aktuellen Fassungen sind über die Internetplattformen der Landesrechte feststellbar. 77) Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Überblick Rz. 7 m. w. N. 78) Für bergrechtliche Berechtigungen endete diese landesrechtliche Möglichkeit am 31.12.1981, da am 1.1.1982 das Bundesberggesetz in Kraft getreten ist. Besondere Grundbücher sind keine Besonderheit, siehe das Erbbaugrundbuch und das Wohnungsgrundbuch. 79) BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – V ZB 49/12, Rpfleger 2013, 260 ff. = NJW-RR 2013, 588 f. = JurionRS 2012, 31289, Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit. 80) Betroffen war das damalige niedersächsische Landesrecht, wo ein entsprechendes preußisches Gesetz für die Provinz Hannover v. 4.8.1904 fort galt. 81) BGH, V ZB 49/12, Rz. 4, 6, 8 f., 12.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

einigung und Zuschreibung praktisch auf Fälle mit identischer Belastung beschränkt sind. c) Sonstige Vollstreckungsgegenstände Soll ein eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk (einschließlich eines Schwimmdocks) oder ein eingetragenes Luftfahrzeug versteigert werden, ist in derselben Weise seine genaue Bezeichnung zum Zwecke der eindeutigen Identifizierung notwendig. An die Stelle des Grundbuchs tritt hier das Schiffsregister, das Schiffsbauregister bzw. das Register über Pfandrechte an Luftfahrzeugen. 6.

64

Angaben zum Eigentümer

Die Bezeichnung des Eigentümers ist als Folge des § 17 ZVG beim Antrag zwingend geboten. Zur Identifizierung des ausländischen Schuldners siehe unter Rz. 15. Komplikationen können sich auch hier ergeben, wenn nach Titulierung Änderungen auf der Ebene des Schuldners eintreten. Zur Änderung der Vertretungsmacht siehe unter Rz. 12. Anders liegen die Dinge, wenn der Schuldner verstirbt mit der Folge der notwendigen Angaben und Nachweise nach § 17 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 3 ZVG. Anders liegen die Dinge auch, wenn Schuldner ein im Handelsregister, Genossenschaftsregister, Partnerschaftsregister oder Vereinsregister eingetragener Verband oder eine Gesellschaft ist, der/die nicht nur aufgelöst wurde (dann besteht der Rechtsträger bis zur Liquidation fort), sondern im Register gelöscht worden ist. Ein Beispiel ist die Löschung wegen Vermögenslosigkeit (§ 394 FamFG) oder aus sonstigen Gründen der §§ 393 ff. FamFG.82) Mit einer solchen Löschung (beispielsweise eben nach § 394 FamFG, anwendbar auf die GmbH, AG, KGaA, Genossenschaft, Personenhandelsgesellschaft ohne natürliche Person als persönlich unbeschränkt haftender Gesellschafter) besteht die Gesellschaft materiell im Hinblick auf die vorhandenen Vermögenswerte fort,83) formell hingegen ist sie erloschen. Die Grundsätze der Spalt- oder Restgesellschaft84) sind bei der inländischen Gesellschaft nicht anzuwenden, vielmehr muss eine Nachtragsliquidation85) stattfinden. Die Gesellschaft muss wieder im Handelsregister _____________ 82) Vgl. dazu Kroiß/Seiler-Kroiß, FamFG Kommentiertes Verfahrensformularbuch, §§ 393 ff., S. 1209 ff. 83) Grund dafür ist, dass es nach inländischem Recht kein herrenloses Vermögen geben soll. 84) Vgl. dazu bei einer ausländischen Gesellschaft, die im dortigen Register gelöscht und damit erloschen ist, OLG Celle, Beschl. v. 29.5.2012 – 6 U 15/12, juris Rz. 7, 8 = NJWRR 2012, 1065, engl. Limited, Fortexistenz als Personengesellschaft (GbR oder oHG), mit Anm. Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2012, Anm. 4; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 10.5.2010 – I-24 U 160/09, juris = ZIP 2010, 1852 f., mit Anm. Cranshaw, jurisPRHaGesR 1/2011, Anm. 4; BGH, Urt. v. 31.3.1971 – VIII ZR 40/69, BGHZ 56, 66 ff. 85) Vgl. für die AG § 273 Abs. 4 AktG, aus der Judikatur siehe OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.4.2013 – I-3 Wx 171/12, juris Rz. 48 m. w. N. = ZIP 2013, 887 ff. = Rpfleger 2013, 458 ff. Wird die Nachtragsliquidation abgelehnt, kann auch keine Vollstreckung stattfinden. Die Voraussetzung der Existenz von Aktivvermögen, das noch nicht abgewickelt ist (z. B. ein noch nicht verwertetes Grundstück, das versteigert werden soll), wird innerhalb des Registerverfahrens und im dortigen Instanzenzug geprüft. Zur Nachtragsliquidation bei einer Genossenschaft siehe BGH, Urt. v. 24.7.2012 – II ZR 117/110, ZIP 2012, 1855 ff., Rz. 17.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

eingetragen und durch den Nachtragsliquidator vertreten werden. Der Antrag auf Versteigerung oder Zwangsverwaltung ist vorher nicht zulässig. 7.

Vollstreckungsrechtlicher Anspruch

66

Der Gläubiger ist keineswegs gezwungen, den gesamten ihm zustehenden persönlichen oder dinglichen Anspruch geltend zu machen. Er ist nicht einmal veranlasst, den Hauptanspruch auf dem Vollstreckungsweg zu verfolgen, er kann sich beispielsweise darauf beschränken, wegen rückständiger Zinsen zu vollstrecken. Da das Vollstreckungsgericht den Antrag zwar auslegen, aber nicht den Inhalt bestimmen kann, muss sich aus dem Antrag ergeben, wegen welchen titulierten Anspruchs oder Anspruchsteils der Gläubiger konkret vollstreckt (Folge aus § 308 ZPO).

67

Beispiel: Ein Gläubiger legt eine nach § 800 ZPO vollstreckbare notarielle Grundschuldbestellungsurkunde vor (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), wonach ihm im Grundbuch von D-Stadt, Blatt 0000, in Abt. III Nr. 1 eine Grundschuld in Höhe von x € nebst y% Zinsen (ab Eintragung) sowie v% einmaliger dinglicher Nebenleistung an dem Grundstück A. des Schuldners Z. zusteht. Beantragt er, ohne weitere Ausführungen, die Vollstreckung aus dieser Urkunde „wegen der besagten Grundschuld“, so ergibt die Auslegung ohne Weiteres, dass der Gläubiger die Vollstreckung aus dem gesamten Grundschuldbetrag nebst Zinsen und Nebenleistung betreiben will.

68

Zur Beschreibung des Anspruchs gehört auch die Angabe, ob ein persönlicher oder ein dinglicher Anspruch verfolgt wird oder in welcher Rangklasse (bei mehreren in Frage kommenden Rangklassen) der Gläubiger vollstrecken will. So hat der Grundschuldgläubiger einer Sicherungsgrundschuld, dem gegenüber eine Unterwerfungserklärung in notarieller Urkunde gemäß § 800 ZPO im Hinblick auf den dinglichen Anspruch besteht und dem gegenüber parallel die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung wegen eines persönlichen Anspruchs in Höhe der Grundschuldsumme nach den §§ 780 f. BGB86) abgegeben wurde, mehrere Optionen. Er kann sowohl aus der Rangklasse 4 als auch aus der Rangklasse 5 vorgehen, wegen älterer Zinsen könnte er aus der Rangklasse 8 vollstrecken.

69

Werden Nebenforderungen und Kosten geltend gemacht, sind diese hinreichend zu identifizieren, soweit aus ihnen betrieben werden soll. Damit ist beispielsweise auch der Zinsbeginn anzugeben.87)

70

Die Eigentümergemeinschaft nach WEG kann wegen ihrer Wohngeldansprüche aus Rangklasse 2 bzw. aus der Rangklasse 5 vollstrecken. Die Angaben im Antrag müssen daher so strukturiert sein, dass das Vollstreckungsgericht eben erkennen _____________ 86) Übliche Vertragsgestaltung der Banken, wenn der Vollstreckungsschuldner zugleich Darlehensnehmer ist, siehe bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anhang 4a, S. 645 ff., Abschnitt I. und II. des dortigen Vertragsmusters, Anm. 8 und 11, S. 649 sowie im Buchtext die Rz. 304 ff. (zur persönlichen Schuld) bzw. 291 ff. (zur dinglichen Unterwerfung). Im Konsortialkreditgeschäft wird die persönliche Unterwerfung ebenso wie die Grundschuld zugunsten des Konsortialführers oder des Sicherheitentreuhänders bestellt, der die Sicherheiten für das Konsortium treuhänderisch hält; die persönliche abstrakte Haftung (§§ 780 f. BGB) und Unterwerfung wird im internationalen Geschäft auch als „Parallel Debt“ bezeichnet. 87) Mit dieser Einschränkung ist Löhnig/Bluhm, ZVG, § 16 Rz. 10 zuzustimmen.

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

kann, in welcher Weise der Gläubiger vollstrecken will; dazu gehört auch die Bestimmtheit der Rangklasse, wenn dem Gläubiger eine Alternative zur Verfügung steht.88) 8.

Titel

Ohne Nachweis und Vorlage eines für die Vollstreckung geeigneten Titels scheidet die Vollstreckung der Natur der Sache nach aus. Vollstreckungsvoraussetzungen sind „Titel, „Klausel“, „Zustellung“ (vgl. 724, 750 ZPO), deren Vorliegen dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen ist. Zur Vollstreckung ohne Titelnachweis gegen Bestätigung des Gläubigers, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, vgl. unter Rz. 18 f., 22 zur Verwaltungsvollstreckung. Keiner Erörterung bedarf daher die Feststellung, dass ein Duldungstitel alle Tatsachen enthalten muss, die zur Identifizierung des Grundstückes als Vollstreckungsgegenstand und des Eigentümers notwendig sind.89)

71

Der Titel muss vollstreckbar sein, Vollstreckungshemmnisse dürfen nicht entgegenstehen.90) Die Bestimmung der Sicherheitsleistung obliegt dem Prozessgericht (§ 108 ZPO), üblich sind Bankbürgschaften. Dabei wird man angesichts der Grundfreiheiten im Binnenmarkt der EU alle Banken als taugliche Bürgen zulassen müssen, soweit sie nicht konkret als in Schwierigkeiten befindlich identifiziert worden sind.91) Im Antrag anzugeben (wie stets zum Sachverhaltsvortrag bei gerichtlichen Anträgen, die aus sich selbst heraus verständlich sein müssen, ohne außerhalb des Antrages stehende Umstände zu berücksichtigen), sind die folgenden Tatsachen:

72



Die Art des Titels (z. B. Urteil, Beschluss, Kostenfestsetzungsbeschluss, notarielle Urkunde).



Die ausstellende Stelle (wie Gericht, Notar, ausländisches Gericht); die Anschrift der ausstellenden Stelle ist indes nicht geboten, vielmehr sind dazu die Angaben auf dem Titel selbst zu verwenden, um ihn eindeutig zu beschreiben.



Das Datum der vollstreckbaren Entscheidung oder der Urkunde.



Die Geschäftsnummer/Aktenzeichen/Urkundenrollen-Nr. usw.

III. Notwendige Unterlagen für den Beginn der Vollstreckung § 16 Abs. 3 ZVG stellt eine „Muss-Vorschrift“ dar. Die „erforderlichen Urkunden“ (= notwendige Urkunden) sind dem Antrag beizufügen. Damit sind Originale bzw. Urschriften oder die an ihre Stelle tretenden Ausfertigungen gemeint. Das Gericht muss sich anhand der Originalunterlagen vergewissern. Sie können dann dem Gläubiger vorübergehend für etwa weitere Vollstreckungsmaßnahmen zurück_____________ 88) Siehe dazu auch § 10 Rz. 136 ff. [Cranshaw]. 89) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 28 Rz. 10. 90) Es muss daher erkennbar sein, dass die im Urteil zur Vollstreckungsvoraussetzung gemachte Sicherheitsleistung kein Vollstreckungshindernis mehr darstellt, siehe §§ 709 ff. ZPO. Das Vollstreckungsgericht muss sich die Erbringung der Sicherheitsleistung urkundlich nachweisen lassen und prüfen, ob die Abschrift der Urkunde zugestellt ist, § 751 Abs. 2 ZPO. Siehe dazu Zöller/Stöber, ZPO, § 751 Rz. 3 – 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 55 ff. 91) Wohl kritischer Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 58.

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241

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§ 16

Zulässigkeit und Inhalt des Antrags

gegeben werden, sofern das Gericht Kopien (richtiger: beglaubigte Abschriften) zu den Akten nimmt.92) Zu wesentlichen Verfahrensschritten müssen jedoch die Verfahrensvoraussetzungen jeweils nachgewiesen sein, sodass auch die Originalunterlagen vorliegen müssen. Andernfalls drohen Verfahrensaufhebung oder Zuschlagsversagung bzw. -aufhebung. 74

Dazu gehören beispielsweise: –

75

der Titel nebst der Vollstreckungsklausel,



der Zustellungsnachweis,



die Urkunden nach § 750 Abs. 2 ZPO,



bei notariellen Urkunden mit Vollstreckungsunterwerfung durch Vertreter auch die Vollmacht nebst Zustellung derselben,93)



ggf. weitere Unterlagen über Vollstreckungskosten u. Ä.,



ggf. Urkunden zum Nachweis der Rechtsnachfolge, z. B. im Erbfall (siehe § 17 Abs. 3 ZVG),



der Einheitswertbescheid des betroffenen Wohnungs- bzw. Teileigentums, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft aus Rangklasse 2 ihre Wohngeldansprüche verfolgen will.94)

Hohe praktische Bedeutung hat die ebenfalls in der Literatur thematisierte Frage, ob bei der dinglichen Vollstreckung aufgrund eines Duldungstitels der Hypothekenoder Grundschuldbrief bei Briefrechten im Verfahren vorgelegt werden muss. Die wohl unangefochtene Meinung verneint das, soweit ersichtlich, überwiegend ohne weitere Begründung.95) Richtig ist, dass der Schuldner sich der Geltendmachung des Rechts entgegenstellen kann, wenn der Brief nicht vorgelegt wird, vgl. § 1160 Abs. 1 BGB.96) Sogar die Kündigung der Grundschuld kann dann unwirksam werden (§ 1160 Abs. 2 BGB). Voraussetzung ist die unverzügliche Rüge (§ 121 BGB) des Mangels durch den Eigentümer und Vollstreckungsschuldner. Aus dem Blick der Praxis ist es daher im Ergebnis auch dann geboten, den Brief vorzulegen, wenn man der Kommentarliteratur insoweit nicht folgt, sofern nicht § 1160 BGB

_____________ 92) Beglaubigte Abschriften fordert zutreffend Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 18 m. w. N.; siehe dort auch zur Notwendigkeit des Vorliegens der Unterlagen z. B. bei der Terminsbestimmung, beim Versteigerungstermin und beim Erlösverteilungstermin, jeweils m. w. N. 93) Zur unzulässigen Unterwerfung des Schuldners (ohne dessen Vollmacht) durch den Insolvenzverwalter, der insoweit gerade nicht nur für die Masse (siehe § 80 InsO) handelte, vgl. OLG Hamm, Urt. v. 3.12.2012 – I-5 U 42/12, ZIP 2013, 788 f. mit zust. Anm. Reul, MitBayNotZ 2013, 408 ff. 94) Vgl. hierzu § 10 Rz. 167 (Fn. 199) [Cranshaw]). 95) Vgl. statt aller Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rz. 18; eingehend aber Stöber, ZVG, § 16 Rz. 4.4, der die Meinung vertritt, der Brief sei entbehrlich, da der Gläubiger ausschließlich durch den Titel identifiziert werde. 96) Stöber, ZVG, § 16 Rz. 4.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 16 Rz. 24.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

abbedungen ist.97) Verfahrensrechtlich macht der Schuldner den Widerspruch durch Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO geltend. In diesem Falle ist die Kündigung der Grundschuld unwirksam (vgl. auch § 1193 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB). Banken und Versicherungen als Kreditgeber werden § 1160 BGB im Allgemeinen in ihren Grundschuldbestellungsformularen abbedingen,98) um derartige Imponderabilien auszuschließen. _____________ 97) Hierauf weist Stöber, ZVG, § 16 Rz. 4.4 zu Recht hin. Zum dispositiven Charakter der Schuldnerschutzvorschrift des § 1160 BGB siehe Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1160 Rz. 1 m. w. N.; streitig ist, ob der Brief im Erkenntnisverfahren (außerhalb des Urkundenprozesses) zur Schlüssigkeit der Klage vorgelegt werden muss, Prütting/Wegen/ Weinreich-Waldner, a. a. O., § 1160 Rz. 2. Kann danach ohne Briefvorlage ein Versäumnisurteil ergehen, dann ist es konsequent, dass auch im Vollstreckungsverfahren der Brief nur auf Rüge vorgelegt werden muss. 98) In der Praxis der institutionellen Gläubiger vermeidet man die ganze Problematik durch den Verzicht des Schuldners auf die Vorlage gemäß § 1160 BGB in den einschlägigen Formularwerken, siehe bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anhang 1, S. 617 ff., ZIff. 4, Muster 2009 Deutscher Sparkassenverlag; Anhang 4, S. 637 ff., Ziff. 1.2, Muster 2008 des DG Verlages.

§ 17 Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung (1) Die Zwangsversteigerung darf nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen oder wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. (2) Die Eintragung ist durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachzuweisen. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, so genügt statt des Zeugnisses die Bezugnahme auf das Grundbuch. (3) Die Erbfolge ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern sie nicht bei dem Gericht offenkundig ist. Literatur: Ebeling, Verfügungsverbot bei Flurbereinigung und Zwangsversteigerung; Rehle, Zur Bezeichnung des Grundstücks nach vorläufiger Besitzeinweisung im Flurbereinigungsverfahren, MittBayNot 1980, 160. Übersicht I.

Normfunktion und Bedeutung der Eigentümerposition ...................... 1 1. Grundsatz der Buchposition als Eigentümer als Voraussetzung der Anordnung der Versteigerung gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 1 ZVG ............. 1 2. Die Position als Erbe gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 2 ZVG ................................. 2 II. Reichweite des § 17 ZVG und das Verhältnis zwischen Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung .................................................. 4 1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte ........................................ 4

2. 3.

Cranshaw

Betroffene Versteigerungsverfahren und Besonderheiten .............................. 5 Besonderheiten der Eigentümerposition und Ausnahmen von dem Eintragungserfordernis des § 17 Abs. 1 ZVG ............................................ 7 a) Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts .................................. 7 b) Grundbesitz ohne Eigentümer („herrenlose Grundstücke“) und Versteigerung .......................... 8 c) Die Vollstreckung in Anfechtungsfällen nach Anfechtungsgesetz und Insolvenzordnung ..... 13

243

Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

abbedungen ist.97) Verfahrensrechtlich macht der Schuldner den Widerspruch durch Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO geltend. In diesem Falle ist die Kündigung der Grundschuld unwirksam (vgl. auch § 1193 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB). Banken und Versicherungen als Kreditgeber werden § 1160 BGB im Allgemeinen in ihren Grundschuldbestellungsformularen abbedingen,98) um derartige Imponderabilien auszuschließen. _____________ 97) Hierauf weist Stöber, ZVG, § 16 Rz. 4.4 zu Recht hin. Zum dispositiven Charakter der Schuldnerschutzvorschrift des § 1160 BGB siehe Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1160 Rz. 1 m. w. N.; streitig ist, ob der Brief im Erkenntnisverfahren (außerhalb des Urkundenprozesses) zur Schlüssigkeit der Klage vorgelegt werden muss, Prütting/Wegen/ Weinreich-Waldner, a. a. O., § 1160 Rz. 2. Kann danach ohne Briefvorlage ein Versäumnisurteil ergehen, dann ist es konsequent, dass auch im Vollstreckungsverfahren der Brief nur auf Rüge vorgelegt werden muss. 98) In der Praxis der institutionellen Gläubiger vermeidet man die ganze Problematik durch den Verzicht des Schuldners auf die Vorlage gemäß § 1160 BGB in den einschlägigen Formularwerken, siehe bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anhang 1, S. 617 ff., ZIff. 4, Muster 2009 Deutscher Sparkassenverlag; Anhang 4, S. 637 ff., Ziff. 1.2, Muster 2008 des DG Verlages.

§ 17 Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung (1) Die Zwangsversteigerung darf nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen oder wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. (2) Die Eintragung ist durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachzuweisen. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, so genügt statt des Zeugnisses die Bezugnahme auf das Grundbuch. (3) Die Erbfolge ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern sie nicht bei dem Gericht offenkundig ist. Literatur: Ebeling, Verfügungsverbot bei Flurbereinigung und Zwangsversteigerung; Rehle, Zur Bezeichnung des Grundstücks nach vorläufiger Besitzeinweisung im Flurbereinigungsverfahren, MittBayNot 1980, 160. Übersicht I.

Normfunktion und Bedeutung der Eigentümerposition ...................... 1 1. Grundsatz der Buchposition als Eigentümer als Voraussetzung der Anordnung der Versteigerung gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 1 ZVG ............. 1 2. Die Position als Erbe gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 2 ZVG ................................. 2 II. Reichweite des § 17 ZVG und das Verhältnis zwischen Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung .................................................. 4 1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte ........................................ 4

2. 3.

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Betroffene Versteigerungsverfahren und Besonderheiten .............................. 5 Besonderheiten der Eigentümerposition und Ausnahmen von dem Eintragungserfordernis des § 17 Abs. 1 ZVG ............................................ 7 a) Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts .................................. 7 b) Grundbesitz ohne Eigentümer („herrenlose Grundstücke“) und Versteigerung .......................... 8 c) Die Vollstreckung in Anfechtungsfällen nach Anfechtungsgesetz und Insolvenzordnung ..... 13

243

§ 17

Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

d) Anfechtung der Eigentumsübertragung nach bürgerlichem Recht gemäß §§ 119 ff., 141 Abs. 1 BGB ................................... e) Neuordnung ländlichen Grundbesitzes im Interesse der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sowie der Landeskultur und Landesentwicklung ... f) Städtebauliche Neuordnung ........ g) Ersteher als Zwangsversteigerungsschuldner gemäß § 133 InsO ..............................................

1

17

18 20

III. Nachweis der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 ZVG ........................... 22 IV. Glaubhaftmachung und Offenkundigkeit der Position als Erbe oder „Erbeserbe“ gemäß § 17 Abs. 3 ZVG ......................................... 23 1. Offenkundigkeit und Glaubhaftmachung ............................................... 23 2. Urkunden, die zur Glaubhaftmachung geeignet sind ........................ 28

21

I.

Normfunktion und Bedeutung der Eigentümerposition

1.

Grundsatz der Buchposition als Eigentümer als Voraussetzung der Anordnung der Versteigerung gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 1 ZVG

Die Kernaussage zum Zweck der Norm enthält § 17 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 ZVG, der sicherstellen soll, dass die Versteigerung allein gegen den Grundstückseigentümer durchgeführt wird, denn er ist der Vollstreckungsschuldner, in dessen Eigentumssubstanz eingegriffen wird. Das Versteigerungsgericht darf die Versteigerung nur anordnen, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist. Dabei stellt das Gesetz indes nicht auf den materiellrechtlichen Begriff der Eigentümerposition ab, vielmehr muss der Vollstreckungsschuldner lediglich als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sein. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eintragung eines aus einem dinglichen Recht an Grundstücken Berechtigten aus verschiedenen Gründen nicht zwingend die materiellrechtliche Lage widerspiegeln muss, mithin das Grundbuch von der wirklichen Rechtslage abweicht, eine Situation, die auch das Eigentumsrecht betreffen kann. § 17 Abs. 1 ZVG muss zusammen mit den Bestimmungen der §§ 873 ff. BGB betrachtet werden, namentlich auch im Kontext mit § 891 BGB über die – wenn auch widerlegbare – Vermutung der Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Berechtigten.1) Ihre Fortsetzung findet diese Struktur dogmatisch in den Bestimmungen über den gutgläubigen Erwerb nach Maßgabe der §§ 892 ff. BGB. Daraus ergibt sich das Bedürfnis, dass auch im förmlichen Vollstreckungsverfahren diese Erwägungen Eingang finden, sodass das Vollstreckungsgericht keine materiellrechtliche Prüfung der Eigentümerposition anzustellen hat, sondern allein die grundbuchrechtliche Lage hinreichend, aber naturgemäß auch erforderlich ist.2) In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, dass Basis der Versteigerung des Weiteren die Anlage eines Grundbuchblattes des betroffenen Grundbesitzes ist. Diese selbstverständliche Voraussetzung ist dann nicht gegeben, wenn der spätere Vollstreckungsschuldner ein erst noch aus einem anderen Grundstück heraus zu messendes Teilgrundstück erwirbt, das dann erst Grundstücksqualität erreicht, wenn ein Grundbuchblatt angelegt und der Erwerber und spätere Vollstreckungsschuldner dort als Eigentümer eingetragen ist. Komplex _____________ 1) 2)

244

Palandt/Bassenge, BGB, § 891 Rz. 1. Siehe zu der Problematik schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 17 Rz. 1; Böttcher, ZVG, § 17 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 1 f.; Löhnig/Bluhm, ZVG, § 17 Rz. 3.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

wird die Situation, wenn Ansprüche aus solchen Verträgen weiter übertragen werden und schließlich Irrtümer bei der Anlage und Eintragung zu Abweichungen der materiellen Rechtslage von der Grundbuchlage führen. In dem Falle des (noch) nicht angelegten Grundbuchs soll der Vollstreckungsgläubiger mittels seines Titels zunächst über § 14 GBO i. V. m. § 3 Abs. 1 GBO die Eintragung im Grundbuch betreiben,3) ein in der Praxis eher mühsames und nicht zwingend erfolgversprechendes Vorgehen. Hier empfiehlt sich für den Gläubiger eher der Insolvenzantrag gegen seinen Schuldner anstelle der Immobiliarvollstreckung in ein noch nicht existentes Grundstück, soweit nicht sichergestellt ist, dass er an dem neu einzutragenden Grundbesitz ein (insolvenzfestes) Grundpfandrecht erwerben wird. Der Weg über die §§ 3, 14 GBO steht in allen Fällen offen, in denen der Vollstreckungsschuldner (noch) nicht eingetragen ist, aber materiellrechtlich einzutragen wäre. 2.

Die Position als Erbe gemäß § 17 Abs. 1 Alt. 2 ZVG

Der Eigentümerposition steht folgerichtig die Position des Erben des eingetragenen Schuldners gleich, § 17 Abs. 1 Halbs. 2, Alt. 2 ZVG i. V. m. § 17 Abs. 3 ZVG. Die Vollstreckung betrifft diejenige gegen den Erben als Schuldner in den betroffenen Grundbesitz, wobei der Gläubiger sowohl dinglich Berechtigter als auch Inhaber eines persönlichen Titels gegen den Erben sein kann. Es kann aber auch die Vollstreckung gegen den Erblasser in Nachlassschulden berührt sein (§ 1967 BGB), denn der Erbe haftet für dieselben. Der Umstand, dass gegen den Erben in das Grundstück vollstreckt werden kann, folgt ohne Weiteres aus der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB. Eine wesentliche Ausnahme gilt für die Erbengemeinschaft als Erbe, deren Mitglieder zwar nach § 2058 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten gesamtschuldnerisch haften, sodass die Verfolgung von Nachlassverbindlichkeiten in den Grundbesitz unproblematisch ist. Die Durchsetzung von Forderungen gegen den einzelnen Erben, insbesondere aus mit dem Nachlass nicht im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten in den Grundbesitz, der Gegenstand des Nachlasses ist, scheidet jedoch vor Teilung und Zuordnung an den Erben als Schuldner aus. Der Erbanteil des einzelnen Erben ist zwar pfändbar (§§ 859, 857 ZPO),4) aber der Miterbe ist wie bei jeder Gesamthand nicht befugt, über einzelne Vermögensgegenstände derselben zu verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB), sodass auch die Vollstreckung in einzelne Nachlassgegenstände durch den Gläubiger des Miterben ausscheidet.5) Strukturell ist hiervon der Nachweis der Erbfolge zu unterscheiden, den § 17 Abs. 3 ZVG regelt. Die Formulierung, dass die Versteigerung _____________ 3)

4) 5)

Löhnig/Bluhm, ZVG, § 17 Rz. 3. Vgl. im Einzelnen die Kommentierung des § 14 GOB in den einschlägigen Kommentaren zur GBO. Praxisrelevant ist das in den Fällen der Vollstreckung gegen die GbR mit ihrem oft wechselnden Gesellschafterbestand geworden, siehe OLG Schleswig, Beschl. v. 6.4.2011 – 2 W 60/10, juris = Rpfleger 2011, 368 ff. = NJW-RR 2011, 1033 ff., das § 14 GBO (mangels Titels gegen die eingetragenen Gesellschafter) analog angewandt hat. Nach Inkrafttreten des § 899a BGB, flankiert durch § 47 Abs. 2 Satz 2 GBO, eingeführt durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) v. 11.8.2009, BGBl. I, 2009, 2713 ff., hat sich die Lage entspannt; siehe dazu auch die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 21 EG BGB. Zöller/Stöber, § 859 Rz. 16. Palandt/Weidlich, BGB, § 2033 Rz. 19 m. w. N.; § 2032 Rz. 1 m. w. N.

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2

§ 17

Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

auch gegen den Erben „des eingetragenen Eigentümers“ zulässig ist, belegt, dass nicht nur die Erbenposition nach § 17 Abs. 3 ZVG glaubhaft zu machen ist oder offenkundig sein muss, sondern dass der Erblasser selbst als Eigentümer eingetragen sein muss (vgl. zum Nachweis § 17 Abs. 2 ZVG, der im Rahmen des § 17 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 2 ZVG ebenfalls heranzuziehen ist). 3

Nach Sinn und Zweck der Bestimmung des § 17 Abs. 1 ZVG zum Erben muss die Norm auch dann greifen, wenn der Erbe eines Erben betroffen ist („ErbeserbenThematik“).6) II. Reichweite des § 17 ZVG und das Verhältnis zwischen Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 1.

4

2. 5

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte

Als Norm des Ersten Abschnitts im Zweiten Titel des ZVG ist § 17 ZVG in allen Versteigerungsfällen unter dem ZVG anzuwenden, soweit nicht spezifische Sonderregelungen bestehen. Erfasst sind damit Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, also einschließlich des Wohnungs- und Teileigentums nach dem WEG und Erbbaurechte (§ 11 ErbbauRG, auch Wohnungs- und Teileigentumserbbaurechte, §§ 1 Abs. 6, 30 WEG) sowie die in der Praxis außerordentlich wichtigen ideellen Miteigentumsanteile (§§ 1008 ff. BGB, „Bruchteilseigentum“; §§ 741 ff. BGB, § 864 Abs. 2 ZPO).7) Betroffene Versteigerungsverfahren und Besonderheiten

Verfahrensbezogen ist § 17 ZVG somit anzuwenden auf: –

Die Vollstreckungsversteigerung des Gläubigers.



Die Insolvenzverwalterversteigerung (Folge der Verweisung in § 172 ZVG). Versteigert ein Gläubiger aus einem dinglichen Titel (dies ermöglicht § 49 InsO) gegen den Insolvenzverwalter, muss dieser Titel gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes lauten. Nach Erledigung des Insolvenzverfahrens ist die gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Klausel auf den früheren Insolvenzschuldner umzuschreiben.8) Gleichwohl ist der Insolvenzverwalter nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, wenn auch der Insolvenzvermerk (§ 32 Abs. 1 InsO) zur Massesicherung daraus erkennbar ist; der Schuldner bleibt Eigentümer.9)

_____________ 6) 7)

8) 9)

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Stöber, ZVG, § 17 Rz. 4. Palandt/Basssenge, BGB, § 1008 Rz. 1; entgegen Löhnig/Bluhm, ZVG, § 17 Rz. 4, ist für die Praxis festzuhalten, dass Ehepartner bei gemeinsamem selbstgenutzten Grundbesitz praktisch immer, nicht nur „häufig“, zu je ½ MEA eingetragen sind. Ehegatten, die gewerblich Immobilienvermietung oder -handel gemeinsam betreiben, bilden andererseits nicht selten eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, und zwar nach Praxisbeobachtungen wohl für jede Immobilie gesondert eine eigene Gesellschaft. Solche und ähnliche personenidentischen BGB-Gesellschaften führen, insbesondere an ein- und demselben Ort und bei Eintragung unter derselben Bezeichnung bezüglich verschiedener Immobilien, ungeachtet der § 47 GBO n. F. und des § 899a BGB, tendenziell zu erheblichen Verwerfungen für den Gläubiger. Zöller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18 m. w. N. HK-InsO/Kayser, § 80 Rz. 19.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17



Die Nachlassversteigerung (vgl. § 176 ZVG).



Die Teilungsversteigerung (vgl. 180 ZVG mit der abweichenden Regelung des § 181 Abs. 2 ZVG). Danach muss der Antragsteller der Teilungsversteigerung Eigentümer sein oder Erbe eines eingetragenen Eigentümers oder „Erbeserbe“ bzw. er muss alternativ das „Recht des Eigentümers oder des Erben auf Aufhebung der Gemeinschaft“ ausüben.10) Eine Besonderheit gilt für den Vormund bzw. Betreuer eines Miteigentümers, die der Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts bedürfen (§ 181 Abs. 2 Satz 2 ZVG). § 181 Satz Abs. 2 Satz 1 ZVG ergänzt § 17 ZVG auf der Ebene des Antragstellers. § 181 Abs. 2 Satz 2 ZVG weist keinen Zusammenhang mit § 17 ZVG auf.



Die Versteigerung von eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (§§ 162, 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG) mit dem Schiffs- und Schiffsbauregister anstelle des Grundbuchs. Allerdings gibt es wesentliche Ausnahmen. (1) Die eine Ausnahme betrifft im inländischen Register eingetragene Binnenschiffe, bei denen § 17 ZVG unanwendbar ist, wenn sich anderes aus dem Binnenschifffahrtsgesetz11) ergibt (§ 164 Halbs. 1 Alt. 2 ZVG); zum Schiffseigner siehe § 1 BinSchG. Schlüsselnorm ist § 103 BinSchG, wonach die Schiffsgläubiger mit ihren spezifischen Ansprüchen ein Pfandrecht an dem Schiff nebst Zubehör haben (vgl. die §§ 102, 103 BinSchG). Dieses Recht wird durch Zwangsvollstreckung durchgesetzt (vgl. § 103 Abs. 3 BinSchG, §§ 864, 870a ZPO). § 103 Abs. 2 ZVG ermöglicht dann die Anordnung der Versteigerung gegen „jeden dritten Besitzer des Schiffes“, die der Eigentümer (Schiffseigner) zu dulden hat.12) Die Duldungsklage kann dem Schiffer (= Schiffsführer) zugestellt werden, § 619 HGB n. F. (2) Eine parallele Ausnahme besteht im Seehandelsrecht für im inländischen Register eingetragene Seeschiffe. Die Schiffsgläubiger mit ihren „gesicherten Forderungen“ (vgl. § 596 HGB n. F.) haben auch hier ein Pfandrecht an dem Schiff, das sie gegen „jeden Besitzer „verfolgen können (vgl. §§ 597, 598 HGB n. F.). Die Durchsetzung erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 601 Abs. 1 HGB n. F., 864 ZPO), u. a. mit der Besonderheit des § 870a Abs. 1 Satz 2 ZPO n. F., wonach die Anordnung der Versteigerung in ein auf der Reise befindliches Seeschiff nicht zulässig ist.13) Die Duldungsklage kann gegen den Eigentümer (bzw. Reeder, siehe § 476 HGB n. F.) und auch gegen den Schiffsausrüster gerichtet werden,

_____________ 10) Siehe dazu im Einzelnen § 181 Rz. 1 f. [Popp]. 11) Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt (BinSchG) v. 15.6.1896, BGBl. III 4103-1, i. d. F. v. 21.4.1986, BGBl. I 1986, 551 bis zur Fassung d. Art. 5 d. Gesetzes v. 20.4.2013, BGBl. I, 2013, 831. 12) Siehe BGH, Urt. v. 16.12.1996 – II ZR 268/95, juris Rz. 9 = NJW-RR 1997, 538 f.; OLG Hamburg, Urt. v. 6.12.2012 – 6 U 182/11, juris Rz. 26 ff. = Recht der Transportwirtschaft 2013, 144 ff. 13) Die zit. Neufassung betrifft das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts des HGB v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff.; HGB i. d. F. bis zum Gesetz v. 4.10.2013, BGBl. I 2013, 3746.

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der das ihm nicht gehörende Schiff „zum Erwerb durch Seefahrt“ betreibt (§§ 477 Abs. 1, 601 Abs. 2 HGB n. F.). § 601 Abs. 3 Satz 1 HGB n. F. entspricht § 891 BGB. Die Duldungsklage kann dem Schiffskapitän zugestellt werden. (3) Eine weitere Ausnahme betrifft die Versteigerung ausländischer Schiffe gemäß § 171 ZVG, die zunächst voraussetzt, dass das Schiff, wäre es ein deutsches Schiff, ins Schiffsregister eintragungspflichtig wäre, soweit nicht Sonderregelungen in § 171 ZVG dagegen stehen. § 171 Abs. 2 Satz 2 setzt für die Anordnung der Versteigerung voraus, dass der Schuldner das Schiff in Eigenbesitz hat, vorbehaltlich der Sonderregelungen im HGB oder im BinSchG (siehe oben). § 870a ZPO stellt seit der Reform des Seehandelsrechts (2013) klar, dass Seeschiffe generell erst versteigert werden können, wenn sie in einem inländischen Hafen liegen. Ausländische Schiffe, ob Binnen- oder Seeschiffe, unterliegen der Zwangsvollstreckung nicht, wenn sie öffentlich-rechtlichen Zwecken gewidmet sind, da dann die Staatenimmunität gegen Vollstreckungsmaßnahmen eingreift.14) –

6

Die Versteigerung von in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen; die Rolle des Grundbuchs übernimmt hier das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (§§ 171a, 171b Abs. 2 ZVG).

§ 17 ZVG ist auch auf das Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden (§ 146 Abs. 1 ZVG). Der wichtigste Ausnahmefall von § 17 Abs. 1 ZVG in der Zwangsverwaltung findet sich in § 147 Abs. 1 ZVG, wonach die Zwangsverwaltung auch gegen den Eigenbesitzer durchgeführt werden kann, obwohl dieser nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Voraussetzung ist die Vollstreckung aus einem dinglichen Recht im Grundbuch (Grundpfandrecht, Reallast).15) Eigenbesitz, § 872 BGB, setzt die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft voraus sowie den Willen, die Sache (hier den Grundbesitz) wie ein Eigentümer zu besitzen.16) 3.

Besonderheiten der Eigentümerposition und Ausnahmen von dem Eintragungserfordernis des § 17 Abs. 1 ZVG

a) Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts 7

Wie oben erwähnt, bereitet die BGB-Gesellschaft besondere Probleme, da sie zum einen längst als (partiell) rechtsfähig, nämlich als „Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit“ identifiziert worden war, bevor die Grundbuchfähigkeit mit dem ERVGBG hergestellt wurde und weil die Probleme des sich ggf. ständig ändernden Gesellschafterbestands zu bewältigen sind. Der Wechsel der Gesellschafterposition durch Abtretung, §§ 398 ff. BGB, vollzieht sich materiellrechtlich außerhalb des Grundbuchs. Hinzu kommt, dass die BGB-Gesellschaft für die Grundbucheintragung _____________ 14) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171 Rz. 6; Cranshaw, Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Kommunen, Rz. 81 ff., 89. 15) Löhnig/Bäuerle, ZVG, § 147 Rz. 3 ff. 16) Löhnig/Bäuerle, ZVG, § 147 Rz. 2; Hinweis auf BGH, Urt. v. 29.3.1996 – V ZR 326/94, juris Rz. 26 = BGHZ 132, 245 ff. = ZIP 1996, 1059 ff., zur Verneinung von Eigenbesitz im bürgerlich-rechtlichen Sinne für das vormalige Volkseigentum in der DDR.

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ihre Identität nachzuweisen hat,17) ein Problem, das sogar bei Gesellschafteridentität auftritt, wobei aber nicht erkennbar ist, ob nun dieselbe BGB-Gesellschaft erwirbt oder die Gesellschafter eine weitere BGB-Gesellschaft gegründet haben, wofür beim Erwerb voneinander unabhängiger Grundstücke vieles sprechen mag. § 899a BGB hilft insoweit weiter, als widerlegbar vermutet wird, die nach § 47 GBO eingetragenen Gesellschafter hätten diese Rechtsposition inne und es gebe darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter. Die Judikatur des BGH hat für die Eigentumsumschreibung auf die BGB-Gesellschaft die Erklärungen der beteiligten Gesellschafter im notariellen Kaufvertrag über die rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft ausreichen lassen.18) Gegen das Identitätsproblem leisten § 899a BGB bzw. die zitierte Rechtsprechung keine Hilfestellung; diese Problematik ist durch Eintragung des in den notariellen Verträgen meist gewählten Namens und des Sitzes der Gesellschaft zu lösen (§ 15 Abs. 1 lit. c) GBV). b) Grundbesitz ohne Eigentümer („herrenlose Grundstücke“) und Versteigerung Die in der Literatur aufgeführten Fragestellungen zum eigentümerlosen Grundbesitz sind nachvollziehbar außergewöhnlich selten. Der einzige Anwendungsfall ist die Dereliktion nach § 928 Abs. 1 BGB, die dem weichenden Eigentümer keinen Vorteil bringt, insbesondere kann er sich dadurch nicht öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen entziehen, z. B. im Hinblick auf ökologische Altlasten, für die er mindestens als Verhaltensstörer trotz zivilrechtlich wirksamer Dereliktion haftet.19) Das Aneignungsrecht des Fiskus gemäß § 928 Abs. 2 BGB wird dieser nur dann ausüben, wenn er ohnehin die öffentlich-rechtlich gebotene Beseitigung bestehender Altlasten aus wirtschaftlichen Gründen selbst finanzieren müsste. In derartigen Fällen wird auch die weiter bestehende Haftung für die dinglichen Lasten seitens der Gläubiger im Allgemeinen aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr aufgegriffen werden. Die Eigentumsaufgabe von ideellen Miteigentumsanteilen (und damit auch des Sondereigentums nach dem WEG, siehe oben) ist nach der Judikatur des BGH aber unzulässig.20)

8

Auf die Problematik, dass vom Vollstreckungsgericht auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers zur Ermöglichung der Vollstreckung ein Vertreter nach § 787 ZPO zu bestellen ist, der die Rechte und Pflichten aus dem Eigentum bis zur Eintragung eines neuen Eigentümers im Zwangsvollstreckungsverfahren wahrnimmt, wird es nur dann ankommen, wenn der Gläubiger Interesse an der Versteigerung _____________

9

17) BGH, Beschl. v. 12.8.2011 – V ZB 113/11, NJW-RR 2012, 86 f. 18) Palandt/Bassenge, BGB, § 899a Rz. 5 – 8; vgl. BGH, Beschl. v. 28.4.2011 – V ZB 232/10, juris bzw. den Parallelbeschl. v. 28.4.2011 – V ZB 234/10, juris. 19) Vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, § 928 Rz. 1 m. w. N. Siehe auch Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, Rz. 6 („herrenloses Grundstück“). Hintzen weist zu Recht auf die Unzulässigkeit der Dereliktion von Wohnungs- (und Teileigentum) als Folge des § 11 WEG hin. 20) BGH, Beschl. v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, ZfIR 2008, 19 = BGHZ 172, 209 ff. = Rpfleger 2007, 457; BGH, Urt. v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, BGHZ 115, 1 ff., 7. Der BGH meint, die Eigentumsaufgabe stehe in diesen Fällen nicht „mit den […] sachen- und schuldrechtlichen Regelungen über das Miteigentum an Grundstücken in Einklang“, BGHZ 172, 209 ff., 213 Rz. 10 ff.

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des eben meist problembeladenen Grundstücks hat und die Kosten und Risiken für den Vertreter trägt.21) 10

Ein entsprechendes Problem generiert § 7 SchiffsRG, der ebenfalls die Dereliktion ermöglicht. Die Parallele zu den Grundstücken stellt § 58 Abs. 2 ZPO bzw. § 787 Abs. 2 ZPO her. Die Wahrscheinlichkeit, dass in solchen bislang wohl kaum praktisch gewordenen Fällen ein Gläubiger kosten- und risikoträchtige Bemühungen entfaltet, erscheinen doch sehr gering, es sei denn es geht um die Herstellung einer rechtlichen Grundlage, um das Abwracken zu ermöglichen.

11

Mangels Eintragung eines Eigentümers scheidet in allen diesen Fällen die Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung wegen einer „persönlichen“ Forderung aus den Gründen des § 17 Abs. 1 ZVG aus. Bei der Durchsetzung eines dinglichen Rechts geht es aber um die Haftung des Grundbesitzes, nicht um die persönliche Schuld des früheren Eigentümers. Daher ist in diesen letzteren Fällen die Vollstreckung aufgrund des jeweils bestehenden Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung möglich (vgl. für die Grundpfandrechte und die Reallast § 1147 BGB), wenn man sich dazu des Instrumentariums des § 787 ZPO bedient.

12

Ist das Aneignungsrecht ausgeübt worden, ist gleichfalls nur der Inhaber des dinglichen Rechts in der Lage, die Vollstreckung durchzusetzen. Die Vollstreckungsklausel ist nach § 727 ZPO gegen den Aneignungsberechtigten zu erteilen. Der persönliche Gläubiger kann seine Forderung auch dann nicht mehr durch Vollstreckung in den Grundbesitz verfolgen. c) Die Vollstreckung in Anfechtungsfällen nach Anfechtungsgesetz und Insolvenzordnung

13

In der Kommentarliteratur wird unter den Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz des § 17 Abs. 1 ZVG auch die Anfechtung der Übertragung des Eigentums nach dem Anfechtungsgesetz bzw. der Insolvenzordnung angesprochen.22) Wenn § 17 Abs. 1 ZVG die Eintragung des Vollstreckungsschuldners als Eigentümer im Grundbuch fordert, so stellt das Anfechtungsrecht keine Ausnahme hiervon dar. Die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz ist auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den anfechtbar übertragenen Grundbesitz wegen der Forderung des Gläubigers gegen den ursprünglichen Schuldner gerichtet, der sich des Grundbesitzes anfechtbar entäußert hat.23) Vollstreckungsschuldner des Anfechtungsurteils ist aber der Anfechtungsschuldner, der den Grundbesitz erworben hat und der im Grundbuch eingetragen ist (wohl einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung) Die Vollstreckung richtet sich nicht gegen den früheren Eigentümer und _____________ 21) Siehe dazu Zöller/Stöber, ZPO, § 787 Rz. 1 unter Hinweis auf die Bestellung des Prozesspflegers durch das Prozessgericht nach § 58 ZPO in den Fällen des herrenlosen Grundstücks. Der Pfleger könne dann auch als Vertreter nach § 787 ZPO tätig werden, gegen den sich die Versteigerung (ohne Eintragung) richtet. Ebenso Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, Rz. 8. 22) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 17 Rz. 13 f. m. w. N., Böttcher, ZVG, § 17 Rz. 4 unter Hinweis auf reichsgerichtliche Rechtsprechung, u. a. RG, Urt. v. 29.10.1907 – Rep. VII 44/07, RGZ 67, 20 ff., 22 m. w. N. 23) Vgl. zur Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs Cranshaw/Hinkel-Cranshaw, AnfG, § 11 S. 194 f., Rz. 9 f.

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Schuldner der Vollstreckungsforderung, § 17 Abs. 1 ZVG ist überhaupt nicht berührt. Der dingliche Gläubiger kann sein Recht aber ohnedies ohne jede Anfechtung verfolgen, er muss „lediglich“ die Klauselerteilung gegen den neuen Eigentümer gemäß § 727 ZPO bewirken. Die etwas andere Konstruktion der Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO hat als Rechtsfolge des anfechtbaren Eigentumserwerbs die Rückgewähr des Eigentums in Natur zur Masse zum Gegenstand, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO; dabei handelt es sich um einen schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruch. Der Insolvenzverwalter (bzw. Sachwalter, vgl. § 280 InsO) hat hier zwei Alternativen. Er kann auf Rückgewähr des Eigentums klagen, dann ist der Schuldner als Folge des erfolgreich gewonnenen Anfechtungsprozesses wieder im Grundbuch einzutragen.24) Die Insolvenzverwalterversteigerung kann erst beginnen, wenn die Wiedereintragung vollzogen ist (§§ 172, 17 Abs. 1 ZVG). Der Insolvenzverwalter kann aber im Rahmen der Anfechtungsklage prozessual auch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Anfechtungsbeklagten als neuen Eigentümer klagen, der wiederum im Grundbuch eingetragen ist, sodass im Ergebnis § 17 Abs. 1 ZVG erfüllt ist. Der Verwalter kann also auch so vorgehen wie der Anfechtungsberechtigte nach dem Anfechtungsgesetz.25)

14

Die Rechtsposition des dinglichen Gläubigers bleibt auch bei dieser Konstellation unberührt: Gegen den neuen Eigentümer und Anfechtungsgegner (im Verhältnis zum Insolvenzverwalter) kann er als Folge des Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung ohne Weiteres die Zwangsversteigerung (bzw. Zwangsverwaltung) betreiben. Mit dem Anfechtungsrechtsstreit des Insolvenzverwalters hat er nichts zu tun. Hat der Gläubiger einen Duldungstitel gegen den ursprünglichen Eigentümer in Händen, muss er zunächst die Klauselumschreibung (§ 727 ZPO) gegen den neuen Eigentümer verfolgen. Wird der Schuldner nach gewonnenem Anfechtungsprozess des Insolvenzverwalters wieder eingetragen, so tangiert das die laufende Vollstreckungsversteigerung des dinglichen Gläubigers gleichfalls nicht (Folge aus § 49 InsO).

15

Bei anfechtbar weggegebenem Miteigentum ist die Duldung der Zwangsvollstreckung auf den gesamten Grundbesitz gerichtet, wobei der Gläubiger Befriedigung nur aus dem Teil des Steigerlöses fordern kann, der auf den anfechtbar übertragenen Anteil entfällt. Auch hier ist § 17 Abs. 1 ZVG nicht berührt, wenn man von der Alternative des Vollzugs der Rückübertragung des Eigentums in Natur auf den Insolvenzschuldner absieht.

16

_____________ 24) Es handelt sich dabei nicht um eine Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB), denn der Anfechtungsgegner ist im Allgemeinen zivilrechtlich wirksam Eigentümer geworden. 25) Siehe HK-InsO/Kreft, § 143 Rz. 6, 11 m. w. N.; BGH, Urt. v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, BGHZ 90, 207 ff., Ls. b), anfechtbare Übertragung eines Miteigentumsanteils, ebenso BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 245/06, ZIP 2008, 2136 ff. = ZInsO 2008, 910 ff.

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d) Anfechtung der Eigentumsübertragung nach bürgerlichem Recht gemäß §§ 119 ff., 141 Abs. 1 BGB 17

In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Anfechtung nach bürgerlichem Recht eine Grundbuchberichtigung notwendig ist.26) Die Versteigerung kann erst beginnen, wenn der Vollstreckungsschuldner wieder im Wege der Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) eingetragen wurde;27) § 17 Abs. 1 ZVG ist dann erfüllt. Grund ist die Nichtigkeit der anfechtbaren Eigentumsübertragung (§ 142 Abs. 1 BGB). Diese Konstellation ist indes aufgrund des Abstraktionsprinzips auf die extrem seltenen Fälle der „Fehleridentität“ beschränkt.28) e) Neuordnung ländlichen Grundbesitzes im Interesse der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sowie der Landeskultur und Landesentwicklung

18

Eine Schnittstelle zwischen § 17 Abs. 1 ZVG und den Regelungen des Flurbereinigungsgesetzes (FlurBG)29), dessen Gegenstand die in der vorstehenden Überschrift genannten Zielsetzungen sind, besteht in mehrfacher Hinsicht. Gegenstand des Flurbereinigungsverfahrens ist die öffentlich-rechtliche Neuordnung der Eigentümerstrukturen im Wesentlichen land- und forstwirtschaftlicher Nutzungsflächen (auch nur verpachteter),30) insbesondere durch Flächenzusammenlegungen, sodass im Kern der Flurbereinigung, sachen- und grundbuchrechtlich betrachtet, eine Fülle von Eigentumsänderungen im Flurbereinigungsgebiet steht. Hinzu kommen Flächen, die für „gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen“ benötigt werden. Das Flurbereinigungsverfahren dauert zudem regelmäßig Jahre von Beginn bis zum Abschluss. Die Schnittstelle zwischen Flurbereinigung und Zwangsversteigerung berührt demgemäß die Immobiliarvollstreckung in land- bzw. forstwirtschaftlich ausgewiesene Grundstücke. Ein Gläubiger wird abwägen, inwieweit er beantragt, der Flurbereinigung unterworfene Grundstücke wegen seiner Forderungen zu versteigern.

19

Die Beteiligten an der Flurbereinigung ergeben sich aus den Grundbuchdaten über die Eigentümer im Flurbereinigungsgebiet (§§ 10 Nr. 1, 11, 12 Abs. 1 FlurBG). Das Grundbuchamt wird von der Flurbereinigungsbehörde über wesentliche Daten des Verfahrens unterrichtet (§ 12 Abs. 2 FlurBG). Umgekehrt informiert das Grundbuchamt die Flurbereinigungsbehörde von allen Grundbucheintragungen (§ 12 _____________ 26) Böttcher, ZVG, § 17 Rz. 4. 27) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 16; anders als in den Anfechtungsfällen nach AnfG und InsO hat der Gegner der Anfechtung in den Fällen der §§ 119, 123 BGB niemals das Eigentum rechtswirksam erworben (§ 142 Abs. 1 BGB). 28) Vgl., auch zur Begrifflichkeit, Palandt/Ellenberger, BGB, Überbl. v. § 104 Rz. 22 f. 29) FlurBG v. 14.7.1953 i. d. F. d. Bekanntmachung v. 16.3.1976, BGBl. I 1976, 546 bis zur Fassung d. Art. 17 d. Gesetzes v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794; zu den Zielen siehe § 1 FlurBG. 30) Siehe zur Einbeziehung auch anderer Flächen in die Flurbereinigung, z. B. Sportanlagen, Hof- und Gebäudeflächen, Gärtnereien, dem Bergrecht unterliegende Betriebe, Energieversorgungsanlagen § 45 Abs. 1 FlurBG. Damit können auch Gläubiger mit Grundpfandrechten auf einem Golfplatz, den Grundstücken eines gärtnerischen Betriebs oder einer Anlage zur Förderung erneuerbarer Energien (Wind, Solaranlage) tendenziell vom FlurBG berührt sein.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

Abs. 3 FlurBG) bis zur sog. Schlussfeststellung, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen ist (Einzelheiten siehe § 149 FlurBG). Ergebnis der Flurbereinigung ist der Flurbereinigungsplan (§ 58 FlurBG), der Rechtsverhältnisse und Land- bzw. Geldabfindungen für verloren gehenden Grundbesitz regelt. Nach Bestandskraft des Plans wird seine Ausführung angeordnet (§§ 61 ff. FlurBG). Der „neue Rechtszustand“, der den bisherigen ersetzt, wird wirksam mit dem Zeitpunkt, den die Ausführungsanordnung bestimmt, § 61 Satz 2 FlurBG; dieser wird öffentlich bekanntgemacht (vgl. §§ 62 Abs. 1; 110 FlurBG), u. a. im Internet31). Materiellrechtlich tritt die „Landabfindung“ (§ 44 FlurBG) an die „Stelle der alten Grundstücke“, § 66 Abs. 1 FlurBG, der sog. „Einlagegrundstücke“. Erst danach sind die „öffentlichen Bücher zu berichtigen“, § 79 ff. FlurBG. Für das Grundbuch sind die §§ 80 – 83 FlurBG über die Voraussetzungen der Grundbuchberichtigung maßgeblich. Der Eigentumswechsel vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs aufgrund Verwaltungsaktes, sodass zwischen der Bestandskraft des Flurbereinigungsplans, dem Zeitpunkt seiner Ausführung nach der Ausführungsanordnung (bzw. der vorzeitigen Ausführungsanordnung nach § 63 Abs. 1 FlurBG) und dem Vollzug der Berichtigung im Grundbuch zeitliche Lücken klaffen. § 17 Abs. 1 ZVG ist insoweit nicht eingehalten, als der Vollstreckungsschuldner materiell nicht mehr Eigentümer des Einlagegrundstückes ist, aber noch Bucheigentümer, während er bei der Landabfindung nach dem Surrogationsprinzip des § 68 FlurBG materiell Eigentümer des Abfindungsgrundstücks ist, aber nicht Bucheigentümer.32) Ist kein Ersatzgrundstück zugewiesen, werden die Grundpfandgläubiger und die Gläubiger bestimmter öffentlicher Lasten auf den Geldabfindungsanspruch verwiesen (§ 72 FlurBG). Den Schutz der Inhaber der Rechte bewirkt § 53 Abs. 2 FlurBG mit der Übernahme der persönlichen Schuld des Eigentümers durch die Teilnehmergemeinschaft und deren Befriedigung aus dem Betrag der Geldabfindung, der nicht an den Eigentümer ausbezahlt wird, soweit man ihn für die eingetragenen Gläubiger benötigt. Die Ausführungsanordnung hat keine rechtliche Grundbuchsperre zur Konsequenz, wohl aber eine tatsächliche, denn die außerhalb des Grundbuchs bewirkte Rechtsänderung kann erst nach dem Grundbuchberichtigungsersuchen der Flurbereinigungsbehörde eingetragen werden (§ 79 FlurGB).33) Der Surrogationsgrundsatz des § 68 FlurBG hat zugleich zur Konsequenz, dass auch nach Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens die Versteigerung der Einlagegrundstücke angeordnet werden kann (bis zur Rechtsänderung), da der „Alteigentümer“ im Grundbuch eingetragen ist (die Regelung über die Eintragung des Erben gilt selbstverständlich in derselben Weise).34) Beteiligt am Flurbereinigungsverfahren sind u. a. die im Grundbuch eingetragenen Gläubiger (siehe im Einzelnen § 10 _____________ 31) Vgl. nur als beliebiges Beispiel die Bekanntmachung des in Rheinland-Pfalz zuständigen Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum v. 20.1.2012 zu einer Flurbereinigung „Maikammer X“ im Internet, parallel zu der im Gesetz vorgeschriebenen Bekanntmachung in den Gemeindeblättern der betroffenen und der angrenzenden Gemeinden, verfügbar (Stand: 20.10.2013) unter http://www.dlr-rheinpfalz.rlp.de/Internet/lew/…. 32) Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.9.2011 – 20 W 458/00, Rpfleger 2002, 73 = DRspNr. 2001/16428; Amtslöschung eines Nießbrauchs bei dessen Eintragung am Einlagegrundstück nach Ausführungsanordnung. 33) OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.9.2011 – 20 W 458/00, DRsp Nr. 2001/16428 Rz. 7. 34) Stöber, ZVG, § 17 Rz. 3.6.

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§ 17

Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

Nr. 2 lit. d) FlurBG) sowie weitere Berechtigte, die insbesondere nach den Eintragungen im Grundbuch ermittelt werden (§§ 11, 12 ff. FlurBG) und die das Verfahren so hinnehmen müssen, wie sie es bei Erwerb ihrer Rechtsposition vorfinden (§ 15 FlurBG). f) 20

Städtebauliche Neuordnung

Neben der Neuordnung landwirtschaftlicher und ähnlicher Flächen nach dem FlurBG steht die städtebauliche Neustrukturierung durch Umlegung gemäß §§ 45 ff. BauGB.35) Mit der Flurbereinigung bestehen auf den jeweiligen Gemeindegebieten ggf. erhebliche Schnittstellen, sodass beide Regelwerke zu beachten sind (siehe nur beispielsweise § 187 Abs. 2, 3, §§ 188 ff. BauGB; ggf. Einleitung einer Flurbereinigung im Kontext eines kommunalen Bauleitplanes). Vgl. auch die zulässige Übertragung der Durchführung der Umlegung auf die Flurbereinigungsbehörde, § 46 Abs. 4 BauGB). Der weichende Eigentümer des in die Umlegung einbezogenen Grundbesitzes erhält eine Zuteilung aus den in die Umlegungsmasse (Verteilungsmasse) eingeworfenen Grundstücken oder einen Ausgleich in Geld (§ 59 BauGB) bzw. in Grundstücken, ideellen Miteigentumsanteilen oder (beliebigen) dinglichen Rechten; Letzteres innerhalb oder außerhalb des Umlegungsgebiets (§ 59 Abs. 4 BauGB). Rechtsänderungen werden durch den Umlegungsplan bewirkt (§ 61 ff. BauGB). Wie im FlurBG treten die neu zugeteilten Grundstücke an die Stelle der Einwurfgrundstücke (vgl. dazu und zu Geldabfindungen die §§ 63 ff. BauGB). Die Rechtsänderung wird mit der ortsüblichen Bekanntmachung darüber, wann der Umlegungsplan bestandskräftig geworden ist, wirksam (§§ 72 Abs. 1, 71 BauGB). Die Umlegungsstelle der Gemeinde ersucht u. a. das Grundbuchamt, die notwendige Grundbuchberichtigung vorzunehmen, § 74 Abs. 1 BauGB. Auch die Umlegung vollzieht sich durch einen Eigentumswechsel außerhalb des Grundbuchs, die Thematik ist gesetzessystematisch konsequent dieselbe wie bei der Flurbereinigung. Die Versteigerung wird durch die Umlegung nicht behindert, der Vollstreckungsschuldner muss eingetragener Eigentümer der Einwurfgrundstücke zum Zeitpunkt der Einleitung der Umlegung sein (vgl. § 47 BauGB).36) g) Ersteher als Zwangsversteigerungsschuldner gemäß § 133 InsO

21

Zahlt der Ersteher nicht das Bargebot, wird die Forderung gegen ihn nach § 118 Abs. 1 ZVG auf „die Berechtigten übertragen“. Die Befriedigungsfiktion des § 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG tritt jedoch nicht ein, wenn der Berechtigte fristgerecht nach § 118 Abs. 2 Satz 2 ZVG die Wiederversteigerung37) beantragt. Auch hier besteht eine Schnittstelle zu § 17 ZVG insoweit, als es nach § 133 Satz 2 ZVG des Zeugnisses des Grundbuchamtes nach § 17 Abs. 2 ZVG nur bedarf, wenn das Grundbuchamt noch nicht um Eintragung des Erstehers als Eigentümer gemäß § 130 Abs. 1 ZVG ersucht worden ist. Zugleich folgt aus § 133 Satz 1 Halbs. 2 ZVG, dass es der _____________ 35) Baugesetzbuch i. d. F. d. Bekanntmachung v. 23.9.2004, BGBl. I 2004, 2414 bis zur Fassung d. Gesetzes v. 15.7.2014, BGBl. I 2014, 954. 36) Vgl. Stöber, ZVG, § 17 Rz. 3.7. 37) Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2, spricht zutreffend von „Wiedervollstreckung“, der Terminus „Wiederversteigerung“ sei der Begrifflichkeit des Gesetzes unbekannt.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

Eintragung des Erstehers als Eigentümer in das Grundbuch nicht bedarf, um die Versteigerung anzuordnen. Ungeachtet der etwas komplexen Gesetzestechnik des § 118 Abs. 2 ZVG ist das Wiederversteigerungsverfahren keine Fortsetzung des bisherigen Verfahrens gegen den „Alteigentümer“, sondern ein gesondertes neues Verfahren gegen den Ersteher.38) III. Nachweis der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 ZVG Der Nachweis der Eigentümerposition des Schuldners obliegt dem antragstellenden Gläubiger. Das geschieht durch ein Zeugnis des Grundbuchamtes gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ZVG. Dieses Zeugnis muss das Grundstück und den Eigentümer eindeutig identifizieren (also u. a. nach dem Grundbuchblatt). In der Kommentarliteratur39) wird zwar im Ergebnis zutreffend herausgearbeitet, dass es keine spezifischen Vorschriften für die Erstellung dieses Zeugnisses gibt, es müsse aber die klare Identifizierung ermöglichen. Wünschenswert seien auch Angaben zu Verfügungsbeschränkungen im Hinblick auf § 28 ZVG sowie die Aktualität des Zeugnisses. An seine Stelle könne auch ein beglaubigter Grundbuchauszug treten. Sogar die Frage, ob es der Anbringung des Dienstsiegels des Grundbuchamtes bedürfe oder nicht, wird diskutiert, ebenso die Entscheidungskompetenz des Vollstreckungsgerichts, ob es die gemachten Angaben als hinreichend akzeptiert und ob sie ihm aktuell genug sind. Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG ist der Verweis auf das Grundbuch (im Versteigerungsantrag) hinreichend, wenn Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht bei ein und demselben Amtsgericht angesiedelt sind.40) Diese Erwägungen sind richtig, sie haben aber nicht Schritt gehalten mit der Entwicklung der Kommunikationsmedien, namentlich u. a. des elektronischen Grundbuchs.41) Der erfahrene Gläubiger bzw. sonstige Antragsteller wird einen beglaubigten Grundbuchauszug beschaffen und ihn dem Antragsschriftsatz beifügen oder ihn im Antrag ankündigen. Soweit vorgesehen, kann er wie in Baden-Württemberg Ausdrucke aus dem elektronischen Grundbuch erhalten, die an die Stelle auch beglaubigter Ausdrucke treten. Die „klassische“ Erstellung eines Auszuges durch Kopie oder Papierausdruck ist unabhängig von der Art des Grundbuchs und der Grundbuchbeschaffenheit ein einfacher Routinevorgang, der sehr schnell binnen weniger Tage zum Erfolg führt, sodass die in der Literatur angegebene Zeitspanne zwischen dem Datum des Zeugnisses und dem Antrag („nicht älter als 3 – 4 Wochen“) regelmäßig deutlich unterschritten werden kann. Damit wächst die Rechtssicherheit, nachdem auch Eintragungsanträge abhängig von dem Grund_____________ 38) So bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 133 Rz. 11 – 13; siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 133 Rz. 2, 4, 7 f., 13. 39) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 9 f.; ebenso Löhnig/Blühm, ZVG, § 17 Rz. 3, 5 – 7. 40) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 9 f.; ebenso Löhnig/Blühm, ZVG, § 17 Rz. 3, 5 – 7, jeweils m. w. N., u. a. Hinweis auf LG Stuttgart, Beschl. v. 4.6.1991 – 2 T 352/91. 41) Vgl. z. B. die „Grundbuchdatenzentrale Baden-Württemberg“ unter http:// www.elektronisches-grundbuch.de/pb/Lde/Startseite (Stand: 23.10.2013) als Beispiel. Zum Stand: 14.10.2013 waren in Baden-Württemberg 95,02 % des Bestandes der angeschlossenen Grundbuchämter erfasst.

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§ 17

Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

buchamt und den Details des Einzelfalls durchaus sehr schnell vollzogen werden. Für weitere Einzelheiten zum elektronischen Grundbuchverkehr, namentlich zur „Internetgrundbucheinsicht“ wird auf das internetgeführte „Justizportal des Bundes und der Länder“, „Internet-Grundbucheinsicht“ verwiesen.42) Mit dem Fortschreiten des elektronischen Grundbuchs und der Grundbuchauskunft entschärfen sich die Fragen im Zusammenhang mit § 17 Abs. 2 ZVG entscheidend. Auch der Umstand, dass es Sonderregelungen für Baden-Württemberg gibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 GBO, §§ 149 f. GBO)43), wird gegenstandslos, da die Landesregierung beschlossen hat, bis 2017 alle 654 Grundbuchämter des Landes auf 13 Grundbuchämter bei den Amtsgerichten zu konzentrieren.44) Derzeit ist mit der Literatur die Möglichkeit eines Verweises nach § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG auf das Grundbuch in BadenWürttemberg nicht möglich; dessen bedarf es aber im Hinblick auf die elektronische Führung und Auskunft ohnehin eigentlich nicht mehr. Welche Konsequenzen die Amtsgerichtskonzentration nach § 1 Abs. 2 ZVG i. V. m. mit dem Verweis nach § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG unter Berücksichtigung der elektronischen Grundbuchführung mit sich bringen wird, muss abgewartet werden. Die Norm wird in praxi jedenfalls überflüssig werden. IV. Glaubhaftmachung und Offenkundigkeit der Position als Erbe oder „Erbeserbe“ gemäß § 17 Abs. 3 ZVG 1.

Offenkundigkeit und Glaubhaftmachung

23

Die Erbfolge muss entweder durch Vorlage von Urkunden glaubhaft gemacht werden oder sie muss offenkundig sein.

24

Der Antragsteller hat daher, wenn gegen einen Erben die Immobiliarvollstreckung durchgeführt werden soll (siehe oben), zwei Hürden zu überwinden, diejenige des § 17 Abs. 2 ZVG und diejenige des § 17 Abs. 3 ZVG.

25

„Glaubhaftmachung“ ist in § 17 Abs. 3 ZVG wie in § 294 ZPO zu verstehen, allerdings sind die Beweismittel beschränkt auf vorzulegende Urkunden;45) § 17 Abs. 3 ZVG ist also enger als § 294 ZPO, der alle präsenten Beweismittel (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO) und die Versicherung an Eides statt erlaubt. Aus diesen Unterlagen muss sich die Erbenposition ergeben, wenn auch nicht mit den Anforderungen an den Beweismaßstab nach Maßgabe der §§ 355 ZPO. Vielmehr ist hier

_____________ 42) Siehe unter http://www.grundbuchportal.de (Stand: 20.10.2013). 43) Die auf Baden-Württemberg bezogenen Passagen des § 1 Abs. 1 GBO treten am 31.12.2017 außer Kraft. 44) Siehe auf der Internetseite des Justizministeriums Baden-Württemberg, Publikation v. 16.4.2012 (Stand: 23.10.2013). Im Augenblick befinden sich die Grundbuchämter noch bei den Notariaten. 45) Hierauf weist Stöber, ZVG, § 17 Rz. 4.2 zu Recht hin.

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Bucheigentum des Vollstreckungsschuldners als Versteigerungsvoraussetzung

§ 17

eine überwiegende Wahrscheinlichkeit hinreichend, dass die vorgetragene Tatsache richtig ist.46) Ferner ist die Glaubhaftmachung nur dann nötig, wenn die Erbfolge bei dem Gericht nicht offenkundig ist. Der prozessrechtliche Terminus der „Offenkundigkeit“ ist in § 17 ZVG so zu verstehen wie in § 291 ZPO. Ist eine Tatsache – hier die Erbfolge – mindestens am Gerichtsort allgemein bekannt,47) bedarf sie keines Beweises mehr. Private Kenntnis des Richters oder Gerichtsbekanntheit sind im Allgemeinen nicht hinreichend. Bei einer Erbfolge wird selten Offenkundigkeit zu bejahen sein.

26

Damit kommt es in der Praxis auf die Frage der Glaubhaftmachung an. Als Folge der zunehmenden grenzüberschreitenden Mobilität der künftigen Erblasser und der Erben ist die Situation im Vergleich zu der Situation noch vor wenigen Jahrzehnten angesichts des Einschlags ausländischen Erb- und Familienrechts deutlich schwieriger geworden.

27

2.

Urkunden, die zur Glaubhaftmachung geeignet sind

Zur Glaubhaftmachung können vorgelegt werden:

28



Der Erbschein (§§ 2353 ff. BGB), auch der gemeinschaftliche Erbschein nach § 2358 BGB bzw. der auf inländische Nachlassgegenstände bezogene gegenständlich beschränkte Erbschein nach § 2369 BGB (hier den Grundbesitz), wenn zum Nachlass auch im Ausland belegene Vermögensgegenstände gehören. Der gegenständlich beschränkte Erbschein kann daher für die Versteigerung in den Fällen des § 17 Abs. 3 ZVG dienlich sein. Die Antragsbefugnis des Gläubigers, der ein Nachlassgrundstück versteigern will, folgt aus § 792 ZPO.48) Der Erbschein muss in Urschrift oder Ausfertigung vorliegen.49) Seine Wirkung beruht auf der gesetzlichen Vermutung, dass derjenige, der im Erbschein als Erbe benannt ist, tatsächlich Erbe ist (§ 2365 BGB).



Ein Testament oder ein Erbvertrag mit Eröffnungsverhandlung/Eröffnungsprotokoll, entsprechend § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO.



Ausländische behördliche Bescheinigungen, sonstige öffentliche Urkunden usw.50)



Privaturkunden? Umstritten ist, inwieweit Privaturkunden (privatschriftliche Testamente usw.) geeignet sind; meist wird das Vollstreckungsgericht in diesen

_____________ 46) Dazu Zöller/Greger, ZPO, § 294 Rz. 1, 6, der kritisch gegenüber der Judikatur mehr fordert als eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, nämlich eine Betrachtung, die das geforderte Maß der Wahrscheinlichkeit von den Konsequenzen der darauf gestützten Entscheidung abhängig macht. Bei der Zwangsversteigerung gegenüber dem Erben wird man eher einen solchen Maßstab anwenden, wie ihn Greger vorschlägt. Der BGH vertritt die Formel von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, siehe BGH, Beschl. v. 11.9.2003 – IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139 ff., 141 f. 47) Dazu Zöller/Greger, ZPO, § 291 Rz. 1, 1a, 1b, 2, 4, m. w. N. 48) Zöller/Stöber, ZPO, § 792 Rz. 1 m. w. N. 49) Stöber, ZVG, § 17 Rz. 4.2. 50) Siehe hierzu und zum Testament und Erbvertrag bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 11; ebenso Löhnig/Blühm, ZVG, § 17 Rz. 10.

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§ 18

Verfahrensverbindung

Fällen auf jeden Fall eine eidesstattliche Versicherung über die Echtheit der vorgelegten Urkunde fordern.51) –

Ab 17.8.2015 das Europäische Nachlasszeugnis52) gemäß Artt. 62 ff. Europäische Erbrechtsverordnung.53) Dessen Wirkung besteht u. a. darin, dass die dort als Erbe bezeichnete Person als Erbe anzusehen ist. Das Nachlasszeugnis ist ferner die Basis für Eintragungen (des Erben) in öffentliche Register (Art. 69 Abs. 1, 4 Europ. ErbrechtsV). Grobe Fahrlässigkeit schadet dem Gutglaubensschutz, (Art. 69 Abs. 3 Europ. ErbrechtsV). Im Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht ist nur eine beglaubigte Abschrift vorzulegen, da die Urschrift bei der ausstellenden Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates verbleibt, die den Berechtigten beglaubigte Abschriften erteilt (Art. 70 Abs. 1 Europ. ErbrechtsV). Deren Wirksamkeit besteht nach Art. 70 Abs. 3 der Verordnung für eine Zeitdauer von sechs Monaten, das Ablaufdatum ist in dem Zeugnis zu nennen. Das Zeugnis ist ohne weitere Verfahrensschritte in allen Unionsstaaten (ohne Dänemark, das sich an der Verordnung nicht beteiligt) anerkannt, Art. 69 Abs. 1 der Verordnung.

_____________ 51) Dafür Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 11 m. w. N.; dagegen (nur in Ausnahmefällen sind Privaturkunden tauglich) Stöber, ZVG, § 17 Rz. 4.2, ebenso Löhnig/ Bluhm, ZVG, § 17 Rz. 10, da sie nicht denselben Beweiswert wie andere Urkunden haben und andere Beweismittel zur Glaubhaftmachung ausgeschlossen seien. 52) Siehe den Überblick bei Palandt/Weidlich, BGB, § 2353 Rz. 21 m. w. N. 53) Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europ. Parlamentes und des Rates v. 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl. (EU) L 201 v. 27.7.2012, S. 107 ff.

§ 18 Verfahrensverbindung Die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke kann in demselben Verfahren erfolgen, wenn sie entweder wegen einer Forderung gegen denselben Schuldner oder wegen eines an jedem der Grundstücke bestehenden Rechts oder wegen einer Forderung, für welche die Eigentümer gesamtschuldnerisch haften, betrieben wird. Literatur: Clemente, (Sicherungs-)Grundschuld, in: Assies/Beule/Heise/Strube (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2012, Kap. 5, Kreditsicherungsrecht, S. 1108; Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93; Hasselblatt/Wojtkowiak, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, NJW 2007, 2998; Keller, Die zeitgleiche Versteigerung mehrerer Grundstücke, ZfIR 2007, 729; Muth, Versteigerung mehrerer Grundstücke, Rpfleger 1993, 268; Traub, § 18 ZVG – Eine bekannte/unbekannte Vorschrift? ZfIR 2011, 857. Übersicht I.

Zielsetzung der Bestimmung des § 18 ZVG ............................................... 1 II. Anwendungsbereich ............................ 3

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III. Zeitgleiche Versteigerung und deren Problematik ................................ 7 IV. Materielle Voraussetzungen der Verfahrensverbindung ........................ 8

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§ 18

Verfahrensverbindung

Fällen auf jeden Fall eine eidesstattliche Versicherung über die Echtheit der vorgelegten Urkunde fordern.51) –

Ab 17.8.2015 das Europäische Nachlasszeugnis52) gemäß Artt. 62 ff. Europäische Erbrechtsverordnung.53) Dessen Wirkung besteht u. a. darin, dass die dort als Erbe bezeichnete Person als Erbe anzusehen ist. Das Nachlasszeugnis ist ferner die Basis für Eintragungen (des Erben) in öffentliche Register (Art. 69 Abs. 1, 4 Europ. ErbrechtsV). Grobe Fahrlässigkeit schadet dem Gutglaubensschutz, (Art. 69 Abs. 3 Europ. ErbrechtsV). Im Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht ist nur eine beglaubigte Abschrift vorzulegen, da die Urschrift bei der ausstellenden Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates verbleibt, die den Berechtigten beglaubigte Abschriften erteilt (Art. 70 Abs. 1 Europ. ErbrechtsV). Deren Wirksamkeit besteht nach Art. 70 Abs. 3 der Verordnung für eine Zeitdauer von sechs Monaten, das Ablaufdatum ist in dem Zeugnis zu nennen. Das Zeugnis ist ohne weitere Verfahrensschritte in allen Unionsstaaten (ohne Dänemark, das sich an der Verordnung nicht beteiligt) anerkannt, Art. 69 Abs. 1 der Verordnung.

_____________ 51) Dafür Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 17 Rz. 11 m. w. N.; dagegen (nur in Ausnahmefällen sind Privaturkunden tauglich) Stöber, ZVG, § 17 Rz. 4.2, ebenso Löhnig/ Bluhm, ZVG, § 17 Rz. 10, da sie nicht denselben Beweiswert wie andere Urkunden haben und andere Beweismittel zur Glaubhaftmachung ausgeschlossen seien. 52) Siehe den Überblick bei Palandt/Weidlich, BGB, § 2353 Rz. 21 m. w. N. 53) Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europ. Parlamentes und des Rates v. 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl. (EU) L 201 v. 27.7.2012, S. 107 ff.

§ 18 Verfahrensverbindung Die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke kann in demselben Verfahren erfolgen, wenn sie entweder wegen einer Forderung gegen denselben Schuldner oder wegen eines an jedem der Grundstücke bestehenden Rechts oder wegen einer Forderung, für welche die Eigentümer gesamtschuldnerisch haften, betrieben wird. Literatur: Clemente, (Sicherungs-)Grundschuld, in: Assies/Beule/Heise/Strube (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2012, Kap. 5, Kreditsicherungsrecht, S. 1108; Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93; Hasselblatt/Wojtkowiak, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, NJW 2007, 2998; Keller, Die zeitgleiche Versteigerung mehrerer Grundstücke, ZfIR 2007, 729; Muth, Versteigerung mehrerer Grundstücke, Rpfleger 1993, 268; Traub, § 18 ZVG – Eine bekannte/unbekannte Vorschrift? ZfIR 2011, 857. Übersicht I.

Zielsetzung der Bestimmung des § 18 ZVG ............................................... 1 II. Anwendungsbereich ............................ 3

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III. Zeitgleiche Versteigerung und deren Problematik ................................ 7 IV. Materielle Voraussetzungen der Verfahrensverbindung ........................ 8

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§ 18

Verfahrensverbindung 1.

Zwangsversteigerung bzw. -verwaltung gegen den „denselben Schuldner“ wegen derselben Forderung gemäß § 18 ZVG, Variante 1 ZVG ..................................... 9 2. Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung bei „Identität“ eines Rechts, § 18 Variante 2 ZVG .... 12 3. Gesamtschuldnerische Haftung der Eigentümer für eine persönliche Forderung, § 18 Variante 3 ZVG ....... 15 V. Verfahren und Rechtsbehelfe ........... 19

I.

1.

Verfahren ............................................. 19 a) Formalien der Anordnung, Antrag? ......................................... 19 b) Kriterien der gerichtlichen Ermessensausübung bei Verbindung und Trennung ................ 22 2. Rechtsbehelfe gegen die Verbindungs- bzw. Trennungsentscheidung ............................................. 24 VI. Zwangsverwaltung ............................. 25 VII. Kosten ................................................. 26

Zielsetzung der Bestimmung des § 18 ZVG

Das Zwangsversteigerungsgesetz geht zutreffend von dem generellen Prinzip aus, dass jeder Gegenstand im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung einzeln zu verwerten ist. Jeder Gegenstand der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung bildet daher jeweils ein eigenes Immobiliarvollstreckungsverfahren mit Geschäftsnummer, Aktenführung,1) Ablauf und Ergebnis ab. Also auch dann, wenn verschiedene Versteigerungsverfahren in Gegenstände der Immobiliarvollstreckung ein- und desselben Schuldners oder (aus dinglichem Recht) Eigentümers stattfinden, handelt es sich um jeweils getrennte Verfahren. Dies gilt infolge des § 864 Abs. 2 ZPO auch für ideelle Miteigentumsanteile.2) Das Gesetz geht davon als selbstverständlich aus (Argument aus § 15 ZVG),3) zumal ansonsten die Sondervorschriften über die Versteigerung mehrerer Immobilien nicht nachvollziehbar wären, insbesondere nicht § 18 ZVG selbst, aber auch nicht die §§ 63, 112, 122 ZVG. Mit anderen Worten stellt § 18 ZVG eine Ausnahme vom Grundsatz der Einzel(immobiliar)vollstreckung dar. In der Kommentarliteratur wird zur Darstellung des Normzwecks auf die Denkschrift zum ZVG4) Bezug genommen und als Normzweck die Kostenersparnis ebenso herangezogen wie die potentielle Verbesserung des Steigerlöses bei entsprechendem Ausgebot und die Zweckmäßigkeit einer Verfahrensverbindung.5) Die frühe Kommentierung von Jaeckel/Güthe erwähnt eine ratio legis nur beiläufig mittelbar insoweit, als er die Anordnung nach § 18 ZVG für zwingend hält, wenn ein „betreibender Gesamtgläubiger […] ein Interesse _____________ 1)

2) 3) 4)

5)

Siehe zu den Interdependenzen zwischen Aktenführung nach der Aktenordnung der einzelnen Bundesländer, der Verfahrenstrennung oder Verfahrensverbindung und dem Pensenschlüssel (also dem Maßstab, der die Arbeitsbelastung des Gerichts determiniert) die aufschlussreiche Darstellung von Traub, ZfIR 2011, 857 ff., 859 f. Es handelt sich damit zugleich um eine Schnittstelle zwischen der sachlichen Unabhängigkeit des Rechtspflegers und verfahrensökonomischer Behandlung der entsprechenden Konstellationen des § 18 ZVG aus dem insbesondere auch dem Haushaltsrecht gewidmeten Blick der Justizverwaltung. Traub, ZfiR 2011, 857; Zöller/Stöber, ZPO, § 864 Rz. 5 – 7 m. w. N. Hierauf weist u. a. zutreffend Löhnig/Bluhm hin, ZVG, § 18 Rz. 1. „Denkschrift zum ZVG“ = Denkschrift zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung nebst dem Entwurf eines Einführungsgesetzes, in: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 5, 1897. Stöber, ZVG, § 18 Rz. 1; Böttcher, ZVG, § 18 Rz. 1 (ohne Bezug auf Gesetzesmaterialen); Löhnig/Bluhm, ZVG, § 18 Rz. 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 1.

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1

§ 18

Verfahrensverbindung

daran hat, dass die mehreren ihm verhafteten Grundstücke zu einem Gesamtgebot ausgeboten werden.“6) 2

Keiner weiteren Vertiefung bedarf die selbstverständliche Voraussetzung, dass ein Grundstück im Rechtssinne in einem eigenen Grundstücksblatt bzw. im Bestandsverzeichnis eines Grundstücksblatts vermerkt sein muss.7) II. Anwendungsbereich

3

Entsprechend seiner im Ergebnis bestehenden Funktion, die wirtschaftliche Einheit von Grundbesitz und grundstücksgleichen Rechten zu wahren, ist die Verfahrensverbindung gemäß § 18 ZVG in allen Versteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren zulässig. Dazu gehört auch die gemeinsame Zwangsverwaltung von mehreren Wohnungseigentumseinheiten in einer Wohnanlage. Es handelt sich dabei um eine typische Konstellation, wenn nach Umwandlung einer Wohnimmobilie oder einer gemischt genutzten Immobilie durch ein Immobilienunternehmen in Wohnungs- und Teileigentum entweder alle Einheiten zwangsversteigert werden müssen oder wenn ein Teil verkauft wurde und die unveräußerten Sondereigentumseinheiten zwangsverwertet werden müssen.8) Allerdings stellt sich die – mit Eickmann zu verneinende – Frage, ob mehrere Eigentumswohnungen oder Teileigentumsrechte automatisch verbunden werden könnten.9)

4

Voraussetzung der Verfahrensverbindung ist freilich, dass es sich jeweils um Verfahren beim selben Amtsgericht handelt (ggf. bedarf es einer Entscheidung nach § 2 Abs. 2 ZVG).10)

5

Ferner können nur „gleichartige“ Verfahren miteinander verbunden werden,11) d. h. die Vollstreckungsversteigerung durch einen Gläubiger mit anderen Vollstreckungsversteigerungen, Teilungsversteigerungen (§ 180 ZVG) mit Teilungsversteigerungen, Insolvenzverwalterversteigerung (§ 172 ZVG) mit Insolvenzverwalterversteigerung und Nachlassversteigerung mit Nachlassversteigerung (§ 175 f. ZVG). Selbstverständlich ist die Versteigerung eines Grundstücks nicht über § 18 ZVG mit derjenigen eines Schiffs-, Schiffsbauwerks oder Flugzeugs zu verbinden.

6

Ansonsten ist der Anwendungsbereich des § 18 ZVG für die Versteigerung sämtlicher Grundstücke und grundstücksgleicher Rechte (etwa ideelles Miteigentum, Wohnungs-/Teileigentum, Erbbaurechte usw.) eröffnet, vorausgesetzt, die materiellen Voraussetzungen des § 18 ZVG liegen vor und das zuständige Vollstreckungsgericht übt sein pflichtgemäßes Ermessen (§ 18 ZVG ist „Kannvorschrift“) i. S. d. Verfahrensverbindung aus. Einigkeit besteht in der Literatur dahingehend, dass das _____________ 6) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 18 ZVG Anm. 3. 7) Siehe den Hinweis bei Böttcher, ZVG, § 18 Rz. 2. 8) Vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2008 – V ZB 81/08, juris = Rpfleger 2009, 163 ff. = ZInsO 2009, 205 ff. = ZMR 2009, 294 f. (keine Zahlung von Hausgeld aus den Erträgen der einen Einheit zugunsten einer anderen, Rz. 7 f.). 9) Eickmann, Zwangsversteigerungs-und Zwangsverwaltungsrecht, § 23; unentschieden hier Traub, ZfIR 2011, 858. 10) Siehe § 2 Rz. 14 [Cranshaw]. 11) Einhellige Meinung, siehe Stöber, ZVG, § 18 Rz. 2.4; Löhnig/Bluhm, ZVG, § 18 Rz. 2 m. w. N.

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Gericht nach Wegfall der Voraussetzungen oder wenn es sonst sachgerecht erscheint, die verbundenen Verfahren wieder trennen kann.12) III. Zeitgleiche Versteigerung und deren Problematik Entsprechend der Funktion der Verfahrensverbindung, die Optimierung des Steigerlöses zu unterstützen, findet die Versteigerung aller verbundenen Einheiten in einem einheitlichen Versteigerungstermin statt. Der BGH hat sogar die „zeitgleiche Versteigerung mehrerer Grundstücke“ außerhalb der Verbindung der Verfahren gemäß § 18 ZVG gebilligt und sich dabei auch mit den Problemen auseinandergesetzt, die die Verfahrensverbindung für die Praxis generiert.13) Kritisch ist vor allem die Kürze der Bietezeit nach § 73 ZVG14), auf die Keller in seiner Anmerkung zu der zitierten Entscheidung des BGH zu V ZB 138/06 zutreffend hinweist. Folge der Verbindung von Verfahren nach § 18 ZVG ist u. a. die komplexe Regelung des § 63 ZVG mit grundsätzlichem Einzelausgebot der versteigerten Grundstücke (§ 63 Abs. 1 Satz 1 ZVG) und den verschiedenen Optionen des gemeinsamen Ausgebots (§ 63 Abs. 1 Satz 2 ZVG), des Gesamtausgebots (§ 63 Abs. 2 Satz 1 ZVG) und des Gruppenausgebots (§ 63 Abs. 2 Satz 2 ZVG) sowie des möglichen Verzichtes auf das Einzelausgebot unter den Voraussetzungen des § 63 Abs. 4 ZVG. Die Komplexität wird durch die differenzierte Lösung über die Erhöhung des geringsten Gebots und den Zuschlag (vgl. § 63 Abs. 3 ZVG) noch gesteigert. Auf die weitere Folge der einstweiligen Verfahrenseinstellung nach § 76 ZVG in den Fällen der Gläubigerversteigerung ist hier nur am Rande hinzuweisen, auf die Kommentierung der Norm in dem vorliegenden Kommentar wird verwiesen. Der BGH hebt in dem Beschluss zu V ZB 138/06 hervor, dass die Deckung des Anspruchs aus einem Einzelausgebot nach § 76 ZVG zur Einstellung für alle Grundstücke führt (§ 76 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG).15) Ferner ist beim Gesamtausgebot bei der Verteilung § 112 ZVG ebenso zu beachten wie § 122 ZVG. Der BGH arbeitet die Problematik der mehreren Versteigerungen in den Fällen des § 18 ZVG heraus: Die (im Termin anwesenden) Beteiligten, das Vollstreckungsgericht und die Bietinteressenten hätten die gesamte Palette der Optionen des § 63 ZVG und deren Folgen im Auge zu behalten. In praxi ist das wohl insbesondere ein Problem des Vollstreckungsgerichts, das über die Folgen der einen oder anderen Maßnahme die Bietinteressenten und die anwesenden Beteiligten unterrichten wird – eine Folge der richterlichen

_____________ 12) Siehe Traub, ZfIR 2011, 858 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 15. 13) BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, Rpfleger 2007, 410 ff. = ZfIR 2007, 725 ff. m. krit. Anm. Keller, ZfIR 2007, 729 f. = NJW 1995, 2995 ff. mit ebenfalls krit. Anm. von Hasselblatt/Wojtkowiak, NJW 2007, 2998 f. 14) Siehe § 73 Rz. 2 f. [Bachmann]. 15) BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, juris Rz. 17 = Rpfleger 2007, 410 ff.; zur Problematik der Behandlung verschiedener Ansprüche vgl. Muth, Rpfleger 1993, 268 ff.

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Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO.16) Der Ablauf einer Versteigerung nach § 18 ZVG ist damit (wie stets) in Abhängigkeit vom Einzelfall außerordentlich komplex, zeitlich gerafft und fehler-, jedenfalls irrtumsanfällig. All das habe jedoch der (historische) Gesetzgeber des ZVG hingenommen, um wirtschaftliche Einheiten nicht auseinanderzureißen und damit ein besseres Ergebnis des Versteigerungserlöses zu erzielen.17) Neben der zitierten Feststellung von Hintzen über das Versteigerungsrecht als sperrige Spezialmaterie muss man auch Traub18) beipflichten, dass den Kreditinstituten, also den institutionellen Gläubigern und den Stakeholdern des Versteigerungsverfahrens die Norm des § 18 ZVG weitgehend unbekannt ist, eine auch für den anwesenden Gläubigervertreter des Kreditinstituts im Versteigerungstermin risikogeneigte Situation, wenn es in der knappen Terminsituation zu Anträgen nach § 63 ZVG kommt. IV. Materielle Voraussetzungen der Verfahrensverbindung 8

§ 18 ZVG gestattet die Verfahrensverbindung in drei Fällen. 1.

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Zwangsversteigerung bzw. -verwaltung gegen den „denselben Schuldner“ wegen derselben Forderung gemäß § 18 ZVG, Variante 1 ZVG

Die Verfahrensverbindung ist nach der 1. Variante des § 18 ZVG dann zulässig, wenn der betreibende Gläubiger gegen den Schuldner wegen derselben Forderung bzw. denselben Forderungen bei Forderungsmehrheiten in alle in die Versteigerung einbezogenen Immobilien vollstreckt. Beispiel: Ein Gläubiger hat drei titulierte Forderungen (x., y., z.), der Schuldner drei voneinander unabhängige Grundstücke (A., B., C.). Der erwähnte Titelgläubiger kann also mit seinen Forderungen über x. T€, y. T€ und z. T€ in alle Grundstücke A., B. und C. vollstrecken und die Verbindung beantragen, sodass es zu einem einheitlichen Verfahren kommt (wenn das Gericht die Verbindung für sachgerecht hält). Er kann jedoch nicht mit dem Antrag, alle folgenden Verfahren zu verbinden, mit der Forderung x. in das Grundstück A., mit der Forderung y. in das Grundstück B. und mit den Forderungen x. und z. in das Grundstück C. vollstrecken. Die Vollstreckung muss also mit derselben Forderung erfolgen. Zu Recht ist daher nach Hintzen davon auszugehen, dass der dingliche Anspruch und der (hierdurch besicherte) persönliche Anspruch verschiedene Forderungen sind, die eine Verbindung nicht tragen.19) Für den Gläubiger mag es zweckmäßig _____________ 16) Vgl. dazu eingehend BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, juris Rz. 20 unter Hinweis auf die „Denkschrift zum Gesetzentwurf des ZVG“ = Denkschrift zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung nebst dem Entwurf eines Einführungsgesetzes, in: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen, Band 5 [1897], S. 49 f.; vgl. dazu auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen § 66 Rz. 42 f., wo der Autor zutreffend im Ergebnis hervorhebt, dass das Zwangsversteigerungsrecht eine „Spezialmaterie“ sei, die ständige Befassung damit notwendig mache, ansonsten werde sie nicht beherrscht. Diese Feststellung gilt insbesondere auch für die unter § 18 ZVG fallenden Versteigerungen. Die Pflichten des Gerichts nach § 139 ZPO sind daher dort noch erheblich gesteigert. 17) BGH, Fn. 13, V ZB 138/06, juris Rz. 20 a. E., m. w. N. sowie dem Hinweis auf die Denkschrift zum Entwurf des ZVG (1897). 18) Traub, ZfIR 2011, 857 ff., 857. 19) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 3.

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sein, in das eine Grundstück des Schuldners wegen des persönlichen Anspruchs vorzugehen (weil es beispielsweise dinglich nicht belastet ist) und in ein anderes Grundstück aus dem die Forderung sichernden Grundpfandrecht die Versteigerung zu betreiben.20) Eine Verbindung dieser Verfahren scheidet jedoch aus. 2.

Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung bei „Identität“ eines Rechts, § 18 Variante 2 ZVG

Die 2. Variante des § 18 ZVG fordert ein einheitliches dingliches Recht an allen Grundstücken, bei denen die Verfahren verbunden werden sollen. Diese „Identität“21) des Rechts bezieht sich auf die Art des Rechts und seinen Betrag. Auf den Rang hingegen kommt es nicht an, ebenso wenig, ob der Gläubiger aus dem „identischen“ Recht bestrangig betreibt.22) Die klare Abgrenzung liegt darin, dass entscheidendes Merkmal das Recht ist und nicht der Eigentümer. Es ist somit möglich, nicht nur Grundstücke eines einzigen Eigentümers, die mit Gesamtgrundpfandrechten belastet sind, zusammen zu versteigern, also im Kernbereich, den der historische Gesetzgeber des ZVG im Auge hatte, sondern auch Grundstücke, die verschiedenen Eigentümern gehören.

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Beispiel: Das Grundstück des Darlehensschuldners und dasjenige des Drittsicherungsgebers sind mit einer Gesamtsicherungsgrundschuld (§§ 1132, 1192 Abs. 1a BGB) belastet.

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Keine Identität des Rechts liegt der Natur der Sache nach vor, wenn der Gläubiger auf dem einen Grundstück Inhaber einer Hypothek, auf dem anderen Inhaber einer Grundschuld ist. Das einheitliche dingliche Recht i. S. d. Norm setzt voraus, dass es sich entweder um eine einheitliche Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast handelt. Einigkeit besteht ferner, dass einheitliche öffentliche Lasten auf dem gesamten Versteigerungsobjekt ruhen (typisch bei Bruchteilseigentum), § 10

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_____________ 20) In der Praxis der Kreditwirtschaft unterwirft sich der Schuldner/Kreditnehmer in notarieller Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) standardmäßig wegen der gegen ihn gerichteten Darlehensforderung der Vollstreckung sowohl in sein gesamtes „persönliches“ Vermögen als auch in die belastete Immobilie. Allerdings muss er sich die Erlöse der Vollstreckung jeweils anrechnen lassen, da die persönliche Unterwerfung darlehensrechtlich nicht selbstständig neben der dinglichen Unterwerfung steht, sondern die dingliche Besicherung nur verstärkt. Grundlage der persönlichen Vollstreckung ist ein in der Grundschuldbestellungsurkunde als weiteres selbstständiges Element enthaltenes abstraktes Schuldanerkenntnis, Grundlage der dinglichen Vollstreckung (nach § 800 ZPO) ist eine Sicherungsgrundschuld. Vgl. dazu den Überblick bei Clemente, (Sicherungs-)Grundschuld, in: Assies/Beule/Heise/Strube, Handbuch des Fachanwalts, Bank- und Kapitalmarktrecht, Kap. 5, Kreditsicherungsrecht, S. 1108 ff., S. 1109 f., S. 1118 – 1120; Rz. 1047 ff., Rz. 1050, 1087 – 1095, jeweils m. w. N. und umfassender Zitierung des Judikatur des BGH. Die Verbindung zwischen den abstrakten Sicherungsrechten, der Titulierung derselben in notarieller Urkunde und dem schuldrechtlichen Anspruch aus dem Darlehensvertrag stellt der Sicherungsvertrag („Sicherungszweckerklärung“) zwischen Darlehensgläubiger und Darlehensnehmer/Eigentümer der Immobilie bzw. mit dem Drittsicherungsgeber her, der allerdings mit dem Grundstück nur dinglich haftet. 21) Siehe (auch zur Begrifflichkeit) Stöber, ZVG, § 18 Rz. 2.2. 22) Zum fehlenden Erfordernis, dass der Gläubiger bestrangig betreibt, siehe Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 4 m. w. N.

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Abs. 1 Nr. 3 ZVG.23) Richtig ist es, wenn die Kommentarliteratur die Verbindung für unzulässig hält, wenn eine Zwangssicherungshypothek mehrere Grundstücke belasten soll und daher eine summenmäßige Verteilung nach § 867 Abs. 2 ZPO erfolgen muss. In diesem Fall liegt schon nach dem Wortlaut des § 18 ZVG kein Recht vor, das an „jedem der Grundstücke“ besteht. 3.

Gesamtschuldnerische Haftung der Eigentümer für eine persönliche Forderung, § 18 Variante 3 ZVG

15

Die 3. Variante des § 18 ZVG war in der ursprünglichen Fassung des ZVG (1897) nicht enthalten.24) Sie ist erst mit dem Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften in die ZVG inkorporiert worden.25) Grund war nach der zitierten Gesetzesbegründung der als unbefriedigend empfundene Umstand, dass das ZVG bis dahin nur die Verfahrensverbindung der Versteigerung in Miteigentumsanteile ermöglichte, wenn einer der beiden anderen oben erörterten Fallkonstellationen vorlag, nicht jedoch, wenn – bei verschiedenen Eigentümern – nur eine gesamtschuldnerische Haftung bestand. Die Verfahrensverbindung ist damit trotz Schuldnerverschiedenheit und fehlender Identität eines die betroffenen Grundstücke belastenden Rechtes möglich, wenn die verschiedenen Schuldner dem betreibenden Gläubiger gegenüber für eine schuldrechtliche Forderung gesamtschuldnerisch haften. Die Gesamtschuld ergibt sich nicht aus § 18 ZVG, sondern der Begriff wird dort vorausgesetzt und folgt aus den §§ 421 ff. BGB.

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Der in der Literatur für diese Variante des § 18 ZVG herangezogene Praxisfall ist folgender: Die Finanzierung von Ehepaaren oder sonstigen Lebensgemeinschaften, die am finanzierten gemeinsam genutzten Familienheim je 1/2-Miteigentumsanteil halten (und für das Finanzierungsdarlehen gesamtschuldnerisch haften), wird Not leidend. Die Bank möchte versteigern, potentieller Bieter wollen aber natürlich im Regelfall die gesamte Immobilie erwerben, nicht den ideellen Miteigentumsanteil (§§ 741 ff., 1008 ff. BGB). Damit ist dieser nur versteigerungsfähig, wenn die beiden Verfahren über die Miteigentumsanteile verbunden werden und zwar unter Nutzung der gesamtschuldnerischen Darlehenshaftung. In der Praxis kommt dieser Fall indes so gut wie nie vor, weil die Finanzierer nicht nur beide Partner gesamtschuldnerisch verpflichten, sondern auch beide Miteigentumsanteile einheitlich mit dem Finanzierungsgrundpfandrecht belasten und zudem beide Partner der persönlichen und dinglichen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Die hier besprochene 3. Variante des § 18 ZVG liegt in der Praxis nur dann vor, wenn eine unglückliche Finanzierungsstruktur seitens des Finanzierers akzeptiert wurde oder wenn der Gläubiger der Gesamtschuld überhaupt keine Möglichkeit hatte, dingliche Sicherheiten zu erlangen. Im Fall der insoweit missglückten Finanzierung der (eigengenutzten) Immobilie von Ehegatten (oder Lebenspartnern) schlägt Hintzen für den _____________ 23) Vgl. statt aller bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 4, der § 18 ZVG immer dann anwendet, wenn dingliche Ansprüche den Gegenstand der Immobiliarvollstreckung „insgesamt belasten“, wobei die Grundstückslasten der Rangklasse 3 nur ein Beispiel sind. 24) Vgl. den Text bei Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 18 (Gesetzestext). 25) Siehe BT-Drucks. 7/3838 v. 1.7.1975, S. 4 (Text), S. 11 (Begründung) sowie das Gesetz v. 1.2.1979, BGBl. I 1979, 127.

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weiteren Sonderfall des Bestehens eines Titels nur gegen einer der Schuldner vor, den Auseinandersetzungsanspruch (vgl. § 749 BGB) zu pfänden und im Wege der Teilungsversteigerung vorzugehen.26) Weiteres Beispiel zur 3. Variante des § 18 ZVG: Der Insolvenzverwalter einer BGB-Gesellschaft, OHG oder KG geht gegen die persönlich unbeschränkt und gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafter vor (§§ 128 HGB, 93 InsO) Er erwirkt einen vollstreckbaren Titel gegen die Gesellschafter (wegen derselben Forderung) und will nun in Grundbesitz im Eigentum der Gesellschafter vollstrecken.

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Dasselbe gilt natürlich für den Gläubiger (der nicht notwendig Immobilienfinanzierer ist) der OHG, KG oder GbR außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Ob die Versteigerung wirtschaftlich erfolgreich ist, muss mangels eines dinglichen Rechts wohl häufig mit einem Fragezeichen versehen werden.

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V. Verfahren und Rechtsbehelfe 1.

Verfahren

a) Formalien der Anordnung, Antrag? Das Amtsgericht/Vollstreckungsgericht entscheidet im Beschlusswege, ggf. nach vorgängiger Entscheidung über das zuständige Vollstreckungsgericht durch das nächst höhere Gericht nach § 2 Abs. 2 ZVG (siehe dazu § 2 Rz. 14 ff. [Cranshaw]. Der Gesetzeswortlaut der vorliegenden „Kannvorschrift“ belegt, dass zwar eine Anregung oder ein Antrag seitens eines Beteiligten zulässig ist, das Gericht aber auch von Amts wegen entscheiden kann.27) Rechtliches Gehör der Beteiligten soll nach Literatur und BGH-Judikatur nicht erforderlich sein.28) Da das Gesetz keine Aussagen im Hinblick auf den Zeitraum der Antragstellung trifft, ist diese während des anhängigen (und nicht einstweilig eingestellten) Versteigerungsverfahrens stets möglich, zumal die Entscheidung darüber dem Ermessen des Gerichts unterliegt.

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Die Verbindungs- bzw. die Trennungsanordnung sind zu begründen, da dagegen ein Rechtsbehelf statthaft ist, sodass sowohl die Adressaten der Entscheidung als auch das Rechtsmittelgericht oder der Richter, wenn er aufgerufen ist, der Entscheidung des Rechtspflegers ggf. abzuhelfen, feststellen können müssen, ob der Rechtspfleger sachgerecht im Rahmen des gerichtlichen Ermessens gehandelt hat bzw. ob die Entscheidung in der Sache zweckmäßig war.29) Es entspricht der h. M., dass Beschlüsse, die rechtsbehelfsfähig sind, begründet werden müssen. Dabei sind sowohl der der Entscheidung (hier in einem weiteren Sinne einschließlich der Fälle der Anordnung ohne vorheriges rechtliches Gehör, siehe oben) zugrunde liegende

20

_____________ 26) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 6. 27) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 18 Rz. 7 m. w. N. Wohl einhellige Meinung der Kommentarliteratur. 28) Traub, ZfIR 2011, 858; BGH, Beschl. v. 3.5.1984 – IX AZR 5/84, Rpfleger 1984, 363 = ZIP 1984, 886 = NJW 1984, 2166. 29) Zur divergierenden Rechtsmeinung einer Begründung siehe Löhnig/Bluhm, ZVG, § 18 Rz. 7 m. w. N.

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wesentliche Sachverhalt als auch die wesentlichen Erwägungen des Rechtspflegers oder Richters darzustellen, damit die Ermessensausübung überprüfbar bleibt.30) 21

Die selbstständige Anordnung von Verbindung oder Trennung ist dem Gläubiger, dem Schuldner und – soweit davon zu unterscheiden – einem beteiligten Antragsteller formlos mitzuteilen, § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog, da die Anordnung nicht ein zu verkündender Beschluss ist. Zweifelhaft ist, ob bei der Ablehnung der Verbindung dem Antragsteller zuzustellen ist; dies dürfte zu verneinen sein, da die bloße Antragstellung nicht zugleich die Gewährung rechtlichen Gehörs darstellt. Damit hat die Anordnung nicht den Charakter einer Entscheidung, gegen die die sofortige Beschwerde zulässig und geboten wäre. Des Weiteren ist kein Grund erkennbar, warum die Anordnung des Rechtspflegers ohne rechtliches Gehör für den betreibenden Gläubiger und den Schuldner zur unbefristeten Erinnerung, für den Antragsteller zur befristeten sofortigen Beschwerde führen soll. Liegt allerdings eine Entscheidung in dem nachfolgend unter Rz. 24 erörterten Sinne vor, wird also eine Frist in Gang gesetzt, muss der Beschluss zugestellt werden (§ 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die weiteren Beteiligten werden nicht informiert, wenngleich die Anordnung auch ihnen gegenüber Wirkung entfaltet.31) b) Kriterien der gerichtlichen Ermessensausübung bei Verbindung und Trennung

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Maßstab der gerichtlichen Anordnung nach § 18 ZVG ist stets das pflichtgemäße Ermessen des erkennenden Gerichts, das sich an den Zielen der Verfahrensverbindung, d. h. dem Interesse der Beteiligten, orientiert. Bereits die Kommentierung der Norm von Jaeckel/Güthe vor mehr als 100 Jahren hat aber herausgearbeitet, die Verbindung sei abzulehnen, wenn „eine Verwirrung des Verfahrens und eine Benachteiligung anderer Beteiligter“ (die die Verbindung nicht angeregt haben) zu besorgen sei.32) Daher hat der BGH auch die Verfahrensverbindung in einem Fall nicht gebilligt, bei dem die betroffenen Grundstücke in Berlin und Hannover belegen waren.33) In einem solchen Fall ist im Allgemeinen kein Vorteil mit der Verfahrensverbindung verknüpft. Die von Bluhm vertretene Meinung, als Folge der Möglichkeiten des § 63 ZVG seien Nachteile aus der Verbindung für Gläubiger und Schuldner nicht zu befürchten,34) darf mit einem Fragezeichen versehen werden. Die Frage des Nachteils (u. a. Verfehlung des Ziels der Erlösoptimierung und des Erreichens möglichst vieler Bieter) scheint weniger eine Frage der rechtlich möglichen Varianten der Gebote nach § 63 ZVG zu sein, als vielmehr die quaestio facti, ob nicht die erhöhte Komplexität in einer Bietezeit im Einzelfall Bieter davon abhält, zu bieten oder ob sonstige Komplikationen auftreten. Das Ermessen des Gerichts berücksichtigt insbesondere die wirtschaftliche Einheit des gemeinsam zu versteigernden Grundbesitzes (z. B. landwirtschaftliche Betriebe; Gewerbetriebe; _____________ 30) Siehe allgemein zur Begründung von Beschlüssen eingehend Zöller/Vollkommer, ZPO, § 329 Rz. 24 m. w. N. 31) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Rz. 10 m. w. N. 32) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 18 ZVG Anm. 3. 33) BGH, Beschl. v. 4.7.1991 – IX ARZ 7/91, BeckRS1991, 31062137; Traub, ZfIR 2011, 857. 34) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 18 Rz. 7.

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ggf. zusammengehörendes Miteigentum und Sondereigentum eines Immobilienunternehmens oder Bauträgers).35) Insgesamt wird aus der Gerichtspraxis zu einer eher zurückhaltenden Anwendung des § 18 ZVG geraten.36) Die Trennung der Verfahren ist jederzeit möglich, wenn der Grund für die Anordnung weggefallen ist oder sich die fehlende Zweckmäßigkeit herausstellt. 2.

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Rechtsbehelfe gegen die Verbindungs- bzw. Trennungsentscheidung37)

Die Verbindung oder Trennung der Verfahren ist als Teil der Zwangsversteigerung eine Maßnahme, die die Art und Weise der Zwangsvollstreckung nach § 766 ZPO betrifft, sodass als Rechtsbehelf die nicht befristete Erinnerung zulässig ist. Wird ihr durch den hierfür zuständigen Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 lit. i) RpflG), der die Verbindung oder Trennung angeordnet hat, nicht abgeholfen (Strukturgedanke des § 572 Abs. 1 ZPO, der auf die Rechtspflegerentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 RpflG unmittelbar anwendbar ist,38) auf die bloße Vollstreckungsmaßnahme wie die Verbindungsanordnung nur analog), so entscheidet der Richter (§ 20 Nr. 17 Satz 2 RpflG). Geht der Verbindung oder Trennungsanordnung des Rechtspflegers eine Anhörung der Beteiligten voraus, liegt nach h. M. eine Entscheidung vor,39) die mit der befristeten sofortigen Beschwerde anzugreifen ist, da eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 11 Abs. 1 RpflG i. V. m. §§ 793, 794 Abs. 3 ZPO).40) Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts (Zivilkammer des Landgerichts) ist die Zulassungsrechtsbeschwerde zum BGH statthaft.41) Nach Literatur und Rechtsprechung ist die Beschwerde nicht durch § 95 ZVG ausgeschlossen, dem ist zuzustimmen.42)

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VI. Zwangsverwaltung Die Zwangsverwaltung wirft besondere Probleme für die Verfahrensverbindung auf, bei der ihre Vorteile weniger einsichtig sind, zumal die Akquisition von _____________ 35) Vgl. auch § 2 Rz. 14 f. [Cranshaw] und die illustrativen Beispiele bei Stöber, ZVG, § 18 Rz. 3. 36) Traub, ZfIR 2011, 861, wobei der Autor auch Empfehlungen für einige Konstellationen zugunsten der Verfahrensverbindung gibt. Er erwähnt z. B. die Nutzung der mehreren Grundstücke durch denselben Mieter, ein Thema, das regelmäßig zugleich für die Verfahrensverbindung im Zwangsverwaltungsverfahren spricht. Praxisnah ist auch die Empfehlung der Verbindung, wenn Eigentumswohnung und zugehöriges gesondertes Teileigentum von Garage und Stellplatz im ideellen Miteigentum mehrerer Personen stehen, ein typischer Fall bei der eigengenutzten Eigentumswohnung von Ehegatten (siehe oben). Allerdings sind Garagen/Stellplätze meist lediglich Sondernutzungsrechte des Wohnungsbzw. Teileigentums. 37) Siehe den Überblick bei Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, in: Löhnig, ZVG, S. 93 ff., 103 f., Rz. 37 – 46 (zur Erinnerung) und S. 105 – 108, Rz. 51 ff. (zur sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen und zu dem Begriff der „Entscheidung“). 38) Zöller/Heßler, ZPO, § 572 Rz. 2. 39) Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe, in: Löhnig, ZVG, S. 103 Rz. 41 m. w. N. 40) Siehe im Einzelnen Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe, in: Löhnig, ZVG, S. 106 Rz. 53 ff., m. w. N. 41) Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe, in: Löhnig, ZVG, S. 109 f., Rz. 69 ff. m. w. N. 42) Stöber, ZVG, § 95 Rz. 4.5; dieser Auffassung folgen Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 2, Traub, ZfIR 2011, 858 m. w. N.; OLG Hamm, Beschl. v. 4.1.1989 – 15 W 597/88, Rpfleger 1989, 249.

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§ 19

Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

Bietinteressenten als Motivation wegfällt. Literaturstimmen von Autoren der Gerichtspraxis als auch der Zwangsverwalterpraxis warnen zu Recht vor vorschneller nicht sachgerechter Verfahrensverbindung. Diese sei mit dem Risiko der Intransparenz und der Haftungsrelevanz für den Zwangsverwalter bei der Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Einheiten behaftet. Die Verfahren sind verfahrensrechtlich konsolidiert, ohne dass natürlich eine einheitliche Masse aus allen Verfahren entsteht.43) Die Bandbreite der in der Praxis auftretenden und in der Literatur geschilderten Probleme, die gegen eine Verfahrensverbindung sprechen, reicht von der Haftung für Wohngelder über die Notwendigkeit, die Umsatzsteuer bei umsatzsteuerbarer Vermietung getrennt zu ermitteln,44) bis hin zur sorgfältig für jede Einheit getrennt zu führenden Buchhaltung, damit nicht eine Vermengung der Massen stattfindet.45) Im Insolvenzverfahren entspräche dies der verbotenen Massenvermischung46) bei verschiedenen Insolvenzverfahren, ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters. Depré/Mayer kommen daher zu dem mahnenden Fazit, eine Verfahrensverbindung könne nur vorgenommen werden, wenn neben dem Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwei Voraussetzungen vorliegen: Der Zwangsverwalter kann die mehreren Einheiten nur „einheitlich in Besitz nehmen“ und nur „einheitlich nutzen“.47) Dieser Einschätzung wird man beipflichten. VII. Kosten 26

Gesonderte Kosten durch die Verbindung oder Trennung entstehen für das Versteigerungsverfahren nicht (vgl. GKG, KV 2211). Im Zwangsverwaltungsverfahren ist KV 2220, 2221 zu beachten, wobei die Kostenreduzierung bei der Verfahrensverbindung gegenüber den gestiegenen Problemen (siehe oben) letztlich nicht ins Gewicht fallen dürfte. _____________ 43) Siehe dazu für mehrere Wohneigentumseinheiten desselben Schuldners in derselben Wohnanlage Depré/Mayer, Rz. 513 ff. 44) Traub, ZfIR 2011, 860 f. 45) Dazu Depré/Mayer, Rz. 514 f. 46) Vgl. dazu Cranshaw/Portisch/Rösler, IQS MaInsO Regelwerk der Mindestanforderungen an die Insolvenzverwaltung, 2014, S. 38 f., Tz. 13 d). 47) Depré/Mayer, Rz. 517.

§ 19 Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch (1) Ordnet das Gericht die Zwangsversteigerung an, so hat es zugleich das Grundbuchamt um Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch zu ersuchen. (2) Das Grundbuchamt hat nach der Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Gericht eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts und der Urkunden, auf welche im Grundbuch Bezug genommen wird, zu erteilen, die bei ihm bestellten Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen und Nachricht zu geben, was ihm über Wohnort und Wohnung der eingetragenen Beteiligten und deren Vertreter bekannt ist. Statt der Erteilung einer beglaubigten Abschrift der Urkunden genügt die Beifügung der Grundakten oder der Urkunden. 268

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§ 19

Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

Bietinteressenten als Motivation wegfällt. Literaturstimmen von Autoren der Gerichtspraxis als auch der Zwangsverwalterpraxis warnen zu Recht vor vorschneller nicht sachgerechter Verfahrensverbindung. Diese sei mit dem Risiko der Intransparenz und der Haftungsrelevanz für den Zwangsverwalter bei der Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Einheiten behaftet. Die Verfahren sind verfahrensrechtlich konsolidiert, ohne dass natürlich eine einheitliche Masse aus allen Verfahren entsteht.43) Die Bandbreite der in der Praxis auftretenden und in der Literatur geschilderten Probleme, die gegen eine Verfahrensverbindung sprechen, reicht von der Haftung für Wohngelder über die Notwendigkeit, die Umsatzsteuer bei umsatzsteuerbarer Vermietung getrennt zu ermitteln,44) bis hin zur sorgfältig für jede Einheit getrennt zu führenden Buchhaltung, damit nicht eine Vermengung der Massen stattfindet.45) Im Insolvenzverfahren entspräche dies der verbotenen Massenvermischung46) bei verschiedenen Insolvenzverfahren, ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters. Depré/Mayer kommen daher zu dem mahnenden Fazit, eine Verfahrensverbindung könne nur vorgenommen werden, wenn neben dem Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwei Voraussetzungen vorliegen: Der Zwangsverwalter kann die mehreren Einheiten nur „einheitlich in Besitz nehmen“ und nur „einheitlich nutzen“.47) Dieser Einschätzung wird man beipflichten. VII. Kosten 26

Gesonderte Kosten durch die Verbindung oder Trennung entstehen für das Versteigerungsverfahren nicht (vgl. GKG, KV 2211). Im Zwangsverwaltungsverfahren ist KV 2220, 2221 zu beachten, wobei die Kostenreduzierung bei der Verfahrensverbindung gegenüber den gestiegenen Problemen (siehe oben) letztlich nicht ins Gewicht fallen dürfte. _____________ 43) Siehe dazu für mehrere Wohneigentumseinheiten desselben Schuldners in derselben Wohnanlage Depré/Mayer, Rz. 513 ff. 44) Traub, ZfIR 2011, 860 f. 45) Dazu Depré/Mayer, Rz. 514 f. 46) Vgl. dazu Cranshaw/Portisch/Rösler, IQS MaInsO Regelwerk der Mindestanforderungen an die Insolvenzverwaltung, 2014, S. 38 f., Tz. 13 d). 47) Depré/Mayer, Rz. 517.

§ 19 Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch (1) Ordnet das Gericht die Zwangsversteigerung an, so hat es zugleich das Grundbuchamt um Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch zu ersuchen. (2) Das Grundbuchamt hat nach der Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Gericht eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts und der Urkunden, auf welche im Grundbuch Bezug genommen wird, zu erteilen, die bei ihm bestellten Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen und Nachricht zu geben, was ihm über Wohnort und Wohnung der eingetragenen Beteiligten und deren Vertreter bekannt ist. Statt der Erteilung einer beglaubigten Abschrift der Urkunden genügt die Beifügung der Grundakten oder der Urkunden. 268

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Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

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(3) Eintragungen im Grundbuch, die nach der Eintragung des Vermerks über die Anordnung der Zwangsversteigerung erfolgen, soll das Grundbuchamt dem Gericht mitteilen. Literatur: Aufdendaar/Jaeger, Gesetzliche Neuregelung zur Modernisierung des Grundbuchverfahrens, ZfIR 2009, 681; Demharter, Anmerkung zu OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.1.1995 – 5 W 331/94 – 186; 5 W 331/94, Rpfleger 1995, 404 = FGPrax 1995, 135, EWiR 1995, 447. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Ersuchen des Vollstreckungsgerichts um Eintragung des Vermerks im Grundbuch gemäß § 19 Abs. 1 ZVG sowie Anwendungsbereich und Eintragung ...................... 2 1. Verpflichtung des Grundbuchamts zur Eintragung des Zwangsversteigerungs-/Zwangsverwaltungsvermerks ................................................ 2 2. Anwendungsbereich des § 19 ZVG ..... 5 3. Inhalt des Eintragungsersuchens und der Eintragung ............................... 9 a) Eintragungsersuchen ..................... 9 b) Eintragungsinhalt ......................... 13 4. Verfahrensweise des Grundbuchamts, Prüfungspflichten ...................... 14 a) Schnittstellen zwischen Grundbuch- und Vollstreckungsverfahren ..................... 14 b) Rangfragen? .................................. 15 c) Prüfung und Entscheidung des Grundbuchamtes ......................... 16 d) Rechtsbehelfe ............................... 22

I.

e) Löschung des Vermerks .............. 23 III. Aufgaben des Grundbuchamts im Zusammenhang mit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks gemäß § 19 Abs. 2 ZVG ..................... 25 1. Erfordernis der Übersendung eines beglaubigten Grundbuchauszugs ....... 26 2. Beglaubigte Abschriften der Urkunden, auf die das Grundbuchblatt Bezug nimmt, und Übersendung der Grundakten .................... 28 3. Information über Zustellungsbevollmächtigte, „Wohnort und Wohnung der eingetragenen Beteiligten und deren Vertreter“, § 19 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. ZVG ....... 30 4. Folgeverpflichtung des Vollstreckungsgerichts in der Zwangsverwaltung, §§ 19 Abs. 2, 146 Abs. 2 ZVG ..... 32 IV. Weitere Pflichten des Grundbuchamts bei Eintragungen in das Grundbuch nach der Beschlagnahme gemäß § 19 Abs. 3 ZVG ........ 33

Normfunktion

Die Eintragung des Vollstreckungsvermerks (Zwangsversteigerungsvermerk, Zwangsverwaltungsvermerk) im Grundbuch hat erhebliche Folgen. Sie macht die Einleitung des Immobiliarvollstreckungsverfahrens und damit die Beschlagnahme bekannt mit den Folgen des § 23 ZVG. Der gutgläubige Erwerb scheidet aus.

1

II. Ersuchen des Vollstreckungsgerichts um Eintragung des Vermerks im Grundbuch gemäß § 19 Abs. 1 ZVG sowie Anwendungsbereich und Eintragung 1.

Verpflichtung des Grundbuchamts zur Eintragung des Zwangsversteigerungs-/Zwangsverwaltungsvermerks

Das Vollstreckungsgericht hat die Pflicht,1) den Vollstreckungsvermerk in das Grundbuch eintragen zu lassen. Mangels Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts muss ein Ersuchen an das Grundbuchamt gerichtet werden und zwar auch dann, wenn das Grundbuchamt und das Vollstreckungsgericht beide Abteilungen ein_____________ 1)

Vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 11.9.2009 – 6 U 13/08, juris Rz. 26.

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und desselben Amtsgerichts sind. Es mag sogar nach der Geschäftsverteilung so sein, dass der funktionell zuständige Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts (nach § 3 Abs. 1 lit. i) RpflG) mit einem Teil seiner Arbeitskraft dem Grundbuchamt zugewiesen ist und damit funktionell für Grundbuchsachen aus seinem Vollstreckungsreferat zuständig ist (§ 3 Abs. 1 lit. h) RpflG). Für die Eintragung ist er hingegen nicht zuständig, da dies dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliegt, § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO, wodurch freilich die Wirksamkeit der Eintragung unberührt bleibt, § 8 Abs. 5 RpflG, sollte er gleichwohl tätig geworden sein. 3

Eingetragen wird das durch die Beschlagnahme bewirkte relative Verfügungsverbot gemäß §§ 23 ZVG, 135, 136 BGB in Abt. II Spalte 3 des Grundbuchs (§ 10 Abs. 1 lit. b), Abs. 3 GBV).2) Nach der gesetzlichen Systematik des § 23 ZVG bewirkt die Eintragung des Vollstreckungsvermerks indes keine Grundbuchsperre.3) Vielmehr wird lediglich der gutgläubige Erwerb nach Beschlagnahme gehindert (siehe oben).4) Dabei besteht eine Verbindung zur Beschlagnahme insoweit, als die Beschlagnahmewirkung, sofern sie nicht schon früher durch Zustellung an den Schuldner generiert wurde, jedenfalls auch durch den Eingang des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts um Eintragung des Vollstreckungsvermerks beim Grundbuchamt herbeigeführt wird (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG).5)

4

Das Gericht muss das Ersuchen an das Grundbuchamt nach § 19 Abs. 1 ZVG „zugleich“ mit dem Anordnungsbeschluss richten, also zeitlich parallel. Das Ersuchen muss förmlich abgefasst sein; es ist zu unterschreiben und mit dem Dienstsiegel oder dem Dienststempel6) zu versehen, § 29 Abs. 3 GBO. Das Vollstreckungsgericht ist „Behörde“ i. S. d. § 29 Abs. 3 GBO. Im Hinblick auf § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG darf das Vollstreckungsgericht die Zustellung beim Schuldner nicht abwarten, bevor es das Eintragungsersuchen an das Grundbuchamt veranlasst.7) Ob „unverzügliches“ Tätigwerden hinreichend bzw. noch gleichzeitig ist, mag offenbleiben. Nach der von Stöber vertretenen Ansicht bzw. Erfahrung geben die Gerichte die Eintragungsersuchen gerade umgekehrt aus Gründen der Eilbedürftigkeit zeitlich vor der Ausfertigung des Anordnungsbeschlusses heraus. Diese Auffassung muss daher zwingend den Erlass des Beschlusses mit seiner Unterschrift durch den Rechtspfleger gleichsetzen, ohne dass es auf die Herausgabe aus dem „inneren Geschäftsbetrieb des Gerichts“ ankommt.8) Bevor sich das Gericht nicht der Ent_____________ 2)

3) 4) 5) 6) 7)

8)

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Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung (Grundbuchverfügung – GBV) i. d. F. d. Bekanntmachung v. 24.1.1995, BGBl. I 1195, 114, bis zu Art. 2 d. Gesetzes zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) v. 1.10.2013 (BGBl. I 2013, 3719). Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 1. Siehe § 23 Rz. 26 [Cranshaw]. Vgl. dazu im Einzelnen die Kommentierung zu § 22 ZVG im vorliegenden Kommentar. § 29 Abs. 3 GBO lässt einen „Stempelabdruck“ ausreichen; zum Siegelerfordernis siehe Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 2. A. A. Böttcher, ZVG, der meint, das Vollstreckungsgericht müsse nicht bis zur Zustellung des Anordnungsbeschlusses abwarten. Dem ist zu widersprechen, da damit keine Zeitgleichheit zwischen Erlass von Anordnung und Ersuchen besteht. Vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, § 329 Rz. 18 zur Entstehung eines Beschlusses durch Herausgabe aus dem inneren Bereich des Gerichts; a. A. zur Anordnung der Zwangsversteigerung Stöber, ZVG, § 19 Rz. 2, Einleitung Rz. 20.2 und 20.1 (Unterschrift durch den Rechtspfleger).

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scheidung durch „Herausgabe“ nach außen entäußert hat, wird man aber nicht von der Existenz einer gerichtlichen Entscheidung sprechen können. Der Umstand, dass der Beschluss beliebig geändert oder sogar vom Gericht problemlos vernichtet werden kann,9) steht nach der hier vertretenen Auffassung der Annahme des Erlasses der Entscheidung entgegen. Es muss also schon die Herausgabe des Beschlusses veranlasst worden sein. Er ist damit zugleich als rechtsbehelfsfähig existent. Mit der Zustellung an einen der Beteiligten, der Frage öffentlicher Bekanntmachung u. ä. Formen der Benachrichtigung Beteiligter, hat das nichts zu tun. Die Eilbedürftigkeit der Vollstreckung steht dem nicht entgegen. Unterschreibt der Rechtspfleger das Eintragungsersuchen parallel zum Anordnungsbeschluss, so muss er beides ebenfalls parallel aus dem internen Geschäftsbetrieb herausgeben. Auch das Ersuchen an das Grundbuchamt ist gerichtliches, wenn auch nicht rechtsbehelfsfähiges Handeln, es wird in einem natürlichen Sinne ebenfalls „erlassen“. Geht man von einem Erlass des Anordnungsbeschlusses vor der Vornahme irgendeines Aktes der Veranlassung der Herausgabe aus, dann kann strukturell das Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt eingegangen, vielleicht sogar die Eintragung bewirkt sein, während dessen der unterschriebene Anordnungsbeschluss sich noch auf dem Tisch des Rechtspflegers befindet. Diesem rechtlichen Ansatz ist daher zu widersprechen. Die Judikatur des BGH steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen; in dem Urteil zu VIII ZR 171/04 hat der Senat zum Ausdruck gebracht, ein Beschluss sei erst nach dem Heraustreten aus dem inneren Geschäftsbetrieb mit Willen des Gerichts erlassen.10) Für die Wirksamkeit des Anordnungsbeschlusses kommt es auf den internen Vorgang auch nicht an, denn die Beschlagnahme wird mit Zustellung an den Schuldner wirksam bzw. mit Eingang des Eintragungsersuchens gemäß § 19 Abs. 1 ZVG beim Grundbuchamt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Soweit das Ersuchen beim Grundbuchamt vor der Herausgabe (nicht: Zustellung) des Anordnungsbeschlusses zur Zustellung eingeht, gibt es hierfür keine Grundlage, die fehlende Wirksamkeit ist hinzunehmen. Die frühe Entscheidung des BGH zu III ZR 51/56 zur Benachrichtigung des Gerichtsvollziehers über die Einstellung der Vollstreckung vor Zustellung an den Gläubiger steht dem gleichfalls nicht entgegen, weil auch erst dann die gerichtliche Entscheidung im vorstehenden Sinne erlassen worden ist.11) Wie in dieser Entscheidung (zu § 775 ZPO) geht es vorliegend um einen „Befehl an die staatlichen Organe“ (hier: das Grundbuchamt, den Vollstreckungsvermerk einzutragen), dessen Grundlage allerdings der Anordnungsbeschluss ist, der daher nach außen hinausgegangen sein muss.12) 2.

Anwendungsbereich des § 19 ZVG

Die Vorschrift ist bereits ausweislich ihres Wortlauts nur bei der Anordnung der Versteigerung anzuwenden, nicht indes in den Fällen des Beitrittsbeschlusses (§ 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG); sachlich bedarf es anlässlich des Beitritts nicht mehr der Zerstörung des guten Glaubens, da der Vermerk bereits im Grundbuch eingetragen _____________ 9) 10) 11) 12)

Stöber, ZVG, § 19 Rz. 2, Einleitung Rz. 20.2 und 20.1. BGH, Urt. v. 19.10.2005 – VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347 ff., 354. BGH, Beschl. v. 27.6.1957 – III ZR 51/56, BGHZ 25, 60 ff., 64. BGHZ 25, 60 ff., 66.

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ist. Eine besondere Wirkung hat der Beitritt insoweit nicht, auch wenn die Verfahren der verschiedenen Beitrittsgläubiger jeweils selbstständige Verfahren innerhalb des Rahmens des einheitlichen Versteigerungsverfahrens sind.13) 6

Die Vorschrift ist in allen Fällen der Anordnung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung14) von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten anzuwenden. § 19 ZVG gilt daher auch in den Sonderverfahren der Insolvenzverwalterversteigerung, der Nachlassversteigerung und der Teilungsversteigerung.

7

Laufen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung parallel, ist sowohl ein Zwangsversteigerungs- als auch ein Zwangsverwaltungsvermerk erforderlich (§ 146 Abs. 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 ZVG). Das ergibt sich aus der Gesetzessystematik des Verweises in § 146 ZVG und findet seine sachliche Rechtfertigung in der etwas anderen Beschlagnahmewirkung der Zwangsverwaltung (vgl. die §§ 148, 21 ZVG).

8

§ 19 ZVG ist ferner bei der Versteigerung von eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken sowie bei der Versteigerung von in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen heranzuziehen. An die Stelle des Grundbuchs treten das Schiffsregister bzw. das Schiffsbauregister (§§ 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG) sowie das Register über Pfandrechte an Luftfahrzeugen (§ 171b Abs. 2 ZVG). 3.

Inhalt des Eintragungsersuchens und der Eintragung

a) Eintragungsersuchen 9

Über den Inhalt des Eintragungsersuchens besteht keine einheitliche Meinung; diese Divergenz betrifft zwar nicht den Umstand, dass das Zwangsversteigerungsbzw. Zwangsverwaltungsverfahren über den in dem Ersuchen „grundbuchtechnisch“ genau zu bezeichnenden Grundbesitz (= Vollstreckungsgegenstand) angeordnet worden sei und dass das Grundbuchamt ersucht werde, die Anordnung im Grundbuch einzutragen. Dies ist einhellige Meinung. Vielmehr wird diskutiert, ob man diese Grunddaten um die Bitte ergänzt, die Unterlagen nach § 19 Abs. 2 ZVG dem Vollstreckungsgericht zuzuleiten und es über das Eingangsdatum des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt zu unterrichten.15) Das Grundbuchamt schuldet diese Aufgaben aufgrund gesetzlicher Vorschrift, auch wenn dies im Ersuchen nicht gesondert thematisiert werde. Die Anforderung der Unterlagen ist zweckmäßig und jedenfalls unschädlich.16) Unterlagen sind dem Ersuchen nicht zwingend beizufügen, auch nicht der Anordnungsbeschluss; es ist allerdings zweckmäßig, dem Grundbuchamt alle Angaben zur Verfügung zu stellen, die z. B. bei komplexen Anordnungsfällen die Arbeit erleichtern und Irrtümern vorbeugen, so etwa durch Beifügung einer Kopie des Anordnungsbeschlusses.17) Grundlage des Grundbuchamtes ist aber allein das Ersuchen, nicht der Anordnungsbeschluss. Bei _____________ 13) Vgl. § 27 Rz. 1 – 3 [Cranshaw]. 14) Siehe (u. a. zu einem Formulierungsvorschlag) statt aller bei Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 5. 15) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 3, 5 m. w. N. 16) So Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 3 und Fn. 3 dort. 17) So zu Recht Stöber, ZVG, § 19 Rz. 2.6.

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offenbaren Divergenzen wird das Grundbuchamt beim Vollstreckungsgericht anfragen oder eine Zwischenverfügung erlassen müssen; man denke z. B. an Schreibversehen des Vollstreckungsgerichts. Das Ersuchen hat auf die Verfahrensart hinzuweisen (Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung; Vollstreckungsversteigerung des Gläubigers oder Teilungsversteigerung).18) Für die weiteren Sonderverfahren sieht die Literatur wohl keinen Anlass, deren Charakter im Grundbuch zu vermerken. Bei der Teilungsversteigerung wird als Grund die von der Versteigerung ansonsten ausgehende negative Wirkung für die Bonität der Gemeinschafter genannt.19)

10

Bis zur Eintragung kann das Ersuchen abgeändert werden.20)

11

Die Erledigung ist vom Vollstreckungsgericht zu kontrollieren und selbstverständlich die Richtigkeit der Eintragung nach Zugang des Grundbuchblatts (§ 19 Abs. 2 ZVG) ebenfalls zu überprüfen. Stöber fordert alsbaldige Erledigung, die notfalls durch Dienstaufsichtsbeschwerde des Vollstreckungsgerichts gegenüber dem Grundbuchamt flankiert werden soll.21) Ob das im Einzelfall wirklich zielführend ist, mag man mit einem Fragezeichen versehen. Richtig ist allerdings, dass angesichts der hohen Bedeutung des Vermerks im Rahmen der Beschlagnahmewirkung und des Gutglaubensschutzes seine pflichtwidrig unterbliebene oder verzögerte Eintragung zu Amtshaftungsrisiken des Grundbuchamtes führt. Umgekehrt gilt das auch für das Vollstreckungsgericht bei fehlerhaften Angaben im Ersuchen bzw. bei Unterbleiben des Monitoring bezüglich des Eingangs des Ersuchens beim Grundbuchamt, der Erledigung der Eintragung und deren Richtigkeit.

12

b) Eintragungsinhalt Der Eintragungsinhalt entspricht dem Ersuchen. Umstritten ist, ob der Anordnungsbeschluss in der üblichen Weise (nach Gericht, Datum und Geschäftsnummer) identifizierbar im Grundbuch wiederzugeben ist.22) Die Angaben sind jedenfalls unschädlich, wenn auch das Grundbuch nicht überfrachtet werden und unübersichtlich werden sollte. Sachgerecht ist sicherlich, das zuständige Gericht und dessen Geschäftsnummer/Aktenzeichen anzugeben.23)

_____________ 18) 19) 20) 21)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 5, 10. Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 8 m. w. N. Stöber, ZVG, § 19 Rz. 2.6. Stöber, ZVG, § 19 Rz. 2.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 7, der allerdings von „unverhältnismäßiger“ Verzögerung ausgeht, auch wenn sie auf Arbeitsüberlastung zurückgehe. 22) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 9 f., unter Wiedergabe der verschiedenen Kommentarmeinungen zu der Frage. Überzeugend erscheint allerdings nicht, wenn dort vertreten wird, das Gericht sei nur bei Divergenz zwischen Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht anzugeben. 23) A. A., entgegen dem Muster GBV Anlage 2a, Stöber, ZVG, § 19 Rz. 3.4; dafür Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 1 und Fn. 14 dort m. w. N., mit der überzeugenden Begründung, auf die Akte des Vollstreckungsgerichts ohne Einblick in die Verfahrensakte des Grundbuchamts zugreifen zu können.

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§ 19 4.

Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

Verfahrensweise des Grundbuchamts, Prüfungspflichten

a) Schnittstellen zwischen Grundbuch- und Vollstreckungsverfahren 14

Das Eintragungsersuchen des Vollstreckungsgerichts und der Eintragungsvorgang bilden eine Schnittstelle zwischen Immobiliarvollstreckungsverfahren und Grundbuchverfahren ab. Daher bestehen für das Grundbuchamt prinzipiell dieselben Fragen wie bei jedem Eintragungsantrag, die sich insbesondere mit den Stichworten „Ordnungsmäßigkeit des Antrags“, „Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen“, „zeitlich vorausgehende unerledigte andere Eintragungsanträge“ und „Rang“ beschreiben lassen. b) Rangfragen?

15

Dabei ist das Rangthema ohne Bedeutung, da der Vollstreckungsvermerk nicht i. S. d. § 879 BGB rangfähig ist. Sein Ziel ist allein die Verlautbarung der Verfügungsbeschränkung gemäß § 23 ZVG. Diese vermittelt aber kein Recht am Grundstück.24) Daher ist lediglich ein deklaratorischer Wirksamkeitsvermerk möglich, wenn dadurch bei mehreren gleichzeitigen Eintragungen die Verfügungsbeschränkung gegenüber den anderen Eintragungen zu wahren ist.25) Hintergrund ist § 45 GBO, der bei mehreren noch zu bewirkenden Eintragungen im Grundbuch die Rangfolge bestimmt. Mangels „Rangfähigkeit“ des Vollstreckungsvermerks ist § 45 GBO nur analog heranzuziehen, indes bedarf es als Folge der Bedeutung des Eintritts der Beschlagnahmewirkung (§ 23 ZVG) des sachgerechten Wirksamkeitsvermerks (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG).26) c) Prüfung und Entscheidung des Grundbuchamtes

16

Eine Sachprüfung des Eintragungsersuchens seitens des Grundbuchamtes findet nicht statt,27) sondern lediglich eine formelle Überprüfung nach Maßgabe des Grundbuchverfahrensrechts. In diesem Rahmen ist auch eine Zwischenverfügung gemäß § 18 Abs. 1 GBO möglich.28) Zum einen geht es um die Ordnungsmäßigkeit des Ersuchens (§ 29 Abs. 3 GBO), z. B. fehlende Unterschrift oder das Fehlen des Siegels.

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Da die Eintragung des Vermerks aufgrund des Ersuchens einer Behörde nach § 38 GBO stattfindet, muss auch geprüft werden, inwieweit die Behörde innerhalb ihrer

_____________ 24) Palandt/Bassenge, BGB, § 879 Rz. 6, m. w. N., der zu Recht davon spricht, aus Verfügungsbeschränkungen könne keine Befriedigung resultieren. 25) Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 17 m. w. N., u. a. zu BayObLG, Beschl. v. 4.9.2003 zu 2Z BR 171/03; zu Wirksamkeitsvermerken vgl. u. a. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.1.1995 – 5 W 331/94 – 186; 5 W 331/94, Rpfleger 1995, 404 ff. = FGPrax 1995, 135 f. m. Anm. Demharter, EWiR 1995, 447 f. 26) Vgl. Löhnig/Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 17, auch zur analogen Anwendung des § 45 ZVG und zum Schutzzweck der Eintragung zugunsten des betroffenen Gläubigers bzw. Beteiligten. 27) Vgl. aus der Judikatur OLG Hamm, Beschl. v. 17.3.2011 – I-15 W 706/10, juris Rz. 2 ff. m. w. N. = Rpfleger 2011, 453 ff. = NJW-RR 2011, 741 f.; Antrag nach § 130 ZVG. 28) Allein schon die als solche begründete Zwischenverfügung löst Amtshaftungsrisiken des Vollstreckungsgerichts aus.

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§ 19

sachlichen Zuständigkeit gehandelt hat. Das Vorliegen der inhaltlichen Vollstreckungsvoraussetzungen ist allerdings für das Grundbuchamt „bindend“.29) Zur Prüfungspflicht des Grundbuchamts gehört auch die Ordnungsmäßigkeit des Inhalts des Eintragungsersuchens wie die Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit zu den Angaben über den Vollstreckungsgegenstand (§ 28 Satz 1 GBO) und die Frage, wie bei mehreren unerledigten Anträgen vorzugehen ist (vgl. die §§ 17, 45 GBO). Materielle Fragen wie diejenige, ob der Schuldner (noch) Eigentümer ist oder die insolvenzrechtlichen Voraussetzungen beim Antrag auf Eintragung des Insolvenzvermerks bestehen, unterliegen der Prüfungskompetenz des Grundbuchamts nicht.

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Diskutiert wird im Hinblick auf die §§ 17, 45 GBO, wie vorzugehen ist, wenn bei mehreren zeitlich unterschiedlich gestellten Eintragungsanträgen unterschiedliche Erledigungsreife besteht.

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Davon kann auch das früher eingegangene, aber mit einem behebbarem Mangel behaftete Ersuchen um Eintragung des Vollstreckungsvermerks betroffen sein. Die Literatur spricht sich dafür aus, in diesen Fällen einen Amtswiderspruch einzutragen.30) Dem ist insoweit zuzustimmen, als die Beschlagnahmewirkung jedenfalls mit dem Eingang des Ersuchens beim Grundbuchamt eintritt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG) und die Eintragung des Vollstreckungsvermerks diese bereits davor eingetretene Wirkung dokumentiert.

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Schwieriger ist vor dem Hintergrund der von dem Vollstreckungsvermerk gespiegelten Interessenlage (§ 23 ZVG) zu entscheiden, wie mit anderweitigen Eintragungsanträgen umzugehen ist, die dem Ersuchen des Vollstreckungsgerichts zwar zeitlich vorgehen, ihrerseits aber wieder noch nicht erledigungsreif sind. Richtig ist dabei zunächst diejenige Auffassung, die § 17 GBO einhalten will; der zwingende Charakter dieser Norm wird durch das Interesse der Berechtigten an der Eintragung des Vollstreckungsvermerks nicht ausgehebelt. In der Literatur wird zutreffend in diesem Kontext darauf hingewiesen, dass dem Antragsteller des zeitlich früheren Antrags nicht die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs genommen werden darf, Folge aus § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB.31) § 17 ZVG ist auch auf den Eintrag von Verfügungsbeschränkungen wie hier anzuwenden.32) Damit bleibt die Alternative einer Vormerkung für diesen noch zu erledigenden Antrag nach § 18 Abs. 2 GBO und die anschließende Eintragung des Vollstreckungsvermerks vor dem zeitlich

21

_____________ 29) Zu der Bindungswirkung für das Grundbuchamt im Hinblick auf die Vollstreckungsvoraussetzungen für den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek durch das Finanzamt vgl. OLG München, Beschl. v. 21.9.2012 – 34 Wx 202/12, juris Rz. 10 = ZInsO 2012, 2202 ff. Zur Eintragung des Sonderinsolvenzeröffnungsvermerks vgl. KG, Beschl. v. 26.8.2012 – 1 W 72/12, ZIP 2012, 1817 f. = Rpfleger 2013, 84 f. = jurisPR-InsR 18/2013, Anm. 4, Smid. 30) Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 9; Stöber, ZVG, § 19 Rz. 4.5 unter a) m. w. N; Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 19 Rz. 3 a. E., der zutreffend daraus hinweist, dass es sich materiell um eine den §§ 894, 899 BGB unterliegende Grundbuchberichtigung handelt; siehe auch Palandt/ Bassenge, BGB, § 894 Rz. 2. 31) Vgl. dazu Böttcher, ZVG, § 18 Rz. 7. 32) Eingehend zu § 17 GBO, der befolgt werden müsse, Stöber, ZVG, § 19 Rz. 4.1.

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vorgehenden anderweitigen Eintragungsantrag.33) Allerdings bewahrt die Vormerkung den Berechtigten aus dem früher gestellten Antrag nicht davor, dass sein guter Glaube an die Verfügungsbefugnis als Folge des nunmehr vor seinem Recht eingetragenen Vollstreckungsvermerks zerstört wird.34) Im Hinblick auf die Schutzwirkungen zugunsten des aus dem früheren Eintragungsantrag Berechtigten nach den §§ 892 BGB, § 23 ZVG ist aber der Mehrheitsmeinung zuzustimmen und die Anwendung des § 18 Abs. 2 ZVG abzulehnen.35) Der Vollstreckungsvermerk ist daher u. a. mit Hintzen im Einklang mit den §§ 17, 45 GBO einzutragen.36) d) Rechtsbehelfe 22

Gegen die Ablehnung der Eintragung des Vollstreckungsvermerks steht dem Vollstreckungsgericht ebenso wie dem betroffenen betreibenden Gläubiger gegen das Grundbuchamt zunächst die Erinnerung zu (§ 12c Abs. 4 Satz 1 GBO), soweit der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nach § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO entschieden hat.37) Soweit er nicht abhilft (§ 75 GBO) und auch der Richter sich der Abhilfe verschließt, ist die Grundbuchbeschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO an das gemäß § 72 GBO zuständige OLG zulässig.38) Hat der Rechtspfleger entschieden, ist die Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RpflG, § 71 f. GBO zulässig. Die Rechtsbeschwerde zum BGH ist als Zulassungsrechtsbeschwerde statthaft. e) Löschung des Vermerks

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Das Vollstreckungsgericht muss bei Verfahrensaufhebung das Grundbuchamt um Löschung des Vermerks ersuchen, § 34 ZVG. Dasselbe gilt nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses und Ausführung des Teilungsplans, § 130 ZVG.39)

24

Für die Zwangsverwaltung folgt diese Verpflichtung aus dem Verweis in § 146 Abs. 1 ZVG. _____________ 33) Gegen die Möglichkeit der Vormerkung Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 9; ebenso Löhnig/ Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 16; dagegen auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 12 m. w. N.; dafür Stöber, ZVG, § 19 Rz. 4.5 unter b) m. w. N. 34) Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 12; Löhnig/ Bluhm, ZVG, § 19 Rz. 16 m. w. N. Dies verkennt auch die die Vormerkung befürwortende Meinung von Stöber, ZVG, § 19 Rz. 4.5 unter c) nicht, der zugleich detailliert auf die §§ 892, 878 BGB eingeht. Dennoch sei die Vormerkung für den Berechtigten nicht ohne Wert, wobei er auf die Berücksichtigung der Vormerkung im geringsten Gebot nach § 48 ZVG und bei der Erlösverteilung nach § 119 ZVG verweist. 35) Siehe Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 9; Löhnig/Bluhm, a. a. O., § 19 Rz. 16; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen ZVG, § 19 Rz. 12 a. E. 36) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 12 a. E. 37) Zur Befugnis zur Einlegung des Rechtsbehelfs siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 19 a. E. m. w. N.; zur Beschwerdebefugnis des Vollstreckungsgerichts gegen eine Zwischenverfügung, die das Eintragungsersuchen „beanstandet“, siehe OLG Hamm, Beschl. v. 17.3.2011 – I-15 W 706/10, juris Rz. 2 ff. m. w. N. = Rpfleger 2011, 453 ff. = NJW-RR 2011, 741 f.; Antrag nach § 130 ZVG. 38) Zum Verfahrensablauf siehe auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.6.2010 – 20 W 231/10, juris Rz. 15 f. 39) Vgl. im Einzelnen § 130 Rz. 11, 15, 17 [Bachmann]. Zur Beschwerde des Vollstreckungsgerichts im Zusammenhang mit § 130 ZVG vgl. OLG Hamm, I-15 W 706/10, juris Rz. 2 f. und Ls. 1 = Rpfleger 2011, 453 ff.

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Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

§ 19

III. Aufgaben des Grundbuchamts im Zusammenhang mit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks gemäß § 19 Abs. 2 ZVG Das Grundbuchamt hat die Pflicht, nach der Eintragung des Versteigerungs- oder Zwangsverwaltungsvermerks dem Vollstreckungsgericht unverzüglich die in § 19 Abs. 2 ZVG erwähnten Unterlagen und Auskünfte zu erteilen. Die Gesetzesfassung hat noch die vom Grundbuchamt in körperlicher Form („Papier“) erstellte Urkunde im Fokus, zum „maschinellen“ (heute besser: digitalen) Grundbuch siehe unter Rz. 27. 1.

25

Erfordernis der Übersendung eines beglaubigten Grundbuchauszugs

Die Pflicht des Grundbuchamts umfasst zunächst nach § 19 Abs. 2 Satz 1 ZVG die Erteilung einer beglaubigten Abschrift des (um den Vollstreckungsvermerk) aktualisierten Grundbuchblatts, die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben und mit dem Dienstsiegel oder dem Stempelabdruck des Grundbuchamtes versehen sein muss.

26

Auch hier hat die technische Entwicklung den Gesetzestext überholt oder sie ist jedenfalls dabei. Wird das Grundbuch elektronisch geführt, wird die herkömmliche beglaubigte Abschrift durch einen Ausdruck ersetzt, der nicht nur wie bei der unbeglaubigten Variante das Abrufdatum trägt, sondern zusätzlich die Bezeichnung „amtlicher Ausdruck“. Er enthält ferner den Beglaubigungsvermerk (der nicht unterschrieben werden muss und auch nicht unterschrieben ist!) und auf dem das Siegel beigefügt ist. Der Siegelabdruck kann maschinell eingedruckt sein.40) Mit anderen Worten wird durch Anklicken oder ein ähnliches technisches Verfahren der Antrag auf eine beglaubigte Abschrift ebenso generiert wie die Erteilung der „Abschrift“ selbst. Voraussetzung ist die Zulassung zu einem elektronischen Abrufverfahren.41) Neben den zitierten Beispielen ist auf die weiteren vielfältigen Verlautbarungen der Bundesländer zum elektronischen Grundbuch zu verweisen, auf die einzugehen im vorliegenden Rahmen weitgehend verzichtet werden muss. Die Erteilung der Grundbuchabschrift kann nach der hier vertretenen Ansicht (allerdings nur de lege ferenda) durch die Zurverfügungstellung der Abrufmöglichkeit einer beglaubigten Abschrift ersetzt werden, da ansonsten der durch das elektronische Grundbuch geschaffene Effektivitäts- und Aktualitätsvorteil ins Leere geht, was gerade beim dienstlichen Verkehr unter Amtsgerichten, also justizintern, paradox wäre.42) § 19 Abs. 2 Satz 1

27

_____________ 40) Vgl. dazu die Verlautbarung zum Grundbuchverfahren in Nordrhein-Westfalen unter http://www.jm.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/FGG/Einzelverfahren/ Grundbuchverfahren/index.php, mit weiteren Links (Stand: 26.8.2014). 41) Vgl. dazu als weiteres Beispiel für Berlin die Verlautbarung der Senatsverwaltung für Justiz unter http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/grundbuch/grundbuchverfahren.html, „mit weiteren Verlinkungen“ (Stand: 13.11.2013, Abruf: 26.8.2014). 42) Zur Illustration Folgendes: Die niedersächsische Justizverwaltung weist in ihrer „Information zur Einführung des elektronischen Grundbuchs“, verfügbar unter http:// www.justizportal.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=13295&article_id=566 88&_psmand=50 (Stand: 22.12.2013) darauf hin, eine Kopie sei aufgrund der elektronischen Führung gar nicht mehr möglich. Zudem erhalten „Notare, Banken, Versicherungen und weitere Berechtigte“ die Möglichkeit des „Online-Abruf der Grundbuchblätter vom eigenen PC mit der Möglichkeit des Abdrucks auf dem Drucker…“.

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§ 19

Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

ZVG muss daher im Lichte der Möglichkeiten des elektronischen Grundbuchs gelesen und der Terminus der Erteilung einer beglaubigten Abschrift i. S. d. elektronischen Zugriffs interpretiert werden. Rechtsgrundlage sind Rechtsverordnungen der Landesregierungen oder der Landesjustizverwaltungen nach Maßgabe der §§ 126 ff. GBO. § 127 Abs. 2 GBO enthält mittelbar auch den Verweis auf § 19 Abs. 2 ZVG. § 131 Abs. 1 GBO fingiert das Zustandekommen der beglaubigten Abschrift durch den „amtlichen Ausdruck“ mit „Dienstsiegel oder -stempel“, wenn das maschinelle Grundbuch „als automatisierte Datei“ geführt wird (§ 131 Abs. 1 Satz 1 GBO). Zur Teilnahme am automatisierten Abrufverfahren bedarf es der Genehmigung gegenüber der zur Abrufung zugelassenen Stelle, zu denen u. a. Gerichte gehören. Die Datenübermittlung muss unter „Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der dinglich Berechtigten und wegen der Vielzahl der Übermittlungen oder wegen ihrer besonderen Eilbedürftigkeit angemessen“ sein (§ 133 Abs. 2 GBO, nach Maßgabe der dortigen weiteren Voraussetzungen). Wie Auskunft erteilt und Mitteilungen gemacht werden, ergibt sich aus der jeweiligen Landesverordnung (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GBO). Einzelheiten können z. T. der Internetseite zum elektronischen Rechtsverkehr entnommen werden.43) Die Eintragung wird nach unveränderlicher Aufnahme in den Datenspeicher des maschinell geführten Grundbuchs wirksam, § 129 Abs. 1 GBO. Nach vollständiger Umsetzung der elektronischen Grundbuchverfahren wird das elektronische Verfahren das allein zugelassene und auch faktisch nur noch allein mögliche sein. 2.

Beglaubigte Abschriften der Urkunden, auf die das Grundbuchblatt Bezug nimmt, und Übersendung der Grundakten

28

§ 19 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZVG verpflichtet das Grundbuchamt, neben dem beglaubigten Grundbuchauszug auch eine Abschrift aller Urkunden zu übermitteln, auf die in den Eintragungen Bezug genommen wird. Dadurch erlangt das Vollstreckungsgericht die notwendige Kenntnis über den Grundbuchinhalt und Beteiligte, die es zur Durchführung der Versteigerung benötigt. Die Regelung ist Konsequenz des Umstandes, dass im Grundbuch zur Vermeidung der Unübersichtlichkeit der Grundbuchblätter materiellrechtlich weitgehend auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden darf, vgl. die §§ 874, 885 Abs. 1, 1115 Abs. 1 Halbs. 2 BGB, wobei die Reichweite von § 1115 BGB durch Verweisungen erweitert ist.44)

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Die Lösung, beglaubigte Abschriften der Bezugsurkunden nur auf Anforderung des Vollstreckungsgerichts dorthin zu übersenden, ist praxisgerecht;45) sie steht aber nicht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Dasselbe gilt für die alternativ in _____________ 43) Siehe http://www.elrv.info/de/elektronischer-rechtsverkehr/rechtsgrundlagen/ElRv_Uebersicht_ BL.html; siehe zum Beispiel für Baden-Württemberg die Verordnung des Justizministeriums zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren (ERGA-VO) v. 20.12.2011, GBL. 2012, 11 ff., verfügbar über http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/1ggb/page/bsbawueprod.psml/screen/ JWPDFScreen/filename/jlr-ERGAVBWrahmen.pdf (Stand: 23.12.2013). 44) Zur Begründung der Möglichkeiten der Bezugnahme vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 874 Rz. 1 f. m. w. N. 45) Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 17, der Stöber, ZVG (unverändert in der 20. Aufl., 2012), § 19 Rz. 5.5, beipflichtet.

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Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

§ 19

§ 19 Abs. 2 Satz 2 ZVG vorgesehene „Beifügung der Grundakten oder Urkunden“ (§ 19 Abs. 2 Satz 1 ZVG); die von Stöber und Böttcher thematisierte Verlustgefahr bei Versendung von Originalunterlagen ist richtig, aber für die einzelnen Bezugsurkunden nicht anders als für die gesamte Grundbuchakte, sieht man einmal von dem Schadensumfang ab, sollte die Akte verloren gehen.46) Die Unterlagen mögen in diesem ersten Verfahrensstadium nach dieser Auffassung für das Vollstreckungsgericht nicht sehr hilfreich sein, es mag auch erhebliche Kopierarbeit bzgl. der Bezugsurkunden entstehen,47) die Übersendung mag auch „unzweckmäßig“ „ […] nicht üblich und auch sachlich nicht geboten […]“ sein.48) Das Abwarten einer Anforderung durch das Vollstreckungsgericht widerspricht aber dem Gesetz, so sehr sie auch aus praktischer Bewertung sinnvoll ist.49) 3.

Information über Zustellungsbevollmächtigte, „Wohnort und Wohnung der eingetragenen Beteiligten und deren Vertreter“, § 19 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. ZVG

Die Informationen über die Beteiligten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. ZVG schuldet das Grundbuchamt ebenfalls dem Vollstreckungsgericht, soweit sie bei ihm vorhanden bzw. bekannt sind. Aktualisierung und Recherchen obliegen gleichfalls dem Grundbuchamt. Vertreter sind gesetzliche bzw. organschaftliche Vertreter sowie die rechtsgeschäftlichen Vertreter einschließlich der Prozessbevollmächtigten, die dem Grundbuchamt bekannt gemacht wurden.50).

30

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften tritt an die Stelle des Wohnsitzes der statutarische oder der tatsächliche Firmensitz, falls der letztere vom satzungsmäßigen bzw. gesellschaftsrechtlichen Sitz abweicht.51)

31

4.

Folgeverpflichtung des Vollstreckungsgerichts in der Zwangsverwaltung, §§ 19 Abs. 2, 146 Abs. 2 ZVG

Ziel des § 19 Abs. 2 ZVG und Folge der Informationen durch das Grundbuchamt ist die Kenntnis des Vollstreckungsgerichts über die eingetragenen oder durch Vormerkung besicherten Beteiligten des § 9 Nr. 1 ZVG. In der Zwangsverwaltung resultiert aus dieser Kenntnis die Pflicht, die Beteiligten über das Bestehen des _____________ Stöber, ZVG, § 19 Rz. 5.5; Böttcher, ZVG, § 19 Rz. 17. Böttcher, a. a. O. Stöber, a. a. O. Vgl. bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 19 Rz. 12; im Ergebnis wie hier Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 19 Rz. 13. Kommen keine auf die Nichtübersendung dieser Unterlagen zurückzuführende Schäden Berechtigter vor, hat diese praxisorientierte Vorgehensweise keine Folgen und der formelle Gesetzesverstoß bleibt ungerügt. Dennoch kann man nicht sehenden Auges als staatliche Justizverwaltung das Gesetz bewusst nicht einhalten. Der richtige Weg ist daher der Versuch der Veranlassung einer Gesetzesänderung, die angesichts des Fortschreitens des elektronischen Verkehrs naheliegt. 50) Zur Bedeutung der Informationen über die Vertreter siehe die § 5 Rz. 5 – 7, § 6 Rz. 1, 4 [Cranshaw]. 51) Das gilt auch für Beteiligte mit Hauptsitz im Ausland, siehe OLG München, Beschl. v. 18.12.2012 – 34 Wx 461/12, ZIP 2012, 884 f., Eintragungsfähigkeit der inländischen Zweigniederlassung einer polnischen Aktiengesellschaft in das Grundbuch; dazu jurisPRHaGesR 3/2013, Anm. 2, Cranshaw.

46) 47) 48) 49)

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32

§ 19

Eintragung des Vollstreckungsvermerks in das Grundbuch

Zwangsverwaltungsverfahrens zu unterrichten, § 146 Abs. 2 ZVG.52) Diese Benachrichtigungspflicht des Vollstreckungsgerichts besteht nicht gegenüber dem Anordnungsgläubiger, dem Schuldner bzw. dessen Insolvenzverwalter (§ 80 InsO) und dem Zwangsverwalter, da ihnen die Anordnung der Zwangsverwaltung bereits bekannt ist. Dasselbe gilt für später beitretende Gläubiger (§ 27 ZVG).53) Eine Benachrichtigung der Beteiligten nach § 9 Nr. 2 ZVG scheidet ebenfalls aus, weil sich diese Gruppe Beteiligter naturgemäß nicht aus dem Grundbuch ergibt; sie erlangen den Status als Beteiligte zudem erst mit der Anmeldung, sodass ihnen das Verfahren bekannt ist, vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 ZVG.54) Die diesen Beteiligten gegenüber gleichwohl erfolgte Unterrichtung ist aber selbstverständlich unschädlich. IV. Weitere Pflichten des Grundbuchamts bei Eintragungen in das Grundbuch nach der Beschlagnahme gemäß § 19 Abs. 3 ZVG 33

Das Grundbuchamt ist im Rahmen der Sollvorschrift des § 19 Abs. 3 ZVG zudem angehalten, die zeitlich nach der Eintragung des Vollstreckungsvermerks liegenden weiteren Eintragungen dem Vollstreckungsgericht ebenso mitzuteilen. Es ist nicht erkennbar, wo in der Praxis der Unterschied zwischen der „Mussvorschrift“ des § 19 Abs. 2 ZVG und der „Sollbestimmung“ des § 19 Abs. 3 ZVG liegen soll. Das Ermessen des Grundbuchamts zur Erteilung dieser Information ist weitgehend so gebunden, dass eine nicht darunter zu subsumierende Fallgruppe kaum vorstellbar sein dürfte. § 19 Abs. 3 ZVG ist erst durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 20.8.1952 in das ZVG eingefügt worden.55) Die gesetzgeberische Begründung hatte insbesondere Sicherstellungen von Bauhandwerkerforderungen „im letztmöglichen Augenblick“ im Auge, die den Beteiligten bzw. Bietinteressenten im Interesse ihres Gebots bekannt werden sollten. Ferner wollte man einen „Gesichtsverlust“ des Vollstreckungsgerichts vermeiden, das ggf. keine Kenntnis von aktuellen Eintragungen habe und darauf evtl. erst von im Versteigerungstermin Anwesenden davon unterrichtet werde.56) Künftig, nach vollständiger Umsetzung des elektronischen Grundbuchs, kann § 19 Abs. 3 ZVG zugunsten des Abrufs der Grundbucheintragungen ersetzt werden. Der Rechtspfleger des Versteigerungsgerichts könnte noch im Versteigerungstermin generell bei zwingendem Bedarf die Daten abrufen und Unstimmigkeiten aufklären.

_____________ 52) Siehe § 146 Rz. 23 – 25 [Depré]. 53) Vgl. Löhnig/Bäuerle, ZVG, § 146 Rz. 28. 54) Löhnig/Bäuerle, ZVG, § 146 Rz. 31; Böttcher, ZVG, § 146 Rz. 68, u. a. unter Hinweis auf die Informationspflichten des Zwangsverwalters gegenüber Beteiligten gemäß § 4 ZwVwV. 55) BGBl. I, 1953, 952. 56) BT-Drucks. 3668 v. 5.9.1952, 1. Wahlperiode 1949, S. 15.

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Cranshaw

§ 20

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

§ 20 Wirkungen des Anordnungsbeschlusses (1) Der Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks. (2) Die Beschlagnahme umfaßt auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Literatur: Cranshaw, Insolvenzrechtliche Fragestellungen bei Spezialfinanzierungen, in: Sladek/Heffner/Graf Brockdorff, Insolvenzrecht 2013/2014, 3. Aufl., 2013, S. 31 ff.; Flatow, jurisPR-MietR 15/2013, Anm. 6 (Anm. zu BGH Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12, ZIP 2013, 1082 ff.); Franke, „Anwendbarkeit des § 110 InsO auf Sale-and-leaseback-Verträge und rechtliche Bestimmung der vorausabgetretenen Mietforderungen beim Forfaitierungsvertrag“ (Anm. zu BGH IX ZR 62/12, ZfIR 2013, 542 ff.), ZfIR 2013, 547 ff.; Ganter, Die Sicherungsübereignung von Windkraftanlagen als Scheinbestandteil eines fremden Grundstücks, WM 2002, 105; Götting, ZfIR 2006, 762, Anmerkung zu BGH – V ZR 35/05 (ZfIR 2006, 762); Gratias, Vorrang des Grundpfandgläubigers bei Beschlagnahme nach Abtretung des Mietzinses, BGHReport 2005, 1231; Kappler, Photovoltaikanlagen auf fremdem Grund und Boden – Sicherheit für alle Zeiten? ZfIR 2012, 264; ders., ZfIR 2012, 602, Anm. zu OLG München, Beschl. v. 18.4.2012 – 34 Wx 35/12, ZfIR 2012, 601; Klindworth, Eintrittsrecht bei der EE-Projektfinanzierung, ForderungsPraktiker (FP) 2013, 262; Michaelsen/Peters, Anlagen der erneuerbaren Energien als Kreditsicherheit, in: Bieberstein/Cranshaw/Dittmann/Fischer/Freckmann u. v. a. (Hrsg.), FCH-Sicherheitenkompendium, 4. Aufl., 2013, 953; Schmidt-Burgk/ Schölermann, Flugzeuge als Kreditsicherheit, WM 1990, 1137; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., 2013; van Aken, Kreditsicherheiten bei der Finanzierung von Biogasanlagen, FP 2013, 109; Zimmer, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 199/06, NJW 2008, 1599; Zipperer, Die Pfändung von Miet- und Pachtforderungen aus dinglichen Titeln – die ewig junge Frage der Pfändungsbeschlagnahme, ZfIR 2006, 395. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Anwendungsbereich und Wirkungen ............................................ 5 1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte ........................................ 5 2. Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge ........................................ 9 3. Begriff der Beschlagnahme und Tragweite ............................................. 14 III. § 20 Abs. 1 ZVG ................................. 17 1. Beschlagnahmen im Rahmen der Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG ..................................................... 17 2. Vollstreckungsrechtliche Beschlagnahmen im weiteren Kontext der Immobiliarvollstreckung .................... 22 a) Arten der Immobiliarvollstreckung und Beschlagnahme .... 22 b) Dingliche Pfändung, Beschlagnahme und Konkurrenzen ........... 23 c) Verfügungen über Miete und Pacht und Beschlagnahmen der entsprechenden Forderungen ..... 24

IV. Haftungsverband der Hypothek gemäß § 20 Abs. 2 ZVG ..................... 30 1. Umfang des Haftungsverbands gemäß §§ 1120 ff. BGB ....................... 30 2. Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör ............................................... 32 a) Ausgangslage ................................ 32 b) Vom Grundstück getrennte Bestandteile und andere Gegenstände ................................. 38 c) Scheinbestandteile ........................ 42 d) Getrennte Erzeugnisse ................ 45 e) Zubehör ........................................ 48 aa) Zubehörbegriff ............................. 48 bb) Zubehör im Fremdeigentum ....... 56 cc) Die sog. „Anwartschaften“ .......... 59 dd) Probleme des Rechtsstreits um die Zubehöreigenschaft für das Versteigerungsverfahren .............. 63 f) Beispiele von Bestandteilen, Erzeugnissen und Zubehör ......... 64 3. Miet- und Pachtforderungen .............. 71

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§ 20 4. 5.

I.

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

Wiederkehrende Leistungen gemäß § 1126 BGB .......................................... 72 Versicherungsforderungen gemäß §§ 1127 ff. BGB ................................... 76

V. Ansprüche auf Entschädigung und Rechtsstreit über die Einbeziehung in die §§ 1120 ff. BGB ......... 85

Normfunktion

1

Die §§ 20 ff. ZVG regeln die Beschlagnahme als wesentliche Folge der Anordnung der Versteigerung durch das Vollstreckungsgericht (vgl. §§ 15 ff. ZVG). § 20 ZVG stellt systematisch den Ausgangspunkt dar, indem er in Absatz 1 nach seinem Wortlaut die Beschlagnahme als Folge des Anordnungsbeschlusses fingiert. Tatsächlich handelt es sich aber nicht um eine Fiktion, da die Beschlagnahmewirkungen nicht mit der Anordnung als solcher (= Verlassen des inneren Bereichs des Gerichts1) eintreten, sondern nach Maßgabe der Detailregelungen des § 22 ZVG. Die Ausgangslage in Absatz 1 ist im Hinblick auf die Grundpfandrechte und die weiteren dinglich wirkenden Belastungen die Folge der Duldungshaftung, die dem Gläubiger das Recht gibt, sich durch Maßnahmen der Immobiliarvollstreckung aus dem Grundstück zu befriedigen. Vgl. für die Grundpfandrechte die §§ 1113, 1192, 1199, 1147 BGB, für die öffentlichen Lasten der Rangklasse 3 insbesondere § 77 Abs. 2 AO.2) § 20 Abs. 2 ZVG beschreibt im Rahmen einer generalklauselartigen Regelung, dass die Beschlagnahme nicht nur den eigentlichen Vollstreckungsgegenstand erfasst, sondern auch alle Gegenstände (= Sachen und Rechte), die bei Grundstücken dem Haftungsverband der Hypothek gemäß den §§ 1120 ff. BGB unterliegen. Diese Einbeziehung der §§ 1120 ff. BGB führt über § 1147 BGB zugleich zu dem dort verwendeten Begriff der Beschlagnahme als wesentliches Merkmal, ob der betreffende Gegenstand im Verfahren nach dem ZVG mit verwertet wird oder nicht, weil er von der Haftung frei geworden ist (vgl. §§ 1121, 1122 BGB). Praxisrelevant ist der Unterschied in der Kreditpraxis, in der Individualzwangsvollstreckung und der Insolvenzpraxis bei der Frage der gesonderten, außerhalb der §§ 1120 ff. BGB stehenden Sicherungsübereignung von Zubehörstücken bzw. der Sicherungszession von Miete und Pacht. Dreh- und Angelpunkt ist aber materiellrechtlich der Haftungsverband der Hypothek nach den §§ 1120 ff. BGB, der für die Grundschuld bzw. die Rentenschuld in derselben Weise besteht, nicht indes für die Reallast. In den Verfahren nach dem ZVG ist es für die Frage des Haftungsumfangs jedoch ohne Bedeutung, auf welcher vollstreckungsrechtlichen Grundlage der Gläubiger seinen Anspruch verfolgt; auch die Versteigerung aus der Rangklasse 5 mittels eines persönlichen Titels führt zur Beschlagnahme der Gegenstände die der hypothekarischen Haftung unterliegen, wie der Wortlaut des § 20 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 10 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG3) bereits zeigt.

2

Dabei darf nicht verkannt werden, dass die Immobiliarvollstreckung neben den Verfahren nach dem ZVG sowohl die Zwangssicherungshypothek als weitere zulässige Vollstreckungsart kennt (vgl. § 866 ZPO) als auch die dingliche Pfändung _____________ 1) 2) 3)

282

Vgl. dazu § 22 Rz. 1 [Cranshaw], Hinweis auf BGH, Urt. v. 1.4.2004 – IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575. Siehe auch § 10 Rz. 67 f. [Cranshaw]. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 2 Rz. 3.

Cranshaw

§ 20

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

von Gegenständen, auf die sich der Haftungsverband der Hypothek erstreckt (§ 865 Abs. 1 ZPO). Ausnahme ist das Zubehör, das der dinglichen Pfändung nicht unterliegt, § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Umstritten ist, ob die Enthaftung auch durch einstweilige Verfügung bewirkt werden kann, die die Separierung bereits veräußerter Gegenstände bewirken soll.4) Der Umfang der Beschlagnahme beschreibt zugleich den Gegenstand der Versteigerung und damit auch den Umfang dessen, was dem Ersteher zugeschlagen wird (§ 90 ZVG). Über § 74a Abs. 5 ZVG ist damit auch der Gegenstand des Wertfestsetzungsgutachtens umrissen bis hin zur Auswahl des Gutachters, wenn Spezialkenntnisse zur Bewertung von Grundstück, Bestandteilen und Zubehör benötigt werden und daher „allgemeine“ Grundstücksgutachten den Anforderungen nicht genügen.

3

§ 21 ZVG regelt den weiteren Umfang der Beschlagnahme und Ausnahmen, § 22 den Eintritt der Beschlagnahmewirkung. Die Wirkung selbst handelt § 23 ZVG ab. Neben der Anordnung der Versteigerung (vgl. § 15 ZVG) steht der Beitritt (vgl. § 27 ZVG) und damit die „Vervielfältigung“ des Verfahrens in so viele Einzelverfahren wie es betreibende Gläubiger gibt. Alle diese Einzelverfahren werden zwar unter dem Dach des einheitlichen Versteigerungsverfahrens abgewickelt, können aber verschiedene Teilschicksale haben. Im Fokus steht dabei die Beschlagnahmewirkung nach den §§ 20 ff. ZVG, die für jeden der betreibenden Gläubiger gesondert zu beurteilen ist (Folge aus § 27 Abs. 2 ZVG).5)

4

II. Anwendungsbereich und Wirkungen 1.

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte

§ 20 ZVG ist in allen Fällen der Gläubigervollstreckung heranzuziehen, nicht aber in allen Versteigerungsfällen. Im Rahmen der Zwangsverwaltung gilt ein anderer Inhalt der Beschlagnahme (vgl. die §§ 146, 148 Abs. 1, 150d, 151, 152a ZVG).

5

In der Insolvenzverwalterversteigerung gibt es keine Beschlagnahme, die Zustellung des Anordnungsbeschlusses gilt aber als Beschlagnahme für die Zwecke des § 55 ZVG (Versteigerungsumfang, Erstreckung auf Fremdzubehör, wenn der Berechtigte seinen Anspruch nicht anmeldet) und des § 13 ZVG (wiederkehrende Leistungen), siehe § 173 Satz 2 ZVG.

6

Dasselbe gilt für die Nachlassversteigerung (§§ 175 ff., 176, 173 ZVG), wobei § 178 ZVG anordnet, dass die Zwangsversteigerung nicht angeordnet werden soll, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren beantragt wurde. Mit anderen Worten soll der Insolvenzbeschlag der Nachlassgegenstände dem Zwangsversteigerungsverfahren vorgehen.

7

_____________ 4)

5)

Vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 1121 Rz. 3 m. w. N.; siehe auch RG, Urt. v. 14.3.1934 – V 352/33, RGZ 144, 152 ff. Das RG bejaht dort die Enthaftung als Folge der Beschlagnahme vorausgegangenen einstweiligen Verfügung. Siehe im Einzelnen die Kommentierung zu den §§ 22, 23 sowie zu § 27 Rz. 1 – 3, 15 ff. [Cranshaw].

Cranshaw

283

§ 20 8

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

In der Teilungsversteigerung ist § 20 ZVG eingeschränkt anzuwenden. Da die Beteiligten (Miteigentümer, Mitglieder einer Gesamthandsgemeinschaft) stets nur gemeinsam verfügen könnten, entfällt die Enthaftung nach den §§ 1121 f. BGB, sodass auch eine Beschlagnahme der Zubehörstücke und der anderen dort erfassten Gegenstände ins Leere geht.6) 2.

Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge

9

Auf die Versteigerung von Schiffen (§ 162 ZVG), Schiffsbauwerken/Schwimmdocks (§ 170a ZVG) und Luftfahrzeugen (§ 171a ZVG) ist § 20 ZVG anwendbar. Das Schiffsregister (§ 163 Abs. 2 ZVG), das Schiffsbauregister (§ 170a Abs. 2 Satz 2) und das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (§ 171b Abs. 2 ZVG) treten an die Stelle des Grundbuchs.

10

Begrifflich umfasst jedoch die Beschlagnahme nicht die Gegenstände des § 21 Abs. 1, 3 ZVG, da es der Natur der Sache nach bei diesen Vollstreckungsgegenständen keine land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse und auch keine Früchte i. S. d. landwirtschaftlichen Pacht gibt.7)

11

Erweitert man § 21 Abs. 3 ZVG auf die „mittelbaren Sach- und Rechtsfrüchte“ (§ 99 Abs. 3 BGB), die auch Miete, Pacht und Untermiete sowie Entschädigungen bei Auflösung des Nutzungsverhältnisses umfassen,8) so hat § 21 Abs. 3 ZVG bei Schiffen als Folge des Schiffsmietvertrages (§§ 553 ff. HGB) und des Zeitchartervertrages (§§ 557 ff. HGB)9) dennoch einen Anwendungsbereich: Die Beschlagnahme beeinträchtigt den Mieter/Charterer nicht. Über Schiffsbauwerke gibt es keinen Nutzungsvertrag, sodass hier § 21 Abs. 1, 3 ZVG generell nicht gelten kann. Für Luftfahrzeuge gilt dasselbe wie für Schiffe.

12

§ 20 Abs. 2 muss bei Schiffen/Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen modifiziert betrachtet werden, da sich der Beschlagnahmeumfang naturgemäß anders darstellt als bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten. Der Schlüssel sind die §§ 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2, 171b Abs. 2 ZVG mit den Verweisen auf die an die Stelle des Grundbuchs tretenden spezifischen Register. Bei Schiffen richtet sich die Haftung inhaltlich nach den §§ 31 ff. SchiffsRG im Hinblick auf die Gläubiger von Schiffshypotheken10) sowie nach den §§ 596 ff., 598 HGB bzgl. der Schiffsgläubiger. Für Schiffsbauwerke bzw. Schwimmdocks siehe die §§ 76 ff. SchiffsRG. Für Binnenschiffe vgl. die §§ 102 ff. BinSchG, zum Rang bzw. Vorrang der Schiffs-

_____________ 6) So zutreffend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 68. 7) So zu Recht Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 162 ZVG, Rz. 50; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 171a Rz. 30. 8) Siehe insgesamt Palandt/Ellenberger, BGB, § 99 Rz. 4 m. w. N. 9) Die zitierten Bestimmungen des HGB gelten nach § 27 BinSchG (Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffe, Binnenschifffahrtsgesetz) auch für Binnenschiffe i. d. F. bis zum Gesetz v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831. 10) Vgl. den Überblick bei Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 33 f. Der dortige Hinweis zu § 478 a. F. HGB ist durch das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff., überholt (siehe dort Art. 1 Nr. 42).

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gläubiger siehe die §§ 108 f. BinSchG. Bei Luftfahrzeugen ergibt sich der Haftungsumfang aus den §§ 31 ff. LuftFzgG.11) Eine Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung entfällt, da es keine Zwangsverwaltung bei den Schiffen und Luftfahrzeugen gibt, sondern lediglich die Bewachung und Verwahrung durch einen Treuhänder, der das Schiff unter den gesetzlichen Voraussetzungen „für Rechnung und im Namen des Schuldners“ nutzen kann (§§ 165, 171c Abs. 3 ZVG). Die Verteilung des „Reinertrages“ durch das Gericht soll nach den zitierten Vorschriften freilich regelmäßig nach den „Grundsätzen des § 155 ZVG“ erfolgen, also wie in der Zwangsverwaltung; maßgeblich ist der Rang nach den für Schiffe und Luftfahrzeuge geltenden Vorschriften.12) 3.

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Begriff der Beschlagnahme und Tragweite

Die vollstreckungsrechtliche Beschlagnahme bedeutet systematisch in allen Zwangsvollstreckungsfällen nach der ZPO dasselbe und damit als Folge des § 869 ZPO auch in der Zwangsversteigerung, obwohl Umfang und Inhalte von der jeweiligen Vollstreckungshandlung abhängig sind. Sie bewirkt grundsätzlich die öffentlichrechtliche Verstrickung,13) die von dem durch die Beschlagnahme ggf. entstehenden Pfändungspfandrecht des Gläubigers zu unterscheiden ist. Sie ist Ausdruck der hoheitlichen Staatstätigkeit, die auf die eigentumsrechtlich geschützten Vermögenswerte des Vollstreckungsschuldners zugreift und Ausdruck staatlicher Souveränität ist.14) Die Differenzierung spielt bei der Rücknahme des Versteigerungs- oder Zwangsverwaltungsantrags eine Rolle;15) der BGH fordert in diesem Zusammenhang einen konstitutiv wirkenden Gerichtsbeschluss.

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In der Literatur weist u. a. Böttcher darauf hin, dass die Beschlagnahme ein Vorzugsrecht auf Befriedigung an dem Grundstück generiert, soweit ein persönlicher Gläubiger die Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG betreibt. Ein dinglicher Gläubiger „aktualisiere“ danach sein Befriedigungsrecht (vielleicht kann man eher sagen, der dingliche Gläubiger aktiviere sein bereits bestehendes Befriedigungs-

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_____________ 11) Man darf dabei nicht verkennen, dass die §§ 68 ff. LuftFzgG die Erweiterung des Registerpfandrechts auf gesondert lagernde Ersatzteile von Luftfahrzeugen ermöglichen. Zu diesen Ersatzteilen gehören auch die besonders wichtigen Triebwerke und Flugzeugmotoren (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 LuftfzgG), die sonderrechtsfähig sind und keine wesentlichen Bestandteile des Flugzeugs darstellen. Sie müssen keineswegs dem Flugzeugeigentümer gehören, stellen einen erheblichen Wert dar und können Gegenstand eigener Pfandrechte sein, vgl. dazu Palandt/Ellenberger, BGB, Rz. 5 a. E.; siehe auch den Überblick bei Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 33, 35 m. w. N.; siehe zu dem Thema im Einzelnen Schmidt-Burgk/Schölermann, WM 1990, 1137 ff. 12) Siehe dazu § 10 Rz. 148 ff. [Cranshaw]. 13) Zöller/Stöber, ZPO, § 804 Rz. 1. 14) Deshalb ist bei aller Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Gerichtsentscheidungen nach dem Recht der Europäischen Union nach der EuGVVO und anderen Rechtsinstrumenten die tatsächliche Vollstreckung unverändert mitgliedstaatlichen Vollstreckungsbehörden, insbesondere den Gerichten nach mitgliedstaatlichem Recht zugewiesen, mag auch der Vollstreckungstitel selbst unionsrechtlich determiniert sein, wobei insoweit freilich kein dinglicher Duldungstitel in Frage kommt, um z. B. die Immobiliarvollstreckung durchzuführen. 15) Siehe im Einzelnen § 23 Rz. 12 (Fn. 18) [Cranshaw]; vgl. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, juris Rz. 11 f. = BGHZ 177, 218 ff.

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recht).16) Diese Erwägung stützt sich auf die Judikatur des Reichsgerichts (allerdings für die Zeit vor Erlass des ZVG auf der Basis des preußischen Vorgängerregelwerks), das mit nachvollziehbaren und mit der Rechtslage nach dem ZVG in Einklang stehenden Gründen bei der Vollstreckung mit dem Instrumentarium des ZVG die Entstehung eines Pfändungspfandrechts verneint,17) das bei der Mobiliarvollstreckung kraft Gesetzes ohne Weiteres entsteht (vgl. § 804 Abs. 1 ZPO).18) Letztlich ohne besondere Relevanz ist in praxi auch, dass das durch die Beschlagnahme erzeugte oder aktivierte Befriedigungsrecht ein Sondervermögen des Schuldners herstellt, an dem nur die am Verfahren (kraft Gesetzes oder Anmeldung) beteiligten Gläubiger teilnehmen.19) Die Befriedigung in der Zwangsvollstreckung und deren Rangfolge als Folge eines hoheitlichen Aktes unterliegt stets allein den gesetzlichen Vorschriften dazu. Jeder Zwangsvollstreckungsgegenstand bildet in diesem Sinne bei jeder Vollstreckung eine Sondermasse der Vollstreckungsgläubiger ab, sobald der vollstreckungsrechtliche Zugriff erfolgt ist. Auch im Insolvenzverfahren gibt es im Einzelfall Sondermassen (z. B. als Folge des § 93 InsO). 16

Eine eigenständige Bedeutung dürfte die Verstrickung als Beschlagnahmefolge zum Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung nicht haben (wohl aber bei ihrer Beendigung, siehe oben), denn die Beschlagnahmewirkungen (§§ 20 Abs. 1, 21, 22 Abs. 2, 23 ZVG) treten erst nach dem Erlass nach näherer Bestimmung des § 22 ZVG ein. Allenfalls strafrechtlich (vgl. insbesondere § 136 Abs. 1 StGB, Verstrickungsbruch) wäre denkbar, dass der Schuldner vor der Zustellung des Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses (§ 22 Abs. 1 ZVG) tatbestandsmäßig handelt, weil ihm der Erlass des Beschlusses im vorstehend umrissenen Sinne bekannt, aber noch nicht zugestellt worden ist.20) III. § 20 Abs. 1 ZVG 1.

17

Beschlagnahmen im Rahmen der Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG

Die Grundsatznorm des § 20 Abs. 1 ZVG beschreibt zugleich, dass die Anordnung des Versteigerungsverfahrens im Zusammenwirken mit den Vorschriften der §§ 21 ff. ZVG zwar die Beschlagnahme bewirkt, sie aber nicht die einzige Variante _____________ 16) Böttcher, ZVG, § 20 Rz. 4. 17) RG, Urt. v. 26.10.1883 – Rep. V 178/87, RGZ 19, 295 ff., 299 f. Das RG hat zu dem vormaligen (preußischen) Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen v. 13.7.1883, Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten v. 23.8.1883, PrGS 1883, S. 131 ff., entschieden. Der dortige § 16 Abs. 1 entspricht § 20 ZVG, wenn auch mit dem Unterschied, dass dort die Beschlagnahme noch ausdrücklich auszusprechen ist. 18) Zöller/Stöber, ZPO, § 804 Rz. 1 f., Rz. 3; § 829 Rz. 16. 19) Böttcher, ZVG, § 20 Rz. 4; RG, Urt. v. 20.10.1933 – II 30/33, RGZ 142, 85 ff., 98 f. (keine Schaffung einseitiger Vorrangstellung in der Zwangsverwaltung allein durch Vertragsbedingungen eines Wasserversorgers). 20) Kennt der Schuldner den erlassenen Beschluss nicht, kann er nicht vorsätzlich handeln und den nur vorsätzlich begehbaren Straftatbestand nicht verwirklichen (vgl. §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). Die Problematik des § 136 Abs. 1 StGB besteht darin, dass die Versteigerung (ebenso wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens) keine Inbesitznahme des Vollstreckungsgegenstandes fordert, vgl. insgesamt dazu Weiler, in: Dölling/Duttge/ Rössner, Gesamtes Strafrecht, § 136 StGB Rz. 2 – 4, 7 f.

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darstellt, die zur Beschlagnahme des Grundbesitzes und zur Möglichkeit der Befriedigung eines Zahlungsanspruchs daraus führt. Vielmehr ist davon die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung zu unterscheiden, die andere Ziele verfolgt, nämlich die Sicherung der Erträge des Grundbesitzes für den betreibenden Gläubiger (vgl. die §§ 146 ff., 152, 155 ZVG). Ferner ist die Zwangsverwaltung auch gegen den Eigenbesitzer möglich, der nicht der eingetragene Eigentümer oder dessen Erbe ist (§§ 147 Abs. 1, 17 ZVG). Zudem unterscheidet sich die Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung von derjenigen in der Versteigerung auch inhaltlich durch ihren Umfang. Bestimmte Erzeugnisse und Versicherungsforderungen sowie – selbstverständlich – Miet- und Pachtforderungen werden von der Beschlagnahme erst im Zwangsverwaltungsverfahren erfasst (vgl. §§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 1, 2 ZVG).

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Übergreifend gilt für beide Fälle der Beschlagnahme, dass neben der Anordnung des Verfahrens die systematische Möglichkeit des Beitritts weiterer Gläubiger steht, der zu so vielen Einzelverfahren führt, wie es betreibende Gläubiger gibt (Folge aus § 27 Abs. 2 ZVG). Die innerhalb des Gesamtverfahrens (Versteigerungsverfahren oder Zwangsverwaltungsverfahren bleiben dabei stets getrennt) selbstständigen Einzelverfahren können ganz unterschiedliche Schicksale haben.

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Betroffen sind Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte bzw. Bruchteile (vgl. §§ 864, 870 ZPO).

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Die Beschlagnahmen von Gegenständen nach dem ZVG außerhalb der Vollstreckung in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte betrifft zunächst den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 ZVG (siehe dazu unter Rz. 9 ff.).

21

2.

Vollstreckungsrechtliche Beschlagnahmen im weiteren Kontext der Immobiliarvollstreckung

a) Arten der Immobiliarvollstreckung und Beschlagnahme Die „Arten der Vollstreckung“ in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte zur Durchsetzung einer Geldforderung (Buch 8 Abschnitt 2 der ZPO) beschreibt das Gesetz mit der „Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung“ sowie mit Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (§ 866 Abs. 1 ZPO), die parallel nebeneinander „ausgeführt werde(n)“ können (§ 866 Abs. 2 ZPO). Die Zwangshypothek ist streng akzessorische Sicherungshypothek (§ 1184 BGB), die nach Maßgabe der §§ 866 Abs. 3, 867 f. ZPO einzutragen und zu behandeln ist. Sie ist Sicherungsmaßnahme und bewirkt die Beschlagnahme erst, wenn aus ihr die Versteigerung oder die Zwangsverwaltung betrieben wird.

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b) Dingliche Pfändung, Beschlagnahme und Konkurrenzen Außerhalb der beiden Beschlagnahmetypen im Rahmen des ZVG steht die sog. dingliche Pfändung von Gegenständen, die der Haftung nach den §§ 1120 ff. BGB unterliegen. Gemeint ist damit, dass die Vollstreckungsmaßnahme auf einem Duldungstitel,21) nicht auf einem Zahlungstitel beruht. Dieser Titel wird wie bei _____________ 21) Siehe Palandt/Bassenge, BGB, § 1147 Rz. 2 – 5.

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dem für Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung verwendeten dinglichen Titel entweder durch Leistungsklage gemäß § 1147 BGB erstritten, die auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist,22) oder er beruht auf notarieller Urkunde gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, zweckmäßig i. V. m. § 800 ZPO mit Unterwerfung des jeweiligen Eigentümers (nur diese weitgehende Art der Unterwerfung muss im Grundbuch eingetragen sein, § 800 Abs. 1 Satz 2 ZPO, um die Erleichterungen des § 800 ZPO gegen den späteren Eigentümer bei etwaigem Eigentumswechsel in Anspruch nehmen zu können23)). c) Verfügungen über Miete und Pacht und Beschlagnahmen der entsprechenden Forderungen 24

Im Mittelpunkt der Praxis steht dabei neben der rechtsgeschäftlichen Sicherungsübereignung von Zubehör durch den Schuldner und der rechtsgeschäftlichen Abtretung bzw. Verpfändung der Miet- bzw. Pachtforderungen nachvollziehbar auch deren Pfändung; deutliche Abweichungen ergeben sich in der Insolvenz beim Leasing.24) Der rechtsgeschäftliche oder individualvollstreckungsrechtliche Zugriff sichert dem Pfandgläubiger (siehe die §§ 50 Abs. 1, 51 Nr. 1 InsO zur Legaldefinition) die Erträge der Immobilie, ohne Kosten für eine Zwangsverwaltung zu

_____________ 22) Die Duldungsklage ist Leistungs-, aber natürlich keine Zahlungsklage, Zöller/Greger, ZPO, Vor § 253 Rz. 3. Naturgemäß kann ein Duldungstitel auch das Ergebnis eines Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sein bzw. nach § 278 Abs. 6 ZPO, nicht jedoch als Folge eines Mahnverfahrens, das mit Vollstreckungsbescheid endet (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO), denn dort handelt es sich nur um einen persönlichen Zahlungstitel (§ 688 Abs. 1 ZPO). Dieser erlaubt zwar ebenfalls die Pfändung der Miet- und Pachtansprüche und die Einleitung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung, aber eben nicht mit dinglicher Wirkung. In den Verfahren nach dem ZVG kann daher die Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid nur in der Rangklasse 5 des § 10 ZVG betrieben werden. Bei einem Schiedsspruch (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO i. V. m. §§ 1031 ff. ZPO) kommt es auf den Inhalt der Vollstreckbarerklärung an (vgl. die §§ 1060 ff. ZPO). 23) Gegen den ursprünglichen (und zum Zeitpunkt der Vollstreckung im Grundbuch eingetragenen) Eigentümer bedarf es zur Herbeiführung der dinglichen Wirkung nicht der Grundbucheintragung, BGH, Urt. v. 25.6.1981 – III ZR 179/79, juris Rz. 15 = NJW 1981, 2576 f. = ZIP 1981, 1974 ff., unter Hinweis auf OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.12.1976 – 5 W 19/77, juris Rz. 17 = Rpfleger 1977, 373 f. = NJW 1977, 1202 f. 24) BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12, siehe oben, u. a. ZfIR 2013, 542 ff. Rz. 28. Im Unterschied hierzu sind die Leasingforderungen der Grundmietzeit betagt, also bereits entstanden, wenn auch noch nicht fällig, BGH, IX ZR 62/12, a. a. O., Rz. 29 ff., 321 m. w. N. aus der Senatsrechtsprechung, st. Rspr. seit BGH, Urt. v. 28.3.1990 – VIII ZR 17/89, BGHZ 111, 84 ff., 94 f. Zu IX ZR 62/12 siehe die Anm. von Franke, ZfIR 2013, 542 ff. Entgegen der in der Anmerkung vertretenen Meinung ist das nach Auffassung des BGH in dem entschiedenen Fall zu IX ZR 62/12 bestehende Problem einer Vertragslösung mit Mietvertragscharakter anstelle von Leasing (bei gleichzeitig fehlgeschlagener Einredeverzichtserklärung einer Kommune als „Mieterin“ eines Mietvertrages mit 25jähriger Dauer, Rz. 1 f., 10, 15 ff., 38) eher einfach lösbar (wenn auch unter Inkaufnahme von Kosten), nämlich durch Eintragung einer Grundschuld mit der Folge des § 1123 BGB.

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generieren.25) Die Pfändung sowie die Verwertung der Mietforderung erfolgt durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, §§ 829, 835 ZPO. Bei typengemischten Verträgen soll der für die eigentliche Grundstücksnutzung geschuldete Betrag gepfändet sein.26) Die vollstreckungsrechtliche Ausgangslage der hier angesprochenen Thematik bildet § 865 ZPO ab, nach dessen Absatz 1 die Immobiliarvollstreckung auch die Gegenstände im Umfeld der §§ 1120 ff. BGB erfasst. Zubehörstücke sind daher gemäß § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO der Einzelvollstreckung überhaupt nicht zugänglich (wohl aber der Sicherungsübereignung!). Alle anderen Gegenstände der §§ 1120 ff. BGB, auch die Mietforderungen sind der Vollstreckung unterworfen, soweit und solange die Immobiliarvollstreckung nicht durchgeführt wird, § 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Als Konsequenz der §§ 21 Abs. 2, 148 Abs. 1 ZVG ist dies aber nur bei der Zwangsverwaltung der Fall. Siehe auch nachfolgend unter Rz. 27 (4).

25

Die Beschlagnahme aufgrund der dinglichen Pfändung zugunsten des Pfändungspfandgläubigers fällt u. a. als Folge dieser grundsätzlichen Wertungen der ZPO in mehrfacher Hinsicht aus der Systematik heraus, die dem ZVG innewohnt. Die Grundlage der Haftung ist materiellrechtlich aber dieselbe, nämlich § 1123 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1147 BGB. Die außerhalb des ZVG bewirkte Beschlagnahme aufgrund Vollstreckung aus dinglichem Titel zur Duldung hält aus verschiedenen Gründen indes nicht das, was man sich auf den ersten Blick davon versprechen mag.

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Diese Beschlagnahme steht in Konkurrenz mit anderen Rechtsinstrumenten, mittels derer Gläubiger den Miet-/Pachtertrag für sich sichern wollen, nämlich

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der (Sicherungs)Abtretung an einen Mietzessionar, ggf. auch der Verpfändung (§§ 1273 ff., 1279 ff. BGB),27)

– der Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung, _____________ 25) Das ist in praxi zweischneidig; ist der Eigentümer und Vermieter aufgrund der Entziehung der Miete oder Pacht in seiner Zahlungsfähigkeit so weitgehend eingeschränkt, dass er die ihn allein treffenden Kosten der Bewirtschaftung der vermieteten/verpachteten Immobilie nicht mehr decken kann (oder will) und kommt es infolgedessen dazu, dass die Nutzung durch die Mieter bzw. Pächter eingeschränkt wird oder diesen Kosten entstehen, so werden sie mindestens von ihren gesetzlichen Möglichkeiten zur Mietminderung (ggf. bis auf „Null“) Gebrauch machen. Die Möglichkeit hierzu folgt aus der analogen Anwendung der §§ 404, 412 BGB auf das Pfändungspfandrecht, siehe Palandt/Grüneberg, BGB, § 412 Rz. 1; aus der Rechtsprechung vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1984 – IX ZR 44/84, juris Rz. 23 f. = BGHZ 93, 71 ff., 78 f. = ZIP 1985, 150 ff. (Pfandrecht an Saldoguthaben); BGH, Urt. v. 23.2.2012 – IX ZR 29/11, NJW 2012, 1881 ff., 1883, Rz. 18 f. m. w. N. („Enthaftungserklärung gegenüber unbekanntem Erwerber eines Mietobjekts“, red. Überschrift, S. 1881). Zur Kostenersparnis im Vergleich zur Zwangsverwaltung siehe Zipperer, ZfIR 2006, 395 ff. sowie Zimmer, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 199/06, NJW 2008, 1599 = Rpfleger 2008, 429 f. = ZIP 2008, 1447 f. und Prütting/Gehrlein-Zempel, ZPO, § 865 Rz. 14 a. E. 26) MünchKomm-Ganter, InsO, Band 1, § 49, Rz. 26 m. w. N. und Fn. 51. In der Praxis ist das gerade bei dem angegebenen Beispiel der Hotelimmobilie („Hotelaufnahmevertrag“) nicht einfach zu trennen, die Einzelheiten des konkreten Vertrages, der die „Mietforderung“ enthält, sind zu analysieren. 27) Die Verpfändung ist in der Kreditsicherungspraxis ungebräuchlich, weil sie im Unterschied zur Sicherungszession nicht „still“ erfolgen kann, sondern zur Wirksamkeit stets der Anzeige an den Mieter/Pächter als Drittschuldner gemäß § 1280 BGB bedarf und daher fehleranfälliger als die Sicherungszession ist.

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der Beschlagnahme zugunsten eines Gläubigers, der aufgrund persönlichen Titels gepfändet hat und schließlich



in Konkurrenz zu einem etwa bereits bestehenden oder künftig eröffnetem Insolvenzverfahren.

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In Konkurrenz stehen damit das Ausscheiden der zedierten oder verpfändeten Forderung aus dem haftenden Vermögen des Zedenten (solange der Sicherungszweck nicht erledigt ist), das (vollstreckungsrechtliche) Prioritätsprinzip, die Folgen des Haftungsverbands der Hypothek (sowie der Grundschuld und der Rentenschuld), § 865 ZPO und das insolvenzrechtliche Vollstreckungsverbot des § 89 InsO, die Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO sowie im Ergebnis auch das Insolvenzanfechtungsrecht (§§ 129 ff. InsO). Dort ist insbesondere § 141 Alt. 2 InsO zu erwähnen, wonach eine Rechtshandlung auch dann angefochten werden kann, wenn sie durch Zwangsvollstreckung bewirkt worden ist, sogar dann, wenn die Vollstreckung auf einem selbst wiederum nicht anfechtbaren Titel beruht. Im Verhältnis zum Zessionar stellt sich die Frage der zeitlichen Priorität und deren Folgen.

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Diese Konkurrenzen sind, u. a. unter Beachtung des § 49 ZVG, wie folgt aufzulösen:28) (1) Der Mietzessionar hat bei einer Gesamtbetrachtung der Konkurrenzen die relativ schwächste Position. Im eröffneten Insolvenzverfahren wird sie spätestens in dem der Insolvenzeröffnung folgenden Monat unwirksam, §§ 1124 Abs. 2 BGB, 110 Abs. 1 InsO;29) diese Vorschrift verdrängt in ihrem Anwendungsbereich § 91 InsO, sodass die Unwirksamkeit der Mietzession nach Ablauf des dortigen begünstigten Zeitraums eintritt.30) Unabhängig davon ist die etwa mögliche Insolvenzanfechtung zu betrachten.31) Im Verhältnis zur Pfändung der Miete/Pacht aufgrund persönlichen Titels ist die zeitliche Priorität entscheidend, sodass der vorausschauende Zessionar insoweit erfolgreich ist. Bei Zwangsverwaltung oder dinglicher Pfändung ist die Mietzession ab Anordnung erfolglos (siehe auch im Folgenden). Sogar der Mietzessionar, der zugleich Grundpfandgläubiger ist,32) kann dadurch insolvenzrechtlich keinen Vorteil für sich geltend machen. Ihm bleiben, soweit nicht darüber hinaus anfechtbar, die Mieten bis höchstens dem auf die Beschlagnahme folgenden Monat (§ 1124 Abs. 2 BGB). Wann das Grundpfandrecht im Grundbuch eingetragen worden ist, vor oder nach der Abtretung, spielt ebenfalls keine Rolle.33) Ausgenommen _____________ 28) Vgl. den Überblick bei Kreft/Lohmann, HK-InsO, § 49 Rz. 5 – 19, zu Miet- und Pachtforderungen siehe Rz. 12 – 14; vgl. ferner bei MünchKomm-Ganter, InsO, Band 1, § 49 Rz. 13, 25; zu Miet- und Pachtforderungen siehe Rz. 26 – 30. 29) Vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201 ff., Ls. a), b), vgl. u. a. die Anm. Gratias, BGHReport 2005, 1231 f. 30) BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12, ZfIR 2013, 542 ff., Rz. 25 m. w. N., Rz. 27 = ZIP 2013, 1082 ff. = ZInsO 2013, 1081 ff., m. Anm. Flatow, jurisPR-MietR 15/2013, Anm. 6. 31) Vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 21.11.2007 – 7 U 67/07, juris Rz. 17, 22 ff. m. w. N. = ZInsO 2008, 211 ff. m. Anm. Cranshaw, jurisPR-InsR 6/2008, Anm. 5; 32) Gerade gegenteilig noch BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZfIR 2007, 465 f. = Rpfleger 2007, 219 f. = ZIP 2007, 35 ff., Rz. 9, ff.; die Beschlagnahme war nach dieser Entscheidung nicht ausschlaggebend für die hypothekarische Haftung. 33) BGHZ 163, 203 ff.

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sind die Miet-/Pachtrückstände, die unter § 1123 können. Wird die Zwangsverwaltung aufgehoben, wieder Wirksamkeit, da die Beschlagnahme endet, der vom Zwangsverwalter bereits vereinnahmten Schuldner zustehen.34)

BGB subsumiert werden entfaltet die Mietzession allerdings nicht bezüglich Beträge, die (ggf.) dem

(2) Die Sicherung der laufenden Miete/Pacht durch Zwangsverwaltung auf der Basis eines Duldungstitels, dem ein insolvenzfestes dingliches Recht am Grundstück zugrunde liegt, ist als Folge des § 49 ZVG unproblematisch und das geeignetste Verfahren, die Miete sicherzustellen; § 1124 Abs. 2 BGB „schränkt das Prioritätsprinzip ein.35) Der Gläubiger ist bei konkurrierenden Grundpfandrechten an die Rangfolge des § 10 ZVG gebunden.36) (3) Die dingliche Pfändung von Miete/Pacht aufgrund Duldungstitels durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss obsiegt gegenüber der Zession und gegenüber der Mietpfändung aufgrund persönlichen Zahlungstitels, unabhängig von der zeitlichen Abfolge der konkurrierenden Maßnahmen der verschiedenen Gläubiger, da sich insoweit die Haftung nach den §§ 1123, 1124 BGB durchsetzt.37) Das Prioritätsprinzip gilt angesichts der hypothekarischen Haftung nicht (siehe oben).38) Gegenüber der Zwangsverwaltung versagt das Instrument der Mietpfändung generell, unabhängig, ob ein dinglicher39) oder (erst recht) ein persönlicher Titel deren Grundlage ist.40) Ebenso ist es im Insolvenzverfahren erfolglos, weil § 49 InsO die Einzelvollstreckung trotz eröffneten Insolvenzverfahrens und entgegen § 89 InsO nur für die Maßnahmen des ZVG, hier also die Zwangsverwaltung, erlaubt. Daher ist auch die dingliche _____________ 34) A. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 148 Rz. 16; das dort zutreffend herangezogene Urteil des BGH v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, ZInsO 2012, 43 ff. = Rpfleger 2012, 163 ff. = ZfIR 2012, 68 ff., trägt aber nur für die beim Zwangsverwalter vorhandenen Überschüsse, nachdem die Zwangsverwaltung zurückgenommen wurde, nicht für die Mietabtretung künftig entstehender Mietansprüche, vgl. BGH, a. a. O., Rz. 24 ff. Ähnlich wie hier hat der BGH in dem Urteil v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12 – ZIP 2013, 1181 ff. bzgl. künftig entstehender Forderungen aus einer Sicherungszession der Honoraransprüche eines Arztes die Konvaleszenz der Abtretung bejaht, nachdem die selbstständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben war. Für die relative Unwirksamkeit nach Maßgabe der Beschlagnahme im Verfahren nach dem ZVG kann kein weitergehender Maßstab der Unwirksamkeit gelten. 35) BGHZ 163, 201 ff., 206, 208. 36) Siehe zu den Rangklassen 3 und 4 § 10 Rz. 63, 69, 76 ff., 110 [Cranshaw]; siehe ferner den Überblick bei Stöber, Forderungspfändung, Rz. 227 ff., 233. 37) Stöber, Forderungspfändung, Rz. 233. Auf den Umstand, dass beide Pfändungstypen solche in das bewegliche Vermögen des Schuldners sind und nach den Vorschriften über die Forderungspfändung gemäß den §§ 829 ff. ZPO bewirkt werden, kommt es nicht an. Zum Vorrang der dinglichen Pfändung gegenüber der Pfändung aufgrund persönlichen Titels vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, NJW 2008, 1599 ff. 38) BGHZ 163, 201 ff., 208, siehe oben, unter Hinweis auf RG, Urt. v. 4.11.1921 – VII 134/21, RGZ 103, 137 ff., 139 f.; mehrere Beschlagnahmen führen zum Rangverhältnis des § 879 BGB; ebenso OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.6.1992 – 5 W 184/91, juris Rz. 21 = Rpfleger 1993, 80 f. 39) BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339 ff. = ZfIR 2007, 206 ff. = Rpfleger 2006, 549 ff. 40) Stöber, Forderungspfändung, Rz. 231 m. w. N.; LG Braunschweig, Urt. v. 6.10.1995 – 1 O 194/95, ZIP 1996, 193 f. (Folgerung aus § 1124 Abs. 2 BGB).

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

Pfändung anfechtbar, das Bestehen eines Grundpfandrechts setzt sich erst mit der Beschlagnahme nach dem ZVG durch Zwangsverwaltung (siehe oben) gegen das Insolvenzrecht durch. (4) Die Einleitung der Zwangsverwaltung zur Mietsicherung aufgrund persönlichen Zahlungstitels ist in der Rangklasse 5 des § 10 ZVG möglich. Sie genießt Vorrang vor der Mietzession und der dinglichen Mietpfändung oder der Mietpfändung aufgrund persönlichen Titels.41) Sie scheitert in der Insolvenz an dem Vollstreckungsverbot, der Rückschlagsperre und ggf. dem Anfechtungsrecht. § 49 InsO findet keine Anwendung, da es, abhängig von dem betroffenen Mietzeitraum, an einem dinglichen Recht fehlt, aus dem betrieben wird. Sie scheitert außerhalb der Insolvenz an der Zwangsverwaltung aus einem Recht der vorrangigen Rangklassen 2, 3 und 4. (5) Die Pfändung der Miete/Pacht aufgrund persönlichen Zahlungstitels außerhalb der Zwangsverwaltung scheitert an den oben erwähnten insolvenzrechtlichen Rechtsinstituten (wie unter Rz. 27, 28); spätestens nach Insolvenzeröffnung scheitert sie an § 91 InsO, da der Anspruch auf den Mietzins nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mit jedem Mietzahlungszeitraum neu entsteht.42) Ansonsten gilt gegenüber der konkurrierenden Mietzession oder der Mietverpfändung bzw. gegenüber konkurrierenden Pfändungen aufgrund persönlichen Titels das Prioritätsprinzip (siehe dazu auch § 804 Abs. 3 ZPO). Durch die Bewirkung der Eintragung einer Zwangshypothek aufgrund des persönlichen Titels (§§ 866 Abs. 1, 3, 867 Abs. 1 ZPO) kann der Gläubiger die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung ohne Duldungstitel (§ 867 Abs. 3 ZPO) betreiben. Diese Vorschrift ist jedoch nicht auf die Zwangsverwaltung anwendbar, auch kann der Gläubiger damit nicht die dingliche Mietpfändung mit den Folgen der §§ 1123, 1124 BGB herbeiführen.43) Die dingliche Mietpfändung geht derjenigen aufgrund _____________ 41) BGHZ 163, 201 ff., 204; BGH, Urt. zu IX ZR 188/10 (siehe oben), ZfIR 2012, 68 ff., Rz. 21. 42) BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. = ZInsO 2010, 43 ff. = ZIP 2010, 38 ff., Rz. 10 (Anfechtbarkeit der Mietpfändung trotz bestehenden Grundpfandrechts desselben Gläubigers, BGH, a. a. O., Rz. 18). Siehe den Überblick bei MünchKomm-Ganter, InsO, Band 1, Vor §§ 49 – 52 Rz. 24, 78a (Erfolg der dinglichen Pfändung gegenüber der zeitlich vorausgehenden Mietzession), § 49 Rz. 29 m. w. N.; BGH, Urt. v. 25.4.2013 – IX ZR 62/12, siehe oben, u. a. ZfIR 2013, 542 ff. Rz. 28. Im Unterschied hierzu sind die Leasingforderungen der Grundmietzeit betagt, also bereits entstanden, wenn auch noch nicht fällig, BGH, IX ZR 62/12, a. a. O., Rz. 29 ff., 321 m. w. N. aus der Senatsrechtsprechung, st. Rspr. seit BGH, Urt. v. 28.3.1990 – VIII ZR 17/89, BGHZ 111, 84 ff., 94 f. Zu IX ZR 62/12 siehe die Anm. von Franke, ZfIR 2013, 542 ff. Entgegen der in der Anmerkung vertretenen Meinung ist das nach Auffassung des BGH in dem entschiedenen Fall zu IX ZR 62/12 bestehende Problem einer Vertragslösung mit Mietvertragscharakter anstelle von Leasing (bei gleichzeitig fehlgeschlagener Einredeverzichtserklärung einer Kommune als „Mieterin“ eines Mietvertrages mit 25-jähriger Dauer, Rz. 1 f., 10, 15 ff., 38) eher einfach lösbar (wenn auch unter Inkaufnahme von Kosten), nämlich durch Eintragung einer Grundschuld mit der Folge des § 1123 BGB. 43) BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, NJW 2008, 1599 f., 1600 m. Anm. Zimmer, NJW 2008, 1601. Zöller/Stöber, ZPO, § 867 Rz. 20 a. E. mit Hinweis auf die gegenteilig vertretene Meinung in der 26. Aufl.; wie der BGH auch Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 867 Rz. 18 a. E.; ebenso Prütting/Gehrlein-Zempel, ZPO, § 867 Rz. 20 a. E.

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

persönlichen Titels aber als Folge des Haftungsverbands der Hypothek umgekehrt wiederum vor (siehe oben).44) Endet die Zwangsverwaltung, lebt die Mietpfändung wieder auf,45) soweit die Forderung, derentwegen gepfändet wurde, nicht befriedigt ist; in diesem Fall ist die Verstrickung zu beenden. (6) Wirksame (und nicht insolvenzrechtlich anfechtbare) Pfändungen von Miete und Pacht unterliegen bei der späteren Beschlagnahme nach dem ZVG einem Verwertungsverbot mit der Folge des § 772 ZPO. Dem vorrangigen Gläubiger, der die Zwangsverwaltung erwirkt hat, steht die Drittwiderspruchsklage nach der zitierten Norm der ZPO als Folge des Veräußerungsverbots zu.46) Sie bleiben aber aufrechterhalten, Rechte müssen nach § 37 Nr. 5 ZVG angemeldet werden. IV. Haftungsverband der Hypothek gemäß § 20 Abs. 2 ZVG 1.

Umfang des Haftungsverbands gemäß §§ 1120 ff. BGB

Maßstab der Haftung sind die §§ 1120 ff. BGB i. V. m. den §§ 93 ff. BGB.

30

Der Haftung unterliegen damit

31



Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör, soweit keine Enthaftung eingetreten ist, §§ 1120 – 1122, 93 ff. BGB; die Erzeugnisse und die Bestandteile unterliegen der hypothekarischen Haftung, obwohl sie vom Grundstück getrennt sind, soweit sie nicht – als negatives Tatbestandsmerkmal – Eigentum eines anderen gemäß den §§ 954 – 957 BGB geworden sind.



Miet- und Pachtforderungen siehe unter Rz. 24 ff., §§ 1123 – 1125.



Wiederkehrende Leistungen, § 1126 BGB siehe auch § 13 ZVG.



Versicherungsforderungen siehe §§ 1127 – 1130.

2.

Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör

a) Ausgangslage Wortlaut des § 865 ZPO:

32

„§ 865 Verhältnis zur Mobiliarvollstreckung (1) Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfasst auch die Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen oder Schiffsbauwerken die Schiffshypothek erstreckt.

33

(2) Diese Gegenstände können, soweit sie Zubehör sind, nicht gepfändet werden. Im Übrigen unterliegen sie der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, solange

34

_____________ 44) BGH, IX ZR 119/06, NJW 2008, 1600. 45) Zöller/Stöber, ZVG, § 865 Rz. 10; Stöber, Forderungspfändung, Rz. 231 f., Hinweis auf RG, Urt. v. 5.12.1906 – Rep. V 152/06, RGZ 64, 415 ff., 420. Allerdings ist dabei BGH, Urt. v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, ZInsO 2012, 43 ff. = Rpfleger 2012, 163 ff. = ZfIR 2012, 68 ff. zu beachten: Der in der Zwangsverwaltung erzielte Überschuss steht nicht dem Pfandgläubiger oder dem Sicherungszessionar zu, sondern dem Eigentümer. Ggf. wird der Gläubiger dessen Anspruch gesondert pfänden. 46) Vgl. Prütting/Gehrlein-Zempel, ZPO, § 865 Rz. 14 m. w. N., unter Hinweis auf BGH, NJW 2008, 1599 (siehe oben).

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist.“ 35

Verfahrensrechtliche Ausgangslage für die Abgrenzung zwischen Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung ist § 865 Abs. 1 ZPO (siehe oben), der die Gegenstände des Haftungsverbands der Grundpfandrechte (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, vgl. die §§ 1120 ff., 1192 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB i. V. m. den §§ 93 – 99 BGB) der Immobiliarvollstreckung unterwirft. Die Formulierung des Absatzes 1 beschreibt zweierlei: Der hypothekarische Haftungsverband kommt im Falle der Versteigerung oder der Zwangsverwaltung allen Gläubigern zugute, die entsprechend vorgehen, auf die Art des Anspruchs oder Titels kommt es nicht an. Ebenso wenig kommt es somit darauf an, ob der Gläubiger ein dingliches Recht innehat oder nicht. Eine Belastung des Grundstücks ist nicht erforderlich.47) Das ist auch gar nicht anders denkbar, da ansonsten ohne rechtfertigenden Grund nur die Gläubiger der Rangklassen 4 bzw. 3 Zugriff auf die Gegenstände der §§ 1120 ff. BGB hätten.

36

Bei Schiffen oder Schiffsbauwerken geht es um den Umfang der Haftung der Schiffshypothek, wobei § 865 Abs. 1 nicht abschließend ist. Zum Haftungsumfang zugunsten der sog. „Schiffsgläubiger“ siehe unter Rz. 12.

37

§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO bringt darüber hinaus in Ergänzung von Abs. 1 zum Ausdruck, dass ein Vorrang der Immobiliarvollstreckung durch Versteigerung oder Zwangsverwaltung erst ab der Beschlagnahme (nach § 20 ZVG) im Verfahren besteht oder mit anderen Worten die Gegenstände des Haftungsverbandes der Grundpfandrechte bis dahin der Mobiliarvollstreckung zugänglich sind. Eine Ausnahme bildet das Zubehör, dessen Pfändung mittels Mobiliarvollstreckung nicht möglich ist, § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Zwischen dem Grundstück und seinem Zubehör besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang (vgl. § 97 BGB), der gewahrt werden soll.48) Allerdings ändert das nichts daran, dass Zubehörstücke sonderrechtsfähig sind und daher u. a. die Sicherungsübereignung zulässig ist. Die Zubehöreigenschaft geht durch Enthaftung nach Maßgabe der §§ 1121 f. BGB verloren.49) b) Vom Grundstück getrennte Bestandteile und andere Gegenstände

38

„Bestandteile“ i. S. d. § 1120 BGB sind als wesentliche (und nicht wesentliche) Bestandteile Sachen, deren Legaldefinition in § 93 BGB im Kern zum einen mittelbar die Aussage enthält, dass die Entfernung eines wesentlichen Bestandteils die Folge hat, dass die zuvor einheitliche Sache nicht mehr als solche besteht oder wesensmäßig verändert ist, obwohl die verschiedenen Bestandteile nur in der Gestalt der einheitlichen Sache Bedeutung haben. Der Wortlaut des § 93 BGB zielt freilich folgerichtig auf den wesentlichen Bestandteil, der durch die vorgestellte Trennung zerstört ist oder wertlos wird. Im Ergebnis ist das kein Unterschied, _____________ 47) Prütting/Gehrlein-Zempel, ZPO, § 865 Rz. 2. 48) Allg. Meinung, siehe statt aller Palandt/Ellenberger, BGB, § 97 Rz. 1. 49) Vgl. § 22 Rz. 43 und § 23 Rz. 43 ff. [Cranshaw].

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denn Normzweck ist die Aufrechterhaltung des einheitlichen Gegenstandes.50) Ratio legis ist folglich, dass solche wirtschaftlichen Werte möglichst erhalten werden sollen.51) Derartige Bestandteile sind nach Einfügung in eine Sache oder durch Zusammenfügung mehrerer Bestandteile zu einer neuen Sache nicht mehr sonderrechtsfähig, das Eigentum daran ist untergegangen. Wann eine solche Konstellation vorliegt, beantworten die §§ 946 ff. BGB, die dem Eigentümer der bisher selbstständigen Sache, die wesentlicher Bestandteil geworden ist, den Anspruch aus § 951 BGB zuerkennen. Entscheidend ist u. a., ob der getrennte Bestandteil wieder ökonomisch sinnvoll verwendet werden kann.52) Von den Bestandteilen wiederum sind Sachen zu unterscheiden, die weder Bestandteil noch Zubehör, sondern rechtlich selbstständig sind und daher der hypothekarischen Haftung grundsätzlich nicht unterliegen (siehe die Beispiele hierfür unter Zubehör). Die Einzelheiten sind umstritten, zumal sich die maßgebliche Verkehrsanschauung u. a. als Folge der technisch-wissenschaftlichen Entwicklung kontinuierlich ändert. Die Kernaussage dazu lautet, dass es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise bei all dem ankommt, sodass angesichts der nicht eingrenzbaren Sachverhalte zwangsläufig vielfach Rechtsunsicherheit besteht.53) Eine weitere Problematik stellt die Abgrenzung der (nicht wesentlichen) Bestandteile zum Zubehör dar. Der BGH hat darauf erkannt, ein wesentlicher Bestandteil sei dann zu bejahen, wenn eine von einem neuen oder zusammengesetzten Gegenstand zu entfernende Sache vor ihrem Einbau so „angepasst“ worden sei, dass sie nach der Trennung wertlos werde. Sei das nicht der Fall, handele es sich nicht um einen wesentlichen Bestandteil.54) Bei Gebäuden (für Mobilien dürfte das entsprechend gelten) hat der BGH darüber hinaus im Einklang mit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung durchaus sach- und praxisgerecht darauf erkannt, der Begriff des wesentlichen Bestandteils sei nicht nur technisch zu betrachten, sondern unter Heranziehung einer „natürlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter gleichzeitiger Berücksichtigung der jeweiligen Verkehrsanschauung“.55) Die heutigen Fertigungsmethoden von Mobilien, z. T. aber auch von Immobilien, ebenso wie die mögliche Verwendungsdauer von Ersatzteilen und die ökonomische Werthaltigkeit, machen die Bestimmung des wesentlichen _____________ 50) Siehe dazu insgesamt Palandt/Ellenberger, BGB, § 93 Rz. 1, 3 m. w. N.; st. Rspr des BGH. 51) Zu einem Sonderfall („verschachtelte Bauweise“ zweier Nachbargebäude) siehe BGH, Urt. v. 15.2.2008 – V ZR 222/06, NJW 2008, 1810 ff., 1811, Rz. 12; aus der frühen Judikatur des BGH (zu Mobilien) vgl. das Urt. v. 8.10.1955 – IV ZR 116/55, BGHZ 18, 226 ff. (keine Eigenschaft des Serienmotors eines neuen Schleppers als wesentlicher Bestandteil); erweiternd auch für den Serienaustauschmotor eines KFZ BGH, Urt. v. 27.6.1973 – VIII ZR 201/72, BGHZ 61, 80 ff., 82 f. 52) Palandt/Ellenberger, BGB, § 93 Rz. 3 m. w. N.; siehe aus der dort zitierten Judikatur des BGH das Urteil zu IV ZR 116/55, BGHZ 18, 226 ff., das Urt. zu V ZR 231/10, NJW 2012, 778 ff., Rz. 18 und das Urt. v. 3.3.1956 – IV ZR 301/55, BGHZ 20, 154 ff., 156 (Messinstrumente als einfache Bestandteile bei Serienprodukten, die ohne Beschädigung des Messgeräts oder der Anlage, Maschine usw., in die sie eingebaut waren, einfach ausgebaut werden können). 53) Siehe Prütting/Wegen/Weinreich-Völzmann-Stickelbrock, BGB, § 93 Rz. 5. 54) BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, NJW 2012, 778 ff., Rz. 18 („ORC Kompaktmodul“ als „Teil eines kleinen Wärmekraftwerks“). 55) BGH, Urt. v. 25.10.1961 – V ZR 30/60, BGHZ 36, 46 ff., 50 („Giebelmauer“).

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

Bestandteils schwieriger, Fallgruppenbildung erscheint mindestens in den Grenzbereichen deutlich erschwert (siehe unten). 40

Wesentliche Bestandteile unterliegen den §§ 1120 ff. BGB zunächst nicht, da sie nicht sonderrechtsfähig sind (§ 93 BGB). Sie sind bei einem Grundstück (vgl. § 94 BGB) als dessen Teil nämlich ohne Weiteres der hypothekarischen Haftung unmittelbar und erst recht unterworfen. Ist eine Sache wesentlicher Bestandteil, führt die tatsächlich erfolgte Trennung gleichwohl zur Haftung nach den §§ 1120 ff. BGB, da ansonsten Fehlallokationen Vorschub geleistet würde.

41

Nicht wesentliche Bestandteile sind sonderrechtsfähig (Umkehrschluss aus § 93 BGB), aber erst mit der Trennung vom Grundstück ist § 1120 Abs. 1 BGB anzuwenden, da zuvor die originäre grundpfandrechtliche Haftung greift; die Regelung ist erforderlich, da es nicht das Ziel sein kann, vom Grundstück getrennte (aber nicht enthaftete) Sachen der hypothekarischen Haftung zugunsten der Gläubiger zu entziehen. c) Scheinbestandteile

42

Nicht unter den Haftungsverband der Grundpfandrechte fallen generell die Scheinbestandteile nach § 95 BGB. Das sind zum einen Sachen, die gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zu vorübergehendem Zweck mit dem Grund und Boden (oder einem Erbbaurecht) verbunden worden sind. Dabei handelt es sich um ein gemischt subjektiv sowie objektiv zu betrachtendes Merkmal. Entscheidend ist, dass der Wille der Beteiligten, gerade nur eine vorübergehende und keine dauernde Verbindung zu begründen, deutlich nach außen in Erscheinung tritt, wobei es auf vertragliche Strukturen nicht entscheidend ankommt. Scheidet eine Trennung in tatsächlicher Hinsicht aus, kann auch von der Eigenschaft als Scheinbestandteil nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr die Rede sein. Für Sachen, die nur vorübergehend in ein Gebäude eingefügt wurden, § 95 Abs. 2 BGB, gilt dies entsprechend. Rechtsgrundlage der vorübergehenden Einfügung kann z. B. ein Miet- oder Pachtvertrag sein. Die Eigenschaft als Scheinbestandteil ist ebenso wie diejenige als wesentlicher Bestandteil nach der Rechtsprechung des BGH nicht irreversibel. Einsichtig ist dabei, dass ein Scheinbestandteil durch Übereignung an den Grundstückseigentümer wesentlicher Grundstücksbestandteil werden kann. Umgekehrt kann aber auch ein wesentlicher Bestandteil (vom BGH aufgezeigt am Beispiel von Versorgungsleitungen im eigenen Grund und Boden) durch Vereinbarung der Beteiligten auf einen anderen übertragen und damit Scheinbestandteil werden (§ 929 Satz 2 BGB).56)

43

Eine andere Kategorie von Scheinbestandteilen stellen Gebäude oder „andere Werke“ dar, die aufgrund eines dinglichen Rechts am Grundstück mit demselben verbunden werden. Diese Rechte können ein Erbbaurecht sein, insbesondere in der Praxis aber eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit.

44

Scheinbestandteile haben in der Finanzierungspraxis eine Renaissance insoweit erlebt, als Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie (Windkraftwerke,57) _____________ 56) BGHZ 37, 353 ff., „Ruhrschnellweg“ sowie BGH V ZR 35/05, BGHZ 165, 184 ff. siehe im Einzelnen die Beispiele unter Rz. 66, 68 zu den Infrastrukturen. 57) Siehe dazu J. Böttcher, Handbuch Windenergie – Onshore-Projekte.

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

Photovoltaik, Biogasanlagen58) usw.)59) regelmäßig auf fremdem Grund und Boden errichtet werden. Im Interesse des Erzeugers, aber auch des Gläubigers des Stromproduzenten, ist es notwendig, dass die Anlagen nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers fallen und damit nicht dessen Insolvenz- oder Vollstreckungsrisiko vom Finanzierer des Anlagenbetreibers/Eigentümers getragen werden muss. Daher wird zugunsten des Betreibers der Anlage zur Energieerzeugung am Grundstück eine (erstrangige) beschränkte persönliche Dienstbarkeit60) eingetragen oder es werden durch entsprechende Abreden abweichende Versteigerungsbedingungen vereinbart, damit die Dienstbarkeit bestehen bleibendes Recht wird (vgl. § 52 ZVG). Der Stromerzeuger ist aufgrund einer derartigen Rechtsposition im Versteigerungsverfahren über das Grundstück von Amts wegen zu beteiligen (§ 9 Nr. 1 ZVG). Entscheidend ist, dass die Teile der Stromerzeugungsanlage zusammengehalten werden, da nur die Verwertung der Gesamtanlage Befriedigung des Gläubigers verspricht und zwar vor dem Hintergrund des Barwertes der Subvention nach dem EEG („Einspeisevergütung“), deren Leistung Basis der Tilgung ist. Dabei spielt auch eine Rolle, inwieweit eine Altanlage zur Energieerzeugung verwertbar ist, weil sie anderweit – ggf. nach Abbau und Wiederaufbau – verwendbar ist („Repowering“ oder „Ertüchtigung“ von Windkraftanlagen; das ist naturgemäß abhängig von Konjunktur, technischer Entwicklung und dem Schicksal des EEG). Dieselben Grundsätze gelten, wenn Infrastrukturnetze (siehe im Folgenden unter Rz. 66, 68 auf andere Versorger übergehen oder wenn die Netze im Zuge von Umfinanzierungsmaßnahmen verleast werden sollen und ähnliche Konstellationen. d) Getrennte Erzeugnisse § 1120 BGB fasst die Erzeugnisse mit den „sonstige[n] Bestandteile[n]“ zusammen; beide fallen unter die hypothekarische Haftung. Wie die Bestandteile bedürfen die Erzeugnisse deshalb einer Regelung, weil sie bereits getrennt wurden (Ernte), denn vor der Trennung sind sie originär der hypothekarischen Haftung als Teil des Grundstücks unterworfen (Beispiel: „Frucht auf dem Halm“). Auch die unreife Frucht, die der sachgerechten Bewirtschaftung zuwider vom Grundstück getrennt wurde, unterliegt nach Trennung gleichwohl der grundpfandrechtlichen Haftung, aber eben nach § 1120 BGB. Eine gegenteilige Lösung würde werthaltige Früchte und sonstige Erzeugnisse systemwidrig den Gläubigern entziehen, zudem würde auch hier ggf. eine Fehlallokation erzeugt.

45

Den Begriff der Erzeugnisse beschreiben die §§ 98 Nr. 2, 99, 100 BGB („Nutzungen“ ohne die Gebrauchsvorteile) mit den weiteren Folgen der §§ 101 – 103 BGB _____________

46

58) Vgl. dazu van Aken, ForderungsPraktiker (FP) 2013, 109 ff. 59) Vgl. Kappler, ZfIR 2012, 264 ff.; ders., ZfIR 2012, 602 f., Anm. zu OLG München, Beschl. v. 18.4.2012 – 34 Wx 35/12, ZfIR 2012, 601 f.; Ganter, WM 2002, 105 ff.; Michaelsen/ Peters, Anlagen der erneuerbaren Energien als Kreditsicherheit, in: FCH-Sicherheitenkompendium, S. 953 ff; siehe auch Nobbe/Fischer-Klindworth, Kommentar zum Kreditrecht, §§ 929 – 930 BGB, Rz. 119 ff. Die Möglichkeit der Kollision mit Gläubigern des Grundstückseigentümers sind evident, die §§ 37 Nr. 5 und § 55 sind zu beachten, zumal im Einzelfall der Scheinbestandteil auch Zubehör sein mag (siehe unten). 60) Siehe dazu die oben zitierten Publikationen zu erneuerbaren Energien und der Besicherung der entsprechenden Finanzierungen sowie Klindworth, ForderungsPraktiker (FP) 2013, 262 ff.

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

(zu Einzelheiten siehe § 10 ZVG Rz. 13), § 21 Rz. 1, 6 und § 23 Rz. 35 [Cranshaw]. Das ZVG löst das Problem der hypothekarischen Haftung für die Erzeugnisse differenziert: Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse müssen Zubehör oder mit dem Grund und Boden verbunden sein, um der Beschlagnahme in der Versteigerung zu unterliegen (§ 21 Abs. 1 ZVG als Ausnahme zu § 20 Abs. 2 ZVG). Die getrennten Erzeugnisse unterliegen der Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung, §§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 1120 BGB, allerdings nur, wenn nicht das Eigentum nach Maßgabe der §§ 954 ff. BGB auf einen anderen übergegangen ist. 47

Maßgeblich ist die Beschlagnahme, bzgl. zuvor veräußerter oder entfernter Erzeugnisse tritt Enthaftung nach Maßgabe der §§ 1121, 1122 BGB ein.61) e) Zubehör aa) Zubehörbegriff

48

Zubehör bezeichnet nach § 97 Abs. 1 BGB bewegliche Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache dienen und auch räumlich in einem Verhältnis zu ihr stehen. Zubehörstücke sind negativ von den Bestandteilen der §§ 93 ff. BGB (siehe oben) abzugrenzen. Der Begriff des Zubehörs teilt mit den Bestandteilen die angesichts der Fülle der tatsächlichen Erscheinungsformen beider Rechtsbegriffe notwendig damit verbundene Unschärfe; zudem soll es im Unterschied zu den Bestandteilen auf die Verkehrsanschauung der beteiligten Kreise als Negativmerkmal ankommen (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Beweislast für das letztere Merkmal trägt derjenige, der die Zubehöreigenschaft leugnet.62)

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Die (weiteren) Tatbestandsmerkmale eines Zubehörstücks sind63) –

die Bestimmung, dem wirtschaftlichen Zweck einer Hauptsache zu dienen („Widmung“)64),



die Zuordnung zu dieser Hauptsache auf Dauer und



ein räumliches Näheverhältnis zur Hauptsache.

50

Die Widmung zu dem wirtschaftlichen Zweck erfolgt regelmäßig durch einen tatsächlichen Akt, nämlich durch die Ingebrauchnahme für den konkreten Zweck auf Dauer.65)

51

Spezifischer als die allgemeine Regelung des § 97 BGB ist die Bestimmung zum „gewerblichen und landwirtschaftlichen Inventar“ nach § 98 BGB. Die Vorschrift hilft aber nicht wirklich weiter, da die technische Entwicklung weitgehend über die _____________ 61) Siehe dazu und zur Bedeutung der Reihenfolgen zwischen Veräußerung und Entfernung § 23 Rz. 43 ff. [Cranshaw] sowie bei Palandt/Bassenge, BGB, § 1121 Rz. 6 f. 62) Prütting/Wegen/Weinreich/Völzmann-Stickelbrock, BGB, § 97 Rz. 12 m. w. N. 63) Vgl. nur BGH, Urt. v. 14.12.2005 – IV ZR 45/05, BGHZ 165, 261 ff., 263 f. (dauernde Einrichtung eines Gebäudes für einen konkreten gewerblichen Betrieb aufgrund der Ausstattung mit „betriebsdienlichen Maschinen und sonstigen Gerätschaften“ als geeigneter Maßstab für die Bejahung von Zubehör). 64) Prütting/Wegen/Weinreich/Völzmann-Stickelbrock, BGB, § 97 Rz. 5 m. w. N. 65) BGH, Urt. v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, NJW 2009, 1078, Rz. 14 = Rpfleger 2008, 253 (vom Mieter eingefügten Einbauküche als Zubehör).

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

der Wirtschaft des 19. Jahrhunderts entstammende Struktur und Terminologie der Norm hinweggegangen ist. § 98 Nr. 2 BGB über das Inventar eines landwirtschaftlichen Betriebes ist im Rahmen des ZVG naturgemäß nur auf die Versteigerung land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes oder auf diejenige der Grundstücke eines Gartenbaubetriebes anzuwenden. Er versagt jedoch weitgehend bei industriell oder industrieähnlich geführten Großbetrieben mit vollständiger Mechanisierung und großen Anbauflächen. Nach § 98 Nr. 2 ist Zubehör aufgrund gesetzlicher Definition:66) –

das für die Bewirtschaftung notwendige Gerät,



Zuchtvieh, Arbeitstiere (z. B. Pferd zum Holztransport im Wald), zur Produktion gehaltene Tiere (Milchvieh, Hühner, Schafe, Ziegen usw.), das Mastvieh, soweit noch nicht als Schlachtvieh zum Verkauf vorgesehen, und



landwirtschaftliche Erzeugnisse (nicht notwendig der Eigenproduktion), die bis zur nächsten Ernte für die Betriebsführung nötig sind, sowie



der „vorhandene, auf dem Gut gewonnene Dünger“ (dazu gehört nicht der natürliche Dünger aus Tierausscheidungen, der in der Biogasanlage verwertet wird).

Für gewerbliche Betriebe definiert § 98 Nr. 1 BGB lückenhaft Zubehörstücke als die in einem für den dauernden Betrieb eingerichteten Gebäude zur Verfügung stehenden „Maschinen oder sonstigen Gerätschaften“ des Betriebs –

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einer Mühle,



einer Schmiede,



einer Fabrik und



eines Brauhauses.

Die relevanten Merkmale sind aus § 97 BGB zu gewinnen, da der Terminus „Fabrik“ heute keine konkret verwendbare Aussage enthält und von den anderen Begriffen von Gewerbebetrieben allenfalls der der Brauerei („Brauhaus“) spezifisch erscheint.

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Die Enthaftung des Zubehörs ist nach § 1122 Abs. 2 BGB auch ohne Veräußerung und Entfernung durch bloße Trennung vor der Beschlagnahme möglich, wenn dies ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht (z. B. im Rahmen der Ersatzbeschaffung).67)

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bb) Zubehör im Fremdeigentum Bedeutender ist der Umstand, dass „Zubehör“ i. S. d. §§ 97 f. BGB ebenso wenig wie i. S. d. §§ 1120 – 1122 BGB notwendig im Eigentum des Eigentümers der Hauptsache stehen muss, dem es gewidmet ist. Auch im fremden Eigentum stehende Zubehörstücke sind der Beschlagnahme und Versteigerung unterworfen. _____________ 66) Siehe diese Beispiele bei Palandt/Ellenberger, BGB, § 98 Rz. 4. 67) Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1122 Rz. 3, der zutreffend herausarbeitet, dass es nicht darauf ankommt, ob der als Ersatz beschaffte Gegenstand (Maschine, Traktor des landwirtschaftlichen Betriebs usw.) im Eigentum des Grundstückseigentümers steht.

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Es ist nicht einmal vollständig ausgeschlossen, dass Scheinbestandteile (§ 95 BGB) im Einzelfall Zubehörstücke sind.

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Verfahrensrechtlich findet das seinen Niederschlag in § 55 ZVG. Die Versteigerung umfasst nach § 55 Abs. 1 ZVG alle zum Termin noch wirksam beschlagnahmten Gegenstände, nach § 55 Abs. 2 ZVG auch Zubehörstücke im Eigentum eines Dritten, wenn nur der Schuldner oder der an seine Stelle getretene neue Eigentümer Besitzer sind; dem Dritten obliegt es, sein Eigentumsrecht nach § 37 Nr. 5 ZVG als ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht anzumelden. Unterbleibt die Anmeldung, tritt Eigentumsverlust ein, der durch Teilhabe am Steigerlös als dingliches Surrogat des Eigentums kompensiert wird.68) cc) Die sog. „Anwartschaften“

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In der Literatur werden Anwartschaften auf den Eigentumserwerb insbesondere von Zubehör im Rahmen des § 20 ZVG diskutiert. Der wesentliche Sachverhalt betrifft die heute nahezu ausnahmslose Lieferung von beweglichen Wirtschaftsgütern unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB), der üblicherweise Teil der VerkäuferAGB ist. Wird das Betriebsgrundstück versteigert und stellt die gelieferte Sache (Maschine usw.) ein Zubehörstück dar, bezüglich dessen der Kaufpreis noch nicht bezahlt ist, so gilt Folgendes: Der Schuldner hat aufschiebend bedingtes Eigentum erworben, dessen Erstarkung zum Volleigentum ihm der Lieferant nur streitig machen kann, indem er vom Kaufvertrag zurücktritt, § 449 Abs. 2 BGB. Im eröffneten Insolvenzverfahren muss der Insolvenzverwalter des Käufers (= Vollstreckungsschuldner der Versteigerung) sein Wahlrecht, den Kaufvertrag zu erfüllen (§ 103 Abs. 2 InsO), im Allgemeinen erst nach dem Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO) ausüben. Bis zur effektiven Beendigung des Kaufvertrages hat der Käufer und Vollstreckungsschuldner ein durch den Verkäufer nicht mehr entziehbares Anwartschaftsrecht auf den Eigentumserwerb des Zubehörstücks. Dieses Anwartschaftsrecht wird mit versteigert, da es Gegenstand des Haftungsverbands der Hypothek ist.

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Ein typisches Beispiel aus der Judikatur des BGH, das sehr praxisnah ist, lässt sich wie folgt umreißen:69) Ein Hotelgebäude wird für den Eigentümer (und Hotelbetreiber) von einer Bank gegen Sicherheit durch Grundpfandrecht finanziert. Das Inventar (= Zubehör des Hotels) liefert danach ein Möbelhaus unter üblichem Eigentumsvorbehalt. Der Schuldner zahlt später den Kaufpreis aus von derselben Bank gewährten Finanzierungsmitteln. Ein anderer Gläubiger gewährt ihm ebenfalls Kredit und erhält die Sicherungsübereignung des Inventars und zwar noch vor Kaufpreiszahlung. Die finanzierende Bank betreibt die Zwangsversteigerung und stellt sich auf den Standpunkt, das Inventar sei mit zu versteigern. Der Sicherungseigentümer verfolgt gegen die Bank die Klage auf Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung in das Zubehör nach § 771 ZPO.

_____________ 68) Löhnig/Huber, ZVG, § 37 Rz. 12 ff., 14. 69) Der Sachverhalt entspricht demjenigen, der dem Urteil des BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85 ff. zugrunde lag.

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

Die Problematik dieser Konkurrenz zweier Prätendenten ist aus dem Blick des BGH wie folgt zu lösen: Der Sicherungseigentümer erwirbt das Anwartschaftsrecht des Grundstückseigentümers zwar, aber mit der Haftung nach den §§ 1120 ff. BGB belastet, sodass die Klage des Sicherungseigentümers erfolgslos bleiben musste.70)

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Dem Vorbehaltseigentümer, dessen Kaufpreis nicht bezahlt wurde, steht im Versteigerungsverfahren auf Anmeldung aber ein die Versteigerung hinderndes Recht zur Seite, nämlich sein (vorbehaltenes) Eigentum. Die Klage nach § 771 ZPO gegen den betreibenden Gläubiger, der sich der „Freigabe“ verweigert, gewinnt er.

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dd) Probleme des Rechtsstreits um die Zubehöreigenschaft für das Versteigerungsverfahren Verfahrensunökonomisch aus dem Blick des Versteigerungsverfahrens ist unbefriedigend, dass der Streit um die Zubehöreigenschaft, also um die grundpfandrechtliche Haftung bzw. den Eigentumserwerb des Erstehers (und dessen Gebot), vor dem Prozessgericht nach § 771 ZPO zu führen ist, woraus im Einzelfall Unsicherheiten im Versteigerungstermin resultieren. Dem Vollstreckungsgericht bleibt nur im Ausnahmefall die einstweilige Anordnung zum Schutz des Klägers der Drittwiderspruchsklage des § 771 ZPO (siehe § 769 Abs. 2 ZPO), die ansonsten dem Prozessgericht obliegt (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1, 770 ZPO).71) f)

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Beispiele von Bestandteilen, Erzeugnissen und Zubehör72)

Kommentarliteratur und Judikatur zeigen, dass klar abgegrenzte Fallgruppen kaum gebildet werden können. Die technische sowie die ökonomische Entwicklung der Wirtschaft einschließlich der Fertigungstechniken führt zur Veränderung der überkommenen Betrachtung der verschiedenen Begrifflichkeiten. Insbesondere dann, wenn Gebäude zu einem bestimmten Zweck errichtet und mit evtl. angepassten Einrichtungen versehen werden, ist die Frage des Bestandteils oder Zubehörs häufig nicht eindeutig zu beurteilen. Die einschlägige Kasuistik kann dann nach der hier vertretenen Auffassung nur Anhaltspunkte liefern. Die Rechtsprechung steht seit dem Reichsgericht zudem nicht ohne Grund auf dem Standpunkt, der Tatrichter habe ein weites Ermessen bei der Frage, „was im Einzelfall als Zubehör anzusehen“ sei.73) Der Grundpfandgläubiger wird daher unabhängig von der Streitfrage der Sonderrechtsfähigkeit oder der Zubehöreigenschaft beweglicher Sachen regelmäßig die Sicherungsübereignung dieser Sachen anstreben, ungeachtet dessen, ob sie vielleicht _____________ 70) BGHZ 35, 85 ff. 71) Siehe den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 29 Rz. 21 m. w. N. aus der Judikatur. 72) Der folgende Überblick anhand von Beispielen folgt den Katalogen bei Palandt/Bassenge, BGB, § 93 Rz. 5 ff., § 95 Rz. 3 ff.; § 96, § 97 Rz. 2 ff., 11; § 98 Rz. 4, § 99 Rz. 3, 4, § 100 Rz. 1; Prütting/Wegen/Weinreich-Völzmann-Stickelbrock, BGB, § 93 Rz. 7 ff.; 94 Rz. 8 – 10; 95 Rz. 6; 97 Rz. 10 f.; 99 Rz. 2 – 6; Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 33 – 35; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 20 Rz. 7 – 23, 49 – 52. 73) Siehe dazu BGH, Urt. v. 14.12.2005 – IV ZR 45/05, BGHZ 165, 261 ff., 265 (Einrichtung eines Gebäudes für einen gewerblichen Betrieb); BGH, Vers.Urt. v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, Rpfleger 2009, 253 = NJW 2008, 1078, Rz. 15 (Zubehöreigenschaft einer Einbauküche, siehe oben).

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unwirksam ist oder erfolglos bleiben wird.74) Damit wird jedenfalls eine Rechtsposition geschaffen, die im Verfahren gemäß § 37 Nr. 5 ZVG genutzt werden kann. Hinzu kommt die weite Verbreitung von Mobilienleasing, wobei seitens der (Grundpfand)Gläubiger des Leasingnehmers keineswegs stets mit einem Anwartschaftsrecht des Leasingnehmers und Grundstückseigentümers auf Erwerb der geleasten Mobilien durch Vereinbarung einer Kaufoption mit dem Leasinggeber gerechnet werden darf. Damit geht es beim Zubehör und den nicht wesentlichen Bestandteilen sehr häufig um Gegenstände im fremden Eigentum. Als wesentliche Bestandteile wurden in der Praxis z. B. angesehen bzw. können angesehen werden: – Infrastrukturnetze von Strom, Gas, Wasser, Abwasser auf eigenem Grund und Boden des Infrastrukturbetreibers zur Weiterleitung an Endnutzer („öffentliche Netze“). –





Versorgungsleitungen auf Grundstücken bei Eigenerzeugung von Energie75) (und Prozessdampf76) für eigene betriebliche Zwecke sowie Transportbänder u. Ä. (etwa auf einem Flughafen, der ohne solche Transportbänder nicht betrieben werden kann), soweit nicht ausnahmsweise Zubehör. Schiffsantriebe (umstritten) analog § 94 Abs. 2 BGB (Grundstücke); bei den Antriebspods moderner Schiffe kann man davon nicht mehr ausgehen, es handelt sich vielmehr um Zubehör (siehe dort).77) Ob das Notstromaggregat in einer Diskothek (Krankenhaus, Bank, Hotel usw.) wirklich wesentlicher Bestandteil sein muss oder ob es nicht ggf. Zubehör ist, ist allein wertender Betrachtung (des § 94 Abs. 2 BGB) geschuldet.78)

Zentralheizungsanlagen und Warmwasserspeicher einschließlich einer zugehörigen (sogar etwas entfernten) Wärmepumpenanlage79) in (modernen) Wohngebäuden80) und erst recht in zu öffentlichen Zwecken oder Gewerbezwecken _____________



74) Er wird sie allerdings als Folge unklarer Rechtslage intern nicht gesondert als werthaltig bewerten. 75) Palandt/Ellenberger, BGB, § 93 Rz. 6 b) a. E. m. w. N. 76) Der BGH hat bei einer Dampferzeugungsanlage, die insbesondere Energie für die Produktion erzeugte (und nur z. T. für die Heizung), die Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil verneint, BGH, Urt. v. 31.1.1986 – V ZR 166/85, juris = JZ 1987, 675 ff. = WM 1987, 47 f. 77) Vgl. dazu Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 34, unter Hinweis u. a. auf BGH, Urt. v. 9.1.1958 – II ZR 275/56, BGHZ 26, 225 ff., 228 f., RG, Urt. v. 48.1936 – II 50/36, RGZ 152, 91 ff. 78) BGH, Urt. v. 10.7.1987 – V ZR 285/86, juris Rz. 10 f. = NJW 1987, 3178 ff.; „großes Hotel“. Argument ist die Notwendigkeit der ununterbrochen aufrechtzuerhaltenden Stromversorgung durch das gelieferte Diesel-Notstromaggregat im Hinblick auf Notbeleuchtung und Notrufanlagen; das Gebäude sei ohne diese Anlage nicht als fertiggestellt zu betrachten. Das OLG Saarbrücken, Urt. v. 2.5.2001 – 1 U 682/00, juris Rz. 15 = NJWRR 2001, 1632 f., Diskothek, verwendet dieselbe Argumentation wie der BGH. 79) BGH, Urt. v. 15.11.1989 – IVa ZR 212/88, juris = NJW-RR 1990, 158 f. 80) OLG Saarbrücken, 1 U 682/00, juris Rz. 13, unter Zitierung der vorausgehenden BGHJudikatur; bei „Warmwasserspeichern“ gelte das nur „in einigen Gegenden“. Heute gehört Zentralheizung mit Warmwasserversorgung zum Standard, anders ausgerüstete neuere Gebäude gibt es nicht, sodass Heizung-/Warmwasseranlagen stets wesentliche Bestandteile sind.

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genutzten Gebäuden (z. B. Bürogebäude, Krankenhäuser, Altenheime, Schulund Gerichtsgebäude). –

Ein Überbau, sofern er nach § 912 BGB geduldet werden muss.81)



Bei Gebäuden generell alle Bauteile, ohne die das Bauwerk nicht als betriebsfertig angesehen werden kann, § 94 BGB.82)



Bei Gebäuden daher auch Leuchtanlagen, Belüftungs-/Klimatechnik und Überwachungstechnik, jedenfalls bei spezifischer Zurüstung für das Gebäude, abhängig von seiner Zweckbestimmung.83)

Als nicht wesentliche Bestandteile wurden u. a. beurteilt bzw. darf man beurteilen: –

Triebwerke und sonstige Antriebe von Flugzeugen, soweit man sie nicht dem Zubehör zuordnet,84)



Bierausschank,



Gastank,



Serieneinbaumöbel.85)

Als Scheinbestandteile wurden außerhalb der rechtssicheren Begründung von Scheinbestandteilen aufgrund dinglicher Rechte (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 BGB) beispielsweise betrachtet bzw. sind zu betrachten: –

Infrastrukturnetze von Strom,86) Gas, Wasser,87) Abwasser, Telekommunikation88) (Glasfaser usw.), Fernwärme, Sendemasten usw. auf fremdem Grund und Boden, z. B. aufgrund (obligatorischen) Rechtsverhältnisses des Berechtigten. Bei Versorgungsleitungen von öffentlichen Versorgern auf Nutzergrundstücken sorgen die einschlägigen Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung für die Scheinbestandteilseigenschaft.89)

_____________ 81) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 20 Rz. 10; Prütting/Wegen/Weinreich-Lemke, BGB, § 912 Rz. 2 f., 8 f., 13 – 15. 82) Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 94 Rz. 5-7. Ob dies der Fall ist, beantwortet sich anhand einer Wertung des Einzelfalls. 83) Z. T. abgeleitet aus den Beispielen bei Palandt/Ellenberger, BGB§ 93 Rz. 5 – 8 m. w. N. 84) Vgl. dazu Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 35 und Fn. 69 dort m. w. N.; SchmidtBurgk/Schölermann, WM 1990, 1143. 85) Vgl. zu den letzten drei zitierten Beispielen Prütting/Wegen/Weinreich-VölzmannStickelbrock, BGB, § 93 Rz. 10 m. w. N. 86) Vgl. RG, Urt. v. 2.6.1915 – Rep V 19/15, RGZ 87, 43 ff., 50. 87) BGH, Urt. v. 2.12.2005 – V ZR 35/05, BGHZ 165, 184 ff. = ZfIR 2006, 762 f. m. Anm. Götting, ZfIR 2006, 762 = NJW 2006, 990 ff. Grund war der Wechsel des Versorgungsträgers, die Wasserleitung befand sich vor dem Wechsel in einem Eigentumsgrundstück des früheren Versorgers, einer Kommune; BGH, Urt. v. 11.7.1962 – V ZR 175/60, BGHZ 37, 353 ff., „Ruhrschnellweg“. 88) OLG Stuttgart, Urt. v. 1.10.2012 – 5 U 180/11, DRsp Nr. 2012/20582 = VersR 2013, 638. 89) Siehe im Einzelnen Palandt/Ellenberger, BGB, § 95 Rz. 6 m. w. N. zu den einzelnen Regelungen, z. B. § 8 AVBWasserV, BGBl. I 1980, 750 bis BGBl. I 2013, 91 oder § 8 NADV (Gasversorgung), BGBl. I 2006, S. 2477, 2485 bis BGBl. I 2010, 1261 bzw. § 8 NAV (Elektrizitätsversorgung), BGBl. I 2006, 2477 bis BGBl. I 2010, 1261.

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Leichtbauhallen, Gebäude, die vom Mieter/Pächter bzw. sonstigen Nutzer aufgrund schuldrechtlicher Befugnis errichtet wurden; auf eine nicht massive Bauweise kommt es aber nicht an. Umgekehrt mag massive Bauart freilich Indiz dafür sein, dass man in Wahrheit gerade nicht den Abbau nach Beendigung der Nutzungsfrist im Auge hatte.



Wochenendhaus nach vorheriger Umwidmung eines dauerhaften Gebäudes zu vorübergehendem Zweck.90)



Kritisch ist die Eintragung einer beschränkten persönlichen Eigentümerdienstbarkeit zum Zwecke der nachträglichen Umwidmung eines wesentlichen Bestandteils (Solaranlage) in einen Scheinbestandteil.91)



Windkraftanlage;92) das OLG Schleswig hat es für unbeachtlich gehalten, ob eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur (dinglichen) Sicherung der Scheinbestandteilseigenschaft der Anlage bereits eingetragen war, wenn dies nur „von vornherein gewollt und notariell vereinbart war und im Ergebnis auch erfolgt ist.“93)



Bei der nachträglichen „Umwidmung“ ist allerdings zu beachten, dass sie als Folge des § 1121 BGB für den Hypothekar bzw. den Gläubiger, der Befriedigung mit den Instrumenten des ZVG sucht, ohne Folgen bleibt, wenn nicht der frühere wesentliche Bestandteil vor der Beschlagnahme entfernt wird; die Veräußerung genügt nicht.

Als Zubehör wurden etwa gewertet bzw. sind zu werten: –

Einbauküchen, die sowohl im privaten Bereich eine Rolle spielen als auch im gewerblichen Bereich („Teeküchen“, „Betriebsrestaurants“, „Cafeteria“ und „Kantine“). Im Privatbereich können regionale Unterschiede bestehen, einer verbreiteten Auffassung, der der BGH zu IX ZR 180/07 nicht entgegengetreten ist. Gewerbliche Kücheneinrichtungen sind natürlich wie die Büroeinrichtung Zubehör des Gebäudes, im Regelfall aber wohl nicht wesentlicher Bestandteil. Hier wird man insgesamt dieselben Maßstäbe anlegen wie bei Maschinenanlagen.



Elektrische Pods („Gondelantriebe“) als Schiffsantriebe (siehe oben unter „Bestandteile“), soweit kein nicht wesentlicher Bestandteil bejaht wird.

_____________ 90) OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2007 – 4 U 41/07, juris = ZfIR 2007, 774 = ZMR 2007, 691 f. 91) Ablehnend OLG München, Beschl. v. 30.9.2011 – 34 Wx 328/11, DRsp Nr. 2011/7593 = BauR 2012, 142. Der Eigentümer verfolgte die Eintragung einer Eigentümerdienstbarkeit, um die auf dieser Grundlage errichtete Solaranlage zu finanzieren. Die Bank sollte die Sicherungsübereignung der Solaranlage erhalten sowie eine Vormerkung für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, um den Betrieb der Solaranlage und den Erhalt der Einspeisevergütung nach dem EEG zu sichern, sollte der Anlagenbetreiber insolvent werden. Zur Besicherung von Finanzierungen für derartige Anlagen erneuerbarer Energie, die im Konkurrenzverhältnis zum Grundpfandrecht und den §§ 1120 ff. BGB stehen, siehe den Überblick bei Cranshaw, Insolvenzrechtliche Fragestellungen bei Spezialfinanzierungen, in: Sladek/Heffner/Graf Brockdorff, Insolvenzrecht 2013/2014, S. 31 ff., 63 – 68, Tz. 371, 373 m. w. N. 92) OLG Schleswig, Urt. v. 26.8.2005 – 14 U 9/05, juris = WM 2005, 1909 ff.; Cranshaw, a. a. O., Tz. 3.7.1.1, S. 64. 93) OLG Schleswig, a. a. O., juris Rz. 58 f.; Cranshaw a. a. O., S. 64.

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Wirkungen des Anordnungsbeschlusses



Triebwerke von Flugzeugen, soweit nicht die Eigenschaft als nicht wesentlicher Bestandteil bejaht wird (siehe oben).



Gleisanschluss für gewerbliches Grundstück.94)



Maschinen auf gewerblichen oder industriell genutzten Grundstücken.



Kein Zubehör ist der Fahrzeugpark der Spedition oder der Maschinenpark des Bauunternehmens, der auf der Baustelle genutzt wird;95) diese wertvollen Sachen unterliegen daher der hypothekarischen Haftung überhaupt nicht. Bei gewerblich genutzten Grundstücken resultiert die Beurteilung als Zubehör im Ergebnis aus einer Gesamtbetrachtung, ob das Gebäude aufgrund seiner baulichen Besonderheiten und seiner Ausstattung als für den betreffenden Betrieb auf Dauer „eingerichtet“ angesehen werden kann.96) Klare Abgrenzungskriterien sind das nicht.

Erzeugnisse sind z. B.:

70



alle Produkte und Früchte, die landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder Gartenbaubetriebe erzeugen; dazu gehören auch Tiere, Bäume (Holzeinschlag als typisches Produkt der Forstwirtschaft), sogar die Ausbeute von Bodenschätzen im weiteren Sinne wie Sande und Kiese sowie Mineralwässer.97)



die weiteren mittelbaren und unmittelbaren Sach- und Rechtsfrüchte, die unter § 99 BGB zu subsumieren sind, ohne dass ein Substanzverzehr eintreten darf.98)

3.

Miet- und Pachtforderungen

Siehe dazu unter Rz. 24 ff. 4.

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Wiederkehrende Leistungen gemäß § 1126 BGB

Der Haftungsverband der Hypothek ergreift auch die wiederkehrenden Leistungen, die mit dem Eigentum am Grundbesitz verbunden sind. Es handelt sich dabei um Rechte, die Bestandteil eines Grundstücks sind (§ 96 BGB). Sie können _____________ 94) Palandt/Ellenberger, BGB, § 97 Rz. 11, zitiert nach Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts 1939, 49. 95) Siehe zu beidem Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 20 Rz. 21 f. m. w. N. 96) BGHZ 165, 261 ff., 263 f. Bsp.: In einem modernen Großbäckereibetrieb bildet sicher das Gebäude einer sog. Backstraße zusammen mit derselben eine wirtschaftliche Einheit, die die Backstraße als Zubehör erscheinen lässt, wenn sie denn nicht geleast ist und damit die Frage der Zubehöreigenschaft aus Gläubigersicht evtl. müßig sein kann. Wird das Gebäude um die Backstrasse „herumgebaut“, kann diese ggf. als wesentlicher Bestandteil gewertet werden. Je mehr Produktionsgebäude und Produktionsanlage aufeinander abgestimmt sind, umso mehr wird man davon ausgehen müssen, dass die Anlage nicht mehr Zubehör, sondern wesentlicher Bestandteil ist mit den jeweils spezifischen Risiken für die Beteiligten. Hingegen ist das vielleicht wertvolle Inventar eines privaten Wohnhauses weder Bestandteil noch Zubehör, sondern der hypothekarischen Haftung überhaupt nicht unterworfen. 97) Kiesvorkommen sowie Mineralwasserquellen sind Grundlagen geradezu ganz besonders wertvoller Produkte. Siehe zu diesen als Sachfrucht zu würdigenden Möglichkeiten der Nutzung der natürlichen Ressourcen („Ausbeute“) bei Palandt/Ellenberger, BGB, § 99 Rz. 2 m. w. N. 98) Siehe im Einzelnen Palandt/Ellenberger, BGB, § 99 Rz. 2 – 4 – mittelbare Sachfrucht ist die Miete und Pacht, die in den §§ 1120 ff. BGB gesondert geregelt ist.

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wesentliche und nicht-wesentliche Bestandteile sein. Die Norm des § 96 BGB dient dazu, die hypothekarische Haftung nach § 1126 BGB definitorisch zu umschreiben. Literatur und Rechtsprechung beschreiben als wesentliche mit dem Grundstückseigentum verbundene und selbstständig nicht bestehen bleibende Rechte wie z. B.:99) –

die Grunddienstbarkeit am Grundstück (oder Erbbaurecht), die mit dem Untergang des Erbbaurechts ihrerseits wegfällt, aber Bestandteil des zuvor mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks wird100);



die subjektiv-dingliche Reallast, § 1110 BGB sowie die Erbbauzinsreallast (§ 9 ErbbauRG);



das dingliche Vorkaufsrecht nach § 1094 Abs. 2 BGB;



Überbau-, Notweg- und dazugehörige Überbau- und Notwegrenten (vgl. die §§ 912 f., 917 BGB);



der erbbaurechtliche Heimfallanspruch, §§ 3, 26 ff. ErbbauRG bzw. der Heimfallanspruch bzgl. des Dauerwohnrechts (§§ 31 ff., 36 Abs. 1 Satz 2 WEG).

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Die für die betroffenen Betriebe (noch) wesentlichen Rechte im Zusammenhang mit Agrarsubventionen des gemeinsamen europäischen Agrarmarkts („Milchreferenzmenge“, „Rübenlieferungsrechte“101), usw.) sind keine dem Grundbesitz i. S. d. § 96 BGB anhaftenden Berechtigungen.102)

74

Zu dem Begriff der wiederkehrenden Leistungen siehe auch § 12 Rz. 9 f., 17 ff. (Abschnitt III 2, 4), § 13 Rz. 21 ff. und § 21 Rz. 8 [Cranshaw].

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Als Folge der Verweisung des § 1126 BGB auf § 1123 Abs. 2 Satz 1 und auf 1124 Abs. 1, 3 BGB richtet sich die Enthaftung nach diesen Vorschriften. Gegenüber dem Grundpfandrechtsgläubiger ist eine Verfügung über die später als drei Monate nach der Beschlagnahme fällige Leistung relativ unwirksam (§ 1126 Satz 3 BGB, §§ 135 f. BGB). Die Beschlagnahme kann durch Zwangsverwaltung erfolgen oder durch dingliche Pfändung mit den bei der Miete und Pacht beschriebenen Konkurrenzen. § 21 Abs. 3 ZVG schließt die Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsversteigerung aus. Zu den Wirkungen und Folgen der Beschlagnahme siehe die Kommentierung zu den §§ 21, 22, 23 [Cranshaw].

_____________ 99) Siehe die folgenden Beispiele bei Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 1 – 3 m. w. N. aus der Judikatur; Palandt/Ellenberger, BGB, § 96 Rz. 1 – 3 m. w. N aus der Judikatur. 100) Vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2012 – V ZR 102/11, Umdruck Rz. 8, 9. = BGHZ 192, 335 ff., 337 = NJW-RR 2012, 845. 101) Die Rechte auf Lieferung von Zuckerrüben nach der Zuckermarktordnung sind betriebsund nicht eigentumsbezogen, der Pächter muss sie nach Erledigung der Pacht zurückgeben mit Ausnahme der Rechte, die er anderweit erworben oder zugeteilt bekommen hat, siehe BGH, Urt. v. 25.11.2011 – LwZR 4/11, Internetpubl. des BGH, Umdruck Ls., Rz. 10 ff. = DRsp Nr. 2012/998 = NZM 2012, 157, u. a. zur Verordnung (EG) 318/2006. Zur Milchreferenzmenge siehe aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zuletzt BGH, Urt. v. 25.11.2011 – LwZR 6/11, Internetpubl. des BGH, Umdruck, S. 6 f. = DRsp Nr. 2012/999, u. a. zur Verordnung (EWG) 3590/92 bzw. der Verordnung (EG) 1256/99. 102) Siehe § 24 Rz. 18 ff. [Cranshaw], u. a. zu Wein, Zucker usw.

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§ 20

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

5.

Versicherungsforderungen gemäß §§ 1127 ff. BGB

Die grundpfandrechtliche Haftung erstreckt sich auch auf die Versicherungsforderungen, die dem „Eigentümer oder Eigenbesitzer“ des Grundbesitzes zustehen und damit auch auf die Versicherung der Mobilien, die der Eigenbesitzer oder Eigentümer abgeschlossen hat (§ 1127 Abs. 1 BGB). Die Versicherungsforderung tritt „dinglich“ an die Stelle des beschädigten oder untergegangenen Gegenstandes. Dabei sind jedoch bei der Grundnorm des § 1127 BGB bereits mehrere Aspekte zu beachten:

76

Da es keine Pflichtversicherung gibt, greift die Versicherungshaftung nur für die versicherten Gegenstände ein.

77

Ob bzw. inwieweit die Versicherungsgesellschaft Leistungen zu erbringen hat, ist Gegenstand des jeweiligen Versicherungsvertrags, der von dem Vollstreckungsgläubiger nicht oder kaum zu beeinflussen sein wird. Die institutionellen Gläubiger, z. B. die Banken, fordern im Sicherungsvertrag der Sicherungsgrundschuld den Abschluss einer Versicherung (z. B. „Sturm/Hagel“, „Leitungswasser“, „Elementarschäden“) bei einer geeigneten Versicherung zu geeigneten Konditionen. Ferner ist der Grundpfandgläubiger nach verbreiteter Formularpraxis berechtigt, eine solche Versicherung auf Kosten des Sicherungsgebers (im Ergebnis auf dessen Kosten) selbst abzuschließen (und sich damit letztlich im Schadensfall die Versicherungssumme oder die Schadensbeseitigung zu sichern).103)

78

Auch wenn eine Versicherung besteht, erlischt der Anspruch, wenn der „versicherte Gegenstand wiederhergestellt oder Ersatz für ihn beschafft ist“ (§ 1127 Abs. 2 BGB). Das ist auch richtig, weil der beschädigte oder verlustig gegangene Gegenstand ersetzt und nur hilfsweise dem Gläubiger ein Geldbetrag über die Versicherungsforderung zugewendet werden soll. Ferner geht der Anspruch ins Leere, wenn die Versicherungspolice eine Wiederherstellungsklausel enthält (vgl. § 1130 BGB).

79

Die Versicherungsforderung haftet dann nicht, wenn der versicherte Gegenstand nicht mehr Bestandteil oder Zubehör ist. Die Enthaftung wirkt sich daher mittelbar aus.104) Das bedeutet freilich nicht, dass der Anspruch gegen die Versicherung untergeht, sondern lediglich, dass der Grundpfandgläubiger keinen Zugriff mehr nach den Regelungen über den Haftungsverband der Hypothek hat.

80

Bei den Versicherungen ist die Gebäudeversicherung (§ 1128 BGB, vgl. auch die §§ 142 – 149 VVG105) zur Gebäudefeuerversicherung) von der sonstigen Schadenversicherung (§ 1129 BGB) zu unterscheiden. Der Anwendungsbereich des § 1128 BGB (gegenüber § 1129 BGB) ist nach zutreffender Meinung in der Literatur schmal.106) Die Leistung des Versicherers führt zur Legalzession der Hypothek auf den Versicherer (§ 145 Satz 1 VVG = § 104 a. F. VVG), wobei der Rechtsübergang

81

_____________ 103) Vgl. z. B. bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anhang 11, S. 675 ff., Ziff. 1.7 (Vordruck „220 02 DGVerlag FA 11.09“ mit Anm. 13 und im Text Tz. 1269. 104) Palandt/Bassenge, BGB, § 1127 Rz. 2. 105) Versicherungsvertragsgesetz v. 23.11.2007, BGBl. I 2007, 2631, bis zum Gesetz v. 1.8.2014, BGBl. I 2014, 1330; zum früheren bis 31.12.2007 geltenden VVG siehe zur Feuerversicherung die dortigen §§ 101 – 107c a. F. VVG. 106) Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 1.

