Zuhause bei Helene und Alban Berg: Eine Bilddokumentation [1 ed.] 9783205210986, 9783205210962


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Zuhause bei Helene und Alban Berg: Eine Bilddokumentation [1 ed.]
 9783205210986, 9783205210962

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Daniel Ender

ZUHAUSE BEI HELENE UND ALBAN BERG Eine Bilddokumentation

Daniel Ender

ZUHAUSE BEI HELENE UND ALBAN BERG Eine Bilddokumentation

Böhlau Verlag Wien Köln Weimar

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2020 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6a A-1080 Wien Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Stephan Trierenberg (Das Waldhaus in Auen im Sommer 2018) / Anonym (Helene und Alban Berg am Tag ihrer Hochzeit, dem 3. Mai 1911, im Garten von Helenes Elternhaus in der Maxingstraße 46) Einbandgestaltung: Michael Haderer, Wien Gestaltung Coverbild, Layout und Satz: Iby-Jolande Varga

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21098-6

INHALT Zu diesem Buch 7 Dank 11 1. Jugendorte in Wien 13 2. Die Ehewohnung in der Trauttmansdorffgasse 41 3. Zwischen Sommerfrische und Landwirtschaft 67 4. Das Waldhaus in Auen am See 87 5. Instrumente und Musikalien 109 Exkurs: Alban Berg als Soldat 128 6. Bücher und Schallplatten 143 7. Idole, Freunde und Devotionalien 155 8. Schreiben und Komponieren 167 9. Tägliches Leben zwischen Freude und Beschwerlichkeit 177 10. Der Ford 191 11. Sammlerstücke und Glücksbringer 203 12. Erinnerungen 213

Anhang Anmerkungen 229 Weiterführende Literatur und Quellen 232 Bildnachweis 237

ZU DIESEM BUCH

Im selben Maß, in dem sie – entsprechend den damals gängigen Geschlechterrollen – seit ihrer Vermählung ihr ganzes Leben in den Dienst ihres Mannes gestellt hatte, so widmete Helene Berg (geb. Nahowski, 1885–1976) nach dem frühen Tod Alban Bergs (1885–1935) die langen Jahre, die ihr noch bleiben sollten, voll und ganz dem Andenken des Verstorbenen. 25 Jahre haben die beiden zusammen verlebt, über 40 Jahre dauerte die Zeit der Witwenschaft, die sie zielstrebig und unermüdlich dem Plan widmete, den Nachlass des Komponisten für die Nachwelt ebenso zu bewahren wie die Erinnerung an ihn wachzuhalten. Die von ihr im Jahr 1969 gegründete Alban Berg Stiftung hat diese Aufgaben von der Witwe übernommen und sie seit nunmehr mehr als einem halben Jahrhundert weiterverfolgt – so wie die Förderung zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten, die schon Alban Berg selbst in seinem Testament als Aufgabe einer Stiftung mit seinem Namen festgelegt hatte, und der Interpretation moderner Musik. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass der Ehefrau und Witwe auch und gerade die irdischen Güter Alban Bergs geradezu heilig waren – und zwar nicht nur die musikhistorisch relevanten Autografen und Dokumente, sondern auch die scheinbar profanen Objekte vom verwendeten Mobiliar über Gebrauchsgegenstände aller Art bis zu den zahlreichen sorgsam aufbewahrten Petitessen, deren Bedeutung sich für Außenstehende kaum auf den ersten Blick erschließt. Dadurch haben sich im Nachlass von Helene und Alban Berg in ungewöhnlicher Dichte und Breite auch Dinge des täglichen Gebrauchs erhalten, die einen tiefen Einblick in die (bürgerliche) Lebensrealität im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts weit über die nur individuelle biografische Situation hinaus erlauben. Ausgangspunkte für diesen Bildband waren die Wohnung in der Trauttmansdorffgasse 27 in Wien-Hietzing (13. Bezirk) und das Waldhaus im Kärntner Schiefling am See, Auen-Bergweg 22, sowie Gegenstände und Dokumente, die Helene Berg in diesen beiden Wohnstätten bewahrte. Im Mittelpunkt stehen dabei Objekte und Schriftstücke außerhalb des eigentlichen musikalischen und literarischen Nachlasses Alban Bergs – dieser umfangreiche Bestand befindet sich nahezu geschlossen, wenn auch mit einigen gewichtigen Ausnahmen, in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Dennoch lassen die in den Wohnungen verbliebenen Dinge Rückschlüsse auf das kompositorische Schaffen sowie auf das geistige und private Umfeld des Paares zu, so dass

Namensschild bei der Wohnung Trauttmansdorffgasse 27

7

sie auf ungewohnte Weise Wege zum Komponisten und seiner Ehefrau ermöglichen können. Die Spuren des Alltags zuhause bei Helene und Alban Berg sollen dabei auf doppelte und sich ergänzende Art und Weise erfahrbar gemacht werden: zum einen mit modernen, eigens in den Jahren 2018 bis 2020 entstandenen Farbfotografien, zum anderen mit einer ergänzenden Auswahl aus den zahlreich erhaltenen historischen Fotografien und Dokumenten. Soweit möglich, treten die Bilder aus diesen beiden Bereichen dabei in einen Dialog miteinander und erzählen gemeinsam Geschichten aus einer verblichenen Zeit durch die Brille der jüngsten Vergangenheit. Wie ihre eigenen Testamentsentwürfe sowie ihre Vorbereitungen zur Gründung der Alban Berg Stiftung belegen, kreisten die Gedanken Helene Bergs über Jahrzehnte um die Erhaltung sowohl beider Wohnorte selbst als auch der in ihnen befindlichen Einrichtungs-, Nutz- und Erinnerungsgegenstände. Aufgrund der musikhistorischen Sonderstellung der ehemaligen Villa Nahowski im steirischen Trahütten im Zusammenhang mit der Entstehung des Wozzeck und mit dem freundlichen Einverständnis der damaligen Eigentümerinnen (2018) wurde diesem Ort auch hinsichtlich seiner Repräsentation in diesem Buch eine besondere Bedeutung eingeräumt. Aus dritter Hand fanden schließlich auch einige jüngere Eindrücke vom Berghof am Ossiacher See (2013) den Weg in diese Publikation. Biografische und werkbezogene Angaben werden darin nur soweit mitgeteilt, wie sie zum unmittelbaren Verständnis notwendig sind. Stattdessen sollen die neuen Fotos und die historischen Dokumente und Bilder derart in einen Zusammenhang gebracht werden, dass sie den Leserinnen und Lesern ermöglichen, ihre Geschichten und Kontexte selbst zu entschlüsseln. Automaten-Passfotos von Alban und Helene Berg, 11.12.1929, nach der Generalprobe des Wozzeck in Essen

Etliche Besucherinnen und Besucher, die in den vergangenen Jahrzehnten die Berg-Wohnung in Hietzing betraten, äußerten übereinstimmend, dass insbesondere das Arbeits- und das Speiszimmer so wirkten, als seien Alban und Helene nur auf einen kurzen Spaziergang außer Haus gegangen. Es war das erklärte Bestreben der Stiftungsgründerin, dass hier möglichst alles so bleiben solle, wie es zu Alban Bergs Lebzeiten war: gleichsam die Zeit anzuhalten. Dieser im Grunde uneinlösbaren Absicht mögen beide erhaltenen Wohnstätten mit ihrer Aura bis heute noch immer erstaunlich nahe kommen. Dennoch zeigt ein Vergleich zwischen Bildern aus ähnlichen Perspektiven von damals und heute, ohne dass es einer weiteren Erläuterung bedürfte, dass auch unter der Prämisse des Bleibens in den von Helene Berg bis zuletzt auch in ihrer ursprünglichen Bestimmung genutzten Wohnungen da und dort ein gewisser Wandel Einzug gehalten hat. Die Zeitreise in diesem Band führt von den (vor-)städtischen Orten von Helene Nahowskis und Alban Bergs Kindheit und Jugend im späten 19. Jahrhundert und ländliche Gefilde über den für den Komponisten prägenden zeithistorischen Einschnitt des 1.  Weltkriegs (als jähe Ver-Störung und deswegen als außerhalb der zwölf Kapitel stehender Exkurs) über technische Neuerungen des frühen 20. Jahrhunderts – insbesondere eines der frühen vollständig auf dem Fließband hergestellten Automobile und eines 7-Röhren-Radioapparats – zur von der Witwe bis in ihre letzten Jahre fortgesetzten Erinnerungsarbeit, die sowohl das Ziel als auch den Inhalt ihres Tuns darstellte. Und auch wenn dieses Buch in ein eigenes Kapitel zu diesem Thema mündet, steht es doch auch im Ganzen im Zeichen der Erinnerung an Alban Berg, die unauflöslich mit der ordnenden, bewahrenden und gestaltenden Hand Helene Bergs verbunden ist.

DANK Das umfangreiche Material, aus dem dieses Buch – in sehr begrenztem Ausmaß – schöpft, wäre weder ohne die jahrzehntelangen Vorarbeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Alban Berg Stiftung, allen voran Dr. Regina Busch, greifbar gewesen – noch ohne die akribische und verlässliche Aufbereitung und die unermüdliche Suche nach Belegen in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, der Wienbibliothek im Rathaus sowie in den stiftungseigenen Beständen durch Sabrina Kollenz, M.  A., an die ein besonders verbundener Dank ausgesprochen sei – auch für ihre umsichtigen Korrekturarbeiten am Manuskript. Informationen zu einzelnen Objekten und Themen wurden dankenswerter Weise von Peter Endebrock, D-30167 Hannover, Expertinnen des Dorotheum, 1010 Wien – Regina Herbst, Ursula Rohringer und Mag. Christina Tolar –, von Klavierbaumeister Rudolf Plank, L. Bösendorfer Klavierfabrik, 1100 Wien, von Klavierbaumeister Johann Nemetschke, Inhaber der gleichnamigen Klavierfabrik, 2123 Schleinbach, von Geigenbaumeister Marcel Richters, 1170 Wien, von Dieter Bock, Bock’s Music Shop, 1130 Wien, sowie von Gus Seemann, Förderverein Eumig Museum, 2351 Wiener Neudorf, zur Verfügung gestellt. Wertvolle Ideen und engagierte Unterstützung für diesen Band kamen von Prof. Dr. Martin Eybl, dem ich für die kontinuierliche, inspirierende Zusammenarbeit sehr dankbar bin. Für alle im Buch verbliebenen Fehler und Irrtümer ist trotz aller geschätzten Hinweise ausschließlich der Autor selbst verantwortlich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, insbesondere Dr. Andrea Harrandt und Mag. Stefan Engl, haben durch vielfache unbürokratische Hilfestellungen ebenso zum Projekt beigetragen wie die Fotografen Stephan Trierenberg und Nicolas Hochenegg. Dr. Josef Holzapfel und Wolfgang M. Buchta haben ihre Bilder freundlicherweise für diesen Band zur Verfügung gestellt. Die damaligen Besitzerinnen der Villa in Trahütten Franziska Pieber, Simone Pagger und Bettina Dengg haben dankenswerter Weise im Sommer 2018 ihr Einverständnis zu Außenaufnahmen gegeben. Iby-Jolande Varga hat bei der grafischen Gestaltung wie immer maßgeblich zur Gesamtkonzeption beigetragen und auch wiederholt wertvolle inhaltliche Hinweise gegeben, Johannes van Ooyen – der die Idee vor seinem Eintritt in den Ruhestand mit auf den Weg brachte – und nach ihm Viktoria von Wickede vom Böhlau Verlag haben das Projekt in nachgerade idealer Zusammenarbeit begleitet. Ihnen allen sei herzlichst gedankt. 11

1. Jugendorte in Wien

Helene Nahowskis Zimmer in ihrem Elternhaus in der Maxingstraße 46 mit Fotografien von Alban Berg und Gustav Mahler

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Aus dem Fotoalbum von Helene Berg: Das Elternhaus in der Maxingstraße 46

Handschriftliche Bemerkung von Helene Berg auf der Rückseite: „Elternhaus Maxingstr[.] 46 (Mein Geburtshaus[)]“

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S

o wie der noble Wiener Vorort Hietzing – die Wohnstätte von zahlreichen Adeligen, Beamten und Hofbediensteten – seine Bedeutung der Nähe zur kaiserlichen Sommerresidenz Schloss Schönbrunn verdankt, so ist auch das stadtbekannte Schicksal der Villa in der Maxingstraße 46 unauflöslich mit der Geschichte verbunden, allerdings in einer höchst privaten Ausprägung. Wie aus den Tagebüchern von Anna Nahowski (geb. Nowak, 1860–1931) hervorgeht, hatte sie von Kaiser Franz Joseph im Herbst 1883 50.000 Gulden für den Kauf des Hauses erhalten, um dem Regenten den Weg zu seiner langjährigen Geliebten zu verkürzen. Die schicksalsvolle Liaison sollte da nur noch sechs Jahre dauern, bis sie der Regent durch seinen Vermögensverwalter im März 1889 beenden ließ.1 Ironischerweise steht die Villa in der Gloriettegasse 19 (Ecke Maxingstraße), die die Hofschauspielerin Katharina Schratt – als weitaus bekanntere, drei Jahrzehnte währende „Herzensfreundin“ von Kaiser Franz Joseph – kurz darauf erwarb, nur wenige Meter vom Haus der Familie Nahowski entfernt.2 Hier, in der Maxingstraße (bis 1894 Hetzendorfer Straße), wurde Helene am 29. Juli 1885 geboren – die kaiserlichen Besuche setzten sich also noch fort, bis sie etwa dreieinhalb Jahre alt war. Ihre Mutter Anna war zum zweiten Mal verheiratet. Aus der ersten Ehe mit dem Fabrikanten Johann Heuduck stammte die Halbschwester Carola Heuduck (1877–1946), die von 1900 bis 1904 Malerei und Stillehre bei Koloman Moser an der k. k. Kunstgewerbeschule (der Vorgängerin der Hochschule/Akademie/Universität für angewandte Kunst) studierte, aus der Schüler wie etwa Oskar Kokoschka hervorgingen. Einige ihrer Bilder sind noch heute in den Wohnstätten von Helene und Alban Berg erhalten. Während der zweiten Ehe Anna Nahowskis mit Franz Nahowski (1849– 1925) kamen neben Helene Anna Nahowski jun. (verh. Lebert, 1883–1973), die Mutter des Opernsängers und Schriftstellers Hans Lebert (1919–1993), und Franz Joseph Nahowski (1889–1942) auf die Welt. Eine mögliche Vaterschaft des Kaisers bei Helene und dem stets mit Franzl oder Frank angesprochenen Bruder – wie um die verräterische Namensgleichheit mit dem Regenten doch wieder zu verschleiern – galt für die beiden als so wahrscheinlich, dass sie entweder als real verstanden oder ihr nie offen widersprochen wurde. Den künstlerisch hochbegabten und unermüdlich mit Malerei und Plastik beschäftigten Frank sollten die Umstände derart belasten, dass eine Schizophrenie diagnostiziert wurde. Helene lernte Klavier und studierte in ihrer Jugend Gesang bei der vormals international erfolgreichen Altistin Marianne Brandt (geb. Marie Bischof ), die sie für „talentvollst“ hielt (siehe Foto rechts).

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Fotografie der Gesangslehrerin von Helene Nahowski: „Meinem liebsten talentvollsten Helenchen, eine Erinnerung an schöne Stunden u. ihre Marianne Brandt Wien 1906“

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Helenes Elternhaus, Maxingstraße 46 18

Blick aus dem Elternhaus: Anna (spätere Lebert) und Helene Nahowski

Franz, Anna sen., Helene, Franz Joseph (Frank) und Anna Nahowski (spätere Lebert)

Helene und Anna Nahowski (spätere Lebert) im Garten des Elternhauses 20

Helene am Schreibtisch im Elternhaus. Dieses Möbelstück befindet sich heute im Arbeitszimmer des Waldhauses.

Handgeschriebene Visitenkarte von Helene Nahowsky (Nahowski)

Das Musikzimmer im Elternhaus von Helene Nahowski, Maxingstraße 46 Während das noch immer ländliche Hietzing seinen im 18. Jahrhundert begonnenen Aufstieg am Ende des 19. Jahrhunderts fortsetzte – 1880 wurden 3.006 Einwohner und 277 Gebäude gezählt, zehn Jahre später zur Zeit der Eingemeindung in das Wiener Stadtgebiet bereits 3.720 Einwohner und 313 Häuser –, war schon damals das dicht besiedelte Zentrum in der Inneren Stadt ungleich geschäftiger. Der heutige 1. Wiener Gemeindebezirk hatte 1880 knapp 70.000 Einwohner – ein historischer Höchststand, der vorher und nachher niemals erreicht wurde. „Wenn man so wochenlang in der Stadt ist, zwischen den grauen Häusern u. den dahinhastenden Arbeitswesen, erscheint einem Hietzing, diese vielen stillen Gärten, die verwachsenen Alleen wo kaum ein Mensch geht, wie ein Paradies!“3, schrieb Alban Berg am 23. Juni 1918 an seine Frau Helene. Mitten in der Inneren Stadt, im 1725 erbauten und 1899 demolierten Barockhaus Tuchlauben 8, unweit von Peterskirche, Graben und Stephansdom, wurde er am 9.  Februar 1885 als Sohn des Buch- und Devotionalienhändlers Conrad Berg (1846–1900) und von der ebenfalls im Geschäft sowie in der Verwaltung der familieneigenen Immobilien tätigen Johanna Berg (geb. Braun, 1851–1926) geboren. Die drei Geschwister Hermann (1872–1921), Carl (Charly/Charley, 1881–1952) und Smaragda (1886–1954) komplettierten den Haushalt. Die Verlags-, Buch- und Kunsthandlung des Vaters befand sich direkt im sog. Schönbrunner (Schönbrunnen) Haus an der Ecke zur Milchgasse. Bergs Kindheit stand ganz im Zeichen kultureller und gesellschaftlicher Bildung – einschließlich Klavierunterricht durch die Erzieherin der Schwester. 22

Prägend für das Kind und den Jugendlichen war jedoch die Welt der Bücher, Gemälde und Kunstwerke im Umfeld des väterlichen Ladens. Einiges davon ging später in seinen Besitz über und wurde in den eigenen Räumen in Ehren gehalten. Der ältere Bruder Hermann ging in die Vereinigten Staaten und ebnete ab 1903 als Einkäufer des New Yorker Warenhauses Geo. Borgfeldt & Co. dem Teddybären von Richard Steiff den Weg4, Charley gründete ein eigenes Import-Export-Geschäft, Smaragda – Albans Spielpartnerin in Kindheit und Jugend, auch am Klavier – wurde Korrepetitorin, Pianistin und Klavierpädagogin und lebte nach einer nur wenige Monate dauernden Ehe mit Adolf Alexander Ritter von Eger (1907/08) ihre nicht-binäre Gender-Identität im männlich dominierten Wiener Künstler- und Intellektuellenmilieu offen aus. Vor seiner Eheschließung zog Alban Berg nicht weniger als viermal um. Wegen des Abrisses des Schönbrunner Hauses übersiedelte die Familie zunächst 1899 in die Breitegasse 8 in Wien-Josefstadt (8. Bezirk), in der der Vater seit 1894 eine Handelsfirma für Export- und Importgeschäfte führte.5 Hier erlitt die Familie den Tod des Vaters, hier blieb der Hauptwohnsitz während der für Alban sehr bewegten folgenden Jahre, in denen er als 17-Jähriger Vater der von Marie Scheuchl unehelich geborenen Albine Scheuchl (verh. Wittula, 1902–1954) wurde, erst beim zweiten Mal Antreten 1904 die Matura bestand und noch im selben Jahr sowohl als Beamter zu arbeiten begann als auch seinen Unterricht bei Arnold Schönberg aufnahm. Vor weiteren Stationen in der Vorderen Zollamtsstraße 11 in Wien-Landstraße (3. Bezirk) und in der Nußdorferstraße 19/ Fuchsthallergasse 2 im Alsergrund (9. Bezirk) zog die Familie 1905 in die Hietzinger Hauptstraße 6 in das Haus von Bergs Tante Julie Weidmann, der Schwester seiner Mutter Johanna, die bald darauf als deren Alleinerbin mehrere Immobilien die finanziellen Sorgen der Familie abschütteln konnte, ihrem Sohn Alban jedoch die Rolle des Verwalters aufbürdete. In diesen Hietzinger Jahren lernten sich Helene Nahowski und Alban Berg kennen: Nach ersten Begegnungen in der Wiener Hofoper wurde 1907 Kontakt aufgenommen, doch erst nach langen Kämpfen stimmte Franz Nahowski, der sich zunächst aufgrund Alban Bergs instabilem Gesundheitszustand und den unsicheren Zukunftsaussichten eines angehenden Musikers ausgesprochen skeptisch zeigte, einer Heirat zu. Das gemeinsame Leben konnte beginnen – nicht ohne die am Tag vor der Hochzeit abgegebene Erklärung Helenes, sich fortan gänzlich ihrem Gatten unterzuordnen: „Ich gebe freiwillig und freudig das, was meine Mädchenjahre so schön und glücklich und hoffnungsvoll gemacht hat – meine bescheidene ,Kunst‘ – auf. Ich lösche mich aus und will nur für Dich da sein. Nun bleiben wir immer zusammen! Amen“.6 23

Kolorierter Druck einer Litografie aus dem Jahr 1725 von B. Kleiner: „Prospect des Visendischen Hausses unter den Tuchläden. In dem anderen Stock ist die Kayserlich-privilegierte Mahler und Bildhauer Academia. a. Der Seitzer-Hoff, darinen eine Capelle S. Nicolai.“ Dieser gerahmte Druck (um 1900) befindet sich im Arbeitszimmer von Alban Berg.

