237 32 23MB
German Pages 717 [720] Year 1996
Joachim Schröter Zur Meta-Theorie der Physik
Joachim Schröter
Zur Meta-Theorie der Physik
w DE
G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1996
Autor Professor Dr. Joachim Schröter Fachbereich Physik Universität Gesamtschule Paderborn Pohlweg 55 D-33098 Paderborn
Dieses Buch wurde gefördert von der Volkswagen-Stiftung.
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. CIP-Kurztilehufiiakme der Deutschen Bibliothek Schröter, Joachim: Zur Meta-Theorie der Physik / Joachim Schröter. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1996 ISBN 3-11-013811-5
© Copyright 1996 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: WB-Druck, Rieden am Forggensee. — Buchbinderische Verarbeitung: Mikolai GmbH, Berlin. — Einbandentwurf: Hansbernd Lindemann, Berlin.
Vorwort Der vorliegende Text basiert auf Manuskripten zu Vorlesungen, die ich in den Jahren 1988 und 1989 über Grundlagenfragen der Physik an der Universität-GH Paderborn gehalten habe. Meine damaligen Hörer hatten mich angeregt, meine Vorlesungsnotizen auszuarbeiten und als Skripten herauszugeben. Dieser Anregung bin ich nach anfänglichem Zögern nachgekommen. Aber es zeigte sich sehr bald, daß zahlreiche Teile des Textes völlig umgearbeitet und erweitert werden mußten. Am Ende hatte sich so viel Material angesammelt, daß es mir sinnvoll erschien, dieses nicht nur als Vorlesungsskriptum, sondern als Buch zu veröffentlichen. Die Ausgestaltung der Details erforderte zugleich eine Einschränkung des Themas: In diesem Buch wird ausschließlich die Meta-Theorie der Physik behandelt, die von G. Ludwig entworfen wurde. Diese Begrenzung ist gerechtfertigt, da es über andere Meta-Theorien eine umfangreiche Literatur gibt. Und andererseits ist die Konzentration auf ein Thema auch notwendig, um den Umfang des Buches in erträglichen Grenzen zu halten. Die grundlegenden Ideen der hier vorgestellten Meta-Theorie finden sich bereits in den Schriften von G. Ludwig. Aber bei der Ausgestaltung dieser Ideen waren zahlreiche und teilweise einschneidende Veränderungen notwendig. Um den Text nicht unnötig aufzublähen, habe ich ganz darauf verzichtet, diese Unterschiede darzustellen. Ebenso habe ich darauf verzichtet, die Ludwigschen Schriften an jeder Stelle, an der es angezeigt wäre, zu zitieren; denn das bedeutete nahezu überall. Ich lasse es vielmehr bei einem Generalzitat bewenden: Ohne die Pionierarbeit von G. Ludwig wäre dieses Buch nicht geschrieben worden. Bei der Organisation des Stoffes habe ich mich ausschließlich von Kriterien der Systematik leiten lassen. Es gibt demzufolge keine Anhänge und keine Fußnoten, weil jeder Gedanke seinen „natürlichen" Platz innerhalb des Textes hat. Um aber die aus dem systematischen Vorgehen resultierenden Schwierigkeiten beim Lesen zu mildern, habe ich in jedes Kapitel einführende und die Ergebnisse zusammenfassende Abschnitte eingefügt. Sie sind durch eine „0" in der dezimalen Klassifikation gekennzeichnet und unabhängig vom Rest des Textes verständlich. Neben den Anregungen aus Diskussionen mit den Hörern meiner Vorlesungen waren für mich besonders jene wertvoll, die ich im Laufe der Zeit aus den „Werkstattgesprächen" mit meinen Mitarbeitern gezogen habe. Mein Dank gilt ihnen allen: Christoph Schütte, Udo Schelb, Ralf Meister, Raimund Wegener, Paul Konopka, Jörg Meyer, Bernd Hanewinkel, Martin Ziegler, Frank Hättich und Artur Federer. Sie haben durch selbständige Beiträge, aber auch durch kritische Bemerkungen zu Teilen meines Textes sehr viel zur Klärung von offenen Fragen beigetragen. Ebenso nützlich waren für mich zahlreiche Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen. Danken möchte ich vor allem Karl-Heinz Anthony, Bettina Blanck, Felix
VI
Vorwort
Mühlhölzer, Heinz-Jürgen Schmidt und Holm Tetens. Ohne ihre Mithilfe hätte ich manche „Rauhigkeit" in meinen Formulierungen nicht bemerkt. Auch meine Familie hat ihren Anteil am Entstehen dieses Buches, und das keineswegs nur durch Üben in Geduld! Vielmehr haben mir meine Frau Barbara, mein Sohn Klaus und meine Tochter Franziska ganz wesentlich dadurch geholfen, daß sie zu zahlreichen Kapiteln auch solche Anmerkungen gemacht haben, die Kollegen und Mitarbeiter eher zurückhalten. Was noch an Mängeln übrig geblieben ist, geht selbstverständlich nur auf mein Konto. Trotz der heute vorhandenen Hilfsmittel (manche behaupten, gerade weil sie vorhanden sind) ist die Erstellung eines druckfertigen Skripts ein nicht ganz einfaches Unterfangen, besonders dann, wenn beim Autor der Vorrat an Änderungswünschen unerschöpflich zu sein scheint. Trotz dieser Sachlage hat Frau Ulrike Gallasch mit nie erlahmender Geduld den größten Teil des Manuskriptes in fóT^X gesetzt. Unterstützt wurde sie dabei von den Sekretärinnen der Arbeitsgruppe Theoretische Physik Frau Elke Canisius und Frau Edeltraud Demmer. Nicht vergessen werden dürfen in diesem Zusammenhang die beiden „Nothelfer" Thomas Koprucki und Ralf Meister. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank für die geleistete Arbeit. Der universitäre Alltag mit seiner oft beträchtlichen Hektik erlaubt es in der Regel nicht, gleichsam nebenbei ein Buch zu schreiben. In dieser Situation hat mir die VW-Stiftung durch Finanzierung eines Vertreters sehr geholfen. Ohne das dadurch gewonnene zusätzliche Freisemester wäre ich mit meinem Projekt sehr viel langsamer aus den Startlöchern herausgekommen. Auch dem Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld verdanke ich sehr viel, indem ich Gelegenheit erhielt, zwei Semester lang in der von Ulrich Majer und Heinz-Jürgen Schmidt geleiteten Forschungsgruppe über „Semantical Aspects of Spacetime Theories" mitzuarbeiten. Die angenehme Atmosphäre des ZiF war für meine Arbeit sehr förderlich. Beiden Institutionen, VW-Stiftung und ZiF, sowie ihren Leitungsgremien danke ich auf diesem Wege nochmals für die großzügige Unterstützung meiner Arbeit. Nicht zuletzt gilt mein Dank dem Verlag Walter de Gruyter L· Co, vor allem dem Leiter der naturwissenschaftlichen Abteilung Dr. Rainer Schulze sowie seinem Vorgänger Dr. Rudolf Weber, für die nie erlahmende Kooperationsbereitschaft und für die Geduld bei der Erfüllung meiner Wünsche hinsichtlich der Gestaltung des Buches. Paderborn, März 1996 Joachim Schröter
Inhaltsverzeichnis 0 Einleitung 0.1 Einstimmung auf das Thema 0.2 Technische Bemerkungen 0.3 Methodische Bemerkungen 0.4 Hinführung zu einer Problemstellung 0.5 Der L-Begriff einer PT 0.6 Ein Beispiel einer PT 0.7 Ausblick auf die weiteren Überlegungen
1 1 5 7 10 21 29 29
1 Mathematische Theorien 1.0 Bemerkungen zur Mathematik 1.1 Formale Systeme 1.2 Logik 1.3 Mengenlehre 1.4 Strukturarten und Strukturen 1.5 Spezielle mathematische Theorien 1.6 Intrinsische Terme 1.7 Ableitungen von Strukturen 1.8 Abschließende Bemerkungen
37 37 59 83 96 117 131 144 153 160
2 Der 2.0 2.1 2.2
163 163 186 192
Grundbereich einer P T Allgemeine Charakterisierung von GB Die Normung von Grundbereichen Spezielle Typen von GB
3 Die Abbildungsprinzipien von P T 3.0 Einleitende Bemerkungen über AP 3.1 Abschließende Definitionen
199 199 231
VIII
Inhaltsverzeichnis
4 Der Begriff physikalische Theorie 4.0 Grundlegende Definitionen 4.1 Spezielle Typen physikalischer Theorien
249 249 260
5 Begründung und Widerlegung von PT 5.1 Tests und Anwendungsbereich einer PT 5.2 Falsifizierbarkeit und Ableitbarkeit von PT
269 269 279
6 Spezielle physikalische Theorien 6.0 Einleitung 6.1 Raum-Zeit-Theorien 6.2 Hinweise auf weitere Beispiele
285 285 288 297
7 Interpretierbare Begriffe etc. 7.0 Allgemeine Kennzeichnung von Interpretierbarkeit 7.1 Reports 7.2 Hypothesen 7.3 Interpretierbare MT und axiomatische Basen
299 299 311 315 332
8 Beziehungen zwischen P T 8.0 Allgemeine Charakterisierung 8.1 Die Testschärfebeziehung zwischen PT 8.2 Einschränkungen physikalischer Theorien 8.3 Einbettungen 8.4 Modelle physikalischer Theorien 8.5 Abgeleitete Beziehungen zwischen PT
343 343 356 365 393 411 418
9 Axiomatische Basen zu einer PT 9.0 Vorbemerkungen 9.1 Zugeordnete axiomatische Basen 9.2 Zugeordnete Reports und Hypothesen 9.3 Existenz von axiomatischen Basen zu einer PT 9.4 Weitere Eigenschaften axiomatischer Basen
425 425 427 436 445 465
10 Physikalische Semantik 10.0 Einleitende Bemerkungen 10.1 PT mit einfachen axiomatischen Basen 10.2 Axiome in einfachen axiomatischen Basen
481 481 491 505
Inhaltsverzeichnis
IX
10.3 Die Endlichkeit der Erfahrung 10.4 Abschließende Bemerkungen
515 524
11 Hypothesen und h-Aussagen 11.0 Vorbemerkungen 11.1 Definitionen und Bezeichnungen 11.2 Klassifikation von h-Aussagen 11.3 Beziehungen zwischen h-Aussagen 11.4 u-Erweiterungen von h-Aussagen 11.5 Assoziierte h-Aussagen 11.6 Determinierte h-Aussagen
529 529 536 545 551 572 578 581
12 Weitere Vergleiche von h-Aussagen 12.0 Einleitende Bemerkungen 12.1 Erweiterungen des Realtextes 12.2 h-Aussagen in verschiedenen PT
593 593 596 608
13 Hypothesen und Wirklichkeitserschließung 13.0 Vorbemerkungen 13.1 Hypothesen und ihre Realisation 13.2 Formale Wirklichkeitsbereiche einer PT 13.3 Vollständig abgeschlossene PT 13.4 Physikalische Wirklichkeit
615 615 621 635 651 664
14 Schlußbemerkungen 14.0 Rückblick 14.1 Der Gesamtaufbau der Physik
679 679 680
14.2 Einige weitere Konsequenzen der Meta-Theorie
684
Literaturverzeichnis
687
Index
694
Verzeichnis der Symbol
706
Verzeichnis der Bedingungen
709
Kapitel O Einleitung O.l Einstimmung auf das Thema 0 . 1 . 1 : Der Buchtitel — Zur Meta-Theorie der Physik — zeigt an, daß über Physik und das in ihr Thematisierte gesprochen werden soll. Damit stehen wir sofort vor der Frage, auf welche Weise wir dieses programmatische Kürzel in die Tat umsetzen können oder sollen oder wollen. Auf jeden Fall gehört dazu, daß das Unternehmen irgendwo und irgendwie gestartet wird. Und indem wir dies feststellen, bemerken wir, daß wir gar nicht mehr vollständig frei sind, irgendwo irgendwie anzufangen. Wir sind vielmehr bereits mit einem Programm gestartet — wenn auch nur roh umrissen —, und dessen Titel besagt, daß wir schon mittendrin sind im breiten Strom des naturwissenschaftlich-philosophischen Denkens. Dieser Strom zeigt alles, was ein großer Fluß zu bieten hat, Stromschnellen, Turbulenzen etc. und nicht zuletzt Untiefen. Es geht in dieser „Einstimmung auf das Thema" darum, den Akt unseres Einspringens näher zu betrachten. 0 . 1 . 2 : Wir beginnen mit einigen prinzipiellen Überlegungen. Durch das Thema des Buches haben wir uns — wie oben dargestellt — auf den Bereich des naturwissenschaftlich-philosophischen Denkens festgelegt und damit andere Bereiche ausgegrenzt. Wir werden uns also beispielsweise nicht mit Naturlyrik oder mythischen Naturdeutungen beschäftigen, die sich ja auch, aber auf total von der Physik verschiedene Weise mit „Gegenständen" auseinandersetzen, die zugleich „Gegenstände" der Physik sind. Ob trotz dieser primären Ausgrenzungen wenigstens sekundär Wege zu anderen Bereichen des Denkens offen sind, ist eine an dieser Stelle nicht zu entscheidende Frage. Im Abschnitt 0.1.7 werden wir auf sie zurückkommen und einige Bemerkungen zu ihrer Beantwortung machen. Das Erkennen und Namhaftmachen von Einschränkungen und Festlegungen der obigen oder einer ähnlichen Art reizt sofort zu der Frage, ob man nicht ohne sie auskommen kann, ja sogar eigentlich auskommen sollte. Es werden jedoch sogleich Gründe
2
Kapitel 0.
Einleitung
dafür angegeben, daß Rahmenfestlegungen prinzipiell unverzichtbar sind. Denn es wird sich erweisen, daß ohne sie über ein beliebiges „Etwas" nichts „Verläßliches" ausgesagt werden kann, und es wäre unter diesen Umständen unsinnig, ein Buch zu schreiben. (Wir sind also auch insofern schon „mittendrin" in einem „Rahmen", als die Aussage über die Notwendigkeit von „Festlegungen" ernsthaft behauptet wird!) Man erwartet intuitiv, und das zeigt sich auch, daß die Gründe für die obige, vielleicht befremdlich anmutende Behauptung in der Philosophie — im weitesten Sinne — zu suchen sind. Denn es gehört zur unumstößlichen philosophischen Tradition, Aussagen, Annahmen, Behauptungen etc. radikal zu hinterfragen. Mehr noch, es ist von Sokrates bis zu Philosophen der Neuzeit (vgl.[l]) zwar nicht bewiesen (wie auch!), aber immerhin überzeugend vorgeführt worden, daß und wie Behauptungen und Annahmen durch Hinterfragen destruiert werden können. Es muß also damit gerechnet werden, daß weite Bereiche des Denkens — wenn nicht sogar alle — von dieser Möglichkeit betroffen sind, und das heißt, der regressus ad infinitum lauert hinter jedem Gedanken. Skepsis ist daher angezeigt gegenüber sogenannten Letztbegründungen und absoluten Wahrheiten. Auf die Frage, wie denn der alles zerstörende regressus ad infinitum vermieden werden kann, gibt es nur eine Antwort, und die ist umwerfend trivial: Man breche den Prozeß des unrestringierten Hinterfragens an geeignet erscheinender Stelle ab. Das Nicht-Hinterfragte wird dadurch gesetzt und gehört somit zu den Rahmenfestlegungen, innerhalb deren sich die beabsichtigten Untersuchungen vollziehen. Es stellt sich demnach die Alternative, dem Denken und Reden einen Rahmen zu setzen oder zu schweigen. 0 . 1 . 3 : Nach diesen Bemerkungen läßt sich die in diesem Buch zu lösende Aufgabe schon etwas klarer formulieren: Gesucht wird eine Antwort auf die Frage, was „es mit der Physik auf sich hat", und das in einem noch zu bestimmenden Rahmen von Voraussetzungen und Annahmen, der sich seinerseits wieder im Großrahmen des naturwissenschaftlich-philosophischen Denkens hält. Dieser wiederum war von Anfang an, mit der Formulierung des Buchtitels da. Bildlich gesprochen — wir sind in einen ganz bestimmten Fluß gesprungen und eben in keinen anderen, nur ist die Einsprungstelle noch nicht hinreichend markiert. Und ob das Ziel wie angestrebt erreichbar ist, ist nach den bisherigen Überlegungen keineswegs gewiß! 0 . 1 . 4 : Unterstellen wir einmal, das Ziel sei so, wie gewünscht und skizziert, erreichbar. Dann erhebt sich natürlich die Frage, ob es nicht auch einfacher hätte erreicht werden können, etwa in einem begrenzteren (Groß-) Rahmen. Dabei wäre von den vielfältigen vorstellbaren Möglichkeiten eine besonders interessant: Ist es denkbar, daß bei der Großrahmung für unser Ziel „die" Philosophie draußen vor der Tür bleibt? Anders gewendet, ist die Naturwissenschaft, speziell die Physik ausreichend, um über sich selbst Auskunft zu geben? Natürlich hängt die Beantwortung der
0.1. Einstimmung
auf das Thema
3
Frage davon ab, was unter Naturwissenschaft bzw. Physik verstanden wird. Legen wir aber das traditionelle (nicht notwendigerweise reflektierte) Selbstverständnis der Naturwissenschaftler von ihren Disziplinen zugrunde, so zeigt ein Blick in die Geistesgeschichte, daß die Naturwissenschaften hinsichtlich des eigenen Verständnisses nicht selbstgenügend sind, sondern immer über sich hinausweisen in die Philosophie. Sie ist bei der Verfolgung unseres Zieles also nicht zu dispensieren! Die Komponenten des Großrahmens sind demnach „richtig" gewählt. Das Hauptproblem liegt in der Wahl des engeren Rahmens. 0 . 1 . 5 : Dabei stellt sich eine entscheidende Frage: Soll dieser engere Rahmen nur implizit vorhanden sein, oder soll er explizit sichtbar gemacht werden. Das heißt anders ausgedrückt, können oder wollen wir unser Ziel ansteuern zwar in dem Bewußtsein der Notwendigkeit von zahlreichen Annahmen und Voraussetzungen, aber ohne diese expressis verbis zu formulieren, oder wird so verfahren, daß die Bedingungen für irgendwelche Aussagen vorab transparent gemacht werden. Im Gesamtbereich der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen werden beide Vorgehensweisen praktiziert. Die erste bietet Vorteile, wenn es um die Beschreibung von im Fluß befindlichen Wissensgebieten geht. Wenn sich aber eine Disziplin in einem hinreichend abgeklärten „quasi-stationären" Zustand befindet, ist die Forderung nach expliziter Formulierung von grundlegenden Voraussetzungen (aus dem engeren Rahmen) angemessen. Es muß sich dann zeigen, wie weit man mit ihnen kommt. 0 . 1 . 6 : Wenn wir der genannten Forderung entsprechen, implizieren wir bereits eine weitere übergeordnete Rahmenbedingung, nämlich die der Rationalität. Wir wollen diesen Begriff hier weit fassen, als „Vernunft- und verstandesgemäßes Reden". Auf den ersten Blick mag die Erwähnung der Rationalität im Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen der Physik (als mathematischer Wissenschaft) vollständig überflüssig erscheinen, j a geradezu absurd. Wer aber den nicht enden wollenden Streit unter Physikern über gewisse Grundlagenfragen — zum Beispiel über die sogenannten Interpretationen der Quantenmechanik — kennt, wird zugestehen, daß die Entscheidung für Rationalität bei der Analyse von Grundlagen der Physik keineswegs selbstverständlich ist. Im Hintergrund solcher Auseinandersetzungen steht natürlich oft (meistens?) eine in der Regel unbewußte Vorstellung von Physik bei den Streitenden. Und wer all die historischen und psychologischen Prozesse beim Entstehen der Physik mit zu ihr rechnet, weist zu Recht darauf hin, daß es Bereiche gibt, die sich einer rationalen Durchdringung (noch?) widersetzen. Auch umgekehrt steht bei dem Rekurs auf Rationalität, wie er z.B. durch den Wunsch zur expliziten Darstellung von Rahmenbedingungen impliziert ist, im Hintergrund eine bestimmte Vorstellung von Physik, nämlich die, daß es die rational zugänglichen Teile der Physik tatsächlich gibt — wobei vermutlich jeder zustimmen wird — und daß diese Teile „wesentlich" sind in dem Sinne, daß ihr Verständnis zum Verständnis der anderen Teile beiträgt, es nicht nur nicht versperrt, sondern erschließt.
