Zukunftskompetenz Vertrieb : So entwickeln Sie Ihr Unternehmen zu einer Top Sales Company [1. Aufl.] 9783658303082, 9783658303099

Der Vertrieb ist die Schlüsselkompetenz für den Unternehmenserfolg. Es gibt 16 Dimensionen und Leistungsfaktoren, die da

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German Pages XXIV, 158 [175] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXIV
„Heiß auf Vertriebserfolg“: Die Bedeutung eines Vertriebsaudits für die Entwicklung zu einer Top Sales Company (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 1-11
Schritt 1 zur Top Sales Company: Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 13-24
Schritt 2 zur Top Sales Company: Fit für die Zukunft – Erfolg ist planbar (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 25-31
Schritt 3 zur Top Sales Company: Die Bewertung der Faktoren des Vertriebserfolgs (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 33-42
Schritt 4 zur Top Sales Company: Die strategische Vertriebsausrichtung (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 43-60
Schritt 5 zur Top Sales Company: Versteckte Ressourcen in der Vertriebsorganisation entdecken und durch Prozessoptimierung die Schlagkraft erhöhen (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 61-71
Schritt 6 zur Top Sales Company: Gute Vertriebsmitarbeiter werden immer gebraucht (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 73-102
Schritt 7 zur Top Sales Company: Vertriebserfolg entscheidet sich in der Vertriebsführung (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 103-130
Schritt 8 zur Top Sales Company: Stolpersteine überwinden (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 131-138
Schritt 9 zur Top Sales Company: Herausforderungen und Zukunftsaussichten (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 139-143
Statt eines Nachworts – die Beweisführung (Dirk Thiemann, Rainer Skazel)....Pages 145-153
Back Matter ....Pages 155-158
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Zukunftskompetenz Vertrieb : So entwickeln Sie Ihr Unternehmen zu einer Top Sales Company [1. Aufl.]
 9783658303082, 9783658303099

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Dirk Thiemann · Rainer Skazel

Zukunftskompetenz Vertrieb So entwickeln Sie Ihr Unternehmen zu einer Top Sales Company

Zukunftskompetenz Vertrieb

Dirk Thiemann • Rainer Skazel

Zukunftskompetenz Vertrieb So entwickeln Sie Ihr Unternehmen zu einer Top Sales Company

Dirk Thiemann Deutsches Institut für Vertriebskompetenz Radolfzell, Deutschland

Rainer Skazel Deutsches Institut für Vertriebskompetenz Radolfzell, Deutschland

ISBN 978-3-658-30308-2    ISBN 978-3-658-30309-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Einbandabbildung: © Sergey Nivens/Shutterstock.com Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Geleitwort: Strategie setzt sich durch

Deutschland ist ein Land der Ingenieure. Die deutsche Wirtschaft und damit der Wohlstand dieses Landes basiert auf den unzähligen Entwicklungen technischer Produkte. Allein eine Invention wird erst dann zu einer Innovation, wenn die Ingenieurleistungen erfolgreich am Markt verkauft werden können. Der Unternehmenserfolg liegt somit in den Händen des Vertriebs. Viele Unternehmen wissen aber nicht, wie gut ihr Vertrieb tatsächlich aufgestellt ist. Gute Umsatzzahlen bedeuten noch lange nicht, dass diese nicht noch gesteigert werden könnten oder sich gar der Gewinn durch höhere Preiserzielung verbessern ließe. In vielen Projekten, die im Rahmen meiner Lehrtätigkeit an der Hochschule Karlsruhe  – Technik und Wirtschaft zusammen mit der Industrie durchgeführt werden, wird die Frage gestellt, was die Unternehmen ändern müssten, um erfolgreicher verkaufen zu können. Von strategischen Grundsatzentscheidungen bis hin zu pragmatisch operativen Handlungsempfehlungen sind alle Bereiche des Vertriebs involviert. Verbesserungen hierin führen zu Vorteilen auch gegenüber dem Wettbewerb und zu einer Penetration des Marktes mit den eigenen Produkten. Mit dem Ziel, sich zu einer „Top Sales Company“ zu entwickeln, bietet das vorliegende Buch Unternehmen praxisnahe Handlungsempfehlungen, um ihre Vertriebskompetenzen zu verbessern. Über das aufgezeigte Vertriebsaudit kann eine Schwachstellenanalyse im Unternehmen durchgeführt werden. Hieraus werden Verbesserungsvorschläge bezüglich verschiedener Themenfel-

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Geleitwort: Strategie setzt sich durch

der, wie Vertriebsorganisation, Führungskräfte, Vertriebsmitarbeiter als auch Vertriebsstrategien angeboten. Eine umfassende Sicht auf den Vertrieb wird sowohl in strategischer als auch in operativer Hinsicht dargelegt. Somit eröffnen sich verschiedene Handlungsspielräume, die Vertriebsaktivitäten im Unternehmen zu verbessern, um sich am Markt erfolgreich zu positionieren und das Unternehmen in eine gesicherte Zukunft zu führen. 

Prof. Dr. Marion Murzin

Vorwort

Kein Bereich innerhalb eines Unternehmens steht so unter Erfolgsdruck wie der Vertrieb. Ohne Vertrieb kein Umsatz, ohne Umsatz kein Gewinn, ohne Gewinn kein unternehmerischer Erfolg. Gute Produkte in ausgezeichneter Qualität sind heute nicht die Ausnahme, sondern in der Erwartungshaltung des Kunden eine Selbstverständlichkeit. Produkte und Dienstleistungen sind austauschbar, zudem ist durch die zunehmende Globalisierung der letzten Jahre ein stetiger Anstieg von leistungsfähigen Wettbewerbern zu verzeichnen. Dem Vertrieb als erstes Glied in der Wertschöpfungskette kommt somit eine enorme Bedeutung in der Marktstellung eines Unternehmens zu, der Vertrieb positioniert Unternehmen in Märkten, und hiermit sind wir bei dem entscheidenden Aspekt: Ist der Vertrieb top-positioniert oder vielleicht nur durchschnittlich? Das könnte eine externe Betrachtung darstellen. Intern fällt vor allem in Form von Kennzahlen auf, dass Verkäufer unterschiedlich performen. Auch hier ist die Pareto-Regel in vielen Vertrieben im wahrsten Sinne des Wortes die Regel, nämlich 20 % der Verkäufer generieren 80 % des Umsatzes. Was unterscheidet die Top 20 % von den anderen, was können die besser als andere, wo liegt der gemeinsame Nenner der Besten und der gemeinsame Nenner der Low-Performer? Und diese Frage löst häufig den gleichen Reflex aus: „Wir benötigen ein Verkaufstraining, Herr Thiemann, Herr Skazel, bitte machen Sie unseren Vertrieb fit.“ Und diesem Reflex folgend, auch bestätigt von zahlreichen Trainerkollegen, wurden in der Vergangenheit Vertriebe „ausund durchtrainiert“, Vertriebsergebnisse jedoch haben sich nur unwesentlich verändert, d. h. die Fehlerquelle muss woanders bzw. im Verborgenen liegen. VII

VIII Vorwort

Diese Erkenntnis aus der Praxis war die Geburtsstunde unseres DIV Vertriebsaudits 360°  Grad, das eben diese Fehlerquellen sichtbar machen soll. Die reine Betrachtung der Verkaufsmannschaft und deren Optimierung ist ein zu eindimensionaler Blick auf den Vertrieb. Vertrieb ist komplex und mehrdimensional und besteht aus Erfolgsfaktoren des Unternehmens, die da Vertriebsstrategie und Organisation heißen, und Erfolgsfaktoren der Mitarbeiter in Form von Führungskräften und Vertrieblern. Durch diese systematische Betrachtungsweise ermöglichen wir den ganzheitlichen Blick auf den Vertrieb und machen die verborgenen Potenziale sichtbar. Mit dieser unabdingbaren, exakten Standortbestimmung sind alle Voraussetzungen geschaffen, den Weg Richtung Vertriebserfolg zu beschreiten und auch zu erreichen. Wir alle kennen das von unserem Navigationsgerät. Eine Zielberechnung und Erreichung ist ohne Standortbestimmung nicht möglich, „Sie befinden sich auf einer nichtdigitalisierten Straße, eine Zielberechnung ist nicht möglich“ so die Ansage. Mit diesem Buch erhalten Sie ein Navigationsinstrumentarium, das Ihnen den Weg von der „Standortbestimmung“ bis zur Top Sales Company aufzeigt. Mit dem Erwerb dieses Buches sind Sie bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung gegangen, hierzu herzlichen Glückwunsch! In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Entdeckerlust, Entwicklerlust und vor allem Erfolgslust auf Ihrem persönlichen Weg zur Top Sales Company! Herzlichst Ihr Dirk Thiemann und Rainer Skazel

Einleitung: Mit Vertriebsexzellenz zur Top Sales Company

Zusammenfassung Zu selten gelingt es Unternehmen, ihr komplettes Vertriebspotenzial voll auszu­ schöpfen. In vielen Vertriebsabteilungen kommt es darum zu einer enormen ver­ trieblichen Potenzialverschwendung. Das mag in Zeiten guter Konjunkturent­ wicklungen verzeihbar erscheinen. Aber gerade in Krisenzeiten geht es darum, die richtigen strategischen Maßnahmen zu ergreifen, um gestärkt daraus her­ vorzugehen. Das Vertriebsaudit 360° hilft dabei, alle Potenziale im Vertrieb sicht­ bar zu machen. Das Audit ist nicht nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer Top Sales Company, sondern auch zu nachhaltig mehr Umsatz. Sie lernen in die­ sem Buch die einzelnen Schritte kennen und erfahren am Beispiel einer Case Study, welche Umsatzsteigerungen mit diesem Vorgehen nachweisbar reali­ siert wurden.

Der Vertrieb ist das erste Glied in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Und trotzdem ist er für viele Unternehmer eine Blackbox, ein fast schon unheimliches Wesen der dritten Art. Deshalb wundert es uns, die Autoren, auch nicht, dass die allermeisten Start-up-Unternehmen, mit denen wir zu tun haben, den Vertrieb als ihr größtes Problem bezeichnen und so gut wie alle Geschäftsführer mit den Ergebnissen ihres Vertriebs nicht zufrieden sind. „Nur eines von zehn Start-ups wird richtig erfolgreich, neun gehen bereits innerhalb der ersten drei Jahre nach ihrer Gründung pleite“, heißt es in einem Kommentar auf der Internetseite des Manager Magazins (Grabmeier 2019), und unserer Erfahrung nach hat das meistens mit dem Problemkind „Vertrieb“ zu tun. Im Jubel über die fantastische disruptive Geschäftsidee, die die Branche revolutionieren wird, geht der Blick auf und für das Wesentliche

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Einleitung: Mit Vertriebsexzellenz zur Top Sales Company

verloren: den Vertrieb so aufzustellen, dass es gelingt, viele Kunden mithilfe der Produkte und Dienstleistungen so zu begeistern, dass sie sie kaufen. Erfolg ist planbar Bevor wir uns auf den Weg zur Top Sales Company machen, blicken wir kurz auf unser Navigationsgerät und machen einen kurzen Check: Wie vertriebsfit sind Sie beziehungsweise wie vertriebsfit ist Ihr Unternehmen? Um Antworten zu finden, lohnt sich die Beschäftigung mit den folgenden Fragen: • Haben Sie die Ausrichtung und Anforderung Ihrer Organisation mit den Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter abgeglichen? • Werden Kennzahlen wie Termin- und Abschlussquote gemessen und mit den Zielen abgeglichen? • Haben Ihre Mitarbeiter die verkäuferischen Fähigkeiten, die Sie benötigen, um die Vertriebsziele zu erreichen? • Gibt es einen Personalentwicklungsplan, um die Performance des Vertriebs zu steigern? • Erhält Ihr Vertrieb eine ausreichende Anzahl Leads zur Neukunden­ generierung? • Erreichen Ihre Mitarbeiter die gesetzten Vertriebsziele? Und zwar alle Mitarbeiter? • Reflektieren alle Mitarbeiter im Vertrieb auf das Entgeltsystem des Unter­ nehmens? • Funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst reibungslos? Hand aufs Herz: Haben Sie alle Fragen mit Ja beantwortet? Nein? Dann sind Sie in guter Gesellschaft und gehören zu den Unternehmen, die ihr Vertriebspotenzial bei Weitem nicht ausschöpfen. Wenn Sie am Ende unserer gemeinsamen Abenteuerreise erfahren haben, wie die Besten erfolgreich geworden sind, und wissen, dass Sie für die Zukunft vertrieblich gut aufgestellt sind, dann ist es Ihnen gelungen, dieses Buch als Anleitung zum planbaren Vertriebserfolg zu nutzen. Erfolg im Vertrieb ist durchaus planbar. Wenn Sie ebenfalls in der Liga der Besten spielen und sich zu einer Top Sales Company entwickeln wollen, sollten Sie die Hinweise und Tipps, die Sie in diesem Buch finden, aufmerksam lesen – und umsetzen. Wir möchten Ihnen auf einer kleinen Abenteuerreise zeigen, warum einige Unternehmen erfolgreicher sind als andere und was diese Firmen auszeichnet. Was machen die einen besser oder anders als die anderen? Oft sind die Unterschiede marginal, es gibt Branchen, in denen sich

  Einleitung: Mit Vertriebsexzellenz zur Top Sales Company 

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das Dienstleistungsangebot sehr ähnelt. Nehmen wir das Beispiel der Gesetzlichen Krankenversicherung: Hier sind bis zu 95 Prozent des Angebots identisch, weil es durch das Sozialgesetzbuch geregelt ist. Trotzdem gewinnen die einen Unternehmen permanent Kunden hinzu, während bei den anderen die Menschen vor allem damit beschäftigt sind, zur Konkurrenz abzuwandern. Zu welchen der Unternehmen wollen Sie gehören? Wir glauben, die Antwort zu kennen. Nachhaltiger Vertriebserfolg basiert immer auf dem Zusammenspiel zwischen dem Faktor Mensch und der Organisation des Unternehmens. Damit Sie zu den Unternehmen gehören, die ständig Kunden dazugewinnen und diese langfristig binden, ist es wichtig, dass Sie lernen, wie Sie (noch) besser verkaufen können. Denn die Überlebensfähigkeit Ihres Unternehmens entscheidet sich in Verkauf und Vertrieb! Nicht nur, aber doch in einem entscheidenden Ausmaß. Ob der Daumen nach oben oder nach unten zeigt, ist davon abhängig, wie Sie im Vertrieb aufgestellt sind. Sie wollen Beispiele? Ohne Neukundenakquisition blutet Ihr Unternehmen aus. Ohne Kundenorientierung, ohne Kundenzufriedenheit und ohne Kundenbindung im Vertrieb werden die Menschen zur Konkurrenz wechseln und nicht bei Ihnen bleiben. Positive Kundenerfahrungen werden vor allem im direkten Kontakt mit den Kunden geprägt, ungeachtet dessen, ob dieser Kontakt nun online oder offline, im Netz oder im Gespräch von Angesicht zu Angesicht erfolgt. Darum ist der Faktor Mensch so wichtig. Die Qualität der Beziehung zwischen den Kunden und den Menschen in Ihrem Unternehmen und die Qualität der Wertschätzung, die Ihre Mitarbeiter den Kunden entgegenbringen, entscheiden über Ihre Wettbewerbsfähigkeit und Ihre Zukunftsaussichten.

Ein Beispiel: Der Schrauben-Milliardär Reinhold Würth schreibt dem eigenen Außendienst den mit Abstand größten Anteil am rasanten Wachstum seines gleichnamigen Handelsunternehmens in den vergangenen Jahrzehnten zu. „Der Außendienst ist zu 90 Prozent für den Erfolg des ganzen Un­ ternehmens verantwortlich. Dahinter kommen die Informatiker mit fünf Prozent, und der ganze Rest kommt auch nochmal auf fünf Prozent.“ (Würth 2020) Natürlich: Vertriebserfolg ist komplex und abhängig vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die wie bei einem Zahnrad ineinandergreifen müssen. Die wichtigsten Zahnräder sind Vertriebsausrichtung, Organisation, natürlich das Team und die Führung (Abb. 1).

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Einleitung: Mit Vertriebsexzellenz zur Top Sales Company

Abb. 1  Die vier Erfolgsfaktoren

Darum ist es so wichtig, alle Beteiligten, alle Führungskräfte und Mitarbeiter fit zu halten oder fit zu machen für die Herausforderungen der Zukunft. Es gilt, ständig die Axt zu schärfen und die Führungskräfte und Mitarbeiter so weiterzubilden, dass sie als Problemlöser ihrer Kunden agieren können. Dazu sind Weiterbildungsmaßnahmen notwendig, die das sinnvolle Training der Verkäufer in den Fokus rücken und das Verkaufswissen schulen. Darum wollen wir Ihnen gleich in der Einleitung einen handfesten Tipp geben: Vermeiden Sie eine Personalentwicklung nach dem Gießkannenprinzip, die ohne konkreten Praxisbezug zur Anforderung der Organisation und ohne An­ dockung der Weiterbildungsinhalte an die jeweiligen Unternehmensziele er­ folgt.

Weiterbildung ohne die Zielsetzung, dass die Mitarbeiter einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten, ist unsinnig. Was Sie in diesem Buch erwartet Das Deutsche Institut für Vertriebskompetenz hat ein Verfahren entwickelt, wie auch Sie sich zur Top Sales Company entwickeln können. Ausgangspunkt

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ist ein Vertriebsaudit 360°. Das Audit ermöglicht es, eine bedarfsgerechte Personal- und Unternehmensentwicklung zu betreiben und die Vertriebsbilanz zu verbessern. Im Fokus der Personal- und Unternehmensentwicklung steht das Ziel, alle Mitarbeiter so weiterzuentwickeln, dass sie vertriebsorientierter denken und handeln. Wie dies gelingt, stellen wir im Folgenden am Beispiel eines fiktiven Unternehmens dar, das wir Meier & Co. nennen. In elf Kapiteln begleiten Sie das Unternehmen auf den verschiedenen Stationen der Abenteuerreise zur Top Sales Company. Dabei basiert die Geschichte unseres Beispielunternehmens auf wahren Begebenheiten. Das Deutsche Institut für Vertriebskompetenz hat mit dem Konzept „Vertriebspower “ und dem Auftraggeber, der VIACTIV Krankenkasse, den Europäischen Trainingspreis in der Kategorie „New Technologie“ gewonnen. Am Schluss dieses Buches erfahren Sie in dem Kapitel „Statt eines Nachworts – die Beweisführung“ (s. Kap. 11), dass es der VIACTIV gelungen ist, ihr Vertriebsergebnis signifikant zu verbessern, indem Maßnahmen umgesetzt wurden, die aus dem Vertriebsaudit 360° resultierten. Mittlerweile ist es möglich, das „Top Sales Company-Siegel“ zu erhalten. Das Qualitätssiegel steigert die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgebermarke und verdeutlicht, dass ein Vertrieb ausgezeichnet und erfolgreich arbeitet. Unternehmen werden im Wettbewerb um die besten Talente positioniert. Für Top-Talente im Vertrieb werden sie noch interessanter. Entscheidend aber ist, dass in einer Top Sales Company alle Mitarbeiter eine hohe vertriebliche Kompetenz aufweisen. Doch lassen Sie uns nun starten mit unserer Abenteuerreise.

Literatur Grabmeier S (2019) Arbeiten in der Start-up-Welt. Das Blendwerk der Möchtegern-Stars. https://www.manager-magazin.de/lifestyle/artikel/start-upszene-new-work-arbeitswelt-ist-oft-eine-schoene-neue-scheinwelt-a-1264963-2.html. Zugegriffen am 29.02.2020 Würth R (2020) Ohne Außendienst könnten wir heimgehen. www.zeit.de/ news/2020-01/25/reinhold-wuerth-ohne-aussendienst-koennten-wir-heimgehen. Zugegriffen am 29.02.2020

Das Deutsche Institut für Vertriebskompetenz (DIV)

Das Deutsche Institut für Vertriebskompetenz wird von den Kunden besonders dafür geschätzt, dass mit Unterstützung der DIV-Experten nachweisbare und außergewöhnlich gute Vertriebserfolge erzielt werden. Mit der Ausbildung zum Vertriebsfachmann im Außendienst bietet das Institut die erste Vertriebsausbildung mit Universitätszertifikat an. Damit gehört das DIV zu den Qualitätsführern in der Vertriebsausbildung und Beratung in Deutschland. Dies wird mit dem Gewinn des Europäischen Trainingspreises 2019/2020 bestätigt.

Kontakt DIV Deutsches Institut für Vertriebskompetenz GmbH & Co. KG Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell am Bodensee Tel.: 07732 98791-0, Fax: 07732 98791-99 [email protected] www.div-institut.de

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Inhaltsverzeichnis

1 „Heiß auf Vertriebserfolg“: Die Bedeutung eines Vertriebsaudits für die Entwicklung zu einer Top Sales Company  1 1.1 Das Unternehmen muss dem Vertriebsziel dienen   1 1.2 Vertriebsaudit 360°: Mit Analyse-­Scheinwerfern Licht in den Vertrieb bringen  3 1.2.1 Die 16 Vertriebsdimensionen im Überblick   5 1.2.2 Der Ampelreport: Von Rot zu Grün   7 1.2.3 Audit-Spirit entfachen   7 1.2.4 Vertriebsaudit 360° als Handlungsanleitung   9 Literatur 11 2 Schritt 1 zur Top Sales Company: Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen 13 2.1 Kopflos Richtung Abgrund  13 2.1.1 Fehlender strategischer Weitblick  14 2.1.2 Das Beispiel „Personalrecruiting“  16 2.1.3 Gesprächskultur: mangelhaft  17 2.2 Das „Vertriebsgen“ in der Unternehmenskultur verankern  18 2.2.1 Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen analysieren 18 2.2.2 Vertriebsbewusstsein entwickeln  20 2.2.3 Aktuelle vertriebliche Herausforderungen meistern  23 Literatur 24

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XVIII Inhaltsverzeichnis

3 Schritt 2 zur Top Sales Company: Fit für die Zukunft – Erfolg ist planbar 25 3.1 Zielgenau am Bedarf vorbei  25 3.2 Die wahren Propheten sitzen im eigenen Land  28 3.2.1 Bewertergruppen festlegen  28 3.2.2 Die Perspektive ist entscheidend  29 3.2.3 Bewertungen interpretieren  31 Literatur 31 4 Schritt 3 zur Top Sales Company: Die Bewertung der Faktoren des Vertriebserfolgs 33 4.1 Vertriebseffektivität durch die Faktoren des Vertriebserfolg  33 4.1.1 Die vier Dimensionen des Erfolgsfaktors Vertriebsausrichtung 34 4.1.2 Der Erfolgsfaktor Vertriebsorganisation  36 4.1.3 Die Vertriebsmitarbeiter als Erfolgsfaktor  37 4.1.4 Erfolgsfaktor 4: Die Führung im Vertrieb  39 4.2 Deprimierende Ergebnisse im Auditworkshop  40 Literatur 42 5 Schritt 4 zur Top Sales Company: Die strategische Vertriebsausrichtung 43 5.1 In ein bis zwei Jahren zur Top Sales Company  43 5.1.1 Klarheit in der Vertriebsstrategie  45 5.1.2 Die Vertriebs-Mission als Leitstern  47 5.2 Marketingstrategie: Abteilungsdenken auflösen  50 5.3 Vertriebsstrategie: Zielkunden definieren und Social-Media-­Strategie umsetzen  52 5.4 Marktpotenzialanalyse: Kundensegmentierung neu gedacht  54 5.5 Personalmarketing: Volle Kraft voraus als Arbeitergebermarke 56 5.5.1 Employer Branding: Sich zur Arbeitgebermarke entwickeln 56 5.5.2 Feelgood-Management als Chefsache  58 Literatur 60

 Inhaltsverzeichnis 

XIX

6 Schritt 5 zur Top Sales Company: Versteckte Ressourcen in der Vertriebsorganisation entdecken und durch Prozessoptimierung die Schlagkraft erhöhen 61 6.1 Der Effektivitäts- und Effizienzgedanke auf dem Vormarsch 61 6.2 Die Vertriebsorganisation stärken  62 6.2.1 Durch Verkaufsgebietseinteilung die Stoßkraft des Vertriebs erhöhen  62 6.2.2 Interessentenanfragen effektiv beantworten  64 6.2.3 Neugliederung des Vertriebs durch Organisationseinheiten 65 6.2.4 Das neue Verhältnis zwischen Innen- und Außendienst 65 6.3 Customer Relationship Management: Nachhaltige Problemlösung erarbeiten  67 6.4 Kundenbeziehungsmanagement mit „Beziehungsanrufe“ stärken 68 6.5 Hybrides Leadmanagement: Alle relevanten Vertriebskanäle nutzen 69 Literatur 71 7 Schritt 6 zur Top Sales Company: Gute Vertriebsmitarbeiter werden immer gebraucht 73 7.1 Auch in Zukunft wird der Mausklick den Handschlag nicht ersetzen 73 7.2 Die Rekrutierungs- und Auswahlprozesse optimieren  76 7.2.1 Mit Faktor-Prinzip ein komplexes Bewerber-­Bild malen 77 7.2.2 Den Pinocchio-Effekt ausschließen  78 7.2.3 Der Personaler als Frage-Künstler  79 7.2.4 Mit Faktor-Prinzip Risiko einer Fehlbesetzung minimieren 81 7.3 Personalentwicklung und Weiterbildung individuell gestalten 83 7.3.1 Weiterbildung kompetenz- und persönlichkeitsorientiert ausrichten  83 7.3.2 Breit angelegtes Personalentwicklungskonzept realisieren 85

XX Inhaltsverzeichnis

7.3.3 Kompetenz zur Selbstreflexion aufbauen  85 7.3.4 Key Account Manager ausbilden  87 7.3.5 Sales Mentoring einführen  87 7.3.6 Führungskompetenzen ausbauen  88 7.4 Motivation mitarbeiterbezogen ausrichten  89 7.4.1 Motivatorische Pauschalisierungen vermeiden  90 7.4.2 Individualität statt Gießkanne  92 7.4.3 Die menschlichen Grundbedürfnisse beachten  94 7.5 Verkaufskompetenzen: Das Verkaufswissen messbar machen  95 7.5.1 Lernbedarf mit dem Verkäuferkompass feststellen  95 7.5.2 Teamperformance mit dem Verkäuferkompass verbessern 99 7.5.3 Verkäufer kompetenzorientiert entwickeln 99 Literatur 102 8 Schritt 7 zur Top Sales Company: Vertriebserfolg entscheidet sich in der Vertriebsführung 103 8.1 Führung auf Ziele und Reporting stützen 103 8.2 Vertriebssteuerung: Ohne klare Ziele keine Treffer 105 8.3 Vertriebsreporting: Mit Kennzahlensystem zum funktionierenden Berichtswesen 107 8.3.1 Voraussetzung 1: Verbindlichkeit betonen 108 8.3.2 Voraussetzung 2: Engere zeitliche Taktung festlegen 108 8.3.3 Voraussetzung 3: Die richtigen Kennzahlen verwenden109 8.3.4 Voraussetzung 4: Kennzahlen interpretieren 110 8.3.5 Voraussetzung 5: Einfach, aber nicht banal 111 8.3.6 Zwei Erfolgsbeispiele aus der Praxis 111 8.4 Mit neuen Führungskompetenzen und Führungsinstrumenten vertriebliche Ausrichtung verstärken113 8.4.1 Führungskräfte-Entwicklungskonzept erstellen 114 8.4.2 Beispiel für ein Führungskräfte-­Entwicklungskonzept 115 8.4.3 Geschäftsstellenleiter: Wandel hin zu mehr Vertriebsorientierung118 8.4.4 Neues Rollenverständnis aufbauen 123 8.4.5 Typologisch führen 124 8.4.6 Wandel und Change nachhaltig und langfristig durchführen127

 Inhaltsverzeichnis 

8.4.7 Die Frage nach dem Sinn beantworten 8.4.8 Virtuelle Führungstechniken beherrschen 8.4.9 Vertriebsorientierte Ausrichtung in allen Bereichen des Unternehmens Literatur

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9 Schritt 8 zur Top Sales Company: Stolpersteine überwinden131 9.1 Stolpersteine auf dem Weg zur Top Sales Company 131 9.1.1 Stolperstein 1: Der ganzheitliche Ansatz gerät in Vergessenheit132 9.1.2 Stolperstein 2: Das Management zieht sich zu früh zurück132 9.1.3 Stolperstein 3: Zu kurzer Atem, zu wenig Ausdauer – vor allem im Personalrecruiting 133 9.1.4 Stolperstein 4: Blindheit auf dem immateriellen Auge133 9.1.5 Stolperstein 5: Die Mitarbeiter werden zu wenig in die Entwicklungsprozesse integriert 134 9.1.6 Stolperstein 6: Führungskräfte im Mittelmanagement sitzen zwischen allen Stühlen 135 9.1.7 Stolperstein 7: Die kleinteilige Umsetzungsarbeit wird vernachlässigt 135 9.1.8 Stolperstein 8: Das Unwesentliche genießt Priorität 136 9.1.9 Stolperstein 9: Die Bewertergruppen sind nicht breit genug gewählt 136 9.1.10 Stolperstein 10: Der Vertrieb als untergeordnete Instanz137 9.2 Die zehn Platin-Regeln des vertriebsorientierten Unternehmens137 Literatur 138 10 Schritt 9 zur Top Sales Company: Herausforderungen und Zukunftsaussichten139 10.1 Der Blick in die vertriebliche Zukunft 139 10.2 Der Mega-Trend Kompetenzmanagement 141 Literatur143

XXII Inhaltsverzeichnis

11 Statt eines Nachworts – die Beweisführung145 11.1 Interview mit Tom Fröhlich 146 11.2 Interview mit Dr. Christian Riese 147 11.3 Interview mit Bilal El Sabeh 151 Stichwortverzeichnis155

Über die Autoren

Dirk  Thiemann weiß, was man braucht, um erfolgreich zu sein. Mit der Führungserfahrung aus verschiedenen Unternehmen gelang ihm mit Anfang 30 der Sprung in die Vorstandsetage. Schwerpunkte waren die Bereiche Organisation, Personal und Vertrieb. Seine Vertriebsexpertise basiert auf eigenen Verkaufserfolgen, gepaart mit der jahrelangen praktischen Managementerfahrung auf Vorstandsebene. Sowohl auf Unternehmens- wie auch auf der Beratungsseite weist er außergewöhnliche Erfolge nach. Er ist Fachautor und Studienleiter für das Zertifikatsstudium Vertriebsfachfrau/mann am wissenschaftlichen Institut für Weiterbildung der Hochschule Karlsruhe.

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Über die Autoren

Rainer Skazel  ist gefragter Experte für Recruiting, Vertriebsmanagement, Führung und Persönlichkeitsdiagnostik. Er verfügt über langjährige Erfahrung in Geschäftsführung und Vertrieb. Der erfolgreiche Unternehmer, Berater und Autor ist Dozent an der deutschen Maklerakademie, zertifizierter Unternehmensberater beim Bundesverband der Versiche­ rungskaufleute (BVK), Bachelor of Professional Marketing (CCI) und Member of GSA (German Speakers Association). In über 1000 Seminaren und Vorträgen zu den Themen Vertrieb und Persönlichkeit erreichte er bislang mehr als 20.000 Teilnehmer.

1 „Heiß auf Vertriebserfolg“: Die Bedeutung eines Vertriebsaudits für die Entwicklung zu einer Top Sales Company

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Sie lernen die Grundlagen für das Vertriebsaudit 360° kennen. Damit lassen sich alle Vertriebspotenziale aktualisieren und entfalten. Mit diesem Verfahren gelingt es, Umsatzpotenziale vollständig auszuschöpfen sowie Optimierungspotenziale zu entdecken und zu nutzen. Außerdem ist es möglich, eine Neuausrichtung im Vertrieb und Umstrukturierungen wie etwa eine Wachstumsstrategie oder Digitalisierungsstrategie umzusetzen. Mit einem Vertriebsaudit 360° können Sie auch einen Strategiewechsel erfolgreich begleiten, neue Märkte erschließen und strategische Wettbewerbsvorteile aufbauen, die sich vom Wettbewerb nicht so rasch und leicht einholen lassen.

1.1 D  as Unternehmen muss dem Vertriebsziel dienen Lassen Sie uns gleich zur Sache und auf den Punkt kommen: Der Vertrieb ist eine Schlüsselkompetenz und der entscheidende Erfolgsfaktor für Ihren Unternehmenserfolg. Das Unternehmen muss dem Vertriebsziel dienen, nicht umgekehrt. Und darum verdient es Ihr Vertrieb, dass Sie mit allen zur Verfügung stehenden Kapazitäten analysieren, wo es hapert und hakt, wo es brachliegende Potenziale gibt, wo Ressourcen vergeudet werden  – und wie sich das ändern lässt. Der erste Schritt zur Verbesserung und auf dem Weg zur Top Sales Company besteht darin, die Potenziale im Vertrieb sichtbar zu machen, den Scheinwerfer auf die ungenutzten Leistungsbereiche zu richten und diese zu optimieren. Das übrigens ist einer der Punkte, der die erfolgreichen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_1

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D. Thiemann und R. Skazel

Unternehmen von den weniger erfolgreichen unterscheidet. Eine Top Sales Company ist ständig auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten, selbst wenn sie bereits Marktführer ist und den Platz an der Vertriebssonne erobert hat. Jedes Jahr müssen zahlreiche Start-ups die Erfahrung durchleiden, dass es nicht genügt, eine Top-Geschäftsidee zu kreieren. Wichtig ist die Umsetzung in Vertriebsaktivitäten, die dazu führen, mit der Geschäftsidee auch Geld zu verdienen und Unternehmensziele zu erreichen. Und für etablierte Unternehmen gilt oft genug: Nicht alle Vertriebsziele konnten erreicht werden, es gelingt nicht, die vertrieblichen PS auf die Straße zu bringen, die Neukundenakquisition wird sträflich vernachlässigt, es fehlt an der strategischen Ausrichtung. Entscheidend ist oft der Faktor Mensch: Die Verkäufer verfügen nicht über die Kompetenzen, die sie benötigen, um Vertriebsziele zu realisieren, das Führungsteam monitort die falschen Zahlen und kümmert sich nicht um die Kernaufgabe der Führung – das Führen und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter. Warum begleiten Vertriebsführungskräfte ihre Mitarbeiter so selten zum Kunden, um sie hautnah bei der Entwicklung ihrer Potenziale zu unterstützen? Es tut weh, aber wir müssen schmerzhafte Wahrheiten ansprechen: Selbst erfolgreichen Unternehmen fehlt es oftmals an einer tragfähigen Vertriebsstrategie. Der Unternehmenserfolg endet, weil ein wichtiger Kunde wegbricht und die Firma nicht in der Lage ist, diesen Ausfall vertrieblich zu kompensieren. Es sind allzu viele Führungskräfte auf den Führungsetagen im Unternehmen unterwegs, die ihre Hausaufgabe, zukunftsfähige Vertriebsstrategien zu erarbeiten, nicht erledigen. Und es gibt zu viele inkompetente Verkäufer, die sich für gut halten. Die Positionen im Vertrieb sind allzu oft mit Menschen besetzt, die sich zwar anstrengen und bemühen mögen, aber dennoch nicht die Performance erreichen, die notwendig wäre, um langfristig Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Das liegt nicht immer an den Menschen selbst, sondern hängt zum Beispiel mit der unzureichenden Organisationsstruktur, der mangelhaften Vertriebsführung und dem Personalrecruiting zusammen, dem es einfach nicht gelingt, die richtigen Mitarbeiter für vakante Positionen zu finden. Denn die genannten Faktoren bedingen und beeinflussen sich gegenseitig, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Selbst die besten Verkäufer können ihre Potenziale nicht voll entfalten, wenn sie nicht gut geführt werden oder die organisatorischen Strukturen nicht stimmen. Und wie sollen Vertriebsfüh-

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rungskräfte zielgerichtet führen, wenn es an der strategischen Ausrichtung mangelt? Seitdem wir vor einigen Jahren das Deutsche Institut für Vertriebskompetenz (DIV) gegründet haben, erleben wir immer wieder, dass Unternehmen unter ihren Möglichkeiten bleiben, weil bei der Vertriebsausrichtung, der Vertriebsorganisation, den Vertriebsmitarbeitern und der Vertriebsführung erhebliche Schwachpunkte und brachliegende Potenziale bis hin zur Potenzialvergeudung vorliegen. Natürlich sind die vier Strategiefelder bei jedem Unternehmen anders ausgeprägt, deshalb ist es unumgänglich, durch eine Analyse festzustellen, wo genau die Blockaden sitzen, um sie beiseite räumen zu können. Ohne eine fundierte Analyse ist alles nichts. Denn wenn Sie Ihre Ziele erreichen wollen, müssen Sie wissen, wo Sie sich befinden, wo Ihr Unternehmen steht. Und zwar nicht ungefähr, sondern so punktgenau wie möglich. Wenn es Ihnen dann gelingt, die Kompetenzen, Potenziale und Strukturen Ihres Vertriebs in den unterschiedlichen Vertriebsdimensionen zu erfassen, erhalten Sie konkrete Hinweise und Ansatzpunkte für substanzielle Verbesserungen und Veränderungen. Der Weg dorthin führt über ein Vertriebsaudit. Aber nicht irgendein Audit, sondern ein „Vertriebsaudit 360°“. Was ist das?

1.2 V  ertriebsaudit 360°: Mit Analyse-­Scheinwerfern Licht in den Vertrieb bringen In Vertriebsorganisationen werden oftmals nur 70  Prozent der Vertriebspotenziale genutzt. Beim „Vertriebsaudit 360°“ handelt es sich um ein um­ fassendes Analyseverfahren, mit dem versteckte Ressourcen und Ent­ wicklungspotenziale objektiv sichtbar gemacht werden. Dabei ist das Vertriebsaudit 360° ein Performance-Audit, das auf Basis einer Managementund Mitarbeiterbefragung eine systematische 360°-Einschätzung von Kompetenzen, Potenzialen, Strukturen und Rahmenbedingungen des Vertriebs im Hinblick auf den strategischen Unternehmenserfolg vornimmt. Das onlinegestützte Verfahren analysiert die 16 erfolgsrelevanten Vertriebsdimensionen. Die Auswertung der Analyse erfolgt über eine 360°-Betrachtung und zeigt im Ergebnis über ein Ampelsystem sofortige Handlungsfelder auf. Das Vorgehen ist klar strukturiert: Alle Beteiligten beantworten einen Onlinefragebogen, der die Grundlage für die Analyse darstellt. Der Ergebnisbericht enthält eine präzise Analyse der derzeitigen Vertriebsperformance sowie

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praxistaugliche Hinweise für die Weiterentwicklung und Verbesserung der Vertriebskompetenz. Das Audit zeigt mithin die Handlungsfelder, in denen etwa der Vertriebsleiter oder die Geschäftsführung tätig werden sollte. Dabei bedient sich das Vertriebsaudit 360° des Ampelsystems, das wir aus dem Straßenverkehr kennen (Abb. 1.1). Die Farbe Rot zeigt unmittelbar notwendigen Handlungsbedarf an. Ziel ist es, die Ampel in allen Bereichen auf Grün zu stellen. Der Onlinefragebogen umfasst die bereits genannten vier Erfolgsfaktoren und Strategiefelder Vertriebsausrichtung, Vertriebsorganisation, Vertriebsmitarbeiter und Vertriebsführung, die sich wiederum aus den bereits angesprochenen 16 Dimensionen des Vertriebserfolgs zusammensetzen. Erst wenn die 16 Dimensionen nachhaltig ineinandergreifen und unter dem Dach einer ganzheitlichen Vertriebsstrategie harmonieren, sind optimale Vertriebsleistungen und vertriebliche Effektivität und Effizienz und damit die gewünschten Geschäftsergebnisse möglich.

In einem anschließenden Workshop werden die Stärken und Schwächen des Vertriebes herausgearbeitet und Maßnahmen für die Steigerung der Vertriebsperformance entwickelt.

Abb. 1.1  Die Ampel als Wegweiser durch die Ergebnisse des Vertriebsaudits 360°

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Die Aussagekraft eines Vertriebsaudit 360° ist erheblich. Zu jedem der 16 Vertriebsdimensionen treffen unterschiedliche, speziell zusammengestellte Bewertergruppen Aussagen in fünf Themenfeldern. Die dadurch bewerteten 80 Vertriebssituationen machen so die Aussagekraft des Vertriebsaudits 360° fundiert und weitreichend. Stellen Sie sich vor, in Ihrem Unternehmen äußern sich auf einer Skalierung von 1 bis 10 die Geschäftsführung, die Vertriebsleitung, das Vertriebsteam und weitere Personen aus dem unternehmerischen Umfeld zu 80 Themenfeldern; die „1“ ist dabei die schlechteste, die „10“ die beste Bewertung. Diese Rundum-Sicht führt zu wertvollen Verbesserungshinweisen in Ihrer strategischen Ausrichtung, den Vertriebsabläufen, der Führungskultur sowie den Verkaufskompetenzen der Vertriebsmitarbeiter. Zum Beispiel wissen Sie dann, dass Sie • im Rahmen Ihrer strategischen Ausrichtung die Kundenprofitabilität erhöhen sollten, • das Kundenbeziehungsmanagement optimieren müssen, um eine höhere Marktdurchdringung zu erreichen, • insbesondere auf der mittleren und unteren Führungsebene die Manage­ mentfähigkeiten ausbauen sollten und • bestimmte Schlüsselfunktionen im Vertrieb mit neuen Mitarbeitern besetzen müssen.

1.2.1 Die 16 Vertriebsdimensionen im Überblick Haben Sie Interesse, auch in Ihrem Vertrieb möglichen Verbesserungspotenzialen auf die Spur zu kommen? Dann sollten Sie sich näher mit den 16 Dimensionen beschäftigen; zum besseren Verständnis stellen wir Ihnen exemplarisch zu jeder Dimension eines der fünf Themenfelder vor. Erfolgsfaktor 1: Vertriebsausrichtung • Dimension Marketingstrategie: Sind Sie über folgende Kanäle (Internet, Social Media, Newsletter, Kundenzeitschrift etc.) dauerhaft im Kontakt mit Ihrer Wunschzielgruppe? • Dimension Vertriebsstrategie: Sind die Zielkunden und Zielgruppen für Ihre Produkte und Dienstleistungen klar definiert? • Dimension Marktpotenzial: Sind alle potenziellen Zielkunden, Key Accounts und Multiplikatoren erfasst und quantitativ und qualitativ bewertet?

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• Dimension Personalmarketing: Ist eine mittel- und langfristige Strategie zur Bindung Ihrer Top-Leistungsträger vorhanden? Erfolgsfaktor 2: Vertriebsorganisation • Dimension Vertriebsorganisation: Sind die Vertriebsprozesse erhoben und bekannt? • Dimension Information – CRM: Ist das CRM-System optimal auf Ihre Vertriebsprozesse angepasst? • Dimension Kundenbeziehungsmanagement: Haben Sie einen standardisierten Prozess der Kundenaktivierung im Vertrieb implementiert? • Dimension Leadmanagement: Generieren Sie ausreichend neue Kontakte, um den Vertrieb mit der notwendigen Anzahl von Interessentenanfragen zu unterstützen? Erfolgsfaktor 3: Vertriebsmitarbeiter • Dimension Rekrutierung/Auswahlprozess: Besteht ein unternehmensspezifisches Anforderungsprofil für Mitarbeiter im Vertrieb? • Dimension Personalentwicklung im Vertrieb/Qualifizierung: Ist festgelegt, mithilfe welcher Weiterbildungsmaßnahmen die Mitarbeiter qualifiziert werden sollen? • Dimension Motivation/Identifikation: Bietet das Unternehmen monetäre Anreizsysteme? • Dimension Verkaufskompetenz: Sind die für die Erreichung der Ver­ triebsziele notwendigen persönlichen Kompetenzen ermittelt und dokumentiert? Erfolgsfaktor 4: Vertriebsführung • Dimension Vertriebssteuerung: Ist der Zielvereinbarungsprozess definiert? Wird dieser von Vorgesetzten und Mitarbeitern gemeinsam erarbeitet und nicht direktiv vorgegeben? • Dimension Vertriebsreporting: Werden Terminquoten, Nettovertriebszeit, Angebotsforecast, Abschlussquoten und aktuelle Zielerreichungsgrade gemessen und mit den Zielen abgeglichen? • Dimension Führungsinstrumente: Finden regelmäßige Mitarbeitergespräche statt (Zielvereinbarung, Jahresgespräche, Entwicklungsgespräche)? • Dimension Führungskompetenz: Sind die erforderlichen Führungskompetenzen, die für die Erreichung der unternehmerischen Ziele benötigt werden, bekannt und klar definiert?

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1.2.2 Der Ampelreport: Von Rot zu Grün Damit das Vertriebsaudit 360° so richtig Spaß macht und zum Handeln motiviert, erstellt das onlinegestützte Verfahren zu jeder Dimension einen Ampelreport. Die gute Nachricht lautet: Sie erhalten zu 80 Themenfeldern sehr präzise Hinweise, ob sich Ihr Vertrieb im grünen, gelben oder roten Ampelbereich befindet. So werden Vertriebsthemen konkret sichtbar, und Sie erkennen, wo rascher Handlungsbedarf besteht. Abb.  1.2 zeigt beispielhaft den Ampelreport zu der Dimension Vertriebsstrategie (Erfolgsfaktor 1, Vertriebsausrichtung). Die Ampelreports müssen „richtig“ gelesen und interpretiert werden – für die Dimension „Vertriebsstrategie“ in Abb. 1.2 gilt: Die Bewertergruppen sehen insbesondere bei der Frage, ob die strategisch geplanten Wachstumsziele kontinuierlich erreicht werden können, eine Herausforderung. Und anscheinend fällt es den Vertriebsmitarbeitern aus der Sicht der Geschäftsführung schwer, die Vertriebsstrategie umzusetzen – darauf verweist der Wert 2,0, mit dem die Geschäftsführung die Umsetzungskompetenz der Mitarbeiter bewertet. Und es ist wohl wenig erstaunlich, dass dies das Vertriebsteam als betroffene Gruppe anders einschätzt: Es liegen Welten zwischen den Werten 7,5 (Vertriebsteam) und Geschäftsführung (2,0). Zudem befinden sich die Absatzkanäle offensichtlich nicht auf dem neuesten Stand und sind kaum zukunftstauglich. Die wenigsten Probleme gibt es auf den ersten Blick bei der Definition der Zielkunden und Zielgruppen. Aber Vorsicht: Dass dies andere Personen aus dem unternehmerischen Umfeld anders sehen, könnte ein Indiz dafür sein, dass die Produkte und Dienstleistungen doch den „falschen“ Kunden angeboten werden. Einige Kunden fragen sich vielleicht, ob die Produkte und Dienstleistungen tatsächlich die richtigen für sie sind.

1.2.3 Audit-Spirit entfachen Allein schon diese wenigen Hinweise zu lediglich einer Vertriebsdimension zeigen, welche ungeheuren Verbesserungspotenziale sich durch das Vertriebs­ audit 360° eröffnen. Darum ist es wichtig, in Ihrem Unternehmen insgesamt und natürlich auch in Ihrem spezifischen Verantwortungsbereich so etwas wie einen Audit-Spirit zu entfachen. „Heiß auf Vertriebserfolg“ – das ist ein Bewusstsein, eine innere Haltung, eine Überzeugung, eine Einstellung, für deren Etablierung Sie Verantwortung übernehmen sollten.

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Abb. 1.2  Ampelreport zur Dimension Vertriebsstrategie (Erfolgsfaktor 1, Vertriebsausrichtung)

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In vielen Unternehmensbereichen werden Audits durchgeführt, etwa im Finanzwesen, in der Produktion, im Kundenmanagement, natürlich im Qualitätsmanagement, zudem gibt es Umwelt-, Compliance-, System-, Prozess-, Verfahrens-, Produkt- und Projektaudits. Im Vertriebsbereich allerdings fristet das Auditing häufig noch ein stiefmütterliches Dasein, das muss sich ändern, wollen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens auf ein sicheres Fundament stellen. Audits haben mit dem Vorurteil zu kämpfen, wenig spannend zu sein. Ein Vertriebsaudit gewinnt dadurch an Anziehungskraft, dass es einen unerlässlichen Faktor des nachhaltigen Unternehmenserfolgs darstellt. Es trägt entscheidend zum langfristigen Überleben des Unternehmens bei und führt dazu, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen sowie Marktanteile zu verteidigen und zu generieren.

1.2.4 Vertriebsaudit 360° als Handlungsanleitung Natürlich dürfen Sie nicht bei der Erstellung von Ampelreports stehenbleiben. Der nächste Schritt besteht in einem Auditworkshop, in dem die 80 Themenfelder visualisiert und ausgewertet werden. Die Geschäftsleitung erhält anschließend einen ausführlichen Qualitätsbericht in Form eines Vertriebsgutachtens. Abb. 1.3 zeigt den gesamten Prozess im Überblick. Wir empfehlen den Unternehmen, die wir beraten und betreuen, die kontinuierliche Durchführung des Vertriebsaudits 360° in die Unternehmensleitlinien und -grundsätze aufzunehmen, ja, dies sogar in der Unternehmensphilosophie zu verankern. So betonen sie die Wichtigkeit und Sinnhaftigkeit der Analyse und schaffen das notwendige Bewusstsein. Das zeigt auch das Beispiel eines Kunden, den wir seit einigen Jahren beraten.