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§ 20

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

nicht zulasten gleich- oder nachrangiger Grundpfandrechtsinhaber geltend gemacht werden kann, soweit der Versicherer diesen gegenüber noch leistungspflichtig ist (§ 145 Satz 2 VVG). Bei der Grundschuld ist sachgerechter Maßstab der Leistung der „Nennbetrag“ der Grundschuld, auf die Frage der Höhe der Valuta der Grundschuld kommt es nicht an. Sachlogisch ist, dass der Versicherer (der Sicherungsgrundschuld) dem Grundschuldgläubiger gegenüber alle Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag geltend machen kann.107) Für den Grundpfandgläubiger sind mehrere weitere Aspekte zu beachten: Ist das Gebäude (wertmäßig) wiederhergestellt worden und zwar ohne dass ein Ausfall des Grundpfandrechts in der Versteigerung eingetreten wäre, erlischt die Haftung der Versicherungsforderung (§ 1127 Abs. 2 BGB).108) Ob es sich dabei um eine teleologische Reduktion des § 1128 BGB handelt109) oder nicht vielmehr um einen Anwendungsfall des §§ 1127 Abs. 2 BGB, mag offenbleiben. Auf die Wirkung der verbreiteten Wiederherstellungsklauseln auch für die Gebäudeversicherung nach § 1130 BGB ist hinzuweisen (woraus eine erhebliche Minderung der Bedeutung des § 1128 BGB resultiert).110) Die Rechtsposition nach § 1128 BGB wird ohne Beschlagnahme erworben. 82

Dabei darf man freilich nicht verkennen, dass die Produkte der Versicherungswirtschaft sich überschneiden (können), sodass jeweils im Einzelnen der Umfang der Haftung bzw. die Voraussetzungen der Versicherungsleistung zu analysieren sind.111) Ein Beispiel dafür kann dem Urteil des BGH vom 18.1.2012 zu einer „Gebäude-Vielschutz-Versicherung unter Einschluss einer Feuerversicherung nach Maßgabe der AFB 87“ entnommen werden;112) dort ging es um die Frage, ob bei _____________ 107) Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 7 unter Hinweis auf RGZ 124, 91 ff., 93. 108) Siehe Palandt/Bassenge, BGB, § 1127 Rz. 3 m. w. N. 109) Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 2 unter Hinweis auf RG, Urt. v. 15.3.1919 – VI 376/18, RGZ 95, 207 ff., 209. Das RG stellt den Charakter der Schutzvorschriften u. a. zugunsten der Hypothekare heraus und leitet daraus ein Veräußerungsverbot nach § 135 BGB ab, das dann seine Funktion verliert, wenn das Gebäude wiederhergestellt ist (= Zweckerreichung der Schutznormen, RGZ 95, 208, 230). 110) Der Fall RGZ 95, 207 ff. war Anwendungsfall hiervon. Zur geringen Bedeutung der Norm infolge der versicherungsrechtlichen Konzepte als Folge des § 1130 BGB siehe Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 1. 111) Vgl. die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) unter http://www.gdv.de (Stand: 26.2.2014) als Musterbeispiel („Musterbedingungen“, „GDV 0100“) herausgegebenen „Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2010)“ („unverbindliche Bekanntgabe“) (Stand: 1.6.2011); siehe dort auch zu weitergehenden oder ergänzenden Produkten im Kontext mit der Gebäudeversicherung. In der Basisversion werden versichert Schäden durch „Brand, Blitzschlag, Explosion, Luftfahrzeuge“ (§ 1 AFB) mit gewissen Einschränkungen. Versichert sind die „Gebäude und sonstigen Grundstücksbestandteile“ und „beweglichen Sachen“, die „im Versicherungsvertrag [bezeichnet]“ sind, § 3 Nr. 1 AFB. „Gebäude sind mit ihren Bestandteilen, aber ohne Zubehör versichert, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.“, § 3 Nr. 2 AFB. „Bewegliche Sachen“, d. h. Bestandteile und Zubehör, umfasst die Versicherung nur, wenn der Versicherungsnehmer Eigentümer ist, er sie unter Eigentumsvorbehalt oder als Leasingnehmer mit Kaufoption erworben hat oder wenn er sie an einen Dritten sicherungsübereignet hat, § 3 Nr. 3 AFB. Weitere Einzelheiten sind den AFB zu entnehmen. 112) BGH, Urt. v. 18.1.2012 – IV ZR 140/09, Internetpublikation des BGH, Umdruck Rz. 4 = DRsp Nr. 2012/3811, Rz. 6 = NJW-RR 2012, 723 = WM 2012, 375.

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§ 20

Wirkungen des Anordnungsbeschlusses

der Gebäudeversicherung nach den AFB 87 das Eigentum des Versicherungsnehmers an dem Gebäude maßgeblich sei (der BGH hat das verneint). Die Versicherungen nach den bereits zitierten AFB 2010 unterliegen den §§ 142 ff. VVG, der dortige Terminus „Feuerversicherung“ kann angesichts des versicherten Schadensrisikos (siehe unten) nicht nur wortwörtlich verstanden werden. VVG und AFB entsprechen den Anforderungen des §§ 1128 BGB. Die Bedeutung der Gebäudefeuerversicherung ebenso wie die Notwendigkeit der Prüfung derselben im Einzelfall seitens des Grundpfandgläubigers zeigt der Beschluss des BGH vom 23.10.2013. Der Gebäudeversicherer erbrachte Leistungen an „Realgläubiger“ auf der Basis seiner „Bedingungen für die Firmen Immobilienversicherung (BFIMO)“ und führte sodann einen Regressprozess im Hinblick auf vorsätzliche Brandstiftung, die zu dem ersatzpflichtigen Schaden geführt hatte.113) Die Risiken des Realgläubigers bestehen aber nicht nur im Risiko von Elementarschäden durch Feuer (zur Definition siehe die AFB), sondern ebenso in Risiken durch Wasserschäden aller Art, seien es Hochwasser- bzw. Grundwasserschäden oder Leitungswasserschäden, durch sonstige Elementarrisiken oder in Risiken infolge von Hausschädlingen. Inwieweit diese Risiken versicherbar sind oder tatsächlich versichert wurden, ist eine andere Frage. Diese Schäden bzw. Schadensrisiken unterliegen nicht § 1128 BGB und auch nicht den §§ 142 ff. VVG.114) Allerdings sind die Bedingungen der Versicherungen standardisiert, mindestens z. T. werden Verbandsentwicklungen unternehmensübergreifend angewandt (siehe oben zu den AFB 2010). Daher entspricht es ständiger Rechtsprechung des Versicherungssenats des BGH, dass Versicherungsbedingungen vom Revisionsgericht ausgelegt werden können; Auslegungsmaßstab ist nicht derjenige, der bei einem Gesetz angemessen wäre, sondern die Sichtweise eines „durchschnittliche[n] Versicherungsnehmer[s] bei verständiger Würdigung […] aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs.“115) § 1128 BGB ist nicht anwendbar, wenn Zubehör und andere bewegliche Gegenstände nicht in die Versicherung inkludiert, sondern separat versichert sind.116) Für weitere Einzelheiten wird auf die einschlägigen Kommentarwerke zum VVG verwiesen. Neben der Gebäudeversicherung steht die anders strukturierte sonstige Schadenversicherung des § 1129 BGB, der auf 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB (Freiwerden des Anspruchs von der hypothekarischen Haftung ein Jahr nach Fälligkeit, soweit nicht zuvor die Beschlagnahme herbeigeführt wird) und auf § 1124 Abs. 1, 3 BGB (Vorausverfügung über den Anspruch) verweist und damit auf die analoge Heranziehung der Vorschriften über die Miete. Im Unterschied zu § 1128 BGB ist keine _____________ 113) BGH, Beschl. v. 23.10.2013 – IV ZR 122/13, DRsp Nr. 2014/513 Rz. 2 = VersR 2014, 398 = JurionRS 2013, 51024. 114) Zur Beschränkung der §§ 142 ff. auf die Gebäudefeuerversicherung siehe BGH, Urt. v. 27.6.2012 – IV ZR 212/10, DRsp Nr. 2012/17511, Rz. 28 = NJW 2012, 3238 ff., Rz. 32; Ausschluss der Schadensregulierung bei Hausschwamm. 115) BGH, Urt. v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 ff., 85; BGH, Urt. v. 27.6.2012 – IV ZR 212/10, NJW 2012, 3238 Rz. 19 (siehe unten), st. Rspr. 116) Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 2. Angesichts der aktuellen versicherungsrechtlichen Lage ist dieses Ergebnis nach VVG und Allgemeinen Versicherungsbedingungen selbstverständlich; siehe schon die st. Rspr. des Reichsgerichts nach RG, Urt. v. 13.5.1938 – VII 6/38, RGZ 157, 314 ff., 316.

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§ 21

Umfang der Beschlagnahme

Vorschrift zugunsten der Grundpfandgläubiger zu beachten. Entscheidend ist daher die Beschlagnahme, bevorzugt im Wege dinglicher Pfändung.117) 84

Zum „gestörten Versicherungsverhältnis“ nach der Rechtslage vor der Neufassung des VVG, auch zur Begrifflichkeit, siehe Fischinger.118) V. Ansprüche auf Entschädigung und Rechtsstreit über die Einbeziehung in die §§ 1120 ff. BGB

85

Zu Ansprüchen des Eigentümers auf Entschädigung wegen Enteignung oder vergleichbarer Eingriffe vgl. § 22 Rz. 33 (Fn. 41) und § 26 Rz. 10 [Cranshaw].119)

86

Die Auseinandersetzung der Beteiligten über die Beschlagnahme an den beweglichen Sachen und von Miete und Pacht, wie dargestellt, ist vor den Prozessgerichten auszutragen. Dem Verfahrensbeteiligten, der seine Rechte beeinträchtigt sieht bzw. der vorträgt, dass eine Sache als Fremdeigentum nicht dem Haftungsverband der Hypothek unterliege, steht insbesondere die Klage nach den §§ 771 ff. ZPO (Drittwiderspruchsklage) zu.120) _____________ 117) Der Anspruch kann auch von einem persönlichen Gläubiger gepfändet werden, allerdings ohne die Wirkungen der hypothekarischen Haftung. 118) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 ZVG Rz. 45 – 48. 119) Siehe auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 Rz. 53 m. w. N. 120) Vgl. dazu den Überblick bei Löhnig-Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, S. 93 ff., insb. Rz. 25 – 34.

§ 21 Umfang der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme umfaßt land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks sowie die Forderung aus einer Versicherung solcher Erzeugnisse nur, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind. (2) Die Beschlagnahme umfaßt nicht die Miet- und Pachtforderungen sowie die Ansprüche aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen. (3) Das Recht eines Pächters auf den Fruchtgenuß wird von der Beschlagnahme nicht berührt. Literatur: Eickmann, Miet- und Pachtforderungen im Zugriff von Grundpfandrechts- und anderen Gläubigern, ZfIR 2006, 273; Mylich, Der Zugriff Dritter auf den künftigen Grundstücksmietzins – Ein Beitrag zum Grundstücksmietzins als Kreditsicherheit und Vollstreckungsobjekt, WM 2010, 1923; Zipperer, Die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen aus dinglichen Titeln – die ewig junge Pfändungsbeschlagnahme, ZfIR 2006, 395. Übersicht I. 1.

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Normfunktion ...................................... 1 § 21 ZVG als Ausnahme von der umfassenden Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG .............. 1 a) Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse ..................................... 1

b) Forderungen aus einer Versicherung der Erzeugnisse und des Zubehörs .................................. 2 II. Anwendungsbereich ............................ 3 III. Beschlagnahme land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse und der Surrogate gemäß § 21 Abs. 1 ZVG ........ 6

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§4 2.

Zustellung durch Aufgabe zur Post

Auslandszustellungen im Raum des EWR34) und in Drittstaaten

16

Bei Auslandszustellungen außerhalb des Geltungsbereichs der EuZVO ist § 183 Abs. 1 – 4 ZPO als lex specialis gegenüber den Normen des ZVG zu beachten. Maßgeblich sind die völkerrechtlichen Vereinbarungen, namentlich das Haager Übereinkommen („HZÜ“)35) aus dem Jahre 1965. Für die weiteren multilateralen Abkommen aus den Jahren 1905 und 1954 mit eingeschränkter Reichweite auf wenige Staaten sowie für bilaterale völkerrechtliche Verträge wird auf die Spezialliteratur verwiesen.36)

17

Daher im Folgenden nur ein Überblick: –

Maßgeblich sind die völkerrechtlichen Vereinbarungen; darf danach über Postdienstleister unmittelbar zugestellt werden, soll das mittels Einschreiben gegen Rückschein geschehen, ansonsten durch die Behörden des Empfangsstaates (§ 183 Abs. 1 ZPO).



Ist die Zustellung nach § 183 Abs. 1 ZPO nicht möglich, erfolgt sie durch die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik, die jeweils zuständig sind (§ 183 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Unvermeidbar ist das beim Fehlen multi- oder bilateraler Vereinbarungen und bei fehlender Rechtshilfe des Empfangsstaates bzw. wenn „besondere Gründe“ bestehen (§ 183 Abs. 2 ZPO).



Ist gegenüber einem deutschen Diplomaten in einer Vertretung im Ausland zuzustellen, ist hierfür die Auslandsvertretung die zuständige Zustellungsbehörde (§ 183 Abs. 3 ZPO). Der Nachweis der Zustellung wird durch den Rückschein oder das „Zeugnis“ der zustellenden Stelle vorgenommen.

_____________ 34) Europäischer Wirtschaftsraum (EWR): EU (hier gilt die EuZVO); Island, Norwegen, Liechtenstein; die Schweiz ist insoweit Drittstaat und gehört nicht zum EWR. 35) Siehe dazu das Gesetz zu dem Haager Übereinkommen v. 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-oder Handelssachen und zu dem Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, BGBl. II 1977, 1452, 1453 ff. 36) Siehe den Überblick für derartige Konstellationen bei Zöller/Geimer, ZPO, § 183 Rz. 93 ff. (HZÜ) bzw. Rz. 101– 104 (bilaterale Vereinbarungen und deren Reichweite).

§4 Zustellung durch Aufgabe zur Post Wohnt derjenige, welchem zugestellt werden soll, weder am Ort noch im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, so kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgen, solange nicht die Bestellung eines daselbst wohnhaften Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten dem Gericht angezeigt ist. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben“ versehen werden. Literatur: Ahrens, Neues zur Annahmeverweigerung im europäischen Zustellungsrecht NJW 2008, 2817.

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§4

Zustellung durch Aufgabe zur Post Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Voraussetzungen der Zustellung durch Aufgabe zur Post ....................... 2

I.

III. Vollzug der Zustellung ....................... 5 1. Inlandszustellung .................................. 5 2. Auslandszustellung ............................... 7

Normzweck

Zielsetzung des § 4 ZVG ist die Erleichterung von Zustellungen in allen Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren mit Ausnahme der Fälle des § 8 ZVG (siehe unten). Zu Auslandszustellungen siehe unter Rz. 7 ff.

1

II. Voraussetzungen der Zustellung durch Aufgabe zur Post Die Aufgabe zur Post als einfachste Form der Zustellung hat vier Voraussetzungen: –

Der Zustellungsadressat darf seinen Wohnsitz (oder bei juristischen Personen und bei „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit“ den statutarischen Sitz oder den Verwaltungssitz, vgl. §§ 17 ZPO, 24 BGB) weder am Ort noch im Bezirk des Vollstreckungsgerichts haben. Der „Wohnsitz“ der natürlichen Person ist der politische Ort, an dem der Lebensmittelpunkt besteht, §§ 7 – 9, 11 BGB. Auf die Anmeldung bei der Meldebehörde kommt es nicht an, sie stellt aber sicher ein wichtiges Indiz für die Wohnsitzbegründung dar, die rechtlich betrachtet den Willen beinhaltet, sich in der politischen Gemeinde, in der sich die Wohnung befindet, dauernd niederzulassen („Domizilwille“). Er ist vom Aufenthaltsort zu unterscheiden, der ebenfalls eine bestimmte Dauer der Anwesenheit voraussetzt, aber hinter dem „Wohnort“ oder „Wohnsitz“ zurückbleibt. Für die Praxis besteht aber meist kaum ein Unterschied.1)



Dem Vollstreckungsgericht wurde weder ein Prozessbevollmächtigter noch ein Zustellungsbevollmächtigter angezeigt.



Die (rechtsgeschäftliche) Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten muss (noch) wirksam und darf nicht widerrufen bzw. das Erlöschen darf dem Gericht noch nicht angezeigt worden sein (vgl. § 87 ZPO, Umkehrschluss aus § 4 Satz 1 ZVG).



Das zuzustellende Schriftstück, die „Postsendung“ muss als „Einschreiben“ bezeichnet und bei der Post eingeliefert werden, § 4 Satz 2 ZVG.

2

Das Vollstreckungsgericht muss sich dieser vereinfachten Zustellungslösung, die zudem für Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse nach § 8 ZVG versperrt ist (siehe dazu § 8 Rz. 1 – 3 [Cranshaw]), nicht bedienen, da § 4 ZVG eine Kannvorschrift ist, also ein weites Ermessen des Gerichts besteht. Entscheidend ist die Einschätzung, ob die vereinfachte Zustellung dem Verfahren dienlich ist.

3

Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen vorliegen müssen, wobei diejenige Meinung vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Zustellung, das rechtliche Gehör des Zustellungsadressaten zu

4

_____________ 1)

Siehe zum Begriff des Wohnsitzes und zum „Domizilwillen“ einschließlich der Begrifflichkeit Palandt/Ellenberger, BGB, § 7 Rz. 1, 2, 6 f. m. w. N. aus der Judikatur.

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§4

Zustellung durch Aufgabe zur Post

wahren, den Vorzug verdient, die den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post für entscheidend hält (und nicht den der Zustellungsanordnung).2) III. Vollzug der Zustellung 1. 5

Inlandszustellung

In der Literatur wird thematisiert, dass § 4 ZVG nicht das sog. Einwurfeinschreiben meint, vielmehr allein das Einschreiben gegen Übergabe3), 4), 5), da es ansonsten an der Übergabe an den Zustellungsadressaten fehle und auch kein Nachweis durch

_____________ 2)

3)

4)

5)

32

So auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 4 Rz. 7 m. w. N.; ebenso Stöber, ZVG, § 4 Rz. 1.3; ebenso Löhnig/Huber, ZVG, § 4 Rz. 3 („aus Gründen des Schuldnerschutzes“); a. A. Böttcher, ZVG, § 4 Rz. 2 (Anordnung der Zustellung). Betrachtet man als Beispiel das Angebot der Deutsche Post AG in der Produktgruppe „Einschreibebrief“, so lassen sich (Stand: 1.10.2013) im Internet folgende Varianten feststellen: (1) „Einschreiben Einwurf“ mit dem Erläuterungstext, der Zusteller dokumentiere den Einwurf der Sendung in Briefkasten oder Postfach des Empfängers. (2) „Einschreiben“ mit dem Erläuterungstext, der Zusteller übergebe die Sendung persönlich an den Empfänger bzw. einen Empfangsberechtigten; die Unterschrift könne im Internet unter „Sendungsverfolgung“ angezeigt werden. (3) „Einschreiben Rückschein“ mit dem Erläuterungstext wie beim „Einschreiben“, ergänzt um die Angabe, dass der Absender die Empfangsbestätigung mit Zustelldatum und „Originalunterschrift des Empfängers“ zugesandt erhalte. (4) „Einschreiben eigenhändig“ ist dadurch gekennzeichnet, dass der Zusteller die Sendung persönlich übergebe und zwar nur an den Empfänger oder einen schriftlich Bevollmächtigten, wobei die Unterschrift im Internet unter „Sendungsverfolgung“ angezeigt werde. (5) Die Versandart „Einschreiben eigenhändig Rückschein“ unterscheidet sich vom gewöhnlichen Einschreiben gegen Rückschein dadurch, dass der ebenfalls als Empfänger in Frage kommende Bevollmächtigte wiederum eine schriftliche Vollmacht haben muss; die Empfangsbestätigung werde mit Zustelldatum und Originalunterschrift des Empfängers an den Versender zurückgesandt. Unter einer Internetsuchmaschine kann die Sendung online nachverfolgt werden, eine „Nachforschung International“ steht ebenfalls online zur Verfügung. Grundlage im Verhältnis zum Kunden (im hier relevanten Zusammenhang das Vollstreckungsgericht bzw. das Bundesland) sind die AGB Brief National der Deutsche Post AG; siehe insgesamt unter http://www.deutschepost.de. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 4 Rz. 9 m. w. N., wo auch auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) v. 15.12.1999, BGBl. I 2005, 2418 i. d. F. bis zu Art. 26 d. Gesetzes v. 7.7.2005, BGBl. I 2005, 1970, aufmerksam gemacht wird. Eine „Einschreibsendung“ ist eine pauschal versicherte Briefsendung (nach § 4 Nr. 2 PostG), u. a. mit einem Gewicht von max. 2000 g. Ferner müssen die im Weltpostvertrag und den dortigen „Vollzugsverordnungen“ dazu vorgegebenen Maße eingehalten werden, siehe § 1 Abs. 1 Nr. 1 PUDLV. PostG und PUDLV setzen zugleich die Richtlinie 97/67/EG des Europ. Parlaments und des Rates v. 15.12.1997, ABl. (EG) L 15 v. 21.1.1998, S. 14 i. d. F. der RL 2008/6/EG, v. 20.2.2008, ABl. (EU) L 52 v. 27.2.2008, S. 3, um, die in Art. 2 Nr. 9 eine der PUDLV inhaltlich identische Definition der „Einschreibsendung“ enthält. Dabei handelt es sich zugleich um eine der Voraussetzungen der Zustellung durch Einschreiben in der EU nach der EuZVO; siehe unter Rz. 8). Zum Vertrag des Weltpostvereins und der Vollzugsordnung siehe BGBl. II 1986, 396 und Anlagenband zum BGBl. II 1986 Nr. 4., 236 ff. Im Ergebnis unangefochtene Meinung, siehe statt aller bei Löhnig/Huber, ZVG, § 4 Rz. 4 mit Hinweis u. a. auf LAG Nürnberg, Beschl. v. 24.11.2008 – 7 Ta 203/08, DRsp Nr. 2010/6182, wo es allerdings nicht um eine Zwangsversteigerungssache, sondern um die unzulässige Zustellung eines vollstreckbaren Vergleichs durch Einwurfeinschreiben geht.

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§4

Zustellung durch Aufgabe zur Post

Rückschein zu führen ist.6) Dem ist zuzustimmen. Umgekehrt ist auch ein Einschreiben gegen Rückschein als Folge des Umkehrschlusses aus § 3 Sätze 2 und 3 ZVG in § 4 ZVG nicht gemeint. Nach der Übergabe an die Post fertigt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle einen Vermerk für die Akten, wann die Übergabe zur Post erfolgte und unter welcher Anschrift der Versand vorgenommen wurde (§ 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO, dessen Regelungsbereich freilich die Zustellung an den inländischen Bevollmächtigten des ausländischen Zustellungsadressaten ist). Damit ist die Vornahme der Zustellung nachgewiesen. Eine weitere Fiktion enthält der im Rahmen der Zustellung nach § 4 ZVG anwendbare § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der den Eintritt der Zustellungswirkung nach Ablauf der dortigen Zweiwochenfrist (oder einer längeren vom Gericht festgesetzten Frist nach den Sätzen 2 und 3 dieser Norm) fingiert.7) Darauf, ob tatsächlich zugestellt werden konnte, kommt es nicht an, sodass die Zustellungswirkung sogar dann eintritt, wenn das Schreiben als unzustellbar zurückkommt. Anders allerdings, wenn an eine aus den Akten erkennbar unzutreffende Anschrift zugestellt werden sollte oder wenn aus dem Akteninhalt ersichtlich ist, dass der Adressat unbekannten Aufenthaltes ist bzw. wenn die eigentlich zutreffende Anschrift fehlerhaft auf dem Schriftstück angebracht wurde.8) 2.

6

Auslandszustellung

Die Zustellung ist auch in das Ausland nach § 4 ZVG nach einer älteren Entscheidung zulässig.9) Maßgeblich sind im grenzüberschreitenden Verkehr die entsprechenden völkerrechtlichen Vereinbarungen, namentlich das Haager Übereinkommen („HZÜ“)10) aus dem Jahre 1965.

7

In der Europäischen Union gilt vorrangig die Europäische Zustellungsverordnung (EuZVO), die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 mit einigen Besonder-

8

_____________ 6) Siehe statt aller bei Löhnig/Huber, ZVG, § 4 Rz. 4 mit Hinweis u. a. auf LAG Nürnberg, Beschl. v. 24.11.2008 – 7 Ta 203/08 sowie Zöller/Stöber, ZPO, § 175 Rz. 1 zur Zustellung durch Einschreiben Rückschein nach dieser Vorschrift. 7) So zum Zustellvermerk, der Heranziehung des § 184 ZPO und der Bedeutungslosigkeit des Umstandes, ob überhaupt wirklich zugestellt werden konnte Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 4 Rz. 10 m. w. N. sowie Löhnig/Huber, ZVG, § 4 Rz. 4, 5; eingehend Zöller/Stöber, ZPO, § 184 Rz. 8 – 13; zur Zustellungsfiktion siehe BGH, Beschl. v. 26.8.2009 – XII ZB 169/07, BGHZ 182, 188 ff., 203 Rz. 42. 8) Siehe dazu § 6 Rz. 3 – 6 [Cranshaw] und § 7 Rz. 1, 2, 4, 6 [Cranshaw]; zur fehlerhaften Wiedergabe der Anschrift mit der Folge des Wegfalls der Zustellungsfiktion siehe BGH, Urt. v. 8.3.1979 – IX ZR 92/74, BGHZ 73, 388 ff., 390 (Auslandszustellung). 9) Zur Auslandszustellung siehe § 3 unter Rz. 13 ff. [Cranshaw]. Zur Zustellung nach Großbritannien vor der EuZVO siehe LG Krefeld, Beschl. v. 12.12.1989 – 6 T 314/89, Rpfleger 1990, 266. 10) Siehe dazu das Gesetz zu dem Haager Übereinkommen v. 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen und zu dem Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, BGBl. II 1977, 1452, 1453 ff.

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§4

Zustellung durch Aufgabe zur Post

heiten.11) Die Verordnung gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, Ausführungsvorschriften enthalten die §§ 1067 – 1069 ZPO. 9

Gegen die über § 4 ZVG mögliche Zustellungsfiktion (siehe oben) steht innerhalb der EU ein Urteil des EuGH aus dem Jahr 2012,12) der die weitreichende Zugangsfiktion des polnischen Prozessrechts, wonach es bei Unterlassen der Bestellung eines in Polen ansässigen Zustellungsbevollmächtigten möglich ist, die zuzustellenden Schriftstücke zu den Prozessakten zu nehmen, womit sie als zugestellt fingiert werden, für unvereinbar mit der EuZVO erklärt hat. § 184 Abs. 2 ZPO ist im Anwendungsbereich der EuZVO nicht heranzuziehen.13)

10

Für die Zustellung durch die Post bestimmt Art 14 EuZVO, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, Personen, „die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigen Beleg zustellen zu lassen.“ Dazu bestimmt § 1068 Abs. 1 ZPO nahezu wortgleich mit Art. 14 EuZVO, zum Nachweis der Zustellung genügten der Rückschein oder der gleichwertige Beleg. Über die Frage der Gleichwertigkeit entscheidet der EuGH, der im Urteil „Adler/Orlowska“14) darauf erkannt hat, bei der „Zustellung durch Postdienste“ müsse „per Einschreiben mit Rückschein“ zugestellt werden. Damit spielt die Frage der „Gleichwertigkeit“ wohl kaum mehr eine Rolle, wenn auch das Urteil des EuGH an dieser Stelle nicht mit dem Wortlaut der Verordnung vereinbar ist.

11

Im Rahmen des Zustellungsverfahrens sind Formblätter zu verwenden, die im Anhang der EuZVO enthalten sind.

12

Nicht völlig geklärt erscheint die Frage der Tragweite der Sprachenregelung in Art. 8 Abs. 1 – 3 EuZVO,15) die auch auf gerichtliche Zustellungen anzuwenden sind. Dabei geht es um die Verweigerung der Annahme bzw. befristete Rücksendung des zugestellten Schriftstücks mit der Folge, dass die Zustellung jedenfalls zunächst unwirksam bleibt, wenn das Dokument nicht in einer dem Adressaten bekannten Sprache oder in der Amtssprache des Empfangsstaats abgefasst wurde bzw. wenn keine Übersetzung in eine dieser Sprachen beigefügt ist. Offen ist, _____________ 11) Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europ. Parlaments und des Rates v. 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates, ABl. (EU) L 324 v. 10.12.2007, S. 79 ff., i. d. F. der Verordnung (EU) Nr. 517/2013 v. 13.5.2013, ABl. (EU) L 158 v. 10.6.2013, S. 1 ff. Siehe dazu § 3 unter Rz. 13 [Cranshaw]; Art 14 Abs. 2 der durch die EuZVO (2007) aufgehobenen Vorgängerregelung, der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000, hatte den Mitgliedstaaten noch die Entscheidung darüber belassen, wie sie Zustellungen durch die Post behandeln wollen, siehe dazu EuGH, Urt. v. 9.2.2006 – Rs C-473/04, „Plumex/ Young Sports“ – Slg. 2006 I-1428 ff. Eine Rangordnung der Zustellungsarten stellt die EuZVO nicht auf, EuGH, C-473/04, a. a. O., Rz. 28 und Tenor Ziff. 1. 12) EuGH, Urt. v. 12.12.2012 – Rs C-325/11, „Alder/Orlowska“- Internetpubl. des EuGH, noch nicht in der amtl. Slg. = NJW 2013, 443. 13) BGH, Urt. v. 2.2.2011 – VIII ZR 190/10, BGHZ 188, 164 ff., Ls und Rz. 10. 14) EuGH, Urt. v. 12.12.2012 – Rs C-325/11, NJW 2013, 443. 15) Siehe den Hinweis bei Zöller/Geimer, ZPO, § 1068 Rz. 4; eingehend zu der allgemeinen Problematik Ahrens, NJW 2008, 2817 ff. m. w. N. aus der Judikatur des EuGH.

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Cranshaw

Zustellungsbevollmächtigter im Verfahren nach dem ZVG

§5

inwieweit diese strenge Regelung außerhalb des Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses (die das Verfahren einleiten) gilt bzw. inwieweit Anlagen zu übersetzen sind.16) Auf weitere Einzelheiten ist in der vorliegenden Darstellung nicht einzugehen. Auf jeden Fall wird man rechtsmittelfähige Entscheidungen in Übersetzung beifügen; es dürfte sich auch empfehlen, dazu gehörige wesentliche Anlagen übersetzen zu lassen. Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den wirtschaftlichen Folgen von Verfahrensverzögerungen, wenn durch den etwaigen Verstoß gegen § 8 EuZVO Zustellungsdefizite auftreten. Wird an einen ins EU-Ausland verzogenen deutschen Staatsangehörigen zugestellt, ist im Allgemeinen eine Übersetzung nicht notwendig, da er den Inhalt der Dokumente versteht (Art. 8 Abs. 1 lit. a) EuZVO). _____________ 16) Siehe dazu Ahrens, NJW 2008, 2817 ff. m. w. N. sowie aus der dort zitierten Judikatur EuGH, Urt. v. 8.5.2008 – Rs C-14/07, „Ingenieurbüro M. Weiss und Partner GbR/IHK Berlin“, NJW 2008, 1721 ff.

§5 Zustellungsbevollmächtigter beim Grundbuchamt als Zustellungsbevollmächtigter im Verfahren nach dem ZVG Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten bei dem Grundbuchamt gilt auch für das Verfahren des Vollstreckungsgerichts, sofern sie diesem bekannt geworden ist. Übersicht I.

Zustellung an den beim Grundbuchamt bestellten Zustellungsbevollmächtigten ................................. 1

II. Anwendungsbereich und Streitfragen ........................................... 3

I.

Zustellung an den beim Grundbuchamt bestellten Zustellungsbevollmächtigten

§ 5 ZVG stellt eine einfache alternative Möglichkeit der Zustellung zwischen den (auf den Sitz des Vollstreckungsgerichts oder den unbekannten Aufenthaltsort und ähnliche Sachverhalte Bezug nehmenden) Tatbeständen der §§ 4 und 6 ZVG zur Verfügung. Die Zustellung kann jedenfalls an den von dem Zustellungsadressaten benannten und dem Vollstreckungsgericht bekannt gewordenen Zustellungsbevollmächtigten beim Grundbuchamt vorgenommen werden, abgesehen von der Sonderregelung des § 8 ZVG.

1

Die Bestimmung des § 5 ZVG stellt eine weitere Zustellungserleichterung dar, da sie für das Verfahren des Vollstreckungsgerichts nach dem ZVG fingiert, die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten beim Grundbuchamt gelte zugleich für das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht.

2

II. Anwendungsbereich und Streitfragen § 5 ZVG ist in allen Verfahren nach dem ZVG heranzuziehen, auf die Ausnahme der Zustellung nach § 8 ZVG ist oben hingewiesen worden.

Cranshaw

35

3

§ 21

Umfang der Beschlagnahme

Vorschrift zugunsten der Grundpfandgläubiger zu beachten. Entscheidend ist daher die Beschlagnahme, bevorzugt im Wege dinglicher Pfändung.117) 84

Zum „gestörten Versicherungsverhältnis“ nach der Rechtslage vor der Neufassung des VVG, auch zur Begrifflichkeit, siehe Fischinger.118) V. Ansprüche auf Entschädigung und Rechtsstreit über die Einbeziehung in die §§ 1120 ff. BGB

85

Zu Ansprüchen des Eigentümers auf Entschädigung wegen Enteignung oder vergleichbarer Eingriffe vgl. § 22 Rz. 33 (Fn. 41) und § 26 Rz. 10 [Cranshaw].119)

86

Die Auseinandersetzung der Beteiligten über die Beschlagnahme an den beweglichen Sachen und von Miete und Pacht, wie dargestellt, ist vor den Prozessgerichten auszutragen. Dem Verfahrensbeteiligten, der seine Rechte beeinträchtigt sieht bzw. der vorträgt, dass eine Sache als Fremdeigentum nicht dem Haftungsverband der Hypothek unterliege, steht insbesondere die Klage nach den §§ 771 ff. ZPO (Drittwiderspruchsklage) zu.120) _____________ 117) Der Anspruch kann auch von einem persönlichen Gläubiger gepfändet werden, allerdings ohne die Wirkungen der hypothekarischen Haftung. 118) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 ZVG Rz. 45 – 48. 119) Siehe auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 Rz. 53 m. w. N. 120) Vgl. dazu den Überblick bei Löhnig-Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, S. 93 ff., insb. Rz. 25 – 34.

§ 21 Umfang der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme umfaßt land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks sowie die Forderung aus einer Versicherung solcher Erzeugnisse nur, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind. (2) Die Beschlagnahme umfaßt nicht die Miet- und Pachtforderungen sowie die Ansprüche aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen. (3) Das Recht eines Pächters auf den Fruchtgenuß wird von der Beschlagnahme nicht berührt. Literatur: Eickmann, Miet- und Pachtforderungen im Zugriff von Grundpfandrechts- und anderen Gläubigern, ZfIR 2006, 273; Mylich, Der Zugriff Dritter auf den künftigen Grundstücksmietzins – Ein Beitrag zum Grundstücksmietzins als Kreditsicherheit und Vollstreckungsobjekt, WM 2010, 1923; Zipperer, Die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen aus dinglichen Titeln – die ewig junge Pfändungsbeschlagnahme, ZfIR 2006, 395. Übersicht I. 1.

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Normfunktion ...................................... 1 § 21 ZVG als Ausnahme von der umfassenden Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG .............. 1 a) Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse ..................................... 1

b) Forderungen aus einer Versicherung der Erzeugnisse und des Zubehörs .................................. 2 II. Anwendungsbereich ............................ 3 III. Beschlagnahme land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse und der Surrogate gemäß § 21 Abs. 1 ZVG ........ 6

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§ 21

Umfang der Beschlagnahme IV. Behandlung von Miet- und Pachtforderungen sowie der Rechte des Eigentümers auf wiederkehrende Leistungen gemäß § 21 Abs. 2 ZVG ....................... 7 1. Miet- und Pachtforderungen ................ 7

2. 3.

Wiederkehrende Leistungen ................. 8 Zwischen- und Untermietverhältnisse, entsprechende Pachtverhältnisse ............................................ 9 V. Pächterschutz durch § 21 Abs. 3 ZVG ................................. 10

I.

Normfunktion

1.

§ 21 ZVG als Ausnahme von der umfassenden Beschlagnahmewirkung des § 20 Abs. 2 ZVG

a) Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse § 21 ZVG ist eine jener vielen Normen des ZVG, die sich seit dem Erlass des Gesetzes (1897) unverändert bis heute erhalten haben. Die Vorschrift weist in Absatz 1 auf eine Volkswirtschaft zurück, die noch in erheblichem Maße von der Land- und Forstwirtschaft geprägt war sowie auf die erfolgreiche Interessenvertretung der Wirtschaftsteilnehmer aus dieser Branche. Entsprechendes gilt ganz weitgehend auch für den Pächterschutz des Absatzes 3, wenn auch die Pacht nach Bürgerlichem Recht weiter ausgreift (vgl. § 581 BGB), wobei jedoch der Landpachtvertrag (§§ 585 ff. BGB) breiten Raum einnimmt. § 21 Abs. 2 BGB nimmt die Miet- und Pachtforderungen sowie die dem Eigentümer als solchem zustehenden wiederkehrenden Leistungen von der Beschlagnahme in der Versteigerung aus. § 21 ZVG muss parallel zu § 20 ZVG betrachtet werden, der bestimmt, dass mit dem Anordnungsbeschluss (dasselbe gilt gemäß § 27 ZVG für den Beitrittsbeschluss) der Grundbesitz als beschlagnahmt fingiert wird („Der Beschluss […] gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme“, § 20 Abs. 1 ZVG). § 20 ZVG ist etwas unglücklich formuliert, da die Beschlagnahmewirkung keineswegs bereits dann eintritt, wenn der Anordnungsbeschluss aus dem inneren Bereich des Versteigerungsgerichts nach außen gelangt ist,1) sondern erst, wenn die Beschlagnahme nach § 22 Abs. 1 ZVG wirksam geworden ist. Die Beschlagnahmewirkung wiederum folgt aus § 20 Abs. 2 ZVG, der seinerseits normativ auf den Umfang der hypothekarischen Haftung des materiellen Rechts verweist. Die Beschlagnahme umfasst danach alle Gegenstände nach den §§ 1120 ff. BGB. Der grundpfandrechtlichen Haftung unterliegen „Erzeugnisse, Bestandteile, Zubehör“ (§ 1120 BGB, §§ 94 ff. BGB), die „Mietoder Pachtforderung“ (§ 1123 BGB), Ansprüche des Eigentümers in dieser Funktion auf „wiederkehrende Leistungen“ (§ 1126 BGB) und Versicherungsforderungen (§§ 1127 ff. BGB).2) Spiegelt man den Text des § 21 ZVG an § 20 ZVG, so zeigt sich, dass § 21 ZVG weitgehende Ausnahmen von der Beschlagnahme des § 20 ZVG in sich birgt. Der Zweck des § 21 ZVG zeigt sich allerdings erst, wenn man die Vorschrift des § 24 ZVG heranzieht, wonach dem Eigentümer und Vollstreckungsschuldner der Besitz des Vollstreckungsgegenstandes bleiben soll. Damit würde eine umfassende Beschlagnahme nicht harmonieren. Aus diesem Grunde enthält § 21 ZVG einen Kompromiss mit Ausnahmen von der Beschlagnahme. Weitere Ausprägungen zeigen die §§ 24, 25 ZVG, die dem Schuldner die Nutzung _____________ 1) 2)

Vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, § 329 Rz. 6, 18 m. w. N.; BGH, Urt. v. 19.10.2005 – VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347 ff., 354 = NJW 2005, 3724 ff., 3726. Im Einzelnen siehe § 20 Rz. 76 ff. [Cranshaw].

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1

§ 21

Umfang der Beschlagnahme

nur im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft belassen, wobei § 25 ZVG im Fall des Missbrauchs oder des Versagens des Schuldners (entgegen einer für das konkrete Grundstück ordnungsmäßigen Wirtschaft) gerichtliches Eingreifen auf Gläubigerantrag hin ermöglicht.3) Will der Gläubiger dem Schuldner die Nutzung des Grundstücks insgesamt entziehen lassen, muss er die Zwangsverwaltung beantragen. b) Forderungen aus einer Versicherung der Erzeugnisse und des Zubehörs 2

Eine Versicherung der Erzeugnisse wird von der Beschlagnahme ebenfalls nur umfasst, wenn eben jene Erzeugnisse noch ungetrennt vom Boden sind oder wenn es sich um Zubehör handelt. Derartige Versicherungen sind für landwirtschaftliche Betriebe von nicht unerheblicher Bedeutung. Im Zwangsverwaltungsverfahren sind auch diese Forderungen der Beschlagnahme unterworfen.4) Materiellrechtliche Grundlage ist § 1127 BGB (einer der seltenen Fälle der „dinglichen Surrogation“)5) zusammen mit den Regelungen der §§ 1128 – 1130 BGB einschließlich der Schadensversicherung außerhalb der Gebäudeversicherung. Der Enthaftungstatbestand des § 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB sowie § 1124 Abs. 1, 3 BGB sind zu beachten (§ 1129 BGB). Betroffen sind alle Versicherungen, die der Eigentümer für die Gegenstände abgeschlossen hat, die unter § 21 Abs. 1 ZVG zu subsumieren sind.6) Eine Wiederherstellungsklausel im Versicherungsvertrag bindet auch den Grundpfandgläubiger, § 1130 BGB. II. Anwendungsbereich

3

§ 21 ZVG gilt in allen Fällen der Vollstreckungsversteigerung. In der Zwangsverwaltung ist ausschließlich § 21 Abs. 3 ZVG heranzuziehen (Folge aus § 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG). In der Insolvenzverwalterversteigerung fehlt es an der Beschlagnahmewirkung (ausgenommen sind die Wirkungen der §§ 13, 55 ZVG) als Konsequenz der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters (§ 80 InsO), wie aus § 173 Satz 1 ZVG hervorgeht.7) Der Verweis in § 176 ZVG auf § 173 ZVG hat u. a. zur Konsequenz, dass auch in der Nachlassversteigerung § 21 ZVG nicht anzuwenden ist. Für die Teilungsversteigerung gilt § 21 ZVG nach einhelliger Meinung nur eingeschränkt. Der Grund liegt in der Zielsetzung der Teilungsversteigerung, nämlich der Auseinandersetzung einer Gemeinschaft (§ 180 Abs. 1 ZVG, § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Anordnungsbeschluss bewirkt keine Verfügungsbeschränkung durch die Gesamtheit der „Teilhaber“, § 747 Satz 2 BGB. Begriffsnotwendig geht damit die auf die Vollstreckungsversteigerung ausgerichtete Norm des § 20 Abs. 2 ZVG ins Leere und damit fehlt es an einem Anwendungsbereich für die §§ 1120 ff. BGB. Die Folge davon ist, dass auch § 21 ZVG nicht _____________ 3) 4) 5) 6)

7)

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Vgl. §§ 24 Rz. 1 f., 25 Rz. 1, 5, 8 ff. [Cranshaw]. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 21 Rz. 8. Palandt/Bassenge, BGB, 2014, § 1127 Rz. 1. Palandt/Bassenge, BGB, § 1127 Rz. 1 unter b), Rz. 2 unter b). Unter die Gebäudeversicherung (§ 1128 BGB) fallen die Gegenstände des § 21 Abs. 1 BGB, soweit dies der Versicherungsvertrag vorsieht, vgl. Prütting/Wegen/Weinreich-Waldner, BGB, § 1128 Rz. 2 m. w. N. unter Hinweis auf RG, Urt. v. 13.5.1938 – VII 6/38, RGZ 157, 314 ff., 316 f., st. Rspr. Siehe ferner die unterschiedlichen Auszahlungsmodalitäten der Versicherungsleistungen nach den §§ 1128, 1129 BGB. So unter Zitierung der Denkschrift zum ZVG Stöber, ZVG, § 173 Rz. 2.

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§ 21

Umfang der Beschlagnahme

einschlägig ist. Allenfalls klarstellend ist daher § 21 Abs. 3 ZVG im Interesse des Pächterschutzes heranzuziehen.8) Außerhalb der Immobiliarvollstreckung hat § 21 ZVG ebenfalls nur ein begrenztes Anwendungsspektrum. Bei der Versteigerung von Schiffen (§ 162 ZVG) mag neben § 21 Abs. 2 ZVG allerdings auch Absatz 3 anwendbar sein, denn das Argument in der Literatur, mangels entsprechender Früchte sei Abs. 3 nicht einschlägig, könnte angesichts der Reichweite des § 581 BGB, der auch die Rechtsfrüchte erfasst, etwas zu kurz gegriffen sein.9)

4

Dasselbe gilt für die Versteigerung von Luftfahrzeugen (§ 171a ZVG).

5

III. Beschlagnahme land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse und der Surrogate gemäß § 21 Abs. 1 ZVG Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse nach § 21 Abs. 1 Alt. 1 ZVG unterliegen der Beschlagnahme nicht schlechthin, sondern nur unter zwei Voraussetzungen. Sie müssen entweder noch mit dem Boden verbunden oder Zubehör sein. Ob einer dieser beiden Sachverhalte zu bejahen ist, richtet sich nach materiellem Recht. Die Trennung führt zum Wegfall der Beschlagnahme in der Versteigerung, soweit das getrennte Erzeugnis nicht Zubehör ist. Die Bestimmung korrespondiert mit § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die mit dem Boden verbundenen Erzeugnisse des Grundstücks (§ 99 BGB) dessen wesentlicher Bestandteil sind. Damit ist zunächst die „Frucht auf dem Halm“ gemeint und im etwas weiteren Sinne alle (ggf. schon erntereifen) landwirtschaftlichen Produkte vor der Ernte.10) In der Forstwirtschaft gehören dazu die (zum Schlagen bestimmten) Bäume vor der Abholzung.11) Die Kommentarliteratur zum BGB führt hierzu auch weitere Produkte in Abhängigkeit von der Nutzungsart auf, wie Tierprodukte oder Jungtiere sowie Pflanzen12) (die als solche abgeerntet werden, wenn man etwa an Futtermittelpflanzen deckt oder an solche, die zur Erzeugung von Bioenergie verwendet werden). Des Weiteren werden unter § 99 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB auch Erzeugnisse wie Sände (Tone), Mineralwässer, die Ergebnisse der Jagd auf bejagbarem Grundstück und die Kohle subsumiert, nicht jedoch das Fleisch des Schlachttiers oder der auf dem Grundstück erzeugte Strom.13) Bei all diesen besonderen Gegenständen wie Mineralwasser, Strom usw. gibt es jedoch keine Situation, bei der man von Trennung oder Nichttrennung vom Grundstück sprechen könnte, denn hierfür ist § 94 BGB der Maßstab. Demgemäß unterliegen diese Gegenstände nur der Beschlagnahme, wenn es sich um Zubehör i. S. d. § 97 BGB handelt; ob sie unter diesen Begriff fallen, ist Sache der Verkehrsauffassung (§ 97 Abs. 1 Satz 2 BGB), beim _____________ 8) Zur nur eingeschränkten Bedeutung in der Teilungsversteigerung siehe Stöber, ZVG, § 21 Rz. 1.2; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 21 Rz. 2. 9) Vgl. dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 50. 10) Zu den „Erzeugnissen“ und „Früchten“ vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 94 Rz. 3 a. E., § 99 Rz. 2. 11) Zum „Holz auf dem Stamm“ als Erzeugnis siehe RG, Urt. v. 16.10.1912 – Rep. V 110/12, RGZ 80, 229 ff., 232 sowie RG, Urt. v. 15.11.1924 – I 678/23, RGZ 109, 190 ff., 192. 12) Siehe diese Beispiele bei Palandt/Ellenberger, BGB, § 99 Rz. 2. 13) Siehe diese Beispiele bei Palandt/Ellenberger, BGB, 99 Rz. 2, 3 sowie bei Prütting/ Wegen/Weinreich-Völkmann-Stickelbrock, BGB, § 99 Rz. 2 f. Die Ablehnung von mittels Solaranlage, Windkraftanlage, Biogasanlage oder eine ähnliche Produktionstechnik erneuerbarer Energie erzeugtem Strom (oder von Wärmeenergie) als bestimmungsgemäßes Erzeugnis des Grundstücks in der Kommentarliteratur erscheint heute überholt.

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§ 21

Umfang der Beschlagnahme

landwirtschaftlichen Grundbesitz unterstützt von § 98 Nr. 2 BGB, der Beispiele für Zubehörstücke aufzählt. Der Begriff des Landguts nach dieser Norm umfasst alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einschl. der Viehwirtschaft;14) nach der hier vertretenen Meinung gehören dazu auch Gartenbaubetriebe. Der schmale Beispielskatalog des § 98 BGB ist angesichts der heute völlig anderen Produktionsmethoden der Landwirtschaft im Vergleich zur Zeit des Inkrafttretens des BGB bzw. des ZVG nicht sehr hilfreich. Man wird mit der Kommentarliteratur zum Zubehör Pflanzen und Ernteerzeugnisse zählen, die im Betrieb unmittelbar verbraucht werden, bei Betrieben der Viehwirtschaft die Zuchttiere und das Milchvieh, nicht aber die zum Verkauf bestimmten Tiere.15) Großbetriebe der Geflügelzucht und vergleichbare Unternehmen dürften kaum unter § 21 Abs. 1 ZVG subsumiert werden können, sodass dort eine Beschränkung der Beschlagnahme nicht eintreten dürfte. IV. Behandlung von Miet- und Pachtforderungen sowie der Rechte des Eigentümers auf wiederkehrende Leistungen gemäß § 21 Abs. 2 ZVG 1. 7

Miet- und Pachtforderungen

Die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung umfasst Miet- und Pachtforderungen nicht.16) Insoweit muss sich der Gläubiger zur Ertragssicherung der Zwangsverwaltung bedienen,17), 18), 19) denn § 21 Abs. 2 ZVG ist im Zwangsverwaltungs_____________ 14) Siehe Prütting/Wegen/Weinreich-Völkmann-Stickelbrock, BGB, § 99 Rz. 3. 15) Vgl. hierzu und zur Kritik an § 98 BGB Palandt/Ellenberger, BGB, § 98 Rz. 1. Regional anderweitige Auffassungen in Norddeutschland zur rechtlichen Eigenschaft des Viehbestandes dürften mit Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 20 Rz. 20 und Fn. 49 (dort zu OLG Oldenburg, Rpfleger 1976, 243), durch mittlerweile gewandelte Verkehrsauffassung überholt sein. 16) Vgl. zu der Thematik den Überblick von Eickmann, ZfIR 2006, 273 ff. 17) Vgl. §§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 1 ZVG. Ohne Belang ist an dieser Stelle, ob ein Gläubiger aus dinglichem Recht oder persönlicher Forderung vollstreckt, siehe BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201 ff., 204. Materiellrechtlich ist daneben die Enthaftungsgrenze des § 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB zu beachten. Miet-/Pachtrückstände, die älter als ein Jahr sind, werden nicht von der Beschlagnahme erfasst, soweit sie nicht zuvor beschlagnahmt wurden. Sehr wohl aber werden erfasst Miet-/Pachtvorauszahlungen, die länger rückständig sind, bei denen aber der Vorauszahlungszeitraum über den Beschlagnahmezeitpunkt hinausreicht (§ 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB). Daneben ist auf die Beschränkung der Vorausverfügung bis längstens zu dem auf die Beschlagnahme folgenden Monat gemäß §§ 1124 BGB zu achten; siehe dazu BGH, Urt. v. 30.4.2014 – VIII ZR 103/13, JurionRS 2014, 17521 = MDR 2014, 890 f. 18) Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners kann sich nur der Inhaber eines Absonderungsrechts gemäß § 49 InsO über die Zwangsverwaltung aus dem Mietertrag der Immobilie befriedigen. Die dingliche Pfändung der Miete ist ihm aus den Gründen des § 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO sowie als Konsequenz des § 110 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 InsO verwehrt, BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, NJW 2006, 3356 ff., 3356 f., Rz. 4 f.; „Vorrang der Zwangsverwaltung gegenüber der Forderungspfändung“; dazu Anm. Tetzlaff, jurisPR-InsR 21/2006, Anm. 2. Der persönliche Gläubiger scheitert in beiden Fällen an dem Vollstreckungsverbot des § 89 InsO, ggf. bereits an der Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO oder an der Insolvenzanfechtung gemäß § 131 InsO. Außerhalb des Insolvenzverfahrens führt die dingliche Pfändung auf der Basis eines Duldungstitels nach § 1147 BGB zur Beschlagnahme für den dinglichen Gläubiger zulasten eines Sicherungszessionars, BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, ZIP 2005, 1452 ff. = ZfIR 2005, 655 ff. Zur Pfändung aufgrund eines dinglichen Titels vgl. Zipperer, ZfIR 2006, 395 ff. 19) Siehe den Überblick über die Optionen für eine Vorgehensweise der Gläubiger, die sich die Miete (Pacht) sichern wollen, bei Mylich, WM 2010, 1923 ff.

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§ 21

Umfang der Beschlagnahme

verfahren nicht anzuwenden (§ 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Von § 21 Abs. 2 ZVG werden auch Rechtsverhältnisse umfasst, die ein miet- oder pachtähnliches Nutzungsverhältnis außerhalb der gesetzlichen Typologie der §§ 535 ff., 581 ff. BGB darstellen (z. B. Immobilienleasing auf der Seite des Leasinggebers als Vollstreckungsschuldner). 2.

Wiederkehrende Leistungen

Dasselbe gilt für Rechte auf wiederkehrende Leistungen, die mit dem Eigentum verbunden sind (vgl. § 96 BGB). Dazu gehören die dem Haftungsverband der Grundpfandrechte unterliegenden Ansprüche auf Leistungen aus Reallasten einschließlich der Erbbauzinsreallast (§§ 1126, 1105 BGB, § 9 ErbbauRG) sowie Überbau- und Notwegrenten (§§ 912 Abs. 2, 917 Abs. 2 BGB);20) die beiden letzten Ansprüche betreffen in praxi seltene Konstellationen. Auch hier sichert sich der Gläubiger die Erträge daraus durch die Zwangsverwaltung (siehe Rz. 1, 10). Dabei sind die Sonderregelungen des § 1126 Satz 3 BGB für die Beschlagnahme nach Maßgabe des dortigen Verweises auf die §§ 1123 Abs. 2 Satz 1, 1124 Abs. 1, 3 BGB ebenso zu beachten wie das gegen den Mieter bzw. Pächter gerichtete Aufrechnungsverbot gemäß § 1125 BGB. Anstelle von § 1124 BGB steht § 1126 Satz 3 BGB, die Vorausverfügung überdauert die Beschlagnahme bis zu drei Monaten. 3.

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Zwischen- und Untermietverhältnisse, entsprechende Pachtverhältnisse

Eine Sonderrolle spielen Zwischen- und Untermietverhältnisse bzw. entsprechende Pachtverhältnisse. Sie werden von der Beschlagnahme im Allgemeinen nicht umfasst, da nicht der Eigentümer und Vollstreckungsschuldner der Inhaber des Anspruchs auf Miete oder Pacht ist, sondern der Mieter bzw. Pächter selbst gegenüber dem Untermieter. Da diese Rechtsverhältnisse offenbar nicht selten zur Schädigung der Gläubiger des Eigentümers missbraucht werden und zugleich Versteigerungshindernisse zur Blockade der Zwangsverwertung aufgebaut werden, hat die Rechtsprechung mehrfach darauf erkannt, in Fällen offenbaren Missbrauchs umfasse die Beschlagnahme auch den Anspruch des Mieters („Hauptmieter“) gegen den Untermieter.21) Derartige missbräuchliche Verträge sind sittenwidrig und nichtig (§ 138 BGB).22)

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V. Pächterschutz durch § 21 Abs. 3 ZVG Der Pächter hat das Recht zur Fruchtgewinnung; beim Landpachtvertrag darf er „pflanzliche und tierische Erzeugnisse“ gewinnen wie auch „die gartenbauliche Erzeugung“ betreiben (§ 585 Abs. 1 BGB). Eigentümer wird der Pächter nach § 956 BGB. Damit diese Berechtigung aus einem obligatorischen Recht (Pachtvertrag) nicht unterlaufen wird, bedarf es des § 21 Abs. 3 ZVG. Hintzen weist zu Recht darauf hin, dass der Pächter eine bessere Rechtsposition innehat als der Nießbraucher. Das Äquivalent für den Gläubiger ist der Anspruch auf die Pacht, _____________ 20) Vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 1126 Rz. 1; siehe allgemein zu wiederkehrenden Leistungen § 12 Rz. 8, 9 ff. [Cranshaw]. 21) OLG Celle, Urt. v. 8.3.2012 – 2 U 102/11, juris Rz. 3 bzw. ZfIR 2012, 335 (Ls. der Zeitschrift). 22) BGH, Urt. v. 4.2.2005 – V ZR 294/03, ZfIR 2005, 737 ff. = Rpfleger 2005, 323 f.

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§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

die er sich durch Zwangsverwaltung sichern kann.23) Die Beschlagnahme erfasst bei Bestehen eines Pachtverhältnisses die Grundstückserzeugnisse überhaupt nicht. Soweit sie nicht vom Boden getrennt sind, scheidet die Beschlagnahme nach § 21 Abs. 3 ZVG aus, ansonsten – nach Trennung – gemäß § 21 Abs. 1 ZVG. 11

Es ist daher auch richtig, wenn die Gläubiger des Pächters umgekehrt auf die Früchte zugreifen können (§ 810 ZPO).24) _____________ 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 21 Rz. 12. Zutreffend hält Löhnig/Fischinger ZVG, § 212 Rz. 11 a. E. fest, dass diese Beschlagnahmebeschränkung sich nicht auf den Pächter des Nießbrauchers bezieht, denn dieser habe ein vom Nießbraucher abgeleitetes und kein originäres Recht. 24) Vgl. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 21 Rz. 10 m. w. N.; siehe im Einzelnen Zöller/Stöber, ZPO, § 810 Rz. 8 ff.

§ 22 Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung (1) Die Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet ist, dem Schuldner zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. (2) Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Die Beschlagnahme wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm bekannt oder das Zahlungsverbot ihm zugestellt wird. Die Vorschriften des § 845 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Literatur: Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung in den Jahren 2008/2009, ZfIR 2010, 345; Depré, Eine Antragsrücknahme im Zwangsversteigerungsoder Zwangsverwaltungsverfahren erfordert eine konstitutive Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, ZfIR 2008, 841; Hintzen, Beschlagnahmewirkung nach Antragsrücknahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 68; Müggenborg, Bergbaufolgelandschaften und deren rechtliche Bewältigung, NuR (Natur und Recht) 2013, 326; Schmidberger/ Traub, Das Ende der Zwangsverwaltung, ZfIR 2012, 805; Schmidberger, ZfIR 2008, 772, Anm. zu AG Heilbronn, Urt. v. 21.5.2008 – 8 C 518/08, ZfIR 2008, 770. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Eintritt der Wirksamkeit der Beschlagnahme des Grundstücks gemäß § 22 Abs. 1 ZVG ....................... 2 1. Beschlagnahmewirkung durch Zustellung an den Schuldner ................ 2 a) Zustellung an den „Schuldner“ ..... 2 b) Schnittstellen zum Insolvenzrecht ................................................ 6 aa) Zustellung ....................................... 7

316

2.

Cranshaw

bb) Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO .............................................. 12 cc) Insolvenzanfechtung .................... 15 c) Unwirksamkeit gemäß § 89 InsO .............................................. 18 Beschlagnahmewirkung durch Eingang des Ersuchens um Eintragung des Vollstreckungsvermerks beim Grundbuchamt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG ........... 20

§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

die er sich durch Zwangsverwaltung sichern kann.23) Die Beschlagnahme erfasst bei Bestehen eines Pachtverhältnisses die Grundstückserzeugnisse überhaupt nicht. Soweit sie nicht vom Boden getrennt sind, scheidet die Beschlagnahme nach § 21 Abs. 3 ZVG aus, ansonsten – nach Trennung – gemäß § 21 Abs. 1 ZVG. 11

Es ist daher auch richtig, wenn die Gläubiger des Pächters umgekehrt auf die Früchte zugreifen können (§ 810 ZPO).24) _____________ 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 21 Rz. 12. Zutreffend hält Löhnig/Fischinger ZVG, § 212 Rz. 11 a. E. fest, dass diese Beschlagnahmebeschränkung sich nicht auf den Pächter des Nießbrauchers bezieht, denn dieser habe ein vom Nießbraucher abgeleitetes und kein originäres Recht. 24) Vgl. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 21 Rz. 10 m. w. N.; siehe im Einzelnen Zöller/Stöber, ZPO, § 810 Rz. 8 ff.

§ 22 Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung (1) Die Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet ist, dem Schuldner zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. (2) Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Die Beschlagnahme wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm bekannt oder das Zahlungsverbot ihm zugestellt wird. Die Vorschriften des § 845 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Literatur: Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung in den Jahren 2008/2009, ZfIR 2010, 345; Depré, Eine Antragsrücknahme im Zwangsversteigerungsoder Zwangsverwaltungsverfahren erfordert eine konstitutive Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, ZfIR 2008, 841; Hintzen, Beschlagnahmewirkung nach Antragsrücknahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 68; Müggenborg, Bergbaufolgelandschaften und deren rechtliche Bewältigung, NuR (Natur und Recht) 2013, 326; Schmidberger/ Traub, Das Ende der Zwangsverwaltung, ZfIR 2012, 805; Schmidberger, ZfIR 2008, 772, Anm. zu AG Heilbronn, Urt. v. 21.5.2008 – 8 C 518/08, ZfIR 2008, 770. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Eintritt der Wirksamkeit der Beschlagnahme des Grundstücks gemäß § 22 Abs. 1 ZVG ....................... 2 1. Beschlagnahmewirkung durch Zustellung an den Schuldner ................ 2 a) Zustellung an den „Schuldner“ ..... 2 b) Schnittstellen zum Insolvenzrecht ................................................ 6 aa) Zustellung ....................................... 7

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2.

Cranshaw

bb) Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO .............................................. 12 cc) Insolvenzanfechtung .................... 15 c) Unwirksamkeit gemäß § 89 InsO .............................................. 18 Beschlagnahmewirkung durch Eingang des Ersuchens um Eintragung des Vollstreckungsvermerks beim Grundbuchamt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG ........... 20

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung a) Der „zweite Weg“ zum Wirksamwerden der Beschlagnahme – das Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt ............................. b) Behandlung des Beitritts gemäß § 27 ZVG ...................................... III. Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 ZVG ......................................... 1. Kernbereich, Sonderverfahren ............

I.

§ 22

2. 20 24 25 25

Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen ......... 28 IV. Beschlagnahme einer Forderung gemäß § 22 Abs. 2 ZVG ..................... 33 1. Beschlagnahmeumfang ........................ 33 2. Wirksamkeit der Beschlagnahme gegenüber dem Drittschuldner ........... 34 3. Vorpfändung ........................................ 36 V. Beendigung der Beschlagnahme ...... 40

Normfunktion

Die Beschlagnahme ist ein zentraler Terminus des Immobiliarvollstreckungsrechts mit weitreichenden Folgen. § 22 ZVG ist notwendige Ergänzung des § 15 ZVG sowie des § 20 Abs. 1 ZVG, der nach seinem Wortlaut die Beschlagnahme zugunsten des jeweiligen Gläubigers fingiert, sobald der Anordnungsbeschluss gefasst ist. Er enthält jedoch keine Angabe dazu, wann die Beschlagnahme wirksam wird. Der Anordnungsbeschluss (§ 15 ZVG) wird nicht verkündet, sodass er nach seinem Erlass schon nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen wäre, da er mit der Erinnerung (§ 766 ZPO) angefochten werden kann; wurde der Schuldner angehört, steht ihm die sofortige Beschwerde zu (§ 793 ZPO). Erlassen ist ein solcher Beschluss dann, wenn er das Vollstreckungsgericht bzw. die Geschäftsstelle „verlassen hat“, mit dem Ziel, ihn dem Schuldner zuzustellen bzw. ihn an sonst beteiligte Stellen bekannt zu geben. Die Judikatur des BGH steht auf dem Standpunkt, der Richter müsse sich seiner Entscheidung „in einer der Verkündung vergleichbaren Weise entäußert haben“;1) dies geschieht durch Einschaltung der Geschäftsstelle, die die Entscheidung weiterleitet. Erst in diesem Augenblick ist sie aus dem inneren Geschäftsbetrieb des Gerichts ausgeschieden. Die Zustellung des Beschlusses an den Schuldner ist selbstverständlich und folgt unmittelbar aus den §§ 3, 8 und 43 Abs. 2 ZVG,2) sodass das verfassungsrechtliche Postulat des Art. 103 GG (rechtliches Gehör) nicht bemüht werden muss. Dennoch bedarf es der Lösung der Frage, wann die Beschlagnahmewirkung des § 20 ZVG als Folge des Anordnungsbeschlusses eintritt. Diese Festlegung des Zeitpunktes des Eintritts der Beschlagnahmewirkung ist die Aufgabe des § 22 ZVG. Die Vorschrift differenziert verschiedene Fallkonstellationen unter dem Aspekt eines sachgerechten Gläubigerschutzes. Würde der Eintritt der Beschlagnahmewirkung über Gebühr erschwert, hätte der Vollstreckungsschuldner Gelegenheit, die Versteigerung oder Zwangsverwaltung erheblich hinauszuzögern und den Wert des Grundbesitzes zu verschlechtern. Der Gläubiger müsste Nachteile hinnehmen. Zur Vermeidung dieses Effektes trägt der Umstand bei, dass die Erinnerung ebenso wie die sofortige Beschwerde gegen den Anordnungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung haben (Folge aus den §§ 570 Abs. 1, 793 ZPO für die Beschwerde). Dennoch muss Vorsorge für den Fall getroffen werden, wenn der Schuldner sich der Zustellung entzieht; das ist zunächst Gegenstand der Zustellungsvorschriften des § 8 ZVG i. V. m. den §§ 166 ff. ZPO.3) Ferner sind Maßnahmen zur Vermeidung der Veräußerung durch den Schuldner mit ggf. _____________ 1) 2) 3)

BGH, Urt. v. 1.4.2004 – IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1575. So schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 22 Rz. 1. Vgl. auch § 3 Rz. 1, 4, 10, § 8 Rz. 2 – 4, 15 – 17 [Cranshaw].

Cranshaw

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1

§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

gutgläubigem Erwerb eines Dritten notwendig. Die Anordnung der Versteigerung mit der Folge des Veräußerungsverbots (= Verfügungsverbot) des § 23 Abs. 1 ZVG muss bekannt gegeben werden; der Beschlagnahmezeitpunkt muss sich leicht feststellen lassen. Diese Funktion erfüllt § 22 ZVG; die Vorschrift ist nicht abschließend, vielmehr regelt § 13 Abs. 4 Satz 1 ZVG für die wiederkehrenden Leistungen ergänzend, dass die jeweils frühere Beschlagnahme von mehreren entscheidend ist. II. Eintritt der Wirksamkeit der Beschlagnahme des Grundstücks gemäß § 22 Abs. 1 ZVG 1.

Beschlagnahmewirkung durch Zustellung an den Schuldner

a) Zustellung an den „Schuldner“ 2

Selbstverständlich ist, dass die Beschlagnahme mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses beim Schuldner wirksam wird, § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Voraussetzung ist wie stets die Wirksamkeit der Zustellung, nach der hier vertretenen Ansicht ist bei Fehlern Heilung nach § 189 ZPO möglich.4)

3

Wer „Schuldner“ ist, bestimmt sich nach dem Anordnungsbeschluss. Die in der Literatur problematisierte Frage, wann bei „mehreren Schuldnern“ bzw. bei Gesamthandsgemeinschaften die Zustellung erfolgt ist, nämlich erst bei Zustellung an den letzten der beteiligten „Schuldner“,5) stellt sich nur bei der Erbengemeinschaft. Bei den Personengesellschaften ist die Zustellung an einen vertretungsberechtigten Gesellschafter hinreichend (BGB-Gesellschaft).6) Bei den Personenhandelsgesellschaften stellt sich das Problem im Hinblick auf die Vertretungsregelung des § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 170 ZPO nicht;7) dieselbe Rechtslage gilt für die KG (§§ 170, 161 Abs. 2, 125 Abs. 2 Satz 3 HGB).

4

Bei der Versteigerung von Miteigentumsanteilen (§§ 1008 ff. i. V. m. §§ 741 ff. BGB) bildet jeder im Grundbuch eingetragene Miteigentumsanteil einen selbstständigen Vollstreckungsgegenstand, sodass die Beschlagnahmezeitpunkte auseinanderfallen können.

5

Ist der Schuldner prozessunfähig, ist es sicher richtig, mit Fischinger und dem LG Saarbrücken die Beschlagnahme durch Eingang des Ersuchens beim Grundbuchamt wirksam werden zu lassen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG).8) Bei späterer Feststellung der anfänglichen Prozessunfähigkeit des Schuldners muss ungeachtet der eingetretenen Beschlagnahmewirkung an den gesetzlichen Vertreter des Schuldners zugestellt werden (§§ 3, 8 ZVG, 170 ZPO, z. B. an den Betreuer gemäß § 1902 BGB).

_____________ 4) 5) 6) 7) 8)

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Vgl. dazu die Kommentierung der §§ 3, 8 im vorliegenden Kommentar. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 4 m. w. N. BGH, Beschl. v. 6.4.2006 – V ZB 158/05, NJW 2006, 2191 f., Rz. 11, 13; BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – V ZB 84/10, BGHZ 198, 344 ff., 349, Rz. 17. Baumbach/Hopt, HGB, § 125 HGB Rz. 18. Siehe insb. § 170 Abs. 3 ZPO. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 3 unter Zitierung von „LG Saarbrücken, Beschl. v. 13.10.2009 – 5 T 472/09 (n. v.).“

Cranshaw

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

§ 22

b) Schnittstellen zum Insolvenzrecht Da die Immobiliarvollstreckung häufig mit dem weitgehenden Vermögensverfall des Vollstreckungsschuldners einhergeht, bestehen zwischen der Beschlagnahmewirkung der Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung Schnittstellen mit dem Insolvenzrecht. Diese betreffen insbesondere die Rückschlagsperre (§ 88 InsO), die Insolvenzanfechtung von Vollstreckungsmaßnahmen, das Vollstreckungsverbot (§ 89 InsO) und die Zustellung.

6

aa) Zustellung Die unwirksame Zustellung führt nicht zur Beschlagnahme, sodass es wesentlich darauf ankommt, den Anordnungsbeschluss im Umfeld der Insolvenz dem richtigen Adressaten zuzustellen. Zum „Ausweg“ des § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG siehe Rz. 20 ff.

7

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, ist nach entsprechender Titelumschreibung nach § 727 ZPO an den Insolvenzverwalter als Organ kraft Amtes zuzustellen (§ 80 InsO).9) Die Titelumschreibung ist nur für den dinglichen, nicht den persönlichen Gläubiger möglich (Folge aus den §§ 87, 89, 174 ff. InsO). § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG kann insoweit keine Wirkung entfalten.

8

Im Insolvenzeröffnungsverfahren ist an den Schuldner selbst zuzustellen.10) Dies gilt allerdings nicht, wenn ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 InsO bestellt wurde.

9

In der Eigenverwaltung ist sowohl im Eröffnungsverfahren als auch im eröffneten Insolvenzverfahren an den Schuldner zuzustellen (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO).

10

Die Rückschlagsperre sowie das Vollstreckungsverbot nach den §§ 88 f. InsO (siehe im Folgenden) sind auch in der Eigenverwaltung anzuwenden.

11

bb) Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO Die Rückschlagsperre des § 88 InsO (und das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO) betreffen den dinglichen Gläubiger nicht, denn er betreibt aus seinem Absonderungsrecht (§ 49 InsO),11) das von den §§ 88, 89 InsO unberührt bleibt.

12

Der persönliche Gläubiger der Rangklasse 5 unterliegt der Rückschlagsperre ggf. gleich mehrfach. Da § 88 InsO weit zu verstehen ist, wird die Beschlagnahme unwirksam, sobald sie im Monatszeitraum vor dem Insolvenzantrag liegt (§ 312 Abs. 1 Satz 3 InsO enthält eine auf drei Monate verlängerte Rückschlagsperre im Vereinfachten Insolvenzverfahren, das zum 1.7.2014 allerdings für ab dann beantragte Verfahren gem. Art. 103h Satz 1 EG InsO aufgehoben worden ist12). Hier kann § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG (siehe nachfolgend unter Rz. 20 ff.) zugunsten des Gläubigers streiten, wenn nämlich die Zustellung an den Schuldner innerhalb der Sperrfrist liegt, der

13

_____________ 9) Zöller/Stöber, ZVG, § 727 Rz. 18 m. w. N. 10) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 5 m. w. N.; dies auch bei Postsperre. 11) Siehe den Überblick zu den Absonderungsrechten an unbeweglichen Gegenständen bei MK-Ganter, InsO Rz. 45 ff., insb. Rz. 45; siehe auch zu den Schnittstellen zum Insolvenzverfahren § 15 Rz. 119 – 127 [Cranshaw]. 12) Art. 1 Nr. 38, Art. 9 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte v. 15.7.2013, BGBl. I 2013, 2379 ff.

Cranshaw

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§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

Eingang des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts beim zuständigen Grundbuchamt, den Vollstreckungsvermerk einzutragen, außerhalb der Sperrfrist. 14

Hat der Gläubiger eine Zwangssicherungshypothek eintragen lassen, vgl. §§ 866 f. ZPO, wird auch diese Eintragung nach § 88 InsO unwirksam. § 88 InsO ist eine Erweiterung der Möglichkeiten des Insolvenzanfechtungsrechts der §§ 129 ff. InsO mit dinglicher Wirkung.13) Die Behandlung der Zwangssicherungshypothek ist umstritten, eine Meinung wendet § 868 ZPO analog an und lässt ein Eigentümerrecht entstehen. Der BGH bejaht das Erlöschen der Hypothek als Folge des § 88 InsO, dessen Rechtsfolge die absolute (schwebende) Unwirksamkeit für die Dauer des Insolvenzverfahrens sei. Unterbleibt die Verwertung des betroffenen Grundbesitzes im Insolvenzverfahren, soll die Zwangssicherungshypothek wieder aufleben.14) cc) Insolvenzanfechtung

15

Ferner kann der Insolvenzverwalter (oder Sachwalter, siehe § 280 InsO) die Zwangshypothek ebenso wie die Versteigerung in Gestalt der Beschlagnahme nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO anfechten, vgl. § 141 InsO.15) Anfechtungsgegenstand ist das Pfändungspfandrecht des Gläubigers. Erst durch die Beschlagnahme erlangt der Gläubiger die Möglichkeit der Befriedigung seiner Forderung aus dem Grundbesitz. Ob er aufgrund seiner Rangklasse Befriedigung erwarten darf, ist eine in diesem Kontext irrelevante Frage. Ohne die Beschlagnahme könnte er seine persönlichen Forderungen nur nach den §§ 87, 174 ff. InsO verfolgen und Befriedigung aus der Quote anstelle der Befriedigung aus dem Steigerlös beanspruchen. Wenn also der Versteigerungserlös die gesamten Forderungen, die im Verfahren zu befriedigen sind, abdeckt und somit der Gläubiger der Rangklasse 5 ebenfalls in vollem Umfang befriedigt wird, hat das eine Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 129 InsO zur Folge. Ohne die Versteigerung wäre der Betrag der Masse zugeflossen und hätte zur Quote der Insolvenzgläubiger insgesamt beigetragen. Die Rückgewähr nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO erfolgt hier „in natura“ durch Verzicht des persönlichen Gläubigers auf die Rechte aus der Beschlagnahme bzw. durch Rücknahme des Versteigerungsantrags. Der Insolvenzverwalter kann stattdessen auch die Abtretung des künftigen Anspruchs auf den anteiligen Versteigerungserlös fordern.16) Da ein vollstreckbarer Titel vorliegt, kommt als Anfechtungstatbestand gegen die Vollstreckungsmaßnahme selbst nach der Rechtsprechung des BGH _____________ 13) Eingehend Leonhardt/Smid/Zeuner-Smid, InsO, § 88 Rz. 1 f., 4, 9. 14) BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 ff.; zu der Thematik und der Kritik an der BGH-Rechtsprechung siehe den Überblick bei K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 39 ff. m. w. N. 15) Die Zwangsvollstreckung hindert die Anfechtung nicht; vorliegend ist § 141 Alt. 2 InsO einschlägig, der den anfechtungsrechtlichen Angriff auf die Vollstreckungsmaßnahme selbst eröffnet; zur „Versteigerung“ als Gegenstand der Anfechtung siehe K. Schmidt/ Buteröwe, InsO, § 141 Rz. 4. 16) Uhlenbruck/Hirte/Vallender-Hirte, InsO, § 143 Rz. 13 (bei der Hypothek/ Zwangshypothek); siehe dazu auch das dort herangezogene Urt. des Reichsgerichts v. 24.6.1902 – Rep. VII 143/02, RGZ 52, 82 ff. Für die Vollstreckung aus Rangklasse 5 dürften diese Grundsätze entsprechend herangezogen werden können.

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Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

§ 22

wohl nur § 131 InsO in Frage.17) Ob dessen Voraussetzungen vorliegen, ist wie stets queastio facti. Bei der Zwangsyhypothek kommt es für die Fristberechnung des Insolvenzanfechtungszeitraums (§ 140 Abs. 1 InsO) auf die Eintragung im Grundbuch an. § 140 Abs. 2 InsO ist auf Zwangsvollstreckungen nicht anwendbar.18)

16

Ansonsten ist der Zeitpunkt der Beschlagnahme maßgeblich. Bei mehreren Insolvenzanträgen ist § 139 Abs. 2 InsO heranzuziehen. Beantragt der Gläubiger zuerst die Zwangsversteigerung, sodann die Zwangsverwaltung bzw. beantragt er den Beitritt (§ 27 ZVG), so ist für jeden Antrag gesondert zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen des § 88 InsO bzw. § 89 InsO (siehe sogleich) vorliegen.

17

c) Unwirksamkeit gemäß § 89 InsO Die Einleitung und Fortsetzung der Zwangsvollstreckung durch einen persönlichen Gläubiger während des Insolvenzverfahrens ist unzulässig (§ 89 InsO), er ist auf die insolvenzrechtliche Verfolgung der Forderung gemäß §§ 87, 174 ff. InsO verwiesen.

18

Er kann aber das Verfahren fortsetzen, soweit die Beschlagnahme außerhalb der §§ 88, 89 InsO wirksam geworden ist. Mit der wirksamen bzw. unanfechtbaren Beschlagnahme ist als Folge des § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG19) zugunsten des Gläubigers ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht entstanden (§ 49 InsO), die Beschlagnahme wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens außerhalb der Wirkungen des § 88 InsO nicht beeinträchtigt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO).20)

19

2.

Beschlagnahmewirkung durch Eingang des Ersuchens um Eintragung des Vollstreckungsvermerks beim Grundbuchamt gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG

a) Der „zweite Weg“ zum Wirksamwerden der Beschlagnahme – das Eintragungsersuchen beim Grundbuchamt Daneben sieht § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG völlig unabhängig von Satz 1 vor, dass der Eingang des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts beim Grundbuchamt um Eintragung des Vollstreckungsvermerks („Versteigerungsvermerk“, „Zwangsverwaltungsvermerk“, siehe § 19 Abs. 1 ZVG) gleichermaßen die Beschlagnahme bewirkt.

20

Erforderlich ist bei dieser weiteren Möglichkeit der Herbeiführung der Beschlagnahme, dass die Eintragung im Grundbuch „demnächst“ erfolgt. Zunächst bedeutet diese Formulierung nur die Notwendigkeit der Eintragung des Vermerks im Grundbuch überhaupt; ohne Eintragung keine Beschlagnahme. Die Beschlagnahmewirkung tritt aber bereits mit dem Eingang des Eintragungsersuchens ein, aus dem

21

_____________ 17) Leonhardt/Smid/Zeuner-Zeuner, InsO, § 141 Rz. 6, hält die Anfechtung auch wegen kongruenter Deckung nach § 130 InsO für möglich. Die Befriedigung (oder Sicherung) durch Zwangsvollstreckung hat der Gläubiger nach dem BGH „nicht in der Art“ (§ 131 Abs. 1 Halbs. 3 Alt. 2 InsO) zu beanspruchen, K. Schmidt/Ganter-Weinland, InsO, § 131 Rz. 35; BGH, Urt. v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff., 14 f., Rz. 9, st. Rspr. 18) Uhlenbruck/Hirte/Vallender-Hirte, InsO, § 140 Rz. 9, 13 m. w. N. 19) Siehe § 23 Rz. 10 ff. [Cranshaw]. 20) Leonhardt/Smid/Zeuner-Smid, InsO, § 80 Rz. 89 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, Vor § 15 Rz. 77.

Cranshaw

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§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

zeitlichen Blick der Eintragung also rückwirkend. Soweit in der Literatur vertreten wird, in der Eintragung (zu einem beliebigen Zeitpunkt) erschöpfe sich die Bedeutung des Terminus „demnächst“, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr ist der Begriff in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 167 ZPO auszulegen. Dabei erfolgt die Eintragung immer noch „demnächst“, wenn das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung erlassen hat oder wenn ein Rechtsbehelfsverfahren durchgeführt worden ist.21) Das von Fischinger22) herangezogene Beispiel eines fehlerhaften Antrags des Gläubigers, der sich bis in das Ersuchen des Versteigerungsgerichts beim Grundbuchamt fortsetzt, ist sicher richtig. § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG verfolgt aber nicht nur die Interessen des Vollstreckungsgläubigers, sondern beeinflusst auch Dritte, z. B. im Hinblick auf die Wirksamkeit der Veräußerung, die vor und nach der Beschlagnahme anders strukturiert ist (vgl. § 26 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZVG, im Einzelfall i. V. m. den §§ 878, 892 BGB).23) Insgesamt spricht vieles dafür, die Beschlagnahmewirkung mit Fischinger nur bei Fehlern des Antragstellers zu verneinen, die sich fortsetzen.24) Geht das Eintragungsgesuch aus anderen, beim Vollstreckungsgericht liegenden Gründen, nicht beim zuständigen Grundbuchamt ein, so bleibt die Beschlagnahmewirkung aber gleichfalls aus, bis der Zugang beim Grundbuchamt erfolgt und nachgewiesen ist.25) 22

Der Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungersuchens ergibt sich aus der Datumsangabe, die das Grundbuchamt darauf anzubringen hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 GBO). Ein Eintragungsantrag ist beim Grundbuchamt nach § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO dann eingegangen, wenn „er einer zur Entgegennahme zuständigen Person vorgelegt ist“ (§ 13 Abs. 2 Satz 2 GBO). Der BGH hat allerdings im Fall der Fristwahrung für die Eintragung einer Arresthypothek (§§ 932 Abs. 3, 929 Abs. 2, 3 ZPO) darauf erkannt, § 13 Abs. 2 Satz 2 GBO habe nur Bedeutung „für die funktionelle Zuständigkeit im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit“; bei der in Rede stehenden Fristwahrung in einem Vollstreckungsverfahren geht es aus dem Blick des BGH allein um die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts/Grundbuchamt gemäß § 1 Satz 1 GBO.26) Daher sei es nicht erforderlich, dass der zuständige Grundbuchmitarbeiter den Antrag innerhalb der Frist vorliegen hat.27) Diese Judikatur ist entsprechend für die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG heranzuziehen. Es ist also hinrei_____________ 21) Eingkeit besteht im Schrifttum darüber, dass Zwischenverfügung und Rechtsbehelfsverfahren unschädlich sind. 22) Eingehend zu der Thematik Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 6 m. w. N. zu den verschiedenen Wertungen von „demnächst“; Fischinger wendet wie hier die Grundsätze des § 167 ZPO an. 23) Vgl. dazu die Kommentierung der §§ 23, 26 ZVG im vorliegenden Kommentar. 24) Eingehend zu der Thematik Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 6 m. w. N. zu den verschiedenen Wertungen von „demnächst“; Fischinger wendet wie hier die Grundsätze des § 167 ZPO an. 25) Zur allgemeinen Problematik des Zugangs beim Gericht vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 167 Rz. 6 – 9 m. w. N; die dortigen Ausführungen sind auf den Zugang beim Gericht i. S. d. § 22 Abs. 1 ZVG entsprechend anwendbar. Aus Fehlern des Gerichts kann so im Einzelfall ein Amtshaftungsrisiko resultieren. 26) Dies gilt sowohl für die Fassung des § 1 Abs. 1 GBO bis zum 31.12.2017 als auch für die danach in Kraft tretende Änderung. 27) BGH, Beschl. v. 1.2.2001 – V ZB 49/00, BGHZ 146, 361 ff., 364 f. = ZfIR 2001, 241 f. = ZIP 2001, 763 f.

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Cranshaw

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

§ 22

chend, wenn das Eintragungsersuchen auf einem zugelassenen Versandwege (auch Telefax und elektronisch, soweit die Voraussetzungen vorliegen) an das richtige Amtsgericht/Grundbuchamt adressiert wurde und dort auch eingelangt ist, um die Beschlagnahmewirkung zu generieren. § 167 ZPO entfaltet jedoch nach der zutreffenden Judikatur des BGH keine Rückwirkung auf einen früheren Beschlagnahmezeitpunkt, wenn der Gläubiger den Versteigerungsantrag stellt und später mit einer anderen Forderung beitritt oder den Beitritt in einem anderen Rang beantragt hat (§ 27 ZVG).28) Könnte über § 167 ZPO i. V. m. § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG eine Rückwirkung auf den früheren Versteigerungsantrag desselben Gläubigers herbeigeführt werden, könnten nahezu beliebig Rangverschiebungen erreicht werden. § 167 ZPO ist weder direkt noch analog anwendbar; § 22 Abs. 2 ZVG enthält insoweit eine abschließende Regelung.29) In den Fällen der Versteigerung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren (§ 18 ZVG) tritt die Beschlagnahme beim Zugang des Eintragungsersuchens beim jeweiligen Grundbuchamt der mehreren Grundbuchämter ein, d. h. ggf. zu verschiedenen Zeitpunkten.30)

23

b) Behandlung des Beitritts gemäß § 27 ZVG Da beim Beitritt keine weitere Eintragung eines Vollstreckungsvermerks im Grundbuch vorgenommen werden kann (§ 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG), entfällt die Herbeiführung der Beschlagnahmewirkung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG.

24

III. Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 ZVG 1.

Kernbereich, Sonderverfahren

Kernbereich des § 22 ZVG ist die Vollstreckungsversteigerung durch Gläubiger in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Die Wirkungen des § 22 ZVG erweitert für die Zwangsverwaltung § 151 ZVG, wonach die Beschlagnahme auch durch die Inbesitznahme seitens des Zwangsverwalters bewirkt wird.31)

25

In den Sonderverfahren der Immobiliarvollstreckung ist § 22 ZVG als Folge des § 173 Satz 1 ZVG nicht in der Insolvenzverwalterversteigerung anzuwenden und ebenso nicht in der Nachlassversteigerung (§§ 176, 173 Satz 1 ZVG).

26

In der Teilungsversteigerung tritt an die Stelle der Zustellung an den Schuldner diejenige an den/die Antragsgegner.32)

27

_____________ 28) BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, Rz. 6, 7 = ZfIR 2010, 863 f. = Rpfleger 2011, 40 f. = NJW 2011, 528 f.; keine Rangverbesserung der Wohnungseigentümergemeinschaft von Rangklasse 5 in Rangklasse 2 bei verspätetem Beitritt jenseits des Zweijahreszeitraums der Rangklasse 2, keine analoge Anwendung von § 167 ZPO. 29) BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, Rz. 6, 7 = ZfIR 2010, 863 f. = Rpfleger 2011, 40 f. = NJW 2011, 528 f. 30) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 5 m. w. N.; Böttcher, ZVG, § 22 Rz. 5. 31) Siehe dazu § 151 Rz. 2 – 5 [Deprè]. 32) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 63.

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§ 22 2.

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen

28

Bei der Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken ist § 22 ZVG anwendbar. Die Norm wird jedoch erweitert: Zum einen wird die Beschlagnahme auch durch die Vollziehung der Anordnung über die Bewachung und Verwahrung des Schiffes bzw. Schiffsbauwerks wirksam (§§ 165 Abs. 1 Satz 2, 170a Abs. 2 ZVG). An die Stelle des Grundbuchamts tritt das Schiffsregister bzw. Schiffsbauregister, §§ 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG.

29

Zum anderen bewirkt nach dem insoweit nicht glücklichen Wortlaut des § 166 Abs. 1 ZVG die Zustellung der Anordnung der Versteigerung an den Schiffer (des Binnenschiffs oder an den Kapitän des Seeschiffs) die Beschlagnahme gegenüber dem Eigentümer des Schiffes. Mit dem Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts33) ist jedoch die Passivlegitimation des Schiffers oder Kapitäns weggefallen. § 166 ZVG hat insoweit keinen unmittelbaren Anwendungsbereich mehr. Die Vorschrift ist allerdings (analog) anwendbar auf den Ausrüster (das ist derjenige, der in fremdem Eigentum stehende Seeschiffe in eigenem Namen gewerblich zum Seehandel betreibt, § 477 n. F. HGB), jedoch nur insoweit, als die Schiffsgläubiger (nicht die Schiffshypothekargläubiger) mit den spezifischen Rechten der §§ 596 ff. n. F. HGB, 601 n. F. HGB gegen den Ausrüster vorgehen können.34)

30

Die Beschlagnahme wird damit wirksam zum Zeitpunkt der Zustellung an den Schuldner, zum Zeitpunkt des Eintragungsersuchens beim Schiffs-/Schiffsbauregister (§§ 19 Abs. 1, 162, 163 Abs. 2 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG), bei Vollziehung der Bewachungs- und Verwahrungsanordnung sowie für die Schiffsgläubiger auch durch Zustellung beim Ausrüster.

31

§ 22 ZVG ist auch bei der Versteigerung von Luftfahrzeugen heranzuziehen. Die Beschlagnahmewirkung tritt wie bei den Schiffen zusätzlich neben den anderen in § 22 Abs. 1 ZVG geregelten Zeitpunkten mit der Vollziehung der Anordnung der Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs ein, §§ 171c Abs. 2 Satz 2, 171a ZVG.

32

Die insolvenzrechtliche Schnittstellenproblematik ist dieselbe wie bei der Grundstücksversteigerung (siehe unter Rz. 6 ff.).35) IV. Beschlagnahme einer Forderung gemäß § 22 Abs. 2 ZVG 1.

33

Beschlagnahmeumfang

Dem Haftungsverband der Hypothek bzw. Grundschuld (§§ 1120 BGB ff.) unterliegen: –

Die Miet- und Pachtforderung nach Maßgabe des § 1123 BGB. Die Beschlagnahme in der Versteigerung umfasst jedoch nicht die Mietforderung; dies bleibt der Zwangsverwaltung vorbehalten (§§ 21 Abs. 2, 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG).

_____________ 33) Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff. 34) Vgl. § 8 Rz. 7 f. [Cranshaw]. 35) Siehe Leonhardt/Smid/Zeuner-Smid, InsO, § 80 Rz. 89.

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Cranshaw

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

§ 22



Die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen,36) die mit dem Grundstückseigentum verbunden sind (§§ 96, 1126 BGB);37) auch diese werden erst von der Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung erfasst.



Versicherungsforderungen, §§ 1127 ff. BGB.38)



Eine Reihe von Ansprüchen auf Entschädigung nach öffentlich-rechtlichen Anspruchsgrundlagen39) des Bundesrechts i. V. m. den Artikeln 52, 53 (diese i. V. m. Art. 67 EG BGB), 53a EGBGB40) bzw. des Landesrechts (Art. 67, 109 EG BGB). Entsprechende Entschädigungen sieht ferner § 63 Abs. 2 BauGB für Umlegungsnachteile des Eigentümers vor; die dinglich Berechtigten werden auf die Wertausgleichsansprüche des Eigentümers für Wertunterschiede bzw. den Abfindungsanspruch41) der §§ 59 ff. BauGB verwiesen. Dasselbe gilt für die Geldabfindung im landwirtschaftlichen Flurbereinigungsverfahren, wenn ein „Teilnehmer nur in Geld abgefunden“ wird, § 72, 73 ff. FlurBG.42) Gegenstand der hier gemeinten Entschädigungen sind aber nicht deliktische Schadenersatzansprüche wegen Grundstücksschädigungen durch Dritte, eine allgemeine „dingliche Surrogation“ besteht nicht; § 1127 BGB (siehe oben) ist kein zu verallgemeinerndes Beispiel, sondern Ausnahme.43)

2.

Wirksamkeit der Beschlagnahme gegenüber dem Drittschuldner

Ist der Anspruch Gegenstand der dinglichen Haftung, so haftet er im Verhältnis zum Vollstreckungsschuldner den Gläubigern gegenüber mit der Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1 ZVG), im Versteigerungsverfahren mit den Einschränkungen des § 21 Abs. 2 ZVG bei Miete, Pacht und wiederkehrenden Leistungen. So etwa gilt das Veräußerungsverbot (= Verfügungsverbot) des § 23 ZVG. Diese Selbstverständ_____________ 36) Siehe dazu § 12 Rz. 9 ff., 17 ff. [Cranshaw]. 37) Betroffen hiervon sind beispielsweise die Ansprüche aus Reallasten (§ 1105 BGB), aus Rentenschulden (§ 199 BGB) sowie die Ansprüche auf den Erbbauzins aus der Erbbauzinsreallast (§ 9 ErbbauRG). Siehe Palandt/Bassenge, BGB, § 1126 Rz. 1. 38) Siehe dazu § 20 Rz. 76 ff. [Cranshaw]. 39) Vgl. den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 20 Rz. 44 m. w. N. sowie bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 Rz. 53. 40) Beispiel ist hier die Entschädigung nach § 117 Bundesberggesetz (BBergG), ggf. i. V. m. landesrechtlichem Bergrecht (Art. 67 EGBGB); siehe dazu LG Saarbrücken, Urt. v. 18.5.1998 – 1 O 401/97, Rpfleger 1998, 532 f.; der Anspruch unterliegt nach § 117 Abs. 3 BBergG dem Haftungsverband der Hypothek bzw. Grundschuld, die Pfändung der Ansprüche nach Beschlagnahme „geht ins Leere“. Siehe ferner LG Duisburg, Urt. v. 3.4.2012 – 1 O 565/03; vgl. Müggenborg, Bergbaufolgelandschaften und deren rechtliche Bewältigung, NuR (Natur und Recht) 2013, 326 – 337. Dazu gehören auch Enteignungsentschädigungen als Folge des Art. 14 Abs. 3 GG. Art. 53a EGBGB bezieht sich auf eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke. Die §§ 32, 33 SchRG (Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, BGBl. III 403–4) sind analog heranzuziehen, sie beziehen u. a. die Entschädigungsforderung in den Haftungsverband der Schiffshypothek (§§ 24 ff. SchRG) ein. 41) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 20 Rz. 44 bzw. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 20 Rz. 53. 42) FlurBG = Flurbereinigungsgesetz v. 16.3.1976, BGBl. I 1976, 546 bis zu Art. 17 d. Gesetzes v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 43) BGH, Urt. v. 11.5.1989 – IX ZR 278/88, BGHZ 107, 255 – 257.

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34

§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

lichkeit regelt § 22 Abs. 2 ZVG nicht, er setzt vielmehr die dingliche Haftung voraus. Eine völlig andere Thematik ist diejenige, ab wann die Beschlagnahme dem Drittschuldner gegenüber Wirkungen entfaltet. Dies ist dann der Fall, wenn dem Drittschuldner ein Zahlungsverbot zugestellt wurde oder ihm die Beschlagnahme auf sonstige Weise bekannt geworden ist (§ 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG). Hinreichend ist die Kenntnis des Versteigerungsantrags (§ 23 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. ZVG). Dadurch wird der gute Glaube des Drittschuldners an die Empfangszuständigkeit des Vollstreckungsschuldners (= Gläubiger des Drittschuldners) geschützt. § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG ist Schutzvorschrift zugunsten des Drittschuldners, dem bei der rechtsgeschäftlichen Abtretung die §§ 407 f. BGB entsprechen.44) 35

Der Gläubiger muss selbst aktiv werden und den Antrag stellen, dem Drittschuldner zu untersagen, die Auszahlung der offenen Forderungen an den Schuldner vorzunehmen, will er aktiv den Eintritt der Beschlagnahmewirkung gegenüber dem Drittschuldner herbeiführen. Stellt der betreibende Gläubiger den Antrag nach § 22 Abs. 2 Satz 1 ZVG, so muss das Gericht ihm entsprechen. Ferner ist der Beschluss über das Zahlungsverbot dem Drittschuldner von Amts wegen zuzustellen, §§ 3 – 7 ZVG. Mit der Zustellung wird die Beschlagnahme wirksam. 3.

Vorpfändung

36

Eine weitere Option eröffnet § 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG dem betreibenden Gläubiger, da ihm das Instrument der Vorpfändung in entsprechender Anwendung des § 845 ZPO an die Hand gegeben wird.

37

Der Gläubiger kann damit durch „private Zwangsvollstreckungsmaßnahme“45) dem Schuldner und Drittschuldner ausdrücklich die bevorstehende Anordnung des Zahlungsverbots nach § 22 Abs. 2 Satz 1 ZVG mitteilen. Die Vorpfändung der „Mietforderung“ oder einer anderen unter § 22 Abs. 2 ZVG subsumierten Forderung (siehe oben) genügt hierfür wohl nicht bzw. ist dem nicht gleichzusetzen.46) Mit diesem Vorgehen erreicht der Gläubiger ggf. einen beträchtlichen Rückwirkungseffekt im Verhältnis zum Drittschuldner und zum Schuldner. Der Gläubiger muss die Benachrichtigung durch den Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner zustellen lassen, es handelt sich also um einer der wenigen, im ZVG ausnahmsweise im Parteibetrieb nach den §§ 191 ff. ZPO vorzunehmenden Zustellungen.

38

Die Wirkung ist diejenige eines vorläufigen Arrestes (§ 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO), die dann wegfällt, wenn das gerichtliche Zahlungsverbot gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 ZVG nicht innerhalb eines Monats – hier von Amts wegen – zugestellt wird.47), 48) Inhalt der Vorpfändungsmaßnahme, das sog. „Arrestatorium“, ist die Aufforderung an den Drittschuldner, nicht mehr an den Schuldner im Hinblick auf das _____________ 44) Hierauf weist Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 9 zutreffend hin. Eingehend zum Gutglaubensschutz des Drittschuldners bei der Zession Nobbe/Cranshaw, Kreditrecht, Band 1, § 407 BGB, S. 333 f., Rz. 1 bzw. § 408, S. 353 ff., Rz. 7 ff. 45) Saenger/Ulrich/Siebert-Brögelmann, ZPO, § 845 Rz. 2. 46) AG Heilbronn, Urt. v. 21.5.2008 – 8 C 518/08, ZfIR 2008, 770 f.; siehe dazu die mit guten Gründen kritische Anm. von Schmidberger, ZfIR 2008, 772 f. 47) Zöller/Stöber, ZPO, § 845 Rz. 5. 48) BGH, Urt. v. 30.3.1983 – VIII ZR 7/82, BGHZ 87, 166 ff., 168.

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Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

§ 22

bevorstehende Zahlungsverbot zu leisten.49) Die Wahrung der Monatsfrist kann nicht etwa durch die innerhalb dieses Zeitraumes eingetretene Kenntnis des Drittschuldners von der Beschlagnahme ersetzt werden.50) Der Drittschuldner kann ab der Benachrichtigung nicht mehr an den Schuldner, seinen Gläubiger, mit schuldbefreiender Wirkung zahlen und der Schuldner kann über die Forderung nicht mehr wirksam verfügen. Die Benachrichtigung bewirkt aber keine Rückwirkung der Beschlagnahme.51) Daher ist jedenfalls dann, wenn die Beschlagnahme dem Schuldner gegenüber wirksam geworden ist, dessen Benachrichtigung nach den §§ 22 Abs. 2 Satz 3 ZVG, 845 ZPO nicht geboten.52)

39

V. Beendigung der Beschlagnahme Eine Aussage zur Beendigung der Beschlagnahme enthält § 22 ZVG nicht. Sie endet mit der Verfahrensaufhebung (vgl. §§ 28, 29, 32 ZVG). Die bloße Antragsrücknahme seitens des jeweiligen Antragstellers reicht aber nicht aus. Die Beschlagnahme bewirkt als staatliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht nur ein (in der Insolvenz zur Absonderung berechtigendes) Pfändungspfandrecht,53) sondern sie enthält als staatliche hoheitliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme zudem eine öffentlich-rechtliche Komponente, die bei der Mobiliarvollstreckung mit „Verstrickung“ umschrieben wird. Daher endet die Beschlagnahme sogar bei Antragsrücknahme erst dann, wenn das Vollstreckungsgericht den entsprechenden Beschluss gefasst hat,54) der nach der zitierten BGH-Judikatur (zur Zwangsverwaltung) konstitutive Wirkung hat. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für die Zwangsverwaltung, sondern auch für die Zwangsversteigerung.55) Es versteht sich von selbst, dass dieses Vorgehen für jeden der beteiligten Gläubiger gesondert einzuhalten ist (Folge des Beitritts mehrerer Gläubiger zu dem angeordneten Verfahren, § 27 ZVG, und der insoweit bestehenden Selbstständigkeit der Verfahren im einheit_____________ 49) Saenger/Ulrich/Siebert-Brögelmann, ZPO, § 845 Rz. 4, zu dem Begriff „Arrestatorium“ sowie einem Formulierungsvorschlag zu § 845 ZPO, der bei der Beschreibung des Inhalts der Vorpfändung um die Besonderheiten des § 22 Abs. 2 Satz 1 ZVG zu ergänzen ist, wenn man dem AG Heilbronn folgt. Zu dem Text eines Zahlungsverbotes an den Drittschuldner siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 ZVG nach Rz. 21. 50) Stöber, ZVG, § 22 Rz. 3.2; Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 22 Rz. 5. 51) Stöber, ZVG, § 22 Rz. 3.2; Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 22 Rz. 5 52) Stöber, ZVG, § 22 Rz. 3.4, will generell davon absehen; für die Benachrichtigung auch des Schuldners, sofern die Beschlagnahme gegenüber ihm noch nicht wirksam ist, Jaeckel/ Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 22 Rz. 5. 53) Siehe § 49 InsO und unter Rz. 1, 4. 54) BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, BGHZ 177, 218 ff. = ZfIR 2008, 876 ff. = Rpfleger 2008, 586 f., Rz. 10, 11 ff.; „konstitutive“ Wirkung des Aufhebungsbeschlusses bei Rücknahme des Zwangsverwaltungsantrags; eingehend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 20. Vgl. dazu Hintzen, Rpfleger 2008, 68 ff.; Böttcher, ZfIR 2010, 345 ff.; Depré/ Mayer, Rz. 385 ff.; Depré, ZfIR 2008, 841 ff.; Hintzen, 2009, 68 ff.; Schmidberger/Traub, ZfIR 2012, 805 ff.; Schmidberger, ZfIR 2008, 772 f., Anm. zu AG Heilbronn, Urt. v. 21.5.2008 – 8 C 518/08, ZfIR 2008, 770 f. 55) Zustimmend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 12. Siehe dort auch zum Wegfall der Beschlagnahme in den Fällen der Rechtskraft der Versagung des Zuschlags bei gleichzeitiger Unzulässigkeit der Verfahrensfortsetzung (§ 86 ZVG), zur Aufhebung bei Feststellung eines der Versteigerung entgegenstehenden Rechtes und ähnlicher Hindernisse (§ 28 ZVG) sowie zur Verfristung des Fortsetzungsantrages (§ 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

Cranshaw

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40

§ 22

Zeitpunkt des Eintritts der Beschlagnahmewirkung

lichen Gesamtverfahren). Gibt der betreibende dingliche Gläubiger den belasteten Vollstreckungsgegenstand aus der Haftung frei, z. B. durch Löschungsbewilligung oder Verzicht auf das Grundpfandrecht (§ 1168 BGB) und ist dies im Grundbuch eingetragen, so führt das ebenfalls zur Verfahrensaufhebung; der entsprechende Gerichtsbeschluss beendet die Beschlagnahme.56) Grund der Verfahrensaufhebung ist ein Vollstreckungshindernis i. S. d. § 28 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZVG; dem bisher betreibenden Gläubiger fehlt jedes rechtliche Interesse an der Verfahrensfortsetzung, er hat keinen Duldungsanspruch nach §§ 1147 BGB mehr. 41

Die Wirkungen des Zuschlags werden nicht einhellig beurteilt, überwiegend wird angenommen, die Beschlagnahme wirke bis zur endgültigen Erlösverteilung an dem Erlös auf dem Wege der Surrogation fort. Ferner hält diese Meinung, insoweit konsequent, die tatsächliche Inbesitznahme des Ersteigerers und neuen Eigentümers für erforderlich. Die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses wäre damit ohne Bedeutung. Dem wird man vor dem Hintergrund der Beschlagnahme als Schutzmechanismus gegen die die Beteiligten schädigenden Verfügungen zustimmen (siehe dazu § 23 Rz. 2, 11, 29, 30 ff. [Cranshaw]).

42

Hieraus wiederum folgt ohne Weiteres, dass die einstweilige Einstellung die Beschlagnahme nicht beendet,57) wie bereits aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG hervorgeht.

43

Im Hinblick auf die dem Haftungsverband unterliegenden „beweglichen“ Gegenstände einschließlich der Forderungen endet die Beschlagnahme unterschiedlich:58) – Bei Aufhebung des Verfahrens (oder auch bei Aufhebung nur bezüglich dieser Gegenstände), da die Beschlagnahme der „mitverhafteten“ Gegenstände Annex des Immobiliarvollstreckungsverfahrens ist. –

Unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG (= Erweiterung u. a. des § 1122 BGB) im Rahmen der ordnungsmäßigen Wirtschaft.59) Das Veräußerungsverbot des § 23 ZVG (i. V. m. den §§ 135 f. BGB) ist insoweit eingeschränkt und gilt im vorgegebenen Umfang nicht (siehe auch § 24 ZVG). In der Zwangsverwaltung ist § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG aber nicht anwendbar, vgl. § 148 Abs. 1 Satz 2 ZVG.

–

Bei Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes: Die Haftung der Versicherungsforderung erlischt, § 1127 Abs. 2 BGB; diese materiellrechtliche Regelung führt zu einem Vollstreckungshindernis nach § 28 Abs. 2 ZVG. Bei gutgläubigem Erwerb eines Dritten vom Nichtberechtigten nach Maßgabe der §§ 135, 136 BGB, 932 ff. BGB, 23 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 1121 BGB. Dabei kommt es auf die zeitlichen Abfolgen zwischen Veräußerung, Entfernung und Beschlagnahme an.60)

–

_____________ 56) So zutreffend im Ergebnis Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 22 Rz. 12 a. E. unter Hinweis auf den Beschl. des OLG Hamm v. 24.1.1985 – 15 W 423/84, Rpfleger 1985, 310 f. (Fortsetzung der Versteigerung gegen den Schuldner nach Freigabe durch den Konkursverwalter). 57) Zutreffend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 22 Rz. 20 m. w. N. 58) Siehe dazu den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 13. 59) Siehe dazu die Kommentierung zu § 24 ZVG im vorliegenden Kommentar. 60) Vgl. dazu die Kommentierung zu § 23 ZVG sowie bei Palandt/Bassenge, BGB, § 1121 Rz. 6 f.

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Cranshaw

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

–

Bei Zustimmung des betreibenden Gläubigers analog § 185 BGB61) i. V. m. § 135 BGB.

Die Erledigung der Beschlagnahme muss gegenüber dem Anordnungsgläubiger sowie gegenüber allen Beitrittsgläubigern (vgl. § 27 Abs. 2 ZVG) eintreten. Es müssen daher alle nach § 185 Abs. 1 BGB zustimmen. Die anderen vorstehend erwähnten Erledigungssachverhalte treten ohne weiteres Zutun der Gläubiger einheitlich gegenüber allen ein. Bei konsequenter Betrachtung der BGHJudikatur zu V ZB 130/07 lässt sich auch in den Fällen der obigen beweglichen Gegenstände argumentieren, es sei generell ein konstitutiver Gerichtsbeschluss notwendig. Folgte man dem, so müsste jeweils eine Teilaufhebung des Verfahrens (nach § 28 ZVG) erfolgen. _____________ 61) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 13 wendet § 185 Abs. 1 BGB direkt an.

§ 23 Wirkungen der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Der Schuldner kann jedoch, wenn sich die Beschlagnahme auf bewegliche Sachen erstreckt, über einzelne Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft auch dem Gläubiger gegenüber wirksam verfügen. (2) Kommt es bei einer gegen die Beschlagnahme verstoßenden Verfügung nach § 135 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf an, ob derjenige, zu dessen Gunsten verfügt wurde, die Beschlagnahme kannte, so steht die Kenntnis des Versteigerungsantrags einer Kenntnis der Beschlagnahme gleich. Die Beschlagnahme gilt auch in Ansehung der mithaftenden beweglichen Sachen als bekannt, sobald der Versteigerungsvermerk eingetragen ist. Literatur: Cranshaw, Effizientes Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsmanagement – Perspektiven aus Gläubigersicht (Teil I), ZfIR 2013, 345; Meyer-Stolte, Anm. zu LG Würzburg, Beschl. v. 21.7.1988 – 3 T 1554/88, Rpfleger 1989, 117. Übersicht I.

Zentrale Bedeutung des § 23 ZVG in der Immobiliarvollstreckung ......... 1 II. Anwendungsbereich des § 23 ZVG ...... 3 1. Vollstreckungsversteigerung und Zwangsverwaltung ................................ 3 2. Sonderversteigerungsverfahren ............ 4 3. Schiffe und Schiffsbauwerke sowie Luftfahrzeuge ........................................ 8 III. Wirkungen der Beschlagnahme gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG ......... 10 1. Rechtscharakter der Beschlagnahme als relatives Veräußerungsverbot ........ 10 2. Wirksamwerden der beschlagnahmewidrigen Verfügung ................. 12 3. Verfügungsbegriff und Beispiele ........ 13 a) Verfügungsbegriff ........................ 13

4. 5.

Cranshaw

b) Beispiele von Verfügungen im Sinne des § 23 ZVG ..................... 14 c) Aufteilung nach dem WEG durch den Eigentümer/ Vollstreckungsschuldner ............. 15 d) Vollstreckungsmaßnahmen als beschlagnahmewidrige Verfügung kein Schutz des Vollstreckungsgläubigers bei Beschlagnahmewidrigkeit der persönlichen Vollstreckung ......... 17 e) Kategorien von „Maßnahmen“ ohne Verfügungscharakter .......... 18 Exkurs: Steuer- bzw. verwaltungsrechtliche Folgen der Beschlagnahme ..... 23 Behandlung beschlagnahmter Forderungen ........................................ 26

329

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

–

Bei Zustimmung des betreibenden Gläubigers analog § 185 BGB61) i. V. m. § 135 BGB.

Die Erledigung der Beschlagnahme muss gegenüber dem Anordnungsgläubiger sowie gegenüber allen Beitrittsgläubigern (vgl. § 27 Abs. 2 ZVG) eintreten. Es müssen daher alle nach § 185 Abs. 1 BGB zustimmen. Die anderen vorstehend erwähnten Erledigungssachverhalte treten ohne weiteres Zutun der Gläubiger einheitlich gegenüber allen ein. Bei konsequenter Betrachtung der BGHJudikatur zu V ZB 130/07 lässt sich auch in den Fällen der obigen beweglichen Gegenstände argumentieren, es sei generell ein konstitutiver Gerichtsbeschluss notwendig. Folgte man dem, so müsste jeweils eine Teilaufhebung des Verfahrens (nach § 28 ZVG) erfolgen. _____________ 61) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 22 Rz. 13 wendet § 185 Abs. 1 BGB direkt an.

§ 23 Wirkungen der Beschlagnahme (1) Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. Der Schuldner kann jedoch, wenn sich die Beschlagnahme auf bewegliche Sachen erstreckt, über einzelne Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft auch dem Gläubiger gegenüber wirksam verfügen. (2) Kommt es bei einer gegen die Beschlagnahme verstoßenden Verfügung nach § 135 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf an, ob derjenige, zu dessen Gunsten verfügt wurde, die Beschlagnahme kannte, so steht die Kenntnis des Versteigerungsantrags einer Kenntnis der Beschlagnahme gleich. Die Beschlagnahme gilt auch in Ansehung der mithaftenden beweglichen Sachen als bekannt, sobald der Versteigerungsvermerk eingetragen ist. Literatur: Cranshaw, Effizientes Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsmanagement – Perspektiven aus Gläubigersicht (Teil I), ZfIR 2013, 345; Meyer-Stolte, Anm. zu LG Würzburg, Beschl. v. 21.7.1988 – 3 T 1554/88, Rpfleger 1989, 117. Übersicht I.

Zentrale Bedeutung des § 23 ZVG in der Immobiliarvollstreckung ......... 1 II. Anwendungsbereich des § 23 ZVG ...... 3 1. Vollstreckungsversteigerung und Zwangsverwaltung ................................ 3 2. Sonderversteigerungsverfahren ............ 4 3. Schiffe und Schiffsbauwerke sowie Luftfahrzeuge ........................................ 8 III. Wirkungen der Beschlagnahme gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG ......... 10 1. Rechtscharakter der Beschlagnahme als relatives Veräußerungsverbot ........ 10 2. Wirksamwerden der beschlagnahmewidrigen Verfügung ................. 12 3. Verfügungsbegriff und Beispiele ........ 13 a) Verfügungsbegriff ........................ 13

4. 5.

Cranshaw

b) Beispiele von Verfügungen im Sinne des § 23 ZVG ..................... 14 c) Aufteilung nach dem WEG durch den Eigentümer/ Vollstreckungsschuldner ............. 15 d) Vollstreckungsmaßnahmen als beschlagnahmewidrige Verfügung kein Schutz des Vollstreckungsgläubigers bei Beschlagnahmewidrigkeit der persönlichen Vollstreckung ......... 17 e) Kategorien von „Maßnahmen“ ohne Verfügungscharakter .......... 18 Exkurs: Steuer- bzw. verwaltungsrechtliche Folgen der Beschlagnahme ..... 23 Behandlung beschlagnahmter Forderungen ........................................ 26

329

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

6.

Verfahrensrechtliche Durchsetzung des „Verfügungsverbots“ sowie Ansprüche des Gläubigers und Behandlung im Grundbuchverfahren ..... a) Verfahrensrechtliche Durchsetzung des relativen Verfügungsverbots ................................ b) Weitergehende Ansprüche von Gläubigern gegen den Schuldner bzw. den Dritten? .................. c) Behandlung der Thematik im Grundbuchverfahren ................... IV. Verfügung über bewegliche Sachen im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG ..............................

I.

28 28 30 34

V. Wirksamer Erwerb eines Dritten trotz eingetretener Beschlagnahmewirkung ............................................... 36 1. Wirksamer Erwerb nach Beschlagnahme ohne das Erfordernis guten Glaubens .............................................. 36 2. Guter Glaube des Dritten bei Verfügungen des Schuldners nach Beschlagnahme gemäß § 23 Abs. 2 ZVG ..................................... 39 a) § 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG ............... 39 b) Bösgläubigkeit bei Erwerb von Rechten an den „mithaftenden beweglichen Sachen“ .................... 40 VI. Dauer der Beschlagnahme ................ 48

35

Zentrale Bedeutung des § 23 ZVG in der Immobiliarvollstreckung

1

Die Beschlagnahme ist methodisch ein ganz zentraler Terminus des gesamten Zwangsversteigerungs- bzw. Zwangsverwaltungsverfahrens mit materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Wirkung. Während § 20 ZVG die Anordnung der Versteigerung als Beschlagnahme fingiert, § 21 ZVG von der umfassenden Beschlagnahme des § 20 ZVG Ausnahmen bestimmt und § 22 ZVG sich mit dem Eintritt der Beschlagnahmewirkung befasst (Abs. 1) bzw. mit dem Beschlagnahmeverfahren und den Folgen u. a. bei beweglichen Sachen (Abs. 2), ist Gegenstand des § 23 ZVG die rechtliche Wirkung der Beschlagnahme und deren Folgen (Abs. 1) bzw. der Schutz Dritter bei Verfügungen, die nach wirksamer Beschlagnahme vorgenommen werden (Abs. 2).

2

Zu unterscheiden ist daher der Umfang der Beschlagnahme, der sich aus materiellem Recht (z. B. bei Grundpfandrechten nach dem Haftungsverband der Hypothek, §§ 1120 ff. BGB) i. V. m. den Bestimmungen der §§ 20, 21 ZVG bzw. des § 148 ZVG (für die Zwangsverwaltung) ergibt, von der rechtlichen Wirkung der Beschlagnahme, § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Diese wird als „Veräußerungsverbot“ definiert. Die Vorschrift muss zusammen mit § 20 Abs. 1 ZVG betrachtet werden, dort gilt die Anordnung des Verfahrens als Beschlagnahme „zugunsten des Gläubigers“: Das ist derjenige Gläubiger, auf dessen Antrag hin die Vollstreckung angeordnet wurde bzw. derjenige Gläubiger, der später beigetreten ist (Folge aus § 27 Abs. 2 ZVG). § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG nimmt die Formulierung des § 20 Abs. 1 ZVG mit den Worten „Die Beschlagnahme…hat die Wirkung…“ auf. Mit anderen Worten entfalten die Anordnung und jeder Beitritt (§ 27 ZVG) jeweils eine erneute Beschlagnahme. Diese wirkt sich sowohl zeitlich als auch im Umfang der Beschlagnahme aus, wenn nämlich beispielsweise seit der ersten Beschlagnahme ein Eigentümerwechsel des Grundbesitzes stattgefunden hat oder Zubehörstücke von der Beschlagnahme frei geworden sind. Eine Ausnahme besteht allerdings für die wiederkehrenden Leistungen gemäß § 13 Abs. 4 ZVG, der insoweit auf die erste Beschlagnahme abstellt, sodass in diesem Fall ausnahmsweise die Beschlagnahme für den Anordnungsgläubiger Wirkungen für alle später Beitretenden hervorruft.1) _____________ 1)

330

Siehe auch § 27 Rz. 1, 2, 15 ff. [Cranshaw].

Cranshaw

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

Zugleich zeigt die Verknüpfung mit § 20 ZVG, dass das Veräußerungsverbot des § 23 ZVG lediglich ein relatives Verbot zugunsten des jeweiligen Gläubigers bedeutet.2) II. Anwendungsbereich des § 23 ZVG 1.

Vollstreckungsversteigerung und Zwangsverwaltung

Die Norm des § 23 ZVG ist in allen Fällen der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten anzuwenden, die auf Antrag eines Vollstreckungsgläubigers angeordnet worden ist. 2.

3

Sonderversteigerungsverfahren

§ 23 ZVG ist indes nicht heranzuziehen in den Fällen der Insolvenzverwalterversteigerung, da der Anordnungsbeschluss dort keine Beschlagnahme bewirkt, von den Besonderheiten der §§ 13, 55 ZVG abgesehen, vgl. § 173 Satz 1 ZVG. Der Insolvenzverwalter ist als Folge des § 80 Abs. 1 InsO keinem Veräußerungsverbot ausgesetzt, Verfügungen des Schuldners hindert bereits der Insolvenzbeschlag, vgl. § 81 InsO.3) Beantragt nach Anordnung der Insolvenzverwalterversteigerung aber ein Vollstreckungsgläubiger die Zwangsversteigerung, der hierzu aufgrund eines bei Insolvenzeröffnung zu seinen Gunsten bestehenden Absonderungsrechtes an dem Grundbesitz dazu berechtigt ist (§ 49 InsO), dann ist wieder der Anwendungsbereich des § 23 ZVG eröffnet, der nunmehr gegen den Insolvenzverwalter wirkt.4)

4

Infolge der Verweisung des § 176 ZVG auf § 173 ZVG findet § 23 ZVG ferner im Verfahren der Nachlassversteigerung keine Anwendung.

5

In der Teilungsversteigerung ist § 23 ZVG zwar grundsätzlich heranzuziehen, seine Wirkungen sind jedoch modifiziert bzw. die Bestimmung geht aus Gründen des materiellen Rechts ins Leere. Bei den Gesamthandsgemeinschaften kann keiner der beteiligten Gesamthänder über den Vollstreckungsgegenstand allein verfügen5) (vgl. z. B. für die BGB-Gesellschaft § 719 Abs. 1 BGB; zur Teilungsversteigerung dort siehe die §§ 731 Satz 2, 753 Abs. 1 Satz 1 BGB).

6

Bei der Bruchteilsgemeinschaft nach den §§ 741 ff., 1008 ff. BGB ändert die Teilungsversteigerung nichts an der Verfügungsbefugnis über den ideellen Miteigentumsanteil. Nach der Rechtsprechung des BGH gilt das sogar, wenn der Gläubiger eines Bruchteilseigentümers dessen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft („und auf Teilung sowie Auszahlung des Erlöses“) pfändet; die Verfügungsbefugnis des Bruchteilseigentümers wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, wenn als

7

_____________ 2)

3) 4) 5)

Siehe Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 23 Rz. 2. Ein Hinweis in § 23 ZVG auf den bloß relativen Charakter des Veräußerungsverbots, wie im Entwurf des ZVG vorgesehen, war aus den genannten Gründen nicht erforderlich, Jaeckel/Güthe, a. a. O., m. w. N. So im Ergebnis bereits zur Wechselwirkung zwischen § 23 ZVG und Konkursordnung Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 23 Rz. 1. Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 23 Rz. 1. Dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 180 Rz. 65.

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331

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

Folge der Verfügung der durch das Pfandrecht besicherte Anspruch untergeht.6) Die Teilungsversteigerung berührt die gemeinsame Verfügung der „Teilhaber zur Veräußerung“ nicht, die Beschlagnahme wirkt daher nur insoweit, als dies zur „Durchführung des Verfahrens“ notwendig ist.7) 3.

Schiffe und Schiffsbauwerke sowie Luftfahrzeuge

8

§ 23 ZVG ist auf die Versteigerung von eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken anwendbar, jedoch mit Ausnahme des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG, denn die Anordnung der Bewachung und Verwahrung schließt die Möglichkeit aus, über „einzelne Stücke [beschlagnahmter] beweglicher Sachen innerhalb der ordnungsmäßigen Wirtschaft auch dem Gläubiger gegenüber wirksam (zu) verfügen“, wie dies die Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG vorsieht (vgl. §§ 162 Satz 1, 165 Abs. 1 Satz 1, 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG).8)

9

Dasselbe wie bei Schiffen gilt im Wesentlichen auch bei der Versteigerung von eingetragenen Luftfahrzeugen. § 23 ZVG ist daher bei Luftfahrzeugen, die in der inländischen Luftfahrzeugrolle eingetragen sind, heranzuziehen Eine Ausnahme gilt für § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG, der aus den Gründen der §§ 171a Satz 1, 171c Abs. 2 Satz 1 ZVG nicht anwendbar ist, da das Gericht die Bewachung und Verwahrung anordnet, sodass dem Schuldner nicht die Verfügungsmacht über die „einzelnen Stücke“ des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG zusteht Für ausländische Luftfahrzeuge ist § 171k ZVG und damit auch Art. VI des Genfer Abkommens vom 19.6.19489) zu beachten, wonach abweichend von § 23 ZVG die Wirksamkeit der Veräußerung und Belastung nach Beschlagnahme anzuerkennen ist, sofern dem Schuldner die Beschlagnahme bei der Veräußerung unbekannt war. III. Wirkungen der Beschlagnahme gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG 1.

10

Rechtscharakter der Beschlagnahme als relatives Veräußerungsverbot

§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG verweist durch die verwendete Begrifflichkeit („Veräußerungsverbot“) zugleich auf das Veräußerungsverbot der §§ 135 f. BGB. Das hier gemeinte gerichtliche Veräußerungsverbot nach § 136 BGB steht dem (seltenen) gesetzlichen Veräußerungsverbot des § 135 Abs. 1 BGB gleich mit der Folge, dass auch § 135 Abs. 2 BGB mit dem dortigen Schutz des gutgläubigen Erwerbs analog anzuwenden ist.10) Dabei ist der Terminus „Veräußerungsverbot“ in § 135 BGB zu _____________ 6) BGH, Beschl. v. 25.2.2010 – V ZB 92/09, juris/Umdruck Rz. 2 f., 8 f., 13 = Rpfleger 2010, 439 = NJW-RR 2010, 1098 = WM 2010, 860, Veräußerung des Miteigentumsanteils an die Ehefrau nach Pfändung des Auseinanderanspruchs durch das Finanzamt. 7) BGH – V ZB 92/09, Rz. 13 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 29.11.1951 – IV ZR 40/50, BGHZ 4, 84 ff., 90. 8) Vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 50 f. 9) Genfer Abkommen vom 19.6.1948 über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen; vgl. das deutsche Zustimmungsgesetz und den Text des Abkommens in den verbindlichen Sprachen englisch, französisch und spanisch mit deutscher Übersetzung, BGBl. II 1959, 129 ff.; siehe auch § 171n Rz. 3. 10) Palandt/Ellenberger, BGB, §§ 135, 136 Rz. 1 ff., 3 f., zu dem Inhalt der §§ 135 f. BGB allgemein, Rz. 9 zum gutgläubigen Erwerb.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

eng, vielmehr handelt es sich um ein Verfügungsverbot, das alle Verfügungen umfasst (siehe dazu nachfolgend unter Rz. 13).11) Die bloß relative Wirkung des Verfügungsverbots bedeutet gerade nicht die grundsätzliche Unwirksamkeit der verbotswidrigen (hier: beschlagnahmewidrigen) Verfügung, sondern die getroffene Verfügung ist schwebend wirksam.12) Die Unwirksamkeit besteht nur gegenüber dem jeweils betreibenden Gläubiger. Das hat mehrere Konsequenzen: Die Beschlagnahme bewirkt folgerichtig keine Grundbuchsperre; der Erwerber wird Rechtsinhaber; der Eigentümer kann trotzdem zugunsten eines Dritten verfügen, wenn auch nicht „endgültig“ wirksam.13) Nach Böttcher verliert der Eigentümer bei dieser Konstellation nicht sein Verfügungsrecht, aber er dürfe es nicht (zuungunsten des Begünstigten) ausüben.14) 2.

11

Wirksamwerden der beschlagnahmewidrigen Verfügung

Die Konsequenz dieser Struktur ist ferner, dass der Gläubiger, zugunsten dessen die Beschlagnahme erfolgt ist, in die ihm gegenüber unwirksame Verfügung des Eigentümers (= Vollstreckungsschuldner) einwilligen (§ 185 Abs. 1 BGB) oder sie nachträglich genehmigen kann (§ 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB), wobei es sich nach der zutreffenden Judikatur des BGH im Zwangsvollstreckungsverfahren um eine analoge Anwendung des § 185 BGB handelt.15) Die Genehmigung wirkt zurück (analog § 184 BGB); bei der Einwilligung (§§ 182, 183 BGB analog) spielt die generell diskutierte Frage, ob sie wie die Genehmigung selbst eine Verfügung darstellt oder nicht und daher bei Vornahme der eigentlichen Verfügung der Einwilligende selbst die notwendige Rechtsmacht haben muss,16) keine Rolle. Ist nämlich die Beschlagnahme weggefallen, entfaltet § 23 ZVG keine Wirkung mehr. Die Einwilligung des betreibenden Gläubigers hat keine Bedeutung mehr, soweit die Verfügung nicht noch während des Beschlagnahmezeitraums vollzogen wurde. Bei mehreren betreibenden Gläubigern (siehe § 27 Abs. 2 ZVG) muss ohnehin jeder einzelne einwilligen (oder genehmigen). Mit dem Wegfall der Beschlagnahme entfällt die relative Unwirksamkeit zwischenzeitlicher beschlagnahmewidriger Verfügungen, die ohne Weiteres endgültig wirksam werden, aber nur mit Wirkung für _____________ 11) Palandt/Ellenberger, BGB, §§ 135, 136 Rz. 3, 4 zu den relativen Verfügungsverboten aufgrund behördlicher bzw. gerichtlicher Anordnung, m. w. N.; Rz. 6 f. zur relativen Unwirksamkeit. 12) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 2; Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 4; Prütting/Wegen/ Weinreich-Ahrens, BGB, § 136 Rz. 7; siehe aus der älteren Literatur Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 1967, § 29 IV, S. 459 ff., 460. 13) Prütting/Wegen/Weinreich-Ahrens, BGB, § 136 Rz. 7; BGH, Urt. v. 20.2.1997 – III ZR 209/85, juris Rz. 14 f. = ZfIR 1997, 204 ff. = NJW 1997, 1581 ff., 1582, durch die Beschlagnahme wird keine Grundbuchsperre generiert; BGH, Urt. v. 7.6.1990 – IX ZR 237/89, juris Rz. 28 = BGHZ 111, 364 ff., 367, 369 = NJW 1990, 2459 f. 14) Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 3 m. w. N. 15) Palandt/Ellenberger, BGB, § 185 Rz. 4; BGH, Urt. v. 5.7.1971 – II ZR 176/68, BGHZ 56, 339 ff., 351, zur Sachpfändung von Mobilien, keine Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB auf die Forderungspfändung. 16) Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, Überbl v. § 104 Rz. 16 m. w. N., u. a. unter Hinweis auf Flume, Allg. Teil des bürgerl. Rechts, 2. Band, Das Rechtsgeschäft, § 57, 2., S. 908 u. § 11, 5., zum Verfügungsbegriff, 5d), S. 140 ff., 144 f.

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12

§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

die Zukunft („ex nunc“), die Literatur wendet auf diesen Fall der Konvaleszenz zu Recht § 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB analog an.17) Allerdings gehört dazu die Aufhebung des Verfahrens durch konstitutiv wirkenden Beschluss des Gerichts.18) 3.

Verfügungsbegriff und Beispiele

a) Verfügungsbegriff 13

Verfügungen im hier relevanten Sinne sind entsprechend dem allgemeinen Verständnis von „Verfügung“ zum einen sämtliche Rechte, die an einem Gegenstand (hier an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten) begründet, aufgehoben oder inhaltlich geändert werden (vgl. für im Grundbuch eingetragene Rechte die §§ 873, 875, 877 BGB). Auf das Instrument der Verfügung, ob Rechtsgeschäft oder Zwangsvollstreckung, kommt es aber nicht an.19) Der Begriff der Verfügung ist nach der Judikatur sehr weit zu verstehen.20) Es ist daher gerechtfertigt, jedenfalls als Faustformel, z. B. mit Böttcher und dem BGH unter § 23 ZVG alle für den Vollstreckungsgläubiger nachteiligen Handlungen des Schuldners zu subsumieren.21) _____________ 17) Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 8 m. w. N.; siehe auch Palandt/Ellenberger, BGB, § 185 Rz. 11 m. w. N.; zur Wirkung für die Zukunft siehe BGH, Urt. v. 23.5.1962 – V ZR 123/60, NJW 1962, 1344, 1345 a. E., m. w. N. aus der reichsgerichtlichen Judikatur. 18) Der dahingehende Beschluss des BGH zur Rücknahme des Antrags auf Zwangsverwaltung darf wohl verallgemeinert werden, vgl. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, juris Rz. 11 f. = BGHZ 177, 218 ff. Der Grund ist die öffentlich-rechtliche Verstrickung des Vollstreckungsgegenstandes. 19) Siehe den Überblick zu dem Begriff bei Palandt/Ellenberger, BGB, Überbl. v. § 104 Rz. 16 – 17a m. w. N. 20) Siehe aus der Rechtsprechung die in der Literatur (vgl. statt aller Palandt/Ellenberger, BGB, Überbl v. § 104 BGB Rz. 16) regelmäßig zitierten Entscheidungen des BGH, vgl. das sehr frühe Urt. v. 15.3.1951 – IV ZR 9/50, BGHZ 1, 294 ff., 304 f. zum Verfügungsbegriff, wobei der Senat allerdings zutreffend die (heute im Hinblick auf § 1193 Abs. 2 Satz 2 BGB wieder wichtige) Kündigung eines Grundpfandrechts nicht als Verfügung über den belasteten Grundbesitz betrachtet (BGHZ 1, 306). Siehe ferner BGH, Urt. v. 24.10.1979 – VIII ZR 289/78, BGHZ 75, 221 ff.226 unter Hinweis auf BGHZ 1, 294 ff. und BGH, Urt. v. 4.5.1987 – II ZR 211/86, BGHZ 101, 24 ff., 26 unter Zitierung von BGHZ 75, 221 ff. (Widmung einer Straße nach bayerischem Straßenrecht, siehe nachfolgend unter Rz. 25. „Verfügungsähnlich“ ist nach der Judikatur des BGH auch – die im Immobiliarvollstreckungsrecht aber nur auf der Ebene der schuldrechtlichen Beziehungen der Beteiligten eines Sicherungsgrundpfandrechts bedeutsame – Tilgungsbestimmung des Schuldners, BGH, Urt. v. 21.11.2013 – IX ZR 52/13, juris Rz. 21 = ZIP 2014, 32 ff. zur Tragweite des Zustimmungsvorbehalts des vorläufigen Insolvenzverwalters im Insolvenzrecht. 21) Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 11 m. w. N., der daher den Begriff der „Verfügung“ zugunsten von „Rechtshandlungen“ aufgeben will und den „strengen Verfügungsbegriff“ nach BGHZ 1, 304 als zu eng ablehnt. Dem ist indes nicht uneingeschränkt zu folgen, da das von der Rechtsprechung des BGH vertretene Verständnis die Problematik des § 23 ZVG vollständig umfasst. Ein für den jeweils betreibenden Gläubiger etwa ungünstige Maßnahme des Schuldners nach Beschlagnahme birgt natürlich stets den Anschein einer relativ unwirksamen Verfügung. Im Ergebnis wie Böttcher z. B. auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 5. Der BGH spricht in dem Beschl. v. 29.3.2012 (siehe unter Rz. 15 zu V ZB 103/11, ZfIR 2012, 441, Rz. 8) davon, das Veräußerungsverbot habe die Funktion, den Gläubiger vor „nachteiligen Maßnahmen“ des Schuldners zu schützen, die u. a. auch in „erheblichen Verzögerungen“ bestehen könnten.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

b) Beispiele von Verfügungen im Sinne des § 23 ZVG Zu den Verfügungen in diesem Sinne gehört/gehören beispielsweise: – –

– – –





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Die Auflassung des beschlagnahmten Grundbesitzes oder die Übereignung (mit)beschlagnahmter Mobilien. Die Belastung mit Rechten in den Abt. II und III des Grundbuchs, gleichgültig aus welchem Grunde. Eine Verfügung ist damit beispielsweise die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, wenn auf einer Teilfläche des Grundbesitzes der Betrieb einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien gesichert werden soll (vgl. §§ 1090 ff. BGB), erst recht wenn das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet wird (§§ 1 ff. ErbbauRG) oder wenn das beschlagnahmte Erbbaurecht selbst in Abt. II des Erbbaurechtsgrundbuchs mit einer dinglichen Erbbauzinsreallast belastet oder diese geändert wird (vgl. § 9 ErbbauRG).22) Auch diese letztere Konstellation ist im Kontext mit der Errichtung und Finanzierung von Anlagen erneuerbarer Energien von hoher praktischer Relevanz. Auf die weiteren Belastungen in Abt. II wie den Nießbrauch sowie die Reallast und auf Grundpfandrechte ist nicht weiter einzugehen, jedoch soll das dingliche Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle (§§ 1094, 1097 Halbs. 2, 1098 Abs. 2, 3 BGB) nicht unerwähnt bleiben, da es erhebliche Verwertungsbeeinträchtigungen mit sich bringen kann. Die Belastung mit Vormerkungen zur Sicherung von Ansprüchen, §§ 883 ff. BGB. Maßnahmen nach § 890 BGB (Vereinigung und Zuschreibung). Das Zwangsversteigerungsverfahren wird aus dem Blick des BGH fortgesetzt, als ob die Teilung oder Vereinigung nicht erfolgt wäre, auch nach Vollzug im Grundbuch, sofern der begünstige Gläubiger dem nicht zugestimmt hat.23) Der „umgekehrte“ Fall, die auf der Befugnis nach § 903 BGB beruhende Grundstücksteilung (siehe die Definition hierfür in § 19 BauGB), die unter der Voraussetzung des Vorliegens der etwa notwendigen verwaltungsrechtlichen Genehmigungen (z. B. nach § 51 Abs. 1 BauGB bei Umlegungen) gegenüber dem Grundbuchamt erklärt werden kann.24) Die Ausübung von Rangvorbehalten,25) die Vereinbarung von Rangänderungen (§ 880 BGB, streitig)26).

_____________ 22) Siehe Palandt/Bassenge, BGB, § 9 ErbbauRG Rz. 2 m. w. N. Relativ unwirksame Verfügung über das Erbbaurecht nach Beschlagnahme ist auch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach § 9 Abs. 3 ErbbauRG. 23) BGH, Beschl. v. 5.6.2014 - V ZB 16/14, JurionRS 2014, 19125, Ls b), Rz. 13 f. 24) Vgl. im Einzelnen Palandt/Bassenge, BGB, § 890 Rz. 5 ff. zur „Realteilung“; das GBA hat die Voraussetzung des § 19 Abs. 2 BauGB (kein Widerspruch der Teilung zu Festsetzungen eines Bebauungsplans) nicht zu beachten, a. a. O., Rz. 6 a. E. 25) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 14. 26) Der BGH hat die Frage der Unwirksamkeit der Zustimmung des Eigentümers nach § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegen dem Verfügungsverbot offengelassen, aber Zweifel geäußert, da die von der Rangänderung betroffenen Rechte nicht von der Beschlagnahme umfasst sind und die Rangänderung durch Einigung der Inhaber des im Rang zurücktretenden und des in den Vorrang gelangenden Rechtes zustande kommt, eine überzeugende Argumentation, siehe BGH, Beschl. v. 18.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 ff. = ZfIR 2013, 432 ff. = Rpfleger 2013, 464 ff.

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§ 23 –



Wirkungen der Beschlagnahme

Die Umwandlung von Grundschulden in Hypotheken bzw. von Rentenschulden in Grundschulden und jeweils umgekehrt (§§ 11198, 1203 BGB), in praxi seltene Transaktionen.27) Generell die inhaltliche Änderung bereits eingetragener Rechte, wobei die in der Literatur diskutierte Erhöhung der dinglichen Zinsen von Grundpfandrechten, die innerhalb der Grenzen des § 1119 BGB nach einer Meinung zulässig, nach anderer Meinung beschlagnahmewidrig sei, in der Praxis der institutionellen Gläubiger ohne Bedeutung ist.28) Unverzinsliche bzw. nur unter 5 Prozentpunkte verzinsliche Grundpfandrechte gibt es in der Praxis nicht. Üblich sind zudem Grundschulden, die im Allgemeinen eben mit dinglichen Zinsen kaum unter 12 – 15 Prozentpunkten p. a. ausgestattet sind.

c) Aufteilung nach dem WEG durch den Eigentümer/ Vollstreckungsschuldner 15

Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, ob die Aufteilung nach dem WEG („Vorratsteilung“) durch den Eigentümer (vgl. § 8 WEG) zeitlich nach der Beschlagnahme Wirkung gegenüber dem betreibenden Gläubiger entfaltet, wobei die Mehrheitsmeinung die relative Unwirksamkeit auch in diesem Fall bejaht.29) Konsequenz hiervon ist, dass das bisherige Grundstück Gegenstand der Versteigerung bleibt und nicht etwa Wohnungs- und Teileigentumsrechte mit der Notwendigkeit erneuter Wertfestsetzung und der Anwendung des § 63 ZVG (mit Einzel- und Gesamtausgeboten) zu versteigern sind. Anders ist dies, wenn der betreibende Gläubiger in die Teilung nach § 8 WEG einwilligt (bei mehreren Gläubigern müssen alle zustimmen, vgl. § 27 Abs. 2 ZVG). Dies kann noch kurz vor dem Versteigerungstermin oder während des Termins geschehen. Gläubiger werden im Allgemeinen so nicht vorgehen, da ansonsten Wertfestsetzung, Terminsbestimmung und geringstes Gebot sich verschieben.30) Abgesehen von den zeitlichen Unwägbarkeiten wird dadurch auch die Kalkulation der Gläubiger im Hinblick auf den Verwertungserlös und ihre Risiken beeinträchtigt, d. h. das Forderungsmanagement.31)

_____________ 27) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 14. 28) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 14 m. w. N., auch zur nachfolgend zitierten Gegenmeinung; entgegen dieser Auffassung meint Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 10 m. w. N. mit Stöber, ZVG, § 23 Rz. 2.2 a), die Erhöhung der Zinsen sei auch im Rahmen des § 1119 BGB relativ unwirksam. 29) Stöber, ZVG, § 23 Rz. 2.2 b); Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 5; LG Würzburg, Beschl. v. 21.7.1988 – 3 T 1554/88, Rpfleger 1989, 117 = DRsp Nr. 1992/11477, m. Anm. MeyerStolte, Rpfleger 198, 118. A. A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.12.1986 – 20 W 410/86, OLGZ 1987, 266 ff. = JurionRS 1986, 16365, Rz. 4, allerdings zum Grundbuchverfahren bei Teilung nach dem WEG; das OLG geht davon aus, dass das Eigentum am Grundstück untergegangen und neues Eigentum in Gestalt von Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechten entstanden ist und die Zustimmung der betreibenden Gläubiger nicht erforderlich ist. Ebenso sieht dies das LG Essen (Beschl. v. 29.3.1988 – 7/97/88, Rpfleger 1989, 116; zu LG Essen siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, a. a. O., § 23 Rz. 16 und Fn. 17 a. E. mit Schilderung des dem LG Essen unterbreiteten Falles evidenten Missbrauchs bei Aufteilung eines „bereits abbruchreifen“ Gebäudes. 30) Siehe den treffenden Hinweis von Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 16 a. E. 31) Vgl. dazu Cranshaw, ZfIR 2013, 345 ff., 347 – 349.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

Der BGH hat sich in seinem aktuellen Beschluss v. 29.3.2012 der Mehrheitsmeinung angeschlossen.32) Eine andere Frage ist, wie die relative Unwirksamkeit verfahrensrechtlich durchgesetzt wird. In der Literatur vertritt Löhnig/Fischinger die Auffassung, allein der Zwangsversteigerungsantrag sei keine Ablehnung der Genehmigung. Diese Meinung geht zunächst zutreffend davon aus, dass die beschlagnahmewidrige Verfügung schwebend wirksam ist und daher die relative Unwirksamkeit im Verfahren geltend zu machen ist. Daher wird ein gerichtlicher Hinweis nach § 139 ZPO vorgeschlagen, damit der Gläubiger sich äußern kann, denn die Aufteilung könne eben günstig für die Verwertung sein.33) Die Anfrage bei dem betreibenden Gläubiger ist wohl in der Praxis verbreitet.34) Der Streit über die Erteilung der Zustimmung/Genehmigung ist vor dem Prozessgericht auszutragen. Wurde die Aufteilung beschlagnahmewidrig eingetragen, so ist dies gegenüber dem betreibenden Gläubiger, zu dessen Gunsten die Beschlagnahme nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG wirkt, unwirksam. Die Aufteilung sei somit nicht i. S. d. § 28 Abs. 1 ZVG aus dem Grundbuch ersichtlich und daher im Verfahren nicht zu beachten. Mit anderen Worten: Ohne ausdrückliche Zustimmung besteht keine endgültige Wirksamkeit der Aufteilung; bei beschlagnahmewidriger Veräußerung der gebildeten Wohnungs- und Teileigentumsrechte wird das von Grundpfandgläubigern betriebene Verfahren nach § 26 ZVG fortgesetzt.35)

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d) Vollstreckungsmaßnahmen als beschlagnahmewidrige Verfügung kein Schutz des Vollstreckungsgläubigers bei Beschlagnahmewidrigkeit der persönlichen Vollstreckung Vollstreckungsmaßnahmen zulasten des Beschlagnahmegläubigers sind gleichermaßen als relativ unwirksam zu betrachten. Dazu gehören neben der Zwangshypothek (§ 867 ZPO) sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Vollziehung des Arrests oder einstweiliger Verfügungen. Das ist die Folge der materiellrechtlichen Vorschrift des § 135 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Allerdings sind hierauf diejenigen Vorschriften nicht anzuwenden, die den „beschlagnahmewidrig“ ein Recht erwerbenden Dritten über § 135 Abs. 2 BGB schützen. § 878 BGB ist schon begrifflich in derartigen Fällen nicht einschlägig.36) § 892 BGB setzt wie § 878 BGB den rechtsgeschäftlichen Erwerb voraus.37)

17

e) Kategorien von „Maßnahmen“ ohne Verfügungscharakter Keinen Verfügungscharakter haben Maßnahmen, die auf ein bereits bestehendes Recht bzw. eine Rechtsposition nicht einwirken. Daher ist die Kündigung eines _____________ 32) BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZfIR 2012, 441 = ZNotP 2012, 368 f. = JurionRS 2012, 14233, Rz. 7 f. m. w. N. zu den verschiedenen Auffassungen zu der Thematik. 33) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 5. 34) Siehe BGH, V ZB 103/11, ZfIR 2012, 441 = JurionRS 2012, 14233, Rz. 3. 35) Siehe BGH, V ZB 103/11, ZfIR 2012, 441 = JurionRS 2012, 14233, Rz. 9. 36) Zu § 878 BGB siehe BGH, Urt. v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250 ff., 254 = NJW 1953, 898 f.; keine Anwendung des § 878 BGB auf eine Zwangshypothek in einem Konkursfall, §§ 14, 15 Satz 2 KO (= § 91 Abs. 2 InsO). Entschieden hat der BGH in einer Grundbuchbeschwerdesache. 37) Eingehend Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 22 m. w. N., auch zur Gegenmeinung, die § 878 BGB anwenden will; da das Recht beschlagnahmewidrig, ansonsten ordnungsgemäß eingetragen wurde, ist es konsequent, mit Böttcher (a. a. O., m. w. N.) eine Befriedigung in Rangklasse 6 vorzusehen.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

Grundpfandrechts keine Verfügung darüber (siehe oben). Ebenso wenig ist der Rechtserwerb nach Beschlagnahme relativ unwirksam, dem eine ihrerseits wirksame Vormerkung38) vorausgegangen ist, denn diese sichert wirksam den späteren „dinglichen“ Rechtserwerb (siehe § 883 BGB). 19

Keine Verfügung sind daher u. a. Rechtshandlungen, die bestehende Grundpfandrechte ausschöpfen, wie die Valutierung der Forderung bei einer Höchstbetragshypothek39) (§ 1190 BGB), die vorher auflösend bedingte Eigentümergrundschuld ist.40) Die Revalutierung einer Sicherungsgrundschuld, bei der ein weiter Sicherungszweck verabredet ist, stellt ebenfalls keine Verfügung dar. Der Beschlagnahmegläubiger ist ebenso wenig geschützt wie der Zessionar des Rückgewähranspruchs.41)

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Die lediglich der Erleichterung der Vollstreckung sichernde Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO ist trotz des Erfordernisses der Eintragung ins Grundbuch (§ 800 Abs. 1 Satz 2 ZVG) keine Verfügung gemäß § 23 Abs. 1 ZVG; der Duldungsanspruch nach § 1147 BGB besteht materiell als Inhalt des Grundpfandrechts. § 800 ZPO wird daher vom BGH zutreffend als ausschließlich prozessrechtliche Erklärung betrachtet, die den Inhalt des Grundpfandrechts nicht ändert und auch nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnimmt.42)

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Gegenstände, die nicht der Beschlagnahme unterworfen sind, fallen vollständig aus dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 ZVG. Hierzu gehört als Folge des § 1197 Abs. 1 BGB die Eigentümergrundschuld. Wird die Grundschuld übertragen oder belastet, so fällt der allein den Eigentümer beschränkende Vollstreckungsausschluss gemäß § 1197 Abs. 1 BGB ebenso weg wie die Limitierung des Anspruchs auf die dinglichen Zinsen in § 1197 Abs. 2 BGB. Ist zum Zeitpunkt der Abtretung des Rechts oder der Belastung mit einem Pfandrecht Beschlagnahmewirkung bezüglich des Grundbesitzes eingetreten, so verkürzt die weiterhin mögliche Verfügung über das Grundpfandrecht die geschützten Interessen des betreibenden Gläubigers als Folge der wegfallenden Zinsbeschränkung. Die „relative Unwirksamkeit“ zeigt sich dann insoweit, als der Anspruch auf die Zinsen nur in der Rangklasse 6 des § 10 ZVG zu befriedigen ist.43) _____________ 38) 39) 40) 41)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 17. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 17. Palandt/Bassenge, BGB, § 1190 Rz. 10 m. w. N. Siehe (zur Revalutierung bei Zession des Rückgewähranspruchs) Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rz. 883 ff., 884. 42) BGH, Beschl. v. 28.9.1989 – V ZB 17/88, BGHZ 108, 372 ff., 375 f. = NJW 1990, 258 ff.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 17. 43) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 4 a. E., m. w. N. zur Gegenmeinung; vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1975 – V ZR 24/74, BGHZ 64, 316 ff., 320 = NJW 1975, 1356 ff. = JZ 1975, 487 f., 488 (zur Tragweite der Auflassungsvormerkung, da sie durch die Zession der Eigentümergrundschuld nicht beeinträchtigt wird und zur Wandlung derselben, die „in der Hand des Zessionars die vollen Wirkungen […] einschließlich Vollstreckbarkeit und Verzinslichkeit entfaltet“) = JurionRS 1975, 12460 Rz. 16. Die Verweisung der Zinsansprüche des Zessionars in die Rangklasse 6 lehnt aber bereits die frühe Kommentarliteratur ab, siehe Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 23 Rz. 3, S. 126; dasselbe soll nach der dortigen Meinung auch gelten, wenn der Schuldner die Immobilie nach Eintritt der Beschlagnahmewirkung veräußere und ein Eigentümerrecht bei ihm verbleibe (unterstellt, die Veräußerung selbst sei oder werde während des Verfahrens endgültig wirksam). Zu den Besonderheiten der Vollstreckung in die Eigentümergrundschuld gemäß § 857 Abs. 6 ZPO siehe Zöller/Stöber, ZPO, § 857 Rz. 18 ff.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

Rein tatsächliches Handeln des Schuldners, das den Gläubiger benachteiligt, fällt generell nicht unter § 23 ZVG. Schädliche Maßnahmen des Schuldners oder das Unterlassen gebotener Handlungen, die der „ordnungsmäßigen Wirtschaft“ entgegenstehen, können verfahrensrechtlich nur durch Anordnungen nach § 25 ZVG oder die Zwangsverwaltung unterbunden werden; die Systematik des ZVG belässt dem Schuldner ansonsten bis zum Zuschlag Besitz und Nutzung des Gegenstandes (im Einzelnen siehe § 24 Rz. 1 f. und § 25 Rz. 1 [Cranshaw]). 4.

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Exkurs: Steuer- bzw. verwaltungsrechtliche Folgen der Beschlagnahme

Die relative Unwirksamkeit (anstelle absoluter Unwirksamkeit oder Nichtigkeit mit den Folgen des § 134 BGB) der beschlagnahmewidrigen Verfügung hat weitgreifende Folgen, die bis in das Steuerrecht (in dem nachfolgend zitierten Fall des FG Thüringen das Einkommensteuerrecht) hineinreichen.44) Im Hinblick auf die Anordnung der Zwangsverwaltung hat das FG Baden-Württemberg darauf erkannt, mit der Besitzergreifung durch den Zwangsverwalter ende bei der eingegliederten Organgesellschaft die wichtige umsatzsteuerliche Organschaft.45) Damit können nicht unerhebliche negative steuerliche Effekte verbunden sein.

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Auch im allgemeinen Verwaltungsrecht wirkt sich die Beschlagnahme mit ggf. brisanten Folgen aus. So schuldet beispielsweise der Insolvenzverwalter bzw. das Unternehmen in Eigenverwaltung (vgl. §§ 270 ff. InsO) nicht die Kosten der Ersatzvornahme für die Sicherung gegen ökologische Risiken, die von dem betroffenen Grundbesitz ausgehen, wenn schon bei „Beginn der Ersatzvornahme“ die Zwangsverwaltung bestanden hat.46) Diese Kosten trägt dann der Zwangsverwalter zulasten der dortigen Masse, ggf. mit Hilfe von Kostenvorschüssen des betreibenden Gläubigers. Hat dieser eine Institutszwangsverwaltung in die Wege geleitet (vgl. § 150a ZVG), kann im Einzelfall, unabhängig von dem Ausgleichsbetrag als öffentliche Last gemäß § 25 Abs. 6 BBodSchG, dem Gläubiger die Haftung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG als Inhaber der tatsächlichen Gewalt drohen, wenn die Grenzen zwischen Zwangsverwaltung und Gläubigerposition nicht gewährt werden.

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Eine Besonderheit stellt die öffentlich-rechtliche Baulast nach Landesrecht dar, Löhnig/Fischinger weist (als Beispiel) zu Recht auf § 86 LBO Rheinland-Pfalz

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_____________ 44) Das FG Thüringen, Urt. v. 26.7.2007 – I 189/05, juris Rz. 21 ff., 28 f. = EFG 2008, 1777 ff., hat zum Eigenheimzulagengesetz 2003 (siehe FNA 2230-30) entschieden, die Zulage sei beim Erwerb des MEA des Ehegatten zur Abwendung der Versteigerung nicht zu gewähren, weil trotz der Wirkung des § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG die Verfügungsbefugnis über das Grundstück nicht auf einen anderen übergegangen sei. Die betreibende Gläubigerin hatte der Verfügung des nicht (mehr) berechtigten Ehemannes gemäß § 185 BGB zugestimmt. Der BFH hat diese Rechtsmeinung des FG Thüringen gebilligt, Urt. v. 19.8.2008 – IX R 6/08, juris Rz. 11. 45) FG Baden-Württemberg, Urt. v. 18.7.2007 – 3 K 107/03, juris Rz. 33 ff. = EFG 2007, 1906 ff.; der BFH hat darauf erkannt, die notwendige wirtschaftliche Eingliederung entfalle (jedenfalls) dann, wenn Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung parallel angeordnet würden, weil dann klar sei, dass der betroffene Grundbesitz künftig nicht mehr der Organgesellschaft „zur Verfügung stehe“. Siehe zur parallelen Problematik in der Insolvenz Cranshaw, Aspekte der Betriebsfortführung im Konzern aus Gläubigersicht, in: Mönning (Hrsg.), Betriebsfortführung in der Insolvenz, § 22 Rz. 59 ff. m. w. N., S. 687 ff., 711 f. 46) VG Dresden, Urt. v. 19.6.2003 – 13 K 863/02, ZIP 2004, 373 ff.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

hin,47) wonach die ins Baulastenverzeichnis eingetragene Baulast auch den Rechtsnachfolger im Eigentum bindet. Siehe im Einzelnen auch die hier nicht zitierten Landesbauordnungen anderer Bundesländer. 5.

Behandlung beschlagnahmter Forderungen

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Nach § 20 ZVG ist die Beschlagnahme, soweit nicht Ausnahmen wie in § 21 ZVG bestehen, umfangreich. Sie umfasst auch Forderungen, wie der Verweis in § 20 Abs. 2 ZVG auf das materielle Recht der §§ 1120 ff. BGB ebenso zeigt wie die Ausnahmeregelungen des § 21 ZVG und § 148 Abs. 1 ZVG. In § 23 ZVG bedarf es indes keiner Erwähnung der „mit beschlagnahmten“ Forderungen, weil das inländische Recht den gutgläubigen Erwerb von Forderungen nicht kennt. Der Eigentümer/Vollstreckungsschuldner und Inhaber der beschlagnahmten Forderung kann daher nicht mehr wirksam gegenüber dem betreibenden Gläubiger verfügen. Der Drittschuldner andererseits wird durch § 22 ZVG geschützt, solange ihm die Beschlagnahme unbekannt geblieben ist. Er kann sich dem Beschlagnahmegläubiger gegenüber auf die analoge Anwendung der §§ 407, 408 BGB stützen.48) Allerdings kommt man auch ohne die Analogie zu § 407 BGB aus, wenn man § 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG nach dem Wortlaut unter Hinzunahme des § 23 Abs. 1 Satz 1 auslegt. Ist die Beschlagnahme dem Drittschuldner gegenüber mangels Kenntnis derselben oder mangels Zustellung des Zahlungsverbots (§ 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG) nicht wirksam, fehlt es am Veräußerungsverbot nach § 23 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. den §§ 135 f. BGB. Somit hat der Drittschuldner an den aus seinem Blick Berechtigten geleistet.

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Ist die Beschlagnahme gegenüber dem Eigentümer/Vollstreckungsschuldner nach einer solchen Konstellation wirksam, gegenüber dem Drittschuldner aber nicht und hat dieser die von ihm geschuldete Leistung schuldbefreiend erbracht, steht dem Gläubiger nach Geltendmachung der relativen Unwirksamkeit gegen seinen Schuldner der Anspruch aus Eingriffskondiktion gemäß § 816 Abs. 2 BGB zu.49) Wirtschaftlich werthaltig wird ein solcher Anspruch im Allgemeinen nicht sein. _____________ 47) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 4 unter Hinweis auf die Entscheidung des VG Neustadt v. 4.9.2008 zu 4 K 571/08, I 2.2 der Entscheidungsgründe m. w. N. aus der Judikatur des VGH Kassel und des OVG Nordrhein-Westfalen, verfügbar unter http:// www3.mjv.rlp.de/rechtspr/… (Stand: 13.1.2014). Das VG Neustadt weist ferner auf den Verfügungscharakter der Widmung einer Straße in das private Eigentum nach bayerischem Landesrecht zu einer öffentlichen Straße hin, vgl. BGH, Urt. v. 4.5.1987 – II ZR 211/86 BGHZ 101, 24 ff., 26 f. = NJW 1987, 3177 f. Siehe die ganz ähnlichen Regelungen z. B. auch in § 75 Abs. 1 Hessische Bauordnung 2011 bzw. § 83 BauO NRW. Siehe zum Landesrecht NRW das Urteil des OVG Münster v. 18.7.1995 – 11 A 11/94, NJW 1996, 1362 f., Ls. und S. 1363; wurde die Baulast nach Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch bewilligt, ist ihre Übernahme „auch gegenüber dem späteren Ersteigerer des Grundstücks nicht wirksam“ m. w. N.; dieser kann die Löschung im Baulastenverzeichnis durch verwaltungsgerichtliche Klage gegen die durch Verwaltungsakt erfolgte Versagung der beantragten Löschung erzwingen. 48) Palandt/Ellenberger, BGB, §§ 135, 136 Rz. 9, Hinweis auf BGH, Urt. v. 26.1.1983 – VIII ZR 258/81, BGHZ 86, 338 ff., 339 f. zu dem hier relevanten § 407 Abs. 1 BGB; ist ein Rechtsstreit zwischen Vollstreckungsschuldner und Drittschuldner über die Forderung anhängig, gilt § 407 Abs. 2 BGB, siehe BGHZ 86, 339. 49) Palandt/Sprau, BGB, § 816 Rz. 18 ff., 18 m. w. N.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

6.

Verfahrensrechtliche Durchsetzung des „Verfügungsverbots“ sowie Ansprüche des Gläubigers und Behandlung im Grundbuchverfahren

a) Verfahrensrechtliche Durchsetzung des relativen Verfügungsverbots Eine andere Frage betrifft das Thema, wie die relative Unwirksamkeit verfahrensrechtlich durchgesetzt wird. Den umgekehrten Fall des Einwandes der Zustimmung des Gläubigers hat der BGH dahingehend entschieden, dass nicht im Grundbuch gemäß § 28 Abs. 1 ZVG vor der Beschlagnahme verlautbarte Umstände unberücksichtigt bleiben, soweit sie nicht angemeldet worden sind.50) Die Folge des relativen Verfügungsverbots, das eben tatsächlich zu „schwebender Wirksamkeit“ führt, ist, dass der Begünstigte sich auf seine Rechtsposition berufen und sie mangels Ersichtlichkeit aus dem Grundbuch nach § 37 Nr. 4 ZVG anmelden und ggf. gemäß § 294 ZPO glaubhaft machen muss. Das von dem Dritten behauptete der Versteigerung entgegenstehende Recht muss er, wie der BGH zu V ZB 103/1151) entschieden hat, im Prozessweg vor den ordentlichen Gerichten nach §§ 771, 772 ZPO durchsetzen; dem Vollstreckungsgericht ist das Urteil oder eine einstweilige Anordnung vorzulegen (vgl. § 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO).

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Da die lediglich gegenüber dem begünstigten Anordnungs- oder Beitrittsgläubiger bestehende relative Unwirksamkeit bei Beschlagnahmewidrigkeit die Verfügung nicht insgesamt wirkungslos macht, ist die Frage zu beantworten, an welcher Rangstelle des § 10 Abs. 1 ZVG derartige Rechte zu befriedigen sind. Die Antwort gibt § 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG (Rangklasse 6): Im Zusammenwirken mit § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG ordnet die Norm diejenigen „Ansprüche aus [dinglichen] Rechten an dem Grundstück“ (= alle Rechte im Grundbuch sowie außerhalb desselben, z. B. Ansprüche auf Überbau- und Notwegrenten, vgl. § 914 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB; § 917 Abs. 2 BGB), die dem jeweiligen betreibenden Gläubiger gegenüber infolge der Beschlagnahmewirkung unwirksam sind (vgl. § 23 ZVG), einer eigenen Rangklasse 6 zu. Das Problem der Praxis bei mehreren gleichzeitig vorliegenden Fällen beschlagnahmewidriger oder der mit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks zeitlich zusammenfallenden Eintragung anderer Rechte ist weniger die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Befriedigung in der Rangklasse 4 oder in der Rangklasse 6 erfolgt.52) Vielmehr ist diese Frage und damit diejenige der Teilhabe an der Erlösverteilung für jeden der beteiligten Gläubiger gesondert zu entscheiden, sodass sich der Teilungsplan (bei hinreichender Masse) als ungewöhnlich komplex erweisen kann. In der Praxis dürften solche Fälle indes eher selten sein.

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b) Weitergehende Ansprüche von Gläubigern gegen den Schuldner bzw. den Dritten? Soweit in der Literatur im Verhältnis zum Schuldner schadenersatzrechtliche Forderungen (u. a. aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. strafrechtlichen Schutzvorschriften wie § 136 Abs. 1 StGB, Verstrickungsbruch) ins Auge gefasst werden, ist dies hier _____________ 50) Vgl. die Thematik unter Rz. 15 f. Aufteilung in Wohnungseigentum. 51) ZfIR 2012, 441, Rz. 9. 52) Vgl. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 17.

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Wirkungen der Beschlagnahme

nicht weiter zu vertiefen.53) In der Praxis der Gläubiger spielt das keine wirkliche Rolle, zumal bei dem betroffenen Schuldner, wie bereits die Zwangsvollstreckung gegen ihn in die Immobilie zeigt, ganz selten ein weitergehender Anspruch ökonomisch durchzusetzen sein dürfte. Es bleibt dann noch, in einem etwaigen Insolvenzverfahren die Versagung der Restschuldbefreiung auf dem dornenvollen und bislang nicht sehr erfolgversprechenden Weg der Anmeldung einer Insolvenzforderung wegen vorsätzlich unerlaubter Handlung (§ 174 Abs. 2 InsO) zu betreiben, der ökonomisch in aller Regel wirtschaftlich kaum aussichtsreich ist. Dasselbe gilt bei Forderungen für den Anspruch nach § 816 Abs. 1 BGB, wenn der Berechtigte die Verfügung genehmigen und ex tunc endgültig wirksam machen würde (analog § 185 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 184 BGB), soweit nicht ein Anspruch gegen einen Dritten nach Satz 2 dieser Norm bei unentgeltlicher Verfügung bestehen sollte. Für die Eingriffskondiktion des § 816 Abs. 2 BGB bei den Forderungen (siehe unten) gilt nichts anderes. Anders mag das wirtschaftlich sein, wenn im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers der Insolvenzverwalter beschlagnahmewidrig verfügen sollte und damit in das Absonderungsrecht des Gläubigers eingreift. 31

Bei kollusivem Zusammenwirken des Dritten („Versteigerungsverhinderer“) mit dem Schuldner mögen die zugrunde liegenden Geschäfte an den §§ 138, 134 BGB im Einzelfall scheitern, evtl. sogar das dingliche Geschäft. Gegen den Dritten bestehen dann naturgemäß delíktische Ersatzansprüche, z. B. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. strafrechtlichen Normen oder gemäß § 826 BGB.

32

Zu beachten ist ferner die Regelung des § 888 Abs. 2 BGB, die den durch ein relatives Veräußerungsverbot Begünstigten (hier: der betreibende Gläubiger) dem Inhaber einer Vormerkung gleichstellt und ihm gegen den Dritten den Anspruch auf Zustimmung „zur Eintragung oder Löschung“ zuerkennt (§ 888 Abs. 1 BGB), um seine geschützten Gläubigerrechte im Verfahren durchsetzen zu können.54)

33

Bei beweglichen Sachen erinnert Hintzen zutreffend an die Judikatur des Reichsgerichts, welches bei beschlagnahmewidriger Verfügung dem Beschlagnahmegläubiger sowie später dem Ersteher die Klage auf „Rückschaffung“ des Gegenstandes

_____________ 53) Vgl. zu der Problematik den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a./Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 26 f. zu Ansprüchen gegen den Dritten sowie Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 23 zu dem strafrechtlichen Aspekt des § 136 StGB. Regelmäßig wird es dabei um den Generaltatbestand des § 136 StGB gehen, die Verstrickungsentziehung „in anderer Weise“. Bei den mit beschlagnahmten Mobilien steht im Vordergrund ggf. die Rückdatierung einer Sicherungsübereignung vor den Beschlagnahmezeitpunkt, die zugleich den Tatbestand des § 288 StGB (Vereiteln der Zwangsvollstreckung) darstellt, siehe BGH, Beschl. v. 20.3.2000 – 2 ARs 489/99 u. a., Internetpublikation des BGH (www.bundesgerichtshof.de), S. 10, 12. 54) Vgl. Palandt/Bassenge, BGB, § 888 Rz. 10 m. w. N.; Palandt/Ellenberger, a. a. O., §§ 135, 136 Rz. 7; um einen Grundbuchberichtigungsanspruch im eigentlichen Sinne, wie Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 8, meint, geht es dabei nicht.

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Wirkungen der Beschlagnahme

auf den zu versteigernden Grundbesitz zuerkannt hatte. Das ist bei Bejahung eines Schadenersatzanspruchs zugleich Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB.55) c) Behandlung der Thematik im Grundbuchverfahren Im Grundbuchverfahren ist die Reihenfolge, die § 17 GBO vorgibt, einzuhalten. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, anstehende Eintragungen nur gleichzeitig oder erst nach dem Vollstreckungsvermerk oder nur nach vorheriger Zustimmung des betreibenden Gläubigers (vgl. § 19 Rz. 21 (Cranshaw]) vorzunehmen.56)

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IV. Verfügung über bewegliche Sachen im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG stellt eine Ausnahme von dem relativen Verfügungsverbot im Hinblick auf die mitbeschlagnahmten beweglichen Sachen dar. Die dort relevanten beschlagnahmewidrigen Verfügungen sind die Übereignung bzw. die Belastung mit Pfandrechten, auch mit dem besitzlosen Pfandrecht der Sicherungsübereignung (vgl. die Legaldefinition des § 51 Nr. 1 InsO i. V. m. § 50 InsO). Der von Böttcher zutreffend genannte Nießbrauch dürfte in der Praxis eher selten sein. Der Umfang der Beschlagnahme der in § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG angesprochenen beweglichen Sachen folgt aus § 21 Abs. 1 ZVG.57) Erfasst sind insbesondere die Zubehörstücke und die mit dem Boden verbundenen Erzeugnisse, soweit darüber verfügt werden kann oder soweit sie belastet werden können. Nach dem Inhalt des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG verfügt der Eigentümer/Vollstreckungsschuldner gegenüber dem betreibenden Gläubiger wirksam nur dann, wenn es sich um „einzelne Stücke“ handelt. Das Gegenstück ist die Verfügung über Sachmehrheiten oder Sachgesamtheiten (z. B. eine pauschale Veräußerung „des gesamten Zubehörs“ o. ä.), die relativ unwirksam sein soll. Die Verfügung bedarf daher, um endgültig wirksam zu werden, der Zustimmung der betroffenen betreibenden Gläubiger. Eine weitere Schranke bestimmt die Norm dadurch, dass auch bei der Verfügung über ein einzelnes Zubehörstück die Grenzen der ordnungsmäßigen Wirtschaft (= ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks in seinem aktuellen Zustand) eingehalten werden müssen. Der Begriff der ordnungsmäßigen Wirtschaft ist derselbe wie in den §§ 24, 25 ZVG, auf die dortige Kommentierung im vorliegenden Kommentar wird daher verwiesen. Der Schuldner behält außerhalb der Zwangsverwaltung Besitz und Nutzen des Grundbesitzes (§§ 24 f. ZVG); im selben Rahmen soll er auch über bewegliche und mit beschlagnahme Sachen verfügen können. Die Ersatzbeschaffung muss ebenso möglich sein wie die betrieblich veranlasste Außerdienststellung und Veräußerung von Zubehör (von der Maschine über die Produktionsstrasse bis zum im Einzelfall als Zubehör zu werten_____________ 55) Dassler/Schiffhauer/u. a./Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 27 mit Fn. 26 m. w. N. zur reichsgerichtlichen Judikatur; den Rückverschaffungsanspruch bejaht eine einzige Entscheidung, RG, Urt. v. 11.3.1909 – Rep. V 245/08, RGZ 70, 378 f., 379; die ebenfalls dort in Fn. 26 – 28 zitierten Urteile v. 17.6.1906 – Rep. V 629/07, RGZ 69, 85 ff. sowie v. 7.5.1910 – Rep. V 354/09, RGZ, 73, 333 ff.) befassen sich mit geltend gemachten Ersatzansprüche gegen Werkunternehmer nach Entfernung von zu Bestandteilen gewordenen Sachen (RGZ 73, 333) bzw. mit Herausgabeansprüchen auf Verkaufserlöse von Zubehör durch den Konkursverwalter (RGZ 69, 85). Siehe zu der Thematik auch die eingehende Darstellung bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 20 – 23. 56) So Böttcher, ZVG, § 23 Rz. 12 m. w. N.; dieser Meinung wird man zustimmen. 57) Siehe im Einzelnen § 21 Rz. 1, 6 [Cranshaw].

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den LKW), soweit der Betrieb fortgeführt wird und sich die Maßnahme als betriebsspezifisch, ggf. auch branchenspezifisch, qualifizieren lässt. Sind die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG zu bejahen, hat der Eigentümer des Grundstücks und Vollstreckungsschuldner gegenüber jedermann wirksam verfügt, auf etwaigen guten Glauben eines Erwerbers kommt es dann nicht (mehr) an, denn die Verfügung ist nicht beschlagnahmewidrig. V. Wirksamer Erwerb eines Dritten trotz eingetretener Beschlagnahmewirkung 1.

Wirksamer Erwerb nach Beschlagnahme ohne das Erfordernis guten Glaubens

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Der Erwerb des Eigentums an dem beschlagnahmte Grundbesitz oder der Erwerb von Rechten daran als Folge von Verfügungen, wie sie unter Rz. 14 paradigmatisch beschrieben werden, ist trotz der relativen Unwirksamkeit gegenüber dem betreibenden Gläubiger in einem regelmäßig schmalen Zeitfenster unter den Voraussetzungen des § 878 BGB möglich. Voraussetzung ist, dass der betroffene Eigentümer/ Vollstreckungsschuldner die Verfügung zugunsten des dritten Empfängers getätigt hat, wobei die entsprechende Erklärung für ihn bindend geworden sein muss (vgl. §§ 873 Abs. 2, 875 Abs. 2, 877 BGB i. V. m. § 873 Abs. 2 BGB). Ferner muss der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt worden sein; der Begünstigte ist freilich nur dann geschützt, wenn der Antrag vom Verfügenden nicht zurückgenommen werden kann. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, wenn es also zum Rechtserwerb ausschließlich noch der Eintragung bedarf, die von Unwägbarkeiten beim Grundbuchamt abhängig sind, kann der Erwerber rechtswirksam gegenüber dem betreibenden Gläubiger erwerben, obwohl die Beschlagnahmewirkung eingetreten ist. Auf den guten Glauben des Dritten (an die uneingeschränkte Verfügungsberechtigung des Eigentümers/Vollstreckungsschuldners) kommt es nicht an. Zum gutgläubigen Erwerb siehe nachfolgend unter Rz. 39 ff.

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Dasselbe gilt für eingetragene Binnenschiffe nach § 3 Abs. 3 SchiffsRG (der § 878 BGB entspricht) bzw. für alle Schiffe nach den dortigen Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SchiffsRG bezüglich des Schiffs selbst, § 4 Abs. 2 SchiffsRG, 932 ff. BGB für Zubehörstücke).

38

Bei in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen enthält § 5 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 LuftfzG im Hinblick auf die Wirksamkeit der Eintragung eines Registerpfandrechts in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eine § 878 BGB vergleichbare Regelung, wenn die Verfügungsbeschränkung (z. B. die Beschlagnahme zum Zwecke der Versteigerung) vor Eintragung, aber nach Bindungswirkung der Bestellung für den Eigentümer eintritt. § 16 LuftFzgG stellt – ähnlich § 892 BGB – den Gutglaubensschutz im Hinblick auf das Registerpfandrecht her. 2.

Guter Glaube des Dritten bei Verfügungen des Schuldners nach Beschlagnahme gemäß § 23 Abs. 2 ZVG

a) § 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG 39

Der Dritte, zu dessen Gunsten verfügt wurde, hat auch außerhalb des § 878 BGB eine davon zu unterscheidende zweite „Verteidigungslinie“. § 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG 344

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

nimmt Bezug auf § 135 Abs. 2 BGB und dieser wiederum auf die Vorschriften über den (gutgläubigen) Erwerb vom Nichtberechtigten. Wie § 23 Abs. 2 Satz 2 ZVG belegt, bezieht sich Satz 1 auf die Immobile selbst wie auch auf die mit beschlagnahmten beweglichen Sachen. Bei der Immobilie bezieht sich die Norm auf die Bestimmung des § 892 Abs. 1 BGB, den „öffentlichen Glauben“ des Grundbuchs. Es geht dabei um den guten Glauben des Erwerbers gemäß § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB daran, dass eine (hier durch die Beschlagnahme bewirkte) Verfügungsbeschränkung nicht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn er die Beschlagnahme nicht kennt und wenn sie nicht aus dem Grundbuch (in Gestalt des Vollstreckungsvermerks) erkennbar ist. Dabei ist zwischen dem Zwangsversteigerungsvermerk und dem Zwangsverwaltungsvermerk zu unterscheiden. Der gute Glaube ist spätestens dann zerstört, wenn der Vollstreckungsvermerk im Grundbuch eingetragen ist (vgl. § 19 Abs. 1 ZVG). Im Hinblick auf die verschiedenen Zeitpunkte der Beschlagnahmewirkung (siehe § 22 ZVG) hat der Gesetzgeber die Bösgläubigkeit aber nicht allein von der Eintragung des Vermerks im Grundbuch abhängig gemacht. Vielmehr ist jegliche Kenntnis von der Beschlagahme schädlich, sogar schon die positive Kenntnis des Versteigerungsantrags. b) Bösgläubigkeit bei Erwerb von Rechten an den „mithaftenden beweglichen Sachen“ Bei den mit beschlagnahmten beweglichen Sachen (d. h. im Wesentlichen das Zubehör) wird die Kenntnis von der Beschlagnahme fingiert, sobald der Versteigerungsvermerk eingetragen ist, § 23 Abs. 2 Satz 2 ZVG, soweit sie nicht schon früher bekannt geworden ist.

40

Fehlt es an der Kenntnis von der Beschlagnahme, führt § 135 Abs. 2 BGB zu den Bestimmungen der §§ 932 ff. über den gutgläubigen Erwerb und den verschiedenen Verweisungen auf diese Regelungen in den Vorschriften über die Übertragung oder Belastung von Mobilien. Der gutgläubige Erwerb ist dort, insbesondere auch bei den Zubehörstücken (§§ 97, 98 BGB) oder Erzeugnissen (§ 99 Abs. 1 BGB),58) differenziert gestaltet. Im Fokus befindet sich die grundpfandrechtliche Haftung nach den §§ 1120 ff. BGB. Neben der Begrenzung der Beschlagnahmewirkung bei den Erzeugnissen steht die geminderte Einbindung der Erzeugnisse und der „sonstigen Bestandteile“ nach den §§ 1120 ff. BGB i. V. m. den §§ 954 ff. BGB in den Haftungsverband der Grundpfandrechte.

41

Die betroffenen Gegenstände, in der Praxis insbesondere das Zubehör, werden bei der Veräußerung von der grundpfandrechtlichen Haftung nach Eintritt der Beschlagnahmewirkung nur wie nachfolgend dargestellt frei.

42

_____________ 58) Zum Umfang der Erzeugnisse siehe § 21 Rz. 1 [Cranshaw] sowie den Überblick bei Prütting/Wegen/Weinreich/Völzmann-Stickelbrock, BGB, § 99 Rz. 2 f. Im Hinblick auf § 21 Abs. 1 ZVG ist die Thematik des gutgläubigen Erwerbs begrenzt, da der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung nur die nicht vom Boden getrennten Erzeugnisse unterworfen sind; anders in der Zwangsverwaltung, § 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG.

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§ 23

Wirkungen der Beschlagnahme

43

Zu differenzieren ist dabei, ob die beschlagnahmewidrige Verfügung mit der Veräußerung (dann § 1121 Abs. 2 BGB) oder der Entfernung eingeleitet wurde:59)

44

Wurde die Veräußerung vor der Entfernung, also noch auf dem betroffenen Grundbesitz vorgenommen, kann sich der Erwerber nicht auf fehlende Unkenntnis hinsichtlich des Bestehens des Grundpfandrechts berufen (§ 1121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Er soll jedoch nicht vollständig vom gutgläubigen Erwerb abgeschnitten werden. Er muss aber dazu beim letzten Teilakt, der Entfernung, gutgläubig im Hinblick auf das Fehlen der Beschlagnahme sein. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Beschlagnahme vor oder nach der Veräußerung eingetreten ist, solange sie nur bei der „Entfernung“ bestanden hat.

45

Ist hingegen die Zugehörigkeit zu dem Vollstreckungsgrundstück gelockert und wurde die bewegliche Sache vor der Veräußerung vom Grundstück getrennt, so ist § 1121 BGB nach seinem Wortlaut nicht anwendbar. Vielmehr sind die §§ 932 ff., 135 Abs. 2 BGB, 23 Abs. 2 ZVG unmittelbar heranzuziehen. Ob die Beschlagnahme vor oder nach der Entfernung liegt, ist auch bei dieser Konstellation ohne Bedeutung.

46

In allen Fällen genügt grob fahrlässige Unkenntnis vom Bestehen der Beschlagnahme, während § 892 BGB positive Kenntnis verlangt.

47

Daneben ist für die Zubehörstücke das Erlöschen der Haftung nach § 1122 BGB zu beachten. VI. Dauer der Beschlagnahme

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Die Beschlagnahme dauert von der Wirksamkeit ihrer Anordnung aufgrund Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss bis zur Aufhebungsentscheidung fort.60) Das Gesetz enthält keine Regelung zur Beschlagnahmedauer, sie folgt aber der Natur der Sache nach grundsätzlich aus der Dauer des Verfahrens (vgl. z. B. § 34 Rz. 2 f. [Popp] Löschung des Versteigerungsvermerks sowie § 27 Rz. 24 [Cranshaw], zum Beitritt bis zur Verfahrensaufhebung). Dieses wiederum ist nach den Motiven erst dann aufhebungsfähig, wenn „die Anträge endgültig erledigt sind.“61) Demgemäß bleibt auch das Veräußerungsverbot bis dahin aufrechterhalten, es setzt sich im Ergebnis bei Wegfall des ursprünglichen Vollstreckungsgegenstandes am Surrogat fort, am Versteigerungserlös (vgl. für die durch den Zuschlag erloschenen Rechte § 92 Abs. 1 ZVG) ebenso wie an den verteilungsfähigen Erlösen der Zwangsverwaltung und an dem Erlös aus der Verwertung von Mobilien.62)

_____________ 59) Vgl. im Einzelnen bzgl. der nachfolgenden Darstellung/Aufstellung unter Rz. 44 f. die Übersicht/Struktur bei Palandt/Bassenge, BGB, § 1121 Rz. 4 – 8. 60) BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, u. a. NJW 2008, 3067 f. (zur Zwangsverwaltung, verallgemeinerungsfähig). 61) Zit. nach Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 34 Rz. 1. 62) Zum Steigerlös vgl. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 7 a. E.; zu den Mobilien vgl. bzgl. der Rechte am bzw. auf den Erlös nach beschlagnahmewidriger Zubehörverwertung durch den Konkursverwalter RG, Urt. v. 17.6.1908 – Rep. V 629/07, RGZ 69, 85 ff., 91 ff.

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Verwaltung und Benutzung innerhalb ordnungsmäßiger Wirtschaft

§ 24

§ 24 Verwaltung und Benutzung innerhalb ordnungsmäßiger Wirtschaft Die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks verbleibt dem Schuldner nur innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft. Literatur: Gaier, Rechtsfolgen des Rücktritts vom Grundstückskaufvertrag bei Belastung des Leistungsgegenstandes, ZfIR 2002, 608 ff.; Kirsch, Wiederbepflanzungsrecht in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1998, 192. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. 1 II. Anwendungsbereich des § 24 ZVG ............................................... 3 III. Ordnungsmäßige Wirtschaft bei Verwaltung und Benutzung ............... 6 1. Überblick und Folgen des Überschreitens der gezogenen Grenzen durch den Schuldner .............. 6 2. Eigenwirtschaftliches Handeln des Schuldners ....................................... 9 3. Einzelfälle ............................................ 10 a) Zubehör gemäß §§ 20 Abs. 1 ZVG, 1120, 97 BGB ..................... 10

I.

b) Miete und Pacht ........................... 12 c) Versteigerungsgrundstücke der Urproduktion und Bergwerkseigentum ............................. 15 aa) Bergwerkseigentum ..................... 16 bb) Gewerblich genutzter Grundbesitz ............................................. 17 cc) Landwirtschaftlicher Grundbesitz und Auswirkungen des Agrarmarktes der Europäischen Union .................... 18

Zweck der Norm

§ 24 ZVG ist eine der vielen Normen, die seit dem Inkrafttreten des ZVG unverändert geblieben sind. Daher kann auch die historische Begründung der Norm herangezogen werden, die, wie zu zeigen sein wird, unverändert Sinn und Zweck der Regelung und ihrer systematischen Stellung im Gesetz entspricht. Jaeckel/Güthe zitiert aus den Motiven zur „Rechtsstellung des Schuldners und des Gläubigers nach § 24“:

1

„Die Mot. bemerken: „Der Zweck der ZwVerst. erfordert nicht, dem Schuldner schon vor dem Zuschlage die Inhabung und Verwaltung des Grundstücks zu entziehen. Von einer Analogie des Konkursverfahrens kann hier keine Rede sein. Wenn einmal das Gesetz die ZwVerst. und die ZwVerw. als voneinander unabhängige VollstrMaßregeln behandelt (§ 866 ZPO.), so darf es diesen Standpunkt nicht dadurch verdunkeln, daß es das Verst.Verfahren mit Momenten beschwert, welche der ZwVerw. angehören. Wird eine solche nicht eingeleitet, so ist davon auszugehen, daß der Gläubiger kein berechtigtes Interesse an der Befriedigung seines Anspruchs aus den Nutzungen des Grundstücks hat. Die Befugnis, das Grundstück zu nutzen und zu bewirtschaften, kann daher dem Schuldner belassen werden. Das Gesetz hat nur die Grenzen zu bestimmen, in welchem sich diese Befugnis zu halten hat“.1)

Die historische Interpretation der Vorschrift zeigt danach mehrerlei, nämlich –

2

Die strikte Trennung von Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung als unterschiedliche Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. §§ 866, 869 ZPO) erfordert es, den Schuldner im Besitz des zu versteigernden Grundstücks zu belassen, wenn nicht aufgrund gesonderter Beantragung die Zwangsverwaltung als weiterer Vollstreckungsakt durchgeführt werden soll (§§ 146 ff. ZVG).

_____________ 1)

Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 24 Rz. 2.

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§ 24

Verwaltung und Benutzung innerhalb ordnungsmäßiger Wirtschaft



Bereits der historische Gesetzgeber hat anerkannt, dass die Verwaltung des Grundbesitzes und dessen Nutzung durch den Schuldner den Wert des Versteigerungsobjektes erheblich beeinflussen kann, namentlich eine nicht mehr „ordnungsgemäße“ Verwaltung und Nutzung („Verwahrlosung“ des Grundstücks) das Bietergebnis für den Gläubiger erheblich beeinträchtigt. Es spielt dabei keine Rolle, dass sich der Schuldner zugleich massiv selbst schädigt. Die Frage, ob eine nicht mehr ordnungsgemäße „Verwaltung und Benutzung“ Verschulden voraussetzt, dürfte angesichts des Wortlauts des § 24 ZVG (siehe § 25 Rz. 1 [Cranshaw]) wie auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift zu verneinen sein; regelmäßig wird Verschulden vorliegen2).



Die Innehabung des Vollstreckungsgrundstücks erhält dem Versteigerungsschuldner die Verwaltung des Grundbesitzes ebenso wie die Nutzungen (§ 100 BGB), der Begriff der „Benutzung“ meint eben die Nutzungen i. S. d. BGB einschließlich der Gebrauchsvorteile. Dabei hindert § 24 ZVG nicht die Nutzung des Grundbesitzes als Kreditunterlage3) gegen Besicherung durch Eintragung eines Grundpfandrechts. Die Verhinderung von Nachteilen für den betreibenden Gläubiger, auf dessen Antrag hin das Verfahren angeordnet und die Beschlagnahme bewirkt wurde, sichert das in § 23 ZVG geregelte „Veräußerungsverbot“ (§§ 135 f. BGB), das nach allgemeiner Meinung ein Verfügungsverbot darstellt.4) Erst recht nicht beeinträchtigt wird die Befugnis des Schuldners, die schuldrechtlichen Sicherungszweckabreden von Grundpfandrechten mit einem Finanzierer abzuändern, denn hierdurch wird nicht die dingliche Position des eingetragenen oder noch einzutragenden Grundpfandrechts berührt. Störungen in diesem Zusammenhang muss mit anderen Rechtsinstrumenten begegnet werden, beispielsweise mit denjenigen des AnfG bzw. der §§ 129 ff. InsO über die Insolvenzanfechtung.



Der Schuldner hat keine Verpflichtung, das Grundstück zu bewirtschaften, sondern nur die Berechtigung dazu. Dazu ist allerdings zu bemerken, dass der Wert des Grundbesitzes gerade nicht nur durch aktive schädigende Maßnahmen beeinträchtigt werden kann, sondern auch durch einfaches Unterlassen. Will der Gläubiger in derartigen Fällen für Wertstabilität und Aufrechterhaltung der Versteigerungsfähigkeit sorgen, obliegt es ihm, die Zwangsverwaltung zu beantragen, die auch als Sicherungsmaßnahme möglich ist, sogar wenn kein Er-

_____________ 2) 3) 4)

348

Siehe zum Verschulden bei Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N.; die Lage ist bei § 25 ZVG insoweit dieselbe wie bei § 24 ZVG. Zu diesem Aspekt des § 100 BGB siehe Palandt/Ellenberger, BGB, § 100 Rz. 1; Gaier, ZfIR 2002, 612. Siehe dazu § 23 Rz. 10 f. [Cranshaw] sowie bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 23 Rz. 2, 4, 6. Vgl. auch das Beispiel einer Eigentumsumschreibung, die vor Beschlagnahme erfolgt und den Beitritt zu einem bereits laufenden Versteigerungsverfahren vereitelt, bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 3 f. mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 31.5.1988 – IX ZR103/87, Rpfleger 1988, 543 = NJW-RR 1988, 1274.

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Verwaltung und Benutzung innerhalb ordnungsmäßiger Wirtschaft

§ 24

trag zu erwarten ist.5) Dem Gläubiger steht ferner die Möglichkeit des Antrags gemäß § 25 ZVG zur Seite. –

Überschreitet der Schuldner die Grenzen einer „ordnungsmäßigen Wirtschaft“, dann, so der Wortlaut der Norm, überschreitet er eben zugleich die Grenzen seiner Befugnisse, denn die Verwaltung und Benutzung ist ihm nicht schlechthin, sondern „nur“ im Rahmen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung gestattet. Ist auch nur zu besorgen, dass er sich nicht daran hält und dadurch die durch § 24 ZVG gezogenen Grenzen ordnungsgemäßer Wirtschaft überschritten werden, kann gemäß § 25 ZVG durch Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts auf Antrag des betreibenden Gläubigers Sorge getragen werden, dass die Gefährdung abgestellt wird.6) Diese Lösung ist systematisch richtig, es fragt sich natürlich nur, ob nicht das Gericht den Gläubiger gemäß § 139 ZPO im Sinne verfahrensökonomischen Vorgehens auf die Möglichkeit des Zwangsverwaltungsverfahrens aufmerksam macht. Was „Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft“ bedeuten, ist eine andere Frage, die von der Eigenart des jeweiligen Versteigerungsobjektes abhängt.



§ 24 ZVG entspricht im Insolvenzverfahren dem Fall des „debtor in possession“ durch Eigenverwaltung, wo Nachteile für die Gläubiger durch die Handlungen des Schuldners nach Maßgabe des § 272 InsO zur Aufhebung der Eigenverwaltung und zur Einsetzung eines Insolvenzverwalters führen. Der Insolvenzschuldner übt seine Verwaltungsbefugnis im Interesse der Ziele des Insolvenzverfahrens aus. Die Versteigerung ist Einzelvollstreckung, sodass der Schuldner erst recht im Besitz des Gegenstandes bleiben muss, wenn auch im Verfahrensinteresse in dem vom Gesetz umrissenen beschränkten Umfang „ordnungsmäßiger Wirtschaft“. Die Zielrichtung ist in beiden Fällen durchaus ähnlich.



Die Erwägungen des historischen Gesetzgebers erweisen sich bei ökonomischer wie rechtlicher Betrachtung unverändert als aktuell und zutreffend.

II. Anwendungsbereich des § 24 ZVG Die Bestimmung des § 24 ZVG hat Relevanz allein für die Vollstreckungsversteigerung. In den Sonderverfahren nach den §§ 172 ff. ZVG ist § 24 ZVG weitgehend gegenstandslos; diese Meinung entspricht der Kommentarliteratur. Entgegen der dortigen Meinung ist der Grund indes nicht der Besitz des Vollstreckungsgegen_____________ 5)

6)

§ 803 Abs. 2 ZPO, der die „zwecklose Pfändung“ unterbindet, vgl., auch zum Begriff, Zöller/Stöber, ZPO, § 803 ZPO, Rz. 9, ist im Zwangsversteigerungsverfahren nicht anzuwenden, BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IXa ZB 233/03, ZfIR 2004, 440 ff. = Rpfleger 2004, 302. Damit ist der Gedanke des § 803 Abs. 2 ZPO auch nicht in der Zwangsverwaltung heranzuziehen. So im Ergebnis auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, § 146 Rz. 58, wenn auch wohl mit der Einschränkung, dass dort „besondere Gründe“ für die Anordnung der Zwangsverwaltung gefordert werden, wenn auf „absehbare Zeit“ nicht mit Erlösen gerechnet werden darf. Nach hier vertretener Ansicht steht es dem Gläubiger frei, zur Verhinderung der Verwahrlosung der Immobilie oder des Eintritts vergleichbarer Umstände wahlweise nach § 25 ZVG vorzugehen oder die Zwangsverwaltung zu beantragen, auch wenn längerfristig mit Sicherheit kein Ertrag zu erwarten ist. Das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers ist dann gleichwohl für keinen der beiden Vorgehensweisen zu verneinen. Siehe dazu § 25 Rz. 1, 3, 5, 9 ff. [Cranshaw].

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§ 24

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standes,7) der dem Schuldner auch in der Vollstreckungsversteigerung gerade bleibt, sondern das Fehlen eines zu schützenden betreibenden Gläubigers bzw. das Bestehen anderweitiger Schutzmechanismen, sodass es auch der analogen Anwendung des § 24 ZVG nicht bedarf. Bei der Insolvenzverwalterversteigerung nach § 172 ZVG gibt es begrifflich keinen Gläubiger, den die §§ 24, 25 ZVG voraussetzen; dies gilt auch dann, wenn der Schuldner selbst als Debtor in Possession im Rahmen der Eigenverwaltung nach § 282 InsO i. V. m. § 172 ZVG vorgeht.8) Die Schutzmechanismen für die Gläubiger sind dort andere als die §§ 24, 25 ZVG, nämlich diejenigen der Insolvenzordnung, u. a. das Einvernehmen mit dem Sachwalter bei der Verwertung und die Anzeige des Sachwalters gemäß § 274 Abs. 3 InsO an Gläubigerausschuss, Insolvenzgericht bzw. die Gläubiger nach Maßgabe des § 274 Abs. 3 Satz 2 InsO, wenn Einvernehmen mit dem Sachwalter nicht erzielt werden konnte. 4

Für die Versteigerung von Schiffen und Luftfahrzeugen bestehen Sonderregelungen, die § 24 ZVG ausschließen.9)

5

Für die Zwangsverwaltung bestehen ohnehin die dortigen Sonderregelungen, sodass § 24 ZVG keinen Anwendungsbereich hat. III. Ordnungsmäßige Wirtschaft bei Verwaltung und Benutzung 1.

Überblick und Folgen des Überschreitens der gezogenen Grenzen durch den Schuldner

6

Im Kernbereich der Bestimmung steht die Frage, was im Einzelfall „ordnungsmäßige“ Wirtschaft bedeutet und wo ihre Grenzen liegen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass eine Fortsetzung bestehender Nutzung/Bewirtschaftung außerhalb des Anwendungsbereiches des § 24 ZVG liegt. Will der Gläubiger hier ggf. etwas erreichen, kann er dies allenfalls im Rahmen der Zwangsverwaltung bewirken, die zwar ebenfalls darauf ausgerichtet ist, den bestehenden Zustand aufrechtzuerhalten und nur ausnahmsweise Änderungen in der Nutzung erlaubt (vgl. 5 Abs. 1 ZwVwV mit der ausdrücklichen Ausnahme in § 5 Abs. 3 ZwVwV, „begonnene Bauvorhaben fertigzustellen“). § 5 ZwVwV ist eine Sollvorschrift, die Abweichungen gestattet, wenn dies erforderlich ist, um einen für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung tauglichen Zustand herbeizuführen. Mit anderen Worten ist eine Änderung des vom Zwangsverwalter vorgefundenen Zustands geboten, wenn dies notwendig ist, um im Ergebnis erst eine ordnungsmäßige Nutzung herzustellen.10) Erst recht muss dann für den das Grundstück besitzenden Vollstreckungschuldner gelten, dass er nichts unternehmen muss, um die bestehende Nutzung positiv zu verändern.

7

Überschreitet er die ihm gezogenen Grenzen, mag das im Einzelfall, wie in der Literatur angemerkt wird, zur Strafbarkeit gemäß § 136 Abs. 1 StGB führen, wenn der Vollstreckungsgegenstand „zerstört, beschädigt, unbrauchbar…“ gemacht wird. _____________ 7) Vgl. aus der Kommentarliteratur Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 2; Böttcher, ZVG, § 24 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 24 Rz. 1.2. 8) Die Versteigerung durch den Schuldner selbst bejaht aus diesseitiger Sicht zutreffend HK-InsO/Landferman, § 282 Rz. 1, 4 m. w. N. 9) Stöber, ZVG, § 24 Rz. 1.2, § 162 Rz. 91 und Rz. 171a Rz. 3. 10) Stöber, ZVG, § 152 Rz. 4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 152 Rz. 10 ff., 14 f., 17 m. w. N.

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§ 24

Diese Erwägung erscheint jedoch ebenso wie diejenige, der Vollstreckungsschuldner schulde ggf. dem Gläubiger (deswegen) Schadenersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB,11) mangels Rechtspflicht des Schuldners zur „Bewirtschaftung“ nur relevant, soweit vorsätzliches aktives Tun zu bejahen ist. Ökonomisch ist sie auch nicht weiterführend, weil die Immobiliarvollstreckung, von den Teilungsversteigerungen abgesehen, durchgängig nur deshalb betrieben wird, weil der Schuldner nicht mehr hinreichend liquide ist, seine Gläubiger zu befriedigen. Unterlässt der Schuldner gebotene Maßnahmen, ist das straflos, da die Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen eines unechten Unterlassungsdeliktes (§§ 13, 136 StGB) nicht bestehen, ein Ersatzanspruch wegen Delikts scheidet ebenfalls von vornherein aus.12) Die Nutzung durch den Schuldner umfasst, wie die §§ 99, 100 BGB belegen, die Sach-und Rechtsfrüchte und die Gebrauchsvorteile. Von den spezifisch gärtnerisch, land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken und Grundstücksteilen ebenso abgesehen wie von denjenigen, die bergrechtlich ausgebeutet werden (generell Bodenschätze, u. a. Kiesgewinnung), ist dies –

die Nutzung des Grundbesitzes zum persönlichen Wohnen (das sind die Fälle der Versteigerung des eigengenutzten Familienheimes oder der Eigentumswohnung bzw. ideeller Miteigentumsanteile daran; dazu gehört auch die selbstgenutzte Ferienwohnung);



die Nutzung des Versteigerungsgegenstandes zur Ausübung eines Gewerbes oder einer freiberuflichen Tätigkeit (aleatorisch ausgewählte Beispiele: Ärztehaus einer GbR; Anwaltskanzlei; Ladenlokal; Recyclingunternehmen; Tankstellenbetrieb);

_____________ 11) So zu beidem Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 1; ebenso bei aktivem Tun, Böttcher, ZVG, § 24 Rz. 1; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 7. Soweit Fischinger (a. a. O., § 24 Rz. 7 m. w. N.) auf die Möglichkeit der Unterlassungsklage bzw. der Anordnung durch das Prozessgericht wegen Verschlechterung des Grundpfandrechts bzw. des Zubehörs nach den §§ 1134 f. sowie auf die Möglichkeit der Sequestration nach § 938 Abs. 2 ZPO durch einstweilige Verfügung hinweist, ist das zwar strukturell richtig, geht aber in der Versteigerungspraxis ins Leere. Hier wird man den Weg des § 25 ZVG bzw. der Zwangsverwaltung gehen müssen; ferner stellt sich schon die Frage, ob bei bereits angeordneter Beschlagnahme im Versteigerungsverfahren noch das Rechtsschutzinteresse für die als Alternativen vorgeschlagenen Rechtsinstrumente bejaht werden kann. Für eine Sequestration nach § 938 Abs. 2 ZPO dürfte es auch am Verfügungsgrund fehlen, zumal eine ungünstige Vermögenslage, die die Ursache sein mag, dass sich der Schuldner nicht um die Erhaltung kümmert, grundsätzlich keinen Verfügungsgrund darstellt, Zöller/ Vollkommer, ZPO, § 936 Rz. 10 m. w. N. Die Sequestration würde allerdings nur das Grundstück als solches und die beschlagnahmten Gegenstände umfassen, nicht den gesamten Gewerbebetrieb. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 3, hält den Weg über die §§ 1134, 1135 BGB, 938 ZPO für unzulänglich und betrachtet die Lösung über das Vollstreckungsgericht nach § 25 ZVG für eleganter, schneller und kostengünstiger als die (kostenträchtige) Zwangsverwaltung. Dem ist zu widersprechen, da die §§ 24, 25 ZVG sicher nur in Extremfällen greifen, bei denen der objektive Missbrauch durch den Schuldner evident ist und weitgehende Sequestrationslösungen geboten sein dürften, die ebenfalls kostenauslösend sind. Siehe zu Letzterem § 25 Rz. 22 – 25 [Cranshaw]. 12) So auch Böttcher, ZVG, § 24 Rz. 1.

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die Nutzung des Versteigerungsobjektes zur Erzielung von Miete oder Pacht (= Rechtsfrucht nach § 99 Abs. 3 BGB13);



die Nutzung der beweglichen Gegenstände und Forderungen, auf die sich die Beschlagnahme erstreckt (vgl. §§ 20 Abs. 2, 21 ZVG, §§ 1120 ff. BGB).

2.

Eigenwirtschaftliches Handeln des Schuldners

Der Vollstreckungsschuldner übt diese Nutzung nicht im Gläubigerinteresse aus; er muss damit auch weder Rechnung legen noch irgendwelche Gewinne, Überschüsse usw. abführen. Die ökonomischen Ergebnisse der Verwaltung und Nutzung haben die betreibenden Gläubiger und das Vollstreckungsgericht nicht zu kümmern. Der Schuldner ist auch nicht auskunftspflichtig. Umgekehrt haben die Gläubiger ihm auch keine Leistungen zu erbringen, wenn das gewerblich genutzte Grundstück den alleinigen Lebensunterhalt des Schuldners und seiner Familie erbringt und die Erträge nicht ausreichen (siehe dazu die gerade anderweitige Situation in der Zwangsverwaltung in den Fällen des § 149 Abs. 1, 3 ZVG). Die Folge des § 24 ist damit zugleich, dass der Schuldner, dessen Finanzierung Not leidend geworden ist und dessen selbstgenutztes Haus versteigert wird, bis zum Zuschlag ohne jede Leistung an den betreibenden Gläubiger, dem er aus persönlicher (Darlehens)Schuld verpflichtet ist, dort wohnt. Allerdings gehen die Betriebskosten zu seinen Lasten. Mit anderen Worten führt allein die tatsächlich erfolgende Wirtschaftsführung, nicht deren Unterlassen, zu der Problematik einer etwaigen Überschreitung der Grenzen der „ordnungsmäßigen Wirtschaft“.14) 3.

Einzelfälle

a) Zubehör gemäß §§ 20 Abs. 1 ZVG, 1120, 97 BGB 10

Problematisch ist zunächst die Nutzung der Gegenstände des Zubehörs über Gebühr, also ein typischer Verstoß gegen eine „ordnungsmäßige Wirtschaft“. Dabei besteht aber das Problem, dass der Begriff des Zubehörs (§ 97 BGB) ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, der im Einzelfall unklar ist. Meist wird es gerade nicht darum gehen, dass Zubehörstücke nach der Beschlagnahme von dem Grundstück entfernt werden (§ 1121 BGB), sondern eher darum, ob die Zubehöreigenschaft innerhalb ordnungsgemäßer Wirtschaft aufgehoben wurde (§ 1122 Abs. 2 BGB). Ferner wird eine Rolle spielen, ob die Gegenstände übermäßig genutzt wurden im Vergleich zur bisher üblichen betrieblichen Nutzung.15)

11

Beispiel: Ein gewerbliches Unternehmen betreibt innerbetrieblich einige Fahrzeuge und Maschinen. Davon ist ein Teil geleast, ein Teil steht im Eigentum; die letzteren sollen Zubehör sein. Nach der Beschlagnahme des Grundbesitzes kann sich das Unternehmen mit den Leasinggebern vergleichen, gibt die geleasten Fahrzeuge und Maschinen zurück und führt das Gewerbe allein mit den im Eigentum stehenden Zubehörgegenständen weiter. Deren Betriebsdauer wird verdoppelt, Wartungen _____________ 13) Palandt/Ellenberger, BGB, § 99 Rz. 4 m. w. N. (dort: „mittelbare Sach- u. Rechtsfrüchte“). 14) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 7, 8. 15) Siehe zu dem Parallelproblem bei sicherungsübereigneten Gegenständen im Insolvenzverfahren die §§ 166, 172 InsO (i. V. m. § 282 InsO in der Eigenverwaltung).

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nicht mehr durchgeführt. Das ist ein Anwendungsfall des § 24 ZVG, der allerdings in praxi nur schwer beweisbar sein wird. b) Miete und Pacht Als Folge des § 21 Abs. 2 ZVG scheinen Vermietung und Verpachtung von § 24 ZVG nicht berührt zu werden, sodass auch jede beliebige Neuvermietung dem Vollstreckungsschuldner gestattet wäre.16) Die Frage, ob es hier Grenzen gibt und wo sie liegen, wird nicht einheitlich beantwortet.

12

In der Rechtsprechung hat das LG Kiel relative Unwirksamkeit (§§ 23, 24 ZVG) eines Mietvertrages angenommen, den der Schuldner nach Anordnung der Versteigerung „mit Verlust“ abgeschlossen hatte und nicht nur dem Gläubiger, sondern auch dem Ersteher diesen Einwand ermöglicht. Die Kammer hat zugleich darauf erkannt, die dort unzweifelhafte Verletzung des Grundsatzes ordnungsmäßiger Wirtschaft sei „stets nach objektiven Gesichtspunkten“ zu bemessen.17) Zugunsten des Erstehers in diesem Sinne hat auch das LG Kassel judiziert, auf das sich das LG Kiel auch bezieht.18) Die Auffassung des LG Kassel ist vom BVerfG gehalten worden, das keine Grundrechtsverletzung erkannt hat und die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat.19) Die veröffentlichte Judikatur ist nachvollziehbar schmal und bezieht sich gerade auf den atypischen Sachverhalt, dass nicht der Gläubiger (mangels Kenntnis), sondern der Ersteher agiert, dem das Sonderkündigungsrecht offenbar nichts nutzte.

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Die Kommentarliteratur ist nicht einhellig. Hintzen vertritt hierzu die Auffassung, Miet- und Pachtverträge könne der Schuldner uneingeschränkt abschließen.20) In diesem Sinne argumentiert dezidiert auch Stöber.21) Böttcher vertritt „bei besonders niedrigem Mietzins“ die Auffassung der zitierten (älteren) Landgerichtsentscheidungen zur Unwirksamkeit gegenüber Gläubiger und Ersteher.22) Fischinger vertritt die Auffassung der Unwirksamkeit nach Maßgabe der §§ 23 ZVG, 135 f. BGB.23) Es erscheint strukturell vertretbar, Miet- und Pachtverträge, die evident

14

_____________ 16) Abgesehen einmal von sittenwidrigen Verträgen (§ 138 BGB) und solchen, die unabhängig hiervon vorsätzlich nur geschlossen wurden, um die Versteigerung möglichst unattraktiv zu machen und die dadurch zugleich oder auch nur alternativ unter § 826 BGB zu subsumieren sind, könnte damit der Vollstreckungsschuldner bis zum Zuschlag, wenn die Zwangsverwaltung unterbliebe, auch langfristige Miet- und Pachtverträge problemlos schließen, die nur dem Sonderkündigungsrecht des Erstehers nach § 57a ZVG unterliegen würden. 17) LG Kiel, Urt. v. 26.2.1998 – 1 S169/97, juris Ls. und Rz. 3 f. = WuM 1999, 570. 18) LG Kassel, Urt. v. 6.7.1989 – 1 S 283/89, juris = NJW-RR 1990, 976 ff. 19) BVerfG, Kammerbeschl. v. 5.12.1989 –1 BvR 1188/89, WuM 1990, 138 ff. 20) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 2 m. w. N. und unter Darstellung der gegenteiligen Auffassung in Literatur und Judikatur, d. h. die oben bereits zitierten landgerichtlichen Entscheidungen. 21) Stöber, ZVG, § 24 Rz. 2.4. 22) Böttcher, ZVG, § 24 Rz. 1 m. w. N. (Hinweis auf die zitierte Judikatur). 23) Eingehend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 8, wobei allerdings das zitierte Urteil des AG Ellwangen v. 30.12.1991, juris = WuM 1992, 237 f. deswegen nicht einschlägig ist, weil die Vermietung erst nach Anordnung der Zwangsverwaltung durch die Eigentümer und Vollstreckungsschuldner vorgenommen worden war.

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nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Wirtschaft genügen, in weiter Auslegung der §§ 23 Abs. 1 ZVG, 135 f. BGB für relativ unwirksam zu halten. Dabei handelt es sich, wie häufig, tendenziell eher um eine quaestio facti, sodass nur Evidenz der Vermietung/Verpachtung unter Wert letzten Endes zur Unwirksamkeit führen kann. c) Versteigerungsgrundstücke der Urproduktion und Bergwerkseigentum 15

Die Problematik einer überproportionalen Ausbeutung entgegen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft stellt sich in besonderer Weise bei Versteigerungsgrundstücken, die für die Urproduktion eingesetzt, also land- und forstwirtschaftlich bzw. gärtnerisch (Gartenbaubetrieb) genutzt werden, sowie solche, die bergrechtlich ausgebeutet24) werden. aa) Bergwerkseigentum

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Das Bergwerkseigentum ist wie ein grundstücksgleiches Recht i. S. d. BGB strukturiert (§§ 8, 9 Abs. 1 Satz 2, Halbs. 2 BBergG). Es entsteht durch Zustellung der „Berechtsamsurkunde“ (§ 17 Abs. 1 BBergG). Es wird in einem besonderen Grundbuch eingetragen,25) das nicht mit dem Grundbuch desjenigen Grundstücks zu verwechseln ist, auf dem die Gewinnung von Bodenschätzen vorgenommen wird. De lege lata gehört dazu auch die Gewinnung von Kies und Sand für die Bauwirtschaft, soweit sie im Untertagebau betrieben wird (§ 3 Abs. 3 BBergG). Es unterliegt als Folge der §§ 9 BBergG, 870 ZPO der Immobiliarvollstreckung nach dem ZVG und damit auch § 24 ZVG. Altrechte, die vor dem Inkrafttreten des BBergG bestanden, wie etwa Salzabbaugerechtigkeiten (siehe § 149 Abs. 1 Nr. 5 BBergG) sind aufrechterhalten geblieben; sie können geteilt und auch versteigert werden.26) Praktische Fälle sind offenbar nicht publiziert. bb) Gewerblich genutzter Grundbesitz

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Bei den gewerblich genutzten Grundstücken endet die Möglichkeit der ordnungsmäßigen Nutzung mit der Stilllegung des Betriebes. Diese überschreitet die Grenzen der ordnungsmäßigen Nutzung27) mit der Folge, dass u. a. Zubehörstücke nicht mehr von der Haftung frei werden können. Damit war in dem vom BGH entschiedenen Fall der Insolvenzverwalter nicht mehr handlungsfähig, obwohl die einzige Grund_____________ 24) Siehe dazu das Bundesberggesetz (BBergG) v. 13.8.1980, BGBl. I 1980, 1310 bis zur Fassung durch Art. 2 Abs. 92, 4 Abs. 71 des Gesetzes v. 7.8.2013, BGBl. I 2013, 3154. 25) Siehe zur Illustration aus dem Landesrecht von Nordrhein-Westfalen die AV d. JM v. 22.4.2010 über die Maschinelle Führung des Berggrundbuchs, JMbl. NRW2010, S. 138, verfügbar über http://www.jm.nrw.de (Stand: November 2013). 26) BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – V ZB 49/12, DRsp Nr. 2013/1876 (zur Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit). 27) BGH, Urt. v. 30.11.1995 – IX ZR181/94, ZIP 1996, 223 = Rpfleger 1996, 256 = NJW 1996, 835, m. Bespr. K. Schmidt, JuS 1996, 647 f.; ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 10.2.2000 – 16 U 17/99, juris Rz. 38 ff.; bestätigt von BGH, Nichtannahmebeschl. v. 20.11.2003 – IX ZR 91/00, juris. Zur Betriebsstilllegung zustimmend aus der Kommentarliteratur Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 4, ebenso Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 4 unter Hinweis jeweils auf die vorstehend zitierte BGH-Judikatur aus dem Jahr 1995.

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§ 24

pfandgläubigerin der Stilllegung und dem Verkauf des Zubehörs zugestimmt hatte. Ferner kann über die Erzeugnisse nicht mehr verfügt werden usw. cc) Landwirtschaftlicher Grundbesitz und Auswirkungen des Agrarmarktes der Europäischen Union Landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bereiten bei der Betrachtung der „gewöhnlichen Nutzung“ in zweierlei Hinsicht Probleme. Zum einen ist die Ernte der gereiften Früchte und deren Abverkauf zwar innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft angesiedelt.28) Jede andere Entscheidung würde die Verwaltung und Benutzung durch den Landwirt, dessen Grundbesitz sich in der Versteigerung befindet, verunmöglichen. Er soll ja gerade nutzen, seinen Unterhalt daraus ziehen und das Ackerland bebauen – und zwar auf seine Kosten (arg. e. §§ 149 Abs. 3, 150b – 150d ZVG). Worin sollte sonst die Verwaltung und Nutzung bestehen? Die Unterlassung der Bewirtschaftung der Agrarflächen wäre eine Betriebsstilllegung i. S. d. § 24 ZVG mit den beschriebenen Folgen. Auf die besonderen Folgen für landwirtschaftliche Betriebe, die Viehzucht und Milchwirtschaft betreiben, soll nicht im Einzelnen eingegangen werden. Für gärtnerische und forstwirtschaftliche Betriebe gilt das entsprechend, zumal häufig land- und forstwirtschaftliche Mischbetriebe anzutreffen sind. Wann aufgrund divergierender Ernteerträge oder aufgrund der Art des Anbaus, auch im Jahresablauf (verbreitet ist Mehrfachanbau, gerade bei Spezialkulturen), eine Überschreitung der Grenzen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung vorliegt, ist wiederum quaestio facti und nur einzelfallbezogen zu bestimmen.

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Die andere Problematik ist der gemeinsame Agrarmarkt der Europäischen Union, der bekanntlich auf Erzeugung und Absatz landwirtschaftlicher Betriebe (noch) erheblichen bzw. entscheidenden Einfluss nimmt. Damit wird auch das Verhalten der Betriebsinhaber als Vollstreckungsschuldner mit bestimmt, sodass Fälle des § 24 ZVG auch unter diesem Blick gesehen werden müssen. In der Kommentarliteratur wird zutreffend insbesondere die gemeinsame Milchmarktorganisation paradigmatisch behandelt.29) Die marktregulierenden Regelwerke der Union, die in Gestalt von Verordnungen unmittelbar im nationalen Recht (ohne weitere Umsetzungsakte) gelten, gehen jedoch weit darüber hinaus und erstrecken sich im Ergebnis auf den gesamten Agrarsektor. Paradigmatisch darf auf die wichtige „Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates v. 22.10.2007 [….] über die einheitliche GMO“30) ebenso verwiesen werden wie auf die „Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des _____________

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28) BGH, Urt. v. 7.12.1992 – II ZR 262/91, 368 ff. (zum Erlöschen eines Früchtepfandrechtes, Klage einer Genossenschaftsbank gegen eine Zuckerfabrik). 29) Siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 55 Rz. 2, zur deutschen Milchquotenverordnung und den Details der dortigen Regelung. Die nachfolgend zitierten Regelwerke des Unionsrechts und die Umsetzungsvorschriften beruhen auf dem redaktionellen Stand vom Januar 2014. Die jeweils aktuelle Fassung ist den Internetpublikationen des Unionsrechts (www.eur-lex.europa.eu Amtsblatt der EU) zu entnehmen, die bei Auftreten einer solchen Thematik jeweils überprüft werden sollten. 30) Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates v. 22.10.2007 über die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO), ABl. (EU) L 299 v. 16.11.2007, S. 1, bis zur Verordnung (EU) Nr. 517/2013 des Rates v. 13.5.2013, ABl. (EU) L 158 v. 10.6.2013, S. 1.

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Rates v. 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung“ [verschiedener Verordnungen].31) 20

Die Milchquotenverordnung32) prägt über die wichtigen Referenzmengen („Milchkontingente“) den Wert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes milcherzeugender Betriebe.33) Die Referenzmengen sind öffentlich-rechtliche personengebundene „betriebsakzessorische“ Rechte. Sie unterfallen weder § 96 BGB noch werden sie von der Beschlagnahme umfasst. Mit Verpachtung, auch in der Zwangsverwaltung, geht die Referenzmenge über.34) An dieser Rechtslage hat sich im Ergebnis durch die MilchquotV nichts geändert. Der Betriebsinhaber kann die Quote bei Übertragung des Betriebes auf Dauer oder zeitweilig ebenfalls mit übertragen (§ 22 Abs. 1 MilchQuotV), was unvermeidbar ist, wenn der Übernehmer Milcherzeuger ist. Die Übertragung der Quote ist nach § 26 MilchQuotV „insbesondere“ im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung oder eines Insolvenzverfahrens möglich, wenn der Inhaber der Quote dieselbe nicht mehr „zur Milcherzeugung“ benötigt. Das ist nach der zitierten Norm dann der Fall, wenn er keinen Milcherzeugungsbetrieb hat oder wenn dieser aufgelöst oder nach § 22 MilchQuotV übertragen wird. Ein Fall des § 24 ZVG liegt daher nur vor, wenn der Betrieb nach Beschlagnahme aufgelöst oder vom Zwangsverwalter verpachtet würde, wobei aber die Pacht wiederum den Wert des Betriebs und damit der Referenzmenge widerspiegelt (siehe die zitierte Rechtsprechung des BGH, a. a. O.). Die enorme Bedeutung der Milchreferenzmengen für milcherzeugende Betriebe ist abhängig von dem gemeinsamen europäischen Milchmarkt. Ab 1.4.2015 endet die Milchquotenregelung,35) die weitere Entwicklung bleibt dann abzuwarten. Die landwirtschaftlichen Betriebe sollen sich nach Maßgabe der zitierten unionsrechtlichen Regelwerke auf die Entwicklungen einstellen.

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Ein weiteres in der Literatur zutreffend behandeltes und wichtiges Beispiel ist der ebenfalls einer strikten gemeinsamen Marktorganisation der Union unterliegende Sektor der Weinerzeugung. Das deutsche Weingesetz36) ist gegenüber den euro_____________ 31) Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates v. 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 328/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. (EU) L 30 v. 31.1.2009, S. 6 ff, bis zur Durchführungsverordnung Nr. 320/2014 der Kommission v. 27.3.2014, ABl. (EU) L 93 v. 28.3.2014, S. 81. 32) Verordnung zur Durchführung der EU-Milchquotenregelung (MilchQuotV) i. d. F. Bek. v. 3.5.2011, BGBl. I 2011, 775 i. d. F. von Art. 2 Abs. 98 d. Gesetzes v. 22.12.2011, BGBl. I 2011, 3044. 33) BGH, Urt. v. 5.6.1992 – Lw ZR 11/91, BGHZ 118, 351; BGH, Urt. v. 25.4.1997 – Lw ZR 4/96, NJW 1997, 2316; BGH, Urt. v. 26.4.1991 – V ZR 53/90, BGHZ 114, 277 = Rpfleger 1991, 429; BGH, Beschl. v. 19.7.1991 – Lw ZR 3/90, BGHZ 115, 162 = NJW 1991, 3279, jeweils zu den früheren Regelungen über Milchreferenzmengen vor der MilchquotV. 34) BGH, V ZR 53/90, BGHZ 114, 277 ff., Ls. c), S. 281 – 283. Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 55 Rz. 2. 35) Siehe Art. 66 Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, siehe oben; vgl. dazu auch Erwägungsgrund 9 Verordnung (EG) Nr. 73/2009. 36) Weingesetz v. 8.7.1994 i. d. F. der Bekanntmachung vom 18.1.2011, BGBl. I 2011, 66 bis zur Fassung durch Art. 2 des Gesetzes v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 917.

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Maßregeln zur Gefahrenabwehr

päischen Rechtsakten nachrangig (§ 1 Abs. 1 WeinG).37) Zu dem Wiederanpflanzungsrecht (Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates v. 16. März 1987 über die Gemeinsame Organisation für Wein, ABl. (EWG) L 84 v. 27.3.1987, S. 1 ff. mit Änderungen seitdem) hat der BGH in ähnlicher Weise wie zu den Milchreferenzmengen entschieden, es handele sich ebenfalls um ein „betriebsakzessorisch ausgestaltetes Wiederanpflanzungsrecht“.38) Wie die Milchreferenzmenge handelt es sich um ein persönliches Recht, das von der Beschlagnahme nicht umfasst ist und auch nicht dem Haftungsverband der Hypothek unterliegt. Rodet der Weinbergeigentümer und Betriebsinhaber die zuvor zulässig bepflanzte Rebfläche, so darf er wiederbepflanzen (§ 6 Abs. 2 WeinG); eine Betriebsaufgabe und eine nicht ordnungsgemäße Nutzung muss darin nicht liegen. Die Übertragung des Rechts ist möglich, aber nach § 6 Abs. 2 WeinG auf dasselbe Anbaugebiet und im Hinblick auf die Hangneigung des Weinbergs beschränkt. Die Veräußerung des Wiederanpflanzungsrechts ist stets eine nicht mehr ordnungsgemäße Bewirtschaftung. Sie steht der i. S. d. § 24 ZVG schädlichen Betriebsaufgabe gleich. In der Literatur wird das enger gesehen, es handele sich nur möglicherweise um einen Fall des § 24 ZVG;39) angesichts der Spezialität des Weinanbaus erscheint dieser engere Auffassung problematisch. Auf die weiteren landwirtschaftlichen Marktorganisationen der Union, die sämtlich den Wert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes beeinflussen, ist im Rahmen dieser Kommentierung nicht weiter einzugehen.40) _____________ 37) Eingehend zu einem Fall des § 24 ZVG im Weingesetz (zur Wiederanpflanzung nach § 6 Weingesetz) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 6, dazu auch Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 5. 38) BGH Urt. v. 16.6.2000 – Lw ZR 22/99, NJW-RR 2001, 271, 2a der Entscheidungsgründe. 39) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 6; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 4 a. E. 40) Siehe dazu den Überblick in der oben zitierten Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, Erwägungsgrund 2 mit der Darstellung von Details der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte (GMO), z. B. für Schweinefleisch, Rohtabak, Obst und Gemüse, Milch- und Milcherzeugnisse, Getreide, Saatgut, Hopfen, Zucker.

§ 25 Maßregeln zur Gefahrenabwehr Ist zu besorgen, daß durch das Verhalten des Schuldners die ordnungsmäßige Wirtschaft gefährdet wird, so hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gericht kann die Maßregeln aufheben, wenn der zu deren Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. Literatur: Bergsdorf, Anmerkung zu BVerfG, 1. Kammer, Beschl. v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, ZfIR 2009, 426, Anmerkung ZfIR 2009, 430; Schmidberger, Der Besitz und die Immobiliarvollstreckung, Rpfleger 2008, 105. Übersicht I. 1.

Funktion des § 25 ZVG und Antragsverfahren ................................. 1 Normzweck: Unterbindung schädigenden Handelns und Unterlassens des Schuldners ........................... 1

2. Antragsverfahren ................................... 4 II. Gefährdung der ordnungsmäßigen Wirtschaft ............................. 5 III. Anwendungsbereich des § 25 ZVG ............................................... 6

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Maßregeln zur Gefahrenabwehr

päischen Rechtsakten nachrangig (§ 1 Abs. 1 WeinG).37) Zu dem Wiederanpflanzungsrecht (Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates v. 16. März 1987 über die Gemeinsame Organisation für Wein, ABl. (EWG) L 84 v. 27.3.1987, S. 1 ff. mit Änderungen seitdem) hat der BGH in ähnlicher Weise wie zu den Milchreferenzmengen entschieden, es handele sich ebenfalls um ein „betriebsakzessorisch ausgestaltetes Wiederanpflanzungsrecht“.38) Wie die Milchreferenzmenge handelt es sich um ein persönliches Recht, das von der Beschlagnahme nicht umfasst ist und auch nicht dem Haftungsverband der Hypothek unterliegt. Rodet der Weinbergeigentümer und Betriebsinhaber die zuvor zulässig bepflanzte Rebfläche, so darf er wiederbepflanzen (§ 6 Abs. 2 WeinG); eine Betriebsaufgabe und eine nicht ordnungsgemäße Nutzung muss darin nicht liegen. Die Übertragung des Rechts ist möglich, aber nach § 6 Abs. 2 WeinG auf dasselbe Anbaugebiet und im Hinblick auf die Hangneigung des Weinbergs beschränkt. Die Veräußerung des Wiederanpflanzungsrechts ist stets eine nicht mehr ordnungsgemäße Bewirtschaftung. Sie steht der i. S. d. § 24 ZVG schädlichen Betriebsaufgabe gleich. In der Literatur wird das enger gesehen, es handele sich nur möglicherweise um einen Fall des § 24 ZVG;39) angesichts der Spezialität des Weinanbaus erscheint dieser engere Auffassung problematisch. Auf die weiteren landwirtschaftlichen Marktorganisationen der Union, die sämtlich den Wert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes beeinflussen, ist im Rahmen dieser Kommentierung nicht weiter einzugehen.40) _____________ 37) Eingehend zu einem Fall des § 24 ZVG im Weingesetz (zur Wiederanpflanzung nach § 6 Weingesetz) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 6, dazu auch Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 5. 38) BGH Urt. v. 16.6.2000 – Lw ZR 22/99, NJW-RR 2001, 271, 2a der Entscheidungsgründe. 39) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 24 Rz. 6; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 4 a. E. 40) Siehe dazu den Überblick in der oben zitierten Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, Erwägungsgrund 2 mit der Darstellung von Details der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte (GMO), z. B. für Schweinefleisch, Rohtabak, Obst und Gemüse, Milch- und Milcherzeugnisse, Getreide, Saatgut, Hopfen, Zucker.

§ 25 Maßregeln zur Gefahrenabwehr Ist zu besorgen, daß durch das Verhalten des Schuldners die ordnungsmäßige Wirtschaft gefährdet wird, so hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gericht kann die Maßregeln aufheben, wenn der zu deren Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird. Literatur: Bergsdorf, Anmerkung zu BVerfG, 1. Kammer, Beschl. v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, ZfIR 2009, 426, Anmerkung ZfIR 2009, 430; Schmidberger, Der Besitz und die Immobiliarvollstreckung, Rpfleger 2008, 105. Übersicht I. 1.

Funktion des § 25 ZVG und Antragsverfahren ................................. 1 Normzweck: Unterbindung schädigenden Handelns und Unterlassens des Schuldners ........................... 1

2. Antragsverfahren ................................... 4 II. Gefährdung der ordnungsmäßigen Wirtschaft ............................. 5 III. Anwendungsbereich des § 25 ZVG ............................................... 6

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Maßregeln zur Gefahrenabwehr

IV. Anordnungen des Gerichts zur Abwehr der Gefährdung gemäß § 25 Satz 1 ZVG ....................... 8 1. Antrag des betreibenden Gläubigers .............................................. 8 2. Maßnahmenkatalog und Kriterien der Anwendung ..................................... 9 a) Grundlagen der richterlichen Entscheidung .................................. 9 b) Maßnahmenkatalog ..................... 13

1

c) Anordnung der Maßnahmen ....... 17 d) Aufhebung der Anordnungen und Erledigung gemäß § 25 Satz 2 ZVG ........................... 19 V. Kostentragung .................................... 24 1. Kosten der Durchführung der angeordneten Maßnahmen ................. 24 2. Vergütung und Auslagen des Sequesters ............................................ 25

I.

Funktion des § 25 ZVG und Antragsverfahren

1.

Normzweck: Unterbindung schädigenden Handelns und Unterlassens des Schuldners

Der Normzweck des § 25 ZVG folgt zum einen aus § 24 ZVG, denn die Überschreitung der Grenzen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung durch den Schuldner ist für sich bereits mehr als eine Gefährdung derselben, die § 25 ZVG für ein Eingreifen des Gerichts ausreichen lässt. § 25 ZVG stellt damit zum einen den Steuerungsmechanismus gegen aktives Verhalten des Schuldners dar, wenn dieser die ihm gezogenen Grenzen von Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes nicht einhält. Über § 24 ZVG geht die Norm des § 25 ZVG durch die Funktion, Verhaltensweisen des Schuldners bei der Verwaltung des Grundbesitzes abzustellen, hinaus, auch insoweit, als hier das Unterlassen notwendigen tatsächlichen Handelns oder notwendiger Rechtshandlungen, die zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung gehören, zu Eingriffen in das Verwaltungsrecht bzw. Benutzungsrecht des Schuldners führt. Dies, obwohl der Schuldner nach § 24 ZVG nicht zur Bewirtschaftung verpflichtet wird. § 25 ZVG ergänzt daher zwar die Bestimmung des § 24 ZVG, hat aber zudem einen weiteren eigenständigen Normzweck. Neben den in der Literatur zu § 25 ZVG herangezogenen Beispielen der Zerstörung, Beschädigung oder Verschleuderung von Gegenständen, auf die sich die Beschlagnahme bezieht, die aktives Handeln voraussetzen, steht die Unterlassung gebotener Handlungen des Schuldners.1) Diese führen im Einzelfall viel schneller zur „Gefährdung der Bewirtschaftung“. Verschulden ist im Rahmen des § 25 ZVG grundsätzlich nicht erforderlich,2) wenn man auch Beispiele wie das in der Literatur durchgängig erwähnte Nichtbezahlen der Versicherungsprämien der Elementarversicherung aus Mangel an Geldmitteln noch als Verschulden betrachten kann, da das Fehlen von Geld vom Schuldner zu „vertreten“ ist.3) Gravierender in der Praxis als die wohl _____________ 1)

2)

3)

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Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 4, u. a. mit den oben aufgeführten Beispielen aktiven Handelns und des Unterlassens durch den Schuldner; im Ergebnis allg. Meinung, siehe dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 4 m. w. N.; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N.; Stöber, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N. Ebenfalls allg. Meinung, vgl. statt aller Stöber, ZVG, § 25 Rz. 2; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2 lässt ebenfalls „objektive Gefährdung“ ausreichen; ebenso Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 4, der ein zur Anwendung des § 25 ZVG führendes Unterlassen des Schuldners auch befürwortet, wenn die Gefährdung von einem Dritten ausgeht und der Schuldner hiergegen nichts unternimmt. Siehe Palandt/Grüneberg, BGB, § 276 Rz. 28; vgl. auch BGH, Urt. v. 12.3.2013 – XI ZR 227/12, BGHZ 197, 21 ff. = ZInsO 2013, 772 ff. = ZIP 2013, 766 ff.

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Maßregeln zur Gefahrenabwehr

meisten Fälle der Überschreitung der Grenzen der Nutzung ist eben passives Verhalten des Schuldners, das sich an den Beispielen von Judikatur und Literatur zeigt, wie die bereits erwähnte Unterlassung der Leistung der Versicherungsprämien, bei landwirtschaftlichen Flächen das Unterlassen der Aussaat oder das rechtzeitige Einbringen der Ernte.4) Streiten kann man über das Beispiel unterlassener Betriebsaufsicht über Maschinen oder über das Unterlassen der Verfolgung von Mietforderungen.5) Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen, anschaulich bei landwirtschaftlichen Grundstücken, aber auch solchen, die gärtnerisch oder forstwirtschaftlich genutzt werden, deren Bewirtschaftung sich eben in der Notwendigkeit ständiger Pflege und Bearbeitung zeigt (z. B. Einbringung von Düngemitteln, Bewässerung, ordnungsgemäße Aufbewahrung der Ernte, bei Betrieben mit Viehbestand in der Ernährung und Pflege der Tiere usw.).6) Wird auf dem Vollstreckungsgrundstück ein Produktionsbetrieb unterhalten, gehört zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung sicher die Wartung und Aufrechterhaltung der Maschinen und der Produktionsanlagen (jedenfalls soweit Zubehörstücke), von denen manche bei Stillstand der Produktion nicht wieder angefahren werden können und zerstört sind, sodass ggf. eine Wertminderung des Grundbesitzes in Frage kommt. Ob die Unterlassung der Verfolgung der Mietforderung bei vermieteten oder verpachteten Grundstücken zur Gefährdung i. S. d. § 25 ZVG führt, wird nicht einheitlich beantwortet.7) Ein Unterlassen der Bewirtschaftung liegt auch dann vor, wenn der Vollstreckungsschuldner/Eigentümer nicht erreichbar ist, insbesondere wenn er unbekannt verzogen ist, aber auch, wenn er verstorben ist und die Erben nicht die Bewirtschaftung übernehmen8).

2

Ein typischer und zugleich besonders schadensträchtiger Fall des Unterlassens und damit der Gefährdung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung liegt in den Fällen der Firmenbestattung vor. Die Situation ist dort regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der alleinige Gesellschafter (meist auch der Alleingeschäftsführer) einer insolvenzreifen GmbH den Sitz der Gesellschaft verlegt, einen Strohmann als Geschäftsführer einsetzt und möglichst die Wohnsitze beider ebenso wie die neue Geschäftsanschrift der GmbH verschleiert. An der dem Handelsregister noch bekannten Adresse ist niemand aufzufinden, der Geschäftsbetrieb ist eingestellt, die angebliche neue Anschrift existiert nicht oder befindet sich ebenso unerreichbar im Ausland. Diese Vorgehensweise soll nicht nur das Insolvenzverfahren verunmög-

3

_____________ 4)

5) 6) 7) 8)

Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 4, u. a. mit den oben aufgeführten Beispielen aktiven Handelns und des Unterlassens durch den Schuldner; im Ergebnis allg. Meinung, siehe dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 4 m. w. N.; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N.; Stöber, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 4. Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 4 Bejahend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 4; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2; Stöber, ZVG, § 25 Rz. 2; a. A. Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 107. Allg. Meinung, siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 4, u. a. mit den oben aufgeführten Beispielen aktiven Handelns und des Unterlassens durch den Schuldner; im Ergebnis allg. Meinung, siehe dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 4 m. w. N.; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N.; Stöber, ZVG, § 25 Rz. 2 m. w. N.

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lichen, sondern auch jegliche Einzelvollstreckungsmaßnahme der Gläubiger. Hat die betroffene Gesellschaft irgendwelchen Grundbesitz, droht sofort Verwahrlosung. Damit handelt es sich um einen Anwendungsfall des § 25 ZVG. Zudem besteht eine Schnittstelle zu den §§ 3 – 8 ZVG über die Zustellung gerichtlicher Anordnungen an den Schuldner.9) 2. 4

Antragsverfahren

Der Antrag nach § 25 ZVG kann nach zutreffender einhelliger Meinung zugleich mit dem Versteigerungsantrag bzw. dem Antrag auf Beitritt (§ 27 ZVG) gestellt werden; nach einer Literaturmeinung ist er zudem zulässig bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses und nicht nur, wie die Mehrheitsmeinung vertritt, bis zur Verkündung des Zuschlags.10) Endet die Reichweite des § 25 ZVG, kommt die gerichtliche Verwahrung nach § 94 ZVG in Frage (siehe unten). Zwar ist die Sicherungsmaßnahme aus dem Blick des Gläubigers erst mit der Rechtskraft endgültig erledigt. Bereits mit der Zuschlagsverkündung ist der Ersteher aber Eigentümer geworden (§ 90 ZVG) und er bleibt es, sofern der Zuschlagsbeschluss nicht aufgehoben wird. Die Problematik der divergierenden Meinungen zur Reichweite des § 25 ZVG besteht damit in der Lücke, die entsteht, wenn zwischen Zuschlag und dessen Rechtskraft eine längere Periode liegt, währenddessen der besitzende Vollstreckungsschuldner fortan die ordnungsgemäße Wirtschaftsführung beeinträchtigt und der Zuschlag später aufgehoben wird.11) Ob der Vollstreckungsgläubiger nach der Zuschlagsverkündung an einen (dritten) Ersteher überhaupt noch Interesse an einer Maßnahme gemäß § 25 ZVG gegen den Schuldner hat oder ob ihm die notwendige Tatsachenkenntnis vorliegt, darf mit einem Fragezeichen versehen werden. Eine Schnittstelle zu § 94 ZVG besteht dennoch nicht, denn diese Norm betrifft nicht den Schutz des Gläubigers gegen den Schuldner zur Abwehr des Wertverfalls des Grundbesitzes infolge des Verhaltens desselben, sondern den Schutz gegen den Ersteher, der sich den Besitz des ersteigerten Grundstücks verschafft und dann das Gebot nicht bezahlt. In praxi mag die gerichtliche Verwahrung nach § 94 ZVG beiden Interessen des Gläubigers gerecht werden können, der Antrag setzt aber voraus, dass das Bargebot nicht bezahlt wurde oder Zahlungen daraus nicht mindestens zur Befriedigung des Antragstellers und der ihm gegen-

_____________ 9) Siehe §§ 3 ff., § 6 Rz. 17 [Cranshaw]; zum typischen Sachverhalt einer Firmenbestattung vgl. z. B. AG Magdeburg, Beschl. v. 12.12.2012 – 340 IN 687/12, 381, jurisPR-InsR 12/2013, Anm. 3, Cranshaw. 10) Zur Zulässigkeit ab dem Versteigerungs-/Beitrittsantrag siehe die nachfolgenden Zitate; zur Zulässigkeit des Antrags bis zur Zuschlagsverkündung siehe Stöber, ZVG, § 25 Rz. 3.1; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 3; Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 108; wohl offen Löhnig/ Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 5 m. w. N; die Zulässigkeit des Antrags bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses vertritt Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 5. Über die Heranziehung des § 94 ZVG nach Wegfall der Möglichkeiten des § 25 ZVG besteht Einigkeit. 11) Weitere tatsächliche Voraussetzung ist, dass der Ersteher nicht die bereits vor Rechtskraft des Zuschlags zulässige Räumungs- oder Herausgabevollstreckung gegen den bisherigen Vollstreckungsschuldner nach § 93 in die Wege geleitet hat oder damit erfolglos war, vgl. Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 44 m. w. N.

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über vorrangigen Gläubiger ausreichen.12) Lässt man den Antrag nach § 25 ZVG nur bis zur Zuschlagsverkündung zu, so hat das zwei Konsequenzen. Zum einen wird man dann auch erlassene Maßregeln aufheben oder sie gegenstandslos werden lassen, obwohl der Schuldner noch faktisch bis auf weiteres die Verwaltung des Grundbesitzes innehat. Zum Weiteren kann man bis zur Rechtskraft gegen ihn nach dem Vorschlag von Fischinger13) nur mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen; diesen Weg wird in der Praxis ein Gläubiger kaum jemals in Erwägung ziehen. Die weiteren strafrechtlichen Folgen für den Schuldner, auf die Fischinger14) hinweist, sind eine stumpfe Waffe. Es spricht daher aus praktischer Sicht sehr viel für die oben zitierte Meinung von Hintzen.15) II. Gefährdung der ordnungsmäßigen Wirtschaft Der Begriff der „ordnungsmäßigen Wirtschaft“ ist der Natur der Sache nach identisch mit demselben Begriff in § 24 ZVG, sodass auf die dortigen Ausführungen neben den Beispielen verwiesen werden kann, die vorstehend unter Rz. 3, 5 aufgeführt bzw. zitiert werden. Besteht die ordnungsgemäße Bewirtschaftung bereits nicht mehr, ist ein Eingreifen des Gerichts ohne Weiteres erforderlich. Dessen Maßnahmen können aber bereits viel früher einsetzen, wenn nämlich lediglich eine Gefährdung der ordnungsmäßigen Wirtschaft auch nur „zu besorgen“ ist.

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III. Anwendungsbereich des § 25 ZVG § 25 ZVG ist zunächst auch unmittelbare Ausprägung des § 24 ZVG, sodass zur Frage der Reichweite auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann. In der Zwangsverwaltung ist die Heranziehung der Norm umstritten, aber wohl zu bejahen.16)

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Auf eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke (im Hinblick auf die §§ 165 Abs. 1, 170a Abs. 2 Satz 1 ZVG) sowie eingetragene Luftfahrzeuge (Folge des § 171c Abs. 2 Satz 1 ZVG) ist die Bestimmung nicht anwendbar.

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IV. Anordnungen des Gerichts zur Abwehr der Gefährdung gemäß § 25 Satz 1 ZVG 1.

Antrag des betreibenden Gläubigers

Antragsbefugt ist der betreibende Gläubiger in der Gläubigervollstreckung bzw. der Antragsteller im Teilungsversteigerungsverfahren sowie der später beitretende _____________ 12) Siehe zu der Problematik des § 94 ZVG Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 94 Rz. 1; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 94 Rz. 2 f.; siehe auch § 94 Rz. 3, 5 [Bachmann]. 13) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 5 m. w. N. 14) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 24 Rz. 7. 15) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 5. 16) Dafür Dassler/Schiffhauer/u. a.-Engels, ZVG, § 146 Rz. 52, der § 25 ZVG über § 146 Abs. 1 ZVG heranziehen will; offen bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 3, der gerade umgekehrt meint, die Zwangsverwaltung biete die besseren Handlungsalternativen, sodass die Bestimmung des § 25 ZVG dort gegenstandslos sei. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 3 a. E., meint zur Abwehr von Gefährdungen, die Zwangsverwaltung sei hierfür zwar der geeignete Weg, aber sie sei doch „mit nicht unerheblichen Kosten verbunden“. Dafür auch Bergsdorf, ZfIR 2009, 430 f.

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Gläubiger (vgl. § 27 ZVG).17) Trotz der nach jedenfalls ganz überwiegender Meinung fehlenden Bindung des Vollstreckungsgerichts an einen Antrag des Gläubigers, bestimmte Maßnahmen anzuordnen,18) ist doch zu beachten, dass es zum einen allein um Sicherungsmaßnahmen geht, nicht um Befriedigung des Gläubigers (insoweit hätte er den Weg der Zwangsverwaltung einschlagen müssen). Zum Weiteren liegt das Verfahren als Antragsverfahren selbst in der Hand des Gläubigers, es handelt sich nicht um ein amtswegiges Verfahren und im Hinblick auf die in Frage kommenden Maßnahmen findet auch keine amtswegige Ermittlung statt. In der Literatur wird im Hinblick hierauf empfohlen, der Gläubiger solle möglichst viele Anregungen für gerichtliche Maßnahmen unterbreiten.19) 2.

Maßnahmenkatalog und Kriterien der Anwendung

a) Grundlagen der richterlichen Entscheidung 9

Das Vollstreckungsgericht hat ein weites Ermessen bzgl. der Maßnahmen, die es zur Behebung der Gefahr in Betracht zieht, da es die „zur Abwehr der Gefährdung erforderlichen Maßnahmen anordnet.“ Dennoch ist zu beachten, dass dem Schuldner grundsätzlich die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks verbleibt (siehe § 24 Rz. 1, 2 [Cranshaw]) und über die Gefahrenabwehr bei Gefährdung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundbesitzes nur auf Gläubigerantrag beschlossen wird. Gibt es aber kein amtswegiges Verfahren, wird man auch den ne ultra petita-Grundsatz des § 308 ZPO anwenden müssen,20) sodass das Gericht nicht über den Gläubigerantrag hinausgehen darf. Es ist aber auch nicht berechtigt, diesem Antrag zu entsprechen, sollte er ungeeignet sein, um die Gefahr abzuwehren.21)

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Zu beachten ist zudem, dass das Gericht aus dem substantiierten und schlüssigen Tatsachenvortrag des Gläubigers folgern können muss, als Folge des Schuldnerverhaltens drohe eine Gefährdung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung einzutreten bzw. sie sei schon eingetreten, der (für die Zukunft) begegnet werden müsse. Der Gläubiger muss daher auch vortragen, dass die Gefährdung, die er festgestellt hat, weiterhin bestehen wird. Außerdem muss er einen Antrag stellen, der erkennen lassen muss, was der Gläubiger an Sicherungsmaßnahmen begehrt, auch wenn der zivilprozessrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz mangels weitgehend fehlender Bindung an den Gläubigerantrag nicht heranzuziehen ist.22) Da es um vorläufige Sicherungsmaßnahmen geht, die wiederum in das Recht des Schuldners _____________ 17) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 5. 18) Stöber, ZVG, § 25 Rz. 4.2 mit dem Hinweis, das Gericht dürfe über ganz konkret von dem Gläubiger vorgeschlagene Maßnahmen nicht hinausgehen. 19) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 5; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 8 a. E. 20) Zu § 308 ZPO vgl. auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 8; Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 108. 21) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 7 postuliert daher zu Recht, dass der Gläubigerantrag die gerichtliche Maßnahme decken müsse, denn der Gläubiger könne „am besten“ einschätzen, was nötig sei. 22) Zur fehlenden Bindung an „Vorschläge“ des Gläubigers, ohne über diese “in der Regel“ hinausgehen zu können, Jaeckel/Güthe, ZPO, 4. Aufl., § 25 Rz. 3; Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 3; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 8 m. w. N.

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zum Besitz eingreifen (vgl. § 24 ZVG), ist zwar kein Vollbeweis der vorgetragenen Tatsachen notwendig, sehr wohl aber eine Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) derselben.23) Bloße Behauptungen sind nicht hinreichend. Die Glaubhaftmachung kann auch in einer eidesstattlichen Versicherung des Gläubigers oder – bei juristischen Personen und ihnen vergleichbaren Organisationen – von Organmitgliedern, Arbeitnehmern oder sonstigen Dienstnehmern bestehen (§ 294 Abs. 1 ZPO). Die Maßnahmen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein; der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu wahren. Das BVerfG hatte sich mit den grundrechtlichen Ausstrahlungen des § 149 Abs. 2 ZVG auseinanderzusetzen und es hat hierbei auch wesentliche Feststellungen zu § 25 ZVG getroffen.24) Es hat angenommen, § 25 ZVG sei auch im Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden.

11

Im Kern der verfassungsgerichtlichen Argumentation steht das Postulat, die Anordnung einer Maßnahme zur Gefahrenabwehr fordere, dass das Gericht

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den Sachverhalt „umfassend“ in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüft,



das Gefährdungspotential, das vom Handeln oder Unterlassen des Schuldners ausgeht, prognostiziert und



sein Ermessen zur Auswahl der in Frage kommenden Maßregel am Maßstab der Verhältnismäßigkeit ausrichtet.

b) Maßnahmenkatalog Dem Vollstreckungsgericht stehen alle vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen zu Gebote, einen Schuldner zu Handlungen zu veranlassen oder Unterlassungen durchzusetzen, die von der „Ermahnung“ des Schuldners25) (einem überaus schwachen und kaum erfolgversprechenden Mittel) bis hin zu weiteren Maßnahmen der persönlichen Vollstreckung durch Zwangsgeld oder Zwangshaft reichen (vgl. § 888 ZPO).26) Eine vorherige Androhung ist nicht notwendig,27) vgl. § 888 Abs. 3 ZPO. Ferner kann man im Rahmen des § 25 ZVG auch an eine entsprechende Anwendung des § 890 ZPO und damit an Ordnungsgeld und Ordnungshaft denken, wenn der Schuldner zur Unterlassung oder – vielleicht praxisrelevanter – zur Duldung notwendiger Maßnahmen angehalten werden soll. Auch diese letzteren Maßnahmen erscheinen für die Praxis im Allgemeinen freilich wenig tauglich. Der Schuldner ist üblicherweise gerade zahlungsunfähig, sodass es wenig sinnvoll ist, zu versuchen, ihn durch Geldzahlungen zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen. Die Haft_____________ 23) Allg. Meinung, siehe u. a. Stöber, ZVG, § 25 Rz. 3 ohne weitere Begründung; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 5 meint, die Glaubhaftmachung sei nur erforderlich, wenn das Vollstreckungsgericht dazu auffordere. 24) BVerfG, 1. Kammer, Beschl. v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, ZfIR 2009, 426 ff. = ZInsO 2009, 445 ff. = Rpfleger 2009, 329 ff. 25) Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 3; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10 unter Hinweis auf Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 108, der wie hier die Ermahnung im Regelfall für aussichtslos hält, hat man dem Schuldner doch zweifellos meist gläubigerseits schon Vorhaltungen wegen seines schädigenden Verhaltens gemacht. 26) Die Zwangshaft bedarf der Richtervorlage und -entscheidung, § 4 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 1, Abs. 3 RpflG; siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10; zu Zwangsgeld und Zwangshaft als alternative, nicht kumulative Maßnahmen siehe Zöller/Stöber, ZPO, § 888 Rz. 7. 27) A. A. wohl Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 2.

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anordnungen wiederum verunmöglichen dem Schuldner zum einen, tatsächlich die Bewirtschaftung vorzunehmen, zum anderen muss die Haft vom Gläubiger zunächst bevorschusst werden (§ 25 Satz 2 ZVG); die Kosten wird er bei wirtschaftlicher Betrachtung im Ergebnis meist nicht mehr erstattet bekommen können. 14

Eine völlig andere Ebene haben Maßnahmen, die dem Gläubiger selbst die Möglichkeit geben, Gefahren für sein Grundpfandrecht i. S. d. § 1134 Abs. 2 BGB als Folge des Schuldnerverhaltens abzuwehren. Eine ganz wichtige Rolle spielt dabei die Aufrechterhaltung der Elementarschadenversicherung („Brandversicherung“).28) Die in der zitierten Kommentarliteratur herangezogene Judikatur des Reichsgerichts hat dem Gläubiger die Befugnis zur Beantragung von gerichtlichen Zwangsmaßnahmen gemäß § 1134 BGB zuerkannt und ihm gestattet, die Zahlung der Versicherung gemäß § 1134 BGB zu erzwingen (ihm aber nicht die Durchsetzung seines Grundpfandrechts gemäß § 1133 BGB zugesprochen).29) Im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 25 ZVG, die den Gläubiger mit Fischinger zu Zahlungen an den Versicherer oder andere Dritte zur Vermeidung von Gefährdungen ermächtigt, könnte rechtlich die Rangstelle der verauslagten Beträge nach § 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG (Kosten der Rechtsverfolgung des betroffenen Gläubigers) gewahrt werden.30) Der Gläubiger kann unabhängig hiervon selbstverständlich aus eigenem Recht die Versicherungsprämien usw. bezahlen, wie aus § 267 BGB hervorgeht. Sein Rückgriffsanspruch gegen den Schuldner (als persönlicher Anspruch) folgt dann aus Geschäftsführung ohne Auftrag,31) wobei nicht selten ein etwa entgegenstehender Wille des Schuldners im Hinblick auf § 679 BGB unbeachtlich sein wird. Ob ein Ablösungsrecht gemäß § 1150 i. V. m. § 268 BGB besteht, ist fraglich,32) wobei Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen dafür zu sprechen scheinen.

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Effizient erscheint eine dritte Gruppe von Maßnahmen, die auf die Einsetzung eines mit Teilaufgaben beauftragten Verwalters, Sequesters oder einer „Aufsichtsperson“ (§ 150c ZVG) gerichtet sind.33) Im Unterschied zu den anderen Maßregeln des Gerichts sind diese letzteren Maßnahmen allein objektbezogen. Dem Schuldner werden faktisch der Besitz und die Nutzung im Umfang der beschlossenen Maßnahmen entzogen, wenn auch der „Sequester“ für den Schuldner verwaltet und dieser auch die Überschüsse aus der Verwaltungstätigkeit behält. Die Grenze liegt dort, wo die „Sequesterbestellung“ im Ergebnis der Zwangsverwaltung entspricht. Der Beauftragte kann dann die einzelnen Maßnahmen durchführen, wie die „Wintersicherung“ der Immobilie, die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht, die Vornahme gebotener Reparaturen bzw. Instandhaltungen und die Mieteinzie-

_____________ 28) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10 unter Hinweis auf RGZ 52, 295 (siehe unten). 29) RG, Beschl. v. 15.10.1902 – Beschw.-Rep. V. 170/02, RGZ 52, 295/297. 30) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 15, zu den verauslagten Kosten des Gläubigers und deren Rangstelle. 31) Vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, § 267 Rz. 7. 32) Siehe zu dieser Erwägung Stöber, ZVG, § 25 Rz. 4 (zweifelnd). 33) Vgl. nur bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 8; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10 m. w. N, auch zu § 150c ZVG.

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hung34) sowie die Zahlung der notwendigen Beträge für die Betriebskosten der Immobilie. Bei landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken geht es um die jeweils im Einzelfall notwendigen jahreszeitlichen Arbeiten (Einbringung der Ernte). Die Beispiele zeigen die Schwierigkeit der Abgrenzung zur Zwangsverwaltung, die präferiert werden sollte. Warum der „Sequester“ innerhalb seines übertragenen Aufgabenbereiches nicht nach den §§ 823, 836 BGB haften soll,35) erscheint nicht nachvollziehbar. Hat er Rechtspflichten in diesem Umfeld übernommen, wird er sich versichern müssen und auch dafür haften; die Kosten muss letztlich der Gläubiger tragen. Der Sequester hat dem Gericht auf Anforderung und bei Beendigung der Tätigkeit Rechnung zu legen, da er von ihm bestellt worden ist und damit seiner Aufsicht unterliegt.

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c) Anordnung der Maßnahmen Die Maßnahmen werden durch Gerichtsbeschluss (§§ 764 Abs. 3, 128 Abs. 4 ZPO) angeordnet, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, wie dies bei Vollstreckungsmaßnahmen, die zur Sicherung gegen den Schuldner ohne Vorankündigung geschehen müssen, erforderlich ist. Dagegen ist die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO zulässig; wurde dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt, ist die sofortige Beschwerde der zutreffende Rechtsbehelf. Dem Gläubiger steht bei (auch teilweiser) Ablehnung seines Antrags die sofortige Beschwerde zu, § 793 ZPO. § 95 ZVG steht nicht entgegen, da die Maßnahme nicht i. S. d. § 95 ZVG im Zusammenhang mit dem Zuschlag gesehen werden muss.36) Wie stets bei Entscheidungen, die mit Rechtsbehelfen angegriffen werden können, muss das Gericht die tragenden Gründe seiner Beschlussfassung begründen. Im Tenor des Beschlusses muss die konkret beschlossene Maßnahme benannt werden, bei Bestellung eines Sequesters unter genauer Angabe seines Pflichtenkreises. In den Gründen des Beschlusses ist dann darauf einzugehen.

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Der Beschluss ist ohne Vollstreckungsklausel sofort vollstreckbar, wobei eine Vollstreckung durch das Gericht gegen den Vollstreckungsschuldner nicht stattfindet, sofern ein Sequester bestellt wurde und die zu vollziehende Maßnahme in dessen Aufgabenbereich fällt.37)

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d) Aufhebung der Anordnungen und Erledigung gemäß § 25 Satz 2 ZVG Die Aufhebung des Beschlusses ist ebenfalls nicht von Amts wegen vorgesehen, sondern nur auf Gläubigerantrag (Umkehrschluss aus dem Antragsprinzip für die Anordnung sowie aus § 25 Satz 2 ZVG). Soweit der Schuldner betroffen ist, wird _____________ 34) Vgl. hierzu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 8; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10 m. w. N, auch zu § 150c ZVG; zur Mieteinziehung umstr., siehe Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 108; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 10 und Fn. 16. 35) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 8. 36) KG, Beschl. v. 14.2.1966 – 1 W 195/66, NJW 1966, 1273 f.; siehe dazu auch Löhnig/ Cranshaw/Kuhn, Rechtsbehelfe im ZVG-Verfahren, Rz. 51 ff. 37) Gericht und Sequester können sich dabei des Gerichtsvollziehers bedienen (§ 892 ZPO analog), so zutreffend Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 7; ebenso bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 25 Rz. 5 a. E. zum Gerichtsvollzieher.

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man unterscheiden müssen. Hat er keinen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt, wird die Maßnahme für ihn unanfechtbar. Sie erwächst indes nicht in materielle Rechtskraft und kann bei veränderter Sachlage aufgehoben werden. Der Gläubiger wird im Allgemeinen keinen dahingehenden Antrag stellen, sodass man dem Schuldner nicht nur die Möglichkeit geben muss, die Aufhebung der Anordnungen anzuregen, sondern man muss ihm ein Antragsrecht zubilligen, soweit er ein im Allgemeinen zu bejahendes rechtliches Interesse an der Aufhebung hat.38) Dem Gläubiger ist zuvor rechtliches Gehör zu gewähren.39) 20

Die Maßnahmen, die gegen den Schuldner gerichtet sind, enden ohne Weiteres mit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses, der Aufhebung des Versteigerungsverfahrens oder mit dem endgültigen Vollzug der Anordnung. Mindestens ein deklaratorischer Beschluss erscheint aber sachgerecht und auch praxisorientiert.40)

21

Die angeordneten Maßnahmen sind aus dem Blick der Literatur auch dann aufzuheben, wenn der Schuldner Sicherheit leistet, die das Gericht zur Abwehr des Vollzugs der Anordnungen zugelassen hat.41) Der Anwendungsbereich hiervon ist schmal und hängt davon ab, dass der Schuldner z. B. gerade über flüssige Mittel verfügt oder einen bonitätsmäßig einwandfreien Bürgen zur Seite hat. Ansonsten dient eine solche Beschlussformulierung nur der Förderung der „Beschwerdefestigkeit“ der Entscheidung, weil damit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten ist. Die Einräumung der Befugnis an den Schuldner, die (zunächst in Vollzug zu setzende) Maßnahme durch Sicherheitsleistung abzuwenden, sollte immer angeordnet werden (Heranziehung des Gedankens aus § 711 ZPO), soweit nicht evident ist, der Schuldner werde Sicherheit nicht leisten können.

22

Eine amtswegige Aufhebung enthält § 25 Satz 2 ZVG, wenn der Antragsteller (Gläubiger) nicht die notwendigen Kosten vorschießt; dies setzt natürlich voraus, dass das Gericht einen Kostenvorschuss angefordert hat.

23

Unter diese Vorschrift sind auch Kostenvorschüsse zu subsumieren, die der Sequester benötigt und die auf seinen Antrag vom Vollstreckungsgericht wie bei der Zwangsverwaltung festzusetzen sind (vgl. für die Zwangsverwaltung die mit § 25 Satz 2 ZVG nicht deckungsgleiche Vorschrift des § 161 Abs. 3 ZVG); siehe im Einzelnen sogleich unter Rz. 24 ff. V. Kostentragung 1.

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Kosten der Durchführung der angeordneten Maßnahmen

Der Gläubiger hat die Kosten der Maßnahmen zu bevorschussen und fällt ggf. später mit seinen Rückgriffsforderungen (Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG) gegen den Schuldner aus. Der in § 25 Satz 2 ZVG erwähnte Vorschuss betrifft aber nur _____________ 38) Für ein generelles Antragsrecht im Ergebnis wohl auch Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 12 f. 39) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 11 spricht nur davon, der Gläubiger „sollte“ angehört werden. 40) Eine ausdrückliche Aufhebung ablehnend u. a. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 13 m. w. N. 41) Böttcher, ZVG, § 25 Rz. 8; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 9, 12 m. w. N.; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 25 Rz. 11.

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Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

§ 26

die Kosten des Gerichts, nicht aber die Kosten zur Durchführung von Maßnahmen durch einen Sequester bzw. Verwalter, dem konkrete Teilaufgaben der Grundstücksbewirtschaftung übertragen wurden. Diesem stehen nämlich nicht gegen die Staatskasse, sondern nur gegen den Gläubiger Ansprüche zu, einschließlich Kostenvorschüsse auf von dem „Sequester“ vorzunehmende Maßnahmen, soweit er nicht auf Erträge zugreifen kann. Die Nähe zur Zwangsverwaltung (man kann den bestellten Sequester vielleicht in Anlehnung an in der Praxis verwendete Begrifflichkeiten des Insolvenzrechts als „schwachen Verwalter“ bezeichnen) rechtfertigt die analoge Anwendung der entsprechenden Vorschriften der Zwangsverwaltung im ZVG sowie der ZwVwV. 2.

Vergütung und Auslagen des Sequesters

Für die Entgeltansprüche (Vergütung und Auslagen) des Sequesters sind ebenfalls die einschlägigen Normen der ZwVwV heranzuziehen.42) Diese Ansprüche werden für den Sequester des § 848 ZPO auf Zeithonorarbasis vom Vollstreckungsgericht festgesetzt (vgl. § 19 ZwVwV). Die BGH-Rechtsprechung zu V ZB 55/05 ist aufgrund der Nähe des Sequesters des § 25 ZVG zum Zwangsverwalter erst recht heranzuziehen. Die Höhe des Stundensatzes orientiert sich an der konkreten Aufgabe und sollte eher im oberen Bereich von bis zu 95 €/Stunde liegen; ferner sollte § 20 ZvVwV über die Mindestvergütung bei (Teil)Inbesitznahme analog angewandt werden. Die Vergütung und die Auslagen werden dann zweckmäßig entsprechend § 22 ZvVwV festgesetzt, nachdem der Sequester Rechnung und Schlussrechnung gelegt hat (vgl. §§ 22, 14 ZwVwV).

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Gegen die Kostenentscheidung ist unter den Voraussetzungen der Erreichung des Beschwerdewertes nach § 567 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft.

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_____________ 42) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 8 a. E.; Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 109; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 16; die Literatur folgt dabei einer Entscheidung des BGH zu dem Sequester nach § 848 ZPO, BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 55/05, ZIP 2005, 1295 f. = Rpfleger 2005, 549 f. = ZInsO 2005, 869 f.

§ 26 Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß. Literatur: Böttcher, Anmerkung zu BGH V ZB 125/05, ZfIR 2007, 551; Dötsch, Anmerkung zu BGH V ZR 209/12, jurisPR-MietR 22/2013, Anm. 6; Ganter, Anm. zu BGH V ZB 25/05, WuB VI A § 80 InsO 1.05; Gerhardt, Anm. zu BGH IX ZR 103/87, EWiR 1988, 1039; Hintzen, Anm. zu BGH V ZB 125/05, WuB VI E § 26 ZVG 1.07; Reithmann, Anm. zu BGH IX ZR 103/87, WuB IV A § 878 BGB 1.88. Übersicht I.

Funktion der Norm und Sachverhaltskonstellationen ............................ 1

1.

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Ausgangslage, Veräußerungszeitpunkt und relatives Veräußerungsverbot ..................................................... 1

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Zustellungsbevollmächtigter im Verfahren nach dem ZVG

§5

inwieweit diese strenge Regelung außerhalb des Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses (die das Verfahren einleiten) gilt bzw. inwieweit Anlagen zu übersetzen sind.16) Auf weitere Einzelheiten ist in der vorliegenden Darstellung nicht einzugehen. Auf jeden Fall wird man rechtsmittelfähige Entscheidungen in Übersetzung beifügen; es dürfte sich auch empfehlen, dazu gehörige wesentliche Anlagen übersetzen zu lassen. Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den wirtschaftlichen Folgen von Verfahrensverzögerungen, wenn durch den etwaigen Verstoß gegen § 8 EuZVO Zustellungsdefizite auftreten. Wird an einen ins EU-Ausland verzogenen deutschen Staatsangehörigen zugestellt, ist im Allgemeinen eine Übersetzung nicht notwendig, da er den Inhalt der Dokumente versteht (Art. 8 Abs. 1 lit. a) EuZVO). _____________ 16) Siehe dazu Ahrens, NJW 2008, 2817 ff. m. w. N. sowie aus der dort zitierten Judikatur EuGH, Urt. v. 8.5.2008 – Rs C-14/07, „Ingenieurbüro M. Weiss und Partner GbR/IHK Berlin“, NJW 2008, 1721 ff.

§5 Zustellungsbevollmächtigter beim Grundbuchamt als Zustellungsbevollmächtigter im Verfahren nach dem ZVG Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten bei dem Grundbuchamt gilt auch für das Verfahren des Vollstreckungsgerichts, sofern sie diesem bekannt geworden ist. Übersicht I.

Zustellung an den beim Grundbuchamt bestellten Zustellungsbevollmächtigten ................................. 1

II. Anwendungsbereich und Streitfragen ........................................... 3

I.

Zustellung an den beim Grundbuchamt bestellten Zustellungsbevollmächtigten

§ 5 ZVG stellt eine einfache alternative Möglichkeit der Zustellung zwischen den (auf den Sitz des Vollstreckungsgerichts oder den unbekannten Aufenthaltsort und ähnliche Sachverhalte Bezug nehmenden) Tatbeständen der §§ 4 und 6 ZVG zur Verfügung. Die Zustellung kann jedenfalls an den von dem Zustellungsadressaten benannten und dem Vollstreckungsgericht bekannt gewordenen Zustellungsbevollmächtigten beim Grundbuchamt vorgenommen werden, abgesehen von der Sonderregelung des § 8 ZVG.

1

Die Bestimmung des § 5 ZVG stellt eine weitere Zustellungserleichterung dar, da sie für das Verfahren des Vollstreckungsgerichts nach dem ZVG fingiert, die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten beim Grundbuchamt gelte zugleich für das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht.

2

II. Anwendungsbereich und Streitfragen § 5 ZVG ist in allen Verfahren nach dem ZVG heranzuziehen, auf die Ausnahme der Zustellung nach § 8 ZVG ist oben hingewiesen worden.

Cranshaw

35

3

§5

Zustellungsbevollmächtigter im Verfahren nach dem ZVG

4

Bei eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken tritt an die Stelle des Grundbuches das Schiffs- oder das Schiffbauregister (§§ 163 Abs. 2, 170a Abs. 2 Satz 2 ZVG), bei in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeugen das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen (§ 171b Abs. 2 ZVG).

5

Umstritten ist, ob die Zustellung an den Grundbuchbevollmächtigten fakultativ oder obligatorisch ist.1) Die pragmatische Lösung liegt zugleich in der systematischen Stellung des § 5 ZVG bzw. eines Zustellungsbevollmächtigten begründet.2) Da er nicht Prozess-/Verfahrensbevollmächtigter ist, scheidet eine obligatorische Zustellung aus (vgl. § 172 ZPO). Wird an den Zustellungsadressaten selbst zugestellt, ist die Zustellung selbstverständlich ebenfalls wirksam.

6

Die Zustellung an den Grundbuchbevollmächtigten setzt voraus, dass an ihn tatsächlich zugestellt werden kann und seine zustellfähige Anschrift bekannt ist. Letzteres wird durch die Mitteilung des Grundbuchamts an das Vollstreckungsgericht nach § 19 Abs. 2 Satz 1 ZVG gewährleistet. Im Ergebnis spielt es aber keine Rolle, woher das Vollstreckungsgericht Kenntnis von dem Grundbuchbevollmächtigten und dessen Anschrift hat, wie dies bereits aus den Motiven zum ZVG hervorgeht und wie man auch aus dem letzten Halbsatz der Bestimmung folgern kann, wie in der frühen Kommentarliteratur herausgearbeitet wird.3) So kann etwa der Vertretene selbst dem Vollstreckungsgericht die Erteilung der Zustellungsvollmacht anzeigen, aber auch den Widerruf der Vollmacht.4)

7

Materiell ist entscheidend, dass die Zustellungsvollmacht sich nicht darauf beschränkt, ausschließlich (ggf. sogar nur bestimmte) Zustellungen des Grundbuchamtes entgegenzunehmen. Notwendig ist daher eine allgemein gefasste Zustellungsvollmacht, allein diese kann auch als für das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht erteilt fingiert werden. Einschränkungen der Zustellungsvollmacht sind aber sorgfältig zu prüfen, bevor an den Grundbuchzustellungsvertreter zugestellt wird. Umgekehrt wird die Praxis im Interesse der Zustellungsbevollmächtigten darauf achten, nur für Grundbuchsachen bestellt zu werden, da die Erweiterung nach § 5 ZVG weitere Aufgaben und Haftungen für den Bevollmächtigten mit sich bringt, die ggf. weder durch seinen Auftrag bzw. die Geschäftsbesorgung im Innenverhältnis zum Zustellungsadressaten gedeckt sind und auch nicht der Deckung durch seine Haftpflichtversicherung unterliegen.

8

Der Widerruf der Bevollmächtigung ist selbstverständlich zu beachten und zwar ab dem Zeitpunkt, ab welchem das Vollstreckungsgericht Kenntnis davon erhält. Der Kenntnis vom Widerruf steht diejenige von der Unwirksamkeit der Vollmacht oder ihrem Erlöschen aus sonstigen Gründen gleich (z. B. Tod des Bevollmächtigten). Ein Irrtum in der Person des Bevollmächtigten – z. B. Mitteilung eines früheren _____________ 1) 2) 3)

4)

36

Siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 5 Rz. 5 m. w. N. Treffend in diesem Sinne Löhnig/Huber, ZVG, § 5 Rz. 3. Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 5 Rz. 4, unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien; vgl. in diesem Sinne auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 5 Rz. 1 m. w. N. und Löhnig/Huber, ZVG, § 5 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 5 Rz. 2 (Anzeige der Bestellung eines Grundbuchbevollmächtigten ist hinreichend für § 5 ZVG).

Cranshaw

§6

Zustellungsvertreter

Bevollmächtigten durch das Grundbuchamt – machen der Natur der Sache nach die Zustellung unwirksam. Da § 5 ZVG in die Normen über die Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten eingebettet ist (siehe oben), kann eine wirksame Zustellung an den gegenüber dem Grundbuchamt benannten Zustellungsbevollmächtigten auch nur unter Beachtung dieser beiden Vorschriften wirksam vorgenommen werden, sodass die Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht zulässig ist, wenn er am Sitz oder Bezirk des Vollstreckungsgerichts keinen Wohnort oder Sitz hat,5) wie Rellermeyer im Einklang mit weiterer Kommentarliteratur zu Recht betont.6) Selbstredend hat der Zustellungsbevollmächtigte des § 5 ZVG lediglich Zustellungsvollmacht, zu weiteren Vertretungshandlungen ist er nicht befugt; sie wären jedenfalls materiellrechtlich schwebend unwirksam (§ 177 Abs. 1 BGB). Wie stets ist aber der Inhalt der Vollmacht, die dem Vollstreckungsgericht bekannt wird, maßgeblich. _____________ 5) 6)

Siehe § 4 Rz. 2 [Cranshaw]. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 5 Rz. 5 m. w. N.

§6 Zustellungsvertreter (1) Ist der Aufenthalt desjenigen, welchem zugestellt werden soll, und der Aufenthalt seines Zustellungsbevollmächtigten dem Vollstreckungsgericht nicht bekannt oder sind die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen (§ 185 der Zivilprozeßordnung) gegeben, so hat das Gericht für denjenigen, welchem zugestellt werden soll, einen Zustellungsvertreter zu bestellen. (2) Das gleiche gilt, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post die Postsendung als unbestellbar zurückkommt. Die zurückgekommene Sendung soll dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. (3) Statt der Bestellung eines Vertreters genügt es, wenn die Zustellung für nicht prozeßfähige Personen an die Vormundschaftsbehörde, für juristische Personen oder für Vereine, die als solche klagen und verklagt werden können, an die Aufsichtsbehörde angeordnet wird. Literatur: Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung im Jahr 2012, ZfIR 2013, 157 ; Drasdo, Die Vergütungs- und Auslagenerstattungsansprüche des Zustellungsvertreters, ZfIR 2013, 5 . Übersicht I.

Funktion der Norm und systematischer Zusammenhang .................. 1 II. Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 6 Abs. 1 ZVG ................... 3 1. Unbekannter Aufenthalt ...................... 3 2. Vorliegen der Voraussetzungen des § 185 ZPO (öffentliche Zustellung) ............................................ 7

3.

Bestellung des Zustellungsvertreters, Abberufung und Funktion ........... 9 a) Auswahl und Annahme ................. 9 b) Bestellung und Abberufung ........ 11 III. Verfahren bei erfolgloser Zustellung durch Aufgabe zur Post gemäß § 6 Abs. 2 ZVG .............. 14

Cranshaw

37

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

§ 26

die Kosten des Gerichts, nicht aber die Kosten zur Durchführung von Maßnahmen durch einen Sequester bzw. Verwalter, dem konkrete Teilaufgaben der Grundstücksbewirtschaftung übertragen wurden. Diesem stehen nämlich nicht gegen die Staatskasse, sondern nur gegen den Gläubiger Ansprüche zu, einschließlich Kostenvorschüsse auf von dem „Sequester“ vorzunehmende Maßnahmen, soweit er nicht auf Erträge zugreifen kann. Die Nähe zur Zwangsverwaltung (man kann den bestellten Sequester vielleicht in Anlehnung an in der Praxis verwendete Begrifflichkeiten des Insolvenzrechts als „schwachen Verwalter“ bezeichnen) rechtfertigt die analoge Anwendung der entsprechenden Vorschriften der Zwangsverwaltung im ZVG sowie der ZwVwV. 2.