4
Kapitel 0.
Einleitung
0 . 1 . 7 : Damit drängt sich noch einmal ganz allgemein die Frage auf, ob und inwieweit Festlegungen den Zugang zu gewissen Bereichen der Physik und ihrer MetaTheorie sowie zu anderen Bereichen der Geistesgeschichte offenlassen. Daß sozusagen aus einer Quelle alle Gedanken fließen könnten, ist illusorisch, weil es in den verschiedenen Bereichen sich widersprechende Resultate gibt. (Man denke z.B. an die Aussagen über Zeit und Raum in der Relativitätstheorie einerseits und in der Kantschen Philosophie andererseits.). Was man bestenfalls erwarten kann, ist die Möglichkeit — bildlich gesprochen —, im Gedankenstrom von einer Einsprungstelle in die Nähe derjenigen Stellen des Stromes und seiner Seitenarme zu schwimmen, die jeweils für „zentral" angesehen werden, und das wenigstens so nahe, daß sich die verschiedenen „Schwimmer" unterhalten können. 0 . 1 . 8 : Das Fazit der Einstimmung auf das Thema läßt sich nun in knapper Form so ziehen: Die in diesem Buch zu bewältigende Aufgabe besteht darin, im Großrahmen des naturwissenschaftlich-philosophischen Denkens einen Rahmen — explizit oder implizit — zu finden und in ihm das, was „es mit der Physik auf sich hat", darzustellen. Diese Aufgabe ist mit dem Wunsch gekoppelt, daß ihre Lösung den Dialog mit anderen Disziplinen fördert. Wir werden sie im folgenden als Hauptaufgabe (oder bei entsprechender Formulierung als Hauptfrage) bezeichnen. 0 . 1 . 9 : Zu dem gesuchten Rahmen gehören auch alle jene Setzungen (z.B. ontologischer Art), die in Form der „üblichen" Annahmen über das Denken- und Redenkönnen und über die Möglichkeit zur intersubjektiven Kommunikation — schriftlich oder mündlich — in der Regel stillschweigend gemacht werden und die wir mit der Niederschrift (oder dem Lesen) der ersten Wörter dieses Buches bereits (ebenfalls stillschweigend) gemacht haben. Diese (und andere) Setzungen zu hinterfragen, gehört nicht zu unserer selbstgestellten Aufgabe. Sie wurden hier wegen ihrer prinzipiellen Bedeutung erwähnt und, um noch einmal deutlich zu machen, welcher Abgrund sich auftut, wenn man beabsichtigt, ohne die Hilfe von Rahmenfestlegungen — speziell der gerade erwähnten — auszukommen. Denn das Hinterfragen des Denkens ist eine Aufgabe der Art, sich wie Münchhausen samt Roß selbst aus dem Sumpf zu ziehen. 0 . 1 . 1 0 : Die Frage, ob die beschriebene Hauptaufgabe auf der Basis der in diesem Buch getroffenen und noch zu treffenden Festlegungen lösbar ist, kann abstrakt — etwa im Sinne eines „Existenzbeweises" — nicht befriedigend entschieden werden, sondern nur konkret durch Angabe eines ganzen Systems von Begriffen, Aussagen, Verfahren etc., von dem wir begründet behaupten können, daß es eine Lösung der Aufgabe darstellt. Insofern wir dieses System nur teilweise vorstellen können — weil es nur in einem Teilbereich der Physik und ihrer Meta-Theorie ausgearbeitet ist und ansonsten nur in Ansätzen existiert —, insofern ist auch die obige Frage derzeit nicht vollständig entschieden. Aber ich bin durch den praktischen Umgang mit dem Stoff optimistisch darin, daß sie positiv zu beantworten ist. Ich hoffe sogar stark,
0.2. Technische
Bemerkungen
5
daß die Leser dieses Buches — womit immer auch Leserinnen gemeint sind! — meinen Optimismus nach Beendigung seiner Lektüre teilen werden. Dieser Optimismus gründet unter anderem auch darauf, daß durch Überlegungen, die die Bedingungen für das Praktizieren von Physik klar erkennen lassen, die Freiräume geschaffen sind, die den allseitigen Dialog von dieser Seite her ermöglichen. 0 . 1 . 1 1 : Zum Abschluß dieser Einstimmung auf das Thema kehren wir noch einmal zu ihrem Anfang zurück. Die dort gestellte Frage, wie man Meta-Theorie der Physik starten und ausführen kann, ist nicht die einzig angemessene. Die Frage nach dem Warum ist es gleichermaßen. Allerdings wurde darauf eine Teilantwort bereits (in Abschnitt 0.1.4) gegeben: Wenn man sich mit Physik insgesamt befaßt, also nicht nur mit den auf die Praxis gerichteten Teilproblemen, dann ergibt sich die Beschäftigung mit ihrer Meta-Theorie zwangsläufig. Damit ist umgekehrt aber auch gesagt, daß man nicht erwarten kann, daß die Beantwortung der Frage „Was hat es mit der Physik auf sich?" bei der Bewältigung praktischer Probleme weiterhilft! Allerdings ist die Meta-Theorie der Physik ein nützliches, teilweise sogar unverzichtbares Instrument — wie sich noch zeigen muß — bei der angemessenen Formulierung und Lösung von Grundfragen der Physik, also bei allen Problemen, die sich an der Nahtstelle von Philosophie und Physik (im üblichen Verständnis) befinden. Drei Beispiele mögen hier zur Illustration dienen. Das erste ist das Problem der sogenannten „theoretischen Begriffe" und ihrer Bedeutung innerhalb der Physik. Das zweite Problem ist die Frage nach den sogenannten „Interpretationen der Quantentheorie". Und schließlich ist das dritte die Frage nach einer „Begründung der physikalischen Raum-Zeit-Vorstellungen". In allen diesen (und noch anderen) Fällen sind meta-theoretische Überlegungen hilfreich. Ich behaupte sogar, sie sind notwendig!
0.2 Technische Bemerkungen 0.2.1: Dem Leser wird aufgefallen sein, daß in Abschnitt 0.1 zahlreiche Wörter und ganze Phrasen in Anführungszeichen „ . . . " gesetzt wurden. Es wurde aber bisher nicht gesagt, was diese Hervorhebungen bedeuten. Das soll hier nachgeholt werden. An nicht wenigen Stellen unserer Untersuchung, besonders aber bei heuristischen und induktiven Überlegungen läßt es sich nicht vermeiden, auf Undefinierte Begriffe zurückzugreifen. Diese Begriffe sind dann — meistens nur an der Stelle ihres ersten Auftretens — in Anführungsstriche gesetzt. An diesen Stellen ist der „gute Wille" des Lesers gefordert, um über die damit verbundenen Schwierigkeiten hinwegzukommen. Ebenso sind in Anführungsstriche solche Wörter und Phrasen gesetzt, die wegen ihrer Prägnanz oder ihrer verbalen „Griffigkeit" anstelle von längeren Erörterungen gewählt wurden. Hier ist gleichfalls der „gute Wille" des Lesers angesprochen. (Dabei nehme ich an, daß zwecks Vermeidung eines regressus ad infinitum über den Begriff „guter Wille" Einvernehmen besteht.) Auch für Zitate und gelegentlich für einfache Hervorhebungen werden Anführungsstriche verwendet.
6
Kapitel 0.
Einleitung
Eine weitere schreibtechnische Besonderheit, die bisher mehrfach aufgetreten ist und die auch weiterhin benutzt wird, ist die Verwendung von Klammern für Einschübe in Sätzen. Diese eingeklammerten Satzteile sind zumeist redundant und stören sogar den sprachlichen Duktus. Ich habe mich trotzdem entschlossen, sie einzuführen, um auf diese abgekürzte Weise bestimmte Sätze klarer zu machen. 0 . 2 . 2 : Es erweist sich als bequem, einige der immer wieder auftretenden Begriffe abzukürzen. Ich verwende beispielsweise folgende Bezeichnung (0.2.1): PT für physikalische Theorie, MT für mathematische Theorie usw., wobei die weiteren Abkürzungen an den jeweils geeigneten Stellen eingeführt werden. Auch für die Flexionen der abgekürzten Begriffe werden dieselben Abkürzungen verwendet wie in den jeweiligen Definitionen. ß. Daher folgt aus C nTh θ , daß die Theorie Θ konsistent ist. Beweis: Sei Β eine beliebige Aussage, sowie A und Theoreme in θ . Dann läßt sich ß mit Hilfe von Meta-Theorem (1.1.49) folgendermaßen beweisen: Es gilt nach nach nach nach
Voraussetzung: Schema L 2: modus ponens: Umformung:
->A (->/4 V B) -VI V ß A ß
ist ist ist ist
Theorem; Theorem; Theorem; Theorem;
1.2. Logik
85
A Β
nach Voraussetzung: nach modus ponens:
ist Theorem; ist Theorem.O
Da Aussagen über die Konsistenz von logischen Theorien im weiteren Verlauf unserer Überlegungen sehr häufig vorkommen, ist es zweckmäßig, eine entsprechende Abkürzung einzuführen, ganz analog zu der Bezeichnung „A Th Θ". M e t a - D e f i n i t i o n ( 1 . 2 . 6 ) : 1. Sei θ eine konsistente logische Theorie. Dann schreibt man dafür abkürzend: ko θ . 2. Sei A eine Aussage oder ein Aussagenschema, und sei für eine gegebene logische Theorie θ die (logische) Theorie Θ' definiert durch θ ' Ξ ΘΑ (vgl. Meta-Definition (1.1.47)). Dann werden anstelle von ko θ ' auch die beiden Bezeichnungen ko QA und A ko θ verwendet. 3. Die Abkürzung ko θ wird als „Θ ist konsistent oder „Θ ist widerspruchsfrei" 1 gelesen und A ko θ als „A ist (zusammen) mit θ konsistent . 4. Die Aussagen (oder Aussagenschemata) A und Β werden kokonsistent (mit Θ) genannt, wenn Α Λ Β ko θ . 5. Im Falle von Inkonsistenz der Theorien θ und Θ' schreibt man: nko Θ, sowie nko θ A oder äquivalent dazu A nko θ . Das wird gelesen als: , , θ (bzw. Θ/4) ist nicht
konsistent" und „A ist nicht konsistent mit θ " . 0 Als unmittelbare Folgerung aus den vorangegangenen Überlegungen und Definitionen erhält man mit Meta-Theorem (1.1.57) und (1.1.59) sowie Beispiel (1.1.58) das M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 7 ) : 1. Gegeben seien die (logischen) Theorien θ und Θ', und es sei θ ' stärker als θ . Dann gilt: Wenn ko θ ' , dann ko θ , und somit: Wenn nko θ , dann nko θ ' . 2. Für äquivalente Theorien θ und θ ' gelten entsprechende Äquivalenzaussagen. Speziell für ΘΑ und ΘΒ, falls Α Β Th θ . 3. Gegeben seien die (logischen) Theorien θ und θ * Ξ (Τχ|χι) · • · (ΤΓ|Χ,.)Θ. Dann gilt: Wenn nko θ , dann ist nko θ * , und somit: Wenn ko Θ*, dann ist ko θ .
O
Die letzte Aussage bedeutet, daß man die Widerspruchsfreiheit einer Theorie θ mit Hilfe einer geeigneten Modelltheorie θ * nachweisen kann.
86
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
1.2.1.3: Das „Verheerende" an einer inkonsistenten Theorie ist nicht, daß sie zu wenig Theoreme „liefert", sondern zu viele, nämlich „alle" Aussagen. Da die logischen Theorien stärker sind als Q L , heißt das nach Meta-Theorem (1.2.7), daß jede logische Theorie inkonsistent ist, wenn Q L es ist. Es besteht also ein vitales Interesse daran, die Aussage „ko θχ," nachzuweisen. Wir nähern uns damit einem Gebiet der Meta-Mathematik, das sich zwar mit der Meta-Physik berührt, das aber in seinen Hauptteilen weitab liegt von jenen Arealen (der Physik), auf denen wir uns in diesem Buch bewegen wollen. Wir müssen es daher mit einigen Bemerkungen zu den angeschnittenen Problemen bewenden lassen. Gehen wir von dem Spezialfall der Logik θχ, erst einmal ab und fragen nach der Konsistenz irgendeiner gegebenen logischen Theorie Θ. Dann lautet das erste Problem: Gibt es ein endliches (also im Prinzip konstruktives) Verfahren zum Beweis der Konsistenz oder Inkonsistenz der Theorie Θ? Diese Problem wäre gelöst, wenn das sogenannte Entscheidungsproblem gelöst wäre: Gibt es ein universelles endliches Verfahren, das für jede gegebene Aussage A zu entscheiden gestattet, welche der beiden meta-theoretischen Aussagen „A Th Θ" und „A nTh Θ" gilt? Es ist von Godei [24] gezeigt worden, daß die von Hilbert u.a. ins Auge gefaßten Verfahren keine Lösung des Entscheidungsproblems ergeben können in Theorien Θ, die stärker sind als „die Arithmetik". Das hat zur Folge, daß mit diesen Verfahren auch nicht entscheidbar ist, ob eine solche Theorie θ konsistent ist oder inkonsistent. Diese Aussage hat gravierende negative Folgen für die in diesem Buch vorgestellte Meta-Physik! Denn an zahlreichen Stellen des Textes werden meta-theoretische Aussagen der Form ko θ " oder der Form „A nko Θ" unbesehen verwendet, so als seien sie unproblematisch! Mit diesem Dilemma befindet sich die (Meta-) Physik allerdings in der besten Gesellschaft, nämlich der der Mathematik. Der Unterschied zwischen beiden besteht — im vorliegenden Zusammenhang! — hauptsächlich darin, daß in den bedingten Definitionen der Mathematik die Bedingungen von der Form „A Th Θ" sind, während sie in der Meta-Physik häufig in der Form „ ß ko Θ'" auftreten. Und beide Formen sind nach dem oben Gesagten problematisch. Die Frage ist jetzt, wie man mit dem erwähnten Dilemma fertig wird. Hierauf gibt es zwei Antworten: 1. Man läßt für Konsistenzbeweise nicht nur die von Hilbert (und als „natürlich" erscheinenden) Verfahren zu, sondern auch [11], S. 342). 2. Man begnügt sich mit relativen Konsistenzbeweisen, d.h. man Aussage A ko θ unter der Voraussetzung ko Θ; dabei werden erwähnten weiteren Hilfsmittel zugelassen.
u.a. vorgesehenen andere (siehe z.B. beweist die Metaauch die unter 1.