24

Verlags- Buch und Kunsthandlung von Conrad Berg „Im ,Schönbrunnen Haus‘ 1870–1899. Wien, I. Tuchlauben 8 [Milchgasse 2].“

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„Altes ,Schönbrunnen Haus.‘“ Handschriftliche Anmerkung von Helene Berg auf der Rückseite: „Geburtshaus Albans[.] Wohnung der ganze IV[.] Stock“

Conrad Berg im Gang der Wohnung im Schönbrunner Haus 26

Taufschein von Albano Maria Johannes Berg, geboren am 9. Februar 1885 in Wien I., Tuchlauben 8

Plan der Wohnung der Bergs im Schönbrunner Haus 28

Der junge Alban Berg im Schönbrunner Haus. Die Tischdecke zeigt einen Plan der elterlichen Wohnung.

Alban Berg. Zeichnung von Carola Heuduck Porträtfoto von Alban Berg

31

Im Schönbrunner Haus: „Alban am Schreibtisch [,] sein Bruder Charley an der Tafel“ (handschriftliche Notiz von Helene Berg auf der Rückseite)

Die Geschwister Berg (Smaragda, Hermann, Alban, und Charly), Wohnung Breitegasse 8

Bildpostkarte Hietzinger Hauptstraße, Villa Berg

Zimmer in der Hietzinger Hauptstraße 6 mit Meyers Konversationslexikon, das sich heute in der Wohnung von Alban und Helene Berg in der Trauttmansdorffgasse befindet 34

Das Haus Vordere Zollamtsstraße 11 Blick aus der Wohnung in der Vorderen Zollamtsstraße 11

Handschriftlicher Plan zur Wohnung in der Nußdorferstraße 19/Fuchsthallergasse 2

Meldezettel von „Alban Berg, Musiker“ für die Adresse Nußdorferstraße 19, 11.8.1910

Alban Berg am Schreibtisch – laut Helene Bergs Beschriftung im Fotoalbum – in der Wohnung in der Vorderen Zollamtsstraße 11

Alban Berg und Helene Nahowski im Garten der Maxingstraße: noch nicht verheiratet, aber schon entschlossen (um 1910) 37



2. Die Ehewohnung in der Trauttmansdorffgasse

Das Haus Trauttmansdorffgasse 27 von der Gartenseite aus gesehen

Das Haus Trauttmansdorffgasse 27 von der gegenüberliegenden Straßenseite aus gesehen 43

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Hochzeitsfotos von Helene und Alban Berg, 3. Mai 1911 45

N

achdem Helene und Alban Berg nach langem Warten und dem endlich überwundenen Widerstand des Brautvaters am 3. Mai 1911 ihre Hochzeit gefeiert hatten, konnten sie im Herbst desselben Jahres ihre Wohnung in der Trauttmansdorffgasse 27 in Wien-Hietzing beziehen, die für nahezu ein Vierteljahrhundert – bis zu Alban Bergs Tod im Dezember 1935 – zu ihrem gemeinsamen Lebensmittelpunkt wurde. Das 1896 vom in der Hadikgasse 54a ansässigen Stadtbaumeister Heinrich Staud erbaute Haus mit der neuen Konskriptionsnummer (Grundbuchs-Einlagezahl) 133 Hietzing entspricht dem Typus eines Wiener Gründerzeit-Zinshauses mit eigener Hausbesorgerwohnung im Parterre, großzügig ausgestatteten Mietwohnungen mit mehreren repräsentativen Räumen, Nebenräumen im Wohnungsverband sowie einem neben der Küche untergebrachten Dienerzimmer. Auch ein gepflegter Garten stand den Mietern zur Verfügung. Die im Parterre gelegene Wohnung Tür Nummer 2 wurde den Sommer 1911 über renoviert und anschließend eingerichtet, wobei das junge Ehepaar insbesondere auf die Hilfe der Brautmutter – wohl auch im Sinne einer Mitgift – zählen konnte. So wurde, nach einer Baranzahlung durch Anna Nahowski vom 30. Juni 1911, ein guter Teil des Mobiliars am 26. August auf Rechnung mit Datum 9. Oktober 1911 in die Trauttmansdorffgasse geliefert: „1 Kredenz mit Spiegelrückwand, 1 Patentspeiseauszugtisch, 1 Silberschrank, 6 Stühle, 2 Fauteuils, 1 Serviertisch“ sowie für das „Herrenzimmer“ „2 Bibliotheksschränke Eiche gebeizt, 1 Schreibtisch, 1 Zenithdivan, 2 Klubfeuteuils ,Splendid‘“. Der Gesamtpreis betrug stolze 4.069,75 Kronen (siehe S. 57).

Stilistisch orientieren sich die Möbel der Wohnung am gehobenen Bürgertum des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts – ein Einrichtungsparadigma, das für Alban und Helene Berg im Grunde trotz aller dazu quer stehenden modernen ästhetischen Überzeugungen zeitlebens bestimmend blieb. Freilich wurde es im Vergleich mit den elterlichen Wohnungen der beiden mit deutlichem Hang zur Reduktion realisiert. Betritt man die Wohnung, ist man ohnehin mit einer fortschrittlicheren Ästhetik konfrontiert, zunächst in Gestalt des Türschildes mit dem Namenszug des Komponisten: Für die Titelblätter seines Opus 1 und Opus 2 – der Sonate für Klavier und den Vier Liedern für eine Singstimme mit Klavier –, die Alban Berg 1910 in Berlin beim Verlag Schlesinger auf eigene Kosten drucken ließ, hatte er eine eigene kalligrafische, dem Jugendstil nahe stehende Versalschrift entworfen. Das aller Wahrscheinlichkeit nach vom Komponisten selbst angebrachte Namensschild an der Wohnungstüre besteht

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aus einem Ausschnitt aus dem Titelblatt von Opus 2. Die Einrichtung des nahezu im Originalzustand erhaltenen Vorzimmers schließt noch nahtlos an ein ästhetisches Bekenntnis zur Moderne an, indem sie klare, schlichte weiße Möbel mit den dezenten Ornamenten der messingnen Garderobe verknüpft. Dass sich der moderne Tonsetzer zugleich dem Überkommenen wie dem Neuen verpflichtet fühlte, zeigen bereits die Bilder, die die Wände im seit Alban Bergs Ableben 1935 kaum veränderten Arbeits- und Speiszimmer schmücken. Neben Fotos und Gemälden bedeutsamer (vorwiegend) zeitgenössischer Vorbilder (siehe auch Kapitel 7. Idole, Freunde und Devotionalien) trägt die Wohnung vielfach die Spuren des Ererbten (siehe auch Kapitel 6. Bücher und Schallplatten). So erhielten auch Reproduktionen von Kunstwerken aus der Malerei prominente Plätze. Darunter sind zwei (monochrome) Kopien von Gemälden von Joseph Mallord William Turner im Speiszimmer, zum einen Peace – Burial at Sea (1842), zum anderen The Sun of Venice Going to Sea (1843). Es ist zu vermuten, dass die Bilder, wie mehrere aus Alban Bergs Sammlung, oder zumindest die Rahmen, aus der Kunsthandlung seines Vaters Conrad Berg stammen. Das markanteste Gemälde eines alten Meisters in Bergs Wohnung ist Alter Mann im Fenster des Rembrandt-Schülers Samuel van Hoogstraten, das 1653 bei einem Aufenthalt des Malers in Wien entstand, seither in kaiserlichem Besitz war und sich heute im Original im Kunsthistorischen Museum Wien befindet. Die vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammende, handwerklich gute, hinsichtlich ihrer Chiaroscuro-Farbwirkungen und Plastizität jedoch weit hinter dem Original zurückbleibende Kopie gelangte aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls über Conrad Berg in den Besitz Alban Bergs. Insbesondere das Arbeitszimmer Alban Bergs der Wohnung in der Trauttmansdorffgasse ist durch zahlreiche zeitgenössische und posthume Fotos fest im Gedächtnis der musikalisch interessierten Öffentlichkeit verankert. Das zeigt beispielsweise auch der Umstand, dass ihm die Republik Österreich 1985 eine Sondermarke zum 100. Geburtstag widmete. Bereits zu Lebzeiten des Komponisten entstanden eine Reihe von Fotografien, die ihn in seinem Arbeitsumfeld zeigen (siehe auch Kapitel 5.  Instrumente und Musikalien sowie Kapitel 8.  Schreiben und Komponieren), so dass es als privater Raum zugleich zu einem veröffentlichten bzw. öffentlichen Ort wurde, der einen festen Assoziationszusammenhang mit Berg herstellte. Ähnliches galt posthum auch für den zweiten Schreibtisch im Arbeitszimmer in Kärnten (siehe auch Kapitel 4. Das Waldhaus).

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Die Anordnung der Räume wurde allerdings im Laufe der gemeinsam dort verbrachten Jahre mehrfach geändert. Die beiden – neben dem Vorzimmer – „originalgetreu“ erhaltenen Räume – das Arbeitszimmer und das Speiszimmer – entsprechen heute offenbar weitgehend dem Zustand in Alban Bergs Todesjahr 1935, auch wenn Fotografien aus den folgenden Jahrzehnten deutlich machen, dass auch Helene Berg hier intensiv ihrer Arbeit am Erbe ihres verstorbenen Gemahls nachging. Zumindest zwei größere Adaptionen der Wohnung lassen sich dokumentieren: Dass eine andere als die damalige Raumaufteilung auf der Rückseite eines Dokuments aus dem Jahr 1914 notiert wurde, legt zum einen nahe, dass zu oder nach diesem Zeitpunkt eine Umgestaltung vorgenommen wurde (siehe S. 56). Das spätere Arbeitszimmer – jener Raum, den man vom Eingang durch das Vorzimmer kommend als erstes betritt – war demnach jedenfalls nach 1914 das Schlafzimmer, wie sowohl auf Fotos zu sehen ist, die Helene Berg zeigen, als auch auf jener Serie aus dem Jahr 1915, in welcher Alban Berg in Uniform posiert (siehe dazu den Exkurs: Alban Berg als Soldat). Daneben – im späteren Speiszimmer – befand sich seit bzw. nach 1914 das Musikzimmer, gartenseitig – mit Durchgang zum „Erker“ (Veranda) – das Speiszimmer. Wohl schon in diesen Jahren, jedenfalls jedoch 1918 – zur Zeit des Unterrichts von Fritz Heinrich Klein bei Berg und dessen damit verbundener Arbeit am Klavierauszug des Wozzeck – stand der Schreibtisch in der Veranda, wie auch eine Handskizze Kleins zeigt.7 Die weithin bekannte und auch heute noch vorhandene Raumaufteilung, die 1935 bestand und hinsichtlich des Arbeits- und Speiszimmers erhalten werden konnte, geht indessen auf eine Umgestaltung im Jahre 1926 zurück, als – wohl mit dem pekuniären Rückenwind in Folge der Wozzeck-Uraufführung im Dezember des Vorjahres in Berlin – sowohl umfangreiche Renovierungsarbeiten als auch eine teils neue Ausstattung erfolgten. Im Zuge dessen wurden sowohl neue Tapeten angebracht (siehe die Rechnung des Tapezierers und Dekorateurs, Marius Ederer, vom 4.5.1926, S. 60) als auch eine Reihe jener Möbel erstanden, die sich noch heute vor allem im Arbeitszimmer befinden (siehe die Rechnung der Tischlerei Adolf Katzer vom 26.2.1926, S. 60). Zugleich wurde vermutlich jene Aufteilung der Räume vorgenommen, die bis 1935 und weiter bis in die Gegenwart bewahrt wurde. Es ist somit eine Stilisierung durch Helene Berg, wenn sie den Eindruck vermittelt, dass das Arbeitszimmer Alban Bergs – seit 1951 als einheitliche Sammlung unter Denkmalschutz gestellt – über all die gemeinsam in der Trauttmansdorffgasse verlebten Jahre unverändert geblieben sei (vgl. Kapitel 12. Erinnerungen).

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Alban und Helene Bergs Hochzeit am 3.5.1911. Hinten: Alban Berg, mittlere Reihe von links nach rechts: Artur Lebert, Anna Lebert, Helene Berg, Carola Heuduck, erste Reihe von links nach rechts: Steffy Berg, Anna Nahowski, Johanna Berg, Barbara Nowak

Alban und Helene Bergs Vermählungsanzeige, Mai 1911

Visitenkarte „Herr und Frau Alban Berg“

Visitenkarte Alban Bergs mit der Adresse Trauttmansdorffgasse 27

Konskriptionsnummer des Hauses Trauttmansdorffgasse 27

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Einreichplan von Stadtbaumeister Heinrich Staud für das Haus Trauttmansdorffgasse 27. Linkerhand neben dem Hauseingang liegt die Wohnung Alban und Helene Bergs.

Garten des Hauses Trauttmansdorffgasse 27 mit Blick auf die Häuser der benachbarten Woltergasse (bis 1894 Zieglergasse, 1894– 1898 Eskelesgasse)

Alban Berg im Garten des Hauses Trauttmansdorffgasse 27

Helene und Alban Berg im Garten des Hauses mit Blick auf das Nachbarhaus in der Woltergasse 53

Namensschild, Spion und Briefschlitz an der Wohnungtür

Blick aus dem Stiegenhaus zur Wohnung und zum Hauseingang in der Trauttmansdorffgasse

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Das L-förmige Vorzimmer in Richtung des Gartens und des Arbeitszimmers

Handschriftlicher Plan der Wohnung mit früherer Zimmeraufteilung

Rechnung der MöbelFabrik Julius & Josef Herrmann, Mariahilferstraße 36, an „Frau [Anna] Nahowsky“ über Möbel in der Trauttmansdorffgasse, 9.10.1911

Alban Berg vor seiner Musikalienbibliothek mit Blick auf die Veranda

Helene Berg im Schlafzimmer (späteres Arbeitszimmer)

Im ursprünglichen Arbeitszimmer am Klavier (späteres Speiszimmer)

Rechnung über eine „Bücherstellasche“ [Bücherstellage] der Firma Adolf Katzer, Tichtelgasse 14, 26.2.1926

Arbeitszimmer mit Blick auf das Speiszimmer

Rechnung über Tapezierarbeiten der Firma Marius Ederer, Hofmühlgasse 18, 4.5.1926

Speiszimmer mit Blick auf das Arbeitszimmer

Das Speiszimmer mit den Gemälden von Joseph Mallord William Turner, Arnold Schönberg und Samuel van Hoogstraten

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Samuel van Hoogstraten, Alter Mann am Fenster (1653), Original im Kunsthistorischen Museum Wien, Kopie aus dem 19. Jahrhundert

Kopien zweier Stiche von J. Cousen nach Joseph Mallord William Turner, Peace – Burial at Sea (1842) und The Sun of Venice Going to Sea (1843). Beide: Originale Öl auf Leinwand, The Tate Gallery London 63

Bergs Arbeitszimmer mit dem Schreibtisch und dem Flügel, Aufnahmen nach dem Ableben des Komponisten

Der Schreibtisch im von Helene Berg als Gedenkstätte eingerichteten Arbeitszimmer (um 1970) 65

3. Zwischen Sommerfrische und Landwirtschaft

„Berghof“ am Ossiacher See, Heiligen Gstad, Kärnten

E

in „Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Lande zur Sommerzeit“, eine „Wohnung auf dem Lande, die man im Sommer bezieht“8 – das Wörterbuch der Gebrüder Grimm fasst unter dem Lemma „Sommerfrische“ die um 1900 weit verbreitete Gewohnheit zusammen, in der warmen Jahreszeit das Domizil aus der Stadt in kühlere Gegenden zu verlagern. Die Angehörigen des Kaiserhauses und des Adels hatten dies vorgelebt, die Bürgerlichen hatten es im 19. Jahrhundert gemäß ihren Möglichkeiten übernommen. Auch die Familien von Helene und Alban Berg waren diesen Vorbildern gefolgt, als sie ihrerseits eigene Landsitze erwarben. 1893 kaufte Franz Nahowski, der Vater von Alban Bergs späterer Ehefrau Helene Nahowski, vom Fürsten Alfred von und zu Liechtenstein „eine kleine Villa (Holzbau auf Trahütten bei Deutschlandsberg[)]“9 und schuf damit in der Steiermark eine von der Familie in der Folge alljährlich genutzte Residenz für die Sommermonate. Alban Bergs Vater Con68

rad Berg erwarb seinerseits 1894 den „Berghof “ am Kärntner Ossiacher See10, wo die Familie seither mit dem aus Wien mitgereisten Personal ihre Sommer verbrachte. Die angeschlossene Landwirtschaft machte den Besitz zum Gut und die Landlust zumindest teilweise zur Last – zumal für den langjährig für die Bewirtschaftung verantwortlichen Komponisten. Sowohl Helene als auch Alban Berg blieben diesen familiären Besitztümern und Traditionen lange Jahre zutiefst verbunden und besuchten sie seit ihrer Kindheit und Jugend alljährlich, verbrachten aber auch nach ihrer Heirat im Mai 1911 die warme Zeit des Jahres regelmäßig abwechselnd an diesen beiden Orten. Erst über zwei Jahrzehnte nach ihrer Hochzeit (und nach dem Ableben aller ihrer Elternteile) konnten sie daran denken, einen eigenen Sommersitz zu erwerben (siehe dazu das Kapitel 4. Das Waldhaus in Auen am See). Trahütten hatte zwischen 1890 und 1935 rund 500 bis 600 Bewohner, Ossiach wies in derselben Zeit eine Bevölkerung von etwa 400 bis 450 Personen auf. Während die steirische Gemeinde für Alban Berg ein derart geschätzter und geliebter Ort wurde, dass das Gemälde, das Helene Bergs Halbschwester Carola Heuduck (wahrscheinlich nach dem Vorbild einer Fotografie) schuf, einen Platz beim Klavier im Wiener Arbeitszimmer erhielt, blieb der Berghof zwiespältig besetzt, nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Sorgen um die dortige Landwirtschaft, für die der Komponist während seiner Dienstzeit bei der k. u. k. Armee während des 1. Weltkrieges sogar explizit Urlaubsfreistellung beanspruchte (siehe auch den Exkurs: Alban Berg als Soldat). Nach Kriegsende wurden die Schwierigkeiten der Bewirtschaftung des Anwesens größer, sodass man sich 1920 entschloss, den Berghof zu veräußern – wobei man sich freilich die Möglichkeit sicherte, weiterhin dort den Sommer über gegen Bezahlung zu wohnen. 1932 – im selben Jahr, in dem Alban und Helene Berg ein eigenes ländliches Anwesen erwerben konnten – wurde auch das Haus in Trahütten verkauft. An beiden Orten, in denen jedenfalls Teile des Wozzeck entstanden sind, wird bis heute die Erinnerung an den berühmten Komponisten wach gehalten – im Falle des Berghofs, der heute als Restaurant mit angeschlossenem Campingplatz geführt wird, sowohl auf einer Gedenktafel als auch auf der Homepage (die Information, das Haus sei nach dem Komponisten benannt, ist allerdings irrig11); in der in Privatbesitz befindlichen Villa in Trahütten in Form einer Gedenktafel bei jenem Felsen nahe dem nach der Haager Konvention als Kulturdenkmal geschützten Haus, um den sich das Familienleben im Garten abspielte und der nach dem Zeugnis von Helene Berg auch zu einem Lieblingsort Alban Bergs wurde (siehe dazu auch das Kapitel 12. Erinnerungen). 69

Die Villa Nahowski in Trahütten

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Im Garten der Villa in Trahütten mit Blick auf den Seiteneingang: Alban und Helene Berg, Anna und Frank Nahowski und Barbara Nowak

Blick vom Haus in Trahütten auf den Pfarrhof, Gemälde von Carola Heuduck im Arbeitszimmer in der Trauttmansdorffgasse Blick vom Haus in Trahütten auf den Pfarrhof. Foto, das wohl als Vorlage für das Gemälde von Carola Heuduck diente 73