Vergütung und Auslagen des Sequesters

Für die Entgeltansprüche (Vergütung und Auslagen) des Sequesters sind ebenfalls die einschlägigen Normen der ZwVwV heranzuziehen.42) Diese Ansprüche werden für den Sequester des § 848 ZPO auf Zeithonorarbasis vom Vollstreckungsgericht festgesetzt (vgl. § 19 ZwVwV). Die BGH-Rechtsprechung zu V ZB 55/05 ist aufgrund der Nähe des Sequesters des § 25 ZVG zum Zwangsverwalter erst recht heranzuziehen. Die Höhe des Stundensatzes orientiert sich an der konkreten Aufgabe und sollte eher im oberen Bereich von bis zu 95 €/Stunde liegen; ferner sollte § 20 ZvVwV über die Mindestvergütung bei (Teil)Inbesitznahme analog angewandt werden. Die Vergütung und die Auslagen werden dann zweckmäßig entsprechend § 22 ZvVwV festgesetzt, nachdem der Sequester Rechnung und Schlussrechnung gelegt hat (vgl. §§ 22, 14 ZwVwV).

25

Gegen die Kostenentscheidung ist unter den Voraussetzungen der Erreichung des Beschwerdewertes nach § 567 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft.

26

_____________ 42) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 25 Rz. 8 a. E.; Schmidberger, Rpfleger 2008, 105 ff., 109; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 25 Rz. 16; die Literatur folgt dabei einer Entscheidung des BGH zu dem Sequester nach § 848 ZPO, BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 55/05, ZIP 2005, 1295 f. = Rpfleger 2005, 549 f. = ZInsO 2005, 869 f.

§ 26 Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß. Literatur: Böttcher, Anmerkung zu BGH V ZB 125/05, ZfIR 2007, 551; Dötsch, Anmerkung zu BGH V ZR 209/12, jurisPR-MietR 22/2013, Anm. 6; Ganter, Anm. zu BGH V ZB 25/05, WuB VI A § 80 InsO 1.05; Gerhardt, Anm. zu BGH IX ZR 103/87, EWiR 1988, 1039; Hintzen, Anm. zu BGH V ZB 125/05, WuB VI E § 26 ZVG 1.07; Reithmann, Anm. zu BGH IX ZR 103/87, WuB IV A § 878 BGB 1.88. Übersicht I.

Funktion der Norm und Sachverhaltskonstellationen ............................ 1

1.

Cranshaw

Ausgangslage, Veräußerungszeitpunkt und relatives Veräußerungsverbot ..................................................... 1

367

§ 26

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

2.

Voraussetzungen wirksamer Eigentumsübertragung trotz Beschlagnahme ...................................... 4 3. Privilegierung des dinglichen Gläubigers als Normzweck .................. 6 II. Anwendungsbereich der Norm .......... 8 1. Rechtsgeschäftliche Veräußerung und vergleichbare Sachverhalte ............ 8 2. Von § 26 ZVG berührte Verfahren .... 11 III. Voraussetzungen der Fortführung der Versteigerung gegen den bisherigen Eigentümer in Sonderfällen und Rechtsbehelfe des Erwerbers ...... 19 1. Vorgehensweise des Vollstreckungsgerichts und Rechtsbehelfe des Erwerbers bei Eigentumsumschreibung zu den verschiedenen Zeitpunkten ...... 19

2. 3. 4.

a) Eigentumserwerb nach Anordnungsbeschluss, aber vor Beschlagnahme ................................. 19 b) Fortsetzung des Verfahrens trotz wirksamer Veräußerung an einen Dritten nach Beschlagnahme ................................. 20 c) Sonderfall des persönlichen Gläubigers bei Veräußerung nach Beschlagnahme .................... 21 Fortsetzung des Verfahrens in Fällen mit Auflassungsvormerkung ... 22 § 26 ZVG in der Insolvenz nach Beendigung des Insolvenzbeschlags .............................................. 23 § 26 ZVG in der „Verwaltungsvollstreckung“ (Rangklasse 3 des § 10 ZVG) – analoge Anwendung auf die Rangklasse 2? ................................. 24

I.

Funktion der Norm und Sachverhaltskonstellationen

1.

Ausgangslage, Veräußerungszeitpunkt und relatives Veräußerungsverbot

1

Nach § 17 ZVG bedarf die Anordnung der Zwangsversteigerung der Eintragung des Schuldners als Eigentümer im Grundbuch. Die Beschlagnahme des Grundbesitzes hat die Wirkung eines Veräußerungsverbotes,1) § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Sie wird wirksam nach § 22 Abs. 1 ZVG mit Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner bzw. mit Eingang des Ersuchens des Versteigerungsgerichts an das Grundbuchamt, den Versteigerungsvermerk einzutragen, wenn die Eintragung „demnächst“2) vorgenommen wird. Für jeden betreibenden oder beitretenden Gläubiger ist der relevante Zeitpunkt gesondert festzustellen mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Wirkungen des § 26 ZVG.3)

2

Die „Veräußerung“ des betroffenen Grundbesitzes, d. h. die Eigentumsumschreibung auf einen anderen Eigentümer, kann im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Versteigerungsantrag eines Gläubigers zu mehreren Zeitpunkten erfolgen: Erfolgt sie vor dem Eingang des Versteigerungsantrags beim Vollstreckungsgericht, darf kein Anordnungsbeschluss ergehen; erlässt das Vollstreckungsgericht den Beschluss in Unkenntnis des Eigentumswechsels, ist nach § 28 Abs. 1 ZVG vorzugehen. Bei Umschreibung nach dem Anordnungsbeschluss, aber vor der Zustellung desselben bzw. vor der Wirksamkeit der Beschlagnahme nach § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG, ist ebenfalls § 28 Abs. 1 ZVG heranzuziehen. Geht das Eigentum aber erst nach der Beschlagnahme über, ist die Veräußerung, d. h. die Verfügung über das Eigentum durch den Veräußerer, gegenüber dem betreibenden Gläubiger relativ unwirksam, § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i. V. m. § 135 Abs. 1, 136 _____________ 1) 2) 3)

368

Siehe dazu im Einzelnen §§ 17 und 23 Rz. 2, 10 [Cranshaw]. Siehe § 8 Rz. 2, § 13 Rz. 9, § 22 Rz. 21 [Cranshaw]. Vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, juris Rz. 20 = WM 1988, 1388 ff. = Rpfleger 1988, 543 f. = ZIP 1988, 543 f. m. Anm. Gerhardt, EWiR 1988, 1039 f. sowie zustimmende Anm. von Reithmann, WuB IV A § 878 BGB 1.88.

Cranshaw

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

§ 26

BGB.4) Die Folge des § 23 Abs. 1 ZVG ist ein gerichtliches Verfügungsverbot i. S. d. § 136 BGB, da nicht das Gesetz, sondern die Beschlagnahme als Folge des Anordnungsbeschlusses das relative Verfügungsverbot erzeugt. Ausnahmsweise kann die Übereignung nach Beschlagnahme dennoch wirksam sein (siehe dazu sogleich unter Rz. 2 f.) sowie nachfolgend unter Rz. 8 – 10 und unter Rz. 20 ff. § 26 ZVG betrifft damit eine begrenzte Ausnahme von der Wirkung des Veräußerungsverbots insoweit, als die trotz Beschlagnahme wirksame Veräußerung des betroffenen Grundbesitzes auf den weiteren Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss haben soll. Voraussetzung ist, dass die Versteigerung „wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet“ worden ist. Die Versteigerung aus einem Titel, der einen „persönlichen“ Anspruch vollstreckungsfähig macht, ist nicht unter § 26 ZVG zu subsumieren. Ohne § 26 ZVG müsste das Verfahren in derartigen Fällen gemäß § 28 ZVG aufgehoben werden, sobald eine dem betreibenden Gläubiger gegenüber wirksame Eigentumsumschreibung erfolgt ist. 2.

3

Voraussetzungen wirksamer Eigentumsübertragung trotz Beschlagnahme

Wirksamkeit der Verfügung nach und trotz Beschlagnahme setzt voraus, dass die Verfügungsbeschränkung als Folge eben jener Beschlagnahme erst eingetreten ist, als der bisherige Eigentümer bereits gemäß § 878 BGB die ihn bindende Erklärung abgegeben hatte und der Antrag auf Eigentumsumschreibung dem Grundbuchamt vorgelegt worden war. Die Auflassung gemäß §§ 873, 925 BGB muss also in gehöriger Form (im Allgemeinen vor einem Notar, siehe im Einzelnen Text und Kommentierungen zu § 925 BGB) erklärt worden sein und dem Grundbuchamt vorliegen.

4

Alternativ5) kommt gutgläubiger (hier: „beschlagnahmefreier“) Erwerb nach § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB in Frage, wenn die Beschlagnahmewirkung nach der bindenden Erklärung der Auflassung eintritt, aber vor Stellung des Antrags auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Der Erwerber muss zum Zeitpunkt seines Eintragungsantrags im Hinblick auf eine Verfügungsbeschränkung seines Veräußerers gutgläubig sein. Das ist er nicht mehr, wenn er den Versteigerungsantrag kennt (§ 23 Abs. 2 Satz 1 ZVG) bzw. der Versteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen worden ist; naturgemäß genügt auch die Kenntnis des Eintragungsersuchens des Vollstreckungsgerichts beim Grundbuchamt.6) Die Versteigerung durch den persönlichen Gläubiger scheitert dann endgültig.

5

3.

Privilegierung des dinglichen Gläubigers als Normzweck

§ 26 ZVG begünstigt also nur den dinglichen Gläubiger, dessen Recht aus dem Grundbuch ersichtlich ist und das seinerseits vor der Beschlagnahme eingetragen _____________ 4)

5) 6)

Zu den Wirkungen des „Veräußerungsverbots“ nach den §§ 135 f. BGB i. V. m. § 23 ZVG siehe Palandt/Ellenberger, BGB, §§ 135, 136 Rz. 4 m. w. N. Zu den verschiedenen Zeitpunkten des Eigentumsübergangs auf den Erwerber und die Konsequenzen für § 26 ZVG siehe Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 3 f. mit zutreffender Differenzierung zwischen dinglichem und persönlichem Gläubiger, welcher eben die Privilegierung des § 26 ZVG nicht genießt. Palandt/Bassenge, BGB, § 878 Rz. 3 m. w. N. Zum gutgläubigen Erwerb siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 23 Rz. 20; Stöber, ZVG, § 23 Rz. 4; Palandt/Bassenge, BGB, § 892 Rz. 17, 19, 24 f. m. w. N.

Cranshaw

369

6

§ 26

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

worden ist. Die Regelung korrespondiert, wie in der Literatur zutreffend herausgearbeitet wird, mit § 325 Abs. 3 ZPO bzw. mit der Norm des § 265 ZPO7) im Erkenntnisverfahren (siehe dort insbesondere § 265 Abs. 2 ZPO, Fortführung des Verfahrens trotz Veräußerung nach Rechtshängigkeit). Diese Bestimmung erstreckt die Rechtskraft eines Urteils aus einem eingetragenen Grundpfandrecht bzw. aus einer Reallast auf den Rechtsnachfolger des Beklagten, auch wenn dieser die Rechtshängigkeit des geltend gemachten dinglichen Anspruchs nicht kannte. Einen dem gutgläubigen Erwerb vergleichbaren Schutz des Erwerbers des betroffenen Grundbesitzes gibt es nicht. Eine gewisse Einschränkung enthält § 325 Abs. 3 Satz 2 ZPO zugunsten eines Erstehers in der Zwangsversteigerung insoweit, als die Rechtshängigkeit vor der Abgabe von Geboten im Termin „angemeldet“ worden sein muss. 7

Normzweck des § 26 ZVG ist daher wie häufig im ZVG insbesondere der Schutz des Realkreditgebers.8) Es handelt sich dabei um eine wertende Entscheidung des Gesetzgebers, die das Interesse des Erwerbers am ungehinderten Eigentumserwerb hintanstellt, ihn aber naturgemäß sogar bei wirksamem Erwerb gegenüber dem betreibenden Gläubiger nur eingeschränkt schützen kann. Das den erworbenen Grundbesitz belastende und eingetragene Recht bleibt weiterhin aufrechterhalten und ist von ihm zu dulden.9) Plastischen Ausdruck findet diese Rechtslage in dem Umstand der Fortsetzung des Verfahrens, wenn die Vollstreckung eines dinglichen Gläubigers zunächst ins Leere geht, weil der Eigentumswechsel nach dem Anordnungsbeschluss, aber vor Beschlagnahme vonstatten ging und der Gläubiger seinen Titel nach den §§ 727 Abs. 1, 750 ZPO umschreiben und sodann an den neuen Eigentümer zustellen lässt, nachdem das Gericht nach § 28 Abs. 1 ZVG einstweilen eingestellt hat.10) In der Formularpraxis der Immobilienfinanzierung ist die Problematik, vom Zeitfaktor und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Risiken und Schäden einmal abgesehen, kein wirkliches rechtliches Problem. Vielmehr sind die Institute regelmäßig im Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung einer Grundschuldbestellungsurkunde mit Vollstreckungsunterwerfung gemäß § 800 ZPO, die sich gegen den jeweiligen Eigentümer richtet und im Grundbuch eingetragen ist (§ 800 Abs. 1 Satz 2 ZPO).11) II. Anwendungsbereich der Norm 1.

8

Rechtsgeschäftliche Veräußerung und vergleichbare Sachverhalte

Die Vorschrift des § 26 ZVG betrifft im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung durch den Bezug über § 23 Abs. 1 ZVG auf die §§ 135 f. BGB allein die rechtsgeschäftliche Veräußerung von Grundbesitz durch den sachenrechtlichen _____________ 7) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 1; Zöller/Greger, ZPO, § 265 Rz. 1, 5, 5b, 6; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 26 Rz. 1 m. w. N.; eingehend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 26 Rz. 5 – 8. 8) So bereits Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., 1912, § 26 Rz. 4 a. E. 9) Siehe dazu Zöller/Vollkommer, § 325 Rz. 49. 10) Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 3. 11) Siehe dazu das Muster bei Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Anh. 1, S. 617 ff., 618 Ziff. 2, 621 und Rz. 304 ff.

370

Cranshaw

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

§ 26

Übertragungsvertrag, die Auflassung (§§ 873, 925 BGB). Das zugehörige schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft ist insoweit ohne Belang, zumal dessen etwaige Rechtsmängel als Folge des Abstraktionsprinzips regelmäßig die Wirksamkeit des dinglichen Geschäfts unberührt lassen. Die in praxi äußerst seltene Aneignung eines nach § 928 Abs. 1 BGB aufgegebenen Grundbesitzes durch den Fiskus gemäß § 928 Abs. 2 BGB dürfte aber ein Fall sein, der der analogen Anwendung des § 26 ZVG zugänglich sein sollte.12)

9

Mit der Kommentarliteratur ist die Eigentumsumschreibung als Folge der Begründung der Gütergemeinschaft (§§ 1415 f. BGB) gleichfalls als „Veräußerung“ nach § 26 ZVG zu betrachten, wobei die Bedeutung in der Praxis minimal ist. Der Eigentumsübergang ist gemäß § 1416 Abs. 2 BGB gesetzliche Folge des eingegangenen Güterstandes, er beruht aber auf dem Ehevertrag, § 1415 BGB, sodass er i. S. d. § 26 ZVG dennoch wie ein rechtsgeschäftlicher Übergang an die Gesamthand zu betrachten ist.13) Eigentumsaufgabe („Dereliktion“) nach § 928 Abs. 1 BGB, Enteignung (als staatlicher Hoheitsakt) und Erbfolge (als Fall der gesetzlich angeordneten Universalsukzession, § 1922 BGB, vgl. auch § 779 ZPO) werden von der Literatur trotz Eigentümerwechsels zu Recht nicht als Veräußerung i. S. d. hier besprochenen Norm angesehen.14)

10

2.

Von § 26 ZVG berührte Verfahren

Die Frage, in welchen Vollstreckungsverfahren die Regelung des § 26 heranzuziehen ist, muss differenziert beantwortet werden. In der Vollstreckungsversteigerung durch den Grundpfandgläubiger bzw. den Berechtigten auf die Leistungen aus der Reallast liegt schon nach dem Wortlaut der Kern der Norm.

11

Geht ein solcher Gläubiger aber nicht in dieser Eigenschaft aus dem eingetragenen Recht vor, sondern aus seinem persönlichen Titel aus der Rangklasse 5, kann er sich wie jeder persönliche Gläubiger nicht auf § 26 ZVG stützen.15)

12

Entsprechend der ratio legis ist § 26 ZVG in diesen Fällen im Zwangsversteigerungsverfahren ebenso wie im Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden.

13

Die Vorschrift des § 26 ZVG ist auch im Versteigerungsverfahren über eingetragene Schiffe (§§ 162, 163 Abs. 2 ZVG, für Seeschiffe Umkehrschluss aus § 169a ZVG) und Schiffsbauwerke (§§ 162, 170a Abs. 2 Sätze 1, 2 ZVG) mit den für Schiffe geltenden Besonderheiten (vgl. §§ 165 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 ZVG zur Beschlagnahme) einschlägig. § 26 ZVG gilt nicht für ausländische Schiffe, auch

14

_____________ 12) Siehe dazu statt aller Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 2. 13) Palandt/Brudermüller, BGB, § 1416 Rz. 1 m. w. N. Für die Aufhebung der Gütergemeinschaft gilt das als Folge des § 1471 BGB nicht. 14) Allg. Meinung, siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 2; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 26 Rz. 3, der auch die Ersitzung kraft Grundbucheintrags und Eigenbesitzes (§ 900 BGB) von § 26 ZVG ausnimmt, ebenso die Freigabe durch den Insolvenzverwalter. Der letztere Fall ist schon deswegen nicht § 26 ZVG zuzuordnen, weil es um einen Wechsel der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis geht, nicht um einen Eigentumswechsel, so im Ergebnis auch Löhnig/Fischinger, a. a. O., mit Hinweis, auf BGH V ZB 25/05; Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 2. 15) Eingehend dazu Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 4 f. m. w. N.

Cranshaw

371

§ 26

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

wenn sie im inländischen Register eintragungspflichtig wären (§ 171 Abs. 1 ZVG), da es dort mangels Registereintrags begriffsnotwendig an einem „eingetragenen Recht“ fehlt. 15

An die Stelle der §§ 878, 892 BGB treten bei Binnenschiffen § 3 Abs. 2 SchRG16) bzw. die §§ 15 SchRG, bei Seeschiffen, die nach § 2 SchRG ohne konstitutiven Registereintrag übereignet werden, die §§ 15 ff. SchRG.17) Offen erscheint die Frage, ob die gesetzlichen Pfandrechte an Schiffen analog der Rangklasse 3 zu würdigen sind und daher die analoge Anwendung des § 26 ZVG in Frage kommt.18)

16

Auf die Versteigerung eingetragener Luftfahrzeuge ist § 26 ZVG zwar grundsätzlich anzuwenden (§ 171a ZVG, mit einer Besonderheit zur Beschlagnahme gemäß § 171c Abs. 2 Satz 2 ZVG). Lex specialis für ausländische Flugzeuge ist indes § 171k ZVG, wonach die nach der Beschlagnahme erfolgende Veräußerung oder Belastung mit einem Recht nach Maßgabe des § 103 LuftFzgG,19) die nach dem Genfer Abkommen von 1948/1959 anzuerkennen ist, gegenüber dem betreibenden Gläubiger Wirksamkeit entfaltet. Anders ist dies, wenn der Vollstreckungsschuldner zum Zeitpunkt der Verfügung über sein Eigentum bösgläubig war.20) Sind die Voraussetzungen des § 171k ZVG dargetan, ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZVG das Verfahren aufzuheben.

17

Die Vorschrift des § 26 ZVG ist jedoch nicht in der Insolvenzverwalterversteigerung nach den §§ 172 ff. ZVG heranzuziehen, ebenso wenig in der Nachlass- und der Teilungsversteigerung.21) In der Teilungsversteigerung wird dazu allerdings vertreten, die Veräußerung des Miteigentumsanteils durch einen der Beteiligten lasse die Fortführung des Verfahrens nach § 26 ZVG unberührt, denn auch der ideelle Miteigentumsanteil (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) anderer Beteiligter sei ein eingetragenes Recht, aus dem die Versteigerung erfolge.22)

18

Vertritt man diese Auffassung, so erscheint es konsequent, § 26 ZVG auch dann anzuwenden, wenn Grundbesitz einer Gesamthand23) betroffen ist. Deren Immo_____________ 16) SchRG, Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 15.11.1940 BGBl. III 403-4 bis zur Fassung d. Art. 2 des Gesetzes v. 21.1.2013, BGBl. I 2013, 91. 17) Siehe zum gutgläubigen Erwerb der nicht unter § 932a BGB zu subsumierenden eingetragenen (See)Schiffe den Hinweis bei Palandt/Bassenge, BGB, § 932a Rz. 1. 18) Für Binnenschiffe siehe die §§ 102 ff. BinSchG, BinSchG, Binnenschifffahrtgesetz, Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt v. 15.6.1895, BGBl. III 4103-1, bis zur Fassung d. Art. 5 d. Gesetzes v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831. Für Seeschiffe vgl. die §§ 596 ff. HGB, Handelsgesetzbuch i. d. F. des Gesetzes zur Reform des Seehandels v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff., nach Art. 15 d. Gesetzes in Kraft ab 25.4.2013. 19) LuftFzgG, Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, v. 26.2.1959, BGBl. III 403-9, bis zur Fassung d. Art. 16 d. Gesetzes v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786; zum Genfer Abkommen vgl. BGBl. II 1959, 129 ff. 20) Siehe hierzu § 171k Rz. 6 [Wedekind], Kenntnis des Schuldners von der Beschlagnahme. 21) Siehe Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 1; Stöber, ZVG, § 26 Rz. 1.2. 22) Dassler/Schiffhauer/u. a./Hintzen, § 180 Rz. 65 m. w. N.; obiter BGH, Beschl. v. 25.2.2010 – V ZB 92/09, juris Rz. 18 = Rpfleger 2010, 439 = NJW-RR 2010, 1098. 23) Beispielsweise die BGB-Gesellschaft aus Außengesellschaft, Personenhandelsgesellschaften, Erbengemeinschaft, die seltene Gütergemeinschaft der Ehegatten.

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Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

§ 26

bilienvermögen kann durch Teilungsversteigerung auseinandergesetzt werden,24) siehe dazu § 731 Satz 2 BGB i. V. m. § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB. Veräußert dann einer der Beteiligten bzw. Gesellschafter wirksam (vgl. § 717 BGB) seinen Anteil an der Gesamthand, liegt es nahe, § 26 ZVG anzuwenden, wenn auch der weichende Gesamthänder oder der Erwerber nicht im Rechtssinne „Miteigentümer“ des Grundbesitzes sind (vgl. nur §§ 718 Abs. 1, 719 Abs. 1 BGB). III. Voraussetzungen der Fortführung der Versteigerung gegen den bisherigen Eigentümer in Sonderfällen und Rechtsbehelfe des Erwerbers 1.

Vorgehensweise des Vollstreckungsgerichts und Rechtsbehelfe des Erwerbers bei Eigentumsumschreibung zu den verschiedenen Zeitpunkten

a) Eigentumserwerb nach Anordnungsbeschluss, aber vor Beschlagnahme25) Die Umschreibung wirkt gegenüber dem persönlichen Gläubiger mit der Folge der vollständigen Verfahrensaufhebung (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZVG). Gegenüber dem dinglichen Gläubiger kommt es zur einstweiligen Einstellung unter angemessener Fristsetzung, § 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZVG. Nach Erteilung der Klausel gegen den Erwerber – wenn eine dingliche Vollstreckungsunterwerfung gemäß § 800 ZPO vorliegt (siehe oben) – und erneuter Zustellung an diesen wird das Verfahren nunmehr gegen ihn fortgesetzt. Nach vergeblichem Fristablauf hingegen wird das Verfahren aufgehoben (§ 28 Abs. 1 Satz 2 ZVG).26)

19

b) Fortsetzung des Verfahrens trotz wirksamer Veräußerung an einen Dritten nach Beschlagnahme Beim dinglichen Gläubiger ist diese Konstellation der typische Anwendungsfall des § 26 ZVG. Die Eigentumsübertragung ist gegenüber dem jeweiligen dinglichen Gläubiger in einem ersten Schritt in Abhängigkeit von dem Eintritt der Beschlagnahmewirkung zu betrachten. Ist der Eigentumsübergang danach gegenüber dem einzelnen dinglichen Gläubiger relativ unwirksam (§§ 23 ZVG, 135 f. BGB), so kann er gleichwohl unter den Voraussetzungen der §§ 878, 892 BGB wirksam sein. An der Fortsetzung des Verfahrens gegen den bisherigen Eigentümer und Vollstreckungsschuldner ändert sich als Folge des § 26 ZVG dennoch nichts.

20

c) Sonderfall des persönlichen Gläubigers bei Veräußerung nach Beschlagnahme Der Eigentumserwerb des Dritten ist relativ unwirksam, das Verfahren gegen den bisherigen Eigentümer fortzusetzen, sofern nicht einer der Fälle der §§ 878, 892 BGB zu bejahen ist. Es kommt also auf die rechtliche Position des Erwerbers im Einzelnen an, eine Konstellation, die beim dinglichen Gläubiger aufgrund des § 26 ZVG im Ergebnis belanglos ist. Hat der neue Eigentümer trotz des relativen Ver_____________ 24) BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, juris Rz. 8, 10 Ls. a), b) = BGHZ 197, 262 ff. = ZfIR 2013, 734 ff. = Rpfleger 2013, 694 ff. = WM 2013, 1748, zur BGB-Gesellschaft. 25) Voraussetzung ist stets, dass das dingliche Recht, aus dem vollstreckt wird, seinerseits vor der Beschlagnahme eingetragen worden ist. 26) Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 3; siehe zu der Gesamtthematik auch die dortige instruktive graphische Übersicht, Rz. 9.

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§ 26

Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

fügungsverbots das Eigentum wirksam gegenüber dem jeweiligen Gläubiger erworben, ist nach überwiegender Meinung das Verfahren gegen den Vollstreckungsschuldner und früheren Eigentümer dennoch fortzusetzen, bis der neue Eigentümer seine Position gemäß § 37 Nr. 5 ZVG als ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht anmeldet und mit der Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO gegen den Gläubiger obsiegt. Durch den Antrag nach §§ 771 Abs. 3, 769 f., 775 f. ZPO27) kann dann auf den Fortgang des Zwangsversteigerungs- bzw. Zwangsverwaltungsverfahrens eingewirkt werden. Nach Böttcher soll es für die Fortsetzung des Verfahrens darauf ankommen, ob aus dem Grundbuch (oder den Grundakten) die Voraussetzungen des § 878 BGB bzw. des § 892 BGB i. S. d. § 28 ZVG erkennbar sind oder nicht.28) Diese Meinung will § 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZVG analog anwenden und damit unter Fristsetzung einstweilen einstellen, wenn die materielle Rechtslage aus dem Grundbuch für das Vollstreckungsgericht „eindeutig“ erkennbar ist. Das gilt danach sowohl für die Fälle des § 878 BGB als auch für § 892 BGB.29) Die wohl ganz überwiegende Meinung geht von der Fortsetzung des Verfahrens gegen den bisherigen Eigentümer aus, bis der neue Eigentümer gemäß § 771, 769 ZPO vorgeht und eine entsprechende gerichtliche Anordnung vorlegt, die die (ggf. einstweilige) Verfahrenseinstellung bestimmt.30) Dieser Meinung ist beizupflichten. Sie argumentiert damit, die tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 878, 892 BGB seien dem Grundbuch nicht zu entnehmen; dem wird man für den Regelfall zustimmen müssen. Übereinstimmung besteht freilich zutreffend darin, dass das Vollstreckungsgericht nicht die Aufgabe der Klärung des materiellen Rechts habe. Ist freilich der Versteigerungsvermerk bei Eigentumsumschreibung bereits eingetragen, so sind der Natur der Sache nach sowie nach einhelliger Meinung die §§ 878, 892 BGB nicht mehr einschlägig, sodass das Verfahren gegen den bisherigen Eigentümer fortzusetzen ist. Die Option für den persönlichen Gläubiger der Rangklasse 5, der die Vorteile des § 26 ZVG ggf. für sich fruchtbar machen will, besteht darin (sofern dies zeitlich hinreicht), eine Zwangssicherungshypothek gemäß §§ 866 f. ZPO eintragen zu lassen und dann aus dieser in der Rangklasse 4 die Zwangsversteigerung oder -verwaltung zu betreiben.31)

_____________ 27) Zu den §§ 775 f. ZPO siehe Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 4 a. E. 28) Siehe bei Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 4, 5 unter Hinweis und Zitat von Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, „9 IV 2 b)“ sowie die Übersicht Rz. 9, wo allerdings etwas missverständlich ein Hinweis auf § 892 BGB bei der Darstellung der Eigentumsumschreibung nach Eintragung des Versteigerungsvermerks mit der Folge der Fortsetzung des Verfahrens gegen den bisherigen Vollstreckungsschuldner enthalten ist; zutreffend und klarstellend aber Rz. 5. 29) Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 4 f., 9. Diese Auffassung argumentiert allerdings durchaus berechtigt, das „Verfahrensrecht [diene…] nicht der Verhinderung des materiellen Rechts“, wenn die materielle Lage „eindeutig feststellbar“ sei, Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 5. 30) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 26 Rz. 8; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 5. 31) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., 1912, § 26 Rz. 4 a. E.; die Untergrenze der Sicherungshypothek von 750 € ist zu beachten, § 866 Abs. 3 ZPO, siehe im Einzelnen Zöller/Stöber, ZPO, § 866 Rz. 5 m. w. N.

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Fortsetzung des Verfahrens nach Beschlagnahme trotz wirksamer Veräußerung

2.

§ 26

Fortsetzung des Verfahrens in Fällen mit Auflassungsvormerkung

Wird die Zwangsversteigerung in Grundbesitz angeordnet, der bereits mit einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers belastet ist, stellt sich die Frage nach der Bedeutung der zeitlichen Reihenfolge: „Eintragung eines Rechts i. S. d. § 26 ZVG im Grundbuch – Erklärung der Auflassung durch den Schuldner an einen dritten Erwerber – Eintragung der Auflassungsvormerkung zur Sicherung der Eigentumsumschreibung auf den Erwerber – Antrag auf Versteigerung aus dem og. eingetragenen Grundpfandrecht bzw. der Reallast – Anordnungsbeschluss/Beschlagnahmewirkung – Eigentumsumschreibung auf den Vormerkungsberechtigten.“ In einem Beschluss gemäß § 91a ZPO hat der BGH mit dem LG Hagen als Beschwerdegericht darauf erkannt, das Versteigerungsverfahren in einen Miteigentumsanteil sei fortzusetzen, obwohl vor der Beschlagnahme für den künftigen Erwerber eine Auflassungsvormerkung eingetragen war, die Eigentumsumschreibung aber nach der Beschlagnahme erfolgte.32) Voraussetzung ist dabei, dass das Recht, aus dem betrieben wird, der Auflassungsvormerkung im Rang vorgeht. Diese hat zwar infolge des § 883 Abs. 2 BGB die Wirkung, dass die nachfolgende spätere Beschlagnahme dem Eigentumserwerb nicht entgegensteht. § 23 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. den §§ 135 f. BGB entfaltet somit keine Wirkung. Die Vormerkung hindert aber dennoch nicht an der Fortsetzung des laufenden Versteigerungsverfahrens, denn mit einem rangbesseren Recht (im Fall des BGH zwei Zwangssicherungshypotheken an einem Miteigentumsanteil an Wohnungseigentum) muss sich der Erwerber abfinden.33) § 883 Abs. 3 BGB ist nicht anwendbar, da das Eigentum nach der Judikatur zutreffend nicht rangfähig ist.34) 3.

22

§ 26 ZVG in der Insolvenz nach Beendigung des Insolvenzbeschlags

Nicht selten kommt es vor, dass Zwangsversteigerungen in Gegenstände der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt werden. Dazu ist die Erteilung der Klausel gegen den Insolvenzverwalter erforderlich.35) Dieser kann Grundbesitz wie jeden anderen Gegenstand aus der Masse freigeben (vgl. § 32 Abs. 3 InsO für Grundbesitz und § 33 InsO für Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge). Damit endet der Insolvenzbeschlag.36) Dasselbe gilt, wenn das Insolvenzverfahren beendet worden ist, auch durch Insolvenzplan, soweit dieser nicht in die Rechte des Inhabers eines Grundpfandrechts oder einer Reallast eingreift (vgl. §§ 49, 223 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Der BGH hat bei dieser _____________ 32) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f. = ZfIR 2007, 549 f. = Rpfleger 2007, 333 ff.; zustimmend Hintzen, Anm. zu BGH V ZB 125/05, WuB VI E § 26 ZVG 1.07; siehe zu der Thematik auch Böttcher, Anmerkung zu BGH V ZB 125/05, ZfIR 2007, 551 ff. 33) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f.; BGHZ 170/378 ff., 383 ff., Rz. 13 – 15, 17 f. 34) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f.; BGHZ 170, 385 Rz. 16 m. w. N. 35) Anders in den Fällen der Eigenverwaltung, denn dort wird kein Insolvenzverwalter bestellt. Der Sachwalter hat insoweit keine vergleichbare Funktion (vgl. §§ 270, 270a, 270b, 274 f. InsO. 36) Vgl. K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 35 Rz. 37 ff.; Cranshaw/Paulus/Michel/Meyer, Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, § 35 Rz. 67 ff.

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§ 27

Beitritt

Konstellation judiziert, eine erneute Umschreibung auf den Schuldner und die Zustellung des Titels an ihn sei nicht erforderlich.37) Er hat sich mit der Frage der etwaigen analogen Anwendung des § 26 ZVG auseinandergesetzt und diese abgelehnt, denn die Freigabe aus der Masse (im Ergebnis muss dies auch für die Beendigung des Insolvenzverfahrens gelten) sei der Veräußerung i. S. d. § 26 ZVG nicht gleichzusetzen. Es handele sich lediglich um den Rückfall der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis auf den Schuldner nach vorherigem Übergang auf den Verwalter gemäß § 80 InsO. Sei die Versteigerung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet worden, bleibe sie von derselben unberührt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO); eine Titelumschreibung auf den Verwalter entfalle dann. Dies gelte auch für den umgekehrten Fall des „Rückfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis.“38) 4.

§ 26 ZVG in der „Verwaltungsvollstreckung“ (Rangklasse 3 des § 10 ZVG) – analoge Anwendung auf die Rangklasse 2?

24

Die „Verwaltungsvollstreckung“, d. h. die Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung, die als öffentliche Last auf dem Grundbesitz liegt39) und der Rangklasse 3 des § 10 ZVG zugeordnet werden muss, ist nach Kommentarstimmen den Ansprüchen aus einem eingetragenen Recht nach § 26 ZVG gleichzusetzen.40)

25

Auf die Versteigerung in der Rangklasse 2 ist § 26 ZVG hingegen nicht anwendbar, auch nicht analog, wenn man von der Judikatur des BGH ausgeht, wonach der Gesetzgeber mit der Rangklasse 2 keineswegs ein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft geschaffen hat.41) _____________ 37) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f., zustimmend Ganter, WuB VI A § 80 InsO 1.05. 38) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f. 39) Vgl. z. B. § 23 Abs. 2 LVwVG Rheinland-Pfalz v. 8.7.1957, Gliederungs-Nr. 2010-2 bis zur Fassung d. Gesetzes v. 12.9.2012, GVBl. S. 311, verfügbar über http://www.landesrecht.rlp.de (Stand: 26.8.2014) siehe auch § 16 Rz. 27 ff., 39 [Cranshaw]. 40) Dazu Stöber, ZVG, § 26 Rz. 2.5, 2.8; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 3 unter Verweis auf Stöber, a. a. O., jeweils ohne weitere Begründung. 41) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, Rz. 8 = ZInsO 2013, 2122 ff. = ZIP 2013, 2122 ff. Im Insolvenzverfahren hat der „privilegierte schuldrechtliche Anspruch“, so der BGH im Ergebnis in der zitierten Entscheidung, Rz. 9, allerdings den Charakter eines Absonderungsrechts (Folge aus § 49 InsO), siehe dazu Dötsch, jurisPR-MietR 22/2013, Anm. 6.

§ 27 Beitritt (1) Wird nach der Anordnung der Zwangsversteigerung ein weiterer Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundstücks gestellt, so erfolgt statt des Versteigerungsbeschlusses die Anordnung, daß der Beitritt des Antragstellers zu dem Verfahren zugelassen wird. Eine Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch findet nicht statt. (2) Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte, wie wenn auf seinen Antrag die Versteigerung angeordnet wäre. 376

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§ 27

Beitritt

Konstellation judiziert, eine erneute Umschreibung auf den Schuldner und die Zustellung des Titels an ihn sei nicht erforderlich.37) Er hat sich mit der Frage der etwaigen analogen Anwendung des § 26 ZVG auseinandergesetzt und diese abgelehnt, denn die Freigabe aus der Masse (im Ergebnis muss dies auch für die Beendigung des Insolvenzverfahrens gelten) sei der Veräußerung i. S. d. § 26 ZVG nicht gleichzusetzen. Es handele sich lediglich um den Rückfall der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis auf den Schuldner nach vorherigem Übergang auf den Verwalter gemäß § 80 InsO. Sei die Versteigerung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet worden, bleibe sie von derselben unberührt (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO); eine Titelumschreibung auf den Verwalter entfalle dann. Dies gelte auch für den umgekehrten Fall des „Rückfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis.“38) 4.

§ 26 ZVG in der „Verwaltungsvollstreckung“ (Rangklasse 3 des § 10 ZVG) – analoge Anwendung auf die Rangklasse 2?

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Die „Verwaltungsvollstreckung“, d. h. die Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung, die als öffentliche Last auf dem Grundbesitz liegt39) und der Rangklasse 3 des § 10 ZVG zugeordnet werden muss, ist nach Kommentarstimmen den Ansprüchen aus einem eingetragenen Recht nach § 26 ZVG gleichzusetzen.40)

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Auf die Versteigerung in der Rangklasse 2 ist § 26 ZVG hingegen nicht anwendbar, auch nicht analog, wenn man von der Judikatur des BGH ausgeht, wonach der Gesetzgeber mit der Rangklasse 2 keineswegs ein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft geschaffen hat.41) _____________ 37) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f., zustimmend Ganter, WuB VI A § 80 InsO 1.05. 38) BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 ff., Rz. 12 f. 39) Vgl. z. B. § 23 Abs. 2 LVwVG Rheinland-Pfalz v. 8.7.1957, Gliederungs-Nr. 2010-2 bis zur Fassung d. Gesetzes v. 12.9.2012, GVBl. S. 311, verfügbar über http://www.landesrecht.rlp.de (Stand: 26.8.2014) siehe auch § 16 Rz. 27 ff., 39 [Cranshaw]. 40) Dazu Stöber, ZVG, § 26 Rz. 2.5, 2.8; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 26 Rz. 3 unter Verweis auf Stöber, a. a. O., jeweils ohne weitere Begründung. 41) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, Rz. 8 = ZInsO 2013, 2122 ff. = ZIP 2013, 2122 ff. Im Insolvenzverfahren hat der „privilegierte schuldrechtliche Anspruch“, so der BGH im Ergebnis in der zitierten Entscheidung, Rz. 9, allerdings den Charakter eines Absonderungsrechts (Folge aus § 49 InsO), siehe dazu Dötsch, jurisPR-MietR 22/2013, Anm. 6.

§ 27 Beitritt (1) Wird nach der Anordnung der Zwangsversteigerung ein weiterer Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundstücks gestellt, so erfolgt statt des Versteigerungsbeschlusses die Anordnung, daß der Beitritt des Antragstellers zu dem Verfahren zugelassen wird. Eine Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch findet nicht statt. (2) Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte, wie wenn auf seinen Antrag die Versteigerung angeordnet wäre. 376

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§ 27

Beitritt

Literatur: Knoche/Biersack, Das zwangsvollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip und seine Vereitelung in der Praxis, NJW 2009, 476 ff.; Rahn, Anmerkung zu BGH V ZR 26/57 („Auflassungsvormerkung, Verfügungsbeschränkung, guter Glaube“) – NJW 1958, 2013, NJW 1959, 97. Übersicht I. Normfunktion ...................................... 1 II. Anwendungsbereich und Kriterium der Gleichartigkeit der Verfahren .............................................. 2 III. Beitrittsentscheidung ohne weiteren Eintrag eines Vollstreckungsvermerks im Grundbuch gemäß § 27 Abs. 1 ZVG ....................... 6 IV. Verfahrensrechtliche Gleichbehandlung aller betreibenden Gläubiger gemäß § 27 Abs. 2 ZVG .... 15 1. Grundsatz der verfahrensrechtlichen Gleichstellung ........................... 15 2. Folgen des § 27 ZVG im Einzelnen ..... 18

I.

a) Gleichzeitig gestellte, zeitlich unterschiedlich eingegangene und gleichzeitig entschiedene Anträge ......................................... 18 b) Bindung des Beitretenden an den erreichten Verfahrensstand und zeitliche Grenzen des Beitritts? ............................................. 21 c) Fehlerhaftigkeit des Beitritts und Beitrittswirkungen ................ 26 d) Beschlagnahme des Zubehörs ..... 27 e) Rechtsnachfolgeprobleme? ......... 28 V. Rechtsbehelfe ...................................... 30

Normfunktion

§ 27 ZVG löst das Dilemma, welches besteht, wenn bereits auf Antrag eines Gläubigers die Zwangsversteigerung angeordnet wurde und die Beschlagnahme wirksam geworden ist, nun aber ein anderer Gläubiger ebenfalls die Zwangsversteigerung betreibt. Der Gegenstand der Vollstreckung ist derselbe, er kann der Natur der Sache nach nur einmal versteigert werden. Damit ist ein einheitliches Versteigerungsverfahren vorgegeben. Dennoch muss das Problem der mehreren Gläubigeranträge gelöst werden. Der Gesetzgeber des ZVG hat sich für die Lösung des Beitritts nach § 27 ZVG entschieden, der einen Kompromiss darstellt, betrachtet man die Systematik der Norm. Es ergeht kein neuer Anordnungsbeschluss, sondern „nur“ ein Beitrittsbeschluss (§ 27 Abs. 1 ZVG). Strukturell wird der weitere Antragsteller an dem Verfahren beteiligt und zwar dergestalt, dass er nach § 27 Abs. 2 ZVG alle Rechte hat, die er hätte, wäre er der Gläubiger, auf dessen Antrag hin das noch laufende Verfahren angeordnet worden ist (§ 27 Abs. 2 ZVG). Damit sieht die Problemlösung der verschiedenen Antragsteller nach dem Konzept des ZVG so aus, dass jeder erfolgreiche Versteigerungsantrag entweder – für den ersten Gläubiger – zur Anordnung führt, für alle nachfolgenden zum Beitritt. Jedes dieser Verfahren stellt bei Einheitlichkeit der Versteigerung über die Immobilie ein gesondertes verfahrensrechtliches Teilverfahren dar, das verschiedene Schicksale haben kann. Die Beschlagnahme ist dabei für den Anordnungsgläubiger und jeden der Beitrittsgläubiger jeweils gesondert zu beurteilen (vgl. die §§ 22, 23 ZVG und die Kommentierung hierzu in dem vorliegenden Kommentar). Sachlogisch ist aber, dass der Vollstreckungsvermerk nur ein einziges Mal im Grundbuch einzutragen ist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

1

II. Anwendungsbereich und Kriterium der Gleichartigkeit der Verfahren Entsprechend der Normfunktion ist § 27 ZVG in allen Versteigerungsverfahren sowie im Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden mit Ausnahme jedoch der Insolvenzverwalterversteigerung, bei der begrifflich mehrere selbstständige Verfahren Cranshaw

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2

§ 27

Beitritt

ausscheiden.1) Da § 27 ZVG gleiche Verfahrenstypen voraussetzt, kann ein Beitritt des Gläubigers zudem weder zum Nachlassversteigerungsverfahren oder einem der anderen Sonderverfahren erfolgen und umgekehrt.2) Voraussetzung des Beitritts ist neben der Gleichartigkeit der verfolgten Verfahren derselbe Vollstreckungsgegenstand. 3

Möglich ist aber, dass z. B. ein- und derselbe Gläubiger mit verschiedenen Forderungen bzw. in verschiedenen Klassen des § 10 ZVG dem Verfahren beitritt. Ein Beispiel wäre die Anordnung des Versteigerungsverfahrens aufgrund eines Rechts der Rangklasse 4 und der Beitritt wegen eines persönlichen Anspruchs der Rangklasse 5. Die Anordnungs- bzw. Beitrittsforderungen können ganz unterschiedlich sein. Es kann sich um verschiedene Beträge handeln, die verschiedenen Forderungen können verschiedenen Rangklassen des § 10 ZVG zugeordnet sein (siehe das Beispiel) und sie können sich sogar gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners richten.3) Ein Beispiel (in Anlehnung an Stöber, a. a. O.) ist die Anordnung der Versteigerung aus einem dinglichen Anspruch der Rangklasse 4, wonach ein Eigentümerwechsel eintritt, der den Fortgang des Verfahrens nicht berührt (§ 26 ZVG). Danach tritt derselbe Gläubiger der Versteigerung wegen eines persönlichen Anspruchs gegen den neuen Eigentümer aus der Rangklasse 5 bei.

4

Für den Sonderfall der Versteigerung auf Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG hat der BGH darauf erkannt, die Gemeinschaft könne, solange die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG nicht nachgewiesen sind, nur in Rangklasse 5 die Anordnung (oder den Beitritt) beantragen. Sie könne nach Vorliegen der Voraussetzungen dann den Beitritt in Rangklasse 2 beantragen.4)

5

Die Vorschrift ist auch in der Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen heranzuziehen. III. Beitrittsentscheidung ohne weiteren Eintrag eines Vollstreckungsvermerks im Grundbuch gemäß § 27 Abs. 1 ZVG

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Ist die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung bereits angeordnet, bestimmt § 27 Abs. 1 ZVG, dass damit weitere Anträge nicht ausgeschlossen sind, aber nur als Beitritt beschlossen werden können („Beitrittsbeschluss“). Die Fragen zur Zulässigkeit derselben und der Prüfungsumfang durch das Gericht sind identisch mit den Fragen, die sich beim Antrag auf Anordnung des Immobiliarvollstreckungsverfahrens stellen.5) Auf die Frage, wann die Anordnung als bewirkt anzusehen ist, kommt es vorliegend nicht an, weil die Beschlagnahme verfahrensrechtliche Folge und nicht Merkmal der Anordnung ist, sodass der der Anordnung nachfolgende Antrag auf Zwangsversteigerung in denselben Gegenstand nur als Beitritt beschlos_____________ 1) 2) 3) 4) 5)

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Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 176 Rz. 4. Hierauf weist Stöber, ZVG, § 27 Rz. 3.3 zutreffend hin; ebenso Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 4. BGH, Beschl. v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, JurionRS 2008, 13515, Ls b) = Rpfleger 2008, 375 ff. = NJW 2008, 1956 ff. Vgl. hierzu die Kommentierung der §§ 15 f. ZVG im vorliegenden Kommentar.

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§ 27

Beitritt

sen werden kann.6) Zugleich ist damit z. B. der Antrag eines Gläubigers auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung nach bereits erfolgter Anordnung aufgrund eines anderen Antrags prozessrechtlich zulässig als Antrag auf Beitritt auszulegen, mindestens aber, wenn ausdrücklich nur die „Anordnung“ beantragt wurde, ist er in einen Beitritt analog § 140 BGB umzudeuten.7) In § 27 Abs. 1 Satz 1 ZVG trifft das Gesetz die Kernaussage, dass es mehrere Verfahren geben kann, jeweils bezogen auf den einzelnen antragstellenden Gläubiger. Inhaltlich entspricht der Beitrittsbeschluss ansonsten dem Anordnungsbeschluss (s. § 15 Rz. 159 [Cranshaw]); so sind die Parteien, das Grundstück, der Titel und der Rang (Rangklasse), aus dem vollstreckt wird, zu bezeichnen; aufgrund der Voraussetzung der Gleichartigkeit der Verfahren für einen Beitritt (s. o. Rz. 2) bezieht sich der Beitrittsbeschluss auf Gläubigerantrag immer nur auf die Gläubigervollstreckung. Die zweite Aussage ist diejenige, dass das Verfahren gleichwohl ein einziges einheitliches Verfahren über den Vollstreckungsgegenstand ist; aus diesem Grunde wird der Beitritt nicht im Grundbuch eingetragen, § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG.

7

Nicht zu verwechseln ist dieser Umstand mit dem Fall, dass Gläubiger A. einen Versteigerungsantrag stellt und daraufhin die Versteigerung angeordnet wird, wenn parallel oder später (oder zuvor) von ihm oder einem anderen Gläubiger B. das Zwangsverwaltungsverfahren beantragt wird. Dabei handelt es sich gerade nicht um einen Beitritt, sondern um einen Anordnungsantrag, der zum Anordnungsbeschluss bzgl. der Zwangsverwaltung und zur Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks im Grundbuch führt (§ 19 ZVG).8) Mit dieser Konstellation darf auch nicht ein weiterer Zwangsverwaltungsantrag verwechselt werden, der wiederum als Beitritt nach § 27 Abs. 1 ZVG zu werten ist.

8

Der Beitritt ist ein Rechtsinstrument, das deshalb zwingend erforderlich ist, weil andernfalls u. a. derjenige Gläubiger, der weniger schnell agiert hat als derjenige, der den Anordnungsbeschluss erwirkt hat, im Verfahren nicht mehr gleichberechtigt aktiv werden könnte. Die Folge dieses Procedere ist aber, dass sein Antrag denselben Voraussetzungen unterliegt wie der Antrag auf Anordnung des Verfahrens. Dazu gehört beispielsweise die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 ZVG, der die Eintragung des Schuldners im Grundbuch fordert.9) Das bedeutet u. a., dass bei Eigentumswechsel zwischen Anordnung und Beitritt der Letztere nur gegen den neuen Eigentümer beschlossen werden kann, sofern im Verhältnis zwischen diesem und dem Antragsteller die Vollstreckungsvoraussetzungen bestehen (siehe nachfolgend unter Rz. 28).

9

_____________ 6)

7)

8) 9)

Die Anordnung setzt nach der hier vertretenen Auffassung das Heraustreten aus dem inneren Bereich des Gerichts voraus, die Unterschrift allein genügt nicht; a. A. Stöber, ZVG, § 27 Rz. 2.3 und Einleitung Rz. 20.1.; siehe im Einzelnen zur Thematik § 19 Rz. 4 [Cranshaw]. Dasselbe gilt für die Verfahrensaufhebung, a. A. auch hier, nach der dort vertretenen Ansicht konsequent, Stöber, a. a. O., § 27 Rz. 2.3 unter d). Der Antrag als Verfahrenshandlung ist sowohl auslegungsfähig als auch ggf. der Umdeutung zugänglich, siehe Zöller/Greger, ZPO, vor § 128 Rz. 25 m. w. N.; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 4, bezeichnet daher die fehlerhafte Bezeichnung im Antrag des Gläubigers zutreffend als „unschädlich“. Vgl. § 19 Rz. 2, 5, 7 [Cranshaw]. Siehe dazu im Einzelnen § 17 Rz. 1, 2 [Cranshaw].

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§ 27

Beitritt

10

Da der Beitritt nicht im Grundbuch verlautbart wird, § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG, ist wesentlich, dass das aufgrund der ursprünglichen Anordnung der Zwangsversteigerung (bzw. Zwangsverwaltung) in Gang gesetzte Vollstreckungsverfahren zum Zeitpunkt des Beitritts noch fortbesteht.

11

Wird das anhängige Verfahren aufgehoben (§ 28 ZVG), z. B. wegen Antragsrücknahme (§§ 29, 32 ZVG) durch den einzigen betreibenden Gläubiger10) oder nach § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG wegen Verfristung des Fortsetzungsantrags, kommt nur noch eine Neuanordnung in Frage, nicht indes mehr der Beitritt. Selbstverständlich ist mit Stöber zunächst über den dem Beitrittsantrag vorausgehenden und noch unerledigten Rücknahmeantrag eines anderen Gläubigers durch Aufhebungsbeschluss zu entscheiden und die Löschung des Vollstreckungsvermerks zu veranlassen, bevor auf den umzudeutenden Beitrittsantrag erneut die Versteigerung anzuordnen und das Eintragungsersuchen an das Grundbuchamt zur richten ist.11)

12

Das Verfahren ist so lange anhängig, als der Zuschlag noch nicht rechtskräftig geworden ist.

13

Der Rücknahmeantrag des „Anordnungsgläubigers“, der nach dem Erlass des Beitrittsbeschlusses eingeht und über den erst danach entschieden wird, berührt aber den wirksamen Beitritt nicht. Es bedarf dann – im Hinblick auf § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG – ebenfalls mit Stöber auch nicht der Eintragung des Beitritts im Grundbuch, der bereits eingetragene Vollstreckungsvermerk wird trotz der Aufhebung nicht gelöscht, um dann als Folge des „Beitritts“ neu eingetragen zu werden.12) Die Folge des § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG ist allerdings, dass die Beschlagnahmewirkung (§ 23 ZVG, §§ 135 f. BGB, §§ 878, 892 BGB) zugunsten dieses Beitritts erst mit der Zustellung an den Schuldner eintritt, § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG.

14

Die einstweilige Einstellung des Verfahrens führt nicht zu dessen Aufhebung, sodass auch während des Einstellungszeitraums der Beitritt zulässig ist und angeordnet werden kann. Der Grund der Einstellung ist gleichgültig. IV. Verfahrensrechtliche Gleichbehandlung aller betreibenden Gläubiger gemäß § 27 Abs. 2 ZVG 1.

15

Grundsatz der verfahrensrechtlichen Gleichstellung

Die verfahrensrechtliche Gleichbehandlung aller betreibenden Gläubiger stellt § 27 Abs. 2 ZVG sicher. Die Norm gewährt zu diesem Zweck allen Gläubigern dieselben verfahrensrechtlichen Beteiligungsrechte, gleichgültig, ob es sich um den Gläubiger handelt, auf dessen Antrag hin das Verfahren angeordnet worden ist oder ob er im _____________ 10) Die Antragsrücknahme bewirkt nicht die Aufhebung des Verfahrens, sondern erst der gerichtliche Aufhebungsbeschluss, BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, BGHZ 177, 218 ff., 222 Rz. 13, passim. 11) Stöber, ZVG, § 27 Rz. 2.3 unter d). Das von Stöber, a. a. O., zu Recht als unzulässig angesehene Procedere, zunächst den Beitritt zuzulassen, um dann erst über die Aufhebung zu entscheiden, würde gesetzeswidrig die Beschlagnahme aufrechterhalten, die Neuanordnung aufgrund des als Anordnungsantrag auszulegenden „Beitrittsantrags“ verdecken und somit § 23 ZVG die volle Wirksamkeit insbesondere im Hinblick auf den Gutglaubensschutz nehmen; vgl. im Einzelnen § 23 Rz. 1 f., 10 – 12, 36 ff. [Cranshaw]. 12) Stöber, ZVG, § 27 Rz. 2.3 unter e).

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§ 27

Beitritt

Lauf des Verfahrens Beitrittsgläubiger geworden ist. Er muss allerdings den Verfahrensstand als auch sich gegenüber weitgehend bindend hinnehmen, der zum Zeitpunkt der Beitrittsentscheidung erreicht worden ist (siehe nachfolgend Rz. 21 ff.). Diese Rechtsfolge ist die Konsequenz aus der Einheitlichkeit des Versteigerungsverfahrens über das Vollstreckungsobjekt. § 27 Abs. 2 ZVG hat auch die Funktion des Schutzes Dritter als Folge des im Rahmen des § 27 Abs. 2 ZVG anzuwendenden § 23 ZVG. Der Anordnungsbeschluss entfaltet aber in keinem Falle die Wirkung eines Veräußerungsverbotes nach Maßgabe des § 23 ZVG zugunsten des später Beitretenden. Der Beitritt hat also keine Rückwirkung und zwar konsequent auch dann nicht, wenn der mit einem anderen Recht Beitretende zugleich der anfängliche Antragsteller ist, auf dessen Betreiben das Verfahren angeordnet worden ist.13)

16

Gelegentlich hat das auch Vorteile für den Beitrittsgläubiger. So etwa kann er bei einer Grundstücksvereinigung (§ 890 BGB) dem Versteigerungsverfahren über das vereinigte Grundstück beitreten, wobei es unerheblich ist, ob das bisherige Grundstück, das mit dem Recht des Beitretenden belastet ist, als selbstständiges Flurstück fortbesteht oder untergegangen ist. Im letzteren Fall soll sich aus der „Genese“ der Vereinigung der belastete „Flächenabschnitt“ ergeben.14) Dem Beitretenden haftet nur das – ggf. sogar nicht mehr existente – Flurstück. Probleme entstehen in solchen Fällen u. a. bei der Frage der Wertbemessung, der Wertfestsetzung und der Erlöszuteilung. Diese Problematik ist aber nicht den Strukturen des ZVG geschuldet, sondern Folge der materiellen Regelung des § 890 BGB.

17

2.

Folgen des § 27 ZVG im Einzelnen

a) Gleichzeitig gestellte, zeitlich unterschiedlich eingegangene und gleichzeitig entschiedene Anträge In der Literatur wird diskutiert, wie die Problematik der parallel zu entscheidenden Beitrittsanträge zu lösen ist; betroffen sind hiervon insbesondere die Anträge von Gläubigern, deren Rechte nicht im Grundbuch eingetragen sind, namentlich diejenigen der Rangklasse 5.15) In praxi wird es gleichzeitig beim Gericht eingehende Anträge – über die dann gleichzeitig und einheitlich zu entscheiden ist – seltener geben, sondern eher Anträge, über die das Gericht gleichzeitig entscheidet. Literaturstimmen gehen – zwar praxisgerecht – dahin, dass Anträge, über die gleichzeitig entschieden wird, auch wenn sie zu verschiedenen Zeitpunkten eingegangen sind, gleichrangig werden, weil „die Beschlagnahme gleichzeitig wirksam“ werde;16) es gebe anders als im Grundbuchrecht (vgl. § 17 GBO) keine Rangfolge der Erledi_____________ 13) BGH, Urt. v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, Rpfleger 1988, 543 f. = ZIP 1988, 1612 ff. = WM 1988, 1388 ff. 14) BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, ZfIR 2006, 220 ff. = Rpfleger 2006, 150 f. = NJW 2006, 1000 f. 15) Das Problem ist letztlich dasselbe wie bei „Erstanträgen“, die auf Anordnung gerichtet sind, vgl. die Kommentierung zu den §§ 15, 16 ZVG im vorliegenden Kommentar. Bei verschiedenen Entscheidungszeitpunkten ist auf den ersten Antrag das Verfahren (jeweils zu unterscheiden nach Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung) anzuordnen oder auf spätere Anträge der Beitritt zu beschließen. 16) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 27 Rz. 3.

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18

§ 27

Beitritt

gung des Antrags. Man darf aber in diesem Kontext nicht Zwischenverfügungen im Immobiliarvollstreckungsverfahren übersehen, die dem Antragsteller Gelegenheit geben, etwaige heilbare Mängel seines Antrags zu beheben. Wird über diesen zeitlich früher vorliegenden Antrag später (oder gleichzeitig) als über erst danach eingegangene Anträge entschieden, geht dem früheren Antragsteller seine durch den Antrag begründete Rechtsposition verloren. Durch die Vorgehensweise der einheitlichen und parallelen Entscheidung sollen ferner zufällige Ergebnisse bei der Beschlagnahme (und dem daraus resultierenden Rang) vermieden werden.17) Teilweise wird darauf hingewiesen, man solle über die Anträge möglichst umgehend entscheiden, um Probleme der gleichzeitigen Beschlussfassung zu vermeiden.18) Die Praxis der einheitlichen Entscheidung über zeitlich divergierende Anträge ist für das Vollstreckungsgericht haftungsträchtig und abzulehnen, sie verstößt, wie Knoche/Biersack, die auch von der zitierten Literatur als Gegenmeinung erwähnt werden, herausgearbeitet haben, gegen das Prioritätsprinzip, welches das Einzelvollstreckungsverfahren bestimmt. Stöber sieht dies wohl ähnlich, wenn er äußert, jeder Antrag müsse „sofort verbeschieden“ werden.19) Bei systematischer Betrachtung darf auch ein Blick auf § 17 GBO geworfen werden, denn hier wie dort geht es um den Rang der Rechtsstellung, die durch die Eintragung im Grundbuch oder das Versteigerungs-/Zwangsverwaltungsverfahren verschafft wird. Mit Pfändungsmaßnahmen durch den Gerichtsvollzieher, die Gegenstand der Erwägungen zur Hintansetzung des Prioritätsprinzips sind,20) ist die besondere Konstellation der Immobiliarvollstreckung wohl nicht zu vergleichen. 19

Die in den obigen Fällen zwangsläufig auseinandergezogene Zustellung der Entscheidung über den einzelnen Beitrittsantrag (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG) lässt die Problematik des zwischenzeitlichen Erwerbs oder der Belastung des Vollstreckungsgegenstandes durch einen Dritten virulent werden (vgl. § 23 ZVG). Sie ist trotz des bereits aufgrund der früheren Anordnung des Verfahrens eingetragenen Vollstreckungsvermerks (vgl. §§ 19, 23, insb. § 23 Abs. 2, 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG) nach Stöber zutreffend nicht zu verneinen, wenn auch der Zwangsvollstreckungsvermerk zugunsten des Beitretenden Wirkung entfaltet21) (wobei hier wieder zwischen Zwangsverwaltung- und Zwangsversteigerung differenziert werden muss). Der Schutz des eingetragenen Vollstreckungsvermerks greift erst nach der Zustellung. Es könnte fraglich sein, ob der Gesetzgeber diese Lücke zugunsten der zwischenzeitlich vor der Zustellung des Beitrittsbeschlusses eingetragenen Gläubiger der _____________ 17) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 12 m. w. N. So auch Böttcher, ZVG, § 27 Rz. 11. 18) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 12 m. w. N. 19) Knoche/Biersack, NJW 2003, 476 ff., 480; Stöber, ZVG, § 27 Rz. 6; die Folge hiervon ist, dass auch in der richtigen Reihenfolge zugestellt werden muss. 20) Siehe Knoche/Biersack, NJW 2003, 476 ff., 480; Stöber, ZVG, § 27 Rz. 6; die Folge hiervon ist, dass auch in der richtigen Reihenfolge zugestellt werden muss. A. A. zur Pfändung durch den Gerichtsvollzieher die h. M., vgl. Zöller/Stöber, ZPO, § 804 Rz. 5 m. w. N., § 808 Rz. 25; diese Auffassung geht bis auf die reichsgerichtliche Rechtsprechung zurück. 21) Den Schutz des Beitrittsgläubigers gegen gutgläubigen Erwerb bejaht zutreffend Böttcher, ZVG, § 27 Rz. 12, ebenso Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 13; a. A. nur scheinbar Stöber, ZVG, § 27 Rz. 8.3, vor dem Hintergrund, dass § 23 ZVG die Beschlagnahme voraussetzt, die freilich erst mit der Zustellung eintritt.

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§ 27

Beitritt

Rangklasse 422) wollte,23) zumal beim Beitritt der Eintritt der Beschlagnahmewirkung – dank des Eingangs des Eintragungsersuchens im Grundbuch nach § 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG – infolge des § 27 Abs. 1 Satz 2 ZVG fehlt. Man muss unter Betrachtung der gesetzlichen Systematik differenzieren: Vor der Beschlagnahme besteht wie auch sonst kein Schutz gegen Verfügungen zulasten des Vollstreckungsgegenstandes;24) das ist die Folge der selbstständigen Teilverfahren der betreibenden Gläubiger. Der Anordnungsbeschluss entfaltet keine Rückwirkung mit Ausnahme der Bestimmung des § 13 Abs. 4 ZVG für die wiederkehrenden Leistungen.25) Ist die Beschlagnahme wirksam, streitet für denjenigen, dessen Rechte noch nicht eingetragen sind, die Regelung des § 878 BGB, die die Vollendung seines Erwerbs trotz wirksamer Beschlagnahme unter den dortigen besonderen Voraussetzungen ermöglicht.26) Den guten Glauben nach § 892 BGB, also den Fall des Erwerbs nach Beschlagnahme außerhalb der Voraussetzungen des § 878 BGB, zerstört freilich der bereits eingetragene Vollstreckungsvermerk. Daher kann die Lösung des beschriebenen Dilemmas der zeitlich verschiedenen Beitrittsanträge wohl zudem so gelöst werden, dass das Eingangsdatum im einheitlichen Beitrittsbeschluss in den Gründen vermerkt wird, sodass in entsprechender Weiterführung der Erwägungen des BGH zu den Folgen des fehlerhaften Beitritts (zu BGH V ZR 159/66, siehe nachfolgend Rz. 26) der Erlös materiellrechtlich nach der Rangfolge des Antragseingangs verteilt wird, soweit nicht der grundbuchmäßige Rang bei den eingetragenen Rechten anderes vorsieht. Der Berechtigte muss sein Recht freilich nach § 37 Nr. 4 ZVG anmelden.27)

20

b) Bindung des Beitretenden an den erreichten Verfahrensstand und zeitliche Grenzen des Beitritts? Den erreichten Verfahrensstand muss der Beitretende weitgehend hinnehmen, da ansonsten Nachteile für die anderen bisher betreibenden Gläubiger das Resultat wären. Ausnahmen hiervon ergeben sich aus seiner Stellung als Beteiligter (vgl. §§ 9, 27 Abs. 2 ZVG) und zwar als „Gläubiger“, eine Rechtsposition, die durch den Beitritt erlangt wird. Für die im Grundbuch eingetragenen Berechtigten, die mit ihrem Recht beitreten, folgen die Beteiligtenrechte aber schon aus § 9 Nr. 1 ZVG.28)

21

Die Konsequenz hiervon ist etwa die Notwendigkeit der Zustellung des Wertfestsetzungsbeschlusses (§ 74a Abs. 5 ZVG) an den Beitretenden, dem die Verkehrswertbeschwerde eröffnet ist, auch wenn die Wertfestsetzung gegenüber den

22

_____________ 22) Stöber, ZVG, § 27 Rz. 8.3. 23) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 27 Rz. 4 a. E., beschränkt sich ebenfalls auf die lapidare Feststellung, der eingetragene Versteigerungsvermerk wirke „auch zugunsten des beitretenden Gläubigers.“ 24) BGH, Urt. v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, juris Rz. 16 f., 20 = Rpfleger 1988, 543 f. = ZIP 1988, 1612 ff. 25) BGH – IX ZR 103/87, juris Rz. 20. 26) Palandt/Bassenge, BGB, § 878 Rz. 3 m. w. N.; Rahn, NJW 1959, 97. 27) Siehe den Hinweis von Stöber, ZVG, § 27 Rz. 8.3. 28) Vgl. auch § 9 Rz. 19 [Cranshaw].

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§ 27

Beitritt

weiteren Beteiligten bereits unanfechtbar geworden ist.29) Das führt im Einzelfall zu Komplikationen. 23

Weitere Konsequenz ist die Zustellung der Beschlussfassung über den Versteigerungstermin (§ 41 ZVG); das Dilemma der Fristen, wenn der Beitritt erst nach Terminsbestimmung erfolgt ist, löst die Praxis auf, indem eine Terminverschiebung zutreffend abgelehnt wird.30) Einen Ausweg zeigt § 43 Abs. 2 ZVG auf, da der Beitretende, der erst nach der Terminsbestimmung den Beitritt beantragt hat und der auch sonst nicht i. S. d. § 9 ZVG beteiligt war, keinen Anlass dafür bietet, den Termin aufzuheben. Der Beteiligte ist dem Gericht nicht i. S. d. § 43 Abs. 2 ZVG bekannt. Der Beitritt ist dann aber auch in das geringste Gebot nicht einzubeziehen,31) Folge aus § 44 Abs. 2 ZVG.32)

24

Die unter Rz. 23 umrissene Teilproblematik führt zugleich zu der Frage, bis wann der Beitritt zulässig ist. Dies setzt voraus, dass ein Verfahren anhängig ist. Das bedeutet, dass der Antrag zulässig ist, auch wenn der „Anordnungsgläubiger“ seinen Antrag zurückgenommen hat oder wenn das Verfahren einstweilen eingestellt worden sein sollte. Erst die konstitutiv wirkende Verfahrensaufhebung durch das Gericht33) beendet (jedenfalls mit Eintritt der Rechtskraft) nämlich die Anhängigkeit und die Zulässigkeit des Beitritts, die bloße Rücknahme des Anordnungsantrags genügt nicht. Ein erst danach eingehender Antrag ist als ein solcher auf Neuanordnung des Verfahrens zu werten, ggf. erst nach einer Zwischenverfügung.

25

Neuralgisch im laufenden Verfahren ist der Zeitpunkt –

nach rechtskräftiger Wertfestsetzung, siehe dazu Rz. 22;



nach erfolgter Terminsbestimmung, siehe dazu Rz. 23;



im Versteigerungstermin, siehe dazu Rz. 23 und § 44 Abs. 2 ZVG;



nach Beendigung der Versteigerung, aber vor Erteilung des Zuschlags (§ 73 Abs. 2 ZVG); die Möglichkeit des Beitritts bleibt unberührt;34)



nach Erteilung des Zuschlags, aber vor Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses. Seit der frühen Literatur zum ZVG wird die Zulässigkeit des aufschiebend bedingten Beitrittsbeschlusses in diesen Fällen diskutiert.35) Nach anderer Meinung soll der Beitritt nur auflösend bedingt möglich sein, wobei der Beitritt

_____________ Stöber, ZVG, § 27 Rz. 9.2. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 16 m. w. N.; eingehend Stöber, ZVG, Rz. 9.1. Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 9; Stöber, ZVG, § 27 Rz. 9.1. Vgl. dazu Löhnig/Siwonia, ZVG, § 44 Rz. 36 ff., 37. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, juris Rz. 10 f. = BGHZ 177, 218 ff. = ZfIR 2008, 876 ff. = Rpfleger 2008, 586 (zur Zwangsverwaltung, für die Zwangsversteigerung gilt nichts anderes). 34) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 27 Rz. 3. 35) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 27 Rz. 3, wo im Ergebnis der Hinweis im Beitrittsbeschluss vorgeschlagen wird, er werde erst mit Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses wirksam.

29) 30) 31) 32) 33)

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§ 27

Beitritt

unwirksam werde, aber gleichwohl aufgehoben werden müsse.36) Der bei Stöber37) und Jaeckel/Güthe38) erwogenen Aussetzung der Entscheidung über den Beitritt bis zur Rechtskraft oder Aufhebung des Zuschlags steht man zu Recht ablehnend gegenüber, da ansonsten zwischenzeitlich eingetragene dingliche Rechte zugunsten eines Dritten den Antragsteller auf Beitritt beeinträchtigen könnten. –

nach Rechtskraft des Zuschlags über die Immobilie selbst in den seltenen Fällen des § 65 ZVG39) (gesonderte Versteigerung bzw. Verwertung von beweglichen Gegenständen und Forderungen).

c) Fehlerhaftigkeit des Beitritts und Beitrittswirkungen Der fehlerhafte, aber nicht nichtige Beitritt, ist für die erlangte Rechtsposition verfahrensrechtlich wirksam, er berechtigt freilich nicht materiell zur Teilhabe am Versteigerungserlös.40)

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d) Beschlagnahme des Zubehörs Das Zubehör wird von der Beschlagnahme nach den allgemeinen Regelungen umfasst. Die vorherige Freigabe durch den Gläubiger des Anordnungsbeschlusses spielt keine Rolle, sodass auch nicht gesondert über die Beschlagnahme des Zubehörs zu beschließen ist.41) Voraussetzung ist natürlich, dass der Gegenstand des Zubehörs noch „beschlagnahmefähig“ ist (§§ 1120 BGB, 20 ZVG) und nicht von der Zubehörhaftung nach den §§ 1121, 1122 BGB frei geworden ist.42)

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e) Rechtsnachfolgeprobleme? In dem Zeitraum zwischen Anordnung und Beitritt kann der Natur der Sache nach ein Eigentümerwechsel eingetreten sein. Da der Beitrittsbeschluss nicht auf den Zeitpunkt der Anordnung zurückwirkt (BGH zu IX ZR 103/07), müssen gegen den Eigentümer zum Zeitpunkt des Beitritts die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die Gläubiger der Rangklassen 2 oder 5, die keinen Titel gegen den Eigentümer zum maßgeblichen Zeitpunkt haben, können damit den Beitritt nicht mehr erfolgreich betreiben. Die dinglichen Gläubiger, insbesondere diejenigen der _____________ 36) Stöber, ZVG, § 27 Rz. 2.4, Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 9, beide unter Hinweis auf OLG Stuttgart, Rpfleger 1970, 102 (Beschl. v. 4.12.1069 – W 299/69, siehe Löhnig/ Fischinger, a. a. O.). 37) ZVG, § 27 ZVG Rz. 2.4. 38) ZVG, § 27 ZVG Rz. 3. 39) Vgl. Stöber, ZVG, § 27 Rz. 2.5 a. E.; siehe auch § 65 Rz. 1, 4, 6 – 8 [Bachmann]. 40) BGH, Urt. v. 5.12.1969 – V ZR 159/66, BGHZ 53, 110 ff., Ls 2 (ggf. missverständlich), S. 116/117. 41) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 16, unter zutreffendem Hinweis auf OLG Zweibrücken, Urt. v. 4.6.1976 – 1 U 239/75, juris Rz. 40, 42 = OLGZ 1088, 212 ff. 42) Böttcher, ZVG, § 27 Rz. 17, ebenfalls unter Hinweis auf OLG Zweibrücken zu I U 239/75. Der Senat hat sehr sorgfältig – und zu Recht – die verschiedenen Positionen des dortigen Beklagten auseinander gehalten, der zunächst Sicherungseigentümer einer Maschine war, die als Zubehör zu qualifizieren war. Er war ferner Grundpfandgläubiger (insoweit haftete ihm die Maschine nach den §§ 1120 ff. BGB) und schließlich Ersteigerer des Grundbesitzes, einer Schuhfabrik (zu der die Maschine gehörte).

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§ 27

Beitritt

Rangklasse 4, benötigen den auch für die Anordnung erforderlichen Duldungstitel, wobei man von einem Vorsprung der institutionellen Gläubiger (insbesondere der Banken) ausgehen darf, die einen vollstreckbaren Titel gegen den jeweiligen Eigentümer nach Maßgabe der §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO bereits in Händen haben oder doch die Klauselumschreibung auf den neuen Eigentümer nach § 727 ZPO umgehend in die Wege leiten können. 29

Beim Gläubigerwechsel vor Beantragung des Beitritts bedarf es der Klauselumschreibung gemäß § 727 ZPO.43) Ein Gläubigerwechsel nach dem Beitritt, beispielsweise nach Verkauf einer Darlehensforderung, die durch eine Sicherungsgrundschuld besichert ist, welche gleichfalls mit übertragen wurde, bedarf keines erneuten Beitrittsbeschlusses, da die vollstreckbare Forderung nach den §§ 412, 401 BGB auf den Zessionar übergeht.44) Davon zu unterscheiden ist wiederum die Notwendigkeit der Klauselumschreibung nach § 727 ZPO und das Erfordernis der Zustellung der Urkunde nach § 750 Abs. 2 ZPO.45) V. Rechtsbehelfe

30

Gläubigerebene: Bei den Rechtsbehelfen bestehen keine Besonderheiten. Der Gläubiger kann gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Beitritt sofortige Beschwerde einlegen (§§ 11 Abs. 1 RpflG, 793 ZPO). Soweit eine Zwischenverfügung zur Klärung behebbarer Mängel vorausgeht, kann diese, sofern der Gläubiger dazu nicht angehört wurde, ebenfalls wie auch sonst mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO angegriffen werden. Der Rechtspfleger kann jeweils, ebenso wie der zuständige Abteilungsrichter, abhelfen. Die Rechtsbeschwerde ist nur als Zulassungsrechtsbeschwerde zum BGH statthaft (§ 574 ZPO).

31

Schuldnerebene: Dasselbe gilt für den Schuldner.

_____________ 43) Zeller/Stöber, ZPO, § 727 Rz. 6 m. w. N. 44) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 27 Rz. 8 a. E.; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 10. 45) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 27 Rz. 10. Eingehend dazu Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, Rz. 305, 306 m. w. N.

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§6

Zustellungsvertreter

Bevollmächtigten durch das Grundbuchamt – machen der Natur der Sache nach die Zustellung unwirksam. Da § 5 ZVG in die Normen über die Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten eingebettet ist (siehe oben), kann eine wirksame Zustellung an den gegenüber dem Grundbuchamt benannten Zustellungsbevollmächtigten auch nur unter Beachtung dieser beiden Vorschriften wirksam vorgenommen werden, sodass die Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht zulässig ist, wenn er am Sitz oder Bezirk des Vollstreckungsgerichts keinen Wohnort oder Sitz hat,5) wie Rellermeyer im Einklang mit weiterer Kommentarliteratur zu Recht betont.6) Selbstredend hat der Zustellungsbevollmächtigte des § 5 ZVG lediglich Zustellungsvollmacht, zu weiteren Vertretungshandlungen ist er nicht befugt; sie wären jedenfalls materiellrechtlich schwebend unwirksam (§ 177 Abs. 1 BGB). Wie stets ist aber der Inhalt der Vollmacht, die dem Vollstreckungsgericht bekannt wird, maßgeblich. _____________ 5) 6)

Siehe § 4 Rz. 2 [Cranshaw]. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 5 Rz. 5 m. w. N.

§6 Zustellungsvertreter (1) Ist der Aufenthalt desjenigen, welchem zugestellt werden soll, und der Aufenthalt seines Zustellungsbevollmächtigten dem Vollstreckungsgericht nicht bekannt oder sind die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen (§ 185 der Zivilprozeßordnung) gegeben, so hat das Gericht für denjenigen, welchem zugestellt werden soll, einen Zustellungsvertreter zu bestellen. (2) Das gleiche gilt, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post die Postsendung als unbestellbar zurückkommt. Die zurückgekommene Sendung soll dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. (3) Statt der Bestellung eines Vertreters genügt es, wenn die Zustellung für nicht prozeßfähige Personen an die Vormundschaftsbehörde, für juristische Personen oder für Vereine, die als solche klagen und verklagt werden können, an die Aufsichtsbehörde angeordnet wird. Literatur: Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung im Jahr 2012, ZfIR 2013, 157 ; Drasdo, Die Vergütungs- und Auslagenerstattungsansprüche des Zustellungsvertreters, ZfIR 2013, 5 . Übersicht I.

Funktion der Norm und systematischer Zusammenhang .................. 1 II. Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 6 Abs. 1 ZVG ................... 3 1. Unbekannter Aufenthalt ...................... 3 2. Vorliegen der Voraussetzungen des § 185 ZPO (öffentliche Zustellung) ............................................ 7

3.

Bestellung des Zustellungsvertreters, Abberufung und Funktion ........... 9 a) Auswahl und Annahme ................. 9 b) Bestellung und Abberufung ........ 11 III. Verfahren bei erfolgloser Zustellung durch Aufgabe zur Post gemäß § 6 Abs. 2 ZVG .............. 14

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§6

Zustellungsvertreter

IV. Zustellung an Prozessunfähige, juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit gemäß § 6 Abs. 3 ZVG .................................... 15

I. 1

2

1. 2. 3.

Ausgangssituation des § 6 Abs. 3 ZVG .................................... 15 Zustellung an Prozessunfähige ........... 16 Zustellung an juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit ...................................... 17

Funktion der Norm und systematischer Zusammenhang

§ 6 ZVG stellt im systematischen Zusammenhang der §§ 4 – 7 ZVG eine verfahrensfördernde Erleichterung der Zustellung dar. Es geht dabei um drei Konstellationen, nämlich um –

den Zustellungsadressaten, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder bezüglich dessen die öffentliche Zustellung nach § 185 ZPO aus sonstigen Gründen zulässig ist (§ 6 Abs. 1 Alt. 1 ZVG) bzw. den Zustellungsbevollmächtigten des Zustellungsadressaten, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist (§ 6 Abs. 1 Alt. 2 ZVG). Die heute noch bestehende Fassung hat § 6 Abs. 1 ZVG durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 20.8.1953 erhalten;1)



das Fehlschlagen des Versuchs, durch Aufgabe zur Post zuzustellen, wenn das Schreiben als unzustellbar (vgl. § 18 PostG, § 6 PDLV) von dem marktbeherrschenden Postdienstleister (Deutsche Post) zurückgesandt wird, § 6 Abs. 2 Satz 1 ZVG.2) Aus der Norm der PDLV folgt, dass nur Postdienstleister im lizenzierten Bereich (Briefsendungen bis 1000 g, § 5 Abs. 2 PostG) in Frage kommen, die Universaldienstleistungen (§§ 11 ff. PostG) erbringen. Nur Lizenznehmer, die Briefzustelldienstleistungen erbringen, sind auch befugt und verpflichtet, die förmlichen Zustellungen, die § 6 ZVG gerade nicht regelt, zu bewirken, §§ 33 ff. PostG. Technisch wird die Rücksendung dadurch bewirkt, dass der Postdienstleister angewiesen wird, das per Post versandte Schriftstück, das zugestellt werden soll, an das die Postsendung veranlassende Gericht zurückzuschicken (= sog. „Vorausverfügung“ der Deutsche Post AG). Es ist Aufgabe des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit das an der Empfangsadresse nicht zustellbare Schriftstück an das Gericht zurückgesandt wird (Ziff. 3 Abs. 1 Allgemeine Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG – BRIEF NATIONAL (AGB BRIEF NATIONAL).3) Ansonsten gilt das Recht des Frachtvertrages nach Maßgabe der §§ 407 ff. HGB;4)



die Zustellung an nicht prozessfähige Personen bzw. juristische Personen oder diesen gleich zu achtenden Personengesellschaften, wenn kein Zustellungsvertreter nach § 6 Abs. 1 ZVG bestellt wird.

Der systematische Zusammenhang der Norm beschreibt auch ihren Anwendungsbereich, nämlich alle Verfahren nach dem ZVG (also auch in Versteigerungen von _____________ 1)

2) 3) 4)

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BGBl I 1953, 952; BT-Drucks. 1/4452, S. 84; u. a. wurde „Wohnort“ in der ursprünglichen Fassung des § 6 Abs. 1 ZVG vom 23. Ausschuss durch „Aufenthalt“ ersetzt; zur früheren Fassung siehe Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 6 Rz. 1. Postdienstleistungsverordnung (PDLV) v. 21.8.2001, BGBl. I 2001, 2178. Siehe http://www.deutschepost.de (Stand: 10.10.2013). BGH, Urt. v. 11.10.2005 – XI ZR 395/04, ZIP 2005, 2197, Entscheidungsgründe II 1b (zur Funktion der Briefmarke).

Cranshaw

§6

Zustellungsvertreter

Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen, §§ 162, 171a ZVG) sowie alle von Amts wegen vorzunehmenden Zustellungen (siehe § 3 Satz 1 ZVG und § 3 Rz. 7 [Cranshaw]), soweit nicht § 8 ZVG für den Anordnungs- und Beitrittsbeschluss heranzuziehen ist. II. Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 6 Abs. 1 ZVG 1.

Unbekannter Aufenthalt

Ist der Aufenthaltsort des Zustellungsadressaten und seines von ihm etwa bestellten Zustellungsbevollmächtigten unbekannt oder wäre aus den weiteren Gründen des § 185 ZPO die öffentliche Zustellung zu bewilligen, so ist stattdessen für den Zustellungsadressaten ein Zustellungsvertreter seitens des Gerichts zu bestellen. Der Begriff des „Aufenthalts(ortes)“ kennzeichnet einen Ort, an welchem der Betroffene dauerhaft erreichbar ist, vom Wohnsitz als Lebensmittelpunkt ist er zu unterscheiden.5) Regelmäßig wird er mit dem Wohnsitz identisch sein, bei Gesellschaften und sonstigen Organisationen, bei denen an den gesetzlichen Vertreter zugestellt werden muss (vgl. § 170 ZPO),6) ist damit der statutarische Sitz oder der Verwaltungssitz angesprochen, von dem aus die gesetzlichen Vertreter die Organisation leiten.

3

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Aufenthaltsort des Zustellungsadressaten unbekannt ist, wird allerdings von der Rechtsprechung zutreffend eher zurückhaltend gehandhabt. So hat der BGH entschieden, ein Zustellungsvertreter i. S. d. Norm des § 6 ZVG dürfe nicht bestellt werden, wenn zwar die Wohnadresse des Zustellungsadressaten nicht bekannt sei, aber seine Postfachanschrift. Zustellungen an den vom Gericht bestellten Zustellungsvertreter seien dann unwirksam.7)

4

Allerdings ist davon die Frage zu unterscheiden, ob die Kenntnis des Aufenthaltsortes objektiv zu beurteilen ist, er also einem unbestimntem Personenkreis unbekannt ist oder ob allein die subjektive Kenntnis des Gerichts maßgeblich ist; richtig ist es, angesichts des Zwecks der Regelung subjektiv anzuknüpfen.8) Ob das Gericht „Nachforschungen“ anzustellen hat, wird nicht einhellig beantwortet.9) Dabei kann es sich das Gericht angesichts der Bedeutung der Zustellung (vgl. z. B. § 42 Abs. 2 ZVG) nicht einfach machen, es muss vielmehr das Interesse der Beteiligten gegeneinander abwägen. Der Zustellungsadressat wiederum ist nicht veran-

5

_____________ 5) 6)

7) 8)

9)

Zum Begriff siehe Palandt/Ellenberger, BGB, § 7 Rz. 2 m. w. N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 20 Rz. 5. Daran ändert auch nichts, dass die juristische Person selbst als prozessfähig angesehen werden muss (siehe aber den Wortlaut des § 170 Abs. 1 ZPO); dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, § 52 Rz. 2. BGH, Beschl. v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, NJW-RR 2012, 1012; dem folgt Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 3, ebenso Böttcher, ZfIR 2013, 157 ff., 157 f. Allg. Meinung, siehe schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 6 Rz. 1 unter Hinweis auf die Motive zum ZVG; ebenso Stöber, ZVG, § 6 Rz. 2.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 6 Rz. 2.2 hält sie für zulässig, wenn dadurch keine Verzögerungen auftreten; ebenso Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 6. Für Nachforschungen deutlich Drasdo, ZfIR 2013, 5 ff., 6 mit Hinweis auf LG Braunschweig, Beschl. v. 16.4.2012 – 4 T 768/11, 73, Rpfleger 2012.

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Zustellungsvertreter

lasst, seine neue Anschrift dem Vollstreckungsgericht mitzuteilen, wenn er während des Versteigerungsverfahrens umzieht. Einen Nachsendeantrag bei der Post muss er nicht stellen.10) Eine Selbstverständlichkeit ist es, dass das Gericht die Vollstreckungsakten überprüft und auch die Informationen des Grundbuchamts nach § 19 Abs. 2 ZVG würdigt.11) Im Ergebnis wird man einer Literaturstimme zustimmen müssen, die von dem Gericht fordert, den Aufenthaltsort „so gut wie möglich“ aufzuklären, da fehlende Kenntnis bei Zustellung an einen (Zustellungs)Vertreter die Rechtsschutzmöglichkeiten des Zustellungsadressaten verkürzt.12) Die Zielsetzung der Zustellung würde leerlaufen, wenn das Vollstreckungsgericht mit einfachen Nachforschungen die Anschrift des Zustellungsadressaten feststellen könnte, aber davon absieht; dies vor dem Hintergrund der Zustellung als Element der Gewährung des verfassungsrechtlich geschützten rechtlichen Gehörs (siehe § 3 Rz. 1, 3 [Cranshaw]). 6

Unbekannt ist der Aufenthalt des Adressaten auch dann, wenn dessen Erben nicht bekannt13) sind und auch nicht ohne Schwierigkeiten ermittelt werden können oder wenn zwar der Adressat eine Zustellungsvollmacht erteilt hat, aber deren Wirksamkeit in Rede steht. Ist darüber hinaus unbekannt, wer der Zustellungsadressat ist, muss § 6 ZVG erweiternd ausgelegt werden, damit das Verfahren seinen Fortgang nehmen kann und die Rechte des von Person unbekannten Adressaten dennoch gewahrt werden.14) 2.

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8

Vorliegen der Voraussetzungen des § 185 ZPO (öffentliche Zustellung)

Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZVG belegt, dass ein Zustellungsvertreter auch dann zu bestellen ist, wenn ein Sachverhalt nach § 185 Nrn. 3 und 4 ZPO festzustellen ist, d. h. –

die Zustellung im Ausland ist unmöglich oder nicht erfolgversprechend (Nr. 3) bzw.



die Zustellung müsste in der Wohnung einer Person erfolgen, die als Mitglied einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung Immunität nach den Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen bzw. konsularische Beziehungen genießt, also der deutschen Gerichtsbarkeit nicht untersteht (Nr. 4 i. V. m. §§ 18 f. GVG).

Die öffentliche Zustellung nach Maßgabe des § 185 Nrn. 1, 2 ZPO ist in § 6 Abs. 1 Alt. 1 ZVG bereits abgebildet. _____________ 10) BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, Rpfleger 2011, 171 = NJW-RR 2011, 233. 11) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 6; siehe zu der gleichen Konstellationen bei Böttcher, ZVG, § 6 Rz. 2 m. w. N.; § 19 ZVG ist insoweit nicht mit § 6 Abs. 1 ZVG abgeglichen, als dort begriffsnotwendig „Wohnort und Wohnung“ Beteiligter bzw. deren Vertreter genannt werden, nicht der „Aufenthalt“. 12) Löhnig/Huber, ZVG, § 6 Rz. 3, der ein ständiges Monitoring der zustellfähigen Adresse aber zu Recht verneint. 13) Allerdings wird man zur Aufklärung fordern müssen, dass das Vollstreckungsgericht sich an das Nachlassgericht bzw. das zuständige Standesamt wendet. 14) So die wohl ebenfalls einhellige Meinung der Kommentarliteratur, siehe statt aller bei Böttcher, ZVG, § 6 Rz. 2 und Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 3, 4.

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§6

Zustellungsvertreter

3.

Bestellung des Zustellungsvertreters, Abberufung und Funktion

a) Auswahl und Annahme Hat das Gericht nach Vornahme aller zumutbaren Maßnahmen zutreffend festgestellt, der Aufenthalt des Zustellungsadressaten sei unbekannt geblieben bzw. weitere Nachforschungen verzögerten (ebenfalls unzumutbar) den Fortgang des Verfahrens, so muss es einen Zustellungsvertreter bestellen. Dasselbe gilt in den Fällen des § 185 Nrn. 3, 4 ZPO, wie vorstehend dargestellt.

9

Dabei hat das Gericht darauf zu achten, jemanden zu bestellen, der für diese Tätigkeit (vgl. § 7 ZVG) geeignet erscheint; ist dem Gericht Auswahlverschulden vorzuwerfen, kann ein Amtshaftungsanspruch des etwa geschädigten Zustellungsadressaten bestehen.15) Die Überlegung, dass das Gericht auch einen Gerichtsmitarbeiter berufen kann (der dazu selbstverständlich eine „Nebentätigkeitsgenehmigung“ des Gerichtsdirektors bzw. Präsidenten benötigt), scheint die Bestellung eines Zustellungsvertreters unproblematisch zu machen. Nicht selten wird das Gericht einen Rechtsanwalt oder eine andere Persönlichkeit aus dem Kreis derjenigen bestellen, die es in seinem Bezirk mit Zwangsverwaltungen betraut, wenn auch keine Verpflichtung besteht, den Zustellungsvertreter aus im Gerichtsbezirk (geschäfts)ansässigen Personen auszuwählen. Allerdings muss der in Erwägung gezogene Zustellungsvertreter die Bestellung auch annehmen; es gibt keine Pflicht zur Übernahme dieser Funktion.16) Die aus dem Kreis der Zwangsverwalter im Bezirk ausgewählte Persönlichkeit wird es sich aber sicher zum officium nobile machen, die angetragene Aufgabe anzunehmen. Findet das Gericht freilich niemanden, z. B. wegen (befürchteter) Haftungsrisiken aus den übernommenen Pflichten oder mangels sicherer Aussicht, Auslagen und Entgelte erstattet zu bekommen, geht der Gesetzesbefehl ins Leere. Dies gilt umso mehr, als das Gericht unverständlicherweise weder zur Aufklärung des Zustellungsvertreters über Pflichten und Rechte noch zu dessen Überwachung verpflichtet sein soll.17) Dieser Meinung ist nicht zu folgen, wenn auch die Aufgabe des Zustellungsvertreters sich auf die „Ermittlung und Benachrichtigung“ des Zustellungsadressaten beschränkt. Ist der Adressat oder sind seine Erben unbekannt, so muss der Vertreter für den unbekannten Adressaten oder die unbekannten Erben bestellt werden.18) Für weitere Einzelheiten siehe § 7 Rz. 2, 3, 6, 7 [Cranshaw].

10

_____________ 15) Siehe dazu Stöber, ZVG, § 6 Rz. 3.3. Ungeeignet ist der ins Auge gefasste Zustellungsvertreter, wenn er sich selbst in Interessenkollision zu dem Schuldner bzw. sonstigen Zustellungsadressaten befindet, vgl. Drasdo, ZfIR 2013, 5 ff., 6, der zutreffend Interessenkollisionen bei Anwälten herausarbeitet. 16) In entsprechender Heranziehung des Rechtsgedankens des § 663 BGB wird man allerdings wohl verlangen können, dass der durch Gerichtsbeschluss – wenn auch ohne seine vorherige Zustimmung – Bestellte unverzüglich seine Ablehnung der Annahme kundtun muss. Bei Anwälten ist § 44 BRAO (analog) zu beachten. 17) Stöber, ZVG, § 6 Rz. 3.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 7 m. w. N., auch zur Gegenmeinung; Löhnig/Huber, ZVG, § 6 Rz. 7, lehnt eine „periodische“ Überwachung ab. 18) Stöber, ZVG, § 6 Rz. 2.4.

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Zustellungsvertreter

b) Bestellung und Abberufung 11

Verfahrensrechtlich erfolgt die Bestellung durch Beschluss,19) der nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO dem Zustellungsvertreter zu übermitteln ist. Liegt dessen Einverständniserklärung, die mindestens aus Zweckmäßigkeitsgründen vor dem Beschluss eingeholt wird und die zu den Akten zu nehmen ist, nicht vor, muss man dem Beschlussadressaten bei Ablehnung der Aufgabe die Erinnerung (§ 766 ZPO) als (deklaratorischen) Rechtsbehelf zubilligen (denn der Beschluss ist mangels verlautbarter Annahme der Bestellung zunächst nicht wirksam). Das Gericht muss vor Veranlassung einer Zustellung gemäß § 6 ZVG die Annahme des Amtes durch den Zustellungsvertreter einholen, ansonsten bleibt die Zustellung unwirksam Der Zustellungsvertreter, ungeachtet des Umstandes, dass er tatsächlich wie ein rechtsgeschäftlicher Vertreter des jeweiligen Zustellungsadressaten betrachtet werden kann, hat dennoch seine Aufgabe durch öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt übertragen bekommen (wenn auch mit seiner Zustimmung), sodass er gleichwohl ein privates Amt20) ausübt, auf den die §§ 675 ff. BGB über den entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag nur entsprechend anwendbar sein können. Das in der zitierten Literatur vertretene Zustandekommen eines Vertrags zwischen ihm und dem Verfahrensbeteiligten, dem Zustellungen über ihn zugeleitet werden, erscheint daher problematisch.

12

Ist der Zustellungsadressat ermittelt, entfällt das Amt des Zustellungsvertreters ohne Weiteres mit Wirkung für die Zukunft (Folge aus § 7 Abs. 1 ZVG). Dennoch muss es als Gegenstück zur Bestellung durch das Gericht auch die Abberufung durch das Gericht im Beschlusswege geben, falls der Zustellungsvertreter das ihm übertragene Amt nicht mehr ausüben kann, sich als ungeeignet erweist oder aber das Amt erloschen ist, weil seine Aufgabe erfüllt ist. Erst mit der Beendigung des Amtes sind auch die Vergütung und die Auslagen festzusetzen, § 7 Abs. 2 Satz 2 ZVG. Die Abberufung wird auch dann erfolgen müssen, wenn der Zustellungsvertreter um Abberufung aus wichtigem Grund bittet, wozu auch der Eintritt etwaiger eigener Interessenkollision gehört.

13

Für weitere Einzelheiten siehe § 7 Rz. 8 – 10 [Cranshaw]. III. Verfahren bei erfolgloser Zustellung durch Aufgabe zur Post gemäß § 6 Abs. 2 ZVG

14

War die Aufgabe zur Post, eine Zustellungsform, die unter den Voraussetzungen des § 4 ZVG zulässig ist, erfolglos und ist das zuzustellende Schriftstück als unzustellbar (siehe unter Rz. 1), zurückgekommen, so soll es „dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden.“ Dieses Verfahren ist also nicht zwingend, sondern das Vollstreckungsgericht hat ein eingeschränktes Ermessen, das dadurch präjudiziert ist, dass eben die einfache Postzustellung gescheitert ist, sodass eine Wiederholung derselben nicht ohne Weiteres in Frage kommt. War die Postzustellung erfolglos, weil der Postdienstleister festgestellt hat, der Zustellungsadressat sei unbekannt _____________ 19) Zur Fassung des Beschlusses, der kurz begründet werden sollte, siehe Stöber, ZVG, § 6 Rz. 3.1. 20) A. A. Drasdo, ZfiR 2013, 5 ff., 7, der von einem Vertrag nach Maßgabe der §§ 662 ff., 675 ff. BGB ausgeht, der durch „zwangsweise […] Bestellung durch das Gericht“ zustande komme. Gleichwohl spricht er (S. 6) von „Amtsübernahme“.

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§6

Zustellungsvertreter

verzogen, besteht eine Schnittstelle zu § 6 Abs. 1 ZVG insoweit, als die Rücksendung durch die Post als unzustellbar den Fällen des § 6 Abs. 1 gleichgestellt wird. Es muss im Regelfall ein Zustellungsvertreter bestellt werden, wie vorstehend unter Rz. 9 beschrieben, wobei das Vollstreckungsgericht wie nach Absatz 1 im zumutbaren Umfang versuchen muss festzustellen, wo sich der „Aufenthalt“ (siehe unter Rz. 3) des Adressaten befindet. Es ist kein Grund ersichtlich, für § 6 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 ein unterschiedliches Verfahren zu praktizieren. IV. Zustellung an Prozessunfähige, juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit gemäß § 6 Abs. 3 ZVG 1.

Ausgangssituation des § 6 Abs. 3 ZVG

§ 6 Abs. 3 ZVG hat trotz der Formulierung, „Statt der Bestellung eines Vertreters“ könne bei der Zustellung an Prozessunfähige und die weiteren in der Norm aufgeführten Zustellungsadressaten an die dort genannten „Behörden“ zugestellt werden, dieselbe ratio legis wie § 6 Abs. 1, 2 ZVG. Es geht hier wie dort um die Lösung der Problematik unbekannten Aufenthalts. In Abs. 3 ist allerdings der Aufenthaltsort des gesetzlichen Vertreters des Zustellungsadressaten (bei natürlichen Personen insbesondere der Eltern gemäß §§ 1626 ff., 1629 BGB sowie des Vormunds gemäß §§ 1773 ff. BGB) unbekannt oder es bestehen vergleichbare Vertretungsdefizite21) in der Person des gesetzlichen Vertreters. Das sind zugleich Sachverhalte, wie sie § 6 Abs. 1, 2 ZVG regeln. Bei den prozessunfähigen natürlichen Personen geht es auch um die prozessuale Fürsorge für diesen Personenkreis. Das Vollstreckungsgericht hat hierbei ein Ermessen, ob es wie in den Absätzen 1 und 2 einen Zustellungsvertreter bestellt oder ob es an die in Abs. 3 erwähnten „Behörden“ zustellt. 2.

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Zustellung an Prozessunfähige

Für prozessunfähige Personen (§ 52 ZPO – Geschäftsunfähige, § 104 BGB; beschränkt Geschäftsfähige, §§ 106 ff. BGB; betreute Personen mit Einwilligungsvorbehalt im Rahmen des Umfangs des Vorbehalts, §§ 1903, 108 BGB, 286 Abs. 2 FamFG)22) ist mangels Bestellung eines Zustellungsvertreters an die Vormundschaftsbehörde zuzustellen. Zustellungsempfänger ist damit das zuständige Amtsgericht als Familiengericht (§§ 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 23b GVG, 151 f. FamFG) bzw. als Betreuungsgericht (§§ 23a Abs. 2 Nr. 1, 23c GVG, 271 f. FamFG). Es spricht dabei viel dafür, das Ermessen des Vollstreckungsgerichts23) dahingehend _____________ 21) Dem unbekannten Aufenthalt des Vertreters steht das vollständige Fehlen eines gesetzlichen Vertreters gleich. Das ist ein Sachverhalt, dem durch Bestellung etwa eines Vormundes oder eines neuen Betreuers zu begegnen ist. Es handelt sich darüber hinaus aber auch um die Behebung etwa bestehender rechtlicher Hindernisse in der Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter; für die Eltern siehe §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 BGB, für den Vormund vgl. § 1795 BGB und für den Betreuer §§ 1809i Abs. 1, 1795 BGB; siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 8 m. w. N. 22) Siehe Zöller/Vollkommer, ZPO, § 52 Rz. 7, 7a. 23) Allg. Meinung, siehe zu der Thematik des Ermessens statt aller Löhnig/Huber, ZVG, § 6 Rz. 7 m. w. N.

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§6

Zustellungsvertreter

auszuüben, eher einen Zustellungsvertreter zu bestellen, denn bei unbekanntem Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters wird das Familien- oder Betreuungsgericht selbst entsprechende Recherchen anstellen müssen,24) da in diesen Fällen auch ihm der Aufenthalt des Vertreters meist unbekannt sein dürfte. Allerdings ist es sachgerecht, vor der Bestellung eines Zustellungsvertreters eine Anfrage an das Familien- bzw. Betreuungsgericht dahingehend zu richten, ob ihm der Aufenthalt bekannt ist. Möglicherweise hat das hier zuständige Gericht auch schon Abhilfe geschaffen. 3.

Zustellung an juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

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Bei den Kapitalgesellschaften als juristische Personen und den Gesellschaften „ohne Rechtspersönlichkeit“, die insoweit den juristischen Personen vergleichbar sind (vgl. zur Legaldefinition § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) sowie bei den verschiedenen Formen des Vereins (§§ 21 ff. BGB)25), der Stiftung (§§ 80 ff. BGB) und den weiteren juristischen Personen26) ist nach denselben Grundsätzen wie bei den natürlichen Personen mit unbekanntem Aufenthalt der gesetzlichen Vertreter vorzugehen. Die Zustellung erfolgt an den zu bestellenden Zustellungsvertreter oder an die „Aufsichtsbehörde“. Wer die zuständige Aufsichtsbehörde ist, entscheidet das Bundes- oder Landesrecht. Die „Behörde“ ist vom Vollstreckungsgericht zu ermitteln, das dazu die organisatorischen Normen recherchieren muss, wer Aufsichtsbehörde ist oder ob es überhaupt eine solche gibt. Nach zutreffender Meinung gehören dazu jedenfalls weder das Handelsregister noch ein Aufsichtsrat, sondern gemeint ist damit eine staatliche Behörde,27) wie beispielsweise die Stiftungsaufsicht der Länder (vgl. § 80 Abs. 1 BGB). Die für die Praxis relevanten und nicht seltenen Fälle sind diejenigen der Firmenbestattung oder ähnliche Konstellationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die (organschaftlichen) Vertreter betroffener juristischer Personen in deren Krise bzw. bei Insolvenzreife selbst „abtauchen“ und ihre Spuren, u. a. mit Hilfe von ebenfalls abtauchenden „Strohmännern“, zu verwischen suchen, um die Gläubiger an der Rechtsverfolgung zu hindern, sei es an der Einleitung eines Insolvenzverfahrens, sei es an der Durchführung eines Immobiliarvollstreckungsverfahrens (eine der Fallkonstellationen der „Versteigerungsverhinderung“).28)

18

Bei zusammenfassender Betrachtung empfiehlt sich bei der Konstellation des § 6 Abs. 3 Alt. 2 ZVG (juristische Personen usw.) ebenfalls, das Ermessen des Gerichts _____________ 24) Stöber, ZVG, § 6 Rz. 4.1. Das Vollstreckungsgericht hat das Problem für sein Verfahren gelöst, dafür dem anderen Gericht ein Problem auferlegt; ob das bei einer Gesamtbetrachtung verfahrensökonomisch ist, mag dahingestellt bleiben. 25) Eingetragener Verein, der sehr seltene wirtschaftliche Verein (§ 22 BGB) sowie der nichtrechtsfähige Verein (§ 54 BGB). 26) Hierzu gehören beispielsweise die juristischen Personen ausländischen Rechts eines EUMitgliedstaats, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz im Inland haben oder juristische Personen des öffentlichen Rechts. 27) Allg. Meinung, siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 6 Rz. 9 m. w. N.; so schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., §§ 6, 7 Rz. 12, u. a. unter Hinweis auf die Motive zum ZVG. 28) Siehe dazu auch § 25 Rz. 3 [Cranshaw].

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Funktion, Pflichten und Rechte des Zustellungsvertreters

§7

eher dahingehend auszuüben, einen Zustellungsvertreter zu bestellen, als umfängliche und verfahrensverzögernde Recherchen anzustellen. Es sollte aber kein Hindernis bestehen, das Registergericht (oder bei einer Stiftung die leicht feststellbare Landesstiftungsbehörde) anzufragen, ob dort eine (zuverlässige) Anschrift des gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft oder des Vereins bekannt ist.

§7 Funktion, Pflichten und Rechte des Zustellungsvertreters (1) An den Zustellungsvertreter erfolgen die Zustellungen, solange derjenige, welchem zugestellt werden soll, nicht ermittelt ist. (2) Der Zustellungsvertreter ist zur Ermittlung und Benachrichtigung des Vertretenen verpflichtet. Er kann von diesem eine Vergütung für seine Tätigkeit und Ersatz seiner Auslagen fordern. Über die Vergütung und die Erstattung der Auslagen entscheidet das Vollstreckungsgericht. (3) Für die Erstattung der Auslagen haftet der Gläubiger, soweit der Zustellungsvertreter von dem Vertretenen Ersatz nicht zu erlangen vermag; die dem Gläubiger zur Last fallenden Auslagen gehören zu den Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung. Literatur: Drasdo, Die Vergütungs- und Auslagenerstattungsanspruchs des Zustellungsvertreters, ZfIR 2013, 5 . Übersicht I. Funktion des § 7 ZVG ......................... 1 II. Dauer der Ausübung des privaten Amtes als Zustellungsvertreter gemäß § 7 Abs. 1 ZVG ......................... 4 III. Pflichten und Rechte des Zustellungsvertreters gemäß § 7 Abs. 2 ZVG ........................................... 5 1. Pflichten des Zustellungsvertreters gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ZVG ............... 5

I.

2.

Vergütung, Auslagenersatz und Festsetzung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZVG ............................................ 8 a) Vergütung und Auslagenersatz ..... 8 b) Schuldner der Entgeltansprüche des Zustellungsvertreters ........ 9 c) Festsetzung der Vergütung und der Auslagen ................................. 10 IV. Subsidiärhaftung des betreibenden Gläubigers gemäß § 7 Abs. 3 ZVG ... 13

Funktion des § 7 ZVG

Während § 6 ZVG beschreibt, unter welchen Voraussetzungen ein Zustellungsvertreter durch das Vollstreckungsgericht bestellt (und ggf. abberufen) wird,1) hat § 7 ZVG andere Aufgaben.

1

Er regelt nämlich

2



die Dauer der Aufgabe des Zustellungsvertreters (bis zur Ermittlung des Zustellungsadressaten bzw. dessen Aufenthaltsort und der entsprechenden Mitteilung an das Vollstreckungsgericht), § 7 Abs. 1 ZVG,



die sachlichen Aufgaben des Zustellungsvertreters, seine Entgeltansprüche und deren Festsetzung, § 7 Abs. 2 ZVG,

_____________ 1)

Vgl. § 6 Rz. 12 [Cranshaw].

Cranshaw

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II. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens § 28 Entgegenstehende Rechte Popp

(1) Wird dem Vollstreckungsgericht ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, so hat das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen. Im letzteren Fall ist das Verfahren nach dem Ablauf der Frist aufzuheben, wenn nicht inzwischen der Nachweis erbracht ist. (2) Wird dem Vollstreckungsgericht eine Verfügungsbeschränkung oder ein Vollstreckungsmangel bekannt, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345; Franck, Sebastian, Zwangsversteigerungsrecht – Probleme in der Vertragsgestaltung – (Teil II); MittBayNot 2012, 439; Kesseler, Christian, Vormerkungsgestützter Eigentumserwerb im Zwangsversteigerungsverfahren, DNotZ 2010, 404. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Entgegenstehende Rechte ................... 2 III. Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungsmängel ......................... 6 IV. Ausgewählte Einzelfälle ...................... 8 1. Auflassungsvormerkung ....................... 9 2. Bodenschutzlastvermerk .................... 12 3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ................................................... 13 4. Insolvenzeröffnung ............................. 15

I.

5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. V. VI.

Nacherbenrecht ................................... 20 Nießbrauchsrecht ................................ 21 Rechtschutzbedürfnis ......................... 22 Testamentsvollstreckung .................... 23 Verfügungsverbot ................................ 26 Vorkaufsrechte .................................... 27 Widerspruch ........................................ 28 Verfahren und Entscheidung ........... 29 Rechtsbehelfe ...................................... 31

Regelungsinhalt

Die Vorschrift regelt, dass ein dem Vollstreckungsgericht aus dem Grundbuch ersichtliches Recht, das der Zwangsversteigerung oder Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, dazu führt, dass das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist binnen derer die Behebung des Hindernisses nachgewiesen werden muss, einstweilen einzustellen hat. Entsprechendes gilt für dem Vollstreckungsgericht bekannt gewordene Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungsmängel.

1

II. Entgegenstehende Rechte Nur aus dem Grundbuch ersichtliche entgegenstehende Rechte sind von Amts wegen zu berücksichtigen.1) Das Vollstreckungsgericht hat ebenso wie im Rahmen des § 17 ZVG keine umfassende Prüfung der materiellen Rechtslage vorzunehmen _____________ 1)

Stöber, ZVG, § 28 Rz. 2.1.

Popp

387

2

§ 28

Entgegenstehende Rechte

und ist an die Grundbuchlage gebunden.2) Soweit entgegenstehende Rechte aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind, muss der Inhaber diese vor dem Prozessgericht geltend machen und sie sind erst bei Vorliegen einer entsprechend positiven Entscheidung zu berücksichtigen.3) Ob grundbuchrechtliche Rechte entgegenstehen, hängt im Rahmen dieser Norm zunächst davon ab, ob es sich um solche handelt, die sich aus dem Grundbuch ergeben und dem Vollstreckungsgericht bekannt werden. Zum anderen ist entscheidend, welchen Zweck und Inhalt die entsprechenden Rechte haben. Maßgeblich ist insbesondere auch, ob das Recht der Beschlagnahme gegenüber wirksam ist.4) 3

Der Versteigerung entgegenstehen insbesondere Drittrechte. Klassisches Beispiel hierfür ist das Eigentum eines Dritten, welches bereits vor Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens bestanden hat.

4

Später erworbenes Eigentum, d. h. nach Verfahrensanordnung, aber vor Beschlagnahme, steht der Zwangsversteigerung insoweit entgegen, als der Antrag eines persönlichen Gläubigers vorliegt.5) Nach Wirksamkeit der Beschlagnahme verstößt der Eigentumserwerb eines Dritten gegen das Veräußerungsverbot und ist entsprechend §§ 135 Abs. 1, 136 ZVG unwirksam.6) Das Verfahren wird gegen den Grundstückseigentümer bei Beschlagnahme fortgesetzt.7) Anders ist dies nur bei gutgläubigem Eigentumserwerb oder einem Fall des § 878 BGB.8)

5

Erfolgt die Versteigerung wegen dinglicher Ansprüche ergibt sich bereits aus § 26 ZVG, dass die Veräußerung nach Beschlagnahme kein hinderndes Recht darstellt.9) III. Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungsmängel

6

Absatz 2 sieht die entsprechende Anwendung für bekannt gewordene Verfügungsbeschränkungen oder Vollstreckungsmängel vor. Auch hier muss wie bei Absatz 1 hinzukommen, dass diese der Versteigerung bzw. Fortsetzung des Verfahrens entgegenstehen.10) Es kommt freilich aber nicht darauf an, ob die Mängel oder Beschränkungen aus dem Grundbuch ersichtlich sind, sondern nur auf die Kenntnis des Vollstreckungsgerichts. Klassische Fälle für Verfügungsentziehungen- oder -beschränkungen11) sind zum Beispiel die Insolvenzeröffnung, die Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung oder die Regelung der Zustimmungspflicht von Ehegatten nach § 1365 BGB.12)

_____________ 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12)

388

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 4. BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZWE 2012, 270, 271. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 12. Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.3. Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.4. Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.4. Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.4. BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZEW 2012, 270. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.3.2000 – 11 W 32/00, Rpfleger 2000, 405, 406. Zur Terminologie vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 9. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 9.

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§ 28

Entgegenstehende Rechte

Vollstreckungsmängel meinen schließlich sämtliche Voraussetzungen, die bei der Anordnung oder dem Beitritt des Verfahrens von Amts wegen zu beachten sind.13) Hierzu zählt auch die von Amts wegen zu prüfende Prozessfähigkeit des Schuldners.14)

7

IV. Ausgewählte Einzelfälle Im Folgenden sollen einige ausgewählte Einzelfälle im Rahmen des § 28 ZVG behandelt werden:15) 1.

8

Auflassungsvormerkung

Die Auflassungsvormerkung steht der Zwangsversteigerung nicht entgegen.16) Die Vormerkung führt auch nicht zu einer Grundbuchsperre, Verfügungen sind nur relativ unwirksam. Bei einer vorrangigen Vormerkung bleibt diese beim Zuschlag bestehen, der Vormerkungsinhaber kann vom Ersteher Auflassung verlangen (§ 888 BGB).17) Auch besteht ggf. ein Anspruch auf Rücknahme des Versteigerungsantrags.18) Es ist insoweit insbesondere auch nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts zu prüfen, ob der durch Vormerkung gesicherte Anspruch besteht und fällig ist und ob eine vormerkungswidrige Verfügung vorliegt, dies obliegt alleine dem Vormerkungsinhaber.19)

9

Soweit aus einem persönlichen Recht das Verfahren betrieben wird, hindert erst die wirksame Eigentumsumschreibung aufgrund der Vormerkung die weitere Vollstreckung, sodass dann das Verfahren aufzuheben ist.20) Der neue Eigentümer ist kein Rechtsnachfolger im Hinblick auf die persönliche Schuld.21)

10

Ist ein eingetragenes dingliches Recht, insbesondere ein Grundpfandrecht, vorrangig gegenüber der Vormerkung, steht dies der Vollstreckung nicht entgegen. Insoweit setzt sich der Rangvorrang durch.22)

11

2.

Bodenschutzlastvermerk

Der Bodenschutzvermerk (§ 25 Abs. 6 BBdschG, § 93b GBV) hindert die Zwangsvollstreckung nach § 28 ZVG nicht.23) Der eingetragene Vermerk weist nur auf das Vorhandensein der öffentlichen Last hin (§ 25 Abs. 6 Satz 2 BBschG) soll aber _____________ 13) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 10. 14) LG Saarbrücken, Beschl. v. 13.10.2009 – 5 T 427/09, FamRZ 2010, 587, 588. 15) Vgl. auch die Aufstellungen bei Stöber, ZVG, § 28 Rz. 5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 13 ff. 16) BGH, Urt. v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147; Stöber, ZVG, § 28 Rz. 5.1. 17) Palandt-Bassenge, BGB, § 883 Rz. 26. 18) Franck, MittBayNot 2012, 439, 443. 19) Kesseler, DNotZ 2010, 404, 406. 20) Stöber, ZVG, § 28 Rz. 4.8a; Franck, MittBayNot 2012, 439, 443; a. A. Kesseler, DNotZ 2010, 404, 406 f. 21) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 15. 22) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 15; BGH, Beschl. v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, NJW 2007, 2993, 2995. 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 28 Rz. 13.

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12

§ 28

Entgegenstehende Rechte

nicht eine Versteigerung des Grundstücks verbieten. Die Ansprüche werden im Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 3, 7 ZVG befriedigt. 3.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

13

Der Umstand, dass gerade bei älteren Eintragungen im Grundbuch nicht die GbR, sondern nur die Gesellschafter als Eigentümer eingetragen sind, hindert die Durchführung der Zwangsversteigerung in das Gesellschaftsvermögen nicht. Hintergrund dieser älteren Eintragungen ist der Umstand, dass die Rechts- und Grundbuchfähigkeit der Außen-GbR früher verneint wurde. Die Grundbuchfähigkeit ist nunmehr auch ausdrücklich in § 47 Abs. 2 GBO geregelt worden, demnach sind Gesellschaft und Gesellschafter einzutragen.

14

Die früher übliche Eintragung war aber bis zur Rechtsprechungsänderung nicht zu beanstanden, eine Änderung herbeizuführen ist Sache der Gesellschafter, nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts oder des Gläubigers.24) Insbesondere gilt auch insoweit, dass eine materiellrechtliche Prüfung nicht zu erfolgen hat. 4.

Insolvenzeröffnung

15

Im Fall der Insolvenzeröffnung sind Inhaber dinglicher Rechte grundsätzlich nicht gehindert, ihr Absonderungsrecht weiterzuverfolgen (§ 49 InsO). Dies gilt auch für die Ansprüche aus den Rangklassen § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG.25) Der Umstand dass der Bundesgerichtshof bei Wohngeldrückständen nunmehr davon ausgeht, dass diese trotz der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG kein dingliches Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet26) ändert hieran nichts. Der Bundesgerichtshof führt ausdrücklich aus, dass in der Insolvenz ein Absonderungsrecht kraft gesetzlicher Anordnung besteht.27)

16

Im Fall der Zwangsversteigerung ist der gegen den Schuldner gerichtete Titel gegen den Insolvenzverwalter umzuschreiben. Insoweit wird in der Praxis bei der Titelumschreibung häufig nicht sorgfältig genug vorgegangen. Vielfach erfolgt die Umschreibung nicht nur in dinglicher Hinsicht, sondern auch in persönlicher Hinsicht, oftmals aufgrund der Alltagsroutine der Notariate. Eine solche Umschreibung in persönlicher Hinsicht ist unzulässig. Rechtsnachfolger des Schuldners ist der Insolvenzverwalter nur in dinglicher Hinsicht, wie auch die §§ 49, 80 Abs. 1 InsO zeigen.28) Zwar ist insoweit höchstrichterlich geklärt, dass es sich bei der entsprechenden Klauselumschreibung noch nicht um eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme handelt, sodass § 89 InsO nicht direkt eingreift.29)

17

Freilich fehlt aber für eine Klauselerteilung im Hinblick auf persönliche Ansprüche das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich persönlicher Ansprüche ist auch der absonderungsberechtigte Gläubiger nur Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO, in persön_____________ 24) 25) 26) 27) 28) 29)

390

BGH, Beschl. v. 16.7.2004 – IXa ZB 288/03, Rpfleger 2004, 718. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 16. BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, Rpfleger 2014, 31, 32 f. BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, Rpfleger 2014, 31, 34. Zöller-Stöber, ZPO, § 727 Rz. 18. BGH, Beschl. v. 12.12.2007 – VII ZB 108/06, NZI 2008, 198; Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 89 Rz. 16.

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§ 28

Entgegenstehende Rechte

licher Hinsicht besteht kein Aus- oder Absonderungsrecht, der Insolvenzverwalter ist insoweit auch nicht Rechtsnachfolger.30) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch einen persönlichen Gläubiger im Rahmen des Zeitraums der Rückschlagssperre des § 88 InsO (einen Monat bzw. drei Monate nach § 88 Abs. 2 n. F./§ 312 Abs. 1 a. F. InsO) führen dazu, dass das Verfahren von Amts wegen aufzuheben ist (§ 28 Abs. 2 ZVG).31)

18

Die Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO stehen einer Annahme der Zwangsversteigerung nicht entgegen, es können insoweit nur Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen untersagt werden. Die Vollstreckung in unbewegliche Gegenstände ist ausdrücklich ausgenommen.

19

5.

Nacherbenrecht

Der Nacherbenvermerk stellt ebenfalls kein entgegenstehendes Recht dar, gleiches gilt für das Nacherbenrecht als solches.32) Hintergrund ist, dass auch der Nacherbe die Zwangsversteigerung gegen sich gelten lassen muss.33) 6.

Nießbrauchsrecht

Auch das Nießbrauchsrecht steht einer Zwangsvollstreckung nicht entgegen. Es bedarf auch keines Duldungstitels gegen den Nießbraucher.34) Soweit bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Erzeugnisse noch mit Grund und Boden verbunden sind, besteht ggf. ein Beseitigungsanspruch nach §§ 810 Abs. 2, 771 ZPO, aber kein entgegenstehendes Recht nach § 28 ZVG.35) 7.

21

Rechtschutzbedürfnis

Auch im Versteigerungsverfahren ist das Rechtschutzbedürfnis von Amts wegen zu prüfen. Betreibt ein Gläubiger ein Verfahren erkennbar nicht zum Zwecke der Durchsetzung seiner Ansprüche fehlt das Rechtschutzinteresse.36) Dies kann jedoch nur in seltenen Fällen angenommen werden, auch die erkennbar aussichtslose Vollstreckung genügt für eine Anwendung von § 28 Abs. 2 ZVG alleine nicht.37) 8.

20

22

Testamentsvollstreckung

Im Fall der Testamentsvollstreckung die bereits vor Beschlagnahme angeordnet ist, erfordert dies einen entsprechenden Titel bzw. eine Titelumschreibung gegenüber dem Testamentsvollstrecker. Die Beschlagnahme mit einem gegen den Erben lautenden Titel wirkt hingegen nicht, das Verfahren wäre, da die Testamentsvollstreckung aus dem Grundbuch ersichtlich ist (§ 52 GBO)38) nach § 28 ZVG _____________ 30) OLG München, NZI 1990, 498; LG Frankenthal, Beschl. v. 16.4.2013 – 1 T 84/13 (n. v.); AG Pirmasens, Beschl. v. 25.7.2011 – 4 H 6/11 (n. v.). 31) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 19. 32) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 21. 33) Böttcher, FPR 2013, 345, 346. 34) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 24. 35) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 24. 36) LG Köln, Beschl. v. 20.1.2000 – 12 T 326/99, Rpfleger 2000, 408. 37) LG Krefeld, Beschl. v. 20.8.1993 – 6 T 287/93, Rpfleger 1994, 35. 38) Vgl. Böttcher, FPR 2013, 345, 346.

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§ 28

Entgegenstehende Rechte

einzustellen und dem Gläubiger aufzugeben, den Titel auf den Testamentsvollstrecker umzuschreiben und neu zustellen zu lassen.39) Demgegenüber wird teilweise vertreten, dass das Verfahren aufzuheben sei.40) Dies erscheint wegen der Behebbarkeit des Hindernisses aber nicht sachgerecht. 24

Für den Fall, dass die Testamentsvollstreckung auf das Grundstück beschränkt ist, bedarf es eines Leistungstitels gegen die Erben und eines Duldungstitel gegen den Testamentsvollstrecker (§ 748 Abs. 2 ZPO).41) Für den Fall der Zwangsvollstreckung wegen Pflichtteilsansprüchen bedarf es ebenfalls eines Titels sowohl gegen die Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker (§ 748 Abs. 3 ZPO).42)

25

Erfolgt die Anordnung der Testamentsvollstreckung nach Beschlagnahme ist dies unerheblich, das Verfahren ist fortzusetzen.43) 9.

26

Verfügungsverbot

Ein eingetragenesVerfügungsverbot aufgrund einstweiliger Verfügung ist nur dann ein entgegenstehendes Recht, wenn die Beschlagnahme für den persönlichen Gläubiger erst nach Wirksamwerden des Verfügungsverbotes Wirksamkeit erlangt oder wenn ein dinglicher Gläubiger aus einem Recht die Vollstreckung betreibt, welches nach dem Verfügungsverbot erst entstanden ist.44) Zudem hängt die konkrete Wirkung und Reichweite vom Inhalt der einstweiligen Verfügung ab, hierbei hat das Prozessgericht ein breites Ermessen (vgl. § 938 BGB). 10. Vorkaufsrechte

27

Vorkaufsrechte stellen keine hindernde Rechte gemäß § 28 ZVG dar.45) Das Vorkaufsrecht wirkt nur schuldrechtlich, sofern es nicht durch eine Vormerkung gesichert ist.46) Im letzteren Fall gelten die Ausführungen zur Auflassungsvormerkung entsprechend. 11. Widerspruch

28

Auch hier gilt, dass die Betreibung durch einen dinglichen Gläubiger oder einen persönlichen Gläubiger, wenn die Beschlagnahme erst nach der Eintragung erfolgt bzw. wenn das eingetragene Recht erst nach dem Widerspruch eingetragen wurde, nach § 28 ZVG unzulässig ist.47) V. Verfahren und Entscheidung

29

Sofern ein aus dem Grundbuch ersichtliches, der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht, dem Vollstreckungsgericht bekannt ist hat es das Verfahren entweder aufzuheben oder bei einem behebbaren Hindernis eine Frist zu bestimmen _____________ 39) 40) 41) 42) 43) 44) 45) 46) 47)

392

Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 20. Stöber, ZVG, § 15 Rz. 30.7e. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 26. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 26. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 26. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 28. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 34. Stöber, ZVG, § 28 Rz. 42.1. Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 36.

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§ 29

Antragsrücknahme

binnen derer das Hindernis beseitigt werden kann und vorab eine Einstellung zu verfügen.48) Gleiches gilt bei einer bekannt gewordenen Verfügungsbeschränkung oder einem Vollstreckungsmangel.

30

VI. Rechtsbehelfe Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, als Rechtsbehelf – auch gegen die Ablehnung –49) kommt die sofortige Beschwerde in Betracht,50) nach Zulassung auch die Rechtsbeschwerde. _____________

31

48) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 37. 49) BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZWE 2012, 270 50) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 38.

§ 29 Antragsrücknahme Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Versteigerungsantrag von dem Gläubiger zurückgenommen wird. Literatur: Heggen, Marc, Zum Verkauf von Grundstücken aus der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung – Überlegungen zu den Auswirkungen der Entscheidung des BGH vom 10.7.2008 auf die notarielle Beurkundungspraxis, RNotZ 2009, 384. Übersicht I.

Regelungsinhalt ................................... 1

I.

Regelungsinhalt

II. Verfahren und Rechtsbehelfe ............. 6

Bis unmittelbar vor der Verkündung der Zuschlagsentscheidung kann der Versteigerungsantrag vom Gläubiger zurückgenommen werden.1) Die Möglichkeit der Rücknahme ist Ausdruck des Prinzips, dass der Gläubiger „Herr des Verfahrens“ ist.2) Diese Gläubigerautonomie durchzieht das ZVG.

1

Die Rücknahme ist auch nach Schluss der Versteigerung möglich mit Folge der Zuschlagsversagung nach § 33 ZVG. Nach Zuschlagsverkündung hingegen ist eine Rücknahme nicht mehr möglich, auch nicht im Beschwerdeverfahren.3) Hintergrund ist, dass durch die entsprechende Zuschlagsverkündung das Objekt der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogen wird.4)

2

Jeder Gläubiger kann, was an sich selbstverständlich ist, nur sein eigenes Verfahren zurücknehmen. Auf die Anträge bzw. Verfahren anderer Gläubiger hat dies keinen Einfluss. Dementsprechend kann durch einen entsprechenden Beitritt eine einseitige Rücknahme im Hinblick auf einen weiteren Gläubiger verhindert werden.

3

_____________ 1) 2) 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 11. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.7. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.7.

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§ 29

Antragsrücknahme

binnen derer das Hindernis beseitigt werden kann und vorab eine Einstellung zu verfügen.48) Gleiches gilt bei einer bekannt gewordenen Verfügungsbeschränkung oder einem Vollstreckungsmangel.

30

VI. Rechtsbehelfe Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, als Rechtsbehelf – auch gegen die Ablehnung –49) kommt die sofortige Beschwerde in Betracht,50) nach Zulassung auch die Rechtsbeschwerde. _____________

31

48) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 37. 49) BGH, Beschl. v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZWE 2012, 270 50) Böttcher, ZVG, § 28 Rz. 38.

§ 29 Antragsrücknahme Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Versteigerungsantrag von dem Gläubiger zurückgenommen wird. Literatur: Heggen, Marc, Zum Verkauf von Grundstücken aus der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung – Überlegungen zu den Auswirkungen der Entscheidung des BGH vom 10.7.2008 auf die notarielle Beurkundungspraxis, RNotZ 2009, 384. Übersicht I.

Regelungsinhalt ................................... 1

I.

Regelungsinhalt

II. Verfahren und Rechtsbehelfe ............. 6

Bis unmittelbar vor der Verkündung der Zuschlagsentscheidung kann der Versteigerungsantrag vom Gläubiger zurückgenommen werden.1) Die Möglichkeit der Rücknahme ist Ausdruck des Prinzips, dass der Gläubiger „Herr des Verfahrens“ ist.2) Diese Gläubigerautonomie durchzieht das ZVG.

1

Die Rücknahme ist auch nach Schluss der Versteigerung möglich mit Folge der Zuschlagsversagung nach § 33 ZVG. Nach Zuschlagsverkündung hingegen ist eine Rücknahme nicht mehr möglich, auch nicht im Beschwerdeverfahren.3) Hintergrund ist, dass durch die entsprechende Zuschlagsverkündung das Objekt der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogen wird.4)

2

Jeder Gläubiger kann, was an sich selbstverständlich ist, nur sein eigenes Verfahren zurücknehmen. Auf die Anträge bzw. Verfahren anderer Gläubiger hat dies keinen Einfluss. Dementsprechend kann durch einen entsprechenden Beitritt eine einseitige Rücknahme im Hinblick auf einen weiteren Gläubiger verhindert werden.

3

_____________ 1) 2) 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 11. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.7. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.7.

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§ 30

Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers

Gläubigern, gerade auch der öffentlichen Hand, ist daher zu empfehlen einen Beitritt zu erklären, um selbst das Verfahren mitgestalten zu können. Dies führt vielfach praktisch auch dazu, dass bei etwaigen parallelen Verkaufsbemühungen es früher zur Kontaktaufnahme mit dem beigetretenen Gläubiger kommt, gerade wenn dessen Rechte nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind (zum Beispiel: öffentliche Lasten). 4

Für die Rücknahmeerklärung gelten die allgemeinen Grundsätze für Prozesshandlungen, insbesondere ist diese schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben.5)

5

Möglich ist auch eine Teilrücknahme, wenn sich das Zwangsversteigerungsverfahren oder das Zwangsverwaltungsverfahren auf mehrere Grundstücke oder Grundstücksbruchteile oder sonst mehrere Beschlagnahmeobjekte erstreckt.6) II. Verfahren und Rechtsbehelfe

6

Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluss. Der Beschluss wirkt grundsätzlich konstitutiv, soweit nicht eine Fiktion der Rücknahme durch Gesetz bestimmt ist.7) Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass nicht schon mit Eingang der Rücknahmeerklärung sondern erst mit Aufhebungsbeschluss die Vollstreckung endet.8)

7

Gegen die Aufhebung ist zwar grundsätzlich die sofortige Beschwerde möglich. Soweit tatsächlich ein wirksamer Rücknahmeantrag des Gläubigers vorliegt fehlt diesem aber das Rechtschutzbedürfnis,9) der Gläubiger kann ggf. auch einen neuen Verfahrensantrag stellen. Der Schuldner ist durch die Aufhebung nicht beschwert, seine Zustimmung wird auch, anders als zum Beispiel nach § 269 ZPO gerade nicht vorausgesetzt.10) Wird die Rücknahme missachtet besteht die Beschwerdemöglichkeit nach §§ 100, 83 Nr. 6 ZVG.11) _____________ Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 4.1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 9. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, Rpfleger 2008, 586, 587; zu den Folgen für die notarielle Praxis vgl. Heggen, RNotZ 2009, 384 ff. 9) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 18. 10) LG Neubrandenburg, Beschl. v. 27.5.2013 – 4 T 93/13, ZfIR 2013, 659, 661. 11) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 18. 5) 6) 7) 8)

§ 30 Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers (1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

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§ 30

Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers

Gläubigern, gerade auch der öffentlichen Hand, ist daher zu empfehlen einen Beitritt zu erklären, um selbst das Verfahren mitgestalten zu können. Dies führt vielfach praktisch auch dazu, dass bei etwaigen parallelen Verkaufsbemühungen es früher zur Kontaktaufnahme mit dem beigetretenen Gläubiger kommt, gerade wenn dessen Rechte nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind (zum Beispiel: öffentliche Lasten). 4

Für die Rücknahmeerklärung gelten die allgemeinen Grundsätze für Prozesshandlungen, insbesondere ist diese schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben.5)

5

Möglich ist auch eine Teilrücknahme, wenn sich das Zwangsversteigerungsverfahren oder das Zwangsverwaltungsverfahren auf mehrere Grundstücke oder Grundstücksbruchteile oder sonst mehrere Beschlagnahmeobjekte erstreckt.6) II. Verfahren und Rechtsbehelfe

6

Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt durch Beschluss. Der Beschluss wirkt grundsätzlich konstitutiv, soweit nicht eine Fiktion der Rücknahme durch Gesetz bestimmt ist.7) Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass nicht schon mit Eingang der Rücknahmeerklärung sondern erst mit Aufhebungsbeschluss die Vollstreckung endet.8)

7

Gegen die Aufhebung ist zwar grundsätzlich die sofortige Beschwerde möglich. Soweit tatsächlich ein wirksamer Rücknahmeantrag des Gläubigers vorliegt fehlt diesem aber das Rechtschutzbedürfnis,9) der Gläubiger kann ggf. auch einen neuen Verfahrensantrag stellen. Der Schuldner ist durch die Aufhebung nicht beschwert, seine Zustimmung wird auch, anders als zum Beispiel nach § 269 ZPO gerade nicht vorausgesetzt.10) Wird die Rücknahme missachtet besteht die Beschwerdemöglichkeit nach §§ 100, 83 Nr. 6 ZVG.11) _____________ Stöber, ZVG, § 29 Rz. 2.2. Stöber, ZVG, § 29 Rz. 4.1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 9. BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, Rpfleger 2008, 586, 587; zu den Folgen für die notarielle Praxis vgl. Heggen, RNotZ 2009, 384 ff. 9) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 18. 10) LG Neubrandenburg, Beschl. v. 27.5.2013 – 4 T 93/13, ZfIR 2013, 659, 661. 11) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 29 Rz. 18. 5) 6) 7) 8)

§ 30 Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers (1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

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Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers

§ 30

(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345; Storz, Karl-Alfred, Die einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung, FPR 2013, 356. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Zeitliche Begrenzung .......................... 6 III. Wirksamkeit der Bewilligung ............. 7

I.

IV. Wirkung für die einzelnen Verfahren und Gläubiger .................... 8 V. Rechtsbehelfe ...................................... 10

Regelungsinhalt

§ 30 ZVG gewährt eine Einstellungsmöglichkeit auf Bewilligung eines Gläubigers. Dies kann auch wiederholt geschehen, wobei Vorsicht für den Gläubiger insoweit geboten ist, als Absatz 1 Satz 2 vorsieht, dass die dritte Bewilligung als Rücknahme gilt.

1

Auch hier gelten hinsichtlich des Inhaltes bzw. der Auslegung der Bewilligungserklärung die allgemeinen Grundsätze. So regelt bereits Absatz 2, dass auch die Bewilligung der Aufhebung des Versteigerungstermins als Billigung der Einstellung auszulegen ist.1) Dementsprechend sind Erklärungen, die in Richtung Einstellung gehen vom Vollstreckungsgericht auszulegen, im Zweifel ist eine Rückfrage bzw. ein Hinweis geboten (§ 139 ZPO).

2

Die Einstellungsbewilligung ist bedingungsfeindlich, die Einräumung einer befristeten Bewilligung ist mithin nicht möglich. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass prozessuale Erklärungen bedingungsfeindlich sind, soweit es sich nicht um innerprozessuale Bedingungen handelt. Die Nennung einer Frist gilt aber nicht als Bedingung, sondern als unbedingte Einstellungsbewilligung verbunden mit einem Hinweis auf den zeitlich in Aussicht genommenen Verfahrensfortgang.2) Auch dies ist die Konsequenz einer sachgerechten Auslegung, wonach der Erklärende im Zweifel eine wirksame Erklärung abgeben will.

3

Auch Auflagen sind nicht möglich, Gegenleistungen des Antragsgegners für die Einstellung, wie zum Beispiel Zahlungen von Nutzungsentschädigungen o. Ä., wären außerhalb des Versteigerungsverfahrens zu vereinbaren.3) Nicht zulässig ist hingegen dass der Meistbietende außerhalb des Verfahrens eine Zahlung an den betreibenden Gläubiger leistet, um zu verhindern, dass dieser einen Einstellungsantrag stellt. Derartige Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Bietenden sind nicht mit einem ordnungsgemäßen Verfahren vereinbar, schon da sie die Regelungen zur Abgabe von Geboten und dem Verteilungsverfahren verletzen.4)

4

_____________ 1) 2) 3) 4)

Weitere Auslegungsbeispiele siehe Böttcher, ZVG, § 30 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 30 Rz. 2.5. Storz, FPR 2013, 356, 358. BGH, Beschl. v. 31.5.2012 – VZB207/11, Rpfleger 2012, 640.

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§ 30 5

Einstweilige Einstellung durch Bewilligung des Gläubigers

Bei der Einstellungsbewilligung handelt es sich um eine Prozesshandlung.5) Gleichwohl ist die Rechtsprechung großzügig was die Form anbelangt und lässt unter Umständen auch eine telefonische Bewilligung zu.6) II. Zeitliche Begrenzung

6

Zeitlich kann eine Einstellung bis zur Zuschlagsverkündung bewilligt werden.7) Dies entspricht den Grundsätzen wie sie auch bei der Rücknahme gelten. Vor Verfahrensanordnung kann ein Einstellungsbeschluss nicht erlassen werden, da es an dem notwendigen Zwangsversteigerungsverfahren fehlt.8) III. Wirksamkeit der Bewilligung

7

Wirksam ist die Einstellungsbewilligung mit Eingang bei Gericht. Erst der Einstellungsbeschluss führt aber zum Verfahrensstillstand9) und ist somit konstitutiv.10) IV. Wirkung für die einzelnen Verfahren und Gläubiger

8

Grundsätzlich ist jedes Verfahren separat zu betrachten. Dies gilt sowohl für mehrere Verfahren eines Gläubigers wie selbstverständlich auch für mehrere betreibende Gläubiger in einem Verfahren. Wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung aus mehreren Beschlüssen betreibt muss für jedes Einzelverfahren geprüft werden, ob eine Einstellungsbewilligung vorliegt und demnach auch, ob in dem jeweiligen Verfahren eine Rücknahmefiktion nach § 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG vorliegt.11) Bei einer künstlichen Aufsplittung kann jedoch im Ausnahmefall ein Rechtsmissbrauch vorliegen, insbesondere wenn durch entsprechende Verfahrensaufteilung und wiederholte Einstellung und Fortsetzung ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht ein permanenter Zahlungsdruck auf den Schuldner aufgebaut werden soll.12) Hierbei ist allerdings Zurückhaltung geboten, nicht jede Aufteilung der Forderung ist etwa rechtsmissbräuchlich.13) Sollte eine solche Konstellation allerdings ausnahmsweise vorliegen, insbesondere also keine ernsthafte Versteigerungsabsicht bestehen, läge wohl auch bereits ein Fall des § 28 Abs. 2 ZVG vor, da das Rechtschutzbedürfnis für ein solches Verfahren fehlt.

9

Bei der dritten Einstellungsbewilligung wird die Antragsrücknahme fingiert. Auch insoweit muss die Erklärung des Gläubigers ausgelegt werden, wobei wegen der gravierenden Folgen Sorgfalt erforderlich ist und im Zweifel auch hier eine Nachfragepflicht besteht.14) _____________ 5) Stöber, ZVG, § 30 Rz. 2.3. 6) Stöber, ZVG, § 30 Rz. 2.3, noch weitergehend Böttcher, FPR 2013, 345: „keine Formerfordernisse“. 7) Böttcher, ZVG, § 30 Rz. 5; BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, Rpfleger 2007, 414. 8) Böttcher, ZVG, § 30 Rz. 5. 9) Stöber, ZVG, § 30 Rz. 2.7. 10) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30 Rz. 9. 11) BGH, Beschl. v. 26.1.2012 – V ZB 220/11, BeckRS 2012, 05310. 12) BGH, Beschl. v. 26.1.2012 – V ZB 220/11, BeckRS 2012, 05310. 13) BGH, Beschl. v. 26.1.2012 – V ZB 220/11, BeckRS 2012, 05310 bei der Aufteilung in Grundschuldhauptforderung und Zinsen. 14) Näher Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30 Rz. 22 ff.

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

§ 30a

V. Rechtsbehelfe Als Rechtsbehelfe kommen grundsätzlich die sofortige Beschwerde oder (bei nicht erfolgter vorheriger Anhörung) die Vollstreckungserinnerung in Betracht. Wie bei der Rücknahme fehlt dem Gläubiger bei Abgabe einer wirksamen Einstellungsbewilligung aber regelmäßig das Rechtschutzbedürfnis.15) _____________ 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30 Rz. 38.

§ 30a Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners (1) Das Verfahren ist auf Antrag des Schuldners einstweilen auf die Dauer von höchstens sechs Monaten einzustellen, wenn Aussicht besteht, daß durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird, und wenn die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. (2) Der Antrag ist abzulehnen, wenn die einstweilige Einstellung dem betreibenden Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist, insbesondere ihm einen unverhältnismäßigen Nachteil bringen würde, oder wenn mit Rücksicht auf die Beschaffenheit oder die sonstigen Verhältnisse des Grundstücks anzunehmen ist, daß die Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt einen wesentlich geringeren Erlös bringen würde. (3) Die einstweilige Einstellung kann auch mit der Maßgabe angeordnet werden, daß sie außer Kraft tritt, wenn der Schuldner die während der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nicht binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit bewirkt. Wird die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger betrieben, dessen Hypothek oder Grundschuld innerhalb der ersten sieben Zehntel des Grundstückswertes steht, so darf das Gericht von einer solchen Anordnung nur insoweit absehen, als dies nach den besonderen Umständen des Falles zur Wiederherstellung einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners geboten und dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere seiner eigenen Zinsverpflichtungen, zuzumuten ist. (4) Das Gericht kann ferner anordnen, daß der Schuldner Zahlungen auf Rückstände wiederkehrender Leistungen zu bestimmten Terminen zu bewirken hat. (5) Das Gericht kann schließlich die einstweilige Einstellung von sonstigen Auflagen mit der Maßgabe abhängig machen, daß die einstweilige Einstellung des Verfahrens bei Nichterfüllung dieser Auflagen außer Kraft tritt. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345; Kaiser, Jan, Räumung und Vollstreckungsschutz bei Suizidgefahr, NJW 2011, 2412. Übersicht I. Normzweck und Regelungsinhalt ..... 1 II. Die Regelung des Absatzes 1 und seine Voraussetzungen ........................ 3 III. Die Gläubigerinteressen (Abs. 2) ....... 9

IV. Verfahren ............................................ 12 V. Die Anordnung von Auflagen (Absatz 3 – 5) ....................................... 13

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

§ 30a

V. Rechtsbehelfe Als Rechtsbehelfe kommen grundsätzlich die sofortige Beschwerde oder (bei nicht erfolgter vorheriger Anhörung) die Vollstreckungserinnerung in Betracht. Wie bei der Rücknahme fehlt dem Gläubiger bei Abgabe einer wirksamen Einstellungsbewilligung aber regelmäßig das Rechtschutzbedürfnis.15) _____________ 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30 Rz. 38.

§ 30a Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners (1) Das Verfahren ist auf Antrag des Schuldners einstweilen auf die Dauer von höchstens sechs Monaten einzustellen, wenn Aussicht besteht, daß durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird, und wenn die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. (2) Der Antrag ist abzulehnen, wenn die einstweilige Einstellung dem betreibenden Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist, insbesondere ihm einen unverhältnismäßigen Nachteil bringen würde, oder wenn mit Rücksicht auf die Beschaffenheit oder die sonstigen Verhältnisse des Grundstücks anzunehmen ist, daß die Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt einen wesentlich geringeren Erlös bringen würde. (3) Die einstweilige Einstellung kann auch mit der Maßgabe angeordnet werden, daß sie außer Kraft tritt, wenn der Schuldner die während der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nicht binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit bewirkt. Wird die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger betrieben, dessen Hypothek oder Grundschuld innerhalb der ersten sieben Zehntel des Grundstückswertes steht, so darf das Gericht von einer solchen Anordnung nur insoweit absehen, als dies nach den besonderen Umständen des Falles zur Wiederherstellung einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners geboten und dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere seiner eigenen Zinsverpflichtungen, zuzumuten ist. (4) Das Gericht kann ferner anordnen, daß der Schuldner Zahlungen auf Rückstände wiederkehrender Leistungen zu bestimmten Terminen zu bewirken hat. (5) Das Gericht kann schließlich die einstweilige Einstellung von sonstigen Auflagen mit der Maßgabe abhängig machen, daß die einstweilige Einstellung des Verfahrens bei Nichterfüllung dieser Auflagen außer Kraft tritt. Literatur: Böttcher, Roland, Der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens, FPR 2013, 345; Kaiser, Jan, Räumung und Vollstreckungsschutz bei Suizidgefahr, NJW 2011, 2412. Übersicht I. Normzweck und Regelungsinhalt ..... 1 II. Die Regelung des Absatzes 1 und seine Voraussetzungen ........................ 3 III. Die Gläubigerinteressen (Abs. 2) ....... 9

IV. Verfahren ............................................ 12 V. Die Anordnung von Auflagen (Absatz 3 – 5) ....................................... 13

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§ 30a

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

VI. Einstellung der Vollstreckung nach § 765a ZPO ................................ 18

I.

VII. Verfahren ............................................ 29

Normzweck und Regelungsinhalt

1

Die Regelung dient dem Schuldnerschutz im Versteigerungsverfahren. Daneben kann insbesondere ein Antrag nach § 765a ZPO treten, wobei auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich ausgeführt wird, in einem Einstellungsantrag nach § 30a ZVG ein solcher auch nach § 765a ZPO liegen kann.1)

2

Die Regelung des § 30a ZVG gilt für die Vollstreckungsversteigerung, nicht für die Zwangsverwaltung.2) Besondere Regelungen gelten für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, insoweit sind die §§ 30d bis 30f ZVG einschlägig.3) Im Teilungsversteigerungsverfahren finden anstatt § 30a ZVG die Regelungen der §§ 180 Abs. 2 und 3 ZVG Anwendung.4) II. Die Regelung des Absatzes 1 und seine Voraussetzungen

3

Absatz 1 regelt die Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung auf Antrag des Schuldners. Voraussetzung ist zunächst die sog. Sanierungsfähigkeit.5) Nur dann, wenn durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird, kann eine Einstellung erfolgen. Sie dient damit dem Eigentumsschutz.6) Die genannte Sechs-MonatsFrist, die entsprechend § 30c ZVG im Ergebnis verdoppelt werden kann, gibt zugleich auch die Grenze für den Gesichtspunkt der Sanierungsfähigkeit vor. Die Sanierungsmöglichkeiten müssen in einem Zeitrahmen von sechs bis zwölf Monaten möglich sein. Es muss dementsprechend eine Prognose des Vollstreckungsgerichts gestellt werden, aus der sich ergibt, dass die Befriedigung des Gläubigers oder die Einigung innerhalb dieses Zeitraums mit Aussicht auf Erfolg abgeschlossen werden können.7) Pauschale Behauptungen ohne Konkretisierungen reichen hierfür nicht aus. Auch der Hinweis auf Ablösemöglichkeiten hinsichtlich der Forderung darf sich nicht auf allgemeine (theoretische) Möglichkeiten beschränken, vielmehr muss die Möglichkeit hinreichend konkret aufgezeigt und dargelegt werden.

4

Weitere Voraussetzung ist, dass die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. Diese Generalklausel hat der Schuldner durch den Vortrag entsprechender Umstände, die er auf Anforderung glaubhaft zu machen hat, zu untermauern. Das Vollstreckungsgericht muss eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vornehmen.8)

_____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

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Stöber, ZVG, § 30b Rz. 7. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 1. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 1. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 1. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 3.2. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 3.2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 6; vgl. LG Rostock, Beschl. v. 31.1.2003 – 2 T 23/03, InVo 2003, 379. Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30a Rz. 9.

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

§ 30a

Insoweit kommt es – vorbehaltlich der Sanierungsfähigkeit – nicht darauf an, ob die Umstände vorübergehend oder auf Dauer angelegt sind.9) Zu den persönlichen Verhältnissen gehören insoweit z. B. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung, Tod des Ehepartners oder des mitarbeitenden Kindes.10)

5

Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind ebenfalls zu berücksichtigen. Hier kommt es auf allgemeine wirtschaftliche Umstände ebenso an, wie auf individuelle. Gerade bei allgemeinen wirtschaftlichen Umständen ist der Schuldner in der Regel schutzwürdig.11) Als Beispiele für Umstände werden genannt, die für alle oder eine bestimmt Berufsgruppe bestehenden oder örtlich begrenzten wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie eine unverschuldete und vorübergehende wirtschaftliche Bedrängnis; hingegen sollen unwirtschaftliches Fehlverhalten oder unwirtschaftliche Fehlentscheidungen nicht genügen.12)

6

Zu weiteren Merkmalen zählt die Art der Schuld. Insoweit sind besondere Arten der Forderungen, z. B. unerlaubte Handlungen oder Unterhaltsforderungen (vgl. auch die Privilegierungen dieser Forderungen in §§ 850d und 850f Abs. 2 ZPO, 302 InsO) eher geeignet gegen eine Einstellung zu sprechen, als rein vertragliche Ansprüche aus Kreditgeschäften, erst recht, wenn diese in Kenntnis schlechter wirtschaftlicher Lage des Schuldners gewährt wurde.13)

7

Insgesamt muss die Einstellung der Billigkeit entsprechen, was letztlich zu einer Gesamtabwägung führt.

8

III. Die Gläubigerinteressen (Abs. 2) Absatz 2 berücksichtigt demgegenüber die entgegenstehenden Gläubigerinteressen, die im Zweifel vorrangig sind. Im Interesse des Gläubigerschutzes ist der Antrag nach Absatz 2 abzulehnen, wenn die Einstellung dem beitreibenden Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist, insbesondere ihm einen unverhältnismäßigen Nachteil bringt oder mit Rücksicht auf die Beschaffenheit oder sonstigen Verhältnisse des Grundstücks anzunehmen ist, dass die Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt einen wesentlich geringeren Erlös erbringen würde. Auch diese Gründe sind zu berücksichtigen, ggf. sind sie glaubhaft zu machen (§ 30b Abs. 2 Satz 3 ZVG).

9

Für den Gläubiger angeführt werden das Vorliegen eigener gewichtiger Verpflichtungen, das Anwachsen der Zinsrückstellungen beim Schuldner, die Verringerung der Sicherheiten des Gläubigers sowie die Art der Forderung.14) Ein weiterer Gesichtspunkt ist, ob die spätere Versteigerung einen wesentlich geringeren Erlös bringt. Insoweit kann ein Aspekt, nämlich die Änderungen der Geldmarktlage, der Verfall des Grundstückes und des Wertes, aber auch besondere Umstände durch die Lage oder die örtlichen Verhältnisse, entscheidend sein.15)

10

_____________ 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15)

Stöber, ZVG, § 30a Rz. 3.2b. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 3.3a. Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30a Rz. 11. Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30a Rz. 11. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 3.3d. Vgl. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 5.2. Stöber, ZVG, § 30a Rz. 5.3.

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§ 30a 11

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

Ist einer der Umstände nach Absatz 2 erfüllt, ist der Einstellungsantrag abzulehnen.16) IV. Verfahren

12

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, in dem die Einstellungsfrist möglichst genau, insbesondere durch Datumsangabe zu bestimmen ist.17) Die Einstellung kann für maximal sechs Monate angeordnet werden (§ 30a Abs. 1 Satz 1 ZVG), vorbehaltlich der Verlängerungsmöglichkeit nach § 30c ZVG. V. Die Anordnung von Auflagen (Absatz 3 – 5)

13

Entsprechend Absatz 3 bis 5 kann das Gericht Auflagen anordnen. Insoweit entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen.18)

14

Sofern die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger aus einem Grundpfandrecht betrieben wird das innerhalb von 7/10 des Grundstückswertes liegt, muss unter Auflagen eingestellt werden. Ein Absehen ist nur möglich, sofern dies nach den besonderen Umständen des Falles zur Wiederherstellung einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners geboten und dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere seiner eigenen Zinsverpflichtung, zuzumuten ist.

15

Damit wird an sich allerdings nur der bestrangige Gläubiger geschützt.19) Als Auflage ist dann die Zahlung der während der Dauer der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen binnen zwei Wochen nach Fälligkeit anzuordnen.

16

Ferner hat das Gericht die Möglichkeit nach Absatz 4 anzuordnen, dass der Schuldner Zahlungen auf rückständige wiederkehrende Leistungen zu erbringen hat, auch können weitere Auflagen gemacht werden, z. B. Zahlungen auf das Kapital, öffentliche Lasten, Steuern, Versicherungen etc.20) Die Auflage muss zum einen dem Schuldner die Sanierung ermöglichen, aber gleichzeitig die Interessen des Gläubigers wahren, seine Befriedigungschancen sollen nicht verschlechtert werden.21)

17

Absatz 5 bestimmt schließlich, dass die einstweilige Einstellung des Verfahrens bei Nichterfüllung der Auflage außer Kraft tritt. Dies stellt das Gericht von Amts wegen fest. Darauf, ob die Auflage schuldhaft oder unverschuldet nicht erfüllt ist, kommt es nicht an.22) VI. Einstellung der Vollstreckung nach § 765a ZPO

18

Während die Einstellung nach § 30a ZVG, fristgebunden ist (§ 30b Abs. 1 ZVG) besteht die unbefristete Möglichkeit (Ausnahme: § 765a Abs. 3 ZPO) des Antrags nach § 765a ZPO, wenn die Vollstreckung eine sittenwidrige Härte darstellt. Die

_____________ 16) 17) 18) 19) 20) 21) 22)

Stöber, ZVG, § 30a Rz. 5.4. Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30a Rz. 16. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 15. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 30a Rz. 16. Kindl/Meller-Hanich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30a Rz. 21. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 18. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 19.

400

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

§ 30a

Möglichkeit eines entsprechenden Antrags besteht bei allen Arten der Versteigerung.23) Häufiger praktischer Fall ist die Geltendmachung von tatsächlich oder vermeintlich lebensbedrohlichen Erkrankungen bis hin zum drohenden Suizid. Die Gefährdung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist insoweit von Amts wegen zu berücksichtigen.24) Dies setzt zunächst eine sorgfältige Prüfung unter Einschaltung von Gutachtern voraus, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr besteht oder ob dies nur vorgespiegelt und instrumentalisiert wird.25)

19

Auch wenn eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Schuldners besteht, ist freilich eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne Weiteres einzustellen. Vielmehr ist der Lebensschutz und das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers dem das Grundrecht nach Art. 14 GG zur Seite steht, mit den Interessen und betroffenen Grundrechtspositionen des Schuldners abzuwägen.26) So gilt es zu prüfen, ob der Gefahr nicht auf andere Weise wirksam begegnet werden kann.27)

20

Eine mögliche Maßnahme kann die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wurde, sein oder auch die Ingewahrsamnahme des suizidgefährdeten Schuldners nach den Unterbringungsgesetzen der Länder.28) Insoweit hat das Vollstreckungsgericht die für Maßnahmen zur Unterbringung des Schuldners zuständigen Behörden von der Vollstreckung zu unterrichten und darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung fortgesetzt wird, wenn die Behörden bzw. Betreuungsgerichte Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten.29) Umgekehrt sind Fälle denkbar, dass eine Unterbringung ausscheidet, weil die Gefahr nur durch eine unverhältnismäßig lange Dauer gebannt werden könnte, dann kann auch eine Einstellung auf Dauer in Betracht kommen.30)

21

In Betracht kommt auch die Einforderung von Mitwirkungshandlungen des Schuldners oder Dritter, die Auferlegung konkreter Auflagen zur Wohnungssuche, die Einholung ärztlicher Gutachten und die Inanspruchnahme fachärztlicher Hilfe.31)

22

Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichtet die Vollstreckungsorgane zudem dazu, Verfahren so durchzuführen, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichtigen Genüge haben wird. Ggf. ist ein Facharzt, Sozialarbeiter, Seelsorger o. Ä. bei der Durchführung der Maßnahme hinzuzuziehen.32)

23

_____________ 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 20. 24) BVerfG, Beschl. v. 11.7.2007 – 1 BvR 501/07, NJW 2007, 2910. 25) Kaiser, NJW 2011, 2412, 2413; BVerfG, Beschl. v. 11.7.2007 – 1 BvR 501/07, NJW 2007, 2910, 2911; BGH, Beschl. v. 22.11.2007 – I ZB 104/06, NJW 2008, 1000; BGH, Beschl. v. 16.12.2010 – V ZB 215/09, NJW-RR 2011, 423, 424. 26) BGH, Beschl. v. 22.11.2007 – I ZB 104/06, NJW 2007, 2910. 27) BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – V ZB 67/07, Rpfleger 2008, 212; BGH, Beschl. v. 4.5.2005 – I ZB 10/05, Rpfleger 2005, 454, 455. 28) BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – V ZB 67/07, Rpfleger 2008, 212. 29) BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, Rpfleger 2007, 561, 562. 30) Kaiser, NJW 2011, 2412, 2413; BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – V ZB 67/07, Rpfleger 2008, 212; BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – V ZB 1/10, Rpfleger 2010, 681, 682. 31) Dassler/Schiffhauer/u. a-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 37 m. w. N.; Kaiser, NJW 2011, 2412, 2413; vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.11.2007 – I ZB 104/06, NJW 2008, 1000. 32) Vgl. Kaiser, NJW 2011, 2412, 2413.

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§ 30a

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners

24

Vergleichbare Grundsätze gelten auch in dem Fall, dass durch das Zwangsversteigerungsverfahren der Erfolg für die Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung gefährdet ist.33)

25

Bei sorgfältiger Prüfung und Abwägung wird man in manchen Fällen zum Ergebnis gelangen, das auch in medizinisch-psychologischer Hinsicht manchmal die Durchführung und Beendigung der Zwangsvollstreckung besser ist als die Hinauszögerung des Verfahrens.34)

26

Unter Berufung auf § 765a ZPO wird in der Praxis vielfach auch der Versuch unternommen, alle vermeintlichen Gründe, die gegen eine Vollstreckung sprechen, vorzubringen. Dies verkennt, dass § 765a ZPO eine Ausnahmevorschrift ist, die nur unter sehr engen Voraussetzungen zur Anwendung gelangt. Insbesondere ist sie kein Einfallstor für die Erhebung materiellrechtlicher Einwände. Diese können nur vor dem Prozessgericht, insbesondere mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden.35)

27

Allgemein ist bei einer besonderen Härte nach § 765a ZPO darauf abzustellen, ob konkrete Umstände mit Wahrscheinlichkeit erwarten lassen, dass durch die zeitliche Verschiebung ein wesentlich besseres Ergebnis für den Schuldner erzielt werden kann.36) Allgemeine Unannehmlichkeiten in der Vollstreckung und damit verbundene belastende Nachteile genügen freilich nicht. Der Schutz nach § 765a ZPO greift nur dann ein, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis führen würde.37)

28

Nur in Ausnahmefällen kann eine „Verschleuderung“ des Objektes unter Berufung auf § 765a ZPO Einhalt geboten werden. Vorrangig sind insoweit die Regelungen der §§ 85a, (74a) ZVG. Erst dann, wenn feststeht, dass ein Meistgebot weiter hinter dem Verkehrswert zurückbleibt kann ausnahmsweise auch § 765a ZPO eingreifen.38) Auch bei einem starken Missverhältnis muss aber jedenfalls die begründete Erwartung hinzutreten, dass in einem neuen Termin ein besseres Gebot erzielt werden kann.39) VII.

Verfahren

29

Die Entscheidung nach § 765a ZPO ergeht durch Beschluss. Die Zwangsvollstreckung kann (in der Regel einstweilen) eingestellt werden. Insoweit können auch Auflagen mit Bedingungen und Befristungen einschließlich Sicherheitsleistungen u. Ä. verfügt werden.

30

Nach § 765a Abs. 4 ZPO kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag den Beschluss aufheben oder abändern, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist. Gegen die Entscheidung nach Absatz 1 ist die sofortige Beschwerde gegeben. _____________ 33) 34) 35) 36) 37) 38) 39)

BGH, Beschl. v. 21.7.2011 – V ZB 48/10, Rpfleger 2012, 38, 39. Vgl. AG Hannover, Beschl. v. 18.11.1998 – 732a K 88-89/88, Rpfleger 1990, 174, 175. OLG Hamm, Beschl. v. 9.8.2001 – 15 W 242/01, Rpfleger 2002, 39. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30a Rz. 32. BGH, Beschl. v. 20.6.2013 – IX ZB 50/12, Rpfleger 2014, 39. OLG Hamm, Beschl. v. 9.8.2001 – 15 W 242/01, Rpfleger 2002, 39, 40. Böttcher, FPR 2013, 345, 348.

402

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Antrag auf einstweilige Einstellung binnen einer Notfrist

§ 30b

§ 30b Antrag auf einstweilige Einstellung binnen einer Notfrist (1) Die einstweilige Einstellung ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu beantragen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung, in welcher der Schuldner auf das Recht zur Stellung des Einstellungsantrages, den Fristbeginn und die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hingewiesen wird. Der Hinweis ist möglichst zugleich mit dem Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, zuzustellen. (2) Die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens ergeht durch Beschluß. Vor der Entscheidung sind der Schuldner und der betreibende Gläubiger zu hören; in geeigneten Fällen kann das Gericht mündliche Verhandlung anberaumen. Der Schuldner und der betreibende Gläubiger haben ihre Angaben auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. (3) Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig; vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. (4) Der Versteigerungstermin soll erst nach Rechtskraft des die einstweilige Einstellung ablehnenden Beschlusses bekanntgegeben werden. Übersicht I. Frist für die Antragstellung ............... 1 II. Verfahren .............................................. 5

I.

III. Rechtsbehelfe ........................................ 7

Frist für die Antragstellung

§ 30b ZVG legt eine Notfrist (vgl. § 224 ZPO) von zwei Wochen fest, binnen derer ein Einstellungsantrag nach § 30a ZVG erstellt werden kann. Hierüber ist eine Belehrung zu erteilen, der Hinweis soll möglichst zusammen mit dem Beschluss, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, zugestellt werden.

1

Die Wiedereinsetzungsmöglichkeit richtet sich nach den §§ 230 bis 238 ZPO.1)

2

Einstellungsanträge können nur innerhalb der Frist gestellt werden, sodass auch bei neuen Tatsachen nach Ablauf der Frist ein Antrag nicht möglich ist. Vielmehr müssen dann die strengen Voraussetzungen des § 765a ZPO erfüllt sein.

3

Die unterlassene Belehrung stellt grundsätzlich keinen Zuschlagsversagungsgrund dar.2) Dies ergibt sich daraus, dass die Rechtsfolge der fehlenden Belehrung der spätere Fristbeginn ist und er damit die Gelegenheit hat bis zur Zuschlagserteilung einen Einstellungsantrag zu stellen.3) Dieser Schutz ist ausreichend.

4

II. Verfahren Aus Absatz 2 ergibt sich, dass die Entscheidung durch Beschluss ergeht, wobei vor der Entscheidung der Schuldner und der Gläubiger zu hören sind, in geeigneten Fällen kann das Gericht mündliche Verhandlung anberaumen. Das Gericht kann _____________ 1) 2) 3)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30b Rz. 3. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – VZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431.

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5

§ 30c

Erneute Einstellung

verlangen, dass die Angaben glaubhaft gemacht werden. Einer Glaubhaftmachung bedarf es nicht, wenn der Vortrag zugestanden oder die Richtigkeit offenkundig ist. Zur Glaubhaftmachung kommen sämtliche zulässige Mittel gemäß § 294 ZPO in Betracht, also auch eine eidesstattliche Versicherung. Eine Amtsermittlung findet in diesem Antragsverfahren nicht statt.4) 6

In der Praxis wird regelmäßig im schriftlichen Verfahren entschieden. Soweit mündliche Verhandlung ausnahmsweise angeordnet wird, gelten die Vorschriften für diese entsprechend. Dementsprechend ist auch möglich, das persönliche Erscheinen anzuordnen und eine Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2 ZPO) durchzuführen, auch ist ein Protokoll zu erstellen.5) III. Rechtsbehelfe

7

Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig (Absatz 3). Vor der Entscheidung hierüber ist der Gegner zu hören. Nach Absatz 4 soll das Gericht erst nach Rechtskraft den Versteigerungstermin bekanntgeben.

8

Ein Verstoß gegen die Sollvorschrift führt nicht zur Unwirksamkeit der Terminsbestimmung.6) Auch eine Zuschlagsversagung rechtfertigt einen Verstoß in der Regel nicht. Entscheidend ist, ob durch die Verletzung der Sollvorschrift schutzwürdige Belange des Schuldners beeinträchtigt worden sind.7) Dies wird man vielfach verneinen können.8) _____________ 4) 5) 6) 7) 8)

Stöber, ZVG, § 30b Rz. 4.1b Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30b Rz. 16. Stöber, ZVG, § 30b Rz. 11. Vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431.

§ 30c Erneute Einstellung War das Verfahren gemäß § 30a einstweilen eingestellt, so kann es auf Grund des § 30a einmal erneut eingestellt werden, es sei denn, daß die Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. § 30b gilt entsprechend. Übersicht I. Zweck und Inhalt ................................. 1 II. Verfahren .............................................. 3

I. 1

III. Sachliche Voraussetzungen ................ 4

Zweck und Inhalt

§ 30c ZVG ermöglicht eine einmalige Wiederholung einer bereits bewilligten Einstellung, so dass insgesamt die Einstellung maximal für zwölf Monate in Betracht kommt. Eine Einstellung aus anderen Gründen, z. B. nach §§ 30, 76, 77 ZVG oder § 769 Abs. 2 ZPO werden hierdurch nicht beschränkt.1) _____________ 1)

404

Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.

Popp

§ 30c

Erneute Einstellung

verlangen, dass die Angaben glaubhaft gemacht werden. Einer Glaubhaftmachung bedarf es nicht, wenn der Vortrag zugestanden oder die Richtigkeit offenkundig ist. Zur Glaubhaftmachung kommen sämtliche zulässige Mittel gemäß § 294 ZPO in Betracht, also auch eine eidesstattliche Versicherung. Eine Amtsermittlung findet in diesem Antragsverfahren nicht statt.4) 6

In der Praxis wird regelmäßig im schriftlichen Verfahren entschieden. Soweit mündliche Verhandlung ausnahmsweise angeordnet wird, gelten die Vorschriften für diese entsprechend. Dementsprechend ist auch möglich, das persönliche Erscheinen anzuordnen und eine Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2 ZPO) durchzuführen, auch ist ein Protokoll zu erstellen.5) III. Rechtsbehelfe

7

Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig (Absatz 3). Vor der Entscheidung hierüber ist der Gegner zu hören. Nach Absatz 4 soll das Gericht erst nach Rechtskraft den Versteigerungstermin bekanntgeben.

8

Ein Verstoß gegen die Sollvorschrift führt nicht zur Unwirksamkeit der Terminsbestimmung.6) Auch eine Zuschlagsversagung rechtfertigt einen Verstoß in der Regel nicht. Entscheidend ist, ob durch die Verletzung der Sollvorschrift schutzwürdige Belange des Schuldners beeinträchtigt worden sind.7) Dies wird man vielfach verneinen können.8) _____________ 4) 5) 6) 7) 8)

Stöber, ZVG, § 30b Rz. 4.1b Kindl/Meller/Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 30b Rz. 16. Stöber, ZVG, § 30b Rz. 11. Vgl. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, NJW-RR 2009, 1429, 1431.

§ 30c Erneute Einstellung War das Verfahren gemäß § 30a einstweilen eingestellt, so kann es auf Grund des § 30a einmal erneut eingestellt werden, es sei denn, daß die Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. § 30b gilt entsprechend. Übersicht I. Zweck und Inhalt ................................. 1 II. Verfahren .............................................. 3

I. 1

III. Sachliche Voraussetzungen ................ 4

Zweck und Inhalt

§ 30c ZVG ermöglicht eine einmalige Wiederholung einer bereits bewilligten Einstellung, so dass insgesamt die Einstellung maximal für zwölf Monate in Betracht kommt. Eine Einstellung aus anderen Gründen, z. B. nach §§ 30, 76, 77 ZVG oder § 769 Abs. 2 ZPO werden hierdurch nicht beschränkt.1) _____________ 1)

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Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.

Popp

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

§ 30d

Eine einmalige erneute Einstellung kommt auch dann in Betracht, wenn die vorangegangene nach § 30a Abs. 5 ZVG wegen Nichterfüllung von Auflagen außer Kraft getreten ist.2) Insoweit ist allerdings das Merkmal des Gläubigerinteresses streng zu prüfen und die Einstellung ggf. aus Gläubigerschutzgründen zu versagen.3) Wenn der Schuldner dann nach § 30a ZVG rechtskräftig abgelehnt wurde, ist eine Wiederholung nicht mehr zulässig,4) insoweit gelten die Ausführungen im Rahmen der Kommentierung zu § 30b ZVG entsprechend. Nicht in Betracht kommt die erneute Einstellung, wenn eine Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers erfolgt (§ 30 ZVG) und die erste Möglichkeit der Einstellung auf Schuldnerantrag gemäß § 30a ZVG hin wegen Verfristung nicht wahrgenommen wurde. Der eindeutige Wortlaut verlangt eine vorherige (erfolgreiche) Einstellung nach § 30a ZVG.5)

2

II. Verfahren Voraussetzung für die Einstellung ist ein Antrag des Schuldners, die auch hier nur in der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung der Belehrung, nach Fortsetzung des eingestellten Verfahrens, gestellt werden kann. Insoweit verweist Absatz 1 Satz 2 auf § 30b Abs. 1 ZVG.

3

III. Sachliche Voraussetzungen Die sachlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 30a ZVG, wobei die Gläubigerinteressen in § 30c Satz 1 ZVG nochmals hervorgehoben werden. Gläubigerbelange sind insoweit stärker und nachhaltiger zu berücksichtigen, als bei der ersten Einstellung.6) Auch hier sind die Anordnung von Schuldnerzahlungen und sonstigen Auflagen, wie im Rahmen des § 30a ZVG zulässig. _____________ 2) 3) 4) 5) 6)

Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.2c. Vgl. Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.2c. Böttcher, ZVG, § 30c Rz. 14; Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.3b und 3c. LG Aachen, Beschl. v. 20.10.2008 – 3 T 304/08, BeckRS 2008, 23353. Stöber, ZVG, § 30c Rz. 3.3.

§ 30d Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters (1) Ist über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn 1.

im Insolvenzverfahren der Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung noch bevorsteht,

2.

das Grundstück nach dem Ergebnis des Berichtstermins nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung im Insolvenzverfahren für eine Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebs oder einer anderen Gesamtheit von Gegenständen benötigt wird,

3.

durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans gefährdet würde oder Popp

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4

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

§ 30d

Eine einmalige erneute Einstellung kommt auch dann in Betracht, wenn die vorangegangene nach § 30a Abs. 5 ZVG wegen Nichterfüllung von Auflagen außer Kraft getreten ist.2) Insoweit ist allerdings das Merkmal des Gläubigerinteresses streng zu prüfen und die Einstellung ggf. aus Gläubigerschutzgründen zu versagen.3) Wenn der Schuldner dann nach § 30a ZVG rechtskräftig abgelehnt wurde, ist eine Wiederholung nicht mehr zulässig,4) insoweit gelten die Ausführungen im Rahmen der Kommentierung zu § 30b ZVG entsprechend. Nicht in Betracht kommt die erneute Einstellung, wenn eine Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers erfolgt (§ 30 ZVG) und die erste Möglichkeit der Einstellung auf Schuldnerantrag gemäß § 30a ZVG hin wegen Verfristung nicht wahrgenommen wurde. Der eindeutige Wortlaut verlangt eine vorherige (erfolgreiche) Einstellung nach § 30a ZVG.5)

2

II. Verfahren Voraussetzung für die Einstellung ist ein Antrag des Schuldners, die auch hier nur in der Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung der Belehrung, nach Fortsetzung des eingestellten Verfahrens, gestellt werden kann. Insoweit verweist Absatz 1 Satz 2 auf § 30b Abs. 1 ZVG.

3

III. Sachliche Voraussetzungen Die sachlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 30a ZVG, wobei die Gläubigerinteressen in § 30c Satz 1 ZVG nochmals hervorgehoben werden. Gläubigerbelange sind insoweit stärker und nachhaltiger zu berücksichtigen, als bei der ersten Einstellung.6) Auch hier sind die Anordnung von Schuldnerzahlungen und sonstigen Auflagen, wie im Rahmen des § 30a ZVG zulässig. _____________ 2) 3) 4) 5) 6)

Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.2c. Vgl. Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.2c. Böttcher, ZVG, § 30c Rz. 14; Stöber, ZVG, § 30c Rz. 2.3b und 3c. LG Aachen, Beschl. v. 20.10.2008 – 3 T 304/08, BeckRS 2008, 23353. Stöber, ZVG, § 30c Rz. 3.3.

§ 30d Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters (1) Ist über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn 1.

im Insolvenzverfahren der Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung noch bevorsteht,

2.

das Grundstück nach dem Ergebnis des Berichtstermins nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung im Insolvenzverfahren für eine Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebs oder einer anderen Gesamtheit von Gegenständen benötigt wird,

3.

durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans gefährdet würde oder Popp

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4

§ 30d 4.

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

in sonstiger Weise durch die Versteigerung die angemessene Verwertung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert würde.

Der Antrag ist abzulehnen, wenn die einstweilige Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. (2) Hat der Schuldner einen Insolvenzplan vorgelegt und ist dieser nicht nach § 231 der Insolvenzordnung zurückgewiesen worden, so ist die Zwangsversteigerung auf Antrag des Schuldners unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 einstweilen einzustellen. (3) § 30b Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Schuldners der Insolvenzverwalter tritt, wenn dieser den Antrag gestellt hat, und daß die Zwangsversteigerung eingestellt wird, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung glaubhaft gemacht sind. (4) Ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Verwalter bestellt, so ist auf dessen Antrag die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Ist ein vorläufiger Sachwalter bestellt, so steht dieses Antragsrecht dem Schuldner zu. Literatur: Hintzen, Udo, Insolvenz und Immobiliarzwangsvollstreckung, Rechtspfleger 1999, 256; Mönning, Rolf-Dieter/Zimmermann, Franc, Die Einstellungsanträge des Insolvenzverwalters gemäß §§ 30d I., 153b I. ZVG im eröffneten Insolvenzverfahren, NZI 2008, 134; Stöber, Kurt, Aufhebung der auf Antrag des Insolvenzverwalters angeordneten Einstellung der Zwangsversteigerung, NZI 1999, 439. Übersicht I. 1.

4.

Normzweck und Inhalt ....................... 1 Einstellung vor dem Berichtstermin ................................................................. 4 Einstellung wegen Unternehmensfortführung ............................................ 9 Einstellung wegen Gefährdung eines Insolvenzplans ........................... 10 Auffangtatbestand ............................... 11

I.

Normzweck und Inhalt

2. 3.

II. Gegenläufige Gläubigerinteressen (Unzumutbarkeit) .............................. 12 III. Schuldnerantrag bei Insolvenzplan und bei vorläufigem Sachwalter ................................................... 14 IV. Verfahren (Verweis) .......................... 16 V. Einstellungsmöglichkeit für den vorläufigen Verwalter ........................ 17

1

Sofern das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Insolvenzschuldners eröffnet ist, sind die §§ 30a ff. ZVG nicht anwendbar.1) Insbesondere sind Einstellungsanträge des Schuldners nicht zulässig, da die Masseverwertung dem Insolvenzverwalter obliegt.2) Vor diesem Hintergrund sieht § 30d ZVG eigene Einstellungsmöglichkeiten für den Insolvenzverwalter auf Antrag vor. Die entsprechende Voraussetzung hat der Insolvenzverwalter stets glaubhaft zu machen (§ 30d Abs. 3 ZVG).

2

Die Norm sieht unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten vor, die gemeinsam haben, dass sie Problemkreise beschreiben in denen eine anderweitige Verwertung noch offen oder möglich erscheint und eine Verwertung durch Zwangsversteigerung diese erschwert oder gefährdet. Trotz der recht ausführlichen Regelungen, die dem _____________ 1) 2)

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Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO, § 165 Rz. 31. Leonhardt/Smid/Zeuner-Depré, InsO, § 165 Rz. 31.

Popp

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

§ 30d

Sanierungsgedanken Rechnung tragen,3) kommt es in der Praxis selten zu Anträgen. Dies liegt auch darin begründet, dass angesichts der Dauer der Versteigerungsverfahren vielfach doch noch eine Lösung mit den Gläubigern gefunden werden kann. Zu den Einstellungsmöglichkeiten im Einzelnen: 1.

3

Einstellung vor dem Berichtstermin

§ 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG sieht eine Einstellungsmöglichkeit vor, wenn der Berichtstermin im Insolvenzverfahren nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO noch bevorsteht. Insoweit ergibt sich aus § 159 InsO, dass die Verwertung erst nach dem Termin erfolgen kann, damit soll verhindert werden, dass die Gläubiger praktisch keine Entscheidungskompetenzen mehr haben.4) Die „Wartezeit“ bis zum Berichtstermin soll insbesondere die Gelegenheit bieten, dass die Gläubiger über das Verfahrensziel sowie den Beginn und die Modalitäten der Verwertung beschließen können.5) Es besteht schon nach der Insolvenzordnung eine Verwertungssperre.6) § 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG stellt die hierzu korrespondierende Regelung im Zwangsversteigerungsverfahren dar.7) Weitere Voraussetzungen stellt die Einstellung nach Nr. 1 nicht auf, es reicht mithin die Vorlage des Eröffnungsbeschlusses aus,8) vorbehaltlich der Regelung in Satz 2.

4

Strittig ist, ob die entsprechende Regelung auch im vereinfachten Insolvenzverfahren gilt, das vielfach schriftlich durchgeführt wird. Einen echten Berichtstermin gibt es dann nicht. Gleichwohl ist der in § 312 InsO a. F. genannte Prüfungstermin der Sache nach eine Gläubigerversammlung in der zahlreiche Aspekte als Berichtstermin zur Sprache bzw. zur Abstimmung kommen. Insbesondere sind ggf. auch zu behandeln die Bestätigung des Bestellten oder die Wahl des neuen Treuhänders (§ 57 InsO i. V. m. § 313 Abs. 1 InsO), etwaige Unterhaltszahlungen aus der Masse (§ 100 InsO) sowie die Zustimmung zu bedeutenden Rechtshandlungen des Treuhänders nach den § 160 – 163 InsO.9)

5

Hinzu kommt, dass durch das Änderungsgesetz vom 26.10.2001 in § 313 Abs. 3 InsO der Satz 3 eingefügt wurde, der, wenn auch auf dem Umweg über § 163 Abs. 2 InsO, unter bestimmten Voraussetzungen ein Verwertungsrecht des Treuhänders auch für die Immobile geschaffen hat, so dass diesbezüglich das Verbraucherinsolvenzverfahren dem Regelinsolvenzverfahren gleichgesetzt wurden.10) Durch Gesetz vom 15.7.2013 wurde mit Wirkung vom 1.7.2014 § 312 InsO gestrichen, die Regelung gilt daher nur noch für Insolvenzverfahren die vor dem 1.7.2014 beantragt wurden.11) Nach § 29 Abs. 2 Satz 2 InsO n. F. soll das Gericht auf den Berichtstermin verzichten, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar

6

_____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11)

Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134. Braun-Esser, InsO, § 159 Rz. 1. Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 159 Rz. 1. Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 159 Rz. 1. vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 30d Rz. 13. Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 135. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 30d Rz. 24; ders. Rpfleger 1999, 256, 262. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 30d Rz. 23. MünchKomm-Ott/Vuia, InsO § 312 Rz. 14.

Popp

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§ 30d

Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist. Mit dem vorgenannten Gesetz wurde aber zugleich auch § 313 InsO aufgehoben, was die weitgehende Gleichstellung von Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren erneut aufzeigt. 7

Der Bundesgerichtshof hat zudem in seinem Beschluss vom 16.5.2013 – Az. IX ZB 198/11 kürzlich festgehalten, dass bei Anordnung eines schriftlichen Verfahrens auch die Wahl des neuen Insolvenzverwalters auf schriftlichem Weg durchgeführt werden kann.12) Dies zeigt im Ergebnis, dass die Verfahrensart keine entscheidende Rolle beim materiellrechtlichen Gehalt der entsprechenden Bestimmungen hat.

8

Dementsprechend ist auch § 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG im Treuhandverfahren oder bei Durchführung des schriftlichen Verfahrens anzuwenden.13) 2.

9

3. 10

Einstellung wegen Gefährdung eines Insolvenzplans

Als weiterer Einstellungsgrund ist normiert, dass durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans gefährdet würde. Nach § 218 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter und der Schuldner einen solchen Plan vorlegen und dieser kann auch Regelungen für absonderungsberechtigte Gläubiger enthalten. Als Grundsatz ist zwar der Erhalt der entsprechenden Absonderungsrechte vorgesehen (§ 223 Abs. 1 Satz 1 InsO) eine abweichende Regelung ist aber möglich und vielfach zum Erhalt eines Betriebes auch geboten. Der Insolvenzverwalter muss daher darlegen und glaubhaft machen, dass das Grundstück in die Planung einbezogen wurde und dass die Prognose und Entscheidung ergibt, dass anderweitig der Plan nicht durchführbar bzw. die Durchführung gefährdet ist.16) 4.

11

Einstellung wegen Unternehmensfortführung

Ein weiterer Einstellungsgrund ist nach Nr. 2 gegeben, wenn das Grundstück für eine Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebes oder einer anderen Gesamtheit von Gegenständen nach dem Ergebnis des Berichtstermins benötigt wird. Hierüber hat die Gläubigerversammlung zu entscheiden, der Insolvenzverwalter hat die Sanierungsaussichten und die Alternativen insbesondere ausführlich auch in seinem Bericht nach § 156 InsO darzustellen.14) Unbenannte Voraussetzung ist ferner ein Beschluss der Gläubigerversammlung15) oder eine entsprechende Fiktion (§ 160 Abs. 1 Satz 3 InsO).

Auffangtatbestand

Schließlich ergibt sich aus Nr. 4 der Auffangtatbestand,17) wonach eine Einstellung auch dann möglich ist, wenn durch die Versteigerung die angemessene Verwertung wesentlich erschwert würde. Hauptanwendungsfall sind diejenigen Fälle, in denen _____________ 12) BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – IX ZB 198/11, Rpfleger 2013, 568. 13) Gegen die Gleichsetzung LG Karlsruhe, Urt. v. 5.9.2013 – 6 U 141/13 (n. v.); offengelassen von OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.8.14 – 7 W 68/13 (n. v.). 14) Uhlenbruck-Uhlenbruck, InsO, § 156 Rz. 9. 15) Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 135. 16) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 15; Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 136. 17) Dassler/Schiffhauer-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 16.

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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters

§ 30d

konkrete Anhaltspunkte für eine bessere, absehbare Verwertbarkeit bestehen, wobei bei einer sofortigen Versteigerung ein erheblich geringerer Erlös zu erwarten ist.18) Es soll die Versteigerung zur Unzeit verhindert werden.19) II. Gegenläufige Gläubigerinteressen (Unzumutbarkeit) Die Anträge nach Nr. 1 – 4 sind dann abzulehnen, wenn die Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist (§ 30d Abs. 1 Satz 2 ZVG). Dies korrespondiert mit einem entsprechenden Anhörungsrecht des Gläubigers. Insoweit gelten die bereits im Rahmen des § 30a ZVG aufgezeigten Gesichtspunkte.

12

Die Unzumutbarkeit ist nach vielfach vertretener Auffassung seltener zu bejahen, weil vielfach größere, wirtschaftlich gesunde Gläubiger betroffen sind, wie Banken und Versicherungen.20) Es wird auch zu beachten sein, dass es sich bei dem Insolvenzverfahren regelmäßig um ein Verfahren im Interesse der Gläubigergesamtheit handelt und das Prioritätsprinzip im Insolvenzverfahren gerade nicht gilt (§ 1 InsO, §§ 129 ff. InsO). Demgegenüber steht allerdings, dass nach § 49 InsO die Verwertung von Immobilien gerade außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindet. Überwiegend wird gleichwohl davon ausgegangen, dass die Interessen der Gläubigergesamtheit einen höheren Stellenwert haben und die Unzumutbarkeit daher nur ausnahmsweise anzunehmen ist.21)

13

III. Schuldnerantrag bei Insolvenzplan und bei vorläufigem Sachwalter Absatz 2 sieht als Besonderheit abweichend vom Regelfall ausnahmsweise auch für den Schuldner eine Möglichkeit vor, einen Einstellungsantrag zu stellen. Dies gilt dann, wenn der Schuldner den Insolvenzplan vorgelegt hat und dieser nicht nach § 231 InsO zurückgewiesen wurde, weil die gesetzlichen Mindestanforderungen22) nicht erfüllt sind. Letztlich wird damit das Inititativ- und Antragsrecht des Insolvenzschuldners im Rahmen eines Planverfahrens gesichert (§ 218 Abs. 1 Satz 1 InsO). Er kann dementsprechend nach der Voraussetzung des § 30d Abs. 1 Nr. 3 ZVG ebenfalls eine Einstellung bewilligt bekommen.

14

Nach Absatz 4 Satz 2 besteht ein Antragsrecht des Schuldners ferner dann, wenn ein vorläufiger Sachwalter bestellt wurde.

15

IV. Verfahren (Verweis) In Abs. 3 wird auf die Regelung des § 30b Abs. 2 bis 4 ZVG verwiesen, wobei hier stets die Glaubhaftmachung erforderlich ist und nicht nur auf Anforderung, wie in § 30b Abs. 2 Satz 3 ZVG.

_____________ 18) 19) 20) 21)

Dassler/Schiffhauer-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 16. Stöber, ZVG, § 30d Rz. 2.3d. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 17. Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 136; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 17. 22) Vgl. Uhlenbruck-Lüer, InsO, § 231 Rz. 1.

Popp

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16

§ 30e

Auflage zur einstweiligen Einstellung

V. Einstellungsmöglichkeit für den vorläufigen Verwalter 17

Absatz 4 sieht schließlich auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter eine entsprechende Einstellungsmöglichkeit vor. Unerheblich ist insoweit, ob es sich um einen starken oder schwachen Insolvenzverwalter (mit oder ohne Zustimmungsvorbehalt) handelt.23) Voraussetzung ist die Glaubhaftmachung, dass die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Insoweit wird auch die Wertung des § 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu berücksichtigen sein, dass vor dem Berichtstermin keine Veränderungen vorgenommen werden sollen, ohne zuvor die Gläubiger zu befragen und abstimmen zu lassen.

18

Die Einstellung dauert auch nach Eröffnung des (endgültigen) Insolvenzverfahrens fort und endet nicht automatisch24) (vgl. auch § 30f ZVG). _____________ 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 18. 24) Stöber, NZI 1999, 439, 440f.

§ 30e Auflage zur einstweiligen Einstellung (1) Die einstweilige Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, daß dem betreibenden Gläubiger für die Zeit nach dem Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung laufend die geschuldeten Zinsen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse gezahlt werden. Ist das Versteigerungsverfahren schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 30d Abs. 4 einstweilen eingestellt worden, so ist die Zahlung von Zinsen spätestens von dem Zeitpunkt an anzuordnen, der drei Monate nach der ersten einstweiligen Einstellung liegt. (2) Wird das Grundstück für die Insolvenzmasse genutzt, so ordnet das Gericht auf Antrag des betreibenden Gläubigers weiter die Auflage an, daß der entstehende Wertverlust von der Einstellung des Versteigerungsverfahrens an durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse an den Gläubiger auszugleichen ist. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit nach der Höhe der Forderung sowie dem Wert und der sonstigen Belastung des Grundstücks nicht mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Versteigerungserlös zu rechnen ist. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Auflage der Zinszahlung ..................... 2

I. 1

III. Wertverlustausgleich ........................... 7

Normzweck

Die Norm sieht Auflagen für den Insolvenzverwalter vor. Diese ähneln der Regelung in § 169 InsO, der im Rahmen von Sicherungsrechten nach § 166 InsO ebenfalls eine Zinszahlungspflicht vorsieht.

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Popp

§ 30e

Auflage zur einstweiligen Einstellung

V. Einstellungsmöglichkeit für den vorläufigen Verwalter 17

Absatz 4 sieht schließlich auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter eine entsprechende Einstellungsmöglichkeit vor. Unerheblich ist insoweit, ob es sich um einen starken oder schwachen Insolvenzverwalter (mit oder ohne Zustimmungsvorbehalt) handelt.23) Voraussetzung ist die Glaubhaftmachung, dass die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Insoweit wird auch die Wertung des § 30d Abs. 1 Nr. 1 ZVG zu berücksichtigen sein, dass vor dem Berichtstermin keine Veränderungen vorgenommen werden sollen, ohne zuvor die Gläubiger zu befragen und abstimmen zu lassen.

18

Die Einstellung dauert auch nach Eröffnung des (endgültigen) Insolvenzverfahrens fort und endet nicht automatisch24) (vgl. auch § 30f ZVG). _____________ 23) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30d Rz. 18. 24) Stöber, NZI 1999, 439, 440f.

§ 30e Auflage zur einstweiligen Einstellung (1) Die einstweilige Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, daß dem betreibenden Gläubiger für die Zeit nach dem Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung laufend die geschuldeten Zinsen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse gezahlt werden. Ist das Versteigerungsverfahren schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 30d Abs. 4 einstweilen eingestellt worden, so ist die Zahlung von Zinsen spätestens von dem Zeitpunkt an anzuordnen, der drei Monate nach der ersten einstweiligen Einstellung liegt. (2) Wird das Grundstück für die Insolvenzmasse genutzt, so ordnet das Gericht auf Antrag des betreibenden Gläubigers weiter die Auflage an, daß der entstehende Wertverlust von der Einstellung des Versteigerungsverfahrens an durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse an den Gläubiger auszugleichen ist. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit nach der Höhe der Forderung sowie dem Wert und der sonstigen Belastung des Grundstücks nicht mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Versteigerungserlös zu rechnen ist. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Auflage der Zinszahlung ..................... 2

I. 1

III. Wertverlustausgleich ........................... 7

Normzweck

Die Norm sieht Auflagen für den Insolvenzverwalter vor. Diese ähneln der Regelung in § 169 InsO, der im Rahmen von Sicherungsrechten nach § 166 InsO ebenfalls eine Zinszahlungspflicht vorsieht.

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§ 30e

Auflage zur einstweiligen Einstellung

II. Auflage der Zinszahlung Es ist für die Zeit nach Berichtstermin gemäß Absatz 1 die Zahlung der laufenden geschuldeten Zinsen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse angeordnet. Insoweit handelt es sich um Masseverbindlichkeiten.1) Ähnlich wie in § 169 Abs. 1 InsO ist eine Zinszahlungspflicht vor dem Berichtstermin aber nicht vorgesehen. Allerdings sieht Satz 2 vor, dass bei Einstellung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 30d Abs. 4 ZVG) spätestens drei Monate nach der ersten einstweiligen Einstellung mit der Zinszahlung zu beginnen ist.

2

Die entsprechende Auflage erfolgt zugunsten von Gläubigern, wobei es sich um absonderungsberechtigte Gläubiger handeln muss, insbesondere also um Grundpfandrechtsinhaber. Denkbar ist auch eine Anordnung bei einem persönlich betreibenden Gläubiger der Rangklasse 5 (§ 10 Abs. 1 ZVG), wenn die Beschlagnahme wirksam ist (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO).2)

3

Die Zinszahlung ist nur bei den Gläubigern anzuordnen, die nach der Höhe der Forderung sowie dem Wert und den sonstigen Belastungen auch mit einer Befriedigung rechnen können (Abs. 3). Insoweit findet sich weder die Parallele zu § 169 Satz 2 InsO. Zu denken ist hierbei auch an sog. „Schornsteinhypotheken“. Hierunter versteht man eingetragene Rechte von Gläubigern, die nach Sachlage wegen der vorrangigen Belastungen eindeutig nicht zu einem Erlös im Falle der Versteigerung führen. Für diese ist keine Zinszahlung anzuordnen.3)

4

Strittig ist, ob die vertraglich vereinbarten Zinsen oder die regelmäßig wesentlich höheren dinglichen Zinsen, die eingetragen sind, angesetzt und bezahlt werden müssen.

5

Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass die dinglichen Zinsen nicht geschuldet sind, zumal sie zu einer Masseverminderung führen.4) Nach gegenteiliger Auffassung ist auf den dinglichen Zinssatz abzustellen.5) Der letztgenannten Ansicht dürfte zu folgen sein. So ist es bereits dem Zwangsversteigerungsgesetz eher fremd, die tatsächliche Valutierung zu berücksichtigen oder auf Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner abzustellen. Hieraus sich ergebende Einwände sind regelmäßig im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage oder einer Drittwiderspruchsklage vor dem Prozessgericht zu klären. Auch bei einer Verwertung im Rahmen der Zwangsversteigerung wären zudem die dinglichen Zinsen in Ansatz zu bringen.

6

III. Wertverlustausgleich Absatz 2 sieht ferner auch einen Wertverlustausgleich vor, wenn das Grundstück für die Insolvenzmasse genutzt wird. Insoweit bewegt sich die Regelung im Rahmen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Regelung weist Parallelen zu § 172 Abs. 1 _____________ 1) 2) 3) 4) 5)

Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 19b; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 16. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 3. Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 136; zu Beseitigungsmöglichkeiten siehe OLG Nürnberg, Urt. v. 19.11.2013 – 4 U 994/13, NZI 2014, 198. Uhlenbruck-Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 19e. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 7.

Popp

411

7

§ 30f

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

InsO auf. Es soll auch unerheblich sein, ob der Insolvenzverwalter eine mögliche Nutzung tatsächlich wahrnimmt.6) Dies widerspricht allerdings dem Grundsatz, dass regelmäßig nur durch entsprechende Maßnahmen des Verwalters sowie durch die Nutzung Masseverbindlichkeiten anfallen sollen. Oktroyierte Masseverbindlichkeiten ohne entsprechende eigene Veranlassung des Verwalters sind die Ausnahme. 8

Schließlich soll auch der bestimmungsgemäße Gebrauch regelmäßig keinen Wertverlust entstehen lassen.7)

9

Strittig ist, ob es sich auch bei den angeordneten Zahlungen bei einem Antrag auf Einstellung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter um Masseverbindlichkeiten handelt. § 55 Abs. 2 InsO ist insoweit nicht einschlägig, sofern nicht ein starker vorläufiger Verwalter handelt. Zum Teil wird aber die Auffassung vertreten, dass § 30d Abs. 4 i. V. m. § 30e Abs. 2 e ZVG eine Sonderregelung darstellt.8) Die letztgenannte Auffassung erscheint vorzugswürdig, da nur diese Ansicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint und ein Einstellungsantrag des vorläufigen Verwalters für das Entstehen vorausgesetzt wird. Er hat es daher in der Hand, ob (künftige) Masseverbindlichkeiten entstehen. _____________ 6) 7) 8)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 12, a. A. Böttcher, ZVG, § 30e Rz. 7. Böttcher, ZVG, § 30e Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 12. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 20.

§ 30f Aufhebung der einstweiligen Einstellung (1) Im Falle des § 30d Abs. 1 bis 3 ist die einstweilige Einstellung auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, wenn die Auflagen nach § 30e nicht beachtet werden oder wenn der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, der Aufhebung zustimmt. Auf Antrag des Gläubigers ist weiter die einstweilige Einstellung aufzuheben, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. (2) Die einstweilige Einstellung nach § 30d Abs. 4 ist auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgenommen oder abgewiesen wird. Im übrigen gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. (3) Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, zu hören. § 30b Abs. 3 gilt entsprechend. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Anforderungen für den Nachweis ........................................ 2 III. Freigabe als Aufhebungsgrund .......... 3

I. 1

IV. Aufhebung im Hinblick auf vorläufiges Verfahren .......................... 4 V. Verfahren .............................................. 5 VI. Rechtsbehelfe ........................................ 6

Regelungsinhalt

Die Regelung sieht die Aufhebung der Einstellung für den Insolvenzverwalter vor, wenn die Voraussetzungen weggefallen sind oder Auflagen nicht beachtet werden 412

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§ 30f

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

InsO auf. Es soll auch unerheblich sein, ob der Insolvenzverwalter eine mögliche Nutzung tatsächlich wahrnimmt.6) Dies widerspricht allerdings dem Grundsatz, dass regelmäßig nur durch entsprechende Maßnahmen des Verwalters sowie durch die Nutzung Masseverbindlichkeiten anfallen sollen. Oktroyierte Masseverbindlichkeiten ohne entsprechende eigene Veranlassung des Verwalters sind die Ausnahme. 8

Schließlich soll auch der bestimmungsgemäße Gebrauch regelmäßig keinen Wertverlust entstehen lassen.7)

9

Strittig ist, ob es sich auch bei den angeordneten Zahlungen bei einem Antrag auf Einstellung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter um Masseverbindlichkeiten handelt. § 55 Abs. 2 InsO ist insoweit nicht einschlägig, sofern nicht ein starker vorläufiger Verwalter handelt. Zum Teil wird aber die Auffassung vertreten, dass § 30d Abs. 4 i. V. m. § 30e Abs. 2 e ZVG eine Sonderregelung darstellt.8) Die letztgenannte Auffassung erscheint vorzugswürdig, da nur diese Ansicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint und ein Einstellungsantrag des vorläufigen Verwalters für das Entstehen vorausgesetzt wird. Er hat es daher in der Hand, ob (künftige) Masseverbindlichkeiten entstehen. _____________ 6) 7) 8)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 12, a. A. Böttcher, ZVG, § 30e Rz. 7. Böttcher, ZVG, § 30e Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 12. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30e Rz. 20.

§ 30f Aufhebung der einstweiligen Einstellung (1) Im Falle des § 30d Abs. 1 bis 3 ist die einstweilige Einstellung auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, wenn die Auflagen nach § 30e nicht beachtet werden oder wenn der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, der Aufhebung zustimmt. Auf Antrag des Gläubigers ist weiter die einstweilige Einstellung aufzuheben, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. (2) Die einstweilige Einstellung nach § 30d Abs. 4 ist auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgenommen oder abgewiesen wird. Im übrigen gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. (3) Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, zu hören. § 30b Abs. 3 gilt entsprechend. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Anforderungen für den Nachweis ........................................ 2 III. Freigabe als Aufhebungsgrund .......... 3

I. 1

IV. Aufhebung im Hinblick auf vorläufiges Verfahren .......................... 4 V. Verfahren .............................................. 5 VI. Rechtsbehelfe ........................................ 6

Regelungsinhalt

Die Regelung sieht die Aufhebung der Einstellung für den Insolvenzverwalter vor, wenn die Voraussetzungen weggefallen sind oder Auflagen nicht beachtet werden 412

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§ 30f

Aufhebung der einstweiligen Einstellung

oder wenn der Insolvenzverwalter – im Falle des § 30d Abs. 2 ZVG der Schuldner – der Aufhebung zustimmt. Voraussetzung ist stets ein Antrag, von Amts wegen erfolgt keine Aufhebung. Die Voraussetzungen sind auch insoweit glaubhaft zu machen.1) Eine Aufhebung auf Antrag erfolgt auch dann, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist (Abs. 1 Satz 2), dann sind die Voraussetzungen offensichtlich nicht mehr gegeben. Es endet dann ohnehin die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. II. Anforderungen für den Nachweis Strittig ist, ob eine Glaubhaftmachung ausreichend ist2) oder ob ein Vollbeweis des Wegfalls der Voraussetzung zu führen ist.3) Richtigerweise wird man eine Glaubhaftmachung genügen lassen. Wenn es bereits für die Einstellung selbst genügt, eine Glaubhaftmachung zu verlangen, wird man auch bei Aufhebung umgekehrt nicht mehr verlangen können. Bleibt auch nach Glaubhaftmachung, ggf. mit wechselseitigem Vortrag, offen, ob die Voraussetzungen entfallen sind, ist allerdings der Antrag auf Aufhebung abzulehnen.

2

III. Freigabe als Aufhebungsgrund Sofern das Grundstück vom Insolvenzverwalter freigegeben wird, kann ebenfalls ein Fortsetzungsantrag vom Gläubiger gestellt werden, die Gründe für die Einstellung sind dann entfallen.4)

3

IV. Aufhebung im Hinblick auf vorläufiges Verfahren Sofern nach § 30d Abs. 4 ZVG bereits für den vorläufigen Insolvenzverwalter eine Einstellung bewilligt wurde, ist diese aufzuheben, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgenommen oder abgewiesen wurde. Auch hier sind damit die Voraussetzungen entfallen.

4

V. Verfahren Nach Absatz 3 ist vor der Entscheidung der Insolvenzverwalter und im Falle des § 30d Abs. 2 ZVG der Schuldner zu hören.

5

VI. Rechtsbehelfe Auch hier ist entsprechend § 30b Abs. 3 ZVG (siehe Abs. 3 Satz 2) die sofortige Beschwerde zulässig.

_____________ 1) 2) 3) 4)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30f Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30f Rz. 2. Für Vollbeweis siehe Stöber, ZVG, § 30f Rz. 3.1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 30f Rz. 8.

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413

6

§ 31

Fortsetzung auf Antrag des Gläubigers

§ 31 Fortsetzung auf Antrag des Gläubigers (1) Im Falle einer einstweiligen Einstellung darf das Verfahren, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt werden. Wird der Antrag nicht binnen sechs Monaten gestellt, so ist das Verfahren aufzuheben. (2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 2 beginnt a) im Falle des § 30 mit der Einstellung des Verfahrens, b) im Falle des § 30a mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Einstellung angeordnet war, c) im Falle des § 30f Abs. 1 mit dem Ende des Insolvenzverfahrens, im Falle des § 30f Abs. 2 mit der Rücknahme oder der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, d) wenn die Einstellung vom Prozeßgericht angeordnet war, mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung. (3) Das Vollstreckungsgericht soll den Gläubiger auf den Fristbeginn unter Bekanntgabe der Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hinweisen; die Frist beginnt erst zu laufen, nachdem der Hinweis auf die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs dem Gläubiger zugestellt worden ist. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Antragsberechtigung ........................... 2

I. 1

III. Fristbeginn ............................................ 3 IV. Belehrung .............................................. 7

Regelungsinhalt

Die Norm regelt die Möglichkeit zur Fortsetzung des Verfahrens nach einstweiliger Einstellung. Dies setzt entsprechend dem Wortlaut ausdrücklich einen Antrag voraus. Von Amts wegen werden lediglich Verfahren fortgesetzt, sobald ein Hindernis beseitigt ist (z. B. §§ 28, 766, 769, 771 ZPO).1) Diese Fälle erfasst § 31 ZVG nicht. II. Antragsberechtigung

2

Antragsberechtigt ist der Gläubiger des Verfahrens und dessen Rechtsnachfolger, sofern der Vollstreckungstitel auf ihn umgeschrieben und entsprechend § 750 Abs. 2 ZPO zugestellt ist.2) Die Fortsetzung muss binnen sechs Monaten beantragt werden. Hierdurch soll eine übermäßige Dauer der Unterbrechung des Verfahrens im Interesse der anderen Beteiligten verhindert werden.3) III. Fristbeginn

3

Absatz 2 regelt den Fristbeginn. Im Fall des § 30 ZVG beginnt dieser mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses.4) _____________ 1) 2) 3) 4)

414

Dassler/Schiffhauer/u. a. –Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 31 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 31 Rz. 3.2.

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Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses

§ 32

Bei einer Einstellung entsprechend § 30a ZVG ist der Zeitpunkt maßgeblich, bis zu dem die Einstellung angeordnet war, es muss also die Einstellungsdauer abgelaufen sein. Dies gilt auch dann, wenn die angeordneten Auflagen nicht erfüllt worden sind und die Aufhebung vorher erfolgte.5)

4

Im Fall des § 30f Abs. 1 ZVG ist für den Fristbeginn das Ende des Insolvenzverfahrens bzw. im Fall des § 30f ZVG Ab. 2 die Rücknahme oder die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblich.

5

Für die Fälle, dass die Einstellung vom Prozessgericht angeordnet worden war, beginnt die Frist mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung zu laufen. Abweichend von der Regelung des § 31 ZVG sieht § 76 Abs. 2 Satz 2 ZVG vor, dass ein wegen Deckung aus einem Einzelgrundstück eingestelltes Verfahren nur innerhalb von drei Monaten fortgesetzt werden kann.6)

6

IV. Belehrung Absatz 3 sieht eine Belehrung des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht über den Fristbeginn und die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufes vor, Voraussetzung für den Fristbeginn ist die entsprechende Belehrung. Sofern der Gläubiger bereits einen Fortsetzungsantrag gestellt hat ist eine Belehrung nicht vonnöten, Gleiches gilt, wenn eine Fortsetzung von Amts wegen zu erfolgen hat.7)

7

_____________ 5) 6) 7)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 14. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 8. Böttcher, ZVG, § 31 Rz. 18.

§ 32 Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses Der Beschluß, durch welchen das Verfahren aufgehoben oder einstweilen eingestellt wird, ist dem Schuldner, dem Gläubiger und, wenn die Anordnung von einem Dritten beantragt war, auch diesem zuzustellen. Die Bestimmung regelt, dass Beschlüsse, durch die die Verfahren aufgehoben oder einstweilen eingestellt werden, dem Schuldner, dem Gläubiger und, wenn die Anordnung von einem Dritten beantragt wurde, auch diesem zuzustellen ist. Die Zustellung erfolgt von Amts wegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beschluss verkündet wurde oder nicht.1)

1

An Dritte wird nur zugestellt, wenn diese die Verfahrenshemmung beantragt haben. Gläubiger ist nur der beitreibende Gläubiger des Einzelverfahrens, welches aufgehoben bzw. eingestellt wurde, an die übrigen betreibenden Gläubiger wird nicht zugestellt.2)

2

_____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 32 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 32 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 32 Rz. 4.

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Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses

§ 32

Bei einer Einstellung entsprechend § 30a ZVG ist der Zeitpunkt maßgeblich, bis zu dem die Einstellung angeordnet war, es muss also die Einstellungsdauer abgelaufen sein. Dies gilt auch dann, wenn die angeordneten Auflagen nicht erfüllt worden sind und die Aufhebung vorher erfolgte.5)

4

Im Fall des § 30f Abs. 1 ZVG ist für den Fristbeginn das Ende des Insolvenzverfahrens bzw. im Fall des § 30f ZVG Ab. 2 die Rücknahme oder die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblich.

5

Für die Fälle, dass die Einstellung vom Prozessgericht angeordnet worden war, beginnt die Frist mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung zu laufen. Abweichend von der Regelung des § 31 ZVG sieht § 76 Abs. 2 Satz 2 ZVG vor, dass ein wegen Deckung aus einem Einzelgrundstück eingestelltes Verfahren nur innerhalb von drei Monaten fortgesetzt werden kann.6)

6

IV. Belehrung Absatz 3 sieht eine Belehrung des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht über den Fristbeginn und die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufes vor, Voraussetzung für den Fristbeginn ist die entsprechende Belehrung. Sofern der Gläubiger bereits einen Fortsetzungsantrag gestellt hat ist eine Belehrung nicht vonnöten, Gleiches gilt, wenn eine Fortsetzung von Amts wegen zu erfolgen hat.7)

7

_____________ 5) 6) 7)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 14. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 31 Rz. 8. Böttcher, ZVG, § 31 Rz. 18.

§ 32 Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses Der Beschluß, durch welchen das Verfahren aufgehoben oder einstweilen eingestellt wird, ist dem Schuldner, dem Gläubiger und, wenn die Anordnung von einem Dritten beantragt war, auch diesem zuzustellen. Die Bestimmung regelt, dass Beschlüsse, durch die die Verfahren aufgehoben oder einstweilen eingestellt werden, dem Schuldner, dem Gläubiger und, wenn die Anordnung von einem Dritten beantragt wurde, auch diesem zuzustellen ist. Die Zustellung erfolgt von Amts wegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beschluss verkündet wurde oder nicht.1)

1

An Dritte wird nur zugestellt, wenn diese die Verfahrenshemmung beantragt haben. Gläubiger ist nur der beitreibende Gläubiger des Einzelverfahrens, welches aufgehoben bzw. eingestellt wurde, an die übrigen betreibenden Gläubiger wird nicht zugestellt.2)

2

_____________ 1) 2)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 32 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 32 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 32 Rz. 4.

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§ 33

Entscheidung durch Versagung des Zuschlags

§ 33 Entscheidung durch Versagung des Zuschlags Nach dem Schluß der Versteigerung darf, wenn ein Grund zur Aufhebung oder zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder zur Aufhebung des Termins vorliegt, die Entscheidung nur durch Versagung des Zuschlags gegeben werden. Übersicht I. Regelungsinhalt und Normzweck ..... 1 II. Verfahren bei mehreren Gläubigern ............................................ 4

I.

III. Verfahren und Entscheidung ........... 11

Regelungsinhalt und Normzweck

1

Grund für die Regelung ist, dass bei einer Einstellung bzw. Aufhebung nach Schluss der Versteigerung das Meistgebot erlöschen würde (§ 72 Abs. 3 ZVG). Bei einer Verfahrensaufhebung würde sogar die Beschlagnahme wegfallen. Der entsprechende Verlust wäre unwiederbringlich und könnte nicht durch Rechtsmittel verhindert werden.1) Um dies zu verhindern besteht die Regelung des § 33 ZVG, wonach nur der Zuschlag zu versagen ist.2)

2

Für alle Aufhebungen und Einstellungsgründe mit Ausnahme von § 77 ZVG gilt § 33 ZVG.3) Unter Schluss der Versteigerung ist derjenige zu verstehen, der in § 73 Abs. 2 Satz 1 ZVG normiert ist.4) Demnach hat das Gericht den Schluss der Versteigerung zu verkünden. Bis diesem Zeitpunkt ist § 33 ZVG anwendbar, nach Verkündung des Zuschlages selbst gilt § 33 ZVG nicht. Allerdings gilt die Norm auch im Rechtsmittelverfahren.5) Demnach muss das Beschwerdegericht den Zuschlag versagen, wenn ein Aufhebungs- oder Einstellungsgrund bei der Zuschlagserteilung übersehen wurde.6)

3

Für den Fall, dass nach dem Versteigerungsende (§ 73 Abs. 2 ZVG) aber vor Zuschlagsverkündung die Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 769 Abs. 2 ZPO beantragt wird, ist der Verkündungstermin bis zur Entscheidung des Prozessgerichtes zu verlegen.7) II. Verfahren bei mehreren Gläubigern

4

Strittig ist, wie bei mehreren betreibenden Gläubigern zu verfahren ist. Wenn alle Gläubiger bewilligen, ist die Sachlage klar. Dann ist durch Zuschlagsversagung insgesamt zu entscheiden.

5

Sofern nachrangige Gläubiger betroffen sind, gilt § 33 ZVG nicht. Die Einzelverfahren werden eingestellt oder aufgehoben.8) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

416

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 33 Rz. 2.1. Stöber, ZVG, § 33 Rz. 2.5. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 3. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 6. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 11.

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Entscheidung durch Versagung des Zuschlags

§ 33

Sofern der bestrangige Gläubiger betroffen ist und weitere Gläubiger vorhanden sind, ist strittig, wie zu verfahren ist. Einigkeit besteht noch darin, dass keine neue Bietzeit abgehalten werden kann, schon weil es sich um einen Versteigerungstermin handelt, der vorher bekannt gegebenen werden müsste.9) Erschwerend kommt hinzu, dass das geringste Gebot durch den Wegfall des bestrangigen Gläubigers im Nachhinein unrichtig geworden ist, so dass an sich der Zuschlag nach § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen wäre.10) Dies gilt dann nicht, wenn das Recht der Beteiligten durch den Zuschlag nicht beeinträchtigt wird oder wenn der Beteiligte das Verfahren genehmigt (§ 84 ZVG).11)

6

Eine Beeinträchtigung soll bereits vorliegen, wenn das abgegebene Meistgebot niedriger ist als das neue aufzustellende geringste Gebot.12) Auch dann, wenn alle betroffenen Beteiligten voll befriedigt werden, kann eine Beeinträchtigung gegeben sein, soweit Beteiligte sich nicht mit einer Barzahlung zufriedenzugeben brauchen, sondern das Bestehenbleiben ihrer Rechte verlangen können.13) Keine Beeinträchtigung dürfte denjenigen gegenüber eintreten, die ohnehin nur Barzahlung verlangen können, wenn diese durch das Meistgebot gedeckt sind (§ 10 Abs. 1 – 3, 5 ZVG).14)

7

Einigkeit besteht im Grundsatz auch darin, dass der Schuldner beeinträchtigt sein kann, insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass bei der Neufeststellung des geringsten Gebots kein Gebot abgegeben worden und es damit nicht zum Zuschlag gekommen wäre oder ein höheres Meistgebot vorgelegen hätte.15) Hierfür wird aber eine ernsthafte Möglichkeit und mithin eine gewisse Wahrscheinlichkeit verlangt.16)

8

Der Zuschlag kann letztlich nur erteilt werden, wenn die möglicherweise Beeinträchtigten Ihre Genehmigung erklären und der Meistbietende damit einverstanden ist, dass ihm der Zuschlag mit dem Bestehenbleiben des erlöschenden Rechts erteilt werden soll.17)

9

Strittig ist schließlich, ob selbst dann nicht Versagungsgründe nach § 86 Nr. 6 ZVG vorhanden sind, die nicht heilbar sind. Richtigerweise liegt die Voraussetzung des § 83 Nr. 6 ZVG aber nur in der Person des bestrangig betreibenden Gläubigers nicht aber in der Person der weiteren nachrangig betreibenden Gläubiger vor.18)

10

_____________ 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15) 16) 17) 18)

Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12 Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 9. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Stöber, ZVG, § 33 Rz. 3.5; Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 11. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 12; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 10.

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§ 34

Löschung des Versteigerungsvermerks

III. Verfahren und Entscheidung 11

Die Entscheidung nach § 33 ZVG ergeht durch Beschluss. Diese wirkt materiell als Einstellung bzw. Aufhebung erst mit Rechtskraft (§ 86 ZVG).19)

12

Der Versagungsbeschluss wirkt prozessual hingegen im Hinblick auf die Beschwerdefrist bereits mit Verkündung (§ 98 ZVG).20)

13

Der Versagungsbeschluss wird verkündet (§ 87 ZVG). Solange eine Fortsetzungsmöglichkeit besteht muss die Zustellung der Belehrung entsprechend § 31 Abs. 3 ZVG erfolgen.21)

14

Wenn wegen Zuschlagsversagung zusätzlich die einstweilige Einstellung erklärt wird, so soll dies nur als Hinweis auf § 86 ZVG zu verstehen sein.22) Insoweit wird man davon ausgehen müssen, dass im Zweifel nur die Zuschlagsversagung gewollt ist, zumal dies auch der Rechtslage entspricht. _____________ 19) 20) 21) 22)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 14. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 10. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 13. OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.4.1997 – 8 W 50/97, Rpfleger 1997, 397, 398; Stöber, ZVG, § 33, Rz. 2.7; Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 13; anders Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 15 der darauf abstellt, dass diese Auslegung gegen § 72 Abs. 3 verstößt.

§ 34 Löschung des Versteigerungsvermerks Im Falle der Aufhebung des Verfahrens ist das Grundbuchamt um Löschung des Versteigerungsvermerks zu ersuchen. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

I. 1

III. Prüfungsumfang des Grundbuchamtes ...................................................... 4

Regelungsinhalt

Wenn ein Verfahren aufgehoben worden ist, ist auch der Versteigerungsvermerk zu löschen. Diese Löschung kann das Vollstreckungsgericht allerdings nicht selbst vornehmen. Dies geschieht über ein entsprechendes Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 38 GBO). Die Form des § 29 Abs. 3 GBO ist einzuhalten.1) II. Voraussetzungen

2

Voraussetzung ist, dass das Verfahren aufgehoben wurde, und zwar für alle oder den (einzigen) betreibenden Gläubiger. Keine Löschung ist möglich bei mehreren betreibenden Gläubigern, wenn nur für einen Gläubiger eine Aufhebung erfolgt. Gleiches gilt auch, wenn anstelle der Verfahrensaufhebung nach § 33 ZVG der Zuschlag versagt wird.2) _____________ 1) 2)

418

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 34 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 34 Rz. 2; Stöber ZVG; § 34 Rz. 2.1.

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§ 34

Löschung des Versteigerungsvermerks

III. Verfahren und Entscheidung 11

Die Entscheidung nach § 33 ZVG ergeht durch Beschluss. Diese wirkt materiell als Einstellung bzw. Aufhebung erst mit Rechtskraft (§ 86 ZVG).19)

12

Der Versagungsbeschluss wirkt prozessual hingegen im Hinblick auf die Beschwerdefrist bereits mit Verkündung (§ 98 ZVG).20)

13

Der Versagungsbeschluss wird verkündet (§ 87 ZVG). Solange eine Fortsetzungsmöglichkeit besteht muss die Zustellung der Belehrung entsprechend § 31 Abs. 3 ZVG erfolgen.21)

14

Wenn wegen Zuschlagsversagung zusätzlich die einstweilige Einstellung erklärt wird, so soll dies nur als Hinweis auf § 86 ZVG zu verstehen sein.22) Insoweit wird man davon ausgehen müssen, dass im Zweifel nur die Zuschlagsversagung gewollt ist, zumal dies auch der Rechtslage entspricht. _____________ 19) 20) 21) 22)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 14. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 10. Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 13. OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.4.1997 – 8 W 50/97, Rpfleger 1997, 397, 398; Stöber, ZVG, § 33, Rz. 2.7; Böttcher, ZVG, § 33 Rz. 13; anders Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 33 Rz. 15 der darauf abstellt, dass diese Auslegung gegen § 72 Abs. 3 verstößt.

§ 34 Löschung des Versteigerungsvermerks Im Falle der Aufhebung des Verfahrens ist das Grundbuchamt um Löschung des Versteigerungsvermerks zu ersuchen. Übersicht I. Regelungsinhalt ................................... 1 II. Voraussetzungen .................................. 2

I. 1

III. Prüfungsumfang des Grundbuchamtes ...................................................... 4

Regelungsinhalt

Wenn ein Verfahren aufgehoben worden ist, ist auch der Versteigerungsvermerk zu löschen. Diese Löschung kann das Vollstreckungsgericht allerdings nicht selbst vornehmen. Dies geschieht über ein entsprechendes Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 38 GBO). Die Form des § 29 Abs. 3 GBO ist einzuhalten.1) II. Voraussetzungen

2

Voraussetzung ist, dass das Verfahren aufgehoben wurde, und zwar für alle oder den (einzigen) betreibenden Gläubiger. Keine Löschung ist möglich bei mehreren betreibenden Gläubigern, wenn nur für einen Gläubiger eine Aufhebung erfolgt. Gleiches gilt auch, wenn anstelle der Verfahrensaufhebung nach § 33 ZVG der Zuschlag versagt wird.2) _____________ 1) 2)

418

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 34 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 34 Rz. 2; Stöber ZVG; § 34 Rz. 2.1.

Popp

§ 34

Löschung des Versteigerungsvermerks

Eine Löschung hat in jedem Fall schließlich zu erfolgen, wenn der Zuschlag rechtskräftig versagt und die Fortsetzung des Verfahrens nicht zulässig ist (§ 86 ZVG).3)

3

III. Prüfungsumfang des Grundbuchamtes Das Grundbuchamt prüft entsprechend der Aufgabenteilung nur die formelle, nicht die sachliche Richtigkeit.4)

4

Erfolgt das Ersuchen vor Eintragung des Vermerks, z. B. insbesondere wegen Antragsrücknahme, so unterbleibt die Eintragung.5)

5

_____________ 3) 4) 5)

Stöber ZVG, § 34 Rz. 2.1. Böttcher, ZVG, § 34 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 34 Rz. 2.2.

Popp

419

III. Bestimmung des Versteigerungstermins § 35 Versteigerung durch Vollstreckungsgericht Bachmann

Die Versteigerung wird durch das Vollstreckungsgericht ausgeführt. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ZVG bestanden noch landesrechtliche Besonderheiten, die einen „Versteigerungsbeamten“ zuließen.1) Da diese Vorbehalte aber inzwischen beseitigt worden sind, ist § 35 ZVG bedeutungslos geworden. Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für das gesamte Versteigerungsverfahren – und damit auch für die eigentliche Versteigerung – ergibt sich schon aus § 1 ZVG.

1

§ 35 ZVG sollte deshalb bei nächster Gelegenheit ersatzlos gestrichen werden.

2

_____________ 1)

Vgl. Riedel, JurBüro 1974, 421.

§ 36 Bestimmung des Versteigerungstermins (1) Der Versteigerungstermin soll erst nach der Beschlagnahme des Grundstücks und nach dem Eingang der Mitteilungen des Grundbuchamts bestimmt werden. (2) Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin soll, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, nicht mehr als sechs Monate betragen. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so soll diese Frist nicht mehr als zwei Monate, muß aber mindestens einen Monat betragen. (3) Der Termin kann nach dem Ermessen des Gerichts an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Ort im Gerichtsbezirk abgehalten werden. Literatur: Büchmann, Schuldnerschutz bei der Vorbereitung des Zwangsversteigerungstermins, ZIP 1985, 138; Papke, Wirtschaftliche Bedeutung der Terminsbestimmung im Zwangsversteigerungsverfahren, KTS 1965, 140. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. II. Überprüfung des bisherigen Verfahrens ............................................. III. Bestimmung des Versteigerungstermins .................................................. 1. Zeitpunkt der Terminsbestimmung (Abs. 1) .................................................. 2. Zeitraum zwischen Terminsbestimmung und Termin (Abs. 2) .......

I.

1 5 7 7

a) Regelfall gemäß Absatz 2 Satz 1 ............................................. 10 b) Sonderfall gemäß Absatz 2 Satz 2 ............................................. 11 3. Ort der Versteigerung (Abs. 3) .......... 13 IV. Rechtsbehelf ....................................... 15 V. Kostenvorschuss ................................. 16 VI. Besonderheit ....................................... 19

9

Zweck der Norm

Die Vorschrift regelt: –

1

die Zeit der Terminsbestimmung (Abs. 1), Bachmann

421

III. Bestimmung des Versteigerungstermins § 35 Versteigerung durch Vollstreckungsgericht Bachmann

Die Versteigerung wird durch das Vollstreckungsgericht ausgeführt. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ZVG bestanden noch landesrechtliche Besonderheiten, die einen „Versteigerungsbeamten“ zuließen.1) Da diese Vorbehalte aber inzwischen beseitigt worden sind, ist § 35 ZVG bedeutungslos geworden. Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für das gesamte Versteigerungsverfahren – und damit auch für die eigentliche Versteigerung – ergibt sich schon aus § 1 ZVG.

1

§ 35 ZVG sollte deshalb bei nächster Gelegenheit ersatzlos gestrichen werden.

2

_____________ 1)

Vgl. Riedel, JurBüro 1974, 421.

§ 36 Bestimmung des Versteigerungstermins (1) Der Versteigerungstermin soll erst nach der Beschlagnahme des Grundstücks und nach dem Eingang der Mitteilungen des Grundbuchamts bestimmt werden. (2) Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin soll, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, nicht mehr als sechs Monate betragen. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so soll diese Frist nicht mehr als zwei Monate, muß aber mindestens einen Monat betragen. (3) Der Termin kann nach dem Ermessen des Gerichts an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Ort im Gerichtsbezirk abgehalten werden. Literatur: Büchmann, Schuldnerschutz bei der Vorbereitung des Zwangsversteigerungstermins, ZIP 1985, 138; Papke, Wirtschaftliche Bedeutung der Terminsbestimmung im Zwangsversteigerungsverfahren, KTS 1965, 140. Übersicht I. Zweck der Norm .................................. II. Überprüfung des bisherigen Verfahrens ............................................. III. Bestimmung des Versteigerungstermins .................................................. 1. Zeitpunkt der Terminsbestimmung (Abs. 1) .................................................. 2. Zeitraum zwischen Terminsbestimmung und Termin (Abs. 2) .......

I.

1 5 7 7

a) Regelfall gemäß Absatz 2 Satz 1 ............................................. 10 b) Sonderfall gemäß Absatz 2 Satz 2 ............................................. 11 3. Ort der Versteigerung (Abs. 3) .......... 13 IV. Rechtsbehelf ....................................... 15 V. Kostenvorschuss ................................. 16 VI. Besonderheit ....................................... 19

9

Zweck der Norm

Die Vorschrift regelt: –

1

die Zeit der Terminsbestimmung (Abs. 1), Bachmann

421

§ 36

Bestimmung des Versteigerungstermins



die Frist zwischen Terminsbestimmung und Termin (Abs. 2),



den Ort der Versteigerung (Abs. 3).

2

Aus der Formulierung „soll“ ist ersichtlich, dass es sich um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung nicht zur Unwirksamkeit, aber zur Anfechtbarkeit führt.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

4

Die Terminsbestimmung erfolgt durch Beschluss, dessen Inhalt durch die §§ 37, 38 ZVG vorgeschrieben ist. Deshalb muss der zuständige Rechtspfleger den Beschluss auch mit vollem Namen unterschreiben.1) II. Überprüfung des bisherigen Verfahrens

5

Bevor das Gericht den Versteigerungstermin bestimmt, ist das gesamte bisherige Verfahren daraufhin zu überprüfen, ob es ordnungsgemäß verlaufen ist. Etwaige Fehler sind zu korrigieren, Versäumnisse nachzuholen.

6

Die wichtigsten Punkte in Stichworten: –

Ist das Verfahren terminreif? Das ist dann gegeben, wenn wenigstens für einen betreibenden Gläubiger ein Beschlagnahmebeschluss (Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss) dem Schuldner wirksam zugestellt, dieses (Einzel-) Verfahren nicht (mehr) eingestellt oder ein etwaiger Einstellungsantrag rechtskräftig zurückgewiesen ist.



Die Vollstreckungsvoraussetzungen der einzelnen Beschlagnahmebeschlüsse sollten nochmals überprüft werden: Stimmen die Beschlüsse mit den entsprechenden Versteigerungsanträgen überein? Liegen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung usw.) vor? Sind die Vollstreckungsunterlagen noch bei den Akten? Wenn Vollstreckungstitel zurückgegeben worden sind, diese erst wieder anfordern; denn Terminbestimmung ist „Fortsetzung der Vollstreckung“.



Spätestens jetzt das Beteiligtenverzeichnis anlegen (siehe hierzu § 9 ZVG ).



Die Abschrift des Grundbuchblatts und die eingegangenen Grundbuchmitteilungen nochmals überprüfen! Sind Hindernisse gemäß § 28 Abs. 1 ZVG ersichtlich?



Sind Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungsmängel bekannt, die nach § 28 Abs. 2 ZVG zu beachten sind?



Sind die vorgeschriebenen Belehrungen erfolgt? Auf § 30b Abs. 1 Satz 2 und § 31 Abs. 3 ZVG wird hingewiesen.



Ist der Verkehrswert festgesetzt und der Beschluss allen Beteiligten wirksam zugestellt worden? Die Rechtskraft des Verkehrswertbeschlusses ist zwar nicht erforderlich; aber als sinnvoll hat es sich in der Praxis erwiesen, zumindest die formelle Rechtskraft hinsichtlich des Schuldners abzuwarten (Stichwort: relative Rechtskraft); vgl. § 74a Rz. 27 [Bachmann].

_____________ 1)

422

Stöber, ZVG, § 36 Rz. 2.1 m. w. N.

Bachmann

§ 36

Bestimmung des Versteigerungstermins

III. Bestimmung des Versteigerungstermins 1.

Zeitpunkt der Terminsbestimmung (Abs. 1)

Der Versteigerungstermin soll erst bestimmt werden:

7



nach der Beschlagnahme,



nach Eingang der Grundbuchmitteilung gemäß § 19 Abs. 2 ZVG,



nach Rechtskraft einer die Einstellung ablehnenden Entscheidung (§ 30b Abs. 4 ZVG).

Dagegen hindert ein Antrag gemäß § 765a ZPO, der an keine bestimmte Frist gebunden ist, die Bestimmung des Versteigerungstermins nicht. Gleiches gilt für eine Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen den Beschlagnahmebeschluss. Diese in der Praxis immer wieder anzutreffenden Anträge des Schuldners, die häufig nur das Ziel verfolgen, die Versteigerung zu verhindern oder zumindest zu verzögern, haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Terminsbestimmung. 2.

8

Zeitraum zwischen Terminsbestimmung und Termin (Abs. 2)

Das ZVG bestimmt Mindest- und Höchstfristen, die zwischen der Terminsbestimmung und dem Versteigerungstermin liegen sollen. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

9

a) Regelfall gemäß Absatz 2 Satz 1 Der Zeitraum zwischen Terminsbestimmung und dem Termin soll nicht mehr als sechs Monate betragen, falls keine besonderen Gründe vorliegen. Die Bitte des Schuldners um Fristverlängerung, um das Grundstück freihändig zu veräußern, ist kein „besonderer Grund“ i. S. d. § 36 Abs. 2 Satz 1 ZVG.2)

10

b) Sonderfall gemäß Absatz 2 Satz 2 Wenn das Verfahren einstweilen eingestellt war, soll ein Zeitrahmen von zwei Monaten nicht überschritten werden. Die im Gesetz genannte Mindestfrist von einem Monat kann in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, da die Einhaltung der Ladungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG (= vier Wochen) praktisch immer dazu führt, dass mehr als ein Monat zwischen Terminsbestimmung und Termin liegt. Absatz 2 Satz 2 kommt bei allen Arten von Einstellungen in Betracht, gleich ob ihr Grund im ZVG (z. B. §§ 30 ff., 75, 76, 77, 86, 180 Abs. 2 und Abs. 3) oder in der ZPO (z. B. §§ 765a, 707, 719, 769) liegt.

11

Wenn mehrere Gläubiger das Verfahren betreiben, ist für die Frage, ob die Frist des Satzes 1 oder des Satzes 2 maßgeblich ist, auf den bestrangig betreibenden Gläubiger abzustellen.3)

12

3.

Ort der Versteigerung (Abs. 3)

Es liegt im Ermessen des Versteigerungsrechtspflegers, den Termin an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Ort im Gerichtsbezirk abzuhalten. Maßgebliches _____________ 2) 3)

Stöber, ZVG, § 36 Rz. 3.3. Böttcher, ZVG, § 36 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 36 Rz. 3.5; a. A. Steiner-Teufel, ZVG, § 36 Rz. 31.

Bachmann

423

13

§ 36

Bestimmung des Versteigerungstermins

Kriterium sollte hierbei die Überlegung sein: An welchem Ort verspricht die Versteigerung voraussichtlich den größeren Erfolg? Hierfür können keine starren Regeln aufgestellt werden, da jeder Fall anders liegen kann. Aber die Erfahrung lehrt, dass die Versteigerung auf dem zu versteigernden Grundstück oder in einem Gasthaus in der Nähe des Grundstücks, wie es früher häufig praktiziert wurde, nicht besonders sinnvoll ist, da Störungen des Sitzungsablaufs nicht auszuschließen sind. Eher in Betracht kommen Säle im Rathaus, in einer Schule, in einem Gemeinde- oder Pfarrgemeindezentrum. Wenn große Besuchermengen zu erwarten sind, muss der Saal ausreichend Platz für alle Bietinteressenten bieten. Notfalls muss in einen größeren Saal „umgezogen“ werden.4) 14

Die Frage der Sicherheit darf nicht vernachlässigt werden (Wachtmeister, Alarmanlage, Polizei). Und gerade dieser Aspekt spricht häufig für die Versteigerung im Gericht. Bei einem zentralen Versteigerungsgericht (vgl. § 1 Abs. 2 ZVG i. V. m. landesrechtlichen Vorschriften) kann die Versteigerung natürlich auch im Saal eines zugeordneten Amtsgerichts stattfinden. IV. Rechtsbehelf

15

§ 36 ZVG ist eine Ordnungsvorschrift; ein Verstoß dagegen macht das Verfahren nicht unzulässig, aber anfechtbar. Als Rechtsbehelf kommt § 766 ZPO in Betracht; die sofortige Beschwerde scheidet aus (§ 95 ZVG). V. Kostenvorschuss

16

Spätestens bei der Bestimmung des Versteigerungstermins ist vom Gericht ein Gebühren- und Auslagenvorschuss zu erheben (§§ 15 Abs. 1, 17 Abs. 3 GKG). Die Terminsbestimmung darf aber nicht von der Zahlung abhängig gemacht werden.

17

Die Gebühr beträgt 1/1 aus dem festgesetzten Verkehrswert (GKG KV 2213). An Auslagen kommen insbesondere die Kosten für die Einschaltung des Sachverständigen und die Kosten für die Zustellungen in Betracht.

18

Der Kostenvorschuss wird vom Antragsteller angefordert (§ 26 Abs. 1 GKG). Bei mehreren Antragstellern (auf den Zeitpunkt der Terminsbestimmung bezogen) erfolgt regelmäßig eine Aufteilung des Vorschusses im Verhältnis der geltend gemachten Forderungen. Den gezahlten Vorschuss erhält der vorschießende Gläubiger auch ohne entsprechende Anmeldung bei der Verteilung des Erlöses wieder zurück, und zwar in der Rangklasse der Gerichtskosten (vgl. § 109 ZVG). VI. Besonderheit

19

Wenn aufgrund einer Zuschlagsversagung gemäß § 74a Abs. 3 oder gemäß § 85a Abs. 2 ZVG ein neuer Versteigerungstermin von Amts wegen bestimmt wird, ist eine andere Frist zu beachten: Nach § 74a Abs. 3 Satz 2 ZVG soll der Zeitraum zwischen den beiden Terminen mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht überschreiten. § 36 Abs. 2 ZVG gilt neben dieser Sonderregelung nicht. _____________ 4)

424

Wegen der Einzelheiten, die bei einem solchen „Umzug“ zu beachten sind, wird auf Stöber, ZVG, § 66 Rz. 3.2 verwiesen.

Bachmann

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

§ 37 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung Die Terminsbestimmung muss enthalten: 1.

die Bezeichnung des Grundstücks;

2.

Zeit und Ort des Versteigerungstermins;

3.

die Angabe, dass die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;

4.

die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;

5.

die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

§ 38 Weitere Angaben in der Terminsbestimmung (1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden. (2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen. Literatur: Helwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis, Teil 11: Verkehrswertfestsetzung und Terminsanberaumung, JurBüro 2011, 175. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Inhalt der Terminsbestimmung ......... 2 1. Bezeichnung des Grundstücks (§ 37 Nr. 1, 38 Abs. 1 Satz 1 ZVG) ..... 4 2. Zeit und Ort (§ 37 Nr. 2 ZVG) ......... 15 3. Angabe der Art der Versteigerung (§ 37 Nr. 3 ZVG) ................................ 18 4. Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG ................................... 19 a) Was ist anzumelden? ................... 20 b) Was muss nicht angemeldet werden? ......................................... 22 c) Wie muss angemeldet werden? ..... 23

5.

Bachmann

d) Bis zu welchem Zeitpunkt muss angemeldet werden? ........... 25 e) Wirkung einer rechtzeitigen Anmeldung ................................... 26 f) Wirkung einer verspäteten Anmeldung ................................... 27 g) Wirkung einer fehlenden Anmeldung ................................... 28 h) Sonstige Hinweise ........................ 29 Aufforderung gemäß § 37 Nr. 5 ZVG ................................... 30 a) Rechte, die der Versteigerung entgegenstehen ............................. 31

425

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

§ 37 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung Die Terminsbestimmung muss enthalten: 1.

die Bezeichnung des Grundstücks;

2.

Zeit und Ort des Versteigerungstermins;

3.

die Angabe, dass die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;

4.

die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;

5.

die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

§ 38 Weitere Angaben in der Terminsbestimmung (1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden. (2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen. Literatur: Helwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis, Teil 11: Verkehrswertfestsetzung und Terminsanberaumung, JurBüro 2011, 175. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Inhalt der Terminsbestimmung ......... 2 1. Bezeichnung des Grundstücks (§ 37 Nr. 1, 38 Abs. 1 Satz 1 ZVG) ..... 4 2. Zeit und Ort (§ 37 Nr. 2 ZVG) ......... 15 3. Angabe der Art der Versteigerung (§ 37 Nr. 3 ZVG) ................................ 18 4. Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG ................................... 19 a) Was ist anzumelden? ................... 20 b) Was muss nicht angemeldet werden? ......................................... 22 c) Wie muss angemeldet werden? ..... 23

5.

Bachmann

d) Bis zu welchem Zeitpunkt muss angemeldet werden? ........... 25 e) Wirkung einer rechtzeitigen Anmeldung ................................... 26 f) Wirkung einer verspäteten Anmeldung ................................... 27 g) Wirkung einer fehlenden Anmeldung ................................... 28 h) Sonstige Hinweise ........................ 29 Aufforderung gemäß § 37 Nr. 5 ZVG ................................... 30 a) Rechte, die der Versteigerung entgegenstehen ............................. 31

425

§§ 37, 38

6.

I. 1

Inhalt der Terminsbestimmung

b) Geltendmachung der Rechte ....... c) Wirkung bei rechtzeitiger Geltendmachung .......................... d) Wirkung bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung .......................... Angabe des Verkehrswertes und Hinweis auf eine frühere Zuschlagsversagung gemäß § 38 Abs. 1 ZVG ......

32 33 35

III. Weitere Angaben ................................ 38 IV. Mängel ................................................. 39 V. Rechtsbehelf ....................................... 41 VI. Sonstiges .............................................. 43 VII. Muster einer Terminsbestimmung ......................... 45

36

Allgemeines

Die Terminsbestimmung erfolgt durch einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts, dessen wesentlicher Inhalt durch die §§ 37, 38 ZVG vorgegeben wird. Verfolgt werden in erster Linie zwei Ziele:1) –

Diejenigen, deren Rechte durch die Zwangsversteigerung betroffen werden können, sollen in die Lage versetzt werden, ihre Rechte wahrzunehmen.



Die Öffentlichkeit soll über das Versteigerungsobjekt und den Versteigerungstermin informiert werden, um möglichst viele Bietinteressenten anzusprechen, damit durch die Bieterkonkurrenz ein möglichst dem Grundstückswert entsprechendes Gebot erreicht wird.

II. Inhalt der Terminsbestimmung 2

3

4

Beim Inhalt der Terminsbestimmung unterscheidet das Gesetz zwischen dem „wesentlichen Inhalt“ (= § 37 ZVG) und den „weiteren Angaben“ (= § 38 ZVG). Die Terminsbestimmung muss enthalten: –

das Grundstück,



Zeit und Ort des Versteigerungstermins,



Art der Versteigerung,



Aufforderung, nicht grundbuchersichtliche Rechte rechtzeitig anzumelden,



Aufforderung, der Versteigerung entgegenstehende Rechte rechtzeitig geltend zu machen.

Daneben soll die Terminsbestimmung enthalten: –

Angabe des Grundbuchblatts,



die Größe des Grundstücks,



Verkehrswert des Grundstücks,



Hinweis auf eine frühere Zuschlagsversagung nach § 74a Abs. 1 oder § 85a Abs. 1 ZVG.

1.

Bezeichnung des Grundstücks (§ 37 Nr. 1, 38 Abs. 1 Satz 1 ZVG)

Das Versteigerungsobjekt (Grundstück(e), Wohnungs- bzw. Teileigentum, Erbbaurecht, Miteigentumsbruchteil) muss so genau bezeichnet werden, dass keine Zweifel über die Identität besteht und jegliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen _____________ 1)

426

Vgl. BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, Rpfleger 2012, 93 = ZfIR 2011, 840; BGH, Beschl. v. 19.2.2013 – V ZB 53/12, Rpfleger 2013, 403 = ZfIR 2013, 217.

Bachmann

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

wird.2) Wie das genau zu geschehen hat, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßen Ermessen (str.).3) Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 ZVG soll das Grundbuchblatt und die Größe angegeben werden. Deshalb ist es sinnvoll, die Bezeichnung des Grundstücks zunächst in entsprechender Anwendung des § 28 Satz 1 Halbs. 2 GBO wie folgt zu bezeichnen: Grundbuchblatt, Gemarkung, Flurstücksnummer, Wirtschaftsart, Lage und Größe. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die Angaben zur Wirtschaftsart im Grundbuch häufig nur mit einem Oberbegriff (z. B. Landwirtschaftsfläche, Hofund Gebäudefläche) aufgeführt und oft auch überholt sind. Daher muss der Versteigerungsrechtspfleger insoweit auch andere Unterlagen heranziehen, um das Grundstück genauer zu beschreiben. Hier kommt in erster Linie das Gutachten des Sachverständigen in Betracht. Wird in der Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass die vom Grundbuchbeschrieb abweichende Nutzungsart oder Lagebezeichnung durch den Sachverständigen festgestellt ist („laut Gutachten nun …“), dann ist dadurch deutlich gemacht, dass diese Angaben durch das Gericht nicht abschließend geprüft worden sind. Dies halten Böttcher4) und Hintzen5) für zulässig; Stöber6) dagegen rät von einer solchen Verfahrensweise dringend ab und verweist in diesem Zusammenhang auf § 404a Abs. 3 ZPO, wonach Tatsachenfeststellung Aufgabe des Gerichts sei. Wie das Vollstreckungsgericht diese Tatsachen jedoch feststellen soll, erschließt sich aus der Kommentierung nicht. Die Mehrzahl der Versteigerungsgerichte hält sich an die Angaben im Gutachten und bringt dies in der Terminsbestimmung auch zum Ausdruck (z. B. „angeblich bebaut mit einem Einfamilienwohnhaus mit Einliegerwohnung“).

5

Inzwischen sind zur Frage der richtigen Bezeichnung des Versteigerungsobjekts schon verschiedene Entscheidungen veröffentlicht worden. Die Tendenz dabei geht dahin, dass sehr strenge Maßstäbe anzulegen sind, damit Haftungsfälle vermieden werden. Deshalb sollten die Gerichte zumindest die wichtigsten Entscheidungen kennen.

6

Folgende Angaben zur Grundstücksbezeichnung sollen nicht ausreichend sein:

7



Nur Angabe des Grundbuchblatts und der lfd. Nr. im Bestandsverzeichnis dieses Blattes.7)



Die Bezeichnung „mehrere Flurstücke verschiedener Wirtschaftsart und Lage“ bei einem Grundstück, das bebaut war mit einem Wohnhaus mit zwei Wohnungen, einer Reithalle mit eingebauten Pferdeställen und zwei Remisen.8)

_____________ 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

OLG Nürnberg, Urt. v. 9.11.2005 – 4 U 920/05, Rpfleger 2006, 215 = MDR 2006, 656. So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 37 Rz. 4; a. A. Böttcher, ZVG, §§ 37, 38 Rz. 2 m. w. N. Böttcher, ZVG, §§ 37, 38 Rz. 2 unter Hinweis auf OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.199 – 15 W 453/99, Rpfleger 2000, 172 = ZfIR 2000, 907. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 37 Rz. 7. Stöber, ZVG, § 37 Rz. 2.4. RG, Urt. v. 16.3.1904 – V 388/03, RGZ 57, 200. LG Oldenburg, Beschl. v. 29.11.1978 – 5 T 254/78, Rpfleger 1979, 115.

Bachmann

427

§§ 37, 38

8

9

Inhalt der Terminsbestimmung



Nur „Gebäude- und Freifläche“, wenn auf dem Grundstück ein Hotel betrieben wird.9)



„Wiese“ (so lautete die Bezeichnung im Grundbuch), wenn auf dem Grundstück ein teilweise fertiges Wohnhaus steht.10)



„Ackerland“, wenn das Grundstück mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist und als Gärtnereibetrieb benutzt wird.11)



Fehlender Hinweis, dass ein Gebäude sich zum Teil auf einem anderen Grundstück befindet (Stichwort: Überbau).12)



„Hof- und Gebäudefläche, Grünland, Wald, Weg …“, wenn es sich um ein schlossähnliches Gebäude aus der Barockzeit handelt.13)



Angabe eines falschen Stockwerks der zu versteigernden Eigentumswohnung.14)



Falsche Wohnflächenangabe bei einer Eigentumswohnung.15)



Bei einer Arztpraxis als Teileigentum in einem mehrgeschossigen Haus muss die Anzahl der Räume und die Geschossbezeichnung angegeben werden.16)



Bezeichnung des Grundstücks nach Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer sowie Angabe der Straße und Hausnummer reicht dann nicht aus, wenn die bloße Angabe für eine ortsunkundige Person ohne Heranziehung weiterer Informationsquellen keine Rückschlüsse auf den Ortsnamen zulässt. Wenn also Gemarkung und Ortsname nicht identisch sind, ist auch noch der Ortsname anzugeben.17)

Dagegen wurden für ausreichend gehalten folgende Bezeichnungen: –

„Gebäude- und Freifläche“ ohne Zusatz, dass es sich um ein Mehrfamilienhaus handelt.18)



„Bebaut mit einem Einfamilienhaus“ reicht auch dann, wenn einige Räume als Ingenieurbüro genutzt werden.19)

Unrichtige, unvollständige oder ungenaue Grundstücksbezeichnungen können zu Missverständnissen führen und damit Amtshaftungsansprüche auslösen.20) Auch wenn man nicht alle Entscheidungen, die in diesem Bereich ergangen sind, richtig nachvollziehen kann, sollte die Devise immer lauten: Im Zweifel lieber nochmals _____________ 9) OLG Nürnberg, Urt. v. 9.11.2005 – 4 U 920/05, Rpfleger 2006, 215 = MDR 2006, 656; hierzu auch Storz/Kiderlen, Rpfleger 2006, 615 (Urteilsanm.). 10) LG Kaiserslautern, Beschl. v. 8.3.1963 – 1 T 242/63, Rpfleger 1964, 120 mit zust. Anm. Stöber. 11) LG Frankenthal, Beschl. v. 7.3.1984 – 1 T 49/84, Rpfleger 1984, 326 mit Anm. Meyer-Stolte. 12) LG Oldenburg, Beschl. v. 7.3.1980 – 5 T 39/80, Rpfleger 1980, 306. 13) OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.1999 – 15 W 453/99, Rpfleger 2000, 172 = ZfIR 2000, 907. 14) LG Augsburg, Beschl. v. 8.12.1998 – 4 T 4878/98, Rpfleger 1999, 232 = JurBüro 1999, 323. 15) BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173 = MDR 2011, 130; hierzu auch Traub, ZfIR 2011, 577 (Urteilsanm.). 16) LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 625. 17) BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – V ZB 53/12, Rpfleger 2013, 403 = ZfIR 2013, 217. 18) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.12.1996 – 3 W 502/96, Rpfleger 1997, 225 = ZfIR 1997, 112. 19) BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, Rpfleger 2012, 93 = ZfIR 2011, 840. 20) Vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 18.1.2000 – 1 U 1429/96, Rpfleger 2000, 342 (mit Anm. Storz).

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Bachmann

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

anhand des Sachverständigengutachtens oder der Grundakten (sofern sie „greifbar“ sind) nachprüfen, ob das zu versteigernde Grundstück vielleicht nicht doch noch näher bezeichnet werden könnte. Notfalls sollten beim Katasteramt oder der Gemeinde weitere Auskünfte eingeholt werden. Aber die Angaben des Sachverständigen zu überprüfen,21) halte ich für übertrieben. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die notarielle bzw. grundbuchamtliche Praxis hinweisen: Wenn schon im „strengen“ Grundbuchrecht die Angabe der Flurstücksnummer zur Kennzeichnung eines Grundstücks genügt (vgl. § 28 GBO), dann muten manche Entscheidungen der Obergerichte zu § 37 ZVG doch schon etwas übertrieben an.

10

Wenn mehrere Grundstücke in einem Verfahren versteigert werden (vgl. § 18 ZVG), dann muss jedes Grundstück genau bezeichnet werden.

11

Wenn nur ein Miteigentumsbruchteil versteigert wird (vgl. § 864 Abs. 2 ZPO), muss neben dem Grundstück auch der genaue Bruchteil (also die Anteilsgröße) und der Name des Bruchteilseigentümers angegeben werden; die Neufassung des § 38 ZVG durch Art. 10 Nr. 1 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24.8.2004 (BGBl. I, 2198, 2206) steht dem nicht entgegen.

12

Wird ein Erbbaurecht versteigert, ist es nach seiner Bezeichnung im Erbbaugrundbuch zu bezeichnen. Dazu gehören auch Angaben zum Bauwerk und zur Dauer des Erbbaurechts. Nach Stöber22) muss bereits in der Terminsbestimmung auf die Notwendigkeit der Zustimmung des Grundstückseigentümers hingewiesen werden, wenn die Veräußerung nur mit Zustimmung des Eigentümers zulässig ist. Ich halte dies für zu weit gehend; schließlich ist die Zustimmung erst zum Zuschlag erforderlich und kann darüber hinaus auch ersetzt werden.

13

Die Versteigerung eines Wohnungs- bzw. Teileigentums erfordert neben der Angabe des betreffenden Grundstücks die Angabe des Bruchteils sowie der mit dem Sondereigentum verbundenen Räume – am besten übereinstimmend mit den Angaben im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts. Angabe der Wohn- bzw. Nutzfläche und Anzahl der Räume gehören nicht hierzu (str.).23) Wenn sie jedoch angegeben sind, dann dürfen sie nicht falsch oder irreführend sein,

14

2.

Zeit und Ort (§ 37 Nr. 2 ZVG)

In der Terminsbestimmung muss die Zeit nach Jahr, Monat, Tag, Stunde und Minute genannt werden. Zur eigenen Sicherheit sollte man den Wochentag auch benennen, sodass etwaige Fehler (Widerspruch zwischen Datum und Wochentag) auffallen und rechtzeitig beseitigt werden können. Bei der Festlegung der Zeit sollte auch darauf Rücksicht genommen werden, dass die Beteiligten auch ohne größere Schwierigkeiten am Termin teilnehmen können. So ist es nicht angebracht, den Termin ganz früh morgens oder erst in die Abendstunden zu verlegen, wenn Beteiligte von außerhalb anreisen müssen. _____________ 21) So aber offensichtlich Stöber, ZVG, § 37 Rz 2.4. 22) Stöber, ZVG, § 37 Rz 2.10. 23) Vgl. hierzu Stöber, ZVG, § 37 Rz. 2.11 m. w. N.

Bachmann

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15

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

16

Der Ort der Versteigerung ist nach Ort, Straße, Hausnummer und Zimmer- bzw. Saalnummer so zu bezeichnen, dass sowohl die Beteiligten als auch die Bietinteressenten ihn zuverlässig finden können.

17

Wird der Termin verlegt (auf eine andere Zeit oder an einen anderen Ort), gelten grundsätzlich dieselben Erfordernisse. Für eine etwa notwendige kurzfristige Änderung des Terminsortes (z. B. anderer Gerichtssaal, weil der ursprünglich vorgesehene Saal belegt oder zu klein ist) genügt ein schriftlicher Hinweis an dem in der Terminsbestimmung genannten Saal und Unterrichtung der Justizwachtmeisterei.24) Die weitergehenden Maßnahmen, welche das OLG Hamm25) für erforderlich hält, sind zum Teil völlig lebensfremd; die Entscheidung wurde deshalb auch heftig angegriffen26) und ist in der Praxis auf einhellige Ablehnung gestoßen. 3.

18

19

Angabe der Art der Versteigerung (§ 37 Nr. 3 ZVG)

Aus der Terminsbestimmung muss sich ergeben, dass die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Bei den besonderen Versteigerungsarten des ZVG ist anzugeben, um welche Art es sich im konkreten Fall handelt: –

Versteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalter (auch „Insolvenzverwaltungsversteigerung“ genannt), § 172 ZVG;



Versteigerung auf Antrag des Erben (auch „Nachlassversteigerung“ genannt), § 176 ZVG;



Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (auch „Teilungsversteigerung“ genannt), § 180 ZVG.

4.

Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG

Die Terminsbestimmung muss weiter die Aufforderung enthalten, zum Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Rechte anzumelden und notfalls glaubhaft zu machen. a) Was ist anzumelden?

20



Ansprüche der Rangklassen 1, 1a, 2 und 3 bzw. 7 (siehe § 10 ZVG ),



Rechte, die erst nach dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen wurden; Rechte, die in Abt. III des Grundbuchs am gleichen Tag wie der Versteigerungsvermerk eingetragen worden sind (Hinweis: Im Grundbuch wird nur das Datum, nicht aber die Uhrzeit vermerkt), müssen nicht angemeldet werden, da sie nicht „nach“ dem Versteigerungsvermerk eingetragen worden sind (Stichwort: Tempusprinzip).

21



Rechte, die im Grundbuch zu Unrecht gelöscht worden sind, materiellrechtlich aber noch bestehen.

Rechte, die ohne Grundbucheintragung (als „außerhalb des Grundbuchs“) entstanden sind (z. B. Sicherungshypothek nach § 1287 BGB oder Sicherungshypothek nach § 848 Abs. 2 ZPO, Nießbrauch nach § 1075 BGB). _____________ –

24) So auch Böttcher, ZVG, § 37, 38, Rz. 11; Stöber, ZVG, § 66 Rz. 32. 25) OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40/78, Rpfleger 1979, 29 = NJW 1979, 1720. 26) Für viele Schiffhauer, Rpfleger 1985, 312 (Urteilsanmerk.).

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Bachmann

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung



Ansprüche auf rückständige wiederkehrende Leistungen (§§ 45 Abs. 2, 114 Abs. 2 ZVG).



Nach dem Versteigerungsvermerk eingetragene Rangänderungen.



Ein nicht grundbuchersichtlicher Rechts- oder Vorrangerwerb, der auf § 878 BGB oder auf §§ 136, 135, 892 BGB beruht (wegen der Einzelheiten hierzu siehe § 23 Rz. 36 ff. [Cranshaw]).



Kosten gemäß § 10 Abs. 2 (= Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung).



Persönliche Haftung des Schuldners bei einer bestehen bleibenden Grundschuld mit dem Ziel, dass der Ersteher neben Grundschuld (= „dingliche Forderung“) (auch) die persönliche Schuld (§ 53 Abs. 2 ZVG) übernehmen muss.



Kündigung eines Grundpfandrechts, damit die bereits erfolgte Kündigung auch gegenüber dem Ersteher wirkt (§ 54 ZVG).

b) Was muss nicht angemeldet werden? –

Rechte, die zum Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich sind (Hauptanspruch, laufende wiederkehrende Leistungen, einmalige Nebenleistungen), § 45 Abs. 1 und 2, § 114 Abs. 1 und 2 ZVG.



Ansprüche, wegen deren das Verfahren betrieben wird, § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG.



Rechte, die „außerhalb des geringsten Gebots“ bestehen bleiben (z. B. Überbauund Notwegrente, §§ 912 ff. BGB; Erbbaurecht, § 25 ErbbauRG; Altenteil bzw. Leibgeding, § 9 Abs. 1 EGZVG; Dauerwohnrecht, §§ 31 ff. WEG).



Wertersatz für ein durch Zuschlag erlöschendes Recht, § 92.



Wechsel des Berechtigten bzw. Gläubigers eines Rechts (infolge Abtretung, Pfändung oder Verpfändung); dazu zählt auch das Entstehen einer Eigentümergrundschuld aus einem Fremdrecht.



Kosten des laufenden Versteigerungsverfahrens, die nach § 109 ZVG vorweg aus dem Erlös zu entnehmen sind (dazu zählt auch der Kostenvorschuss des betreibenden Gläubigers).

22

c) Wie muss angemeldet werden? Die Anmeldung kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in einem Termin (insbesondere im Versteigerungstermin) erfolgen. Aber auch per Fax oder als Telebrief kann die Anmeldung vorgenommen werden. Wegen der Erklärung durch elektronisches Dokument wird auf § 130a ZPO verwiesen. Wenn ein betreibender Gläubiger widerspricht, muss der Anmeldende sein Recht noch glaubhaft machen.

23

Als Prozesshandlung hat die Anmeldung nur für das Verfahren Wirkung für das konkrete Verfahren, in dem die Anmeldung erfolgt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 45 ZVG Bezug genommen.

24

Bachmann

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§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

d) Bis zu welchem Zeitpunkt muss angemeldet werden? 25

Die Anmeldung muss spätestens im Versteigerungstermin bis zum Beginn der Bietstunde (die mit Aufforderung zur Abgabe von Geboten beginnt, § 66 Abs. 2 ZVG) erfolgen. e) Wirkung einer rechtzeitigen Anmeldung

26

27

Das angemeldete Recht wird im Verfahren (insbesondere bei der Aufstellung des geringsten Gebots und im Teilungsplan) berücksichtigt, §§ 45, 114 ZVG. Der Anmeldende wird Beteiligter des Verfahrens, § 9 Nr. 2 ZVG. f)

Wirkung einer verspäteten Anmeldung



Bei der Feststellung des geringsten Gebots wird das Recht nicht berücksichtigt. Daraus folgt weiter, dass das Recht grundsätzlich mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1 ZVG).



Im Teilungsplan wird das Recht an letzter Stelle berücksichtigt (§ 110 ZVG). Unter mehreren verspätet angemeldeten Rechten gilt dann wieder die Rangfolge des § 10 ZVG.



Ab der Anmeldung ist der Betreffende Beteiligter, § 9 Nr. 2 ZVG.

g) Wirkung einer fehlenden Anmeldung 28

Das betreffende Recht wird in diesem Fall weder im geringsten Gebote (§ 45 Abs. 1 ZVG) noch im Teilungsplan (§ 114 ZVG) berücksichtigt. Der Inhaber des Rechts ist kein Beteiligter und nimmt deshalb am Verfahren überhaupt nicht teil (§ 9 Nr. 2 ZVG). h) Sonstige Hinweise

29



Die Anmeldung gilt für das gesamte Verfahren, also auch für spätere Termine.



Umgekehrt kann eine Anmeldung für den 1. Versteigerungstermin verspätet sein (mit der Folge, dass das Recht im geringsten Gebot für diesen Termin nicht berücksichtigt wird). Für einen weiteren Termin ist diese Anmeldung jedoch rechtzeitig (mit der Folge der Berücksichtigung bei der Aufstellung des neuen geringsten Gebots und im Teilungsplan – jeweils ohne Rangverlust). Dies gilt auch, wenn nach Beginn der Bietstunde infolge Antragsrücknahme des bestbetreibenden Gläubigers u. U. ein neues geringstes Gebot festgestellt werden muss und daraufhin eine neue Bietstunde in Gang gesetzt wird (die wiederum mit der „Aufforderung zur Abgabe von Geboten“ beginnt); denn auch hier ist die ursprünglich verspätete Anmeldung dann auch „rechtzeitig“ i. S. v. §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1 ZVG.



Mitteilungen des Grundbuchamts über vorgenommene Eintragungen (vgl. § 19 Abs. 3 ZVG) oder sonstige Kenntnis des Vollstreckungsgerichts machen eine Anmeldung nicht überflüssig. Diese Fehleinschätzung ist in der Praxis immer wieder festzustellen.

432

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§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung



Fehlt in der Terminsbestimmung die Aufforderung nach § 37 Nr. 4 ZVG, dann tritt der Rangverlust nach § 110 ZVG nicht ein.27)

5.

Aufforderung gemäß § 37 Nr. 5 ZVG

Die Terminsbestimmung muss weiter die Aufforderung enthalten, wegen eines die Versteigerung entgegenstehenden Rechts die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen.

30

a) Rechte, die der Versteigerung entgegenstehen Es muss sich um Rechte handeln, die der Versteigerung entgegenstehen, aber nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind;28) denn letztere muss das Vollstreckungsgericht schon von Amts wegen berücksichtigen. Unter Nr. 5 fällt insbesondere das Eigentum eines Dritten am Grundstück, an einem Grundstücksbruchteil oder hinsichtlich eines grundstücksgleichen Rechts; aber auch Eigentum eines Dritten an mithaftenden und mit zu versteigernden Gegenständen (vgl. §§ 55, 91 ZVG) zählen hierunter. Als immer wiederkehrender Praxisfall zu nennen ist hier das schuldnerfremde Zubehör, das zwar nicht der Hypothekenhaftung unterliegt und damit nicht beschlagnahmt ist (§ 20 Abs. 2, §§ 1120 ff. BGB), aber gemäß § 55 Abs. 2 ZVG mitversteigert und vom Ersteher zu Eigentum erworben werden kann, § 90 Abs. 2 ZVG.

31

b) Geltendmachung der Rechte Entgegenstehende Rechte muss der Dritte geltend machen. Die bloße Anmeldung genügt hierfür nicht;29) vielmehr muss der Dritte die Aufhebung oder einstweilige Einstellung herbeiführen: –

durch Einstellungsbewilligung sämtlicher betreibender Gläubiger, § 30 ZVG;



durch Rücknahme des Versteigerungsantrags durch sämtliche betreibende Gläubiger, § 29 ZVG;



durch Einstellungsbeschluss des Prozessgerichts, §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 ZPO;



durch Einstellungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts, §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO.

32

c) Wirkung bei rechtzeitiger Geltendmachung Wird das Verfahren aufgrund der Antragsrücknahme sämtlicher betreibenden Gläubiger hinsichtlich eines Zubehörgegenstandes aufgehoben, dann ist die Beschlagnahme insoweit erloschen. Ein etwaiger Ersteher erwirbt das Grundstück – aber ohne das betreffende Zubehörstück.

33

War das Verfahren nur einstweilen eingestellt, dann kommt es darauf an, wie sich das Verfahren weiter gestaltet:

34



Wird das eingestellte Verfahren fortgesetzt (vgl. § 31 ZVG), dann erstreckt sich auch (wieder) die Versteigerung und der Zuschlag auf den betr. Gegenstand.

_____________ 27) Stöber, ZVG, § 37 Rz. 5.1. 28) So auch Dassler-Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 37 Rz. 23; a. A. Stöber, ZVG, § 37 Rz. 6.2 und Böttcher, ZVG, §§ 37, 38 Rz. 19. 29) Eine in der Praxis immer wieder anzutreffende Fehleinschätzung vieler „Drittberechtigten“.

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§§ 37, 38 –

Inhalt der Terminsbestimmung

Wurde die Fortsetzung nicht oder nicht rechtzeitig beantragt, dann wird das Verfahren insoweit aufgehoben – mit den eingangs geschilderten Konsequenzen.

d) Wirkung bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung 35

In diesem Fall hat der Dritte mit dem Zuschlag sein Eigentum an dem Grundstück und den mitversteigerten Gegenständen verloren; denn mit dem Zuschlag ist der Ersteher Eigentümer geworden, § 91 ZVG. Das Recht des Dritten setzt sich aber im Wege der dinglichen Surrogation am Versteigerungserlös fort. Dies bedeutet: –

Bezog sich das bisherige Recht auf das Eigentum an dem Grundstück, dann kann der Dritte den Versteigerungserlös (nach Abzug „vorgehender“ Ansprüche) für sich in Anspruch nehmen.



Bezog sich das bisherige Eigentum auf ein Zubehörstück, dann kann der Dritte einen verhältnismäßigen Anteil am Erlös beanspruchen.30) Den entsprechenden Anspruch kann der Dritte im Versteigerungsverfahren, sofern er Beteiligter ist (vgl. § 9 Nr. 2 ZVG), durch Widerspruch geltend machen, § 115 ZVG. Dieser Widerspruch richtet sich im Ergebnis gegen den bzw. die Letzt-Zuteilungsberechtigten; denn bei einem erfolgreichen Widerspruch verringert sich die zu verteilende Teilungsmasse. Zum Widerspruchsverfahren selbst siehe bei § 115. Macht der Dritte sein Recht im Versteigerungsverfahren überhaupt nicht geltend, dann kann er auch nicht im Teilungsplan berücksichtigt werden. Er kann dann nur noch aus ungerechtfertigter Bereicherung (vgl. §§ 812 ff. BGB) gegen den bzw. die Zuteilungsempfänger vorgehen, die „auf seine Kosten bereichert“ sind; gegen den Ersteher dagegen hat er keinerlei Ansprüche.

6. 36

Angabe des Verkehrswertes und Hinweis auf eine frühere Zuschlagsversagung gemäß § 38 Abs. 1 ZVG

Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 ZVG soll der Verkehrswert des Grundstücks angegeben werden. Werden mehrere Grundstücke in einem Verfahren (vgl. § 18 ZVG) versteigert, dann muss der Verkehrswert jedes einzelnen Grundstücks aufgeführt werden. Wenn der Verkehrswert nachträglich geändert wird, muss auch die Terminsbestimmung nachträglich geändert werden und noch innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 43 Abs. 1 ZVG neu zugestellt werden. Davon kann nach überwiegender Ansicht nur abgesehen werden, wenn die Änderung nur unwesentlich von dem ursprünglich mitgeteilten Wert abweicht (Abweichung von weniger als 10 % wird angenommen).31) Das Landgericht Rostock32) ging noch einen Schritt weiter: Durch die Verfahrenseinstellung hinsichtlich des Inventars (hier: Mobiliar einer Zahnarztpraxis) im Versteigerungstermin und die daraus resultierende Änderung des Verkehrswertes von 125.000 € auf 95.000 € sei eine wesentliche Änderung des _____________ 30) Verhältnis: VKW des Gesamtobjekts : VKW des Zubehörstücks = Versteigerungsgesamterlös : x. 31) BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = ZfIR 2009, 685 mit Anmerkung Böttcher; Stöber, ZVG, § 38 Rz. 3.3; Böttcher, ZVG, §§ 37, 38 Rz. 27; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 38 Rz. 7. 32) LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 625.

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§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

Verkehrswertes eingetreten und deshalb sei § 43 Abs. 1 ZVG verletzt. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden: Gerade im Versteigerungstermin selbst finden häufig Änderungen statt, gerade auch im Hinblick auf den „Umfang der Versteigerung“. Wenn das Vollstreckungsgericht bei diesen Änderungen (z. B. aufgrund eines Einstellungsantrags gemäß § 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO oder aufgrund einer entsprechenden Einstellungsbewilligung des bestbetreibenden Gläubigers) sich immer sofort mit der Frage konfrontiert sehen müsste, ob der Termin dann überhaupt noch weiter durchgeführt werden könne, dann wird den Belangen der Beteiligten (wozu die Bieter nicht gehören!) nicht genügend Rechnung getragen. Aber mit dem Hinweis auf „die mit der Bekanntmachung des Verkehrswertes verfolgte gesetzgeberische Anliegen“ lässt sich so manches begründen. Hierbei sei die Frage gestattet: Warum hat der Gesetzgeber für den Inhalt der Terminsbestimmung eigentlich zwei Vorschriften gewählt, eine mit dem „wesentlichen Inhalt“ und eine mit „weiteren Angaben“? Wenn in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 (= 7/10-Grenze) oder des § 85a Abs. 1 ZVG (= 5/10-Grenze) versagt worden ist, so soll dies in der Terminsbestimmung angegeben werden. Dieser Hinweis ist für die Bietinteressenten insoweit von Bedeutung, als in einem weiteren Termin das Nichterreichen dieser Grenzen nicht mehr zur Zuschlagsversagung führt. Wenn Böttcher33) meint, dass auf diese Rechtsfolge in der Terminsbestimmung auch hingewiesen werden sollte, dann halte ich dies nicht für gerechtfertigt. Die Erfahrung der Praxis lehrt, dass viele Bietinteressenten diese (die o. a. Folge) nachgerade „verinnerlicht“ haben und nur in solche Versteigerungstermine kommen, bei denen die „Grenzen gefallen sind“, ohne dass dies in der Terminsbestimmung ausdrücklich betont worden ist.

37

III. Weitere Angaben Neben den in §§ 37, 38 ZVG vorgesehenen Angaben soll die Terminsbestimmung in bestimmten Fällen noch weitere Angaben enthalten: –

Bei Grundpfandrechten in einer nach § 28 Satz 2 GBO zugelassenen Währung (Mitgliedstaaten der EU mit noch eigener Währung, Schweiz, USA) hat die Terminsbestimmung einen entsprechenden Hinweis zu enthalten (§ 145a Nr. 1 ZVG).



Wenn das beschlagnahmte Grundstück in ein Flurbereinigungsverfahren einbezogen ist, dann muss in der Terminsbestimmung auf das betreffende Flurbereinigungsverfahren und den Verfahrensstand hingewiesen werden.34)



Dasselbe muss auch für ein beschlagnahmtes Grundstück gelten, das in ein Umlegungsverfahren einbezogen ist; denn auch hier tritt der Ersteher als Beteiligter in das Umlegungsverfahren ein – und zwar in dem Stadium, in dem es sich zum Zeitpunkt des Zuschlags befindet, § 49 BauGB.

_____________ 33) Böttcher, ZVG, §§ 37, 38, Rz. 23. 34) Stöber, ZVG, § 37 Rz. 9.2.

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38

§§ 37, 38

Inhalt der Terminsbestimmung

IV. Mängel 39

Verstößt die Terminsbestimmung gegen § 37 ZVG, dann muss der Versteigerungstermin aufgehoben werden, wenn der Mangel nicht innerhalb der Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 ZVG behoben wird. Wird der Mangel erst später bemerkt, ist der Zuschlag zu versagen, § 83 Nr. 7 ZVG i. V. m. § 43 Abs. 1 ZVG.