Abb. 1.3  Der Auditprozess im Überblick

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Zur Ist-Analyse haben wir bei der VIACTIV Krankenkasse im Herbst 2017 ein Vertriebsaudit 360° durchgeführt. Es handelt sich um eine Gesetzliche Krankenversicherung, die durch mehrere Fusionen von Betriebskrankenkassen entstanden ist. Zu Beginn der Entwicklung dieses Unternehmens, das sich rasch der überlebensnotwendigen Bedeutung eines funktionierenden Vertriebs bewusst geworden ist, stand der Aufbau einer vertriebsorientierten Haltung. Die Verantwortlichen haben sich davon überzeugt, dass die Existenzsicherung nur mithilfe der Bestandssicherung durch den eigenen Vertrieb möglich ist. Bis dahin konnte Wachstum vor allem durch Fusionen erreicht werden  – eine Wachstumsstrategie, die jedoch an ihre Grenzen stieß. Das Wachstum aus dem eigenen Vertrieb wurde darum immer wichtiger. Langfristig gesehen besteht das Ziel darin, gesundes Wachstum aus dem eigenen Vertrieb zu generieren, also ein Wachstum, bei dem das innere Wachstum und das äußere Wachstum im Einklang miteinander stehen. Oliver Wegner (2018) beschreibt gesundes Wachstum als einen Prozess, bei dem innere Wachstumsparameter wie etwa die Mitarbeiterkompetenzen, die Innovationskraft, die Mitarbeiterzufriedenheit, die Bereitschaft zum Lernen und eine ausgeprägte Führungskultur und Teamarbeit in Balance stehen mit äußeren Wachstumsparametern wie Umsatz, Ertrag, Unternehmenswert und die Mitarbeiteranzahl. Wie bereits erwähnt: In dem Unternehmen haben mehrere Entwicklungsmaßnahmen – die Sie im weiteren Verlauf dieses Buches noch kennenlernen werden  – dazu geführt, dass die Vertriebszahlen des Gesamtunternehmens von 2017 auf 2019 vervierfacht werden konnten. Entscheidend war und ist die Schaffung eines Bewusstseins dafür, wie wichtig der Vertrieb als Schlüsselfaktor für den unternehmerischen Erfolg ist und, dass sich mit dem Vertriebs­ audit 360°  ziel- und punktgenau die Handlungsfelder festlegen lassen, auf denen rasch und effektiv ein Veränderungsbedarf angezeigt ist. Das Vertriebs­ audit 360°, das 2018 bei dem Unternehmen durchgeführt worden ist, zog in 78 der 80 Themenfelder Maßnahmen nach sich, die zu deutlich besseren Ergebnissen führten. Vorteile des Vertriebsaudits 360° • Analyse und Kennenlernen der wichtigsten Handlungsfelder zur Steigerung der Effizienz der Vertriebsorganisation • Objektive und systematische Überprüfung der Vertriebsziele und der eingesetzten Ressourcen • Schaffung eines hohes Commitments im Change-Prozess durch die Einbezie­ hung aller Hierarchieebenen • Erfassung der Kompetenzen, Potenziale und Strukturen in unterschiedlichen Vertriebsdimensionen • Erstellung eines konkreten Handlungsplans zur Steigerung der Vertriebsperformance

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Sind Sie jetzt bereit für die Abenteuerreise zur Top Sales Company? Dabei begegnen Sie einem Unternehmen, das vor großen Herausforderungen steht und die Problemlösung darin sieht, mithilfe eines Vertriebsaudits 360° seine Zukunft zu gestalten.

Literatur Wegner O (2018) Die Wachstumsformel: Wie Unternehmen florieren statt einfach nur größer zu werden. Wiley-VCH, Weinheim

2 Schritt 1 zur Top Sales Company: Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Sie lernen ein Unternehmen kennen, das nur noch einen Schritt vom Abgrund entfernt ist und darum die Rettungsleine ziehen muss. Dazu ist es notwendig, die Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen zu erfahren. Einen Ausweg aus der bedrohlichen Situation eröffnet das Vertriebsaudit 360°. Entscheidender Aspekt dabei ist, dem Unternehmen ein „Vertriebsgen“ einzupflanzen, sodass alle Mitarbeiter und Führungskräfte eine verkäuferische Einstellung aufbauen und sich als wichtige Repräsentanten ihres Unternehmens verstehen können.

2.1 Kopflos Richtung Abgrund Unsere Abenteuerreise beginnt vor dem Abgrund. Vor diesem steht das Unternehmen Meier & Co., bei dem es sich um ein fiktives Unternehmen handelt, in das all unsere Erfahrungen mit Firmen, Unternehmenslenkern, Vertriebsleitern und Verkäufern eingeflossen sind, die uns in unserem Beraterleben begegnet sind. Darum wollen wir es auch keiner bestimmten Branche zuordnen. Während das, was Sie über die VIACTIV Krankenkasse erfahren, authentisch ist, verdichten sich bei Meier & Co. so gut wie alle Fehler, die in Unternehmen zu unzureichenden und problematischen Vertriebsleistungen führen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_2

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Bei einem exzellenten Vertrieb in einer Top Sales Company muss „alles“ zusammenpassen. Sämtliche Erfolgsfaktoren sollten aufeinander abgestimmt sein, alle Vertriebsdimensionen ineinandergreifen – nur dann ist Exzellenz möglich.

Um ein anderes Bild zu nutzen: Die Vertriebsuhr läuft nur dann erfolgreich, wenn alle Zahnräder ineinandergreifen. Die Funktionsweise einer Uhr ist jedoch sehr kompliziert. Sie besteht aus Stundenrad, Minutenrad, Feder und Federhaus, Anker, Ankerrad und Unruh. Deshalb müssen im Vertriebs­ audit alle Vertriebsdimensionen auf den Prüfstand gestellt werden. Denn wenn es nur an einer Stelle hakt und klemmt, ist der Weg zur Top Sales Company versperrt. In diesem Sinn erinnert der Vertrieb an „Anna Karenina“. Sie fragen zu Recht, was der große Roman von Leo Tolstoi mit dem Vertrieb zu tun hat: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“ So heißt es zu Beginn des Romans. Tolstoi meint damit, dass in glücklichen Familien alle entscheidenden Aspekte positiv ausgerichtet sind. Glück kann demnach nur entstehen, wenn alle Faktoren stimmig sind. In unglücklichen Familien hingehen reicht in der Regel ein Punkt aus, um sie ins Unglück zu stürzen. Also: Beim Erfolg muss alles stimmen, beim Misserfolg reicht ein Faktor, der nicht stimmt. Alle erfolgreichen Unternehmen und Vertriebe gleichen einander, jedes gescheiterte Unternehmen oder jeder gescheiterte Vertrieb ist auf seine eigene Weise nicht erfolgreich.

2.1.1 Fehlender strategischer Weitblick Die Firma Meier & Co. ist vor allem im B2B-Bereich unterwegs und hat viele Jahre lang erfolgreich eine Nische in ihrem Marktsegment besetzt. Der Vertrieb lief dabei wie folgt ab: Die Kunden schickten ein Fax oder eine E-Mail, daraufhin fuhren die Vertriebsingenieure zum potenziellen Kunden, um den Auftrag entgegenzunehmen. Das funktionierte eine gewisse Zeit sehr gut. Als jedoch auch andere Marktteilnehmer erkannten, dass in diesem Marktsegment viel Geld zu verdienen ist, drängten sie in die Nische ein, und zwar mit fatalen Konsequenzen für Meier & Co. Denn nun machte es sich bemerkbar, dass die Vertriebsingenieure mehr als Ingenieure denn als Verkäufer auftraten. Es fiel ihnen zum Beispiel schwer, zu den Kunden eine emotionale Beziehung aufzubauen und bei der Argumentation der Produktvorteile mehr als nur mit den technischen Nutzen hervorzuheben.

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Bei der Firma hakt es an gleich mehreren Stellen: Das Hauptproblem scheint zu sein, dass die Vertriebsleistung nur von wenigen Vertriebsingenieuren beziehungsweise Vertriebsmitarbeitern getragen wird. Eine Auswertung der Umsatzzahlen zeigt, dass es ein paar Top-Leute zu geben scheint, der große „Rest“ aber kläglich hinterherhinkt. Wie kann das sein? Gerade die weniger erfolgreichen Verkäufer beklagen, dass sie in der Akquise allzu oft mit Interessenten zu tun haben, für die der Nutzen der Meier-Produkte sehr überschaubar ist. Es fehlt anscheinend an einer klaren Zielgruppendefinition. „Wir reden mit den falschen Leuten! Und überhaupt, der Pool an möglichen Interessenten ist viel zu dünn, wir brauchen mehr Kontakte, um eine ausreichend große Anzahl an Kunden zu akquirieren.“ Die mangelhafte Zielgruppenefinition erschwert das mühselige Neukundenakquisitionsgeschäft ­nochmals, sodass die Motivation der Verkäufer immer weiter in den Keller rauscht. „Heiß auf Kaltakquise“ (Taxis 2018) ist bei Meier & Co. kaum jemand. Selbst die Top-Leute sind unzufrieden. Sie beklagen, es mangele an der strategischen Ausrichtung. Kein strategischer Weitblick, nirgends. Es fehlt der „rote Faden“, eine Positionierung, eine Vision oder zumindest Beschreibung, welchen fundamentalen Zweck das Unternehmen hat. Und in der Geschäftsführung kann niemand auf den Punkt bringen, wie das Unternehmen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden soll. Wenn es trotzdem versucht wird, kommt es zu sehr heterogenen Äußerungen. „Alle Maßnahmen, die ergriffen werden, um die Firma voranzubringen, sind Stückwerk und Flickschusterei“ – diese Meinung ist bei den Führungskräften und Mitarbeitern weit verbreitet. Der Eindruck der inkohärenten Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen wie dem Vertrieb und dem Marketing, aber auch zwischen den Vertriebsteams untereinander setzt sich auf vielen Ebenen fort. So fehlt es etwa an einem Kennzahlensystem, das eine Überprüfung, ob Ziele erreicht werden konnten oder nicht, ermöglicht  – auch und insbesondere im Vertrieb. Das ist fatal, denn zur stringenten Führung im Vertrieb ist es notwendig, die wichtigsten Kennzahlen für den gesamten Vertriebsbereich übersichtlich im Blick zu behalten. Geschäftsleitung und operative Führung benötigen einen wöchentlichen Bericht, der ihnen mithilfe wesentlicher Informationen eine Entscheidungsgrundlage liefert. Wichtig dabei ist vor allem, dass die definierten Vertriebskennzahlen regelmäßig zwischen Führungskraft und Mitarbeiter abgeglichen werden können. Ein funktionierendes Berichtswesen setzt allerdings voraus, dass überhaupt ein vertriebliches Kennzahlensystem vorhanden ist.

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2.1.2 Das Beispiel „Personalrecruiting“ Die ganze Misere verdichtet sich beim Thema „Personalrecruiting“: Das Unternehmen hat erhebliche Probleme, gute und engagierte Mitarbeiter zu finden, wiederum insbesondere im Vertrieb: Als der Versuch unternommen wird, einen Text für eine Stellenausschreibung zu formulieren, stoßen die Verantwortlichen auf erhebliche Schwierigkeiten, weil sie sich nicht auf ein Bündel an Kompetenzen einigen können, über die der neue Vertriebsfachmann im Außendienst auf jeden Fall verfügen sollte. Die beiden Gretchen-Fragen, die sich einfach nicht eindeutig beantworten lassen, lauten: „Welches Anforderungsprofil sollte der potenzielle Kandidat aufweisen?“ Und: „Welcher Persönlichkeitstyp passt ins Team?“ Aus Gründen der Einfachheit greift die Personalabteilung auf eine Stellenbeschreibung zurück, die vor einigen Jahren erstellt worden ist. Erschwerend kommt das Problem hinzu, dass es grundsätzlich zu wenig Bewerber für vakante Positionen im Außendienst gibt. Als es dann doch noch zu einem Einstellungsgespräch mit einem Kandidaten kommt, findet lediglich ein unstrukturiertes Interview mit ihm statt. So kann es dem Personalchef bei Meier & Co. natürlich nicht gelingen, die Persönlichkeit und die Kompetenzen des Bewerbers angemessen einzuschätzen. Eine Fehleinstellung droht. Wesentlich zielführender ist es, wenn die Bewerberauswahl in mehreren Stufen abläuft, um dann auch tatsächlich den richtigen Mitarbeiter zu finden. Ein möglicher professioneller Weg zum richtigen Mitarbeiter besteht darin, nach einem Telefoninterview eine eignungsdiagnostische Analyse durchzuführen. So erhält das Unternehmen wichtige Hinweise zum Beispiel auf die Frage, ob das firmeneigene variable Entgeltsystem dem Kandidaten zusagt. Bringt der Kandidat die richtige Motivation mit und passt diese auf die Anreizsysteme des Unternehmens? Wenn für einen Bewerber eine (aus seiner Sicht) angemessene Work-Life-Balance wichtig ist, sind monetäre Anreize für ihn wahrscheinlich nicht so bedeutsam. Und umgekehrt! Hinzu kommt: Verfügt der Bewerber über die passenden Verhaltensweisen, die seine Mitarbeit im Unternehmen erfolgversprechend sein lassen? Erst danach erfolgt das eigentliche Vorstellungsgespräch, dann ein Assessment und schließlich ein Karrieregespräch, in dem es darum geht, die Passung endgültig zu eruieren. Dieser recht aufwendige Weg erlaubt es beiden beteiligten Parteien – dem Unternehmen und dem Bewerber – festzustellen, ob sie zusammenpassen. Auch der neue Vertriebsfachmann in spe kann so beurteilen, ob er im zukünftigen Unternehmen erfolgreich sein und gemeinsam mit den Kollegen seine Ziele realisieren kann, insbesondere auch weil die Chemie

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zwischen ihnen stimmt – eine Grundvoraussetzung für eine langfristige und nachhaltige Personaleinstellung. Genauso wichtig ist in diesem Zusammenhang ist das Onboarding, die erfolgreiche Begleitung in den ersten Monaten im neuen Unternehmen. Doch selbst wenn Meier & Co. auf dem leergefegten Stellenmarkt einen neuen Mitarbeiter finden würde und einstellen könnte: Es ist zu befürchten, dass er noch in der Probezeit seine Entscheidung revidiert  – und auch das Unternehmen merkt, dass es eine Fehlentscheidung getroffen hat. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass im Meier-Bewerbungsprocedere zu wenig über die Persönlichkeit und das Verhalten der Bewerber sichtbar wurde und deren Motive, Antreiber und Wertvorstellungen überwiegend im Verborgenen blieben. Und die Bewerber selbst erführen zu wenig Substanzielles über ihren zukünftigen Arbeitgeber. Aber wie gesagt: Bei Meier & Co. kommt es ja erst gar nicht zu vielen Bewerbungsgesprächen.

2.1.3 Gesprächskultur: mangelhaft Damit nicht genug: Die unzureichende Gesprächskultur bei Meier & Co. setzt sich bei den Mitarbeitergesprächen fort. So gibt es in dem Unternehmen zwar Zielvereinbarungsgespräche zum Jahresende, aber keine regelmäßigen Entwicklungs- und Beurteilungsgespräche, in denen die Vertriebsmitarbeiter mehr als nur ein Mal im Jahr erfahren würden, was von ihnen erwartet wird, wo sie stehen und welche Weiterbildungsmaßnahmen ihnen helfen könnten, ihren Aufgaben noch besser nachzukommen. Umgekehrt böten regelmäßige Entwicklungs- und Beurteilungsgespräche auch dem Mitarbeiter die Möglichkeit, dem Arbeitgeber und überdies der unmittelbaren Führungskraft Feedback darüber zu geben, was aus seiner Sicht verbesserungswürdig in der Zusammenarbeit ist. Aber auch hier tut sich bei Meier & Co. ein schwarzes Loch auf. In dieser Situation beschließt die Geschäftsführung von Meier & Co., ein Vertriebsaudit 360°durchzuführen. Denn endlich hat es sich bis zur Geschäftsführung herumgesprochen, dass es nur mit einer Rundumanalyse gelingen kann, die gröbsten Blockaden auf dem Weg zum überlebensfähigen Geschäftsergebnis zu beseitigen. Der kopflose Sturz in den Abgrund lässt sich doch noch verhindern, indem die versteckten Ressourcen und Entwicklungspotenziale objektiv sichtbar gemacht werden.

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2.2 D  as „Vertriebsgen“ in der Unternehmenskultur verankern Die Beschreibung der fatalen Situation bei Meier & Co. hat die entscheidenden Gründe für die dortigen miserablen Vertriebsleistungen aufgezeigt. Leider gibt es zahlreiche weitere Ursachen, die dazu führen, dass es zu nur unbefriedigenden Vertriebsleistungen kommt.

2.2.1 G  ründe für unzureichende Vertriebsleistungen analysieren Zu den häufigsten Gründen gehört, dass die Verkäufer zu wenig Zeit bei den Kunden verbringen und kaum Kraft und Energie in die Neukundenakquisition investieren. Wie kann das sein? Jeder weiß doch, dass der Kundenstamm ausblutet, wenn nicht ständig neue Kunden nachwachsen. Das hat natürlich mit einer mangelhaften Vertriebsführung zu tun, der es nicht gelingt, die ­Aktivitäten zwischen Innen- und Außendienst sinnvoll zu koordinieren. Ein verkaufsaktiver Innendienst könnte beispielsweise dafür Sorge tragen, die Außendienstmitarbeiter bei einer effektiven und effizienten Routenplanung zu unterstützen. Oder der Innendienst übernimmt es, die C-Kunden zu kontaktieren. Es ist hochgradig kontraproduktiv, wenn sich der Außendienst darin aufreibt, C-Kunden zu besuchen, bei denen sowieso so gut wie sicher ist, dass sie keine Bestellung tätigen oder nur die üblichen Kleinstmengen ordern. Übrigens: Kann nicht Ähnliches über die A-Kunden gesagt werden? Das überrascht Sie? Nun: Diese Kunden bestellen, auch ohne dass der Verkäufer sie erst etwa von der Qualität seiner Produkte überzeugen oder die Beziehung gepflegt werden muss. Aber auch hier kann der Innendienst zumindest teilweise Aufgaben übernehmen und den Außendienst entlasten, um den Verkäufern die Konzentration auf die so wichtigen Investitionskunden zu ermöglichen. Denn genau dort liegen Umsatzpotenziale brach. Bitte verstehen Sie uns richtig: Mit welchen Maßnahmen die Vertriebsführung verhindert, dass die Außendienstmitarbeiter unnötige Wege zurücklegen, muss von Unternehmen zu Unternehmen individuell entschieden ­werden. Wir wollen hier vor allem Ursachen benennen, warum es zu verbesserungsfähigen Vertriebsleistungen kommt und wie es zumeist mit strategisch-­ operativen Überlegungen gelingt, Abhilfe zu schaffen. Am Beispiel Meier & Co. ist ersichtlich, dass die verschiedenen Ursachen zusammenhängen und in Abhängigkeit zueinander stehen – der Vertrieb ist eine äußerst komplexe Angelegenheit und besteht aus einem Zusammenspiel mehrerer Wirkfaktoren,

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wobei diese Komplexität erstaunlicherweise von vielen Leitenden unterschätzt wird. Sie können die Liste in der folgenden Übersicht gern um Ihre eigenen Erfahrungen hinsichtlich des Zustandekommens unzureichender Vertriebsleistungen erweitern. Aus unserer Sicht haben diese Nicht-Leistungen oft mit den beteiligten Menschen zu tun. Eine falsche Personalauswahl hat zur Konsequenz, dass wir allzu oft unterdurchschnittliche Verkäufer in den Vertriebsabteilungen und in den Kundengesprächen sehen. Das wiederum führt zu einer Überlastung der Leistungsträger und zu einer hohen Fluktuation auf beiden Seiten. Die Low Performer oder Minderleister und die High Performer oder Höchstleister sind gleichermaßen frustriert und demotiviert. So kommt es allzu oft zu Kündigungen, die nicht sein müssten, wenn die Führung in der Lage wäre, die Top-Leute zu halten. Bei vielen Arbeitnehmern ist die Jobzufriedenheit sehr niedrig ausgeprägt, wie es in einer Studie des Vergütungsexperten Compensation Partner und des Vergütungsportals Gehalt.de heißt (Compensation Partner 2019). Demnach ist die mangelhafte Wertschätzung durch die Führungskraft der häufigste Kündigungsgrund. Neben dem zu niedrigen Einkommen und dem Vorliegen eines attraktiven Konkurrenzangebots zählen fehlende Aufstiegsmöglichkeiten und Überlastung durch zu hohen Druck zu den weiteren Top Five der Kündigungsgründe. Das bedeutet aber auch: Wer seine Verkäufer wertschätzt, offen mit ihnen kommuniziert, sie angemessen bezahlt und ihnen Leistungsanreize bietet sowie Aufstiegsmöglichkeiten etwa durch Weiterbildung und individuelle Karrierepläne eröffnet und überdies ihre physische und psychische Gesundheit in den Fokus rückt, kann seine Top-Leute halten und mit ihnen gute Vertriebsergebnisse erzielen.

Entscheidende Gründe für unzureichende Vertriebsleistungen • • • • • • • • • • • •

Vertrieb und Marketing sind nicht eng genug miteinander verzahnt Vertrieb fährt unnötige Wege Zu viele unterdurchschnittliche Verkäufer Mangelhafte Vertriebsführung Falsche Personalauswahl Unzureichendes Onboarding (Begleitung neuer Mitarbeiter in den ersten Monaten) Mangelhafte strategische Personalentwicklung Unzureichendes und lückenhaftes Berichtswesen Überlastung der Leistungsträger Anreizsysteme passen nicht zu den Mitarbeitererwartungen Demotivation der Mitarbeiter Zu hohe Personalfluktuation

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Bei aller Stichhaltigkeit dieser Ursachen: Der wohl wichtigste Grund für miserable Vertriebsleistungen liegt darin, dass das Management und die Geschäftsführung die wahre Bedeutung des Vertriebs für das Unternehmen nicht oder zumindest nicht ausreichend erkannt haben. Darum fällt es den Verantwortlichen schwer zu akzeptieren, dass ein Unternehmen insgesamt vom Atem der Vertriebsfokussierung durchdrungen sein sollte. Was ein wenig pathetisch klingen mag, ist entscheidend: Die gesamte DNA des Unternehmens sollte vom „Vertriebsgen“ durchdrungen sein und in eine umfassende Vertriebsorientierung münden.

2.2.2 Vertriebsbewusstsein entwickeln Ambitioniertes Ziel bei Meier & Co. sollte daher sein, im Unternehmen ein „Vertriebsgen“ einzupflanzen. Zentraler Gedanke ist, dass sich alle Menschen für das Unternehmen einsetzen und engagieren, sich mit ihm identifizieren und die Bedeutung des Verkaufens für den Gesamterfolg begreifen und verinnerlichen. Das setzt voraus, dass alle Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, verkäuferisch zu denken und zu agieren. Was aber nicht passieren darf: dass von den Mitarbeitern erwartet wird, Vertriebsaufgaben zu übernehmen, obwohl sie dies nicht können, weil man es ihnen nie beigebracht hat. Entscheidend ist, dass alle Mitarbeiter ein Vertriebsbewusstsein entwickeln. Die Vertriebsprozesse müssen so gesteuert werden, dass jeder Mitarbeiter im Rahmen seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten dem Vertrieb zuarbeiten kann.

Dass dann als Folge dieser Überzeugung zum Beispiel Marketing- und Vertriebsabteilung eng miteinander zusammenarbeiten, ist klar und nachvollziehbar und darf erwartet werden. Aber auch – um ein Extrembeispiel ­anzuführen – der Pförtner im Eingangsbereich, der Betreuer der unternehmensinternen Parkgarage und der Telefonist in der Telefonzentrale, der eingehende Anrufe entgegennimmt und auf die gewünschten Ansprechpartner verteilt, müssen verstehen, dass auch sie verantwortlich sind für die Imagebildung, die Reputation des Unternehmens und den Verkauf der Dienstleistungen und Produkte. Wer bei einem Unternehmen anruft, die Zentrale erreicht, sich zum Ansprechpartner durchfragen will, muss beim telefonischen Gesprächspartner bis in die Haarwurzeln hinein spüren: „Hier stehe

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ich mit meinem Anliegen im Mittelpunkt, der Gesprächspartner in der Telefonzentrale ist wahrhaftig bestrebt, mir rasch und kundenorientiert weiterzuhelfen.“ Hand aufs Herz: Wer hat nicht schon einmal in einer Firma in der Zentrale angerufen und den berechtigten Eindruck gehabt, einem kleinen König ausgeliefert zu sein, der es genießt, seine Sekunden-Macht auszuspielen und seine schlechte Laune an dem Anrufer auszulassen? Das darf nicht sein! In Unternehmen mit ausgeprägtem „Vertriebsgen“ kommt das nicht vor, weil auch die Menschen, die nicht im Vertrieb tätig sind, wissen, welche entscheidende Rolle sie spielen, wenn der Kunde ihr Unternehmen bewertet und entscheidet, ob er länger – vielleicht für immer – bleibt oder zur Konkurrenz wechselt. Viele Kunden wenden sich von einem Unternehmen ab, wenn sie nur wenige schlechte Erfahrungen gemacht haben. Und dazu gehören eben nicht nur die Erfahrungen im Kontakt mit dem Verkäufer selbst: Die Kunden sind genervt, wenn Mitarbeiter insgesamt – auch die Mitarbeiter an der Pforte, in der Tiefgarage, in der Telefonzentrale – unhöflich, unfreundlich und ungeduldig sind, nicht richtig zuhören oder sie minutenlang in der Warteschleife links liegen lassen. Ein anschauliches Beispiel bietet der Fachhandel mit seinen Auslieferungsfahrern. Die Gefriertruhe ist bereits verkauft, wenn sie angeliefert wird. Wir dürfen vermuten, dass der Kunde bereits positive Erfahrungen mit dem Unternehmen gesammelt hat, auch mit dem Verkauf und den Verkäufern. Aber: Wie sich jetzt die Auslieferungsfahrer, die eventuell das gute Stück auspacken und aufbauen, im konkreten Kundenkontakt verhalten, hat erheblichen Einfluss auf das letztgültige Bild, das sich der Kunde von dem Unternehmen malt. Zumal die Auslieferungsfahrer auch als aktive Verkäufer auftreten und – zum Beispiel – im Gespräch mit den Kunden die Vorteile eines Wartungsvertrags mit längerer Garantiezeit erläutern könnten. Oder, im Bereich des Möbelhandels, Tipps zur Wohnungseinrichtung geben könnten: „Zu diesem Schrank würde gewiss noch … passen“. Natürlich: Die Mitarbeiter müssen entsprechend ausgebildet sein. Was für uns in diesem Zusammenhang jedoch entscheidend ist: Den Auslieferungsfahrern sollte bewusst sein, welche Funktion und Rolle sie für die Bewertung des Unternehmens spielen. Sie liefern nicht nur irgendetwas aus, sondern sie sind wichtige Repräsentanten ihres Unternehmens vor Ort, direkt beim Kunden, also in einem sehr sensiblen Bereich. Und sie sind Akquisiteure, Verkäufer und Berater in einem. Wenn sie den Kunden enttäuschen und für negative Erfahrungen sorgen, hat das verheerende Auswirkungen auf die Kundenbeziehung und -bindung. Mit „Vertriebsgen“ ist mithin nicht nur gemeint, dass alle Verkäufer und Personen mit unmittelbarem Kundenkontakt verkäuferisch denken und die

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tiefe Überzeugung haben und vor allem auch leben, einen substanziellen ­Beitrag zur Kundenorientierung bzw. Kundenzufriedenheit leisten zu können und leisten zu müssen. Dies gilt vielmehr für alle! Nun dürfen Sie nicht voraussetzungslos erwarten, dass sich alle Mitarbeiter zu 100 Prozent mit dem Unternehmen und den Produkten bzw. Dienstleistungen identifizieren und darüber hinaus eine verkäuferische Einstellung entwickeln. Die Hauptverantwortung für die Entwicklung einer verkäuferischen Einstellung auf allen Ebenen des Unternehmens tragen die Entscheider, vor allem aber die Führungskräfte der Verkäufer.

Dieser Verantwortung werden Sie gerecht, indem Sie • eine vertriebsorientierte Unternehmenskultur aufbauen und rundherum Ihre ganzheitliche Vertriebsorientierung in der Unternehmensphilosophie, den unternehmerischen Leitlinien und Ihren Führungsgrundsätzen verankern. • den Vertrieb und die Vertriebsfokussierung in die Unternehmensstrategie einbinden – auch an dieser zentralen Stelle muss die Botschaft manifestiert werden und deutlich zum Ausdruck gelangen, wie existenziell wichtig der Vertrieb und die verkäuferische Einstellung sind. Zwei elementare Fragen, die dabei beantwortet werden sollten, sind: „Welche Aufgaben sollen Vertrieb und Verkauf bei der Umsetzung der Unternehmensstrategie wahrnehmen?“ Und: „Welche Kernbotschaften sollen dabei transportiert werden?“ • alle Unternehmensprozesse vertrieblich ausrichten. • eine stringente Vertriebsstrategie ausarbeiten, bei der alle Führungskräfte und Mitarbeiter Berücksichtigung finden. • alle Mitarbeiter befähigen, die Vertriebsbrille aufzusetzen und verkaufen zu können. • alle Menschen im Unternehmen, insbesondere aber die Vertriebsführungskräfte und -mitarbeiter in die Lage versetzen, mit kundenorientierten In­ strumenten, Methoden und Tools professionell zu arbeiten. So ist gewährleistet, dass die „verkäuferische“ Ausrichtung und Denkhaltung automatisch in Ihre Unternehmens-, Bereichs-, Abteilungs-, Team- und auch Mitarbeiterziele eindringt und an zentraler Stelle fixiert ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Führungskräfte und Mitarbeiter eine verkäuferische Einstellung an den Tag legen, steigt – zumindest können Sie auf diese Weise die Grundlage dafür legen.

2  Schritt 1 zur Top Sales Company: Gründe für unzureichende … 

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2.2.3 Aktuelle vertriebliche Herausforderungen meistern Eine besondere Brisanz erhält die Ausrichtung des gesamten Unternehmens auf vertriebliche Aktivitäten durch die Herausforderungen, vor denen aktuell so gut wie jede Vertriebsabteilung steht. Die Folgen der Digitalisierung spürt wohl kaum eine Abteilung so hautnah wie der Vertrieb. Hier sollen einige Schlagwörter genügen: Durch den Einzug der modernen Kommunikationsmedien erwarten Kunden eine 24/7-Präsenz und damit eine Verfügbarkeit rund um die Uhr. Darum muss der moderne Vertrieb auf allen Kanälen schnell reagieren. Die Unternehmen müssen damit rechnen, dass Kunden analog und digital immer und überall beraten werden wollen. Hinzu kommt: Verkäufer begegnen immer öfter dem top-informierten Kunden, der im Internet nach einem Produkt oder einer Dienstleistung recherchiert hat und dem Verkäufer mit einem immensen Detailwissen begegnet. Im B2C-Bereich gilt: Zuweilen ist der Kunde besser informiert als der Verkäufer, der die gesamte Angebotspalette im Kopf haben muss und darum das einzelne Produkt nicht in der Tiefe erkunden kann. Der Verkäufer muss trotzdem die Aufgabe meistern, den „allwissenden“ Kunden umfassend zu beraten. Bei den besonders wichtigen Kunden im B2B-Bereich wird ein Key Account Management zur Königsdisziplin – pointiert ausgedrückt: Der Verkäufer muss sich im Business des Kunden besser auskennen als dieser selbst, um ihn als Sparringspartner und Gesprächspartner auf Augenhöhe auch strategisch individuell beraten zu können. Der Kunde erwartet und setzt voraus, dass der Verkäufer mit ihm gemeinsam die Zukunft gestaltet und ihm Angebote unterbreitet, die es ihm erlauben, strategische Wettbewerbsvorteile zu generieren und Marktanteile zu erobern. Das Kundenverhalten wird immer unberechenbarer – dies setzt beim Verkäufer ein Höchstmaß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit voraus, will er denn die so wichtige Platinregel im Kundenkontakt beachten und verwirklichen:

„Behandle den anderen so, wie er behandelt werden möchte.“

Aus Sicht der Unternehmen kommt überdies der beängstigende Fachkräftemangel hinzu. Nicht nur im Vertrieb fehlt es aufgrund des demografischen Wandels an motivierten und qualifizierten Leuten.

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In Zukunft wird vor allem die Rekrutierung über den Vertriebserfolg entscheiden. Zwar spielen auch andere Faktoren eine existenzielle Rolle – aber: Die strategische Personalentwicklung im Vertrieb wird zur Königsdisziplin.

Meier & Co. steht mithin vor einer Herkulesaufgabe: Das Unternehmen will seine miserablen Vertriebsleistungen hinter sich lassen und den Vertrieb so entwickeln, dass sich die schwierigen digitalen und demografischen He­ rausforderungen der Zukunft meistern lassen und endlich gute Ergebnisse eingefahren werden können.

Literatur Compensation Partner (2019) Umfrage: Gründe für die Kündigung. https://cdn.personalmarkt.de/cms/umfrage-deswegen-kundigen-beschaftigte-ihren-job_11f3fc5 9-a529-4482-9b58-79d105c64634_650x0_2Fi-.jpg. Zugegriffen am 17.02.2020 Taxis T (2018) Heiß auf Kaltakquise: So vervielfachen Sie Ihre Erfolgsquote am Telefon, 4. Aufl. Haufe, Freiburg

3 Schritt 2 zur Top Sales Company: Fit für die Zukunft – Erfolg ist planbar

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Wer unzureichende Vertriebsergebnisse einfährt und Vertriebsziele nicht erreicht, sollte motiviert sein, eine IST-Analyse vorzunehmen, um danach Veränderungsprozesse einzuleiten, die dann zu einer besseren Performance führen. Ein Trainings-Schnellschuss genügt nicht, um zu nachhaltigen Optimierungen zu gelangen. Notwendig ist die exakte Analyse des Ist-Zustands. Das ist die Basis, auf der Vertriebs- und Unternehmenserfolg planbar sind. Der Ansatz „Top Sales Company“ geht davon aus, dass die ganzheitliche Analyse des Ist-Zustands am besten durch die Menschen geleistet werden kann, die unmittelbar mit dem Unternehmen zu tun haben: vor allem durch das Management, die Entscheider und die Vertriebsführungskräfte und -mitarbeiter. Die besten Unternehmensberater sitzen in der Firma selbst.

3.1 Zielgenau am Bedarf vorbei Angesichts der desaströsen Entwicklung bei Meier & Co. haben die Verantwortlichen entschieden, dass es kontraproduktiv ist, die üblichen und traditionellen Wege zu beschreiten, die von Unternehmen eingeschlagen werden. Dazu gehört, gerade in brenzlig-heiklen Situationen, einen Trainer als Feuerlöscher – am besten einen „Guru“, der auf seinem Gebiet eine unbestrittene Autorität ist  – ins Unternehmen zu rufen. Das muss gar nicht einmal die

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_3

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schlechteste Lösung sein. Oft aber tendieren solche Trainer-Koryphäen dazu, ihr Erfolgsrezept einem Unternehmen überzustülpen, nach dem Motto: „Was sich in vielen anderen Unternehmen etabliert hat, wird auch hier zum Erfolg führen!“ Diese Einstellung erweist sich oft als Trugschluss, weil das Guru-­ Training an sich zwar eine hohe Qualität aufweisen mag, aber an den eigentlichen Weiterbildungsbedürfnissen vorbeigeht. Meistens handelt es sich lediglich um ein reines Training der Fachkompetenzen oder ein Motivationstraining, bei dem mit Tschakka-Methoden ein nur kurzfristiges und wenig nachhaltiges Motivations-Strohfeuer entfacht wird. Solche Trainings werden von den Vertrieblern vehement abgelehnt. Eine Studie, bei der der Bundesverband der Vertriebsmanager (BdVM) 113 Mitglieder verschiedener Unternehmen zu ihrem persönlichen Weiterbildungsbedarf befragt hat, kam zu dem folgenden Ergebnis: „Die befragten Vertriebsmanager sind sehr interessiert an Weiterbildungen, wollen jedoch ihre Zeit nicht in tagelangen Gießkannen-­ Veranstaltungen mit Trainern verschwenden, die die vertriebliche Realität nicht kennen. Weiterbildungen für Vertriebsmanager sollten auf deren Inte­ ressen abgestimmt und praxisnah sein, von einem Trainer durchgeführt werden, der selbst Führungskraft im Vertrieb ist bzw. war, der Erfahrung in der Vertriebspraxis hat, sowie Zeit für Diskussionen und eine fundierte Nachbetreuung mitbringt.“ (Fischer et al. o. J.) Problematisch dabei ist, dass bei solch einem Training „nur“ die Menschen trainiert werden, also die Kompetenzen der handelnden Akteure in den Weiterbildungsfokus rücken. Was meistens vollkommen außen vor bleibt, ist die Vertriebssituation des Unternehmens. Wer aber zu nachhaltigen Veränderungsprozessen gelangen will, darf nicht nur an einer Stellschraube drehen, sondern muss die ganzheitliche Wahrnehmungsbrille aufsetzen und den gesamten Prozess in den Blick nehmen. Ein weiteres Problem dabei ist: Es fehlt an einer klaren Analyse, mit der festgestellt wird, welche Potenziale an welcher Stelle brachliegen und gehoben werden können oder müssen, damit alle Führungskräfte und Mitarbeiter in der Lage sind, den bestmöglichen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten. Unserer Erfahrung nach erfolgt Weiterbildung immer noch viel zu oft nach dem Gießkannen-Prinzip und mit zu wenig Praxisbezug: „Es ist noch Geld in der Weiterbildungskasse und das Geschäftsjahr fast zu Ende, schicken wir doch alle Mitarbeiter auf einen Motivationsabend!“ Verfügbare Ressourcen – vor allem finanzielle Mittel und Trainer – werden für Maßnahmen eingesetzt, die nicht punktgenau und maßgeschneidert auf den erforderlichen Weiterbildungsbedarf der Mitarbeiter abgestimmt sind und in keinem Zusammenhang mit den zentralen Geschäftsprozessen stehen.

3  Schritt 2 zur Top Sales Company: Fit für die Zukunft – Erfolg ist planbar 

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Den Weiterbildungs- und Entwicklungsprogrammen fehlt die konsistente und konsequente Ausrichtung an den Unternehmenszielen. Aus Bequemlichkeitsgründen und weil es am Willen zum strategischen Weitblick fehlt, wird bei der Analyse der Ist-Situation nicht tief genug analysiert.

Denn es ist natürlich viel aufwendiger und anstrengender, der Frage nachzugehen, warum die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter, die ihre Zielvorgaben erreichen, immer weiter abnimmt. Die Studie „The Growing Buyer-­Seller-­ Gap“, 2018 durchgeführt von der Miller Heiman Group, hat ergeben, dass dies 2011 noch bei 63  Prozent der Vertriebsmitarbeiter der Fall war. 2017 konnten nur noch 53  Prozent ihre Zielvorgaben erreichen (CSO Insights 2018). Wie kommt dieser Rückgang zustande? Woran liegt das? An den Zielvorgaben selbst? Die vielleicht auch nicht präzise genug ausformuliert sind? Oder an den Vertriebsmitarbeitern und deren mangelhaften Kompetenzen? Oder an einem unzureichenden Kennzahlensystem? Zur stringenten Führung im Vertrieb ist es notwendig, die wichtigsten Kennzahlen für den gesamten Vertriebsbereich übersichtlich aufzubereiten. Und Geschäftsleitung und operative Führung benötigen einen wöchentlichen Bericht, der ihnen wesentliche Informationen und Grundlagen liefert, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Ist das nicht der Fall, hapert es auch bei den erreichten Zielvorgaben. Es ist müßig, über Weiterbildungsprogramme nachzudenken, ohne diese Fragen – und viele weitere – im Vorfeld abzuklären. In der Realität jedoch wird das gesamte Vertriebsteam auf eine Schulung geschickt. „Danach klappt das mit den Zielvorgaben bestimmt besser“, so die durch das Gießkannen-­ Prinzip geschürte Erwartungshaltung. Allerdings: Zielführender ist es, die Trainings mit der strategischen Ausrichtung, dem operativen Tagesgeschäft und der Karriereplanung der Teilnehmer eng zu verzahnen und überdies von anderen Unternehmen zu lernen und deren erfolgreich eingesetzte Konzepte zu übernehmen. Zudem sollten ineffektive Weiterbildungsmaßnahmen und Entwicklungsprogramme rigoros gestoppt und aussortiert werden. Voraussetzung dafür sind natürlich ein effektives Bildungscontrolling und engmaschige Erfolgskontrollen  – und damit wiederum eine saubere Analyse des Ist-Zustands. „Saubere Analyse des Ist-Zustands“  – die Verantwortlichen bei Meier & Co. haben entschieden, dass der nächste Schritt mithilfe eines Vertriebsaudit

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360° gemacht werden soll. Das ambitionierte Ziel ist, sich zu einer Top Sales Company zu entwickeln. Dazu wird der folgende Fahrplan festgelegt: • Auswahl eines Beratungsunternehmens, das Meier & Co. zur Top Sales Company entwickeln soll • Projektplanung mit vorbereitendem Workshop mit den verantwortlichen Entscheidern, allen beteiligten Gruppen und dem Betriebsrat • Festlegung des Startzeitraums • Definition der Befragungsteilnehmer (Bewertergruppen) • Durchführung des Vertriebsaudits 360° • Erstellung des Vertriebsaudits 360°  mit Festlegung der notwendigen Maßnahmen, Veränderungs- und Anpassungsprozesse • Ein konkretes Beispiel für eine Maßnahme: Aus dem Gap zwischen den tatsächlich vorhandenen Verkäuferkompetenzen und den erforderlichen Kompetenzen werden die entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen abgeleitet und Trainingsfelder identifiziert. Die Umsetzung erfolgt vor allem durch individuelles Training und Coaching sowie Training on the Job.

3.2 D  ie wahren Propheten sitzen im eigenen Land Das Vertriebsaudit 360° ist ein Performance Audit, mit dem eine objektive und systematische Überprüfung der Zielerreichung und Effektivität vorgenommen werden kann. So lässt sich analysieren, ob die eingesetzten Ressourcen im Vertrieb so verwendet werden, dass der strategische Erfolg des ­Unternehmens gewährleistet ist. Dabei werden die vier entscheidenden Erfolgsfaktoren für den Vertriebserfolg  – Sie erinnern sich: Vertriebsausrichtung, Vertriebsorganisation, Vertriebsmitarbeiter und Vertriebsführung – aus der Sicht möglichst unterschiedlicher Gruppen und Personen bewertet.

3.2.1 Bewertergruppen festlegen Die Zusammenstellung der Befragungsteilnehmer erfolgt individuell und wird für das Unternehmen maßgeschneidert. Ein entsprechendes beschreibbares Dokument hilft vor dem Audit, die Teilnehmer zu benennen und sie einer Bewertergruppe zuzuordnen.

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Je unterschiedlicher und heterogener und umfassender die Bewertergruppen, desto größer die Aussagekraft der Bewertungen und Einschätzungen.

In den allermeisten Fällen, in denen wir ein Vertriebsaudit 360° durchgeführt haben, gehörten die Geschäftsleitung, die Vertriebsleitung beziehungsweise die Vertriebsführungskräfte und das Vertriebsteam zu den Bewertergruppen. Bezüglich des Vertriebsteams lässt sich eine weitere Unterscheidung vornehmen: So können die Außendienstmitarbeiter und die Innendienstmitarbeiter separate Bewertergruppen bilden. Oder die Key Accounter agieren als eigenständige Bewertergruppe. Entscheidend für die Festlegung der Bewertergruppen ist die individuelle Struktur des Unternehmens, aus der sich ergibt, welche Personen eine qualifizierte Bewertung der vier Erfolgsfaktoren vornehmen können. Ein authentisches Beispiel aus unserer Top-SalesCompany-­Praxis: Ein mittelständisches Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie hat bei dem ersten Audit die Bewertergruppen „Geschäftsleitung“, „Vertriebsteam“, „Kundenservice“ und „Key Account Manager“ befragt. Durch die Vorgehensweise wird externes Beraterwissen kombiniert mit der internen Expertise. Da die besten Unternehmenskenner in der Firma selbst sitzen, ergibt sich dadurch ein wesentlich fundierteres Bild.

3.2.2 Die Perspektive ist entscheidend Oftmals finden die Propheten im eigenen Land nicht das entsprechende Gehör. Oder sie werden gar nicht erst um Rat gefragt. Insgesamt gilt: Je mehr Perspektiven, desto besser. Denn verschiedene Gruppen nehmen oft denselben Sachverhalt mit völlig unterschiedlichen Wahrnehmungsbrillen wahr (Abb. 3.1). Entscheidend ist die Sichtweise, aus der etwa ein Sachverhalt betrachtet und bewertet wird. Auch die Erwartungen, unter denen eine Bewertung vorgenommen wird, spielen eine Rolle. Dazu ein konkretes Beispiel: Bei dem Erfolgsfaktor Vertriebsausrichtung wird ein Themenfeld durch die Aussage, ob und inwiefern der Vertrieb eine ausreichende Anzahl von Leads erhält, abgedeckt. Bei einem unserer Kundenprojekte gab es dazu völlig unterschiedliche Wahrnehmungen. Die Geschäftsleitung bewertete die Aussage mit einem Wert von ca. 9, also sehr hoch. Die Mitarbeiter hingegen nur mit 3. Warum? Die Geschäftsleitung hatte zur Leadgenerierung einen externen Dienstleister beauftragt und war infolgedessen von einer guten oder sogar sehr guten Leadgenerierung ausgegangen, viel-

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Abb. 3.1  Auf die Perspektive und Sichtweise kommt es an

leicht auch, um die eigene Maßnahme auf diese Weise zu legitimieren: „Wir haben alles Mögliche getan, um mehr Leads zu generieren, das muss dem Vertrieb jetzt aber auch genügen.“ Und eventuell war der Wunsch der Vater des Gedankens. Anscheinend ist die konkrete Leadanzahl danach nicht mehr überprüft worden. Und diese wurde von den Vertrieblern selbst als viel zu niedrig eingestuft, sie beklagten, jeder für sich, die zu geringe Anzahl an Leads. So kamen Geschäftsleitung und Vertrieb zu sehr unterschiedlichen Meinungen hinsichtlich ein und derselben Tatsache. Während die Vertreter der Geschäftsleitung mit der Leadanzahl sehr zufrieden waren, wussten die ausführenden Mitarbeiter sehr genau, dass Interessenten bei Weitem noch keine Kunden sind und diese Anzahl zu niedrig war, um den ausblutenden Kundenstamm aufzufrischen. Und im Gegensatz zur Geschäftsleitung waren sich die Mitarbeiter darüber im Klaren, dass nicht allein die Quantität, sondern vor allem die Qualität der generierten Leads eine entscheidende Rolle spielt. Hinzu kam: Es gab wohl nie einen Austausch der Sichtweisen. Nur so ist zu erklären, dass es zu so unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der „richtigen“ Leadanzahl kommen konnte. Und über die Kompetenz des externen Dienstleisters ließe sich vermutlich auch trefflich streiten … Spannend in dem Prozess ist, dass oftmals die strategische Sicht auf die operative Sicht trifft und es dabei zu sehr konträren Einschätzungen kommen kann. So wissen die Mitarbeiter manchmal nicht, wohin die strategische Reise gehen soll. Umgekehrt fehlt der Geschäftsleitung das Bewusstsein, welche Konsequenzen eine operative Entscheidung hat.

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3.2.3 Bewertungen interpretieren Das Beispiel zeigt, dass die durch das Vertriebsaudit 360° gewonnenen Einschätzungen und Bewertungen der Interpretation bedürfen. Sie müssen professionell ausgewertet werden. Wenn dies gründlich geschieht, kann ein Unternehmen daraus konkrete Verbesserungsvorschläge ableiten. Ab Kap.  5 werden Sie die Optimierungsmaßnahmen kennenlernen, die von Meier & Co. nach dem Vertriebsaudit 360° verwirklicht wurden. Die Entscheider in unserem fiktiven Unternehmen haben sich in dem vorbereitenden Workshop auf die Bewertergruppen „Geschäftsführung“, „Vertriebsleitung“, „Außendienst“ und „Innendienst“ festgelegt. In dem Workshop wurden zudem der Onlinefragebogen und das Durchführungs- und Auswertungsprocedere im Detail vorgestellt und diskutiert, etwa die Regeln für die interne Kommunikation, das Datum der Erhebung sowie das Ende und der Zeitpunkt der Erinnerung an die Teilnehmer, welche den Fragebogen noch nicht ausgefüllt haben. Und jetzt endlich geht es los! Die Bewertergruppen gehen an die Arbeit. Zu welchen Ergebnissen das Vertriebsaudit 360° führt, erfahren Sie in Kap. 4.

