Zertifizierungssysteme für Gebäude: Nachhaltigkeit bewerten - Internationaler Systemvergleich - Zertifizierung und Ökonomie 9783955530143, 9783920034461

Nachhaltigkeit ganzheitlich bewerten - der aktuelle Stand der internationalen Gebäudezertifizierung. Zertifizierungssyst

237 38 5MB

German Pages [146] Year 2010

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Table of contents :
Vorwort
Grundlagen
Zukunftsfähiges Bauen
Globaler Wandel
Nachhaltige Entwicklung
Gebäudebewertung und -zertifizierung
Zertifizierungssysteme im Detail
BREEAM
LEED
DGNB
CASBEE
MINERGIE
HQE
EU-Green Building-Programm
Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen
Planungsablauf
Zertifizierung und Gebäudedokumentation
Prozess der BREEAM-Zertifizierung
Prozess der LEED-Zertifizierung
Prozess der DGNB-Zertifizierung
Systemvergleich
Struktureller Vergleich
Internationaler und europäischer Systemvergleich
Bausteine von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen
Unterscheidungsmerkmale
Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale
Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung
Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft
Praxisbeispiele
BREEAM: Europäische Investmentbank, Luxemburg
LEED: Katharinum, Leipzig
LEED: Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn
DGNB: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel
DGNB/BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn
DGNB: Büro- und Verwaltungsgebäude, München (Vorzertifikat)
Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
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Zertifizierungssysteme für Gebäude: Nachhaltigkeit bewerten - Internationaler Systemvergleich - Zertifizierung und Ökonomie
 9783955530143, 9783920034461

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Zertifizierungssysteme für Gebäude Nachhaltigkeit bewerten Internationaler Systemvergleich Zertifizierung und Ökonomie

Thilo Ebert Natalie Eßig Gerd Hauser

∂ Green Books

Zertifizierungssysteme für Gebäude

Edition ∂ Green Books

Zertifizierungssysteme für Gebäude

Nachhaltigkeit bewerten Internationaler Systemvergleich Zertifizierung und Ökonomie

Thilo Ebert Nathalie Eßig Gerd Hauser

Impressum

Autoren: Thilo Ebert, Dipl.-Ing. (FH) Natalie Eßig, Dr.-Ing. Architektin Gerd Hauser, Prof. Dr.-Ing. Koautoren: Oliver Baumann, Dipl.-Ing. Sebastian Eberl, Dipl.-Ing. (FH) M. Sc. Tajo Friedemann, B. Sc. Thorsten Huff, Dr.-Ing. Jochen Schäfer, Dipl.-Ing. Heike Schlappa Arend von Stackelberg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des  Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.

Projektleitung: Jakob Schoof, Dipl.-Ing.

DTP & Produktion: Roswitha Siegler, Simone Soesters

Redaktion und Lektorat: Kim Ahrend, Dipl.-Ing. Jakob Schoof, Dipl.-Ing.

Reproduktion: ludwig:media, Zell am See

Redaktionelle Mitarbeit: Julia Bauer Katinka Johanning, M. A. Sandra Leitte, Dipl.-Ing. (FH) Jana Rackwitz, Dipl.-Ing. Zeichnungen: Ralph Donhauser, Dipl.-Ing. Cedric Ehlers Gestaltung: Cornelia Hellstern, Dipl.-Ing. (FH)

Druck: Firmengruppe APPL, aprinta druck, Wernding 1. Auflage 2010 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG Hackerbrücke 6, D-80335 München Telefon: +49/89/38 16 20-0 Telefax: +49/89/39 86 70 www.detail.de © 2010 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München Ein Fachbuch aus der Redaktion DETAIL ISBN: 978-3-920034-46-1

Die für dieses Buch verwendeten FSC-zertifizierten Papiere werden aus Fasern hergestellt, die nachweislich aus umwelt- und sozialverträglicher Herkunft stammen.

Inhalt

Vorwort

6

Grundlagen

8

Zukunftsfähiges Bauen Globaler Wandel Nachhaltige Entwicklung Gebäudebewertung und -zertifizierung

8 8 20 23

Zertifizierungssysteme im Detail

30

BREEAM LEED DGNB CASBEE MINERGIE HQE EU-GreenBuilding-Programm

30 38 48 56 62 66 72

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

76

Planungsablauf Zertifizierung und Gebäudedokumentation Prozess der BREEAM-Zertifizierung Prozess der LEED-Zertifizierung Prozess der DGNB-Zertifizierung

76 78 81 82 82

Systemvergleich

86

Struktureller Vergleich Internationaler und europäischer Systemvergleich Bausteine von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen Unterscheidungsmerkmale

86 87 90 91

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

98

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft

98 109

Praxisbeispiele

114

BREEAM: Europäische Investmentbank, Luxemburg LEED: Katharinum, Leipzig LEED: Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn DGNB: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel DGNB /BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn DGNB: Büro- und Verwaltungsgebäude, München (Vorzertifikat)

114 119

132

Zusammenfassung und Ausblick

134

Anhang

138

122 126 129

Vorwort

»Nachhaltigkeit ist die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz. Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination.« So lautet die gängigste Definition der Nachhaltigkeit, welche die Enquete-Kommission »Schutz des Menschen und der Umwelt« des Deutschen Bundestags verfasst hat. Nachhaltigkeit beinhaltet damit alle Aspekte unseres Handelns. Insbesondere das Bauwesen hat erhebliche Auswirkungen auf das nachhaltige Handeln einer Gesellschaft, da hier große Energieverbräuche und Massenströme entstehen und da Bauprodukte und Gebäude extrem langlebig sind und über einen langen Zeitraum auf Umwelt und Gesellschaft einwirken. Da die Bevölkerung für Fragen des Umweltschutzes sensibilisiert ist, lässt sich über die öffentliche Meinung viel erreichen. Verhaltensweisen ändern sich, selbst einschneidende Vorschriften werden durchsetzbar. Zur Beschreibung von »Umweltsünden« stehen Konzentrationswerte von Schadstoffen und dergleichen zur Verfügung, welche sich zu vorgegebenen Grenzwerten in Relation bringen lassen. Zur Kennzeichnung der energetischen Qualität von Gebäuden ist der Energiepass nahezu obligatorisch EU-weit eingeführt. Jedoch fehlen bislang allgemein angewandte, in die Praxis eingeführte Vergleichsmaßstäbe für eine ganzheitliche Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Lange Zeit waren eine wirklich umfassende Betrachtung und transparente Bewertung von nachhaltigen Gebäuden aufgrund der großen Komplexität des Themas gleichsam nicht möglich. Sie 6

sind jedoch Voraussetzung, um Menschen zu motivieren und die Nachhaltigkeit unseres Tuns zu verbessern. Ähnlich dem Energieverbrauch, für den Energiepässe eine Vergleichbarkeit herstellen, bedarf es auch für die Nachhaltigkeit von Gebäuden einfacher, verständlicher und dennoch genügend exakter Bewertungssysteme. Die Anfänge dieser Bewertungs- und Zertifizierungssysteme reichen zurück in die frühen 1990er-Jahre. Weltweit hat ihre Entwicklung in den letzten Jahren stark an Dynamik gewonnen. Dabei zeichnen sich einige allgemeingültige Tendenzen ab, die das Spannungsfeld verdeutlichen, in dem sich die Gebäudezertifizierung derzeit bewegt: • Zertifikate sollen die Nachhaltigkeit von Gebäuden für die Öffentlichkeit transparent sowie für Investoren und Bauherren ökonomisch verwertbar machen. Folglich werden die Entwicklung und Anwendung der Systeme sowohl von den Regierungen als auch von der Wirtschaft vorangetrieben. Teilweise ist das Vorgehen gemeinsam abgestimmt, teils gehen die beiden Interessengruppen getrennte Wege. So wurde das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen in seinen Grundlagen gemeinsam vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) erarbeitet, wird heute jedoch von beiden Parteien unabhängig voneinander und mit unterschiedlichem Namen (DGNB Zertifikat bzw. BNB) angewandt und weiterentwickelt. • Zertifizierungssysteme definieren und beschreiben in einer verständlichen Form die Anforderungskriterien und Zielwerte für nachhaltiges Bauen. Damit stellen sie Bauherren und Planungsteams wertvolle Planungshilfsmittel und









Qualitätssicherungsinstrumente zur Verfügung, um nachhaltige Gebäude zu errichten. Die Bewertungssysteme werden stetig komplexer, die Definition der Kriterien und die Ermittlung der Zielerreichung immer exakter. Dennoch muss darauf geachtet werden, dass ihre Anwendung die Planungspraxis nicht verkompliziert – denn nur wenn die Gebäudezertifizierung finanzierbar bleibt, Mehrwerte generiert und ihre Ergebnisse und Anforderungen für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar bleiben, wird sie sich weiter in nennenswertem Umfang durchsetzen. Die Gebäudezertifizierung legt messbare Maßstäbe in Bereichen des Bauens an, wo diese bislang nur wenig oder gar nicht üblich waren. Entsprechend wächst die Skepsis einiger Beteiligter, ob Bewertungssysteme nicht zu einer »Durchrationalisierung« der Planung führen und gestalterische Aspekte mehr und mehr in den Hintergrund drängen. Zahlreiche realisierte, zertifizierte Gebäude widerlegen diese Befürchtung jedoch bereits heute. Die einzelnen Systeme und ihre Betreiberorganisationen kooperieren einerseits miteinander und stehen andererseits im Wettbewerb um internationale Marktanteile. Dies könnte in den kommenden Jahren dazu führen, dass sich ihre Strukturen und grundsätzlichen Herangehensweisen, aber auch die Maßstäbe für die Bewertung einzelner Kriterien, sukzessive aneinander angleichen werden. Dennoch ist kaum zu erwarten, dass sich in absehbarer Zeit ein weltweit einheitliches Zertifizierungssystem herausbildet. Gemessen am weltweiten Bauvolumen bilden zertifizierte Gebäude derzeit noch eine Minderheit. Die Vorbildwirkung dieser Gebäude übersteigt ihr Volumen jedoch bei Weitem, gibt der

Branche neue Impulse und schafft einen Markt für neue Produkte. • Zertifizierungssysteme müssen an regionale klimatische, soziale und ökonomische Randbedingungen angepasst sein. Gleichzeitig sollen sie die Nachhaltigkeit von Gebäuden möglichst weltweit vergleichbar machen. Diesen scheinbaren Widerspruch zu bewältigen ist eine der großen Herausforderungen, denen sich die Weiterentwicklung der Systeme künftig stellen muss. • Zertifizierungssysteme sollen Transparenz und Übersichtlichkeit schaffen. Gleichzeitig kommen stetig neue Systeme hinzu. Ein aktueller Wegweiser durch die Welt der etablierten »Nachhaltigkeits-Labels« ist daher dringend erforderlich. Das vorliegende Buch will diese Funktion erfüllen. Es vermittelt praxisnahes Grundwissen über die unterschiedlichen Zertifizierungssysteme und trägt zum Verständnis ihrer Unterschiede und Anwendungsbereiche bei. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt dabei auf jenen Systemen, die weltweit und in Europa am weitesten verbreitet oder in ihren Strukturen und ihrer Herangehensweise zukunftsweisend sind. Die einleitenden Kapitel erläutern zunächst die globalen Rahmenbedingungen und Ziele des nachhaltigen Bauens, die allen wichtigen Zertifizierungssystemen zugrunde liegen, sowie die historische Entwicklung und den institutionellen Hintergrund der Gebäudezertifizierung. Hierauf folgt eine detaillierte Darstellung der Zertifizierungssysteme BREEAM, LEED, DGNB, CASBEE, MINERGIE, HQE und EU-GreenBuilding. Beschrieben werden darin die Ziele und Struktur der Bewertungssysteme, ihre bisherige Entwicklung, die Kriterien und ihre Definition, der Zertifizierungsprozess sowie die Zertifizierungskosten.

Die beiden anschließenden Kapitel befassen sich intensiver mit wichtigen Teilaspekten der Gebäudezertifizierung – hier exemplarisch illustriert an den drei Systemen BREEAM, LEED und DGNB. Verglichen werden unter anderem die Planungsabläufe, Dokumentationsanforderungen und Bewertungsschwerpunkte dieser drei Systeme. Ferner beschreibt das Kapitel »Systemvergleich« den derzeitigen Stand der internationalen Normung im Bereich des nachhaltigen Bauens. Wesentlich für Zukunftsfähigkeit und Erfolg von Zertifizierungssystemen sind ihre nachweisbaren ökonomischen Aspekte, die das Kapitel »Ökonomie und Marktpotenziale« näher erläutert. Hierbei gilt es, die durch die Zertifizierung entstehenden Mehrkosten zu den Kosteneinsparungen im Gebäudebetrieb, zu möglichen Mehreinnahmen durch eine bessere Vermietbarkeit und zur Wertstabilität einer Immobilie ins Verhältnis zu setzen. Ein Resümee der derzeitigen Lage zieht Tajo Friedemann in seinem Beitrag: »Investoren und Mieter haben die Relevanz von Nachhaltigkeitszertifikaten für ihre jeweiligen Interessen erkannt. In Teilmärkten konnten sich die Bewertungssysteme dementsprechend als Standard durchsetzen. Doch zeitlicher und finanzieller Aufwand sowie notwendige Hinzuziehung externen Fachwissens (Auditoren, Fachingenieure) stehen einer zügigen Etablierung der bislang marktgängigen Zertifikate in einer Vielzahl von Marktkonstellationen entgegen.« Dass die Gebäudezertifizierung – sofern sie nicht, wie in Großbritannien für Wohngebäude, ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist – vor allem für hochwertige Bürogebäude und Handelsimmobilien interessant ist, belegen die Gebäudebeispiele, die das vorletzte Kapitel dieses

Buchs näher dokumentiert. Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf eine ganzheitliche Darstellung der Gebäude und Planungsabläufe gelegt. Neben dem Prozess der Gebäudezertifizierung selbst werden die Planungsphilosophie, die technischen Konzepte und die Erfahrungen dokumentiert, die aus den einzelnen Projekten gezogen werden können. Das Schlusskapitel dieses Buchs wirft einen Blick in die mögliche Zukunft der Gebäudezertifizierung und des nachhaltigen Bauens. Zu den derzeit bereits absehbaren Tendenzen gehört die Ausweitung der Betrachterperspektive auf ganze Gebäudekomplexe, Siedlungen oder Stadtteile, da einige Nachhaltigkeitspotenziale erst auf dieser übergeordneten Maßstabsebene umfassend ausgeschöpft werden können. Ein zweites Phänomen ist die zunehmende Verbreitung von Studiengängen und anderen Ausbildungsangeboten zu den Themen des nachhaltigen Bauens, einschließlich jener Angebote, die aus den Zertifizierungssystemen heraus entstanden sind. Eine internationale Vereinheitlichung der verschiedenen Zertifizierungssysteme ist aufgrund der regionalen Unterschiede noch nicht in Sicht. Gelänge sie in der Zukunft, so brächte dies nicht nur erhebliche Synergieeffekte und Kosteineinsparungen mit sich, sondern auch ein nicht zu übertreffendes Maß an Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Dem gegenüber stehen die Vorteile der derzeitigen Situation: Auch in der Gebäudezertifizierung gilt der Grundsatz, dass Konkurrenz den Wettbewerb belebt. Die derzeitige Vielfalt der Herangehensweisen schafft neue Impulse und ist der inhaltlichen Weiterentwicklung aller Systeme förderlich. 7

Grundlagen

• zukunftsfähiges Bauen • gesellschaftlicher, ökologischer, politischer und wirtschaftlicher Wandel • Nachhaltigkeitsstrategien beim zukunftsfähigen Bauen • Gebäudebewertung und -zertifizierung

Zukunftsfähiges Bauen Zur Sicherung der Lebensqualität zukünftiger Generationen muss der nachhaltige und effiziente Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten gewährleistet werden. Diese Forderung gilt auch für die Architektur sowie die Stadt- und Raumplanung [1]. Das heutige und künftige Ziel muss es sein, unter größtmöglicher Schonung von Ressourcen eine maximale Architekturqualität zu erreichen. Nachhaltige Architektur wird oft nur mit Begriffen wie »ökologisches Planen« oder »energieeffizientes Bauen« bezeichnet. Ökologie und Energieeffizienz sind jedoch nur Teilbereiche einer nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit im Bauwesen umfasst ein wesentlich komplexeres Themenfeld. Während die Aspekte Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Gesellschaft die klassischen Dimensionen des nachhaltigen Planens und Bauens bilden, wird zukunftsfähige Architektur auf nationaler und internationaler Ebene zunehmend auch durch Kategorien wie Technik- und Prozessqualität sowie durch funktionale und standortspezifische Aspekte charakterisiert [2]. Um nachhaltige Gebäudequalität messund vergleichbar zu machen, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Instrumente entwickelt. Diese Labels, Zertifikate und Bewertungssysteme, von denen das vorliegende Buch die wichtigsten vorstellt, sind jedoch stets in Abhängigkeit von den gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und klimatischen Randbedingungen der Nation oder der Region zu betrachten, für die sie entwickelt wurden. Um die Inhalte und Ziele solcher Instrumente und die Thematik des nachhaltigen Bauens insgesamt zu verstehen, ist es daher notwendig, die internationalen Rahmenbedingungen, die in Folge des globalen Wandels entstanden sind und die in den letzten Jahrzehnten die nachhal8

tige Entwicklung auf globaler Ebene geprägt haben, näher zu betrachten.

Globaler Wandel Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass sich unser Lebensstil und unsere Anforderungen an die Wohn-, Arbeitsund Freizeitarchitektur seit dem Beginn der industriellen Revolution radikal verändert haben und dass die rasante Entwicklung neuer Technologien im Energie-, Produktions- und Informationssektor starke gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringt. Die Industrialisierung führte seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Europa und in den USA, seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Japan und weiteren Teilen Asiens, zum Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Schwellenländer wie China und Indien vollziehen in den letzten Jahrzehnten eine ähnliche Entwicklung, jedoch in weitaus radikalerer Weise und höherer Geschwindigkeit. Enormes Wirtschaftswachstum und zunehmende Armut, Bevölkerungswachstum und Alterung der Gesellschaft sowie Verstädterung spiegeln diese Entwicklung wider. Der Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt, zunehmende Bodendegradation und Flächeninanspruchnahme, Luftverunreinigungen sowie die Verknappung und Verschmutzung von Trinkwasser sind Anzeichen der weltweit voranschreitenden kritischen Veränderung unserer natürlichen Umwelt. Der Wohlstand der Industrienationen basiert noch immer auf dem Verbrauch endlicher fossiler Energieträger. Zudem sind Ressourcennutzung und Energieverbrauch regional sehr ungleich verteilt. Spätestens die erste Ölkrise in den 1970er-Jahren hat der Menschheit ihre Abhängigkeit von Wirtschaftswachstum und fossilen Brennstoffen drastisch ver-

deutlicht [3] (Abb. 1.1). Diese Erkenntnis führt seit einigen Jahren auch im Bauwesen zu neuen Entwicklungen mit weitreichenden Auswirkungen auf das künftige Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden. Umwelttechnologien und Nachhaltigkeitsprozesse bilden mittlerweile einen wichtigen Bestandteil des zukunftsfähigen Bauens [4]. Nachhaltiges Planen und Bauen vollzieht sich jedoch nicht nur auf regionaler und nationaler Ebene, sondern wird durch internationale Rahmenbedingungen bestimmt. Diese unterliegen einem stetigen Wandel und unterscheiden sich je nach Generation, Geschichte, Kultur, Klima und politischer Ausgangslage (Abb. 1.2). Folglich muss Nachhaltigkeit im Bauwesen abhängig von der jeweiligen Epoche unterschiedlich definiert und stets an neue Entwicklungen angepasst werden. Dies ist nur möglich unter Beachtung globaler Veränderungsprozesse, die sich zu einem erheblichen Teil gegenseitig beeinflussen und sich auch auf das nationale und internationale Baugeschehen auswirken (Abb. 1.3): • gesellschaftlicher Wandel: demografische Veränderungen, Bevölkerungswachstum, Alterung, Verstädterung, Migration, räumliche Segregation in Städten und soziale Umstrukturierungsprozesse von Stadtteilen und Regionen (Gentrifizierung) • ökologischer Wandel: globale Umweltveränderungen, Erwärmung, Entwaldung, Verlust der Biodiversität, Versauerung der Meere • politischer Wandel: Vereinbarungen zu Klima- und Umweltschutz, Gesetze zur Energie- und Ressourceneinsparung sowie zu Nachhaltigkeit und erneuerbaren Energien • wirtschaftlicher Wandel: Veränderungen des Arbeitsmarkts der Bauindustrie (neue Berufszweige), neue Umwelttech-

Gesellschaftlicher Wandel

Der gesellschaftliche Wandel basiert auf dem globalen Bevölkerungswachstum, dem demografischen Wandel, der Verstädterung und der Migration. All diese Aspekte haben erhebliche Auswirkungen auf die Architektur und die Bauwirtschaft. Demografischer Wandel und Bevölkerungszunahme Der demografische Wandel und das Bevölkerungswachstum hängen eng zusammen. Verbesserte Lebensumstände und medizinischer Fortschritt ließen seit Anfang des 19. Jahrhunderts die Kindersterblichkeit sinken und die Lebenserwartung steigen. Dies führte zu einem kontinuierlichen Anstieg der Weltbevölkerung, der bis heute anhält und auch künftig fortdauern wird, wie die Aufstellung der United Nations Population Devision (2006 Revision) aus dem Jahr 2006 zeigt. Während im Jahr 2007 6,7 Milliarden Menschen (d. h. 547 Millionen mehr als im Jahr 2000) auf der Erde lebten, erwarten die Vereinten Nationen bis zum Jahr 2050 einen Anstieg der Weltbevölkerung auf ca. 9,2 Milliarden Menschen (Abb. 1.4, S. 10). Dies entspricht einem globalen Bevölkerungswachstum um rund 30 Millionen Personen pro Jahr [5]. Nachdem die Bevölkerungszahlen im 20. Jahrhundert exponentiell gestiegen sind – von 1,5 Milliarden auf das Vierfache in knapp hundert Jahren –, wird die demografische Entwicklung im 21. Jahrhundert jedoch durch allmählich sinkende Zuwachsraten und einen ausgeprägten Alterungsprozess gekennzeichnet sein. Die oft angekündigte »Bevölkerungsexplosion« wird es nach Prognosen des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA somit nicht geben. Für die Stabilisierung des Bevölkerungswachstums spielt der sogenannte demografische Übergang eine bedeutende Rolle. Diese Phase ist gekennzeichnet durch sinkende Geburtenraten, abnehmende Sterberaten, eine steigende Lebenserwartung und ein sich abschwächendes Bevölkerungswachstum. Während die reichen Industrienationen Westeuropas diese Phase bereits vor über hundert Jahren vollzogen haben, stehen andere Länder erst an ihrem Anfang. In Afrika vollzieht sich der

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (US$/a)

nologien im Bausektor, Förderprogramme für ökologische und energieeffiziente Gebäude und Stadtumbau sowie Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Immobilien (Bau- und Betriebskosten)

Schweden

10 4

10³

Schweiz

Deutschland USA Frankreich Australien Neuseeland Japan Italien Griechenland Irland Spanien Portugal Zypern Südafrika Brasilien Irak Mexiko Algerien Peru Tunesien Kolumbien Marokko Liberia Ägypten Sri Lanka Indien

10²

Sudan 1

10

100 Primärenergiebedarf pro Kopf (10³kWh/a) 1.1

globaler Wandel

Migration Ressourceneinsparung Politik Förderprogramme Verlust der Biodiversität

Energieeinsparverordnung

Klimawandel

Verstädterung

Bevölkerungswachstum

Demografie erneuerbare Energien

Flächeninanspruchnahme

Umweltveränderungen

Gesellschaft

Kultur Gesetze

Umstrukturierungsprozesse Umwelttechnologien

1.2

Aspekte

Einzelphänomene

gesellschaftlicher Wandel

• • • • • •

ökologischer Wandel

• • • • •

politischer Wandel

• Kyoto-Protokoll • Gesetze zu Energieeinsparung und Nachhaltigkeit, Ressourceneinsparung und erneuerbaren Energien • Zertifikatehandel

wirtschaftlicher Wandel

• Veränderungen des Arbeitsmarktes der Bauindustrie • neue Umwelttechnologien im Bausektor • Förderprogramme für ökologische und energieeffiziente Gebäude und Stadtumbau • Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Immobilien (Bau- und Betriebskosten)

demografische Veränderungen Bevölkerungswachstum Alterung Verstädterung räumliche Segregation in Städten soziale Umstrukturierungsprozesse von Stadtteilen und Regionen (Gentrifizierung) • Migration globale Umweltveränderungen Erwärmung Entwaldung Verlust der Biodiversität Versauerung der Meere

1.3

1.1 Korrelation zwischen Bruttoinlandsprodukt und Primärenergiebedarf ausgewählter Länder im Jahr 1970

1.2 nachhaltige Architektur in Abhängigkeit vom globalen Wandel 1.3 Aspekte des globalen Wandels

9

Bevölkerung (Milliarden)

Grundlagen

12

niedrig

mittel

hoch

bei gleichbleibender Geburtenrate

1980

1990

10

8

6

4

2 0 1950

1960

1970

2000

2010

2020

2030

2040

2050 Jahr

350

7000

Raumwärmebedarf pro Kopf

300

6000 250 5000

Wohnfläche pro Kopf

200

4000 150 3000

Raumwärmebedarf pro m² Wohnfläche

100

2000 1000

„Ölschock“ 1973

Wiedervereinigung

1970

1980

1990

60

50

40

30

20

50

10

0

0

Prognose

0 1960

70

Wohnfläche pro Kopf (m²)

8000

Raumwärmebedarf pro m² Wohnfläche (kWh/a)

Raumwärmebedarf pro Kopf

1.4

2000

2010

2020

2030

1.5

Osteuropa und Exsowjetunion Westeuropa Nordamerika

Ostasien

Nordafrika

Westasien Südasien Lateinamerika und Karibik

Südostasien Subsahara-Afrika

500 Ozeanien

200 100 Stadtbevölkerung in Mio.

Slumbevölkerung

Stadtbevölkerung insgesamt 1.6

10

demografische Übergang langsamer als in Asien oder Lateinamerika, doch insgesamt ist davon auszugehen, dass sich die Tendenz stabilisieren und bis 2050 weltweit durchgesetzt haben wird (Abb. 1.7). In den Industrienationen definiert insbesondere die Alterung den gesellschaftlichen Wandel. Derzeit ist die Mehrzahl der Berufstätigen in diesen Ländern nur noch ca. 12 Jahre vom Ruhestand entfernt. Im Jahr 2007 waren ca. 20 % der Weltbevölkerung älter als 60 Jahre, bis 2050 wird dieser Anteil auf rund 33 % steigen (Abb. 1.11, S. 12) [6]. Die gesellschaftliche Alterung bringt neue Herausforderungen an unsere Arbeits-, Freizeit- und Wohnbauten mit sich. Barrierefreiheit im Arbeits- und Privatleben wird zu einem immer wichtigeren Bestandteil des zukunftsfähigen Bauens werden. Abnehmende Bevölkerungszahlen und das Streben nach mehr Wohn- und Lebenskomfort bewirken zudem einen Anstieg der durchschnittlichen Pro-KopfWohnfläche. Seit den 1960er-Jahren hat sich die Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland von ca. 20 m2 auf einen neuen Höchststand (2007) von rund 42 m2 erhöht (Abb. 1.9). Wie ein Vergleich mit anderen Ländern verdeutlicht, liegt Deutschland damit jedoch keineswegs an der Spitze [7]: • Vereinigte Staaten: 68,1 m2 • Dänemark 50,6 m2 • Schweden: 44 m2 • Schweiz: 44 m2 • Großbritannien: 44 m2 • Deutschland: 41,9 m2 Die Pro-Kopf-Wohnfläche ist gestiegen, obwohl der Wohnungsneubau in Deutschland unverändert rückläufig ist. Ein wesentlicher Grund für den Anstieg liegt darin, dass der Neubau von Einund Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen inzwischen einen Anteil von mehr als drei Vierteln am gesamten Wohnungsneubau hat und hier die durchschnittliche Wohnungsfläche größer ist als im Mietwohnungsbau. Diese Tendenz zeigt einen Widerspruch in unserer Gesellschaft und der heutigen Nachhaltigkeitsdebatte: Jeder spricht von Nachhaltigkeit, will aber auf persönlichen Luxus nicht verzichten. Obwohl der jährliche Raumwärmebedarf (bezogen auf den Quadratmeter Wohnfläche) aufgrund von gesetzlichen Regelungen und neuen Technologien sinkt, verbrauchen die Deutschen ständig mehr Fläche und Energie (Abb. 1.5) [8].

nungen bis zum Jahr 2010 einher [10]. Insbesondere die östlichen Regionen Deutschlands sind stark vom Schrumpfen der Städte betroffen, während im Nordwesten und Süden die Bevölkerungszahlen, insbesondere in den Ballungszentren wie Hamburg, Rhein-Main-Metropole, Stuttgart oder München, deutlich zunehmen [11]. Zudem bestimmen räumliche Segregations- und soziale Umstrukturierungsprozesse (Gentrifizierung) den heutigen Städtebau. Eine Gleichverteilung der verschiedenen Standes- und Berufsgruppen innerhalb der Städte ist zwar seit Einführung der sozialen Wohnungspolitik nach 1918 zu einem festen Ziel der Stadtentwicklung geworden, aber auch heute gibt es nach wie vor keine vollkommene Gleichverteilung der sozialen Gruppen im städtischen Raum. Die soziale Mischung von unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen ist eine der wichtigsten Strategien und Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie des Europäischen Rates [12]. Denn nachhaltige Stadtentwicklung funktioniert nur, wenn wirtschaftliches Wachstum, sozialer Zusammenhalt und Gerechtigkeit sowie die Bekämpfung sozialer Segregation gleichberechtigt zusammenwirken [13]. Die Verstädterung führt auch zu zunehmender Mobilität. Mobilität ist eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren der heutigen Arbeitsgesellschaft. Der Verkehr, der in Deutschland nach dem Gebäudebereich den zweitgrößten Energieverbrauchssektor bildet, findet heutzutage nicht mehr nur zwischen Gebäuden innerhalb einer Stadt statt, sondern erstreckt sich zunehmend über Regionen- und Ländergrenzen. Der ständige Verstädterungsprozess belastet die nicht erneuerbaren Energieressourcen unserer Erde, weil riesige Mengen an Strom und Gas für die Industrie sowie für Heizung und Klimatisierung von Gebäuden verbraucht werden. Dies führt zusammen mit dem enorm zunehmenden motorisierten Individualverkehr in Städten und Ballungsräumen zu starker Luftverschmutzung und Lärmbelastung und damit zu einer Gefährdung von Gesundheit und Umwelt. Zwar zeigt ein Vergleich des Pro-KopfEnergieverbrauchs verschiedener Städte dessen deutliche Abhängigkeit von städtischer Dichte und Energieeffizienz. So verfügen dicht besiedelte Städte, wie Singapur oder Hongkong, über einen bis zum Faktor acht reduzierten Energieverbrauch gegenüber Städten mit niedriger Bebauungsdichte, wie Houston oder Phoenix. Ab 75 Personen pro Hektar

10

Entwicklungsländer Industrieländer

9 8 7 6 5 4 3 2 1 0

1750 1800 1850 1900 1950 2000 2050 1 1 mittlere Prognose der Vereinten Nationen 1.7 Bevölkerungszunahme in Städten (%)

Verstädterung Die Welt verstädtert seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend. 1900 gab es auf der Welt elf Städte mit mehr als einer Million Einwohnern. 1950 waren es bereits 80 Millionenstädte, 2000 schon 400, und 2015 wird es weltweit wahrscheinlich etwa 550 Städte dieser Größe geben (Abb. 1.10). Während der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung im Jahr 1900 nur 14 % betrug, leben Anfang des 21. Jahrhunderts etwa 50 % aller Menschen in Städten. Nach Schätzungen des UN/DESA (United Nations – Department of Economic and Social Affairs) wird sich der Anteil der Stadtbevölkerung bis 2050 auf knapp 69 % weiter erhöhen [9]. Der Verstädterungsprozess verläuft von Kontinent zu Kontinent unterschiedlich. In Europa gibt es nur wenige metropolenähnliche Ballungsräume wie London, Moskau oder Paris. Die Bevölkerung hat sich eher in urbanen Räumen angesiedelt, wo die Städte ins zersiedelte Umland ausgreifen. Auf dem amerikanischen Kontinent hingegen haben sich zahlreiche »Megacitys« mit mehr als 15 Millionen Einwohnern entwickelt, z. B. São Paulo, Buenos Aires, Mexiko-Stadt, New York und Los Angeles. In Australien und Neuseeland leben bereits 75 % der Menschen in Städten. Speziell in Asien nimmt das Tempo der Verstädterung in den letzten Jahrzehnten deutlich zu. Es wird geschätzt, dass im Jahr 2020 ca. zehn Megalopolen weltweit an die 20-Millionen-Grenze stoßen (z. B. Bombay, Karachi, Shanghai, Dhaka, Jakarta und Tokio). In Afrika vollzieht sich die Entwicklung der Städte regional sehr unterschiedlich, doch gibt es auch hier riesige Ballungszentren wie Kinshasa, Kairo oder Lagos. Viele dieser Zentren bestehen zum größten Teil aus Slums, deren Wachstum gesellschaftliche Spannungen und ökologische Probleme mit sich bringt (Abb. 1.6). Die Entwicklung in den Industrienationen, vor allem in Europa, verläuft anders und ist jeweils in hohem Maße von regionalen und ökonomischen Ausgangsbedingungen abhängig (Abb. 1.8). Während einige Ballungszentren wie München, Paris oder London nach wie vor Bevölkerungszuwachs aufweisen, gehen die Bevölkerungszahlen in anderen Städten und Regionen Europas stark zurück, teilweise verschwinden sogar ganze Stadtbezirke. In Eisenhüttenstadt ist die Einwohnerzahl z. B. zwischen 1989 und 2004 um 32 % gesunken. Diese Entwicklung ging mit dem flächenhaften Abriss von 4500 Woh-

Milliarden Menschen

Globaler Wandel

5

Prognosen

4

Afrika

3

Asien 2 Lateinamerika 1 Nordamerika Europa 0 1950

2000

2025 1.8

Jahr

Wohnfläche/Person

2007

41,9 m2

2006

41,6 m2

2005

41,2 m2

2004

40,8 m2

2003

40,5 m2 1.9

Jahr

Städte mit mehr als 1 Mio. Einwohner

1900

11

1950

80

1990

276

2000

400

2015

550 1.10

1.4 Prognosen zum Bevölkerungswachstum 1.5 Korrelation zwischen Wohnfläche, Raumwärmebedarf pro Kopf und Quadratmeter Wohnfläche 1.6 Stadt- und Slumbevölkerung in unterschiedlichen Regionen 1.7 Entwicklung des Bevölkerungswachstums bis 2050 in Industrie- und Entwicklungsländern 1.8 Bevölkerungszunahme in den Städten: Die Städte werden langsamer wachsen. 1.9 Entwicklung der Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland 1.10 Anzahl der weltweiten Millionenstädte zwischen 1900 und 2015