Postkarte „Villa Nahowsky Trahütten, 1000 m Seehöhe. Bei D.-Landsberg, Steiermark“ Stempel „Alban Berg p. a. Nahowski Trahütten in Steiermark“ Die Villa Nahowski in Trahütten

Die Familie Nahowski beim Felsen im Garten der Villa in Trahütten

Alban Berg beim Felsen im Garten der Villa in Trahütten

Trahütten im Fotobuch von Helene Berg: „Hier (in 1000 m Höhe) ist der ganze Wozzeck entstanden.“

Die Villa Nahowski in Trahütten

Die Kennzeichnung als Kulturdenkmal gemäß der Haager Konvention und Informationstafel an der Villa in Trahütten 77

Historische Postkarten: Fotografie des Berghofs Ansichtskarte „,Berghof‘ am Ossiacher See, Dampfschiffstation.“ „Correspondenz-Karte“: „,Berghof‘ am Ossiacher See, Kärnthen.“

Flasche mit Aufschrift „Gut Berghof a/See“ 79

Der Berghof als landwirtschaftlicher Betrieb mit reichlich Bewegungsfreiheit für seine Bewohner Alban Berg mit Vieh und dem Wirtschafter des Berghofes

Das Speiszimmer im Berghof

Absender-Aufdruck „Berghof am Ossiachersee“

Rechnung für Alban Berg der Gutsverwaltung Berghof a. See vom 31.8.1931

Der Berghof im Jahr 2015, Rückansicht

Der Berghof im Jahr 2015, Eingangsbereich Der Berghof von der Anhöhe betrachtet, mit Blick auf den Ossiacher See

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Baden am Ossiacher See: Steffy Berg, Johanna Berg, Helene und Alban Berg Das Ehepaar Berg am Berghof und im Ossiacher See

4. Das Waldhaus in Auen am See

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ie sommerlichen Landaufenthalte in der Steiermark und in Kärnten waren für Helene und Alban Berg seit Jugendtagen eine lieb gewonnene Gewohnheit, umso mehr, seit die landwirtschaftlichen Pflichten am Berghof den Komponisten nicht mehr belasteten und er sich stattdessen in seinen Sommerdomizilen verstärkt der Arbeit oder gemeinsam mit seiner Frau dem gesellschaftlichen Leben und der Erholung in der Natur widmen konnte (ab 1930 mit dem eigenen Auto, siehe dazu auch das Kapitel 10. Der Ford). Als nach dem Ableben der Eltern des Ehepaares eine nicht unbeträchtliche ererbte Summe zur Verfügung stand, lag es nahe, nach einer Alternative Ausschau zu halten. Im Oktober 1932 wurden diesbezüglich konkrete Schritte gesetzt: Alban Berg besuchte Mitte des Monats den gerichtlich beeideten Sachverständigen und Schätzmeister Viktor Unterweger, der in der Fleischbankgasse 3 in Klagenfurt unweit des Lindwurmbrunnens eine „Häuser, Realitäten- und Geldvermittlungsanstalt“ führte. Der Immobilienmakler bot ihm am 14. Oktober unter Bezugnahme auf einen am Vortag erfolgten Besuch in seinem Büro mehrere Ferienhäuser am Wörthersee zum Kauf an (F21.Berg.1474). Erst Ende des Monats wieder in Wien angekommen, kündigte Berg dem Makler am 29. Oktober seinen Besuch wenige Tage später an (F21.Berg.480/497). Von Unterweger hatte er auch die Beschreibung jenes Objekts erhalten, das schließlich in sein Eigentum übergehen sollte: der 1897 im „alpenländischen“ Stil nach dem Vorbild eines „Tiroler Hauses“ erbauten Villa Nr. 22 in Auen (Konvolut zum Waldhaus, Alban Berg Stiftung). Das Haus war nach wechselnden Eigentumsverhältnissen im Juni 1926 vom Ehepaar Gustav und Hildegard Christianus erworben und unter dem Namen „Waldhaus“ als Pension geführt worden. Teile des dazugehörenden Inventars haben sich bis heute erhalten. Eine eigene Bootanlegestelle machte die Anreise für die Gäste so komfortabel wie möglich. Dennoch führten wirtschaftliche Schwierigkeiten in Zeiten der Weltwirtschaftskrise seit 1929 dazu, dass die Besitzer das Haus zunächst verpfänden mussten und es schließlich im Zuge einer Zwangsversteigerung im November 1932 verloren.12 Soweit es sich nachvollziehen lässt, hatte Berg die Informationen über das Haus zwar durch den Makler erhalten, konnte diesen jedoch übergehen, indem er an der Versteigerung teilnahm. Unterbergers Unterlagen sahen als Kaufpreis S 75.000 bzw. mit einem wesentlich kleineren Grundstücksanteil von „ca. 4 bis 5000 m2“ S 55.000 vor – eine Summe, die sich in etwa mit jener deckt, die eine Schätzung im Zuge einer früheren Versteigerung ergeben hatte (S 73.000), wie Alban Berg seiner Frau brieflich berichtete. Da jedoch damals kein hinreichend hohes Gebot abgegeben worden sei, wurde der Schätzpreis auf S 42.000 reduziert und damit ein Rufpreis von S 21.000 festgesetzt.13 Auf der Rückseite des Blattes mit der Hausbeschreibung hat Berg nicht nur den Termin der Ver88

steigerung am 7. November um „11h vm [vormittags]“ notiert, sondern auch die hypothekarisch geschuldeten Beträge, den Umstand, dass ein Zehntel des Schätzwerts als Vadium zu hinterlegen war, sowie die Maße des direkt am See neben der Straße gelegenen Grundstücks mit den Badekabinen und der Bootsanlegestelle. Der Komponist hatte erwogen, bis zu einer Höhe von S 45.000 mitzubieten, konnte jedoch das Anwesen als Höchstbieter bereits mit S 31.500 sein Eigen nennen, wie im Grundbuch bereits drei Tage nach der Versteigerung vermerkt wurde. Handgezeichnete Pläne Alban Bergs aus Beständen der Alban Berg Stiftung zeigen die ins Auge gefasste Verteilung der Räume für das Ehepaar selbst sowie Helenes Bruder Frank Nahowski und ihre Tante Wetti (Barbara Nowak, Schwester von Anna Nahowski). Heute sind neben dem Stiegenhaus die zwei großen Räume und ein Kabinett im ersten Stock weitgehend erhalten, während die Räume im Erdgeschoss in den 1980er Jahren bauliche Veränderungen erfuhren. Das Arbeitszimmer mit dem Flügel (siehe dazu Kapitel 5. Instrumente und Musikalien) wurde nach Alban Bergs Tod von Helene Berg als Gedenkstätte eingerichtet (siehe dazu Kapitel 12. Erinnerungen). Zunächst kümmerte sich Helene Berg selbst um die notwendigen Renovierungsmaßnahmen. Später wurde Ignaz Fanzoy mit der Betreuung des Hauses beauftragt, der zunächst als Werkmeister der Triumphgarage am Villacher Ring in Klagenfurt für Reparaturen am Wagen der Bergs zum Einsatz kam, später am Alten Platz gemeinsam mit Hans Gasser eine Mechanische Werkstätte betrieb und daneben „jahrelang eine Art Faktotum Bergs in Kärnten“14 war. Zu Beginn seiner Tätigkeit in Auen erhielt Fanzoy, der dem Ehepaar so ans Herz wachsen sollte, dass ihm eine eigene Gedenktafel am Waldhaus gewidmet wurde, von Alban Berg eine umfangreiche To-Do-Liste mit dem humoristischen Titel „Lebensaufgabe für ein Universal-Genie“ (S. 107). „Da wohnt das Glück“, schrieb Alban Berg auf einer Postkarte an seine Frau vom 6. Dezember 193215, auf der er die Lage des Waldhauses auf einer Ansicht des Wörthersees mit einem Pfeil markiert hatte. Dieses Glück währte für ihn nur drei Sommer lang, in denen Teile des Violinkonzerts und der Lulu im Waldhaus entstanden. Helene Berg sorgte dafür, dass das Haus unter Denkmalschutz und das Anwesen unter Landschaftsschutz gestellt wurde – ebenso wie für die Anbringung einer Gedenktafel über dem Hauseingang von „Alban Berg’s [sic] Waldhaus“, die den Titel der letzten Nummer aus Bergs Fünf Liedern nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg für Gesang und Orchester op. 4 zitiert: „Hier ist Friede“. 89

Obstbäume auf der ausgedehnten Gartenfläche beim Waldhaus

Das Waldhaus in Auen in den 1930er Jahren und

2018 91

Das Waldhaus in Auen, 2018 und in der 1930er Jahren

Das Waldhaus in Auen, Seitenansicht Die Villa mit der Aufschrift „Waldhaus am See“

Später errichtetes Nebengebäude und alter Baumbestand beim Waldhaus Berg und Hans Erich Apostel im Garten des Waldhauses (umseitig datiert: „Auen, Freitag, 13.IV.34“)

Beschreibung des Waldhauses von Immobilienvermittler Viktor Unterweger mit handschriftlichen Anmerkungen Alban Bergs auf der Rückseite

Das Stiegenhaus des Waldhauses

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Steinstufen vom See zum Waldhaus

Alban Berg auf den Steinstufen vom See zum Waldhaus

Vogelhaus an einem der alten Bäume beim Waldhaus Vögel am Fensterbrett von Albans Zimmer

Handgezeichnete Pläne zur Einrichtung des Waldhauses

Das Arbeitszimmer im Waldhaus heute und damals

Der Schreibtisch im Winter in den 1930er Jahren und im Sommer 2018

Die von Helene Berg eingerichtete Gedenkstätte im Arbeitszimmer des Waldhauses Das Arbeitszimmer mit dem Flügel und dort angebrachter Arbeitslampe

Alban und Helene Bergs Schlafzimmer mit Blick auf den Balkon Bahnbeförderungs-Etikett auf einem Koffer Alban und Helene Bergs: „Velden am Wörthersee“

Das Schlafzimmer mit Blick in Alban Bergs Arbeitszimmer

Frank Nahowskis Zimmer im Waldhaus Der von Frank Nahowski bemalte Kasten

„Mein Waldhaus-Zimmer, von Frank gemalter Kasten“ (aus dem Fotoalbum von Helene Berg)

Waldhaus vom winterlichen See aus gesehen mit Bootsanlegestelle

Schild der Bootsanlegestelle „Waldhaus am See“ Ansichtskarte „Pörtschach am Wörthersee mit Karawankenblick“, auf der Rückseite handschriftliche Anmerkung Helene Bergs: „+ Waldhaus Alban Bergs“

Gedenktafel für Ignaz Fanzoy

Mit „Lebensaufgabe für ein Universal-Genie“ betitelte Aufgabenliste für Ignaz Fanzoy

Alban Bergs Visitenkarte mit Waldhaus-Adresse, handschriftliche Bemerkung von Alban Berg: „Schönbergs I. Schreibmaschine“

Eingang des Waldhauses mit posthum angebrachter Gedenktafel

5. Instrumente und Musikalien

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as Klavier“ Alban Bergs gehört geradezu auf ikonografische Weise zur kollektiven Erinnerung rund um den Komponisten, da dieses Instrument sowohl auf zahlreichen Fotografien mit ihm zu sehen ist als auch das Arbeitszimmer in der Trauttmansdorffgasse auf etlichen auch posthum entstandenen Bildern prägt. Allerdings besaß der Komponist zwei Bösendorfer-Flügel: neben jenem Instrument mit Englischer Mechanik und 190 cm Länge (Fabrikationsnummer 18595), das laut dem Lieferbuch der Firma Bösendorfer und der entsprechenden Rechnung am 28. April 1908 – also bereits dreieinhalb Jahre vor dem Einzug in die Trauttmansdorffgasse – an Alban Berg ausgeliefert wurde, auch einen Mignon-Flügel mit Wiener Mechanik und 170 cm Länge aus dem Jahr 1885 mit der Fabrikationsnummer 10567, der zunächst an den Wiener Klavierhändler Franz Nemetschke & Sohn in der Bäckerstraße 7 verkauft wurde und über Umwege ins Kärntner Waldhaus kam. Ganz selbstverständlich standen schon in den Elternhäusern von Helene Nahowski und Alban Berg Klaviere, und ihr Spiel gehörte ebenso selbstverständlich zum Alltag der Jugendlichen, wie es im 19. Jahrhundert im bürgerlichen Milieu üblich war. Obwohl Helenes eigentliches Instrument die Singstimme werden sollte, ist ihr Klavierspiel mehrfach fotografisch dokumentiert und wurde für so bedeutsam angesehen, dass es von ihrer Halbschwester Carola Heuduck in einem Aquarell festgehalten wurde. Ein Foto von Helene am Klavier hängt außerdem in der Wohnung in der Trauttmansdorffgasse, wo zwei baugleiche Klavierhocker davon zeugen, dass hier von den Eheleuten regelmäßig vierhändig gespielt wurde – diese Form der Kammermusik hatte Alban Berg als Jugendlicher regelmäßig mit seiner Schwester Smaragda gepflegt. Einige Fotografien zeigen Helene Berg auch an der Gitarre. Und auch in den sommerlichen Wohnorten gehörten Klaviere zum Inventar. Aus Trahütten schrieb Helene an Alban Berg am 10.6.1918 über einen geplanten Instrumententausch mit dem Betreiber des Alpenhotels Kortschak: „Als erstes, dass ich nicht vergesse! Wegen Klavier geh ich erst heute zum Kortschak! Bitte hole aus der Maxingstr. den Stimmschlüssl, hier finden wir ihn nicht! Nachdem ich unser Klavier (wir sollen es ja für Kortschak seines austauschen) recht gut repariert habe. Rostige Saiten abgeschmiergelt – das Pedal gerichtet, dass die Töne, wenn man keines nimmt, nichtmehr nachklingen. Nun will ich’s noch ein bissl stimmen, da es sehr arg verstimmt ist. Das D geht jetzt ganz schön! Also der Kortschak kann ganz zufrieden sein! Bin neugierig auf seinen Kasten!“16 Noch unmittelbar vor Erwerb des Waldhauses belegt die Rechnung einer Klavierfirma in Villach (S. 117), dass für den Berghof den Sommer über ein Instrument gemietet worden war. Alban Bergs Wiener Bösendorfer

111

Die zwei Violinen, die in Kärnten und Wien überliefert wurden, haben als Instrumente prominenter Besitzer dennoch einen überschaubaren Wert. Im Waldhaus erhalten hat sich eine von Helene Berg als „meine Geige“ (F21.Berg.2215 /1) bezeichnete, zusammen mit Koffer und Zubehör aufbewahrte Arbeit aus dem späten 18. Jahrhundert. Der eingeklebte Instrumentenzettel mit der Aufschrift „Giovan[ni] Gaettano Pazzini, allieno d’ell Maggini di Brixia fecit Firenze anno 1694“, der auch bei anderen Exemplaren begegnet, führt freilich in die Irre. Es handelt sich keineswegs um ein italienisches Instrument aus der Blütezeit des Geigenbaus, sondern – „mit Ausnahme der später [ergänzten] Schnecke mit Hals um eine neu lackierte sächsische Arbeit eines Mitgliedes der Hopf-Familie aus Klingenthal, ca. 1780–1800“ (Wertgutachten von Geigenbaumeister Marcel Richters, Wien, vom 10. Jänner 2018). Eine zweite Violine, in Wien in weitaus schlechterem Zustand und mit schlichterem Koffer erhalten, ist „eine Manufakturarbeit aus Markneukirchen [Sachsen] von ca. 1910–20“ (Expertise von Marcel Richters vom 6. März 2019). Mehr musikgeschichtliche Relevanz besitzt hingegen die Okarina der Marke Heinrich Fiehn, die seit der Weltausstellung in Sydney 1879 weltweit bekannt war. Sein Exemplar des Modells mit 8 Fingerlöchern vorne und 2 Daumenlöchern hinten kaufte sich Alban Berg im Zuge seines geplanten Opernprojekts Und Pippa tanzt! nach dem gleichnamigen Theaterstück von Gerhart Hauptmann, das er dann zugunsten der Lulu aufgab, aber wesentliche Vorarbeiten für sein neues Projekt übernahm. Dies zeigt, wie konkret seine Pläne bezüglich der Hauptmann-Vertonung bereits gediehen waren. In dessen Märchendrama ist die Okarina das Instrument des „naiven, kindlich-gläubigen“ Protagonisten Michel Hellriegel und erklingt sowohl bei Pippas Tanz in den Tod als auch bei der „traurigen Weise“ am Ende des Theaterstücks. Als Komponist wird Berg bis heute maßgeblich mit seiner einzigen gänzlich abgeschlossenen Oper identifiziert. Dass ihm der Wozzeck ein hohes Maß an Publizität einbrachte, zeigen die zahlreichen Artikel in internationalen und nationalen Fachzeitschriften und in der Tagespresse. Die Reihe Musik der Gegenwart. Eine Flugblätterfolge widmete dem Thema Alban Bergs „Wozzeck“ und die Musikkritik etwa ein eigenes Sonderheft. Während der bereits erwähnte Berg-Schüler Fritz Heinrich Klein den Klavierauszug von Wozzeck erarbeitet, schwärmte er auf einer Postkarte an seinen Meister 1922: „Dieser III. Akt! Diese fünf Schatzkästlein mit reinsten musikalischem Gold und sinnreichster Schmiedearbeit! Diese treffendste musikdramatische Illustration! Alles so durchsichtig, so zweckmäßig, so gemäß: feinste, 112

[…] herrlichste Kunst! Der Gipfel der Halbtonwelt! Und trotz des reichsten Polyphongeflechtes und der schweren Akkordfluten ureinfach. Einfach ur-ewig. Das Wort genial ist, zu abgenützt und – es verblasst! - - - Ich muß meinem Entzücken Ausdruck geben . . . und mündlich fände ich wahrscheinlich nicht die richtigen Worte . . . . . In aufrichtigster Bewunderung Ihr seit Anbeginn Überzeugter Beim blutrot hervorbrechenden Mond“ (F21.Berg.935/18). Dieser Klavierauszug fand seinen Platz inmitten von Bergs reicher Musikalienbibliothek, die sein breites Interesse reflektiert und an zahlreichen Stellen seine intensive Auseinandersetzung mit Werken anderer – und bei weitem nicht nur aus der Neuen Musik bzw. der Wiener Schule – dokumentiert.