1.2. Logik
87
In den folgenden Abschnitten und Kapiteln werden wir dem allgemeinen Brauch folgen und auf Konsistenzfragen nur ausnahmsweise eingehen. (Zum Thema Konsistenz und Entscheidbarkeit existiert neben [24] und [11] eine umfangreiche Literatur; hier sei nur auf [15], S. 723 ff. hingewiesen, sowie auf [22] und [25].) 1.2.1.4: Eine dieser Ausnahmen betrifft die Logik Von ihr soll die für alle weiteren Überlegungen essentielle Widerspruchsfreiheit im folgenden Sinne nachgewiesen werden. Vorausgesetzt wird eine Meta-Arithmetik nach Abschnitt 1.1.1.5. Dann gilt das Meta—Theorem (1.2.8): Aus den Axiomschemata L 1 bis L 5 lassen sich nach der Schlußweise von Meta-Theorem (1.1.50) nicht zugleich zwei Theoremschemata S und ->S herleiten. (Diese Behauptung ist als Meta-Meta-Theorem zu klassifizieren, da sie eine Aussage über ein zur Meta-Theorie gehöriges Beweisverfahren macht.) Beweis: (Vgl. z.B. Hilbert, Ackermann [21], S. 74.) Man schreibe in L 1 bis L 5 statt C D die definierenden Zeichen ->C V D und setze für Α, Β, (S|x)/4, (3χ)Λ die Zahl 1 sowie für -Ά, ->Β etc. die Zahl 0, also 1 = -Ό und -Ό = 1. Die MetaArithmetik wird also um die „Operation -· Β Th θ , dann ist Β Th Θ; und das zweite die sogenannte erste Spezialisierungsregel: Wenn A Th Θ, dann ist (T|x)A Th (Τ|χ)θ. An diesen Beispielen kann man ablesen, welche Form die typischen Beweismethoden haben, nämlich: Wenn Αχ,...,
Αι, Τ ι , . . . , T m ,Χχ,..., χ„ die Eigenschaft £ haben,
^
dann istß Th θ . Dabei bezieht sich die Eigenschaft £ auf die Theorie θ und eventuell auf weitere Theorien. Man kann also einen Beweis von Β auf unorthodoxe Weise (von Edwards [15] auch semiformal genannt) so führen, daß man zuerst eine geeignete Beweismethode ableitet und danach deren Prämisse durch geeignete Wahl der Aussagen Αι,.,.,Αι, der Terme Τχ,..., Tm und der Buchstaben χ χ , . . . , xn verifiziert. Ein Spezialfall dieses Verfahrens liegt vor, wenn die Prämisse einer Beweismethode nur „einfach zu verifizierende" meta-theoretische Forderungen enthält, aber keine Aussagen der Form „C ko θ ' " oder „D Th Θ"" oder deren Negationen. Das bedeutet aber nichts weiter, als daß die zu beweisende Aussage Β durch ein Theoremschema erzeugt wird. In diesem Sinne sind Theoremschemata spezielle Beweismethoden der obigen Form. Sie werden im folgenden meistens in der Form ausgedrückt: S ist ein Theoremschema in Θ.
(I II)
1.2.2.3: In diesem Unterabschnitt werden nun die wichtigsten Beweismethoden außer dem modus ponens und der ersten Spezialisierungsregel angegeben. Ihre etwas willkürlich erscheinende Anordnung ist dadurch festgelegt, daß sie in dieser Reihenfolge beweisbar sind. Allerdings werden die Beweise nicht angegeben, sondern die Stellen in der Literatur, an denen sie zu finden sind. Die Konsequenzen der Beweismethoden werden später erörtert. Die dritte Beweismethode wird Syllogismus genannt. Sie lautet: M e t a - T h e o r e m (1.2.10): Wenn Α = > ß Th θ und wenn Β =>• C Th Θ, dann ist A ==> C Th Θ. Für den Beweis siehe [11], S. 29 und [15], S. 739.0 Die vierte Beweismethode ist unter dem Namen tertium non datur bekannt:
1.2. Logik
89
Meta-Theorem (1.2.11): A V ~• Β Th θ . Der Beweis findet sich in [11], S. 30 und [15], S. 741.0 Bemerkung (1.2.13): Folgendes Meta-Meta-Theorem ist beweisbar: Gegeben seien die Meta-Aussagen (über die Aussagen A und B) (I): Α = > Β Th θ . (II): Wenn A Th Θ, dann ist Β Th Θ. Dann gilt die Behauptung: 1. Die Aussagen (I) und (II) sind nicht äquivalent. Aus (I) folgt (II), aber nicht umgekehrt. Wenn (II) zutrifft und A entscheidbar ist, folgt (I) (vgl. hierzu Edwards [15], S. 52 ff und S. 723 ff.). 2. Die Aussage (I) ist äquivalent zu der Aussage: Für jede Theorie Θ', die stärker ist als Θ, ist Β Th Θ', falls A Th Θ'. (Zum Beweis braucht man nur θ ' Ξ θ/4 zu setzen.) O Das nächste Beweisverfahren ist unter mehreren Bezeichnungen bekannt. Es handelt sich um die Methode des indirekten Beweises, die auch Beweis durch Widerspruch oder in klassischer Bezeichnung reductio ad absurdum genannt wird. Durch sie wird eine Verbindung hergestellt zwischen einer Konsistenzaussage und einer Aussage der Form „... ist ein Theorem in ... ". Sie lautet: Meta-Theorem (1.2.14): A Th θ genau dann, wenn ->A nko Θ. Der Beweis ist in [11], S. 31 und in [15], S. 744 zu finden.^ Eine praktisch sehr wichtige Beweismethode ist der sogenannte Beweis durch Fallunterscheidung: Meta-Theorem (1.2.15): Wenn ¿ V ß T h θ , A = » CTh θ und B = > CTh Θ, dann ist C Th Θ. Für den Beweis siehe [11], S. 32 und [15], S. 744.0 Als Methode der Hilfskonstanten ist folgendes Verfahren bekannt: Meta-Theorem (1.2.16): Wenn χ eine Variable in θ ist, die in Β nicht vorkommt, und wenn (3χ)Λ Th θ und A Β Th θ , dann ist Β Th Θ. Einen Beweis findet man in [11], S. 32 und [15], S. 746.0 Uber eine Benutzung des V-Quantors sagen die folgenden beiden Verfahren etwas aus. Das erste wird als Generalisierungsregel bezeichnet:
90
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 1 7 ) : Wenn χ eine Variable in θ ist und wenn A Th Θ, dann ist (Vx)A Th θ. Für den Beweis siehe [11], S. 37 und [15], S. 746.0 Ein anderes Beweisverfahren, das den V-Quantor enthält, ist die sogenannte zweite Spezialisierungsregel. Sie lautet: M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 1 8 ) : (Vx)/\ ==> (T|x)/4 ist ein Theoremschema in θ. Einen Beweis findet man in [11], S. 39 und [15], S. 749.0 Für die Beweise der vorstehenden Meta-Theoreme benötigt man eine ganze Reihe von Hilfssätzen, die hier unerwähnt geblieben sind, da wir keine vollständige Darstellung der formalen Logik geben wollen, sondern lediglich ein für die Praxis brauchbares Glossar. 1 . 2 . 2 . 4 : Trotzdem müssen noch einige weitere Beweismethoden erwähnt werden. Hinsichtlich der Beweise der in diesem Unterabschnitt aufgelisteten Meta-Theoreme begnügen wir uns mit folgendem allgemeinen Hinweis: Sie sind in [11], S. 33 bis 40 und in [15], S. 749 bis 761 zu finden. M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 1 9 ) : Die folgenden Ausdrücke sind Theoremschemata in Θ: A (/lVß),
(1.13)
(-¡A A -Α),
(1.21)
Α
Αν Α,
(1.22)
Α
Α Α Α.
Ο
M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 2 2 ) : Wenn χ eine Variable in θ ist und wenn A θ , dann ist (3x)/\ (3x)ß Th θ und (Vx)/\ (Vx)ß Th Θ.Ο
(1.23) ßTh
1.2. Logik
91
Meta—Theorem (1.2.23): Folgende Zeichenreihen sind Theoremschemata in Θ: -i(Vx)/4 •• (3χ)(~ιΛ),
(1.24)
-.(3x)A«=»(Vx)(-.A), (Vx)(A Λ Β ) ^ (Vx)4 Λ (Vx)ß, (3χ)(Λ V ß ) ^ (3χ)Λ V (3x)ß, (3χ)(Λ Λ ß) ==> {3x)A A (3x)ß, (Vx)>\ V (Vx)ß = • (Vx)(4 V Β). O Meta—Theorem (1.2.24): In θ gelten die Theoremschemata:
(1.25) (1.26) (1.27) (1.28) (1.29)
(3x)(3y)A
(3y)(3x)4,
(1.30)
(Vx) (Vy)/4
(Vy)(Vx)/A,
(1.31)
(3x)(Vy)¿ = > (Vy)(3x)A
O
(1.32)
Meta-Theorem (1.2.25): Wenn χ nicht in A vorkommt, ist (3x)(/4 AB) ^ A A (3k) Β Th θ
(1.33)
und (Vx) (>4 V ß) -*=>· A V (Vx) Β Th θ .
O
Meta-Theorem (1.2.26): 1. Wenn A ß Th θ und ß A •• C Th Θ. 2. Wenn Α 4 Λ C) ·· (B A Q Th θ . 3. Wenn A Th θ , dann ist ß (A A Β) Th Θ.Ο
(1.34) C Th Θ, dann ist (β V Q Th Θ und
Meta-Theorem (1.2.27): Die folgenden Schemata sind Theoremschemata in θ : (Α
β) = > ((A
(Α=> (Β=> Q) ^ (Α
ß)
Q (Β
g),
((Α Α Β) = • C),
(Α = > (Α Α β)),
Α -Φ=Φ> Β, falls A qid Β. Ο
(1.35) (1.36) (1.37) (1.38)
1.2.3 Bemerkungen zur Konsistenz 1.2.3.1: Während es in Abschnitt 1.2.2 um das Beweisen von Theoremen geht, also um die Frage, ob und wann eine Aussage ß Th θ zutrifft, geht es in diesem Abschnitt darum, ob und wann eine Aussage A ko θ gilt. Zwischen beiden Fragestellungen besteht ein gravierender Unterschied. Während sich nämlich in jeder „nicht zu engen" Theorie, z.B. in jeder, die stärker ist als die Mengenlehre θο (siehe Abschnitt 1.3), leicht unentscheidbare Aussagen (mit Variablen) angeben lassen, gilt Vergleichbares nicht für die Konsistenz. Das bedeutet etwas genauer folgendes: Sei ß nicht entscheidbar in Θ, und daher ko θ . Dann ist die Aussage
92
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Β Th θ oder-.ß Th
θ
(1.39)
unzutreffend. Aber es gilt folgendes Meta-Theorem (1.2.28): Wenn ko θ , dann trifft (für jede Aussage A) die Alternative zu: A ko θ oder -ιA ko θ .
(1.40)
Beweis: Angenommen (1.40) sei falsch, dann gilt: A nko θ und -A Th θ und A Th Θ. Also ist nko Θ.Ο Der Grund für diese Eigenschaft liegt in der Tatsache, daß die Aussage A Th θ wesentlich schärfer ist als A ko θ . Denn nach Beispiel (1.1.58) folgt aus A Th θ und ko θ die Aussage A ko θ . Aber, wie an Beispielen zu sehen ist, gilt nicht die Umkehrung. 1.2.3.2: Nach Meta-Theorem (1.2.14) sind die beiden Aussagen Β Th Θ, -iß nko θ
(1.41)
(meta-theoretisch) äquivalent. Dabei ist es gleichgültig, ob ko θ oder nko θ gilt. Wir betrachten jetzt irgendwelche Negationen der Aussagen vom Typ (1.41), z.B. die beiden Aussagen (1.42) A nTh θ , ->A ko θ . Aus jeder der Aussagen (1.42) folgt ko θ . Es gilt nun, wie zu erwarten, das Meta-Theorem (1.2.29): Die Aussagen (1.42) sind äquivalent. Beweis: Nach Meta-Theorem (1.2.14), d.h. wegen der Äquivalenz (1.41) ist die Aussage A nTh θ äquivalent zu der Aussage „Es gilt nicht, daß —>/\ nko Θ". Das heißt aber gerade ,,->A ko θ ".O 1.2.3.3: Für relative Konsistenzbeweise nützlich ist das Meta-Theorem (1.2.30): Sei χ eine Variable in θ . Dann ist A ko Θ genau dann, wenn (3x)/l ko θ . Beweis: Wir verwenden die Beweismethoden aus Abschnitt 1.2.2. Sei (3x)/4 ko Θ. Angenommen A nko θ . Dann ist ->A Th θ , sowie (Vx)-i/A Th θ und -*(3x)A Th 0 . Also ist (3x)/4 nko Θ, und daher A ko θ . Setzt man nun A ko θ voraus und nimmt an, daß (3x)/\ nko Θ, dann ist ->(3x)>4 Th θ , sowie (Vx)-./4 Th θ und ^A Th θ . Letzteres heißt aber A nko θ . O Die Bedeutung des Satzes besteht darin, daß aus der Existenz eines Terms T, für den die Aussage (T|x)4 ko Θ gilt, wegen Axiom L 5 auf A ko θ geschlossen werden kann. Die Aussage (T|x)/4 ko θ erhält man in praktisch vorkommenden Fällen häufig dadurch, daß man (T|x)/\ Th θ zeigen kann. Das obige Meta-Theorem ist auch unmittelbar einzusehen.