11

Grundlagen

schwächt sich die Wirkung jedoch ab (z. B. Berlin, München). Bei mehr als 150 Personen pro Hektar ist nur noch eine geringe Einsparung möglich [14] (z. B. Paris). Darüber hinaus zeigen die heutigen Elendsviertel und Slums mit mehr als 1000 Personen pro Hektar, die zum Teil ganz ohne Trinkwasser und Energie auskommen müssen, dass städtische Dichte nicht immer vorteilhaft ist und zu großen, schwer lösbaren ökologischen und sozialen Problemen führen kann. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, muss nachhaltiges Bauen weit über die Architektur hinausgehen und bereits bei der Raum- und Stadtplanung ansetzen. Eine nachhaltige Stadtentwicklung ist deshalb notwendiger denn je. Migration Bevölkerungswanderungen sind ein Jahrtausende altes Phänomen. Ihre Gründe waren und sind sehr unterschiedlich: Naturkatastrophen, die Suche nach besseren Lebensumständen, pure Abenteuerlust oder Massenvertreibungen. Der heutigen Bewegung gehört jedoch neben Auswanderern und Kriegsflüchtlingen eine neue Migrationswelle an: die Klimaflüchtlinge. Bereits heute sind mehr als 20 Millionen Menschen auf der Flucht vor Naturkatastrophen, vor dem Anstieg des Meeresspiegels aufgrund des Klimawandels und vor Trinkwassermangel. Prognosen des »Wissenschaftlichen Beirats Glo-

bale Umweltveränderungen« (WBGU), der die Bundesregierung berät, geben an, dass die Zahl der Klimaflüchtlinge bis zum Jahr 2050 auf 80 bis 400 Millionen Personen steigen könnte [15]. Die Tausenden Flüchtlinge aus Afrika, die jährlich vor der Küste Italiens stranden, und die um Asyl ansuchenden Bewohner der vom Untergang bedrohten südpazifischen Inselstaaten sind hierbei nur die Vorhut einer Entwicklung, die in einigen Jahren zu weltweiten Klimakonflikten und Kriegen führen könnte. Die zunehmende Migration bringt zu einen ethnischen Bevölkerungsmix und damit zahlreiche neue Herausforderungen für die Länder mit sich, die Migranten aufnehmen bzw. bei denen die Bevölkerungszahlen zurückgehen. Dies gilt auch für die Architektur, die hier eine wichtige Rolle übernehmen muss. Sie muss zum Integrations- und Identifikationsprozess beitragen und sozialen Spannungen entgegenwirken, die durch die heutigen Migrationswellen entstehen. Ökologischer Wandel

Experten warnen seit Jahrzehnten vor zunehmenden Umweltbelastungen und damit einhergehenden, unumkehrbaren Schäden für unseren Planeten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Erderwärmung, Naturkatastrophen (Überschwemmungen, Sturm und Unwetter), die massive Abholzung von Wäldern, der

zunehmende Flächenverbrauch, der Verlust der Biodiversität und der Trinkwassermangel. Diese Schäden resultieren vorrangig aus [16]: • dem raschen Bevölkerungszuwachs • dem verschwenderischen Umgang mit Rohstoffen und fossilen Energiequellen • der zunehmenden Verschlechterung der Luft-, Wasser- und Bodenqualität • dem exorbitant steigenden Abfallvolumen Auch der Bausektor hat enorme Auswirkungen auf die Umwelt, wie folgende Zahlen verdeutlichen: Der europäische Bausektor verbraucht etwa 50 % der natürlichen Ressourcen sowie 40 % der Energie und 16 % des Wassers. Zudem verursacht das Bauwesen rund 60 % aller Abfälle. Darüber hinaus resultieren rund 40 % des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen aus der Gebäudeherstellung und -nutzung [17]. Klimawandel Die meteorologischen Messungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass sich unsere Erde erwärmt. Die globale Durchschnittstemperatur stieg in den vergangenen 100 Jahren um etwa 0,8 °C. Die letzten vergangenen fünfzehn Jahre gehörten zu den wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnung. Die Erderwärmung wird wissenschaftlichen Szenarien zufolge in unseren Breiten bis zum Jahr

Anteil der über 60-Jährigen (Prognose für 2050) 0 –10 %

12

10– 20%

20–25%

25 –30 %

über 30% 1.11

Globaler Wandel

Flächenverbrauch In den letzten 40 Jahren hat sich der Bedarf an Siedlungs- und Verkehrsflä-

Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche (°C) 14,5

14,0

13,5 Höhe des Meeresspiegels (mm) 50 0

-50 -100 -150

1850

1900

1950

Flächenart

2000 1.12 gesamt

% der Landesfläche

27 634 km2

7,7 %

1106 km2

0,3 %

• Verkehrsflächen (überörtlicher Verkehr und örtliche Hauptverkehrszüge)

7638 km2

2,1 %

• Flächen für Aufschüttungen und Ausgrabungen

2199 km2

0,6 %

605 km2

0,2 %

6807 km2

2,0 %

Siedlungsflächen • Bauflächen • Flächen für Gemeinbedarf Verkehrsflächen

• Flächen für Ver- und Entsorgung • sonstige Flächen Grünflächen und landwirtschaftlich genutzte Flächen

7686 km2

2,2 %

• Landwirtschaft

191 119 km2

53,5 %

• Forstwirtschaft

105 432 km2

29,5 %

• Wasserflächen

6749 km2

1,9 %

• Grünflächen

1.13 Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche (ha/Tag)

140

Ist 1997– 2000 129 ha/Tag

120

100 UBA-Ziel 2010: 80 ha/Tag

80

60 Ziel 2020: 30 ha/Tag

40

20

2020

2010

2005 – 2008

2003– 2006

2001– 2004

1993 – 1996

1997– 2000

0 1989 – 1992

2100 (gegenüber 2000) zwischen 1,5 und 5,8 °C liegen. Dies bedeutet für einen solch kurzen Zeitraum eine gewaltige Veränderung: Während der letzten Eiszeit vor 15 000 Jahren waren die Temperaturen lediglich um 5 °C kälter als heute. Der UN-Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hat in seinem vierten Bericht aus dem Jahr 2007 darauf hingewiesen, dass der Treibhauseffekt seit dem 19. Jahrhundert erheblich zugenommen hat, und stellte einen Zusammenhang zwischen dem globalen Klimawandel und dem vom Menschen verursachten, steigenden Ausstoß von Treibhausgasen fest (Abb. 1.12). Diese Erkenntnisse sind seither auch in der Politik allgemein anerkannt. Vor allem die Zunahme der CO2-Konzentration, die seit 1750 um 36 % auf mittlerweile 383 ppm (parts per million) gestiegen ist, ist für den Treibhauseffekt verantwortlich. Das Jahr 1750 dient als Referenzjahr, da es den ungefähren Beginn der Industrialisierung markiert. Derzeit steigt die CO2-Konzentration jährlich um 2,5 ppm an [18]. Auch andere Gase tragen zur Verschärfung des Klimawandels bei. Zu nennen sind Methan (CH4), Stickstoffoxid (N2O), vollhalogenierte Flourkohlenwasserstoffe (FCKW), teilhalogenierte FCKW (H-FCKW) und Schwefelhexafluorid (SF6). Die Flourkohlenwasserstoffe, die in Kälteund Klimaanlagen eingesetzt werden, sollen aufgrund ihrer Ozonschädigung von der EU ab 2015 ganz verboten werden. Doch wie wirken sich die veränderten Klimabedingungen auf unsere Umwelt und die empfindlichen Ökosysteme unserer Erde aus? Die Klimadebatte hat heutzutage eine neue Dimension erreicht, auf die die Politik, die Wirtschaft, aber auch jeder einzelne Mensch reagieren muss. Schon heute zeigen die Klimaveränderungen zahlreiche Folgen: das Schmelzen von Gletschern und polaren Eiskappen, Überschwemmungen, Schlammlawinen und Unwetter. Diese Naturkatastrophen, die in den letzten Jahren gehäuft vorkamen, und die hieraus resultierenden Schäden haben einen messbaren Einfluss auf die Wirtschaft und das Bruttoinlandsprodukt, insbesondere von sehr armen Ländern. Um ein Fortschreiten des Klimawandels zu verhindern oder zumindest abzuschwächen, müssen sich unser Konsum- und Wirtschaftsverhalten, aber auch unsere Baupraxis, innerhalb der nächsten Jahre radikal verändern [19].

Zeitraum (gleitende 4-Jahres-Mittelwerte; neue Länder 1989 –1992 geschätzt) Bundesland mit erheblichen Artefakten ab 2001 Erholungsflächen und Friedhöfe Gebäude- und Freifläche Wohnen

Gebäude- und Freiflächen sonstiges (z.B. Gewerbe) Betriebsfläche ohne Abbauland (z.B. Halde) Verkehrsflächen

1.11 Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung (Prognose für 2050) 1.12 Auswirkungen des Klimawandels

Nachhaltigkeitsziel der Bundesregierung 2020 Zwischenziel des Umweltbundesamtes 2010 1.14

1.13 Flächenaufteilung in Deutschland (Stand 2004) 1.14 tägliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland

13

Grundlagen

Mineralöl 39,4 % Wasser 0,5% Wind 1% Erdgas 22,2 %

Anteile EE 7,1 %²

Biomasse 5,3%

Braunkohle 11,1% Steinkohle 13,1 %

restl. EE 0,3%

Kernenergie 11,6%

gesamt: 14003 PJ¹

¹ Verbrauch 2008. Stand: Februar 2009 ² berechnet nach Wirkungsgradmethode: 9,7% EE: erneuerbare Energien

Anteile EE am gesamten Endenergieverbrauch (Strom, Wärme, Kraftstoffe)

1.15

3,1

9,7 18 4,8

Anteile EE am gesamten Bruttostromverbrauch

14,8 mind. 30¹ 3,5

Anteile EE an der gesamten Wärmebereitstellung

7,7 14¹ 0,2

Anteile EE am gesamten Kraftstoffverbrauch

6,1 10

2,1

Anteile EE am gesamten Primärenergieverbrauch

Ziel der Bundesregierung 10 % EU-Ziel für EE im Verkehrssektor (für alle Mitgliedsstaaten)

7,1³

0

5

10

15

20

25

30

1998 2000 2002 2004 2006 2007 2008 2020 2020

35 (%)

¹ Quellen: Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2009) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) von 2008 ² Quelle: EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen ³ Anteil Primärenergieverbrauch berechnet nach (der offiziellen) Wirkungsgradmethode; nach Substitutionsmethode: 9,7 % EE: erneuerbare Energien 1.16

14

chen in Deutschland nahezu verdoppelt. 2005 machten diese Flächen etwa 12,9 % der Gesamtfläche Deutschlands aus (8,0 % für Siedlungsflächen, 4,9 % für Verkehrsflächen; Abb. 1.13, S. 14). Trotz stagnierender Bevölkerungszahlen wurden im letzten Jahrzehnt pro Tag durchschnittlich 120 Hektar für Siedlungs- und Verkehrszwecke neu in Anspruch genommen. Dies entspricht etwa 52 Hektar pro 100 000 Einwohnern und Jahr. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern wie England mit einer Inanspruchnahme von 14,3 Hektar pro 100 000 Einwohnern und Jahr zeigt sich das enorme Ausmaß der Flächenversiegelung in Deutschland. Zwar fordert die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung eine drastische Senkung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf 30 ha/Tag bis zum Jahr 2020, doch liegt dieses Ziel noch in weiter Ferne (Abb. 1.14, S. 14) [20]. Innerhalb der einzelnen Bundesländer variiert der Anteil versiegelter Flächen erheblich. Am höchsten ist er in den Stadtstaaten Berlin (69,6 %), Hamburg (59,0 %) und Bremen (56,6 %), am niedrigsten in Mecklenburg-Vorpommern mit nur 7,3 % [21]. Ressourcenverbrauch Als Ressourcen werden die auf der Erde vorhandenen Rohstoff- und Energiequellen bezeichnet. Dabei wird zwischen Reserven und Ressourcen unterschieden: Der Begriff Reserven bezeichnet bekannte, mit heutiger Technik wirtschaftlich abbaubare Vorkommen z. B. von Energierohstoffen. Ressourcen hingegen sind die mit zukünftigen Techniken vermutlich – und unabhängig von Überlegungen der Wirtschaftlichkeit – abbaubaren Vorkommen. Hierunter fallen Energierohstoffe, die entweder derzeit aufgrund geologischer Indikatoren vermutet werden, aber noch nicht nachgewiesen sind, oder in Anbetracht der Gewinnungskosten oder fehlender technischer Möglichkeiten gegenwärtig nicht wirtschaftlich gewonnen werden können [22]. Die heutigen Industrienationen und Schwellenländer sind in hohem Maße von der Verfügbarkeit der Energierohstoffe abhängig. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat die Menschheit mehr fossile Rohstoffe verbraucht als in ihrer gesamten Geschichte zuvor. Bisher werden mehr als die Hälfte der Ressourcen in den Industrieländern verbraucht, zukünftig wird sich die Balance jedoch zugunsten der Schwellen- und Entwicklungsländer verschieben. Derzeit haben nicht erneuerbare Energieträger weltweit einen

Globaler Wandel

Anteil von rund 80 % am gesamten Primärenergieverbrauch (Abb. 1.17) [23]. In Deutschland beträgt dieser Wert sogar 93 % (Abb. 1.15) [24]. Laut einer Prognose des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) wird der Weltenergiebedarf auch im Jahr 2030 noch zu vier Fünfteln durch fossile Brennstoffe gedeckt werden. Der wichtigste Primärenergieträger wird weiterhin das Erdöl sein, Gas wird den zweiten Platz einnehmen. Der absolute Verbrauch nicht-fossiler Energieträger wird zwar weiterhin wachsen, sein Anteil am Weltenergieverbrauch jedoch zurückgehen, da der Energieverbrauch stärker steigen wird als die Nutzung erneuerbarer Energien [25]. Dies steht in starkem Widerspruch zu den statistischen Reichweiten konventionell förderbarer, nicht erneuerbarer Energiereserven. Prognosen zufolge werden die vorhandenen Erdölreserven in etwa 50, die Erdgasvorkommen in 70 und die Kohleressourcen in 190 Jahren erschöpft sein [26]. Eine Reduzierung des Energieverbrauchs und der Einsatz energieeffizienter Technologien im Bausektor sind daher notwendiger denn je. Seit Mitte der 1970er-Jahre haben sich aufgrund der stark gestiegenen Preise für fossile Energien neben den historischen Formen der Nutzung von Biomasse, Wind und Wasserkraft zunehmend auch neue Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien etabliert. Die Sicherheitsproblematik in der Nuklearenergie und das Unglück von Tschernobyl 1986 förderten diese Entwicklung. Als Folge politischer Rahmenbedingungen wie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG), die bis zum Jahr 2020 den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung auf mindestens 30 % und im Bereich der Wärme- und Kälteerzeugung auf mindestens 14 % erhöhen sollen, ist heute ein deutliches Wachstum erneuerbarer Energien wie Solarstrahlung, Wasserkraft, Windenergie, Geothermie und Biomasse zu beobachten. In Deutschland wird die stetige Zunahme insbesondere im Bruttostromverbrauch und im Endenergieverbrauch sichtbar (Abb. 1.16) [27]. Derzeit macht der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland ca. 10 % des gesamten Verbrauchs an Wärme, Strom und Kraftstoffen (Endenergie) aus (Stand 2009) [28, 29]. Verschiedene Studien und Szenarien, wie die AEO 2010-Prognose (Annual Energy Outlook 2010) [30] oder das Advanced Energy Revolution Scenario [31] gehen von einem Zuwachs der Nutzung der

erneuerbaren Energien von rund 80 % bis zum Jahr 2035 bzw. 2050 aus. Eine Studie des ForschungsVerbundes Erneuerbare Energien (FVEE) [32] kommt sogar zu dem Schluss, dass in Deutschland bis 2050 eine 100%-ige Versorgung mit erneuerbaren Energien möglich ist. Holzwirtschaft Wälder waren schon immer und sind bis heute eine der wichtigsten Ressourcen unserer Erde. Zur Sicherung ihres Lebensunterhalts sind derzeit rund 1,6 Milliarden Menschen von Wäldern abhängig. 70 % aller bekannten Tier- und Pflanzenarten weltweit leben in Wäldern. Mit dem Beginn der Industrialisierung, dem starken Anstieg der Bevölkerung und dem zunehmenden Landverbrauch setzte die Entwaldung, d. h. die weltweite Umwandlung von Waldflächen in andere Landnutzungsformen ein. Oft war ein Schwund der Artenvielfalt in der Pflanzenund Tierwelt bis hin zum Aussterben einzelner Arten die Folge. Darüber hinaus entzieht die zunehmende Abholzung der Wälder zahlreichen Menschen die Lebensgrundlage. Die Entwaldung unseres Planeten gemeinsam mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe ist eine der maßgeblichen Ursachen für die globale Erwärmung. Die heutigen Wälder umfassen etwa vier Milliarden Hektar, das sind etwa 30 % der gesamten Landfläche unserer Erde. Jedoch zerstört die Menschheit für die Holz- und Landnutzung weltweit jedes Jahr 15 Millionen Hektar Wald, d. h. jede Minute eine Fläche von 44 Fußballfeldern. Zwischen 1990 und 2005 hat die Welt ungefähr 3 % aller Waldflächen verloren. Insbesondere die Primär- oder Altwachstums-Wälder, darunter die tropischen Regenwälder, verschwinden. Der Waldverlust schreitet vor allem in den außereuropäischen Ländern unkontrolliert voran. Die größten Verluste an Waldflächen (unter Berücksichtigung von Aufforstungen und Wiederaufforstungen) sind in Lateinamerika, vor allem in Brasilien, zu verzeichnen, wo jährlich 4,3 Millionen Hektar an Wald abgeholzt werden und sich der Abbau im Vergleich zu den 1990er-Jahren um 500 000 Hektar pro Jahr beschleunigt hat. Ein weiterer Schwerpunkt der Entwaldung liegt in Südostasien, insbesondere in Indonesien und Papua-Neuguinea. Auch in Afrika beträgt der jährliche Waldflächenverlust etwa 4 Millionen Hektar. Die einzigen Regionen der Erde, die in den letzten Jahren eine kontinuierliche Zunahme an Waldflächen verzeichnen

9,8%

0,7%

2,2%

26,5 %

5,9%

20,9%

34%

Kohle/Torf Erdöl Erdgas Kernenergie Wasserkraft Biomasse und Abfall Sonstige 1.17 Land

jährliche Veränderung (1000 ha/Jahr)

Brasilien

-3103

Indonesien

-1871

Sudan

-589

Myanmar

-466

Sambia

-445

Tansania

-412

Nigeria

-410

DR Kongo

-319

Zimbabwe

-313

Venezuela gesamt

-288 -8216

a Land

jährliche Veränderung (1000 ha/Jahr)

China

4058

Spanien

296

Vietnam

241

USA

159

Italien

106

Chile

57

Kuba

56

Bulgarien

50

Frankreich

41

Portugal

40

gesamt

5104

b

1.18

1.15 Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland im Jahr 2008 1.16 Anteile und Entwicklung erneuerbarer Energieträger an der Energiebereitstellung in Deutschland 1.17 Welt-Primärenergieverbrauch nach Energieträgern im Jahr 2007 1.18 Länder mit den höchsten Abholzungs- und Aufforstungsraten weltweit, 2000 –2005 a Abholzung b Aufforstung

15

Grundlagen

konnten, sind China und Europa. China betreibt derzeit, veranlasst durch zahlreiche Naturkatastrophen und die drohende Versteppung des Landes, die weltweit größte Aufforstungskampagne. Mehr als 20 Millionen Hektar neue Waldflächen wurden zwischen 2000 und 2005 gepflanzt. Bis zum Jahr 2020 will die Volksrepublik die Waldflächen um weitere 40 Millionen Hektar erweitern [33]. Doch Aufforstung und Plantagen sind nur Ersatzmaßnahmen und führen zu einer Abnahme der globalen Biodiversität. Dies zeigt sich am Beispiel der Vereinigten Staaten, die zwar im Bereich der Wiederaufforstung eine positive Bilanz nachweisen können, jedoch im Bereich des Primärwaldverlusts weltweit an siebter Stelle stehen. Hierbei werden die Primärwälder (Urwald) durch neue Plantagenwälder ersetzt, die jedoch ehemalige Lebensräume und Pflanzen- und Tierbestände nicht wiederherstellen können. Nachhaltige Forstwirtschaft ist deshalb umso wichtiger. Einen ersten Ansatz bilden Zertifikate wie etwa das FSC-Label (Forest Stewardship Council). Unkontrollierte Abholzung, Verletzung der Menschenrechte und Belastung der Umwelt sollen mit diesem Zertifikat vermieden werden. Bisher sind 10 Millionen Hektar in

25 Ländern vom FSC zertifiziert. Auch im Baubereich kommt das Zertifikat mehr und mehr zum Einsatz [34]. Trinkwasser Eine der wichtigsten und zunehmend knapperen Ressourcen unserer Zeit ist sauberes Trinkwasser. Zwar ist in vielen Ländern ausreichend Wasser vorhanden, und auch künftig ist dort kaum mit einem Wassermangel zu rechnen. Andererseits hat schon heute mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. So muss Asien, wo 60 % der Weltbevölkerung leben, mit nur 30 % des weltweit vorkommenden Trinkwassers auskommen. In anderen Ländern, vor allem in Afrika, leidet ein Großteil der Bevölkerung schon heute unter chronischem Wassermangel (Abb. 1.19). Derzeitige Prognosen besagen, dass die Verfügbarkeit von Trinkwasser bis 2025 vor allem in Afrika, Asien und Südeuropa stark zurückgehen wird. Laut UN-Angaben werden bei gleichmäßig steigendem Verbrauch in 20 Jahren 1,8 Milliarden Menschen in Gegenden leben, in denen absoluter Wassermangel herrscht. Während arme Bevölkerungsschichten Wasser sparen, steigt mit zunehmendem Lebensstandard die Ver-

schwendung der lebensnotwendigen Ressource. Derzeit konsumieren die Europäer zwischen 100 und 200 Liter pro Tag. Der Wasserverbrauch eines Amerikaners liegt durchschnittlich bei 300 –400 Litern pro Tag. Die absolute Spitzenposition belegen die Australier mit einem ProKopf-Verbrauch von etwa 1000 Litern pro Tag. Damit sauberes Trinkwasser weiterhin verfügbar bleibt, muss effizient und sinnvoll mit der Ressource umgegangen werden. Maßnahmen wie Grauwasserund Regenwassernutzung, die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit von Anlagen und Leitungen sowie die Bekämpfung der Wasserverschmutzung fördern hierbei eine effiziente Nutzung [35]. Neben dem Trinkwassermangel ist die Wasserqualität ein großes Problem. Heute gelangen weltweit noch rund 90 % des Abwassers ungeklärt und 70 % der Industrieabfälle unbehandelt ins Oberflächenwasser. Nach Angaben derUN sterben jedes Jahr rund vier Millionen Menschen an Krankheiten, die durch verschmutztes Trinkwasser verursacht werden. Vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern müssen daher neben Techniken zum Auffinden von Wasserquellen verstärkt Technologien zur lokalen Wasseraufbereitung angewendet werden [36].

keine Angaben 60 000 50 000 15 000 5 000 2 500 gelegentliche Engpässe 1 700 Wasserknappheit 1 000 Wassermangel 0 1.19 Verfügbarkeit von Süßwasser (in m3 pro Person/ Jahr, Stand 2000) 1.20 internationale Klimakonferenzen

16

1.19

Globaler Wandel

Das Klimamodell der IPCC-Studie aus dem Jahr 2008 zeigt, dass sich im 21. Jahrhundert auch die Niederschlagsintensitäten und Trockenperioden global verändern werden. Sowohl die Stärke der Niederschläge als auch die Zahl und Dauer der Trockenperioden werden stark zunehmen. Während die Regenintensität in allen Klimazonen steigt, müssen speziell der afrikanische und amerikanische Kontinent, aber auch Südeuropa und Asien, mit lang andauernden Trockenzeiten rechnen [37]. Abfallaufkommen Mit dem Ressourcenverbrauch steigt auch das Abfallaufkommen weltweit deutlich an. Insbesondere die Bauindustrie produziert heute einen Großteil aller weltweit anfallenden Abfälle. Drei Viertel des heutigen Müllvolumens entstehen in den Industrienationen. Während in Deutschland seit Beginn der 1970er-Jahre zahlreiche Gesetze für die Abfallwirtschaft verabschiedet wurden, gibt es auf internationaler Ebene noch immer kaum gesetzliche Regelungen für den Umgang mit Haus- und Industriemüll. Die erste internationale Übereinkunft war die Baseler Konvention von 1989, die unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen entstanden ist und der 165 Länder beigetreten sind. Allerdings stellt ein Großteil der Länder bis heute keine Angaben zur Müllverwertung zur Verfügung. Überdies führen illegale Mülltransporte, vor allem von umweltschädigenden und giftigen Abfällen, nach Asien oder Afrika dazu, dass die Entwicklungsländer mehr und mehr als Schrottplatz der Welt fungieren [38]. Politischer Wandel

Menschliches Handeln steht in direkter Verbindung mit der Zerstörung der natürlichen Umgebung und mit dem heutigen Klimawandel. Der diesbezügliche Kenntnisstand und das Bewusstsein der Bevölkerung haben sich in den letzten Jahrzehnten jedoch deutlich verbessert. Unterstützt wurde dieser Prozess vor allem durch die Politik und die Medien. Die Begriffe Klimawandel, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind heutzutage in aller Munde. Die heutigen Ziele und Maßnahmen der internationalen Klimaschutzpolitik basieren weitestgehend auf den Ergebnissen der Klimarahmenkonvention von 1992 (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) (Abb. 1.20). Der im Jahr 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United

Jahr

Konferenz/Ereignis

1988

Gründung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)

1990

Verhandlung der Generalversammlung der UNO über eine Rahmenkonvention zum Klimaschutz

1992

UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung (»Erdgipfel«) in Rio de Janeiro: Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention

1994

Klimarahmenkonvention tritt in Kraft

1995

Berlin (COP 1): »Berliner Mandat«

1996

Genf (COP 2): Ministererklärung

1997

Kyoto (COP 3): Kyoto-Protokoll

1998

Buenos Aires (COP 4): Arbeitsplan

2001

Marrakesch (COP 7): Verhandlungen

2002

Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg: Oktober

2002

Neu-Delhi (COP 8): Zusammenhang zwischen nachhaltiger Entwicklung und Klimaschutz

2003

Mailand (COP 9): Mittel zur Förderung der Entwicklung, Verbreitung und Nutzung klimafreundlicher Technologien

2004

Buenos Aires (COP 10): zehnter Jahrestag der Klimarahmenkonvention

2005

Montreal (COP 11): vollständige Umsetzung des Kyoto-Protokolls und Einleitung eines Verhandlungsprozesses für die Zeit nach 2012

2007

Bali (COP 13): Konferenz der Vertragsstaaten zur Entwicklung einer Strategie für ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll

2009

Kopenhagen (COP 15): Klimagipfel in Kopenhagen zur Festlegung eines Nachfolgeabkommens nach 2012

2010

Mexiko (COP 16): Konferenz der Vertragsstaaten 1.20

Nations Environmental Programme, UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO) gegründete Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) gilt als wichtigstes internationales Expertengremium zum Klimawandel. Er selbst betreibt keine Wissenschaft, sondern trägt Daten zum Klimawandel zusammen, beurteilt die Risiken der globalen Erwärmung und entwickelt Strategien zur Anpassung unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Das Gremium hat bisher vier Sachstandsberichte verfasst, die die heutige Basis der politischen und wissenschaftlichen Diskussionen über die globale Erwärmung bilden. Der nächste IPCC-Bericht ist für 2014 geplant [39]. Bei der UN-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro verständigten sich erstmals 150 Staaten darauf, den Ausstoß der Treibhausgase zu begrenzen. Während beim »Erdgipfel« von 1992 soziale und kulturelle Aspekte im Vordergrund standen, war der Kyoto-Gipfel von 1997 stärker durch eine praktische Zielsetzung geprägt. Mit dem Kyoto-Protokoll, einem 1997 beschlossenen Zusatzprotokoll zur Ausgestaltung der Klimarahmenkonvention, verpflichteten sich die anwesenden Industrienationen, völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festzulegen. Ziel des 2005 in Kraft getretenen und 2012 auslaufenden Klimaschutzabkommens war es, den jährlichen Treib-

hausgas-Ausstoß der Industrieländer innerhalb der sogenannten ersten Verpflichtungsperiode (2008 –2012) um durchschnittlich 5,2 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren [40]. Beim Klimagipfel 2007 auf der indonesischen Insel Bali vereinbarten die teilnehmenden Nationen eine Strategie für ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll. Diese sah vor, die Verhandlungen bis zur Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 zu beenden. In Kopenhagen konnten sich die Vertragsstaaten jedoch nicht auf ein völkerrechtlich bindendes Klimaabkommen einigen und vereinbarten lediglich eine unverbindliche politische Abschlusserklärung, den »Copenhagen Accord«. Ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll kann nun frühestens auf der 16. Klimakonferenz in MexikoStadt 2010 verabschiedet werden [41]. Das Kyoto-Protokoll bildet zwar einen wichtigen Meilenstein in der internationalen Klimaschutzpolitik, doch seine Ziele sind keineswegs ausreichend. Weltweit liegen die Treibhausemissionen heute ca. 25 % über denen des Basisjahrs 1990. Um die Zunahme der weltweiten Durchschnittstemperatur auf die als kritisch geltende Grenze von 2 °C zu begrenzen, wären die Industrienationen gefordert, ihren CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050 auf ein Viertel der heutigen Emissionen zu reduzieren. Wenn die Zielvereinbarungen des Kyoto-Protokolls vollständig umgesetzt werden, wird die für 2100 berechnete Klimaerwärmung jedoch gerade um 17

Grundlagen

0,06 °C niedriger ausfallen. Und selbst hierfür wären bereits alle beteiligten Nationen gefordert, ihre Zielvereinbarung einzuhalten. Das Scheitern der Verhandlungen beim Klimagipfel in Kopenhagen hat jedoch gezeigt, wie groß die Widerstände sind [42]. Um international eine Vorbildfunktion zu übernehmen, hat sich die EU verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % unter das Niveau von 1990 zu senken, und um 30 %, sofern sich andere Industrieländer zu vergleichbaren Emissionsreduzierungen verpflichten und auch die wirtschaftlich weiter fortgeschrittenen Entwicklungsländer ihren Beitrag leisten. Die wichtigsten Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sollen die Steigerung der Energieeffizienz bis 2020 um 20 % sowie die Verdreifachung des Anteils der erneuerbaren Energien am europäischen Endenergieverbrauch bis 2020 auf 20 % sein. Da auf den Gebäudesektor 40 % des Gesamtenergieverbrauchs der EU entfallen, spielen die Senkung des Energieverbrauchs und die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen in Gebäuden eine wesentliche Rolle, um den Anforderungen des Kyoto-Protokolls nachzukomWelt

men. Hierzu und im Zuge der Harmonisierung von Normen verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten, die Anforderungen der Richtlinie 2002/91/EG (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) des Europäischen Parlaments über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in nationales Recht umzuwandeln. Im Mai 2010 hat das Europäische Parlament die novellierte Gebäuderichtlinie 2010/31/EU (EBPD 2010) verabschiedet, die unter anderem fordert, dass alle Neubauten EU-weit ab 2021 Niedrigstenergiegebäude (nearly zero-energy buildings) sein müssen. In Deutschland wird die neue EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden voraussichtlich 2012 durch eine Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV 2012) umgesetzt werden (Abb. 1.21). Die erste Fassung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) trat am 1. Februar 2002 in Kraft und fasste die zuvor gültige Wärmeschutzverordnung (WSchV) und die Heizungsanlagenverordnung (HeizAnlV) zusammen. Neufassungen der EnEV traten 2004, 2007 und zuletzt im Herbst 2009 in Kraft. Ziel der EnEV 2009 ist es, den Energie-, Heizungs- und Warmwasserbedarf in Europa

Neubauten gegenüber der EnEV 2007 nochmals um ca. 30 % zu senken [43]. Wirtschaftlicher Wandel

Ziel unserer heutigen Wirtschaft ist ein kontinuierliches Wachstum. Unter Wirtschaftswachstum wird in unserer Gesellschaft die Steigerung des Bruttosozialprodukts (BSP) oder des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verstanden. Extremes wirtschaftliches Wachstum erfolgt jedoch meist zu Lasten der Umwelt, wie an den Schwellenländern China oder Indien deutlich wird. Schon 1972 stellte die Studie »Grenzen des Wachstums« des Club of Rome den Sinn und die Realisierbarkeit uneingeschränkten Wachstums in Frage. Darin wiesen die Autoren darauf hin, dass die absoluten Wachstumsgrenzen unseres Ökosystems im Lauf der nächsten hundert Jahre erreicht werden, sofern die Umweltverschmutzung und die Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhalten [44]. Während in der Vergangenheit häufig auf die Unvereinbarkeit nachhaltigen, ökologisch verantwortungsvollen Handelns mit einem dauerhaften Wirtschaftswachstum verwiesen wurde, besteht für die meisten Ökologen seit Mitte der 1980er-Jahre zwi-

Deutschland

1970 1975 1980 1985 1990 1992 1994

1972 UNO-Konferenz »Umwelt« Stockholm

1974 Bundesimmissionsschutzgesetz(BImSchG) 1976 Energieeinsparungsgesetz (EnEG)

1987 BrundtlandBericht 1992 Umweltgipfel Rio de Janeiro

1996 1997 1998 3. UN-Klimakonferenz Kyoto 2000

1988 EU-Richtlinie Bauprodukte

1994 Inkrafttreten der Klimarahmenkonvention

1992 5. Umweltprogramm der Kommission der Europäischen Gemeinschaften

1997 Kyoto-Protokoll

2001 2002 2003 2004

2002 Weltgipfel »Nachhaltige Entwicklung« Johannesburg

2002 EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2005 Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls

2005

1991 Stromeinspeisungsgesetz 1994 Grundgesetz, Artikel 20 a 1994 Schlussbericht der Enquete-Kommission »Schutz des Menschen und der Umwelt«

1992 Bauproduktegesetz (BauPG)

1977 Wärmeschutzverordnung (WSchV) 1984 Novellierung Wärmeschutzverordnung 1994 Heizungsanlagenverordnung (HeizAnlV) 1995 Novellierung Wärmeschutzverordnung

2000 ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG)

1998 Novellierung Heizungsanlagenverordnung 2002 Energieeinsparverordnung (EnEV) 2002 Biomasseverordnung (BiomasseV)

2004 Novellierung Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG)

2004 Energieeinsparverordnung (EnEV)

2006 2007

2007 Energieeinsparverordnung (EnEV)

2008 2009 2010 2011 2012 2013

2009 15. UN-Klimakonferenz Kopenhagen

2009 Novellierung Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG)

Nachfolge des Kyoto-Protokolls

2012 Auslaufen des Kyoto-Protokolls

Novellierung EURichtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

2009 ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz (EEWärmeG)

2009 Energieeinsparverordnung (EnEV)

2012 Energieeinsparverordnung (EnEV) 1.21

18

Globaler Wandel

schen Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Erfolg kein Widerspruch mehr. Nachhaltiges Wirtschaften umfasst eine komplexe Ressourcen-, Energie- und Materialeffizienz sowie den effizienten Einsatz von produktionsbeeinflussenden Faktoren (z. B. Personal). Auch Unternehmen sehen die Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung heute vielfach nicht mehr als Hindernis, sondern als Zukunftschance. Insbesondere die RioKonferenz von 1992 leitete hierbei einen Wandel im Denken ein. Mit der Agenda 21 wurden neben ökologischen und sozialen Handlungsempfehlungen auch ökonomische Ziele für Handel und Industrie festgelegt, wie die Förderung einer umweltverträglichen Produktion oder einer verantwortungsbewussten Unternehmerschaft [45, 46]. Eine ökonomische Bewertung des Klimawandels nahm erstmals der 2006 erschienene Stern-Report vor [47]. Der frühere Chefökonom der Weltbank und spätere Leiter des volkswirtschaftlichen Dienstes der britischen Regierung, Nicholas Stern, beschreibt und berechnet darin die Folgen der globalen Klimaerwärmung aus volkswirtschaftlicher Sicht. Stern zufolge würden die Kosten des Klimawandels, d. h. die Folgekosten steigender Meeresspiegel, sinkender landwirtschaftlicher Erträge, von Naturkatastrophen und gewaltigen Migrationsströmen, mittelfristig einen Verlust von 5 bis 20 % des globalen Bruttoinlandsprodukts bewirken. Vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer werden die ökonomischen Folgen des Klimawandels überdurchschnittlich stark zu spüren bekommen [48]. Frühzeitiges Handeln, eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien, der Einsatz CO2armer Technologien und eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz könnten laut Stern die drastischen ökologischen und ökonomischen Folgen des Klimawandels verringern. Umwelttechnologien als Wachstumsmarkt Den Akteuren der heutigen Wirtschaft ist bewusst, dass die Umsetzung und Integration ressourcenschonender Produktionsprozesse es erlaubt, industrielle Verfahren zu optimieren, das eigene Image zu verbessern und sich Alleinstellungsmerkmale gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten. Umweltschutz und Wirtschaftswachstum stehen somit nicht mehr notwendigerweise im Widerspruch zueinander, sondern sind eng miteinander verbunden. Umwelttechnologien gehören zu den wichtigsten Zukunftsmärkten des 21. Jahrhunderts.