40

Obwohl § 38 ZVG nur eine Ordnungsvorschrift ist, muss die Terminsbestimmung die darin vorgeschriebenen Angaben enthalten. Wenn durch fehlende oder unrichtige Angaben Unklarheiten oder Missverständnisse entstehen, dann führt dies ebenfalls zur Terminsaufhebung bzw. Zuschlagsversagung.35) V. Rechtsbehelf

41

Gegen eine unrichtige oder unvollständige Terminsbestimmung ist die (unbefristete) Erinnerung gemäß § 766 ZPO zulässig.

42

Mängel der Terminsbestimmung können auch noch mit der Zuschlagsbeschwerde geltend gemacht werden, § 83 Nr. 7 ZVG. VI. Sonstiges

43

In vielen Terminsbestimmungen liest man immer noch den Namen des „zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks eingetragenen Eigentümers“. Dies ist auf die frühere Fassung des § 38 ZVG zurückzuführen. Durch Art. 10 Nr. 1 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24.8.2004 (BGBl. I, 2198) ist die Angabe des Eigentümernamens in § 38 ZVG ersatzlos gestrichen worden, weil dies dem Datenschutz widerspreche.36) Auch wenn Stöber37) und Böttcher38) dies bedauern, halte ich die gesetzliche Regelung für eindeutig. Deshalb sollte sich die Praxis an die geänderte Gesetzeslage anpassen; denn die Belange des Datenschutzes können nicht gering erachtet werden.

44

Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen, § 38 Abs. 2 ZVG. Hierbei ist dem Datenschutz Rechnung zu tragen (keine Namensnennung des Schuldners); aber auch das Steuergeheimnis muss gewahrt bleiben (keine Angabe des Einheitswertes). Da die Veröffentlichung des Gutachtens im Internet nicht vorgeschrieben ist, kann das Unterbleiben auch nicht mit Erinnerung nach § 766 ZPO oder mit Zuschlagsbeschwerde angefochten werden. VII.

Muster einer Terminsbestimmung

45

Muster einer Terminsbestimmung können den amtlichen Vordrucken, welche landesrechtlich den Gerichten zur Verfügung gestellt werden, entnommen werden (heute auch als Dokumentenvorlage für den PC vorhanden).

46

Aber auch die Handbücher enthalten entsprechende Muster.39) _____________ 35) 36) 37) 38) 39)

436

BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = ZfIR 2008, 685. So die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 15/1508, S. 36). Stöber, ZVG, § 38, Rz. 5.1. Böttcher, ZVG, §§ 37, 38 Rz. 6. Z. B. Stöber, ZVG, Rz. 216; Löhnig-Stenzel, ZVG, Abschn. V A, Formular Nr. 9; Hintzen/ Wolf, ZVG, Rz. 15.43; Knees, ZVG, S. 291.

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§ 39

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

§ 39 Bekanntmachung der Terminsbestimmung (1) Die Terminsbestimmung muss durch einmalige Einrückung in das für Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt oder in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekanntgemacht werden. (2) Hat das Grundstück nur einen geringen Wert, so kann das Gericht anordnen, dass die Einrückung oder Veröffentlichung nach Absatz 1 unterbleibt; in diesem Fall muss die Bekanntmachung dadurch erfolgen, daß die Terminsbestimmung in der Gemeinde, in deren Bezirk das Grundstück belegen ist, an die für amtliche Bekanntmachungen bestimmte Stelle angeheftet wird. Literatur: Oestreich, Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt, Rpfleger 1988, 302. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Veröffentlichung im Amtsblatt oder im Internet (Abs. 1) .................... 1. Inhalt der Veröffentlichung .................. 2. Nachweis der Veröffentlichung ...........

I.

1 2 4 5

3. Terminsaufhebung ................................ 6 III. Anheftung an der Gemeindetafel (Abs. 2) .................................................. 7 IV. Rechtsbehelf ......................................... 9 V. Kosten .................................................. 11

Allgemeines

Damit die Öffentlichkeit über den Versteigerungstermin unterrichtet wird, muss die Terminsbestimmung öffentlich bekannt gemacht werden. Dies geschieht einmal durch Veröffentlichung im „Amtsblatt“ oder im Internet (§ 39 Abs. 1 ZVG), die zwingend vorgeschrieben ist. Weiter sieht § 40 Abs. 1 ZVG noch die Anheftung der Terminsbestimmung an der Gerichtstafel vor; und weitere Veröffentlichungen kann das Gericht nach § 40 Abs. 2 ZVG zusätzlich veranlassen.

1

II. Veröffentlichung im Amtsblatt oder im Internet (Abs. 1) Die Terminsbestimmung muss einmal im „Amtsblatt“ veröffentlicht werden. Was unter dem „Amtsblatt“ zu verstehen ist, wird durch Landesrecht bestimmt.1) Ebenfalls landesrechtlich bestimmt ist die als Alternative genannte Internet-Veröffentlichung.2) Das Gericht kann also von sich aus diese Bestimmung nicht selbst treffen.3) Der BGH4) hat entschieden, dass das Bekanntmachungsblatt und das elektronische Bekanntmachungssystem durch eine allgemeine Verwaltungsverfügung bestimmt werden kann, es sei denn, der Landesgesetzgeber hätte sich diese Festlegung vorbehalten. In dem Bekanntmachungsportal www.justiz.de sind unter_____________ 1) 2)

3) 4)

So ist z. B. in Rheinland-Pfalz der (wöchentlich erscheinende) Staatsanzeiger das maßgebliche Veröffentlichungsorgan. Z. Zt. (Stand: Januar 2013) ist dies in folgenden Ländern möglich: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen (siehe Justizportal des Bundes und der Länder). Dies bedeutet aber nicht, dass alle Vollstreckungsgerichte dieser Länder von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch machen. Stöber, ZVG, § 39 Rz. 2.3. BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 94/08, Rpfleger 2009, 99 = NJW 2008/ 3708.

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§ 39

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

schiedliche Portale der Justizverwaltungen des Bundes und der Länder zusammengefasst. Zu diesen Diensten gehört auch die elektronische Bekanntmachung von Versteigerungsterminen, wie sie in § 39 Abs. 1 ZVG vorgesehen ist. Zu beachten ist jedoch, dass der Abruf nur über das hier verlinkte Portal www.zvg-portal.de erfolgen kann. Mit anderen Worten: Wenn man gleich auf www.zvg-portal.de geht, dann befindet man sich sofort auf der Startseite „Zwangsversteigerungstermine“. Hier können Termine nach bestimmten Kriterien gesucht werden; durch weiteren Klick auf „Amtliche Bekanntmachung“ erhält man die Terminsbestimmung mit dem Wortlaut, wie er in §§ 37, 38 ZVG vorgeschrieben ist. Dies stellt die in § 39 Abs. 1 ZVG als zweite Alternative dargestellte Bekanntmachung dar. 3

Stöbers Bedenken gegen die (alleinige) Veröffentlichung im Internet5) sind nicht von der Hand zu weisen. Durch diese Art der Veröffentlichung wird zwar dem Umstand Rechnung getragen, einen möglichst großen Bieterkreis anzusprechen. Aber der weitere Zweck der Veröffentlichung (siehe § 38 Rz. 1), von der Versteigerung Betroffene aufzufordern, ihre Rechte zu wahren (vgl. § 37 Nr. 4 und 5 ZVG), ist dabei offenbar völlig in Vergessenheit geraten. Deshalb ist es auch sinnvoll und üblich, zusätzliche Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 2 ZVG vorzunehmen. Denkbar ist auch die Variante, dass die Veröffentlichung sowohl im Amtsblatt als auch im Internetportal erfolgt.6) 1.

4

2. 5

Inhalt der Veröffentlichung

Die Terminsbestimmung muss mit dem gesamten Inhalt des § 37 ZVG veröffentlicht werden; der weitere Inhalt des § 38 ZVG ist ebenfalls in die Veröffentlichung mit aufzunehmen. Das Gericht muss angegeben werden, Unterschrift und Datum sind dagegen entbehrlich.7) Bei mehreren Veröffentlichungen genügt es, wenn der immer gleichlautende Text der Nr. 4 und Nr. 5 des § 37 ZVG nur einmal aufgeführt wird – am besten am Beginn des entsprechenden Bekanntmachungsteils.8) Fehlerhafte oder unvollständige Veröffentlichungen dürfen nicht nur berichtigt oder ergänzt werden; sie müssen vielmehr ganz neu erfolgen. Hierbei ist zu beachten, dass die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 ZVG gewahrt wird. Nachweis der Veröffentlichung

Die Bekanntmachung im Amtsblatt ist erfolgt, wenn die entsprechende Ausgabe ausgeliefert wird. Ein Belegstück der Veröffentlichung wird zu den Versteigerungsakten genommen. Bei der Veröffentlichung im Internet ist maßgeblicher Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tag, an dem der Text vollständig im Internet zur Einsicht zur Verfügung steht. Auch dies sollte in den Akten vermerkt werden.

_____________ 5) 6) 7) 8)

438

Stöber, ZVG, § 39 Rz. 2.6. Vgl. BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – V ZB 53/12, WM 2013, 379. Stöber, ZVG, § 39 Rz. 2.5; Dassler-Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 39 Rz. 4. LG Frankenthal, Beschl. v. 9.5.1988 – 1 T 154/88, Rpfleger 1988, 421.

Bachmann

Bekanntmachung der Terminsbestimmung

3.

§ 39

Terminsaufhebung

Eine Terminsaufhebung9) muss nicht im Amtsblatt bzw. im Internet veröffentlicht werden. Sinnvoll ist es aber, bei den sonstigen Bekanntmachungen (siehe hierzu § 40 [Bachmann]) auf die Terminsaufhebung hinzuweisen.

6

III. Anheftung an der Gemeindetafel (Abs. 2) Wenn das zu versteigernde Grundstück nur einen geringen Wert hat, kann das Gericht anordnen, dass anstelle der in Abs. 1 vorgesehenen Veröffentlichung im Amtsblatt oder im Internet die Terminsbestimmung an der Gemeindetafel angeheftet wird (Abs. 2). Eine feste Größe, wann das Grundstück einen geringen Wert hat, ist nirgends genannt. Das Gericht entscheidet hierbei nach pflichtgemäßen Ermessen (str.).10) Wenn Böttcher11) meint, dass sich das Ermessen lediglich auf die Frage reduziert, ob (bei feststehender Geringfügigkeit) von der Möglichkeit des § 39 Abs. 2 ZVG Gebrauch gemacht werden soll oder nicht, dann erscheint dies doch etwas widersprüchlich. Gleichwohl sollte man seiner Empfehlung folgen, nur in solchen Fällen nach § 39 Abs. 2 ZVG zu verfahren, bei denen eindeutig feststeht, dass das Grundstück geringwertig ist.

7

Aber auch aus den folgenden Gründen sollte das Gericht von der Möglichkeit des § 39 Abs. 2 ZVG möglichst keinen Gebrauch machen:

8

1.

Die ursprüngliche Regelung beruhte auf der Überlegung des Gesetzgebers, dass die Kosten der Veröffentlichung im Amtsblatt eingespart werden sollten. Der (geringe) Versteigerungserlös sollte nicht durch hohe Kosten des Gerichts (hier: Auslagen für die Veröffentlichung im Amtsblatt) belastet werden. Da die Veröffentlichung im Bekanntmachungsportal der Justizverwaltung grundsätzlich keine Kosten auslöst,12) ist dieser Grund eigentlich weggefallen – zumindest bei den Gerichten, welche von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

2.

Eine Anheftung an der Gemeindetafel im eigentlichen Sinn ist in vielen Gemeinden gar nicht mehr möglich. Heute hat nahezu jede Gemeinde bzw. der entsprechende Gemeindeverband ihr/sein eigenes „Amtsblatt“. So ist für den Versteigerungsrechtspfleger nicht von vornherein klar, ob tatsächlich eine „Anheftung“ erfolgen kann. Und bei wörtlicher Anwendung der Vorschrift wäre eine Veröffentlichung im „Amtsblatt der Gemeinde […]“ eben nicht ausreichend.

IV. Rechtsbehelf Wenn § 39 ZVG nicht beachtet worden ist, liegt damit zugleich auch ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 ZVG vor; somit wäre der Zuschlag zu versagen, § 83 Nr. 7 ZVG. Wenn er trotzdem erteilt wird, kann dagegen Zuschlagsbeschwerde (§§ 96, 100 ZVG) eingelegt werden. _____________ 9) Nicht zu verwechseln mit einer Terminsverlegung; diese erfordert völlig neue Terminsbestimmung unter Beachtung sämtlicher entsprechender Vorschriften, insbesondere Einhaltung der Bekanntmachungs- und Zustellungsfrist. 10) So Stöber, ZVG, § 39 Rz. 3.2 und Dassler-Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 39 Rz. 6; a. A. Böttcher, ZVG, § 39, 40, Rz. 3. 11) Böttcher, ZVG, § 39, 40, Rz. 3. 12) Siehe hierzu GKG-KVNr. 9004 Abs. 1 in der seit 1.8.2013 geltenden Neufassung.

Bachmann

439

9

§ 40 10

Gerichtstafel und andere Veröffentlichungen

Gegen die Anordnung, die Terminsbestimmung (nur) an der Gemeindetafel anzuheften, kann Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden. Beruht diese Anordnung aber auf dem Umstand, dass das Gericht fälschlicherweise einen geringen Wert angenommen hat, dann soll die Terminsbestimmung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht sein – und somit § 43 Abs. 1 ZVG verletzt sein (mit der Folge der Zuschlagsversagung bzw. Zuschlagsbeschwerde).13) V. Kosten

11

Die Kosten für die Veröffentlichung sind kostenrechtlich als Auslagen des Gerichts gemäß GKG KVNr. 9004 zu werten. Versteigerungsrechtlich gehören sie zu den Kosten des Verfahrens, die nach § 109 ZVG aus dem Erlös vorweg zu entnehmen sind. Einen entsprechenden Kosten- bzw. Auslagenvorschuss bekommt der vorschießende Gläubiger in der sog. Rangklasse 0 wieder zurück. _____________ 13) So Stöber, ZVG, § 39 Rz. 3.2.

§ 40 Gerichtstafel und andere Veröffentlichungen (1) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. Ist das Gericht nach § 2 Abs. 2 zum Vollstreckungsgericht bestellt, so soll die Anheftung auch bei den übrigen Gerichten bewirkt werden. Wird der Termin nach § 39 Abs. 1 durch Veröffentlichung in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt gemacht, so kann die Anheftung an die Gerichtstafel unterbleiben. (2) Das Gericht ist befugt, noch andere und wiederholte Veröffentlichungen zu veranlassen; bei der Ausübung dieser Befugnis ist insbesondere auf den Ortsgebrauch Rücksicht zu nehmen. Literatur: Hornung, Die Zwangsvollstreckungsnovelle 1979 (II), Rpfleger 1979, 321. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Anheftung an die Gerichtstafel (Abs. 1) .................................................. 2 III. Weitere Veröffentlichungen (Abs. 2) .................................................. 5

I. 1

IV. Sonstiges ................................................ 7 1. Private Veröffentlichungen .................. 7 2. Kosten der Veröffentlichungen ............ 8

Allgemeines

§ 40 ZVG ergänzt den § 39 ZVG dahingehend, dass neben den notwendigen Bekanntmachungen auch noch die Anheftung an der Gerichtstafel erfolgen soll (Abs. 1) und weitere Veröffentlichungen möglich sind (Abs. 2). Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten; Besonderheiten gelten aber für die Versteigerung von Schiffen (siehe § 168 ZVG) und von Luftfahrzeugen (siehe § 171d ZVG).

440

Bachmann

§ 40 10

Gerichtstafel und andere Veröffentlichungen

Gegen die Anordnung, die Terminsbestimmung (nur) an der Gemeindetafel anzuheften, kann Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden. Beruht diese Anordnung aber auf dem Umstand, dass das Gericht fälschlicherweise einen geringen Wert angenommen hat, dann soll die Terminsbestimmung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht sein – und somit § 43 Abs. 1 ZVG verletzt sein (mit der Folge der Zuschlagsversagung bzw. Zuschlagsbeschwerde).13) V. Kosten

11

Die Kosten für die Veröffentlichung sind kostenrechtlich als Auslagen des Gerichts gemäß GKG KVNr. 9004 zu werten. Versteigerungsrechtlich gehören sie zu den Kosten des Verfahrens, die nach § 109 ZVG aus dem Erlös vorweg zu entnehmen sind. Einen entsprechenden Kosten- bzw. Auslagenvorschuss bekommt der vorschießende Gläubiger in der sog. Rangklasse 0 wieder zurück. _____________ 13) So Stöber, ZVG, § 39 Rz. 3.2.

§ 40 Gerichtstafel und andere Veröffentlichungen (1) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. Ist das Gericht nach § 2 Abs. 2 zum Vollstreckungsgericht bestellt, so soll die Anheftung auch bei den übrigen Gerichten bewirkt werden. Wird der Termin nach § 39 Abs. 1 durch Veröffentlichung in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt gemacht, so kann die Anheftung an die Gerichtstafel unterbleiben. (2) Das Gericht ist befugt, noch andere und wiederholte Veröffentlichungen zu veranlassen; bei der Ausübung dieser Befugnis ist insbesondere auf den Ortsgebrauch Rücksicht zu nehmen. Literatur: Hornung, Die Zwangsvollstreckungsnovelle 1979 (II), Rpfleger 1979, 321. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Anheftung an die Gerichtstafel (Abs. 1) .................................................. 2 III. Weitere Veröffentlichungen (Abs. 2) .................................................. 5

I. 1

IV. Sonstiges ................................................ 7 1. Private Veröffentlichungen .................. 7 2. Kosten der Veröffentlichungen ............ 8

Allgemeines

§ 40 ZVG ergänzt den § 39 ZVG dahingehend, dass neben den notwendigen Bekanntmachungen auch noch die Anheftung an der Gerichtstafel erfolgen soll (Abs. 1) und weitere Veröffentlichungen möglich sind (Abs. 2). Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten; Besonderheiten gelten aber für die Versteigerung von Schiffen (siehe § 168 ZVG) und von Luftfahrzeugen (siehe § 171d ZVG).

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Bachmann

Gerichtstafel und andere Veröffentlichungen

§ 40

II. Anheftung an die Gerichtstafel (Abs. 1) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. Unterbleibt dies versehentlich, dann wird das Verfahren dadurch nicht fehlerhaft, da es sich nur um eine Ordnungsvorschrift handelt. Eine bestimmte Frist ist hierbei nicht vorgesehen; jedoch sollte die Geschäftsstelle den Tag der Anheftung und den Tag der Abnahme vermerken und den entsprechenden Aushang dann zu den Gerichtsakten nehmen.

2

Ist das Versteigerungsgericht nach § 2 Abs. 2 ZVG vom gemeinsamen Obergericht bestimmt worden (vgl. § 2 Rz. 9 Rz. 14 ff. [Cranshaw]), dann soll nach Abs. 1 Satz 2 die Anheftung nicht nur bei dem Gericht erfolgen, das die Zwangsversteigerung durchführt, sondern auch bei den anderen Gerichten, in dessen Bezirk betroffene Grundstücke liegen. Dasselbe gilt auch für den Fall, dass aufgrund landesrechtlicher Regelungen ein zentrales Versteigerungsgericht für mehrere Amtsgerichte zuständig ist. Dies ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, aber h. M.1)

3

Wenn die Terminsbestimmung im Internet veröffentlicht worden ist (siehe § 39 Rz. 2, 3 [Bachmann]), dann kann die Anheftung an die Gerichtstafel unterbleiben, § 40 Abs. 1 Satz 3 ZVG. Für sinnvoll halte ich diese Regelung nicht, da erfahrungsgemäß viele Bietinteressenten immer wieder an der Gerichtstafel vorbeischauen, um dann anschließend auf der Geschäftsstelle nähere Einzelheiten zu erfragen (vgl. hierzu § 42 ZVG). Aber da es sich hierbei um eine Entscheidung handelt, die im Ermessen des Vollstreckungsgerichts liegt, braucht diese Frage nicht näher vertieft zu werden.

4

III. Weitere Veröffentlichungen (Abs. 2) Das Vollstreckungsgericht ist weiter befugt, noch andere und wiederholte Veröffentlichungen zu veranlassen, Abs. 2. Hierbei ist auf den Ortsgebrauch Rücksicht zu nehmen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an Anzeigen in den örtlichen Tages- oder Wochenzeitungen, bei größeren Objekten auch in einer überregionalen Zeitung, bei besonderen Objekten (z. B. Versteigerung eines Fabrikgeländes oder eines Hotels) auch in Fachzeitschriften. Bei der Gestaltung dieser Anzeigen ist das Gericht nicht an den Wortlaut der amtlichen Terminsbestimmung gebunden; vielmehr sollte ein werbewirksamer Text gewählt werden, der sich auf das für die Bieter Wesentliche beschränkt.

5

Im Zeitalter des Internets haben sich auch im Immobilienbereich einige Privatfirmen darauf spezialisiert, Versteigerungstermine im Internet zu veröffentlichen. Mitarbeiter dieser Firmen versuchen die Versteigerungsrechtspfleger zu animieren, eine Veröffentlichung auf ihrem Portal vorzunehmen. Hierbei kann es sich nur um eine sonstige Veröffentlichung i. S. d. § 40 Abs. 2 ZVG handeln. Da diese Veröffentlichung nicht mit geringen Kosten verbunden ist und im Übrigen nach dem gleichen Schema abläuft wie die Internetveröffentlichung auf dem gemeinsamen Justizportal (vgl. hierzu § 39 Rz. 2 [Bachmann]), sollten zumindest die Gerichte, bei denen eine Veröffentlichung im Internet schon nach § 39 Abs. 1 ZVG erfolgt,

6

_____________ 1)

Beispielsweise Böttcher, ZVG, § 39, 40 Rz. 5; Dassler-Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 40 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 40 Rz. 2.3 hält dies für nicht erforderlich, aber für „empfehlenswert“.

Bachmann

441

§ 41

Zustellung an die Beteiligten

von einer weiteren Veröffentlichung im Internet bei Privatanbietern absehen. Bei den übrigen Gerichten sollte darauf geachtet werden, dass –

die Belange des Datenschutzes ausreichend beachtet werden,



die Kosten sich in einem annehmbaren Rahmen bewegen.

IV. Sonstiges 1. 7

Private Veröffentlichungen

Neben den durch das ZVG vorgeschriebenen bzw. vorgesehenen Veröffentlichungen ist es nach überwiegender Ansicht auch den Beteiligten erlaubt, durch eigene Veröffentlichungen auf einen bevorstehenden Versteigerungstermin hinzuweisen. In der Praxis kommen insbesondere Veröffentlichungen der Gläubigerbanken in Betracht; Veröffentlichungen des Schuldners sind zwar auch möglich, aber äußerst selten. Solche Veröffentlichungen kann das Vollstreckungsgericht nicht unterbinden. Aber die entsprechenden Anzeigen müssen unmissverständlich erkennen lassen, dass es sich nicht um Veröffentlichungen durch das Vollstreckungsgericht handelt. Etwaige Fehler stellen aber keinen Verstoß gegen §§ 37, 39 ZVG dar und führen deshalb nicht zu einer Zuschlagsversagung bzw. Zuschlagsaufhebung. Jedoch sollten Unklarheiten spätestens im Versteigerungstermin durch das Vollstreckungsgericht beseitigt werden. 2.

Kosten der Veröffentlichungen

8

Kosten für die weiteren Veröffentlichungen, welche das Vollstreckungsgericht veranlasst, sind Kosten des Verfahrens und nach § 109 ZVG aus der Teilungsmasse vorweg zu entnehmen. Die hierfür anfallenden Kosten sind als Auslagen des Gerichts in voller Höhe anzusetzen (GKG-KVNr. 9004).

9

Kosten für private Veröffentlichungen gehören jedoch nicht zu den Gerichtskosten; damit können sie auch nicht dem Erlös entnommen werden. Ob sie der Gläubiger als Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO i. V. m. § 91 ZPO) im Range seines Anspruchs anmelden kann (vgl. § 10 Abs. 2 ZVG), hängt davon ab, ob die Veröffentlichung „notwendig“ war. Dies bedeutet: Es müssten schon besondere Umstände dafür sprechen, dass neben den amtlichen Veröffentlichungen auch eine private Anzeige notwendig war.

§ 41 Zustellung an die Beteiligten (1) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten zuzustellen. (2) Im Laufe der vierten Woche vor dem Termin soll den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. (3) Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben.

442

Bachmann

§ 41

Zustellung an die Beteiligten

von einer weiteren Veröffentlichung im Internet bei Privatanbietern absehen. Bei den übrigen Gerichten sollte darauf geachtet werden, dass –

die Belange des Datenschutzes ausreichend beachtet werden,



die Kosten sich in einem annehmbaren Rahmen bewegen.

IV. Sonstiges 1. 7

Private Veröffentlichungen

Neben den durch das ZVG vorgeschriebenen bzw. vorgesehenen Veröffentlichungen ist es nach überwiegender Ansicht auch den Beteiligten erlaubt, durch eigene Veröffentlichungen auf einen bevorstehenden Versteigerungstermin hinzuweisen. In der Praxis kommen insbesondere Veröffentlichungen der Gläubigerbanken in Betracht; Veröffentlichungen des Schuldners sind zwar auch möglich, aber äußerst selten. Solche Veröffentlichungen kann das Vollstreckungsgericht nicht unterbinden. Aber die entsprechenden Anzeigen müssen unmissverständlich erkennen lassen, dass es sich nicht um Veröffentlichungen durch das Vollstreckungsgericht handelt. Etwaige Fehler stellen aber keinen Verstoß gegen §§ 37, 39 ZVG dar und führen deshalb nicht zu einer Zuschlagsversagung bzw. Zuschlagsaufhebung. Jedoch sollten Unklarheiten spätestens im Versteigerungstermin durch das Vollstreckungsgericht beseitigt werden. 2.

Kosten der Veröffentlichungen

8

Kosten für die weiteren Veröffentlichungen, welche das Vollstreckungsgericht veranlasst, sind Kosten des Verfahrens und nach § 109 ZVG aus der Teilungsmasse vorweg zu entnehmen. Die hierfür anfallenden Kosten sind als Auslagen des Gerichts in voller Höhe anzusetzen (GKG-KVNr. 9004).

9

Kosten für private Veröffentlichungen gehören jedoch nicht zu den Gerichtskosten; damit können sie auch nicht dem Erlös entnommen werden. Ob sie der Gläubiger als Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO i. V. m. § 91 ZPO) im Range seines Anspruchs anmelden kann (vgl. § 10 Abs. 2 ZVG), hängt davon ab, ob die Veröffentlichung „notwendig“ war. Dies bedeutet: Es müssten schon besondere Umstände dafür sprechen, dass neben den amtlichen Veröffentlichungen auch eine private Anzeige notwendig war.

§ 41 Zustellung an die Beteiligten (1) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten zuzustellen. (2) Im Laufe der vierten Woche vor dem Termin soll den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. (3) Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben.

442

Bachmann

§ 41

Zustellung an die Beteiligten Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Zustellung der Terminsbestimmungen an die Beteiligten (Abs. 1) .................................................. 3 III. Mitteilung an die Beteiligten (Abs. 2) .................................................. 9

I.

IV. V. 1. 2. VI.

Sonstige Mitteilungen ....................... 12 Rechtsbehelf ....................................... 13 Verstoß gegen Absatz 1 ...................... 13 Verstoß gegen Absatz 2 ...................... 15 Sonstiges .............................................. 17

Allgemeines

Die Terminsbestimmung muss sämtlichen Beteiligten zugestellt werden (Abs. 1). Mit dieser Vorschrift korrespondiert der § 43 Abs. 2 ZVG, der eine Zustellungsfrist von vier Wochen vorsieht. Außerdem sind die Beteiligten darüber zu informieren, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt (Abs. 2). Diese Unterrichtung ist im Hinblick auf § 44 Abs. 2 ZVG von Bedeutung; denn aufgrund dieser Mitteilung können die Beteiligten feststellen, wie hoch das niedrigste geringste Gebot in dem anberaumten Versteigerungstermin sein wird.1)

1

Sowohl Absatz 1 als auch Absatz 2 gelten für alle Versteigerungsarten.

2

II. Zustellung der Terminsbestimmungen an die Beteiligten (Abs. 1) Die Terminsbestimmung muss allen Beteiligten von Amts wegen zugestellt werden (§§ 3 ff. ZVG i. V. m. §§ 166 ff. ZPO). Zu den Beteiligten im Sinne dieser Vorschrift gehören auch (schon) diejenigen, die ihren angemeldeten Anspruch noch glaubhaft machen müssen (Abs. 3 als Besonderheit zu § 9 Nr. 2).

3

Die Zustellung erfolgt an alle Beteiligte, die im Zeitpunkt der Veranlassung dem Gericht bekannt sind, wobei hier die Frist des § 43 Abs. 2 ZVG zu beachten ist. An Beteiligte, die erst nachträglich hinzukommen, muss grundsätzlich auch noch zugestellt werden – ohne dass insoweit die Vier-Wochen-Frist eingehalten werden müsste. Davon will Stöber2) jedoch absehen, wenn der Beteiligte bereits Kenntnis von der Terminsbestimmung hat. Diese Kenntnis kann z. B. angenommen werden, wenn die Gemeinde Ansprüche der Rangklasse 3 bzw. 7 (z. B. rückständige und/oder laufende Grundsteuer) zu einem bestimmten Versteigerungstermin anmeldet. Dieser Ansicht ist uneingeschränkt zuzustimmen; denn:

4



Die Terminsbestimmung ist der Gemeinde schon bekannt gegeben, wenn auch nicht durch Zustellung (siehe nachfolgende Rz. 12).



In der Anmeldung kann man konkludent auch die Genehmigung der fehlenden Zustellung sehen (vgl. §§ 83 Nr. 1, 84 ZVG).



Die nachträgliche Zustellung wäre reine Förmelei, da ohne Kenntnis der Terminsbestimmung ja auch keine Anmeldung zu dem bestimmten Termin erfolgt wäre.

_____________ 1)

2)

Durch Veränderungen bei den betreibenden Gläubigern innerhalb der Vier-Wochen-Frist kann sich das geringste Gebot zwar erhöhen, aber nicht verringern; Einzelheiten hierzu bei § 44 ZVG. Stöber, ZVG, § 41 Rz. 2.

Bachmann

443

§ 41

Zustellung an die Beteiligten

5

Wenn die Beteiligtenstellung nach erfolgter Zustellung wechselt (z. B. durch Rechtsnachfolge), muss an den Rechtsnachfolger nicht nochmals zugestellt werden.3)

6

Bei der Versteigerung eines Erbbaurechts ist der Grundstückseigentümer immer Beteiligter (§ 24 ErbauRG); deshalb ist auch ihm die Terminsbestimmung zuzustellen.

7

Bei der Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum, sind die anderen Wohnungs- bzw. Teileigentümer ebenfalls Beteiligte. Deshalb müsste die Terminsbestimmung auch ihnen zugestellt werden. Wenn jedoch ein Verwalter bestellt ist, genügt die Zustellung an diesen; denn er ist nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG berechtigt, alle Zustellungen entgegenzunehmen, die an die Wohnungseigentümer gerichtet sind.4)

8

Wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet ist, gehört der Insolvenzschuldner nicht zu den Beteiligten; vielmehr ist dem Insolvenzverwalter die Terminsbestimmung zuzustellen. Im Hinblick darauf, dass der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Masse freigeben kann oder das Insolvenzverfahren aufgehoben wird, ist es aber sinnvoll, die Terminsbestimmung vorsorglich auch an den Insolvenzschuldner selbst zuzustellen.5) III. Mitteilung an die Beteiligten (Abs. 2)

9

In der vierten Woche vor dem Versteigerungstermin soll den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. Diese Mitteilung erhalten alle Beteiligten, auch die erst nach der Terminsbestimmung hinzugekommenen. Auch die Beteiligten, die zwar angemeldet aber noch nicht glaubhaft gemacht haben, erhalten diese Mitteilung (§ 41 Abs. 3 ZVG). Zu den Beteiligten gehören auch der Schuldner und die betreibenden Gläubiger, auch wenn deren Verfahren z. Zt. eingestellt ist (siehe § 9 Halbs. 1 ZVG).

10

Inhaltlich soll die Mitteilung den Beteiligten die Möglichkeit geben, die für die Berechnung des geringsten Gebots maßgeblichen Punkte festzustellen. Deshalb muss sich – zumindest schlüssig – auch der vom betreibenden Gläubiger beanspruchte Rang aus der Mitteilung ergeben. Aufgenommen werden aber nur solche Ansprüche, wegen deren tatsächlich betrieben wird, dies bedeutet im Umkehrschluss: –

Ansprüche, die dem Berechtigten aufgrund der Grundbucheintragung oder aufgrund einer vorgenommenen Anmeldung zustehen, gehören nicht hierher.



Gläubiger, deren Verfahren eingestellt ist, kommen als bestbetreibende Gläubiger für die Feststellung des geringsten Gebots nicht in Betracht. Deshalb werden sie in die Mitteilung nicht mit aufgenommen (str.).6)



Dasselbe gilt für die dem Schuldner verspätet zugestellten Beitritts- bzw. Fortsetzungsbeschlüsse, weil sie gemäß § 44 Abs. 2 ZVG dem geringsten Gebot nicht zugrunde gelegt werden können (h. M.).

_____________ 3)

4) 5) 6)

444

Böttcher, ZVG, § 41 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 41 Rz. 5. Stöber, ZVG, § 41 Rz. 2.2 hält jedoch eine nochmalige Zustellung für zulässig; sie sollte aber den Hinweis enthalten, dass die Fristwahrung bereits mit der Zustellung an den Rechtsvorgänger erfolgt ist. OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.8.1965 – 8 W 147/65, Rpfleger 1966, 113 = NJW 1966, 1036. Am besten mit dem Hinweis: „Zustellen trotz Postsperre gemäß § 99 InsO“. So Stöber, ZVG, § 41 Rz. 3.4; Böttcher, § 41 Rz. 6; a. A. z. B. Steiner-Teufel, ZVG, § 41 Rz. 14.

Bachmann

§ 41

Zustellung an die Beteiligten

Ebenso die Frage, ob die Mitteilungen auch Hinweise auf die erste Beschlagnahme (bzw. auf die einzelnen Beschlagnahmezeitpunkte) und den voraussichtlich bestbetreibenden Gläubiger enthalten sollen, wird nicht einheitlich beantwortet: Nach einer Ansicht sollen diese Angaben nicht aufgenommen werden;7) die Gegenmeinung hält es für erforderlich, die (erste) Beschlagnahme ebenso anzugeben wie den Gläubiger, der für die Berechnung des geringsten Gebots voraussichtlich maßgebend ist.8) Ich halte diese Angaben für nicht erforderlich; auch die Übersendung von Kopien des Anordnungs- und der Beitrittsbeschlüsse ist gesetzlich nicht vorgeschrieben – und sollte deshalb unterbleiben.9)

11

IV. Sonstige Mitteilungen Neben den in § 41 ZVG vorgesehenen Zustellungen und Mitteilungen sieht die MiZi10) weitere Mitteilungen vor, insbesondere die Bestimmung des Versteigerungstermins an die Gemeindeverwaltung. Diese MiZi enthält auch einen landesrechtlichen Abschnitt, in dem noch weitere (formlose) Mitteilungen vorgesehen sind. So sehen manche Länder z. B. eine Mitteilung an die zuständige Brandversicherungsanstalt, an die zuständige Flurbereinigungsbehörde, an das zuständige Finanzamt und an das Hauptzollamt vor.

12

V. Rechtsbehelf 1.

Verstoß gegen Absatz 1

Wenn die Zustellung der Terminsbestimmung nicht ordnungsgemäß oder gar nicht erfolgt ist, kann dies mit Erinnerung gemäß § 766 ZPO beanstandet werden, Ziel dieser Erinnerung ist: –

Zustellungsmängel zu beseitigen bzw. die Zustellung ordnungsgemäß nachzuholen (wenn die Frist des § 43 Abs. 2 ZVG gewahrt wird);



den Versteigerungstermin aufzuheben (wenn die Zustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG nicht gewahrt wird).

Ein trotz Verletzung der §§ 41 Abs. 1, 43 Abs. 2 ZVG erteilter Zuschlag kann mit der Zuschlagsbeschwerde angefochten werden (§§ 83 Nr. 1, 100 ZVG). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang aber auch auf § 84 ZVG, wonach ein solcher Mangel geheilt werden kann. 2.

13

14

Verstoß gegen Absatz 2

Wenn die Mitteilung nach Absatz 2 unterlassen oder verspätet erfolgt, wenn sie unvollständig oder falsch ist, wirkt sich dies nach überwiegender Ansicht auf das Verfahren selbst nicht aus; denn Absatz 2 stellt nur eine Ordnungsvorschrift dar.11) _____________ So Stöber, ZVG, § 41, Rz. 3.3; diese Ansicht wird auch in der gerichtlichen Praxis vertreten. So Böttcher, ZVG, § 41 Rz. 6. So aber Böttcher, ZVG, § 41, Rz. 6. MiZi = Mitteilungen in Zivilsachen – 3. Abschnitt Teil VII, Mitteilungen in Zwangsversteigerungssachen. 11) So Böttcher, ZVG, § 41 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 41 Rz. 3.1; a. A. Löhning-Huber, ZVG, § 41 Rz. 6 m. w. N. 7) 8) 9) 10)

Bachmann

445

15

§ 42

Gestattung von Akteneinsicht

Mit anderen Worten: Der Versteigerungstermin muss nicht aufgehoben werden, der Zuschlag muss nicht versagt werden; eine Zuschlagsbeschwerde wäre nicht erfolgreich. 16

Jedoch können wegen einer Amtspflichtverletzung Schadensersatzansprüche entstehen.12) VI. Sonstiges

17

Die Mitteilung nach Absatz 2 bezieht sich auf die vorhandenen Beschlüsse über die Anordnung bzw. Beitritte, aber ohne Angabe eines bestimmten Ranges.

18

Muster für die Mitteilung gemäß § 41 Abs. 2 ZVG enthalten die Handbücher.13) _____________ 12) OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.5.1981 – 18 U 245/80, VersR 1982, 102. 13) Beispielsweise Stöber, ZVG, Rz 224; Löhnig-Stenzel, Abschnitt VA, Formular Nr. 10; Hintzen/Wolf, ZVG, Rz. 15.44; Knees, ZVG, S. 301.

§ 42 Gestattung von Akteneinsicht (1) Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der erfolgten Anmeldungen ist jedem gestattet. (2) Das gleiche gilt von anderen das Grundstück betreffenden Nachweisungen, welche ein Beteiligter einreicht, insbesondere von Abschätzungen. Literatur: Helwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis, Teil 12, JurBüro 2011, 625. Übersicht I. II. III. IV. V.

Allgemeines .......................................... 1 Akteneinsicht nach § 42 ZVG ............ 3 Akteneinsicht nach § 299 ZPO .......... 7 Auskunft ............................................... 9 Besichtigung des Grundstücks ......... 13

I.

Allgemeines

VI. Rechtsbehelf ....................................... 14 1. Einsicht nach § 42 ZVG oder § 299 Abs. 1 ZPO ................................ 15 2. Einsicht nach § 299 Abs. 2 ZPO ........ 16

1

§ 42 ZVG gewährt für alle Versteigerungsverfahren ein erweitertes Akteneinsichtsrecht. Bietinteressenten sollen Kenntnis von den Unterlagen erlangen können, welche für einen beabsichtigten Erwerb des Grundstücks wichtig sind. Durch § 42 ZVG wird einerseits der Kreis der Einsichtsberechtigten erweitert (jedermann); andererseits wird der Umfang der Einsicht auf bestimmte Teile beschränkt.

2

Neben § 42 ZVG besteht das allgemeine Einsichtsrecht des § 299 ZPO, der nach § 869 ZPO auch im Versteigerungsverfahren gilt. II. Akteneinsicht nach § 42 ZVG

3

Jeder (egal ob Beteiligter oder nicht) kann ohne Darlegung eines rechtlichen Interesses Einsicht in die Gerichtsakten nehmen. Hierzu ist weder Ausweis noch Vollmacht erforderlich.1) Dieses Einsichtsrecht gilt nur für die Versteigerungsakten _____________ 1)

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LG Berlin, Beschl. v. 14.12.2005 – 81 T 1056/05, Rpfleger 2006, 274 = ZInsO 2011, 1175.

Bachmann

§ 42

Gestattung von Akteneinsicht

Mit anderen Worten: Der Versteigerungstermin muss nicht aufgehoben werden, der Zuschlag muss nicht versagt werden; eine Zuschlagsbeschwerde wäre nicht erfolgreich. 16

Jedoch können wegen einer Amtspflichtverletzung Schadensersatzansprüche entstehen.12) VI. Sonstiges

17

Die Mitteilung nach Absatz 2 bezieht sich auf die vorhandenen Beschlüsse über die Anordnung bzw. Beitritte, aber ohne Angabe eines bestimmten Ranges.

18

Muster für die Mitteilung gemäß § 41 Abs. 2 ZVG enthalten die Handbücher.13) _____________ 12) OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.5.1981 – 18 U 245/80, VersR 1982, 102. 13) Beispielsweise Stöber, ZVG, Rz 224; Löhnig-Stenzel, Abschnitt VA, Formular Nr. 10; Hintzen/Wolf, ZVG, Rz. 15.44; Knees, ZVG, S. 301.

§ 42 Gestattung von Akteneinsicht (1) Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der erfolgten Anmeldungen ist jedem gestattet. (2) Das gleiche gilt von anderen das Grundstück betreffenden Nachweisungen, welche ein Beteiligter einreicht, insbesondere von Abschätzungen. Literatur: Helwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis, Teil 12, JurBüro 2011, 625. Übersicht I. II. III. IV. V.

Allgemeines .......................................... 1 Akteneinsicht nach § 42 ZVG ............ 3 Akteneinsicht nach § 299 ZPO .......... 7 Auskunft ............................................... 9 Besichtigung des Grundstücks ......... 13

I.

Allgemeines

VI. Rechtsbehelf ....................................... 14 1. Einsicht nach § 42 ZVG oder § 299 Abs. 1 ZPO ................................ 15 2. Einsicht nach § 299 Abs. 2 ZPO ........ 16

1

§ 42 ZVG gewährt für alle Versteigerungsverfahren ein erweitertes Akteneinsichtsrecht. Bietinteressenten sollen Kenntnis von den Unterlagen erlangen können, welche für einen beabsichtigten Erwerb des Grundstücks wichtig sind. Durch § 42 ZVG wird einerseits der Kreis der Einsichtsberechtigten erweitert (jedermann); andererseits wird der Umfang der Einsicht auf bestimmte Teile beschränkt.

2

Neben § 42 ZVG besteht das allgemeine Einsichtsrecht des § 299 ZPO, der nach § 869 ZPO auch im Versteigerungsverfahren gilt. II. Akteneinsicht nach § 42 ZVG

3

Jeder (egal ob Beteiligter oder nicht) kann ohne Darlegung eines rechtlichen Interesses Einsicht in die Gerichtsakten nehmen. Hierzu ist weder Ausweis noch Vollmacht erforderlich.1) Dieses Einsichtsrecht gilt nur für die Versteigerungsakten _____________ 1)

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LG Berlin, Beschl. v. 14.12.2005 – 81 T 1056/05, Rpfleger 2006, 274 = ZInsO 2011, 1175.

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§ 42

Gestattung von Akteneinsicht

und nur bis zum Schluss der Versteigerung.2) Wenn Hintzen3) meint, dass es für diese Ansicht keine plausible Begründung gebe, dann kann dem nicht gefolgt werden: Nach dem Schluss der Versteigerung kann (in diesem Versteigerungstermin) nicht mehr geboten werden; somit fehlt die Begründung für ein weiteres Einsichtsrecht. Sollte es zu keinem Zuschlag kommen, dann geht das Verfahren meistens weiter – mit neuer Möglichkeit der Einsichtnahme. Wenn schon die zeitliche Dauer des Einsichtsrechts hinausgeschoben werden sollte, dann wäre die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses der geeignetere Zeitpunkt; denn erst danach ist (für die Bietinteressenten wohlgemerkt!) das Verfahren wirklich beendet. Die Einsicht nach § 42 ZVG beschränkt sich auf folgende Aktenteile:

4



Mitteilungen des Grundbuchamts (siehe § 19 Abs. 2 und 3).



Anmeldungen der Gläubiger, Mieter und sonstiger Beteiligter (siehe § 9 Nr. 2 ZVG). Hinzuweisen ist auf § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG, wonach Betreiben als Anmeldung gilt; somit erstreckt sich das Einsichtsrecht auch auf die Versteigerungsund Beitrittsanträge.



Andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, insbesondere Schätzungen, das Verkehrswertgutachten, Brandversicherungsurkunde.

Nicht eingesehen dürfen andere Nachweise und Unterlagen (z. B. Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse, Vollstreckungstitel, Abtretungsurkunden, Vollmachten, Erbscheine, Vollstreckungsschutzunterlagen. Die Frage, ob der vom Finanzamt mitgeteilte Einheitswertbescheid der Einsicht unterliegt, wird streitig beantwortet: Während Böttcher4) diesen Bescheid unter die „Nachweisungen“ einordnet, die dem Einsichtsrecht unterliegen, verneint Stöber5) dieses Recht. Im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses, ist der Ansicht Stöbers zuzustimmen.

5

Die Akten können grundsätzlich nur während der Dienststunden auf der Geschäftsstelle eingesehen werden. Ein Anspruch auf Übersendung der Akten besteht nicht – auch nicht für einen Rechtsanwalt.6) Der Einsichtnehmende kann Aufzeichnungen oder Abschriften fertigen; das Vollstreckungsgericht ist dazu nicht verpflichtet.7) In der Praxis üblich ist aber die Erteilung einer Ablichtung des Verkehrswertgutachtens gegen Zahlung der entsprechenden Auslagen.

6

III. Akteneinsicht nach § 299 ZPO Soweit § 42 ZVG nicht zutrifft, kann sich ein Einsichtsrecht nur aus §§ 299, 869 ZPO ergeben. Hiernach können die „Parteien“ den gesamten Inhalt der Versteigerungsakten einsehen und sich aus ihnen Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen (§ 299 Abs. 1 ZPO). Über diese Anträge entscheidet das Vollstreckungsgericht (regelmäßig der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle). _____________ 2) 3) 4) 5) 6) 7)

So Böttcher, ZVG, § 42 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 42 Rz. 2. Dassler-Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 42 Rz. 6; so auch Löhnig-Huber, § 42 Rz. 4: bis zur Zuschlagsverkündung. Böttcher, ZVG, § 42 Rz. 3; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 42 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 42 Rz. 2.2. BGH, Urt. v. 12.12.1960 – III ZR 191/59, Rpfleger 1961, 190 = NJW 1961, 559. LG Berlin, Beschl. v. 14.12.2005 – 81 T 1056/05, Rpfleger 2006 = ZInsO 2011, 1175.

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§ 42 8

Gestattung von Akteneinsicht

Dritte können nur mit Erlaubnis des Vorstands des Gerichts die Akten einsehen; hierzu müssen sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen (§ 299 Abs. 2 ZPO). In der Praxis wird diese Befugnis oft auf die Person des Versteigerungsrechtspflegers (aber in seiner Funktion als Beamter des gehobenen Justizdienstes!) übertragen. Da es sich im Fall des § 299 Abs. 2 ZPO um eine Aufgabe der Justizverwaltung handelt (siehe nachfolgende Rz. 16) ist dies zulässig. IV. Auskunft

9

Neben der Akteneinsicht (sei sie nach § 42 ZVG oder § 299 ZPO) sieht das ZVG keinen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft vor. In diesem Bereich kommen immer wieder die folgenden Fragen vor (oft nur telefonisch gestellt): –

Sachstandsanfrage (In welchem Stadium befindet sich das Versteigerungsverfahren? Lohnt es sich, dem Verfahren beizutreten?)



Versteigerungsergebnis (Wie hoch war das Meistgebot?)

10

Eine Sachstandsanfrage zu beantworten sollte eine Selbstverständlichkeit sein, soweit sie mit dem Einsichtsrecht des § 42 ZVG korrespondiert. Die Frage nach einem möglichen Beitritt dagegen dürfte zwar unbedenklich sein, soweit es nur um den Aspekt geht, ob ein Beitritt (zeitlich) überhaupt noch möglich ist. Die Frage, ob ein solcher Beitritt auch erfolgversprechend ist, sollte dagegen nicht beantwortet werden, weil sie eine rechtliche Würdigung darstellt – und dadurch zu einer verbotenen Rechtsberatung führen kann. Hinsichtlich der Auskunft nach der Höhe des Meistgebots gibt es verschiedene Ansichten:

11

Hintzen8) meint, dass es „kaum einen wirklich vernünftigen Grund gebe, diese Einfachst-Auskunft zu verweigern“. Stöber9) dagegen vertritt die Ansicht, dass es sich hierbei um eine weitergehende Auskunft handele, die nur durch den Gerichtsvorstand nach entsprechender Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses genehmigt werden könne. Ich halte die Einwände Stöbers für stichhaltig, denn:

12



Ob die Auskunft über die Höhe des Meistgebots einfach ist, hängt vom konkreten Fall ab (Stichwort: Meistgebot einschließlich bestehen bleibender Rechte, oder Meistbargebot, fiktive Befriedigung des Erstehers). Wird die Auskunft von der Geschäftsstelle oder vom Versteigerungsrechtspfleger erteilt?



Telefonische Auskünfte sind äußerst zurückhaltend zu handhaben, da man nie genau feststellen kann, wer eigentlich die Auskunft begehrt.

Aber wenn man von der bereits geschilderten Praxis der Übertragung der Genehmigungsbefugnis vom Gerichtsvorstand auf den Versteigerungsrechtspfleger (siehe oben) Gebrauch macht, dann kann dieser den oben dargestellten Bedenken Rechnung tragen. V. Besichtigung des Grundstücks

13

Das Vollstreckungsgericht kann die Besichtigung des beschlagnahmten Grundstücks nicht erlauben oder erzwingen. Eine Besichtigung ist nur möglich, wenn _____________ 8) 9)

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Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 42 Rz. 7 unter Hinweis auf Meyer-Stolte, Rpfleger 1992, 267 (Urteilsanm.). Stöber, ZVG, § 42 Rz. 2.1 und 2.2 unter Hinweis auf OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.12.1991 – 20 VA 13/91, Rpfleger 1992, 267; so auch Böttcher, ZVG, § 42 Rz. 7.

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§ 42

Gestattung von Akteneinsicht

der Schuldner damit einverstanden ist. Die Besichtigung von Wohn- und Geschäftsräumen kann gegen den Willen des Schuldners auch nicht der Zwangsverwalter ermöglichen. In der Praxis herrscht zwar zum Teil die Ansicht vor, der Zwangsverwalter könne die Besichtigung in jedem Fall gestatten. Das ist aber nicht richtig. Dies trifft nur zu bei leer stehenden Gebäuden und nicht vermieteten bzw. verpachteten Grundstücken. Hier kann der Zwangsverwalter die Besichtigung gestatten; ein Anspruch des Bietinteressenten darauf besteht aber nicht.10) VI. Rechtsbehelf Welcher Rechtsbehelf in Betracht kommt, hängt zum einen davon ab, um welche Vorschrift es sich handelt, zum anderen wer über die Gewährung der Einsicht entschieden hat. 1.

Einsicht nach § 42 ZVG oder § 299 Abs. 1 ZPO

Wird die Einsicht durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verweigert, dann ist die befristete Erinnerung gemäß § 573 ZPO zulässig.11) Hat dagegen der Rechtspfleger entschieden, ist die sofortige Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RpflG, § 567 ZPO gegeben12). Die Gegenansicht,13) nach der die Erinnerung gemäß § 766 ZPO der richtige Rechtsbehelf wäre, übersieht dass es bei der Frage der Gewährung der Akteneinsicht nicht um „die Art und Weise der Zwangsvollstreckung“ geht, sondern um die Führung eines Verfahrens der streitigen Gerichtsbarkeit. Und so unterliegt diese Entscheidung auch nicht der Einschränkung des § 95 ZVG; denn Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts, die mit dem Zuschlag nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen, sind durch § 95 ZVG nicht beschränkt.14) Somit ist der „Umweg“ über § 766 ZPO auch gar nicht notwendig. Ein weiterer Aspekt ist hierbei ebenfalls zu beachten: Es wäre wohl nur schwer vermittelbar, beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle den Rechtsbehelf zu befristen, beim Rechtspfleger aber die unbefristete Erinnerung (§ 766 ZPO) zuzulassen. 2.

15

Einsicht nach § 299 Abs. 2 ZPO

Bei der Entscheidung nach § 299 Abs. 2 ZPO handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt.15) Deshalb richtet sich der Rechtsmittelweg nach § 23 EGGVG.

_____________ 10) 11) 12) 13) 14) 15)

14

Stöber, ZVG, § 42 Rz. 3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 42 Rz. 8 m. w. N. So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 42 Rz. 8. So Böttcher, ZVG, § 42 Rz. 4 und Löhning-Huber, ZVG, § 42 Rz. 7. Vgl. Stöber, ZVG, § 95 Rz. 4.5. Böttcher, ZVG, § 42 Rz. 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 42 Rz. 9; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.1.1993 – 3 Va 6/92, Rpfleger 1993, 354 = JurBüro 1993, 550.

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16

§ 43

Aufhebung des Versteigerungstermins

§ 43 Aufhebung des Versteigerungstermins (1) Der Versteigerungstermin ist aufzuheben und von neuem zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekanntgemacht ist. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so reicht es aus, dass die Bekanntmachung der Terminsbestimmung zwei Wochen vor dem Termin bewirkt ist. (2) Das gleiche gilt, wenn nicht vier Wochen vor dem Termin dem Schuldner ein Beschluss, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, und allen Beteiligten, die schon zur Zeit der Anberaumung des Termins dem Gericht bekannt waren, die Terminsbestimmung zugestellt ist, es sei denn, dass derjenige, in Ansehung dessen die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Bekanntmachungsfrist (Abs. 1) ......... III. Beschlusszustellungsfrist (Abs. 2 Alt. 1) ....................................... IV. Terminszustellungsfrist (Abs. 2 Alt. 2) ....................................... V. Mängel ...................................................

I. 1

1 2 4 6 8

VI. Aufhebung und Bestimmung eines neuen Termins .......................... 11 VII. Sonstiges ............................................. 12 1. Aufhebung, Verlegung und Vertagung nach § 227 ZPO ................ 12 2. Begriffsbestimmungen ........................ 13 3. Fristberechnung .................................. 16

Allgemeines

Um den Beteiligten Zeit zur Vorbereitung des Versteigerungstermins zu geben, sieht § 43 ZVG Mindestfristen für die öffentliche Bekanntmachung (Abs. 1) und für die Zustellung der Terminsbestimmung und der Beschlagnahmebeschlüsse (Abs. 2) vor. Diese Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten; jedoch ist bei der Versteigerung eines Schiffsbauwerks (nicht eines Schiffes!) § 170a Abs. 2 Satz 4 ZVG zu beachten. II. Bekanntmachungsfrist (Abs. 1)

2

Die Bekanntmachung der Terminsbestimmung muss sechs Wochen vor dem Versteigerungstermin erfolgen (Satz 1). Diese Frist setzt voraus, dass die Bekanntmachung auch ordnungsgemäß erfolgte – dass also §§ 37, 38 ZVG beachtet sind.1) Unter Bekanntmachung ist hier die i. S. d. § 39 Abs. 1 ZVG (Amtsblatt, InternetVeröffentlichung) oder die nach § 39 Abs. 2 ZVG (Gemeindetafel bei geringwertigem Versteigerungsobjekt) zu verstehen. Für die weiteren Veröffentlichungen (§ 40 Abs. 2 ZVG) gilt die Frist nicht. Eine fehlerhafte Veröffentlichung muss ebenfalls in der Frist des § 43 Abs. 1 ZVG durch eine (richtige) Veröffentlichung ersetzt werden.

3

War das Verfahren schon einmal eingestellt worden, dann beträgt die Bekanntmachungsfrist nur zwei Wochen (Satz 2). Ob von dieser abgekürzten Frist Gebrauch gemacht werden kann, hängt davon ab, ob das Verfahren des bestbetreibenden _____________ 1)

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BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = ZfIR 2008, 685 mit Anm. Böttcher.

Bachmann

§ 43

Aufhebung des Versteigerungstermins

Gläubigers eingestellt war.2) Für die Praxis hat dieser Streit keine große Bedeutung, da die Versteigerungsgerichte von der verkürzten Bekanntmachungsfrist in Anlehnung an die Ausführungen von Stöber3) grundsätzlich keinen Gebrauch machen; denn die Gefahr, dass durch plötzliche „Verfahrensänderungen“ (der voraussichtlich bestbetreibende Gläubiger fällt weg, aus welchen Gründen auch immer) der Versteigerungstermin wieder aufgehoben werden muss, ist groß.4) III. Beschlusszustellungsfrist (Abs. 2 Alt. 1) Der Versteigerungstermin darf nur durchgeführt werden, wenn ein „Beschluss, aufgrund dessen die Versteigerung erfolgen kann“, mindestens vier Wochen vor dem Termin an den Schuldner zugestellt worden ist. Unter einem solchen Beschluss sind zu verstehen: –

4

der Anordnungsbeschluss,



jeder Beitrittsbeschluss,



jeder Fortsetzungsbeschluss.

Wenn das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben wird, muss zumindest für einen Gläubiger diese Frist gewahrt sein. Die Zustellung muss ordnungsgemäß erfolgt sein. Werden Mängel bekannt, ist der Termin von Amts wegen aufzuheben, wenn eine ordnungsgemäße (neue) Zustellung nicht mehr rechtzeitig nachgeholt werden kann. Jedoch ist auf die Möglichkeit des § 189 ZPO (Heilung von Zustellungsmängeln) und auf die Möglichkeit der Genehmigung der Nichteinhaltung der Frist (durch den Schuldner) nach § 43 Abs. 2, letzter Halbsatz ZVG hinzuweisen.

5

IV. Terminszustellungsfrist (Abs. 2 Alt. 2) Die Terminsbestimmung muss allen Beteiligten, die dem Vollstreckungsgericht bei Anberaumung des Termins bekannt waren, vier Wochen vor dem Termin zugestellt sein. Wer Beteiligter ist, ergibt sich aus § 9 ZVG. Ob hierzu auch derjenige gehört, der sein angemeldetes Recht noch glaubhaft machen muss, wird im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet: Eine Ansicht5) verweist auf § 41 Abs. 3 ZVG und meint, dass § 43 Abs. 1 ZVG den § 41 ZVG vervollständige; somit müsse der Beteiligtenbegriff in beiden Vorschriften derselbe sein. Die Gegenansicht6) hat die weitreichenden Auswirkungen eines Verstoßes gegen § 43 Abs. 2 ZVG im Auge (Aufhebung des Termins bzw. Zuschlagsversagung) und meint, dass eine noch unvollständige Anmeldung diese Folge nicht haben könne. Ich stimme der letztgenannten Ansicht zu: § 9 Nr. 2 ZVG steht im allgemeinen Teil des ZVG und schreibt vor, dass der Anmeldende auf Verlagen sein Recht noch glaubhaft machen muss. Kommt er diesem Verlangen nicht nach, wird er nicht Beteiligter bzw. _____________ 2) 3) 4) 5) 6)

So Stöber, ZVG, § 43 Rz. 3.3; Böttcher, ZVG, § 43 Rz. 2; a. A. Steiner-Teufel, ZVG, § 43 Rz. 12. Stöber, ZVG, § 43 Rz. 6.2. Die weitere Alternative, dass alle betreibenden Gläubiger bereits eingestellt hatten, kann hier vernachlässigt werden. Siehe hierzu das Beispiel bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 43 Rz. 5. Böttcher, ZVG, § 43 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, Rz. 10. Stöber; ZVG; § 43 Rz. 5.2; Löhnig-Huber, ZVG, § 43 Rz. 5.

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6

§ 43

Aufhebung des Versteigerungstermins

verliert er seine Beteiligtenstellung wieder.7) In bestimmten Fällen wird er aber doch schon wie ein Beteiligter behandelt; dies wird im Gesetz aber immer ausdrücklich gesagt (z. B. in §§ 41 Abs. 3, 88 Satz 2, 105 Abs. 2 Satz 2, 156 Abs. 2 Satz 4 ZVG). In § 43 Abs. 2 ZVG fehlt ein entsprechender Hinweis; es erfolgt auch keine Verweisung auf § 41 Abs. 3 ZVG. Folglich kann der Beteiligtenbegriff des § 43 ZVG nur i. S. d. § 9 ZVG aufgefasst werden. 7

Unter der Terminsanberaumung ist der Zeitpunkt gemeint, in dem die Terminsbestimmung den inneren Geschäftsbereich des Vollstreckungsgerichts verlassen hat (= also nicht identisch mit dem Zeitpunkt der Unterschrift des Rechtspflegers). Beteiligte, die erst nach diesem Zeitpunkt (durch Beitritt oder Anmeldung) bekannt werden, haben keinen Anspruch auf Einhaltung der Frist des § 43 Abs. 2 ZVG. V. Mängel

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Nach § 43 ZVG muss der Versteigerungstermin aufgehoben und ein neuer Termin bestimmt werden, wenn die gesetzlichen Fristen nicht eingehalten werden. Im Einzelnen gibt es aber Unterschiede:

9

Ein Verstoß gegen Abs. 1 ist unheilbar, er führt zur Terminsaufhebung bzw. zur Zuschlagsversagung (§ 83 Nr. 7 ZVG) bzw. zur Aufhebung des Zuschlags im Beschwerdeweg (siehe § 100 Abs. 3 ZVG).

10

Ein Verstoß gegen Absatz 2 führt zwar grundsätzlich auch zur Aufhebung des Termins bzw. zur Zuschlagsversagung (jetzt aber nach § 83 Nr. 1 ZVG) bzw. zur Zuschlagsaufhebung (§ 100 Abs. 1 ZVG). Jedoch ist in diesem Fall eine Heilung möglich; die einschlägigen Kommentare verweisen hierzu (nur) auf § 84 ZVG. Die entsprechenden Ausführungen sind im Hinblick auf die Zuschlagsentscheidung sicher richtig. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Versteigerungstermin überhaupt stattfindet. Jedoch verlangt § 43 Abs. 2 ZVG (zeitlich schon früher!) die Aufhebung des Versteigerungstermins, sodass § 84 ZVG eigentlich gar nicht mehr zum Tragen kommen kann. Deshalb wäre zunächst auf § 43 Abs. 2, letzter Halbsatz ZVG hinzuweisen. Hiernach kann der Termin doch stattfinden, wenn derjenige, in Ansehung dessen die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt. Mit anderen Worten: Wenn der Betreffende die Nichteinhaltung der Frist des Absatzes 2 genehmigt, dann muss der Termin nicht aufgehoben werden; dann liegt aber auch kein Zuschlagsversagungsgrund vor, und folglich stellt sich die Frage der Genehmigung oder Nichtbeeinträchtigung (siehe § 84 ZVG) auch nicht mehr. Aber eine andere Frage wäre dann zu beantworten: In welcher Form muss die Genehmigung nach § 43 Abs. 2 erfolgen? Bedarf sie der öffentlich beglaubigten Form (wie bei § 84 Abs. 2 ZVG) oder genügt eine privatschriftliche Erklärung? Da Prozesshandlungen grundsätzlich formlos möglich sind, halte ich die öffentlich beglaubigte Form für nicht erforderlich. VI. Aufhebung und Bestimmung eines neuen Termins

11

Wenn die Frist nicht eingehalten wird, muss der Versteigerungstermin aufgehoben und ein neuer Termin bestimmt werden. Die Aufhebung kann, aber muss nicht _____________ 7)

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So für viele Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 9 Rz. 22.

Bachmann

§ 43

Aufhebung des Versteigerungstermins

mit der Neubestimmung eines Termins verbunden werden. Wenn sie gesondert erfolgt, ist der entsprechende Beschluss den Beteiligten nach § 329 Abs. 2 ZPO mitzuteilen. Bei der neuen Terminsbestimmung sind alle einschlägigen Vorschriften (erneut) zu beachten: –

Sie muss die Angaben nach §§ 37 und § 38 ZVG enthalten.



Die Frist des § 36 Abs. 2 ZVG gilt auch hier.



Sie ist nach § 39 ZVG bekannt zu machen und soll nach § 40 Abs. 1 ZVG an die Gerichtstafel angeheftet werden; anderweitige Veröffentlichungen können veranlasst werden (§ 40 Ab. 2).



Die Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten (§ 41 Abs. 1), die Übersendung der Mitteilung nach § 41 Abs. 2 müssen auch hier erfolgen; dabei sind die Fristen des § 43 zu beachten.

VII. Sonstiges 1.

Aufhebung, Verlegung und Vertagung nach § 227 ZPO

Auf Antrag oder von Amts wegen kann der Versteigerungstermin aufgehoben, verlegt oder vertagt werden, wenn erhebliche Gründe vorliegen (§§ 869, 227 ZPO). Die Gründe müssen also zwingender Natur sein; in Betracht kommen z. B.: –

Verhinderung des zuständigen Rechtspflegers und seines Vertreters. Die Verhinderung des Schuldners oder seines Bevollmächtigten an der Teilnahme am Termin ist kein Grund zur Terminsverlegung.8)



Fehlen der Versteigerungsakten (weil sie beim Rechtsmittelgericht sind).



Der vorgesehene Sitzungssaal steht nicht zur Verfügung (bei Brand im Gebäude) oder bei einem unvorhergesehenen großen Bieterandrang reicht der Sitzungssaal nicht aus und kurzfristig kann auch nicht in einen größeren Saal ausgewichen werden.

2.

Begriffsbestimmungen

12

Verlegung ist die Aufhebung des Versteigerungstermins vor Beginn unter gleichzeitiger Bestimmung eines anderen Termins.

13

Vertagung ist die Beendigung eines bereits begonnenen Termins vor dessen Schluss unter gleichzeitiger Bestimmung eines neuen Termins. Erfordert also Aufhebung des Termins durch (verkündeten) Beschluss. Daneben muss ein neuer Termin unter Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften bestimmt werden.

14

Unterbrechung eines Versteigerungstermins liegt dann vor, wenn zwischen einzelnen Verfahrensabschnitten eines einheitlichen Termins ein verhandlungsfreier Zwischenraum geschaltet wird. Die Fortsetzung kann am demselben Tag oder am

15

_____________ 8)

BVerfG, Beschl. v. 22.1.1988 – 1 BVerfG 33/88, Rpfleger 1988, 156 = KTS 1988, 564; BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, Rpfleger 2004, 434 = ZfIR 2004, 1033.

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§ 43

Aufhebung des Versteigerungstermins

Tag später (auch Vertagung von Freitag auf Montag möglich) erfolgen. Unterbrechung für mehrere Tage ist aber bedenklich.9) 3. 16

Fristberechnung

Für die Fristberechnungen gelten über § 869 ZPO i. V. m. § 222 ZPO die Vorschriften des BGB (§§ 186 ff. BGB). Dies bedeutet: Der Tag des Ereignisses (Bekanntmachung, Zustellung) rechnet für den Beginn der Frist nicht mit (§ 187 BGB). Das Fristende fällt somit auf den gleich lautenden Tag wie der Tag der Bekanntmachung bzw. Zustellung (da § 43 ZVG Wochenfristen enthält). War dies ein Samstag, Sonntag oder Feiertag, dann verlängert sich die Berechnung gemäß § 193 BGB. Beispiel hierzu: Ereignis am Samstag oder Sonntag; Fristende ist dann Montag (24:00 Uhr); Versteigerungstermin demnach frühestens am Dienstag möglich.

_____________ 9)

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Zum gesamten Komplex siehe OLG Köln, Beschl. v. 13.2.1984 – 2 W 179/83, Rpfleger 1984, 280 mit Anm. Weber = OLGZ 1984, 245.

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IV. Geringstes Gebot Versteigerungsbedingungen § 44 Geringstes Gebot Bachmann

(1) Bei der Versteigerung wird nur ein solches Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (geringstes Gebot). (2) Wird das Verfahren wegen mehrerer Ansprüche von verschiedenem Rang betrieben, so darf der vorgehende Anspruch der Feststellung des geringsten Gebots nur dann zugrunde gelegt werden, wenn der wegen dieses Anspruchs ergangene Beschluß dem Schuldner vier Wochen vor dem Versteigerungstermin zugestellt ist. Literatur: Drischler, Das geringste Gebot in der Zwangsversteigerung, RpflJahr 1960, 347; Eickmann, Der Rang der Grundstücksrechte, RpflStud. 1982, 74 und 85; Hagemann, Die Tilgungshypothek im geringsten Gebot und Teilungsplan, RpflStud. 182, 25; Hagemann, Die Zwangshypothek im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1982, 165; Helwich, Immobiliarvollstreckung in der Praxis, Teile 13 und 14, JurBüro 2012, 175 und 283; Schalhorn, Der Rang der Grundpfandrechtszinsen im geringsten Gebot der Zwangsversteigerung, JurBüro 1971, 121; Schiffhauer, Die Wirkung des Rangvorbehalts in der Zwangsversteigerung, BlGrBW; Schmidt, Das geringste Gebot bei Fortsetzung eingestellter Zwangsversteigerungsverfahren, DRiZ 1959, 119; Steffen, Die Zwangssicherungshypothek in der Zwangsversteigerung, RpflStud. 1996, 129. Übersicht I. 1.

Allgemeines .......................................... 1 Übersicht zum IV. Unterabschnitt (§§ 44 bis 65) des ZVG ......................... 1 2. Übersicht zu § 44 ZVG ........................ 2 3. Definitionen .......................................... 3 II. Das geringste Gebot ............................ 4 1. Deckungsgrundsatz .............................. 4 2. Inhalt des geringsten Gebots ................ 5 a) Bestehen bleibende Rechte (§ 52 Abs. 1 ZVG) ......................... 6 b) Mindestbargebot (§ 49 Abs. 1 ZVG) ........................... 7 III. Grundlage des geringsten Gebots ...... 9 1. Anspruch des betreibenden Gläubigers als Ausgangspunkt ............. 9 2. Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung (§ 44 Abs. 1 ZVG) .............................. 10 3. Mehrere Gläubiger betreiben die Zwangsversteigerung (Abs. 2) ........... 11 4. Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung wegen eines Teilanspruchs ............................. 13 5. Antragsrücknahme, Aufhebung und Einstellung des Verfahrens ......... 17

IV. Rangfragen .......................................... 19 1. Allgemeines ......................................... 19 2. Rangänderung ...................................... 22 a) Rangänderung ohne Zwischenrechte ............................ 24 b) Rangänderung mit Zwischenrechten .......................... 25 3. Rangvorbehalt ...................................... 43 V. Rechtsbehelf ....................................... 57 VI. Einzelprobleme ................................... 58 1. Altenteil (Leibgeding, Leibzucht oder Auszug) ....................................... 59 2. Auflassungsvormerkung ..................... 60 3. Baulast .................................................. 61 4. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit ....................................... 62 5. Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht ........................... 64 6. Eigentümergrundschuld ..................... 65 7. Erbbaurecht ......................................... 68 8. Erbbauzins-Reallast ............................. 69 9. Gesamtgrundpfandrecht ..................... 70 10. Höchstbetragshypothek ..................... 71 11. Reallast ................................................. 72 12. Sanierungsvermerk .............................. 73

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455

§ 44 13. 14. 15. 16.

1

75 76 79 80

17. Zwangssicherungshypothek ............... 81 VII. Beispiel für ein geringstes Gebot: ... 82 VIII. Muster ............................................... 83

Allgemeines

1.

Übersicht zum IV. Unterabschnitt (§§ 44 bis 65) des ZVG

Der IV. Unterabschnitt des ZVG (§§ 44 bis 65 ZVG) enthält die Regelungen zum geringsten Gebot und zu den Versteigerungsbedingungen: § 44 ZVG behandelt den Deckungsgrundsatz, definiert das geringste Gebot und erläutert, wie es gebildet wird. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 45 ZVG, der regelt, welche Ansprüche hierbei berücksichtigt werden müssen. Die §§ 46 bis 48 ZVG behandeln die Frage, wie bestimmte Ansprüche im geringsten Gebot zu behandeln sind. In § 49 ZVG (Bargebot) und § 52 ZVG (bestehen bleibende Rechte) wird die Zweiteilung des geringsten Gebots näher dargestellt. Die weiteren Bestimmungen regeln im Wesentlichen die Versteigerungsbedingungen; hervorzuheben ist hierbei der § 59 ZVG, der es zulässt, unter bestimmten Voraussetzungen von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen abzuweichen. § 62 ZVG eröffnet die Möglichkeit, das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen bereits vor dem eigentlichen Versteigerungstermin zu erörtern. Übersicht zu § 44 ZVG

Das geringste Gebot wird vom Deckungsgrundsatz geprägt: Nach § 44 Abs. 1 ZVG wird nur ein Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des betreibenden Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden. Das geringste Gebot bildet somit für die im Versteigerungstermin abzugebenden Gebote die Untergrenze; Gebote unter dem geringsten Gebot sind gemäß § 71 Abs. 1 ZVG als unzulässig zurückzuweisen. Das geringste Gebot orientiert sich also nicht am festgesetzten Verkehrswert, sondern nur am betreibenden Gläubiger.1) Und da nur die seinem Anspruch vorgehenden Ansprüche gedeckt sein müssen, trägt er auch das wirtschaftliche Risiko der Zwangsversteigerung. 3.

3

Sicherungsgrundschuld ....................... Tilgungshypothek ............................... Verfügungsbeschränkungen ............... Vorkaufsrecht ......................................

I.

2. 2

Geringstes Gebot

Definitionen

In diesem Abschnitt sollen einige wichtige Begriffe des Zwangsversteigerungsrechts kurz erläutert werden: –

Geringstes Gebot = das Gebot, das erreicht werden muss, wenn es nicht von vornherein als unwirksam zurückgewiesen werden soll, § 44 Abs. 1 ZVG.



Mindestbargebot (auch geringstes Bargebot genannt) = der Teil des geringsten Gebots, der bar zu zahlen ist, § 49 Abs. 1 ZVG.

_____________ 1)

456

Also anders als bei der Mobiliarvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher, wo nach § 817a Abs. 1 ZPO das Mindestgebot die Hälfte des gewöhnlichen Verkehrswertes erreichen muss.

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§ 44

Geringstes Gebot



Bestehen bleibende Rechte = Teil des geringsten Gebots, welcher die Rechte enthält, die der Ersteher übernehmen muss (so wie sie im Grundbuch eingetragen sind), § 52 ZVG.



Bargebot = der Teil des Gebots, der (spätestens im Verteilungstermin) zu zahlen ist, also ohne die bestehen bleibenden Rechte, § 49 Abs. 1 ZVG; im Versteigerungstermin wird von den Bietern nur dieser Betrag genannt.



Meistbargebot (auch bares Meistgebot genannt) = der Teil des höchsten Gebots, der vom Meistbietenden zu zahlen ist, § 49 Abs. 1 ZVG; daneben muss er noch die bestehen bleibenden Rechte übernehmen.



Meistgebot = das höchste im Versteigerungstermin abgegebene Gebot, bestehend aus dem barem Meistgebot und den bestehen bleibenden Rechten, § 81 Abs. 1 ZVG.



Mindestgebot = das Gebot, das erreicht werden muss, damit der Zuschlag auch erteilt werden kann. Hierbei unterscheidet man: •

Absolutes Mindestgebot des § 85a ZVG: Hierbei muss das Meistgebot mindestens 5/10 des Verkehrswertes erreichen. Diese Grenze muss das Vollstreckungsgericht von Amts wegen berücksichtigen.



Relatives Mindestgebot des § 74a ZVG: Hier beträgt die Grenze 7/10 des Verkehrswertes, wird aber nur auf entsprechenden Antrag berücksichtigt.



Einzelgebot = ein Gebot auf das Einzelausgebot, wenn auf eines von mehreren in demselben Verfahren zu versteigernden Objekten (Grundstücke, Miteigentumsanteile usw.) geboten wird, § 63 Abs. 1 ZVG.



Gesamtgebot = ein Gebot auf das Gesamtausgebot, wenn auf alle in demselben Verfahren zu versteigernde Objekte geboten wird, § 63 Abs. 2 ZVG.



Gruppengebot = ein Gebot auf das Gruppenausgebot, wenn auf einige von mehreren in demselben Verfahren zu versteigernde Objekte geboten wird, § 63 Abs. 2 ZVG. Im Verhältnis zum Einzelgebot wird das Gruppenausgebot wie ein Gesamtgebot behandelt, im Verhältnis zum Gesamtgebot stellt es sich wie ein Einzelgebot dar.



Übergebot = ein Gebot, welches das vorherige Gebot übersteigt, § 72 Abs. 1 ZVG.



Untergebot = ein Gebot, welches das vorherige Gebot nicht übersteigt und deshalb regelmäßig unwirksam ist.



Versteigerungserlös (§ 105 Abs. 1 ZVG) besteht aus dem Meistbargebot zuzüglich der Bargebotszinsen (§ 49 Abs. 2 ZVG); hinzukommen u. U. noch der Erlös aus einer abgesonderten Verwertung nach § 65 ZVG und Beträge, die nach §§ 50, 51 ZVG zusätzlich vom Ersteher zu zahlen sind.

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457

§ 44

Geringstes Gebot

II. Das geringste Gebot 1. 4

2. 5

Deckungsgrundsatz

Die Versteigerung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung wird vom Deckungsgrundsatz beherrscht: Neben den Verfahrenskosten des § 109 Abs. 1 ZVG müssen alle Rechte bzw. Ansprüche gedeckt werden, die dem Anspruch des betreibenden Gläubigers im Range vorgehen. Diese Deckung geschieht einerseits durch Übernahme der bestehen bleibenden Rechte (§ 52 ZVG), andererseits durch Zahlung (§ 49 Abs. 1 ZVG). Maßgeblich für die Rangordnung ist § 10 ZVG (Einzelheiten siehe dort). Durch den Deckungsgrundsatz wird sichergestellt, dass kein Berechtigter durch einen rangschlechteren Gläubiger aufgrund dessen Betreiben der Zwangsversteigerung beeinträchtigt wird. Inhalt des geringsten Gebots

Ausgehend von der Rangstelle des bestbetreibenden Gläubigers gliedert sich das geringste Gebot in zwei Teile: a) Bestehen bleibende Rechte (§ 52 Abs. 1 ZVG)

6

Hier werden alle Rechte aufgeführt, die dem betreibenden Gläubiger im Range vorgehen. b) Mindestbargebot (§ 49 Abs. 1 ZVG)

7

8

Hier werden die Ansprüche aufgeführt, die dem betreibenden Gläubiger im Range vorgehen, aber bar zu bezahlen sind; das sind: 1.

Verfahrenskosten, die aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen sind (§ 109 Abs. ZVG 1) – immer.

2.

Zwangsverwaltungsvorschüsse (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG) – falls rechtzeitig angemeldet.

3.

Feststellungskosten zugunsten des Insolvenzverfahrens (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG) – falls rechtzeitig angemeldet.

4.

Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) – falls rechtzeitig angemeldet, glaubhaft gemacht sowie dem betreibenden Gläubiger vorgehend.

5.

Öffentliche Grundstückslasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) – falls rechtzeitig angemeldet und dem betreibenden Gläubiger vorgehend.

6.

Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG), wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen aus den bestehen bleibenden Rechten (also aus Rechten, die dem betreibenden Gläubiger im Range vorgehen); Kosten und rückständige wiederkehrende Nebenleistungen nur, wenn sie rechtzeitig angemeldet worden sind.

Besonders hinzuweisen ist auf den Umstand, dass im Versteigerungstermin immer nur auf den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots geboten wird. Mit anderen Worten: Die Bieter müssen die Summe der bestehen bleibenden Rechte

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§ 44

Geringstes Gebot

immer mitkalkulieren, um ihre wirtschaftliche Belastung zu erkennen.2) Darauf muss das Vollstreckungsgericht die Bietinteressenten ausdrücklich hinweisen.3) III. Grundlage des geringsten Gebots 1.

Anspruch des betreibenden Gläubigers als Ausgangspunkt

Unter Gläubiger versteht das ZVG nicht den Gläubiger im schuldrechtlichen Sinn (§ 241 BGB); vielmehr ist Gläubiger i. S. d. ZVG derjenige, welcher einen Anordnungs- (§ 15 ZVG) oder Beitrittsbeschluss (§ 27 ZVG) erwirkt hat. In dem entsprechenden Beschluss sind die Rechtsnatur und die Rangklasse anzugeben. Hierbei ist das Rangsystem der §§ 10 – 12 ZVG maßgeblich. Ausgehend von diesem Anspruch sind dann alle die Ansprüche zu decken, welche rangmäßig vor dem betreibenden Gläubiger einzuordnen sind. Der Anspruch des Gläubigers selbst, gleichrangige und nachrangige Ansprüche bleiben unberücksichtigt. 2. –

Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung (§ 44 Abs. 1 ZVG) Der Gläubiger betreibt aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG (= äußerst selten).

10

Nur die Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) kommen in das geringste Gebot (Abschnitt Mindestbargebot). –

Betreibt ein Gläubiger der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG,4) kommen neben den Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) noch die Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 1a ZVG in das Mindestbargebot – falls sie rechtzeitig angemeldet wurden.



Der Gläubiger betreibt aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG. Neben den Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) kommen noch die Ansprüche des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 2 ZVG – falls sie rechtzeitig angemeldet sind – ins Mindestbargebot.



Der Gläubiger betreibt aus § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG.

Neben den Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) kommen die Ansprüche des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG ins Mindestbargebot; daneben kommen die Ansprüche des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG ebenfalls ins geringste Gebot, soweit sie dem betreibenden Gläubiger im Range vorgehen – mit dem Kapital bzw. dem Recht selbst in den Abschnitt „bestehen bleibende Rechte“, mit den Kosten und Nebenleistungen in das Mindestbargebot. _____________ 2)

3) 4)

9

Bartels, Dogmatik und Effizienz im Recht der Zwangsversteigerung, S. 254 schlägt unter Hinweis auf die Praxis beim Amtsgericht Bremen vor, das ZVG dahingehend zu ergänzen, dass beim Bieten die bestehen bleibenden Rechte immer ausdrücklich mit einzubeziehen sind. Diesen Vorschlag halte ich nicht für sinnvoll, da dadurch die Belehrung der Bieter nicht etwa ersetzt würde (wie Bartels offenbar meint); vielmehr müsste die zur Zeit vorzutragende Belehrung durch eine andere Belehrung ersetzt werden (dass nämlich die bestehen bleibenden Rechte nicht an das Versteigerungsgericht gezahlt werden müssten usw.). Dies kann nicht eindringlich genug geschehen; vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, Rpfleger 2008, 515 = NJW 2008, 442. Der Fall, dass ein Gläubiger aus dem Anspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a betreibt, kann nicht vorkommen; vgl. hierzu Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 14; Stöber, ZVG, § 10 Rz. 3.7; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 10 Rz. 18 m. w. N.

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§ 44 –

Geringstes Gebot

Der Gläubiger betreibt aus § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG. Alle Ansprüche der Rangklassen des § 10 Abs. 1 bis 4 ZVG kommen in das geringste Gebot. Hierbei kommen die Rechte der Rangklasse 4 mit ihrem Kapital bzw. mit der „Hauptsache“ in den Abschnitt „bestehen bleibende Rechte“.



Der Gläubiger betreibt aus mehreren Ansprüchen mit verschiedenem Rang (z. B. aus der eingetragenen Hypothek Abt. III Nr. 1 und der eingetragenen Grundschuld Abt. III Nr. 4; aus „dem dinglichen Anspruch der Hypothek Abt. III Nr. 1“ = Rangklasse 4 und wegen der dieser Hypothek zu Grunde liegenden persönlichen Forderung = Rangklasse 5).5) Für das geringste Gebot ist vom bestrangigen Anspruch auszugehen (also in beiden Beispielen vom Recht Abt. III Nr. 1).



Der Gläubiger betreibt nur aus Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG, obwohl ihm hinsichtlich dieser persönlichen Forderung auch eine Hypothek oder Grundschuld zusteht. Die Hypothek oder Grundschuld kommt in das geringste Gebot (Kapital in den Abschnitt „bestehen bleibende Rechte“; Kosten und Nebenleistungen in das Mindestbargebot).

3.

Mehrere Gläubiger betreiben die Zwangsversteigerung (Abs. 2)

11

Wenn mehrere Gläubiger die Zwangsversteigerung betreiben, richtet sich das geringste Gebot nach dem Gläubiger, welcher den besten Rang hat; deshalb nennt man diesen Gläubiger den „bestbetreibenden Gläubiger“. Hierbei ist jedoch die Frist des § 44 Abs. 2 zu beachten. Danach ist ein Gläubiger nur dann für die Feststellung des geringsten Gebots maßgeblich, wenn der entsprechende Beschlagnahmebeschluss oder Fortsetzungsbeschluss dem Schuldner spätestens vier Wochen vor dem Versteigerungstermin zugestellt worden ist.

12

Absatz 2 ist auch anzuwenden, wenn innerhalb der Vier-Wochen-Frist eine Rangänderung im Grundbuch eingetragen (und angemeldet)6) worden ist, die zu einem niedrigeren geringsten Gebot führen würde.7) Im umgekehrten Fall, wenn also die (angemeldete!) Rangänderung zu einem höheren geringsten Gebot führt, gilt dies nicht. Grund hierfür: Vier Wochen vor dem Versteigerungstermin muss das geringste aller denkbaren geringsten Gebote feststehen; durch Änderungen, die zu einer Verringerung führen würden, könnte ein Beteiligter beeinträchtigt werden. Dies darf ohne seine Zustimmung nicht geschehen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Betreffende die Nichteinhaltung der Vier-Wochen-Frist genehmigt (vgl. §§ 83 Nr. 1, 84 ZVG).

_____________ 5) 6) 7)

460

Sodass im Normalfall „alle Rechte bestehen bleiben“ (sofern sie vor dem Versteigerungsvermerk eingetragen worden sind). Wegen § 45 Abs. 1. Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 15; Stöber, ZVG, § 44 Rz. 7.7; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 44 Rz. 110.

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§ 44

Geringstes Gebot

4.

Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung wegen eines Teilanspruchs

Wird nur wegen eines Teils eines Anspruchs betrieben (z. B. wegen eines Teilbetrags von 10.000 € einer Grundschuld, deren Kapital 100.000 € beträgt, oder nur wegen der Zinsen), dann kommt der gesamte Anspruch nicht in das geringste Gebot.

13

Betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung wegen älterer öffentlicher Grundstückslasten, dann rückt er insoweit von der Rangklasse 7 in die Rangklasse 5 vor. Der Teil der Ansprüche, welcher in Rangklasse 3 (nur) angemeldet ist, kommt in das Mindestbargebot, da insoweit kein einheitlicher Rang vorliegt. Dasselbe gilt für ältere Zinsen eingetragener Rechte, welche aufgrund einer Anmeldung nur in Rangklasse 8 berücksichtigt werden. Wenn der Gläubiger (nur) wegen dieser Zinsen die Versteigerung betreibt, wird er in Rangklasse 5 eingestuft. Dann bleibt sein Recht (= Rangklasse 4) bestehen (§ 52 Abs. 1 ZVG); die Kosten und die Nebenleistungen, soweit sie ebenfalls in Rangklasse 4 berücksichtigt werden können, kommen in das Mindestbargebot.

14

Wenn nach einer Teilablösung (siehe §§ 268 Abs. 3 Satz 2, 1150 BGB) nur aus dem nachrangigen Teil des Ablösenden die Versteigerung betrieben wird, dann kommt der vorrangige Restbetrag in das geringste Gebot.

15

Dasselbe gilt bei einer Teilabtretung mit einer Rangbestimmung.8) So wird oft der Teil eines Rechts „mit Rang nach dem Rest“ abgetreten. Wenn der Zessioner dann die Zwangsversteigerung beantragt und bestbetreibender Gläubiger ist, kommt der Restbetrag in das geringste Gebot.

16

5.

Antragsrücknahme, Aufhebung und Einstellung des Verfahrens

Wenn der Gläubiger seinen Versteigerungsantrag zurückgenommen hat oder sein Verfahren aus sonstigen Gründen aufgehoben worden ist, scheidet er als „betreibender Gläubiger“ aus und kann demnach nicht mehr dem geringsten Gebot zugrunde gelegt werden. Dasselbe gilt für den Gläubiger, dessen Verfahren einstweilen eingestellt ist. Geschieht dies vor dem Schluss der Versteigerung (siehe § 73 Abs. 2 ZVG) und ist ein weiterer betreibender Gläubiger vorhanden, bei dem die Frist des § 44 Abs. 2 ZVG eingehalten ist, muss ein neues geringstes Gebot aufgestellt werden. Hatte die Bietstunde vorher bereits begonnen, muss eine neue Bietstunde eröffnet werden. Hat dieser „ausscheidende Gläubiger“ einen besseren Rang als der neue bestrangig betreibende Gläubiger, dann ist er jetzt (falls überhaupt) im geringsten Gebot zu berücksichtigen. Erfolgt die Einstellung oder Antragsrücknahme bzw. Aufhebung erst nach dem Schluss der Versteigerung, dann ist grundsätzlich der Zuschlag zu versagen, § 33 ZVG.

17

Haben nur zwei persönliche Gläubiger die Zwangsversteigerung betrieben und der besserrangige bewilligt die einstweilige Einstellung, dann ist der andere Gläubiger der „bestbetreibende Gläubiger“. Somit kommt der Anspruch des ersten Gläubigers in das geringste Gebot – und zwar mit seinem gesamten Anspruch in das Mindestbarge-

18

_____________ 8)

Ohne Rangbestimmung haben die Teile untereinander Gleichrang.

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§ 44

Geringstes Gebot

bot. Hierbei ist zu beachten, dass die Zinsen hier bis zum voraussichtlichen Verteilungstermin9) zu berechnen sind; § 56 Satz 2 ZVG ist hier nicht einschlägig. IV. Rangfragen 1. 19

Allgemeines

Der Rang des Gläubigeranspruchs ist für die Aufstellung des geringsten Gebots äußerst wichtig; denn es kommen nur die Ansprüche ins geringste Gebot, welche dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgehen. Maßgeblich für den Rang sind die Vorschriften der §§ 10, 11 ZVG und der §§ 879 – 881 BGB. Die Rangordnung der Rangklassen 4, 6 und 8 richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 ZVG nach dem materiellen Recht. Und so ist grundsätzlich § 879 BGB anzuwenden. Daraus folgt: –

Bei in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragenen Rechten gilt das Locusprinzip (§ 879 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies bedeutet: Die Reihenfolge der Eintragungen ist für den Rang entscheidend, nicht der Tag der Eintragung.



Bei Eintragungen in verschiedenen Abteilungen gilt dagegen das Tempusprinzip10) (§ 879 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mit anderen Worten: Das früher eingetragene Recht hat Vorrang; sind die Rechte am gleichen Tag eingetragen worden, haben sie Gleichrang. Hier kommt es also auf das Datum der Eintragung an (vgl. hierzu § 44 Abs. 1 Satz 1 GBO). Diese Rangfolge ist für das Vollstreckungsgericht auch maßgeblich, wenn das Grundbuchgericht die Eintragungen unter Verletzung der §§ 17, 45 GBO vorgenommen hat. Wenn vereinzelt die Meinung vertreten wird,11) dass es Sache der Beteiligten sei, die materiellrechtlich richtige Rangfolge im Widerspruchsverfahren bzw., soweit das geringste Gebot betroffen ist, im Wege der Zuschlagsbeschwerde klären zu lassen, dann kann dem nicht gefolgt werden: Einerseits wird das Grundbuch durch Verletzung der §§ 17, 45 GBO grundsätzlich nicht unrichtig;12) der Rang entsteht mit der Eintragung, auch wenn er von den Beteiligten nicht so gewollt war. Eine „Richtigstellung“ des Rangs ist hier nur durch die Beteiligten möglich, z. B. durch eine Rangänderung. Dass solche Fehler des Grundbuchgerichts zu Amtshaftungsfällen führen können, ist sicher richtig.13) Und deshalb sollte das Vollstreckungsgericht bekannt werdende Unstimmigkeiten hinsichtlich des Rangs dem Grundbuchgericht auch frühzeitig mitteilen, damit dieses die Möglichkeit hat, im Einvernehmen mit den Beteiligten das „Rangproblem zu beseitigen“, bevor durch eine Zuschlagserteilung Fakten geschaffen werden, welche zu den o. a. Schadensersatzansprüchen führen können. Wenn das Vollstreckungsgericht an die aus dem Grundbuch ersichtliche Rangfolge gebunden ist, dann kann die nach Ansicht der Beteiligten „falsche Rangfolge“ auch nicht per Zuschlagsbeschwerde oder im Widerspruchsverfahren geklärt werden; denn das Verfahren des Vollstreckungsgerichts ist ja richtig.

_____________ 9) 10) 11) 12) 13)

462

Präziser: bis einen Tag vor dem Verteilungstermin (einschließlich). Manche nennen es auch „Datumsprinzip“. So z. B. Löhnig/Rachlitz, ZVG, § 11 Rz. 7 m. w. N. So auch Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 6. So schon RG, Urt. v. 13.4.1904 – V 414/03, RGZ 57, 277.

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§ 44

Geringstes Gebot

Hinzuweisen ist noch auf folgende Punkte:

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Eintragungen in der Veränderungsspalte der Abt. II bzw. Abt. III des Grundbuchs haben grundsätzlich den Rang der Hauptspalte, es sei denn, in der Veränderungsspalte selbst würde etwas anderes ausdrücklich gesagt werden. Dies hat insbesondere Bedeutung für den Fall der Nachverpfändung (auch Pfanderstreckung genannt); mangels einer anderslautenden Eintragung gilt das auf dem bereits belasteten Grundstück bestehende Rangverhältnis auch für das nachträglich verpfändendete Grundstück.



Von Bedeutung kann auch eine Bestandteilszuschreibung sein (siehe hierzu §§ 890 Abs. 2, 1131 BGB).



Für nicht im Grundbuch eingetragene Rechte wie eine altrechtliche Dienstbarkeit (Art. 187 EGBGB) oder eine Sicherungshypothek nach § 1287 BGB kommt es auf das Entstehen des Rechts an. Nicht eingetragene Überbaurenten (§ 912 BGB) und die Notwegrente (§ 917 BGB) haben Rang vor allen Rechten (§§ 914 Abs. 1, 917 Abs. 2 Satz 2 BGB).



Hat ein Gläubiger den Eigentumsverschaffungsanspruchs oder das Anwartschaftsrecht des Grundstückskäufers nach §§ 857, 829 ZPO gepfändet, dann entsteht mit der Umschreibung des Eigentums auf den Pfändungsschuldner eine Sicherungshypothek in Höhe der titulierten Forderung (§ 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese Sicherungshypothek entsteht außerhalb des Grundbuchs und hat Rang vor etwaigen Finanzierungsgrundpfandrechten (aber nicht vor den Rechten, welche sich der Verkäufer als Gegenleistung hat bestellen lassen).

Die ursprünglich maßgeblichen Rangverhältnisse können nachträglich geändert werden (durch Rangänderung, siehe Rz. 22 ff.; der Eigentümer kann aber auch einen bestimmten Rang „freihalten“ (durch Eintragung eines Rangvorbehalts, siehe Rz. 43 ff.). 2.

21

Rangänderung

Eine nachträglich im Grundbuch eingetragene Rangänderung14) ist vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu beachten, wenn diese Eintragung vor Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks vorgenommen worden ist. Erfolgte die Eintragung erst nach Eintragung dieses Vermerks, dann muss sie angemeldet werden, damit sie im Versteigerungsverfahren Berücksichtigung findet (§ 37 Nr. 4 ZVG). Wenn sich durch diese Anmeldung das geringste Gebot verringert, dann müssen die Eintragung und Anmeldung (entgegen dem Wortlaut des § 37 Nr. 4 ZVG) mindestens vier Wochen vor dem Versteigerungstermin erfolgen (analog § 44 Abs. 2 ZVG). Die meisten Kommentare15) verlangen in diesem Zusammenhang nur die Einhaltung der Vier-Wochen-Frist für die Eintragung der Rangänderung. Dies kann nicht ganz richtig sein: § 44 Abs. 2 ZVG ist im Zusammenhang mit § 43 Abs. 2 ZVG dahin zu interpretieren, dass spätestens vier Wochen vor dem _____________ 14) Für die materiellrechtliche Wirksamkeit der Rangänderung kommt es allein auf die Eintragung beim zurücktretenden Recht an; formellrechtlich ist die Rangänderung aber an beiden Rechten zu vermerken (§ 18 GBV). 15) Beispielsweise Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 15; Stöber, ZVG, § 44 Rz. 6.1.; Löhnig/Siwonia, ZVG, § 44 Rz. 41.

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Geringstes Gebot

Termin das niedrigste aller denkbaren geringsten Gebote feststehen soll. Darauf sollen sich die Beteiligten einstellen können. Wenn man nun eine Rangänderung, die nach dem Versteigerungsvermerk eingetragen worden ist, mangels entsprechender Anmeldung in der Mitteilung nach § 41 Abs. 2 ZVG nicht aufführen kann, dann aber im Versteigerungstermin bei der Aufstellung des geringsten Gebots doch berücksichtigt, weil zwar bzgl. der Eintragung die Vier-Wochen-Frist gewahrt ist, aber nicht hinsichtlich der Anmeldung, dann ist damit der Schutz der Beteiligten, den § 44 Abs. 2 ZVG eigentlich bezweckt, nicht mehr gewährleistet. 23

Für die Auswirkungen einer Rangänderung kommt es darauf an, ob die beteiligten Rechte unmittelbar aufeinander folgen oder ob sog. Zwischenrechte bestehen: a) Rangänderung ohne Zwischenrechte

24

Da die beteiligten Rechte einfach ihre Plätze tauschen, bereitet dieser Fall keine Schwierigkeiten. b) Rangänderung mit Zwischenrechten

25

Anders ist es dagegen, wenn die an der Rangänderung beteiligten Rechte nicht unmittelbar hintereinander stehen, sondern Zwischenrechte beteiligt sind; denn diese dürfen gemäß § 880 Abs. 5 BGB durch die Rangänderung nicht berührt werden (also weder einen Vor- noch einen Nachteil haben).

26

Beispiel 1: Folgende Rechte sind in Abt. III eingetragen: III/1 – 100.000 € für Anton III/2 – 70.000 € für Bruno III/3 – 40.000 € für Claus Folgende Rangänderung ist im Grundbuch (in der Veränderungsspalte bei beiden Rechten) eingetragen: III/1 hat III/3 den Vorrang eingeräumt. Der Rangstatus (einen solchen sollte man bei der Vorbereitung des geringsten Gebots bei mehreren Rechten immer aufstellen!) sieht dann folgendermaßen aus: III/3 – 40.000 € für Claus III/1a – 60.000 € für Anton III/2 – 70.000 € für Bruno III/1b – 40.000 € für Anton Unterfall 1: Anton ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

(nur) III/3 – 40.000 € für Claus

Mindestbargebot enthält:

Kosten gemäß § 109 ZVG (von Amts wegen) Rangklasse 1– 3 (falls angemeldet) Kosten und Zinsen des Rechts III/3

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§ 44

Geringstes Gebot

Unterfall 2: Bruno ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

III/3 – 40.000 € für Claus III/1a – 60.000 € für Anton

Summe:

100.000 €

Mindestbargebot enthält:

Kosten gemäß § 109 ZVG (von Amts wegen) Rangklasse 1– 3 (falls angemeldet) Kosten und Zinsen von III/3 und III/1a

Unterfall 3: Claus ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

Keine

Mindestbargebot:

Kosten gemäß § 109 ZVG (von Amts wegen) Rangklasse 1– 3 (falls angemeldet)

Hinweise: Hinsichtlich der Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG muss darauf geachtet werden, dass die Kosten beim Rangtausch zwar rangmäßig „mitgehen“, aber nur soweit sie für den rangtauschenden Teil des Rechts entstanden sind.16)

27

Schwierigkeiten kann es hinsichtlich der Zinsen geben, wenn die Zinssätze der beteiligten Rechte unterschiedlich hoch und/oder die zum Verfahren angemeldeten Zeiträume dieser Rechte unterschiedlich lang sind.17)

28

Wenn mehrere Rechte im Rang zurücktreten, behalten diese Rechte untereinander ihren bisherigen Rang; hierbei ist es gleichgültig, ob diese Rangrücktritte gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Grundbuch eingetragen werden. Wenn mehrere Rechte im Rang vortreten, dann kommt es auf den Zeitpunkt der Eintragung18) an:

29



Bei gleichzeitiger Eintragung wird das Rangverhältnis der vortretenden Rechte zueinander nicht geändert.19)



Bei zeitlich unterschiedlicher Eintragung geht das zuerst aufgerückte Recht dem später aufgerückten im Range vor, auch wenn es ursprünglich einen schlechteren Rang hatte als dieses.20)

Wenn an der Rangänderung bisher gleichrangige Rechte beteiligt sind, dann ergeben sich weitere Schwierigkeiten. Zur Verdeutlichung das folgende

_____________ 16) Stöber, ZVG, § 44 Rz. 6.2; Berechnungen bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 44 Rz. 66 – 69. 17) Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 44 Rz. 70 – 76 verwiesen. 18) Die ja konstitutiv wirkt (§ 880 Abs. 2 BGB). 19) Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 22; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 44 Rz. 77 mit Beispiel. 20) Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 23 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 44 Rz. 78 mit Beispielen.

Bachmann

465

§ 44 30

Geringstes Gebot

Beispiel 2 (das vortretende Recht hatte Gleichrang mit einem anderen Recht): Folgende Rechte sind in Abt. III eingetragen: III/1 – 100.000 € für Anton III/2 – 70.000 € für Bruno im Gleichrang mit III/3 III/3 – 40.000 € für Claus im Gleichrang mit III/2 Folgende Rangänderung ist im Grundbuch (in der Veränderungsspalte bei beiden Rechten) eingetragen: III/1 hat III/3 den Vorrang eingeräumt. Der Rangstatus sieht dann folgendermaßen aus: III/3 – 40.000 € für Claus III/1a – 60.000 € für Anton III/2 – 70.000 € für Bruno im Gleichrang mit III/1b III/1b – 40.000 € für Anton im Gleichrang mit III/2 Unterfall 1: Anton ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte: III/3 – 40.000 € für Claus Unterfall 2: Bruno ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

III/3 – 40.000 € für Claus III/1a – 60.000 € für Anton

Summe:

100.000 €

Unterfall 3: Claus ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte: 31

Keine

Beispiel 3 (das zurücktretende Recht hatte Gleichrang mit einem anderen Recht) Folgende Rechte sind in Abt. III eingetragen: III/1 – 30.000 € für Anton im Gleichrang mit III/2 III/2 – 50.000 € für Bruno im Gleichrang mit III/1 III/3 – 70.000 € für Claus Folgende Rangänderung ist im Grundbuch (in der Veränderungsspalte bei beiden Rechten) eingetragen: III/1 hat III/3 den Vorrang eingeräumt. Der Rangstatus sieht dann folgendermaßen aus: III/3a – 30.000 € für Claus im Gleichrang mit III/2 III/2 – 50.000 € für Bruno im Gleichrang mit III/3a III/3b – 40.000 € für Claus III/1 – 30.000 € für Anton Unterfall 1: Anton ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

III/3a – 30.000 € für Claus III/2 – 50.000 € für Bruno III/3b – 40.000 € für Claus

466

Bachmann

§ 44

Geringstes Gebot

Summe:

120.000 €.

Unterfall 2: Bruno ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

keine

Unterfall 3: Claus ist bestbetreibender Gläubiger Bestehen bleibende Rechte:

Keine

Bei den bisherigen Beispielen zur Rangänderung waren nur Grundpfandrechte beteiligt, deren Kapitalwert bekannt ist. Ist an der Rangänderung aber ein Recht der Abt. II beteiligt, dann ergeben sich für die richtige Anwendung des § 880 Abs. 5 BGB erhebliche Schwierigkeiten: –

Für bestehen bleibende Rechte der Abt. II ist zwar bei der Aufstellung des geringsten Gebots ein sog. Zuzahlungsbetrag festzusetzen ist (siehe hierzu bei § 51 Abs. 2 ZVG); dagegen wird bei erlöschenden Rechten ein Ersatzwert nach § 92 ZVG gebildet. Dies geschieht erst bei der Aufstellung des Teilungsplans und setzt u. U. entsprechende Anmeldungen voraus (siehe hierzu weiter bei § 92 ZVG). Auch ist die Ausgangslage der beiden Berechnungen völlig unterschiedlich.



Das nicht auf Zahlung gerichtete Recht ist rechnerisch nicht teilbar, so dass ein korrekter Rangstatus wie bei den Rechten der Abt. III gar nicht dargestellt werden kann.

32

Somit kann bei der Aufstellung des geringsten Gebots21) nicht genau gesagt werden, ob der Zwischenberechtigte durch die Rangänderung berührt wird oder nicht. Im Schrifttum werden hierzu zum Teil unterschiedliche Ansichten vertreten. Dazu folgendes

33

Beispiel:

34

Im Grundbuch sind folgende Rechte eingetragen (in dieser Rangfolge): Abt. II/1 – Nießbrauch für Anton Abt. III/1 – 60.000 € für Bruno Abt. III/2 – 40.000 € für Claus Der Berechtigte des Nießbrauchs (Anton) hat dem Recht III/2 den Vorrang eingeräumt. Vor der Rangänderung waren folgende Konstellationen denkbar: Anton kann die Zwangsversteigerung nicht betreiben; denn er hat kein Verwertungsrecht.

35

Wenn Bruno bestbetreibender Gläubiger ist, bleibt (nur) das Recht Abt. II für Anton bestehen. Hierfür muss das Gericht einen sog. Zuzahlungsbetrag nach § 51 Abs. 2 ZVG festsetzen (angenommen: 50.000 €).

36

Wenn Claus bestbetreibender Gläubiger ist, bleiben die Rechte Abt. II/1 und III/1 bestehen (rechnerische Summe: 50.000 € + 60.000 € = 110.000 €).

37

_____________ 21) Mangels „hellseherischer Fähigkeiten“ des Rechtspflegers.

Bachmann

467

§ 44

Geringstes Gebot

Unter Berücksichtigung der Rangänderung sieht dies folgendermaßen aus: 38

Anton kann die Zwangsversteigerung nicht betreiben; denn er hat kein Verwertungsrecht.

39

Wenn Bruno bestbetreibender Gläubiger ist, dann geht ihm infolge der Rangänderung auf alle Fälle III/2 – 40.000 € vor. Da ihm aber vor der Rangänderung ein Recht „im Wert von 50.000 €“ vorging und er keinen Vorteil haben darf (§ 880 Abs. 5 BGB), entfällt (aber nur rechnerisch!) noch ein Betrag von 10.000 € auf den Nießbrauch. Da dieser Nießbrauch aber nicht rechtlich geteilt werden kann, ist nach einer Ansicht22) ein Doppelausgebot erforderlich: Einmal unter Berücksichtigung der Rangänderung (das Recht III/2 bleibt bestehen); einmal ohne Rangänderung (mit bestehen bleibendem Nießbrauch). Auf welche Ausgebotsart dann der Zuschlag erteilt wird, ist zum Teil auch wieder streitig.23) Stöber24) wendet dagegen ein, dass nicht auf das Versteigerungsergebnis abzustellen sei; vielmehr müsse bereits bei der Aufstellung des geringsten Gebots klar sein, welche Rechte bestehen bleiben und welche erlöschen. Diesen Einwand Stöbers halte ich nicht für stichhaltig, da es im ZVG noch weitere Fälle gibt, wo erst durch ein Doppelausgebot endgültig festgestellt wird, welche Rechte bestehen bleiben (vgl. hierzu z. B. § 59 ZVG oder § 9 EGZVG – siehe bei § 59 ZVG).

40

Wenn Claus bestbetreibender Gläubiger ist, kann das Recht II/1 aufgrund des Rangrücktritts nicht bestehen bleiben. Hinsichtlich des Zwischenrechts III/1 gilt Folgendes: Vor der Rangänderung musste es nicht mit einem Erlöschen rechnen, denn der vorgehende Nießbraucher Anton konnte die Zwangsversteigerung nicht betreiben. Da Bruno durch die Rangänderung nicht benachteiligt werden soll (§ 880 Abs. 5 BGB), darf sein Recht auch nach der Rangänderung nicht erlöschen. III/1 wird also in das geringste Gebot aufgenommen, obwohl der bestbetreibende Gläubiger Claus ihm jetzt eigentlich im Range vorgeht. Dies dürfte allgemeine Meinung sein.25)

41

Wenn das zurückgetretene Recht durch Rechtsgeschäft aufgehoben wird, bleibt dem vortretenden Recht der Vorrang erhalten (§ 880 Abs. 4 BGB). Im Umkehrschluss bedeutet das: Erlischt das zurückgetretene Recht aus anderen Gründen (z. B. durch den Tod des Berechtigten – beim Nießbrauch, § 1061 BGB oder bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, §§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB), dann geht der Vorrang verloren. Somit tritt das Recht wieder an seine „alte Rangstelle“. Da der Grund der Löschung eines Rechts aber im Grundbuch nicht vermerkt wird,26) kann diese ursprüngliche Rangordnung vom Vollstreckungsgericht nur berücksichtigt werden, wenn dies ausdrücklich angemeldet wird (§ 45 Abs. 1 ZVG). _____________ 22) So Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 20; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 44 Rz. 84 m. w. N. 23) Wegen der unterschiedlichen Fallgestaltungen wird auf Böttcher, ZVG-Handbuch, §§ 44, 45 Rz. 20 verwiesen. 24) Stöber, ZVG, § 44 Rz. 6.4. 25) Mit Stöber, ZVG, § 44 Rz. 6.3 kann festgestellt werden, dass Rechtsprechung zu diesem Problem nicht bekannt ist. 26) Die Eintragung lautet regelmäßig: „Gelöscht am …“.

468

Bachmann

§ 44

Geringstes Gebot

Wenn dagegen das vortretende Recht erlischt, tritt in jedem Fall die bisherige Rangordnung wieder ein. Somit tritt das zurückgetretene Recht ab diesem Zeitpunkt wieder vor das Zwischenrecht; andernfalls wäre das Zwischenrecht indirekt durch die Rangänderung begünstigt, was § 880 Abs. 5 BGB aber ausschließt. Für das Zwangsversteigerungsverfahren folgert Böttcher27) daraus Folgendes: „Wurde das Recht vor der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks gelöscht, muss die alte Rangordnung von Amts wegen berücksichtigt werden; bei Löschung danach nur auf Anmeldung.“ Das erscheint inkonsequent, da das Grundbuchgericht die nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks erfolgte Löschung eines Rechts dem Vollstreckungsgericht nach § 19 Abs. 3 ZVG mitzuteilen hat. Es ist wohl einhellige Meinung, dass das Vollstreckungsgericht diese Löschung dann auch beachten muss, da erloschene Rechte im geringsten Gebot nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Löschung beachten, für die dadurch eingetretene Rangverschiebung aber eine Anmeldung zu verlangen, dürfte von den Betroffenen (in Wahrheit ja Begünstigten) wohl als Haarspalterei betrachtet werden. 3.

42

Rangvorbehalt

Nach § 881 BGB kann sich der Eigentümer bei der Belastung des Grundstücks mit einem Recht die Befugnis vorbehalten, ein anderes Recht mit dem Rang vor jenem Recht einzutragen. Dieser sog. Rangvorbehalt muss bei dem belasteten Recht eingetragen werden: –

In der Hauptspalte bei dem Recht selbst, wenn er bei der Bestellung des Rechts gleich mitbegründet wird.



In der Veränderungsspalte zu dem betroffenen Recht, wenn er später eingetragen wird.

Der Rangvorbehalt wird als ein Stück „vorbehaltenes Eigentum“ aufgefasst und geht demnach mit dem Eigentum am Grundstück auf einen neuen Eigentümer mit über. Für die Behandlung des Rangvorbehalts im Zwangsversteigerungsverfahren ist zunächst Folgendes zu klären:

43

44

Fall 1: Der Rangvorbehalt ist noch gar nicht ausgenutzt (das vorbehaltene Recht ist noch nicht eingetragen; ein nach dem Versteigerungsvermerk eingetragene Ausnutzung des Rangvorbehalts ist nicht rechtzeitig angemeldet worden).

45

Der Rangvorbehalt ist Teil des belasteten Rechts. Wenn dieses Recht erlischt, dann erlischt auch der Rangvorbehalt. Wenn das Recht bestehen bleibt, dann geht auch der Rangvorbehalt mit dem Eigentum am Grundstück auf den Ersteher über (§ 90 Abs. 1, § 881 Abs. 3 BGB).

46

Fall 2: Der Rangvorbehalt ist bereits ausgeübt, die beiden Rechte folgen aber unmittelbar hintereinander.

_____________ 27) Böttcher, ZVG, §§ 44, 45 Rz. 29.

Bachmann

469

47

§ 44 48

Geringstes Gebot

Hier ist der Rangvorbehalt wie eine Rangänderung (ohne Zwischenrecht) zu behandeln – also als bloßer Rangtausch. Daraus folgt für die Aufstellung des geringsten Gebots: Wenn das mit dem Rangvorbehalt belastete Recht die Zwangsversteigerung betreibt, bleibt das vorbehaltene Recht bestehen. Wenn dagegen der Gläubiger des vorbehaltenen Rechts bestbetreibender Gläubiger ist, dann bleibt keines der beiden Rechte bestehen. Fall 3:

49

Der Rangvorbehalt ist bereits ausgeübt und vom Vollstreckungsgericht zu beachten (da grundbuchersichtlich bzw. rechtzeitig angemeldet), aber zwischen dem belasteten und dem begünstigten Recht ist ein (oder sind mehrere) Zwischenrecht(e) eingetragen.

50

Hier ist § 881 Abs. 4 BGB zu beachten. Hiernach hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht infolge des Zwischenrechts eine über den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde. Ist das Zwischenrecht größer als das vorbehaltene Recht, geht das vorbehaltene Recht ihm nicht vor. Ist das Zwischenrecht kleiner, geht das vorbehaltene Recht nur mit dem Differenzbetrag vor. Je nach Fallgestaltung hat dies in einem Zwangsversteigerungsverfahren demnach unterschiedliche Auswirkungen. Dies soll das nachfolgende Beispiel verdeutlichen:

51

Beispiel: Folgende Rechte sind in Abt. III eingetragen: III/1 – 40.000 € für Anton mit Rangvorbehalt: Vorrang für 70.000 € III/2 – 100.000 € für Bruno III/3 – 70.000 € für Claus unter Ausnutzung des Rangvorbehalts im Rang vor III/1

52

Wegen der oben erwähnten Stellung des Zwischenrechts lässt sich hier nun kein „absolutes Rangverhältnis“ darstellen. Vielmehr kann man immer nur das Verhältnis zweier Rechte zueinander erörtern; dies nennt man dann „relatives Rangverhältnis“. Dieses wirkt sich bei der Feststellung des geringsten Gebots folgendermaßen aus: Unterfall 1: Anton ist bestbetreibender Gläubiger Es bleibt kein Recht bestehen:

53

III/1 nicht, da Anton betreibt; III/2 nicht, da dieses Recht dem Recht III/1 nicht im Rang vorgeht; III/3 nicht, da dieses Recht kleiner als das Zwischenrecht III/2 ist (Differenz: III/3 : 70.000 € – III/2 : 100.000 € = 50.000)

Im Hinblick auf § 114a ZVG ist dadurch der Schuldner auch nicht beeinträchtigt, da der Ersteher in Höhe von 22.000 € als befriedigt gilt. Berechnung:

70.000 €

7/10-Grenze

– 40.000 €

abzgl. Meistbargebot abzgl. Bestehen bl. Rechte

–0 30.000 €.

Rest:

Im Extremfall könnte also eine Befriedigungsfiktion in Höhe von 30.000 € eintreten. Da der Anspruch des B aber insgesamt nur 22.000 € beträgt, kann die Befriedigungswirkung auch nur in dieser Höhe eintreten.

30

§ 86 Wirkung der Versagung Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Wirkung der Zuschlagsversagung ..... 1. Formelle Rechtskraft des Versagungsbeschlusses ......................... 2. Fortsetzung des Verfahrens ist zulässig ...................................................

I.

1 6 6

3.

Fortsetzung des Verfahrens ist unzulässig ............................................. 11 III. Einzelverfahren und Gesamtverfahren ............................................. 12

7

Allgemeines

§ 86 ZVG ist im Kontext mit den §§ 33, 71 Abs. 1 und § 72 Abs. 3 ZVG zu sehen: Nach § 72 Abs. 3 ZVG erlischt ein Gebot, wenn das Verfahren des bestbetreibenden Gläubigers eingestellt oder der Termin aufgehoben wird. Daran könnte auch ein erfolgreiches Rechtsmittel nichts ändern. Damit dies nicht geschieht, verlangt § 33 ZVG, dass in diesen Fällen nach dem Schluss der Versteigerung die Entscheidung durch Zuschlagsversagung zu erfolgen hat; dies auch deshalb, weil der Meistbietende einen Anspruch darauf hat, dass über sein Gebot entschieden wird. Und bei § 86 ZVG schließt sich dann der Kreis: Diese Vorschrift befasst sich mit der Wirkung der Zuschlagsversagung, die aber erst mit Rechtskraft eintritt. Damit ist sichergestellt, dass die Gebote erst erlöschen, wenn der Versagungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.

Bachmann

757

1

§ 86

Wirkung der Versagung

Der Zuschlag kann nach § 85a Abs. 3 ZVG erteilt werden, da ein zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigter Meistbietender ist und das Gebot auch unter Hinzurechnung seines Ausfalls die 5/10-Grenze erreicht. Berechnung:

40.000 €

Meistbargebot Bestehen bleibende Rechte

0 22.000 €

Ausfall des B (voll) Summe

62.000

(> 50.000)

Im Hinblick auf § 114a ZVG ist dadurch der Schuldner auch nicht beeinträchtigt, da der Ersteher in Höhe von 22.000 € als befriedigt gilt. Berechnung:

70.000 €

7/10-Grenze

– 40.000 €

abzgl. Meistbargebot abzgl. Bestehen bl. Rechte

–0 30.000 €.

Rest:

Im Extremfall könnte also eine Befriedigungsfiktion in Höhe von 30.000 € eintreten. Da der Anspruch des B aber insgesamt nur 22.000 € beträgt, kann die Befriedigungswirkung auch nur in dieser Höhe eintreten.

30

§ 86 Wirkung der Versagung Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Wirkung der Zuschlagsversagung ..... 1. Formelle Rechtskraft des Versagungsbeschlusses ......................... 2. Fortsetzung des Verfahrens ist zulässig ...................................................

I.

1 6 6

3.

Fortsetzung des Verfahrens ist unzulässig ............................................. 11 III. Einzelverfahren und Gesamtverfahren ............................................. 12

7

Allgemeines

§ 86 ZVG ist im Kontext mit den §§ 33, 71 Abs. 1 und § 72 Abs. 3 ZVG zu sehen: Nach § 72 Abs. 3 ZVG erlischt ein Gebot, wenn das Verfahren des bestbetreibenden Gläubigers eingestellt oder der Termin aufgehoben wird. Daran könnte auch ein erfolgreiches Rechtsmittel nichts ändern. Damit dies nicht geschieht, verlangt § 33 ZVG, dass in diesen Fällen nach dem Schluss der Versteigerung die Entscheidung durch Zuschlagsversagung zu erfolgen hat; dies auch deshalb, weil der Meistbietende einen Anspruch darauf hat, dass über sein Gebot entschieden wird. Und bei § 86 ZVG schließt sich dann der Kreis: Diese Vorschrift befasst sich mit der Wirkung der Zuschlagsversagung, die aber erst mit Rechtskraft eintritt. Damit ist sichergestellt, dass die Gebote erst erlöschen, wenn der Versagungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.

Bachmann

757

1

§ 86 2

Wirkung der Versagung

Je nachdem, ob die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist oder nicht, unterscheidet sich auch die Wirkung: –

Wenn die Fortsetzung möglich ist, wirkt die Versagung wie eine einstweilige Einstellung.



Wenn die Fortsetzung dagegen unzulässig ist, wirkt sie wie eine Verfahrensaufhebung.

3

Die im konkreten Fall zutreffende Wirkung ist im Versagungsbeschluss in der Beschlussformel anzugeben und in den Gründen näher erörtern.

4

Wenn entgegen § 33 ZVG ein Einstellungs- oder Aufhebungsbeschluss ergeht, erlöschen alle Gebote mit Erlass des Beschlusses. Ob man in diesem Fall die Einstellung auch als „bloßen Hinweis auf § 86 ZVG“ einstufen kann,1) erscheint bedenklich.

5

§ 86 ZVG gilt für alle Versteigerungsarten und betrifft hierbei mit Ausnahme der Versagung nach §§ 74a, 85, 85a ZVG2) alle übrigen Fälle einer Zuschlagsversagung. II. Wirkung der Zuschlagsversagung 1.

6

7

Formelle Rechtskraft des Versagungsbeschlusses

Die Wirkung der Zuschlagsversagung tritt erst mit der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses ein. Die formelle Rechtskraft dieses Beschlusses tritt ein, wenn kein Rechtsmittel mehr zulässig ist. Das ist der Fall: –

wenn gegen den Beschluss nicht fristgemäß sofortige Beschwerde eingelegt worden ist (§ 96 ZVG, § 793 ZPO) oder



wenn die eingelegte Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist oder



wenn die Rechtsbeschwerde vom BGH zurückgewiesen worden ist.

2.

Fortsetzung des Verfahrens ist zulässig

Wenn die Fortsetzung des Verfahrens möglich ist, wirkt die Zuschlagsversagung wie eine einstweilige Einstellung des Verfahrens. Die Fortsetzung des Verfahrens ist zulässig bei einer Zuschlagsversagung gemäß § 83 Nr. 1 bis 4 ZVG,3) in den Fällen der §§ 28, 30, 30a, 30c, 30d, 75, 76, 77 ZVG4) und in den Fällen der §§ 765a, 769 Abs. 2, 775 ZVG.5) Wie bei den Versagungsgründen des § 83 Nr. 5 bis 8 ZVG zu verfahren ist, wird nicht ganz einheitlich beantwortet. Richtigerweise wird man bei Nr. 5 und 6 auf den Einzelfall abstellen müssen, je nachdem ob eine Heilung inzwischen stattgefunden hat oder nicht (vgl. hierzu § 83 Rz. 19 ff. [Bachmann]). Bei Nr. 8 ist die Fortsetzung möglich, da dies eigentlich ein Sonderfall zu § 77 _____________ 1) 2) 3) 4) 5)

758

So OLG Hamm, Beschl. v. 12.7.1965 – 15 W 237/65, NJW 1965, 2410. In diesen drei Fällen (§§ 74a, 85, 85a ZVG) sehen die betreffenden Vorschriften eine andere Schlussfolgerung vor: Ein neuer Versteigerungstermin ist zu bestimmen. Wegen der Heilungsmöglichkeit gemäß § 84 ZVG. Bei denen gemäß § 33 ZVG nach dem Schluss der Versteigerung der Zuschlag versagt wird. Bei denen gemäß § 33 ZVG nach dem Schluss der Versteigerung ebenfalls der Zuschlag versagt wird.

Bachmann

§ 86

Wirkung der Versagung

Abs. 1 ZVG darstellt. Und dass bei Nr. 7 ebenfalls eine Fortsetzung möglich ist, kann schon dem Text der Vorschrift mittelbar entnommen werden.6) In den meisten der genannten Fälle wird das Verfahren nicht von Amts wegen fortgesetzt. Deshalb muss der Gläubiger einen entsprechenden Fortsetzungsantrag stellen (vgl. § 31 Abs. 2 ZVG). Darüber soll der von der Einstellungswirkung betroffene Gläubiger gemäß § 31 Abs. 3 ZVG belehrt werden. Eine Ausnahme hiervon gilt nur bei § 76 ZVG, bei dem keine Belehrung vorgeschrieben ist. Die Frist für den Fortsetzungsantrag beträgt in nahezu allen Fällen sechs Monate, bei § 76 ZVG nur drei Monate.

8

Diese Frist für den Fortsetzungsantrag beginnt grundsätzlich mit der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses, frühestens jedoch mit der Zustellung der Belehrung (§ 31 Abs. 3 Halbs. 2 ZVG). Deshalb sollte diese Belehrung gesondert zugestellt werden.7) Auch hier macht § 76 Abs. 2 Satz 2 ZVG eine Ausnahme: Dort beginnt die Frist mit dem Verteilungstermin.

9

Ausnahmsweise ist kein Fortsetzungsantrag erforderlich, wenn es sich um Hindernisse nach § 28 ZVG handelt und bei einer Einstellung gemäß § 769 Abs. 2 ZPO. In bestimmten Fallgestaltungen kann auch bei einer Einstellung nach § 765a ZPO eine Fortsetzung von Amts wegen erfolgen.

10

3.

Fortsetzung des Verfahrens ist unzulässig

Wenn die Fortsetzung des Verfahrens unzulässig ist, wirkt die Zuschlagsversagung wie eine Aufhebung des Verfahrens. Unzulässig ist eine Fortsetzung z. B. in folgenden Fällen: –

Bei § 28 ZVG, wenn der Mängel nicht behebbar ist.



Bei Antragsrücknahme durch den Gläubiger (§ 29 ZVG).



Bei mehr als zwei Einstellungen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG).



Bei Versäumung der Fortsetzungsfrist (§§ 31 Abs. 1 Satz 2, 76 Abs. 2 Satz ZVG 2).



Bei bestimmten Fallgestaltungen in den Fällen des § 83 Nr. 5 oder 6 ZVG.

11

III. Einzelverfahren und Gesamtverfahren Im Zwangsversteigerungsverfahren muss man unterscheiden:

12



Unter dem Gesamtverfahren versteht man das im Vollstreckungsregister unter einem Aktenzeichen eingetragene Verfahren, in dem ein oder mehrere Versteigerungsobjekte versteigert werden; dabei können ein oder mehrere betreibende Gläubiger vorhanden sein.



Mit dem Einzelverfahren dagegen bezeichnet man das Verfahren eines bestimmten Gläubigers, der einen Beschlagnahmebeschluss erwirkt hat.

Die Wirkung des Zuschlagsversagungsbeschlusses betrifft nicht das Gesamtverfahren (also alle betreibenden Gläubiger), sondern nur das Einzelverfahren eines Gläubi_____________ 6) 7)

Vgl. hierzu LG Augsburg, Beschl. v. 8.12.1998 – 4 T 4878/98, Rpfleger 1999, 232 = JurBüro 1999, 214. Stöber, ZVG, § 86 Rz. 2.8.

Bachmann

759

13

§ 87

Verkündungstermin

gers, der durch den Einstellungs- bzw. Aufhebungsgrund betroffen ist. Dies bedeutet: Wenn nach dem Schluss der Versteigerung, aber vor Verkündung der Zuschlagsentscheidung nur der bestbetreibende Gläubiger seinen Antrag zurücknimmt (§ 29 ZVG) oder die Einstellung bewilligt (§ 30 ZVG), dann erfolgt eine Zuschlagsversagung. Diese wirkt aber nur für diesen Gläubiger; hinsichtlich der übrigen Gläubiger geht das Verfahren weiter. Wenn für diese das (Gesamt-)Verfahren terminsreif ist, wird von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin anberaumt. 14

Wenn nach dem Schluss der Versteigerung aber ein Gläubiger, der nicht der bestbetreibende ist, seinen Antrag zurücknimmt oder die Einstellung bewilligt, dann wird hinsichtlich dieses Gläubigers ein Aufhebungs- bzw. Einstellungsbeschluss verkündet. Ein Fall des § 86 ZVG ist das nicht.

15

Liegen bei Gläubigern, für die der Versteigerungstermin nicht stattfindet,8) auch Aufhebungs- oder Einstellungsgründe vor (z. B. aus §§ 28, 29 oder §§ 765a, 775 ZPO), dann ergeht hinsichtlich dieser Gläubiger ein Aufhebungs- bzw. Aufhebungsbeschluss. Ein Fall des § 86 ZVG liegt nicht vor. _____________ 8)

Vgl. Mayer, Rpfleger 1983, 265.

§ 87 Verkündungstermin (1) Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt oder versagt wird, ist in dem Versteigerungstermin oder in einem sofort zu bestimmenden Termin zu verkünden. (2) Der Verkündungstermin soll nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden. Die Bestimmung des Termins ist zu verkünden und durch Anheftung an die Gerichtstafel bekanntzumachen. (3) Sind nachträglich Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, so sollen in dem Verkündungstermin die anwesenden Beteiligten hierüber gehört werden. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Verkündung der Zuschlagsentscheidung (Abs. 1) ............................... III. Besonderer Verkündungstermin (Abs. 2 und 3) ....................................... 1. Grundsatz ..............................................

I. 1

1

2. 3.

2 4. 7 7

Wochenfrist (Abs. 2 Satz 1) ............... 10 Verkündung und Bekanntmachung (Abs. 2 Satz 2) ..................................... 12 Nachträgliche Tatsachen und Beweismittel (Abs. 3) ......................... 14

Allgemeines

Gemäß § 87 ZVG muss die Zuschlagsentscheidung – gleich ob der Zuschlag erteilt oder versagt wird – verkündet werden. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

760

Bachmann

§ 87

Verkündungstermin

gers, der durch den Einstellungs- bzw. Aufhebungsgrund betroffen ist. Dies bedeutet: Wenn nach dem Schluss der Versteigerung, aber vor Verkündung der Zuschlagsentscheidung nur der bestbetreibende Gläubiger seinen Antrag zurücknimmt (§ 29 ZVG) oder die Einstellung bewilligt (§ 30 ZVG), dann erfolgt eine Zuschlagsversagung. Diese wirkt aber nur für diesen Gläubiger; hinsichtlich der übrigen Gläubiger geht das Verfahren weiter. Wenn für diese das (Gesamt-)Verfahren terminsreif ist, wird von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin anberaumt. 14

Wenn nach dem Schluss der Versteigerung aber ein Gläubiger, der nicht der bestbetreibende ist, seinen Antrag zurücknimmt oder die Einstellung bewilligt, dann wird hinsichtlich dieses Gläubigers ein Aufhebungs- bzw. Einstellungsbeschluss verkündet. Ein Fall des § 86 ZVG ist das nicht.

15

Liegen bei Gläubigern, für die der Versteigerungstermin nicht stattfindet,8) auch Aufhebungs- oder Einstellungsgründe vor (z. B. aus §§ 28, 29 oder §§ 765a, 775 ZPO), dann ergeht hinsichtlich dieser Gläubiger ein Aufhebungs- bzw. Aufhebungsbeschluss. Ein Fall des § 86 ZVG liegt nicht vor. _____________ 8)

Vgl. Mayer, Rpfleger 1983, 265.

§ 87 Verkündungstermin (1) Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt oder versagt wird, ist in dem Versteigerungstermin oder in einem sofort zu bestimmenden Termin zu verkünden. (2) Der Verkündungstermin soll nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden. Die Bestimmung des Termins ist zu verkünden und durch Anheftung an die Gerichtstafel bekanntzumachen. (3) Sind nachträglich Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, so sollen in dem Verkündungstermin die anwesenden Beteiligten hierüber gehört werden. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Verkündung der Zuschlagsentscheidung (Abs. 1) ............................... III. Besonderer Verkündungstermin (Abs. 2 und 3) ....................................... 1. Grundsatz ..............................................

I. 1

1

2. 3.

2 4. 7 7

Wochenfrist (Abs. 2 Satz 1) ............... 10 Verkündung und Bekanntmachung (Abs. 2 Satz 2) ..................................... 12 Nachträgliche Tatsachen und Beweismittel (Abs. 3) ......................... 14

Allgemeines

Gemäß § 87 ZVG muss die Zuschlagsentscheidung – gleich ob der Zuschlag erteilt oder versagt wird – verkündet werden. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

760

Bachmann

§ 87

Verkündungstermin

II. Verkündung der Zuschlagsentscheidung (Abs. 1) Die Verkündung der Zuschlagsentscheidung erfolgt durch Verlesen des ganzen Beschlusses oder durch Bekanntgabe seines wesentlichen Inhalts (Beschlussformel und Gründe). Im Protokoll muss die Tatsache der Verkündung vermerkt werden. Die Entscheidung selbst kann als Anlage zum Protokoll beigefügt werden.

2

Die Zuschlagsentscheidung kann auch von einem anderen Rechtspfleger verkündet werden, der nicht den Versteigerungstermin abgehalten hat.1) Unterschreiben muss den Beschluss derjenige, der ihn erlassen hat.2) Die Verkündung der Zuschlagsentscheidung ist öffentlich, auch wenn dies in einem besonderen Verkündungstermin geschieht; denn dieser ist Fortsetzung des (öffentlichen!) Versteigerungstermins.

3

Der Versagungsbeschluss wird nur verkündet, nicht zugestellt. Der Zuschlagsbeschluss wird dagegen neben der Verkündung auch an bestimmte Personen zugestellt (§ 88 ZVG). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird nur zugestellt (§ 103 ZVG).

4

Wenn entgegen § 87 ZVG der Zuschlagsbeschluss nicht verkündet wird, dann ist er gleichwohl wirksam, wenn das Versteigerungsgericht ihn den Verfahrensbeteiligten zum Zwecke der Verlautbarung förmlich zugestellt hat. Der Verfahrensfehler führt aber zur Aufhebung der Entscheidung im Beschwerdeverfahren, wenn sie auf der Verletzung des Verfahrensrechts beruht, ohne den Fehler also anders ausgefallen wäre.3)

5

Wird der Versagungsbeschluss nicht verkündet, sondern nur zugestellt, dann beginnt die Anfechtungsfrist nicht wie gewöhnlich mit der Verkündung zu laufen (vgl. § 98 Satz 1 ZVG), sondern erst mit der Zustellung des Beschlusses.4)

6

III. Besonderer Verkündungstermin (Abs. 2 und 3) 1.

Grundsatz

Die Zuschlagsentscheidung wird entweder im Versteigerungstermin oder in einem besonderen Termin verkündet. Von welcher Möglichkeit der Rechtspfleger Gebrauch macht, entscheidet er nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Beteiligten haben keinen unmittelbaren Einfluss darauf, auch wenn in der Praxis immer wieder Anträge auf Anberaumung eines besonderen Verkündungstermins gestellt werden.

7

Notwendig ist ein besonderer Verkündungstermin z. B.:

8



um dem Meistbietenden Gelegenheit zu geben, die erhöhte Sicherheit nach § 68 Abs. 4 ZVG zu erbringen,5)



um dem nicht anwesenden Schuldner die Möglichkeit zu eröffnen, einen Antrag gemäß § 765a ZPO zu stellen, damit eine drohende Grundstücksverschleuderung verhindert wird,6)

_____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

LG Aachen, Beschl. v. 5.8.1985 – 3 T 318/85, Rpfleger 1986, 59. Stöber, ZVG, § 87 Rz. 3.10. BGH, Beschl. v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205. OLG Hamm, Beschl. v. 12.7.1965 – 15 W 237/65, NJW 1965, 2410. So Stöber, ZVG, § 87 Rz. 2.1; a. A. Löhnig/Steffen, § 68 Rz. 6 (bei § 87 Rz. 16 wird in diesem Fall aber ein besonderer Verkündungstermin als möglich angenommen). BVerfG, Beschl. v. 7.12.1977 – 1 BvR 734/77, Rpfleger 1978, 206 = NJW 1978, 368; BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 27/04, Rpfleger 2005, 151 = ZfIR 2005, 213.

Bachmann

761

§ 87 – 9

Verkündungstermin

wenn noch erforderliche Genehmigungen ausstehen (z. B. nach § 5 ErbbauRG, § 12 WEG).

Aber auch in anderen Fällen kann es sinnvoll sein, einen besonderen Verkündungstermin zu bestimmen, insbesondere wenn die Sach- oder Rechtslage kompliziert ist. Die fehlende Abwesenheit des Schuldners im Versteigerungstermin allein ist aber kein zwingender Grund, einen besonderen Verkündungstermin zu bestimmen.7) Der Antrag eines Terminsvertreters, er müsse erst noch in der „Chefetage seines Hauses“ nachfragen, ob der Zuschlag zu dem abgegeben Meistgebot „akzeptiert werde“, rechtfertigt ebenfalls nicht die Anberaumung eines besonderen Verkündungstermins.8) 2.

Wochenfrist (Abs. 2 Satz 1)

10

Nach Abs. 2 Satz 1 soll der Verkündungstermin nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden. Ein Verstoß gegen diese Ordnungsvorschrift ist jedoch unschädlich. In manchen Fällen ist ein größerer Zeitraum zwischen Versteigerungs- und Verkündungstermin sogar notwendig (z. B. wenn die Zustimmung des Grundstückseigentümers oder die Ersetzung dieser Zustimmung erforderlich ist, § 15 ErbbauG).9) Es ist auch möglich, den Verkündungstermin zu verlegen, u. U. sogar mehrmals. Dies kann auch im Verkündungstermin geschehen – durch verkündeten Vertagungsbeschluss.10)

11

Oberstes Prinzip sollte jedoch sein: Grundsätzlich wird die Zuschlagsentscheidung im Versteigerungstermin verkündet; der besondere Verkündungstermin sollte die Ausnahme sein. Vor allem sollte vermieden werden, dass der Deckungsgrundsatz des § 44 Abs. 1 ZVG ohne Not verletzt wird. Zwar stellt der entstehende Ausfall des Rangletzten des geringsten Gebots, der dadurch entstanden ist, dass der Zuschlag erst nach der Frist des § 47 ZVG erfolgt, keinen Zuschlagsversagungsgrund dar.11) Doch das Recht auf eine faire Verfahrensgestaltung gilt auch für die Berechtigte, welche im geringsten Gebot erfasst sind und deren Rechte dadurch eigentlich gedeckt sein müssten. 3.

12

Verkündung und Bekanntmachung (Abs. 2 Satz 2)

Die Bestimmung eines besonderen Verkündungstermins geschieht durch einen verkündeten Beschluss am Ende des Versteigerungstermins. Es ist also nicht zulässig, einen Beschluss zu verkünden, in dem lediglich angegeben wird, dass ein Verkündungstermin (später) von Amts wegen angesetzt werde. Daneben ist die Terminsbestimmung an die Gerichtstafel anzuheften (Abs. 2 Satz 2). Eine Zustellung an die Beteiligten ist nicht vorgesehen. _____________ 7) BGH, Beschl., v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, Rpfleger 2004, 434 = ZfIR 2004, 1033. 8) Der „Umweg“ über einen Antrag gemäß § 74a ZVG, verbunden mit der Anregung auf einen besonderen Verkündungstermin soll jedoch nicht verschwiegen werden. Grund: Der Versagungsantrag kann bis zur Entscheidung (auch in einem besonderen Verkündungstermin) wieder zurückgenommen werden. 9) BGH, Beschl. v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, Rpfleger 1961, 92 = NJW 1960, 2003. 10) Wegen der Einzelheiten wird auf Stöber, ZVG, § 87 Rz. 3.3 m. w. N. verwiesen. 11) So Böttcher, ZVG, § 47 Rz. 1.

762

Bachmann

§ 88

Zustellung des Beschlusses

Ein Verstoß gegen Abs. 2 Satz 2 ZVG ist aber unschädlich.12) Ist der Verkündungstermin nicht im Versteigerungstermin verkündet worden, dann müssen alle im Versteigerungstermin anwesenden Beteiligte und der Meistbietende entsprechend benachrichtigt werden; dies geschieht am besten durch förmliche Zustellung. 4.

13

Nachträgliche Tatsachen und Beweismittel (Abs. 3)

Aus Abs. 3 ergibt sich, dass auch noch im Verkündungstermin Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden können. Die im Verkündungstermin anwesenden Beteiligten sind hierüber zu hören.

14

Es ist jedoch darauf zu achten, dass bestimmte Erklärungen im Verkündungstermin nicht mehr beachtet werden können, wenn das Gesetz selbst einen früheren Endzeitpunkt vorschreibt. So können im Verkündungstermin z. B. folgende Anträge nicht mehr gestellt werden:

15



Sicherheit kann gemäß § 67 Abs. 1 ZVG nur sofort nach Abgabe des Gebots verlangt werden, also nicht mehr im Verkündungstermin.



Widerspruch gegen die Zulassung eines Gebots ohne Sicherheitsleistung ist nicht mehr möglich (vgl. § 70 Abs. 3 ZVG).



Widerspruch gegen die Zulassung eines Übergebots (§ 72 Abs. 1 ZVG) oder gegen die Zurückweisung eines Gebots (§ 72 Abs. 2 ZVG) ist jetzt ebenfalls nicht mehr möglich.



Der Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß § 74a ZVG ist nur bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag möglich; das Gleiche gilt für die Erklärung des Widerspruchs (§ 74a Abs. 2 ZVG).

Dagegen sind zulässig:

16



Erklärungen gemäß § 81 Abs. 2 oder Abs. 3 ZVG,



Erklärungen gemäß §§ 29 oder 30 ZVG,



Anträge gemäß § 30d Abs. 2, § 765a ZPO,



Vortrag über Versagungsgründe gemäß § 83 ZVG, aber auch Genehmigungen nach § 84 ZVG,



Vorlage einer zum Zuschlag erforderlichen Genehmigung.

_____________ 12) OLG Köln, Beschl. v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34 = InVo 1996, 277.

§ 88 Zustellung des Beschlusses Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, ist den Beteiligten, soweit sie weder im Versteigerungstermine noch im Verkündungstermin erschienen sind, und dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 dem Meistbietenden zuzustellen. Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben. Bachmann

763

§ 88

Zustellung des Beschlusses

Ein Verstoß gegen Abs. 2 Satz 2 ZVG ist aber unschädlich.12) Ist der Verkündungstermin nicht im Versteigerungstermin verkündet worden, dann müssen alle im Versteigerungstermin anwesenden Beteiligte und der Meistbietende entsprechend benachrichtigt werden; dies geschieht am besten durch förmliche Zustellung. 4.

13

Nachträgliche Tatsachen und Beweismittel (Abs. 3)

Aus Abs. 3 ergibt sich, dass auch noch im Verkündungstermin Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden können. Die im Verkündungstermin anwesenden Beteiligten sind hierüber zu hören.

14

Es ist jedoch darauf zu achten, dass bestimmte Erklärungen im Verkündungstermin nicht mehr beachtet werden können, wenn das Gesetz selbst einen früheren Endzeitpunkt vorschreibt. So können im Verkündungstermin z. B. folgende Anträge nicht mehr gestellt werden:

15



Sicherheit kann gemäß § 67 Abs. 1 ZVG nur sofort nach Abgabe des Gebots verlangt werden, also nicht mehr im Verkündungstermin.



Widerspruch gegen die Zulassung eines Gebots ohne Sicherheitsleistung ist nicht mehr möglich (vgl. § 70 Abs. 3 ZVG).



Widerspruch gegen die Zulassung eines Übergebots (§ 72 Abs. 1 ZVG) oder gegen die Zurückweisung eines Gebots (§ 72 Abs. 2 ZVG) ist jetzt ebenfalls nicht mehr möglich.



Der Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß § 74a ZVG ist nur bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag möglich; das Gleiche gilt für die Erklärung des Widerspruchs (§ 74a Abs. 2 ZVG).

Dagegen sind zulässig:

16



Erklärungen gemäß § 81 Abs. 2 oder Abs. 3 ZVG,



Erklärungen gemäß §§ 29 oder 30 ZVG,



Anträge gemäß § 30d Abs. 2, § 765a ZPO,



Vortrag über Versagungsgründe gemäß § 83 ZVG, aber auch Genehmigungen nach § 84 ZVG,



Vorlage einer zum Zuschlag erforderlichen Genehmigung.

_____________ 12) OLG Köln, Beschl. v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34 = InVo 1996, 277.

§ 88 Zustellung des Beschlusses Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, ist den Beteiligten, soweit sie weder im Versteigerungstermine noch im Verkündungstermin erschienen sind, und dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 dem Meistbietenden zuzustellen. Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben. Bachmann

763

§ 88

Zustellung des Beschlusses Übersicht

I. Allgemeines .......................................... 1 II. Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ............................................ 3

I.

III. Formlose Mitteilung des Beschlusses ............................................ 9

Allgemeines

1

§ 88 ZVG befasst sich mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses. Während der Versagungsbeschluss nur verkündet wird, muss der Zuschlagsbeschluss neben der Verkündung auch bestimmten Personen zugestellt werden (§ 88 ZVG). Dies nicht nur wegen der Wichtigkeit dieser Entscheidung, sondern auch um die Rechtsmittelfrist für diese Personen in Lauf zu setzen (vgl. § 98 ZVG).

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten. II. Zustellung des Zuschlagsbeschlusses

3

Die Zuschlagsentscheidung muss verkündet werden (§ 87 Abs. 1 ZVG), gleich ob diese Entscheidung positiv ausfällt (= Zuschlagsbeschluss) oder negativ (= Zuschlagsversagung). Daneben muss der Zuschlagsbeschluss gemäß § 88 ZVG auch noch bestimmten Personen zugestellt werden: Allen Beteiligten, die weder im Versteigerungs- noch im Verkündungstermin erschienen waren, muss der Beschluss zugestellt werden. Zu diesen Beteiligten gehören nach Satz 2 auch diejenigen, die ihr Recht schon angemeldet, aber noch nicht glaubhaft gemacht haben. Ob der Beteiligte bzw. sein Vertreter in einem der beiden Termine anwesend war, lässt sich aus dem Protokoll ersehen. Es genügt eine Anwesenheit in einem der beiden Termine, auch wenn sie noch so kurz war. Für die erschienen Beteiligten beginnt die Frist für die sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss in jedem Fall mit der Verkündung des Beschlusses (§ 98 Satz 2 ZVG), auch wenn ihnen – überflüssigerweise – der Beschluss zugestellt worden ist.

4

Der Zuschlagsbeschluss ist auch dem Ersteher zuzustellen. Wenn der Zuschlag an eine Bietergemeinschaft erfolgte, muss die Zustellung an alle Mitglieder dieser Gemeinschaft erfolgen.

5

Wenn in den Fällen des § 81 Abs. 2 oder 3 ZVG der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem Zessionar oder dem verdeckten Vollmachtgeber erteilt wurde, ist der Zuschlagsbeschluss auch dem Meistbietenden zuzustellen. Er ist in diesem Beschluss gemäß § 81 Abs. 4 ZVG für mithaftend erklärt worden.

6

Wenn Sicherheit für das Gebot des Erstehers durch Bürgschaft geleistet worden ist (vgl. § 69 Abs. 3 ZVG), dann muss der Zuschlagsbeschluss auch dem Bürgen zugestellt werden. Er ist in diesem Beschluss ebenfalls für mithaftend erklärt worden (§ 82 Halbs. 2 ZVG).

7

Der Zuschlagsbeschluss ist in Ausfertigung1) von Amts wegen zuzustellen. Bei Beteiligten, die durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten sind, erfolgt die Zustellung an diesen (§ 172 ZPO). Bei Tod des Zustellungsadressaten erfolgt die Zustellung an die Erben bzw. den Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter. Befindet sich der Zustellungsempfänger in Insolvenz, dann erfolgt die Zustellung _____________ 1)

764

Vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 9.6.2010 – XII ZB 132/09, NJW 2010, 2519.

Bachmann

§ 89

Wirksamwerden des Zuschlags

an den Insolvenzverwalter. Im Hinblick auf eine etwaige Freigabe sollte aber vorsorglich auch dem Insolvenzschuldner zugestellt werden. Ein Verzicht auf die Zustellung des Beschlusses soll zulässig sein. Das hat zur Folge, dass in diesem Fall die Rechtsmittelfrist bereits mit der Verkündung zu laufen beginnt.2)

8

III. Formlose Mitteilung des Beschlusses Außer den in § 88 ZVG vorgeschriebenen Zustellungen ist der Zuschlagsbeschluss noch an andere Stellen formlos mitzuteilen:

9

Das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück (Erbbaurecht) oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt, erhält unter Beifügung einer Abschrift des Zuschlagsbeschlusses die Mitteilung anhand eines amtlich vorgeschriebenen Vordrucks.3) Dies dient einerseits der Festlegung und Anforderung der Grunderwerbsteuer. Auf der anderen Seite ist die Zahlung der Grunderwerbsteuer wiederum Voraussetzung für die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung, welche das Vollstreckungsgericht seinem Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 130 ZVG) beifügen muss. Der Zuschlagsbeschluss ist auch dem Gutachterausschuss mitzuteilen (§ 195 Abs. 1 Satz 2 ZVG).4)

10

Üblicherweise erhält auch das zuständige Grundbuchamt eine Abschrift des Zuschlagsbeschlusses zur Kenntnis. Wenn Pestel5) meint, dass das Vollstreckungsgericht zur Übersendung einer Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses verpflichtet sei, dann muss dem widersprochen werden. In den meisten Fällen hängt die Verzögerung des Eintragungsersuchens vom Verhalten des Erstehers ab; denn ohne die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung kann die Eintragung nicht veranlasst werden. Und diese Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt das Finanzamt erst, wenn die Grunderwerbsteuer bezahlt ist. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Landgerichts Lahn-Gießen6) vermag nicht zu überzeugen, da diese Entscheidung die Bedeutung des § 39 GBO nicht hinreichend berücksichtigt hat.

11

_____________ 2)

3) 4) 5) 6)

So Böttcher, ZVG, § 88 Rz. 1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 88 Rz. 3; Löhnig/Pestel, ZVG, § 88 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 88 Rz. 2.4 rät jedoch, sich an die gesetzliche Regel zu halten. Dem kann nur zugestimmt werden. Einzelheiten hierzu unter Ziffer VII. Nr. 2 der MiZi = Neufassung der Anordnung über die Mitteilungen in Zivilsachen v. 29.4.1998 – mit teilweise landesrechtlichen Besonderheiten. Auch hier sind die Einzelheiten in Abschn. VII Nr. 3 der MiZi geregelt. Löhnig/Pestel, ZVG, § 88 Rz. 16 unter Hinweis auf Hornung (Rpfleger 1979, 279). LG Lahn-Gießen, Beschl. v. 24.1.1979 – 7 T 26/79, Rpfleger 1979, 352 mit abl. Anm. Schiffhauer.

§ 89 Wirksamwerden des Zuschlags Der Zuschlag wird mit der Verkündung wirksam. Übersicht I.

Allgemeines .......................................... 1

II. Wirksamwerden des Zuschlags ........... 3

Bachmann

765

§ 89

Wirksamwerden des Zuschlags

an den Insolvenzverwalter. Im Hinblick auf eine etwaige Freigabe sollte aber vorsorglich auch dem Insolvenzschuldner zugestellt werden. Ein Verzicht auf die Zustellung des Beschlusses soll zulässig sein. Das hat zur Folge, dass in diesem Fall die Rechtsmittelfrist bereits mit der Verkündung zu laufen beginnt.2)

8

III. Formlose Mitteilung des Beschlusses Außer den in § 88 ZVG vorgeschriebenen Zustellungen ist der Zuschlagsbeschluss noch an andere Stellen formlos mitzuteilen:

9

Das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück (Erbbaurecht) oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt, erhält unter Beifügung einer Abschrift des Zuschlagsbeschlusses die Mitteilung anhand eines amtlich vorgeschriebenen Vordrucks.3) Dies dient einerseits der Festlegung und Anforderung der Grunderwerbsteuer. Auf der anderen Seite ist die Zahlung der Grunderwerbsteuer wiederum Voraussetzung für die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung, welche das Vollstreckungsgericht seinem Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 130 ZVG) beifügen muss. Der Zuschlagsbeschluss ist auch dem Gutachterausschuss mitzuteilen (§ 195 Abs. 1 Satz 2 ZVG).4)

10

Üblicherweise erhält auch das zuständige Grundbuchamt eine Abschrift des Zuschlagsbeschlusses zur Kenntnis. Wenn Pestel5) meint, dass das Vollstreckungsgericht zur Übersendung einer Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses verpflichtet sei, dann muss dem widersprochen werden. In den meisten Fällen hängt die Verzögerung des Eintragungsersuchens vom Verhalten des Erstehers ab; denn ohne die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung kann die Eintragung nicht veranlasst werden. Und diese Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt das Finanzamt erst, wenn die Grunderwerbsteuer bezahlt ist. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Landgerichts Lahn-Gießen6) vermag nicht zu überzeugen, da diese Entscheidung die Bedeutung des § 39 GBO nicht hinreichend berücksichtigt hat.

11

_____________ 2)

3) 4) 5) 6)

So Böttcher, ZVG, § 88 Rz. 1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 88 Rz. 3; Löhnig/Pestel, ZVG, § 88 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 88 Rz. 2.4 rät jedoch, sich an die gesetzliche Regel zu halten. Dem kann nur zugestimmt werden. Einzelheiten hierzu unter Ziffer VII. Nr. 2 der MiZi = Neufassung der Anordnung über die Mitteilungen in Zivilsachen v. 29.4.1998 – mit teilweise landesrechtlichen Besonderheiten. Auch hier sind die Einzelheiten in Abschn. VII Nr. 3 der MiZi geregelt. Löhnig/Pestel, ZVG, § 88 Rz. 16 unter Hinweis auf Hornung (Rpfleger 1979, 279). LG Lahn-Gießen, Beschl. v. 24.1.1979 – 7 T 26/79, Rpfleger 1979, 352 mit abl. Anm. Schiffhauer.

§ 89 Wirksamwerden des Zuschlags Der Zuschlag wird mit der Verkündung wirksam. Übersicht I.

Allgemeines .......................................... 1

II. Wirksamwerden des Zuschlags ........... 3

Bachmann

765

§ 90 I.

Eigentumserwerb durch Zuschlag

Allgemeines

1

Während die Zuschlagsversagung gemäß § 86 ZVG erst mit der Rechtskraft des entsprechenden Beschlusse wirksam wird, legt § 89 ZVG fest, dass der Zuschlagsbeschluss (bereits) mit der Verkündung wirksam wird.

2

§ 89 ZVG gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG. II. Wirksamwerden des Zuschlags

3

Der Zuschlagsbeschluss wird sofort mit Verkündung wirksam (§ 89 ZVG). Ist die Verkündung versehentlich unterblieben, der Beschluss aber dem Ersteher zugestellt, dann hat dies nicht die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge, sondern bedeutet (nur) einen Verfahrensmangel.1) Mit anderen Worten: Wird der Beschluss nicht angefochten, so wird er mit Zustellung wirksam. Er kann aber erfolgreich angefochten werden mit der Begründung, § 87 ZVG sei verletzt worden.

4

Der Zuschlagsbeschluss wird mit der Verkündung wirksam und hängt insoweit auch von keiner Bedingung ab. Die Zahlung oder Nichtzahlung des Meistbargebots hat auf die Wirksamkeit des Zuschlags keine Auswirkungen. Auch die Rechtskraft des Beschlusses spielt weder als aufschiebende noch als auflösende Bedingung eine Rolle. Solange ein Beschwerdeverfahren läuft, ist der Zuschlag wirksam. Erst mit seiner rechtskräftigen Aufhebung tritt die Wirkung des Zuschlags außer Kraft. Einen Schutz gegen zwischenzeitliche Verfügungen des Erstehers bietet § 94 ZVG.

5

Wenn der Zuschlag erst vom Beschwerdegericht erteilt wird, nachdem das Vollstreckungsgericht den Zuschlag versagt hatte, wird er erst mit der Zustellung an den Ersteher wirksam (§ 104 ZVG).

6

Wird der Zuschlagsbeschluss des Vollstreckungsgerichts vom Beschwerdegericht aufgehoben und nach § 101 Abs. 2 ZVG vom Rechtsbeschwerdegericht wieder „hergestellt“, so ist er vom Zeitpunkt der ursprünglichen Verkündung (§ 89 ZVG) an wirksam. Das Rechtsbeschwerdegericht trifft hier zwar eine eigene Sachentscheidung, muss aber den Zuschlag nicht nochmals erteilen.2) _____________ 1)

2)

BGH, Beschl. v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, Rpfleger 2011, 682 unter Hinweis auf OLG Köln, MDR 1982, 330; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 89 Rz. 13; Löhnig/ Pestel, § 89 Rz. 5; a. A. Böttcher, ZVG, § 89 Rz. 2 und Stöber, ZVG, § 87 Rz. 2.5 und § 89 Rz. 2.1: Zuschlag ist nicht wirksam geworden. Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 3.

§ 90 Eigentumserwerb durch Zuschlag (1) Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluß rechtskräftig aufgehoben wird. (2) Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Eigentumserwerb durch Zuschlag ..... 4

766

1.

Bachmann

Erwerb des Grundstücks (Abs. 1) ........ 4

§ 90 I.

Eigentumserwerb durch Zuschlag

Allgemeines

1

Während die Zuschlagsversagung gemäß § 86 ZVG erst mit der Rechtskraft des entsprechenden Beschlusse wirksam wird, legt § 89 ZVG fest, dass der Zuschlagsbeschluss (bereits) mit der Verkündung wirksam wird.

2

§ 89 ZVG gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG. II. Wirksamwerden des Zuschlags

3

Der Zuschlagsbeschluss wird sofort mit Verkündung wirksam (§ 89 ZVG). Ist die Verkündung versehentlich unterblieben, der Beschluss aber dem Ersteher zugestellt, dann hat dies nicht die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge, sondern bedeutet (nur) einen Verfahrensmangel.1) Mit anderen Worten: Wird der Beschluss nicht angefochten, so wird er mit Zustellung wirksam. Er kann aber erfolgreich angefochten werden mit der Begründung, § 87 ZVG sei verletzt worden.

4

Der Zuschlagsbeschluss wird mit der Verkündung wirksam und hängt insoweit auch von keiner Bedingung ab. Die Zahlung oder Nichtzahlung des Meistbargebots hat auf die Wirksamkeit des Zuschlags keine Auswirkungen. Auch die Rechtskraft des Beschlusses spielt weder als aufschiebende noch als auflösende Bedingung eine Rolle. Solange ein Beschwerdeverfahren läuft, ist der Zuschlag wirksam. Erst mit seiner rechtskräftigen Aufhebung tritt die Wirkung des Zuschlags außer Kraft. Einen Schutz gegen zwischenzeitliche Verfügungen des Erstehers bietet § 94 ZVG.

5

Wenn der Zuschlag erst vom Beschwerdegericht erteilt wird, nachdem das Vollstreckungsgericht den Zuschlag versagt hatte, wird er erst mit der Zustellung an den Ersteher wirksam (§ 104 ZVG).

6

Wird der Zuschlagsbeschluss des Vollstreckungsgerichts vom Beschwerdegericht aufgehoben und nach § 101 Abs. 2 ZVG vom Rechtsbeschwerdegericht wieder „hergestellt“, so ist er vom Zeitpunkt der ursprünglichen Verkündung (§ 89 ZVG) an wirksam. Das Rechtsbeschwerdegericht trifft hier zwar eine eigene Sachentscheidung, muss aber den Zuschlag nicht nochmals erteilen.2) _____________ 1)

2)

BGH, Beschl. v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, Rpfleger 2011, 682 unter Hinweis auf OLG Köln, MDR 1982, 330; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 89 Rz. 13; Löhnig/ Pestel, § 89 Rz. 5; a. A. Böttcher, ZVG, § 89 Rz. 2 und Stöber, ZVG, § 87 Rz. 2.5 und § 89 Rz. 2.1: Zuschlag ist nicht wirksam geworden. Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 3.

§ 90 Eigentumserwerb durch Zuschlag (1) Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluß rechtskräftig aufgehoben wird. (2) Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Eigentumserwerb durch Zuschlag ..... 4

766

1.

Bachmann

Erwerb des Grundstücks (Abs. 1) ........ 4

§ 90

Eigentumserwerb durch Zuschlag 2.

Erwerb der mitversteigerten Gegenstände (Abs. 2) ........................... 7 III. Folgen der rechtskräftigen Aufhebung des Zuschlags ................... 9 1. Eigentumsverhältnisse .......................... 9 2. Rechtshandlungen des Erstehers ........ 11

I.

3. IV. 1. 2. 3. 4.

Nutzungen und Lasten ....................... 14 Sonstiges .............................................. 15 Rechtsnachfolge .................................. 15 Versicherungen .................................... 16 Dritteigentum ...................................... 18 Grundstücksüberbau ........................... 24

Allgemeines

Die Vorschrift legt fest, dass der Ersteher mit dem Zuschlag das Eigentum erwirbt: –

am Grundstück (Abs. 1),



an allen Gegenständen, auf die sich gemäß § 55 ZVG die Versteigerung erstreckt (Abs. 2).

1

Der Zuschlag verschafft dem Ersteher originäres Eigentum durch den staatlichen Hoheitsakt des Zuschlagsbeschlusses.1) Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das Eigentum in der Person des Erstehers (neu) entsteht, er also nicht Rechtsnachfolger des „alten“ Eigentümers ist; dessen Eigentum geht somit mit dem Zuschlag unter. Für diesen Eigentumserwerb spielt es keine Rolle, ob der Zuschlagsbeschluss mit dem Gesetz in Einklang steht, ob der Ersteher seiner Zahlungspflicht nachkommt und ob dieser im Grundbuch eingetragen wird. Auch Fragen des guten bzw. bösen Glaubens sind nicht relevant, da § 892 BGB einen Rechtsgeschäft voraussetzt.

2

§ 90 ZVG gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG.

3

II. Eigentumserwerb durch Zuschlag 1.

Erwerb des Grundstücks (Abs. 1)

Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des versteigerten Grundstücks (Abs. 1). Dies trifft auch zu, wenn der Vollstreckungsschuldner gar nicht der wahre Eigentümer war.2) Wenn bei der Abgabe von Geboten Willensmängel bestanden, hat dies auf den Eigentumserwerb ebenfalls keine Auswirkungen.3) Das Fehlen von etwaigen Zustimmungen (z. B. nach § 5 ErbbauRG, § 12 WEG) hindert diesen Eigentumserwerb ebenfalls nicht.4)

4

Auch der Schuldner erwirbt, falls er Ersteher ist, das Eigentum völlig neu – und zwar zu den im Beschluss aufgeführten Versteigerungsbedingungen (also u. U. lastenfrei).

5

Ist das versteigerte Grundstück irrtümlich auf dem Grundbuchblatt des Schuldners, aber auch auf dem Grundbuchblatt des wahren Eigentümers gebucht (= Doppel-

6

_____________ 1)

2) 3) 4)

Die Streitfrage, ob § 90 ZVG zur Rechtsprechung im materiellen Sinn gehört, die unter Art. 92 GG fällt, soll hier nicht vertieft werden. In diesem Sinn aber Böttcher, ZVG, § 1 Rz. 7 und § 90 Rz. 2 m. w. N. Böttcher, ZVG, § 90 Rz. 3 m. w. N. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.10.1953 – 3 W 9/53, MDR 1954, 112. Stöber, ZVG, § 90 Rz. 2.1.

Bachmann

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§ 90

Eigentumserwerb durch Zuschlag

buchung), dann soll es zum Eigentumserwerb des Erstehers zumindest dann kommen, wenn der Zuschlag nicht deshalb mit Erfolg angefochten wird.5) 2. 7

8

Erwerb der mitversteigerten Gegenstände (Abs. 2)

Außer dem Grundstück erwirbt der Ersteher mit dem Zuschlag auch Eigentum an allen Gegenständen, auf die sich die Versteigerung erstreckte (Abs. 2). Dies sind nach § 55 ZVG alle Gegenstände, die von der Beschlagnahme erfasst sind: –

Bestandteile,



(schuldnereigenes) Zubehör,



Versicherungsforderungen,



daneben auch schuldnerfremdes Zubehör, sofern es sich im Besitz des Schuldners befindet (§ 55 Abs. 2 ZVG). Wegen der Einbeziehung des Anwartschaftsrechts an einem Zubehörgegenstand wird auf § 55 Rz. 17 [Bachmann] verwiesen.

Auch diese Gegenstände erwirbt der Ersteher durch den Zuschlag, wobei es hierzu keines besonderen Ausspruchs im Zuschlagsbeschluss bedarf. Auch die nach § 929 Abs. 1 BGB vorgesehene Übergabe von beweglichen Sachen ist nicht erforderlich. III. Folgen der rechtskräftigen Aufhebung des Zuschlags 1.

Eigentumsverhältnisse

9

Die im Abs. 1 enthaltene Einschränkung („sofern nicht im Beschwerdeweg der Beschluss rechtskräftig aufgehoben wird“) ist keine Bedingung i. S. d. §§ 158 ff. BGB, sondern „Tatbestandsmerkmal“ des § 90 ZVG. Wird also der Zuschlag wieder aufgehoben, dann fällt das Eigentum ex tunc wieder weg.6) Damit leben sowohl das Eigentum des Schuldners als auch die durch den Zuschlag erloschenen Rechte (vgl. § 91 Abs. 1 ZVG) wieder auf.

10

Wird der Zuschlagsbeschluss aufgehoben und gleichzeitig der Zuschlag einem anderen erteilt, dann verliert der im (1.) Zuschlagsbeschluss genannte Ersteher das Eigentum rückwirkend auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des (1.) Zuschlagsbeschlusses; der neue Ersteher wird aber erst Eigentümer mit der Zustellung des (2.) Zuschlagsbeschlusses; denn nach § 104 ZVG wird ein Zuschlagsbeschluss des Beschwerdegerichts erst mit Zustellung wirksam. In dem „Zwischenraum“ ist der Schuldner Eigentümer geblieben.7) Wenn der „erste“ Ersteher das Grundstück weiter nutzt, hat der neue (2.) Ersteher einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen (analog § 987 BGB) – und zwar ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerde-

_____________ 5)

6) 7)

768

So Böttcher, § 90 Rz. 3 m. w. N.; a. A. Stöber, ZVG § 37 Rz. 6.10 und § 90 Rz. 2.4 m. w. N. Das Argument von Böttcher, dass der wahre Eigentümer nach § 37 Nr. 5 ZVG seine Rechte nicht geltend machen konnte und dass er deshalb sein Eigentum nicht verlieren dürfe, überzeugt nicht. Wenn die Doppelbuchung bereits während des Versteigerungsverfahrens bemerkt worden ist, sollte beim zuständigen Grundbuchamt die Beseitigung der Doppelbuchung angeregt werden. Das Verfahren richtet sich nach § 38 GBV. BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, Rpfleger 2010, 374 = ZfIR 2010, 374. BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, Rpfleger 2010, 365 = ZfIR 2010, 374 mit krit. Anmerk. Heinemann.

Bachmann

§ 90

Eigentumserwerb durch Zuschlag

entscheidung an den (1.) Ersteher, bis dahin an den Vollstreckungsschuldner.8) Etwaige Streitfragen sind außerhalb des Versteigerungsverfahrens – notfalls im Prozessweg – zu klären. 2.

Rechtshandlungen des Erstehers

Obwohl das Eigentum des Erstehers mit rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses rückwirkend wieder entfällt, bleiben Verfügungen und Verwaltungshandlungen, die der Ersteher in der Zwischenzeit vorgenommen hat, wirksam.9) Somit bleiben auch durch den Ersteher vorgenommene Kündigungen von Mietverträgen wirksam.10) Auch neu vereinbarte Mietverträge fallen nicht rückwirkend wieder weg.

11

Einen „Schutz“ gegen Verfügungen im Rahmen des Immobiliarsachenrechts bietet § 39 GBO. Hiernach dürfen Eintragungen im Grundbuch grundsätzlich nur erfolgen, wenn der Betroffene voreingetragen ist. Das Grundbuchamt wird nach § 130 Abs. 1 ZVG aber erst nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses um Eintragung des Erstehers ersucht.

12

Einen Schutz gegen alle rechtlichen und tatsächlichen Handlungen des Erstehers bietet die gerichtliche Verwaltung, die gemäß § 94 ZVG auf Antrag vom Vollstreckungsgericht angeordnet wird. Wegen der Einzelheiten wird auf § 94 Rz. 9 – 11 [Bachmann] verwiesen.

13

3.

Nutzungen und Lasten

Wenn der Zuschlag rechtskräftig aufgehoben wird, sind die Lasten und Nutzungen zwischen dem Vollstreckungsschuldner (= Grundstückseigentümer) und dem Ersteher (der aufgrund der Aufhebung des Beschluss doch kein Eigentümer ist) abzurechnen: –

Hat der Ersteher Lasten getragen, so kann er sie vom Schuldner nach §§ 994, 995 BGB ersetzt verlangen.



Hat er zwischenzeitlich Nutzungen gezogen, muss er diese nach den Grundsätzen der §§ 988, 101 BGB an den Schuldner herausgeben.

14

IV. Sonstiges 1.

Rechtsnachfolge

Zwar gehen mit dem Zuschlag viele Rechte und Pflichten des Schuldners auf den Ersteher über; Rechtsnachfolger des Schuldners wird der Ersteher dadurch aber nicht; denn das Eigentum wird in seiner Person durch den staatlichen Hoheitsakt neu begründet.11) Er ist auch nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters, wenn neben der Zwangsversteigerung auch ein Zwangsverwaltungsverfahren anhängig _____________ 8) BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, Rpfleger 2010, 365 = ZfIR, 2010, 374 mit krit. Anmerk. Heinemann; Stöber, ZVG, § 90 Rz. 6.3. 9) Stöber, ZVG, § 90 Rz. 2.3; ähnlich, aber mit anderer Begründung: Vorschriften über den guten Glauben seien anzuwenden, Böttcher, ZVG, § 90, Rz. 6. 10) Stöber, ZVG, § 57a Rz. 2.9 m. w. N. 11) BGH, Urt. v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, Rpfleger 2004, 644 = ZfIR 2005, 33.

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§ 90

Eigentumserwerb durch Zuschlag

gewesen war.12) Hat der Zwangsverwalter gegen den Mieter bereits einen Räumungstitel erstritten, kann der Ersteher diesen Titel nicht auf sich „als Rechtsnachfolger gemäß § 727 ZPO“ umschreiben lassen, nachdem die Zwangsverwaltung aufgehoben worden ist.13) Dies ist auch gar nicht erforderlich; denn nach § 93 Abs. 1 Satz 1 bildet der Zuschlagsbeschluss für den Ersteher einen Herausgabetitel gegen den Besitzer. 2.

Versicherungen

16

Forderungen aus der Versicherung von Gebäuden und Früchten (z. B. Feuer-, Hagel-, Sturm-, Hochwasser-Versicherungen) unterliegen grundsätzlich der Beschlagnahme und werden deshalb mitversteigert (§ 55 Abs. 1 ZVG). Somit erwirbt der Ersteher auch Versicherungsentschädigungen aus den Versicherungsverträgen, die sich auf das Grundstück und die mitversteigerten Gegenstände beziehen.

17

Sachversicherungsverträge, die sich auf das Grundstück und die mitversteigerten Grundstücke beziehen, gehen nach § 99 VVG auf den Ersteher über. Der Versicherer kann gemäß § 96 Abs. 1 VVG, der Ersteher gemäß § 96 Abs. 2 VVG kündigen. Der Eigentumswechsel ist vom Ersteher und/oder vom Vollstreckungsschuldner dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Eine Anzeige durch das Vollstreckungsgericht ist nicht vorgesehen. 3.

Dritteigentum

18

Der Ersteher wird Eigentümer des Grundstücks und der mitversteigerten Gegenstände auch dann, wenn diese gar nicht im Eigentum des Vollstreckungsschuldners standen. Damit geht mit dem Zuschlag auch das Eigentum eines Dritten an diesen Gegenständen unter. An die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt aber der Versteigerungserlös. Das der Versteigerung entgegenstehende Recht eines Dritten setzt sich am Versteigerungserlös fort:

19

Wenn das Grundstück einem Dritten gehörte, gehört der gesamte Versteigerungserlös dem Dritten. Aber dieser Erlös unterliegt nach wie vor der Beschlagnahme. Deshalb muss der Dritte sein Recht geltend machen. Die Gläubiger, welche kein Recht auf Befriedigung haben,14) sind dem ursprünglichen Eigentümer des Grundstücks gegenüber zur Freigabe verpflichtet.

20

Ist mit dem Grundstück, welches dem Schuldner gehört, auch ein Gegenstand versteigert worden, der einem Dritten gehörte, dann tritt der (gesamte) Versteigerungserlös als Surrogat an die Stelle des (gesamten) Versteigerungsobjekts. Dieser Erlös steht dem bisherigen Grundstückseigentümer und dem Dritteigentümer des Gegenstandes im Verhältnis der Verkehrswerte zu. Als maßgebliche Werte sind hier die nach § 74a ZVG festgesetzten Verkehrswerte anzunehmen. Der Dritte erhält also nicht den Verkehrswert des Gegenstandes; er nimmt vielmehr am Ergebnis der Versteigerung insoweit teil, als der Versteigerungserlös (also Meistbargebot + bestehen bleibende Rechte) im Verhältnis der beiden Verkehrswerte aufgeteilt wird. _____________ 12) BGH, Urt. v. 7.4.1978 – V ZR 154/75, BGHZ 71, 216. 13) BGH, Beschl. v. 14.6.2012 – VII ZB 47/10, Rpfleger 2012, 706. 14) Dazu zählen neben den Gläubigern, die nicht gutgläubig ein Recht am Grundstück erworben haben, auch alle persönlichen Gläubiger; denn im Wege der Zwangsvollstreckung kann man nicht gutgläubig (ein Befriedigungsrecht) erwerben.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

Die Gleichung15) lautet wie folgt:

X=

21

Meistgebot × Verkehrswert des Gegenstandes VKW des Grundstücks + VKW des Gegenstandes

Dieses Recht muss der Dritte aber mit Widerspruch gegen den Teilungsplan geltend machen.16) Die Anmeldung des (anteiligen) Erlösanspruchs gilt gemäß § 115 Abs. 2 ZVG als Widerspruch. Der Widerspruch betrifft den nach dem Teilungsplan zuletzt zum Zuge kommenden Zuteilungsberechtigten; denn diesen trifft der Umstand, dass der zu verteilende Betrag durch die Geltendmachung des Anspruchs auf einen Teil dieses Erlöses geringer ausfällt.17) Wegen der weiteren Behandlung des Widerspruchs wird auf die §§ 115, 120, 124 ZVG verwiesen.

22

Nach der Erlösverteilung hat der Dritte nur noch einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB.18)

23

4.

Grundstücksüberbau

Beim rechtmäßigen Überbau ist Eigentümer des ganzen Gebäudes grundsätzlich der Eigentümer des Stammgrundstücks, von dem aus das Grundstück überbaut worden ist.19) Somit erfasst die Versteigerung des Stammgrundstücks auch den Überbau; der Ersteher wird damit auch Eigentümer des Überbaus. Das Recht auf Duldung des Überbaus (gegenüber dem Nachbarn) geht als Rechtsbestandteil mit dem Eigentum auf den Ersteher mit über.20)

24

Umgekehrt muss der Ersteher des überbauten Grundstücks auch weiterhin den (rechtmäßigen) Überbau durch den Nachbarn dulden (§ 912 BGB). _____________

25

15) 16) 17) 18) 19) 20)

Die Gleichung ist bereits abgeleitet. Stöber, ZVG, § 92 Rz. 8.4. OLG Celle, Urt. v. 8.12.1992 – 4 U 194/91, Rpfleger 1993, 363 = KTS 1994, 85. BGH, Urt. v. 23.5.1962 – V ZR 238/60, NJW 1962, 1498 = MDR 1962, 726. BGH, Urt. v. 12.10.2001 – V ZR 268/00, Rpfleger 2002, 71 = ZfIR 2001, 997. RG, Urt. v. 30.3.1939 – J 121/38; RGZ 160, 166.

§ 91 Erlöschen von Rechten (1) Durch den Zuschlag erlöschen unter der im § 90 Abs. 1 bestimmten Voraussetzung die Rechte, welche nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleiben sollen. (2) Ein Recht an dem Grundstück bleibt jedoch bestehen, wenn dies zwischen dem Berechtigten und dem Ersteher vereinbart ist und die Erklärungen entweder im Verteilungstermin abgegeben oder, bevor das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs ersucht ist, durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. (3) Im Falle des Absatzes 2 vermindert sich der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren

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§ 91

Erlöschen von Rechten

Die Gleichung15) lautet wie folgt:

X=

21

Meistgebot × Verkehrswert des Gegenstandes VKW des Grundstücks + VKW des Gegenstandes

Dieses Recht muss der Dritte aber mit Widerspruch gegen den Teilungsplan geltend machen.16) Die Anmeldung des (anteiligen) Erlösanspruchs gilt gemäß § 115 Abs. 2 ZVG als Widerspruch. Der Widerspruch betrifft den nach dem Teilungsplan zuletzt zum Zuge kommenden Zuteilungsberechtigten; denn diesen trifft der Umstand, dass der zu verteilende Betrag durch die Geltendmachung des Anspruchs auf einen Teil dieses Erlöses geringer ausfällt.17) Wegen der weiteren Behandlung des Widerspruchs wird auf die §§ 115, 120, 124 ZVG verwiesen.

22

Nach der Erlösverteilung hat der Dritte nur noch einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB.18)

23

4.

Grundstücksüberbau

Beim rechtmäßigen Überbau ist Eigentümer des ganzen Gebäudes grundsätzlich der Eigentümer des Stammgrundstücks, von dem aus das Grundstück überbaut worden ist.19) Somit erfasst die Versteigerung des Stammgrundstücks auch den Überbau; der Ersteher wird damit auch Eigentümer des Überbaus. Das Recht auf Duldung des Überbaus (gegenüber dem Nachbarn) geht als Rechtsbestandteil mit dem Eigentum auf den Ersteher mit über.20)

24

Umgekehrt muss der Ersteher des überbauten Grundstücks auch weiterhin den (rechtmäßigen) Überbau durch den Nachbarn dulden (§ 912 BGB). _____________

25

15) 16) 17) 18) 19) 20)

Die Gleichung ist bereits abgeleitet. Stöber, ZVG, § 92 Rz. 8.4. OLG Celle, Urt. v. 8.12.1992 – 4 U 194/91, Rpfleger 1993, 363 = KTS 1994, 85. BGH, Urt. v. 23.5.1962 – V ZR 238/60, NJW 1962, 1498 = MDR 1962, 726. BGH, Urt. v. 12.10.2001 – V ZR 268/00, Rpfleger 2002, 71 = ZfIR 2001, 997. RG, Urt. v. 30.3.1939 – J 121/38; RGZ 160, 166.

§ 91 Erlöschen von Rechten (1) Durch den Zuschlag erlöschen unter der im § 90 Abs. 1 bestimmten Voraussetzung die Rechte, welche nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleiben sollen. (2) Ein Recht an dem Grundstück bleibt jedoch bestehen, wenn dies zwischen dem Berechtigten und dem Ersteher vereinbart ist und die Erklärungen entweder im Verteilungstermin abgegeben oder, bevor das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs ersucht ist, durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. (3) Im Falle des Absatzes 2 vermindert sich der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren

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§ 91

Erlöschen von Rechten

würde. Im übrigen wirkt die Vereinbarung wie die Befriedigung des Berechtigten aus dem Grundstück. (4) Das Erlöschen eines Rechts, dessen Inhaber zur Zeit des Erlöschens nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Löschung einer bestehenbleibenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld verlangen kann, hat nicht das Erlöschen dieses Anspruchs zur Folge. Der Anspruch erlischt, wenn der Berechtigte aus dem Grundstück befriedigt wird. Literatur: Drischler, Der Einfluss einer Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG auf den Teilungsplan, NJW 1966, 766; Eickmann, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 199; Mayer, Die Behandlung einer Vereinbarung über das Bestehenbleiben von Rechten (§ 91 ZVG) im Verteilungstermin, Rpfleger 1969, 3; Muth, Zum Befriedigungsumfang bei einer Liegenbelassung, Rpfleger 1992, 2; Scholz, Schuldübernahme in der Zwangsversteigerung, ZfIR 1999, 165. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Erlöschen von Rechten (Abs. 1) ......... 4 III. Liegenbelassung von Rechten (Abs. 2 und 3) ....................................... 9 1. Betroffene Rechte ................................. 9 2. Vereinbarung ....................................... 11 3. Wirkungen ........................................... 19 a) Recht bleibt bestehen (Abs. 2) ... 19 b) Meistbargebot wird vermindert (Abs. 3 Satz 1) .............................. 21 c) Befriedigungswirkung (Abs. 3 Satz 2) .............................. 23

I.

d) Auswirkungen auf die persönliche Forderung ............................ 24 IV. Löschungsanspruch nach § 1179a BGB (Abs. 4) ....................................... 28 V. Sonstiges .............................................. 30 1. Dienstbarkeiten bei Bruchteilseigentum ............................................. 30 2. Sicherungsgrundschuld ....................... 33 VI. Beispiel: Auswirkungen einer Vereinbarung nach Absatz 2 auf den Teilungsplan ................................ 35

Allgemeines

1

In § 52 ZVG ist festgelegt, welche Rechte bestehen bleiben und welche Rechte erlöschen. § 91 Abs. 1 ergänzt diese Vorschrift dahingehend, dass dieses Erlöschen eintritt mit dem Zuschlag, sofern der Beschluss nicht im Beschwerdeweg aufgehoben wird – also zu demselben Zeitpunkt, in dem der Ersteher Eigentümer wird (vgl. § 90 Abs. 1 ZVG).

2

Die Absätze 2 und 3 sehen die Möglichkeit vor, dass ein nach den Versteigerungsbedingungen erlöschendes Recht doch bestehen bleibt. Und Absatz 4 enthält eine Sonderregelung für den gesetzlichen Löschungsanspruch gemäß § 1179a BGB.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Erlöschen von Rechten (Abs. 1)

4

Durch den Zuschlag erlöschen alle Rechte, die nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben (§ 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Maßgeblicher Zeitpunkt ist das Wirksamwerden des Zuschlagsbeschlusses, also die Verkündung (§ 89 ZVG) bzw. die Zustellung, wenn der Zuschlag durch das Beschwerdegericht erteilt wird (§ 104). Durch die Verweisung auf § 90 Abs. 1 ZVG wird deutlich gemacht, dass dieses Erlöschen nicht eintritt, wenn der Zuschlagsbeschluss im Beschwerdeweg aufgehoben wird. Bei Aufhebung des Zuschlags sind die Rechte – rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zuschlags – also nicht erloschen. 772

Bachmann

§ 91

Erlöschen von Rechten

Ob ein Recht erlischt oder nicht, muss sich grundsätzlich aus dem Zuschlagsbeschluss ergeben (vgl. § 82 ZVG). Ein Recht erlischt also auch dann, wenn es im Zuschlagsbeschluss nicht als bestehen bleibendes Recht aufgeführt worden ist. Soweit ein Bestehenbleiben nur aus dem Terminsprotokoll ersichtlich ist (z. B. aufgrund eines Antrags gemäß § 59), kann dies nicht berücksichtigt werden.1)

5

Mit den Rechten am Grundstück erlöschen auch die Rechte an den mitversteigerten Gegenständen. Unter Umständen tritt an Stelle des versteigerten Gegenstandes aber ein Anspruch gegen den zuletzt aus dem Meistbargebot zu befriedigenden Berechtigten (vgl. hierzu § 90 Rz. 20 – 23 [Bachmann]).

6

Die persönliche Forderung erlischt nur dann und nur in dem Umfang, in dem der Gläubiger tatsächlich Befriedigung aus dem Versteigerungserlös erlangt. Ist dies nicht der Fall, so besteht seine Forderung gegen den bisherigen Schuldner weiter.2)

7

Wenn ein dingliches Recht durch den Zuschlag erlischt, setzt sich dieses „Recht“ am Surrogat – also am Versteigerungserlös – mit dem bisherigen Rang und Umfang fort. Das bisherige Grundstücksrecht betraf den Grundstückseigentümer und Vollstreckungsschuldner; der Ersatzanspruch richtet sich ebenfalls gegen den Vollstreckungsschuldner, dem das Surrogat Versteigerungserlös zusteht. Daraus folgt:

8



Mit der Befriedigung aus dem Erlös erlischt das Ersatzrecht



Kann auf das Recht keine Zuteilung erfolgen, weil der Erlös hierfür nicht ausreicht, wird es gegenstandslos.



Da das Ersatzrecht kein dingliches Grundstücksrecht mehr ist, kann es nach den allgemeinen Vorschriften des BGB übertragen werden (§§ 398 ff. BGB).3)



Das Ersatzrecht kann somit wie eine gewöhnliche Forderung gemäß § 857 i. V. m. §§ 829 ff. ZPO gepfändet werden. Steht der Anspruch einem Dritten zu, ist der bisherige Eigentümer Drittschuldner; somit wird diese Pfändung wirksam mit der Zustellung an den (bisherigen) Eigentümer, § 829 Abs. 3 ZPO. Wenn der Anspruch dem bisherigen Eigentümer zusteht (z. B. als Surrogat für eine erloschene Eigentümergrundschuld; am Erlösrest als Surrogat für das versteigerte Grundstück), gibt es keinen Drittschuldner;4) somit wird die Pfändung wirksam mit der Zustellung an den Schuldner (§ 857 Abs. 2 ZPO). Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Kommentierung zu § 117 Rz. 60, 61 [Bachmann] verwiesen.

III. Liegenbelassung von Rechten (Abs. 2 und 3) 1.

Betroffene Rechte

Zwischen dem Berechtigten des Rechts und dem Ersteher kann nach Abs. 2 das Liegenbelassen des Rechts vereinbart werden. Diese Vereinbarung kann sich auf alle durch den Zuschlag erloschenen Rechte beziehen, also auch auf die Rechte der _____________ 1) 2) 3) 4)

RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252. BGH, Urt. v. 2.10.1990 –XI ZR 306/89, Rpfleger 1991, 74 = NJW 1991, 286. BGH, Urt. v. 6.11.1963 – V ZR 55/62, NJW 1964, 813 = MDR 1964, 308. A. A. Schuldner und Drittschuldner sind identisch, was aber „unter dem Strich“ keinen Unterschied macht. Aber in keinem Fall kommen Ersteher oder Vollstreckungsgericht als Drittschuldner in Betracht.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

Abt. II. Das betreffende Recht wird dann so behandelt, als ob es durch den Zuschlag nicht erloschen wäre – die Vereinbarung wirkt also auf den Zuschlag zurück. 10

Liegen belassen kann man die Hauptsache des dinglichen Rechts in den vollen Umfang. Ist das Recht teilbar (Grundpfandrecht, Geld-Reallast), dann kann sich die Vereinbarung auch auf einen Teil beziehen. Es ist auch möglich, nur die Hauptsache eines Rechts (also ohne alle Nebenleistungen) oder das Recht ohne (genau) bestimmte Nebenleistungen bestehen zu lassen. Nicht möglich ist es jedoch, den Inhalt des Rechts zu ändern. Dies geht nur über § 877 BGB i. V. m. § 873 BGB durch Einigung und Eintragung. Die einmalige Nebenleistung einer Grundschuld kann nicht mit dem Hauptanspruch bestehen bleiben; damit kann sie auch nicht über § 91 Abs. 2 ZVG „bestehen bleiben“.5) Ebenfalls nicht liegen belassen kann man die sog. Vorfälligkeitsentschädigung; denn diese Nebenleistung kann nur den Schuldner treffen – und muss daher aus dem Bargebot befriedigt werden. Das muss nach Stöber6) auch dann gelten, wenn das Recht bestehen bleibt. Damit erlischt diese Nebenleistung durch den Zuschlag in jedem Fall und ist auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts zu löschen, wenn das Recht selbst bestehen bleibt.7) 2.

Vereinbarung

11

Die Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG muss zwischen dem Berechtigten des betreffenden Rechts und dem Ersteher getroffen werden. Der Berechtigte muss seine Rechtsinhaberschaft nachweisen; hierzu gehört bei einem Briefrecht auch die Vorlage des Grundpfandrechtsbriefs (§ 1160 BGB), u. U. auch Vorlage der entsprechenden Abtretungserklärungen (vgl. § 1155 BGB). Will anstelle des Berechtigten ein Pfandgläubiger die Vereinbarung treffen, dann ist er hierzu nur dann berechtigt, wenn ihm das Recht oder (nach dem Zuschlag) der Ersatzanspruch an Zahlungsstatt überwiesen worden ist. Bevollmächtigte müssen eine Vollmacht vorlegen, wobei nach h. M. die Prozessvollmacht ausreicht.8) Wenn dem Ersteher selbst ein Recht am Grundstück zusteht, ist nur die Erklärung des Erstehers erforderlich.9)

12

Wann eine Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts erforderlich ist, wird nicht ganz einheitlich beantwortet. Nachfolgend wird die h. M. dargestellt:

13

Fall 1:

Auf der Gläubigerseite tritt ein minderjähriges Kind, ein Mündel, ein Vormund, ein Betreuer oder Pfleger auf: a) Bei dem Recht handelt es sich um ein Recht der Abt. II: Es ist in jedem Fall eine Genehmigung nach §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1643 BGB erforderlich.10) _____________ Stöber, ZVG, § 91 Rz. 4.4. Stöber, ZVG, § 49 Rz. 2.6. Dieses Problem wird von einem Großteil der Praxis einfach „ausgeblendet“. Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 91, Rz. 23; Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 66. 9) BGH, Urt. v. 5.11.1975 – V ZR 145/73, Rpfleger 1976, 10 = NJW 1976, 805. 10) So Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 8 m. w. N.; so auch Eickmann, Rpfleger 1983, 199; a. A. Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.7; so auch Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 67: Eltern brauchen auch bei einem Recht der Abt. II keine Genehmigung, da es hier nicht um das Grundstücksrecht selbst, sondern um das Surrogat „Recht am Versteigerungserlös“ gehe. 5) 6) 7) 8)

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§ 91

Erlöschen von Rechten

b) Bei dem Recht handelt es sich um ein Grundpfandrecht: Hier benötigen die Eltern keine Genehmigung, da § 1821 Abs. 1 nicht für Grundpfandrechte gilt (§ 1821 Abs. 2 BGB). Hinsichtlich eines Vormunds, eines Betreuers bzw. Pflegers gelten dagegen hier die §§ 1812, 1908i, 1915 BGB, wonach eine Genehmigung erforderlich ist.11) Fall 2:

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Auf der Ersteherseite tritt ein minderjähriges Kind, ein Mündel, ein Vormund, ein Betreuer oder Pfleger auf: Da bereits für die Abgabe des Gebots eine gerichtliche Genehmigung erforderlich war (§ 1821 Abs. 1 Nr. 5, § 1643 BGB), ist keine weitere Genehmigung mehr erforderlich, wenn das liegen belassene Recht volle Deckung aus dem Meistbargebot erlangen würde und in der Genehmigung die zu übernehmenden Belastungen nicht ausdrücklich begrenzt hat.12) Wenn für die Belastung des Grundstücks die Zustimmung eines Dritten erforderlich ist (z. B. nach § 5 ErbbauRG oder nach § 12 WEG), dann ist für die Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 keine (erneute) Zustimmung erforderlich; denn diese war bereits zur Eintragung des Rechts selbst erforderlich.13)

15

Die Erklärungen müssen entweder mündlich im Verteilungstermin abgegeben oder vor dem Eingang des Ersuchens gemäß § 130 ZVG beim Grundbuchamt in öffentlich beglaubigter Urkunde nachgewiesen werden. Da die Vereinbarung auch schon vor dem Zuschlag (dann mit dem künftigen Ersteher) möglich ist, kann sie auch im Versteigerungs- oder Verkündungstermin erfolgen. In allen Fällen der Erklärung vor dem Gericht ist diese zu protokollieren, vorzulesen und genehmigen zu lassen; die Unterschrift der Erklärenden ist aber nicht erforderlich (vgl. § 78 ZVG; §§ 162, 163 ZPO). Gleichzeitige Anwesenheit beider Teile im Termin ist nicht erforderlich. Es ist auch möglich, dass der Ersteher seine Erklärung zu Protokoll erklärt, der Berechtigte dagegen in öffentlich beglaubigter Urkunde oder umgekehrt.

16

Spätester Zeitpunkt, bis zu dem die Vereinbarung getroffen werden kann, ist der Eingang des Grundbuchersuchens beim Grundbuchamt. Bei Eingang der Vereinbarung nach dem Verteilungstermin wird eine etwaige Forderungsübertragung (§ 118 ZVG) gegenstandslos, soweit sich durch die Vereinbarung die Zahlungspflicht des Erstehers mindert (siehe unter Rz. 21). Demgemäß wird insoweit auch keine Sicherungshypothek nach § 128 ZVG mehr eingetragen.14) Ein bereits ab-

17

_____________ 11) Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 8; Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 91 Rz. 21; Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 67. 12) Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 9; Eickmann, Rpfleger 1983, 199; a. A. Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.7; so auch Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 67: Die Vereinbarung ist eine Verfügung über das Grundstück und deshalb gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1643 BGB in jedem Fall genehmigungspflichtig. 13) LG Detmold, Beschl. v. 2.3.2001 – 3 T 46/01, Rpfleger 2001, 312; Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 91 Rz. 16; Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 72; a. A. Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.8: Zustimmung ist nach dem Wortlaut und gleichermaßen nach Sinn und Zweck von § 5 Abs. 2 ErbbauRG (§ 12 WEG) erforderlich. 14) LG Frankfurt, Beschl. v. 4.10.1979 – 2/9 T 952/79, Rpfleger 1980, 30.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

gesandtes Ersuchen ist zu berichtigen: Es wird dann nicht um Löschung des betreffenden Rechts ersucht; es wird nicht um Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG ersucht. 18

Es ist auch möglich, eine vereinbarte Liegenbelassung wieder aufzuheben. Dies muss in derselben Form wie die Vereinbarung selbst und spätestens bis zum Eingang des Ersuchens beim Grundbuchamt erfolgt sein.15) 3.

Wirkungen

a) Recht bleibt bestehen (Abs. 2) 19

Das von der Vereinbarung betroffene Recht bleibt mit dem bisherigen Inhalt und Rang bestehen; es erlischt also durch den Zuschlag nicht. Wenn die Vereinbarung bereits vor dem Zuschlag getroffen worden ist, dann wird sie ab dem Zuschlag wirksam, so dass insoweit § 91 Abs. 1 ZVG nicht gilt. Eine erst nach dem Zuschlag erklärte Vereinbarung wirkt zurück (ex tunc) auf den Zuschlag, so dass es ohne Unterbrechung Bestand hat.16)

20

Der Rang des liegen belassenen Rechts richtet sich nach dem bisherigen Grundbuchrang. Konkret bedeutet dies: Wenn alle vorrangigen Rechte nach den Versteigerungsbedingungen erlöschen und laut Teilungsplan auch voll befriedigt werden, bleibt das Recht an (nunmehr) erster Rangstelle im Grundbuch. Wenn an Stelle dieser vorrangigen Rechte infolge Nichtzahlung eine Forderungsübertragung erfolgt (§ 118 ZVG) und um Eintragung von Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG zu ersuchen ist, so erhalten diese Sicherungshypotheken Rang vor dem über § 91 Abs. 2 ZVG bestehen bleibenden Recht. Dies muss im Grundbuch gemäß § 879 Abs. 3 BGB (ausdrücklich) eingetragen werden; deshalb ist das Ersuchen gemäß § 130 ZVG auch darauf zu erstrecken. Sicherungshypotheken für nachrangige Gläubigeransprüche haben jedoch Rang nach dem bestehen bleibenden Recht. b) Meistbargebot wird vermindert (Abs. 3 Satz 1)

21

Nach Abs. 3 Satz 1 vermindert sich durch die Liegenbelassungsvereinbarung der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren würde. Nach der mittlerweile h. M17) bedeutet dies für den (teilweise) neu aufzustellenden Teilungsplan Folgendes: –

Im Abschnitt „Teilungsmasse“ sind folgende Beträge abzuziehen: die Zinsen (und etwaige andere wiederkehrende Leistungen) für den Zeitraum vom Zuschlag (einschließlich) bis zum Verteilungstermin (ausschließlich),18) der Hauptsachebetrag.19)

_____________ 15) 16) 17) 18)

Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 82. BGH, Urt. v. 11.10.1984 – IX ZR 111/82, Rpfleger 1985, 74 = MDR 1985, 405. Vgl. Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 14; Stöber, ZVG, § 91 Rz. 4.1, Löhnig/Pestel, § 91 Rz. 91. Weil für diesen Zeitraum infolge des Bestehenbleiben des Rechts (nur) der Ersteher haftet. 19) Weil auch hierfür nunmehr der Ersteher – und nicht mehr der Versteigerungsschuldner – haftet.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

Diese Beträge können jedoch nur abgezogen werden, wenn bzw. soweit auf das betreffende Recht bei dem ursprünglichen Teilungsplan eine Zuteilung möglich gewesen wäre. –

An den Bargebotszinsen ändert sich nichts; sie sind nach wie vor aus dem ungekürzten Meistbargebot zu berechnen.



Im Abschnitt „Schuldenmasse“ (und bei der Zuteilung) ist das Recht nur noch mit den Kosten und den Zinsen bis zum Zuschlag (ausschließlich) zu berücksichtigen. Wie diese Zinsen muss auch die Vorfälligkeitsentschädigung, für die der Ersteher nicht haftet, aus der Teilungsmasse bezahlt werden. Deshalb wird insoweit auch die Teilungsmasse nicht gekürzt; vielmehr erscheint dieser Posten bei der Schuldenmasse.20)

Zur Verdeutlichung wird auf das nachfolgend unter Rz. 35 ff. aufgeführte Beispiel verwiesen.

22

c) Befriedigungswirkung (Abs. 3 Satz 2)

Die Liegenbelassungsvereinbarung wirkt nach Abs. 3 Satz 2 „im Übrigen“ wie eine Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück. Dadurch erlischt aber nicht das Grundpfandrecht, was eigentlich § 1181 Abs. 1 BGB vorsieht; denn § 91 Abs. 2 ZVG ist „lex specialis“ und will erreichen, dass das Recht gerade nicht erlischt. Die Wirkung der Befriedigung gilt auch in den Fällen, in denen der Berechtigte des Rechts gar nichts erhalten hätte.21)

23

d) Auswirkungen auf die persönliche Forderung

Hinsichtlich der Auswirkungen der Vereinbarung auf eine (durch das Recht gesicherte) persönliche Forderung, muss zunächst die Frage geklärt werden, ob der Ersteher mit der Vereinbarung auch die persönliche Forderung übernehmen wollte oder nicht. Dies richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt der Vereinbarung. Wenn diese Vereinbarung zur Erklärung des Gerichts erfolgt, sollte auch eine etwaige schuldrechtliche Vereinbarung in das Protokoll mit aufgenommen werden.22) Streitig wird die Frage beantwortet, wie zu verfahren ist, wenn die Vereinbarung über die persönliche Forderung nichts aussagt: Nach der überwiegenden _____________ 20) So Stöber, ZVG, § 91 Rz. 4.1 m. w. N., auch zur Gegenansicht. 21) BGH, Urt. v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140 = MDR 1981, 568, so auch Stöber, ZVG, § 91 Rz. 5.1. A. A. Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 21; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 91 Rz. 28; Löhnig/Pestel, § 91 Rz. 109 f.: Die Rechtsstellung des Vollstreckungsschuldners würde sich durch die Liegenbelassung gegenüber der baren Auszahlung des Erlöses wesentlich verbessern; dies sei nicht gerechtfertigt. Diesem Argument kann entgegen gehalten werden, dass sich die Rechtsstellung des Erstehers entsprechend verschlechtert, da er ja ein Recht übernimmt, ohne dass sich seine Barzahlungspflicht verringert. Wenn er aber eine solche Vereinbarung abschließt, dann entspricht dies seinem ausgesprochenen Willen. Wenn dadurch (auch) der Vollstreckungsschuldner profitiert, ist dies kein verbotenes Geschäft; es ist kein Vertrag „zulasten Dritter“. Trotzdem solle im Interesse der Rechtssicherheit diese doch recht widersprüchliche Auslegung des § 91 Abs. 3 Satz 2 beseitigt werden – am besten auf gesetzgeberischem Weg (so auch Pestel in Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 109). 22) So Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.12.

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24

§ 91

Erlöschen von Rechten

Ansicht kann davon ausgegangen werden, dass der Ersteher auch die persönliche Schuld übernimmt.23) 25

Übernimmt der Ersteher die persönliche Haftung nicht,24) dann gilt Folgendes: Ist der persönliche Schuldner mit dem bisherigen Eigentümer (= Vollstreckungsschuldner) identisch, so erlischt die persönliche Forderung gegen den persönlichen Schuldner (§ 91 Abs. 3 Satz 2 ZVG). Wenn das liegenbelassene Recht eine Hypothek ist, so wird daraus eine Fremdgrundschuld (§ 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB analog), nicht etwa eine Eigentümergrundschuld. Aber es ist nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, im Rahmen seines Ersuchens nach § 130 ZVG diese „Rechtsumwandlung“ im Grundbuch zu veranlassen. Sind persönlicher Schuldner und bisheriger Eigentümer nicht identisch, geht die persönliche Forderung des Hypothekengläubigers auf den bisherigen Eigentümer über (§ 91 Abs. 3 Satz 2 ZVG, § 1143 Abs. 1 Satz 1 BGB); die Hypothek wird zur (Fremd-) Grundschuld (§ 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). Der Gläubiger muss sie an den bisherigen Grundstückseigentümer abtreten.25)

26

Übernimmt der Ersteher die persönliche Haftung,26) dann gilt Folgendes: Die Vereinbarung zwischen dem Ersteher und dem Gläubiger begründet eine neue Forderung, die von der bisherigen Forderung losgelöst ist. Der ursprüngliche Schuldner wird nach § 414 BGB befreit.27) Ist der persönliche Schuldner mit dem bisherigen Eigentümer identisch, sichert das liegenbelassene Grundpfandrecht nun die neue Forderung. Sind die beiden nicht identisch, geht die ursprüngliche Forderung auf den bisherigen Eigentümer über (§ 91 Abs. 3 Satz 2 ZVG, § 1143 Abs. 1 Satz 1 BGB); die Hypothek wird zur (Fremd-) Grundschuld (§ 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). Der Gläubiger muss sie an den bisherigen Grundstückseigentümer abtreten.28)

27

Wenn der Gläubiger des Rechts und der Ersteher identisch sind, kann auch die Liegenbelassung erklärt werden; hierzu genügt eine einseitige Erklärung im Termin bzw. in öffentlich beglaubigter Urkunde. Eine Übernahme der persönlichen Schuld kommt hier nicht in Betracht. Deshalb tritt die Befriedigungsfiktion des § 91 Ab. 3 Satz 2 ZVG nur in dem Umfang ein, in dem der Gläubiger aus dem Versteigerungserlös Deckung erhalten hätte.29) Im Umfang des Ausfalls dagegen hat er gegen den persönlichen Schuldner einen Bereicherungsanspruch auf Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB.30) _____________ 23) RG, Urt. v. 18.3.1909 – VI 435/08, RGZ 70, 411; BGH, Urt. v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140 = MDR 1981, 568; Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.12; Löhnig/Pestel, ZVG, § 91 Rz. 95; a. A. Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 17 m. w. N. 24) Sei es, dass er dies ausdrücklich erklärt hat oder bei Schweigen, wenn man der Mindermeinung von Böttcher folgt. 25) BGH, Urt. v. 27.3.1981 – V ZR 202/79, Rpfleger 1981, 286 = NJW 1981, 1554. 26) Sei es durch ausdrückliche Erklärung oder bei Schweigen, wenn man der h. M. folgt. 27) So BGH, Urt. v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140 = MDR 1981, 568; Stöber, ZVG, § 91 Rz. 3.12. Nach Böttcher, ZVG, § 91 Rz. 19, erlischt die ursprüngliche Forderung nach § 91 Abs. 3 Satz 2, § 362 BGB. 28) BGH, Urt. v. 27.3.1981 – V ZR 202/79, Rpfleger 1981, 286 = NJW 1981, 1554. 29) OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 325. 30) BGH, Urt. v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140 = MDR 1981, 568.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

IV. Löschungsanspruch nach § 1179a BGB (Abs. 4)

Der zum 1.1.1978 eingefügte Abs. 4 betrifft den gesetzlichen Löschungsanspruch des § 1179a BGB, der gegenüber Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden besteht, wenn diese Eigentümerrechte werden oder geworden sind. Dieser Löschungsanspruch ist seit diesem Zeitpunkt gleichsam ungeschriebener Inhalt eines im Rang nachfolgenden Grundpfandrechts (vgl. § 1179a Abs. 1 Satz 3 ZVG, Abs. 5 BGB). Wenn nun dieses (rangschlechtere) Recht gemäß § 91 Abs. 1 ZVG erlischt, dann hat dies aber nicht auch das Erlöschen dieses Löschungsanspruchs zur Folge (Abs. 4 Satz 1); vielmehr erlischt dieser Anspruch erst, wenn der Berechtigte aus dem Grundstück befriedigt wird.

28

Da dieser Löschungsanspruch aber nach Löschung des begünstigten Rechts nicht mehr grundbuchersichtlich ist, sieht § 130a Abs. 2 ZVG vor, dass auf entsprechenden Antrag des Anspruchsberechtigten bei dem bestehen bleibenden betroffenen Recht eine entsprechende (Löschungs-)Vormerkung eingetragen wird (siehe Einzelheiten hierzu bei § 130a).

29

V. Sonstiges 1.

Dienstbarkeiten bei Bruchteilseigentum

Bei der Versteigerung eines Grundstücksbruchteils erlischt eine Grunddienstbarkeit oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an diesem Bruchteil, wenn sie dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang nachgeht. Dies hat jedoch eine weitere Konsequenz: Da ein solches Recht nicht an dem bzw. den restlichen Bruchteil(en) bestehen kann,31) muss es an diesen anderen Bruchteilen gemäß § 53 GBO von Amts wegen gelöscht werden.32)

30

Bei der Versteigerung von Wohnungseigentum33) kann dies zu besonders unliebsamen Konsequenzen führen. Hier muss zunächst unterschieden werden, ob die Dienstbarkeit ein einzelnes Wohnungs- oder Teileigentum belastet (z. B. Wohnungsrecht) oder ob das Grundstück als Ganzes belastet ist (z. B. Geh- und Fahrtrecht, Leitungs- und Versorgungsrechte, Bebauungsverbot). Die Dienstbarkeit, welche nur ein einzelnes Wohnungs- oder Teileigentum belastet, erlischt gemäß § 91 Abs. 1 ZVG an dieser Einheit, wenn es in der Versteigerung dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang nachgeht. Auf die anderen WEG-Einheiten hat dies keine Auswirkungen. Dagegen hat das Erlöschen einer auf dem Grundstück als Ganzes haftenden Dienstbarkeit auf einer Einheit auch das Erlöschen an den nicht versteigerten Miteigentumsanteilen der anderen Miteigentümer zur Folge.

31

Deshalb bestimmt § 52 Abs. 2b ZVG, dass ein solches Recht dann bestehen bleibt, wenn in ein Wohnungseigentum aus dem Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vollstreckt wird und diesem Anspruch kein anderes Recht der Rangklasse 4 vorgeht, aus dem die Versteigerung betrieben werden kann. Dadurch wird zumindest in diesem Fall vermieden, dass das betreffende Recht an allen Wohn- bzw. Teileinheiten erlischt. Für alle übrigen Fälle bleibt nur der Weg über abgeänderte Verstei_____________

32

31) Vgl. KG, Beschl. v. 10.8.1973 – 1 W 955/73, Rpfleger 1975, 68 = MDR 1975, 151. 32) Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, 149. 33) Welches auch – nur besonders ausgestaltetes – Bruchteilseigentum ist.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

gerungsbedingungen (§ 59 ZVG) oder über eine Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG. 2.

Sicherungsgrundschuld

33

Hat sich der Darlehensnehmer bei der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen, so wird diese Zwangsvollstreckung (in sein restliches Vermögen) nicht unzulässig, wenn die dafür betr. Grundschuld im Zwangsversteigerungsverfahren erlischt, ohne dass der Gläubiger befriedigt worden ist.34)

34

Wenn jedoch eine Liegenbelassungsvereinbarung getroffen wurde, dann „verwertet“ der Gläubiger hiermit die Grundschuld; denn gemäß Abs. 3 Satz 2 wirkt diese Vereinbarung wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Damit endet der Sicherungsvertrag mit dem Sicherungsgeber.35) Im Verhältnis zum Berechtigten eines Rückgewährsanspruchs muss sich der Grundschuldgläubiger so behandeln lassen, als hätte er den Betrag der Grundschuld (deren Liegenbelassen vereinbart worden ist) aus dem Versteigerungserlös erhalten. Soweit dieser Betrag die gesicherte (schuldrechtliche) Forderung übersteigt, verwandelt sich der Rückgewährsanspruch in einen Rückzahlungsanspruch in Höhe dieses Überschusses.36) VI. Beispiel: Auswirkungen einer Vereinbarung nach Absatz 2 auf den Teilungsplan

35

Sachverhalt:

Tag der 1. Beschlagnahme

1.2.2013

Zuschlagsverkündung:

16.9.2013

Verteilungstermin bestimmt auf:

36

16.12.2013

Verkehrswert gemäß § 74a ZVG festgesetzt auf

700.000 €

Meistbargebot des Erstehers B:

500.000 €

Keine bestehen bleibenden Rechte, da Gläubiger III/1 best- (und allein) betreibender Gläubiger ist. Im Grundbuch war nur dieses Recht eingetragen: III/1 – 300.000 € – Grundschuld ohne Brief für die Sparkasse A, 15 % Jahreszinsen, kalenderjährlich nachträglich zahlbar; … eingetragen am 20.5.2000.

37

Folgende (rechtzeitige) Anmeldungen sind im Teilungsplan zu berücksichtigen: 1.

Stadtkasse Neustadt, Grundsteuer in Höhe von insgesamt 3.600 €.

2.

Sparkasse A, 15 % Zinsen aus 300.000 seit dem 1.1.2010.

Kosten hat die Sparkasse A nicht angemeldet. Die gemäß § 109 ZVG zu berücksichtigenden Gerichtskosten sind mit 7.700 € festgestellt worden.

_____________ 34) BGH, Urt. v. 2.10.1990 – XI ZR 306/89, Rpfleger 1991, 74 = NJW 1991, 286. 35) BGH, Urt. v. 11.10.1984 – IX ZR 111/82, Rpfleger 1985, 74 = NJW 1985, 388. 36) BGH, Urt. v. 11.10.1984 – IX ZR 111/82, Rpfleger 1985, 74 = NJW 1985, 388.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

Im Verteilungstermin ist zwischen dem Ersteher B und der Sparkasse A das Liegenbelassen des Rechts III/1 hinsichtlich eines Teilbetrags von 200.000 € samt den entsprechenden Zinsen vereinbart worden. Lösung:

38

A. Teilungsplan ohne Liegenbelassung des Rechts III/1, um festzustellen, inwieweit aus dem ungekürzten Bargebot eine Zuteilung möglich gewesen wäre. I.

Teilungsmasse: 1. 2.

500.000 €

Meistbargebot 4

% Zinsen hieraus vom 16.9 – 15.12.2013 (= 3 Monate)37)

5.000 € 505.000 €

Summe: II. Bestehen bleibende Rechte:

Keine

III. Schuldenmasse: 1.

Gerichtskosten laut Sachverhalt

7.700 €

2.

Grundsteuer laut Sachverhalt

3.600 €

3.

Gläubigerin III/1 a) 15 % Zinsen aus 300.000 € vom 1.1.2010 – 15.12.2013 = 178.125 € (1.425/360 Tage) = 300.000 €

b) Kapital

478.125 €

Summe Gesamtsumme der Schuldenmasse

489.425 €

IV. Zuteilung: 1.

Gerichtskasse38)

7.700 €

2.

Stadtkasse Neustadt

3.600 €

3.

Sparkasse A insgesamt

4.

Der Schuldner den Erlösrest mit

478.125 € 15.575 €

B. Teilungsplan nach teilweiser Liegenbelassung des Rechts III/1: I.

Teilungsmasse: 500.000 €

1.

Meistbargebot

2.

4 % Zinsen hieraus vom 16.9 – 15.12.2013 (= 3 Monate) aus (nach wie vor) 500.000 €

5.000 €

_____________ 37) Der Einfachheit halber hier mit drei Monaten berechnet; richtig wären 91 Tage/von 365 Tagen = 4.986,30 €. Eine bankmäßige Berechnung (wären hier 91/360 Tage = 5.055,56 €) ist nach überwiegender Ansicht bei den Bargebotszinsen nicht angebracht. 38) Den vom Gläubiger geleisteten Vorschuss erhält dieser in Rangklasse „0“ zurück; dies wird hier aber nicht dargestellt. Einzelheiten zum Teilungsplan bei der Kommentierung des § 113 ZVG.

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§ 91

Erlöschen von Rechten

abzüglich aus III/1: 15 % Zinsen aus 200.000 € vom 16.9. – 15.12.2013 (91/360)

– 7.583,33 €

(Teil-) Hauptsache

– 200.000 € 297.416,67 €

Restliche Teilungsmasse: II. Bestehen bleibende Rechte:

III/1 – 200.000 € – Grundschuld ohne Brief für die Sparkasse A, 15 % Jahreszinsen, kalenderjährlich nachträglich zahlbar – aufgrund Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG. III. Schuldenmasse: 1.

Gerichtskosten laut Sachverhalt

7.700 €

2.

Grundsteuer laut Sachverhalt

3.600 €

3.

Gläubigerin III/1 a) 15 % Zinsen aus 200.000 € vom

1.1.2010 – 15.9.201339) (1.334/360 Tage)

= 111.166,67 €

b) 15 % Zinsen aus 100.000 € vom 1.1.2010 – 15.12.2013 (1.425/360 Tage) c) Kapitalrestbetrag (soweit nicht liegen belassen)

= 59.375 € 100.000 €

Summe

270.541,67 €

Gesamtsumme der Schuldenmasse

281.841,67 €

IV. Zuteilung: 1.

39

7.700 €

Gerichtskasse

3.600 €

2.

Stadtkasse Neustadt

3.

Sparkasse A insgesamt

4.

Der Schuldner den Erlösrest mit

270.541,67 € 15.575 €

Anmerkung:

Nur bei dieser Art der Berechnung ist sichergestellt, dass nachfolgende Gläubiger bzw. wie hier der Schuldner durch die Vereinbarung zwischen einem vorgehenden Gläubiger und dem Ersteher weder einen Vor noch einen Nachteil haben.

_____________ 39) Jetzt nur noch bis zum Zuschlag, da das Recht insoweit bestehen bleibt.

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Bachmann

§ 92

Anspruch auf Wertersatz

§ 92 Anspruch auf Wertersatz (1) Erlischt durch den Zuschlag ein Recht, das nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet ist, so tritt an die Stelle des Rechts der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös. (2) Der Ersatz für einen Nießbrauch, für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sowie für eine Reallast von unbestimmter Dauer ist durch Zahlung einer Geldrente zu leisten, die dem Jahreswert des Rechts gleichkommt. Der Betrag ist für drei Monate vorauszuzahlen. Der Anspruch auf eine fällig gewordene Zahlung verbleibt dem Berechtigten auch dann, wenn das Recht auf die Rente vor dem Ablauf der drei Monate erlischt. (3) Bei ablösbaren Rechten bestimmt sich der Betrag der Ersatzleistung durch die Ablösungssumme. Literatur: Drischler, Das Altenteil in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1983, 229; Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmten Betrag“, Rpfleger 1988, 51; Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Schubert/Czub, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, ZIP 1982, 266; Streuer, Bewertung des Erbbauzinses und des „reinen“ Erbbaurechts in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, Rpfleger 1997, 141. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

Allgemeines .......................................... 1 Bestimmung des Wertersatzes ............ 5 Allgemeines ........................................... 5 Einmaliger Wertersatz (Abs. 1) ........... 6 Dienstbarkeit, Nießbrauch und Reallast von unbestimmter Dauer (Abs. 2) .................................................. 9 4. Ablösesumme (Abs. 3) ....................... 12 5. Eingetragener Höchstbetrag (§ 882 BGB) ........................................ 14 6. Empfangsberechtigung ....................... 15 III. Anmeldung des Wertersatzes ........... 17 1. Allgemeines ......................................... 17 2. Anmeldeberechtigter .......................... 19 3. Inhalt .................................................... 20 4. Form und Zeitpunkt ........................... 21 5. Behandlung der Anmeldung im Verteilungsverfahren ........................... 22 a) Keine Bindung des Vollstreckungsgerichts .............................. 22 b) Feststellung des Ersatzbetrags .... 23 c) Widerspruch ................................. 25 IV. Einzelfälle (alphabetisch) .................. 26

I.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. V. 1. 2.

Altenteil ............................................... 26 Auflassungsvormerkung (Eigentumsvormerkung) .................... 28 Beschränkte persönliche Dienstbarkeit .................................................. 32 Dauerwohnrecht .................................. 34 Erbbaurecht, Erbbauzins-Reallast ...... 37 Grunddienstbarkeit ............................. 40 Nießbrauch .......................................... 41 Rangvorbehalt ...................................... 42 Reallast ................................................. 43 a) von unbestimmer Dauer .............. 44 b) von bestimmter Dauer ................. 47 Vorkaufsrecht ...................................... 48 Vereinbarung nach § 1010 BGB ......... 50 Vormerkung und Widerspruch .......... 51 Wiederkaufsrecht ................................ 53 Sonstiges .............................................. 55 Rechte Dritter am Versteigerungserlös ................................... 55 Tabelle der durchschnittlichen Lebenserwartung ................................. 62

Allgemeines

Durch den Zuschlag erlöschen gemäß § 91 Abs. 1 ZVG alle Rechte am Grundstück, welche nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. Anstelle des versteigerten Grundstücks tritt im Wege der Surrogation der Versteigerungserlös: An ihm setzen sich die erloschenen Rechte mit dem bisherigen Rang Bachmann

783

1

§ 92

Anspruch auf Wertersatz

fort; deshalb bleibt der Erlös auch zu Gunsten der Berechtigten von der Beschlagnahme erfasst. Rechte, die an dem erloschenen Recht bestanden haben (z. B. Pfandrechte, Nießbrauch), setzen sich ebenfalls am Erlösanspruch fort. 2

Soweit es sich bei den erloschenen Rechten um ein auf Kapitalzahlung gerichtetes Recht handelt1), richtet sich der aus dem Versteigerungserlös zu befriedigende Betrag nach dem im Grundbuch eingetragenen Kapital (vgl. § 1147 BGB). Für erloschene Rechte, welche nicht auf die Zahlung eines Kapitals gerichtet sind,2) sieht § 92 Abs. 1 ZVG eine weitere Surrogation vor: Das Recht selbst wandelt sich ebenfalls um, von einem Nutzungsrecht in einen Geldanspruch (Wertersatz). Für bestimmte Rechte wird dieser Wertersatz in Absatz 2 etwas modifiziert; und Absatz 3 bestimmt, dass bei ablösbaren Rechten die Ablösesumme als Wertersatz maßgeblich ist.

3

Der mit dem Zuschlag entstandene Anspruch auf Wertersatz ist wie eine Geldforderung übertragbar und pfändbar.3) Übertragungs- und Pfändungsbeschränkungen, welche sich auf das erloschene Recht selbst bezogen haben, behindern die Übertragung bzw. Pfändung des Ersatzanspruchs nicht.4) Aber Zessionar bzw. Pfändungsgläubiger5) können den Erlösanspruch nur in dem Umfang geltend machen, der dem Berechtigten selbst zusteht.6)

4

§ 92 ZVG gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Bestimmung des Wertersatzes 1.

5

Allgemeines

§ 92 ZVG unterscheidet die nicht auf Kapitalzahlung gerichteten Rechte, für die Wertersatz zu leisten ist, in folgende zwei Gruppen: –

Rechte mit dem Anspruch auf eine einmalige Geldabfindung (Abs. 1).7)



Rechte mit dem Anspruch auf Zahlung einer Geldrente (Abs. 2).

2.

Einmaliger Wertersatz (Abs. 1)

6

Anspruch auf einmaligen Wertersatz haben solche Rechte, die nicht auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sind. Hierunter fallen z. B.: Auflassungsvormerkung (etwas str.), Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht nach WEG (str.), ErbbauzinsReallast; Grunddienstbarkeit, Reallast von bestimmter Dauer, das nicht nur für einen Verkaufsfall bestellte dingliche Vorkaufsrecht.

7

Der Betrag des einmaligen Wertersatzes richtet sich nach dem Wert, den das Recht für den Berechtigten hat. Dieser Wert ist also nicht identisch mit dem nach § 51 Abs. 2 ZVG festzusetzenden Zuzahlungsbetrag, der sich nach der Werterhöhung _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

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Das sind die in Abt. III des Grundbuchs eingetragenen Grundpfandrechte. Das sind die in Abt. II des Grundbuchs eingetragenen Rechte. Vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 26.9.1973 – 2/8 O 312/73, Rpfleger 1974, 122. BGH, Urt. v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, MDR 1996, 412 = NJW 1995, 2846. Dem der gepfändete Anspruch auch zur Einziehung überwiesen ist. Dies bedeutet: Bei einem Recht des Absatzes 2 erhält auch der Zessionar bzw. Pfändungsgläubiger nur die jeweilige Vierteljahresrente ausgezahlt. Einen Unterfall dieser Gruppe bilden die ablösbaren Rechte des Absatzes 3.

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§ 92

Anspruch auf Wertersatz

des Grundstücks richtet, wenn ein bestehen bleibendes Recht tatsächlich nicht besteht. Bei einem bestimmten Anspruch (z. B. Reallast von bestimmter Dauer, ErbbauzinsReallast) können die maßgeblichen Geldleistungen anhand der Grundbucheintragungen ermittelt werden. Bei ablösbaren Rechte ist nach Absatz 3 die Ablösesumme maßgeblich. In allen anderen Fällen kann der Wertersatz im Teilungsplan nur berücksichtigt werden, wenn der entsprechende Betrag oder zumindest die für eine Berechnung notwendigen Angaben angemeldet werden. Da es sich bei dieser Anmeldung nicht um die Anmeldung des Rechts selbst handelt,8) spielt insoweit auch § 110 ZVG keine Rolle. 3.

8

Dienstbarkeit, Nießbrauch und Reallast von unbestimmter Dauer (Abs. 2)

Bei einem erloschenen Nießbrauch, bei einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit9) und bei einer Reallast von unbestimmter Dauer erfolgt die Zahlung nicht in Form einer einmaligen Abfindung; vielmehr muss hier nach Absatz 2 eine Geldrente festgelegt werden, die aus einem zu berechnenden Deckungskapital einschließlich Zinsen zu zahlen ist.

9

Dieses Deckungskapital, welches in den Teilungsplan (Abschnitt: Schuldenmasse) aufzunehmen ist, richtet sich gemäß § 121 Abs. 1 ZVG nach der Summe aller künftigen Leistungen, darf jedoch den 25-fachen Jahresbetrag nicht überschreiten. Ist das Recht auf die Lebenszeit begrenzt, ist nach h. A. von der voraussichtlichen Lebensdauer des Berechtigten auszugehen, die sich an der statistischen Lebenserwartung (siehe die Sterbetafel im Anhang) orientiert.10) Wenn der Berechtigte zwischen Zuschlag und Verteilungstermin gestorben ist, ist für die Berechnung des Ersatzwertes die Zeit zwischen dem Zuschlag und dem Ende des Vierteljahres, in welches das Todesdatum fällt, maßgeblich; denn nach Absatz 2, Satz 3 verbleibt dem Berechtigten der Anspruch auf eine bereits fällige Zahlung auch dann, wenn das Recht vor Ablauf des Vierteljahres erlischt.11)

10

Aus den Zinsen des hinterlegten Deckungskapitals (vgl. § 121 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 120 ZVG) und dem Deckungskapital selbst erhält der Berechtigte eine fortlaufende Geldrente. Diese Geldrente steht dem Berechtigten während der gesamten Dauer seines Rechtes zu, bei auf Lebenszeit beschränkten Rechten also bis zu dessen Tod. Ausbezahlt wird diese Rente in Vierteljahresraten im Voraus (Abs. 2 Satz 2). Der Anspruch auf eine bereits fällige Vierteljahresrate bleibt auch bestehen, wenn das Recht vor dem Ablauf dieser drei Monate wieder erlischt.12) Da die erste Rate bereits mit dem Zuschlag fällig geworden ist, erfolgt im Verteilungstermin

11

_____________ 8) Dieses wird von Amts wegen berücksichtigt, wenn es vor dem Versteigerungsvermerk eingetragen ist. 9) Dazu zählt auch das Wohnungsrecht gemäß 1093 BGB. 10) Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 17; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 4.4; Löhnig/Pestel, § 92 Rz. 26; a. A. OLG Oldenburg, Urt. v. 19.6.1963 – 2 U 64/63, Rpfleger 1965, 80 = JurBüro 1964, 55 mit Anm. Drischler; HansOLG Hamburg, Urt. v. 9.3.1961 – 6 U 225/60, MDR 1961, 696. 11) BGH, Urt. v. 23.6.1972 – V ZR 125/70, WM 1972, 1032. 12) Dies bedeutet: Wenn das Recht durch Tod erlischt, müssen die Erben des Berechtigten die bereits zu Lebzeiten fällig gewordene Rate nicht zurückzahlen.

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§ 92

Anspruch auf Wertersatz

auch die Auszahlung der ersten Vierteljahresrate an den Berechtigten.13) Im Hinblick darauf, dass möglicherweise der Anspruch des Berechtigten erlischt, bevor das Deckungskapital aufgebraucht ist, sieht § 121 Abs. 2 ZVG i. V. m. §§ 119, 120 ZVG vor, dass eine Hilfszuteilung vorgenommen wird und das Deckungskapital für den Zuteilungsberechtigten und den Eventualberechtigten unter der jeweils entgegengesetzten Bedingung hinterlegt wird (siehe Einzelheiten hierzu bei § 121). 4.

Ablösesumme (Abs. 3)

12

Bei einem ablösbaren Recht wird der Ersatzbetrag gemäß Absatz 3 durch die Ablösesumme bestimmt. Zu Recht weist Stöber14) darauf hin, dass die Rentenschuld nicht unter diese Vorschrift fällt; denn hier wird zwar im Grundbuch nach § 1199 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Ablösesumme eingetragen. Da nach § 1200 Abs. 1 ZVG für die Ablösesumme aber die Vorschriften über das Grundschuldkapital Anwendung finden, ist insofern gar keine Sonderregelung in § 92 ZVG erforderlich.

13

Somit bleiben für die Anwendung des Absatzes 3 nur die nach landesrechtlichen Vorschriften (vgl. Art. 113 EGBG) ablösbaren Dienstbarkeiten und Reallasten übrig.15) 5.

14

Eingetragener Höchstbetrag (§ 882 BGB)

Ist nach § 882 Satz 2 BGB bei einem Recht der Höchstbetrag des Wertersatzes eingetragen,16) dann wird grundsätzlich dieser Wert in den Teilungsplan aufgenommen. Wenn der Berechtigte jedoch einen niedrigeren Wert anmeldet, dann ist der angemeldete Wert maßgeblich.17) Eine höhere Anmeldung dagegen wird nicht berücksichtigt. Wenn sich jemand gegen den im Teilungsplan aufgenommenen Betrag des Wertersatzes wehren will, muss er dagegen Widerspruch nach § 115 erheben. 6.

Empfangsberechtigung

15

Empfangsberechtigter für den Ersatzbetrag eines erloschenen Rechts der Abt. II des Grundbuchs ist bei subjektiv-persönlichen Rechten der zuletzt im Grundbuch eingetragene Berechtigte. Wenn ein Zessionar den Betrag beansprucht, muss er die ordnungsgemäße Abtretung des Rechts nachweisen.

16

Bei subjektiv-dinglichen Rechten (z. B. bei der Grunddienstbarkeit) steht der Ersatzwert dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks zum Zeitpunkt der Er_____________ 13) Wenn zwischen Zuschlag und Verteilungstermin mehr als drei Monate liegen, ist auch die 2. Vierteljahresrate auszuzahlen. 14) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 5; a. A. Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 4; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 92 Rz. 17; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 32. 15) Diese spielen aber in der Praxis keine große Rolle (mehr). 16) Das ist in der Praxis äußerst selten. Dies hängt sicher auch mit folgendem psychologischen Aspekt zusammen: Welcher Eigentümer denkt bei der Bestellung eines Rechts bereits an eine mögliche Zwangsversteigerung seines Grundstücks? 17) So Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 5, Stöber, ZVG, § 92 Rz. 3.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 20; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 34; a. A. Steiner-Eickmann, ZVG, § 92 Rz. 7.

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Anspruch auf Wertersatz

lösverteilung zu.18) Wenn am herrschenden Grundstück Grundpfandrechte oder Reallasten eingetragen sind, erstreckt sich die Hypothekenhaftung gemäß § 1120 ZVG auch auf den Anspruch auf Wertersatz (§ 96 BGB). Somit sind die Gläubiger dieser Rechte mit dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks gemeinsam empfangsberechtigt. Können sie sich nicht darüber einigen, wem der Betrag zugeteilt werden soll, dann muss der entsprechende Betrag für alle hinterlegt werden.19) III. Anmeldung des Wertersatzes 1.

Allgemeines

Kann die Höhe des Ersatzbetrags nach dem Inhalt des Grundbuchs festgestellt werden, dann ist zur Aufnahme eines entsprechenden Betrags im Teilungsplan keine Anmeldung erforderlich; vielmehr berechnet das Vollstreckungsgericht anhand der vorliegenden Unterlagen den Wertersatz. Das ist der Fall: –

bei einer Reallast von bestimmter Dauer, wenn die wiederkehrenden Leistungen in Geld bestehen; dazu zählt auch die Erbbauzins-Reallast,



wenn ein Ersatzbetrag gemäß § 882 BGB im Grundbuch eingetragen ist,



wenn ein Ablösungsbetrag im Grundbuch eingetragen ist.

In allen anderen Fällen kann vom Vollstreckungsgericht ein Ersatzbetrag nur berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende Anmeldung erfolgt. Mangels Anmeldung wird ansonsten das Recht „mangels Anmeldung mit 0“ bewertet.20) 2.

18

Anmeldeberechtigter

Der Berechtigte des erloschenen Rechts ist berechtigt, den Ersatzwert anzumelden. Bei mehreren Berechtigten muss nach Art der Gemeinschaft unterschieden werden: –

Bei Bruchteilsgemeinschaft ist nur eine gemeinsame Anmeldung durch sämtliche Mitberechtigte möglich (§ 747 Satz 2 BGB).



Bei einer Gesamthandsgemeinschaft müssen auch alle Berechtigten anmelden.



Bei der Gesamtgläubigerschaft gemäß § 428 BGB dagegen genügt die Anmeldung durch einen der Berechtigten.

3.

Inhalt

Der notwendige Inhalt der Anmeldung sollte sich daran orientieren, das Vollstreckungsgericht in die Lage zu versetzen, den Ersatzbetrag festzulegen, ohne eigene Ermittlungen anstellen zu müssen. Konkret bedeutet dies: –

17

Der monatlich oder jährlich zu berücksichtigende Betrag ist anzumelden, wenn er nicht grundbuchersichtlich ist.

Die voraussichtliche Dauer des Rechts ist nur dann anzugeben, wenn sie sich nicht aus der Eintragung des Rechts bzw. aus allgemein bekannten Umständen _____________ –

18) So Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 3; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 50; a. A. LG Ellwangen, Urt. v. 18.12.1964 – II O 109/64, BWNotZ 1965, 41; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.5: Der Eigentümer z. Zt. der Zuschlagserteilung ist als Zuteilungsberechtigter anzusehen. 19) Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 3; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 50. 20) So auch Stöber, ZVG, § 92 Rz. 3.4 m. w. N.; etwas missverständlich Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 7: Mangels Anmeldung, könne das Recht nicht berücksichtigt werden.

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Anspruch auf Wertersatz

ergibt. So muss z. B. das Lebensalter bzw. das Geburtsdatum des Berechtigten nur angemeldet werden, wenn es sich nicht aus dem Grundbuch ergibt; dagegen braucht die statistische Lebenserwartung bei einem auf Lebenszeit beschränkten Recht nicht angemeldet zu werden, da sie aus einer allgemein zugänglichen Tabelle abgelesen werden kann. 4. 21

Form und Zeitpunkt

Da keine besondere Form vorgeschrieben ist, kann die Anmeldung schriftlich, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich im Termin erfolgen. Da für die Anmeldung des Ersatzbetrags § 37 Nr. 4 ZVG nicht einschlägig ist, kann die Anmeldung noch im Verteilungstermin erfolgen. 5.

Behandlung der Anmeldung im Verteilungsverfahren

a) Keine Bindung des Vollstreckungsgerichts 22

Das Vollstreckungsgericht wird sich bei der Festlegung des Ersatzbetrags grundsätzlich an die Anmeldung halten; diese ist jedoch nicht verbindlich. Wenn also das Vollstreckungsgericht der Ansicht ist, dass die Anmeldung zu hoch ist, kann es einen niedrigeren Betrag festsetzen. Dann ist jedoch die Anmeldung als Widerspruch gemäß § 115 Abs. 2 ZVG zu behandeln.21) b) Feststellung des Ersatzbetrags

23

Die Anmeldung des Berechtigten und die Festlegung des Wertersatzes ersetzen die Feststellung i. S. v. § 14 ZVG nicht. Dies bedeutet: Der Vollstreckungsschuldner und der Berechtigte müssen den Ersatzbetrag noch feststellen, entweder durch eine Vereinbarung oder durch ein entsprechendes Prozessurteil. Weder die Anmeldung des Berechtigten noch das Schweigen des Schuldners zu dieser Anmeldung sind als „Vereinbarung“ zu werten; vielmehr müssen übereinstimmende Willenserklärungen der beiden vorliegen. Diese können auch im Verteilungstermin erklärt werden und sind dann zu protokollieren.

24

Solange der Wertersatz nicht festgestellt ist, muss er gemäß § 14 ZVG als aufschiebend bedingter Betrag behandelt werden. Dies hat zur Folge, dass im Teilungsplan gemäß § 119 ZVG eine Eventualzuteilung an die nächstausfallenden Berechtigten vorzunehmen ist und der entsprechende Betrag für beide zu hinterlegen ist (§ 120 ZVG). Wenn der Ausfallgläubiger widerspricht, dann erfolgt die Zuteilung und Hinterlegung unter der „doppelten Bedingung“ – also sowohl nach §§ 119, 120 ZVG als auch nach §§ 115, 124 ZVG. c) Widerspruch

25

Gläubiger, die mit ihrem Anspruch ganz oder teilweise ausfallen, können sich gegen einen nach ihrer Ansicht überhöhten Wertersatz mit Widerspruch nach § 115 ZVG wehren. Sie sind grundsätzlich widerspruchsberechtigt, da die Feststel-

_____________ 21) Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 12; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 3.5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 92 Rz. 33; Löhnig/Pestel, § 92 Rz. 40.

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Anspruch auf Wertersatz

lung eines überhöhten Betrags eine Umfangserweiterung darstellt, die zu ihren Lasten geht. Verfahrensrechtlich muss aber unterschieden werden:22) –

Wenn die Feststellung des Ersatzbetrags durch Einigung zwischen Schuldner und Berechtigten bereits erfolgt ist (s. o.), dann kann der Ausfallgläubiger ohne Weiteres gemäß § 115 ZVG widersprechen.



Ist eine solche Feststellung noch nicht erfolgt, muss er sich zuerst in die Position des Schuldners versetzen, um den Berechtigten notfalls auf Feststellung zu verklagen. In diese Position kommt er durch Übertragung oder Pfändung und Überweisung des Feststellungsanspruchs (§§ 857 Abs. 1, 829, 836 ZPO). Die Pfändung wird gemäß § 829 Abs. 3 ZPO wirksam mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Berechtigten als Drittschuldner.

IV. Einzelfälle (alphabetisch) 1.

Altenteil

Das Altenteil (auch Leibgeding, Leibzucht, Auszug genannt) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Rechte, die der allgemeinen Versorgung des Berechtigten dienen. Regelmäßig wird das Altenteil aus einer auf die Lebenszeit beschränkten Reallast und/oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestehen. Deshalb ist gemäß Absatz 2 ein Deckungskapital zu bilden, aus dem dann die Vierteljahresrenten bei Fälligkeit zu entrichten ist. Der Betrag dieses Deckungskapitals setzt sich aus den Beträgen der jeweiligen Einzelrechte zusammen. Falls die hierfür erforderlichen Berechnungsmerkmale nicht grundbuchersichtlich sind,23) ist eine entsprechende Anmeldung erforderlich. Falls diese nicht erfolgt, ist der Ersatzwert mit 0 € anzusetzen.

26

Manchmal ist als Inhalt des Altenteils auch einmalige Leistung vereinbart (z. B. Pflicht, die Beerdigungskosten zu tragen). Dieser Anspruch unterliegt nicht der Regelung des Absatzes 2; für ihn gilt vielmehr Absatz 1. Somit ist der entsprechende (einmalige) Betrag, welcher mangels Grundbuchersichtlichkeit der Anmeldung bedarf, als aufschiebend bedingter Anspruch gemäß §§ 119, 120 ZVG zu behandeln.24)

27

2.

Auflassungsvormerkung (Eigentumsvormerkung)

Die durch Zuschlag erloschene Auflassungsvormerkung wird in Rechtsprechung und Schrifttum sehr unterschiedlich behandelt. Die überwiegende Ansicht geht davon aus, dass hier ebenfalls § 92 Abs. 1 ZVG zutrifft; nur bei der Ermittlung des (einmaligen) Ersatzbetrags gibt es Unterschiede: –

Nach der Surrogationstheorie soll als Wertersatz der nach Deckung der vorgehenden Rechte verbleibende Resterlös maßgeblich sein.25)

_____________ 22) So Gaßner, Rpfleger 1988, 51. 23) Wozu auch die Eintragungsbewilligung gehört, auf die zulässigerweise Bezug genommen worden ist (§ 874 BGB). 24) Vgl. hierzu Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.1. 25) BGH, Urt. v. 14.4.1987 – IX ZR 237/86, Rpfleger 1987, 426 = MDR 1987, 842; Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 25; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 33; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 75.

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§ 92 –

Anspruch auf Wertersatz

Nach der Differenztheorie soll sich der Wertersatz, den der Auflassungsvormerkungsberechtigte beanspruchen kann, nach der Differenz zwischen dem Erlösrest (nach Befriedigung der vorgehenden Ansprüche) und der vom Berechtigten zu erbringenden Gegenleistung (Kaufpreis) richten.26)

29

Stöber27) hat sich mit gewichtigen Argumenten gegen diese Ansichten ausgesprochen und zu Recht darauf hingewiesen, dass § 92 ZVG auf die Auflassungsvormerkung gar nicht angewandt werden könne, weil das gesicherte Recht nicht ein Befriedigungsrecht i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG darstelle, sondern das „Vollrecht Eigentum“ sei. Deshalb gebühre dem Eigentümer, nach einem Eigentumswechsel dem neuen Eigentümer der Übererlös, der nach Berücksichtigung der nach §§ 10, 109, 110 ZVG zu befriedigenden Ansprüche verbleibe. Und genau diesen Anspruch sichere die durch Zuschlag erloschene Auflassungsvormerkung.

30

Daraus folgert er für das Verteilungsverfahren im Wesentlichen Folgendes:28) –

Der Übererlös müsse dem durch die Auflassungsvormerkung gesicherten Berechtigten bedingt zugeteilt werden; Bedingung sei die Feststellung, dass der gesicherte (schuldrechtliche) Übertragungsanspruch durchsetzbar bestehe.



Die anderweitige Verteilung dieses Betrags (§ 119 ZVG) erfolge auf die infolge Verfügung nach Eintragung der Vormerkung im Hinblick auf § 883 Abs. 2 BGB (relativ) unwirksam begründeten Rechte am Grundstück.



Der entsprechende Betrag sei nach § 120 ZVG zu hinterlegen; bei Nichtzahlung des Bargebots seien entsprechende Forderungsübertragungen vorzunehmen. Es sei dann Sache der Beteiligten zu klären, wem der Betrag schließlich zustehe. Hierbei seien folgende Fallgestaltungen denkbar: Wenn der durch die Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch nicht besteht, gebühre der hinterlegte Betrag dem Hilfsberechtigten. Deshalb könne er vom Auflassungsvormerkungsberechtigten die Zustimmung zur Auszahlung verlangen und notfalls im Prozessweg durchsetzen. Wenn der gesicherte Anspruch durchsetzbar bestehe, stehe der Übererlös dem Vormerkungsberechtigten zu. Dann könne dieser vom Hilfsberechtigten die Zustimmung zur Auszahlung verlangen und notfalls im Prozessweg durchsetzen.

31

Ob sich die Ansicht Stöbers durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. In der Praxis wird z. Zt. noch überwiegend nach der Surrogationstheorie verfahren, wonach dem Berechtigten einer erloschenen Auflassungsvormerkung der Resterlös als Wertersatz nach § 92 Abs. 1 ZVG (unbedingt) zugeteilt wird. 3.

32

Beschränkte persönliche Dienstbarkeit

Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§§ 1090 ff. BGB) fallen unter die Regelung des Absatzes 2. Sie erlöschen grundsätzlich mit dem Tod des Berechtigten bzw. mit dem Ende der juristischen Person (§ 1090 i. V. m. § 1061 BGB). Das nach § 121 Abs. 1 zu bildende Deckungskapital richtet sich nach dem Jahreswert, _____________ 26) Vgl. die Fundstellen bei Stöber, § 92 Rz. 7.3 Fn. 72. 27) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 7.1 ff. 28) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 7.5.

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§ 92

Anspruch auf Wertersatz

multipliziert mit der statistischen Lebenserwartung,29) höchstens jedoch mit 25. Bei juristischen Personen wird man immer den 25-fachen Jahresbetrag nehmen. Der Jahreswert richtet sich nach dem Wert der gesicherten Nutzungen, bei Wohnungsrechten also nach der ortsüblichen Miete, bei einer Tankstellendienstbarkeit nach dem Pachtzins. 4.

33

Dauerwohnrecht

Die Behandlung des durch den Zuschlag erloschenen Dauerwohnrechts nach § 31 WEG ist im Schrifttum recht umstritten. Die überwiegende Ansicht30) will für das Dauerwohnrecht einen einmaligen Wertersatz nach Absatz 1 festlegen, der aber noch unbestimmt i. S. v. § 14 ZVG ist.

34

Nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht soll das erlöschende Dauerwohnrecht nach Absatz 2 behandelt werden, da es am ehesten mit dem Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB vergleichbar sei.31) Dies bedeutet, dass ein Deckungskapital gebildet werden muss, welches sich aus dem Jahreswert und der voraussichtlichen Dauer des Rechts (begrenzt auf den 25-fachen Jahresbetrag) errechnet. Als Jahreswert kann die ortsübliche Miete für vergleichbare Wohnungen der entsprechenden Anmeldung zugrunde gelegt werden. Diese Ansicht erscheint mir einleuchtender zu sein, wenn man daran denkt, dass durch Absatz 2 dem Versorgungscharakter der darin genannten Rechte Rechnung getragen werden soll.

35

Im Hinblick darauf, dass es beim Inkrafttreten des ZVG das Wohnungseigentumsgesetz noch nicht gegeben hat, sollte bei einer beabsichtigten Reform des Zwangsversteigerungsrechts auch diese Streitfrage in der einen oder anderen Richtung geklärt werden.

36

5.

Erbbaurecht, Erbbauzins-Reallast

Das Erbbaurecht selbst kann nicht erlöschen (vgl. hierzu die Ausführungen zu § 51 Rz. 20 [Bachmann]; deshalb spielt § 92 ZVG insoweit auch keine Rolle.

37

Dagegen kann eine Erbbauzins-Reallast erlöschen. Da es sich hierbei um eine Reallast von bestimmter Dauer handelt, ist nach Absatz 1 ein einmaliger Wertersatz festzulegen. Die Dauer des Rechts richtet sich nach der Restlaufzeit des Erbbaurechts; der Jahresbetrag wird mit der Restnutzungsdauer und unter Abzug von Zwischenzinsen (§ 111 Satz 2 ZVG) errechnet;32) hierbei spielt die 25-Jahresgrenze keine Rolle. Da sowohl Jahreswert als auch Restdauer grundbuchersichtlich sind, ist insoweit auch keine Anmeldung erforderlich.

38

_____________ 29) Hinweis: Wenn die statistische Lebenserwartung z. B. 18,43 beträgt, dann ist dies auch der maßgebliche Multiplikator. Es wird dann nicht etwa auf 18 Jahre ab- oder auf 19 Jahre aufgerundet; und schon gar nicht wird der Betrag von 43/100 (= Zahl hinter dem Komma) in eine bestimmte Zahl von Tagen eines Jahres (x/365) umgerechnet. 30) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 10. 31) So Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 23; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 67. 32) So Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 28; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 77; etwas anders Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.4 c): Kapitalisierung erfolgt nach finanzmathematischen Grundsätzen; so auch Streuer, Rpfleger 1997, 141.

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Bei der wertgesicherten Erbbauzins-Reallast ist von der Höhe der Einzelleistungen zum Zeitpunkt des Zuschlags auszugehen; künftig mögliche Erhöhungen oder Verminderungen bleiben außer Betracht.33) Dasselbe gilt für die Erbbauzins-Reallast mit „automatischer Anpassung“. Soweit bereits erfolgte Anpassungen nicht grundbuchersichtlich sind, muss insoweit eine entsprechende Anmeldung erfolgen. 6.

40

Rangvorbehalt

Der Rangvorbehalt nach § 881 BGB ist kein eigenständiges Recht; er wird bei dem belasteten Grundstück eingetragen und wirkt wie ein Platzhalter. Wenn dieses Recht erlischt, dann erlischt auch das „Nebenrecht“ Rangvorbehalt. Da es keinen eigenen „Wert“ hat, kann der nicht ausgeübte Rangvorbehalt auch nicht mit einem Ersatzwert nach § 92 ZVG berücksichtigt werden.36) 9.

43

Nießbrauch

Unter dem Nießbrauch versteht man das höchstpersönliche Recht, grundsätzlich sämtliche Nutzungen aus dem belasteten Gegenstand zu ziehen (§ 1030 BGB). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift ist gemäß Absatz 2 ein Deckungskapital zu bilden. Als Anhaltspunkt für den Jahreswert kommt die tatsächlich erzielbare Nettomiete bzw. bei gewerblich genutzten Grundstücken der Pachtzins in Betracht.35) Da der Nießbrauch nach § 1061 BGB mit dem Tod des Berechtigten endigt, wird der Jahresbetrag mit der statistischen Lebenserwartung multipliziert (Höchstbetrag: 25-fache Jahresbetrag). Bei einem Nießbrauch für eine juristische Person ist der 25-fache Jahresbetrag maßgeblich. 8.

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Grunddienstbarkeit

Das Recht fällt unter die Regelung des Absatzes 1. Die Höhe des Ersatzbetrags richtet sich nach dem Wert, den das Recht für das herrschende Grundstück darstellte. Der Anspruch ist nach § 14 ZVG von unbestimmtem Betrag und ist noch festzustellen. Der Ersatzbetrag steht dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks im Zeitpunkt des Verteilungstermins zu.34) 7.

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Anspruch auf Wertersatz

Reallast

Bei einer erloschenen Reallast muss zunächst unterschieden werden, ob sie von bestimmter oder unbestimmter Dauer ist. a) Von unbestimmer Dauer

44

Wenn die Reallast von unbestimmter Dauer ist, weil sie z. B. mit dem Tod des Berechtigten erlischt,37) dann ist nach § 121 Abs. 1 ZVG ein Deckungskapital zu _____________ 33) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.4 b); a. A. Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 21, 28. für den vergleichbaren Fall der Reallast von unbestimmter Dauer: Es ist v. Zeitpunkt der Berechnung (also v. Verteilungstermin) auszugehen. 34) So Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 3; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 50; a. A. LG Ellwangen, Urt. v. 18.12.1964 – II O 109/64, BWNotZ 1965, 41; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.5: Der Eigentümer z. Zt. der Zuschlagserteilung ist als Zuteilungsberechtigter anzusehen. 35) OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.6.2005 – 17 U 201/04, Rpfleger 2005, 686. 36) So auch Stöber, ZVG, § 82 Rz. 6.8. 37) Beispielsweise bei einer Reallast, die „Bestandteil“ eines Altenteils ist.

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§ 92

Anspruch auf Wertersatz

berechnen, aus welchem die nach Absatz 2 zu zahlende Vierteljahresrente zu zahlen ist. Der Jahreswert wird bei einer natürlichen Person mit der statistischen Lebenserwartung, höchstens mit 25 multipliziert; bei einer juristischen Person kommt nur der 25-fache Jahresbetrag in Betracht. Handelt es sich bei der nach § 1105 BGB zu entrichtende Leistung um eine Geldleistung, dann ist der Jahresbetrag grundbuchersichtlich und muss deshalb nicht angemeldet werden. In diesem Fall ist dieser Betrag auch schon „festgestellt“ i. S. v. § 14 ZVG. Anders verhält es sich bei Naturalleistungen: Hier ist eine entsprechende Anmeldung durch den Berechtigten erforderlich; diese sollte sich an den ortsüblichen Preisen orientieren. Dann ist aber auch § 14 ZVG zu beachten. Ist eine sog. Wertsicherungsklausel vereinbart, ist der Jahreswert nach dem aktuellen Wert im Zeitpunkt der Berechnung maßgeblich; zukünftige Erhöhungen oder Verminderungen können nicht berücksichtigt werden.38)

45

Ist die Reallast für Eheleute bestimmt, dann muss getrennt berechnet werden; denn:

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Die Jahresleistung kann unterschiedlich hoch sein.



Die statistische Lebensdauer ist regelmäßig unterschiedlich. Ist das Recht auf die Lebensdauer des Erstversterbenden beschränkt, dann ist auf die Lebensdauer des Älteren abzustellen. Endet das Recht erst mit dem Tod des Längerlebenden, dann ist die statistische Lebenserwartung des jüngeren Ehegatten maßgeblich.39)

b) Von bestimmter Dauer

Ist die Dauer der Reallast bestimmt, dann ist nach Absatz 1 ein einmaliger Wertersatz festzulegen. Dieser errechnet sich aus dem Jahresbetrag, multipliziert mit der Restlaufzeit des Rechts; hierbei gilt die Höchstgrenze von 25 Jahren nicht, weil § 121 ZVG nur auf die Rechte des Absatzes 2 verweist. Jedoch sind nach § 111 ZVG Zwischenzinsen in Höhe von 4 % jährlich (§ 246 BGB) abzuziehen.40)

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10. Vorkaufsrecht

Das nur für einen Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht erlischt im Zwangsversteigerungsverfahren ersatzlos – unabhängig davon, ob es dem bestbetreibenden Gläubiger vorgeht oder nicht. Deshalb ist für dieses Recht auch kein Ersatzwert zu bestimmen.

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Wenn das für mehrere (oder alle) Verkaufsfälle bestellte Vorkaufsrecht durch den Zuschlag erloschen ist, ist hierfür ein einmaliger Ersatzbetrag nach Absatz 1 festzusetzen. 2 bis 3 % des Verkehrswertes werden als angemessen angesehen.41)

49

_____________ 38) Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 21; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.4 (für die wertgesicherte ErbbauzinsReallast); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 22; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 61. 39) Ausführliche Darstellung mit Beispielen siehe Drischler, Rpfleger 1983, 229. 40) Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 28; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 92 Rz. 24; Löhnig/Pestel, § 92 Rz. 6. 41) LG Hildesheim, Urt. v. 31.8.1989 – 5 O 66/89, Rpfleger 1990, 87 = ZIP 1990, 200; Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 29; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.10; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 92 Rz. 24; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 71.

Bachmann

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§ 92

Anspruch auf Wertersatz

11. Vereinbarung nach § 1010 BGB 50

Hier müssen zwei Fälle unterschieden werden: –

Wenn das belastete Grundstück als Ganzes versteigert wird, endet die Bruchteilsgemeinschaft an diesem Grundstück; damit wird die Vereinbarung nach § 1010 BGB gegenstandslos. Somit kann für dieses erloschene „Recht“ auch kein Ersatzwert festgesetzt werden.



Wenn aber nur ein Miteigentumsanteil versteigert und nach den Versteigerungsbedingungen erlischt die Vereinbarung nach § 1010 BGB, dann haben die übrigen Miteigentümer einen Anspruch auf Wertersatz. Die Höhe dieses Ersatzes richtet sich nach dem Nutzen, den die Belastung für die übrigen Miteigentümer hatte.42)

12. Vormerkung und Widerspruch 51

Ein durch Vormerkung oder Widerspruch gesicherter Anspruch auf Einräumung eines Rechts ohne Kapitalbetrag begründet einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück und ist im Verteilungsverfahren nach §§ 119, 120 ZVG zu behandeln. Sichert die Vormerkung bzw. der Widerspruch ein Recht auf einmaligen Wertersatz (z. B. Grunddienstbarkeit), dann findet dieser Berücksichtigung – aber nur mit der entsprechenden aufschiebenden Bedingung. Sichert die Vormerkung bzw. der Widerspruch dagegen die Eintragung eines Rechts, das in Absatz 2 aufgeführt ist, dann richtet sich auch der Ersatzanspruch für die erloschene Vormerkung nach Absatz 2. Jedoch ist auch hier die aufschiebende Bedingung zu beachten. Wenn das vorgemerkte Recht ein solches von unbestimmten Betrag ist, ist auch noch § 14 ZVG zu beachten. Dies bedeutet, dass der aufschiebend bedingte Betrag „nochmals“ bedingt ist durch die Feststellung des Betrags.

52

Hinsichtlich der Auflassungsvormerkung wird auf Rz. 28 – 31 verwiesen. Hinsichtlich der Löschungsvormerkung wird auf die Ausführungen bei § 114 Rz. 87 ff. [Bachmann] verwiesen. 13. Wiederkaufsrecht

53

Das BGB kennt nur das schuldrechtliche Wiederkaufsrecht (§ 456 BGB); dieses spielt bei der Zwangsversteigerung keine Rolle.

54

Dagegen kann nach § 20 RSG43) ein Wiederkaufsrecht als Grundstücksbelastung im Grundbuch eingetragen werden. Wenn dieses Wiederkaufsrecht durch den Zu_____________ 42) Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.6 m. w. N. 43) § 20 des Reichssiedlungsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2331-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Art. 8 Absatz 2 des Gesetzes v. 29.7.2009 geändert worden ist, lautet wie folgt: „(1) Das gemeinnützige Siedlungsunternehmen hat ein Wiederkaufsrecht für die von ihm begründete Ansiedlerstelle, wenn der Ansiedler sie ganz oder teilweise veräußert oder aufgibt, oder wenn er sie nicht dauernd bewohnt oder bewirtschaftet. Die Vorschriften des § 4 Abs. 2 gelten entsprechend. (2) Die Dauer des Wiederkaufsrechts, der Preis und die näheren Bedingungen sind in dem Ansiedlungsvertrage festzusetzen. Das Recht ist als Belastung des Grundstücks im Grundbuch einzutragen. Im übrigen bleiben die Vorschriften der Landesgesetzgebung unberührt.“

794

Bachmann

§ 92

Anspruch auf Wertersatz

schlag erlischt, erhält es nach Absatz 1 Wertersatz.44) Steht aber fest, dass das Wiederkaufsrecht bereits vor dem Zuschlag ausgeübt worden war, dann wird es wie eine Auflassungsvormerkung behandelt. (Einzelheiten hierzu siehe Rz. 28 ff.). V. Sonstiges 1.

Rechte Dritter am Versteigerungserlös

Nach § 37 Nr. 5 ZVG muss die Terminsbestimmung die Aufforderung an diejenigen enthalten, die ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstands treten würde. Hat der Dritte sein Recht nicht rechtzeitig geltend gemacht, dann tritt mit dem Zuschlag der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes.

55

Wenn das Grundstück selbst einem Dritten gehört hat, dann ist dieser auch Eigentümer des (gesamten) Versteigerungserlöses, der aber (immer noch) beschlagnahmt ist. Aus dem Erlös können deshalb solche Ansprüche befriedigt werden, die auch materiellrechtlich Bestand haben (z. B. infolge des gutgläubigen Erwerbs oder weil der Dritte zugestimmt hat).

56

Ist mit dem Grundstück des Schuldners ein Gegenstand (z. B. Grundstückszubehör) versteigert worden, der einem Dritten gehört, dann ist der Ersteher auch Eigentümer dieses Gegenstandes geworden (§ 90 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 55 ZVG). Der Versteigerungserlös steht dann aber dem Schuldner und dem Dritten gemeinsam zu, und zwar in folgendem Verhältnis:

57

Verkehrswert des gesamten Objekts : Verkehrswert des Zubehörstücks = = Versteigerungserlös (einschließlich bestehen bleibender Rechte) : X45) Der Dritte erhält also nicht den Verkehrswert seines Gegenstandes, sondern nimmt an einem „guten“ oder „schlechten“ Versteigerungsergebnis teil.

58

Das sich am (anteiligen) Versteigerungserlös fortsetzende Recht des Dritten stellt aber keinen Befriedigungsanspruch i. S. v. § 10 ZVG dar. Deshalb wird der Dritte im Teilungsplan auch nicht als Zuteilungsberechtigter berücksichtigt. Der Dritte kann aber verlangen, dass sein Anteil an der Teilungsmasse nicht an die Gläubiger des Vollstreckungsschuldners verteilt wird, sondern ihm herausgegeben wird. Um dies aber verfahrensmäßig zu erreichen, muss der Dritte sein am Erlös fortbestehendes Recht geltend machen. Und dies kann in diesem Verfahrensabschnitt nur durch Erhebung des Widerspruchs nach § 115 ZVG erfolgen. Der Widerspruch muss erkennen lassen, welchen Betrag der Dritte für sich beansprucht. Er richtet sich gegen die zuletzt zum Zuge kommenden Befriedigungsberechtigten; denn das „Ausscheiden“ eines Teils des Versteigerungserlöses geht zu ihren Lasten. Die „Anmeldung“ des Erlös-Anteils ist als Widerspruch zu behandeln.

59

_____________ 44) So Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.12 b) m. w. N. 45) X ist der gesuchte Wert, welcher dem Dritten als Surrogat für sein verlorenes Eigentum zusteht.

Bachmann

795

§ 93 60

61

Das weitere Verfahren im Verteilungstermin richtet sich nach § 115 ZVG i. V. m. §§ 876 ff. ZPO und § 124 ZVG: –

Verhandlung über den Widerspruch.



Falls keine Einigung zustande kommt, Hilfszuteilung und Hinterlegung des streitigen Betrags für Berechtigte und Hilfsberechtigte.



Notfalls muss das Prozessgericht über das Bestehen und die Höhe des Erlösanspruchs entscheiden.

Wenn der gesamte Versteigerungserlös jedoch bereits verteilt ist, kann der Dritte seinen Anspruch nur noch mit einer Klage gegen den bzw. die zuletzt befriedigten Gläubiger geltend machen; Anspruchsgrundlage: §§ 812, 816 Abs. 2 BGB. 2.

62

Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

Tabelle der durchschnittlichen Lebenserwartung

Siehe hierzu die Sterbetafel im Anhang.

§ 93 Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel (1) Aus dem Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, findet gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt. Die Zwangsvollstreckung soll nicht erfolgen, wenn der Besitzer auf Grund eines Rechts besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Erfolgt gleichwohl die Zwangsvollstreckung, so kann der Besitzer nach Maßgabe des § 771 der Zivilprozeßordnung Widerspruch erheben. (2) Zum Ersatz von Verwendungen, die vor dem Zuschlag gemacht sind, ist der Ersteher nicht verpflichtet. Literatur: Bauer, Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss (§ 93 ZVG), JurBüro 1998, 400; Cranshaw/Gietl, Titel oder Klausel – Räumung gegen Mit „besitzer“ nach § 93 ZVG?, ZfIR 2010, 753; Eickmann, Probleme der Vollstreckung von Zuschlagsbeschlüssen über Miteigentumsanteile, DGVZ 1979, 177; Schmidt-Futterer, Die Räumungsfrist in der Zwangsvollstreckung aus Zuschlags- und Konkurseröffnungsbeschlüssen, NJW 1068, 143; Schumacher, Zur Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, DGVZ 1956, 52. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Räumungs- bzw. Herausgabevollstreckung (Abs. 1 Satz 1) ..................... 4 1. Voraussetzungen ................................... 4 a) Titel ................................................. 5 b) Vollstreckungsklausel .................... 8 c) Zustellung ..................................... 12 2. Durchführung der Vollstreckung ...... 13 a) Räumungsvollstreckung .............. 13

I. 1

III. IV. 1. 2. V. VI.

b) Herausgabevollstreckung ............ 14 c) Besonderheit ................................. 15 Recht zum Besitz (Abs. 1 Satz 2) ...... 16 Rechtsbehelfe ...................................... 22 Schuldner ............................................. 22 Dritter .................................................. 25 Vollstreckungsschutz ........................ 28 Verwendungsersatz (Abs. 2) ............. 30

Allgemeines

Der Ersteher, welcher bereits mit dem Zuschlag Eigentümer geworden ist (§ 90 ZVG), kann sich aufgrund des Zuschlagsbeschlusses auch den Besitz verschaffen. 796

Bachmann

§ 93 60

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Das weitere Verfahren im Verteilungstermin richtet sich nach § 115 ZVG i. V. m. §§ 876 ff. ZPO und § 124 ZVG: –

Verhandlung über den Widerspruch.



Falls keine Einigung zustande kommt, Hilfszuteilung und Hinterlegung des streitigen Betrags für Berechtigte und Hilfsberechtigte.



Notfalls muss das Prozessgericht über das Bestehen und die Höhe des Erlösanspruchs entscheiden.

Wenn der gesamte Versteigerungserlös jedoch bereits verteilt ist, kann der Dritte seinen Anspruch nur noch mit einer Klage gegen den bzw. die zuletzt befriedigten Gläubiger geltend machen; Anspruchsgrundlage: §§ 812, 816 Abs. 2 BGB. 2.

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Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

Tabelle der durchschnittlichen Lebenserwartung

Siehe hierzu die Sterbetafel im Anhang.

§ 93 Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel (1) Aus dem Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, findet gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt. Die Zwangsvollstreckung soll nicht erfolgen, wenn der Besitzer auf Grund eines Rechts besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Erfolgt gleichwohl die Zwangsvollstreckung, so kann der Besitzer nach Maßgabe des § 771 der Zivilprozeßordnung Widerspruch erheben. (2) Zum Ersatz von Verwendungen, die vor dem Zuschlag gemacht sind, ist der Ersteher nicht verpflichtet. Literatur: Bauer, Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss (§ 93 ZVG), JurBüro 1998, 400; Cranshaw/Gietl, Titel oder Klausel – Räumung gegen Mit „besitzer“ nach § 93 ZVG?, ZfIR 2010, 753; Eickmann, Probleme der Vollstreckung von Zuschlagsbeschlüssen über Miteigentumsanteile, DGVZ 1979, 177; Schmidt-Futterer, Die Räumungsfrist in der Zwangsvollstreckung aus Zuschlags- und Konkurseröffnungsbeschlüssen, NJW 1068, 143; Schumacher, Zur Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, DGVZ 1956, 52. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Räumungs- bzw. Herausgabevollstreckung (Abs. 1 Satz 1) ..................... 4 1. Voraussetzungen ................................... 4 a) Titel ................................................. 5 b) Vollstreckungsklausel .................... 8 c) Zustellung ..................................... 12 2. Durchführung der Vollstreckung ...... 13 a) Räumungsvollstreckung .............. 13

I. 1

III. IV. 1. 2. V. VI.

b) Herausgabevollstreckung ............ 14 c) Besonderheit ................................. 15 Recht zum Besitz (Abs. 1 Satz 2) ...... 16 Rechtsbehelfe ...................................... 22 Schuldner ............................................. 22 Dritter .................................................. 25 Vollstreckungsschutz ........................ 28 Verwendungsersatz (Abs. 2) ............. 30

Allgemeines

Der Ersteher, welcher bereits mit dem Zuschlag Eigentümer geworden ist (§ 90 ZVG), kann sich aufgrund des Zuschlagsbeschlusses auch den Besitz verschaffen. 796

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Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

§ 93

Gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache kann er die Räumungs- bzw. Herausgabevollstreckung betreiben (Abs. 1 Satz 1). Hierzu bedarf er keines besonderen Titels; der Zuschlagsbeschluss ist der Titel. Wenn das Besitzrecht aber auf einem Recht beruht, welches durch den Zuschlag nicht erloschen ist, soll die Zwangsvollstreckung jedoch nicht erfolgen (Abs. 1 Satz 2). Wenn sie trotzdem betrieben wird, kann sich der Besitzer nach § 771 ZPO dagegen wehren (Abs. 1 Satz 3). Nach Abs. 2 ist ein Verwendungsersatz für die Zeit vor dem Zuschlag ausgeschlossen.

2

§ 93 ZVG gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG.

3

II. Räumungs- bzw. Herausgabevollstreckung (Abs. 1 Satz 1) 1.

Voraussetzungen

Wie zu jeder Vollstreckung müssen auch bei der Räumungsvollstreckung (§ 885 ZPO) oder bei der Herausgabevollstreckung (§ 883 ZPO) neben dem Vollstreckungsauftrag des Gläubigers die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen, also Titel, Klausel, Zustellung.

4

a) Titel

Der Zuschlagsbeschluss ist gemäß Abs. 1 Satz 1 für den Ersteher ein Vollstreckungstitel auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks und der mit versteigerten Gegenstände. Die Vollstreckung ist möglich ab Wirksamwerden des Beschlusses; seine Rechtskraft ist nicht erforderlich. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Meistbargebot bereits bezahlt ist oder nicht. Im Zuschlagsbeschluss muss zwar das zu räumende Grundstück genau bezeichnet sein (vgl. hierzu schon § 82 ZVG), aber nicht die heraus zu gebenden (beweglichen) Gegenstände.

5

Der Zuschlagsbeschluss ist ein Herausgabetitel gegen den bisherigen Eigentümer, also gegen den Versteigerungsschuldner (§ 885 ZPO). Dieser hat mit Erteilung des Zuschlags sein Eigentum und damit auch sein Recht zum Besitz verloren – sowohl an dem versteigerten Grundstück als auch an den nach § 55 ZVG mit versteigerten Gegenständen. Da diese Gegenstände im Zuschlagsbeschluss regelmäßig nicht aufgeführt sind, muss sie der mit der Vollstreckung beauftragte Gerichtsvollzieher im Wege der Auslegung bestimmen. Zu den mitversteigerten Gegenständen gehören auch Kauf-, Miet-, Pacht- und Versicherungsverträge über das Grundstück, aber auch Grundsteuerbescheide, Einheitswertbescheide, Grundbuchauszüge sowie Katasterunterlagen.

6

Hinsichtlich des Ehegatten und der Familienangehörigen des Schuldners gilt Folgendes:

7



Wenn auch der Miteigentumsanteil des Ehegatten (mit-) versteigert worden ist, dann gilt für beide Ehegatten § 93 ZVG unmittelbar.



Wenn der Schuldner dagegen Alleineigentümer des versteigerten Grundstücks war, auf dem sich die Ehewohnung befindet, dann ist der andere Ehegatte regelmäßig Mitbesitzer gemäß § 866 BGB.1) Da dieser Mitbesitz mit dem Zu-

_____________ 1)

Zöller/Stöber, ZPO, § 885 Rz. 6.

Bachmann

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§ 93









– –





Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

schlag erloschen ist, findet Absatz 1 Satz 2 keine Anwendung; somit ist die Räumungsvollstreckung auch gegen den Ehegatten möglich.2) Ob der Ehegatte in der Vollstreckungsklausel genannt werden muss, ist noch nicht eindeutig geklärt. Stöber3) meint, dass der Besitz des Ehegatten oder eines sonstigen Dritten die Vollstreckungsklausel gegen diesen nicht entbehrlich mache, auch wenn er „sein Recht zum Besitz vom Schuldner ableite“ oder „allein aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft Mitbesitzer sei“.4) Dieser Ansicht wird zuzustimmen sein, auch wenn sie sich in der Praxis bisher noch nicht durchgesetzt hat. Auch der nichteheliche Lebensgefährte hat regelmäßig Mitbesitz. Deshalb ist er (unabhängig von den bisherigen Eigentumsverhältnissen) in der Vollstreckungsklausel mit zu bezeichnen.5) Nur kurzfristige „Aufnahme“ eines Dritten begründet dagegen keine gemeinsame Sachherrschaft an den Räumen; deshalb ist in diesem Fall keine Klausel gegen diesen Dritten erforderlich.6) Ein minderjähriges Kind ist weder Besitzer noch Mitbesitzer, auch wenn es ein „eigenes Zimmer“ hat. Deshalb ist nur ein Titel gegen die Eltern oder den Elternteil als Besitzer erforderlich;7) eine Aufführung des Kindes in der Vollstreckungsklausel ist somit nicht erforderlich. Auch das volljährige Kind, das noch bei seinen Eltern wohnt, hat nach überwiegender Ansicht keinen eigenen Besitz. Deshalb ist auch hier keine Bezeichnung in der Vollstreckungsklausel erforderlich. Ein vorübergehend aufgenommener Angehöriger oder Gast ist nicht Besitzer. Deshalb ist auch kein Hinweis in der Klausel notwendig. Dagegen begründet die dauerhafte Aufnahme eines Angehörigen Teilbesitz gemäß § 865 BGB oder Mitbesitz gemäß § 866 BGB.8) Deshalb ist hier die Aufnahme in der Vollstreckungsklausel erforderlich; dann aber kann auch die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss gemäß § 93 ZVG erfolgen. Ein im Haus oder im Erwerbsgeschäft tätiger Dritter (z. B. Hausangestellter, Arbeitnehmer, Lehrling) ist nur Besitzdiener gemäß § 855 BGB. Deshalb ist keine Aufnahme in der Vollstreckungsklausel erforderlich. Ein Untermieter ist Besitzer der überlassenen Räume. Deshalb kann gegen ihn nur mit einem eigenen Vollstreckungstitel die Räumung betrieben werden; der Zuschlagsbeschluss ist hierfür nicht geeignet.9)

b) Vollstreckungsklausel 8

Wie jeder andere Vollstreckungstitel auch10) bedarf auch der Zuschlagsbeschluss einer Vollstreckungsklausel (§ 724 Abs. 1 ZPO). In ihr müssen der Ersteher als _____________ 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10)

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Vgl. LG Oldenburg, Beschl. v. 18.10.1990 – 6 T 726/90, Rpfleger 1991, 29 = DGVZ 1991, 29. Stöber, ZVG, § 93 Rz. 2.2. So im Ergebnis auch Cranshaw/Gietl, ZfIR 2010, 753. BGH, Beschl. v. 19.3.2008, 1 ZB 56/07, NJW 2008, 1959 = ZfIR 2008, 472. BGH, Beschl. v. 19.3.2008, 1 ZB 56/07, NJW 2008, 1959 = ZfIR 2008, 472. BGH, Beschl. v. 19.3.2008, 1 ZB 56/07, NJW 2008, 1959 = ZfIR 2008, 472. Zöller/Stöber, ZPO, § 885 Rz. 8. BGH, Beschl. v. 18.7.2003 – IXa ZB 116/03, Rpfleger 2003, 596 = ZfIR 2003, 1450. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. § 795a ZPO, § 796 Abs. 1 ZPO).