Literatur CSO Insights (2018) The growing buyer-seller-gap: results of the 2018 buyer preferences study. https://www.csoinsights.com/wp-content/uploads/sites/5/2018/06/ Growing-Buyer-Seller-Gap-White-paper_FINAL.pdf. Zugegriffen am 17.02.2020 Fischer A, Nachtwei J, Seidenglanz R (o. J.) Diese Weiterbildungen wünschen sich Vertriebsmanager. www.vertriebsmanager.de/ressort/die-drei-haeufigsten-fehler-bei-weiterbildungen-fuer-vertriebsmanager-390751283. Zugegriffen am 29.02.2020

4 Schritt 3 zur Top Sales Company: Die Bewertung der Faktoren des Vertriebserfolgs

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Die Abenteuerreise zur Top Sales Company nimmt rasant an Fahrt auf: Meier & Co. durchläuft das Vertriebsaudit 360° und setzt sich der Bewertung aus. Mit Spannung erwartet die Geschäftsführung die Ergebnisse, um daraus die konkreten Maßnahmen abzuleiten, die das Unternehmen Schritt für Schritt in die Liga der Top Sales Companies führen soll. Der Leser erfährt, was er bei der Bewertung der Erfolgsfaktoren berücksichtigen sollte, wenn er selbst sich auf den Weg zur Top Sales Company machen möchte.

4.1 V  ertriebseffektivität durch die Faktoren des Vertriebserfolg Zu jeder Abenteuerreise gehört eine optimale Vorbereitungsphase. Je weiter die Reise, desto komplexer die Organisation. Dann müssen die Anreise geregelt – möglichst klimaneutral und nachhaltig – und die Visumspflicht mit all ihren länderspezifischen Besonderheiten beachtet werden. Die Überlegungen zu dem erforderlichen Versicherungsschutz sind auch nicht zu vernachlässigen, ebenso wie die Frage, ob ein spezieller Impfschutz notwendig ist. Die Sicherheit vor Ort sollte gewissenhaft ausgekundschaftet werden, die aktuellen Informationen über Risiken, Krankheiten und die gegenwärtige

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_4

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politische Situation in den Zielländern gehören zu den unerlässlichen Vorbereitungen. Und dann ist da auch noch die Ausrüstungsfrage zu klären … Auch die Durchführung des Vertriebsaudits 360° bei Meier & Co. verlangt eine Vorbereitung, sie verläuft allerdings relativ einfach: Die Bewertergruppen „Geschäftsführung“, „Vertriebsleitung“, „Außendienst“ und „Innendienst“ stehen ja fest und gehen an die Bewertungsarbeit. Sie wissen es ja bereits: Bei jeder der 16 Vertriebsdimensionen gibt es fünf Aussagen zu bewerten, insgesamt bewerten die Gruppen 80 Vertriebssituationen, aus denen sich ein Gesamtbild zu den vier Erfolgsfaktoren Vertriebsausrichtung, Vertriebsorganisation, Vertriebsmitarbeiter und Vertriebsführung erstellen lässt. Um welche Aussagen und Vertriebssituationen geht es konkret?

4.1.1 D  ie vier Dimensionen des Erfolgsfaktors Vertriebsausrichtung Schauen wir zunächst einmal auf die Dimensionen des Erfolgsfaktors 1. Ohne Klarheit bezüglich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und des Vertriebs ist es nicht möglich, das Schiff sicher in den Ziele-Hafen zu steuern. Wer nicht weiß, wo er hinwill, braucht gar nicht erst damit zu beginnen, die Segel zu setzen. Bei der Vertriebsausrichtung geht es zuallererst um die Dimension Marketingstrategie. Diese dient dem Vertriebssupport. Sie unterstützt den Vertrieb mit der Steigerung des Image- und Bekanntheitsgrads in Form von direkten und indirekten Maßnahmen zur Leadgenerierung und Vorbereitung von Marktimpulsen. Die Bewertergruppen müssen sich zu den folgenden fünf Aussagen äußern: 1. Der Vertrieb erhält eine ausreichende Anzahl Leads zur Neukunden­ generierung. 2. Mögliche Zielkunden/Multiplikatoren werden recherchiert und an den Vertrieb weitergeleitet. 3. Professionelle PR-Arbeiten unterstützen den Vertrieb. 4. Messen und Kundenveranstaltungen werden zur Kundenansprache genutzt. 5. Über „Passiven Vertrieb“ (Internet, Social Media, Newsletter, Kunden­ zeitschrift etc.) sind wir dauerhaft in Kontakt mit unserer Wunschzielgruppe.

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Die Dimension Vertriebsstrategie/Kanäle beschreibt klar und transparent alle unternehmerischen, quantitativen und qualitativen Ziele sowie Mittel und Maßnahmen zur Zielerreichung. Die Bewertergruppen beschäftigen sich darum zum Beispiel mit der Frage, ob die Zielkunden und Zielgruppen für die Produkte und Dienstleistungen von Meier & Co. klar definiert sind oder nicht. Wichtig ist auch, ob die strategisch geplanten Wachstumsziele kontinuierlich erreicht werden und die Vertriebsmitarbeiter die Vertriebsstrategie konsequent umsetzen. Die dritte Dimension der Vertriebsausrichtung umfasst die Marktpotenzialanalyse: Diese liefert alle Informationen über mögliche Zielkunden, Geschäftsfelder und Multiplikatoren in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Die Bewertergruppen beurteilen, ob alle potenziellen Zielkunden, Key Accounts und Multiplikatoren erfasst sowie quantitativ und qualitativ bewertet sind, zum Beispiel durch eine A-B-C-Kategorisierung.

Zudem rücken die Wettbewerber von Meier & Co. in den Mittelpunkt, die mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt agieren. Über welche Wettbewerbsvorteile verfügt die Konkurrenz, wer sind die Kunden der Wettbewerber? Das Personalmarketing im Vertrieb ist auf Mitarbeiter ausgerichtet, die einen optimalen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten können. Die Attraktivität des Arbeitgebers für High Potentials im Vertrieb ist definiert und dokumentiert. Die Bewertergruppen schätzen bei der Dimension Personalmarketing darum ein, ob eine mittel- und langfristige Strategie zur Bindung der Top-Leistungsträger vorhanden ist. Zielführend ist zudem, dass Meier & Co. die Mitarbeiter „stärkenorientiert“ einsetzt, sodass künftig eine hohe Passgenauigkeit zwischen Job und Person gewährleistet ist. Außerdem stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Mitarbeiter potenzielle neue Kollegen aus ihrem persönlichen Umfeld empfehlen, was auch auf einen hohen Identifikationsgrad der Mitarbeiter von Meier & Co. mit „ihrer“ Firma schließen ließe. Bei dieser Dimension rücken die Karriereperspektiven, die Möglichkeiten zur kontinuierlichen Weiterbildung und das Vorhandensein einer modernen Unternehmens- und Führungskultur bei Meier & Co. in den Fokus.

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4.1.2 Der Erfolgsfaktor Vertriebsorganisation Um die Komplexität eines Erfolgsfaktors aufzuzeigen, sind in der folgenden Übersicht die vier Dimensionen des zweiten Erfolgsfaktors, der Vertriebsorganisation, und eine Auswahl der jeweiligen dazugehörigen fünf Fragen aufgelistet, mit der sich die Bewertergruppen bei Meier & Co. beschäftigen.

Der Erfolgsfaktor Vertriebsorganisation und seine vier Dimensionen 1. Dimension Vertriebsorganisation: Ein gut funktionierender Vertrieb hat die Abläufe im Vertrieb klar und transparent dargestellt, die Prozesse sind definiert und erfasst, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sind eindeutig und allen bekannt. Darum sind jetzt etwa diese Aussagen interessant: • Es gibt ein aktuelles Organigramm, in dem die Hierarchien und Ver­ antwortlichkeiten eindeutig definiert sind. • Es besteht eine Kundenzuordnung für jeden Vertriebsmitarbeiter. • Aus den Vertriebsprozessen kann die Bedarfsplanung für Personal abgeleitet werden. 2. Dimension Information – CRM: Ein modernes Datenmanagement ist die Basis für erfolgreichen, systematischen Vertrieb. Wie gut die Datensuche und -pflege im Unternehmen ist, hängt auch von der eingesetzten Software zum Vertriebs- und Kundenmanagement ab. Entsprechende zu bewertende Aussagen lauten: • Die Vertriebsmitarbeiter werden durch die Software optimal unterstützt. • Das CRM-System ist optimal auf die Vertriebsprozesse angepasst. • Wir verfügen im CRM-System über alle vertriebsrelevanten Informationen. 3. Dimension Kundenbeziehungsmanagement: Ziel ist es, den bestehenden Kundenstamm auszubauen und mittels der Kunden eine höhere Markt­ durchdringung auf effiziente und effektive Weise zu erreichen. Die Bewerter­ gruppen beschäftigen sich also mit diesen Ausssagen: • Wir haben eine Kundensegmentierung nach den Kriterien Potenzial, Menge und Kauffrequenz. • Nach dem Kauf werden unsere Kunden systematisch nachkontaktiert, um Zufriedenheit und/oder Zusatzbedarf zu klären. • Wir messen und analysieren den Zufriedenheitsgrad unserer Kunden. 4. Dimension Leadmanagement: Leadmanagement erfasst und generiert Interessenten, um eine möglichst hohe Zahl von Kundenkontakten zu realisieren. Bei den Bewertungen geht es jetzt darum: • Wir generieren ausreichend neue Kontakte, um den Vertrieb mit der notwendigen Anzahl von Interessentenanfragen zu unterstützen.

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• Wir haben die verschiedenen Vertriebswege (eigener Vertrieb, Call-Center, Agenturen, Franchise etc.) hinsichtlich Passung für unser Geschäft analysiert und unseren Vertriebsansatz daraus abgeleitet. • Für die telefonische Kundenansprache sind sowohl die Verantwortlichkeiten als auch das Vorgehen (Prozess, Inhalt und Gesprächsleitfäden) definiert. • Aktives Einholen von Empfehlungen wird regelmäßig von allen Ver­ triebsmitarbeitern genutzt.

4.1.3 Die Vertriebsmitarbeiter als Erfolgsfaktor Dass die Kompetenzen der Mitarbeiter eine große Rolle auf dem Weg zur Top Sales Company spielen, ist zu erwarten. Darum gewinnt der Recruiting-­ Prozess immer mehr an Bedeutung. „Die neue Macht der Mitarbeiter“ – so lautet der Titel eines Buches von Edgar und Barbara Geffroy. Dort heißt es: „Noch in diesem Jahrzehnt werden Unternehmen geschlossen werden, und zwar nicht, weil es an Kunden, sondern weil es an den richtigen Mitarbeitern fehlt.“ (Geffroy und Geffroy 2017, S. 12) Eine Top Sales Company ohne motivierte und engagierte Mitarbeiter, die mit Empowerment den Vertrieb nach vorn bringen, also mit der Bereitschaft, sich aktiv und eigenverantwortlich in die Optimierung der Vertriebsprozesse einzuschalten, ist kaum denkbar. Studien bestätigen diesen Befund: In einer Hypothese der Hochschule der Wirtschaft für Management in Mannheim werden die „Vertriebsmitarbeiter als Engpassfaktor“ beschrieben. In dem Ergebnisbericht zu der Studie heißt es, die Unternehmen hätten „Probleme, passende Mitarbeiter für den Vertrieb zu rekrutieren. 82 % der Unternehmen sind der Ansicht, dass die Position eines Außendienstmitarbeiters zu den am schwersten zu besetzenden Positionen zählt“ (Enders und Steimer 2017, S. 2). Insbesondere die Globalisierung und die Internationalisierung haben dazu geführt, dass sich die Top-Leute ihren Arbeitsplatz oft unter einer Vielzahl an Jobangeboten aussuchen können. Aufgrund der Digitalisierung kann ein interessantes Jobangebot quasi der ganzen Welt offeriert werden. Die Unternehmen konkurrieren im War for Talents weltweit, und dabei sind es nicht nur das höhere Gehalt und der Ausblick auf einen interessanten Auslandsaufenthalt, der die High Performer motiviert, ins Ausland zu gehen. Eine entscheidende Frage lautet, wie es gelingt, den Auswahlprozess so zu gestalten, dass das Unternehmen Vertriebsführungskräfte und -mitarbeiter gewinnt, bindet und hält, sodass die Zukunftsfähigkeit gesichert ist.

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Ein professioneller Auswahlprozess berücksichtigt gleichberechtigt die spezifischen Anforderungen der Organisation, die Eignung des Bewerbers in Bezug auf seine fachlichen und persönlichen Kompetenzen, einschließlich seiner Motivationsstruktur. Und darum setzen sich die Bewertergruppen bei Meier & Co. im Rahmen der Dimension Rekrutierung/Auswahlprozess zum Beispiel mit den Fragen auseinander, ob es ein unternehmensspezifisches Anforderungsprofil für Mitarbeiter im Vertrieb gibt und ob die Verkaufskompetenz von Bewerbern in Bezug auf ihre Fertigkeiten und Kenntnisse gemessen werden. Denn das ist erstaunlich: Oft scheitert die erfolgreiche Rekrutierung neuer Mitarbeiter bereits an diesen scheinbar selbstverständlichen Punkten. Auch fehlt es an ergebnisfördernden Anreizsystemen, die auf die Motivationsstruktur eines Bewerbers abgestimmt werden. Weitere Dimensionen, mit denen sich die Bewertergruppen bei diesem Erfolgsfaktor beschäftigen, sind die Dimension Personalentwicklung im Vertrieb/Qualifizierung und die Dimension Motivation/Identifikation. Während es bei der Personalentwicklung/Qualifizierung etwa um die individuellen Analysen des Weiterbildungsbedarfs und die regelmäßige Schulung der Vertriebsmitarbeiter auf der Basis ihrer individuellen Bedürfnisse geht, steht bei der Motivation die Identifikation mit den Produkten und dem Unternehmen im Mittelpunkt. Ist das bei Meier & Co. der Fall? Arbeiten die Vertriebsmitarbeiter mit Begeisterung und Leidenschaft an ihren Aufgaben und Zielen? Zeigen sie in ihrem Verhalten Integrität und Loyalität? Und inwiefern unterstützt das Unternehmen die Motivation durch mitarbeitertyp-­orientierte monetäre Anreizsysteme? All dies wird jetzt bewertet. Besondere Wertigkeit hat die Dimension der Verkaufskompetenz. Sie beschreibt alle Fertigkeiten und Kenntnisse innerhalb des Verkaufsprozesses, unabhängig von der branchenspezifischen Fachkompetenz. Die Fertigkeiten und Kenntnisse beziehen sich auf die für den Vertrieb essenziellen Phasen der Akquisition, der Bedarfsanalyse, der Präsentation und der Abschlussfähigkeit. Die Verkäufer sollten in der Lage sein, neue Kunden zu akquirieren, positive und gewinnbringende Beziehungen bis hin zum Abschluss aufzubauen und die Produkte und Dienstleistungen sowie das Unternehmen adressatengerecht, überzeugend und klar zu präsentieren. Zudem beurteilen die Bewertergruppen, ob die Mitarbeiter regelmäßig ihre Verkaufsergebnisse reflektieren und nach kontinuierlicher Verbesserung streben. In den meisten Unternehmen, die in die Liga der Top Sales Companies aufgestiegen sind, leistet die Entwicklung eines spezifischen Kompetenzprofils, bei dem die erforderlichen Kompetenzen eines Verkäufers in einem Profil festgehalten werden, einen enormen Beitrag.

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Hier sei schon einmal so viel verraten, dass die Entwicklung von Kompetenzprofilen auch bei der Weiterentwicklung von Meier & Co. zur Top Sales Company eine Rolle spielen wird – mehr dazu in Abschn. 7.5.3.

4.1.4 Erfolgsfaktor 4: Die Führung im Vertrieb Nur mit der richtigen Führung lassen sich gute und bessere Vertriebsergebnisse erzielen. Ein flott laufendes Vertriebsschiff benötigt einen kompetenten Kapitän. Unserer Erfahrung nach verlangen und benötigen Mitarbeiter im Vertrieb eine andere Führung als zum Beispiel Mitarbeiter in der Produktion oder in der Verwaltung. Wichtig ist die permanente Kommunikation mit den Verkäufern, bei der auch die Steigerung des Selbstwertgefühls und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen berücksichtigt werden sollten. Bei dem vierten Erfolgsfaktor richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Dimensionen Vertriebssteuerung, Vertriebsreporting, Führungsinstrumente und Führungskompetenz. Die Vertriebssteuerung setzt die strategischen Ziele des Unternehmens in ein operatives Vertriebsziel um. Sie umfasst die Kernaufgaben Steuerung der Marktbearbeitung, Entlohnung und Anreize von Vertriebsmitarbeitern, Planung des Vertriebserfolgs nach Kunde, Produkt, Region sowie das Management von Zielkonflikten. Die Bewertergruppen beurteilen, ob die Vertriebsziele allen Mitarbeitern bekannt sind, der Zielvereinbarungsprozess klar definiert ist und dieser von den Führungskräften und den Mitarbeitern gemeinsam erarbeitet und nicht direktiv vorgegeben worden ist. Zudem sollte die Vertriebsplanung alle relevanten Fakten zur Steuerung der Vertriebsaktivitäten (etwa Kunde, Produkt, Region, Branche) umfassen. Für die Dimension Vertriebsreporting gilt, dass für eine erfolgreiche Vertriebssteuerung Kennzahlen ein wertvolles Instrument darstellen, um einen schnellen Überblick über Absatz, Kunden, Wettbewerbs- und Marktsituation zu gewinnen. Durch kontinuierliches Reporting lassen sich Abweichungen und Schwachstellen zeitnah erkennen. Darum beantworten die Bewertergruppen die Frage, ob es für die Geschäftsleitung einen Vertriebscontrolling-Bericht gibt, der die wichtigsten Kennzahlen für den gesamten Vertriebsbereich übersichtlich aufbereitet. Zentral ist, dass die Vertriebsergebnisse für alle Mitarbeiter transparent sind und überdies den Wettbewerbsgedanken fördern. Zu einer effektiven Vertriebsführung gehören praktische und mitarbeiterorientierte Führungsinstrumente, mit denen Mitarbeiter motiviert und geführt, das Unternehmen gesteuert, Entscheidungen getroffen und Sitzungen

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effektiv geleitet werden können. Entscheidend sind die Führungswerkzeuge aus dem kommunikativen Bereich, mit dem Führungskräfte Teambesprechungen, Mitarbeitergespräche und konstruktive Feedbackgespräche optimieren können. Abgeschlossen wird der vierte Erfolgsfaktor mit der Dimension Führungskompetenz: Die Führungskompetenz beschreibt die Summe aller Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale, die die notwendige Grundlage liefern, um die Funktion als Führungskraft im Vertrieb langfristig erfolgreich ausführen zu können.

Dabei stellt das Unternehmen sicher, dass die Führungskräfte in regelmäßigen Zeitabständen durch Entwicklungsmaßnahmen unterstützt werden oder Coachings in Anspruch nehmen können. Die Bewertergruppen beurteilen, ob einer hohen Arbeitsüberlastung der Führungskräfte vorgebeugt wird und das Unternehmen Gesundheitsprävention betreibt.

4.2 Deprimierende Ergebnisse im Auditworkshop Die Ergebniszusammenfassung des Vertriebsaudits 360° verläuft für die Geschäftsführung mehr als deprimierend. Offensichtlich ist Meier & Co. meilenweit von einer Top Sales Company entfernt. Dies veranschaulicht der Blick auf die Ampeln (Abb. 4.1). Nicht immer werden die Ergebnisse eines Vertriebsaudit 360° gern gehört. Der Überbringer der schlechten Nachricht ist oftmals nicht wohl gelitten. Ist dies auch bei Meier & Co. zu befürchten? Immerhin haben wir einmal vor der ersten Präsentation der Auditergebnisse bei einem Vorstand den Hinweis erhalten, dass wir solche deprimierend-miesen Ergebnisse so nicht präsentieren könnten. Unsere Botschaft an den Vorstand lautete damals wie folgt: „Sehr geehrter Vorstand, die Ergebnisse, die wir Ihnen jetzt zeigen, werden Ihnen nicht gefallen. Aber um ein gemeinsames Verständnis zu haben: Diese Ergebnisse basieren auf Ihrer eigenen Einschätzung, der Einschätzung Ihrer Führungskräfte und der Einschätzung Ihrer Mitarbeitenden.“ Denn es waren die Ergebnisse der Befragungen und Beurteilungen der Bewertergruppen, die in die Ergebniszusammenfassung eingeflossen waren. Damit wurde dem Vorstand der Wind aus den Segeln genommen, er hat die Ergebnisse akzeptiert und dann auch die richtigen Schlüsse daraus gezogen.

4  Schritt 3 zur Top Sales Company: Die Bewertung der Faktoren des … 

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Abb. 4.1  Der Ampelreport

Ähnlich verläuft die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung bei Meier & Co. Die Ergebnisvorstellung erfolgt in einem Auditworkshop, bei dem die Geschäftsführung einen ausführlichen Qualitätsbericht in Form eines Vertriebsgutachtens erhält. Danach beschließt die Geschäftsleitung auf der Basis der Auditergebnisse Veränderungsprozesse in den vier Dimensionen, um alle Potenziale entfalten und nutzen und die Entwicklung zur Top Sales Company in Angriff nehmen zu können. Dabei sind die Top-Sales-Company-Maßnahmen in einen übergreifenden und ganzheitlichen Zusammenhang eingebettet, der in Abb. 4.2 visualisiert ist. Denn natürlich geht es nicht allein darum, mithilfe einer Reihe an Einzelmaßnahmen zu Verbesserungen zu gelangen, sondern diese Aktionen so zu bündeln und aufeinander abzustimmen, dass Meier & Co. zu einer Top Sales Company wird und sich zu einer attraktiven Arbeitgebermarke entwickeln kann, die eine starke Sogwirkung auf Spitzenmitarbeiter im Vertrieb ausübt. In den nächsten Kapiteln (s. Kap.  5 bis  9) beschreiben wir, wie es dem Unternehmen Meier & Co. mithilfe der Auditergebnisse gelingt, in die Erfolgsspur zurückzufinden, indem es in den Bereichen der vier Erfolgsfaktoren Veränderungsprozesse durchführt.

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Abb. 4.2  Das Vertriebsfundament

Literatur Enders J, Steimer S (2017) Vertriebsmitarbeiter als Engpassfaktor. Ergebnisbericht zur Top 100 Studie in der Metropolregion Rhein-Neckar. Hochschule der Wirtschaft für Management, Mannheim Geffroy E, Geffroy B (2017) Die neue Macht der Mitarbeiter: Wie man Mitarbeiter gewinnt, begeistert und hält. GABAL, Offenbach

5 Schritt 4 zur Top Sales Company: Die strategische Vertriebsausrichtung

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Wir befinden uns auf dem entscheidenden Abschnitt der Reise des Unternehmens Meier & Co. zur Top Sales Company. Dieser Abschnitt besteht aus vier Stationen, und zwar in Anlehnung an die vier Erfolgsfaktoren Vertriebsausrichtung, Vertriebsorganisation, Vertriebsmitarbeiter und Vertriebsführung. Das Fundament für den Vertriebserfolg sind die strategischen Überlegungen zur Entwicklung des Unternehmens. Die strategischen Überlegungen beziehen sich zum Beispiel auf die Frage, wo das Unternehmen in einigen Jahren stehen soll. In den Fokus rücken die vertriebsgetriebene Ausrichtung des Unternehmens und die Frage, wie sich die Attraktivität für potenzielle Mitarbeiter erhöhen lässt.

5.1 In ein bis zwei Jahren zur Top Sales Company Um es vorweg zu sagen: Natürlich fallen bei den meisten Unternehmen die Ergebnisse des Vertriebsaudits 360° nicht ganz so deprimierend aus, wie bei unserem fiktiven Unternehmen Meier & Co. Hier gibt es bei so gut wie allen 16 Vertriebsdimensionen erhebliche Probleme. In der Regel verhält es sich so, dass es in einem Unternehmen einige entscheidende Stellschrauben gibt, an denen gearbeitet werden muss, damit die Entwicklung zur Top Sales Com-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_5

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pany gelingt. Inwiefern diese Entwicklung gelingt, lässt sich die kontinuierliche Wiederholung des Vertriebsaudits 360° feststellen. Wir empfehlen den Firmen, das Vertriebsaudit 360° im Rahmen eines Change-­ Prozesses durchzuführen. Der Abgleich zwischen den aufeinander folgenden Audits erlaubt eine Analyse, in welchen Bereichen vermehrt Verbesserungsmaßnahem ergriffen werden sollten und in welchen Bereichen das Unternehmen sich auf einem guten Weg befindet.

Bei den Maßnahmen, die dabei zum Zuge kommen, unterscheiden wir zwischen kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen, wobei die kurzfristigen Aktivitäten natürlich dazu dienen, zunächst einmal das Überleben des Unternehmens abzusichern und die größten Engpässe zu weiten, um dann vor allem mit den langfristig ausgerichteten Maßnahmen den Sprung zur Top Sales Company zu schaffen. Die kurzfristigen Maßnahmen zählen zu den sogenannten Quick wins. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die bei der Umsetzung der Auditergebnisse sofort und mit geringem Kostenaufwand durchgeführt werden können. Mittel- und langfristige Maßnahmen hingegen erfordern Zeit und Aufwand, weil zum Beispiel die Änderung des Provisionssystems oder die Einbindung des Betriebsrats notwendig ist. Unserer Erfahrung nach kann von einer Inkubationszeit von 15 bis 24 Monaten gesprochen werden. Die erfolgreiche Entwicklung zur Top Sales Company kann also in ein bis zwei Jahren gelingen. Dabei ist es natürlich auch möglich, dass es bei einzelnen Themenfeldern zu Verschlechterungen kommt. Das ist bei 80 Themenfeldern, die im Rahmen der 16 Vertriebsdimensionen beziehungsweise der vier Erfolgsfaktoren eine Rolle spielen, nicht verwunderlich. Ergibt sich bei einer Vertriebsdimension ein Rückschritt, so dient dies als noch größerer Ansporn, in diesem Bereich Maßnahmen umzusetzen, die in den gelben und schließlich den grünen Bereich der Auditampel führen. Abb. 5.1 zeigt beispielhaft die Entwicklung eines unserer Kunden, der sich innerhalb von zwei Jahren zur Top Sales Company entwickelt und dabei in den Jahren 2017 bis 2019 dreimal das Vertriebsaudit 360° durchlaufen hat. Bei allen vier Erfolgsfaktoren konnten deutliche Verbesserungen erzielt werden. Die größten Fortschritte hat das Unternehmen in den Bereichen „Mitarbeiter“ und „Führung“ erreicht.

5  Schritt 4 zur Top Sales Company: Die strategische Vertriebsausrichtung 

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Abb. 5.1  Entwicklung zur Top Sales Company in zwei Jahren

5.1.1 Klarheit in der Vertriebsstrategie Grundsätzlich gilt, dass bei Meier & Co. das gesunde Wachstum aus dem eigenen Vertrieb heraus nicht gesichert ist, weil sich die Entscheidungsträger der strategischen Bedeutung eines funktionierenden Vertriebs nicht bewusst sind. Es fehlt an einer klaren Vertriebsstrategie, die das gesamte Unternehmen durchzieht. Es wird fast als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, dass es im Vertrieb „läuft“, ohne dass es ein Bewusstsein dafür gäbe, möglichst alle oder zumindest viele der unternehmerischen Prozesse und Abläufe vertriebsorientiert auszurichten. Nicht alle Mitarbeiter bei Meier & Co. müssen und sollen als Verkäufer fungieren, aber sie sollten ein vertriebliches Bewusstsein entwickeln. Wir fassen dieses Ziel gern mit dem bereits erwähnten Begriff des „Vertriebsgens“ zusammen. Darum gehört es zu den ersten Schritten bei Meier & Co., einige elementare vertriebliche Themen in die Unternehmensstrategie und die unternehmerischen Leitsätze zu übernehmen und dort zu implementieren.

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Zum Beispiel wird festgeschrieben, dass der Vertrieb einen substanziellen Beitrag zur unternehmerischen Entwicklung und zum Unternehmenserfolg leisten kann und leisten muss. Welche Mission hat der Vertrieb, welche Botschaft soll er ausstrahlen? Wie lässt sich die vertriebliche Kernbotschaft treffend auf den strategischen Punkt bringen? Ein exzellenter Vertrieb ist nicht zuletzt deshalb ein Garant für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen, weil hier aufgrund der Kundenkontakte, die ja in der Regel im persönlichen Verkauf stattfinden, die Alleinstellungs- und Differenzierungsmerkmale einer Firma eher deutlich und sichtbar werden. Es sind die Menschen, es sind die Verkäufer, die im direkten Kontakt und Gespräch mit den Kunden die für diese relevanten Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung so an den potenziellen Käufer transportieren, dass dieser die Merkmale auch tatsächlich als solche wahrnehmen kann. Wichtig für Meier & Co. ist mithin – in Anlehnung an die Überlegungen von Hermann Simon (1988) –, im Vertrieb strategische Wettbewerbsvorteile aufzubauen, die ein für den Kunden bedeutsames Leistungsmerkmal betreffen, welches auch vom Kunden als solches wahrgenommen und vom Wettbewerb nicht so leicht kopiert werden kann. Um den Status der Vergleichbarkeit hinter sich zu lassen, benötigt Meier & Co. neben einer klaren Vertriebsstrategie und exzellenten vertrieblichen Prozessen qualifizierte Mitarbeiter, die mithilfe entsprechender Recruiting-­ Prozesse erst einmal gefunden oder durch Weiterbildungen und Schulungen zu Top-Verkäufern qualifiziert werden müssen. Zusätzlich benötigt es eine Führung, deren Strategiebrille vertrieblich gefärbt ist. Die Geschäftsleitung und die Führungskräfte haben die Haltung verinnerlicht, dass ein gut funktionierender Vertrieb den entscheidenden Erfolgsfaktor darstellt und die Schlüsselkompetenz für ein nachhaltiges unternehmerisches Wachstum ist. Eine Top Sales Company ist ein Unternehmen, das den Mitarbeitern im Vertrieb die Rahmenbedingungen dafür bietet, erfolgreich sein zu können. Sie unterstützt die Mitarbeiter durch ihr Leadership und gibt ihnen die Sicherheit, ihre Fähigkeiten den sich verändernden Anforderungen gemäß zu entwickeln.

Entscheidend ist, dass bei Meier & Co. infolge der Ergebnisse des Vertriebs­ audits 360° der Wille und die Kompetenz auf der Führungsetage Einzug hal-

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ten, die Unternehmensentwicklung auf eine ganzheitliche Basis zu stellen. In deren Gefolge kann für das Unternehmen selbst und auch den Vertrieb eine Vision entwickelt werden, die in ein aussagekräftiges Zukunftsbild mündet. Dabei muss gar nicht das große Wort „Vision“ in den Mund genommen werden – wichtig ist, klar und eindeutig Ziele zu formulieren, damit jeder Mitarbeiter genau weiß, wohin das Unternehmen und der Vertrieb segeln wollen.

5.1.2 Die Vertriebs-Mission als Leitstern Ist die grundsätzliche vertriebliche Ausrichtung erst einmal definiert, hat dies positive Auswirkungen auf viele andere Bereiche. Die klare vertriebliche Ausrichtung wirkt wie ein Leit- oder Polarstern, der Orientierung und Halt verspricht, die Richtung vorgibt und zur Fokussierung der Stärken, Potenziale und Kräfte auf die Erreichung eines erwünschten Zielzustands beiträgt.

Das Unternehmen, die Geschäftsführung, die Führungskräfte und auch die Mitarbeiter orientieren sich an diesem Leitstern. So lassen sich die potenziellen Zielkunden klar benennen, es lässt sich festlegen, mit welchen ­Maßnahmen die Kunden am besten angesprochen werden sollten, weil nun konkretere Aussagen darüber getroffen werden können, auf welchen Kanälen diese Kunden unterwegs sind. Bei Meier & Co. gibt es keine dezidierte Social-­ Media-­Strategie, was sich fatal auswirkt, weil die Kunden des Unternehmens immer öfter auch im Netz unterwegs sind. Potenzielle Kunden suchen online nach Lösungen für ihre Probleme. Meier & Co. aber kommt im Internet so gut wie nicht vor, weil sich das Unternehmen jahrelang darauf verlassen hat, mithilfe hoch qualifizierter Vertriebsingenieure die Kunden über die klassischen Kanäle zu kontaktieren und anzusprechen. Der bereits einmal angesprochene Hintergrund: Die Firma hat sich in einer Nische, mithilfe eines kompetenten technischen Vertriebs eine Alleinstellungsposition aufgebaut, um Automatisierungssysteme und Engineering-Dienstleistungen fast ohne Konkurrenz anbieten können. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, ohne dass das Unternehmen angemessen darauf reagiert hätte. Das Unternehmen war stolz darauf, mit seinen Produkten technisch führend zu sein. In der Regel genügte es, die Produkteigenschaften zu beschreiben – oder besser ge-

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sagt: herunterzubeten. Meistens erfolgte die Kundenansprache auf der Ebene der Ingenieure, viel zu selten hingegen wurden die Entscheider angesprochen, die bei den Preisentscheidungen das letzte Wort hatten. Die Konsequenz: Die Verkäufer bei Meier & Co. haben oft mit den falschen Ansprechpartnern verhandelt. Denn diese konnten die Kaufentscheidung zwar beeinflussen, aber letztendlich nicht fällen. Weitere Beispiele für die positiven Auswirkungen sind: Auf der Basis der klaren strategischen Ausrichtung und der konkreten Ziele lässt sich bei der Suche nach neuen Mitarbeitern ein fest umrissenes Anforderungsprofil erstellen. Die Chance, einen Mitarbeiter mit dem richtigen und passenden Qualifizierungsprofil zu finden, steigt erheblich. Und die Weiter- und Fortbildungen lassen sich konsequent auf den Erwerb genau derjenigen Kompetenzen und Qualifikationen ausrichten, die notwendig sind, damit die Mitarbeiter dabei helfen können, die Unternehmensziele zu erreichen. Für die Kompetenzen der Führungskräfte gilt Ähnliches. Die Folge ist, dass das Unternehmen seine Innen- und Außenkommunikation emotionalisieren kann. Dazu ein paar Beispiele: Die eher technisch geprägten Mitarbeiter und Führungskräfte bei Meier & Co. bauen die Fertigkeit auf, emotionaler in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich zu agieren. Es reicht nicht aus, wenn die Verkäufer ihre Kunden allein mit nur technischen Produkteigenschaften zu überzeugen versuchen. Gefragt ist vielmehr die Kompetenz, im Gespräch mit dem Kunden den individuellen und strikt kundenbezogenen Nutzen herauszustellen, über den sich der Kunde beim Kauf eines Meier-Produkts freuen darf. Dazu ist es notwendig, sich in die Vorstellungs- und Erfahrungswelt des Kunden zu versenken, den Kaufprozess aus dessen Wahrnehmung heraus zu steuern und den Produktnutzen in individuellen Kundennutzen zu transformieren. All dies haben die technisch sozialisierten Vertriebsingenieure bei Meier & Co. nicht gelernt. Aufgrund der neuen vertrieblichen Ausrichtung sind die Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen jetzt darauf ausgerichtet, die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, nach dem Motto „Mensch statt Maschine“ emotional geprägte Beziehungen zu dem Kunden aufzubauen. Das allein motiviert die Kunden zwar noch nicht zur Kaufentscheidung, ist einer positiven Entscheidung aber auch nicht abträglich. Eine weitere strategische Überlegung, die auf der Grundlage der Analyseergebnisse des Vertriebsaudits 360° erfolgt, ist, die Mitarbeiter stärkenorientiert einzusetzen, also eine Kompetenzanalyse vorzunehmen, um ihre jeweiligen Stärken herauszufiltern – und sie dann entsprechend einzusetzen.

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Wenn jeder Mitarbeiter an genau dem Arbeitsplatz wirken darf, an dem er seine Potenziale optimal entfalten und anwenden kann, steigt die Wahrscheinlichkeit intrinsischer Motivation. Demotivation wird gleichzeitig verhindert.

Und damit wären wir bei den Führungskräften: Die strategischen Überlegungen bei Meier & Co. laufen jetzt – nach dem Vertriebsaudit 360° – darauf hinaus, die Führungskräfte zu Führungspersönlichkeiten zu entwickeln, die kompetent sind, emotional stabile Mitarbeiterbeziehungen aufzubauen. Sie sollten in der Lage sein, den mitarbeiterbezogenen Motivationsknopf zu drücken, die Emotions- und Wertewelt des einzelnen Mitarbeiters anzusprechen, um sie so zu besseren Leistungen zu animieren und Demotivation bei Meier & Co. zu einem Fremdwort werden zu lassen. Aber Führung besteht nicht nur darin, auf der zwischenmenschlichen Ebene gute Mitarbeiterbeziehungen aufzubauen. Mitentscheidend sind vielmehr Anreizsysteme, die auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter Rücksicht nehmen. Dabei spielen monetäre Anreizsysteme eine Schlüsselrolle. Auch wenn der Verkäufer nicht vom Geld allein lebt – andere Faktoren wie gute Arbeitsbedingungen und das gute Verhältnis zu den Führungskräften und Kollegen sind mindestens genauso wichtig. In der Zusammenarbeit mit Firmen, die den Abenteuerweg zur Top Sales Company einschlagen, haben wir festgestellt, dass die Einführung ergebnisfördernder Anreizsysteme zu den Schlüsselfaktoren des Erfolgs gehört. Das Vergütungssystem sollte also attraktiv sein und Leistungsbereitschaft, Einsatz und Erfolg belohnen. Die Führungskräfte bei Meier & Co. führen nun mit Zahlen, Daten und Fakten, aber auch mit Herzblut und Leidenschaft. Sie legen mit den Mitarbeitern konkrete Ziele fest und definieren im Zielvereinbarungsprozess Aktivitäten, die zur Zielerreichung führen, die auch kontrolliert und evaluiert wird. Auf der anderen Seite verstehen sie es, sie bezogen auf ihr jeweiliges Emotionssystem anzusprechen  – Führen mit Herz und Verstand eben. Sie wissen jetzt: Mitarbeiter strengen sich mehr an, wenn sie die Sinnhaftigkeit dessen, was sie tun, einsehen können und wenn sie mit Spaß und Freude bei der Sache sind. Die Führungskunst der Leitenden bei Meier & Co. besteht darin, die Mitarbeiter von lediglich Betroffenen zu emotional Beteiligten zu entwickeln. Wie das konkret gelingt, wird Gegenstand des vierten Erfolgsfaktors sein – und damit von Kap. 8 unseres Buches.

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5.2 Marketingstrategie: Abteilungsdenken auflösen Bei Meier & Co. existiert eine vertriebliche Vision, aus der sich strategische und operative Ziele ableiten lassen. Dies strahlt ab auf alle Vertriebsdimensionen – auch auf die vier Dimensionen des ersten Erfolgsfaktors „Vertriebsausrichtung“, die wir uns nun etwas näher anschauen wollen. Nicht nur bei Meier & Co. besteht eines der Hauptprobleme darin, dass Marketingabteilung und Vertriebsabteilung zu wenig miteinander kommunizieren und sich nicht als Einheit sehen. Ein egoistisches Abteilungs- und Silodenken herrscht vor, sodass mehr übereinander statt miteinander geredet wird und nicht die gemeinsamen Interessen, sondern die Gegensätze im Vordergrund stehen. „Wir müssen im Verkauf immer wieder das Geld verdienen und reinholen, was von der Marketingabteilung zum Fenster rausgeworfen wird“, heißt es bei den Vertrieblern. Und: „Im Marketing werden Strategien konzipiert und Pläne entwickelt, die sich in der Realität, also an der Verkaufsfront, einfach nicht umsetzen lassen.“ Umgekehrt wird im Marketing heftig über den Vertrieb hergezogen: „Die Verkäufer informieren uns nicht über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit den Kunden, wie sollen wir da eine ­nachhaltige Marketingstrategie entwickeln? Die nutzen ihre Kundenerfahrungen als Herrschaftswissen.“ Und: „Die Verkäufer denken nur an ihre Provisionen und an schnelle Umsätze. Für die Verwirklichung langfristiger strategischer Ziele interessieren die sich herzlich wenig.“ Wie gelingt es, aus dem Silodenken auszubrechen? Eine Patentlösung gibt es nicht, jedes Unternehmen muss für sich die beste Lösung finden. Unsere Arbeit mit potenziellen Top Sales Companies zeigt allerdings eines sehr deutlich: Bei der Entwicklung zum vertriebsgetriebenen Unternehmen muss das Marketing dem Vertrieb dienen. Es ist unerlässlich, dass das Marketing strikt vertriebsorientiert ausgerichtet ist und eine klare vertriebsunterstützende Funktion ausübt.

Darum ist es notwendig, dass die Menschen aus dem Marketing die Wahrnehmungsbrille der Kollegen aus dem Vertrieb aufsetzen. Dies lässt sich zum Beispiel durch Hospitationen erreichen: Der Marketingmitarbeiter begleitet den Verkäufer zum Kunden und nimmt an den Vertriebsmeetings teil, um ein Gespür für die vertrieblichen Belange zu entwickeln und um einschätzen zu können, wie die Vertriebler „ticken“, was sie bewegt und mit welchen Schwie-

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rigkeiten und Problemen diejenigen zu kämpfen haben, die sich tagtäglich im hautnahen Kundenkontakt befinden. Pointiert ausgedrückt: Die Mitarbeiter aus dem Marketing müssen dahin gehen, wo direkt verkauft wird – nämlich in den Vertrieb. Natürlich befinden sich beide Abteilungen im Wettbewerb um knappe Ressourcen, letztendlich jedoch handelt es sich um Kollegen, die gemeinsam daran arbeiten sollen, die Unternehmensziele zu erreichen. Es ist eine Aufgabe der Führung, die Mitarbeiter aus beiden Bereichen an den runden Tisch zu bringen und sie dazu zu motivieren, vertriebsorientiert für das gemeinsame Ganze einzutreten. Dies kann gefördert, aber auch gefordert werden. Das moderne Marketing hat heute vielfältige Aufgaben: Kunden-, Markt- und Produktplanung, Produktpräsentation und Markteinführung und noch einiges mehr. Ein vertriebsorientiertes Marketing hat auch die Aufgabe, Leads für den Vertrieb zu produzieren! Wer sich austauscht und miteinander kommuniziert, der ist eher in der Lage, Rücksicht zu nehmen, sich in den anderen hineinzuversetzen und den Mitarbeiter aus der anderen Abteilung nicht länger als Konkurrenten, sondern als Kollegen zu sehen. Jeder kann die spezifischen Herausforderungen besser einordnen, vor denen „die jeweils anderen“ stehen, und darum deren Reaktionen und Äußerungen einschätzen. „Die stehen ja tatsächlich vor ähnlichen Zwängen wie wir selbst, letztendlich ziehen wir also alle an demselben Strang“ – auch bei Meier & Co. besteht die Zukunftsorientierung darin, dass das Marketing bei typischen Marketingaktivitäten wie zum Beispiel dem Messebesuch die Möglichkeit nutzt, Vertriebsimpulse zu setzen und aktiv Interessenten anzusprechen und Kunden zu gewinnen. Das heißt nicht, dass das Marketing nun zum Vertrieb mutiert. Es geht darum, unterstützende Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich dies anbietet. Ein großes Problem in der Praxis ist, dass Marketing und Vertrieb in unterschiedlichen Bereichen angesiedelt und oft unterschiedlichen Führungskräften unterstellt sind. Ein idealer Nährboden für Machtkämpfe. Die Aufgaben des Marketings sind nicht sauber definiert und mit dem Vertrieb nicht abgestimmt – und umgekehrt. Eine mögliche Lösung besteht darin, in der Geschäftsführung eine Position zu etablieren, die beide Bereiche zu verantworten hat: Ein Mitglied der Geschäftsführung wäre sowohl für das Marketing als auch für den Vertrieb zuständig. Ziel ist, aus der Schnittstelle – allein der Begriff suggeriert eher einen Übergang – eine Nahtstelle, oder noch besser: eine Reißverschlussstelle zu schaffen, an der Marketing und Vertrieb ineinandergreifen, um gemeinsam etwas zu erreichen.

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Die Folge dieser Maßnahme: Beide Abteilungen bereichern sich gegenseitig: Die Marketingmitarbeiter berücksichtigen bei der Formulierung der Marketingstrategie die Informationen aus dem Vertrieb und holen sich dort auch Unterstützung. Und die Vertriebler beachten bei ihren strategischen Überlegungen auch die Ziele des Marketings. Entscheidend aber ist jene dienende Funktion, die das Marketing in einer vertriebsgetriebenen Top Sales Company auszufüllen hat.

5.3 V  ertriebsstrategie: Zielkunden definieren und Social-Media-Strategie umsetzen Das Vertriebsaudit 360° hat an dieser Stelle zu zwei wichtigen Erkenntnissen geführt: Zum einen sind die Zielkunden und Zielgruppen nicht klar genug definiert. Und zum anderen fehlt es an einer Social-Media-Strategie, die Absatzkanäle sind nicht auf dem neuesten Stand und zu wenig zukunftsorientiert ausgerichtet. Entsprechend sehen die Schlussfolgerungen aus – zunächst einmal: Die Geschäftsführung wird ein möglichst trennscharfes Kundenprofil entwickeln, und zwar auf der Basis einer groß angelegten Kundenanalyse. Dabei sollen so elementare Fragen wie „Wer überhaupt sind unsere Kunden?“ und „Warum kommen unsere Kunden ausgerechnet zu uns?“ und „Warum gehen andere Kunden zur Konkurrenz und lassen uns links liegen?“ sowie „Wie sieht unser idealer Kunde aus?“ diskutiert und beantwortet werden. Wir haben bei unserer Arbeit des Deutschen Instituts für Vertriebskompetenz im Zusammenhang mit dem Vertriebsaudit 360° und der Entwicklung der Unternehmen zu Top Sales Companies die überraschende Beobachtung gemacht, dass viele Firmen bei der Zielgruppendefinition nachlässig sind. Dies hat zur Konsequenz, dass zum Beispiel Bonusangebote oder sogar Produkte entwickelt werden, ohne die notwendige Klarheit zu haben, welche Zielgruppe damit vertrieblich angesprochen werden soll. Der Grund dafür liegt oft darin, dass das Marketing oder die Produktentwicklung den Vertrieb nicht einbezogen hat, sodass es zur Entwicklung von Produkten kommt, die an der eigentlichen Zielgruppe eines Unternehmens vorbeigehen. Es wird also erst entwickelt und produziert – und dann überlegt, wer etwas damit anfangen kann. Wie es besser funktioniert, konnte ein Mitglied unseres Autorenteams in seiner Vorstandszeit bei einer Betriebskrankenkasse beweisen: Zunächst wurde eine Deckungsbeitragsrechnung durchgeführt, um zu analysieren, mit welcher Kundengruppe die besten Deckungsbeiträge erzielt werden konnten.

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Auf Basis dieser Analyse wurde in einem Pilotmodell unter Begleitung von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg der „Family Bonus“ entwickelt: ein Anreizsystem für die Gesunderhaltung der Kinder. Danach wurden der Vertrieb und das Marketing strategisch auf diese Zielgruppe ausgerichtet. Das heißt: Zunächst muss die Analyse einer erfolgversprechenden Kunden- und Zielgruppe erfolgen, für die im Folgeschritt ein passgenaues Produkt entwickelt wird.

Und genau das ist auch für Meier & Co. der richtige strategische Schritt auf dem Weg zur Top Sales Company! Es muss zur Vertriebsstrategie eines Unternehmens gehören, die Zielkunden zu definieren, die vorhandenen Produkte und Dienstleistungen auf die Zielkunden abzustimmen und bei der Produktentwicklung und den Produktinnovationen darauf zu achten, die Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche der Zielkunden punktgenau abzudecken. Es ist von existenzieller Bedeutung, stets die Kundenbrille aufzusetzen und alle unternehmerischen Prozesse und Abläufe auf eben jene Kunden abzustimmen. Die zweite strategische Entscheidung, die bei Meier & Co. gefällt wird, betrifft die Ausarbeitung und Verwirklichung einer Internet- und Social-­Media-­ Strategie. Die entsprechenden vertrieblichen Aktivitäten stecken noch in den Kinderschuhen. Meier & Co. ist nicht das einzige Unternehmen, das die Online-­Entwicklung verschlafen hat und nun einem Aufwachen mit Schrecken entgegensieht. Geplant ist, sich langsam, aber sicher die onlinegestützten Vertriebskanäle zu erschließen, indem das Unternehmen etwa bei LinkedIn und Xing mit einem Unternehmensprofil präsent ist, damit die Kunden online auf Meier & Co. stoßen. Voraussetzung ist wiederum eine klare Zielgruppendefinition. Denn nur dann lässt sich entscheiden, ob die Zielkunden auf diesen Plattformen unterwegs sind und es zielführend ist, dort mit einem Profil vertreten zu sein und mit den anderen Usern in den Austausch zu gehen. Wir raten unseren Kunden, die noch über wenig Online-Erfahrung verfügen, auf dem Weg zur Top Sales Company die Internetplattforen und sozialen Netzwerke zu recherchieren, auf denen sich ihre Zielkunden tummeln. Mithilfe einer Präsenz dort ist es möglich, mit den Zielkunden zu kommunizieren und deren Fragen zum Beispiel von Mitarbeitern des Unternehmens kompetent beantworten zu lassen. So baut das Unternehmen ein Expertenstatus auf, der mit aussagekräftigen Produktfotos auf Instagram und Werbeannoncen auf Facebook unterstützt wird.