Diese Entwicklung zeigt sich auch in der EU-Leitmarktinitiative (Lead Market Initiative for Europe, LMI) [49]. Ziel der im Jahr 2007 durch die EU-Kommission gegründeten Initiative ist es, den europäischen Markt zu stärken und das Wirtschaftsvolumen bis 2020 mehr als zu verdoppeln. Hierfür wurden sechs Leitmärkte definiert: • elektronische Gesundheitsdienste (eHealth) • Schutztextilien (Protective textiles) • nachhaltiges Bauen (Sustainable construction) • Recycling (Recycling) • biobasierte Produkte (Bio-based products) • erneuerbare Energien (Renewable energies) Insbesondere der Markt des energieeffizienten und nachhaltigen Bauens soll dazu beitragen, den europäischen und die nationalen Wirtschaftsmärkte zu fördern. Umweltschutzaspekte (z. B. effiziente Elektrogeräte und Heizanlagen), Gesundheitsfragen (z. B. Luftqualität in Gebäuden) und der Komfort der Nutzer (z. B. Bewegungsfreiheit älterer Menschen) stehen hierbei im Vordergrund der Betrachtung [50]. Zudem beziehen sich die Ziele des Leitmarkts »Nachhaltiges Bauen« auf folgende Bereiche [51]: • Umstellung der nationalen Normung auf einen »performance based building«Ansatz • Weiterentwicklung der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden • europaweite Effizienzziele • Weiterentwicklung der nationalen und europäischen Baugesetzgebung • Berücksichtigung der Lebenszykluskosten sowie der Umwelteigenschaften von Bauprodukten und Bauwerken bei der Beschaffung durch die öffentliche Hand • Entwicklung von Förderinstrumenten und Anreizen für nachhaltiges Bauen • Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die europäische Normung • Weiterentwicklung der Bauproduktenverordnung • Entwicklung von Bewertungsmaßstäben und -hilfsmitteln zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Bauwerken Die Aufgaben und Ziele für den Leitmarkt des nachhaltigen Bauens wurden im Aktionsplan »Action Plan for Sustainable Construction« [52] zusammengestellt. Auch der Umwelttechnologie-Atlas für Deutschland »GreenTech made in Germany 2.0« aus dem Jahr 2009 macht deutlich, dass die Thematik nachhaltiges Bauen zukünftig einen bedeutenden

Leitmarkt

Marktvolumen (Mrd. Euro)

Energieeffizienz

538

nachhaltige Wasserwirtschaft

361

nachhaltige Mobilität

200

umweltfreundliche Energien

155

Rohstoff- und Materialeffizienz Kreislaufwirtschaft

94 35 1.22

Marktanteil einnehmen wird [53]. Prognosen zeigen, dass sich bis zum Jahr 2020 der Umsatz der Umweltindustrien auf nationaler Ebene fast verdoppeln wird. Ihr Anteil am deutschen BIP machte im Jahr 2007 8 % aus und dürfte bis 2020 auf 14 % steigen. Folgende Leitmärkte der Umwelttechnik haben sich hieraus für den globalen Weltmarkt entwickelt (Abb. 1.22): • Leitmarkt Energieeffizienz • Leitmarkt umweltfreundliche Energien • Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz • Leitmarkt Kreislaufwirtschaft • Leitmarkt nachhaltige Wasserwirtschaft • Leitmarkt nachhaltige Mobilität Die zweistelligen Wachstumsraten, mit denen diese Branchen im Jahr 2007 ein Weltmarktvolumen von etwa 1400 Milliarden Euro erreicht haben, belegen die immer wichtiger werdende Rolle der sechs Leitmärkte. Ökonomischer Wandel im Bausektor Bereits heute zeigt sich, dass sich der wirtschaftliche Wandel auch in hohem Maße auf den Gebäudesektor auswirkt und Bauherren ebenso wie Nutzer vermehrt Nachhaltigkeitsaspekte bei der Errichtung von Neubauten, der Sanierung von Bestandsimmobilien und dem Betrieb von Gebäuden einfordern. Auf der anderen Seite spiegeln die zahlreichen neuen Ansätze bei der Errichtung und Vermarktung von Immobilien auch die Forderung nach immer höherer Flexibilität, kürzeren Amortisationszeiten und der Trennung der Rollen von Investor und Nutzer wider. Unterstützt wird die vermehrte Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bei Bauvorhaben zum einen durch zahlreiche staatli-

1.21 Entwicklung der Anforderungen an Energie und Nachhaltigkeit 1.22 Weltmarktvolumen für Umwelttechnologien 2007

19

Grundlagen

che Förderprogramme, wie z. B. in Deutschland durch die KfW-Programme und das Städtebauförderungsprogramm »Stadtumbau West«, aber auch durch neue Kreditangebote der Banken. Auch im Rahmen der Beschaffungsprozesse der öffentlichen Hand müssen in Deutschland seit der Reform des Vergaberechts im Rahmen des Green Public Procurement (GPP) soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte berücksichtigt werden. Eine Studie der EU-Kommission [54] aus dem Jahr 2010 wies nach, dass durch den Einsatz von GPP europaweit nicht nur durchschnittlich 25 % der CO2-Emissionen vermieden werden, sondern dass sich mit GPP im Vergleich zur herkömmlichen Beschaffung auch Kosten einsparen lassen. Die größten Effekte werden derzeit bei den Ausschreibungen von Bauwerken erzielt (minus 10 %). Mit den heute verfügbaren technischen Mitteln ist es möglich, den Energie- und Trinkwasserverbrauch sowie die Abfallerzeugung um etwa die Hälfte zu reduzieren und die durch Lärm und Schadstoffe in der Luft und im Wasser verursachten Umweltbelastungen zu verringern [55]. Diese Technologien sind zwar während der Anschaffung mit höheren Kosten verbunden, insgesamt bewirken sie jedoch kurz- und langfristige Einsparungen. Dies gilt auch für den Baubereich. Bei Planungsentscheidungen stehen jedoch die Baukosten oftmals im Vordergrund der Betrachtung. Geringere Baukosten und eine damit einhergehende geringere Bauqualität führen jedoch dazu, dass die Kosten für Betrieb und Unterhalt oft schon nach wenigen Jahren die Investitionskosten übersteigen. Mit dem Einsatz nachhaltiger Technologien im Bauwesen und umweltfreundlicher Produkte lassen sich nicht nur die CO2-Emissionen senken (Abb. 1.23), sondern auch die Betriebskosten eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus verringern. Daher nimmt die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie heutzutage bereits bei der Planung eine immer wichtigere Rolle ein. Neben den Betriebskosten stehen hierbei Aspekte wie die Drittverwendungsfähigkeit, eine hohe Umnutzungsfähigkeit (Möglichkeit zur Umrüstung für andere Nutzungsarten, Modularität des Gebäudes etc.), die variable Gestaltung der räumlichen Struktur, ebenso wie die Umrüstbarkeit der Elektro-, Medien-, Heizungs- und Wasserverund Entsorgung im Vordergrund. Umfragen bei Projektentwicklern, Investoren, Planern und Nutzern zeigen, dass Nachhaltigkeit zu einem bedeutenden 20

Entscheidungskriterium bei der Planung und Vermarktung von Gebäuden wird (Abb. 1.24). Zwar ließen sich mit einer nachhaltigen Immobilie nicht unbedingt höhere Verkaufspreise oder Mieten erzielen. Dennoch waren Gebäude, die unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten errichtet bzw. saniert wurden und dies mit einem Nachhaltigkeitszertifikat, wie LEED, BREEAM oder DGNB, bestätigt hatten, leichter zu vermarkten (Abb. 1.25 und 1.26, S. 22). Befragungen zeigten jedoch auch, dass der Markt künftig für nachhaltige Gebäude mit nachweislich geringerem CO2-Ausstoß höhere Preise zu zahlen bereit wäre [56, 57]. Der vermehrte Einsatz von Umwelttechnologien und nachhaltigen Planungs- und Bauprozessen im Bauwesen lässt darüber hinaus neue Arbeitsmärkte entstehen. Einen wichtigen Anteil hieran werden Planungs- und Beratungsleistungen haben. Neben dem Energieberater wird sich ein neues Berufsfeld etablieren: der Nachhaltigkeitsberater (Abb. 1.27, S. 22). Die neuen Arbeitsfelder erfordern zusätzliche Kenntnisse und Fachwissen bei den Ingenieuren und Fachplanern, die bereits frühzeitig in neuen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen verankert werden müssen.

Nachhaltige Entwicklung Der heutige Begriff der Nachhaltigkeit wurde maßgeblich von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED), der sogenannten Brundtland-Kommission, geprägt. Der Brundtland-Bericht »Our Common Future« aus dem Jahr 1987 bezeichnet eine Entwicklung als nachhaltig, die gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu beeinträchtigen [58]. Dennoch ist die Idee der nachhaltigen Entwicklung kein Phänomen unserer heutigen Gesellschaft, sondern lässt sich bis in die Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen. Erste Ansätze des heutigen Nachhaltigkeitsgedankens entwickelten sich bereits in den 1970er-Jahren. Seinerzeit wurde insbesondere das Wirtschaftsmodell der Industrienationen in Frage gestellt. Das Buch »Grenzen des Wachstums« (1972) des Club of Rome wies auf die zunehmende Umweltbelastung und Umweltverschmutzung sowie auf die daraus resultierende Notwendigkeit hin, den Schutz der Natur mit der wirtschaftlichen Ent-

wicklung zu verbinden [59]. Im selben Jahr fand die erste Konferenz der Vereinten Nationen zum Thema Mensch und Umwelt (Conference on the Human Environment) in Stockholm statt. Der Begriff Sustainable Development (SD) hingegen wurde erstmalig im Rahmen der World Conservation Strategy im Jahr 1980 verwendet [60]. Bei der UNCED-Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen, der sogenannten Rio-Konferenz von 1992, wurde mit der Rio-Deklaration und der Agenda 21 ein international gültiges entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für die nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert formuliert. Seit 1992 haben auf internationaler Ebene zahlreiche Städte und Gemeinden eine lokale Agenda 21 vorbereitet. Die Ergebnisse der theoretischen und praktischen Umsetzung in den einzelnen Nationen wurden auf dem World Summit on Sustainable Development 2002 in Johannesburg, dem Rio+10-Weltgipfel, vorgestellt [61]. Nachhaltigkeitsstrategie Europa Aufbauend auf der 1992 in Rio de Janeiro initiierten Bewegung riefen die Staatsund Regierungschefs der EU im Jahr 2001 die EU-Nachhaltigkeitsstrategie ins Leben. Die Strategie wird stetig durch die Europäische Kommission überprüft und angepasst. Im Juni 2006 wurden im Rahmen der modifizierten »erneuerten Strategie« folgende sieben Themenfelder definiert [62]: • Klimawandel und saubere Energie • nachhaltige Verkehrsentwicklung • nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion • Schutz und Management der natürlichen Ressourcen • öffentliche Gesundheit • globale Herausforderungen in Bezug auf Armut und nachhaltige Entwicklung • Gesellschaft, Demografie und Migration Nationale Nachhaltigkeitsstrategie Deutschland Die Europäische Kommission ist bestrebt, den europäischen Ansatz mit den jeweiligen nationalen Strategien der Mitgliedstaaten zu verknüpfen. Dabei sind die Mitgliedstaaten gefordert, Übereinstimmungen zwischen den nationalen und europäischen Strategien herzustellen, ohne die regionalen Besonderheiten aus dem Blick zu verlieren. Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie Deutschlands wurde im Jahr 2002 mit dem Titel »Perspektiven für Deutschland« veröffentlicht und wird seither fortlaufend weiterentwi-

ckelt. Hierzu veröffentlicht die Bundesregierung regelmäßig Fortschrittsberichte. Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie beruht auf der Erkenntnis, dass sich nachhaltige Entwicklung nicht von oben verordnen lässt, sondern dass der Staat die Umsteuerung und Umsetzung nur unterstützen kann. Dafür legte die Bundesregierung folgende Handlungsfelder fest [63]: • Energie/Klima • umweltfreundliche Mobilität • gesund produzieren und ernähren • demografischen Wandel gestalten • Innovation und globale Verantwortung Ansätze und Strategien der nachhaltigen Entwicklung Die Verbindung von nachhaltiger Entwicklung mit Wachstum und Profit ist heutzutage für viele Menschen akzeptabel geworden, da sie eine gerechtere Verteilung der Gewinne und eine schonendere Nutzung der natürlichen Ressourcen ermöglicht. Im Industriebereich wird die nachhaltige Entwicklung bereits seit einigen Jahren allmählich zur Realität. Den Unternehmen wird zunehmend bewusst, dass die Umsetzung und die Integration ökologischer Faktoren es erlauben, die industriellen Produktionsverfahren zu verbessern, ihr Image und Ansehen zu optimieren und sich von der Konkurrenz abzuheben [64]. Dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung nähern sich die unterschiedlichen Akteure mit verschiedenen Strategien, Instrumenten, Inhalten und Begriffen [65]: • Drei-Säulen-Modell [66]: Gleichberechtigung der Dimensionen Ökologie, Ökonomie und soziale Sicherheit • Magisches Dreieck [67]: gleichrangige Berücksichtigung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Aspekte • Tetraeder der Zukunftsfähigkeit: Ergänzung der drei klassischen Säulen um eine institutionelle Dimension (Mitbestimmung, Partizipation) • Fünf Ebenen der Nachhaltigkeit: Einbezug von kultureller und spiritueller Basis neben ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten • Fünfeck der Nachhaltigkeit: soziale Stabilität und Gerechtigkeit, zukunftsbeständige Wirtschaftsweisen, ökologische Tragfähigkeit, Sicherung und Entwicklung kultureller Qualitäten sowie Gesundheit der Menschheit Das Drei-Säulen-Modell scheint sich aufgrund seiner Einfachheit und Verständ-

Gigatonnen CO2- Äquivalente/Jahr

Nachhaltige Entwicklung

140 ohne Umwelttechnologien 120 100 80 60 40 mit Umwelttechnologien 20 0 2000

2020

2060

2040

2080

2100 1.23

Ist »Green Building« bzw. Nachhaltigkeit von Immobilien für Ihr Unternehmen ein Thema? Retailunternehmen

Investoren

nein 27%

nein 18%

ja 73%

ja 82%

1.24

Inwieweit wird die Kaufentscheidung für Immobilien durch Nachhaltigkeitsaspekte beeinflusst?

24% 58%

aktuell 18%

0% 47% zukünftig 53%

0

20

10 niedrig

mittel

30 hoch

1.23 Entwicklungsprognosen der globalen CO2-Emissionen bis 2100 mit dem Einsatz nachhaltiger Technologien und ohne den Einsatz von Umwelttechnologien 1.24 »Green Building« und die Nachhaltigkeit von Immobilien sind wichtige Themen für den Bau-

40

50

60

70 1.25

sektor (Befragung von ca. 200 Führungskräften aus der deutschen Immobilienwirtschaft, 2008). 1.25 Beeinflussung der Kaufentscheidung für Immobilien durch Nachhaltigkeitsaspekte (Befragung von ca. 200 Führungskräften aus der deutschen Immobilienwirtschaft, 2008)

21

Leerstand von US-Bürogebäuden in %

Grundlagen

14

12

10

8

6 2005

2006

2007

Class-A-Gebäude

gesamter US Büromarkt

2008

2009 (Prognose)

LEED-zertifiziert 1.26

Betrieb von Anlagen (sekundär) 2% Contracting 2% Betrieb von Anlagen (primär) 9% Planung und Beratung 33% Handel 10%

Anlagenbau 12%

Sonstiges 14%

Produktion 18% 1.27

Jahr

Dokument

1993

The Declaration of Interdependence for a Sustainable Future UIA/AIA World Congress of Architects, Chicago

2007

The ACE Policy on Environment and Sustainable Architecture Architects‘ Council of Europa – Conseil des Architectes d‘Europe (ACE-CAE)

2007

The Leipzig Charter on Sustainable European Cities (Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt) EU-Ministertreffen zur Stadtentwicklung und zum territorialen Zusammenhalt

2008

The Council Conclusions on Architecture: Culture’s Contribution to Sustainable Development European Forum for Architectural Policies (EFAP-FEPA) 1.28

1.26 Leerstandsentwicklung in LEED-zertifizierten Gebäuden im Vergleich zum gesamten US-amerikanischen Büromarkt (Stand 2008) 1.27 Tätigkeitsschwerpunkte von Unternehmen im

22

Bereich der Umwelttechnologien 1.28 wichtige Bekanntmachungen und Vereinbarungen internationaler Verbände zur Nachhaltigkeit in Architektur und Stadtentwicklung

lichkeit durchzusetzen. Der Ursprung dieses Ansatzes ist jedoch nicht genau herzuleiten [68]. Auf dessen Grundzügen beruht auch der Abschlussbericht der Enquete-Kommission »Schutz des Menschen und der Umwelt« des Deutschen Bundestags von 1998. Ziel des Berichts war die Operationalisierung des Leitbilds Nachhaltigkeit für die Bereiche Bauen und Wohnen hinsichtlich ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte [69]. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsdebatte muss zwischen schwacher Nachhaltigkeit (Weak Sustainability) und starker Nachhaltigkeit (Strong Sustainability) unterschieden werden. Die schwache Nachhaltigkeit beschreibt den Ansatz, dass sich ökologische, ökonomische und soziale Ressourcen gegeneinander aufwiegen lassen. Folglich wäre die Natur ersetzbar und technisch wiederherstellbar, d. h. ökologische Schäden und negative Auswirkungen des menschlichen Wirtschaftens wären jederzeit kompensierbar [70]. Die starke Nachhaltigkeit hingegen ist eher ein theoretischer Ansatz, demzufolge die ökologische Krise durch den falschen Umgang mit der Natur hervorgerufen wurde, d. h. endliche Ressourcen dürften nach dieser Auslegung künftig nicht mehr genutzt werden. Eng verbunden mit diesen Theorien sind die Effizienz-, Suffizienz- und Konsistenzstrategien: • Effizienz: Der Effizienzansatz fordert eine extreme Steigerung der Ressourcenproduktivität bei gleichzeitiger Reduzierung des Ressourcenverbrauchs durch innovative Techniken, Einsparungen und Effizienzsteigerungen, da die derzeitigen Infrastrukturen, Güter- und Dienstleistungen zu energieund materialintensiv sind. • Suffizienz: Die Suffizienzstrategie hingegen sagt aus, dass der Energie- und Materialverbrauch maßgeblich durch die Lebens- und Konsumgewohnheiten bestimmt wird. Daher wird eine extreme Einschränkung des Energieverbrauchs, ebenso wie eine Reduzierung der Nutzung der noch verbleibenden Ressourcen, gefordert, d. h. die Konsumenten handeln eigenverantwortlich und verzichten bewusst auf energieintensive Produkte und Dienstleistungen. • Konsistenz: Ziel der Konsistenzstrategie ist es, dass die Stoff- und Energieströme mit den Kreisläufen der Natur übereinstimmen und ökologische Produkte und Verfahren entwickelt werden, wie z. B. die Nutzung erneuerbarer Energievorkommen.

Gebäudebewertung und -zertifizierung

Ziel aller Strategien ist die zukünftige Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks, d. h. weniger Ressourcen zu verbrauchen und weniger Abfall zu produzieren. Eine zukunftsfähige Entwicklung kann jedoch nicht nur durch die Umsetzung einer einzelnen Strategie erreicht werden, sondern muss auf allen drei Ansätzen und deren Wechselwirkungen aufbauen. Denn nur ein deutlich verminderter Energie- oder Materialverbrauch infolge von Effizienz- und Suffizienzmaßnahmen bildet die Voraussetzung, um den verbleibenden Bedarf durch den Einsatz erneuerbarer Energie- und Materialquellen zu decken (Konsistenz) [71]. Nachhaltige Architektur

Für jegliche Bautätigkeit gilt heute die Forderung, das Konzept der Nachhaltigkeit zu beachten. In Zeiten des Klimawandels, der CO2-Einsparungen und der grassierenden Flächenversiegelung spielt die Nachhaltigkeitsdebatte in der Architektur und Städteplanung folglich eine immer wichtigere Rolle [72]. Bedingt durch die erste Ölkrise entwickelte sich in den 1970er-Jahren die sogenannte Low-Tech-Architektur. Zahlreiche Umweltinitiativen entstanden vor allem im Bereich des Wohnens oder von Bildungs- und Kultureinrichtungen. Materialien wie Holz und Lehm sowie begrünte Dächer und Fassaden begannen in der Architektur (wieder) Fuß zu fassen. Auch die 68er-Bewegung brachte neue Ansätze im Sozialwohnungsbau mit sich. Etwa zur gleichen Zeit entwickelte sich die sogenannte High-Tech-Architektur. Speziell im Bürosektor entstanden unter enormem Energie- und Ressourceneinsatz spektakuläre Metall- und Glasbauten. Im letzten Jahrzehnt schlug man jedoch eine andere Richtung ein. Die Umsetzung ökologischer Prinzipien, die Optimierung von Raumklima und Behaglichkeit mithilfe energieeffizienter Konzepte sowie der Einsatz erneuerbarer Energien wird seit Beginn der 1990er-Jahre mehr und mehr zum Standard. Vor allem in Europa zeichnet sich heute ein »goldener Mittelweg« zwischen Low-Tech- und High-Tech-Architektur ab [73]. Die Verbindung traditioneller Materialien mit innovativen Industrieprodukten und nachhaltigen Energiekonzepten hat im Bausektor erheblich an Relevanz gewonnen. Vor allem in Mittel- und Nordeuropa wurden seit den 1980er-Jahren zahlreiche Umweltgesetze und Initiativen im Bausektor in die Wege geleitet, von der Energieeinsparung über die Mülltrennung bis hin zur Wasserbewirtschaftung. Meilen-

steine dieser Bestrebungen waren in Deutschland vor allen die Entwicklung der Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnungen sowie die Konzepte für Niedrigenergie-, Passiv- und Plusenergiehäuser. Doch auch wenn sich nachhaltiges Bauen vorteilhaft auf die Wertentwicklung von Gebäuden auswirkt, bleibt die alltägliche Praxis derzeit noch weit hinter den sich bietenden Möglichkeiten zurück. Das Bauministerium (BMVBS) hat deshalb im Jahr 2001 den Leitfaden »Nachhaltiges Bauen« herausgebracht, der 2010 neu aufgelegt wird. Dieser stellt, basierend auf dem oben zitierten Drei-SäulenModell, Handlungsempfehlungen hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Aspekte auf und betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks von der Planung und Herstellung der Bauprodukte über den Bau und Betrieb bis zum Abriss. Die internationale Architektenvereinigung Union Internationale des Architectes (UIA) hat auf ihrem Weltkongress von 1993 in Folge der UN-Konferenz von Rio de Janeiro (1992) die »Declaration of Interdependence for a Sustainable Future« veröffentlicht. Ihr zufolge kann nachhaltige Architektur nicht nur die Einflüsse der Menschen auf ihre Umwelt minimieren, sondern gleichzeitig auch die Lebensqualität und den ökonomischen Wohlstand fördern [74]. Auch der Architects’ Council of Europe (ACE) baut auf dieser Deklaration auf und hat folgende Zielsetzungen für die Architektur formuliert (Abb. 1.28) [75]: • Änderung der derzeitigen Entwurfsund Konstruktionspraktiken: Integration von Nachhaltigkeitsthemen in den Planungsprozess • Förderung des nachhaltigen Entwerfens: Verbindung von Nachhaltigkeitsaspekten mit Architekturwettbewerben, Ausschreibungen sowie Architekturund Kunstpreisen • Unterstützung von Umwelt- und Bildungsprogrammen für Nachhaltigkeit im Bauwesen: Integration von Nachhaltigkeitsschwerpunkten an Universitäten und Weiterbildungsinstitutionen • Umsetzung von Regulierungen und Gesetzen: Entwicklung von Umweltund Energierichtlinien für nachhaltige Architektur • Zusammenarbeit auf interdisziplinärer Ebene: Förderung der Nachhaltigkeitsforschung durch Kooperation mit der Industrie, der Wirtschaft und mit Forschungsinstituten • Förderung des Nachhaltigkeitsgedankens auf nationaler und internationaler

Ebene: Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen Auch mit Veröffentlichungen wie dem Buch »A Green Vitruvius: A Sustainable Architectural Design« [76] von 1999 und mit der Publikation »Architecture and Quality of Life« [77] aus dem Jahr 2004 hat der ACE zum Ausdruck gebracht, dass sich die Nachhaltigkeit von öffentlichen und privaten Gebäuden und die Sicherheit von öffentlichen Räumen auf das Wohlbefinden und die sozialen Strukturen unserer Gesellschaft auswirken. Deshalb ist es notwendig, alle Aspekte der Nachhaltigkeit, d. h. sozioökonomische, kulturelle und ökologische Faktoren, in der Entwicklung unserer gebauten Umwelt zu berücksichtigen.

Gebäudebewertung und –zertifizierung Wir wissen heute, dass zukunftsfähige Architektur mehr umfasst als ökologisches, ressourcenschonendes und energieeffizientes Bauen. Aspekte wie Ästhetik, Entwurfsmethodik, integrale Planung, Standortfragen und soziokulturelle Kriterien müssen ebenso betrachtet werden wie die ökonomischen, funktionalen und technischen Eigenschaften eines Gebäudes. Nachhaltiges Bauen kann daher nicht nach einem starren Prinzip erfolgen. Einzelne Bauvorhaben erfordern spezifische Konzepte mit unterschiedlichen Lösungsansätzen, die jeweils auf das zu betrachtende Gebäude abgestimmt sind [78]. Zur Umsetzung ökologischer und energetischer Aspekte im Bausektor haben Deutschland und Österreich seit Ende der 1980er-Jahre den Weg über die Einführung der Energieeinsparverordnung und den Bau von Niedrigenergiebauten und Passivhäusern eingeschlagen, d. h. einen wissenschaftlich orientierten ökologischen Ansatz. In anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder in den USA wurden die Umweltziele im Bauwesen dagegen eher mit Hilfe von Kriterienkatalogen vorgegeben, d. h. quantitativ aufgestellt und nach einer praktischen Erprobungsphase weiter aktualisiert und dem Stand der Technik angepasst [79]. Planungsinstrumente Um Gebäude nachhaltig zu planen sowie im Hinblick auf ökologische, ökonomische und soziale Aspekte zu beschreiben und zu beurteilen, sind Werkzeuge und Hilfsmittel erforderlich, die den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie abbilden 23

Grundlagen

und entsprechende Informationen im Planungsprozess zur Verfügung stellen [80]. In den letzten Jahren hat sich international eine Vielzahl solcher Werkzeuge für die Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gebäuden und Bauprodukten entwickelt, die an die klimatischen, kulturellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen einzelner Nationen angepasst sind. Diese Instrumente unterscheiden sich teils erheblich hinsichtlich der Zielgruppe (Planer, Bauherren, Projektentwickler, Bauindustrie), der Bewertungsinhalte (Ökologie, Ökonomie, Soziales) sowie der betrachteten Phasen des Lebenszyklus (Planung, Erstellung, Nutzung, Rückbau, Entsorgung). Trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen lässt sich jedoch eine Systematik zur Unterscheidung der Systeme entwickeln [81]: • Bearbeitungs- und Bewertungsgegenstand: Wohnungsbau, Bürogebäude, Sportbauten etc. • Bewertungsziele: ökologische Bewertung, ökonomische Kriterien, soziale Aspekte etc. • Bearbeitungs- und Bewertungsrahmen: zeitlich, räumlich, geschichtlich etc. • Bewertungseinheiten: Qualitäten, Kriterien, Indikatoren, qualitative Aspekte, quantitative Kategorien etc. • Methodik zur Ermittlung: gesetzliche Anforderungen, vereinbarte Grenz- und Zielwerte, nationale Gewichtungen, Zugriff auf Datenbanken etc. • Zielgruppen: Architekten, Bauherren, Politik etc. • Darstellungsform der Bewertungsergebnisse: Tabelle, Vektor, Note etc. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewertung sind heute Instrumente mit konkreten Schutzzielen und Leitindikatoren erforderlich. Diese sollen dem Planungsteam ermöglichen, Auswirkungen und Wechselbeziehungen gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Einflussgrößen zu erkennen und diese im Planungsbzw. Bauprozess zu berücksichtigen. Die verfügbaren Instrumente für die Bewertung von nachhaltigen Bauten lassen sich in folgenden Teilgruppen bündeln [82]: • Produktdeklarationen: Bauprodukte und -hilfsstoffe, z. B. EPD (Environmental Product Declaration), Blauer Engel, NaturePlus etc. • Element- bzw. Bauteilkataloge: Bewertung von Bauteilen und -elementen (Umweltkennwerte, bauphysikalische Größen etc.), z. B. Regeldetails von Software-Programmen für Energieausweise oder Bauteilkatalog SIA D 0123 24











des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins Ausschreibungshilfen: ökologisch orientierte Leistungsbeschreibung, z. B. WECOBIS/WINGIS (Deutschland), ECO-DEVIS (Schweiz) Energieausweis: Beschreibung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden, z. B. Energieausweis (Deutschland) [83], Energy Performance Certificate (Großbritannien) Checklisten und Leitlinien: Formulierung von Zielen, Grundsätzen und Leitbildern für energiegerechtes, ökologisches Planen und Bauen, z. B. Leitfaden für nachhaltiges Bauen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen ganzheitliche Planungs- und Bewertungshilfsmittel (Tool): interaktive Werkzeuge zur Entscheidungsfindung wie Ökobilanzierung oder Lebenszykluskosten, z. B. LEGEP, GaBi (ganzheitliche Bilanzierung) oder bauloop Gebäudelabel, -evaluationen bzw. -zertifikate: Gebäudebewertung hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte (z. B. LEED, BREEAM, DGNB)

Ein bedeutender Fortschritt bei der Nachhaltigkeitsbeurteilung war die Entwicklung von Gebäudelabeln und -zertifikaten (Abb. 1.29). Diese Label erlauben die umfassende Bewertung eines Gebäudes als Gesamtsystem. Sie bündeln bestehende Planungsinstrumente und Teilaspekte des nachhaltigen Bauens (Energieeffizienz, Ökobilanz, Lebenszykluskosten etc.) und bauen auf bereits bestehenden nationalen Standards und Gesetzen auf. Bereits in frühen Leistungsphasen ermöglichen sie Planern und Auftraggebern eine Projektbewertung, aus der sich auch Hinweise zu nachhaltigen Planungszielen und zu einer planungsbegleitenden Verbesserung der Nachhaltigkeit des Gebäudes ableiten lassen. Nach der Baufertigstellung dienen Gebäudezertifikate dazu, Nutzern und Betreibern einen nachvollziehbaren Beleg bezüglich der nachhaltigen Qualität ihres Gebäudes zu liefern. Neben der reinen Bewertung der Gebäudequalität stellt die Zertifizierung, d. h. die Überprüfung der Gebäudedokumentation durch akkreditierte Auditoren und Zertifizierungsstellen, eine zusätzliche Qualitätssicherung dar [84]. Systeme und Methoden zur Bewertung der nachhaltigen Gebäudequalität

Die Nachhaltigkeitsbewertung besitzt heutzutage einen zentralen Stellenwert im

Planungswesen und Bausektor. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Anzahl der Bewertungs- und Zertifizierungssysteme, aber auch die Summe der zertifizierten Gebäude weltweit enorm gestiegen. Neben Standards, Richtlinien und Planungszielen für nachhaltige Gebäude von Firmen, Institutionen oder Ministerien existieren nun weltweit mehr als 600 Methoden zur Bewertung der nachhaltigen Gebäudequalität [85, 86]. Sie bringent zahlreiche Vorteile mit sich [87]: • Reduktion und Kontrolle der Umweltbelastungen von Gebäuden [88] • Hilfsmittel zur Festlegung von nachhaltigen Planungszielen [89] • Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Gebäudequalität [90] • Verbesserung der Transparenz des Planungsprozesses durch Beschreibung der Nachhaltigkeitsqualität und Bereitstellung von Informationen für die Betreiber und Nutzer [91] • Gewährleistung der Umsetzung von nachhaltiger Gebäudequalität durch Monitoring und durch Förderung der integrativen Planungsprozesse [92] • Qualitätssicherung des Bauwerks durch Überprüfung der Planungs-, Ausführungs- und Betriebskonzepte und der eingesetzten Materialien [93] • höhere Wettbewerbsfähigkeit über den gesamten Lebenszyklus [94] • geringere Lebenszykluskosten und Versicherungsbeiträge [95] Die meisten bisherigen Gütesiegel wurden speziell für die Bedürfnisse einzelner Nationen entwickelt und nehmen Bezug auf deren klimatische, kulturelle und gesetzliche Ausgangsbedingungen. Die zugrunde liegenden Bewertungsmodelle sind sehr verschieden und bilden die Nachhaltigkeit im Bausektor sehr unterschiedlich ab. Bisweilen werden nur Teilaspekte beschrieben (z. B. Energieeffizienz, Ökologie, Standortqualität etc.) oder Aussagen nur für einen Teil des Lebenszyklus von Gebäuden getroffen, z. B. für die Planung mit ihren einzelnen Phasen, für die Beurteilung fertiggestellter Gebäude oder im ganzheitlichen Sinne für alle Lebenszyklusphasen. Die wesentlichen, international anerkannten Systeme sind, gegliedert nach Ländern: • Australien: NABERS, Green Star • Belgien: BREEAM Belgium • Brasilien: LEED Brasil, AQUA, BREEAM Brasil • China: GBAS, Three Star, HK-BEAM (Hong Kong) • Deutschland: DGNB, BNB, TÜV Süd SCoRE