Bachmann

Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

§ 93

Gläubiger und als Schuldner die Person(en) namentlich bezeichnet werden, gegen die vollstreckt werden soll. Die Klausel wird nur auf Antrag des Erstehers erteilt. Ein Rechtsnachfolger des Erstehers kann die Umschreibung der Klausel auf sich verlangen; § 727 ZPO ist hier zu beachten.11) Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass der Ersteher kein Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters ist.12) Hat also der Zwangsverwalter gegen einen Mieter hinsichtlich des Beschlagnahmeobjekts einen Räumungstitel erwirkt, kann der Ersteher nach Beendigung der Zwangsverwaltung nicht die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf sich beantragen. Hierzu besteht auch keine Notwendigkeit, da er die Räumungsvollstreckung aufgrund des Zuschlagsbeschlusses beantragen kann.

9

Die Vollstreckungsklausel gegen den bisherigen Eigentümer erfordert keine besonderen Nachweise. Deshalb ist hier auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zur Klauselerteilung zuständig.

10

Der Besitz eines Dritten (auch eines Familienangehörigen oder des Lebensgefährten) muss analog § 726 ZPO13) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden, wenn er (der Besitz) nicht bei Gericht offenkundig ist oder im Klauselverfahren ausdrücklich zugestanden wird. Da es sich hierbei um eine qualifizierte Klausel handelt, ist nach § 20 Nr. 12 RpflG der Rechtspfleger zuständig. Der Dritte kann vor Erteilung der Klausel gemäß § 730 ZPO gehört werden.14) Kann der Besitz nicht oder nicht in der richtigen Form nachgewiesen werden, muss der Ersteher nach § 731 ZPO auf Erteilung der Vollstreckungsklausel klagen.

11

c) Zustellung

Der Zuschlagsbeschluss muss vor Beginn der Zwangsvollstreckung oder spätestens bei Beginn der Vollstreckung zugestellt werden (§ 750 Abs. 1 ZPO). Die Zustellung von Amts wegen (vgl. §§ 88, 103 ZVG) genügt. In den Fällen des § 726 ZPO müssen jedoch auch die Vollstreckungsklausel und ggf. auch die ihr zugrunde liegenden Urkunden zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO). Diese Zustellungen müssen im Parteibetrieb erfolgen. Wegen des hierbei zu beachtenden Verfahrens wird auf §§ 191 ff. ZPO verwiesen. 2.

12

Durchführung der Vollstreckung

a) Räumungsvollstreckung

Die Räumungsvollstreckung erfolgt nach § 885 ZPO. Der Gerichtsvollzieher hat im Auftrag des Gläubigers den zu Räumenden aus dem Besitz zu setzen und den _____________ 11) LG Göttingen, Beschl. v. 29.1.1996 – 6 T 183/95, Rpfleger 1996, 300 = KTS 1996, 539. 12) BGH, Urt. v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, Rpfleger 2004, 644 = ZfIR 2005, 33 mit Anm. Eickmann; Beschl. v. 14.6.2012 – VII ZB 47/10, NJW-RR 2012, 1297 = WM 2012, 1439. 13) Cranshaw/Gietl, ZfIR 210, 753, wollen § 727 analog anwenden. Im Ergebnis macht dies aber keinen Unterschied; denn auch in diesem Fall muss der Besitz, wenn er nicht offenkundig oder zugestanden ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. 14) Stöber, ZVG, § 93 Rz. 2.3; a. A. Böttcher, ZVG, § 93 Rz. 10 m. w. N.: Dem Dritten ist gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 730 ZPO rechtliches Gehör zu gewähren.

Bachmann

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13

§ 93

Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

Ersteher in den Besitz einzuweisen.15) Für die Räumungsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss ist keine richterliche Anordnung erforderlich (§ 758a Abs. 2 ZPO), obwohl der Rechtspfleger den Zuschlag erteilt hat. b) Herausgabevollstreckung 14

Die Herausgabe der versteigerten beweglichen Sachen wird nach § 883 ZPO vollstreckt. Der Gerichtsvollzieher nimmt diese Sachen dem Schuldner weg und übergibt sie dem Ersteher (§ 883 Abs. 1 ZPO). Erfolgt diese Wegnahme in der Wohnung, ist hierzu aber die Einwilligung des Schuldners oder eine richterliche Durchsuchungsanordnung erforderlich (§ 758a Abs. 1 ZPO). Wenn die betreffenden Gegenstände in der Vollstreckungsklausel nicht ausdrücklich aufgeführt sind, kann der Gerichtsvollzieher nur das gesetzliche Zubehör16) wegnehmen. Will der Ersteher weitere (mit versteigerte) Gegenstände wegnehmen lassen, so müssen diese auf Antrag des Erstehers in der Vollstreckungsklausel aufgeführt werden. Dieser Weg ist aber nur gangbar, wenn die Eigentumsverhältnisse im Klauselverfahren geklärt werden können. Notfalls muss der Ersteher den Schuldner auf Herausgabe verklagen; Anspruchsgrundlage: § 985 BGB. Wird eine herauszugebende Sache beim Schuldner nicht vorgefunden, kann der Ersteher vom Schuldner die eidesstattliche Versicherung gemäß § 883 Abs. 2 ZPO verlangen. c) Besonderheit

15

Während einer gerichtlichen Verwaltung gemäß § 94 ZVG darf dem Ersteher keine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses erteilt werden; die Ausfertigung ist (nur) dem Verwalter zu erteilen. Wenn dem Ersteher bereits eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden ist, darf dieser nicht ohne Zustimmung des Verwalters vollstrecken; denn dem Verwalter steht gemäß § 94 Abs. 2 ZVG die alleinige Verwaltung über das Grundstück zu. III. Recht zum Besitz (Abs. 1 Satz 2)

16

Nach Abs. 1 Satz 2 soll nicht vollstreckt werden, wenn der Besitzer aufgrund eines Rechtes besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Eine trotzdem erfolgte Vollstreckung ist zwar nicht unwirksam; der Besitzer kann sich dagegen aber mit der Klage gemäß § 771 ZPO wehren (Abs. 1 Satz 3). Nach allgemeiner Ansicht darf in einem solchen Fall auch nicht die Vollstreckungsklausel erteilt werden.17) _____________ 15) Durch das am 1.5.2013 in Kraft getretene Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.3.2013 (BGBl. I 2013, 434) ist u. a. § 885a in die ZPO eingefügt worden. Hierdurch wurde das vorher nur durch Rechtsprechung zugelassene Modell der sogen. „Berliner Räumung“ gesetzlich verankert. Somit ist nunmehr auch bei Räumung aus einem Zuschlagsbeschluss eine beschränkte Vollstereckung möglich. Hiernach kann der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag darauf beschränken, den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger (hier: Ersteher) in den Besitz einzuweisen. Damit ist auch der Beschluss des BGH vom 6.6.2013 – I ZB 78/11, in welchem die „Berlinger Räumung“ für die Vollstreckung aus einem Zuschlagsbeschluss für unzulässig erklärt wurde, durch die veränderte Gesetzgebung überholt worden. 16) Welches nach § 55 Abs. 1 bzw. Abs. 2 mit versteigert wurde. 17) Stöber, ZVG, § 93 Rz. 3.1; Böttcher, ZVG, § 93 Rz. 6.

800

Bachmann

Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

§ 93

Das Besitzrecht kann auf einem durch den Zuschlag nicht erloschenen dinglichen Recht beruhen oder sich auf eine schuldrechtlichen Berechtigung stützen. In Betracht kommen: –

ein bestehen gebliebenes Recht, das zum Besitz berechtigt (z. B. Wohnungsrecht, Altenteil, Nießbrauch),



ein Miet- oder Pachtverhältnis, in welches der Ersteher gemäß § 57 ZVG i. V. m. § 566 Abs. 1, 578 BGB eingetreten ist.

17

Ist das Wohnungsrecht, das Altenteil oder der Nießbrauch durch den Zuschlag jedoch erloschen, entfällt mit dem Zuschlag auch das Besitzrecht des Berechtigten. Damit kann gegen diesen Berechtigten auch die Herausgabevollstreckung gemäß Absatz 1 Satz 1 betrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Miet- oder Pachtvertrag zwar vor Zuschlagserteilung abgeschlossen wurde, der Mieter aber erst nach dem Zuschlag Besitz an der Mietsache erlangte; denn hier tritt der Ersteher nicht in die Vermieter- bzw. Verpächterstellung ein (vgl. § 57 ZVG). Wenn das Miet- oder Pachtverhältnis bereits vor dem Zuschlag erloschen ist, der Mieter bzw. Pächter aber noch Besitzer ist, soll der Zuschlagsbeschluss als Räumungstitel gemäß Absatz 1 Satz 1 geeignet sein.18) War das Miet- bzw. Pachtverhältnis bereits vor dem Zuschlag gekündigt worden, die Kündigungsfrist aber noch nicht abgelaufen, kann erst nach Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Zuschlagsbeschluss vollstreckt werden.19)

18

Vollstreckt der Ersteher aus einer Teilungsversteigerung gegen einen Miterben, welcher aufgrund eines Mietverhältnisses mit der Erbengemeinschaft Besitzer ist, dann kann dieser Miterbe hiergegen Widerspruchsklage erheben (§ 771 ZPO). Das soll aber dann nicht gelten, wenn er selbst die Teilungsversteigerung betrieben hat.20) Ob ein die Räumung hinderndes Recht vorliegt, soll bereits im Verfahren der Klauselerteilung geprüft werden. Hierbei genügen nach allgemeiner Ansicht „ernsthafte Anhaltspunkte, die ein nicht erloschenes Besitzrecht nahelegen“.21) In Betracht kommen z. B. Kenntnis des Gerichts von Urkunden aus dem Versteigerungsverfahren, Vorlage eines Mietvertrags oder Anmeldung durch den Berechtigten im Verfahren. Beweis für sein durch den Zuschlag nicht erloschenes Besitzrecht muss der Besitzer nicht erbringen. Aber wenn ein Mietvertrag vorgelegt wird, der offenbar eine Scheinvereinbarung ist (vgl. § 117 BGB)22) oder wegen mangelnder Ernsthaftigkeit (vgl. § 118 BGB)23) nichtig ist oder wenn der vorgelegte Mietvertrag ein Mietverhältnis nicht hinreichend ausweist,24) ist die Vollstreckungsklausel zu er_____________

20

18) Böttcher, ZVG, § 93 Rz. 7 m. w. N.; a. A. Stöber, ZVG, § 93 Rz. 3.2: Der Ersteher muss seinen Anspruch auf Herausgabe der Mieträume bzw. Mietsache im ordentlichen Rechtsstreit geltend machen. 19) Böttcher, ZVG, § 93 Rz. 7 m. w. N.; a. A. Stöber, ZVG, § 93 Rz. 3.2: Der Ersteher muss seinen Anspruch auf Herausgabe der Mieträume bzw. Mietsache im ordentlichen Rechtsstreit geltend machen. 20) Stöber, ZVG, § 93 Rz. 3.3 m. w. N. – auch zur Gegenansicht. 21) BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368 = ZfIR 2004, 561. 22) LG Freiburg, Beschl. v. 26.6.1989 – 4 T 90/88, Rpfleger 1990, 266; LG Köln, Beschl. v. 9.10.1995 – 12 T 214/95, Rpfleger 1996, 121 = KTS 1996, 388. 23) OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.7.1987 – 20 W 251/87, Rpfleger 1989, 209. 24) LG Wuppertal, Beschl. v. 14.9.1992 – 6 T 693/92, Rpfleger 1993, 81.

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19

21

§ 93

Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel

teilen. Der Besitzer muss hier sein Besitzrecht mit Klage nach § 771 ZPO geltend machen. Ob ein Mietvertrag mit einem nahen Angehörigen nach § 138 BGB sittenwidrig – und damit nichtig ist, kann nicht so ohne Weiteres angenommen werden.25) IV. Rechtsbehelfe 1.

Schuldner

22

Gegen die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss kann sich der Schuldner mit Erinnerung nach § 766 ZPO wehren. Dieser Rechtsbehelf trifft auch zu, wenn der Gerichtsvollzieher nicht versteigerte Sachen im Rahmen der Herausgabevollstreckung weggenommen hat; denn § 771 ZPO trifft für den Schuldner nicht zu, da er nicht „Dritter“ ist.

23

Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel kann der Schuldner mit Erinnerung gemäß § 732 ZPO geltend machen.

24

Materiellrechtliche Einwendungen (z. B. eingeräumter Räumungsaufschub; Mietvertrag mit dem Ersteher) kann der Schuldner mit Klage gemäß § 767 ZPO geltend machen. Ob hierbei die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO gilt, wird uneinheitlich beantwortet: Für Präklusion z. B. Stöber,26) gegen Präklusion z. B. Böttcher.27) 2.

Dritter

25

Das Fehlen von Voraussetzungen für die Klauselerteilung (z. B. fehlender Nachweis des Besitzes durch den Dritten) kann der hiervon betroffene Dritte – der insoweit ja auch Schuldner ist – mit Erinnerung nach § 732 ZPO geltend machen. Möglich ist auch die Klage nach § 768 ZPO.

26

Materielle Einwände (z. B. sein Recht zum Besitz) muss der Drittbesitzer mit Klage gemäß § 771 ZPO verfolgen.

27

Eine Klage mit dem Ziel, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben, ist jedoch unzulässig; denn der Zuschlag ist (auch) der materiellen Rechtskraft fähig (vgl. Ausführungen zu § 81 ZVG). V. Vollstreckungsschutz

28

Dem Schuldner kann auf entsprechenden Antrag Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gewährt werden. Dieser Antrag muss nach § 765a Abs. 3 ZPO spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin gestellt werden.

29

Nach überwiegender Ansicht kann eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO bei der Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss nicht gewährt werden.28) _____________ 25) OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.1.1996 – 9 U 115/95, Rpfleger 1996, 299 = InVo 1997, 134. Diese Entscheidung ist in der Praxis überwiegend auf Ablehnung gestoßen, weil sie fingierte Mietverträge geradezu provoziert, um eine Räumung durch den Ersteher zu verhindern. 26) Stöber, ZVG, § 93 Rz. 4.4. 27) Böttcher, ZVG, § 93 Rz. 15 m. w. N. 28) OLG München, OLGZ 1969, 43; LG Kiel, Beschl. v. 11.2.1992 – 1 T 137/91, NJW 1992, 1174; a. A. LG Mannheim, Beschl. v. 17.3.1967 – 12 T 7/67, MDR 1967, 1018.

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Bachmann

§ 94

Gerichtliche Verwaltung

VI. Verwendungsersatz (Abs. 2)

Sind vor dem Zuschlag Verwendungen auf das Grundstück oder die mit versteigerten Gegenstände gemacht worden, dann ist der Ersteher gemäß § 93 Abs. 2 ZVG nicht zum Ersatz verpflichtet; denn der Ersteher trägt die Lasten des Grundstücks gemäß § 56 Satz 2 erst ab dem Zuschlag.

30

Verwendungen, die der Besitzer erst nach dem Zuschlag gemacht hat, sind ihm jedoch gemäß §§ 994 ff. BGB zu ersetzen. Wenn der Ersteher ersatzpflichtig ist, hat der Besitzer ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 1000 Satz 1 BGB. Die Geltendmachung dieses Rechts erfolgt durch Klage gemäß § 771 ZPO.

31

§ 94 Gerichtliche Verwaltung (1) Auf Antrag eines Beteiligten, der Befriedigung aus dem Bargebot zu erwarten hat, ist das Grundstück für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen, solange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist. Der Antrag kann schon im Versteigerungstermin gestellt werden. (2) Auf die Bestellung des Verwalters sowie auf dessen Rechte und Pflichten finden die Vorschriften über die Zwangsverwaltung entsprechende Anwendung. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Anordnung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 1) ............................ 3 1. Voraussetzungen ................................... 3 2. Anordnungsbeschluss ........................... 6 3. Rechtsbehelf .......................................... 8 III. Durchführung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 2) ............................ 9 1. Allgemeines ........................................... 9 2. Rechtsstellung des gerichtlichen Verwalters ............................................ 10

I.

3.

Aufgaben des gerichtlichen Verwalters ............................................ 11 4. Kosten der gerichtlichen Verwaltung ........................................... 12 a) Gerichtskosten ............................. 12 b) Vergütung des Verwalters ........... 13 c) Kostentragung .............................. 14 d) Vorschuss ..................................... 15 IV. Aufhebung des Verfahrens ............... 16

Allgemeines

Der Ersteher wird bereits mit dem Zuschlag Eigentümer des Grundstücks und der mitversteigerten Gegenstände (§ 90 ZVG). Er kann sich gemäß § 93 ZVG mit Hilfe des Zuschlagsbeschlusses auch den Besitz verschaffen – sogar im Wege der Herausgabevollstreckung. Auf der anderen Seite muss das Meistbargebot erst „vor dem Verteilungstermin“ berichtigt werden (§ 49 Abs. 1 ZVG). Dies kann dazu führen, dass der Ersteher vor Bezahlung oder Hinterlegung des Meistbargebots über das Grundstück und/oder die mit versteigerten Gegenstände verfügt oder die Nutzungen zieht. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sieht § 94 ZVG die Möglichkeit vor, die gerichtliche Verwaltung für Rechnung des Erstehers zu beantragen.

1

Die Vorschrift gilt für fast alle Versteigerungsarten, auch für die Teilungsversteigerung; ausgenommen sind die Versteigerung von Schiffen (siehe Sondervorschrift des § 170 ZVG) und die Versteigerung von Luftfahrzeugen (siehe Sondervorschrift § 171g ZVG).

2

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Vielmehr sind die Beteiligten des § 9 ZVG und die „weiteren Beteiligten“ für das jeweilige Verfahren getrennt festzustellen. Ein hier nicht im Einzelnen abzuhandelndes Thema betrifft die Frage, wie weit die Haftung des Zwangsverwalters reicht und ob sie auf die Beteiligten des § 9 ZVG beschränkt ist.102) Für Einzelheiten siehe § 9 Rz. 58 und § 154 Rz. 2 f. [Depré].

61

Zum Untermieter/-pächter und vergleichbaren schuldrechtlichen Nutzungsverhältnissen vgl. Rz. 36 ff., 38.

62

_____________ 102) Vgl. zu der Diskussion der Haftung des Zwangsverwalters (Haftung für Pflichtwidrigkeit gemäß § 154 ZVG) z. B. OLG Frankfurt, Urt. v. 10.9.2008 – 7 U 272/07, juris Rz. 16 ff. = ZfIR 2008, 804 ff., Rz. 16 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.2.2010 – 4 U 140/09, ZInsO 2010, 967 ff., Rz. 52, u. a. dazu umfassend Keller, ZfIR 2011, 345 ff.

§ 10 Rangklassen der Gläubigerbefriedigung (1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1.

der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;

1a. im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist; 2.

bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;

3.

die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrenCranshaw

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

de Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt; 4.

die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;

5.

der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;

6.

die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;

7.

die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;

8.

die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung. (3) Zur Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nr. 2 müssen die dort genannten Beträge die Höhe des Verzugsbetrages nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes übersteigen; liegt ein vollstreckbarer Titel vor, so steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Gläubiger nicht entgegen. Für die Vollstreckung genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen. Literatur: Becker, Kommunale Abgaben als öffentliche Lasten des Wohnungseigentums, ZfIR 2012, 403; Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung im Jahr 2012, ZfIR 2013, 157; Büchler, Befriedigung von Immobiliargläubigern (Anmerkung zu BGH, ZInsO 2010, 764 und ZInsO 2010, 914), ZInsO 2011, 718; Comanns, Die Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum wegen Wohngeldrückständen und die Problematik des Einheitswertbescheids, ZfIR 2009, 489; Drischler, Das Früchtepfandrecht nach dem Gesetz zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung, Rpfleger 1948/1949, 499; P. Fischer, Der lange Weg der verbrauchsabhängigen Benutzungsgebühren im Rahmen der öffentlichen Lasten nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG (zugleich Besprechung von BGH, Beschl. v. 30.3.2012 – V ZB 185/11, ZfIR 2012, 504), ZfIR 2012, 489; P. Fischer, Verbrauchsabhängige Benutzungsgebühren als unbegrenztes Vorrecht in der Zwangsversteigerung ? – ein Beitrag zur „Last mit den öffentlichen Lasten“ in Rangklasse 3 des Zwangsversteigerungsrechts; Gehrlein, Notwendigkeit eines Doppelausgebots bei

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

nachrangigem Altenteil; Keller, Altlastensanierung durch den Zwangsverwalter bei gleichzeitiger Insolvenz des Grundstückseigentümers, Rpfleger 2010, 568; Rellermeyer, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Bergwerkseigentum, unbeweglichen Bergwerksanteilen und Salzabbaugerechtigkeiten, Rpfleger 2008, 462; Röder-Persson, Das Privileg der öffentlichen Grundstückslast im Zwangsversteigerungsgesetz im Lichte der Abschaffung des fiskalischen Konkursprivilegs, Diss., Berlin 2003; Stöber, Erlöschen der Auflassungsvormerkung und der Erbbauzins-Reallast bei der Insolvenzverwalterversteigerung, NJW 2000, 3600; Traub, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696. (zu § 6 Abs. 5 KAG Nordrhein-Westfalen), ZfIR 2010, 699. Übersicht I. II. III. 1. 2. 3. IV. 1. 2.

3. 4. 5. V. 1.

2.

Normfunktion und systematischer Zusammenhang ......... 1 Anwendungsbereich ............................ 6 Die sogenannte Rangklasse „0“ .......... 9 Verfahrenskosten .................................. 9 „Früchtepfandrecht“ ........................... 10 Vorrang der Rangklasse „0“ aufgrund bauordnungsrechtlicher Vorschriften ......................................... 18 Die bevorrechtigte Rangklasse 1 im Interesse der Zwangsverwaltung ....... 19 Funktion der Bevorzugung der Vorschüsse, Nachweis der Voraussetzungen ............................................. 19 Voraussetzungen des Vorzugsrechts, Beispiele und die besondere Rolle der Vorfinanzierung von Baumaßnahmen an Gebäuden ............ 21 Sonderfälle nach § 155 Abs. 4 ZVG ................................ 25 Anspruchsinhaber des Vorzugsrechts .................................................... 26 Durchsetzung des Anspruchs ............ 28 Die Rangklasse 1a – eine eher seltene Konstellation im Insolvenzverfahren ..................................... 30 Insolvenzverwalterversteigerung versus freihändige Verwertung durch Verkauf sowie Option der Masse auf einen Gläubigerbeitrag in der Zwangsversteigerung ................ 30 Zusammenwirken der §§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, 174, 174a ZVG und Eigenverwaltung ........................................... 34 a) Erleichterung der Versteigerung ......................... 34 b) Ablösung des Anspruchs der Masse ...................................... 36 c) Sonderfälle: Eigenverwaltung und Verbraucherinsolvenzverfahren ............................................ 37

VI. Rangklasse 2 – Schutz der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Wohngeldausfällen – und altrechtliche Fälle der Rangklasse 2 nach Landesrecht ................. 39 1. Gesetzeslage nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG und Inkrafttreten ....................... 39 2. Gesetzeszweck und Abwägungen ...... 42 3. Voraussetzungen der Zuordnung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Rangklasse 2 sowie die rechtliche Struktur des Anspruchs ............................................ 43 a) Dinglicher Charakter des Anspruchs der Gemeinschaft aus Rangklasse 2? ......................... 43 b) Zu den Voraussetzungen der Subsumtion der Ansprüche der Gemeinschaft unter die Rangklasse 2 und ihrer Durchsetzung im Verfahren ................... 44 4. Forderungen der Rangklasse 2 nach landesrechtlichen Besonderheiten .................................................... 55 VII. Die Rangklasse 3 – bevorrechtigte öffentliche Lasten zugunsten des Bundes- und Landesfiskus bzw. der Kommunen .................................. 57 1. Überblick ............................................. 57 a) Kein einheitlicher Begriff der dinglich wirkenden öffentlichen Last ..................................... 57 b) Ratio legis, Folgen der Rangklasse 3 und das Verhältnis der Gläubiger der Rangklasse untereinander ............................... 58 c) Keine generelle Verlautbarung der öffentlichen Last im Grundbuch und Sicherungsmöglichkeiten der Gläubiger der Rangklasse 3 im Grundbuch ................ 63

Cranshaw

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

d) Festsetzung und Durchsetzung des Anspruchs .............................. 65 e) Schwerpunkt der öffentlichen Last nach Bundesrecht: Grundsteuer ................................. 67 f) Probleme als Folge der „Rangklassenfindung“ der Kommunalabgabengesetze der Länder ..... 69 2. Öffentliche Lasten im Bundesrecht ..... 75 3. Öffentliche Lasten nach Landesrecht ..................................................... 76 a) Vorbemerkung ............................. 76 b) Baden-Württemberg .................... 79 c) Bayern – Kommunalabgabengesetz und andere Gesetze .......... 81 d) Berlin ............................................ 85 e) Brandenburg ................................. 86 f) Bremen .......................................... 87 g) Hamburg ...................................... 89 h) Hessen .......................................... 90 i) Mecklenburg-Vorpommern ........ 92 j) Niedersachsen .............................. 94 k) Nordrhein-Westfalen .................. 96 l) Rheinland-Pfalz ............................ 99 m) Saarland ....................................... 101 n) Sachsen ....................................... 103 o) Sachsen-Anhalt .......................... 105 p) Schleswig-Holstein .................... 106 q) Thüringen ................................... 108 4. Der Umfang des Vorrangs der Rangklasse 3 ...................................... 110 VIII. Die Rangklasse 4 – Befriedigung der dinglichen Rechte und Dominanz der Grundpfandgläubiger ...................... 116 1. Eingetragene und nicht eingetragene Rechte als Gegenstand der Rangklasse 4 ............................................... 116 2. Eingetragene Rechte der Rangklasse 4 ....................................... 120 3. Rechte der Rangklasse 4 außerhalb des Grundbuchs und weitere Konstellationen der Rangklasse ................ 127 4. Durchsetzung der Rechte der Rangklasse 4 (im Verfahren) und Bedeutung der Beschlagnahmewirkung .............................................. 131 5. Umfang der Rangklasse 4, wiederkehrende Leistungen sowie Schnittstellen zwischen den Rangklassen 4, 6, 8 und 5 .......................... 132

I. 1

IX. Die Rangklasse 5 – Auffangtatbestand und Basis zur immobiliarvollstreckungsrechtlichen Verfolgung persönlicher Forderungen .... 136 X. Die Rangklasse 6 – Abbildung der aus Rangklasse 4 herausfallenden, gegenüber anderen Gläubigern relativ unwirksamen Ansprüche und Rechte ........................................ 138 XI. Die Rangklasse 7 – Nachrang der „älteren Rückstände“ der Rangklasse 3 ............................................... 143 XII. Die Rangklasse 8 – der letzte Rang für die „älteren Rückstände“ der Rangklasse 4 ............................... 146 XIII. Die letzte Rangklasse außerhalb des Katalogs des § 10 ZVG und die nachrangigen Forderungen des § 37 Nr. 4 ZVG ................................. 147 XIV. Rangklassen bei der Vollstreckung in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge .................................................. 148 1. Überblick ........................................... 148 2. Rangklassen bei eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken ........ 154 3. Rangklassen der Rechte an eingetragenen Luftfahrzeugen .......... 158 XV. Befriedigung von Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 10 Abs. 2 ZVG ....................................... 161 XVI. Besonderheiten der Vollstreckung in Wohnungseigentum zur Verfolgung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 3 ZVG ....... 164 1. Voraussetzungen der Vollstreckung aus Rangklasse 2 nach § 10 Abs. 3 ZVG ................................................... 164 2. Anforderungen an den Titel ............. 165 3. Untergrenze der Vollstreckung aus der Rangklasse gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG ........................................ 166 4. Besonderheiten im Insolvenzverfahren des Wohnungs-/Teileigentümers ........................................ 168

Normfunktion und systematischer Zusammenhang

§ 10 ZVG muss mit den §§ 11 und 12 ZVG und im Weiteren auch mit den §§ 13, 14 ZVG zusammen betrachtet werden. Die Bestimmungen bilden zusammen, ausgehend von § 10 ZVG, eine systematische Einheit. Sie lösen einen Ziel- und damit 82

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Interessenkonflikt bei solchen in der Praxis mindestens sehr häufig auftretenden Konstellationen auf. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass es eine ganze Reihe von Forderungsprätendenten gibt, die Ansprüche aus dem Grundbesitz geltend machen können, der Verwertungserlös, hier aus der Versteigerung oder den Erträgen der Zwangsverwaltung, aber nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen. Diese Situation ist nicht selten, im Insolvenzverfahren wird das Problem für die nicht nachrangigen und die nicht durch Absonderungsrechte besicherten Insolvenzgläubiger durch den Gleichbehandlungsgrundsatz gelöst: Jeder Gläubiger erhält dieselbe Quote, die Ansprüche werden anteilig gekürzt und mit dem zur Verfügung stehenden Betrag abgefunden. Besteht ein Absonderungsrecht im Sinne eines Pfandrechtes nach Maßgabe der §§ 50 f. InsO im Insolvenzverfahren oder haben Gläubiger in der Einzelvollstreckung solche vorrangigen Rechte, ob sie nun auf Rechtsgeschäft oder Gesetz beruhen, ist die Lösung nicht so einfach. Vielmehr bedarf es dann einer wertenden Regelung. Eine solche wertende Regelung enthält § 10 ZVG mit der Schaffung einer Rangordnung der Forderungen („Rangklasse“), die befriedigt werden sollen. Aus der Vertragspraxis der Vereinbarungen zur außerinsolvenzlichen Sanierung von Unternehmen (Poolvertrag, Sanierungsfinanzierungen usw.) sind solche allerdings nur schuldrechtlich wirkende Rangabsprachen für den Fall der Verwertung von Sicherheiten unter dem anschaulichen Begriff der „Wasserfallregelung“ bekannt. Genauso enthält § 10 ZVG mit den ergänzenden bzw. begleitenden Vorschriften der §§ 11 ff. ZVG einen „Wasserfall“ der Befriedigungsreihenfolge. Jede der einzelnen Ziffern des § 10 enthält die Stufe eines Wasserfalles, der Erlös ist immer auf die frühere Stufe zu verteilen, die folgende kann nur noch das erhalten, was aus der früheren übrig bleibt. Irgendwann versiegt der Strom des Steigerlöses oder der ausgezahlten Zwangsverwaltungsüberschüsse. Es ist evident, dass die hinter den §§ 10 ff. ZVG stehende Wertung sich auf der Zeitachse verändert, abhängig von den wechselnden Bedürfnissen der Praxis, wie sie an den Gesetzgeber herangetragen werden und wie er die Situation beurteilt. Zu Einzelheiten siehe bei der Darstellung der einzelnen Rangklassen. Die Rangklassen des § 10 ZVG stellen zugleich eine Ergänzung der insolvenzrechtlichen Bestimmung über die Befriedigung der Gläubiger dar, die ein Absonderungsrecht an einem Grundstück geltend machen können (vgl. § 49 InsO).1) Die §§ 10 ff. ZVG regeln aber nicht abschließend die Rangfolge der Befriedigung aus dem Verwertungserlös. Vielmehr sind die Regelungen der §§ 109 (für die Zwangsversteigerung) und 155 ZVG (für die Zwangsverwaltung) über den Vorrang der Verfahrenskosten bzw. der Verwaltungsausgaben zu berücksichtigen, die im Ergebnis eine eigene Rangklasse bilden (abgekürzt als „Rangklasse 0“ in der Literatur geläufig).

_____________ 1)

So schon Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 10 Rz. 1 zur mit § 49 InsO inhaltsgleichen Norm des § 47 KO.

Cranshaw

83

2

§ 10 3

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Diese Rangklassen haben in der Gesetzessystematik entsprechend der Funktion der Norm verschiedene Auswirkungen, nämlich auf •

die Feststellung des geringsten Gebots (§§ 44 ff. ZVG),



die Verteilung des Erlöses aus der Versteigerung (§§ 109 Abs. 2, 110 ff. ZVG) sowie



die davon zu unterscheidende Verteilung der Überschüsse aus der Zwangsverwaltung (§ 155 Abs. 2, 156 ff. ZVG).

4

§ 10 ZVG hat darüber hinaus Abgrenzungsfunktion gegenüber anderen Ansprüchen, die nicht von § 10 ZVG erfasst werden. Sie fallen dann nicht unter diejenigen Forderungen, die nach Maßgabe des § 10 ZVG aus dem Grundstück befriedigt werden. Aufgrund der weiten Fassung und der Möglichkeiten zur Generierung öffentlicher Grundstückslasten in der Rangklasse 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) sowie der Möglichkeiten der Verfolgung persönlicher Forderungen in der Rangklasse 5 (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG) ist die Systematik weitgehend lückenlos.

5

Die Rangfolge des § 10 ZVG ist zwingendes Recht; der BGH hat jedoch wie in der Literatur erwähnt schuldrechtlich anderweitige Abreden Beteiligter gebilligt.2) In dem zitierten Urteil hat der BGH zum Ausdruck gebracht, der Ausfallbürge habe die Befriedigungsreihenfolge des § 10 ZVG hinzunehmen; will er dieses Risiko nicht hinnehmen, dann kann er im Innenverhältnis zum Bürgschaftsnehmer mit diesem etwas anderes vereinbaren. Mit dem Immobiliarvollstreckungsverfahren hat das nichts zu tun, eher etwas mit der Auslegung der Ausfallbürgschaft. Dispositiv ist allerdings § 12 ZVG.3) Wie stets unterliegen solche Abreden in der Insolvenz eines Beteiligten ggf. der Insolvenzanfechtung, §§ 129 ff. InsO. II. Anwendungsbereich

6

Entsprechend seiner Funktion ist die Vorschrift in allen auf Versteigerung gerichteten Immobiliarvollstreckungsverfahren heranzuziehen, gleich, um welchen Versteigerungsgegenstand es sich handelt.

7

Besonderheiten gelten bei der Zwangsverwaltung.

8

Die Rangklassen bei der Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen weichen von denjenigen der Vollstreckung in Immobilien und immobiliengleiche Rechte ab. Für Einzelheiten wird auf die Rz. 148 ff. verwiesen. III. Die sogenannte Rangklasse „0“ 1.

9

Verfahrenskosten

Zur in der Literatur sog. Rangklasse 0 (keine gesetzliche Terminologie) gehören die Kosten des Verfahrens, die „aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen“ sind, im Zwangsverwaltungsverfahren in der Abwandlung nach § 155 Abs. 1 ZVG.4) _____________ 2) 3) 4)

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Dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 4. BGH, Urt. v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, Rpfleger 1992, 533 = ZIP 1992, 1073 = KTS 1992, 696. Siehe § 12 Rz. 3 [Cranshaw]. Siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 9 ff.

Cranshaw

§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

2.

„Früchtepfandrecht“

In der Literatur wird in dieser „Rangklasse ferner ein für die Praxis im Allgemeinen eher selteneres Befriedigungsrecht“ diskutiert, nämlich das Früchtepfandrecht nach dem DüngMSaatG.5)

10

Dieses Pfandrecht6) ist allein für landwirtschaftliche und vergleichbare Betriebe von Bedeutung. Es beruht auf dem Gesetz zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung (DüngMSaatG).7) Nach § 1 dieses Gesetzes haben die Lieferanten von Düngemitteln und Saatgut (ausgenommen ist „Zuckerrübensamen“) sowie die Finanzierer solcher Lieferungen ein gesetzliches Pfandrecht an den getrennten sowie ungetrennten Früchten der nächsten Ernte, die mit dem gekauften oder finanzierten Dünger- und Saatgut gefördert bzw. erzeugt worden ist, soweit die Beschaffungs- und Finanzierungsvorgänge nach dem 31. Juli eines Jahres vorgenommen worden sind. Für die Lieferanten ist das Pfandrecht im Ergebnis Ersatz oder eine Verlängerung eines etwa bei Lieferung vereinbarten Eigentumsvorbehalts, da die gelieferten Düngemittel und das gelieferte Saatgut bestimmungsgemäß mit ihrer Verwendung ihre Sonderrechtsfähigkeit verlieren (§ 946 BGB), sodass dem Lieferanten nur der Anspruch aus § 951 BGB verbliebe. Das Gesetz erleichtert als Folge eines gesetzlichen Pfandrechts natürlich den Einkauf der für die landwirtschaftliche Produktion so wichtigen Güter.8) Vorausgesetzt wird der Einsatz dieser Lieferungen im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft und der Beschaffung in einem üblichen Rahmen. Das Pfandrecht ist gemäß § 2 Abs. 4 DüngMSaatG vorrangig gegenüber allen anderen dinglichen Belastungen der Früchte (zum Begriff vgl. § 99 Abs. 1 BGB).

11

Schuldner dieses gesetzlichen Pfandrechts ist der Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebs, gleich, ob er Eigentümer ist oder sonst aufgrund eines dinglichen oder schuldrechtlichen Rechts die landwirtschaftliche Fläche nutzt. Der Vorrang bezieht sich auf die Ernte ebenso wie auf die noch nicht abgeernteten Früchte („Frucht auf dem Halm“), soweit diese mit den erworbenen oder finanzierten Düngemitteln bzw. dem Saatgut erzeugt wurden. Umstritten ist, ob § 2 Abs. 4 DüngMSaatG tatsächlich einer Rangklasse „0“ mit folglich absolutem Vorrang zuzuordnen ist oder doch eher einem Zwischenrang zwischen den Rangklassen 3 und 4, weil die zitierte Norm des DüngMSaatG vom Vorrang gegenüber „dinglichen Rechten“

12

_____________ 5) 6) 7)

8)

Siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 11, 76 f. Siehe Drischler, Das Früchtepfandrecht nach dem Gesetz zur Sicherung der Düngemittelund Saatgutversorgung, Rpfleger 1948/1949, 499 f. DüngMSaatG – Gesetz zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung v. 19.1.1949, WiGBl. 1949, S. 8, BGBl. III 403-11, unbefristet verlängert d. d. Gesetz v. 30.7.1951, BGBl. I 1951, 476. Vor dem Hintergrund der heutigen Agrarwirtschaft, der geänderten Finanzierungsgepflogenheiten und des europäischen Agrarbinnenmarktes mag dieses Gesetz eher obsolet sein. Es ist primär vor dem Hintergrund der nachkriegsbedingten Mängel im Jahre 1949 zu sehen. In der Literatur wird es auch unter „Düngemittelsicherungsgesetz“ („DüngMSichG“) behandelt, siehe Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 76 ff. bzw. unter „Düngemittelgesetz“, Stöber, ZVG, § 155 Rz. 6.6, 9.3, § 10 Rz. 3, 7. Vgl. dazu Drischler, Rpfleger 1948/1949, 499.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

spricht.9) Das Erlöschen des Pfandrechts ist demjenigen des Vermieterpfandrechts nachgebildet (§ 562a BGB = § 560 a. F. BGB). Das Früchtepfandrecht ist daher gegenstandslos, wenn der landwirtschaftliche Unternehmer die Früchte erntet und veräußert, da diese Vorgehensweise geradezu das typische Beispiel der ordnungsmäßigen Wirtschaftsweise darstellt, die zur Enthaftung der Früchte führt.10) Soll eine Kreditfinanzierung damit besichert werden, dürfte das „Früchtepfandrecht“ nur greifen, wenn der Kredit zweckgebunden gewährt wurde; bei einer üblichen Betriebsmittelfinanzierung ohne konkretere Zweckbindung für einzelne Betriebsaufwendungen fehlt es an der Bestimmtheit der Zuordnung zwischen Kredit und Pfandrecht.11) 13

Das Recht ist aus dem Grundbuch nicht ersichtlich, es bedarf daher zur Durchsetzung der Anmeldung und ggf. der Glaubhaftmachung (§ 37 Nr. 4 ZVG), sodass in diesem Fall das Recht bestehen bleibt (bzw. sich am Surrogat fortsetzt). Der Beschlagnahme in der Versteigerung unterliegen die Früchte allerdings nur vor der Ernte (Folge aus § 21 Abs. 1 ZVG), nicht die bereits eingebrachte Ernte. Erntegut kann auch zum Zubehör werden, beispielsweise bei Anbau zu eigenem Futtermittelgebrauch, als eigenes Saatgut, aber auch für Erzeugnisse, die der Führung eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs dienen (vgl. § 3 Abs. 3 HGB) wie der Hopfen für die eigene Bierbrauerei, die Obst – oder Gemüseernte für die Herstellung von Veredelungsprodukten usw. In diesen Fällen sind die vom Boden getrennten Früchte, weil Zubehör, der Beschlagnahme unterworfen (§ 21 Abs. 1 ZVG), die Mobiliarvollstreckung scheidet aus (§ 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO), ebenso das Früchtepfandrecht, da § 1 Abs. 1 Satz 1 DüngMSaatG im Ergebnis auf § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO verweist. Diese Norm verzahnt den Haftungsverband der Hypothek u. a. im Hinblick auf die Erzeugnisse mit dem ZVG insoweit, als auch die vom Boden getrennten Erzeugnisse (= Ernte) unter den Voraussetzungen der §§ 1120 ff. BGB, insbesondere des § 1120 Abs. 1 BGB, der hypothekarischen Haftung unterliegen. Sie sind pfändbar, solange sie nicht nach den Normen des ZVG beschlagnahmt sind. Damit bleiben getrennte Früchte, soweit sie nicht als Zubehör unpfändbar sind, der Mobiliarvollstreckung unterworfen. Das Früchtepfandrecht ist durch Veräußerung des Pfandgegenstandes gefährdet.

14

Neben den vorstehend behandelten Erntefrüchten stehen bei der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung die Sachfrüchte (Milch, Schlachttiere, usw.), die von den Zuchttieren, die Zubehör sind, unterschieden werden müssen.12) _____________ 9) Dazu eingehend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 76 ff.; für einen Zwischenrang zwischen Rangklasse 3 und 4 auch Stöber, ZVG, § 155 Rz. 6.6, 7 m. w. N.; a. A. Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 4 m. w. N., auch zur Gegenmeinung. 10) So zu Recht BGH, Urt. v. 7.12.1992 – II ZR 261/91, BGHZ 120. 368 ff., Ls a), b), insb. S. 370 f., der auf die aus seinem Blick hinreichenden Sicherungsmöglichkeiten z. B. nach § 3 Abs. 1 DüngMSaatG hinweist, welche die das Pfandrecht aufrecht erhaltende Kennzeichnung der Früchtemenge vorsehen, die zur Besicherung des Anspruchs des Lieferanten oder Finanziers nötig ist. 11) Die Geschäftsbanken sind auf das DüngMSaatG angesichts anderweitiger Sicherungsinstrumente heute nicht angewiesen, anders ggf. die Genossenschaften der Landwirtschaft. 12) Vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, § 998 Rz. 4, § 99 Rz. 2 f.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Zu differenzieren ist auch danach, ob ein vermieteter oder verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, da in diesem Fall die Beschlagnahme nicht den Pächter und sein Fruchtziehungsrecht berührt (§ 21 Abs. 3 ZVG; siehe dazu auch § 21 Rz. 1 [Cranshaw]).

15

Anders ist die Situation in der Zwangsverwaltung, da dort die Beschlagnahme auch die vom Boden getrennten Früchte erfasst (§ 148 Abs. 1 ZVG). Der Schuldner darf ferner nicht mehr im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft verfügen (§ 148 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Damit sind auch die geernteten Früchte beschlagnahmt und der Mobiliarpfändung nicht mehr unterworfen. Im Ergebnis kann es wohl nicht selten nur um das Surrogat gehen, da der Zwangsverwalter häufig veranlasst sein wird, die Ernteerträge zur Werterhaltung zu veräußern. Die besicherte Forderung muss nach § 37 Nr. 4 ZVG angemeldet werden. Im Einzelfall erweist sich die Verwertung der Früchte und die Frage, wer welche Verwertungsbefugnisse hat und wem der Erlös zusteht, als äußerst komplex, Einzelheiten können in dem hier möglichen Rahmen nicht dargestellt werden.13)

16

Bei der Durchsetzung der durch das Früchtepfandrecht besicherten Forderungen besteht die etwas paradoxe, aber der Gesetzessystematik geschuldete Situation, dass der durch das dingliche Pfandrecht geschützte Lieferant seine Verwertungssaussichten – anders als die Gläubiger der Rangklassen 6 – 814) – nicht dadurch verbessern kann, dass er sich einen Titel (z. B notarielles Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) beschafft und aufgrund dessen die Immobiliarvollstreckung betreibt. Er betreibt dann in Rangklasse 5, also aus einem Rang, der deutlich ungünstiger ist als der des Früchtepfandrechts.

17

3.

Vorrang der Rangklasse „0“ aufgrund bauordnungsrechtlicher Vorschriften

Im Berliner Landesrecht hat sich über die Artikel 28 ff., Art. 30 des dortigen ZVG-Ausführungsgesetzes15) (= früheres preußisches AGZVG) ein vorrangiger Anspruch des Fiskus (Ordnungsbehörde) für Verwendungsersatzansprüche nach § 43 Teil 1 Titel 8 des Allgemeinen (preußischen) Landrechts16) erhalten. Der Anspruch betrifft Aufwendungen, die die öffentliche Hand (als kommunale Ordnungsbehörde im Rahmen des Bauordnungsrechts) getätigt hat, um Gefahren abzuwenden, die von einsturzgefährdeten oder sonst Gefährdungen für die Öffentlichkeit hervorrufenden Gebäuden ausgehen und die der verpflichtete Eigentümer nicht beseitigt. Im Ergebnis ist das die Sicherung der Kosten, die für die Ersatzvornahme aufgewendet wurden. Die Ordnungsbehörde kann deswegen die Versteigerung betreiben, Art. 29 AGZVG. Offen mag die Streitfrage bleiben, ob der Vorrang nur in dem von der Behörde nach dieser Vorschrift betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren Platz greift oder in allen Verfahren. Die zitierten Regelungen des _____________ 13) Für weitere Einzelheiten ist auf die ausführliche Darstellung von Depré/Mayer, Rz. 171 – 182 hinzuweisen. 14) Siehe zu den Rangklassen 5 – 8 nachfolgend unter Rz. 136 – 146. 15) AGZVG Berlin, verfügbar über http://gesetze.berlin.de mit Verlinkungen. 16) Zum Gesetzestext des § 43 Teil I Titel 8 siehe unter http://www.koeblergerhard.de.Fontes/ ALRfuerdiepreussischenStaaten1794teil1.htm (Stand: 21.1.2014).

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

AGZVG sind nicht auf andere polizeirechtliche bzw. ordnungsbehördliche Ersatzvornahmen nach allgemeinem Polizeirecht oder nach leges speciales anzuwenden. Auf die in der Rangklasse 3 abgehandelten Fälle der öffentlichen Last wird verwiesen (siehe nachfolgend unter Rz. 63) zum BBodSchG).17) IV. Die bevorrechtigte Rangklasse 1 im Interesse der Zwangsverwaltung 1.

Funktion der Bevorzugung der Vorschüsse, Nachweis der Voraussetzungen

19

Die Funktion der Rangklasse 1 ist der Ausgleich der Zwangsverwaltungsvorschüsse des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers, die der „Erhaltung oder nötigen Verbesserung“ des Vollstreckungsgegenstandes gedient haben, also nicht aller Aufwendungen des Gläubigers.18) Eine zweite Beschränkung enthält der zweite Halbsatz des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG insoweit, als die Verwaltung bis zum Zuschlag fortgesetzt worden sein muss und die Zwangsverwaltungserlöse geringer als die Ausgaben sind. Die der ersten Rangklasse zugeordneten Nettoausgaben der Zwangsverwaltung kommen als Folge der engen Definition des Vorzugsrechts allen Gläubigern zugute. Im Verfahren sind die ansprüche der Rangklasse 1 anzumelden und ggf. glaubhaft zu machen (vgl. §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1).

20

Außerhalb der Merkmale der Werterhaltung oder Werterhöhung liegende Zwangsverwaltungsvorschüsse genießen den Vorzug der Rangklasse 1 nicht. Anknüpfungspunkt seien die nützlichen Verwendungen („impensae utiles“), die zur Werterhöhung führen.19) Erforderlich ist dazu aus dem Blick des BGH ein „Mehr“ an Zwangsverwaltungsaktivitäten als üblich. Die Aufwendungen müssen zudem zweckentsprechend der Wertverbesserung gedient haben. Der Gläubiger, der diese Kosten in der Rangklasse verfolgt, muss diese Tatbestandsmerkmale darlegen und beweisen.20) Die Systematik des Gesetzes belegt ferner, dass die eingetretene Wertsteigerung nicht dauernd Bestand haben muss, so kann sie etwa beim Zuschlag bereits nicht mehr bestehen.21) Ansonsten würde der Gläubiger, der den Vorschuss leistet, für die Werterhaltung einschließlich der Marktentwicklung mittelbar einstehen müssen.

_____________ 17) Siehe im Einzelnen dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 12 m. w. N., der den Vorrang nur in dem konkreten Verfahren der Behörde nach dem AGZVG anwenden will; der Hinweis auf die Geltung dieser Regelungen auch in Nordrhein-Westfalen ist durch die zwischenzeitliche Aufhebung des AGZVG dort überholt. Ablehnend gegenüber einem allgemeinen Vorrecht auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 5, Art. 2 EGZVG Rz. 17 ff.; a. A. LG Berlin, Beschl. v. 14.8.1991 – 81 T 586/91, Rpfleger 1991, 518. 18) Siehe beispielhaft BGH, Urt. v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, BGHZ 154, 386 ff., 389 = Rpfleger 2003, 454 ff. = ZfIR 2003, 788 ff. 19) BGH, IX ZR 106/02, juris Rz. 20 = NJW 2001, 2477 ff. = Rpfleger 2001, 443 ff. = ZIP 2001, 933 ff.; siehe auch bei Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 10 Rz. 3, S. 53 m. w. N. Die Erhaltungsaufwendungen (impensae necessariae) sind von den wertverbessernden nützlichen Aufwendungen (impensae utiles) zu unterscheiden; zur parallelen Wertung im EigentümerBesitzer-Verhältnis vgl. die §§ 994, 996 BGB sowie § 93 Abs. 2 ZVG, dazu Löhnig/ Cranshaw, ZVG, § 93 Rz. 53 ff.; zur Differenzierung siehe auch RGZ 73, 400, das Gegenstück sind die dort genannten „unnötigen Verbesserungen“ (impensae voluptuariae). 20) BGH, IX ZR 106/02, BGHZ 154, 391 m. w. N. 21) Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 8; RG zu Rep. V 221/09, RGZ 73, 397 ff.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

2.

Voraussetzungen des Vorzugsrechts, Beispiele und die besondere Rolle der Vorfinanzierung von Baumaßnahmen an Gebäuden

Nicht berücksichtigungsfähig sind beispielsweise bei der Zwangsverwaltung von Wohnungs- oder Teileigentum angefallene Wohngelder mit Ausnahme der darin enthaltenen anteiligen Kosten der Feuerversicherung (generell dürfte das neben der Brandversicherung für alle Elementarschadenversicherungen gelten), weil nur diese werterhaltend wirken. Die bevorschusste Zwangsverwaltervergütung kann nur insoweit berücksichtigt werden, als der Verwalter werterhaltend oder wertsteigernd im vorstehenden Sinne tätig wird. Die Grundsteuer gehört systematisch nicht zu diesen begünstigten Aufwendungen, auch wenn der Gläubiger hierfür Vorschüsse leistet.

21

Die typischen Fälle der Rangklasse 1 betreffen damit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Baufertigstellung bei steckengebliebenen Bauvorhaben oder Umbaumaßnahmen.22) Diese ist (einzelfallabhängig) geboten, um die bestimmungsgemäße Nutzung der zwangsverwalteten Immobilie erst zu ermöglichen (vgl. § 5 ZwVwV) und sie ist damit auch notwendige Verbesserung i. S. d. Rangklasse 1. Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, die Immobilie im wirtschaftlichen „Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig“ zu nutzen, § 152 Abs. 1 Halbs. 1 ZVG. Dies bedingt entsprechende Aufwendungen, die zulasten von Vorschüssen gehen müssen, wenn es an entsprechendem Ertrag vorerst fehlt.23) Notwendige Verbesserungen betreffen auch Aufwendungen zur Beseitigung ökologischer Altlasten, wobei man bei mehreren Methoden der Beseitigung und etwa verschiedenen zulässigen Schadstoffbelastungen von notwendiger Verbesserung i. S. d. Rangklasse 1 wohl meist nur sprechen kann, soweit der gegenwärtige Zweck der Grundstücksnutzung die konkrete Maßnahme erfordert. Die später ins Auge gefasste Umwandlung eines belasteten Industriegrundstücks (wenn man einmal einen Extremfall betrachtet) in ein Wohngebiet mit im Einzelfall anderen Erfordernissen der Schadstoffbelastung könnte als Kollision mit der Beibehaltung der bestehenden Nutzung (§§ 152 Abs. 1 ZVG, 5 Abs. 1 ZwVwV) auf die Grenzen der Rangklasse 1 für den Vorschuss leistenden Gläubiger stoßen. In diesem allgemeinen Rahmen liegen auch die Meinungen von Literatur und Rechtsprechung.24)

22

Breiten Raum nehmen in der zitierten Literatur dabei neben den bereits angeführten Beispielen Aufwendungen bei landwirtschaftlichen Betrieben (wozu auch gärtnerische und forstwirtschaftliche zählen) ein, die von Vorschüssen für landwirtschaftliche Maschinen über Arbeitnehmerkosten bis zu Düngemitteln usw. reichen.

23

_____________ 22) Siehe zu einem solchen Fall bereits RG, Urt. v. 4.5.1910 – Rep. V 221/09, RGZ 73, 397 ff.398. In dem Urteil zu IX ZR 106/02, siehe oben BGHZ 154, 387 ff., 388, war die Wohnung noch im „Rohbauzustand“; die Widerspruchsklage war jedoch überwiegend erfolglos, weil die aufgewendeten Mittel nur im minderen Umfang für die Zwecke der Rangklasse 1 verwendet wurden. 23) Zu Einzelheiten siehe § 146 Rz. 5, passim, § 150a Rz. 7, § 152 Rz. 33 [Depré]; vgl. Depré/ Mayer, Rz. 263. 24) Siehe Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 7; Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 8 m. w. N. aus der Judikatur; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 18, z. T. durch BGHZ 154, 387 ff. überholt.

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§ 10 24

Die Refinanzierungskosten des Gläubigers am Markt sollen ebenfalls der Rangklasse unterfallen.25) Im entscheidenden Bereich der Vorschüsse für Bauarbeiten an Gebäuden (§ 155 Abs. 3 Satz 1 ZVG) ist jedoch ohne weiteren Nachweis ein Zinssatz von 1,5 Prozentpunkten über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität (= Zinssatz, zu dem sich Banken im Euroraum bei der EZB „über Nacht“ kurzfristig refinanzieren können) zu berechnen, der in die Rangklasse 1 fällt.26) 3.

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Sonderfälle nach § 155 Abs. 4 ZVG

Zur Rangklasse 1 gehören aber auch die Fälle des § 155 Abs. 4 ZVG, die aus dem Blick des Gesetzgebers besonders schützenswerte Ansprüche für Aufwendungen des Zwangsverwalters oder des Schuldners (§ 150b ZVG) betreffen, die im Zusammenhang mit der Verwaltung landwirtschaftlichen und dem gleichgesetzten Grundbesitzes stehen. Betroffen sind Aufwendungen und Finanzierungen für die Lieferung von „Düngemittel(n), Saatgut oder Futtermittel(n)“ (§ 155 Abs. 4 ZVG). Der Anspruch konkurriert mit dem „Früchtepfandrecht“ (siehe oben unter Rangklasse „0“) zur Sicherung von Ansprüchen im Kontext mit der Lieferung von Düngemitteln und (bestimmtem) Saatgut sowie der diesbezüglichen Kreditfinanzierung nach § 1 DüngMSaatG. Dieses Pfandrecht hat gemäß § 2 Abs. 4 DüngMSaatG den Rang vor allen anderen Pfandrechten an den Früchten der Ernte, deren Erzeugung mit den betreffenden Düngemitteln, dem Saatgut (bzw. den Krediten hierfür) ermöglicht bzw. gefördert wurde. 4.

Anspruchsinhaber des Vorzugsrechts

26

Anspruchsinhaber ist allein der Gläubiger, der Vorschüsse erbracht hat, sei es der Anordnungsgläubiger der Zwangsverwaltung oder der Beitrittsgläubiger (§ 27 ZVG). Den Anspruch verfolgt er, wenn er im Teilungsplan nicht berücksichtigt wurde, im Verfahren nach den §§ 876 ff. ZPO, d. h. im Ergebnis mit der Widerspruchsklage gemäß § 878 ZPO i. V. m. § 115 ZVG. Die Prüfung, ob der angemeldete Betrag werterhöhend war und auch entsprechend verwendet worden ist, obliegt dem Versteigerungsgericht.

27

Der in der Literatur thematisierte Vorrang früherer landschaftlicher oder ritterschaftlicher Kreditinstitute für Ausgaben derselben in der Zwangsverwaltung (§ 2 Abs. 2 EG ZVG)27) ist praktisch weggefallen.

_____________ 25) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 18 m. w. N. spricht hier nur von den effektiv gezahlten Zinsen. Da der institutionelle Gläubiger (Bank, Versicherung) sich wegen der Zwangsverwaltungsvorschüsse nicht einzelfallbezogen am Markt refinanziert, kann er solche Kosten nicht nachweisen, wenn man nicht typischerweise für kurzfristig unbesicherte Finanzierungen am Markt gezahlte Zinsen nach der Statistik der Bundesbank oder der EZB zugrunde legt. 26) Beispiel: Die Spitzenrefinanzierungsfazilität lag ab 28.8.2014 bei 0,4 Prozentpunkten, siehe unter http://www.bundesbank.de, der Zinssatz nach § 153 Abs. 3 ZVG demzufolge bei 2,25 % p. a. 27) Siehe zu der Thematik Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, § 10 Rz. 9, § 2 EG Rz. 20 f.; zur heute geringen Relevanz siehe § 13 Rz. 3 (Fn. 2) [Cranshaw].

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

5.

Durchsetzung des Anspruchs

Da der jeweilige Anspruch aus der Rangklasse 3 dem Grundbuch nicht entnommen werden kann, muss er zur Durchsetzung angemeldet werden (§ 37 Nr. 4 ZVG), soll ein Rangverlust vermieden werden (§ 110 ZVG).

28

Kann er nicht nachgewiesen werden oder gelingen Glaubhaftmachung bzw. Nachweis der Voraussetzungen nicht, so ist das Verfahren mit dem Widerspruch gegen den Teilungsplan und die Widerspruchsklage fortzusetzen (siehe oben).

29

V. Die Rangklasse 1a – eine eher seltene Konstellation im Insolvenzverfahren 1.

Insolvenzverwalterversteigerung versus freihändige Verwertung durch Verkauf sowie Option der Masse auf einen Gläubigerbeitrag in der Zwangsversteigerung

Im Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter zur Verwertung nur durch Insolvenzverwalterversteigerung befugt. Will er „freihändig“ verkaufen, benötigt er die Zustimmung jedes der im Grundbuch eingetragenen Rechtsinhabers, will er lastenfrei veräußern (dies gilt insbesondere für die Lastenfreiheit von Grundpfandrechten). In der Rechtsprechung wird bei evidenter Wertlosigkeit eines nachrangigen Grundpfandrechts die Pflicht des Gläubigers zur Erteilung einer Löschungsbewilligung ohne Entgelt (sog. „Lästigkeitsprämie“) aus dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) abgeleitet (u. a. OLG Nürnberg, ZInsO 2014, 93). Zu weiteren Einzelheiten dazu vgl. § 15 Rz. 16 (Fn. 16) [Cranshaw].

30

Wird eine Immobilie, ein grundstücksgleiches Recht oder ein anderer Gegenstand, der der Vollstreckung nach dem ZVG unterliegt, versteigert, besteht anders als bei den beweglichen Gegenständen (zum Begriff vgl. § 166 InsO) kein Anspruch der Masse auf einen Gläubigerbeitrag, wie diesen die §§ 170 f. InsO vorsehen. Wird eine Immobilie freihändig veräußert, erhalten die Insolvenzverwalter für die Masse im Allgemeinen einen Betrag, der frei ausgehandelt wird, also durch rechtsgeschäftlichen Vertrag begründet wird und der einer Maklerprovision wirtschaftlich vergleichbar ist.

31

Kommt es zur Zwangsversteigerung, sei es auf Gläubigerantrag oder zur Insolvenzverwalterversteigerung, hat das Gesetz für die Masse eine gewisse Option für einen Gläubigerbeitrag eröffnet, die sich ausschließlich an der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG zeigt. Der Beitrag (für die Feststellung) beläuft sich auf 4 % des festgesetzten Wertes der beweglichen Gegenstände (§ 74a Abs. 5 Satz 2 ZVG),28) auf die sich die Versteigerung erstreckt. Der tatsächlich erzielte Erlös spielt demzufolge keine Rolle. Wie stets ist das Problem, welche Gegenstände unter den Begriff des Zubehörs fallen. Ob eine bewegliche Sache Zubehöreigenschaft hat, ist von der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Klagewege zu klären.29)

32

_____________ 28) Der Betrag ist nicht umsatzsteuerpflichtig, dazu BFH, Urt. v. 28.7.2011 – V R 28/09, ZfIR2012, 28 ff.= ZIP 2011, 1023 ff. = ZInsO 2011, 1904 ff., Rz. 28 zu § 170 Abs. 2 InsO; die Kosten der Feststellung sind danach kein Entgelt im Unterschied zu den Verwertungskosten bei der Verwertung von beweglichen Gegenständen; für die Pauschale des § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG ist die ratio legis dieselbe wie bei § 170 Abs. 2, 171 Abs. 1 InsO, vgl. den jeweiligen Wortlaut. 29) Löhnig/Steffen, ZVG, § 74a Rz. 7 m. w. N.

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§ 10 33

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Den Anspruch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG hat der Insolvenzverwalter für die Masse aber nur dann, wenn es sich um Zubehörstücke handelt (im Ergebnis aber auch dann, wenn fremde Zubehörstücke versteigert werden, die in die Versteigerung und in die Verkehrswertfestsetzung eingeflossen sind, vgl. § 55 Abs. 2 ZVG) und diese wirklich versteigert werden. Wird der betroffene Gegenstand von der Zubehörhaftung frei (§§ 1121 f. BGB) oder waren die Zubehörstücke – weil sonderrechtsfähig – sicherungsübereignet und werden sie im Einklang mit den §§ 1120 f. BGB nach Maßgabe der §§ 166 ff. InsO vom Insolvenzverwalter verwertet, erhält die Masse zwar aus dem Versteigerungsverfahren nichts, aber eben die (meist höheren) Gläubigerbeiträge nach §§ 170 f. InsO aus dem tatsächlich erzielten Erlös. 2.

Zusammenwirken der §§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, 174, 174a ZVG und Eigenverwaltung

a) Erleichterung der Versteigerung 34

Zur Erleichterung der Versteigerung im eröffneten Insolvenzverfahren wird § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG durch die Bestimmungen der §§ 174, 174a ZVG flankiert. Nach § 174a ZVG kann der Insolvenzverwalter verlangen, dass (bis zum Schluss des jeweiligen Versteigerungstermins) in das geringste Gebot nur diejenigen Rechte eingestellt werden, die den Ansprüchen aus § 10 Abs. 1Nr. 1a ZVG vorgehen.30) Dasselbe Recht hat nach § 174 ZVG ein Gläubiger, der eine persönliche Forderung hat, für die ihm ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zusteht. Für ihn besteht allerdings die Einschränkung, dass das Befriedigungsrecht aus dem Grundstück, d. h. das Absonderungsrecht des Gläubigers gemäß § 49 InsO, vom Insolvenzverwalter anerkannt ist. Dieses Kriterium befindet sich bereits in der frühen Fassung des ZVG, die Norm ist nur terminologisch auf das Insolvenzverfahren und die dortige Begrifflichkeit umgestellt worden. Eine stillschweigende Anerkennung genügt nach den Motiven des ZVG und der frühen Kommentarliteratur.31) Den Nachweis hat der hierfür beweispflichtige Gläubiger geführt, wenn er seine persönliche Forderung zur Insolvenztabelle anmeldet (§ 174 ff. InsO) und diese für den Ausfall (vgl. § 52 InsO) anerkannt ist, wenn der Gläubiger (pflichtgemäß) außer seiner Forderungsanmeldung zudem sein Absonderungsrecht gemäß § 28 Abs. 2 InsO bekanntgegeben hat.32) In diesem Fall ist sogar eine ausdrückliche und nicht nur konkludente Anerkennung i. S. d. § 174a ZVG zu bejahen.

35

Ohne einen der Anträge nach den §§ 174, 174a ZVG wären bei der allein vom Insolvenzverwalter betriebenen Versteigerung die Rechte aller Rangklassen des § 10 Abs. 1 ZVG Teil des geringsten Gebots mit dem Risiko, dass in der Praxis ein klares Versteigerungshindernis entstehen kann, da Bietinteressenten zurückhaltend _____________ 30) Kritisch zu dieser Norm als „grundlegend verfehlt“, weil nicht wirklich der Realisierung der Feststellungskosten der Rangklasse 1 dienend und weil sie den Realkredit gefährde, Stöber, ZVG, § 174a Rz. 2.6, 3.1 und Stöber, NJW 2000, 3600 ff.; kritisch – obiter – auch OLG Nürnberg, Urt. v. 19.11.2013 – 4 U 994/13, ZInsO 2014, 93 ff., 95 f. unter II 2c) bb) (2) cc) der Entscheidungsgründe; Verpflichtung des nachrangigen Gläubigers zur Erteilung einer Löschungsbewilligung, um den freihändigen Verkauf zu ermöglichen, wenn das Recht dieses Gläubigers offensichtlich wirtschaftlich wertlos ist. 31) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 174 Rz. 5. 32) Siehe HK-InsO/Kirchhof, § 28 Rz. 1, 8 ff.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

bei der Gebotsabgabe sein werden. Ob der Gläubigerantrag sachdienlich ist, hängt wiederum von dessen Rangposition ab. b) Ablösung des Anspruchs der Masse In der Insolvenzverwalterversteigerung kann den Gläubigern als Folge des Antrags nach § 174a ZVG der Verlust ihrer Rechte drohen (§§ 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG), einem Risiko, dem sie durch Ablösung des Anspruchs aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG begegnen können mit der weiteren Folge, dass das Vorrecht des Insolvenzverwalters auf sie übergeht (§ 268 BGB analog).33)

36

c) Sonderfälle: Eigenverwaltung und Verbraucherinsolvenzverfahren Wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung geführt (§§ 270 ff. InsO), die nach Inkrafttreten des ESUG erheblich größere Bedeutung erlangt hat, dürfte dem Schuldner die Befugnis zur Versteigerung anstelle des Insolvenzverwalters im Einvernehmen mit dem Sachwalter zustehen, § 282 InsO analog i. V. m. dem Gedanken aus § 165 InsO. Diese Möglichkeit entspricht der Zielsetzung des Gesetzgebers, die Eigenverwaltung zu fördern, in der es möglicherweise wie im Regelinsolvenzverfahren mit Insolvenzverwalter nötig werden kann, ein Grundstück der Masse zu verwerten, notfalls durch Versteigerung. Der in der Literatur vertretenen (und mit dem Wortlaut des § 282 Satz 2 InsO übereinstimmenden) Auffassung, im Eigenverwaltungsverfahren bestehe kein Kostenersatzanspruch (auf die Feststellungskosten),34) ist angesichts des Wortlauts der Norm zur Rangklasse 1a („…wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist.“) zu folgen.

37

Die von Löhnig/Fischinger zutreffend erörterte Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG in den Fällen des Vereinfachten Insolvenzverfahrens35) ist ab 1.7.2014 mit der Aufhebung des Vereinfachten Insolvenzverfahrens durch die 2. Stufe der Insolvenzrechtsreform für Neufälle gegenstandslos.36)

38

VI. Rangklasse 2 – Schutz der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Wohngeldausfällen – und altrechtliche Fälle der Rangklasse 2 nach Landesrecht37) 1.

Gesetzeslage nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG und Inkrafttreten

Die Rangklasse 2 hat erst durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.200738) sowie das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes v. 7.7.200939) die derzeitige Fassung erhalten, 2007 wurde auch § 10 Abs. 3 ZVG angefügt. Wie stets sind alle Formen des Eigentums unter dem WEG erfasst, also Wohnungseigentum, Teileigentum (§ 1 Abs. 6 WEG) und Wohnungs- bzw. Teilerbbaurecht (§ 30 WEG). _____________ 33) Siehe die Regierungsbegründung zu § 174a ZVG in Art. 20 Nr. 8 EG InsO, BT-Drucks. 12/3803 v. 24.11.1992, S. 69. 34) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 33, Eickmann, ZfIR 1999, 81 ff., 84. 35) Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 33. 36) Art 1 Nrn. 37 – 39 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, BGBl. 2013 I, 2379 ff. sowie Art. 6 Nr. 2 desselben Gesetzes (= Art. 103h EG InsO). 37) Siehe auch Rz. 55. 38) BGBl. I 2007, 370 ff. 39) BGBl. I 2009, 1707 ff.

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Die frühere Fassung der Rangklasse 2, die Entgeltansprüche von Dienstnehmern bzw. Arbeitnehmern zum Gegenstand hatte, die in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Nebengewerbe dazu beschäftigt sind, wurde fallen gelassen, da man sie angesichts der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse mit der Änderung der rechtlichen und sozialen Situation seit dem Inkrafttreten des ZVG zu Recht nicht mehr als zeitgerecht betrachtete.40)

41

Die Neuregelung ist am 1.7.2007 in Kraft getreten; sie gilt nur für die ab diesem Zeitpunkt anhängig gewordenen „Neufälle“, vgl. § 62 Abs. 1 WEG.41) Ein Konflikt, der sich in diesem Zusammenhang auf der Zeitachse erledigt, tritt dann auf, wenn die Versteigerung vor diesem Termin für einen anderen Gläubiger angeordnet wurde, die Eigentümergemeinschaft nach dem 1.7.2007 den Beitrittsantrag (§ 27 ZVG) stellte und die Rangklasse 2 für ihre Ansprüche beanspruchte. Der BGH hat dazu zu Recht judiziert, trotz der Selbstständigkeit des Verfahrens jeden betreibenden Gläubigers sei das Versteigerungsverfahren doch insgesamt einheitlich und (nur) in seinem Rahmen liefen die Verfahren der einzelnen Gläubiger parallel zueinander. Jede andere Sichtweise führe zu Komplikationen beim geringsten Gebot und bei der Aufstellung des Teilungsplans.42) Die Wohnungseigentümergemeinschaft blieb in dem zu V ZB 123/07 entschiedenen Fall daher auf die Rangklasse 5 beschränkt. Die von Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer43) bejahte Frage, ob in einem nach dem 1.7.2007 eingeleiteten Versteigerungsverfahren auch vor diesem Zeitpunkt fällig gewordene Wohngeldansprüche in die Rangklasse 2 fallen, dürfte ebenfalls durch Zeitablauf weitgehend erledigt sein. 2.

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Gesetzeszweck und Abwägungen

Der Gesetzgeber hat die als unbefriedigend empfundene Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft lösen wollen, die von ihren in der Vollstreckung befindlichen Miteigentümern keine Zahlungen auf das Wohngeld erhält und nach früherem Recht auch kaum eine Chance hatte, diese Ansprüche in der Zwangsversteigerung durchzusetzen, da die Forderung vor der Gesetzesänderung eben nur „nachrangig geltend gemacht werden“ konnte (d. h. als persönliche Forderung in Rangklasse 5). Der Erwerber haftete nach höchstrichterlicher Rechtsprechung schuldrechtlich nicht für die Rückstände.44) Allerdings werden durch die geänderte Rangklasse 2 ebenfalls Ansprüche privilegiert, die nicht aus dem Grundbuch erkennbar sind. Den finanzierenden Kreditinstituten sei dies jedoch aufgrund ihrer besseren Informationsmöglichkeiten und ihrer „breiteren Risikostreuung“ als dies bei den Wohnungs_____________ 40) Vgl. zur Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes die BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 44; zur letzten Fassung der alten Rangklasse 2 siehe die Kommentierung bei Stöber, ZVG, 18. Aufl., 2006, § 10 Rz. 4 f. 41) Dazu Palandt/Bassenge, BGB, § 62 WEG Rz. 1. 42) BGH, Beschl. v. 21.2.2008 – V ZB 123/07, Rpfleger 2008, 321 = NJW 2008, 1383; zustimmend Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 44. 43) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 25 m. w. N. 44) BGH, Beschl. v. 24.2.1994 – V ZB 43/93, juris Rz. 19 = NJW 1994, 2950 f. m. w. N., st. Rspr. (Haftung des Erwerbers bei rechtsgeschäftlichem Erwerb und entsprechender Regelung in der Teilungserklärung); anders in der Zwangsversteigerung, siehe auch BGH, Beschl. v. 13.10.1983 – VII ZB 4/83, BGHZ 88, 302 ff.

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eigentümergemeinschaften der Fall sei, zumutbar.45) Flankiert wird die Norm durch § 45 Abs. 3 ZVG zum geringsten Gebot, wonach die Wohnungseigentümer ihre Ansprüche bei der Anmeldung im Einzelnen glaubhaft machen müssen.46) In der Zwangsverwaltung regelt § 156 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZVG die notwendigen Anpassungen.47) Die Ansprüche der Wohnungseigentümer auf das laufende Wohngeld („Hausgeld“, vgl. § 16 WEG), Vorschüsse auf den beschlossenen Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 2 WEG), die Instandhaltungsrücklage (§ 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) oder Sonderumlagen sowie entsprechende Regressansprüche eines einzelnen Eigentümers in diesem Kontext werden im Umfang des (begrenzten) Vorrechts der Rangklasse 2 gesichert.48) Die Finanzierungsinstitute haben ihrerseits ein Interesse an der Erhaltung des in der Versteigerung befindlichen Wohnungs- oder Teileigentums, wofür u. a. wiederum die Zahlung der laufenden Wohngelder und der weiteren vorrangig zu befriedigenden Beträge wesentlich ist. Die Beschränkung auf die laufenden Beträge und die Rückstände aus dem Jahr der Beschlagnahme und der letzten beiden Jahre davor sowie die Deckelung auf 5 % des gerichtlich festgesetzten Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts (siehe nachfolgend unter Rz. 52) ist unproblematisch, wenn man allein an die Schwankungsbreiten von Verkehrswertfestsetzungen und das Bieterverhalten in Relation zum festgesetzten Verkehrswert denkt. 3.

Voraussetzungen der Zuordnung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Rangklasse 2 sowie die rechtliche Struktur des Anspruchs

a) Dinglicher Charakter des Anspruchs der Gemeinschaft aus Rangklasse 2? Der BGH hat sich u. a. mit der Frage befasst, wie sich die Rangklasse 2 auf den freihändigen Verkauf von Wohnungseigentum vom Insolvenzverwalter auswirkt.49) Die gegen den Käufer gerichtete Klage auf Ausgleich der Rückstände des Insolvenzschuldners hatte die Rechtsaufassung vertreten, der Erwerber hafte mit dem Wohnungseigentum für die Rückstände, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG generiere ein dingliches Recht am Wohnungseigentum.50) Nach dieser Meinung entsteht eine _____________ 45) Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfes, BT-Drucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 43 – 45 und 72; zur endgültigen Fassung siehe auch die BT-Drucks. 16/3843 v. 13.12.2006, S. 15 – 17, 28 f. und die BR-Drucks. 47/07 v. 26.1.2007, S. 9. 46) Siehe im Einzelnen § 45 Rz. 18 [Bachmann]; zur Begründung des Gesetzes siehe BTDrucks. 16/887, S. 46 f. 47) Vgl. insbesondere die Begründung in der BT-Drucks. 16/887, S. 47 f. sowie § 156 [Depré]. 48) Siehe die Regierungsbegründung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, BT-Drucks. 16/887, S. 44 f. Die Regressansprüche umfassen nach der zutreffenden Würdigung der Gesetzesbegründung Fälle, in denen mangels bindenden Mehrheitsbeschlusses oder Verwalterbestellung einer der Eigentümer (notgedrungen) vorleistet und seine Aufwendungen quotal gegen die anderen Miteigentümer nach § 16 WEG verfolgt; siehe dazu die in der Begründung auch zitierte Entscheidung des vormaligen BayObLG, Beschl. v. 20.3.2002 – 2Z BR 84/01, ZfIR 2002, 554 ff. = ZWE 2002, 357. Der typische Fall ist die handlungsunfähige zerstrittene Zweiergemeinschaft. 49) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, juris = ZfIR 2013, 806 ff. = ZIP 2013, 2122 ff. = NJW 2013, 3515 ff.; zu den Folgen der Insolvenz vgl. auch nachfolgend Rz. 51. 50) Siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 21.1 m. w. N. aus Literatur und Judikatur, vom BGH in der Entscheidung V ZR 209/12 v. 13.9.2013, juris Rz. 5 m. w. N. = Rpfleger 2014, 31 ff., als „weit überwiegende Ansicht“ bezeichnet.

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dingliche Haftung außerhalb des Grundbuchs, die den Eigentümer zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet. Die bisherige Judikatur des Senats hatte dieser Auffassung Auftrieb gegeben, denn für das Insolvenzverfahren ist geklärt (siehe Rz. 51), dass der Eigentümergemeinschaft ein Absonderungsrecht zur Seite steht und zwar als Folge des Verweises in § 49 InsO auf das ZVG (also auch auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG). Entgegen anderen Stimmen in der Rechtsprechung vertritt der BGH nunmehr in der Entscheidung vom September 2013 den Standpunkt, es handele sich bei den unter die Rangklasse 2 zu subsumierenden Ansprüchen der insoweit rechtsfähigen (und aktivlegitimierten) Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 Abs. 6 und Abs. 7 WEG) um einen allerdings privilegierten „schuldrechtlichen Anspruch“. Ein „neues dingliches Recht“ sei nicht begründet worden.51) Ein Duldungsanspruch der Gemeinschaft gegen den Erwerber, die Zwangsvollstreckung zu dulden, besteht daher nicht.52) Die in der Literatur vertretene Meinung vom dinglichen Charakter der Ansprüche der Rangklasse 2 ist als Folge der BGH-Judikatur überholt.53) Gegenüber einer Auflassungsvormerkung ist der Anspruch der Gemeinschaft in Rangklasse 2 nach jüngster Judikatur des BGH stets vorrangig. Sie ist im geringsten Gebot nicht zu berücksichtigen und erlischt aus dem Blick des Senats mit dem Zuschlag. Erfolgt noch während des Verfahrens, also nach der Beschlagnahme, die Eigentumsumschreibung auf den vormerkungsberechtigten Erwerber, wird das Verfahren fortgesetzt und nicht etwa nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG eingestellt, wie der BGH zudem judiziert hat. Grund ist die Zugehörigkeit der Auflassungsvormerkung zur Rangklasse 4, diejenige des Anspruchs der Gemeinschaft zur Rangklasse 2, nicht ein dinglicher Charakter des Anspruchs.54) b) Zu den Voraussetzungen der Subsumtion der Ansprüche der Gemeinschaft unter die Rangklasse 2 und ihrer Durchsetzung im Verfahren 44

Die Voraussetzungen der Subsumtion der Forderungen der Eigentümergemeinschaft unter die Rangklasse 2 regelt § 10 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2, 3 ZVG. Die Sätze 4 und 5 befassen sich mit der verfahrensrechtlichen Durchsetzung.

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Satz 2 beschreibt eine zeitliche Schranke: Die laufenden Beträge werden ohne zeitliche Schranke geschuldet, die rückständigen hingegen nur „aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren“. Die zeitliche Abgrenzung der laufenden von den rückständigen Beträgen wird nach den Grundsätzen des § 13 ZVG vorgenommen.55) Zugleich steht damit fest, dass Beträge dann „laufend“ sind, wenn sie entweder nach der Beschlagnahme fällig geworden sind oder wenn es sich um den letzten vor der Beschlagnahme fällig gewordenen Betrag handelt, § 13 Abs. 1 Satz 1 _____________ 51) BGH, IX ZR 209/12, juris Rz. 8 ff.; nur im Insolvenzverfahren bleibt es infolge des § 49 InsO bei einem Absonderungsrecht; a. A. noch LG Heilbronn, Beschl. v. 21.12.2012 – 1 T 231/12, ZfIR 2012, 111 ff. bzw. das ältere Urteil des LG Berlin v. 28.9.2010 – 55 S 87/10 WEG, juris Rz. 28 ff., 32 ff. (u. a. zu § 10 Abs. 3 ZVG). 52) BGH, IX ZR 209/12, juris Rz. 2, 4. 53) Siehe den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 19 m. w. N. aus Literatur und instanzgerichtlicher Rechtsprechung bis dahin. 54) BGH, Beschl. v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, juris Rz. 12, 14 – 19, 23 = ZInsO 2014, 1573 ff. = NJW 2014, 2445 ff. 55) BT-Drucks. 16/887, S. 45; BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZfIR 2012, 825 ff., Rz. 31 = ZIP 2011, 1723 ff. = ZInsO 2011, 1649 ff.; siehe auch § 13 Rz. 31 ff. [Cranshaw].

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ZVG. Früher fällig gewordene Beträge sind Rückstände, § 13 Abs. 1 Satz 2 ZVG. „Jahr“ i. S. d. Rangklasse 2 meint das Kalenderjahr (siehe § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG). Der Beschlagnahmezeitpunkt folgt aus § 22 Abs. 1 ZVG,56) im Falle des Beitritts i. V. m. § 27 Abs. 2 ZVG. Der jeweilige Anspruch der Gemeinschaft entsteht entweder als unmittelbare Folge der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung (vgl. §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 3 WEG) oder infolge eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümerversammlung (§§ 10 Abs. 4, 23, 28 Abs. 1 – 3, 5 WEG i. V. m. § 21 Abs. 7 WEG). Dasselbe gilt für die Fälligkeit. Erfasst werden „bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Beträge“, wodurch die bevorrechtigten Forderungen sich allein auf Wohngelder des konkreten in der Versteigerung befindlichen Wohn- oder Teileigentums beziehen. Hat ein Eigentümer mehrere Einheiten in der Anlage und ist er mit den Wohngeldern bezüglich aller im Rückstand, so kann die Gemeinschaft die Versteigerung wegen des Gesamtbetrages bezüglich aller Einheiten nur in der Rangklasse 5 betreiben bzw. die Gesamtforderung in Rangklasse 5 anmelden.

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Beispiel: Der mit Wohngeldverbindlichkeiten erheblich im Rückstand befindliche Eigentümer A. ist in einer größeren Anlage Eigentümer einer Ladeneinheit „L 1“ (Rückstand: 6.000 €) im Erdgeschoss und der Wohnungen Nrn. „1.5“ (Rückstand: 2.000 €), „3.9“ (2.500 €) und „4.12.“ (3.000 €). Seine Rückstände (die bezüglich der jeweiligen Einheit in den Rahmen der Rangklasse 2 fielen) belaufen sich insgesamt auf 13.500 €. In der Rangklasse 5 kann er bei jeder der Miteigentumseinheiten einen Betrag von 13.500 € geltend machen, in der Rangklasse 2 nur den jeweiligen in Klammern angegebenen Teilbetrag. Insgesamt kann er selbstverständlich nur einmal den Gesamtbetrag realisieren.

47

Zu den Forderungen, die der Rangklasse 2 unterfallen, gehören

48



die monatlichen Vorschüsse der Wohngeldzahlungen auf den Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 1, 2 WEG) einschließlich der Dotierung der Instandhaltungsrücklage,

die etwaigen Nachzahlungsbeträge aus der Jahresabrechnung (die vom BGH sog. „Abrechnungsspitze“)57) und – Sonderumlagen einschließlich kalkulierter Ausfallanteile infolge Zahlungsunfähigkeit von Miteigentümern.58) Ein vom BGH offengelassener Meinungsunterschied geht auf die Intention des Gesetzgebers zurück, die Eigentümergemeinschaft zu veranlassen, Rückstände von Miteigentümern nicht hinzunehmen, sondern umgehend durchzusetzen, auch mit dem Ziel, die Gläubiger der weiteren Rangklassen nicht über Gebühr zu belasten.59) Aus der Formulierung „aus dem Jahr der Beschlagnahme“ in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 _____________



56) BGH, Beschl. v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, ZfIR 2010, 863 f. = Rpfleger 2011, 40 f. = NJW 2011, 528 f., Rz. 6 f. 57) BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, Rpfleger 2011, 686 ff. = ZfIR 2011, 825 ff., Rz. 10 58) Vgl. den Überblick bei Palandt/Bassenge, BGB, § 28 WEG Rz. 8 (Vorschuss), 9–12 (Jahresabrechnung), 15 f. (zur Beschlussfassung), Rz. 19 (zu den Sonderumlagen), die eine Ergänzung des Wirtschaftsplans darstellen). Zu den Sonderumlagen und dem Ausfallrisikoanteil siehe BGH, Urt. v. 13.1.2012 – V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 ff.; ZfIR 2012, 290 = JurionRS 2012, 10538, Rz. 15 m. w. N. 59) BT-Drucks. 16/887, S. 45.

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ZVG wird gefolgert, dass der Anspruch aus der Rangklasse 2 nur Rückstände erfasst, die höchstens zwei Jahre vor dem Jahr der Beschlagnahme entstanden und fällig geworden sind.60) 50

51

Genau genommen ist die Bezugnahme des Gesetzgebers auf § 13 ZVG nicht für alle erfassten Ansprüche ganz schlüssig, da es sich bei den Sonderumlagen und der Abrechnungsspitze um einmalige und nicht um wiederkehrende Leistungen handelt. Sieht man indes diese „Einmalzahlungen“ als Abänderung und „Verlängerung“ des Wirtschaftsplans an, lässt sich dennoch § 13 Abs. 1 ZVG anwenden. Die Forderung des Gesetzgebers nach möglichst schneller Geltendmachung der Ansprüche der Gemeinschaft61) steht allerdings im Einzelfall dennoch im Widerspruch zur Anwendung des § 13 ZVG, denn nach § 13 Abs. 4 ZVG ist für wiederkehrende Leistungen die erste Beschlagnahme entscheidend. Damit kann auch für lange zurückliegende Rückstände (soweit nicht verjährt) der Vorrang der Rangklasse geltend gemacht werden,62) wenn sich die Gemeinschaft bei älteren Versteigerungsverfahren mit der Anmeldung im Verfahren eines Dritten „begnügt“ und nicht selbst betreibende Gläubigerin ist oder wenn sie zunächst nur die Zwangsverwaltung betreibt (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 2 ZVG).

52

§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ZVG enthält als weitere Grenze die Beschränkung des Vorrangs auf 5 % des nach § 74a Abs. 5 ZVG rechtskräftig festgesetzten bzw. ggf. später nochmals abgeänderten Verkehrswerts des Wohnungs-/Teileigentums. Der Betrag kann im laufenden Verfahren auch nur ein einziges Mal ausgenutzt werden. Zahlungen des Eigentümers mindern den Betrag aber nicht. Ein Gläubiger späterer Rangklassen kann nach § 268 BGB das Vorzugsrecht ablösen und rückt dann in die Rechtsposition der Gemeinschaft ein. Die Gemeinschaft kann nach Ablösung dann aber nicht mehr neue Wohngeldforderungen „nachschieben“ und somit ihren Rahmen vergrößern. Die danach nicht unter die Rangklasse 2 fallenden Forderungen kann sie nur in Rangklasse 5 verfolgen.63)

53

Die Ansprüche enden am Tag vor dem Zuschlag (§ 56 Satz 1 ZVG), da am folgenden Tag Nutzen und Lasten auf den Ersteher übergehen. Im geringsten Gebot werden sie bis zu zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin angesetzt, § 47 Satz 1 ZVG.64) Ob das auch für die Abrechnungsspitzen und einmalige Umlagen wirklich zutreffend ist, die eben keine regelmäßig wiederkehrenden Leistungen darstellen (also unter § 47 Satz 2 ZVG zu subsumieren wären), mag offenbleiben.

54

Die Durchsetzung der Forderungen in der Rangklasse erfolgt durch rechtzeitige Anmeldung seitens der Gemeinschaft (§ 37 Nr. 4 ZVG, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 ZVG) _____________ 60) BGH, V ZR 129/11, Rz. 32 ff. m. w. N.; der Zeitpunkt der Beschlussfassung über „Abrechnungsspitzen“ wird dadurch relativiert. Wird im Jahr 2014 über die Abrechnung des Jahres 2011 Beschluss gefasst, wäre ein Anspruch aus dem Jahr 2011 nicht in der Rangklasse 2 zu berücksichtigen (sondern in der Rangklasse 5). Dieser Meinung zu dem zeitlichen Rahmen der Rangklasse 2 folgt u. a. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 25 mit einem ausführlichen Beispiel. 61) BT-Drucks. 16/887, S. 45. 62) So konsequent Stöber, ZVG, § 10 Rz. 4.5. 63) BGH, Beschl. v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, Ls. und Rz. 8 – 10, 11, ZfIR 2012, 755 ff. = Rpfleger 2012, 701. 64) Vgl. u. a. Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 20.

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

oder durch Betreibung der Versteigerung als Anordnungs- oder Beitrittsgläubiger (§ 27 ZVG). Die Regressansprüche „einzelner Wohnungseigentümer“, die Wohngelder anstelle der Gemeinschaft individuell bevorschusst haben (siehe oben), werden von diesen angemeldet oder durch Beitreibung verfolgt, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 5 ZVG. 4.

Forderungen der Rangklasse 2 nach landesrechtlichen Besonderheiten

Als Folge des § 2 EG ZVG können weiterhin landesrechtliche Vorbehalte aufrechterhalten bleiben, soweit sie das EG BGB ebenfalls zulässt. Diese Vorbehalte ermöglichen es den Ländern, aus deren Sicht gebotene Strukturen im vorgegebenen Rahmen zu gestalten. Im hier interessierenden Zusammenhang ist Art. 67 EG BGB zum Bergrecht von Bedeutung, soweit nicht das Bundesberggesetz einschlägig ist. Daraus resultieren auch Vorrechte i. S. d. § 10 ZVG. Ansonsten wird auf eine Darstellung von landesrechtlichen Einzelheiten in den Rangklassen mit Ausnahme der folgenden Beispiele unter Rz. 56 bzw. nachfolgend unter Rz. 57 (zur Rangklasse 3) im Wesentlichen verzichtet.65)

55

Im Einzelnen nach Bundesländern:

56



Bayern: Nach Art. 55 Abs. 5 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes (AG GVG) sind auf Bergwerke und unbewegliche Kuxe, die bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes (13.8.1980) begründet waren, bis zu deren Erlöschen bzw. der Aufhebung noch Regelungen des vormaligen bayerischen Ausführungsgesetzes zur Grundbuchordnung und zum ZVG mit dortigen Vorrechten in den Rangklassen 2 und 3 des ZVG weiter anzuwenden.66)



Hessen: Das Hessische Ausführungsgesetz zur Zivilprozessordnung und zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung ordnet in Art. 12 die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer im Bergbau für das laufende und die Rückstände für das letzte Jahr vor der Beschlagnahme der Rangklasse 2 zu.67), 68)



Saarland: Das früher stark durch den Bergbau geprägte Saarland hat eine entsprechende Regelung wie Hessen aufrechterhalten (§ 47 Gesetz zur Ausführung bundesrechtlicher Justizgesetze).69)

_____________ 65) Vgl. den Überblick bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 59 sowie die Darstellung zu § 2 EG ZVG bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, hier zu § 2 EG Rz. 5. 66) AG GVG (Bayern), BayRS IV S. 483 (Stand: 24.6.2013), verfügbar über http:// www.gesetze-bayern.de (Stand: 22.1.2014). 67) ZPOAG HE 1960 Gesetz v. 20.12.1960, GVBl. 1960, 238, Gliederungs-Nr.: 210 – 15, verfügbar über http://www.rv.hessenrecht.hessen.de (Stand: 22.1.2014). 68) Dieser und vergleichbarer Regelungen bedarf es eigentlich nicht mehr, unabhängig davon, dass der Bergbau mehr als den Abbau von Kohle bedeutet. Vielmehr dürften die Arbeitnehmer eher durch das Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III) oder durch das Entstehen von Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) für die laufenden Entgeltansprüche gegenüber dem insolventen Arbeitgebers nach Insolvenzeröffnung geschützt sein als durch eine Rangklasse 2 als Ergebnis eines im Vergleich schwerfälligeren Immobiliarvollstreckungsverfahrens. 69) AGJusG (Saarland) v. 5.2.1997, ABl. 1997, S. 258 bis zum Gesetz v. 11.1.2011, Amtsbl. I, S. 64, verfügbar über http://www.sl.juris.de (Stand: 21.1.2014). Das Gesetz ist befristet bis zum 31.12.2015.

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VII. Die Rangklasse 3 – bevorrechtigte öffentliche Lasten zugunsten des Bundes- und Landesfiskus bzw. der Kommunen 1.

Überblick

a) Kein einheitlicher Begriff der dinglich wirkenden öffentlichen Last 57

In der vorrangigen Rangklasse 3 werden öffentlich-rechtliche Forderungen befriedigt, die auf dem Grundbesitz ruhen und jeden Eigentümer treffen. Die Rechtsgrundlagen sind bundes- und landesrechtlicher Natur und in ihrem Charakter ganz unterschiedlich. Eine übergreifende Definition der „öffentlichen Last“ gibt es nicht. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG stellt keine Definition dar,70) die Norm enthält vielmehr nur eine Aussage darüber, welche Teilansprüche im Zusammenhang mit dem jeweiligen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der nach anderen Bestimmungen öffentliche Last ist, vorrangig befriedigt werden. Weder das Bundes- noch das Landesrecht enthalten eine solche Legaldefinition, vielmehr besteht insoweit ein der Rechtssicherheit nicht förderlicher „Flickenteppich“ in einer Fülle von Einzelgesetzen. Teilweise sind sie als Folge von Verweisungen abhängig von kommunalen Satzungen. Die Ausgangslage ist nicht sehr viel anders als sie in den Motiven beim Erlass des ZVG beschrieben worden ist; als Folge der Vielgestaltigkeit der Problematik wollte das damalige Reichsrecht die Definition des Begriffs der öffentlichen Last dem Recht der Länder überlassen.71) Das ist heute kaum anders. Zu beachten ist freilich der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Gemeinsames Merkmal bleibt die Schaffung eines Fiskalvorrechts, das als dinglich wirkendes Absonderungsrecht (vgl. § 49 InsO) sogar über die insolvenzrechtlichen Fiskalvorrechte, die als Masseverbindlichkeit konzipiert sind, hinausreichen (vgl. § 55 Abs. 4 InsO).72) Der Anspruch muss eine Geldleistung zum Gegenstand haben; unbeachtlich bleibt, ob sie einmalig oder wiederkehrend ist.

_____________ 70) So auch BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696 ff. m. Anm. Traub, ZfIR 2010, 699 ff. 71) Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 10 Rz. 14, S. 58 zitiert aus den Motiven u. a. wie folgt: “[…] Bei der Vielgestaltigkeit der öffentlichen Abgaben und Lasten und bei dem Mangel allgemein anerkannter Kategorien und bezeichnender Merkmale ist die Reichsgesetzgebung nicht in der Lage, eine Bestimmung darüber zu treffen, welche Lasten und Abgaben i. S. d. Vorschrift zu den öffentl. zu rechnen sind. Diese Bestimmung hängt so eng mit dem öffentl. Rechte der einzelnen Bundestaaten zusammen, dass sie sachgemäß nur von der Landesgesetzgebung ausgehen kann. […] Die Landesgesetzgebung kann die ihr vorbehaltene Bestimmung bezüglich der Abgaben in der Weise treffen, daß sie dieselben schlechthin für öffentl. erklärt. […]. Ebenso verhält es sich mit der Beziehung einer Abgabe zu dem Grundstücke. […].“ Der letzte hier wiedergegebene Satz spiegelt den unverändert aktuellen Unterschied zwischen der persönlichen Haftung des schuldrechtlich Verpflichteten und der dinglichen Haftung des Grundstücks wider, die keineswegs identisch sind; die dingliche Haftung benötigt eine eigenständige gesetzliche Grundlage. Von den im sachlichen Kontext eher gering erscheinenden zeithistorischen Bezügen und der verfassungsrechtlichen Entwicklung abgesehen, u. a. zur Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen und zur Verhältnismäßigkeit, ist dem wenig hinzuzufügen. 72) Auf diese „heimlichen Absonderungsrechte“ weist Fischer, ZfIR 2012, 489 ff., 493, auch unter Verwendung dieser Begrifflichkeit, zu Recht hin.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

b) Ratio legis, Folgen der Rangklasse 3 und das Verhältnis der Gläubiger der Rangklasse untereinander Die ratio legis der Rangklasse 3 ist die bewusste Wertung, angesichts der ohnehin bestehenden Befriedigungsreihenfolge, in § 10 ZVG den schuldrechtlichen Forderungen des Fiskus eine vordere Rangstelle einzuräumen und eine verdinglichte Rechtsposition außerhalb des Grundbuchs zu generieren (vgl. § 54 GBO, wobei der Gesetzgeber nach dieser Vorschrift die Option hat, die Eintragung zu gestatten oder anzuordnen).

58

Da die öffentlichen Lasten aus dem Grundbuch nicht erkennbar sind, müssen sie gemäß § 37 Nr. 4 ZVG angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht werden (z. B. durch den Gebührenbescheid mit nachvollziehbarer Abrechnung und unter Darlegung der Rechtsgrundlagen, ggf. unter Hinweis auf geeignete Rechtsprechung). Anders ist dies, wenn aus solchen Forderungen die Versteigerung betrieben wird (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG, wobei die Ansprüche präzise darzustellen sind).

59

Allerdings können die öffentlich-rechtlichen Ansprüche, sofern sie öffentliche Last sind, durch die Versteigerung nicht ohne Weiteres abgeschüttelt werden; soweit sie die Zeit nach dem Zuschlag betreffen (vgl. § 103 BGB), bleiben sie aufrecht erhalten.

60

Für die Zeit bis zum Zuschlag erlischt die dingliche Haftung, soweit die Forderung nicht in das geringste Gebot fällt (vgl. §§ 52 Abs. 1, 44, 45 ZVG). Ein Grund dafür kann die fehlende Anmeldung nach § 37 Nr. 4 ZVG sein.73) Diese Anmeldung führt dann auch über § 110 ZVG zum Nachrang der eigentlich vorrangigen Forderung. Die öffentliche Last fällt auch dann nicht in das geringste Gebot und erlischt demgemäß gemäß § 52 ZVG, wenn es einen betreibenden Gläubiger gibt, der dem Anspruch der Rangklasse 3 vorgeht, aber auch wenn der Gläubiger der Rangklasse 3 das Verfahren selbst betreibt. Im Allgemeinen ist der betreibende Gläubiger der Rangklasse 3 „bestbetreibend“. Ausnahme ist die Zwangsversteigerung in Wohnungs- und Teileigentum aus der Rangklasse 2 in dem dortigen Umfang, auch wenn der Anspruch der Rangklasse 2 nach neuerer Meinung des BGH nicht dinglicher Natur ist.74) Die Ansprüche aus den Rangklassen 1 und 1a75) sollen der Natur der Sache nach nicht die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz ermöglichen. Im Hinblick auf die Rangklasse 1a, die in praxi wiederum kaum eine bedeutende Rolle spielt, ist diese rechtliche Beurteilung zwar richtig. Sie geht aber an der Sache vorbei, wenn der Insolvenzverwalter nach § 174a ZVG vorgeht (siehe vorstehend unter Rz. 34 f.) und damit ein abweichendes geringstes Gebot erreicht; so kann er auch vorgehen, wenn es ihm allein darum geht, den Anspruch aus der

61

_____________ 73) Siehe dazu für die erst nach dem Zuschlag für den Zeitraum davor festgesetzte Grundsteuer BVerwG, Urt. v. 7.9.1984 – 8 C 30/82, NJW 1985, 756 f. 74) BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, juris Ls. und Rz. 4, 8 ff. (freihändige Veräußerung im Insolvenzverfahren). 75) Zu Rangklasse 1 vgl. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 11, zu Rangklasse 1a vgl. Rellermeyer, a. a. O., § 10 Rz. 18 m. w. N. auch zu Gegenstimmen. Bezüglich der Rangklasse 1 verweist Rellermeyer „Bei Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen…“ auf die Rangklasse 5, eine für die dem Anwendungsbereich der Rangklasse 1 unterfallende Forderung nicht zielführende Lösung.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Rangklasse 1a zu befriedigen, weil er sonst als Folge der Belastungen in den anderen Rangklassen keinen Beitrag für die Insolvenzmasse aus der Verwertung der Immobilie erwarten darf.76) Damit erlöschen die Ansprüche aus der Rangklasse 3 und werden nicht Teil des geringsten Gebots. Anders bei freihändiger Veräußerung. 62

Unbeachtlich ist, wenn mehrere Gläubiger aus der Rangklasse 3 betreibende Gläubiger sind, da unter ihnen insoweit Gleichrang besteht. c) Keine generelle Verlautbarung der öffentlichen Last im Grundbuch und Sicherungsmöglichkeiten der Gläubiger der Rangklasse 3 im Grundbuch

63

Von der nur ausnahmsweise bestehenden Möglichkeit der Verlautbarung einer öffentlichen Last im Grundbuch (§ 54 GBO)77) hat der Bundesgesetzgeber durch den Bodenschutzlastvermerk Gebrauch gemacht (§ 25 Abs. 6 BBodSchG, § 93b GBV).78) Generell sind ausnahmsweise zur Eintragung vorgesehene öffentliche Lasten in Abt. II des Grundbuchs eingetragen (§ 93a GBV).

64

§ 54 GBO ist nicht analogiefähig (und daher z. B. nicht auf titulierte Hausgeldforderungen der Rangklasse 2 anzuwenden, wenn eine Zwangshypothek wegen solcher Forderungen unbedingt und nicht nur aufschiebend bedingt auf den Wegfall des Vorrechts eingetragen werden soll).79) Eine Sicherung der unter Rangklasse 3 zu subsumierenden Ansprüche durch eine Zwangshypothek, aus der dann nur nach Rangklasse 5 betrieben werden könnte, ist sinnwidrig. Dennoch kann der Anspruch grundpfandrechtlich besichert werden, beispielsweise an einem anderen Grundstück des Abgaben-, Gebühren bzw. Beitragsschuldners. Ferner ist es möglich, eine durch den Wegfall des Vorrechts der Rangklasse aufschiebend bedingte Sicherungshypothek einzutragen. Für Geldforderungen, auf die die Abgabenordnung anwendbar ist, gleich, ob unmittelbar oder durch Verweisung in dem die öffentliche Last begründenden Regelwerk, folgt diese Möglichkeit aus § 322 Abs. 5 AO. Auch sonst spricht gegen diese Möglichkeit jedenfalls nicht § 54 GBO.80) Die Eintragung des Sicherungsrechts soll Rangverluste verhindern, wenn die Fristen der Rangklasse 3 nicht eingehalten werden können und der Anspruch verjähren oder bezüglich älterer Rückstände in die Rangklasse 7 fallen würde. Das OLG Dresden weist in der zitierten Entscheidung zu 17 W 1165/10 ferner darauf hin, dass typischer und verbreiteter Fall des Anwendungsbereiches des § 322 Abs. 5 AO die öffentlichen Lasten nach den Kommunalabgabengesetzen der Länder sind. _____________ 76) Diese Auffassung stützt der Beschl. des BGH v. 26.4.2012 – V ZB 181/11, ZIP 2012, 1426 ff. = Rpfleger 2012, 644 = ZInsO 2013, 256 ff., Rz. 17 f.; Voraussetzung ist, dass Feststellungskosten überhaupt anfallen können. 77) Vgl. zu § 54 GBO BGH Beschl. v. 4.1.1955 – V ZB 7/53, BGHZ 16, 101 ff., 103, zur (weil öffentliche Last) nicht eintragungsfähigen damaligen Hypothekengewinnabgabe nach dem heute überholten Lastenausgleichsgesetz, wenn auch § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 ZVG noch die §§ 112 Abs. 1, 113, 116 LAG erwähnt. Siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 48. 78) Verordnung über die Eintragung des Bodenschutzlastvermerks v. 18.3.1999, BGBl. I 1999, 497. 79) OLG Dresden, Beschl. v. 22.11.2010 – 17 W 1165/10, JurionRS 2010, 37631, Rz. 11. 80) Vgl. zu der Thematik OLG Dresden zu 17 W 1165/10, JurionRS 2010, 37631, Rz. 11; siehe auch die Darstellung der Verwaltungsvollstreckungsgesetze von Bund und Ländern unter § 16 Rz. 18 – 45 [Cranshaw].

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

d) Festsetzung und Durchsetzung des Anspruchs Der öffentliche Anspruchsinhaber setzt den Anspruch durch Verwaltungsakt fest und vollstreckt ihn nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts gegen den Verpflichteten. Ferner haftet ihm vorrangig die jeweils betroffene Immobilie nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG. Bei Kollision mit anderen Gläubigern ist der Konflikt prozessual im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit auszutragen. In der Praxis geht es meist um den Widerspruch gegen den Teilungsplan gemäß § 115 ZVG i. V. m. dem Vorgehen gemäß §§ 876 ff. ZPO, d. h. die Teilungsklage der §§ 878 ff. ZPO.

65

Besteht ein entsprechendes dingliches Recht, kann der Gläubiger aus der Rangklasse 3 aufgrund seines vollzugsfähigen Bescheides die Zwangsversteigerung bzw. die Zwangsverwaltung betreiben.

66

e) Schwerpunkt der öffentlichen Last nach Bundesrecht: Grundsteuer Einen wesentlichen Schwerpunkt der öffentlichen Lasten bildet im Bundesrecht die Grundsteuer, für die nach § 12 GrStG auf dem Grundstück als Steuergegenstand (§ 2 GrstG) eine entsprechende öffentliche Last ruht, sodass eine dingliche Haftung des Steuerobjektes und nicht nur eine persönliche Haftung des Steuerschuldners besteht. Der Eigentümer muss die Vollstreckung in den Grundbesitz dulden, §§ 77 Abs. 2 AO, 12 GrstG. Ansonsten ist die Haftung für persönliche Steuerschulden nicht generell mit einer dinglichen Haftung verbunden, die im Rahmen des ZVG zur Befriedigung des Fiskus führt. Die wichtige Einkommens- und die Körperschaftssteuer sowie die Umsatzsteuer kennen keine dingliche (pfandrechtsähnliche) Haftung, ebenso wenig sonstige personen- oder betriebsbezogene Steuern.

67

Die dingliche Haftung nach dem Grundsteuergesetz kann allerdings nicht bei freihändigem Verkauf aus der Insolvenz heraus gegen den Insolvenzverwalter am Kauferlös durchgesetzt werden. Die öffentliche Last erlischt nicht, soweit vor dem Verkauf die Steuerforderung festgesetzt wurde, fällig und vollstreckbar ist.81) Gegen den neuen Eigentümer muss der Fiskus mittels eines Duldungsbescheids vorgehen (§ 191 Abs. 1 AO).82)

68

f)

Probleme als Folge der „Rangklassenfindung“ der Kommunalabgabengesetze der Länder

Im Landesrecht bilden u. a. die Kommunalabgabengesetze der Länder (KAG) systematisch Tatbestände ab, die unter den Begriff der öffentlichen Last subsumiert werden können, soweit das Gesetz dies vorsieht. Dabei geht es nicht nur um länderspezifische Unterschiede, vielmehr hängt die Eigenschaft als öffentliche Last nicht selten davon ab, dass eine Kommune oder ein Kommunalverband eine entsprechende Satzung erlässt, die auf der gesetzlichen Grundlage des jeweiligen KAG aufbaut und die gesetzlichen Möglichkeiten ausfüllt. Ausgangspunkte sind die Gesetzgebungskompetenz der Länder, die Rechtssetzungsbefugnis der Kommunen nach Landesrecht und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. _____________ 81) BGH, Urt. v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, ZInsO 2010, 914, m. Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 13.2.1987 – 8 C 25/85, NJW 1987, 2098 ff., 2099. 82) BGH, Urt. v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, ZInsO 2010, 914, Rz. 11; siehe auch BGH, Urt. v. 11.3.2010 – IX ZR 34/09, ZInsO 2010, 764 f., Ls., vgl. Büchler, ZInsO 2011, 718 ff.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Voraussetzung ist ferner, dass die öffentliche Verwaltung selbst oder durch einen Eigenbetrieb die Infrastrukturaufgabe ausführt. Die Einschaltung einer privatrechtlichen Gesellschaft dürfte, auch als Beliehener, ausscheiden.83) Anders wohl, wenn das private Unternehmen lediglich die tatsächliche Leistung im Verhältnis zur Kommune übernimmt. 70

Im jeweils zu überprüfenden Einzelfall – nach Bundesland und kommunalem Träger – können Gegenstand öffentlicher Grundstückslasten aufgrund des jeweiligen KAG die Abgaben, Gebühren und Beiträge für die Neuinvestition, die Verbesserung, die Erweiterung oder die Erneuerung von kommunalen Infrastrukturen sein. Daneben stehen die Abgaben für den Anschluss des einzelnen Grundbesitzes an die öffentliche Versorgung (meist als Anschluss- und Benutzungszwang ausgestaltet), die Gebühren für die Benutzung der Infrastruktureinrichtung und den Bezug von Energie, Wasser oder – ggf. im weiteren Sinne – von Dienstleistungen. Die gesetzliche Grundlage muss jeweils die Grundstücksbezogenheit zum Gegenstand haben (siehe z. B. § 13 Abs. 3 KAG BW zu den grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren, die wie Anschluss- und Erschließungsbeiträge in Baden-Württemberg seit 1.7.2009 öffentliche Last sind, §§ 20 ff., 27 KAG BW). Die gesetzliche Regelung muss bestimmt sein. Die Länder können ebenso wenig wie kommunale Satzungen öffentlich-rechtliche Ansprüche beliebig zu bevorzugten grundstücksbezogenen öffentlichen Lasten heraufstufen. Verfassungsrechtlich bedenklich ist die so strukturierte Gesetzeslage aus diesseitigem Blick im Allgemeinen nicht (siehe aber nachfolgend unter Rz. 71).84) Die Ausfallrisiken der öffentlichen Gläubiger im Hinblick auf die Ansprüche gegen Eigentümer aus der Errichtung, insbesondere aber der Benutzung entsprechender kommunaler Infrastrukturen, haben offenkundig dazu geführt, dass länderübergreifend nach Vorrangregelungen zugunsten des Fiskus gesucht worden ist, wobei man bei der Rangklasse 3 und dem Immobiliarvollstreckungsverfahren fündig geworden ist. Für die Realkreditgeber ist damit allerdings eine schwer überschaubare Risikolage entstanden.

71

Systematisch muss man zwischen Ansprüchen im Zusammenhang mit der Errichtung, Erneuerung usw. der fraglichen grundstücksbezogenen Infrastrukturen (= „Beiträge“) unterscheiden, also den künftig noch zugunsten der Eigentümer wirkenden Investitionen und den verbrauchsabhängigen Nutzungsgebühren (= „Gebühren“) für den Verbrauch von Gütern und die Nutzung von Leistungen. Die auch verfassungsrechtliche Kritik in der Literatur85) richtet sich ganz wesentlich gegen die verbrauchsabhängigen Gebühren. Diese kann der Gläubiger der Rangklassen 4 und 5 allerdings nicht beurteilen und steuern.

72

Nicht anders als desaströs für diese Gläubigerklassen ist die mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nur schwer vereinbare umfassende dingliche Haftung nach dem Recht mancher Bundesländer für Benutzungsgebühren im Zusammenhang mit kommunalen Satzungen bei Wohnungseigentümergemeinschaften. Ist schon die _____________ 83) Siehe aber die in Bundesländern vorgesehene Verwaltungsvollstreckung für bestimmte Entgelte unter § 16 Rz. 18 – 23 [Cranshaw]. 84) Siehe zu verfassungsrechtlichen Bedenken Fischer, ZfIR 2011, 468 ff. 85) Vgl. dazu statt aller Fischer, ZfIR 2011; 468 ff. ders., ZfIR 2012, 489 ff.; Becker, ZfIR 2012, 403 ff.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

gesamtschuldnerische persönliche Haftung jedes einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentümers für die gesamten Beträge öffentlicher Lasten fragwürdig, so ist die dingliche Haftung jedes einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentums für die gesamten Schulden der Gemeinschaft schlechterdings entgegen der Meinung des BGH verfassungsrechtlich hochgradig bedenklich. Der Ausgleichsanspruch im Gesamtschuldverhältnis nach § 426 Abs. 1 BGB wird der Lebenswirklichkeit und den Verhältnissen nicht gerecht.86) Wirtschaftlich mag das bei geringen Rückständen an Grundsteuer oder ähnlichen Abgaben hinnehmbar sein. Stellt man sich eine gemischte Gemeinschaft aus Wohnungs- und Teileigentumseinheiten vor, so sind die potentiellen Folgen katastrophal, wenn bei enormen Rückständen aufgrund nachweislichen Verbrauchs einzelner zahlungsunfähiger Eigentümer sich der öffentliche Versorgungsträger aussuchen kann, in welches Sondereigentum welchen Eigentümers er wegen der gesamten Ansprüche vollstreckt. Als einer der möglichen Effekte kann der Grundpfandgläubiger der Rangklasse 4 vollständig ausfallen, wenn z. B. Rückstände verbrauchsabhängiger Gebühren, die praktisch vollständig und nachweisbar einer insolventen Gewerbeeinheit (Laden o. Ä.) in der Anlage zuzuordnen sind, bei einem anderen Eigentümer durchgesetzt werden sollen. Der BGH argumentiert dahingehend, seiner Struktur nach sei das Wohnungs- bzw. Teileigentum stets nur Miteigentum am Gesamtgrundstück (§ 3 Abs. 1 WEG), das für die öffentliche Last dinglich hafte. Nicht die Haftung des einzelnen Sondereigentums für die gesamte öffentliche Last sei damit zu begründen, sondern umgekehrt die nur anteilige Haftung nach dem (im Grundbuch verlautbarten) Miteigentumsanteil. Wenn die einzelnen Länder eine so weitgehende Haftung im Interesse der kommunalen Finanzen im Unterschied zu anderen Bundesländern geregelt hätten, seien die Folgen auch von den betreffenden Ländern zu verantworten.87) Die hiergegen in der Literatur erhobenen Bedenken erscheinen weniger schlüssig, wenn sie sich argumentativ nur auf die Begrenzung der Rangklasse 2 nach Bundesrecht stützen, da der Bundesgesetzgeber eine völlig andere Materie geregelt hat. Auch die Vermeidung allzu hoher Belastungen der Realkreditgeber als Zielsetzung des Bundesgesetzgebers bei der Beschränkung der Rangklasse 2 vermag nicht vollends zu überzeugen, da derselbe Bundesgesetzgeber immerhin die Rangklasse 1a geschaffen hat und die aufgrund der geänderten Wirtschaftsverhältnisse obsolete Rangklasse 2 eben zugunsten eines neuen faktisch erweiterten Regelungsinhalts abgeschafft hat. _____________ 86) Vgl. zu einem Fall der Haftung des einzelnen Wohnungseigentums für die gesamte Anlage nach WEG in Rangklasse 3 nach § 6 Abs. 5 KAG Nordrhein-Westfalen BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696 ff. m. Anm. Traub, ZfIR 2010, 699 ff. = WM 2010, 1715 ff. = JurionRS 2010, 20917. 87) BGH, IX ZR 127/09, Rz. 10, 13; die vom BGH zitierte Gesetzesbegründung, LT-Drucks. 14/4981 v. 11.9.2007, S. 73/74 belegt, dass es darum ging, das „kommunale Forderungsmanagement [zu stärken]…Die Einnahmeseite der kommunalen Haushalte [zu stabilisieren].“ Man will die Kommunen durch „dingliche Sicherungsrechte über § 10 Abs. 1 Nr. 3 [ZVG…] und Absonderung in der Insolvenz […]“ besserstellen. Die Begründung ist symptomatisch für alle Erweiterungen der öffentlichen Lasten in den letzten Jahren im kommunalen Bereich. Diese Erwägungen sind im Ergebnis identisch mit der Gesetzesänderung im baden-württembergischen KAG (§ 13 Abs. 3 KAG) zum 9.5.2009, siehe LT-Drucks. 14/4002 v. 10.2.2009, S. 70, worauf Fischer, ZfIR 2011, 468/469, zu Recht hinweist.

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§ 10 73

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Beispiele kommunaler Abgaben, die öffentliche Last sein können, sind auf dem Segment der Gebühren für die Benutzung und Entgegennahme von Lieferungen:88) –

Energieleistungen wie Strom, Gas und Fernwärme, wobei auf diesem Sektor überwiegend privatrechtliche Anbieter die Leistungen erbringen.



Frischwasserversorgung und Abwasserentsorgung (Kanalisation).



Müllentsorgung. Auch wenn sie gerade dort häufig von Privatunternehmen nach Ausschreibung durchgeführt wird, so bleibt sie doch als öffentliche Aufgabe regelmäßig bei den Kommunen oder Kommunalverbänden, um die Gebührenthematik „im Griff“ zu behalten.



Straßenreinigung.

Beispiele für Beiträge für Infrastrukturerrichtung und -erneuerung sind –

die Erschließungskosten der erstmaligen Erschließung.



die Straßenerneuerung.



alle mit Beiträgen finanzierten öffentlichen Infrastrukturen, auch wenn sie sehr spezifischen Zwecken dienen, wie der „Innovation“ von Stadtteilen oder Gewerbearealen. Abgaben-, gebühren- bzw. beitragspflichtig sind die jeweils betroffenen Eigentümer, die Erbbauberechtigten und die Wohnungs- bzw. Teileigentümer nach WEG. Auf Eigentumsformen nach Art. 233 EG BGB (siehe auch § 9a EG ZVG) wird nicht eingegangen.

2. 75

Öffentliche Lasten im Bundesrecht

Zu den öffentlichen Lasten nach Bundesrecht gehört/gehören z. B. –

die Grundsteuer (siehe unter Rz. 67 f.);



der Anspruch auf Wertausgleich nach § 25 BBodSchG, der nach Absatz 6 Satz 1 der Norm als öffentliche Last auf dem betroffenen Grundbesitz ruht (siehe unter Rz. 63);



die Zahlungspflichten von Eigentümer und Erbbauberechtigtem nach den §§ 57 ff. BauGB in Umlegungsfällen; vgl. § 64 Abs. 3 BauGB sowie die Geldleistungspflichten nach § 81 Abs. 2 Satz 2 BauGB bei der vereinfachten Umlegung. Von hoher Bedeutung ist der Erschließungsbeitrag nach den §§ 127 ff. BauGB, der ebenfalls als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht, § 134 Abs. 2 BauGB. Bei Wohnungs- und Teileigentum haftet der Miteigentümer nur anteilig. Auf die §§ 135a Abs. 3 Satz 4 BauGB (Kosten für Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz), 154 Abs. 4 BauGB (Ausgleichsbetrag im Sanierungsgebiet) und 179 Abs. 4 BauGB (Rückbau, Beseitigungskosten) ist nur am Rande hinzuweisen;89)

_____________ 88) Die Aufzählung orientiert sich an der illustrativen Darstellung des OLG Hamm v. 14.8.2013 – 11 U 27/12, JurionRS 2013, 46344. 89) Siehe im Einzelnen die jeweils spezifischen Kommentare zum BauGB sowie den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 34, 38 f., 41.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung



die Zahlungspflichten bei der Neustrukturierung landwirtschaftlichen Grundbesitzes im Rahmen der Flurbereinigung. Dazu gehört die Beitrags- und Vorschusspflicht nach § 20 Sätze 1 und 2 FlurBG, die auf den betroffenen Grundstücken anteilig lastet. Diese Norm wird in § 20 Satz 3 FlurBG auf die „Ausgleichsund Erstattungspflicht in den Fällen des § 44 Abs. 3 Satz 2, des § 50 Abs. 2 Satz 1 und des § 51 Abs. 2“ FlurBG erstreckt. Öffentliche Last sind für die betroffenen Grundstücke ferner die „gemeinschaftlichen Anlagen“ (§ 42 Abs. 3 FlurBG), die Abfindungen in Geld (vgl. § 72 Abs. 1 FlurBG) bzw. die Vorteilsausgleichungen des § 106 FlurBG;90)



die (nicht nachvollziehbare) Regelung über die Kosten der „bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeister“ nach § 20 SchfHwG.91) Die Gebühren werden für die „Feuerstättenschau“ und die weiteren Leistungen gemäß den §§ 15 ff. SchfHwG entrichtet;



die Verbandsbeiträge für die Mitgliedschaft im Wasser- und Bodenverband nach § 29 WVG.92)

3.

Öffentliche Lasten nach Landesrecht

a) Vorbemerkung Sind die bundesrechtlichen Regelwerke mit öffentlichen Lasten für den einzelnen Gläubiger außerhalb der Rangklasse 3 nur schwer in ihrem Umfang und ihrer Tragweite übersehbar, so gilt das umso mehr für den schlechterdings nicht mehr überschaubaren bereits erwähnten Flickenteppich der öffentlichen Lasten nach Landesrecht. Zudem sind diese gerade im Bereich der Kommunalabgabengesetze einem dynamischen Prozess des Zuwachses unterworfen. Die Spanne der Regelwerke geht von den bereits mehrfach erwähnten Kommunalabgabengesetzen über altrechtliche Regelungen zu Ausführungsgesetzen zum BGB, zum ZVG, zahlreichen Landesausführungsgesetzen zu weiteren Bundesgesetzen und einer Fülle länderspezifischer kommunaler Vorschriften.93) Neben das Kommunalabgabengesetz als Ermächtigungsgrundlage zur Begründung öffentlicher Lasten im dortigen Kontext muss eine kommunale Satzung als Rechtsgrundlage der Erhebung der Benutzungsgebühren und der Beiträge treten. Daraus wiederum wird der beitragsbzw. gebührenfähige Betrag generiert und auf den einzelnen Verpflichteten durch Verwaltungsakt umgelegt. _____________ 90) Siehe im Einzelnen die Kommentare zum Flurbereinigungsgesetz. 91) SchfHwG – Schornsteinfeger-Handwerksgesetz v. 26.11.2008, BGBl. I, 2008, 2242 i. d. F. d. Art. 1 d. Gesetzes v. 5.12.2012, BGBl. I, 2012, 2467, siehe im Einzelnen bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 40. 92) Siehe § 29 Gesetz über Wasser- und Bodenverbände v. 12.2.1991, BGBl. I 1991, 405, i. d. F. bis zum Gesetz v. 15.2.2002, BGBl. I 2002, 1578. Belastet sind Grundstücke, Bergwerke und Anlagen, „mit denen die dinglichen Verbandsmitglieder an dem Verband teilnehmen.“ (= Eigentümer, Erbbauberechtigte, Inhaber von Bergwerkseigentum, § 4 Abs. 1 Nr. 1). Siehe auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 42. 93) Siehe die verdienstvolle und umfassende Einzeldarstellung bei Dassler/Schiffhauer/u. a.Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 32 – 42.1 mit dem gleichzeitigen Verweis auf heute obsolete öffentliche Lasten in früheren Auflagen, Rz. 32. Die dortigen Gesetzesquellen lassen sich auf den Internetseiten der Bundesländer im Bedarfsfalle aktualisiert nachlesen, siehe auch im Folgenden. Suchmaschinen sind unterschiedlich eingerichtet.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

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Aus praktischer Sicht kann das Bestehen öffentlicher Lasten im Vorhinein weder vom Verpflichteten noch von seinem Finanzier beurteilt werden und bei Beantragung des Versteigerungsverfahrens auch nicht von dem betreibenden Gläubiger oder dem Gericht. In der Finanzierungspraxis wird man bei der Anbahnung der Darlehensgewährung auf die bundesrechtlich relevanten Beiträge nach dem BauGB achten, insbesondere den Erschließungsbeitrag, bei landwirtschaftlichen Flächen auf etwaige Flurbereinigungsrisiken. Ferner wird man bei regelmäßigen Überprüfungen diese Aspekte in einer Checkliste im Auge behalten, soweit kreditwirtschaftliche Bedeutung angenommen wird. Ferner wird man für die räumliche Region der Immobilie die Frage der Erstellung oder Erneuerung von Infrastrukturen jedenfalls kursorisch abklären, wenn der Eigenfinanzierungsanteil des Darlehensnehmers an der Immobilieninvestition gering ist. Erhöhte Aufmerksamkeit wird man bei der Finanzierung von Wohnungseigentum angesichts der oben zitierten Judikatur und der Bestrebungen der Kommunalabgabengesetze zur Haftung des einzelnen Wohnungseigentums dem vermutlichen jährlichen Aufwand der Gemeinschaft widmen und soweit möglich dem strukturellen Aufbau der Gemeinschaft. So etwa ist bei einem hohen Gewerbeanteil aufgrund der zu erwartenden hohen Verbrauchskosten auch die Bonität des Betreibers relevant, den man nicht finanziert, weil dies zulasten anderer Finanzierungskunden gehen kann. Im Immobiliarvollstreckungsverfahren wird der betreibende Gläubiger versuchen, die Anmeldungen der öffentlichen Lasten im Auge zu behalten, jedenfalls beim Vollstreckungsschuldner versuchen, den jeweiligen Stand zu erfahren.

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Nachfolgend werden die Kommunalabgabengesetze der Länder kursorisch betrachtet und paradigmatisch einige öffentliche Lasten außerhalb der KAGe. Die Landesrechte sind einem z. T. raschen kontinuierlichem Wandel unterworfen. Die Länder dokumentieren den jeweiligen aktuellen Stand der hier relevanten Gesetze auf ihren Internetportalen (siehe nachfolgende Fn.). Dort sollte bei spezifischen Fragen der aktuelle Stand überprüft werden. Nachfolgend wird der jeweils angegebene Stand des Gesetzes zugrunde gelegt. b) Baden-Württemberg

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Das KAG94) sieht in § 13 Abs. 3 für grundstücksbezogene Nutzungsgebühren die Möglichkeit der Qualifizierung als öffentliche Last nach § 27 KAG i. V. m. § 21 KAG vor. Schuldner sind Eigentümer, Erbbauberechtigte und Wohnungs- und Teileigentümer, die schuldrechtlich gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dinglich aber nur anteilig entsprechend dem Miteigentumsanteil (MEA).95) In dem zitierten Beschluss zu V ZB 185/11 hat der BGH grundsätzlich die Möglichkeit bejaht, in Baden-Württemberg Abgaben für die kommunale Wasserversorgung als öffentliche Last mit dinglicher Haftung zu qualifizieren, sofern die entsprechende kommunale _____________ 94) Kommunalabgabengesetz v. 17.3.2005, Gliederungs-Nr. 6130, GBl. 2005, 206 bis zur Fassung d. Art. 2 d. Gesetzes v. 19.12.2013, GBl. 2013, 491 f., verfügbar über http:// www.landesrecht-bw.de (Stand: 26.8.2014). 95) Siehe dazu Fischer, ZfIR 2011, 468 ff., 469 – 470; BGH, Beschl. v. 30.3.2012 – V ZB 185/11, ZfIR 2012, 504 m. Anm. Fischer, ZfIR 2012, 489 ff.

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Satzung diese Gebühren „grundstücksbezogen“ strukturiert.96) Grundsätzlich gilt das für alle öffentlich-rechtlichen Nutzungsgebühren. In der zitierten Entscheidung hat der BGH zurückverwiesen, da das LG Stuttgart als Beschwerdegericht die rechtlichen Grundlagen und die Grundstücksbezogenheit der Gebühren nicht festgestellt hatte. Allerdings hat der Senat auch Säumniszuschläge der Rangklasse 3 zugeordnet. Anschluss- und Erschließungsbeiträge werden zur Deckung der Investitionsfinanzierung in Infrastrukturen (hier: zur „teilweisen Deckung der Kosten für die Anschaffung, die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Einrichtungen“, wenn die Eigentümer einen fortdauernden Nutzen von der Infrastruktur haben) als öffentliche Last erhoben, §§ 20 Abs. 1, 27 KAG. Dasselbe gilt für die erstmalige endgültige Herstellung von Straßen (Pflicht zur Beitragserhebung), Sammelstraßen, Wege, Parkflächen, Grünanlagen, Kinderspielplätze und Lärmschutzanlagen (Erhebung der Beiträge nach Ermessen der Gemeinde), vgl. §§ 20 Abs. 2 – 3, 33 Nrn. 1, 2 bzw. Nrn. 3 – 7 (Ermessen der Kommune) i. V. m. § 27 KAG.

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c) Bayern97) – Kommunalabgabengesetz und andere Gesetze Das bayerische KAG sieht in Art. 5 Abs. 1 für den Investitionsaufwand kommunaler Infrastrukturen die Erhebung von Beiträgen in einer entsprechenden Beitragssatzung vor, die öffentliche Last sind (§ 5 Abs. 7 KAG). Wohnungs- und Teileigentümer haften abweichend von der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Beteiligter nur quotal entsprechend ihrem Miteigentumsanteil (MEA), Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG.

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Im weiteren bayerischen Landesrecht sieht Art. 70 f. AGBGB98) bei öffentlichen Lasten eines Grundstücks (wohl redundant) die dingliche Haftung vor.

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Art. 29 AGGVG (Bayern)99) enthält als Spezifikum der landwirtschaftlichen Viehwirtschaft die Haftung des Betriebsgrundstücks für die Beitragsansprüche der „Tierlebensversicherung und Schlachtviehversicherung, die für die Versicherung des zum Zubehör gehörenden Viehs an die Bayerische Tierseuchenkasse zu zahlen sind.“

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Die frühere öffentliche Last für Verbandsbeiträge nach der Ersten Wasserverbandsverordnung (die aus der Sicht des Bundes als Bundesrecht betrachtet wurde), ist weggefallen;100) an ihre Stelle ist § 29 Wasserverbandsgesetz101) (Bund) getreten (siehe unter Rz. 75).

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_____________ 96) BGH, V ZB 185/11, Ls und Rz. 5 ff., 7 m. w. N. 97) Zu den Rechtsquellen des Bayerischen Rechts siehe die Datenbank „BAYERN-RECHT“, http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/…; für die Kommunalabgaben ist maßgeblich das Kommunalabgabengesetz (KAG) v. 4.4.1993, GVBl. 1993, S. 264, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 11.3.2014, GVBl. 2014, S.70 (Stand: 26.8.2014). 98) Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze, BayRS IV, S. 521 i. d. F. bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 8.4.2013. 99) Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes, BayRS IV, S. 483 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 24.6.2013. 100) Siehe den Vermerk „außer Kraft“ unter http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/… (Stand: 19.1.2014); anders noch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 37 „Bayern“. 101) WVG v. 12.2.1991, BGBl. I 1991, 405 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 15.5.2002, BGBl. I 2002, 1578.

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d) Berlin 85

Sehr weit gefasst sind die öffentlichen Lasten nach dem in Berlin fortgeltenden früheren preußischen Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (AGZVG).102) Öffentliche Lasten nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und nach § 156 ZVG sind Beiträge aus Deichpflichten und „gemeine Lasten“ (die per definitionem alle öffentlich-rechtlichen Abgaben und Leistungen, die an dem Grundstück haften, umfassen, vgl. Art. 1 AGZVG). In Art. 2 des Gesetzes sind sie mit Regelbeispielen näher umschrieben. Die in Art. 3 gleichgestellten Forderungen sind gegenstandslos. Das in der Literatur erwähnte Straßenausbaubeitragsgesetz, das in § 18 eine öffentliche Last vorsah, wurde mit Gesetz v. 18.9.2012 aufgehoben.103) e) Brandenburg

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Das KAG Brandenburg104) sieht in § 8 Beiträge für Investitionsaufwendungen in Infrastrukturen vor, die nach § 8 Abs. 10 öffentliche Last sind. Dasselbe gilt fakultativ für Haus und Grundstücksanschlüsse (§ 10 Abs. 3 KAG mit Verweisungen auf § 8). Benutzungsgebühren (§ 6 KAG) sind keine öffentlichen Lasten. f)

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Bremen

Für Bremen erwähnt Rellermeyer eine Fülle von (z. T. nur in Bremen selbst oder in Bremerhaven geltenden) Regelungen, auf die nicht im Detail einzugehen ist (siehe im Einzelnen das „Gesetzesportal Bremen“).105) Die Recherche auf dem Internetportal weist im Januar 2014 neun Rechtsnormen mit öffentlichen Lasten aus, so – –

das „Gebühren- und Beitragsgesetz“ (§ 21 BremGebBeitrG); das „Straßenbaubeitragsortsgesetz“ (§ 13 Abs. 3 StrBauBeitrOG);

– –

die „Abfallentsorgungs-Gebührenordnung Bremerhaven“ (§ 6 AbfEntGebOBrhv); das „Kanalbauortsgesetz“ (§ 7 Abs. 2 KanalbauOG);



das „Erschließungsanlagen-Beitragserhebungsgesetz“ (§ 7 Abs. 2 EABEG);



die „Entwässerungsgebührenordnung Bremerhaven“ (§ 15 EntwGebOBrhv, bis 31.12.2013, Neufassung: 1.1.2014, GBl. 2013, S. 672);

das „Kanalanschlussortsgesetz“ (§ 2 Abs. 2 KanalOG, Stadtgemeinde Bremen); die „Abfallentsorgung-Gebührenordnung Stadt Bremen“ (§ 4 Abs. 1 Satz 5 AbfEntsGeboBr, ab 1.1.2014) – und das „Einzelhandelsstärkungs-Gesetz“ (§ 7 Abs. 8 EinzHStärkG; Vorteilausgleich der Innovationsmaßnahmen, Außerkrafttreten: 31.12.2016). Bei den Flächenbundesländern verbirgt sich die große Zahl vergleichbarer Regelungen in den bereits mehrfach erwähnten kommunalen Satzungen, die bei den einzelnen Kommunen erfragt bzw. ggf. Internetpublikationen entnommen werden können.

– –

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_____________ 102) Gesetz v. 23.9.1899, PrGS 1899, S. 291 i. d. F. d. Gesetzes v. 1.2.1979, GVBl. 1979, S. 348; verfügbar über http://gesetze.berlin.de (Stand: 19.1.2014). 103) Siehe http://gesetze.berlin.de unter „Straßenausbaubeitragsgesetz“. 104) Kommunalabgabengesetz v. 31.3.2004, GVBl. I/04 [Nr. 08], S. 174 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 5.12.2013, GVBl. I/13 [Nr. 40], verfügbar über http://www.bravors.brandenburg.de (Stand: 19.1.2014). 105) Internetadresse: http://bremen.beck.de (Stand: 19.1.2014).

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g) Hamburg Der Stadtstaat Hamburg weist ebenfalls eine ganze Reihe von Einzelnormen aus, bei denen öffentlich-rechtliche Schulden mit einer dinglichen Haftung verbunden sind. Für Einzelheiten wird auf das Internetportal des Landesrechts verwiesen.106) Nur beispielhaft darf hingewiesen werden auf –

das „Kostenerstattungsgesetz, KostEG“ (Beiträge gemäß § 135a BauGB, vgl. § 6 Abs. 2 KostEG);



die Ausgleichsabgaben für Stellplätze und Fahrradplätze nach § 49 Abs. 3 Hamburgische Bauordnung;



das „Gesetz über die Ent- und Bewässerung im Marschgebiet“ (§ 10 MarschG);



Maßnahmen auf Kosten von Grundstückseigentümern) sowie diverse Leistungspflichten nach dem „Sielabgabengesetz“ (§ 23 SielabgabenG);



das „Hamburgische Verwaltungsvollstreckungsgesetz“ (§ 32 Abs. 3 HmbVwVG) mit dinglicher Haftung für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die mit einer öffentlichen Last verbunden sind;



das „Hamburgische Wegegesetz“ (§ 33 Abs. 2 HWG, Wegereinigungsgebühren; §§ 66, 67 HWG, Pflichten aus Wegebaulasten);



das „Gesetz zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen“ (§ 7 Abs. 8 GSW; Vorteilsausgleichsabgaben im Zusammenhang mit „Einrichtung …[…] und Maßnahmen des Innovationsquartiers“);



das „Hamburgische AG ZVG“ (Beiträge für die Wasserversorgung durch die Hamburger Wasserwerke GmbH, also eine öffentliche Last zugunsten eines privatrechtlich organisierten Versorgers (§ 3 HmbAGZVG)



sowie das „Gesetz zur Stärkung der Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gewerbezentren“ (§ 7 Abs. 8 GSED, Vorteilsausgleich wie in § 7 GWS, siehe oben).

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h) Hessen107) Das Gesetz über kommunale Abgaben (KAG)108) sieht in § 10 Abs. 6 grundstücksbezogene Benutzungsgebühren als öffentliche Last vor. Ebenso sind Beiträge, die für Investitionen in öffentliche Infrastrukturen erhoben werden sollen oder erhoben werden können (vgl. zur Differenzierung bei den verschiedenen öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsanlagen § 11 Abs. 1 KAG), öffentliche Lasten. Wohnungs- und Teileigentümer sind bzgl. der Beiträge gemäß § 11 mit ihrer Quote nach dem jeweiligen MEA betroffen (§ 11 Abs. 7 Satz 2, Abs. 11).

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Aus den außerhalb des KAG stehenden Regelwerken ist hinzuweisen auf die Sicherung des Anspruchs auf Erstattung der Kosten der öffentlichen Hand für Ersatzvornahmen in Fällen der Altlastensanierung, die zudem ins Grundbuch ein-

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_____________ 106) Siehe zum Landesrecht von Hamburg unter http://www.landesrecht-hamburg.de (Stand: 19.1.2014). 107) Siehe das Internetportal http://www.rv.hessenrecht.hessen.de (Stand: 19.1.2014). 108) KAG v. 24.3.2013, GVBl. 2013, 134, Gliederungs-Nr. 334-7.

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getragen werden können (vgl. § 54 GBO), § 13 Abs. 2, 3 HAltBodSchG.109) Ferner sind erwähnenswert das „Gesetz zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren“ (§ 7 Abs. 7 INGE; Vorteilsausgleich für Maßnahmen des Innovationsbereichs gemäß § 7 Abs. 1 INGE) sowie das „Hessische Wassergesetz“ (§ 59 Abs. 3 HWG; Ausgleichspflichten gemäß § 90 Wasserhaushaltsgesetz für Gewässerschäden). Eine generalisierende Norm enthält das „Hessische Ausführungsgesetz zur Zivilprozessordnung und zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung“110) (Art. 2 ZPOAG HE; öffentliche Lasten stellen alle öffentlich-rechtlichen Abgaben und Leistungen dar, die auf dem Grundstück lasten). i)

Mecklenburg-Vorpommern111)

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Das Kommunalabgabengesetz112) (KAG) ordnet in § 6 Abs. 4 an, dass Benutzungsgebühren öffentliche Lasten sind, soweit sie grundstücksbezogen sind. In Frage kommen Gebühren der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Abfallentsorgung und der Straßenreinigung (§ 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 KAG). Beiträge für Investitionen in kommunale Infrastrukturen sind wie in anderen Bundesländern ebenfalls öffentliche Last (§ 7 Abs. 6 KAG). Die Beitragspflichtigen müssen dauernde Vorteile von den Infrastrukturen haben. Wohnungs- und Teileigentümer haften auch dinglich nur quotal mit ihrem MEA (§ 7 Abs. 6, Abs. 2 Satz 5 KAG, siehe auch § 8 Abs. 7 zu Straßenausbaubeiträgen); anders ist dies bei den Benutzungsgebühren.113)

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Zu erwähnen ist außerhalb des KAG die auf dem Grundstück lastende öffentliche Last nach § 16 Abs. 3 Landesbodenschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern;114) sie sichert Kostenerstattungsansprüche des Landes, wenn Ersatzvornahmen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (§ 70a) durchgeführt wurden. Sie kann im Grundbuch eingetragen werden. j)

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Niedersachsen115)

Das niedersächsische Kommunalabgabengesetz (NKAG)116) bestimmt ebenfalls, dass Beitragspflichten für kommunale Infrastrukturen öffentliche Lasten sind (§ 6 Abs. 9 NKAG), Wohnungs- und Teileigentümer haften nur quotal mit ihrem MEA (§ 6 Abs. 8 Satz 4 Halbs. 2 NKAG).

_____________ 109) Hess. Gesetz zur Ausführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes und zur Altlastensanierung v. 28.9.2007, GVBl. I 2007, 652, Gliederungs-Nr. 89 – 32. 110) ZPOAG HE 1960 (Abkürzung nach juris auf dem Internetportal), Gesetz v. 20.12.1960, GVBl. 1960, S. 238, Gliederungs-Nr. 210-15. 111) Siehe das Internetportal des Landesrechts unter http://www.landesrecht-mv.de (Stand: 26.8.2014). 112) KAG M-V v. 12.4.2005, GVOBl. M-V 2005, S. 146 bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 13.7.2011, GVOBl. M-V, S. 777, 833. 113) Siehe auch BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696, 697, Rz. 11. 114) LBodSchG M-V v. 4.7.2011, GVOBl. M-V, S. 759, 764. 115) Niedersächsisches Landesrecht ist über das Internetportal http://www.nds-voris.de verfügbar (Stand: 19.1.2014). 116) NKAG v. 23.1.2007, Nds. GVBl. 2007, 41, Gliederungs-Nr. 2031001 i. d. F. bis zum Gesetz v. 18.7.2012, Nds. GVBl. 2012, S. 279.

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Sehr spezifisch ist das Realverbandsgesetz,117) dessen § 29 Abs. 4 vorsieht, dass die Verbandsbeiträge der Mitglieder öffentliche Last sind, soweit ein unselbständiger Anteil betroffen ist, der mit einem Grundstück verbunden ist.

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k) Nordrhein-Westfalen118) Das Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG)119) schreibt in § 6 Abs. 5 vor, dass grundstücksbezogene öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühren für die Nutzung von Einrichtungen oder Anlagen zum Vorteil von einzelnen Personen oder von Personengruppen als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen,. Für privatrechtlich erhobene Entgelte gilt das nicht. Die Tragweite des Kommunalabgabenrechts zeigt sich an einem Urteil des OLG Hamm aus dem Jahr 2013, wo es um „Wasser-, Schmutz- und Regenwassergebühren“ ging, die von einem kommunalen Eigenbetrieb gegen eine Grundpfandgläubigerin geltend gemacht wurden.120) Das KAG NRW war zudem Gegenstand der Entscheidung des BGH vom 11.5.2010 mit der Bejahung der umfassenden dinglichen Haftung des einzelnen Wohnungs- bzw. Teileigentums für alle MEA.121) Die Beiträge für Infrastrukturen, auch für Verkehrsanlagen (dort Sollvorschrift, soweit nicht das BauGB anzuwenden ist), stellen ebenfalls eine öffentliche Last dar, § 8 Abs. 9 i. V. m. § 8 Abs. 1, 2 KAG NRW. Voraussetzung ist wie stets, dass den Beitragspflichtigen (auf Dauer) Vorteile durch die Infrastruktur geboten werden.

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An versteckter Stelle findet sich wie in anderen Landesrechten in § 60 Justizgesetz NRW122) eine Generalklausel, wonach alle öffentlich-rechtlichen Abgaben und Leistungen, „die auf dem Grundstück lasten“ eine öffentliche Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3, 156 Abs. 1 ZVG sind. Die Regelung ist subsidiär gegenüber anderen Gesetzen, die den jeweiligen Gegenstand behandeln. Nach § 61 JustG bleiben die im Grundbuch nicht eintragungsfähigen Rechte auch außerhalb des geringsten Gebots bestehen („Rechte […], die […] zur Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs der Eintragung nicht bedürfen […].“).

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Nur am Rande zu erwähnen sind die zahlreichen als öffentliche Lasten konzipierten Verbandsbeiträge zu den Wasserverbänden in Nordrhein-Westfalen, für die jeweils gesonderte Gesetze bestehen (Aggerverband, Wasserverband Eifel-Rur, Emschergenossenschaft, Erftverband, Line/Linksniederheinische EntwässerungsGenossenschaft, Lippeverband, Niersverband, Ruhrverband, Wupperverband und

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_____________ 117) RealvG NDS v. 4.11.1969, Nds. GVBl. 1969, 187, Gliederungs-Nr.: 7831001. 118) Siehe das Internetportal https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_start … mit Verlinkungen (Stand: 19.1.2014). Vgl. auch den Überblick bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 37 „Nordrhein-Westfalen“. 119) KAG, GV NW 1969, S. 712 bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 13.12.2011 GV. NRW 2012, S. 687. 120) OLG Hamm, Urt. v. 14.8.2013 – 11 U 27/12, JurionRS 2013, 46344. 121) BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696 ff.; angesichts der Fassung des § 6 Abs. 5 KAG hat der BGH darauf erkannt, dass die öffentliche Last für das gesamte Grundstück der WEG auf dem einzelnen MEA ruht und nicht nur in Höhe der dem einzelnen MREA entsprechenden Quote, also eine andere Rechtslage als in anderen Bundesländern, siehe oben sowie BGH, a. a. O., Rz. 2, 11 f. 122) JustG NRW, GV NRW 2010, S. 30 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 1.10.2013, GV NRW 2013, S. 566. Die §§ 60 ff. JustG sind Ausführungsbestimmungen des Landes zum ZVG.

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Biggetalsperre).123) Ebenfalls nur am Rande zu erwähnen ist die öffentliche Last zur Sicherung der Abgabe der Gemeinde für standortbezogene Maßnahmen im Rahmen von Immobilien und Standortgemeinschaften nach dem gleichnamigen Gesetz v. 10.6.2008 (siehe unter www.recht.nrw.de), § 4 Abs. 10 ISGG NRW. Auf das Gesetz über die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinwirtschaftlichen Angelegenheiten v. 9.4.1956 (siehe http://www.recht.nrw.de) ist vorliegend nicht weiter einzugehen. l)

Rheinland-Pfalz124)

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Das Kommunalabgabengesetz (KAG)125) bestimmt, dass grundstücksbezogene Nutzungsgebühren und Beiträge als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen, § 7 Abs. 7 KAG i. V. m. § 7 Abs. 1 KAG (Benutzungsgebühren) und § 7 Abs. 2 KAG (Beiträge für Investitionen in Infrastrukturen). Werden alternativ privatrechtliche Entgelte erhoben, fällt die öffentlich-rechtliche Last weg. Eine Einschränkung bei Eigentümern nach WEG auf die Quote am MEA findet nicht statt.126)

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Zu weiteren öffentlichen Lasten nach rheinland-pfälzischem Recht kann Folgendes zusammengefasst werden:127) Der Beitrag für die Landwirtschaftskammer nach dem LwKG (1970) ist öffentliche Last (§ 18 Abs. 1, 15, 2 LwKG), die aber auf dem Betrieb ruht, also ausdrücklich nicht am Grundstück haftet (kein Fall der Rangklasse 3). Das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG) enthält in § 23 eine Generalklausel, wonach der Eigentümer die Vollstreckung in den Grundbesitz dulden muss, wenn auf diesem öffentliche Lasten ruhen. Wann eine solche Last vorliegt, ist dort (wie in anderen Landesrechten mit einer solchen Norm) nicht bestimmt. Eine öffentliche Last definiert § 94 Abs. 2 (LwG) für bestimmte Kosten der Gewässeraufsicht sowie zugehöriger Kosten nach dem POG (Polizeirecht) einschl. der Ersatzvornahme. Ein rheinland-pfälzisches Spezifikum, das ebenfalls nur am Rande zu erwähnen ist, stellen die Beiträge an die „Wiederaufbaukasse“ zur Förderung des Weinbaus nach dem Weinbergsaufbaugesetz (1953) dar, die nach § 8 auf dem „weinbaulich genutzten Grundeigentum erhoben“ werden (§ 8 Abs. 4, §§ 1, 2 WeinAufbauG RP). m) Saarland128)

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Das saarländische Kommunalabgabengesetz129) sieht wie auch die anderen Landesrecht für Investitionsaufwendungen in Infrastrukturen Beiträge der Grundstücks_____________ 123) Siehe im Einzelnen, auch zur Reihenfolge bei Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 37, S. 145 m. w. N. Die Gesetze sind über das Internetportal http://www.recht.nrw.de aktuell verfügbar (Stand: 19.1.2014). 124) Siehe das Internetportal http://www.landesrecht.rlp.de (Stand: 19.1.2014). 125) Gesetz v. 20.6.1995, GVBl. 1995, S. 175, Gliederungs-Nr. 610-10. 126) So auch BGH, IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 697, Rz. 11. 127) Zu den einschlägigen Gesetzen siehe das Internetportal http://www.landesrecht.rlp.de (Stand: 19.1.2014). 128) Siehe das Internetportal http://www.saarland.de mit weiteren Verlinkungen (Stand: 19.1.2014). 129) Gesetz Nr. 1074, KAG v. 26.4.1978 i. d. F. v. 29.5.1998, Amtsbl. 1998, S. 691 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 21.11.2007, Amtsbl. 2007, S. 2393.

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eigentümer vor, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen, § 8 Abs. 12 KAG; das gilt auch für den wiederkehrenden Beitrag für Verkehrsanlagen (§§ 12a Abs. 1, 6, § 8 Abs. 12 KAG). Die Vorschrift gilt auch für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und für Wald, § 8 Abs. 11. Wohnungs- und Teileigentümer haften (auch dinglich) nur quotal mit ihrem MEA. Benutzungsgebühren sind nach saarländischem KAG keine öffentlichen Lasten (vgl. § 6 KAG). Zu weiteren Spezialgesetzen, die durch öffentliche Lasten öffentlich-rechtliche Forderungen absichern, gehört das Gesetz zur Ausführung bundesrechtlicher Justizgesetze (AGJustG v. 5.2.1007),130) das in § 42 die auch in anderen Ländern geltende Generalklausel enthält, dass alle öffentlich-rechtlichen Abgaben und Leistungen, sofern sie auf dem Grundstück lasten und nicht schon nach anderen Vorschriften als solche bestimmt sind, öffentliche Lasten sind. Öffentliche Last ist auch die Abwassergebühr für die angeschlossenen Grundstücke nach § 8 Abs. 5 Satz 4 SWG (Saarländisches Wassergesetz).131) Ferner ist auf die Sicherung der Kosten der öffentlichen Hand im Kontext mit Ersatzvornahme und sonstigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Altlasten (§§ 24, 25 BBodSchG) gemäß § 13 Abs. 1 Saarländisches Bodenschutzgesetz (2002) hinzuweisen. Das Saarland hat sich ferner für den Erlass eines Gesetzes Nr. 1010 über Spielplätze (1974) entschieden, deren Anlage durch Beiträge refinanziert werden kann, die ebenfalls öffentliche Last sind (§ 16 Abs. 1, 3 Gesetz über Spielplätze, Amtsbl. S. 477). Abfallentsorgungsgebühren sind nach § 8 Abs. 5 Satz 6 Saarländisches Abfallwirtschaftsgesetz (SAWG)132) ebenfalls öffentliche Lasten auf den Anschlussgrundstücken; eine Haftungsbeschränkung für Wohnungs- und Teileigentümer ist dort nicht vorgesehen.133)

102

n) Sachsen134) Das sächsische Kommunalabgabengesetz (SächsKAG)135) qualifiziert Beitragsforderungen im Zusammenhang mit Investitionen in kommunale Infrastrukturen ebenfalls als öffentliche Last (§§ 17 ff. SächsKAG, § 24 SächsKAG), Wohnungsund Teileigentümer haften auch dinglich nur quotal mit ihrem MEA, §§ 24, 21 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SächsKAG. Dasselbe gilt für Verkehrsanlagen nach §§ 26 ff. SächsKAG, § 31 SächsKAG. Benutzungsgebühren gemäß den §§ 9 ff. SächsKAG generieren keine öffentlichen Lasten.

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Das sächsische Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetz (SächsABG)136) bestimmt in § 12a Abs. 2 SächsABG), dass die von der öffentlichen Hand aufgewendeten Kosten von Maßnahmen nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, dem BBodSchG

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_____________ 130) AGJustG bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 19.1.2011, Amtsbl. I S. 64. 131) Gesetz Nr. 714 v. 38.6.1960 i. d. F. d. Bek. v. 30.7.2004, Amtsbl. S. 1994 i. d. F. bis zum Gesetz v. 3.12.2013, Amtsbl. I 2014, S. 2. 132) Gesetz v. 26.11.1967 bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 11.3.2009, Amtsbl. 2009, S. 679. 133) BGH, Urt. v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, ZfIR 2010, 696 ff., Rz. 11. 134) Siehe das Internetportal http://www.justiz.sachsen.de mit weiteren Verlinkungen (Stand: 19.1.2014). 135) Gesetz v. 26.8.2004 Sächs. GVBl. 2004 Bl.-Nr. 12, S. 418, Fsn-Nr.: 51-1. 136) Gesetz v. 31.5.1999, SächsGVBl. 1999, S. 256, SächsGVBl. 2013, S. 451 (Stand: 26.8.2014).

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und dem SächsABG sowie Kosten einer Ersatzvornahme öffentliche Lasten sind, wenn der Eigentümer leistungspflichtig ist. o) Sachsen-Anhalt137) 105

Beiträge für Investitionsaufwendungen in kommunale Infrastrukturen sind auch in Sachsen-Anhalt eine öffentliche Last auf dem betroffenen Grundstück, § 6 Abs. 9 Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt.138) Benutzungsgebühren stellen keine öffentlichen Lasten dar, vgl. § 6 KAG LSA. p) Schleswig-Holstein139)

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Nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein (KAG)140) stellen Benutzungsgebühren für öffentliche Einrichtungen, soweit sie grundstücksbezogen sind, öffentliche Lasten dar (§ 6 Abs. 6 KAG). Eine Beschränkung auf MEA bei Wohnungs- und Teileigentümern findet nicht statt (Gebührenschuld und dingliche Haftung sind identisch, vgl. § 6 Abs. 5 KAG). Bei Beiträgen für kommunale Infrastrukturen gilt dasselbe (§ 8 Abs. 1, 5, 7 KAG).

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Das „Ausführungsgesetz zum Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung“141) bestimmt in Art. 1 Nr. 2 zu öffentlichen Lasten die auch als „gemeine Lasten“ bezeichneten öffentlich-rechtlichen „Abgaben und Leistungen“, die auf dem Grundstück lasten. Wie in den anderen Ländern, die das ursprünglich preußische AGZVG (inhaltlich) fortführen, enthält auch diese Generalklausel keine Regelung, welche Abgaben zur öffentlichen Last führen, sondern setzt diese Zuordnung in anderen Regelwerken voraus. Art 2 ZVGAG SH präzisiert diese Pflichten, auf die dortige Regelung wird verwiesen. Art. 1 Nr. 1 ZVGAG SH erklärt zur öffentlichen Last Beiträge und Lasten zur Erfüllung der Deichpflicht. Die frühere Regelung zu Deichen und zum Küstenschutz in § 63b a. F. Wassergesetz (WasG SH 2008) wurde zum 13.12.2012 aufgehoben.142) q) Thüringen143)

108

Das Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG)144) bestimmt in § 6 Abs. 11, dass Beiträge für Investitionen in kommunale Infrastrukturen öffentliche Lasten sind. Die Last erlischt nicht, solange die persönliche Schuld besteht. Wohnungsund Teileigentümer haften nur quotal mit ihrem MEA, § 6 Abs. 11 i. V. m. Abs. 10 _____________ 137) Siehe das Internetportal http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de mit Verlinkungen (Stand: 26.8.2014). 138) KAG-LSA v. 13.12.1996, GVBl. LSA 1996, 405, Gliederungs-Nr. 2012.1, i. d. F. bis zum Gesetz v. 2.2.2011, GVBl. LSA 2011, S. 58. 139) Siehe das Internetportal http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de mit Verlinkungen (Stand: 26.8.2014). 140) KAG v. 10.1.2005, GVOBl. 2005, 37, Gliederungs-Nr. 6140-1. 141) ZVGAG SH v. 23.9.1899 i. d. F. d. Bek. v. 31.12.1971, GVOBl. 1971, S. 182, GliederungsNr. B 310-2, bis zur Änderung d. d. BundesbergG v. 13.8.1980. 142) Siehe die Internetpublikation. 143) Siehe das Internetportal http://landesrecht.thueringen.de mit Verlinkungen (Stand: 26.8.2014). 144) ThürKAG v. 19.9.2000, GVBl. 2000, 301, Gliederungs-Nr. 610-1, bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 20.3.2014, GVBl. 2014, S. 82 (Stand: 26.8.2014).

116

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Satz 3 Halbs. 2. Die Benutzungsgebühren gemäß § 12 ThürKAG stellen keine öffentlichen Lasten dar. Das „Thüringer Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung“ (ThürAGZVG)145) erklärt in Art. 1 wie eine Reihe anderer Ausführungsgesetze alle auf öffentlichem Recht beruhende öffentlich-rechtliche Abgaben- und Leistungsforderungen zu öffentlichen Lasten, die an dem Grundstück haften und die nicht schon in anderen Gesetzen als öffentliche Last bestimmt wurden. 4.

109

Der Umfang des Vorrangs der Rangklasse 3

Der Vorrang der Rangklasse 3 besteht für die laufenden und die rückständigen Beträge der letzten vier Jahre. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG beantwortet aber nicht, wie dieser Zeitraum berechnet werden muss. Dabei wird man mit Böttcher entgegen anderen Stimmen in der Literatur und mit dem BGH differenzieren müssen, ob es sich um einen einmaligen oder wiederkehrenden Betrag handelt. Einmalige Beträge sind danach (zutreffend) der Rangklasse 3 zuzuordnen, wenn der öffentliche Gläubiger innerhalb eines Vierjahreszeitraumes nach Fälligkeit die Zwangsversteigerung oder den Beitritt (vgl. § 27 Abs. 2 ZVG) wegen eben jenes Anspruchs beantragt hat oder wenn er seinen Anspruch (vgl. § 37 Nr. 4 ZVG) angemeldet hat.146) Auf wiederkehrende Leistungen ist § 13 ZVG anzuwenden;147) sie sind in der Rangklasse nur für laufende Beträge und bezüglich der Rückstände nur für die letzten beiden Jahre zu berücksichtigen. Anders als in Rangklasse 4 (siehe nachfolgend unter Rz. 133) sind Tilgungsanteile, die mit den Zinsen als gemeinsamer Bestandteil („annuitätische Tilgung“) bezahlt werden, nicht privilegiert; sie können vielmehr nur wie wiederkehrende Leistungen berücksichtigt werden.

110

Nebenansprüche wie Zinsen und Säumniszuschläge werden mit dem Hauptanspruch in Rangklasse 3 befriedigt; es handelt sich dabei um steuerliche Nebenleistungen gemäß § 3 Abs. 4 AO.148)

111

Zu dem Verhältnis der einzelnen Ansprüche aus dem jeweiligen Recht untereinander siehe § 12 ZVG.

112

Zu den wiederkehrenden Leistungen zählt § 10 Abs. 3 Nr. 3 ZVG im Rahmen eines nicht abgeschlossenen Regelfallkatalogs die „Grundsteuer, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen“ sowie die vorstehend erwähnten „annuitätischen“ Tilgungsanteile.

113

Zwischen den der Rangklasse angehörenden Ansprüchen besteht Gleichrang (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ZVG). Reicht der Steigerlös nicht einmal aus, um alle Forderungen der Rangklasse zu befriedigen, wird daher der zur Verfügung stehende Betrag

114

_____________ 145) ThürAGZVG v. 3.12.2002, GVBl. 2002, S. 424. 146) Böttcher, ZVG, Rz. 45 m. w. N., u. a. zur Gegenmeinung; eingehend Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 45, anders noch 13. Aufl., Rz. 35 (ab der Beschlagnahme); BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – V ZB 89/07, Rpfleger 2008, 213 f. = WM 2008, 740 ff. = JurionRS 2007, 45221, Rz. 12 f. m. w. N. 147) Für weitere Einzelheiten siehe § 12 Rz. 8 f., 17 ff. [Cranshaw]. 148) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 44 ff., kritisch (Rz. 44, m. w. N.) zu den Säumniszuschlägen aufgrund deren bloßer Funktion, die Zahlung der Abgabe durch Druck zu fördern, entgegen BGH, Urt. v. 19.11.2009 – IX ZR 24/09, ZfIR 2010, 154 = MDR 2010, 411 = NJW-RR 2010, 671 f. = JurionRS 2009, 30550, Ls., Rz. 11 f.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

quotal den einzelnen angemeldeten (§ 37 Nr. 4 ZVG, soweit nicht die Ausnahme des § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG bejaht werden kann) und berücksichtigungsfähigen Forderungen ohne Rücksicht auf ihren Charakter als Hauptforderung, Nebenleistungen und Kosten zugeordnet. Die Verteilung innerhalb desselben Rechts folgt dann nach § 12 ZVG (siehe oben). So kann es geschehen, dass das eine Recht einschließlich aller Nebenforderungen befriedigt wird, das andere hingegen nicht. 115

Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 ZVG, wonach die Regelungen der §§ 112 Abs. 1, 113, 116 Lastenausgleichsgesetz unberührt bleiben, ist im Ergebnis obsolet.149) VIII. Die Rangklasse 4 – Befriedigung der dinglichen Rechte und Dominanz der Grundpfandgläubiger 1.

Eingetragene und nicht eingetragene Rechte als Gegenstand der Rangklasse 4

116

Die Rangklasse 4 ist entscheidend für die Befriedigung der Grundpfandrechte der Kreditwirtschaft und daher von großer Bedeutung für die Immobilienfinanzierung. Zu befriedigen sind in dieser Rangklasse aber auch alle anderen im Grundbuch eingetragenen Rechte. Die Grundpfandgläubiger sind die sicher bedeutendsten Protagonisten der Rangklasse 4, aber nicht die einzigen Beteiligten. Vielmehr gehören sämtliche Inhaber dinglicher Rechte in Abt. II und III des Grundbuchs in diese Rangklasse. Sie betrifft „Ansprüche aus Rechten am Grundstück“, die unter diese Rangklasse zu subsumieren sind, wenn sie nicht i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG gegenüber einem betreibenden Gläubiger (auch einem beitretenden Gläubiger gemäß § 27 Abs. 2 ZVG) relativ unwirksam sind (und daher in die Rangklasse 6 verwiesen sind).

117

Wenn auch sämtliche im Grundbuch eingetragenen Rechte zur Rangklasse 4 gehören, so gibt es dennoch nicht grundbuchgebundene dingliche Rechte. Die fehlende Eintragung im Grundbuch schließt also nicht den Charakter eines Rechts als dingliches Recht in dieser Rangklasse aus. Hierzu gehören beispielsweise die Überbau- und Notwegrenten gemäß den §§ 912 Abs. 2, 914, Abs. 1, 2, 917 Abs. 2 Satz 2 BGB. Zu erwähnen sind auch die Rechte nach § 9 EG ZVG, hier insbesondere auch die Altenteilsrechte mit ihren verschiedenen rechtlichen Ausprägungen und Bezeichnungen.150)

118

Da sich eingetragene und nicht eingetragene Rechte in Rangklasse 4 mischen, sind zwei Fragen zu lösen. Die eine betrifft das Rangverhältnis untereinander. Bei den eingetragenen Rechten beantwortet § 879 BGB diese Frage materiellrechtlich. In derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragene Rechte haben den Rang der Reihenfolge der Eintragungen, wobei der strikten Befolgung des § 17 GBO durch das Grundbuchamt eine entscheidende Rolle zufällt. Bei der Eintragung in verschiedene Abteilungen ist der Tag der Eintragung maßgeblich; bei gleichem Ein_____________ 149) Gesetz v. 14.8.1952, BGBl. I 1952, 446 ff. Das LAG ist ein Gesetz, das „Ausgleichsabgaben und Ausgleichsleistungen“ enthielt, es sollte Kriegsfolgen des 2. Weltkriegs im Ergebnis abfedern (vgl. §§ 1, 2 LAG). Abgabenschulden nach den §§ 111, 112, 113 LAG sind öffentliche Last mit bestimmtem Vorrang. Die Normen der §§ 16 – 227 LAG über die Ausgleichsabgaben sind konsequent in dem Internetportal http://www.gesetze-im-internet.de auch nicht abgebildet. 150) Vgl. dazu Gehrlein, ZInsO 2010, 1970 ff.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

tragungsdatum besteht Gleichrang. Verfahrensrechtlich ordnet § 11 Abs. 1 ZVG den Rang nach dem materiellen Recht.151) § 879 BGB beantwortet indes nicht die Frage, wie der Rang bei Konkurrenz zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Rechten zu ermitteln ist. § 11 Abs. 1 ZVG erfasst zwar verfahrensrechtlich auch diese Konstellation, die aber von § 879 BGB nicht geregelt wird. Daher bleibt nur übrig, auf den Zeitpunkt der früheren Entstehung des Rechts als entscheidendes Kriterium des Vorrangs zurückzugreifen.152) Bei den nicht eintragungsfähigen Überbau- und Notwegrenten (§§ 914 Abs. 2 Satz 1, 917 Abs. 2 Satz 2 BGB) besteht dieses Problem aus den Gründen des § 914 Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem dortigen Vorrang vor „allen Rechten an dem belasteten Grundstück“ (= Rechte der Rangklasse 4) nicht. 2.

Eingetragene Rechte der Rangklasse 4

Teilt man die Rechte der Rangklasse 4 nach ihrer Abfolge im BGB sowie nach ihrer Verlautbarung im Grundbuch ein, so gehören dazu von den eingetragenen Rechten in Abt. II: –

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120

die Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB) mit der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 ff.) einschließlich des dinglichen Wohnungsrechts (§ 1093 BGB);



der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB);



das dingliche Vorkaufsrecht, auch für alle Verkaufsfälle (§§ 1094 ff. BGB, 1097 2. Halbs. BGB) sowie

die Reallast, §§ 1105 ff. BGB, zu der inhaltlich auch die Erbbauzinsreallast (§§ 9, 9a ErbbauRG) mit dem besonderen Inhalt des Bestehenbleibens in der Versteigerung nach § 9 Abs. 3 ErbbauRG gehört und – die Auflassungsvormerkung.153) Neben diesen Rechten in Abt. II stehen die Grundpfandrechte in Abt. III in Gestalt –



der Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) einschließlich ihrer besonderen Ausprägungen wie die Zwangshypothek (§§ 867 f. ZPO) und die Arresthypothek (§ 932 ZPO) sowie die streng akzessorische Sicherungshypothek (§ 1184 BGB, § 1190 BGB, Höchstbetragshypothek);154)



der Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) einschließlich ihrer besonderen Ausprägung der Eigentümergrundschuld (§ 1196 f. BGB) und



der Rentenschuld (§§ 1199 ff. BGB).

Die Eigentümergrundschuld generiert zwar nur Zinsen im Rahmen der Zwangsverwaltung, auch kann der Eigentümer als Inhaber nicht die Immobiliarvollstreckung _____________ 151) Für weitere Einzelheiten siehe § 11 Rz. 15 ff. [Cranshaw]. 152) Vgl. dazu z. B. Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 54, wo aber die Konkurrenz zwischen eingetragenem und nicht eingetragenem Recht nicht ausdrücklich behandelt wird. 153) BGH, Beschl. v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, juris Rz. 8 ff., 18 ff. = ZInsO 2014, 1573 ff. = NJW 2014, 2445 ff. 154) Dazu gehört auch die eher exotische Hypothek nach § 1187 BGB zur Sicherung von Forderungen aus Inhaberschuldverschreibungen oder durch Indossament übertragbarer Wertpapiere.

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

betreiben (§ 1197 BGB bzw. § 1177 i. V. m. § 1197 BGB). Allerdings entsteht dann ein Problem, wenn die Grundschuld an einen Dritten übertragen oder gepfändet wird und damit die Wirkungen einer Fremdgrundschuld eintreten (für Einzelheiten siehe § 23 Rz. 21 [Cranshaw]). 123

Neben der Eigentümergrundschuld stehen die weiteren im Grundbuch eingetragenen Eigentümerrechte, die im Hinblick auf § 889 BGB (kein Erlöschen des Rechts, wenn der Eigentümer das im Grundbuch eingetragene Recht oder der Rechtsinhaber das Grundstück erwirbt) ohne Weiteres möglich sind (z. B. die Eigentümergrunddienstbarkeit, der Eigentümernießbrauch, die Eigentümerreallast und das Eigentümererbbaurecht).155) Deren Rolle in Rangklasse 4 ist im vorliegenden Rahmen nicht zu besprechen.

124

Außerhalb des BGB stehende, im Grundbuch eingetragene Rechte betreffen –

das im Grundstücksgrundbuch stets erstrangige Erbbaurecht (§§ 1, 10 ErbbauRG),



das Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG (§§ 1, 5, 7 WEG),



das Dauerwohnrecht nach den §§ 31 ff. WEG sowie



das gesondert strukturierte Wohnungs- bzw. Teileigentumserbbaurecht gemäß § 30 WEG.

125

Im Rahmen der Rangklasse 4 ist auch die Vormerkung zur Sicherung eintragungsfähiger Rechte der Rangklasse 4 zu beachten (§§ 883 ff., 888 BGB), desgleichen der Widerspruch (siehe §§ 899, 894 BGB). Die Zugehörigkeit zur Rangklasse folgt verfahrensrechtlich aus § 48 Halbs. 2 ZVG.

126

Nur am Rande zu erwähnen sind aus dem interlokalen Recht die verschiedenen Rechte nach dem ZGB der vormaligen DDR sowie die Regelungen des Art. 233 EG BGB in diesem Kontext.156) 3.

127

Rechte der Rangklasse 4 außerhalb des Grundbuchs und weitere Konstellationen der Rangklasse

Ferner gehören zur Rangklasse 4 die ebenfalls nur der Vollständigkeit halber zu erwähnenden altrechtlichen Grunddienstbarkeiten und ähnliche außerhalb des Grundbuchs stehenden Rechte (vgl. Art. 187, Art. 189 EG BGB). Auf § 9 EGZVG ist bereits oben hingewiesen worden.157) Zu diesen Rechten zählt aber auch die (wie § 1187 BGB)158) gleichfalls eher „exotische“) Sicherungshypothek gemäß § 848 Abs. 2 ZPO, die bei Pfändung eines „Anspruchs, der eine unbewegliche Sache betrifft“, entsteht.159) _____________ 155) Vgl. nur den Hinweis bei Palandt/Bassenge, BGB, Einl vor § 854 Rz. 6 sowie bei Löhnig/ Fischinger, ZVG, 2010, § 10 Rz. 84 m. w. N. und bei Stöber, ZVG, § 10 Rz. 8.2. 156) Siehe dazu den Überblick bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 83 sowie bei Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 10 Rz. 49. 157) Eingehend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 9 EGZVG, Rz. 1 – 7, 15 f. m. w. N. 158) Vgl. dazu z. B. Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 54, wo aber die Konkurrenz zwischen eingetragenem und nicht eingetragenem Recht nicht ausdrücklich behandelt wird. 159) Siehe im Einzelnen dazu Zöller/Stöber, ZPO, § 848 Rz. 7 f.; Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 82.

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Eine weitere Kategorie stellen die zu Unrecht gelöschten oder – umgekehrt – die unzutreffend eingetragenen Rechte dar. Die erste Fallgruppe bedarf der Anmeldung (vgl. § 37 Nr. 4 ZVG), der Status ist im ordentlichen Prozess zu klären. Die zweite Fallgruppe ist in derjenigen Rangklasse zu berücksichtigen, der die angeblich unrichtig eingetragenen Rechte zuzuordnen wären, wären sie zu Recht eingetragen. Probleme sind ebenfalls vor den ordentlichen Gerichten auszuprozessieren; in der Literatur wird hierzu eine Ausnahme insbesondere bei Offenkundigkeit der Unzulässigkeit der Eintragung gemacht.160) Dem ist nicht zu widersprechen, da dem Vollstreckungsgericht damit die Last der Feststellung der Offenkundigkeit materieller Rechtsverhältnisse systemfremd auferlegt würde.

128

Konsequent muss man ferner die Rechte an Rechten der Rangklasse 4 ebenfalls darunter subsumieren, weil sonst das Befriedigungsrecht z. B. des Pfandrechtsgläubigers an einer Grundschuld (vgl. § 1291 BGB) ins Leere ginge.161)

129

Praktisch gegenstandslos sind die in der Literatur zutreffend nur der Vollständigkeit halber erwähnten dinglichen Rechte ausländischen Rechts, die bei völkerrechtlichen Verträgen mit Grenzkorrekturen von Staatsgrenzen gegenseitig zu Rechten im Grundbuch führen könnten.162)

130

4.

Durchsetzung der Rechte der Rangklasse 4 (im Verfahren) und Bedeutung der Beschlagnahmewirkung

Soweit das Recht der Rangklasse 4 zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks (vgl. § 19 ZVG) im Grundbuch eingetragen, aus ihm also „ersichtlich“ ist, muss es zur Durchsetzung nicht gemäß § 37 Nr. 4 ZVG angemeldet werden. Ansonsten bedarf es zur Vermeidung des Rangverlustes (§ 110 ZVG) der Anmeldung; nur so kann auch verhindert werden, dass das Recht nicht im geringsten Gebot berücksichtigt wird (§§ 44, 45 ZVG). Eine Ausnahme bilden die Rechte, aus denen die Vollstreckung betrieben wird, denn sie gelten als angemeldet (§ 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG; dies kann aber nur im Umfang des ausdrücklich gestellten Versteigerungs- oder Beitrittsantrags zutreffen). 5.

131

Umfang der Rangklasse 4, wiederkehrende Leistungen sowie Schnittstellen zwischen den Rangklassen 4, 6, 8 und 5

Selbstverständlich ist, dass der Vorrang der Rangklasse 4 nur gegenüber demjenigen betreibenden Gläubiger gilt, dem gegenüber die Beschlagnahme wirksam ist, § 10 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 1 Alt. 1; andernfalls gehört das jeweilige Recht zur _____________ 160) Siehe dazu den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 48, der bei den „zu Unrecht gelöschten Rechten“ auf § 875 BGB hinweist, wobei es indes mehr Gründe als dort erfasst sind, gibt, die fehlerhaft zur Löschung geführt haben. Ob bei den unzutreffend eingetragenen Rechten „Offenkundigkeit“ aus dem Blick des Vollstreckungsgerichts hinreichend ist oder ob urkundlicher Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgericht ausreicht muss hier offenbleiben. 161) Siehe den Hinweis auf Pfandrecht einschl. Pfändungspfandrecht sowie den Nießbrauch an Rechten bei Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 50 sowie bei Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 85. 162) § 2 EGZVG, siehe dazu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 2 EGZVG Rz. 22 mit Hinweis auf Verordnungen von NRW, Niedersachsen, RP und dem Saarland im Zusammenhang mit Ermächtigungen des Bundes dazu im Kontext mit Verträgen mit den Niederlanden von 1960 und mit Luxemburg 1988.

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Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Rangklasse 6.163) Es muss bei mehreren betreibenden Gläubigern (siehe § 27 Abs. 2 ZVG) gegenüber jedem Gläubiger gesondert geprüft werden, wann die Beschlagnahme wirksam geworden ist oder ob Vollstreckungsgläubiger oder Rechtsinhaber den „Vorrang“ haben. 133

In § 10 Abs. 1 Nr. 3, Halbs. 1 Alt. 3 werden die „zur allmählichen Tilgung“ neben den Zinsen auf die Finanzierung gezahlten Tilgungsanteile der im Rang zeitlich unbegrenzten Zahlung auf die Hauptforderung zugeordnet, nicht den wiederkehrenden Leistungen nach Halbs. 2.164) Das ist folgerichtig, da es sich um Tilgungsanteile und nicht um Zinsen handelt. Die in der Literatur diskutierten Tilgungsund Abzahlungshypotheken nach dem Lastenausgleichsgesetz („LAG“)165) sind obsolet. Die dort im Ergebnis ebenfalls angesprochene (echte) „Tilgungshypothek“166) mit stets gleichen Darlehensraten, deren Tilgungsanteil (mit z. B. anfänglich 1 % des Darlehenskapitals jährlich) sich ständig durch den durch „ersparte Zinsen“ reduzierten Zinsanteil an dem Gesamtbetrag erhöht, gibt es in der Finanzierungspraxis gleichfalls nicht mehr. Üblich ist vielmehr die abschnittsweise Finanzierung über einen Zeitraum mit festen Darlehenszinsen (z. B. fünf Jahre oder zehn Jahre) sowie festen Zins- und Tilgungsraten während dieses Zeitraums und mit dem beschriebenen Effekt der annuitätischen Tilgung. Die Besicherung erfolgt aber durch Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB), nicht durch Hypothek. Die anteilige Tilgung bleibt daher stets in der Rangklasse 4 angesiedelt. Ein Tilgungsrückstand kann schon angesichts der abstrakten Besicherung durch eine Grundschuld nicht eintreten. Ist der schuldrechtliche Anspruch verjährt, hemmt das die Verwertung des Grundpfandrechts nicht (vgl. § 216 Abs. 1 BGB).

134

Wiederkehrende Leistungen, in der Praxis insbesondere die (dinglichen) Zinsen der Grundpfandrechte, fallen in Rangklasse 4 nur, soweit sie „laufend“ sind. Rückstände werden der Rangklasse nur aus den letzten beiden Jahren (vor Beschlagnahme) zugeordnet. Maßgeblich ist die Fälligkeit, Stichtag ist der Beschlagnahmezeitpunkt § 13 Abs. 1 ZVG. Mit der unbeschränkten zeitlichen Berücksichtigung der Tilgungsbeträge unterscheidet sich die Rangklasse 4 von der Rangklasse 3, die das Vorrecht nur für die laufenden Beträge und die Rückstände bis zu zwei Jahren gewährt. Die aus der Rangklasse 4 herausfallenden Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen können in der Rangklasse 8 verfolgt werden.

135

Wenn indes spezifisch wegen der aus der Rangklasse 4 herausfallenden Ansprüche der Rangklassen 6 und 8 betrieben wird, erfolgt eine Aufstufung in die Rangklasse 5. Ob das im Einzelfall ökonomisch sinnvoll erscheint, ist eine andere Frage.

_____________ 163) Vgl. zu dieser Problematik im Einzelnen § 23 Rz. 29 [Cranshaw]. 164) Für die „amortisierbaren Darlehen“ hat das für die Grundbucheintragung schon sehr früh das Reichsgericht zutreffend entschieden, Beschl. v. 4.3.1903 – Beschw.-Rep. V 37/03, RGZ 54, 88 ff. 165) Eingehend dazu Löhnig/Fischinger, ZVG, § 10 Rz. 90 – 92 sowie Stöber, ZVG, § 10 Rz. 8.7, 8.8. 166) Unter Verwendung anderer Terminologie handelt es sich hierbei um ein „echtes“ Annuitätendarlehen, die Art der Tilgung wird als „annuitätisch“ bezeichnet.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

IX. Die Rangklasse 5 – Auffangtatbestand und Basis zur immobiliarvollstreckungsrechtlichen Verfolgung persönlicher Forderungen Rangklasse 5 umfasst die persönlichen Gläubiger, die Forderungen ohne eine dingliche Rechtsposition verfolgen. Ihre Position ist deutlich schwächer, da ihre Forderungen im Rahmen des Wasserfalls des § 10 Abs. 1 ZVG erst dann befriedigt werden, wenn die Kosten, die Rangklassen 1, 1a und 2 sowie die öffentlichen Lasten und die dinglichen Gläubiger der Rangklasse 4 vollständig befriedigt sind (soweit diese nicht in die Rangklassen 6 – 8 fallen.

136

Rangklasse 5 ist zugleich ein mögliches „Sammelbecken“ für die weiteren nachrangigen Ansprüche der Rangklassen 7 und 8, soweit einer der dortigen Anspruchsinhaber gerade spezifisch wegen dieser Ansprüche die Versteigerung in die Wege leitet (§ 27 Abs. 2 ZVG) und damit eine Rangverbesserung herbeiführt. Ob dies eine im Einzelfall attraktive Vollstreckungsmaßnahme sein kann, hängt von der ökonomischen Bewertung des Vollstreckungsgegenstandes und der Vorlasten ab; die Kosten nach dem GKG wird man dabei den kalkulierten Erlösen gegenüberstellen. Der Gläubiger der Rangklasse 5 kann jedoch, worauf Stöber zutreffend hinweist, seine Position nicht dadurch verbessern, dass er zunächst aus einem persönlichen Titel die Versteigerung beantragt bzw. ihr beitritt, um dann mit demselben Titel die Eintragung einer Zwangshypothek herbeizuführen (§ 867 Abs. 1 ZPO), aufgrund derer er dann unmittelbar die Zwangsversteigerung aus Rangklasse 4 durch Beitritt verfolgt.167) Es verbleibt dabei, dass jede Beteiligung an der Versteigerung gesondert zu betrachten ist, sodass im Hinblick auf § 23 ZVG zwischenzeitliche Rangverluste zwischen den verschiedenen Anordnungs-/Beitrittsanträgen des hier vorgestellten Gläubigers verbunden sein können. Er muss dann in seiner Forderungsanmeldung entscheiden, mit welchem Betrag er in welcher Rangklasse befriedigt werden will oder ob ggf. seine Zwangshypothek Teil des geringsten Gebots wird.168)

137

X. Die Rangklasse 6 – Abbildung der aus Rangklasse 4 herausfallenden, gegenüber anderen Gläubigern relativ unwirksamen Ansprüche und Rechte In Rangklasse 6 fallen die Ansprüche dinglicher Gläubiger der Rangklasse 4, die „infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind“. Die Rangklasse 6 ist unmittelbare Folge der Beschlagnahmewirkung des § 23 ZVG.169) Das dortige Veräußerungsverbot, das tatsächlich ein relatives Verfügungsverbot i. S. d. §§ 136, 135 BGB darstellt, betrifft Verfügungen des Eigentümers/Vollstreckungsschuldners, die nach der Beschlagnahme vorgenommen werden. Sie sind dem jeweils durch § 23 ZVG geschützten betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksam (richtiger: sie sind „schwebend“ wirksam, soweit nicht der betroffene Gläubiger die Unwirksamkeit ihm gegenüber geltend macht). § 23 ZVG bewirkt keine Grundbuchsperre, sodass ein beschlagnahmewidrig bewilligtes Recht dennoch eingetragen wird. Ist es Grundpfandrecht, so ist die Eintragung gegenüber dem betreibenden Gläubiger (Anordnungs- oder Beitrittsgläubiger, vgl. §§ 23, 27 Abs. 2 ZVG) relativ _____________ 167) Vgl. zu dieser auf § 867 Abs. 3 ZPO beruhenden Option Zöller/Stöber, ZPO, § 867 Rz. 20 f. sowie eingehend zur Konkurrenz der Rangklassen 4 und 5 Stöber, ZVG, § 10 Rz. 9.4. 168) Vgl. Stöber, ZVG, § 10 Rz. 9.4. 169) Siehe § 23 Rz. 28 f. [Cranshaw].

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unwirksam, soweit die Beschlagnahmewirkung im Verhältnis zu dem jeweiligen Gläubiger vor der Eintragung dieses späteren Rechts eingetreten ist (vgl. dazu die §§ 20, 22, 23 ZVG). Es ist also die Rangklasse 6 bezüglich jedes betreibenden Gläubigers gesondert zu betrachten. Ist der betreibende Gläubiger aber selbst eingetragener Gläubiger der Rangklasse 4, geht er begriffsnotwendig dem beschlagnahmewidrig eingetragenen späteren Gläubiger der Rangklasse 4 vor. In diesem Fall besteht keine relative Unwirksamkeit der späteren Eintragung, da das Recht bzw. der Rang des betreibenden Gläubigers unbeeinträchtigt bleibt. Der „neue“ Gläubiger, der nach Beschlagnahme eingetragen wird, wird bei einer solchen Konstellation in der Rangklasse 4 befriedigt, nicht in der Rangklasse 6. In der Rangklasse 4 wird nämlich die Verteilung nach dem Rang der Eintragung im Grundbuch vorgenommen (§ 879 BGB, 10 Abs. 1 Nr. 4, 11 Abs. 1 ZVG); der betreibende Gläubiger muss keinen Nachteil befürchten. § 23 ZVG ist insoweit teleologisch zu reduzieren. 139

Das nach der Beschlagnahme eingetragene Grundpfandrecht wird in Rangklasse 4 befriedigt, wenn der Erwerber nach § 878 BGB wirksam gegenüber dem jeweils betreibenden Gläubiger erworben hat oder wenn ein Fall des gutgläubigen Erwerbs zu bejahen ist (§ 892 BGB i. V. m. §§ 136, 135 Abs. 2 BGB).

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Bei mehreren betreibenden Gläubigern können im Hinblick auf die Subsumtion unter die Rangklassen 4 und 6 differenzierende Verteilungsregelungen bestehen. Im Ergebnis sind ggf. verschiedene Teilungsmassen zu bilden.

141

Betreiben die Gläubiger aus den „schwebend“ wirksamen Rechten, so rücken sie von der Rangklasse 6 in die Rangklasse 5 vor und stehen im Rang zusammen mit den persönlichen Gläubigern der Rangklasse 5. Deren Rang untereinander bestimmt sich nach dem Eintritt der Beschlagnahmewirkung, § 11 Abs. 2 ZVG.170)

142

Verfahrensrechtlich ist zwischen der Behandlung im Zwangsversteigerungs- und im Zwangsverwaltungsverfahren zu unterscheiden. In der Zwangsversteigerung werden diese Rechte, weil sie nicht gemäß § 37 Nr. 4 ZVG aus dem Grundbuch zum Zeitpunkt des Versteigerungsvermerks erkennbar waren, nur auf Anmeldung berücksichtigt (vgl. § 45 Abs. 1 ZVG). Im Zwangsverwaltungsverfahren erfolgt auf die Rechte in der Rangklasse 6 keine Verteilung von Überschüssen (§ 155 Abs. 2 Satz 1 ZVG). XI. Die Rangklasse 7 – Nachrang der „älteren Rückstände“ der Rangklasse 3

143

Angesichts der Strukturen der Rangklassen 3 – 6 erscheint es konsequent, dass die Rückstände auf Forderungen der Rangklasse 3, die älter sind als vier Jahre (Rückstände, die sich nicht auf wiederkehrende Leistungen beziehen) bzw. zwei Jahre (rückständige wiederkehrende Leistungen) den Rangklassen 5 und 6 hintangesetzt werden. Eine Rangverschiebung ist jedoch möglich, wenn die Gläubiger wegen dieser älteren Forderungen gesondert die Versteigerung betreiben. Der Beitritt (vgl. § 27 Abs. 2 ZVG) führt dann zur Heraufstufung in die Rangklasse 5 mit den weiteren dortigen Gläubigern. Als Folge des § 11 Abs. 2 ZVG richtet sich dann der Rang nach dem früheren Beschlagnahmezeitpunkt gegenüber dem Schuldner (§ 22 Abs. 1 ZVG). Es kann daher im Einzelfall attraktiv sein, auch aus _____________ 170) Siehe dazu § 11 Rz. 24 ff. [Cranshaw].

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

älteren Rückständen der Rangklasse 3 zu vollstrecken. Der Anspruch aus der Rangklasse 7, weil nicht aus dem Grundbuch ersichtlich, muss angemeldet werden, da ansonsten Rangverlust droht (§§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110, 114 ZVG). Bei der zur Aufstufung in Rangklasse 5 führenden Betreibung wegen solcher Ansprüche ist freilich die Anmeldung entbehrlich, da sie durch den Versteigerungsantrag als angemeldet fingiert werden, soweit dieser die Ansprüche hinreichend beschreibt (§ 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Im Zwangsverwaltungsverfahren erfolgen keine Zuteilungen auf die Rangklasse 7 (§ 156 Abs. 2 Satz 1 ZVG), sodass es hier im Einzelfall für einen Gläubiger wie erwähnt zweckmäßig sein kann, aus seinen der Rangklasse 7 eigentlich angehörenden Forderungen zu betreiben, wiederum zum Zwecke der Heraufstufung in die Rangklasse 5.

144

Die Anordnung der Versteigerung oder der Beitrittsbeschluss oder auch nur der Antrag des Gläubigers führen gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum Neubeginn der Verjährung, sodass Verjährungsprobleme auch wegen der älteren Rückstände nicht bestehen. Auf den Umstand, dass ältere Rückstände der Rangklasse 7 zugeordnet sind, kommt es nicht an. Die spätere Verfolgung dieser Altrückstände in Rangklasse 5 bedeutet nicht, dass die Verjährung erst mit dem späteren Beitrittsbeschluss neu beginnen würde. Es genügt, wenn die Versteigerung wegen des gesamten Anspruchs in unverjährter Zeit betrieben worden ist. Hingegen vermag die Zwangsverwaltung im Hinblick auf die Forderungen der Rangklasse 7 die Verjährungsfrist nicht neu beginnen zu lassen, da sie insoweit nicht zur Vollstreckung zu führen vermag (Folge aus § 156 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

145

XII. Die Rangklasse 8 – der letzte Rang für die „älteren Rückstände“ der Rangklasse 4 Eine konsequente Wertung des Gesetzgebers ist es, die älteren Rückstände der wiederkehrenden Leistungen aus der Rangklasse 4 den Rangklassen 4– 7 als letzte gesetzliche Rangklasse 8 nachzuordnen. Betroffen sind nur Zinsen und sonstige wiederkehrende Leistungen, nicht jedoch Hauptsachebeträge, auch nicht Tilgungszuschläge bei den (unechten) Annuitätendarlehen; diese sind Hauptsachebeträge, soweit es dinglich hierauf überhaupt ankommt (siehe oben).

146

XIII. Die letzte Rangklasse außerhalb des Katalogs des § 10 ZVG und die nachrangigen Forderungen des § 37 Nr. 4 ZVG In der Literatur wird zur Illustration von Ansprüchen, die weder aus dem Grundbuch erkennbar sind noch rechtzeitig nach § 37 Nr. 4 ZVG „spätestens im [Termin] vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten“ angemeldet worden sind oder die nicht glaubhaft gemacht werden konnten, von Ansprüchen in „Rangklasse 9“171) gesprochen. Sie bleiben bei der Feststellung des geringsten Gebots unberücksichtigt (§§ 37 Nr. 4, 45 ZVG) und sie sind allen anderen Forderungen gegenüber im Teilungsplan nachrangig (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG). _____________ 171) Vgl. zu der Begrifflichkeit Stöber, ZVG, § 10 Rz. 13. Auf die Kommentierungen der §§ 37 und 45 [Bachmann] wird für weitere Einzelheiten verwiesen.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

XIV. Rangklassen bei der Vollstreckung in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge 1.

Überblick

148

Strukturell bedeutet die Frage nach Rangklassen bei den hier betroffenen Gegenständen der Vollstreckung diejenige nach dem Anwendungsbereich des § 10 ZVG. Generell ist festzuhalten, dass die Rangklassen 1, 2 und 3 und in der Folge die Rangklasse 7 der Natur der Sache nach bei Schiffen und Luftfahrzeugen nicht herangezogen werden können; die Rangklasse 1 besteht nicht, weil es keine Zwangsverwaltung gibt (vgl. §§ 165 Abs. 1, 170a Abs. 2, 171c Abs. 2 ZVG). Damit bleiben aus § 10 ZVG die Rangklassen 1a, 4, 5, 6 und 8.172) Bezüglich der Rangklassen 1a, 5, 6 und 8 ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.

149

Allerdings besteht eine Analogie sowohl zur „Rangklasse 0“ zur Zwangsverwaltung insoweit, als Kosten des Verfahrens und Kosten der Verwahrung und Bewachung (§ 165 Abs. 1 ZVG) vorrangig sind. Ebenso wird man mit Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Rellermeyer173) auch eine Analogie zu Rangklasse 1 in der Erstattung der Kosten des Gläubigers sehen, der im Fall der einstweiligen Einstellung des Verfahrens die Bewachung und Verwahrung durch einen Treuhänder angeregt hat (§ 165 Abs. 2 ZVG). Stimmt man dieser Analogiebildung zu, für die viel spricht, müssen aber auch die weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG entsprechend herangezogen werden, da sonst Nachteile für die damit nachrangigen Gläubiger der weiteren Rangklassen entstehen können.

150

Die Analogie zu den Rangklassen „0“ und „1“ gilt entsprechend auch bei den eingetragenen Luftfahrzeugen.174)

151

Insgesamt sind aber die Rangklassen als Folge der verschiedenen rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Pfandrechte an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen anders strukturiert als bei den Grundstücken.

152

Zur Rangklasse 4 (bzw. der nach der jeweiligen Definition zu einer der Rangklasse 4 entsprechenden Rangklasse) gehören die rechtsgeschäftlichen Pfandrechte an Schiffen, Schiffsbauwerken bzw. Luftfahrzeugen.

153

Bei den Schiffen und Schiffsbauwerken handelt es sich um die Schiffshypothek (§§ 8 ff. SchRG);175) zu den Schiffshypotheken an Schiffsbauwerken und Schwimmdocks vgl. die §§ 76 ff. SchRG. Zum Nießbrauch an Schiffen und seinem Rangverhältnis zur Schiffshypothek siehe § 82 SchRG.

_____________ 172) Mangels einer spezifischen Regelung mit der Bezeichnung von Rangklassen, wie es sie für die Grundstücke in § 10 ZVG gibt, sind die in der Literatur formulierten Rangklassen für die hier behandelten Vollstreckungsgegenstände (siehe im Folgenden) zutreffende Ableitungen, die aber keine formale gesetzliche Grundlage haben. 173) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 24, 35, getrennt nach Seeschiffen und Binnenschiffen, m. w. N. 174) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 13 f. m. w. N. 175) Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 15.11.1940 BGBl. III 403-4 bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 21.1.2013, BGBl. I 2013, 91.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

2.

Rangklassen bei eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken176)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer weist unter zutreffender Differenzierung nach Seeschiffen und Binnenschiffen 11 bzw. 12 Rangklassen nach.177) Maßgeblich sind die Bestimmungen des HGB zum Seehandelsrecht178) bzw. das Binnenschifffahrtsgesetz179) sowie das Schiffsrechtegesetz.

154

Bei den Binnenschiffen stehen im Mittelpunkt die Schiffsgläubigerrechte des § 102 Nrn. 1– 6 BinSchG, die ein Pfandrecht an dem Schiff nebst Zubehör generieren (§ 103 BinSchG) und die nach § 107 BinSchG jeweils eine eigene Rangklasse darstellen mit weiteren Rangbestimmungen nach Maßgabe der §§ 108 ff. BinSchG. Das Schiffsgläubigerpfandrecht hat Vorrang gegenüber allen anderen Pfandrechten an dem Schiff (§ 109 Abs. 1 BinSchG). Bei Konkurrenz der Pfandrechte nach den §§ 102 Nr. 4 – 6, 103 BinSchG mit anderen Pfandrechten an dem Schiff entscheidet jedoch über den Rang die frühere Entstehung des konkurrierenden Rechts (§ 109 Abs. 1 Halbs. 2 BinSchG).

155

Bei den Seeschiffen bestimmen ebenfalls die allen anderen Pfandrechten gegenüber vorrangigen Schiffsgläubigerrechte gemäß § 596 ff. HGB (siehe § 596 Abs. 1 Nr. 1 – 5 HGB, zum Vorrang siehe § 602 Satz 1 HGB) wesentlich die Rangklassen. Sie haben Vorrang vor „allen anderen Pfandrechten am Schiff“. Weitere Rangbestimmungen enthalten die §§ 603 ff. HGB. Dadurch werden auch die Rangklassen bestimmt.

156

Das Rang- und Rangklassenverhältnis dieser Rechte zu Schiffshypotheken und dem Nießbrauch an Schiffen bestimmen die Pfandrechte der Schiffsgläubiger (siehe oben).

157

3.

Rangklassen der Rechte an eingetragenen Luftfahrzeugen

Maßgeblich sind hier die Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen nach dem LuftFzG180) (§§ 1 – 74) sowie die vorrangigen Rechte aus „Bergungs- und Erhaltungsmaßnahmen“ gemäß den §§ 75 ff. LuftFzRG i. V. m. Art. IV des Genfer Abkommens v. 19.6.1948.181)

158

Für ausländische Luftfahrzeuge sind die §§ 103 ff. LuftFzgG zu beachten.

159

Hieraus wiederum ergeben sich die Rangklassen bei der Versteigerung gemäß den §§ 171a ff. ZVG (inländische) bzw. den §§ 171c ff. ZVG (ausländische Flugzeuge). Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer leitet aus diesem Befund zutreffend im Er-

160

_____________ 176) Für Details wird auf die Kommentierungen zu den §§ 162 ff., 171a ff. [Wedekind] verwiesen. Eingehend zu der Thematik äußert sich Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 22 ff., 34 ff., 45, m. w. N., § 171a Rz. 14. Bei den Schiffen konnte dort die Seehandelsrechtsreform noch nicht berücksichtigt werden. 177) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 162 Rz. 22 – 33 (Seeschiffe) und Rz. 34 – 44 (Binnenschiffe). 178) Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831 ff. 179) BinSchG v. 15.6.1895, BGBl. III, 4103-1 bis zur Fassung d. d. Gesetz v. 20.4.2013, BGBl. I 2013, 831. 180) Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen v. 26.2.1959, BGBl. I 1959, BGBl. III 403-9 bis zur Änderung d. d. Gesetz v. 10.10.2013, BGBl. I 2013, 3786. 181) Zum Genfer Abkommen siehe BGBl. II 1959, 129.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

gebnis 11 Rangklassen „Vor Rangklasse 1“ (= Rangklasse „0“ nach der Terminologe bei den Grundstücken) bis „Nach Rangklasse 8“ (= Rangklasse „9“ nach der Begrifflichkeit bei den Grundstücken in der Literatur) ab, die von den Kosten bis zu nachrangigen nicht ordnungsgemäß angemeldeten Rechten reichen. Die dinglichen Rechte an Flugzeugen nach den §§ 75 LuftFzG und dem Genfer Abkommen ordnet er einem Zwischenrang zwischen Rangklasse 3 und 4 zu. Wie bei den Schiffen muss man auch hier die Zuordnung der Kosten für die Verwahrung und Bewachung nach § 171c Abs. 1 ZVG zu einer Rangklasse „0“ analog den Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) vornehmen. Die Kosten der auf Anregung des Gläubigers zustande kommenden Bewachung und Verwahrung durch den Treuhänder bei einstweiliger Einstellung wird man systematisch richtig – wie ebenfalls bei den Schiffen, siehe oben – der Rangklasse 1 zuordnen. Inwieweit dies freilich mit dem völkerrechtsvertraglichen Rang des § 76 Satz 2 i. V. m. Art. IV Genfer Abkommen harmoniert,182) erscheint nicht vollständig zweifelsfrei. XV. Befriedigung von Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 10 Abs. 2 ZVG183) 161

Kernaussage des § 10 Abs. 2 ZVG ist die materiellrechtliche Haftung für die Kosten der Kündigung (des dinglichen Rechts) und der Rechtsverfolgung, soweit sie der Durchsetzung allein der dinglichen Haftung dient. Diese Kosten sind anzumelden und ggf. glaubhaft zumachen (vgl. §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1).

162

§ 10 Abs. 2 ZVG unterscheidet zwischen den Kosten der Kündigung184) und den Kosten der Rechtsverfolgung gegen den Schuldner, soweit diese notwendig sind, um spezifisch Befriedigung aus dem Grundstück oder dem anderweitigen Gegenstand der Immobiliarvollstreckung zu erlangen.185) So gehören generell Kosten der persönlichen Klage oder der Mobiliarvollstreckung nicht zu den Kosten, die unter § 10 Abs. 2 ZVG subsumiert werden können, ebenso wenig Kosten des Rettungserwerbs des Grundstücks, seiner Erhaltung186) oder Kosten des Bieters bzw. Kosten redundanter Vollstreckung.187)

163

Zu den Kosten der Rechtsverfolgung nach § 10 Abs. 2 ZVG gehören nach der neueren Rechtsprechung des BGH auch die von dem Gläubiger aufgewendeten _____________ 182) Siehe zu den Rangklassen eingehend Dassler/Schiffhauer/u. a.-Rellermeyer, ZVG, § 171a Rz. 20 – 27. 183) Vgl. auch § 12 Rz. 4 ff. [Cranshaw]. 184) Vgl. § 12 Rz. 5 f. [Cranshaw]. 185) Vgl. § 12 Rz. 5 f., 7 [Cranshaw]; siehe auch den Überblick bei Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 71, 74 – 107, u. a. zur Abgrenzung der „berücksichtigungsfähigen“ zu den „nicht berücksichtigungsfähigen Kosten“ (Rz. 93 ff.). 186) Zu dem hier einschlägigen Maßnahmen gemäß § 1134 Abs. 2 BGB vgl. RG, Urt. v. 22.12.1909 – Rep. V 18/09, RGZ 72, 332 ff. Nicht überzeugend erscheint indes die Ausnahme, dass Kosten im Sinne von § 10 Abs. 2 ZVG vorliegen, wenn „unmittelbar nach“ den vom Gläubiger bezahlten Maßregeln nach § 1134 Abs. 2 BGB die Immobiliarvollstreckung folgt, Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 99. Das Reichsgericht, RGZ 72, 334, siehe oben, hat offengelassen, ob die „Sicherungskosten“ des § 1134 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind, wenn mit dem dahingehenden Antrag derjenige nach § 1133 BGB wegen Gefährdung der Hypothek parallel gestellt wird. Sach- und praxisgerecht ist in solchen Fällen die Beantragung der Zwangsverwaltung. 187) Illustrativ Böttcher, ZVG, § 10 Rz. 102 f., 94, 98 f., 100, 105.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Kosten für das Zwangsversteigerungsverfahren, sofern er wegen dieser „Kosten der gegenwärtigen Rechtsverfolgung“ das Verfahren betreibt.188) XVI. Besonderheiten der Vollstreckung in Wohnungseigentum zur Verfolgung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 3 ZVG 1.

Voraussetzungen der Vollstreckung aus Rangklasse 2 nach § 10 Abs. 3 ZVG

Die Verfolgung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft in Rangklasse 2 hat eine Reihe von Voraussetzungen. Neben die zeitliche Beschränkung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ZVG und die volumenmäßigen Begrenzung auf den Höchstbetrag von 5 % des festgesetzten Verkehrswerts in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ZVG tritt als weitere Begrenzung die Untergrenze des § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG i. V. m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG hinzu; die Norm enthält zugleich eine zeitliche Komponente. Der Wohnungseigentümer muss sich im Hinblick auf seine Zahlungspflichten gemäß § 16 Abs. 2 WEG in Höhe von mindestens 3 % des steuerlichen Einheitswertes länger als drei Monate in Verzug befinden, § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Hat die aktivlegitimierte Wohnungs- bzw. Teileigentümergemeinschaft (§ 10 Abs. 6 und 7 WEG)189) einen vollstreckbaren Titel wegen ihrer Ansprüche erstritten, so kann sie daraus die Vollstreckung aus der Rangklasse 2 betreiben. 2.

164

Anforderungen an den Titel

Der Titel muss ein Zahlungstitel sein, der den Anspruch hinreichend spezifiziert, damit im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG festgestellt werden kann, ob der titulierte Anspruch unter § 16 Abs. 2, 28 Abs. 2, 5 WEG subsumiert werden kann. Der „Bezugszeitraum“ muss ebenfalls daraus zu erkennen sein, um die zeitlichen Grenzen der laufenden und der rückständigen Beträge beurteilen zu können; das ist zugleich die Abgrenzung zwischen den Rangklassen 2 und 5. Ferner muss aus demselben Grund die Fälligkeit festgestellt werden (siehe § 10 Abs. 3 Satz 2 ZVG). Die Wiederholung des Fälligkeitskriteriums nimmt § 10 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 1 (“daraus fällige Ansprüche“) auf, denn es soll vermieden werden, dass die Gemeinschaft Ansprüche in Rangklasse 2 geltend macht, die eine andere Teileigentumseinheit des Vollstreckungsschuldners in derselben WEG-Anlage betreffen.190) Möglich sind diese Angaben im Vollstreckungsbescheid oder im Urteil,191) allerdings nicht notwendig im Urteilstenor. Vielmehr können sich die Angaben aus den Gründen ergeben. Die Prüfung der Voraussetzungen erfolgt im Erkenntnisverfahren und ist nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts. Zugleich verbindet der Gesetzgeber damit die Klarstellung, dass es keines Duldungstitels bedarf (zu Besonderheiten in der Insolvenz des Wohnungseigentümers siehe nachfolgend unter Rz. 168), um aus Rangklasse 2 zu vollstrecken. Im beschleunigt ablaufenden Mahnverfahren könnte _____________ 188) BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – V ZB 161/12, ZfIR 2013, 869 ff., Rz. 8 = Jurion 2013, 46816, zur Ablösung gemäß § 268 BGB. 189) Siehe Palandt/Bassenge, BGB, § 10 WEG Rz. 26 f., 34, § 16 WEG Rz. 35. 190) BT-Drucks. 16/887, S. 45. 191) Vgl. dazu die Gesetzesbegründung des § 10 Abs. 3 ZVG in dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, BTDrucks. 16/887 v. 9.3.2006, S. 45 f.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

ein Duldungstitel ohnehin nicht erstritten werden (vgl. § 688 Abs. 1 ZPO).192) Sind die maßgeblichen Kriterien, nämlich die Art des Anspruchs, der Bezugszeitraum oder die Fälligkeit dem Titel nicht zu entnehmen, muss der Gläubiger sie „in sonst geeigneter Weise“ glaubhaft machen (§ 10 Abs. 3 Satz 3 ZVG). Strukturell bedeutet dieser Ansatz, dass die erwähnten Merkmale generell glaubhaft zu machen sind (§ 294 ZPO), entweder eben durch Vorlage des die Angaben enthaltenden Titels oder auf „sonst geeignete Weise“. Die vom Gesetzgeber angedachten Fallkonstellationen sind „Versäumnis-, Anerkenntnis- und Verzichtsurteile“193) (§§ 331, 307, 306 ZPO), die nach § 313b ZPO ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe abgesetzt werden dürfen. Dasselbe gilt für Urteile, gegen die ein Rechtmittel nicht zulässig ist, z. B. wegen Fehlens einer Beschwer für die Berufung (siehe § 511 Abs. 1 ZPO), vgl. § 313a ZPO.194) In der Praxis dürfte die Absetzung des Versäumnis- oder Anerkenntnisurteils nach § 313b Abs. 2 ZPO dennoch die unproblematischste Lösung darstellen, da das Urteil „auf die Urschrift oder Abschrift der Klageschrift oder ein damit zu verbindendes Blatt gesetzt werden“ kann. Das echte Versäumnisurteil bzw. das Anerkenntnisurteil können sogar in der Urteilsformel auf die Klageschrift Bezug nehmen, Klageschrift und Urteil sind jedenfalls miteinander zu verbinden (§ 313b Abs. 2 Sätze 4, 5 ZPO). In diesen Fällen geht die Vorlage des Urteils, dessen Gegenstand die vollständige Klageschrift ist, über die Glaubhaftmachung hinaus. Die Judikatur des BGH zu IX ZR 120/10 (Rz. 24 ff., 26, siehe nachfolgend unter Rz. 167) zeigt aber ohnedies, dass die notwendigen Merkmale zur Rechtsverfolgung in der Rangklasse 2 durchaus im Tenor des Vollstreckungstitels untergebracht werden können. 3. 166

Untergrenze der Vollstreckung aus der Rangklasse gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG

Die Untergrenze bzw. der Mindestbetrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 ZVG beruht darauf, dass § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG die Wertung enthält, das Entziehungsrecht nach § 18 Abs. 1 WEG, d. h. das prozessual durchsetzbare Verlangen an den betroffenen Eigentümer, sein Wohnungs- oder Teileigentum zu veräußern, setze erst ein, wenn der Betroffene länger als drei Monate mit Zahlungsverpflichtungen gemäß § 16 Abs. 2 WEG in Verzug ist, die höher sind als 3 % des steuerlichen Einheitswerts. § 10 Abs. 3 ZVG spiegelt die zitierte Norm des § 18 WEG wider, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Der Gesetzgeber meinte sogar, Entziehungen von Wohnungseigentum würden sich vornehmlich als Folge von Rückständen aus Versteigerungen nach der Rangklasse 2 abspielen, da § 18 WEG ansonsten die Versteigerung nur aus Rangklasse 5 ermöglicht.195) Die Untergrenze spielt indes zutreffend keine Rolle, wenn ein dritter Gläubiger das Verfahren betreibt und die Gemeinschaft ihren Anspruch lediglich im Verfahren anmeldet (vgl. § 37 Nr. 4 ZVG).196) _____________ 192) BT-Drucks. 16/887, S. 46. 193) BT-Drucks. 16/887, S. 46. 194) Die Fallkonstellationen des § 313a ZPO decken zugleich die „Bagatellverfahren“ des § 495a ZPO vor dem Amtsgericht ab, siehe Zöller/Herget, ZPO, § 495a Rz. 12. 195) BT-Drucks. 16/887, S. 45. 196) BT-Drucks. 16/887, S. 46.

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§ 10

Rangklassen der Gläubigerbefriedigung

Die Gemeinschaft wird regelmäßig den steuerlichen Einheitswert (§ 19 Bewertungsgesetz, § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO) nicht kennen und daher an dieser zwingenden von ihr zu beweisenden Voraussetzung scheitern, wenn sie nicht vom Schuldner oder dem Finanzamt oder einer sonstigen öffentlichen Stelle den Einheitswert erfährt.197) Der Preisgabe dieser Information an die Gemeinschaft, die aus der Rangklasse 2 betreibt, steht das sehr weitgehende Steuergeheimnis entgegen (vgl. § 30 AO). Deshalb befreit § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZVG bzw. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG vom Steuergeheimnis.198) Die Mitteilung des Einheitswerts ist dann nicht mehr unbefugt i. S. d. § 30 Abs. 2 AO, sondern zulässig nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Entscheidend ist der Einheitswert zum Zeitpunkt der Beschlagnahme199) (für die betreibende Gemeinschaft, vgl. §§ 22, 27 Abs. 2 ZVG). Der Zustimmung des Schuldners zur Auskunft bedarf es aufgrund dieser Änderung nicht mehr,200) wenn die Gemeinschaft dem Finanzamt den Titel vorlegt, der den Anforderungen des § 10 Abs. 3 Sätze 2, 3 ZVG genügt. Der BGH lässt auch 3 % des gerichtlich festgesetzten Verkehrswerts (§ 74a Abs. 5 ZVG) ausreichend sein, da dieser den Einheitswert regelmäßig (erheblich) übersteigt.201) 4.

167

Besonderheiten im Insolvenzverfahren des Wohnungs-/Teileigentümers

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Wohnungs-/Teileigentümers kann aus der Rangklasse 2 nur bezüglich der vor der Verfahrenseröffnung fällig gewordenen Forderungen der Gemeinschaft die Versteigerung betrieben werden, da nur insoweit ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO infolge des dortigen Verweises auf das ZVG besteht.202) Dieses Absonderungsrecht entsteht unabhängig von der Beschlagnahme.203) Die betroffenen Forderungen sind Insolvenzforderungen, da Absonderungsrechte sich nur darauf beziehen können. Die Durchsetzung des Anspruchs _____________ 197) Siehe zu der Problematik umfassend Comanns, ZfIR 2009, 489 ff., kritisch zu einer Pflicht des FA zur Angabe des Einheitswertes; die Autorin befürwortet die Anwendung von § 792 ZPO. 198) § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZVG wurde in das ZVG eingefügt durch Art. 8 Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes v. 7.7.2009, BGBl. I 2009, 1707; siehe zur Begründung, den Finanzbehörden zu ermöglichen, den Einheitswert der Wohnungseigentümergemeinschaft mitzuteilen, die BT-Drucks. 16/12714 v. 22.4.2009, S. 18, 22 f. (§ 10 Abs. 3 ZVG; entsprechend wurde § 18 WEG durch Art. 9 desselben Gesetzes ergänzt, in Kraft ab 11.7.2009. 199) BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZfIR 2011, 825 ff., Rz. 36 f. = ZIP 2011, 1723 ff. = Rpfleger 2011, 686 ff., zu Hausgeldansprüchen in der Insolvenz des Wohnungseigentümers. 200) Der Schuldner ist zur Angabe des Einheitswerts nicht verpflichtet, BGH, Beschl. v. 22.10.2009 – V ZR 137/09, Umdruck Rz. 5 = NZM 2010, 129 = JurionRS 2009/25044; BGH, Beschl. v. 16.7.2008 – V ZR 57/09, NJW-RR 2009, 1613 = JurionRS 2009, 20559. 201) BGH, Beschl. v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, Rpfleger 2009, 399 ff. = ZfIR 2009, 477 ff., Ls., eingehend Rz. 10 ff. 202) BGH, Urt. v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, Rpfleger 2011, 686 ff. = ZfIR 2011, 825 ff., Rz. 17 ff., u. a. zur „Abrechnungsspitze“ (= Differenz zwischen den Wohngeldvorauszahlungen und den tatsächlichen Kosten aufgrund der Jahresabrechnung), die Masseverbindlichkeit ist, wenn über die Abrechnung erst nach Insolvenzeröffnung beschlossen wurde (BGH, a. a. O., Rz. 10.). Grundlegend bereits BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, ZIP 2009, 818 ff., Rz. 7 = Rpfleger 2009, 407 ff. 203) BGH, IX ZR 120/10, Rz. 19, 21 f., m. w. N.

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168

§ 11

Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse

erfolgt durch Duldungsklage analog § 1147 BGB, deren Tenor die Beschränkungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG aufzuweisen habe.204) 169

Nach Verfahrenseröffnung fällige Beträge oder erst danach entstehende Forderungen sind oktroyierte Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO i. V. m. § 90 Abs. 1 InsO, aus denen die Gemeinschaft nach Titulierung gegen den Insolvenzverwalter (bei Eigenverwaltung gegen den Schuldner) die Versteigerung in der Rangklasse 5 betreiben kann. Ein Absonderungsrecht hat sie als Folge des § 91 Abs. 1 InsO nicht mehr auf ihrer Seite.205) Diese Möglichkeit besteht erst für Zeiträume nach Ablauf von sechs Monaten nach Insolvenzeröffnung, soweit nicht Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde (vgl. §§ 90 Abs. 1, 210, 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Ansonsten ist die Leistungsklage unzulässig.206) _____________ 204) BGH, IX ZR 120/10 Rz. 24 ff. 205) BGH, IX ZR 120/10, Rz. 7, 33 f. m. w. N., siehe HK-InsO/Lohmann, Hinweis auf die Möglichkeit der Erinnerung nach § 766 ZPO durch den Verwalter und die Heilung durch Ablauf des Sechsmonatszeitraums, soweit die Maßnahme vorher Wirksamkeit entfaltet. Die Insolvenzeröffnung tritt an die Stelle der Beschlagnahme zum Zwecke der Berechnung des für das Vorrecht relevanten Zeitraums. 206) BGH, IX ZR 120/10, Rz. 7 m. w. N.; BGH, Urt. v. 3.4.2003 – IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358 ff., Ls c) und S. 360 f. Gibt der Insolvenzverwalter das Wohnungseigentum trotz Masseunzulänglichkeit längere Zeit nicht aus dem Insolvenzbeschlag frei, entstehen durch Leistungsklage durchsetzbare Neumasseverbindlichkeiten gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO, OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.4.2006, I-3 Wx 299/05, ZInsO 2007, 154 ff.

§ 11 Rangordnung mehrerer Rechte in derselben Klasse (1) Sind Ansprüche aus verschiedenen Rechten nach § 10 Nr. 4, 6 oder 8 in derselben Klasse zu befriedigen, so ist für sie das Rangverhältnis maßgebend, welches unter den Rechten besteht. (2) In der fünften Klasse geht unter mehreren Ansprüchen derjenige vor, für welchen die Beschlagnahme früher erfolgt ist. Übersicht I.

Funktion der Norm des § 11 Abs. 1 ZVG und Anwendungsbereich ............. 1 1. Aufgabe des § 11 Abs. 1 ZVG .............. 1 2. Anwendungsbereich der Vorschrift ..... 8 II. Rangbestimmung ............................... 10 1. Sonstige Beteiligte nach dem ZVG im „weiteren Sinne“ und Abgrenzung zu § 9 ZVG .................... 10 2. Im Grundbuch eingetragene Rechte .... 13 a) Rechtsgrundlage und Rolle der Vormerkung ........................... 13 b) Strukturen der Rangfolge nach § 879 BGB ............................ 15 3. Nicht eingetragene Rechte ................. 23

132

III. Differenzierungen in der Rangklasse 5 gemäß § 11 Abs. 2 ZVG ................................. 24 1. Verteilungsregelung des § 11 Abs. 2 ZVG .................................. 24 2. Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 ZVG .................................. 25 a) Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte .............................. 25 b) Schiffe und Schiffsbauwerke ....... 26 c) Luftfahrzeuge ............................... 32

Cranshaw

§ 94

Gerichtliche Verwaltung

VI. Verwendungsersatz (Abs. 2)

Sind vor dem Zuschlag Verwendungen auf das Grundstück oder die mit versteigerten Gegenstände gemacht worden, dann ist der Ersteher gemäß § 93 Abs. 2 ZVG nicht zum Ersatz verpflichtet; denn der Ersteher trägt die Lasten des Grundstücks gemäß § 56 Satz 2 erst ab dem Zuschlag.

30

Verwendungen, die der Besitzer erst nach dem Zuschlag gemacht hat, sind ihm jedoch gemäß §§ 994 ff. BGB zu ersetzen. Wenn der Ersteher ersatzpflichtig ist, hat der Besitzer ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 1000 Satz 1 BGB. Die Geltendmachung dieses Rechts erfolgt durch Klage gemäß § 771 ZPO.

31

§ 94 Gerichtliche Verwaltung (1) Auf Antrag eines Beteiligten, der Befriedigung aus dem Bargebot zu erwarten hat, ist das Grundstück für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen, solange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist. Der Antrag kann schon im Versteigerungstermin gestellt werden. (2) Auf die Bestellung des Verwalters sowie auf dessen Rechte und Pflichten finden die Vorschriften über die Zwangsverwaltung entsprechende Anwendung. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Anordnung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 1) ............................ 3 1. Voraussetzungen ................................... 3 2. Anordnungsbeschluss ........................... 6 3. Rechtsbehelf .......................................... 8 III. Durchführung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 2) ............................ 9 1. Allgemeines ........................................... 9 2. Rechtsstellung des gerichtlichen Verwalters ............................................ 10

I.

3.

Aufgaben des gerichtlichen Verwalters ............................................ 11 4. Kosten der gerichtlichen Verwaltung ........................................... 12 a) Gerichtskosten ............................. 12 b) Vergütung des Verwalters ........... 13 c) Kostentragung .............................. 14 d) Vorschuss ..................................... 15 IV. Aufhebung des Verfahrens ............... 16

Allgemeines

Der Ersteher wird bereits mit dem Zuschlag Eigentümer des Grundstücks und der mitversteigerten Gegenstände (§ 90 ZVG). Er kann sich gemäß § 93 ZVG mit Hilfe des Zuschlagsbeschlusses auch den Besitz verschaffen – sogar im Wege der Herausgabevollstreckung. Auf der anderen Seite muss das Meistbargebot erst „vor dem Verteilungstermin“ berichtigt werden (§ 49 Abs. 1 ZVG). Dies kann dazu führen, dass der Ersteher vor Bezahlung oder Hinterlegung des Meistbargebots über das Grundstück und/oder die mit versteigerten Gegenstände verfügt oder die Nutzungen zieht. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sieht § 94 ZVG die Möglichkeit vor, die gerichtliche Verwaltung für Rechnung des Erstehers zu beantragen.

1

Die Vorschrift gilt für fast alle Versteigerungsarten, auch für die Teilungsversteigerung; ausgenommen sind die Versteigerung von Schiffen (siehe Sondervorschrift des § 170 ZVG) und die Versteigerung von Luftfahrzeugen (siehe Sondervorschrift § 171g ZVG).

2

Bachmann

803

§ 94

Gerichtliche Verwaltung

II. Anordnung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 1) 1.

Voraussetzungen

3

Die gerichtliche Verwaltung wird nicht von Amts wegen angeordnet; sie setzt vielmehr einen Antrag voraus. Antragsberechtigt ist jeder Beteiligte, der eine Zuteilung aus dem abgegebenen Bargebot zu erwarten hat (Abs. 1 Satz 1). Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist anhand eines vorläufigen Teilungsplans festzustellen. Beteiligte, die voraussichtlich keine Zuteilung erhalten, sind demnach nicht antragsberechtigt. Aber auch Beteiligte, deren Anspruch durch eine geleistete Bietsicherheit voll gedeckt ist, können den Antrag nicht stellen; denn im Verteilungstermin werden sie aus der Sicherheit befriedigt. Nicht antragsberechtigt ist auch der Schuldner als bisheriger Eigentümer; nur wenn er eine Zuteilung als Inhaber eines Eigentümerrechts oder einen Erlösüberschuss erwarten kann, steht auch ihm ein Antragsrecht zu.

4

Der Antrag kann nach Absatz 1 Satz 2 schon im Versteigerungstermin gestellt werden – aber naturgemäß erst nach Abgabe eines Gebots; denn erst dann kann die Antragsberechtigung geprüft werden. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben; deshalb kann der Antrag schriftlich, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder im Versteigerungs- bzw. Verkündungstermin zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden. Der Antrag kann auch jederzeit wieder – formlos – zurückgenommen werden.

5

Angeordnet werden kann die gerichtliche Verwaltung nur, wenn der Ersteher das Bargebot noch nicht gezahlt oder hinterlegt hat. Bei einer Teilzahlung kommt es darauf an, ob diese ausreicht, um den Anspruch des Antragstellers (und natürlich auch die im Rang vorgehenden Ansprüche) zu decken. Wenn dies zutrifft, fehlt ihm das Antragsrecht (s. o.); wenn sein Anspruch dagegen nicht gedeckt werden kann, ist er nach wie vor antragsberechtigt, und es kann die Anordnung erfolgen. 2.

Anordnungsbeschluss

6

Über den Antrag entscheidet das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) durch Beschluss. Dieser kann erst nach dem Wirksamwerden des Zuschlags (§§ 89, 104 ZVG) erlassen werden; denn erst da steht der Ersteher fest, auf dessen Rechnung die Verwaltung erfolgen soll. Der Beschluss wird gemäß § 329 Abs. 3 ZPO dem Ersteher zugestellt; dem Antragsteller wird der Beschluss formlos mitgeteilt (§ 329 Abs. 2 ZPO). Die übrigen Beteiligten brauchen nicht benachrichtigt zu werden;1) dies gilt auch für den Vollstreckungsschuldner als bisherigen Eigentümer.2)

7

In dem Beschluss ist nach § 94 Absatz 2, § 150 Absatz 1 ZVG ein Verwalter zu bestellen. Wenn bereits eine Zwangsverwaltung läuft,3) ist es sinnvoll, den dortigen Zwangsverwalter auch zum gerichtlichen Verwalter nach § 94 ZVG zu bestellen. Hierbei sollte jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es sich um verschiedene Verfahren handelt. Hierbei gilt Folgendes: _____________ 1) 2) 3)

804

Stöber, ZVG, § 94 Rz. 2.6; a. A. Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl., § 94 Rz. 6. So Stöber, ZVG, § 94 Rz. 2.6; a. A. Böttcher, ZVG, § 94 Rz. 4. Sei es gegen den „alten“ Eigentümer oder bereits gegen den Ersteher als „neuen“ Eigentümer.

Bachmann

§ 94

Gerichtliche Verwaltung



Eine noch fortlaufende Zwangsverwaltung (gegen den Vollstreckungsschuldner) geht in ihrer Wirkung der Sicherungsverwaltung nach § 94 ZVG vor. Beide Verwaltungsmassen sind voneinander getrennt zu halten und getrennt abzurechnen.4)



Auch die Zwangsverwaltung gegen den Ersteher und die gerichtliche Verwaltung nach § 94 ZVG müssen voneinander getrennt durchgeführt werden. Hier gebührt aber der gerichtlichen Verwaltung nach § 94 ZVG, soweit ihre Wirkungen reichen, der „Vorrang“. Konkret bedeutet dies, dass nur solche Einnahmen, die in der Verwaltung nach § 94 ZVG nicht zu verteilen sind, in die Zwangsverwaltungsmasse einfließen und dort ausgeschüttet werden können.5)

3.

Rechtsbehelf

Ist der Ersteher vor der Anordnung nicht angehört worden, kann er sich mit der (unbefristeten) Erinnerung nach § 766 ZPO wehren. Wurde er vorher gehört, ist die sofortige Beschwerde der richtige Rechtsbehelf. Dies gilt auch für die Zurückweisung eines Antrags auf Anordnung der gerichtlichen Verwaltung.

8

III. Durchführung der gerichtlichen Verwaltung (Abs. 2) 1.

Allgemeines

Auf die Verwaltung sind nach Absatz 2 alle Vorschriften aus dem Zwangsverwaltungsrecht anzuwenden, die sich mit der Bestellung des Verwalters und mit seinen Rechten und Pflichten befassen. Somit sind folgende Vorschriften entsprechend anwendbar: –

§ 150 ZVG – Bestellung des Verwalters; Übergabe des Grundstücks.



§ 151 Abs. 3 ZVG – Zahlungsverbot an den Drittschuldner.



§ 152 ZVG – Ansprüche und Nutzungen ab dem Zuschlag sind vom Verwalter geltend zu machen.



§ 153 ZVG – Anordnungen und Aufsicht durch das Gericht.



§ 154 ZVG – Haftung und Rechnungslegung des Verwalters.



§ 155 ZVG – Verteilung der Nutzungen.



§ 161 ZVG – Aufhebung des Verfahrens; Vorschusspflicht.

2.

Rechtsstellung des gerichtlichen Verwalters

Der Verwalter ist nicht Vertreter des Erstehers, aber für dessen Rechnung tätig aufgrund des ihm übertragenen Amtes; somit ist er „Partei kraft Amtes“ und damit im Rahmen seiner Tätigkeit auch prozessführungsbefugt. 3.

10

Aufgaben des gerichtlichen Verwalters

Der Verwalter hat alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das verwaltete Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten. Er hat also die Nutzungen des Grundstücks (z. B. Mietzins) einzuziehen. Er kann Miet- und _____________ 4) 5)

9

Stöber, ZVG, § 94 Rz. 3.5. Stöber, ZVG, § 94 Rz. 3.7.

Bachmann

805

11

§ 94

Gerichtliche Verwaltung

Pachtverhältnisse auch kündigen, sogar neue Mietverträge abschließen.6) Aus den Einnahmen hat der Verwalter die laufenden Ausgaben zu erfüllen: Rangklasse 3 ab Zuschlag; Rangklasse 4 nur die wiederkehrenden Leistungen bestehen gebliebener Rechte ab Zuschlag; Zinsen übertragener Forderungen (§ 118 ZVG) ab dem Verteilungstermin. Hierbei ist es u. U. notwendig, einen Teilungsplan zur Verteilung der Überschüsse aufzustellen (§§ 94 Abs. 2, 156 ZVG). Verbleibt hiernach noch ein Überschuss, so ist dieser dem Ersteher zu überlassen; er kann auf keinen Fall zum Versteigerungserlös genommen werden. 4.

Kosten der gerichtlichen Verwaltung

a) Gerichtskosten 12

Das GKG sieht hierfür keine gesonderten Gebühren vor. Unter Umständen können jedoch Auslagen entstehen (z. B. Zustellungsauslagen). b) Vergütung des Verwalters

13

Der gerichtlich bestellte Verwalter hat Anspruch auf eine Vergütung und auf Ersatz seiner Auslagen. Die Höhe richtet sich nach Art und Umfang der Aufgabe (§ 17 Abs. 1 ZwVwVO). Eine vom Verwalter zu zahlende Umsatzsteuer wird zusätzlich vergütet (§ 17 Abs. 2 ZwVwVO). c) Kostentragung

14

Der Ersteher hat die Kosten der gerichtlichen Verwaltung zu tragen Wenn sie nicht aus den Erträgnissen der Verwaltung gedeckt werden können, kann der Verwalter seinen Vergütungsanspruch gegen den Ersteher gerichtlich geltend machen. d) Vorschuss

15

Vom Antragsteller kann gemäß § 94 Absatz 2 ZVG i. V. m. § 161 Absatz 3 ZVG ein entsprechender Vorschuss angefordert werden. IV. Aufhebung des Verfahrens

16

Aufgehoben wird die gerichtliche Verwaltung durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts, wenn die Voraussetzungen entfallen: –

bei Antragsrücknahme,



bei Befriedigung des Antragstellers (auch bei einer solchen nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG),



bei rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlags,



bei Zahlung oder Hinterlegung des Meistbargebots,



wenn ein angeordneter Vorschusse nicht geleistet wird (§§ 94 Abs. 2 ZVG i. V. m. 161 Abs. 3 ZVG).

_____________ 6)

806

Hinsichtlich des Abschlusses neuer Mietverträge zum Teil a. A. OLG Düsseldorf, NJWRR 1997, 1100.

Bachmann

VII. Beschwerde § 95 Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde Popp

Gegen eine Entscheidung, die vor der Beschlußfassung über den Zuschlag erfolgt, kann die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft. Übersicht I. Normzweck und Regelungsinhalt ..... 1 II. Reichweite der Einschränkung .......... 2 III. Zulässigkeit und Abgrenzung der Rechtsbehelfe ..................................... 10

I.

IV. Beschwerderegelungen und Verfahren ............................................ 15 V. Rechtsbehelfsbelehrung .................... 18

Normzweck und Regelungsinhalt

Die Regelung dieser Norm dient der Beschleunigung des Verfahrens.1) Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts vor Zuschlagserteilung sollen nur eingeschränkt anfechtbar sein. Insbesondere kann die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft.

1

II. Reichweite der Einschränkung Die übrigen Beschlüsse dienen nur der Vorbereitung des Zuschlagsbeschlusses oder der Zuschlagsversagung und könnten nicht selbstständig angefochten werden.2)

2

Nicht ausgeschlossen ist durch § 95 ZVG die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) für Schuldner, Gläubiger und sonstige Beteiligte gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsgerichts. Dies gilt auch gegen Verfahrensmaßnahmen/ Vollstreckungshandlungen, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgen.3)

3

Auch bei Zwischenverfahren mit eigenem Rechtszug gilt § 95 ZVG nicht.4) Selbstständig anfechtbar sind daher z. B. die Entscheidungen über einen Einstellungsantrag des Schuldners/Antragsgegners nach § 30b Abs. 3 Satz 1, § 180 Abs. 2 ZVG und dem Wertfestsetzungsverfahren (§ 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG).5) Dies ergibt sich schon aus der ausdrücklichen gesetzlichen Zulassung dieser Beschwerden.

4

_____________ 1) 2) 3) 4) 5)

Böttcher, ZVG, § 95 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 95 Rz. 4.1; vgl. Parallelen in § 305 StPO. Stöber, ZVG, § 95 Rz. 4.4. Böttcher, ZVG, § 95 Rz. 12. Böttcher, ZVG, § 95 Rz. 12.

Popp

807

§ 95

Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde

5

Ebenso wenig ist die befristete Erinnerung nach § 11 RpflegerG ausgeschlossen,6) soweit diese im konkreten Fall zulässig ist. Diese findet statt, wenn gegen die richterliche Entscheidung an sich kein Rechtsmittel gegeben ist und dient dem Justizgewinnungsanspruch.

6

§ 95 ZVG beschränkt auch nicht die Anfechtbarkeit von selbstständigen Nebenverfahren, z. B. Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Ablehnungsgesuche, Vergütungsansprüche etc.7) Diese tangieren die Grundidee des § 95 ZVG nicht.

7

Für Entscheidungen, die nach dem Zuschlag ergehen, gilt § 95 ZVG ebenfalls nicht.8) Die Beschwerde gegen den Zuschlag ist in §§ 96 ff. ZVG näher geregelt.

8

Materielle Einwendungen schließlich sind regelmäßig durch die Vollstreckungsabwehrklage und die Drittwiderspruchsklage zu verfolgen.9) § 95 ZVG hat insofern keine Bedeutung.

9

Angesichts der Regelungen der § 95 ff. ZVG besteht für eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage gegen Handlungen im Rahmen des Verfahrens regelmäßig kein Rechtschutzbedürfnis.10) III. Zulässigkeit und Abgrenzung der Rechtsbehelfe

10

Zulässig ist die sofortige Beschwerde in den in § 95 ZVG genannten Fällen. Anfechtbar ist hiermit die Entscheidung über die Anordnung, auch des Beitritts, sowie über die Aufhebung oder Einstellung bzw. Fortsetzung des Verfahrens. In jedem Fall ist die sofortige Beschwerde auch dann zulässig, wenn sie im Gesetz ausdrücklich angeordnet worden ist.

11

Soweit eine Beschwerde zulässig ist, gelten die allgemeinen Voraussetzungen. Abzugrenzen ist die Beschwerde insoweit gegenüber der Vollstreckungserinnerung. Hierbei ist zwischen einer Vollstreckungsentscheidung und einer Vollstreckungsmaßnahme abzugrenzen. Nur gegen eine Entscheidung ist die Beschwerde zulässig, gegen eine Vollstreckungsmaßnahme findet Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO statt.11)

12

Hat das Vollstreckungsgericht und das Vorbringen beider Parteien tatsächlich und rechtlich vor Erlass des Beschlusses gewürdigt, so liegt eine Entscheidung vor, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich der Antragsgegner tatsächlich geäußert hat, es genügt die entsprechende Möglichkeit durch die Gewährung rechtlichen Gehörs.12) Es ist dann die sofortige Beschwerde zulässig, fehlt es an einer solchen Entscheidung kommt die Vollstreckungserinnerung in Betracht.

13

Soweit ein Vollstreckungsantrag des Gläubigers oder ein Antrag des Schuldners zurückgewiesen wurde, ist das zulässige Rechtsmittel, sofern es § 95 ZVG über_____________ 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12)

808

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 95 Rz. 12. Stöber, ZVG, § 95 Rz. 4.7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 95 Rz. 61. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 95 Rz. 7. BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 128/11, Rpfleger 2013, 467, 468 f. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 95 Rz. 9 f. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 95 Rz. 10.

Popp

§ 95

Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde

haupt zulässt, stets die sofortige Beschwerde und nicht die Vollstreckungserinnerung.13) Demgegenüber ist die befristete Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RpflegerG nur in den Fällen zulässig, in denen nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben wäre. Grund für diese Regelung ist der Justizgewährungsanspruch. Es soll bei Entscheidungen des Rechtspflegers, die angegriffen werden, ein Richter auf entsprechenden Rechtsbehelf hin die Entscheidung überprüfen.14)

14

IV. Beschwerderegelungen und Verfahren Hinsichtlich der formellen Voraussetzungen und Wirkungen der Beschwerde gelten die allgemeinen Regelungen (vgl. § 793 ZPO) soweit sich aus den §§ 95 ff. ZVG nichts anderes ergibt.15) Die sofortige Beschwerde kann schriftlich zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze zur Schriftform bei prozessualen Handlungen. Es ist auch möglich, die Beschwerde beim Beschwerdegericht einzureichen (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (§ 570 ZPO), sie ist mit einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen, der Beginn richtet sich nach § 569 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO. Einer Begründung bedarf es an sich nicht, praktisch ist sie aber zumeist unerlässlich.

15

Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss. Wenn die Beschwerde des Schuldners gegen einen Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss teilweise begründet ist, darf das Beschwerdegericht nicht die Beschlagnahme mit Beschluss aufheben und an das Vollstreckungsgericht zurückverweisen, weil damit die Beschlagnahmewirkung endgültig entfallen würde.16)

16

Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn sie zugelassen wird. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung im Rahmen des ZVG, wonach die Rechtsbeschwerde statthaft ist, ist nicht getroffen worden.17) Die Voraussetzungen für eine Zulassung ergeben sich aus § 574 Abs. 2 ZPO. Es muss demnach eine grundsätzliche Bedeutung gegeben sein oder die Rechtsbeschwerde muss zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sein. Insoweit gelten dieselben Kriterien wie bei der Revisionszulassung.18) Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz im Rahmen der Rechtsbeschwerde nicht vor.19)

17

V. Rechtsbehelfsbelehrung Zu beachten ist schließlich, dass mit Wirkung vom 1.1.14 jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung im Zivilprozess eine Rechtsmittelbelehrung erfordert, soweit nicht Anwaltszwang besteht (vgl. näher § 232 ZPO). Im Rahmen des ZVG ist nach _____________ 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 95 Rz. 11. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 95 Rz. 12. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 95 Rz. 1, 5. Stöber, ZVG, § 95 Rz. 5.7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 95 Rz. 41. Musielak-Ball, ZPO, § 574 Rz. 6. Musielak-Ball, ZPO, § 574 Rz. 9.

Popp

809

18

§ 96

Anzuwendende Vorschriften

der Gesetzesbegründung neben den zur Anwendung kommenden Rechtsbehelfen der ZPO über das Recht der Zuschlagsbeschwerde zu belehren.20) Keine Belehrungspflicht besteht im Hinblick auf die ohne Anhörung getroffene Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung21) (siehe hierzu auch § 98 Rz. 6 [Popp]). _____________ 20) BT-Drucks. 17/10490, S. 14. 21) BT-Drucks. 17/10490, S. 14.

§ 96 Anzuwendende Vorschriften Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist. 1

Die Regelung bestimmt, dass grundsätzlich die §§ 569 ff. ZPO auch für die Beschwerde gegen die Entscheidungen über den Zuschlag gelten, sofern sich nicht aus den nachfolgenden Bestimmungen (§§ 97 – 104 ZVG) etwas anderes ergibt. Insoweit wird auf die nachfolgenden Kommentierungen verwiesen.

2

Strittig ist, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach den § 578 ff. ZPO erfolgen kann. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass Rechtssicherheit keine Rückabwicklung erlaube.1) Richtigerweise wird man aber eine entsprechende außerordentliche Beschwerde (§ 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zulassen, wenn die Voraussetzungen der Nichtigkeit oder Restitutionsklage vorliegen und ein Beschwerdegrund nach § 100 ZVG, als zweite Einschränkung, gegeben ist.2) Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass eine außerordentliche Beschwerde zulässig ist, wobei dies nch seiner Ansicht nicht zu einer Ausdehnung der Beschwerdegründe des § 100 ZVG führen darf.3) Für zulässig erachtet hat der BGH eine außerordentliche Beschwerde gerade bei Beteiligung eines prozessunfähigen Schuldners.4)

3

Letztendlich ist dann der Zuschlag aufzuheben und der frühere Zustand wieder herzustellen, soweit nicht ein gutgläubiger Erwerb von Rechten oder dem Grundstück vorliegt.5) Ist die Wiederherstellung nicht möglich, besteht ggf. ein Schadenersatzanspruch.6) Ebenfalls denkbar sind Ansprüche des Erstehers gegenüber dem „früheren“ Ersteher nach den Grundsätzen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses.7) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

810

OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.2.1975 – 8 W 8/75, NJW 1976, 1324. Stöber, ZVG, § 96 Rz. 3.5; Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 3 m. w. N. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, NJOZ 2005, 77, 79 f. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, NJOZ, 2005, 77, 79 f. Stöber, ZVG, § 96 Rz. 3.7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 96 Rz. 3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 96 Rz. 3. BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, RPfleger 2010, 384, 385 f.

Popp

§ 96

Anzuwendende Vorschriften

der Gesetzesbegründung neben den zur Anwendung kommenden Rechtsbehelfen der ZPO über das Recht der Zuschlagsbeschwerde zu belehren.20) Keine Belehrungspflicht besteht im Hinblick auf die ohne Anhörung getroffene Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung21) (siehe hierzu auch § 98 Rz. 6 [Popp]). _____________ 20) BT-Drucks. 17/10490, S. 14. 21) BT-Drucks. 17/10490, S. 14.

§ 96 Anzuwendende Vorschriften Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist. 1

Die Regelung bestimmt, dass grundsätzlich die §§ 569 ff. ZPO auch für die Beschwerde gegen die Entscheidungen über den Zuschlag gelten, sofern sich nicht aus den nachfolgenden Bestimmungen (§§ 97 – 104 ZVG) etwas anderes ergibt. Insoweit wird auf die nachfolgenden Kommentierungen verwiesen.

2

Strittig ist, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach den § 578 ff. ZPO erfolgen kann. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass Rechtssicherheit keine Rückabwicklung erlaube.1) Richtigerweise wird man aber eine entsprechende außerordentliche Beschwerde (§ 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO) zulassen, wenn die Voraussetzungen der Nichtigkeit oder Restitutionsklage vorliegen und ein Beschwerdegrund nach § 100 ZVG, als zweite Einschränkung, gegeben ist.2) Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass eine außerordentliche Beschwerde zulässig ist, wobei dies nch seiner Ansicht nicht zu einer Ausdehnung der Beschwerdegründe des § 100 ZVG führen darf.3) Für zulässig erachtet hat der BGH eine außerordentliche Beschwerde gerade bei Beteiligung eines prozessunfähigen Schuldners.4)

3

Letztendlich ist dann der Zuschlag aufzuheben und der frühere Zustand wieder herzustellen, soweit nicht ein gutgläubiger Erwerb von Rechten oder dem Grundstück vorliegt.5) Ist die Wiederherstellung nicht möglich, besteht ggf. ein Schadenersatzanspruch.6) Ebenfalls denkbar sind Ansprüche des Erstehers gegenüber dem „früheren“ Ersteher nach den Grundsätzen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses.7) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

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OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.2.1975 – 8 W 8/75, NJW 1976, 1324. Stöber, ZVG, § 96 Rz. 3.5; Böttcher, ZVG, § 26 Rz. 3 m. w. N. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, NJOZ 2005, 77, 79 f. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, NJOZ, 2005, 77, 79 f. Stöber, ZVG, § 96 Rz. 3.7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 96 Rz. 3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 96 Rz. 3. BGH, Urt. v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, RPfleger 2010, 384, 385 f.

Popp

§ 97

Beschwerdeberechtigte

§ 97 Beschwerdeberechtigte (1) Die Beschwerde steht im Falle der Erteilung des Zuschlags jedem Beteiligten sowie dem Ersteher und dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten, im Falle der Versagung dem Gläubiger zu, in beiden Fällen auch dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist, sowie demjenigen, welcher nach § 81 an die Stelle des Bieters treten soll. (2) Im Falle des § 9 Nr. 2 genügt es, wenn die Anmeldung und Glaubhaftmachung des Rechts bei dem Beschwerdegericht erfolgt. Übersicht I.

Regelungsinhalt ................................... 1

I.

Regelungsinhalt

II. Beschwerdeberechtigte ........................ 2

Die Norm regelt den Kreis der Beschwerdeberechtigten. Hierbei handelt es sich um diejenigen, die jedenfalls nach Ansicht des Gesetzgebers ein berechtigtes Interesse an der Abänderung der Entscheidung haben könnten.1)

1

II. Beschwerdeberechtigte Beschwerdeberechtigt sind im Falle der Erteilung des Zuschlags zunächst alle Beteiligten. Wer dies ist ergibt sich aus § 9 ZVG. Insoweit genügt es im Fall des § 9 Nr. 2 ZVG wenn die Anmeldung und Glaubhaftmachung des Rechts beim Beschwerdegericht erfolgt (Abs. 2). Hierbei gilt der Grundsatz, dass auch bei Gemeinschaften jeder Einzelne berechtigt ist. So ist bei Gesamtheitsgemeinschaften jeder Gesamthänder und bei Ehegatten ungeachtet des Güterstandes jeder Ehegatte berechtigt. Gleiches gilt bei der Pfändung.2) Der Verpfänder ist neben dem Pfandrechtsinhaber berechtigt.3)Die Beteiligtenstellung muss bereits zum Zeitpunkt der Verkündung der Zuschlagserteilung gegeben sein.4)

2

Weiter berechtigt ist der in Abs. 1 ausdrücklich genannte Ersteher und der für Zahlungspflicht erklärte Dritte (§ 82 ZVG). Beim Versagen des Zuschlags ist auch der Gläubiger beschwerdeberechtigt.

3

In beiden Fällen, d. h. sowohl bei Versagung als auch Erteilung des Zuschlags, ist auch der Bieter dessen Gebot nicht erloschen ist (vgl. § 72 ZVG) wie derjenige, der nach § 81 ZVG an die Stelle des Bieters treten sollte, beschwerdebefugt (sowie § 81 Rz. 19 ff., 24 ff. [Bachmann]). Beschwerdeberechtigt ist demnach insbesondere auch der Zessionar oder der verdeckte Vollmachtgeber (§ 81 Abs. 2 und 3 ZVG).

4

_____________ 1) 2) 3) 4)

Stöber, ZVG, § 97 Rz. 2.1. Böttcher, ZVG, § 97 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 97 Rz. 2. OLG Hamm, Beschl. v. 24.4.1989 – 15 W 162/89, Rpfleger 1989, 421; Böttcher, ZVG a. a. O.

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§ 98

Beginn der Beschwerdefrist

§ 98 Beginn der Beschwerdefrist Die Frist für die Beschwerde gegen einen Beschluß des Vollstreckungsgerichts, durch welchen der Zuschlag versagt wird, beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Das gleiche gilt im Falle der Erteilung des Zuschlags für die Beteiligten, welche im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienen waren. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Fristbeginn ............................................ 2

I. 1

III. Rechtsbehelfsbelehrung ...................... 6

Normzweck

Die Regelung legt den Beginn der Beschwerdefrist fest. II. Fristbeginn

2

Maßgeblich ist bei der Versagung des Zuschlages die Verkündung (§ 87 Satz 1 ZVG).

3

Bei Zuschlagserteilung beginnt die Frist bereits mit der Erteilung des Zuschlages für diejenigen, welche im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienen sind. Bei den anderen Beteiligten beginnt diese erst mit der Zustellung.1) Anwesend bedeutet insoweit nicht, dass man von Beginn bis Ende anwesend war, auch der verspätete Beteiligte und derjenige der vor Schluss der Verhandlung den Termin verlassen hat, gilt als anwesend.2) Für die anwesenden Berechtigten beginnt die Frist auch dann mit Verkündung, wenn der Beschluss ihnen nochmals zugestellt wird.3)

4

Für die mithaftenden Bürgen, Zessionare und verdeckten Bevollmächtigten, beginnt die Frist zur Anfechtung – selbst bei Anwesenheit im Termin – im Hinblick auf § 88 ZVG mit der Zustellung des Zuschlages, als Maximalfrist gilt die FünfMonats-Frist nach Verkündung (§ 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO).4) Gleiches gilt für den Ersteher.5)

5

Nach Auffassung des BGH soll die Frist für die Beschwerde gegen den Zuschlag analog § ZVG § 98 Satz 2 ZVG auch für einen Beteiligten gelten, der sein Recht gemäß § 97 Abs. 2 ZVG nachträglich im Beschwerdeverfahren anmeldet.6) III. Rechtsbehelfsbelehrung

6

Nach dem Beschluss des BGH vom 26.3.20097) ergibt sich für die gemäß §§ 869, 793 ZPO befristeten Rechtsmittel im Zwangsversteigerungsverfahren unmittelbar _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7)

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Böttcher, ZVG, § 98 Rz. 3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 98 Rz. 4. Böttcher, ZVG, § 98 Rz. 3; OLG Celle, Beschl. v. 3.9.1986 – 4 W 191/86, Rpfleger 1986, 489, 490. Böttcher, ZVG, § 98 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 98 Rz. 2.1c). BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 48/06, Rpfleger 2007, 675, 677. BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406.

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§ 99

Gegner des Beschwerdeführers

aus der Verfassung das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung. Einfach gesetzlich gilt nunmehr auch § 232 ZPO. Unterbleibt diese, steht dies allerdings nach Ansicht des BGH nicht der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung und dem Lauf der Fristen entgegen, ist aber im Rahmen der Wiedereinsetzung zu berücksichtigen.8) Dort ist dann das fehlende Verschulden des Rechtsmittelführers unwiderleglich zu vermuten. Der Beginn der Frist bei einem anwesenden Berechtigten soll so fernliegend sein, dass der Schuldner ohne eine Belehrung hiermit nicht rechnen kann.9) Die entsprechende Vermutung soll aber nur beim anwaltlich nicht vertretenen Berechtigten bestehen,10) auch § 232 Satz 2 ZPO zeigt indirekt auf, dass auch der Gesetzgeber bei einer anwaltlich vertretenen Partei von einer geringeren Schutzbedürftigkeit ausgeht. Auch der Gesetzgeber hat sich nunmehr für eine Wiedereinsetzungslösung entschieden (vgl. näher § 233 Satz 2 ZPO). Das fehlende Verschulden bei mangelnder oder fehlerhafter Belehrung wird insoweit im Rahmen der Wiedereinsetzung nur vermutet. Es ist davon auszugehen, dass bei anwaltlich vertretenen Parteien weiterhin eine Wiedereinsetzung abgelehnt wird. Das Anwaltsverschulden wird der Partei entsprechend § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.

7

Zum Fristbeginn lauten die üblichen Belehrungen wie folgt:

8

Die Frist beginnt:

9



Für Beteiligte, die im Zwangsversteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienen oder vertreten waren, mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses.



Für Beteiligte, die nicht im Zwangsversteigerungstermin und nicht im Verkündungstermin erschienen oder vertreten waren mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses.

– Für den Ersteher mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses. _____________ 8) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406. 9) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406. 10) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406; Stöber, ZVG, § 98 Rz. 2.5; LG Frankenthal, Beschl. v. 6.7.2009 – 1 T 114/09 (n. v.).

§ 99 Gegner des Beschwerdeführers (1) Erachtet das Beschwerdegericht eine Gegenerklärung für erforderlich, so hat es zu bestimmen, wer als Gegner des Beschwerdeführers zuzuziehen ist. (2) Mehrere Beschwerden sind miteinander zu verbinden. Übersicht I.

Gegenerklärung ................................... 1

I.

Gegenerklärung

II. Verbindung ........................................... 3

Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs sieht die Regelung vor, dass das Beschwerdegericht eine Gegenerklärung einzuholen hat, wenn es eine solche für erforderlich Popp

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1

§ 99

Gegner des Beschwerdeführers

aus der Verfassung das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung. Einfach gesetzlich gilt nunmehr auch § 232 ZPO. Unterbleibt diese, steht dies allerdings nach Ansicht des BGH nicht der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung und dem Lauf der Fristen entgegen, ist aber im Rahmen der Wiedereinsetzung zu berücksichtigen.8) Dort ist dann das fehlende Verschulden des Rechtsmittelführers unwiderleglich zu vermuten. Der Beginn der Frist bei einem anwesenden Berechtigten soll so fernliegend sein, dass der Schuldner ohne eine Belehrung hiermit nicht rechnen kann.9) Die entsprechende Vermutung soll aber nur beim anwaltlich nicht vertretenen Berechtigten bestehen,10) auch § 232 Satz 2 ZPO zeigt indirekt auf, dass auch der Gesetzgeber bei einer anwaltlich vertretenen Partei von einer geringeren Schutzbedürftigkeit ausgeht. Auch der Gesetzgeber hat sich nunmehr für eine Wiedereinsetzungslösung entschieden (vgl. näher § 233 Satz 2 ZPO). Das fehlende Verschulden bei mangelnder oder fehlerhafter Belehrung wird insoweit im Rahmen der Wiedereinsetzung nur vermutet. Es ist davon auszugehen, dass bei anwaltlich vertretenen Parteien weiterhin eine Wiedereinsetzung abgelehnt wird. Das Anwaltsverschulden wird der Partei entsprechend § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.

7

Zum Fristbeginn lauten die üblichen Belehrungen wie folgt:

8

Die Frist beginnt:

9



Für Beteiligte, die im Zwangsversteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienen oder vertreten waren, mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses.



Für Beteiligte, die nicht im Zwangsversteigerungstermin und nicht im Verkündungstermin erschienen oder vertreten waren mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses.

– Für den Ersteher mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses. _____________ 8) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406. 9) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406. 10) BGH, Beschl. v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406; Stöber, ZVG, § 98 Rz. 2.5; LG Frankenthal, Beschl. v. 6.7.2009 – 1 T 114/09 (n. v.).

§ 99 Gegner des Beschwerdeführers (1) Erachtet das Beschwerdegericht eine Gegenerklärung für erforderlich, so hat es zu bestimmen, wer als Gegner des Beschwerdeführers zuzuziehen ist. (2) Mehrere Beschwerden sind miteinander zu verbinden. Übersicht I.

Gegenerklärung ................................... 1

I.

Gegenerklärung

II. Verbindung ........................................... 3

Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs sieht die Regelung vor, dass das Beschwerdegericht eine Gegenerklärung einzuholen hat, wenn es eine solche für erforderlich Popp

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1

§ 100

Beschwerdegründe

hält. Insoweit besteht ein Ermessen.1) Der hinzugezogene Gegner ist keine Partei im engeren Sinne und kann keine Anträge stellen, auch eine Kostenentscheidung kann gegen oder für ihn nicht ergehen.2) Sollte das Gericht hiervon abweichen wollen und zum Beispiel einer Mindermeinung folgend darauf abstellen, ob der Gegner Anträge gestellt hat, besteht in jedem Fall eine vorherige Hinweispflicht.3) 2

Soweit die Beschwerde nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, dürfte die Gewährung rechtlichen Gehöres in jedem Fall erforderlich sein. Dies gilt erst Recht, wenn es um die Stellungnahme zu Tatsachen geht.4) II. Verbindung

3

Nach Absatz 2 sind mehrere Beschwerden miteinander zu verbinden. Hierdurch werden widersprechende Entscheidungen vermieden.5) Es handelt es sich nach allgemeiner Meinung nur um eine Ordnungsvorschrift auf die ein Rechtsmittel nicht gestützt werden kann6). _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

Stöber, ZVG, § 99 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 2. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2005, 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/94, NJW-RR 2005, 936, 937. Stöber, ZVG, § 98 Rz. 2.1; Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 2. Böttcher, ZVG § 99 Rz. 3. Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 99 Rz. 3.

§ 100 Beschwerdegründe (1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. (2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden. (3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Rechte anderer ..................................... 4

III. Amtsprüfung ........................................ 5

I. Normzweck 1

Die Regelung sieht eine Beschränkung der Beschwerdegründe vor, die abschließend ist.1) Zu prüfen ist aber zusätzlich stets das Rechtschutzbedürfnis. Dieses fehlt dann, wenn feststeht, dass sich ein Verfahrensverstoß auf das Recht des Beschwerdeführers nicht ausgewirkt hat.2) _____________ 1) 2)

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Stöber, ZVG, § 99 Rz. 2.1. BGH, Beschl. v. 20.7.2006 – V ZB 168/05, Rpfleger 2006, 665.

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§ 100

Beschwerdegründe

hält. Insoweit besteht ein Ermessen.1) Der hinzugezogene Gegner ist keine Partei im engeren Sinne und kann keine Anträge stellen, auch eine Kostenentscheidung kann gegen oder für ihn nicht ergehen.2) Sollte das Gericht hiervon abweichen wollen und zum Beispiel einer Mindermeinung folgend darauf abstellen, ob der Gegner Anträge gestellt hat, besteht in jedem Fall eine vorherige Hinweispflicht.3) 2

Soweit die Beschwerde nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, dürfte die Gewährung rechtlichen Gehöres in jedem Fall erforderlich sein. Dies gilt erst Recht, wenn es um die Stellungnahme zu Tatsachen geht.4) II. Verbindung

3

Nach Absatz 2 sind mehrere Beschwerden miteinander zu verbinden. Hierdurch werden widersprechende Entscheidungen vermieden.5) Es handelt es sich nach allgemeiner Meinung nur um eine Ordnungsvorschrift auf die ein Rechtsmittel nicht gestützt werden kann6). _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

Stöber, ZVG, § 99 Rz. 2. Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 2. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2005, 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/94, NJW-RR 2005, 936, 937. Stöber, ZVG, § 98 Rz. 2.1; Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 2. Böttcher, ZVG § 99 Rz. 3. Böttcher, ZVG, § 99 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 99 Rz. 3.

§ 100 Beschwerdegründe (1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. (2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden. (3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Übersicht I. Normzweck ........................................... 1 II. Rechte anderer ..................................... 4

III. Amtsprüfung ........................................ 5

I. Normzweck 1

Die Regelung sieht eine Beschränkung der Beschwerdegründe vor, die abschließend ist.1) Zu prüfen ist aber zusätzlich stets das Rechtschutzbedürfnis. Dieses fehlt dann, wenn feststeht, dass sich ein Verfahrensverstoß auf das Recht des Beschwerdeführers nicht ausgewirkt hat.2) _____________ 1) 2)

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Stöber, ZVG, § 99 Rz. 2.1. BGH, Beschl. v. 20.7.2006 – V ZB 168/05, Rpfleger 2006, 665.

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§ 101

Begründete Beschwerde

Die Anfechtung des Zuschlages kann ferner nur auf die explizit im Gesetz genannten Gründe (§§ 81, 83 bis 85a ZVG oder Erteilung des Zuschlag abweichend von den Versteigerungsbedingungen) gestützt werden, anderenfalls ist sie unbegründet.3) Für die Vorgänge im Versteigerungstermin ist der Inhalt des Protokolls entscheidend.4)

2

Zeitlich ist abweichend von § 571 Abs. 2 ZPO nur auf den Sachverhalt bzw. die Tatsachen abzustellen die dem Vollstreckungsgericht bekannt waren, neue Tatsachen können nicht berücksichtigt werden.5) Einschränkungen sind bei erheblichen Grundrechtsbelangen, zum Beispiel im Rahmen des Lebensschutzes, etwa bei Erkrankungen oder Suizidgefahr im Wege der verfassungskonformen Auslegung zu machen.6)

3

II. Rechte anderer Sofern das Recht eines anderen betroffen ist, besteht kein rechtliches Interesse an einer Beschwerde. Absatz 2 sieht ausdrücklich vor, dass hierauf weder eine Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden kann. Letzten Endes handelt es sich lediglich um eine gesetzliche Ausprägung der notwendigen Beschwer. Anders ist dies nur, wenn es sich von Amts wegen zu beachtende Umstände handelt.7)

4

III. Amtsprüfung Die von Amts wegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe sind in § 100 Abs. 3 ZVG geregelt (§ 83 Nr. 6 + 7 ZVG). Voraussetzung für eine Amtsprüfung ist aber, die Einlegung einer entsprechend fristgerechten Beschwerde.8) _____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 2.5; Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 100 Rz. 2 und 6; einschränkend Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 3 für nachträglich bekannt gewordene Zuschlagsversagungsgründe. Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 3; BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 22/08, NZM 09, 43. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 3; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.2.1959 – 5 W 457/58, NJW 1959, 1833, 1834. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 4.2.

§ 101 Begründete Beschwerde (1) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so hat das Beschwerdegericht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Wird ein Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt ist, aufgehoben, auf Rechtsbeschwerde aber für begründet erachtet, so ist unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde zurückzuweisen. Übersicht I.

Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens ............................................. 1

II. Besonderheiten beim Rechtsbeschwerdeverfahren ........................... 4

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§ 101

Begründete Beschwerde

Die Anfechtung des Zuschlages kann ferner nur auf die explizit im Gesetz genannten Gründe (§§ 81, 83 bis 85a ZVG oder Erteilung des Zuschlag abweichend von den Versteigerungsbedingungen) gestützt werden, anderenfalls ist sie unbegründet.3) Für die Vorgänge im Versteigerungstermin ist der Inhalt des Protokolls entscheidend.4)

2

Zeitlich ist abweichend von § 571 Abs. 2 ZPO nur auf den Sachverhalt bzw. die Tatsachen abzustellen die dem Vollstreckungsgericht bekannt waren, neue Tatsachen können nicht berücksichtigt werden.5) Einschränkungen sind bei erheblichen Grundrechtsbelangen, zum Beispiel im Rahmen des Lebensschutzes, etwa bei Erkrankungen oder Suizidgefahr im Wege der verfassungskonformen Auslegung zu machen.6)

3

II. Rechte anderer Sofern das Recht eines anderen betroffen ist, besteht kein rechtliches Interesse an einer Beschwerde. Absatz 2 sieht ausdrücklich vor, dass hierauf weder eine Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden kann. Letzten Endes handelt es sich lediglich um eine gesetzliche Ausprägung der notwendigen Beschwer. Anders ist dies nur, wenn es sich von Amts wegen zu beachtende Umstände handelt.7)

4

III. Amtsprüfung Die von Amts wegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe sind in § 100 Abs. 3 ZVG geregelt (§ 83 Nr. 6 + 7 ZVG). Voraussetzung für eine Amtsprüfung ist aber, die Einlegung einer entsprechend fristgerechten Beschwerde.8) _____________ 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 2. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 2.5; Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 2. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 100 Rz. 2 und 6; einschränkend Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 3 für nachträglich bekannt gewordene Zuschlagsversagungsgründe. Böttcher, ZVG, § 100 Rz. 3; BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 22/08, NZM 09, 43. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 3; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.2.1959 – 5 W 457/58, NJW 1959, 1833, 1834. Stöber, ZVG, § 100 Rz. 4.2.

§ 101 Begründete Beschwerde (1) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so hat das Beschwerdegericht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Wird ein Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt ist, aufgehoben, auf Rechtsbeschwerde aber für begründet erachtet, so ist unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde zurückzuweisen. Übersicht I.

Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens ............................................. 1

II. Besonderheiten beim Rechtsbeschwerdeverfahren ........................... 4

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§ 102 I.

Berechtigte für weitere Beschwerde

Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens

1

Anders als üblicherweise besteht für das Beschwerdegericht nicht die Möglichkeit das Verfahren an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen, sondern es ist stets eine Entscheidung in der Sache selbst erforderlich.1)

2

Das Beschwerdegericht muss somit den Zuschlag selbst erteilen oder versagen.2) Eine unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen. Eine unbegründete Beschwerde ist zurückzuweisen, die Entscheidung ergeht durch Beschluss.3)

3

Im Falle der Zurückverweisung, die an sich unstatthaft ist, ist das Erstgericht gleichwohl an diese gebunden. Hiergegen soll aber die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO zum Landgericht gegeben sein.4) Das Landgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden.5) II. Besonderheiten beim Rechtsbeschwerdeverfahren

4

In Absatz 2 ist der Fall geregelt, dass der Beschluss, durch den der Zuschlag erteilt worden ist, aufgehoben wurde, die Rechtsbeschwerde insoweit hiergegen aber erfolgreich war. Dann ist unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde zurückzuweisen. Der Berechtigte wird so gestellt, als ob der Zuschlag nie aufgehoben worden wäre.6)

5

Auch im Rahmen der Rechtsbeschwerde gilt ausnahmsweise das Gebot der eigenen Sachentscheidung.7) Ausnahmen sind bei schwerwiegenden Verfahrensverstößen denkbar.8) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 101 Rz. 4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 101 Rz. 4. Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 2. OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.1970 – 15 W 2 u. 30/70, OLGZ 1970, 189, 192 f.; Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 2. OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.1970 – 15 W 2 u. 30/70, OLGZ 1970, 189, 190. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3. dann ggf. Zurückverweisung, Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3.

§ 102 Berechtigte für weitere Beschwerde Hat das Beschwerdegericht den Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt war, nach der Verteilung des Versteigerungserlöses aufgehoben, so steht die Rechtsbeschwerde, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat, auch denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist. 1

Die Regelung betrifft den Fall, dass das Landgericht die Zuschlagserteilung des Vollstreckungsgerichts aufgehoben hat und dies nach Verteilung des Erlöses ge-

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§ 102 I.

Berechtigte für weitere Beschwerde

Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens

1

Anders als üblicherweise besteht für das Beschwerdegericht nicht die Möglichkeit das Verfahren an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen, sondern es ist stets eine Entscheidung in der Sache selbst erforderlich.1)

2

Das Beschwerdegericht muss somit den Zuschlag selbst erteilen oder versagen.2) Eine unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen. Eine unbegründete Beschwerde ist zurückzuweisen, die Entscheidung ergeht durch Beschluss.3)

3

Im Falle der Zurückverweisung, die an sich unstatthaft ist, ist das Erstgericht gleichwohl an diese gebunden. Hiergegen soll aber die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO zum Landgericht gegeben sein.4) Das Landgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden.5) II. Besonderheiten beim Rechtsbeschwerdeverfahren

4

In Absatz 2 ist der Fall geregelt, dass der Beschluss, durch den der Zuschlag erteilt worden ist, aufgehoben wurde, die Rechtsbeschwerde insoweit hiergegen aber erfolgreich war. Dann ist unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde zurückzuweisen. Der Berechtigte wird so gestellt, als ob der Zuschlag nie aufgehoben worden wäre.6)

5

Auch im Rahmen der Rechtsbeschwerde gilt ausnahmsweise das Gebot der eigenen Sachentscheidung.7) Ausnahmen sind bei schwerwiegenden Verfahrensverstößen denkbar.8) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 101 Rz. 4. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 101 Rz. 4. Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 2. OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.1970 – 15 W 2 u. 30/70, OLGZ 1970, 189, 192 f.; Böttcher, ZVG, § 101 Rz. 2. OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.1970 – 15 W 2 u. 30/70, OLGZ 1970, 189, 190. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3. dann ggf. Zurückverweisung, Stöber, ZVG, § 101 Rz. 3.

§ 102 Berechtigte für weitere Beschwerde Hat das Beschwerdegericht den Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt war, nach der Verteilung des Versteigerungserlöses aufgehoben, so steht die Rechtsbeschwerde, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat, auch denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist. 1

Die Regelung betrifft den Fall, dass das Landgericht die Zuschlagserteilung des Vollstreckungsgerichts aufgehoben hat und dies nach Verteilung des Erlöses ge-

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§ 103

Zustellung der Beschwerdeentscheidung

schieht.1) In diesem Fall steht die Rechtsbeschwerde auch denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist. Insoweit tritt eine Erweiterung des Kreises der Beschwerdeberechtigten ein.2) Voraussetzung ist aber auch insoweit, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde und dass Beschwerdegründe nach § 100 Abs. 1 und 3 ZVG vorliegen.3) Abweichend von § 100 Abs. 2 ZVG kann er auch Gründe geltend machen, die ihn nicht selbst betreffen.4) Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist gering, weil das Vollstreckungsgericht regelmäßig erst nach Rechtskraft der Zuschlagserteilung den Erlös verteilt.5) In jedem Fall ist das Vollstreckungsgericht im Fall der Aufhebung des Zuschlags gehalten alles zu tun, um die Folgen der Zuschlagserteilung rückgängig zu machen. Nicht ausbezahlte Beträge sind zurückzuhalten, hinterlegte Beträge sind an die Hinterleger zurückzuzahlen.6) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

2

Böttcher, ZVG, § 102 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 2.1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 6. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 6. Böttcher, ZVG, § 102 Rz. 1; ebenso Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 2 „nicht praxisrelevant“. Stöber, ZVG, § 102 Rz. 2.3.

§ 103 Zustellung der Beschwerdeentscheidung Der Beschluß des Beschwerdegerichts ist, wenn der angefochtene Beschluß aufgehoben oder abgeändert wird, allen Beteiligten und demjenigen Bieter, welchem der Zuschlag verweigert oder erteilt wird, sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 dem Meistbietenden zuzustellen. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, so erfolgt die Zustellung des Beschlusses nur an den Beschwerdeführer und den zugezogenen Gegner. Die Bestimmung regelt, wem die Beschwerdeentscheidung zuzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung ist der Beschluss nur an den Beschwerdeführer und die hinzugezogenen Gegner (vgl. § 99 Abs. 1 ZVG) zuzustellen (Satz 2).

1

Im Falle einer Aufhebung oder Abänderung muss die Beschwerdeentscheidung an die Beteiligten und demjenigen Bieter, welcher der Zuschlag verweigert oder erteilt wird, sowie in den Fällen der §§ 69 Abs. 3, 81 Abs. 2 und 3 ZVG den mithaftenden Bürgen und dem Meistbietenden zugestellt werden.

2

Die Zustellung erfolgt von Amts wegen.1) Ein Verzicht auf die Zustellung ist möglich, allerdings nicht für den Ersteher, dem erst durch die Beschwerdeentscheidung der Zuschlag erteilt wird, da die Zustellung Wirksamkeitsvoraussetzung für den Zuschlag ist (§ 104 ZVG).2)

3

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 103 Rz. 2.4. Stöber, ZVG, § 103 Rz. 2.5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 103 Rz. 4.

Popp

817

§ 103

Zustellung der Beschwerdeentscheidung

schieht.1) In diesem Fall steht die Rechtsbeschwerde auch denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist. Insoweit tritt eine Erweiterung des Kreises der Beschwerdeberechtigten ein.2) Voraussetzung ist aber auch insoweit, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde und dass Beschwerdegründe nach § 100 Abs. 1 und 3 ZVG vorliegen.3) Abweichend von § 100 Abs. 2 ZVG kann er auch Gründe geltend machen, die ihn nicht selbst betreffen.4) Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist gering, weil das Vollstreckungsgericht regelmäßig erst nach Rechtskraft der Zuschlagserteilung den Erlös verteilt.5) In jedem Fall ist das Vollstreckungsgericht im Fall der Aufhebung des Zuschlags gehalten alles zu tun, um die Folgen der Zuschlagserteilung rückgängig zu machen. Nicht ausbezahlte Beträge sind zurückzuhalten, hinterlegte Beträge sind an die Hinterleger zurückzuzahlen.6) _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

2

Böttcher, ZVG, § 102 Rz. 1. Stöber, ZVG, § 101 Rz. 2.1. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 6. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 6. Böttcher, ZVG, § 102 Rz. 1; ebenso Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 102 Rz. 2 „nicht praxisrelevant“. Stöber, ZVG, § 102 Rz. 2.3.

§ 103 Zustellung der Beschwerdeentscheidung Der Beschluß des Beschwerdegerichts ist, wenn der angefochtene Beschluß aufgehoben oder abgeändert wird, allen Beteiligten und demjenigen Bieter, welchem der Zuschlag verweigert oder erteilt wird, sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 dem Meistbietenden zuzustellen. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, so erfolgt die Zustellung des Beschlusses nur an den Beschwerdeführer und den zugezogenen Gegner. Die Bestimmung regelt, wem die Beschwerdeentscheidung zuzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung ist der Beschluss nur an den Beschwerdeführer und die hinzugezogenen Gegner (vgl. § 99 Abs. 1 ZVG) zuzustellen (Satz 2).