1.2. Logik
93
1.2.3.4: Eine nicht selten vorkommende Aufgabe ist die Ergänzung von Axiomen einer Theorie durch Disjunktion oder durch Konjunktion. Für die Konsistenz der abgeänderten Theorie gelten dann folgende Regeln: Meta-Theorem (1.2.31): 1. Wenn A ko θ , dann ist A V Β ko θ (für jedes ß). 2. Wenn A y Β ko θ , dann ist A ko θ oder Β ko θ . Beweis: 1. Angenommen A V Β nko θ . Dann ist ->(4 V Β) Th θ , und somit gilt -.4 Λ -.ß Th Θ. Daher ist auch ^A Th Θ, also A nko Θ. 2. Angenommen A nko θ und Β nko Θ. Dann ist - Ά Th θ und ->ß Th Θ, also auch -1-4 Λ - . ß Th θ und -.(>4 V ß) Th Θ. Letzteres heißt aber A V ß nko Θ.Ο Die Regeln für die Konjunktion lauten (verständlicherweise) etwas anders: Meta-Theorem (1.2.32): 1. Wenn A ko θ und Β Th ΘΑ, dann ist Α Λ ß ko θ . 2. Wenn Α Λ Β ko θ , dann ist A ko θ und Β ko θ . Beweis: 1. Die Theorie Θ/4 ist äquivalent zu Θ(ΑαΒ) nach Meta-Theorem (1.2.20) und Beispiel (1.1.58). 2. Nach Meta-Theorem (1.2.20) folgt die Äquivalenz der Theorien G(AAß), (ΘΑ)Β und (ΘΒ)Α. Nach Meta-Theorem (1.2.7) gilt daher A ko θ und ß ko Θ.Ο 1.2.3.5: Zum Schluß diese Abschnittes soll gezeigt werden, daß durch Aufhebung einer Spezialisierung die Konsistenz von Aussagen mit einer Theorie nicht verloren geht. Das ist der Inhalt von Meta-Theorem (1.2.33): Wenn >4[x] Λ ß[x] ko θ und wenn y eine Variable von θ ist, die weder in A noch in ß vorkommt, dann ist Λ[χ] Λ ß[y] ko θ . Beweis: Angenommen es sei Λ[χ] Λ ß[y] nko Θ. Dann ist ~·(Λ[χ] Λ ß[y]) Th Θ. Mit Hilfe des Meta-Theorems (1.1.54) sowie der Spezialisierung (x|y) folgt daraus ^(A[x] Λ ß[x]) Th Θ, also auch A[x] Λ ß[x] nko Θ.Ο Bemerkung (1.2.34): Die Umkehrung von Meta-Theorem (1.2.33) gilt nicht. Das läßt sich leicht an Beispielen aus der Mengenlehre θο aus Abschnitt 1.3 zeigen: Dort wird das Gleichheitszeichen definiert, und es lassen sich zwei Terme Τ und S angeben, für die Τ φ S Th Θ 0 . Dann ist χ = Τ Λ y = S ko θ 0 , aber χ = Τ Λ χ = S nko θ 0 , denn χ = τ Λχ = S x = TAT = S T h θ 0 . Ο
1.2.4 Weitere Beweismethoden 1.2.4.1: In der Literatur (z.B. in [21], S. 19) spielen die Theoremschemata der Logik mitunter eine besondere Rolle: Sie werden mit dem logischen Schließen in Verbindung gebracht, also mit dem Beweisen von Theoremen (in der hier verwendeten Sprechweise). Hinter derartigen Überlegungen verbirgt sich in unserem Kontext folgender, ganz einfacher Sachverhalt:
94
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Meta-Theorem (1.2.35): Gegeben sei eine Theorie Θ, sowie die beiden Aussagenschemata A und B. Das Schema Β ist ein Theoremschema in QA genau dann, wenn Α = > Β ein Theoremschema in θ ist. Beweis: Die Behauptung folgt sofort, wenn man bedenkt, daß das Theoremschema Α Β durch die Theoreme Α = > ß definiert ist, falls A aus A und ß aus Β durch eine Ersetzung hervorgehen.O Die Quintessenz dieses Meta-Theorems läßt sich so ausdrücken: Jedes Theoremschema Β in θ A und damit jedes von Β erzeugte Theorem läßt sich mit Hilfe eines Theoremschemas aus θ und nur auf diese Weise gewinnen. Es lohnt sich also, „die" Theoremschemata von θ zu kennen. Das trifft speziell auf die Logik θχ, zu. 1.2.4.2: Weitere Beweismethoden und Theoremschemata ergeben sich aus den in Abschnitt 1.2.2 angegebenen. Sie sind in [15], S. 792 ff. zu finden, allerdings zum Teil auch ohne Beweis. Meta-Theorem (1.2.36): In einer (logischen) Theorie θ sind die folgenden Schemata Theoremschemata: ->(A Λ ß) (-»4 V -.ß),
(1.43)
((A V ß) Λ (-.ß)) = > A,
(1.44)
-iß = > (Λ
(1.45)
(A V ß),
(A
ß)
• (A A ß)),
Α ^
((Α Α Β) v(AA-iß)),
(1.47)
( Α = > Q = > ({AV Β) = • (CVB)),
(1.48)
( Α = ϊ C) = ϊ ((ΑΑΒ)
(1.49)
(CAB)),
(1.46)
(AVB)B)A(A=>Q)=>(A=>(BAC)),
(1.51)
(AAB)
(1.52)
(ΑΑ^(ΑΑ-·β)),
(A (AAS)), (A A ->A) = > Β. O
(1.53) (1.54)
Einige unmittelbare Konsequenzen daraus enthält das Meta-Theorem (1.2.37): Sei θ eine (logische) Theorie. 1. Aus dem Axiom L 2 ergibt sich: Wenn -¡A Th Θ, dann ist A = > ß Th Θ. 2. Aus (1.52) erhält man mit Hilfe von Meta-Theorem (1.2.12) das Theoremschema (in Θ): (Α Α Β) = > (Α ·Φ=Φ· ß) (1.55)
1.2. Logik
95
und daraus die Aussage: Wenn A Th θ und ß Th Θ, dann ist A Β T h θ . Das bedeutet, alle Theoreme sind logisch äquivalent! 3. Aus (1.44) liest man ab: Wenn (A V ß) Th θ und ->B Th Θ, dann ist A Th Θ.Ο 1.2.4.3: Zum Abschluß des Abschnittes über Logik sollen einige weitere Resultate aufgelistet werden, die mit Hilfe der vorher besprochenen Beweismethoden leicht zu verifizieren sind. Als Verallgemeinerung der Theoremschemata (1.48) und (1.49) aus Meta-Theorem (1.2.36) erhält man das M e t a - T h e o r e m (1.2.38): In einer (logischen) Theorie θ sind folgende Schemata Theoremschemata: (/l^ß)=>((/lvQ• ß) ==» (A =>· ß) ( A ^
(B=*A).
Theoremschemata. Daraus und aus (1.48) erhält man die Theoremschemata Q) und [(BVQ=*(AVQ), woraus (1.56) folgt. Analog zeigt man (1.57). Sei Fid (A β) Λ (C D). Dann gelten in der MT θ ' ξ θ F die Theoreme (AvC) (ßvC) und (CVß) (Bs/D). Wegen (1.16) und Meta-Theorem (1.2.26) folgt daraus (1.58) und analog (1.59).O Aus diesen Schemata lassen sich folgende weitere ableiten M e t a - T h e o r e m (1.2.39): In einer logischen Theorie gelten die Theoremschemata: ((/\ λ ß) = • C) «=> ((Λ Λ ß) = • ( ß A C)) (C = > (A
Β)) ^
((AaQ^(BAQ)
β) < = • ((Α Λ Q
(Β Λ C))
(1.60) (1.61) (1.62)
96
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
Beweis: Formel (1.60) ergibt sich aus (1.37), indem man A durch AAB und Β durch C ersetzt, sowie durch eine einfache Umformung. Um Formel (1.61) zu verifizieren, formt man C ==> (A • Β) durch Einsetzen der Zeichen =>• und um und wendet (1.18) und (1.59) an. Schließlich ergibt sich (1.62) aus (1.45) und (1.61).O Schließlich seien noch einige Beweismethoden vermerkt, auf die wir später gelegentlich zurückgreifen werden und die sich mit Hilfe der vorangehenden Meta-Theoreme für (logische) Theorien verifizieren lassen. M e t a - T h e o r e m ( 1 . 2 . 4 0 ) : 1. Wenn A (AAQ) ^ 2. Wenn A
ß T h Θ, dann ist
( ß = > (BAC)) T h e .
Β Th θ und C
(1.63)
D Th Θ, dann ist
(Α =φ- (A A C)) (Β Α Dfj Th θ
(1.64)
und (A
Q
(Β
D) Th θ .
(1.65)
3. Wenn A Β Th θ und wenn (Λ AC) (ßA D) Th Θ, dann gilt die Aussage C D Th ΘΛ (und θ A äq 0 ß ) . O B e m e r k u n g ( 1 . 2 . 4 1 ) : In Bemerkung (1.1.8) war die exemplarische Darstellung von (Meta-) Definitionen und (Meta-) Theoremen eingeführt worden. Ihre Wirkungsweise läßt sich anhand der Resultate der Abschnitte 1.1 und 1.2 noch einmal direkt erkennen. 1. Sei χ eine Variable in einer MT Θ. Wenn /4[x] Th Θ, dann ist /4[y] Th θ für einen Buchstaben y oder einen beliebigen anderen. Das folgt unmittelbar aus MetaTheorem (1.1.54). 2. In einer MT Θ' sei u (oder irgendein anderer Buchstabe) eine Variable, die in der Aussage ß[z] nicht vorkommt. Dann ist ß[u] ko θ ' , wenn ß[z] ko θ ' . Das folgt als Spezialfall aus Meta-Theorem (1.2.33).0
1.3 Mengenlehre 1.3.1 Axiomatik der Mengenlehre 1 . 3 . 1 . 1 : Das Ziel des Abschnitts 1.3 ist ein kurzer Abriß der Mengenlehre von Edwards [15], die mit der Mengenlehre von Bourbaki [11] nahe verwandt ist. Beide Theorien unterscheiden sich von anderen Mengenlehren zum Teil erheblich; in den für unsere Zwecke „entscheidenden" Teilen stimmen sie aber alle überein. Das heißt,man kann mit jeder von ihnen „fast" die ganze Mathematik machen. (Vgl. hierzu z.B. [16].) In den Abschnitten 1.0.2.9 und 1.0.2.10 war bereits darauf hingewiesen worden, daß es notwendig ist, sich mit Mengenlehre zu befassen, wenn über mathematische Theorien geredet werden soll. Auch die Notwendigkeit der Axiomatisierung der
1.3. Mengenlehre
97
Mengenlehre war klargemacht worden. Der geplante Abriß der Mengenlehre soll so knapp wie möglich sein, aber doch ausreichend, um zu sehen, daß man viele (die „meisten") Ergebnisse der naiven Mengenlehre auch ausgehend von einer soliden Grundlage erhält. Bedauerlicherweise ist die Axiomatik der Mengenlehre schreibtechnisch wesentlich komplizierter als die der Logik. Um sie in überschaubarer Weise darstellen zu können, müssen Abkürzungen eingeführt werden. Wir verwenden im folgenden sechs neue Symbole, nämlich für die Gleichheit, die Kollektivierbarkeit, den Mengenbildner, das Enthaltensein, die Vereinigung und die leere Menge. Der vollständige Satz der Axiome der Mengenlehre ist erst nach der Definition dieser Begriffe formulierbar. 1.3.1.2: In einem ersten Schritt soll ein Gleichheitsbegriff eingeführt werden. Die Frage dabei ist, was soll „gleich" sein? Für Zeichenreihen haben wir bereits eine „Gleichheit" in Form der Identität „id", und für Aussagen in der Form der Äquivalenz „". Was wir brauchen ist die Gleichheit von Termen, d.h. Mengen. Obwohl wir also das Zeichen „=" nur für Mengen brauchen, wird es für beliebige Zeichenreihen definiert. Man vermeidet damit von vornherein jede denkbare Schwierigkeit mit den bedingten Definitionen (vgl. Abschnitt 1.1.3.1). Definition (1.3.1): Seien S, Τ beliebige Zeichenreihen, und sei χ ein Buchstabe, der in S und Τ nicht vorkommt. Dann ist S = T id (Vx)(x e S χ 6 Τ).
O
Unmittelbar aus dieser Definition erhält man das M e t a - T h e o r e m (1.3.2): 1. Die Zeichenreihe S = Τ ist eine Aussage, sobald S und Τ Terme sind. 2. Wenn für die mit S und Τ bezeichneten Terme die Beziehung S id Τ gilt, dann ist S = Τ Th Ql.O Das Gleichheitszeichen = wird nach Definition (1.3.1) nur zur Abkürzung einer Zeichenreihe benutzt. Es hat primär keine eigenständige Bedeutung. Es kann aber als selbständiges Symbol zur erweiterten Sprache hinzugenommen werden. Bei Bourbaki [11] gehört es zum primitiven Alphabet. 1.3.1.3: In der naiven Mengenlehre wird eine Menge als „gedankliche Zusammenfassung von gewissen Objekten der Umwelt oder des Denkens zu einer Einheit" angesehen, und diese gewissen Objekte sind dadurch ausgezeichnet, daß auf sie eine Aussage zutrifft, die ihre gemeinsame Eigenschaft ausdrückt. Läßt man jede Aussage der (formalen) Sprache als Eigenschaft in diesem Sinne zu, so ergeben sich die bekannten Inkonsistenzen der naiven Mengenlehre. Sie zu vermeiden ist eine Aufgabe der (einer) axiomatischen Mengenlehre. Definition (1.3.3): Sei A eine Zeichenreihe, in der y nicht vorkommt. Dann sei Collx-A id (3y)(Vx)(xey¿).
O
98
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Aus der Definition ergibt sich sofort das Meta-Theorem (1.3.4): Für eine Aussage A ist CollX/4 eine Aussage.O Die Aussage Collx>4 drückt anschaulich genau die Eigenschaft aus, daß die „Objekte" χ, auf die A zutrifft, zu einer Einheit, nämlich y zusammengefaßt werden können. Formal liegt also der Mengenbildung folgendes Problem zugrunde: Gegeben sei eine Theorie θ und eine Aussage A, in der y nicht vorkommt. Ist die Aussage Collx>4 ein Theorem in Θ? Meta-Definition (1.3.5): Man nennt A kollektivierbar oder kompressibel in wenn CollX/4 Th θ . Ο
θ,
Beispiel (1.3.6): Sei A id χ ^ χ. Dann ist A tatsächlich eine Aussage, wie man leicht sieht. Wäre nun Collx(x ^ x) in einer konsistenten logischen Theorie θ ein Theorem, so läßt sich nichtformal leicht ein Widerspruch erzeugen. Also kollektiviert A nicht. Für einen korrekten formalen Beweis (s. [15], S. 185) braucht man ein Resultat der Mengenlehre, es genügt also nicht, θ ξ 6 t zu nehmen.O Die Aufgabe der Mengenlehre besteht demnach darin, eine Theorie, d.h. Axiome so aufzustellen, daß nur „vernünftige" Α, die nicht zu Inkonsistenzen führen, kollektivierbar sind, daß es aber andererseits auch „genügend" viele solche Aussagen gibt. 1.3.1.4: Wenn A kollektivier bar ist in Θ, dann ist zwar die Existenz einer Menge von „Objekten" sichergestellt, die die Eigenschaft A haben, aber diese Menge selber ist noch nicht bezeichnet. Das geschieht durch den sogenannten Mengenbildner. Es liegt nahe, ihn nur für kollektivierbare Aussagen zu definieren. Um aber alle Schwierigkeiten mit den bedingten Definitionen (vgl. Abschnitt 1.1.3.1) zu vermeiden, wird er ohne alle Nebenbedingungen eingeführt für beliebige Zeichenreihen A. Definition (1.3.7): Sei y ein Buchstabe, der nicht in A vorkommt. Dann ist { x : A } id Ty((Vx)(xey*=*,4)).
O
Wie es sein muß, folgt unmittelbar aus der Definition das Meta-Theorem (1.3.8): Wenn A eine Aussage ist, ist {x : A} ein Term.O Die Definition (1.3.7) entspricht, abgesehen von eventuellen Nebenbedingungen an A, dem anschaulichen Verständnis des Mengenbildners. Mit seiner Hilfe lassen sich nun Mengen von ein oder von zwei Elementen bilden wie folgt: Definition (1.3.9): Für beliebige Zeichenreihen X, Y sei { X , F } id {ζ : (ζ = Χ) V (ζ = y ) } und {Χ} id {Χ,Χ}.
Ο
1.3. Mengenlehre
99
1.3.1.5: Im nächsten Schritt wird das Enthaltungszeichen C eingeführt. Es ist wie folgt definiert: Definition (1.3.10): Sei χ ein Buchstabe, der in den Zeichenreihen Χ, Y nicht vorkommt. Dann ist X C Y id (Vx)(x e Χ =*· χ G y ) .
O
Das entspricht der anschaulichen Bedeutung des Zeichens C, denn es gilt das Meta-Theorem (1.3.11): Für Terme X und Y ist X C Y eine Aussage.^ 1.3.1.6: Ebenso einfach läßt sich der Begriff der Vereinigung durch eine unbedingte Definition einführen. Dabei ist allerdings eine schreibtechnische Besonderheit zu beachten: Die Vereinigung wird symbolisch ausgedrückt als „Operation" auf der Menge der Mengen, die zu vereinigen sind. Das führt auf die folgende Definition (1.3.12): Seien x, y Buchstaben, die nicht in der Zeichenreihe X vorkommen. Dann ist [jX
id { x : ( 3 y ) ( y e X A x e y ) }
Wenn X id {S, Τ} ist, schreibt man: UXidSuT.
O
Daß (J X tatsächlich die Vereinigung im gewünschten Sinne darstellt, ist anschaulich klar. Und es wird erhärtet durch das Meta-Theorem (1.3.13): Wenn X ein Term ist, ist U ^ ebenfalls ein Term.O 1.3.1.7: Im letzten vorbereitenden Schritt hin zur Axiomatik der Mengenlehre muß die leere Menge eingeführt werden. Sie ist charakterisiert durch die Aussage, daß in ihr keine Elemente enthalten sind, also durch A id (Vz)(z £ χ). Dann wird die leere Menge als der Term definiert, auf den diese Aussage zutrifft. Das führt auf die Definition (1.3.14): „leere Menge" id 0 id τχ(Α) id r x ((Vz)(z £ χ)) id T ^ - i £ f ^ £ ü D D . Die Zeichenreihe für die leere Menge enthält also keine Buchstaben!
O
100
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
1.3.1.8: Die in den Abschnitten 1.3.1.2 bis 1.3.1.7 eingeführten Abkürzungen für Zeichenreihen werden im folgenden ohne weiteren Kommentar verwendet. Die (noch zu formulierende!) Mengenlehre garantiert dann, daß der Umgang mit diesen Zeichen im naiven Sinne gerechtfertigt ist. Um zu definieren, was hier unter Mengenlehre verstanden werden soll, werden zunächst drei Aussagenschemata und drei Aussagen eingeführt, die später als Axiome verwendet werden. Die Schemata lauten: M l : (S = T) = • ((S|x)4 «=>· (T|x)/»). M 2: (Vx)(A ^
ß) = » (r x (/\) = r x (ß)).
M 3: (Vx)(3z)(Vy)(¿ = > (y G ζ)) = > (Vw) Colly(3x)((χ G w) Λ À). Das erste Schema drückt die universelle Vertretbarkeit durch Terme aus, die gleich sind. Das zweite besagt, daß äquivalente Aussagen durch den Selektor τ gleiche Terme bestimmen. Schwer anschaulich zu interpretieren ist das dritte Schema. Ich unternehme keinen Versuch, es zu tun, und verweise auf [15], S. 262. Die drei Aussagen sind: M e 1: (Vx) (Vy) Coll z ((z = χ) V (z = y)). M e 2: (Vx) Coll y (y C x). M e 3: ( 3 y ) ( ( 0 G y) Λ (Vx)(x e y
χ U {χ} G y)).