Gebäudebewertung und -zertifizierung

• Finnland: PromisE • Frankreich: HQE, Escale; BREEAM France • Großbritannien: BREEAM • Hong Kong: HK-BEAM • Indien: LEED India, TGBRS India • Italien: Protocollo Itaca • Japan: CASBEE • Kanada: LEED Canada, Green Globes (Green Leaf) • Mexiko: LEED Mexico, SICES • Niederlande: BREEAM Netherlands • Neuseeland: Green Star NZ • Österreich: Total Quality • Polen: BREEAM Poland • Portugal: Lider A, SBTool Portugal • Russland: BREEAM Russia • Schweiz: MINERGIE • Singapur: BCA Singapur Green Mark • Spanien: VERDE, BREEAM Spain • Südafrika: SBAT, Green Star SA • Taiwan: ABRI • Tschechische Republik: SBTool CZ • Vereinigte Staaten: LEED, Green Globes • Vereinigte Arabische Emirate: LEED Emirates, BREEAM Gulfs • Europa: Green Building, LEnSE, Open House, Super Building Marktdurchdringung der Systeme Unter den Gütesiegeln und Bewertungsmethoden für Nachhaltigkeit haben sich vor allem das englische BREEAM (BRE Environmental Assessment Method) und die amerikanische Methode LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) auch auf internationaler Ebene etabliert (Abb. 1.32, S. 26). Aber auch jüngere Systeme wie das DGNB Zertifikat dringen zunehmend auf den globalen Markt vor. Das US-amerikanische Label LEED ist aufgrund seiner erfolgreichen Marketing-Strategie das derzeit weltweit bekannteste Zertifizierungssystem. Mit rund 4000 zertifizierten und 25 000 registrierten Gebäuden (Stand 2009) [96] kommt es aber nicht an die Registrierungs- und Zertifizierungszahlen der britischen Methode BREEAM heran. Die hohe Anzahl von etwa 115 000 zertifizierten und über 800 000 registrierten Gebäuden (Stand 2009) [97] bei BREEAM rührt unter anderem daher, dass die britische Regierung gesetzliche Regelungen und Standards für das nachhaltige Bauen in Großbritannien auf Basis der BREEAMAnforderungen herausgebracht hat. Zu nennen sind hier der im Jahr 2006 beschlossene »Sustainable Procurement Action Plan«, der eine verpflichtende Einhaltung des BREEAM-Excellent-Standards bei allen Regierungsneubauten

Produktdeklarationen: Bauprodukte und -hilfstoffe + Elementkataloge: Bauteile (Funktionseinheiten) im eingebauten Zustand + Ausschreibungshilfen: ökologisch orientierte Leistungsbeschreibung + Checklisten und Leitlinien: Formulierung von Zielen, Grundsätzen und Leitbildern für energiegerechtes, ökologisches Planen und Bauen + Energieausweis: Beschreibung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden + ganzheitliche Planungs- und Bewertungshilfsmittel (Tools): Werkzeuge zur Bewertung der Ökobilanz und Lebenszykluskosten (Entscheidungsfindung) = Gebäudelabel, -evaluationen bzw. -zertifikate: Gebäudebewertung, z. B. DGNB Zertifikat 1.29

1. Generation BREEAM

GBTool HQE LEED

Green Globes CASBEE Green Star

2. Generation LEnSE

SBTool

DGNB VERDE

TQ Tool

Protocollo Itaca

SBTool Portugal

SBTool CZ 3. Generation ? 1.30

Bewertungswerkzeug

Land

aufbauend auf

BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method)

Großbritannien

– (erstes Bewertungssystem)

HQE (Haute Qualité Environnementale)

Frankreich

BREEAM

LEED (Leadership in Energy and Environmental Design)

USA

BREEAM

Green Globe

Kanada

BREEAM

CASBEE (Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency)

Japan

BREEAM, LEED

Green Star (Green Building Council of Australia) Australien

LEED, BREEAM

GBAS (Green Building Assessment System)

China

LEED, BREEAM, CASBEE 

DGNB (DGNB Zertifikat)

Deutschland

BREEAM, LEED, CASBEE, HQE, Green Star

Protocollo Itaca

Italien

SBTool

TQ (Total Quality)

Österreich

SBTool

SBTool Portugal

Portugal

SBTool

SBTool CZ

Tschechische Republik

SBTool

VERDE

Spanien

SBTool 1.31

1.29 Planungsinstrumente, Datenquellen und Einzelnachweise für nachhaltiges Bauen und deren Zusammenwirken in Gebäudelabeln und -zertifikaten

1.30 Aufbau der internationalen Bewertungsmethoden in Abhängigkeit voneinander 1.31 Ableitung der internationalen Bewertungsmethoden voneinander

25

Grundlagen

und -sanierungen fordert, oder die gesetzliche Regulierung »The Code for Sustainable Homes«. Diese verlangt seit Mai 2008 die Einhaltung von festgelegten Nachhaltigkeitszielen für alle Wohnungsneubauten und deren anschließende Bewertung. Derzeit liegt der Schwerpunkt der BREEAMZertifizierung deutlich auf dem Wohnungsbau, wie die Anzahl der Bewertungen bis zum Jahr 2008 zeigt: Im Wohnungsbau wurden bislang 109 450 Wohneinheiten zertifiziert, im Nichtwohnungsbau dagegen lediglich 1358 Gebäude [98]. Historische Entwicklung der Gebäudezertifizierung Die derzeit im internationalen Bausektor anerkannten Bewertungsmethoden bauen meist aufeinander auf und lassen die Erfahrungen und Erkenntnisse der Vorgängersysteme mit einfließen. Der Pionier unter den Zertifizierungssystemen war die britische Methode BREEAM des Building Research Establishment (BRE), deren Bewertungskatalog bereits 1990 veröffentlicht wurde. Das französische Pendant HQE (Haute Qualité Environnementale) folgte im Jahr 1996, ist allerdings bis heute in weiten Teilen nur in französischer Sprache verfügbar. Im Jahr 1998 startete das nordamerikanische Label LEED des U.S. Green Building Council (USGBC) mit den ersten Bewertungen im Bereich der Büro- und Verwaltungsneubauten. Basierend auf den Erfahrungen von BREEAM und LEED entwickelten sich im Jahr 2001 die japanische Methode CASBEE

(Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency) und 2002 in Australien das Bewertungssystem Green Star. Die hier genannten Label sind Bewertungsmethoden der ersten Generation, also Instrumente, die als erste Zertifizierungssysteme in den 1990er-Jahren entwickelt wurden und vorrangig die »grünen«, d. h. ökologischen und energetischen Qualitätskriterien eines Gebäudes bewerten (Green-Building-Approach) (siehe Systemvergleich, S. 94). Die Bewertungsmethoden der zweiten Generation, wie etwa das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) aus dem Jahr 2008 bauen auf den Erfahrungen der Instrumente der ersten Generation auf, befinden sich aber zum Teil noch in der Erprobung. Diese Bewertungswerkzeuge berücksichtigen nicht nur die Ökologie und die Energieeffizienz eines Gebäudes, sondern beurteilen seine ganzheitliche Qualität, d. h. ökologische sowie ökonomische Aspekte, sozialkulturelle Kriterien, Technik, Standort- und Prozessqualität über den kompletten Lebenszyklus (Planung, Konstruktion, Inbetriebnahme, Nutzung und Abriss) (Abb. 1.30 und 1.31) [99]. Internationaler Wettbewerb der Systeme Obwohl bereits zahlreiche Ansätze zur Entwicklung einer einheitlichen internationalen Bewertungsmethode für die Nachhaltigkeit von Gebäuden unternommen wurden, konnte sich bislang weltweit kein einheitliches Gütesiegel durchsetzen.

Auch auf nationaler Ebene existieren heutzutage verschiedene Bewertungsmethoden nebeneineinander (z. B. Australien: Green Star, NABERS oder Deutschland: DGNB, BNB, TÜV SÜD SCoRE). Es scheint, als würden Gebäude zukünftig je nach regionaler, nationaler oder internationaler Marktausrichtung nicht mehr nur mit einem, sondern mit mehreren Gütesiegeln bewertet werden. Zertifizierungssysteme wie LEED oder BREEAM, die bereits international angewendet werden, zeigten in den letzten Jahren mehr und mehr Bestrebungen, sich global durchzusetzen. So wurden mit LEED bereits in 76 Ländern Gebäude für Zertifizierungen registriert. Hierbei verfolgt LEED zwei Wege: Einerseits zertifiziert LEED auf internationaler Ebene nach Kriterien des amerikanischen Hauptkatalogs, d. h. nach Standards und Kennwerten, die auf die nordamerikanischen Verhältnisse abgestimmt sind. Andererseits hat es auf der Basis der amerikanischen Methode Tochtersysteme entwickelt, wie z. B. LEED Brazil, LEED Canada, LEED Emirates, LEED India oder LEED Mexiko, die auf die klimatischen und politischen Gegebenheiten angepasst und von den Green Building Councils der jeweiligen Länder adaptiert wurden. BREEAM hingegen hat für den internationalen Einsatz spezielle europäische und internationale Rahmenkataloge herausgebracht, wie BREEAM Europe oder BREEAM International. Hierbei scheint es immer mehr Fuß zu fassen, wie DGNB International

1.32 Zeitstrahl der Entwicklung von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen 1.33 Entwicklung vom Green Building Tool zum Sustainable Building Tool

BREEAM Turkey BREEAM Spain BREEAM Scandinavia BREEAM Russia BREEAM Latvia Green Star NZ

BREEAM Europe

LEED Mexico

BREEAM France BREEAM Netherlands

BREEAM

HQE

LEED

Green Globe

CASBEE

Green Star Australia

LEED Canada

BREEAM International

LEED Emirates

DGNB

LEED India

LEED Brazil

1990

1996

1998

2000

2001

2002

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010 1.32

26

Gebäudebewertung und -zertifizierung

Zahlreiche Trägergesellschaften der hier aufgeführten Bewertungssysteme gehören dem internationalen Dachverband World Green Building Council (WorldGBC) an. Neben dem WorldGBC agieren auf internationaler Ebene weitere Organisationen zur Förderung des nachhaltigen Bauens [101]. Mit der Gründung des Green Building Challenge (GBC), heute Sustainable Building Challenge (SBC), bildete sich ein weltweites Netzwerk auf der Basis gemeinsamer Forschungsziele, Konferenzen und Veröffentlichungen rund um das Themengebiet der nachhaltigen Architektur. Der GBC wurde von der Initiative iiSBE (International Initiative for a Sustainable Built Environment) [102] im Jahr 1996 ins Leben gerufen [103]. Eine der weltweit bedeutendsten Konferenzen zum Thema nachhaltiges Bauen, die vom SBC mitorganisiert wird, ist die World Sustainable Building Conference (SB02 Oslo, SB05 Tokyo, SB08 Melbourne) [104]. Auch die Sustainable Building Alliance (SB Alliance), ein internationales Netzwerk aus Universitäten, Forschungsinstituten, Umweltorganisationen und der Wirtschaft, hat sich mit dem Ziel gegründet, das nachhaltige Bauen und hierfür benötigte Planungs- und Bewertungswerkzeuge weiterzuentwickeln. Neben den genannten Netzwerken haben mittlerweile auch internationale Umweltprogramme wie UNEP (United Nations Environment Programme), internationale Architektenverbände wie die UIA (Union Internationale des Architectes) und Ingenieursverbände wie CIB (International Council for Building) das nachhaltige Bauen als wichtiges Themenfeld anerkannt [105]. Im europäischen Raum ist die Europäische Union eine der treibenden Kräfte bei der Entwicklung eines einheitlichen Güte-

Wasserverbrauch Flächenverbrauch Materialverbrauch Treibhausgasemissionen sonstige atmosphärische Emissionen Einflüsse auf die Ökologie des Standorts Festmüll / flüssige Abfallstoffe Innenraumluftqualität, Licht, Akustik

Sustainable Building

Internationaler organisatorischer Rahmen der Gebäudezertifizierung

Verbrauch nicht erneuerbarer Energien

Green Building

mehr als 10 000 weltweit zertifizierte Gebäude zeigen [100]. Auf Basis dieser Rahmenkataloge haben sich internationale Systeme von BREEAM bereits in zahlreichen Ländern, wie BREEAM Belgium, BREEAM Brasil, BREEAM France oder BREEAM Netherlands, etabliert. Auch das junge DGNB Zertifikat verfolgt ein ähnliches Ziel und ist zur Internationalisierung Kooperationen mit Partnern in Österreich, Bulgarien und China eingegangen. Weiterhin beabsichtigt die DGNB, das deutsche System in Ländern wie Italien, der Schweiz, der Türkei oder in Polen anzuwenden.

Langlebigkeit, Anpassbarkeit, Flexibilität Betrieb und Erhaltung soziale und ökonomische Aspekte Städtebau /planungsrelevante Aspekte 1.33

siegels. 2004 stellte die EU das Label GreenBuilding [106] für Nichtwohnungsbauten vor. 2008 folgte die von der EU im Rahmen eines Forschungsrahmenprogramms geförderte Methodik LEnSE [107], die die Gebäudequalität hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte bewertet. Zur Ermittlung von europaweiten Mindeststandards für Nachhaltigkeitsbewertungen hat die EU nun erneut für den Zeitraum von 2010 bis 2013 Forschungsprojekte, wie OPEN HOUSE [108] und SUPER BUILDING, ins Leben gerufen. World Green Building Council (WorldGBC) Um die Entwicklung nationaler Bewertungsmethoden und die Arbeit der nationalen Green Building Councils (GBCs) zu unterstützen, wurde im Jahr 1998 mit dem World Green Building Council (WorldGBC) ein globaler Dachverband für das nachhaltige Bauen gegründet [109]. Diese gemeinnützige Organisation vereint derzeit weltweit 20 Green Building Councils (Stand Juli 2010) und verfolgt das Ziel, die Immobilienbranche in Richtung Nachhaltigkeit voranzubringen [110]. Der WorldGBC unterstützt die Entwicklung von nachhaltigen Standards, Technologien, Produkten, Projekten und Zertifizierungssystemen auf internationaler Ebene. Dabei fördert er nicht ein spezielles Bewertungssystem, sondern bemüht sich, wichtige nachhaltigkeitsrelevante Aspekte in die Entwicklung von nationalen Bewertungssystemen zu integrieren und in Zusammenarbeit mit den nationalen Green Building Councils den Bezug zu den klimatischen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes herzustellen. Um den offiziellen Status eines Green Building Councils zu erlangen, sind verschiedene Schritte notwendig. Diese reichen von einer ersten Interessensbekundung (Expression of Interest) über eine

Anwärtermitgliedschaft (Emerging Member Status) bis hin zur Vollmitgliedschaft (Established Member Status). Zahlreiche Bewertungsmethoden, wie LEED, BREEAM, CASBEE, Green Star oder DGNB, sind bereits unter dem Dachverband des WorldGBC vereint, weitere Länder haben bereits Anträge auf eine Mitgliedschaft gestellt bzw. ihr Interesse bekundet. International Initiative for a Sustainable Built Environment (iiSBE) Ziel des internationalen Netzwerks International Initiative for a Sustainable Built Environment (iiSBE) ist die Entwicklung eines einheitlichen, vergleichbaren Bewertungsrahmenwerkzeugs zur Förderung und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsqualität von Gebäuden auf internationaler Ebene. Das Sustainable Building Tool (SBTool) wurde seit 1996 im Rahmen des Green Building Challenge (GBC) von einer Gruppe aus mehr als 15 nationalen Teams entwickelt und wird noch heute in zahlreichen Fallstudien getestet. Gegründet wurde die Initiative von Natural Resources Canada, die Verantwortlichkeit ging jedoch im Jahr 2002 auf iiSBE über. Die Methode des SBTools verfolgt einen anderen Ansatz als Systeme wie LEED oder BREEAM. Die Bewertungsmatrix des SBTools soll die Basis für nationale Bewertungsmethoden darstellen, um Gebäude auf internationaler Ebene vergleichbar zu machen [111]. Das ursprüngliche Ziel einer global vergleichbaren Bewertungsmethode scheiterte jedoch in der praktischen Umsetzung, d. h. trotz einer anfangs einheitlichen Ausgangsbasis ließen sich die Kriterien nach ihrer Adaption an die nationalen Rahmenbedingungen, also an das jeweilige Klima, die gesetzlichen Richtlinien, nationale Normen und die jeweilige Baukultur, nicht mehr miteinander vergleichen. 27

Grundlagen

Die Struktur und das Ziel dieses Bewertungsrahmenwerkzeugs haben in den letzten Jahren auf Anregungen der nationalen Teams hin zahlreiche Veränderungen erfahren. Der ursprüngliche Ansatz des Green Building Tools (GBTool) mit seinen Schwerpunkten auf Energieeffizienz, Ökologie und standortspezifischen Faktoren wurde um soziale, ökonomische und urbane Aspekte zum SBTool erweitert (Abb. 1.33) (siehe Systemvergleich, S. 88). Als internationales Rahmenwerkzeug bietet es einen einheitlichen Kriterienkatalog für neue Bewertungsmethoden, wie z. B. für das österreichische Zertifikat Total Quality (TQ), das spanische Bewertungsinstrument VERDE, das italienische Protocollo Itaca, das tschechische SBTool CZ oder das SBTool Portugal [112]. Sustainable Building Alliance (SB Alliance) Die Sustainable Building Alliance (SB Alliance) ist ein gemeinnütziges, unabhängiges internationales Netzwerk von Universitäten, Forschungszentren, Green Building Councils und der internationalen Bauindustrie (siehe Systemvergleich, S. 88). Gefördert wird die Initiative durch den UNESCO Chair for Sustainable Buildings, die UNEP-SBCI (United Nations Environment Programme Sustainable Buildings and Climate Initiative), die WFTAO (World Federation of Technical Assessment Organizations), durch iiSBE (International Initiative for a Sustainable Built Environment) und die ECTP (European Construction Technology Platform) [113]. Die SBA verfolgt ebenso wie die oben beschriebenen Organisationen das Ziel, das nachhaltige Bauen und den Einsatz von Bewertungsmethoden auf internationaler Ebene zu fördern. Gleichzeitig sollen eine einheitliche Matrix zur Vergleichbarkeit bestehender Bewertungsmethoden entwickelt und die internationale Normung im Bereich des nachhaltigen Bauens unterstützt werden. In einem Vergleich bestehender europäischer Bewertungsmethoden, den die Institutionen BRE (BREEAM, Großbritannien), CSTB (HQE, Frankreich), DGNB (DGNB Zertifikat, Deutschland), FCAV (AQUA, Brasilien), VTT (Finnland) und NIST (USA) durchgeführt haben, wurden im Jahr 2009 erste Kernindikatoren für die Bewertung der ökologischen Qualität von Gebäuden für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes entwickelt (Produktion, Konstruktion, Betrieb und End-of-Life) [114]. 28

UNEP-SBCI (United Nations Environmental Programme – Sustainable Buildings and Climate Initiative) Im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen hat das UNEP (United Nations Environment Programme) eine eigene Plattform für nachhaltige Gebäude geschaffen: die Sustainable Buildings and Climate Initiative (SBCI) [115]. Mit dieser branchenübergreifenden Initiative sollen weltweit Nachhaltigkeitsaspekte und neue Umwelttechnologien im Bausektor gefördert werden. Schwerpunkte stellen die Themenfelder Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus von Immobilien und die Durchführung von Pilotprojekten auf lokaler, nationaler und weltweiter Ebene dar. Hauptakteure der UNEP-SBCI sind die Bauindustrie, Regierungsorganisationen, lokale Behörden, Forschungsinititiativen, Experten und Verbände. Insbesondere die Entwicklung des »Sustainable Building Index (SB Index)« [116] und der »Common Carbon Metric« [117] sind wichtige Werkzeuge zur Förderung der Nachhaltigkeit im Bauwesen auf internationaler Ebene. Der UNEP-SB Index ist im eigentlichen Sinne kein Instrument für die Bewertung der nachhaltigen Gebäudequalität, sondern eher ein Rahmenwerkzeug, das Richtlinien und Empfehlungen zur jährlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Bauindustrie auf der Basis folgender Kernindikatoren vorgibt: Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen, Wasser, Materialien, Biodiversität, ebenso wie soziale und ökonomische Aspekte. Mit der Unterstützung zahlreicher Institutionen, wie des World Resources Institute (WRI), der SB Alliance, des World Green Building Council (WGBC) oder der iiSBE, hat die UNEP-SBCI das Kalkulationswerkzeug Common Carbon Metric entwickelt. Mit dieser Matrix sollen der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen, die während des Betriebs eines Gebäudes entstehen (Heizwärme, Kühlung, Lüftung, Licht etc), einheitlich auf internationaler Ebene bemessen werden. Die Ermittlung erfolgt anhand der Berechung der CO2-Äquivalente pro Quadratmeter und Jahr (kgCO2Äquivalente/m2/a) in Abhängigkeit vom Gebäudetypus und der Klimaregion. Die erste Pilotversion der Common Carbon Metric wurde auf der UN-Klimakonferenz (COP 15) 2009 in Kopenhagen vorgestellt und Anfang 2010 gestartet.

Anmerkungen: [1] Gauzin-Müller, Dominique: Nachhaltigkeit in Architektur und Städtebau. Basel 2001, S. 5f. [2] Hegger, Manfred u. a.: Energie Atlas. München/ Basel 2007, S. 39 [3] Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WBGU). http://www.wbgu.de/wbgu_globalerwandel.html [4] wie Anm. 2, S. 19 [5] United Nations Population Division. http://www.un.org/popin/data.html [6] Colin, Armand: Atlas der Globalisierung. Berlin 2007, S. 39 [7] ifs Institut für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen: Pro-Kopf-Wohnfläche weiter gestiegen. http://www.ifs-staedtebauinstitut.de/ hi/hi2006/hi02.pdf [8] Venjakob, Johannes; Hanke, Thomas: Neue Phase im Wettstreit zwischen Energieeffizienz und Wohnraumbedarf. In: E & M, 15. Mai 2006. http://www.wupperinst.org/uploads/tx_ wibeitrag/bild-des-monats_05-06.pdf [9] United Nations – Department of Economic and Social Affairs (UN/DESA): World Urbanization Prospects: The 2009 Revision. http://esa.un.org/unpd/wup/index.htm [10] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Renaturierung als Strategie nachhaltiger Stadtentwicklung. Bonn 2009, Heft 62, S. 41. http://d-nb.info/997406372/34 [11] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): Raumordnungsprognose 2025. http://www.bmvbs.de/Raumentwicklung, 1501.1053603/Raumordnungsprognose-2025. htm [12] Häußermann, Hartmut: Segregierte Stadt. http://www.bpb.de/themen/ OXHCW8,0,Segregierte_Stadt.html [13] Franke, Thomas u. a.: Integrierte Stadtentwicklung als Erfolgsbedingung einer Stadt. http://www.bak.de/userfiles/bak/download/ studie_integrierte_stadtentwicklung.pdf [14] wie Anm. 2, S. 49 [15] wie Anm. 3, http://www.wbgu.de/gc_portal/ global_change_portal_de.html [16] wie Anm. 1, S. 15 [17] Europäische Gemeinschaft: European Directive on the Energy Performance of Buildings. Richtlinie 2002/91/EG. Brüssel 2002. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ. do?uri=OJ:L:2003:001:0065: 0071:DE:PDF [18] Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Fourth Assessment Report. Genf 2004, http://www.ipcc.ch/publications_and_data/ar4/ syr/en/contents.html [19] wie Anm. 2, S. 46 [20] Umweltbundesamt (UBA): Flächenverbrauch, ein Umweltproblem mit wirtschaftlichen Folgen. Berlin 2004 [21] Statistisches Bundesamt: Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche: 114 ha/Tag. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/ Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2006/11/ PD06__492__85,templateId=renderPrint.psml [22] Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi): Energie in Deutschland. Berlin 2009. http://www.energie-verstehen.de/Dateien/ Energieportal/PDF/energie-in-deutschland, property=pdf,bereich=energieportal,sprache= de,rwb=true.pdf [23] International Energy Agency (IEA): Key World Energy Statistics. Paris 2009. http://www.iea.org/textbase/nppdf/free/2009/ key_stats_2009.pdf [24] Deutsche Energieagentur (dene): Thema Energie. http://www.thema-energie.de/ typo3temp/pics/7c2f97c03a.jpg [25] Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi): Die Entwicklung der Energiemärkte bis zum Jahr 2030 (EWI-Prognos-Studie). Berlin 2005. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/ Publikationen/Dokumentationen/ewi-prognos_ E2_80_93studie-entwicklung-derenergiemaerkte-545,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf [26] wie Anm. 2, S. 41

Gebäudebewertung und -zertifizierung

[27] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Erneuerbare Energien 2008 in Deutschland. Berlin 2009 [28] Ergebnis der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Statistik (AGEE-Stat). http://erneuerbare-energien.de/inhalt/5468/ [29] BMU: Erneuerbare Energien behaupten sich in der Wirtschaftskrise. http://www.erneuerbareenergien.de/inhalt/45805/5466 [30] U.S. Energy Information Administration: Annual Energy Outlook 2010. Washington 2010. http://www.eia.doe.gov/oiaf/aeo/pdf/ 0383%282010%29.pdf [31] European Renewable Energy Council und Greenpeace: Energy Revolution, A Sustainable Global Energy Outlook. http://www.greenpeace. org/raw/content/international/press/reports/ energyrevolutionreport.pdf [32] Altgeld, Horst u. a.: Vision des FVEE für ein 100 % erneuerbares Energiesystem. Berlin 2010 [33] Food and Agriculture Organization (FAO): Global Forest Resources Assessment 2005. Rom 2005, S. 21. ftp://ftp.fao.org/docrep/fao/008/a0400e/ a0400e00.pdf [34] Forest Stewardship Council: Arbeitsgruppe Deutschland e. V. http://www.fsc-deutschland. de/fsc/was-macht-fsc/#8 [35] wie Anm. 6, S. 19 [36] Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Wasser – Ressource für das Leben. http://www.bmbf.de/de/3934.php [37] Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Climate Change and Water. Genf 2008. http://www.ipcc.ch/pdf/technical-papers/ climate-change-water-en.pdf [38] wie Anm. 6, S. 31 [39] wie Anm. 18, http://www.ipcc.ch/organization/ organization.htm [40] BMU: Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Kyoto 1997. http://www.bmu.de/files/ pdfs/allgemein/application/pdf/protodt.pdf [41] BMU: UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009. http://www.bmu.de/15_klimakonferenz/ doc/44133.php [42] wie Anm. 6, S. 16 [43] Maas, Anton; Hauser, Gerd: Energieeinsparverordnung 2009. Kassel 2009 [44] Meadows, Dennis L. u. a.: Die Grenzen des Wachstums. Stuttgart 1972 [45] Kresse, Dodo; Schauer, Kurt; Wallner, Hans Peter: Erfolg mit der Business Agenda 21. München 2004 [46] Lovins, Amory u. a.: Faktor vier. Doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch. München 1995 [47] Stern, Nicholas: The Economics of Climate Change: The Stern Review, Cambridge 2006 [48] wie Anm. 2, S. 40; wie Anm. 47 [49] http://ec.europa.eu/enterprise/policies/ innovation/policy/lead-market-initiative [50] BBSR: Europäische Leitmarktinitiative Nachhaltiges Bauen. http://www.bbsr.bund.de/ nn_623536/BBSR/DE/Bauwesen/ NachhaltigesBauen/Leitmarktinitiative/start.html [51] Lützkendorf, Thomas: Grundlagen zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Immobilien. Karlsruhe 2009. http://www.intergeo.de/ archiv/2009/Luetzkendorf.pdf [52] wie Anm. 49 [53] BMU: GreenTech made in Germany 2.0, Umwelttechnologieatlas für Deutschland. München 2009. http://www.bmu.de/files/pdfs/ allgemein/application/pdf/greentech2009.pdf [54] PricewaterhouseCoopers (PwC) in Zusammenarbeit mit Significant und Ecofys: Collection of statistical information on Green Public Procurement in the EU. http://www.pwc.de/fileserver/ RepositoryItem/CollstatinfGPP-resultFIN. pdf?itemId=9207780 [55] wie Anm. 52 [56] Studie zur Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Gebäude in Deutschland: Ergebnisse einer Befragung von ca. 200 Führungskräften aus der deutschen Immobilienwirtschaft im Rahmen der 15. Handelsblatt Jahrestagung Immobilienwirtschaft. Berlin 2008

[57] Pressemitteilung: Deutsche Immobilienbranche sieht weiterhin grün. Berlin 2008. http://www. immobilien-forum.com/pdf/pb_2008.pdf [58] World Commission on Environment and Development (WCED): Our Common Future. New York/ Oxford 1987 [59] wie Anm. 44 [60] Ott, Konrad; Döring, Ralf: Grundlinien einer Theorie starker Nachhaltigkeit. In: UmweltHandeln. München 2006, S. 89 –127 [61] Heinrich Böll Foundation: Erdgipfel Rio 1992. Johannesburg 2002. http://www.worldsummit2002.de/web/joburg/167.html [62] BMU: Nachhaltigkeitsstrategie Europa. Berlin 2009, http://www.bmu.de/europa_und_umwelt/ eu-nachhaltigkeitsstrategie/doc/print/6733.php [63] Die Bundesregierung: Fortschrittsbericht 2008 zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Berlin 2008. http://www.bundesregierung.de/nn_774/ Content/DE/Publikation/Bestellservice/2008-1117-fortschrittsbericht-2008.html [64] wie Anm. 1, S. 14f. [65] Lang, Annette: Ist Nachhaltigkeit messbar? Stuttgart 2003 [66] Deutscher Bundestag: Schlussbericht der Enquete-Kommission. Berlin 1999. http://www. bundestag.de/gremien/welt/glob_end/ [67] Huber, Joseph: Nachhaltige Entwicklung. Berlin 1995 [68] wie Anm. 65, S. 61 [69] wie Anm. 66 [70] OECD: Glossary of statistical terms. http://stats. oecd.org/glossary/detail.asp?ID=6611 [71] wie Anm. 2, S. 50f. [72] Eßig, Natalie: Nachhaltigkeit von Olympischen Bauten. Stuttgart 2010, S. 47 [73] wie Anm. 1, S. 19 [74] Union Internationale des Architectes (UIA): Declaration of Interdependence for a Sustainable Future. Chicago 1993. http://www.uiaarchitectes.org/texte/england/2aaf1.html [75] ACE: Architecture and Sustainability. Brüssel 2009. http://www.danskeark.org/om_par/2009_ ACE_Architecture_Sustainability.pdf [76] Lewis, J. Owen: A green Vitruvius – Principles and Practice of Sustainable Architectural Design. London 1999 [77] ACE: Architecture & Quality of Life. Brüssel 2004 [78] Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR): Leitfaden nachhaltiges Bauen. Bonn 2001. http://www.bmvbs.de/architekturbaukultur [79] wie Anm. 1, S. 19f. [80] Lützkendorf, Thomas: Umsetzung von Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung im Baubereich. In: Darmstädter Nachhaltigkeitssymposium. Darmstadt 2003, S. 32–40 [81] Lützkendorf, Thomas: Nachhaltiges Planen, Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken. Karlsruhe 2002 [82] wie Anm. 2, S. 191 [83] Hauser, Gerd; Maas, Anton; Lüking, RolfMichael: Der Energiepass für Gebäude. Herausgegeben von Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung e. V., Kassel 2004 [84] wie Anm. 72, S. 228 [85] Hájek, Petr: Complex Methods for Life Cycle Analysis (LCA) and Life Cycle Cost (LCC) Assessments. Prag 2005. http://www.cideas.cz/ free/okno/technicke_listy/1uvten/EN_1221.pdf [86] Reed, Richard; Bilos, Anita; Wilkinson, Sara; Schulte, Karl-Werner: International Comparison of Sustainable Rating Tools. http://www.costar. com/josre/journalPdfs/01-Sustainable-RatingTools.pdf [87] wie Anm. 72, S. 226 [88] U.S. Green Building Council: LEED – New Construction & Major Renovation, Version 2.2. Reference Guide. Washington 2006 [89] wie Anm. 72, S. 226 [90] ebd. [91] Hauser, Gerd: Mehrwert und Marktchancen von Zertifikaten im Vergleich zu Energieausweisen. Frankfurt 2008, S. 76–84. http://www.enreso2020.de/fileadmin/enreso/ downloads/statements/Statement_ Hauser.pdf [92] Cole, Raymond J.: Building environmental assessment methods. In: Building Research

and Information. Ausgabe 27, 1999, S. 230–246 [93] wie Anm. 72, S. 226 [94] Lechner, Robert; Fröhlich, Thomas: Immo-Rate, Leitfaden für das Immobilienrating nachhaltiger Wohnbauten. Melk/Donau 2006. http://www. ecology.at/files/berichte/E08.458.pdf [95] Braune, Anna; Sedlbauer Klaus: Kurzstudie. Potenziale des Nachhaltigen Bauens in Deutschland. Leinfelden-Echterdingen 2007 [96] U.S. Green Building Council: About USGBC. http://www.usgbc.org/DisplayPage. aspx?CMSPageID=1720 [97] BREEAM Communities: sustainable assessment framework. http://www.breeam.org/filelibrary/BREEAM_ Communities_-_Fact_Sheet_v2.pdf [98] http://www.breeam.org [99] wie Anm. 72, S. 230f. [100] BREEAM: What is BREEAM international. http://www.breeam.org/page.jsp?id=203 [101] wie Anm. 70, S. 50 [102] iiSBE: SB/GB Challenge. http://www.iisbe.org/sb_challenge [103] Green Building Challenge. http://greenbuilding.ca/gbc98cnf [104] wie Anm. 102 [105] wie Anm. 72 [106] EU Commission: Greenbuilding – Improved Energy Efficiency for Non-residential Buildings. http://www.eu-greenbuilding.org [107] http://www.lensebuildings.com [108] http://www.openhouse-fp7.eu [109] http://www.worldgbc.org [110] wie Anm. 95 [111] iiSBE: About iiSBE. http://www.iisbe.org/ sb_challenge [112] wie Anm. 72, S. 228 [113] SB Alliance: The SB Alliance. A research based assessment oriented organization. Paris 2008. http://www.sballiance.org/?page_id=9 [114] http://www.sballiance.org/ [115] http://www.unep.org/sbci/index.asp [116] http://www.unep.org/sbci/pdfs/SYM2010UNEP-SBCI_SB_Index_Briefing.pdf [117] http://www.unep.org/sbci/pdfs/UNEPSBCI CarbonMetric.pdf

29

Zertifizierungssysteme im Detail

• • • • • • •

BREEAM (Building Research Establishment’s Environmental Assessment Method)

keit, auch Gebäude zu zertifizieren, die nicht einer der vorgegebenen Nutzungsarten bzw. Gebäudetypen entsprechen.

Das erste Zertifikat zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden war die Building Research Establishment’s Environmental Assessment Method (BREEAM) aus Großbritannien. Das System wurde durch das britische Building Research Establishment (BRE) entwickelt und verwaltet. BREEAM kann als Urversion aller Zertifikate der ersten Generation verstanden werden, da sich die Inhalte und Bewertungsschemata der meisten Zertifikate daran orientieren. Auch das US-amerikanische System LEED wurde ursprünglich von BREEAM abgeleitet. Dies wird bei LEED z. B. an der ähnlichen Gliederung der einzelnen Kriterien deutlich oder an der Möglichkeit, Zusatzpunkte durch Innovationen zu erhalten.