Musikalienliste von Alban Berg

Stimmschlüssel

Alban Bergs Wiener Bösendorfer

Einer der beiden Klavierdrehsessel bei Bergs Bösendorfer in Wien

Alban Berg am Klavier im Arbeitszimmer der Wohnung in der Trauttmansdorffgasse

Die Rechnung zu Bergs Bösendorfer und der Eintrag im Lieferbuch der Klavierbaufabrik

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Rechnung über Klaviermiete des Musikhauses Karl Gaggl’s Witwe in Villach, Südbahnstraße 15, 31.10.1932 Junge Frau am Klavier, Gemälde von Carola Heuduck, Fotografie

Helene in ihrem Elternhaus am Klavier. Dieses Bild hängt im Speiszimmer in der Trauttmansdorffgasse. Maxingstraße: Helene am Klavier, im Hintergrund Anna (eigenhändiger Datumsvermerk: 1904)

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Alban und Smaragda Berg beim vierhändigen Klavierspiel (Noten von Gustav Mahlers 5. Symphonie) Die junge Helene Nahowski an der Gitarre

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Im Waldhaus erhaltene Violine aus dem Besitz von Alban/Helene Berg

Originales Zubehör: Saiten, Kolophonium, Polster Unechter Instrumentenzettel mit der Aufschrift „Giovan[ni] Gaettano Pazzini, allieno d’ell Maggini di Brixia fecit Firenze anno 1694“

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Die Okarina, die Alban Berg anlässlich der Vorarbeiten zur geplanten Oper Und Pippa tanzt! nach Gerhart Hauptmann erwarb

Universal-Orchestrator von H. Chr. Syskind, Berlin 1923

Wozzeck, Klavierauszug von Fritz Heinrich Klein

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Programmheft zur Leipziger Erstaufführung des Wozzeck (1931) mit handschriftlichen Eintragungen Alban Bergs bei der Besetzungsliste

„Alban Bergs Wozzeck und die Musikkritik“. Musik der Gegenwart. Eine Flugblätterfolge (1926) Musikblätter des Anbruch. Monatsschrift für moderne Musik (1926) mit Bericht über die Uraufführung des Wozzeck im Dezember 1925 in Berlin

Artikel über Wozzeck aus der Zeitschrift Dissonances (1931)

Von Alban Berg gestaltetes Titelblatt zur Klaviersonate op. 1 mit der vom Komponisten entworfenen Schrift

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Vierhändiger Klavierauszug von Gustav Mahlers 5. Symphonie mit handschriftlichen analytischen Eintragungen Alban Bergs

Klavierauszug von Richard Strauss’ Salome mit handschriftlichen Eintragungen und deutlichen Gebrauchsspuren von häufigem Umblättern 126

Berg blickt mit der Sängerin Anna Roselle in die Partitur der Konzertarie Der Wein

Exkurs: Alban Berg als Soldat

M

ilitärdienst bedeutet – definitionsgemäß – das genaue Gegenteil von Zuhause-Sein. Dennoch darf er in diesem Band nicht fehlen, da die in den Jahren 1915 bis 1918 erlittenen Erfahrungen eminent künstlerische Folgen zeitigten, da auch die Dokumente aus der Armee so sorgsam verwahrt wurden wie andere – und schließlich auch deswegen, weil justament vom Soldaten Alban Berg in Uniform die umfangreichste Fotoserie überhaupt existiert, die ausgerechnet in der Wohnung in der Trauttmansdorffgasse, und zwar im damaligen Schlafzimmer, aufgenommen wurde. Mehr als 100 Jahre später – und mit dem historischen Wissen über die globalen Katastrophen des 20.  Jahrhunderts – erscheint es kaum noch nachvollziehbar, mit welcher Begeisterung der Ausbruch des 1. Weltkriegs im Juli 1914 auch und gerade von Künstlern und Intellektuellen begrüßt wurde. In Alban Bergs engstem Umfeld äußerten sich insbesondere der Lehrer Arnold Schönberg und der Freund Anton Webern mit erschreckendem Fanatismus. Einzig der von Berg und vielen in seinem Umfeld verehrte Karl Kraus (siehe Kapitel 7. Idole, Freunde und Devotionalien) verstummte in den ersten Kriegsmonaten und stellte zunächst das Erscheinen seiner Fackel ein, um sich dann allerdings im Winter deutlich gegen den Krieg auszusprechen.17

In der österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten Mitglieder der k. u. k. Armee zum Alltagsbild und wirkten sich die Bestimmungen der allgemeinen Wehrpflicht einschneidend auf die Biografien junger Männer aus, da die Dienstpflicht insgesamt zwölf Jahre betrug – drei Jahre aktiv, sieben Jahre in der Reserve, zwei Jahre in der nicht aktiven „Landwehr“. Für elitäre Kreise bestand freilich die normalerweise gewählte Option eines privilegierten Modells: Nur nach bestandener Reifeprüfung und unter der Bedingung, die nötigen Auslagen aus eigener Kasse zu bestreiten, war es möglich, sich als Einjährig-Freiwilliger zu melden und – in Friedenszeiten – nach zwölf Monaten Präsenzdienst Reserveoffizier zu werden. Rechtzeitig vor Eintritt seiner Dienstpflicht mit dem 21. Geburtstag wurde im Jänner 1906 für „Albano Maria Johannes Berg, Rechnungs-Praktikant der K. K. n.ö. Statthalterei“, der Eintrittsschein für Einjährig-Freiwillige-Aspiranten ausgestellt, in dem seine moralische Eignung für diesen Dienst bestätigt wurde (S. 133), im November desselben Jahres kam er seiner Stellungspflicht nach (F21.Berg.426/4), im Februar 1907 ersuchte seine Mutter Johanna Berg in Albans Namen „um Aufnahme als Einjährig-Freiwilliger auf eigene Kosten in das K. u. K. Train-Regiment Nr. 1 in Wien“ (F21.Berg.426/5). Dazu kam es allerdings, solange Frieden war, nicht. Vorschriftsgemäß meldete sich Alban Berg jährlich als „Militärtaxpflichtiger“

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(F21.Berg.426/11–15 und 1599/20, S. 134). Im August 1915 hatte er tatsächlich beim Landwehrinfanterieregiment Nr. 1 in Wien einzurücken, um zwei Monate später für eine achtwöchige Ausbildung in die Reserve-Offiziersschule Bruck an der Leitha bzw. im ungarischen Grenzort Kiralyhida zu wechseln (F21.Berg.426/21 und 18). Zu dieser Zeit wurde er, wie für Offiziers-Anwärter üblich, zum Gefreiten befördert, erlitt jedoch bereits im November aufgrund der für den chronischen Asthmatiker viel zu anstrengenden Geländeübungen einen gesundheitlichen Zusammenbruch: An seinen Schüler Gottfried Kassowitz schrieb Berg zu Weihnachten: „Unlängst erkannte mich der Chefarzt (ein Zahnarzt) ganz einfach für ,dienstbar‘ und drohte noch, daß man alle diese Wachdienstler ganz einfach vor eine Kommission stellen wird und sie dann auch noch für felddiensttauglich erklären wird. Dieses fortgesetzte Unrecht muß man sich neben dem Dienstmachen ruhig gefallen lassen. […] Das geht also von ½ 1 Uhr mittags bis ½ 1 Uhr mittags des folgenden Tages. In der Nacht kann ich vier Stunden schlafen, da es aber vor zehn Uhr nicht ruhig ist, eigentlich nur drei Stunden. Um ein Uhr muß ich von der Holzpritsche aufstehen und wieder den irrsinnigen Dienst versehen“.18 Der Schauplatz dieser Leidensgeschichte hat sich in Form einer Ansichtskarte mit der verharmlosenden Bezeichnung „Gruß aus dem Brucker Lager“ im Nachlass des Komponisten erhalten (F21.Berg.1581/1915/51) – ebenso wie die Information, dass die zweite Liege auf der rechten Seite dieser „Sommerbaracke“ die seine war (Helene Bergs Fotoalbum, S. 138). Ebenso erhalten geblieben sind Notizbücher Bergs aus der Militärzeit, die Patricia Hall für ihre Wozzeck-Monografie (2011) eingehend untersucht hat und in denen sich neben Aufzeichnungen zum militärischen Alltag von der Wachablöse bis zur korrekten Anlage von Schützengräben auch aus dem Jahr 1915 datierenden Skizzen zur Szenenfolge der Oper, die eng mit Bergs Soldatenleben verbunden ist: Auf seiner militärischen Legitimationskarte – drei Sterne am Revers seiner Uniform auf dem umseitigen Foto weisen ihn als Kadett-Zugsführer der österreichisch-ungarischen Landstreitkräfte aus – vermerkte er selbst: „als ich den Wozzeck zu komponieren begann […] ca. 1917“ (S. 140). Inzwischen hatte sich Bergs Lage insofern gebessert, als er Ende Mai 1916 in das k. u. k. Kriegsministerium versetzt wurde, wo er als Mitglied der 10. Abteilung (Professionistengruppe) Schreibdienste zu versehen hatte, während sich seine militärische Karriere nach dem Maßstab des hierarchischen Vorrückens fortsetzte: Im November 1916 wurde er zum Korporal, im Februar 1917 zum Zugsführer befördert (Eine Beförderungseingabe zum Feldwebel vom Juni 1917, in der Berg als „ein in jeder Hinsicht verwendbarer Unteroffizier, sehr fleißig, eine hervorragende Kanzleikraft“ gelobt wird, wurde un-

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ter Verweis auf allgemeine Bestimmungen abgelehnt – obgleich er als „äußerst verlässlich, pflichtgetreu und vertrauenswürdig, sowie vollkommen selbständiger Arbeiter“ beschrieben wurde, der „in ganz besonders zufriedenstellender Weise die Arbeiten eines Konzeptoffiziers verrichtet“, F21.Berg.426/21–23). Bis knapp vor Kriegsende blieb Berg die meiste Zeit in der ministerialen Maschinerie gefangen. Nur durch Sondergenehmigungen war es ihm möglich, 1916 bis 1918 mehrwöchige Urlaube zu erlangen (F21.Berg.426/29, 33–34, 36–37, 39–42): Ein im Marodenzimmer des Kriegsministerium im Juli 1917 ausgestelltes Attest bescheinigte ihm „asthmatische Atembeschwerden und Schwäche“ (F21.Berg.426/38), im August hieß es: Berg „leidet an [...] Lungenspitzenkatarrh, hochgradige[r] Blässe [...], Abmagerung und Blutarmut. Ein längerer Urlaub aus Gesundheits-Rücksichten wird befürwortet.“ (F21. Berg.426/35). Nach und nach lockerten sich die Fänge der Behörden: Erst im März 1918 erhielt er die Erlaubnis, „in Zivilkleidern in seinem Zivilberufe ausserhalb der Beschäftigungszeit tätig sein zu dürfen“ (F21.Berg.426/25), im Juli, „in seiner Wohnung […] schlafen zu dürfen“ (426/26). Im Sommer bekam er eine Auszeit von sieben Wochen (426/37, 39, 40), am 5. November 1918 – sechs Tage vor dem Kriegsende – den Urlaubsstatus „dauernd“ (426/42). Damit war für Berg die wohl belastendste längere Phase seines Lebens abgeschlossen, über die er gegenüber Arnold Schönberg am 30. November 1918 resümierte: „Meine Gesundheit hat in den 3 1/2 Jahren meines Militärdienstes derart gelitten, daß ich jetzt Monate, ja vielleicht Jahre brauchen werde, um wieder annähernd so gesund zu werden, wie ich es vor dem Krieg – damals ebenfalls nach jahrelanger Schonung – war. […] Ich bin derart heruntergekommen, daß ich nur unter Aufbietung äußerster Willenskraft und, da ich mich dessen schäme: einer großen Portion Verstellung, Dinge leiste, die eigentlich nur belanglose Nebenerscheinungen eines tätigen Lebens sind. So bedeutet z. Bsp. ein eiliger Gang durch die Stadt, die mehrmalige Ersteigung von 3, 4 Stockwerken, das Stehn in der Elektrischen während 2, 3 Viertelstunden u. s. w. schon geradezu Strapazen für meinen Körper u. ich muß Dir gestehn, daß ich, will ich dabei z. Bsp. einem Gespräch folgen, mich direkt verstellen muß, um meine Erschöpfung, die der andere für Interesselosigkeit od. Verschlafenheit deuten könnte, zu verbergen.“19

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Eintrittschein für Einjährig-Freiwillige-Aspiranten, 19.1.1906

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Alban Berg als Soldat im Schlafzimmer der Wiener Wohnung, Ende 1915 Bescheinigung der Meldung als Militärpflichtiger, 15.1.1914 Landsturmlegitimationsblatt vom 27.11.1914

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Zwei Seiten aus dem Fotoalbum von Helene Berg. Oben: „Militär 1915 – 1918“: Foto mit eigenhändiger Unterschrift Alban Bergs und Datierung 10.8.16. Unten: „Militär. Barackenlager Albans Bett, zweites rechts.“, handschriftliche Datierung auf 1915 und 1916.

Das Marschbuch Alban Bergs mit Fahrscheinen, Notizen und Dokumenten

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Alban Berg als Soldat, umseitig handschriftliche Notiz: „Fotografie auf der milit. Legitimationskarte v. A. B. als Zugsführer (als ich den Wozzeck zu komponieren begann)“, um 1917

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Postkarte von Helene an Alban Berg p. a. Kriegsministerium, 1917

Dienst im Kriegsministerium, um 1917

6. Bücher und Schallplatten

Alban und Helene Bergs Bibliothek mit Meyers Konversationslexikon (1895–1901) und Notenbände (links oben)

Ü

ber die Bibliothek von Alban und Helene Bergs ließen sich ganze Bücher schreiben. Im selben Maß, wie beständiges Lesen als zentrale Tätigkeit des Bildungsbürgertums galt, waren aneinandergereihte Buchrücken ein selbstverständlicher Teil des Wohnambientes. Eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten ist – nicht zuletzt aus gender-spezifischen Gründen – insbesondere bei Alban Berg ausführlich dokumentiert bzw. hinterließ vielfältige Spuren bis hin zu – vor allem in seinen jungen Jahren – deutlich ausgeprägten literarischen Ambitionen (siehe auch Kapitel 8.  Schreiben und Komponieren). Bergs Bibliothek umfasste – einschließlich jener zahlreichen Bände, die sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek befinden – mehrere Tausend Exemplare an Literaturausgaben, Fach- und Sachbüchern. Das 1926 in der bekannten Form eingerichteten Arbeitszimmer wird von einem damals angeschafften zweiteiligen großen Bücherregal (siehe auch Kapitel 2. Die Ehewohnung in der Trauttmansdorffgasse) dominiert. Die ältesten Bestände an oberster Stelle stammen aus dem Besitz – und wohl zumindest teilweise aus der Buch-

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und Devotionalienhandlung – des Vaters des Komponisten, Conrad Berg (siehe S. 64). Im großen Regal befinden sich außerdem – neben einem breiten Bestand an Musiknoten (vgl. dazu das Kapitel 5.  Instrumente und Musikalien; häufig benutzte Partituren lagen griffbereit neben dem Klavier) – unter anderem Ausgaben der Werke von Peter Altenberg, Georg Büchner und August Strindberg sowie von Karl Kraus’ Zeitschrift Die Fackel. Im schmäleren Regal befinden sich neben einer mehrbändigen Ausgabe von Beethovens Briefen und Aufzeichnungen unter anderem die von Berg hochgeschätzten Werke von Henrik Ibsen, Fjodor Michailowitsch Dostojewski sowie eine mehrere Bände umfassende Ausgabe der Schriften Richard Wagners. Meyers Konversationslexikon in 17 Bänden und weiteren vier Bänden mit Ergänzungen, Nachträgen und Register, erschienen 1895 bis 1901, bildet eines der Herzstücke der Büchersammlung des Komponisten, das er bereits in der Wohnung in der Hietzinger Hauptstraße besessen hatte (vgl. Kapitel 1. Jugendorte in Wien, S. 34) und über lange Jahre ausgiebig zu Rate zog, wie zahlreiche Annotationen und Hervorhebungen zeigen. Alban Bergs Beschäftigung mit Büchern war geprägt von aktiver Aneignung des Gelesenen, seit er als junger Mann eine ausführliche Zitatensammlung mit dem Titel Von der Selbsterkenntnis angelegt hatte (F21.Berg.100/I–XIII). In elf Schreibheften sind bereits seine langjährigen Vorlieben erkennbar: neben den Klassikern stehen skandinavische und russische Autoren wie Ibsen, Strindberg, Dostojewski sowie auch Altenberg und Kraus im Zentrum seines Interesses, aber ebenso auch Otto Weininger. Dessen umstrittenes und bekanntlich hochproblematisches Hauptwerk Geschlecht und Charakter hatte Alban Berg „Zur Erinnerung an Deinen Dich liebenden Bruder Charly“ am 21. Juni 1905 erhalten, im siebten Heft seiner Selbsterkenntnis hat er das Buch ausführlich exzerpiert. Selbstverständlicher Teil der Bibliothek sind jene literarischen Werke, die der Komponist als Vorlage seiner Opern verwendete oder dafür zu verwenden plante – die Schriften von Georg Büchner, Gerhart Hauptmann und Frank Wedekind. Letztere kannte er wie auch das Schaffen von Altenberg und Strindberg aus der Fackel von Kraus, dessen Theatergruppe Trianon im Intimen Theater im Wiener Nestroyhof auch die österreichische Erstaufführung von Wedekinds Drama Die Büchse der Pandora, des zweiten Teils der Tragödie Erdgeist – beide Werke wurden später zum fünfaktigen Stück Lulu zusammengefasst – realisiert hatte. Die literarischen Interessen Bergs waren zeitlebens vielschichtig. So begeisterte er sich etwa derart für Peter Rosegger, dass er auch ein Bild dieses Autors an die Wand hängte (siehe dazu und auch zu anderen hier erwähnten Autoren auch Kapitel 7. Idole, Freunde und Devotionalien). Der fromme Freund Anton 145

Webern hatte dem Heimatdichter mit warmen Worten empfohlen, als er an Berg am 30. August 1912 schrieb: „Und ich muß immer wieder Peter Rosegger nennen, der gänzlich unterschätzt wird; dessen Bücher bloß als Unterhaltungslektüre gelten und die viel an – Strindberg erinnern. Ich lese jetzt die ,Schriften des Waldschulmeisters‘. Ich bitte Dich, lese das. Da setzt er sich mit allen Dingen des Lebens auseinander. Und wie wunderbar. Und so alle Bücher von ihm. Eine tief religiöse herrliche Persönlichkeit.“ (L6.Alban-Berg-Stiftung.246) Persönlicher oder schriftlicher Austausch erfolgte mit einer Reihe von Literaten, Wissenschaftlern und Schriftstellern, wie eigenhändige Widmungen auch von Guido Adler, Siegfried Kracauer und Franz Werfel – dem dritten Ehemann von Alma Mahler, mit dem reger Kontakt bestand – belegen. Gegenüber Soma Morgenstern und Elias Canetti formulierte Berg seine Eindrücke ihrer an ihn gesandten Romane brieflich: Am 18.10.1934 schrieb Berg an Morgenstern: „Mein lieber Soma, ich habe heute Nacht Deinen Roman ausgelesen u. kann Dir sagen, daß ich selten einen so großen Genuß gehabt habe. Ich habe, nach dem was ich bisher von Dir kannte, wohl erwartet, daß, wenn Du Dich nun einmal zu einem Roman entschließt, daß also das schon ein hohes Niveau haben würde; daß es aber so schön ausfallen würde, habe ich – offengestanden – nicht erwartet. Ich stehe wirklich in Bewunderung vor diesem Opus u. freue mich, daß es existiert. Nicht nur Deinetwegen, sondern auch der Welt wegen, in die – mit ihrer Verlogenheit, ihrer Zerrissenheit ihrem Aus dem Gleichgewicht-Gebrachtsein – – – mit einem Schlag ein so wahres, ein so abgerundetes und so wohl ausbalanciertes Werk gesetzt wurde. Der Welt wegen, deren seit Dezennien inhaltlich wüstes Geschehen (von dem sie sich in 6 Tage Rennen erholen muß) mit dem Inhalt Deines Buchs ein so reines Geschehen von sechs Tagen gegenübergestellt wird. So komisch es Dir klingen mag: ich habe bei der Lektüre dieses jüdischen Buches oft und oft an – – Rosegger und Stifter denken müssen; und wie mich das so ungeheuer sympathisch berühren mußte, so auch der Schuß Ironie und Zorn, der durch das Ganze geht.“20 An Canetti schrieb Berg am 11.11.1935: „Ich habe den Roman von der ersten bis zur letzten Seite mit gleichem Interesse, mit gleicher Spannung, mit gleicher Anteilnahme, gleicher Begeisterung gelesen, ja mit Freude gelesen: und zwar nicht nur mit künstlerischer sondern auch mit menschlicher Freude, da ich 146

zwischen den Zeilen dieses Epos des Hasses – der sowohl den Menschen gilt auch als auch allen ihren Institutionen – immer wieder das liebende Herz des Autors verspürte. Seien Sie innigst dafür bedankt u. empfangen Sie die allerbesten Wünsche für den Erfolg Ihres Werkes!“ (F21.Berg.480/79/3). Im Verborgenen, teils in den Schränken der Bücherregale, teils aber auch in Kisten auf dem Dachboden des Waldhauses in Kärnten, hat sich eine vielfältige Sammlung von Schallplatten gefunden, deren breites Spektrum überraschen kann. Zu einem guten Teil enthält sie auf zahlreichen Schellack-Platten Ausschnitte aus dem gängigen Repertoire von Ouvertüren, Opern- und Operettenarien, unter anderem von Mozart, Weber, Meyerbeer, Wagner, Verdi, Puccini oder Massenet, Auber, Halevy und Offenbach, Oscar Straus und Johann Strauss, während sich im Waldhaus eine ansehnliche Zahl von Schallplatten mit populärer Musik erhalten hat, deren Provenienz allerdings unklar ist. Zu den ungewöhnlicheren Exemplaren zählt eine Scheibe mit der Aufschrift „Se. Majestät Kaiser und König Franz Josef Hat am 14. Dezember 1915 im kaiserlichen Schlosse zu Schönbrunn diese Platte zu Gunsten des K. K. Österr. Militär-Witwen- und Waisenfonds besprochen“ – eine Propagandaaktion im zweiten Kriegsjahr, als Berg gerade seine Ausbildung in der Offiziersschule in Bruck an der Leitha absolvierte. Zehn Jahre zuvor wurde jene Schellack-Platte gepresst, die den vom damals als „King of the Ragtime Singers“ geltenden Arthur Collins gesungenen Song Rufus Rastus Johnson Brown von Albert Von Tilzer, Musikproduzent und Song Writer der Tin Pan Alley, enthält. Als alpenländische populäre Variante ist die Volkssängerin und Soubrette Hansi Führer mit Jodlern und Steirischen Schnadahüpfln in der Plattensammlung vertreten. Andererseits enthält diese auch einige seltene Dokumente mit Musik aus der Wiener Schule: darunter eine Melograph-Platte mit einigen von Schönbergs 6 kleinen Klavierstücken op. 19 sowie einen Mitschnitt aus der Funkstunde Berlin mit Auszügen aus dessen Pierrot Lunaire vom 12. September 1930.21 Der Verbleib einer Aufnahme mit der Stimme Schönbergs, die Berg zu seinem 50. Geburtstag gratulierte und über die Berg am 11. März 1935 an Schönberg schrieb, ist allerdings (ebenso wie jener von Bergs Grammophon) ungeklärt: „So oft ein lieber Mensch zu mir kommt, erklingt Deine Stimme in meinem Zimmer. Unlängst standen lauschend um mein Gramophon [sic]: das Kolisch-Quartett, Klenau, Anny Mahler (die von Zsolnay wieder geschieden ist), Reichs etc. und Du kannst Dir denken, wieviel an diesem Nachmittag von Dir gesprochen wurde und von der Möglichkeit, daß Kolisch Euch in USA trifft. Hoffentlich kommts dazu! Er könnte Euch auch dann vieles erzählen, was Dich interessiert und was man zu schreiben vermeidet.“22 147