Die Aussage Me 1 drückt aus, daß man je zwei Terme zu einer Menge zusammenfassen kann, die genau diese Terme als Elemente enthält. Die zweite Aussage besagt, daß es zu jeder Menge eine Menge der Teilmengen gibt, und durch die dritte wird die Existenz einer unendlichen Menge ausgedrückt. Die Mengenlehre wird damit wie folgt definiert: M e t a - D e f i n i t i o n (1.3.15): 1. Die (logische) Theorie mit den zusätzlichen Axiomschemata M 1 bis M 3 und den expliziten Axiomen Me 1 bis Me 3 wird (hier) Mengenlehre genannt und mit θο bezeichnet. 2. Jede Theorie Θ, die stärker ist als θο wird (vgl. Definition (1.0.10)) eine mengentheoretisch formulierte mathematische Theorie genannt oder einfach mathematische Theorie. Dafür wird abkürzend (wie vereinbart) MT geschrieben. 3. Eine (logische) Theorie allein mit den zusätzlichen Schemata M 1 und M 2 wird Logik mit Gleichheitszeichen genannt (englisch: equalitarian theory).O B e m e r k u n g (1.3.16): 1. Nicht alle in der Mathematik betrachteten Theorien sind MT im Sinne der obigen Definition. Zu ihnen gehört beispielsweise die Mengenlehre nach v. Neumann und Bernays (s. [16], [17], [18]) sowie die Kategorientheorie (s. [26]). Die durch Meta-Definition (1.3.15) nicht erfaßten Theorien der Mathematik sind aber alle nach demselben Muster gebildet wie die hier als MT bezeichneten.
1.3.
101
Mengenlehre
Denn sie sind „mengentheoretisch formulierte Theorien" (nach Definition (1.0.10)), nur ist die zugrunde gelegte Mengenlehre jeweils (in einem nicht formalen Sinne) „stärker" als θ 0 . Ich verwende in diesem Buch den engeren, oben eingeführten Begriff MT als terminus technicus, da er für die Untersuchung von physikalischen Theorien angemessen ist und ein umfassenderer Begriff nicht benötigt wird. 2. Die Axiome der Mengenlehre θ 0 enthalten keine Buchstaben, d.h. keine Konstanten. Durch sie wird nicht festgelegt, was eine Menge ist, wie etwa durch die Gruppenaxiome (vgl. Abschnitt 1.5.1) der Begriff „Gruppe" bestimmt ist. 3. Die meisten MT Θ' sind von der Form Θ'ΞΘΟ Ρ mit einer Aussage P, sie enthalten also keine Schemata außer denen der Mengenlehre θο· Wenn A Th Θ' ist, dann ist Ρ =>· A Th θο· Es genügt daher — im Prinzip — Mengenlehre zu betreiben! Auch im allgemeinen Fall, daß eine MT noch weitere Schemata enthält, gilt ein entsprechendes Resultat. Allerdings ist es in den meisten Fällen bequemer, nicht nur Mengenlehre allein zu betreiben oder nur Logik, was ebenso möglich wäre.O
1.3.2 Weitere Grundbegriffe 1.3.2.1: Es geht in diesem Abschnitt um nichts weiter als um die Definition von einigen Grundbegriffen der Mathematik, die in den folgenden Abschnitten und Kapiteln ohne weitere Kommentare verwendet werden. Dabei treten wie in Abschnitt 1.3.1 nur unbedingte Definitionen im Sinne von Abschnitt 1.1.3.1 auf. Je nachdem, worauf man sein Augenmerk legt, sind sie Definitionen oder Meta-Definitionen. Daß sie erst im Rahmen der Mengenlehre eingeführt werden, liegt nur daran, daß sie nicht früher gebraucht werden. Die Axiome der Mengenlehre werden an keiner Stelle verwendet. Wir beginnen mit zwei Ergänzungen zu den Definitionen aus Abschnitt 1.3.1. Es ist üblich, neben dem Gleichheitszeichen = noch das Zeichen : = (oder/und =:) zu verwenden. Da es Vorteile bringt, soll es hier ebenfalls verwendet werden. Meta-Definition (1.3.17): Gegeben sei ein Term X. Wenn für X die weitere Bezeichnung Τ eingeführt werden soll, schreibt man statt Τ id X auch Τ := X oder X =: T.O Im Mengenbildner treten nicht selten Aussagen A id Β Λ C auf, oder noch spezieller A id χ G Τ Λ ß. Man benutzt dann folgende Abkürzungen: Definition (1.3.18): Für beliebige Zeichenreihen T,B,C {x G Τ : Β} id {χ : χ e Τ Λ Β}, {χ : Β, C} id {χ : Β Λ C}, und, falls ζ nicht in Τ und Β vorkommt, {Γ[χ] : Β[χ]} id {ζ : (3χ)(ζ = Γ[χ] Λ £[χ])}.
Ο
ist
102
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
1.3.2.2: In der folgenden Definition wird (u.a.) der Durchschnitt von Mengen definiert. Er wird wie die Vereinigung als „Operation" auf der Menge der Mengen ausgedrückt, deren Durchschnitt zu bilden ist. M e t a - D e f i n i t i o n (1.3.19): 1. In Y möge χ und y nicht vorkommen. Dann ist der Durchschnitt von Y durch Hi-id
{x:(Vy)(yey^xey)}
definiert. Für Y id {5, Τ } wird Π Y id S Π Τ geschrieben. 2. Durch CxY id X\Y
id {χ e Χ : χ 0 Y}
ist das (relative) Komplement von Y bezüglich X definiert. 3. Es möge y nicht in X vorkommen. Dann heißt «PPO id {y : y C X } die Potenzmenge von X und Y. 4. (x,y)id{x,{x,y}} heißt geordnetes Paar von X und Y. Als Abkürzung verwendet man Ζ ist ein geordnetes Paar id (3x)(3y)(z = (x,y)). 5. Die Buchstaben x, y und ζ mögen in X und Y nicht vorkommen. Dann heißt XxY
id { z : ( 3 x ) ( 3 y ) ( x e X A y e F A z = (x,y))}
das kartesische Produkt von X und Y. 6. Die erste Koordinate oder Projektion von ζ ist definiert durch P r i z id r x ( ( 3 y ) ( z = (x,y))) und die zweite entsprechend durch pr 2 z id Ty((3x)(z = (x,y))). O M e t a - T h e o r e m (1.3.20): Für Terme Χ, Y sind die in Definition (1.3.19) definierten Zeichenreihen ebenfalls Terme. O 1.3.2.3: In einem weiteren Schritt werden die Begriffe „Relation" und „Funktion" eingeführt. Dazu braucht man den Begriff der Einwertigkeit, der gegeben ist durch die Definition (1.3.21): 1. Sei A id A[u] eine Zeichenreihe, in der χ und y nicht vorkommen. Dann ist sing u j4 id A ist einwertig id (Vx)(Vy)((j4[x] A A [y]) =>• (χ = y)). 2. Mit denselben Bezeichnungen setzt man: fktu-A
id A ist funktional id (3u)^4 A sing u A
O
M e t a - T h e o r e m (1.3.22): Für Aussagen A sind singu>4 und fkt u A ebenfalls Aussagen. O
1.3.
103
Mengenlehre
Anschaulich versteht man unter einer Relation eine Teilmenge eines kartesischen Produktes und unter einer Funktion eine „eindeutige Zuordnung", also eine Relation, die bezüglich der „Ordinaten" einwertig ist. Das führt auf die Definition ( 1 . 3 . 2 3 ) : Rei w
id
w ist eine Relation id (Vz)(z 6 w =>· (3x)(3y)(z = (x, y)))
id
(Vz)(z € w
(z ist ein geordnetes Paar))
und Fun f id f ist eine Funktion id Rei f Λ (Vx)sing u (x, u) 6 f.
O
M e t a - T h e o r e m ( 1 . 3 . 2 4 ) : Für einen Term Τ sind Rei Τ und Fun Τ Aussagen.O Der Definitionsbereich, der Wertebereich und der Funktionswert sind wie folgt festgelegt: Definition ( 1 . 3 . 2 5 ) : 1.
Dom w id {χ : (3y)((x,y) G w)} und
2.
f(x) id Ty((x, y) e f).
Ran w id {y : (3x)((x,y) € w ) } .
3.
f : u —> ν id Fun f Λ Dom f = u Λ Ran f C v.O
Schon routinemäßig vermerken wir das M e t a - T h e o r e m ( 1 . 3 . 2 6 ) : Für Terme Τ, S, etc. erhält man aus 1. und 2. wieder Terme und aus 3. eine Aussage.O Ebenfalls unbedingt legen wir nun die letzten für Relationen wichtigen Abkürzungen fest: M e t a - D e f i n i t i o n ( 1 . 3 . 2 7 ) : 1. Das Inverse S~l von S ist definiert durch: S-1
id { z : ( 3 x ) ( 3 y ) ( ( x , y ) e S A z = ( y , x ) ) } .
2. Die Komposition SoT
S ο Τ von S und Τ ist definiert durch:
id { w : ( 3 x ) ( 3 y ) ( 3 z ) ( ( x , y ) e T A ( y , z ) e S A w = ( x , z ) ) } .
3. Das Bild von X durch S ist gegeben wie folgt: S[X]
id j y : (3x)(x e ΛΓ Λ (x, y) € 5 ) J .
4. Für einen Buchstaben χ ist S(x) id 5'[{x}]. 5. Die identische Relation in X ist definiert durch Δχ
id idx
id { ζ : ( 3 x ) ( x e Χ Λζ = ( χ , χ ) ) } .
Ο
Selbstverständlich gilt wieder ein M e t a - T h e o r e m ( 1 . 3 . 2 8 ) : Für Terme S, Τ und X erhält man nach der obigen Definition wieder Terme S - 1 etc.O
104
Kapitel 1. Mathematische Theorien
1.3.2.4: Sowohl in der Mathematik als auch in der Physik und anderswo spielt der Begriff „Gleichung" eine überragende Rolle. Er ist definiert in logischen Theorien mit Gleichheitszeichen, also in jedem Fall in der Mengenlehre θο· Meta-Definition (1.3.29): 1. Für zwei Terme S und Τ wird die Aussage „S = T" eine Gleichung genannt. Speziell heißt eine Aussage der Form S[x] = T[x] eine Gleichung bezüglich x. 2. Eine Aussage ,,S[x] = T[x] Λ χ G U" heißt Gleichung bezüglich χ in U. 3. Ein Term X heißt Lösung der Gleichung S[x] = T[x] in der Theorie Θ, wenn S[X] = T[X] Th Θ. 4. Ganz entsprechend heißt der Term Ζ eine Lösung von S[x] = T[x] Λ χ G U in θ , wenn S[Z] = T[Z] Λ Ζ € U Th θ . Ο Nach dieser Definition ist der Begriff der Gleichung sehr elementar. Man braucht keine Theorie, um eine Gleichung aufzustellen, denn das Gleichheitszeichen ist lediglich eine Abkürzung! Dem steht die Praxis entgegen. Das liegt daran, daß die Terme S und Τ, durch welche die Gleichung festgelegt ist, in der Regel nicht durch unbedingte Definitionen bestimmt sind. Man braucht also bereits eine Theorie, um die Gleichung überhaupt aufschreiben zu können.
1.3.3 Einige Resultate der Mengenlehre 1.3.3.1: Der in Abschnitt 1.3 bisher erreichte Status unserer Überlegungen läßt sich kurz so zusammenfassen: Es wurden einige abkürzende Symbole durch unbedingte Definitionen eingeführt und damit die Axiome der Mengenlehre formuliert. Die aufgeschriebenen Meta-Theoreme sind trivial, man braucht zu ihrem Beweis außer bei einem nicht einmal die Logik θ^. Als mathematische Theorie, abgekürzt MT, wird jede Theorie Θ bezeichnet, die stärker ist als θ 0 . Nur MT spielen in den kommenden Abschnitten und Kapiteln eine Rolle. Da also alle weiteren Betrachtungen auf den Ergebnissen der Mengenlehre θ 0 beruhen, sollen hier einige der für später wichtigen Ergebnisse angefügt werden. Die Auswahl erfolgt nicht ohne subjektive Momente und ist weit davon entfernt, vollständig zu sein. So wird z.B. ganz und gar darauf verzichtet, die Eigenschaften der Gleichheit, des Enthaltenseins, sowie von Vereinigung und Durchschnitt vorzustellen. Ebenso wird nichts über Kardinalzahlen etc. gesagt. 1.3.3.2: Der Unterschied zwischen naiver Mengenlehre und der MT θο (oder der Mengenlehre von Bourbaki aus [11]) ist ganz wesentlich geprägt durch die mit der Kollektivierbarkeit von Aussagen verbundene Einschränkung der Mengenbildung. Das — noch zu verifizierende — Resultat dieser Überlegungen läßt sich etwa so ausdrücken:
1.3.
Mengenlehre
105
Gegeben sei eine MT θ und eine Aussage A. Wenn CollX/4 Th Θ, dann ist der „naive Umgang" mit der Menge {x : >4} erlaubt, andernfalls nicht. Aus diesem Grunde sind Aussagen der Form ,,ΟοΙΙχΛ Th Θ" von besonderem Interesse in MT. Was heißt nun naiver Umgang? Er besteht im wesentlichen darin, daß die Aussagen A und χ € {χ : A} äquivalent sind. Dieser Sachverhalt läßt sich präziser ausdrücken durch das Meta-Theorem (1.3.30): Sei θ eine MT, und sei χ eine Variable in Θ. Dann ist Col M
(Vx) (χ € {χ : A}
A)
ein Theoremschema in θ . Folglich ist A Coll x ¿ Th θ .
χ e {χ : Λ} Th θ genau dann, wenn
Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus den Definitionen (1.1.28), (1.3.3) und (1.3.7), sowie aus Formel (1.12).O Ein wichtiger Spezialfall hiervon ist das Meta-Theorem (1.3.31): Die Aussage χ G X (mit einer Variablen x) ist kollektivierbar in einer beliebigen MT Θ, und X = {χ : χ € X} Th Θ. Der Beweis ist in [15], S. 170 zu finden.O Von fundamentaler Bedeutung für alle weiteren Betrachtungen, auch die über Physik, ist folgende Beweismethode: Meta-Theorem (1.3.32): Sei θ eine MT, und die Variable χ möge nicht in (dem Term) X vorkommen. Wenn Α (χ e X) Th θ , dann ist Coll x 4 Th Θ. Speziell gilt in jeder MT die Aussage: Collx(>4 Λ (χ e X)) Th θ . Für den Beweis siehe [15], S. 763.0 Uber den Transport der Kollektivierbarkeit gibt der folgende Satz Auskunft: Meta-Theorem (1.3.33): Sei θ eine MT, und sei χ eine Variable. Dann gelten in θ die Theoremschemata: (Vx)(A ß) = > ( ( C o l M (ΟοΙΙχΛ Λ Collxß) = • ((νχ)(Λ
Coll x ß) Λ ({χ : A} = {χ : β » ) , β)
({χ : >4} = {χ : β})).
und (CollχΑ Λ (Vx)(ß = • /Α)) = • (Coll x ßΛ ({χ : ß} C {χ : Λ})). Den Beweis findet man in [15], S. 171, 175 und 176.0 Als nützliche Hilfssätze mit ganz anschaulicher Bedeutung seien die folgenden fünf erwähnt:
106
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Lemma (1.3.34): In jeder MT θ mit den Variablen x, y gelten die folgenden Aussagen: -.Coll x (xgx) Th Θ. -iCollx(x = x) Th Θ. (Vy)(3x)(x i y) Th θ . (Vx)(x£0) Th Θ. ( y = 0) (Vx)(x£y) Th Θ.
(1.66) (1.67) (1.68) (1.69) (1.70)
Für den Beweis siehe [15], S. 185 ff. und S. 211 ff. Der erste Teil des Lemmas (1.3.34) ist die Präzisierung von Beispiel (1.3.6).O Ebenfalls nützlich wegen seiner Anwendungsmöglichkeiten ist das Meta-Theorem (1.3.35): In jeder MT θ mit der Variablen χ ist das Aussagenschema (Vx)-,A
(CollxA Λ {χ : A} = 0)
ein Theoremschema. Der Beweis ist in [15], S. 214 zu finden.O Als Konsequenz daraus ergibt sich: Wenn ->A ein Theorem in θ ist, ist die Menge aller x, auf die A zutrifft, leer. Neben dieser trivialen Konsequenz gibt es eine bedeutsamere, nämlich das Meta-Theorem (1.3.36): Sei θ eine MT, sowie A eine Aussage, in der die Variable χ nicht vorkommt. Ferner sei CollX/A Th Θ. Dann ist ->A Th θ und {χ : A} = 0 Th Θ. Beweis: Aus Collx>4 Th θ folgt durch einfache Umformung in θ das Theorem: (By) (Vx) (A = • x G y) Th θ . Nach Meta-Theorem (1.2.25) ergibt sich daraus: -./4 V (3y)(Vx)(x 6 y) Th Θ. Nun gilt nach Lemma (1.3.34) die Aussage -i(3y)(Vx)(x G y) Th θ . Daher erhält man mit Meta-Theorem (1.2.37) 3. zunächst -A Th Θ. Nach Meta-Theorem (1.3.35) folgt daraus die Aussage {χ : A} = 0 T h Θ.Ο Als letzten Satz zum Thema Kollektivierbarkeit beweisen wir das Meta-Theorem (1.3.37): Sei θ eine MT und χ eine Variable von Θ. Wenn A Th Θ, dann ist -ΌοΙΙχΛ Th θ . (Die Variable χ muß in A nicht vorkommen!) Beweis: Nach Meta-Theorem (1.3.2) ist χ = χ Th θ . Nach Voraussetzung und Meta-Theorem (1.2.37) erhält man daher (Vx) (/4 (x = x)) Th Θ. Nach dem Meta-Theorem (1.3.33) ergibt sich daraus, daß iColM -nColIx(x = x) Th Θ. Da nach Lemma (1.3.34) die Aussage -iCollx(x = x) Th θ gilt, folgt die Behauptung.O
1.3.