Organisation

Systeminitiative

BREEAM wurde Ende der 1980er-Jahre entwickelt und gelangte 1990 zur Marktreife. Ausgehend von einem nationalen System für Büro- und Wohngebäude findet das Zertifizierungssystem mittlerweile weltweit für verschiedenste Nutzungsarten Anwendung. Im Lauf der Jahre wurde BREEAM mehrere Male überarbeitet, auf unterschiedlichste Gebäudetypen erweitert und internationalisiert. Die derzeit gültige Version für Großbritannien stammt aus dem Jahr 2008 [1]. Nach dem Selbstverständnis des BRE kann mit BREEAM jedes Gebäude auf der Welt bewertet werden [2]. BREEAM bietet die Möglich-

2.1

30

Das Building Research Establishment [3] war ursprünglich eine staatliche Organisation und wurde 1921 unter dem Namen Building Research Station gegründet. Sie befasste sich mit Forschungen zum Wohnungsbau und zu Werkstoffen sowie mit der Entwicklung von Normen auf diesen Gebieten. Zeitgleich existierten weitere Organisationen wie das Forest Products Research Laboratory (FPRL) oder die Fire Research Station, die sich mit Forschungsaufgaben in den Bereichen Holzwerkstoffe und Brandschutz beschäftigten. 1972 verschmolz die Building Research Station mit den Organisationen für Holzforschung und Brandschutz im Building Research Establishment (BRE). 1997 wurde BRE privatisiert. Gesellschafter von BRE war zunächst die Foundation for the Built Environment (FBE), welche später in BRE Trust umbenannt wurde. Die Stiftungsmitglieder stammen aus den verschiedensten Bereichen der Bauwirtschaft. Diese bewusst breite Aufstellung bestärkt die Zielsetzung der Organisation, möglichst unabhängig von Einzelinteressen zu sein. Nach der Privatisierung beschäftigte sich BRE intensiver mit der Auftragsprüfung und Zertifizierung von Bauprodukten und Gebäuden. Diese Aktivitäten wurden unter dem Namen BRE Certification zusammengefasst. Nach der ersten Zertifizierung internationaler Projekte 2006 wurde BRE Certification in BRE Global umbenannt. Die gesamten Aktivitäten von BRE, BRE Global und dem BRE Trust sind seither in der BRE Group [4] vereint. Neben der Zertifizierung nimmt BRE Global heutzutage Prüfungen und Zulassungen von Brandschutz- und Sicherheitssystemen sowie Qualitätsprüfungen z. B.

BREEAM LEED DGNB CASBEE MINERGIE HQE EU-GreenBuilding-Programm

nach ISO 9001 und ISO 14 001 vor. Weiterhin werden Forschungstätigkeiten und Schulungen zu verschiedenen Themen angeboten [5]. Außerdem führt BRE die Ausbildung und Prüfung der BREEAMAssessoren selbst durch. Marktdurchdringung

Obwohl das System derzeit in verschiedenen Ländern weltweit Anwendung findet, liegt der Schwerpunkt noch eindeutig in Großbritannien. Dort sind es insbesondere die Zertifizierungen im Wohnungsbau, welche zur weiten Verbreitung von BREEAM und damit zu der großen Zahl an Registrierungen und Zertifizierungen geführt haben. Diese breite Anwendung in Großbritannien wird durch staatliche Vorgaben unterstützt, nach denen z. B. Wohngebäude, die nach dem 1. Mai 2008 fertiggestellt wurden, nach einem bestimmten Standard des »BREEAM Code for Sustainable Homes« zertifiziert sein sollten. Liegt diese Zertifizierung nicht vor, ist der Verkäufer verpflichtet, dem Eigentümer oder Käufer ein Dokument zu übergeben, in dem ausdrücklich vermerkt ist, dass dieses Gebäude zwar nach den gültigen Normen errichtet wurde, nicht aber die erhöhten Standards des Systems z. B. hinsichtlich Energie- und Wassereffizienz erfüllt. Im Vergleich zu anderen Systemen hat BREEAM die höchste Zahl an registrierten (d. h. zur Zertifizierung angemeldeten) und zertifizierten Gebäuden. Nach Stand 2009 [6] sind weltweit 818 943 Wohngebäude und 22 972 sonstige Gebäude registriert sowie in Großbritannien bereits über 115 000 Gebäude zertifiziert [7], wobei auch hier der Großteil Wohngebäude sind. Außerhalb Großbritanniens sind derzeit nach dem System BREEAM International 14 Gebäude zertifiziert [8]. Neben einem Objekt in den USA finden sich zertifizierte Gebäude hauptsächlich in Europa, z. B.

in Deutschland, Spanien, der Türkei, Luxemburg, Italien, Belgien oder Frankreich. Ein Beispiel in Deutschland ist die Centrum Galerie in Dresden, das erste Einkaufszentrum in Europa außerhalb Großbritanniens, das eine »BREEAM Excellent«-Auszeichnung erhalten hat (Abb. 2.10, S. 37). Die Entwicklung spezieller Systeme wie BREEAM Gulf zeigt, dass das System derzeit neu auf Märkte außerhalb Europas ausgerichtet wird. Um die weitere internationale Verbreitung zu fördern, wurde in letzter Zeit gezielt Kontakt mit verschiedenen Ländern wie z. B. Brasilien, Russland, den Niederlanden, Norwegen, Schweden oder der Türkei aufgenommen. Mit deren nationalen Organisationen, in der Regel den sogenannten Green Building Councils, wurden Kooperationsvereinbarungen getroffen. Ziel ist die Anpassung des Systems BREEAM an die lokalen Anforderungen wie Normen oder klimatische Verhältnisse. Zertifizierungsprozess

Vergleichbar mit den anderen Systemen erstreckt sich bei BREEAM der Zertifizierungsprozess über die verschiedenen Herstellungsphasen in Planung und Bau. Die sich daraus ergebenden Bewertungsmöglichkeiten unterscheiden sich derzeit bei nationalen und internationalen BREEAM-Projekten. In Großbritannien sind folgende Bewertungen möglich [9]: • Design and Procurement: Bewertung innerhalb der Planungsphase, z. B. bei Neubau- und umfangreichen Sanierungsprojekten • Post Construction: Review (Überarbeitung) der Bewertung der Planungsphase am Ende der Bauphase, welche die Umsetzung der angestrebten Eigenschaften dokumentieren soll • Fit-out: Speziell für vermietete Immobilien bei Büro- oder Handelsgebäuden kann auch der Ausbau einzelner Mietbereiche bewertet werden. • Management and Operation: Ergänzend ist die Zertifizierung von Bestandsgebäuden einzelner Nutzungsarten zu sehen, bei denen die Bewertung im laufenden Betrieb erfolgt. Dabei werden Richtlinien und Verfahrensanweisungen des Gebäudebetriebs neben den physischen Gebäudeeigenschaften berücksichtigt. Bei der Systemvariante BREEAM Europe gibt es keine separate Bewertung des Gebäudebetriebs oder der Mieterausbauten, sodass nur eine zweistufige Bewertung (Design and Procurement sowie

Zertifizierungssystem

Nutzungsart

Anwendungsbereiche

BREEAM Offices

Bürogebäude

BREEAM Offices bewertet Neubauten oder umfangreiche Sanierungen von Bürogebäuden in der Planungsphase, nach Fertigstellung oder im Betrieb.

BREEAM Retail

Handelsbauten

BREEAM Retail bewertet Neubauten oder umfangreiche Sanierungen von Handelsgebäuden nach Fertigstellung, als Mieterausbau, im Bestand als auch im Betrieb.

BREEAM Education

Bildungsbauten

BREEAM Education bewertet Neubauten, Erweiterungen und Sanierungen von Bildungsbauten, z. B. Schulen, in der Planungphase und nach Fertigstellung.

BREEAM Industrial

Industriegebäude

BREEAM Industrial bewertet Logistikgebäude, Fabrikationsstätten und Werkstätten in der Planungsphase und nach Fertigstellung.

BREEAM Healthcare

Klinikgebäude

BREEAM Healthcare bewertet Klinik- und Gesundheitsbauten in verschiedenen Lebenszyklusphasen.

BREEAM Prisons

Gefängnisse

BREEAM Prisons bewertet Justizvollzugsanstalten in der Planungsphase und nach Fertigstellung.

BREEAM Courts

Gerichtsgebäude

BREEAM Courts bewertet Neubauten und Sanierungen von Gerichtsgebäuden.

BREEAM Other Buildings

sonstige Nutzungsarten

BREEAM Other Buildings bewertet Gebäude, die nicht unter die anderen Kategorien fallen, in der Planungsphase und nach Fertigstellung. Dazu zählen z. B. Freizeitzentren, Laborgebäude oder Hotels.

The Code for Sustainable Homes

Wohngebäude

Seit April 2007 ist der Code for Sustainable Homes für die Zertifizierung neu errichteter Wohngebäude anzuwenden.

BREEAM Ecohomes

Wohngebäude

Das ursprüngliche Bewertungssystem für Wohngebäude ist seit April 2007 nur noch für Wohnungen anzuwenden, welche umfassend renoviert werden.

BREEAM Ecohomes XB

Wohnbestände

BREEAM Ecohomes XB ist ein Hilfsmittel zur Verwaltung von Bestandsgebäuden.

BREEAM Multi-Residential

Wohnheime

BREEAM Multi-Residential bewertet Studentenwohnheime, Altersheime und Gebäude mit ähnlichen Nutzungen in der Planungsphase und nach Fertigstellung.

BREEAM Communities

Stadtplanung / Quartiersentwicklung

Mit BREEAM Communities sollen Quartiersentwicklungen unter Nachhaltigkeitsaspekten bewertet und verbessert werden.

BREEAM Domestic Refurbishment

Wohngebäude (in Entwicklung)

Dieses neue Bewertungssystem bewertet die Sanierung von Bestandsgebäuden.

in Großbritannien

außerhalb Großbritanniens: BREEAM International BREEAM Europe Commercial

verschiedene Nutzungsarten

Dieses Bewertungssystem wurde für europäische Länder außerhalb Großbritanniens entwickelt.

BREEAM Gulf

verschiedene Nutzungsarten

Mit BREEAM Gulf wurde auf die umfangreiche Bautätigkeit in der Golfregion reagiert.

BREEM International Bespoke

beliebige Nutzungsarten

Mit diesem Bewertungssystem soll nach individueller Abstimmung und Festlegung der Standards jedes beliebige Gebäude weltweit zertifiziert werden können.

BREEAM In-Use

verschiedene Bestandsgebäude

Mit BREEAM In-Use sollen ganze Portfolien mit geringem Aufwand bewertet werden und in ihrer Nachhaltigkeit verbessert werden können. 2.2

BREEAM-Zertifizierungsgrad

Gesamterfüllung

Nicht zertifiziert

Unclassified

< 30 %

Bestanden

Pass

≥ 30 %

Gut

Good

≥ 45 %

Sehr gut

Very Good

≥ 55 %

Exzellent

Excellent

≥ 70 %

Herausragend

Outstanding

≥ 85 % 2.3

2.1 BREEAM-Logo 2.2 Übersicht der europäischen und internationalen BREEAM-Systemvarianten

2.3 BREEAM-Zertifizierungsgrade mit jeweils erforderlichem Gesamterfüllungsgrad

31

Zertifizierungssysteme im Detail

Mindestanforderung bei BREEAM-Bewertung Bestanden Gut (Pass) (Good)

Kriterium

Sehr gut (Very Good)

Exzellent (Excellent)

Herausragend (Outstanding) 2

Man 1

Commissioning







1

Man 3

Auswirkungen der Baustelle







1

2

Man 4

Nutzerhandbuch



1

1

1

1

Hea 4

Hochfrequenzlampen

1

1

1

1

1

Ene 1

Energieeffizienz







6

10

Ene 2

Energieverbrauchsmessung





1

1

1

Ene 5

regenerative Energien







1

1

Wat 1

Wasserverbrauch





1

1

2

Wat 2

Wasserverbrauchsmessung







1

1

Wst 3

Lagerung recyclingfähiger Abfälle







1

1

LE 4

Auswirkungen auf die Ökologie des Standorts







2

2 2.4

Gewichtung (%) Neubauten, Erweiterungen, Sanierungen

Ausbaumaßnahmen

Management (Management – Man)

12

13

Gesundheit und Behaglichkeit (Health & Wellbeing – Hea)

15

17

Energie (Energy – Ene)

19

21

Transport (Transport – Tra)

8

9

BREEAM-Kategorie

Wasser (Water – Wat)

6

7

Materialien (Materials – Mat)

12,5

14

Abfall (Waste – Wst)

7,5

8

Flächenverbrauch und Grundstücksökologie (Land Use & Ecology – LE)

10



Emissionen (Pollution – Pol)

10

11

Zusatzkriterien für außergewöhnliche Leistungen (Innovation – Inn)

10

10 2.5

Einreichungsvariante

Teilleistung

Teilbeträge

Gesamtsumme

Design and Procurement

Registrierung Zertifizierung

650 £ (ca. 750 €) 850 £ (ca. 975 €)

£1500 (ca. 1725 €)

Post Construction Review

Registrierung Zertifizierung

650 £ (ca. 750 €) 380 £ (ca. 435 €)

£1030 (ca. 1185 €)

Post Construction Assessment

Registrierung Zertifizierung

650 £ (ca. 750 €) 850 £ (ca. 975 €)

£1500 (ca. 1725 €) 2.6

2.4 Mindestanforderungen der BREEAMZertifizierungsstufen am Beispiel der Systemvariante BREEAM Europe Commercial 2009

32

2.5 Gewichtung der Kategorien bei der Systemvariante BREEAM Europe 2.6 Gebührenstruktur der Systemvariante BREEAM International, Stand September 2009

Post Construction) für die verschiedenen Maßnahmen erfolgt. Wie auch in Großbritannien können Bewertungen für Neubauten, Umbauten/Sanierungen, Ausbauten sowie sogenannte »Shell & Core«-Bewertungen (Rohbau und Gebäudehülle) durchgeführt werden. Unterschieden wird hier zwischen der Planungsphase (Design Stage, DS) und der Phase nach Fertigstellung (Post Construction Stage, PCS) [10]. Die Bewertung in der Planungsphase gibt die angestrebte Gebäudequalität wieder und kann sich daher zwangsläufig noch nicht auf die endgültigen Eigenschaften des später errichteten Gebäudes beziehen. Damit dennoch fundierte Informationen als Basis für die Bewertung vorliegen, sollte die Planung entsprechend fortgeschritten sein, sich also z. B. in der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) befinden. In dieser Phase wird daher ein Vorzertifikat, hier Interimszertifikat genannt, verliehen. Die Bewertung nach der Fertigstellung erfasst das Gebäude so, wie es gebaut wurde. Es gibt zwei Arten der Durchführung: Zum einen kann eine Durchsicht und Überarbeitung (Review) der Bewertung aus der Planungsphase erfolgen. Sie hat zum Ziel, die Ergebnisse der damaligen Bewertung zu bestätigen. Zum anderen kann eine vollständige Bewertung (Assessment) nach der Fertigstellung durchgeführt werden. Dies geschieht, wenn im Vorfeld kein Interimszertifikat in der Planungsphase beantragt wurde. Der eigentliche Bewertungs- und Zertifizierungsprozess läuft wie folgt ab: Das Projekt wird zunächst für eine bestimmte Systemvariante bei BREEAM registriert. In der Folge werden die für den Nachweis der Erfüllung der einzelnen Kriterien erforderlichen Informationen gesammelt und zusammengestellt. Auf Basis dieser Unterlagen nimmt der Assessor bereits die Bestimmung des Zertifizierungsgrads vor. Anschließend werden die Dokumentationsunterlagen zur Gegenprüfung an BREEAM übergeben. Diese dauert üblicherweise maximal drei Wochen, sofern keine Unstimmigkeiten vorliegen. Nach Abschluss der Prüfung erfolgt die Rückmeldung an den Assessor, und dem Gebäudeeigentümer wird das Vorzertifikat oder Zertifikat übergeben. Einen Sonderfall stellt die Systemvariante BREEAM Bespoke dar (siehe Systemvarianten, S. 33), bei der zunächst in Zusammenarbeit mit dem BRE eine Bewertungssystematik für das individuelle Gebäude erstellt wird.

BREEAM

Gebühren

In Großbritannien fallen je nach System und Gebäudeart bzw. Wohneinheiten die Gebühren in unterschiedlicher Höhe an. Eine Staffelung der Gebühren nach Gebäudegröße, z. B. ausgedrückt durch die Bruttogrundfläche, erfolgt nicht. Die Gebühren von BREEAM setzen sich dabei aus einem Teil für die Registrierung und einem Teil für die Zertifizierung zusammen. Die Gesamtgebühren liegen für die Einreichungsvarianten ungefähr in folgender Höhe [11]: • Design and Procurement: 850 –1140 £ (ca. 975 –1300 €) • Post Construction Review: 380 – 500 £ (ca. 435 – 575 €) • Post Construction Assessment: 1230 –1640 £ (ca. 1400 –1900 €) • Management and Operation: 850 £ (ca. 975 €) Bei BREEAM International bzw. Europe setzen sich die Gebühren ebenfalls aus der Registrierung sowie der Zertifizierung zusammen (Abb. 2.6). Zusätzlich können je nach Bedarf Übersetzungskosten in Höhe von 1500 £ (ca. 1725 €) anfallen, falls einzelne Unterlagen nicht in englischer Sprache eingereicht wurden. Zertifizierungsstufen

Die Zertifizierungsstufen bei BREEAM (Europe) hängen vom Gesamterfüllungsgrad ab (Abb. 2.3. S. 31). Sie werden teils auch grafisch über Sterne dargestellt. Neben dem prozentualen Erfüllungsgrad sind auf Kriterienebene definierte Mindestanforderungen einzuhalten. So muss ein Gebäude zum Beispiel für eine Bewertung »BREEAM Excellent« im Kriterium der Energieeffizienz mindestens sechs Punkte erreichen [12]. Für die Zertifizierungsstufe »Outstanding« (Herausragend) sind neben einem Erfüllungsgrad von mindestens 85 % und den in Abb. 2.4 genannten Mindestanforderungen für diese Stufe zusätzlich eine Fallstudie bzw. Objektbeschreibung zur Verfügung zu stellen. Diese wird gegebenenfalls vom BRE veröffentlicht. Ziel ist die Darstellung dieser herausragenden Projekte als Leuchtturm- bzw. Vorbildprojekte, an welchen sich andere Planer orientieren sollen. Systemvarianten

BREEAM bietet für eine Vielzahl an Nutzungsarten spezielle Systemvarianten an (Abb. 2.2, S. 31). In Großbritannien existieren für die klassischen Nutzungen im Nichtwohnungsbau folgende Standardversionen:

• BREEAM Offices (Bürogebäude) • BREEAM Retail (Einzelhandel) • BREEAM Industrial (Industrie- und Logistikgebäude) • BREEAM Educational (Schulen) • BREEAM Healthcare (medizinische Einrichtungen) Im Wohnungsbau wird zwischen folgenden Versionen unterschieden, die teilweise länderspezifisch sind: • BREEAM EcoHomes (Sanierungen in England, Neubauten in Wales und Schottland) • BREEAM EcoHomesXB (Hilfsmittel für Wohnungsbaugesellschaften etc.) • The Code for Sustainable Homes (Neubau von Einfamilienhäusern und Wohnungen in England) • BREEAM Multi-Residential (Studentenwohnheime, betreutes Wohnen, Jugendherbergen etc.) Daneben gibt es weitere Versionen für spezielle Gebäudetypen wie Gerichtsgebäude, Gefängnisse und auch Systeme, die speziell für einzelne Unternehmen entwickelt wurden. Eine Besonderheit gegenüber anderen Zertifizierungssystemen stellt die Anpassung der Bewertungskriterien an ein spezielles Gebäude dar: Für den Fall, dass keines der genannten Systeme den Anforderungen eines konkreten Projekts entspricht, wie bei Hotels oder Laborgebäuden, findet die Systemvariante »Bespoke« Verwendung. Hier kann in Abstimmung mit BRE, ausgehend von den vorhandenen Standardversionen, ein individuelles Zertifizierungssystem entwickelt werden. Für Gebäude außerhalb Großbritanniens wird die Systemvariante BREEAM International angewendet. Diese umfasst derzeit folgende Versionen: • BREEAM Gulf (alle Gebäudetypen innerhalb der Golfregion) • BREEAM Europe (ausgewählte europäische Staaten; Büro-, Handels- und Gewerbebauten) • BREEAM Communities (Stadtentwicklung) Auch BREEAM International wurde um die Bespoke-Variante erweitert, bei der für eine spezielle Immobilie ein angepasstes Zertifizierungssystem entwickelt werden kann. Das dargestellte Projektbeispiel der Centrum Galerie in Dresden (Abb. 2.10, S. 37) wurde z. B. nach dieser Systemvariante zertifiziert. Eine Sonderstellung nimmt das international anwendbare System BREEAM In-Use

ein, welches für die vergleichsweise schnelle Bewertung ganzer Portfolien oder Liegenschaften entwickelt wurde. Dieses internetbasierte Bewertungsverfahren führt eine, im Vergleich zu den anderen Systemen, oberflächliche Beurteilung mehrerer Gebäude durch. Die Anwendung soll durch den Eigentümer bzw. seine Mitarbeiter stattfinden und wird am Ende von einem BREEAMAssessor überprüft und bestätigt. Der Einbezug eines Assessors ist auch bei allen anderen BREEAM-Systemvarianten zwingende Voraussetzung. Dieser von BREEAM ausgebildete und zugelassene Experte ist, ähnlich wie der DGNBAuditor oder der LEED Accredited Professional, für eine neutrale Bewertung und die Sicherstellung einer gewissen Qualität im Zertifizierungsprozess verantwortlich. BREEAM-Dokumentationsunterlagen für eine Zertifizierung können ausschließlich von dem Assessor bei BRE eingereicht werden. Dokumentationsanforderungen

Die Dokumentationsanforderungen bei BREEAM sind mit denjenigen anderer Zertifizierungssysteme vergleichbar. Sie unterscheiden sich beim Nachweis nach BREEAM vor allem in Abhängigkeit von der Projektphase. Da in der Planungsphase (Design Stage) verschiedene Nachweise noch nicht vorliegen können, erfolgt die Dokumentation vorwiegend über Absichtserklärungen des Bauherren. Bereits vorhandene Unterlagen wie Pläne und Berechnungen sind in der Planungsphase einzureichen. Demgegenüber sind nach Fertigstellung des Objekts die tatsächlichen Nachweise für die bislang nur angestrebten Gebäudeeigenschaften zu erbringen. Auf Grundlage der einzelnen Kriterien sind dies z. B.: • Bestätigungen des Planungsteams (Erklärungen, Fotodokumentationen) • Dokumente wie z. B. das Nutzerhandbuch, Datenblätter verwendeter Produkte etc. • Bestätigungen oder Messprotokolle von Gutachtern (z. B. Bauakustiker) • Einbezug offizieller Nachweisdokumente wie das Energy Performance Certificate (in Großbritannien), vergleichbar dem deutschen EnEV-Nachweis Wurde bereits ein Interimszertifikat eingereicht, so sind die Ansätze der Planung und Berechnungen durch den Bauherren oder die jeweiligen Planer beim endgültigen Zertifikat schriftlich zu bestätigen. 33

Zertifizierungssysteme im Detail

Eine Besonderheit stellt bei BREEAM die Bestätigung des Assessors dar. Nach Fertigstellung führt dieser eine Gebäudebegehung einschließlich Fotodokumentation durch. Stimmen die gebauten Qualitäten mit den angestrebten Eigenschaften überein, bestätigt er gegenüber BRE die Konformität mit den Anforderungen des Zertifikats. Systemstruktur

Die Kriterien sind innerhalb von BREEAM Europe, wie bei den anderen BREEAMVarianten, zunächst allgemein formuliert. Innerhalb der Beschreibungen werden dann die Anforderungen für spezielle Anwendungsbereiche unterschieden. Diese sind: • Neubauten (Whole new buildings) • umfangreiche Sanierungen von Bestandsgebäuden (Major refurbishments of existing buildings) • Erweiterungen von Bestandsgebäuden (New build extensions to existing buildings) • Rohbau und Gebäudehülle (Shell and core buildings) • Innenausbau von Bestandsgebäuden und Neubauten (Existing building fit-out) • gleichartige Gebäude innerhalb eines Baugebiets • Kombinationen von Neubauten und Sanierungen • Mischnutzungen (New build or refurbishments which are part of a larger mixed use building) Die Bewertung erfolgt in einem zweistufigen Checklistensystem, bei dem in neun Kategorien Punkte für erfüllte Kriterien vergeben werden (Abb. 2.7). Jeder dieser Kategorien ist eine unterschiedliche Zahl an Kriterien zugeordnet. Je nach Anwendungsbereich werden jedoch nicht alle von ihnen in die Bewertung mit einbezogen. Die folgende Erläuterung beruht exemplarisch auf den für Bürogebäude relevanten Kriterien des Systems BREEAM Europe. Die Kriterien können in Umfang und Inhalt bei anderen Systemvarianten variieren, was auch an der nicht durchgehenden Nummerierung zu erkennen ist. Im Gesamtsystem wird der Energieeffizienz am meisten Gewicht beigemessen. Zur vollständigen Darstellung und Erläuterung sei an dieser Stelle auf die jeweiligen Handbücher für die Assessoren verwie-

2.7 Kategorien und Kriterien des Systems BREEAM Europe für Bürogebäude

34

sen. In den einzelnen Kategorien werden unterschiedliche Aspekte untersucht und bewertet: • Management: die Auswirkungen und Einflüsse des Herstellungsprozesses • Gesundheit und Behaglichkeit: die verschiedenen Auswirkungen des Gebäudes auf den Nutzer • Energie: unterschiedliche Aspekte der Energieeinsparung • Transport: die Einflüsse des Gebäudes und seines Standorts auf den Individualverkehr • Wasser: die Reduzierung des Wasserverbrauchs und verschiedene Teilaspekte zur Reduzierung • Materialien: die negativen Auswirkungen von Materialien • Abfall: die Abfallproblematik sowohl für den Herstellungsprozess als auch für die spätere Nutzung • Flächenverbrauch und Grundstücksökologie: die Inanspruchnahme des Grundstücks sowie die Auswirkungen auf die Umgebung hinsichtlich ökologischer Faktoren • Emissionen: die verschiedenen negativen Emissionen wie Schall, Licht oder Schadstoffe • Zusatzkriterien für außergewöhnliche Leistungen: Verleihung von Zusatzpunkten für die Übererfüllung einzelner definierter Kriterien mittels besonderer Innovationen (Abb. 2.7) Exemplarische Inhalte von BREEAM Europe

Die Inhalte des Systems BREEAM Europe sind auch bei den anderen BREEAM-Systemen elementarer Bestandteil. Allerdings geht das für Büro-, Handels- und Gewerbebauten in Europa (außer Großbritannien) verwendete System BREEAM Europe mit seinen Anforderungen über das System BREEAM Office in Großbritannien hinaus. Energieeffizienz Die im Kriterium Energieeffizienz erreichbaren Punkte können über verschiedene Nachweisverfahren bestimmt werden. Sofern eine länderspezifische Berechnungsvorschrift für die Energieeffizienz vorliegt, kann die Punktzahl anhand der Verbesserung der Energieeffizienz des Ist-Gebäudes (sogenannter Building Energy Performance Index, BEPI) gegenüber der eines Referenzgebäudes (Current Standards Building Energy Performance Index, CSBEPI) bestimmt werden. Abb. 2.8 (S. 36) zeigt die erreichbaren Punkte in Abhängigkeit davon, ob es sich um einen Neubau oder um eine Sanierung handelt [13].

Liegt kein solches nationales Berechnungsverfahren vor, kann die voraussichtliche Energieeffizienz über ein dynamisches Simulationsverfahren bestimmt werden, welches allerdings von BREEAM anerkannt sein muss. Die erreichbare Punktzahl ergibt sich in diesem Fall durch den Vergleich mit der Energieeffizienz eines Standardgebäudes, welches nach den länderspezifischen Vorschriften errechnet wird. Liegen keine derartigen Vorschriften vor, kann auf die US-amerikanische Norm ASHRAE 90.1-2007, Appendix G, zurückgegriffen werden. Die dritte Möglichkeit ist eine Punkteermittlung über eine Checkliste, die bestimmte, die Energieeffizienz beeinflussende Maßnahmen abfragt. In diesem Fall lassen sich allerdings nur maximal 10 Punkte anstatt 15 erreichen. Lebenszykluskosten Bei der Berechnung der Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs, LCC) handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren, bei dem zur Bewertung nicht der Vergleich mit Referenzgrößen (Benchmarks) herangezogen wird, sondern lediglich die Durchführung einer LCC-Berechnung, und die Umsetzung der Erkenntnisse positiv bewertet wird. Die LCC-Berechnung hat daher bei BREEAM nicht den Stellenwert wie z. B. beim System der DGNB. Es gibt bei BREEAM kein definiertes Berechnungsverfahren, welches einzuhalten ist. Stattdessen muss die LCC-Berechnung nachfolgende Randbedingungen einhalten: • Die LCC-Berechnung muss auf Grundlage der Entwurfsplanung erfolgen. • Zu berücksichtigen sind die Herstellungsphase, die Nutzungsphase einschließlich Gebäudebetrieb und Instandhaltung sowie die Verwertung. • Als Zeitraum sind in einem ersten Fall 25 oder 30 Jahre und zusätzlich in einem zweiten Fall 60 Jahre zu untersuchen. • Mindestens zwei der nachfolgenden Gebäudeelemente sind zu berücksichtigen: Tragwerk, Hülle, Haustechnik und Innenausbau. • Zur Auswahl einer baulichen Variante ist neben den geringsten Lebenszykluskosten mindestens einer der nachfolgenden Faktoren zu berücksichtigen: geringer Energieverbrauch, Verringerung des Wartungsaufwands, längere Lebensdauer von Bauteilen, Wiederverwendbarkeit von Bauteilen. • Das Berechnungsmodell muss in den nachfolgenden Planungsphasen aktualisiert werden.

BREEAM

Kategorie

Gewicht

Kennziffer

Kriterium

max. Punkte

Anteil

Management (Management)

12,0 %

Man 1

Commissioning

2

2,18 %

Man 2

verantwortungsvolle Baufimen

2

2,18 %

Man 3

Auswirkungen der Baustelle

4

4,36 %

Man 4

Nutzerhandbuch

1

1,09 %

Gesundheit und Behaglichkeit (Health & Wellbeing)

Energie (Energy)

Transport (Transport)

Wasser (Water)

Materialien (Materials)

Abfall (Waste)

Flächenverbrauch und Ökologie des Grundstücks (Land Use & Ecology)

Emissionen (Pollution)

Zusatzkriterien (Innovation)

15,0 %

19,0 %

8,0 %

6,0 %

12,5 %

7,5 %

10,0 %

10,0 %

10,0 %

Man 12

Lebenszykluskostenberechnung

2

2,18 %

Hea 1

Tageslichtversorgung

1

1,07 %

Hea 2

Ausblicke

1

1,07 %

Hea 3

Blendschutz

1

1,07 %

Hea 4

Hochfrequenzlampen

1

1,07 %

Hea 5

innere und äußere Beleuchtungsstärke

1

1,07 %

Hea 6

zonale Steuerbarkeit der Beleuchtung

1

1,07 %

Hea 7

natürliche Belüftung

1

1,07 %

Hea 8

Innenraumluftqualität

1

1,07 %

Hea 9

flüchtige organische Verbindungen (VOC)

1

1,07 %

Hea 10

thermische Behaglichkeit

2

2,14 %

Hea 11

zonale Steuerbarkeit der Raumtemperatur

1

1,07 %

Hea 12

mikrobiologische Belastung (Legionellen)

1

1,07 %

Hea 13

Schallschutz

1

1,07 %

Ene 1

Energieeffizienz

15

11,87 %

Ene 2

Messeinrichtungen für große Energieverbraucher

1

0,79 %

Ene 3

mieterbezogene Verbrauchsmessung

1

0,79 %

Ene 4

Außenbeleuchtung

1

0,79 %

Ene 5

regenerative Energien

3

2,38 %

Ene 8

(energiesparende) Aufzüge

2

1,58 %

Ene 9

Fahrsteige und Fahrtreppen

1

0,79 %

Tra 1

öffentlicher Personennahverkehr

2

1,78 %

Tra 2

Entfernung zu Versorgungseinrichtungen

1

0,89 %

Tra 3

alternativer Individualverkerkehr

2

1,78 %

Tra 4

Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer

1

0,89 %

Tra 5

Mobilitätsplan für die Gebäudenutzer

1

0,89 %

Tra 6

maximale Parkplatzkapazität

2

1,78 %

Wat 1

Wasserverbrauch

3

2,00 %

Wat 2

Wasserverbrauchsmessung

1

0,67 %

Wat 3

Erkennung von Undichtigkeiten im System

1

0,67 %

Wat 4

Abschaltmöglichkeit von Sanitärbereichen

1

0,67 %

Wat 6

Bewässerungssysteme

1

0,67 %

Wat 8

Wasseraufbereitungssysteme

2

1,33 %

Mat 1

Baumaterialien

4

3,85 %

Mat 2

Oberflächenbefestigungen und Einfriedungen

1

0,96 %

Mat 3

Wiederverwendung von Fassadenbauteilen

1

0,96 %

Mat 4

Wiederverwendung tragender Bauteile

1

0,96 %

Mat 5

nachhaltige Baustoffgewinnung

3

2,88 %

Mat 6

Wärmedämmung

2

1,92 %

Mat 7

Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung

1

0,96 % 3,21 %

Wst 1

Abfallmanagement auf der Baustelle

3

Wst 2

recycelte Materialien

1

1,07 %

Wst 3

Lagerung recyclingfähiger Abfälle

1

1,07 %

Wst 5

Behandlung organischer Abfälle – Kompostierung

1

1,07 %

Wst 6

Vermeidung provisorischer Bodenbeläge

1

1,07 %

LE 1

Flächeninanspruchnahme

1

1,00 %

LE 2

Bodenbelastungen (Kontaminationen)

1

1,00 %

LE 3

Schutz ökologischer Eigenarten des Grundstücks

1

1,00 %

LE 4

Auswirkungen auf Ökologie des Standorts

5

5,00 %

LE 6

langfristiger Einfluss auf Artenvielfalt (Biodiversität)

2

2,00 %

Pol 1

Begrenzung des Treibhauspotenzials der Kältemittel

1

0,83 %

Pol 2

Vermeidung von Undichtigkeiten bei Kälteanlagen

2

1,67 %

Pol 4

NOx-Emissionen aus Heizungsanlagen

3

2,50 %

Pol 5

Überflutungsrisiko

3

2,50 %

Pol 6

Minimierung der Verunreinigung von Oberflächenwasser

1

0,83 %

Pol 7

Reduzierung von Lichtemissionen in der Nacht

1

0,83 %

Pol 8

Verringerung von Schallemissionen

1

0,83 %

Inn 1

Innovationen (1 Punkt je Innovation, max. 10 Punkte)

10

10,00 % 2.7

35

Zertifizierungssysteme im Detail

Primärenergiebedarf des Gebäudes prozentuale Unterschreitung gegenüber lokalen Anforderungen BREEAM-Punkte

Neubauten

Sanierungen

1

1%

-50 %

2

3%

-32 %

3

5%

-20 %

4

7%

-9 %

5

11 %

0%

6

15 %

8%

7

19 %

15 %

8

25 %

21 %

9

31 %

28 %

10

37 %

36 %

11

45 %

45 %

12

55 %

55 %

13

70 %

70 %

14

85 %

85 %

15

100 %

100 %

Zusatzpunkt 1

CO2-neutrales Gebäude (bilanziell)

Zusatzpunkt 2

Nullemissionsgebäude

Es gibt einen Zusatzpunkt, wenn die Ergebnisse aus der Lebenszykluskostenberechnung baulich umgesetzt werden.