Otto Weininger, Geschlecht und Charakter, 6. Auflage (1905), mit Eintragungen von Alban Berg Peter Altenberg, Neues Altes (1911), Gedicht „H. N.“ mit eingeklebtem Foto von Helene Nahowski, spätere Berg

Peter Rosegger, Abenddämmerung. Rückblicke auf den Schauplatz des Lebens (1919)

Rechnung des k. u. k. Hofbuchhändlers Franz Leo & Comp. über Roseggers Abenddämmerung, 12.6.1919

Frank Wedekind, Gesammelte Werke, 3. Band: Erdgeist, Die Büchse der Pandora, Der Kammersänger (1920)

Georg Büchner, Sämtliche Werke und Briefe, Insel-Ausgabe (1922)

Franz Werfel, Gesammelte Werke, 1. Band: Gedichte (1927) mit eigenhändiger Widmung: „Alban und Helene, den Freunden, in unverwandelbarer Liebe zur Erinnerung an St. Margherita, Feber 1928 Franz“ Guido Adler, Beethovens Charakter (1927) mit eigenhändiger Widmung des Musikwissenschaftlers an Berg: „Herrn Alban Berg in herzlicher Sympathie Guido Adler 19.IX.27“

Siegfried Kracauer, Die Angestellten (1930), eigenhändige Widmung des Autors an Berg: „Herrn Alban Berg in Verehrung. Kracauer Wien. Anfang April“

Soma Morgenstern, Der Sohn des verlorenen Sohnes (1935) mit Widmung des Autors: „Alban und Helene den liebsten Freunden Soma Dezember 1935“

Elias Canetti, Die Blendung (1935) mit eigenhändiger Widmung des Autors an Berg: „Alban Berg – ein kleiner Dank für ,Wozzeck‘ und ,Lyrische Suite‘ von Elias Canetti 17. Oktober 1935.“ Bücherliste ehemaliger Bibliotheksbestände der Familie Berg

Arthur Collins, Rufus Rastus Johnson Brown (American Odeon Record) Hansi Führer, Steirische Schnadahüpfln (Odeon Record) Giuseppe Verdi, Il Trovatore (Gramophone Concert Record) Rede von Kaiser Franz Joseph (14.12.1915) Arnold Schönberg, 6 kleine Klavierstücke op. 19, Nr. 3, 5 und 2, Melograph Platte Auszüge aus Arnold Schönbergs Pierrot Lunaire (Funkstunde Berlin, 12.9.1930) Gramola Schallplattennadeln (für den einmaligen Gebrauch)

7. Idole, Freunde und Devotionalien

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einem Jugendfreud Hermann Watznauer berichtete Alban Berg am 1. August 1904, wie bewusst und planvoll er schon als junger Mann seine Räume mit Bildern und Plastiken seiner Vorbilder ausstattete: „Ich sitze allein auf meinem Zimmer – vor mir im Eck ist Papas Büste – weiter vorn mein Lieblingsbild von Beethoven, dann die Statue von Brahms – Links und rechts davon Bildnisse von Mahler und Ibsen, meine lebenden Ideale. Auf meinem Nachtkästchen steht noch Beethovens Statue und darüber hängt (leider nur in Reproduktion!) mein Lieblingsgemälde: ,Jupiter und Jo‘ von Correggio. – So, das ist meine Umgebung – ein kleines Menschenkind zwischen Göttern und Helden!“23. Seine „lebenden Ideale“ waren in seiner Lebenswelt auch weiterhin omnipräsent. Es erscheint somit die Formulierung des Titels von Soma Morgensterns Erinnerungen Alban Berg und seine Idole treffend, auch wenn „der Komponist und treue Freund“24 hier in deutlich subjektiv gefärbter Weise porträtiert ist. Eine Sonderrolle unter den großen musikalischen Vorbildern nahm der in ihrer Jugend von Helene und Alban Berg gleichermaßen abgöttisch verehrte Gustav Mahler ein, dessen Bildnis bei beiden Ehepartnern seit ihrer Jugend in ihren Wohnräumen präsent war (vgl. auch Kapitel 1. Jugendorte in Wien). Auch in der Trauttmansdorffgasse erhielt der nur zwei Wochen nach ihrer Hochzeit verstorbene Heros einen Ehrenplatz in Form einer großformatigen Fotografie aus der Porträtserie „Der Hofoperndirektor in der Wiener Staatsoper“ von Moriz Nähr (1907), nämlich im Arbeitszimmer Alban Bergs über dem Bösendorfer-Flügel, so dass er beim Klavierspielen stets im Blick war. In etlichen Aufnahmen posierte Alban Berg vor seinem Instrument genau so, dass Mahler gut mit ins Bild gerückt wurde. Wie Devotionalien verehrt wurden Handschriften des geschätzten Meisters: ein Brief vom 16. Mai 1910, ein Skizzenblatt aus dem Particell zum 5. Satz von Mahlers 3. Symphonie sowie eine knappe Skizze zum 2. Satz der 8. Symphonie (S. 160), sowie die Gegenstände aus Mahlers Besitz: sein Taktstock (F21.Berg.3097), seine Brieftasche (S. 161) und seine Brille. Seine Erinnerung lebte fort in der Freundschaft des Ehepaars zu Mahlers Witwe Alma Mahler. Ihr in der Wohnung aufgehängtes Porträt trägt die Aufschrift „Meinem lieben Helenerl – immer dieselbe, Alma“. Das daneben angebrachte Bild von Alma Mahlers Tochter Manon Gropius, deren Andenken Alban Berg sein Violinkonzert widmete, weist die Notiz „Weihnachten 1919“ auf.

Welche herausragende Bedeutung Arnold Schönberg für Alban Berg besaß, 156

wird dadurch betont, dass sich sein Bild – wie sonst bei keinem der Idole – gleich zweimal an der Wand des Arbeitszimmers befindet: in einer Fotografie von Hugo Erfurth aus dem Jahr 1912 sowie in einem im Jänner 1934 in Brookline (Massachusetts) entstandenen Bild, das der ehemalige Lehrer seinem Schüler aus den USA zusendete. Auch ein Abbild des Schönberg-Schülers und Freundes Anton Webern wurde – in Form der Kopie eines Gemäldes von Oskar Kokoschka aus dem Jahr 1914 – an die Wand gehängt. Bereits 1910 malte Arnold Schönberg seinen Schüler Alban Berg in Überlebensgröße – und fertigte zu diesem Gemälde eigens einen Holzrahmen mit repräsentativer Goldkante an. 1924 wurde das Bild in der Musikausstellung im Wiener Rathaus gezeigt, anlässlich der Rückgabe ließ sich Berg damit stolz am Fenster seines (damaligen) Arbeitszimmers fotografieren. Das Original befindet sich seit 1951 im Wien Museum. Es lässt bereits vorausahnen, dass auch der Komponist selbst schon zu Lebzeiten für seine Verehrer zum Idol wurde – wie auch für seine Ehefrau – und dies für ihr ganzes Leben lang blieb. Zeitlebens gehörte auch Karl Kraus zu Bergs „Göttern und Helden“. Das Foto des Publizisten, Satirikers und Dramatikers, das neben seinem Schreibtisch hängt, wurde im legendären Fotostudio der Madame d’Ora aufgenommen. Weitere künstlerische Bezugspunkte waren die Schriftsteller Gerhart Hauptmann, August Strindberg und Peter Rosegger sowie – in einem berühmten Doppelbild – der Kaffeehausliterat Peter Altenberg (siehe auch Kapitel 6. Bücher und Schallplatten) neben dem Architekten Adolf Loos, für dessen 60. Geburtstag Berg 1930 Doppel-Akrostische Distichen für den zehnten Dezember schrieb.

Gustav Mahlers Brille 157

Gustav Mahler als Direktor der Wiener Hofoper (30./31. August 1907), Fotografie aus der Porträtserie „Der Hofoperndirektor in der Wiener Staatsoper“ von Moriz Nähr im Arbeitszimmer Alban Bergs über dem Bösendorfer-Flügel Alma Mahler, handschriftliche Widmung: „Meinem lieben Helenerl – immer dieselbe, Alma“ Manon Gropius, handschriftliche Bezeichnung Alma Mahlers: „Weihnachten 1919“

Eine gerne eingenommene Haltung: Alban Berg posiert am Klavier mit Zigarette und Gustav Mahler. Rechtes Bild: Pressefotografie Max Fenichel, Kenyongasse 27. Fenichel verfertigte auch Porträts von Arnold Schönberg und Louis Krasner, Erhard Buschbeck und Franz Werfel. Das linke Bild ist eine offensichtlich stark nachbearbeitete, weichgezeichnete und „geschönte“ Version derselben Vorlage, deren Entstehung jedoch bislang im Dunkeln liegt.

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Skizze zum 2. Satz von Gustav Mahlers 8. Symphonie aus dem Besitz von Alban Berg, Reproduktion

Brief von Gustav Mahler an Alban Berg vom 16. Mai 1910, Reproduktion

Skizze (Particell) zum 5. Satz von Gustav Mahlers 3. Symphonie aus dem Besitz von Alban Berg, Reproduktion 160

Brieftasche aus dem Besitz Gustav Mahlers mit dessen Visitenkarte

Postkarte: Gustav Mahler Dr. O. Böhlers Silhouetten

Arnold Schönberg, Fotografie von Hugo Erfurth, Dresden (1912) 161

Alban Berg und Anton Webern am Ossiacher See Anton Webern, Gemälde von Oskar Kokoschka (1914), Original in Privatbesitz, Kopie im Arbeitszimmer der Wiener Wohnung

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Alban Berg mit seinem Gemälde von Arnold Schönberg (1910), Fotografie aus dem Jahr 1924 vor dem Fenster zur Veranda der Wiener Wohnung

Karl Kraus (Fotostudio Madame d’Ora)

Georg Büchner, Porträt nach August Hoffmann. Eine Reproduktion nach derselben Vorlage befand sich in Alban und Helene Bergs Waldhaus. August Strindberg, um 1900/1902

Adolf Loos und Peter Altenberg (Trude Fleischmann, Atelier Hermann Schieberth), 1918

Gerhart Hauptmann

Peter Rosegger, Fotografie aus dem Atelier Boehm

Peter Roseggers Grabstätte in Krieglach, Steiermark, Postkarte aus dem Besitz von Alban Berg

8. Schreiben und Komponieren

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enn man sich den Nachlass von Alban und Helene Berg in seiner Gesamtheit vor Augen führt, wird die zentrale Bedeutung des Schreibens als kultureller Praxis für beide Ehepartner deutlich. Sowohl musikalische als auch alltägliche Agenda wurden unausgesetzt und beständig verschriftlicht, zunächst von Hand, später auch mit der eigenen Schreibmaschine. Unzählige Aufstellungen und Listen, von denen selbst die ephemersten insbesondere von Helene Berg sorgsam aufbewahrt wurden, zeugen ebenso davon wie etliche Briefentwürfe25 und Exzerpte (zu Alban Bergs früher Literatur-Auswertung Von der Selbsterkenntnis siehe auch Kapitel 6. Bücher und Schallplatten). Über zahlreiche Details des beruflichen und privaten Lebens unterrichten die konsequent geführten Jahreskalender. Aufgrund häufiger räumlicher Trennung wurde die schriftliche Kommunikation zwischen den Ehepartnern im eigentlichen Briefwechsel, aber auch mithilfe einer Vielzahl kleiner Zettelchen und Notizen gepflegt. Alban Bergs ausgeprägte literarische Neigung, die in seiner Jugend auch zu eigenen schriftstellerischen Versuchen führte26, setzte sich später in einigen musikpublizistischen Projekten fort. Zeitweise lag der Schwerpunkt von Bergs Tätigkeit auf organisatorischen und publizistischen Hilfsdienste sowie editorischen Arbeiten für seinen Lehrer Schönberg. Daraus gingen auch seine Schriften über dessen Werke hervor. Sich ganz auf die Musikschriftstellerei zu verlegen, blieb jedoch ebenso ein unrealisiertes Vorhaben wie die Publikation einer 1920 in Angriff genommenen, doch letztlich nicht zum Abschluss gebrachten Schönberg-Biografie.27 Als Schönberg-Schüler wirkte Berg auch in dessen Verein für musikalische Privataufführungen intensiv mit, so etwa in der Funktion des Vortragsmeisters, wovon der entsprechende Stempel (der neben seinem eigenen aufbewahrt wurde) sowie Notizbücher aus der Vereinstätigkeit zeugen. Eine seiner zahlreichen Aktentaschen ist auch auf einem Bild zu sehen, das den Komponisten gemeinsam mit den Darstellern der Wiener Erstaufführung des Wozzeck 1930 zeigt. Dass er auch an neuen technischen Entwicklungen rund um das Schreiben interessiert war, belegen die am 19. Mai 1931 erworbene, nicht erhaltene Remington Portable Schreibmaschine (F21.Berg.2899), eine am Wiener Schreibtisch angebrachte Spitzmaschine und ein auf dem Kärntner Pendant stehender Locher. Spuren des Geschriebenen umfassen somit den gesamten Nachlass und das gesamte Tun des Ehepaares. Eine Reihe von Schreibutensilien und -materialien ist – wohl im Wesentlichen im Zustand, wie er bei Alban Bergs Tod 1935 vorzufinden war – sowohl in Wien als auch in Kärnten erhalten geblieben. Es wird aus ihnen deutlich ersichtlich, dass diese Materialien als teuer und wertvoll galten und bis zum letzten Rest aufgebraucht, dass Blei- und Farbstifte so 168

lange gespitzt wurden, bis sie kaum noch in der Hand gehalten werden konnten. Ein besonders prominentes Objekt unter den Schreibgeräten stellt Alban Bergs goldfarbene Füllfeder dar – laut Helene Berg und einer häufig kolportierten Erzählung „ein Geschenk Franz Werfels“28, das tatsächlich aber von Hanna Fuchs-Robettin stammt. Im Oktober 1931 versicherte der Komponist seiner lange Zeit verborgen gebliebenen Geliebten: „Daß ich in dem Moment, wo ich arbeitend Deine Füllfeder ergreife, bei mir, also bei Dir bin, ebenso wie ich, wenn ich im Gedanken bei Dir bin, bei mir bin.“29 Mit diesem Schreibinstrument ist Berg auf mehreren, in seiner Wohnung am Schreibtisch entstandenen Fotografien zu sehen, die ihn bei der Arbeit am Particell der Lulu zeigen.

Die Füllfeder des Komponisten Alban Berg am Schreibtisch mit dem Particell der Lulu und seiner Füllfeder

Schreibutensilien und Stempel aus dem Schreibtisch von Alban Berg: Persönlicher Adressstempel und Stempel „Musikausschuss – Vortragsmeister“ des Vereins für musikalische Privataufführungen

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Alban Berg am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer in Wien: Arbeit am Particell der Lulu

Locher der Marke „Victor“ aus dem Waldhaus

Schreibutensilien aus dem Waldhaus und der sorgsam darunter verwahrte Autoschlüssel

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Spitzmaschine

Schreibtisch mit Spitzmaschine in der Trauttmansdorffgasse Rechnung der Firma Adolf Schuss, Köstlergasse 3, über eine Phönixspitzmaschine zum Preis von K 200.000, 17.4.1924

Notizbuch Alban Bergs mit Aufschrift „Verein für musikalische Privataufführungen“ und Eintragungen zu Konzertplanungen und einer Skizze des Veranstaltungsorts

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Berg an einer Schreibmaschine der Firma Royal im Garten der Villa Nahowski in Trahütten

Eine Remington Portable Schreibmaschine. Bergs Exemplar ist nicht erhalten.

Gruppenbild anlässlich der Wozzeck-Aufführung an der Wiener Staatsoper, Inszenierung: Lothar Wallerstein. Georg Maikl als Hauptmann zusammen mit Josef von Manowarda in der Titelrolle, Hermann Wiedemann als Doktor und Alban Berg

Aktentasche aus Alban Bergs Besitz 174

Alban Berg, Verlaufsskizze zu Wozzeck Alban Bergs Musiker-Kalender aus dem Jahr 1921 mit Eintragungen, unter anderem: „II. Akt fertig“ [Wozzeck]

9. Tägliches Leben zwischen Freude und Beschwerlichkeit

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nzählige Details des Alltags sind – wie im vorigen Kapitel erwähnt – im Briefwechsel zwischen Alban und Helene Berg, in Kalendern, Notizbüchern und auf losen Zetteln dokumentiert. So sind in großer Dichte Informationen über Besorgungen, Mahlzeiten, Unternehmungen etc. überliefert. Etliche Gegenständige des täglichen Gebrauchs haben sich in den Wohnungen erhalten und ermöglichen Schlaglichter auf die Lebensrealität in Ergänzung zur bloßen Beschreibung auf Papier. Allgegenwärtig im kreativen Alltag und in Entspannungspausen war für Alban Berg das Zigarettenrauchen. Zahlreiche Fotos belegen dies (wobei damals auch ein modischer Aspekt damit verbunden war) ebenso wie eine Vielzahl von Rauchutensilien, etwa das Metalletui für Zigaretten und Zubehör mit den Initialen „AB“ auf dem Couchtischchen sowie etliche Zigarettenschachteln, Streichhölzer und sonstige damit im Zusammenhang stehende Gegenstände. Häufig musste der Komponist Ermahnungen seiner besseren Hälfte lesen, so etwa schon am 23. Juli 1909, als die beiden noch nicht verheiratet waren: „Schau, wenn Smaragda Dich zu ihren nächtlichen Drahrereien (auch Hermann macht dasselbe, wenn er in Europa ist) mitschleppt, so schläft sie sich am anderen Tag gründlich aus. – Du aber stehst – ohne genügend Schlaf – auf, suchst mit vielen Schalen schwärzesten Tees Deine Müdigkeit zu bekämpfen, um arbeiten zu können. Dann nachts in rauchigen Lokalen, Alkohol, damit hast Du’s ja so weit gebracht, daß Du bei Deiner Größe von 1,87 Meter das lächerliche Gewicht von kaum 60 kg hast! […] Meine Eltern haben ja von ihrem Standpunkt aus nicht ganz unrecht, wenn sie Dich ablehnen, da sie fürchten, ich käme nie aus den Sorgen um Dich heraus und werde mit Dir unglücklich werden. Nun frägt ein Mensch, der liebt (in diesem Fall – ich), nicht danach, ob ihm diese Liebe Leid und Leiden bringt, sie ist wahrscheinlich schicksalhaft! – – Doch Du, Alban, willst Du nicht doch noch einmal versuchen, gesund zu werden? […] [N]ein, Alban, nein, ich geb’ Dich nicht auf! Vielleicht wirst Du doch einmal was ,Großes‘ leisten, und ich will Dir dabei doch nur helfen, daß Du, ohne von körperlicher Schwäche beschwert, arbeiten und Dich auch Deines Lebens freuen kannst, ohne gleich Herzbeschwerden und Asthmaanfälle zu kriegen.“30 Solche Predigten wiederholen sich regelmäßig, etwa am 16. September 1919: „Bitte Butzi, nicht zu vielen u. starken Tee u. Kaffee trinken. In Ausnahmfällen, wenn Du dann einmal eine Aufpulverung brauchst, hielft es dann nichts mehr!“31 Dass der Konsum von Nikotin, Kaffee und Tee, der sich auch auf Einkaufslisten und Rechnungen nachvollziehen lässt, jedoch in der Regel alles andere als maßvoll war, ergibt sich etwa aus einem Dankesschreiben an Schönberg vom 21. Februar 1921 anlässlich einer gewichtigen Lieferung des zentralen Suchtmittels: „Inzwischen ist folgendes vorgefallen: Der Tabak ist gekommen!!! Kannst Dir unsere Freude denken!! Tausend Dank, 178