Mengenlehre
107
Damit erhält man die in Anwendungen nützliche Folgerung (1.3.38): Wenn χ eine Variable in einer MT θ ist und wenn A Th Θ, dann ist -.Collx>4 Th θ und Collx-->4 Th Θ.Ο 1.3.3.3: Durch das Axiom Me 3 (siehe Abschnitt 1.3.1.8) soll die Existenz einer unendlichen Menge garantiert werden. Man erwartet daher, daß man beliebig viele verschiedene Terme konstruieren kann, vorausgesetzt, daß die Axiome von Θο das ausdrücken, was sie ausdrücken sollen. Der entscheidende Satz ist folgendes Meta—Theorem (1.3.39): Seien x, y Variablen in der MT θ . Dann gilt die Aussage χ = y χ £ {y} Th θ . Eine Beweisskizze findet sich in [15], S. 198.0 Folgerung (1.3.40): 1. Wegen ζ = ζ Th θ , erhält man ζ e {ζ} Th θ
und (3x)(x € {ζ}) Th θ .
2. Speziell für die leere Menge 0 erhält man (3x)(xe{0}) Th
θ.
3. Wir setzen jetzt voraus, daß ko Θ. Dann gilt 0 Φ {0} Th θ . Das läßt sich so einsehen. Nach Lemma (1.3.34) 4. ist ->(3x)(x e 0) Th θ . Wenn nun in der Behauptung das Gleichheitszeichen gilt, folgt die (einen Widerspruch erzeugende) Aussage: -i(3x)(x € {0}) Th
θ.
4. Aus der letzten Behauptung folgt weiter, daß {{0}} φ {0} Th θ . Denn wenn das Gleichheitszeichen gelten würde, wäre 0 G {{0}} Th θ und damit 0 = {0} Th θ . 5. Durch weitere Klammern um 0 kann man also beliebig viele in θ 0 verschiedene Terme erzeugen.^ In diesem Rahmen lassen sich nun unentscheidbare Aussagen — und zwar beliebig viele — erzeugen, allerdings solche mit Variablen. Aber gerade diese sind im Rahmen der Physik von Interesse (vergleiche Abschnitt 7.2.4.8). Zugrunde liegt diesen Überlegungen das anschaulich unmittelbar einsichtige M e t a - T h e o r e m (1.3.41): In der MT Θ gilt die Aussage Τ φ 0 T h θ genau dann, wenn (3x)(x 6 T) Th θ . Der Beweis ergibt sich sofort mit Hilfe von (1.70).O Wann Aussagen der Form χ € Τ unentscheidbar sind, sagt das M e t a - T h e o r e m (1.3.42): Sei θ eine MT mit ko θ und Τ ein Term, in dem die Variable χ nicht vorkommt. 1. Es gilt: χ £ Τ ko θ . 2. Wenn Τ = 0 nTh θ , dann ist χ e Τ ko θ .
108
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Beweis: 1. Nach Lemma (1.3.34) Formel (1.68) ist ->(Vx)(x € T) Th Θ. Wäre nun χ e Τ Th θ , dann wäre auch (Vx)(x e Τ) Th θ im Widerspruch zu ko θ . 2. Wenn χ e Τ nko θ , dann ist χ £ Τ Th θ . Daraus folgt nach Lemma (1.3.34) Formel (1.70), daß Τ = 0 Th Θ.Ο Beispiel (1.3.43): 1. Aus diesem Satz ergibt sich unmittelbar, daß die Aussage χ € {0} unentscheidbar ist. 2. Sei A id χ Ε Τ Λ Β und A ko θ . Dann ist wegen Meta-Theorem (1.2.31) 1. die Aussage A ebenfalls unentscheidbar. O 1.3.3.4: Die Bildung von Potenzmengen und kartesischen Produkten spielt in der Theorie der Strukturarten und damit für die Physik eine große Rolle. Für die Potenzmenge lassen sich die aus der naiven Mengenlehre bekannten Regeln alle begründen (vergleiche [15], S. 260 ff.). Etwas mehr Vorsicht ist beim Umgang mit dem kartesischen Produkt am Platze. Wir knüpfen direkt an Definition (1.3.19) an. Es gilt folgendes Meta-Theorem (1.3.44): In einer beliebigen MT θ gelten die Theoreme: 1· 2. 3. 4.
(P r i (x, y) = x) A (pr2 (x, y) = y) ζ = (x, y) ·$=>• ((ζ ist ein geordnetes Paar) Λ pr x z = χ A pr2z = y) ζ ist ein geordnetes Paar ζ = (p^z, pr2z) ζ € Χ χ Y ·$=>· (3x)(3y)(x € XAy e ΥΛζ = (x, y))
Der Beweis ist in [15], S. 291 ff. zu finden.O 1.3.3.5: Nach Definition (1.3.23) sind Relationen Mengen von geordneten Paaren. Für sie gelten die üblichen Rechenregeln der naiven Mengenlehre. Für den späteren Gebrauch sind hier einige von ihnen aufgelistet. Unmittelbar einzusehen ist folgendes Meta-Theorem (1.3.45): Sei θ eine MT. Dann gelten in θ die Theoremschemata: Ζ C (Χ χ Y) = » Rei Ζ, Rei W · W C (Dom W x Ran W), Rei S =>· Rei S - 1 , Rei SA Rei Τ = > Rei S ο T.
(1.71) (1.72) (1.73) (1.74)
Die Beweise finden sich in [15], S. 303 ff.O In den kommenden Anwendungen von Relationen, besonders von Funktionen spielen gewisse Rechenregeln für das Bild einer Menge durch eine Relation eine große Rolle. Meta-Theorem (1.3.46): Die folgenden Theoremschemata gelten in jeder beliebigen MT Θ: S[X] = S[X Π Dom S] C S[Dom S] = Ran S,
(1.75)
1.3. Mengenlehre
109
S _1 [Y] C R a n S _ 1 = Dom S,
(1.76)
S[0i =
(1.77)
0,
S[X U Y] = S[X] U S[Y],
(1.78)
s[x
Η S[Y],
(1.79)
C S [Y],
(1.80)
Η Y] C
Χ C Y
s[x] s[x]
S[X]\S[Y] C S[X\Y].
(1.81)
Beweishinweise und -skizzen findet man in [15], S. 324.0 Bemerkenswert an diesen Sätzen ist, daß Rei S Th θ nicht vorausgesetzt zu werden braucht! Für die Komposition von Relationen gelten ebenfalls einige Rechenregeln: Meta-Theorem (1.3.47): Sei θ eine MT. Dann sind die folgenden Schemata Theoremschemata in Θ: Dom (S ο T) = T -1 [Dom S]
(1.82)
Ran (S o T) = S[Ran T]
(1.83)
(S ο Τ ) - 1 = Τ - 1 o S - 1 .
(1.84)
Für den Beweis siehe [15], S. 327.0 1.3.3.6: In den folgenden Abschnitten und Kapiteln spielen die mehrfachen kartesischen Produkte und die n-Tupel eine große Rolle. Es gibt mehrere Arten, sie einzuführen. Um den Anschluß an die bisher eingeführte Terminologie (einfache kartesische Produkte und Paare) zu erhalten, definieren wir (abweichend von Edwards in [15], S. 453 ff.; vergleiche Abschnitt 1.3.4.3) wie folgt: Meta-Definition (1.3.48): Seien Sj, Tj, j = 1 , . . . , η beliebige Zeichenreihen und 1 , . . . , η (meta-arithmetische) natürliche Zahlen. 1.
7\ χ · • · χ T„ id
χ 2) id (Γι χ · · · χ T„_i) x T„ i=ι
id ( X Tj) χ T„ id j=ι 2.
v
ί.·.((Τ1χΤ,)χΤ,)χ-χϋχΓ,. '
(51,...,5„)id((51,...,5n_1))5n)id(---((51,52),53),---,Sn).
Daraus ergibt sich das Meta-Theorem (1.3.49): Sei θ eine MT. Dann gilt: η (xlt...,*„) = ( x i , f \ X j = Th Θ. j=1 Der Beweis ergibt sich aus dem für Paare in [15], S. 282.0 Es ist zweckmäßig, eine abkürzende Bezeichnung einzuführen:
O
Kapitel 1. Mathematische Theorien
110
D e f i n i t i o n (1.3.50): {(xi. •··,*») : Ä} id {ζ : (3xj) · · · α(3χ„)(α Λ ζ = ( x j , . . . ,x„))}, wobei ζ nicht in der Zeichenreihe A vorkommt. (Vgl. Definition (1.3.18).)0 Die Projektionen sind (in Verallgemeinerung von Meta-Definition (1.3.19) 7.) formal definiert durch die D e f i n i t i o n (1.3.51): P r j z id Tx,(-P¿[z,Xj]) mit Pj[z,Xj]
id (3xi) · • • (3xj_i)(3xj+i) · · · (3x„)(ζ = ( x i , . . . , x „ ) )
für j = 2 , . . . , τι — 1 und entsprechend für j — 1 und j = n.O Die bequeme und effektive Verwendung der neuen Symbole ist garantiert durch das M e t a — T h e o r e m (1.3.52): Sei θ eine MT, und ζ möge in A nicht vorkommen. Dann ist (für die Variablen x i , . . . , x„, z): [s = { ( x i , . . . , x„) : Α} Λ Coll z (3xi) · · · (3x„)(Α Λ ζ = ( X l > . . . , x„))] =•
((Χ 1 ) ...,Χ η )€8-«=»·Λ[Χ 1 > ... ι Χ Β ])
ein Theoremschema in Θ. Der Beweis für Paare ist in [15], S. 247 zu finden.O Damit sind die üblichen Rechenregeln für den Umgang mit n-Tupeln ebenfalls sichergestellt, beispielsweise das M e t a — T h e o r e m (1.3.53): Die Schemata η ( S i , . . . , S n ) € Τι χ · · · Χ T„ < = • / \ Sj e Tj-
3=1 und η Λ x ; c Yj j=1
η
η
χ Xi c χ Y( k=1 i=l
sind Theoremschemata in jeder MT θ . Im zweiten Schema kann ==> durch ersetzt werden, falls Xj Φ 0 Th θ für jedes j = 1 , . . . , τι. Der Beweis dieser Aussage für Paare sowie weitere Rechenregeln sind in [11], S. 74 und in [15], S. 299 zu finden.O Wir benutzen diese Regeln in den weiteren Überlegungen im ganz naiven Sinne.
1.3. Mengenlehre
111
1.3.3.7: Um den Schreibaufwand bei den kommenden Anwendungen in erträglichen Grenzen zu halten, sind weitere Abkürzungen notwendig. Das betrifft vor allem die n-Tupel. Es ist üblich, Sammelzeichen zu verwenden wie folgt: Ζ id ( ζ ι , . , . , ζ m ) etc., wofür meistens nach Meta-Definition (1.3.17) auch Ζ := (zx,...,z m ) etc. geschrieben wird. Wesentlich sind folgende Bezeichnungen: Bezeichnungen (1.3.54): 1. Sei Ζ := (Χι,... ,Xn). Dann schreibt man Λ[Χ!,...,Χ η ] id A[Z] 2. Wenn in Ζ := (Xi,..., X„) die Buchstaben y Q l , . . . , yam als Teil-m-Tupel enthalten sind, wenn also für gewisse Indizes gilt Xj id y a , dann schreibt man ( 3 y J - - - ( 3 y a J A [ Z ) id (3Z)A[Z) und (Vy ai )---(Vy am )/l[Z] id (VZ)A[Z]. Quantifiziert wird also immer nur über die Buchstaben, die als Terme in dem nTupel Ζ auftreten.O 1.3.3.8: Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen spielen in weiten Bereichen der Mathematik und damit auch in der Physik eine überragende Rolle. Allgemein lassen sich mit Hilfe von Definition (1.3.21) folgende drei Behauptungen beweisen: Meta-Theorem (1.3.55): Sei χ eine Variable in der MT Θ. Dann gilt: 1. Die Aussagen singx>4 Th θ und „Es gibt einen Term Τ derart, daß (Λ = > χ = Τ) Th θ " sind äquivalent. 2. Wenn (A =>• χ = T) Th Θ, dann ist Τ = τχ(Α) Th Θ.Ο Meta—Theorem (1.3.56): Sei χ eine Variable in der MT Θ. Dann sind die Aussagen fkt x d Th
θ
und „Es gibt einen Term Τ derart, daß (Α äquivalent. O
χ = Τ) Th
θ"
Kapitel 1. Mathematische
112
Theorien
M e t a - T h e o r e m (1.3.57): Wenn fktxÄ[x] Th θ (für eine Variable x), dann ist (3χ)(Λ[χ]ΛΒ[χ])
ß[r x (/\)] Th θ .
O
Die Beweise der drei Theoreme sind in [11], S. 48 und 49 zu finden. Sie gelten auch in der Mengenlehre θ 0 ! Bemerkung (1.3.58): 1. Das letzte Meta-Theorem läßt sich auch in folgende Form bringen: (3x)(ß[x] Λ χ = T) -- ß[T] Th Θ. 2. Nach Meta-Theorem (1.3.55) 2. ist Τ = r x (x = T) Th Θ.Ο Damit lassen sich nun zwei weitere Behauptungen beweisen, auf die wir später zurückgreifen werden. M e t a - T h e o r e m (1.3.59): Seien x, y Variablen in der MT Θ. Dann ist (x, y) e Δ τ · (χ = y Λ χ € Τ) Th θ . Zum Beweis zeigt man, daß Δ τ = {(x, y) : χ = y Λ x G Τ}. Das aber folgt aus der Definition (1.3.25) 5. von Δ τ und aus Meta-Theorem (1.3.56).O Daraus erhält man unmittelbar die Folgerung (1.3.60): Wenn x, x7 Variablen in der MT θ sind, dann ist (3χ')(Λ[χ'] Λ (χ',χ) G Δ χ ) < ^ · / 1 [ χ ] Λ χ € Χ ein Theoremschema in Θ.Ο 1.3.3.9: In einem weiteren Schritt sollen jetzt einige allgemeine Resultate über Funktionen vorgestellt werden. Die Aussage f : u —>· ν war in Definition (1.3.25) bereits eingeführt worden. Es geht zunächst darum, sie weiter zu spezialisieren: Definition (1.3.61): 1. f : u —> ν ist surjektiv id f : u —> ν Λ Ran f = ν 2. f : u —> ν ist injektiv id f : u — • ν Λ Fun Γ 1 3. f : u — ν ist bijektiv id f : u — • ν Λ Ran f = ν Λ Fun Γ 1 . 4. Abkürzend wird auch gesagt: f ist surjektiv etc.O Diese Aussagen (!) entsprechen genau den anschaulichen Vorstellungen von surjektiven Funktionen etc. Aus der Definition von Fun f folgt nach Meta-Theorem (1.3.45) Formel (1.73) sofort, daß das Inverse einer Funktion eine Relation ist. Es gibt für Funktionen aber einige Besonderheiten bei den Rechenregeln aus MetaTheorem (1.3.46), die jetzt aufgelistet werden sollen.
1.3. Mengenlehre
113
Meta-Theorem (1.3.62): Sei θ eine MT, und es mögen in θ die folgenden Theoreme gelten: f : M —> Ν, W C M, V C Μ, Τ C Ν und S C Ν. Dann gelten in θ die Theoremschemata: 1. f injektiv =>· f[W Π V] = f[W] Π f[V]. 2. f injektiv f[W\V] = f[W]\f[V]. 3. r ' i T n s i ^ r ' l T l n r ' t s ] . 4. f-^TUS] = r 1 [ T ] u r 1 [ s j . 56.
r1[T\s] = r1[T]\r1[s], ffr^w]] c w.
Das Gleichheitszeichen gilt, falls „f ist surjektiv" Th Θ. 7. r'[f[T]]DT. Das Gleichheitszeichen gilt, falls „f ist injektiv" Th Θ. Der Beweis ergibt sich aus den allgemeinen Formeln von Meta-Theorem (1.3.46). (Siehe auch [15], S. 431 ff.)0 Weitere nützliche Rechenregeln, die mehrfach angewendet werden, enthält das Meta-Theorem (1.3.63): Sei θ eine MT, und es mögen in θ die folgenden Theoreme gelten: f : M —> Ν, U C Μ, Τ C Ν. Dann gelten in θ die Theoremschemata: Γ1[Τ] = ϋΓ 1 [Ν\Τ]=Μ\υ. r x [T] = U f[U] C Τ Λ f[M\U] C N\T. Γ ^ τ ] = υ Γ 1 [Τ] D υ Λ r J [N\T] D M\U. O
(1.85) (1.86) (1.87)
Als letzte Aussage über Funktionen wird eine Behauptung bewiesen, die für die Anwendungen in der Physik wichtig ist. Meta-Theorem (1.3.64): 1. Sei θ eine MT. Ferner sei f : M —> Ν Th θ und U c M Th θ . Dann ist χgυ f(x) € f[U] Th Θ. 2. Wenn zusätzlich „f ist surjektiv" Th Θ, dann ist (3x)(x G Μ Λ A[f(x)]) ^ (3y)(y e Ν Λ % ] ) ein Theoremschema in Θ. Beweis: Die folgenden Aussagen sind alle Theoreme oder Theoremschemata in Θ: Unmittelbar einzusehen, aber auch formal beweisbar (siehe [15], S. 356 (4) und (6)) ist die Aussage: χ€U
f(x) G f[U] Λ χ G U.