Management (Man)

Ergebnis Kategorie

Gewichtung der Kategorie

prozentuale Erreichung

mögliche Kriterienpunkte

BREEAM-Kategorie

erreichte Kriterienpunkte

2.8

7

10

70 %

0,12

8,40 %

Gesundheit und Behaglichkeit (Hea)

11

14

79 %

0,15

11,79 %

Energie (Ene)

10

21

48 %

0,19

9,05 %

Transport (Tra)

5

10

50 %

0,08

4,00 %

Wasser (Wat)

4

6

67 %

0,06

4,00 %

Materialien (Mat)

6

12

50 %

0,125

6,25 %

Abfall (Wst)

3

7

43 %

0,075

3,21 %

Flächenverbrauch und Grundstücksökologie (LE)

4

10

40 %

0,1

4,00 %

Emissionen (Pol)

5

12

42 %

0,1

4,17 %

Zusatzkriterien für Innovationen (Inn)

1

10

10 %

0,1

1,00 %

Gesamtbewertung BREEAM-Zertifizierungsgrad

Minimalanforderungen für BREEAM »Sehr gut« Man 4 Nutzerhandbuch

55,87 % Sehr gut

Erreicht? ja

Hea 4 Hochfrequenzlampen

ja

Ene 2

Energiemessung

ja

Wat 1

Wasserverbrauch

ja 2.9

2.8 Punkteverteilung im Kriterium Energieeffizienz, abhängig von der Unterschreitung der lokalen Mindestanforderungen

36

2.9 exemplarische Ergebnisbestimmung bei der Zertifizierung nach BREEAM 2.10 Südansicht, Centrum Galerie, Dresden

Ökobilanzierung Für die Bewertung der Kriterien Mat 1 und Mat 2 kann eine Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, LCA) als alternatives Nachweisverfahren zum Green Guide (siehe Standards, Normen, Datenquellen, S. 37) herangezogen werden. Zulässig ist der Einsatz bestehender nationaler LCABewertungssysteme. In Deutschland verwendete Systeme sind derzeit aber noch nicht gelistet, sodass vor einer Anwendung zunächst BRE Global zustimmen muss. Bei der Ökobilanzierung sind folgende Randbedingungen als Mindestanforderungen einzuhalten: • Es müssen mindestens drei Umweltindikatoren bestimmt werden. • Die Berechnung berücksichtigt den kompletten Gebäudelebenszyklus einschließlich Nutzung und Verwertung. • Die Ökobilanzierung muss auf der Basis internationaler Normen (ISO 14 040, ISO 14 044 u. a.) durchgeführt werden. Standortfaktoren In die Gesamtbewertung des Gebäudes gehen, vergleichbar zu LEED, verschiedene Standortfaktoren mit ein. Diese sind zum Beispiel die Entfernung zum öffentlichen Personennahverkehr oder vorhandene Versorgungseinrichtungen wie Einkaufsmöglichkeiten. Bewertungsverfahren

Die Bewertung bei BREEAM erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. In Abb. 2.9 wird dies anhand eines Beispiels verdeutlicht: Zunächst kann für jedes Kriterium eine vorgegebene maximale Punktzahl erreicht werden. Anschließend werden die Punktzahlen der Kriterien innerhalb der einzelnen Kategorien (Sections) addiert und in Relation zu den maximal erreichbaren Punkten gestellt, sodass sich eine prozentuale Erfüllung der Kriteriengruppe ergibt, hier z.B. 70 % bei der Kategorie Management. Über definierte Gewichtungsfaktoren der einzelnen Kategorien errechnet sich der gewichtete Erfüllungsgrad der Kategorie. Im gewählten Beispiel ergibt sich in der Kategorie Management mit dem Gewichtungsfaktor 0,12 ein Ergebnis von 8,40 %. Die Addition aller gewichteten Prozentzahlen ergibt den Gesamterfüllungsgrad, hier 55,87 %. Aus dem resultierenden Ergebnis (im Beispiel »Sehr gut«) leiten sich am

BREEAM

Ende die Mindesterfüllungsgrade einzelner Kriterien ab. Nur wenn diese vollständig eingehalten werden, was in dem hier gewählten Beispiel der Fall ist, gilt die errechnete Gesamtbewertung als tatsächlich erreicht. Standards, Normen, Datenquellen

Die anzuwendenden Normen unterscheiden sich maßgeblich darin, welche Systemvariante Anwendung findet. Bei den Varianten in Großbritannien sind die lokalen Normen und Standards zu berücksichtigen. Dies sind im Wesentlichen die British Standards (BS). Darüber hinaus kommen Dokumente wie die BSRIA Commissioning Guides [14], Considerate Constructors Scheme (CCS), Good Practice Guide, Carbon Trust, BCO-Guide oder das Energy Performance Certificate (EPC) zur Anwendung. Ergänzt werden die Anforderungen durch Hilfsmittel, mit denen sich z. B. der Wasserverbrauch oder der ökologische Wert von Grundstücken ermitteln lassen. Im Gegensatz hierzu nimmt das System BREEAM Europe bewusst nicht auf nationale Regelwerke, sondern nur auf internationale ISO- oder EN-Normen Bezug. Diese sind in Deutschland meist auch als DIN-Normen eingeführt, sodass Planungsergebnisse in Deutschland als Nachweis genutzt werden können. Zum Beispiel wird für den Nachweis der thermischen Behaglichkeit Bezug auf die DIN EN ISO 7730, zum Nachweis der Raumluftqualität Bezug auf die DIN EN 13779 genommen. BREEAM führt zur Vergleichbarkeit der normativen Anforderungen Übereinstimmungslisten, in denen die Konformität der verschiedenen nationalen Normen dokumentiert ist. Sollten nationale Vorschriften nicht gelistet sein, kann im Einzelfall nachgewiesen werden, dass die Inhalte des Kriteriums sinngemäß erfüllt werden. Ein Beispiel ist das Thema funktionale Inbetriebnahme (Commissioning), bei dem der Nachweis zunächst über nationale Regelungen und Normen zu erfolgen hat, welche bestimmte Minimalanforderungen erfüllen müssen, die von BREEAM formuliert sind. Sollten keine normativen Regelungen für das Commissioning vorliegen, ist durch das Planungsteam die Übereinstimmung mit britischen oder anderen europäischen Normen nachzuweisen. In noch größerem Umfang als bei den BREEAM-Varianten für Großbritannien werden bei den internationalen Varianten verschiedenste Checklisten zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise ist bei

zahlreichen Kriterien ein Verzicht auf Normenbezüge möglich. Eine weitere Besonderheit von BREEAM ist die Integration von Hilfsmitteln, die vom BRE teilweise außerhalb des Zertifizierungssystems entwickelt wurden und das nachhaltige Bauen unterstützen. In diesem Zusammenhang sind z. B. der BRE Green Guide, das Green Book Live oder Smart Waste zu nennen. Green Book Live Green Book Live ist eine Online-Datenbank, die es ihren Nutzern ermöglicht, umweltfreundliche Produkte und dazugehörige Dienstleistungen zu identifizieren. Sie enthält z. B. Auflistungen von Organisationen, die nach ISO 14001 zertifiziert sind, oder Informationen über Bauprodukte. Ziel ist es, dem Endkunden oder Nutzer die Möglichkeit zu geben, umweltfreundliche Produkte und Leistungen auszuwählen [15]. Smart Waste Das Green Book enthält auch einen Verweis auf die Werkzeuge Smart Waste. Darin ist unter anderem der Smart Waste Plan enthalten. Dieses vom BRE entwickelte Tool ermöglicht es, die in Großbritannien gesetzlich geforderten Baustel-

lenabfallpläne (Site Waste Management Plan, SWMP) zu entwickeln und anzuwenden [16]. BRE Green Guide Der BRE Green Guide ist ein Hilfsmittel, das es erlaubt, Baustoffe und -produkte unter dem Aspekt ihrer Umweltauswirkungen zu beurteilen. Die Ergebnisse dieser Bewertungen gehen direkt in zwei Kriterien der BREEAM-Bewertung ein [17]. Ausblick

BRE strebt eine weitergehende Internationalisierung seines Zertifizierungssystems an. Dies äußert sich zum einen in der Entwicklung von Systemen für spezielle Märkte wie Europa oder die Golfstaaten, zum anderen in den Kooperationsvereinbarungen, die mit zahlreichen nationalen Organisationen geschlossen wurden. BRE Global gründete 2008 mit der französischen Organisation CSTB (Centre scientifique et technique du bâtiment) die SB Alliance sowie ein Jahr später die International Sustainability Alliance (ISA). [18] Darüber hinaus erfolgte im Jahr 2009 ein Memorandum of Understanding mit CSTB, nach dem ein gemeinsames europäisches Bewertungssystem entwickelt werden soll.

2.10 Centrum Galerie in Dresden, 2009 Architekten: T+T Design in Kooperation mit Peter Kulka, Dresden, und De Architekten Cie., Amsterdam Bauherr: Multi Development Germany GmbH, Duisburg

Assessor: Drees & Sommer Advanced Building Technologies GmbH, Stuttgart Das Einkaufszentrum erhielt die Bewertung »Excellent« (76,5 %) nach BREEAM International Bespoke.

37

Zertifizierungssysteme im Detail

LEED (Leadership in Energy & Environmental Design) LEED (Leadership in Energy & Environmental Design) ist ein Zertifizierungsstandard, der eine hochwertige, ökologische Bauweise für gesündere, umweltfreundlichere und profitablere Gebäude definieren soll (Abb. 2.11). Das LEED Green Building Rating System soll Gebäudebetreibern und Eigentümern ein strukturiertes Vorgehen ermöglichen, um praktikable und messbare Maßnahmen für Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung nachhaltiger Gebäude zu ergreifen. Obwohl ursprünglich nur für den amerikanischen Markt entwickelt, wird LEED inzwischen weltweit angewendet. Systeminitiative

LEED wurde vom USGBC (U.S. Green Building Council), einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Washington D. C., entwickelt und startete 1993 mit einem Pilotprojekt. Ende der 1990er-Jahre gab es die erste Version von LEED, und im März 2000 kam die LEED Green Building Rating System Version 2.0 für Neubauten (LEED-NC 2.0) auf den Markt. Sukzessive wurden weitere Systeme entwickelt, die es ermöglichen, neben neuen Gebäuden und Generalsanierungen auch Bestandsbauten zu zertifizieren und auf die Anforderungen spezieller Gebäudenutzungen wie Schulen, Einkaufszentren oder Krankenhäuser einzugehen. Motivation für die Entwicklung von LEED war der Wunsch nach einem System, mit dem Gebäude in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit beurteilt und miteinander verglichen werden können. Der USGBC fungiert als unabhängige Instanz, die die Überprüfung der Anforderungen durchführt. Eine weitere Zielsetzung war die Weiterentwicklung der Baubranche in den USA in Richtung Nachhaltigkeit, um damit die Verfügbarkeit entsprechender Materialien und effizienter Anlagen zu verbessern. Des Weiteren sollen auch das

2.11

38

Bewusstsein und Wissen von Privatpersonen zu diesem Thema geschärft werden. LEED deckt im Wesentlichen die ökologische und soziokulturelle Dimension der Nachhaltigkeit ab und legt seinen Schwerpunkt auf Energie- und Wassereffizienz, Reduzierung von CO2-Emissionen, gesunde und behagliche Innenräume sowie die Schonung von Ressourcen und beurteilt darüber hinaus die Bauaktivitäten sowie die Qualität des Standorts (Abb. 2.12). Organisation

Der USGBC war ursprünglich für alle Themen rund um LEED allein verantwortlich. Dies beinhaltete die Weiterentwicklung der vorhandenen und die Entwicklung neuer Systemvarianten, die Organisation und Durchführung von Schulungen und Prüfungen zu LEED und zum nachhaltigen Bauen, die Überprüfung der eingereichten Projektdokumentationen und die Ausstellung der Zertifikate. Seit Januar 2008 gliedert sich das GBCI (Green Building Certification Institute) als unabhängige Tochtergesellschaft in die Gesamtorganisation ein und die Aufgaben sind zwischen dem USGBC und dem GBCI aufgeteilt. Das GBCI hat den aktiven Geschäftsbereich der Zertifizierung übernommen und ist für den gesamten Zertifizierungsprozess bis hin zur Ausstellung der Urkunden zuständig. Von Beginn an war die Integration der Industrie in den Entwicklungsprozess von LEED ein zentraler Bestandteil des Systems. Hierfür wurden die Technical Advisory Groups (TAGs) eingeführt, die mit Experten aus der Industrie besetzt sind. Diese arbeiten auf freiwilliger Basis an der Weiterentwicklung des Zertifizierungssystems und beantworten technische Fragen (Credit Interpretation Requests, CIRs), die im Verlauf der Zertifizierungen von Projektteams gestellt werden (Abb. 2.13). Das GBCI ist neben dem Zertifizierungsprozess und der Bewertung (Review) der eingereichten Projektdokumentationen für die Entwicklung von Prüfungsfragen und die Akkreditierungen zum LEED Green Associate, dem LEED Accredited Professional (AP) und dem LEED Accredited Professional Fellow zuständig. Der LEED Green Associate ist die erste Stufe der Akkreditierung, zu der grundlegendes Fachwissen über LEED und Kenntnisse im Bereich des nachhaltigen Bauens vermittelt und in einer Prüfung abgefragt wird. Zulassungsvoraussetzung für die Prüfung zum LEED Green Associate ist die Mitwirkung bei einem LEED-Projekt

oder die Berufstätigkeit in einem Arbeitsgebiet, das sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Der LEED AP spezialisiert sich auf eine LEED-Systemvariante und muss seine Detailkenntnisse in einer weiteren Prüfung nachweisen. Dies spiegelt sich durch einen entsprechenden Zusatz im Titel wider, z. B. LEED AP (O&M) für die Vertiefung im System LEED-EB: O&M (LEED for Existing Buildings: Operation & Maintenance). LEED APs müssen für eine Zulassung die aktive Mitarbeit an einem LEED-Projekt nachweisen. Beide Akkreditierungen sind für zwei Jahre gültig und können durch den Nachweis von Weiterbildungsmaßnahmen, der Arbeit an registrierten LEED-Projekten, Veröffentlichungen über LEED oder im Bereich Nachhaltigkeit von Gebäuden erneuert werden. Die höchste Stufe der Akkreditierung ist der LEED AP Fellow. Die genauen Zulassungsvoraussetzungen werden derzeit vom GBCI erarbeitet. Der Titel wird aber nur an Experten im Bereich des nachhaltigen Bauens vergeben (Abb. 2.14). Bis Mitte 2009 gab es ausschließlich den Titel LEED Accredited Professional (LEED AP). Die bisherigen LEED APs können ihren Titel beibehalten und sind nicht verpflichtet, Nachweise zur Aktualisierung der Akkreditierung zu erbringen. Bis Herbst 2011 besteht jedoch die Möglichkeit, sich über eine erneute Prüfung oder über den Nachweis von Weiterbildungsmaßnahmen auf eine Systemvariante zu spezialisieren. Für die Erstellung und Einreichung der LEED-Dokumentation beim GBCI ist eine LEED-Akkreditierung nicht zwingend gefordert. Es empfiehlt sich jedoch, einen LEED AP in das Projektteam einzubinden, der mit seiner Erfahrung im Bereich des nachhaltigen Bauens und seinem Systemwissen die Projektbeteiligten bei der Umsetzung der Anforderungen zielgerichtet unterstützt. Dies wird mit einem Bewertungspunkt im Zertifizierungsprozess belohnt. Externe Zertifizierungsinstitutionen prüfen im Auftrag des GBCI die eingereichten Projektdokumentationen. Zur Sicherstellung der Qualität behält sich das GBCI vor, alle Reviews externer Zertifizierungsstellen nochmals zu untersuchen. Bei Qualitätsmängeln fordert das GBCI die verantwortliche Institution auf, die Prüfungen zu überarbeiten. Der USGBC ist Mitglied des World Green Building Council, in dem sich die einzelnen, nationalen Green Building Councils zusammengeschlossen haben. Weltweit haben mehrere Staaten das LEED-Zertifi-

LEED

zierungssystem übernommen und zum Teil an länderspezifische Gegebenheiten und Anforderungen angepasst. Beispiele hierfür sind Indien (LEED India), Kanada (LEED Canada) oder Brasilien (LEED Brazil).

fördert die Entwicklung des Marktes

Marktdurchdringung

Im Folgenden wird der Zertifizierungsprozess anhand der LEED-Systemvarianten für Neubauten, veredelte Rohbauten (Neubauten ohne Mieterausbau) und Bestandsgebäude beschrieben und es werden die Unterschiede zu den jeweils anderen Systemvarianten aufgezeigt. Neubauten und Generalsanierungen (LEED-NC) Bei der LEED-Zertifizierung für Neubauten (LEED-NC) ist der Zertifizierungsprozess in zwei Phasen unterteilt: die Planungsphase (Design Phase) und die Ausführungsphase (Construction Phase) (Abb. 2.16, S. 40, und 2.19 a, S. 41).

U.S. Green Building Council (USGBC)

informiert Industrie und Öffentlichkeit

Im April 2010 waren 27 696 Gewerbebauten und Bürogebäude für eine LEEDZertifizierung angemeldet, von denen 5462 zertifiziert sind. Der Großteil der registrierten Gebäude – knapp 90 % – befindet sich in den USA. Nach anfänglich moderatem Verlauf ist seit 2007 ein deutlicher Anstieg der Registrierungen erkennbar (Abb. 2.17, S. 41). Eine hohe Akzeptanz im Markt findet auch das System LEED for Homes, das 2007 einführt wurde. Im April 2010 waren 24 939 Wohngebäude registriert und davon 5988 zertifiziert. Der Anstieg in den letzten Jahren liegt zum einen an den Vorgaben vieler US-amerikanischer Behörden, die bei neuen Gebäuden mindestens eine LEED-Silber-Zertifizierung fordern, und zum anderen daran, dass der Markt die Vorteile einer Nachhaltigkeitszertifizierung erkannt hat. In den USA erhöht sich aufgrund der steigenden Anzahl zertifizierter und nachhaltig gebauter Gebäude der Druck auf die Betreiber bestehender Gebäude, ebenfalls eine Zertifizierung zu erlangen. Auch die Mitgliederzahlen steigen: ca. 18 000 Firmen und Organisationen waren im April 2010 als USGBC-Mitglied registriert. Weltweit haben mehr als 160 470 Personen die Prüfung zum LEED AP erfolgreich abgelegt. Dabei wirken die LEED APs als Multiplikatoren für den Wissenstransfer in die Industrie und in den privaten Sektor und sind häufig in einer der zahlreichen lokalen USGBCVertretungen aktiv (Abb. 2.18, S. 41). Zertifizierungsprozess

stellt Werkzeuge und Expertenwissen bereit

Aufbau einer Gemeinschaft

bietet eine Plattform für den Dialog in der Industrie 2.12

USGBC

Technical Advisory Groups (TAGs) mit Spezialisten aus der Industrie

Weiterentwicklung des Systems Workshops Schulungen

GBCI

Zertifizierungsinstitutionen

Projekte LEED-Akkreditierung 2.13 3. Stufe

LEED AP Fellow

2. Stufe

LEED AP

LEED AP

LEED AP

LEED AP

LEED AP

ID & C 1

HOMES

O&M 2

ND 3

BD & C 4

1. Stufe

1 2 3 4

LEED Green Associate

Interior Design and Construction Operation and Maintenance Neighborhood Development Building Design and Construction

2.14

LEED-Zertifizierungsgrad

Punktzahl

Zertifiziert

Certified

40 – 49

Silber

Silver

50 – 59

Gold

Gold

60 – 79

Platin

Platin

> 80 2.15

2.11 LEED-Logo 2.12 Arbeitsschwerpunkte des U.S. Green Building Council (USGBC) 2.13 Organisationsstruktur des USGBC

2.14 Stufen der LEED-Akkreditierung 2.15 Zertifizierungsstufen in Abhängigkeit von der erreichten Punktzahl bei LEED 2009 (einheitlich über alle Systemvarianten)

39

Zertifizierungssysteme im Detail

In der Planungsphase werden die Anforderungen und Kriterien dokumentiert und überprüft, die auf Basis der Planungsunterlagen und aufgrund der Standortwahl nachgewiesen werden können. Die Dokumentation wird am Ende dieser Phase beim Green Building Certification Institute (GBCI) zur Bewertung eingereicht. Als Ergebnis dieses Reviews werden die angeführten Kriterien durch das GBCI entweder abgelehnt oder anerkannt – vorbehaltlich der Annahme, dass diese Kriterien tatsächlich baulich umgesetzt werden. Für den Zeitpunkt des Reviews gibt es keine zwingenden Vorgaben. Der Design Review kann auch gemeinsam mit dem Construction Review nach Fertigstellung des Gebäudes erfolgen. Jedoch besteht dann keine Möglichkeit mehr, Anpassungen in der Planung vorzunehmen, sollte dies aufgrund der Prüfungsergebnisse erforderlich sein. Die weiteren Kriterien, die in Zusammenhang mit den verwendeten Baustoffen, Materialien und Abläufen bei der Bauausführung stehen, werden am Ende der Bauphase geprüft. Nach Fertigstellung des Gebäudes wird die Dokumentation für die Ausführungsphase eingereicht.

1

Soweit zutreffend, folgt die Bestätigung, dass die Planung entsprechend der Dokumentation zum Design Review umgesetzt wurde. Falls dies nicht der Fall war, müssen die Änderungen dokumentiert und Nachweise zum Construction Review aktualisiert werden. Während es für die Einreichung der Dokumentation zum Ende der Planungsund Ausführungsphase keine konkreten Zeitvorgaben gibt, ist der Ablauf des Reviews detailliert festgelegt. Nach Abgabe der Unterlagen beim GBCI werden diese in einem ersten Review geprüft. Sollten Kriterien nicht vollständig oder nur unzureichend dokumentiert worden sein, bleiben dem Projektteam 25 Tage Zeit, diese anzupassen bzw. zu überarbeiten. Die angepassten Dokumente werden erneut eingereicht und in einem zweiten Review bewertet. Nach Beendigung muss das Projektteam das Ergebnis dieses Reviews innerhalb von 25 Tagen akzeptieren oder kann es anfechten (Abb. 2.20, S. 42). Eine LEED-Zertifizierung bietet mit den verschiedenen Zertifizierungsstufen und unterschiedlichen Gewichtungen der einzelnen Bewertungskategorien und

-kriterien ein weites Anwendungsspektrum und dementsprechend zahlreiche Szenarien zur Umsetzung im Projekt. In einem ersten Schritt wird in vielen Projekten ein Assessment (Vorprüfung) durchgeführt, welches dem Auftraggeber und dem Projektteam ausreichend Einblick in das LEED-Zertifizierungssystem gibt und die Chancen für ein Zertifikat auslotet. Darauf aufbauend werden die einzelnen Maßnahmen für eine erfolgreiche LEEDZertifizierung festgelegt. Veredelte Rohbauten (LEED-CS) Bei der LEED-Zertifizierung für veredelte Rohbauten (LEED-CS) kommen dieselben Phasen zum Tragen wie bei Neubauten. Zusätzlich kann optional in einem frühen Projektstadium, z. B. vor Beginn der Planungsphase, eine Vorzertifizierung beim GBCI beantragt werden. Dazu wird für alle Kriterien eine Absichtserklärung mit den geplanten Zielwerten der Gebäudeeigenschaften beim GBCI eingereicht. Die Anforderungen an die einzureichende Dokumentation sind der frühen Leistungsphase angepasst. Das Vorzertifikat ist zur Vermarktung des Projekts nützlich (Abb. 2.19 b).

Einführung

Systemvariante

Nutzungsart

Beispiel

2000

LEED-NC

Neubauten und Generalsanierungen (New Construction & Major Renovations)

Neubauten und Generalsanierungen von Bürogebäuden und Gebäuden mit Mischnutzung (z. B. Büro, Wohnen, Restaurant usw.)

2004

LEED-EB: O&M

Bestandsgebäude: Gebäudebetrieb & Instandhaltung (Existing Building: Operation & Maintenance)

Bestandsgebäude aller Art

2004

LEED-CI

gewerblicher Mieterausbau (Commercial Interiors)

gewerblicher Mieterausbau (z. B. Büro, Drogerie, Bankfiliale usw.)

2006

LEED-CS

veredelter Rohbau (Core & Shell)

Neubauten von Bürogebäuden und Gebäuden mit Mischnutzung (Büro, Wohnen, Restaurant usw.). Bewertet werden der Rohbau und die Grundausstattung.

2007

LEED-H

Wohngebäude (Homes)

Ein- und Mehrfamilienhäuser

2007

LEED for Schools

Schulen (Schools)

Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien

2010 1

LEED-ND

Liegenschaftsentwicklung (Neighborhood Development)

Stadtteilprojekte

Mitte 2010 1

LEED Volume Certification

Portfoliozertifizierung (Volume Certification)

alle Gebäudetypen unter LEED-NC, LEED-EB: O&M, LEED-CI und LEED-Retail, z. B. Filialen von Banken und Supermärkte

Ende 2010 1

LEED-Retail (NC and CI)

Einzelhandel: Neubau und Mieterausbau (Retail: New Construction & Commercial Interiors)

Einkaufscenter, Supermarkt, Drogerie usw., entweder als Neubau oder Mieterausbau

2011 1

LEED for Healthcare

Gesundheitswesen (Healthcare)

Krankenhäuser, betreutes Wohnen für Ältere, Pflegeheime für körperlich und geistig Behinderte usw.

in Vorbereitung (Stand April 2010) 2.16

2.16 aktuelle und zukünftige Systemvarianten im LEED-Zertifizierungssystem (Stand April 2010) 2.17 LEED-Registrierungen von Gebäuden (Stand Januar 2010; kumulierte Zahlen)

40

2.18 Firmenmitglieder des USGBC (Stand September 2009) 2.19 Zertifizierungsprozess bei a Neubauten und Generalsanierungen

(LEED-NC) b veredeltem Rohbau (LEED-CS) c Bestandsgebäuden (LEED-EB: O&M)

40 000 35 000 30 000 25 000 20 000 15 000 10 000 5 000 0 2000 1

Mitgliederzahl

Bestandsgebäude (LEED-EB: O&M) Der Zertifizierungsprozess bei Bestandsgebäuden (LEED-EB: O&M) teilt sich in die Implementierungsphase (Implementation Period) und die Überprüfungsphase (Performance Period) auf (Abb. 2.19 c). Im Rahmen der Implementierungsphase werden die Anforderungen der Kriterien umgesetzt, während ihre Erfüllung in der Überprüfungsphase dokumentiert wird. In Bezug auf den Wasserbedarf der Sanitärarmaturen bedeutet dies z. B. in der Implementierungsphase, gegebenenfalls Armaturen oder Durchflussbegrenzer zu installieren, mit denen sich die angestrebte Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs erreichen lässt. In der Überprüfungsphase sind die Durchflussmengen anhand von stichprobenhaften Messungen oder mit Datenblättern der Hersteller nachzuweisen und mit den durch LEED vorgegebenen Grenzwerten zu vergleichen. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von umweltfreundlichen Reinigungsmitteln: In der Implementierungsphase werden die bisher eingesetzten Produkte auf Einhaltung der Anforderungen des entsprechenden LEED-Kriteriums überprüft und soweit erforderlich durch umweltfreundliche Produkte ersetzt. In der Überprüfungsphase werden die Kosten für die Reinigungsmittel über einen bestimmten Zeitraum ermittelt und der Einkauf dokumentiert. Die Anforderungen des Kriteriums für Reinigungsmittel sind erfüllt, wenn die Ausgaben für umweltfreundliche Reinigungsmittel mindestens 30 % betragen. Der Zeitraum der Überprüfungsphase beträgt für den Großteil der Kriterien mindestens drei Monate, mit Ausnahme des Kriteriums der Energieeffizienz, das über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten beurteilt werden muss. Nach Abschluss der Überprüfungsphase ist die Dokumentation innerhalb von 60 Kalendertagen beim GBCI einzureichen. LEED-EB: O&M erfordert nach fünf Jahren eine Re-Zertifizierung. Es handelt sich hierbei nicht um eine neue Bewertung. Vielmehr ist je nach Art des Kriteriums die Einhaltung der ursprünglichen Anforderung zum Zeitpunkt der Re-Zertifizierung zu bestätigen oder aber die bisherige Einhaltung nachzuweisen. So wäre für den Trinkwasserverbrauch der Sanitärarmaturen nur zu bestätigen, dass sich die Ausstattung nicht geändert hat. Der Einsatz umweltfreundlicher Reinigungsmittel hingegen ist für den Zeitraum seit Erhalt der Zertifizierung nachzuweisen. Änderungen an der Gebäudetechnik flie-

Registrierungen

LEED

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Schätzung

2010

1

2.17

20 000

15 000

10 000

5 000

1997

1998

1999 2000

2001

2002 2003

2004

2005

2006 2007

2008

2009 2.18

LEED-NC (Neubauten und Generalsanierungen)

Phase 1 LEED-Assessment (optional)

Phase 2 Planungsphase

Phase 3 Ausführungssphase

LEEDZertifikat

a LEED-CS (veredelte Rohbauten)

Phase 1 LEED-Assessment (optional)

Phase 2 Vorzertifizierung

Phase 3 Planungsphase

Phase 4 Ausführungsphase

LEEDZertifikat

b LEED-EB: O&M (Bestandsgebäude)

Phase 1 LEED-Assessment (optional)

c

Phase 2 Implementierungsphase

Phase 3 Überprüfungsphase

LEEDZertifikat

Re-Zertifizierung

2.19

41

Zertifizierungssysteme im Detail

ßen bei der Re-Zertifizierung in die Beurteilung der Energieeffizienz des Gebäudes ein. Zugrunde gelegt werden die Anforderungen der jeweils gültigen Version des Zertifizierungssystems. Kriterien, die nicht Teil der ursprünglichen Zertifizierung waren, können neu im Rahmen der Re-Zertifizierung berücksichtigt werden. Systemstruktur

Eine LEED-Zertifizierung ist auf einem Punktesystem aufgebaut, bei dem für die Erfüllung einzelner Kriterien Punkte vergeben werden. Die vorgegebenen Kriterien sind mit Ausnahme von LEED-ND und LEED Homes in allen Systemen in sieben Kategorien unterteilt: • nachhaltige Baugelände (Sustainable Sites, SS) • effiziente Wassernutzung (Water Efficiency, WE) • Energie und Atmosphäre (Energy & Atmosphere, EA) • Materialien und Ressourcen (Materials & Resources, MR) • Komfort und Innenraumklima (Indoor Environmental Quality, IEQ) • regionale Schwerpunkte (Regional Credits, RP) • Innovationen (Innovation & Design, ID)

Einreichen der Unterlagen

Abhängig von den bestehenden Umweltschutzanforderungen und den lokalen Baustandards in den einzelnen Ländern sind bereits die Mindestanforderungen z. B. hinsichtlich der geforderten Energieeffizienz eine Herausforderung. Bauvorhaben in Deutschland halten die Mindestanforderungen aufgrund des bestehenden hohen Standards meist ein, jedoch sind die Anforderungen an den Nichtraucherschutz frühzeitig zu berücksichtigen und das in Deutschland noch wenig verbreitete Commissioning früh in die Planung und Ausführung zu integrieren. Nachfolgend sind die Inhalte der einzelnen Kategorien näher beschrieben und die einzelnen Kriterien mit der jeweils erreichbaren Punktzahl am Beispiel des Systems LEED-NC aufgelistet. Eine antei-

4

4

4

4

4

6

6

6

6

6

15

19

17

15

25 Tage

mindestens das Recycling von Papier, Pappe, Glas, Plastik und Metallen vorschreibt • Komfort und Innenraumklima (IEQ-P1): Mindestanforderungen an die Raumluftqualität auf der Grundlage des Standards ASHRAE 62.1 [20] • Komfort und Innenraumklima (IEQ-P2): Einhaltung eines Rauchverbots im gesamten Gebäude außer in ausgewiesenen Raucherräumen

Die Gewichtung der Kategorien in den einzelnen Systemvarianten unterscheidet sich nur geringfügig (Abb. 2.21). Neben der minimalen Punktzahl der angestrebten Zertifizierungsstufe müssen Mindestanforderungen (sogenannte Prerequisites) zwingend erfüllt werden. Bei der Systemvariante LEED-NC sind folgende Mindestanforderungen zu erfüllen: • nachhaltige Baugelände (SS-P1): Vermeidung von Staubbildung, Ablagerungen in Gewässern und Bodenerosion durch Baustellentätigkeiten • effiziente Wassernutzung (WE-P1): Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs um 20 % im Vergleich zum LEED-Referenzwert [19] • Energie und Atmosphäre (EA-P1): grundlegendes Commissioning (funktionale Qualitätskontrolle) der energetisch relevanten Systeme • Energie und Atmosphäre (EA-P2): Einhaltung von Mindestanforderungen an die Energieeffizienz auf der Grundlage des Standards ASHRAE 90.1-2007 • Energie und Atmosphäre (EA-P3): Vermeidung von FCKW-haltigen Kältemitteln • Materialien und Ressourcen (MR-P1): Einführung eines Wertstoffsammelkonzepts für die Nutzungsphase, welches

12

13

1. Review GBCI 14

10 13

25 Tage

15 Tage

37

Überarbeitung Projektteam

35

35

10

2. Review GBCI

33

10

14

14

37

11 11

25 Tage

28

LEED-NC

LEED-CS

26

24

LEED-EB

LEED for Schools

21

Anerkennung des Reviews 2.20

2.20 zeitlicher Ablauf eines Reviews bei LEED 2.21 Gewichtung der Kategorien in den einzelnen Systemvarianten 2.22 Auflistung der Kategorien und Kriterien sowie der erreichbaren Punktzahl am Beispiel von LEED-NC (Neubauten und Generalsanierungen)

42

26

regionale Schwerpunkte Innovation und Planungsprozess Komfort und Raumqualität Materialien und Ressourcen