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Im Mittelpunkt der Onlinepräsenz steht die Website, die dem Imageaufbau und der Positionierung dient, aber zugleich als Kontakt- und Verkaufsplattform genutzt werden sollte. Dabei gibt es unendlich viel zu beachten, gerade für Neueinsteiger. Die Website muss für alle mobilen Endgeräte lesbar sein – Responsivität der Website lautet das Stichwort. Neben der Benutzerfreundlichkeit, aktuellen Inhalten und der Beachtung des Datenschutzes und der Datensicherheit muss die Website leicht zu finden sein – die Gretchenfrage lautet: „Mithilfe welcher Begriffe suchen die Interessenten, was geben sie in die Suchmaschinen ein und wie stoßen sie dabei mit einhundertprozentiger Sicherheit auf unser Unternehmen?“ Ein professionelles Suchmaschinenmarketing ist darum unerlässlich. Ein Tipp dazu: Was viele nicht wissen – YouTube gehört mittlerweile zu den wichtigsten Suchmaschinen. Wer die Möglichkeit hat, sollte mit Videos zu seinen Produkten oder Dienstleistungen auf diesem Kanal präsent sein. Bei Meier & Co. mit seinen Automatisierungssystemen und Engineering-­ Dienstleistungen bieten sich zum Beispiel Anwenderberichte an, die in ebenso unterhaltsamen wie informativen Videos die Produkte des Unternehmens im Praxiseinsatz zeigen. Die Verantwortlichen bei Meier & Co. beschließen also, zunächst einmal diese ersten Schritte in Richtung einer Social-Media-Strategie zu gehen und diesen Aspekt auf die Agenda derjenigen Punkte zu setzen, die in den nächsten Monaten mithilfe externer Experten optimiert werden sollen. Übrigens: Mittlerweile ist die Website von Meier & Co. die Visitenkarte des Unternehmens.

5.4 Marktpotenzialanalyse: Kundensegmentierung neu gedacht Das Vertriebsaudit 360° hat ergeben, dass es bei dieser Dimension zwei Schwachstellen gibt: Zum einen sind die potenziellen Zielkunden, Key Accounts und Multiplikatoren unzureichend erfasst und bewertet, und zwar sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Und zum anderen ist die Analyse der vorhandenen Umsatzpotenziale bei den Bestandskunden deutlich ausbaufähig. Darum beschließt das Management, die Schlüsselkunden zu identifizieren, dabei aber von der traditionellen ABC-Analyse abzuweichen und vielmehr zwischen Investitionskunden, Konsolidierungskunden, Abschöpfungskunden und Deinvestitionskunden zu unterscheiden.

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Der Grund: Der A-Kunde ist und bleibt ein Umsatzbringer, und der Vertrieb muss sich darauf konzentrieren, dass dies auch tatsächlich so bleibt. Denn der wichtige A-Kunde ist als Konsolidierungskunde ein Garant für Umsatz und Gewinn, und darum muss er regelmäßig kontaktiert und mit immer neuen Angeboten versorgt werden. Allerdings: Verdient der B-Kunde nicht eine viel größere Aufmerksamkeit, weil hier oft Umsatzpotenziale brachliegen? Muss an dieser Stelle nicht mehr investiert werden? Während der A-Kunde nicht mehr unbedingt von der Qualität eines Produkts überzeugt werden muss, ist dies beim B-Kunden schon eher der Fall. Pointiert ausgedrückt: Der A-Kunde würde mit einiger Wahrscheinlichkeit sowieso kaufen, während der B-Kunde noch nicht überzeugt ist. Zugleich ließe sich mit ihm aber auch neuer Umsatz generieren. Der B-Kunde ist mithin ein Investitionskunde, dessen Vertrauen gewonnen werden muss. Unter strategischen Gesichtspunkten ist es richtig, diese Kundengruppe von den Top-Verkäufern zu betreuen lassen, und zwar von einem Key Account Manager. Ein Unternehmen, das seine Top-Leute vorrangig zu den Abschöpfungskunden schickt, um dort mehr oder weniger Routineaufträge abzufragen und abzufischen, handelt kontraproduktiv. Eine Alternative bestünde darin, dass diese Kunden durch den Innendienst betreut werden, und ein Außendienstkollege, der stark ist im Beziehungsmanagement, dort zwar kontinuierlich, aber in relativ großen Zeitabständen vorspricht, um die Beziehung zu pflegen. Die Top-Verkäufer sollten sich darauf konzentrieren, einen Großteil ihrer Zeit und Kompetenzen in operative und strategische Aktionen zu investieren, die sich an den zukunftsträchtigen, weil ausbaufähigen B-Kunden oder Investitionskunden wenden.

Bei der Überlegung, welche Potenziale bei den bestehenden Kunden brachliegen und gehoben werden können, ist es ratsam, nicht allein in Umsatzdimensionen zu denken. Manche Kunden verdienen besondere Aufmerksamkeit, weil sie zum Beispiel immer wieder hochwertige Empfehlungen aussprechen. Ein Unternehmen, das zu den Kunden bei Meier & Co. gehört, aber weniger durch hohen Umsatz, sondern vielmehr durch zahlreiche qualitativ hochwertige Empfehlungen und als Referenzkunde einen strategischen Mehrwert mit sich bringt, soll nun – so die Zielsetzung nach dem Vertriebs­ audit 360° – durch einen Key Account Manager betreut werden, der die Umsatzpotenziale, weit mehr aber die Weiterempfehlungspotenziale dieses Unternehmens nutzt.

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5.5 P  ersonalmarketing: Volle Kraft voraus als Arbeitergebermarke Das Vertriebsaudit 360° hat bei dieser Dimension zu schmerzhaften Ergebnissen geführt. Meier & Co. verfügt einfach über zu wenig Spitzenpersonal im Vertrieb. Und diejenigen Mitarbeiter, die im Vertrieb tätig sind, werden zu selten stärkenorientiert eingesetzt. Sie können viele ihrer Potenziale nicht nutzen oder weiterentwickeln. Anforderungs- und Qualifikationsprofil stimmen selten überein. Es riecht nach Potenzialverschwendung, weil einigen Mitarbeitern die notwendigen Kompetenzen fehlen, um ihren Job gut auszufüllen, während andere ihre zweifellos vorhandenen Fähigkeiten an ihrem Arbeitsplatz nicht einsetzen können, weil sie hier nicht gebraucht werden. Kein Wunder also, dass einige der wenigen Top-Leistungsträger vor dem Absprung stehen. Das bestätigt auch ein Blick auf www.kununu.com – hier können sich Arbeitnehmer anonym über ihre Arbeitgeber äußern, und dies geschieht sehr offen. Ein Mitglied der Geschäftsführung hat es gewagt, auf Europas größter Arbeitgeber-Bewertungsplattform zu recherchieren – der Schreck war groß. Sowohl die Arbeitsatmosphäre bei Meier & Co. wie auch das Verhalten der Führungskräfte und die Kommunikationsstrukturen in der Firma werden dort nicht gut bewertet, im Gegenteil. Vor allem die Aussagen ehemaliger Mitarbeiter lassen die Firma in einem trüben Licht erscheinen  – und das kommt bei Interessenten und Bewerbern, die sich über ihren potenziellen Arbeitgeber informieren wollen, nicht gut an. Zu allem Überfluss hat es sich in der Branche herumgesprochen, dass die Arbeitsbedingungen bei Meier & Co., zurückhaltend formuliert, ausbaufähig sind, das Unternehmen gilt nicht gerade als attraktiver Arbeitgeber. Dies spiegelt sich auch darin, dass es den Mitarbeitern schwerfällt, im Bekannten- und Verwandtenkreis ihr Unternehmen als möglichen Arbeitgeber zu empfehlen. In anderen Unternehmen treten Mitarbeiter oft als Markenbotschafter auf und suchen im persönlichen Umfeld nach möglichen Kandidaten für vakante Stellen. Das ist bei unserem Beispielunternehmen leider nicht der Fall.

5.5.1 E  mployer Branding: Sich zur Arbeitgebermarke entwickeln Das Personalmarketing ist also eine richtige Baustelle! Nach dem Audit nehmen die Verantwortlichen diesen Befund als Herausforderung an und nutzen etwa die wertvollen Rückmeldungen auf der Bewertungsplattform zur Optimierung ihres Unternehmens. So wird der Plan gefasst, die Firma nach und

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nach als Arbeitgebermarke zu positionieren, um die guten Leute zu halten und eine Sogwirkung auf Top-Mitarbeiter zu entfalten. Es geht darum, Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, auch um die Vertriebsquote zu erhöhen, also die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter an der Anzahl der Gesamtmitarbeiter zu steigern. Wenn dem Management die Bedeutung eines funktionierenden und effektiv agierenden Vertriebs immer bewusster wird, wird auch die Bereitschaft zunehmen, in die Rekrutierung von Vertriebsmitarbeitern zu investieren. Employer Branding heißt das Zauberwort in diesem Zusammenhang. Mit Employer Branding gelingt die Entwicklung zur Arbeitgebermarke. Um diesen Ansatz zu realisieren, ist ein Umdenken notwendig: Die High Potentials sind heiß begehrt und umkämpft, sie können sich oft aussuchen, wo und wofür sie ihre Arbeitskraft einsetzen. Darum sollten die Personalverantwortlichen in den Unternehmen nicht nur prüfen, was ein neuer Mitarbeiter für das Unternehmen tun kann, sondern auch bereit sein, die Frage umgekehrt zu stellen. „Personalverantwortliche sollten sich fragen: Was können wir tun, damit unser Unternehmen attraktiv für potenzielle Vertriebsmitarbeiter ist?“

Dafür ergreift Meier & Co. zahlreiche Maßnahmen, die in die Hände eines Relationship Managers gelegt werden, der mit nach außen und nach innen gerichteten Aktivitäten das Personalmarketing unter strategischen Gesichtspunkten professionalisiert. Dazu einige Beispiele: Die Aufgabe des Relationship Managers besteht zum einen darin, gute Beziehungen zu potenziellen Mitarbeitern aufzubauen. Ziel ist, dass das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. Das Unternehmen geht also in die Offensive – den potenziellen Bewerbern soll bewusst werden: „Bei diesem Unternehmen kann ich meine Vorstellungen von einem befriedigenden und ausfüllenden Job verwirklichen!“ Darum ist der Relationship Manager zum Beispiel auf den wichtigen Branchenmessen präsent und besucht die einschlägigen Jobmessen. Dort vertritt er sein Unternehmen und nimmt Kontakt mit potenziellen Kandidaten und Bewerbern für vakante Stellen auf. Zudem ist er dafür verantwortlich, im Internet bei den wichtigsten Stellenbörsen mit einem aussagekräftigen Meier & Co.-Profil präsent zu sein. Insbesondere junge und räumlich flexible, unabhängige Bewerber recherchieren nicht nur bei Karriereportalen, sondern prüfen, ob ihr Wunschunternehmen eine Seite etwa bei Facebook oder Xing hat. Entscheidend jedoch ist, bei Jobportalen wie beispielsweise www.stepstone.de,

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www.jobware.de, www.jobpilot.de und www.kalaydo.de präsent zu sein, um im War for Talents eine Chance zu haben. Zentrale Überlegung ist, dass die potenziellen Mitarbeiter erfahren müssen, dass bei Meier & Co. ein mitarbeiterorientierter Führungsstil gepflegt wird, der es den Mitarbeitern erlaubt, eigene Entscheidungen zu treffen, sich in die Arbeitsprozesse einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Faktoren wie Empathie, Vorbildwirkung, Kompetenzförderung, Wertschätzung und ethisches Verhalten bei der Führungsarbeit – das sind die Aspekte, mit denen die Unternehmen bei Top-Leuten oft punkten können. Dazu gehört aber auch die Leistungsorientierung: Gerade die jungen High Potentials wollen sich am Arbeitsplatz nicht nur verwirklichen, sondern in einem leistungsorientierten Umfeld ihre Kompetenzen sinn- und werteorientiert einsetzen.

5.5.2 Feelgood-Management als Chefsache Natürlich spielen auch monetäre Fragen und finanzielle Anreizsysteme eine Rolle. Wir haben bereits erwähnt, dass dies vor allem bei erfolgsorientierten Verkäufern der Fall ist. Aber Untersuchungen wie etwa die weltweite Befragung von über 366.000 Personen, die federführend von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group durchgeführt wurde (Boston Consulting Group 2018), ergaben, dass die fünf wichtigsten Jobfaktoren für Berufstätige in Deutschland die Wertschätzung der eigenen Arbeit (Nummer 1), das gute Verhältnis zu den Kollegen (Nummer 2), interessante Arbeitsinhalte (Nummer 3), eine gute Work-Life-Balance (Nummer 4) und das gute Verhältnis zu den Vorgesetzten (Nummer 5) sind. Auf Rang 6 folgt das Gehalt. Darum beschließt Meier & Co., an den monetären Stellschrauben zu drehen, aber auch an den sogenannten Wohlfühlfaktoren. Beides muss gelingen: Gehalts-, Sozialleistungs- und Anreizpakete dienen dazu, die Mitarbeiterbindung zu erhöhen. Ebenso wichtig ist es, dass Mitarbeiter für gute Arbeit und Top-Leistungen die entsprechende persönlichen Anerkennung erhalten. Darum prüft das Unternehmen, mit welchen Programmen es gelingen kann, individuelles Mitarbeiterengagement zu würdigen. In Zeiten, in denen Mitarbeiter immer mehr Wert auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance, ein harmonisches Arbeitsumfeld und flexible Arbeitszeiten legen, spielen Feelgood-Aspekte eine immer größere Rolle. Mitarbeiter wollen sich am Arbeitsplatz wohlfühlen und achten darauf, dass zum Beispiel die ihnen wichtigen Werte am Arbeitsplatz berücksichtigt und beachtet werden. Und gerade die hochqualifizierten Top-Performer können es sich leisten,

5  Schritt 4 zur Top Sales Company: Die strategische Vertriebsausrichtung 

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darauf zu bestehen, dass ihre Werte und die Werte, für die das Unternehmen steht, möglichst passgenau übereinstimmen. Wer eine mittel- und langfristige Strategie zur Bindung der Leistungsträger im Vertrieb verwirklichen will, sollte die Bedürfnisse der Mitarbeiter zur Chefsache erheben und sich das Feelgood-Management auf die Fahnen schreiben.

Ziel und Aufgabe des Feelgood-Managements ist es, eine bestmögliche Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich die Mitarbeiter wohlfühlen, zufrieden mit ihrer Arbeit sind und darum dort gern und motiviert arbeiten. So gelingt es, den Loyalitätsfaktor der Mitarbeiter zu erhöhen. Mögliche Feelgood-­Aktivitäten sind zum Beispiel das Stressmanagement und das betriebliche Gesundheitsmanagement. Wenn sich ein Mitarbeiter angesichts eines leistungs- und gesundheitsfördernden Wohlfühlklimas am Arbeitsplatz gut aufgehoben weiß, sich überdies zugehörig fühlt und seine Kompetenzen am Arbeitsplatz einsetzen kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er eine vakante Stelle im Unternehmen im persönlichen Umfeld anpreist – und dann sogar den Versuch startet, etwa Freunde, Bekannte oder Verwandte zu motivieren, sich für die Vakanz zu bewerben. Stress- und Gesundheitsmanagement sind mithin nicht nur wichtige Loyalitätsbausteine, um Mitarbeiter zu halten, sondern zugleich Elemente einer nachhaltigen Recruiting-Strategie. Die Weiterbildung ist ein weiterer wichtiger Faktor, exzellente Vertriebsmitarbeiter zu gewinnen und zu binden. Top-Leute suchen die Herausforderung und wollen gefordert – aber auch gefördert werden. Zielführend ist es darum, wenn Meier & Co. sich den Ruf aufbaut, die punktgenaue Förderung von Mitarbeitern gehöre zu den prioritären Aufgaben des Managements. Dazu zählt das Angebot mitarbeiterspezifischer Weiterbildungsangebote sowie die Einrichtung von Entwicklungspools, in die aufstiegswillige Mitarbeiter aufgenommen und mithilfe funktionsübergreifender Trainings auf die Übernahme größerer Verantwortung – auch Führungsverantwortung – vorbereitet werden. Und natürlich sind zahlreiche weitere Mitarbeiter-Bindungsprogramme denkbar, mit denen im Rahmen eines Retention Managements betont wird, wie wichtig dem Unternehmen jeder einzelne Mitarbeiter ist, weil sie jeweils einen existenziellen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leisten. Ein Maßnahmenbündel, mit dem die Mitarbeiterloyalität wächst und die Entwicklung zu einer Arbeitgebermarke gelingt, könnte also wie folgt aus­schauen:

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• Anforderungen und Qualifikationen in Übereinstimmung bringen: Vergütung, Leistungsfähigkeit, Talent und Aufgabengebiet des Mitarbeiters werden in ein ausgewogenes Verhältnis gesetzt. Wenn der richtige Mitar­ beiter am richtigen Arbeitsplatz sitzt, ist dies das Beste, was dem Unternehmen und dem Mitarbeiter passieren kann. • Leistungen anerkennen: Durch Maßnahmen, die ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen, zeigen die Führungskräfte den Mitarbeitern, dass sie außergewöhnliche, nicht selbstverständliche und nicht zu erwartende individuelle Leistungen er- und anerkennen. • Schulungen anbieten: Leistungsträger wollen stets noch besser werden. Darum legt Meier & Co. für sie spezielle Schulungsprogramme auf, die ihnen eine zielgerichtete berufliche und persönliche Weiterentwicklung ermöglichen. • Ganzheitlich denken: Dem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben tragen die Führungskräfte Rechnung, indem sie im Mitarbeiter nicht nur Angestellte sehen, sondern jeweils den „ganzen Menschen“. Mithilfe der genannten Maßnahmen gelingt es der Firma, einige der Mitarbeiter zu Markenbotschaftern zu entwickeln, die ihre gute Meinung, die sie über ihr Unternehmen und ihren Arbeitgeber hegen, nach außen tragen. Das gilt auch für die sozialen Netzwerke, in denen sie unterwegs sind, und ihr privates Umfeld. Den Verantwortlichen bei Meier & Co. konnten bei dem ersten Erfolgsfaktor, der Vertriebsausrichtung, substanzielle Verbesserungen erzielen. Ob dies auch bei der Vertriebsorganisation gelungen ist?

Literatur Boston Consulting Group, StepStone und The Network (2018) Deutschland zweitbeliebtestes Arbeitsland weltweit (Juni 2018). http://media-publications.bcg. com/Decoding-Global-Talent-2018_Deutschland-Zweitbeliebtestes-Arbeitsland_June2018.pdf. Zugegriffen am 17.02.2020 Simon H (1988) Schaffung und Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen. In: Simon H, Bohnenkamp J (hrsg) Wettbewerbsvorteile und Wettbewerbsfähigkeit. Fachverlag für Wirtschaft und Steuern, Schäffer GmbH & Co, Stuttgart, S 1–17

6 Schritt 5 zur Top Sales Company: Versteckte Ressourcen in der Vertriebsorganisation entdecken und durch Prozessoptimierung die Schlagkraft erhöhen

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Der zweite Erfolgsfaktor nach der Vertriebsausrichtung betrifft die Vertriebsorganisation. Der entscheidende Impuls bei Meier & Co. besteht darin, Effektivitäts- und Effizienzverluste auszumerzen und den Vertrieb so zu organisieren, dass sich durch Prozessoptimierung die Schlagkraft erhöhen lässt. Es geht darum, in vielen Einzelbereichen besser zu werden, um so die Gesamtunternehmung auf der Erfolgsleiter auf die nächste Stufe zu führen. Dies gelingt insbesondere durch die innovative Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst.

6.1 D  er Effektivitäts- und Effizienzgedanke auf dem Vormarsch Eine Top Sales Company mit einer gut aufgestellten Vertriebsorganisation weist einen höheren Grad an Effektivität und Effizienz auf als eher durchschnittliche Vertriebsorganisationen. Die Entscheider tun dort nicht nur die Dinge richtig, sondern besitzen die Kompetenz und strategische Weitsicht, die richtigen Dinge richtig zu tun. Effektivität und Effizienz müssen zusammengebracht werden. Allerdings: In so mancher Vertriebsorganisation verbringen die Verkäufer viel Zeit damit, sehr effektiv ihre Route zu planen und den Kundenkontakt vorzubereiten, indem sie beeindruckende Excel-Tabellen erstellen und

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_6

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PowerPoint-­Präsentationen kreieren, es aber versäumen, das Richtige zu tun und zum Beispiel möglichst viele Kunden aufzusuchen. Was nutzt die tolle Kundenbesuchsvorbereitung, wenn es zu wenig Kundentermine gibt, weil zu wenig Interessenten kontaktiert werden, also nicht die richtigen Dinge getan werden? Die richtigen Dinge richtig zu tun – das ist die klassische Definition von Effektivität (die richtigen Dinge tun) und Effizienz (die Dinge richtig tun). Unsere Definition einer leistungsstarken Vertriebsorganisation geht einen Schritt weiter: Das Richtige zur exakt richtigen Zeit zu tun, und zwar richtig, konsequent und nachhaltig, ist das Merkmal einer leistungsstarken Vertriebsorganisation.

6.2 Die Vertriebsorganisation stärken Das Vertriebsaudit 360° zeigt, dass es bei Meier & Co. durchaus Verbesserungspotenziale in der Vertriebsorganisation gibt. So stellen sich die folgenden Fragen: • Wie können wir die Vertriebsorganisation so aufstellen, dass endlich der Effektivitäts- und Effizienzgedanke bei Meier & Co. Einzug hält? Und welche Konsequenzen hat dies für die Führungsarbeit? • Sollte aus Effektivitäts- und Effizienzgründen das Customer Relationship Management optimiert werden? • Was bedeutet dies für das Kundenbeziehungsmanagement und das Lead­ management? • Welche Auswirkungen hat die Veränderung in der Organisationsstruktur für die anderen Vertriebsdimensionen bei uns?

6.2.1 D  urch Verkaufsgebietseinteilung die Stoßkraft des Vertriebs erhöhen Das Vertriebsaudit zeigt, dass es in unserem Beispielunternehmen zu erheblichen Reibungs- und Effektivitätsverlusten kommt, weil die Verkaufsgebiete zu groß sind und es innerhalb der Gebiete zu negativen Konsequenzen kommt, weil die Verkäufer zum Beispiel viel zu oft und viel zu lang in ihren Wagen sitzen und Kunden aufsuchen, deren Standorte weit auseinanderliegen. Welchen Sinn ergibt es, wenn ein hochbezahlter Verkäufer – um ein gar

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nicht einmal übertriebenes Beispiel zu wählen – sich morgens in München auf den Weg macht, um einen B2B-Kunden in Köln oder gar Bremen aufzusuchen? Und dabei auch noch die eine oder andere Stunde im Stau verbringt? Die Entscheider bei Meier & Co. beschließen daher, die Verkaufsgebietseinteilung unter die Lupe zu nehmen und die Sinnhaftigkeit und Effektivität der Gebietseinteilung zu hinterfragen. Unserer Erfahrung nach gehört die Verkaufsgebietseinteilung nicht zu den Lieblingsthemen in Verkauf und Vertrieb, weil bei einer Neuaufteilung immer auch alte Besitzstandswahrungen in Frage gestellt werden. Aber dieser Einwand muss hintanstehen, es geht jetzt darum, die Schlagkraft der Gesamtorganisation zu erhöhen und die Schlagund Stoßkraft der Kundenbesuche zu optimieren. Und darum wird bei Meier & Co. zukünftig eine regelmäßige Überprüfung der Verkaufsgebietseinteilung stattfinden, das heißt, dass jedes Jahr eine kritische Überprüfung durchgeführt wird, um das Weg- und Streckenmanagement sowie die Routenplanung zu verbessern. Aber damit nicht genug: Die Effektivität und Effizienz der Bearbeitung der Gebiete kann und muss gesteigert werden, indem ein Verkäufer die Potenziale seines Verkaufsgebiets besser ausschöpft und stets prüft, ob es Alternativen zum Kundenbesuch vor Ort gibt.

Gewiss kann das ein oder andere Gespräch mit einem Interessenten oder Kunden auch von PC zu PC oder von Bildschirm zu Bildschirm geführt werden, etwa mithilfe des TeamViewer, einer Videokonferenz oder der Onlineberatung. Selbst eine detaillierte Informationsveranstaltung lässt sich mit einem Webinar durchführen, ohne dass der Verkäufer vor Ort bei dem Kunden vorstellig werden muss – wobei an einem Webinar gleich mehrere Kunden teilnehmen können. Verkäufer und Unternehmen sparen auf diese Weise gleich mehrere Kundenbesuche vor Ort ein. Ein konkretes Beispiel: Bei der Video- und Onlineberatung loggt sich der Kunde während des Telefonats über die Internetseite des Verkäufers auf dessen Bildschirm mithilfe einer Konferenz- und Präsentationssoftware ein. Beide – Verkäufer und Interessent beziehungsweise Kunde – sehen auf dem Bildschirm dasselbe. Die Webcam läuft, die Interaktion kann beginnen, per Bildschirm, Tastatur und Telefon und spezifischen Online-­ Beratungswerkzeugen wie dem virtuellen Notizblock. Mit einem speziellen Eingabestift zaubert der Verkäufer eine Kalkulation zu einem Produkt auf den Bildschirm und erläutert dem Kunden mithilfe des virtuellen Notizblocks,

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welche finanziellen Vorteile ihm winken. Gerade bei der Video- und ­Onlineberatung ist es möglich, eine sehr persönliche und individuelle Beratung durchzuführen, ohne dass sich Verkäufer und Kunde tatsächlich persönlich begegnen müssen (Hönle 2017).

6.2.2 Interessentenanfragen effektiv beantworten Bei Meier & Co. liefen Anfragen von Interessenten bisher oft ins Leere, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ganz gleich, ob dies in einem Inboundoder einem Outbound-Telefonat geschah: Sobald ein Gesprächspartner Interesse an einem Produkt bekundete, wurde ihm ein umfangreiches Informationspaket zugeschickt, oftmals auch noch auf dem Postweg. Das Informationspaket wurde selbstverständlich umfassend und entsprechend aufwendig zusammengestellt und der Versand durch die Zentrale veranlasst, die dann einige Tage später nachgefasst und nachgefragt hat: „Und, haben Sie unser Informationspaket erhalten? Was sagen Sie dazu?“ Oft genug scheiterte die Anfrage allein schon daran, dass der Mitarbeiter in der Zentrale jenen ursprünglichen Gesprächspartner gar nicht erst an die Strippe bekam. Und darum lautete die Antwort oft genug: „Informationspaket? Das habe ich nicht erhalten. Bitte schicken Sie das Informationspaket nochmals raus …“ Und häufig ging das Pingpong-Spiel von vorn los: „Was, auch die zweite Aussendung unseres Informationspakets hat Sie nicht erreicht?“ Bei Meier & Co. war man nach dem Audit nicht mehr bereit, diese Effektivitätsverluste durch unendliche Telefonkaskaden weiterhin hinzunehmen – zumal die Mitarbeiter in der Zentrale nicht besonders vertriebsorientiert vorgegangen waren. Wie denn auch, schließlich sind sie in der Regel nicht verkäuferisch geschult. Stattdessen wurde jetzt ein Vertriebscenter eingerichtet. Dort gibt es eine Vertriebs-Hotline für Interessenten. Ob Inbound- oder Outbound-Telefonat: Sobald ein Interessent eine konkretere Anfrage hat, wird er mit einem hoch kompetenten Vertriebsmitarbeiter verbunden, der im besten Fall in die Beratung einsteigt und abschlussorientiert agiert. Die Pingpong-Spielchen und der mehrmalige Versand aufwendig geschnürter Informationspakete entfällt. Im Fokus steht die vertriebsorientierte, rasche, effektive und auf den Kundennutzen ausgerichtete Beratung des Interessenten.

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6.2.3 N  eugliederung des Vertriebs durch Organisationseinheiten Eine sehr umfangreiche und weitgehende Veränderung und Umstrukturierung plant unser Beispielunternehmen im Bereich der Organisationseinheiten. Statt zwischen dem Firmenkundengeschäft und dem Privatkundengeschäft beziehungsweise dem Regionalvertrieb zu differenzieren, wird eine Neugliederung des Vertriebs durchgeführt, bei der zwischen dem Key Account Management, dem Regionalvertrieb und dem Vertriebspartnergeschäft unterschieden wird. Diese Neustrukturierung wird durch eine neue Führungsstruktur flankiert und begleitet: Die drei Organisationseinheiten Key Account Management, Regionalvertrieb und Vertriebspartnergeschäft werden jeweils durch einen Teamleiter angeführt, die wiederum einem Vertriebsleiter unterstellt sind und an diesen berichten. Die ersten Bewertungen dieser Neugliederung zeigen, dass die Schlagkraft des Vertriebs deutlich ausgebaut und erhöht werden konnte, weil sich die Betreuung der wichtigen Schlüsselkunden und überdies der verschiedenen Vertriebspartner intensivieren ließ. Die Erfahrungen bei Meier & Co. belegen einmal mehr, dass sich mithilfe von Spezialisierungsaktivitäten deutliche Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen erzielen lassen. In vielen Vertrieben herrscht immer noch die Überzeugung vor, es sei zielführend, wenn zum Beispiel Firmenkunden, Privatkundengeschäft, Key Accounts und auch noch die Vertriebspartner durch einige wenige Verkäufer betreut werden. In den allermeisten Fällen sind Unternehmen dann effizienter, wenn sie den Vertrieb kleinteiliger gestalten und die Möglichkeiten der Spezialisierung nutzen. Es ist hilfreich, die Prozesse zu optimieren und mit Spezialisierung zum Erfolg durchzustarten.

6.2.4 D  as neue Verhältnis zwischen Innenund Außendienst Ein weiterer Aspekt der neuen vertriebsorganisatorischen Ausrichtung besteht darin, dass der Innen- und der Außendienst stärker miteinander verknüpft werden. Zum Wohl des Kunden und aus Gründen der Effizienz sollen sie intensiver zusammenarbeiten. Das Kundenwohl ist der gemeinsame Nenner

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und der Antreiber, der die Mitarbeiter und Führungskräfte motiviert, die jeweiligen Kräfte so zu bündeln und gemeinsam einzusetzen, dass Kundenbegeisterung entsteht. Im Rahmen dieser Neuausrichtung kommt es zur Gründung von Tandems, die aus einem Innendienstmitarbeiter und einem Außendienstmitarbeiter bestehen. Was heißt das konkret? Der Innendienst als Terminvereinbarer, der Verkäufer vor Ort als der strahlende Held, der für den Abschluss die Lobeshymnen und die Provision einheimst – diese Aufteilung findet bei der Tandemlösung ein Ende. Vielmehr gilt: Der Innendienstmitarbeiter im Büro hält die Stellung, akquiriert, vereinbart die Termine, bereitet den Kunden auf den Besuch des Kollegen aus dem Außendienst vor, schreibt punktgenaue Angebote und pflegt die Kundenbeziehung durch den regelmäßigen Kontakt per Telefon, E-Mail und die sozialen Netzwerke. Der Außendienstler konzentriert sich auf seine originäre Aufgabe, den Kunden zu besuchen, zu beraten und zu verkaufen. Klar ist: Diese neue Aufteilung muss sich im Provisionssystem widerspiegeln. Wenn der Innendienst viel verkaufsaktiver agiert, muss das Provisionsmodell angepasst werden. Der Kitt, der die Tandemmitglieder zusammenhält und zusammenschweißt, sind die gemeinsamen Ziele, vor allem das Ziel der Kundenbegeisterung, und die gemeinsame Zielsetzung, den wirtschaftlichen Erfolg der Vertriebsabteilung und des Unternehmens zu ermöglichen. Es liegt in der Verantwortung der Geschäftsleitung und der Führungskräfte, diese gemeinsamen Ziele mit den Mitarbeitern zu vereinbaren und darüber hi­ naus die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.

Eine Herausforderung ist, dass sich einige Mitarbeiter von tradierten Vorstellungen und verinnerlichten Glaubenssätzen verabschieden müssen. Konkret: Während die Innendienstkollegen zuweilen Probleme damit haben, sich mit der verkaufsaktiven Rolle anzufreunden, müssen die Außendienstmitarbeiter sich von der Überzeugung verabschieden, der Innendienst sei ein besserer Erfüllungsgehilfe des Außendiensts. Dabei muss die Tandemlösung nicht immer der Weisheit letzter Schluss sein. Vielmehr geht es vorrangig darum, Erfolgspartnerschaften im Vertrieb zu gründen, natürlich insbesondere zwischen Außendienst und Innendienst. Allerdings sind auch andere Kooperationen denkbar. Das heißt: Wo immer möglich, finden sich Experten zusammen, sofern das Wohl des Kunden dies erfordert und nützlich erscheinen lässt. Dazu ein Beispiel: Ein Fieldcoach

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b­ egleitet den Verkäufer zum Kunden. Der Fieldcoach hält sich als Beobachter im Hintergrund, greift nicht in das Gespräch ein, sondern gibt nach dem Kundengespräch kritisch-produktives Feedback und diskutiert mit dem Verkäufer, was gut gelaufen und was verbesserungswürdig ist.

6.3 C  ustomer Relationship Management: Nachhaltige Problemlösung erarbeiten Das Vertriebsaudit 360° hat ergeben: Die größte Schwäche bei dieser Vertriebsdimension liegt darin, dass die Vertriebsmitarbeiter zu wenig durch die Kundendatenbank und die dazugehörige Software unterstützt werden. Kein Wunder also, dass sie das CRM nicht konsequent nutzen und einsetzen. Konkret: Die Kundendatenbank bei Meier & Co. ist nicht anwenderfreundlich genug und zu kompliziert aufgebaut. Die Funktionalität lässt zu wünschen übrig, da die Technologie veraltet ist. Die Bedienoberfläche ist nicht intuitiv aufgebaut, der Verkäufer braucht ein gewisses Erfahrungswissen, um sie überhaupt angemessen nutzen zu können. Mitarbeiter, die die Datenbank noch nicht so lange kennen oder erstmalig einsetzen, müssen sich bei Kollegen immer wieder erkundigen, „wie das denn funktioniert“. Als erste Maßnahme plant die Firma, einen Workshop zu veranstalten, bei dem die Mitarbeiter ihre Erfahrungen im Umgang mit der Datenbank austauschen. Der Erfahrungsaustausch soll zu kreativen Ideen führen, wie sich das System optimieren lässt. Die Themenfelder „Unterstützung der Verkäufer durch die Software“ und „Konsequente Nutzung des CRM Systems durch die Vertriebsmitarbeiter“ werden mit einiger Wahrscheinlichkeit zu den Feldern gehören, bei denen es bei einem zweiten Vertriebsaudit 360° nicht zu Verbesserungen, sondern eher zu Verschlechterungen kommen wird.

Mittelfristig gesehen muss das Unternehmen natürlich eine tragfähige und nachhaltige Lösung für das CRM-Problem erarbeiten und realisieren und im Rahmen eines kundenfreundlichen Customer Relationship Management eine Datenbank aufsetzen, die den Kundenkontakt erleichtert und nicht erschwert. Dafür spricht, dass eine gute CRM-Datenbank immer auch einen erheblichen positiven Beitrag zum Firmenwert liefert.

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6.4 Kundenbeziehungsmanagement mit „Beziehungsanrufe“ stärken Meier & Co. sieht großes Potenzial bei dieser Vertriebsdimension darin, die Verzahnung zwischen Innen- und Außendienst und die Etablierung von Tandems zu nutzen, um die Kundenbeziehungen zu optimieren. Als wichtige Instrumente für ein funktionierendes Kundenbeziehungsmanagement definiert das Management den persönlichen Kontakt und das persönliche Gespräch. Da das Unternehmen vor allem im B2B-Segment unterwegs ist, ist es entscheidend, gute und vertrauliche Beziehungen zu Entscheidern und Top-Entscheidern aufzubauen. Allerdings: In der Vergangenheit haben die Verkäufer eher mit Pseudo-­ Entscheidern gesprochen und verhandelt und weniger mit denjenigen Damen und Herren, die die eigentliche Kaufentscheidung in den hochpreisigen Regionen treffen, in denen sich unser Beispielunternehmen bewegt. Jetzt aber gilt das Motto, das Stephan Heinrich wie folgt umschreibt: „Wer Lösungen verkaufen will, die vom Kunden nicht als Kosten, sondern als Zukunftsinvestition betrachtet werden sollen, setzt ganz oben in der Organisation des Kundenunternehmens an.“ (Heinrich 2013, S. 6) Die Herausforderung, an die Top-Entscheider heranzutreten und mit ihnen zu verhandeln, lässt sich besonders konstruktiv mithilfe des Key Account Managements lösen und bewältigen.

Entscheidend ist die Fähigkeit, einen Termin mit dem Top-Entscheider zu verabreden. Meistens gelingt dies, wenn der Mitarbeiter im Innendienst speziell für die Akquisitionstelefonate ausgebildet wird. Allerdings ist es in der Praxis nicht leicht, den Geschäftsführer eines größeren Unternehmens ans Telefon zu bekommen. Denn die Terminkalender der Top-Entscheider sind naturgemäß randvoll. Hier ist es wichtig, über die Assistenz zu gehen – und diese Aufgabe könnte dann wiederum vom Innendienstkollegen des Tandems angegangen werden. Nehmen wir an, es gelänge dem Innendienstler tatsächlich – auch mithilfe der Assistenz –, zum Top-Entscheider vorzudringen. Während der Innendienstmitarbeiter den Entscheider mit den notwendigen Informationen versorgt und die Beziehung geht und diese pflegt, gelingt es dem Außendienstkollegen im persönlichen Gespräch, eine Lösung für das Engpassproblem des Kunden zu finden, die diesem sogar hilft, seine Marktposition zu stärken. Diese Art der Unterstützung kommt bei Entscheidern besonders gut an! Das

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ist eine gute Voraussetzung für eine gelungene Kundenbeziehung, die der Kollege aus dem Innendienst bei der After-Sales-Betreuung nutzen kann, um den Entscheider zu fragen, was er sonst noch tun könne, um dessen Zufriedenheit zu steigern. Und zwar mithilfe von Anrufen, die die Beziehung zum Kunden stärken. Bei diesen „Beziehungsanrufen“ ruft der Innendienstler nicht deswegen bei dem Entscheider an, weil er etwas verkaufen will – wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, ergreift er diese Chance natürlich beim Schopf! Nein, der eigentliche Sinn liegt darin, die Beziehung zu stärken, die Kundenbindung zu erhöhen und dem Entscheider einen exzellenten Service zu bieten. Wir wissen ja: Bei Meier & Co. agieren die Innendienstler eben nicht mehr als bloße Auftragsabwickler, sondern als proaktive Kundenbeziehungsmanager. Dieser Anruf kann übrigens auch von dem Außendienstmitarbeiter übernommen werden, etwa wenn er nach dem Kundengespräch im Zug oder im Wagen sitzt und den Entscheider anruft, um sich für das Gespräch zu bedanken oder sich zu erkundigen, ob dieser noch eine Frage hat, die ihm erst jetzt eingefallen ist. Aber nochmals: Es geht nicht darum, wieder in die Beratung oder den Verkauf einzusteigen, sondern um ein wertschätzendes Gespräch, in dessen Verlauf der Verkäufer dem Entscheider eventuell eine zusätzliche Serviceleistung anbieten.

6.5 H  ybrides Leadmanagement: Alle relevanten Vertriebskanäle nutzen Auch bei der letzten Dimension dieses Erfolgsfaktors setzt unser Beispielunternehmen ganz auf das partnerschaftlich-kooperative Konzept: Die neue Schlagkraft durch die Tandems aus Innen- und Außendienstkollegen wird genutzt, um Empfehlungen zu generieren, die Kunden dazu zu motivieren, als Referenzkunden zur Verfügung zu stehen, und das Unternehmen aktiv weiterzuempfehlen. Allerdings: Bei Meier & Co. spielen Empfehlungen, die der zufriedene Kunde gegenüber dem Verkäufer ausspricht, und Weiterempfehlungen, bei denen der Kunde die Firma empfiehlt, wie im gesamten B2B-Bereich eine eher untergeordnete Rolle. In anderen Branchen und Bereichen, wie etwa dem Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbereich, verhält sich das anders: Hier kommt es oft vor, dass der zufriedene Kunde seine Begeisterung in den Bekannten- und Verwandtenkreis hineinträgt und überdies am Arbeitsplatz und im Sportverein oder in den sozialen Netzwerken den Versicherungsmakler oder den Berater weiterempfiehlt. Und dann ist es auch

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sinnvoll, den Kunden zu fragen, ob es in seinem Umfeld Personen gibt, die an der nützlichen Dienstleistung oder dem nützlichen Produkt, das er soeben erworben hat, nicht ebenfalls Interesse haben könnten. Was Meier & Co. aber dezidiert zur Leadgenerierung nutzt, ist das Referenzmarketing. Wenn der zufriedene Top-Entscheider eine authentische Referenz ausspricht und bereit ist, mit seinem Namen dafür einzustehen, lässt sich die Referenz zum Vertrauensaufbau und als Kompetenzbeweis vor allem bei der Neukundenakquisition einsetzen.

Das gilt auch für die Onlinepräsenz, denn eine aussagekräftige und glaubwürdige Referenz auf der Website, im Newsletter oder im Rahmen eines Blogbeitrages ist immer von Vorteil. Das Management von Meier & Co. plant für die nahe Zukunft, mit einem Großkonzern eine Case Studie anzufertigen, also die erfolgreiche Zusammenarbeit mit einem renommierten Großkonzern zu nutzen, um am Beispiel jenes Konzerns die Leistungsfähigkeit und Stärken der Firma zugleich spannend und objektiv darzustellen und zu beschreiben. Dieser objektiv gehaltene Bericht soll als Kundenreferenzstory auch für Pressemitteilungen genutzt werden. Und vielleicht hat eine Fachzeitschrift Inte­ resse daran, in einem Artikel über die Zusammenarbeit zu berichten. Die Reputation des Unternehmens soll zukünftig genutzt werden, um in der Presse und in den Medien stärker präsent zu sein, Aufmerksamkeit zu erzeugen und Leads zu generieren. Aber damit nicht genug: Die Maßnahme, das Empfehlungsmanagement durch ein professionelles Referenzmarketing zu beflügeln, soll von weiteren Aktivitäten flankiert werden. Ziel ist ein hybrides Leadmanagement, um alle relevanten Vertriebskanäle im Online- und im Offlinebereich gleichermaßen zu besetzen und auf den digitalen und analogen Kanälen zu Leads zu gelangen. Dafür hat die Geschäftsleitung eine Task Force ins Leben gerufen, die erste entsprechende Vorschläge entwickelt hat. Konkret: In einer größeren Aktion ist ein Tag der offenen Tür geplant, an dem sich das Unternehmen einer breiteren Öffentlichkeit auch auf durchaus ungewöhnliche Art und Weise präsentiert. Ein Highlight sollen Key Note Speaker oder Vortragsredner sein, die durch Vorträge glänzen, in denen die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens zwar eine Rolle spielen, aber eher eine untergeordnete. Die Zielsetzung besteht eher darin, durch prominente Vortragsredner aus Sport, Politik und Wirtschaft, die sich zu teils populären, teils zu inhaltlich zu Meier & Co. passenden Themen äußern, neues Publikum anzulocken und zu erschließen.

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So kann sich das Unternehmen angemessen präsentieren und im Rahmen eines Reputationsmanagements einen Ruf aufbauen, der es für potenzielle Neukunden interessant macht. „Reputation ist der Ruf, den ein Unternehmen bei seinen Interessengruppen hat, bei Kunden, Arbeitnehmern, Lieferanten, Investoren, der Öffentlichkeit“ (Sywottek 2018, S. 10). Um die unterschiedlichen Interessengruppen anzusprechen und zu aktivieren, ist die Gründung eines Kundenclubs geplant. Hintergrund dieser Idee ist, durch den Kundenclub vor allem Entscheider und Top-Entscheider zu versammeln und auch auf diesem Weg die Reputation zu optimieren. Eine noch größere Wirkung ließe sich erzielen, wenn sich das ambitionierte Ziel der Task Force verwirklichen lässt, die Presse und die Medien für die Entstehungsgeschichte des Kundenclubs zu interessieren und durch eine entsprechende Berichterstattung weitere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Klar ist: Das ist schwierig, die Erfolgsaussichten sind überschaubar, aber Meier & Co. will es wenigstens versuchen. Das Ziel, alle relevanten Vertriebskanäle zu bespielen, soll durch die Nutzung klassischer Methoden, aber auch durch ungewöhnliche Maßnahmen realisiert werden.

Wir kommen nun zu dem Bereich, der für alle Unternehmen, die sich zur Top Sales Company entwickeln wollen, eine außerordentlich bedeutsame Rolle spielt: den Erfolgsfaktor Vertriebsmitarbeiter. So viel sei bereits jetzt verraten: „Das wichtigste Talent der Zukunft wird sein: das Talent, Talente zu entdecken“. Dieser Ausspruch, der Karl Pilsl, einem in den USA lebenden österreichischen Wirtschaftsjournalisten, Unternehmer und Marktforscher, zugeschrieben wird, verdeutlicht, worum es geht: Der Wettbewerb um die besten Talente ist der entscheidende Erfolgsfaktor, und zwar auch und gerade im Verkauf.

Literatur Heinrich S (2013) Verkaufen an Top-Entscheider: Wie Sie mit Vision Selling Gewinn bringende Geschäfte in der Chefetage abschließen, 3., überarb. u. erw. Aufl. Gabler, Wiesbaden Hönle JH (2017) Online beraten und verkaufen. So führen Sie Kunden persönlich durch den Kaufprozess im Internet, 2., überarb. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden Sywottek C (2018) Die acht Bausteine der Reputation (November 2018). brand eins: Reputation 10:8–13

7 Schritt 6 zur Top Sales Company: Gute Vertriebsmitarbeiter werden immer gebraucht

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Bei Meier & Co. ist bezüglich des dritten Erfolgsfaktors die Entscheidung gefallen: Im Fokus steht der Mensch, steht der Mitarbeiter. Beim Personalauswahlprozess, bei der Weiterbildung, bei der Mitarbeitermotivation und auch bei der Festlegung der Verkaufskompetenzen gilt darum ab sofort: Individualität ist Trumpf! Darum gilt: Weiterbildung muss beiden nutzen  – dem Unternehmen und dem Mitarbeiter. Und: Der Bezug von Mensch zu Mensch, vom Verkäufer zum Kunden, ist und bleibt das Herzstück des Verkaufskontaktes. Entsprechend kundenorientiert sollten die Kompetenzen der Verkäufer ausgerichtet sein.