1

Im Falle einer Aufhebung oder Abänderung muss die Beschwerdeentscheidung an die Beteiligten und demjenigen Bieter, welcher der Zuschlag verweigert oder erteilt wird, sowie in den Fällen der §§ 69 Abs. 3, 81 Abs. 2 und 3 ZVG den mithaftenden Bürgen und dem Meistbietenden zugestellt werden.

2

Die Zustellung erfolgt von Amts wegen.1) Ein Verzicht auf die Zustellung ist möglich, allerdings nicht für den Ersteher, dem erst durch die Beschwerdeentscheidung der Zuschlag erteilt wird, da die Zustellung Wirksamkeitsvoraussetzung für den Zuschlag ist (§ 104 ZVG).2)

3

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 103 Rz. 2.4. Stöber, ZVG, § 103 Rz. 2.5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 103 Rz. 4.

Popp

817

§ 104

Wirksamwerden der Zuschlagserteilung in der Beschwerde

§ 104 Wirksamwerden der Zuschlagserteilung in der Beschwerde Der Beschluß, durch welchen das Beschwerdegericht den Zuschlag erteilt, wird erst mit der Zustellung an den Ersteher wirksam. 1

Soweit das Beschwerdegericht den Zuschlag erteilt, wird dies mit Zustellung an den Erwerber wirksam. Bei der Zuschlagsversagung gilt § 86 ZVG (siehe § 86 Rz. 2 [Bachmann]).

2

Für den Fall, dass der Zuschlag vom Beschwerdegericht aufgehoben wird, aber durch die Entscheidung in der Rechtsbeschwerde wiederhergestellt wird, bleibt diese ab Verkündung wirksam und wirkt so als ob er nicht aufgehoben gewesen wäre.1)

3

Sofern der Bundesgerichtshof den Zuschlag einem Bieter erteilt, ist dieser erst mit Zustellung wirksam.2)

_____________ 1) 2)

818

Stöber, ZVG, § 104 Rz. 2.3. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 104 Rz. 2.

Popp

VIII. Verteilung des Erlöses § 105 Bestimmung des Verteilungstermins Bachmann

(1) Nach der Erteilung des Zuschlags hat das Gericht einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses zu bestimmen. (2) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten und dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 dem Meistbietenden zuzustellen. Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben. (3) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. (4) Ist die Terminsbestimmung dem Ersteher und im Falle des § 69 Abs. 3 auch dem für mithaftend erklärten Bürgen sowie in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 auch dem Meistbietenden nicht zwei Wochen vor dem Termin zugestellt, so ist der Termin aufzuheben und von neuem zu bestimmen, sofern nicht das Verfahren genehmigt wird. Literatur: Drischler, Die Verteilung des Versteigerungserlöses, RpflJB 1962, 322. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

Allgemeines .......................................... 1 Terminsbestimmung ........................... 5 Zeitpunkt ............................................... 5 Inhalt ...................................................... 7 Zustellung ............................................ 10

I.

Allgemeines

4. III. IV. 1. 2.

Aushang ............................................... 12 Rechtsbehelfe ...................................... 13 Sonstiges .............................................. 16 Verlegung und Vertagung ................... 16 Muster einer Terminsbestimmung ..... 17

Nach Erteilung des Zuschlags hat das Gericht von Amts wegen einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses zu bestimmen (Abs. 1). Zweck dieses Termins ist also die Aufstellung eines Teilungsplans, Entgegennahme und Verteilung des Erlöses und bei Nichtzahlung die Übertragung der Forderung, die dem Vollstreckungsschuldner gegen den Ersteher zusteht (Zahlung des Meistbargebots an das Vollstreckungsgericht), auf die Zuteilungsberechtigten zu übertragen.

1

Dieser Verteilungstermin ist nicht öffentlich; an ihm dürfen neben den Beteiligten nur der Ersteher sowie ein für mithaftend erklärter Bürge sowie ein vom Ersteher abweichender Meistbietender (vgl. § 81 Abs. 2 bis 4 ZVG) teilnehmen.

2

Über den Verteilungstermin muss ein Protokoll aufgenommen werden.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Hinsichtlich der Zwangsverwaltung gilt die Sondervorschrift des § 156 ZVG.

4

Bachmann

819

§ 105

Bestimmung des Verteilungstermins

II. Terminsbestimmung 1.

Zeitpunkt

5

Nach der Erteilung des Zuschlags muss das Vollstreckungsgericht gemäß Absatz 1 den Verteilungstermin bestimmen. Die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses muss hierfür also nicht abgewartet werden. Da der Zuschlagsbeschluss gemäß § 88 ZVG einem bestimmten Personenkreis zugestellt werden muss und auch die Terminsbestimmung nach Absatz 2 zugestellt wird, ist es in der Praxis üblich, beide Zustellungen zu verbinden, um Kosten zu sparen. Deshalb erfolgt die Terminsbestimmung meistens unmittelbar im Anschluss an die Verkündung des Zuschlags.

6

Wenn gegen den Zuschlagsbeschluss Beschwerde eingelegt wird, kann das Vollstreckungs- oder das Beschwerdegericht gemäß § 570 Abs. 2 oder 3 ZPO den Verteilungstermin aufheben bzw. den Verteilungstermin aussetzen. Im Übrigen hat auch der Ersteher bzw. der für mithaftend erklärte Bürge oder in den Fällen des § 81 Abs. 2 oder 3 ZVG der Meistbietende gemäß § 116 ZVG die Möglichkeit, die Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses zu beantragen. 2.

7

8

9

Über den Inhalt der Terminsbestimmung enthält das ZVG keine Angaben. Die Terminsbestimmung sollte jedoch enthalten: –

Bezeichnung des Gerichts,



Bezeichnung des Verfahrens,



Terminszweck,



Ort und Zeitpunkt des Termins.

Daneben ist es sinnvoll, weitere Hinweise zu geben, z. B.: –

Hinweis auf die Folgen einer Nichtanmeldung (§ 114 ZVG),



Hinweis auf die Notwendigkeit der Vorlage von Legitimationspapieren (Grundpfandrechtsbriefe, Abtretungserklärungen, Pfändungsbeschlüsse usw.),



Hinweis auf Mitteilung der Bankverbindung, da Barauszahlung im Verteilungstermin nicht (mehr) möglich ist.

Häufig werden die Beteiligten gebeten, eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. Es ist auch üblich, dem Ersteher ein Merkblatt mit zuzustellen, in dem die Pflichten eines Erstehers näher erläutert sind. 3.

10

Inhalt

Zustellung

Die Terminsbestimmung muss nach Absatz 2 von Amts wegen zugestellt werden an: –

alle Beteiligte (§ 9 ZVG), auch an solche, welche ihr angemeldetes Recht noch glaubhaft machen müssen (Abs. 2 Satz 2),



den Ersteher,



den für mithaftend erklärten Bürgen,



den Meistbietenden in den Fällen des § 81 Abs. 2 oder 3 ZVG.

820

Bachmann

§ 105

Bestimmung des Verteilungstermins

Für die Beteiligten ist im Gesetz keine Frist vorgesehen; jedoch muss die Zustellung so rechtzeitig sein, dass sie ihre Rechte im Termin ordnungsgemäß wahrnehmen können. Dagegen sieht Absatz 4 für den Ersteher und die weiter Mithaftenden eine Ladungsfrist von zwei Wochen vor. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist der Termin aufzuheben und ein neuer Termin zu bestimmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betreffende das Verfahren genehmigt. Diese Genehmigung ist formlos möglich; sie kann auch konkludent erfolgen (widerspruchslose Teilnahme am Termin; rechtzeitige Überweisung oder Hinterlegung des Meistbargebots). Es ist auch möglich, auf die Einhaltung der Frist im Voraus zu verzichten.1) 4.

11

Aushang

Die Terminsbestimmung soll nach Absatz 3 an die Gerichtstafel angeheftet werden. Da es sich hierbei um eine Ordnungsvorschrift handelt, ist ein Verstoss unschädlich. Weitere Veröffentlichungen sind nicht vorgesehen, auch nicht notwendig, da es sich um einen nicht öffentlichen Temin handelt.

12

III. Rechtsbehelfe Die Verzögerung der Terminsbestimmung kann mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO gerügt werden; daneben ist hier auch die Dienstaufsichtsbeschwerde möglich.

13

Wurde die zweiwöchige Ladungsfrist des Absatzes 4 nicht beachtet, kann dies mit sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) gerügt werden. Das Beschwerdegericht kann unter Aufhebung der schon erfolgten Verteilung das Vollstreckungsgericht anweisen, einen neuen Verteilungstermin zu bestimmen. Darin wäre dann ein neuer Teilungsplan zu erstellen.

14

Zu beachten ist hierbei Folgendes: Hat der Ersteher oder sonstige Zahlungspflichtige im (ersten) Verteilungstermin bezahlt bzw. das Meistgebot rechtzeitig überwiesen, dann kann darin die Genehmigung erblickt werden (vgl. Rz. 11). Somit hätte in diesem Fall die Beschwerde keinen Erfolg.

15

IV. Sonstiges 1.

Verlegung und Vertagung

Die Verlegung oder Vertagung2) des Verteilungstermins ist gemäß § 227 ZPO nur aus erheblichen Gründen möglich (weil z. B. der zuständige Rechtspfleger plötzlich erkrankt ist). Zu beachten ist hierbei, dass u. U. ein neuer Teilungsplan aufgestellt werden muss, in dem die Zinsen bei der Teilungsmasse ggf. neu berechnet werden müssen (vgl. § 49 Abs. 2 ZVG). Nachteilig für den an letzter Stelle stehenden Zuteilungsberechtigten kann sich auswirken, dass auch die Zinsen der meisten Ansprüche weiter anwachsen werden, da sich der Endzeitpunkt der Zinsberechnung auf den neuen (späteren) Verteilungstermin verschiebt.3) _____________ 1) 2) 3)

Stöber, ZVG, § 105 Rz. 4.2 und 7.2. Zu den Begriffen siehe § 43 Rz. 13 – 15 [Bachmann]. Für die Zinsen bestehen bleibender Rechte gilt dies nicht, da der Ersteher diese Zinsen gemäß § 56 Satz 2 ab dem Zuschlag zahlen muss. Demnach werden diese Zinsen in der Schuldenmasse nur bis einen Tag vor dem Zuschlag berechnet; durch die Verlegung des Verteilungstermins ändert sich an der Zinshöhe damit nichts.

Bachmann

821

16

§ 106 2.

Vorläufiger Teilungsplan

Muster einer Terminsbestimmung

17

Muster einer Terminsbestimmung können den amtlichen Vordrucken entnommen werden (inzwischen auch als Dokumentvorlagen für den PC vorhanden).

18

Außerdem enthalten auch die Handbücher entsprechende Muster.4) _____________ 4)

Beispielsweise Stöber, ZVG, Rz. 403; Löhnig/Hannemann, Abschn. V A, Formular Nr. 17; Knees, ZVG, S. 287.

§ 106 Vorläufiger Teilungsplan Zur Vorbereitung des Verteilungsverfahrens kann das Gericht in der Terminsbestimmung die Beteiligten auffordern, binnen zwei Wochen eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall hat das Gericht nach dem Ablauf der Frist den Teilungsplan anzufertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Vorläufiger Teilungsplan .................... 4

I.

III. Aufforderung zur Einreichung einer Berechnung ................................. 7

Allgemeines

1

Nach § 106 ZVG kann das Vollstreckungsgericht die Beteiligten auffordern, eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall muss das Gericht einen Teilungsplan anfertigen und diesen spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederlegen.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Sie hat aber keine praktische Bedeutung und sollte bei nächster Gelegenheit ersatzlos gestrichen werden.

3

In der Praxis hat sich folgende Verfahrensweise bewährt: Das Vollstreckungsgericht bittet die Beteiligten in der Terminsbestimmung, eine genaue Berechnung ihrer Ansprüche vorzulegen. Zur Vorbereitung des Verteilungstermins wird auch hier ein Teilungsplan entworfen. Dabei handelt es sich aber nur um einen Entwurf i. S. v. § 299 Abs. 4 ZPO, sodass die Beteiligten keinen Anspruch auf Einsicht oder Abschriften haben. II. Vorläufiger Teilungsplan

4

Das Gericht wird in jedem Fall einen vorläufigen Teilungsplan erstellen. Endgültig wird der Teilungsplan erst im Verteilungstermin nach Anhörung der anwesenden Beteiligten vom Gericht aufgestellt (§ 113 Abs. 1 ZVG). Der Inhalt des vorläufigen Teilungsplans orientiert sich deshalb an diesem endgültigen Plan (Einzelheiten hierzu bei § 113 Rz. 6 ff. [Bachmann]).

5

Das Vollstreckungsgericht kann den Teilungsplan zur Vorbereitung des Verteilungstermins als Entwurf aufstellen, wenn es nicht nach § 106 ZVG verfährt. In diesem Fall muss der Teilungsplan dann auch nicht vor dem Termin zur Einsicht 822

Bachmann

§ 106 2.

Vorläufiger Teilungsplan

Muster einer Terminsbestimmung

17

Muster einer Terminsbestimmung können den amtlichen Vordrucken entnommen werden (inzwischen auch als Dokumentvorlagen für den PC vorhanden).

18

Außerdem enthalten auch die Handbücher entsprechende Muster.4) _____________ 4)

Beispielsweise Stöber, ZVG, Rz. 403; Löhnig/Hannemann, Abschn. V A, Formular Nr. 17; Knees, ZVG, S. 287.

§ 106 Vorläufiger Teilungsplan Zur Vorbereitung des Verteilungsverfahrens kann das Gericht in der Terminsbestimmung die Beteiligten auffordern, binnen zwei Wochen eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall hat das Gericht nach dem Ablauf der Frist den Teilungsplan anzufertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Vorläufiger Teilungsplan .................... 4

I.

III. Aufforderung zur Einreichung einer Berechnung ................................. 7

Allgemeines

1

Nach § 106 ZVG kann das Vollstreckungsgericht die Beteiligten auffordern, eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall muss das Gericht einen Teilungsplan anfertigen und diesen spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederlegen.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Sie hat aber keine praktische Bedeutung und sollte bei nächster Gelegenheit ersatzlos gestrichen werden.

3

In der Praxis hat sich folgende Verfahrensweise bewährt: Das Vollstreckungsgericht bittet die Beteiligten in der Terminsbestimmung, eine genaue Berechnung ihrer Ansprüche vorzulegen. Zur Vorbereitung des Verteilungstermins wird auch hier ein Teilungsplan entworfen. Dabei handelt es sich aber nur um einen Entwurf i. S. v. § 299 Abs. 4 ZPO, sodass die Beteiligten keinen Anspruch auf Einsicht oder Abschriften haben. II. Vorläufiger Teilungsplan

4

Das Gericht wird in jedem Fall einen vorläufigen Teilungsplan erstellen. Endgültig wird der Teilungsplan erst im Verteilungstermin nach Anhörung der anwesenden Beteiligten vom Gericht aufgestellt (§ 113 Abs. 1 ZVG). Der Inhalt des vorläufigen Teilungsplans orientiert sich deshalb an diesem endgültigen Plan (Einzelheiten hierzu bei § 113 Rz. 6 ff. [Bachmann]).

5

Das Vollstreckungsgericht kann den Teilungsplan zur Vorbereitung des Verteilungstermins als Entwurf aufstellen, wenn es nicht nach § 106 ZVG verfährt. In diesem Fall muss der Teilungsplan dann auch nicht vor dem Termin zur Einsicht 822

Bachmann

§ 107

Teilungsmasse

der Beteiligten niedergelegt werden. Dies trifft auch für den Fall zu, dass die Beteiligten nur gebeten wurden, eine Berechnung vorzulegen. Dagegen muss das Gericht einen solchen Plan anfertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Verteilungstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederlegen, wenn es in der Terminsbestimmung die Beteiligten auffordert, binnen zwei Wochen1) eine Berechnung ihrer Ansprüche vorzulegen (Satz 2).

6

III. Aufforderung zur Einreichung einer Berechnung Die Aufforderung zur Vorlage einer Forderungsberechnung gibt dem Beteiligten keine neue Anmeldemöglichkeit i. S. v. § 37 Nr. 4 ZVG. Ob also eine Anmeldung rechtzeitig war oder verspätet ist, richtet sich nach wie vor danach, ob sie im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgt ist oder danach. Die Einreichung der Berechnung soll dem Vollstreckungsgericht nur bei der Vorbereitung des Verteilungstermins helfen; so können z. B. etwaige Unklarheiten noch vor dem Termin selbst geklärt werden. Für die Beteiligten entstehen aber keine Nachteile, wenn sie die angeforderte Berechnung nicht oder nicht rechtzeitig einreichen. Sie können auch jederzeit eine geänderte Berechnung einreichen. Das Gericht muss bei der Aufstellung des Teilungsplanes in jedem Fall die einzelnen Ansprüche richtig berechnen und kann sich nicht auf die eingereichte Berechnung verlassen. _____________ 1)

Diese Frist kann auch verlängert oder verkürzt werden.

§ 107 Teilungsmasse (1) In dem Verteilungstermin ist festzustellen, wieviel die zu verteilende Masse beträgt. Zu der Masse gehört auch der Erlös aus denjenigen Gegenständen, welche im Falle des § 65 besonders versteigert oder anderweit verwertet sind. (2) Die von dem Ersteher im Termin zu leistende Zahlung erfolgt an das Gericht. § 49 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) Ein Geldbetrag, der zur Sicherheit für das Gebot des Erstehers bei der Gerichtskasse einbezahlt ist, wird auf die Zahlung nach Absatz 2 Satz 1 angerechnet. Literatur: Rellermeyer, Varianten der landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze, Rpfleger 2011, 129; Rellermeyer und Hintzen, Die Behandlung der Hinterlegungszinsen in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 473; Steffen, Die Behandlung der „neuen“ Hinterlegungszinsen im Teilungsplan der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 360. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Feststellung der Teilungsmasse (Abs. 1) .................................................. 3 1. Feststellung ........................................... 3 2. Umfang .................................................. 4 3. Minderung ............................................. 6 4. Rechtsbehelf .......................................... 8 III. Zahlung des Erstehers (Abs. 2) .......... 9 1. Zahlung an das Gericht ......................... 9

2.

Hinterlegung gemäß § 49 Abs. 4 ZVG ..................................................... 10 3. Behandlung eines Schecks .................. 12 IV. Sicherheitsleistung (Abs. 3) .............. 13 V. Sonstiges .............................................. 14 1. Aufrechnung des Erstehers ................ 14 2. Anhängiges Zwangsverwaltungsverfahren .............................................. 16

Bachmann

823

7

§ 107

Teilungsmasse

der Beteiligten niedergelegt werden. Dies trifft auch für den Fall zu, dass die Beteiligten nur gebeten wurden, eine Berechnung vorzulegen. Dagegen muss das Gericht einen solchen Plan anfertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Verteilungstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederlegen, wenn es in der Terminsbestimmung die Beteiligten auffordert, binnen zwei Wochen1) eine Berechnung ihrer Ansprüche vorzulegen (Satz 2).

6

III. Aufforderung zur Einreichung einer Berechnung Die Aufforderung zur Vorlage einer Forderungsberechnung gibt dem Beteiligten keine neue Anmeldemöglichkeit i. S. v. § 37 Nr. 4 ZVG. Ob also eine Anmeldung rechtzeitig war oder verspätet ist, richtet sich nach wie vor danach, ob sie im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgt ist oder danach. Die Einreichung der Berechnung soll dem Vollstreckungsgericht nur bei der Vorbereitung des Verteilungstermins helfen; so können z. B. etwaige Unklarheiten noch vor dem Termin selbst geklärt werden. Für die Beteiligten entstehen aber keine Nachteile, wenn sie die angeforderte Berechnung nicht oder nicht rechtzeitig einreichen. Sie können auch jederzeit eine geänderte Berechnung einreichen. Das Gericht muss bei der Aufstellung des Teilungsplanes in jedem Fall die einzelnen Ansprüche richtig berechnen und kann sich nicht auf die eingereichte Berechnung verlassen. _____________ 1)

Diese Frist kann auch verlängert oder verkürzt werden.

§ 107 Teilungsmasse (1) In dem Verteilungstermin ist festzustellen, wieviel die zu verteilende Masse beträgt. Zu der Masse gehört auch der Erlös aus denjenigen Gegenständen, welche im Falle des § 65 besonders versteigert oder anderweit verwertet sind. (2) Die von dem Ersteher im Termin zu leistende Zahlung erfolgt an das Gericht. § 49 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) Ein Geldbetrag, der zur Sicherheit für das Gebot des Erstehers bei der Gerichtskasse einbezahlt ist, wird auf die Zahlung nach Absatz 2 Satz 1 angerechnet. Literatur: Rellermeyer, Varianten der landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze, Rpfleger 2011, 129; Rellermeyer und Hintzen, Die Behandlung der Hinterlegungszinsen in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 473; Steffen, Die Behandlung der „neuen“ Hinterlegungszinsen im Teilungsplan der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 360. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Feststellung der Teilungsmasse (Abs. 1) .................................................. 3 1. Feststellung ........................................... 3 2. Umfang .................................................. 4 3. Minderung ............................................. 6 4. Rechtsbehelf .......................................... 8 III. Zahlung des Erstehers (Abs. 2) .......... 9 1. Zahlung an das Gericht ......................... 9

2.

Hinterlegung gemäß § 49 Abs. 4 ZVG ..................................................... 10 3. Behandlung eines Schecks .................. 12 IV. Sicherheitsleistung (Abs. 3) .............. 13 V. Sonstiges .............................................. 14 1. Aufrechnung des Erstehers ................ 14 2. Anhängiges Zwangsverwaltungsverfahren .............................................. 16

Bachmann

823

7

§ 107 I.

Teilungsmasse

Allgemeines

1

§ 107 ZVG regelt die Feststellung der Teilungsmasse und bestimmt, an wen der Ersteher wie zu zahlen hat. Die Teilungsmasse ist an die Stelle des versteigerten Grundstücks getreten und steht damit dem Schuldner zu. Da sich die Beschlagnahme jedoch an dem Surrogat fortsetzt, kann der Schuldner nicht selbst über die Teilungsmasse verfügen. Es ist vielmehr Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, die Teilungsmasse festzustellen (Abs. 1), die „Zahlungen“ entgegenzunehmen (Abs. 2) und die Verteilung vorzunehmen (§ 109 ZVG).

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Feststellung der Teilungsmasse (Abs. 1) 1.

3

2. 4

Feststellung

Im Verteilungstermin muss das Vollstreckungsgericht feststellen, wie viel die zu verteilende Masse beträgt (Abs. 1 Satz 1). Dies erfolgt im Rahmen der Aufstellung des Teilungsplans (Einzelheiten hierzu bei § 113). Umfang

Die Teilungsmasse setzt sich regelmäßig wie folgt zusammen: –

Meistbargebot (§ 49 Abs. 1 ZVG). Wegen des Begriffs wird auf § 44 Rz. 3 verwiesen.



Zinsen des Bargebots (§ 49 Abs. 2 ZVG). Hierbei handelt es sich um die Bargebotszinsen, die vom Zuschlag (einschließlich) bis einen Tag vor dem Verteilungstermin (einschließlich) zu berechnen sind. Wenn das Bargebot (oder ein Teil davon) unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt worden ist, werden diese Zinsen bis einen Tag vor dem Wirksamwerden der Hinterlegung berechnet.1) Der Zinssatz beträgt grundsätzlich 4 % (§ 246 BGB).

5

Im Einzelfall können noch weitere Posten hinzukommen. In Betracht kommen: –

Erlös aus einer besonderen Versteigerung oder einer anderweitigen Verwertung gemäß § 65 ZVG. Nach der ausdrücklichen Regelung in Absatz 1 Satz 2 gehört der Erlös aus einer gesonderten Versteigerung oder anderweitigen Verwertung ebenfalls zur Teilungsmasse. Dies gilt auch, wenn ein Gegenstand nachträglich versteigert wird, weil das Verfahren insoweit einstweilen eingestellt war und nun wieder fortgesetzt wird. Wenn sich dadurch die Abhaltung des Verteilungstermins über Gebühr verzögert, kann ausnahmsweise die Verteilung hinsichtlich des Grundstückserlöses vor der Versteigerung des einzelnen Gegenstandes erfolgen. In diesem Fall findet dann eine Nachtragsverteilung statt, die eigentlich im ZVG nicht vorgesehen ist.2)

_____________ 1) 2)

824

Wegen der (unterschiedlichen) Art der Berechnung siehe § 49 Rz. 7 [Bachmann]. So auch Stöber, ZVG, § 107 Rz. 2.2 d); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 107 Rz. 6; offenbar etwas weniger streng: Böttcher, ZVG, § 107 Rz. 5.

Bachmann

§ 107

Teilungsmasse



Hinterlegungszinsen Wenn Geld hinterlegt ist, können hierfür Zinsen anfallen.3) Wenn die Hinterlegung unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme erfolgt ist, sind diese Zinsen der Teilungsmasse hinzuzurechnen. Wurde jedoch auf das Recht der Rücknahme nicht verzichtet, steht der Zinsanspruch dem Hinterleger zu; dann gehören die Zinsen auch nicht zur Teilungsmasse. Im Hinblick darauf, dass die Verzinsung grundsätzlich erst drei Monate nach dem Ablauf des Monats beginnt, in dem der Betrag eingezahlt worden ist, spielen die Hinterlegungszinsen in der Praxis der Vollstreckungsgerichte keine große Rolle.



Versicherungsgelder Zur Teilungsmasse gehören auch Versicherungsgelder, wenn sie zwar beschlagnahmt, aber nicht mitversteigert worden sind.



Zuzahlungen gemäß §§ 50, 51 ZVG. Zuzahlungsbeträge gemäß §§ 50, 51 ZVG gehören nur dann zur Teilungsmasse, wenn die Zuzahlungspflicht bereits im Verteilungstermin feststeht. Dies trifft meistens jedoch nicht zu; vielmehr erfolgt die Ausführung der Zuteilung durch Forderungsübertragung (§ 124 Abs. 1 Satz 2 ZVG und nicht durch Überweisung eines Betrags.

3.

Minderung

Bei einer Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG verringert sich die Teilungsmasse um den Betrag, der sonst dem Berechtigten gebühren würde. Wegen der Einzelheiten siehe § 91 Rz. 21 [Bachmann].

6

Nicht hierunter zählt jedoch die Befriedigungserklärung des Erstehers oder eines Zuteilungsberechtigten. Diese wird erst bei der Ausführung des Teilungsplans berücksichtigt und stellt nur eine vereinfachte Form der Erlöszahlung dar. Wegen der Einzelheiten hierzu siehe § 117 Rz. 45 – 47 [Bachmann].

7

4.

Rechtsbehelf

Die Feststellung der Teilungsmasse kann nach h. M. mit der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) angefochten werden.4) Stöber5) vertritt dagegen mit überzeugenden _____________ 3)

4) 5)

Die Hinterlegungordnung von Rheinland-Pfalz regelt die Verzinsung wie folgt: § 8 – Verzinsung Geld, das in das Eigentum des Landes übergegangen ist, wird nach folgenden Bestimmungen verzinst: 1. die Verzinsung beginnt drei Monate nach Ablauf des Monats, in dem der Betrag eingezahlt worden ist; sie endigt mit dem Ablauf des Monats, der dem Tag der Auszahlungsverfügung vorhergeht; 2. der Zinssatz beträgt eins vom Tausend monatlich; 3. die Zinsen werden jeweils mit dem Ablauf des Kalenderjahres oder, wenn das Geld vorher herausgegeben wird, mit der Herausgabe fällig; 4. Beträge unter 50,- € und Zinsen werden nicht verzinst; Beträge, die 50,- € übersteigen, werden bei der Zinsberechnung auf volle 50,- € nach unten abgerundet. BGH, Rpfleger 1977 246 = NJW 1977, 1287; so auch Böttcher, ZVG, § 107 Rz. 12; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 107 Rz. 21; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 23. Stöber, ZVG, § 107 Rz. 2.5 und § 115 Rz. 3.

Bachmann

825

8

§ 107

Teilungsmasse

Argumenten die Ansicht, dass als alleiniger Rechtsbehelf gegen den Teilungsplan nur der Widerspruch nach § 115 ZVG in Betracht kommt.6) III. Zahlung des Erstehers (Abs. 2) 1. 9

Zahlung an das Gericht

Die Zahlung des Erstehers hat nach Absatz 2 an das Gericht zu erfolgen. Das Gericht nimmt den Erlös in amtlicher Eigenschaft entgegen; es ist nicht etwa Gläubiger des Erstehers. Damit kommt das Vollstreckungsgericht auch nicht als Drittschuldner einer Pfändung des Erlösanspruchs in Betracht.7) Nach Absatz 2 Satz 2 gilt § 49 Abs. 3 ZVG entsprechend. Dies bedeutet, dass der Ersteher seiner Zahlungspflicht dadurch nachkommt, dass er das Bargebot samt Zinsen rechtzeitig auf ein Konto der Gerichtskasse überweist oder einzahlt. Der Betrag muss der Gerichtskasse vor dem Verteilungstermin gutgeschrieben sein und der entsprechende Nachweis im Verteilungstermin vorliegen. Wird dieser Nachweis nicht geführt, wird der Teilungsplan durch Forderungsübertragung ausgeführt (§ 118 ZVG). 2.

Hinterlegung gemäß § 49 Abs. 4 ZVG

10

Der Ersteher kann seiner Zahlungspflicht auch durch Hinterlegung des Bargebots nachkommen, wenn er hierbei auf das Recht der Rücknahme verzichtet. Die Hinterlegung ist bewirkt, wenn die Annahme der Hinterlegung durch die Hinterlegungsstelle verfügt und das Meistgebot bei der Hinterlegungskasse einbezahlt oder überwiesen worden ist; hierbei ist der Tag der Gutschrift maßgeblich. Die Tatsache der Hinterlegung unter Rücknahmeverzicht muss im Verteilungstermin nachgewiesen werden.

11

Erfolgt die Hinterlegung ohne diesen Rücknahmeverzicht, bringt sie die Zahlungspflicht des Erstehers nicht zum Erlöschen. 3.

12

Behandlung eines Schecks

Manchmal werden dem Vollstreckungsgericht zur Berichtigung des Meistbargebots Schecks übergeben. Richtigerweise muss die Annahme eines Schecks verweigert werden, weil Barzahlung nicht mehr möglich ist und im Übrigen die Einlösung über die Gerichtskasse nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Wegen der Einzelheiten siehe § 49 Rz. 10 [Bachmann]. IV. Sicherheitsleistung (Abs. 3)

13

Absatz 3 stellt klar, dass ein zum Nachweis der Sicherheitsleistung auf dem Konto der Gerichtskasse überwiesener Betrag als Zahlung auf das Meistbargebot angerechnet wird. Die Frage, ob dadurch auch eine Minderung der Zinspflicht eintritt, _____________ 6)

7)

826

Die gerichtliche Praxis konnte sich bisher auch nicht mit der Ansicht des Bundesgerichtshofes anfreunden, zumal sie auch „praktische Schwierigkeiten“ mit sich bringt: Wann beginnt die Beschwerdefrist? Was muss wem zugestellt werden? Wie gestaltet sich das Verteilungsverfahren nach Einlegung einer Beschwerde? Es ist zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung überdenkt und sie wieder an den verfahrensrechtlichen Sonderregelungen des ZVG anlehnt. Hierbei handelt es sich um ein drittschuldnerloses Recht. Somit wird die Pfändung wirksam mit der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner (§ 857 Abs. 2 ZPO).

Bachmann

§ 108 wird unterschiedlich beantwortet: Stöber8) und Böttcher9) vertreten übereinstimmend die Ansicht, dass die Überweisung der Sicherheitsleistung auf ein Konto der Gerichtskasse von der Verpflichtung zur Verzinsung des Meistbargebots befreit. Hintzen10) und Hannemann11) dagegen meinen, dass die Überweisung der Sicherheit (noch) keine Hinterlegungswirkung entfalte und somit auch keine Minderung der Zinspflicht nach § 49 Abs. 4 ZVG eintrete. V. Sonstiges 1.

Aufrechnung des Erstehers

Wenn dem Ersteher gegen den Schuldner eine Forderung zusteht, kann er erst aufrechnen, wenn an den Schuldner eine Zuteilung (Erlösüberschuss oder als Inhaber eines Eigentümerrechts) erfolgt. Vorher kann der Schuldner über diese Forderung gar nicht verfügen, da sie als Surrogat des Grundstücks beschlagnahmt war.12)

14

Wenn der Ersteher eine Forderung gegen einen sonstigen Zuteilungsberechtigten hat, kann er erst aufrechnen, wenn diesem die Forderung des Schuldners gegen den Ersteher (auf Zahlung des Meistgebots) gemäß § 118 ZVG übertragen worden ist; denn vorher hat der Zuteilungsberechtigte noch keine Forderung gegen den Ersteher.13)

15

2.

Anhängiges Zwangsverwaltungsverfahren

Überschüsse aus einem gleichzeitig laufenden Zwangsverwaltungsverfahren gehören nicht zur Teilungsmasse. Die jeweiligen Massen sind getrennt zu halten und nach den Regeln des entsprechenden Verfahrens zu verteilen. Auch ein etwaiger Überschuss in der Zwangsverwaltung kommt nicht zu der Teilungsmasse der Zwangsversteigerung, sondern gebührt dem Vollstreckungsschuldner. Zahlungen an einen Gläubiger sind jedoch im jeweils anderen Verfahren zu berücksichtigen. _____________ Stöber, ZVG, § 49 Rz. 5.2. Böttcher, ZVG, § 49 Rz. 9; Böttcher, ZfIR, 2007, 597. Dassler/Schiffhauer/u. a.- Hintzen, ZVG, § 107 Rz. 19. Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 22. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 107 Rz. 17; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 21. 13) BGH, Urt. v. 9.4.1987 – IX ZR 146/86, Rpfleger 1987, 381.

8) 9) 10) 11) 12)

§ 108 (weggefallen) durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des ZVG und anderer Gesetze vom 18.02.1998 (BGBl. I 866).

Bachmann

827

16

§ 108 wird unterschiedlich beantwortet: Stöber8) und Böttcher9) vertreten übereinstimmend die Ansicht, dass die Überweisung der Sicherheitsleistung auf ein Konto der Gerichtskasse von der Verpflichtung zur Verzinsung des Meistbargebots befreit. Hintzen10) und Hannemann11) dagegen meinen, dass die Überweisung der Sicherheit (noch) keine Hinterlegungswirkung entfalte und somit auch keine Minderung der Zinspflicht nach § 49 Abs. 4 ZVG eintrete. V. Sonstiges 1.

Aufrechnung des Erstehers

Wenn dem Ersteher gegen den Schuldner eine Forderung zusteht, kann er erst aufrechnen, wenn an den Schuldner eine Zuteilung (Erlösüberschuss oder als Inhaber eines Eigentümerrechts) erfolgt. Vorher kann der Schuldner über diese Forderung gar nicht verfügen, da sie als Surrogat des Grundstücks beschlagnahmt war.12)

14

Wenn der Ersteher eine Forderung gegen einen sonstigen Zuteilungsberechtigten hat, kann er erst aufrechnen, wenn diesem die Forderung des Schuldners gegen den Ersteher (auf Zahlung des Meistgebots) gemäß § 118 ZVG übertragen worden ist; denn vorher hat der Zuteilungsberechtigte noch keine Forderung gegen den Ersteher.13)

15

2.

Anhängiges Zwangsverwaltungsverfahren

Überschüsse aus einem gleichzeitig laufenden Zwangsverwaltungsverfahren gehören nicht zur Teilungsmasse. Die jeweiligen Massen sind getrennt zu halten und nach den Regeln des entsprechenden Verfahrens zu verteilen. Auch ein etwaiger Überschuss in der Zwangsverwaltung kommt nicht zu der Teilungsmasse der Zwangsversteigerung, sondern gebührt dem Vollstreckungsschuldner. Zahlungen an einen Gläubiger sind jedoch im jeweils anderen Verfahren zu berücksichtigen. _____________ Stöber, ZVG, § 49 Rz. 5.2. Böttcher, ZVG, § 49 Rz. 9; Böttcher, ZfIR, 2007, 597. Dassler/Schiffhauer/u. a.- Hintzen, ZVG, § 107 Rz. 19. Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 22. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 107 Rz. 17; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 21. 13) BGH, Urt. v. 9.4.1987 – IX ZR 146/86, Rpfleger 1987, 381.

8) 9) 10) 11) 12)

§ 108 (weggefallen) durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des ZVG und anderer Gesetze vom 18.02.1998 (BGBl. I 866).

Bachmann

827

16

§ 109

Kosten des Verfahrens und Überschuss

§ 109 Kosten des Verfahrens und Überschuss (1) Aus dem Versteigerungserlös sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, mit Ausnahme der durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers, durch den Zuschlag oder durch nachträgliche Verteilungsverhandlungen entstehenden Kosten. (2) Der Überschuß wird auf die Rechte, welche durch Zahlung zu decken sind, verteilt. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

Allgemeines .......................................... 1 Kosten des Verfahrens (Abs. 1) .......... 3 Unter § 109 ZVG fallende Kosten ....... 3 Nicht unter § 109 ZVG fallende Kosten .................................................... 4 Vorwegentnahme .................................. 5

I.

Allgemeines

III. IV. 1. 2. 3.

Verteilung des Überschusses .............. 8 Besonderheiten ..................................... 9 Erlösüberschuss ..................................... 9 Pfändung des Erlösüberschusses ........ 10 Erlösüberschuss bei einem herrenlosen Grundstück ..................... 12

1

§ 109 ZVG ergänzt § 10 ZVG und bestimmt, dass die Kosten des Verfahrens aus dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen sind (Abs. 1). Deshalb umschreibt man diese Kosten oft auch als „Rangklasse 0“, um zu verdeutlichen, dass die Kosten im Rang vor den Rangklassen des § 10 (Rang 1 ff.) zu berücksichtigen sind. Der Überschuss wird auf die Rechte, welche durch Zahlung zu decken sind, verteilt (Abs. 2). Hier gilt dann die Rangordnung des § 10 ZVG.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Kosten des Verfahrens (Abs. 1) 1.

3

Unter § 109 ZVG fallende Kosten

Zu den Kosten, die nach Abs. 1 vorweg zu entnehmen sind gehören folgende Gebühren und Auslagen: –

GKG KVNr. 2211 – 0,5 Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen aus dem festgesetzten Verkehrswert (§ 54 Abs. 1 Satz 1 GKG).



GKG KVNr. 2213 – 0,5 Gebühr für die Abhaltung eines Versteigerungstermins aus dem festgesetzten Verkehrswert (§ 54 Abs. 1 Satz 1 GKG).



GKG KVNr. 2215 – 0,5 Gebühr für das Verteilungsverfahren aus dem Meistgebot ohne Zinsen einschließlich des Wertes der bestehen bleibenden Rechte (§ 54 Abs. 3 GKG). Rechte, die außerhalb des geringsten Gebots (z. B. § 9 EGZVG) oder die aufgrund einer Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG bestehen bleiben, werden bei der Wertberechnung nicht berücksichtigt.1) Hinzugerechnet wird jedoch nach § 54 Abs. 3 Satz 2 GKG der Erlös aus einer gesonderten Verwertung nach § 65 ZVG.

_____________ 1)

828

Böttcher, ZVG, § 109 Rz. 2; Stöber, ZVG, Einl. 80.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 109 Rz. 3; a. A. LG Krefeld, Rpfleger 1976, 332 mit Anm. Stöber.

Bachmann

§ 109

Kosten des Verfahrens und Überschuss



GKG KVNr. 9002 – Zustellungsauslagen.2)



GKG KVNr. 9004 – Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung in voller Höhe.



GKG KVNr. 9005 – Nach dem JVEG zu zahlende Beträge (= Sachverständigenkosten) in voller Höhe.



GKG KVNr. 9006 – Kosten, die für Auswärtstermine angefallen sind (Reisekosten, Auslagenersatz, Kilometergeld).

2.

Nicht unter § 109 ZVG fallende Kosten

Ausdrücklich von der Berücksichtigung in den bevorrechtigten Rang ausgenommen sind folgende Kosten: –

GKG KVNr. 2210 – Festgebühr von 100,00 €3) für die Entscheidung über die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Zulassung des Beitritts samt den entsprechenden Zustellungsauslagen. Der Gläubiger kann diese Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG im Range seines Anspruchs geltend machen; hierzu ist aber rechtzeitige Anmeldung erforderlich.



GKG KVNr. 2214 – 0,5 Gebühr für die Erteilung des Zuschlags. Diese Kosten4) hat gemäß § 58 ZVG der Ersteher zu tragen; dieser ist nach § 26 Abs. 2 Halbs. 1 GKG auch alleiniger Kostenschuldner.



Kosten nachträglicher Verteilungsverhandlungen; diese sind aus der Sondermasse dieser nachträglichen Verteilung zu entnehmen.



Kosten, die nur bestimmte Personen betreffen (Beschwerdeverfahren; Pauschalen für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten; Vergütung und Auslagen eines Zustellungsvertreters oder eines Vertreters nach § 135 ZVG).

3.

Vorwegentnahme

4

Die unter § 109 Abs. 1 ZVG fallenden Kosten sind dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen. Soweit sie nicht durch einen Vorschuss gedeckt sind, werden die Kosten an die Staatskasse zugeteilt.

5

Wenn ein Gläubiger einen Vorschuss auf diese Kosten entrichtet hat, erhält er den entsprechenden Betrag im Rang des § 109 Abs. 1 ZVG wieder zurück. Die Erstattung setzt voraus, dass ein entsprechender Zahlungsnachweis geführt wird bzw. sich ein solcher bei den Akten befindet. Haben mehrere Gläubiger einen Vorschuss geleistet, haben sie untereinander Gleichrang.

6

Wenn das Meistbargebot nicht gezahlt wird, erfolgt gemäß § 118 ZVG eine Forderungsübertragung; anschließend sind Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG einzutragen. Hierbei sind die Rangverhältnisse aus dem Teilungsplan zu berücksichtigen (§ 128 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Die Frage, ob der Restanspruch hinsichtlich

7

_____________ 2) 3) 4)

Zurzeit je 3,50 € Pauschale, aber erst ab der 11. Zustellung, da die Verfahrensgebühr nach einem Streitwert berechnet wird. Zur Gebührenhöhe: Bis zum 31.7.2013: 50,00 €; seit 1.8.2013: 100,00 €. Ob hierzu auch die Auslagen für die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses gehören, wird nicht ganz einheitlich beantwortet; vgl. hierzu § 58 Rz. 10 [Bachmann].

Bachmann

829

§ 109

Kosten des Verfahrens und Überschuss

der Kosten, welcher der Staatskasse zusteht, Rang vor dem Vorschuss des Gläubigers hat, wird unterschiedlich beantwortet: Nach der h. M. hat der Anspruch der Staatskasse Rang vor dem Erstattungsanspruch des Vorschuss Leistenden.5) III. Verteilung des Überschusses 8

Der Teil des Versteigerungserlöses, der nach Abzug der vorrangigen Kosten verbleibt, ist nach Absatz. 2 auf die Berechtigten zu verteilen, die einen Zahlungsanspruch haben. Hierbei sind die §§ 10, 110 ff. ZVG zu beachten. IV. Besonderheiten 1.

9

Erlösüberschuss

Soweit nach Vorwegentnahme der Kosten und nach Berücksichtigung aller Ansprüche noch ein Erlösrest übrig bleibt, gebührt dieser Erlösüberschuss dem Schuldner als Surrogat für sein verlorenes Eigentum am Grundstück. Mehreren Schuldnern steht dieser Überschuss gemeinsam zu. Das Gemeinschaftsverhältnis ist aber nicht mit dem früheren Gemeinschaftsverhältnis am Grundstück identisch; vielmehr wird als Gemeinschaftsverhältnis das des § 432 BGB anzunehmen sein. Dies bedeutet, dass sich die Vollstreckungsschuldner über die Auszahlung dieses Überschusses einigen müssen. Wird dem Vollstreckungsgericht eine Einigung nicht nachgewiesen, ist der Betrag für alle Vollstreckungsschuldner zu hinterlegen. Falls infolge Nichtzahlung des Meistgebots die Eintragung von Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG veranlasst werden muss, ist bei der Sicherungshypothek für die bisherigen Eigentümer als Gemeinschaftsverhältnis „Mitberechtigte gemäß § 432 BGB“ anzugeben. 2.

Pfändung des Erlösüberschusses

10

Der Anspruch des Schuldners auf den Erlösüberschuss ist als Geldforderung pfändbar. Da aber vor dem Zuschlag als Vollstreckungsobjekt (noch) das Grundstück vorhanden ist, kann die Forderung auf den Erlösüberschuss erst nach Wirksamwerden des Zuschlags gepfändet werden. Hier ist auch die Pfändung dieses Anspruchs als bedingte Forderung nicht möglich, da dies zu einer Umgehung des § 866 ZPO führen würde.6)

11

Nach dem Zuschlag ist die Pfändung gemäß §§ 829, 857 ZPO möglich. Da es hier keinen Drittschuldner gibt, wird die Pfändung wirksam mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner. Damit die Pfändung im Verteilungsverfahren berücksichtigt werden kann, muss der Pfändungsgläubiger den Beschluss samt Zustellungsnachweis spätestens im Verteilungstermin vorlegen und sein Recht anmelden. Je nachdem, ob nur ein Pfändungsbeschluss oder ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorliegt, ist der Betrag dem Pfändungsgläubiger und dem Vollstreckungsschuldner gemeinsam (es liegt nur ein Pfändungsbeschluss vor) oder _____________ 5) 6)

830

So Böttcher, ZVG, § 110 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 110 Rz. 2.4; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 109 Rz. 9. Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 16, 17; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 5.20 d) m. w. N.; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 109 Rz. 14; Löhnig/Hannemann, § 109 Rz. 10.

Bachmann

§ 110

Nachstehende Rechte

dem Pfändungsgläubiger allein (wenn auch der Überweisungsbeschluss vorliegt) zuzuteilen. 3.

Erlösüberschuss bei einem herrenlosen Grundstück

Wenn ein herrenloses Grundstück versteigert wurde,7) hat der gemäß § 787 ZPO bestellte Vertreter den Erlösüberschuss nach Abzug seiner Vergütung und Auslagen als herrenloses Gut zu hinterlegen (§ 372 BGB). Das Aneignungsrecht, welches sich gemäß § 928 Abs. 2 BGB auf das aufgegebene Grundstück bezieht, setzt sich am Surrogat „Erlösüberschuss“ fort. Somit kann sich der Landesfiskus den hinterlegten Betrag aneignen. _____________ 7)

12

Zu den Voraussetzungen für die Anordnung des Verfahrens siehe Stöber, ZVG, § 15 Rz. 22.

§ 110 Nachstehende Rechte Rechte, die ungeachtet der im § 37 Nr. 4 bestimmten Aufforderung nicht rechtzeitig angemeldet oder glaubhaft gemacht worden sind, stehen bei der Verteilung den übrigen Rechten nach. Literatur: Traub, Die Krux mit § 110 ZVG, ZfIR 2010, 273 Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Voraussetzungen des Rangverlustes ................................................. 1. Betroffene Rechte ................................. 2. Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG ....................................................... 3. Verspätete Anmeldung oder Glaubhaftmachung ................................

I.

1 2 2 4

III. Folgen .................................................... 8 IV. Sonstiges ................................................ 9 1. Nichtberücksichtigung trotz Anmeldung ............................................ 9 2. Minderanmeldung ............................... 10 3. Rechtsverfolgungskosten .................... 11

5

Allgemeines

Damit die Beteiligten spätestens zu Beginn der Bietstunde feststellen können, welche Ansprüche ihrem eigenen Recht äußerstenfalls im Range vorgehen, enthält die Terminsbestimmung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG die Aufforderung, nicht grundbuchersichtliche Rechte rechtzeitig anzumelden und auf Verlangen eines betreibenden Gläubigers glaubhaft zu machen. § 110 ZVG ergänzt diese Vorschrift, indem sie für verspätet angemeldete oder glaubhaft gemachte Rechte einen Rangverlust vorsieht. Da diese Rechte im Rang nach allen der in § 10 ZVG aufgeführten 8 Klassen berücksichtigt werden, bezeichnet man ihre Rangklasse manchmal auch als „Rangklasse 9“

1

II. Voraussetzungen des Rangverlustes 1.

Betroffene Rechte

Eine Anmeldung nach § 37 Nr. 4 ZVG ist nur notwendig für Rechte, die zur Zeit der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Einzelheiten hierzu siehe bei §§ 37, 38 Rz. 19 ff. [Bachmann]. Bachmann

831

2

§ 110

Nachstehende Rechte

dem Pfändungsgläubiger allein (wenn auch der Überweisungsbeschluss vorliegt) zuzuteilen. 3.

Erlösüberschuss bei einem herrenlosen Grundstück

Wenn ein herrenloses Grundstück versteigert wurde,7) hat der gemäß § 787 ZPO bestellte Vertreter den Erlösüberschuss nach Abzug seiner Vergütung und Auslagen als herrenloses Gut zu hinterlegen (§ 372 BGB). Das Aneignungsrecht, welches sich gemäß § 928 Abs. 2 BGB auf das aufgegebene Grundstück bezieht, setzt sich am Surrogat „Erlösüberschuss“ fort. Somit kann sich der Landesfiskus den hinterlegten Betrag aneignen. _____________ 7)

12

Zu den Voraussetzungen für die Anordnung des Verfahrens siehe Stöber, ZVG, § 15 Rz. 22.

§ 110 Nachstehende Rechte Rechte, die ungeachtet der im § 37 Nr. 4 bestimmten Aufforderung nicht rechtzeitig angemeldet oder glaubhaft gemacht worden sind, stehen bei der Verteilung den übrigen Rechten nach. Literatur: Traub, Die Krux mit § 110 ZVG, ZfIR 2010, 273 Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Voraussetzungen des Rangverlustes ................................................. 1. Betroffene Rechte ................................. 2. Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG ....................................................... 3. Verspätete Anmeldung oder Glaubhaftmachung ................................

I.

1 2 2 4

III. Folgen .................................................... 8 IV. Sonstiges ................................................ 9 1. Nichtberücksichtigung trotz Anmeldung ............................................ 9 2. Minderanmeldung ............................... 10 3. Rechtsverfolgungskosten .................... 11

5

Allgemeines

Damit die Beteiligten spätestens zu Beginn der Bietstunde feststellen können, welche Ansprüche ihrem eigenen Recht äußerstenfalls im Range vorgehen, enthält die Terminsbestimmung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG die Aufforderung, nicht grundbuchersichtliche Rechte rechtzeitig anzumelden und auf Verlangen eines betreibenden Gläubigers glaubhaft zu machen. § 110 ZVG ergänzt diese Vorschrift, indem sie für verspätet angemeldete oder glaubhaft gemachte Rechte einen Rangverlust vorsieht. Da diese Rechte im Rang nach allen der in § 10 ZVG aufgeführten 8 Klassen berücksichtigt werden, bezeichnet man ihre Rangklasse manchmal auch als „Rangklasse 9“

1

II. Voraussetzungen des Rangverlustes 1.

Betroffene Rechte

Eine Anmeldung nach § 37 Nr. 4 ZVG ist nur notwendig für Rechte, die zur Zeit der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Einzelheiten hierzu siehe bei §§ 37, 38 Rz. 19 ff. [Bachmann]. Bachmann

831

2

§ 110 3

Nicht unter § 110 ZVG fällt die Anmeldung eines Ersatzbetrags für ein nach § 92 ZVG erloschenes Recht der Abt. II. 2.

4

Nachstehende Rechte

Aufforderung gemäß § 37 Nr. 4 ZVG

Voraussetzung des § 110 ZVG ist, dass die Terminsbestimmung tatsächlich die Aufforderung des § 37 Nr. 4 ZVG enthalten hat, einschließlich der Androhung des Rangverlusts. Wenn in der Terminsbestimmung § 37 Nr. 4 ZVG nicht oder nicht richtig angewandt worden ist, stellt dies einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 7 ZVG i. V. m. § 43 Abs. ZVG dar. Wenn trotzdem der Zuschlag erteilt und rechtkräftig geworden ist, tritt der Rangverlust gemäß § 110 ZVG nicht ein. In diesem Fall sind also alle Anmeldungen nach ihrem Rang gemäß § 10 ZVG zu berücksichtigen.1) 3.

Verspätete Anmeldung oder Glaubhaftmachung

5

Wenn eine Anmeldung nicht rechtzeitig erfolgt, tritt der Rangverlust ein. Rechtzeitig ist eine Anmeldung, wenn sie im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte. Vorher hatte das Gericht gemäß § 66 Abs. 2 ZVG auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen hinzuweisen. Mit dem Versteigerungstermin ist bei Abhaltung mehrerer Termine der gemeint, der Grundlage für die Zuschlagserteilung ist.

6

Wenn Glaubhaftmachung notwendig ist, muss auch diese rechtzeitig erfolgt sein. Glaubhaftmachung ist hier in folgenden Fällen von Bedeutung:

7



Nur wenn ein betreibender Gläubiger widerspricht, muss der Anmeldende glaubhaft machen (§ 37 Nr. 4 ZVG).2)



Ansprüche der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG sind bei der Anmeldung gemäß § 45 Abs. 3 ZVG von Amts wegen (auf bestimmte Weise) glaubhaft zu machen.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG. Hiernach gelten die Ansprüche des Gläubigers als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben. Einzelheiten hierzu siehe bei § 114 Rz. 20 [Bachmann]. III. Folgen

8

Rechte, die nur auf entsprechende Anmeldung berücksichtigt werden, können ohne Anmeldung im Verteilungsverfahren überhaupt nicht berücksichtigt werden. Wenn sie trotz ordnungsgemäßer Aufforderung in der Terminsbestimmung verspätet angemeldet oder glaubhaft gemacht werden, erleiden sie einen Rangverlust; sie werden an letzter Stelle berücksichtigt. Zwischen mehreren verspätet angemeldeten Ansprüchen richtet das Rangverhältnis dann wieder nach § 10 ZVG, nicht etwa nach dem Zeitpunkt der verspäteten Anmeldung.

_____________ 1) 2)

832

Dies kann zu eventuellen Schadensersatzansprüchen gegen das Land führen. Also etwas anders als bei § 9 Nr. 2 ZVG.

Bachmann

§ 110

Nachstehende Rechte

IV. Sonstiges 1.

Nichtberücksichtigung trotz Anmeldung

Wenn ein rechtzeitig angemeldeter Anspruch nicht berücksichtigt wurde, liegt kein Fall des § 110 ZVG vor. Der Berechtigte, dessen Recht bei der Aufstellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt wurde, kann gemäß §§ 83 Nr. 1, 100 ZVG den Zuschlag anfechten.3). Im Verteilungstermin kann er Berücksichtigung seines Rechts im ursprünglichen Rang seines Rechts verlangen. Dies bedeutet: Handelt es sich hierbei um ein Recht, das im geringsten Gebot als bestehen bleibend hätte berücksichtigt werden müssen, muss zwar der Berechtigte das Erlöschen seines Rechtes gegen sich gelten lassen, er kann aber Zuteilung im Rang seines Rechts verlangen. Wenn der Versteigerungserlös hierfür nicht ausreicht, kann er nur Schadensersatzansprüche gegen das betreffende Land geltend machen.4) 2.

Minderanmeldung

Wenn ein Gläubiger weniger laufende wiederkehrende Leistungen angemeldet hat, als von Amts wegen zu berücksichtigen wären (vgl. §§ 45 Abs. 2, 114 Abs. 2 ZVG), spricht man von Minderanmeldung. Als Prozesshandlung hat diese Minderanmeldung nur für das Vollstreckungsverfahren Bedeutung; die materiellrechtliche Berechtigung des Gläubigers wird dadurch nicht berührt. Jedoch ist in diesem Zusammenhang auch § 110 ZVG zu beachten. Demnach kann zwar eine vor der Aufforderung zur Gebotsabgabe vorgenommene Minderanmeldung nachträglich wieder erweitert werden. Mit dem Differenzbetrag zwischen nachträglicher Anmeldung und rechtzeitiger Minderanmeldung erleidet der Berechtigte aber den Rangverlust des § 110 ZVG. 3.

_____________ 4)

10

Rechtsverfolgungskosten

Auch die Kosten der Rechtsverfolgung, die gemäß §§ 10 Abs. 2, 12 ZVG im Rang des Hauptanspruchs berücksichtigt werden können, müssen angemeldet werden. Auch diese Anmeldung muss nach § 110 ZVG rechtzeitig erfolgen. Da manche Kosten aber zum diesem Zeitpunkt noch gar nicht entstanden sind, hat hier der Gläubiger die Möglichkeit, solche Kosten in Form eines Pauschbetrags anzumelden; dabei muss aber angegeben werden, worauf sich dieser Pauschbetrag beziehen 3)

9

So auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 110 Rz. 8, der als Versagungsgrund aber § 83 Nr. 7 ZVG nennt. Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, Rpfleger 2000, 403 = NJW 2000, 3358; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 110 Rz. 8. Die o. a. Entscheidung behandelt zwar die Nichtberücksichtigung eines Nacherbenvermerks im geringsten Gebot, kann aber ohne Weiteres auf den hier geschilderten Fall übertragen werden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist aber auch in einem weiteren Punkt von großer Bedeutung; das Gericht hat u. a. auch Folgendes ausgeführt: „Das Spruchrichterprivileg in § 839 Abs. 2 BGB gilt nicht für Entscheidungen in der Zwangsvollstreckung (vgl. Senatsurteil v. 17.10.1985 -III ZR 105/84 – WM 1986, 331, 333). Der Kläger hätte zwar außerdem gegen den fehlerhaften Zuschlagsbeschluß gemäß §§ 95 ff. ZVG, 11 RPflG a. F. befristete Erinnerung einlegen können, um den Schaden abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB). Dass er dies versäumt hat, kann ihm aber nicht als Verschulden angelastet werden.“ Es ist zu hoffen, dass in diesem Punkt in absehbarer Zeit ein Umdenken stattfindet.

Bachmann

833

11

§ 111

Betagter Anspruch

soll (z. B. Vertretungskosten, Reisekosten). Spätestens zum Verteilungstermin müssen auch hier die Kosten dann noch spezifiziert werden. Hierbei kann es zu dem misslichen Ergebnis kommen, dass die tatsächlichen Gesamtkosten höher sind als der angemeldete Pauschbetrag. Dann können die Kosten nur in Höhe des Pauschbetrags in der Rangklasse des Hauptanspruchs berücksichtigt werden; in Höhe des überschießenden Betrags tritt der Rangverlust des § 110 ZVG ein.

§ 111 Betagter Anspruch Ein betagter Anspruch gilt als fällig. Ist der Anspruch unverzinslich, so gebührt dem Berechtigten nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrag des Anspruchs gleichkommt; solange die Zeit der Fälligkeit ungewiß ist, gilt der Anspruch als aufschiebend bedingt. Übersicht I. II. 1. 2. III. 1.

Allgemeines .......................................... Betagte und bedingte Ansprüche ....... Betagter Anspruch ................................ Bedingter Anspruch .............................. Behandlung eines betagten Anspruchs im Teilungsplan ............... Verzinslicher Anspruch (Satz 1) ..........

I.

Allgemeines

1 3 3 5 6 6

2.

Unverzinslicher Anspruch (Satz 2 Halbs. 1) .................................... 7 3. Ungewisse Fälligkeit (Satz 2 Halbs. 2) .................................... 9 IV. Beispiel der Berechnung eines unverzinslichen, betagten Rechts .... 10

1

Die Vorschrift regelt die Behandlung betagter Ansprüche im Teilungsplan. Damit scheiden bestehen bleibende Rechte von vornherein aus; denn obwohl gemäß § 113 Abs. 2 ZVG im Teilungsplan auch die bestehen bleibenden Rechte aufzunehmen sind, trifft § 111 ZVG nur für die auf Kapitalzahlung gerichteten erlöschenden Rechte zu.1) Nach Satz 1 sind somit die im Verteilungstermin noch nicht fälligen Grundpfandrechte wie fällige zu behandeln, also an den Gläubiger (unbedingt) zuzuteilen und auszuzahlen. Da der Gläubiger in diesem Fall sein Kapital aber vorzeitig erhält, muss er bei unverzinslichen Rechten nach Satz 2 Halbs. 1 den Abzug der gesetzlichen Zinsen in Kauf nehmen. Bei verzinslichen Rechten, werden die Zinsen bis zum Verteilungstermin (ausschließlich) berechnet. Wenn die Fälligkeit des Rechts ungewiss ist, wird der Anspruch als aufschiebend bedingt behandelt (Satz 2 Halbs. 2); damit gelten insoweit §§ 119, 120 ZVG.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Betagte und bedingte Ansprüche 1.

3

Betagter Anspruch

Unter einem betagten Anspruch versteht man einen Anspruch, dessen Fälligkeit von einem zukünftigen gewissen Ereignis abhängig ist. Diese Fälligkeit kann an einem bestimmten Kalendertag eintreten (z. B. am 1.8.2016). Dann ist nicht nur der Eintritt des Ereignisses, sondern auch der Tag dieses Ereignisses gewiss. _____________ 1)

834

Stöber, ZVG, § 111 Rz. 2.1 m. w. N.

Bachmann

§ 111

Betagter Anspruch

soll (z. B. Vertretungskosten, Reisekosten). Spätestens zum Verteilungstermin müssen auch hier die Kosten dann noch spezifiziert werden. Hierbei kann es zu dem misslichen Ergebnis kommen, dass die tatsächlichen Gesamtkosten höher sind als der angemeldete Pauschbetrag. Dann können die Kosten nur in Höhe des Pauschbetrags in der Rangklasse des Hauptanspruchs berücksichtigt werden; in Höhe des überschießenden Betrags tritt der Rangverlust des § 110 ZVG ein.

§ 111 Betagter Anspruch Ein betagter Anspruch gilt als fällig. Ist der Anspruch unverzinslich, so gebührt dem Berechtigten nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrag des Anspruchs gleichkommt; solange die Zeit der Fälligkeit ungewiß ist, gilt der Anspruch als aufschiebend bedingt. Übersicht I. II. 1. 2. III. 1.

Allgemeines .......................................... Betagte und bedingte Ansprüche ....... Betagter Anspruch ................................ Bedingter Anspruch .............................. Behandlung eines betagten Anspruchs im Teilungsplan ............... Verzinslicher Anspruch (Satz 1) ..........

I.

Allgemeines

1 3 3 5 6 6

2.

Unverzinslicher Anspruch (Satz 2 Halbs. 1) .................................... 7 3. Ungewisse Fälligkeit (Satz 2 Halbs. 2) .................................... 9 IV. Beispiel der Berechnung eines unverzinslichen, betagten Rechts .... 10

1

Die Vorschrift regelt die Behandlung betagter Ansprüche im Teilungsplan. Damit scheiden bestehen bleibende Rechte von vornherein aus; denn obwohl gemäß § 113 Abs. 2 ZVG im Teilungsplan auch die bestehen bleibenden Rechte aufzunehmen sind, trifft § 111 ZVG nur für die auf Kapitalzahlung gerichteten erlöschenden Rechte zu.1) Nach Satz 1 sind somit die im Verteilungstermin noch nicht fälligen Grundpfandrechte wie fällige zu behandeln, also an den Gläubiger (unbedingt) zuzuteilen und auszuzahlen. Da der Gläubiger in diesem Fall sein Kapital aber vorzeitig erhält, muss er bei unverzinslichen Rechten nach Satz 2 Halbs. 1 den Abzug der gesetzlichen Zinsen in Kauf nehmen. Bei verzinslichen Rechten, werden die Zinsen bis zum Verteilungstermin (ausschließlich) berechnet. Wenn die Fälligkeit des Rechts ungewiss ist, wird der Anspruch als aufschiebend bedingt behandelt (Satz 2 Halbs. 2); damit gelten insoweit §§ 119, 120 ZVG.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Betagte und bedingte Ansprüche 1.

3

Betagter Anspruch

Unter einem betagten Anspruch versteht man einen Anspruch, dessen Fälligkeit von einem zukünftigen gewissen Ereignis abhängig ist. Diese Fälligkeit kann an einem bestimmten Kalendertag eintreten (z. B. am 1.8.2016). Dann ist nicht nur der Eintritt des Ereignisses, sondern auch der Tag dieses Ereignisses gewiss. _____________ 1)

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Stöber, ZVG, § 111 Rz. 2.1 m. w. N.

Bachmann

§ 111

Betagter Anspruch

Die Fälligkeit kann aber auch von einem gewissen Ereignis abhängen, dessen Eintritt aber noch ungewiss ist (z. B. vom Tod einer bereits lebenden Person). 2.

4

Bedingter Anspruch

Hängt dagegen die Fälligkeit von einem ungewissen Ereignis ab (z. B. Geburt eines Kindes, Heirat einer Person), dann ist dieser Anspruch nicht betagt, sondern bedingt. Hier steht noch gar nicht fest, ob dieses Ereignis jemals eintritt. Ein solcher Anspruch kann dabei aufschiebend bedingt sein; dann tritt die Fälligkeit mit dem Eintritt des Ereignisses ein (§ 158 Abs. 1 BGB). Der Anspruch kann aber auch auflösend bedingt sein; dann endet der Anspruch mit dem Eintritt des Ereignisses (§ 158 Abs. 2 BGB). Im Teilungsplan werden bedingte Ansprüche nach §§ 119, 120 ZVG behandelt (siehe Einzelheiten bei §§ 119, 120).

5

III. Behandlung eines betagten Anspruchs im Teilungsplan 1.

Verzinslicher Anspruch (Satz 1)

Ein verzinslicher, betagter Anspruch gilt nach Satz 1 als fällig. Er wird in den Teilungsplan aufgenommen mit dem Kapital und den vereinbarten Zinsen bis zum Verteilungstermin (ausschließlich). Auch wenn der vereinbarte Zinssatz niedriger als der gesetzliche Zins ist, erfolgt keine Abzinsung; denn § 111 Satz 2 ZVG spricht von einem „unverzinslichen“ Anspruch.2) 2.

6

Unverzinslicher Anspruch (Satz 2 Halbs. 1)

Auch ein unverzinslicher, betagter Anspruch gilt nach Satz 1 als fällig. Weil der entsprechende Anspruch aber vorzeitig im Verteilungstermin fällig wird, muss nach Satz 2 Halbs. 1 der Zwischenzins abgezogen werden. Abzuziehen sind die gesetzlichen Zinsen3) für die Zeit von Verteilungstermin (einschließlich) bis zum Tag der tatsächlichen Fälligkeit (ausschließlich). Nur der Restbetrag darf an den Berechtigten ausgezahlt werden.

7

Der Ersteher wird von dieser Abzinsung nicht betroffen; denn die Teilungsmasse wird durch § 111 ZVG nicht berührt. Von dem errechneten Zwischenzins profitiert also der nächstausfallende Berechtigte; denn der Zwischenzins verringert die „vorgehende Schuldenmasse“.

8

3.

Ungewisse Fälligkeit (Satz 2 Halbs. 2)

Wenn zwar gewiss ist, dass das Ereignis eintritt, aber der Zeitpunkt dieses Eintritts ungewiss ist (z. B. Tod einer bestimmten Person), dann können weder vertragliche Zinsen berechnet werden noch kann eine Abzinsung erfolgen.4) Deshalb sieht Satz 2 Halbs. 2 vor, dass dieser Anspruch als aufschiebend bedingt gilt. Damit gelten für diese Rechte die §§ 119, 120 ZVG (siehe §§ 119, 120).

_____________ 2) 3) 4)

So auch Böttcher, ZVG, § 111 Rz. 11; Stöber, ZVG, § 111 Rz. 2.8; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 111 Rz. 5. Gemäß § 246 BGB beträgt der gesetzliche Zinssatz zurzeit 4 %. Es fehlt an einem festen Endpunkt dieser Berechnungen.

Bachmann

835

9

§ 112

Gesamtausgebot

IV. Beispiel der Berechnung eines unverzinslichen, betagten Rechts 10

Die Berechnung des Zwischenzinses erfolgt nach der Hoffmann’schen Formel.5) Beispiel: Im Teilungsplan ist eine unverzinsliche (erloschene) Sicherungshypothek zu berücksichtigen, deren Kapital in Höhe von 100.000 € am 1.8.2016 fällig ist. Der Verteilungstermin ist auf den 1.8.2014 bestimmt. Um den gesuchten (abgezinsten) Kapitalbetrag zu ermitteln, sind 4 % Zinsen für den Zeitraum vom 1.8.2014 (einschließlich) bis 1.8.2016 (ausschließlich) bzw. 31.7.2016 (einschließlich) = 2 Jahre abzuziehen. Die Berechnung nach der Hoffmannschen Formel sieht folgendermaßen aus:

K=

100×100.000 100 +(4× 2)

K=

10.000.000 108

K = 92.592,59 €

Anmerkung:

Bei der Berechnung nach Tagen ist darauf zu achten, dass sowohl im Zähler als auch im Nenner noch der Faktor 360 (bei bankmäßiger Berechnung) bzw. 365 oder 366 (bei Berechnung nach dem Kalender) aufgeführt werden muss. Die Berechnung im obigen Beispiel würde bei bankmäßiger Berechnung dann folgendermaßen aussehen: K=

360×100×100.000 360×100  (4×720)

Ergebnis:

Der Gläubiger der Sicherungshypothek erhält im Verteilungsplan anstelle von 100.000 € nur 92.592,59 € zugeteilt. Der Zwischenzins in Höhe von 7.407,41 € käme dem nächstausfallenden Berechtigten zugute. Wenn ein solcher nicht vorhanden ist, würde der Betrag dem Vollstreckungsschuldner als Übererlös zustehen. _____________ 5)

Stöber, ZVG, § 111 Rz. 2.12 und Anhang Tab 3; Böttcher, ZVG, § 111 Rz. 8 und 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 111 Rz. 5; Löhnig/Hannemann, § 111 Rz. 8 und 9.

§ 112 Gesamtausgebot (1) Ist bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke der Zuschlag auf Grund eines Gesamtausgebots erteilt und wird eine Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke notwendig, so wird aus dem Erlös zunächst der Betrag entnommen, welcher zur Deckung der Kosten sowie zur Befriedigung derjenigen bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten und durch Zahlung zu deckenden Rechte erforderlich ist, für welche die Grundstücke ungeteilt haften.

836

Bachmann

§ 112

Gesamtausgebot

IV. Beispiel der Berechnung eines unverzinslichen, betagten Rechts 10

Die Berechnung des Zwischenzinses erfolgt nach der Hoffmann’schen Formel.5) Beispiel: Im Teilungsplan ist eine unverzinsliche (erloschene) Sicherungshypothek zu berücksichtigen, deren Kapital in Höhe von 100.000 € am 1.8.2016 fällig ist. Der Verteilungstermin ist auf den 1.8.2014 bestimmt. Um den gesuchten (abgezinsten) Kapitalbetrag zu ermitteln, sind 4 % Zinsen für den Zeitraum vom 1.8.2014 (einschließlich) bis 1.8.2016 (ausschließlich) bzw. 31.7.2016 (einschließlich) = 2 Jahre abzuziehen. Die Berechnung nach der Hoffmannschen Formel sieht folgendermaßen aus:

K=

100×100.000 100 +(4× 2)

K=

10.000.000 108

K = 92.592,59 €

Anmerkung:

Bei der Berechnung nach Tagen ist darauf zu achten, dass sowohl im Zähler als auch im Nenner noch der Faktor 360 (bei bankmäßiger Berechnung) bzw. 365 oder 366 (bei Berechnung nach dem Kalender) aufgeführt werden muss. Die Berechnung im obigen Beispiel würde bei bankmäßiger Berechnung dann folgendermaßen aussehen: K=

360×100×100.000 360×100  (4×720)

Ergebnis:

Der Gläubiger der Sicherungshypothek erhält im Verteilungsplan anstelle von 100.000 € nur 92.592,59 € zugeteilt. Der Zwischenzins in Höhe von 7.407,41 € käme dem nächstausfallenden Berechtigten zugute. Wenn ein solcher nicht vorhanden ist, würde der Betrag dem Vollstreckungsschuldner als Übererlös zustehen. _____________ 5)

Stöber, ZVG, § 111 Rz. 2.12 und Anhang Tab 3; Böttcher, ZVG, § 111 Rz. 8 und 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 111 Rz. 5; Löhnig/Hannemann, § 111 Rz. 8 und 9.

§ 112 Gesamtausgebot (1) Ist bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke der Zuschlag auf Grund eines Gesamtausgebots erteilt und wird eine Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke notwendig, so wird aus dem Erlös zunächst der Betrag entnommen, welcher zur Deckung der Kosten sowie zur Befriedigung derjenigen bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten und durch Zahlung zu deckenden Rechte erforderlich ist, für welche die Grundstücke ungeteilt haften.

836

Bachmann

§ 112

Gesamtausgebot

(2) Der Überschuß wird auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis des Wertes der Grundstücke verteilt. Dem Überschuß wird der Betrag der Rechte, welche nach § 91 nicht erlöschen, hinzugerechnet. Auf den einem Grundstück zufallenden Anteil am Erlös wird der Betrag der Rechte, welche an diesem Grundstück bestehen bleiben, angerechnet. Besteht ein solches Recht an mehreren der versteigerten Grundstücke, so ist bei jedem von ihnen nur ein dem Verhältnis des Wertes der Grundstücke entsprechender Teilbetrag in Anrechnung zu bringen. (3) Reicht der nach Absatz 2 auf das einzelne Grundstück entfallende Anteil am Erlös nicht zur Befriedigung derjenigen Ansprüche aus, welche nach Maßgabe des geringsten Gebots durch Zahlung zu berichtigen sind oder welche durch das bei dem Einzelausgebot für das Grundstück erzielte Meistgebot gedeckt werden, so erhöht sich der Anteil um den Fehlbetrag. Übersicht I. II. 1. 2. III. 1. 2. 3.

I.

Allgemeines .......................................... Voraussetzungen .................................. Zuschlag auf das Gesamtausgebot ....... Notwendigkeit der Verteilung ............. Vornahme der Verteilung ................... Vorwegentnahme (Abs. 1) ................... Hinzurechnung der bestehen bleibenden Rechte (Abs. 2 Satz 2) ....... Verteilung im Verhältnis der Grundstückswerte (Abs. 2 Satz 1) .......

1 4 4 5 6 6 7 9

4.

Abzug der bestehen bleibenden Rechte (Abs. 2 Sätze 3 und 4) ............ 10 5. Weitere Verteilung .............................. 11 IV. Notleidende Einzelmasse (Abs. 3) ................................................ 12 V. Rechtsbehelfe ...................................... 14 VI. Beispiele .............................................. 15 1. Beispiel ................................................. 15 2. Beispiel mit notleidender Einzelmasse: ................................................... 20

Allgemeines

§ 112 ZVG regelt die rechnerische Verteilung des Versteigerungserlöses, wenn mehrere Grundstücke bzw. Grundstücksbruchteile im Gesamtausgebot zugeschlagen werden und die Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke erforderlich ist. Die sich bei dieser Berechnung ergebenen Einzelmassen sind dann nach den allgemeinen Regeln auf die Berechtigten zuzuteilen. Hierbei ist zu beachten, dass hinsichtlich erloschener Gesamtrechte eine Verteilung des Rechts auf die Sondermassen zu erfolgen hat; diese richtet sich dann jedoch nach § 122 ZVG. Weiter ist zu beachten, dass sich durch die Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke an der Rangordnung des § 10 ZVG nichts ändert. Wenn der Versteigerungserlös insgesamt vorhanden ist und die einschlägigen Vorschriften beachtet sind, kann dieser Gesichtspunkt jedoch vernachlässigt werden, da sich die Berechnung nach § 112 ZVG nur auf solche Ansprüche bezieht, die durch das geringste Gebot gedeckt sind. Sogenannte notleidende Sondermassen werden durch die anderen Sondermassen gemäß Absatz 3 ausgeglichen.

1

§ 112 ZVG findet auch Anwendung, wenn der Zuschlag auf ein Gruppenausgebot erfolgt ist; denn im Verhältnis zu den Einzelausgeboten stellt sich das Gruppenausgebot als Gesamtausgebot dar (siehe Einzelheiten hierzu bei § 63 Rz. 15, 36 [Bachmann]).

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG, also auch bei der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG, wenn die Anteile der Miteigentümer unterschiedlich belastet sind.

3

Bachmann

837

§ 112

Gesamtausgebot

II. Voraussetzungen 1. 4

2. 5

Zuschlag auf das Gesamtausgebot

Es müssen Grundstücke bzw. Grundstücksbruchteile in einem gemäß § 18 ZVG verbundenen Verfahren im Gesamtausgebot bzw. Gruppenausgebot zugeschlagen worden sein. (Abs. 1 Satz 1). Notwendigkeit der Verteilung

Weitere Voraussetzung ist, dass eine Verteilung auf die einzelnen Grundstücke notwendig ist. Grundsätzlich notwendig ist eine Verteilung bei unterschiedlichen Belastungen der Versteigerungsobjekte. Nicht notwendig ist eine Verteilung aber in folgenden Fällen: –

Es wurde nur das geringste Gebot geboten.



Es sind nur Gesamtrechte aus dem Erlös zu befriedigen.



Sämtliche Beteiligte (einschließlich des Schuldners) haben sich über eine andere Verteilung geeinigt.



Der Versteigerungserlös reicht zur Deckung aller Ansprüche aus, und die betreffenden Grundstücke gehören demselben Schuldner.1)

III. Vornahme der Verteilung 1. 6

Vorwegentnahme (Abs. 1)

Dem Versteigerungserlös sind nach Absatz 1 folgende Ansprüche vorweg zu entnehmen: –

Die Gerichtskosten gemäß § 109 ZVG.



Die Ansprüche aus dem Mindestbargebot, für welche die Grundstücke bzw. Bruchteile ungeteilt haften. Hierbei handelt es sich in erster Linie um die Kosten und Zinsen bestehen bleibender Gesamtrechte. Auch Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 können darunter fallen.2) Und wenn ausnahmsweise ein Anspruch der Rangklasse 5 im geringsten Gebot berücksichtigt wurde, dann ist auch dieser Anspruch (Kosten, Zinsen, Hauptforderung) wie eine Gesamtbelastung abzuziehen, wenn der betreffende Gläubiger die Beschlagnahme sämtlicher im Gesamtausgebot enthaltenen Grundstücke bewirkt hat. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass diese Vorwegentnahme an der Rangordnung der §§ 10 ff. ZVG nichts ändert. D. h.: Die tatsächliche Zutei-

_____________ 1) 2)

838

So auch Stöber, ZVG, § 112 Rz. 2.4; Böttcher, ZVG, § 112 Rz. 2; a. A. offenbar Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 7. So z. B. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 8; Löhnig/Hannemann, § 112 Rz. 8; teilweise a. A. Böttcher, ZVG, § 112 Rz. 3: Ansprüche der Rangklassen 1 und 3 sind nicht als Gesamtbelastungen zu behandeln, da sie bereits in den geringsten Geboten auf die einzelnen Grundstücke aufgeteilt worden sind. Dem kann man entgegenhalten, dass eine solche Aufteilung dann nicht notwendig war, wenn neben dem Gesamtausgebot gar keine Einzelausgebote erfolgten (vgl. § 63 Abs. 4). Aber im Hinblick darauf, dass die Gerichte insbesondere bei der Anmeldung von Ansprüchen der Rangklasse 3 auf getrennte Anmeldung drängen, ist es etwas inkonsequent, diese Ansprüche im Rahmen des § 112 plötzlich als „Gesamtanspruch“ einzuordnen.

Bachmann

§ 112

Gesamtausgebot

lung erfolgt in der richtigen Reihenfolge. Dies bereitet auch keine Schwierigkeiten, wenn der Versteigerungserlös insgesamt vorhanden ist. Wenn der Ersteher jedoch nur eine Teilleistung erbracht hat (z. B. nur die Sicherheitsleistung), kann dies zu Schwierigkeiten führen. Über die richtige Berechnungsart in diesem Fall gibt es unterschiedliche Ansichten. Nach Stöber3) entnimmt man in einem solchen Fall gemäß Absatz 1 nur die Verfahrenskosten, evtl. auch noch gesamtschuldnerische Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3, aber nicht die Barzahlungsansprüche der Gesamtrechte aus Rangklasse 4. Dann wird der Erlös gemäß Absatz 2 auf die Grundstücke aufgeteilt, um die Kosten und Zinsen der Einzelrechte am jeweils belasteten Grundstück im richtigen Rangverhältnis zu entnehmen. Bevor als nächstes das Gesamtrecht zu berücksichtigen wäre, werden die (restlichen) Einzelmassen wieder zusammengerechnet, um nun die Kosten und Zinsen dieses Gesamtrechts zu entnehmen usw.4) 2.

Hinzurechnung der bestehen bleibenden Rechte (Abs. 2 Satz 2)

Der nach Absatz 1 berechneten Restteilungsmasse5) sind die bestehen bleibenden Rechte hinzuzurechnen. Das sind die Rechte, welche nach den Versteigerungsbedingungen (seien es die nach den gesetzlichen (§ 52 ZVG) oder die nach § 59 ZVG abgeänderten Bedingungen) bestehen bleiben. Nicht hinzugerechnet werden Rechte, die gemäß § 91 Abs. 2 oder aufgrund einer besonderen Vorschrift (z. B. gemäß § 9 Abs. 1 EGZVG) bestehen bleiben.

7

Bei Grundpfandrechten ist der jeweilige Kapitalbetrag maßgeblich; bei Rechten der Abt. II ist der gemäß § 51 Abs. 2 ZVG festgesetzte Zuzahlungsbetrag hinzuzurechnen. Ein bestehen bleibendes Gesamtrecht, das alle Grundstücke belastet, kann bei der Berechnung nach Absatz 2 außer Betracht bleiben.

8

3.

Verteilung im Verhältnis der Grundstückswerte (Abs. 2 Satz 1)

Der errechnete Betrag6) wird auf die einzelnen Grundstücke im Verhältnis der Grundstückswerte aufgeteilt. Dieser Berechnung sind nach übereinstimmender Ansicht die nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Grundstückswerte zugrunde zu legen. 4.

Abzug der bestehen bleibenden Rechte (Abs. 2 Sätze 3 und 4)

Da in den jetzt ermittelten Einzelmassen die bestehen bleibenden Rechte mit enthalten sind, müssen diese wieder nach Absatz 2 Satz 3 abgezogen werden. Besteht ein solches Recht an mehreren der versteigerten Grundstücke, so ist dieses nach Absatz 2 Satz 4 im Verhältnis der damit belasteten Grundstücke aufzuteilen und nur der entsprechende Teilbetrag abzuziehen. Eine Gesamtbelastung, die bei dem o. a. zweiten Schritt nicht hinzugerechnet worden ist (vgl. Rz. 8), kann jetzt selbstverständlich auch nicht wieder (teilweise) abgezogen werden.7) _____________ 3) 4) 5) 6) 7)

9

Stöber, ZVG, § 112 Rz. 3.2. A. A. Böttcher, ZVG, § 112 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 9. Im Gesetz als „Überschuss“ bezeichnet. Im Gesetz auch wieder als „Überschuss“ bezeichnet. Zur Kontrolle: Die Summe der Abzüge (Abs. 2 Satz 3) muss genau so hoch sein wie die Summe der Hinzurechnungen (Abs. 2 Satz 2).

Bachmann

839

10

§ 112 5. 11

Gesamtausgebot

Weitere Verteilung

Die bei den einzelnen Grundstücken errechneten Erlösüberschüsse werden nun auf die übrigen Ansprüche entsprechend ihrer Rangstelle zugeteilt. Sind hierbei (erlöschende) Gesamtrechte zu berücksichtigen, muss eine Aufteilung gemäß § 122 ZVG vorgenommen werden (Einzelheiten hierzu siehe bei § 122 ZVG). IV. Notleidende Einzelmasse (Abs. 3)

12

Sind die bestehen bleibenden Rechte bei einem Grundstück sehr hoch, kann dies bei der nach den Absätzen 1 und 2 vorzunehmenden Berechnung dazu führen, dass kein oder ein unzureichender Erlös verbleibt; der errechnete Betrag kann sogar ins Minus gehen. In diesen Fällen spricht man von einer „notleidenden Masse“. Damit sichergestellt ist, dass alle im Mindestbargebot enthaltenen Ansprüche sowie die nach § 63 Abs. 4 Satz 1 ZVG das Mindestbargebot beim Gesamtausgebot erhöhenden Beträge auch tatsächlich befriedigt werden können, sieht Absatz 3 einen Ausgleich vor.

13

Der notleidende Anteil wird um den Fehlbetrag erhöht. Diese Erhöhung geht zulasten der anderen Einzelmassen; damit vermindern sich diese insgesamt um diesen Fehlbetrag. Die Aufteilung auf einzelnen Massen geschieht nach h. M. im Verhältnis der festgesetzten Verkehrswerte.8) V. Rechtsbehelfe

14

Nach der überwiegenden Ansicht können sich die Beteiligten gegen die nach ihrer Ansicht nach falsche oder unterlassene Anwendung des § 112 ZVG mit sofortiger Beschwerde oder durch Einlegung des Widerspruchs wehren.9) VI. Beispiele 1.

Beispiel

Sachverhalt: 15

In einem verbundenen Versteigerungsverfahrens sind drei Grundstücke im Gesamtausgebot zugeschlagen worden. Die Gerichtskosten (§ 109 ZVG) sind mit 7.000 € errechnet worden. In Rangklasse 3 sind öffentliche Grundstückslasten getrennt angemeldet worden: auf dem Grundstück 1 :

50,00 €,

auf dem Grundstück 2 : 100,00 €, auf dem Grundstück 3 : 200,00 €. Die Nebenleistungen der bestehen bleibenden Rechte sind jeweils mit 10 % für 1 Jahr zu berücksichtigen.

_____________ 8) 9)

840

Böttcher, ZVG, § 112 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 112 Rz. 5.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 112 Rz. 15. So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 112 Rz. 21; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 112 Rz. 16; a. A. mit beachtlichen Gründen Stöber, ZVG, § 112 Rz. 6 und § 115 Rz. 3.

Bachmann

§ 112

Gesamtausgebot

Die Belastungsübersicht hinsichtlich der bestehen bleibenden Rechte sieht folgendermaßen aus: Belastung

Grundstück 1 VKW: 50.000 €

Grundstück 2 VKW: 100.000 €

16

Grundstück 3 VKW: 200.000 €

III/1

27.000 €



III/2



50.000 €



III/3



20.000 €

20.000 €



III/4





23.000 €

III/5

20.000 €

20.000 €

20.000 €

Die Teilungsmasse beträgt insgesamt: 110.00 €. Eine Verteilung nach § 112 ZVG ist erforderlich (z. B. weil der Erlös nicht für alle Berechtigte ausreicht, da mehrere persönliche Gläubiger betreiben; weil die Grundstücke verschiedenen Eigentümern gehören).

17

Berechnung gemäß § 112:

110.000 €

Teilungsmasse

7.000 €

Abzüglich Gerichtskosten

2.000 €

Abzgüglich Nebenleistung des Gesamtrechts III/5

101.000 €

Rest („Überschuss“ i. S. v. § 112 Abs. 2) Zuzüglich der bestehen bleibenden Rechte10) III/1 III/2 III/3 III/4

+ 27.000 € + 50.000 € + 20.000 € + 23.000 € 221.000 €

Summe

Dieser Betrag wird gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 ZVG im Verhältnis der Verkehrswerte auf die drei Grundstücke verteilt. Grundstück 1

Grundstück 2

Grundstück 3

Anteiliger Betrag

31.571,42 €

63.142,86 €

126.285,72 €

-III/1

27.000,00 €





-III/2



– 50.000,00 €



-III/3 (aufgeteilt)



6.666,67 €

– 13.333,33 €





– 23.000,00 €

4.571,42 €

6.476,19 €

89.952,39 €

-III/4 Bar-Erlösanteile

_____________ 10) Hier ohne das Gesamtrecht III/5, da dies rechnerisch im Ergebnis nichts ändert.

Bachmann

841

18

§ 112

Gesamtausgebot

Zuteilung noch offener Ansprüche Rangklasse 3

50,00 €

Zinsen III/1

2.700,00 €

100,00 €

200,00 €

Zinsen III/2

5.000,00 €

Zinsen III/3

666,67 €

1.333,33 €

709,52 €

86.119,06 €

2.300,00 €

Zinsen III/4 Rest 19

1.821,42 €

Die Ansprüche aus dem geringsten Gebot sind damit alle gedeckt. Aus den verbleibenden Restbeträgen (zusammen: 88.650 €) sind die weiteren Ansprüche aus der Schuldenmasse zu befriedigen.11) 2.

Beispiel mit notleidender Einzelmasse:

20

Dasselbe Beispiel wie oben mit nur einer Änderung:

21

Das bestehen bleibende Recht III/2 beträgt jetzt: 60.000 €, die Zinsen somit 6.000 €. Berechnung gemäß § 112 ZVG:

110.000 € 7.000 € 2.000 € 101.000 €

Teilungsmasse Abzüglich Gerichtskosten Abzgüglich Nebenleistung des Gesamtrechts III/5 Rest („Überschuss“ i. S. v. § 112 Abs. 2) Zuzüglich der bestehen bleibenden Rechte12) III/1 III/2 III/3 III/4 Summe 22

+ 27.000 € + 60.000 € + 20.000 € + 23.000 € 231.000 €

Dieser Betrag wird gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 ZVG im Verhältnis der Verkehrswerte auf die drei Grundstücke verteilt. Grundstück 1

Grundstück 2 Grundstück 3

Anteiliger Betrag

33.000,00 €

66.000,00 €

132.000,00 €

-III/1

27.000,00 €





-III/2



– 60.000,00 €



-III/3 (aufgeteilt)



6.666,67 €

– 13.333,33 €

-III/4





– 23.000,00 €

6.000,00 €

– 666,67 €

95.666,67 €

Bar-Erlösanteile _____________

11) Sind nur noch betreibende Gläubiger von Gesamtansprüchen vorhanden (hierzu zählen auch Gläubiger der Rangklasse 5, die in alle Grundstücke betreiben) und gehören die Grundstücke demselben Eigentümer, dann wäre die Berechnung überflüssig gewesen. 12) Hier ohne das Gesamtrecht III/5, da dies rechnerisch im Ergebnis nichts ändert.

842

Bachmann

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

Zuteilung noch offener Ansprüche Rangklasse 3

50,00 €

Zinsen III/1

2.700,00 €

100,00 €

200,00 €

Zinsen III/2

6.000,00 €

Zinsen III/3

666,67 €

1.333,33 € 91.833,34 €

2.300,00 €

Zinsen III/4 Rest

3.250,00 €

– 7.433,34 €

Ausgleich des Fehlbetrags13)

1.486,67 €

+ 7.433,34 €

5.946,67 €

Resterlöse:

1.763,33 €

0

85.886,67 €

Die Ansprüche aus dem geringsten Gebot sind damit alle gedeckt. Aus den verbleibenden Restbeträgen (zusammen: 87.650 €) sind die weiteren Ansprüche aus der Schuldenmasse zu befriedigen. Wenn ein Beteiligter, der nur ein Befriedigungsrecht an Grundstück 1 oder 3 hat, nur infolge des Ausgleichs des Fehlbetrags einen Ausfall erleidet, hat er keinen Bereicherungsanspruch gegen den Berechtigten, der von dem Ausgleich profitiert hat. Dieser hat die Zuteilung nicht ohne Rechtsgrund erhalten; sie beruht auf Gesetz (auf §§ 44, 112 ZVG).14) _____________ 13) Dieser Ausgleich erfolgt nach h. M. im Verhältnis der Verkehrswerte der beiden anderen Grundstücke. 14) So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 20; offen gelassen von Stöber, ZVG, § 112 Rz. 5.6.

§ 113 Aufstellung des Teilungsplans (1) In dem Verteilungstermin wird nach Anhörung der anwesenden Beteiligten von dem Gericht, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, der Teilungsplan aufgestellt. (2) In dem Plan sind auch die nach § 91 nicht erlöschenden Rechte anzugeben. Literatur: Perger, Zustellung des Teilungsplanes und Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1991, 45. Übersicht I. II. 1. 2.

Allgemeines .......................................... 1 Teilungsplan ......................................... 4 Aufstellung ............................................ 4 Inhalt ...................................................... 6 a) Vorbemerkungen ........................... 7 b) Teilungsmasse ................................ 8 c) Bestehen bleibende Rechte ............ 9 d) Schuldenmasse ............................. 10 e) Zuteilung ...................................... 12

3. III. 1. 2. 3. IV. 1. 2.

f) Hilfszuteilung .............................. 15 Ausführung .......................................... 17 Rechtsbehelfe ...................................... 19 Widerspruch (§ 115 ZVG) .................. 19 Sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) ..... 20 Klage ..................................................... 22 Sonstiges .............................................. 23 Beispiel eines Teilungsplans ................ 23 Muster für Terminsprotokoll ............. 26

Bachmann

843

23

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

Zuteilung noch offener Ansprüche Rangklasse 3

50,00 €

Zinsen III/1

2.700,00 €

100,00 €

200,00 €

Zinsen III/2

6.000,00 €

Zinsen III/3

666,67 €

1.333,33 € 91.833,34 €

2.300,00 €

Zinsen III/4 Rest

3.250,00 €

– 7.433,34 €

Ausgleich des Fehlbetrags13)

1.486,67 €

+ 7.433,34 €

5.946,67 €

Resterlöse:

1.763,33 €

0

85.886,67 €

Die Ansprüche aus dem geringsten Gebot sind damit alle gedeckt. Aus den verbleibenden Restbeträgen (zusammen: 87.650 €) sind die weiteren Ansprüche aus der Schuldenmasse zu befriedigen. Wenn ein Beteiligter, der nur ein Befriedigungsrecht an Grundstück 1 oder 3 hat, nur infolge des Ausgleichs des Fehlbetrags einen Ausfall erleidet, hat er keinen Bereicherungsanspruch gegen den Berechtigten, der von dem Ausgleich profitiert hat. Dieser hat die Zuteilung nicht ohne Rechtsgrund erhalten; sie beruht auf Gesetz (auf §§ 44, 112 ZVG).14) _____________ 13) Dieser Ausgleich erfolgt nach h. M. im Verhältnis der Verkehrswerte der beiden anderen Grundstücke. 14) So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 112 Rz. 20; offen gelassen von Stöber, ZVG, § 112 Rz. 5.6.

§ 113 Aufstellung des Teilungsplans (1) In dem Verteilungstermin wird nach Anhörung der anwesenden Beteiligten von dem Gericht, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, der Teilungsplan aufgestellt. (2) In dem Plan sind auch die nach § 91 nicht erlöschenden Rechte anzugeben. Literatur: Perger, Zustellung des Teilungsplanes und Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1991, 45. Übersicht I. II. 1. 2.

Allgemeines .......................................... 1 Teilungsplan ......................................... 4 Aufstellung ............................................ 4 Inhalt ...................................................... 6 a) Vorbemerkungen ........................... 7 b) Teilungsmasse ................................ 8 c) Bestehen bleibende Rechte ............ 9 d) Schuldenmasse ............................. 10 e) Zuteilung ...................................... 12

3. III. 1. 2. 3. IV. 1. 2.

f) Hilfszuteilung .............................. 15 Ausführung .......................................... 17 Rechtsbehelfe ...................................... 19 Widerspruch (§ 115 ZVG) .................. 19 Sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) ..... 20 Klage ..................................................... 22 Sonstiges .............................................. 23 Beispiel eines Teilungsplans ................ 23 Muster für Terminsprotokoll ............. 26

Bachmann

843

23

§ 113 I.

Aufstellung des Teilungsplans

Allgemeines

1

Im Termin zur Verteilung des Erlöses (§ 105 ZVG) muss festgestellt werden, wie der Versteigerungserlös an wen und in welcher Höhe verteilt wird. Zur Vorbereitung des Verfahrens kann das Gericht gemäß § 106 Satz 1 ZVG die Beteiligten förmlich auffordern, eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall muss das Gericht einen vorläufigen Teilungsplan anfertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederlegen (§ 106 Satz 2 ZVG).

2

Aber auch wenn das Gericht die Beteiligten nicht nach § 106 ZVG auffordert,1) wird es vor dem Verteilungstermin einen Entwurf des Teilungsplans erstellen. Endgültig wird er erst im Verteilungstermin nach Anhörung der Beteiligten aufgestellt (Abs. 1). Dies geschieht grundsätzlich durch einen entsprechenden Beschluss. Dieser hat zwar nicht die Bedeutung eines Richterspruchs wie der Zuschlag; er stellt jedoch die Grundlage für die Verteilung des Erlöses an die Berechtigten dar.

3

Da Nachtragsverteilungen grundsätzlich unzulässig sind,2) müssen in diesem Teilungsplan auch eventuell in Frage kommende weitere Zuteilungen mit geregelt werden; dies geschieht durch Hilfszuteilungen.3) II. Teilungsplan 1.

Aufstellung

4

Der Teilungsplan kann erst im Verteilungstermin nach Anhörung der Beteiligten endgültig festgestellt werden. Durch weitere Anmeldungen, durch Erhebung von Widersprüchen oder durch sonstige Prozesshandlungen der Beteiligten (z. B. Geltendmachung eines Zuzahlungsanspruchs, vgl. § 125 ZVG) kann es erforderlich werden, den Entwurf des Teilungsplans zu ändern oder zu ergänzen. Die Beteiligten können sich im Rahmen der Anhörung auch über streitige Punkte vergleichen.4) Die Wahrnehmung des Verteilungstermins durch die Beteiligten ist nicht vorgeschrieben.5) Jedoch ist es gerade im Hinblick auf die Anhörung sinnvoll, zumindest in nicht ganz eindeutigen Fällen am Verteilungstermin teilzunehmen.6)

5

Ob der Teilungsplan an die Beteiligten zuzustellen ist, ist sehr umstritten. Mit Stöber7) bin ich der Ansicht, dass eine Zustellung des Teilungsplans an die Beteiligten _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

7)

844

In der Praxis wird von der Möglichkeit des § 106 ZVG meistens kein Gebrauch gemacht. Vgl. hierzu Stöber, ZVG, § 113 Rz. 2.6; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 113 Rz. 3. Oft auch als „Eventualzuteilung“ oder „bedingte Zuteilung“ bezeichnet. Nach Stöber, ZVG, § 113 Rz. 2.5 kann sich dieser Vergleich auch auf verfahrensfremde Gegenstände beziehen. In der Praxis finden die meisten Verteilungstermine statt, ohne dass jemand von den Beteiligten anwesend ist. Beispielsweise wenn mit Widerspruch gegen den eigenen Anspruch zu rechnen ist oder wenn man selbst noch Widerspruch erheben möchte; zur Geltendmachung einer Zuzahlungspflicht; zur Stellung eines Antrags gemäß § 130a usw. Stöber, ZVG, § 113 Rz. 7.

Bachmann

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

und den Ersteher nicht vorgeschrieben ist.8) Auch wenn man die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde bejaht,9) besagt dies allein noch nichts über die Notwendigkeit der Zustellung des Teilungsplans aus; die Beschwerdefrist beginnt nach einer weit verbreiteten Meinung mit Verkündung des Teilungsplans im Verteilungstermin.10) 2.

Inhalt

Der Inhalt eines Teilungsplans ist im Gesetz nur teilweise festgelegt. In der Praxis hat sich folgende Gliederung bewährt:

6

a) Vorbemerkungen

In diesem Abschnitt werden stichwortartig bestimmte Daten zusammengestellt, welche für die weiteren Berechnungen im Teilungsplan von Bedeutung sind,11) z. B. –

Bezeichnung des betroffenen Grundstücks (zur näheren Bezeichnung des nachfolgenden Teilungsplans),



Meistbargebot (für die Teilungsmasse, § 107 ZVG),



Zuschlagsdatum (für Beginn der Bargebotszinsen, für Ende der Zinsen bestehen bleibender Rechte),



Datum des Verteilungstermins (für Ende der Bargebotszinsen, für Ende der Zinsen erlöschender Rechte),



bestbetreibender Gläubiger (für Abgrenzung zwischen bestehen bleibenden und erlöschenden Rechten, § 44 ZVG),



festgesetzter Verkehrswert (für die Berechnung der Kosten),



Tag der ersten Beschlagnahme (für Trennung zwischen laufenden und rückständigen wiederkehrenden Leistungen, § 13 ZVG).

7

b) Teilungsmasse

Die Teilungsmasse setzt sich zusammen aus dem Meistbargebot (§ 49 Abs. 1 ZVG) und den Meistbargebotszinsen (§ 49 Abs. 2 ZVG) vom Zuschlag (einschließlich) bis zum Verteilungstermin (ausschließlich). Unter Umständen sind gar keine Zinsen oder weniger Zinsen zu berücksichtigen; siehe hierzu § 49 Abs. 4 ZVG. _____________ 8) So auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.1999 – 8 W 140/99, Rpfleger 2000, 226; OLG Koblenz, InVo 1998, 81; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.1994 – 11 W 182/94, Rpfleger 1995, 427; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 113 Rz. 14; a. A. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401; OLG Hamm, Beschl. v. 15.4.1985 – 15 W 75/85, Rpfleger 1985, 483; Böttcher, ZVG, § 113 Rz. 10; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 113 Rz. 11; Perger, Rpfleger 1991, 45; Klawikowski, Rpfleger 1996, 528. 9) Stöber hält die sofortige Beschwerde für nicht zulässig, Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3. Deshalb kommt für ihn auch § 329 Abs. 3 ZPO überhaupt nicht in Betracht. 10) OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.11.1999 – 8 W 140/99, Rpfleger 2000, 226; OLG Koblenz, InVo 1998, 81; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.1994 – 11 W 182/94, Rpfleger 1995, 427; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 113 Rz. 14; a. A. BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401; OLG Hamm, Beschl. v. 15.4.1985 – 15 W 75/85, Rpfleger 1985, 483. 11) Stöber, ZVG, § 113 Rz. 3.2 hält diesen Abschnitt zwar für überflüssig; in der Praxis hat sich diese Kurzdarstellung jedoch bewährt – gleichsam als Gedankenstütze.

Bachmann

845

8

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

c) Bestehen bleibende Rechte 9

Nach der ausdrücklichen Regelung in Absatz 2 sind die bestehen bleibenden Rechte im Teilungsplan anzugeben. Aufzuführen sind die Rechte, die nach § 52 ZVG oder aufgrund abweichender Versteigerungsbedingungen (§ 59 ZVG) bestehen bleiben. Soweit das Liegenbelassen eines Rechts nach § 91 Abs. 2 ZVG vereinbart ist, muss nach h. M. auch dieses Recht aufgeführt werden.12) Nicht anzugeben sind die Rechte, die „außerhalb des geringsten Gebots“ bestehen bleiben (z. B. Altenteil oder altrechtliche Grunddienstbarkeit nach § 9 EGZVG i. V. m landesrechtlichen Vorschriften). Einzelheiten hierzu siehe bei § 52 Rz. 9 ff. [Bachmann]. d) Schuldenmasse

10

In diesem Abschnitt sind neben den nach § 109 ZVG vorweg zu entnehmenden Verfahrenskosten alle Ansprüche aufzuführen, für die ein Recht auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös besteht (§ 114 ZVG). Diese werden entsprechend ihrer Rangfolge (§§ 10 bzw. 110 ZVG) einzeln aufgeführt, wobei gemäß § 12 ZVG die Reihenfolge Kosten, Nebenleistungen, Hauptanspruch eingehalten werden sollte.

11

Die Praxis vieler Versteigerungsgerichte ist hier teilweise anders: Meistens werden in der Schuldenmasse nur die Ansprüche aufgeführt, die dann bei der Zuteilung auch tatsächlich zum Zuge kommen. Insbesondere im Hinblick auf etwa erforderliche Hilfszuteilungen (z. B. gemäß §§ 50, 51, 125 ZVG) sollten in der Schuldenmasse aber alle Ansprüche aufgeführt werden.13) Hierbei genügt es jedoch, wenn sicher ausfallende Ansprüche unter allgemeiner Bezeichnung aufgeführt werden; Kosten, Zinsen und sonstige Nebenleistungen brauchen dann nicht ausgerechnet zu werden. Wenn die Höhe des Anspruchs dann wider Erwarten doch eine Rolle spielt, kann dies anhand der bereits vorgetragenen Daten leicht nachgeholt werden.14) e) Zuteilung

12

In diesem Abschnitt wird festgestellt, wer und in welcher Höhe ein Anspruch aus der Schuldenmasse zum Zuge kommt. Während bei der Schuldenmasse der Anspruch und seine genaue Höhe im Vordergrund steht, ist hier auch festzustellen, wem genau der entsprechende Anspruch zusteht; hier steht also der Berechtigte bzw. ein empfangsberechtigter Vertreter im Vordergrund. Deshalb sind hier auch Abtretungen, Pfandrechte und sonstige Verfügungsbeschränkungen zu beachten; aber auch eine Beschränkung der Berechtigung (z. B. infolge einer Sicherungsvollstreckung, § 720a ZPO) ist zu berücksichtigen.

13

Nach Stöber15) hat die Zuteilung des Meistbargebots einschließlich Bargebotszinsen und die Zuteilung eines etwaigen Zuzahlungsbetrags (§ 125 ZVG) gesondert zu erfolgen. _____________ 12) Vgl. Stöber, ZVG, § 113 Rz. 4. 13) So auch Böttcher, ZVG, § 113 Rz. 5; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 113 Rz. 4; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 113 Rz. 4. 14) So Stöber, ZVG, § 114 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 113 Rz. 5. 15) Stöber, ZVG, § 113 Rz. 3.5.

846

Bachmann

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

Der Ausfall eines Berechtigten oder die Art der Planausführung gehören nicht in den Teilungsplan. f)

14

Hilfszuteilung

In manchen Fällen ist eine Hilfszuteilung erforderlich. Diese sind ebenfalls im Teilungsplan unter Angabe der entsprechenden Bedingung und der jeweiligen Höhe der Zuteilung darzustellen.

15

Hilfszuteilungen kommen in Betracht bei §§ 119, 121 Abs. 2, § 123, 124, 125 Abs. 2, 126 ZVG.

16

3.

Ausführung

Die Ausführung des Teilungsplans ist bei Zahlung des Meistbargebots in § 117 ZVG geregelt. Ergänzt wird diese Vorschrift durch §§ 120, 124 Abs. 2 ZVG. Soweit das Bargebot nicht berichtigt wird, richtet sich die Ausführung nach § 118 ZVG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung dieser Vorschriften verwiesen.

17

Die Art der Planausführung ist im Protokoll über den Verteilungstermin festzustellen. Ein insoweit verkündeter Beschluss ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes zuzustellen.16) Hierbei wird zum Teil aber übersehen, dass für die Ausführung des Teilungsplans regelmäßig gar kein besonderer Beschluss notwendig ist. Wenn es z. B. in § 117 Abs. 2 Satz 1 ZVG heißt, dass die Auszahlung anzuordnen ist, dann heißt dies nicht, dass ein entsprechender „Anordnungsbeschluss“ ergehen müsste. Vielmehr richtet sich diese „Anordnung“ an das Gericht selbst, im Anschluss an den Termin die Überweisung zu veranlassen, also eine Auszahlungsanordnung zu erlassen. Dasselbe gilt für die Anordnung der Hinterlegung (z. B. gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG).

18

III. Rechtsbehelfe 1.

Widerspruch (§ 115 ZVG)

Mit dem Widerspruch gemäß § 115 ZVG wird geltend gemacht, dass der Teilungsplan materiellrechtlich unrichtig ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn bei der Schuldenmasse, beim Rang, bei der empfangsberechtigten Person Fehler gemacht worden sind. 2.

Sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO)

Nach inzwischen wohl h. M. ist sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO einzulegen, wenn gegen Verfahrensvorschriften verstoßen wurde.17) Hierbei werden folgende Beispiele genannt: –

19

20

fehlerhafte Berechnung der Teilungsmasse,



Nichtberücksichtigung einer Liegenbelassungserklärung,



Nichtbeachtung eines Widerspruchs usw.

Wegen Beginn der Beschwerdefrist siehe Rz. 5.

21

_____________ 16) BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, Rpfleger 2009, 401. 17) A. A. Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3. Einzelheiten hierzu siehe bei § 115 Rz. 7, 8 [Bachmann].

Bachmann

847

§ 113 3. 22

Aufstellung des Teilungsplans

Klage

Auch wenn kein Widerspruch erhoben worden ist oder nach einem eingelegten Widerspruch nicht rechtzeitig die Klageerhebung nachgewiesen worden ist, kann trotzdem noch eine Bereicherungsklage erhoben werden (§ 812 BGB); denn das einem Gläubiger zustehende materielle Recht geht durch das Versäumnis nicht verloren (§ 878 Abs. 2 ZPO). IV. Sonstiges 1.

Beispiel eines Teilungsplans

Sachverhalt: 23

Im Grundbuch von Neustadt (Amtsgericht Neustadt) Blatt 1000 ist der Schuldner Stefan Müller als Eigentümer des folgenden Grundstücks eingetragen: Lfd. Nr. 1 – FlNr. 5567/13 – Gebäude- und Freifläche, Im Erbisch 22 – 24 zu 25,30 Ar. Das Grundstück ist wie folgt belastet (Rangstatus): III/1 – 300.000 € – Grundschuld ohne Brief für die Sparkasse Rhein-Haardt, 15 % Zinsen, kalenderjährlich nachträglich; … eingetragen am 20.5.2000. II/1 – beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Stromleitungsrecht) für die Pfalzwerke AG in Ludwigshafen; … eingetragen am 30.9.2000. Im Versteigerungstermin ist für dieses Recht ein Zuzahlungsbetrag in Höhe von 500 € festgesetzt worden (§ 51 Abs. 2 ZVG). III/2 – 50.000 € – Grundschuld für den Eigentümer Stefan Müller, Neustadt; 10 % Jahreszinsen, monatlich nachträglich zahlbar; … eingetragen am 22.5.2001. III/3 – 20.000 € – Zwangssicherungshypothek für Gustav Globisch in Mannheim, 10 % Zinsen jährlich; … eingetragen am 30.11.2012. II/2 – Zwangsversteigerungsvermerk – 2 K 16/13. Eingetragen am 6.2.2013. III/4 – 10.000 € – Sicherungshypothek für Xaver Geiger, Karlsruhe; 10 % Zinsen seit dem 1.1.2013; … eingetragen am 1.3.2013. Betreibende Gläubiger:

1.

Claus Behrentz wegen eines titulierten Zahlungsanspruchs von 10.000 € nebst 4 % Zinsen seit 1.1.2012. Zustellung des AO-Beschlusses an den Schuldner: 1.2.2013

2.

Xaver Geiger wegen des dinglichen Anspruchs aus der Sicherungshypothek Abt. III Nr. 4 in Höhe von 300,00 € Kosten, 10 % Zinsen aus 10.000 € seit 1.1.2013 und 10.000 € Kapital. Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Schuldner: 28.2.2013

Tag der 1. Beschlagnahme:

1.2.2013

Versteigerungstermin:

16.9.2013

Verkehrswert gemäß § 74a festgesetzt auf:

700.000 €

Meistbargebot:

200.000 €

Die Gerichtskosten sind endgültig berechnet auf:

7.700,00 €

Verteilungstermin:

16.12.2013

848

Bachmann

§ 113

Aufstellung des Teilungsplans

Folgende rechtzeitigen Anmeldungen sind zu berücksichtigen: 1.

Stadtkasse Neustadt: Grundsteuer in Höhe von 100 €/pro Monat, rückständig seit dem 1.1.2010;

2.

Sparkasse Rhein-Haardt Gläubigerin des Rechts III/1: 15 % Zinsen aus 300.000 € seit 1.1.2009;

3.

Gustav Globisch (Gläubiger III/3):

a) Kosten für die Eintragung der Zwangshypothek

72,00 €

b) 10 % Zinsen aus 20.000 € seit 1.1.2013 10.000 €

c) Kapital

Im Verteilungstermin meldet der Gläubiger Geiger seinen gesetzlichen Löschungsanspruch gegen die Eigentümergrundschuld III/2 an und beantragt, das Grundbuchersuchen gemäß § 130a ZVG auch auf die Eintragung einer Vormerkung bei dem Recht III/2 zu erstrecken. I. Teilungsmasse:

200.000,00 €

1.

Meistbargebot

2.

4 % Zinsen vom 16.9.13 – 15.12.13 (3 Mon.)

2.000,00 € 202.000,00 €

Summe: II. Bestehen bleibende Rechte (§ 52 Abs. 1 ZVG):

Abt. II Nr. 1 – beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Stromleitungsrecht) für die Pfalzwerke AG; Zuzahlungsbetrag gemäß § 51 Abs. 2 ZVG festgesetzt auf

500,00 €

Abt. III Nr. 1 – Grundschuld ohne Brief für die Sparkasse Rhein-Haardt 300.000,00 € Abt. III Nr. 2 – Eigentümergrundschuld für Stefan Müller Abt. III Nr. 3 – Zwangssicherungshypothek für Gustav Globisch Summe der bestehen bleibenden Rechte:

50.000,00 € 20.000,00 € 370.500,00 €

III. Schuldenmasse

1.

Gerichtskosten (§ 109 ZVG) laut Sachverhalt

2.

Stadtkasse Neustadt, Grundsteuer (Rangklasse 3) Lfd. vom 1.10.2012 – 15.9.2013 Rst. vom 1.10.201 – 30.9.2012 insgesamt Die Grundsteuer vom 1.1.2010 – 30.9.2010 kommt in Rangklasse 7 (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 ZVG)

3.

Sparkasse Rhein-Haardt, Ansprüche aus der Grundschuld III/1 15 % Zinsen aus 300.000 € Lfd. vom 1.1.2012 – 15.9.2013 (605 Tage) Rst. vom 1.1.2010 – 31.12.2011 (2 Jahre) insgesamt Die Zinsen vom 1.1.2009 – 31.12.2009 kommen in Rangklasse 8 (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG) Bachmann

7.700,00 € 1.150,00 € 2.400,00 € 3.550,00 €

75.625,00 € 90.000,00 € 165.625,00 €

849

24

§ 113 4. 5.

6.

7.

Aufstellung des Teilungsplans

Eigentümergrundschuld III/2 erhält weder Kosten noch Zinsen (§ 1197 Abs. 2 BGB) Gustav Globisch, Ansprüche aus der Zwangshypothek III/3 Kosten gemäß §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG 10 % Zinsen aus 20.000 € Lfd. vom 1.2.2013 – 15.9.2013 (225 Tage) Rst. vom 1.1.2013 – 31.1.2013 (30 Tage) insgesamt Claus Behrentz wegen des persönlichen Anspruchs Kosten mangels Anmeldung 4 % Zinsen aus 10.000 € vom 1.1.2012 – 15.12.2013 (705 Tage) Hauptforderung insgesamt Xaver Geiger aus dem Recht III/4, aber in Rangklasse 5 zu berücksichtigen Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG 10 % Zinsen aus 10.000 € vom 1.1.2013 – 15.12.2013 (345 Tage) Hauptforderung insgesamt

8.

Ältere Grundsteuer (Rangklasse 7) vom 1.1.2010 – 30.9.2010

9.

Ältere Zinsen des Rechts III/1 (Rangklasse 8) vom 1.1.2009 – 31.12.2009 (1 Jahr)

0€ 72,00 € 1.250,00 € 166,67 € 1.488,67 € 0€ 783,33 € 10.000,00 € 10.783,33 €

00,00 € 958,33 € 10.000 € 11.258,33 € 900,00 € 45.000,00 € 246.305,33 €

Summe der Schuldenmasse: IV. Zuteilung

1. Landesjustizkasse Mainz

7.700,00 €

2. Stadtkasse Neustadt, Liquidat III/2 voll Liquidat III/8 voll

3.550,00 € 900,00 €

3. Sparkasse Rhein-Haardt, Liquidat III/3 voll Liquidat III/9 teilweise 4. Gustav Globisch, Liquidat III/5

1.416,67 €

5. Claus Behrentz, Liquidat III/6

10.783,33 € 11.230,56 €

6. Xaver Geiger, Liquidat III/7 Damit ist die Teilungsmasse erschöpft. 25

165.625,00 € 794,44 €

202.000,00 €

Anmerkungen zu diesem Teilungsplan:



850

Das Recht III/4 ist nach dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen worden und würde deshalb mangels Anmeldung gar nicht berücksichtigt (§ 45 Abs. 1 ZVG). Bei rechtzeitiger Anmeldung könnte das Recht nur in Rangklasse 6 ein Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

gestuft werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG). Da der Hypothekengläubiger jedoch die Zwangsversteigerung betreibt, ist er in Rangklasse 5 zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 ZVG richtet sich der Rang mehrerer betreibender Gläubiger nach dem Zeitpunkt der Beschlagnahme. Also hat Geiger Rang nach Behrentz. –

Auf eine Eigentümergrundschuld (hier Abt. III Nr. 2) können in der Zwangsversteigerung weder Kosten noch Zinsen zugeteilt werden (§ 1197 Abs. 2 BGB).



Bei den Zinsen einer Zwangssicherungshypothek nimmt die h. M. für die Trennung zwischen laufenden und rückständigen Zinsen den Tag der 1. Beschlagnahme an (§ 13 Abs. 3 ZVG).



Der Gläubiger Geiger hat im Teilungsplan seinen gesetzlichen Löschungsanspruch angemeldet und den Antrag nach § 130a ZVG gestellt. Beiden Begehren kann nicht entsprochen werden, da Geiger im Zwangsversteigerungsverfahren laut Teilungsplan voll befriedigt worden ist und damit sein Löschungsanspruch erloschen ist (§ 91 Abs. 4 Satz 2 ZVG). Die entsprechende „Anmeldung“, die darauf abzielt, eine Zuzahlungspflicht des Erstehers festzustellen, wird der Gläubiger sicher auf entsprechende Belehrung hin zurückziehen. Auch der Antrag nach § 130a Abs. 2 ZVG braucht nicht förmlich zurückgewiesen werden; aber auch hier sollte man den Antragsteller im Rahmen des Art. 103 GG darauf hinweisen, dass dem Antrag nicht entsprochen werden kann.



Hinsichtlich der bestehen bleibenden Dienstbarkeit ist im Versteigerungstermin zu Recht ein Zuzahlungsbetrag festgesetzt worden. Aber da sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte ergeben, dass dieses Recht bei Zuschlagserteilung schon erloschen war, kommt auch hier keine Ergänzung des Teilungsplans i. S. d. § 125 Abs. 2 ZVG in Betracht.

2.

Muster für Terminsprotokoll

Muster eines Protokolls über den Verteilungstermin können nachgelesen werden bei Stöber und Löhning-Hannemann.18) _____________ 18) Stöber, ZVG, § 113 Rz. 5.3; Stöber, ZVG-Handb., Rz. 408, 413 – 414; Löhnig/Hannemann, ZVG, Abschn. V A, Formular Nr. 19.

§ 114 Aufnahme angemeldeter Ansprüche (1) In den Teilungsplan sind Ansprüche, soweit ihr Betrag oder ihr Höchstbetrag zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war, nach dem Inhalt des Buches, im übrigen nur dann aufzunehmen, wenn sie spätestens in dem Termin angemeldet sind. Die Ansprüche des Gläubigers gelten als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben. (2) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen nicht angemeldet zu werden.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

gestuft werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 ZVG). Da der Hypothekengläubiger jedoch die Zwangsversteigerung betreibt, ist er in Rangklasse 5 zu berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 2 ZVG richtet sich der Rang mehrerer betreibender Gläubiger nach dem Zeitpunkt der Beschlagnahme. Also hat Geiger Rang nach Behrentz. –

Auf eine Eigentümergrundschuld (hier Abt. III Nr. 2) können in der Zwangsversteigerung weder Kosten noch Zinsen zugeteilt werden (§ 1197 Abs. 2 BGB).



Bei den Zinsen einer Zwangssicherungshypothek nimmt die h. M. für die Trennung zwischen laufenden und rückständigen Zinsen den Tag der 1. Beschlagnahme an (§ 13 Abs. 3 ZVG).



Der Gläubiger Geiger hat im Teilungsplan seinen gesetzlichen Löschungsanspruch angemeldet und den Antrag nach § 130a ZVG gestellt. Beiden Begehren kann nicht entsprochen werden, da Geiger im Zwangsversteigerungsverfahren laut Teilungsplan voll befriedigt worden ist und damit sein Löschungsanspruch erloschen ist (§ 91 Abs. 4 Satz 2 ZVG). Die entsprechende „Anmeldung“, die darauf abzielt, eine Zuzahlungspflicht des Erstehers festzustellen, wird der Gläubiger sicher auf entsprechende Belehrung hin zurückziehen. Auch der Antrag nach § 130a Abs. 2 ZVG braucht nicht förmlich zurückgewiesen werden; aber auch hier sollte man den Antragsteller im Rahmen des Art. 103 GG darauf hinweisen, dass dem Antrag nicht entsprochen werden kann.



Hinsichtlich der bestehen bleibenden Dienstbarkeit ist im Versteigerungstermin zu Recht ein Zuzahlungsbetrag festgesetzt worden. Aber da sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte ergeben, dass dieses Recht bei Zuschlagserteilung schon erloschen war, kommt auch hier keine Ergänzung des Teilungsplans i. S. d. § 125 Abs. 2 ZVG in Betracht.

2.

Muster für Terminsprotokoll

Muster eines Protokolls über den Verteilungstermin können nachgelesen werden bei Stöber und Löhning-Hannemann.18) _____________ 18) Stöber, ZVG, § 113 Rz. 5.3; Stöber, ZVG-Handb., Rz. 408, 413 – 414; Löhnig/Hannemann, ZVG, Abschn. V A, Formular Nr. 19.

§ 114 Aufnahme angemeldeter Ansprüche (1) In den Teilungsplan sind Ansprüche, soweit ihr Betrag oder ihr Höchstbetrag zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war, nach dem Inhalt des Buches, im übrigen nur dann aufzunehmen, wenn sie spätestens in dem Termin angemeldet sind. Die Ansprüche des Gläubigers gelten als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben. (2) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen nicht angemeldet zu werden.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Literatur: Alff; Der gesetzliche Löschungsanspruch im Verteilungsverfahren nach §§ 105 ff. ZVG, Rpfleger 2006, 241; Drischler, Die Verteilung des Versteigerungserlöses, RpflJB 1962, 322; Drischler, Das Altenteil in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1983, 229; Eickmann, Der Rang der Grundstücksrechte, RpflStud 1982, 74, 85; Hagemann, Die Tilgungshypothek im geringsten Gebot und Teilungsplan, RpflStud 1982, 25; Hagemann, Die Zwangssicherungshypothek in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1982, 165; Keller, Der Löschungsanspruch in der Zwangsversteigerung, RpflJB 1993, 213; Limberger, Die Zwangshypothek und die Arresthypothek im Zwangsversteigerungsverfahren, RpflStud 2002, 63; Mayer, Der gesetzliche Löschungsanspruch und der BGH, RpflStud 2005, 41; Ripfel, Zur Löschungsvormerkung im Zwangsversteigerungsverfahren, JurBüro 1970, 121; Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Stöber, Löschungsvormerkung und gesetzlich vorgemerkter Löschungsanspruch, Rpfleger 1977, 399, 435; Thöne, Die isolierte Sicherungsgrundschuld – ein Geschenk des Himmels für den Schuldner?, ZfIR 2010, 448. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Berücksichtigung im Teilungsplan ......................................... 5 1. Von Amts wegen ................................... 5 a) Verfahrenskosten (§ 109 ZVG) ................................... 5 b) Ansprüche, deren Betrag aus dem Grundbuch ersichtlich ist (Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1) ................. 7 c) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (Abs. 2) ......... 10 2. Aufgrund einer rechtzeitigen Anmeldung (Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2) .......... 14 a) Allgemeines .................................. 14 b) Anmeldebedürftige Ansprüche .... 18 c) Minderanmeldung ........................ 19 d) Ansprüche betreibender Gläubiger (Abs. 1 Satz 2) ......................20 III. Einzelfälle (alphabetisch) .................. 21 1. Altenteil ............................................... 21 2. Auflassungsvormerkung ..................... 23 3. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit ....................................... 25 4. Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht ...................................... 27 5. Grunddienstbarkeit ............................. 29 6. Grundschuld ........................................ 31 a) Isolierte Grundschuld .................. 33 b) Sicherungsgrundschuld ................ 35 c) Eigentümergrundschuld .............. 49 7. Hypothek ............................................ 57 a) Verkehrshypothek ....................... 57 b) Sicherungshypothek .................... 60

I. 1

8. 9. 10. 11. 12. IV. 1. 2.

3.

4. 5. 6.

c) Zwangshypothek .......................... 62 d) Höchstbetragshypothek .............. 66 e) Arresthypothek ............................ 68 f) Tilgungshypothek ........................ 69 Nießbrauch .......................................... 70 Öffentliche Lasten .............................. 72 Persönliche Ansprüche ....................... 74 Reallast ................................................. 75 Vorkaufsrecht ...................................... 80 Sonstiges .............................................. 84 Liegenbelassungserklärung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG .................................. 84 Löschungsanspruch und Löschungsvormerkung ....................... 88 a) Allgemeines .................................. 88 b) Bestehenbleiben des betroffenen und begünstigten Rechts ............. 92 c) Bestehenbleiben der Eigentümergrundschuld bei Erlöschen des begünstigten Rechts durch Zuschlag ........................................ 93 d) Erlöschen beider Rechte durch Zuschlag ........................................ 98 e) Behandlung des Löschungsanspruchs im Verteilungsverfahren ..................................... 101 Rangordnung ..................................... 105 a) Gesetzliche Rangordnung ......... 105 b) Rangänderung ............................ 107 c) Rangvorbehalt ............................ 108 Rückgewähranspruch ........................ 111 Übererlös ........................................... 114 Verzicht auf Erlöszuteilung .............. 116

Allgemeines

§ 114 ZVG regelt die Voraussetzungen, unter denen die einzelnen Ansprüche in den Teilungsplan aufgenommen werden. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG; jedoch trifft Absatz 1 Satz 2 bei der Teilungsversteigerung nicht zu, da es in diesem Verfahren keine betreibenden Gläubiger gibt. 852

Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Falls der Zuschlag auf Einzelausgebote erteilt worden ist, ist für jedes versteigerte Zuschlagsobjekt (Grundstück, Grundstücksbruchteil) grundsätzlich eine gesonderte Berechnung anzustellen.

2

In den Teilungsplan (Abschnitt: Schuldenmasse) werden alle Ansprüche aufgenommen, die entweder grundbuchersichtlich sind oder angemeldet worden sind. Hinsichtlich der Anmeldung muss jedoch unterschieden werden:

3



Bei anmeldebedürftigen Ansprüchen bedeutet „rechtzeitige“ Anmeldung, dass sie gemäß § 37 Nr. 4 ZVG bis spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vorliegt. Eine Anmeldung nach diesem Zeitpunkt ist verspätet und führt zu einem Rangverlust nach § 110 ZVG. Ohne Anmeldung wird das betreffende Recht überhaupt nicht berücksichtigt.



Die Anmeldung in § 114 ZVG, die noch bis zum Verteilungstermin möglich ist, sagt über die Rangfolge nichts aus; sie hat zunächst lediglich die Aufnahme eines Anspruchs im Teilungsplan im Sinn, an welcher Rangstelle auch immer. Gleichzeitig wird die Frage geregelt, unter welchen Voraussetzungen für ein aufzunehmendes Recht ein bestimmter Betrag angesetzt werden kann. Auch insoweit gilt der Grundsatz: Was nicht grundbuchersichtlich ist, muss angemeldet werden.

Die zu berücksichtigenden Ansprüche sind alle in den Teilungsplan aufzunehmen, ohne Rücksicht darauf, ob eine Zuteilung in Frage kommt oder nicht. Bei einem sicheren Ausfall1) kann eine Berechnung der Einzelposten unterbleiben; jedoch sollten auch bei solchen Ansprüchen nach Kosten, Zinsen, Hauptanspruch unterschieden werden und die Berechnungsmerkmale angegeben werden (z. B. Zinssatz, Zinszeitraum).2)

4

II. Berücksichtigung im Teilungsplan 1.

Von Amts wegen

a) Verfahrenskosten (§ 109 ZVG)

Die nach § 109 ZVG aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens werden von Amts wegen in den Teilungsplan aufgenommen. Sie haben Rang vor allen übrigen Ansprüchen. Zu diesen Kosten gehören aber nicht die Kosten für die Anordnung oder den Beitritt eines Gläubigers, die Kosten für den Zuschlag oder die Kosten von nachträglichen Verteilungsverhandlungen.

5

Soweit der betreibende Gläubiger einen Vorschuss geleistet hat, ist ihm dieser Betrag an dieser Rangstelle zuzuteilen; eine Anmeldung ist hierfür nicht erforderlich. Im Verhältnis zu dem Anspruch der Staatskasse hinsichtlich der restlichen Verfahrenskosten besteht nach ihm Nachrang. Dagegen haben mehrere Vorschussgläubiger untereinander Gleichrang.3)

6

_____________ 1) 2) 3)

Wo also kein Wegfall vorrangiger Ansprüche oder ein Zuzahlungsfall zu erwarten ist. So auch Stöber, ZVG, § 114 Rz. 2.3. Dieses Rangverhältnis spielt dann eine wichtige Rolle, wenn der Ersteher nicht zahlt und die Forderung gegen den Ersteher auf die Zuteilungsberechtigten übertragen wird (§ 118 ZVG) sowie anschließend Sicherungshypotheken (§ 128 ZVG) eingetragen werden.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

b) Ansprüche, deren Betrag aus dem Grundbuch ersichtlich ist (Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1) 7

Ein Anspruch wird im Teilungsplan dann von Amts wegen berücksichtigt, wenn sein Betrag oder Höchstbetrag zur Zeit der Eintragung des Versteigerungstermins aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Bei Grundpfandrechten ist der Kapital- bzw. Ablösungsbetrag grundbuchersichtlich. Bei den Rechten in Abt. II des Grundbuchs ergibt sich der Betrag aus dem Grundbuch, wenn der Höchstbetrag des Wertersatzes gemäß § 882 BGB eingetragen ist. Im Übrigen bedarf es der Anmeldung, damit der Wertersatz des Rechts im Teilungsplan berücksichtigt werden kann. Hierbei gibt es Unterschiede:

8

Bei manchen Rechten sind zwar bestimmte Berechnungsmerkmale grundbuchersichtlich, aber nicht alle (z. B. voraussichtliche Dauer des Rechts ist grundbuchersichtlich, aber nicht der Jahreswert). Dann kann der nach § 92 ZVG zu bestimmende Wertersatz nur berechnet werden, wenn dieser Jahreswert angemeldet wird.

9

Wenn sich jedoch aus der Eintragungsbewilligung Berechnungsmerkmale ergeben, ist keine Anmeldung erforderlich; denn durch die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) gelten diese Angaben als (mit)eingetragen. c) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (Abs. 2)

10

Laufende wiederkehrende Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen nach Absatz 2 nicht angemeldet zu werden. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 ZVG versteht man unter den laufenden Leistungen4) den letzten vor der ersten Beschlagnahme fällig gewordenen Betrag und die später fällig werdenden Beträge.

11

Im Umkehrschluss bedeutet dies Folgendes:

12



Alle rückständigen wiederkehrenden Leistungen können nur auf Anmeldung berücksichtigt werden.



Laufende wiederkehrende Leistungen, die nicht nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind (z. B. Ansprüche der Rangklassen 2 und 3) bedürfen der Anmeldung.

Diese Einschränkung hat aber auch Bedeutung für Zinszuschläge: Wenn Zinsen mit einem Zuschlag wegen Verzugs eingetragen sind,5) dann stellt sich die Frage, welcher Zinssatz als grundbuchersichtlich von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Nach Stöber6) kommt es darauf an, ob die Zinserhöhung aufgrund eines Verzugs nach den in der Eintragungsbewilligung aufgeführten Bedingungen eingetreten sein kann. Diese Ansicht hat sich auch in der Praxis durchgesetzt.7)

13

Bei einem gleitenden Zinssatz kann nach dem Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchrechts ein Höchstzinssatz eingetragen werden, wenn sich aus der Eintragungsbe_____________ 4) 5) 6) 7)

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Im Sinne des ZVG. Die Eintragung lautet z. B.: „14 %, bei Verzug 1 % mehr“; oder „bis zu 15 %“. Stöber, ZVG, § 114 Rz. 4.1 e). A. A. Steiner-Teufel, ZVG, § 110 Rz. 13 und § 114 Rz. 17: Verzug muss immer angemeldet werden, damit die Verzugszinsen berücksichtigt werden können.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

willigung die Voraussetzungen für die Berechnung des konkreten Zinssatzes ergeben. Hier ist als grundbuchersichtlich nicht der Höchstzinssatz anzunehmen; vielmehr muss anhand der Eintragungsbewilligung der tatsächliche Zinssatz festgestellt werden. Sind die Zinsen an den Basiszinssatz gekoppelt,8) dann ist anhand der entsprechenden Tabelle der konkrete Zinssatz für einen bestimmten Zeitraum zu berechnen.9) 2. Aufgrund einer rechtzeitigen Anmeldung (Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2) a) Allgemeines Ansprüche, die nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, müssen spätestens im Verteilungstermin angemeldet werden, damit sie im Teilungsplan berücksichtigt werden (Abs. 1 Satz 1) können. Die Nichtanmeldung ist aber nicht als materiellrechtlicher Verzicht auf den Anspruch zu interpretieren; sie hat nur Bedeutung für das Zwangsversteigerungsverfahren mit der Folge, dass das Recht hier nicht berücksichtigt wird. Wenn die Anmeldung nicht schon im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Gebotsabgabe erfolgt war, erleidet das Recht einen Rangverlust (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG). Eine bereits zum Versteigerungstermin erfolgte Anmeldung muss nicht zum Verteilungstermin wiederholt werden. Eine frühere Anmeldung kann jedoch berichtigt oder ergänzt werden. Hierbei ist jedoch zu beachten: Soweit diese Berichtigung bzw. Ergänzung mit einer Erhöhung des Anspruchs verbunden ist, tritt hinsichtlich der Differenz zur früheren Anmeldung der Rangverlust des § 110 ZVG ein.

Die Anmeldung in einem gleichzeitig laufenden Zwangsverwaltungsverfahren macht eine Anmeldung für das Zwangsversteigerungsverfahren nicht überflüssig; in beiden Verfahren muss eine entsprechende Anmeldung erfolgen, wenn der Anspruch berücksichtigt werden soll. Eine Anmeldung ist auch nicht entbehrlich, wenn das Vollstreckungsgericht schon Kenntnis hat (z. B. durch eine Mitteilung des Grundbuchamts gemäß § 19 Abs. 3 ZVG). Die Anmeldung eines Anspruchs, der gar kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewährt, kann im Teilungsplan nicht berücksichtigt werden. Zum Zwecke der Klarstellung sollte jedoch die Nichtaufnahme dem Anmeldenden – am besten in Form eines Beschlusses – mitgeteilt werden.10) Von dem betragsmäßigen Anspruch zu unterscheiden ist die Feststellung des Berechtigten. Diese spielt (erst) bei der Zuteilung eine Rolle; denn nur an den wahren Berechtigten darf die Zahlung (§ 117 Abs. 1 ZVG) oder die Forderungsübertragung (§ 118 ZVG) erfolgen. Mit dieser (subjektiven) Berechtigung befasst sich § 114 ZVG nicht; hier sind die §§ 117, 118, 126 ZVG einschlägig. Und so ist unter Umständen auch eine Anmeldung hinsichtlich der Berechtigung erforderlich, sofern sie dem Gericht nicht bekannt ist (z. B. Anmeldung einer Pfändung oder einer Pfändung mit Überweisung eines Rechts oder eines Erlösanspruchs). _____________ 8) Beispielsweise „5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz“. 9) Siehe hierzu die Tabellen Basiszinssetze im Anhang. 10) Stöber, ZVG, § 114 Rz. 2.8; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 61; a. A. Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 11 und §§ 44, 45 Rz. 46; so auch Drischler, RpflJB 1962, 322: Es muss nach § 115 Abs. 2 ZVG entschieden werden durch Zurückweisung; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 114 Rz. 12: Dem Anmeldenden muss die Nichtberücksichtigung und der Grund hierfür mitgeteilt werden.

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b) Anmeldebedürftige Ansprüche 18

Mangels Grundbuchersichtlichkeit sind folgende Ansprüche anzumelden: –

Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG).



Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung i. S. v. § 10 Abs. 2 ZVG: Wenn im Hinblick auf § 37 Nr. 4 ZVG bereits zum Versteigerungstermin eine Kostenpauschale angemeldet worden war, muss diese zum Verteilungstermin spezifiziert werden. Ist die Summe dieser Kosten höher als der früher angemeldete Pauschbetrag, dann tritt hinsichtlich der Differenz der Rangverlust gemäß § 110 ZVG ein.



Rückständige wiederkehrende Leistungen, auch dann wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich sind.



Der Wertersatz für Rechte, die nicht auf Kapitalzahlung gerichtet sind (Rechte der Abt. II des Grundbuchs).



Rechte, die erst nach dem Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen worden sind.

c) Minderanmeldung 19

Die Erklärung eines Berechtigten, dass er weniger beanspruche als von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, bezeichnet man als Minderanmeldung. Sie entfaltet nur für das Versteigerungsverfahren Wirkung und berührt die materielle Wirksamkeit des Rechts überhaupt nicht. Nach h. M. geht im Verfahren die Minderanmeldung vor und ist deshalb zu berücksichtigen; dies gilt auch für den Teilungsplan.11) Wenn eine Minderanmeldung zum Versteigerungstermin vorgenommen worden ist, aber zum Verteilungstermin wieder der von Amts wegen zu berücksichtigende Anspruch (ausdrücklich) angemeldet wird, dann erleidet der Differenzbetrag den Rangverlust gemäß § 110 ZVG. d) Ansprüche betreibender Gläubiger (Abs. 1 Satz 2)

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Ansprüche betreibender Gläubiger gelten als angemeldet, soweit sie sie sich aus ihrem Versteigerungsantrag ergeben (Abs. 1 Satz 2). Dies gilt auch, wenn ihr Verfahren z. Zt. eingestellt ist. Wenn das Verfahren jedoch aufgehoben wird oder der Versteigerungsantrag zurückgenommen wird, dann entfällt die Fiktion des Abs. 1 Satz 2. Die Kosten müssen aber detailliert angemeldet werden; insoweit genügt der allgemeine Hinweis im Antrag „zuzüglich der Kosten des Verfahrens“ nicht. III. Einzelfälle (alphabetisch) 1.

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Altenteil

Wenn das Altenteil dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht, bleibt es gemäß § 52 Abs. 1 ZVG bestehen. Aber auch wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Range gleichsteht oder nachgeht, bleibt es nach § 9 Abs. 1 EGZVG grundsätzlich „außerhalb des geringsten Gebotes“ bestehen. Ob in diesen Fällen in _____________ 11) Vgl. Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 10, §§ 44, 45 Rz. 45; Stöber, ZVG, § 45 Rz. 7; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 45 Rz. 9; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114 Rz. 10; a. A. LG Frankenthal, Beschl. v. 27.11.1985 – 1 T 329/85, Rpfleger 1986, 232.

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der Schuldenmasse von Amts wegen laufende Leistungen einer als Teil des Altenteils vereinbarten Reallast zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, ob der entsprechende Betrag grundbuchersichtlich ist oder nicht. Wenn er nicht grundbuchersichtlich ist, können diese Leistungen nur auf entsprechende Anmeldung berücksichtigt werden; Rückstände können in jedem Fall nur auf Anmeldung hin in den Teilungsplan eingestellt werden. Unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 EGZVG kann das Altenteil durch den Zuschlag erlöschen. Für das erlöschende Recht ist ein Deckungskapital zu bilden, aus dem eine vierteljährlich zahlbare Geldrente zu zahlen ist (§ 92 Abs. 2 ZVG). In die Schuldenmasse ist das nach § 121 Abs. 1 ZVG zu berechnende Deckungskapital aufzunehmen, welches der Summe der künftigen Jahresleistungen entspricht, den fünfundzwanzigfachen Jahresbetrag aber nicht übersteigen darf. Soweit das für diese Berechnung erforderliche Zahlenwerk nicht grundbuchersichtlich ist (z. B. der Jahresbetrag), ist es nach Absatz 1 Satz 1 anzumelden. Da sich die voraussichtliche Dauer des Rechts nach der statistischen Lebenserwartung richtet, muss auch das Alter des Berechtigten angemeldet werden, wenn es (bzw. das Geburtsdatum) nicht aus der Eintragung bzw. aus der Eintragungsbewilligung ersichtlich ist. 2.

Auflassungsvormerkung

Wenn die Auflassungsvormerkung dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht, bleibt sie bestehen. Hierfür ist bereits bei der Aufstellung des geringsten Gebotes gemäß § 51 Abs. 2 ZVG ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen der Einzelheiten hierzu siehe § 51 Rz. 13 – 15 [Bachmann]. Im Teilungsplan (Abschnitt Zuteilung) spielt dieser Betrag aber keine Rolle. Dagegen ist für die erloschene Auflassungsvormerkung ein einmaliger Ersatzwert gemäß § 92 Abs. 1 ZVG zu bestimmen; dieser muss aber, da er nicht grundbuchersichtlich ist, angemeldet werden. Einzelheiten hierzu bei § 92 Rz. 28 – 31 [Bachmann]. 3.

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Beschränkte persönliche Dienstbarkeit

Soweit sie dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht, bleibt die Dienstbarkeit bestehen. Für sie ist bei der Feststellung des geringsten Gebots ein Zuzahlungsbetrag gemäß § 51 Abs. 2 ZVG festzusetzen.

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Dagegen ist für die erloschene Dienstbarkeit im Teilungsplan nach § 121 Abs. 1 ZVG ein Deckungskapital zu bilden, aus dem die nach § 92 Abs. 2 ZVG vierteljährliche Geldrente zu zahlen ist. Die zur Berechnung des Deckungskapitals erforderlichen Angaben sind anzumelden, soweit sie nicht grundbuchersichtlich sind. Im Übrigen sind im Teilungsplan die §§ 14, 119, 120 ZVG zu beachten. Einzelheiten hierzu siehe bei § 92 Rz. 32, 33 [Bachmann].

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4.

Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht

Das Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht bleibt bestehen, wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht. Es bleibt ausnahmsweise aber auch bestehen, wenn die Voraussetzungen des § 31 WEG vorliegen. Siehe Einzelheiten hierzu bei § 52 Rz. [Bachmann]. Soweit das Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht erlischt, ist nach h. M. ein einmaliger Ersatzwert nach § 92 Abs. 1 ZVG festzusetzen. Einzelheiten hierzu und Bachmann

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zur anderen Ansicht bei § 92 Rz. 34 – 36 [Bachmann]. Der Ersatzwert kann nur auf entsprechende Anmeldung berücksichtigt werden. Im Übrigen sind im Teilungsplan die §§ 14, 119, 120 ZVG zu beachten. 5.

Grunddienstbarkeit

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Die Grunddienstbarkeit bleibt bestehen, wenn sie dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht. Hierfür ist bei der Feststellung des geringsten Gebots von Amts wegen ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen (§ 51 Abs. 2 ZVG). Einzelheiten hierzu bei § 51 Rz. 17 [Bachmann].

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Für eine erloschene Grunddienstbarkeit ist im Teilungsplan nach § 92 Abs. 1 ZVG ein Wertersatz zu bestimmen. Mangels Grundbuchersichtlichkeit ist hierfür jedoch eine Anmeldung des Berechtigten erforderlich. Wegen der Einzelheiten wird auf § 92 Rz. 40 [Bachmann] hingewiesen. Im Übrigen sind im Teilungsplan die §§ 14, 119, 120 ZVG zu beachten. 6.

Grundschuld

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Die Grundschuld ist im Gegensatz zur Hypothek nicht vom Bestehen einer persönlichen Forderung abhängig; sie ist „abstrakt“ (§ 1192 Abs. 1 BGB). Soweit eine Grundschuld zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich ist, wird sie mit dem Kapitalbetrag nach Absatz 1 und mit den laufenden Zinsen nach Absatz 2 von Amts wegen berücksichtigt. Die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung und die rückständigen wiederkehrenden Leistungen dagegen müssen angemeldet werden.

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Die Behandlung der Grundschuld im Teilungsplan stellt sich deshalb regelmäßig wie folgt dar: –

Wenn sie dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht, bleibt sie bestehen. Damit wird das Kapital nach § 113 Abs. 2 ZVG bei den bestehen bleibenden Rechten aufgeführt. In der Teilungsmasse werden die laufenden Zinsen bis einen Tag vor dem Zuschlag von Amts wegen berücksichtigt und an den Gläubiger der Grundschuld zugeteilt. Die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung und die rückständigen Nebenleistungen werden nur auf entsprechende Anmeldung aufgeführt und zugeteilt.



Wenn die Grundschuld durch den Zuschlag erloschen ist, werden der Grundschuldkapitalbetrag und die laufenden Zinsen (jetzt aber bis einen Tag vor dem Verteilungstermin berechnet) von Amts wegen, die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung und die rückständigen Nebenleistungen nur auf entsprechende Anmeldung in der Teilungsmasse aufgeführt und bei ausreichendem Versteigerungserlös an den Gläubiger der Grundschuld zugeteilt.

a) Isolierte Grundschuld 33

Unter einer isolierten Grundschuld versteht man eine Grundschuld, welche keine schuldrechtliche Forderung sichert. Für sie gelten ausschließlich die gesetzlichen Vorschriften der §§ 1191 ff. BGB, also das Sachenrecht. Sie wird zum Beispiel als Sacheinlage in Kapitalgesellschaften bestellt oder um einen bestimmten Rang zu sichern. In der Praxis hat sie keine große Bedeutung, da sie nur selten anzutreffen ist. 858

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Für die isolierte Grundschuld gilt das eingangs zur Grundschuld Gesagte uneingeschränkt.

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b) Sicherungsgrundschuld

In der Praxis werden dagegen regelmäßig Sicherungsgrundschulden bestellt. Dies bedeutet, dass zwar auch in diesem Fall die Grundschuld von einer persönlichen Forderung (sachenrechtlich) unabhängig ist; dingliche und persönliche Forderungen sind aber schuldrechtlich miteinander verknüpft. Dies geschieht durch eine sog. Sicherungsabrede bzw. einen Sicherungsvertrag; und wenn eine solche Vereinbarung nicht besteht, kommen Ansprüche nach §§ 812 ff. BGB in Betracht. Dieser Anspruch ist gerichtet auf Rückgewähr der Grundschuld und steht (zunächst nur) dem Sicherungsgeber, also dem Besteller der Grundschuld, zu. Verwirklicht werden kann der Anspruch durch: – Abtretung der Grundschuld gemäß §§ 873, 1154, 1192 Abs. 1 BGB an den Berechtigten des Rückgewähranspruchs. –

Verzicht auf die Grundschuld gemäß §§ 1168, 1192 Abs. 1 BGB.



Aufhebung der Grundschuld gemäß §§ 875, 1183, 1192 Abs. 1 BGB.

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Welche dieser drei Möglichkeiten in Betracht kommt, entscheidet nach h. M. der Sicherungsgeber, es sei denn im Sicherungsvertrag oder der Sicherungsabrede ist schon eine entsprechende Präzisierung vorgenommen worden.

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Wenn die Grundschuld bestehen bleibt, kann der Rückgewähranspruch nur durch eine entsprechende Verfügung über die Grundschuld erfüllt werden. Hierbei ist u. a. Folgendes zu beachten:

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Im Fall der Abtretung oder des Verzichts entsteht eine Eigentümergrundschuld, wenn diese Verfügung zugunsten des Eigentümers vorgenommen wird. Somit erlischt der Anspruch auf Kosten und rückständige Zinsen (§ 1178 Abs. 1 BGB). Bei der Aufhebung erlischt das Recht; damit besteht auch kein Zuteilungsanspruch mehr.



Bei der Abtretung und der Aufhebung muss der Eigentümer mitwirken; beim Verzicht genügt die einseitige Erklärung des Gläubigers.



Falls es sich um die Abtretung einer Buchgrundschuld handelt, muss die entsprechende Rechtsänderung im Grundbuch eingetragen werden.

Im Verteilungsverfahren muss das Vollstreckungsgericht eine dingliche Rechtsänderung jedoch nur beachten, wenn sie ihm in der richtigen Form nachgewiesen wird.12) Auch der Erlösanspruch, der anstelle einer durch den Zuschlag erloschenen Grundschuld getreten ist, kann von dem Rückgewähranspruch erfasst werden. Das erfordert aber die gleichen Erklärungen wie bei der Verfügung über die Grundschuld selbst; jedoch ist keine Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch erforderlich, da das Recht materiellrechtlich nach dem Zuschlag nicht mehr existiert. Auch die Briefvorlage und die durch die GBO vorgeschriebenen Formvorschriften spielen insoweit keine Rolle mehr. _____________ 12) Bezieht sich die Verfügung auf ein erloschenes Recht, dann muss die entsprechende Verfügung bereits vor dem Zuschlag wirksam geworden sein.

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Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Auch hier muss das Vollstreckungsgericht die entsprechende Rechtsänderung nur beachten, wenn sie ihm bis zum Verteilungstermin nachgewiesen oder erst in diesem Termin zu Protokoll erklärt wird. Hierbei muss unterschieden werden, welche Verfügung getroffen worden ist: –

Wenn der Erlösanspruch abgetreten worden ist, tritt der Zessionar an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Deshalb ist diesem der auf die erloschene Grundschuld entfallende Betrag zuzuteilen.



Wenn der Gläubiger auf den auf die Grundschuld entfallenden Erlösanspruch verzichtet, steht dieser Anspruch dem Eigentümer (zum Zeitpunkt des Zuschlags) zu; aber wegen § 1178 Abs. 1 BGB ohne Kosten und rückständige Zinsen. Dies bedeutet: Hinsichtlich des Kapitalbetrags erfolgt Zuteilung an den bisherigen Eigentümer; hinsichtlich der Kosten und rückständigen Zinsen kommt der Verzicht den Nächstausfallenden zugute, da die nachfolgenden Berechtigten alle aufrücken.



Wenn der Gläubiger die Aufhebung (des Zuteilungsanspruchs) erklärt und der bisherige Eigentümer zustimmt,13) wird der auf die Grundschuld ansonsten entfallende Erlösanspruch gar nicht berücksichtigt. Dies hat auch hier zur Folge, dass die nachrangigen Berechtigten aufrücken und so ansonsten Ausfallende zum Zuge kommen.

Aber keine der o. a. dinglichen Verfügungsgeschäfte liegen vor, wenn der Grundschuldgläubiger folgende Erklärungen gegenüber dem Vollstreckungsgericht abgibt: –

Anmeldung nur eines Teils des auf die Grundschuld entfallenden Erlösanteils.



Grundschuld sei nicht bzw. nicht mehr voll bzw. nur noch in Höhe von […] € valutiert.



Der Gläubiger erhebe keinen Anspruch auf den Erlös, da die Grundschuld nicht mehr valutiert sei.

42

In diesen Fällen bleibt der eingetragene Grundschuldgläubiger Berechtigter des Erlösanspruchs; und deshalb ist ihm der entsprechende Betrag zuzuteilen. Wenn er diesen Betrag aber nicht annimmt, ist er nach § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG zu hinterlegen, aber nur für diesen.

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Zusammenfassend kann festgestellt werden: –

Der noch nicht erfüllte Rückgewähranspruch ist vom Vollstreckungsgericht nicht zu berücksichtigen, da es sich hierbei um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt.



Deshalb spielt auch die Frage, wem dieser Anspruch zusteht, grundsätzlich keine Rolle.



Jedoch kann nach der inzwischen wohl h. M. derjenige, dem der Rückgewähranspruch zusteht, gegen die Zuteilung an den Grundschuldgläubiger Wider-

_____________ 13) Es sind also zwei Erklärungen erforderlich.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

spruch erheben.14) Dem Pfändungsgläubiger des Rückgewähranspruchs steht dieses Widerspruchsrecht ebenfalls zu.15) Ein solcher Widerspruch ist nach § 115 ZVG zu behandeln: Wenn er vom Grundschuldgläubiger als begründet anerkannt wird, ist gemäß § 876 Satz 3 ZPO entsprechend der Einigung zu verfahren. Andernfalls ist gemäß § 124 Abs. 1 ZVG eine Hilfszuteilung vorzunehmen für den Fall, dass der Widerspruch für begründet erklärt wird. Der entsprechende Erlösanteil muss dann hinterlegt werden (§ 124 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 120 ZVG). Von der verfahrensrechtlichen Seite, die sich nur nach den sachenrechtlichen Vorschriften richtet, zu unterscheiden ist die schuldrechtliche Seite, welche die Rechte des Gläubigers dem Sicherungsgeber gegenüber auf den Sicherungszweck beschränkt. Diese spielt für die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts unmittelbar zwar keine Rolle, ist aber für das Verständnis bestimmter Verfahrenshandlungen des Grundschuldgläubigers von Bedeutung.

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Grundsätzlich darf der Gläubiger die Grundschuld nur in Anspruch nehmen, soweit durch sie die gesicherte(n) Forderung(en) gedeckt ist (sind). Für welche Forderung die Grundschuld als Sicherheit dient, richtet sich nach dem zwischen Gläubiger und Eigentümer abgeschlossenen Sicherungsvertrag. Nach überwiegender Ansicht kann der Gläubiger den vollen Nennbetrag geltend machen, auch wenn die schuldrechtliche Forderung nicht mehr bzw. nicht mehr in voller Höhe besteht.16) Bei der Frage, ob er hierzu auch verpflichtet ist, besteht jedoch Uneinigkeit.17)

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Laufende und rückständige Grundschuldzinsen kann der Gläubiger auch dann geltend machen, wenn ihm auf die gesicherte Forderung bereits Zinsen bezahlt worden sind.18) Der Gläubiger kann auch Grundschuldzinsen anmelden bzw. geltend machen, wenn er sie zur Abdeckung seiner persönlichen Forderung gar nicht benötigt.19) Der Teil, den er aber nicht benötigt, muss er dem Berechtigten des Rückgewähranspruchs herausgeben.20) Wenn zur Befriedigung des schuldrechtlichen Gesamtanspruchs schon der Kapitalbetrag der Grundschuld (also ohne entsprechende Grundschuldzinsen) ausreicht, ist der Gläubiger berechtigt, nur das Kapital geltend zu machen und auf die Anmeldung der Grundschuldzinsen zu verzichten (bzw. hinsichtlich der laufenden Zinsen eine Minderanmeldung vorzunehmen).21) Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich aus dem Sicherungsvertrag (ausdrücklich) etwas anderes ergibt.

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_____________ 14) So BGH, Urt. v. 20.3.1981 – V ZR 85/80, WM 1981, 693; BGH, Urt. v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, Rpfleger 2002, 273 = ZfIR 2002, 411; Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 53; Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.4 b); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 114 Rz. 50. 15) Vgl. hierzu Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 51. 16) BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, Rpfleger 1981, 292 = NJW 1981, 1505; Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 56 m. w. N.; Eickmann, ZVG, § 20 Abschn. V Nr. 2 b). 17) Zum Streitstand vgl. Stöber, ZVG, § 114 Rz. 7.6 f) m. w. N.; siehe auch Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 56 m. w. N.; etwas modifiziert Eickmann, ZVG, § 20 Abschn. V Nr. 2 c): Zugunsten des Sicherungsgebers besteht keine Liquiditätspflicht, jedoch zugunsten eines Zessionars oder eines Pfandgläubigers hinsichtlich des Rückgewährsanaspruchs. 18) BGH, Urt. v. 29.6.1965 – V ZR 83/63, DNotZ 1966, 98 = WM 1965, 1197. 19) BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, Rpfleger 1981, 292 = NJW 1981, 1505. 20) Stöber, ZVG, § 114 Rz. 7.6 d) m. w. N. 21) So Stöber, ZVG, § 114 Rz. 7.6 g).

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§ 114

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Wenn der auf die Sicherungsgrundschuld entfallende Versteigerungserlös nicht ausreicht, um alle durch diese Grundschuld gesicherten Forderungen zu befriedigen, kann grundsätzlich weder Gläubiger noch Schuldner bestimmen, auf welche Forderung der zugeteilte Betrag zu verrechnen ist. In der Sicherungsvereinbarung kann jedoch eine bestimmte Regelung vorgesehen sein; jedoch ist zu beachten, dass eine formularmäßige Bestimmung, wonach der Gläubiger dieses Bestimmungsrecht hat, nach § 307 BGB unwirksam ist.22) Wenn keine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist, gilt § 366 Abs. 2 BGB; § 366 Abs. 1 BGB trifft nicht zu, da es sich bei der Zuteilung in einem Zwangsversteigerungsverfahren nicht um „das vom Schuldner Geleistete“ handelt.

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In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Sicherungsnehmer nach Maßgabe des allgemeinen Schuldrechts zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er den durch den endgültigen Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr einer Sicherungsgrundschuld nach dem Eintritt der Bedingung nicht erfüllt. Ist der Rückgewähranspruch abgetreten worden, so steht dieser Schadensersatzanspruch dem Zessionar zu.23) c) Eigentümergrundschuld

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Wenn sich der Eigentümer selbst gemäß § 1196 BGB eine Grundschuld bestellt, dann wird sie als „offene Eigentümergrundschuld“ bezeichnet, weil sich aus der Eintragung im Grundbuch ergibt, dass dieses Recht dem Eigentümer zusteht. Die vor der Eintragung des Versteigerungsvermerks eingetragene Eigentümergrundschuld ist von Amts wegen zu berücksichtigen, die erst danach eingetragene Grundschuld kann nur berücksichtigt werden, wenn sie angemeldet wird.

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Sofern diese Eigentümergrundschuld dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht, bleibt sie bestehen und ist im Teilungsplan gemäß § 113 Abs. 2 ZVG bei diesen Rechten mit aufzuführen. Da dem Eigentümer aber gemäß § 1197 Abs. 2 BGB keine Zinsen in der Zwangsversteigerung zustehen, dürfen in der Schuldenmasse und bei der Zuteilung auch keine laufenden Zinsen berücksichtigt werden. § 114 Abs. 2 ZVG trifft hier also nicht zu; eine Anmeldung rückständiger Zinsen wäre unzulässig. Aber sobald die Eigentümergrundschuld ein Fremdrecht wird, gilt § 1197 Abs. 2 ZVG nicht mehr. Und ab dem Zuschlag verwandelt sich die bestehen gebliebene Eigentümergrundschuld in eine Fremdgrundschuld. Da die Zinsen ab dem Zuschlag jedoch nach § 56 Satz 2 ZVG der Ersteher trägt, spielen sie im Teilungsplan keine Rolle.

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Wenn die Eigentümergrundschuld dem bestbetreibenden Gläubiger im Range nachgeht, erlischt sie mit dem Zuschlag. Dann ist ihr Kapitalbetrag in der Schuldenmasse aufzuführen. Hinsichtlich der Zinsen gilt auch hier: Es können nach § 1197 Abs. 2 ZVG keine Zinsen berücksichtigt werden, auch nicht für den Zeitraum vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin.24) _____________ 22) BGH, Urt. v. 20.6.1984 – VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375 = MDR 1985, 50; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.11.1987 – 9 U 228/86, NJW-RR 1998, 1337 = WM 1988, 954. 23) BGH, Urt. v. 19.4.2013 – V ZR 47/12, Rpfleger 2013, 55. 24) So Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 23; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 6.14; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 114 Rz. 53; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114 Rz. 21; a. A. Palandt-Bassenge, BGB, § 1197 Rz. 3.

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Wenn die Eigentümergrundschuld gepfändet worden ist, gilt für den Pfändungsgläubiger die Einschränkung des § 1197 BGB nicht.25) Dies bedeutet: – Der Pfändungsgläubiger könnte die Zwangsvollstreckung „aus der Grundschuld“ betreiben, wenn sie ihm auch überwiesen worden ist. – Der Pfändungsgläubiger kann auch Zinsen geltend machen. Daneben kann er auch seine Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG) anmelden. Auch die Frage, ob die Unverzinslichkeit gemäß § 1197 Abs. 2 BGB mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegfällt, wird unterschiedlich beantwortet. Wenn das Grundstück zusammen mit dem Eigentümerrecht in die Insolvenzmasse fällt26), soll nach einer Ansicht der Insolvenzverwalter Zinsen aus diesem Eigentümerrecht für die Masse beanspruchen können.27) Nach anderer Ansicht kann der Insolvenzverwalter nicht mehr Rechte haben als der Insolvenzschuldner und deshalb aus der Eigentümergrundschuld keine Zinsen für die Masse geltend machen.28) Mit der Abtretung wird eine Eigentümergrundschuld zu einem Fremdrecht. Für den Zessionar gilt § 1197 BGB nicht. Damit endet auch die Unverzinslichkeit i. S. v. § 1197 Abs. 2 BGB; der neue Gläubiger kann Zinsen entsprechend der Grundbucheintragung geltend machen. Hierbei ist jedoch weiter zu beachten, ab wann die Zinsen abgetreten worden sind; dies ergibt sich aus der Abtretungserklärung. Nach inzwischen gefestigter Ansicht können die Zinsen auch mit rückwirkendem Beginn abgetreten werden.29) Eine Eigentümergrundschuld kann aber auch aus einem für einen anderen Gläubiger eingetragenen Grundpfandrecht entstanden sein; dann spricht man von der „verschleierten Eigentümergrundschuld“.30) Der häufigste Fall ist in § 1163 BGB geregelt:31) – Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift, ergänzt durch § 1177 Abs. 1 ZVG, entsteht eine Eigentümergrundschuld, wenn die Forderung, für welche eine Hypothek bestellt wurde, nicht zur Entstehung gelangt ist. – Nach Absatz 1 Satz 2, ergänzt durch § 1177 Abs. 1 ZVG, entsteht eine Eigentümergrundschuld, wenn die Forderung, für welche die Hypothek bestellt wurde, erloschen ist. –

Nach Absatz 2 entsteht eine Eigentümergrundschuld, wenn der Hypothekenbrief dem Gläubiger noch nicht übergeben worden ist.

_____________ 25) So Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 23 m. w. N.; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 53; a. A. zumindest für den Fall, dass die gepfändete Forderung dem Pfändungsgläubiger (nur) „zur Einziehung überwiesen ist“, Stöber, ZVG, § 114 Rz. 6.10 m. w. N. 26) Dies gilt auch, wenn infolge teilweiser Freigabe durch den Insolvenzverwalter nur eines der beiden Objekte (also nur Grundstück oder nur Eigentümergrundschuld) dem Insolvenzbeschlag unterliegt. 27) So Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 23. 28) So Stöber, ZVG, § 114 Rz. 6.11. 29) Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 23; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 6.12; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 54. 30) Manche nennen sie auch „verdeckte Eigentümergrundschuld“. In einigen wenigen Fällen entsteht auch eine Eigentümerhypohek. Dies soll hier aber nicht weiter vertieft werden. 31) Wegen der weiteren Entstehungstatbestände wird auf die Ausführungen von Stöber, ZVG, § 114 Rz. 6.3 bis 6.6 verwiesen.

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Da das Vollstreckungsgericht bei der Aufstellung des Teilungsplans grundsätzlich von der Eintragung im Grundbuch ausgeht, kann die noch als Fremdrecht eingetragene „verschleierte“ Eigentümergrundschuld als solche nur berücksichtigt werden, wenn dies dem Vollstreckungsgericht bekannt ist. Nachforschungen stellt das Gericht hierbei nicht an; jedoch sind alle Nachweise zu berücksichtigen und zu prüfen, aus denen das Entstehen einer Eigentümergrundschuld gefolgert werden kann. Soweit das Eigentümerrecht erloschen ist, ist für einen entsprechenden Nachweis öffentliche Beglaubigung oder Beurkundung (§ 29 GBO) nicht erforderlich; es genügt Schriftform oder Erklärung zur Niederschrift des Gerichts. In Betracht kommt z. B. die Erklärung des eingetragenen Hypothekengläubigers, dass die der Hypothek zugrunde liegende Forderung nicht entstanden oder schon erloschen ist.32) In Betracht kommt auch eine Verzichtserklärung des Hypotheken- oder Grundschuldgläubigers (vgl. § 1168 BGB). 7.

Hypothek

a) Verkehrshypothek 57

Hypotheken kann man unterscheiden in Sicherungs- und Verkehrshypotheken, wobei letztere üblicherweise als die gewöhnliche Hypothek bezeichnet wird. Die beiden Formen unterscheiden sich im Hinblick auf den Umfang des öffentlichen Glaubens des Grundbuches. Bei der Verkehrshypothek muss der Gläubiger nicht nachweisen, dass die persönliche Forderung tatsächlich besteht; vielmehr gelten die §§ 891 bis 899 BGB auch im Hinblick auf diese Forderung.

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Wenn die Hypothek im Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich ist, wird sie samt den laufenden Zinsen von Amts wegen berücksichtigt (Abs. 1 und 2). Die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung und die rückständigen wiederkehrenden Leistungen müssen jedoch angemeldet werden. Ist die Anmeldung rechtzeitig i. S. v. § 37 Nr. 4 ZVG, dann erfolgt diese Berücksichtigung in Rangklasse 4; bei verspäteter Anmeldung kommt nur die Rangstelle des § 110 ZVG in Betracht.

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Die laufenden Zinsen einer bestehen bleibenden Hypothek werden bis einen Tag vor dem Zuschlag berechnet, da die späteren Zinsen gemäß § 56 Satz 2 ZVG der Ersteher tragen muss. Dagegen werden die Zinsen bei einer erloschenen Hypothek bis einen Tag vor dem Verteilungstermin berechnet. b) Sicherungshypothek

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Wenn die Sicherungshypothek dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht, bleibt sie bestehen. In diesem Fall sind im Teilungsplan die laufenden Zinsen bis einen Tag vor dem Zuschlag von Amts wegen, die rückständigen Zinsen nur auf rechtzeitige Anmeldung zu berücksichtigen.

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Die erlöschende Sicherungshypothek wird im Teilungsplan mit dem Kapital und den laufenden Zinsen (jetzt aber berechnet bis einen Tag vor dem Verteilungstermin) von Amts wegen, die Kosten der dinglichen Rechtverfolgung und die rück_____________ 32) Bei einer Grundschuld wird dies jedoch nicht ausreichen, da wegen fehlender Akzessorietät in diesem Fall nicht schon kraft Gesetzes eine Eigentümergrundschuld entsteht.

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§ 114

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ständigen Kosten nur auf rechtzeitige Anmeldung berücksichtigt. Der auf die (rechtsgeschäftlich bestellte) Sicherungshypothek entfallende Betrag ist grundsätzlich dem eingetragenen Gläubiger zuzuteilen. Daran ändert auch § 1184 Abs. 1 BGB nichts; diese Vorschrift spielt erst in einem etwaigen Widerspruchsprozess eine Rolle.33) c) Zwangshypothek

Bei der Zwangshypothek handelt es sich um eine Sicherungshypothek, die sich nur in ihrer Entstehung von dieser unterscheidet; deshalb gelten auch die §§ 1184 ff. BGB. Wenn sie dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht, bleibt sie bestehen. Im Teilungsplan können die Zinsen bis einen Tag vor dem Zuschlag berücksichtigt werden; ab dem Zuschlag trägt sie gemäß § 56 Satz 2 ZVG der Ersteher. Für die laufenden Zinsen ist nach Absatz 2 keine Anmeldung erforderlich; die rückständigen müssen angemeldet werden. Für die Trennung zwischen laufenden und rückständigen Zinsen gilt nach § 13 Abs. 3 ZVG. Der Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme ist maßgeblich.34)

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Wenn die Zwangshypothek dem bestbetreibenden Gläubiger im Range nachgeht, erlischt sie mit dem Zuschlag. Dann sind Kapital und laufende Zinsen (jetzt aber berechnet bis einen Tag vor dem Verteilungstermin) im Teilungsplan von Amts wegen, Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung und rückständige Zinsen nur auf rechtzeitige Anmeldung hin zu berücksichtigen.

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Bei der Zuteilung ist u. U. jedoch auch § 720a Abs. 1 Satz 2 ZPO zu beachten. Hiernach kann sich der Gläubiger aus dem belasteten Gegenstand nur nach Leistung der (im vorläufig vollstreckbaren Urteil) angeordneten Sicherheit befriedigen. Diese Einschränkung trifft aber nicht mehr zu, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist. Diese Umstände sind vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu beachten:

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Da der Umstand, dass eine Zwangshypothek im Wege der Sicherungsvollstreckung eingetragen worden ist, sich regelmäßig nicht aus dem Eintragungstext im Grundbuch ergibt,35) muss das Vollstreckungsgericht anhand der Grundakten überprüfen, aufgrund welchen Titels (genau!) die Eintragung der Zwangshypothek erfolgt ist.



Wenn die Befriedigungsberechtigung des Gläubigers festgestellt wird, dann wird der auf die Zwangshypothek entfallende Betrag diesem (unbedingt) zugeteilt. Die Feststellung kann darauf basieren, dass der der Zwangshypothek

_____________ 33) BGH, Urt. v. 30.4.1985 – X ZR 34/84, NJW 1986, 53 = EWiR 1985, 773 mit Anm. Clemente; OLG Frankfurt, Urt. v. 1.4.1987 – 17 U 176/85, NJW-RR 1988, 206 = EWiR 1988, 259 mit Anm. Clemente. 34) Böttcher, ZVG, § 13 Rz. 25; Stöber, ZVG, § 13 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 23; Löhnig/Rachlitz, ZVG, § 13 Rz. 13 und Löhnig/Hannemann, § 114 Rz. 36. 35) Die Grundbuchämter sehen zu Recht von der ausdrücklichen Eintragung ab, da dieser Fall in § 1115 BGB nicht erwähnt ist; im Übrigen würde der entsprechende Passus spätestens bei Rechtskraft des Urteils wieder unrichtig und könnte zu entsprechenden Berichtigungsanträgen führen.

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zugrunde liegende Titel inzwischen rechtskräftig geworden ist oder dass der Gläubiger die im zugrunde liegenden Titel angeordnete Sicherheit geleistet und eine der beiden Alternativen dem Vollstreckungsgericht nachgewiesen hat. –

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Wenn die Befriedigungsberechtigung jedoch noch nicht feststeht, ist gemäß § 119 ZVG eine Hilfszuteilung vorzunehmen für den Fall, dass der Gläubiger das Recht, sich aus dem Grundstück zu befriedigen, nicht erlangt. Hinsichtlich der Hilfsberechtigten muss dabei aber unterschieden werden: •

Hinsichtlich des Kapitalbetrags der Zwangshypothek ist Hilfsberechtigter der Grundstückseigentümer (vgl. § 868 ZPO).



Hinsichtlich der rückständigen Zinsen und der Kosten tritt nach § 1178 BGB ein Erlöschen ein; deshalb kann hier nicht der Eigentümer als Hilfsberechtigter berücksichtigt werden. Der entsprechende Betrag ist dem nächstausfallenden Gläubiger zuzuteilen. Dasselbe gilt für die laufenden Zinsen; denn nach § 1197 Abs. 2 BGB gebühren dem Eigentümer keine Zinsen.



Die Ausführung des Teilungsplans erfolgt in diesem Fall gemäß § 120 ZVG i. V. m. § 720a Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Hinterlegung der entsprechenden Beträge für den Gläubiger der Zwangshypothek und die Hilfsberechtigten unter der jeweiligen Bedingung. Mit der Hinterlegung ist die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts beendet.



Wenn der Ersteher das Meistbargebot nicht gezahlt hat, erfolgt die Zuteilung gemäß § 118 ZVG durch Forderungsübertragung auf den Gläubiger der Zwangshypothek und die Hilfsberechtigten unter der entsprechenden Bedingung. Anschließend sind entsprechende Sicherungshypotheken einzutragen (§ 128 ZVG).

Hat der Gläubiger der Zwangshypothek die Zwangsversteigerung nur wegen seiner persönlichen Ansprüche betrieben,36) bleibt die Zwangshypothek bestehen, falls keine besserrangigen Gläubiger als bestbetreibende Gläubiger in Betracht kommen. Wenn der Versteigerungserlös ausreicht, um den persönlichen Anspruch des Gläubigers zu decken, hat die entsprechende Zuteilung auch Auswirkungen auf die bestehen gebliebene Zwangshypothek: Sie geht gemäß § 1164 BGB auf den bisherigen Eigentümer über und sichert seine nach § 53 Abs. 1 ZVG übergegangene Forderung gegen den Ersteher. Wegen der Einzelheiten siehe § 53 Rz. 10, 11 [Bachmann]. d) Höchstbetragshypothek

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Die Höchstbetragshypothek stellt eine unbedingte Belastung des Grundstücks dar; deshalb gilt § 119 ZVG hier nicht. Jedoch steht nicht fest, wem der eingetragene Betrag zusteht, dem Gläubiger oder dem Eigentümer (als Eigentümergrundschuld). Dies bedeutet für die Schuldenmasse: Hier wird der im Grundbuch eingetragene Höchstbetrag von Amts wegen berücksichtigt.

_____________ 36) Nachdem inzwischen zur Vollstreckung „aus der Zwangshypothek“ nach § 867 Abs. 3 ZPO kein besonderer Duldungstitel mehr erforderlich ist, ist diese Fallgestaltung seltener geworden.

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§ 114

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Bei der Zuteilung ist jedoch zu beachten, dass diese an den eingetragenen Gläubiger (allein) nur dann erfolgen darf, wenn dieser durch Anerkenntnis des Schuldners oder durch ein entsprechendes Urteil das Bestehen seiner Forderung nachweist (= „Feststellung“ i. S. v. § 1190 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BGB). Falls dieser Nachweis noch nicht vorliegt, erfolgt die Zuteilung an den Eigentümer unter der Bedingung, dass die Forderung des Gläubigers nicht nachgewiesen wird, und an den eingetragenen Gläubiger unter der Bedingung, dass er die Feststellung der Forderung durch Anerkenntnis oder durch rechtskräftiges Prozessurteil nachweist.37) Der entsprechende Betrag ist dann für beide unter der jeweiligen Bedingung zu hinterlegen.

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e) Arresthypothek

Sie ist eine Sicherungshöchstbetragshypothek (§ 932 ZPO). Somit kann auf die Ausführungen zur Höchstbetragshypothek verwiesen werden (siehe oben). Wenn die Arresthypothek zur Zeit der Zuschlagserteilung bereits in eine Zwangssicherungshypothek umgeschrieben worden ist, dann wird das Recht auch im Teilungsplan (nur) als Zwangssicherungshypothek behandelt (siehe oben). f)

Tilgungshypothek

Bei der Tilgungshypothek sind in den nach dem Tilgungsplan zu zahlenden wiederkehrenden Leistungen nicht nur Zinsen, sondern auch Tilgungsbeträge enthalten. Durch die Zuteilung auf diese wiederkehrenden Leistungen werden deshalb auch Tilgungsbeträge berücksichtigt. Nach § 1181 Abs. 1 BGB bewirkt dies das Erlöschen der Hypothek. Deshalb kann dieser Betrag nicht mehr beim Kapital berücksichtigt werden, weder bei der bestehen bleibenden Tilgungshypothek noch bei dem aus der Teilungsmasse zuzuteilenden Kapitalbetrag bei der durch Zuschlag erloschenen Tilgungshypothek. Wegen der Einzelheiten siehe § 44 Rz. 76 ff. [Bachmann]. 8.

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Nießbrauch

Für einen bestehen bleibenden Nießbrauch ist bei der Feststellung des geringsten Gebots gemäß § 51 Abs. 2 ZVG ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen der Einzelheiten siehe § 51 Rz. 24 [Bachmann].

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Wenn das Recht jedoch erloschen ist, muss gemäß §§ 92 Abs. 2, 121 ZVG ein Deckungskapital gebildet werden, aus dem die vierteljährlich zahlbare Geldrente entnommen wird. Die für die Berechnung dieses Deckungskapitals erforderlichen Angaben sind anzumelden, soweit sie nicht grundbuchersichtlich sind. Wegen der Einzelheiten siehe § 92 Rz. 41 [Bachmann]. Im Übrigen sind im Teilungsplan die §§ 14, 119, 120 ZVG zu beachten.

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9.

Öffentliche Lasten

Da öffentliche Lasten nicht grundbuchersichtlich sind, werden sie nur auf entsprechende Anmeldung berücksichtigt: –

In Rangklasse 3, falls rechtzeitig angemeldet und soweit die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG aufgeführten Zeitgrenzen gewahrt sind.

_____________ 37) Vgl. Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 12; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 5.13 a).

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Aufnahme angemeldeter Ansprüche



In der Rangklasse 5, wenn wegen dieser Ansprüche die Zwangsversteigerung betrieben wird und Rangklasse 3 nicht zutrifft.



In Rangklasse 7, falls rechtzeitig angemeldet und die Anmeldung ältere Rückstände betrifft (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 ZVG).



In der Rangklasse des § 110 ZVG, falls sie verspätet angemeldet wurden.

Die öffentlichen Lasten werden berechnet bis einen Tag vor dem Zuschlag; denn nach § 56 Satz 2 ZVG trägt ab dem Zuschlag der Ersteher (auch) diese Lasten. 10. Persönliche Ansprüche

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Nach Absatz 1 Satz 2 gelten die Ansprüche des betreibenden Gläubigers als angemeldet. Neben dem Betreiben ist also eine gesonderte Anmeldung nicht erforderlich. Dies gilt auch, wenn das Verfahren des betreffenden Gläubigers eingestellt ist. Wenn inzwischen das Verfahren aber aufgehoben worden ist, entfällt damit auch die Wirkung des Absatzes 1 Satz 2. Soweit Kosten des Verfahrens geltend gemacht werden, die nicht unter § 109 ZVG fallen, müssen diese noch betragsmäßig angemeldet werden. Wiederkehrende Leistungen (z. B. Zinsen) werden bis einen Tag vor dem Verteilungstermin berücksichtigt. 11. Reallast

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Für die bestehen bleibende Reallast ist nach § 51 Abs. 2 ZVG ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wiederkehrende Leistungen aus dieser (bestehen bleibenden) Reallast werden bis einen Tag vor dem Zuschlag berücksichtigt; denn ab dem Zuschlag trägt sie der Ersteher. Bei der durch den Zuschlag erloschenen Reallast muss unterschieden werden: –

Reallast von bestimmter Dauer,



Reallast von unbestimmter Dauer.

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Eine erloschene Reallast von bestimmter Dauer ist mit dem nach § 92 Abs. 1 ZVG zu berechnenden Wertersatz zu berücksichtigen. Wenn die wiederkehrenden Leistungen auf Geld gerichtet sind, ist gemäß § 111 ZVG der Zwischenzins abzuziehen.

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Für die Reallast von unbestimmter Dauer dagegen ist gemäß § 121 Abs. 1 ZVG ein Deckungskapital zu bilden, aus dem die Vierteljahresraten gemäß § 92 Abs. 2 ZVG zu zahlen sind. Soweit Berechnungsmerkmale nicht grundbuchersichtlich sind, bedarf es einer entsprechenden Anmeldung.

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Soweit durch die Reallast persönliche Leistungen oder Naturalleistungen gesichert sind, ist auch § 14 ZVG zu beachten; demnach ist dann im Verteilungsverfahren nach §§ 119, 120 ZVG zu verfahren. Wegen der Einzelheiten siehe § 92 Rz. 43 – 47 [Bachmann]. 12. Vorkaufsrecht

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Hier muss zunächst unterschieden werden, ob das Vorkaufsrecht auf einen oder mehrere Verkaufsfälle bestellt worden ist.

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§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Das für einen Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht erlischt mit dem Zuschlag auf jeden Fall, auch wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht. Dies ergibt sich aus § 471 BGB; deshalb kommt für dieses Recht auch kein Wertersatz nach § 92 ZVG in Betracht.

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Dagegen bleibt das für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellte Vorkaufsrecht dann bestehen, wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht. In diesem Fall ist bei Feststellung des geringsten Gebots ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Einzelheiten hierzu siehe bei § 51 Rz. 29 [Bachmann].

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Für das erlöschende Vorkaufsrecht (für mehrere oder alle Verkaufsfälle) ist gemäß § 92 Abs. 1 ZVG ein Ersatzbetrag festzustellen. Hierzu ist eine entsprechende Anmeldung erforderlich. Bis zur endgültigen Feststellung i. S. v. § 14 ZVG ist im Verteilungsverfahren nach §§ 119, 120 ZVG zu verfahren. Siehe Einzelheiten bei § 92 Rz. 49 [Bachmann].

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IV. Sonstiges 1.

Liegenbelassungserklärung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG

Wenn die Liegenbelassungsvereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG bereits vor Aufstellung des Teilungsplans im Verteilungstermin erfolgt, wird das betreffende Recht bei den bestehen bleibenden Rechten (mit) aufgeführt (§ 113 Abs. 2 ZVG). Das Gericht hat dann weiter zu prüfen, ob auf dieses Recht ohne Liegenbelassung etwas entfallen würde; dazu ist der Teilungsplan so aufzustellen, als ob das Recht erlöschen würde. Könnte bei diesem fiktiven Teilungsplan auf das betreffende Recht keine Zuteilung erfolgen, dann bleibt der (ursprüngliche) Teilungsplan in den Abschnitten Teilungsmasse und Zuteilung unverändert.

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Entfällt jedoch nach der Berechnung des (fiktiven) Teilungsplans auf das betreffende (erlöschende) Recht eine Zuteilung (ganz oder teilweise), dann ändert sich der Teilungsplan in folgenden Punkten:

85



Die Teilungsmasse verringert sich um die Zinsen vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin sowie um den Kapitalbetrag, aber nur in Höhe des Betrags, der nach dem fiktiven Teilungsplan dem Berechtigten zugeteilt worden wäre. An den Bargebotszinsen ändert sich nichts; sie werden nach wie vor aus dem ursprünglichen Meistbargebot berechnet.



In der Schuldenmasse und bei der Zuteilung ist das Recht nur noch mit den Kosten und den Zinsen bis zum Zuschlag zu berücksichtigen.

Wegen der Einzelheiten siehe § 91 Rz. 21 [Bachmann] und das Beispiel in § 91 Rz. 35 ff. [Bachmann].

86

Wenn die Liegenbelassungsvereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG aber erst nach dem Verteilungstermin vorgelegt wird, dann wird der aufgestellte Teilungsplan nicht mehr verändert. Die durch die oben dargestellten Änderungen betroffenen Beteiligten müssen sich über eine Rückzahlung außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens einigen. Wegen der weiteren Auswirkungen siehe § 91 Rz. 17 [Bachmann].

87

Bachmann

869

§ 114 2.

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Löschungsanspruch und Löschungsvormerkung

a) Allgemeines 88

In vielen Fällen besteht ein Anspruch auf Löschung eines Grundpfandrechts, das sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt hat. Dieser sog. Löschungsanspruch kann auf einem Vertrag beruhen oder aufgrund des Gesetzes (§ 1179a BGB) bestehen. Der Anspruch kann gemäß § 1179 BGB38) durch eine Löschungsvormerkung oder kraft Gesetzes (§ 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB) gesichert sein.

89

Der gesetzliche Löschungsanspruch besteht für Gläubiger gleich- und nachrangiger Grundpfandrechte (§ 1179a Abs. 1 Satz 1 BGB) gegenüber einem vor- oder gleichrangigen Grundpfandrecht, auch wenn es das eigene Recht betrifft (§ 1179b BGB). Auch dem Gläubiger einer Zwangshypothek oder einer nach § 128 ZVG eingetragenen Sicherungshypothek wegen einer übertragenen Forderung steht der Löschungsanspruch zu. Dagegen besteht er nicht gegenüber einer ursprünglich offenen Eigentümergrundschuld, die noch nicht zur Fremdgrundschuld geworden ist (§ 1196 Abs. 3 BGB), auch nicht gegenüber der vorläufigen Briefeigentümergrundschuld vor der Briefübergabe (§ 1163 Abs. 2 BGB). Der Anspruch besteht auch nicht für den Gläubiger einer Arresthypothek (§ 932 Abs. 1 Satz 2 ZPO).39) Auch gegenüber Hypotheken nach §§ 452 ff. ZGB der ehemaligen DDR40) besteht kein Löschungsanspruch; aus ihnen kann nach § 454 Abs. 2 ZGB kein Eigentümerrecht entstehen.41) Der Löschungsanspruch kann nach § 1179 Abs. 5 BGB auch ausdrücklich ausgeschlossen werden; dies muss dann im Grundbuch eingetragen werden.

90

Das Entstehen einer Eigentümergrundschuld bzw. Eigentümerhypothek durch Übergang aus einer Fremdhypothek oder Fremdgrundschuld42) wird weder durch den vertraglichen oder gesetzlichen Löschungsanspruch noch durch die Löschungsvormerkung gemäß § 1179 BGB43) oder durch die in § 1179a Abs. 1 Satz 3 bzw. § 1179b Abs. 2 BGB fingierte Vormerkungswirkung verhindert. Der Gläubiger des _____________ 38) In der bis zum 31.12.1977 geltenden oder in der ab 1.1.1978 geltenden geänderten Fassung; vgl. hierzu das Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher, grundbuchrechtlicher und anderer Vorschriften v. 22.6.1977 (BGBl. I, 998). 39) Wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung wird auf Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 30 m. w. N. verwiesen. 40) Das Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik, abgekürzt ZGB oder ZGB-DDR, war das zentrale Privatrechtsgesetz in der ehemaligen DDR. Es hatte am 1.1.1976 das BGB abgelöst. Das ZGB-DDR trat zwar zum 3.10.1990 außer Kraft, ist aber aufgrund von Regelungen des Einigungsvertrags heute noch für viele Altfälle maßgebend. So lautet z. B. § 354 i. d. F. des Gesetzes v. 28.6.1990 wie folgt: „(1) Die Hypothek ist mit der gesicherten Forderung untrennbar verbunden. Sie besteht nur in der jeweiligen Höhe der Forderung einschließlich Zinsen und Nebenforderungen, Als Inhalt der Hypothek kann auch vereinbart werden, daß diese einen veränderten Zinssatz bis zu einem bestimmten Höchstsatz sichert; die Vereinbarung bedarf der Eintragung in das Grundbuch. (2) Erlischt die Forderung, erlischt auch die Hypothek. Die Bestimmung des § 454 a bleibt unberührt. (3) Wird die Forderung durch Vertrag an einen neuen Gläubiger abgetreten, geht auch die Hypothek auf ihn über, Die Abtretung der Forderung und der Übergang der Hypothek werden mit Eintragung des neuen Gläubigers im Grundbuch wirksam.“ 41) Keller, Rpfleger 1992, 501. 42) Die Rentenschuld kann hier vernachlässig werden, da sie in der Praxis nicht vorkommt. 43) Gleich ob nach alter oder neuer Fassung; Zäsur: 1.1.1978.

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Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Anspruchs kann nur vom verpflichteten Eigentümer verlangen, dass dieser den Löschungsanspruch durch Aufgabe des Eigentümerrechts erfüllt, dass er also die nach § 875 BGB hierzu erforderliche Aufgabeerklärung abgibt und die Löschung im Grundbuch veranlasst. Gibt dieser die Erklärung nicht freiwillig ab, kann er auf Abgabe verklagt werden; mit der Rechtskraft des entsprechenden Urteils gilt dann die Erklärung als abgegeben (§ 894 Abs. 1 ZPO). Wegen der Vormerkungswirkung kann der Berechtigte gemäß § 888 Abs. 1 BGB auch von einem Dritten die Zustimmung zur Löschung verlangen, wenn dieser Rechte am Eigentümergrundpfandrecht erlangt hat, die dem Vormerkungsberechtigten gegenüber (relativ) unwirksam sind. Je nachdem, ob das von dem Löschungsanspruch bzw. der Löschungsvormerkung betroffene Recht nach den Versteigerungsbedingungen erlischt oder bestehen bleibt, sind die Folgen etwas unterschiedlich. Deshalb sollen die einzelnen Fälle getrennt dargestellt werden.

91

b) Bestehenbleiben des betroffenen und begünstigten Rechts

Der Löschungsanspruch bzw. die am betroffenen Recht eingetragene Löschungsvormerkung werden durch den Zuschlag überhaupt nicht berührt. Sie bleiben auch grundbuchersichtlich, da der gesetzliche Löschungsanspruch als (ungeschriebener) Inhalt des begünstigten Rechts weiterhin aus dem Grundbuch ersichtlich ist bzw. die Löschungsvormerkung bei dem betroffenen Recht in der Veränderungsspalte der Abt. III ebenfalls eingetragen bleibt. Gesichert sind damit nicht nur die Vereinigungen in der Person des Eigentümers, die bis zum Zuschlag eingetreten sind, sondern auch die künftig entstehenden Eigentümerrechte. Im Zwangsversteigerungsverfahren ist hier nichts Besonderes zu beachten.

92

c) Bestehenbleiben der Eigentümergrundschuld bei Erlöschen des begünstigten Rechts durch Zuschlag

Das Erlöschen des begünstigten Recht hat nicht das Erlöschen des durch Löschungsvormerkung oder des mit Vormerkungswirkung ausgestalteten gesetzlichen Löschungsanspruchs zur Folge (§ 91 Abs. 4 Satz 1 ZVG). Der Löschungsanspruch besteht wegen jeder zur Löschung verpflichtenden Vereinigung des betroffenen Rechts mit dem Eigentum in einer Person fort, die vor dem Zuschlag eingetreten ist. Vereinigungen, die erst nach dem Zuschlag eintreten, werden jedoch vom Löschungsanspruch nicht mehr erfasst.

93

Der fortbestehende gesetzliche Löschungsanspruch erlischt nach § 91 Abs. 4 Satz 2 ZVG, wenn der hieraus Berechtigte voll befriedigt wird. Für die Löschungsvormerkung gilt im Ergebnis dasselbe. Die Begründung hierfür ergibt sich aber nicht aus § 91 Abs. 4 ZVG; denn diese Vorschrift gilt nur für den gesetzlichen Löschungsanspruch. Die Geltendmachung des Löschungsanspruchs setzt aber auch ein rechtliches Interesse voraus, welches nach voller Befriedigung des Vormerkungsberechtigten nicht mehr vorliegt.44)

94

Wird der Löschungsanspruch durchgesetzt, die bestehen gebliebene Eigentümergrundschuld also gelöscht, dann wäre hierdurch der Ersteher bereichert. Deshalb

95

_____________ 44) RG, Urt. v. 11.4.1906 – V 435/05, RGZ 63, 152.

Bachmann

871

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

trifft diesen die Zuzahlungspflicht nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 ZVG. Da diese Zuzahlungspflicht aber noch nicht feststeht, hat eine bedingte Zuteilung gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 ZVG zu erfolgen. 96

Mit der Löschung des begünstigten Rechts auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts entfällt gemäß § 130a Abs. 1 ZVG auch die Vormerkungswirkung des § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB. Damit der Anspruch aber auch weiterhin dinglich gesichert bleibt, muss das Vollstreckungsgericht sein Ersuchen an das Grundbuchamt auch darauf erstrecken, dass an dem bestehen bleibenden (betroffenen) Recht eine entsprechende (Löschungs-) Vormerkung eingetragen wird (§ 130a Abs. 2 ZVG). Voraussetzung hierfür ist jedoch ein entsprechender Antrag des begünstigten Gläubigers. Aber auch diese Vormerkung sichert nur den Löschungsanspruch für Vereinigungen, die vor dem Zuschlag eingetreten sind. Einzelheiten hierzu siehe bei § 130a Rz. 17, 18 [Bachmann].

97

Auch die eingetragene Löschungsvormerkung hindert nicht das Entstehen einer Eigentümergrundschuld. Soweit das mit der Löschungsvormerkung belastete Recht bestehen bleibt, ändert dies nichts an dem Löschungsanspruch und der Löschungsvormerkung. Diese darf deshalb auch nicht gelöscht werden, sondern ist mit dem belasteten Grundpfandrecht auf das Grundbuchblatt des Erstehers mit zu übertragen. Deshalb muss in diesem Fall auch kein besonderer Antrag wie bei § 130a ZVG gestellt werden. d) Erlöschen beider Rechte durch Zuschlag

98

Auch das Erlöschen beider Rechte hat nicht das Erlöschen des vertraglichen, des durch eine Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB gesicherten oder des gesetzlichen Löschungsanspruchs des § 1179a BGB zur Folge. Der Anspruch bezieht sich nun aber auf das Surrogat mit der Folge, dass der Berechtigte vom bisherigen Eigentümer verlangen kann, dass dieser ihm den auf die Eigentümergrundschuld entfallenden Erlösanteil insoweit überlässt als er ihm zustehen würde, wenn die Löschung der Eigentümergrundschuld schon vor dem Zuschlag erfolgt wäre.45) Der Löschungsanspruch besteht auch weiter, wenn der Schuldner (= „alter“ Eigentümer) den an die Stelle eines zu löschenden Grundpfandrechts getretenen Erlösanspruch durch Verzicht des Gläubigers oder aufgrund eines anderen Erwerbs (z. B. Abtretung des Erlösanspruchs) erlangt hat. Dann richtet sich der Anspruch darauf, dass der zur Löschung Verpflichtete den auf das Eigentümerrecht entfallenden Erlösanteil dem Vormerkungsberechtigten insoweit überlässt, als er diesem zustehen würde, wenn die Löschung der Eigentümergrundschuld bereits vor dem Zuschlag erfolgt wäre.46)

99

Folgt das aus dem Löschungsanspruch begünstigte Recht unmittelbar im Rang nach dem betroffenen Recht, dann hat die Verteilung zur Folge, dass der auf das Eigentümerrecht entfallende Erlös dem Gläubiger des durch den Löschungsanspruch _____________ 45) BGH, Urt. v. 23.10.1957 – V ZR 235/56, Rpfleger 1958, 49 mit Anm. Bruhn = NJW 1958, 21. 46) Vgl. Stöber, ZVG, § 114 Rz. 9.8; teilweise a. A. BGH, Urt. v. 22.7.2004 – IX ZR 131/03, Rpfleger 2004, 717 = ZfIR 2004, 1028; hierzu auch Hintzen/Böhringer, Rpfleger 2004, 661 (Urteilsanm.).

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Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

gesicherten Rechts zusteht, nach oben begrenzt durch die Höhe seines eigenen Anspruchs. Ein den Anspruch des Berechtigten übersteigender Betrag verbleibt dem Inhaber der Eigentümergrundschuld (= Eigentümer zur Zeit des Zuschlags). Der Löschungsanspruch kann nicht zugunsten eines hinter dem begünstigten Recht stehenden anderen Rechts geltend gemacht werden.47) Mehrere Löschungsansprüche stehen in keinem Rangverhältnis zueinander. Werden sie geltend gemacht, ist für die Zuteilung der Rang der begünstigten Rechte maßgeblich. Wenn Zwischenrechte vorhanden sind, dann kommt es zunächst darauf an, ob dieses Zwischenrecht voll befriedigt wird oder nicht. Wenn es voll befriedigt ist, hat dies keine Auswirkungen auf die Geltendmachung des Löschungsanspruchs. Wenn es jedoch voll oder teilweise ausfällt, dann kommt die Geltendmachung des Löschungsanspruchs nach h. M. diesem Zwischenberechtigten nicht zugute.48) Aber rechnerisch müssen solche Zwischenrechte berücksichtigt werden. Dies bedeutet konkret Folgendes: –

Auf das Recht des durch den Löschungsanspruch Begünstigten erfolgt eine Zuteilung, als ob überhaupt kein Eigentümerrecht bestehen würde.



Auf das bzw. die Zwischenrecht(e) erfolgt eine Zuteilung, als ob kein Löschungsanspruch bestehen würde.



Auf das durch den Löschungsanspruch betroffene Eigentümerrecht wird der Rest zugeteilt.

Beispiel hierzu:49)

Folgende Rechte sind im Grundbuch eingetragen, die mit dem Zuschlag erloschen sind: III/1 – 20.000 €

Eigentümerrecht, gegen das sich der Löschungsanspruch richtet.

III/2 – 40.000 €

Zwischenrecht, für das kein Löschungsanspruch besteht.

III/3 – 30.000 €

Begünstigtes Recht, für das ein Löschungsanspruch (auch) an III/1 besteht; dieser Anspruch wird auch geltend gemacht.

Anteiliger Versteigerungserlös, soweit er für eine Zuteilung auf die drei Rechte zur Verfügung steht: Unterfall a):

50.000 €

Unterfall b):

60.000 €

Zuteilung (auszugsweise, die drei Rechte betreffend) bei Unterfall a): Auf das Recht III/3 (= Begünstigter aus dem Löschungsanspruch) entfällt: 50.000 € (= Erlös) – 40.000 (= III/2)

= 10.000 €

_____________ 47) Vgl. Stöber, Rpfleger 1957, 205. 48) BGH, Urt. v. 23.10.1957 – V ZR 235/56, Rpfleger 1958, 49 mit Anm. Bruhn = NJW 1958, 21; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.2.1989 – 9 U 205/88, Rpfleger 1989, 422 = NJWRR 1989, 599; Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 35; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 9.10 b); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 105 und 108. 49) Weitere Beispiele hierzu bei Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 36; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 9.10; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 108.

Bachmann

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100

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Auf das Zwischenrecht III/2 entfällt: 50.000 € (= Erlös) – 20.000 (= III/1)

= 30.000 €

Auf das Eigentümerrecht III/1 entfällt der Rest: 50.000 € (= Erlös) – 30.000 (= Zuteilung III/2) – 10.000 (= Zuteilung = 10.000 € III/3) Zuteilung (auszugsweise, die drei Rechte betreffend) bei Unterfall b): Auf das Recht III/3 (= Begünstigter aus dem Löschungsanspruch) entfällt: 60.000 € (= Erlös) – 40.000 (= III/2)

= 20.000 €

Auf das Zwischenrecht III/2 entfällt: 60.000 € (= Erlös) – 20.000 (= III/1)

= 40.000 €

Auf das Eigentümerrecht III/1 entfällt der Rest: 50.000 € (= Erlös) – 20.000 (= Zuteilung III/2) – 40.000 (= Zuteilung III/3)

=0€

e) Behandlung des Löschungsanspruchs im Verteilungsverfahren 101

Im Verteilungsverfahren wird der Löschungsanspruch nur berücksichtigt, wenn er geltend gemacht wird; denn es handelt sich hierbei um einen schuldrechtlichen Anspruch, auch wenn er durch eine Löschungsvormerkung oder gemäß § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB gesichert ist. Diese Geltendmachung erfolgt schriftlich oder im Verteilungstermin durch Erklärung zu Protokoll. In der „Anmeldung“ des Löschungsanspruchs ist die Geltendmachung zu sehen. Ebenso kann der Antrag nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZVG auf Eintragung einer Löschungsvormerkung als Geltendmachung des Löschungsanspruchs interpretiert werden.50)

102

Aufgrund der Geltendmachung des Löschungsanspruchs muss der auf die Eigentümergrundschuld entfallende Erlösanteil als auflösend bedingter Anspruch behandelt werden. Dies bedeutet, dass neben der Zuteilung auf das Eigentümerrecht gemäß § 119 ZVG eine Hilfszuteilung erfolgen muss für den Fall, dass der Löschungsanspruch verwirklicht wird. Da jedoch bei einer auflösenden Bedingung der Plan dadurch ausgeführt wird, dass dem (ursprünglich) Berechtigten der zugeteilte Betrag ausgezahlt wird, muss sich der Berechtigte des Löschungsanspruchs mit einem Widerspruch gemäß § 115 ZVG gegen die Planausführung wehren. In der Geltendmachung des Löschungsanspruchs ist deshalb auch gleichzeitig ein Widerspruch gegen die Zuteilung an den Berechtigten der Eigentümergrundschuld zu sehen.51) Dieser Widerspruch führt dazu, dass der streitige Betrag gemäß § 124 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 120 ZVG hinterlegt wird.52) Eine Auszahlung an den Begünstigten aus dem Löschungsanspruch kann nur erfolgen, wenn der Berechtigte _____________ 50) Böttcher, ZVG, § 114 Rz. 37; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 9.15; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 103, 104; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114 Rz. 27: Löschungsanspruch ist mit Widerspruch gegen den Teilungsplan zu verfolgen. Im Ergebnis unterscheiden sich die beiden Meinungen nur in Detailfragen. 51) Und spätestens hier schließt sich der Kreis zu der in Fn. 47 erwähnten Gegenansicht. 52) Wegen der Formulierung wird auf Keller, RpflJB 1993, 213 verwiesen.

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Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

des Eigentümerrechts (bisherige Eigentümer) den Löschungsanspruch anerkennt oder ein entsprechendes Urteil vorgelegt wird. In vielen Fällen ist die Eigentümergrundschuld noch gar nicht als solche im Grundbuch vermerkt, sondern als Fremdrecht eingetragen (verschleierte Eigentümergrundschuld, vgl. Rz. 54, 55). Hier muss der Berechtigte des Löschungsanspruchs bzw. der Löschungsvormerkung neben der Geltendmachung seines Löschungsanspruchs auch noch Widerspruch gegen die Zuteilung an den eingetragenen Fremdgläubiger erheben. An diesem Widerspruchsverfahren sind dann beteiligt: Der widersprechende Berechtigte des Löschungsanspruchs, der bisherige Grundstückseigentümer als Inhaber der angeblichen Eigentümergrundschuld, der Hypothekengläubiger als Zuteilungsberechtigter aus der eingetragenen Fremdhypothek. Erfolg hat der Berechtigte des Löschungsanspruchs aber nur, wenn er nachweisen kann, dass das Fremdrecht tatsächlich ein Eigentümerrecht ist und der Erlösanspruch von dem zur Löschung verpflichteten bisherigen Eigentümer tatsächlich in Erfüllung des Löschungsanspruchs dem Widersprechenden überlassen werden muss.

103

In diesem Zusammenhang muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass die bei einer Grundschuld eingetragene Löschungsvormerkung (§ 1179 BGB) oder der gegen sie gerichtete gesetzliche Löschungsanspruch (§ 1179a BGB) fast keine praktische Bedeutung hat. Der Grund liegt darin, dass sich eine Fremdgrundschuld nur in ganz wenigen Fällen in eine Eigentümergrundschuld umwandelt. In den meisten Fällen hat der Eigentümer einen (ebenfalls nur) schuldrechtlichen Rückgewähranspruch. Diesen sollte sich der nachfolgende Gläubiger abtreten lassen, ihn notfalls pfänden. Jedoch scheidet diese Möglichkeit aus, wenn der Eigentümer den Rückgewähranspruch vorher schon einem anderen abgetreten hat. Einzelheiten zum Rückgewähranspruch siehe nachfolgend unter Rz. 110 ff.

104

3.

Rangordnung

a) Gesetzliche Rangordnung

Im Teilungsplan werden die einzelnen Ansprüche entsprechend ihrer Rangfolge aufgenommen, also: –

Verfahrenskosten (§ 109 ZVG),



Ansprüche der Rangklassen 1 bis 8 (§§ 10 – 12 ZVG),



verspätet angemeldete Ansprüche (§ 110 ZVG).

Hinsichtlich der in Rangklasse 4 zu berücksichtigenden Rechte gilt das im Grundbuch zum Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks ersichtliche Rangverhältnis. Hat sich der Rang nachträglich geändert, dann kann dies nur auf entsprechende Anmeldung hin berücksichtigt werden.

105

106

b) Rangänderung

Bei einer zu berücksichtigenden Rangänderung muss darauf geachtet werden, dass Zwischenrechte durch die Rangänderung gemäß § 880 Abs. 5 BGB nicht berührt werden dürfen. Wegen Einzelheiten siehe die Beispiele zu § 44 Rz. 22 ff. [Bachmann].

Bachmann

875

107

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

c) Rangvorbehalt 108

109

Auch bei einem bereits ausgeübten Rangvorbehalt darf ein Zwischenrecht gemäß § 881 Abs. 4 BGB weder einen Vor- noch einen Nachteil haben. In diesem Fall entsteht ein sogen. relatives Rangverhältnis. Dies bedeutet: –

Dem Zwischenrecht darf nicht mehr vorgehen, als das zum Zeitpunkt seiner Eintragung vor ihm stehende Recht; der bei diesem Recht eingetragene Rangvorbehalt belastet das Zwischenrecht also nicht.



Dem belasteten Recht darf aber auch nur das vorgehen, was durch den Rangvorbehalt vereinbart war.

Um diesen Erfordernissen gerecht zu werten, ist nach der Herfurth’schen Formel53) in folgenden Schritten vorzugehen: –

Das belastete Recht erhält den Erlös abzüglich dem Anspruch des vorbehaltenen Rechts.



Das Zwischenrecht erhält den Erlös abzüglich des (vorgehenden) Rechts, bei dem der Rangvorbehalt eingetragen ist.



Das Recht, welches in den Rangvorbehalt eingewiesen worden ist, erhält den Rest.

Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Folgende Rechte sind im Grundbuch eingetragen und erlöschen alle durch den Zuschlag: III/1 – 40.000 € mit Rangvorbehalt: Vorrang für 70.000 € III/2 – 100.000 € III/3 – 70.000 € unter Ausnutzung des Rangvorbehalts im Rang vor III/1 Der auf diese drei Rechte entfallende Teil des Versteigerungserlöses beträgt:

110

Unterfall a):

40.000 €

Unterfall b):

110.000 €

Unterfall c):

150.000 €

Die Verteilung des entsprechenden Teils des Versteigerungserlöses sieht wie folgt aus: Bei Unterfall a):

III/1: nichts

Begründung: 40.000 € – 70.000 € weniger als 0

III/2: nichts

Begründung: 40.000 € – 40.000 € = 0

III/3: 40.000 €

Begründung: 40.000 € – 0 € – 0 € = 40.000 €

Bei Unterfall b):

III/1: 40.000 €

Begründung: 110.000 € – 70.000 € = 40.000 €

III/2: 70.000 €

Begründung: 110.000 € – 40.000 € = 70.000 €

III/3: nichts

Begründung: 110.000 € – 40.000 € – 70.000 € = 0

_____________ 53) MünchKomm/Kohle, BGB, § 881 Rz. 18 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, § 881 Rz. 11; Böttcher, § 114 Rz. 45.

876

Bachmann

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

Bei Unterfall c):

III/1: 40.000 €

Begründung: 150.000 € – 70.000 € = 80.000 €; aber höchstens sein Anspruch = 40.000 €

III/2: 100.000 €

Begründung: 150.000 € – 40.000 € = 110.000 €; aber höchstens sein Anspruch = 100.000 €

III/3: 10.000 €

Begründung: 150.000 € – 40.000 € – 100.000 € = 10.000 €

4.

Rückgewähranspruch

Der Sicherungsgeber einer Grundschuld (Eigentümer) hat gegenüber dem Sicherungsnehmer (dem Gläubiger) nach Wegfall des Sicherungszwecks einen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld. Dieser aufschiebend bedingte Anspruch, der auf der Sicherungsabrede bzw. dem Sicherungsvertrag beruht,54) setzt sich nach dem Erlöschen der Grundschuld im Wege der Surrogation am Versteigerungserlös fort.55)

111

Der Rückgewähranspruch kann abgetreten werden;56) er kann auch gepfändet57) oder verpfändet werden. Wenn die Abtretung früher erfolgte, geht eine nachfolgende Pfändung ins Leere.58) Wenn der Sicherungsgeber den Rückgewähranspruch mehrfach abtritt, kann nur die erste Abtretung wirksam sein. Bei den weiteren Abtretungen handelt der Eigentümer dann als Nichtberechtigter; somit sind diese unwirksam, wenn sie nicht vom Berechtigten genehmigt werden.

112

Wegen der Erfüllung des Rückgewähranspruchs und der Behandlung im Verteilungsverfahren wird auf die Ausführungen zur Sicherungsgrundschuld (siehe Rz. 34 ff.) verwiesen.

113

5.

Übererlös

Unter dem „Übererlös“ versteht man den Teil der Teilungsmasse, der nach Zuteilung der Verfahrenskosten und aller nach § 10 ZVG zu berücksichtigten Befriedigungsansprüche übrig bleibt. Dieser Teil der Teilungsmasse steht dem bisherigen Eigentümer als Surrogat für sein versteigertes Grundstück zu. Wenn es sich hierbei um eine Bruchteilsgemeinschaft handelt, kann dieser Übererlös nur der Gemeinschaft zugeteilt werden. Wenn sich die Mitberechtigten nicht über die Auszahlung einigen, ist der Betrag für sämtliche Miteigentümer (dann aber gemäß § 432 BGB) zu hinterlegen. Wenn das Grundstück zum Nachlass einer Erbengemeinschaft gehörte, dann fällt der Übererlös als Surrogat in den Nachlass.

114

Ist der Erlösanspruch des Schuldners (nach dem Zuschlag) gepfändet und überwiesen worden, dann wird der entsprechende Betrag dem Pfändungsgläubiger zugeteilt, sofern dieser seine Berechtigung durch Vorlage des Pfändungs- und Überweisungs-

115

_____________ 54) Notfalls auch mit § 812 BGB begründet werden kann. 55) BGH, Urt. v. 5.11.1976 – V ZR 5/75, Rpfleger 1977, 56 = NJW 1977, 247. 56) BGH, Urt. v. 5.11.1976 – V ZR 5/75, Rpfleger 1977, 56 = NJW 1977, 247; SchleswigHolsteinisches OLG, Urt. v. 29.1.1985 – 3 U 207/83, WM 1985, 700. 57) BGH, Urt. v. 28.2.1975 – V ZR 146/73, Rpfleger 1975, 219. 58) Manche (z. B. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114 Rz. 46) sagen etwas ungenau: „Die Abtretung geht der Pfändung vor“.

Bachmann

877

§ 114

Aufnahme angemeldeter Ansprüche

beschlusses samt Zustellungsnachweis an den Schuldner59) nachgewiesen hat. Einzelheiten siehe bei § 117 Rz. 54 – 61 [Bachmann]. 6.

Verzicht auf Erlöszuteilung

116

Wenn der Zuteilungsberechtigte auf eine Erlöszuteilung verzichtet, muss man genau unterscheiden, wann dieser Verzicht erklärt wird und welcher Anspruch durch den Verzicht betroffen ist. Wenn der Verzicht erst nach (endgültiger) Aufstellung des Teilungsplans erfolgt, wird der Teilungsplan nicht mehr geändert. Eine noch nicht erfolgte Auszahlung kann jedoch u. U. „umgeleitet“ werden, also an den durch den Verzicht Begünstigten erfolgen.

117

Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 sowie 7 und 8 werden bei der Verteilung nur berücksichtigt, wenn sie (rechtzeitig) angemeldet worden sind. Wird bis zur Verteilung im Verteilungstermin nachträglich auf angemeldete Ansprüche verzichtet oder zum Verteilungstermin weniger als zuvor angemeldet, dann ist dieser Verzicht im Teilungsplan zu berücksichtigen. Der frei werdende Betrag kommt dem nächstausfallenden Zuteilungsberechtigten, nicht dem Schuldner zugute.

118

Verzichtet ein persönlich betreibender Gläubiger (Rangklasse 5), dann fällt er weg. Der hierdurch frei werdende Betrag kommt dem bzw. den nächstausfallenden Zuteilungsberechtigten zugute, nicht dem Schuldner.

119

Etwas anderes gilt für Ansprüche der Rangklasse 4, soweit Hypotheken und Grundschulden betroffen sind:

120

Wird auf das Kapital einer Hypothek oder Grundschuld verzichtet, so steht der entsprechende Erlösanteil dem bisherigen Grundstückseigentümer zu (§ 1168 BGB analog). Jedoch ist auf Folgendes hinzuweisen: –

Die Erklärung „Das Recht ist nicht mehr valutiert“ ist keine Verzichtserklärung und deshalb unbeachtlich.



Die Nichtanmeldung (des Kapitals) ist kein Verzicht.



Die Geltendmachung eines geringeren Betrags als des eingetragenen Betrags ist kein Verzicht.

121

Da das Grundpfandrecht durch den Zuschlag bereits erloschen ist, ist der Verzicht formlos möglich; er bedarf auch keiner Eintragung im Grundbuch mehr.

122

Bezieht sich der Verzicht auf laufende und/oder rückständige Nebenleistungen, dann kommt der frei werdende Betrag dem nächstausfallenden Berechtigten, nicht dem Eigentümer zugute. In unklaren Fällen sollte aber zunächst durch Rücksprache mit dem Gläubiger geklärt werden, ob tatsächlich ein Verzicht oder eine Minderanmeldung vorliegt.

_____________ 59) Da es sich um ein drittschuldnerloses Recht handelt (§ 857 Abs. 2 ZPO).

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Bachmann

§ 114a

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

§ 114a Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze Ist der Zuschlag einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten zu einem Gebot erteilt, das einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte hinter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes zurückbleibt, so gilt der Ersteher auch insoweit als aus dem Grundstück befriedigt, als sein Anspruch durch das abgegebene Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot zum Betrage der Sieben-Zehnteile-Grenze gedeckt sein würde. Hierbei sind dem Anspruch des Erstehers vorgehende oder gleichstehende Rechte, die erlöschen, nicht zu berücksichtigen. Literatur: Bauch, Zur Befriedigungsfiktion nach § 114a ZVG, Rpfleger 1986, 457; Ebeling, Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG in der Vollstreckungspraxis, Rpfleger 1985, 279; Keller, Grundstücksverschleuderung und Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG in der Zwangsversteigerung, ZfIR 2005, 859; Muth, Alte und neue Fragen zur Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG, Rpfleger 1987, 89; Schiffhauer, Die Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG beim Vorhandensein von Zwischenrechten, Rpfleger 1970, 316. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Voraussetzungen .................................. 1. Zuschlag an einen Befriedigungsberechtigten ........................................... 2. Meistgebot unter der 7/10-Grenze ...... 3. Ausfall des Erstehers ............................. 4. Zwischenrechte (Satz 2) ....................... III. Befriedigungsfiktion ........................... 1. Umfang .................................................. 2. Zeitpunkt ............................................... 3. Auswirkungen auf das Versteigerungsverfahren .............................

I.

1 3 3 4 5 6 7 7 8 9

4. Beispiel ................................................. 10 IV. Problemfälle ........................................ 13 1. Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und verdeckte Vertretung ............................................ 13 2. Drittsicherung ..................................... 21 3. Gesamtrechte ....................................... 22 4. Grundschuld ........................................ 24 5. Strohmann und Tochtergesellschaft ........................................... 28 V. Ausschließung der Befriedigungsfiktion .................................................. 30

Allgemeines

§ 114a ZVG soll verhindern, dass ein zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigter günstig das Grundstück erwirbt, aber seine Forderung behält. Wenn dieser nur an die untere Grenze seines Rechts heranbietet, kann dies die übrigen Bietinteressenten vom Mitbieten abhalten; denn diese müssten damit rechnen, dass sie den Zuschlag voraussichtlich nur dann erhalten, wenn das Recht des „Mit-Konkurrenten“ durch ihr Gebot voll gedeckt würde. Ohne die Regelung des § 114a ZVG könnte darüber hinaus der Gläubiger das Grundstück günstig erwerben, da er wenig zahlen müsste, infolge seines Ausfalls aber weiterhin seine Forderung behielte. Diese insbesondere für den Schuldner nachteiligen Folgen soll § 114a ZVG verhindern, indem er die Deckung des Befriedigungsrechts bis zur 7/10-Grenze vorsieht.1) Ein Befriedigungsberechtigter braucht also nach wie vor sein Recht bzw. seine Forderung nicht auszubieten. Er gilt dann aber insoweit als befriedigt, als seine Ansprüche bei einem Gebot von 7/10 des Verkehrswertes gedeckt sein würden. Im Ergebnis werden also Ersteher und Eigentümer so gestellt, als ob der Befriedigungsberechtigte ein Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes abgege_____________ 1)

Vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1989 – IX ZR 4/98, Rpfleger 1989, 421 = NJW 1989, 2396.

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1

§ 114a

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

ben hätte, soweit durch ein solches Gebot sein Anspruch gedeckt wäre. In der gerichtlichen Praxis vermeiden manche Gläubiger den bei anderen Beteiligten und besonders bei Bietinteressenten2) als „ungerecht“ empfundenen „Bietwettbewerb“ dadurch, dass sie die 7/10-Grenze tatsächlich ausbieten. Im Verteilungstermin erklären sie sich dann hinsichtlich des ihnen zustehenden Versteigerungserlöses als befriedigt. Damit vermeiden sie auch hier die Zahlung an das Vollstreckungsgericht. Und für die Frage, inwieweit eine (tatsächliche) Befriedigung stattgefunden hat, kann das Vollstreckungsgericht klare Verhältnisse schaffen. Dagegen spricht § 114a ZVG nur von einer fiktiven Befriedigung, die damit zwar materiellrechtliche Auswirkungen auf das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner hat. Aber das Vollstreckungsgericht ist damit nicht näher befasst; allenfalls im Rahmen der §§ 74b ZVG oder 85a Abs. 3 ZVG prüft das Vollstreckungsgericht die Höhe des Ausfalls – und damit indirekt auch die Befriedigungsfiktion. Aber ansonsten ist ein Streit vor dem Prozessgericht auszutragen. 2

§ 114a ZVG gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG; er verstößt auch nicht gegen Grundrechte des Grundgesetzes, weder gegen Artikel 3 Abs. 1 noch gegen Artikel 14 GG.3) II. Voraussetzungen 1.

3

2. 4

Zuschlag an einen Befriedigungsberechtigten

Der Zuschlag muss an einen zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten erfolgt sein. Das kann jeder der in § 10 ZVG genannten Berechtigten sein und zwar ohne Rücksicht auf seinen Rang. Der Pfandgläubiger eines eingetragenen Rechts fällt nur hierunter, wenn ihm die gepfändete Forderung auch überwiesen ist. Der Gläubiger eines persönlichen Anspruchs kann in Rangklasse 5 nur berücksichtigt werden, wenn er die Zwangsversteigerung betreibt. Er unterliegt deshalb der Regelung des § 114a ZVG auch nur, wenn er betreibender Gläubiger ist. Meistgebot unter der 7/10-Grenze

Das Meistgebot bleibt hinter 7/10 des Verkehrswertes zurück, wenn das Meistbargebot einschließlich der bestehen bleibenden Rechte 7/10 des nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswertes nicht erreicht. Bei der anzustellenden fiktiven Berechnung ist auf folgende Punkte zu achten: –

Es werden keine Bargebotszinsen mit eingerechnet, da der Ersteher einer Verzinsungspflicht nach § 49 Abs. 4 ZVG entgehen kann.4)

Die nach den Versteigerungsbedingungen5) bestehen bleibenden Rechte sind mit ihrem Kapital- bzw. ihrem Zuzahlungsbetrag (§ 51 Abs. 2 ZVG) zu berück_____________



2) 3)

4)

5)

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Bietinteressenten, welche die Regelung des § 114a ZVG nicht kennen bzw. verstehen. So BVerfG, Beschl. v. 2.2.1999 – 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195 = NJW 1990, 2357; BGH, Urt. v. 9.1.1992 – IX ZR 165/91, Rpfleger 1992, 264 = NJW 1992, 1702; a. A. Häusele, KTS 1991, 47. So auch Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 8; Stöber, ZVG, § 114a Rz. 3.2; a. A. Steiner-Eickmann, ZVG, § 114a Rz. 13; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114a Rz. 7 unter Hinweis auf den Wortlaut des § 54 Abs. 3 GKG bzw. auf den Umkehrschluss hieraus. Das kann nicht richtig sein; ein Kostengesetz kann keine verfahrensrechtlichen Probleme regeln. Und auch nach § 59 ZVG abgeänderten.

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Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

§ 114a

sichtigen. Auch die „außerhalb des geringsten Gebots“ bestehen bleibenden Rechte (z. B. Altenteil bzw. Leibgeding) sind einzurechnen. Dagegen kann ein Recht, das nach § 91 Abs. 2 ZVG durch Vereinbarung bestehen bleibt, nicht berücksichtigt werden. –

Als Grundstückswert ist der vom Vollstreckungsgericht nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzte Verkehrswert maßgeblich. Dieser ist grundsätzlich auch für das Prozessgericht bei der gerichtlichen Überprüfung der fiktiven Befriedigung bindend.6) Wenn sich der Grundstückswert während des Verfahrens geändert hat, das Vollstreckungsgericht aber mangels Rechtsschutzbedürfnis keine Änderung der ursprünglichen Wertfestsetzung vorgenommen hat,7) dann ist die (überholte) Wertfestsetzung für das Prozessgericht nicht bindend.8)



Der Wert von mitversteigerten Zubehörstücken ist bei der Ermittlung der 7/10-Grenze mit zu berücksichtigen – ebenfalls mit den vom Vollstreckungsgericht gemäß § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Beträgen.9)

3.

Ausfall des Erstehers

Um die Höhe der fiktiven Befriedigung festzustellen, muss zunächst geprüft werden, ob der Ersteher durch das Gebot keine oder keine volle Deckung erlangt hat. Danach ist der Differenzbetrag zwischen dem tatsächlichen Meistgebot (einschließlich der bestehen bleibenden Rechte, siehe oben) und dem 7/10-Betrag des Verkehrswertes festzustellen. Dieser Differenzbetrag ist für die fiktive Befriedigung maßgeblich; nach oben begrenzt wird diese Befriedigung durch die Höhe des Anspruchs. 4.

5

Zwischenrechte (Satz 2)

Die dem Anspruch des Erstehers vor- oder gleichstehenden Rechte, die erlöschen, werden hierbei nach Satz 210) nicht berücksichtigt. Konkret bedeutet dies Folgendes: –

Bei der Zuteilung für diese Rechte ist das tatsächlich abgegebene Meistbargebot maßgeblich. Soweit sie dort infolge ihres besseren Ranges befriedigt werden, stellt sich das in Satz 2 angesprochene Problem überhaupt nicht.



Wenn sie jedoch bei diesem Gebot ganz oder teilweise ausfallen, dann dürfen sie bei der Berechnung der fiktiven Befriedigung des Erstehers nicht berücksichtigt werden; sonst würde auch deren Ausfall dem Ersteher zugutekommen, da sein Ausfall bis zur 7/10-Grenze dadurch geringer wäre.11) Deshalb wird der o. a. Differenzbetrag nur dem Ausfall des Erstehers „zugerechnet“.

_____________ 6) BGH, Urt. v. 13.11.1986 – IX ZR 26/86, Rpfleger 1987, 120 mit Anm. Ebeling = NJW 1987, 503. 7) Weil die absolute Mindestgrenze des § 85a ZVG bzw. die relative Grenze des § 74a ZVG bereits „gefallen“ waren. 8) BGH, Beschl. v. 27.2.2004 –IX ZB 298/03, Rpfleger 2004, 433 = NJW-RR 2004, 666. 9) BGH, Urt. v. 9.1.1992 – IX ZR 165/91, Rpfleger 1992, 264 = NJW 1992, 1702. 10) Dieser Satz wurde durch das Gesetz v. 1.2.1979 (BGBl. I, 127) als Reaktion auf das Urteil des BGH v. 29.3.1968 – V ZR 137/67, Rpfleger 1968, 219 = NJW 1968, 1676 in den § 114a ZVG eingefügt. 11) Und eine fiktive Befriedigung des vorgehenden bzw. gleichstehenden Berechtigten kann ja nicht eintreten, da dieser nicht Ersteher ist.

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6

§ 114a

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

III. Befriedigungsfiktion 1. 7

2. 8

Zeitpunkt

Hinsichtlich des Zeitpunktes, wann genau diese fiktive Befriedigung eintritt, besteht keine Einigkeit. Während eine Ansicht13) annimmt, maßgeblich sei der Zuschlag,14) meinen andere,15) es müsste auf den Verteilungstermin abgestellt werden, da die tatsächliche Befriedigung auch erst zu diesem Zeitpunkt eintrete. Im Hinblick auf die Bedeutung der fiktiven Befriedigung für die Frage der Zuschlagserteilung (§ 85a Abs. 3 ZVG) kann nur der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung maßgeblich sein; sonst würde man den Schuldner, den § 114a ZVG schützen soll, für die Zwischenzeit bis zum Verteilungstermin ohne Not benachteiligen: Sein Eigentum würde er mit dem Zuschlag verlieren; die Forderung gegen ihn würde aber noch weiterhin bestehen. Gegen etwaige weitere Vollstreckungen wegen dieser Forderung könnte er im Zeitraum von Zuschlag bis Verteilungstermin sich noch nicht einmal wehren. 3.

9

Umfang

Über die tatsächliche Befriedigung durch Zuteilung aus dem abgegebenen Mistbargebot hinaus gilt der Ersteher auch insoweit als befriedigt, als er bei einem fiktiven Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes befriedigt würde. Damit erlischt die Forderung des Erstehers auch in dieser Höhe. Die Verrechnung auf die Forderung richtet sich auch hier nach den Regeln des BGB.12)

Auswirkungen auf das Versteigerungsverfahren

§ 114a ZVG ist eine materiellrechtliche Vorschrift, über die im Streitfall nicht das Vollstreckungs-, sondern das Prozessgericht entscheiden muss. Deshalb wird die fiktive Befriedigung im Verteilungstermin auch nicht ausdrücklich festgestellt. Auch auf dem Vollstreckungstitel wird kein entsprechender Vermerk angebracht; § 127 Abs. 2 ZVG bezieht sich nur auf die tatsächliche Befriedigung aufgrund einer Zuteilung aus dem Bargebot.16) Trotzdem sollten Ersteher und Schuldner auf die Folgen des § 114a ZVG ausdrücklich hingewiesen werden. Ein Vermerk auf einem Grundpfandrechtsbrief ist ebenfalls nicht vorgesehen; denn nach § 127 Abs. 1 ZVG wird auf diesem Brief nur das (volle oder teilweise) Erlöschen des Grundpfandrechts vermerkt. Und bei dieser Frage spielt die tatsächliche oder fiktive Befriedigung keine Rolle. 4.

Beispiel

Sachverhalt: 10

Festgesetzter Verkehrswert: 200.000 €; 7/10-Grenze: 140.000 € Verfahrenskosten und Rangklasse 3: insgesamt 5.000 € _____________ 12) Also in erster Linie nach § 367 BGB. 13) So Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 12, Stöber, ZVG, § 114a Rz. 3.4. 14) Mit Verkündung des Zuschlags (§ 89 ZVG) bzw. beim Zuschlag im Beschwerdeverfahren mit der Zustellung des entsprechenden Beschlusses (§ 104 ZVG). 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 9; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114a Rz. 12. 16) Stöber, ZVG, § 127 Rz. 3.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 1; Löhnig/ Hannemann, § 114a Rz. 16.

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§ 114a

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

Folgende Rechte sind im Versteigerungsverfahren zu berücksichtigen: III/1 für A:

40.000 € + 4.000 € Zinsen

III/2 für B:

50.000 € + 5.000 € Zinsen

III/3 für C:

10.000 € + 1.000 € Zinsen

III/4 für D:

50.000 € + 5.000 € Zinsen

B. ist bestbetreibender Gläubiger, sodass das geringste Gebot wie folgt aussieht: 40.000 €

Bestehen bleibende Rechte: III/1: Mindestbargebot:

Rangklasse 0 + 3:

5.000 €

Zinsen III/1:

4.000 €

D. ist Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 70.000 €. Da dieses Gebot zusammen mit dem bestehen bleibenden Recht in Höhe von 40.000 € = 110.000 € die Hälfte des Verkehrswertes erreicht und keine sonstigen Zuschlagsversagungsgründe vorliegen, wird D. das Grundstück zugeschlagen.

Die Verteilung des Meistbargebots von

70.000 €

Rangklassen 0 + 3

– 5.000 €

Zinsen des Rechts III/1

– 4.000 €

Zinsen und Hauptanspruch des B (III/2) Zinsen und Hauptanspruch des C (III/3) teilweise

11

– 55.000 € – 6.000 €

Ausfall: C (III/3) mit 5.000 €; D (III/4) voll (= 55.000 €) Um die fiktive Befriedigung des Erstehers D. zu berechnen, ist die Differenz zwischen einem Meistbargebot, welches 7/10 des Verkehrswertes beträgt, und dem tatsächlich abgegebenen Gebot zu ermitteln: 7/10 VKW = 140.000 €; abzüglich bestehen bleibendes Rechts III/1 abzüglich tatsächliches Meistbargebot

= 100.000 € – 70.000 € = 30.000 €

Differenz:

Folge: Da der Ausfall (55.000 €) des Erstehers D höher ist als dieser Betrag, gilt er nach § 114a ZVG in Höhe von 30.000 € als befriedigt. Er wird also so gestellt, als habe er tatsächlich 100.000 € bar geboten. Zur Erläuterung des § 114a Satz 2 ZVG eine etwas umfangreichere Darstellung:

Die Verteilung des fiktiven Meistbargebots von

100.000 €

Rangklassen 0 + 3

– 5.000 €

Zinsen des Rechts III/1

– 4.000 €

Zinsen und Hauptanspruch des B (III/2)

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– 55.000 €

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§ 114a

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

Zinsen und Hauptanspruch des C (III/3) teilweise Zinsen und Hauptanspruch des D (teilweise)

– 6.000 €17)

– 30.000 €

IV. Problemfälle 1. 13

Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und verdeckte Vertretung

Die Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG tritt auch dann ein, wenn Meistbietender und Ersteher nicht identisch sind. Hierbei sind folgende Fälle denkbar: Fall 1:

14

Der Meistbietende hat kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück; er tritt sein Recht aus dem Meistgebot aber an einen Befriedigungsberechtigten ab, bei dem die Voraussetzungen des § 114a ZVG jedoch vorliegen.

15

Da in der Person des Erstehers die Voraussetzungen des § 114a ZVG vorliegen, trifft die Vorschrift unmittelbar zu. Die Befriedigungsfiktion trifft also den Ersteher.18) Fall 2:

16

Der Meistbietende ist ein zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigter, auf den § 114a ZVG zutrifft; er tritt aber sein Recht ab an einen Dritten, bei dem die Voraussetzungen des § 114a ZVG nicht vorliegen.

17

Die Befriedigungsfiktion trifft in diesem Fall trotz Abtretung den Zedenten, obwohl er gar nicht den Zuschlag erhält.19) Dies bedeutet: Der Meistbietende gilt gemäß § 114a ZVG (weitergehend) als befriedigt, obwohl er gar nicht Ersteher ist. Fall 3:

18

Der Meistbietende ist ein zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigter, dem der Zuschlag nach Absatz 3 erteilt werden könnte; dieser tritt sein Recht an einen ebenfalls unter Absatz 3 fallenden anderen Befriedigungsberechtigten ab.

19

Hier stellt sich die Frage, bei welchem der beiden die Befriedigungsfiktion eintritt. Die Antwort hierzu ist noch nicht obergerichtlich geklärt: Nach einer Ansicht muss die Befriedigungsfiktion sowohl der Ansprüche des Zedenten als auch der des _____________ 17) Und dies ist die Bedeutung des Satzes 2: Bei der Berechnung der fiktiven Befriedigung darf der Anspruch des dem Ersteher D. vorgehenden Anspruchs des C. nicht berücksichtigt werden. Ohne diese Einschränkung würde sonst die Berechnung wie folgt aussehen: Anstelle der tatsächlichen Befriedigung des C. mit 6.000 €, würde dieser bei dem fiktiven Gebot von 100.000 € mit 11.000 € berücksichtigt. Dies hätte die weitere Konsequenz, dass der Ausfall des D. bis zur 7/10-Grenze nur 25.000 € betragen würde. „Unter dem Strich“ hätte dann der D. aber nur 70.000 € + 25.000 € = 95.000 € (bar) geboten. 18) So Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 14a Rz. 20; Löhnig/Hannemann, § 114a Rz. 4; a. A. Stöber, ZVG, § 114a Rz. 2.7 b): „Der Gesetzeszweck gebiete es nicht, den Grundstückserwerb des Zessionars so zu behandeln, als ob er selbst das Meistgebot abgegeben und unmittelbar den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks erworben habe.“ Diese Auslegung widerspricht jedoch dem Wortlaut des Gesetzes. 19) BGH, Urt. v. 6.7.1989 – IX ZR 4/89, Rpfleger 1989, 421 = NJW 1989, 2396; Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 6; Stöber, ZVG, § 114a Rz. 2.7; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 114a Rz. 21; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114a Rz. 4.

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Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

§ 114a

Zessionars angenommen werden, allerdings in der Rangfolge des § 10 ZVG.20) Nach einer anderen Meinung tritt die Befriedigungsfiktion nur gegenüber dem Ersteher ein, weil der Wortlaut des § 114a ZVG (nur) auf diesen abstelle.21) Eine vermittelnde Ansicht meint, dass § 114a ZVG zunächst auf die Forderung des Erstehers anzuwenden sei; wenn diese aber hinter 7/10 des Verkehrswertes zurückbliebe, könne auch noch hinsichtlich der Differenz auf den Ausfall des Meistbietenden zurückgegriffen werden.22) Dieser letztgenannten Ansicht wird zuzustimmen sein. Fall 4: Verdeckte Vertretung gemäß § 81 Abs. ZVG 3 ZVG

Unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ZVG wird der Zuschlag an den „verdeckten Meistbietenden“ erteilt; somit sind in diesem Fall eigentlich Meistbietender und Ersteher identisch. Für die Frage der Befriedigungsfiktion ist deshalb auch nur auf die Person des Vertretenen abzustellen. 2.

Drittsicherung

Die Befriedigungswirkung tritt auch dann ein, wenn dinglicher und persönlicher Schuldner nicht identisch sind.23) Bei einer Hypothek geht die (persönliche) Forderung in Höhe des Betrags, in dessen Höhe der Gläubiger gemäß § 114a ZVG als befriedigt gilt, auf den bisherigen Eigentümer über (§ 1143 Abs. 1 Satz 1 BGB analog). 3.

20

21

Gesamtrechte

Wenn das versteigerte Grundstück mit einem Gesamtgrundpfandrecht belastet ist, kommt es zunächst darauf an, ob die anderen belasteten Grundstücke ebenfalls (mit)versteigert werden. Wird nur eines der belasteten Grundstücke versteigert, dann gilt der Gläubiger des Gesamtrechts als aus dem versteigerten Grundstück befriedigt.24)

22

Werden alle Grundstücke in einem Verfahren versteigert und der Gläubiger des Gesamtgrundpfandrechts ist der Ersteher hinsichtlich sämtlicher Grundstücke, dann bestehen hinsichtlich der Anwendung des § 114a ZVG keine Besonderheiten. Wenn der Befriedigungsberechtigte jedoch nur eines oder einen Teil der Grundstücke ersteigert hat, dann ist zunächst nach § 114a ZVG festzustellen, in welcher Höhe der Berechtigte (insgesamt) als befriedigt gilt. Sodann ist eine Aufteilung dieses Betrags auf die einzelnen Grundstücke nach den Regeln des § 112 ZVG vorzunehmen.25)

23

_____________ 20) 21) 22) 23)

So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 22. So Stöber, ZVG, § 114a Rz. 2.7 b). Löhnig/Hannemann, ZVG, § 114a Rz. 4. Dies nennt man auch „Drittsicherung“; z. B. Eltern bestellen zur Sicherung einer Darlehensforderung ihres Sohnes eine Hypothek an ihrem Grundstück. Dann ist der Sohn der persönliche Schuldner, die Eltern sind (nur) dingliche Schuldner. 24) LG Koblenz, Beschl. v. 18.4.1986 – 4 T 91/86, Rpfleger 1986, 395; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, § 114a Rz. 16. 25) Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 15; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 17.

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§ 114a 4.

Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

Grundschuld

24

Bei der Grundschuld stellt sich im Hinblick auf die Befriedigungsfiktion folgende Frage: Erfasst die Befriedigungsfiktion den dinglichen Anspruch, als eingetragener Kapitalbetrag nebst Zinsen und Kosten, oder wird hierdurch (nur) die persönliche Forderung betroffen, welche durch die Grundschuld abgesichert wird?

25

Für die Frage der Zuschlagserteilung (§ 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG bzw. § 85a Abs. 3 ZVG) stellt die überwiegende Meinung auf den Nominalbetrag der Grundschuld ab, da es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts sei, über den Bestand der persönlichen Forderung Ermittlungen anzustellen.26) Bei der Befriedigungsfiktion dagegen kommt eine Ansicht zum Ergebnis, dass § 114a ZVG nur die persönliche Forderung im Auge haben könne, da im Streitfall das Prozessgericht entscheiden müsse. Und dieses Gericht sei sehr wohl in der Lage, die Höhe der persönlichen Forderung zu ermitteln.27) Wenn man dieser Meinung folgt, dann hätte dies folgende Konsequenzen: Die Befriedigungsfiktion umfasst (nur) die Forderungen, die nach dem Sicherungsvertrag durch die Grundschuld gesichert sind. Wenn diese persönliche Forderung des Befriedigungsberechtigten, der auch Ersteher ist, geringer ist als 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes, steht dem Schuldner kein Bereicherungsanspruch hinsichtlich des Unterschiedsbetrags28) zu.29)

26

Dagegen spricht sich Stöber30) dafür aus, dass die Frage der fiktiven Befriedigung nach denselben Kriterien beantwortet werden müsse wie bei § 74a ZVG und § 85a Abs. 3. ZVG. Er kommt deshalb zum Ergebnis, dass sich (auch) die fiktive Befriedigung ausschließlich nach dem Nominalbetrag (Nennbetrag) der Grundschuld bemesse. Dieses Versteigerungsergebnis bestimme demnach auch die Abwicklung der schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Das gelte nicht nur für die Frage, ob eine gesicherte Forderung mit Erfüllung erlösche, sondern auch für den schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der Sicherheit nach Erledigung des Sicherungszwecks.

27

Die Ausführungen von Stöber sind in sich schlüssig. Deshalb sollte sich diese Ansicht durchsetzen, zumal die Vertreter der Gegenansicht nichts Konkretes für den Extremfall vortragen: Wie wollen sie den Ersteher schützen, wenn dem Meistbietenden der Zuschlag nach § 85a Abs. 3 ZVG erteilt wird, weil bei der Berechnung seines Ausfalls auf die dingliche Forderung abgestellt wird, aber bei der Frage der fiktiven Befriedigung dann auf ein nicht mehr bestehende schuldrechtliche Forderung zurückgegriffen wird? Die unterschiedliche Handhabung mit der verschiedenen _____________ 26) Vgl. BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IX ZB 135/03, Rpfleger, 2004, 432 = ZIP 2004, 874; Böttcher, ZVG, § 85a Rz. 9; Stöber, ZVG, § 85a Rz. 6.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 85a Rz. 27; Löhnig/Cranshaw, ZVG, § 85a Rz. 31. 27) Diese Ansicht kann man wohl als h. M. bezeichnen; vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1986 – IX ZR 26/86, Rpfleger 1987, 120 mit Anm. Ebeling = MDR 1987, 317 = NJW 1987, 504; LG Hanau, Beschl. v. 16.9.1987 – 3 T 251/87, Rpfleger 1988, 77; Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 14; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 13; Löhnig/Hannemann, § 114a Rz. 13, 14. 28) Also 7/10 VKW abzgl. Höhe der persönlichen Forderung. 29) Vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1986 – IX ZR 26/86, Rpfleger 1987, 120 = NJW 1987, 503; a. A. Stöber, ZVG, § 114a Rz. 3.7. 30) Stöber, ZVG, § 114a Rz. 3.7 d) bis f).

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Kein Anspruch des Erstehers unter 7/10-Grenze

§ 114a

Gerichtszuständigkeit (bei § 85a Abs. 3 ZVG Vollstreckungsgericht, bei § 114a ZVG Prozessgericht) zu begründen, ist m. E. ein Scheinargument. 5.

Strohmann und Tochtergesellschaft

Wenn der zur Befriedigung Berechtigte einen weisungsgebundenen Strohmann vorschickt, um die Fiktion des § 114a ZVG zu umgehen, dann muss sich der Weisungsgeber so behandeln lassen, als ob er das Gebot selbst abgegeben hätte; d. h. die Befriedigungsfiktion tritt bei ihm ein, obwohl er gar nicht den Zuschlag erhält.31) Aber das Bieten durch einen Ehegatten kann nicht von Vornherein als Umgehung des § 114a ZVG gewertet werden.32)

28

Dieselben Grundsätze gelten auch bei Geboten eines uneigennützigen Treuhänders oder einer Tochtergesellschaft. Auch dadurch kann die Fiktion des § 114a ZVG nicht ausgeschaltet werden.33)

29

V. Ausschließung der Befriedigungsfiktion

Auf die Befriedigungsfiktion gemäß § 114a ZVG kann nach h. M. durch Vertrag verzichtet werden.34) Dieser Vertrag zwischen Ersteher und Schuldner muss vor dem Zuschlag abgeschlossen werden und wirkt nur zwischen den Vertragsparteien.35) Hinsichtlich der Form dieses Vertrags muss unterschieden werden: –

Verspricht der Meistbietende (und künftige Ersteher) dem Schuldner für dessen Verzicht auf die Befriedigungsfiktion keine Gegenleistung, dann handelt es sich seitens des Schuldners um eine Schenkung. Damit ist die Form des § 518 BGB zu wahren; das Versprechen bedarf der notariellen Beurkundung.



Verspricht der Meistbietende (und künftige Ersteher) dem Schuldner eine Gegenleistung für diesen Verzicht,36) dann ist § 518 BGB nicht einschlägig; der entsprechende Vertrag ist damit formlos möglich.

_____________ 31) Das Gebot des Dritten wird dadurch nicht unwirksam; der Dritte erhält den Zuschlag; aber die Befriedigungswirkung tritt bei dem Befriedigungsberechtigten ein; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 27.6.1979 – VIII ZR 297/77, MDR 1979, 1018 = WM 1979, 977. 32) Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 114a Rz. 25. 33) Vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.2005 – V ZB 9/05, Rpfleger 2005, 554 = ZfIR 2005, 884; BGH, Urt. v. 9.1.1992 – IX ZR 165/91, Rpfleger 1992, 264; LG Landau i. d. Pf., Beschl. v. 8.2.2001 – 3 T 2/01, Rpfleger 2001, 366 = KTS 2002, 581. 34) Böttcher, ZVG, § 114a Rz. 16; Stöber, ZVG, § 114a Rz. 3.10; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 114a Rz. 27; Löhnig/Hannemann, § 114 a Rz. 17; a. A. Muth, ZIP 1986, 350. 35) Gegen Bürgen und Mitschuldner wirkt dieser Verzicht nur, wenn sie selbst (auch) verzichtet haben; denn Verträge zulasten Dritter kennt das BGB nicht. 36) In Betracht kommt hier insbesondere die Anrechnung eines etwaigen Gewinns aus der Weiterveräußerung auf die Forderung des Erstehers.

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

§ 115 Widerspruch gegen den Teilungsplan Bachmann

(1) Über den Teilungsplan wird sofort verhandelt. Auf die Verhandlung sowie auf die Erledigung erhobener Widersprüche und die Ausführung des Planes finden die §§ 876 bis 882 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. (2) Ist ein vor dem Termin angemeldeter Anspruch nicht nach dem Antrag in den Plan aufgenommen, so gilt die Anmeldung als Widerspruch gegen den Plan. (3) Der Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch wird nach den §§ 767, 769, 770 der Zivilprozeßordnung erledigt. (4) Soweit der Schuldner durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung die Befriedigung eines solchen Anspruchs abwenden darf, unterbleibt die Ausführung des Planes, wenn die Sicherheit geleistet oder die Hinterlegung erfolgt ist. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Verhandlung über den Teilungsplan (Abs. 1) ......................................... 5 III. Widerspruch gegen den Teilungsplan ........................................................ 7 1. Allgemeines ........................................... 7 2. Widerspruchsberechtigung ................. 12 3. Form .................................................... 19 4. Inhalt .................................................... 21 5. Zeitpunkt ............................................. 23 IV. Behandlung des Widerspruchs durch das Vollstreckungsgericht ..... 24 1. Prüfung der Zulässigkeit ..................... 24 2. Verhandlung über den zulässigen Widerspruch ........................................ 26 3. Auswirkungen auf das Verteilungsverfahren .............................................. 27 V. Widerspruchsklage ............................. 29

I.

1. 2. 3. 4. 5.

Allgemeines ......................................... 29 Frist ...................................................... 31 Nachweis der Klageerhebung ............. 32 Parteien und Klageantrag .................... 33 Auswirkungen des Urteils auf das Verteilungsverfahren ........................... 35 6. Versäumnis der Klagefrist ................... 39 VI. Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch (Abs. 3) .............................. 40 VII. Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung (Abs. 4) ................................................ 42 VIII. Sonstiges ........................................... 44 1. Bereicherungsklage .............................. 44 2. Schadensersatzansprüche .................... 45

Allgemeines

1

In § 113 ZVG ist geregelt, dass der Teilungsplan im Verteilungstermin nach Anhörung der Beteiligten aufgestellt wird. Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 ZVG wird über den Teilungsplan sofort verhandelt. Dabei können Beteiligte ausdrücklich Widerspruch gegen den Plan erheben. Es können sich aber auch Widersprüche daraus ergeben, dass angemeldete Ansprüche nicht nach Antrag im Plan aufgenommen worden sind (Abs. 2). Auf die Verhandlung und Erledigung dieser Widersprüche verweist Absatz 1 Satz 2 auf Vorschriften der ZPO über das Verteilungsverfahren (§§ 876 bis 882 ZPO). Darüber hinaus sieht § 124 Abs. 1 ZVG vor, dass im Teilungsplan eine Hilfszuteilung vorgenommen wird für den Fall, dass der Widerspruch für begründet erklärt wird. Nach § 124 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 120 ZVG wird der entsprechende Betrag bei Ausführung des Plans für beide unter den entsprechenden (gegensätzlichen) Bedingungen hinterlegt.

2

Hinsichtlich des Widerspruchs seitens des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch verweist Absatz 3 auf die §§ 767, 769 und 770 ZPO. Und Absatz 4 sieht 888

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

die teilweise Aussetzung der Ausführung des Plans vor, soweit der Schuldner eine zulässige Sicherheitsleistung oder Hinterlegung zur Abwendung der Vollstreckung geleistet hat. Im Protokoll über den Verteilungstermin sind alle wichtigen Punkte genau darzustellen. Dazu gehören auch die Erhebung von Widersprüchen einschließlich der vorgetragenen Gründe, die Stellungnahme(n) der Beteiligten, eine etwaige Einigung oder sonstige Erledigung eines Widerspruchs.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Bei der Teilungsversteigerung ist jedoch zu beachten, dass ein Widerspruch eines bisherigen Miteigentümers hinsichtlich des Erlösüberschusses unzulässig ist.1)

4

II. Verhandlung über den Teilungsplan (Abs. 1)

Über den Teilungsplan muss sofort im Termin verhandelt werden (Abs. 1 Satz 1). Auf diese Verhandlung sind nach Absatz 1 Satz 2 die §§ 876 bis 882 ZPO anzuwenden. Wird kein Widerspruch erhoben, ist der Plan sofort auszuführen (§ 876 Satz 1 ZPO). Bei Beteiligten, die im Verteilungstermin nicht erschienen sind und auch nicht vor dem Termin Widerspruch erhoben haben, wird nach § 877 Abs. 1 ZPO angenommen, dass sie mit der Ausführung des Plans einverstanden sind. Aber auch das Schweigen eines im Termin anwesenden Beteiligten ist als Einverständnis zu werten.2)

5

Erfolgt ein Widerspruch, dann muss sich jeder daran Beteiligte sofort erklären (§ 876 Satz 2 ZPO). Wird der Widerspruch von dem oder den hiervon Betroffenen als begründet anerkannt oder kommt eine anderweitige Einigung zustande, dann ist der Plan entsprechend zu berichtigen (§ 876 Satz 3 ZPO). Kann der Widerspruch im Verteilungstermin nicht erledigt werden, wird der Plan insoweit ausgeführt, als er durch den Widerspruch nicht betroffen ist (§ 876 Satz 4 ZPO). Hinsichtlich des vom Widerspruch betroffenen Teils erfolgt gemäß § 124 Abs. 1 ZVG eine Hilfszuteilung; der entsprechende Betrag wird nach § 124 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 120 ZVG hinterlegt.

6

III. Widerspruch gegen den Teilungsplan 1.

Allgemeines

Nach der überwiegenden Ansicht kommt der Widerspruch nach § 115 ZVG nur in Betracht, wenn die sachliche Unrichtigkeit des Teilungsplans aus Gründen des materiellen Rechts beanstandet wird. Wenn dagegen gerügt wird, dass der Teilungsplan nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend aufgestellt worden ist, soll die sofortige Beschwerde gegeben sein.3) Stöber4) wendet sich gegen diese Unterscheidung und begründet dies im Wesentlichen mit folgenden Argumenten: –

Da über den Teilungsplan in jedem Fall verhandelt werden muss (§ 115 Abs. 1 Satz 1 ZVG), liegen die Voraussetzungen des § 793 ZPO nicht vor; denn dort

_____________ 1) 2) 3) 4)

Stöber, ZVG, § 115 Rz. 1.2 und § 180 Rz. 17.6 m. w. N. Vgl. Stöber, ZVG, § 115 Rz. 2.3. Vgl. hierzu die Zusammenstellung bei Stöber, ZVG, § 115 Fn. 4. Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.2; a. A. aber Böttcher, ZVG, § 113 Rz. 10; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 113 Rz. 14; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 113 Rz. 14.

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7

§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

ist als Voraussetzung u. a. genannt, dass eine mündliche Verhandlung nicht notwendig gewesen sein darf. –

Dass sich der Rechtsbehelf nach der Art der Einwendung bestimmen müsse, ist auch sachlich nicht überzeugend.



Die Beschwerde als Rechtsbehelf ist überdies nicht sachdienlich; denn bei ihr sei weder Hilfsverteilung nach § 124 ZVG oder Forderungsübertragung gemäß § 118 ZVG bei Nichtzahlung des Bargebots noch die Eintragung von Sicherungshypotheken gemäß 128 ZVG möglich.

8

Diese Ausführungen sind überzeugend und werden von der gerichtlichen Praxis auch weitgehend als richtig anerkannt. Ergänzend hierzu möchte ich noch auf folgenden Gesichtspunkt hinweisen: § 115 ZVG ist „lex specialis“ und verdrängt damit die Rechtsbehelfe der ZPO.

9

Wenn man dieser Ansicht folgt, kann Widerspruch in folgenden Fällen erhoben werden: –

gegen die Höhe der Teilungsmasse,5)



gegen die Feststellung der Schuldenmasse,



gegen die Zuteilung an die Beteiligten.

10

Ob die Angabe der bestehen bleibenden Rechte, die nach § 113 Abs. 2 ZVG im Teilungsplan vorgesehen ist, überhaupt anfechtbar ist, erscheint fraglich. Stöber6) hält eine Anfechtung für ausgeschlossen, da diese Angabe keine selbstständige Bedeutung habe. Ähnlich sehen dies auch die anderen Kommentatoren, die jedoch darauf verweisen, dass durch einen „Widerspruch“ gegen ein bestehen bleibendes Recht in Wahrheit geltend gemacht werde, dass eine Zuzahlungspflicht nach §§ 50, 51 ZVG bestehe und deshalb die Teilungsmasse erhöht werden müsse.7) Gegen das Bestehenbleiben eines Rechts aufgrund einer Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG kann jedoch Widerspruch erhoben werden mit der Begründung, dass der Erlösanteil des § 91 Abs. 3 Satz 1 ZVG gar nicht diesem Berechtigten zustehe.8)

11

Wenn ein Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen wird, kann dieser Zurückweisungsbeschluss mit sofortiger Beschwerde angefochten werden. Auch die Ausführung des Teilungsplans kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, da dies nicht den Teilungsplan selbst betrifft. 2.

12

Widerspruchsberechtigung

Widerspruchsberechtigt ist grundsätzlich nur ein Beteiligter gemäß § 9 ZVG, der gemäß § 10 ZVG ein Recht auf Befriedigung hat, jedoch von einem anderen Be_____________ 5) 6) 7) 8)

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So Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.2; a. A. Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 2; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 115 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, § 113 Rz. 14 und § 115 Rz. 7. Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.2 c). Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 115 Rz. 16; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 125 Rz. 4. So Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 115 Rz. 16; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rz. 6.

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

friedigungsberechtigten „verdrängt“ wird.9) Dieses Verdrängen kann darin bestehen, dass der Gläubiger bei der Verteilung des Erlöses ganz oder teilweise ausfällt, dass er anstelle einer Zahlung „nur“ eine Forderungsübertragung gemäß § 118 ZVG erhält oder dass er bei der Forderungsübertragung nur an einer schlechteren Rangstelle berücksichtigt wird. Der Widersprechende muss grundsätzlich ein eigenes rechtliches Interesse haben. Deshalb kann er nicht zugunsten eines „Vormannes“ Widerspruch einlegen; auch der Widerspruch gegen einen nachrangigen Berechtigten ist nicht möglich. Fehlt es an dem rechtlichen Interesse des Widersprechenden, ist der Widerspruch vom Vollstreckungsgericht als unzulässig zurückzuweisen.10) Bei der Beurteilung der Zulässigkeit hat das Vollstreckungsgericht vom Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs auszugehen.11) Auch der Vollstreckungsschuldner kann Widerspruch erheben, wenn er eine Zuteilung auf eine Eigentümergrundschuld verlangt oder einen Übererlös für sich beansprucht. Er kann seinen Widerspruch aber auch darauf stützen, dass die Zuteilung an einen vorgehenden Anspruch unterbleibt, sodass hier ausnahmsweise ein nachrangiger Gläubiger von dem Widerspruch eines anderen (mit) profitiert. Daneben muss aber auch hier der Schuldner selbst einen Vorteil geltend machen, z. B. dass er dem (begünstigten) Berechtigten persönlich haftet. Die Regeln des Absatzes 1 gelten uneingeschränkt aber nur, wenn sich der Widerspruch des Schuldners gegen einen nicht vollstreckbaren Anspruch richtet; denn für den Widerspruch gegen einen vollstreckbaren Anspruch sieht Absatz 3 eine besondere Regelung vor. Einzelheiten hierzu unter Rz. 40 ff.

13

Wenn nach der Beschlagnahme ein Eigentumswechsel erfolgt ist, wird der neue Eigentümer erst nach Anmeldung Beteiligter. Wenn diese Anmeldung vorliegt, kann er unter denselben Voraussetzungen wie der Schuldner Widerspruch erheben. Die Absätze 3 und 4 gelten für ihn ebenfalls, wenn der Vollstreckungstitel gegen den neuen Eigentümer umgeschrieben worden ist (vgl. § 727 ZPO).

14

Widerspruchsberechtigt ist auch ein Pfandgläubiger, der ein dingliches Recht oder den Erlösüberschuss gepfändet hat.

15

Der Ersteher ist nur ausnahmsweise widerspruchsberechtigt, dann nämlich, wenn er gleichzeitig auch befriedigungsberechtigt ist.

16

Mieter bzw. Pächter haben kein Befriedigungsrecht i. S. v. § 10 ZVG. Deshalb sind sie nicht widerspruchsberechtigt, auch nicht, wenn sie einen Baukostenzuschuss geleistet haben.

17

Schuldrechtliche Ansprüche berechtigten grundsätzlich nicht zur Erhebung eines Widerspruchs. Wenn dieser Anspruch aber einen zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten verpflichtet, den auf sein Recht entfallenden Erlös dem Widersprechenden zu überlassen, dann ist auch der Inhaber dieses Anspruchs zum

18

_____________ 9) BGH, Urt. v. 23.6.1972 – V ZR 125/70, WM 1972, 1032; BGH, Urt. v. 20.12.1974 – V ZR 72/73, Rpfleger 1975, 84 = MDR 1975, 307. 10) BGH, Urt. v. 28.3.1969 – V ZR 49/68, Rpfleger 1969, 202 mit Anm. Stöber. 11) OLG Hamburg, Urt. v. 15.4.1955 – 1 U 171/54, MDR 1955, 492; Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.4a).

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

Widerspruch berechtigt.12) Somit begründet der Rückgewähranspruch ein Recht zu Erhebung des Widerspruchs. Damit kann auch der Gläubiger, dem dieser Rückgewähranspruch abgetreten ist oder der diesen Anspruch gepfändet hat, diesen Anspruch mit Widerspruch geltend machen.13) 3.

Form

19

Da keine bestimmte Form vorgeschrieben ist, kann der Widerspruch schriftlich, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich im Verteilungstermin erklärt werden. Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht vorgeschrieben.

20

Ist ein angemeldeter Anspruch nicht nach dem Antrag im Teilungsplan aufgenommen worden, gilt nach Absatz 2 die Anmeldung als Widerspruch. Dies betrifft auch den Fall des § 114 Abs. 1 Satz 2 ZVG, wonach Ansprüche, welche im Versteigerungsantrag enthalten sind, als angemeldet gelten. Aber auch sonstiges schlüssiges Verhalten kann als Widerspruch ausgelegt werden: –

Die Geltendmachung des Löschungsanspruchs gemäß § 1179a oder § 1179 BGB ist als Widerspruch gegen die Zuteilung an den Berechtigten des betroffenen Rechts zu behandeln.



Die Vorlage eines Pfändungsbeschlusses mit Zustellungsnachweis stellt einen Widerspruch gegen die Zuteilung an den Pfändungsschuldner dar.

4.

Inhalt

21

Zwar muss der Widerspruch nicht begründet werden. Er muss jedoch erkennen lassen, ob er sich gegen den Bestand oder den Rang eines Befriedigungsrechts richtet. Damit über ihn verhandelt werden kann, muss also feststehen, gegen welche Zuteilung und in welchem Umfang der Widerspruch erhoben wurde. Fehlt es daran, muss der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen werden.

22

Nach Böttcher14) soll eine Anmeldung, welche einen Anspruch betrifft, der im Zwangsversteigerungsverfahren gar nicht berücksichtigt werden kann (z. B. hinsichtlich eines persönlichen Anspruchs Anmeldung statt Betreiben), ebenfalls als Widerspruch gewertet werden. Dieser sei dann aber als unzulässig zurückzuweisen. Dieser Ansicht hat Stöber15) zu Recht widersprochen. In der Praxis hat sich die folgende Verfahrensweise bewährt: Auf die Anmeldung hin erlässt das Vollstreckungsgericht eine Aufklärungsverfügung. Darin wird dem Gläubiger anheimgestellt, dem Verfahren beizutreten oder seine Anmeldung innerhalb einer bestimmten Frist wieder zurückzunehmen. Sollte diese Frist ergebnislos verstreichen, gehe das Gericht davon aus, dass die Anmeldung nicht weiter verfolgt werde. Wenn daraufhin der Anmeldende „auf einer beschwerdefähigen Entscheidung besteht“, wird die Anmeldung durch Beschluss zurückgewiesen. Dagegen kann dann sofortige Beschwerde eingelegt werden. Bei dieser Verfahrensweise kommt das Ge_____________ 12) BGH, Urt. v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, Rpfleger 2002, 273 = ZfIR 2002, 411; Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 18; Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.4 b); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 115 Rz. 10. 13) BGH, Urt. v. 21.2.1991 – IX ZR 64/94, Rpfleger 1991, 381 = MDR 1991, 1201. 14) Böttcher ZVG, § 115 Rz. 19; so auch Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rz. 17. 15) Stöber, ZVG, § 115 Rz. 4.

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

richt gar nicht in die Verlegenheit, die Anmeldung als Widerspruch anzusehen und dann diesen Widerspruch zurückzuweisen. 5.

Zeitpunkt

Der Widerspruch kann bereits vor dem Verteilungstermin erhoben werden. Wird er mündlich im Verteilungstermin erklärt, ist er im Protokoll zu vermerken. Nach dem Abschluss der Verhandlung über den Teilungsplan einschließlich der Verhandlung und Erledigung (anderer) Widersprüche sind weitere Widersprüche nicht mehr zulässig; denn mit Ausführung des Teilungsplans wird das Vollstreckungsverfahren fortgesetzt und kann nicht durch weitere Widersprüche wieder „zurückgedreht“ werden.16)

23

IV. Behandlung des Widerspruchs durch das Vollstreckungsgericht 1.

Prüfung der Zulässigkeit

Das Vollstreckungsgericht hat nur die Zulässigkeit des Widerspruchs zu prüfen:

24



Ist der Widersprechende Beteiligter gemäß § 9 ZVG?



Würde der Widersprechende bei Erfolg seines Widerspruchs eine Zuteilung bekommen?



Unter Umständen (z. B. bei einem Widerspruch des Schuldners): Hat der Widersprechende ein eigenes – wenn auch nur mittelbares – Interesse an einer anderweitigen Verteilung?

Unzulässige Widersprüche weist das Gericht durch Beschluss zurück; dagegen kann sofortige Beschwerde eingelegt werden. Das Gericht entscheidet aber nicht, ob ein zulässiger Widerspruch begründet ist; hierüber kann nur das Prozessgericht entscheiden, wenn sich die Beteiligten nicht einigen. 2.

Verhandlung über den zulässigen Widerspruch

Über den zulässigen Widerspruch hat das Vollstreckungsgericht mit den Beteiligten zu verhandeln. Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 876 Satz 2 ZPO hat sich jeder anwesende Beteiligte sofort zu erklären. Hinsichtlich eines nicht im Termin erschienen vom Widerspruch betroffenen Beteiligten wird angenommen, dass er den Widerspruch nicht als begründet anerkenne (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 877 Abs. 2 ZPO). 3.

25

26

Auswirkungen auf das Verteilungsverfahren

Wenn die vom Widerspruch Betroffenen den Widerspruch als begründet anerkennen oder eine anderweitige Einigung erzielt wird, muss der Teilungsplan entsprechend geändert werden (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 876 Satz 3 ZPO).

27

Wenn der Widerspruch sich nicht erledigt, wird der Teilungsplan insoweit ausgeführt, als er durch den Widerspruch nicht betroffen ist (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m.

28

_____________ 16) So auch Stöber, ZVG, § 115 Rz. 3.7; etwas anders Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rz. 18: mit der vollständigen Ausführung des Teilungsplans kommt eine nachträgliche Änderung des Teilungsplans nicht mehr in Betracht; a. A. Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 21 m. w. N.: Widerspruch ist bis zur Beendigung des Verteilungstermins möglich.

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§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

§ 876 Satz 4 ZPO). Für den streitigen Betrag ist nach § 124 Abs. 1 ZVG eine Hilfszuteilung vorzunehmen für den Fall, dass der Widerspruch für begründet erklärt wird. Hilfsberechtigter ist grundsätzlich der Widersprechende, ohne Rücksicht auf Zwischenberechtigte. Bis zur endgültigen Erledigung des Widerspruchs ist der streitige Betrag für den Erst- und Hilfsberechtigten gemäß § 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 ZVG zu hinterlegen, wenn der Versteigerungserlös vorhanden ist. Ist der Ersteher seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen, erfolgt eine Forderungsübertragung (§ 118 ZVG) mit anschließender Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 128 ZVG) für den Erst- und Hilfsberechtigten. V. Widerspruchsklage 1.

Allgemeines

29

Über die Begründetheit eines Widerspruchs kann im Streitfall nur das Prozessgericht entscheiden. Hierzu muss der Widersprechende gegen den betroffenen Gläubiger Widerspruchsklage erheben (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 878 ZPO). Hierfür zuständig ist je nach Streitwert das Amts- oder Landgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren anhängig ist (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 879 Abs. 1 ZPO). Nach § 879 Abs. 2 ZPO ist das Landgericht aber für sämtliche Klagen zuständig, wenn seine Zuständigkeit auch nur bei einer Klage gegeben ist. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn alle beteiligten Gläubiger vereinbaren, dass das Verteilungsgericht (= Amtsgericht) über alle Widersprüche entscheiden soll.

30

Vorstehendes gilt auch bei einem Widerspruch gegen einen öffentlichrechtlichen Anspruch (z. B. aus Rangklasse 3). Hier muss aber neben der Widerspruchsklage auch noch der entsprechende Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt eingelegt werden. Das Prozessgericht wird hier, da die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist (§ 148 ZPO). 2.

31

3. 32

Frist

Der widersprechende Gläubiger muss innerhalb einer Frist von einem Monat dem Vollstreckungsgericht nachweisen, dass er die Widerspruchsklage erhoben hat (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 878 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Frist beginnt mit dem Verteilungstermin, wobei dieser Tag gemäß § 187 Abs. 2 BGB mitgerechnet wird.17) Bei der Frist handelt es sich nicht um eine Notfrist; deshalb gibt es bei Versäumnis der Frist keine Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO; die Frist kann auch nicht verlängert werden. Nachweis der Klageerhebung

Nicht nur die Klageerhebung muss innerhalb der Frist erfolgt sein; vielmehr muss innerhalb der Monatsfrist die Klageerhebung dem Vollstreckungsgericht nachgewiesen werden. Zum Nachweis der Klageerhebung genügt es, dass die Klageschrift innerhalb der Frist beim Gericht eingereicht wurde und die fällige Verfahrensge_____________ 17) Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 34; Stöber, ZVG, § 115 Rz. 5.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 115 Rz. 28; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rz. 29.

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Bachmann

§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

bühr (vorschussweise) bezahlt ist oder ein Gesuch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder um Stundung der Gebühr eingereicht worden ist (vgl. § 167 ZPO). Die Klageerhebung kann nachgewiesen werden durch Bezugnahme auf die Prozessakten des gleichen Amtsgerichts oder eine Bestätigung des Prozessgerichts (auch durch Eingangsbestätigung auf einer Durchschrift der Klageschrift). Wenn Hannemann18) darüber hinaus auch verlangt, dass nach Fristablauf noch der Nachweis erbracht werden müsse, dass die Zustellung auch tatsächlich „demnächst“ erfolgt ist, dann kann dem nicht zugestimmt werden.19) 4.

Parteien und Klageantrag

Grundsätzlich hat der Widersprechende Klage gegen alle Beteiligte zu erheben, die den Widerspruch nicht anerkannt haben. Die Widerspruchsklage ist eine prozessuale Gestaltungsklage und darauf gerichtet, dass der Widerspruch für begründet erklärt wird. Gleichzeitig muss angegeben werden, inwieweit der Teilungsplan geändert werden soll. Hierbei muss sich der Klageantrag mit dem Inhalt des erhobenen Widerspruchs decken.

33

Hat der Vollstreckungsschuldner dem Teilungsplan widersprochen, weil einem außergerichtlich befriedigten Grundpfandrechtsgläubiger das Recht gar nicht zustehe, muss sich die Widerspruchsklage gegen den Ersteher richten.20)

34

5.

Auswirkungen des Urteils auf das Verteilungsverfahren

Das rechtskräftige Urteil ist dem Vollstreckungsgericht vorzulegen. Dieses ordnet die Auszahlung des hinterlegten Betrags an denjenigen an, der im Widerspruchsprozess gesiegt hat. War der Teilungsplan durch Forderungsübertragung ausgeführt worden, dann wird diese Übertragung nun in eine unbedingte umgewandelt. Sofern bereits eine Sicherungshypothek für beide Berechtigte eingetragen ist, ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung.

35

Nach dem Inhalt des Urteils kann aber auch die Anfertigung eines neuen Teilungsplans und ein anderweitiges Verteilungsverfahren angeordnet werden (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 880 Satz 2 ZPO). In diesem Fall muss das Vollstreckungsgericht nach Rechtskraft des Urteils zur Erstellung eines neuen Teilungsplans einen neuen Verteilungstermin bestimmen, zu dem nur die Prozessbeteiligten geladen werden. Für die neue Verteilung ist ausschließlich das ergangene Urteil maßgeblich.

36

War im Widerspruchsprozess der Kläger säumig, so ergeht das entsprechende Urteil gemäß § 881 ZPO dahingehend, dass der Widerspruch als zurückgenommen anzusehen ist. In diesem Fall kann der Teilungsplan wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt werden.

37

Endet der Prozess mit einem Vergleich, so ist der Widerspruch dadurch wie in § 876 Satz 3 ZVG vorgesehen erledigt; dementsprechend ist der Plan so auszuführen, wie es im Vergleich vereinbart ist.

38

_____________ 18) Löhnig/Hannemann, ZVG, § 115 Rz. 30. 19) So auch Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 34; Stöber, ZVG, § 115 Rz. 5.9. 20) BGH, Urt. v. 30.4.1980 – V ZR 159/78, Rpfleger 1980, 339 = NJW 1980, 2586.

Bachmann

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§ 115 6. 39

Widerspruch gegen den Teilungsplan

Versäumnis der Klagefrist

Wenn der Widersprechende die Klageerhebung nicht rechtzeitig nachweist, wird der Teilungsplan nach Ablauf der Monatsfrist gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 878 Abs. 1 Satz 2 ZPO ohne Rücksicht auf den Widerspruch ausgeführt. Dies bedeutet: –

Soweit der streitige Betrag hinterlegt war, ersucht das Vollstreckungsgericht die Hinterlegungsstelle, diesen Betrag dem ursprünglich Berechtigten auszuzahlen.



War gemäß § 118 ZVG eine Forderungsübertragung vorgenommen worden, dann sollte das Vollstreckungsgericht einen Klarstellungsbeschluss erlassen, wonach die übertragene Forderung dem Erstberechtigten nunmehr unbedingt und allein zusteht.



War für die übertragene Forderung gemäß § 128 ZVG bereits eine Sicherungshypothek eingetragen worden, ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs dahingehend, dass die Sicherungshypothek dem Erstberechtigten nunmehr unbedingt und allein zusteht.

VI. Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch (Abs. 3) 40

Einem nicht vollstreckbaren Anspruch kann der Schuldner wie jeder andere Beteiligte widersprechen; das hierbei zu beachtende Verfahren richtet sich nach Absatz 1. Der Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch ist dagegen nach den §§ 767, 769, 770 ZPO zu erledigen. Voraussetzung für diese Sonderregelung des § 115 Abs. 3 ZVG ist, dass für den Anspruch, gegen den sich der Widerspruch richtet, ein Vollstreckungstitel vorliegt. Ohne Bedeutung ist jedoch, ob aus diesem Titel auch tatsächlich (in diesem Verfahren) vollstreckt wird; deshalb spielt es auch keine Rolle, ob die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen (Vollstreckungsklausel, Zustellung) vorliegen. Trotz des Wortlauts der Vorschrift ist jedoch zu unterscheiden: –

Der Vollstreckungstitel ist bereits rechtskräftig bzw. es handelt sich um eine vollstreckbare Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Der Schuldner kann hier seine Einwände nur durch Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO verfolgen. Um die Ausführung des Teilungsplans zu verhindern, muss der Schuldner gemäß § 769 ZVG eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erwirken. Da im Falle des Widerspruchs im Verteilungstermin die Dringlichkeit offensichtlich ist, kommt gemäß § 769 Abs. 2 ZPO die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht in Betracht. Dass als Vollstreckungsgericht die „allgemeine Vollstreckungsabteilung“ gemeint sei, wie Böttcher21) meint, halte ich nicht für zwingend. Gerade der Sachzusammenhang spricht dafür, dass in § 769 Abs. 2 ZPO das betreffende Vollstreckungsorgan „Vollstreckungsgericht“ gemeint ist. In dem Widerspruch des Schuldners ist damit auch gleichzeitig ein Antrag gemäß § 769 Abs. 2 ZPO zu erblicken. Der Schuldner muss jedoch in einem solchen Fall die

_____________ 21) Böttcher, ZVG, § 115 Rz. 10.

896

Bachmann

§ 115

Widerspruch gegen den Teilungsplan

tatsächlichen Behauptungen glaubhaft machen. Erfolgt diese Glaubhaftmachung nicht, dann muss der Einstellungsantrag zurückgewiesen werden. Dann wird der Teilungsplan wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt. Entspricht das Vollstreckungsgericht dem Antrag, dann wird das Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen und dem Antragsteller eine Frist setzen, eine Entscheidung des Prozessgerichts22) beizubringen. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist wird der Teilungsplan wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt. –

Es handelt sich um ein vorläufig vollstreckbares Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist. In diesem Fall kann der Schuldner nicht die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben. Vielmehr muss er den anhängigen Rechtsstreit fortsetzen, also Rechtsmittel einlegen. Hier kann somit auch nicht nach § 769 Abs. 2 ZPO eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht erfolgen. Vielmehr kann hier eine Einstellung nur durch das Prozessgericht erfolgen (§§ 719 i. V. m. § 707 ZPO).