LEED-CI

Energie und Atmosphäre Wassereinsparung nachhaltiges Baugelände 2.21

LEED

lige Erfüllung von Kriterien ist bei LEED nicht möglich; Kriterien sind entweder erfüllt oder nicht erfüllt. Ausnahmen sind die Kriterien WE-3 – Reduzierung des Wasserverbrauchs, EA-1 – Optimierung der Energieeffizienz und EA-2 – Nutzung erneuerbarer Energien auf dem Grundstück, bei denen die Punkte gestaffelt nach Erfüllungsgrad vergeben werden. Bei LEED ist keine Multiplikatorensystematik wie bei anderen Systemen hinterlegt, Punkte werden direkt ausgewiesen (Abb. 2.22). Nachhaltige Baugelände Die Kategorie »nachhaltige Baugelände« legt den Schwerpunkt auf den Standort des Gebäudes. Positiv bewertet werden die Schonung der Ressource Land durch die Auswahl eines bereits entwickelten oder gar kontaminierten Baugeländes und der Schutz bzw. die Wiederherstellung von Grünflächen. Die Lage des Grundstücks und seine nähere Umgebung haben direkten Einfluss auf die Reduzierung des Verkehrsaufkommens; eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und die Nähe zu Wohngebieten mit öffentlichen Einrichtungen wird hierbei positiv bewertet. Effiziente Wassernutzung Der Bereich »effiziente Wassernutzung« zielt darauf ab, den durch den Gebäudebetrieb verursachten Trinkwasserverbrauch zu reduzieren. Dabei werden der Einsatz wassersparender Armaturen, eine Regen- oder Grauwassernutzung sowie eine Außenanlagenplanung mit geringem Bewässerungsbedarf berücksichtigt (Abb. 2.25, S. 45). Energie und Atmosphäre Kernstück der Kategorie »Energie und Atmosphäre« sind die Kriterien Energieeffizienz des Gebäudes sowie die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien auf dem Projektgelände, mit denen sich bereits 26 der maximal 110 Punkte erreichen lassen. Die Energieeffizienz wird in der Regel durch eine dynamische Gebäudesimulation des Gebäudes auf der Basis von stündlichen Wetterdaten über den Verlauf eines gesamten Referenzjahres nach dem ASHRAE Standard 90.1-2007, Appendix G [21], nachgewiesen. Bewertet wird im Gegensatz zur deutschen Energieeinsparverordnung EnEV nicht der Primärenergiebedarf, sondern die Einsparung an Energiekosten gegenüber einem Referenzwert. Erfasst werden alle Energieströme des Gebäudes. Neben dem Energiebedarf für

Kennziffer SS SS-P1 SS-1 SS-2 SS-3 SS-4.1 SS-4.2 SS-4.3 SS-4.4 SS-5.1 SS-5.2 SS-6.1 SS-6.2 SS-7.1 SS-7.2 SS-8 WE WE-P1 WE-1.1 WE-1.2 WE-2 WE-3 EA EA-P1 EA-P2 EA-P3 EA-1 EA-2 EA-3 EA-4 EA-5 EA-6 MR MR-P1 MR-1.1 MR-1.1 MR-1.1 MR-1.2 MR-2.1 MR-2.2 MR-3.1 MR-3.2 MR-4.1 MR-4.2 MR-5.1 MR-5.2 MR-6 MR-7 IEQ IEQ-P1 IEQ-P2 IEQ-1 IEQ-2 IEQ-3.1 IEQ-3.2 IEQ-4.1 IEQ-4.2 IEQ-4.3 IEQ-4.4 IEQ-5 IEQ-6.1 IEQ-6.2 IEQ-7.1 IEQ-7.2 IEQ-8.1 IEQ-8.2 ID ID-1.1–1.5

Kategorie/Kriterium nachhaltige Baugelände (Sustainable Sites) Vermeidung von Verschmutzung durch Baustellentätigkeiten Standortwahl Bebauungsdichte und Erschließung Altlastensanierung alternative Verkehrsmittel, Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln alternative Verkehrsmittel, Fahrradabstellraum und Umkleideräume alternative Verkehrsmittel, abgasarme und kraftstoffsparende Fahrzeuge alternative Verkehrsmittel, Parkplatzkapazität Grundstückserschließung, Schutz oder Wiederherstellung von Biotopen Grundstückserschließung, Maximierung offener Bereiche Regenwasserableitung, Quantität Regenwasserableitung, Qualität Wärmeinseleffekt, Flächen außer Dächer Wärmeinseleffekt, Dächer Reduzierung der Lichtverschmutzung effiziente Wassernutzung (Water Efficiency) Reduzierung des Wasserverbrauchs um 20 % wassersparende Landschaftsplanung: Reduzierung Trinkwassernutzung um 50 % wassersparende Landschaftsplanung: keine Trinkwassernutzung innovative Schmutzwasserbehandlung Reduzierung des Wasserverbrauchs um 30 % / 35 % / 40 % Energie und Atmosphäre (Energy & Atmosphere) grundlegendes Commissioning der energetisch relevanten Gebäudetechnik minimaler Energiebedarf grundlegendes Kältemittelmanagement Optimierung der Energieeffizienz Nutzung erneuerbarer Energien auf dem Grundstück erweitertes Commissioning erweitertes Kältemittelmanagement Messen und Überprüfen Ökostrom Materialien und Ressourcen (Materials & Resources) Lagern und Sammeln von Wertstoffen Wiederverwertung von Bauwerken, 55 % der Wände, Decken, Dächer Wiederverwertung von Bauwerken, 75 % der Wände, Decken, Dächer Wiederverwertung von Bauwerken, 95 % der Wände, Decken, Dächer Wiederverwertung von Bauwerken, Bewahrung von 50 % der Einrichtung Baustellenabfallmanagement, Recycling von 50 % des Abfalls Baustellenabfallmanagement, Recycling von 75 % des Abfalls Wiederverwertung von Baumaterialien, 5 % Wiederverwertung von Baumaterialien, 10 % Materialien mit Recyclinganteilen, 10 % Materialien mit Recyclinganteilen, 20 % regionale Materialien, 10 % regionale Materialien, 20 % schnell nachwachsende Materialien zertifizierte Hölzer Komfort und Innenraumklima (Indoor Environmental Quality) minimale Luftqualitätsgüte Regulierung Tabakrauch Überwachung der Außenluftzuführung erhöhte Lüftungsrate Luftqualitätsmanagement während der Bauphase und vor Bezug Construction IAQ Management Plan vor Gebäudebezug schadstoffarme Materialien, Klebstoff- und Abdichtungsmaterialien schadstoffarme Materialien, Farben und Beschichtungen schadstoffarme Materialien, Bodenbeläge schadstoffarme Materialien, Verbundhölzer und Pflanzenfaserprodukte Anforderungen an Räume mit Chemikalien und Schadstoffen Steuerbarkeit von Systemen, Beleuchtung Steuerbarkeit von Systemen, thermischer Komfort thermischer Komfort, Planung thermischer Komfort, Überprüfung Tageslichtbezug, 75 % der Fläche Außenbezug, 90 % der Fläche Innovation und Planungsprozess (Innovation & Design) Innovation in der Planung

ID-2 RP RP-1.1–1– 4

LEED-akkreditierter Experte regionale Schwerpunkte (Regional Credits/Bonuspunkte) regionalspezifische Schwerpunkte

R = Requirement / Mindestanforderung

Punkte 26 R 1 5 1 6 1 3 2 1 1 1 1 1 1 1 10 R 2 2 2 4 35 R R R 19 7 2 2 3 2 14 R 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 15 R R 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 6 5 1 4 4 2.22

43

Zertifizierungssysteme im Detail

Gebäudetechnik und Beleuchtung wird auch der für Bürogeräte, Küchentechnik, Außenbeleuchtung etc. berücksichtigt (Abb. 2.23, 2.24 und 2.26).

2.23

Regionale Schwerpunkte Um die unterschiedlichen regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen, wurden, basierend auf der Postleitzahl, für alle Kommunen in den USA regionale Kriterien festgelegt, die einen positiven Einfluss auf lokale, umweltrelevante Themen haben. Aufgrund der Trockenheit in Phoenix, Arizona, wird z. B. eine Wassereinsparung von 30 %, basierend auf den Anforderungen des Kriteriums WE3, mit einem zusätzlichen Punkt in dieser Kategorie belohnt. Insgesamt werden maximal vier regionale Punkte vergeben, die jedoch nur für Bauvorhaben in den USA erreicht werden können, d.h. Bauvorhaben außerhalb der USA erhalten in dieser Kategorie keine Punkte. Gebühren

1,5% 4,4% 10,7%

15,2%

21,4% 18,1%

28,7%

Kunstlicht Heizung Kälte Pumpen Ventilatoren Prozess % Kosteneinsparung 2.24

2.23 beispielhaftes 3D-Modell als Grundlage für die dynamische Gebäudesimulation. Diese wird für die Bewertung der Energieeffizienz nach ASHRAE 90.1, Appendix G angewendet. 2.24 beispielhafte Darstellung der Energiekostenanteile einzelner Verbrauchsarten für ein Neubauprojekt sowie Energiekosteneinsparung gegenüber den Referenzwerten nach ASHRAE 90.12004, Appendix G 2.25 Obergrenzen für Spül- und Durchflussmengen, festgelegt im Energy Policy Act 1992 2.26 Nachweis der Energieeffizienz nach LEED: Beispielhafter Vergleich der Endenergieverbräuche eines geplanten Projekts mit den Referenzwerten nach ASHRAE 90.1-2004, Appendix G. Die Prozessenergie (für Bürogeräte, Aufzüge, Küche etc.) wurde für den geplanten Neubau in Höhe des Referenzwerts angesetzt. 2.27 Zertifizierungsgebühren für Mitglieder des USGBC

44

Materialien und Ressourcen Der Bereich »Materialien und Ressourcen« umfasst das Recycling während der Bauphase und die Umsetzung des Recyclingkonzepts während der Gebäudenutzung. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der durch Recycling erzielbaren Kosteneinsparung bei der Entsorgung ist bei Projekten in Deutschland eine Recyclingquote von 75 % für Baustellenabfälle erreichbar. Dabei sind die gesamten Abfallmengen zu erfassen und zu dokumentieren. Dies wird durch ein zentrales Baustellenabfallmanagement wesentlich erleichtert. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der Wiederverwendung bestehender Gebäudeteile und der Auswahl von Materialien mit hohem recycelten und regionalen Anteil.

fünf möglichen limitiert. Der sechste Punkt wird für die Teilnahme eines LEED APs an der Zertifizierung vergeben.

Komfort und Innenraumklima Diese Kategorie deckt die soziokulturelle Dimension der Nachhaltigkeit ab mit dem Ziel, einen gesunden Innenraum in einem behaglichen Umfeld zu schaffen. Eine gute Luftqualität wird durch schadstoffarme Klebstoffe, Farben, Lacke, Bodenbeläge etc. sowie durch eine ausreichende Frischluftzufuhr gefördert. Die Anforderungen an das thermische Raumklima werden über den Standard ASHRAE 55 beschrieben, der auf der EN ISO 730 [22] aufbaut. Dabei werden die operative Raumtemperatur, die lokale Luftgeschwindigkeit, die Strahlungstemperaturasymmetrie, die Luftfeuchte sowie Kleidung und Aktivitätsgrad der Nutzer berücksichtigt. Zur Beurteilung wird der PPD-Index (Prozentsatz unzufriedener Personen) herangezogen. Dabei sollen zehn Prozent nicht überschritten werden. Die visuelle Behaglichkeit sowie die Einflussmöglichkeiten des Nutzers auf den thermischen Komfort und die Beleuchtung seiner individuellen Umgebung sind weitere wesentliche Kriterien. Innovation und Planungsprozess Innovationspunkte können durch die Implementierung bisher noch nicht eingesetzter Technologien oder durch eine wesentliche Übererfüllung der Vorgaben einzelner Kriterien erreicht werden. Ein Zusatzpunkt wird z. B. vergeben, wenn der Anteil recycelter Materialien statt der geforderten 20 % mehr als 30 % beträgt. Allerdings ist die Anzahl der Innovationspunkte durch Übererfüllung auf drei von

Im Rahmen einer LEED-Zertifizierung fallen Registrierungs- und Zertifizierungsgebühren an, die direkt an den USGBC zu entrichten sind. Diese teilen sich in den Design und den Construction Review auf und orientieren sich jeweils an der Bruttogeschossfläche des Gebäudes. Firmen, die Mitglied beim USGBC sind, erhalten generell einen Nachlass. Dieser wird auch bei einer Mitgliedschaft des LEED APs gewährt, der den Zertifizierungsprozess begleitet. Die Gesamtgebühren für LEED-NC beginnen bei 3400 US-Dollar und enden für Mitglieder mit dem Höchstbetrag von 25 900 US-Dollar (basierend auf einem getrennten Review nach der Planungs- und Bauphase). Für die Durchsicht der Unterlagen im Rahmen einer LEED-CS-Vorzertifizierung wird ein Pauschalbetrag von 3250 US-Dollar für Mitglieder und 4250 US-Dollar für NichtMitglieder erhoben (Stand April 2010; Abb. 2.27). Zertifizierungsstufen

Die Bewertung erfolgt auf der Basis eines Punktesystems, wobei nur ganze Punkte für das Erreichen von Bewertungskriterien vergeben werden. Für die zwingend einzuhaltenden Mindestanforderungen gibt es keine Punkte. Unter Berücksichtigung einer seit 2009 maximal erreichbaren Gesamtpunktzahl von 110 (inkl. Punkte für Innovationen und regionale Schwerpunkte) werden bei allen Systemvarianten die Zertifizierungsstufen Silber, Gold und Platin verliehen (Abb. 2.15, S. 39).

Bestandsgebäude: Gebäudebetrieb & Instandhaltung (LEED-EB: O&M) LEED-EB: O&M bietet die Möglichkeit, Bestandsgebäude zu zertifizieren. Im Gegensatz zu LEED-NC zielt die Systemvariante auf den Gebäudebetrieb und die Nutzung ab und beurteilt neben der Energie- und Wassereffizienz die Umweltverträglichkeit der Reinigungsmethoden und -mittel sowie den Kauf nachhaltiger Materialien und deren Verwertung. Wie bei allen Systemen werden auch bei LEED-EB: O&M die meisten Punkte im Bereich Energie vergeben. Ein energieeffizientes Gebäude kann bis zu 18 Punkte (von insgesamt 110 Punkten) erhalten. Für den Einkauf oder die Erzeugung von erneuerbaren Energien werden weitere sechs Punkte vergeben. Teil der Zertifizierung ist ein Energie-Audit, das mögliche Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs aufzeigt. Der Verzicht von Pendlern auf das Auto zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens wird auf Basis einer Gebäudenutzerumfrage mit bis zu 15 Punkten ebenfalls sehr hoch bewertet. Maßnahmen zur Reduzierung der Autonutzung reichen von Jobticket und Home-Office bis zur Förderung von Fahrgemeinschaften durch reservierte Parkplätze oder vergünstigte Parkgebühren. Im Bereich Materialien werden der Einkauf nachhaltiger, d. h. regionaler oder recycelter, Büroartikel und Möbel sowie energieeffiziente Geräte für den Bürobedarf und quecksilberarme Leuchten bewertet. Veredelter Rohbau/Core & Shell Development (LEED-CS) LEED-CS grenzt sich von LEED-NC insofern ab, als sich dieses Zertifizierungssystem auf die vom Bauherrn beeinflussbaren Bereiche beschränkt. Damit können Gebäude zertifiziert werden, bei denen der Bauherr nicht für den Innenausbau zuständig ist oder der Vermietungsgrad unter 50 % und damit unter dem für eine Zertifizierung nach LEED-NC erforderlichen Mindestwert liegt.

7

0,18

(l/s)

Aktuell gibt es zehn LEED-Systemvarianten, die sich teilweise noch in der Einführungs- bzw. Pilotphase befinden; weitere sind in der Entwicklung. Im Folgenden werden die einzelnen Varianten detailliert beschrieben und ihre Unterschiede zur »Basisvariante« LEED-NC (siehe Systemstruktur, S. 42ff.) erläutert.

0,16

6

0,14 5 0,12 4

0,10 0,08

3

0,06 2 0,04 1

0,02 0

0 WC

Urinal

Handwascharmatur öffentlich

Handwascharmatur privat

Dusche 2.25

Referenzgebäude jährlicher Energiebedarf (kWh/a)

Systemvarianten

(l/Spülung)

LEED

Objekt

-49% +0% -9% -38% -26%

Kunstlicht

Heizung

Kälte

+76% Pumpen

Ventilatoren

Prozess 2.26

Registrierung Design Review

Construction Review gesamt

$ 30000

$ 25000

$ 20000

$ 15000

$ 10000

$ 5000

0 m²

5000 m²

20000 m²

35000 m²

50000 m²

65 000 m² 2.27

45

Zertifizierungssysteme im Detail

Mieterausbau (LEED-CI) Die Systemvariante LEED-CI, mit der der Mieterausbau zertifiziert wird, bildet eine Ergänzung zu LEED-CS. Die Betrachtungsgrenze ist die jeweilige Mietfläche. Diese Systemvariante ist sowohl für Flächen in Neubauten als auch bei Bestandsbauten anwendbar. Unterscheidungen gibt es bei der Beurteilung der Energieeffizienz. Im Gegensatz zu einer Gesamtgebäudesimulation bei der LEED-NC-Zertifizierung werden bei LEED-CI verschiedene Bereiche wie Beleuchtung, Beleuchtungssteuerung, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sowie technische Büroausstattung getrennt bewertet. Als weitere Besonderheit kann in LEED-CI jeweils ein Punkt erreicht werden, wenn die Anforderungen an die Schadstoffemissionen der Möblierung eingehalten werden oder die Laufzeit der Mietverträge mindestens zehn Jahre beträgt. Einzelhandel (LEED-Retail NC or CI) LEED-Retail ist als eigenständiges Zertifizierungssystem für den Einzelhandel entwickelt worden. Die Kriterien für LEEDRetail NC oder LEED-Retail CI orientieren sich an den Systemen für Neu- und Mieterausbauten. Es wurden jedoch einige Anforderungen auf die Besonderheiten des Einzelhandels angepasst. So werden z. B. bei der Energieeffizienz auch die im Geäude betriebenen elektrischen Küchengeräte bewertet und der Einsatz nachhaltiger Materialien bei der Möblierung berücksichtigt. Gesundheitswesen (LEED for Healthcare) Die besonderen Anforderungen von Gebäuden im Gesundheitswesen gehen in ein eigenes System ein, LEED for Healthcare. Das System basiert generell auf den Anforderungen von LEED-NC und dem Green Guide for Healthcare [23]. Dieser wurde erstmals 2003 veröffentlicht und vergibt wie LEED Punkte, allerdings ohne Zertifizierungsstufen. Schulen (LEED for Schools) LEED for Schools ist an die Besonderheiten von Schulen angepasst. Grundlage ist die Systemvariante LEED-NC mit höheren Anforderungen in einzelnen Bereichen. So hat LEED for Schools ergänzende Anforderungen an Raumakustik, Raumluftqualität und die Vermeidung von Schimmelbildung. Derzeit kann das System nur für Neubauten angewendet werden. Für bestehende Schulen kommt LEED-EB: O&M zur Anwendung. 46

Wohngebäude (LEED-H) LEED for Homes ist ein Zertifizierungssystem für Ein- und Mehrfamilienhäuser. Bei dieser Systemvariante unterscheiden sich nicht nur die nutzungsspezifischen Anforderungen, sondern auch der Ablauf der Zertifizierung von den anderen LEEDSystemen. So ist es zwingend erforderlich, einen zugelassenen »LEED for Homes«-Anbieter in den Zertifizierungsprozess einzubinden. Nach Fertigstellung des Gebäudes wird über eine unabhängige Instanz, den sogenannten Green Rater, geprüft, ob alle Maßnahmen auch wie beschrieben umgesetzt wurden. Der Green Rater begleitet bereits den gesamten Bauprozess und führt mindestens einmal in der Bauphase und einmal nach Fertigstellung des Gebäudes eine VorOrt-Begehung durch. Das System ist zur Zeit nur in den USA anwendbar. Liegenschaftsentwicklung (LEED-ND) LEED-ND ist speziell für die Zertifizierung von größeren zusammenhängenden Bebauungseinheiten entwickelt worden. Die Anforderungen und Kategorien sind bis auf wenige Ausnahmen nicht mit den gebäudebezogenen Systemvarianten vergleichbar und speziell auf Stadtteilprojekte ausgelegt. Anforderungen sind unter anderem die Einplanung von Fußwegen innerhalb des Stadtteils sowie die Nähe zu Schulen und öffentlichen Versorgungseinrichtungen. Portfoliozertifizierung (LEED-Volume) Das LEED-Portfolio-Programm ist ein Zertifizierungssystem für Firmen, die gleichartige Gebäude an verschiedenen Orten erstellen. Beispiele sind Banken, Supermärkte oder Einzelhandelsketten. Je nach Gebäudetyp kann eine Portfoliozertifizierung für die Systemvarianten LEED-NC, LEED-EB: O&M oder LEED for Retail durchgeführt werden. LEED for Retail dürfte zukünftig eine Hauptrolle innerhalb der CSR-Strategy (Corporate Social Responsibility) von Unternehmen spielen, da hiermit kostengünstig eine große Anzahl von Gebäuden zertifiziert werden kann. In einem ersten Schritt muss das Unternehmen einheitlich festlegen, welche Kriterien in allen Gebäuden identisch sein sollen. Diese werden in einer Standardbaubeschreibung detailliert dokumentiert und legen die Anforderungen an Materialien (z.B. Farben, Hölzer, regionale Materialien), Grundrisse, Grundausstattung, Kennwerte der Fassade, die Effizienz von Anlagen usw. fest. Ergänzend zu der Standardbaubeschreibung ist ein Leitfa-

den für die Qualitätsüberwachung sowie für die Schulung der Mitarbeiter und der Projektbeteiligten zu erstellen. Diese müssen im Rahmen einer LEED-Zertifizierung umgesetzt und eingehalten werden. Die vom Unternehmen erstellte Standardbaubeschreibung sowie die Leitfäden werden nach Fertigstellung auf deren Einhaltung geprüft. Nach positiver Bewertung können diese für jedes Bauvorhaben angewendet bzw. umgesetzt werden. Daraus resultiert eine Zertifizierung mit einem festgelegten Zertifizierungsziel, das für alle weiteren, gleichartigen Gebäude verwendet werden kann. Ein kompletter Nachweisprozess für jedes einzelne Projekt ist somit nicht mehr erforderlich, es werden jedoch stichprobenhaft Gebäude aus der Portfoliozertifizierung ausgewählt und die Umsetzung der Leitfäden überprüft. In der Regel geschieht dies bei mindestens drei von 50 Projekten einer Portofoliozertifizierung. Spätestens alle zwei Jahre sind die entsprechenden Leitfäden an die Anforderungen der dann gültigen LEED-Version anzupassen, sollten sich diese mit der neuen Version geändert haben. Die Kosten für eine Portfoliozertifizierung setzen sich wie folgt zusammen (Stand August 2010): • 35 000 US-Dollar für die Zertifizierung der Guidelines • 25 000 US-Dollar für die ersten 25 Gebäude • 10 000 US-Dollar für die jeweils nächsten 50 Gebäude Rentabel wird nach Aussage des USGBC eine Portfoliozertifizierung ab ca. 25 Gebäuden. Dokumentationsanforderungen

Für alle Zertifizierungssysteme wird die Dokumentation mit Hilfe der Internetplattform LEED online eingestellt und kann dann durch das GBCI abgerufen und geprüft werden. Die Dokumentation ist grundsätzlich in englischer Sprache zu erstellen. Die komplette Übersetzung von Plänen und Dokumenten ist nicht erforderlich, solange die eingereichte Dokumentation die Zusammenhänge in sich schlüssig und plausibel darstellt. Für jede Mindestanforderung und für die einzelnen Kriterien ist jeweils ein zentrales Dokument (PDF-Submittal) auszufüllen, in dem die Einhaltung der Anforderungen bestätigt wird und/oder konkrete Angaben erbracht werden. Abhängig von den Dokumentationsanforderungen der einzelnen Kriterien sind zusätzliche Nachweisunterlagen einzureichen:

Standards, Normen und Datenquellen

Das LEED-Zertifizierungssystem wurde ursprünglich für den amerikanischen Markt entwickelt und rekurriert auf eine Vielzahl von US-amerikanischen Normen und Standards. Die drei wesentlichen Standards sind der ASHRAE Standard 90.1 – Energieeffizienz, ASHRAE 62.1 – Raumluftqualität und Frischluftraten [24] und ASHRAE 55 – Thermischer Komfort [25].

201Z 201Y Platinum

201X

2009

Platinum

Gold Silver

Gold Platinum

Certified

Silver Platinum negative Umwelteinwirkungen durch Gebäude

• Bestätigungen des Planungsteams über die Einhaltung diverser Anforderungen • Bescheinigungen der Materialhersteller, z. B. über den recycelten oder regionalen Anteil von Materialien • Grundrisse und Schemata • Bericht über die energetische Gebäudeenergiesimulation • Fotodokumentationen, die die Umsetzung der Anforderungen während der Bauphase belegen • Messungen über die Innenraumluftqualität bzw. Nachweis einer Raumspülung • Zusammenfassung aller Aktivitäten im Rahmen des Commissionings

positive Umwelteinwirkungen durch Gebäude

LEED

Gold Silver

Gold

Certified

Silver Certified

Certified

2.28

Ausblick

Neben der Entwicklung neuer Systemvarianten für spezielle Gebäudetypen und Anwendungen arbeitet der USGBC kontinuierlich an der Weiterentwicklung der bestehenden Systemvarianten. Dabei werden die Zielwerte kontinuierlich der fortschreitenden technischen Entwicklung angepasst (Abb. 2.28). Aktuell werden die Anforderungen für die nächste Version der Systemvarianten (LEED 2012) erarbeitet und festgelegt. Die nächste LEED-Version wird sich auf den Standard ASHRAE 90.1-2010 beziehen, dessen Energieeffizienzanforderungen sich um 30 % gegenüber dem ASHRAE 90.1-2007 erhöhen werden. Bisher wird die Energieeffizienz noch anhand der jährlichen Energiekosten ermittelt, sie soll aber, vergleichbar der deutschen Energieeinsparverordnung (EnEV), in Zukunft auf den Primärenergiebedarf bezogen werden. Der USGBC plant, in zukünftigen Versionen die Lebenszyklusbetrachtung zu stärken und die Ökobilanzierung zu integrieren. Dies wird derzeit in einem Pilotverfahren mit dem Pilotkriterium »Life Cycle Assessment of Building Assemblies and Materials« im Markt getestet.

2.28 Weiterentwicklung der Anforderungen bei zukünftigen LEED-Versionen 2.29 Luftbild, Opernturm, Franfurt am Main

2.29 Opernturm in Frankfurt am Main, 2010 Architekten: Prof. Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main Bauherr: Tishman Speyer, Frankfurt am Main LEED Consultant: Ebert-Consultung Group GmbH & Co. KG, München

Als Zertifizierungsziel wird eine Gold-Zertifizierung nach LEED-NC 2.2 angestrebt. Die hochwertige Fassade und effiziente technische Systeme wie die Hybrid-Heiz-/Kühldecke führen zu einer Unterschreitung des Energiebedarfs gegenüber der deutschen EnEV 2007 um 23 %.

47

Zertifizierungssysteme im Detail

DGNB (DGNB Zertifikat) Das DGNB Zertifikat (bis Juni 2010: Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen) verfolgt einen ganzheitlichen Zertifizierungsansatz, bei dem sowohl ökologische, ökonomische und soziokulturelle Nachhaltigkeitsaspekte eines Gebäudes in die Bewertung einfließen als auch technische, prozessorientierte und standortspezifische Aspekte berücksichtigt werden. Auf Grund dessen wird das DGNB-Zertifizierungssystem auch als Bewertungsmethode der »zweiten Generation« bezeichnet (siehe Systemvergleich, S. 94) (Abb. 2.30 und 2.31). Systeminitiative

Während auf internationaler Ebene bereits seit den 1980er-Jahren zahlreiche Methoden und Ansätze zur Bewertung und Zertifizierung der ökologischen und energetischen Gebäudequalität entwickelt wurden (siehe Grundlagen, S. 23ff.), kam das deutsche Zertifizierungssystem im Jahr 2007 erst relativ spät auf den nationalen und internationalen Immobilienmarkt. In den USA und in Großbritannien wurden erste Ansätze des energieeffizienten, ressourcenschonenden und nachhaltigen Bauens mit quantitativen Planungs- und Bewertungsverfahren wie LEED oder BREEAM (siehe LEED, S. 38, und BREEAM, S. 30) bereits vor mehr als 15 Jahren eingeleitet. Aufbauend auf diesen Methoden und den daraus gewonnenen Erfahrungen entwickelten sich amerikanische und britische Baustandards und Gesetze für nachhaltige Gebäude, z. B. in Großbritannien für den Wohnungsneubau der »Code for Sustainable Homes«. In Deutschland ging man dagegen einen anderen Weg. Bereits in den 1970erJahren gab es in Folge der Ölkrise und bedingt durch die 68er-Bewegung Ansätze des ökologischen Bauens. Ab 1977 wurde mit der Wärmeschutzverordnung (WSchVO) ein Baustandard geschaffen, um die Energieeffizienz im

2.30

48

Gebäudesektor zu verbessern. Die Wärmeschutzverordnung wurde 1982 und 1995 novelliert und schließlich 2002 durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) ersetzt. Derzeit ist in diesem Bereich eine Entwicklung über den Niedrigenergie- und Passivhausstandard hin zu Nullenergiegebäuden zu beobachten [26]. Um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern, wurden im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 energetische Bewertungen von Gebäuden verpflichtend, die auf Basis der Bilanzierungsnorm DIN V 18 599 berechnet werden [27]. Allerdings stellen die genannten Bewertungsinstrumente nur einen Teilaspekt der Nachhaltigkeit dar, nämlich den der Energieeffizienz. Die Entwicklungen auf dem internationalen Immobilienmarkt der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass vermehrt ganzheitliche Bemessungssysteme zur Beurteilung der Nachhaltigkeit im Gebäudesektor gefordert und eingesetzt werden. Insbesondere Planungsund Bewertungsinstrumente wie LEED oder BREEAM, die auf amerikanischen und britischen Baustandards basieren, versuchen seit einigen Jahren auf internationaler Ebene und auch auf dem deutschen Immobilienmarkt Fuß zu fassen. Dieser Tendenz wirkt man nun seit 2007 mit der Entwicklung des DGNB Zertifikats, das speziell auf die deutschen Baustandards angepasst wurde, entgegen (Abb. 2.34, S. 50). Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) wurde 2007 mit Hauptsitz in Stuttgart gegründet, um ein deutsches System zur Bewertung der nachhaltigen Qualität von Bauwerken zu entwickeln und Nachhaltigkeitsaspekte im deutschen und internationalen Bausektor stärker zu etablieren. Zeitgleich begann auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) an einer Bewertungsmethode für nachhaltige Gebäude zu arbeiten. Bereits frühzeitig entschieden sich die DGNB und das BMVBS, diese Entwicklung gemeinsam voranzutreiben. Die Grundsteine des deutschen Systems liegen hierbei in der Arbeit von Expertengruppen und in zahlreichen vorangegangenen Forschungsberichten und Veröffentlichungen. In den Arbeitsgruppen ist eine Vielzahl von Fachrichtungen und Interessensgruppen vertreten, darunter Architekten, Ingenieure, Fachleute aus der Bauwirtschaft, Bauphysiker, Bauökologen, Energiefachberater, aber auch Bauproduktehersteller sowie Investoren und Wissenschaftler.

Im Jahr 2008 entstand der erste gemeinsame Kriterienkatalog von DGNB und BMVBS für das damalige Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen [28], basierend auf: • den praktischen Erfahrungswerten der Arbeitsgruppen • den aktuellen internationalen und europäischen Normungsarbeiten zur Nachhaltigkeit [29] (siehe Normungsaktivitäten, S. 86f.) • den Qualitäts- und Gütezertifizierungen für Bauprodukte • den Umweltdeklarationen auf Basis der internationalen Norm ISO 14 025 • den Ergebnissen des »Runden Tischs Nachhaltiges Bauen« • dem »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« des BMVBS Der Runde Tisch Nachhaltiges Bauen wurde bereits im Jahr 2001 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eingerichtet, um unterschiedliche Themenschwerpunkte des nachhaltigen Bauens weiterzuentwickeln. Die Mitglieder setzen sich aus Verbänden, der Bauwirtschaft sowie aus öffentlichen Bauverwaltungen und der Wissenschaft zusammen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategien des Bundes für das Bauwesen, in den Leitfaden Nachhaltiges Bauen sowie in das DGNB Zertifikat ein [30]. Der »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« wurde ebenfalls 2001 vom BMVBS herausgebracht und wird derzeit, basierend auf den Erkenntnissen aus den Pilotzertifizierungen mit dem DGNB Zertifikat, aktualisiert. Der Leitfaden setzt sich mit den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens auseinander, die auf den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks abgestimmt sind [31]. Auf Basis der genannten Arbeitsergebnisse stand Ende 2008 ein Bewertungsgerüst für die erste Pilotphase zur Zertifizierung von Büro- und Verwaltungsneubauten zur Verfügung. Mit diesem Kriterienkatalog wurden insgesamt 16 Neubauten zertifiziert und zwölf Vorzertifikate vergeben [32]. Im Rahmen einer zweiten gemeinsamen Erprobungsphase wurde das heute gültige Nutzungsprofil »Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude Version 2009« entwickelt (Abb. 2.35, S. 50). Organisation

Trotz gemeinschaftlicher Entwicklung des Systems und Durchführung der Pilotphasen entschieden sich die DGNB und der

DGNB

Bund nach der zweiten Pilotphase, getrennte Wege zu gehen. Man traf die derzeit gültige Regelung, dass beide Institutionen das deutsche Zertifizierungssystem auf der Basis des gemeinsamen Kriterienkatalogs separat weiterentwickeln. Die DGNB führt das System seither unter dem Namen DGNB Zertifikat weiter, das Bundesbauministerium unter dem Namen Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Hierbei ist die DGNB vorrangig für die private Bauwirtschaft und die Internationalisierung des Systems zuständig, das BMVBS hingegen für alle Gebäude mit erheblichem öffentlichen Interesse. Das BMVBS stellt parallel hierzu Richtlinien für ein öffentliches Anerkennungsverfahren für das Zertifizierungssystem bereit [33], die den Zusatz »von der Bundesregierung anerkanntes Gütesiegel Nachhaltiges Bauen« tragen [34]. Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) Hauptaufgabe des Vereins ist die Vergabe eines Zertifikats für nachhaltige Gebäude. Mit Hilfe des Zertifizierungssystems der DGNB soll das zukunftsfähige Planen, Bauen und Betreiben von Bauwerken im In- und Ausland gefördert werden. Zu den Aufgaben der DGNB zählen neben der Vergabe des DGNB Zertifikats sowie der Entwicklung und Fortschreibung des Zertifizierungssystems und der Nutzungsprofile auch die Aus- und Weiterbildung von Auditoren, der Betrieb der Zertifizierungsstelle und die Qualitätssicherung. Hierzu gliedert sich der Verein in verschiedene Organe [35]: Hauptorganisationseinheiten der DGNB sind das Präsidium und die Geschäftsstelle. Während das Präsidium den Vorsitz über alle Ausschüsse ausübt, koordiniert die Geschäftsstelle die Prozessabläufe rund um das Zertifizierungssystem. Für inhaltliche Fragen und im Bereich der Systemweiterentwicklung und -anwendung unterstützt ein Fachausschuss die Geschäftsstelle der DGNB. Er steht den DGNB-Arbeitsgruppen beim Erarbeiten von Kriterieninhalten für neue Nutzungsprofile beratend zur Seite. Die Arbeitsgruppen setzen sich interdisziplinär aus Architekten, Fachplanern, Vertretern aus der Immobilienwirtschaft und der Wissenschaft und Auditoren zusammen. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Alle Aufgaben des nachhaltigen Bauens des Bundes werden seit 2009 vom neu eingerichteten Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im

100 % 1,0

95 % 90 % 85 %

Gold 1,5

80 % 75 % 70 %

Silber

2,0

65 % 60 % 55 % 50 %

Bronze

3,0

2.31 DGNB-Nutzungsprofile

Status

Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude

bestehendes Nutzungsprofil

Modernisierung Büro- und Verwaltungsgebäude

in Pilotphase

Neubau Handelsbauten

in Pilotphase

Neubau Industriebauten

in Pilotphase

Neubau Wohnungsgebäude

in Pilotphase

Neubau Bildungsbauten

in Pilotphase

Neubau Hotelgebäude

in Pilotphase

Modernisierung Büro- und Verwaltungsgebäude

in Entwicklung

Stadtquartiere

in Entwicklung

Filialen /Mieterausbau

in Entwicklung

Neubau Krankenhäuser

in Entwicklung

Neubau Laborgebäude

in Entwicklung

architekturnahe Objekte

in Entwicklung

Neubau Versammlungsstätten

in Entwicklung

Neubau Produktionsstandorte

in Entwicklung

Neubau Infrastrukturbauten

in Entwicklung

Neubau Sportstätten

in Entwicklung

Neubau Parkhäuser

in Entwicklung

Neubau Terminalgebäude

in Entwicklung

Neubau Parkhäuser

in Entwicklung 2.32

Neubau Hotelgebäude Neubau Stadtquartiere Modernisierung Büro- und Verwaltungsgebäude Neubau Krankenhäuser Neubau Parkhäuser Neubau Laborgebäude Mieterausbau 2010 Sept

2011 Okt

Nov

Dez

Jan

Vorbereitung Pilotphase

Feb

Mär

April

Pilotphase

Mai

Juni

Juli

Aug

Sept

Okt

Nov

Dez

Markteinführung (geplant) 2.33

2.30 Logo des DGNB Zertifikats 2.31 Bewertungsstufen des DGNB-Systems in Abhängigkeit vom Erfüllungsgrad

2.32 bestehende und zukünftige Nutzungsprofile des DGNB Zertifikats (Stand April 2010) 2.33 Zeitplan für Entwicklung neuer Nutzungsprofile

49

Zertifizierungssysteme im Detail

DGNB Zertifikat Runder Tisch Nachhaltiges Bauen, Leitfaden Nachhaltiges Bauen des BMVBS

2001 2007 Juni

Gründungsveranstaltung DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Entwicklung des DGNB Zertifikats durch DGNB und BMVBS

2008 Februar Juni September

Mitgliedschaft im World Green Building Council DGNB-Kongress »Consense« Start der Pilotzertifizierungen

2009 Januar März Juli

Vergabe der ersten Zertifikate im Rahmen der Messe BAU 2009 Entwicklung von neuen Zertifizierungsversionen durch die DGNB Start der DGNB-Auditorenausbildung /Ausbildungsstätten 2.34 Gold: Silber: Bronze:

Gesamterfüllungsgrad 1. Pilotphase

≥ 80% - Note 1,5 ≥ 65% - Note 2,0 ≥ 50% - Note 2,5

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30%

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) durchgeführt. Zu den Aufgaben des Instituts zählen die fachliche Politikberatung und die Unterstützung des BMVBS in den Themenfeldern des nachhaltigen Bauens, die Organisation des Runden Tischs Nachhaltiges Bauen sowie die Betreuung und Aktualisierung des Informationsportals Nachhaltiges Bauen [36]. Darüber hinaus zeichnet das Institut für die inhaltliche Koordination des neuen Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) und die Bewertung aller Bauten mit öffentlichen Belangen verantwortlich. Das Zertifizierungssystem, das seitens des Bundes in »Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) für Bundesgebäude« umbenannt wurde, ist ein den Leitfaden Nachhaltiges Bauen ergänzendes, ganzheitliches quantitatives Bewertungsverfahren für Büro- und Verwaltungsneubauten. Die Fortschreibung und Aktualisierung der Nachhaltigkeitskriterien, der Systemregeln und zusätzliche ergänzende Informationen veröffentlicht das Informationsportal Nachhaltiges Bauen [37].