7.1 A  uch in Zukunft wird der Mausklick den Handschlag nicht ersetzen Eine der entscheidenden Veränderungen, die bei Meier & Co. seit dem Vertriebsaudit 360° vollzogen worden sind, besteht darin, den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, und das auf gleich mehreren Ebenen: Da haben wir zunächst einmal den Kunden, der in klassischer Weise in das Zentrum aller unternehmerischen Entscheidungen gerückt wird. Die Zukunft des Vertriebs ist menschlich und persönlich. Es wird alles getan, um eine intensive Beziehung zum Kunden aufzubauen, der als Persönlichkeit gesehen und mit dem

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_7

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entsprechend umgegangen wird. Jeder Kundenberührungspunkt wird unter der Fragestellung kritisch unter die Lupe genommen, ob tatsächlich alles geschieht, um den Bedarf, die Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen der Kunden zu kennen und zu analysieren und mit genau denjenigen Produkten und Dienstleistungen zu befriedigen, die ihnen nutzen. Im Englischen ist in diesem Zusammenhang von der Customer Journey oder der Reise des Kunden durch das Unternehmen die Rede. Ziel ist, positive Kundenerfahrungen zu prägen (= Customer Experience). Unter dem Stichwort „Customer Centricity“ (Reimann 2018) wird darüber diskutiert, ob Unternehmen im digitalen Zeitalter lernen müssen, ihre Beziehungen zum Kunden neu zu gestalten. Dieser Meinung sind wir nicht. Es braucht keine neuen Begriffe dafür, dass Unternehmen, Verkäufer und Führungskräfte für die Kunden da sind, in ihre Vorstellungswelten eintauchen und ihnen zunächst einmal die Frage stellen müssen: „Was braucht Ihr?“, um dann ein nutzenorientiertes Angebot zu unterbreiten. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen. Und dass jetzt, im Jahr 2020, der Grundsatz „Beziehung geht vor Produkt“ gelten müsse, ist keine New-Work-Erkenntnis, sondern ein seit Jahrzehnten geltendes Erfolgsrezept. Sicherlich hat der Kunde heutzutage andere Erwartungen als vor einigen Jahren, und das hat natürlich mit der Digitalisierung zu tun. Aber letztendlich geht es immer noch darum, die Fähigkeiten, die Kenntnisse, die Fertigkeiten und Kompetenzen des Verkäufers so zu entwickeln, dass dieser in der Lage ist, kundenzentriert zu agieren und dem Kunden ein Einkaufserlebnis zu ermöglichen. Was allerdings richtig ist: Auch in digitalen Zeiten wird vielfach behauptet, der Kunde sei König. Allerdings werden zu selten die entsprechenden Konsequenzen gezogen; der Kunde steht eben nicht oder nicht immer im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns und Denkens. Und darum werden bei Meier & Co. alle Prozesse daraufhin überprüft, ob sie den Kundenerwartungen und -interessen dienen. Das Ziel besteht nicht darin, dass der Verkäufer dem Kunden etwas verkauft. Vielmehr ist es der Kunde, und nur der Kunde, der entscheidet, bei wem er kauft. Aufgabe des Unternehmens und des Verkäufers ist es, ihm so viele Gründe wie möglich zu geben, diesen Einkauf bei ihm zu tätigen. Entscheidend dabei ist: „… auch im Zeitalter der Digitalisierung kaufen Menschen noch immer am liebsten von Menschen.“ (Buhr 2019) Dazu braucht es die richtigen Verkäufer, also kompetente Verkäufer, die in der Lage sind, begeisternde und nutzenfokussierte Einkaufserlebnisse zu kreieren. Damit sind wir auf der zweiten Ebene angelangt, auf der es bei Meier & Co. seit dem Audit heißt: Die Zukunft des Vertriebs ist menschlich und

7  Schritt 6 zur Top Sales Company: Gute Vertriebsmitarbeiter werden … 

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persönlich! Bei den Vertriebsmitarbeitern, dem dritten Erfolgsfaktor und seinen vier Vertriebsdimensionen, hat sich herausgestellt, dass erhebliche Entwicklungspotenziale brachliegen. Einige Beispiele in aller Kürze: Die Recruiting- und Auswahlprozesse sind nicht so strukturiert, dass Meier & Co. im War for Talents bestehen kann. Unser Beispielunternehmen droht bei dem Kampf um die besten Köpfe den Anschluss zu verlieren. Es gelingt ihm nicht, diejenigen Verkäufer zu finden und zu gewinnen, die es braucht, um die Zukunftsherausforderungen zu meistern. Ein weiterer Minuspunkt ist im Bereich der Personalentwicklung und Weiterbildung zu beobachten. Zu oft wird am konkreten Bedarf der Verkäufer vorbei geschult. Oft ist unbekannt, über welche Stärken ein Verkäufer überhaupt verfügt, die ausgebaut werden sollten, damit er sie im Kundenkontakt noch effizienter und zielführender einsetzen kann. Zudem liegen keine detaillierteren Angaben zu den Schwächen vor, die eine Top-Performance verhindern, sodass sie mit Schulungen abgemildert werden könnten. Kurzum: Es fehlt an einem dezidierten Stärken-­ Schwächen-­Profil, an der Analyse des Ist-Zustands, was genau ein Verkäufer besonders gut kann und was nicht. Zudem wird zu wenig berücksichtigt, dass sich die meisten der Meier & Co.-Verkäufer durch monetäre Anreizsysteme zu besseren Leistungen motivieren ließen. Zwischen den Anreizsystemen und der Motivationsstruktur der Mitarbeiter klaffen Lücken, dies macht sich auch im Recruiting-Prozess bemerkbar: Wenn ökonomisch motivierbare Bewerber mit dem Argument ver- und gelockt werden, sich in einer großartigen Teamatmosphäre selbst ­verwirklichen zu können, geht dies an der Erwartungshaltung und Wirklichkeit der meisten Kandidaten vorbei. Diese werden sich kaum für Meier & Co. entscheiden, weil sie vor allem von ökonomischen Motiven geleitet werden. Darum gehören die Verbesserung der Auswahlprozesse im Recruiting und die Einführung ergebnisfördernder Anreizsysteme zu den wichtigen To-do-­ Punkten des Unternehmens – ebenso wie die Ausarbeitung von Kompetenzprofilen, die beschreiben, über welche Fähigkeiten zum Beispiel ein Verkäufer bei Meier & Co. überhaupt verfügen sollte – dazu später mehr in Abschn. 7.5, wenn es um die konkreten Maßnahmen geht, die das Unternehmen im Rahmen des dritten Erfolgsfaktors ergriffen hat. Lassen Sie uns zuvor verdeutlichen, was gemeint ist, wenn es bezüglich der Vertriebsmitarbeiter heißt: Die Zukunft des Vertriebs ist menschlich und persönlich. Mit anderen Worten: Auch in Zukunft wird der Mausklick den Handschlag nicht ersetzen. Entscheidend ist die Fokussierung der Verantwortlichen auf den einzelnen Mitarbeiter, seine individuelle Persönlichkeit und auf seine Kompetenzen.

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Beim Recruiting-Prozess zum Beispiel geht es nicht einfach darum, eine vakante Position zu besetzen. Vielmehr besteht die Aufgabe darin, eine größtmögliche Passgenauigkeit zwischen der vakanten Position und der Persönlichkeitsstruktur und den Kompetenzen eines Kandidaten herzustellen. Damit dies gelingt, darf ein Bewerber nicht als Träger bestimmter Funktionen betrachtet werden, die dem Unternehmen eventuell nutzen, sondern er muss als ganzer Mensch gesehen werden. Hier schließt sich der Kreis: Ebenso wie der Kunde nicht allein als Kunde, sondern als Mensch mit all seinen Erwartungen und Bedürfnissen in den Fokus des Verkäufers geraten sollte, sollte ein Mitarbeiter – ganz gleich, ob bereits angestellt oder als Bewerber – als Persönlichkeit wahrgenommen werden. Nicht umsonst heißt unser Vorgänger-Buch „Verkaufskompetenz Mensch“ (Skazel und Thiemann 2019). Ob Recruiting, Weiterbildung, Motivation oder Verkaufskompetenzen: Zentraler Gedanke ist immer, die Persönlichkeit, das Verhalten, die Motive und Wertvorstellungen des Mitarbeiters als Ganzes in den Blick zu nehmen.

Denn nur dann ist es möglich, den für eine vakante Stelle am besten geeigneten Menschen zu finden, ihn zielgenau weiterzubilden und ihn individuell und persönlichkeitsbezogen zu motivieren.

7.2 D  ie Rekrutierungs- und Auswahlprozesse optimieren Wahrscheinlich kennen Sie das folgende Zitat, das Steve Jobs zugeschrieben wird, ohne dass sich eine nachweisbare Quelle zitieren ließe: „Das Geheimnis des Erfolges von Apple ist, dass wir außergewöhnlich viel Aufwand betrieben haben, um die besten Leute der Welt einzustellen.“ Seit dem Vertriebsaudit 360° wissen die Verantwortlichen bei Meier & Co., dass sie einen erheblichen Mehraufwand betreiben müssen, um die fähigsten Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden. Wobei es gerade dieser Mehraufwand ist, der letztendlich zu erheblichen Einsparungen führt, weil sich Kosten vermeiden lassen, die durch die Investition in Fehlbesetzungen entstehen. Denn wenn sich während oder sogar erst nach der Probezeit herausstellt, dass Unternehmen und Bewerber nicht zusammenpassen, sind nicht nur die Kosten für die Stellenanzeige in den Sand gesetzt. Hinzu kommen die Aufwendungen der Personalabteilung, die Einarbeitungskosten und einige Monatsgehälter sowie der Pro-

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duktivitätsausfall, der durch Fehleinstellungen entstehen kann. Und haben Sie schon einmal erlebt, was geschieht, wenn ein neuer Mitarbeiter, der zwar fachlich, aber menschlich überhaupt nicht in das und zum Team passt, die innere Ordnung des Teams stört oder gar zerstört und für Unruhe, Machtkämpfe und Auseinandersetzungen auf der Beziehungsebene sorgt? All dies kann sich zu einer beträchtlichen Fehlinvestition summieren. Eine Studie des Suchsoftware-Anbieters Talentry in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Privat-Institut für Qualitätssicherung in Personalauswahl und -entwicklung (IQP) hat gezeigt, dass die Einstellung für einen Vertriebsmitarbeiter im Durchschnitt 9503  Euro kostet. Für Vertriebsführungskräfte fallen sogar 16.567 Euro an. Und die Opportunitätskosten bei Low Performern betragen laut der Studie im Schnitt 235.000  Euro. Es lohnt sich also, solche Fehlinvestitionen zu vermeiden. (Infos zu der Studie siehe Buchreport 2017)

7.2.1 Mit Faktor-Prinzip ein komplexes Bewerber-Bild malen Noch immer werden die meisten Einstellungsentscheidungen in den Firmen lediglich aufgrund eines Kurzinterviews oder Vorstellungsgesprächs und der Durchsicht der Bewerbungsunterlagen gefällt. So aber – wir sind in Kap. 2 schon kurz darauf eingegangen – lassen sich die entscheidenden Dinge kaum herausfinden: Mit welcher Persönlichkeit haben wir es zu tun? Passt der Bewerber von seiner Persönlichkeit, Motivationsstruktur und von seinen verkäuferischen Fähigkeiten her optimal zur Anforderung der Organisation? Früher hat das Management die Mitarbeiter mithilfe eines Standardinterviews, das für das gesamte Unternehmen eingesetzt wurde, eingestellt. Das Unternehmen hat sich keine Gedanken gemacht, welche Fähigkeiten und Kompetenzen die Bewerber und die Mitarbeiter benötigen, damit Meier & Co. seine strategischen Ziele erreichen kann. Allerdings: Was nutzt es, Menschen einzustellen, wenn es keinen genauen Abgleich zu den Anforderungen der Organisation gibt? Die Entscheider bei Meier & Co. beschließen darum: Die beste Personalentwicklung ist, die für die jeweilige Aufgabe passendsten Menschen einzustellen, also Menschen, deren fachliche und persönliche Kompetenzen den Anforderung der Organisation und der Stelle entsprechen. Die Unternehmensleitung bei Meier & Co. zieht daraus die Konsequenz, die Rekrutierungs- und Auswahlprozesse deutlich auszuweiten und zu verfeinern. Zwar werden die Bewerbungsunterlagen nach wie vor analysiert und Vorstellungsgespräche anberaumt. Zudem aber werden vor dem ersten persönlichen Gespräch Telefoninterviews geführt. Und es wird eine 360°-Performance-­

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Analyse durchgeführt, in der das Verkaufsverhalten, die Motivation, das Verkaufswissen und die persönlichen Kompetenzen analysiert und mit dem Stellenanforderungsprofil abgeglichen werden. Die zentrale Änderung besteht darin, nach dem Faktor-Prinzip vorzugehen und verschiedene Faktoren des Personalauswahlprozesses aneinanderzureihen. Ziel ist es, ein möglichst detailliertes und komplexes Bild der Persönlichkeit und des Verhaltens eines Bewerbers zu malen und dabei Aspekte zu beachten, die beim klassischen Einstellungsprocedere oft unerkannt bleiben.

Im Rahmen des Personalauswahlprozesses soll ein Bewerber zum Beispiel nachweisen, über welche Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften er verfügt. Unter anderem geht es auch darum, wie er sich in stressigen und hektischen Situationen verhält und darum, unentdeckte Potenziale sowohl auf der Persönlichkeits- als auch der Kompetenzebene aufzuspüren. Die Maßnahmen dienen dazu, das Qualifikationsprofil eines Bewerbers immer mehr zu verfeinern und den Kandidaten immer besser einschätzen zu können. Und zwar als ganzen Menschen, und nicht nur als Funktions- und Kompetenzträger. Auf der anderen Seite erfolgt nach und nach eine Optimierung des Anforderungsprofils der vakanten Stelle, bei dem ebenfalls die persönlichkeitsorientierten Faktoren in den Vordergrund rücken. Ein Stellenanforderungsprofil soll erkennen lassen, welche Kompetenzen und Verhaltensweisen bei einem neuen Mitarbeiter erforderlich sind.

7.2.2 Den Pinocchio-Effekt ausschließen Bei Meier & Co. ist man sich auf der Führungsetage sicher: Wer das Talent, Talente zu entdecken, entwickeln will, muss die Fähigkeit aufbauen, auch die Persönlichkeitsstruktur in das Jobprofil zu integrieren. Und das allein schon deswegen, weil es zielführend ist, einen Mitarbeiter einzustellen, der über eine Persönlichkeit verfügt, die ihn dabei unterstützt, seinen Aufgaben bestmöglich nachzukommen. Vor dem Vertriebsaudit 360° konnte es durchaus vorkommen, dass eine aufgabenbezogene und eher introvertierte Persönlichkeit für einen Job als Verkäufer eingestellt wurde, obwohl diese Position neben einer ausgeprägten Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit und der Kompetenz, sich ständig Veränderungen anzupassen, auch Improvisationstalent verlangt. Wie konnte das passieren?

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Zum einen haben sich die Personalverantwortlichen durch die verbalen Fähigkeiten des Bewerbers blenden lassen. Zum anderen haben sie es versäumt, vorhandene und notwendige Kompetenzen angemessen zu matchen. Zudem kam zuweilen der Pinocchio-Effekt zum Tragen: Bewerber stellen sich in den Bewerbungsunterlagen und auch im Gespräch oft besser dar, als sie sind. Das kann man ihnen nicht verdenken, immerhin wollen sie die Stelle bekommen. Sie übertreiben hin und wieder bei der Darstellung ihrer Qualifikationen und Kompetenzen. Sie gleichen ihre Schilderungen den Erwartungen des Unternehmens an. Es besteht die Gefahr, dass eine eher introvertierte Persönlichkeit beim Wettbewerb um eine Position im Außendienst versuchen wird, sich als offene Person darzustellen, der es nicht schwerfällt, auf Kunden zuzugehen. Dass sie sich selbst damit keinen Gefallen tut, bedenkt sie in diesem Moment nicht. Und in einem oberflächlich strukturierten Rekrutierungsprozess fällt dies dem Personaler nicht auf, zumal sich viele Personaler grundsätzlich schwer damit tun, Bewerbern für Vertriebspositionen die ­richtigen Auswahlfragen zu stellen, um ihre Einstellungen und ihre Eignung besser einschätzen zu können – dazu gleich mehr. Bei einem Einstellungsprozess nach dem Faktor-Prinzip, der ein jobbasiertes Interview, eignungsdiagnostische Analysen zum Verhalten und zur Motivation sowie einen Abgleich zu allen jobrelevanten Kompetenzen und ein Assessmentcenter umfasst, lässt sich der Pinocchio-Effekt nahezu ausschließen.

7.2.3 Der Personaler als Frage-Künstler Ein gutes Vorstellungsgespräch funktioniert wie ein Verkaufsgespräch. Allerdings: Oft genug verhalten sich die Personaler wie unterdurchschnittliche Verkäufer und reden zu viel, weil sie ihr Unternehmen und die vakante Position „verkaufen“ wollen. So versäumen sie es, dem Bewerber die Möglichkeit zu geben, sich umfassend zu äußern. Wichtig jedoch ist, präzise zu erkennen, ob ein Bewerber zum Anforderungsprofil des Unternehmens passt oder nicht. Dies lässt sich nicht herausfinden, indem der Personaler möglichst viel selbst redet, vielmehr muss er einen Weg finden, den Bewerber zum Reden zu bringen. Nur wer die richtigen Fragen stellt, findet den richtigen Mitarbeiter.

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Unter den Personalern gibt es viel zu wenige Frage-Künstler. Besonders bei der Beurteilung der verkäuferischen Kompetenzen haben Personaler häufig das Problem, dass sie nicht die richtigen Fragen stellen. Darum beschließen die Verantwortlichen bei Meier & Co., einen Leitfaden erarbeiten zu lassen, mit dem es gelingt, eben jene verkäuferischen Kompetenzen und die Eignung besser abfragen zu können. Konkret: In dem Interview helfen zunächst einmal Fragen wie „Was hat Sie motiviert, sich für die Aufgabe zu bewerben?“, „Was interessiert Sie an diesem Job vor allem?“, „Was ist Ihre größte Sorge – diesen Job betreffend?“ und „Wo möchten Sie in drei bis fünf Jahren stehen“ dabei, Grundsätzliches über den Bewerber zu erfahren. Dazu dient auch die Frage: „Warum sind Sie der Richtige für diese Aufgabe?“ Entscheidend sind dann die Fragen zum Job-Benchmark und zur Motivation. Die Antworten versetzen den Personaler in die Lage, die Eignung des Bewerbers für die vakante Position immer konkreter und zielgenauer einzuschätzen. Zur Verdeutlichung hier einige Beispiele aus dem Fragenkatalog: • Wünschen Sie sich eher innovationsfördernde Veränderungen oder sollte der Status quo gehalten werden? • Sind Sie eher vertrauensvoll optimistisch oder zurückhaltend skeptisch? • Welche Ziele präferieren Sie: kurzfristige, mittelfristige oder langfristige Ziele? • Wie wichtig ist es Ihnen, mit Ihrer ganzen Autorität die Verantwortung zu übernehmen? • Möchten Sie in Ihrem Aufgabengebiet lieber die absolute Entscheidungs­ freiheit oder schätzen Sie einen vorgegebenen Rahmen, der Ihnen Halt und Orientierung bietet? • Wie vermeiden Sie das Auftreten von Problemen? Wie erkennen Sie bevorstehende Krisen? • Wie gehen Sie damit um, wenn Sie mehrere Aufgaben nebeneinander bewältigen müssen? • Sind Sie eher risikofreudig oder sicherheitsorientiert? • Wie gehen Sie mit Widerständen und Schwierigkeiten um? • Können Sie andere Menschen motivieren? Wenn ja, wie tun Sie das? Wie motivieren Sie einen Kunden zur Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen und Ihnen? • Wie stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Vertriebsergebnisse erreichen? Um zu erkennen, von welchen Motivatoren der Bewerber angetrieben wird, stellt der Personaler zum Beispiel Fragen wie:

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• Wie wichtig ist es für Sie, viel Geld zu verdienen? Was ist für Sie „viel Geld“? • Wo möchten Sie finanziell in den nächsten fünf Jahren stehen? Wo in den nächsten zehn Jahren? Weshalb möchten Sie das? • Welche Rolle spielt für Ihre Zufriedenheit im Job das Gefühl, eine Situation unter Kontrolle zu haben? • Wie wichtig ist Unabhängigkeit für Sie? Wie wichtig sind Ihnen Macht und Einfluss? Hinzu kommen Fragen zur Verkaufskompetenz: zur Akquisitionsfähigkeit, zu den Kenntnissen im Rahmen der Bedarfsanalyse und zu den Fertigkeiten, ein Geschäft abzuschließen. Auch Fragen zur Belastbarkeit, zum Umgang mit Veränderungen und Veränderungsprozessen und  – sofern es sich um eine Position mit Personalverantwortung handelt – Fragen zum Führungsstil gehören dazu. Aber auch Aspekte wie die Zielorientierung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und unternehmerisch zu denken und zu agieren, sind von Belang. Der Personaler sollte nie mit einem Standardinterview agieren, sondern im Interview stets den Bezug zum Stellen-Sollprofil herstellen. Dies gelingt, indem er Fragen stellt, die sich an typischen Situationen orientieren, die dem Bewerber später am Arbeitsplatz begegnen werden. So lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit feststellen, wie er sich in konkreten Situationen verhalten wird.

Allein die Aufzählung der Fragen zeigt, wie anspruchsvoll die Herausforderung für die Personaler ist, genau die Fragen zu stellen, mit denen sich die Eignung des Bewerbers in all seinen Facetten einschätzen lässt. Die ersten Erfahrungen zeigen den Verantwortlichen bei Meier & Co., wie sinnvoll und überdies notwendig es ist, die Personaler mit dem Fragenkatalog zu unterstützen.

7.2.4 M  it Faktor-Prinzip Risiko einer Fehlbesetzung minimieren Lassen Sie uns das bisher Gesagte zusammenfassen: Günstig ist es, wenn die Bewerberauswahl in mehreren Stufen abläuft. Nach einem Telefoninterview folgt die eignungsdiagnostische Analyse. Dadurch bekommt das Unternehmen Hinweise zum Beispiel auf die Frage, ob die Gehaltsvorstellungen des Kandidaten in das Budget des Unternehmens passen. Bringt der Kandidat die

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richtige Motivation mit und passt diese Motivation zu den Anreizsystemen des Unternehmens? Verfügt er über die erforderlichen Verhaltensweisen, die für eine erfolgreiche Tätigkeit im Unternehmen Voraussetzung sind? Auch der Bewerber kann aufgrund der 360°-Analyse seine Stärken besser einschätzen. Er erhält einen Überblick darüber, ob der Job zu ihm passt. Anschließend findet das Vorstellungsgespräch statt. Idealerweise dauert es nicht nur 45 bis 60, sondern knapp 90 Minuten, da es ein Mini-Assessment umfasst. Was heißt das? Nach einer zehnminütigen Selbstpräsentation des Kandidaten, die um eine kurze Darstellung des Unternehmens ergänzt werden kann, werden knapp 20 Minuten lang die kritischen Punkte aus der Bewerbung und der Analyse untersucht. Von zentraler Bedeutung ist, dass der Personaler als „Frage-Künstler“ in der Lage ist, die richtigen Fragen zu stellen, die dazu führen, dass sich der Bewerber ausführlich und konkret äußert. Zu dem Mini-Assessment gehören zudem praxisorientierte Teile wie etwa eine „Fallstudie Vertrieb“ und die Simulation eines Verkaufsgesprächs. Das Faktor-Prinzip führt dazu, dass sich Unternehmen und Bewerber in einem aufwendigen Verfahren aus mehreren Perspektiven kennenlernen, sodass das Risiko einer Fehlbesetzung deutlich minimiert wird. Sofern der Bewerber überzeugen konnte und sich die Beteiligten einig sind, dass Bewerber und Unternehmen zusammenpassen, schließt sich ein knapp 20-minütiges Karrieregespräch an. Der Personaler verdeutlicht dem Kandidaten, dass er mit seinen Fähigkeiten und Talenten in dem Unternehmen große Chancen hat, erfolgreich zu sein. Darum stellt er Fragen wie: „Können Sie sich vorstellen, dass wir Mitarbeiter haben, die mit den gleichen Fertigkeiten und Talenten, wie Sie sie haben, heute schon viel erfolgreicher sind, als Sie es bisher sind?“ Im modernen Recruiting wechselt der Personaler, nachdem er die Sicherheit gewonnen hat, dass sein Kandidat zu ihm passt, in die Rolle des Menschenfängers und versucht, den Bewerber von seinem Unternehmen zu begeistern.

Nachdem der Bewerber die Sicherheit gewonnen hat, im neuen Unternehmen erfolgreich agieren zu können, werden in den letzten zehn Minuten die Rahmenbedingungen und die Wohlfühlfaktoren für den neuen Mitarbeiter besprochen. Damit der neue Mitarbeiter dem Unternehmen langfristig erhalten bleibt, ist das Onboarding zentral, also die erfolgreiche Begleitung in den ersten Monaten im Unternehmen.

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Idealtypischer Ablauf des Bewerbungsprozesses Berücksichtigung des Faktor-Prinzips: Der Personalauswahlprozess besteht aus mehreren Schritten und hat idealerweise folgenden Ablauf: • Sichtung der Bewerbungsunterlagen • Telefoninterview – Vorabgespräch • Eignungsdiagnostische Analyse der Verhaltensweisen, der Motivatoren und der persönlichen Kompetenzen • Einschätzung der fachlichen Kompetenz • 90 Minuten Vorstellungsgespräch strukturiert – mit Mini-Assessment

–– 10 Minuten Selbstpräsentation des Bewerbers, ggf. Kurzpräsentation des –– –– –– ––

Unternehmens, um auch dem Bewerber die Möglichkeit zu einem Abgleich zu geben 20 Minuten Untersuchung kritischer Punkte, die im bisherigen Prozess aufgefallen sind 30 Praxis-Minuten: etwa „Fallstudie Vertrieb“, Simulation eines Verkaufsgesprächs 20 Minuten Karrieregespräch 10 Minuten zu allgemeinen Themen (Gehalt, Rahmenbedingungen etc.)

7.3 P  ersonalentwicklung und Weiterbildung individuell gestalten Weiterbildung nach dem Gießkannenprinzip steht bei Meier & Co. endgültig vor dem Aus. Das Vorgehen, bei einem akuten Problem rasch einen Trainer-­Guru als Feuerlöscher ins Unternehmen zu rufen, gehört der Vergangenheit hat. Darauf sind wir in Kap. 3 kurz eingegangen – jetzt geht es um die Konsequenzen, die in konkrete Umsetzungsmaßnahmen transformiert werden müssen.

7.3.1 W  eiterbildung kompetenz- und persönlichkeitsorientiert ausrichten Nachhaltigkeit, Nachprüfbarkeit und Messbarkeit – das sind die Prinzipien, unter denen zukünftig Personalentwicklung und Weiterbildung realisiert werden, wobei die Weiterentwicklung der Mitarbeiter neben der Kompetenzent-

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wicklung vor allem die Persönlichkeitsentwicklung umfassen soll. Wiederum gilt: Der Mensch als Ganzes rückt in den Fokus. Dies gilt für die Vertriebsabteilung, aber auch das Unternehmen insgesamt. Sowohl die Kompetenzentwicklung als auch die Persönlichkeitsentwicklung stehen auf dem Fundament der Verwirklichung der Unternehmensziele. Es geht nicht um die Entwicklung der Persönlichkeit der Menschen um ihrer selbst willen, sondern darum, zielgenau diejenigen Kompetenzen auf- und auszubauen und diejenigen Persönlichkeitseigenschaften zu entwickeln, die dem einzelnen Mitarbeiter helfen, einen optimalen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten. Grundlage dafür sind Kompetenzprofile, die auch für die Mitarbeiter und die Führungskräfte im Vertrieb erstellt werden. Diese Profile beschreiben sehr exakt, welche Fähigkeiten etwa ein Außendienstmitarbeiter in welchem Ausprägungsgrad haben oder ausbilden sollte, um jenen Beitrag leisten zu können. Kompetenzlücken – also Unterschiede zwischen Kompetenz-Ist und Kompetenz-Soll – werden durch entsprechende punktgenaue Weiterbildungsmaßnahmen geschlossen. Das heißt: Die Kompetenzen der Menschen werden unmittelbar mit den Vertriebszielen verknüpft. Denn heute trainieren Unternehmen ihre Mitarbeiter für den Job, den sie im Augenblick tun. In Rahmen der strategischen Personalentwicklung werden Kompetenzen entwickelt, um zukünftig im Job bestehen zu können.

Dabei sollen auch die Erwartungen des einzelnen Mitarbeiters Berücksichtigung finden. So lässt sich für jeden Mitarbeiter ein persönlicher und gezielter Entwicklungsplan erstellen, der zur Folge hat, dass sich jeder Mitarbeiter im Sinne der strategischen und operativen Unternehmens- und Vertriebsziele weiterentwickelt. Diese Vorgehensweise garantiert, dass durch jedes Seminar, durch jedes Training und durch jedes Coaching oder Mentoring genau die Probleme gelöst werden, die gelöst werden müssen, um strategische und operative Unternehmens- und Vertriebsabteilungsziele umzusetzen. Berufliche Weiterbildung wird nachhaltig. Durch die exakte Analyse und Feststellung des Weiterbildungsbedarfs ergibt sich ein weiterer Vorteil: Meier & Co. kann nun konkrete Aussagen da­ rüber treffen, ob Weiterbildungsziele erreicht werden konnten oder nicht. Nehmen wir an, bei einem Verkäufer klafft in den Bereichen des professionellen Kundenbeziehungsaufbaus und der lösungsorientierten Beratung eine Kompetenzlücke, die durch den Besuch eines Seminars zu eben diesen Themen geschlossen werden soll. Der Verkäufer erlernt im Training Strategien,

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Techniken und Methoden, mit denen er zu den Kunden eine vertrauensvolle Beziehung etabliert, auch indem er dem eigentlichen Verkaufsgespräch eine Beratungsphase vorschaltet. Nun lässt sich durch die Kompetenzmessung vor und nach einer Weiterbildung feststellen, ob die Lücke kleiner geworden ist oder sogar geschlossen werden konnte. Weiterbildung wird nachprüfbarer und messbarer!

7.3.2 Breit angelegtes Personalentwicklungskonzept realisieren Die Geschäftsleitung bei Meier & Co. beschließt, ein strategisches Personalentwicklungskonzept zu erstellen, bei dem zunächst einmal eine Standortanalyse vorgenommen wird. Um fundierte und zukunftsorientierte Weiterbildungsentscheidungen treffen zu können, ist eine Entscheidungsgrundlage notwendig. Das Personalentwicklungskonzept soll in einem Zeitraum von knapp zwölf Monaten umgesetzt werden und umfasst mehrere Maßnahmen, die von der strategischen Beratung der Geschäftsleitung über die Ausbildung von Key Account Managern bis hin zur Weiterbildung von Servicemitarbeitern reicht. Denn da das gesamte Unternehmen vertriebsorientierter ausgerichtet werden soll, gehört eine Seminarreihe „Erfolgreich beraten und verkaufen im Kundenservice“ zum Konzept. Aufgrund des hautnahen Kontakts zum Kunden können gerade Servicemitarbeiter zum Beispiel im Bereich Cross-Selling und in der Kundenbindung aktiv werden. Dazu benötigen sie das entsprechende verkaufshandwerkliche Rüstzeug.

7.3.3 Kompetenz zur Selbstreflexion aufbauen Die Grundlage für herausragende verkäuferische Leistungen besteht darin, das eigene unbewusste Verkaufsverhalten und die Verkaufskompetenzen einschätzen zu können. Damit gewinnt die Fähigkeit zur Selbstreflexion an Bedeutung, mithin die Fähigkeit, neben sich selbst zu treten und die eigenen Denkmuster, Verhaltensweisen und Handlungen aus der Distanz und so objektiv wie möglich zu betrachten und zu beurteilen. Unsere Erfahrung ist: Der erste Schritt zur Persönlichkeitsentwicklung beginnt mit der Selbstreflexion. Und die beste Selbstreflexion beginnt mit einer Potenzialanalyse.

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Jeder Verkäufer ist geprägt von Verhaltensweisen, die er bevorzugt und die für ihn typisch sind. Sie sind die Voraussetzung für seinen verkäuferischen Erfolg. Die Art und Weise, wie wir im Verkauf unsere Beratungsstrategie ausrichten, wie wir an Herausforderungen und Problemlösungen herangehen, wie wir mit uns selbst und mit anderen kommunizieren, ist gekennzeichnet durch die Verhaltensweisen, die wir bevorzugen. Darum plant Meier & Co., im Rahmen des Personalentwicklungskonzepts ein Coaching aufzulegen, bei dem die Verkäufer erfahren, wie sich ihr Verhalten auf die Interaktionen mit den Kunden auswirkt. Es geht dabei darum, sich selbst und andere besser zu verstehen und insbesondere die Motive und Bedürfnisse des Kunden zu erkennen. Hinzu kommt: Wer sich selbst besser verstehen lernt, kann beurteilen, welche brachliegenden und bisher unentdeckten Potenziale sich noch heben lassen. Darüber hinaus stehen Maßnahmen im Fokus, bei denen es um den Ausund Aufbau vertrieblicher Qualifikationen geht. So werden ausgewählte Mitarbeiter zu Vertriebsfachleuten qualifiziert und im typologischen Verkauf geschult. Sie sollen erkennen können, zu welchem Typus Kunden gehören, um mithilfe kundenspezifischer Vorgehensweisen Strategien und Methoden einzusetzen, die auf einen Kundentypus abgestimmt sind. Unter dem Motto „Know your Customer“ erfahren die Meier & Co.-Mitarbeiter zum Beispiel, wie sie den Vertrauensaufbau bei unterschiedlichen Kunden voranbringen. Was bedeutet das konkret? In unserem Buch „Verkaufskompetenz Mensch“ zeigen wir, wie kundentypgerechtes Verkaufen gelingt, indem ein Verkäufer bereits beim Erstkontakt und im Erstgespräch einen Kunden richtig „liest“, in seine Wertewelt eintaucht und ihn einem Persönlichkeitstypus zuordnet (Skazel und Thiemann 2019, S. 153–179). Mithilfe von typologischen Sprachmustern, die der Kunde nutzt, und bestimmten Fragen, die der Kunde stellt und die für einen bestimmten Kundentypus typisch sind, aber auch durch die Analyse der Körpersprache und der Verhaltensweisen, die der Kunde an den Tag legt, ist eine immer präzisere Einschätzung des Kundentypus möglich. Gelingt diese Einschätzung, kann der Verkäufer in allen Phasen des Kundenkontakts kundentypspezifisch agieren – angefangen bei dem Vertrauensaufbau und der Bedarfsanalyse über die Angebotspräsentation und die Einwandbehandlung bis hin zur heißen Abschlussphase sowie der Weiterempfehlungsphase.

Um Ihnen zu verdeutlichen, wie der kundentypbezogene Verkauf funktioniert, geben wir Ihnen ein Beispiel (vgl. Skazel und Thiemann 2019, S. 168 f.):

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Der Verkäufer hat im Gespräch aufgrund des kommunikativen Verhaltens des Kunden erkannt, dass es sich um jemanden handelt, für den Werte wie Präzision, Gewissenhaftigkeit, Sparsamkeit und Sachlichkeit von enormer Bedeutung sind: Der Verkäufer zieht daraus die Konsequenz, das Kundengespräch penibel und präzise zu planen und im Detail vorzubereiten. Er untermauert jede Information mit Zahlen, nutzt nur belegbare Informationen und vermeidet den Eindruck, er sei unorganisiert oder würde planlos agieren. Denn dieser Kunde traut und vertraut im Prinzip nur seinem eigenen Urteil, und darum sollte der Verkäufer alles tun, damit sich der Kunde ein eigenes Bild von den Produkten und Dienstleistungen machen und zu einer eigenständigen Entscheidung gelangen kann. Damit die Verkäufer bei Meier & Co. in Zukunft mit allen Kundentypen derart kundenorientiert agieren können, sind in dem Personalentwicklungskonzept die entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen integriert.

7.3.4 Key Account Manager ausbilden In dem Konzept ist überdies das Thema Key Account Manager integriert – ausgewählte Verkaufsmitarbeiter werden im Key Account Management qualifiziert, damit wichtige Schlüsselkunden individuell betreut werden können. Hauptziel ist der Aufbau einer tragfähigen und langfristigen Kundenbeziehung durch die Erarbeitung und Durchführung komplexer Problemlösungen. Im Idealfall unterstützt der Key Account Manager den Schlüsselkunden dabei, seine Position am Markt nicht nur zu stabilisieren, sondern auszubauen. Ein Key Account Manager kennt das Business des Schlüsselkunden aus dem Effeff, weil er sein Kundenunternehmen insgesamt nach vorn bringen und es dabei unterstützen will, eine Spitzenposition in seinem Segment einzunehmen und zu halten.

7.3.5 Sales Mentoring einführen Geplant ist zudem, ein Sales Mentoring aufzusetzen. Damit ist die gezielte Förderung von Top-Verkäufern und Nachwuchskräften gemeint: Verkäufer können sich bewerben, in einen exklusiven Entwicklungspool aufgenommen zu werden. Über einen bestimmten Zeitraum – angedacht ist ein Jahr – erfahren sie spezifische Fördermaßnahmen. Das Ziel ist, die Mentees darin zu unterstützen, ihre individuellen Verkaufsfähigkeiten professionell zu entwickeln und ihr aktuelles verkäuferisches Handeln zu reflektieren.

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Die Geschäftsleitung von Meier & Co. will diese außergewöhnliche Weiterbildungsmaßnahme umsetzen, weil gerade junge Talente sich zum Karrierestart Orientierung, Inspiration und regelmäßiges Feedback sowie den Austausch mit einem Mentor wünschen. Und Top-Verkäufer haben von Natur aus ein ehrgeiziges Interesse daran, durch zielgenaue und auf sie persönlich zugeschnittene Maßnahmen noch besser zu werden. Angenehmer Nebeneffekt: Solche mitarbeiterorientierten Initiativen tragen zur Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter bei, weil sie sich ernstgenommen fühlen und merken, dass dem Arbeitgeber daran gelegen ist, bei ihren Planungen die Wünsche und Hoffnungen der Mitarbeiter einzubeziehen. Nicht nur bei den Jungtalenten und den Top-Verkäufern werden die persönlichen Erwartungen der Mitarbeiter stärker als bisher bei der Planung der Weiterbildung berücksichtigt. Bei so gut wie allen Weiterbildungsaktivitäten führen dafür ausgebildete Führungskräfte im Vorfeld sogenannte Vorbereitungs- und Qualifikationsgespräche durch, bei denen die Weiterbildungserwartungen der Mitarbeiter erfragt werden, um sie mit den vom Unternehmen erwünschten und geplanten Weiterbildungen in Einklang zu bringen.

Die Mitarbeiter haben also ein Wörtchen mitzureden, wenn es um die Festlegung des individuellen Qualifizierungsbedarfs geht. Ein Vorteil dabei: Mitarbeiter, die an der Entscheidungsfindung, welche Fördermaßnahmen die richtigen für sie sind, beteiligt werden, entwickeln bei der Umsetzung mehr Eigeninitiative. Wer von selbst zu der Einsicht gelangt, es sei von Vorteil, sich fortzubilden, geht die Weiterbildungsmaßnahme engagierter und motivierter an. Aufgabe der Führungskraft ist es, einen Ausgleich zu finden zwischen den Weiterbildungen, die sich der Mitarbeiter wünscht, und den Fördermaßnahmen, die aus Sicht des Unternehmens notwendig und sinnvoll sind. Sie verdeutlicht, welche Stärken des Mitarbeiters aus ihrem Blickwinkel für die Vertriebsabteilung von Bedeutung sind – bei all dem hat sie die übergeordneten Unternehmensziele im Hinterkopf. Denn ausschlaggebend sind wiederum die Unternehmensziele: Jede Fördermaßnahme muss letztendlich dazu beitragen, dass ein Mitarbeiter die Unternehmensziele noch besser erreichen kann.

7.3.6 Führungskompetenzen ausbauen Das Personalentwicklungskonzept berücksichtigt selbstverständlich auch die Weiterentwicklung der Führungskräfte bei Meier & Co. – dazu ein Beispiel:

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Eine Fördermaßnahme in dem Konzept stellt die Optimierung der Führungskompetenzen der Teamleiter bei Meier & Co. in den Fokus. Die Vertriebsführungskräfte erlernen das Handwerkszeug der Führung und erfahren, wie sie mithilfe des Reifegradmodells der Führung Mitarbeiter mit unterschiedlichen Führungsstilen anleiten können. Sie entwickeln ein Bewusstsein dafür, dass die Personalentwicklung eine zukünftige Kernkompetenz Ihrer Führungsarbeit ist. Die Fördermaßnahme umfasst mehrere Module: Die Führungskräfte erfahren zum Beispiel, wie sie ein Verkaufsteam optimal zusammenstellen, Synergieeffekte im Team erzielen und dabei die Tatsache berücksichtigen, dass die Verkäufer unterschiedlichen Generationen angehören und darum unterschiedliche Erwartungen haben, auch an ihre Führungskraft. Zudem schulen sie ihre kommunikativen Kompetenzen, um zielgerichtete Mitarbeitergespräche führen zu können, ganz gleich, ob es sich nun um eine Zielvereinbarungsgespräch, ein Motivationsgespräch oder ein Kritik- und Konfliktgespräch handelt. Weitere Trainingsthemen sind etwa das Entscheidungsmanagement und das Delegationsmanagement. Der entscheidende Aspekt aller Maßnahmen zur Personalentwicklung und Weiterbildung ist: Die Mitarbeiter werden gemäß ihres Kompetenz-Ist-Zustands und eines definierten Kompetenz-Soll-Zustands individuell entwickelt.

7.4 Motivation mitarbeiterbezogen ausrichten Individualität ist Trumpf – dieses Motto durchzieht die Veränderungen, die bei Meier & Co. bezüglich des dritten Erfolgsfaktors kurz vor der Umsetzung stehen oder bereits implementiert worden sind, wie ein roter Faden. Das gilt auch für die Vertriebsdimension „Motivation und Identifikation“. Die Frage ist, was getan werden muss, damit die Mitarbeiter mit großer Begeisterung, Leidenschaft und Herzblut an der Erreichung der Unternehmens- und vor allem der Vertriebsziele mitwirken wollen und bereit sind, die anstehenden Veränderungen mitzutragen und aktiv Verantwortung für die notwendigen Change-Prozesse auf dem Weg zur Top Sales Company zu übernehmen. Zentrale Überlegung ist: Entscheidende Ziele sind die Verhinderung von Demotivation und der Versuch, Mitarbeiter intrinsisch zu motivieren, sie also dazu zu bewegen, Höchstleistungen aus eigenem und innerem Antrieb zu erbringen.

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Ein Verkäufer, der durch eine geringe primäre monetäre Motivation geprägt ist, wird kaum bereit sein, nur deshalb Top-Leistungen abzuliefern, weil er eine Prämie oder einen Bonus erhält. Legt er großen Wert darauf, sich beispielsweise am Arbeitsplatz zu verwirklichen, ist eine Prämie für ihn nicht so wichtig. Allerdings: Selten gibt es den einen allein selig machenden Motivationsfaktor, denn ein Mensch lässt sich meistens durch mehrere unterschiedliche Faktoren motivieren. In der Regel besitzen wir zwei bis drei dominierende Motive, die unsere Handlungen in eine bestimmte Richtung lenken und sie beeinflussen. Wahr ist jedoch auch: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Verkäufer primär monetär motivieren lässt, ist vergleichsweise groß. Aber selbst dabei gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, wie wir selbst erleben mussten: In einem Beratungsprojekt haben wir die Vertriebsmannschaft analysiert, weil die Geschäftsleitung mit der Leistung der Vertriebsmannschaft unzufrieden war. Die Geschäftsführung wollte 20  Prozent Neukundengeschäft, die Mannschaft hat nur 5 Prozent geliefert. Bei der Analyse stellten wir fest, dass nur die Hälfte der Mannschaft ökonomisch motiviert war. Das Unternehmen bot aber spannende variable Entgelte an. Das ist ungefähr so, als ob wir Menschen zum Grillen einladen und saftige Steaks auflegen, die Gäste aber größtenteils Vegetarier sind und lieber Tofu essen würden. Sie sehen: Das Thema Motivation ist ein weites Feld; die Verantwortlichen bei Meier & Co. müssen dies konstatieren. Lassen Sie uns dieses Thema daher näher betrachten.

7.4.1 Motivatorische Pauschalisierungen vermeiden Loyale und integre Mitarbeiter lassen sich gewinnen, wenn die Anreize, sich zu engagieren und sich mit dem Unternehmen, dem Arbeitgeber sowie den Produkten und Dienstleistungen zu identifizieren, möglichst zielgenau auf ihre Motivwelt abgestimmt sind. Dabei ist klar: Gerade Verkäufer können durch monetäre Anreize zu Höchstleistungen bewegt werden, es wäre fast schon seltsam, wenn für einen Verkäufer der finanzielle Aspekt nicht zumindest eine der Hauptrollen spielen würde. Und darum bestand, wie bereits erwähnt, eine der ersten Veränderungen, die das Unternehmen nach dem ­Vertriebsaudit 360° durchführte, in der Einführung eines attraktiven Vergü­ tungssystems und monetär geprägter Anreizsysteme. Allerdings: Wie bereits erwähnt, sind es meistens mehrere Faktoren, die bei der Frage, ob ein Mitarbeiter einen Arbeitgeber attraktiv findet und sich mit ihm identifiziert, beachtet werden sollten. Es gibt zahlreiche Studien, Untersuchungen und Befragungen, deren Initiatoren herauszufinden versuchen,

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wodurch sich Mitarbeiter zu Höchstleistungen inspirieren lassen. Die Untersuchung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (Boston Consulting Group 2018) haben wir bereits zitiert, ein weiteres Beispiel ist die Befragung, die die Targobank durchgeführt hat (Targobank 2017). Dabei konnte festgestellt werden, dass monetäre Faktoren, flexible Arbeitszeiten, die Arbeitsplatzsicherheit und ein gutes Betriebsklima zu den stärksten Motivationstreibern gehören. In der Studie heißt es: „Die Deutschen arbeiten, um Geld zu verdienen. Knapp zwei Drittel der Befragten (61 Prozent) geben die Vergütung als wichtiges Merkmal eines Arbeitgebers an und wählen die Bezahlung damit auf Platz eins der Top-Arbeitgebermerkmale. Beinahe ebenso viele (60 Prozent) legen großen Wert auf die Sicherheit ihrer Arbeitsstelle. Der dritte Platz der wichtigsten Merkmale eines Arbeitgebers zeugt von Familienund Lokalverbundenheit: Jeweils mehr als ein Drittel (37  Prozent) der Befragten schätzen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie den Standort des Unternehmens.“ (Targobank 2017) Es mag im Ranking Unterschiede geben, aber die Untersuchungen belegen: Monetäre Anreize und ein sonniges Betriebsklima sowie Sicherheitsaspekte sind so gut wie immer von Bedeutung, wobei das Betriebsklima von der Wertschätzung der Arbeit und des Mitarbeiters durch die Führung sowie durch das gute Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten beeinflusst wird. Zudem ist Ausprägung des Loyalitätsfaktors abhängig von den interessanten Arbeitsinhalten und einer abwechslungsreichen Tätigkeit. Auch Kriterien wie das Alter und die Generationenzugehörigkeit sollten bedacht werden. Konkretes Beispiel: Wer kurz vor dem wohlverdienten Ruhestand steht, lässt sich durch ein monetäres Incentive wahrscheinlich nicht mehr so motivieren wie der junge Verkäufer, der am Beginn seiner vertrieblichen Karriere steht. Bei der Generation 50+ ist es darum oft zielführender, mit Anreizen und Motivatoren zu arbeiten, die einen Ausgleich zur Arbeitsbelastung bieten. Die Work-Life-Balance mag bei dieser Gruppe eine andere Bedeutung haben als bei Karriereeinsteigern. Obgleich es bei den Jüngeren die Tendenz gibt, dass der berufliche Erfolg mehr und mehr in den Hintergrund rückt und die Harmonie zwischen Berufs- und Privatzeit als erstrebenswert gilt. Bei der Diskussion der Frage, wie und wodurch sich Menschen zu etwas bewegen lassen, muss etwas gelten, was viel zu selten berücksichtigt wird: Hüten Sie sich vor Verallgemeinerungen, Generalisierungen und Pauschalisierungen.