Unterbleibt in den o. a. Fällen die Ausführung des Teilungsplans, dann hat auch hier eine Hilfszuteilung zu erfolgen (§ 124a ZVG analog); der entsprechende Erlösanteil ist zu hinterlegen. Die endgültige Planausführung erfolgt: –

Wenn innerhalb der vom Vollstreckungsgericht gesetzten Frist keine Entscheidung des Prozessgerichts über die weitere Einstellung oder ein rechtskräftiges Urteil über den Hauptanspruch vorgelegt wird, dann wird der Plan wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt.



Wenn die Vollstreckungsgegenklage bzw. das eingelegte Rechtsmittel rechtskräftig zurückgewiesen wurde, wird der Plan auch wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt.



Hat dagegen die Vollstreckungsgegenklage bzw. das Rechtsmittel Erfolg, dann wird der Teilungsplan dadurch ausgeführt, dass das Vollstreckungsgericht die Hinterlegungsstelle ersucht, den hinterlegten Betrag an den Eventualberechtigten auszuzahlen bzw. die Forderungsübertragung an diesen unbedingt anzuordnen; eine schon eingetragene Sicherungshypothek wäre ebenfalls zu berichtigen.

41

VII. Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung (Abs. 4)

Kann der Schuldner wegen eines nicht rechtskräftigen Gläubigeranspruchs die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden (vgl. § 707 Abs. 1 Satz 2, § 719 Abs. 1 Satz 2; §§ 711, 712, 720a Abs. 3 ZPO), dann unterbleibt nach Absatz 4 die Ausführung des Teilungsplans, wenn die Sicherheit geleistet oder die Hinterlegung erfolgt ist und dem Vollstreckungsgericht nachgewiesen wird.

42

In diesem Fall ist nach § 124 Abs. 3 ZVG eine Hilfszuteilung an den Schuldner vorzunehmen und der Betrag nach § 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG

43

_____________ 22) Über die weitere Einstellung, nämlich die nach § 769 Abs. 1 ZPO.

Bachmann

897

§ 116

Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans

zu hinterlegen. Wenn der Anspruch des Gläubigers rechtskräftig abgewiesen wird, werden sowohl die geleistete Sicherheit und der hinterlegte Erlösanteil frei. Wird dagegen der Anspruch dem Gläubiger rechtskräftig zuerkannt, stehen ihm nach seiner Wahl der Erlösanteil und die Sicherheit zur Verfügung. Wird der Gläubiger aus der hinterlegten Sicherheit befriedigt, erlischt sein Anspruch. Damit wird der (ebenfalls hinterlegte) Erlösanteil für den Schuldner frei. Die Hinterlegungsstelle ist dann vom Vollstreckungsgericht zu ersuchen, diesen Betrag dem Schuldner auszuzahlen bzw. zu überweisen. VIII. Sonstiges 1. 44

45

Bereicherungsklage

Außerhalb des gerichtlichen Verteilungsverfahrens kann der Widersprechende seine Rechte nur mit einer Bereicherungsklage geltend machen (§ 878 Abs. 2 ZPO, §§ 812 ff. BGB). Diese ist also möglich: – –

wenn ein Widerspruch überhaupt nicht oder verspätet eingelegt wurde, wenn die Frist des § 878 ZPO zum Nachweis der Klageerhebung versäumt wurde,



wenn das bessere Recht nur auf Tatsachen gestützt werden kann, die erst nach dem Verteilungstermin eingetreten sind.23)

2.

Schadensersatzansprüche

Ein Beteiligter, der durch einen unrichtigen Teilungsplan einen Schaden erlitten hat, kann trotz eines unterlassenen Widerspruchs unter Umständen gegen das Land Schadensersatzansprüche geltend machen (Art. 34 GG, § 839 BGB). _____________ 23) Grund: Das Prozessgericht kann im Widerspruchsprozess seiner Entscheidung nur die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Verteilungstermins zugrunde legen; vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1990 – IX ZR 118/90, Rpfleger 1992, 32 = MDR 1991, 529.

§ 116 Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans ZVG Die Ausführung des Teilungsplans soll bis zur Rechtskraft des Zuschlags ausgesetzt werden, wenn der Ersteher oder im Falle des § 69 Abs. 3 der für mithaftend erklärte Bürge sowie in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 der Meistbietende die Aussetzung beantragt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Verfahren .............................................. 3 1. Antrag .................................................... 3

I. 1

2. 3.

Entscheidung ......................................... 4 Wirkung ................................................. 6

Allgemeines

Die Anberaumung des Verteilungstermins setzt die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses nicht voraus. Wenn ein Termin abgehalten wird, besteht die Gefahr, dass bei Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses im Rechtsmittelweg aber die Ausführung des Teilungsplans wieder rückgängig gemacht werden muss. Um dies zu verhin898

Bachmann

§ 116

Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans

zu hinterlegen. Wenn der Anspruch des Gläubigers rechtskräftig abgewiesen wird, werden sowohl die geleistete Sicherheit und der hinterlegte Erlösanteil frei. Wird dagegen der Anspruch dem Gläubiger rechtskräftig zuerkannt, stehen ihm nach seiner Wahl der Erlösanteil und die Sicherheit zur Verfügung. Wird der Gläubiger aus der hinterlegten Sicherheit befriedigt, erlischt sein Anspruch. Damit wird der (ebenfalls hinterlegte) Erlösanteil für den Schuldner frei. Die Hinterlegungsstelle ist dann vom Vollstreckungsgericht zu ersuchen, diesen Betrag dem Schuldner auszuzahlen bzw. zu überweisen. VIII. Sonstiges 1. 44

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Bereicherungsklage

Außerhalb des gerichtlichen Verteilungsverfahrens kann der Widersprechende seine Rechte nur mit einer Bereicherungsklage geltend machen (§ 878 Abs. 2 ZPO, §§ 812 ff. BGB). Diese ist also möglich: – –

wenn ein Widerspruch überhaupt nicht oder verspätet eingelegt wurde, wenn die Frist des § 878 ZPO zum Nachweis der Klageerhebung versäumt wurde,



wenn das bessere Recht nur auf Tatsachen gestützt werden kann, die erst nach dem Verteilungstermin eingetreten sind.23)

2.

Schadensersatzansprüche

Ein Beteiligter, der durch einen unrichtigen Teilungsplan einen Schaden erlitten hat, kann trotz eines unterlassenen Widerspruchs unter Umständen gegen das Land Schadensersatzansprüche geltend machen (Art. 34 GG, § 839 BGB). _____________ 23) Grund: Das Prozessgericht kann im Widerspruchsprozess seiner Entscheidung nur die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Verteilungstermins zugrunde legen; vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1990 – IX ZR 118/90, Rpfleger 1992, 32 = MDR 1991, 529.

§ 116 Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans ZVG Die Ausführung des Teilungsplans soll bis zur Rechtskraft des Zuschlags ausgesetzt werden, wenn der Ersteher oder im Falle des § 69 Abs. 3 der für mithaftend erklärte Bürge sowie in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 der Meistbietende die Aussetzung beantragt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Verfahren .............................................. 3 1. Antrag .................................................... 3

I. 1

2. 3.

Entscheidung ......................................... 4 Wirkung ................................................. 6

Allgemeines

Die Anberaumung des Verteilungstermins setzt die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses nicht voraus. Wenn ein Termin abgehalten wird, besteht die Gefahr, dass bei Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses im Rechtsmittelweg aber die Ausführung des Teilungsplans wieder rückgängig gemacht werden muss. Um dies zu verhin898

Bachmann

Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans

§ 116

dern, sieht § 116 ZVG die Möglichkeit vor, auf entsprechenden Antrag die Ausführung des Teilungsplans bis zur Rechtskraft hinauszuschieben. Die Vorschrift, die für alle Versteigerungsarten des ZVG gilt, hat keine praktische Bedeutung, da die Versteigerungsgerichte schon bei Bestimmung des Verteilungstermins darauf achten, dass der Zuschlag bis zur Abhaltung des Verteilungstermins voraussichtlich rechtskräftig ist. Wenn unvermutet doch noch Beschwerde eingelegt wird, dann kann sowohl das Vollstreckungsgericht als auch das Beschwerdegericht von Amts wegen die Aussetzung anordnen (§ 570 Abs. 2 bzw. Abs. 3 ZPO).

2

II. Verfahren 1.

Antrag

Die Aussetzung gemäß § 116 ZVG setzt einen entsprechenden Antrag voraus, der formlos bis zur Ausführung des Teilungsplans gestellt werden kann. Antragsberechtigt sind nur: –

der Ersteher,



der für mithaftend erklärter Bürge,



der vom Ersteher abweichende Meistbietende (§ 81 Abs. 2, 3 ZVG).

3

Wenn der Zuschlag bereits rechtskräftig ist, ist der Antrag unzulässig. 2.

Entscheidung

Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Ob im Hinblick auf die „Soll-Vorschrift“ ein Ermessensspielraum des Gerichts besteht,1) bedarf keiner näheren Untersuchung. Es sollte schon im eigenen Interesse des Vollstreckungsgerichts liegen, einem zulässigen Antrag auch zu entsprechen.

4

Der Beschluss ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar (§ 793 ZPO).

5

3.

Wirkung

Wird dem Antrag entsprochen, bewirkt dies zwar unmittelbar nur die Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans. Da jedoch § 130 ZVG die Ausführung des Teilungsplans voraussetzt, kann auch noch kein Grundbuchersuchen ergehen. Auch § 132 ZVG setzt die Ausführung des Teilungsplans voraus; somit kann auch noch keine Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss durchgeführt werden.

6

Nicht gehindert sind die übrigen Tätigkeiten des Vollstreckungsgerichts. So kann trotz der Aussetzung:

7



die Zahlung bzw. Überweisung des Erstehers entgegengenommen werden,



der Teilungsplan aufgestellt werden,



über den Teilungsplan verhandelt werden,



Widersprüche entgegengenommen und erörtert werden.2)

_____________ 1) 2)

So Böttcher, ZVG, § 116 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 116 Rz. 2.5; Dassler/Schiffhauert u. a.-Hintzen, ZVG, § 116 Rz. 3; offen gelassen von Löhnig/Hannemann, ZVG, § 116 Rz. 5. Die Klagefrist nach § 878 ZPO beginnt mit diesem Termin.

Bachmann

899

§ 117 8

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses muss das Vollstreckungsgericht einen neuen Verteilungstermin zur Ausführung des Teilungsplans bestimmen. Bis zu diesem Termin kann der Ersteher eine bis dahin unterbliebene Zahlung nachholen. Es können noch Anmeldungen vorgenommen werden.3) Auch Widersprüche können noch erhoben werden, über die dann verhandelt werden muss.4) Zu beachten ist auch, dass der Teilungsplan in folgenden Punkten geändert werden muss: –

Bei der Teilungsmasse sind die Bargebotszinsen bis zum neuen Verteilungstermin zu berechnen, wenn das Meistbargebot nicht vorher hinterlegt oder überwiesen worden ist.



Die Zinsen erloschener Ansprüche bzw. der persönlichen Gläubiger (Rangklasse 5) sind bis zu dem neuen Termin zu berechnen.

_____________ 3) 4)

Aber auch hier mit dem Rangverlust des § 110. Die Klagefrist gemäß § 878 ZPO läuft dann ab diesem (2.) Termin.

§ 117 Ausführung bei Zahlung des Bargebots (1) Soweit der Versteigerungserlös in Geld vorhanden ist, wird der Teilungsplan durch Zahlung an die Berechtigten ausgeführt. Die Zahlung ist unbar zu leisten. (2) Die Auszahlung an einen im Termin nicht erschienenen Berechtigten ist von Amts wegen anzuordnen. Die Art der Auszahlung bestimmt sich nach den Landesgesetzen. Kann die Auszahlung nicht erfolgen, so ist der Betrag für den Berechtigten zu hinterlegen. (3) Im Falle der Hinterlegung des Erlöses kann statt der Zahlung eine Anweisung auf den hinterlegten Betrag erteilt werden. Literatur: Sievers, Sofortige Auszahlung des Versteigerungserlöses?, Rpfleger 1989, 53; Drischler, Nochmals: Sofortige Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1989, 359; Perger, Zustellung des Teilungsplanes und Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1991, 45. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

900

Allgemeines .......................................... 1 Berechtigter .......................................... 4 Allgemeines ........................................... 4 Feststellung des Berechtigten ............... 6 Einzelfälle .............................................. 9 a) Abtretung ....................................... 9 b) Briefgrundpfandrechte ................ 11 c) Gemeinschaftlich Berechtigte ..... 13 d) Gesamtrechtsnachfolge ............... 14 e) Grunddienstbarkeit ...................... 15 f) Höchstbetragshypothek .............. 16 g) Nießbrauch an einem Grundstücksrecht ................................... 18 h) Zwangshypothek gemäß § 720a Abs. 1 ZPO .................................. 19 i) Unbekannter Berechtigter ........... 21

III. Zahlung an die Berechtigten ............ 22 1. Zahlung an anwesende Berechtigte (Abs. 1) ................................................ 22 2. Zahlung an abwesende Berechtigte (Abs. 2 Satz 1) ..................................... 25 3. Zahlung durch Anweisung auf den hinterlegten Betrag (Abs. 3) ............... 27 IV. Hinterlegungsfälle ............................. 28 1. Auszahlung kann nicht erfolgen (Abs. 2 Satz 3) ..................................... 28 2. Widerspruch gegen Zuteilung ............ 30 3. Hinterlegung bei aufschiebend bedingtem Anspruch ........................... 32 4. Hinterlegung beim Deckungskapital gemäß § 92 Abs. 2 ZVG ...................... 34

Bachmann

§ 117 8

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses muss das Vollstreckungsgericht einen neuen Verteilungstermin zur Ausführung des Teilungsplans bestimmen. Bis zu diesem Termin kann der Ersteher eine bis dahin unterbliebene Zahlung nachholen. Es können noch Anmeldungen vorgenommen werden.3) Auch Widersprüche können noch erhoben werden, über die dann verhandelt werden muss.4) Zu beachten ist auch, dass der Teilungsplan in folgenden Punkten geändert werden muss: –

Bei der Teilungsmasse sind die Bargebotszinsen bis zum neuen Verteilungstermin zu berechnen, wenn das Meistbargebot nicht vorher hinterlegt oder überwiesen worden ist.



Die Zinsen erloschener Ansprüche bzw. der persönlichen Gläubiger (Rangklasse 5) sind bis zu dem neuen Termin zu berechnen.

_____________ 3) 4)

Aber auch hier mit dem Rangverlust des § 110. Die Klagefrist gemäß § 878 ZPO läuft dann ab diesem (2.) Termin.

§ 117 Ausführung bei Zahlung des Bargebots (1) Soweit der Versteigerungserlös in Geld vorhanden ist, wird der Teilungsplan durch Zahlung an die Berechtigten ausgeführt. Die Zahlung ist unbar zu leisten. (2) Die Auszahlung an einen im Termin nicht erschienenen Berechtigten ist von Amts wegen anzuordnen. Die Art der Auszahlung bestimmt sich nach den Landesgesetzen. Kann die Auszahlung nicht erfolgen, so ist der Betrag für den Berechtigten zu hinterlegen. (3) Im Falle der Hinterlegung des Erlöses kann statt der Zahlung eine Anweisung auf den hinterlegten Betrag erteilt werden. Literatur: Sievers, Sofortige Auszahlung des Versteigerungserlöses?, Rpfleger 1989, 53; Drischler, Nochmals: Sofortige Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1989, 359; Perger, Zustellung des Teilungsplanes und Auszahlung des Versteigerungserlöses, Rpfleger 1991, 45. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

900

Allgemeines .......................................... 1 Berechtigter .......................................... 4 Allgemeines ........................................... 4 Feststellung des Berechtigten ............... 6 Einzelfälle .............................................. 9 a) Abtretung ....................................... 9 b) Briefgrundpfandrechte ................ 11 c) Gemeinschaftlich Berechtigte ..... 13 d) Gesamtrechtsnachfolge ............... 14 e) Grunddienstbarkeit ...................... 15 f) Höchstbetragshypothek .............. 16 g) Nießbrauch an einem Grundstücksrecht ................................... 18 h) Zwangshypothek gemäß § 720a Abs. 1 ZPO .................................. 19 i) Unbekannter Berechtigter ........... 21

III. Zahlung an die Berechtigten ............ 22 1. Zahlung an anwesende Berechtigte (Abs. 1) ................................................ 22 2. Zahlung an abwesende Berechtigte (Abs. 2 Satz 1) ..................................... 25 3. Zahlung durch Anweisung auf den hinterlegten Betrag (Abs. 3) ............... 27 IV. Hinterlegungsfälle ............................. 28 1. Auszahlung kann nicht erfolgen (Abs. 2 Satz 3) ..................................... 28 2. Widerspruch gegen Zuteilung ............ 30 3. Hinterlegung bei aufschiebend bedingtem Anspruch ........................... 32 4. Hinterlegung beim Deckungskapital gemäß § 92 Abs. 2 ZVG ...................... 34

Bachmann

§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots Hinterlegung bei unbekanntem Berechtigten ........................................ 6. Hinterlegung bei materiellem Unbekanntsein .................................... 7. Hinterlegung bei prozessgerichtlicher Einstellung der Zwangsvollstreckung ............................................. 8. Hinterlegung bei mehreren Pfändungen .......................................... V. Sonstiges .............................................

1.

5.

I.

36 38 2. 3. 40 43 45

Befriedigungserklärung ....................... 45 a) Echte Befriedigungserklärung ..... 46 b) Unechte Befriedigungserklärung ............................................... 47 Verzicht auf Zuteilung ........................ 48 Pfändungen .......................................... 54 a) Allgemeines .................................. 54 b) Pfändungen vor dem Zuschlag .... 56 c) Pfändungen nach dem Zuschlag ........................................ 60

Allgemeines

§ 117 ZVG regelt die Ausführung des Teilungsplans, wenn der Ersteher das Meistbargebot bezahlt oder hinterlegt hat. Die Ausführung erfolgt grundsätzlich durch Auszahlung bzw. Überweisung (Abs. 1), in einigen Fällen durch Hinterlegung. Wenn der Ersteher seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen ist, wird die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigte übertragen (§ 118 ZVG).

1

Die Ausführung des Teilungsplans setzt aber in jedem Fall voraus, dass der Teilungsplan aufgestellt, dass die Verhandlung über den Plan beendet und eine etwa erforderliche Behandlung des Widerspruchs erfolgt ist.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

3

II. Berechtigter 1.

Allgemeines

Der Teilungsplan wird durch Zahlung an die Berechtigten ausgeführt (Abs. 1). Berechtigte sind diejenigen, welche nach § 10 ZVG ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück haben und aus dem Erlös gemäß dem Teilungsplan eine Zuteilung erhalten. Ein etwaiger Erlösüberschuss steht demjenigen zu, der im Zeitpunkt des Zuschlags Eigentümer des versteigerten Grundstücks war.

4

Beschränkungen der Verfügungsbefugnis über das Recht des Zuteilungsberechtigten (z. B. Insolvenzeröffnung, Testamentsvollstreckung, Pfändung usw.) sind vom Vollstreckungsgericht zu beachten.

5

2.

Feststellung des Berechtigten

Das Vollstreckungsgericht muss den wahren Berechtigten bereits bei der Aufstellung des Teilungsplans feststellen. Da nur der wirklich Berechtigte Anspruch auf eine Zuteilung hat, muss das Gericht die materiellrechtliche Berechtigung feststellen. Deshalb müssen Rechtsänderungen, auch wenn sie erst nach der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch erfolgt sind, vom Vollstreckungsgericht berücksichtigt werden. Dies setzt naturgemäß voraus, dass eine solche Änderung dem Vollstreckungsgericht auch bekannt geworden ist. Diese Kenntnis kann beruhen auf einer entsprechenden Grundbuchmitteilung oder einer Anmeldung. Da es sich hierbei nicht um die Berücksichtigung des Rechts selbst, sondern um die Feststellung des wahren Berechtigten geht, finden insoweit die §§ 110, 114 ZVG keine Anwendung. Das heißt:

Bachmann

901

6

§ 117

7



Die entsprechende Eintragung (z. B. Abtretung, Gesamtrechtsnachfolge) nach dem Versteigerungsvermerk muss nicht angemeldet werden; sie ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Deshalb ist das Vollstreckungsgericht verpflichtet, das Grundbuch nochmals einzusehen; eine bloße Überprüfung der nach § 19 Abs. 3 ZVG erfolgten Eintragungsmitteilungen reicht hierfür nicht aus.1)



Die „Anmeldung“ einer nicht grundbuchersichtlichen Berechtigung kann auch noch im Verteilungstermin erfolgen.

Wenn sich die materielle Berechtigung zwischen Aufstellung und Ausführung des Teilungsplans noch ändert, dann muss diese Änderung, sofern sie dem Vollstreckungsgericht bekannt wird, auch beachtet werden.2) Bei der Prüfung der materiellen Berechtigung kann das Vollstreckungsgericht von Folgendem ausgehen: –

8

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

vom Grundbuchstand zur Zeit des Zuschlags (vgl. § 891 BGB),3)



von vorliegenden Vollstreckungstiteln (einschließlich Vollstreckungsklausel),



von vorliegenden Anmeldungen.

Wenn das Vollstreckungsgericht irgendwelche – auch noch so geringe – Zweifel an der Berechtigung hat, dann muss es von Amts wegen entsprechende Ermittlungen anstellen. Können hierdurch die Zweifel nicht beseitigt werden, bleibt dem Vollstreckungsgericht nur die Möglichkeit der Hinterlegung nach § 372 BGB.4) 3.

Einzelfälle

a) Abtretung 9

10

Hinsichtlich der dinglichen Rechte muss genau unterschieden werden, ob die Abtretung vor oder nach dem Zuschlag erfolgt ist: –

Zur Abtretung eines dinglichen Rechts ist grundsätzlich gemäß § 873 BGB Einigung und Eintragung im Grundbuch erforderlich. Zu den Besonderheiten bei der Briefhypothek siehe nachfolgend Rz. 11, 12.



Zur Abtretung des Anspruchs auf den Versteigerungserlös, der an die Stelle eines erloschenen dinglichen Rechts getreten ist, genügt dagegen ein formloser Abtretungsvertrag (§§ 399 ff. BGB).

Dies bedeutet auch, dass eine Abtretung des Versteigerungserlöses vor der Zuschlagserteilung unwirksam ist und auch nach Erteilung des Zuschlags unwirksam bleibt; denn dies würde zu einer Umgehung der sachenrechtlichen Vorschriften führen.5) b) Briefgrundpfandrechte

11

Bei einem Briefgrundpfandrecht kann der im Grundbuch eingetragene Gläubiger nur dann als Berechtigter berücksichtigt werden, wenn dieser auch den entspre_____________ 1) 2) 3) 4) 5)

902

So Stöber ZVG, § 117 Rz. 2.4. Vgl. Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 6; Stöber, ZVG, § 117 Rz. 2.7. So Stöber, ZVG, § 117 Rz. 2.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 117 Rz. 4. So Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 6; so auch Löhnig/Hannemann, ZVG, § 117 Rz. 8; etwas anders Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 117 Rz. 4. BGH, Urt. v. 6.11.1963 – V ZR 55/62, Rpfleger 1964, 142 mit Anmerk. Stöber = NJW 1964, 813.

Bachmann

§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

chenden Grundpfandbrief vorlegt (§ 126 Abs. 1 ZVG). Da ein solches Recht gemäß § 1155 BGB auch außerhalb des Grundbuchs abgetreten werden kann, muss der Abtretungsempfänger neben dem Grundpfandrechtsbrief auch die öffentliche beglaubigte Abtretungserklärung bzw. eine entsprechende Kette von Abtretungserklärungen vorlegen, aus der sich seine Berechtigung ergibt. Wird der Brief nicht vorgelegt, ist nach § 126 ZVG eine Hilfszuteilung vorzunehmen und der Betrag für den unbekannten Berechtigten (und nur für ihn!) zu hinterlegen.

12

c) Gemeinschaftlich Berechtigte

Wenn der Erlösanspruch mehreren Berechtigten gemeinsam zusteht, dann darf die Zahlung nur an alle gemeinsam erfolgen; dies gilt auch bei der Bruchteilsgemeinschaft. Wenn dies nicht möglich ist, weil z. B. keine entsprechende Erklärung sämtlicher Berechtigter vorliegt, dass an einen allein oder an einen gemeinsam Bevollmächtigten gezahlt werden soll, dann muss der entsprechende Betrag gemäß Absatz 2 Satz 3 für alle hinterlegt werden.

13

d) Gesamtrechtsnachfolge

Der Nachweis der Erbfolge wird grundsätzlich durch Vorlage einer Ausfertigung des Erbscheins geführt. Die überwiegende Meinung lässt jedoch die Erleichterungen des § 35 GBO auch für das Versteigerungsverfahren zu.6) Dies bedeutet: Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins diese Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Erachtet das Vollstreckungsgericht die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es aber auch hier die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.

14

e) Grunddienstbarkeit

Der Wertersatz für eine erloschene Grunddienstbarkeit steht demjenigen zu, der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zum Zeitpunkt des Zuschlags ist.7) Alle Rechte, die an dem erloschenen Recht bestanden, setzen sich am Erlös fort. Wenn also das herrschende Grundstück mit Grundpfandrechten oder Reallasten belastet ist, dann sind diese ebenfalls (mit)empfangsberechtigt. Demnach wäre der auf die Grunddienstbarkeit entfallende Betrag dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks und den Berechtigten an diesem Grundstück gemeinsam auszuzahlen. Wenn dies nicht möglich ist, weil keine entsprechende Einigung über einen gemeinsamen Empfangsberechtigten erzielt wird, dann muss der Betrag für alle Berechtigten gemäß Absatz 2 Satz 3 hinterlegt werden. f)

Höchstbetragshypothek

Bei der Höchstbetragshypothek steht zwar der (Höchst-)Betrag fest, aber nicht in welcher Höhe diese Hypothek dem eingetragenen Gläubiger als Fremdhypothek und dem Grundstückseigentümer als Eigentümergrundschuld zusteht. Zur genauen _____________ 6) 7)

15

So Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 11; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 117 Rz. 6. So Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.5 und § 117 Rz. 2.6; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 117 Rz. 7.

Bachmann

903

16

§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Festlegung der beiden Forderungen ist eine Einigung zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer erforderlich, die notfalls im Prozesswege erfolgen muss. 17

Wenn zum Zeitpunkt der Ausführung des Teilungsplans diese Feststellung noch nicht erfolgt ist, ist der ganze Betrag an den Gläubiger unter der Bedingung seiner Forderungsfeststellung zuzuteilen; an den Eigentümer erfolgt die Zuteilung unter der entgegengesetzten Bedingung. Der Gesamtbetrag ist für beide unter der jeweiligen Bedingung zu hinterlegen.8) g) Nießbrauch an einem Grundstücksrecht

18

Ist ein Recht mit einem Nießbrauch belastet (§§ 1068 ff. BGB), darf die Zahlung nur an den Berechtigten des Rechts und den Nießbraucher gemeinsam erfolgen. Kann eine gemeinsame Auszahlung nicht erfolgen, ist der Betrag nach Absatz 2 Satz 3 für beide gemeinsam zu hinterlegen. h) Zwangshypothek gemäß § 720a Abs. 1 ZPO

19

Nach § 720a Abs. 1 ZPO kann im Wege der Sicherungsvollstreckung auch eine Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen werden. Der Gläubiger kann sich aus dem belasteten Gegenstand aber nur nach Leistung der Sicherheit befriedigen (§ 720a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Wenn der Zahlungstitel inzwischen aber rechtskräftig geworden ist, dann spielt diese Einschränkung keine Rolle mehr. Deshalb muss bei der Zuteilung auf eine Zwangssicherungshypothek zunächst festgestellt werden, ob sie im Rahmen des § 720a ZPO eingetragen worden ist. Da dieser Umstand in aller Regel nicht ausdrücklich ins Grundbuch eingetragen wird, sondern insoweit auf die Eintragsunterlage (hier: Zahlungstitel) Bezug genommen wird, muss das Vollstreckungsgericht anhand der Grundakten feststellen, ob es sich um eine im Rahmen der Sicherungsvollstreckung eingetragene Zwangshypothek handelt. Ist dies der Fall, muss weiter festgestellt werden, ob das zugrunde liegende Urteil bereits rechtskräftig geworden ist oder Sicherheit geleistet wurde. Nur wenn noch keine Rechtskraft eingetreten ist und wenn der Gläubiger keine Sicherheit geleistet hat, gilt das Nachfolgende:

20

Bis zur alleinigen Empfangsberechtigung des Gläubigers ist der auf die Sicherungshypothek entfallende Erlös an den Gläubiger unter der o. a. Bedingung zuzuteilen; als Hilfsberechtigter ist der Eigentümer zum Zeitpunkt des Zuschlags anzugeben. Der Betrag ist für beide zu hinterlegen.9) i)

21

Unbekannter Berechtigter

Wenn die Person des Berechtigten unbekannt ist, wird der auf ihn entfallende Betrag gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG hinterlegt.

_____________ 8)

9)

904

Allgemeine Meinung, jedoch in Detailfragen etwas unterschiedlich: Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 12: Hinterlegung gemäß § 372 ff. BGB mit Rücknahmeverzicht; Stöber, ZVG, § 114 Rz. 5.13: Hinterlegung für beide unter der jeweiligen Bedingung; so auch Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 117 Rz. 9. Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 20 m. w. N.

Bachmann

§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

III. Zahlung an die Berechtigten 1.

Zahlung an anwesende Berechtigte (Abs. 1)

Das Vollstreckungsgericht hat die Empfangsberechtigung der im Verteilungstermin anwesenden Beteiligten oder ihrer Vertreter zu überprüfen. Hierbei ist insbesondere auch zu prüfen, ob ein Vertreter eine entsprechende Geldempfangsvollmacht vorgelegt hat oder jetzt noch vorlegt. Die gewöhnliche Prozessvollmacht ist hierzu nicht ausreichend.

22

Bei einer gesetzlichen Vertretungsmacht muss diese nachgewiesen werden, z. B. durch einen aktuellen Ausdruck aus dem Handelsregister bzw. einen Handelsregisterauszug, durch eine Bestallungsurkunde. Eventuell erforderliche familiengerichtliche oder betreuungsrechtliche Genehmigungen sind zu beachten.10)

23

Aber auch bei anwesenden Berechtigten erfolgt die Auszahlung des entsprechenden Betrags nicht in bar; Absatz 1 Satz 2 schreibt vor, dass die Zahlung unbar zu leisten ist. Sofern also die Bankverbindung sich nicht aus den bei den Akten befindlichen Unterlagen befindet, sind die anwesenden Beteiligten nach ihrer Bankverbindung zu befragen.

24

2.

Zahlung an abwesende Berechtigte (Abs. 2 Satz 1)

An abwesende Beteiligte ist nach Absatz 2 Satz 1 die Auszahlung von Amts wegen anzuordnen. Die in Absatz 2 Satz 2 angeführten Landesgesetze sind mittlerweile gegenstandslos.11) Die Auszahlung erfolgt auch hier unbar mittels Überweisung bzw. Postanweisung. Die Befriedigungswirkung tritt bereits ein mit der Anordnung der Überweisung durch das Vollstreckungsgericht, nicht erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Berechtigten.12) Nach h. M. muss für die Auszahlung die Rechtskraft des Teilungsplans nicht abgewartet werden.13)

25

Die Unterscheidung in § 117 Abs. 1 und Abs. 2 ZVG zwischen anwesenden und nicht anwesenden Berechtigten ist nicht mehr gerechtfertigt, da in beiden Fällen keine bare Zahlung erfolgen kann. Deshalb sollte bei einer ins Auge gefassten Änderung des ZVG auch § 117 neu formuliert werden.

26

3.

Zahlung durch Anweisung auf den hinterlegten Betrag (Abs. 3)

Wenn der Versteigerungserlös hinterlegt ist (z. B. nach § 49 Abs. 4, § 65 Abs. 1 Satz 4, § 107 Abs. 3, §§ 124, 126 ZVG) kann das Vollstreckungsgericht statt der Zahlung eine Anweisung auf den hinterlegten Betrag erteilen (Abs. 3).

_____________ 10) Vgl. hierzu Eickmann, Rpfleger 1983, 199. 11) So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen; ZVG, § 117 Rz. 33 m. w. N. 12) So Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 23, Stöber, ZVG, § 117 Rz. 3.1; a. A. OLG Köln, Beschl. v. 30.9.1991 – 2 W 131/91, Rpfleger 1991, 519 mit Anm. Meyer-Stolte; Steiner-Teufel, ZVG, § 117 Rz. 33. 13) Drischler, Rpfleger 1989, 359; Perger, Rpfleger 1991, 45; OLG Köln, Rpfleger 1991, 519; a. A. Sievers, Rpfleger 1989, 53.

Bachmann

905

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§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

IV. Hinterlegungsfälle 1. 28

29

Auszahlung kann nicht erfolgen (Abs. 2 Satz 3)

Wenn die Auszahlung an einen Berechtigten nicht erfolgen kann, ist der entsprechende Betrag gemäß Absatz 2 Satz 3 für diesen zu hinterlegen. Dies trifft z. B. in folgenden Fällen zu: –

Mehrere Personen sind gemeinsam berechtigt, können sich aber nicht einigen und nennen auch keinen gemeinsamen Empfangsberechtigten. Dies trifft auch zu, wenn der Erlösüberschuss mehreren Miteigentümern gemeinsam zusteht. Hierbei ist es gleich, ob als ursprüngliche Gemeinschaft eine Bruchteils- oder eine Gesamthandsgemeinschaft eingetragen war; denn der Zahlungsanspruch stellt in jedem Fall eine unteilbare Leistung i. S. v. § 432 BGB dar.



Der Gläubiger einer Grundschuld lehnt die Annahme eines ihm zugeteilten Betrags ab.



Der Aufenthalt eines (bekannten) Berechtigten ist unbekannt, und es ist auch kein Geldempfangsbevollmächtigter für ihn bekannt.



Eine Überweisung kann nicht ausgeführt werden, weil die Bankverbindung nicht (mehr) besteht.

Die Hinterlegung erfolgt für den bzw. die Berechtigten. Hinterlegungsgrund ist § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG; deshalb ist auch kein Verzicht auf das Recht der Rücknahme notwendig. Mit der Hinterlegung ist die Aufgabe des Vollstreckungsgerichts erledigt. Das weitere Verfahren, insbesondere die Auszahlung des hinterlegten Betrags einschließlich etwaiger Hinterlegungszinsen richtet sich nach den landesrechtlichen Hinterlegungsgesetzen.14) 2.

Widerspruch gegen Zuteilung

30

Für den Fall eines Widerspruchs gegen den Teilungsplan muss das Vollstreckungsgericht nach § 124 Abs. 1 ZVG feststellen, wem der streitige Betrag zugeteilt werden soll, wenn der Widerspruch für begründet erklärt wird. Der vom Widerspruch betroffene Teil ist gemäß §§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 ZVG zu hinterlegen.

31

Als Hinterlegungsgrund sollten diese beiden Vorschriften angegeben werden. Manchmal wird in diesem Zusammenhang auf die §§ 372, 374, 378 BGB verwiesen. Dies kann nicht richtig sein; denn das Vollstreckungsgericht sollte gerade nicht auf das Recht der Rücknahme verzichten.15) Es hat die weitere Ausführung des Teilungsplans nach Erledigung des Widerspruchs vorzunehmen. Somit hat es festzustellen, wem der hinterlegte Betrag endgültig zusteht; und deshalb muss es dann auch die Hinterlegungsstelle ersuchen, den hinterlegten Betrag samt entsprechender Hinterlegungszinsen an den Berechtigten auszuzahlen. 3.

32

Hinterlegung bei aufschiebend bedingtem Anspruch

Wenn auf einen aufschiebend bedingten Anspruch eine Zuteilung erfolgt, dann muss gemäß § 119 ZVG festgestellt werden, wer diese Zuteilung erhält, wenn die _____________ 14) Einzelheiten hierzu siehe bei § 49 Rz. 11 (Fn. 11) [Bachmann]. 15) So auch Stöber, ZVG, § 124 Rz. 3.3.

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§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Bedingung ausfällt. Nach § 120 Abs. 1 ZVG ist der Betrag für den Erst- und den Eventualberechtigten zu hinterlegen. Ansprüche von unbestimmten Betrag sind nach § 14 ZVG wie aufschiebend bedingte Ansprüche zu behandeln. Mit der Hinterlegung ist die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts beendet. Damit ist es Sache der Beteiligten, den Betrag bei der Hinterlegungsstelle herauszuverlangen. Wegen der Einzelheiten des entsprechenden Verfahrens wird auf die landesrechtlichtlichen Hinterlegungsgesetze verwiesen.16) 4.

33

Hinterlegung beim Deckungskapital gemäß § 92 Abs. 2 ZVG

Für ein mit dem Zuschlag erloschenes Nießbrauchsrecht, eine erloschene beschränkte persönliche Dienstbarkeit sowie eine erloschene Reallast von unbestimmter Dauer erhält der Berechtigte nach § 90 Abs. 2 ZVG einen Anspruch auf eine vierteljährliche Geldrente. Diese ist aus dem Deckungskapital jeweils bei Fälligkeit zu erbringen. Der Betrag ist deshalb gemäß § 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 ZVG zu hinterlegen. Hierbei ist zu bestimmen, dass aus dem Deckungskapital und den entsprechenden Hinterlegungszinsen die jeweiligen Renten bei der entsprechenden Fälligkeit zu entnehmen sind.

34

Die Hinterlegung erfolgt für den Erstberechtigten und den Eventualberechtigten, dem ein nicht verbrauchter Rest des Deckungskapitals (bedingt) zugeteilt wird. Mit der Hinterlegung endigt auch in diesem Fall die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts. Es ist also Aufgabe der Beteiligten, bei der Hinterlegungsstelle die Auszahlung zu beantragen und die entsprechenden Unterlagen dort vorzulegen (z. B. Lebensbescheinigung).

35

5.

Hinterlegung bei unbekanntem Berechtigten

Wenn die Person des Berechtigten unbekannt ist (z. B. weil der entsprechende Grundpfandrechtsbrief nicht vorgelegt wird), dann ist der auf dieses Recht entfallende Betrag (nur!) für den unbekannten Berechtigten zu hinterlegen (§ 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG).

36

Sobald der Unbekannte ermittelt worden ist, muss das Vollstreckungsgericht die Hinterlegungsstelle ersuchen, den hinterlegten Betrag einschließlich etwaiger Hinterlegungszinsen an den jetzt bekannten Berechtigten zu überweisen.

37

6.

Hinterlegung bei materiellem Unbekanntsein

Wenn Ungewissheit darüber besteht, wer genau der Gläubiger eines bestimmten Anspruchs ist, auf den eine Zuteilung entfällt, muss zwar das Vollstreckungsgericht sich um entsprechende Aufklärung bemühen. Ist jedoch auch diese erfolglos, wird der entsprechende Betrag gemäß § 372 BGB für die möglichen Rechtsinhaber hinterlegt. Dies trifft z. B. zu bei einer Höchstbetragshypothek (vgl. Rz. 17) oder bei einer Zwangssicherungshypothek, die nach § 720a Abs. 1 ZPO eingetragen worden ist (vgl. Rz. 20).

38

Bei dieser Hinterlegung kommt gemäß § 378 BGB auch der Verzicht auf das Recht der Rücknahme in Betracht. Folglich ist mit der Hinterlegung die Aufgabe des

39

_____________ 16) Einzelheiten hierzu bei § 49 Rz. 11 (Fn. 11) [Bachmann].

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§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Vollstreckungsgerichts beendet. Derjenige, der den hinterlegten Betrag für sich beansprucht, muss gegenüber der Hinterlegungsstelle einen Antrag stellen und seine Berechtigung nachweisen bzw. das Einverständnis der anderen Person vorlegen. Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den landesrechtlichen Hinterlegungsgesetzen.17) 7.

Hinterlegung bei prozessgerichtlicher Einstellung der Zwangsvollstreckung

40

Wenn die Zwangsvollstreckung hinsichtlich eines betreibenden Gläubigers im Zeitpunkt der Ausführung des Teilungsplans noch durch eine prozessgerichtliche Entscheidung eingestellt ist, darf der auf diesen Gläubiger entfallende Betrag nicht ausgezahlt werden; denn dies wäre (unzulässige!) Fortsetzung der Zwangsvollstreckung. In diesem Fall erfolgt neben der Hilfszuteilung für den Fall, dass die Vollstreckung aufgehoben oder endgültig eingestellt wird, nach § 120 Abs. 1 ZVG eine Hinterlegung des Betrags für den Erst- und Eventualberechtigten unter der jeweiligen Bedingung.

41

Mit der Hinterlegung ist die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts beendet. Damit ist es Sache der Beteiligten, den Betrag bei der Hinterlegungsstelle herauszuverlangen. Wegen der Einzelheiten des entsprechenden Verfahrens wird auf die landesrechtlichtlichen Hinterlegungsgesetze verwiesen.

42

In diesem Zusammenhang muss aber darauf hingewiesen werden, dass eine Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahren nach den Vorschriften des ZVG (z. B. § 30 oder § 30a ZVG) nicht hierunter fällt; denn nach dem Zuschlag ist das Grundstück der Verfügungsgewalt des Gläubigers entzogen. Deshalb ist ab dem Zuschlag auch kein Fortsetzungsantrag mehr möglich; aber ein solcher auch nicht mehr erforderlich.18) Dies bedeutet: Der Gläubiger, dessen Verfahren (nur) nach ZVGVorschriften eingestellt war, wird im Verteilungsverfahren berücksichtigt. Der auf ihn entfallende Betrag wird auch an ihn ausbezahlt bzw. überwiesen. Hierfür ist kein „Fortsetzungsantrag“ oder eine sonstige Erklärung erforderlich. 8.

Hinterlegung bei mehreren Pfändungen

43

Bei Vorlage mehrerer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, welche denselben Erlösanspruch betreffen, muss das Vollstreckungsgericht entscheiden, an welchen Pfändungsgläubiger die Zuteilung erfolgen soll. Wenn jedoch ein Pfändungsgläubiger nach § 853 ZPO verlangt, dass der entsprechende Betrag hinterlegt wird, dann soll ebenfalls eine Hinterlegung erfolgen.19) Das weitere Verfahren richtet sich dann nach §§ 872 ff. ZPO.

44

Da das Vollstreckungsgericht jedoch nicht Drittschuldner der Pfändungen ist, sind gegen die unmittelbare Anwendung des § 853 ZPO Bedenken angebracht; diese Vorschrift kann allenfalls analog angewandt werden. Denkbar wäre auch eine entsprechende Anwendung von § 115 Abs. 1 ZVG; eine unmittelbare Anwendung scheitert daran, dass der Pfändungsgläubiger kein Beteiligter i. S. d. § 9 ZVG ist und dass es im vorliegenden Fall nicht um die Verdrängung eines Anspruchs, _____________ 17) Näheres hierzu bei § 49 Rz. 11 (Fn. 11) [Bachmann]. 18) Vgl. hierzu z. B. Stöber, ZVG, § 31 Rz. 5.11. 19) Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 35; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 117 Rz. 14.

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§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

sondern um die Frage geht, wem der (unstreitige) Anspruch zusteht. Aus prozessökonomischen Gründen halte ich eine Behandlung entsprechend § 115 ZVG für sinnvoller; denn eine andere Zuständigkeit20) und die Tatsache, dass bereits ein Teilungsplan vom Versteigerungsgericht erstellt worden ist, sprechen eigentlich gegen eine Anwendung des § 853 ZPO. Für die Frage der Hinterlegung besteht zumindest vordergründig kein Unterschied; denn nach § 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist auch hier zu hinterlegen. Jedoch scheidet eine Eventualzuteilung i. S. v. 124 Abs. 1 ZVG aus. V. Sonstiges 1.

Befriedigungserklärung

Man kann zwei Arten der Befriedigungserklärung unterscheiden:

45

a) Echte Befriedigungserklärung

Wenn der Ersteher selbst etwas aus dem Erlös zu bekommen hat, muss er den auf sich entfallenden Erlös nicht erst einzahlen und ihn anschließend wieder zurückzuerhalten. Er kann sich wegen dieses Anspruchs für befriedigt erklären. Diese Erklärung kann im Verteilungstermin abgegeben werden; dann wird sie im Protokoll festgestellt, verlesen und genehmigt (vgl. § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO analog). Im Übrigen ist die Erklärung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde nachzuweisen.21) Die Befriedigungserklärung des Erstehers stellt nach inzwischen h. M. keine Aufrechnung, sondern eine vereinfachte Form der Erlöszahlung dar. Am Teilungsplan ändert sich dadurch nichts; insbesondere verringern sich dadurch nicht etwa die Bargebotszinsen.22)

46

b) Unechte Befriedigungserklärung

Neben der echten Befriedigungserklärung des Erstehers gibt es auch eine unechte Befriedigungserklärung eines Zuteilungsberechtigten, der nicht Ersteher ist. Sie stellt ebenfalls keine Aufrechnung dar; vielmehr macht der Berechtigte durch seine Erklärung kund, dass er das, was er nach dem Teilungsplan zu erhalten hat, bereits erhalten hat. Auch hier gilt: Den Teil des Bargebots, der auf den betreffenden Berechtigten entfällt, braucht der Ersteher nicht (nochmals) an das Vollstreckungsgericht zu überweisen. Der entsprechende Betrag wird an den Berechtigten damit auch nicht mehr ausbezahlt bzw. überwiesen. Wegen der Form und der Behandlung der Zinsen gilt dasselbe wie bei der echten Befriedigungserklärung (siehe Rz. 46). _____________ 20) Gemäß § 853 ZPO ist für das Verteilungsverfahren das Vollstreckungsgericht, dessen Pfändungsbeschluss zuerst zugestellt worden ist (an wen eigentlich?) zuständig. 21) So Stöber, ZVG, § 117 Rz. 4.2; a. A. Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 26; Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 117 Rz. 20; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 107 Rz. 19 und § 117 Rz. 15: Schriftform ist ausreichend. 22) So zu Recht Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 26; Stöber, ZVG, § 117 Rz. 4.3 und 4.5; a. A. Löhnig/ Hannemann, § 107 Rz. 19: Verzinsungspflicht des Erstehers endet einen Tag vor Eingang der Befriedigungserklärung; auch die Verzinsung des Anspruchs des Erstehers endet mit diesem Zeitpunkt. Dies kann nicht richtig sein, weil durch unterschiedliche Zinssätze der zuletzt Zuteilungsberechtigte betroffen wäre; er bekäme u. U. weniger als ohne Befriedigungserklärung.

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§ 117 2.

Ausführung bei Zahlung des Bargebots

Verzicht auf Zuteilung

48

Wenn ein persönlicher betreibender Gläubiger vor oder im Verteilungstermin auf eine Zuteilung verzichtet, dann ist er so zu behandeln, als ob er seinen Versteigerungsantrag zurückgenommen habe. Er fällt als Zuteilungsberechtigter weg; der frei werdende Teil der Teilungsmasse kommt dem nächstausfallenden Gläubiger zugute.

49

Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3, 7 und 8 kommen nur in Betracht, wenn sie rechtzeitig angemeldet worden sind. Wird auf bereits angemeldete Ansprüche später verzichtet, so kommt dies dem nächstausfallenden Gläubiger zugute. Dasselbe trifft zu, wenn zum Verteilungstermin weniger angemeldet wird als zum Versteigerungstermin.

50

Etwas anderes gilt jedoch für Ansprüche aus Rangklasse 4, soweit Hypotheken und Grundschulden betroffen sind: Verzichtet ein Hypothekengläubiger nach dem Zuschlag auf den auf seine (erloschene) Hypothek entfallenden Betrag hinsichtlich des Kapitalbetrags, dann muss dieser Teil in entsprechender Anwendung des § 1168 BGB dem Eigentümer zur Zeit. der Zuschlagserteilung zugeteilt werden. Der Verzicht bedarf hier nicht mehr der Eintragung im Grundbuch; diese ist eigentlich auch gar nicht mehr möglich, da das Recht bereits mit dem Zuschlag erloschen ist. Es genügt somit eine formlose Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsgericht.

51

Auch wenn ein Gläubiger auf den Kapitalbetrag einer erloschenen Grundschuld verzichtet, ist der entsprechende Betrag dem Eigentümer zur Zeit. des Zuschlags zuzuteilen.

52

Bezieht sich der Verzicht jedoch (auch) auf laufende und rückständige Nebenleistungen aus (erloschenen oder bestehen bleibenden) Grundpfandrechten, dann kommt der frei werdende Betrag dem nächstausfallenden Berechtigten zugute.

53

Aber kein Verzicht liegt vor, wenn der Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger –

erklärt, dass das Recht nicht mehr valutiert sei,



weniger Kapital anmeldet als im Grundbuch eingetragen ist,



gar nichts anmeldet.

3.

Pfändungen

a) Allgemeines 54

Wird dem Vollstreckungsgericht ein Pfändungsbeschluss vorgelegt, der sich auf die Pfändung eines Rechts bzw. Anspruchs bezieht, dann muss das Vollstreckungsgericht prüfen, ob diese Pfändung wirksam ist. Kommt es bei dieser Überprüfung zum Ergebnis, dass die Pfändung wirksam ist, dann ist Folgendes zu beachten: –

910

Ist nur die Pfändung nachgewiesen, dann sind grundsätzlich nur der Zuteilungsberechtigte und der Pfändungsgläubiger gemeinsam verfügungsbefugt; deshalb erfolgt in diesem Fall die Zuteilung an beide. Für die Ausführung des Teilungsplans bedeutet dies: Falls keine entsprechende Einigung hinsichtlich der Auszahlung vorliegt, ist der Betrag für beide zu hinterlegen (Abs. 2 Satz 3).

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§ 117

Ausführung bei Zahlung des Bargebots



Liegt neben dem Pfändungsbeschluss auch ein wirksamer Überweisungsbeschluss vor, ist der Betrag (nur) an den Pfändungsgläubiger zuzuteilen. Hierbei ist die Zuteilung nach oben begrenzt auf den vom Pfändungsgläubiger beanspruchten Betrag.



Gelangt das Vollstreckungsgericht zum Ergebnis, dass die Pfändung nicht wirksam ist, dann liegt in der „Anmeldung“ des Pfändungsgläubigers kein Widerspruch i. S. v. § 115 Abs. 2 ZVG vor; denn es handelt sich bei dieser Anmeldung nicht um die Anmeldung eines Anspruchs, sondern um die Anmeldung der Berechtigung.

Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Pfändung ist besonders darauf zu achten, ob die Pfändung vor oder nach dem Zuschlag erfolgt ist:

55

b) Pfändungen vor dem Zuschlag

Vor dem Zuschlag kommen als Vollstreckungsobjekte nur das Grundstück selbst oder die Grundstücksrechte in Betracht. Es kann also nicht der künftige Versteigerungserlös als Surrogat für durch den Zuschlag erlöschende Rechte oder als sog. Übererlös gepfändet werden.23)

56

Somit kommen hinsichtlich des Grundstücks gemäß § 866 Abs. 1 ZPO nur die Eintragung einer Zwangshypothek, der Beitritt zum laufenden Zwangsversteigerungsverfahren oder Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung in Betracht.

57

Zur Pfändung eines Briefgrundpfandrechts ist neben dem Pfändungsbeschluss auch die Briefübergabe bzw. Briefwegnahme erforderlich (§ 830 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO). Bei der Pfändung einer Buchhypothek ist die Eintragung der Pfändung im Grundbuch erforderlich (§ 830 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Diese Grundsätze gelten auch für die Pfändung einer (offenen) Eigentümergrundschuld (§ 857 Abs. 6 i. V. m. § 830 ZPO). Die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner ist also für die Wirksamkeit einer solchen Pfändung nicht erforderlich. Wenn jedoch (auch) rückständige Nebenleistungen gepfändet werden, ist für die Wirksamkeit dieser Pfändung auf die Zustellung an den Drittschuldner abzustellen (§ 830 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 829 Abs. 3 ZPO).

58

Wenn der Pfändungsbeschluss hinsichtlich des Grundstücksrechts vor dem Zuschlag erlassen wurde, aber nicht mehr durch Briefwegnahme bzw. Grundbucheintragung vor diesem Zeitpunkt wirksam wurde, dann kann diese Pfändung nach dem Zuschlag durch Zustellung des entsprechenden Beschlusses als Pfändung des aus dem Recht resultierenden Erlösanspruchs wirksam werden. Hierzu ist also kein neuer Pfändungsbeschluss erforderlich; vielmehr wird der „alte“ Beschluss in eine Pfändung des Erlösanspruchs „umgedeutet“.

59

c) Pfändungen nach dem Zuschlag

Der Erlösanspruch als Surrogat für ein erloschenes Recht kann gemäß § 857 Abs. 1 i. V. m. § 829 ZPO wie eine gewöhnliche Forderung gepfändet werden. Dies geschieht durch einen Pfändungsbeschluss, der grundsätzlich mit Zustellung an den Drittschuldner wirksam wird. Steht der Anspruch einem Dritten zu, dann ist _____________ 23) Vgl. BGH, ZR 55/62, Rpfleger 1964, 142 = NJW 1964, 813.

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§ 118

Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

der bisherige Grundstückseigentümer Drittschuldner; denn aus seinem Vermögen soll der Anspruch befriedigt werden. Steht der Anspruch dem bisherigen Eigentümer selbst zu (z. B. als Übererlös oder als Inhaber einer erloschenen Eigentümergrundschuld), dann gibt es keinen Drittschuldner. In diesem Fall wird die Pfändung wirksam mit der Zustellung an den Schuldner (§ 857 Abs. 2 ZPO). Das Versteigerungsgericht ist also in keinem Fall Drittschuldner. 61

Obwohl zur wirksamen Pfändung des Surrogats einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld keine Briefübergabe erforderlich ist, muss der Pfändungsgläubiger dafür sorgen, dass im Verteilungstermin der entsprechende Grundpfandrechtsbrief vorliegt; denn ansonsten muss das Vollstreckungsgericht den Berechtigten als unbekannt behandeln. Das weitere Verfahren richtet sich dann nach § 126 ZVG.

§ 118 Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses (1) Soweit das Bargebot nicht berichtigt wird, ist der Teilungsplan dadurch auszuführen, daß die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten übertragen und im Falle des § 69 Abs. 3 gegen den für mithaftend erklärten Bürgen auf die Berechtigten mitübertragen wird; Übertragung und Mitübertragung erfolgen durch Anordnung des Gerichts. (2) Die Übertragung wirkt wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Diese Wirkung tritt jedoch im Falle des Absatzes 1 nicht ein, wenn vor dem Ablauf von drei Monaten der Berechtigte dem Gericht gegenüber den Verzicht auf die Rechte aus der Übertragung erklärt oder die Zwangsversteigerung beantragt. Wird der Antrag auf Zwangsversteigerung zurückgenommen oder das Verfahren nach § 31 Abs. 2 aufgehoben, so gilt er als nicht gestellt. Im Falle des Verzichts soll das Gericht die Erklärung dem Ersteher sowie demjenigen mitteilen, auf welchen die Forderung infolge des Verzichts übergeht. Literatur: Eickmann, Auswirkungen der neuen Verzugsregeln auf das Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2001, 183; Hannemann, Die Verzinsung der nach § 118 ZVG übertragenen Forderung, RpflStud 2001, 169; Helwich, Die Mithaft des Meistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1988, 467 und Rpfleger 1989, 316; Strauch, Die Mithaft des Mistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1989, 314; Streuer, Verzinsung der gemäß § 118 Abs. 1 ZVG übertragenen Forderung und Neuregelung des Schuldnerverzugs im Fall einer Geldforderung, Rpfleger 2001, 401; Wilhelm, Zur Neuordnung der Verzugsfolgen durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, Rpfleger 2001, 166. Übersicht I. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

912

Allgemeines .......................................... 1 Forderungsübertragung (Abs. 1) ....... 3 Voraussetzungen ................................... 3 Zu übertragende Forderung ................. 5 Berechtigte der Übertragung ................ 8 Verzinsung und Verzugsschaden ....... 15 Anordnung durch das Vollstreckungsgericht ...................................... 19 Rechtsbehelf ........................................ 20

III. Wirkung der Forderungsübertragung ........................................ 21 1. Erwerb der Forderung gegen den Ersteher ................................................ 21 2. Befriedigungswirkung (Abs. 2 Satz 1) ..................................... 24 IV. Verzicht auf Übertragung (Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 ZVG) ................ 27 1. Allgemeines ......................................... 27 2. Folgen des Verzichts ........................... 29

Bachmann

§ 118

Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

der bisherige Grundstückseigentümer Drittschuldner; denn aus seinem Vermögen soll der Anspruch befriedigt werden. Steht der Anspruch dem bisherigen Eigentümer selbst zu (z. B. als Übererlös oder als Inhaber einer erloschenen Eigentümergrundschuld), dann gibt es keinen Drittschuldner. In diesem Fall wird die Pfändung wirksam mit der Zustellung an den Schuldner (§ 857 Abs. 2 ZPO). Das Versteigerungsgericht ist also in keinem Fall Drittschuldner. 61

Obwohl zur wirksamen Pfändung des Surrogats einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld keine Briefübergabe erforderlich ist, muss der Pfändungsgläubiger dafür sorgen, dass im Verteilungstermin der entsprechende Grundpfandrechtsbrief vorliegt; denn ansonsten muss das Vollstreckungsgericht den Berechtigten als unbekannt behandeln. Das weitere Verfahren richtet sich dann nach § 126 ZVG.

§ 118 Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses (1) Soweit das Bargebot nicht berichtigt wird, ist der Teilungsplan dadurch auszuführen, daß die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten übertragen und im Falle des § 69 Abs. 3 gegen den für mithaftend erklärten Bürgen auf die Berechtigten mitübertragen wird; Übertragung und Mitübertragung erfolgen durch Anordnung des Gerichts. (2) Die Übertragung wirkt wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Diese Wirkung tritt jedoch im Falle des Absatzes 1 nicht ein, wenn vor dem Ablauf von drei Monaten der Berechtigte dem Gericht gegenüber den Verzicht auf die Rechte aus der Übertragung erklärt oder die Zwangsversteigerung beantragt. Wird der Antrag auf Zwangsversteigerung zurückgenommen oder das Verfahren nach § 31 Abs. 2 aufgehoben, so gilt er als nicht gestellt. Im Falle des Verzichts soll das Gericht die Erklärung dem Ersteher sowie demjenigen mitteilen, auf welchen die Forderung infolge des Verzichts übergeht. Literatur: Eickmann, Auswirkungen der neuen Verzugsregeln auf das Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2001, 183; Hannemann, Die Verzinsung der nach § 118 ZVG übertragenen Forderung, RpflStud 2001, 169; Helwich, Die Mithaft des Meistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1988, 467 und Rpfleger 1989, 316; Strauch, Die Mithaft des Mistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1989, 314; Streuer, Verzinsung der gemäß § 118 Abs. 1 ZVG übertragenen Forderung und Neuregelung des Schuldnerverzugs im Fall einer Geldforderung, Rpfleger 2001, 401; Wilhelm, Zur Neuordnung der Verzugsfolgen durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, Rpfleger 2001, 166. Übersicht I. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

912

Allgemeines .......................................... 1 Forderungsübertragung (Abs. 1) ....... 3 Voraussetzungen ................................... 3 Zu übertragende Forderung ................. 5 Berechtigte der Übertragung ................ 8 Verzinsung und Verzugsschaden ....... 15 Anordnung durch das Vollstreckungsgericht ...................................... 19 Rechtsbehelf ........................................ 20

III. Wirkung der Forderungsübertragung ........................................ 21 1. Erwerb der Forderung gegen den Ersteher ................................................ 21 2. Befriedigungswirkung (Abs. 2 Satz 1) ..................................... 24 IV. Verzicht auf Übertragung (Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 ZVG) ................ 27 1. Allgemeines ......................................... 27 2. Folgen des Verzichts ........................... 29

Bachmann

Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses V. Wiederversteigerung (Abs. 2 Satz 2 Alt. 2) .......................... 1. Allgemeines ......................................... 2. Folgen der Antragstellung .................. VI. Sonstiges .............................................

I.

31 31 33 35

1. 2. 3.

§ 118

Aufrechnung des Erstehers ................ 35 Liegenbelassung eines Rechts gemäß § 91 Abs. 2 ZVG ...................... 36 Insolvenzschuldner als Ersteher ......... 37

Allgemeines

Wenn der Ersteher seiner Zahlungspflicht nach § 49 ZVG bis zum Verteilungstermin nicht nachkommt, wird nicht etwa der Eigentumserwerb rückgängig gemacht, der gemäß § 90 ZVG bereits mit dem Zuschlag zustande gekommen ist. Vielmehr sieht § 118 Abs. 1 ZVG für diesen Fall vor, dass die Forderung des Schuldners, die dieser gegen den Ersteher hat, auf die Zuteilungsberechtigten übertragen wird. Anschließend werden für diese am Grundstück des Erstehers Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG eingetragen. Bei teilweiser Zahlung (z. B. die Sicherheitsleistung kann gemäß § 107 Abs. 3 ZVG auf die Zahlung angerechnet werden) ist der Teilungsplan teilweise nach § 117 ZVG auszuführen, soweit die Zahlung ausreicht; soweit die Teilungsmasse aber nicht zur Verfügung steht, ist der Plan nach § 118 Abs. 1 ZVG auszuführen.

1

Nach Absatz 2 Satz 1 wirkt die Forderungsübertragung wie eine Befriedigung aus dem Grundstück; damit erlöschen die ursprünglichen Forderungen gegen den Vollstreckungsschuldner. Da diese Wirkung aber dem Zuteilungsberechtigten nicht aufgezwungen werden kann, kann er nach Absatz 2 Satz 2 auch andere Möglichkeiten „wählen“:

2



Wenn er gegenüber dem Gericht innerhalb einer Frist von drei Monaten auf die Rechte aus der Übertragung verzichtet, dann verbleibt ihm (nur) seine bisherige Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner.



Wenn er innerhalb dieser Frist die Wiederversteigerung beantragt, dann behält der Zuteilungsberechtigte seine bisherige Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner; daneben steht ihm die übertragene Forderung gegen den Ersteher zu, die darüber hinaus durch eine Sicherungshypothek gesichert ist.

II. Forderungsübertragung (Abs. 1) 1.

Voraussetzungen

Der Ersteher hat gegen den Ersteher und im Falle des § 69 Abs. 3 ZVG gegen den mithaftenden Bürgen den Anspruch, dass dieser bis zum Verteilungstermin seine Zahlung leistet. Das Vollstreckungsgericht ist zwar Empfänger dieser Leistung (§ 107 Abs. 2 ZVG), aber nicht Inhaber der entsprechenden Forderung. Deshalb kann das Vollstreckungsgericht die Zahlung durch den Ersteher auch nicht erzwingen. Aber auch ein Zuteilungsberechtigter kann keine Forderung gegen den Ersteher geltend machen, weil er in keiner Rechtsbeziehung zu diesem steht. Erst nach der gemäß § 118 ZVG erfolgten Forderungsübertragung kann ein Zuteilungsberechtigter gegen den Ersteher – notfalls auch im Vollstreckungswege – vorgehen (vgl. §§ 132, 133 ZVG).

3

Voraussetzung für eine Forderungsübertragung nach § 118 ZVG ist also die Nichtzahlung des Meistbargebots. Erklärt sich ein Gläubiger im Verteilungster-

4

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§ 118

Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

min insoweit als befriedigt, als er eine Zuteilung bekommen hätte, dann entfällt insoweit eine Forderungsübertragung nach § 118 ZVG.1) Auch bei einer außergerichtlichen Einigung über die Erlösverteilung (§ 143 ZVG)2) oder bei einer außergerichtlichen Befriedigung (§ 144 ZVG) kommt eine Forderungsübertragung nicht in Betracht.3) 2.

Zu übertragende Forderung

5

Übertragen wird die Forderung des Schuldners gegen den Ersteher auf Zahlung des Meistbargebots und den Bargebotszinsen vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin (ausschließlich). Wenn in diesem Verteilungstermin feststeht, dass der Ersteher einen zusätzlichen Betrag gemäß §§ 50, 51 ZVG zahlen muss, dann muss der Teilungsplan insoweit auch durch eine Forderungsübertragung ausgeführt werden, wenn der Ersteher nicht zahlt.4)

6

Wurde eine erforderliche Sicherheitsleistung durch Bürgschaft geleistet (§ 69 Abs. 3 ZVG), ist auch die Forderung des Schuldners gegen den Bürgen auf die Berechtigten (mit) zu übertragen, die aus dem Betrag der Sicherheit hätten befriedigt werden können. Erst durch die Forderungsübertragung wird eine Rechtsbeziehung zwischen den Zuteilungsberechtigten und dem Bürgen geschaffen.5)

7

Anders zu beurteilen sind jedoch die Fälle des § 81 Abs. 2 ZVG (Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot) und § 81 Abs. 3 ZVG (verdeckte Stellvertretung). Hier haften nach der ausdrücklichen Regelung des § 81 Abs. 4 ZVG Meistbietender und Ersteher als Gesamtschuldner. Die Übertragung der Forderung ermächtigt den Berechtigten, die übertragene Forderung gegen jeden Schuldner (damit also auch gegen den mithaftenden Meistbietenden) geltend zu machen.6) Somit ist in diesem Fall keine (Mit)Forderungsübertragung wie beim Bürgen erforderlich.7) 3.

8

Berechtigte der Übertragung

Die Forderungsübertragung erfolgt auf alle, die etwas aus der Teilungsmasse zu erhalten haben; dies ergibt sich aus dem Abschnitt „Zuteilung“ des Teilungsplans. Jedem Zuteilungsberechtigten ist die Forderung in Höhe des ihm zustehenden Anspruchs nebst 4 % Zinsen ab dem Verteilungstermin zu übertragen.8) Die ursprünglich eine Forderung wird zerlegt in so viele Einzelforderungen, wie Berechtigte vorhanden sind. Außerhalb der einzutragenden Sicherungshypotheken, _____________ 1) 2) 3) 4) 5) 6)

7) 8)

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BGH, Urt. v. 17.5.1988 – IX ZR 5/87, Rpfleger 1988, 495 = MDR 1988, 860. Stöber, ZVG, § 143 Rz. 2.6. Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 5. Wozu er regelmäßig in diesem Termin auch noch gar nicht verpflichtet ist; siehe Einzelheiten hierzu bei § 125. Stöber, ZVG, § 118 Rz. 3.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 118 Rz. 10; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 8. So Stöber, ZVG, § 118 Rz. 3.1, Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 11; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 8; a. A. Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 5; Helwich, Rpfleger 1988, 467 und 1989, 316; Strauch, Rpfleger 1989, 314. Dies kann man auch unmittelbar aus dem Gesetz ersehen: In § 118 ist nur die Mitübertragung gegen den Bürgen vorgesehen. Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 6; Stöber ZVG, § 118 Rz. 3.3.

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Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

§ 118

deren Rang sich nach dem Rang der ursprünglichen Forderungen richtet, stehen die Teilforderungen in keinerlei Rangverhältnis zueinander. Steht der Zuteilungsanspruch mehreren Berechtigten zu, dann erfolgt die Forderungsübertragung in demselben Rechtsverhältnis. Bei der Bruchteilsgemeinschaft ist jedoch zu beachten, dass jeder Mitberechtigte vom Ersteher nur Zahlung an alle Mitberechtigte gemeinsam verlangen kann. Deshalb wird hier die Übertragung auf die mehreren Berechtigten „gemäß § 432 BGB“ vorgenommen.

9

Ist der Vollstreckungsschuldner selbst anspruchsberechtigt, ist eine Forderungsübertragung überflüssig, da ihm die Forderung schon zusteht (vgl. Rz. 5). Da aber diese Forderung als Surrogat des Grundstücks auch noch beschlagnahmt ist, muss diese Beschlagnahme beseitigt werden. Dies geschieht dadurch, dass in diesem Fall anstelle der Forderungsübertragung die „Zuweisung des Erlösanteils zur freien Verfügung“ tritt.9)

10

Auch dem Ersteher ist die Forderung zu übertragen, wenn er einen Zuteilungsanspruch hat. Erklärt er sich jedoch für befriedigt, dann stellt dies eine vereinfachte Art der Zahlung dar. Somit scheidet dann insoweit die Forderungsübertragung nach § 118 ZVG aus.

11

Zuteilungsberechtigter kann auch ein nach § 81 Abs. 4 ZVG mithaftender Meistbietender sein. In diesem Fall erfolgt auch eine Forderungsübertragung nach § 118 ZVG. Die Zahlungspflicht des Erstehers erlischt damit aber nicht; er gilt durch den Ersteher nicht als befriedigt. Somit ist für ihn auch eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG einzutragen. Etwaige Ausgleichsansprüche (vgl. § 426 BGB) betreffen das Innenverhältnis und sind deshalb vom Vollstreckungsgericht nicht zu berücksichtigen.10)

12

Ist der ursprüngliche Anspruch des Zuteilungsberechtigten mit einem Recht belastet (z. B. Nießbrauch, Pfandrecht, Pfändungspfandrecht), setzen sich diese an der übertragenen Forderung fort. Zu beachten ist jedoch, dass bei einer erfolgten Pfändung und Überweisung an Zahlungs statt die Forderung gleich auf den Pfändungsgläubiger zu übertragen ist; für ihn wird dann auch die Sicherungshypothek nach § 128 ZVG eingetragen.11)

13

_____________ 9) So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 14; etwas modifiziert dagegen: Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 7; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 14 und 15: Zuweisung hinsichtlich des Erlösüberschusses; aber Forderungsübertragung hinsichtlich einer Zuteilung auf ein dem Schuldner zustehendes Recht (z. B. Eigentümergrundschuld). Für diese Unterscheidung besteht keine Veranlassung; denn worauf der Zuteilungsanspruch beruht, spielt zwar eine Rolle für die Höhe der Übertragung oder Zuweisung und auch für den Rang der einzutragenden Sicherungshypotheken. Aber übertragen wird die Forderung des Schuldners auf Zahlung des Meistbargebots; und eine Übertragung dieser Forderung auf dieselbe Person (Schuldner) ist rechtlich nicht möglich (vgl. § 398 BGB). 10) So Stöber, ZVG, § 118 Rz. 3.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 118 Rz. 12; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 27; teilweise a. A. Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 12. 11) Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 10; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 3.7.

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§ 118 14

Neuer Forderungsinhaber wird der vom Vollstreckungsgericht genannte Berechtigte auch dann, wenn er gar nicht zu den Zuteilungsberechtigten gehört.12) 4.

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Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

Verzinsung und Verzugsschaden

Bei der Frage der Verzinsung muss zunächst unterschieden werden: –

Die Forderung des Schuldners gegen den Ersteher umfasst auch die Zinsen gemäß § 49 Abs. 2 ZVG vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin. Der Zinssatz beträgt hier gemäß § 246 BGB grundsätzlich 4 %, wenn nicht über abgeänderte Versteigerungsbedingungen ein höherer Zinssatz vereinbart worden ist. Diese Forderung wird übertragen auf die Zuteilungsberechtigten.



Auf der anderen Seite stehen die Forderungen der Zuteilungsberechtigten, deren Zinsen im Teilungsplan bis zum Zuschlag (bei bestehen bleibenden Rechten) bzw. bis zum Verteilungstermin (bei erlöschenden Rechten bzw. Ansprüchen persönlicher Gläubiger) berechnet worden sind. Und im Umfang dieser Forderung wird die Forderung des Schuldners gegen den Ersteher übertragen. Da aber § 49 Abs. 2 ZVG hier weiterhin gilt, sind diese Forderungen jeweils mit 4 % ab dem Verteilungstermin zu übertragen; nur so ist sichergestellt, dass die zu verteilende Masse und die Zuteilungen (durch Forderungsübertragung) gleich bleiben. Jedoch ist zu beachten, das der zuletzt zum Zuge kommende Berechtigte, dessen Zuteilung aus den Bargebotszinsen bedient werden, insoweit keinen verzinslichen Anspruch mehr bekommt; dies würde einem verbotenen Zinseszins i. S. v. § 289 BGB gleichkommen.

16

In der Vergangenheit hat es nicht an Versuchen gefehlt, im Rahmen der Forderungsübertragung einen höheren Zinssatz durchzusetzen.13) Nach der Änderung des BGB und der Einführung eines Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB) wurde argumentiert, dass der Ersteher durch seine Nichtzahlung im Verteilungstermin in Verzug gerate und dass deshalb gemäß §§ 286, 288 BGB dieser höhere Zinssatz maßgeblich sei.

17

Dem haben bisher alle ZVG-Kommentatoren zu Recht widersprochen.14) Die Vorschriften des BGB zum Zahlungsverzug finden auf die Zahlungspflicht des Erstehers nach dem ZVG keine Anwendung. Das ZVG selbst trifft Regeln für den Fall der Nichtzahlung des Meistbargebots. Deshalb beträgt der Zinssatz nach wie vor 4 %.

18

Den Gläubigern bleibt es jedoch unbenommen, nach der Forderungsübertragung den Schuldner in Verzug zu setzen und dann einen erhöhten Zins zu verlangen. Daneben ist es auch möglich, einen etwaigen höheren Verzugsschaden zu verlangen _____________ 12) Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 13; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 118 Rz. 28; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 31. 13) LG Hannover, Beschl. v. 11.1.2005 – 13 T 84/04, Rpfleger 2005, 324; LG Augsburg, Beschl. v. 18.2.2002 – 4 T 498/02, Rpfleger 2002, 374; LG Kempten, Beschl. v. 21.8.2000 – 4 T 1648/00, Rpfleger, 2001, 192 = KTS 2001, 192; LG Berlin, Beschl. v. 20.12.2000 – 81 T 912/00, Rpfleger 2001, 192 = KTS 2001, 192. 14) Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 5.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 118 Rz. 18; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 17; Streuer, Rpfleger 2001, 401; Wilhelm, Rpfleger 2001, 166; Hannemann, RpflStud 2001, 169.

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Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

§ 118

(§§ 288 Abs. 4, 289 Satz 2 BGB). Beides ist jedoch außerhalb des Versteigerungsverfahrens durchzusetzen.15) 5.

Anordnung durch das Vollstreckungsgericht

Die Forderungsübertragung erfolgt durch eine ausdrückliche Anordnung des Gerichts, zweckmäßigerweise durch einen verkündeten Beschluss. Dies muss auch im Protokoll des Verteilungstermins festgehalten werden. Eine Zustellung des Beschlusses an die Beteiligten ist nicht vorgesehen.16) 6.

19

Rechtsbehelf

Nach überwiegender Ansicht kann die Forderungsübertragung mit sofortiger Beschwerde (§ 793 ZPO) angefochten werden.17) Stöber dagegen hält die Erinnerung gemäß § 766 ZPO für gerechtfertigt, da die Forderungsübertragung eine Maßnahme des Vollstreckungsgerichts zur Planausführung darstelle.18) Nach den grundlegenden Unterscheidungskriterien zwischen Beschwerde und Erinnerung, z. B. je nachdem ob der Betreffende vorher gehört worden ist (Beschwerde) oder nicht (Erinnerung), bin ich mit Stöber der Meinung, dass § 766 ZPO der richtige Rechtsbehelf ist.

20

III. Wirkung der Forderungsübertragung 1.

Erwerb der Forderung gegen den Ersteher

Die Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Ersteher und gegen den gesamtschuldnerisch mithaftenden Meistbietenden (§ 81 Abs. 4 ZVG) bzw. gegen den für mithaftend erklärten Bürgen (§ 69 Abs. 2 ZVG) steht infolge der Forderungsübertragung nun den Befriedigungsberechtigten in Teilbeträgen zu. Diese Teilbeträge haben untereinander kein Rangverhältnis, da es sich nun um selbstständige Forderungen handelt, die nicht identisch sind mit den ursprünglichen Forderungen. Diese bestimmen nur den Umfang der Forderung und die Frage, ob wegen der Surrogation auch Drittrechte an der übertragenen Forderung bestehen.

21

Einreden und Einwendungen, welche dem Vollstreckungsschuldner gegen die ursprüngliche Forderung zustanden, kann der Ersteher nicht geltend machen.

22

Für die Berechtigten, auf welche die Forderung übertragen wurde, werden gemäß § 128 ZVG Sicherungshypotheken eingetragen, deren Rang sich aber wieder nach den ursprünglichen Ansprüchen richtet. Nach der Ausführung des Teilungsplans ist die Forderung gegen den Ersteher nach § 132 Abs. 1 ZVG vollstreckbar; die Zwangsvollstreckung erfolgt aufgrund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses (§ 132 Abs. 2 ZVG).

23

_____________ 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 118 Rz. 20; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 19. 16) So auch Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 15; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 3.6, die eine nachträgliche Forderungsübertragung für unzulässig halten; teilweise etwas anders Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 16; Löhnig Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 20: Bei einer Übertragung außerhalb des Verteilungstermins ist die Zustellung erforderlich. 17) Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 17; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZPO, § 118 Rz. 27; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 21. 18) Stöber, ZVG, § 118 Rz. 4.12.

Bachmann

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§ 118 2.

Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

Befriedigungswirkung (Abs. 2 Satz 1)

24

Nach Absatz 2 Satz 1 wirkt die Forderungsübertragung wie die Befriedigung aus dem Grundstück. Die ursprüngliche Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner erlischt mit allen Nebenrechten.19)

25

Diese Wirkung tritt aber nicht ein, wenn der Berechtigte dem Versteigerungsgericht gegenüber vor dem Ablauf von drei Monaten auf die Rechte aus der Übertragung verzichtet oder die Wiederversteigerung beantragt (Abs. 2 Satz 2).

26

Bis zum Ablauf der Drei-Monats-Frist sind die genauen Folgen noch ungewiß; es besteht gleichsam ein Schwebezustand: Die Befriedigungswirkung ist aufschiebend bedingt, sodass die „alte“ Forderung mit der Forderungsübertragung noch nicht gleich erlischt. Zusätzlich hat der Berechtigte in dieser Zeit auch schon die übertragene Forderung.20) IV. Verzicht auf Übertragung (Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 ZVG) 1.

Allgemeines

27

Der Verzicht kann nur innerhalb der Frist von drei Monaten erklärt werden. Die Frist beginnt mit der Verkündung der Forderungsübertragung. Ein verspäteter Verzicht ist unwirksam und entfaltet deshalb keine Wirkungen. Die Erklärung muss gegenüber dem Vollstreckungsgericht abgegeben werden, entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle. War der Anspruch mit dem Recht eines Dritten belastet, muss der Dritte dem Verzicht zustimmen.

28

Mit dem Verzicht auf das Recht der Übertragung „gewinnt“ der Ersteher nichts; denn seine Schuld (Zahlung des Meistbargebots plus Zinsen) wird durch den Verzicht überhaupt nicht berührt. Die „frei gewordene“ Forderung geht kraft Gesetzes grundsätzlich auf den nächstausfallenden Berechtigten bzw. den bisherigen Eigentümer über. Für diese beginnt eine neue Drei-Monats-Frist zu laufen; deshalb sieht Absatz 2 Satz 4 vor, dass das Gericht den Verzicht dem Ersteher sowie demjenigen mitteilt, auf welchen die Forderung infolge des Verzichts übergeht. Eine besondere (neue) Forderungsübertragung ist hierfür nicht erforderlich. 2.

Folgen des Verzichts

29

Mit dem rechtzeitigen Verzicht verliert der Berechtigte die Forderung gegen den Ersteher; damit steht ihm auch eine inzwischen eingetragene Sicherungshypothek nicht mehr zu. Das alte Schuldverhältnis gegen den Vollstreckungsschuldner bleibt dagegen unverändert bestehen.21)

30

Der Verzicht bewirkt, dass die Forderung gegen den Ersteher auf den Nächstberechtigten übergeht. Das ist beim Verzicht eines Gläubigers, dem ursprünglich ein _____________ 19) Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 21. 20) Stöber, ZVG, § 118 Rz. 4.8; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 30; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 25; a. A. Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 23: Die Befriedigungswirkung tritt sofort mit Verkündung der Forderungsübertragung ein. 21) Stöber, ZVG, § 118 Rz. 4.8; so offenbar auch Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 33; etwas anders Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 25; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 34: Das alte Schuldverhältnis würde wieder aufleben.

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Ausführung bei Nichtzahlung des Versteigerungserlöses

§ 118

Grundpfandrecht zustand, der Grundstückseigentümer zzt. des Zuschlags (§ 1168 BGB analog). Dies gilt aber nur hinsichtlich des Betrags, der aus dem ursprünglichen Kapital des Grundpfandrechts herrührte; hinsichtlich der Kosten, Zinsen und sonstigen Nebenleistungen trifft dies nicht zu (vgl. § 1178 Abs. 1 BGB).22) Im Übrigen geht die Forderung auf den bzw. die nächstausfallenden Berechtigten über, zuletzt an den bisherigen Grundstückseigentümer zur Zeit des Zuschlags. V. Wiederversteigerung (Abs. 2 Satz 2 Alt. 2) 1.

Allgemeines

Ein Antrag auf Versteigerung des Grundstücks innerhalb der Drei-Monats-Frist schließt die Befriedigungswirkung ebenfalls aus (Abs. 2 Satz 2). Diese Wiederversteigerung ist ein neues selbstständiges Verfahren, das sich gegen den Ersteher richtet. Hierfür sehen die §§ 128 Abs. 4, 132, 133 ZVG einige Besonderheiten vor.

31

Nimmt der Gläubiger seinen Versteigerungsantrag wieder zurück oder wird das Verfahren gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG aufgehoben,23) gilt der Versteigerungsantrag als nicht gestellt (Abs. 2 Satz 3). Dann verbleibt es dabei, dass die Forderungsübertragung wie eine Befriedigung aus dem Grundstück wirkt.

32

2.

Folgen der Antragstellung

Wird aber der Versteigerungsantrag rechtzeitig gestellt und nicht wieder zurückgenommen, dann wirkt die Forderungsübertragung nicht wie eine Befriedigung aus dem Grundstück. Der Gläubiger behält demnach neben der Forderung gegen den Ersteher (aus der Forderungsübetragung) auch noch alle Rechte aus dem früheren Schuldverhältnis gegen den bisherigen Vollstreckungsschuldner.

33

Erst wenn sein Anspruch in der Wiederversteigerung befriedigt wird, erlöschen seine Rechte aus dem alten Schuldverhältnis. Fällt er bei der Wiederversteigerung aus, bleiben diese Rechte aber auch noch weiterhin bestehen.

34

VI. Sonstiges 1.

Aufrechnung des Erstehers

Nach der Forderungsübertragung kann der Ersteher die übertragene Forderung auch durch Aufrechnung erfüllen.24) Vorher bestanden zwischen dem Ersteher und dem Zuteilungsberechtigten keine Rechtsbeziehungen; diese werden erst durch die Forderungsübertragung hergestellt. Ob eine Aufrechnung jedoch wirksam ist oder nicht, kann nur das Prozessgericht entscheiden, nicht das Vollstreckungsgericht. 2.

35

Liegenbelassung eines Rechts gemäß § 91 Abs. 2 ZVG

Auch nach erfolgter Forderungsübertragung, ja sogar noch nach Ablauf der DreiMonats-Frist des Absatzes 2 ist es noch möglich, das Bestehenbleiben eines Rechts _____________ 22) So Stöber, ZVG, § 118 Rz. 4.6; weniger differenziert: Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 25; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 118 Rz. 35; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 33. 23) Wegen des anderslautenden Wortlauts des Gesetzes („§ 31 Abs. 2“) siehe § 129 Rz. 1 [Bachmann]. 24) BGH, Urt. v. 9.4.1987 – IX ZR 146/86, Rpfleger 1987, 381 = MDR 1987, 381.

Bachmann

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36

§ 119

Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch

zu vereinbaren. Dies muss gemäß § 91 Abs. 2 ZVG jedoch vor Eingang des Grundbuchersuchens beim Grundbuchamt erfolgen. In einem solchen Fall gelten die Wirkungen der Forderungsübertragung als nicht eingetreten. Somit ist dann auch keine Sicherungshypothek nach § 128 ZVG einzutragen. Dies muss beim Grundbuchersuchen berücksichtigt werden; ein bereits erfolgtes, aber noch nicht beim Grundbuchamt eingegangenes Ersuchen ist zu berichtigen, sofern nicht Rechte Dritter beeinträchtigt werden.25) 3. 37

Insolvenzschuldner als Ersteher

Ist dem Insolvenzschuldner der Zuschlag erteilt worden auf ein Gebot, das er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben hat, so handelt es sich bei der Forderung gegen den Ersteher um eine Insolvenzforderung, also nicht um eine Masseschuld. Für diese Forderung bestehen aber Absonderungsrechte nach § 49 InsO. Wenn also der Insolvenzschuldner das Meistbargebot nicht zahlt, ist auch hier die Forderung zu übertragen und es sind entsprechende Sicherungshypotheken einzutragen; § 89 InsO ist insoweit nicht einschlägig.26) _____________ 25) LG Frankfurt, Beschl. v. 4.10.1979 – 2/9 T 952/79, Rpfleger 1980, 30; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 6.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 29. 26) Stöber, ZVG, § 118 Rz. 6.1 m. w. N.

§ 119 Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch Wird auf einen bedingten Anspruch ein Betrag zugeteilt, so ist durch den Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag anderweit verteilt werden soll, wenn der Anspruch wegfällt. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

I. 1

Allgemeines .......................................... Betroffene Ansprüche ......................... Bedingter Anspruch .............................. Durch Vormerkung gesicherter Anspruch ............................................... Durch Widerspruch belasteter Anspruch ...............................................

1 4 4 8

4. III. IV. 1. 2.

Sonstige Ansprüche ............................. 10 Behandlung im Teilungsplan ........... 12 Ausführung des Teilungsplans ......... 13 Auflösend bedingte Ansprüche .......... 13 Aufschiebend bedingte Ansprüche .... 15

9

Allgemeines

Bedingte Rechte und die durch Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung gesicherten Rechte sind im geringsten Gebot gemäß § 48 ZVG wie unbedingte bzw. wie eingetragene Rechte zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung des Teilungsplans muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich der Anspruch, auf den ein Betrag zugeteilt wird, durch den Ausfall einer aufschiebenden Bedingung oder durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung erledigen kann. Da das ZVG eine Nachtragsverteilung nicht vorsieht, muss im Teilungsplan dieser Fall gleich mit geregelt werden. Dies geschieht dadurch, dass das Vollstreckungsgericht gemäß § 119 ZVG durch eine Hilfszuteilung feststellen muss, wie der betreffende Betrag verteilt wird, wenn der Anspruch wegfällt 920

Bachmann

§ 119

Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch

zu vereinbaren. Dies muss gemäß § 91 Abs. 2 ZVG jedoch vor Eingang des Grundbuchersuchens beim Grundbuchamt erfolgen. In einem solchen Fall gelten die Wirkungen der Forderungsübertragung als nicht eingetreten. Somit ist dann auch keine Sicherungshypothek nach § 128 ZVG einzutragen. Dies muss beim Grundbuchersuchen berücksichtigt werden; ein bereits erfolgtes, aber noch nicht beim Grundbuchamt eingegangenes Ersuchen ist zu berichtigen, sofern nicht Rechte Dritter beeinträchtigt werden.25) 3. 37

Insolvenzschuldner als Ersteher

Ist dem Insolvenzschuldner der Zuschlag erteilt worden auf ein Gebot, das er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben hat, so handelt es sich bei der Forderung gegen den Ersteher um eine Insolvenzforderung, also nicht um eine Masseschuld. Für diese Forderung bestehen aber Absonderungsrechte nach § 49 InsO. Wenn also der Insolvenzschuldner das Meistbargebot nicht zahlt, ist auch hier die Forderung zu übertragen und es sind entsprechende Sicherungshypotheken einzutragen; § 89 InsO ist insoweit nicht einschlägig.26) _____________ 25) LG Frankfurt, Beschl. v. 4.10.1979 – 2/9 T 952/79, Rpfleger 1980, 30; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 6.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 118 Rz. 29. 26) Stöber, ZVG, § 118 Rz. 6.1 m. w. N.

§ 119 Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch Wird auf einen bedingten Anspruch ein Betrag zugeteilt, so ist durch den Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag anderweit verteilt werden soll, wenn der Anspruch wegfällt. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

I. 1

Allgemeines .......................................... Betroffene Ansprüche ......................... Bedingter Anspruch .............................. Durch Vormerkung gesicherter Anspruch ............................................... Durch Widerspruch belasteter Anspruch ...............................................

1 4 4 8

4. III. IV. 1. 2.

Sonstige Ansprüche ............................. 10 Behandlung im Teilungsplan ........... 12 Ausführung des Teilungsplans ......... 13 Auflösend bedingte Ansprüche .......... 13 Aufschiebend bedingte Ansprüche .... 15

9

Allgemeines

Bedingte Rechte und die durch Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung gesicherten Rechte sind im geringsten Gebot gemäß § 48 ZVG wie unbedingte bzw. wie eingetragene Rechte zu berücksichtigen. Bei der Aufstellung des Teilungsplans muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich der Anspruch, auf den ein Betrag zugeteilt wird, durch den Ausfall einer aufschiebenden Bedingung oder durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung erledigen kann. Da das ZVG eine Nachtragsverteilung nicht vorsieht, muss im Teilungsplan dieser Fall gleich mit geregelt werden. Dies geschieht dadurch, dass das Vollstreckungsgericht gemäß § 119 ZVG durch eine Hilfszuteilung feststellen muss, wie der betreffende Betrag verteilt wird, wenn der Anspruch wegfällt 920

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Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch

§ 119

Für die Ausführung des Teilungsplans regelt § 120 ZVG nur den Fall der aufschiebenden Bedingung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei der auflösenden Bedingung bei der Zuteilung keine Besonderheiten zu beachten sind, sodass hier der entsprechende Betrag dem Erstberechtigten überwiesen bzw. bei Nichtzahlung des Meistbargebots die Forderung gegen den Ersteher (nur) auf den Erstberechtigten übertragen wird.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

3

II. Betroffene Ansprüche 1.

Bedingter Anspruch

Bei einem auf Zahlung gerichteten bedingten Anspruch ist § 119 ZVG zu beachten Dies trifft auch auf die wiederkehrenden Leistungen und die Kosten eines bestehen bleibenden Rechts zu; hinsichtlich des Hauptanspruchs gilt dagegen § 125 i. V. m §§ 50 Abs. 2 Nr. 1, 51 ZVG.

4

Aufschiebend oder auflösend bedingt ist ein Recht, wenn sein Bestehen von einer Bedingung abhängig gemacht ist. Die Tatsache der Bedingung muss grundbuchersichtlich sein; hinsichtlich der Ausgestaltung der Bedingung kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden (§ 874 BGB). Hierbei ist zwischen einer aufschiebenden und einer auflösenden Bedingung zu unterschieden:

5



Bei der aufschiebenden Bedingung entsteht das Recht erst mit Eintritt der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB).



Bei der auflösenden Bedingung erlischt das eingetragene Recht mit Eintritt der Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB).

Wenn der Eintritt der auflösenden Bedingung oder der Ausfall der aufschiebenden Bedingung im Verteilungstermin schon feststeht, ist das Recht nicht mehr bedingt; somit finden dann die §§ 119, 120 ZVG auch keine Anwendung. Wenn manche Kommentare in diesem Zusammenhang davon sprechen, dass sofort Zuteilung an den Hilfsberechtigten erfolge,1) ist das zwar im Ergebnis richtig, aber nicht in der Darstellung: Es gibt hier keinen „Hilfsberechtigten“; vielmehr wird das betreffende Recht im Teilungsplan schon bei der Schuldenmasse nicht mehr berücksichtigt. Die hieraus resultierende Verringerung der Schuldenmasse kommt dann bei der Zuteilung den ansonsten nächst ausfallenden Berechtigten zugute.2)

6

Die Höchstbetragshypothek ist als Belastung des Grundstücks unbedingt; § 119 ZVG findet deshalb auf dieses Recht keine Anwendung. Auch die für eine bedingte Forderung unbedingt bestellte Hypothek (vgl. § 1113 Abs. 2 BGB) ist kein Fall des § 119 ZVG; denn solange die Forderung nicht besteht (vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung oder nach Eintritt einer auflösenden Bedingung) steht die Hypothek dem Eigentümer zu.

7

_____________ 1) 2)

So z. B. Stöber, ZVG, § 119 Rz. 2.5; Löhnig/Hannemann, § 119 Rz. 5. So auch Böttcher, ZVG, §§ 119, 120 Rz. 8.

Bachmann

921

§ 119 2. 8

Durch Vormerkung gesicherter Anspruch

Ansprüche, welche durch Eintragung einer Vormerkung gesichert sind (vgl. § 883 BGB) werden zwar bei der Aufstellung des geringsten Gebots gemäß § 48 wie eingetragene Rechte behandelt. Soweit im Verteilungsverfahren eine Zuteilung auf einen solchen Anspruch erfolgt, ist aber hier § 119 ZVG anzuwenden. Zu den aufschiebend bedingten Ansprüchen gehören nämlich auch durch eine Vormerkung gesicherte Ansprüche auf Eintragung oder Übertragung eines Rechts. Zu den auflösend bedingten Ansprüchen gehören die durch Vormerkung gesicherten Ansprüche auf Löschung oder Rangänderung. 3.

9

Aufstellung des Teilungsplans bei bedingtem Anspruch

Durch Widerspruch belasteter Anspruch

Auch Rechte, die durch Eintragung eines Widerspruchs gesichert sind (vgl. § 899 BGB), werden bei Aufstellung des geringsten Gebots wie eingetragene Rechte behandelt. Soweit im Verteilungsverfahren eine Zuteilung auf einen solchen Anspruch erfolgt, muss unter Umständen auch hier § 119 ZVG beachtet werden; denn der Widerspruch gegen die Löschung eines Rechts oder gegen die Person des Berechtigten wirkt wie eine aufschiebende Bedingung. Der Widerspruch gegen die Eintragung oder den Rang eines Rechts wirkt wie eine auflösende Bedingung. 4.

Sonstige Ansprüche

10

Als aufschiebend bedingt gelten nach § 14 ZVG die Ansprüche von unbestimmtem Betrag. Somit sind die §§ 119, 120 ZVG zu beachten. Bedingung ist hier die Feststellung des Betrags gegen den Eigentümer.

11

Betagte, unverzinsliche Ansprüche, deren Fälligkeitszeitpunkt ungewiss ist, gelten nach § 111 Satz 2 Halbs. 2 ZVG ebenfalls als aufschiebend bedingt. Nach ungekürzter Zuteilung an den Berechtigten, muss eine Hilfszuteilung nach § 119 ZVG vorgenommen werden und anschließend die Hinterlegung nach § 120 ZVG erfolgen. Erst dann, wenn der genaue Tag der Fälligkeit feststeht, kann der Zwischenzins berechnet werden.

12

Im Teilungsplan sind die bedingten Ansprüche in der Schuldenmasse wie jeder andere (unbedingte) Anspruch aufzunehmen. Bei der Zuteilung ist jedoch eine Hilfsverteilung vorzunehmen. Dies bedeutet, dass schon im Verteilungstermin bestimmt werden muss, wem der entsprechende Betrag zugeteilt wird, wenn der zunächst Berechtigte aus einem bestimmten Grund nicht mehr in Betracht kommt, im Fall des § 119 ZVG also, dass die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt. Als Hilfsberechtigte kommen die zunächst ausfallenden Zuteilungsberechtigten in der Rangfolge ihrer Ansprüche in Betracht. An letzter Stelle wird der bisherige Grundstückseigentümer berücksichtigt. Die Hilfsberechtigten sind im Teilungsplan soweit aufzuführen, als die entsprechende Teilungsmasse voraussichtlich reicht.

III. Behandlung im Teilungsplan

922

Bachmann

Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebender Bedingung

§ 120

IV. Ausführung des Teilungsplans 1.

Auflösend bedingte Ansprüche

Bei auflösend bedingten Ansprüchen wird der entsprechende Betrag an den Erstberechtigten ausgezahlt. Bei Nichtzahlung des Meistbargebots wird die Forderung gegen den Ersteher auf den Berechtigten bedingungslos übertragen (§ 118 ZVG). Die anschließend einzutragende Sicherungshypothek wird ebenfalls unbedingt nur für den Erstberechtigten eingetragen.

13

Nach dem Eintritt der auflösenden Bedingung hat der Hilfsberechtigte nur einen Anspruch gegen den Erstberechtigten. Diesen kann er nur im Prozessweg verfolgen. Ob der Hilfsberechtigte dieses für ihn missliche Ergebnis dadurch vermeiden kann, dass er gemäß § 115 ZVG Widerspruch gegen die Zuteilung an den Erstberechtigten erhebt,3) ist bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt.

14

2.

Aufschiebend bedingte Ansprüche

Für die aufschiebend bedingten Ansprüche sieht § 120 ZVG die Hinterlegung des hierauf entfallenden Anteils vor. Einzelheiten hierzu bei § 120. _____________ 3)

15

So Böttcher, ZVG, §§ 119, 120 Rz. 10; Stöber, ZVG, § 119 Rz. 3.1; a. A. Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 119 Rz. 16.

§ 120 Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebender Bedingung (1) Ist der Anspruch aufschiebend bedingt, so ist der Betrag für die Berechtigten zu hinterlegen. Soweit der Betrag nicht gezahlt ist, wird die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten übertragen. Die Hinterlegung sowie die Übertragung erfolgt für jeden unter der entsprechenden Bedingung. (2) Während der Schwebezeit gelten für die Anlegung des hinterlegten Geldes, für die Kündigung und Einziehung der übertragenen Forderung sowie für die Anlegung des eingezogenen Geldes die Vorschriften der §§ 1077 bis 1079 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; die Art der Anlegung bestimmt derjenige, welchem der Betrag gebührt, wenn die Bedingung ausfällt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebend bedingten Ansprüchen ................................................ 3

I.

1. 2.

Hinterlegung (Abs. 1 Satz 1) ............... 3 Forderungsübertragung (Abs. 1 Satz 2) ....................................... 6 III. Schwebezeit (Abs. 2) ............................ 8

Allgemeines

§ 120 ZVG ergänzt den § 119 ZVG und bestimmt, dass die Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebend bedingten Ansprüchen durch Hinterlegung des zugeteilten Betrags für die Berechtigten zu erfolgen hat (Abs. 1 Satz 1). Bei Nichtzahlung des Meistgebots wird die Forderung gegen den Ersteher auf beide Berechtigte übertragen (Abs. 1 Satz 2). Sowohl Hinterlegung als auch Forderungsübertragung erfolgen unter der entsprechenden Bedingung (Abs. 1 Satz 3). Bachmann

923

1

Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebender Bedingung

§ 120

IV. Ausführung des Teilungsplans 1.

Auflösend bedingte Ansprüche

Bei auflösend bedingten Ansprüchen wird der entsprechende Betrag an den Erstberechtigten ausgezahlt. Bei Nichtzahlung des Meistbargebots wird die Forderung gegen den Ersteher auf den Berechtigten bedingungslos übertragen (§ 118 ZVG). Die anschließend einzutragende Sicherungshypothek wird ebenfalls unbedingt nur für den Erstberechtigten eingetragen.

13

Nach dem Eintritt der auflösenden Bedingung hat der Hilfsberechtigte nur einen Anspruch gegen den Erstberechtigten. Diesen kann er nur im Prozessweg verfolgen. Ob der Hilfsberechtigte dieses für ihn missliche Ergebnis dadurch vermeiden kann, dass er gemäß § 115 ZVG Widerspruch gegen die Zuteilung an den Erstberechtigten erhebt,3) ist bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt.

14

2.

Aufschiebend bedingte Ansprüche

Für die aufschiebend bedingten Ansprüche sieht § 120 ZVG die Hinterlegung des hierauf entfallenden Anteils vor. Einzelheiten hierzu bei § 120. _____________ 3)

15

So Böttcher, ZVG, §§ 119, 120 Rz. 10; Stöber, ZVG, § 119 Rz. 3.1; a. A. Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 119 Rz. 16.

§ 120 Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebender Bedingung (1) Ist der Anspruch aufschiebend bedingt, so ist der Betrag für die Berechtigten zu hinterlegen. Soweit der Betrag nicht gezahlt ist, wird die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten übertragen. Die Hinterlegung sowie die Übertragung erfolgt für jeden unter der entsprechenden Bedingung. (2) Während der Schwebezeit gelten für die Anlegung des hinterlegten Geldes, für die Kündigung und Einziehung der übertragenen Forderung sowie für die Anlegung des eingezogenen Geldes die Vorschriften der §§ 1077 bis 1079 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; die Art der Anlegung bestimmt derjenige, welchem der Betrag gebührt, wenn die Bedingung ausfällt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebend bedingten Ansprüchen ................................................ 3

I.

1. 2.

Hinterlegung (Abs. 1 Satz 1) ............... 3 Forderungsübertragung (Abs. 1 Satz 2) ....................................... 6 III. Schwebezeit (Abs. 2) ............................ 8

Allgemeines

§ 120 ZVG ergänzt den § 119 ZVG und bestimmt, dass die Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebend bedingten Ansprüchen durch Hinterlegung des zugeteilten Betrags für die Berechtigten zu erfolgen hat (Abs. 1 Satz 1). Bei Nichtzahlung des Meistgebots wird die Forderung gegen den Ersteher auf beide Berechtigte übertragen (Abs. 1 Satz 2). Sowohl Hinterlegung als auch Forderungsübertragung erfolgen unter der entsprechenden Bedingung (Abs. 1 Satz 3). Bachmann

923

1

§ 120 2

Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebender Bedingung

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Ausführung des Teilungsplans bei aufschiebend bedingten Ansprüchen 1.

Hinterlegung (Abs. 1 Satz 1)

3

Soweit der Versteigerungserlös vorhanden ist, muss der auf einen aufschiebend bedingten Anspruch zugeteilte Betrag hinterlegt werden (Abs. 1 Satz 1). Diese Hinterlegung erfolgt grundsätzlich nach den landesrechtlichen Hinterlegungsgesetzen.1) Das Vollstreckungsgericht ersucht die Hinterlegungsstelle um Hinterlegung und gibt bei dem Erstberechtigten die Art der Bedingung an, bei deren Eintritt dieser alleiniger Empfangsberechtigter wird; bei dem Hilfsberechtigten ist die entgegengesetzte Bedingung anzugeben (Abs. 1 Satz 3). Mit der Hinterlegung ist das Verfahren für das Vollstreckungsgericht abgeschlossen. Es ist nun Sache der Beteiligten, nach den Hinterlegungsvorschriften die Auszahlung an sich herbeizuführen.

4

Eine Hinterlegung erfolgt ausnahmsweise nicht, wenn sich der Erst- und der Hilfsberechtigte über die Person und die Auszahlungsart spätestens im Verteilungstermin einigen (mündlich oder schriftlich).

5

Hinterlegungszinsen stehen dem Hilfsberechtigten zu; denn er kann auch die Art der Anlegung bestimmen (Abs. 2 Halbs. 2).2) 2.

Forderungsübertragung (Abs. 1 Satz 2)

6

Hat der Ersteher das Meistbargebot nicht rechtzeitig überwiesen, erfolgt gemäß § 118 ZVG eine Forderungsübertragung. Bei einem aufschiebend bedingten Anspruch wird die Forderung gegen den Ersteher auf den Erst- und den Hilfsberechtigten unter der entsprechenden Bedingung übertragen (Abs. 1 Sätze 2 und 3). Diese Forderungsübertragung wirkt auch hier wie eine Befriedigung aus dem Grundstück (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG). Die Frist nach § 118 Abs. 2 Satz 2 ZVG beginnt mit Kenntnis vom Eintritt bzw. Ausfall der Bedingung.

7

Nach § 128 ZVG ist für die übertragene Forderung eine unbedingte Sicherungshypothek einzutragen. III. Schwebezeit (Abs. 2)

8

Während der Dauer der Schwebezeit gelten nach Absatz 2 die §§ 1077 bis 1079 BGB. Dies bedeutet u. a. Folgendes: –

Die Berechtigten sind einander verpflichtet, den hinterlegten Betrag nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften verzinslich anzulegen (§ 1079 Satz 1 BGB). Die Art der Anlegung bestimmt der Hilfsberechtigte (Abs. 2 Halbs. 2).



Die Entscheidung über die Art der Hinterlegung obliegt demnach nicht dem Vollstreckungsgericht. Einigen sich die Berechtigten jedoch rechtzeitig über

_____________ 1) 2)

924

Siehe die Zusammenstellung in bei § 49 Rz. 11 (Fn. 11) [Bachmann]. So Stöber, ZVG, § 120 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 120 Rz. 8; Löhnig/ Hannemann, § 120 Rz. 6; a. A. Böttcher, ZVG, §§ 119, 120 Rz. 11 m. w. N.: Dem Erstberechtigten stehen nicht nur der Hauptsachebetrag, sondern auch die Zinsen bis zum Eintritt der Bedingung zu.

Bachmann

§ 121

Zuteilung auf Ersatzansprüche

die Art der Anlegung, dann wird das Vollstreckungsgericht den Betrag nicht bei der Hinterlegungsstelle hinterlegen, sondern unmittelbar an die bestimmte Stelle überweisen. –

Während der Schwebezeit können die Berechtigten nur gemeinsam über die Forderung gegenüber der Hinterlegungsstelle verfügen.

§ 121 Zuteilung auf Ersatzansprüche (1) In den Fällen des § 92 Abs. 2 ist für den Ersatzanspruch in den Teilungsplan ein Betrag aufzunehmen, welcher der Summe aller künftigen Leistungen gleichkommt, den fünfundzwanzigfachen Betrag einer Jahresleistung jedoch nicht übersteigt; zugleich ist zu bestimmen, daß aus den Zinsen und dem Betrag selbst die einzelnen Leistungen zur Zeit der Fälligkeit zu entnehmen sind. (2) Die Vorschriften der §§ 119, 120 finden entsprechende Anwendung; die Art der Anlegung des Geldes bestimmt der zunächst Berechtigte. Literatur: Drischler, Das Altenteil in der Immobiliarvollstreckung, Rpfleger 1983, 229; Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988, 51. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Bildung des Deckungskapitals (Abs. 1) .................................................. 4 III. Behandlung im Teilungsplan (Abs. 2) .................................................. 9 1. Schuldenmasse ....................................... 9 2. Zuteilung ............................................. 11

I.

3. Hilfszuteilung ...................................... 12 IV. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) ................................................ 15 1. Teilungsmasse ist vorhanden .............. 15 2. Teilungsmasse ist nicht vorhanden ...... 18 V. Formulierungsbeispiele ..................... 20

Allgemeines

Für einen Nießbrauch, für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sowie für eine Reallast von unbestimmter Dauer sieht § 92 Abs. 2 ZVG vor, dass für das erloschene Recht die Zahlung einer Geldrente zu leisten ist, die jeweils für drei Monate im Voraus zu zahlen ist. Damit diese Rente auch bezahlt werden kann, muss nach § 121 Abs. 1 ZVG ein sog. Deckungskapital gebildet werden. Die Höhe hierfür richtet sich nach der Summe aller künftigen Leistungen, darf aber den 25-fachen Jahresbetrag nicht übersteigen. Da vom Vollstreckungsgericht grundsätzlich keine Nachtragsverteilung vorgenommen werden kann, ist im Verteilungstermin genau zu bestimmen, wann die einzelnen Vierteljahresraten und an wen sie zu zahlen sind.

1

Der Anspruch des Berechtigten kann aber auch vorzeitig enden (z. B. durch Tod des Berechtigten), ohne dass das Deckungskapital schon voll aufgebraucht ist. Deshalb sieht § 121 Abs. 2 i. V. m. § 119 ZVG eine Hilfszuteilung an den Nächstausfallenden vor. Für die Zuteilung gilt nach § 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 ZVG: Der gezahlte Betrag ist für den Erst- und den Hilfsberechtigten unter der jeweiligen Bedingung zu hinterlegen. Wenn das Meistbargebot nicht gezahlt ist, ist die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten zu übertragen, ebenfalls unter der jeweiligen Bedingung.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

3

Bachmann

925

§ 121

Zuteilung auf Ersatzansprüche

die Art der Anlegung, dann wird das Vollstreckungsgericht den Betrag nicht bei der Hinterlegungsstelle hinterlegen, sondern unmittelbar an die bestimmte Stelle überweisen. –

Während der Schwebezeit können die Berechtigten nur gemeinsam über die Forderung gegenüber der Hinterlegungsstelle verfügen.

§ 121 Zuteilung auf Ersatzansprüche (1) In den Fällen des § 92 Abs. 2 ist für den Ersatzanspruch in den Teilungsplan ein Betrag aufzunehmen, welcher der Summe aller künftigen Leistungen gleichkommt, den fünfundzwanzigfachen Betrag einer Jahresleistung jedoch nicht übersteigt; zugleich ist zu bestimmen, daß aus den Zinsen und dem Betrag selbst die einzelnen Leistungen zur Zeit der Fälligkeit zu entnehmen sind. (2) Die Vorschriften der §§ 119, 120 finden entsprechende Anwendung; die Art der Anlegung des Geldes bestimmt der zunächst Berechtigte. Literatur: Drischler, Das Altenteil in der Immobiliarvollstreckung, Rpfleger 1983, 229; Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988, 51. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Bildung des Deckungskapitals (Abs. 1) .................................................. 4 III. Behandlung im Teilungsplan (Abs. 2) .................................................. 9 1. Schuldenmasse ....................................... 9 2. Zuteilung ............................................. 11

I.

3. Hilfszuteilung ...................................... 12 IV. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) ................................................ 15 1. Teilungsmasse ist vorhanden .............. 15 2. Teilungsmasse ist nicht vorhanden ...... 18 V. Formulierungsbeispiele ..................... 20

Allgemeines

Für einen Nießbrauch, für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sowie für eine Reallast von unbestimmter Dauer sieht § 92 Abs. 2 ZVG vor, dass für das erloschene Recht die Zahlung einer Geldrente zu leisten ist, die jeweils für drei Monate im Voraus zu zahlen ist. Damit diese Rente auch bezahlt werden kann, muss nach § 121 Abs. 1 ZVG ein sog. Deckungskapital gebildet werden. Die Höhe hierfür richtet sich nach der Summe aller künftigen Leistungen, darf aber den 25-fachen Jahresbetrag nicht übersteigen. Da vom Vollstreckungsgericht grundsätzlich keine Nachtragsverteilung vorgenommen werden kann, ist im Verteilungstermin genau zu bestimmen, wann die einzelnen Vierteljahresraten und an wen sie zu zahlen sind.

1

Der Anspruch des Berechtigten kann aber auch vorzeitig enden (z. B. durch Tod des Berechtigten), ohne dass das Deckungskapital schon voll aufgebraucht ist. Deshalb sieht § 121 Abs. 2 i. V. m. § 119 ZVG eine Hilfszuteilung an den Nächstausfallenden vor. Für die Zuteilung gilt nach § 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 ZVG: Der gezahlte Betrag ist für den Erst- und den Hilfsberechtigten unter der jeweiligen Bedingung zu hinterlegen. Wenn das Meistbargebot nicht gezahlt ist, ist die Forderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten zu übertragen, ebenfalls unter der jeweiligen Bedingung.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

3

Bachmann

925

§ 121

Zuteilung auf Ersatzansprüche

II. Bildung des Deckungskapitals (Abs. 1) 4

Bei den nach § 92 Abs. 2 ZVG aufgeführten Rechten ist ein Deckungskapital zu bilden. Von dieser Regelung betroffen ist neben Nießbrauch, beschränkter persönlicher Dienstbarkeit und Reallast von unbestimmter Dauer auch das Altenteil.1) Ob auch das Dauerwohnrecht gemäß § 31 WEG unter die Regelung des § 92 Abs. 2 ZVG und damit unter § 121 ZVG fällt, ist umstritten; die überwiegende Ansicht ordnet dieses Recht unter § 92 Abs. 1 ZVG ein.2)

5

Die Höhe dieses Deckungskaptals richtet sich nach der Summe aller zukünftigen Leistungen, darf aber den 25-fachen Jahresbetrag nicht überschreiten (Abs. 1 Halbs. 1). Hängt die Dauer von der Lebenszeit des Berechtigten ab, dann wird der Jahresbetrag mit der statistischen Lebenserwartung multipliziert.3) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Festlegung des Deckungskapitals und die Fälligkeit der ersten Vierteljahresrate ist der Tag des Zuschlags, da zu diesem Zeitpunkt das Recht erloschen ist und sich in einen Ersatzbetrag umgewandelt hat. Ist nach § 882 BGB ein Ersatzbetrag im Grundbuch eingetragen, dann ist dieser Betrag maßgeblich. Soweit Berechnungsmerkmale (z. B. der Jahreswert) nicht grundbuchersichtlich sind, müssen diese vom Berechtigten angemeldet werden. Diese Anmeldung fällt nicht unter §§ 37 Nr. 4, 110 ZVG, weil es nicht um die Anmeldung eines Rechts geht.4) Die Anmeldung muss aber spätestens im Verteilungstermin vorliegen, sonst wird das Recht „mangels Anmeldung mit 0“ bewertet. Einzelheiten siehe bei § 92 Rz. 26, 32, 41, 44 ff. [Bachmann].

6

Hat ein weiteres Recht Gleichrang mit dem Recht, für das ein Deckungskapital gebildet werden muss, dann kommt es darauf an, ob der Versteigerungserlös für beide Rechte ausreicht oder nicht:

7



Wenn der Erlös ausreicht, bestehen keine Besonderheiten.



Reicht der Erlös jedoch nur zum Teil aus, dann ist sowohl das Deckungskapital als auch der Anspruch des anderen (gleichrangigen) Rechts im Verhältnis ihrer Ansprüche zu kürzen. Aber auf die Höhe der einzelnen Rentenbezüge wirkt sich diese Kürzung nicht aus, nur auf die Dauer des Rentenbezugs, da das (gekürzte) Deckungskapital dann schneller aufgebraucht wird.5)

Ein im Rang nachgehender Berechtigter kann sich gegen die Höhe des Deckungskapitals mit dem Widerspruch gemäß § 115 zur Wehr setzen. _____________ 1) 2)

3) 4) 5)

926

Zum Teil auch unter den folgenden Bezeichnungen bekannt: „Leibgeding“, „Leibzucht“ oder „Auszug“. So Stöber, ZVG, § 92 Rz. 6.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 92 Rz. 10; a. A. Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 23; differenziert: Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 67: Sofern das Recht auf unbestimmte Zeit bestellt wurde, wird es in aller Regel unter Abs. 2 zu erfassen sein. Siehe die Sterbetafel im Anhang. Dieses ist grundbuchersichtlich und muss deshalb nach § 114 Abs. 1 ZVG von Amts wegen berücksichtigt werden. So Böttcher, ZVg, § 121 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 121 Rz. 3.8; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG. § 121 Rz. 7; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 121 Rz. 6; a. A. Drischler, Rpfleger 1983, 229, 233: Auch die Rentenleistung ist zu kürzen.

Bachmann

§ 121

Zuteilung auf Ersatzansprüche

Aus dem Deckungskapital und den Zinsen erhält der Berechtigte eine Geldrente, die in Vierteljahresraten im Voraus zu zahlen ist (§ 92 Abs. 2 ZVG). Die erste Rate ist damit bereits am Tag des Zuschlags fällig geworden; die Auszahlung kann jedoch frühestens im Verteilungstermin erfolgen. Die Rente ist aufschiebend bedingt, dass der Berechtigte den Beginn des jeweiligen Vierteljahres erlebt; denn ihm bleibt der Anspruch auch dann, wenn sein Recht vor dem Ablauf der drei Monate erlischt (§ 92 Abs. 2 Satz 3 ZVG).

8

III. Behandlung im Teilungsplan (Abs. 2) 1.

Schuldenmasse

In diesem Abschnitt ist das berechnete Deckungskapital für den Berechtigten einzustellen. War zur Berechnung eine Anmeldung erforderlich, dann wird das Recht mit „0“ bewertet, wenn diese Anmeldung nicht spätestens im Verteilungstermin vorliegt.

9

Das berechnete Deckungskapital steht unter der Bedingung, dass Jahreswert und Dauer festgestellt wird (§ 14 ZVG). Die einseitige Anmeldung des Berechtigten ist hierfür nicht ausreichend. Die Feststellung muss gegen den Vollstreckungsschuldner notfalls durchgesetzt werden. Für das Verteilungsverfahren bedeutet dies:

10



Liegt die Zustimmung des Vollstreckungsschuldners im Verteilungstermin vor bzw. wird sie in diesem Termin erklärt oder liegt ein entsprechendes Urteil vor, dann ist der Anspruch nicht mehr bedingt. Dann kann auch unbedingte Zuteilung an den Berechtigten erfolgen – mit den Besonderheiten nach § 121 ZVG.



Solange jedoch diese Feststellung noch nicht getroffen ist, muss bei der Zuteilung und Ausführung der Zuteilung nach §§ 119, 120 ZVG (unmittelbar) verfahren werden. Dies bedeutet: bedingte Zuteilung an den Berechtigten und an den bzw. die erstausfallenden Berechtigten sowie Hinterlegung für beide unter der entsprechenden Bedingung.6)

2.

Zuteilung

Bei der Zuteilung ist die Anordnung zu treffen, dass aus den Zinsen und dem festgestellten Deckungskapital die einzelnen Vierteljahresleistungen zur Zeit der Fälligkeit zu entnehmen sind (Abs. 1 Halbs. 2). Diese Einzelleistungen bleiben immer unverändert, auch wenn sich dadurch das Deckungskapital (einschließlich Zinsen) vorzeitig erschöpft. 3.

Hilfszuteilung

Weil der Anspruch des Berechtigten enden kann, bevor das Deckungskapital aufgebraucht ist (z. B. durch Tod des Berechtigten, durch Erlöschen der berechtigten juristischen Person), sieht das Gesetz eine Hilfszuteilung vor, indem Absatz 2 auf § 119 ZVG verweist. Dem Erstberechtigten steht der Anspruch für die (ursprünglich vereinbarte) Dauer seines Rechts zu; dem Hilfsberechtigten steht _____________ 6)

11

Vgl. Böttcher, ZVG, § 92 Rz. 13 und § 121 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 92 Rz. 3.6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 121 Rz. 8; Löhnig/Pestel, ZVG, § 92 Rz. 42 und Löhnig/Hannemann, § 121 Rz. 7.

Bachmann

927

12

§ 121

Zuteilung auf Ersatzansprüche

der Restbetrag zu, wenn das Recht vor Aufbrauchen des Deckungskapitals vorzeitig endet. 13

Als Hilfsberechtigte sind alle ausfallenden Berechtigten mit der Höhe ihres Anspruchs anzuführen, da ungewiss ist, wie hoch der nicht verbrauchte Teil des Deckungskapitals sein wird und wer überhaupt einen Anspruch hierauf geltend macht.7) Ihnen ist also für den Fall, dass der Anspruch des Hauptberechtigten nicht besteht, das restliche Deckungskapital bedingt zuzuteilen. Keine Hilfszuteilung erfolgt aber für die im Zeitpunkt der Planausführung fällige Geldrente,8) wenn die Berechtigung des Inhabers des Rechts schon feststeht (vgl. § 14 ZVG).

14

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch auch Folgendes: Die in § 121 Abs. 2 ZVG vorgesehene Hilfszuteilung kann mit anderen Hilfszuteilungen zusammentreffen, z. B. der nach §§ 14, 119 ZVG oder der aufgrund eines erhobenen Widerspruchs (§§ 115, 124 Abs. 1 ZVG). Dann müssen bei der Zuteilung bzw. Hilfszuteilung alle in Frage kommenden Bedingungen genau angegeben werden. IV. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) 1.

Teilungsmasse ist vorhanden

15

Wenn der Ersteher das Meistbargebot rechtzeitig überwiesen hat und der Erlös auch für eine Zuteilung des betreffenden Rechts ausreicht, werden die bereits fälligen Vierteljahresbeträge an den Berechtigten ausbezahlt. Wenn der entsprechende Betrag (der Höhe nach) aber noch nicht i. S. v. § 14 ZVG festgestellt ist, kann nicht ausgezahlt werden; dann erfolgt (auch) insoweit Hinterlegung (§ 120 Abs. 1 ZVG).

16

Hinsichtlich des restlichen Deckungskapitals erfolgt die Hinterlegung mit der Anordnung, dass die Vierteljahresbeträge dem Erstberechtigten für den Fall des Erlebens des Fälligkeitszeitpunktes zusteht, im entgegengesetzten Fall dem Hilfsberechtigten das gesamte nicht verbrauchte Restkapital auf einmal auszuzahlen ist. Die entsprechende Bestimmung im Hinterlegungsantrag des Vollstreckungsgerichts muss so genau formuliert werden, dass die Hinterlegungsstelle genau erkennen kann, wem, wann, welcher Betrag auszuzahlen ist; denn mit der Hinterlegung ist die Tätigkeit des Vollstreckungsgerichts beendet.

17

Dies bedeutet für die Beteiligten: Sie müssen sich an die Hinterlegungsstelle wenden, um eine Auszahlung zu erreichen. Für den Erstberechtigten heißt das u. a., dass er die jeweilige Vierteljahresrate nur ausbezahlt bekommt, wenn er den Lebensnachweis führt und ggfls. die Feststellung des Betrags gemäß § 14 ZVG nachweist. Der Hilfsberechtigte kann Auszahlung an sich nur verlangen, wenn er der Hinterlegungsstelle nachweist (z. B. durch Vorlage einer Sterbeurkunde des Erstberechtigten), dass das Recht des Erstberechtigten erloschen ist. Aber auch er muss, wenn die Feststellung nach § 14 ZVG noch nicht erfolgt ist, auch diese Feststellung nachweisen. Notfalls muss er im Prozesswege seine Ansprüche durchsetzen. _____________ 7) 8)

928

So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 121 Rz. 10. Die erste ist bereits am Tag des Zuschlags fällig. Wenn der Verteilungstermin später als drei Monate nach dem Zuschlag stattfindet, ist auch die zweite Geldrente schon fällig.

Bachmann

§ 122

Verteilung bei Gesamthypothek

2.

Teilungsmasse ist nicht vorhanden

Ist das Meistbargebot nicht gezahlt worden, wird der Teilungsplan dadurch ausgeführt, dass die Forderung gegen den Ersteher auf den Erst- und Hilfsberechtigten übertragen wird (§ 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 2 ZVG): –

Hinsichtlich der bereits fälligen Vierteljahresrate(en) erfolgt diese Übertragung unbedingt und nur an den Erstberechtigten.9)



Hinsichtlich des Restbetrags erfolgt die Übertragung an den Erst- und Hilfsberechtigten unter den oben bereits aufgeführten Bedingungen.

Für die übertragenen Beträge sind entsprechende Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG einzutragen.

18

19

V. Formulierungsbeispiele

Eine aufschlussreiche Formulierung für die Behandlung des Deckungskapitals in einem Teilungsplan enthält das Beispiel von Böttcher.10) Hier ist neben der Regelung gemäß §§ 92 Abs. 2, 121 ZVG auch die Frage der Betragsfeststellung gemäß § 14 ZVG eingebaut worden.

20

Auch Drischler11) hat zwei Beispielsfälle formuliert. Hierbei ist zwar § 14 ZVG ausgeklammert; dafür behandelt der Fall II aber die nicht seltene Konstellation einer mehrfachen Berechtigung auf Seiten des Erstberechtigten (z. B. Eheleute als Berechtigte des erloschen Rechts). _____________

21

9) Dies trifft aber nur zu, wenn der Betrag bereits nach § 14 ZVG festgestellt ist; andernfalls könnte auch dieser Betrag nur bedingt Erst- und Hilfsberechtigten zugeteilt werden; Bedingung wäre insoweit aber nur die Feststellung des Betrags. 10) Böttcher, ZVG, § 121 Rz. 7. 11) Drischler, Rpfleger 1983, 229, 231.

§ 122 Verteilung bei Gesamthypothek (1) Sind mehrere für den Anspruch eines Beteiligten haftende Grundstücke in demselben Verfahren versteigert worden, so ist, unbeschadet der Vorschrift des § 1132 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, bei jedem einzelnen Grundstück nur ein nach dem Verhältnis der Erlöse zu bestimmender Betrag in den Teilungsplan aufzunehmen. Der Erlös wird unter Abzug des Betrags der Ansprüche berechnet, welche dem Anspruch des Beteiligten vorgehen. (2) Unterbleibt die Zahlung eines auf den Anspruch des Beteiligten zugeteilten Betrags, so ist der Anspruch bei jedem Grundstück in Höhe dieses Betrags in den Plan aufzunehmen. Übersicht I. II. III. 1.

Allgemeines .......................................... Verteilung gemäß § 1132 BGB ........... Verteilung durch das Gericht ............. Voraussetzungen ...................................

1 3 5 6

2. Berechnung (Abs. 1) ........................... 12 IV. Nichtzahlung des Erlöses .................. 13 1. hinsichtlicher aller Grundstücke ........ 13

Bachmann

929

§ 122

Verteilung bei Gesamthypothek

2.

Teilungsmasse ist nicht vorhanden

Ist das Meistbargebot nicht gezahlt worden, wird der Teilungsplan dadurch ausgeführt, dass die Forderung gegen den Ersteher auf den Erst- und Hilfsberechtigten übertragen wird (§ 121 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 2 ZVG): –

Hinsichtlich der bereits fälligen Vierteljahresrate(en) erfolgt diese Übertragung unbedingt und nur an den Erstberechtigten.9)



Hinsichtlich des Restbetrags erfolgt die Übertragung an den Erst- und Hilfsberechtigten unter den oben bereits aufgeführten Bedingungen.

Für die übertragenen Beträge sind entsprechende Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG einzutragen.

18

19

V. Formulierungsbeispiele

Eine aufschlussreiche Formulierung für die Behandlung des Deckungskapitals in einem Teilungsplan enthält das Beispiel von Böttcher.10) Hier ist neben der Regelung gemäß §§ 92 Abs. 2, 121 ZVG auch die Frage der Betragsfeststellung gemäß § 14 ZVG eingebaut worden.

20

Auch Drischler11) hat zwei Beispielsfälle formuliert. Hierbei ist zwar § 14 ZVG ausgeklammert; dafür behandelt der Fall II aber die nicht seltene Konstellation einer mehrfachen Berechtigung auf Seiten des Erstberechtigten (z. B. Eheleute als Berechtigte des erloschen Rechts). _____________

21

9) Dies trifft aber nur zu, wenn der Betrag bereits nach § 14 ZVG festgestellt ist; andernfalls könnte auch dieser Betrag nur bedingt Erst- und Hilfsberechtigten zugeteilt werden; Bedingung wäre insoweit aber nur die Feststellung des Betrags. 10) Böttcher, ZVG, § 121 Rz. 7. 11) Drischler, Rpfleger 1983, 229, 231.

§ 122 Verteilung bei Gesamthypothek (1) Sind mehrere für den Anspruch eines Beteiligten haftende Grundstücke in demselben Verfahren versteigert worden, so ist, unbeschadet der Vorschrift des § 1132 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, bei jedem einzelnen Grundstück nur ein nach dem Verhältnis der Erlöse zu bestimmender Betrag in den Teilungsplan aufzunehmen. Der Erlös wird unter Abzug des Betrags der Ansprüche berechnet, welche dem Anspruch des Beteiligten vorgehen. (2) Unterbleibt die Zahlung eines auf den Anspruch des Beteiligten zugeteilten Betrags, so ist der Anspruch bei jedem Grundstück in Höhe dieses Betrags in den Plan aufzunehmen. Übersicht I. II. III. 1.

Allgemeines .......................................... Verteilung gemäß § 1132 BGB ........... Verteilung durch das Gericht ............. Voraussetzungen ...................................

1 3 5 6

2. Berechnung (Abs. 1) ........................... 12 IV. Nichtzahlung des Erlöses .................. 13 1. hinsichtlicher aller Grundstücke ........ 13

Bachmann

929

§ 122 2.

Verteilung bei Gesamthypothek

hinsichtlich eines oder einiger Grundstücke ........................................ 14 V. Berechnungsbeispiele ........................ 16

I.

1. 2.

Beispiel nach § 122 Abs. 1 ZVG ......... 16 Beispiel nach § 122 Abs. 2 ZVG ......... 21

Allgemeines

1

§ 122 ZVG regelt, wie ein bar zu zahlender Gesamtanspruch im Teilungsplan zu behandeln ist, wenn bei einem nach § 18 ZVG verbundenen Verfahren der Zuschlag auf Einzelausgebote erteilt worden ist oder wenn beim Zuschlag auf das Gesamtausgebot nach § 112 ZVG Einzelmassen gebildet werden müssen.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Verteilung gemäß § 1132 BGB

3

Belastet ein Gesamtgrundpfandrecht mehrere Grundstücke, so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung (§§ 1132 Abs. 1 Satz 1, 1192, 1199 BGB). Nach § 1132 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Gläubiger die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.1) Dieses Wahlrecht steht dem Gläubiger gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 auch im Fall der Zwangsversteigerung zu, unabhängig davon, ob er selbst oder ein anderer diese Versteigerung betreibt.

4

Eine besondere Form ist für die Erklärung nicht vorgeschrieben; deshalb ist sie formlos möglich. Sie kann schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder mündlich im Verteilungstermin erfolgen. Nach ihrem Zugang beim Vollstreckungsgericht kann sie nicht mehr widerrufen werden. III. Verteilung durch das Gericht

5

Nur wenn der Gläubiger von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht hat, erfolgt die Aufteilung des Gesamtanspruchs durch das Vollstreckungsgericht. Diese richtet sich nach § 122 ZVG. 1.

6

7

Voraussetzungen

Grundvoraussetzung für eine Verteilung nach § 122 ZVG ist der Umstand, dass mehrere Grundstücke bzw. sonstige Versteigerungsobjekte (z. B. Miteigentumsanteile) für den Anspruch eines Gläubigers ungeteilt haften und im Teilungsplan als bar zu zahlender Anspruch aufgeführt sind. Das ist der Fall bei: –

erloschenen Gesamtgrundpfandrechten,



beim Anspruch eines persönlichen Gläubigers (Rangklasse 5), wenn er die Beschlagnahme mehrerer Grundstücke bzw. sonstiger Versteigerungsobjekte erwirkt hat.

Nicht hierunter fallen die bestehen bleibenden Rechte, da es sich hierbei nicht um bar zu zahlende Ansprüche handelt. Ob die Kosten und Nebenleistungen eines bestehen bleibenden Gesamtrechts unter § 122 ZVG fallen, ist streitig: Nach _____________ 1)

930

Dieser Fall ist nicht mit § 1132 Abs. 2 BGB zu verwechseln; denn es handelt sich hierbei nicht um die Verteilung einer (bestehen bleibenden) Gesamthypothek, welche erst mit der Eintragung im Grundbuch wirksam wird (§ 1132 Abs. 2 Satz 2, 875 BGB).

Bachmann

§ 122

Verteilung bei Gesamthypothek

Hintzen2) teilen diese Nebenansprüche das Schicksal des Hauptrechts. Und da eine Verteilung bestehen bleibender Rechte gemäß § 112 ZVG (ausgehend von den Grundstückswerten) vorzunehmen ist, richtet sich die Verteilung der Kosten und Zinsen dieser Rechte ebenfalls nach diesem Verteilungsmaßstab. Böttcher3) dagegen will für die Kosten und Zinsen dieser Gesamtrechte auch die Berechnungsmethode des § 122 ZVG anwenden. Dies kann nicht richtig sein: Wenn bestehen bleibende Gesamtrechte auf entsprechenden Antrag schon bei der Aufstellung der geringsten Gebote verteilt werden, dann richtet sich diese Verteilung gemäß § 64 Abs. 1 ZVG nach dem Verhältnis der (bereinigten) Grundstückswerte. Wenn ein bestehen gebliebenes Gesamtrecht im Teilungsplan verteilt werden muss, dann richtet sich diese Verteilung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 ZVG ebenfalls nach dem Verhältnis der (bereinigten) Grundstückswerte. Es ist nicht recht nachzuvollziehen, wieso die Kosten und Nebenleistungen dieser Rechte nach anderen Kriterien (nämlich nach den bereinigten Erlösen gemäß § 122 ZVG) aufgeteilt werden sollen, zumal sie als Nebenforderungen das Schicksal der Hauptsache teilen (vgl. § 1132 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Auch bei der Frage, ob Ansprüche gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 unter § 122 ZVG fallen, besteht keine Einigkeit: Während die meisten Kommentatoren diese Ansprüche ohne nähere Begründung dem Verteilerschlüssel des § 122 ZVG unterwerfen wollen,4) hat Stöber5) überzeugend begründet, dass es sich hier nur um betragsmäßig zusammengefasste Ansprüche, nicht aber um Gesamthaftungsansprüche handelt.

8

Weitere Voraussetzung ist der Umstand, dass die für den Gesamtanspruch haftenden Grundstücke bzw. sonstigen Versteigerungsobjekte in einem nach § 18 ZVG verbundenen Verfahren versteigert wurden.

9

Es müssen mehrere Einzelmassen vorliegen. Dies ist der Fall:

10



wenn Zuschlag auf Einzelausgebote erfolgte,



wenn Zuschlag auf ein Gesamtausgebot erfolgte, aber eine Verteilung nach § 112 ZVG notwendig war. Einzelheiten hierzu siehe bei § 112 Rz. 5 [Bachmann].

Schließlich darf der Gesamtberechtigte selbst keine Verteilung nach § 1132 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgenommen haben; denn diese geht in jedem Fall vor. 2.

Berechnung (Abs. 1)

Wenn eine Zuteilung auf ein Gesamtrecht erfolgt, dann wird nicht der gesamte Anspruch aus dem Erlös eines Grundstücks genommen; der Gesamtanspruch (Kosten, Nebenleistungen, Hauptanspruch) ist vielmehr auf die belasteten Grundstücke zu verteilen (Abs. 1 Satz 1). Diese Aufteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Einzelerlöse. Vorher müssen aber gemäß Absatz 1 Satz 2 die Ansprüche abgezogen werden, die dem Gesamtrecht im Range vorgehen. _____________ 2) 3) 4) 5)

11

Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 122 Rz. 7. Böttcher, ZVG, § 122 Rz. 3; so auch Stöber, ZVG, § 122 Rz. 3.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 122 Rz. 4. So z. B. Böttcher, ZVG, § 122 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 122 Rz. 2; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 122 Rz. 3. Stöber; ZVG, § 122 Rz. 2.2.

Bachmann

931

12

§ 122

Verteilung bei Gesamthypothek

IV. Nichtzahlung des Erlöses 1. 13

hinsichtlicher aller Grundstücke

Wenn hinsichtlich sämtlicher Grundstücke keine oder keine vollständige Zahlung erfolgt ist, dann haften alle Grundstücke weiter – jeweils für den vollen bzw. nicht gedeckten Betrag. Sodann ist nach § 123 ZVG eine Hilfszuteilung vorzunehmen. Bei der Ausführung des Teilungsplans ist nach § 118 ZVG die Forderung gegen den Ersteher auf den Gesamtgläubiger zu übertragen und das Grundbuchamt um Eintragung einer entsprechenden Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG zu ersuchen. Diese Sicherungshypothek ist keine echte Gesamthypothek i. S. v. § 1132 BGB, hat aber zumindest verfahrensrechtliche Ähnlichkeit (vgl. § 48 GBO).6) 2.

hinsichtlich eines oder einiger Grundstücke

14

Wenn der Ersteher eines oder einiger Grundstücke keine oder keine vollzählige Zahlung geleistet hat und deshalb der Gesamtanspruch nicht voll befriedigt werden kann, dann tragen die übrigen Grundstücke diesen Ausfall. Der Ausfallbetrag wird ebenfalls im Verhältnis der Resterlöse auf die Grundstücke verteilt, bei denen noch ein solcher Erlös vorhanden ist. Wenn nur noch für ein Grundstück ein Resterlös vorhanden ist, dann muss aus diesem der gesamte Ausfallbetrag entnommen werden.

15

Reichen die Resterlöse der anderen Grundstücke nicht aus, den bei voller Zahlung des Meistbargebote gedeckten Anspruch des Gesamtberechtigten zu decken, dann erfolgt insoweit gemäß § 118 ZVG eine Forderungsübertragung gegen den betreffenden Ersteher für den Gesamtberechtigten. Daneben ist eine Hilfszuteilung nach § 123 ZVG vorzunehmen und die Eintragung einer Sicherungshypothek an dem Grundstück, dessen Ersteher nicht oder zu wenig gezahlt hat, zu veranlassen. V. Berechnungsbeispiele 1.

16

Beispiel nach § 122 Abs. 1 ZVG

Der folgende Fall setzt das 1. Beispiel von § 112 ZVG (Rz. 15 ff.) wie folgt fort: Bestbetreibender Gläubiger war ein persönlicher Gläubiger, der wegen eines Gesamtanspruchs von 60.000 € die Zwangsversteigerung aller drei Grundstücke beantragt hatte. Diese ist auch in einem verbunden Verfahren durchgeführt worden.

17

Zur Erinnerung: Grundstück 1

Grundstück 2

Grundstück 3

1.821,42 €

709,52 €

86.119,06 €

Anspruch des G 60.000 €7)

– 1.232,78 €

– 480,22 €

– 58.287,00 €

Neuer Resterlös

588,64 €

229,30 €

27.832,06 €

Resterlöse (§ 112)

_____________ 6) 7)

932

Wegen des Wortlauts dieser Sicherungshypothek im Eintragungsersuchen wird auf Stöber, ZVG, § 122 Rz. 4.2 verwiesen. Aufgeteilt im Verhältnis: 1.821,42 € : 709,52 € : 86.119,06 €.

Bachmann

§ 122

Verteilung bei Gesamthypothek

Wenn jetzt noch ein weiterer Gesamtberechtigter vorhanden ist, muss dessen Anspruch nach den neuen Resterlösen verteilt werden.

18

Fortsetzung des Sachverhalts:

Ein Gläubiger (H) der Rangklasse 6 hat eine (Teil-)Gesamthypothek von 10.000 € rechtzeitig angemeldet; diese belastet nur die Grundstücke 1 und 3.

19

Die Berechnung geht wie folgt weiter:

20

Grundstück 1

Grundstück 2

Grundstück 3

Anspruch des H 10.000 €8)

207,12 €



9.792,88 €

Neuer Resterlös

381,52 €

229,30 €

18.039,18 €

2.

Beispiel nach § 122 Abs. 2 ZVG

Es wurden drei Grundstücke im Einzelausgebot versteigert. Die Berechnung nach § 122 Abs. 1 ZVG ergab folgende Resterlöse: Grundstück 1

Grundstück 2

Grundstück 3

Resterlös (§ 122 I)

10.000 €

20.000 €

30.000 €

Anspruch des Gesamtberechtigten 30.000 €9)

– 5.000 €

– 10.000 €

– 15.000 €

5.000 €

10.000 €

15.000 €

Resterlös

Das Meistbargebot des Erstehers von Grundstück 2 wurde nicht bezahlt. Dann tragen die beiden Grundstücke 1 und 3 den Ausfall im Verhältnis des noch vorhandenen Resterlöses. Die fehlenden 10.000 € werden also aufgeteilt im Verhältnis 1 : 3. Grundstück 1

Grundstück 2

Grundstück 3

Fehlbetrag, nach § 122 Abs. 2 ZVG aufgeteilt

2.500 €

+ 10.000 €

7.500 €

Resterlös

2.500 €

0€

7.500 €

_____________ 8) 9)

Aufgeteilt im Verhältnis: 588,64 € : 27.832,06 €. Aufgeteilt im Verhältnis 1 : 2 : 3.

Bachmann

21

933

22

§ 123

Hilfsübertragung bei Gesamthypothek

§ 123 Hilfsübertragung bei Gesamthypothek (1) Soweit auf einen Anspruch, für den auch ein anderes Grundstück haftet, der zugeteilte Betrag nicht gezahlt wird, ist durch den Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag anderweit verteilt werden soll, wenn das Recht auf Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag nach Maßgabe der besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt. (2) Die Zuteilung ist dadurch auszuführen, daß die Forderung gegen den Ersteher unter der entsprechenden Bedingung übertragen wird. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Hilfszuteilung (Abs. 1) ........................ 4

I.

III. Forderungsübertragung (Abs. 2) ....... 7

Allgemeines

1

Die Vorschrift regelt den Fall, wenn ein Recht auf Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag nach Maßgabe der Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt, obwohl der zugeteilte Betrag im Versteigerungsverfahren gar nicht gezahlt worden ist. Da der Anspruchsberechtigte eine Befriedigung seiner Forderung auch aus einem anderen mithaftenden Objekt erhalten kann, hat dies das Erlöschen des Anspruchs auch an dem versteigerten Grundstück zur Folge. Damit würde die infolge der Forderungsübertragung gemäß § 118 ZVG und der Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG dem Gesamtrechtsgläubiger zustehende Forderung auch wegfallen.

2

Da eine Nachtragsverteilung grundsätzlich ausgeschlossen ist, muss im Teilungsplan für diesen Fall eine Regelung getroffen werden. Und die sieht in § 123 ZVG folgendermaßen aus: Bei der Zuteilung ist eine Hilfszuteilung an den nächstausfallenden Berechtigten vorzunehmen (Abs. 1). Die Zuteilung ist dadurch auszuführen, dass die Forderung gegen den Ersteher unter der entsprechenden Bedingung übertragen wird (Abs. 2).

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Hilfszuteilung (Abs. 1)

4

§ 123 ZVG ist nach Stöber1) in folgenden Fällen einschlägig: –

Mehrere mit einem Gesamtrecht belastete Grundstücke wurden in einem verbunden Verfahren einzeln versteigert. Infolge Nichtzahlung des Meistbargebots wird die Forderung an jedem Grundstück voll übertragen (§ 122 Abs. 2 ZVG), wobei die Vorschriften über die Gesamthypothek (§§ 1143 Ab. 2, 1173, 1174, 1181, 1182 ZVG) analoge Anwendung finden.

Mehrere mit einem Gesamtrecht belastete Grundstücke werden in einem Verfahren im Gesamtausgebot zugeschlagen. Infolge Nichtzahlung des Meistbargebots ist eine Verteilung nach § 112 ZVG gar nicht nötig. Aber auch hier wird die Forderung gegen den Ersteher gemäß § 122 Abs. 2 ZVG in voller Höhe übertragen. Die Vorschriften über die Gesamthypothek finden Anwendung. _____________



1)

934

Stöber, ZVG, § 123 Rz. 2.3.

Bachmann

§ 123

Hilfsübertragung bei Gesamthypothek



Wenn nur eines von mehreren mit einem Gesamtrecht belasteten Grundstücke versteigert wird und auf das Gesamtrecht eine Zuteilung entfällt. Infolge Nichtzahlung des Meistbargebots wird auch hier die Forderung gegen den Ersteher voll übertragen, wobei die Vorschriften über die Gesamthypothek analoge Anwendung finden.2)

Die Hilfszuteilung gemäß § 123 ZVG setzt voraus, dass eine Zuteilung auf den Gesamtanspruch erfolgt. Weitere Voraussetzung ist, dass dieser zugeteilte Betrag ganz oder teilweise nicht gezahlt wird, sodass eine Forderungsübertragung gemäß § 118 ZVG erfolgen muss.

5

Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, muss für den Gesamtanspruch eine Hilfszuteilung vorgenommen werden. Diese erfolgt für den Berechtigten des Gesamtanspruchs unter der auflösenden Bedingung, für den erstausfallenden Berechtigten unter der aufschiebenden Bedingung. Bedingung ist, dass der Gesamtanspruch bis zur Erfüllung nicht infolge der Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt bzw. dass der Betrag aus demselben Grund dem Hilfsberechtigten zusteht.3)

6

III. Forderungsübertragung (Abs. 2)

Der Teilungsplan wird auch hier durch Übertragung der Forderung gegen den Ersteher ausgeführt (§ 118 ZVG). Das Besondere in dem vorliegenden Fall ist jedoch der Umstand, dass diese Übertragung gemäß § 123 Abs. 2 ZVG an den Gesamtberechtigten unter der auflösenden Bedingung und an den Hilfsberechtigten unter der aufschiebenden Bedingung erfolgt.

7

Anschließend ist für die übertragene Forderung eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG für die beiden Zuteilungsberechtigten einzutragen. Ob diese Eintragung dann als bedingte Sicherungshypothek oder als unbedingte zur Sicherung einer bedingten Forderung erfolgen muss, ist bisher noch nicht obergerichtlich entschieden worden. Nach einer Ansicht handelt es sich um eine unbedingte Sicherungshypothek.4) Nach anderer Ansicht ist die Hypothek als bedingt einzutragen.5) Das eigentliche Problem ist hier aber nicht vollstreckungsrechtlicher Natur, sondern berührt das Sachenrecht und das formelle Grundbuchrecht. Dort

8

_____________ 2) 3)

4)

5)

So auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 123 Rz. 1; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 123 Rz. 3; a. A. offenbar Böttcher, ZVG, § 123 Rz. 1. Vgl. Löhnig/Hannemann, ZVG, § 123 Fn. 10 m. w. N. Dagegen ist der Hinweis in Fn. 8 nicht recht verständlich: Wenn Teufel in Steiner-Teufel, ZVG, § 123 Rz. 12 diese Formulierung für andere Gesamtansprüche „anpassen“ will, dann übersieht er, dass die Vorschriften über die Gesamthypothek unmittelbar meistens sowieso nicht mehr zutreffen, da die Gesamthypothek an dem versteigerten Grundstück oft schon durch den Zuschlag erloschen sind und die einzutragende Sicherungshypothek(n) auch keine „echte Gesamthypothek(en)“ darstellen. Im Übrigen wird auf die Vorschriften „über die Gesamthypothek“ verwiesen; damit ist nicht gesagt, dass eine Gesamthypothek vorhanden sein muss (vgl. eine ähnliche Verweisung in § 20 Abs. 2 hinsichtlich des Umfangs der Beschlagnahme – auch für persönliche Gläubiger). So Böttcher, ZVG, § 123 Rz. 1 unter Hinweis auf Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6. Dieser Hinweis ist etwas unvollständig; denn bei § 123 Rz. 3 vertritt Stöber die Ansicht, dass eine bedingte Sicherungshypothek einzutragen wäre. So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 123 Rz. 5 und 8; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 123 Rz. 12.

Bachmann

935

§ 124

Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan

stellt sich nämlich die Frage, ob eine Alternativberechtigung oder eine Sukzessivberechtigung im Grundbuch die Eintragung eines (unbedingten) Rechts oder die Eintragung zweier Rechte erfordert. In der Grundbuchliteratur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass bei der Annahme einer Alternativberechtigung zwei bedingte Rechte einzutragen sind,6) bei der Annahme einer Sukzessivberechtigung dagegen lässt die überwiegende Rechtsprechung eine Eintragung genügen, weil zunächst nur ein Recht entsteht, das bei Bestehenbleiben des Anspruchs später von einem anderen ausgeübt wird.7) Wenn man also davon ausgeht, dass im Fall des § 123 Abs. 2 ZVG nur eine Sicherungshypothek für zwei unterschiedliche Berechtigte eingetragen werden soll, dann handelt es sich um eine unbedingte Sicherungshypothek, es sei denn es handelt sich um den (seltenen) Fall der noch nicht fälligen Zuzahlung nach §§ 50,51 ZVG. In diesem Fall ist eine bedingte Sicherungshypothek einzutragen, wenn noch ungewiß oder streitig ist, ob der Betrag überhaupt zu zahlen ist (§ 125 Abs. 2 ZVG).8) In den anderen Fällen der bedingten Übertragung ist nicht die Sicherungshypothek bedingt, sondern nur das jeweilige Gläubigerrecht.9) _____________ 6) 7) 8) 9)

Vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 261a; BayObLG, Rpfleger 1985, 204. Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 20.3.1996 – 2 Wx 3/96, openJur 2012, 75254; BayObLG, Beschl. v. 6.4.1995, 2 Z BR 17/95, Rpfleger 1995, 498 = NJW-RR 1995, 1297. So auch Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6.2. So auch Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6.3, der hier den Fall des § 123 Abs. 2 ebenfalls aufführt. Insoweit ist sein Hinweis bei § 123 Rz. 3 damit etwas missverständlich.

§ 124 Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan (1) Im Falle eines Widerspruchs gegen den Teilungsplan ist durch den Plan festzustellen, wie der streitige Betrag verteilt werden soll, wenn der Widerspruch für begründet erklärt wird. (2) Die Vorschriften des § 120 finden entsprechende Anwendung; die Art der Anlegung bestimmt derjenige, welcher den Anspruch geltend macht. (3) Das gleiche gilt, soweit nach § 115 Abs. 4 die Ausführung des Planes unterbleibt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Hilfszuteilung ...................................... 5 III. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) .................................................. 8

I. 1

1. Teilungsmasse ist vorhanden ................ 9 2. Teilungsmasse ist nicht vorhanden .... 12 IV. Sicherheitsleistung des Schuldners (Abs. 3) ................................................ 14

Allgemeines

In § 115 ZVG ist geregelt, wie ein Widerspruch im Verteilungstermin behandelt wird. Wenn er sich im Verteilungstermin durch Einigung bzw. Anerkenntnis erledigt, muss der Teilungsplan gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 876 Satz 3 ZPO entsprechend geändert werden. Wenn der Widerspruch im Verteilungstermin nicht 936

Bachmann

§ 124

Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan

stellt sich nämlich die Frage, ob eine Alternativberechtigung oder eine Sukzessivberechtigung im Grundbuch die Eintragung eines (unbedingten) Rechts oder die Eintragung zweier Rechte erfordert. In der Grundbuchliteratur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass bei der Annahme einer Alternativberechtigung zwei bedingte Rechte einzutragen sind,6) bei der Annahme einer Sukzessivberechtigung dagegen lässt die überwiegende Rechtsprechung eine Eintragung genügen, weil zunächst nur ein Recht entsteht, das bei Bestehenbleiben des Anspruchs später von einem anderen ausgeübt wird.7) Wenn man also davon ausgeht, dass im Fall des § 123 Abs. 2 ZVG nur eine Sicherungshypothek für zwei unterschiedliche Berechtigte eingetragen werden soll, dann handelt es sich um eine unbedingte Sicherungshypothek, es sei denn es handelt sich um den (seltenen) Fall der noch nicht fälligen Zuzahlung nach §§ 50,51 ZVG. In diesem Fall ist eine bedingte Sicherungshypothek einzutragen, wenn noch ungewiß oder streitig ist, ob der Betrag überhaupt zu zahlen ist (§ 125 Abs. 2 ZVG).8) In den anderen Fällen der bedingten Übertragung ist nicht die Sicherungshypothek bedingt, sondern nur das jeweilige Gläubigerrecht.9) _____________ 6) 7) 8) 9)

Vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 261a; BayObLG, Rpfleger 1985, 204. Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 20.3.1996 – 2 Wx 3/96, openJur 2012, 75254; BayObLG, Beschl. v. 6.4.1995, 2 Z BR 17/95, Rpfleger 1995, 498 = NJW-RR 1995, 1297. So auch Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6.2. So auch Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6.3, der hier den Fall des § 123 Abs. 2 ebenfalls aufführt. Insoweit ist sein Hinweis bei § 123 Rz. 3 damit etwas missverständlich.

§ 124 Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan (1) Im Falle eines Widerspruchs gegen den Teilungsplan ist durch den Plan festzustellen, wie der streitige Betrag verteilt werden soll, wenn der Widerspruch für begründet erklärt wird. (2) Die Vorschriften des § 120 finden entsprechende Anwendung; die Art der Anlegung bestimmt derjenige, welcher den Anspruch geltend macht. (3) Das gleiche gilt, soweit nach § 115 Abs. 4 die Ausführung des Planes unterbleibt. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Hilfszuteilung ...................................... 5 III. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) .................................................. 8

I. 1

1. Teilungsmasse ist vorhanden ................ 9 2. Teilungsmasse ist nicht vorhanden .... 12 IV. Sicherheitsleistung des Schuldners (Abs. 3) ................................................ 14

Allgemeines

In § 115 ZVG ist geregelt, wie ein Widerspruch im Verteilungstermin behandelt wird. Wenn er sich im Verteilungstermin durch Einigung bzw. Anerkenntnis erledigt, muss der Teilungsplan gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 876 Satz 3 ZPO entsprechend geändert werden. Wenn der Widerspruch im Verteilungstermin nicht 936

Bachmann

Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan

§ 124

erledigt wird, muss über die Begründetheit des Widerspruchs das Prozessgericht entscheiden (§ 115 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. §§ 878 ff. ZPO). Da in diesem Fall ungewiss ist, ob dieser Widerspruch schließlich zum Erfolg führt oder nicht, muss im Teilungsplan auch geregelt werden, wie der Erlös zu verteilen ist, wenn der Widerspruch schließlich erfolgreich ist. Nach § 124 Abs. 1 ZVG ist hierzu eine Hilfszuteilung vorzunehmen. Der vom Widerspruch betroffene Betrag wird dann hinterlegt (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Bei Nichtzahlung erfolgt eine bedingte Forderungsübertragung (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 2 ZVG).

2

Die Vorschrift ist gemäß Absatz 3 auch anzuwenden, wenn der Schuldner durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung die Befriedigung eines vollstreckbaren Anspruchs abwenden darf; denn auch dann unterbleibt nach § 115 Abs. 4 ZVG die Ausführung des Plans, sodass bis zur Rechtskraft des Titels ein Schwebezustand besteht.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Auch in der Zwangsverwaltung findet die Vorschrift über die Verweisung in § 156 Abs. 2 Satz 4 ZVG Anwendung.

4

II. Hilfszuteilung

Wenn der Widerspruch zulässig ist, im Verteilungstermin aber nicht erledigt werden kann, muss nach Absatz 1 im Teilungsplan eine Hilfszuteilung erfolgen.1) Diese erfolgt zugunsten des Widersprechenden, also nicht für den Nächstausfallenden oder für einen Zwischenberechtigten. Wenn mehrere gegen denselben Anspruch Widerspruch erheben, dann erfolgt die Hilfszuteilung an die mehreren Widersprechenden in ihrer Reihenfolge gemäß § 10 ZVG.

5

Gegen die Hilfszuteilung kann ebenfalls Widerspruch erhoben werden. Die Klagefrist gemäß § 878 ZPO beginnt dann mit dem Verteilungstermin.

6

Wenn das Vollstreckungsgericht diese Hilfszuteilung unterlassen hat, kann das Prozessgericht durch eine Anweisung eine bestimmte Verteilung anordnen (§ 880 ZPO). Eine solche Anweisung ist aber nicht möglich, wenn das Vollstreckungsgericht eine Hilfszuteilung vorgenommen hat, welche das Prozessgericht für nicht richtig hält.2)

7

III. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2)

Je nachdem, ob die Teilungsmasse vorhanden ist oder nicht, gestaltet sich die Ausführung des Teilungsplans unterschiedlich. 1.

Teilungsmasse ist vorhanden

Hat der Ersteher das Meistbargebot gezahlt bzw. auf das Konto des Gerichts überwiesen, wird der vom Widerspruch betroffene Betrag gemäß § 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZVG für den Erstberechtigten und den Hilfsberechtigten (also _____________ 1)

2)

8

Für diese Änderung des Teilungsplans einen förmlichen Beschluss zu erlassen, wie Hintzen (Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 124 Rz. 2) meint, halte ich für überflüssig; denn auch der Teilungsplan selbst erfolgt ebenfalls nicht in Beschluss-Form. BGH, Urt. v. 9.12.1985 – II ZR 5/85, NJW 1987, 131; Böttcher, ZVG, § 124 Rz. 4, der hier aber zu Unrecht Stöber als a. A. zitiert; Stöber, ZVG, § 124 Rz. 2.6; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 124 Rz. 4; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 124 Rz. 8.

Bachmann

937

9

§ 124

10 11

den Widersprechenden) hinterlegt. Diese Hinterlegung erfolgt unter der entsprechenden Bedingung (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 120 Abs. 1 Satz 3 ZVG): – an den Erstberechtigten unter der Bedingung, dass der Widerspruch nicht für begründet erklärt oder die Klageerhebung gemäß § 878 ZPO nicht rechtzeitig nachgewiesen wird, – an den Hilfsberechtigten unter der Bedingung, soweit sein Widerspruch für begründet erklärt wird. Aber anders als bei § 120 Abs. 2 Halbs. 2 ZVG bestimmt hier der Erstberechtigte die Art der Hinterlegung. Die endgültige Planausführung durch das Vollstreckungsgericht erfolgt, wenn die Erhebung der Widerspruchsklage nicht oder verspätet nachgewiesen wurde bzw. wenn ein Urteil des Prozessgerichts ergangen ist, die Widerspruchsklage zurückgenommen oder ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wurde. Das Vollstreckungsgericht stellt dann fest, wem der hinterlegte Betrag nun endgültig zusteht und ersucht die Hinterlegungsstelle, den hinterlegten Betrag samt evtl. Hinterlegungszinsen an den Berechtigten auszuzahlen. 2.

12

13

Verteilung bei Widerspruch gegen den Teilungsplan

Teilungsmasse ist nicht vorhanden

Hat der Ersteher das Meistgebot nicht gezahlt, ist die Forderung gegen den Ersteher gemäß § 118 ZVG zu übertragen und zwar für den Erst- und den Hilfsberechtigten unter der jeweiligen Bedingung. Anschließend ist gemäß § 128 ZVG hierfür eine Sicherungshypothek für beide unter den entsprechenden Bedingungen einzutragen. Auch hier muss das Vollstreckungsgericht dann wieder tätig werden, wenn über den Widerspruch abschließend entschieden worden ist. Wenn die Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG bereits im Grundbuch eingetragen ist, ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Berichtigung dahingehend, dass die Hypothek nur dem nun endgültig feststehenden Zuteilungsberechtigten allein – und zwar bedingungslos – zusteht. IV. Sicherheitsleistung des Schuldners (Abs. 3)

14

Wenn der Schuldner die Befriedigung eines vollstreckbaren Anspruchs durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, dann unterbleibt nach § 115 Abs. 4 ZVG die Ausführung des Teilungsplans, wenn diese Sicherheit geleistet oder die Hinterlegung bewirkt worden ist. Auch in diesem Fall ist nach Absatz 3 eine Hilfszuteilung vorzunehmen: –

für den Fall, dass der Anspruch rechtskräftig zuerkannt wird, an den Gläubiger dieses Anspruchs,



15

für den Fall, dass der Anspruch nicht rechtskräftig zuerkannt wird, an den Schuldner.3) Für die Ausführung des Teilungsplans kommt es auch hier darauf an, ob die Teilungsmasse vorhanden ist oder nicht. Wegen der Einzelheiten siehe unter Rz. 9 ff. _____________ 3)

938

So Stöber, ZVG, § 124 Rz. 4.2; etwas unklar Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 124 Rz. 11: Regelmäßig wird er dem Schuldner zuzuteilen sein.

Bachmann

§ 125

Zuteilung des erhöhten Betrages

§ 125 Zuteilung des erhöhten Betrages (1) Hat der Ersteher außer dem durch Zahlung zu berichtigenden Teil des Meistgebots einen weiteren Betrag nach den §§ 50, 51 zu zahlen, so ist durch den Teilungsplan festzustellen, wem dieser Betrag zugeteilt werden soll. Die Zuteilung ist dadurch auszuführen, daß die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird. (2) Ist ungewiß oder streitig, ob der weitere Betrag zu zahlen ist, so erfolgt die Zuteilung und Übertragung unter der entsprechenden Bedingung. Die §§ 878 bis 882 der Zivilprozeßordnung finden keine Anwendung. (3) Die Übertragung hat nicht die Wirkung der Befriedigung aus dem Grundstück. Literatur: Mayer, Das Verfahren im Verteilungstermin, wenn im geringsten Gebot (als bestehen bleibend) berücksichtigte Rechte nicht entstanden oder erloschen sind, RpflStud 1980, 49. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Zuzahlungspflicht des Erstehers ........ 5 III. Feststehen der Zuzahlungspflicht (Abs. 1) .................................................. 9 1. Zuteilung (Satz 1) ............................... 10 2. Ausführung der Zuteilung (Satz 2) .... 11 IV. Zuzahlungspflicht ist ungewiss oder streitig (Abs. 2) .......................... 12 1. Zuteilung (Satz 1) ............................... 16

I.

2. Ausführung der Zuteilung (Satz 1) ...... 18 V. Wirkung der Forderungsübertragung (Abs. 3) ................................. 19 VI. Nicht berücksichtigter Zuzahlungsbetrag ............................... 20 VII. Sonstiges ............................................. 21 1. Löschungsanspruch und Löschungsvormerkung ....................... 21 2. Auflassungsvormerkung ..................... 31

Allgemeines

Neben dem Meistbargebot, das der Ersteher gemäß § 49 Abs. 1 ZVG spätestens im Verteilungstermin zu berichtigen hat, übernimmt der Ersteher gemäß § 52 ZVG auch die bestehen bleibenden Rechte. Deshalb muss er diese bei Gebotsabgabe auch immer mit einkalkulieren. Wenn ein solches Recht aber bei der Zuschlagserteilung bereits erloschen ist (also materiellrechtlich nicht bzw. nicht mehr besteht) oder wenn es zwar erst später erlischt, aber ohne dass der Ersteher hierfür eine Leistung erbringen muss, dann wäre dieser hierdurch „bereichert“. Deshalb sieht das ZVG in diesen Fällen vor, dass der Ersteher zu seinem Meistbargebot zusätzlich noch etwas zahlen muss (§§ 50, 51 ZVG).

1

Wenn der Ersteher diesen Betrag bereits zum Verteilungstermin an das Vollstreckungsgericht überwiesen hat, wozu er nicht verpflichtet ist, nimmt das Gericht diesen Betrag zusammen mit dem Meistbargebot zur Teilungsmasse und verteilt diese erhöhte Teilungsmasse. Die Erhöhung der Teilungsmasse kommt also dem erstausfallenden Berechtigten zugute. Da § 50 Abs. 1 ZVG bei Grundpfandrechten bestimmt, dass es (auch) hinsichtlich der Zahlungszeit bei den ursprünglichen Bestimmungen des Rechts bleibt, und bei den übrigen Rechten gemäß § 51 ZVG die Zahlung erst drei Monate nach erfolgter Kündigung erfolgen muss, ist die Zahlung an das Gericht durch das Gesetz auch nicht vorgesehen.

2

Bachmann

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§ 125

Zuteilung des erhöhten Betrages

3

Das Gesetz sieht hier in § 125 ZVG vielmehr vor, dass im Teilungsplan festgestellt wird, wem und ggfls. unter welchen Bedingungen ein Zuzahlungsbetrag zugeteilt wird. Da keine unmittelbare Zahlung vorgesehen ist, kann die Ausführung der Zuteilung nur durch Forderungsübertragung erfolgen (Abs. 1 Satz 2). Diese Übertragung hat aber anders als bei § 118 ZVG nicht die Wirkung der Befriedigung aus dem Grundstück (Abs. 3); diese tritt erst ein, wenn der Zuteilungsberechtigte tatsächlich befriedigt wird.

4

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Zuzahlungspflicht des Erstehers

5

Eine Zuzahlungsverpflichtung gemäß §§ 50, 51 ZVG kommt in folgenden Fällen in Betracht: –

Ein Recht, das als bestehen bleibend ins geringste Gebot aufgenommen wurde, besteht im Zeitpunkt des Zuschlags überhaupt nicht (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 ZVG).



Bei dem bestehen bleibenden Recht handelt es sich um ein bedingtes Recht und die (auflösende) Bedingung tritt ein bzw. die (aufschiebende) Bedingung fällt endgültig aus (§§ 50 Abs. 2 Nr. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 ZVG).



Ein bestehen bleibendes Gesamtrecht erlischt nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek (§ 50 Abs. 2 Nr. 2).

6

Die Höhe des Zuzahlungsbetrags richtet sich bei den Grundpfandrechten nach dem im Grundbuch eingetragenen Kapitalbetrag samt den entsprechenden Zinsen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Bei den Rechten der Abt. II des Grundbuchs ist der vom Vollstreckungsgericht bei der Feststellung des geringsten Gebots festgesetzte Betrag maßgeblich (§ 51 Abs. 2 ZVG). Ist diese Festsetzung versehentlich unterbleiben, muss diese Festsetzung im Verteilungstermin nachgeholt werden, falls keine Einigung zwischen den Beteiligten erreicht wird. Aber anders als der gemäß § 51 Abs. 2 ZVG festgesetzte Betrag ist der nachträglich festgelegte Betrag weder für die Beteiligten noch das Prozessgericht bindend.

7

Das Vollstreckungsgericht muss im Verteilungsverfahren jede ihm bekannte Zuzahlungspflicht des Erstehers gemäß § 125 ZVG berücksichtigen. Seine Kenntnis kann beruhen auf dem Inhalt des Grundbuchs:

8



Es ist ein bedingtes Recht eingetragen.1)



Es ist ein Gesamtgrundpfandrecht eingetragen.2)

Dem Gericht kann aber auch durch den Vortrag eines Beteiligten im Verteilungstermin Kenntnis erhalten. In diesem Sinn ist auch ein „Widerspruch“ gegen ein bestehen bleibendes Recht aufzufassen; dieser ist nicht nach § 115 ZVG zu behandeln, sondern als Anregung, gemäß § 125 ZVG tätig zu werden. Eigene Ermittlungen durchzuführen ist aber nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts. _____________ 1) 2)

940

Die Tatsache der Bedingung muss ausdrücklich eingetragen sein; wegen des Inhalts kann Bezug auf die Eintragungsgbewilligung genommen werden. Die Tatsache der Mitbelastung muss gemäß § 48 GBO ebenfalls ausdrücklich im Grundbuch eingetragen sein.

Bachmann

§ 125

Zuteilung des erhöhten Betrages

III. Feststehen der Zuzahlungspflicht (Abs. 1)

Die Zuzahlungspflicht des Erstehers steht fest, wenn dem Vollstreckungsgericht sicher bekannt ist, dass ein bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigtes Recht nicht besteht. Dies ist ohne Zweifel dann der Fall, wenn das entsprechende Recht bereits vor der Zuschlagserteilung im Grundbuch gelöscht worden ist. Dagegen reicht die Vorlage einer Löschungsbewilligung beim Vollstreckungsgericht allein nicht aus, auch wenn es sich um eine Berichtigungsbewilligung handelt;3) denn erst mit der tatsächlichen Löschung im Grundbuch steht sicher fest, dass das Recht nicht (mehr) besteht. Anders dagegen, wenn die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunde nachgewiesen ist (z. B. Sterbeurkunde bei einem auf Lebenszeit beschränkten Recht).4) Auch wenn ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass ein im Zuschlagsbeschluss als bestehen bleibend aufgeführtes Recht zum Zeitpunkt des Zuschlags tatsächlich nicht bestand, steht die Zuzahlungspflicht fest. Wenn sich die Beteiligten mit dem Ersteher über das Nichtbestehen eines Rechts einig sind, soll auch ein Fall des Absatzes 1 vorliegen.5) Das kann nicht richtig sein; denn das (materiellrechtliche) Erlöschen eines Rechts erfordert nach § 875 BGB die Eintragung im Grundbuch. Dieses Eintragungserfordernis kann nicht durch irgendwelche Vereinbarung zwischen Beteiligten „ersetzt“ werden; dies wäre eine Umgehung der sachenrechtlichen Vorschriften. Und auch bei einer berichtigenden Eintragung wird dem Grundbuchamt grundsätzlich die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. 1.

Zuteilung (Satz 1)

Der Zuzahlungsbetrag ist an die nächstausfallenden Gläubiger in der Befriedigungsreihenfolge des § 10 ZVG unbedingt zuzuteilen. Konkret bedeutet dies: –

Im Teilungsplan wird der Zuzahlungsbetrag bei der Teilungsmasse mit aufgeführt.



Im Abschnitt Zuteilung wird der ansonsten nächstausfallende Berechtigte auch noch angeführt. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Da in der Schuldenmasse die Zinsen seines Anspruchs nur bis zum Verteilungstermin berechnet sind, die tatsächliche Zahlung aber erst später erfolgt, laufen diese Zinsen bis zur Befriedigung weiter.6) Dies muss im Teilungsplan im Abschnitt Zuteilung zum Ausdruck gebracht werden.7)

_____________ 3)

4) 5) 6) 7)

9

So Böttcher, ZVG, § 125 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 125 Rz. 2.4; teilw. a. A. Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 125 Rz. 6: formgerechte Bewilligung reiche aus. Dies kann nicht richtig sein; denn das Recht erlischt erst mit der tatsächlichen Eintragung der (konstitutiven) Löschung. Dass Böttcher zwischen Berichtigungsbewilligung (= nicht ausreichend) und dem Unrichtigkeitsnachweis durch öffentliche Urkunden nochmals unterscheidet, hängt damit zusammen, dass man einer Eintragungsbewilligung regelmäßig gar nicht „ansieht“, ob es sich um eine Berichtigungs- oder um eine sonstige Bewilligung handelt. Vgl. §§ 22, 29 Abs. 1 Satz 2 GBO: Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. So Böttcher, ZVG, § 125 Rz. 8, Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 125 Rz. 6; a. A. Stöber, ZVG, § 125 Rz. 2.4. Stöber, ZVG, § 125 Rz. 2.5. Vgl. Böttcher, ZVG, § 125 Rz. 10.

Bachmann

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10

§ 125 2. 11

Zuteilung des erhöhten Betrages

Ausführung der Zuteilung (Satz 2)

Ausgeführt wird dieser Teilungsplan dadurch, dass die Forderung gegen den Ersteher auf den weiter berücksichtigten Gläubiger übertragen wird (Abs. 1 Satz 2); diese Übertragung erfolgt unbedingt. Diese Forderung wird durch Eintragung einer unbedingten Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG gesichert, deren Rang sich nicht etwa nach dem weggefallenen Recht richtet, sondern nach dem Rang des Anspruchsberechtigten. Die Durchsetzung des Anspruchs selbst ist Sache des Berechtigten, der den Anspruch notfalls gerichtlich geltend machen muss. IV. Zuzahlungspflicht ist ungewiss oder streitig (Abs. 2)

12 13

Wenn ungewiss oder streitig ist, ob der weitere Betrag zu zahlen ist, ist Absatz 2 anzuwenden. Ungewiss ist die Zuzahlungspflicht in folgenden Fällen:



wenn bei einem bedingten Recht nicht ersichtlich ist, ob die aufschiebende Bedingung bereits ausgefallen oder die auflösende Bedingung eingetreten ist;



wenn bei einem Gesamtrecht nicht ersichtlich ist, ob das Recht schon nach den Vorschriften über die Gesamthypothek erloschen ist;



wenn ein durch Vormerkung oder Widerspruch gesichertes Recht gemäß § 48 ZVG im geringsten Gebot wie ein eingetragenes Recht behandelt worden ist.

14

Streitig ist die Zuzahlungspflicht, wenn sie weder objektiv feststeht noch grundbuchersichtlich möglich ist, von einem Beteiligten aber geltend gemacht wird. Dies erfolgt z. B. auch durch Erhebung eines Widerspruchs gegen ein bestehen bleibendes Recht. Ein solcher Widerspruch ist nicht nach § 115 ZVG zu behandeln, sondern in eine Erklärung auszulegen, dass eine Zuzahlungspflicht nach § 125 ZVG zu prüfen sei.8) Deshalb ist es auch konsequent, wenn Absatz 2 Satz 2 darauf verweist, dass die §§ 878 bis 882 ZPO in diesem Zusammenhang keine Anwendung finden.

15

In all diesen Fällen muss das Vollstreckungsgericht von Amts wegen die mögliche, aber ungewisse bzw. streitige Zuzahlungspflicht im Verteilungsverfahren berücksichtigen. 1.

Zuteilung (Satz 1)

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Zugeteilt wird der ungewisse oder streitige Zuzahlungsbetrag an die nächstausfallenden Zuteilungsberechtigten unter der entsprechenden Bedingung (Abs. 2 Satz 1). Diese richtet sich nach dem konkreten Fall (z. B. dass das Recht zur Zeit des Zuschlags nicht bestanden hat; dass die aufschiebende Bedingung ausfällt; dass die auflösende Bedingung eintritt; dass das Recht nach den besonderen Bestimmungen für die Gesamthypothek erlischt).

17

Konkret bedeutet dies: –

Im Teilungsplan wird auch hier der Zuzahlungsbetrag bei der Teilungsmasse mit aufgeführt.

_____________ 8)

942

Vgl. Böttcher, ZVG, § 125 Rz. 13; Stöber, ZVG, § 125 Rz. 3.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 125 Rz. 4.

Bachmann

§ 125

Zuteilung des erhöhten Betrages



Im Abschnitt Zuteilung wird der ansonsten nächstausfallende Berechtigte auch noch aufgeführt, aber unter der entsprechenden Bedingung. Auch ist Folgendes zu beachten: Da die Zinsen des Zuteilungsberechtigten in der Schuldenmasse nur bis zum Verteilungstermin berechnet sind, die tatsächliche Zahlung aber erst später erfolgt, laufen diese Zinsen bis zur Befriedigung weiter. Dies muss im Teilungsplan im Abschnitt Zuteilung zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Ausführungen unter Rz. 10).

2.

Ausführung der Zuteilung (Satz 1)

Ausgeführt wird auch hier der Teilungsplan dadurch, dass die Forderung gegen den Ersteher auf den weiter berücksichtigten Gläubiger übertragen wird; diese Übertragung erfolgt aber jetzt unter der entsprechenden Bedingung (Abs. 2, Abs. 1 Satz 2). Diese Forderung wird durch Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG gesichert, deren Rang sich nicht etwa nach dem weggefallenen Recht richtet, sondern nach dem Rang des Anspruchsberechtigten. Die Durchsetzung des Anspruchs selbst ist Sache des Berechtigten, der den Anspruch notfalls gerichtlich geltend machen muss.

18

V. Wirkung der Forderungsübertragung (Abs. 3)

Die Übertragung der Forderung gegen den Ersteher hat gemäß Absatz 3 nicht die Wirkung der Befriedigung aus dem Grundstück. Die Forderung ist auch nicht vollstreckbar (§ 132 Abs. 1 Satz 2); damit stellt der Zuschlagsbeschluss auch keinen Titel für diesen Anspruch dar. Deshalb muss der Gläubiger erst einen eigenen Titel erwirken, also notfalls klagen. Die Forderungsübertragung gibt ihm für die Geltendmachung der Forderung die erforderliche Legitimation.

19

VI. Nicht berücksichtigter Zuzahlungsbetrag

Wird erst nach dem Verteilungstermin geltend gemacht, dass für den Ersteher eine Zuzahlungspflicht nach §§ 50, 51 ZVG bestehe oder ist durch ein Versehen des Gerichts die (unbedingte bzw. bedingte) Forderungsübertragung unterblieben, dann kann dies nicht mehr nachgeholt werden.9) Ein ausgefallener Gläubiger kann den Zuzahlungsanspruch gegen den Ersteher jedoch im Prozessweg geltend machen. Als Anspruchsgrundlage kommt nicht § 812 BGB, sondern es kommen die Versteigerungsbedingungen (konkret: §§ 50, 51 ZVG) in Betracht.

20

VII. Sonstiges 1.

Löschungsanspruch und Löschungsvormerkung

Ist aus einer im geringsten Gebot berücksichtigten Hypothek eine Eigentümergrundschuld entstanden und diese in Erfüllung eines Löschungsanspruchs nach Erteilung des Zuschlags gelöscht worden, dann liegt ein Zuzahlungsfall vor. Das bestehen gebliebene Eigentümerrecht ist also auflösend bedingt durch Geltendmachung und Verwirklichung des Löschungsanspruchs. Der Zuzahlungsbetrag steht dem Gläubiger des nach § 1179 oder § 1179a BGB gesicherten Löschungsanspruchs zu. Hierbei ist jedoch zu beachten: _____________ 9)

Vgl. BGH, Urt. v. 2.11.1965 – V ZR 82/63, Rpfleger 1966, 206 = NJW 1966, 154.

Bachmann

943

21

§ 125

22

Zuteilung des erhöhten Betrages



dass dies nur den Teil des Eigentümerrechts betrifft, der zur Erfüllung des Löschungsanspruchs notwendig ist, also zur Befriedigung des Löschungsanspruchsberechtigten erforderlich ist,



dass Zwischenrechte aus der Geltendmachung des Löschungsanspruchs keinen Vorteil ziehen dürfen. Daher erhalten diese Gläubiger auch keinen Zuzahlungsbetrag. Aber rechnerisch sind diese Zwischenrechte zu berücksichtigen mit der Konsequenz, dass dieser rechnerisch auf Zwischenrechte entfallende Betrag auch nicht dem Berechtigten des Löschungsanspruchs zusteht.10)

Für das Verteilungsverfahren sind folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden: Fall 1:

23

Nach dem Zuschlag, aber vor dem Verteilungstermin ist das Eigentümerrecht in Erfüllung des Löschungsanspruchs bereits gelöscht oder es liegen alle entsprechenden Löschungsunterlagen vor (einschließlich des Grundpfandrechtsbriefs).

24

Hier steht der Zuzahlungsfall fest; es ist nach § 125 Abs. 1 ZVG zu verfahren: Es erfolgt eine unbedingte Zuteilung und eine unbedingte Forderungsübertragung samt unbedingter Sicherungshypothek für denjenigen, der seinen Löschungsanspruch geltend gemacht hat. Hinsichtlich der Höhe dieses Anspruchs kommt es darauf an, in welcher Höhe dieser Berechtigte (noch) eine Zuteilung benötigt und ob bzw. welche Zwischenrechte bestehen. Fall 2:

25

Es steht zwar fest, dass das bestehen bleibende Recht bereits beim Zuschlag Eigentümerrecht war, der gesicherte Löschungsanspruch (sei es gemäß § 1179 oder § 1179a BGB) zwar bis zum Verteilungstermin geltend gemacht aber noch nicht durch Löschung erfüllt ist.

26

Hier ist der Zuzahlungsfall noch ungewiss bzw. streitig; es ist nach § 125 Abs. 2 zu verfahren: Die Zuteilung, die Forderungsübertragung und die einzutragende Sicherungshypothek erfolgen bedingt. Fall 3:

27

Es steht zwar fest, dass das bestehen bleibende Recht bereits beim Zuschlag Eigentümerrecht war, der gesicherte Löschungsanspruch (sei es gemäß § 1179 oder § 1179a BGB) aber bis zum Verteilungstermin noch nicht geltend gemacht worden ist.

28

Hier muss weiter unterschieden werden: Unterfall a):

Es besteht der gesetzliche Löschungsanspruch gemäß § 1179a BGB: 29

Dieser hat zwar die Wirkung einer Vormerkung (§ 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB). Diese Wirkung entfällt jedoch nach § 130a Abs. 1 ZVG, wenn der Berechtigte nicht einen Antrag stellt, das Grundbuchersuchen auch darauf zu erstrecken, eine Vormerkung einzutragen (§ 130a Abs. 2 ZVG). Für die Frage der Zuzahlungspflicht bedeutet dies: Wenn der Antrag nach § 130a Abs. 2 ZVG nicht (rechtzeitig) gestellt wird, trifft § 125 ZVG nicht zu (weder Abs. 1 noch Abs. 2). Wird dagegen der Antrag _____________ 10) Beispiel hierzu bei Stöber, ZVG, § 125 Rz. 5.2.

944

Bachmann

§ 126

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

auf Eintragung der Vormerkung gestellt, macht damit der Berechtigte mit diesem Antrag zugleich auch seinen Löschungsanspruch geltend. Damit ist nach § 125 Abs. 2 ZVG zu verfahren, also eine bedingte Zuteilung und bedingte Forderungsübertragung vorzunehmen und um Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek zu ersuchen. Unterfall b)

Es besteht eine Löschungsvormerkung gemäß § 1179 BGB:

30

11)

Durch die bei der bestehen gebliebenen Hypothek eingetragene Löschungsvormerkung ist grundbuchersichtlich, dass ein Zuzahlungsfall möglich ist; dieser ist aber noch ungewiss. Damit ist auch hier nach § 125 Abs. 2 ZVG zu verfahren, also eine bedingte Zuteilung und bedingte Forderungsübertragung vorzunehmen und um Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek zu ersuchen. Hier kann nicht verlangt werden, dass die entsprechende Löschungsvormerkung bzw. der dadurch gesicherte Löschungsanspruch bereits im Verteilungstermin geltend gemacht worden ist.12) 2.

Auflassungsvormerkung

Wenn eine Auflassungsvormerkung gemäß §§ 44, 48, 52 ZVG bestehen bleibt, werden Dritte nur in den seltensten Fällen mitbieten, da sie wegen § 883 Abs. 2 BGB riskieren, das durch Zuschlag erworbene Eigentum wieder zu „verlieren“. Hier wird also oft der Auflassungsvormerkungsberechtigte das betreffende Grundstück ersteigern. Für ihn stellt § 883 Abs. 2 BGB kein Hindernis dar. Wenn aber bei einer bestehen gebliebenen Auflassungsvormerkung der Auflassungsanspruch nicht mehr entsteht, liegt ein Zuzahlungsfall vor. Dies gilt auch, wenn an den Vormerkungsberechtigten zugeschlagen wird.13) Somit muss auch hier eine Zuteilung nach § 125 Abs. 1 ZVG vorgenommen werden. _____________ 11) In der Veränderungsspalte der Abt. III des Grundbuchs. 12) So auch Stöber, ZVG, § 125 Rz. 5.5 d); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 125 Rz. 8. 13) LG Augsburg, Rpfleger 1966, 370; Stöber, § 51 Rz. 4.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 125 Rz. 11.

§ 126 Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten (1) Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, insbesondere bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld der Brief nicht vorgelegt, so ist durch den Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag verteilt werden soll, wenn der Berechtigte nicht ermittelt wird. (2) Der Betrag ist für den unbekannten Berechtigten zu hinterlegen. Soweit der Betrag nicht gezahlt wird, ist die Forderung gegen den Ersteher auf den Berechtigten zu übertragen. Übersicht I.

Allgemeines .......................................... 1

II. Unbekannter Zuteilungsberechtigter ........................................... 4

Bachmann

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31

§ 126

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

auf Eintragung der Vormerkung gestellt, macht damit der Berechtigte mit diesem Antrag zugleich auch seinen Löschungsanspruch geltend. Damit ist nach § 125 Abs. 2 ZVG zu verfahren, also eine bedingte Zuteilung und bedingte Forderungsübertragung vorzunehmen und um Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek zu ersuchen. Unterfall b)

Es besteht eine Löschungsvormerkung gemäß § 1179 BGB:

30

11)

Durch die bei der bestehen gebliebenen Hypothek eingetragene Löschungsvormerkung ist grundbuchersichtlich, dass ein Zuzahlungsfall möglich ist; dieser ist aber noch ungewiss. Damit ist auch hier nach § 125 Abs. 2 ZVG zu verfahren, also eine bedingte Zuteilung und bedingte Forderungsübertragung vorzunehmen und um Eintragung einer bedingten Sicherungshypothek zu ersuchen. Hier kann nicht verlangt werden, dass die entsprechende Löschungsvormerkung bzw. der dadurch gesicherte Löschungsanspruch bereits im Verteilungstermin geltend gemacht worden ist.12) 2.

Auflassungsvormerkung

Wenn eine Auflassungsvormerkung gemäß §§ 44, 48, 52 ZVG bestehen bleibt, werden Dritte nur in den seltensten Fällen mitbieten, da sie wegen § 883 Abs. 2 BGB riskieren, das durch Zuschlag erworbene Eigentum wieder zu „verlieren“. Hier wird also oft der Auflassungsvormerkungsberechtigte das betreffende Grundstück ersteigern. Für ihn stellt § 883 Abs. 2 BGB kein Hindernis dar. Wenn aber bei einer bestehen gebliebenen Auflassungsvormerkung der Auflassungsanspruch nicht mehr entsteht, liegt ein Zuzahlungsfall vor. Dies gilt auch, wenn an den Vormerkungsberechtigten zugeschlagen wird.13) Somit muss auch hier eine Zuteilung nach § 125 Abs. 1 ZVG vorgenommen werden. _____________ 11) In der Veränderungsspalte der Abt. III des Grundbuchs. 12) So auch Stöber, ZVG, § 125 Rz. 5.5 d); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 125 Rz. 8. 13) LG Augsburg, Rpfleger 1966, 370; Stöber, § 51 Rz. 4.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 125 Rz. 11.

§ 126 Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten (1) Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, insbesondere bei einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld der Brief nicht vorgelegt, so ist durch den Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag verteilt werden soll, wenn der Berechtigte nicht ermittelt wird. (2) Der Betrag ist für den unbekannten Berechtigten zu hinterlegen. Soweit der Betrag nicht gezahlt wird, ist die Forderung gegen den Ersteher auf den Berechtigten zu übertragen. Übersicht I.

Allgemeines .......................................... 1

II. Unbekannter Zuteilungsberechtigter ........................................... 4

Bachmann

945

31

§ 126

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

1. Fälle des § 126 ZVG .............................. 4 2. Keine Fälle des § 126 ZVG ................... 8 III. Hilfszuteilung (Abs. 1) ........................ 9

IV. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2) ................................................ 10 V. Nachträgliches Unbekanntwerden des Berechtigten ................................. 13

I.

Allgemeines

1

Im Teilungsplan ist festzustellen, wem genau ein bestimmter Betrag aus der Teilungsmasse zugeteilt wird. Ist die Meistbargebot überwiesen worden, wird dieser Plan durch Überweisung des entsprechenden Betrags an den Berechtigten ausgeführt (§ 117 Abs. 1 ZVG). Kann die Auszahlung an den Berechtigten nicht erfolgen, ist der Betrag für diesen gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG zu hinterlegen. § 117 ZVG setzt also voraus, dass der Berechtigte bekannt ist.

2

§ 126 ZVG dagegen behandelt den Fall, dass der Berechtigte unbekannt ist. Es steht hier zwar fest, dass auf einen bestimmten Anspruch eine Zuteilung entfällt, es ist aber nicht bekannt, wer genau der Berechtigte dieses Anspruchs ist. In diesem Fall sehen die §§ 135 ff. ZVG die Vertreterbestellung für den unbekannten Berechtigten vor. Dessen Aufgabe besteht darin, den unbekannten Berechtigten zu ermitteln. Im Teilungsplan muss aber festgestellt werden, wem der entsprechende Betrag zusteht, wenn der Berechtigte doch nicht ermittelt wird (Abs. 1). Wenn die Teilungsmasse vorhanden ist, wird der Plan zunächst dadurch ausgeführt, dass der Betrag für den unbekannten Berechtigten hinterlegt wird (Abs. 2 Satz 1). Soweit der Betrag nicht gezahlt wurde, wird die Forderung gegen den Ersteher auf den unbekannten Berechtigten übertragen (Abs. 2 Satz 2).

3

Wenn der Berechtigte nachträglich ermittelt wird, so wird der Teilungsplan weiter ausgeführt (§§ 137 Abs. 1, 139). Wird der Berechtigte nicht vor dem Ablauf von drei Monaten ermittelt, kann sich der Hilfsberechtigte zur Beantragung des Aufgebotsverfahrens ermächtigen lassen. Nach Erlass des Ausschließungsbeschlusses wird der Teilungsplan weiter ausgeführt (§ 141 ZVG) mit dem Ziel, den hinterlegten Betrag an den Hilfsberechtigten zu überweisen bzw. ihm die Forderung gegen den Ersteher zu übertragen. II. Unbekannter Zuteilungsberechtigter 1.

Fälle des § 126 ZVG

4

Die Person des Berechtigten ist dann unbekannt i. S. v. § 126 ZVG, wenn für das Vollstreckungsgericht nicht zu erkennen ist, welcher natürlichen oder juristischen Person der Befriedigungsanspruch aus dem Versteigerungserlös zusteht.1) So ist der Anspruchsberechtigte unbekannt, wenn der im Grundbuch eingetragene Berechtigte verstorben ist und seine Erben noch unbekannt sind.2)

5

In § 126 ZVG ist als Beispiel für das Unbekanntsein des Berechtigten der Fall angeführt, dass bei einem Grundpfandrecht der entsprechende Grundpfandrechts_____________ 1) 2)

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Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 126 Rz. 3. Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 4; Stöber, ZVG, § 126 Rz. 2.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 126 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 126 Rz. 3; a. A. Steiner-Teufel, ZVG, § 126 Rz. 8.

Bachmann

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

§ 126

brief nicht vorgelegt wird.3) Der Brief muss unstreitig vorgelegt werden, wenn Zahlungen auf das Kapital erfolgen, somit auch bei Zahlung auf Tilgungsbeträge. Wenn dagegen nur auf Kosten, Zinsen oder sonstige Nebenleistung eine Zuteilung erfolgt, dann ist die Briefvorlage hierfür nach h. M. nicht erforderlich.4) Wenn aber eine Zuteilung sowohl auf die Kosten, Zinsen und sonstigen Nebenleistungen sowie auf das Kapital (eines erloschenen Rechts) erfolgt, dann ist die Briefvorlage erforderlich; es kann hier also nicht aufgesplittet werden in eine „mögliche Zuteilung hinsichtlich der Kosten und Nebenleistungen“ und in ein „Unbekanntsein hinsichtlich des Kapitals“. In diesem Fall hat die Nichtvorlage des Briefes vielmehr zur Folge, dass der Berechtigte insgesamt als unbekannt zu behandeln ist. Für den gesamten Betrag ist also eine bedingte Zuteilung vorzunehmen (Abs. 1) und die Hinterlegung zu veranlassen (Abs. 2).

Ist der Anspruchsberechtigte nicht im Grundbuch als Gläubiger des Briefrechts eingetragen, dann müssen neben dem Grundpfandrechtsbrief auch die in § 1155 BGB genannten Urkunden vorgelegt werden.5) Befindet sich unter den Abtretungserklärungen eine, welche nicht öffentlich beglaubigt ist, muss der Berechtigte erst die Beglaubigung herbeiführen, notfalls durch entsprechende Klage gegen den Abtretenden.6) Erst dann kann er sich auf § 1155 BGB berufen; vorher wird er im Verteilungsverfahren als unbekannt i. S. v. § 126 ZVG behandelt.

6

Davon zu unterscheiden ist jedoch der Fall, dass erst nach dem Zuschlag nicht das Recht, sondern der entsprechende Erlösanspruch abgetreten worden ist. Der Berechtigte muss in diesem Fall seine Berechtigung nicht durch eine öffentlich beglaubigte Abtretungserklärung nachweisen; denn § 1155 BGB trifft hier nicht (mehr) zu. Es genügt, wenn das Vollstreckungsgericht Kenntnis von der Abtretung erhält. Aber die Vorlage des Grundpfandrechtsbriefes und evtl. Vorabtretungen in öffentlicher beglaubigter Form7) sind auch hier vorzulegen, um die Berechtigung des Zedenten nachzuweisen.

7

2.

Keine Fälle des § 126 ZVG Nicht unbekannt i. S. d. § 126 ZVG ist der Berechtigte aber in den nachfolgenden Fällen:

Es besteht Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung oder Nachlasspflegschaft. Hier muss aber geprüft werden, ob die entsprechenden Nachweise vorliegen und ob nicht noch eine Klauselumschreibung des Titels erforderlich ist, wenn der Erblasser als betreibender Gläubiger beteiligt war. _____________



3) 4)

5) 6) 7)

Am Rande sei hier an § 1116 BGB erinnert, dass es sich immer um ein Briefrecht handelt, wenn nicht im Grundbuch ausdrücklich vermerkt ist, dass es sich um ein Buchrecht handelt (z. B.: „Grundschuld ohne Brief …“. „Die Erteilung des Briefes ist ausgeschlossen.“). Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 126 Rz. 2.1: jeweils unter Berufung auf §§ 1159, 1160 Abs. 3 BGB; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 126 Rz. 7; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 126 Rz. 6: Briefvorlage ist auch hier erforderlich, weil sich das Vollstreckungsgericht nicht auf § 407 BGB berufen könne. Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 3; Stöber, ZVG, § 126 Rz. 2.1; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 126 Rz. 6. Anspruchsgrundlage: § 1154 Abs. 1 Satz 2 BGB. Aus der Zeit vor der Zuschlagserteilung.

Bachmann

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8

§ 126 –

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

Der Erblasser hat eine Vollmacht über den Tod hinaus erteilt. Dann vertritt dieser den Berechtigten nach wie vor; dies müssen die unbekannten Erben auch gegen sich gelten lassen. Ob an den Vertreter eine Auszahlung erfolgen kann, hängt davon ab, ob die Vollmacht inhaltlich auch zum Empfang von Geld ausreicht.



Der gesetzliche Vertreter des bekannten Berechtigten ist unbekannt. Der Betrag muss gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG für den Berechtigten hinterlegt werden.



Der Aufenthaltsort des bekannten Berechtigten ist unbekannt. Der Betrag muss gemäß § 117 Abs. 2 ZVG Satz 3 ZVG für den Berechtigten hinterlegt werden.



Der bekannte Berechtigte kann sich nicht gehörig ausweisen. Der Betrag muss gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG für den Berechtigten hinterlegt werden.



Der Vertreter des bekannten Berechtigten kann sich nicht ordnungsgemäß ausweisen. Der Betrag muss gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG für den Berechtigten hinterlegt werden.



Es ist nur fraglich, wer von mehreren Berechtigten tatsächlich der Berechtigte ist (z. B. bei der Höchstbetragshypothek) Der Betrag ist für den eingetragenen Gläubiger und den bisherigen Eigentümer zu hinterlegen.8)



Es sind mehrere Berechtigte vorhanden, die sich aber nicht einigen können, an wen die Überweisung erfolgen soll. Der Betrag muss gemäß § 117 Abs. 2 Satz 3 ZVG für alle Berechtigte gemeinsam hinterlegt werden.9)



Für den unbekannten Berechtigten ist eine Pflegschaft nach § 1913 BGB angeordnet.10)



Für die Leibesfrucht ist eine Pflegschaft nach § 1912 BGB abgeordnet.11)

III. Hilfszuteilung (Abs. 1) 9

Wenn der Berechtigte nach § 126 ZVG unbekannt ist, muss das Vollstreckungsgericht im Teilungsplan eine Hilfszuteilung vornehmen (Abs. 1). Dies bedeutet, dass der entsprechende Betrag zunächst dem unbekannten Berechtigten zugeteilt wird und dann dem bzw. den nächst ausfallenden Berechtigten unter der Bedingung, dass der Erstberechtigte nicht ermittelt wird. Wenn keine Berechtigten ausfallen, kommt als Eventualberechtigter der bisherige Eigentümer in Betracht. _____________ 8) 9) 10) 11)

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Stöber, ZVG, § 114 Rz. 5.13. Stöber, ZVG, § 117 Rz. 3.2 e); Böttcher, ZVG, § 117 Rz. 28. Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 6 m. w. N. So Böttcher, ZVG, § 126 Rz. 5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 126 Rz. 3; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 126 Rz. 4; a. A. Stöber, ZVG, § 126 Rz. 2.2: § 126 soll hier zutreffen.

Bachmann

Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten

§ 126

IV. Ausführung des Teilungsplans (Abs. 2)

Ist die Teilungsmasse in Geld vorhanden, wird der Teilungsplan insoweit dadurch ausgeführt, als der entsprechende Betrag gemäß Absatz 2 Satz 1 für den unbekannten Berechtigten hinterlegt wird. Da eine Hinterlegung „für einen Unbekannten“ nach den Hinterlegungsgesetzen der Länder nicht möglich ist, erfolgt die Hinterlegung „zur weiteren Verfügung des Vollstreckungsgerichts“.12) Dass hier ein Verzicht auf das Recht der Rücknahme nicht in Betracht kommt, ergibt sich schon daraus, dass es bei dieser Hinterlegung nicht um eine nach §§ 372 ff. BGB handelt.

10

Soweit der Betrag nicht gezahlt wird, erfolgt eine Forderungsübertragung (nur!) auf den unbekannten Berechtigten (Abs. 2 Satz 2). Für diesen (allein!) wird auch die entsprechende Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG eingetragen.

11

Weder bei der Hinterlegung noch bei der Forderungsübertragung wird der Eventualberechtigte berücksichtigt. Wenn der unbekannte Berechtigte ermittelt wird, veranlasst das Vollstreckungsgericht die Auszahlung des hinterlegten Betrags an diesen. Wenn eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG bereits eingetragen worden ist, ersucht das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung. An den Eventualberechtigten kann nur ausgezahlt werden bzw. auf ihn die Sicherungshypothek berichtigt werden, wenn aufgrund eines Ausschließungsbeschlusses nach § 141 ZVG ein weiterer Termin zur Ausführung des Teilungsplans bestimmt worden ist.

12

V. Nachträgliches Unbekanntwerden des Berechtigten

Wenn sich erst nach dem Verteilungstermin herausstellt, dass ein Berechtigter unbekannt ist (z. B. weil eine Überweisung nicht ausgeführt werden konnte, da der Empfänger inzwischen verstorben war), dann ist ein neuer Verteilungstermin anzuberaumen, damit jetzt nach § 126 ZVG verfahren werden kann. Die Terminsbestimmung hierfür ist folgenden Personen zuzustellen: –

dem Vollstreckungsschuldner,



den ausgefallenen Zuteilungsberechtigten,



dem Ersteher und einem evtl. für mithaftend erklärten Dritten, wenn das Meistgebot noch nicht bzw. noch nicht voll überwiesen worden ist.

_____________ 12) So Stöber, ZVG, § 126 Rz. 4.1; Löhnig/Hannemann, § 126 Rz. 9; vgl. z. B. § 15 HintO RP v. 12.10.1995, der wie folgt lautet: „Herausgabeersuchen von Behörden. (1) Die Verfügung ergeht ferner, wenn die zuständige Behörde um Herausgabe an sie selbst oder an eine von ihr bezeichnete Stelle oder Person ersucht. Geht das Ersuchen von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde oder von einer ihr unmittelbar unterstellten höheren Bundes- oder Landesbehörde aus, so ist deren Zuständigkeit von der Hinterlegungsstelle nicht zu prüfen. Das Gleiche gilt, wenn das Ersuchen von einem inländischen Gericht ausgeht. (2) Ergibt sich gegen die Berechtigung des Empfängers ein Bedenken, das die ersuchende Behörde nicht berücksichtigt hat, so ist es ihr mitzuteilen; die Verfügung ist auszusetzen. Hält die Behörde ihr Ersuchen gleichwohl aufrecht, so ist ihm stattzugeben.“ Ähnliche Regelungen enthalten auch die übrigen (landesrechtlichen) Hinterlegungsgesetze.

Bachmann

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13

§ 127

Vermerke auf Hypothekenbriefen und vollstreckbaren Titeln

§ 127 Vermerke auf Hypothekenbriefen und vollstreckbaren Titeln (1) Wird der Brief über eine infolge der Versteigerung erloschene Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld vorgelegt, so hat das Gericht ihn unbrauchbar zu machen. Ist das Recht nur zum Teil erloschen, so ist dies auf dem Brief zu vermerken. Wird der Brief nicht vorgelegt, so kann das Gericht ihn von dem Berechtigten einfordern. (2) Im Falle der Vorlegung eines vollstreckbaren Titels über einen Anspruch, auf welchen ein Betrag zugeteilt wird, hat das Gericht auf dem Titel zu vermerken, in welchem Umfang der Betrag durch Zahlung, Hinterlegung oder Übertragung gedeckt worden ist. (3) Der Wortlaut der Vermerke ist durch das Protokoll festzustellen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Behandlung der Grundpfandrechtsbriefe (Abs. 1) ............................. 1. Vorlage ................................................... 2. Behandlung ............................................ 3. Verbleib ..................................................

I.

1 3 3 4 8

III. Behandlung der Vollstreckungstitel (Abs. 2) ........................................ 10 1. Vorlage ................................................. 10 2. Behandlung .......................................... 12 IV. Protokollvermerke (Abs. 3) .............. 13

Allgemeines

1

§ 127 ZVG regelt die Behandlung der vorgelegten Grundpfandrechtsbriefe und der eingereichten Vollstreckungstitel. Da die entsprechenden Unterlagen nicht bei den Versteigerungsakten verbleiben, sieht Absatz 3 vor, dass etwaige Vermerke durch das Protokoll festgestellt werden.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Auch in den Fällen der §§ 143, 144 ZVG findet § 127 ZVG Anwendung (§ 145 ZVG). Hinsichtlich der Zwangsverwaltung verweist § 158 Abs. 3 ZVG ebenfalls auf § 127 ZVG. II. Behandlung der Grundpfandrechtsbriefe (Abs. 1) 1.

3

Vorlage

Wenn auf ein Briefgrundpfandrecht eine Zuteilung erfolgt, dann hat der Gläubiger ein Interesse daran, dass der entsprechende Brief dem Vollstreckungsgericht vorgelegt wird; denn bei einer Zuteilung auf das Kapital1) ist diese Vorlage gemäß § 126 ZVG erforderlich, damit der Gläubiger nicht als unbekannter Berechtigter behandelt wird. In allen anderen Fällen hat der Gläubiger jedoch keine Veranlassung, den Grundpfandrechtsbrief beim Vollstreckungsgericht einzureichen. Wird der Brief eines erloschenen Rechts nicht vorgelegt, so kann das Gericht ihn vom Berechtigten anfordern (Abs. 1 Satz 3). Diese Vorlage kann jedoch nicht erzwungen werden. Die Eintragungen im Grundbuch aufgrund des Ersuchens gemäß § 130 ZVG erfordern auch keine Briefvorlage (§ 131 ZVG).

_____________ 1)

950

Wozu auch die Tilgungsbeiträge gehören.

Bachmann

Vermerke auf Hypothekenbriefen und vollstreckbaren Titeln

2.

§ 127

Behandlung

Wenn der Grundpfandrechtsbrief über ein (ganz) erloschenes Recht vorgelegt wird, muss ihn das Gericht unbrauchbar machen (Abs. 1 Satz 1). Dies geschieht in entsprechender Anwendung des § 53 Abs. 1 GBV dadurch, dass der Vermerk über die erste Eintragung durchgestrichen und der Brief mit Einschnitten versehen wird.2) Eine mit dem Hypothekenbrief verbundene Schuldurkunde ist gemäß § 69 GBO abzutrennen.3) Das Erlöschen des Rechts sollte auch auf dem Brief vermerkt werden, obwohl dies hier nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. Der Vermerk enthält Angaben zum Gericht, Datum, Unterschrift des Rechtspflegers und Siegel bzw. Dienststempel.

4

Wenn das Grundpfandrecht nur teilweise erloschen ist, so muss das auf dem Brief vermerkt werden (Abs. 1 Satz 2). Auch dieser Vermerk wird mit Ort, Datum, Gerichtsbezeichnung, Unterschrift des Rechtspflegers und Siegel bzw. Dienststempel versehen.

5

Ist ein Gesamtgrundpfandrecht ganz oder teilweise erloschen, dann vermerkt das Vollstreckungsgericht nur das Ergebnis der Zwangsversteigerung in Bezug auf das bzw. die versteigerten Grundstücke. Die Rechtsfolgen dieses Erlöschens auf nicht mit versteigerte Grundstücke (z. B. § 1181, 1182 BGB) wird vom Vollstreckungsgericht nicht vermerkt.

6

Wenn das Liegenbelassen eines Rechts gemäß § 91 Abs. 2 ZVG vereinbart worden ist, dann wird der Grundpfandrechtsbrief nicht unbrauchbar gemacht. Wenn er jedoch bereits unbrauchbar gemacht worden ist, weil die Vereinbarung erst nach dem Verteilungstermin vorgelegt worden ist,4) dann muss das Grundbuchamt einen neuen Brief erteilen.5) Wird das Liegenbelassen eines Gesamtrechts hinsichtlich

7

_____________ 2)

3)

4) 5)

§ 53 GBV lautet: (1) Ist nach dem Gesetz ein Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief unbrauchbar zu machen, so wird, nachdem die bei dem Recht bewirkte Grundbucheintragung auf dem Brief vermerkt ist, der Vermerk über die erste Eintragung des Rechts durchstrichen und der Brief mit Einschnitten versehen. (2) Ist verfügt worden, daß der Brief unbrauchbar zu machen ist, und ist in den Grundakten ersichtlich gemacht, daß die Verfügung ausgeführt ist, so ist der Brief mit anderen unbrauchbar gemachten Briefen zu Sammelakten zu nehmen. Die Sammelakten sind für das Kalenderjahr anzulegen und am Schluß des folgenden Kalenderjahres zu vernichten. In der Verfügung kann angeordnet werden, daß ein unbrauchbar gemachter Brief während bestimmter Zeit bei den Grundakten aufzubewahren ist. § 69 GBO lautet: Wird eine Hypothek gelöscht, so ist der Brief unbrauchbar zu machen; das gleiche gilt, wenn die Erteilung des Briefes über eine Hypothek nachträglich ausgeschlossen oder an Stelle des bisherigen Briefes ein neuer Hypothekenbrief, ein Grundschuldbrief oder ein Rentenschuldbrief erteilt wird. Eine mit dem bisherigen Brief verbundene Schuldurkunde ist abzutrennen und, sofern sie nicht mit dem neuen Hypothekenbrief zu verbinden ist, zurückzugeben. Die Vereinbarung kann dem Vollstreckungsgericht nach § 91 Abs. 2 ZVG noch bis zum Eingang des Grundbuchersuchens beim Grundbuchamt vorgelegt werden. Stöber, ZVG, § 127 Rz. 2.5.

Bachmann

951

§ 127

Vermerke auf Hypothekenbriefen und vollstreckbaren Titeln

einzelner Objekte vereinbart, dann muss wegen § 91 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. §§ 1181 Abs. 2, 1182 BGB ein entsprechender Vermerk auf dem Brief angebracht werden.6) 3.

Verbleib

8

Unbrauchbar gemachte Grundpfandrechtsbriefe werden mit dem Eintragungsersuchen (§ 130 ZVG) an das Grundbuchamt weitergeleitet. Dort werden sie zu Sammelakten zusammengefasst, verbleiben grundsätzlich also auch nicht in den Grundakten. Wenn das Vollstreckungsgericht es unterlassen hat, den Brief unbrauchbar zu machen, wird dies vom Grundbuchamt nachgeholt.7)

9

In allen anderen Fällen wird der Brief an denjenigen zurückgegeben, der ihn eingereicht hat. Beansprucht den Brief ein anderer (z. B. der Schuldner), entscheidet hierüber nicht das Vollstreckungsgericht. Deshalb hat das Vollstreckungsgericht den Brief in diesem Fall zu hinterlegen, wenn keine Einigung erzielt wird. III. Behandlung der Vollstreckungstitel (Abs. 2) 1.

Vorlage

10

Wenn der vollstreckbare Titel über einen Anspruch vorliegt, auf den eine Zuteilung erfolgt, dann ist auf dem Titel zu vermerken, in welchem Umfang (getrennt nach Kosten, Zinsen, Hauptanspruch) und in welcher Weise (Zahlung, Hinterlegung, Forderungsübertragung) die Zuteilung erfolgt ist. Der Vermerk ist mit Datum, Unterschrift und mit Dienststempel zu versehen.

11

Die Vereinbarung über das Bestehen bleiben eines Rechts (§ 91 Abs. 2 ZVG) wird auf dem Titel nicht vermerkt.8) Auch die Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG wird nicht auf dem Titel vermerkt. 2.

12

Behandlung

Die Vollstreckungstitel sind immer an den jeweiligen Einreicher zurückzugeben. Eine Aushändigung an den Schuldner kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Gläubiger voll befriedigt worden ist; denn § 757 ZPO ist nicht einschlägig. IV. Protokollvermerke (Abs. 3)

13

Sämtliche auf den Briefen (Abs. 1) und den Vollstreckungstiteln (Abs. 2) angebrachten Vermerke sind gemäß Absatz 3 im vollen Wortlaut ins Protokoll über den Verteilungstermin zu übernehmen. Dies kann auch in Form einer Schrift _____________ 6)

7)

8)

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Böttcher, ZVG, § 127 Rz. 6 mit Formulierungsbeispiel; Stöber, ZVG, § 127 Rz. 2.5; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 127 Fn. 10; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 127 Rz. 11, der dabei aber übersieht, dass sich der entsprechende Vermerk auch hier nicht mit den materiellrechtlichen Folgen bei den nicht versteigerten Grundstücken befasst, sondern nur die Tatsache der Liegenbelassung an dem versteigerten Objekt darstellt. So Stöber, ZVG, § 127 Rz. 2.3; a. A. Böttcher, ZVG, § 127 Rz. 7; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 127 Rz. 7; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 127 Rz. 12: Unbrauchbar gemachte Briefe werden zu den Versteigerungsakten genommen, weil bei Abgabe an das Grundbuchamt die Briefe gemäß § 53 Abs. 2 GBV am Schluss des folgenden Kalenderjahres vernichtet würden. Diese Begründung kann nicht überzeugen. So Böttcher, ZVG, § 127 Rz. 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 127 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 127 Rz. 9; a. A. Stöber, ZVG, § 127 Rz. 3.1.

Bachmann

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

geschehen, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist (§ 160 Abs. 5 ZPO). Werden diese Unterlagen erst nach dem Verteilungstermin vorgelegt, so sind die entsprechenden Vermerke in den Akten festzustellen.

§ 128 Eintragung einer Sicherungshypothek (1) Soweit für einen Anspruch die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird, ist für die Forderung eine Sicherungshypothek an dem Grundstück mit dem Rang des Anspruchs einzutragen. War das Recht, aus welchem der Anspruch herrührt, nach dem Inhalt des Grundbuchs mit dem Recht eines Dritten belastet, so wird dieses Recht als Recht an der Forderung miteingetragen. (2) Soweit die Forderung gegen den Ersteher unverteilt bleibt, wird eine Sicherungshypothek für denjenigen eingetragen, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war. (3) Mit der Eintragung entsteht die Hypothek. Vereinigt sich die Hypothek mit dem Eigentum in einer Person, so kann sie nicht zum Nachteil eines Rechts, das bestehen geblieben ist, oder einer nach Absätzen 1, 2 eingetragenen Sicherungshypothek geltend gemacht werden. (4) Wird das Grundstück von neuem versteigert, ist der zur Deckung der Hypothek erforderliche Betrag als Teil des Bargebots zu berücksichtigen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Eintragung einer Sicherungshypothek ............................................... 3 1. Allgemeines ........................................... 3 2. Belastungsgegenstand ........................... 7 3. Inhalt ...................................................... 8 4. Rang ....................................................... 9 5. Rechte Dritter ..................................... 12

I.

6.

Bedingte Sicherungshypothek, bedingte Forderung ............................. 14 III. Besonderheiten ................................... 17 1. Sicherungshypothek für den Erlösüberschuss (Abs. 2) .................... 17 2. Vereinigung von Hypothek und Eigentum (Abs. 3 Satz 2) .................... 19 3. Geringstes Gebot bei einer erneuten Versteigerung (Abs. 4) ........ 21

Allgemeines

Wenn das Meistbargebot nicht berichtigt wird, ist der Teilungsplan dadurch auszuführen, dass die Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Ersteher (nämlich auf Zahlung des Meistbargebots nebst den entsprechenden Zinsen) gemäß § 118 Abs. 1 ZVG auf die Zuteilungsberechtigten übertragen wird. Für diese Forderung ist dann eine Sicherungshypothek mit dem ursprünglichen Rang des Zuteilungsanspruchs einzutragen (§ 128 ZVG). Mit der Eintragung, die auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts erfolgt, entsteht diese Hypothek (Abs. 3 Satz 1). Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Zwangshypothek; jedoch gelten für sie einige Besonderheiten.

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG.

2

Bachmann

953

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

geschehen, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist (§ 160 Abs. 5 ZPO). Werden diese Unterlagen erst nach dem Verteilungstermin vorgelegt, so sind die entsprechenden Vermerke in den Akten festzustellen.

§ 128 Eintragung einer Sicherungshypothek (1) Soweit für einen Anspruch die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird, ist für die Forderung eine Sicherungshypothek an dem Grundstück mit dem Rang des Anspruchs einzutragen. War das Recht, aus welchem der Anspruch herrührt, nach dem Inhalt des Grundbuchs mit dem Recht eines Dritten belastet, so wird dieses Recht als Recht an der Forderung miteingetragen. (2) Soweit die Forderung gegen den Ersteher unverteilt bleibt, wird eine Sicherungshypothek für denjenigen eingetragen, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war. (3) Mit der Eintragung entsteht die Hypothek. Vereinigt sich die Hypothek mit dem Eigentum in einer Person, so kann sie nicht zum Nachteil eines Rechts, das bestehen geblieben ist, oder einer nach Absätzen 1, 2 eingetragenen Sicherungshypothek geltend gemacht werden. (4) Wird das Grundstück von neuem versteigert, ist der zur Deckung der Hypothek erforderliche Betrag als Teil des Bargebots zu berücksichtigen. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Eintragung einer Sicherungshypothek ............................................... 3 1. Allgemeines ........................................... 3 2. Belastungsgegenstand ........................... 7 3. Inhalt ...................................................... 8 4. Rang ....................................................... 9 5. Rechte Dritter ..................................... 12

I.

6.

Bedingte Sicherungshypothek, bedingte Forderung ............................. 14 III. Besonderheiten ................................... 17 1. Sicherungshypothek für den Erlösüberschuss (Abs. 2) .................... 17 2. Vereinigung von Hypothek und Eigentum (Abs. 3 Satz 2) .................... 19 3. Geringstes Gebot bei einer erneuten Versteigerung (Abs. 4) ........ 21

Allgemeines

Wenn das Meistbargebot nicht berichtigt wird, ist der Teilungsplan dadurch auszuführen, dass die Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Ersteher (nämlich auf Zahlung des Meistbargebots nebst den entsprechenden Zinsen) gemäß § 118 Abs. 1 ZVG auf die Zuteilungsberechtigten übertragen wird. Für diese Forderung ist dann eine Sicherungshypothek mit dem ursprünglichen Rang des Zuteilungsanspruchs einzutragen (§ 128 ZVG). Mit der Eintragung, die auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts erfolgt, entsteht diese Hypothek (Abs. 3 Satz 1). Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Zwangshypothek; jedoch gelten für sie einige Besonderheiten.

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG.

2

Bachmann

953

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

II. Eintragung einer Sicherungshypothek 1.

Allgemeines

3

Die Eintragung erfolgt gemäß § 130 Abs. 1 ZVG aufgrund des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts. Hierbei ist zu beachten, dass für jede Forderung, die einem Zuteilungsberechtigten übertragen wurde, jeweils eine Sicherungshypothek einzutragen ist. Dies gilt wegen der unterschiedlichen Befriedigungsreihenfolge des § 12 ZVG sogar für die Teilansprüche Kosten, Zinsen und andere Nebenleistungen und Hauptsache. Somit sind für Kosten, Zinsen und Hauptforderung selbständige Sicherungshypotheken einzutragen.1) Die Begründung hierfür ergibt sich aus dem Sachen- und Grundbuchrecht:2) Ein Recht kann bei seiner ersten Eintragung nur mit einem einheitlichen Rang im Grundbuch eingetragen werden; es ist also nicht möglich, schon von Beginn an für Teile verschiedene Rangverhältnisse an ein und demselben Recht zu begründen, da ansonsten § 879 BGB „ausgehebelt“ würde. Deshalb ist es auch nicht möglich, für alle aus einer Versteigerung übertragenen Forderungen eine einheitliche Sicherungshypothek einzutragen unter Bezeichnung der einzelnen Teilbeträge.3)

4

Da es sich bei den Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG nicht um Zwangshypotheken handelt, spielen die in §§ 866 Abs. 3, 867 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Beschränkungen (Mindestgrenze,4) keine Gesamtzwangshypothek) keine Rolle. So kann auch die Vollstreckungssperre des § 89 InsO die Eintragung dieser Sicherungshypotheken nicht verhindern.

5

Für die Sicherungshypothek gelten die §§ 1184 ff. BGB. Dem Gläubiger einer solchen Hypothek steht auch der gesetzliche Löschungsanspruch nach § 1179a BGB zu.

6

Im Grundbuchersuchen kann auf die Eintragung einer Sicherungshypothek in folgenden Fällen verzichtet werden:

7



soweit die Befriedigung des Berechtigten in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen wird;



soweit eine wirksame Hinterlegung unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme nachgewiesen wird;



soweit der Berechtigte in öffentlich beglaubigter Form auf die Eintragung der Sicherungshypothek verzichtet.5)

2.

Belastungsgegenstand

Der Belastungsgegenstand ist mit dem versteigerten Gegenstand identisch. Das gilt auch dann, wenn nur ein Miteigentumsanteil versteigert worden ist, der aber von einem (anderen) Miteigentümer ersteigert worden ist. Obwohl dieser Miteigentumsanteil mit der Eintragung des Erstehers in Abt. I des Grundbuchs nicht mehr als _____________ 1) 2) 3) 4) 5)

954

Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 16; Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 21. Was in vielen ZVG-Kommentaren manchmal etwas vernachlässigt wird. Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.3. Zurzeit 750,01 €. Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 3; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 17; a. A. Hornung, Rpfleger 1994, 9: Schriftform ist ausreichend.

Bachmann

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

solcher existiert und § 1114 BGB die Eintragung einer Hypothek am Bruchteil eines Grundstücks nur zulässt, wenn er im Anteil eines Miteigentümers besteht, kann die Sicherungshypothek nach § 128 an dem früheren Miteigentumsanteil eingetragen werden. Dies muss dann aber ausdrücklich in Abt. III dargestellt werden. 3.



Inhalt

Bezeichnung des Rechts

8

Die Hypothek nach § 128 ZVG ist eine Sicherungshypothek und als solche im Grundbuch zu bezeichnen (§ 1184 Abs. 2 BGB). –

Zu sichernde Forderung Durch die Sicherungshypothek wird die nach § 118 ZVG übertragene Forderung gesichert, nicht der ursprüngliche Anspruch des Zuteilungsberechtigten. Deshalb muss diese Forderung, sowohl was Betrag und Zinsen betrifft, der Forderungsübertragung entsprechen. Als Zinssatz (ab dem Tag des Verteilungstermins) kommt nur der gesetzliche Zinssatz von 4 % (§ 49 Abs. 2 i. V. m. § 246 BGB) in Betracht; allenfalls über § 59 ZVG kann durch abgeänderte Versicherungsbedingungen ein anderer Zinssatz vereinbart sein. Abzulehnen ist die Ansicht, dass 5-Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB) als Zinssatz maßgeblich seien.6) Wegen der Einzelheiten hierzu siehe § 118 Rz. 15 ff. [Bachmann]. Abzulehnen ist auch die Ansicht, dass ein Ersuchen nicht mit der Begründung abgelehnt werden könne, es handele sich um gesetzliche Zinsen, für die das Grundstück bereits kraft Gesetzes hafte oder mit der Begründung, bei einem gleitenden Zinssatz, wie ihn § 288 BGB vorsieht, müsse ein Höchstzinssatz eingetragen werden. Auch hier wird übersehen, dass dem Grundbuchamt auch bei einem Ersuchen des Vollstreckungsgerichts die Prüfung der Eintragungsfähigkeit des Rechts obliegt. Und beide Fragen sind unter diesem Gesichtspunkt vom Grundbuchamt zu prüfen. Wenn es hierbei zum Ergebnis kommt, dass die Eintragung von gesetzlichen Zinsen nicht möglich ist, weil hierfür gemäß § 1118 BGB das Grundstück schon kraft Gesetzes (und nicht kraft einer Eintragung) haftet, dann muss es das Ersuchen insoweit beanstanden und nach fruchtlosem Fristablauf zurückweisen.7) Und wenn das Grundbuchamt bei der Prüfung eines gleitenden Zinssatzes wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes die Angabe eines Höchstzinssatzes verlangt, dann ändert hieran auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Eintragungsfähigkeit eines gleitenden Zinssatzes bei der Eintragung einer Zwangshypothek nichts8); denn die Sicherungshypothek nach § 128 ZVG ist ja gerade keine Zwangshypothek.9)

_____________ 6) 7)

8) 9)

So auch Böttcher, ZVG, § 118 Rz. 4 und § 128 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 5.1. So auch Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 7; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 5.3; a. A. KG, Beschl. v. 10.12.2002 – 1 W 288/02, Rpfleger 2003, 204 = ZfIR 2003, 204; Löhnig/Hannemann, § 128 Rz. 12; Eickmann, ZVG, § 22 II 3. Vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26.1.2006 – V ZB 143/05, Rpfleger 2006, 313 = NJW 2006, 1341. So auch Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 7; a. A. LG Kassel, Beschl. v. 13.2.2001 – 3 T 23/01, Rpfleger 2001, 176 = NJW-RR 2001, 1239; Stöber, ZVG, § 118 Rz. 5.3; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 12.

Bachmann

955

§ 128 –

Eintragung einer Sicherungshypothek

Gläubiger Als Gläubiger der Sicherungshypothek ist derjenige einzutragen, auf den die Forderung übertragen worden ist. Dieser ist im Ersuchen mit den in § 15 GBV aufgeführten Merkmalen zu bezeichnen. Ist der Berechtigte inzwischen verstorben und sind die Erben dem Vollstreckungsgericht bekannt, dann ist um Eintragung dieser Erben „in Erbengemeinschaft“ zu ersuchen. Sind die Erben nicht bekannt, ist die Sicherungshypothek für die unbekannten Berechtigten einzutragen.10) Im Fall des § 126 ZVG ist der „unbekannte Berechtigte“ eingetragen. Sobald der Unbekannte ermittelt ist, muss das Vollstreckungsgericht um entsprechende Berichtigung bei der Sicherungshypothek ersuchen. Auch wenn zu Unrecht eine falsche Person als Gläubiger eingetragen wurde, kann das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung ersucht werden. Stand das ursprüngliche Recht mehreren zu, dann erfolgte auch die Forderungsübertragung auf diese. Bei der Eintragung der Sicherungshypothek muss dann gemäß § 47 GBO das maßgebliche Gemeinschaftsverhältnis angegeben werden. Dieses richtet sich grundsätzlich nach dem ursprünglichen Verhältnis. Soweit das bisherige Gemeinschaftsverhältnis aber eine Bruchteilsgemeinschaft war, besteht jetzt eine „Mitberechtigung gemäß § 432 BGB“. Grund: Jeder Teilhaber kann vom Ersteher nur Zahlung an alle Teilhaber verlangen; dies ist aber bei der Bruchteilsgemeinschaft nicht sichergestellt.11) Deshalb ist hier auch die Sicherungshypothek für die Berechtigten gemäß § 432 BGB einzutragen.12) Steht die übertragene Forderung aufgrund einer Abtretung einem anderen Gläubiger zu, dann ist dies vom Vollstreckungsgericht bei seinem Ersuchen nicht zu beachten. Liegt der Nachweis über den Gläubigerwechsel in der Form des § 29 GBO vor, werden diese Unterlagen aber dem Ersuchen beigefügt.13) Soweit der Ersteher selbst aus dem Erlös etwas zu erhalten hat, so wird grundsätzlich keine Sicherungshypothek eingetragen, da insoweit keine Forderung mehr besteht. Wenn jedoch gegen seinen Anspruch Widerspruch erhoben worden ist oder wenn sein (ursprüngliches) Recht mit dem Recht eines Dritten belastet war, dann ist auch hier eine Sicherungshypothek einzutragen.14) Das Recht des Dritten (z. B. Pfandrecht, Nießbrauch) musste bereits im Grundbuch eingetragen sein oder außerhalb des Grundbuchs bereits entstanden sein.

_____________ 10) So Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.9; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 10: Der (verstorbene) Berechtigte ist einzutragen. 11) BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/08, Rpfleger 2008, 379 = NJW 2008, 1807; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.2.1972 – 3 W 123/71, Rpfleger 1972, 168. 12) Böttcher, ZVG, § 128 10; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 8; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 9; a. A. Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.10. 13) So Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.11, Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 9; a. A. Löhnig/Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 10; Alff, Rpfleger 2001, 385. 14) Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 11; Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.20; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 13; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 8.

956

Bachmann

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek



Besonderheiten Bei der Eintragung im Grundbuch muss ersichtlich gemacht werden, dass sie „aufgrund eines Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgt ist“ (§ 130 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Die Sicherungshypotheken für Ansprüche der Rangklassen 1 – 3, für die wiederkehrenden Leistungen der Rangklasse 4 sowie für die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2 ZVG) erleiden unter den in § 129 ZVG aufgeführten Bedingungen einen Rangverlust. Deshalb muss dies bei der Eintragung entsprechend kenntlich gemacht werden.15)

4.

Rang

Der Rang der einzutragenden Sicherungshypothek richtet sich nach dem Rang des ursprünglichen Anspruchs, für den die zu sichernde Forderung gegen den Ersteher übertragen worden ist. Und damit richtet sich der Rang nach §§ 109, 10 bis 12, 110 ZVG; dies bedeutet u. a. Folgendes: –

Die Sicherungshypothek für die nach § 109 ZVG vorweg zu entnehmenden Kosten ist an erster Rangstelle einzutragen, also auch vor allen bestehen bleibenden Rechten. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem bestehen bleibenden Recht um ein Erbbaurecht handelt; denn § 10 ErbbauRG verhindert nur den rechtsgeschäftlichen Verlust der ersten Rangstelle.16)



Die Sicherungshypotheken der Rangklassen 1 bis 3 sind ebenfalls im Rang vor den bestehen bleibenden Rechten einzutragen. Für das bestehen bleibende Erbbaurecht gilt auch hier das oben Dargestellte.



Die Sicherungshypothek für die Kosten eines bestehen bleibenden Rechts sind im Rang vor dem (im Grundbuch eingetragen bleibenden) Hauptanspruch und vor der Sicherungshypothek für die Zinsen und sonstigen Nebenleistungen dieses Rechts einzutragen; die Sicherungshypothek für diese Nebenleistungen erhält zwar Rang nach den Kosten, aber ebenfalls Rang vor dem Hauptanspruch (vgl. § 12 ZVG).



Die Sicherungshypotheken für verspätet angemeldete Ansprüche (§ 110 ZVG) erhalten Rang nach allen Ansprüchen der Rangklassen des § 10 ZVG; zwischen mehreren verspätet angemeldeten Ansprüchen untereinander gilt dann aber wieder § 10 ZVG.



Falls ein Erlösrest vorhanden ist, wird die für den Eigentümer zurzeit des Zuschlags einzutragende Sicherungshypothek (Abs. 2) an letzter Stelle eingetragen.

_____________ 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 26; etwas anders Stöber, ZVG, § 128 Rz. 2.15: Das Ersuchen hat auszuweisen, ob der Anspruch aus Rangklasse 1 – 3 des § 10 Abs. 1 ZVG oder Kosten-, Zinsen- oder Hauptanspruch war. Im Grundbuch könnte dann insoweit auf das Ersuchen Bezug genommen werden. 16) BGH, Urt. v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, Rpfleger 1969, 13 = NJW 1969, 93; so auch Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 17; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 23; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 14.

Bachmann

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9

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

10

Das Rangverhältnis ist vom Vollstreckungsgericht in seinem Ersuchen genau darzustellen. Wie der vorgegebene Rang dann im Grundbuch dargestellt wird, ist Aufgabe des Grundbuchamts. Erforderliche Angaben über den Rang eines eingetragenen Rechts sind gemäß § 18 GBV bei allen beteiligten Rechten zu vermerken. Wenn es sich hierbei um ein Briefrecht handelt, ist die Vorlegung des Grundpfandrechtsbriefs gemäß § 131 Satz 1 ZVG nicht erforderlich.

11

Ist das Liegenbelassen eines Rechts nach § 91 Abs. 2 ZVG vereinbart worden, behält dieses seinen Rang. Da für den entsprechenden Anspruch in diesem Fall auch keine Sicherungshypothek eingetragen werden muss, unterliegt das bestehen gebliebene Recht auch nicht der Einschränkung des § 128 Abs. 3 Satz 2 ZVG.17) 5.

Rechte Dritter

12

Wenn das erloschene Recht mit dem Recht eines Dritten belastet war (z. B. Pfandrecht, Nießbrauch), erstreckt sich dieses Recht auf die übertragene Forderung gegen den Ersteher. Wenn das Recht aus dem Grundbuch ersichtlich ist, so muss sich das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts gemäß Absatz 1 Satz 2 auch auf die Eintragung dieses Rechts an der Sicherungshypothek erstrecken; denn mit der Löschung des ursprünglichen Rechts würde auch das Recht des Dritten aus dem Grundbuch verschwinden.

13

War das Recht zwar nicht grundbuchersichtlich, aber vom Drittberechtigten rechtzeitig nachgewiesen, dann gilt dasselbe.18) Dies trifft nach h. M. auch zu, wenn der Anspruch auf den Erlösanteil gepfändet, verpfändet oder über ihn sonstwie verfügt worden ist. Wenn dies dem Vollstreckungsgericht vor dem Absenden des Ersuchens bekannt wird, hat es sein Ersuchen entsprechend zu ergänzen. 6.

Bedingte Sicherungshypothek, bedingte Forderung

14

Die Forderungsübertragung erfolgt in den Fällen der §§ 119, 120 Abs. 1 Satz 2, 121 Abs. 2, 123 Abs. 2, § 124 Abs. 2 und 125 Abs. 2 ZVG bedingt. Hier muss aber unterschieden werden:

15

Wenn die Übertragung selbst unter der Bedingung erfolgt, dass vom Ersteher ein (weiterer) Betrag zu zahlen ist, kann auch die Sicherungshypothek nur unter der entsprechenden Bedingung eingetragen werden. Dies trifft im Fall des § 125 Abs. 2 ZVG zu. Für den Berechtigten des Zuzahlungsbetrags ist also eine bedingte Sicherungshypothek einzutragen. Im Grundbuch muss diese Tatsache ausdrücklich eingetragen werden. Bezüglich des Inhalts der Bedingung kann auf das Ersuchen Bezug genommen werden. Deshalb muss dieses Ersuchen die entsprechende Bedingung auch genau beschreiben, also für den Fall, dass das bestehen gebliebene Recht doch nicht besteht und deshalb der Zuzahlungsbetrag zu zahlen ist.

16

In allen anderen o. a. Fällen der bedingten Forderungsübertragung ist nicht der Anspruch selbst bedingt, sondern das jeweiligen Gläubigerrecht. Deshalb ist in diesen Fällen eine unbedingte Sicherungshypothek einzutragen für jeden Berech_____________ 17) BGH, Urt. v. 23.10.1980 – III ZR 100/79, ZIP 1981, 161 = MDR 1981, 568. 18) Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 13; Stöber, ZVG, § 128 Rz. 3.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 18; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 19.

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Bachmann

§ 128

Eintragung einer Sicherungshypothek

tigten unter der entsprechenden Bedingung. Während der „Schwebezeit“ nach § 120 Abs. 2 ZVG sind alle Berechtigte nur gemeinsam empfangsberechtigt. Auch hier muss das Eintragungsersuchen die bedingten Berechtigungen genau bezeichnen. Dabei ist weiter zu beachten, dass für den Hilfsberechtigten die Zuteilung (und damit auch die Eintragung „seiner“ Sicherungshypothek) „im Rang seines Anspruchs“ erfolgt.19) III. Besonderheiten 1.

Sicherungshypothek für den Erlösüberschuss (Abs. 2)

Ist die Teilungsmasse höher als die Schuldenmasse, steht dieser Erlösrest dem bisherigen Eigentümer als Surrogat für sein verlorenes Eigentum am Grundstück zu. Insoweit findet keine Forderungsübertragung statt; denn dem bisherigen Eigentümer steht der Anspruch auf Zahlung des Meistbargebots an das Vollstreckungsgericht schon zu.

17

Aber auch für ihn wird im Falle der Nichtzahlung eine Sicherungshypothek eingetragen. Als Gläubiger dieser Hypothek ist derjenige einzutragen, der zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war (Abs. 2). Mehreren Eigentümern steht der Anspruch in dem vorher am Grundstück bestehenden Gemeinschaftsverhältnis zu. Wenn dies eine Bruchteilsgemeinschaft war, erfolgt die Eintragung für die bisherigen Eigentümer „als Mitberechtigte nach § 432 BGB“.20)

18

2.

Vereinigung von Hypothek und Eigentum (Abs. 3 Satz 2)

Wenn der Ersteher den Gläubiger einer Sicherungshypothek befriedigt oder erlischt die gesicherte Forderung aus einem anderen Grund, dann geht diese Hypothek gemäß § 1163 Abs. 1 BGB auf den Eigentümer über. In diesem Fall darf dieses Recht nicht zum Nachteil eines bestehen gebliebenen Rechts oder einer anderen Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG geltend gemacht werden (Abs. 3 Satz 2). Dies bedeutet, dass die aus der Sicherungshypothek entstandene Eigentümergrundschuld dann hinter die o. a. Rechte im Rang zurücktritt. Dies muss bei der Sicherungshypothek vermerkt werden.21) Und bei einer beantragten Berichtigung der Sicherungshypothek auf den Eigentümer ist diese Rangverschiebung dann auch zu vermerken.

19

Wenn an der Sicherungshypothek jedoch das Recht eines Dritten besteht, das bereits vor dem Zuschlag (am ursprünglichen Recht) bestand, dann soll dies nicht gelten.22)

20

3.

Geringstes Gebot bei einer erneuten Versteigerung (Abs. 4)

Wenn das Grundstück erneut versteigert wird, richtet sich die Berechnung des geringsten Gebots wie in den anderen Fällen auch nach dem bestbetreibenden _____________ 19) Stöber, ZVG, § 128 Rz. 6.3, auch mit entsprechendem Formulierungsvorschlag. 20) Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 9; Dassler/Schiffhauer/u. a.- Hintzen, ZVG, § 128 Rz. 8; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 22; a. A. Stöber, ZVG, § 128 Rz. 4.1. 21) Vgl. Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 19 mit Eintragungsbeispiel unter Rz. 18. 22) Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 19, Dassler/Schiffhauer/u. a.- Hintzen, § 128 Rz. 27; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 128 Rz. 16; nunmehr offen gelassen von Stöber, ZVG, § 128 Rz. 5.

Bachmann

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21

§ 129

Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken

Gläubiger. Gemäß §§ 44, 45 ZVG kommen in das geringste Gebot neben den Kosten des Verfahrens nur die Ansprüche, welche dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgehen. Ob eine nach § 128 ZVG eingetragene Sicherungshypothek im geringsten Gebot berücksichtigt wird, hängt also davon ab, ob sie Rang vor oder nach dem bestbetreibenden Gläubiger hat:

22



Wenn sie Rang nach dem bestbetreibenden Gläubiger hat, wird sie im geringsten Gebot nicht berücksichtigt. Mit dem Zuschlag erlischt die Hypothek (§ 91 Abs. 1 ZVG) ohne Rücksicht darauf, ob eine Zuteilung auf sie entfällt oder nicht.



Wenn die Sicherungshypothek Rang vor dem bestbetreibenden Gläubiger hat, wird sie im geringsten Gebot berücksichtigt, aber nicht bei den bestehen bleibenden Rechten, sondern im Mindestbargebot; denn Absatz 4 stellt eine Ausnahme zu § 52 ZVG dar. Damit müssen die entsprechenden Zinsen auch bis zum (voraussichtlichen) Verteilungstermin und nicht nach § 47 ZVG berechnet werden.

Durch Absatz 4 wird also erreicht, dass die Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG bei einer erneuten Versteigerung in jedem Fall erlöschen.

§ 129 Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken Die Sicherungshypothek für die im § 10 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Ansprüche, für die im § 10 Nr. 4 bezeichneten Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und für die im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten kann nicht zum Nachteil der Rechte, welche bestehen geblieben sind, und der übrigen nach § 128 Abs. 1, 2 eingetragenen Sicherungshypotheken geltend gemacht werden, es sei denn, daß vor dem Ablauf von sechs Monaten nach der Eintragung derjenige, welchem die Hypothek zusteht, die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragt. Wird der Antrag auf Zwangsversteigerung zurückgenommen oder das Verfahren nach § 31 Abs. 2 aufgehoben, so gilt er als nicht gestellt. Übersicht

1

I. II. 1. 2. 3. III.

Allgemeines .......................................... Rangverlust ........................................... Betroffene Rechte ................................. Begünstigte Rechte ............................... Wirkung ................................................. Verhinderung des Rangverlustes .......

I.

Allgemeines

1 3 3 5 6 7

1. 2.

Versteigerungsantrag ............................ 7 Rücknahme des Versteigerungsantrags ........................................... 9 IV. Sonstiges ............................................. 11 1. Gutgläubiger Erwerb des Rangs ......... 11 2. Frist des § 118 Abs. 2 ZVG ................ 12

Durch den Rang der nach § 128 ZVG einzutragenden Sicherungshypotheken gehen den ursprünglich am versteigerten Grundstück eingetragenen Rechten (gleich ob sie bestehen geblieben oder mit dem Zuschlag erloschen sind)1) plötzlich weitere Belastungen im Range vor, die ihren Grund nur in der Nichtzahlung des Bargebots des Erstehers im Zwangsversteigerungsverfahren haben. Dieser Rangverlust soll aber nicht von Dauer sein. Und so sieht neben § 128 Abs. 4 ZVG, der das Beste_____________ 1)

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Jetzt aber wieder als Sicherungshypotheken „für erloschene Rechte“ eingetragen wurden.

Bachmann

§ 129

Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken

Gläubiger. Gemäß §§ 44, 45 ZVG kommen in das geringste Gebot neben den Kosten des Verfahrens nur die Ansprüche, welche dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgehen. Ob eine nach § 128 ZVG eingetragene Sicherungshypothek im geringsten Gebot berücksichtigt wird, hängt also davon ab, ob sie Rang vor oder nach dem bestbetreibenden Gläubiger hat:

22



Wenn sie Rang nach dem bestbetreibenden Gläubiger hat, wird sie im geringsten Gebot nicht berücksichtigt. Mit dem Zuschlag erlischt die Hypothek (§ 91 Abs. 1 ZVG) ohne Rücksicht darauf, ob eine Zuteilung auf sie entfällt oder nicht.



Wenn die Sicherungshypothek Rang vor dem bestbetreibenden Gläubiger hat, wird sie im geringsten Gebot berücksichtigt, aber nicht bei den bestehen bleibenden Rechten, sondern im Mindestbargebot; denn Absatz 4 stellt eine Ausnahme zu § 52 ZVG dar. Damit müssen die entsprechenden Zinsen auch bis zum (voraussichtlichen) Verteilungstermin und nicht nach § 47 ZVG berechnet werden.

Durch Absatz 4 wird also erreicht, dass die Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG bei einer erneuten Versteigerung in jedem Fall erlöschen.

§ 129 Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken Die Sicherungshypothek für die im § 10 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Ansprüche, für die im § 10 Nr. 4 bezeichneten Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und für die im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten kann nicht zum Nachteil der Rechte, welche bestehen geblieben sind, und der übrigen nach § 128 Abs. 1, 2 eingetragenen Sicherungshypotheken geltend gemacht werden, es sei denn, daß vor dem Ablauf von sechs Monaten nach der Eintragung derjenige, welchem die Hypothek zusteht, die Zwangsversteigerung des Grundstücks beantragt. Wird der Antrag auf Zwangsversteigerung zurückgenommen oder das Verfahren nach § 31 Abs. 2 aufgehoben, so gilt er als nicht gestellt. Übersicht

1

I. II. 1. 2. 3. III.

Allgemeines .......................................... Rangverlust ........................................... Betroffene Rechte ................................. Begünstigte Rechte ............................... Wirkung ................................................. Verhinderung des Rangverlustes .......

I.

Allgemeines

1 3 3 5 6 7

1. 2.

Versteigerungsantrag ............................ 7 Rücknahme des Versteigerungsantrags ........................................... 9 IV. Sonstiges ............................................. 11 1. Gutgläubiger Erwerb des Rangs ......... 11 2. Frist des § 118 Abs. 2 ZVG ................ 12

Durch den Rang der nach § 128 ZVG einzutragenden Sicherungshypotheken gehen den ursprünglich am versteigerten Grundstück eingetragenen Rechten (gleich ob sie bestehen geblieben oder mit dem Zuschlag erloschen sind)1) plötzlich weitere Belastungen im Range vor, die ihren Grund nur in der Nichtzahlung des Bargebots des Erstehers im Zwangsversteigerungsverfahren haben. Dieser Rangverlust soll aber nicht von Dauer sein. Und so sieht neben § 128 Abs. 4 ZVG, der das Beste_____________ 1)

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Jetzt aber wieder als Sicherungshypotheken „für erloschene Rechte“ eingetragen wurden.

Bachmann

Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken

§ 129

henbleiben einer Sicherungshypothek in einer erneuten Versteigerung verhindert, § 129 ZVG einen Rangverlust für bestimmte Sicherungshypotheken vor. Die Vorschrift, die für alle Versteigerungsarten des ZVG gilt, ist in mehrfacher Hinsicht ungenau und sollte bei nächster Gelegenheit berichtigt bzw. klargestellt werden: –

2

Es ist von der Sicherungshypothek „für die in § 10 Nr. 1 – 3 bezeichneten Ansprüche“ die Rede. Tatsächlich betreffen die Sicherungshypotheken aber nicht diese Ansprüche, sondern die wegen dieser Ansprüche übertragenen Forderungen gegen den Ersteher. Auch müsste vor die „Nr. 1 – 3“ noch „Abs. 1“ eingefügt werden.



In Satz 2 wird auf „§ 31 Abs. 2“ verwiesen. Tatsächlich kann hier nur „§ 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG“ gemeint sein, da § 31 Abs. 2 ZVG keinen Aufhebungstatbestand, sondern den Fristbeginn für die Stellung des Fortsetzungsantrags regelt.2)



Die Sicherungshypotheken wegen der Ansprüche aus § 10 Abs. 1 Nr. 6, 7 und 8 ZVG sind in § 129 ZVG nicht aufgeführt. Daran hat sich dann ein Streit entfacht, ob diese Sicherungshypotheken nur vergessen worden sind und sie deshalb wie ihre „Ausgangsrangklassen“ zu behandeln seien oder ob der Umkehrschluss richtig sei. Für die Sicherungshypothek, welche die Forderung aus den Rangklassen 7 und 8 sichern, soll nach Böttcher3) dasselbe gelten wie für die Sicherungshypotheken für Ansprüche der Rangklassen 3 und 4. Mit Stöber bin ich der Ansicht, dass man den klaren Wortlaut des Gesetzes nicht ohne Not ins Gegenteil verkehren darf. Für die Sicherungshypothek, welche eine Forderung aus wiederkehrenden Leistungen eines ursprünglichen Rechts sichert, das nur in Rangklasse 6 berücksichtigt werden konnte, gilt aber dasselbe wie für diese Nebenleistungen der Rangklasse 4.4)

II. Rangverlust 1.

Betroffene Rechte

Vom Rangverlust des § 129 ZVG sind Sicherungshypotheken betroffen, die wegen folgender ursprünglicher Ansprüche eingetragen werden: –

Rangklassen 1 – 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ZVG),



Wiederkehrende Leistungen der Rangklassen 4 und 6 (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 ZVG),



Kostenansprüche gemäß § 10 Abs. 2 ZVG.

_____________ 2) 3) 4)

So auch Böttcher, ZVG, § 129 Rz. 6; Stöber, ZVG, § 129 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 129 Rz. 8; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 129 Rz. 9. Böttcher, ZVG, § 129 Rz. 2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 129 Rz. 2; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 129 Rz. 3; a. A. Stöber, ZVG, § 129 Rz. 2.1. So auch Stöber, ZVG, § 129 Rz. 2.1.

Bachmann

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3

§ 129 4

Nicht betroffen sind die Sicherungshypotheken wegen der vorweg zu entnehmenden Gerichtskosten (§ 109 ZVG), gleich ob sie für das Land als Kostengläubiger oder für einen Vorschussgläubiger eingetragen sind. Auch nicht betroffen sind die anderen Sicherungshypotheken sowie die bestehen bleibenden Rechte. 2.

5

6

Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken

Begünstigte Rechte

Durch die Rangverschiebung begünstigt werden somit folgende Rechte: –

alle bestehen gebliebenen Rechte; dazu zählen auch die Rechte, die außerhalb des geringsten Gebotes oder aufgrund einer Liegenbelassungsvereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG bestehen geblieben sind;



alle nicht als betroffene Rechte aufgeführten Sicherungshypotheken (also die wegen der Gerichtskosten, die wegen des Hauptanspruchs der Rangklassen 4 und 6, die wegen Ansprüche der Rangklassen 7 und 8);



die gemäß § 129 ZVG betroffenen Sicherungshypotheken, soweit aus ihnen rechtzeitig die Wiederversteigerung beantragt worden ist.

3.

Wirkung

Die betroffenen Sicherungshypotheken können nicht zum Nachteil der begünstigten Rechte geltend gemacht werden. Konkret bedeutet dies: Diese Rechte verlieren ihren bisherigen Rang; sie treten hinter die begünstigten Rechte zurück. Damit wird das Grundbuch unrichtig. Die Berichtigung erfolgt aber nicht von Amts wegen, sie wird auch nicht vom Vollstreckungsgericht veranlasst; vielmehr ist hierzu ein Antrag gemäß § 13 GBO erforderlich. Der Antragsteller muss die Unrichtigkeit in öffentlicher Urkunde nachweisen oder eine Berichtigungsbewilligung des Betroffenen vorlegen (§§ 22, 29 GBO). III. Verhinderung des Rangverlustes 1.

Versteigerungsantrag

7

Der oben dargestellte Rangverlust tritt nicht ein, wenn der Gläubiger innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit Eintragung seiner Sicherungshypothek die Wiederversteigerung des Grundstücks beantragt (Satz 1). Ein solcher Antrag hindert aber nur den Rangverlust „seiner“ Sicherungshypothek. Wenn die anderen Gläubiger auch ihren Rangverlust verhindern wollen, müssen sie ebenfalls innerhalb der Sechs-Monats-Frist einen Versteigerungsantrag stellen, also dem Verfahren beitreten (§ 27 ZVG).

8

Innerhalb der Frist muss der Antrag beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingegangen sein. Die Frist wird auch durch einen mangelhaften Antrag gewahrt, wenn er schließlich doch zur Anordnung bzw. zum Beitritt führt. Wenn er jedoch rechtskräftig zurückgewiesen wird, dann hindert auch der rechtzeitig gestellte Antrag nicht den Rangverlust.5)

_____________ 5)

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Stöber, ZVG, § 129 Rz. 2.4 m. w. N.; so auch Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 129 Rz. 7.

Bachmann

Spätere Rangverschiebung der Sicherungshypotheken

2.

§ 129

Rücknahme des Versteigerungsantrags

Wenn ein gestellter Antrag wieder zurückgenommen wird, dann gilt er als nicht gestellt (Satz 2, Alt. 1) mit der Folge, dass der Rangverlust nicht vermieden wird. Dies gilt auch, wenn der Antrag aufgrund einer dritten Einstellungsbewilligung als zurückgenommen gilt (§ 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG).

9

Nach Satz 2, Alt. 2 gilt dasselbe, wenn das Verfahren nach § 31 Abs. 1 Satz 2 (vgl. Rz. 1) mangels rechtzeitigem Fortsetzungsantrags aufgehoben wird. Wenn die Verfahrensaufhebung auf einem anderen Grund beruht (z. B. auf § 28 oder § 77 ZVG), dann führt dies nicht zu einem (erneuten) Rangverlust.

10

IV. Sonstiges 1.

Gutgläubiger Erwerb des Rangs

Die außerhalb des Grundbuchs erfolgte Rangverschlechterung einer Sicherungshypothek kann wieder beseitigt werden, wenn ein Zessionar die im Grundbuch ausgewiesene (bessere) Rangstelle gutgläubig erwirbt (§ 892 BGB). Nach Böttcher6) reicht der Hinweis gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 ZVG bei der Sicherungshypothek nicht aus, um einen Zessionar hinsichtlich eines drohenden Rangverlustes bösgläubig zu machen. Mit Stöber7) bin ich der Ansicht, dass die Bezugnahme auf das Eintragungsersuchen jedoch ausreichend ist, wenn die Beschränkung hinsichtlich des Ranges in diesem Ersuchen enthalten ist. Trotzdem ist es ratsam, die Beschränkung ausdrücklich im Eintragungstext aufzuführen.8) 2.

11

Frist des § 118 Abs. 2 ZVG

In § 118 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 ZVG ist ebenfalls von der Stellung eines (Wieder-) Versteigerungsantrags die Rede. Dort beträgt die Frist hierfür jedoch drei Monate, und die Wirkungen beziehen sich auf die Fiktion der „Befriedigung aus dem Grundstück“ (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG), die durch diese Antragstellung gerade nicht eintreten soll.9) Wenn der Gläubiger also einerseits den Rangverlust seiner Sicherungshypothek gemäß § 129 ZVG verhindern will, andrerseits die Befriedigungsfiktion durch die Forderungsübertragung will, dann sollte er den Antrag auf Wiederversteigerung erst nach Ablauf der Frist des § 118 Abs. 2 ZVG aber vor dem Ende der Frist des § 129 Satz 1 ZVG stellen.10)

_____________ 6) Böttcher, ZVG, § 129 Rz. 5 m. w. N.; so auch Löhnig/Hannemann, ZVG, § 129 Rz. 7; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 129 Rz. 6. 7) Stöber, ZVG, § 129 Rz. 2.2. 8) Vgl. das Eintragungsbeispiel einer Sicherungshypothek bei Böttcher, ZVG, § 128 Rz. 18. 9) Wegen der Einzelheiten siehe § 118 Rz. 24 – 26 [Bachmann]. 10) Hierbei ist aber auch zu beachten, dass die beiden Fristen zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen.

Bachmann

963

12

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

§ 130 Eintragungen in das Grundbuch (1) Ist der Teilungsplan ausgeführt und der Zuschlag rechtskräftig, so ist das Grundbuchamt zu ersuchen, den Ersteher als Eigentümer einzutragen, den Versteigerungsvermerk sowie die durch den Zuschlag erloschenen Rechte zu löschen und die Eintragung der Sicherungshypotheken für die Forderung gegen den Ersteher zu bewirken. Bei der Eintragung der Hypotheken soll im Grundbuch ersichtlich gemacht werden, daß sie auf Grund eines Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgt ist. (2) Ergibt sich, daß ein bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigtes Recht nicht zur Entstehung gelangt oder daß es erloschen ist, so ist das Ersuchen auch auf die Löschung dieses Rechtes zu richten. (3) Hat der Ersteher, bevor er als Eigentümer eingetragen worden ist, die Eintragung eines Rechts an dem versteigerten Grundstück bewilligt, so darf die Eintragung nicht vor der Erledigung des im Absatz 1 bezeichneten Ersuchens erfolgen. Literatur: Helsper, Keine Grundbuchberichtigung ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung, NJW 1973, 1485; Herzig, Wer hat im Zwangsversteigerungsverfahren die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu beschaffen, wenn der Ersteher sich nicht um sie bemüht?, JurBüro 1968, 868; Hornung, Löschung der nach Zuschlagserteilung unwirksam eingetragenen Rechte, Rpfleger 1980, 249; Klawikowski, Die Grundstücksversteigerung bei Vor- und Nacherbschaft, Rpfleger 1998, 100; Meyer-Stolte, Eintragungen zwischen Zuschlag und Eigentumsberichtigung, Rpfleger 1983, 240; Weber, Grundbuchberichtigung ohne Unbedenklichkeitsbescheinigung, NJW 1973, 2015. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Ersuchen des Vollstreckungsgerichts .................................................. 7 1. Voraussetzungen ................................... 7 2. Inhalt .................................................... 11 3. Form .................................................... 21 4. Anlagen ................................................ 22 5. Änderung und Ergänzung .................. 27 6. Rechtsbehelf ........................................ 30 III. Aufgaben des Grundbuchamts ......... 31 1. Rechtsnatur des Ersuchens ................. 31 2. Prüfungsrecht des Grundbuchamts ... 34 3. Entscheidung des Grundbuchamts .... 36 a) Erlass einer Eintragungsverfügung ...................................... 37

I. 1

b) Erlass einer Zwischenverfügung ...................................... 38 c) Zurückweisungsbeschluss ........... 41 4. Kosten beim Grundbuchamt .............. 42 5. Rechtsbehelf ........................................ 45 IV. Erledigungsreihenfolge beim Grundbuchamt ................................... 48 1. Grundbuchrecht (§ 17 GBO) ............. 48 2. Ausnahme gemäß § 130 Abs. 3 ZVG ..................................................... 49 V. Sonstiges .............................................. 53 1. Löschung eines nichtigen oder erloschenen Rechts (Abs. 2) ............... 53 2. Muster eines Grundbuchersuchens .... 54

Allgemeines

Mit dem Zuschlag ist der Ersteher nach § 90 Abs. 1 ZVG Eigentümer des Grundstücks geworden. Zum gleichen Zeitpunkt sind auch die Rechte, welche nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, erloschen (§ 91 Abs. 1 ZVG). Ab dem Zuschlag ist damit das Grundbuch sowohl hinsichtlich der Eigentümereintragung als auch hinsichtlich dieser Rechte unrichtig. Da das Grundbuch grundsätzlich aber nicht von Amts wegen berichtigt wird, sieht § 130 Abs. 1 ZVG vor, 964

Bachmann

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

dass das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Eintragung des Erstehers und Löschung der erloschenen Rechte ersucht. Da mit der Eintragung des Erstehers auch der Versteigerungsvermerk keine Bedeutung mehr hat, muss auch dieser gelöscht werden. Und wenn Forderungsübertragungen (§ 118 ZVG) stattgefunden haben, ist die Eintragung der entsprechenden Sicherungshypotheken (§ 128 ZVG) zu veranlassen. Stellt sich nachträglich heraus, dass ein im geringsten Gebot als bestehen bleibend berücksichtigtes Recht materiellrechtlich gar nicht bzw. nicht mehr besteht, so muss sich das Ersuchen nach Absatz 2 auch auf die Löschung dieses Rechts beziehen.

2

Und Absatz 3 richtet sich unmittelbar an das Grundbuchamt und verbietet den vorherigen Vollzug von Eintragungen, die aufgrund einer Eintragungsbewilligung des Erstehers erfolgen sollen.

3

§ 130 ZVG wird ergänzt durch § 130a Abs. 2 ZVG, wonach das Ersuchen unter bestimmten Voraussetzungen auch um Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Löschung an einem bestehen gebliebenen Grundpfandrecht erweitert werden muss.

4

§ 131 ist eine weitere Ergänzung und sieht in den dort genannten Fällen die Befreiung von der Briefvorlage vor. Da dies eine Ausnahme zu dem grundbuchrechtlichen Grundsatz der §§ 41, 42 GBO darstellt, richtet sich diese Vorschrift ebenfalls an das Grundbuchamt.

5

Die genannten Vorschriften gelten für alle Versteigerungsarten des ZVG.

6

II. Ersuchen des Vollstreckungsgerichts 1.

Voraussetzungen

Wenn der Teilungsplan ausgeführt und der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig ist, muss das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Eintragung des Ergebnisses der Versteigerung ersuchen (Abs. 1).

7

Der Teilungsplan ist dann ausgeführt, wenn die Auszahlung bzw. Überweisung oder die Forderungsübertragung an die Zuteilungsberechtigten erfolgt ist. Sofern bedingte Zuteilungen erfolgt sind, brauchen die entsprechenden Bedingungen nicht abgewartet werden. Jedoch muss eine nach § 65 ZVG angeordnete abgesonderte Verwertung durchgeführt sein.

8

Die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses muss das Vollstreckungsgericht durch Einholung eines Notfristzeugnisses beim Beschwerdegericht von Amts wegen feststellen.1)

9

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes muss vorliegen; denn diese muss dem Ersuchen als Anlage beigefügt werden (siehe Rz. 22).

10

_____________ 1)

Da die Beschwerde gemäß § 569 Abs. 1 ZPO auch beim Beschwerdegericht (Landgericht) eingelegt werden kann, sollte auf die Einholung des Notfristzeugnisses eigentlich nie verzichtet werden. Die Praxis handhabt dies oft etwas weniger streng.

Bachmann

965

§ 130 2. 11

Eintragungen in das Grundbuch

Inhalt

Im Ersuchen bittet das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um folgende Eintragungen (Abs. 1): –

Eintragung des Erstehers als neuer Eigentümer;



Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks;



Löschung der durch den Zuschlag erloschenen Rechte;



Eintragung der Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG für übertragene Forderungen.

12

Ersucht werden darf also nur um Eintragungen, die unmittelbar auf der Versteigerung beruhen und das versteigerte Grundstück betreffen; dieses ist gemäß § 28 GBO zu bezeichnen. So darf das Vollstreckungsgericht z. B. nicht um Löschung einer Dienstbarkeit an nicht versteigerten Grundstücksbruchteilen ersuchen, auch wenn diese dort kraft Gesetzes erloschen sein sollte.2) Auch das Erlöschen von Gesamtbelastungen an nicht versteigerten Grundstücken (z. B. nach § 1181 Abs. 2 BGB) kann nicht Inhalt des Ersuchens sein.

13

Der Ersteher ist im Ersuchen gemäß § 15 GBV zu bezeichnen. Bei mehreren Erstehern ist das maßgebliche Gemeinschaftsverhältnis anzugeben (§ 47 GBO). Wenn der Ersteher mit dem Vollstreckungsschuldner identisch ist, muss trotzdem seine Eintragung als Ersteher vorgenommen werden, da er als Ersteher das Eigentum originär erworben hat. Ist der Ersteher bereits verstorben, dann wird trotzdem der Erblasser in das Grundbuch eingetragen. Falls dem Vollstreckungsgericht in diesem Fall schon ein Erbnachweis und evtl. sogar schon ein Grundbuchberichtigungsantrag der Erben vorliegt, wird das Vollstreckungsgericht diese Unterlagen seinem Ersuchen beifügen, das Weitere aber dem Grundbuchamt überlassen.

14

Hat der Insolvenzverwalter das Grundstück zur Insolvenzmasse ersteigert, ist als neuer Eigentümer der Insolvenzschuldner einzutragen. Das Vollstreckungsgericht ist aber nicht befugt, um gleichzeitige Eintragung des Insolvenzvermerks zu ersuchen; dies ist Aufgabe des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts (§ 32 InsO).3)

15

Ersucht wird auch um Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks, da er seinen Zweck erfüllt hat. Wenn mehrere Verfahren anhängig waren (z. B. eine Vollstreckungsversteigerung, parallel dazu eine Teilungsversteigerung, mehrere Verfahren über verschiedene Grundstücksbruchteile) ist es sinnvoll, den zu löschenden Vermerk genauer zu bezeichnen (z. B. durch die lfd. Nr. der Eintragung in Abt. II, durch Hinweis auf das Datum des Ersuchens, aufgrund dessen der Vermerk eingetragen worden ist).

16

Weiter ist das Grundbuchamt um Löschung der durch den Zuschlag erloschenen Rechte (§ 91 Abs. 1) zu ersuchen. Hierbei sind die Rechte einzeln anzugeben und genau zu bezeichnen. Rechte, die aufgrund einer Vereinbarung nach § 91 Abs. 2 ZVG _____________ 2) 3)

966

OLG Frankfurt, Rpfleger 1979, 149. So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 22; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 9; a. A. Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 11.

Bachmann

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

bestehen bleiben, dürfen nicht gelöscht werden. Wenn sich diese Vereinbarung nur auf einen Teil des Rechts bezieht, dann ist um Löschung hinsichtlich des Restes zu ersuchen. Das Löschungsersuchen erfasst auch die Rechte, die nach der Eintragung des Versteigerungsvermerks, aber vor Erteilung des Zuschlags eingetragen worden sind. Auch diese sind einzeln aufzuführen, was auch keine Schwierigkeiten bereitet, da das Grundbuchamt gemäß § 19 Abs. 3 ZVG diese Eintragungen dem Vollstreckungsgericht mitgeteilt hat.

17

Ob sich das Ersuchen um Löschung auch auf solche Rechte beziehen darf, welche erst nach der Verkündung des Zuschlags eingetragen worden sind, wird kontrovers diskutiert. Böttcher4) bejaht die Befugnis des Vollstreckungsgerichts, auch um Löschung dieser Rechte zu ersuchen. Nach der überwiegenden Ansicht5) hat das Vollstreckungsgericht aber nicht um die Löschung der nach dem Zuschlag eingetragenen Recht zu ersuchen; es ist vielmehr Aufgabe des Erstehers, eine etwaige Berichtigung beim Grundbuchamt zu beantragen.

18

Verfügungsbeschränkungen des öffentlichen Rechts dürfen nicht gelöscht werden. Dagegen werden privatrechtliche Verfügungsbeschränkungen, soweit sie nicht objektbezogen sind, gelöscht. So wird z. B. der Insolvenzvermerk (= personenbezogen) gelöscht, der Zwangsverwaltungsvermerk (= objektbezogen) dagegen nicht. Der Nacherbenvermerk kann nur gelöscht werden, wenn keines der bestehen gebliebenen Rechte durch eine Verfügung des Vorerben entstanden ist.

19

Soweit für einen Anspruch die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird, ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 ZVG für diese Forderung eine Sicherungshypothek am Grundstück mit dem Rang des Anspruchs einzutragen. Sie sind getrennt für Kosten, Zinsen und Hauptanspruch einzutragen. Hierbei ist jeweils anzugeben, dass die Eintragung aufgrund eines Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgt (Abs. 1 Satz 2). Im Ersuchen ist auch der Rang der einzelnen Sicherungshypotheken und ein unter Umständen bestehendes Recht eines Dritten (§ 128 Abs. 1 Satz 2 ZVG) anzugeben. Wenn eine Hilfszuteilung erfolgt ist, müssen sowohl der Erst- als auch der Zweitberechtigte eingetragen werden unter Angabe der jeweiligen Bedingung. Im Fall des § 126 Abs. 2 ZVG erfolgt die Eintragung für den „unbekannt gebliebenen Berechtigten …“. Auch die Beschränkung des § 128 Abs. 3 Satz 2 ZVG ist im Grundbuch zu vermerken. Einzelheiten hierzu bei § 128 Rz. 19 [Bachmann].

20

3.

Form

Die Form richtet sich nach § 29 Abs. 3 GBO. Danach muss das Ersuchen vom Rechtspfleger unterschrieben und mit dem Dienstsiegel bzw. Dienststempel versehen sein.6) _____________ 4) 5) 6)

Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 14 m. w. N. Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.13 c); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 9; Löhnig/ Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 17. Wenn Hintzen (Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG § 139 Rz. 11) verlangt, dass mehrere Blätter mit Schnur und Siegel zu verbinden seien, kann dem nicht zugestimmt werden; weder § 44 BeurkG noch § 313b ZPO sind hier einschlägig.

Bachmann

967

21

§ 130 4.

Eintragungen in das Grundbuch

Anlagen

22

Dem Ersuchen ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes (§ 22 ErEStG) beizufügen. Bei der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und bei der verdeckten Stellvertretung (§ 81 Abs. 2 und 3 § 122 Abs. 1 ZVG) liegen zwar mehrere steuerpflichtige Vorgänge vor (vgl. § 58 Rz. 17 ff. [Bachmann]). Dem Ersuchen beizufügen ist aber nur die Unbedenklichkeitsbescheinigung, welche den letzten Erwerbsvorgang betrifft; denn es geht in diesem Zusammenhang nur um die Steuerpflicht desjenigen, der als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden soll.7) Für den Fall der Wiederversteigerung sieht zwar § 133 Satz 1 Halbs. 2 ZVG vor, dass die Anordnung schon erfolgen kann, auch wenn der Ersteher noch nicht im Grundbuch eingetragen ist. Aber spätestens vor der Ansetzung eines Versteigerungstermins muss nach h. M. auch hier das Ersuchen nach § 130 ZVG vollzogen sein. Wegen der Möglichkeit des Vollstreckungsgerichts, in diesem Fall beim Finanzamt die Übersendung der Unbedenklichkeitsbescheinigung zu beantragen, siehe § 133 Rz. 8 [Bachmann].

23

Ein Negativzeugnis der Gemeinde nach § 28 BauGB muss dem Ersuchen nicht beigefügt werden; denn das Vorkaufsrecht kann in der Zwangsversteigerung gar nicht ausgeübt werden.8)

24

Auch Zustimmungen Dritter (z. B. nach § 12 WEG, nach § 5 ErbbauRG) müssen nicht beigefügt werden, da das Grundbuchamt nicht zu prüfen hat, ob sie notwendig waren und dem Vollstreckungsgericht vor Erteilung des Zuschlags vorgelegen haben.9)

25

Der Teilungsplan und die Protokolle über den Versteigerungs- oder den Verteilungstermin werden ebenfalls nicht beigefügt. Dass eine Ausfertigung oder Abschrift des Zuschlagsbeschlusses beigefügt werden muss, ist auch nicht vorgeschrieben. Wenn dies empfohlen wird,10) wird dabei übersehen, dass dem Grundbuchamt üblicherweise bereits nach Erteilung des Zuschlags eine Abschrift des Zuschlagsbeschlusses formlos übersandt wird (vgl. § 88 Rz. 11 [Bachmann]).

26

Nach § 131 ZVG ist die Vorlage der Grundpfandrechtsbriefe grundsätzlich nicht erforderlich. Zum Teil ist es aber üblich, unbrauchbar gemachte Briefe (§ 127 Abs. 1 ZVG) dem Ersuchen beizufügen; dann werden sie beim Grundbuchamt zu Sammelakten zusammengefasst. Einzelheiten hierzu siehe bei § 127 Rz. 8 [Bachmann]. 5.

27

Änderung und Ergänzung

Bevor das Ersuchen durch das Grundbuchamt vollzogen worden ist, kann es jederzeit geändert werden. Hierzu ist kein Antrag eines Beteiligten notwendig, aber als Anregung möglich. _____________ 7) LG Lüneburg, Beschl. v. 10.9.1986 – 4 T 203/86, Rpfleger 1987, 105. 8) LG Frankenthal, Beschl. v. 27.1.1984 – 1 T 20/84, Rpfleger 1984, 183; Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 18; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 12. 9) LG Frankenthal, Beschl. v. 27.1.1984 – 1 T 20/84, Rpfleger 1984, 183; Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 18; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.15 c); Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 12; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 21. 10) So z. B. Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 18; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.3; Dassler/Schiffhauer u. a.-Hintzen, § 130 Rz. 7; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 21; Hornung, Rpfleger 1980, 249.

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Bachmann

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

Das Ersuchen kann aber auch noch berichtigt werden, wenn es schon vollzogen ist. Es ist nur zu beachten, dass in Rechte Dritte, die diese gutgläubig erworben haben, nicht eingegriffen werden dürfen. Dies bedeutet: –

Wurde ein bestehen bleibendes Recht versehentlich gelöscht, dann ist um Wiedereintragung zu ersuchen. Diese Eintragung kann aber nur an nächstoffener Rangstelle erfolgen, wenn zwischenzeitlich andere Rechte eingetragen worden sind.



Wenn ein erloschenes Recht versehentlich nicht gelöscht worden ist, kann das Ersuchen insoweit ergänzt werden. Eine Bewilligung des betroffenen Gläubigers ist hierzu nicht erforderlich.

Wurde ein richtiges Ersuchen vom Grundbuchamt unrichtig vollzogen, dann kann die entsprechende Berichtigung auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts als auch auf Antrag und Bewilligung der Beteiligten erfolgen.11) Aber auch hier ist darauf zu achten, dass Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden dürfen bzw. diese als mittelbar Betroffene die Eintragung bewilligen müssen (§ 19 GBO). 6.

28

29

Rechtsbehelf

Da das Ersuchen keine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts darstellt, sondern eine Maßnahme innerhalb eines Vollstreckungsverfahrens, kann es mit Erinnerung gemäß § 766 ZPO angefochten werden.

30

III. Aufgaben des Grundbuchamts 1.

Rechtsnatur des Ersuchens

Das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts ist grundbuchrechtlich als Verfahrenshandlung einzuordnen, für die §§ 29 Abs. 3 und 38 GBO analog angewandt werden.12) Das Ersuchen ersetzt folgende grundbuchrechtlich sonst erforderlichen Voraussetzungen: –

Antrag (§ 13 GBO),



Eintragungsbewilligung des unmittelbar und mittelbar Betroffenen (§ 19 GBO),



Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 GBO),



erforderliche Zustimmungen (z. B. § 22 Abs. 2, 27 GBO).

Dagegen werden nicht ersetzt: –

31

32

Form des § 29 ZVG; es gilt aber Absatz 3 (Unterschrift und Siegel bzw. Dienststempel),



Bezeichnung des Grundstücks (§ 28 GBO),



Bezeichnung des maßgeblichen Gemeinschaftsverhältnisses (§ 47 GBO),



Vorlage der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 22 GeEStG).

Hinsichtlich der Voreintragung des Betroffenen gemäß § 39 GBO bestehen unterschiedliche Auffassungen. Einzelheiten hierzu siehe nachfolgend unter Rz. 35. _____________ 11) Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.16 d). 12) Analog deshalb, weil das Gericht keine Behörde i. S. v. § 38 GBO ist.

Bachmann

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33

§ 130 2. 34

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Prüfungsrecht des Grundbuchamts

Das Grundbuchamt hat nach allgemeiner Ansicht nur ein formelles, jedoch kein materielles Prüfungsrecht.13) Für die Rechtmäßigkeit und den Inhalt des Ersuchens ist allein das Vollstreckungsgericht verantwortlich. So hat das Grundbuchamt zu prüfen: –

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Eintragungen in das Grundbuch

ob das ersuchende Gericht zuständig ist;



ob das Ersuchen sich auf das versteigerte Grundstück bezieht;



ob die Form des § 29 Absatz 3 GBO gewahrt ist;



ob der einzutragende Ersteher und die sonstigen einzutragenden Berechtigten in gemäß § 15 GBV ausreichend bezeichnet sind;



ob bei mehreren Berechtigten das maßgebliche Gemeinschaftsverhältnis angegeben ist (§ 47 GBO);



ob die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt;



ob der Inhalt des Ersuchens im Rahmen der §§ 130, 130a ZVG liegt.