lieber Freund. Mit diesem vielen Tabak bin ich lang aus dem Wasser!! Die Verteilung nahm ich im Einvernehmen mit Webern u. Stein folgendermaßen vor, wobei jeder von uns auf 1 Schachtel verzichtete, weil es unmöglich war mit dem Rest, der sich nach Deiner Verfügung ergeben hätte, eine gerechte Verteilung vorzunehmen. Somit Webern u. ich je 5 Schachteln, Stein u. Steuermann je 2, Rankl, Rufer, Greisle, Steinbauer, Travniček u. Kolisch je 1 = 20 Schachteln!“32 Beteuerungen an seine Gattin, er würde seinen Konsum von Stimulantien einschränken, sind währenddessen ebenso häufig wie Ermahnungen, so etwa am 24. Februar 1934: „1000 Dank für die Karte, die ich schon sehr, sehr erwartete. Gottlob, daß Deine Reise nicht umsonst war. Alle Deine Anweisungen (Blumen, Sipperln, Lorbeerfenster etc.) sind befolgt u. Kaffee u Thee trink ich um keinen Tropfen mehr u nicht stärker als sonst (wo’s mir ja so wenig schadet, daß ich mit 50 wie 15 aussehe !!!) (und potent wie ein 5jähriger bin!) Beweis: habe bis jetzt keinen Café gekauft, da ich in Villach vergessen hatte, kam also mit dem Paket 2 Tage aus.“33 Am Ende desselben Jahres – am 4. November 1934 – berichtet Berg an Schönberg, dass er seine Suchtmittel absetzen musste: „Ich bin nämlich krank, war es schon die letzte Zeit im ,Waldhaus‘, wo meinem Bronchialkatharrh nach einem plötzlichen Schneewettereinbruch, zuerst Asthma und dann eine Störung des Herz-Nerven folgte, die mir viel Pein verursachte und noch verursacht. Neben Herzstärkenden u. -beruhigenden Mitteln u. vollständigem Verbot von Kaffee, Thee, Alkohol und Nikotin wurde mir auch vollständige Ruhe verordnet“.34 Die verbliebenen Medikamente spiegeln die langjährige Krankengeschichte vor allem Alban Bergs, weniger die häufigen Kuraufenthalte von Helene wider. Neben allgemeinen Schmerzmitteln gibt es auch Präparate, die besonders gegen die ausgeprägte Neigung zu Entzündungen verwendet wurden. Zahlreiche Gewichtskarten aus Bergs noch heute bestehender Stammapotheke „Zum Auge Gottes des Joseph Winkler“ in der Hietzinger Hauptstraße 24 dokumentieren die Neigung des Komponisten zu geringem Körpergewicht, das in den 1920er Jahren bei einer Körpergröße von rund 1,85 Metern immerhin zwischen 70 und 76 kg betrug. Die Verwendung medizinischer Präparate lässt sich über Jahrzehnte nachvollziehen. So schreibt Alban an Helene Berg am 21. Juli 1909: „An Medikamenten hab’ ich momentan: Milchzucker, Codein, Natriumjoded (das schauderhafteste Trankel der Welt), Morphin in irgendeiner Mischung, Cocainlösung, Calific (weil der Milchzucker nichts nützt), Menthol mit Paraffinöl, Pyramidon, Arsenferratose, Schiffsmumme, also genug, um zu gleicher Zeit gesund und krank zu werden. Unlängst war ich so stolz, eine gute Nacht 179

gehabt zu haben, es stellte sich aber heraus, daß ich eine so große Dosis Morphin genommen hatte (im guten Glauben, es zu dürfen), als man nie einem Kranken zu geben wagt, weil es ihm ernstlich schaden dürfte. Sehr verzwickt ist die Aufgabe, drei der angeführten Medikamente auf nüchternen Magen zu nehmen, da man doch höchstens eins auf leeren Magen nehmen kann.“35 Die in der Trauttmansdorffgasse erhaltenen Katarrhpastillen der Marke Pserhofer erwähnt er in seinem Brief an die Gattin vom 12. bis 14. August 1916: „Nachdem heute Nacht noch Fieber u. Kopfweh dazukam, blieb ich heute den ganzen Tag im Bett, duselte so bis 4 Uhr circa dahin u. jetzt schreib’ ich meinem Pferscherl, schick ihm den Brief aber erst bis ich wieder gesund bin, um ihm unnötige Sorgen zu ersparen. Ich habe mich völlig ,auf krank‘ eingerichtet. Den Tisch an’s Bett geschoben. Medikamente zusammengesucht, u. zw. Latschenkieferöl, Eukalyptus, Menthol-Crayon zum Bestreichen des Halses als Ersatz für Eisbeutel resp. kalte Umschläge, die mir zu viel Scherereien gemacht hätten. Fieberthermometer, Pserhoferpastillen und Aspirin.“36 An sein Faktotum Willi Reich richtete er viele Jahre später – am 28. Dezember 1933 – seine Medikamentenwünsche, darunter auch nach Kurella-Pulver, das aus Sennesblatt und Süßholzwurzel, Fenchel, gereinigtem Schwefel und Rohrzucker besteht und sich ebenfalls noch in der Wiener Wohnung befindet: „Ja noch was: Ich hab wieder (infolge des plötzlichen Frosteinbruchs vor Weihnachten hier) einen Mords-Katarrh. Sie haben mir immer so gute und billige Sirolin-Ersätze und Creolac (Creosot)syrupe geliefert; bitte wieder 1, 2 Flascherln. Aber kein Präparat, wo Codein drin ist. Komischerweise wird mir (so gut es für den Husten wäre) sterbensübel drauf (seit 1/2 Jahr ca!) Dann Curella-Pulver. Aber nur wenn Sie richtiggehendes haben. Hier verkauft man eines, wo scheinbar Zement drin ist. Etwa 1/4 kg.“37 Unter den Medikamenten und medizinischen Produkte zur Behandlung von Alban Bergs Furunkulose und ihrer Folgeerscheinungen einschließlich Verbandszeug befinden sich höchst wahrscheinlich auch jene, die aus dem letzten Lebensjahr des Komponisten stammen, und von Helene Berg gemeinsam mit getrockneten Blumen aus dieser Zeit (siehe Kapitel 12. Erinnerungen) verwahrt wurden. Aus nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens sind Gegenstände überliefert: sowohl Kleidungsstücke als auch Gebrauchsgegenstände aus dem Haushalt – etwa Geschirr, Flaschen und Gläser sowie im Waldhaus neben einer Teekanne und einem Rechaud auch eine Eismaschine sowie ein Steingutbehältnis mit der Aufschrift „Warme Würstchen“, welches darauf hindeutet, dass sich hier eine Frühstückspension befand, bevor das Haus vom Ehepaar Berg erworben wurde. Auch aus dem Bereich der Freizeit existieren immerhin noch einige Spu180

ren. Der Verbleib seiner Fotokamera, die er am 9. Februar 1916, seinem 31. Geburtstag, gegenüber Schönberg erwähnt („Mein photogr. Apparat ist eine Cartridge Kodak No 4. Die Größe 12 1/2 x 10 cm.“38), ist zwar nicht bekannt, wohl aber existieren unzählige Fotografien, die Berg persönlich zugeordnet werden können.39 Fasziniert von Radio- und Schallplattentechnik, besaß er auch im Laufe der Zeit mehrere derartige Geräte, deren Schicksal allerdings – mit einer Ausnahme – unklar ist: Dies gilt etwa für den gegenüber Schönberg am 6. August 1931 erwähnten „5-Röhren-Apparat den mir Siemens + Halske zur Verfügung gestellt hat. Ich höre ganz Europa glänzend u. es macht mir viel Spaß, dieses Aufsuchen u Trennen u. richtige Einstellen von Stationen.“40 Im Waldhaus geblieben ist allerdings ein anderes Radiogerät der Marke Eumig (Baujahr 1934/1935) mit sieben Röhren, sieben Kreisen und Langwelle sowie Mittelwelle. Dabei wurde auch, aber nicht nur viel Musik gehört. Am 10. November 1933 berichtete Berg an Soma Morgenstern, „daß ich außer dieser täglichen 5–10stündigen Arbeit noch viel Radio höre (eben jetzt Hitlers Wahlrede vor den Arbeitern!)“41 Aus dem Briefwechsel mit Morgenstern geht auch hervor, wie sehr es der Fußball den beiden angetan hatte – einschließlich launiger Sticheleien zwischen einem Austrianer und Rapidler. Das 1925 erschienene Buch Der Fußball in Österreich von Willy Schmieger wurde dem „prominenten Rapidanhänger“ Berg von Willi Reich gewidmet. Jahrzehnte später berichtete der Biograf über den üblichen Tagesablauf des Komponisten in Kärnten: „Für ihn verlief ein Sommertag im Waldhaus ungefähr folgendermaßen: Vom frühen Morgen bis mittags Komponieren; dann ein Bad im See; nach dem Mittagessen eine Stunde Schlaf; dann ein bis zwei Tassen starken Tee, Zeitungslektüre und Korrespondenzen; um vier Uhr Spazierfahrt mit dem Auto, an die sich gewöhnlich ein Kinobesuch in Velden, Villach oder Klagenfurt anschloß; nach dem Abendessen etwas Radiohören und zeitig zu Bett.“42 (zum Autofahren vgl. das Kapitel 10. Der Ford).

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Zigarettenbox der Marke Turmac (Turkish-Macedonian Tobacco Company Constantinople & Cavalla) rouge mit einer Medikamentenschachtel und Asthmolysin-Ampullen

Rauchutensilien und Aschenbecher

Erfrischungs-Cigaretten der Frankfurter Firma Merz mit Orienttabak und Pfefferminzaroma – die ersten Mentholzigaretten der Welt kamen 1914 auf den Markt.

Zollquittung über Tabak aus Holland für Alban Berg, 19.1.1921

Rechnung von Julius Meinl, Filiale Hietzing, über Lebensmittel, Weinbrand, Westminster Zigaretten, 1923 oder 1924

Karaffe mit Weinlaubkränzen und Punktoder Sterndekorationen und zwei verschiedene Weingläser aus dem Besitz von Helene und Alban Berg

Flachmann vom Kärntner Schreibtisch Alban Bergs 183

Steingut-Behälter für Warme Würstchen der Firma Villeroy und Boch, Dresden (um 1900) aus dem Waldhaus Teekanne Alban Bergs, die er laut Notiz Helene Bergs im Waldhaus täglich benutzte

Rechaud aus dem Waldhaus Automatische Gefrorenes-Maschine, Sistem – Meidinger von Prof. Dr. Heinrich Meidinger, Direktor der „Großherzoglich-Badischen Landes-Gewerbehalle“ in Karlsruhe 184

Kleidungsstücke von Alban Berg

Alban Berg mit Hut in einem Garten (Trauttmansdorffgasse?) Hüte aus dem Besitz von Helene und Alban Berg, darunter schlichter schwarzer Hut mit Firmenetikett der Fabrik P. Ladstätter und Söhne Wien

Gewichtskarten aus der Apotheke „Zum Auge Gottes“, Hietzinger Hauptstraße 24

Cerolin, ein abführend wirkendes Hefe-Präparat, das gegen Furunkulose verwendet wurde

Medikamentendose mit Katarrhillen (Katarrhpastillen), J. Pserhofer’s Apotheke, Singerstraße 15

Kurellapulver (Pulvis Liquiritiae compositus, aus Sennesblatt und Süßholzwurzel, Fenchel, gereinigtem Schwefel und Rohrzucker) aus der Heilborn-Apotheke, Mariahilferstraße 133

Schmerzpulver aus der K. K. Hofapotheke, Wien

Schmerzpulver (Morphium) aus der Kreis-Apotheke in Villach, Waldhaus Verbandwatte der Firma Richter & Co. (Rico) aus dem tschechischen Most (deutscher Name: Brüx)

Medikamente und medizinische Produkte zur Behandlung von Alban Bergs Furunkulose und ihrer Folgeerscheinungen

Dieses Kamera-Modell besaß Alban Berg: eine Cartridge Kodak No 4. Sein Gerät ist nicht erhalten.

Eumig-Radioapparat aus Frank Nahowskis Zimmer im Waldhaus

Spielkarten Industrie-und-Glück-Tarock der Firma Piatnik (etwa 1900–1912) 188

Alban und Helene Berg auf dem Fußballplatz auf der Hohen Warte (handschriftliche Datierung: 1930)

Willy Schmieger, Der Fußball in Österreich (1925) 189

10. Der Ford

E

s war für Alban Berg zumindest seit den 1920er Jahren ein lang gehegter Traum, einmal ein Automobil sein Eigen nennen zu dürfen. Am 15. Mai 1925 schrieb er an seine Frau aus Prag, wo er sich anlässlich der Aufführung der Drei Bruchstücke aus Wozzeck beim Musikfest aufhielt: „Goldchen, wie soll ich das alles erzählen. Ich leb wie in einem verwunschenen Schloß einerseits; Andererseits brandet das Musikweltleben auf mich ein, daß mir der Kopf brennt [… .] Aber mehr noch heimelt mich der selbstverständliche Luxus dieses Lebens an. Ach! Könnt’ ich es Dir bieten!!! Jeden Schritt, den ich tu, tu ich nicht sondern mache ihn per Auto (u. was für ein Auto!)“.43 Als der Erfolg des Wozzeck Jahre später – seit der Aufführung in Oldenburg 1929 setzte eine Serie von Aufführungen ein; die erste Aufführung an der Wiener Staatsoper vom 30. März 1930 machte Berg auch in der Heimat endlich zu einem etablierten Komponisten – diesen Wunsch in den Bereich des Möglichen rückte, stand der Gedanke an den eigenen Wagen für Wochen im Mittelpunkt seiner Bemühungen (F21.Berg.3048 und Unterlagen in der Alban Berg Stiftung)44. Ab Mai nahm Alban Berg Fahrstunden (F21.Berg.432/26), besuchte Autofirmen in Wien und sammelte mehr als ein Dutzend Broschüren verschiedener Hersteller, deren Erzeugnisse in Frage zu kommen schienen. Auch sein Exemplar des Landesgesetzblattes für Wien vom 1. Mai dokumentiert seine Auseinandersetzung mit der Materie, wenn er dort die neuerdings geltenden Verkehrsregeln genau nachvollzieht. Offenbar im Juni entscheidet sich Berg für den Ford A 1930. In einem – allem Anschein nach an seine bekanntlich höchst sparsame Ehefrau gerichteten – handschriftlichen Dokument mit dem Titel „Erklärung des AutoKaufes“ erläutert er die Finanzierung des Anschaffungspreises von S  12.000 (S. 194). Am 23. Juni nimmt er nochmals laut seinem Kalender Unterricht in „Fahren“ und „Theorie“ und besucht anschließend eine „Autovertretung“, wo der Kauf abgewickelt wird (F21.Berg.432/26 und 2863, S. 196). Am 3. Juli folgt die Führerscheinprüfung (F21.Berg.432/26), das amtliche Dokument wird fünf Tage später von der Bezirkshauptmannschaft Hietzing-Umgebung ausgestellt (S. 197). Die Lieferung des Wagens allerdings lässt bis Ende August auf sich warten. Am 22. August kann das lang ersehnte Automobil endlich in Empfang genommen werden, und bereits an den folgenden Tagen wird es in Betrieb genommen: zunächst nach Rekawinkel, dann über Küb und Bruck an der Mur zum Berghof (F21.Berg.432/26). Helene Berg berichtet am 29. August 1930 an Alma Mahler: „Wir sind seit Dienstag wieder in Kärnten. Wir fuhren mit unserm endlich errungenen Auto her u. kamen (bis auf einen umgestoßenen Zaun u. ein ,gerammtes‘ Italienisches Auto – mit einigen Schrammen an unserm Wagerl) jedenfalls lebend hier an. Es ist ein wunderbar laufendes, vornehmes Auterl, das überall Aufsehen erregt. Alban strahlt u. täglich um 5h wird 192

losgefahren. (Um 8h liegen wir schon in den Betten, sind aber täglich um 6h beim Frühstück) – | Alban hätte Dir gerne selbst geschrieben, aber er hat (durch die Wr. Reise) viel Arbeit einzuholen u. es heißt jetzt doppelt fleißig sein, da er ja sein 4rädriges Kind erhalten muss.“45 Die Freude an diesem „Kind“ wird durch etliche an Freunde und Kollegen versandte Fotografien und Bildpostkarten dokumentiert. Von Anfang an war das Auto jedoch nicht nur als funktionales Fortbewegungsmittel für die Fahrten zwischen Wien und Kärnten gedacht, sondern – ganz im Trend des „Tourismus“ der Zeit – als Mittel zur Erkundung der Natur bei ausgedehnten Bergfahrten. Schon am 11. Juni 1930 – also noch vor dem Autokauf – erwarb Berg bei der Buch- und Kunsthandlung Richard Lányi in der Kärntnerstraße 44 in Wien das soeben erschienene Buch Die Hochstraßen der Alpen von Kurt Mair (F21.Berg.2882), das weit bis in die Nachkriegszeit hinein in mehreren Auflagen erschien und bis heute als Klassiker dieser Literatur immer noch gedruckt wird. Schon am 19. September 1930 machten Alban und Helene ihre erste größere Fahrt auf einer solchen Strecke, die sie zum Loiblpass führte (S. 198). Später folgten die Turacher Höhe, der Katschberg, im folgenden Jahr, in dem Helene Berg am 23. Juni 1931 die technische Prüfung und am Tag darauf die polizeiliche Prüfung absolviert, im Juli die Großglockner-Hochalpenstraße und Ende August eine Fahrt durch die Dolomiten (S. 199). Über letztere berichtete Berg an seinen späteren Biografen Willi Reich am 3. September 1931 voller Begeisterung: „Zwei unbeschreiblich schöne Tage benützten wir zu einer märchenhaften Autopartie: Dolomitenfahrt: an einem Vormittag über 4 Pässe, jeder ca 2200 m hoch: Grödnerjoch, Sellajoch, Pordojpass, Falzarego-Pass, Misurinasee, Cortina. – Sie können sich nicht vorstellen, welche Pracht! Alles was ich bis jetzt sah, ist nichts dagegen.“46 Die ausgedehnteste Fahrt mit dem Wagen, der sich seit 2016 als Dauerleihgabe der Alban Berg Stiftung im Technischen Museum Wien befindet und im Rahmen der Sonderausstellung „Wagerl, Auterl, liebster Freund. Alban Berg und sein Ford A“ zu sehen ist, führte jedoch im Oktober 1931 zur Erstaufführung des Wozzeck nach Leipzig.