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7.4.2 Individualität statt Gießkanne Die Verantwortlichen bei Meier & Co. ziehen daraus die folgende Konsequenz: Es muss Schluss sein mit der Motivationsarbeit per Gießkanne. Vor dem Vertriebsaudit 360° kam es durchaus vor, dass für die gesamte Vertriebsmannschaft ein hochkarätiges Incentive als Belohnung für Top-Ergebnisse ausgelobt worden ist. Jetzt stellt die Geschäftsleitung in den Mittelpunkt ihrer motivatorischen Überlegungen, dass für Verkäufer zwar der monetäre Anreiz wichtig ist und darum verstärkt ergebnisorientierte Anreizsysteme installiert werden sollen. Ziel ist es, die Motivwelt jedes einzelnen Verkäufers und Mitarbeiters unter die Analyselupe zu legen. Dabei stehen sechs Hauptmotive (vgl. Skazel und Thiemann 2019, S. 127–134) im Fokus, aus denen heraus sich menschliches Handeln speist: neben dem ökonomischen Motiv sind dies das kognitive, das ästhetische, das individualistische, das traditionelle und das soziale Motiv. Das heißt im Einzelnen: 1. Das ökonomische Motiv des Handelns und das Bedürfnis nach Wohlstand oder Profit: Ein ökonomisch motivierter Mensch strebt nach finanzieller Unabhängigkeit, er ist primär an materiellen Dingen interessiert und wägt Kosten und Nutzen ab. Im Zentrum seines Interesses stehen Geld und andere finanzielle Aspekte, und zwar nicht nur des persönlichen Nutzens wegen – er verfolgt zudem das Ziel, etwa die Familie finanziell abzusichern. Er ist mithin nicht allein egoistischen Beweggründen verpflichtet. Oft geht das Streben, einen höheren Lebensstandard als andere zu besitzen, mit dem ökonomischen Motiv einher. Solch ein Verkäufer wird sich mit einiger Wahrscheinlichkeit durch ein leistungs- und ergebnisorientiertes Vergütungs-, Provisions- und Bonussystem motivieren lassen. 2. Das kognitive Motiv des Handelns und die Suche nach der Wahrheit: Der kognitiv agierende Mensch will objektive Tatsachen schaffen, neues Wissen generieren und Zusammenhänge verstehen. Er agiert empirisch, er beobachtet und sammelt Informationen, die auf systematischen Untersu­ chungen beruhen und Objektivität gewährleisten. Solche Menschen wollen neues Wissen entdecken und die Dinge verstehen und systematisieren. Sie streben die Entdeckung der Wahrheit an. Es liegt die Vermutung nahe, dass bei diesem Verkäufer etwa Weiterbildungen den Loyalitätsfaktor gegenüber dem Unternehmen positiv beeinflussen. 3. Das ästhetische Motiv des Handelns und der Sinn für das Schöne: Dieses Motiv umschreibt das Interesse an Schönheit, Design und Harmonie sowie die damit verbundene Inspiration. Der Fokus liegt auf dem subjektiven Erleben, den Gefühlen und der Umwelt. Menschen mit ästhetischem

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Motiv wollen Harmonie und Einklang erleben, sich verwirklichen und ihr gesamtes Potenzial abrufen. Ein Incentive, das diese Aspekte berücksichtigt, könnte den ästhetisch motivierten Verkäufer beeindrucken. 4. Das individualistische Motiv des Handelns und der Wunsch, Einfluss auf andere zu haben: Menschen mit diesem Motiv konzentrieren sich auf das Streben nach Autonomie und das Bedürfnis, eine Machtposition zu erobern, etwa indem sie Personalverantwortung anstreben. Sie wollen Selbstbestätigung durch Erfolge erreichen. Eine geeignete Motivations­ strategie könnte demnach darin bestehen, dem Verkäufer mehr Befugnisse zu übertragen, seinen Verantwortungsbereich zu erweitern und ihm Führungsaufgaben zu übertragen. Zudem sollte ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich im Wettbewerb zu messen. 5. Das traditionelle Motiv des Handelns und das Bedürfnis nach Konformität: Für den traditionell geprägten Mitarbeiter steht das Handeln entlang fester Überzeugungen und Prinzipien im Zentrum. Wichtig für ihn ist, die Dinge auf die „richtige“ Art und Weise zu erledigen sowie Abläufe und Prozesse strikt einzuhalten. Letztendlich geht es ihm um die Suche nach dem Sinn im Leben und darum, dem eigenen Leben einen Wert zu geben. Entscheidend ist, diesem Verkäufer den tieferen Sinn und das emotionale Warum seiner vertrieblichen Aktivtäten zu verdeutlichen. 6. Das soziale Motiv des Handelns und das Bedürfnis, Menschen zu helfen: Dieses altruistische Motiv bezieht sich auf das Interesse am Wohler­ gehen der Menschen. Der sozial geprägte Mitarbeiter stellt die Belange anderer und die Förderung des Gemeinwohls in das Zentrum seiner Handlungen. Solche Menschen bieten benachteiligten Personen gern ihre Hilfe an. Der sozial motivierte Verkäufer zieht seine Motivation aus der Tatsache, dass er seinen Kunden durch seine Beratung helfen kann. So will zum Beispiel ein sozial eingestellter Berater in der Finanzdienstleistung dazu beitragen, dass sich sein Kunde mit seiner Hilfe den Wunsch nach einem Haus erfüllen kann. Meier & Co. strebt bei den motivatorischen Entscheidungen einen Mix an – Individualität statt Gießkanne eben. Das Unternehmen will einen bunten Strauß an motivatorischen Aktivitäten zum Blühen bringen. Denn selbstverständlich gibt es selten jene sechs Motivationstypen in Reinkultur. Wie gesagt: Meistens wird unser Handeln von zwei bis drei dominierenden ­Motiven bestimmt. Auch ein ökonomisch dominierter Verkäufer sucht eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Warum und will sich an den schönen Dingen des Lebens erfreuen; auch ästhetisch, sozial oder traditionell geprägte Verkäufer

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verfolgen das Ziel, materiell gut aufgestellt zu sein. Noch einmal: Verallgemeinerungen, Generalisierungen und Pauschalisierungen sind abzulehnen! Aber es gibt Präferenzen, und darum setzen sich die Verantwortlichen bei Meier & Co. das Ziel, mithilfe von Potenzialanalysen und Gesprächen mit den Mitarbeitern deren Motivwelten immer punktgenauer zu erkennen, um schließlich auf einer gesicherten Grundlage Maßnahmen zu ergreifen, die den Loyalitätsfaktor und den Identifikationsgrad erhöhen. Fest steht aber jetzt schon: Die monetär geprägten Anreizsysteme sind und bleiben der wichtigste Erfolgsfaktor, aber eben nicht der einzige!

7.4.3 Die menschlichen Grundbedürfnisse beachten Des Weiteren ist geplant, die Erkenntnisse der Self-Determination Theory SDT (= Selbstbestimmungstheorie der Motivation) zu berücksichtigen (vgl. dazu Ryan und Deci 2000a, b). Demnach streben wir Menschen danach, uns kompetent, zugehörig und autonom zu fühlen, es geht um das Kompetenzbedürfnis, das Zugehörigkeitsbedürfnis und das Autonomiebedürfnis der Mitarbeiter. Darum sollen in dem Unternehmen Maßnahmen und Aktivitäten umgesetzt werden, bei denen diese drei menschlichen Grundbedürfnisse einbezogen werden. Dabei betont die SDT-Forschung: Führungskräfte können innere Motivation nicht erzeugen, aber deren Entstehung doch immerhin unterstützen. Dazu sollen sie Bedingungen schaffen, durch die es möglich wird, auf jene psychologischen Bedürfnisse einzugehen und sie zu befriedigen.

Unterstützend kann das bedürfnisorientierte Coaching zum Einsatz gelangen. Dabei unterstützt ein Coach den Verkäufer dabei, dass dieser seine Talente entfalten, seine Begabungen entwickeln und seine Kompetenzen unter Beweis stellen kann. Denn wohl jeder Mensch will gern als sachkundig, kompetent und erfahren wertgeschätzt werden. Aufgabe des Coaches ist es daher, dafür zu sorgen, dass der Verkäufer erkennt, wie er seine Kompetenzen am Arbeitsplatz ausleben und entfalten kann. Kommen wir zum Zugehörigkeitsbedürfnis: Der Verkäufer hat das Bedürfnis, sich zugehörig zu fühlen – zum Unternehmen, zur Abteilung, zum Team, zu den Kollegen. Logische Konsequenz: Der Coach erarbeitet mit dem Ver-

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käufer Identifikationsmöglichkeiten, um die Wahrscheinlichkeit intrinsischer Motivation zu erhöhen. Bleibt das Autonomiebedürfnis, gemeint ist vor allem das Selbstbestimmungsbedürfnis des Menschen. Dabei gilt der folgende Zusammenhang: Je größer der Spielraum für eigenständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, desto umfangreicher die Möglichkeit, die eigene Arbeit prägen und beeinflussen zu können, desto wahrscheinlicher die Entstehung innerer Motivation.

7.5 V  erkaufskompetenzen: Das Verkaufswissen messbar machen Als erste Maßnahmen im Bereich der Vertriebsdimension „Verkaufskompetenz“ beschließen die Verantwortlichen bei Meier & Co., zum einen ab sofort mit dem sogenannten Verkäuferkompass zu arbeiten. Zum anderen soll auch bei dieser Vertriebsdimension – wie schon bei der Personalentwicklung und der Weiterbildung – in Zukunft strikt kompetenzorientiert agiert werden. Beginnen wir mit dem Verkäuferkompass.

7.5.1 Lernbedarf mit dem Verkäuferkompass feststellen Die Analyse der Verkaufskompetenz zeigt Meier & Co., in welchen Verkaufsphasen Potenziale brachliegen und noch entwickelt werden können. Die Analyse unterstützt das Unternehmen also dabei, Trainingsfelder offenzulegen, auf denen sich mit zielgerichteten Trainingsaktivitäten Fortschritte erzielen lassen. Es handelt sich bei dem Verkäuferkompass letztendlich um eine Bedarfsanalyse, aus der sich ableiten lässt, welche „Verkaufsmuskeln“ trainiert werden müssen. Und zwar bezogen auf die einzelnen Mitarbeiter, aber auch auf das Gesamtteam. Im Fokus der Bedarfsanalyse stehen die Verkaufsphasen, die in so gut wie allen Verkaufsgesprächen branchenübergreifend zum Tragen kommen: • • • • • • •

die Akquisitionsphase, der Vertrauensaufbau, die Bedarfsanalyse, die Präsentationsphase, die Einwandbehandlung, der Abschluss und die Phase des Verkaufsgesprächs, in der es um die Empfehlung geht.

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Mit dem Verkäuferkompass lässt sich, bezogen auf die Verkaufsphasen, der jeweilige Ausbildungsbedarf aufdecken, also die Bereiche bestimmen, in denen es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen, damit der Mitarbeiter seine Potenziale entwickeln und seine Leistungen optimieren kann.

Grundlage des Verkäuferkompasses ist die Feststellung, dass der Verkaufserfolg vor allem auch vom Vorhandensein eines fundierten Verkaufswissens abhängt. Dabei gilt: Verkäufer können noch so motiviert sein: Um Spitzenverkäufer zu werden, müssen sie die richtigen Verkaufstechniken effektiv beherrschen. Wer zum Beispiel in die Vorstellungswelt des Kunden eintauchen will, muss erkennen können, wie dieser tickt, und mithilfe der Fragetechniken so viel über seinen Bedarf und seine Wünsche erfahren, dass er seine Einwände identifizieren und das Geschäft abschließen kann. Wie im Spitzensport entscheiden dabei oft die letzten drei bis fünf Prozent über Sieg oder Niederlage. Damit das Potenzial eines Verkäufers analysiert werden kann, ist es notwendig, die Verkaufsphasen zu definieren und dabei unternehmensspezifisch zu denken, in dem Fall also die besonderen Herausforderungen zu berücksichtigen, die bei Meier & Co. eine Rolle spielen: • Akquisition: Als Akquisition werden Maßnahmen der Kundengewinnung bezeichnet. Das sind Maßnahmen wie direkte Telefonansprache und persönliche Verkaufsgespräche beim Kunden. Top-Verkäufer zeichnet aus, dass sie mit modernen Sprachmustern die Widerstände im Vorzimmer auflösen, also die Assistenz des Entscheiders mit einer kommunikativ zugewandten Sprache motivieren, ihnen einen Termin mit dem viel beschäf­ tigen Entscheider zu geben. Da es bei Meier & Co. meistens um erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen im hochpreisigen Bereich geht, sind Gespräche mit hochkarätigen Gesprächspartnern notwendig. Das erfordert einen empathisch-zielgerichteten Umgang mit der Assistenz und auch dem Entscheider. • Vertrauensaufbau: Ein wichtiges Kaufmotiv bei den meisten Kunden ist „Sicherheit und Vertrauen“. Der Vertrauensaufbau nimmt bei Meier & Co. einen Großteil des Verkaufsgesprächs in Anspruch. Durch eine professionelle Vorbereitung auf den ersten Termin hat sich der Verkäufer detaillierte Informationen über seinen Gesprächspartner verschafft, die dessen Person und Position im Unternehmen betreffen. Diese Informationen setzt er ein, um eine vertrauensvolle und gute Atmosphäre für die weiteren Verkaufsphasen zu schaffen. Zentral ist das Ziel, wahres Interesse zu zeigen

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und dem Entscheider so zu signalisieren, dass der Verkäufer alles tun wird, um sich des Vertrauens würdig zu erweisen. Bedarfsanalyse: Diese Verkaufsphase legt die entscheidenden Grundlagen für die spätere Präsentation. Je besser und sorgfältiger der Verkäufer in dieser Verkaufsphase arbeitet, umso mehr erhöhen sich seine Chancen, einen Abschluss zu erzielen. Hat der Kunde keinen Bedarf, kauft er auch nicht. Allerdings: Erfolgreiche Verkäufer geben jetzt nicht auf, sondern machen sich auf die Suche nach den versteckten Schmerzpunkten, die der Kunde entweder nicht nennen kann, will oder derer er sich selbst gar nicht bewusst ist. Wenn sich der Verkäufer als absoluter Experte des Kunden-­ Business erweist und nicht nur etwas verkaufen will, sondern sich in die Denkweise des Kunden hineinversetzen kann, um ihn entsprechend zu beraten, dann wird er auch Erfolg haben. Präsentation: Erfolgreiche Verkäufer sind in der Lage, ihr Produkt und ihre Dienstleistung so zu präsentieren, dass der Kunde davon ausgeht, der Verkäufer könne seine Schmerzpunkte heilen, also ihm genau dort eine Problemlösung bieten, wo ihn der „Schuh besonders drückt“. Dazu nutzt der Top-Verkäufer meistens nur ein bis drei  – also immer so wenig wie möglich – Nutzenargumente. Er versteht es, die Dinge auf diejenigen exakten Punkte zu bringen, die den Entscheider primär interessieren und ihm unter den Nägeln brennen. Die Nutzenargumente versteht er so zu formulieren, dass die Triggerpunkte des einzelnen Kundentypen angesprochen werden. Übrigens: Die kundentypspezifischen Aspekte im Verkauf, die wir bereits thematisiert haben, und die es erlauben, strikt kundentyporientiert zu agieren, beachtet ein Top-Verkäufer in jeder der Verkaufsphasen. Einwandbehandlung: Einwände und Vorwände äußern sich in der Nennung von Gründen, die den Kunden veranlassen, (noch) nicht zu kaufen. Einwände sind rationale Gründe, aber auch emotionale Befürchtungen, die sich in Gegenargumenten Bahn brechen. Selbst wenn ein Mensch kaufen möchte, beschäftigt er sich dennoch bewusst oder unbewusst mit den Gründen, die gegen den Kauf sprechen könnten. Entweder denkt er still darüber nach oder er äußert sie in Form von Einwänden. Da es in den Kundenkontakten bei Meier Co. meistens um beträchtliche Investitionen und hohe Summen geht, stehen die Verkäufer in der Einwandbehand­ lungsphase immer wieder vor großen Herausforderungen. Abschluss: In dieser Phase soll das Verkaufsergebnis realisiert werden. TopVerkäufer sind aufmerksam und erkennen sowohl verbale als auch nonverbale Abschlusssignale des Kunden. Sie verstehen es, die Körpersprache zu lesen, und selbst Aussagen, die zwischen den berühmt-berüchtigten Zeilen stehen, zu dechiffrieren. Sie verfügen über verschiedene Abschlusstechniken

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und können diese auf den entsprechenden Kundentyp, mit dem sie sich im Gespräch befinden, anpassen. Wie wohl in jedem anderen Verkaufsgespräch auch, besteht die zentrale Aufgabe darin, den richtigen Zeitpunkt für den Abschluss und die Abschlussfrage zu bestimmen und die Kaufbereitschaft des Kunden zu testen. • Empfehlung: Das Empfehlungsmarketing, also die passive oder aktive Empfehlung neuer Kunden durch bestehende Kunden, ist die Kür im Vertrieb. Diese Art der Akquise ist ein kostenfreies Instrument, das die höchste Konversionsrate bietet. Top-Verkäufer kündigen zu Beginn eines Verkaufsgesprächs die Empfehlungsnahme an und verfügen über die richtigen Sprachmuster, um eine Empfehlung einzuholen. Das konkrete Vorgehen beim Verkäuferkompass besteht darin, die Fähigkeiten der Verkäufer für jede Verkaufsphase zu analysieren, daraus Schwächen und Defizite zu abzuleiten und darauf ein punktgenaues Ausbildungskonzept aufzubauen, um einen konkreten Aktionsplan zu erstellen, mit dem sich die bisher ungenutzte Potenziale heben lassen. Der Verkäuferkompass zeigt dezidiert an, wie die Schulungs- und Trainingsaktivitäten ausgerichtet sein müssen.

Die Arbeit mit dem Verkäuferkompass führt bezüglich jeder der genannten Verkaufsphasen zu Aussagen wie: „Liebe Frau Verkäuferin, in x Prozent der Fälle (Akquisition, Vertrauensaufbau, Bedarfsanalyse, Präsentation, Einwandbehandlung, Abschluss, Empfehlung) haben Sie sich für die erfolgreichste Strategie entschieden.“ Je Verkaufsphase werden dabei per Multiple-­Choice-­ Verfahren sieben Aufgaben gelöst. Zum einen erhält der Proband einen Hinweis, in wie vielen Fällen er die beste Lösung erzielt hat, und zum anderen, wie weit er mit seinem Wissensstand von einem Top-Verkäufer entfernt ist. Die Prozentangaben werden in eine Kompetenzmatrix übertragen, sodass sich auf einen Blick erkennen lässt, an welchen Stellschrauben das Training ansetzen sollte. Weitere Aussagekraft erfährt der Verkäuferkompass durch die Selbsteinschätzung der Mitarbeiter, bei der ein Verkäufer bei jeder Phase beurteilt, in wie vielen Prozent der Fälle er sich aus seiner Sicht für die erfolgreichste Strategie entschieden hat. Das heißt: Das Analyseergebnis wird mit dem Eigenbild abgeglichen. Die meisten Verkäufer über- oder unterschätzen sich. Die Lücken zwischen Auswertung und Selbsteinschätzung geben ein noch konkreteres Bild, wie Meier & Co. die Trainingsmaßnahmen ausrichten sollte.

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7.5.2 T  eamperformance mit dem Verkäuferkompass verbessern Wir haben bereits angedeutet, dass sich mithilfe des Verkäuferkompasses nicht nur die „Verkaufsmuskeln“ einzelner Mitarbeiter, sondern auch des gesamten Teams trainieren lassen. Nehmen wir an, in einem mehrköpfigen Team liegen die Einzelergebnisse aller Teammitglieder vor: Nun lässt sich auf einen Blick feststellen, in welchen Bereichen der Aspekte Akquisitionsphase, Vertrauensaufbau, Bedarfsanalyse, Präsentationsfähigkeit, Einwandbehandlung, Abschluss und Empfehlung eklatante Teamschwächen vorliegen. Die Übersicht des Teamergebnisses zeigt an, in welchen Bereichen die Weiterbildungsmaßnahmen zuallererst ansetzen müssten, um die Gesamtperformance des Teams zu erhöhen. Abb. 7.1 belegt, dass das Team vor allem in den Bereichen des Empfehlungsmarketings, der Bedarfsanalyse und der Akquisition Weiterbildungsbedarf aufweist. Besonders besorgniserregend: In der Empfehlungsphase haben alle Mitarbeiter des Teams erhebliche Schwächen.

7.5.3 Verkäufer kompetenzorientiert entwickeln Unser Beispielunternehmen beschließt, wie schon im Rahmen der Personalentwicklung und der Weiterbildung geschehen, auch bei der Vertriebsdimension „Verkaufskompetenz“ in Zukunft strikt kompetenzorientiert zu agieren. Für verschiedene Positionen im Unternehmen, und damit auch im Vertrieb, werden dazu Kompetenzprofile entwickelt. In diesen Kompetenzprofilen wird im Detail beschrieben, über welche Kompetenzen beispielsweise ein Vertriebsleiter, ein Key Account Manager, ein Außendienstmitarbeiter oder ein Mitarbeiter aus dem Innendienst idealerweise verfügen sollten. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass für die Leistungsfähigkeit und Performance eines Mitarbeiters neben den angeborenen Fähigkeiten Faktoren wie die ­Motivation, die Kenntnisse – also etwa das Wissen über den Verkaufsprozess und die verschiedenen Verkaufsphasen – und die Fertigkeiten von Bedeutung sind. Eine dieser Fertigkeiten ist, die wichtigsten Verkaufstechniken zu beherrschen. Weitere Kompetenzfelder sind die Methodenkompetenzen, die sozialen Kompetenzen, personale Kompetenzen und die Handlungskompetenzen. Diese Kompetenzen sind mitentscheidend, ob ein Verkäufer ein Top-­ Performer wird. Dabei ist der Begriff „Kompetenz“ definiert als die Summe aller Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale, die als Grundlage dienen, um eine Funktion in einer Organisation

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Abb. 7.1  Kompetenzmatrix – Bildungsbedarfsanalyse

erfolgreich und effektiv so zu erfüllen, dass damit die Erreichung von strategischen Unternehmenszielen unterstützt wird (s. Abb. 7.2). Die Verantwortlichen bei Meier & Co. knüpfen auch hier mithilfe von Kompetenzprofilen direkt an den Unternehmens- und Vertriebszielen an: Welche Kompetenzen muss ein Mitarbeiter aufweisen, um in seinem Verantwortungs- und Tätigkeitsbereich einen optimalen und substanziellen Beitrag zur Erreichung definierter Ziele leisten zu können? Durch die Festlegung eines Soll-Zustands ergibt sich ein Bündel an notwendigen Kompetenzen, die etwa ein Verkäufer im Außendienst haben muss. Diese Festlegung erlaubt eine Entscheidung darüber, welche Kompetenzen er in Zukunft auf- und ausbauen muss, um eben jenen substanziellen Beitrag leisten zu können. Und dies gelingt natürlich nur, wenn der Ist-Zustand analysiert worden ist.

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Abb. 7.2  Fähigkeiten, Motivation, Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen

Um es konkret zu machen: Wenn das Kompetenzprofil für einen Verkäufer im Außendienst zum Beispiel für die Kompetenz „Gekonnt kommunizieren“ und „Überzeugend präsentieren“ auf einer Skala von 1 bis10 einen notwendigen Ausprägungsgrad von 8 beschreibt, bei Frau Huber jedoch nur ein Ausprägungsgrad von 5 vorhanden ist, müssen diese Kompetenzlücken geschlossen werden. Als Konsequenz werden Maßnahmen ergriffen, mit denen sich der Ausprägungsgrad der genannten Kompetenzen jeweils von 5 auf 8 erhöhen lässt. Der Abgleich zwischen notwendigen Kompetenzen (= Soll) und tatsächlich vorhandenen Kompetenzen (= Ist) sowie deren Ausprägungsgrad ist das Fundament kompetenzorientierter Unternehmens- und Personalentwicklung.

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Entscheidend für die Entwicklung zur Top Sales Company ist mithin, dass jedes Unternehmen individuelle Kompetenzprofile für seine Mitarbeiter im Vertrieb definiert. Im folgenden Kapitel (Kap.  8) kommen wir zum letzten Erfolgsfaktor, nämlich der Vertriebsführung.

Literatur Boston Consulting Group, StepStone und The Network (2018) Deutschland zweitbeliebtestes Arbeitsland weltweit (Juni 2018). http://media-publications.bcg.com/ Decoding-Global-Talent-2018_Deutschland-Zweitbeliebtestes-Arbeitsland_ June2018.pdf. Zugegriffen am 17.02.2020 Buchreport (2017) Personalsuche: Überzeugende Experten überzeugen – Recruiting im Vertrieb (Artikel vom 24.11.2017). http://www.buchreport.de/news/ueberzeugende-experten-ueberzeugen-recruiting-im-vertrieb/. Zugegriffen am 02.03.2020. (Vgl. auch http://www.talentry.com) Buhr A (2019) Vertrieb geht heute anders: Das Ende des Verkaufens, 8. Aufl. GABAL, Offenbach Reimann S (2018) Customer Centricity: Wa(h)re Beziehungen. managerSeminare (243):36–44 Ryan RM, Deci EL (2000a) Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development and well-being. Am Psychol 55:68–78 Ryan RM, Deci EL (2000b) The „what“ and „why“ of goal pursuits. Human needs and the self-determination of behavior. Psychol Inq 11(4):227–268 Skazel R, Thiemann D (2019) Verkaufskompetenz Mensch. Gewinnerstrategien für Top-Verkäufer. Anleitung zum persönlichkeitsorientierten Verkauf. Books on Demand, Norderstedt Targobank (2017) Studie der Targobank: Deutsche Arbeitnehmer setzen auf Vergütung und Sicherheit. https://so-geht-bank-heute.targobank.de/newsroom/pressemitteilungen/deutsche-arbeitnehmer-setzen-auf-verguetung-und-sicherheit/. Zugegriffen am 17.02.2020

8 Schritt 7 zur Top Sales Company: Vertriebserfolg entscheidet sich in der Vertriebsführung

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Auch bei den vier Vertriebsdimensionen des vierten Erfolgsfaktors kommen auf das Unternehmen eine Menge Arbeit und zahlreiche Veränderungsprozesse zu. Aber die Mühe lohnt sich. Entscheidende Impulse bei Meier & Co. sind die Einführung eines Berichtswesens und die Verbesserung der Kompetenzen der Führungskräfte, die dazu beitragen sollen, die Unternehmensziele zu realisieren.

8.1 Führung auf Ziele und Reporting stützen Es versteht sich von selbst, dass das Vertriebsaudit 360° in unserem Beispielunternehmen konkrete Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten und Optionen zur Potenzialentfaltung der Führungsmannschaft ergeben hat. Der Vertriebserfolg wird vor allem auch auf den Führungsetagen entschieden, denn nach dem Heringskopfgesetz fängt der Fisch bekanntlich am Kopf an zu stinken, aber auch zu gesunden. Bei Meier & Co. war es lange Zeit üblich, diejenigen Verkäufer in Führungspositionen zu hieven, die als Top-Verkäufer zu überzeugen wussten und im Vertrieb exzellente Leistungen erbracht hatten. In vielen Unternehmen gehört es zur Tradition, die verdienten und etablierten Spitzenleute zu befördern. Während der Top-Verkäufer gestern noch im konkreten Kundenkontakt

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_8

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Entscheider in harten Verhandlungen zu überzeugen wusste, soll er heute nach seiner Beförderung zum Teamleiter oder gar zum Vertriebsleiter vom Vorgesetztenstuhl aus Mitarbeiter motivieren und Konflikte im Team moderieren. Dabei wird oft die eigentlich selbstverständliche Tatsache außer Acht gelassen, dass nicht jeder Top-Verkäufer automatisch eine gute Führungskraft ist – noch nicht einmal eine geeignete! Zumal viele Verkäufer in der Führungsposition rasch feststellen, dass ihnen der Umgang mit Kunden einen riesigen Spaß gemacht hat, sie das Führen und Motivieren von Mitarbeitern jedoch vor ganz andere Herausforderung stellt, mit denen sie ihre liebe Mühe und Not haben und für die sie sich so gar nicht begeistern können. „Lieber ein erfolgreicher und glücklicher Verkäufer als eine unglückliche Führungskraft, die sich jeden Morgen zur Führungsarbeit quälen muss“, hören wir dann zuweilen in unseren Beratungsgesprächen und Coachings mit Führungskräften aus dem Vertrieb. Die Beförderung eines Top-Verkäufers in eine Führungsposition, für die er sich nicht eignet, kann rasche Desillusion bis hin zu Wut, Verärgerung und Verzweiflung zur Folge haben. So verlieren Unternehmen einen Top-Verkäufer und gewinnen eine Führungskraft, die keine guten Leistungen erbringt.

Ein Vertriebsleiter muss vor allem seine Zahlen in den Griff bekommen, Terminvereinbarungsquoten steigern, die Pflege des häufig unbeliebten Stiefkinds „Akquisition“ zu einer Pflichtaufgabe der Verkaufsabteilung entwickeln, mit innovativen Marketingaktionen die Konkurrenz verblüffen, Einstellungsgespräche führen und Abmahnungsschlachten führen, Personalrechtsfragen im Schlaf herbeten und überdies betriebswirtschaftliche Grundlagen aus dem Effeff kennen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Und über allem thronen die Menschenführung und die Motivation der Mitarbeiter, die möglichst typgerecht vonstattengehen soll: Genauso wie der Verkäufer kompetent sein sollte, typologisch zu verkaufen, sollte der Vertriebsleiter seine Führungsarbeit auf die Verhaltensweisen seiner jeweiligen Mitarbeiter abstimmen können. Der Vertriebsleiter unterstützt seine Mitarbeiter, die Vertriebs- und Unternehmensziele zu erreichen, er entwickelt die Mitarbeiter zum Erfolg, er hilft ihnen, brachliegende Potenziale zu aktivieren. Es liegt in seiner Verantwortung, Top-Verkäufer um sich zu versammeln und darüber hinaus eher durchschnittliche Mitarbeiter zu exzellenten Verkäufern zu entwickeln. Angesichts dieser Herausforderungen besteht im Rahmen des Erfolgsfaktors Vertriebsführung eine der ersten Entscheidungen bei Meier & Co. darin, sich von der üblichen Vorgehensweise, Top-Leute in Führungsverantwortung zu bringen

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und damit auf die Stufe ihrer Inkompetenz zu befördern, zu verabschieden. Ab sofort gibt es die Alternativen, entweder die Führungseignung eines Spitzenverkäufers im Detail zu evaluieren oder dessen vorhandene Kompetenzen und Fähigkeiten konsequent auszubauen. Der Erfolg als Verkäufer allein ist kein Beförderungskriterium mehr. Doch damit nicht genug: Die Verantwortlichen wollen die Zielvereinbarungsprozesse straffen und ein Reporting-System und Berichtswesen einrichten, mit dem sich die operative Führung der Vertriebsabteilung optimieren lässt. Das Reporting im Vertrieb soll Aussagen über die Vertriebsaktivitäten der Vertriebsmitarbeiter und ihre Ergebnisse bei den einzelnen Kunden dokumentieren. Die verschiedenen Reports sollten für die Unternehmensführung in einem übergeordneten Berichtswesen zusammengefasst werden.

Das Berichtswesen wird als ein notwendiges Instrument angesehen, um die vertrieblichen Aktivitäten aufeinander abzustimmen. Die Vertriebsergebnisse sollen und müssen für alle Mitarbeiter transparent sein und überdies den Wettbewerbsgedanken fördern. Außerdem sind Kennzahlen unerlässlich, um zuverlässig zu überprüfen, ob Ziele tatsächlich erreicht werden konnten oder nicht. „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige“ (Seneca). Des Weiteren sollen die Führungskräfte im Vertrieb auf eine angemessene Art und Weise die erforderlichen Führungsinstrumente aktualisieren und beherrschen, etwa die kommunikativen Führungsinstrumente, und die Führungskompetenzen aufweisen, mit denen sich die Zukunft des Unternehmens gestalten lässt. Dazu gehört die Fähigkeit, Mitarbeiter zum Erfolg zu begleiten. Lassen Sie uns nun die einzelnen Vertriebsdimensionen genauer unter die Lupe nehmen.

8.2 V  ertriebssteuerung: Ohne klare Ziele keine Treffer Voraussetzung ist: Es müssen erst einmal Ziele vorhanden und ausformuliert sein. Aber nicht jedes Unternehmen verfolgt eine dezidierte Zielvereinbarungskultur. Das ist kontraproduktiv, denn die „Mutter des Erfolgs“ im Vertrieb sind motivierende Ziele, die rational begründbar und emotional unter-

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füttert sind. Wenn sie allen bekannt sind und zudem SMART  – mithin spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminierbar – sind, entfalten sie eine große Umsetzungs- und Gestaltungsenergie. Unserer Erfahrung nach verlieren Ziele dann erheblich von ihrer Sogwirkung, wenn die Mitarbeiter nicht in den Zielvereinbarungsprozess integriert sind. Das ist fatal, weil letztendlich sie es sind, die die Ziele vor Ort beim Kunden in die Umsetzung bringen müssen. Wenn die Verkäufer von den Zielen nicht überzeugt sind, sie nicht von ihnen berührt und emotional beflügelt werden, können sie sich nicht hundertprozentig für sie engagieren. Zielführend im wahrsten Sinne des Wortes ist es also, wenn die Führungskräfte es verstehen, das Commitment der Verkäufer einzuholen und ihr Ja-Wort zu erhalten. Wenn die Verkäufer am Zielformulierungsprozess beteiligt werden, dabei mitwirken können sowie sich mit den Zielen einverstanden erklären, wird ihre Motivation deutlich zunehmen. Meier & Co. beschließt darum, die Beteiligung der Verkäufer an den Zielvereinbarungsprozessen zu institutionalisieren, natürlich Schritt für Schritt, denn nicht jeder Mitarbeiter besitzt die notwendige Reife, um sich verantwortlich an Zielfindung und Zielformulierung zu beteiligen. Aber perspektivisch besteht die Intention darin, den Zielvereinbarungsprozess gemeinsam von Führungskraft und Mitarbeitern gestalten zu lassen. Bleibt der Mitarbeiter unbeteiligt, wird er sich mit einiger Wahrscheinlichkeit gegängelt fühlen, ein Ziel als Zwang definieren und nicht als Vereinbarung zwischen Partnern. Erfolgt jedoch ein Commitment, erhält die Vereinbarung für ihn einen verpflichtenden Charakter. Die Zeiten, in denen die Ziele direktiv vorgegeben worden sind, gehören der Vergangenheit an. Das neue Motto lautet: Vereinbarungen auf Augenhöhe statt Vorgaben von oben nach unten.

Schlüsselkennzahlen bilden dabei die Grundlage, auch um ein effektives Berichtswesen installieren zu können; dazu mehr in Abschn. 8.3. Schlüsselkennzahlen spiegeln die unternehmerische Erwartung wider und dienen als Zielvorgaben. Dabei darf nie das emotionale Warum vergessen werden: Die Verkäufer müssen von der Sinnhaftigkeit der Zielerreichung emotional und rational überzeugt sein. Hinzu kommt: Im gemeinsamen Zielvereinbarungsprozess werden nicht nur Ziele im Konsens vereinbart, sondern zugleich die konkreten Aktivitäten festgelegt, die zur Zielerreichung führen sollen. Gerade an dieser Stelle erweist sich der Vorteil des Mitspracherechts der Mitarbeiter: Wer sonst, wenn nicht der Verkäufer kann als Verkaufsexperte dazu beitragen,

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Aktivitäten festzulegen, mit denen sich etwa das Ziel „Mehr Terminvereinbarungen“ erreichen lässt? Konkret heißt das: Einfach nur das Ziel „Mehr Umsatz“ auszurufen genügt nicht. Im Gegenteil: Dieses übergroße und wenig spezifizierte Ziel ist geeignet, den Verkäufer geradezu einzuschüchtern: „Wie soll ich das denn schaffen?!“ Eine Aktivitätenliste hingegen könnte wie folgt aussehen: „Besuchen Sie in der 14. und 15. Kalenderwoche 20 Stammkunden und führen Sie an jedem Arbeitstag fünf Telefonate mit potenziellen Neukunden. Ihr Ziel ist es, möglichst viele Termine zu vereinbaren!“ Wie gesagt: An der Formulierung von Ziel und Aktivitäten hat der Verkäufer mitgearbeitet. Er weiß nun, was konkret von ihm erwartet wird. Und er wird realistisch einschätzen können, ob er dazu tatsächlich in der Lage ist. Das übergroße und vielleicht sogar einschüchternde Ziel „Mehr Umsatz“ ist in Teilschritte heruntergebrochen, die der Verkäufer wohl als erreichbar einschätzen wird. Übrigens: Wenn sich herausstellt, dass der Verkäufer die Terminvereinbarungsquote nicht erhöhen kann, suchen der Vertriebsleiter und er nach Lösungswegen. Dabei geht es nun nicht mehr um die große Frage: „Wie kann ich den Umsatz erhöhen?“, sondern um die kleinräumigere und meistens einfacher zu beantwortende Frage: „Wie gelingt es mir, in zwei Woche jene 20 Stammkunden zu besuchen?“ Vielleicht ist lediglich die Verbesserung seiner Sprachmuster am Telefon notwendig, um seine Terminquote zu erhöhen. Bei Meier & Co. gilt die Ausrichtung „Strategische und operative Vertriebssteuerung über Ziele und Kennzahlen“. Darum betont die Geschäftsleitung die große Bedeutung von Kennzahlen. Es gilt: Ohne Ziele und ohne Kennzahlen keine Treffer und keine konkreten Hinweise, in welche Richtung das Vertriebsschiff gesteuert werden soll. Die Kennzahlen helfen dem Vertriebsleiter, Ziele zu formulieren, zu überprüfen und zu verändern. Die Vertriebssteuerung mithilfe von Kennzahlen ist jedoch nur sinnvoll, wenn es zudem ein effektives Berichtswesen gibt.

8.3 V  ertriebsreporting: Mit Kennzahlensystem zum funktionierenden Berichtswesen Bei Meier & Co. verfestigt sich nach dem Vertriebsaudit 360° die Einsicht: Valide Vertriebskennzahlen legen den Finger in die Wunde und zeigen, wo es im Vertrieb rund läuft und wo es hakt. Sie sind der Schlüssel zur kontinuierlichen Verbesserung und zur Steuerung durch die Vertriebsleitung. Im Unternehmen helfen Kennzahlen, Stärken und Schwächen zu analysieren und

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­ bweichungen vom Zielkurs festzustellen, um rasch gegensteuern zu können. A Zur Führung im Vertrieb ist es deshalb notwendig, die wichtigsten Kennzahlen für den gesamten Vertriebsbereich übersichtlich aufzubereiten. Hinzu kommt: Geschäftsleitung und operative Führung benötigen einen wöchentlichen Bericht, der ihnen wesentliche Informationen liefert, um zielgenaue Entscheidungen treffen zu können. Durch das Einführen eines funktionierenden Berichtswesens kann ein Unternehmen wie Meier & Co. seine Ziele sehr viel verlässlicher erreichen. Dazu sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen.

8.3.1 Voraussetzung 1: Verbindlichkeit betonen Zunächst einmal müssen alle Beteiligten im Unternehmen begreifen und akzeptieren, wie wichtig ein funktionierendes Berichtswesen ist. Es ist schon erstaunlich, aber im Rahmen unserer Beratung mussten wir immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass es oft schwierig ist, Akzeptanz für ein Berichtswesen zu finden. In vielen Fällen stellte sich sogar heraus, dass der Außendienst zwar sehr viele Besuchsberichte geschrieben hat, diese jedoch von der Führung nachweislich nicht einmal gelesen wurden. Oder nur selten. Bei Meier & Co. wird darum im Rahmen eines Jour fixe die Wichtigkeit und Verbindlichkeit des Berichtswesens betont  – wobei es die Mitglieder der Geschäftsleitung sind, die zuallererst die Notwendigkeit und Zweckdienlichkeit des Berichtswesens begreifen müssen. Unser Tipp aus der Praxis: Das Kennzahlensystem wird von der Geschäftsführung gemeinsam mit dem Controlling und dem operativen Vertrieb erarbeitet – das schafft auf allen Ebenen Verbindlichkeit.

8.3.2 V  oraussetzung 2: Engere zeitliche Taktung festlegen Bei den meisten Unternehmen, die wir erfolgreich betreuen, legen wir in unserer Beratung Wert darauf, dass das Reporting der Vertriebsmitarbeiter an den direkten Vorgesetzten wöchentlich stattfindet. Die Auswahl der Berichtszeiträume für einzelne Kennzahlen erfolgt auf Basis des individuellen Informationsbedarfs des Managements.

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Eine enge Zeittaktung ist notwendig, deshalb ist es empfehlenswert, die definierten Vertriebskennzahlen zumindest wöchentlich zwischen Führungskraft und Mitarbeiter abzugleichen.

Unserer Erfahrung nach ist die zeitliche Taktung der Reports und Berichte meist viel zu großzügig ausgestaltet und muss daher optimiert werden. Dies ist häufig in Firmen der Fall, die sich auch kaum und viel zu selten Zeit nehmen, um grundsätzlich die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu reflektieren und übergeordnete Ziele festzulegen. Es reicht jedoch nicht aus, sich ab und zu zusammenzusetzen. Denn ein Unternehmensschiff, bei dem sich der Kapitän, der Steuermann und die Crew lediglich alle paar Wochen oder gar Monate austauschen, droht den Zielhafen zu verpassen. Was passiert, wenn Führungskräfte und Mitarbeiter ein Schiff auf dem Weg nach, beispielsweise, New  York besteigen und erst nach einem Monat auf den Kompass schauen, um zu sehen, ob sie noch auf Zielkurs sind? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies der Fall ist? Um diese Wahrscheinlichkeit deutlich zu erhöhen, beschließen die Verantwortlichen bei Meier & Co., einen festen Berichtstag festzulegen und einzuführen, nämlich den Freitag, quasi als Wochenabschluss und zugleich als Vorbereitung auf das, was in der nächsten Woche zu passieren hat.

8.3.3 Voraussetzung 3: Die richtigen Kennzahlen verwenden Ein anderes Unternehmen, das wir betreuten, war von seinen Mitarbeitern begeistert, weil diese über eine zwar nicht hervorragende, aber doch immerhin gute Abschlussquote verfügten. In 27 Prozent der Gespräche beim Kunden vor Ort kam es zur Auftragserteilung. Die Geschäftsleitung fiel allerdings aus gleich mehreren Wolken, als wir eine schwache telefonische Anrufquote und eine unzureichende Terminvereinbarungsquote nachweisen konnten. Es stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter viel zu selten zum Telefonhörer griffen und die telefonische Akquisition stark vernachlässigt wurde. Die ordentliche Abschlussquote und das durchweg positive Feedback der gewonnenen Neukunden täuschten darüber hinweg, dass die Abschlüsse in absoluten Zahlen durchaus ausbaufähig waren und die Mitarbeiter viel höhere Abschlusszahlen hätten generieren können, wenn sie schlicht und einfach fleißiger telefoniert hätten. Mehr Anrufe – mehr Termine – mehr Abschlüsse: Das wäre der Weg zu mehr Umsatz gewesen. Weil aber immer nur die Abschlussquote in den Fokus gerückt wurde, hatte man diesen Weg bis zu unserem Eingreifen nie als Option erwogen.

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Allerdings: Eine allgemeinverbindliche Antwort auf die Frage nach den richtigen Kennzahlen gibt es nicht. Je nach unternehmerischer strategischer Ausrichtung, individueller Situation sowie spezifischer Zielsetzung und He­ rausforderung fallen die Antworten unterschiedlich aus. Wichtig ist, die richtigen Kennzahlen zu definieren und zu analysieren. Welche konkreten Kennzahlen dies sind, muss jedes Unternehmen für sich intern festlegen.

Einzelne Zahlen verfügen dabei immer nur über unzureichende Aussagekraft, sie müssen vielmehr stets in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden. Dann sind fundierte und durch Zahlen belegbare, und damit nachhaltige Entscheidungen möglich, wie etwa die, welcher Bestands- oder Stammkunde gehalten werden soll und welcher nicht. Und so lässt sich festlegen, bei welchen Kunden zum Beispiel eine Investitionsstrategie angeraten ist und bei welchen eher eine Konsolidierungsstrategie.

8.3.4 Voraussetzung 4: Kennzahlen interpretieren Besonders im technischen Vertrieb herrscht oftmals ein Wunsch nach umfassenden Vertriebskennzahlen. Das heißt: Zwar werden im Reporting viele Kennzahlen erhoben, aber es fehlt oftmals das Verständnis für die richtigen Kennzahlen und damit die Möglichkeit, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Den so ließe sich immerhin eine Idee ableiten, was die eher durchschnittlichen Performer von den Top-Leuten lernen können, um mithilfe von Benchmarks die Schlagkraft der Middle Performer erhöhen. Das Beispiel zeigt: Das bloße Zahlenmaterial in einem Bericht festzuhalten genügt nicht. Vielmehr gilt: Die Zahlen müssen in einen Zusammenhang gesetzt und interpretiert werden, um daraus detaillierte Rückschlüsse für das konkrete Handeln ziehen zu können. Wichtig ist es überdies, Querverbindungen zwischen den Zahlen herzustellen, die auf den ersten Blick nicht direkt erkennbar sind.

Eine Kennzahl, aus der keine Handlungsoption oder Handlungsanleitung ableitbar ist, ist ebenso unnütz und ohne Aussagekraft wie eine Kennzahl, die nicht interpretiert und auch nicht in einen Kontext sowie in Beziehung zu anderen Zahlen gestellt wird. Wir haben einmal erlebt, dass und wie in einer

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Firma Vertriebler als die Top-Performer gehypt wurden, ohne dass die Tatsache Berücksichtigung fand, dass diese Mitarbeiter das absolut beste Verkaufsgebiet des Unternehmens betreuten. Pointiert ausgedrückt: In diesem Verkaufsgebiet hätte so gut wie jeder Verkäufer gute Ergebnisse erzielt. Und noch schlimmer: Angesichts der Qualität des Verkaufsgebiets haben jene Top-Performer sogar nur unterdurchschnittliche Ergebnisse erreicht. Der Fall belegt: Für eine stringente Führung ist es wichtig, Messbarkeit anzustreben, um zum Beispiel Unterschiede offenzulegen, warum manche Menschen erfolgreich sind und andere deutlich weniger, obwohl sie möglicherweise ein vergleichbares Gebiet betreuen. Ein entscheidender Faktor dabei ist die Verwendung der Ressource Zeit. Nehmen wir an, ein Vertriebler absolviert pro Woche zehn Kundenbesuche, tätigt einen Abschluss und legt dabei 1000 Kilometer zurück. Die Frage, die sich das Unternehmen stellen muss, ist, ob dieses Vorgehen zeiteffizient ist. Die Zeiteffizienz lässt sich mit Kennziffern wie etwa der Abschlussquote oder der durchschnittlichen Anzahl der Kundenbesuche pro Außendiensttage sehr genau ermitteln.

8.3.5 Voraussetzung 5: Einfach, aber nicht banal Der Verkäufer fasst die Reports zu einem Bericht zusammen, daraus ergibt sich das übergeordnete Berichtswesen für die operative Führung. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ein Bericht zu ausufernd gerät. Allerdings sollten zu komplizierte und zu umfassend erstellte oder nicht bedarfsgerecht aufbereitete Reports vermieden werden, um den Komplexitätsgrad nicht unnötig zu erhöhen. Der Umfang der zusammenzustellenden Informationen sollte daher möglichst einfach und vor allem bedarfsgerecht gestaltet werden. Eine Checkliste oder ein Formular liefert hier einen guten Rahmen.

8.3.6 Zwei Erfolgsbeispiele aus der Praxis Zum Abschluss der Vertriebsdimension Vertriebsreporting wollen wir zur Veranschaulichung des unternehmensindividuellen Aufbaus eines effektiven und nachhaltigen Berichtswesens ein authentisches Beispiel geben: Für die Geschäftsleitung eines mittelständischen Unternehmens wird ein Bericht für das Vertriebscontrolling erarbeitet, in dem die wichtigsten Kennzahlen übersichtlich aufbereitet sind. Für die operative Führung, die Teamleitung, wird der Freitag als fixer Termin definiert – an diesem wöchentlichen Berichtstag erfolgt der Abgleich der Vertriebskennzahlen zwischen Führungskraft und

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Mitarbeiter. Die folgenden Vertriebskennzahlen werden definiert und als Grundlage herangezogen: • • • • •

Terminquote Nettovertriebszeit beim einzelnen Kunden Angebotsforecast Abschlussquote aktueller Zielerreichungsgrad

Zu jeder dieser Kennzahlen gibt es vorab definierte Soll-Werte, die sich mithilfe eines Ampelsystems wöchentlich mit den Ist-Werten vergleichen lassen. Bereits nach vier Monaten befindet sich kein einziger Mitarbeiter mehr im roten Bereich, sodass das Vertriebsergebnis des Vorjahres bereits nach wenigen Monaten erreicht wird. Dazu trägt bei, dass der Vorstand jeden Dienstag die Ergebniszahlen der Vorwoche erhält und so nach Absprache mit dem Vertriebsleiter immer wieder erfolgreiche Vertriebler persönlich kontaktieren kann. Das Beispiel belegt nochmals: Jedes Unternehmen muss sich selbst das zu seiner Vertriebsstrategie passende Kennzahlensystem erarbeiten, das seinen Bedürfnissen nach Daten, Transparenz und Steuerung bestmöglich gerecht wird.

Kennzahlen helfen dabei, den Vertrieb zu steuern  – und die Mitarbeiter erfolgreich zu führen. Auch dazu ein Beispiel: Der Verkaufsleiter analysiert, welche Zahlen er zur Vertriebsführung benötigt, interpretiert den Zahlenmix und zieht daraus Rückschlüsse für seine Führungsarbeit. Konkret: Wenn sich bei der Kennzahlenanalyse herausstellt, dass ein Verkäufer kaum Gespräche mit Interessenten und potenziellen Neukunden führt, Bestandskunden nur selten kontaktiert und eine steigerungsfähige Terminvereinbarungsquote aufweist, bieten sich der Führungskraft genügend Anlässe, um mit diesem Verkäufer ins Gespräch zu gehen. Gemeinsam diskutieren Führungskraft und Mitarbeiter den Veränderungsbedarf und legen fest, welche Aktivitäten dem Verkäufer helfen, besser zu werden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist: Kennzahlen, die im Rahmen der Mitarbeiterführung eingesetzt werden, genießen zuweilen einen schlechten Ruf. Allzu oft werden sie als Kontrollinstrumente gebrandmarkt, die nur dazu dienen würden – so der Vorwurf –, Vertriebler zu gängeln und zu überprüfen. Allerdings: Verkaufsleiter mit Controlling-Kompetenz sind Steuermänner, deren

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Ziel es ist, die PS ihrer Vertriebsmitarbeiter auf die Straße zu bringen. Sie sind operativ handelnde Führungskräfte, die die Mitarbeiterleistungen und -ergebnisse mit der Zielsetzung, die Vertriebsperformance zu erhöhen, hinterfragen. Ein durchdachtes Controlling ist vordringlich ein ganzheitliches Konzept und Instrument der Vertriebsführung. Das regelmäßige Vertriebsreporting ist ein entscheidender Schlüssel für den Vertriebserfolg.