Nach Meta-Theorem (1.2.38) und wegen f[M] = Ν gilt dann χ e Μ Λ >4[f(x)] C mit C id f(x) € Ν Λ χ G Μ Λ Λ[ί(χ)]. Nach Bemerkung (1.3.58) ist damit
114
Kapitel
C
1. Mathematische
Theorien
(3y) (y = f(x) A x e M A y e N A % ] ) .
Daraus ergibt sich (3x) C
(3y) [(3x) (y = f(x) A x S M A y G N ^ A y G N A % ] ]
Nun ist (3x)(y = f ( x ) A x G M A y G N ) Daher ist wegen (1.53): (3x)C ( 3 y ) ( y € H A A [ y ] ) .
Th Θ. O
Nach den Überlegungen von Abschnitt 1.3.3.5 gelten entsprechende Theoreme für Funktionen von „mehreren Variablen". 1 . 3 . 3 . 1 0 : In den Definitionen (1.3.12) und (1.3.19) waren die Symbole U * und fi ^ definiert worden. Es ist zweckmäßig, daneben noch die konventionelleren Bezeichnungen einzuführen. Definition ( 1 . 3 . 6 5 ) : U Τ id {y : (3x)(x € X Ay £ Τ ) } , xex f i 5 id {ζ : (Vy)(y e F ^ z e S)}. yçy
O
Dann gilt das M e t a - T h e o r e m ( 1 . 3 . 6 6 ) : In einer MT θ gelten die Theoremschemata: U T = U { Z : ( 3 x ) ( X € X A Z = T[X])} xeX und Π S = n { u : ( 3 y ) ( y € Y A u = T[y])}. yeY Eine Beweisskizze
ist in [15], S. 767 zu finden.O
1.3.4 Konstruktive Mathematik 1.3.4.1: Wir greifen jetzt die Überlegungen aus Abschnitt 1.0.2.11 wieder auf. Dort war darauf hingewiesen worden, daß gewisse Teile der Mathematik (z.B. die Reelle Analysis) in der Mengenlehre θο allein darstellbar sind und in der Praxis auch so betrieben werden. Diese Teile hatten wir konstruktiv genannt. Sie sollen hier unter dem Schlagwort konstruktive Mathematik zusammengefaßt werden. In Bemerkung (1.3.16) war andererseits darauf hingewiesen worden, daß jede MT θ als Teil der Mengenlehre θο aufgefaßt werden kann in dem Sinne, daß jedes Theorem A von
1.3.
Mengenlehre
115
θ = Θ0Ρ ein Theorem Ρ = > A in θο ergibt. Da θ stärker ist als θ 0 (per Definition des Begriffes MT!), ist natürlich auch Ρ = > A ein Theorem von Θ; aber umgekehrt ist nicht allgemein A allein ein Theorem von θο· Die Betrachtung von MT Θ, die echt stärker sind als θο, ist also nicht eine Angelegenheit des Prinzips, sondern der Zweckmäßigkeit. Man braucht bei den Theoremen, an denen man speziell interessiert ist, nicht immer die Prämisse Ρ mit aufzuschreiben. Daß es auch sonst noch Vorteile bringt, MT der Form Θ 0 Ρ zu betrachten, werden wir in Abschnitt 1.4 sehen. Aber auch Teile der konstruktiven Mathematik haben manche Vorzüge. Sie bestehen darin, daß gewisse Terme, z.B. die Zahlen 0 oder 1 (und andere), sowie die Menge IM der natürlichen Zahlen, explizit als Zeichenreihen ohne Buchstaben definierbar sind. Die Eigenschaften dieser Terme sind also explizit in θο angebbar. Sie werden (dabei) nicht durch Axiome implizit festgelegt, wie es (i.a.) alternativ auch gemacht werden kann. Die Gegenstände der konstruktiven Mathematik im engeren Sinne sind gerade diese explizit gegebenen Terme und ihre Eigenschaften in θο· 1.3.4.2: Um den Anschluß an die Literatur zu erhalten, soll hier die Konstruktion der Menge IM der natürlichen Zahlen (einschließlich der Null) vorgeführt werden. Sie ist enthalten in der Definition (1.3.67): 1. Für eine beliebige Zeichenreihe X wird der Nachfolger definiert durch
X+
X + id { X } U X 2. y ist eine Nachfolgermenge 3. Mit den Abkürzungen
id 0 G y Λ (Vx)(x G y = > · x + G y)
S id Ty(y ist eine Nachfolgermenge) und U id {y : y € íp(S) Λ y ist eine Nachfolgermenge} ist die Menge IM der natürlichen Zahlen definiert durch IM id p|U 4. 5.
χ ist eine natürliche Zahl id χ G IM. 0 id 0 , 1 id { 0 } U 0 , . . . , n+ id {η} U η, d.h. 1 id 0+, 2 id 0 + + etc.Ο
Nennen wir nun die üblicherweise als Peanoaxiome bezeichneten Aussagen Peanoaussagen, so gilt das Meta—Theorem (1.3.68): Die Peanoaussagen, spezialisiert für den Term M und für 0 id 0, sind Theoreme in θο· Der Beweis ist in [15], S. 472 ff. zu finden.O
116
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
Im Anschluß an die Konstruktion von IM lassen sich dann die Mengen der ganzen Zahlen Z , der natürlichen Zahlen Q, der reellen Zahlen F und der komplexen Zahlen C konstruieren nach den in zahlreichen Büchern dargestellten Methoden. (Siehe z.B. [15], S. 639, sowie die dort zitierte Literatur.) Die obige Konstruktion der natürlichen Zahlen in Form der Menge IM ist nicht die einzig mögliche! Jede Menge IM*, für die (3f)(f : IM —> IM* ist bijektiv) Th θ 0 gilt, leistet dasselbe. Es gibt also beliebige Realisationen von den aus den natürlichen Zahlen hervorgehenden Zahlen. 1.3.4.3: Die ganzen Zahlen erlauben es, eine Alternative zu Meta-Definition (1.3.48) anzugeben. Dabei benutzen wir aus Bequemlichkeitsgründen für die metaarithmetischen ganzen Zahlen und die Elemente von IM dieselben Symbole. Dieses Verfahren läßt sich rechtfertigen! Denn wegen η id 0 + - + für η > 1 entspricht jede Strichreihe | · · · | eineindeutig einer +-Reihe Η l· und damit eineindeutig einem n. Akzeptiert man diese „Identifikation", so erhält man naheliegenderweise die alternative M e t a - D e f i n i t i o n (1.3.69): 1. Für beliebige Zeichenreihen 7 \ , . . . ,7n ist: η η η Λ Tx χ . . . χ Τ η id Χ Tj id {g : g : Νη — • U Λ fSU) e Tj}, j=1 j=l j-1 wobei Nn id {k € IM : 1 < k < η}. 2. Für die Zeichenreihen S i , . . . , Sn ist (5 1 ,...,5n)id{(l,5 1 ),...,(n,5n)}.
O
Da man mit dieser Definition und mit der früheren gleich gut arbeiten kann und es uns nur auf die Resultate, aber nicht auf die formalen Beweise ankommt, gehen wir auf Details im folgenden nicht mehr ein. Schließlich läßt sich damit auch der Begriff der endlichen oder der abzählbaren Menge durch eine unbedingte Definition einführen wie folgt: Definition (1.3.70): Seien M und Κ Zeichenreihen. 1. M ist endlich id (3n)(3f)(n € IM Λ f : M — • Nn ist bijektiv), wobei wie oben Nn id {k e IM : 1 < k < n}. 2. Κ ist abzählbar id (3f)(f : Κ —> IM ist bijektiv). O
1.4. Strutturarteli und
Strukturen
117
1.4 Strukturarten und Strukturen 1.4.1 Vorbemerkungen 1.4.1.1: In diesem Abschnitt sollen MT betrachtet werden, die echt stärker sind als die Mengenlehre θο und deren Axiome eine spezielle Form mit bestimmten Eigenschaften haben. Es sind dies die sogenannten Theorien von Strukturarten. Die Theorie der Gruppen ist ein prominenter Vertreter dieses Typs von MT. Wir verlassen damit also die konstruktive Mathematik im Sinne von Abschnitt 1.3.4. Die Betrachtung von Strukturarten bringt eine Reihe von Vorteilen. Sie bestehen darin, daß man zahlreiche Begriffe ganz allgemein (d.h. ohne Bezug auf eine MT) definieren kann und daß man damit Eigenschaften dieser Begriffe nachweisen kann, die üblicherweise für jede Theorie (einer bestimmten Strukturart) einzeln gezeigt werden. Diese Überlegungen gehen in dieselbe Richtung wie die in der Kategorientheorie. Eine ausführliche Darstellung der Eigenschaften von Strukturarten wird in [11], Kapitel IV gegeben. Wir werden hier nur einen Bruchteil dieser Resultate vorstellen. Der Begriff der Strukturart hat aber nicht bloß eine zentrale Bedeutung innerhalb der Mathematik, sondern er erweist sich auch für die Physik als äußerst nützlich. In den Kapiteln 7 und 10 wird gezeigt, daß gerade diejenigen PT mit möglichst „viel physikalisch interpretierbarer" Mathematik als MT eine Theorie einer Strukturart haben. 1.4.1.2: Nachdem also klar ist, welches Ziel wir in diesem Abschnitt (und in den restlichen Abschnitten von Kapitel 1) verfolgen, soll jetzt klargestellt werden, auf welche Weise wir dieses Ziel erreichen können und wollen. Etwas konkreter lautet die Frage: Können wir, erstens, den gleichen Grad an Formalisierung wie bisher beibehalten, und zweitens, wollen wir das? Wie von Bourbaki in [11] und in den nachfolgenden Büchern, aber mehr noch von Edwards in [15] (für die konstruktive Mathematik) gezeigt, läßt sich die strenge formale Darstellung für viele Teile der Mathematik beibehalten, das aber mit einem erheblichen technischen Aufwand. Da wir in diesem Buch natürlicherweise über Mathematik reden müssen, aber nicht bei ihr verweilen wollen, weil unser Ziel die Physik ist, halte ich es für angezeigt, an dieser Stelle einige Vereinfachungen vorzunehmen wie folgt: 1. Es werden nicht nur unbedingte Definitionen zugelassen, sondern auch bedingte. Diese enthalten immer meta-theoretische Elemente, sie wären daher konsequenterweise als Meta-Definitionen zu bezeichnen. Statt dessen werden in Zukunft alle Arten von Definitionen nur noch als Definitionen bezeichnet. 2. Da bereits in den vorangegangenen Abschnitten „eigentliche" Theoreme im Sinne von Meta-Definition (1.1.43) 2. von wenigen Ausnahmen abgesehen immer in Meta-
118
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
Theoreme eingebettet waren und das in allen kommenden Abschnitten und Kapiteln so bleibt, müßte konsequenterweise immer von Meta-Theoremen gesprochen werden. Das ist lästig und geht am Kern der Sache vorbei! Wir werden daher diese gemischtsprachlichen Aussagen einfach Behauptungen nennen. Die Bezeichnung „ . . . ist Theorem in . . . " oder „... Th . . . " behalten wir allerdings zur Charakterisierung von formalen Aussagen bei. Die Redewendung „A Th Θ" kommt also als Bestandteil von Behauptungen vor! 1.4.1.3: In den folgenden Abschnitten kommen nicht selten mengentheoretische und arithmetische Operationen mit natürlichen Zahlen vor. Ganz wie in Abschnitt 1.3.4.3 lassen sich alle diese Überlegungen sowohl meta-theoretisch als auch innerhalb von ©o und damit innerhalb jeder MT durchführen. Als Darstellungsweise wählen wir aber immer die meta-theoretische.
1.4.2 Leiterverfahren 1.4.2.1: Das Ziel dieses Abschnittes ist die Konstruktion von sogenannten Leitermengen und von Abbildungen zwischen ihnen. Anschaulich gesprochen ist eine Leitermenge ein Term, der aus gegebenen Termen Εχ,..., E„ durch hintereinander geschachtelte Bildung von kartesischen Produkten und Potenzmengen erzeugt wird. Die Definition erfolgt in mehreren Schritten: Definition (1.4.1): Ein Leiterschema ist eine Folge (ci,c2,... ,Cm) von Paaren Cj = (dj, bj) natürlicher Zahlen aj, bj, j — 1 , . . . , m mit der Eigenschaft: 1. Wenn bj = 0, dann ist j > 1 und 1 < aj < j — 1. 2. Wenn a3 φ 0 und bj φ 0, dann ist j > 1 und 1 < a,j < j — 1 und 1 < bj < j — 1. Man schreibt zur Abkürzung S = ( c 1 ; . . . , e m ) (siehe Meta-Definition (1.1.40)).O Folgerung (1.4.2): Für ci in einem Leiterschema ist ci = (0,6i) mit b\ > O.O Um ein Leiterschema zur Konstruktion einer Menge aus gegebenen Mengen verwenden zu können, braucht man als Zwischenschritt die Definition (1.4.3): Sei η die größte Zahl bj, die in einem Leiterschema S in Paaren der Form (0, bj) auftritt. Dann heißt S ein Leiterschema für η Objekte.O Betrachtet werden jetzt η Terme Ε ι , . . . ,E„ in einer MT θ und ein Leiterschema S für η Objekte. Die intendierte Konstruktion ist dann gegeben durch die Definition (1.4.4): 1. Ein Leiterverfahren nach Schema S über Ej,..., E„ (in der MT Θ) ist eine Folge von Termen Z 1 ; . . . Zm mit den Eigenschaften: 1.1: Wenn Cj = (0, bj) ist, ist Ζj id E^ . 1.2: Wenn Cj = (üj, 0) ist, ist Ζj id φ(Ζ 0; ). 1.3: Wenn Cj = (cij, bj) mit üj φ 0 und bj φ 0, ist Ζj id Z0j. χ Zbj.
1.4. Strukturarten
und Strukturen
2. Der Term Zm heißt Leitermenge nach dem E i , . . . , E„. Als Standardbezeichnung wird dafür 3. Sei S ξ ( c i , . . . ,Cm) ein Leiterschema, dann 5 ' = ( c i , . . . , Cm+i) mit Cm+1 = (m, 0) auch
119
Schema S über den Basismengen Zm id ¿'(Ei,..., E„) verwendet. schreibt man für das Leiterschema also S' = ^ S . O
Beispiel (1.4.5): 1. Gegeben seien zwei Mengen Ei und E2. Dann ist 5 ξ ((0,1), (0,2), (1,0), (3,0), (2,0), (4,5)) ein Leiterschema für zwei Objekte, und Ε ι , e 2 , φ ( Ε ι ) , φ ( φ ( Ε ι ) ) , φ ( Ε 2 ) , φ ( φ ( £ ι ) ) χ · 5(Ei,..., Ej,) Th Θ.Ο Definition (1.4.14): Die Funktion Gm heißt kanonische Erweiterung von Fi,..., F„ mit dem Schema S. Als Bezeichnung wird Gm id (Fi,..., F„) s verwendet.O Die kanonischen Erweiterungen haben einige Eigenschaften, die später viel benutzt werden. Behauptung (1.4.15): 1. Wenn in der MT θ für jedes j = 1 , . . . , η die Aussagen ρ. · F ν F'. F'. · F' ν F" r} . C.J
f C.J, r3 . C.J
t r.j
Theoreme dann gilt auch das Theorem: (Fi O Fsind, o ( F l , . . . , F„) s . l , . . . , F; o F„>* = (Fi,..., 2. Wenn in θ zusätzlich für jedes j — ί,.,.,η die Aussage „Fj ist injektiv" ein Theorem ist, dann ist (Fj,..., F„) s ist injektiv Th Θ. 3. Wenn in θ zusätzlich für jedes j = 1,... ,n die Aussage „Fj ist surjektiv" ein Theorem ist, dann ist (Fi,..., F n ) 5 ist surjektiv Th Θ. und 5(E' 1 ,...,E;)-(Fi,...,F n ) 5 [5(E 1 ,...,E n )] Th Θ. 4. Wenn in θ zusätzlich für jedes j = 1,..., η die Aussage „Fj ist bijektiv" ein Theorem ist, dann ist ((Fi> · · · i Fn) S ) - 1
=
(Ff1) · · · > F« 1 ) 5 Th Θ.