Ansichtskarte „Zum Teufel mit der Verkehrsregelung!“ (Berghof, 30.8.1930) 193

„Erklärung des Auto-Kaufes“: Aufstellung über die Finanzierung des Kaufpreises von Alban Berg

194

„Technische Einzelheiten der Ford Wagen Modell ,A‘“ mit handschriftlichen Notizen Alban Bergs sowie dem amtlichen Kennzeichen seines Wagens

Rechnung über den Ford A des Autohauses V. L. Stua, Opernring 6–8, 23.6.1930

Landesgesetzblatt für Wien vom 1.5.1930 mit handschriftlichen Eintragungen Alban Bergs

Führerschein Alban Bergs, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Hietzing-Umgebung, am 8.7.1930

Helene Bergs „Nachweis über die Erlernung des Fahrdienstes in der Fahrschule“ der Kraftfahrschule Adalbert Szöke, ausgestellt in Villach am 6.8.1931

Fotopostkarte Alban Bergs an Anton Webern, 5.9.1930

Fahrt über den Loiblpass am 19.9.1930, Dr. Erich Löwe und Helene Berg

198

Fahrt über die Großglockner-Hochalpenstraße, Juli 1931

Auf der Dolomitenfahrt am Sella-Joch, Ende August 1931

Alban Bergs Ford A Cabriolet 1930 Detailansichten des 2016 wieder fahrtüchtig gemachten Autos

Die Initialen „A. H. B.“ auf der Tür des Wagens Alban repariert den Ford, handschriftliche Notiz Helene Bergs: „Kärnten Alban Autodefekt nachsehend“

11. Sammlerstücke und Glücksbringer

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as Sammeln und Aufbewahren von Dingen war für Alban Berg seit seiner Jugend eine gerne gepflegte Beschäftigung. Ein Schulheft verzeichnet die „Steinsammlung von Alban Berg“, den besonders Bergkristalle faszinierten, der aber auch ein US-amerikanisches Mineralienkabinett besaß. Laut einem Vermerk von Helene Berg sammelte er auch Münzen. Erhalten sind unter anderem Exemplare aus dem Königreich Italien (1862), der Tschechischen Republik (1923), der Republik Frankreich (1915), dem Königreich Belgien (1866) sowie aus Österreich (1915, 1923 und 1928). Ebenfalls unter den Münzen erhalten hat sich ein Jeton zur Aufführung des Dreigroschenoper-Films im Sascha Palast, jenem Wiener Großkino, das 1931 unter dem neuen Namen wiedereröffnet worden war. In den Schreibtischladen und in mehreren Kisten liegt einiges an Kramuri (Krimskrams) wie Schrauben, Korken, Rasierklingen, Zettelchen und Etiketten, aber auch Christbaumschmuck – nicht alles davon hinsichtlich seiner Funktion und Bedeutung eindeutig zuordenbar. Zeitweise befanden sich etliche Kunstwerke, Antiquitäten und Teppiche in der Wiener Wohnung, die teils zu Zeiten der Wirtschaftskrise verkauft wurden und nur zum – wohl kleineren – Teil erhalten geblieben sind. Darunter sind beispielsweise eine japanische Satsuma Vase aus Keramik aus der Meiji-Taisho-Periode (Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts) oder das Bild eines Paares in höfischem Gewand. Dieses Beispiel für chinesische Tsuso-Malereien auf Markpapier, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts in Canton eigens für den Export nach Europa angefertigt wurden und für ihre starke Farbwirkung Berühmtheit erlangten, das aus der Kunsthandlung von „Phil. Schäffer’s Nachfolgern“ in der Mariahilferstraße stammt, befand sich mindestens seit 1912 in der Trauttmansdorffgasse. Ein Zusammenhang mit der Tätigkeit von Bergs Vater liegt nahe, ebenso wie bei jenen Tischchen, die möglicherweise nordafrikanischer Provenienz sind. Conrad Berg hatte bei der Weltausstellung 1873 in Wien mitgewirkt.47 Ein ähnlicher Zusammenhang lässt sich auch bei einer chinesischen Figur eines Mannes aus Wurzelholz aus dem 19. Jahrhundert annehmen, die als Buddha-Darstellung interpretiert werden kann. In dieselbe Sphäre gehört auch eine aus Elfenbein geschnitzte Figur des Jurōjin, eines der sieben chinesischen Glücksgötter, der für ein langes Leben steht – sehr wahrscheinlich ist es diese Figur, die von Helene Berg als Buddha bezeichnet wurde und die sie nach eigener Aussage „bei allen Aufführungen, versteckt in der Hand halten“ musste.48 Vermutlich ist es jener Glücksbringer, von dem im Briefwechsel wiederholt die Rede ist, so am 6. November 1932 „Halt’ die Daumen u. den Götzen!“ und bereits am 17. November 1931: „In der Nacht vom Donnerstag auf Freitag (ca. 204

1 Uhr bis 5 Uhr) ist der Wozzeck in Philadelphia. Stell den Götzen zu Dir. Ich schlaf (im Schlafwagen).“49 Auch andere Glücksbringer spielten für den – ähnlich wie Arnold Schönberg und Anton Webern – abergläubischen Alban Berg eine große Rolle, darunter Hufeisen, Hufeisenstollen oder Eberzähne, die er gerne bei sich trug (siehe auch Kapitel 12. Erinnerungen).

Testament Helene Bergs vom 23.7.1969 205

Glücksbringer aus dem Besitz von Alban Berg

Münzsammlung von Alban Berg Jeton zur Aufführung des Dreigroschenoper-Films im Wiener Großkino „Sascha Palast“ 1931

206

Schreibheft „Steinsammlung von Alban Berg“

Mineralienkabinett

Satsuma Vase, Meiji-Taisho-Periode (Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts), Keramik, bunt und gold gemalter figuraler Dekor

208

Tischchen nordafrikanischer Herkunft (vgl. die Bilder von Alban Berg als Soldat, S. 135–137)

Paar in höfischem Gewand, Canton, 19. Jh., Farben auf Markpapier, gerahmt, heute im Speiszimmer der Wohnung in der Trauttmansdorffgasse Helene Berg im ursprünglichen Schlafzimmer, im Hintergrund das chinesische Bild (Paar in höfischem Gewand) und das Foto Alma Mahlers (vgl. auch die Bilder von Alban Berg als Soldat, S. 135–137) 209

Glücksbringer in Form eines beschlagenen Pferdehufes, eines weiteren Hufeisens und zweier Pferdestollen Eberzahn und Vogelknochen

Christbaumschmuck

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Holzbox mit diversem Kramuri

Glücksbringer in Form einer aus Elfenbein geschnitzer Netsuke des Jurojin mit Hirsch mit deutlichen Abnützungsspuren, Japan, 19. Jahrhundert

Glücksbringer in Form zweier verbundener Ringe als Symbol für die unauflösliche Verbundenheit von Helene und Alban Berg

Figur eines Mannes (Buddha?) aus Wurzelholz, China, 19. Jahrhundert

12. Erinnerungen

H

elene Berg überlebte ihren Mann um mehr als 40 Jahre, und es ist keine Übertreibung festzustellen, dass für sie ihr ganzes Dasein all diese Zeit der Erinnerung an Alban Berg geweiht war, während sie auch weit über ihr eigenes Leben hinaus die Weichen für künftiges Gedenken stellte. Alban Berg selbst hatte in seinem Testament aus dem Jahr 1934 eine Stiftung vorgesehen, die sich der Unterstützung junger, bedürftiger Komponisten und Musiker widmen sollte. Helene Berg ergänzte – nach einer langjährigen Vorbereitungszeit – in der 1969 rechtsgültig gewordenen Gründungsurkunde der Alban Berg Stiftung dieses Ansinnen um jene Aufgabe, die für sie selbst zentral war: das Andenken an Alban Berg und seine Werke sicherzustellen. Schon in den vorangegangenen Jahren und Jahrzehnten hatte sich die Komponistenwitwe – und insbesondere auch in der Zeit des Zweiten Weltkriegs sowie in der ersten Phase der Nachkriegszeit – unermüdlich und gegen zahlreiche Widerstände und Erschwernisse um die Erhaltung der beiden Wohnungen in Wien und Kärnten gekümmert. Mit aller Kraft forcierte sie ihre Umgestaltung zu Gedenkstätten, indem sie selbst entsprechende Adaptionen der Räume vornahm – insbesondere in einem geradezu sakral anmutenden Rahmen im Arbeitszimmer des Waldhauses –, aber auch auf mehrfache Weise Vorsorge für die Zukunft traf.

So sorgte sie für den Erhalt beider Orte, indem sie sich für ihre Unterschutzstellung einsetzte und diese – in jeweils unterschiedlicher Form – erreichte. Für die langjährig gemietete Wiener Wohnung – dass das gesamte Wohnhaus einst von der Alban Berg Stiftung erworben werden würde, rückte erst in späten Jahren in den Bereich des Denkbaren – schien es aus Gründen der Besitzverhältnisse nicht möglich, den Ort selbst zu bewahren, so dass das Arbeitszimmer 1951 als einheitliche Sammlung unter Schutz gestellt wurde. Damals war geplant, den Raum samt Inhalt im Museum der Stadt Wien zu bewahren – ein Vorhaben, das anschließend offenbar nicht mehr weiterverfolgt wurde.50 Im Falle des Kärntner Waldhauses, das nach Alban Bergs Tod in Helene Bergs alleinigem Eigentum stand, war die Perspektive einer unveränderten Bewahrbarkeit deutlicher: 1965 erfolgte die Unterschutzstellung, 1971 wurde außerdem erreicht, das gesamte Waldhaus-Anwesen unter Landschaftsschutz zu stellen. Darin kommt auch jene Bedeutung zum Tragen, die Helene Berg den in ihrem Testament eigens mitbedachten Bäumen und Vögeln beimaß. Sowohl jene in der freien Natur als auch jene Tiere, die im Vogelbauer beim Künstlerehepaar hausten, genossen ihre ungeteilte Liebe. Das geht aus einer Briefstelle vom 1. März 1933 hervor, als der Ehemann an die Ehefrau schrieb: „Mein Schwab, von Deinem Brieferl (No II) hat mich Dein Gehirnerschütterungskopfweh tief betrübt u. die Nachricht vom Grandiosen No II ganz traurig gemacht. Bitte 214

schreib gleich, wie’s ihm geht. Sitzt er wirklich stundenlang im Käfig u. läßt’s Flügerl hängen? Furchtbar! Das fiel mir gestern immer wieder den ganzen Tag ein.“51 Wie sehr beide auch an diesen Tieren hingen, zeigt sich auch darin, dass sie ein Vogelskelett – ob es sich um jenes des „Grandiosen No II“ handelt , ist unklar – aufbewahrten. Der Glaube an eine magische Kraft unbelebter Gegenstände kommt auch darin zu Tage, dass sich in Alban Bergs Brieftasche neben zwei miteinander verschlungenen Ringen als Symbol für die unauflösliche Verbundenheit von Helene und Alban Berg auch ein Eberzahn (siehe Kapitel 11. Sammlerstücke und Glücksbringer) aufbewahrt wurde – Gegenstände, die Helene Berg in Ehren hielt und für eine Zurschaustellung für die Nachwelt vorgesehen hatte. Schon zu Lebzeiten Alban Bergs hatte der Komponist in einer historisch äußerst reflektierten Zeit – und zumal im Kontext mit der sowohl geschichts- als auch ausgesprochen selbstbewussten Wiener Schule Schönbergs, Bergs und Weberns – die eigene Stellung in der Musikgeschichte bereits erkannt und mitreflektiert. Wenn man bedenkt, dass Gemälde von Familienmitgliedern im gehobenen Bürgertum des späten 19. Jahrhunderts zum üblichen Interieur gehörten und auch Bergs Vater Conrad in Form einer Büste verewigt worden war, dann zielen auch zu Lebzeiten entstandene Gemälde und Fotografien auf einen solchen überzeitlichen Aspekt. Dies gilt jedenfalls für das überlebensgroße Gemälde des 25-jährigen Alban Berg seines Lehrers Arnold Schönberg (1910), aber ebenso für die 1928 angefertigte Terrakotta-Büste des Bildhauers Josef Humplik, der auch Gustav Klimt, Karl Kraus, Anton Webern sowie seine Ehefrau, die Dichterin Hildegard Jone, plastisch verewigte. Seine Berg-Büste wurde in ihrem Entstehungsjahr auch in der fortschrittlichen Wiener Künstlervereinigung „Hagenbund“ ausgestellt und ist in der Alban Berg Stiftung in zwei Exemplaren erhalten. Und als aus Anlass des 50. Geburtstags eine Lebendmaske angefertigt wurde, konnte niemand ahnen, dass Alban Berg das Jahresende 1935 nicht mehr erleben würde und eine Totenmaske angefertigt werden würde: Ob sie – wie die Lebendmaske – von Anna Mahler, der Tochter Gustav und Alma Mahlers, abgenommen wurde, oder vom Architekten Franz Ullmann52, ist nicht geklärt. Im Grunde lässt sich alles, was Helene Berg nach dem 24. Dezember 1935 unternahm, als Arbeit an der Erinnerung verstehen. So sind die von ihr herausgegebenen Briefe an seine Frau (1965) deutlich als Monument des Menschen Alban Berg konzipiert. Und auch an mehreren Gedenktafeln war sie beteiligt: neben jener beim Kärntner Eigenheim (siehe Kapitel 4. Das Waldhaus in Auen 215

am See) jedenfalls beim Wiener Wohnhaus sowie in Trahütten (weitere Gedenktafeln bestehen an der Stelle von Bergs Geburtshaus, initiiert von der Österreichischen Gesellschaft für Musik, sowie am Bundesgymnasium, finanziert von der Alban Berg Stiftung). In der Trauttmansdorffgasse wurde die durch den Bildhauer Josef Braunsteiner gestaltete Tafel am 22. Dezember 1960 – anlässlich des 25. Todestages Alban Bergs –, finanziert durch Zuwendungen der Gesellschaft der Musikfreunde, der Wiener Philharmoniker, der Wiener Symphoniker, der Wiener Staatsoper, der Universal Edition und der Wiener Konzerthausgesellschaft, organisiert von der Universal Edition Wien, enthüllt. Am 29. Juni 1968 fand die Enthüllung der von Harald Kaufmann (Institut für Wertungsforschung der Hochschule für Musik Graz) initiierten Gedenktafel in Trahütten statt. So wie Helene Berg hier die Fäden bis hin zu den Details in der Hand behielt, ist es insgesamt ihrem Einsatz zu verdanken, dass die Wohnorte, die Gegenstände darin und die Erinnerung bis heute in so lebendiger Form erhalten geblieben sind.

Haarlocke von Alban Berg, handschriftliche Notiz von Helene Berg: „von mir abgeschnitten, nach seinem Hinscheiden“ 216

Testament von Alban Berg (1934)

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Alban Berg. Briefe an seine Frau, herausgegeben von Helene Berg (1965) Brieftasche von Alban Berg

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Schachtel mit getrockneten Blumen Holzbehälter mit Erinnerungen: Blumen von Helene Nahowskis Gesangslehrerin Mariannte Brandt, Schießpreis Alban Bergs aus seiner Militärzeit

Stiftungsurkunde der Alban Berg Stiftung, handschriftlicher Entwurf von Helene Berg (1953) 220

Bescheid des Bundesdenkmalamtes betreffend das Arbeitszimmer in der Wiener Wohnung (1951) 221

Bescheid des Bundesdenkmalamtes betreffend das Waldhaus in Kärnten (1965) 222

Aus dem Fotoalbum Helene Bergs: „Albans Arbeitszimmer Hietzing, Trauttmansdorffg. 27, 1911–1935“

Die Gedenktafel an Bergs Wohnhaus in Wien (1960) 223

Terrakotta-Büste Alban Bergs von Josef Humplik (1928)

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Lebendmaske Alban Bergs, abgenommen aus Anlass seines 50. Geburtstags von Anna Mahler, der Tochter Alma und Gustav Mahlers (1935) Bronze-Abguss (1985/1986) der Totenmaske Alban Bergs (1935)

Felsen mit Gedenktafel, Villa Nahowski, Trahütten (1968)

Die rechteckige Markierung im Felsen wurde von Helene Berg, wahrscheinlich im Zuge der Planung der Gedenktafel für Alban Berg, eingezeichnet. Der Gedenkstein (1985/1986) für Alban Berg und Wozzeck im Garten der Villa in Trahütten

Gedenktafel beim Berghof. Die Bemerkung über den „nach seiner Familie benannten Hof“ ist allerdings irrig.

Aus Anlass des 100. Geburtstags von Alban Berg errichtetes Denkmal im Garten des Stiftungshauses in der Trauttmansdorffgasse (1985/1986)

Das Alban Berg Denkmal vor der Wiener Staatsoper (2016) 228

ANHANG ANMERKUNGEN 1 Vgl. Friedrich Saathen (Hg.), Anna Nahowski und Kaiser Franz Joseph. Aufzeichnungen, Wien u. a. 1986, S. 144. 2 Vgl. Brigitte Hamann (Hg.), Fast jede Nacht träume ich von Ihnen. Die Briefe Kaiser Franz Josephs an Katharina Schratt, München 2011, S. 150–155. 3 BW AB – HB, Bd. II, S. 552. 4 Tina Grant, International directory of company histories, vol. 23, Detroit 1998, S. 335. 5 Rosemary Hilmar, Alban Berg. Leben und Wirken in Wien bis zu seinen ersten Erfolgen als Komponist, Wien 1978 (Wiener musikwissenschaftliche Beiträge 10), S. 15. 6 BW AB – HB, Bd. I, S. 737. 7 Christian Baier, Fritz Heinrich Klein. Der „Mutterakkord“ im Werk Alban Bergs, in: Österreichische Musikzeitschrift 44 (1989), S. 585–600, hier S. 586. 8 Artikel Sommerfrische, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, 16 Bde. in 32 Teilbänden, Leipzig 1854–1961, Quellenverzeichnis Leipzig 1971, OnlineVersion vom 12.07.2020 (Groß- und Kleinschreibung der Quelle modernisiert). 9 Friedrich Saathen (Hg.), Anna Nahowski und Kaiser Franz Joseph, S. 150. Der dort angegebenen Jahreszahl (1892) widerspricht das historische Grundbuch: Steiermärkisches Landesarchiv (StLA), Bezirksgericht Deutschlandsberg, KG Kruckenberg, EZ 48. 10 Kärntner Landesarchiv (KLA), Bezirksgericht Villach, KG Gratschach, EZ 59. 11 https://www.seecamping-berghof.at/camping/ „Den Namen aber hat unser Seecamping Berghof vom österreichischen Komponisten Alban Berg (1885–1935), der hier um die Jahrhundertwende einen Teil seiner berühmten Oper Wozzeck schrieb“, abgerufen am 27.1.2020. Vgl. auch Kapitel 12. Erinnerungen. 12 Kärntner Landesarchiv (KLA), Bezirksgericht Klagenfurt, KG Schiefling am See, EZ 52. Die grundlegenden Quellen zum Waldhaus sind zusammengefasst in: Herwig Knaus, Alban und Helene Berg im „Waldhaus“ am Wörthersee, in: Carinthia. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Jg. 205 (2015), Heft I, S. 411–436. 13 BW AB – HB, Bd. III, S. 585. 14 Günter Brosche, „Herr Haydn sage mir: … Ihr Sohn ist der größte Componist …“. Neuerwerbungen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek im Jahre 1993, in: Studien zur Musikwissenschaft 44 (1995), S. 349–365, hier S. 360. 15 BW AB – HB, Bd. III, S. 596–597. 16 BW AB – HB, Bd. II, S. 508–509. 17 Vgl. Karl Kraus, In dieser großen Zeit, in: Die Fackel, 5. Dezember 1914. Diesen Text hatte Kraus als Vorlesung am 19. November d. J. der Öffentlichkeit vorgestellt.

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18 Nach der Erstveröffentlichung dieses Briefes in der Zeitung Der Wiener Tag am 25.12.1936, S. 8–9, wurde er u. a. auch bei Willi Reich zitiert: Alban Berg. Leben und Werk, Zürich 1963, S. 41–42. 19 BW AB – AS, Bd. 3.2, S. 14. 20 Soma Morgenstern, Alban Berg und seine Idole. Erinnerungen und Briefe, hg. v. und mit einem Nachw. von Ingolf Schulte, 2. Aufl., Lüneburg 2009, Nr. 119, S. 269. 21 Vgl. Daniel Ender, „Kostbar[,] unersetzlich, Platte!“ Zum Bestand historischer Tonträger in der Alban Berg Stiftung, in: Die Wiener Schule und die Alte Musik (Journal of the Arnold Schönberg Center 15), Wien 2018, S. 246–259. 22 BW AB – AS, Bd. 3.2, S. 561. 23 Wienbib. H.I.N. 204577, zit. n. Willi Reich, Alban Berg, S. 16. 24 Soma Morgenstern, Alban Berg und seine Idole, S. 7. Vgl. zur Thematik auch ausführlicher: Daniel Ender, „... mit einer so ganz tiefen Verehrung verbundenen Scheu ...“. Alban Berg und seine Zeitgenossen, in: Bernhard Fetz (Hg.), Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien 2018, S. 9–25. 25 Alban Berg, Handschriftliche Briefe, Briefentwürfe und Notizen. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus, Wilhelmshaven 2004 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 29); Alban Berg, Maschinenschriftliche und handschriftliche Briefe, Briefentwürfe, Skizzen und Notizen. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus u. a., Wilhelmshaven 2005 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 34). 26 Alban Berg, Briefentwürfe, Aufzeichnungen, Familienbriefe, Das „Bergwerk“. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus u. a., Wilhelmshaven 2006 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 35). Vgl. auch Regina Busch, Alban Bergs Bühnenstück Nokturn, in: Rudolf Stephan zum 80. Geburtstag, hg. v. Regina Busch und Klaus Lippe, Wien 2008 (Alban Berg Studien 6), S. 96–123. 27 Vgl. Werner Grünzweig, Ahnung und Wissen, Geist und Form. Alban Berg als Musikschriftsteller und Analytiker der Musik Arnold Schönbergs, Wien 2000 (Alban Berg Studien 5). 28 Testament Helene Bergs vom 23. Juli 1969, S. 5. BG Hietzing, Berg Testamente, UV 592/76. 29 Constantin Floros, Alban Berg und Hanna Fuchs. Die Geschichte einer Liebe in Briefen, Zürich 2001, S. 83. 30 BW AB – HB, Bd. I, S. 353. 31 BW AB – HB, Bd. II, S. 709. 32 BW AB – AS, Bd. 3.2, S. 102. 33 BW AB – HB, Bd. III, S. 675. 34 BW AB – AS, Bd. 3.2, S. 536. 35 BW AB – HB, Bd. I, S. 341. 36 BW AB – HB, Bd. II, S. 335.