8.4 M  it neuen Führungskompetenzen und Führungsinstrumenten vertriebliche Ausrichtung verstärken Mit der Erkenntnis, dass das Reporting ein ganz wichtiges und unverzichtbares Instrument ist, um Vertriebsziele effektiver zu erreichen und Mitarbeiter dabei zu unterstützen, bessere Leistungen zu erbringen, betreten wir das weite Feld der Führungskompetenzen der Leitenden in unserem Beispielunternehmen. Lassen Sie uns zuvor einen Blick auf die Vorgehensweise beim Deutschen Institut für Vertriebskompetenz werfen: Nachdem in einem Unternehmen wie Meier & Co. das Vertriebsaudit 360° stattgefunden hat, erfasst unser Vertriebsreport die Kompetenzen, Potenziale, Strukturen sowie Rahmenbedingungen des Vertriebs des jeweiligen Unternehmens, und zwar vor allem im Hinblick auf den strategischen Unternehmenserfolg. Das onlinegestützte Verfahren analysiert dabei jene 16 Dimensionen für eine erfolgreiche Vertriebsorganisation. Das Ampelsystem zeigt auf einen Blick, wo angesetzt werden muss, um zu substanziellen Verbesserungen zu gelangen, und an welchen Stellschrauben zuallererst gedreht werden muss, um den gewünschten Unternehmensfortschritt zu ermöglichen. Die notwendigen Maßnahmen werden von Experten aus dem DIV-Team ergriffen und durchgeführt – ein Unternehmen wird also über eine längere Zeitstrecke von einem Expertenteam betreut. Weil die Dimensionen „Führungsinstrumente“ und „Führungskompetenzen“ in engem Zusammenhang stehen, ist es meistens zielführend, hier Experten/innen einzusetzen, die die zwei Dimensionen aus „einer Hand“ betreuen und ein umfassendes und für das Unternehmen maßgeschneidertes Führungskräfte-Entwicklungskonzept strukturieren und umsetzen können.

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8.4.1 Führungskräfte-Entwicklungskonzept erstellen Bei Meier & Co. übernimmt die Managementtrainerin und Beraterin Iris Schwarz die Aufgabe, auf der Basis der Ergebnisse des Vertriebsaudits 360° ein Führungskräfte-Entwicklungskonzept zu erstellen und federführend umzusetzen. Dazu wird in der Regel auf der Grundlage der strategischen Ausrichtung des Unternehmens ein Kompetenzprofil entwickelt. Das Kompetenzprofil muss sich an den strategischen Zielen des Unternehmens orientieren und sicherstellen, dass ermittelt werden kann, welche Kompetenzen bereits im Unternehmen vorhanden und welche erst noch zu entwickeln sind. Die Neuausrichtung der beiden Bereiche „Führungsinstrumente“ und „Führungskompetenzen“ erfolgen über einen Job-Benchmark-Prozess.

Job-Benchmark-Prozess heißt: Zunächst einmal werden die Kernaufgaben der Stelle und die Anforderungen bei den Führungspositionen beschrieben. Es wird jeweils eine „ideale“ Führungspersönlichkeit, ein idealtypischer „Klassenbester“, kreiert, der mit genau denjenigen Kompetenzen ausgestattet ist, über die diese Führungspersönlichkeit verfügen sollte, damit das Matching zwischen Anforderung der Stelle und der Organisation mit der Person größtmöglich ist. Der Hintergrund ist: Für jeden Beruf, für jeden Job, für jede Stelle sind bestimmte Fachkenntnisse, Verhaltensmuster, Kompetenzen und Werte für eine optimale Leistung hilfreich, ja Voraussetzung. Die objektiven Angaben zu den spezifischen Anforderungen einer Tätigkeit fließen in den Job-Benchmark-Prozess ein. Allgemein gilt: „Benchmarking ist ein systematischer Ansatz, der Unternehmen die Basis für einen fortlaufenden Vergleich der eigenen Leistung mit derer anderer Unternehmen bietet, um so Leistungsdefizite aufzudecken und Verbesserungen vorzunehmen. Bestandteil des Benchmarking-Prozesses ist dabei nicht nur die Identifikation von Abweichungen gegenüber den Vergleichspartnern, sondern auch die Bestimmung von Maßnahmen sowie deren Umsetzung zur Leistungsverbesserung.“ (ICV ControllingWiki 2020) Dabei wird zwischen externem und internem Benchmarking unterschieden. Bei Ersterem müssen Daten von Wettbewerbern oder branchenfremden Unternehmen beschafft werden, beim internen Benchmarking erfolgt der Vergleich

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ausschließlich innerhalb eines Unternehmens. Im Fall von Meier & Co. ist geplant, nach und nach für die wichtigsten Führungspositionen jene idealen Kompetenzprofile zu entwickeln, um schließlich mithilfe geeigneter Maßnahmen die Führungskräfte in Richtung jener idealen Kompetenzprofile weiterzubilden und weiterzuentwickeln. Hinzu kommt: Für künftige Stellenbesetzungen im Unternehmen werden das „ideale“ Verhalten, die Motivations- und Wertestruktur und die für eine Stelle erforderlichen Führungskompetenzen festgelegt – hier berührt das Führungskräfte-Entwicklungskonzept die Dimension „Personalmarketing“ des ersten Erfolgsfaktors, bei dem Meier & Co. den Plan gefasst hat, das Unternehmen als Arbeitgebermarke zu positionieren, um einerseits die guten Leute zu halten und andererseits eine Sogwirkung auf Top-Leute  – also auch Top-Führungspersönlichkeiten – auszuüben und diese zu überzeugen, dass es richtig ist, für Meier & Co. tätig zu werden.

8.4.2 B  eispiel für ein FührungskräfteEntwicklungskonzept Um Ihnen ein anschauliches Beispiel zu geben, wie ein umfassendes und ganzheitliches Führungskräfte-Entwicklungskonzept in der Praxis strukturiert ist, zeigen wir Ihnen in der folgenden Übersicht ein authentisches, aus neun Modulen bestehendes Qualifizierungsprogramm, das wir bei einem Kunden durchgeführt haben. Grundlage war ein zuvor in einem Workshop gemeinsam mit Unternehmensvertretern entwickeltes Führungsleitbild, bei dem die Beantwortung von Fragen wie „Warum gibt es uns?“, „Was treibt uns an?“, „Wie wollen wir miteinander umgehen?“ im Fokus stand. Das dabei formulierte Führungsleitbild lautete: • „Unsere Führungspersönlichkeiten haben das Ziel, ein leistungsorientiertes Wohlfühl-Klima zu etablieren, um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen, unsere Unternehmensziele zu erreichen und die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern.“

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Führungskräfte-Entwicklungskonzept auf der Grundlage des Führungsleitbildes in neun Modulen Modul 1 – Erste Reflexion und Persönlichkeitsentwicklung • • • •

Selbstführung Wahrnehmung – Interpretationen – Projektionen Persönliche Werte – Sinnvermittlung und Haltung in der Führung Gekonnte Selbstführung

Modul 2 – Persönlichkeit und Führungsstile • • • • • •

Persönliche Stärken und Potenziale Das Antreibermodell aus der Transaktionsanalyse Die Rollendefinition als Führungskraft Moderne Führungsstile Konkrete Führungsaufgaben Typologisches Führen

Modul 3 – Teamführung Teamdynamiken erkennen und Teams steuern • • • • • • •

Komfortzone und Flow-Modell Motivationstheorien Der richtige Platz im Team Meeting-Kultur Fehlerkultur Feedbackschleifen Diversität im Team (fachlich, typologisch, generationsbedingt)

Modul 4 – Kommunikationsaufgaben in der Führung Kommunikation und Transparenz • • • •

Sender und Empfängermodelle in der Kommunikation Typologische Kommunikation Schnittstellenkommunikation Social Media und moderne Kommunikationsformen für Unternehmen Kommunikative Aufgaben in der Führung

• Gespräche gezielt vorbereiten • Transferübungen anhand vorhandener Fälle • Kollegiale Beratung und Feedback Modul 5 – Personalentwicklung und Selbstmanagement • Ziele entwickeln und vereinbaren • Mitarbeitergespräche führen • Agilität fordern und fördern

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• • • •

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Potenziale erkennen und entwickeln Arbeitsstile Prioritäten setzen Entscheidungen fundiert treffen

Modul 6 – Konfliktmanagement und Verhandlungsführung • • • • • • • • •

Konfliktarten Eskalationsstufen im Konflikt Dramadreieck & Co. Präventive und reaktive Herangehensweisen bei Konflikten Kritik- und Konfliktgespräche gezielt vorbereiten Feedbackgespräche Verhandlungspartner analysieren Harvard-Prinzip und Tit for Tat („Wie du mir, so ich dir“) Strategische Verhandlungsführung

Modul 7 – Changemanagement • • • • • •

Veränderungen anstoßen und begleiten Die acht Phasen im Veränderungsprozess Widerstände und Hindernisse geschickt beseitigen Die vier Zimmer der Veränderung Change-Architektur und kommunikative Begleitung von Change-Prozessen Agiles und klassisches Projektmanagement im Change

Modul 8 – Kompetenz „Delegation“ • • • • •

Die kritische Analyse der eigenen Aufgaben Empowerment von Mitarbeitern Der Managementregelkreis Das Delegationsgespräch Delegation als Personalentwicklungsinstrument

Modul 9 – Vertriebsführung • • • • •

Der Vertriebstrichter Die Arbeit mit Kennzahlen und Berichtswesen Analyse der Fleißquote Berechnung der Wandlungsquoten Shadowing als Führungsinstrument

Sie sehen, welche Dimensionen ein Führungskräfte-Entwicklungskonzept annehmen kann. Bei Meier & Co. ist geplant, dieses Konzept in mehreren Umsetzungsschritten zu verwirklichen. Zudem geht es primär darum, die Führungsriege insgesamt in die Lage zu versetzen, vertriebsorientierter zu denken und zu handeln, insbesondere natürlich die Führungskräfte in der Vertriebsabteilung – und hier die Geschäftsstellenleiter.

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8.4.3 G  eschäftsstellenleiter: Wandel hin zu mehr Vertriebsorientierung Das Vertriebsaudit 360° hat gezeigt, dass der Vertrieb bei Meier & Co. nur durch eine Neuausrichtung in der Steuerung und durch geeignete Führungsinstrumente langfristig zu außergewöhnlichen Leistungen und Ergebnissen entwickelt werden kann. Voraussetzung für eine erhebliche Leistungssteigerung sind Führungskräfte, die sich durch bestimmte exzellent entwickelte persönliche Kompetenzen wie etwa unternehmerisches Agieren, Innovationskraft und effiziente Umsetzungsorientierung auszeichnen. Die Beratungen mit Meier & Co. führen überdies zu dem Ergebnis, dass die Führungskräfte im Hinblick auf das ausformulierte Führungsleitbild über einen wertschätzenden und authentischen Führungsstil verfügen sollten. Darüber hinaus ist es zielführend, wenn sie ihr Denken und Handeln strikt an den Erwartungen und Bedürfnissen der Kunden orientieren könnten, also vertriebsorientierter agieren. Dies gilt insbesondere für die Schlüsselposition der Geschäftsstellenleiter, deren vertriebliche Kompetenzen und Führungsfähigkeiten in drei Schritten weiterentwickelt werden sollen. Schritt 1: Anforderungsprofil entwickeln Im Stellen-Sollprofil für den Geschäftsstellenleiter werden acht bis zehn Kompetenzen definiert, die ein erfolgreicher Geschäftsstellenleiter für seine zukünftigen Aufgaben benötigt. In einem strukturierten Prozess legen die Verantwortlichen bei Meier & Co. ein Anforderungsprofil fest. Die Kompetenzen bieten den Orientierungsrahmen für die Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Führungskräfte und runden das Anforderungsprofil für künftige, zu rekrutierende Führungskräfte in dem Bereich „Markt“ ab. Der idealtypische Geschäftsstellenleiter zeichnet sich durch eine vertriebsorientierte Haltung und Denkweise aus. Seine Verhaltensdimensionen und seine Motiv- und Wertekultur sind auf Dynamik und Wandel auf Basis fundierter vertrieblicher Leistungskennzahlen ausgelegt.

Die Motiv- und Wertestruktur der Geschäftsstellenleiter soll hauptsächlich von ökonomischen, individualistischen und sozialen Gesichtspunkten geprägt sein, damit eine effiziente Umsetzung der Vertriebsziele unter Berücksichtigung der sozialen Aspekte möglich wird. In Kap.  7 haben Sie bereits erfahren, dass menschliches Handeln aus sechs Hauptmotiven heraus entsteht. Neben dem ökonomischen Motiv sind dies das kognitive, das ästhetische, das individualistische, das traditionelle und das soziale Motiv.

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Bei Meier & Co. zeigt sich, dass die Kompetenzen der Geschäftsstellenleiter vor allem hin zu mehr unternehmerischem Agieren entwickelt werden sollten. Dazu brauchen sie zum einen eine veränderte innere Einstellung zum Thema Vertrieb und zum anderen regelmäßig abgefragte Zahlen, damit Leistungskennzahlen ermittelt und als Hinweise auf Verbesserungspotenziale genutzt werden können. Die folgende Übersicht fasst das Anforderungsprofil des idealtypischen Geschäftsstellenleiters mit seinen Kompetenzen, Verhaltensdimensionen und der Motiv- und Wertestruktur zusammen. Anforderungsprofil eines idealtypischen Geschäftsstellenleiters Im Fokus stehen acht Kompetenzen, die wie folgt definiert sind: 1. Unternehmerisch agieren: Der Geschäftsstellenleiter geht mehrheitlich als Generalist an Aufgaben heran, denkt über den eigenen Arbeitsbereich hi­ naus und prüft Ereignisse auf die unternehmerischen Konsequenzen hin ab. Er geht Risiken unter Einbezug der Konsequenzen bewusst ein und schätzt Folgeerscheinungen intuitiv richtig ab. 2. Zielorientiert führen: Er leitet Gespräche und Teamsitzungen strukturiert und zielorientiert, formuliert und vereinbart für die Mitarbeiter klare Ziele und fordert sie, ohne sie zu überfordern. Zudem nimmt er ihre persönlichen Anliegen ernst und kümmert sich um diese Anliegen. Er ist in der Lage, Potenziale und nicht ausgeschöpfte Fähigkeiten zu erkennen. 3. Effizient umsetzen: Der Geschäftsstellenleiter setzt die ihm übertragenen Aufgaben rasch und effizient um, erzielt mit verhältnismäßigem Zeit-KostenAufwand das bestmögliche Ergebnis und erkennt die möglichen Auswirkungen der eigenen Arbeit. Vorhaben zieht er auch unter schwierigen Bedingungen durch. Und er kontrolliert die Umsetzung der eigenen Arbeit. 4. Zielorientiert agieren: Er setzt sich ehrgeizige, aber erreichbare Ziele und strebt das Erreichen eines Ziels aktiv an. Er gibt sich erst zufrieden, wenn Ziele tatsächlich erreicht sind, und hinterfragt übertragene Ziele kritisch. Auf Besprechungen bereitet er sich gewissenhaft und gezielt vor. 5. Verantwortung übernehmen: Der Geschäftsstellenleiter bildet sich eigenständig ein Urteil und handelt entsprechend. Er schätzt die möglichen Folgen des eigenen Handelns richtig ein und steht für dieses eigene Handeln jederzeit ein. Auch hier hinterfragt er die eigene Arbeit kritisch. 6. Wertschätzend führen: Er unterstützt aktive Prozesse der Teambildung und der Zusammenarbeit und ermutigt seine Mitarbeiter zur Selbstständigkeit. Er räumt ihnen angemessene Spielräume und Freiheiten ein, erkennt positive Leistungen an und wendet je nach Situation und Person unterschiedliche Führungsstile an. 7. Verantwortungsvoll führen: Der Geschäftsstellenleiter überträgt Verant­ wortung gezielt auf andere und kommuniziert Ziele an die Mitarbeiter. Diese Ziele setzt er bei den Mitarbeitern auch durch. Zudem kontrolliert er die Ausführung von Arbeiten angemessen und steht den Mitarbeitern hilfsbereit und unterstützend zur Seite.

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8. Authentisch führen: Er führt Mitarbeiter engagiert, gern und motiviert und wirkt darum auf das Arbeitsumfeld und die Mitarbeiter motivierend. Er wird von ihnen als Vorbild wahrgenommen, hat für ihre Anliegen ein offenes Ohr und vertritt glaubwürdig auch unbequeme Wahrheiten. Weitere Kompetenzen sind die Belastbarkeit und die Offenheit für Veränderungen, die es erlaubt, sich rasch an neue Situationen, Umstände und Umstrukturierungen anzupassen. Zudem ist eine Priorisierung der Kompetenzen möglich. Bei Meier & Co. beispielsweise wird den Kompetenzen „Unternehmerisches Agieren“, „Zielorientiert führen“ und „Effizient umsetzen“ die höchste Priorität eingeräumt. • Die wichtigsten Verhaltensdimensionen –– –– –– –– –– –– –– ––

Wettbewerbsdenken Kundenorientierung kontinuierliche Veränderung Flexibilität ständige Interaktion mit anderen Menschen Organisation am Arbeitsplatz Sinn für Dringlichkeit Datenanalyse

• Motiv- und Wertestruktur –– Entscheidend sind das ökonomische, das individualistische und das soziale Motiv.

Wir haben das Anforderungsprofil des Geschäftsstellenleiters auch deshalb in dieser Ausführlichkeit beschrieben, damit deutlich wird, dass neben der vertrieblichen Grundausrichtung sehr konkrete Kompetenzen notwendig sind, um sich zu einer Top-Führungskraft entwickeln zu können (Abb. 8.1). Es klang bereits an: Mit derselben Akribie sollen nach und nach alle Führungspositionen bei Meier & Co. unter die Kompetenz-Analyselupe gelegt werden. Schritt 2: Kompetenz-Soll und Kompetenz-Ist abgleichen Bei Meier & Co. wissen die Entscheider nun sehr genau, was sie wollen und wie der idealtypische Geschäftsstellenleiter kompetenzmäßig aufgestellt sein wollte. Dem Wunschbild folgen die Festlegung des realistischen Ist-Bildes und der Abgleich zwischen Kompetenz-Soll und Kompetenz-Ist: Für die Geschäftsstellenleiter werden mithilfe einer Potenzialanalyse die aktuellen Verhaltensdimensionen und die vorhandenen Motiv- und Wertestrukturen ermittelt und die Kompetenzen analysiert. Sie kennen das bereits aus dem

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Abb. 8.1  Anforderungsprofil eines idealtypischen Geschäfisstellenleiters

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Bereich der Personalentwicklung und der Weiterbildung sowie der Kompetenzentwicklung der Verkaufsmitarbeiter. Die Vorgehensweise bei den Führungskräften ist ähnlich, und auch hier kann und sollte der Selbsteinschätzung der vorhandenen Kompetenzen eine Fremdeinschätzung durch die Mitarbeiter und überdies durch den direkten Vorgesetzten des Geschäftsstellenleiters zur Seite gestellt werden. So ergibt sich ein aussagekräftiges und differenziertes Bild der Kompetenzen eines Geschäftsstellenleiters. Da die Führungskräfte bisher maßgeblich in die operativen Aufgaben ihres Bereichs eingebunden waren, ist es nun notwendig, die künftigen Aufgabenstellungen mehr in die Richtung der strategischen Marktbearbeitung, der Marktverantwortung und der Führung der Organisationseinheit zu lenken.

Gleichzeitig werden die Geschäftsstellenleiter von administrativen Aufgaben weitgehend entbunden, um sich voll und ganz ihren Kernaufgaben widmen und insbesondere ihre vertrieblichen Herausforderungen sukzessive ausbauen zu können. Schritt 3: Kompetenzen stärken Der Auf- und Ausbau der Kompetenzen, die die Geschäftsstellenleiter benötigen, um Top-Leistungen zu erbringen, ist Gegenstand des dritten Schrittes. In aller Kürze: Da es sich bei den Meier & Co.-Führungskräften zumeist um sehr unterschiedliche Persönlichkeiten handelt und die vorhandenen Kompetenzen ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, fällt die Entscheidung, sie vor allem mit Einzelcoaching-Maßnahmen zur persönlichen Kompetenzentwicklung zu unterstützen. Die Einzelcoachings werden mit Trainings zur Führungskräfteentwicklung kombiniert. Ein Schwerpunkt dabei ist, sie mit den Führungsinstrumenten vertraut zu machen, die ihnen helfen, ihre Teams und Mitarbeiter effektiv zu führen. Wertvolle Hinweise für die Art und Weise der Einzelcoachings mit Trainings ergeben sich oft aus der Analyse der Selbsteinschätzung eines Geschäftsstellenleiters und der verschiedenen Fremdeinschätzungen. Ein Beispiel: Stimmen Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung überein, ist kein größerer Handlungsbedarf angezeigt. Wenn aber die direkte Führungskraft eine andere Sichtweise auf einen Geschäftsstellenleiter hat, sollten die größten Abweichungen in den Einschätzungen dazu dienen, mit der Kompetenzentwicklung genau hier anzusetzen. Dies gilt insbesondere bei Abweichungen der Kompetenzen „Unternehmerisches Agieren“, „Zielorientiert führen“ und „Effizient umsetzen“. Schließlich wurde diesen Kompetenzen die höchste Priori-

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tät eingeräumt. Liegt etwa bei der zielorientierten Führung eine hohe ­Abweichung vor, ist es angemessen, eine Feedbackrunde zwischen dem Geschäftsstellenleiter und der direkten Führungskraft anzusetzen, um einen ­Abgleich zwischen der eigenen Sichtweise und der Fremdeinschätzung zu ermöglichen. Die detaillierte Analyse der Selbsteinschätzung und der Fremdeinschätzungen gestatten eine höchst individuelle Vorgehensweise: • Für den einen Geschäftsstellenleiter werden Maßnahmen entwickelt, die eine empathische Herangehensweise und ein höheres Maß an Authentizität gewährleisten. Gleichzeitig wird das Augenmerk auf das unternehmerische Handeln und die Zielorientierung gelenkt. • Für einen anderen Kollegen hingegen gilt, dass er vor allem Maßnahmen zu den Themen Umsetzungsorientierung und Verantwortungsbewusstsein benötigt, um zu einer besseren Performance zu gelangen. Außerdem sollen seine Widerstandskräfte durch ein Resilienzprogramm gestärkt werden.

8.4.4 Neues Rollenverständnis aufbauen Im zweiten Teil der Personalentwicklungsmaßnahme, bei den Führungskräftetrainings, geht es neben der Vermittlung von fundiertem Wissen um die Beschäftigung mit einer umfangreichen Toolbox, die der Stärkung der kommunikativen Kompetenzen dienen soll. Entscheidend ist die aus dem Vertriebsaudit 360° abgeleitete Notwendigkeit, bei Meier & Co. ein kommunikatives Gesamtkonzept zu verwirklichen, wodurch mithilfe bewährter Tools eine neue Gesprächskultur etabliert werden soll. Im Fokus steht die Entwicklung und Entfaltung kommunikativer Kompetenzen, die dazu dienen, dass Führungskräfte zum einen Vertrauen zu den Gesprächspartnern und Mitarbeitern aufbauen, sie zum anderen aber auch zu Höchstleistungen anspornen können. Konkrete Beispiele sind die Mitarbeitergespräche, etwa das Delegationsgespräch: Die Führungskraft sollte in der Lage sein, nicht nur die Aufgaben und Kompetenzen zu delegieren, die notwendig sind, damit ein Verkäufer eine übertragene Aufgabe eigenständig bearbeiten kann, sondern auch die mit der Aufgabe verbundene Verantwortung. Eine Aufgabe delegieren heißt, die Zuständigkeit nach Inhalt, Form und Umfang eindeutig zu klären: Der Verkäufer muss genau wissen, was von ihm erwartet wird und welches Ziel er erreichen soll. Allerdings: Das „Wie“ der Erledigung wird ihm überlassen.

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Die Kompetenzen delegieren bedeutet, die mit dem Kompetenzbereich verbundenen Befugnisse vollständig übertragen – etwa die Informationen, die der Mitarbeiter benötigt, um die Aufgabe effektiv bearbeiten zu können, inklusive der Verantwortung. Die Verantwortung zu delegieren heißt zum Beispiel, den Verkäufer zu verpflichten, selbstständig über Optimierungsmöglichkeiten nachzudenken, denn (auch) er trägt die Verantwortung dafür, dass bei Meier & Co. die Dinge besser laufen. Entscheidend ist also, dass dem Mitarbeiter nicht nur Teilaufgaben, Teilkompetenzen oder eine Teilverantwortung übertragen wird, sondern die komplette Aufgabe, alle notwendigen Kompetenzen und darüber hinaus die Gesamtverantwortung. Und das möglichst dauerhaft. Kommunikatives Leitbild dabei ist eine auf Respekt und Toleranz beruhende Gesprächskultur, deren Ziel aber letztendlich stets die Optimierung der vertrieblichen Ausrichtung der Führungskräfte ist. Das bedeutet: Am wichtigsten ist es, in den Trainings Führungsinstrumente zu vermitteln und eine Toolbox zu entwickeln, die es den Geschäftsstellenleitern ermöglicht, die so grundlegend neue vertriebsorientiertere Ausrichtung mit Leben zu füllen, sich selbst zu positionieren und die Mitarbeiter und Teams durch den Veränderungsprozess zu führen.

Ein konkretes Beispiel: Bisher haben sich die Geschäftsstellenleiter bei Meier & Co. primär als typische „Farmer“ verstanden, denen es oblag, sich um die Bestandskundenpflege zu bemühen. Das jedoch ist wenig vertrieblich gedacht. Jetzt geht es darum, sich zum „Hunter“ zu entwickeln, die Neukundengewinnung zu professionalisieren und dieser einen weitaus höheren Stellenwert einzuräumen als bisher. Der Klärung dieses neuen und konsequent vertrieblichen Rollenverständnisses wird sehr viel Aufmerksamkeit und kreative Energie gewidmet. An dieser Stelle spielen die vertriebliche Ausrichtung und die Entfaltung einer neuen Gesprächskultur insofern zusammen, als dass die Geschäftsstellenleiter ihre Delegationskompetenz nutzen, um den Mitarbeitern im Bereich der Neukundengewinnung Aufgaben so zu übertragen, dass die akquisitorischen Erfolge deutlich zunehmen.

8.4.5 Typologisch führen Die Führungskräfte und auch die Geschäftsstellenleiter bei Meier & Co. sollen im Zug der Vertriebsaudit-Ergebnisse ihre Führungspotenziale besser ausschöpfen, indem sie die Fähigkeit des typologischen Führens erwerben. Was heißt das im Detail?

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Ziel ist, dass die Führungskräfte besser auf ihre Mitarbeiter eingehen und sie so führen können, wie es für die gemeinsame Zielerreichung am förderlichsten und für den einzelnen Mitarbeiter maximal motivierend ist. Hintergrund ist die Nutzung der AECdisc®-Persönlichkeitstypologie, die in den ­Bereichen Selbstführung, Kundenkommunikation, Mitarbeiterführung, Teamführung und Personalauswahl eingesetzt wird und bei der Mitarbeiterführung darauf hinausläuft, dass Führungskräfte ihre eigene, aber auch die Persönlichkeit ihrer Mitarbeiter erkennen und zuordnen können. Das hat zur Folge, dass sie ihre Führungsarbeit konsequent auf den Charakter, die Mentalität, die Verhaltensweisen, die Kompetenzen und vor allem die Persönlichkeit jedes einzelnen Mitarbeiters ausrichten zu können. Es handelt sich letztendlich um ein Konzept zur verhaltensbasierten Führung von Mitarbeitern. In unserem Buch „Verkaufskompetenz Mensch“ (Skazel und Thiemann 2019) geben wir einen ausführlichen Überblick über die Persönlichkeitstypologie. Hier soll der Hinweis genügen, dass Führungskräfte, die die typologische Mitarbeiterführung beherrschen, sehr genau wissen, dass sie • bestimmten Mitarbeitern – in der AECdisc®-Typologie sind dies die sogenannten „roten“ und dominanten Mitarbeiter – Verantwortung übertragen und ihnen Verantwortungsspielräume geben sollten, die sie eigenverantwortlich und selbstständig ausfüllen können. Wichtig ist, ihnen ein herausforderndes und vielseitiges Umfeld mit Gestaltungsmöglichkeiten zu verschaffen, Routine zu vermeiden und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, eigene Ideen zu verwirklichen. Sie dürfen, wenn überhaupt, mit nur geringen Vorgaben und möglichst ohne Kontrolle geführt werden. • anderen Mitarbeitern, die als „gelbe“ und Einfluss nehmende Persön­ lichkeiten beschrieben werden können, vor allem soziale Anerkennung und öffentliches Lob geben sollten. Entscheidend ist, eine gute und harmonische Beziehung zu ihnen aufzubauen, für ein Wohlfühl-Arbeitsklima zu sorgen, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die ihnen Gelegenheit geben, viel zu kommunizieren, und ihnen spannende Projekte zu übertragen. Es sollte vermieden werden, ihnen allzu viele Detailarbeiten zu übergeben und sie zu kontrollieren. • Mitarbeitern, die sie mithilfe der Typologie als „grüne“, Stabilität anstrebende Menschen identifiziert haben, ein sicheres und stabiles Arbeitsumfeld bieten sollten. Zu beachten ist, ihnen eine herzliche und freundschaftliche Arbeitsatmosphäre zu verschaffen, ihnen ständig Feedback und Belohnungen für gute Leistungen zu geben und ihnen Aufgaben zu übertragen, für die Methodik und Ausdauer erforderlich sind. Bei Veränderungen

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ist es zielführend, mit ihnen zu besprechen, was das genau für sie bedeutet. Sicherheit und Absicherung sind für diese Mitarbeiter wichtige Dinge. • den „blauen“ Mitarbeitern, die sich selbst als Experten einschätzen, genau dies zubilligen – den Expertenstatus. Bei der Führungsarbeit ist zu berücksichtigen, ihnen ausreichend Zeit zu lassen, damit sie ihre Aufgaben ihren hohen Qualitätsanforderungen gemäß erledigen können. Die Führungskraft sollte ihnen Fristen und standardisierte Vorgehensweisen als Orientierung vorgeben, sie mit Veränderungen verschonen und ihnen Anerkennung für die konstant qualitativ hochwertigen Arbeitsergebnisse spenden. Diese Mitarbeiter müssen in ihren jeweiligen Fachgebieten als Experten glänzen dürfen. Das Prinzip der persönlichkeitsorientierten Führung besteht darin, die Stärken der Mitarbeiter kontinuierlich zu erweitern und die Schwächen abzubauen. Angesichts der angestrebten Verstärkung der vertrieblichen Ausrichtung betrifft dies vornehmlich die vertrieblichen Stärken und Schwächen. Typologische Führung ist immer auch selbstreflexiv ausgerichtet, mithin auf die Führungskraft selbst.

Die Typologie hilft dabei, sich selbst besser einzuschätzen und kennenzulernen sowie die Wirkung auf das Umfeld, und damit die Mitarbeiter, zu analysieren und im Selbstreflexionsprozess Veränderungen der inneren Haltung und Einstellungen vorzunehmen. So lassen sich auch die eigenen Stärken noch fokussierter einsetzen. Mithilfe der Prinzipien der typologischen Führung sollen die Führungskräfte bei Meier & Co. lernen, ihren Führungsstil und ihre Mitarbeiterkommunikation auf die Führungssituation und das Persönlichkeitsprofil des jeweiligen Mitarbeiters abzustimmen und sich entsprechend in den Mitarbeiter einzufühlen. Das gilt zum Beispiel für die Mitarbeitergespräche, etwa das Zielvereinbarungsgespräch und das Konflikt- und Kritikgespräch. Bei Letzteren ist es den Führungskräften nun möglich, persönlichkeitsorientiert zu kritisieren. Der Vorteil ist, genau einschätzen zu können, wie bestimmte Mitarbeiter sehr empfindlich auf kritische Äußerungen reagieren und diese als persönliche Angriffe empfinden werden. Wenn der Geschäftsstellenleiter mit seiner Kritik bei solch einem Mitarbeiter eine Verhaltensveränderung einleiten will, sollte er seine Worte zwar durchaus deutlich wählen, sie aber zugleich mit Fingerspitzengefühl und Sensibilität vortragen. Bei einem anderen Mitarbeitertyp hingegen ist es zielführend, Kritik eher sachlich zu akzentuieren

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und detailliert zu begründen, während ein dritter Mitarbeiter durchaus ein klares und deutliches Wort verträgt. Welche Reaktion die erfolgversprechendste ist, kann ein typologisch geschulter Geschäftsstellenleiter meistens problemlos erkennen.

8.4.6 W  andel und Change nachhaltig und langfristig durchführen Die Entscheider in unserem Beispielunternehmen setzen weitere Schwerpunkte und verfolgen dabei stets das Ziel, die entsprechende Vermittlung von Führungskompetenzen mit dem Erlernen der entsprechenden Führungsinstrumente zu verknüpfen. Im Fokus steht das Management von Veränderungsprozessen. Dies ist elementar, bedeutet doch die neue strategische Ausrichtung bei Meier & Co., dass sich jede Führungskraft und jeder Mitarbeiter mit Change-Prozessen konfrontiert sieht. Die Führungskräfte beschäftigen sich daher mit dem Drei-Phasen-Modell der Veränderung nach Kurt Lewin (Lewin 1951). Demnach durchläuft ein erfolgreicher Veränderungsprozess in der Abfolge Auftauen, Verändern und Wiedereinfrieren (unfreeze, move, refreeze) drei Phasen. Weil in Unternehmen zwei gegensätzliche Kraftfelder wirken, die zum einen den Status quo erhalten, zum anderen Veränderungen provozieren, kann Wandel nur entstehen, wenn das Gleichgewicht zumindest vorübergehend zugunsten der Veränderungskräfte verschoben wird. Damit Change möglich ist, müssen die starren Strukturen und Einstellungen „aufgetaut“ werden. Voraussetzung ist, den Widerstand gegen die Neuerung abzubauen und eine Motivation für aktives Handeln zu schaffen. Nach der Veränderung gilt es, den Wandel zu stabilisieren. Der neue Zustand muss „eingefroren“ werden, damit die Menschen nicht wieder in alte Handlungsmuster zurückfallen. John P. Kotter (2011) hat das Modell zu einem Acht-Stufen-Modell ausgebaut. Demnach geht es bei der Bewältigung von Change-Prozessen darum, • auf Stufe 1 ein Dringlichkeitsgefühl für die Bedeutung der Veränderung zu erzeugen, • auf Stufe 2 eine Führungskoalition aufzubauen, die sich um die Veränderung „hauptberuflich“ kümmert, • auf Stufe 3 eine Vision mit Sogwirkung und Umsetzungsstrategien zu entwickeln, • auf Stufe 4 die Vision des Wandels zu kommunizieren, um die Mitarbeiter zu überzeugen,

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• auf Stufe 5 die Verantwortung für den Change auf eine breite Basis zu stellen, indem möglichst alle Mitarbeiter beteiligt und motiviert werden, im Sinn der Vision zu handeln, • auf Stufe 6 schnelle Erfolge zu erzielen – auch damit die Mitarbeiter zeitnah motivierende Erfolgserlebnisse haben, • auf Stufe 7 diese Erfolge abzusichern und zu konsolidieren und • auf Stufe 8 schließlich den Wandel und die neuen Ansätze in der Unternehmenskultur zu verankern. Die Menschen bauen nach und nach neue Gewohnheiten auf, die dazu führen, die Veränderung am Arbeitsplatz leben zu können. In Anlehnung an Lewin und Kotter wird den Führungskräften bei Meier & Co. ein Fahrplan für die anstehenden Change-Prozesse an die Hand gegeben. Sie entwickeln in eigener Verantwortung ihre Maßnahmen- und Umsetzungspläne. Dadurch entsteht sukzessive ein Veränderungsspirit, der das Unternehmen dem Ziel, die vertriebliche Ausrichtung der gesamten Organisation und der Führungskräfte und Mitarbeiter mit Schwung und Elan umzusetzen, näherbringt.

8.4.7 Die Frage nach dem Sinn beantworten Simon Sinek hat mit seinem Golden Circle oder goldenen Kreis die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie wichtig die Klärung ist, was ein Unternehmen wirklich bewirken, welche Botschaft es in die Welt hinaustragen, welchen Nutzen es für seine Kunden schaffen, welche grundlegenden Überzeugungen es leben und welche höheren Ziele es verwirklichen will. Jeder muss wissen, wofür er seine Leistungen erbringt, jeder muss wissen, wie sich die Arbeit des Einzelnen in das Unternehmensganze einfügt und welchen Beitrag jeder Einzelne und die Teams für die Gesamtorganisation leisten. Und darum gehört der Umgang mit dem Führungsinstrument „Golden Circle“ zu den wirkungsvollsten Führungstools, mit denen sich die Führungskräfte bei Meier & Co. intensiv auseinandersetzen. Mit den Erkenntnissen von Simon Sinek (2014, 2019) planen die Führungskräfte ihre Vision für den Change. Im Mittelpunkt steht die Klärung der handlungsanleitenden und sinnstiftenden Frage nach dem Warum: „Warum überhaupt tun wir das, was wir tun?“ Allen Beteiligten wird klar, warum es für sie selbst, die Abteilung und das Unternehmen zielführend und sinnvoll ist, den geplanten Wandel zu vollziehen und die verstärkte vertriebliche Ausrichtung aktiv zu unterstützen.

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Durch die Beschäftigung mit der Frage nach dem Warum verdeutlicht sich allen Beteiligten die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit des Change. Der Vorteil: Die Ausrichtung auf den gemeinsamen Sinn dessen, was die Führungskräfte und Mitarbeiter in unserem Beispielunternehmen tun, verringert den Widerstand gegen den Change, weil sich nach und nach alle Beteiligten mit dem Veränderungsprozess identifizieren können. Entscheidend ist also, als Führungskraft die Frage nach dem Sinn für sich selbst, für jeden Mitarbeiter und auch das Team oder die Abteilung zu diskutieren und zu beantworten.

8.4.8 Virtuelle Führungstechniken beherrschen Damit sich die neue vertriebliche Ausrichtung in allen Niederlassungen des Unternehmens durchsetzen kann, sieht sich die Geschäftsleitung vor die Herausforderung gestellt, eine neue dezentrale Meeting-Kultur zu implementieren. Dabei werden auch die neuen Onlinemedien genutzt, um zum Beispiel Videokonferenzen durchzuführen. Es geht um die virtuelle Führung von Mitarbeitern und Teams. Die Führungskräfte müssen virtuell führen können, um die auf verschiedene Standorte verstreuten Mitarbeiter mithilfe der modernen Kommunikationsmedien motivieren, führen und begeistern zu können. Allerdings: Bei Meier & Co. sind die Entscheider nach wie vor der Meinung, es sei zielführend, wenn man sich auch weiterhin persönlich in Meetings trifft, um Themen zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen. Trotz New Work, schöner neuer Medienwelt und virtueller Kommunikation, trotz Home-Office und der Überzeugung „Du kannst arbeiten, wo du willst“, bleibt das persönliche Treffen für Management-Teams, die kreativ arbeiten wollen, ein Muss.

8.4.9 V  ertriebsorientierte Ausrichtung in allen Bereichen des Unternehmens Der Blick auf die wichtigsten Führungstools und -techniken, mit denen sich die Führungskräfte bei Meier & Co. im Rahmen des Veränderungsprozesses beschäftigen, zeigt die Komplexität der Herausforderungen. Um die Mitarbeiter auf das gemeinsame höhere Ziel auszurichten und sie intrinsisch zu motivieren, ist es notwendig, dass die Führungskräfte ihre kommunikativen Kompetenzen zur Entfaltung bringen und typorientiert auf die einzelnen Mitarbeiter eingehen. So kann es gelingen, die Veränderungsprozesse zum gewünschten Resultat zu führen.

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Entscheidend ist die Fähigkeit, mit Wertschätzung, Respekt und dem wahrhaftigen Interesse am Wohlergehen der Mitarbeiter zu agieren. So sind Spitzenleistungen möglich.

Damit sind die Meier & Co.-Überlegungen zum vierten Erfolgsfaktor (Vertriebsführung) und den Vertriebsdimensionen „Führungsinstrumente“ und „Führungskompetenz“ erst einmal abgeschlossen. Es hat sich gezeigt, dass der Job-Benchmark-Prozess eine fundierte Basis für die Festlegung der neuen Aufgaben und vor allem für die neue vertriebliche Neuausrichtung ist. So lassen sich die notwendigen Führungskompetenzen klar ermitteln und aufbauen. Personalentwicklung sollte stets an den zur Zielerreichung erforderlichen Führungskompetenzen ansetzen, die vorher exakt ermittelt und in Kompetenz-Reports festgehalten wurden. Durch die zusätzliche Möglichkeit der Fremdeinschätzung ergeben sich wesentlich fundiertere Aussagen über die Kompetenzen eines Mitarbeiters. Hebelwirkungen werden genauer aufgezeigt, und die Entwicklungsarbeit wird sowohl für den HR-Bereich als auch die Führungskraft erleichtert. Führungsinstrumente im Vertriebsbereich müssen zur aktuellen Situation des Unternehmens oder des Bereichs passen, um schnell positive Effekte zu erzeugen. Es reicht nicht, nach dem Gießkannenprinzip Methoden und Tools an Vertriebsführungskräfte zu vermitteln. Bei Meier & Co. konnten durch die dargestellte Vorgehensweise Führungsinstrumente gezielt vermittelt und Tools passend entwickelt werden. Das Ergebnis: eine vertriebsorientierte Ausrichtung in allen Bereichen des Unternehmens.

Literatur ICV ControllingWiki (2020) „Benchmarking“. www.controlling-wiki.com/de/index.php/Benchmarking. Zugegriffen am 17.02.2020 Kotter JP (2011) Leading Change: Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern. Vahlen, München Lewin K (1951) Field theory in social. In: Cartwright D (Hrsg) Resolving social conflicts & field theory in social science. American Psychological Association, Washington, DC Sinek S (2014) Frag immer erst: WARUM. Wie Topfirmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren. Redline, München Sinek S (2019) Finde Dein WARUM. Der praktische Wegweiser zu Deiner Bestimmung, 3. Aufl. Redline, München Skazel R, Thiemann D (2019) Verkaufskompetenz Mensch: Gewinnerstrategien für Top-Verkäufer. Anleitung zum persönlichkeitsorientierten Verkauf. Books on Demand, Norderstedt

9 Schritt 8 zur Top Sales Company: Stolpersteine überwinden

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Die Abenteuerreise zur Top Sales Company kann auch in einem Fiasko enden. Damit dies nicht geschieht, erfahren Sie nun, über welche Fallstricke Sie stolpern können – und wie Sie sie umgehen. Die Hinweise und Tipps fassen wir am Ende des Kapitels zu zehn Platin-Regeln zusammen. Prüfen Sie, welche der Regeln bei Ihnen im Unternehmen bereits Beachtung finden und welche Sie zeitnah berücksichtigen sollten.

9.1 S  tolpersteine auf dem Weg zur Top Sales Company Es sind oft dieselben Fehler, die ein Unternehmen daran hindern, sich zur Top Sales Company zu entwickeln. Dies können wir aufgrund unserer Erfahrungen bei der Durchführung der Vertriebsaudits 360° und der daraus resultierenden Umstrukturierung und Weiterentwicklung von Firmen immer wieder feststellen. Nutzen Sie unsere Hinweise und Tipps, um mögliche Stolpersteine zu umschiffen und ihnen auszuweichen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_9

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9.1.1 S  tolperstein 1: Der ganzheitliche Ansatz gerät in Vergessenheit Ein Vertriebsaudit 360° besteht aus zahlreichen Erfolgsfaktoren, Vertriebsdimensionen, Themenfeldern und der Beurteilung konkreter Vertriebssituationen. Wir erleben es allzu oft, dass dem Management und der Geschäftsleitung dabei der Blick für das große Ganze verloren geht. Zuweilen glauben die Verantwortlichen und Entscheider, sie müssten lediglich an einer oder einigen wenigen Stellschrauben drehen, um zu substanziellen Verbesserungen zu gelangen. Das jedoch ist fatal und für die kontinuierliche Entwicklung zur Top Sales Company tödlich. Nie darf der Zielhafen aus dem Blick geraten, es ist notwendig, eine übergeordnete Metaperspektive einzunehmen und eine ganzheitliche Sicht auf die Interdependenzen, Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Aspekten des Vertriebsaudits 360° zu entwickeln. Meier & Co. zum Beispiel musste erst lernen, wie wichtig es ist, die Bereiche Marketing und Vertrieb im Kontext zu sehen und diese miteinander zu verzahnen. Es geht darum, das Gesamtunternehmen voranzubringen und der ganzen Firma eine vertriebliche Ausrichtung zu ermöglichen.

9.1.2 S  tolperstein 2: Das Management zieht sich zu früh zurück Leider fehlt es manchmal an der Unterstützung durch die Geschäftsleitung. Wir erleben häufig, dass ein Beratungsprojekt zunächst mit viel Elan vom Management angegangen wird, dann aber mangelt es an der notwendigen Hilfestellung. Allerdings: Mit dem Vertriebsaudit 360° allein ist es nicht getan, entscheidend sind vielmehr die Konsequenzen, die aus den Auditergebnissen gezogen werden, und die Maßnahmen, die ergriffen und konsequent umgesetzt werden, um die im Audit analysierten Schwachstellen zu beheben. Wir können es nicht oft genug betonen: Ein effizienter Vertrieb ist die elementarste unmittelbare Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg und bildet die Spitze der Wertschöpfungskette. Dieses Leitmotiv darf nicht nur für die Zeit der Durchführung des Vertriebsaudits 360° gelten, sondern muss zum Handlungsmotto der gesamten Weiterentwicklung des Unternehmens erhoben werden.

Wenn die Verkäufer nur einen Bruchteil ihrer Zeit mit dem aktiven Verkaufen und der Neukundenakquise verbringen und Verwaltungstätigkeiten

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und Innendienstaufgaben die größten Zeitfresser sind, dann sollte sich das Management die Veränderung dieser Zustände sozusagen für „immer und ewig“ auf die Fahnen schreiben. Das Entfachen eines vorübergehenden vertrieblichen Strohfeuers nutzt wenig.

9.1.3 S  tolperstein 3: Zu kurzer Atem, zu wenig Ausdauer – vor allem im Personalrecruiting Obgleich die meisten Unternehmen im Rahmen des Audits konstatieren, dass die Professionalisierung des kompetenzorientieren Personalrecruiting zu den großen Herausforderungen der Zukunft zählt, wird hier zu wenig Wert auf Kontinuität und Langfristigkeit gelegt. Notwendig sind nicht punktuelle Maßnahmen, sondern die Ausarbeitung und Umsetzung eines nachhaltigen Personalentwicklungskonzepts und einer Strategie, die nicht nur den Personalbedarf von morgen, sondern auch den von übermorgen mitdenkt. Es bedarf einer Bewusstseinsveränderung: Personalbeschaffung und Personalentwicklung sind die wichtigsten Prozesse innerhalb einer Organisation, die sich zur Top Sales Company entwickeln will. In der Personalarbeit sollten die kompetenzorientierte Weiterentwicklung der Menschen und die kompetenzorientierte Unternehmensentwicklung im Vordergrund stehen.

9.1.4 S  tolperstein 4: Blindheit auf dem immateriellen Auge Bei Meier & Co. hat sich die Etablierung ergebnisfördernder Anreizsysteme als ein zentraler Aspekt erwiesen. In vielen Unternehmen gibt es diesbezüglich zwei Schwachstellen: Wenn überhaupt, werden in den Unternehmen oft nur Anreize für den Vertrieb kreiert. Wichtig jedoch ist, die Vertriebsziele mit den anderen Unternehmensbereichen zu verknüpfen und auch hier Anreize zu schaffen. Selbst die Mitarbeiter zum Beispiel in der Logistik, in der Produktion oder im Controlling müssen wissen, dass und wie es ihnen gelingen kann, durch überdurchschnittliche Leistungen und Ergebnisse ihren persönlich-individuellen Nutzen zu steigern. Die zweite Schwachstelle liegt darin, dass die Unternehmen bei der Schaffung eines Anreizsystems dem immateriellen Bereich zu wenig Aufmerksamkeit widmen. Natürlich müssen das Einkommen und die materiellen Aspekte

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stimmen, aber viele Menschen lassen sich vor allem – oder auch zusätzlich – durch immaterielle Anreize motivieren. Die Vielfalt potenzieller Anreize ist beachtlich, die Motivationslandschaft bunt wie ein Kaleidoskop. Konkret: Mit Incentives lassen sich zwar hervorragende Motivationserfolge erreichen – für eine dauerhafte Motivation sind jedoch Südseereise, Luxusabenteuer und Wellnessspektakel eher nicht geeignet. Hier müssen andere Motivatoren ­angesprochen werden. Entscheidend ist, mithilfe des Anreizsystems auch diejenigen Mitarbeiter anzusprechen, • denen der Aspekt der Selbstverwirklichung wichtig ist, die sich mithin eine befriedigende Arbeit wünschen, die Raum zur freien Entfaltung der eigenen Leistungsmöglichkeiten und zum Ausleben der persönlichen Werte bietet, • die sich mit dem Unternehmen und dem, was es herstellt und tut, identifizieren und dabei auch ethische Aspekte berücksichtigt sehen wollen, • für die ein „Wir-Gefühl“ und eine stabile Unternehmenskultur relevant sind, • die ihren Verantwortungs- und Einflussbereich und darüber hinaus ihren Machtbereich kontinuierlich ausweiten und vergrößern wollen, • die am Arbeitsplatz ihre kreativen Fähigkeiten ausleben und entfalten möchten und • für die das Motivationsmuster „Privatleben“ relevant ist. Immer mehr Mitarbeiter räumen der Freizeit und dem Familienleben einen höheren Stellenwert ein. Immer gilt: Die Motivationsstruktur dieser Menschen speist sich nicht allein aus materiellen Quellen, neben dem ökonomischen Motiv stehen gleichberechtigt kognitive, ästhetische, individualistische, traditionelle und soziale Motive. Und dies wird bei der Entwicklung ergebnisfördernder Anreizsysteme zu selten beachtet.