Die Beweise sind in [11], S. 260 und 261 zu finden.O 1.4.2.4: In den Anwendungen taucht häufig folgendes Problem auf: Gegeben ist eine Menge X, die aus Mengen Βχ,... ,B„ durch alleinige Bildung von kartesischen Produkten und Potenzmengen in einer MT θ erzeugt wird. Ist dann X eine Leitermenge im Sinne von Definition (1.4.4)? Antwort darauf gibt die anschaulich unmittelbar einsichtige
122
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
Behauptung (1.4.16): Zu dem gegebenen X gibt es ein Leiterschema S derart, daß X = 5(Bi, . . . , B„). Beweis: Nach Voraussetzung ist X entweder eine Potenzmenge oder ein kartesisches Produkt. Daher gibt es nach Behauptung (1.4.6) entweder eine eindeutig bestimmte Menge Ui mit ^î(Ui) = X oder zwei eindeutig bestimmte Mengen Ui, U2 mit Ui xU 2 = X. Dieses Verfahren läßt sich entweder für die Mengen Uj (j = 1 oder j — 1,2) fortsetzen oder ein Uj ist gleich einem Βκ, κ = 1 , . . . , η. Man erhält auf diese Weise Mengen UQ1...Q)e mit ûa = 1 oder o^ = 1,2 für λ = 1 , . . . , κ und κ = 1 ,...,k. Diese Mengen werden jetzt folgendermaßen angeordnet: Man schreibt in beliebiger Reihenfolge die Mengen UQl...Qfc auf, danach in beliebiger Reihenfolge die Mengen U o i u s w . , und zuletzt X. Die so erzeugte endliche Folge von Mengen ist nach Konstruktion ein Leiterverfahren, an dem das Schema S direkt ablesbar ist.O Folgerung (1.4.17): 1. Wenn für zwei Leiterschemata S und S' in einer MT Θ die Beziehung S(Ei
E„) = S , ( E 1 ) . . . E B )
gilt, dann enthalten die zugrundeliegenden Leiterverfahren ein bis auf gewisse Permutationen gleiches Teilleiterverfahren. 2. Wenn zusätzlich noch für jedes j = 1 , . . . , η die Aussage Fj : Ej —>· Ej Th θ gilt sowie für jedes j, l — 1 , . . . , η die Aussage (Ε, = Ε*)
(F,· = Ffc) Th
θ,
dann ist (F1,...,Fn)5 = (F1,...,F„)s'
Th θ.
O
1.4.3 Theorien von Strukturarten 1.4.3.1: Zur Definition des Begriffes Strukturart werden zwei Hilfsbegriffe benötigt, die zunächst eingeführt werden. Gegeben sei eine MT θ, sowie die Variablen x 1 ; . . . , x„, S j , . . . , s^ (von θ). Außerdem seien E i , . . . , E m Terme, in denen die Buchstaben Χχ,..., x„, S i , . . . , S/t nicht vorkommen. Schließlich seien Si,...,Sk Leiterschemata über n +m Objekte. Definition (1.4.18): Die Aussage Γ id
k
f\ sa e 5 a ( x i , . . . , x r i , E i , . . . , E m ) a=l
heißt Typisierung von S i , . . . , sk. Auch die Aussage V
k
id (si,...,sfc) € X S 0 ( x 1 , . . . , x f c > E i > . . . l E „ l ) a=l
wird als Typisierung bezeichnet (denn nach Meta-Theorem (1.3.53) gilt die Aussage Τ T ' Th θ 0 ) . Ο
1.4. Strukturarten und Strukturen
123
Für eine MT θ und eine Typisierung Τ sei eine Aussage Y bestimmt durch die Bezeichnung (1.4.19): Die Buchstaben y 1 , . . . , y n und f i , . . . , f „ seien Variablen von Θ. Dann sei die Aussage Y definiert durch: η Y id f \ f ß :Xß —> yβ ist bijektiv. β=ι Ferner sei für jedes α = 1 , . . . , k der Term Ζα bestimmt durch Za id ( f i , . . . ,fn,idi,.. wobei idp
id^,
•
,idm)s"(sa),
ρ = 1 , . . . , τη.O
Damit wird die Transportabilität einer Aussage festgelegt durch Definition (1.4.20): In der Aussage A id Λ[χι,..., x„, Si,..., mögen die Buchstaben y j , . . . , y„, f i , . . . , f„ nicht vorkommen. Sie kann aber weitere Buchstaben enthalten, wenn sie nur von den y x , . . . , y„, f i , . . . , f„ verschieden sind. 1. Die Aussage A heißt transportabel in θ Τ oder in θ bezüglich der Typisierung T, wenn die Aussage A[x 1 , . . . , Xn, Si,.. -, Sfc]
y4[y x ,..., y„, Zu • • •, Zk\
(1.88)
ein Theorem in Θ TY ist. 2. Sei Ρ eine transportable Aussage (in θ Τ). Dann heißt A transportabel in ΘΤΡ, wenn die Aussage (1.88) ein Theorem in ΘΤΡΥist.O Aus den Meta-Theoremen (1.2.21), (1.2.38) und (1.2.40) erhält man unmittelbar die B e h a u p t u n g (1.4.21): 1. Seien A und Β transportabel in θ Τ oder in θ TP (mit einer in θ Γ transportablen Aussage P). Dann sind auch die Aussagen -»4, AV B, Α Λ Β, A Β transportabel in θ Τ beziehungsweise in θ TP. 2. Sei A transportabel in θ Τ oder θ TP und es sei A C ein Theorem in θ Τ beziehungsweise in θ TP. Dann ist C transportabel in θ Τ beziehungsweise θ TP. O Daß die Transportabilität einer Aussage nicht selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel (1.4.22): Sei η = 2, m — 0 und Τ id (si,s 2 ) G χι χ Χ2· Dann ist die Aussage xx = x2 nicht transportabel, denn i.a. ist fi[xi] Φ fîfo], d.h. yx φ y2. Wenn aber Τ id (si,s 2 ) G χι χ χι, ist Si = s2 transportabel.O Das erste Beispiel ist typisch für die Verletzung der Transportabilität.
124
Kapitel 1. Mathematische
Theorien
1.4.3.2: Durch den (noch festzulegenden) Begriff der Strukturart sollen die gemeinsamen Züge von so verschiedenen Typen von Theorien wie der Gruppentheorie, der Topologie, der Verbandstheorie, der Maßtheorie etc. erfaßt werden. Unser Ziel ist also die meta-meta-theoretische Beschreibung der (meta-theoretischen) Charakterisierung von Theorietypen. Unser erstes Ziel ist die Beschreibung eines meta-theoretischen Textes, durch den drei Typen von Termen und zwei Typen von Aussagen in Bezug auf eine MT θ festgelegt werden. Die Terme werden als Hauptbasismengen, Hilfsbasismengen und Strukturterme bezeichnet, die Aussagen als Typisierung und Axiom oder Zusatzaxiom. Der Text hat folgende Form: S t r a 1.1: Die Hauptbasismengen sind Terme der Form x i , . . . , x„. Sie haben die Eigenschaft £n- Die mit χ χ , . . . , x n bezeichneten Buchstaben sind von allen Konstanten der MT θ und untereinander verschieden, und es ist η > 1. S t r a 1.2: Die Strukturterme sind Terme der Form S i , . . . s^. Sie haben die Eigenschaft £ 12 : Die mit S i , . . . , sjt bezeichneten Buchstaben sind von allen Konstanten der MT θ und untereinander verschieden sowie von allen mit Xi,..., x n bezeichneten Buchstaben; ferner ist k > 1. S t r a 2: Die m Terme Ε χ , . . . , Em sind Hilfsbasismengen. Sie haben die Eigenschaft Keiner der mit Xi,..., x„ und S i , . . . , sjt bezeichneten Buchstaben kommt in einem der Terme E i , . . . , En, vor; wenn keine Hilfsbasismengen auftreten, ist m = 0 zu setzen. S t r a 3: Die Typisierungsaussage That die Form (siehe Meta-Definition (1.1.17)): fc T F [ x i , . . . , x n , S i , . . . , s f c ] id f\ s a G 5 e ( x i , . . . , x „ , E i , . . . , E m ) . a=l Sie hat die Eigenschaft S3: Für jedes a = 1 , . . . , k ist Sa ein Leiterschema für η + τη Objekte. S t r a 4: Das Axiom (oder Zusatzaxiom) hat die Form P ^ X i , . . . , x„, S i , . . . , s*]. Es hat die Eigenschaft £4: Bei geeigneter Wahl von Buchstaben für Xi,..., x n , S i , . . . , s/t ist die Aussage Ρ transportabel in θ T. B e m e r k u n g (1.4.23): In praktischen Anwendungen werden Strukturarten natürlich nicht immer auf die angegebene kanonische Weise bestimmt. So werden beispielsweise die Bezeichner der Strukturterme häufig nicht extra angegeben, da sie aus der Typisierungsaussage direkt abgelesen werden können. Weitere Vereinfachungen und alternative Formulierungen werden in Folgerung (1.4.26) 5. und in den Abschnitten 1.4.3.3 und 1.4.3.4 vorgestellt.O Definition (1.4.24): Jeder Text bestehend aus Sätzen der Form Stra 1.1 bis Stra 4, so daß die Eigenschaften £ n bis £4 erfüllt sind, wird Strukturart über θ genannt. Es ist üblich, eine Strukturart mit einem (nichtlogischen) Symbol, z.B. mit Σ oder anderen großen griechischen Buchstaben, zu bezeichnen.O
1.4. Strukturarten und Strukturen
125
Daß und wie man eine Strukturart verwenden kann, um MT zu formulieren, zeigt die nächste Definition (1.4.25): 1. Gegeben sei eine Strukturart Σ mit den Bezeichnern xx,..., x n , Sx,..., s*;, den Termen Ei,..., E™ sowie mit den Formen von Aussagen T^fxi,..., s*] und P^fxi,..., s*]. Wenn die Buchstaben Χχ,..., x„ die Eigenschaft £π haben, heißen sie Hauptbasismengen nach Σ. Wenn die Buchstaben Sx,... ,Sfc die Eigenschaft £12 haben, werden sie Strukturterme oder Gattungsstrukturen genannt. 2. Die MT θχ ξ e(71xi,...,x n ,s 1 ,...,s j fc] Λ P[x 1} ... ,X„,Si,. .. .s*]) wird eine Theorie der Strukturart Σ (mit den Hauptbasismengen χχ,..., x„ und den Strukturtermen s i , . . . , s¿) genannt.O Unmittelbar aus dieser Definition erhält man die Folgerung (1.4.26): 1. Die Konstanten der oben eingeführten MT θ ι sind gegeben durch die Konstanten von Θ, die Buchstaben Χχ,..., x„, Sx,..., sfc, die in den Hilfsbasismengen vorkommenden Buchstaben und durch die sonstigen in Ρ auftretenden Buchstaben. 2. Für die in Definition (1.4.25) betrachtete Strukturart Σ seien Υχ, · · · ,y„ ebenfalls Haupt basismengen von Σ und tx,... , t* Strukturterme. Ferner sei θ 2 eine Theorie der Strukturart Σ mit diesen Hauptbasismengen und Strukturtermen. Dann ist e 2 = (yi|xi)---(y n |x n )(ti|si)---(t fc |s fc )6i und θχ = (xxlYi) · · · (xn|y„)(s1|t1) · · · (sfc|tfc)62. Das heißt nach Meta-Definition (1.1.62) ganz allgemein: Je zwei Theorien einer Strukturart sind gleichartig. 3. Sei θχ ein Theorie der Strukturart Σ und Θ' eine dazu gleichartige. Dann ist Θ' ebenfalls von der Strukturart Σ. 4. Da sich nur abzählbar viele gleichartige Theorien zu einer gegebenen MT formulieren lassen, kann man die obigen Sachverhalte auch so ausdrücken: Eine Strukturart Σ charakterisiert genau eine Gesamtheit von gleichartigen MT. 5. Aus der letzten Folgerung erhält man eine andere Charakterisierung der Strukturart Σ: Durch die Angabe von Hauptbasismengen χχ,...,χ„, Strukturtermen Sx,..., sfc, Hilfsbasismengen Εχ,..., Em, sowie der Aussagen Τ[χχ,..., s*] und P[xi,..., s*] ist die Strukturart Σ eindeutig festgelegt.O Strukturarten werden bei Bourbaki [11] auf die in der letzten Folgerung beschriebene Weise eingeführt. Wir werden das aus Gründen der Bequemlichkeit in den kommenden Überlegungen ebenfalls tun. Im gleichen Sinne verwenden wir die
126
Kapitel
1. Mathematische
Theorien
B e z e i c h n u n g ( 1 . 4 . 2 7 ) : Für gegebene Hauptbasismengen und Strukturterme wird eine Theorie einer Strukturart Σ mit Θς bezeichnet. Falls nötig, werden daran weitere Zeichen angefiigt.O 1 . 4 . 3 . 3 : In diesem Unterabschnitt soll eine alternative Form von Strukturarten vorgestellt werden. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß immer nur ein Buchstabe als Strukturterm auftritt. Um die Äquivalenz der beiden Darstellungsweisen zu zeigen betrachten wir zwei Strukturarten Σ und Σ', die unter Verwendung von Folgerung (1.4.26) so charakterisiert sind: Die Strukturart Σ über θ ist bestimmt durch die Haupt basismengen Χ χ , . . . , x„, die Hilfsbasismengen E i , . . . E m , die Strukturterme S i , . . . , s*, k
die Typisierung Τ id f\ sa e 5 α ( χ ι , . . . , x„, E i , . . . , E^) und a=l das Axiom Ρ id Ρ [ χ ι , . . . , x „ , S i , . . . ,sjt]. Die Strukturart Σ' über θ ist bestimmt durch die Haupt basismengen x i , . . . , x„, die Hilfsbasismengen E i , . . . E r o , den Strukturterm t,
k
die Typisierung T' id t e Χ £ α ( χ ι , . . . , x„, Ε ι , . . . , Em) und α=1
das Axiom Ρ id ^ [ x i , . . . ,x„,t] id P [ x 1 ; . . . ,x„, p r x t , . . . , pr*t]. D a sich die Aussagen aus Meta-Theorem (1.3.44) für Tupel verallgemeinern lassen, erhält man die B e h a u p t u n g ( 1 . 4 . 2 8 ) : Für eine beliebige MT θ ist T' = > t ist ein
fc-Tupel
Th
θ
und r = > t = (pr 1 t > ...,pr / k t)
Th θ .
O
Daraus ergibt sich nach demselben Meta-Theorem die B e h a u p t u n g ( 1 . 4 . 2 9 ) : Für eine beliebige MT θ ist: r ^
((Sl,...,Sfc)|t)r
Th
Θ
und P^((Sl,...,Sfc)|t)P'
Th Θ,
sowie Τ' ^
(ρτχΨΟ · · · (pr fc t|s*) Τ Th
θ
1.4. Strukturarten und Strukturen
127
und per Definition (bereits in der Logik P'.(pr 1 t|s 1 )-"(pr f c t|s t )P Th e L .
O
Aus dieser Behauptung folgt nun direkt als Resultat unserer Überlegungen die Behauptung (1.4.30): Die Beziehung zwischen der MT Θε und Θς< ist gegeben durch
und ΘΣ- äq (prjtlsi) · · · (pri.t|sfc)ej:.
O
Dieses Meta-Theorem läßt sich anschaulich so interpretieren: Die Strukturarten Σ und Σ' sind „äquivalent". Das läßt sich noch präzisieren, sobald in Abschnitt 1.7.2 ein allgemeiner Äquivalenzbegriff für Strukturarten eingeführt ist. Nach dem obigen Resultat genügt es in jedem Fall, eine Strukturart mit nur einem Strukturterm zu betrachten. 1.4.3.4: Für prinzipielle Untersuchungen ist eine MT der Form Θ& in der Regel bequemer als eine MT der Form Doch möchte man mitunter, gerade bei der Betrachtung von PT, die Vorteile der beiden äquivalenten Formen von MT in einer Theorie vereinen. Das läßt sich so bewerkstelligen: Unter Verwendung der in Σ und Σ' benutzten Bezeichnungen wird ein Text wie folgt festgelegt: Die Haupt basismengen sind Xi,..., x„, die Hilfsbasismengen sind Ei,... Em, die Strukturterme sind s 1 ; . . . , s*, t, die Typisierung ist 7* id T[xi,... ,x„, s i , . . . , s*] A r [ x i , . . . , ΛΠ) LJ und das Axiom lautet P* id P[xi,..., x„, s i , . . . , s*] Λ t = (si,..., s*). Folgerung (1.4.31): Durch den obigen Text ist eine Strukturart (bezeichnet mit) Σ* definiert. Denn das Axiom P* ist transportabel in θ bezüglich T*.0 Es geht jetzt um die Frage: Was haben die drei MT Θς, Θς< und Θς· miteinander zu tun? Um diese Frage zu beantworten, benutzen wir eine Modifikation der Behauptung (1.4.29). Behauptung (1.4.32): Sei Q id t = (si,..., s*). Dann ist T' Τ Th QQ und P'
Ρ Th QQ.
Der Beweis ergibt sich wieder direkt mit Hilfe von Meta-Theorem (1.3.53).O
128
Kapitel 1. Mathematische Theorien
Die Folge dieser Behauptung ist, daß in θ^· eines der Axiome Toder Τ überflüssig ist und daß man Ρ durch Ρ ersetzen kann. Also gilt die Behauptung (1.4.33): Θ Σ . äq ΘΣ