Dagegen erstreckt sich die Prüfung nicht auf folgende Punkte: –

ob der Teilungsplan ausgeführt und der Zuschlagsbeschluss tatsächlich rechtskräftig ist;



ob ein Recht tatsächlich erloschen ist;



ob ein Recht bestehen bleibt;



ob die Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG überhaupt zulässig ist;



ob eine u. U. notwendige Genehmigung zur Zuschlagserteilung vorgelegen hat;



ob der Vollstreckungsschuldner voreingetragen ist. Die gegenteilige Ansicht14) übersieht, dass der Ersteher auch dann Eigentümer geworden ist, wenn das Grundstück gar nicht dem Schuldner gehört hat. Da der Eigentumserwerb kraft das stattlichen Hoheitsaktes erfolgt (§ 90 ZVG), kann die Frage, ob der Schuldner gemäß § 39 GBO voreingetragen ist, auch bei der Eintragung des Erstehers als neuer Eigentümer keine Rolle spielen.

3.

Entscheidung des Grundbuchamts

Das Grundbuchamt muss nach Prüfung des Ersuchens eine Entscheidung treffen. Hierbei hat es zu beachten, dass das Ersuchen nur einheitlich erledigt werden kann.15) Folgende Entscheidungen sind denkbar:

_____________ 13) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 23; Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 2.15; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, § 130 Rz. 12; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 22. 14) Beispielsweise Böttcher, ZVG, § Rz. 22 und 24 unter Hinweis auf Meikel/Roth, GBO, § 38 Rz. 7. 15) Stöber, ZVG, § 130 Rz. 2.15 f); vgl. hierzu auch § 16 Abs. 2 GBO: stillschweigender Vorbehalt.

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Bachmann

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

a) Erlass einer Eintragungsverfügung

Wenn das Grundbuchamt dem Ersuchen stattgibt, veranlasst es die Eintragungen im Grundbuch durch Erlass einer Eintragungsverfügung. Nach den Eintragungen erhält auch das Vollstreckungsgericht eine entsprechende Eintragungsnachricht (§ 55 GBO). Diese hat das Gericht sofort zu überprüfen und ggf. das Grundbuchamt auf etwaige Fehler hinzuweisen.

37

b) Erlass einer Zwischenverfügung

Wenn dem Vollzug des Ersuchens behebbare Mängel entgegenstehen, wird das Grundbuchamt dem Vollstreckungsgericht eine förmliche Zwischenverfügung zustellen (§ 18 Abs. 1 GBO). Darin werden die Mängel aufgezeigt (z. B. das Fehlen der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, fehlende Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses bei mehreren Erstehern oder Berechtigten) und eine Frist zur Beseitigung dieser Mängel gesetzt.

38

Nach fruchtlosem Fristablauf müsste das Ersuchen zurückgewiesen werden.

39

Häufiger dürfte eine sog. Aufklärungsverfügung in Betracht kommen. Damit wird das Vollstreckungsgericht auf erkennbare Unrichtigkeiten (Schreibfehler, Widersprüche) hingewiesen, oder es werden Bedenken bzw. Unklarheiten hinsichtlich beantragter Eintragungen vorgebracht.

40

c) Zurückweisungsbeschluss

Wenn nach Erlass einer förmlichen Zwischenverfügung die darin gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, wird das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts durch förmlichen Beschluss zurückgewiesen.16) 4.

41

Kosten beim Grundbuchamt17)

Für die Eintragung des Erstehers wird eine Gebühr in Höhe von 1,0 erhoben (GNotKG Nr. 14110). Maßgeblicher Wert (§ 46 GNotKG): Meistgebot bzw. der höhere gemäß § 74a ZVG festgesetzte Wert.

42

Für die Eintragung der Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG wird jeweils eine Gebühr von 1,0 erhoben (GNotKG Nr. 14121). Maßgeblicher Wert (§ 53 Abs. 1 GNotKG): Nennbetrag der einzutragenden Sicherungshypothek.

43

Die übrigen Eintragungen sind gebührenfrei (Vorbemerkung 1.4 zur Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG).

44

5.

Rechtsbehelf

Gegen den Erlass einer förmlichen Zwischenverfügung oder gegen den Zurückweisungsbeschluss kann das Vollstreckungsgericht durch den Versteigerungsrechtspfleger (unbeschränkte) Beschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO einlegen. Dieses Rechtsmittel steht auch dem Ersteher und ggf. den Gläubigern von einzutragenden Sicherungshypotheken (§ 128 ZVG) zu. Über die Beschwerde entscheidet gemäß _____________ 16) Die sofortige Zurückweisung des Ersuchens dürfte nicht in Betracht kommen. 17) Die entsprechenden Kosten sind seit dem 1.8.2013 nicht mehr nach der KostO, sondern nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz v. 23.7.2013 (BGBl. I, 2586) zu berechnen.

Bachmann

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§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

§ 72 GBO das Oberlandesgericht (Zivilsenat). Nach entsprechender Zulassung ist anschließend noch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegeben (§ 78 GBO, § 133 GVG). 46

Gegen eine Aufklärungsverfügung gibt es keinen Rechtsbehelf, da dies keine echte Entscheidung darstellt.

47

Gegen vorgenommene Eintragungen gibt es nur die eingeschränkte Beschwerde. Gemäß § 71 Abs. 2 GBO kann nur verlangt werden, dass das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 ZVG einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen. Dies dürfte in den hier interessierenden Fällen nur ausnahmsweise der Fall sein. Sofern das Grundbuchamt aber Eintragungen vorgenommen hat, die nicht dem Ersuchen entsprechen, kann die Berichtigung auf ein (weiteres) Ersuchen des Vollstreckungsgerichts oder auf entsprechenden Antrag samt Bewilligung der Beteiligten erfolgen. Die ist aber nur möglich, wenn dadurch keine Rechte Dritter betroffen werden.18) IV. Erledigungsreihenfolge beim Grundbuchamt 1.

48

2. 49

Grundbuchrecht (§ 17 GBO)

Nach § 17 GBO richtet sich die Reihenfolge der Erledigung mehrerer Anträge, die dasselbe Recht betreffen, grundsätzlich nach dem Eingang der Anträge beim Grundbuchamt. Hinsichtlich der Rangverhältnisse bedeutet dies, dass einzutragende Rechte den Rang erhalten, welcher der Zeitfolge der Anträge entspricht; sind die Anträge gleichzeitig gestellt, so ist im Grundbuch zu vermerken, dass die Eintragungen gleichen Rang haben (§ 45 GBO). Eine Ausnahme hiervon gilt für den Fall, dass die später beantragte Eintragung die früher beantragte Eintragung erst zulässig macht. Hier wird die später beantragte Eintragung zuerst vollzogen. Enthält dieser (spätere) Antrag auch einen Antrag auf Eintragung eines Rechts, der gemäß 16 Abs. 2 GBO mit dem anderen Antrag verbunden ist (häufig durch einen stillschweigenden Vorbehalt), dann erhält dieses Recht auch Rang vor dem früher beantragten Recht. Ausnahme gemäß § 130 Abs. 3 ZVG

Hat der Ersteher, bevor er als Eigentümer eingetragen worden ist, die Eintragung eines Rechts bewilligt, so darf gemäß Absatz 3 die Eintragung dieses Rechts nicht vor der Erledigung des Grundbuchersuchens eingetragen werden. Im Hinblick auf den Grundsatz der Voreintragung des Betroffenen (§ 39 GBO) und unter Berücksichtigung der grundbuchrechtlich relevanten Vorschriften, erscheint die Regelung in § 130 Abs. 3 ZVG überflüssig zu sein; denn eine Ausnahme von § 39 GBO liegt hier ersichtlich nicht vor. Auch sind sämtliche im Ersuchen enthaltenen Anträge nur gemeinsam zu vollziehen – also auch gemeinsam einzutragen. Damit haben die im Ersuchen evtl. enthaltenen Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG in jedem Fall Rang vor einem vom Ersteher bewilligten Recht zu erhalten. Dazu hätte es einer eigenen Regelung im ZVG nicht gebraucht. _____________ 18) Stöber, ZVG, § 130 Rz. 216 d); Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 25.

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Bachmann

§ 130

Eintragungen in das Grundbuch

Die eigentliche Bedeutung des Absatzes 3 liegt woanders:

50

Wenn es bei Grundbuchanträgen an der Voreintragung des Betroffenen fehlt, keine Ausnahme von § 39 GBO vorliegt, gibt das Grundbuchamt dem Antragsteller durch Zwischenverfügung (§ 18 GBO) auf, die Voreintragung herbeizuführen. Nach fruchtlosem Fristablauf wird der Antrag zurückgewiesen. Die Eintragung des Erstehers als neuer Eigentümer erfolgt aber nur aufgrund eines Ersuchens des Vollstreckungsgerichts; darauf hat der Ersteher keinen unmittelbaren Einfluss. Da er aber ein Interesse hat, möglichst bald auch etwaige Rechte zur Eintragung zu bringen, wird ihm durch Absatz 3 die Möglichkeit eröffnet, diese Eintragungen auch schon vor dem Eingang des Grundbuchersuchens beim Grundbuchamt zu beantragen. Solche Anträge dürfen dann nicht gemäß § 18 ZVG zurückgewiesen werden oder mittels förmlicher Zwischenverfügung beanstandet werden. Diese Anträge werden also in den Grundakten (vorn) aufbewahrt, bis das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts eintrifft und dann im Anschluss an dieses Ersuchen erledigt.19) Absatz 3 ist auch anzuwenden, wenn der Ersteher mit dem bisherigen Eigentümer (= Vollstreckungsschuldner) identisch ist und als solcher noch im Grundbuch steht. Da das Grundbuchamt u. U. die fehlende Voreintragung (des Eigentümers als Ersteher!) nicht erkennt, wird es die Eintragung vollziehen, da der Versteigerungsvermerk keine Grundbuchsperre bewirkt. Dieser Vermerk bewirkt aber im Zusammenhang mit § 130 Abs. 3 ZVG, dass ein solchermaßen verfrüht eingetragenes Recht Rang vor den später gemäß § 128 ZVG eingetragenen Sicherungshypotheken erhält. Dieser Rang kann nicht gutgläubig erworben werden. Der Vorrang der Sicherungshypotheken ist bei der Erledigung des Ersuchens von Amts wegen zum Ausdruck zu bringen.20) Dies gilt auch bei einem sonstigen Verstoß gegen § 130 Abs. 3 ZVG: Die betreffenden (zu früh eingetragenen) Rechte sind nicht zu löschen; es wird nur ihr Nachrang gegenüber den Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG im Grundbuch vermerkt (vgl. § 18 GBV).

51

Absatz 3 findet auch entsprechende Anwendung, wenn ein Gläubiger des Erstehers eine Zwangs- oder Arresthypothek vor Eingang des Ersuchens beantragt hat.21)

52

V. Sonstiges 1.

Löschung eines nichtigen oder erloschenen Rechts (Abs. 2)

Rechte, die im geringsten Gebot als bestehen bleibend berücksichtigt worden sind, aber materiellrechtlich gar nicht entstanden oder bereits wieder erloschen sind, sind nach Absatz 2 ebenfalls in das Ersuchen mit aufzunehmen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Nichtigkeit oder das Erlöschen des Rechts offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (vgl. hierzu §§ 22 Abs. 1, 29 _____________ 19) RG, Beschl. v. 9.12.1905 – V 326/05, RGZ 62, 140; LG Gera, ZFiR 2003, 240; Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 28; Stöber, ZVG § 130 Rz. 6.1; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 42; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 27. 20) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 28; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 6.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 130 Rz. 28; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 28 und 29. 21) LG Lahn-Gießen, Beschl. v. 24.1.1979 – 2 T 26/79, Rpfleger 1979, 352 mit zust. Anm. Schiffhauer; Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 28 m. w. N.; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 6.1; Dassler/ Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130 Rz. 45; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 26.

Bachmann

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53

§ 130a

Vormerkung

Abs. 1 Satz 2 GBO). Bei Ungewissheit oder Streit über das Bestehen eines Rechts, darf das Vollstreckungsgericht nicht um die Löschung ersuchen.22) Unter Absatz 2 fallen z. B. Rechte, die auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt sind, wenn nachgewiesen wird, dass der der Berechtigte vor dem Zuschlag verstorben ist; § 23 GBO findet hier keine Anwendung, da Rückstände nur auf entsprechende Anmeldung im Mindestbargebot zu berücksichtigen wären, also im Versteigerungsverfahren nie „bestehen bleiben“.23) Wenn der Berechtigte erst nach dem Zuschlag verstorben ist, war das Recht zu Recht im geringsten Gebot berücksichtigt worden. Es ist dann Aufgabe des Erstehers, die Löschung dieses Rechts herbeizuführen. 2. 54

Muster eines Grundbuchersuchens

Muster eines entsprechenden Ersuchens an das Grundbuchamt siehe bei Böttcher, Stöber und Löhnig/Hannemann.24) _____________ 22) Stöber, ZVG, § 130 Rz. 3.1; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 15. 23) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, § 130 Rz. 15. 24) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 21; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 4; Stöber, ZVG-Handb., Rz. 557 ff.; Löhnig/Hannemann, ZVG, Anhang Formular Nr. 21.

§ 130a Vormerkung (1) Soweit für den Gläubiger eines erloschenen Rechts gegenüber einer bestehenbleibenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Wirkungen einer Vormerkung bestanden, fallen diese Wirkungen mit der Ausführung des Ersuchens nach § 130 weg. (2) Ist bei einem solchen Recht der Löschungsanspruch nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber einem bestehenbleibenden Recht nicht nach § 91 Abs. 4 Satz 2 erloschen, so ist das Ersuchen nach § 130 auf einen spätestens im Verteilungstermin zu stellenden Antrag des Anspruchsberechtigten jedoch auch darauf zu richten, daß für ihn bei dem bestehenbleibenden Recht eine Vormerkung zur Sicherung des sich aus der erloschenen Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld ergebenden Anspruchs auf Löschung einzutragen ist. Die Vormerkung sichert den Löschungsanspruch vom gleichen Zeitpunkt an, von dem ab die Wirkungen des § 1179a Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestanden. Wer durch die Eintragung der Vormerkung beeinträchtigt wird, kann von dem Berechtigten die Zustimmung zu deren Löschung verlangen, wenn diesem zur Zeit des Erlöschens seines Rechts ein Anspruch auf Löschung des bestehenbleibenden Rechts nicht zustand oder er auch bei Verwirklichung dieses Anspruchs eine weitere Befriedigung nicht erlangen würde; die Kosten der Löschung der Vormerkung und der dazu erforderlichen Erklärungen hat derjenige zu tragen, für den die Vormerkung eingetragen war. Literatur: Stöber, Löschungsvormerkung und gesetzlich vorgemerkter Löschungsanspruch, Rpfleger 1977, 399 und 425; Keller, Der Löschungsanspruch in der Zwangsversteigerung,

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§ 130a

Vormerkung

Abs. 1 Satz 2 GBO). Bei Ungewissheit oder Streit über das Bestehen eines Rechts, darf das Vollstreckungsgericht nicht um die Löschung ersuchen.22) Unter Absatz 2 fallen z. B. Rechte, die auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt sind, wenn nachgewiesen wird, dass der der Berechtigte vor dem Zuschlag verstorben ist; § 23 GBO findet hier keine Anwendung, da Rückstände nur auf entsprechende Anmeldung im Mindestbargebot zu berücksichtigen wären, also im Versteigerungsverfahren nie „bestehen bleiben“.23) Wenn der Berechtigte erst nach dem Zuschlag verstorben ist, war das Recht zu Recht im geringsten Gebot berücksichtigt worden. Es ist dann Aufgabe des Erstehers, die Löschung dieses Rechts herbeizuführen. 2. 54

Muster eines Grundbuchersuchens

Muster eines entsprechenden Ersuchens an das Grundbuchamt siehe bei Böttcher, Stöber und Löhnig/Hannemann.24) _____________ 22) Stöber, ZVG, § 130 Rz. 3.1; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130 Rz. 15. 23) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, § 130 Rz. 15. 24) Böttcher, ZVG, § 130 Rz. 21; Stöber, ZVG, § 130 Rz. 4; Stöber, ZVG-Handb., Rz. 557 ff.; Löhnig/Hannemann, ZVG, Anhang Formular Nr. 21.

§ 130a Vormerkung (1) Soweit für den Gläubiger eines erloschenen Rechts gegenüber einer bestehenbleibenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Wirkungen einer Vormerkung bestanden, fallen diese Wirkungen mit der Ausführung des Ersuchens nach § 130 weg. (2) Ist bei einem solchen Recht der Löschungsanspruch nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber einem bestehenbleibenden Recht nicht nach § 91 Abs. 4 Satz 2 erloschen, so ist das Ersuchen nach § 130 auf einen spätestens im Verteilungstermin zu stellenden Antrag des Anspruchsberechtigten jedoch auch darauf zu richten, daß für ihn bei dem bestehenbleibenden Recht eine Vormerkung zur Sicherung des sich aus der erloschenen Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld ergebenden Anspruchs auf Löschung einzutragen ist. Die Vormerkung sichert den Löschungsanspruch vom gleichen Zeitpunkt an, von dem ab die Wirkungen des § 1179a Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestanden. Wer durch die Eintragung der Vormerkung beeinträchtigt wird, kann von dem Berechtigten die Zustimmung zu deren Löschung verlangen, wenn diesem zur Zeit des Erlöschens seines Rechts ein Anspruch auf Löschung des bestehenbleibenden Rechts nicht zustand oder er auch bei Verwirklichung dieses Anspruchs eine weitere Befriedigung nicht erlangen würde; die Kosten der Löschung der Vormerkung und der dazu erforderlichen Erklärungen hat derjenige zu tragen, für den die Vormerkung eingetragen war. Literatur: Stöber, Löschungsvormerkung und gesetzlich vorgemerkter Löschungsanspruch, Rpfleger 1977, 399 und 425; Keller, Der Löschungsanspruch in der Zwangsversteigerung,

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§ 130a

Vormerkung

RpflJB 1993, 213; Hintzen/Böhringer, Durchsetzung von Löschungsansprüchen bei Grundschulden, Rpfleger 2004, 661. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Gesetzlicher Löschungsanspruch ....... 6 1. Fortbestehen des Anspruchs (§ 91 Abs. 4 Satz 1 ZVG) ..................... 6 2. Wegfall der Vormerkungswirkung (Abs. 1) .................................................. 7 III. Eintragung einer Löschungsvormerkung ................................................ 8 1. Voraussetzungen (Abs. 2 Satz 1) ......... 9 2. Entscheidung des Gerichts ................. 13 3. Eintragung der Löschungsvormerkung ..................................................... 15

I.

4. Wirkungen (Abs. 2 Satz 2) ................. 17 IV. Anspruch auf Löschung der Vormerkung (Abs. 2 Satz 3) ............. 19 1. Materiellrechtlicher Anspruch ............ 19 2. Kosten für die Durchsetzung ............. 22 V. Sonstiges .............................................. 23 1. Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG .................................. 23 2. Außergerichtliche Verteilung ............. 25 3. Zuzahlung und Sicherungshypothek .............................................. 26 4. Muster für das Ersuchen ..................... 28

Allgemeines

Durch das am 1.1.1978 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher, grundbuchrechtlicher und anderer Vorschriften1) wurde § 1179a BGB eingefügt. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift kann der Gläubiger einer Hypothek vom Eigentümer verlangen, dass dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek löschen lässt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung später eintritt. Dieser Anspruch ist in gleicher Weise gesichert, als wenn zu seiner Sicherung gleichzeitig mit der begünstigten Hypothek eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen worden wäre (1179 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach § 1179a Abs. 5 Satz 1 BGB kann der Ausschluss dieses Anspruchs ganz oder teilweise vereinbart werden; dann muss dies aber im Grundbuch beim begünstigten Recht (ausdrücklich) eingetragen werden (§ 1179a Abs. 5 Satz 2 BGB).

1

Da in der Zwangsversteigerung Rechte einerseits bestehen bleiben (§§ 44, 52 ZVG), andererseits erlöschen (§ 91 ZVG), ist folgende Fallgestaltung möglich: Das vom Löschungsanspruch betroffene Recht bleibt nach den Versteigerungsbedingungen bestehen, das begünstigte Recht ist mit dem Zuschlag erloschen. Mit Vollzug des Grundbuchersuchens wird dieses Recht dann auch im Grundbuch (formell) gelöscht. Damit ist auch nicht mehr ersichtlich, dass für einen bestimmten Gläubiger ein Löschungsanspruch bestanden hat. Und dies zu verhindern, wurde durch das eingangs genannte Gesetz auch das ZVG um die Vorschrift des § 130a ZVG ergänzt.

2

In Absatz 1 wird der Grundsatz aufgestellt, dass die Wirkungen einer Vormerkung (erst) mit der Ausführung des Ersuchens, also erst mit der tatsächlichen Löschung – nicht schon mit dem Zuschlag wegfallen, obwohl das begünstigte Recht selbst schon mit diesem Zuschlag erloschen ist. Da das Recht aber noch grundbuchersichtlich ist, ist auch noch die Wirkung des Löschungsanspruchs als Löschungsvormerkung aus dem Grundbuch zu ersehen.

3

_____________ 1)

SachenRÄndG v. 22.6.1977 (BGBl. I, 998).

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§ 130a

Vormerkung

4

Für die Zeit nach dem Vollzug des Grundbuchersuchens versucht Absatz 2 eine Lösung zu finden, die möglichst allen beteiligten Personen gerecht wird: Auf entsprechenden Antrag an das Vollstreckungsgericht muss dieses sein Ersuchen darauf erstrecken, dass bei dem bestehen bleibenden Recht für den Berechtigten des Löschungsanspruchs eine Vormerkung zu Sicherung dieses Anspruchs eingetragen wird (Abs. 2 Satz 1). Wer durch diese Eintragung jedoch beeinträchtigt wird, kann von dem Berechtigten der Löschungsvormerkung die Zustimmung zur Löschung verlangen, wenn diesem im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung gar kein Löschungsanspruch mehr zustand oder auch bei Verwirklichung seines Anspruchs keine (weitere) Befriedigung erlangen würde (Abs. 2 Satz 3).

5

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG mit Ausnahme der Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken sowie von Luftfahrzeugen.2) II. Gesetzlicher Löschungsanspruch 1.

6

Der gesetzliche Löschungsanspruch erlischt gemäß § 91 Abs. 4 Satz 1 ZVG nicht, wenn das begünstigte Recht erlischt. Nur wenn der Berechtigte aus dem Grundstück (voll) befriedigt wird, erlischt auch der Löschungsanspruch (§ 91 Abs. 4 Satz 2 ZVG). Grundsätzlich bleibt also der gesetzliche Löschungsanspruch bestehen und zwar wegen jeder zur Löschung verpflichtenden Vereinigung des betroffenen Grundpfandrechts mit dem Eigentum in einer Person, die vor dem Zuschlag eingetreten ist.3) In einem solchen Fall kann der Löschungsberechtigte seinen fortbestehenden Anspruch auch noch nach dem Zuschlag durchsetzen. Wegen der damit zusammenhängenden Zuzahlungspflicht siehe Rz. 26, 27. 2.

7

Fortbestehen des Anspruchs (§ 91 Abs. 4 Satz 1 ZVG)

Wegfall der Vormerkungswirkung (Abs. 1)

Mit Ausführung des Grundbuchersuchens entfällt aber die dingliche Sicherung des weiter bestehenden Löschungsanspruchs (Abs. 1). Damit werden Verfügungen über das vor dem Zuschlag entstandene Eigentümerrecht (z. B. Abtretung an einen Dritten), die vorher dem Löschungsanspruchsberechtigten gegenüber wegen der Vormerkungswirkung relativ unwirksam waren (vgl. § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB), nun voll wirksam. Damit kann er von einem Erwerber des Eigentümerrechts auch die zur Verwirklichung seines (Löschungs-) Anspruchs nötigen Grundbucheintragung nicht mehr verlangen.4) III. Eintragung einer Löschungsvormerkung

8

Um dies zu verhindern, sieht Absatz 2 die Möglichkeit vor, an einem bestehen bleibenden Grundpfandrecht eine Vormerkung einzutragen zur Sicherung des für den Berechtigten eines erloschenen Grundpfandrechts nach wie vor bestehenden Anspruchs auf Löschung. Wenn der Gläubiger des begünstigten Rechts aus dem Versteigerungserlös voll befriedigt wurde, erlischt nach § 91 Abs. 4 Satz 2 ZVG _____________ 2) 3) 4)

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Stöber, ZVG, § 130a Rz. 1.2. Stöber, ZVG, § 130a Rz. 2.1; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 5. Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 4; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 2.3.

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§ 130a

Vormerkung

auch sein Löschungsanspruch. In diesem Fall kommt demnach auch nicht die Eintragung einer Löschungsvormerkung in Betracht. 1.

Voraussetzungen (Abs. 2 Satz 1)

Damit das Vollstreckungsgericht sein Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 130 ZVG) dahingehend erweitert, dass auch eine Löschungsvormerkung an einem bestehen bleibenden Recht eingetragen werden soll, ist ein entsprechender Antrag erforderlich. Antragsberechtigt ist der, dem das begünstigte Recht im Zeitpunkt des Zuschlags zusteht. Wenn er sich nicht (nur) auf die Eintragung im Grundbuch berufen kann, muss er seine Berechtigung nachweisen. Deshalb ist bei einem Briefrecht auch die Briefvorlage erforderlich (vgl. § 1117 BGB); bei einer außerhalb des Grundbuchs erfolgten Abtretung sind die entsprechenden Abtretungserklärungen in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen (vgl. § 1155 BGB).

9

Der Antrag muss spätestens im Verteilungstermin gestellt werden. Ein später gestellter Antrag ist unzulässig, auch wenn er noch vor Absendung des Ersuchens beim Vollstreckungsgericht eingeht; das Gesetz ist hier eindeutig. Der Antrag kann auch schon vor dem Verteilungstermin, dann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden.5) Der Nachweis der Legitimation zur Antragsberechtigung kann auch noch bis zur Absendung des Grundbuchersuchens nachgereicht werden.

10

Mit dem Antrag nach Absatz 2 wird auch gleichzeitig der Löschungsanspruch geltend gemacht. Aber auch in diesem Zusammenhang hat das Vollstreckungsgericht nicht zu prüfen, ob der Löschungsanspruch durchsetzbar bestand und der Anspruchsberechtigte bei einer Löschung weitere Befriedigung erhalten hätte.6) Solche Fragen können grundsätzlich nur im Prozessweg geklärt werden. Dem Vollstreckungsrecht ist es grundsätzlich fremd, über schuldrechtliche Ansprüche zu entscheiden; hierzu fehlen dem Vollstreckungsgericht auch die prozessrechtlichen Möglichkeiten (z. B. Beweisaufnahme). Dass dies auch der Gesetzgeber so sieht, ergibt sich auch aus § 130a Abs. 2 Satz 3 ZVG: Wenn der Löschungsanspruch tatsächlich nicht besteht, hat der durch die Vormerkung Beeinträchtigte nur einen (schuldrechtlichen) Anspruch gegen den Berechtigten auf Zustimmung zur Löschung. Einzelheiten hierzu unter Rz. 19.

11

In der Geltendmachung des Löschungsanspruchs kann zugleich auch der Antrag gemäß § 130a Abs. 2 ZVG gesehen werden.

12

2.

Entscheidung des Gerichts

Wenn das Gericht bei Prüfung des Antrags zum Ergebnis kommt, dass die Voraussetzungen vorliegen, muss es sein Grundbuchersuchen um einen Punkt erweitern; es muss auch um Eintragung einer Löschungsvormerkung ersuchen. Hierbei muss der Inhalt der Vormerkung genau bezeichnet werden; insbesondere ist das betroffene Recht zu bezeichnen, aber auch der Berechtigte muss gemäß § 15 GBV _____________ 5) 6)

Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 6; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 6. So Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.4; Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 6; Löhnig/Hannemann, ZVG § 130a Rz. 8; a. A. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130a Rz. 11.

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§ 130a

Vormerkung

genau angegeben werden. Bei mehreren Berechtigten ist das maßgebliche Gemeinschaftsverhältnis anzugeben (§ 47 GBO). 14

Wenn die Voraussetzungen für die Eintragung einer Löschungsvormerkung nicht vorliegen, wird der Antrag nicht durch Beschluss zurückgewiesen; das Grundbuchersuchen erstreckt sich dann nicht auf die Eintragung der Vormerkung. Jedoch muss dem Antragsteller vor Absendung des Ersuchens rechtliches Gehör gewährt werden (Art. 103 GG).7) 3.

Eintragung der Löschungsvormerkung

15

Das Grundbuchamt hat auch hier nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten Löschungsvormerkung vorliegen. Wenn das betroffene Recht ein Briefrecht ist, bedarf es auch nicht der Vorlage des Grundpfandrechtsbriefes (§ 131 Satz 2 ZVG).

16

Die Löschungsvormerkung wird bei dem bestehen bleibenden Recht in der Veränderungsspalte eingetragen (§ 12 Abs. 1 c) GBV). Wegen des Textes wird auf Rz. 28 verwiesen. 4.

Wirkungen (Abs. 2 Satz 2)

17

Die Vormerkung sichert gemäß Absatz 2 Satz 2 den Löschungsanspruch vom gleichen Zeitpunkt an, von dem ab die Wirkungen des § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB bestanden haben. Dies bedeutet: Soweit sich das vom Löschungsanspruch erfasste Grundpfandrecht vor dem Zuschlag mit dem Eigentum vereinigt hat, setzt die jetzt eingetragene Löschungsvormerkung die früher ohne ausdrückliche Eintragung (vgl. § 1179a Abs. 1 Satz 3 BGB) bestehende Sicherungswirkung fort. Diese Eintragung wirkt zurück auf den Tag der ursprünglichen Eintragung des begünstigten Rechts.

18

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch: Vereinigt sich ein bestehen gebliebenes Grundpfandrecht mit dem Eigentum erst nach dem Zuschlag, so entfaltet die nach § 130a Abs. 2 ZVG eingetragene Löschungsvormerkung keine Wirkung; denn gegen den Ersteher bestehen keine Löschungsansprüche, da ein erloschenes Recht (samt seinen sämtlichen „Nebenrechten“) ihn nicht betrifft. IV. Anspruch auf Löschung der Vormerkung (Abs. 2 Satz 3) 1.

19

Materiellrechtlicher Anspruch

Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 kann derjenige, der durch die Eintragung der Vormerkung beeinträchtigt wird, von dem Berechtigten die Zustimmung zur Löschung verlangen. Das Gesetz führt zwei Fälle an: –

Wenn dem Berechtigten der Vormerkung zum Zeitpunkt des Erlöschens des Rechts (also beim Zuschlag) gar kein Löschungsanspruch zustand. Dann ist das Grundbuch unrichtig, weil die Vormerkung forderungsabhängig ist. Das Grundbuch kann auf entsprechenden Antrag berichtigt werden; hierzu ist aber die Vorlage einer Berichtigungsbewilligung erforderlich, wenn nicht die Unrichtigkeit in öffentlicher Urkunde nachgewiesen wird (§ 22 GBO).

_____________ 7)

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Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 7; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.2; Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, § 130a Rz. 13; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 9.

Bachmann

§ 130a

Vormerkung



Wenn der Berechtigte der Vormerkung zwar einen Löschungsanspruch hat, aber auch bei Verwirklichung dieses Anspruchs eine weitere Befriedigung nicht erlangen würde (weil z. B. Zwischenberechtigte vorhanden sind, die rechnerisch zu berücksichtigen wären). Dann ist die Vormerkung zwar nicht unwirksam, aber ihr fehlt jegliche „innere Berechtigung“. Die dann mögliche Löschung, die hier konstitutiv wirkt, setzt aber voraus, dass dem Grundbuchamt eine Löschungsbewilligung oder ein Bewilligungsersatz (§ 19 GBO) vorgelegt wird.

Die Feststellung, wer durch die Eintragung der Vormerkung beeinträchtigt wird, bereitet in der Praxis offenbar einige Schwierigkeiten. Beeinträchtigt ist der Gläubiger des Rechts, bei dem die Vormerkung eingetragen ist;8) denn sein Recht ist „belastet“ mit der Vormerkung. So hat er zumindest einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs, wenn diese Vormerkung nicht besteht. Sicher ist auch der Ersteher des Grundstücks beeinträchtigt, da er als Eigentümer in seiner Verfügungsberechtigung betroffen ist.9) Aber auch Dritte können beeinträchtigt sein, wenn sie Rechte an dem betreffenden Grundpfandrecht erworben haben (z. B. Pfand- oder Pfändungspfandrecht).10)

20

Da Absatz 2 Satz 3 nur eine schuldrechtliche Anspruchsgrundlage darstellt, ist das Recht notfalls im Prozessweg durchzusetzen; das Vollstreckungsgericht ist hierfür nicht zuständig. Der Klageantrag richtet sich auf Abgabe einer Willenserklärung; mit der Rechtskraft eines entsprechenden Urteils gilt die Willenserklärung (Zustimmung zur Löschung) als abgegeben (§ 894 ZPO). In dieser Willenserklärung steckt auch die Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO).11) Deshalb kann der Kläger unter Vorlage des mit dem Rechtskraftvermerk versehenen Urteils beim Grundbuchamt die Löschung der Vormerkung beantragen.

21

2.

Kosten für die Durchsetzung

Sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Löschung der Vormerkung entstehen (z. B. Kosten des Notars für die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift(en), Prozesskosten, Eintragungskosten), hat der Vormerkungsberechtigte zu tragen (Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2).

22

V. Sonstiges 1.

Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG

Die Liegenbelassungsvereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG bewirkt, dass ein an sich erlöschendes Recht doch nicht erlischt; es wird so behandelt, als ob es schon mit dem Zuschlag bestehen bleiben würde (Einzelheiten hierzu siehe bei § 91 Rz. 19 [Bachmann]). Im Hinblick auf § 130a ZVG muss in einem solchen Fall _____________ 8) So Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 11; a. A. Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.9: Die Vormerkung beträfe nur das Eigentümerrecht, richte sich somit nicht gegen den Fremdgläubiger des Grundpfandrechts und seinen Rechtsnachfolger. 9) So Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.9; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 12. 10) Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.9. 11) Eine Unterscheidung dahingehend, dass die Bewilligung im o. a. ersten Fall einer Berichtigungsbewilligung, im zweiten Fall eine echte Löschungsbewilligung darstellt, braucht hierbei nicht ausdrücklich vorgenommen werden.

Bachmann

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§ 130a

Vormerkung

unterschieden werden, ob sich die Liegenbelassungsvereinbarung auf ein Recht bezieht, dem der Löschungsanspruch des § 1179a BGB zusteht (also ein nachrangiges Recht). Da in einem solchen Fall dieses Recht auch nicht gelöscht wird, besteht für die Eintragung einer Vormerkung gemäß Absatz 2 keine Notwendigkeit, da der Löschungsanspruch weiter als Inhalt des Rechts grundbuchersichtlich bleibt. Ein bereits gestellter Antrag auf Eintragung einer Löschungsvormerkung wird dadurch gegenstandslos. Wenn sich die Vereinbarung jedoch nur auf einen Teil des Rechts bezieht, kann Antrag auf Eintragung der Vormerkung für den erloschenen Teil des Rechts beantragt werden.12) 24

Bezieht sich die Vereinbarung auf ein gleich- oder vorrangiges Grundpfandrecht, gegen das sich der Löschungsanspruch eines nach- oder gleichrangigen Gläubigers richtet, dann ist auf entsprechenden Antrag das Ersuchen auch dahingehend zu erweitern, dass an diesem Grundpfandrecht eine Vormerkung zur Sicherung des weiter bestehenden Löschungsanspruchs eingetragen wird. Bis zu welchem Zeitpunkt dieser Antrag gestellt sein muss, wenn die Vereinbarung gemäß § 91 Abs. 2 ZVG erst nach dem Verteilungstermin vorgelegt wird, ist bisher noch nicht entschieden worden.13) 2.

25

3. 26

Außergerichtliche Verteilung

Im Falle einer außergerichtlichen Verteilung gemäß § 143 ZVG oder § 144 ZVG findet § 130a ZVG entsprechende Anwendung (§ 145 ZVG).14) Dies soll nach Hintzen15) nicht richtig sein, da § 130a ZVG erkennbar auf eine gerichtliche Verteilung abstelle, wonach der Antrag spätestens im Verteilungstermin gestellt werden müsse. Bei der außergerichtlichen Verteilung gäbe es aber keinen Verteilungstermin; ein entsprechender Zeitpunkt sei im Rahmen einer außergerichtlichen Verteilung auch nicht erkennbar. Dem muss widersprochen werden, da einerseits das Gesetz selbst in § 145 ZVG die Vorschrift für anwendbar erklärt. Auf der anderen Seite muss es auch hier möglich sein, die Wirkung des Löschungsanspruchs über den Zeitpunkt der Vollziehung des Grundbuchersuchens hinaus zu sichern. Und schließlich spricht nichts dagegen, als spätesten Zeitpunkt für die Antragstellung hier (ausnahmsweise!) die Absendung des Ersuchens an das Grundbuchamt anzunehmen.16) Zuzahlung und Sicherungshypothek

Der Antrag nach Absatz 2 wird nach allgemeiner Ansicht auch als Geltendmachung des Löschungsanspruchs angesehen.17) Dies löst die Zuzahlungspflicht ge_____________ 12) So Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.10. 13) Wenn Stöber, ZVG, § 130a Rz. 3.11, hier als Ausweg darauf hinweist, dass als rechtzeitiger Antrag bereits die Geltendmachung des Löschungsanspruchs im Verteilungstermin gegen die Zuteilung auf das zunächst erloschen Recht gilt, dann ist dies im Hinblick auf § 115 Abs. 1 Satz 2 zumindest konsequent. 14) So auch Stöber, ZVG, § 130a Rz. 1.2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 2. 15) Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130a Rz. 9. 16) Vgl. hierzu eine ähnliche Konstellation bei § 91 Abs. 2 ZVG. 17) Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 6; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 5; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 130a Rz. 7; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 130a Rz. 6.

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Bachmann

Löschung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld

§ 131

mäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 ZVG aus, wenn das betroffene Recht in Erfüllung des Löschungsanspruchs tatsächlich gelöscht wird. Somit muss nach § 125 Abs. 1 ZVG eine weitere Zuteilung vorgenommen werden. Ausgeführt wird diese Zuteilung durch Forderungsübertragung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Wenn noch ungewiß oder streitig ist, ob diese Löschung erfolgt und (erst) dann ein weiterer Betrag zu zahlen ist, muss die Zuteilung und Forderungsübertragung gemäß § 125 Abs. 2 ZVG unter der entsprechenden Bedingung vorgenommen werden. Deshalb bewirkt der Antrag gemäß § 130a Abs. 2 ZVG auch immer eine Ergänzung des vorläufigen Teilungsplans dahingehend, dass immer auch eine Zuteilung des ungewissen Zuzahlungsbetrags an den bzw. die nächstausfallenden Berechtigten vorgenommen werden muss (nach § 125 Abs. 1 oder Abs. 2 ZVG). Die Ausführung dieser Zuteilung erfolgt dann durch Forderungsübertragung; und schließlich muss für diese übertragene Forderung eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG eingetragen werden. 4.

27

Muster für das Ersuchen

Gemäß § 130a ZVG wird weiter ersucht, bei dem bestehen bleibenden Recht Abt. III Nr. […] über […] € folgende Vormerkung einzutragen:

28

„Vormerkung zur Sicherung des sich aus dem erloschenen Recht Abt. III Nr. […] ergebenden Anspruchs auf Löschung (§ 1179a BGB) für […]. Gemäß Ersuchen des Vollstreckungsgerichts […] vom […] (Az. […]) eingetragen am […].“18)

_____________ 18) Weitere Muster z. B. Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 8; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 4.2.

§ 131 Löschung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld In den Fällen des § 130 Abs. 1 ist zur Löschung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld, im Falle des § 128 zur Eintragung des Vorranges einer Sicherungshypothek die Vorlegung des über das Recht erteilten Briefes nicht erforderlich. Das gleiche gilt für die Eintragung der Vormerkung nach § 130a Abs. 2 Satz 1. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Keine Briefvorlage erforderlich ......... 4 1. Löschung eines Briefgrundpfandrechts (Satz 1 Halbs. 1) ........................ 4

I.

2.

Vorrangeintragung für eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG ............................................. 6 3. Eintragung einer Löschungsvormerkung nach § 130a Abs. 2 ZVG ....... 7 III. Briefvorlage .......................................... 8

Allgemeines

§ 131 Satz 1 ZVG richtet sich an das Grundbuchamt und stellt eine Ausnahme zu den §§ 41, 42 GBO dar. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GBO darf bei einer Hypothek, über die ein Brief erteilt ist, eine Eintragung nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird. § 42 GBO erweitert diese Vorlagepflicht auf Grundschuld- und RentenBachmann

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1

Löschung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld

§ 131

mäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 ZVG aus, wenn das betroffene Recht in Erfüllung des Löschungsanspruchs tatsächlich gelöscht wird. Somit muss nach § 125 Abs. 1 ZVG eine weitere Zuteilung vorgenommen werden. Ausgeführt wird diese Zuteilung durch Forderungsübertragung (§ 125 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Wenn noch ungewiß oder streitig ist, ob diese Löschung erfolgt und (erst) dann ein weiterer Betrag zu zahlen ist, muss die Zuteilung und Forderungsübertragung gemäß § 125 Abs. 2 ZVG unter der entsprechenden Bedingung vorgenommen werden. Deshalb bewirkt der Antrag gemäß § 130a Abs. 2 ZVG auch immer eine Ergänzung des vorläufigen Teilungsplans dahingehend, dass immer auch eine Zuteilung des ungewissen Zuzahlungsbetrags an den bzw. die nächstausfallenden Berechtigten vorgenommen werden muss (nach § 125 Abs. 1 oder Abs. 2 ZVG). Die Ausführung dieser Zuteilung erfolgt dann durch Forderungsübertragung; und schließlich muss für diese übertragene Forderung eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG eingetragen werden. 4.

27

Muster für das Ersuchen

Gemäß § 130a ZVG wird weiter ersucht, bei dem bestehen bleibenden Recht Abt. III Nr. […] über […] € folgende Vormerkung einzutragen:

28

„Vormerkung zur Sicherung des sich aus dem erloschenen Recht Abt. III Nr. […] ergebenden Anspruchs auf Löschung (§ 1179a BGB) für […]. Gemäß Ersuchen des Vollstreckungsgerichts […] vom […] (Az. […]) eingetragen am […].“18)

_____________ 18) Weitere Muster z. B. Böttcher, ZVG, § 130a Rz. 8; Stöber, ZVG, § 130a Rz. 4.2.

§ 131 Löschung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld In den Fällen des § 130 Abs. 1 ist zur Löschung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld, im Falle des § 128 zur Eintragung des Vorranges einer Sicherungshypothek die Vorlegung des über das Recht erteilten Briefes nicht erforderlich. Das gleiche gilt für die Eintragung der Vormerkung nach § 130a Abs. 2 Satz 1. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Keine Briefvorlage erforderlich ......... 4 1. Löschung eines Briefgrundpfandrechts (Satz 1 Halbs. 1) ........................ 4

I.

2.

Vorrangeintragung für eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG ............................................. 6 3. Eintragung einer Löschungsvormerkung nach § 130a Abs. 2 ZVG ....... 7 III. Briefvorlage .......................................... 8

Allgemeines

§ 131 Satz 1 ZVG richtet sich an das Grundbuchamt und stellt eine Ausnahme zu den §§ 41, 42 GBO dar. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GBO darf bei einer Hypothek, über die ein Brief erteilt ist, eine Eintragung nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird. § 42 GBO erweitert diese Vorlagepflicht auf Grundschuld- und RentenBachmann

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1

§ 131

Löschung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld

schuldbriefe. Die Regelung des § 131 ZVG soll verhindern, dass die Berichtigung des Grundbuchs durch Briefbesitzer verhindert oder verzögert werden kann. 2

Satz 2 will für die Eintragung der nach § 130a Abs. 2 ZVG einzutragenden Vormerkung die Gleichbehandlung zur sonstigen Löschungsvormerkung erreichen; denn nach § 41 Abs. 1 Satz 3 GBO ist für die Eintragung einer Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB auch die Vorlage des Grundpfandrechtsbriefes nicht erforderlich.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. Für das Zwangsverwaltungsverfahren enthält § 158 Abs. 2 ZVG eine ähnliche Regelung. II. Keine Briefvorlage erforderlich 1.

Löschung eines Briefgrundpfandrechts (Satz 1 Halbs. 1)

4

Soweit Briefgrundpfandrechte durch den Zuschlag erloschen sind, werden sie aufgrund des Ersuchens, welches nach § 130 ZVG an das Grundbuchamt zu richten ist, im Grundbuch auch gelöscht. Hierzu ist gemäß §§ 41, 42 GBO im sonstigen Grundbuchverfahren die Vorlage des entsprechenden Grundpfandrechtsbriefes erforderlich. Beim Vollzug eines Ersuchens nach § 130 ZVG entfällt diese Vorlagepflicht.

5

Das Vollstreckungsgericht hat (von dem Fall des § 126 ZVG abgesehen) auch keine Möglichkeit, die Vorlage eines solchen Briefes zu erzwingen (vgl. § 127 Abs. 1 ZVG). Wenn der Brief vorliegt, hat ihn das Vollstreckungsgericht (nicht das Grundbuchamt wie in den sonstigen Fällen) unbrauchbar zu machen (§ 127 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Wegen der weiteren Behandlung des unbrauchbar gemachten Briefes siehe § 127 Rz. 8 [Bachmann]. 2.

6

3. 7

Vorrangeintragung für eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG

Sicherungshypotheken gemäß § 128 ZVG sind in dem Rang einzutragen, den die hierdurch gesicherten Ansprüche nach dem Teilungsplan haben. Somit sind die Sicherungshypotheken, welche für die nach § 109 ZVG vorweg zu entnehmenden Gerichtskosten sowie für die Ansprüche der Rangklassen 1 – 3 im Rang vor den bestehen bleibenden Rechten (= Rangklasse 4) eingetragen werden, im Rang vor allen bestehen bleibenden Rechten einzutragen. Hierbei sind gemäß § 18 GBV bei allen beteiligten Rechten Rangvermerke anzubringen, also auch bei den bestehen bleibenden Rechten. Falls es sich hierbei um Briefgrundpfandrechte handelt, ist auch hier nicht die Briefvorlage erforderlich. Eintragung einer Löschungsvormerkung nach § 130a Abs. 2 ZVG

Auch bei der Eintragung einer Löschungsvormerkung gemäß § 130a Abs. 2 ZVG an einem Briefgrundpfandrecht ist die Briefvorlage entbehrlich. Dies wird durch Satz 2 ausdrücklich klargestellt; damit ist eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 1 Satz 3 GBO überflüssig. III. Briefvorlage

8

§ 131 ZVG bezieht sich nur auf solche Fälle, die unter die Regelung des § 130 Abs. 1 ZVG fallen. Das bedeutet, dass die Briefvorlage nicht entbehrlich ist, wenn um die Löschung eines Briefgrundpfandrechts nach § 130 Abs. 2 ZVG ersucht 982

Bachmann

§ 132

Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel

wird. Nach dieser Vorschrift hat das Vollstreckungsgericht auch um Löschung solcher Rechte zu ersuchen, die gar nicht zur Entstehung gelangt sind oder die bereits wieder erloschen sind. Handelt es sich hierbei um Briefrechte, ist die Vorlage des entsprechenden Grundpfandrechtsbriefes erforderlich. Auch für Rechte, die nach dem Zuschlag eingetragen worden sind, gilt § 131 ZVG nicht. Trotzdem kann das Vollstreckungsgericht hier die Briefvorlage nicht erzwingen; deshalb wird es auch hier das Ersuchen ohne entsprechenden Grundpfandrechtsbrief dem Grundbuchamt zuleiten. Das Grundbuchamt kann dann die Vorlage des Briefes analog § 62 GBO, § 35 FamFG erzwingen.1) Ob die von Hintzen2) vorgeschlagene Zurückstellung der Löschung und Erledigung des restlichen Ersuchens möglich ist, erscheint doch fraglich. Sinnvoller erscheint mir folgende Verfahrensweise: Das Grundbuchamt weist das Ersuchen in diesem Punkte zurück, da es an der Briefvorlage fehlt. Das Vollstreckungsgericht hat dann sicher kein Interesse, gegen diese (teilweise) Zurückweisung Beschwerde einzulegen. Auch eine Beschwerde des Erstehers dürfte keinen Erfolg haben, solange er nicht für die Vorlegung des Grundpfandrechtsbriefes sorgt. Im Übrigen dürfte ohne Vorlage des Grundpfandrechts das Erlöschen des Grundpfandrechts auch nicht mit hinreichender Sicherheit feststehen, sodass das Vollstreckungsgericht dem Problem in den meisten Fällen dadurch aus dem Weg gehen kann, dass es gerade nicht um Löschung dieses Briefrechts ersucht. _____________ 1) 2)

So auch Böttcher, ZVG, § 131 Rz. 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 131 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 131 Rz. 7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 131 Rz. 2.

§ 132 Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel (1) Nach Ausführung des Teilungsplans ist die Forderung gegen den Ersteher, im Falle des § 69 Abs. 3 auch gegen den für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 auch gegen den für mithaftend erklärten Meistbietenden, der Anspruch aus der Sicherungshypothek gegen den Ersteher und jeden späteren Eigentümer vollstreckbar. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Ersteher einen weiteren Betrag nach den §§ 50, 51 zu zahlen hat. (2) Die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag erteilt ist. In der Vollstreckungsklausel ist der Berechtigte sowie der Betrag der Forderung anzugeben; der Zustellung einer Urkunde über die Übertragung der Forderung bedarf es nicht. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Vollstreckbarkeit der übertragenen Forderung (Abs. 1) ....................... 3 1. Die übertragene Forderung nach § 118 ZVG ............................................. 3

2. 3.

Bachmann

Die dingliche Forderung aus der Sicherhungshypothek nach § 128 ZVG ....................................................... 5 Sonderfall: Forderung auf Zuzahlung nach §§ 50, 51 ZVG ...................... 6

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9

§ 132

Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel

wird. Nach dieser Vorschrift hat das Vollstreckungsgericht auch um Löschung solcher Rechte zu ersuchen, die gar nicht zur Entstehung gelangt sind oder die bereits wieder erloschen sind. Handelt es sich hierbei um Briefrechte, ist die Vorlage des entsprechenden Grundpfandrechtsbriefes erforderlich. Auch für Rechte, die nach dem Zuschlag eingetragen worden sind, gilt § 131 ZVG nicht. Trotzdem kann das Vollstreckungsgericht hier die Briefvorlage nicht erzwingen; deshalb wird es auch hier das Ersuchen ohne entsprechenden Grundpfandrechtsbrief dem Grundbuchamt zuleiten. Das Grundbuchamt kann dann die Vorlage des Briefes analog § 62 GBO, § 35 FamFG erzwingen.1) Ob die von Hintzen2) vorgeschlagene Zurückstellung der Löschung und Erledigung des restlichen Ersuchens möglich ist, erscheint doch fraglich. Sinnvoller erscheint mir folgende Verfahrensweise: Das Grundbuchamt weist das Ersuchen in diesem Punkte zurück, da es an der Briefvorlage fehlt. Das Vollstreckungsgericht hat dann sicher kein Interesse, gegen diese (teilweise) Zurückweisung Beschwerde einzulegen. Auch eine Beschwerde des Erstehers dürfte keinen Erfolg haben, solange er nicht für die Vorlegung des Grundpfandrechtsbriefes sorgt. Im Übrigen dürfte ohne Vorlage des Grundpfandrechts das Erlöschen des Grundpfandrechts auch nicht mit hinreichender Sicherheit feststehen, sodass das Vollstreckungsgericht dem Problem in den meisten Fällen dadurch aus dem Weg gehen kann, dass es gerade nicht um Löschung dieses Briefrechts ersucht. _____________ 1) 2)

So auch Böttcher, ZVG, § 131 Rz. 6; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 131 Rz. 2; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 131 Rz. 7. Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 131 Rz. 2.

§ 132 Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel (1) Nach Ausführung des Teilungsplans ist die Forderung gegen den Ersteher, im Falle des § 69 Abs. 3 auch gegen den für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 auch gegen den für mithaftend erklärten Meistbietenden, der Anspruch aus der Sicherungshypothek gegen den Ersteher und jeden späteren Eigentümer vollstreckbar. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Ersteher einen weiteren Betrag nach den §§ 50, 51 zu zahlen hat. (2) Die Zwangsvollstreckung erfolgt auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag erteilt ist. In der Vollstreckungsklausel ist der Berechtigte sowie der Betrag der Forderung anzugeben; der Zustellung einer Urkunde über die Übertragung der Forderung bedarf es nicht. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Vollstreckbarkeit der übertragenen Forderung (Abs. 1) ....................... 3 1. Die übertragene Forderung nach § 118 ZVG ............................................. 3

2. 3.

Bachmann

Die dingliche Forderung aus der Sicherhungshypothek nach § 128 ZVG ....................................................... 5 Sonderfall: Forderung auf Zuzahlung nach §§ 50, 51 ZVG ...................... 6

983

9

§ 132

Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel

III. Vollstreckungsvoraussetzen ............... 7 1. Titel ........................................................ 7 2. Vollstreckungsklausel ........................... 8

I.

3. Zustellung ............................................ 12 IV. Einwendungen .................................... 14

Allgemeines

1

Ist der Ersteher seiner Zahlungspflicht im Verteilungstermin nicht nachgekommen, wurde der Teilungsplan dadurch ausgeführt, dass die Forderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Ersteher1) auf die zuteilungsberechtigten Gläubiger übertragen wurde (§ 118 Abs. 1 ZVG). Für diese übertragene Forderung ist nach § 128 Abs. 1 ZVG eine Sicherungshypothek auf dem ersteigerten Grundstück des Erstehers einzutragen.

2

Sowohl die persönliche Forderung aus § 118 ZVG als auch die dingliche Forderung „aus der Sicherungshypothek“ (§ 128 ZVG) müssen nicht mehr gesondert tituliert werden; nach Absatz 1 Satz 1 sind diese Forderungen vollstreckbar. Der Zuschlagsbeschluss bildet den Vollstreckungstitel (Abs. 2 Satz 1). Damit fehlt einer entsprechenden Klage gegen den Ersteher grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse. Nur ausnahmsweise kann dieses Interesse bejaht werden, dann nämlich, wenn mit Sicherheit zu erwarten ist, dass sich der Ersteher gegen eine Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss mit der Klage nach § 767 ZPO wehren wird (vgl. Rz. 15).2) II. Vollstreckbarkeit der übertragenen Forderung (Abs. 1) 1.

3



4

den Ersteher,



den gemäß § 69 Abs. 4 ZVG für mithaftend erklärten Bürgen;



den vom Ersteher abweichenden Meistbietenden, der gemäß § 81 Abs. 4 ZVG für mithaftend erklärt worden ist.

Die Vollstreckung kann in das gesamte Vermögen des Zahlungspflichtigen erfolgen, z. B. Vollstreckung in körperliche Sachen durch den Gerichtsvollzieher, Forderungspfändung, Zwangsvollstreckung in das gesamte unbewegliche Vermögen, also nicht nur in das ersteigerte Grundstück. Bei der Vollstreckung in das ersteigerte Grundstück sieht § 133 ZVG aber einige Erleichterungen vor. 2.

5

Die übertragene Forderung nach § 118 ZVG

Die nach § 118 ZVG übertragene (persönliche) Forderung ist vollstreckbar gegen:

Die dingliche Forderung aus der Sicherhungshypothek nach § 128 ZVG

Der (dingliche) Anspruch aus der für die übertragene Forderung einzutragenden Sicherungshypothek (§ 128 ZVG) ist gegen den Ersteher und gegen jeden späteren Eigentümer vollstreckbar. Diese Vollstreckbarkeit entfällt auch nicht, wenn diese Sicherungshypothek in eine Verkehrshypothek umgewandelt wird.3)

_____________ 1) 2) 3)

984

Auf Zahlung des Meistbargebots. BGH, Urt. v. 23.2.1961 – II ZR 250/58, NJW 1961, 1116. So Böttcher, ZVG, § 132 Rz. 3; ebenso Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 132, Rz. 4; a. A. Stöber, ZVG, § 132 Rz. 2.3.

Bachmann

Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel

3.

§ 132

Sonderfall: Forderung auf Zuzahlung nach §§ 50, 51 ZVG

Nach Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich ausgeschlossen ist die Vollstreckung wegen eines Zuzahlungsanspruchs gemäß §§ 50, 51 ZVG. Dieser Anspruch muss also klageweise verfolgt werden, der Zuschlagsbeschluss reicht hierzu nicht aus. Dies ist auch konsequent; denn die Aufgabe des Vollstreckungsgerichts besteht hier nur darin, im Teilungsplan festzustellen, wem dieser Zuzahlungsbetrag zugeteilt wird (§ 125 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Die Zuteilung wird dadurch ausgeführt, dass die Forderung gegen den Ersteher übertragen wird (§ 125 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Eine Zahlung des Zuzahlungsbetrags an das Vollstreckungsgericht ist im Gesetz nicht vorgesehen. Überweist der Ersteher jedoch bis zum Verteilungstermin an das Gericht den entsprechenden Betrag, so wird dieser Betrag mit dem Versteigerungserlös verteilt. Dies dürfte jedoch ein Ausnahmefall sein, da der Zuzahlungsbetrag regelmäßig noch gar nicht fällig ist; denn die Zahlungsbedingungen richten sich bei einem nicht bestehenden Grundpfandrecht nach den für dieses Recht getroffenen Bestimmungen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Bei anderen Rechten hat der Ersteher den Zuzahlungsbetrag erst drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen (§ 51 Satz 2 ZVG).

6

III. Vollstreckungsvoraussetzen 1.

Titel

Vollstreckungstitel für die Vollstreckung der persönlichen Forderung und des dinglichen Anspruchs aus der Sicherungshypothek ist der Zuschlagsbeschluss (Abs. 2 Satz 1), also nicht die Forderungsübertragung nach § 128 ZVG. 2.

7

Vollstreckungsklausel

Wie sonst auch erfolgt die Vollstreckung aufgrund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses (Abs. 2 Satz 1). Die Vollstreckungsklausel wird nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO erteilt. Hierfür zuständig ist grundsätzlich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts (§§ 724, 725 ZPO). Wenn jedoch eine qualifizierte Klausel zu erteilen ist (z. B. gemäß §§ 726, 727 ZPO), dann ist der Rechtspfleger zuständig (§ 20 Nr. 12 RpflG).

8

In der Vollstreckungsklausel sind nach Absatz 2 Satz 2 der Berechtigte und der Betrag der Forderung anzugeben; denn diese Angaben enthält der Zuschlagsbeschluss nicht.4) Weiter ist in der Klausel auch der Vollstreckungsschuldner (Ersteher, mithaftender Meistbietender, mithaftender Bürge) anzugeben. Dies ergibt sich aus § 750 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ZPO, wonach die Personen, für und gegen die die Zwangsvollstreckung stattfindet, „in dem Urteil oder der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich zu bezeichnen sind“.

9

Wenn gegen die Zuteilung einer Forderung Widerspruch erhoben worden ist, kann eine vollstreckbare Ausfertigung (hinsichtlich dieser Forderung) erst erteilt werden, wenn das Widerspruchsverfahren erledigt ist. Dies kann wie folgt erfolgen:

10



durch ergebnislosen Ablauf der Frist zum Nachweis der erhobenen Widerspruchsklage (§ 115 Abs. 1, § 878 Abs. 1 Satz 2 ZPO),

_____________ 4)

Zum Inhalt des Zuschlagsbeschlusses siehe § 82 ZVG.

Bachmann

985

§ 132

Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsklausel



durch Rücknahme der Widerspruchsklage,



durch Urteil oder Vergleich.

11

Wenn die Forderungsübertragung bedingt erfolgte,5) können der Erst- und der Eventualberechtigte die Zwangsvollstreckung gemeinsam betreiben, jeder aber auch für sich allein. Zu beachten ist hierbei, dass in der Klausel in jedem Fall anzuordnen ist, dass der beizutreibende Betrag zu hinterlegen ist.6)

12

Wie bei jeder anderen Vollstreckung auch ist nach § 750 Abs. 1 ZPO die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Schuldner notwendig. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch bei der sog. Wiederversteigerung (siehe hierzu § 133 ZVG).

13

Weil sich der Berechtigte und die Höhe der Forderung nur aus der Vollstreckungsklausel ergeben, ist hier die Zustellung der Vollstreckungsklausel erforderlich.7) Dies ergibt sich indirekt aus Absatz 2 Satz 2 Halbs. 2; hiernach ist die Zustellung einer Urkunde über die Übertragung der Forderung nicht erforderlich.8) Bei einer (sonstigen) Rechtsnachfolge oder anderen Besonderheiten, müssen nach § 750 Abs. 2 ZPO auch die Urkunden zugestellt werden, auf denen die Klauselerteilung beruht.

3.

Zustellung

IV. Einwendungen 14

Gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel kann der Schuldner Erinnerung nach § 732 ZPO oder Klage gemäß § 768 ZPO erheben. Über die Erinnerung entscheidet der Richter des Vollstreckungsgerichts; gegen seine Entscheidung ist die sofortige Beschwerde möglich (§ 567 Abs. 1 ZPO).

15

Einwendungen, die den Anspruch selbst betreffen, sind mit der Klage nach § 767 ZPO geltend zu machen. Diese kann sich aber nur auf die Durchsetzung des Anspruchs, nicht auf die Beseitigung des rechtskräftigen Zuschlagsbeschlusses beziehen. Zuständig für diese Klage ist ausschließlich das Amtsgericht, zu dem das Vollstreckungsgericht gehört, welches den Zuschlagsbeschluss (als Vollstreckungstitel) erlassen hat.9)

_____________ 5) 6) 7) 8)

9)

986

Also durch Haupt- und Hilfszuteilung. Stöber, ZVG, § 132 Rz. 3.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 132 Rz. 11. Gemeint ist damit die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses, die im Parteibetrieb zugestellt werden muss. In diesem Zusammenhang ist es schon erstaunlich, dass in keinem Kommentar die Vollstreckungsklausel als qualifizierte Klausel mit der Zuständigkeit des Rechtspflegers eingestuft wird, obwohl Grundlage der Klauselerteilung ja die Forderungsübertragung gemäß § 118 ZVG (also eine Rechtsnachfolge) ist. LG Ulm, Urt. v. 12.1.1987 – 4 O 215/86, NJW-RR 1987, 511.

Bachmann

Vollstreckung ohne Zustellung des Vollstreckungstitels

§ 133

§ 133 Vollstreckung ohne Zustellung des Vollstreckungstitels Die Zwangsvollstreckung in das Grundstück ist gegen den Ersteher ohne Zustellung des vollstreckbaren Titels oder der nach § 132 erteilten Vollstreckungsklausel zulässig; sie kann erfolgen, auch wenn der Ersteher noch nicht als Eigentümer eingetragen ist. Der Vorlegung des im § 17 Abs. 2 bezeichneten Zeugnisses bedarf es nicht, solange das Grundbuchamt noch nicht um die Eintragung ersucht ist. Literatur: Hornung, Wiederversteigerung aus der Sicherungshypothek, Rechtspfleger 1994, 9 und 405; Schiffhauer, Nochmals: Wiederversteigerung aus der Sicherungshypothek, Rpfleger 1994, 402; Schiffhauer, Wiederversteigerung ohne vorherige Berichtigung des Grundbuchs, Rpfleger 1975, 12. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Besonderheiten der Wiederversteigerung ............................................. 1. Keine Zustellung des Titels erforderlich (Satz 1 Halbs. 1) ............... 2. Verfahrensanordnung vor Eintragung des Eigentümers (Satz 1 Halbs. 2) ................................................ 3. Entbehrlichkeit des Grundbuchzeugnisses (Satz 2) ................................ III. Sonstiges ...............................................

I.

1

1.

3

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

3 5 6 8

9.

Steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ........................................ 8 Anordnung des Verfahrens ................... 9 Verfahrensbeitritt ................................ 13 Anmeldungen und Beteiligte .............. 14 Terminsbestimmung ........................... 17 Geringstes Gebot ................................ 19 Verteilung des Erlöses ......................... 20 Aufhebung des Zuschlags im ersten Verfahren ............................................. 22 Wiederversteigerung nach einer Teilungsversteigerung ......................... 23

Allgemeines

Die Vollstreckung wegen einer nach § 118 ZVG übertragenen Forderung oder aus einer Sicherungshypothek gegen den Ersteher (§ 128 ZVG) ist gemäß § 132 ZVG aufgrund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses möglich. Wenn sich diese Vollstreckung gegen das ersteigerte Grundstück richtet, bezeichnet man diese Versteigerung als (echte) Wiederversteigerung; denkbar wäre aber auch eine Zwangsverwaltung. Für diese Verfahren sieht § 133 ZVG einige Erleichterungen vor.

1

§ 133 ZVG trifft jedoch nicht zu bei einer „unechten Wiederversteigerung“. Diese liegt dann vor, wenn eine neue Versteigerung des ersteigerten Grundstücks durch den Gläubiger eines bestehen gebliebenen Rechts oder durch einen persönlichen Gläubiger des Erstehers beantragt wird.

2

II. Besonderheiten der Wiederversteigerung 1.

Keine Zustellung des Titels erforderlich (Satz 1 Halbs. 1)

§ 133 Satz 1 Halbs. 1 ZVG stellt eine Ausnahme zu § 750 Abs. 1 ZVG dar. Hiernach bedarf es weder der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses noch der Vollstreckungsklausel, wenn die echte Wiederversteigerung (bzw. Zwangsverwaltung) betrieben wird.

Bachmann

987

3

§ 133 4

Wenn jedoch in das sonstige Vermögen des Erstehers vollstreckt werden soll, gilt diese Erleichterung nicht; hier muss die nach § 750 Abs. 1 ZPO erforderliche Zustellung nachgewiesen werden. Dasselbe gilt bei der unechten Versteigerung. Auch wenn die Zwangsversteigerung gegen einen Rechtsnachfolger betrieben wird, sind die nach § 750 ZPO vorgesehenen Zustellungen (insbesondere auch die nach Absatz 2) nachzuweisen. 2.

5

Vollstreckung ohne Zustellung des Vollstreckungstitels

Verfahrensanordnung vor Eintragung des Eigentümers (Satz 1 Halbs. 2)

Das Verfahren kann auch vor der Eintragung des Erstehers als Eigentümer angeordnet werden (Satz 1 Halbs. 2). Damit stellt diese Vorschrift eine Ausnahme zu § 17 Abs. 1 ZVG dar. 3.

Entbehrlichkeit des Grundbuchzeugnisses (Satz 2)

6

Vor dem Eingang des Ersuchens um Eintragung des Erstehers beim Grundbuchamt bedarf es auch nicht der Vorlage des ansonsten nach § 17 Abs. 2 ZVG erforderlichen Gundbuchzeugnisses (bzw. eines entsprechenden Grundbuchauszugs). Dies ist auch konsequent, da aus diesem Zeugnis die Eintragung des Erstehers als Eigentümer gerade nicht bewiesen werden könnte.

7

Ist das Grundbuchamt aber bereits gemäß § 130 ZVG ersucht worden, dann muss auch beim Antrag auf Wiederversteigerung das Grundbuchzeugnis beigefügt werden, wenn nicht die (allgemeine) Ausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 2 ZVG1) vorliegt. Dies kann jedoch dann unterbleiben, wenn feststeht, dass die Eintragung des Erstehers oder eines Dritten noch gar nicht erfolgt ist.2) III. Sonstiges 1.

8

Steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung

Grundsätzlich muss das Vollstreckungsgericht seinem Ersuchen an das Grundbuchamt die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrEStG beifügen. Diese wird regelmäßig aber nur erteilt, wenn der Ersteher die anfallende Grunderwerbsteuer bezahlt hat oder ein Befreiungstatbestand vorliegt. Durch Nichtzahlung der Grunderwerbsteuer könnte somit ein Ersteher zwar nicht die Anordnung (siehe Rz. 5), aber die weitere Durchführung einer Wiederversteigerung verhindern. Durch Erlass des niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 30.8.19893), der im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Bundesländer ergangen ist, wurde u. a. bestimmt, dass das zuständige Finanzamt auf Antrag des Vollstreckungsgerichts dem Grundbuchamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Eintragung des Erstehers aus dem vorangegangenen Versteigerungsverfahren erteilt, wenn die Wiederversteigerung betrieben werden soll.4) _____________ 1) 2) 3) 4)

988

Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht gehören demselben Amtsgericht an. So Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.5. Veröffentlicht z. B. in BB 1989, 1967; Der Betrieb 1989, 1899; KTS 1990, 43; aber auch wörtlich zitiert bei Böttcher, ZVG, § 133 Rz. 4 und bei Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.11. Zum Muster eines entsprechenden Antrags an das Finanzamt siehe Stöber, ZVG, § 133 Rz. 3.1.

Bachmann

Vollstreckung ohne Zustellung des Vollstreckungstitels

2.

§ 133

Anordnung des Verfahrens

Die Anordnung des Verfahrens setzt einen entsprechenden Antrag des Gläubigers voraus. Diesem Antrag ist die vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses beizufügen (§§ 16 Abs. 2, 132 Abs. 2 ZVG).

9

Die Anordnung ist bereits möglich, bevor der Ersteher als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist. Dies gilt auch, wenn die Versteigerung wegen des Anspruchs „aus der Sicherungshypothek“ beantragt wird.5) Zwar entsteht die Sicherungshypothek erst mit ihrer Eintragung im Grundbuch (§ 128 Abs. 3 Satz 1 ZVG); aber § 133 Satz 1 Halbs. 2 ZVG lässt die Vollstreckung zu, auch wenn der Ersteher noch nicht als Eigentümer eingetragen ist. Eine Einschränkung dahingehend, dass dies nur bei der Vollstreckung wegen des persönlichen Anspruchs gelten soll, ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes ersichtlich.

10

Die Einstellungsmöglichkeit durch den betreibenden Gläubiger (§ 30 ZVG), Einstellungsanträge des Schuldners (§ 30a, § 765a ZPO) oder des Insolvenzverwalters (§ 30d ZVG) gelten auch in diesem Verfahren. Deshalb ist dem Schuldner (= Ersteher) mit jedem Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss eine entsprechende Belehrung zuzustellen (§ 30b Abs. 1 ZVG).

11

Die Anordnung des Verfahrens bewirkt eine neue Beschlagnahme. Deshalb muss das Grundbuchamt um die Eintragung eines neuen Versteigerungsvermerks ersucht werden (§ 19 Abs. 1 ZVG). Dies ist auch dann erforderlich, wenn der „alte“ Versteigerungsvermerk noch gar nicht gelöscht ist.6)

12

3.

Verfahrensbeitritt

Wenn nach Anordnung der Wiederversteigerung ein weiterer Antrag gestellt wird, erfolgt gemäß § 27 ZVG die Zulassung des Beitritts zum Verfahren. Beitreten können nicht nur solche Gläubiger, die selbst die echte Wiederversteigerung beantragen könnten; vielmehr können hier auch Gläubiger bestehen gebliebene Rechte oder persönlicher Gläubiger des Erstehers beitreten. Für Letztere gelten aber die Erleichterungen des § 133 ZVG nicht. 4.

Anmeldungen und Beteiligte

Anmeldungen zur Berücksichtigung im geringsten Gebot und/oder im Teilungsplan müssen in dem Wiederversteigerungsverfahren neu erfolgen. Anmeldungen zum früheren Verfahren können nicht berücksichtigt werden; denn das Wiederversteigerungsverfahren ist ein völlig neues Verfahren. Deshalb muss auch für die Frage, ob eine Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist, auf den Versteigerungstermin im neuen Verfahren abgestellt werden (vgl. § 37 Nr. 4 ZVG). _____________ 5) 6)

13

So Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.4 mit ausführlicher Begründung; a. A. Dassler/Schiffhauer/ u. a.-Hintzen, ZVG, § 133 Rz. 15; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 133 Rz. 8. Nur am Rande sei vermerkt, dass das Grundbuchamt die Eintragung des „neuen“ Vermerks nicht mit der Begründung der fehlenden Voreintragung des Schuldners (= Ersteher) ablehnen darf; § 39 GBO betrifft hier nicht die Person des Eigentümers, sondern nur das durch die Zwangsversteigerung betroffene Grundstück. Dass sich die Vollstreckung gegen die richtige Person richtet, hat (nur) das Vollstreckungsgericht zu prüfen.

Bachmann

989

14

§ 133

Vollstreckung ohne Zustellung des Vollstreckungstitels

15

Die Beteiligten in diesem neuen Verfahren bestimmen sich nach § 9 ZVG neu. Nicht beteiligt sind somit die Berechtigten, die im früheren Verfahren (voll) befriedigt oder ausgefallen sind. Berechtigte, denen die Forderung gegen den Ersteher nach § 118 ZVG übertragen worden ist, sind gemäß § 9 Nr. 1 ZVG von Amts wegen schon zu berücksichtigen, auch wenn die hierfür vorgesehene Sicherungshypothek noch gar nicht im Grundbuch eingetragen ist. Der frühere Eigentümer ist nicht Beteiligter, da er durch den Zuschlag sein Eigentum verloren hat. Dagegen ist der Ersteher oder sein Gesamtrechtsnachfolger als Schuldner von Amts wegen Beteiligter (§ 9 Nr. 1 ZVG).

16

Um die Beteiligtenstellung nach § 9 Nr. 2 ZVG zu erhalten, ist eine (neue) Anmeldung erforderlich. 5.

Terminsbestimmung

17

Zwar kann die Wiederversteigerung bereits vor der Eintragung des Erstehers angeordnet werden (Satz 1 Halbs. 2). Nicht zulässig ist dagegen die Fortsetzung des Verfahrens, also insbesondere die Bestimmung eines Versteigerungstermins und das weitere Verfahren.7)

18

Auch in dem neuen Verfahren ist nach § 74a Abs. 5 ZVG der Verkehrswert festzusetzen. Ob hierzu auf das Gutachten aus dem früheren Zwangsversteigerungsverfahren zurückgegriffen werden kann, hängt vom konkreten Fall ab. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die frühere Wertermittlung auch noch aktuell ist. Die 5/10-Grenze des § 85a ZVG bzw. die 7/10-Grenze des § 74a Abs. 1 ZVG sind auch in der Wiederversteigerung (neu) zu beachten; denn es handelt sich um ein völlig neues Verfahren. 6.

19

Geringstes Gebot

Für die Aufstellung des geringsten Gebots gelten grundsätzlich die §§ 44 ff. ZVG. Danach ist zunächst der bestrangig betreibende Gläubiger zu ermitteln. Die diesem Gläubiger im Range vorgehenden Rechte bzw. Ansprüche sind im geringsten Gebot zu berücksichtigen. Hierbei sind jedoch zwei Besonderheiten zu beachten: –

Eine Sicherungshypothek gemäß § 128 ZVG, die dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgeht,8) kommt zwar in das geringste Gebot, aber nicht in den Abschnitt „bestehen bleibende Rechte“; vielmehr ist dieses Recht nach § 128 Abs. 4 ZVG in den Abschnitt „Mindestbargebot“ einzusetzen (einschließlich der Kosten und der Zinsen bis zum voraussichtlichen Verteilungstermin).



Die Rangverschiebung des § 129 ZVG ist zu beachten. Einzelheiten hierzu siehe bei § 129 Rz. 1, 3 und 6 [Bachmann].

_____________ 7)

8)

990

So Böttcher, ZVG, § 133 Rz. 3; Stöber, ZVG, Rz. 2.1o; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, ZVG, § 133 Rz. 20; Löhnig/Hannemann, ZVG, § 133 Rz. 10; a. A. LG Frankenthal, Beschl. v. 14.1.1974 – 1 T 2/74, Rpfleger 1975, 35; hierzu Schiffhauer, Rpfleger 1975, 12 (Beschlussanm.). Wenn aus ihr betrieben wird oder sie dem bestbetreibenden Gläubiger nachgeht, kommt sie nicht in das geringste Gebot und erlischt mit dem Zuschlag.

Bachmann

§ 135

Unbekannter Berechtigter

7.

Verteilung des Erlöses

Die Verteilung des Versteigerungserlöses erfolgt wie bei jeder anderen Versteigerung nach der Rangordnung des § 10 ZVG. Zu beachten ist aber auch hier eine etwaige Rangverschiebung innerhalb der Rangklasse 4.

20

Ein etwaiger Übererlös steht dem Vollstreckungsschuldner (= Ersteher aus der ersten Versteigerung) zu, nicht etwa dem ursprünglichen Eigentümer (= Schuldner des ursprünglichen Verfahrens).9)

21

8.

Aufhebung des Zuschlags im ersten Verfahren

Wenn der Zuschlag im ersten Verfahren im Rechtsbehelfsweg wieder aufgehoben wird, dann muss auch das Wiederversteigerungsverfahren aufgehoben werden.10) 9.

22

Wiederversteigerung nach einer Teilungsversteigerung

Die Wiederversteigerung ist auch nach einer Teilungsversteigerung möglich.11) So kann jeder Gläubiger einer unteilbaren Leistung (dazu gehört auch jeder Miteigentümer einer früheren Bruchteilsgemeinschaft) nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB die Wiederversteigerung wegen des Erlösüberschusses aus der Teilungsversteigerung beantragen. Zu beachten ist hier aber, dass der Antrag auf „Leistung an alle bisherigen Miteigentümer“ lauten muss.

23

Auch bei einer Gesamthandsgemeinschaft, welcher der Erlösüberschuss aus der Teilungsversteigerung zusteht, kann jeder Miterbe bzw. sonstige Gesamthänder die Wiederversteigerung beantragen; denn hierbei handelt es sich nicht um eine Verfügung über den Gegenstand, sondern um eine Verwaltungshandlung. Aber auch hier muss der entsprechende Antrag darauf gerichtet sein, dass die „Leistung an alle gemeinschaftlich“ zu erfolgen hat.12) _____________

24

9) 10) 11) 12)

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.4.1995 – 11 U 32/94, Rpfleger 1995, 513. Böttcher, ZVG, § 133 Rz. 9; Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.19. BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/04, Rpfleger 2008, 379. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.7.1953 – 6 W 302/53, NJW 1953, 1877.

§ 134 (aufgehoben)

durch Gesetz vom 01.02.1979 (BGBl. I S. 127)

§ 135 Unbekannter Berechtigter Bachmann

Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, so hat das Vollstreckungsgericht zur Ermittlung des Berechtigten einen Vertreter zu bestellen. Die Vorschriften des § 7 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. Die Auslagen und Gebühren des Vertreters sind aus dem zugeteilten Betrag vorweg zu entnehmen. Bachmann

991

§ 135

Unbekannter Berechtigter

7.

Verteilung des Erlöses

Die Verteilung des Versteigerungserlöses erfolgt wie bei jeder anderen Versteigerung nach der Rangordnung des § 10 ZVG. Zu beachten ist aber auch hier eine etwaige Rangverschiebung innerhalb der Rangklasse 4.

20

Ein etwaiger Übererlös steht dem Vollstreckungsschuldner (= Ersteher aus der ersten Versteigerung) zu, nicht etwa dem ursprünglichen Eigentümer (= Schuldner des ursprünglichen Verfahrens).9)

21

8.

Aufhebung des Zuschlags im ersten Verfahren

Wenn der Zuschlag im ersten Verfahren im Rechtsbehelfsweg wieder aufgehoben wird, dann muss auch das Wiederversteigerungsverfahren aufgehoben werden.10) 9.

22

Wiederversteigerung nach einer Teilungsversteigerung

Die Wiederversteigerung ist auch nach einer Teilungsversteigerung möglich.11) So kann jeder Gläubiger einer unteilbaren Leistung (dazu gehört auch jeder Miteigentümer einer früheren Bruchteilsgemeinschaft) nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB die Wiederversteigerung wegen des Erlösüberschusses aus der Teilungsversteigerung beantragen. Zu beachten ist hier aber, dass der Antrag auf „Leistung an alle bisherigen Miteigentümer“ lauten muss.

23

Auch bei einer Gesamthandsgemeinschaft, welcher der Erlösüberschuss aus der Teilungsversteigerung zusteht, kann jeder Miterbe bzw. sonstige Gesamthänder die Wiederversteigerung beantragen; denn hierbei handelt es sich nicht um eine Verfügung über den Gegenstand, sondern um eine Verwaltungshandlung. Aber auch hier muss der entsprechende Antrag darauf gerichtet sein, dass die „Leistung an alle gemeinschaftlich“ zu erfolgen hat.12) _____________

24

9) 10) 11) 12)

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.4.1995 – 11 U 32/94, Rpfleger 1995, 513. Böttcher, ZVG, § 133 Rz. 9; Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.19. BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/04, Rpfleger 2008, 379. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.7.1953 – 6 W 302/53, NJW 1953, 1877.

§ 134 (aufgehoben)

durch Gesetz vom 01.02.1979 (BGBl. I S. 127)

§ 135 Unbekannter Berechtigter Bachmann

Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, so hat das Vollstreckungsgericht zur Ermittlung des Berechtigten einen Vertreter zu bestellen. Die Vorschriften des § 7 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. Die Auslagen und Gebühren des Vertreters sind aus dem zugeteilten Betrag vorweg zu entnehmen. Bachmann

991

§ 135

Unbekannter Berechtigter

7.

Verteilung des Erlöses

Die Verteilung des Versteigerungserlöses erfolgt wie bei jeder anderen Versteigerung nach der Rangordnung des § 10 ZVG. Zu beachten ist aber auch hier eine etwaige Rangverschiebung innerhalb der Rangklasse 4.

20

Ein etwaiger Übererlös steht dem Vollstreckungsschuldner (= Ersteher aus der ersten Versteigerung) zu, nicht etwa dem ursprünglichen Eigentümer (= Schuldner des ursprünglichen Verfahrens).9)

21

8.

Aufhebung des Zuschlags im ersten Verfahren

Wenn der Zuschlag im ersten Verfahren im Rechtsbehelfsweg wieder aufgehoben wird, dann muss auch das Wiederversteigerungsverfahren aufgehoben werden.10) 9.

22

Wiederversteigerung nach einer Teilungsversteigerung

Die Wiederversteigerung ist auch nach einer Teilungsversteigerung möglich.11) So kann jeder Gläubiger einer unteilbaren Leistung (dazu gehört auch jeder Miteigentümer einer früheren Bruchteilsgemeinschaft) nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB die Wiederversteigerung wegen des Erlösüberschusses aus der Teilungsversteigerung beantragen. Zu beachten ist hier aber, dass der Antrag auf „Leistung an alle bisherigen Miteigentümer“ lauten muss.

23

Auch bei einer Gesamthandsgemeinschaft, welcher der Erlösüberschuss aus der Teilungsversteigerung zusteht, kann jeder Miterbe bzw. sonstige Gesamthänder die Wiederversteigerung beantragen; denn hierbei handelt es sich nicht um eine Verfügung über den Gegenstand, sondern um eine Verwaltungshandlung. Aber auch hier muss der entsprechende Antrag darauf gerichtet sein, dass die „Leistung an alle gemeinschaftlich“ zu erfolgen hat.12) _____________

24

9) 10) 11) 12)

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.4.1995 – 11 U 32/94, Rpfleger 1995, 513. Böttcher, ZVG, § 133 Rz. 9; Stöber, ZVG, § 133 Rz. 2.19. BGH, Urt. v. 20.2.2008 – XII ZR 58/04, Rpfleger 2008, 379. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.7.1953 – 6 W 302/53, NJW 1953, 1877.

§ 134 (aufgehoben)

durch Gesetz vom 01.02.1979 (BGBl. I S. 127)

§ 135 Unbekannter Berechtigter Bachmann

Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, so hat das Vollstreckungsgericht zur Ermittlung des Berechtigten einen Vertreter zu bestellen. Die Vorschriften des § 7 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. Die Auslagen und Gebühren des Vertreters sind aus dem zugeteilten Betrag vorweg zu entnehmen. Bachmann

991

§ 135

Unbekannter Berechtigter Übersicht

I. Allgemeines .......................................... 1 II. Bestellung eines Ermittlungsvertreters ..................................................... 4

I.

1. 2. 3.

Voraussetzungen ................................... 4 Aufgabe des Ermittlungsvertreters ...... 5 Kosten .................................................... 7

Allgemeines

1

Ist für einen zugeteilten Betrag die Person des Berechtigten unbekannt, ist nach § 126 Abs. 1 ZVG im Teilungsplan festzustellen, wie der Betrag verteilt werden soll, wenn der Berechtigte nicht ermittelt wird. Diese Hilfsverteilung wird aber nicht sofort ausgeführt; vielmehr wird der Betrag für den Unbekannten hinterlegt (§ 126 Abs. 2 ZVG). Erst wenn der Unbekannte ermittelt ist, kann der hinterlegte Betrag an diesen ausbezahlt werden.

2

Zur Ermittlung des Berechtigten hat das Vollstreckungsgericht nach § 135 ZVG einen Vertreter zu bestellen.

3

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Bestellung eines Ermittlungsvertreters 1.

4

Voraussetzungen

Da das Verteilungsverfahren noch nicht vollständig abgeschlossen ist, wenn ein Betrag gemäß § 126 Abs. 2 ZVG für den unbekannten Berechtigten hinterlegt ist, muss das Vollstreckungsgericht von Amts wegen einen Vertreter für diesen unbekannten Berechtigten bestellen. Es muss sich hierbei also um den unbekannten Berechtigten eines Baranspruchs handeln; denn nur für ihn trifft § 126 ZVG zu. Damit scheidet der unbekannte Berechtigte eines bestehen bleibenden Rechts aus; hier ist es Aufgabe des Erstehers, den Berechtigten zu ermitteln. 2.

Aufgabe des Ermittlungsvertreters

5

Der vom Gericht bestellte Vertreter hat den Berechtigten zu ermitteln. Über die Art und Weise dieser Ermittlungen sagt das Gesetz nichts; damit ist der Vertreter in seiner Tätigkeit frei. Das Vollstreckungsgericht kann ihm keine Weisungen erteilen; es kann auch keine Tätigkeitsberichte von ihm fordern; es kann auch kein Zwangsgeld gegen ihn verhängen. Es kann ihn jedoch entlassen, wenn er nichts tut oder durch Krankheit verhindert ist.

6

Sobald der Vertreter den unbekannten Berechtigten ermittelt hat, muss er dies dem Vollstreckungsgericht mitteilen. In diesem Fall wird der Teilungsplan vom Gericht nach § 137 Abs. 1 ZVG weiter ausgeführt. Ermittelt er den Berechtigten nicht binnen drei Monaten ab Verteilungstermin, kann der Eventualberechtigte (vgl. § 126 Abs. 1 ZVG) sich nach § 138 Abs. 1 ZVG ermächtigen lassen, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten zu beantragen. Wenn jedoch der Vertreter den Berechtigten noch danach ermittelt, erlischt diese Aufgebotsermächtigung wieder (§ 138 Abs. 2 Satz 2 ZVG); damit kann der Teilungsplan wie ursprünglich vorgesehen ausgeführt werden. 3.

7

Kosten

Die Vergütung und Auslagen des Ermittlungsvertreters richten sich nach Satz 2 i. V. m § 7 Absatz 2 ZVG nach den Vorschriften über den Zustellungsvertreter. Die 992

Bachmann

§ 136

Kraftloserklärung eines Grundpfandbriefs

Vergütung berechnet sich in Anlehnung an § 19 ZwVwV nach dem Zeitaufwand.1) Hierüber entscheidet das Vollstreckungsgericht durch Beschluss, gegen den sofortige Beschwerde möglich ist (§ 793 ZPO). Die Kosten für den Ermittlungsvertreter sind nach Satz 3 vorweg aus dem zugeteilten Betrag zu entnehmen. Damit haftet für diese Kosten nicht nur der Vertretene, sondern auch der Hilfsberechtigte.2) Wenn der zugeteilte Betrag vom Ersteher nicht entrichtet worden ist, wird der entsprechende Teil der Forderung im Rang vor dem Rest gegen den Ersteher übertragen (§ 118 ZVG) und eine entsprechende Sicherungshypothek eingetragen (§ 128 ZVG). Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit dieses Anspruchs gegen den Ersteher gelten auch hier §§ 132, 133 ZVG. _____________ 1) 2)

8

So Dassler/Schiffhauer/u. a-Hintzen, ZVG, § 135 Rz. 9 m. w. N. Stöber, ZVG, § 135 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 135 Rz. 10.

§ 136 Kraftloserklärung eines Grundpfandbriefs Ist der Nachweis des Berechtigten von der Beibringung des Briefes über eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld abhängig, so kann der Brief im Wege des Aufgebotsverfahrens auch dann für kraftlos erklärt werden, wenn das Recht bereits gelöscht ist. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Briefes ...... 1. Allgemeines ........................................... 2. Antragsberechtigung .............................

I.

1 3 3 4

3.

Vorlage des Ausschließungsbeschlusses ................................................. 5 III. Verhältnis zum Aufgebotsverfahren gemäß § 138 ZVG ............... 6

Allgemeines

§ 136 ZVG ist eine Sonderbestimmung zu §§ 1162, 1192, 2000 BGB, wonach ein Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden kann, wenn er abhandengekommen oder vernichtet worden ist. Da das betreffende Grundpfandrecht zum Zeitpunkt der Antragstellung schon gelöscht sein kann, besteht (vordergründig betrachtet) für die Kraftloserklärung des Grundpfandrechtsbriefes eigentlich kein Rechtsschutzinteresse. Da der Grundpfandrechtsgläubiger aus dem Versteigerungserlös gemäß § 126 Abs. 1 ZVG aber nur eine Zuteilung erhält, wenn er den entsprechenden Brief vorlegt, besteht für ihn nach wie vor die Notwendigkeit, anstelle des abhanden gekommenen Briefes einen Ausschließungsbeschluss vorzulegen. Und deshalb kann er gemäß § 136 ZVG das Aufgebotsverfahren auch noch beantragen, wenn das Recht bereits gelöscht ist.

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten.

2

Bachmann

993

§ 136

Kraftloserklärung eines Grundpfandbriefs

Vergütung berechnet sich in Anlehnung an § 19 ZwVwV nach dem Zeitaufwand.1) Hierüber entscheidet das Vollstreckungsgericht durch Beschluss, gegen den sofortige Beschwerde möglich ist (§ 793 ZPO). Die Kosten für den Ermittlungsvertreter sind nach Satz 3 vorweg aus dem zugeteilten Betrag zu entnehmen. Damit haftet für diese Kosten nicht nur der Vertretene, sondern auch der Hilfsberechtigte.2) Wenn der zugeteilte Betrag vom Ersteher nicht entrichtet worden ist, wird der entsprechende Teil der Forderung im Rang vor dem Rest gegen den Ersteher übertragen (§ 118 ZVG) und eine entsprechende Sicherungshypothek eingetragen (§ 128 ZVG). Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit dieses Anspruchs gegen den Ersteher gelten auch hier §§ 132, 133 ZVG. _____________ 1) 2)

8

So Dassler/Schiffhauer/u. a-Hintzen, ZVG, § 135 Rz. 9 m. w. N. Stöber, ZVG, § 135 Rz. 2.4; Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 135 Rz. 10.

§ 136 Kraftloserklärung eines Grundpfandbriefs Ist der Nachweis des Berechtigten von der Beibringung des Briefes über eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld abhängig, so kann der Brief im Wege des Aufgebotsverfahrens auch dann für kraftlos erklärt werden, wenn das Recht bereits gelöscht ist. Übersicht I. Allgemeines .......................................... II. Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Briefes ...... 1. Allgemeines ........................................... 2. Antragsberechtigung .............................

I.

1 3 3 4

3.

Vorlage des Ausschließungsbeschlusses ................................................. 5 III. Verhältnis zum Aufgebotsverfahren gemäß § 138 ZVG ............... 6

Allgemeines

§ 136 ZVG ist eine Sonderbestimmung zu §§ 1162, 1192, 2000 BGB, wonach ein Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden kann, wenn er abhandengekommen oder vernichtet worden ist. Da das betreffende Grundpfandrecht zum Zeitpunkt der Antragstellung schon gelöscht sein kann, besteht (vordergründig betrachtet) für die Kraftloserklärung des Grundpfandrechtsbriefes eigentlich kein Rechtsschutzinteresse. Da der Grundpfandrechtsgläubiger aus dem Versteigerungserlös gemäß § 126 Abs. 1 ZVG aber nur eine Zuteilung erhält, wenn er den entsprechenden Brief vorlegt, besteht für ihn nach wie vor die Notwendigkeit, anstelle des abhanden gekommenen Briefes einen Ausschließungsbeschluss vorzulegen. Und deshalb kann er gemäß § 136 ZVG das Aufgebotsverfahren auch noch beantragen, wenn das Recht bereits gelöscht ist.

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten.

2

Bachmann

993

§ 137

Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten

II. Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Briefes 1. 3

2. 4

Antragsberechtigung

Antragsberechtigt ist nach § 467 Abs. 2 FamFG der Gläubiger des Grundpfandrechts. Der nach § 135 ZVG bestellte Vertreter ist nicht antragsberechtigt. 3.

5

Allgemeines

Seit Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit1) sind die Aufgebotsverfahren nicht mehr in der ZPO geregelt, sondern im 8. Buch des FamFG. Abschnitt 1 (§§ 433 bis 441 FamFG) enthält allgemeine Verfahrensvorschriften; in Abschnitt 6 (§§ 466 ff.) ist das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von Urkunden geregelt.

Vorlage des Ausschließungsbeschlusses

Wenn der Grundpfandrechtsgläubiger den Ausschließungsbeschluss (§§ 478, 479 Abs. 1 FamFG) dem Vollstreckungsgericht vorlegt, ist seine Berechtigung nach § 126 ZVG nachgewiesen; er ist nicht mehr „unbekannt“. Das weitere Verfahren richtet sich dann nach § 137 oder § 139 ZVG, je nachdem, ob der Eventualberechtigte bereits ermächtigt worden war, das Aufgebot zur Ausschließung des unbekannten Berechtigten zu beantragen. III. Verhältnis zum Aufgebotsverfahren gemäß § 138 ZVG

6

Bei den beiden in § 136 und §§ 138 ff. ZVG genannten Aufgebotsverfahren handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, die auch nebeneinander laufen können.

7

Solange das Aufgebotsverfahren nach § 136 ZVG läuft, soll das Vollstreckungsgericht keine Ermächtigung zu einem Verfahren nach § 138 ZVG erteilen.2) Wenn aber das Aufgebotsverfahren nach § 138 ZVG bereits anhängig ist, muss der Briefgläubiger seine Rechte in diesem Verfahren gemäß § 477 FamFG anmelden, um zu vermeiden, dass er mit seinen Rechten ausgeschlossen wird. _____________ 1) 2)

FamFG v. 17.12.2008 (BGBl. I, 2586, 2587), das durch Art. 2 des Gesetzes v. 4.7.2013 (BGBl. I, 2176) geändert worden ist. So Stöber, ZVG, § 136 Rz. 2.3.

§ 137 Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten (1) Wird der Berechtigte nachträglich ermittelt, so ist der Teilungsplan weiter auszuführen. (2) Liegt ein Widerspruch gegen den Anspruch vor, so ist derjenige, welcher den Widerspruch erhoben hat, von der Ermittlung des Berechtigten zu benachrichtigen. Die im § 878 der Zivilprozeßordnung bestimmte Frist zur Erhebung der Klage beginnt mit der Zustellung der Benachrichtigung. Übersicht I.

994

Allgemeines .......................................... 1

II. Ermittlung unbekannter Berechtigter .......................................... 3

Bachmann

§ 137

Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten

II. Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung des Briefes 1. 3

2. 4

Antragsberechtigung

Antragsberechtigt ist nach § 467 Abs. 2 FamFG der Gläubiger des Grundpfandrechts. Der nach § 135 ZVG bestellte Vertreter ist nicht antragsberechtigt. 3.

5

Allgemeines

Seit Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit1) sind die Aufgebotsverfahren nicht mehr in der ZPO geregelt, sondern im 8. Buch des FamFG. Abschnitt 1 (§§ 433 bis 441 FamFG) enthält allgemeine Verfahrensvorschriften; in Abschnitt 6 (§§ 466 ff.) ist das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von Urkunden geregelt.

Vorlage des Ausschließungsbeschlusses

Wenn der Grundpfandrechtsgläubiger den Ausschließungsbeschluss (§§ 478, 479 Abs. 1 FamFG) dem Vollstreckungsgericht vorlegt, ist seine Berechtigung nach § 126 ZVG nachgewiesen; er ist nicht mehr „unbekannt“. Das weitere Verfahren richtet sich dann nach § 137 oder § 139 ZVG, je nachdem, ob der Eventualberechtigte bereits ermächtigt worden war, das Aufgebot zur Ausschließung des unbekannten Berechtigten zu beantragen. III. Verhältnis zum Aufgebotsverfahren gemäß § 138 ZVG

6

Bei den beiden in § 136 und §§ 138 ff. ZVG genannten Aufgebotsverfahren handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, die auch nebeneinander laufen können.

7

Solange das Aufgebotsverfahren nach § 136 ZVG läuft, soll das Vollstreckungsgericht keine Ermächtigung zu einem Verfahren nach § 138 ZVG erteilen.2) Wenn aber das Aufgebotsverfahren nach § 138 ZVG bereits anhängig ist, muss der Briefgläubiger seine Rechte in diesem Verfahren gemäß § 477 FamFG anmelden, um zu vermeiden, dass er mit seinen Rechten ausgeschlossen wird. _____________ 1) 2)

FamFG v. 17.12.2008 (BGBl. I, 2586, 2587), das durch Art. 2 des Gesetzes v. 4.7.2013 (BGBl. I, 2176) geändert worden ist. So Stöber, ZVG, § 136 Rz. 2.3.

§ 137 Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten (1) Wird der Berechtigte nachträglich ermittelt, so ist der Teilungsplan weiter auszuführen. (2) Liegt ein Widerspruch gegen den Anspruch vor, so ist derjenige, welcher den Widerspruch erhoben hat, von der Ermittlung des Berechtigten zu benachrichtigen. Die im § 878 der Zivilprozeßordnung bestimmte Frist zur Erhebung der Klage beginnt mit der Zustellung der Benachrichtigung. Übersicht I.

994

Allgemeines .......................................... 1

II. Ermittlung unbekannter Berechtigter .......................................... 3

Bachmann

§ 137

Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten 1. 2.

Allgemeines ........................................... 3 Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ................................................... 5 a) Der Berechtigte steht fest ............. 8

I.

Allgemeines

b) Der Berechtigte steht nicht fest ....................................... 10 III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2) ................................................ 11

Die Vorschrift regelt den Abschluss des Verteilungsverfahrens, wenn der zunächst unbekannte Berechtigte nachträglich ermittelt wird.

1

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG.

2

II. Ermittlung unbekannter Berechtigter 1.

Allgemeines

Wenn der bisher unbekannte Berechtigte nachträglich ermittelt wird, dann ist der Teilungsplan weiter auszuführen. Hierbei ist es gleichgültig, auf welche Weise der Berechtigte ermittelt wird; dies kann wie folgt geschehen: –

Der Berechtigte meldet sich selbst beim Vollstreckungsgericht.



Der Grundpfandrechtsbrief wurde gemäß § 136 ZVG für kraftlos erklärt.



Der nach § 135 ZVG bestellte Vertreter hat den Berechtigten ermittelt.

In Ausführung des Teilungsplans ist dann entweder der gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 ZVG hinterlegte Betrag auszuzahlen oder eine bisher bedingte Übertragung in eine unbedingte umzuwandeln. 2.

3

4

Entscheidung des Vollstreckungsgerichts

Darüber, ob der Berechtigte tatsächlich ermittelt ist, muss das Vollstreckungsgericht anhand der vorgelegten Unterlagen zu entscheiden. Vor dieser Entscheidung hat das Vollstreckungsgericht den Eventualberechtigten und den Versteigerungsschuldner (= bisherige Eigentümer) zu hören. Wenn sich der Berechtigte nicht selbst gemeldet hat, sollte auch dieser angehört werden. Dies kann schriftlich oder mündlich in einem (weiteren) Teilungstermin erfolgen.

5

Die Entscheidung kann stillschweigend erfolgen, indem der Teilungsplan weiter ausgeführt wird. Zweckmäßigerweise sollte jedoch ein Beschluss erlassen werden, der allen an der Ermittlung Beteiligten zuzustellen ist. Dieser Beschluss ist mit sofortiger Beschwerde gemäß § 793 ZPO anfechtbar. Ausgeführt werden sollte der Beschluss erst nach seiner Rechtskraft.

6

Je nachdem, welches Ergebnis die Ermittlungen des Gerichts ergeben, sind folgende Entscheidungen möglich:

7

a) Der Berechtigte steht fest

Der Teilungsplan wird dadurch ausgeführt, dass die Hinterlegungsstelle angewiesen wird, den hinterlegten Betrag an den Berechtigten zu überweisen (§ 117 Abs. 3 ZVG). War ein Vertreter nach § 135 ZVG bestellt worden, dann wird auch die Überweisung seiner Vergütung aus dem hinterlegten Betrag veranlasst.1) _____________ 1)

Zum Muster eines solchen Beschlusses siehe Stöber, ZVG, § 137 Rz. 3.

Bachmann

995

8

§ 138 9

Ermächtigung zum Aufgebot

War infolge Nichtzahlung des Meistbargebots eine bedingte Forderungsübertragung erfolgt, dann ist diese in eine unbedingte Übertragung auf den Berechtigten (allein) umzuwandeln. Soweit die Sicherungshypothek nach § 128 ZVG bereits eingetragen ist, muss das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung ersucht werden. Hinsichtlich der Vergütung des Vertreters nach § 135 ZVG erfolgt dann ebenfalls eine (unbedingte) Forderungsübertragung samt Eintragung einer Sicherungshypothek. b) Der Berechtigte steht nicht fest

10

Ist das Ergebnis der Ermittlungen nicht eindeutig, sollte dies durch einen entsprechenden Beschluss ausgesprochen werden, welcher dem Berechtigten, dem Schuldner und den Eventualberechtigten zugestellt werden muss. III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2)

11

Liegt ein Widerspruch gegen den Anspruch vor, ist der Widersprechende nach Absatz 2 Satz 1 zu benachrichtigen. Die Monatsfrist des § 878 Abs. 1 ZPO zur Erhebung der Widerspruchsklage beginnt dann erst mit der Zustellung dieser Benachrichtigung (Abs. 2 Satz 2).

12

Da in diesem Fall der Teilungsplan eine (weitere) Hilfszuteilung gemäß § 124 Abs. 1 ZVG enthält, kann hier der (auch) gemäß § 124 Abs. 2 i. V. m § 120 Abs. 1 ZVG hinterlegte Betrag nicht an den ermittelten Berechtigten ausgezahlt werden. Vielmehr bleibt der Betrag solange hinterlegt, bis der Widerspruch erledigt ist.

§ 138 Ermächtigung zum Aufgebot (1) Wird der Berechtigte nicht vor dem Ablauf von drei Monaten seit dem Verteilungstermin ermittelt, so hat auf Antrag das Gericht den Beteiligten, welchem der Betrag anderweit zugeteilt ist, zu ermächtigen, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten von der Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag zu beantragen. (2) Wird nach der Erteilung der Ermächtigung der Berechtigte ermittelt, so hat das Gericht den Ermächtigten hiervon zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung erlischt die Ermächtigung. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Ermächtigung für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten .............................................. 3

I.

1. Antrag .................................................... 3 2. Entscheidung ......................................... 6 III. Wegfall der Ermächtigung (Abs. 2) .................................................. 8

Allgemeines

1

Wenn die Ermittlung des unbekannten Berechtigten zu keinem Erfolg führt, dann kann ein Aufgebotsverfahren stattfinden. Hierzu kann gemäß § 138 ZVG der Eventualberechtigte durch das Vollstreckungsgericht bevollmächtigt werden.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. 996

Bachmann

§ 138 9

Ermächtigung zum Aufgebot

War infolge Nichtzahlung des Meistbargebots eine bedingte Forderungsübertragung erfolgt, dann ist diese in eine unbedingte Übertragung auf den Berechtigten (allein) umzuwandeln. Soweit die Sicherungshypothek nach § 128 ZVG bereits eingetragen ist, muss das Grundbuchamt um entsprechende Berichtigung ersucht werden. Hinsichtlich der Vergütung des Vertreters nach § 135 ZVG erfolgt dann ebenfalls eine (unbedingte) Forderungsübertragung samt Eintragung einer Sicherungshypothek. b) Der Berechtigte steht nicht fest

10

Ist das Ergebnis der Ermittlungen nicht eindeutig, sollte dies durch einen entsprechenden Beschluss ausgesprochen werden, welcher dem Berechtigten, dem Schuldner und den Eventualberechtigten zugestellt werden muss. III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2)

11

Liegt ein Widerspruch gegen den Anspruch vor, ist der Widersprechende nach Absatz 2 Satz 1 zu benachrichtigen. Die Monatsfrist des § 878 Abs. 1 ZPO zur Erhebung der Widerspruchsklage beginnt dann erst mit der Zustellung dieser Benachrichtigung (Abs. 2 Satz 2).

12

Da in diesem Fall der Teilungsplan eine (weitere) Hilfszuteilung gemäß § 124 Abs. 1 ZVG enthält, kann hier der (auch) gemäß § 124 Abs. 2 i. V. m § 120 Abs. 1 ZVG hinterlegte Betrag nicht an den ermittelten Berechtigten ausgezahlt werden. Vielmehr bleibt der Betrag solange hinterlegt, bis der Widerspruch erledigt ist.

§ 138 Ermächtigung zum Aufgebot (1) Wird der Berechtigte nicht vor dem Ablauf von drei Monaten seit dem Verteilungstermin ermittelt, so hat auf Antrag das Gericht den Beteiligten, welchem der Betrag anderweit zugeteilt ist, zu ermächtigen, das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten von der Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag zu beantragen. (2) Wird nach der Erteilung der Ermächtigung der Berechtigte ermittelt, so hat das Gericht den Ermächtigten hiervon zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung erlischt die Ermächtigung. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Ermächtigung für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten .............................................. 3

I.

1. Antrag .................................................... 3 2. Entscheidung ......................................... 6 III. Wegfall der Ermächtigung (Abs. 2) .................................................. 8

Allgemeines

1

Wenn die Ermittlung des unbekannten Berechtigten zu keinem Erfolg führt, dann kann ein Aufgebotsverfahren stattfinden. Hierzu kann gemäß § 138 ZVG der Eventualberechtigte durch das Vollstreckungsgericht bevollmächtigt werden.

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. 996

Bachmann

§ 138

Ermächtigung zum Aufgebot

II. Ermächtigung für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des unbekannten Berechtigten 1.

Antrag

Die Ermächtigung zur Durchführung eines Aufgebotsverfahrens erfolgt nicht von Amts wegen; hierfür ist vielmehr ein Antrag notwendig. Wird dieser Antrag nicht gestellt, verbleibt es bei der Hinterlegung. Nach Ablauf von 30 Jahren seit der Hinterlegung kann der Vollstreckungseigentümer (= bisherige Grundstückseigentümer) die Auszahlung an sich verlangen (§ 142 ZVG).

3

Der Antrag auf Ermächtigung kann erst nach Ablauf von drei Monaten seit dem Verteilungstermin gestellt werden (Abs. 1 Satz 1). Antragsberechtigt ist der Eventualberechtigte, nicht der Ermittlungsvertreter.1) Wenn mehrere Eventualberechtigte vorhanden sind, ist jeder allein antragsberechtigt. Die Wirkung des Ausschließungsbeschlusses kommt aber nur dem Berechtigten zugute, der ihn erwirkt hat.

4

Der Antrag ist formlos möglich; er kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.

5

2.

Entscheidung

Die Ermächtigung wird durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts ausgesprochen. Dieser Beschluss wird dem Ermittlungsvertreter zugestellt, dem Antragsteller nur formlos mitgeteilt, wenn seinem Antrag entsprochen worden ist. Wenn dem Antrag nicht entsprochen wird, ist der Beschluss dem Antragsteller zuzustellen.

6

Der Beschluss ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar (§ 793 ZPO). Beschwerdeberechtigt ist bei Antragsablehnung der Antragsteller, bei Ermächtigung der Erstberechtigte, wenn er zwischenzeitlich ermittelt wurde. Der Ermittlungsvertreter ist nicht beschwerdeberechtigt. Er hat seine Ermittlungen nicht einzustellen, sondern weiter zu führen.

7

III. Wegfall der Ermächtigung (Abs. 2)

Wenn der unbekannte Berechtigte nach der Ermächtigung ermittelt wird, wird der Teilungsplan gemäß § 137 Abs. 1 ZVG ohne Aufgebotsverfahren ausgeführt. Gleichzeitig wird der Ermächtigte hiervon unterrichtet (Abs. 2 Satz 1). Mit der Benachrichtigung erlischt nach Absatz 2 Satz 2 die Ermächtigung. Damit ist auch ein bereits laufendes Aufgebotsverfahren einzustellen, wenn nicht schon ein Ausschließungsbeschluss ergangen ist.2) Mit der Rechtskraft dieses Beschlusses (§ 439 Abs. 2 FamFG) scheidet der unbekannte Berechtigte als Zuteilungsberechtigter aus. Damit ist das Ziel des Aufgebotsverfahrens erreicht; daran kann auch der Wegfall der Ermächtigung nichts mehr ändern.

_____________ 1) 2)

Stöber, ZVG, § 138 Rz. 2.3. Stöber, ZVG, § 138 Rz. 2.4.

Bachmann

997

8

§ 139

Terminsbestimmung bei nachträglicher Ermittlung

§ 139 Terminsbestimmung bei nachträglicher Ermittlung (1) Das Gericht kann im Falle der nachträglichen Ermittlung des Berechtigten zur weiteren Ausführung des Teilungsplans einen Termin bestimmen. Die Terminsbestimmung ist dem Berechtigten und dessen Vertreter, dem Beteiligten, welchem der Betrag anderweit zugeteilt ist, und demjenigen zuzustellen, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war. (2) Liegt ein Widerspruch gegen den Anspruch vor, so erfolgt die Zustellung der Terminsbestimmung auch an denjenigen, welcher den Widerspruch erhoben hat. Die im § 878 der Zivilprozeßordnung bestimmte Frist zur Erhebung der Klage beginnt mit dem Termin. Übersicht I. Allgemeines .......................................... 1 II. Verfahren nach Ermittlung des Berechtigten (Abs. 1) ........................... 3 1. Termin zur weiteren Ausführung des Teilungsplans .................................. 3

I.

2.

Weitere Ausführung ohne besonderen Termin ............................... 6 III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2) .................................................. 8

Allgemeines

1

Wenn der Berechtigte nach Ermächtigung des Eventualberechtigten (§ 138 ZVG), aber vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses ermittelt wird, erledigt sich die Ermächtigung nach § 138 Abs. 2 ZVG. Der Teilungsplan ist dann weiter auszuführen (§ 137 Abs. 1 ZVG).

2

Das Verfahren hierbei ist in § 139 ZVG geregelt, der für alle Versteigerungsarten des ZVG gilt. II. Verfahren nach Ermittlung des Berechtigten (Abs. 1) 1.

3

4

5

Termin zur weiteren Ausführung des Teilungsplans

Das Vollstreckungsgericht kann nach Absatz 1 Satz 1 zur weiteren Ausführung des Teilungsplans einen Termin bestimmen. Dagegen dient dieser Termin nicht dazu, über die Frage zu entscheiden, ob der Berechtigte ermittelt ist;1) denn die tatsächliche Ermittlung ist (gesetzliche) Voraussetzung dieses Termins. Die Terminsbestimmung ist nach Absatz 1 Satz 2 an folgende Beteiligte zuzustellen: –

an den ermittelten Berechtigten,



an den Ermittlungsvertreter,



an den Eventualberechtigten,2)



an den Eigentümer zur Zeit des Zuschlags.

Da der Termin eine Fortsetzung des Verteilungstermins darstellt, kann dem Anspruch des Berechtigten auch jetzt noch widersprochen werden. Erfolgt kein Widerspruch, wird die Hinterlegungsstelle angewiesen, den hinterlegten Betrag _____________ 1) 2)

998

So Dassler/Schiffhauer/u. a.-Hintzen, § 139 Rz. 3; a. A. Stöber, ZVG, § 139 Rz. 2.2. Zweckmäßig zusammen mit der Benachrichtigung nach § 138 Abs. 2 Satz 1 ZVG.

Bachmann

§ 140

Aufgebotsverfahren

abzüglich der Vergütung des Ermittlungsvertreters an den Berechtigten zu überweisen; die Vergütung des Ermittlungsvertreters ist an diesen zu überweisen, soweit diese rechtskräftig festgesetzt (§ 135 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 ZVG). Soweit der Ersteher seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen ist, ist die Forderung gegen diesen auf den Berechtigten (nun aber unbedingt) zu übertragen. Eine gemäß § 128 ZVG bereits eingetragene Sicherungshypothek ist zu berichtigen; deshalb muss das Grundbuchamt entsprechend ersucht werden. 2.

Weitere Ausführung ohne besonderen Termin

Von der Bestimmung eines besonderen Termins kann das Gericht auch absehen. Dann wird der Teilungsplan nach der gemäß § 138 Abs. 2 ZVG vorgesehenen Benachrichtigungen weiter ausgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter Rz. 5 verwiesen. Hierbei ist auch zu beachten, dass folgende Kosten vorab zu entnehmen sind: –

Kosten des Aufgebotsverfahrens (vgl. § 140 Abs. 6 ZVG) und



Kosten des Ermittlungsvertreters (vgl. § 135 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 ZVG).

Deshalb dürfte ein Verzicht auf den besonderen Termin nur in Frage kommen, wenn diese Ansprüche unstreitig feststehen.

6

7

III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2)

Wenn ein Widerspruch gegen den zugeteilten Betrag vorliegt, muss die Terminsbestimmung nach Absatz 2 Satz 1 auch an den Widersprechenden zugestellt werden. Die Monatsfrist für den Nachweis zur Klageerhebung beginnt hier erst mit dem Termin (Abs. 2 Satz 2). Dies bedeutet, dass bei einem Widerspruch in jedem Fall ein Termin bestimmt werden muss; denn in diesem Termin ist nach § 115 Abs. 1 Satz 1 ZVG auch über den Widerspruch zu verhandeln.

8

Im Übrigen kann ein Widerspruch auch noch in dem neuen Termin erhoben werden.

9

§ 140 Aufgebotsverfahren (1) Für das Aufgebotsverfahren ist das Vollstreckungsgericht zuständig. (2) Der Antragsteller hat zur Begründung des Antrags die ihm bekannten Rechtsnachfolger desjenigen anzugeben, welcher als letzter Berechtigter ermittelt ist. (3) In dem Aufgebot ist der unbekannte Berechtigte aufzufordern, sein Recht innerhalb der Aufgebotsfrist anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung von der Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag erfolgen werde. (4) Das Aufgebot ist demjenigen, welcher als letzter Berechtigter ermittelt ist, den angezeigten Rechtsnachfolgern sowie dem Vertreter des unbekannten Berechtigten zuzustellen. (5) Eine im Vollstreckungsverfahren erfolgte Anmeldung gilt auch für das Aufgebotsverfahren. Bachmann

999

§ 140

Aufgebotsverfahren

abzüglich der Vergütung des Ermittlungsvertreters an den Berechtigten zu überweisen; die Vergütung des Ermittlungsvertreters ist an diesen zu überweisen, soweit diese rechtskräftig festgesetzt (§ 135 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 ZVG). Soweit der Ersteher seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen ist, ist die Forderung gegen diesen auf den Berechtigten (nun aber unbedingt) zu übertragen. Eine gemäß § 128 ZVG bereits eingetragene Sicherungshypothek ist zu berichtigen; deshalb muss das Grundbuchamt entsprechend ersucht werden. 2.

Weitere Ausführung ohne besonderen Termin

Von der Bestimmung eines besonderen Termins kann das Gericht auch absehen. Dann wird der Teilungsplan nach der gemäß § 138 Abs. 2 ZVG vorgesehenen Benachrichtigungen weiter ausgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter Rz. 5 verwiesen. Hierbei ist auch zu beachten, dass folgende Kosten vorab zu entnehmen sind: –

Kosten des Aufgebotsverfahrens (vgl. § 140 Abs. 6 ZVG) und



Kosten des Ermittlungsvertreters (vgl. § 135 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 7 Abs. 2 ZVG).

Deshalb dürfte ein Verzicht auf den besonderen Termin nur in Frage kommen, wenn diese Ansprüche unstreitig feststehen.

6

7

III. Widerspruch gegen den Anspruch (Abs. 2)

Wenn ein Widerspruch gegen den zugeteilten Betrag vorliegt, muss die Terminsbestimmung nach Absatz 2 Satz 1 auch an den Widersprechenden zugestellt werden. Die Monatsfrist für den Nachweis zur Klageerhebung beginnt hier erst mit dem Termin (Abs. 2 Satz 2). Dies bedeutet, dass bei einem Widerspruch in jedem Fall ein Termin bestimmt werden muss; denn in diesem Termin ist nach § 115 Abs. 1 Satz 1 ZVG auch über den Widerspruch zu verhandeln.

8

Im Übrigen kann ein Widerspruch auch noch in dem neuen Termin erhoben werden.

9

§ 140 Aufgebotsverfahren (1) Für das Aufgebotsverfahren ist das Vollstreckungsgericht zuständig. (2) Der Antragsteller hat zur Begründung des Antrags die ihm bekannten Rechtsnachfolger desjenigen anzugeben, welcher als letzter Berechtigter ermittelt ist. (3) In dem Aufgebot ist der unbekannte Berechtigte aufzufordern, sein Recht innerhalb der Aufgebotsfrist anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung von der Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag erfolgen werde. (4) Das Aufgebot ist demjenigen, welcher als letzter Berechtigter ermittelt ist, den angezeigten Rechtsnachfolgern sowie dem Vertreter des unbekannten Berechtigten zuzustellen. (5) Eine im Vollstreckungsverfahren erfolgte Anmeldung gilt auch für das Aufgebotsverfahren. Bachmann

999

§ 140

Aufgebotsverfahren

(6) Der Antragsteller kann die Erstattung der Kosten des Verfahrens aus dem zugeteilten Betrag verlangen. Übersicht I. II. 1. 2. 3.

Allgemeines .......................................... Besonderes Aufgebotsverfahren ........ Zuständiges Gericht (Abs. 1) ............... Antrag (Abs. 2) ..................................... Inhalt des Aufgebots (Abs. 3) ..............

I.

Allgemeines

1 3 3 4 7

4. 5. 6. 7. III.

Zustellungen (Abs. 4) ........................... 8 Bekanntmachung und Frist .................. 9 Anmeldung (Abs. 5) ........................... 11 Ausschließungsbeschluss .................... 13 Kosten .................................................. 16

1

§ 138 ZVG gibt dem Eventualberechtigten die Möglichkeit, in einem eigenen Aufgebotsverfahren die Ausschließung des unbekannten Berechtigten zu beantragen. Für das Aufgebotsverfahren selbst sieht § 140 ZVG einige Besonderheiten vor. Diese Vorschrift ergänzt also die allgemeinen Bestimmungen über das Aufgebotsverfahren; diese sind seit Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit1) nicht mehr in der ZPO, sondern in §§ 433 ff. FamFG geregelt.2)

2

Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten des ZVG. II. Besonderes Aufgebotsverfahren 1.

3

2. 4

Zuständiges Gericht (Abs. 1)

Nach Absatz 1 ist für das Aufgebotsverfahren ist das Vollstreckungsgericht zuständig, obwohl das „normale“ Aufgebotsverfahren nunmehr der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet worden ist (§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 7 GVG).3) Ob damit das Vollstreckungsgericht als Gericht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig wird, soll hier nicht näher untersucht werden.4) Funktionell ist der Rechtspfleger für das gesamte Verfahren zuständig (§ 3 Nr. 1c) RpflG).5) Antrag (Abs. 2)

Nach § 434 Abs. 1 FamFG wird das Aufgebotsverfahren nur auf Antrag eingeleitet. Da keine besondere Form hierfür vorgeschrieben ist, kann der Antrag schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen.

_____________ 1) 2) 3)

4)

5)

FamFG v. 17.12.2008 (BGBl. I, 2586), in Kraft seit 1.9.2009. Soweit also ältere Kommentare noch auf Vorschriften der ZPO verweisen, ist dies nicht mehr ganz zutreffend. Diese Sonderstellung hatte § 140 ZVG aber schon vor dieser Änderung; denn bis zum 30.8.2009 war für das (normale) Aufgebotsverfahren das Prozessgericht zuständig (§ 946 ZPO, § 23 Nr. 2h GVG, jeweils alte Fassung). Zum bisherigen Recht wurde die Ansicht vertreten, dass das Vollstreckungsgericht im Rahmen des § 140 ZVG als Prozessgericht tätig werde, so z. B. Dassler/Schiffhauer/u. a.Hintzen, ZVG, 3 140 Rz. 2. So auch Stöber, ZVG, § 140 Rz. 2.3. Man könnte die Zuständigkeit aber auch mit § 3 Nr. 1i RpflG begründen, da es sich um ein Verfahren nach dem ZVG handelt. Da es sich in beiden Fällen um eine Vollübertragung handelt, unterbleibt hier eine Auseinandersetzung zu dieser Frage.

1000

Bachmann

§ 140

Aufgebotsverfahren

Antragsberechtigt ist nur der Eventualberechtigte, der gemäß § 138 Abs. 1 ZVG hierzu ausdrücklich ermächtigt worden ist. Sind mehrere Eventualberechtigte ermächtigt worden, kann jeder von ihnen das Aufgebotsverfahren beantragen. Besondere Nachweise zur Antragsberechtigung sind nicht erforderlich; es genügt hierzu die Bezugnahme auf die sich in der Zwangsversteigerungsakte befindliche Ermächtigung.

5

Zur Begründung des Antrags sind nach Absatz 2 aber die dem Antragsteller bekannten Rechtsnachfolger desjenigen anzugeben, welcher als letzter Berechtigter ermittelt worden ist. Hierfür muss der Antragsteller aber keine weiteren Ermittlungen anstellen. Jedoch kann das Gericht nach § 439 Abs. 1 FamFG hinsichtlich der Wahrheit einer Behauptung eine Versicherung an Eides statt verlangen.

6

3.

Inhalt des Aufgebots (Abs. 3)

Der Inhalt des Aufgebots richtet sich nach § 434 Abs. 2 FamFG, ergänzt durch § 140 Abs. 3 ZVG. Hiernach sind anzugeben: –

Bezeichnung des Antragstellers,



Angabe des Grundbuchrechts, dessen Berechtigter ausgeschlossen werden soll, und der darauf entfallende Betrag samt Aufforderung an den unbekannten Berechtigten, seine Rechte spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung von der Befriedigung aus dem zugeteilten Betrag erfolgen werde.

4.

Zustellungen (Abs. 4)

Das Aufgebot ist nach Absatz 4 an folgende Beteiligte zuzustellen:

7

8



an denjenigen Berechtigten, der als letzter Berechtigter ermittelt worden ist,



an dessen – vom Antragsteller im Antrag angegebenen – Rechtsnachfolger,



an den Ermittlungsvertreter.

5.

Bekanntmachung und Frist

Daneben ist das Aufgebot nach § 435 FamFG öffentlich bekannt zu machen. Zwischen dem Tag, an dem das Aufgebot erstmalig bekannt gemacht wird und dem Anmeldezeitpunkt muss nach § 437 FamFG grundsätzlich ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liegen (Aufgebotsfrist).

9

Durch Landesgesetz können die Art der Bekanntmachung und die Aufgebotsfrist abweichend hiervon geregelt werden (§ 12 EGZVG). Von dieser Ermächtigung haben verschiedene Länder Gebrauch gemacht.6)

10

6.

Anmeldung (Abs. 5)

Gemäß § 438 FamFG ist eine Anmeldung, welche nach dem Anmeldezeitpunkt, jedoch vor Erlass des Ausschließungsbeschlusses erfolgt, als noch rechtzeitig an_____________ 6)

Beispielsweise Baden-Württemberg: §§ 28, 29 AGGVG (Aufgebotsfrist hier mindestens drei Monate); Bayern: § 33 AGGVG; Berlin: Art. 14 AGZVG (Aufgebotsfrist hier mindestens drei Monate); Hessen: Art. 9 AGZVG; Rheinland-Pfalz: § 8 AGZVG; Saarland: § 45 AGJusG; Schleswig-Holstein: Art. 14 AGZVG (Aufgebotsfrist hier mindestens drei Monate); Thüringen: § 5 AGZVG.

Bachmann

1001

11

§ 141

Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss

zusehen. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 140 Abs. 5 ZVG; hiernach gilt eine im Vollstreckungsverfahren erfolgte Anmeldung auch für das Aufgebotsverfahren. 12

Bei einer Anmeldung, durch die jemand den hinterlegten Betrag für sich beansprucht,7) ist entweder das Aufgebotsverfahren bis zur endgültigen Entscheidung über das angemeldete Recht auszusetzen oder in dem Ausschließungsbeschluss das angemeldete Recht vorzubehalten (§ 440 FamFG); denn es ist nicht Aufgabe des Aufgebotsverfahrens, über materielle Fragen zu entscheiden. 7.

Ausschließungsbeschluss

13

Die Entscheidung über den Aufgebotsantrag ergeht in jedem Fall durch Beschluss. Wird der Antrag zurückgewiesen, kann sich nach § 59 Abs. 2 FamFG der Antragsteller dagegen mit Beschwerde wehren.

14

Das Aufgebotsverfahren endet mit Erlass eines Ausschließungsbeschlusses, der gemäß § 441 Satz 1 FamFG an den „Ausgeschlossenen“ öffentlich zuzustellen ist; hierfür gelten gemäß § 441 Satz 2 FamFG die §§ 186 bis 188 ZPO. Daneben wird der Beschluss an in Absatz 3 genannten Beteiligten von Amts wegen zugestellt.

15

Der Beschluss wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam (§ 439 Abs. 2 FamFG). Maßgeblicher Rechtsbehelf ist die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG, die innerhalb eines Monats einzulegen ist (§ 61 FamFG). III. Kosten

16

Das Aufgebotsverfahren wird nicht durch die Gebühren des Zwangsversteigerungsverfahrens mit abgegolten; vielmehr werden hierfür besondere Kosten erhoben. Nach GNotKG KVNr. 1512 Nr. 3 beträgt die Gerichtsgebühr 0,5. Der Wert hierfür ist gemäß § 36 Abs. 1 GNotKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Betracht kommt hier der Betrag, hinsichtlich dessen der unbekannte Berechtigte ausgeschlossen werden soll. Daneben kommen als Auslagen insbesondere die KVNr. 31002 (Zustellungspauschale von 3,50 €, aber erst ab der 11. Zustellung) und KVNr. 31004 (Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung) in Betracht.

17

Neben den Gerichtskosten können dem Antragsteller auch außergerichtlichen Kosten entstanden sein. Die Erstattung seiner gesamten Kosten kann er gemäß Absatz 6 aus dem zugeteilten Betrag verlangen. _____________ 7)

Weil er der z. B. wahre Berechtigte sei.

§ 141 Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss Nach der Erlassung des Ausschließungsbeschlusses hat das Gericht einen Termin zur weiteren Ausführung des Teilungsplans zu bestimmen. Die Terminsbestimmung ist dem Antragsteller und den Personen, welchen Rechte in dem Urteil vorbehalten sind, dem Vertreter des unbekannten Berechtigten sowie demjenigen zuzustellen, welcher zur Zeit des Zuschlags Eigentümer des Grundstücks war.

1002

Bachmann

Bearbeiterverzeichnis Walter Bachmann.................................................................................... §§ 35 – 65 Rechtspfleger, §§ 66 – 94 Böchingen §§ 105 – 145 Dr. Friedrich L. Cranshaw ..................................................................... §§ 1 – 14 Rechtsanwalt, §§ 15 – 27 Mutterstadt §§ 145a, 158a vorm. Banksyndikus/Leiter Recht §§ 168c, 171e § 171n Peter Depré (Hrsg.)................................................................................. §§ 146 – 158 Rechtsanwalt, §§ 159 – 161 Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Wirtschaftsmediator (cvm), Mannheim Dr. Wolfgang Popp .................................................................................. §§ 28 – 34 Rechtsanwalt, §§ 95 – 104 Fachanwalt für Medizinrecht, §§ 172 – 186 Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Mannheim Leif Holger Wedekind ............................................................................ §§ 162 – 168b Rechtsanwalt Mediator Zwangsverwalter, §§ 169 – 171d Lüneburg §§ 171f – 171m

IX

Stichwortverzeichnis Abgesonderte Versteigerung

– anderweitige Verwertung § 65, 2 ff.; § 107, 5 – besondere Versteigerung § 65, 1 ff.; § 107, 5 Ablösungsrecht § 75, 5 Ablösungssumme § 92, 12 Abschriften aus den Akten § 42, 6 Absolutes Mindestgebot § 44, 3; § 85a, 1 ff. Absonderungsrecht § 10, 1, 2, 34, 43, 57, 168 f.; § 15, 20, 122; § 21, 7 (Fn. 18); § 22, 12; § 23, 4, 30; § 26, 25 Abstraktes Schuldanerkenntnis s. Vollstreckungsunterwerfung – „Parallel Debt“ Abtretung von Ansprüchen – Behandlung im geringsten Gebot § 45, 8 – Behandlung im Teilungsplan § 117, 9 – Grundpfandrechte § 117, 9 – Meistgebot § 81, 19 ff. – Rückgewährsanspruch § 114, 110 – sonstige Grundstücksrechte § 117, 9 Abweichende Versteigerungsbedingungen – Antrag § 59, 6 ff. – Beeinträchtigung § 59, 14 ff. – Doppelausgebot § 59, 17 – Einzelfälle § 59, 26 ff. – Sonderfall Altenteil § 59, 49 ff. – Verfahren § 59, 6 ff. – Zuschlagsentscheidung § 59, 54 Abwrackprämie – Schiff § 162, 45, 66 Abwrackung – Abwrackprämie s. dort – Schiffs-Zwangsverwaltung s. dort Akteneinsicht § 9, 40, 58 (Tabelle § 42 Abs. 2); § 11, 11; § 42, 1 ff.

Aktenordnung § 9, 44 (Fn. 68) Altenteil § 10, 117; § 12, 21; § 14, 13 – abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 49 ff. s. a. Rangklassen – Ersatzanspruch beim Erlöschen § 92, 26 – Hinweise im Termin § 66, 30 – im geringsten Gebot § 44, 59; § 52, 10 ff. – im Teilungsplan § 114, 20 f. – Zuzahlungsbetrag § 51, 11 f. – Zwangsverwaltung § 146, 13 Altlast § 10, 22, 92, 102; § 17, 8 s. a. Öffentliche Lasten und Bodenschutzlastvermerk Altlasten – Hinweispflicht des Gerichts § 66, 31 – Wertermittlung § 74a, 16 Altrechtliche Dienstbarkeiten § 52, 13 Amtsblatt – Art des Blattes § 39, 2 – Inhalt der Veröffentlichung § 39, 4 – Terminsaufhebung § 39, 6 – weitere Veröffentlichung § 40, 5 ff. – Zeit der Veröffentlichung § 43, 2 f. Amtsgericht § 1, 1, 2; § 15, 2; § 16, 1; § 17, 22; § 18, 4, 19; § 22, 22 s. a. Vollstreckungsgerichte, Zuständigkeit, Zuständigkeitsbestimmung und Zuständigkeitskonzentration Amtshaftung § 6, 10; § 7, 9; § 9, 15 (Fn. 17), 44; § 11, 18; § 19, 12, 16 (Fn. 28); § 22, 21 (Fn. 25); §§ 37, 38, 9; § 41, 16; § 44, 19; § 115, 45 Änderung des Teilungsplans § 159, 1 ff. Anderweitige Verwertung § 65, 1 ff.

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Stichwortverzeichnis Anfechtung § 15, 119; § 17, 13 ff. (nach InsO und AnfG); § 20, 28 ff.; § 22, 6, 14, 15 ff. s. a. Beteiligte – Rückgewähr, anfechtungsrechtliche – bürgerlich-rechtliche § 17, 17 – Gebotsanfechtung § 71, 18 – 20 – Rechtsbehelfe s. dort – Zuschlagsanfechtung § 96, 1 ff. Anmeldung – Ansprüche im Immobiliarvollstreckungsverfahren § 9, 6, 14, 23, 26, 33, 35 f., 45 – 56, 58 (Tabelle §§ 97, 106, 163); § 10, 13, 42, 51, 54, 61, 77, 128 s. a. Beteiligte und Rangklassen – Aufforderung §§ 37, 38, 19 – dringliche Rechte § 10, 131 – Bekanntgabe im Termin § 66, 28 – Erforderlichkeit §§ 37, 38, 20 ff. – Ersatzbetrag für erlöschende Rechte § 92, 17 ff. – Fälligkeit von Grundpfandrechten § 54, 3 ff. – Form §§ 37, 38, 23 – Frist §§ 37, 38, 25 – Glaubhaftmachung § 45, 18 ff. – Hinweis auf rangmäßige Ausschließung § 66, 62 – im Insolvenzverfahren § 15, 122; § 23, 30 – Inhalt § 45, 12; § 92, 20 – Kosten der dringlichen Rechtsverfolgung und der Kündigung § 10, 161 ff. – Minderanmeldung § 45, 16 – öffentliche Grundstückslasten § 10, 61, 77 – Rangklasse 6 § 10, 142 – rechtshängige Ansprüche § 54, 6 ff. – Rechtsnatur § 45, 10 – unzulässige Anmeldung § 45, 17 – verspätete Anmeldung §§ 37, 38, 27; § 110, 1 ff. – Vertretung durch Rechtsanwalt § 9, 50 – Wertersatz § 92, 17 ff. – Widerspruch § 45, 19 – Wohngeld § 45, 27 ff.

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– Zurücknahme § 45, 15 – Zwangsverwaltervorschüsse § 10, 19 Anordnungsantrag s. a. Verfahrensgrundsätze – Anordnungsantrag – Allgemeines § 15, 1 – 8 – bei Vollstreckungsversteigerung § 15, 9 ff. – Beitrittsantrag s. dort – Form § 16, 11 – Prüfung § 15, 155 f. – Vorlage von Grundpfandrechtsbriefen § 16, 75 – Vorlage von Urkunden § 16, 73 ff. – Zurückweisung § 15, 160 Anordnungsbeschluss – bei Zwangsverwaltung § 146, 19 – Zustellung § 8, 1 – 3, 4 f., 7 f.; § 15, 159 Anpflanzungsrecht § 55, 28 ff.; § 74a, 18 Antrag – auf abgesonderte Versteigerung § 65, 4 f. – auf abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 4 ff. – auf Anordnung der Zwangsversteigerung s. Anordnungsantrag – auf Beitritt zum Zwangsversteigerungsverfahren § 27, 1, 3, 18 ff. – auf Verteilung eines Gesamtgrundpfandrechts § 64, 6 ff. – auf Zuschlagserteilung § 74, 4 – auf Zuschlagsversagung § 74a, 37 ff.; § 85, 5 ff. – Gegenantrag des Gläubigers § 64, 15 – vollstreckungsrechtlicher Anspruch § 16, 66 ff. Antragsrücknahme § 29, 2 ff.; § 30, 1 ff.; § 44, 17 Anwaltsbeiordnung § 172, 21 Anwartschaft § 20, 59 ff. Anwartschaftsrecht am Zubehör § 55, 17

Stichwortverzeichnis Aufforderung – zur Anmeldung von Rechten §§ 37, 38, 19 ff. – zur Einreichung einer Berechnung § 106, 7 – zur Gebotsabgabe § 66, 63 – zur Geltendmachung von entgegenstehenden Rechten §§ 37, 38, 29 ff. Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Zuteilungsberechtigter § 138, 1 ff.; § 140, 1 ff.; § 141, 1 ff. Aufhebung des Verfahrens § 3, 6, 7; § 9, 13, 24, 58 (Tabelle § 43 Abs. 2, § 103 Satz 1); § 15, 93, 115, 130; § 16, 73; § 17, 5; § 19, 23; § 22, 40, 43; § 23, 7, 12, 48; § 24, 2; § 25, 19 ff.; § 26, 19 ff. – bei entgegenstehendem Recht § 28, 29 – bei nicht rechtzeitigem Fortsetzungsantrag § 31, 2 – bei Rücknahme des Antrags § 29, 6 – durch Zuschlagsversagung § 86, 11 – hinsichtlich Zubehörs § 55, 15 – nach Schluss der Versteigerung § 33, 2 – Rechtsbehelf § 95, 10 Aufhebung des Versteigerungstermins § 43, 12 ff. Aufhebung des Verteilungstermins § 105, 6 Aufklärungsverfügung – des Grundbuchamts § 130, 40 – des Vollstreckungsgerichts § 15, 160 Auflassungsvormerkung § 28, 9, 27 – als bestehen bleibendes Recht § 44, 60; § 48, 10 – Ersatzanspruch § 92, 28 ff. – im Teilungsplan § 114, 22 – kein entgegenstehendes Recht § 28, 9 – Umschreibung der Auflassungsvormerkung in das Eigentum § 26, 22; § 28, 9 – Wiederverwendung § 48, 10

– Wirksamkeitsvermerk § 48, 10 – Zuzahlungspflicht § 51, 13 ff.; § 125, 31 Auflösend bedingte Rechte – im Teilungsplan § 119, 1 ff., 13 – Zuzahlungspflicht § 50, 7; § 51, 2 Aufruf der Sache § 66, 16 Aufsichtsperson – für Schuldner-Zwangsverwalter § 150c, 1 f. – in der Zwangsversteigerung § 25, 15 Ausbietungsgarantie § 71, 26 Ausfallbürge § 10, 5 Ausfallverhütungsgarantie § 71, 27 Ausflaggung – Schiff § 162, 76 ff. Ausführung des Teilungsplans bei Nichtzahlung des Bargebots – Allgemeines § 118, 1 f. – Berechtigte § 118, 8 ff. – Deckungskapital für Ersatzansprüche § 121, 18 f. – Forderungsübertragung § 118, 3 ff. – Verzicht auf Übertragung § 118, 27 ff. – Wiederversteigerung § 118, 31 ff. – Wirkung der Forderungsübertragung § 118, 21 ff. Ausführung des Teilungsplans bei Zahlung des Bargebots – Allgemeines § 117, 1 f. – Auszahlung des Erlöses § 117, 22 – bedingte Ansprüche § 119, 15 – Befriedigungserklärung § 117, 45 ff. – Berechtigte § 117, 6 ff. – Deckungskapital für Ersatzansprüche § 121, 15 ff. – Einzelfälle § 117, 9 ff. – Hinterlegung § 117, 28 ff. – Pfändungen § 117, 54 ff. – unbekannter Berechtigter § 126, 1 ff. – Verteilung von Gesamtrechten § 122, 1 ff.

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Stichwortverzeichnis – Widerspruch gegen Teilungsplan § 124, 1 ff. – Zuzahlungspflicht des Erstehers § 125, 1 ff. Ausgleichsbetrag § 182, 6 ff. Auskunft des Gerichts § 42, 9 ff. Auslagen – Auslagenvorschuss § 36, 16 ff. – des Gerichts § 58, 10 – des Zwangsverwalters § 152a, 24 ff. Ausländer – Abgabe eines Gebots § 71, 31 ff. Ausländische Luftfahrzeuge – Allgemeines § 171h, 1 ff. – anwendbare Vorschriften § 171h, 5 ff. – Bekanntmachung auch im Ausland (durch Gläubiger!) § 171l, 13 ff. – Benachrichtigung der ausländischen Registerbehörde § 171l, 2 f., 5 ff. – Besonderheit bei Rangklasse 3 und 4 § 171i, 1 ff. – Bewertung ausländischer Mietrechte § 171n, 11 f. – Genfer Abkommen § 171g, 2, 6; § 171k, 1 f. – gutgläubiger Erwerb § 171k, 2 ff. – Kapstadt-Konvention § 171h, 1 – nicht anwendbare Vorschriften § 171h, 18 – Sondervorschriften § 171h, 19 – Verfügungen nach Beschlagnahme § 171k, 1 f. – Versteigerungtermin, Terminsbestimmung § 171l, 3 – Verteilung, Rangordnung der Rechte § 171i, 1 ff. – Zuschlagsbeschwerde § 171m, 1 ff. – Frist § 171m, 4 – Wiedereinsetzung § 171m, 5 f. – Zustellung an Beteiligte im Ausland § 171l, 11 f. Ausländische Schiffe – anwendbare/nicht anwendbare Vorschriften § 171, 70 ff.

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– Ausflaggung, dauerhafte § 171, 8 ff. – Bareboat-out-Charter/Bareboatin-Charter § 171, 6 f. – Barzahlung des Meistgebots § 171, 37 f. – Begriffsbestimmung § 171, 5 ff. – Bewachung, Verwahrung, (Zwangs-) Verwaltung § 171, 41 ff. – Binnenschiffe § 171, 9 – Eigenbesitz § 171, 14 ff. – Exkurs: Mobiliarvollstreckung (bei fehlender fiktiver Eintragungspflicht) § 171, 29 ff. – Exkurs: Vollstreckung in deutsches Schiff im Ausland § 171, 83 ff. – fiktive Eintragungspflicht § 171, 1, 27 f. – (kein) geringstes Gebot § 171, 35 – (keine) Eintragung einer Schiffshypothek § 171, 64 – Meistgebot, Mindestgebot § 171, 36 – Schiffsbauwerke § 171, 10 – Schwimmdocks § 171, 10 – Seehandelsrechtsreform § 171, 77 ff. – Seeschiffe § 171, 1 ff. – Sicherungsverwaltung nach Zuschlag § 171, 61 ff. – Versteigerung – Anordnung § 171, 22 – Antrag § 162, 21 – Besonderheiten § 171, 24 – Terminsbestimmung § 171, 23 – zuständiges Vollstreckungsgericht § 171, 11 ff. Ausländische Währung §§ 37, 38, 38; § 145a, 1 ff.; § 158a, 1 ff. – Währungs(kurs)sicherung § 145a, 3 (Fn. 2); § 168c, 3; § 171e, 10 Ausländisches Recht – Beachtung materieller und prozessualer Fragen § 15, 7 Auslandszustellung s. Zustellung

Stichwortverzeichnis Ausrüster § 162, 85 – Schiff § 164, 22; § 166, 10, 31 ff., 41 – Vollstreckung gegen Ausrüster § 166, 32 ff. Ausschließung weiterer Anmeldungen § 66, 62 Ausschließungsbeschluss § 140, 13 ff. Außergerichtliche Befriedigung § 144, 1 ff. Außergerichtliche Erlösverteilung § 143, 1 ff. Außerordentliches Kündigungsrecht des Erstehers – bei Vollstreckungsversteigerung §§ 57 – 57b, 13 ff. – bei Teilungsversteigerung § 183, 1 Aussonderungsrecht § 9, 26 Auszahlung des Versteigerungserlöses – an abwesende Berechtigte § 117, 25 ff. – an anwesende Berechtigte § 117, 22 ff. – bei Befriedigungserklärung § 117, 45 ff.

Bagatellforderung

§ 15, 12 – 18 Bankbürgschaft als Bietsicherheit s. Bürgschaft Bankscheck als Bietsicherheit s. Verrechnungsscheck Bares Meistgebot = Meistbargebot § 44, 3 Bargebot – Begriff § 44, 3; § 49, 3 – Entrichtung § 49, 1, 9 ff. – Erhöhung des zu zahlenden Betrags § 50, 1 ff. – Forderungsübertragung § 118, 4 ff. – Hinterlegung § 49, 11 ff. – Leistungspflicht des Erstehers zum Verteilungstermin § 49, 1 – Minderung durch LiegenlassenVereinbarung § 91, 21 f. – Verwertung der Bietsicherheit § 49, 13; § 70, 23 ff.

– Verzinsung § 49, 6 ff. Bargeld im Versteigerungsverfahren § 49, 9 f. Baukostenzuschuss – in der Zwangsversteigerung §§ 57 – 57b, 43 ff. Baulast § 44, 61; § 52, 29; § 56, 19; § 66, 32 Bausparkasse – Abgabe von Geboten § 71, 56 – Vorschlagsrecht für Institutsverwalter § 150a, 2 Beanstandungsverfügung s. Aufklärungsverfügung Bedingte Rechte – Behandlung im geringsten Gebot § 48, 1 ff. – Behandlung im Teilungsplan § 119, 1 ff.; § 120, 1 ff. – Hinterlegung des Erlöses § 120, 3 – Höchstbetragshypothek s. dort – Vormerkung s. dort – Widerspruch s. dort – Zuzahlungspflicht § 50, 7; § 51, 2 Beerdigungskosten beim Altenteil § 92, 27 Befangenheitsantrag § 66, 13 Befriedigungserklärung – echte § 117, 46 – unechte § 117, 47 Befriedigungsfiktion § 114a, 1 ff. Befriedigungswirkung – bei Forderungsübertragung § 118, 24 ff. – bei Liegenbelassung § 91, 23 ff. Befristete Rechte § 51, 3 Begriffsbestimmungen in der Zwangsversteigerung § 44, 3 Beiträge § 10, 70, 75 – 77, 80, 81, 84, 85, 89, 90, 92, 95 f., 98, 99 f., 101 f., 105, 106 f., 108; § 12, 20; § 13, 24 (Fn. 19), 25, 28 f. s. a. Infrastrukturen, Nutzungsgebühren, Öffentliche Lasten und Rangklassen

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Stichwortverzeichnis Beitritt § 3, 4, 7, 11; § 4, 3, 12; § 6, 2; § 8, 1 – 4, 15; § 9, 1, 11 f., 51; § 10, 26, 41, 45, 54, 110, 131, 137 f., 143, 145; § 13, 13, 25, 30; § 15, 3, 128 f., 133, 155, 161; § 16, 14, 19, 23, 59; § 19, 5; § 20, 4, 16, 19; § 21, 1; § 22, 17, 24, 40, 43; § 23, 2, 29, 48; § 25, 4 – Beitrittsentscheidung (kein Vollstreckungsvermerk) § 15, 155; § 27, 6 – 14 – einheitliches Verfahren der Immobiliarvollstreckung § 27, 1, 7 f. – fehlerhafter Beitritt § 27, 26 – Gläubigergleichbehandlung (Bindung des Beitretenden an den Verfahrensstand) § 27, 15 ff., 21 – 25 – Gleichartigkeit der Verfahren (mehrere Anträge desselben Gläubigers) § 27, 2 ff. – gleichzeitige Anträge auf Beitritt § 27, 18 ff. – Rechtsbehelfe gegen Beitrittsentscheidungen § 15, 161 ff.; § 27, 30 f. – Rechtsnachfolge zwischen Anordnung und Beitritt § 27, 28 f. – Voraussetzungen des Beitritts § 27, 10 ff. Bekanntmachungen § 66, 23 ff. Bekanntmachungsfrist § 43, 2 Bereicherungsansprüche – bei bestehen bleibendem Recht § 125, 1 – bei mithaftenden Gegenständen ohne rechtzeitige Freigabe § 55, 19 ff.; § 92, 55 ff. – im Teilungsverfahren des Versteigerungsverfahrens § 113, 22; § 115, 44 Berg(werks)eigentum (Bundesberggesetz) § 9, 43; § 15, 26; § 24, 15 f. Berichtigung des – Beitrittsbeschlusses § 27, 6 – Grundbuchersuchens § 130, 28 – Protokolls über den Versteigerungstermin § 78, 6 f. – Teilungsplans § 115, 36 1358

– Zuschlagsbeschlusses § 82, 14 Berichtstermin § 30d, 4 Beschlagnahme § 1, 16; § 3, 4 (Fn. 9), 7; § 8, 2, 12; § 9, 4 (Fn. 7), 13, 19, 35; § 10, 13, 15 f., 42, 45, 49, 51, 56, 110 (Fn. 146), 131 f., 134, 138 f., 141, 143, 167 f.; § 11, 24; § 13, 5, 7 ff., 13 – 15, 18, 22 f., 25, 33 f.; § 15, 3, 8 (Fn. 10), 53, 110, 158; § 16, 55; § 19, 1 – 4, 7, 12, 15, 20, 33; § 20, 1, 3 f., 5 ff., 14 ff., 17 ff., 22 ff., 24 ff., 34, 37, 46 f., 55, 56, 68, 75, 81, 83, 86 s. a. Rangklassen und Veräußerungsverbot – Beendigung § 22, 40 – 43 s. a. Aufhebung des Verfahrens – Beschlagnahmezeitpunkt § 22, 1, 2 – 6, 13, 15, 17, 19, 20, 20 – 23 (Ersuchen beim Grundbuchamt), 24 (Beitritt) – Drittschuldner § 22, 34 f. – Forderungen, beschlagnahmte § 23, 26 ff. – Luftfahrzeuge § 20, 9 ff.; § 22, 28 – 32 – mehrere Beschlagnahmen § 13, 13 – Miete/Pacht § 20, 24 ff. s. a. Haftungsverband – Schiffe (Schiffbauwerke, Schwimmdocks) § 20, 9 ff.; § 22, 28 – 32 – steuerliche Folgen § 23, 23 ff. – Umfang der Beschlagnahme § 21, 1 – 3, 6 ff. – verwaltungsrechtliche Folgen § 23, 23 ff. – Vorpfändung (vorläufiger Arrest) § 22, 38 f. – Wirkungen der Beschlagnahme s. Veräußerungsverbot Beschränkt Geschäftsfähige als Bieter § 71, 35 Beschränkung des Bieterkreises § 59, 28 f. Beschwerde – Abgrenzung § 95, 10 ff. – außerordentliche § 96, 2 – gegen den Zuschlag § 96, 1 ff. – sofortige § 95, 15 ff.

Stichwortverzeichnis – Zustellung der Entscheidung § 103, 2 f. Beschwerdeberechtigte § 97, 1; § 102, 1 Beschwerdegründe § 100, 1 Besichtigung des Objekts § 42, 13; § 74a, 9 Besitzer – Beteiligter § 9, 32, 36 – Recht zum Besitz § 93, 16 ff. – Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss § 93, 1 ff. Besondere Versteigerung § 65, 1 ff. Bestandteile § 3, 16; § 16, 59; § 20, 31 f., 38 ff., 45, 48, 64 ff. (Beispiele), 67, 72, 82; § 21, 1; § 23, 35, 41 – Beschlagnahme § 20, 31, 32 ff. – Gegenstand der Versteigerung § 55, 5 ff. – Infrastrukturnetze § 20, 44, 66, 68 – Scheinbestandteile § 9, 24; § 20, 42 ff., 57, 68 – Schiffe § 162, 42 – wesentliche Bestandteile § 20, 38, 40, 72 Bestehen bleibende Rechte – abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 1 ff. – Allgemeines § 52, 1 f. – Altenteil § 44, 59; § 52, 10 ff. – altrechtliche Dienstbarkeiten § 52, 13 – Auflassungsvormerkung § 44, 60; § 51, 13 ff. – Ausnahmen § 52, 9 ff. – Baulast § 44, 61 – Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht § 44, 64; § 51, 19; § 52, 14 ff. – Dienstbarkeiten § 44, 62; § 51, 16 ff.; § 52, 17 f. – Eigentümerrecht § 44, 65 – Erbbaurecht § 44, 68; § 51, 20; § 52, 18 – Erbbauzins-Reallast § 44, 69; § 51, 23; § 52, 20 ff. – Gesamtgrundpfandrecht § 44, 70 – „Grundbuchbeteiligte“ § 9, 19 ff. – Höchstbetragshypothek § 44, 71

– Mitbenutzungsrecht im Beitrittsgebiet § 52, 27 – Nießbrauch § 51, 24 – Notwegrente § 52, 28 – öffentliche Lasten § 52, 29 – Reallast § 44, 72; § 51, 26 f. – Reichsheimstättenvermerk § 52, 31 – Sanierungsvermerk § 44, 73 – Sicherungsgrundschuld § 44, 75 – Tilgungshypothek § 44, 76 ff. – Überbaurente § 52, 28 – Verfügungsbeschränkungen § 44, 79 – Vorkaufsrechte § 51, 28 f. – Vormerkung, Widerspruch § 51, 30 – Zwangssicherungshypothek § 44, 81 Betagte Ansprüche – im geringsten Gebot § 48, 11 – im Teilungsplan § 111, 1 ff. Beteiligte § 9, 1 – 4 – Akteneinsicht § 42, 7 – Anmeldung (und Glaubhaftmachung) § 9, 45 – außergerichtliche Einigung über Erlösverteilung § 143, 4 ff. – Befugnisse § 9, 57 f. – Begriff § 9, 1 ff. – bei Teilungsversteigerung § 180, 16 – bei Wiederversteigerung § 133, 14 ff. – Berücksichtigung auf Anmeldung § 9, 23 ff. – Berücksichtigung von Amts wegen § 9, 19 ff. – Beteiligtenfähigkeit § 9, 7, 8 ff. – Beteiligtenrechte (abgestufte) § 9, 57 ff. – Beteiligung aufgrund Anmeldung § 9, 23 – 45 – Beteiligungsrechte außerhalb des ZVG § 9, 43 – Gläubiger (als Beteiligter) § 9, 12 ff. – Gläubigerwechsel (Grundpfandgläubiger) § 9, 21 – „Grundbuchbeteiligte“ § 9, 19 ff.

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Stichwortverzeichnis – Justizorganisation und Beteiligungsrechte § 9, 44 – Miet- und Pachtrecht § 9, 36 ff. – Rechte an/aus einem Grundstück § 9, 31 ff., 35 ff. – Registerpfandrechte (Luftfahrzeuge) § 9, 10 – Rückgewähr, anfechtungsrechtliche nach InsO und AnfG § 9, 27 ff. – Schiffsgläubiger § 9, 9 – Schuldner (als Beteiligter) § 9, 15 ff. – Überblick über Beteiligungsrechte § 9, 58 – Verzeichnis der Beteiligten § 9, 44 – Vollstreckungsvermerk (Bedeutung) § 9, 5 – Wohnungs-/Teileigentümer § 9, 22 – Zustellung der Terminsbestimmung § 41, 3 ff. – Zwangsverwaltung § 9, 59 ff. – Zwangsvollstreckung – entgegenstehendes Recht § 9, 24 ff. Beteiligtenverzeichnis § 9, 44 Betreibender Gläubiger § 44, 9 ff.; § 66, 26 Betreute, Betreuer § 71, 36 Betriebslieferungsrecht § 55, 31 Bevollmächtigter – Aufnahme ins Protokoll § 78, 3 – des Bieters § 71, 9 ff. Beweiskraft des Protokolls § 78, 8 Bewilligte Eintragung durch Ersteher § 130, 49 ff. Bezeichnung des Grundstücks – im Beschlagnahmebeschluss § 27, 6 – im Duldungstitel § 15, 60, 61 – im Grundbuchersuchen § 130, 49 ff. – im Zuschlagsbeschluss § 82, 2 BGB-Gesellschaft – als Bieterin § 71, 44 f. – als Gläubigerin § 15, 56 f., 73 – als Schuldnerin § 15, 24, 56 f., 73 – in der Teilungsversteigerung § 180, 3 1360

Bietabkommen § 71, 28 Bietergemeinschaft § 71, 24 f. Bietsicherheit – allgemein § 49, 13 – im Versteigerungstermin § 68, 1 ff. – im Verteilungstermin § 107, 13 – in der Teilungsversteigerung § 184, 1 f. – Rückgabe § 70, 15 ff. – Verwertung § 70, 23 ff. Biet(er)stunde und Bietungsstunde s. Bietzeit Bietvereinbarungen § 71, 26 ff. Bietzeit – Allgemeines § 73, 1 ff. – bei abweichenden Versteigerungsbedingungen § 59, 12 Binnenschiff – Abgrenzung vom Seeschiff § 163, 43 Binnenschiffsregister – Allgemeines § 163, 40 – Binnenschiffsregistergerichte § 163, 41 Bodenschutzlastvermerk § 9, 19; § 10, 63; § 28, 12 Bohrinseln § 162, 13 – Plattformen § 162, 15 Bohrschiff § 162, 14 Brandversicherungsurkunde § 66, 3; § 90, 16 Brennrecht § 55, 26; § 74a, 18 Briefrechte § 117, 11 f.; § 126, 5 ff.; § 127, 1 ff. Briefvorlage § 131, 8 f. Bruchteilseigentum – an Schiffen § 162, 25 Bruchteilsgemeinschaft – als Bietgemeinschaft § 71, 24 – in der Teilungsversteigerung § 180, 3 Bundesbank als Bieterin § 67, 15 Bundesrepublik als Bieterin § 67, 15 Bürgschaft als Sicherheitsleistung § 69, 7 ff.

Stichwortverzeichnis

Container

– Schiff § 162, 47

Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht

– im geringsten Gebot § 44, 64; § 51, 19; § 52, 14 ff. – im Teilungsplan § 92, 34 ff.; § 114, 26 Deckungsgrundsatz – bei Vollstreckungsversteigerung § 44, 4 – in der Teilungsversteigerung § 182, 2 ff. Deckungskapital § 92, 10 f.; § 117, 34 f.; § 121, 1 f. Denkmal § 66, 34 Deutsche Genossenschaftsbank s. DZ-Bank AG Deutsche Girozentrale Dienstbarkeit – Allgemeines § 51, 16 – als bestehen bleibendes Recht § 51, 16; § 52, 17 f. – bei Bruchteilseigentum § 91, 30 ff. – im Teilungsplan § 114, 24 f. – Wertersatz § 92, 32 – Zuzahlungsbetrag § 51, 17 f. Dienstbarkeit (Grunddienstbarkeit, beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Bestandteile, Scheinbestandteile) § 9, 19 (Fn. 21), 24 (Fn. 33), 33; § 10, 120, 123, 127; § 11, 23; § 12, 21; § 14, 13; § 16, 59 (Fn. 66); § 20, 43 f., 68, 72; § 23, 14 Dingliche Pfändung § 20, 1, 23, 29 (3), 75 Dolmetscher für Bieter § 71, 4 Doppelausgebot – bei abweichenden Versteigerungsbedingungen § 59, 17 ff. – bei bestehen bleibendem Gesamtgrundpfandrecht § 64, 16 f. – Zuschlagsentscheidung § 59, 20 ff.; § 64, 21 f.; § 74a, 39 ff. Dritteigentum – an Zubehörstücken § 55, 12 ff.

– Recht am Versteigerungserlös § 90, 18 ff. – Widerspruchsberechtigung § 55, 22; § 92, 55 ff. Duldungstitel § 10, 165; § 12, 2; § 15, 59 ff., 62, 135; § 16, 55, 71, 75; § 17, 15; § 20, 14 (Fn. 15), 23 und Fn. 23, 29 (2, 3, 5); § 21, 7 (Fn. 18); § 27, 28 DZ-Bank AG Deutsche Girozentrale – als Bieterin § 67, 15

Ehegatte

– Antrag auf Teilungsversteigerung § 180, 3, 10 – bei Gebotsabgabe § 71, 38 f. – Zuschlagsbeschluss als Herausgabetitel § 93, 7 Eigengebot des Gläubigervertreters § 71, 8; § 85a, 23 f. Eigentümer § 8, 9; § 9, 12 (Fn. 13), 19, 22, 32, 58 (Tabelle § 68 Abs. 3 ZVG, §§ 24, 9 ErbbRG); § 10, 18, 43, 57, 67 f., 70, 75, 79 ff.; § 13, 18; § 15, 1, 34 f., 37, 105, 107, 124, 128; § 16, 7, 21, 54, 65, 71; § 17, 1, 7 ff.; § 18, 1, 12, 15 f.; § 19, 18; § 20, 18, 23, 44, 56, 60, 76, 85; § 21, 1; § 22, 29, 41; § 23, 2, 11, 15 f., 27, 35 f.; § 25, 2; § 26, 1 f., 19, 20 f.; § 27, 3, 9, 28 – Angaben bei Schiffen (Dereliktion) § 17, 1 – 3, 10 – herrenloser Grundbesitz § 9, 18 – keine Bezeichnung in der Terminsbestimmung §§ 37, 38, 43 – Nachweis der Erbenposition § 17, 22, 23 ff. – neuer Eigentümer § 9, 31 Eigentümergrundpfandrechte – Berücksichtigung im geringsten Gebot § 44, 65 – 67; § 52, 5 – Berücksichtigung im Teilungsplan § 114, 48 ff. Eigentümerrecht § 9, 20; § 10, 123; § 22, 14; § 23, 21 (Fn. 42) Eigentumserwerb – an Zubehör § 55, 18; § 90, 18 ff. – durch Zuschlag § 90, 1 f. 1361

Stichwortverzeichnis Eigentumsvorbehalt § 55, 17 Eigentumsvormerkung = Auflassungsvormerkung s. dort Eigenverwaltung § 9, 15, 27; § 10, 37 f., 169; § 15, 119, 120, 126; § 16, 5; § 22, 10 f.; § 23, 14; § 24, 2 f., 10 (Fn. 16); § 26, 23 (Fn. 35) Einbauküche als wesentlicher Bestandteil oder Zubehör § 55, 5 Einheitlich überbautes Grundstück § 63, 10 ff. Einheitswert § 42, 5; § 66, 3 Einstellung des Verfahrens – auf Gläubigerbewilligung § 30, 2 ff. – auf Schuldnerantrag § 30a, 3 ff. – Auswirkung auf abgegebene Gebote § 72, 14 ff. Einstweilige Einstellung – auf Antrag des Insolvenzverwalters § 30d, 4 ff., 9, 10, 11 – auf Schuldnerantrag § 30a, 3 ff.; § 30d, 14 f. – Aufhebung § 30f, 3 f. – bei ausreichender Deckung im Einzelausgebot § 76, 1 ff. – bei ergebnisloser Versteigerung § 77, 1 ff. – bei Teilungsversteigerung § 180, 20 ff., 23 ff. – bei vorläufiger Sachwaltung § 30d, 14 – erneute § 30c, 1 ff. – gem. § 765a ZPO § 30a, 18 ff.; § 30b, 3 – nach Zahlung bis Versteigerungstermin § 75, 1 f. Eintragungsersuchen s. Grundbuchersuchen Einzelausgebot § 63, 4 Einzelkaufmann als Bieter § 71, 4 Einzelverfahren, Gesamtverfahren § 86, 12 ff. Eltern als Bieter § 71, 35 Energieausweis § 66, 35 Entgegenstehende Rechte – Allgemeines § 28, 1 ff.

1362

– Aufforderung zur Geltendmachung §§ 37, 38, 29 ff. – Dritteigentum § 28, 2 ff. – Einzelfälle § 28, 8 ff. – Verfahren § 28, 29 f. Erbbaurecht § 15, 26, 112, 116 ff.; § 16, 59; § 17, 4; § 18, 6; § 20, 42 f., 72; § 23, 14 – als Versteigerungsobjekt § 15, 116 f. – Beteilige § 9, 19, 24, 58 – geringstes Gebot § 44, 68 – Heimfall § 15, 116 ff. – Wertersatz für erlöschendes Erbbaurecht § 92, 37 – Zustimmung des Grundstückseigentümers § 87, 8 – Zuzahlungsbetrag § 51, 20 ff.; § 52, 19 Erbbauzins – automatische Anpassung § 51, 23 – bestehen bleibende ErbbauzinsReallast § 44, 69; § 51, 23; § 52, 20 ff. – Vormerkung auf Erhöhung § 52, 23 – Wertersatz für erlöschenden Erbbauzins § 92, 38 f. Erbrecht s. a. Vollstreckungsvoraussetzungen – Erbe § 17, 2 – internationales Erbrecht, europäische Erbrechtsverordnung § 15, 137 Ergebnisloser Versteigerungstermin – Aufhebung § 77, 10 – Einstellung § 77, 6 ff. – Überleitung in Zwangsverwaltungsverfahren § 77, 11 f. Erhöhung des geringsten Gebots – bei verteiltem Gesamtgrundpfandrecht § 64, 24 ff. – beim Gesamtausgebot § 63, 23, 29 ff. Erinnerung s. Vollstreckungserinnerung Erklärungen im Versteigerungstermin § 78, 3 Erlöschen eines Gebots § 72, 1 ff.

Stichwortverzeichnis Erlöschende Rechte – Allgemeines § 52, 6 ff.; § 91, 1 – 8 – Einzelfälle § 44, 59 ff.; § 92, 26 ff. – Wertersatz § 92, 1 ff. Erloschene Rechte § 45, 23; § 52, 4; § 130, 53 Erlösüberschuss s. Übererlös Erlösverteilung – auf ein Gesamtrecht § 122, 1 ff. – außergerichtliche Befriedigung § 143, 1 ff. – außergerichtliche Einigung § 144, 1 ff. – bei Gesamtausgebot § 112, 1 ff. – Verteilung im Verteilungstermin § 109, 1 ff. Ermittlungsvertreter – bei Kraftloserklärung von Grundpfandrechtsbriefen § 136, 6 f. – bei unbekanntem Berechtigten § 135, 1 ff. Erneuerbare Energie (Anlagen) s. a. Bestandteile – Biogasanlage § 20, 44, 52; § 21, 6 (Fn. 13) – Photovoltaik (Solaranlage) § 9, 24; § 17, 18 (Fn. 30); § 20, 44, 68 (und Fn. 92); § 21, 6 (Fn. 13) – Windkraftanlage § 9, 24 (Fn. 33); § 17, 18, (Fn. 30); § 20, 44, 68; § 21, 6 (Fn. 13) Ernte § 10, 11 – 16, 25; § 11, 23 (Fn. 19); § 20, 45, 52; § 21, 6; § 24, 18; § 25, 1, 15 s. a. Erzeugnisse Erörterungstermin § 62, 1 ff. Ersatzwert für erlöschende Rechte § 92, 1 ff. Ersteher – als Versteigerungsschuldner § 17, 21 – Befriedigungsfiktion bei Gebot unter 7/10 § 114a, 7 ff. – Bezeichnung im Zuschlagsbeschluss § 82, 3 – Eigentumserwerb am Grundstück § 90, 4 ff. – Eigentumserwerb an Zubehör § 55, 18; § 90, 7 f.

– Grundbucheintragung § 130, 13 f. – Kosten der Eintragung § 130, 42 – 44 – Kündigungsrecht und Stellung gegenüber Mieter/Pächter §§ 57 – 57b, 8 – 10 – Schuldübernahme § 53, 1 ff. – Zahlungspflicht § 49, 9 f. – Zuzahlungspflicht § 50, 1 ff.; § 51, 1 ff. – Zwangsverwalter und Ersteher §§ 57 – 57b, 53; § 161, 36 f. Ertragswert bei Verkehrswertermittlung § 74a, 12 ff. Erweiterte Befriedigung des Erstehers § 114a, 7 ff. Erzeugnisse (getrennte) § 3, 16; § 10, 13; § 20, 10, 18, 31, 32 ff., 45, 64 ff., 70; § 21, 1; § 23, 35, 41; § 24, 17, 18; § 55, 8 – landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche, Gartenbau § 10, 13; § 20, 52, 70; § 21, 1 f., 5 f., 10; § 24, 18 ff. Euro – Gebote § 71, 4 – Grundpfandrechte in ausländischer Währung § 145a, 6 ff. Europäische Union, gemeinsame Agrarmarktorganisation § 24, 18 – 22 Euroscheck § 69, 15; § 107, 12

Fälligkeit von Grundpfandrechten

§ 54, 1 ff. Familienangehörige bei Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss § 93, 7 Familiengerichtliche Genehmigung – zum Bieten § 71, 57 f. – zum Zuschlagsversagungsantrag § 85, 8 – zur Liegenbelassungserklärung § 91, 12 ff. – zur Teilungsversteigerung § 181, 3 f. Fesselballone § 171a, 23 Feststellung des Betrags der unbestimmten Geldrente § 92, 23 f.

1363

Stichwortverzeichnis Feststellungskosten § 174a, 2 Fiktives Meistgebot § 85, 13 ff. Finanzamt – als Vollstreckungsbehörde § 15, 148 f.; § 16, 18 ff. – Mitteilung des Zuschlags § 88, 9 Firma § 71, 16, 46, 49 Firmenbestattung s. a. Flaggenwechsel – befristet § 162, 76 – dauerhaft § 162, 77 Flöße § 162, 9 – (keine) Schiffe § 162, 9 Flurbereinigung § 9, 33; § 10, 75, 77; § 15, 104; § 17, 18 ff.; § 22, 33 s. a. Städtebauliche Neuordnung – Hinweis im Versteigerungstermin § 66, 37 – Zuschlag § 81, 17 Forderungsübertragung – Anordnung § 118, 19 – Befriedigungswirkung § 118, 24 – Berechtigte § 118, 8 – keine erhöhte Verzinsung § 118, 15 ff. – Sicherungshypothek § 128, 1 ff. – Verzicht auf Übertragung § 118, 27 ff. – Vollstreckbarkeit § 132, 3 f. – Wirkungen § 118, 21 ff. – Zuzahlungen § 125, 19 Fortsetzung des Verfahrens – auf Antrag des Gläubigers § 31, 2 ff. – bei Zuschlagsversagung § 85, 13 Frachtgelder – Schiff § 162, 46 Freiballone § 171a, 23 Freigabe – durch Insolvenzverwalter § 30 f., 3; § 172, 3 – Ersatz aus dem Versteigerungserlös § 55, 19 ff.; § 90, 18 ff. – mithaftende Gegenstände §§ 37, 38, 32; § 55, 15 Freund’sche Formel § 182, 8 Früchtepfandrecht § 10, 10 ff., 25; § 24, 18 s. a. Rangklassen Fünf-Zehntel-Grenze § 85a, 1 ff. 1364

Gaststättenschiffe

§ 162, 8 Gebot – Abgabe im Termin § 71, 4 – Anfechtung § 71, 18 ff. – Ausbietungsgarantie § 71, 26 – ausgeschlossene Personen § 71, 21 – Bietgemeinschaft § 71, 24 f. – Bietvereinbarungen § 71, 27 f. – Bindungswirkung § 81, 7 – Eigengebot des Gläubigervertreters § 71, 8; § 85a, 23 f. – Erlöschen des Gebots § 72, 1 ff. – Grundpfandrechtsgläubiger als Bieter § 67, 11 ff. – Höhe des Gebots § 71, 4 – letztes Gebot § 73, 7 – Rechtsnatur des Gebots § 71, 2 f. – Schuldnergebot § 67, 13; § 68, 9 ff.; § 90, 5; § 130, 13 – Sicherheitsleistung § 67, 1 ff. – Strohmanngebote § 71, 53 – Vertretung § 71, 9 ff. – Widerruflichkeit § 71, 17 – Widerspruch gegen Zurückweisung § 72, 10 – Zulassung von Geboten § 71, 23 – Zurückweisung § 71, 22; § 72, 8 ff. – Zustimmungserfordernis § 71, 9 ff. Gebühr für den Zuschlag § 58, 2; § 81, 31 Gefahrübergang § 56, 3 ff. Gegenantrag des Gesamtrechtsgläubigers § 64, 14 ff. Gegenerklärung § 99, 1 Geldrente als Wertersatz für erloschenes Recht § 92, 9 Geldwert wiederkehrender Naturalleistungen § 46, 1 ff. Gemeinde als Bieterin § 71, 40 f. Genehmigung – von Geboten § 71, 9 ff. – von Verfahrensmängeln § 84, 7 f. Genfer Abkommen – Luftfahrzeuge § 9, 10; § 10, 158, 160; § 11, 32; § 23, 9; § 26, 16; § 171n, 1, 3, 9

Stichwortverzeichnis Gerechtigkeiten (altrechtliche Berechtigungen, Salzabbaugerechtigkeit, Berg(werks)eigentum) § 9, 43 (Fn. 65); § 15, 26; § 16, 62; § 24, 16 Gerichtliche Verwaltung gegen Ersteher § 94, 1 ff. Gerichtskasse § 49, 9 Gerichtskosten § 49, 3; § 58, 1 ff.; § 81, 31; § 109, 1 ff.; § 130, 42 ff. Gerichtskostenvorschuss § 36, 16 ff. Gerichtstafel § 40, 2 ff. Geringstes Gebot – Allgemeines § 44, 1 – 3 – Altenteil (Leibgeding, Leibzucht, Auszug) § 44, 59 – altrechtliche Dienstbarkeiten § 52, 13 – Auflassungsvormerkung § 44, 60 – Baulast § 52, 29 – bedingte Rechte § 48, 1 f. – Beispiel eines geringsten Gebots § 44, 82 ff. – beschränkte persönliche Dienstbarkeit § 44, 62; § 52, 17 f. – Besonderheiten bei Wiederversteigerung § 133, 19 – bestehen bleibende Rechte § 44, 6 – betreibende Gläubiger § 44, 9 – 17 – Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht § 44, 64; § 52, 14 f. – Deckungsgrundsatz § 44, 4 – Definitionen § 44, 3 – Eigentümergrundschuld § 44, 65 – Einzel-, Gruppen-, Gesamtausgebot § 63, 21 ff. – Erbbaurecht § 44, 68; § 52, 19 – Erbbauzins-Reallast § 44, 69; § 52, 20 ff. – Feststellung bei Teilungsversteigerung § 182, 1 ff., 9 ff. – Gesamtgrundpfandrecht § 44, 70 – Höchstbetragshypothek § 44, 71 – Löschungsreife Rechte § 45, 24 – Notwegrente § 52, 28 – Rang § 44, 19 ff. – Rangänderung § 44, 22 ff. – Rangvorbehalt § 44, 43 ff. – Reallast § 44, 72

Sanierungsvermerk § 44, 73 Sicherungsgrundschuld § 44, 75 Tilgungshypothek § 44, 76 ff. Umlegungsvermerk § 44, 74 Unanfechtbarkeit § 44, 57; § 45, 30 f. – Verfügungsbeschränkungen § 44, 79 – Verlesen des geringsten Gebots im Termin § 66, 56 ff. – wiederkehrende Naturalleistungen § 46, 1 ff. – Zinsen § 44, 77; § 47, 3 f. – Zwangssicherungshypothek § 44, 81 Gesamtausgebot § 44, 3; § 63, 13 ff.; § 66, 38; § 74a, 41, ff.; § 112, 1 ff. Gesamtgrundpfandrechte – Allgemeines § 50, 14 ff. – beim geringsten Gebot § 44, 70 – beim Teilungsplan § 122, 1 ff. – Eventualzuteilung bei Forderungsübertragung § 123, 1 ff. – Hinweis im Versteigerungstermin § 66, 39 – Verfahrensverbindung § 18, 12 – Verteilung auf die einzelnen Grundstücke § 64, 4 ff. – Zuzahlungspflicht § 50, 11 ff.; § 125, 7 ff. Gesamtrechtsnachfolge – natürliche und juristische Personen, Umwandlung § 9, 14, 17; § 15, 38, 79, 129; § 17, 2 Gesamtschuldnerische Haftung – des Bürgen und des Erstehers § 82, 7 – des Meistbietenden und des Erstehers § 81, 27 f.; § 82, 8 Gesamtverfahren, Einzelverfahren § 86, 12 ff. Geschäftsunfähiger Bieter § 71, 43 Gesellschaft bürgerlichen Rechts § 28, 13; § 180, 3 – Gebotsabgabe § 71, 44 f. – Teilungsversteigerung § 180, 3 – Vollstreckung gegen § 15, 24, 56 f., 73 – – – – –

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Stichwortverzeichnis Gesellschaften § 15, 33 – 41 s. a. Verfahrensgrundsätze Gesetzlicher Güterstand § 71, 38 Gewährleistungsausschluss § 56, 24 ff.; § 172, 1 Glaubhaftmachung § 9, 45 ff.; § 17, 25 ff.; § 45, 18 ff., 29 Gläubigerinteressen § 30a, 9; § 30d, 12 Gleichartigkeit (d. Verfahrens) § 18, 5; § 27, 2, 6 Großes und kleines Antragsrecht § 180, 5 Grundbuch § 6, 5; § 8, 2; § 9, 4 ff., 19, 31, 33 (Fn. 55), 40, 48, 58 (Tabelle § 19 Abs. 2 ZVG); § 10, 142; § 11, 11; § 13, 9; § 15, 3 – Eintragung des Vollstreckungsvermerks § 19, 1 – 8 – Eintragungsersuchen (Vollstreckungsgericht) § 19, 13; § 22, 20 ff.; § 26, 1, 5; § 27, 11 – Eintragungsverfahren weitere Pflichten (Grundbuchamt) § 19, 14 – 21, 25 – 33 – Luftfahrzeuge § 19, 8 – Schiffe § 19, 8 – Vollstreckungsvermerk, Löschung § 19, 23 f. – Wirksamkeitsvermerk (Rangfragen) § 19, 15 – Zwangsverwaltung § 19, 7 Grundbuchamt – Grundbuchbevollmächtigter § 5, 1 ff. – Vollstreckungsorgan § 1, 1 Grundbuchauszug § 17, 22 Grundbucheintragung – Beteiligter § 9, 19 ff. – Löschung bei Befriedigung § 158, 7 – Versteigerungsergebnis § 130, 1 ff. – Versteigerungsvermerk § 19, 1 ff. – Zwangsverwaltungsvermerk § 146, 25 Grundbuchersuchen § 19, 2 ff.; § 130, 7 ff.; § 146, 25; § 158, 7 f. Grundbuchmitteilungen § 19, 25 ff.; § 146, 25

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Grundbuchzeugnis § 17, 22 Grunddienstbarkeit – bei Versteigerung eines Bruchteils § 91, 30 ff. – Wertersatz für erloschenes Recht § 92, 40 – Zuzahlung § 52, 17 Grunderwerbsteuer – Anzeige des Zuschlags an Finanzamt § 88, 9 – Grunderwerbsteuer und Zuschlag § 58, 17 ff.; § 81, 29 – Hinweis im Versteigerungstermin § 66, 55 – Nichtzahlung der Grunderwerbsteuer und Wiederversteigerung § 133, 8 Grundpfandrechte § 3, 15; § 9, 19 (Fn. 21), 21, 27, 33 (Fn. 55), 58 (Tabelle § 64 ZVG); § 10, 30, 64, 116, 121, 133 f., 138 f.; § 11, 21 (Fn. 13), 27; § 12, 2, 5; § 14, 8; § 15, 10 (Fn. 12), 16, 105 ff., 60, 62, 67, 90 (Fn. 76), 105 ff., 116 ff., 122, 138; § 16, 59 ff.; § 17, 1, 6, 11; § 18, 11 f., 16; § 20, 1, 29, 35, 37, 41, 45, 60, 63, 75 f., 81; § 21, 1, 8; § 22, 40; § 23, 2, 13 (Fn. 20), 14, 18 – 21, 41 ff.; § 24, 2; § 25, 14; § 26, 6, 22 f. s. a. Beschlagnahme, Beteiligte, Haftungsverband und Rangklassen – Eigentümergrundschuld § 9, 20; § 10, 121, 122 f.; § 15, 109 ff.; § 23, 19, 21 – im geringsten Gebot § 44, 65, 70 f., 76 ff.; § 45, 5 ff. – im Teilungsplan § 114, 30 ff. – Kündigung § 54, 1 ff. – Sicherheitsleistung bei Geboten durch Grundpfandrechtsgläubiger § 67, 11 ff. – Sicherungsgrundpfandrecht, Fälligkeit § 15, 105 ff. – treuhänderische Verwaltung § 9, 26 (Fn. 38) Grundpfandrechtsbriefe – Anlage zum Grundbuchersuchen § 130, 26 – Kraftloserklärung § 136, 1 ff.

Stichwortverzeichnis – Vermerk auf dem Brief § 127, 1 ff. – Vorlage im Teilungstermin § 126, 5, 9 ff. Grundschuld s. Grundpfandrechte und Haftungsverband Grundschuldbrief s. Grundpfandrechtsbriefe Grundsteuer § 10, 21, 67 f., 72, 113; § 47, 4 s. a. Öffentliche Lasten Grundstück – als Gegenstand der Versteigerung § 15, 22; § 55, 4 – Bezeichnung im Zuschlagsbeschluss § 82, 2 – Bezeichnung in der Terminsbestimmung §§ 37, 38, 4 ff. Grundstücksbruchteil als Gegenstand der Immobiliarvollstreckung § 15, 22 Grundstücksgleiche Rechte § 15, 26 Grundstückswert s. Verkehrswert Gruppenausgebot § 44, 3; § 63, 13 ff. Gutachterausschuss § 74a, 8; § 88, 10 Gütergemeinschaft – Gebotsabgabe § 71, 39 – Teilungsversteigerung § 180, 3 – Vollstreckung gegen Gütergemeinschaft § 15, 22, 25, 75, 90, 140 ff. Güterrecht (Ehegüterrecht) s. a. Vollstreckungsvoraussetzungen – Güterstand und Vollstreckung – ausländische Güterstände § 15, 147 Güterstand, gesetzlicher § 71, 38 gutgläubiger Erwerb nach Beschlagnahme § 23, 10, 39 ff.

Haftpflichtversicherung § 153, 11 Haftungsverband § 10, 13; § 20, 1, 2, 28 f., 30 ff., 42, 59, 72, 80, 86; § 21, 8; § 23, 2, 41; § 25, 21 s. a. Bestandteile, Erzeugnisse, Versicherung, Anwartschaft, Miete – Leasing – Sachfrüchte und Nutztierhaltung § 10, 14

Handelsgesellschaft – Gebotsabgabe § 71, 46 f. – Teilungsversteigerung § 180, 3 – Vollstreckung gegen Handelsgesellschaft § 15, 77 – 80 Handelsregisterauszug § 71, 16 Hausgeldforderung § 10, 16, 42, 64; § 45, 27 ff.; § 155, 6, 18 ff. s. a. Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft Heilung von Verfahrensmängeln § 84, 1 ff. Herausgabevollstreckung – aus Zuschlagsbeschluss § 93, 1 ff. – Besitzrecht von Dritten § 93, 16 ff. – Rechtsbehelfe § 93, 22 ff. – Vollstreckungsschutz § 93, 28 f. Herrenloses Grundstück § 17, 8 f.; § 109, 12 Hilfszuteilung (= bedingte Zuteilung = Eventualzuteilung) – bedingte Ansprüche § 119, 1 ff. – Deckungskapital § 121, 12 ff. – Forderungsübertragung bei Gesamtrechten § 123, 4 ff. – unbekannter Berechtigter § 126, 9 – Widerspruch § 124, 1 ff. – Zuzahlungspflicht § 125, 16 f. Hinterlegung – bei aufschiebend bedingtem Anspruch § 119, 15; § 120, 3 ff. – bei unbekanntem Berechtigten § 117, 36 f.; § 126, 10 – bei Widerspruch § 117, 30 f.; § 124, 9 – der Bietsicherheit § 49, 13; § 69, 2 – der Teilungsmasse § 107, 10 – des Bargebots § 49, 12 – des Deckungskapitals § 117, 34 f.; § 121, 15 f. – Hinterlegungsstelle § 49, 12; § 142, 11 – Zusammenfassung der Hinterlegungsfälle § 117, 28 ff. Höchstbetrag § 92, 14 Höchstbetragshypothek – im geringsten Gebot § 44, 71 1367

Stichwortverzeichnis – im Teilungsplan § 114, 65 – in der Zwangsverwaltung § 155, 35 Hoffmann’sche Formel § 111, 10 Hubinseln – Hub-Bohrinseln § 162, 16 Hubschrauber § 171a, 23 Hypothek s. Grundpfandrechte und Haftungsverband Hypothekenbrief s. Grundpfandrechtsbrief

Immunität

§ 6, 7; § 8, 16 – Staatenimmunität § 15, 8; § 16; § 17, 5 (3) Infrastrukturen § 10, 69 – 80, 81 – 109 (Bundesländer); § 15, 28 (Eisenbahnverkehr; § 871 ZPO); § 20, 44, 66, 68 s. a. Bestandteile – Infrastrukturnetze, Kommunalabgaben und Öffentliche Lasten – Abwasser, Frischwasser § 10, 73, 92, 102; § 20, 66, 68 – Fernwärme § 10, 68, 73 – Gasversorgung § 10, 73; § 20, 66, 68 – Müllentsorgung (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Landesrecht) § 10, 73, 87, 92, 104 – Schornsteinfeger § 10, 75 – Straßenreinigung § 10, 73 – Stromversorgung § 10, 73; § 20, 66, 68 – Telekommunikation § 20, 68 – Wasserverband § 10, 84, 98 (NRW) Insolvenzeröffnung § 28, 15; § 30d, 1, 18 – abgesonderte Befriedigung § 15, 20, 88, 119, 122 – Anspruch auf Feststellungskosten § 10, 31, 32 f., 34, 36 ff. – Einstellung der Zwangsversteigerung § 30d, 2 f. – Einstellung der Zwangsverwaltung § 153b, 2 ff.; § 153c, 5 – Vollstreckungshindernis § 28, 15 ff. – Vollstreckungsverbot für Insolvenzgläubiger § 15, 119

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Insolvenzplan § 30d, 10, 14 Insolvenzrecht – Schnittstellen zur Immobiliarvollstreckung § 15, 119 ff.; § 22, 6 ff., 33 Insolvenzschuldner als Ersteher § 118, 37; § 130, 14 Insolvenzverfahren ausländischen Rechts § 1, 3 Insolvenzverwalter als Bieter § 71, 48 Insolvenzverwalterversteigerung § 10, 30 – 38; § 172, 2 ff. Institutsverwalter § 150a, 1 ff. Internet-Bekanntmachung § 39, 2 f. Irrtumsanfechtung von Geboten § 71, 18 ff.

Jagdrecht §§ 57 – 57b, 62 Jahreswert beim Ersatzwert § 91, 10, 20; § 121, 1, 5 Juristische Person – bei Gebotsabgabe § 71, 16 – Vollstreckung gegen § 15, 33 f., 36 f., 56 f., 78 – 80 Kähne

– (Schleppkähne, Bagger-) § 162, 10 Kalenderzinstage für Zinsen des Bargebots § 49, 7 Kaminfegergebühren s. Schornsteinfegerkosten Kapitalisierung erlöschender Rechte § 92, 1 ff. Kapitalzahlung in der Zwangsverwaltung § 158, 1 ff. Kapitän s. Schiffer Kauf bricht nicht Miete §§ 57 – 57b, 8 Kaufmann als Bieter § 71, 10 Kaution §§ 57 – 57b, 30 ff. Kiellegung – Schiffsbauwerk § 162, 20 Kirchen als Bieter § 71, 11 Klage – auf Abänderung des Zwangsverwaltungsteilungsplans § 159, 1 ff.

Stichwortverzeichnis – auf Zahlung des Zuzahlungsbetrags § 50, 2; § 125, 11, 18 ff. Klausel s. Vollstreckungsvoraussetzungen Kommunalabgaben (KAG) § 10, 69 ff., 78 ff. (Bundesländer) s. a. Öffentliche Lasten Kompetenzkonflikt, negativer, positiver § 2, 1 f. – gesetzlicher Richter § 2, 2 Korrealbelastungslehre § 182, 12 Korrespondentreeder – Rechtsänderung durch Seehandelsrechtsreform § 162, 89; § 164, 19; § 166, 43 Kosten der Rechtsverfolgung § 10, 161 ff.; § 12, 4 ff., 7, 18, 22; § 16, 69, 74; § 25, 24 ff. s. a. Rangklassen Kosten der Veröffentlichung § 39, 11 Kosten des Verfahrens § 10, 2, 9, 149; § 11, 4; § 15, 166; § 18, 26; § 25, 24 ff.; § 49, 4 – aus dem Erlös vorweg zu entnehmende Kosten § 109, 1 – 3, 5 ff. – sonstige Kosten § 58, 1 ff. – sonstige Kosten des Vollstreckungsgerichts § 109, 4 Kosten des Zustellungsvertreters § 7, 2, 6, 8, 10 ff., 13 Kostenvorschuss § 36, 16; § 109, 6 Kraftloserklärung von Grundpfandrechtsbriefen § 136, 1 ff. Kreditanstalten, landschaftliche, ritterschaftliche § 13, 3 (Fn. 2) Kreditinstitute § 150a, 2 s. a. Vorschlagsrecht für Institutsverwalter Kündigung – bei bestehen bleibenden Rechten § 54, 1 ff. – bei bestehender Zuzahlungspflicht § 50, 24; § 51, 10 Kündigungsrecht des Erstehers §§ 57 – 57b, 13 ff.

Lagerschiffe

§ 162, 8 Land als Bieter § 67, 15

Landesrecht über Bestehenbleiben von Rechten § 59, 50 (Fn. 59) Lastenübergang auf Ersteher § 56, 11 ff. „Lästigkeitsprämie“ § 10, 30; § 15, 16 (Fn. 16) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen § 13, 1 ff.; § 44, 7; § 47, 1 ff.; § 114, 10 ff. Lebensdauer bei erlöschenden Rechten § 92, 10, 32, 35, 41, 44 ff. Lebenserwartung s. Statistische Lebenserwartung Leibgeding s. Altenteil Leistungen, wiederkehrende § 10, 50 f., 53, 101, 110, 113, 132 ff., 143, 146; § 12, 8, 9 – 12, 17 – 21, 22 f. (Nebenleistungen); § 13, 1, 2, 4 f., 7, 13, 19 f., 21 – 23, 24 f., 26, 30, 32 f., 34; § 20, 6, 31, 72 ff.; § 21, 1, 8; § 22, 1, 33, 34; § 23, 2; § 27, 19 Letztes Gebot § 73, 7; § 78, 3 Liegenbelassungsvereinbarung § 91, 9 ff.; § 114, 83 ff.; § 127, 7 Löschung des Versteigerungsvermerks § 34, 1 ff.; § 130, 15 Löschungsanspruch – Allgemeines § 114, 87 ff. – beim erlöschenden Recht § 91, 28 – Geltendmachung § 114, 100 ff. – Grundbuchersuchen § 130a, 8 ff. – im geringsten Gebot § 50, 9 – im Teilungsplan § 114, 87 ff.; § 125, 21 ff. – Wegfall der Vormerkungswirkung § 130a, 7 – zusätzliche Eintragung § 130a, 15 f. Löschungsreife Rechte – im geringsten Gebot § 45, 24 – im Grundbuchersuchen § 130, 53 Löschungsvormerkung § 91, 29; § 114, 87 ff.; § 130a, 15 f. Luftfahrzeuge s. a. Rangklassen und Registerpfandrecht – „echte“ Zwangsverwaltung – ein Plädoyer § 171c, 29 ff. 1369

Stichwortverzeichnis – (Quasi-) Zwangsverwaltung § 171c, 25 ff. – Anordnungsgegner, Eigentümer § 171c, 4 ff. – Anordnungsgegner, NichtEigentümer § 171c, 10 ff. – Anwartschaftsrechte (Zubehör) § 171a, 31 f. – anwendbare Vorschriften § 171a, 64 ff. – Arrestverfahren (und Registerpfandrecht) § 171a, 126 f. – ausländische Luftfahrzeuge § 171a, 1 ff., 9 s. a. Ausländische Luftfahrzeuge – Begriffsbestimmung § 171a, 20 ff. – Bekanntmachung der Terminsbestimmung § 171d, 19 ff. – Beschlagnahmeumfang § 171a, 66 ff. – besondere Anordnungsvoraussetzungen § 171c, 1 ff. – Beteiligte § 171a, 112 ff. – Bewachung und Verwahrung § 171c, 21 ff. – Bewachung/Verwahrung nach Zuschlag § 171g, 4 ff. – Bezeichnung des Luftfahrzeugs (Terminsbestimmung) § 171d, 6 ff. – Eigentum und Eigentumswechsel § 171a, 55 ff. – einstweilige Einstellung § 171c, 26 – Eintragung eines Registerpfandrechts § 171a, 124 f. – Enthaftung von Zubehörstücken § 171a, 5, 17 ff., 38 ff. – Ersatzteile § 171a, 19, 36, 41 ff. – Ersatzteillager s. Ersatzteile – Ersteher (Sicherungsmaßregeln gegen Ersteher) § 171f, 14 ff.; § 171g, 1 ff. – Fertigbau durch Treuhänder/ Zwangsverwalter? § 171c, 42 ff. – Flugzeugbauwerke § 171a, 46 f. – geringstes Gebot § 171a, 67 – gutgläubiger Erwerb (ausländische Luftfahrzeuge) § 171k, 2 ff., 7 f.

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– herrenlose Luftfahrzeuge § 171c, 15 – Immobiliarvollstreckung vs. Mobiliarvollstreckung § 171a, 10 ff. – inländische § 171a, 8 f. – Insolvenz § 171c, 53 ff. – Klarstellungsbedarf im Gesetz § 171b, 14 ff. – Leasing § 171a, 129 – Luftfahrzeugpfandbriefe § 171a, 136 ff. – Luftfahrzeugrolle – Allgemeines § 171a, 114 ff. – als öffentlichrechtliches Verzeichnis § 171a, 61 ff., 130 ff. – Miet-, Pachtzinsforderungen § 171f, 1 ff., 7 f. – Miteigentumsanteile § 171a, 50 f. – Mobiliarvollstreckung (Exkurs) § 171a, 17 ff. – Rangfolge/Rangvereinbarungen § 171a, 81 ff. – Rangklassen § 171a, 85 ff. – Rangkollisionen § 171a, 108 ff. – Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen s. Pfandrechtsregister – Registerpfandrecht gegen den Ersteher § 171f, 10 ff. – Registerpfandrechte an Luftfahrzeugen in ausländischer Währung § 171e, 1 – 3, 5 f., 8, 9 – Sicherungsverwaltung nach Zuschlag § 171f, 14 ff. – Allgemeines § 171g, 4 ff. – Anordnung § 171g, 8 – Aufhebung mangels Vorschusses § 171g, 9 ff. – Dauer/Aufhebung § 171g, 17 f. – Gläubigervorschuss § 171g, 9 – Treibstofflager § 171a, 29 – Treuhänder § 171c, 21 ff., 25 ff. – Triebwerke § 171a, 26, 33 ff., 42 – Verkehrswert § 171a, 68 f. – Versicherungsforderungen § 171a, 45 – Versteigerungstermin – Terminsbestimmung 171d, 1 ff.

Stichwortverzeichnis – Verteilungstermin § 171f, 9 – Vollstreckungsgegenstände § 171a, 5, 10 ff., 66 ff. – Wertgrenzen § 171a, 69 f. – wesentliche Bestandteile § 171a, 25 – Wirksamwerden der Beschlagnahme § 171c, 16 ff. – Wracks § 171a, 52 ff. – Zubehör (abweichender Zubehörbegriff) § 171a, 5, 17 ff., 27 ff. – zuständiges Vollstreckungsgericht § 171b, 1 f., 4 ff. – Zwangsversteigerung § 171a, 1 ff. – Zwangsvollstreckung, zwei Möglichkeiten § 171a, 123 ff. Luftschiffe § 171a, 23

Masseverbindlichkeiten § 30e, 2, 7, 9 Mehrere Ansprüche § 44, 10 Mehrere Gläubiger § 44, 11 f. Mehrere Grundstücke – Deckung aus einem Grundstück § 76, 1 ff. – Einzel-, Gruppen-, Gesamtausgebot § 63, 1 ff. – Reihenfolge der Ausgebote § 63, 22; § 73, 5 – Schluss der Versteigerung § 73, 8 Mehrere Verfahren – überlappende Termine § 66, 14 – Verbindung § 18, 3 – 6, 7 Meistbargebot s. Bares Meistgebot Meistbietender – Allgemeines § 81, 1 ff. – Pfändung, Verpfändung des Anspruchs § 81, 8 f. – Recht auf Zuschlag § 81, 7 – Tod, Geschäftsunfähigkeit, Insolvenzeröffnung § 81, 12 ff. – Vertretung § 81, 11 – Zustellung des Zuschlags § 88, 1 ff. Meistgebot – Abtretung der Rechte § 81, 19 ff.; § 118, 7 – Begriff § 44, 3

– gesamtschuldnerische Haftung § 81, 27 – Pfändung § 81, 8 f. – verdeckte Vertretung § 81, 24 ff. Miete § 3, 7; § 9, 26, 36 ff.; § 10, 12; § 20, 1, 11, 18, 24 ff., 71 ff., 86; § 21, 1, 7, 10 f.; § 22, 33, 34, 37 ff. (Vorpfändung); § 24, 8, 12 ff.; § 25, 1, 15 – Flugzeuge, ausländische Mietrechte § 171n, 4 ff.; § 171e, 8 und § 171n, 9 (Leasing) – Leasing § 9, 26, 37; § 20, 24, 29 (5) und Fn. 43, 65, 82; § 21, 7; § 24, 11 – Mietzession § 20, 27 – 29 – Schiffsmiete (Charter) § 20, 11 – Untermieter/-pächter § 9, 62; § 21, 9 f. Mieter s. Miete Mieter/Pächter – abweichende Versteigerungsbedingungen §§ 57 – 57b, 55; § 59, 42 f. – Aufrechnungsbefugnis §§ 57 – 57b, 41 f. – Baukostenzuschuss, Darlehen §§ 57 – 57b, 43 ff. – Beteiligte § 9, 36 ff. – Fortbestehen des Mietverhältnisses §§ 57 – 57b, 4 ff. – Hinweis im Versteigerungstermin § 66, 40 – Mieterschutz §§ 57 – 57b, 25 ff. – Mietkaution §§ 57 – 57b, 30; § 152, 20 ff. – Stellung gegenüber Ersteher §§ 57 – 57b, 11 ff.; § 152, 47; § 161, 30 ff. – Teilungsversteigerung § 183, 1 ff. Mieterschutz §§ 57 – 57b, 25 Milchquote bzw. Milchkontingent § 55, 27; § 74a, 18 Minderanmeldung § 45, 14; § 114, 19 Mindestgebot – absolutes § 44, 3; § 85a, 1 ff. – relatives § 44, 3; § 74a, 36 ff.

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Stichwortverzeichnis Mindestvergütung des Zwangsverwalters § 152a, 17 ff. Mitbenutzungsrecht in den neuen Bundesländern § 52, 27 Mitteilungen – der Terminsbestimmung § 41, 9 ff. – der Zwangsverwaltungsanordnung § 146, 23 ff. – des Grundbuchamts § 19, 25 ff., 30 f., 32 f. – des Zuschlags § 88, 9 ff. Mitversteigerte Gegenstände § 55, 5 ff.; § 90, 7 f. MiZi = Mitteilungen in Zivilsachen § 41, 12; § 88, 9 Mobiliarvollstreckung – Schiff § 162, 71 ff. Motorsegler § 171a, 23

Nacherbe

§ 9, 25 Nacherbenvermerk § 28, 20 Nachlassgläubiger § 175, 4, 6; § 179, 1 Nachlassinsolvenz § 178, 1, 2; § 175, 2 Nachlassverwaltung § 175, 2 Nachtragsliquidation s. Gesellschaften Naturalleistungen § 46, 1 ff. Nebenleistungen s. Leistungen, wiederkehrende – im geringsten Gebot § 44, 7, 10, 66, 71, 77 ff.; § 45, 6, 8 f. – im Teilungsplan § 113, 11, 24 f.; § 115, 10 ff., 18, 31, 45 Nebenrechte Dritter § 45, 26; § 52, 2; § 92, 1; § 118, 13; § 128, 12 f. Nebenverfahren § 95, 6 Neuordnung land- und forstwirtschaftlicher Flächen s. Flurbereinigung Nicht grundbuchersichtliche Rechte §§ 37, 38, 19 ff. Nicht grundbuchersichtliche Tatsachen § 54, 6 ff.; § 92, 17 ff. Nichtige Rechte § 45, 22; § 130, 53 Nicht öffentlicher Termin – Erörterungstermin § 62, 2

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– Verteilungstermin § 105, 2 – Zwangsverwaltungsverfahren § 156, 22 Nichtzahlung des Meistgebots – Allgemeines § 118, 1 f. – Forderungsübertragung § 118, 3 ff. – Sicherungshypotheken § 128, 1 ff. – Zinsen § 118, 15 ff. Niedrigstgebot-Lösung § 182, 14 Nießbrauch § 9, 19 (Fn. 21), 33 (Fn. 54); § 10, 120, 123, 129 (Fn. 160), 153, 157; § 14, 13; § 15, 90; § 17, 19 (Fn. 32); § 21, 10; § 23, 14, 35; § 28, 21 – an einem Grundstücksrecht § 117, 18 – im Teilungsplan § 114, 69 f. – Wertersatz § 92, 41 – Zuzahlungsbetrag § 51, 24 f. Notweg § 9, 33; § 10, 117, 119; § 11, 23; § 20, 72; § 21, 8; § 23, 29 s. a. Überbau Notwegrente § 52, 28 Novation des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs § 48, 10 Nutzungen § 56, 10 Nutzungsgebühren, verbrauchsabhängige § 10, 70 – 72, 77, 79, 86, 90, 92, 96, 99, 101, 103, 106, 108 s. a. Öffentliche Lasten und Rangklassen Nutzungsrecht im Beitrittsgebiet § 52, 27

Offene Handelsgesellschaft

– bei Gebotsabgabe § 71, 16, 46 – im Vollstreckungsverfahren § 15, 24, 34, 77 Offenkundigkeit § 17, 26; § 71, 10 Öffentliche Grundstückslasten – Anmeldung §§ 37, 38, 20 – Begriff § 10, 57 – einmalige, wiederkehrende Leistungen § 10, 57, 101, 110, 113; § 47, 6

Stichwortverzeichnis – im geringsten Gebot § 44, 7, 82 f.; § 45, 9 ff.; § 47, 4 – im Teilungsplan § 113, 24; § 114, 14, 18 – Rangklasse § 10, 1 – 5, 57 – Übergang auf Ersteher § 56, 11 Öffentliche Lasten § 9, 19, 33; § 10, 4, 57 – 110, 115; § 12, 11, 20; § 13, 2, 29; § 15, 149; § 16, 21, 23, 34, 37 f., 43, 45; § 18, 14; § 20, 1; § 23, 24; § 27, 24 s. a. Infrastrukturen, Rangklassen und Verwaltungsvollstreckung – Grundsteuer § 10, 21, 67 f., 72, 75, 113; § 12, 19 Öffentlicher Versteigerungstermin § 66, 9 Off-Shore-Windkraftanlagen § 162, 31 ff. Ordnungsgeld als Maßnahme im Versteigerungstermin § 66, 7 Ort der Versteigerung § 36, 13; §§ 37, 38, 15 ff.; § 66, 5 f.

Pacht

s. Miete Pächter s. Mieter Parteibezeichnungen s. Verfahrensgrundsätze Partenreederei § 162, 24, 27, 88 Pauschalbetrag bei Anmeldung der Kosten § 45, 9; § 110, 11; § 114, 18 Personalausweis bei Gebotsabgabe § 71, 4 Persönlicher Anspruch (persönl. Forderung, persönl. Haftung, persönl. Schuld) – im geringsten Gebot (ausnahmsweise) § 44, 18; § 47, 7 f; § 49, 4; § 64, 28 – im Teilungsplan § 113, 24; § 114, 20, 118 – Rang § 10, 1 ff., 4, 34, 42, 57, 67, 72, 108, 136, 141 Pfandrechtsregister – Registerpfandrecht – Entstehung § 171a, 120 ff. – Rechtsnatur § 171a, 2 f., 114 ff.

Pfändungen – Anspruch des Meistbietenden § 81, 8 – Behandlung im Teilungsplan § 117, 54 ff. Plattformen (Bohrinseln, flutbar) § 162, 16 Prähme § 162, 28, 67 ff., 81 ff. Private Internetanbieter von Versteigerungsdaten § 1, 6 Prokurist als Bieter § 71, 51 Protokoll – Allgemeines § 78, 1 – Berichtigung § 78, 6 – Beweiskraft § 78, 8; § 80, 1 ff. – Verkündungstermin § 87, 7 ff. – Vermerk auf Grundpfandrechtsbriefen und Titel § 127, 13 – Versteigerungstermin § 78, 1 ff. – Verteilungstermin § 105, 3; § 113, 1 – Vortermin § 62, 2 – Zwangsverwaltungsverfahren § 156, 22 ff. Protokollführer im Versteigerungstermin § 66, 8; § 78, 1, 3 Prozesskostenhilfe § 172, 17 f., 20 Prozessunfähige § 71, 43 Prüfung – des Anordnungsantrags § 15, 155 f. – des Beitrittsantrags § 27, 6 – des Ersuchens durch das Grundbuchgericht § 130, 34 ff. Publikation von Terminen § 1, 4 ff. – Internet, Justizportal § 1, 6 – private Anbieter § 1, 6

Rang

– Rangänderung im geringsten Gebot § 44, 22 ff. – Rangänderung im Teilungsplan § 114, 106 – Rangklassen § 10, 1 ff.; § 44, 19 ff. – Rangverlust bei verspäteter Anmeldung § 110, 1 ff. – Rangvorbehalt im geringsten Gebot § 44, 43 ff.

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Stichwortverzeichnis – Rangvorbehalt im Teilungsplan § 92, 42; § 114, 107 – Sicherungshypotheken § 128, 9 – 11, 19; § 129, 1 ff. Rangklassen, einzelne § 10, 1, 2, 9 ff., 19 ff., 30 ff., 39 ff., 57 ff., 116 ff., 136 f., 138 ff., 143 ff., 146 ff., 147 – Bauordnungsrecht § 10, 18 – dingliche Rechte § 10, 116 – 135 – Früchtepfandrecht § 10, 10 ff. – Genfer Abkommen s. dort – Insolvenzverwalter § 10, 30 ff. – Kosten des Verfahrens § 10, 9, 161 ff. – Luftfahrzeuge § 10, 158 ff. – öffentliche Lasten § 10, 57 ff., 75, 76 ff. – „persönliche“ Forderungen § 10, 136 ff. – Rangklasse, „letzte“, nachrangige Forderungen (§ 37 Nr. 4) § 10, 147 – relativ unwirksame Ansprüche § 10, 138 ff. – Rückstände „ältere“, Rangklasse 3 § 10, 143 ff. – Rückstände, „ältere“ Rangklasse 4 § 10, 146 – Schiffe § 10, 154 ff. – „Wasserfall“ (Befriedigungsreihenfolge) § 10, 1 – Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft § 10, 39 ff., 164 ff. – Zwangsverwaltungsvorschüsse, (Voraussetzungen, Anspruchsinhaber, Erledigung von Privilegierungen) § 10, 19 ff. Räumungsprinzip § 182, 12 Räumungsvollstreckung – aus Zuschlagsbeschluss § 93, 1 ff. – in der Zwangsverwaltung § 149, 9 ff. – Recht zum Besitz § 93, 16 – Vollstreckungsschutz des Schuldners § 93, 28 Reallast – Ersatzwert § 92, 43 ff. – im geringsten Gebot § 44, 72; § 52, 24 – 26 – im Teilungsplan § 114, 74 ff. 1374

– wiederkehrende Leistungen § 46, 3 – Zuzahlungsbetrag § 51, 26 f. Reallast (Erbbauzinsreallast) § 9, 19 (Fn. 21); § 10, 120, 123; § 12, 3, 8, 21; § 14, 13; § 15, 117 f.; § 16, 59; § 17, 6, 11; § 18, 14; § 20, 1, 72; § 21, 8; § 22, 33 (Fn. 38); § 23, 14; § 26, 6, 11, 22 f. Rechnungsbeamter § 66, 8 Rechte, außergrundbuchliche § 10, 127, 127 (Fn. 158) (zu Unrecht eingetragene oder gelöschte Rechte) s. a. Gerechtigkeiten Rechtliches Gehör – Allgemeines § 3, 1, 7 (§ 153e Abs. 2); § 9, 54 – Anordnungsverfahren § 180, 18 – Verkehrswertfestsetzungsverfahren § 74a, 22 f. Rechtsbehelfe s. a. Vollstreckungsvoraussetzungen – Rechtsbehelfe – Allgemeines § 95, 1 ff. – Anordnungsbeschluss § 15, 161 ff. – Beitrittsbeschluss § 15, 161 ff. – Entscheidung über Sicherheitsleistung § 70, 3 ff. – Forderungsübertragung § 118, 20 – Grundbuchersuchen § 130, 30, 45 ff. – Teilungsplan § 115, 7 ff. – Verkehrswertfestsetzung § 74a, 32 ff. – Vollstreckung aus Zuschlagsbeschluss § 93, 22 ff. – Zurückweisung § 15, 164 – Zuschlagsbeschluss § 74a, 56 – Zuschlagsversagung § 74a, 56 f.; § 97, 3 f. Rechtsbehelfsbelehrung § 98, 6; § 95, 18 Rechtsbeschwerde § 95, 17; § 101, 4; § 102, 1 Rechtsmittelbelehrung § 95, 18; § 98, 6 ff. Rechtsnachfolge – auf Gläubigerseite § 15, 37, 79, 81

Stichwortverzeichnis – auf Schuldnerseite § 15, 37, 79, 81, 90, 121, 122, 124, 125, 129, 156 – Berücksichtigung im Teilungsplan § 117, 6 ff. Rechtspfleger § 1, 2; § 66, 7, 13 Rechtspflegererinnerung § 95, 5, 14 Rechtsschutzbedürfnis § 28, 22; § 30, 8 Rechtsschutzinteresse (des Gläubigers, „Bagatellgrenze“) § 15, 9 – 21; § 24, 2 (Fn. 5) – Untermieter § 9, 38 Reeder § 162, 84; § 166, 7, 40 s. a. Korrespondentreeder und Partenreederei Registerpfandrecht (Luftfahrzeuge) § 9, 10; § 10, 158; § 11, 32; § 14, 10; § 16, 37, 45; § 20, 15 (Fn. 12); § 23, 38 – in ausländischer Währung § 171e, 3, 5 ff., 10 Reichsheimstätte § 52, 31 Relatives Mindestgebot s. SiebenZehntel-Gebot Relatives Rangverhältnis § 44, 52 ff.; § 114, 108 Rentenschuld s. Grundpfandrechte und Haftungsverband Rettungsboote § 162, 36 f. Risikobegrenzungsgesetz § 15, 105 ff. Rückgabe der Sicherheit § 70, 15 ff. Rückgewährsanspruch § 114, 34 ff., 110 ff. Rückstände § 10, 42, 43, 45, 47, 49, 51, 56, 64, 72, 110, 134, 143 ff., 146, 166; § 12, 8 (Fn. 29), 10, 13 ff., 18, 20; § 13, 1, 8, 20, 21, 23, 24, 25, 34 s. a. (wiederkehrende) Leistungen und Rangklassen

Sachversicherungen § 90, 17 Sachverständiger § 74a, 7 ff. – Ablehnung § 74a, 10 – Auswahl § 74a, 8 – Schadensersatzpflicht § 74a, 11 Sanierungsfähigkeit § 30a, 3

Sanierungsvermerk § 44, 73 Scheinbestandteile s. Bestandteile – Schiffe – Begriffsbestimmung § 162, 7 – Definition § 162, 7 – Heimathafen, Heimatort § 168, 3, 15 f. – Negativabgrenzung, keine Schiffe § 162, 8 Schiffe (Binnenschiffe, Bohrinsel, OffShore-Windkraftanlagen, Seeschiffe, Schiffsbauwerke, Schwimmdocks) s. a. Rangklassen – Arrest § 162, 71, 92 f. – ausländische Schiffe s. Ausländische Schiffe – Bewachung und Verwahrung s. Schiffs-Zwangsverwaltung – Insolvenz § 162, 80 ff. – Quasi-Zwangsverwaltung s. Schiffs-Zwangsverwaltung – Treuhänder s. SchiffsZwangsverwaltung – Zwangsverwaltung (echte) § 165, 173 ff. Schiffer – Anordnung der Zwangsversteigerung gegen Schiffer § 166, 13 ff. – Begriffsbestimmung § 166, 11 ff., 42 – Beschlagnahme gegen den Schiffer § 166, 1 ff. – Beteiligtenstellung § 166, 19 ff. – Erfordernis dinglicher Titel § 166, 25 ff. – Kapitän/Schiffsführer § 162, 86, 91 – Rechtsstellung (vor/nach Seehandelsrechtsreform) § 166, 38 ff. – Wechsel und Auswirkung auf Beteiligtenstellung § 166, 20 ff. Schiffsabwrackung § 162, 11 Schiffsausrüster s. Ausrüster – Schiff Schiffsbauregister – Allgemeines § 163, 42 f., 46; § 170a, 6 – Schiffsbauregistergerichte § 163, 42

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Stichwortverzeichnis Schiffsbauwerk – anzuwendende Vorschriften § 170a, 18 ff. – Begriffsbestimmung § 162, 20; § 170a, 4 ff. – Bestandteile § 170a, 4 – Bewachung und Verwahrung § 170a, 25, 41 ff. – Fertigbau durch Treuhänder/Zwangsverwalter? § 170a, 43 ff. – nicht anzuwendende Vorschriften § 170a, 40 – (Quasi-) Zwangsverwaltung § 170a, 25, 41 ff. – Sicherungsverwaltung nach Zuschlag § 170a, 37 ff., 52 ff. – Versicherungsforderungen § 170a, 4 – Versteigerungsantrag, Terminsbestimmung, Bekanntmachung § 170a, 14 ff., 22 ff. – Verteilung/Rangfolge § 170a, 53; § 169, 28 ff., 29 – Zubehör § 170a, 4 Schiffsbergung – Pfandrecht (gesetzliches) § 164, 7 s. a. Schiffsgläubiger Schiffsboote (insbes. Rettungsbote) § 162, 36 f. Schiffsbrief – Binnenschiff § 163, 49 Schiffscontainer § 162, 47 Schiffseigentümer (Reeder, Schiffseigner) § 166, 7 ff. Schiffs-Ersteherverwaltung – Anordnung § 170, 9 – Dauer der Verwaltung/Aufhebung § 170, 38 ff. – Einnahmeerzielung und Betriebsfortführung möglich? § 170, 29 ff. – Verhältnis zu § 94 § 170, 2, 25 ff. – Vorschussleistung als Voraussetzung der Anordnung § 170, 14 ff. – Vorschussleistung und Aufhebung mangels ders. § 170, 10 ff., 22 ff.

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Schiffsführer (Kapitän, Schiffer) s. Schiffer Schiffsgläubiger § 9, 9, 37, 58 (§ 166; § 171 Abs. 3 ZVG); § 10, 155 ff.; § 11, 29 f.; § 13, 6; § 17, 5 (1, 2); § 20, 36; § 22, 29 f.; § 15, 115; § 163, 1 s. a. Beteiligte und Rangklassen – Anmeldung von Rechten beim Registergericht § 168b, 1 ff. – Besonderheiten § 164, 20 ff. – Definition und Abgrenzung § 164, 1, 4 – Pfandrecht (gesetzliches) § 164, 5 Schiffsgläubigerrechte § 162, 90 – ausländische § 169, 92 – Bergelohn § 169, 48 ff., 98 – Havarei = Havarie § 169, 48 – Heuerforderungen § 169, 41 f., 63 ff. – Lotsengelder § 169, 43 f., 67 – mit dem Schiffer geschlossene Rechtsgeschäfte § 169, 75 – öffentliche Schiffs- und Schifffahrtsabgaben § 169, 43, 62 – Rechtsänderung durch Seehandelsrechtsreform? § 166, 44 f. – Schadenersatzansprüche (Personen-/Sachschäden) § 169, 45 ff., 67 f., 71 ff. – Sozialversicherung, Forderungen § 169, 51 f., 101 ff. – Verteilung, Rang und Rangkollisionen § 169, 30 ff. – zuständiges Gericht § 169, 88 ff. Schiffshypothek – ausländische § 169, 93 f. – in ausländischer Währung § 168c, 1 ff. Schiffshypothekengläubiger § 164, 1, 3 – Rang in der Verteilung § 169, 53 f., 79 ff. Schiffspapiere § 163, 49 Schiffsparten § 162, 24, 27, 88 Schiffsrechte s. Rangklassen und Beteiligte

Stichwortverzeichnis Schiffsregister § 163, 4 – beschränkter öffentlicher Glaube § 163, 44, 47 – Grundsätze § 163, 44 ff. – öffentliches § 163, 45 – unrichtige Eintragung Schiffsstandort – Ermittlung (Theorie/Praxis) § 163, 10 ff., 32 ff. – Forderung an Gesetzgeber § 163, 14 ff. – Nichtigkeit Anordnungsbeschluss § 163, 11, 32 – örtliche Zuständigkeit § 163, 9 ff. Schiffsversicherungen – Beschlagnahme § 162, 44 Schiffsversteigerung – Ansprüche von unbestimmtem Betrag § 169, 87 – Antragsvoraussetzungen § 164, 1 ff., 33 ff. – anwendbare Vorschriften § 162, 49 f. – Aufforderung an die Schiffsgläubiger § 167, 3, 15 ff. – Aufhebung § 162, 52 – Ausland, Vollstreckung im § 162, 75 ff. – Beitritt § 162, 51 – Bekanntmachung in anderem Gerichtsbezirk § 168, 14 – Beteiligte – Allgemeines § 163, 1, 6 ff. – nur aufgrund Anmeldung § 163, 57 ff. – originäre mit Anmeldung § 163, 52 ff. – originäre ohne Anmeldung § 163, 50 f. – Sozialversicherungsträger § 163, 52 ff. – Bezeichnung des Schiffes § 167, 2, 6 ff. – Eigentumswechsel (nach Beschlagnahme) § 164, 18, 25 ff.; § 166, 22 – einstweilige Einstellung § 162, 52; § 165, 12 ff. – geringstes Gebot § 169, 20 f. – Glaubhaftmachung § 164, 8 ff.

– herrenlose Schiffe § 164, 17, 25 ff. – Miete und Pacht – Allgemeines § 169, 1 ff., 10 ff. – Vorausverfügungen § 169, 2, 13 ff. – Mindestgebot § 169, 22 – örtliche Zuständigkeit § 163, 1, 9 ff. – Quasi-Zwangsverwaltung s. Schiffs-Zwangsverwaltung – Rang und Berücksichtigung ausländischer Registerpfandrechte § 169, 93 f. – Rangordnung – bei Binnenschiffen § 169, 28 – bei Schiffsbauwerken § 169, 29 – bei Seeschiffen § 169, 29, 36 ff. – Schifffahrtsfachblatt – Bekanntmachung § 168, 2, 8 ff. – Schiffshypothek gegen Ersteher § 169, 3 ff., 23 ff. – Sozialversicherung(sträger) § 163, 1, 52 ff. – Terminsbestimmung § 167, 1, 12 ff. – anwendbare Vorschriften § 168, 7 – Bekanntmachung § 168, 1, 18 ff. – Treuhänder s. Schiffs-Zwangsverwaltung – Versteigerung eines deutschen Schiffes im Ausland § 162, 75 ff.; § 169, 96 ff. – Verteilung – Termin und Rangklassen § 169, 28 ff. – Vollstreckungsschutz § 162, 66 – Wertfestsetzung und Bekanntmachung § 168, 4 – Wertgrenzen § 162, 54 ff.; § 169, 22 – Zuschlag – Erteilung § 162, 53 – Versagung § 162, 53 – zuständiges Gericht § 163, 1 Schiffsvorräte im Bunker § 162, 48 Schiffswrack § 162, 11 Schiffszertifikat, Seeschiff § 163, 49

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Stichwortverzeichnis Schiffszubehör – Allgemeines § 163, 37 ff. – Bewachung und Verwahrung/ Zwangsverwaltung § 165, 107 ff. – Enthaftung § 162, 41 – Umfang § 162, 35, 37 ff. Schiffs-Zwangsverwaltung – Drei-Phasen-Modell (nach Mohrbutter) § 165, 142 – Abwrackung § 165, 63 ff., 114 ff. – an die Kette legen und Kenntlichmachung § 165, 42 ff. – Anwartschaftsrechte (Zubehör) § 165, 117 – Anwendung von Zwangsverwaltungsrecht § 165, 68, 167 ff., 173 ff. – Aufhebung der Sicherungsmaßregel § 165, 90 ff. – Beschlagnahme (Umfang) § 165, 42 ff., 105 – Beschlagnahme (Wirksamwerden) § 165, 101 ff. – Betriebsfortführung (Zulässigkeit und Grenzen) § 165, 98 ff., 119 ff., 134 ff. – Bewachung und Verwahrung § 165, 11 ff., 83 ff. – echte Zwangsverwaltung gem. §§ 146 ff. ZVG § 165, 4 f., 173 ff. – Einverständnis des Gläubigers (Anordnung) § 165, 17 ff. – Forderung an Gesetzgeber § 165, 202 – Förderung des Zwangsversteigerungsverfahrens § 165, 159 ff. – Fortsetzung nach Zuschlag § 165, 162 ff. – Frachtgeld § 165, 113 – Gläubigervorschuss § 165, 29 ff. – Gläubigervorschuss-Ersatz (Verteilungsverfahren) § 169, 38, 60 – keine Institutsverwaltung § 165, 37, 123 – Kostentragung § 165, 25 ff. – Miet-, Pachtzinsforderungen § 165, 111 f. – praktische und rechtliche Probleme § 165, 140 ff.

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– Quasi-Zwangsverwaltung § 165, 71 ff. – räumliche Verlagerung § 165, 158 – Reparaturen und „Klasse machen“ § 165, 156 f. – Rückschlüsse auf Auslegung der Schiffs-Zwangsverwaltung § 165, 167 ff. – "Schuldnerwohnrecht" § 165, 67 – Sequestration (§ 931 ZPO vs. § 165 ZVG) § 165, 69 f. – Treuhänder – Auswahl und Vergütung § 165, 35 ff., 74, 121 ff., 129 ff. – Versicherung § 165, 66 – Vertreter vs. Partei kraft Amtes § 165, 146 ff. – Verteilungsverfahren § 165, 73, 172 – Wegnahme der Schiffspapiere § 165, 61 Schluss der Versteigerung § 73, 7 ff.; § 78, 3 Schnittstellen der Immobiliarvollstreckung § 19, 14 ff. (Grundbuchverfahren); Schnittstellen zum Insolvenzverfahren s. Insolvenzrecht; § 25, 3 (zum Zustellungsverfahren); § 145a, 6 ff. Schornsteinfegerkosten § 10, 75 Schornsteinhypothek § 30e, 4 Schreibauslagen (Dokumentenpauschale) § 42, 6 Schuldenmasse im Teilungsplan § 113, 10 f., 24 Schuldner – Beteiligter § 9, 15 ff. – eingetragener Eigentümer § 17, 1 – einstweilige Einstellung § 30a, 3 ff. – Erbe des eingetragenen Eigentümers § 17, 2 f. – Widerspruchsberechtigter § 115, 13 f., 40 f. Schuldnermehrheit § 13, 14 ff. Schuldübernahme bei bestehen bleibenden Grundpfandrechten § 53, 1 ff.

Stichwortverzeichnis Schwimmdock § 162, 10 – Begriffsbestimmung § 170a, 11 f. – unfertige/fertige, anwendbare Vorschriften § 170a, 8 ff. – Versicherungsforderungen § 170a, 13 – Zubehör, Bestandteile § 170a, 12 Seehandelsrechtsreform – Änderung der Rechtslage, Übergangsregelungen § 166, 39 ff. Seeschiff – Abgrenzung vom Binnenschiff § 163, 43; § 169a, 17 ff. – keine Wertfestsetzung (ggf. Schätzung) § 169a, 6, 10 f. – keine Wertgrenzen § 169a, 7 ff. – keine Zuschlagsversagung wg. Wertgrenzen § 169a, 7 – Seeschiffsregistergerichte § 163, 39 – Sicherheitsleistung (Besonderheit, 10 % vom Bargebot) § 169a, 12 ff. – Verkehrswert (Festsetzung vs. Schätzung) § 169a, 6 ff., 10 f. – Verteilung, Termin und Rangklassen § 169, 28 ff. Segelflugzeuge § 171a, 23 Sicherheitsleistung – als Vollstreckungsvoraussetzung § 15, 64 – 66 – bei Zuschlagsversagung auf Antrag § 85, 10 Sicherheitsleistung für Gebote – Allgemeines § 67, 1 – Arten der Sicherheit § 69, 2 ff. – Befreiung § 67, 11 ff. – Behandlung der Sicherheit § 70, 15 ff. – Entscheidung des Gerichts § 70, 11 – erhöhte Sicherheit § 68, 6 ff. – Freigabe der Sicherheit § 68, 4 – Höhe der Regelsicherheit § 68, 3 – Leistung der erhöhten Sicherheit § 68, 14; § 70, 10 – Leistung der Regelsicherheit § 70, 6 – Verwertung der Sicherheit § 70, 23 ff. – Voraussetzungen § 67, 4 ff.

Sicherung ordnungsmäßiger Wirtschaft s. a. Wirtschaft, ordnungsmäßige – Anordnungsvoraussetzungen § 25, 5 – 7, 17 f. – Antragsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen § 25, 4 ff. – Aufhebung, Beendigung der Maßnahmen § 25, 19 ff. – Kosten, Kostentragung § 25, 24 f. – Maßnahmenkatalog § 25, 8 – 16 – Sequester § 25, 16 – 18, 23, 24 f. Sicherungsgrundschuld – als bestehen bleibendes Recht § 44, 75 – als erloschenes Recht § 114, 34 ff. Sicherungshypothek – als bestehen bleibendes Recht § 44, 81 – im Teilungsplan § 114, 59 ff. Sicherungshypothek gem. § 128 ZVG – Allgemeines § 128, 1 ff. – bei bedingter Forderungsübertragung § 128, 14 ff. – Belastungsgegenstand § 128, 7 – Eintragungsvoraussetzungen § 128, 3 ff. – Erlösüberschuss § 128, 17 f. – Gläubiger der Hypothek § 128, 8 – Grundbuchersuchen § 130, 11 – Inhalt der Hypothek § 128, 8 – Rang § 128, 9 – Rangverschiebung § 128, 19; § 129, 3 ff. – Verzicht auf die Forderung § 118, 27 ff. – Vollstreckbarkeit der Forderung § 132, 5 – Wiederversteigerung § 129, 7 ff.; § 133, 1 ff. Sieben-Zehntel-Grenze = relatives Mindestgebot – Antrag § 74a, 37 ff. – Ausnahmen § 74b, 1 ff. – Begriff § 44, 3 – Beispiel § 74a, 70 ff. – Entscheidung § 74a, 55 – Grundsatz der Einmaligkeit § 74a, 48 f. 1379

Stichwortverzeichnis – neuer Versteigerungstermin § 74a, 55 – Verhältnis zu anderen Vorschriften § 74a, 58 ff. – Vertagung, vollmachtloser Vertreter § 74a, 64 ff. – Widerspruch § 74a, 52 ff. Sitztheorie § 180, 3 Sitzungsleitung § 66, 7 Sofortige Beschwerde s. Beschwerde Sollinhalt der Terminsbestimmung §§ 37, 38, 3, 36 ff. Sonderkündigungsrecht s. Außerordentliches Kündigungsrecht des Erstehers Sonderzuwendung bei Gebot des Meistbietenden § 74a, 67 f. Sonstige Veröffentlichungen § 40, 5 ff. Sparguthaben, Sparkarte, Sparkassenbuch als Sicherheit § 69, 13 Sparkasse – als Bieterin § 71, 16 – Befreiung von Sicherheitsleistung § 68, 15 Spitzenrefinanzierungsfazilität (Zinssatz) § 10, 24 Staatlicher Hoheitsakt s. Zuschlag Städtebauliche Neuordnung § 9, 33; § 10, 75, 77, 89, 96; § 13, 25; § 15, 104; § 16, 61; § 17, 20; § 22, 33; § 23, 14 s. a. Flurbereinigung Statistische Lebenserwartung – bei bestehen bleibenden Rechten § 51, 11, 18, 24, 27 – im Teilungsplan § 92, 10, 20, 26, 32, 41, 44 – Sterbetafel Anhang Strohmann § 71, 53; § 114a, 28 Suizidgefahr § 30a, 19 ff. Surrogationsgrundsatz § 91, 8; § 117, 56, 60 f.

Teilanspruch

§ 44, 13 ff. Teilaufhebung § 29, 5 Teileinstellung § 30, 8 Teilungsmasse

1380

Allgemeines § 107, 1 f. Feststellung § 107, 3 ff. Minderung § 107, 6 f. Verteilung bei Zuschlag auf Gesamtausgebot § 112, 1 ff. – Zahlung des Erstehers § 107, 9 ff. – Zuzahlungspflicht des Erstehers § 107, 5 Teilungsplan in der Zwangsversteigerung – Allgemeines § 113, 1 ff. – Aufstellung § 113, 4 – Ausführung § 113, 17 f. – Aussetzung § 116, 1 ff. – Auszahlung § 117, 22 ff. – bedingte Zuteilung (= Eventualzuteilung = Hilfszuteilung) § 115, 27 f.; § 119, 12; § 123, 4 ff.; § 124, 5 ff. – Behandlung bedingter Ansprüche § 119, 12 – Behandlung des Deckungskapitals § 121, 9 ff. – Behandlung des Löschungsanspruchs/der Löschungsvormerkung § 114, 87 ff. – Beispiel § 113, 23 ff. – Berücksichtigung – aufgrund Anmeldung § 114, 14 ff. – von Amts wegen § 114, 5 ff. – Einzelfälle § 114, 20 ff. – Hinterlegungsfälle § 117, 28 ff. – Inhalt § 113, 6 ff. – Rangordnung § 114, 104 ff. – Rechtsbehelfe § 113, 19 ff. – unbekannter Berechtigter § 126, 2, 4 ff. – Verhandlung über Teilungsplan § 115, 5 f. – Verteilung bei Gesamtansprüchen § 122, 1, 7 ff. – Widerspruch § 115, 1, 7 ff. – Zuzahlungspflicht des Erstehers § § 125, 1 ff. Teilungsplan in der Zwangsverwaltung § 156, 17 ff.; § 157, 1 ff. Teilungsversteigerung § 180, 1 f., 15 f., 30 ff. – – – –

Stichwortverzeichnis Terminsaufhebung – des Versteigerungstermins § 43, 12 ff. – des Verteilungstermins § 105, 6 Terminsbestimmung – Bekanntmachung § 39, 1 ff. – Inhalt §§ 37, 38, 2 ff. – Muster §§ 37, 38, 45 – nach Zuschlagsversagung gem. § 85a ZVG § 85a, 8 ff. – Rechtsbehelf §§ 37, 38, 41 – Zeitpunkt § 36, 7 f. – Zeitraum zwischen Terminsbestimmung und Termin § 36, 9 ff. – Zustellungsfrist § 43, 6 Terminsunterbrechung § 66, 10 ff. Testamentsvollstrecker als Bieter § 71, 54 Testamentsvollstreckung § 28, 23; § 175, 6 Tilgungs- bzw. Abzahlungshypothek § 10, 133; § 12, 8 (Fn. 29); § 44, 76 s. a. Tilgungsanteile Tilgungsanteile (annuitätische Leistungen) § 10, 110, 113, 133; § 12, 8, 19 Tilgungshypothek – im geringsten Gebot § 44, 77 ff. – im Teilungsplan § 114, 68 Titel s. a. Vollstreckungsvoraussetzungen – Vollstreckung aus ausländischen Titeln § 1, 3; § 15, 62; § 16, 46 – 53 Titelumschreibung § 28, 16, 23; § 172, 15 Tochtergesellschaft § 114a, 28 Totalbelastungslehre § 182, 10

Überbau

§ 9, 33; § 10, 117, 119; § 11, 23; § 20, 66, 72; § 21, 8; § 23, 29; § 55, 23 ff.; § 90, 24 f. s. a. Notweg Überbaurente § 52, 28 Übererlös im Teilungsplan § 114, 114 ff.; § 109, 9 ff.; § 128, 17 f. Übergang von Nutzungen und Lasten § 56, 1 ff.

Übergebot – abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 46 – Begriff § 44, 3 – Erlöschen von Geboten § 72, 4 ff. Überleitung der Zwangsversteigerung in eine Zwangsverwaltung § 77, 11 f. Übernahmegrundsatz § 44, 4; § 52, 1; § 53, 1 Uhrzeit im Protokoll § 73, 2 f.; § 78, 3 Ultraleichtflugzeuge § 171a, 22 f. Umfang der Versteigerung § 55, 1 ff. Umlegungsverfahren § 66, 37 Umlegungsvermerk § 10, 75; § 16, 61; § 17, 20; § 22, 33; § 23, 14 s. a. Umlegungsverfahren Umsatzsteuer – in der Zwangsversteigerung § 58, 23; § 81, 30 – in der Zwangsverwaltung § 152, 50 Unbedenklichkeitsbescheinigung § 66, 55; § 130, 10, 22; § 133, 8 Unbekannter Berechtigter § 117, 21; § 126, 1 ff.; § 135, 1 ff.; § 140, 1 ff. Unbestimmte Ansprüche § 14, 1 ff. Unbrauchbarmachen von Grundpfandrechtsbriefen § 127, 4 Ungewisse Fälligkeit § 111, 5, 9 ff. Unterbrechung – der Bietstunde § 73, 3 – des Versteigerungstermins § 43, 15 Unterlassungsklage § 95, 9 Untermieter/Unterpächter §§ 57 – 57b, 56 f. Unternehmensfortführung § 30d, 9 Unterschrift – Grundbuchersuchen § 130, 21 – Protokoll – des Versteigerungstermins § 78, 3 – des Verteilungstermins § 105, 3 – Zuschlagsbeschluss § 82, 11 1381

Stichwortverzeichnis Unverzinsliche Ansprüche § 111, 7 f., 10 Unzulässige Anmeldung § 45, 17 Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung § 180, 7 ff. Urkunde s. Vollstreckbare Urkunde Urkundenbehandlung im Verteilungstermin § 127, 1 ff.; § 130, 26

Veräußerungsverbot

§ 23, 2, 10 f.; § 24, 2; § 26, 21 s. a. Beschlagnahme – Luftfahrzeuge § 23, 9 – Schiffe, Schiffsbauwerke § 23, 8 – Sonderverfahren § 23, 4 – 7 – Verfügung § 23, 13 – 16, 17 – 22, 28 ff. – Verfügung und Verfahrensrecht § 23, 28 – 35 – wirksamer Erwerb trotz Verfügungsverbot § 23, 36 – 47 – Zwangsverwaltung § 23, 3 Verbraucherdarlehen – Tilgungsreihenfolge § 12, 2 Verdeckte Stellvertretung § 81, 24 ff.; § 85a, 21 Vereinbarung nach § 1010 BGB § 92, 50 Vereinigung von Grundstücken (Teilung) § 2, 13; § 11, 21; § 15, 29; § 16, 56 – 59; § 23, 14; § 27, 17 – grundstücksgleiche Rechte § 16, 62 – Grundstücksteilung § 16, 56 ff., 61 – Grundstückszuschreibung § 2, 13; § 16, 56 ff., 60 Verfahrensfortsetzung trotz Veräußerung (Fallkonstellationen) § 26, 1 ff., 8 ff. – Aneignung § 26, 9 – Ausnahmen von der Verfahrensfortsetzung § 26, 17 – Gesamthand § 26, 18 – Luftfahrzeuge § 26, 16 – Schiffe, Schiffsbauwerke § 26, 14 f. – Umschreibung infolge Gütergemeinschaft § 26, 10

1382

Verfahrensgrundsätze (Dispositionsmaxime) § 15, 1; § 16, 1, 11 – Anordnungsantrag (Inhalte) § 16, 7 – 17, 18 ff. – Beteiligte s. dort – Beteiligtenfähigkeit § 15, 30 – 41 – Parteibezeichnung § 15, 67 – 80 – Prozessfähigkeit, Verfahrensfähigkeit (Gläubiger) § 15, 42 – 53, 57 – Prozessfähigkeit, Verfahrensfähigkeit (Schuldner) § 15, 54 – 56 – Verfahrensverbindung s. dort Verfahrenskosten – Berücksichtigung im geringsten Gebot (Mindestbargebot) § 49, 4 – Berücksichtigung im Teilungsplan § 114, 5 f. – des Zuschlags § 58, 1 ff. – Vorwegentnahme § 109, 3 ff. Verfahrensverbindung § 18, 1 ff., 3 ff. – Verfahren § 18, 19 ff. – Zwangsverwaltung § 18, 25 Verfall von hinterlegten Beträgen § 142, 13 Verfallklausel (Fälligkeitsbegriff, Rückstände) § 13, 25, 28 Verfügungsbeschränkung § 28, 6 – im geringsten Gebot § 44, 79 Verhandlung – über den Teilungsplan § 115, 5 f. – über den Zuschlag § 74, 4 ff. Verkehrswert – Allgemeines § 74a, 1 ff. – Änderung § 74a, 28 ff. – Angabe in der Terminsbestimmung §§ 37, 38, 36 f. – Bedeutung für die Zwangsversteigerung § 74a, 5 f. – Bekanntgabe im Versteigerungstermin § 66, 25 – Entscheidung § 74a, 19 ff. – Ermittlung § 74a, 7 ff. – Rechtsbehelf § 74a, 32 ff. – relative Rechtskraft § 74a, 26 f. – Sachverständige § 74a, 7 f. – Teilungsversteigerung § 74a, 4; § 180, 30 – Verfahren § 74a, 7 ff. – Zeitpunkt § 74a, 21

Stichwortverzeichnis Verkündungstermin § 87, 1 ff. Verlangen – auf abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 4 ff. – auf Gesamtausgebot § 63, 16 ff. – auf Gruppenausgebot § 63, 16 ff. Verlegung – des Verkündungstermins § 87, 10 – des Versteigerungstermins § 43, 12 – des Verteilungstermins § 105, 16 Vermietung oder Verpachtung – bei Teilungsversteigerung § 183, 1 ff. Veröffentlichung der Terminsbestimmung § 39, 1 ff.; § 40, 5 ff. Verrechnungsscheck § 69, 5 Versagung des Zuschlags – Meistgebot unter 5/10-Grenze § 85a, 1 ff. – Meistgebot unter 7/10-Grenze § 74a, 36 ff. – nach Schluss der Versteigerung § 33, 1 f.; § 86, 1 ff. – Wirkungen § 86, 1 ff. Verschleuderung § 30a, 28 Versicherung § 9, 58 (Tabelle § 163 ZVG); § 10, 21, 83 (Tierschadenv.); § 12, 20; § 15, 148 (Sozialv. als Gläubiger), 151 (V. als Schuldner); § 16, 24 ff. (Sozialv. als Gläubiger); § 25, 1 (Prämien) – Haftpflichtversicherung § 5, 7; § 12, 6 – Haftung von Versicherungsforderungen § 20, 18, 31, 76 – 84; § 21, 1, 2; § 22, 33, 43; § 25, 14 – Schiff § 162, 44 – Wiederherstellungsklausel § 20, 79, 81; § 21, 2 Versteigerungsbedingungen – abweichende § 59, 1 ff. – Feststellung § 66, 59 ff. – gesetzliche § 44, 1; § 59, 1 – Inhalt des Zuschlagsbeschlusses § 82, 5 Versteigerungserlös § 44, 3; § 105, 1; § 107, 4

Versteigerungstermin – Ablauf § 66, 1 ff. – Aufhebung § 43, 12 – Ausschließung weiterer Anmeldungen § 66, 62 – Bekanntmachungen § 66, 23 ff. – geringstes Gebot § 66, 56 – mehrere Verfahren in einem Termin § 66, 14 – Öffentlichkeit § 66, 9 – Ort des Termins § 36, 13 f.; § 66, 5 – Protokoll § 66, 8; § 68, 3; § 78, 1 ff. – Sitzungsleitung § 66, 7 – Terminsunterbrechung § 66, 10 ff. – Verhandlung über Zuschlag § 74, 1 ff. – Verlegung, Vertagung des Termins § 43, 13 f. – Versteigerungsbedingungen § 66, 59 ff. – Zeit § 66, 4 Versteigerungsverhinderer § 6, 17; § 23, 31; § 25, 3 Versteigerungsvermerk s. Grundbucheintragung – Versteigerungsvermerk Vertagung § 43, 12, 14 Verteilung – des Erlöses beim Zuschlag auf Gesamtausgebot § 112, 1 ff. – des Gesamtgrundpfandrechts im geringsten Gebot – nach BGB § 64, 27 – nach ZVG § 64, 4 ff. Verteilungstermin – Bekanntmachung § 105, 10 ff. – Erlösverteilung § 109, 1 ff. – Ladungsfrist § 105, 11 – nachträgliche Ermittlung unbekannter Beteiligter § 139, 1 ff. – Protokoll § 115, 3 – Teilungsversteigerung § 180, 32 – Terminsbestimmung § 105, 5 ff. – Verlegung, Vertagung § 105, 16 – Zwangsverwaltungsverfahren § 156, 14 ff.

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Stichwortverzeichnis Vertretung – bei Anmeldung § 9, 50 – bei Gebotsabgabe § 66, 21; § 71, 9 ff. – bei Zuschlagserteilung § 81, 11, 24 ff. – im Versteigerungstermin § 66, 18 f. Verwaltungsvollstreckung § 10, 65; § 15, 17 ff.; § 16, 18 ff.; § 26, 24 ff. s. a. Rangklassen – Bundesrecht § 16, 18 – 20 – Landesrecht § 10, 89, 10, 100; § 15, 149; § 16, 16 – 44 – Rangklasse § 16, 23 – Verwaltungsvorschrift, allgemeine § 16, 45 Verwendungen („impensae utiles“, „impensae necessariae“) § 10, 18, 20 (Fn. 19) Verwendungsersatz § 93, 30 Verwertung einer Bietsicherheit § 71, 23 ff. Verzeichnis der Beteiligten § 9, 44 Verzicht – auf Einzelausgebote § 63, 5 – auf Erlösanteil § 117, 48 ff. – auf Forderungsübertragung § 118, 27 ff. Verzicht auf Zuteilung § 114, 116 ff. Verzinsung des Bargebots § 49, 6 ff.; § 59, 34; § 118, 15 Verzugszinsen im Teilungsplan § 59, 35; § 118, 15 ff. Vollmacht – für Anmeldung § 9, 50 – im Versteigerungstermin § 66, 18 f. – verdeckte Vollmacht § 81, 24 ff. – zum Bieten § 66, 21; § 71, 9 ff. Vollstreckbare Urkunde (notarielle) § 3, 3; § 4, 5 (Fn. 6); § 9, 12 (Fn. 13); § 15, 54, 58, 62, 66, 81 f., 85 ff., 106 f., 112, 118, 144; § 16, 67, 72; § 26, 7, 19 s. a. Vollstreckungsunterwerfung Vollstreckung bei Verurteilung „Zug um Zug“ s. Vollstreckungsabsprachen

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Vollstreckungsabsprachen § 15, 93, 94 – 100, 101 – 103 Vollstreckungsabwehrklage (-gegenklage) – allgemein § 95, 8 – gegen Vollstreckung aus Zuschlagsbeschluss § 132, 15 Vollstreckungserinnerung § 95, 11 Vollstreckungsgegenstand (Identität) § 3, 7; § 9, 1, 43, 60; § 10, 19, 137; § 11, 1; § 13, 13, 18; § 15, 3, 7, 19 f., 22 – 29; § 16, 34 f., 54 ff., s. a. Vereinigung von Grundstücken Vollstreckungsgerichte – Liste § 1, 7 – 34 Vollstreckungshindernisse s. Vollstreckungsabsprachen und Vollstreckungsvoraussetzungen Vollstreckungsklausel s. a. Klausel – als Vollstreckungsvoraussetzung § 15, 81 ff. – zum Zuschlagsbeschluss § 132, 8 ff. Vollstreckungsmängel § 28, 6, 7 Vollstreckungsunterwerfung (dingliche, persönliche) § 10, 17; § 15, 62, 82 (Fn. 67), 88 (Fn. 74), 90 (Fn. 76), 106, 109, 126; § 16, 74; § 26, 7 – „Parallel Debt“ (abstrakte persönliche Haftung) § 9, 12 (Fn. 13); § 12, 5 (Fn. 18); § 15, 61, 122; § 16, 68 (Fn. 85); § 18, 11 (Fn. 20) Vollstreckungsvereinbarungen s. Vollstreckungsabsprachen Vollstreckungsvermerk s. Grundbuch Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) § 9, 14; § 10, 61 (Fn. 74); § 15, 58, 59 – 104; § 16, 19, 22, 37, 42, 71 f.; § 19, 17; § 27, 9 – Eigentümergrundschuld § 15, 109 ff. – Erbbaurechte § 15, 116 ff. – Güterstand und Vollstreckung § 15, 138 ff. – Insolvenzverfahren (Schnittstellen) § 15, 119 ff.

Stichwortverzeichnis – Klausel § 9, 14; § 15, 37 (Fn. 33), 41, 55, 58 ff., 68, 71, 79, 81 ff., 87, 90, 93, 102, 107 f., 112, 115, 118, 120 ff. (Insolvenzverfahren), 129, 132, 136 f., 156, 165; § 16, 29, 71, 74; § 17, 5, 12 f., 15; § 25, 18; § 26, 19, 23; § 27, 28 f. – Nachlassvollstreckung (Erbenhaftung, Nachlassverwaltung) § 15, 128 – 137 – Rechtsbehelfe § 3, 3 und Fn. 3, 5; § 15, 99 (Fn. 80), 155 ff.; § 18, 19 – 24; § 19, 22; § 20, 86 (Fn. 121); § 25, 17; § 26, 19; § 27, 30 – Titel § 16, 71 f. – Verfahrenskosten § 15, 166 – Vollstreckung durch und gegen die öffentliche Hand § 15, 148 f., 150 ff. – vollstreckungsgerichtliche Entscheidungen § 15, 127 (Insolvenzverwalter), 155 – 165 – Vollstreckungsunterlagen § 15, 156; § 16, 2, 50 f., 73 – 75; § 17, 28 (Glaubhaftmachung) – Wohnungs-und Teileigentum § 15, 112 f. – Zustellung s. dort Vollzugssperre beim Grundbuchgericht § 130, 50 f. Vorfälligkeitsentschädigung § 13, 23; § 45, 9; § 47, 4; § 49, 5; § 91, 10, 21 Vorgesellschaften s. Gesellschaften Vorkaufsrecht § 9, 19 (Fn. 21); § 10, 120; § 14, 13; § 20, 72; § 23, 14; § 28, 27 – im geringsten Gebot § 44, 79 – im Teilungsplan § 114, 79 ff. – Wertersatz § 92, 48 f. – Zuzahlungsbetrag § 51, 28 f. Vorläufiger Insolvenzverwalter § 30d, 17 Vormerkung – für gesetzlichen Löschungsanspruch § 130a, 8 ff. – im geringsten Gebot § 44, 60; § 48, 8 ff. – im Teilungsplan § 119, 8 – Wertersatz § 92, 51 f.

– Zuzahlungsbetrag § 51, 30 Vormund als Bieter § 71, 57 Vortermin § 62, 1 ff.

Wahlrecht des Gesamtrechtsgläubi-

gers bei Doppelausgebot § 64, 18 ff. Wasserfall s. Rangklassen Wegnahmevollstreckung aus Zuschlagsbeschluss § 93, 1 ff. Wert s. Verkehrswert Wertersatz – einmaliger § 92, 6 ff. – Feststellung § 92, 23 f. – Widerspruch § 92, 25 Wertfestsetzung s. Verkehrswert Wertsicherungsklausel § 92, 45 Wertverlustausgleich § 30e, 7 Widerspruch – bei Sicherheitsleistung für Gebote § 70, 11 f. – gegen Teilungsplan – abweichende Anmeldung § 115, 22 – allgemein § 115, 1 ff. – Auswirkungen auf Verteilungsverfahren § 115, 27 f. – bedingte Zuteilung § 124, 1 ff. – Form § 115, 19 f. – Inhalt § 115, 21 f. – Verhandlung über Widerspruch § 115, 26 – Widerspruchsberechtigung § 115, 12 ff. – Widerspruchsklage § 115, 29 ff. – Zulässigkeit § 115, 24 f. – gegen Zulassung eines Gebots § 72, 6 – gegen Zurückweisung des Gebots § 72, 10 ff. – gegen Zuschlagsversagungsantrag § 74a, 52 ff. – wegen eines entgegenstehenden Rechts § 28, 28 Widerspruch im Grundbuch § 48, 5 ff.; § 51, 30 Wiederkaufsrecht § 92, 53 f.

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Stichwortverzeichnis Wiederkehrende Leistungen – Anmeldung § 45, 9 – bei eingetragenen Rechten § 44, 7, 10, 28, 77; § 47, 1 – Berechnung – im geringsten Gebot § 47, 1 ff. – im Teilungsplan § 113, 24; § 114, 10 ff. – Naturalleistungen § 46, 3 – Rang § 12, 8 ff. – Rückstände § 10, 132 ff., 146 – verspätete Anmeldung § 110, 1 ff. Wiederversteigerung – bei Nichtzahlung des Meistbargebots § 118, 31 ff. – besondere Voraussetzungen § 133, 1 ff. – Rangverschiebungen § 129, 1 ff. – Sicherungshypotheken gem. § 128 im geringsten Gebot § 128, 21 Windkraftanlage – Off-Shore § 162, 31 ff. Wirksamkeitsvermerk § 44, 60; § 48, 10, s. a. Grundbuch Wirtschaft, ordnungsmäßige § 3, 7; § 10, 11 f., 16; § 21, 1; § 22, 43; § 23, 8, 22, 35; § 24, 2, 6 ff., 17, 18; § 25, 1, 5 f. – Miet- und Pachtverträge § 24, 12 ff. – Schuldner, Debtor in Possession § 24, 2 – Schuldner, eigenwirtschaftliches Handeln § 24, 9 Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft s. a. Beteiligte und Rangklassen – „gemeinschaftsinterne“ Immobiliarvollstreckung § 15, 113 ff. – Steuergeheimnis, Einheitswert § 10, 167 – Vorschüsse (auf den Wirtschaftsplan usw.) § 10, 48; § 12, 18; § 13, 28; § 15, 114

Zahlungspflicht des Erstehers

§ 49, 9 Zeit der Versteigerung §§ 37, 38, 15; § 66, 4

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Zentralisierung – Vollstreckungsgerichte § 1, 4 Zession im Teilungsplan § 114, 36 ff., 53; § 117, 9 ff. Zinsen – abweichende Bedingungen § 59, 34, 35 – Bargebotszinsen § 49, 6 ff. – Berechnungszeitraum im Mindestbargebot § 44, 7, 77; § 47, 3 f., 7 f. – Berechnungszeitraum im Teilungsplan § 113, 24 f.; § 114, 10 ff. – Eigentümergrundschuld § 44, 66; § 114, 48 ff. – Forderungsübertragung § 118, 15 ff. – gleitender Zinssatz § 114, 13 – Hinterlegungszinsen § 107, 5 Zubehör § 3, 16; § 9, 24; § 10, 13 f., 32 f., 83, 155 (Schiffszubehör); § 11, 29; § 17, 1; § 20, 1 ff., 6, 8, 24, 31, 32, 48 ff., 56 ff., 63 ff., 80 ff.; § 21, 1, 2, 6; § 23, 2, 35, 37, 40 ff., 48; § 24, 10 f., 14; § 25, 1, 17; § 27, 27 – abweichende Versteigerungsbedingungen § 59, 47 – Beispiele § 20, 69 – Eigentumserwerb des Erstehers § 55, 18; § 90, 7 f. – Ersatzanspruch des bisherigen Eigentümers § 55, 19 ff. – Fremdzubehör § 55, 12 ff. – Geltendmachung von Dritteigentum §§ 37, 38, 29 ff.; § 55, 15 f. – Schiff s. Schiffszubehör – Umfang der Versteigerung § 55, 9 ff. Zuschlag – Abtretung des Meistgebots § 81, 19 ff. – an Meistbietenden § 81, 1 ff. – auf Einzelausgebote § 63, 27 ff. – auf Gesamtausgebot § 63, 25 f. – Aufhebung des Zuschlags § 90, 9 f. – bei verdeckter Stellvertretung § 81, 24 ff.

Stichwortverzeichnis Eigentumserwerb § 90, 1 ff. Erteilung § 81, 1 ff. Hoheitsakt § 81, 18 Verhandlung über Zuschlag § 74, 1 ff. – Wirkungen des Zuschlags § 81, 18 Zuschlagsbeschluss – Allgemeines § 82, 1 ff. – als Vollstreckungstitel § 93, 1 ff.; § 132, 7 – Inhalt § 82, 2 ff. – Kosten § 58, 2 ff.; § 81, 31 – Mitteilung – an Finanzamt § 88, 9 – an Grundbuchamt § 88, 11 – an Gutachterausschuss § 88, 10 – Rechtsbehelf § 96, 1 ff.; § 97, 2 ff.; § 98, 3, 6 ff. – Verkündung des Beschlusses § 87, 1 ff. – Wirksamwerden des Zuschlags § 89, 1 ff.; § 104, 1 ff. – Zustellung § 88, 1 ff.; § 93, 12 Zuschlagskosten § 58, 2 ff. Zuschlagsversagung – Antrag auf neuen Termin § 85, 12 – bei Aufhebung/Einstellung durch bestbetreibenden Gläubiger § 33, 1 ff. – Heilung § 84, 1 ff. – Verkündung der Entscheidung § 87, 1 – Versagungsgründe § 83, 1 ff. – wegen Nichterreichens – der 5/10-Grenze § 85a, 1 ff. – der 7/10-Grenze § 74a, 36 ff. – Wirkung der Versagung § 86, 1 ff. Zuständigkeit – Amtsgericht als Vollstreckungsgericht § 1, 1 – funktionelle § 1, 2 – internationale § 1, 3 – Luftfahrt-Bundesamt, Amtsgericht Braunschweig § 2, 6 – örtliche § 1, 2; § 2, 1 – – – –

– sachliche § 1, 2 – Schifffahrtsbereich § 1, 8, 16, 17, 21, 23, 24 Zuständigkeitsbestimmung § 2, 1, 2, 14 – Antrag § 2, 7, 8 – Versteigerung mehrerer Grundstücke § 2, 14 Zuständigkeitskonzentration § 1, 5, 7 ff. – einzelne Bundesländer § 1, 7 ff. Zustellung – allgemein § 3, 1 ff. – amtswegige Zustellung § 3, 2, 4 – an den Schuldner § 8, 1 ff. – Aufgabe zur Post, Voraussetzungen § 4, 2 ff. – Aufhebungs- oder Einstellungsbeschluss § 32, 1 f. – Auslandszustellungen § 3, 13 – 17; § 4, 7 ff., 12 – bei Wiederversteigerung § 133, 3 – bei Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss § 132, 12 f. – Beschwerdeentscheidung § 103, 2 f. – De-Mail-Dienste § 3, 10 – der Terminsbestimmung § 41, 1 ff. – des Zuschlagsbeschlusses § 88, 1 ff. – diplomatische, konsularische Vertretung § 6, 7 – Einschreiben Einwurf, Übergabe § 4, 5 – Einschreiben Rückschein § 3, 11, 15, 17 – elektronisches Dokument § 3, 10 – Empfangsbekenntnis § 3, 10 – europäische Zustellungsverordnung § 3, 13 ff. – Fristen § 43, 1 ff. – Haager Übereinkommen § 3, 16 – Heilung von Zustellungsfehlern § 3, 11; § 8, 17 – im Parteibetrieb § 3, 4 – Immunität s. dort – juristische Personen § 6, 15 ff. – Nachlassversteigerung § 8, 9 – öffentliche Zustellung § 3, 11; § 6, 7 ff.

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Stichwortverzeichnis Prozessunfähige § 6, 15 ff. rechtliches Gehör § 3, 1, 3 Rechtsverteidigung § 3, 3 Schiffer (Kapitän, Reeder, Ausrüster) § 8, 7 – Teilungsversteigerung § 8, 10 – Telekopie § 3, 10 – Universaldienstleistungen, PostG § 6, 1 – Urkundsbeamter der Geschäftsstelle § 4, 6 – Versagung des Zuschlags § 33, 1 ff. – Wiener Abkommen § 6, 7 Zustellungsadressat § 3, 8 f., 11 Zustellungsbevollmächtigter § 4, 2 ff.; § 5, 1 ff. – beim Grundbuchamt § 5, 1, 3 ff. Zustellungsfiktion § 3, 2, 15 Zustellungsmängel s. Heilung von Zustellungsfehlern Zustellungsmodalitäten § 3, 10 – zuzustellende Dokumente § 3, 7 Zustellungsvertreter § 3, 7; § 6, 3 ff. – Auswahl, Annahme der Aufgabe, Abberufung § 6, 9 ff. – unbekannter Aufenthalt des Adressaten § 6, 1, 3 – Vergütung (Entgelt, Auslagen, Gläubigerhaftung) § 7, 8 ff. – Zustellungsbevollmächtigter § 6, 1 Zustimmungswegfall-Theorie § 182, 11 Zuzahlungsbetrag – Allgemeines § 50, 1 ff. – Ausschluss der Zuzahlungspflicht § 50, 23 – bedingte Rechte § 50, 7 – bei Erlösverteilung § 50, 25; § 125, 1 ff. – bei Forderungsübertragung § 125, 19 – Gesamtrechte § 50, 11 ff. – Höhe § 50, 24 ff.; § 51, 4 ff. – im Teilungsplan § 50, 25; § 125, 1 ff. – Verzinsung § 50, 24; § 51, 9 – Zahlungspflicht des Erstehers § 50, 1 – – – –

1388

ZVG-Portal § 1, 5 Zwangssicherungshypothek – im geringsten Gebot § 44, 81 f. – im Teilungsplan § 114, 61 ff.; § 117, 19 f. – Zuzahlungspflicht § 50, 5 Zwangsverwalter – Anforderungen § 150, 2 – Aufgaben § 152, 6 ff. – Aufsicht § 153, 2, 4 – Auswahl § 150, 1, 3 – Bestellung § 150, 4 – Entlassung § 153, 14 – Haftung § 154, 1 ff. – Handlungsgrundsätze § 152, 3 ff. – Institutsverwalter § 150a, 1 ff. – Prozessführung § 152, 36 – Rechnungslegung § 154, 10 ff. – Rechtsstellung § 152, 1 – Schuldner als Verwalter §§ 150b–150e, 1 ff. – Vergütung § 152a, 2 ff. – Verhältnis zum Vollstreckungsgericht § 153, 1 ff. – vorläufiger Zwangsverwalter § 150b, 4 – Vorschlagsrecht § 150a, 2 Zwangsverwalter als Bieter § 71, 61 Zwangsverwalterverordnung – Allgemeines § 146, 7; § 152a, 1 ff. – Verordnungstext Anhang Zwangsverwaltung – Ablehnung § 146, 12 – Abwicklung nach Aufhebung § 161, 13 ff. – Anordnung § 146, 11 ff., 19 ff. – Antrag durch den Insolvenzverwalter § 172, 11 ff. – anzuwendende Vorschriften § 146, 6, 11 – Aufhebung § 161, 1 ff. – Beitritt § 146, 26; § 151, 5 – Beschlagnahme § 148, 1 ff.; § 151, 1 ff. – Eigenbesitzer § 147, 1 ff. – einstweilige Einstellung § 146, 32 ff.; § 153b, 1; § 153c, 1 ff.

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – –

Gegenstände § 146, 8 Grundstücksübergabe § 150, 5 ff. Kosten § 155, 6 f. Masse § 155, 2 Miete und Pacht § 148, 17 ff.; § 152, 15 ff. öffentliche Lasten § 156, 6 ff. Rechtsschutzbedürfnis § 146, 2 ff. Steuern § 152, 48 ff. Teilungsplan § 155, 1; § 156, 4 ff., 28; § 157, 1 ff.; § 159, 1 ff. Verfahrensende nach Zuschlag § 161, 24 ff. Verteilungstermin § 156, 14 ff., 22 ff. Voraussetzungen § 146, 11 Wohnrecht des Schuldners § 149, 1 ff.

Zwangsverwaltungsvermerk s. Grundbuch Zwangsverwaltungsvorschüsse § 10, 19 ff., 26 ff.; § 12, 24 s. a. Rangklasse Zwischenrechte – bei Gebot – unter 5/10-Grenze § 85a, 15 f. – unter 7/10-Grenze § 74b, 5 ff. – bei Rangänderung § 44, 25 ff. – bei Rangvorbehalt § 44, 49 f. Zwischenverfahren § 95, 4 Zwischenverfügung s. Aufklärungsverfügung Zwischenzins § 111, 1 ff.

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Vorwort Ein neuer Kommentar geschrieben von Praktikern für Praktiker. Bei dem Zwangsversteigerungsgesetz handelt es sich um ein interessantes, anspruchsvolles Rechtsgebiet. Was den Gesetzestext anbelangt, hat dieser seit seinem Inkrafttreten nur wenige grundsätzliche Änderungen erfahren. Bei den Neuerungen, insbesondere in den letzten Jahren, wurden wenige materielle Änderungen eingeführt, dafür aber vor allem formelle Korrekturen vorgenommen aufgrund von erforderlichen Anpassungen an andere Gesetze. Der professionelle Rechtsanwender des ZVG ist nicht nur im formellen Grundstücksrecht und im Zivilverfahrensrecht gefordert, sondern auch im materiellen Recht. Die Rechtsanwendung verlangt große Expertise. Bisher war dieses Rechtsgebiet eher die Domäne von Rechtspflegern und Professoren an Fachhochschulen für Rechtspflege mit Schwergewicht auf den formellen und verfahrensrechtlichen Aspekten. Richter und Rechtsanwälte befassten sich nur ausnahmsweise mit der Materie und den systematischen Zusammenhängen. Der Kommentar will die Brücke schlagen zu den verschiedensten Verfahrensbeteiligten und insbesondere zeigen, dass sich auch Rechtsanwälte in diesem Gebiet zu Hause fühlen, denn bei der Mehrheit des Autorenteams handelt es sich um Volljuristen. Unverzichtbar war jedoch auch die Mitwirkung eines Rechtspflegers, der sowohl am Zwangsversteigerungsgericht als auch am Zwangsverwaltungsgericht sowie in Grundbuchsachen und an einer Hochschule für Rechtspfleger tätig war. Durch das Zusammenwirken dieses speziellen Autorenteams erhalten Gläubiger- oder Schuldnerberater und alle Verfahrensbeteiligten einen schnellen strukturierten Überblick. Sie bekommen Hinweise und Anleitungen zur Bewältigung von Problemstellungen in Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Richter und Rechtspfleger finden im Rahmen ihrer täglichen Arbeit Lösungshinweise. Insbesondere auch Studenten an den Hochschulen für Rechtspflege sowie interessierten Jurastudenten und Rechtsreferendaren soll der Kommentar als Hilfe dienen, sich in das Zwangsversteigerungsgesetz einzuarbeiten und dort zurechtzufinden. Alle Nutzer des Werkes werden erkennen, dass mit dem Gesetz, das am 1.1.1900 in Kraft getreten ist, noch heute gut gearbeitet werden kann. Insbesondere die Rechtsprechung ist es, welche in jüngster Zeit an der Fortentwicklung des ZVG – gelegentlich mit Systembrüchen – mitgewirkt hat. Vor diesem Hintergrund werden derzeit Reformüberlegungen diskutiert, zum einen, um diese zu beseitigen, zum anderen, um das ZVG zu modernisieren. Der Herausgeber dankt dem Autorenteam für seine praxisnahe Darstellung mit wissenschaftlichem Anspruch. In kompakter und verständlicher Weise wird das ZVG einem breiten Leserkreis zugänglich gemacht. Herrn stellv. Verlagsleiter Rechtsanwalt Markus J. Sauerwald danke ich im Namen der Autoren für die professionelle Betreuung durch den RWS Verlag, von der Konzeption bis zur Produktion des Werkes. Mannheim, im September 2014

Peter Depré V

Literaturverzeichnis Abraham, Das Seerecht, 4. Aufl., 1974 Albrecht, Die Zwangsversteigerung von Seeschiffen im internationalen Rechtsverkehr, 1983 Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier (Hrsg.), Fachanwaltskommentar Insolvenzrecht, 2. Aufl., 2014 (zit.: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier-Bearbeiter, InsO) Balser/Bögner/Ludwig, Vollstreckung im Grundbuch, 9. Aufl., 1991 Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., 2013 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 36. Aufl., 2014 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 71. Aufl., 2013 Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, 2. Aufl., 2010 (zit.: Beck/Depré-Bearbeiter, Praxis der Insolvenz) Behr/Eickmann, Pfändung von Grundpfandrechten und ihre Auswirkungen auf die Zwangsversteigerung, 1989 Böttcher, Jörg, Handbuch Windenergie – Onshore-Projekte, 2011 Böttcher, Kommentar zum ZVG, 5. Aufl., 2010 (zit.: Böttcher, ZVG) Böttcher, Zwangsvollstreckung im Grundbuch, 2. Aufl., 2002 (zit.: Böttcher, ZVG-Handbuch) Braun, Insolvenzordnung (InsO), Kommentar, 5. Aufl., 2012 (zit.: Braun-Bearbeiter, InsO) Clemens/Cranshaw/Flitsch/Habl u. a. (Hrsg.), Problematische Firmenkundenkredite, 4. Aufl., 2012 Cranshaw, Insolvenz- und finanzrechtliche Perspektiven der Insolvenz von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Kommunen, Berlin, 2007 Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., 2008 Vorauflage explizit zitiert Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Rellermeyer, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 14. Aufl., 2013 (zit.: Dassler/Schiffhauer/u. a.-Bearbeiter, ZVG) Demharter, Grundbuchordnung, 28. Aufl., 2012 Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., 2013 (zit.: Depré/Mayer) Dörndorfer, Taktik in der Vollstreckung I (Grundvermögen), 2002 Eickmann, Die Teilungsversteigerung, 6. Aufl., 2008

XI

Literaturverzeichnis Eickmann, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl., 2013 (zit.: Eickmann, ZVG) Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl., 2011 Giemulla-Schmidt, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsgesetz, Band 1.2, Stand: 11/2012 Glotzbach/Mayer, Immobiliarvollstreckung aus Sicht der kommunalen Vollstreckungsbehörden, Handbuch für Praxis und Ausbildung, 5. Aufl., 2011 Gottschall, Die Besicherung von Offshore-Windkraftanlagen nach deutschem und US-amerikanischem Recht, 2011 Groth, Das Registerpfandrecht nach dem Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, Diss. Frankfurt/M., 1965 Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 5. Aufl., 2011 (zit.: HWFH) Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 2006 Hock/Klein/Hilbert/Deimann, Immobiliarvollstreckung, 5. Aufl., 2011 Hügel, Grundbuchordnung, 2. Aufl., 2010 Jaeckel/Güthe, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz, 7. Aufl., 1937 (zit.: Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl.) Jaeckel/Güthe, Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, Berlin., 4. Aufl., 1912 (zit.: Jaeckel/Güthe, ZVG, 4. Aufl.) Jaeckel/Güthe, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz, 2. Aufl., 1904 (zit.: Jaeckel/Güthe, ZVG, 2. Aufl.) Jonas-Pohle, Zwangsversteigerungsnotrecht, 16. Aufl., 1954 Karsten Schmidt (Hrsg.), Insolvenzordnung, 18. Aufl., 2013 (zit.: K. Schmidt/Bearbeiter, Inso) Krause, Praxishandbuch Schiffsregister, 2012 Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Handkommentar, 2. Aufl., 2013 (zit.: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung) Knees, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 7. Aufl., 2013 (zit.: Knees, ZVG) Kreft (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Aufl., 2011 (zit.: HK-InsO/Bearbeiter) Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., 2006 Leonhardt/Smid/Zeuner, Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., 2010 (zit.: Leonhardt/Smid/Zeuner-Bearbeiter, InsO) Löhnig (Hrsg.), Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 2010 (zit.: Löhnig/Bearbeiter, ZVG) XII

Literaturverzeichnis Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, Band 1, 6. Aufl., 1986 Band 2, 7. Aufl., 1990 Band 2, 6. Aufl., 1989 Münchener Kommentar zum BGB, herausgegeben von Säcker/Rixecker, Band 6, 6. Aufl., 2013, 5. Aufl., ab 2006 (zit.: MünchKomm-Bearbeiter, BGB) Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, herausgegeben von Kirchhof/ Eidenmüller/Stürner, 3. Aufl., 2013 (zit.: MünchKomm-Bearbeiter, InsO) Münchener Kommentar zur ZPO, herausgegeben von Rauscher/Wax/Wenzel, 4. Aufl., 2012 (zit.: MünchKomm-Bearbeiter, ZPO) Musielak, ZPO, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 10. Aufl., 2013 (zit.: Musielak-Bearbeiter, ZPO) Nobbe, Gerd (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., 2012 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 73. Aufl., 2014 (zit.: Palandt-Bearbeiter, BGB) Prause, Das Recht des Schiffskredits, 3. Aufl., 1979 Prütting/Gehrlein, (Hrsg.), ZPO, Kommentar, 5. Aufl., 2013 (zit.: Prütting/Gehrlein-Bearbeiter, ZPO) Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, Kommentar, 8. Aufl., 2013 (zit.: Prütting/Wegen/Weinreich-Bearbeiter, BGB) Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., 2000 Rauscher, Thomas (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Kommentar, EuZPR/EuIPR, Bearbeitung 2011 Saenger/Ullrich/Siebert (Hrsg.), Zivilprozessordnung, Kommentiertes Prozessformularbuch, 2. Aufl., 2012 Schleicher-Reymann-Abraham, Das Recht der Luftfahrt, 3. Aufl., 1960/1966 Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., 2012 Schuschke/Walker, Kommentar zum Achten Buch der ZPO, 3. Aufl., 2002 Schwenk-Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl., 2005 Staudinger, BGB, Buch 3, Sachenrecht §§ 1204 – 1296, SchiffsRG (Pfandrecht), 15. Aufl., 2009 (zit.: Staudinger-Bearbeiter) Stein/Jonas, ZPO, Kommentar zur Zivielprozessordnung, 22. Aufl., 2013 Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Kommentar zum Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, Band 1, 9. Aufl., 1984, Band 2, 1986 (zit.: Steiner-Bearbeiter, ZVG) Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., 2010 Stöber, ZVG, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz, 20. Aufl., 2012 und 18. Aufl., 2006 (zit.: Stöber, ZVG) XIII

Literaturverzeichnis Stöber, ZVG-Handbuch, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 9. Aufl., 2010 (zit.: Stöber, ZVG-Handbuch) Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 11. Aufl., 2008 Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rechtspfleger-Studienbuch, 4. Aufl., 2005 Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 34. Aufl., 2013 (zit.: Thomas/Putzo-Bearbeiter, ZPO) Uhlenbruck/Hirte/Vallender (Hrsg.), Insolvenzordnung, Kommentar, 13. Aufl., 2010 v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., 2007 Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung – ein systematischer Leitfaden für die Praxis, 2011 Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014 (zit.: Zöller/Bearbeiter, ZPO)

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