9.1.5 S  tolperstein 5: Die Mitarbeiter werden zu wenig in die Entwicklungsprozesse integriert Es gibt die Aufforderung, in Veränderungsprozessen die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, mithin diejenigen, die vom Change unmittelbar betroffen sind, mitzunehmen und sie zu integrieren und zu beteiligen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, eine Binsenweisheit. Trotzdem beobachten wir in unserer Arbeit, dass die Mitarbeiter zu nachlässig über die Notwendigkeit und

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Sinnhaftigkeit der Prozesse informiert werden. Es wird versäumt, ihnen das Warum, die Sinnhaftigkeit des Change nachvollziehbar nahezubringen. Dabei ist jetzt nichts wichtiger, als dass die Vision transportiert wird, die Kommunikation funktioniert und die Informationen auf allen verfügbaren Kanälen fließen, damit die Mitarbeiter genau wissen und einschätzen können, was auf sie zukommt und was von ihnen erwartet wird. Geschäftsleitung und Management müssen den Mitarbeitern vertrauen und ihnen etwas zutrauen. Die Entscheider sollten auf der eine Seite von den Mitarbeitern Beteiligung einfordern, aber auf der anderen Seite sie in die Lage versetzen, die notwendigen Veränderungen aktiv, offensiv und mit hohem Engagement zu unterstützen.

9.1.6 S  tolperstein 6: Führungskräfte im Mittelmanagement sitzen zwischen allen Stühlen Bei der Umsetzung der Veränderungsprozesse spielen die Führungskräfte eine zentrale und erfolgsentscheidende Rolle, insbesondere die Manager der mittleren Führungsebenen, die sich oft in einer unangenehmen Sandwich-­Position befinden: Zum einen müssen sie die Veränderungsinitiativen gegenüber den Mitarbeitern begründen, legitimieren und durchsetzen und dabei nicht selten auf Seiten der Mitarbeiter Widerstände überwinden und Konflikte lösen. Zum anderen stehen sie bei Management und Geschäftsleitung in der Pflicht und Verantwortung, die Veränderungen reibungs- und geräuschlos zu managen. So finden sich diese Führungskräfte oft zwischen allen Stühlen wieder. Dabei werden sie zwischen den verschiedenen Erwartungshaltungen geradezu zerrieben. Diese spezifische und komplexe Position der Mittelmanager sollte verstärkt in den Fokus des Managements rücken. Wir jedenfalls ermutigen die Mittelmanager häufig, ihr Recht auf Unterstützung einzufordern, und dringen bei den Entscheidern darauf, die schwierige Sandwich-Position der Mittelmanager zu beachten und sie tatkräftig bei der Bewältigung der komplexen Situation zu unterstützen.

9.1.7 S  tolperstein 7: Die kleinteilige Umsetzungsarbeit wird vernachlässigt Es gibt Firmen, die das große Ganze, den großen Wurf aus den Augen verlieren. Und es gibt Unternehmen, die bei der konkreten Umsetzung die Detail-­Zügel schleifen lassen, etwa weil sie zu behäbig sind, um die notwen-

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digen konkreten Umsetzungshilfen und -tools zu entwickeln. Ein Beispiel: Die mühselige Arbeit der Entwicklung von Kennzahlen wird sträflich vernachlässigt. Bei Meier & Co. ist die Entwicklung jener Kennzahlen die Vo­ raussetzung dafür, regelmäßig Berichte zu erstellen und eine entsprechende Meeting-Kultur zu etablieren. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe errichtet, die Standards für die Reportings und Sitzungen erarbeitet hat. Wir stellen fest, dass die Umsetzung oft scheitert, weil solchen substanziellen, aber sehr aufwendigen Maßnahmen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird.

9.1.8 Stolperstein 8: Das Unwesentliche genießt Priorität Sie haben in diesem Buch erfahren, welche umfassenden Veränderungsmaßnahmen in unserem Beispielunternehmen durchgeführt worden sind. Wobei sich einige der Maßnahmen in der Planungsphase befinden und einen längeren Umsetzungszeitraum in Anspruch nehmen werden. In der Realität sieht das nicht sehr viel anders aus: In aller Regel ziehen die Ergebnisse des Vertriebsaudits 360° ein umfangreiches Maßnahmenbündel nach sich. So manche Geschäftsleitung verfällt angesichts des gewaltigen Maßnahmenkatalogs in hektischen Aktionismus. Dies führt mal zur Lähmung  – dann geht gar nichts mehr! Oder umgekehrt: Die Entscheider versuchen, „alles auf einmal umzusetzen“, mit der Folge, dass Chaos ausbricht und man sich in der Verwirklichung eher unwichtiger und nachrangiger Maßnahmen verzettelt. Es ist wichtig, die notwendigen Maßnahmen mit Ruhe, Besonnenheit und Gelassenheit zu priorisieren, das Aktivitätenbündel mit einem stringenten Zeitplan zu versehen und sich auf die wesentlichen Aspekte und die Beseitigung der Engpassfaktoren zu fokussieren.

9.1.9 S  tolperstein 9: Die Bewertergruppen sind nicht breit genug gewählt Einer der eher technischen Fehler, die bei der Arbeit mit dem Vertriebsaudit 360° gemacht werden, besteht darin, dass die Gruppen, die jene 16 Vertriebsdimensionen und 80 Themenfelder bewerten, nicht breit genug gestreut sind. Es sollten möglichst viele Personen aus dem unternehmerischen Umfeld in das Auditing einbezogen werden. Wir betonen in der Arbeit mit den Firmen immer wieder, dass es von Vorteil ist, wenn sich viele Analyse-Scheinwerfer auf den Vertrieb richten. Umso aussagekräftiger und objektiver sind die Ergebnisse des Auditing.

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9.1.10 S  tolperstein 10: Der Vertrieb als untergeordnete Instanz Die alles entscheidende Frage ist, inwiefern die Überzeugung, dass das gesamte Unternehmen vertrieblicher denken und handeln soll und muss, tatsächlich in die Köpfe und das Bewusstsein aller Beteiligten eindringt. In der jüngsten Zeit häufen sich die Stimmen, dass ein exzellenter Vertrieb der Garant für den Aufbau der Wettbewerbsvorteile von morgen ist. Dirk Zupancic führt in seinem Buch „Sales Drive“ beeindruckende Beispiele an, wie sich (nur) durch konsequente Vertriebsorientierung Wettbewerbsvorteile generieren lassen (Zupancic 2019), und Stephan Kober beschreibt, dass ein Unternehmen dann seine Marktposition optimieren und Kunden gewinnen kann, wenn das gesamte Unternehmen bereit ist, dem Vertrieb zuzuarbeiten. Der Vertrieb dürfe nicht, wie in vielen Firmen üblich, weiterhin eine untergeordnete Rolle in den Unternehmen spielen (Kober 2019). Dieses vertriebliche Bewusstsein in den Unternehmen nachhaltig zu wecken und zu verankern, gehört zu unseren zentralen Aufgaben.

9.2 D  ie zehn Platin-Regeln des vertriebsorientierten Unternehmens • Platin-Regel Nummer 1: Sorgen Sie dafür, dass alle Unternehmensbereiche konsequent vertriebsorientiert denken und handeln. Das vertriebliche Bewusstsein ist entscheidend. • Platin-Regel Nummer 2: Nehmen Sie bei der Umsetzung stets eine übergeordnete und ganzheitliche Perspektive ein. Beachten Sie die Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Erfolgsfaktoren und Vertriebsdimensionen. • Platin-Regel Nummer 3: Der Erfolg oder Misserfolg der Entwicklung zur Top Sales Company hängt entscheidend vom Engagement des Managements und der Geschäftsleitung ab. • Platin-Regel Nummer 4: Die Gewinnung und Bindung exzellenter und hoch kompetenter Mitarbeiter  – speziell im Vertrieb  – gehört zu den Top-Herausforderungen der Zukunft. Ohne ein professionelles Personalrecruiting, in dessen Mittelpunkt die Entwicklung der Kompetenzen steht, die ein Mitarbeiter benötigt, um einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele zu leisten, geht gar nichts mehr!

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• Platin-Regel Nummer 5: Beachten Sie bei der Etablierung ergebnisfördernder Anreizsysteme stets materielle und immaterielle Werte. Anreizsysteme müssen mitarbeiterindividuell und persönlichkeitsorientiert ausgerichtet sein. • Platin-Regel Nummer 6: Machen Sie die Betroffenen zu Beteiligten. Alle Mitarbeiter und Führungskräfte müssen von der Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit der Entwicklung zur Top Sales Company aus tiefstem Herzen überzeugt sein. • Platin-Regel Nummer 7: Es gilt, insbesondere die Mittelmanager zu motivieren, den Entwicklungsweg zur Top Sales Company engagiert und motiviert zu unterstützen. • Platin-Regel Nummer 8: Vergessen Sie neben dem großen Wurf und dem Big Picture nie, konkrete Umsetzungsmaßnahmen und -aktivitäten bis ins Detail zu planen und umzusetzen. • Platin-Regel Nummer 9: Verzetteln Sie sich bei der Umsetzung nicht, konzentrieren Sie sich zunächst einmal auf das Wesentliche. Gehen Sie Schritt für Schritt vor, priorisieren Sie die Umsetzungsschritte. • Platin-Regel Nummer 10: Augen auf bei der Wahl der Bewertungsinstanzen. Je differenzierter die Bewertung, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Ziel der konsequent vertrieblichen Ausrichtung aller Unternehmensebenen erreichen.

Literatur Kober S (2019) Feuer und Flamme für den Vertrieb: So entwickeln Sie Ziele, für die Ihr Team brennt. Springer Gabler, Wiesbaden Zupancic D (2019) Sales Drive: Wie Sie durch konsequente Vertriebsorientierung im Wettbewerb gewinnen. Springer Gabler, Wiesbaden

10 Schritt 9 zur Top Sales Company: Herausforderungen und Zukunftsaussichten

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Die Abenteuerreise zur Top Sales Company endet hier. Aber nur bezogen auf dieses Buch – die Frage ist, wie die Reise weitergeht. Ein Blick in die vertriebliche Zukunft der Unternehmen zeigt, dass der Verkauf ein People-Geschäft ist und bleibt. Die Persönlichkeit der handelnden Akteure, insbesondere der Verkäufer, entscheidet darüber, ob ein Unternehmen sich am Markt halten kann oder untergeht. Zudem gehört die Rekrutierung kompetenter Mitarbeiter zu den erfolgsentscheidenden Faktoren.

10.1 Der Blick in die vertriebliche Zukunft In welche Richtung wird sich der Vertrieb in den nächsten Jahren entwickeln? „Prognosen sind äußerst schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“ – dieses Zitat wird mal Mark Twain, mal Winston Churchill, mal Kurt Tucholsky in den Mund gelegt. Trotzdem wollen wir die wohlbegründete Behauptung wagen, dass der Vertrieb der Zukunft immer hybrider wird, weil die Kunden mit den Unternehmen auf möglichst allen Kanälen kommunizieren wollen, online und offline. Weil der Vertrieb zudem immer prozessorientierter agiert, ergeben sich in vielen Vertriebsorganisationen dramatische Optimierungschancen im Hinblick auf die Verbesserung der Vertriebsprozesse.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_10

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Die Unternehmen insgesamt  – aber eben auch die Vertriebsabteilungen  – müssen immer agiler und flexibler auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen und Kundenbedürfnisse eingehen. Was heute gilt, ist morgen schon veraltet und übermorgen überflüssig. Auf die enorme Individualisierung der Kundenerwartungen reagieren die Vertriebsabteilungen durch eine entsprechende Individualisierung der Ansprache der Kunden, die Kundenkontakte verlaufen immer spezifischer. Sicher ist, dass wir von einem Push- zu einem Pull-System durch den Kunden wechseln werden. König Kunde will spüren und wissen, dass er in der Wahrnehmung des Verkäufers, mit dem er gerade spricht, der im Moment wichtigste Mensch auf der Welt ist. So sorgt er dafür, dass der Grad der Individualisierung immer weiter voranschreitet. Dabei wünscht er, dass von Mensch zu Mensch, von Persönlichkeit zu Persönlichkeit verkauft wird: Verkauf ist und bleibt ein People-­Geschäft – Persönlichkeit wirkt, Persönlichkeit gewinnt. Darum spielen die Persönlichkeitsentwicklung und der Anspruch, jeden Arbeitsplatz mit dem richtigen Mitarbeiter zu besetzen, der über genau die Kompetenzen verfügt, die ihn in die Lage versetzen, Wettbewerbsvorteile aufzubauen, eine dominante Rolle. Die Menschen im Vertrieb benötigen immer spezifischere Kompetenzen, um den Herausforderungen gerecht werden zu können – zum Mega-Trend der Zukunft, dem „Kompetenzmanagement“ gleich mehr (s. Abschn. 10.2). Im Vertrieb der Zukunft hält Big Data verstärkt Einzug – Vertriebsorganisationen, die es schaffen, vorhandene Daten bestmöglich zu erfassen, auszuwerten und zu nutzen, sind in der Lage, dass ihre Verkäufer als Problemlöser für den Kunden einen nachhaltigen Mehrwert stiften. Produkterklärer braucht niemand mehr. Mit der Überzeugung und Einstellung „Behandle den anderen so, wie er behandelt werden möchte“ gelingt es, für die Kunden positive Erfahrungen zu prägen und sie auf der fachlichen Sachebene und der emotionalen Beziehungsebene gleichermaßen zu überzeugen und zu begeistern. Entscheidend ist, sich zum Business Consultant zu entwickeln, der sich so exzellent im Geschäft des Kunden auskennt, dass er dessen Probleme erkennt und löst, bevor sie dem Kunden überhaupt bewusst werden. Das hat Konsequenzen für das Key Account Management, das zur Königsdisziplin wird: Insbesondere die wichtigsten und anspruchsvollsten Kunden werden durch hoch individuelle Konzepte und besonders geschulte Verkäufer strategisch beraten. All dies hat Folgen für die Führungsetagen. Leadership wird zum Erfolgsfaktor im Vertrieb: Die Kür besteht darin, die Vertriebsmitarbeiter persönlichkeitsorientiert und generationengerecht zu führen. Die Personalauswahl und -entwicklung nehmen bei der Gestaltung erfolgreicher Vertriebsstrukturen

10  Schritt 9 zur Top Sales Company: Herausforderungen und … 

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und -prozesse breiten Raum ein. Verkaufserfolg und Vertriebseffektivität ohne kompetente Mitarbeiter, bei denen die erforderlichen Kompetenzen und die tatsächlich vorhandenen Kompetenzen punktgenau zueinander passen, sind also nicht denkbar. Die Rekrutierung kompetenter Mitarbeiter und die strategische Personalentwicklung sind zukunftserfolgsentscheidend.

10.2 Der Mega-Trend Kompetenzmanagement Es wäre erstaunlich, wenn Sie bei der Frage nach den vertrieblichen Zukunftstrends bei dem einen oder anderen der oben dargestellten Punkte nicht anderer Meinung wären und andere Trends feststellten. Das mag auch auf den Mega-Trend zutreffen, den wir vom DIV als die große Herausforderung der Zukunft sehen: das Kompetenzmanagement. Eine der wichtigsten  – wenn nicht sogar die wichtigste  – strategischen Aufgaben, nämlich die richtigen Mitarbeiter zu integrieren, zu binden und zu entwickeln, wird oft noch zu unsystematisch angegangen. Die Definition, Analyse und Entwicklung von Kompetenzen ist einer der strategischen Eckpfeiler der Unternehmens-, Organisations- und Personalentwicklung. Ein wirkungsvolles und nachhaltiges Kompetenzmanagement stellt die notwendigen Weichen für die agile Zukunft.

Andreas Mollet schreibt dazu: „Noch immer liegt der Fokus in vielen Kompetenzmanagement-­Prozessen in der Verwaltung und Evaluation von in der Vergangenheit relevanten oder heute notwendigen Kompetenzen. Doch diese Prozesse bilden die tatsächliche Kernfunktion des Kompetenzmanagements nicht ab. Die passenden Mitarbeitenden zum jetzigen oder zukünftigen Zeitpunkt der Organisation zur Verfügung zu stellen, braucht mehr als nur eine Skill-Bibliothek. Es benötigt ein Kompetenzmanagement, welches einen aktiven, gestaltenden Beitrag zur Unternehmenssteuerung und -entwicklung leistet. (…) Es reicht nicht mehr, aktuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten zu kennen, zu beurteilen und zu entwickeln. Vielmehr geht es darum, zukünftige Anforderungen bereits im Vorfeld zu berücksichtigen, Veränderungen vorwegzunehmen und so die richtigen Kompetenzen jederzeit zur Verfügung zu haben. So wird aus der Personalentwicklung Unternehmensentwicklung.“ (Mollet 2019, S. 24)

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D. Thiemann und R. Skazel

Genau das ist nach unserer Auffassung die Aufgabe: die zukünftigen wichtigsten Kompetenzen im Vertrieb in einem dynamischen Kompetenzmodell festzuhalten, bei dem unter Berücksichtigung aktueller und unternehmensspezifischer sowie unternehmensinterner Entwicklungen Anpassungen vorgenommen werden können.

Denn jedes Unternehmen ist anders, darum kann es kein allgemeinverbindliches, für alle Unternehmen gültiges Kompetenzmodell geben. Im Deutschen Institut für Vertriebskompetenz haben wir ein neues und aktuelles Kompetenzmodell für den Vertrieb in Deutschland entwickelt. Es umfasst insgesamt 28 Kompetenzen in folgenden Bereichen: Das Kompetenzmodell des DIV • • • •

Persönlichkeit (personale Kompetenzen: Wie bin ich?) Interaktion (soziale Kompetenzen: Wie verhalte ich mich?) Fertigkeiten (Methodenkompetenzen: Wie gestalte ich?) Umsetzung (Handlungskompetenzen: Wie handle ich?)

Ziel ist, dass ein Unternehmen die acht bis zehn wichtigsten Kompetenzen als Anforderung definiert, indem die Entscheider Antworten  – auch mithilfe des Vertriebsaudits 360° – auf die folgenden Fragen finden: • • • •

Über welche Kompetenzen verfügen wir im Unternehmen? Welche Defizite sind vorhanden und welche Potenziale werden nicht genutzt? Welche Kompetenzen müssen demnach aufgebaut werden? Wie gelingt es, dabei auch die Unternehmensstrategie, Werte und Normen angemessen zu integrieren? • Wie können zukünftige Einflussfaktoren und Veränderungen proaktiv angegangen werden?

Zukünftig werden Unternehmen dann erfolgreich sein, wenn sie es verstehen, bereits heute an die Zukunft zu denken und die dafür notwendigen Kompetenzen zu definieren und zu entwickeln. Viele Unternehmen trainieren ihre Leute nur für den Job, den sie im Augenblick tun. Das muss und wird sich ändern. Unternehmen können die besten Produkte produzieren, trotzdem benötigen sie Menschen, die es verstehen, diese Produkte zu verkaufen. Oftmals werden Marktpotenziale nicht ausgeschöpft und die Vertriebsmitarbeiter bleiben unter ihren Möglichkeiten. Mit dem Trend zur Digitalisierung werden die Anforderungen an den Vertriebsmitarbeiter und die Vertriebsmitarbeiterin zunehmend anspruchsvoller, sowohl in der Geschwindigkeit als auch in der Qualität.

10  Schritt 9 zur Top Sales Company: Herausforderungen und … 

143

In einem unmittelbaren Zusammenhang damit steht die Frage, wie es gelingt, zukünftigen Vertrieblern und Verkäufern eine Ausbildung zuteilwerden zu lassen, bei der die strikt kompetenzorientiert ausgerichtete Unternehmens-, Organisations- und Personalentwicklung als Fundament dient. In ­Deutschland gibt es keine fundierte Grundlagenausbildung für den Vertriebsaußendienst. Viele Einsteiger im Vertrieb starten immer noch nach dem Learning-­ by-­doing-Prinzip: in einzelnen und nicht aufeinander abgestimmten Semi­ naren wird ihnen nach dem Gießkannen-Prinzip mehr oder weniger z­ ufällig zusammengestelltes Wissen vermittelt. Das Institut für Wissenschaftliche Weiterbildung der Hochschule Karlsruhe hat gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Vertriebskompetenz das Zertifikatsstudium Vertriebsfachmann/-frau im Außendienst entwickelt, das eine vertriebliche Grundausbildung mit folgenden Kompetenzen vermittelt (vgl. Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft 2020): • • • • • •

Reflexion und persönlichkeitsorientiertes Verkaufen Sales Mental und erfolgreiche Sprachmuster in der Akquisition Bedarfsanalyse und Nutzenargumentation Präsentations- und Verhandlungstechnik Einwandbehandlungs- und Abschlusstechniken Empfehlungsmanagement

Wir sind gespannt, ob und wie sich die von uns genannten Trends verwirklichen werden und wie der Vertrieb in einigen Jahren strukturiert sein wird. Eines jedenfalls steht für uns fest: Es ist dringend notwendig, dass Unternehmen das „Vertriebsgen“ entwickeln und alle Mitarbeiter und Führungskräfte eine verkäuferische Einstellung aufbauen und willens und fähig sind, verkäuferisch zu denken und zu agieren. Wir freuen uns, wenn Sie dazu in einen Dialog mit uns treten und sich mit uns über die Zukunft des Vertriebs austauschen.

Literatur Hochschule Karlsruhe für Technik und Wirtschaft (2020) Zertifikatsstudium „Vertriebsfachfrau/-mann im Außendienst“. https://www.hs-karlsruhe.de/home/weiterbildung/wissenschaftliche-weiterbildung/berufsbegleitende-zertifikats-kontaktstudien/vertriebsfachfrau-mann-im-aussendienst/. Zugegriffen am 17.02.2020 Mollet A (2019) Kompetenzmanagement 4.0: Gestalten statt verwalten. In: personalSCHWEIZ, Juni 2019, S 24–25

11 Statt eines Nachworts – die Beweisführung

Das erwartet Sie in diesem Kapitel Dass ein Vertriebsaudit 360° erfolgreich abläuft und zu substanziellen Ergebnissen und Verbesserungen im Unternehmen führt, ist rasch behauptet. Aber wir können Beweise vorlegen, und zwar mithilfe der Entwicklungsgeschichte der VIACTIV Krankenkasse und durch Interviews mehrerer Führungskräfte und Mitarbeiter dieses Unternehmens.

Die VIACTIV Krankenkasse wird von ihren Vertriebsmitarbeitern seit 2019 nach dem vom Deutschen Institut für Vertriebskompetenz durchgeführten Vertriebsaudit 360° als Top Sales Company eingestuft. Damit trägt die VIACTIV als erstes Unternehmen überhaupt und als bisher einzige Krankenkasse in Deutschland das Qualitätssiegel für ausgezeichneten Vertrieb. Die VIACTIV ist ein Krankenversicherungsträger der Gesetzlichen Versicherung, welcher aus mehreren Fusionen von Betriebskrankenkassen entstanden ist. Die Wachstumsstrategie, über Fusionen zu wachsen, hatte sehr gut funktioniert. Allerdings: Weitere Fusionen wurden aufgrund der erfolgten Marktbereinigung immer schwieriger. Seit 2017 verfolgt das Unternehmen erfolgreich die Strategie, vor allem über den Ausbau der Vertriebskompetenz zu wachsen. Ausgangspunkt war das Vertriebsaudit 360°. Die VIACTIV hat bewiesen, was mithilfe einer analytischen und strukturierten Analyse im Rahmen einer erfolgreichen Organisationsentwicklung möglich ist. Nach einer ersten Ist-Analyse 2017, initiiert durch einen Wechsel

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9_11

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D. Thiemann und R. Skazel

in der Vertriebsverantwortung, hat sich das Unternehmen innerhalb von 24 Monaten in insgesamt 78 von 80 gemessenen Vertriebsfeldern verbessert. Die Vertriebszahlen wurden in diesem Zeitraum vervierfacht. In den Interviews spiegeln sich der strategische, der operative und der vertriebsorientierte Aspekt des Wachstums.

11.1 Interview mit Tom Fröhlich Tom Fröhlich ist seit Sommer 2017 Bereichsleiter Markt und damit für den Vertrieb bei der VIACTIV verantwortlich. Herr Fröhlich, warum haben Sie sich für die Durchführung eines Vertriebsaudits 360° entschieden? Das war die Chance, von den Mitarbeitern ein qualifiziertes Feedback zu bekommen. Als „Neuer“ im Unternehmen hatte ich Vermutungen, aber die Leute im Vertrieb haben ein ganz gutes Gespür für die Situation. Es ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, die Beteiligten zu Betroffenen zu machen – so gelingt dann auch der notwendige Wandel! Welcher Nutzen war für Sie am größten? Erst einmal die visuelle Darstellung mithilfe der Ampelfarben. Es war nicht leicht zu akzeptieren, dass in allen vier Dimensionen die Ampel auf „Rot“ stand. Aber die Transparenz der Rückmeldungen ist sehr wertvoll. Dadurch konnten wir die wichtigen Themen schnell identifizieren und priorisieren, um kurzfristige Vertriebserfolge zu realisieren. Dem Vorstand konnten wir zügig aufzeigen, an welchen Punkten umgehender Handlungsbedarf angesagt war. Welche Erfolge konnten seit dem ersten Audit in den folgenden Jahren nachweislich erreicht werden? Am beeindruckendsten ist sicher die Vertriebsentwicklung. Wir haben das Vertriebsergebnis in zwei Jahren vervierfacht! Das klingt unglaublich, ist aber die Realität. Es ist im Nachgang betrachtet ein Bündel vieler Maßnahmen aus dem Audit, das zu den Erfolgen geführt hat: die Veränderung und der Austausch der Vertriebsverantwortlichen, das Mentoring für Führungskräfte, ein umfangreiches Schulungsprogramm für die Vertriebsmannschaft, die

11  Statt eines Nachworts – die Beweisführung 

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Einführung von Kennzahlen und Reports, die Wochengespräche mit persönlichem Feedback, die Incentivierung für den Vertrieb, um nur ein paar der Maßnahmen aufzuzählen. Entscheidend in der ganzen Zeit war aber, gemeinsam den Mut für Veränderungen zu haben. Heute freuen wir uns, dass wir beim dritten Audit die Silberauszeichnung „Top Sales Company“ erhalten haben! Das Wertvolle daran ist, dass diese Auszeichnung aufgrund der Bewertung durch die Mitarbeitenden erfolgt ist, die knapp drei Jahre zuvor die Ampeln auf „Rot“ gestellt hatten. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit? Wir hatten die Chance zu analysieren, wie erfolgsorientiert unsere Vertriebsorganisation im Wettbewerb aufgestellt war. Es wurde die aktuelle Zufriedenheit dokumentiert und analysiert, was sich verändern beziehungsweise verbessern musste. So konnte eine tragfähige vertriebliche Zukunftsstrategie entwickelt werden. Durch das aktive Einbinden der beteiligten Mitarbeitenden entstand eine hohe Akzeptanz und Bereitschaft zum Mitmachen.

11.2 Interview mit Dr. Christian Riese Dr. Christian Riese ist Bereichsleiter Personal bei der VIACTIV. Herr Dr. Riese, welche Bedeutung messen Sie der Rekrutierung bei, wenn es um die Gesamtbetrachtung des Vertriebserfolgs bei der VIACTIV geht? Vertriebserfolg hängt von einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Faktoren ab, die wechselseitig dynamisch miteinander interagieren. Wie bei allen komplexen Systemen ist Vorsicht geboten, wenn es darum geht, einfache Erklärungsmuster anzuführen. Dennoch wage ich die These, dass Rekrutierung für den Vertriebserfolg einen wichtigen – vielleicht sogar den wichtigsten  – erfolgskritischen Faktor darstellt. Professionalisierte eignungsdiagnostische Methoden und Vorgehensstrategien sind nicht nur für eine vertriebsorientierte Personal- und Organisationsentwicklung essenziell, dem Thema Rekrutierung kommt insgesamt in Unternehmen eine immer größer werdende Bedeutung zu.

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D. Thiemann und R. Skazel

Können Sie das etwas näher ausführen? Eine wirkungsvolle Vertriebsrekrutierung findet potenzielle Verkaufstalente zuverlässig und bindet sie nachhaltig ans Unternehmen. Der Zusammenhang zwischen Rekrutierung und der Gewinnung und Bindung erfolgreicher Verkäuferinnen und Verkäufer lässt sich aus meiner Sicht vor allem durch drei Punkte nachvollziehen: Erfolgreiches Recruiting sendet erstens starke Signale an Top-Verkäuferinnen und Verkäufer und erfolgsmotivierte Menschen mit „Vertriebsgen“. Das fängt mit der Stellenausschreibung an, die idealerweise Motive wie Leistung, Erfolgsfokus, Handlungsorientierung, Autonomie, unternehmerisches Denken und oder eine hohe Selbst­ wirksamkeitserwartung triggert. Auch Karrierechancen und eine entsprechende Reputation der „Vertriebsmannschaft“ im Gesamtunternehmen können hier „verlockend“ wirken. Gute Rekrutierung präsentiert zweitens das Unternehmen hinsichtlich seiner strategischen und organisationalen Ausrichtung als Premium-Adresse für Bewerbende. Es gibt zum Beispiel klare Hinweise, die das Unternehmen als erfolgreiche Vertriebsorganisation mit entsprechenden Prozessen, Einstellungen und professionalisierten Rahmenbedingungen erscheinen lassen. Gibt es eine widerspruchsfreie, kohärente Story zwischen internen Prozessen, Strukturen, Zielen und dem Markt, in dem das Unternehmen agiert? Verfügt die Organisation über so etwas wie eine „Vertriebs-DNA“? Hier steht die Frage im Fokus, inwieweit der Arbeitgeber für Vertrieblerinnen und Vertriebler optimale Arbeits- und Entfaltungsbedingungen bietet und aktuelle Lebensverhältnisse sowie zukünftige Karrierewünsche des Bewerbenden wirkungsvoll adressiert. Idealerweise inszeniert sich das Unternehmen als ein „Öko-System“ für erfolgreichen Vertrieb. Es bedient die „Freude am und auf Vertrieb“, wie Las Vegas einem „Glückritter“ „die Hoffnung auf den großen Coup“ vermitteln kann. Und der dritte Punkt? Eine anschlussfähige Rekrutierung bietet drittens für den Bewerbenden einen „Mehrwert“, selbst dann, wenn Unternehmen und Interessent nicht zueinander finden. Hier spielen die Qualität der angewendeten Re­ krutierungsinstrumente sowie der Rahmen und die Durchführung des Rekrutierungsprozesses eine wichtige Rolle. Das Rekrutierungsverfahren bietet für potenzielle Bewerber dann einen Mehrwert, wenn es wichtige Rückmeldungen über die Persönlichkeitsstruktur liefern kann, der Be­ werbungsprozess kurzweilig und herausfordernd erscheint, zur weiteren

11  Statt eines Nachworts – die Beweisführung 

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Entwicklung beiträgt und dafür sorgt, dass die Erkenntnis bei anderen Bewerbungsverfahren nutzbar gemacht werden können. Letztlich liegt ein „Mehrwert“ auch darin, dass hinsichtlich der Erwartungen des Unter­ nehmens und denen des Bewerbenden ein Abgleich stattfindet, der es ermöglicht, für eine Konvergenz zu sorgen. Welchen Beitrag kann die Personalentwicklung aus Ihrer Sicht leisten? Nachhaltige Personalentwicklung ist eng verzahnt mit dem Thema Organisa­ tionsentwicklung und nimmt daher neben den Themen Diagnostik, Training, Lernen, Coaching und Begleitung auch die Rahmenbedingungen in den Blick, unter denen sich Lernen, Lernerkenntnisse, die Umsetzung von Verhalten und die damit verbundenen Effekte entfalten können. Personalentwicklung beginnt bereits mit dem „Onboarding“. Hier gilt es, den Start im Unternehmen zu erleichtern, den Austausch mit erfahrenen Kolleginnen und Kolleginnen zu fördern, Know-how zu verbreiten und auszutauschen sowie Basiswissen zum Unternehmen und zum Markt zu vermitteln. Im Bereich des Trainings geht es um wichtige Grundlagen in der Interaktion mit anderen Menschen, die darauf abzielen, das Gegenüber mit seinen Bedürfnissen, Wünschen und Perspektiven zu verstehen, abzuholen und mit Blick auf das Produkt zu emotionalisieren. Was kann Training konkret leisten? Training kann helfen, Gesprächstechniken zu verbessern, neue Methoden auszuprobieren, das Zielgruppenverständnis auszubauen oder Kundenbin­ dungskompetenzen zu stärken. Lernen bleibt aber immer ein lebenslanges Projekt – auch im Vertrieb. Personalentwicklung kann hier unterstützen, die durch neue Marktverhältnisse hervorgerufenen veränderten Arbeits- und Lernherausforderungen zu analysieren, die Vertrieblerinnen und Vertriebler zu begleiten und in ihrer Selbst- und Selbstwirksamkeitsentwicklung zu stärken. Parallel zur Persönlichkeitsentwicklung sollte die Organisation attraktive Karriere-Pfade der beruflichen Entwicklung vorhalten, etwa vom Kundenberater zum Key Account Manager. Sonst greift Personalentwicklung vor allem im Vertrieb ins Leere. Personalentwicklung ist zudem ein wichtiger Baustein, um sich für oder gegen einen Arbeitgeber zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund sollte Personalentwicklung auch als glasklare Chance erkennbar sein, die eigenen Vertriebs-, Karriere- und Entwicklungsziele zu erreichen. Schließlich sollte eine erfolgreiche Personalentwicklung nicht ­

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z­ uletzt die Führungskräfte und Teams darin unterstützen, den Lerntransfer im Arbeitsalltag zu ermöglichen und Lernen insgesamt zu einem kontinuierlichen „Grundrauschen“ in der Organisation werden zu lassen. Welche Rolle spielen die Führungskräfte dabei? Führungskräfte spielen für einen erfolgreichen Vertrieb eine zentrale Rolle. Sie können für die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden und beim Aufbau von Vertrauen essenziell sein. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass ein Mangel an Vertrauen zur unmittelbaren Führungskraft auch das Vertrauen in die Organisation erschüttert. So werden Engagement, Sinn für die eigene Arbeit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten massiv beeinträchtigt. Auf Führungskräfte werden von Mitarbeitenden verschiedene Erwartungshaltungen projiziert, deshalb ist ihre Wirkmächtigkeit für ein nachhaltig erfolgreiches Handeln nicht nur, aber vor allem im Vertrieb so essenziell. Führungskräfte werden als strategische Entscheider, als fachliche und als Persönlichkeiten handelnde Vorbilder, als Talentmanagerinnen und Talentmanager sowie Lerncoaches und nicht zuletzt als Wegbereiter und -begleiter wahrgenommen. Jede dieser Rollen hat zeitweise ihre Berechtigung und kann einen großen Mehrwert bei der Performance eines Teammitglieds und der Effektivität einer Organisation entfalten. Wie lässt sich die Rolle der Führungskräfte beschreiben? Wenn Führungskräfte einen Beitrag zum Vertriebserfolg leisten, dann vollzieht sich das in unterschiedlichen Rollen, mal begleitend-unterstützend, aber auch fordernd-pushend. Wichtig ist immer ein positives Mindset gegenüber den besonderen Menschen, Bedingungen und Herausforderungen, die für den Vertrieb typisch sind. Gute Führungskräfte im Vertrieb sind ansprechbar für ihre Vertrieblerinnen und Vertriebler, sie wirken ehrlich und vertrauenswürdig, sie „spielen“ gerecht und fair, geben neue Impulse, sie arbeiten mit Mitarbeitenden an konkreten Entwicklungszielen und fördern und fordern deren Erreichung. Sie feiern mit ihren Mitarbeitenden gemeinsame Erfolge, bei der VIACTIV sind sie zudem „orange-­gefärbt“. Was bedeutet „orange-gefärbt“? Das heißt, sie vertreten die Unternehmensinteressen und Mitarbei­ terbedürfnisse mit Leidenschaft, Verve und Energie. Diese Energie begeistert und steckt andere an. Erfolgreiche Führungskräfte im Vertrieb wecken

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Emotionen und erkennen die Emotionen anderer. Sie sind offen für die Ideen ihrer Mitarbeitenden und bringen den ihnen anvertrauten Menschen ein grundsätzliches Vertrauen entgegen. Diese Führungskräfte bauen Mitarbeitende nach „Misserfolgen“ oder bei schwächeren Phasen wieder auf, indem sie Zuspruch spenden, Mut machen und Lösungen anbieten, statt Probleme einfach zu beklagen. Welche Auswirkungen hatte die Entwicklung auf die Führungskräfte? Die Entwicklung zu einer Vertriebsorganisation hat einen starken Einfluss auf die Führungskräfte, und umgekehrt befeuern auf Vertrieb ausgerichtete Führungskräfte den Aufbau einer Vertriebsorganisation enorm. Bekanntlich ist nichts attraktiver und motivierender als der Erfolg. Eine erfolgreiche Vertriebsentwicklung und das damit verbundene „vertriebliche Grund­ rauschen“ verändern den Blick auf das Thema Vertrieb nachhaltig. In diesem Prozess haben viele Führungskräfte begonnen, sich aktiver mit verändernden Ansprüchen und Erwartungshaltungen an die eigene Rolle als Führungskraft auseinanderzusetzen. Statt sich zu beschweren, gehen aktive Führungskräfte in die Gestaltung und in die Veränderung. Hier sind wir als Organisation gefordert, Selbstreflexion zu ermöglichen, Methoden zur Klärung der Führungsrolle für das Team und die Führungskraft bereitzustellen und den Austausch mit anderen Führungskräften zu ermöglichen. Darüber hinaus werden digitale Fähigkeiten und Innovationsgeist immer entscheidender für den zukünftigen Erfolg im Vertrieb. Hierbei spielen die Nutzung und die Nutzbarmachung innovativer Verkaufskanäle eine immer wichtigere Rolle. Diese zu erkennen, zu nutzen und weiterzuentwickeln wird in Zukunft eine wichtige Herausforderung für unsere Führungskräfte im Vertrieb sein.

11.3 Interview mit Bilal El Sabeh Bilal El Sabeh ist Mitarbeiter im Regionalvertrieb bei der VIACTIV. Herr El Sabeh, Sie haben innerhalb eines Jahres Ihre persönlichen Umsatzzahlen vervierfacht. Wie erklären Sie sich ist diese Leistungsexplosion? Hinter jeder guten Leistung stecken Ziele, die nur erreicht werden können, wenn man sie immer vor Augen hat und konsequent und diszipliniert an ihnen arbeitet. Das war bei mir nicht anders. Ich wollte bei den Abschlüssen

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unbedingt die 1000er-Grenze überschreiten. Mir war klar, dass mich viele für einen Hochstapler halten würden. Über 1000 Abschlüsse – das ist doch utopisch! Der Gegenwind hat mich von meinem Ziel nicht abgehalten. Es war wie erwartet ein extrem hartes Jahr. Aber umso schöner war es zum Ende hin, als es dann mehr als 1000 Abschlüsse waren. Wie haben Sie die Veränderungen in Ihrer Vertriebsorganisation wahrgenommen? Hinter jeder Veränderung stecken immer unzählige Chancen. Wichtig ist, die Wohlfühloase zu verlassen, um die Chancen beherzt zu ergreifen. Sicherlich ist es angenehm, quasi bis zur Rente immer das Gleiche zu machen, ohne Veränderung, im gewohnten Arbeitsumkreis, ruhig und gelassen. Aber so ein Typ bin ich nicht. Ich brauche die Veränderung, die Herausforderung, das Neue und vor allem die Chance, etwas neu und besser als bisher zu machen. Deswegen habe ich diese Veränderung begrüßt. Wir müssen nur das Beste daraus machen! Wie bewerten Sie Ihre persönliche Entwicklung? Es tut gut zu hören und zu sehen, wie der Erfolg im Umfeld gesehen und angenommen wird. Wichtig für mich ist, dass sich mein persönlicher Erfolg im Unternehmen widerspiegelt. Man wächst mit seiner Entwicklung, setzt sich andere, anspruchsvollere Ziele, neue Interessen werden geweckt, ein neues Umfeld entsteht, das eigene Netzwerk wächst drastisch an. Das ist schön und für das Ego natürlich sehr gut. Was hat Ihnen konkret geholfen, erfolgreich zu werden? Harte konsequente und disziplinierte Arbeit! Nicht einen Tag habe ich an meinem Ziel, die 1000er-Grenze zu schaffen, gezweifelt. Dann kommt noch hinzu, dass wir sehr markt- und kundenorientierte Produkte anbieten. Man sagt immer so schön: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine Frau.“ Bei mir sind es die Produkte der VIACTIV Krankenkasse. Es macht die Sache natürlich einfacher, wenn ich etwas verkaufe, zu dem ich zu 100 Prozent stehe und von dem ich mit gutem Gewissen sagen kann:

11  Statt eines Nachworts – die Beweisführung 

153

Abb. 11.1  Verdreifachung des Ergebnisses der Vertriebsmannschaft

„Ich tue dem Kunden, meinem Freundeskreis, meiner Familie etwas Gutes, indem ich ihnen dieses Produkt verkaufe.“ Anmerkung Herr El Sabeh hat sein Vertriebsergebnis innerhalb eines Jahres vervierfacht. Das Vertriebsaußendienstteam hat im Zeitraum von 2017 bis 2019 das Ergebnis verdreifacht (s. Abb. 11.1). Das Gesamtunternehmen hat es geschafft, ebenfalls im Zeitraum von 2017 bis 2019 sein Vertriebsergebnis zu vervierfachen. Wir können Ihnen nicht versprechen, dass dies auch in dieser Form bei Ihnen, liebe Leser, der Fall sein wird. Wir freuen uns aber, wenn Sie gemeinsam mit uns Ihre Vertriebspotenziale identifizieren und entwickeln möchten. Schreiben Sie dazu eine kurze E-Mail an: [email protected]

Stichwortverzeichnis

A

Abschluss 97 Abteilungsdenken 50 Akquisition 96 Ampelreport 7 Ampelsystem 3 Analyse, eignungsdiagnostische 79 Anforderungsprofil entwickeln 118 Anreiz, monetärer 91 Anreizsystem 75, 90, 94, 133 Ansatz, ganzheitlicher 132 Arbeitergebermarke 56 Auditprozess 9 Audit-Spirit 7 Auditworkshop 9, 40 Ausrichtung verkäuferische 22 vertriebliche 47, 137 vertriebsorientierte 129 Auswahlprozess 38, 75, 77 B

Bedarfsanalyse 97 Berichtswesen 105, 107 Bewerberauswahl 16 Bewertergruppe 28, 35, 136

Bewertungen/Audit 31 Bildungscontrolling 27 C

Changemanagement 127 Changeprozess 127 Commitment 106 CRM (Customer Relationship Management) 6 Customer Experience 74 Journey 74 D

Demotivation 89 Dimension 34 Durchführungs- und Auswertungsprocedere/Audit 31 E

Einstellungsprocedere 78 Einwandbehandlung 97 Empfehlung 98 Employer Branding 56

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 D. Thiemann, R. Skazel, Zukunftskompetenz Vertrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30309-9

155

156 Stichwortverzeichnis

Erfolg 25 Erfolgsfaktor 5 F

Faktor Mensch 2, 73 Faktor-Prinzip 77, 81 Farmer und Hunter 124 Feelgood-Aktivität 59 Feelgood-Management 58 Fehlinvestition bei Neueinstellungen 77 Fremdeinschätzung der Kompetenzen 123 Führungsinstrument 39, 113 Führungskompetenz 6, 40, 88, 113 Führungskräfteentwicklungs-Konzept 114, 115 Geschäftsstellenleiter 117 Führungstechnik, virtuelle 129 Führung, typologische 124 G

Gesprächskultur 17 Grundbedürfnis 94 H

Handlungsmotiv 92

I

Innen- und Außenkommunikation 48 Interview 146 Interviewtechnik 81 J

Job-Benchmark-Prozess 114 K

Karrieregespräch 82 Kennzahl 107, 112 Kennzahlenfestlegung 109

Kennzahleninterpretation 110 Kennzahlensystem 107, 108 Key Account Manager 87 Kompetenz 26, 101 Kompetenzanalyse 48, 120 Kompetenzaufbau 122 Kompetenzentwicklung 84 Kompetenzmanagement 140, 141 Kompetenzmatrix 98 Kompetenzmodell für den Vertrieb 142 Kompetenzorientierung 100 Kompetenzprofil 75, 101 Komplexitätsgrad/Reporting 111 Kundenbeziehungsmanagement 6 Kundensegmentierung 54 L

Leadmanagement 6 M

Managementrückzug 132 Marketingstrategie 5, 50 Marketing und Vertrieb 51 Marktpotenzial 5 Marktpotenzialanalyse 35, 54 Mega-Trend 140 Mini-Assessment 82 Mitarbeiterbeteiligung 134 Mitarbeiterbindungsprogramm 59 Mitarbeiterloyalität 59 Mittelmanagement 135 Motiv ästhetisches des Handelns 92 individualistisches des Handelns 93 kognitives des Handelns 92 ökonomisches des Handelns 92 soziales des Handelns 93 traditionelles des Handelns 93 Motivation 48, 89, 94 Identifikation 6 immatrielle 133

 Stichwortverzeichnis 

Motivation/Identifikation 38 Motivationsanreiz, monetärer 91 Motivationsarbeit 92 Motivations-Strohfeuer 26 Motivator 92 O

Onboarding 17 Online-Fragebogen 3 Online-Präsenz 54 Organisationsstruktur 2 P

Passgenauigkeit 76 Performanceaudit 3, 28 Persönlichkeitseigenschaft 84 Persönlichkeitsentwicklung 84, 85 Persönlichkeitstypologie 125 Personaleinstellung 79 Personalentwicklung 6, 38, 83 strategische 24, 141 Personalentwicklungskonzept 85 Personalmarketing 6, 35, 56 Personalrecruiting 2, 16, 133 Perspektive 29 Pinocchio-Effekt 78 Platinregel 23 Platin-Regel des vertriebsorientierten Unternehmens 137 Potenzialanalyse 85 Präsentation 97 Q

Quickwins 44 R

Recruitingprozess 37, 76, 82 Rekrutierung 6 Rekrutierung kompetenter Mitarbeiter 141 Relationship Manager 57

157

Reporting 103 Reporting/Beispiele 111 Rollenverständnis/Führung 123 Rundum-Sicht 5 S

Sales Mentoring 87 Schlüsselkennzahl 106 Schnittstellenoptimierung 51 Selbstreflexion 85 Silodenken 50 Sinnfrage 128 Social-Media-Strategie 52 Stellen-Sollprofil/ Geschäftsstellenleiter 118 T

Taktung/Reporting 108 Teamperformance 99 Telefoninterview 77 Top Sales Company Stolpersteine 131 U

Umsetzungsarbeit 135 Unternehmenskultur 18, 22 Unternehmen, vertriebsgetriebenes 50 V

Veränderungsmaßnahme 136 Verbindlichkeit 108 Vergütungssystem 90 Verkäuferkompass 95, 98 Verkaufskompetenz 6, 38, 95 Verkaufsphase 95 Verkaufswissen 95 Vertrauensaufbau 96 Vertriebsaudit 360° 3 Vertriebsausrichtung 3, 5, 34, 43 Vertriebsbewusstsein 20

158 Stichwortverzeichnis

Vertriebsdimension 3, 5 Vertriebseffektivität 33 Vertriebsfokussierung 22 Vertriebsführung 2, 3, 6, 18, 39, 103 Vertriebs-Gen 18, 20, 21, 45 Vertriebskanal Online-gestützten 53 Vertriebs-Mission 47 Vertriebsmitarbeiter 3, 6, 37, 73 Vertriebsorganisation 3, 6, 36 Vertriebsorientierung 118 Vertriebsreporting 6, 39, 107 Vertriebssteuerung 6, 39, 105, 107 Vertriebsstrategie 5, 35, 45, 52, 53 Vertriebsziel 1 Vorbereitungsphase/Audit 33 Vorstellungsgespräch 79

W

War for Talents 37, 75 Weitblick, strategischer 14 Weiterbildung 59, 83 Weiterbildungsaktivität 88 Weiterbildungsbedarf 84 Weiterbildungs- und Entwicklungsprogramm 27 Wettbewerbsvorteil 2 strategische 46 Z

Ziel 103 Zielkundendefinition 52 Zukunftsaussicht 139 Zukunftsfähigkeit 37 Zukunft, vertriebliche 139