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37 LoC Berg/Reich 1/1931: Briefe von Alban Berg an Willi Reich in der Alban Berg/Willi Reich Collection, Music Division, Library of Congress, Washington, D. C. [Schreibmaschinen-Umschriften, Originale verschollen]. 38 BW AB – AS, Bd. 3.1, S. 619. 39 Vgl. Eike Feß, Therese Muxeneder und Christoph Edtmayr (Hg.), Arnold Schönberg im Fokus. Fotografien 1880–1950, Wien 2016. 40 BW AB – AS, Bd. 3.2, S. 436. 41 Soma Morgenstern, Alban Berg und seine Idole, Nr. 100, S. 256. 42 Willi Reich, Alban Berg, S. 77. 43 BW AB – HB, Bd. III, S. 416–417. 44 Vgl. dazu Axel Wolf, Alban Bergs Autoprospekte, in: Alban Berg und der Blaue Vogel. Eine Auto-Biographie, Wien, Alban Berg Stiftung 2017, Böhlau Verlag 2020, S. 68–91. Ausführlicher zum Themenkomplex im selben Band: Daniel Ender, Der „... Erfolg, der ja in dem Luxus unseres Wagerls’ gipfelt ...“. Das Ehepaar Berg und sein Ford A, S. 26–65. 45 „Immer wieder werden mich thätige Geister verlocken“. Alma Mahler-Werfels Briefe an Alban Berg und seine Frau, hg. v. Martina Steiger, Wien 2008, S. 189–190. 46 LoC Berg/Reich 1/1931: Briefe von Alban Berg an Willi Reich in der Alban Berg/Willi Reich Collection, Music Division, Library of Congress, Washington, D. C. [Schreibmaschinen-Umschriften, Originale verschollen]. 47 Anerkennungsurkunde für die Mitwirkung Conrad Bergs an der Weltausstellung 1873 in Wien als Special-Berichterstatter des Handelsministers Johann von Chulmecky, gezeichnet von Ferdinand Laufberger, radiert von William Unger, 1.10.1875 (Wienbib. H.I.N. 206912). Man vergleiche die Tischchen in Bergs Wohnung mit der Abbildung „Tunesisches Zimmer“ in: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873, hg. v. Carl von Lützow, Leipzig 1875, S. 104. Dieser Hinweis verdankt sich der Aufmerksamkeit von Sabrina Kollenz. 48 Testament Helene Bergs vom 23. Juli 1969, S. 5. BG Hietzing, Berg Testamente, UV 592/76. 49 BW AB – HB, Bd. III, S. 586 und 544. 50 Vgl. Daniel Ender, „,Sie müssen doch sehen, wie Alban lebt ...‘ Bergs Wohnräume und die Inszenierung des Authentischen“, in: Ders., Martin Eybl und Melanie Unseld (Hg.), Erinnerung stiften. Helene Berg und das Erbe Alban Bergs, Wien 2018. 51 BW AB – HB, Bd. III, S. 610. 52 Alban Bergs Totenmaske wurde und ist neben dem Bildniskopf Dr. Kurt Schuschnigg (1934) eines der wenigen erhaltenen Werke der Bildhauerin aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg, die unter anderem auch Darstellungen von Artur Schnabel, Otto Klemperer, Bruno Walter, Rudolf Serkin, Wilhelm Furtwängler, Victor de Sabata, Carl Zuckmayer, Leo Perutz, Hermann Broch, Franz Werfel, Fritz Wotruba, Fritzi Massary und Julie Andrews schuf. Vgl. Barbara Weidle, Diese fast mystische Gewißheit. Anna Mahler als Künstlerin, in: Anna Mahler. Ich bin in mir selbst zu Hause, hg. v. Barbara Weidle und Ursula Seeber, Bonn 2004, S. 168–215, hier S. 182, Fn. 48. Dank an Sabrina Kollenz für diesen Beleg.

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WEITERFÜHRENDE LITERATUR UND QUELLEN Um die Anmerkungen zu entlasten, werden Quellen aus öffentlichen wissenschaftlichen Archiven im Text mit den Signaturen zitiert: F21.Berg verweist auf den Fonds 21 Berg in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, L6.Alban-Berg-Stiftung auf Bestände einer Dauerleihgabe am selben Ort. Die Signatur Wienbib. H.I.N. verweist auf die Wien Bibliothek im Rathaus, das Kürzel LoC auf The Library of Congress in Washington DC. WEITERE ARCHIVALIEN: Alban Berg Stiftung (sämtliche Dokumente ohne anderen Nachweis) Bezirksgericht Wien-Hietzing Bundesdenkmalamt, Abteilung für Wien Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Kärnten, Klagenfurt Kärntner Landesarchiv (KLA), Bezirksgericht Klagenfurt Kärntner Landesarchiv (KLA), Bezirksgericht Villach Planarchiv der MA 37, Gebietsgruppe West (Baupolizei), Wien Steiermärkisches Landesarchiv (StLA), Bezirksgericht Deutschlandsberg Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA) IN DIESEM BAND VERWENDETE SIGLEN BW AB – AS: Briefwechsel Arnold Schönberg – Alban Berg, hg. v. Juliane Brand u. a., 2. Teilbde., Teilbd. 1: 1906–1917, Teilbd. 2: 1918–1935, Mainz u. a. 2007 (Briefwechsel der Wiener Schule 3) BW AB – HB: Briefwechsel Alban Berg – Helene Berg. Gesamtausgabe. Kritische und kommentierte Edition. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. v. Herwig Knaus und Thomas Leibnitz, 3. Bde., Wilhelmshaven. Bd. I: 1907–1911, 2012, Bd. II: 1912–1919, 2014, Bd. III: 1920–1935, 2014 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 54, 55, 56)

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WEITERE BRIEFAUSGABEN UND DOKUMENTE (AUSWAHL) Theodor W. Adorno – Alban Berg, Briefwechsel 1925–1935, hg. v. Henri Lonitz, Frankfurt am Main 1997 (Theodor W. Adorno, Briefe und Briefwechsel 2) Alban Berg, Briefe an seine Frau [hg. v. Helene Berg], München und Wien 1965 Alban Berg, Briefentwürfe, Aufzeichnungen, Familienbriefe, Das „Bergwerk“. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus u. a., Wilhelmshaven 2006 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 35) Alban Berg – Erich Kleiber. Briefe der Freundschaft, hg. v. Martina Steiger, Wien 2013 Alban Berg, Handschriftliche Briefe, Briefentwürfe und Notizen. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus, Wilhelmshaven 2004 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 29) Alban Berg, Maschinenschriftliche und handschriftliche Briefe, Briefentwürfe, Skizzen und Notizen. Aus den Beständen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus u. a., Wilhelmshaven 2005 (Quellenkataloge zur Musikgeschichte 34) Altenberg bis Zuckerkandl. Briefe an Alban Berg–Liebesbriefe von Alban Berg. Aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek, hg. und bearb. v. Herwig Knaus und Thomas Leibnitz, Wien 2009 Constantin Floros, Alban Berg und Hanna Fuchs. Die Geschichte einer Liebe in Briefen, Zürich 2001 [Rosemary Hilmar (Hg.),] Katalog der Musikhandschriften, Schriften und Studien Alban Bergs im Fond Alban Berg und der weiteren handschriftlichen Quellen im Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien 1980 (Alban Berg Studien 1) Rosemary Hilmar (Hg.), Katalog der Schriftstücke von der Hand Alban Bergs, der fremdschriftlichen und gedruckten Dokumente zur Lebensgeschichte und zu seinem Werk, Wien 1985 (Alban Berg Studien 1/2) „Immer wieder werden mich thätige Geister verlocken“. Alma Mahler-Werfels Briefe an Alban Berg und seine Frau, hg. v. Martina Steiger, Wien 2008

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LITERATUR (AUSWAHL) Theodor W. Adorno, Berg. Der Meister des kleinsten Übergangs, Wien 1968 (Österreichische Komponisten des XX. Jahrhunderts 15) Christian Baier, Fritz Heinrich Klein: Der „Mutterakkord“ im Werk Alban Bergs, in: Österreichische Musikzeitschrift 44 (1989), S. 585–600 Erich Alban Berg (Hg.), Alban Berg. Leben und Werk in Daten und Bildern, Frankfurt am Main 1976 (Insel Taschenbuch 194) Ders., Der unverbesserliche Romantiker. Alban Berg 1885–1935, Wien 1985 (Ein Österreich-Thema aus dem Bundesverlag) Günter Brosche, „Herr Haydn sage mir: … Ihr Sohn ist der größte Componist …“. Neuerwerbungen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek im Jahre 1993, in: Studien zur Musikwissenschaft 44 (1995), S. 349–365 Regina Busch, Alban Bergs Bühnenstück Nokturn, in: Rudolf Stephan zum 80.  Geburtstag, hg. v. Regina Busch und Klaus Lippe, Wien 2008 (Alban Berg Studien 6), S. 96–123 Attila Csampai und Dieter Holland (Hg.), Lulu. Texte, Materialien, Kommentare, Reinbek bei Hamburg 1985 (Rororo-Opernbücher 7340) Daniel Ender, „... mit einer so ganz tiefen Verehrung verbundenen Scheu ...“. Alban Berg und seine Zeitgenossen, in: Bernhard Fetz (Hg.), Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl. Zentralfiguren der Wiener Moderne, Wien, Zsolnay 2018, S. 9–25 Ders., „Kostbar[,] unersetzlich, Platte!“ Zum Bestand historischer Tonträger in der Alban Berg Stiftung, in: Die Wiener Schule und die Alte Musik, Wien 2018 (Journal of the Arnold Schönberg Center 15), S. 246–259 Ders., „Sie müssen doch sehen, wie Alban lebt ...“ Bergs Wohnräume und die Inszenierung des Authentischen, in: Ders., Martin Eybl und Melanie Unseld (Hg.), Erinnerung stiften. Helene Berg und das Erbe Alban Bergs, Wien 2018, S. 120–153 Ders., (Hg.), „… eine würdige und dauernde Gedenkstätte …“. 50 Jahre Alban Berg Stiftung (1969–2019), Wien 2019 Ders., Der „... Erfolg, der ja in dem Luxus unseres Wagerls’ gipfelt ...“. Das Ehepaar Berg und sein Ford A, in: Alban Berg und der Blaue Vogel, Wien 2017/2020, S. 26–65 Thomas Ertelt, Alban Bergs „Lulu“. Quellenstudien und Beiträge zur Analyse, Wien 1993 (Alban Berg Studien 3) 234

Eike Feß, Therese Muxeneder und Christoph Edtmayr (Hg.), Arnold Schönberg im Fokus. Fotografien 1880–1950, Wien 2016 Constantin Floros, Alban Berg und Hanna Fuchs. Die Geschichte einer Liebe in Briefen, Zürich 2001 Ders., Alban Berg. Musik als Autobiographie, Wiesbaden u. a. 1992 Ders., Verschwiegene Programmusik, Wien 1982 (Mitteilungen der Kommission für Musikforschung 34) David Gable und Robert P. Morgan (Hg.), Alban Berg. Historical and analytical perspectives, Oxford [u. a.] 1991 Tina Grant, International directory of company histories, vol. 23, Detroit 1998 Wolfgang Gratzer, Zur „wunderlichen Mystik“ Alban Bergs. Eine Studie, Wien u. a. 1993 (Stichwort Musikwissenschaft) Werner Grünzweig, Ahnung und Wissen, Geist und Form. Alban Berg als Musikschriftsteller und Analytiker der Musik Arnold Schönbergs, Wien 2000 (Alban Berg Studien 5) Christopher Hailey (Hg.), Alban Berg and his world, Princeton 2010 Patricia Hall, A view of Berg’s Lulu through the Autograph Sources, Berkeley u. a. 1996 Dies., Berg’s Wozzeck, Oxford u. a. 2011 (Studies in musical genesis, structure, and interpretation) Brigitte Hamann (Hg.), Fast jede Nacht träume ich von Ihnen. Die Briefe Kaiser Franz Josephs an Katharina Schratt, München 2011 Rosemary Hilmar, Alban Berg. Leben und Wirken in Wien bis zu seinen ersten Erfolgen als Komponist, Wien 1978 (Wiener musikwissenschaftliche Beiträge 10) Douglas Jarman (Hg.), The Berg Companion, Houndmills u. a. 1989 Ders., Alban Berg, Lulu, Cambridge u. a. 1991 (Cambridge opera handbooks) Ders., Alban Berg, Wozzeck, Cambridge u. a. 1989 (Cambridge opera handbooks) Ders., The Music of Alban Berg, Berkeley and Los Angeles 1979 Harald Kaufmann, Rede in Alban Bergs Landschaft. Anläßlich der Übergabe einer Erinnerungstafel, in: Ders., Fingerübungen. Musikgesellschaft und Wertungsforschung, Wien 1970, S. 66–71 Rudolf Klein (Hg.), Alban Berg Symposion Wien 1980. Tagungsbericht, Wien 1981 (Alban Berg Studien 2) Herwig Knaus, Alban und Helene Berg im „Waldhaus“ am Wörthersee, in: Carinthia. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten, Jg. 205 (2015), Heft I, S. 411–436 235

Werner König, Tonalitätsstrukturen in Alban Bergs Oper „Wozzeck“, Tutzing 1974 Ulrich Krämer, Alban Berg als Schüler Arnold Schönbergs. Quellenstudien und Analysen zum Frühwerk, Wien 1996 (Alban Berg Studien 4) Soma Morgenstern, Alban Berg und seine Idole. Erinnerungen und Briefe, hg. v. und mit einem Nachw. von Ingolf Schulte, 2. Aufl., Lüneburg 2009 Clemens Ottawa, Das Gedächtnis der Stadt. Die Gedenktafeln Wiens in Biografien und Geschichten, Wien 2009 Peter Petersen, Alban Berg, Wozzeck. Eine semantische Analyse unter Einbeziehung der Skizzen und Dokumente aus dem Nachlaß Bergs, München 1985 (Musik-Konzepte Sonderband) Anthony Pople (Hg.), Alban Berg und seine Zeit, Laaber 2000 (Große Komponisten und ihre Zeit) Ders. (Hg.), The Cambridge Companion to Berg, Cambridge 1997 (Cambridge Companions to Music) Hans Ferdinand Redlich, Alban Berg. Versuch einer Würdigung u. a. 1957 Willi Reich, Alban Berg. Leben und Werk, Zürich 1963 Manfred Reiter, Die Zwölftontechnik in Alban Bergs Oper Lulu, Regensburg 1973 (Kölner Beiträge zur Musikforschung 71) Anna Ricke, Artikel Helene Berg, in: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. v. Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 24.4.2018. URL: https://mugi.hfmt-hamburg.de/artikel/Helene_Berg.html (letzter Zugriff: 21.10.2019) Dies., Smaragda Eger-Berg (1886–1954). Bohemienne – Musikerin – Schwester. Bedingungen künstlerischer Emanzipation in der Wiener Moderne, Diss. Hochschule für Musik und Tanz Köln 2020 Friedrich Saathen (Hg.), Anna Nahowski und Kaiser Franz Joseph. Aufzeichnungen, Wien u. a. 1986 Volker Scherliess, Alban Berg mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg 1975 (Rowohlts Monographien 225) Klaus Schweizer, Die Sonatensatzform im Schaffen Alban Bergs, Stuttgart 1970 (Freiburger Schriften zur Musikwissenschaft 1) Barbara Weidle, Diese fast mystische Gewißheit. Anna Mahler als Künstlerin, in: Anna Mahler. Ich bin in mir selbst zu Hause, hg. v. Barbara Weidle und Ursula Seeber, Bonn 2004, S. 168–215 Axel Wolf, Alban Bergs Autoprospekte, in: Alban Berg und der Blaue Vogel. Eine Auto-Biographie, Wien, Alban Berg Stiftung 2017, Böhlau Verlag 2020, S. 68–91 236

BILDNACHWEIS Wenn nicht anders vermerkt, stammen sämtliche Farbfotografien in diesem Band von Stephan Trierenberg (stephantrierenberg.com) und sämtliche Schwarz-Weiß-Abbildungen aus den Beständen der Alban Berg Stiftung.

WEITERE BILDQUELLEN: Fotografie von Lukas Beck (lukasbeck. com)/Alban Berg Stiftung: S. 228 Fotografien von Wolfgang M. Buchta (austroclassic.at): S. 190–191, S. 200, S. 201 oben Fotografien von Nicolas Hochenegg (hochenegg.at): S. 105 links oben, S. 106 Mitte, S. 184 oben rechts Fotografien von Josef Holzapfel (1133.at): S. 83, S. 227 oben Bezirksgericht Wien-Hietzing: S. 205 (UV 592/76), S. 220 (UV 298/77) Bundesdenkmalamt, Abteilung für Wien: S. 221 Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Kärnten, Klagenfurt: S. 222 L. Bösendorfer Klavierfabrik: S. 116 unten Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv: S. 174 oben (267149C) Österreichische Nationalbibliothek, Musiksammlung:

S. 15 (F21.Berg.1586/2), S. 34 oben (F21.Berg.1586/3), S. 36 oben (F21.Berg.1599/40), S. 56 unten (F21.Berg.1599/21), S. 57 (F21.Berg.2622), S. 60 oben (F21.Berg.2837), S. 60 unten (F21.Berg.2832), S. 81 unten (F21.Berg.2884), S. 107 oben links (F21.Berg.3295/12), S. 113 (F21.Berg.465/1), S. 116 oben (F21.Berg.2618), S. 117 oben (F21.Berg.2919), S. 133 (F21.Berg.426/1), S. 134 oben (F21.Berg.1599/20), S. 134 unten (F21.Berg.426/17), S. 140 (F21.Berg.3339/2), S. 149 oben rechts (F21.Berg.2670), S. 152 unten (F21.Berg.465/8), S. 160 oben links (L6.Alban-Berg-Stiftung.600), S. 160 oben rechts (L6.Alban-Berg-Stiftung.599), S. 160 unten (L6.Alban-Berg-Stiftung.598), S. 169 unten (F21.Berg.3331/1), S. 171 oben (F21.Berg.3331/3),

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S. 172 Mitte rechts (F21.Berg.2982), S. 183 oben links (F21.Berg.2734), S. 183 oben rechts (F21.Berg.3034), S. 194 (F21.Berg.2862), S. 196 oben (F21.Berg.2863), S. 197 oben (F21.Berg.3304/3), S. 197 unten (F21.Berg.1606/7), S. 198 unten rechts (F21.Berg.1590/15), S. 199 oben (F21.Berg.1590/16), S. 199 unten (F21.Berg.1590/4)

Planarchiv der MA 37, Gebietsgruppe West (Baupolizei), Wien: S. 51 Wienbibliothek, Musiksammlung: S. 198 oben und unten links (HIN.185711) Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), S. 217 (Verlassenschaftsabhandlung Alban Berg, 3.1.4.A1.B19.1) flickr.com/SBA73: S. 188 oben links wikicommons.com: S. 164 unten links, S. 173 oben rechts

Wir haben uns bemüht, sämtliche Rechteinhaber persönlich zu erreichen. Sollte uns dies nicht gelungen sein, bitten wir um freundliche Nachricht.

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»… EINE WÜRDIGE UND DAUERNDE GEDENKSTÄTTE …«  50 Jahre Alban Berg Stiftung (1969–2019) Universal Edition Wien, herausgegeben von Daniel Ender Seit einem halben Jahrhundert bemüht sich die bereits vom Komponisten selbst geplante  Alban Berg Stiftung um die Förderung zeitgenössischer Musik sowie um die Pflege »der Werke und des Andenkens Alban Bergs«. Dazu gehört die seit 1986 nach höchsten wissenschaftlichen Standards entstehende Alban Berg Gesamtausgabe ebenso wie – in den letzten Jahren – die Leihgabe von Bergs Ford an das Technische Museum Wien oder das aufsehenerregende Alban Berg Denkmal vor der Wiener Staatsoper. Vom breiten Spektrum dieser Stiftungstätigkeiten erzählen die Beiträge dieses Bandes, der auch eine Reihe erstmals veröffentlichter Bilder und Dokumente enthält. UE 26338 ISBN 978-3-7024-7675-5

XII + 196 S., zahlreiche Abbildungen € 29,65

ALBAN BERG – DER TECHNIKBEGEISTERTE KOMPONIST

Alban Berg und der Blaue Vogel Eine Auto-Biographie Herausgegeben von der Alban Berg Stiftung. 2020. 195 Seiten, gebunden € 36,00 A | € 35,00 D ISBN 978-3-205-21128-0 E-Book (PDF): € 28,80 A | € 27,99 D ISBN 978-3-205-21129-7

Preisstand 1.1.2020

Alban Berg zählt zu den erfolgreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Der große Erfolg von Alban Bergs Oper Wozzeck, die 1925 in Berlin uraufgeführt wurde, erlaubte es dem technikbegeisterten Komponisten im Jahre 1930, ein Automobil anzuschaffen. Zahlreiche Briefe, Fotos und Dokumente belegen die Freuden und Herausforderungen eines Autobesitzers der frühen 1930er Jahre, dem sein „Wagerl“ weder für schwierige Bergtouren noch für weite Strecken zu schade war. Nach dem frühen Tod des Komponisten wurde der Wagen garagiert und nach dem behutsamen Aufwecken aus dem Dornröschenschlaf dem Technischen Museum Wien als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Das Buch erzählt seine ungewöhnliche Geschichte.