20% 10%

Marktdurchdringung des Zertifikats

Volim Braunschweig

Laim 290 München

Atmos München

Medtronic Meerbusch

ZUB Kassel

Z-Zwo Stuttgart

Saegeling Medizintechnik Heidenau

SuperC Aachen

eTrium Köln

Hauptverw. Vileda Weinheim

OWP 11 Stuttgart

Neues Regionshaus Hannover

Paul-Wunderlich-Haus Eberswalde

Petersenstr. 12 Darmstadt

Justizzentrum Chemnitz

Umweltbundesamt Dessau

0%

2.35 800 Ende 2009: 755 Mitglieder 700 600 500 400 300 200 100 125 Gründungsmitglieder Dez 09

Okt 09

Aug 09

Jun 09

Apr 09

Feb 09

Dez 08

Okt 08

Aug 08

Jun 08

Apr 08

Feb 08

Dez 07

Okt 07

Aug 07

Jun 07

0

2.36 2.34 bisherige Entwicklung des DGNB Zertifikats 2.35 Übersicht über die ersten Pilotzertifizierungen mit dem DGNB Zertifikat (Hauptzertifikate) 2.36 Mitgliederentwicklung der DGNB seit Juni 2007 (Stand: Ende 2009)

50

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen wurde im Juni 2007 von einer Initiatorengruppe gegründet, die das zukunftsfähige Planen und Bauen in Deutschland voranbringen wollte. Die heutigen Mitglieder der DGNB repräsentieren die gesamte Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft: Architekten, Ingenieure, Projektsteuerer, Bauindustrie, Investoren und Wissenschaftler [38]. Die Mitgliederzahlen der DGNB steigen stetig an (Abb. 2.36). Zu den 125 DGNB-Gründungsmitgliedern sind bis heute mehr als 700 weitere Mitglieder hinzugekommen (Stand August 2010: 895) [39]. Die zunehmende Verbreitung des Zertifikats zeigt sich auch in der ständigen Zunahme der Projektregistrierungen und -zertifizierungen. Seit Beginn der Pilotphasen wurden in Deutschland 220 Gebäude für das Nutzungsprofil »Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude« und die Pilotphasen der Handels-, Industrie- und Bildungsbauten zur Zertifizierung angemeldet (Stand August 2010). Hiervon erhielten 88 in Planung befindliche Gebäude ein Vorzertifikat und 32 fertiggestellte Bauten das Hauptzertifikat [40]. Die Marktdurchdringung des DGNB Zertifikats macht nicht nur national, sondern auch auf internationaler Ebene Fortschritte. Dies betrifft sowohl die Nachfrage nach Zertifikaten als auch nach länderspezifischen Anpassungen

DGNB

des DGNB-Systems durch Partnerorganisationen im Ausland. Diese Entwicklung spiegelt sich in der Unterzeichnung erster Verträge zwischen der DGNB und Partnerorganisationen in Österreich, Bulgarien und China sowie durch Memoranda of Understanding mit Organisationen in einer Reihe weiterer Länder wider [41]. Mit der österreichischen Partnerorganisation, der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), wurde Ende 2009 in enger Zusammenarbeit die Anpassung des DGNB-Zertifizierungssystems an den österreichischen Markt vorgenommen. Die Basis für die Internationalisierung des DGNB-Systems bildet das 2010 neu geschaffene, internationale DGNB-Kernsystem. Dieser Kriterienkatalog basiert nahezu ausnahmslos auf gesetzlichen Vorgaben, Normen und technischen Regelwerken der Europäischen Union. Einzig in Bereichen, bei denen keine europaweit einheitlichen Normen existieren, wie z. B. beim Brandschutz, werden deutsche Normen herangezogen. Die Partnerorganisationen der DGNB adaptieren in Zusammenarbeit mit dieser das Zertifizierungssystem an ihre jeweiligen Länder. Falls vor Ort keine Norm für die Anpassung eines bestimmten DGNBKriteriums existiert, kann auf die Anforderungen im internationalen Kernsystem der DGNB zurückgegriffen werden. Auch bei wichtigen Berechnungen wie der Ökobilanzierung wird das gleiche Vorgehen angewendet: Gibt es keine länderspezifischen Daten für einen Baustoff, kann der entsprechende internationale Datensatz des Kernsystems genutzt werden. Zugleich soll das internationale Kernsystem die Grundlage für eine länderübergreifende Vergleichbarkeit von Gebäuden bereitstellen. Grundsätzlich orientieren sich die Anforderungen für ein DGNB Zertifikat in Bronze an der gängigen Baupraxis im jeweiligen Land. Im Unterschied dazu wird das DGNB Zertifikat in Gold an einem einheitlichen internationalen Maßstab gemessen, der klima- und marktbereinigt ist. Ein »Gold«Gebäude in Südeuropa zeigt somit laut DGNB dieselbe Qualität wie ein »Gold«Gebäude in Ostasien. Auch auf institutioneller Ebene übernimmt die DGNB mit der Vollmitgliedschaft im World Green Building Council (WorldGBC) Verantwortung für die internationale Entwicklung des nachhaltigen Bauens. Als weltweiter Dachverband der Green bzw. Sustainable Building Councils bündelt und koordiniert der WGBC die

internationalen Aktivitäten der einzelnen Verbände und fungiert als Sprachrohr in die Politik und in die Wirtschaft. Der WGBC verfolgt hierbei eine Strategie der Dezentralisierung. Die europäischen Interessen sollen mit der Einrichtung eines European Network Office des WGBC in Stuttgart und London durch die beiden Vollmitglieder DGNB und UKGBC (United Kingdom Green Building Council) vertreten werden [42]. Nutzungsprofile

Nach Abschluss und Evaluation der gemeinsamen Pilotphasen des BMVBS und der DGNB erschien die endgültige Variante »Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude, Version 2009« Mitte 2009 auf dem Markt. Zur Ausweitung des DGNB-Zertifizierungssystems auf andere Gebäudetypologien – sowohl für den Neubau als auch für den Bestand – wurden seither von der DGNB neue Nutzungsprofile z.B. für Industrie-, Handelsund Bildungsbauten in Pilotphasen erprobt (Abb. 2.32, S. 49). Derzeit (Stand Juni 2010) sind neun Nutzungsprofile im Rahmen des DGNB-Systems auf dem Markt verfügbar: • Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude • Neubau Handelsbauten, Verbrauchermärkte (Pilotphase) • Neubau Handelsbauten, Einkaufszentren (Pilotphase) • Neubau Industriebauten, Logistikgebäude (Pilotphase) • Neubau Industriebauten, Produktionsstätten (Pilotphase) • Neubau Bildungsbauten (Pilotphase) • Neubau Wohngebäude (Pilotphase) • Neubau Hotels (Pilotphase) • Modernisierung Büro- und Verwaltungsgebäude (Pilotphase) Weitere Nutzungsprofile für Sportbauten, Labore und Krankenhäuser, Filialen/Mieterausbau, Flughäfen, den Bestand von Büro- und Verwaltungsbauten sowie für Stadtquartiere sind in der Entwicklung (Abb. 2.33, S. 49). Hierzu haben sich verschiedene Arbeits- und Expertengruppen gebildet [43]. Zertifizierungsprozess

Die Zertifizierung von Gebäuden nach dem DGNB-System geschieht auf freiwilliger Basis. Zu unterscheiden sind das Vorzertifikat und das eigentliche Zertifikat. Mit dem Vorzertifikat werden Planungsziele und -kriterien für Bauwerke festlegt, die sich noch in der Planungsphase befinden. Das Zertifikat wird erst nach der

Fertigstellung des Gebäudes verliehen, um die Umsetzung und Einhaltung der geplanten Nachhaltigkeitsziele zu überprüfen. Plant ein Bauherr oder Investor, ein Gebäude bewerten und zertifizieren zu lassen, beauftragt er einen DGNBAuditor (Abb. 2.38, S. 52). Dies ist in der Regel ein Architekt, Fachplaner oder Ingenieur, der eine Zusatzausbildung bei der DGNB oder einer von der DGNB zugelassenen Bildungseinrichtung für das DGNB-System absolviert hat. Im Rahmen der Auditierung des Planungs- und Bauprozesses übernimmt er die Dokumentation und Bewertung des zu zertifizierenden Gebäudes (Vorzertifikat und Zertifikat), ebenso wie die organisatorische Abwicklung des Zertifizierungsprozesses, d. h. die Registrierung des Gebäudes und die Einreichung der Bewertungsunterlagen bei der Zertifizierungsstelle der DGNB [44]. Die Daten und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens werden im Anschluss von Fachleuten der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen in einer sogenannten Konformitätsprüfung überprüft. Sind alle Kriterien erfüllt, bekommt der Bauherr je nach Planungsstand das Vorzertifikat bzw. das Zertifikat verliehen sowie eine Plakette für sein Gebäude überreicht (Abb. 2.37, S. 52). Das Vorzertifikat kann er für die Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit einsetzen. Allerdings verpflichtet dieses zur Zertifizierung nach Baufertigstellung. Sind alle Kriterien nach Fertigstellung erfüllt, wird das Vorzertifikat mit dem Zertifikat dauerhaft bestätigt. Dokumentationsanforderungen

Art und Umfang der Projektdokumentation für eine Zertifizierung sind durch die DGNB vorgegeben. Einzureichen sind Planungsunterlagen, eine detaillierte Baubeschreibung und konkrete Aussagen zur technischen Gebäudeausrüstung. Daneben müssen die Nachweise nach den Regeln der Steckbriefe des DGNB-Zertifizierungssystems erbracht werden (siehe Prozess der DGNB-Zertifizierung, S. 85). Die Unterlagen werden durch den Bauherrn sowie die beteiligten Planer und Fachingenieure zur Verfügung gestellt, vom Auditor dokumentiert und an die Zertifizierungsstelle übermittelt. Obwohl nach Aussage der DGNB rund 80 % der erforderlichen Unterlagen im konventionellen Planungs- und Bauprozess ohnehin anfallen, liegen die für die Zertifizierung benötigten Daten bislang bei den meisten Gebäuden nicht gebündelt vor. Neben der eigentlichen Zertifizierung ist folglich 51

Zertifizierungssysteme im Detail

die übersichtliche Dokumentation der Gebäudedaten auf Basis der Regeln des DGNB-Kriterienkatalogs ein weiteres Qualitätsmerkmal des Zertifizierungssystems. Hiermit lassen sich sowohl im Planungsprozess als auch während des Betriebs gezielt und nachvollziehbar Aussagen zu speziellen Gebäudeeigenschaften treffen. Mithilfe der DGNB-Software [45] kann die Dokumentation direkt an die Prüfungsstelle übermittelt werden.

Immobilie bei der DGNB registrieren

Zielwerte für Gebäudeeigenschaften definieren

Verleihung Vorzertifikat DGNB

Gebühren

planungs- und baubegleitend gemäß DGNB-Vorschriften dokumentieren

Eigenschaften und Dokumentation durch DGNB prüfen lassen

Verleihung DGNB Zertifikat

2.37

Geschäftsbeziehung

Kunde Bauherr

Vertrag / Auftrag

Vertrieb Auditor

Zulassung

non-profit DGNB 2.38

2.37 Stufen des Zertifizierungsprozesses 2.38 Rolle der DGNB-Auditoren auf dem Weg zum Zertifikat 2.39 Kriterien und Gewichtungen des DGNB Zertifikats, Variante Büro- und Verwaltungsbau (2009)

52

Bei den Kosten für eine Zertifizierung muss zwischen den Zertifizierungsgebühren der DGNB-Zertifizierungsstelle, den Gebühren für den Auditor und den Baukosten unterschieden werden. Die Kosten für die Auditorenleistungen, die Zertifizierungsgebühr und eventuell anfallende Baumehrkosten sind beim DGNB-System stark projektabhängig. Die Zertifizierungsgebühren umfassen die Abwicklung des gesamten Zertifizierungsprozesses von Seiten der DGNB. Hierzu zählen die Prüfungsrunden der Konformitätsprüfung, d. h. die Überprüfung der vom Auditor eingereichten Unterlagen, und die Vergabe des Zertifikats. Für die Registrierung fallen keine Kosten an. Zudem unterscheiden sich die Gebühren nach Art des Nutzungsprofils und des Zertifikats (Vorzertifikat oder Zertifikat). Die Zertifizierungsgebühren sind bei jedem Projekt in Abhängigkeit von der Größe des Gebäudes gestaffelt und reichen für das Hauptzertifikat von 3000 bis 28 000 Euro (siehe Zertifizierungsgebühren, S. 103) [46]. Die Kosten für die Auditorenleistungen (reines Audit) sind von der Art des Projekts sowie vom Umfang und Zeitpunkt der Zertifizierung abhängig. Überschläglich müssen für eine reine Auditierung (ohne Nachhaltigkeitsberatung) etwa drei bis vier Mann-Monate angesetzt werden, für ein Vorzertifikat etwa ein bis zwei Monate. Zudem gilt es, zusätzliche Planungsleistungen, wie die Ökobilanzierung oder die Berechnung der Lebenszykluskosten nach den Vorgaben des Systems, zu berücksichtigen, ebenso wie Kosten für die Mehrarbeit von Fachplanern. Auch bei den Baukosten kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. Nach Aussagen von Investoren und des Bundes können auf die Baukosten etwa 0 –8 % aufgeschlagen werden, wenn ein Gebäude nachhaltig geplant, erbaut und zertifiziert wird. Systemstruktur

Mit dem deutschen Nachhaltigkeitszertifikat wurde kein weiteres, neues Werkzeug

entwickelt, sondern eine Methode geschaffen, die die bestehenden nationalen Planungs- und Bewertungsinstrumente für nachhaltiges Bauen, wie Ökobilanzierungen, thermische Simulationen oder energetische Bilanzierungen nach DIN V 18 599, in 63 Nachhaltigkeitskriterien bündelt und auf bestehenden Normen und Gesetzen aufbaut (Abb. 2.39). Von diesen 63 Kriterien können bereits 48 angewendet werden. Die restlichen 15 Kriterien, z. B. für die technische Gebäudeausrüstung (TGA), wurden bislang zurückgestellt, weil hier noch Forschungsbedarf besteht. Benchmarks für diese Kriterien werden derzeit aber entwickelt und nach und nach in die neuen Versionen integriert. Das Zertifizierungssystem baut hierbei auf den Erfahrungen bestehender internationaler Bewertungssysteme auf. Es integriert den Lebenszyklusgedanken eines Bauwerks in die Bewertung, d. h. neben den Phasen der Herstellung, der Planung und der Errichtung werden auch die Nutzung, die Bewirtschaftung und der Abriss (End-of-Life) eines Gebäudes mit einbezogen [47]. Als durchschnittliche Lebensdauer für die Bauten wurde ein Lebenszyklus von 50 Jahren gewählt. Ziel des Zertifikats ist der Schutz allgemeiner Güter wie Umwelt, Ressourcen, Gesundheit, Ökonomie und kulturelle und soziale Aspekte. Hieraus leiten sich die klassischen drei Säulen der Nachhaltigkeit ab – die ökologische, die ökonomische sowie die soziokulturelle und funktionale Qualität. Somit existieren klare Bezüge zwischen dem deutschen Bewertungssystem und der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Als sogenannte Querschnittsqualitäten fließen zudem die technische Qualität und die Prozessqualität in die Bewertung eines Gebäudes mit ein. Die Beurteilung der Standortqualität ist hingegen nicht Bestandteil der Gesamtbewertung des Gebäudes. Sie wird als sechster Aspekt getrennt von den fünf Kategorien der Objektqualität bewertet, da der Standort durch das Gebäude an sich nur eingeschränkt beeinflussbar ist. Die fünf Kategorien der Objektbewertung werden jeweils getrennt beurteilt und anschließend mit einer festgelegten Gewichtung zu einer Gesamtnote verrechnet. Die ökologische, die ökonomische, die soziokulturelle und funktionale wie auch die technische Qualität gehen mit einer Gewichtung von jeweils 22,5 % in die Gesamtbewertung ein. Die Prozessqualität wird mit 10 % gewichtet. Dies bietet die Möglichkeit, die Bewertung der Hauptkriteriengruppen nicht nur

DGNB

KriterienHauptkriterien- gruppe gruppe

soziokulturelle und funktionale Qualität

ökonomische Qualität

ökologische Qualität

Ökobilanz

Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt

Nr.1

technische Qualität

Punkte Kriterium Ist

Bedeu- Anpas- Punkte gewichtet tungs- sungsmax. Ist max. faktor 2 faktor 3 möglich möglich

Erfüllungsgrad

1

Treibhauspotenzial (GWP)

10,0

10

3

1

30

30

100 %

2

Ozonschichtabbaupotenzial (ODP)

10,0

10

1

1

10

10

100 %

3

Ozonbildungspotenzial (POCP)

10,0

10

1

1

10

10

100 %

4

Versauerungspotenzial (AP)

10,0

10

1

1

10

10

100 %

5

Überdüngungspotenzial (EP)

7,1

10

1

1

7,1

10

71 %

6

Risiken für die lokale Umwelt

8,2

10

3

1

24,6

30

82 %

8

nachh. Ressourcenverwendung/Holz

10,0

10

1

1

10

10

100 %

9

Mikroklima

10,0

10

1

0

0

10

100 %

10

nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf

10,0

10

3

1

30

30

100 %

Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen

11

Gesamtprimärenergiebedarf und Anteil erneuerbarer Primärenergie

8,4

10

2

1

17

20

84 %

14

Trinkwasserverbrauch und Abwasseraufkommen

5,0

10

2

1

10

20

50 %

15

Flächeninanspruchnahme

10,0

10

2

1

20

20

100 %

Lebenszykluskosten

16

gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus

9,0

10

3

1

27

30

90 %

Wertstabilität

17

Drittverwendungsfähigkeit

10,0

10

2

1

20

20

100 %

18

thermischer Komfort im Winter

10,0

10

2

1

20

20

100 %

19

thermischer Komfort im Sommer

10,0

10

3

1

30

30

100 %

20

Innenraumhygiene

10,0

10

3

1

30

30

100 %

21

akustischer Komfort

10,0

10

1

1

10

10

100 %

22

visueller Komfort

8,5

10

3

1

26

30

85 %

23

Einflussnahme des Nutzers

6,7

10

2

1

13

20

67 %

24

gebäudebezogene Außenraumqualität

9,0

10

1

1

9

10

90 %

25

Sicherheit und Störfallrisiken

8,0

10

1

1

8

10

80 %

26

Barrierefreiheit

8,0

10

2

1

16

20

80 %

27

Flächeneffizienz

5,0

10

1

1

5

10

50 %

28

Umnutzungsfähigkeit

7,1

10

2

1

14

20

71 %

29

öffentliche Zugänglichkeit

10,0

10

2

1

20

20

100 %

30

Fahrradkomfort

10,0

10

1

1

10

10

100 %

31

Sicherung der gestalterischen und städtebaulichen Qualität im Wettbewerb

10,0

10

3

1

30

30

100 %

32

Kunst am Bau

10,0

10

1

1

10

10

100 %

33

Brandschutz

8,0

10

2

1

16

20

80 %

34

Schallschutz

5,0

10

2

1

10

20

50 %

35

Wärme- und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle

7,7

10

2

1

15

20

77 %

40

Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit der Baukonstruktion

7,1

10

2

1

14

20

71 %

42

Rückbaubarkeit, Recyclingfreundlichkeit, Demontagefreundlichkeit

9,2

10

2

1

18

20

92 %

43

Qualität der Projektvorbereitung

44

integrale Planung

45

Optimierung und Komplexität der Herangehensweise in der Planung

46

Nachweis der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe

47

Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit

Funktionalität

gestalterische Qualität

Prozessqualität

Kriterium

Qualtät der technischen Ausführung

Qualität der Planung

Qualität der Bauausführung

8,3

10

3

1

25

30

83 %

10,0

10

3

1

30

30

100 %

8,6

10

3

1

26

30

86 %

10,0

10

2

1

20

20

100 %

Schaffung von Voraussetzungen für eine optimale Nutzung und Bewirtschaftung

5,0

10

2

1

10

20

50 %

48

Baustelle, Bauprozess

7,7

10

2

1

15

20

77 %

49

Qualität der ausführenden Firmen, Präqualifikation

50

Qualitätssicherung der Bauausführung

51

systematische Inbetriebnahme

5,0

10

2

1

10

20

50 %

10,0

10

3

1

30

30

100 %

7,5

10

3

1

23

30

75 %

Punkte Gruppe Ist

max. möglich

Erfüllungsgrad

Gewich- Gesamttung erfüllungsgrad Gruppe

173,5

195

89 %

22,5 %

47

50

94 %

22,5 %

251,1

280

90 %

22,5 % 86,4 % Gold

74

100

74 %

22,5 %

188,6

230

82 %

10,0 %

72 %

Note 1,0 Note 1,5 Note 2,0 Note 3,0 Note 4,0 Note 5,0

Standortqualität

Standortqualität: gesonderte Bewertung, geht nicht in die Gesamtbewertung ein

1

56

Risiken am Mikrostandort

7,0

10

2

1

14

20

70 %

57

Verhältnisse am Mikrostandort

7,1

10

2

1

14,2

20

71 %

58

Image und Zustand von Standort und Quartier

1,0

10

2

1

2

20

10 %

59

Verkehrsanbindung

8,3

10

3

1

24,9

30

83 %

60

Nähe zu nutzungsspezifischen Einrichtungen

9,7

10

2

1

19,4

20

97 %

61

anliegende Medien, Erschließung

9,4

10

2

1

18,8

20

94 %

93,3

Fehlende Nummern bezeichnen Kategorien, die noch in Bearbeitung sind. 2 einheitlich über alle Nutzungsprofile ‡ ist einzutragen ¥ wird automatisch berechnet ‡ unveränderliche Festlegung

3

130

95 % 80 % 65 % 50 % 35 % 20 %

nutzungsspezifisch, wird für jedes Nutzungsprofil gesondert festgelegt

2.39

53

Zertifizierungssysteme im Detail

in einer Gesamtnote, sondern separat darzustellen [48] (Abb. 2.40). Ökologische Qualität Eine Grundlage der Bewertung der ökologischen Qualität sind die gebäudespezifischen Ergebnisse der Ökobilanzierung: • Treibhauspotenzial • Ozonschichtabbaupotenzial • Ozonbildungspotenzial • Versauerungspotenzial • Überdüngungspotenzial • Primärenenergiebedarf nicht erneuerbarer Energie • Gesamtprimärenergiebedarf und der darin enthaltene Anteil erneuerbarer Energie Die Kriterien werden mit geeigneten Hilfsmitteln und Werkzeugen ermittelt. Hierbei wird ein Zeitraum von 50 Jahren angesetzt. Die Berechnungen basieren auf: • der Datengrundlage der Ökobau.dat (Datenbank des Bundesbauministeriums) für die materialspezifischen Eigenschaften [49] • den Nutzungsdauern der Bauteile und gebäudetechnischen Systeme aus den Vorgaben des »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« • der Mengenermittlung nach den Kostengruppen 300 und 400 (DIN 276) • dem Endenergiebedarf für Strom und Wärme der Bilanzierung nach DIN V 18 599 Im Rahmen der ökologischen Qualität werden zudem Kriterien wie der Frischwasser- und Abwasserverbrauch oder die Flächeninanspruchnahme bewertet. Mit der Bemessung der Risiken für die lokale Umwelt auf Basis der Angaben der Umweltproduktdeklarationen (EPD) soll der Einsatz von Halogenen, Schwermetallen, organischen Lösungsmitteln, Bioziden und Produkten, deren Inhalte als umweltgefährlich zu kennzeichnen sind, im Gebäudebereich vermieden werden. Das Kriterium »nachhaltige Ressourcenverwendung/Holz« fordert für die Verwendung von Holzprodukten Zertifikate wie FSC (Forest Stewardship Council) oder PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification), mit denen eine geregelte, nachhaltige Bewirtschaftung des Herkunftsforstes nachgewiesen wird. Ökonomische Qualität Die ökonomische Qualität umfasst Aspekte wie Lebenszykluskosten und die Drittverwendbarkeit eines Gebäudes. Hierbei steht eine Reduzierung der Betriebskosten im Vordergrund. 54

Die Lebenszykluskosten setzen sich aus den Baukosten und den Nutzungskosten zusammen. Die Baukosten werden auf Basis der DIN 276 ermittelt (ausgewählte Kostengruppen 300 und 400). Für die Nutzungskosten wird auf Grundlage der DIN 18 960 ein gebäudespezifischer Barwert (Euro/m2BGF) über einen Zeitraum von 50 Jahren berechnet. Dabei fließen Aspekte wie die Ver- und Entsorgung, die Reinigung und Pflege von Gebäuden sowie die Bedienung, Inspektion und Wartung gebäudetechnischer Anlagen in die Betrachtung ein. Zu diesen Kostengruppen werden zudem die Instandhaltung der Baukonstruktion und der technischen Gebäudeausrüstung, d. h. die Kosten für Ersatz und Erneuerung von Gebäudekomponenten, hinzugerechnet, die kurzlebiger sind als der Betrachtungszeitraum. Die Lebensdauern der zu erneuernden Gebäudekomponenten können dem Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundes entnommen werden. Die Rückbau- und Entsorgungskosten werden bei den bisherigen Versionen des Zertifikats noch nicht berücksichtigt. Soziokulturelle und funktionale Qualität Die soziokulturelle und funktionale Qualität bezieht sich vorrangig auf Aspekte wie Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit. Darüber hinaus werden in dieser Kategorie die Funktionalität und die gestalterische Qualität des Gebäudes bewertet. Mit der Messung bauphysikalischer Kriterien wie des thermischen, akustischen und visuellen Komforts oder der Innenraumhygiene werden Kennwerte für die Behaglichkeit der Nutzer ausgewiesen. Die Nutzerzufriedenheit wird anhand der Einflussmöglichkeit des Nutzers auf die Bereiche Lüftung, Sonnenschutz, Blendschutz, Temperatur und der Steuerung von Tages- und Kunstlicht am Arbeitsplatz überprüft. Weitere Bestandteile der Bewertung sind die außenraumbezogene Gebäudequalität und die Faktoren Sicherheit und Störfallrisiken, d. h. die Vermeidung von Gefahrensituationen. Die Funktionalität eines Gebäudes wird im Rahmen des DGNB-Systems durch Kriterien wie Barrierefreiheit, Flächeneffizienz, Umnutzungsfähigkeit, öffentliche Zugänglichkeit und den Fahrradkomfort beschrieben. Die Durchführung eines Architektenwettbewerbs und die Forderung nach Kunst am Bau sollen die gestalterische Qualität der Gebäude gewährleisten.

Technische Qualität Die Kriterien der technischen Qualität beschreiben die Minimierung des Energiebedarfs, die Sicherstellung der thermischen Behaglichkeit, die Vermeidung von Bauschäden und die Optimierung der Gebäudehülle. Zudem werden Maßnahmen beurteilt, die die Qualität der Brandschutzmaßnahmen sichern und den Schallschutz verbessern. Durch eine gezielte Reinigung, Wartung, Inspektion und Instandhaltung sollen die eingesetzten Materialien eine möglichst hohe Lebensdauer erreichen. Das Kriterium »Rückbaubarkeit, Recyclingfähigkeit und Demontagefreundlichkeit« fordert die Vermeidung umweltschädigender Abfälle und die Recyclingfähigkeit von Bauprodukten. Die Bewertung der technischen Gebäudeausrüstung ist in der Kriteriengruppe der technischen Qualität zukünftig vorgesehen, befindet sich jedoch noch in der Entwicklung. Prozessqualität Innerhalb der Prozessqualität steht die Qualität der Planung, der Bauausführung und des Gebäudebetriebs im Vordergrund. Geprüft und bewertet werden die Vorgehensweise einer auf das Gebäude abgestimmten Planung, die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren in Konzeption und Ausschreibung sowie die Durchführung von Variantenvergleichen (Energie-, Wasser-, Abfallkonzept etc.). Ziel ist die Optimierung des Gebäudes und seiner Bauteile. Im Rahmen der Bauausführung steht die Minimierung der Auswirkungen der Baustelle auf die Umwelt im Vordergrund (abfall-, lärm- und staubarme Baustelle), ebenso die Überprüfung und Dokumentation der festgelegten Planungsziele. Eine systematische Inbetriebnahme, d. h. die Einregulierung und Nachjustierung der gebäudetechnischen Anlagen durch einen Fachbetrieb, und die Erstellung eines Nutzerhandbuchs mit Wartungs-, Inspektions-, Betriebs- und Pflegeanleitungen sollen einen geregelten Betrieb gewährleisten. Standortqualität Die Standortqualität wird separat bewertet. Bei der Beurteilung spielen die Verhältnisse des Mikro- und Makrostandorts des Bauwerks sowie die daraus hervorgehenden Risiken eine wichtige Rolle. Zudem werden das Image und der Zustand des Quartiers bewertet. Mit dem Kriterium der Verkehrsanbindung soll die Erreichbarkeit des Gebäudes durch den öffentlichen Nahverkehr sichergestellt und verbessert werden. Darüber hinaus

DGNB

wird die Nähe und Bandbreite nutzungsspezifischer Einrichtungen wie Gastronomie, Nahversorgung, Freiräume, Bildung etc. abgefragt, die für die Lebensqualität der Nutzer und Besucher maßgeblich sind. Die Überprüfung der anliegenden Medien und der Erschließung soll bereits in der Planung, ebenso wie für zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten des Gebäudes, zusätzliche Alternativen für Energie- und Wasserkonzepte aufzeigen und ausreichende Versorgungsmöglichkeiten für mögliche weitere Bauabschnitte sichern.

Schutzgüter

natürliche Umwelt

natürliche Ressourcen

Gesundheit

ökonomische Werte

soziale und kulturelle Werte

Schutzziele Schutz der natürlichen Umwelt Schutz der natürlichen Ressourcen

Senkung der Lebenszykluskosten Erhalt der ökonomischen Werte

ökologische Qualität

ökonomische Qualität

22,5 %

22,5 %

Sicherung von Gesundheit / Behaglichkeit im Gebäude menschengerechtes Umfeld / Erhaltung sozialer und kultureller Werte

Bewertung soziokulturelle und funktionale Qualität 22,5 %

Zertifizierungsstufen

Speziell das DGNB Zertifikat leistet mit seiner ganzheitlichen Bewertung eine umfassende Beurteilung der Gebäudequalität, die zukünftig auch auf die nachhaltige Quartiers-, Stadt- und Regionalentwicklung ausgeweitet werden soll. Die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden und die Verwendung quantifizierbarer Kriterien und Indikatoren machen das DGNB-System zu einem einheitlichen, objektiv nachvollziehbaren Bewertungssystem. Ein bedeutender Fortschritt gegenüber herkömmlichen Systemen liegt darin, dass nicht nur die Hauptkriteriengruppen gegeneinander gewichtet werden, sondern auch die einzelnen Kriterien mit unterschiedlichen Bedeutungsfaktoren versehen sind. Je nach nationaler und gebäudespezifischer Bedeutung wurden den einzelnen Kriterien Gewichtungsfaktoren wie 1, 2 oder 3 zugeordnet. Am Ende der Bewertung wird die Gesamtpunktzahl errechnet. Hieraus ergibt sich der Erfüllungsgrad, d. h. das Verhältnis von erreichter zu erreichbarer Gesamtpunktzahl. Dieser wird als Note dargestellt, die dann wiederum einer Bronze-, Silber- oder Gold-Auszeichnung entspricht. Erreicht ein Gebäude mindestens 50 % der zu erreichenden Gesamtpunktzahl, wird diesem das Bronze-Zertifikat ausgestellt. Ab einem Erfüllungsgrad von 65 % erhält es die Silberplakette, ab 80 % das Zertifikat in Gold [50]. Die Gesamtnote berücksichtigt somit ökologische und ökonomische wie auch sozio-kulturelle und funktionale Aspekte und bewertet gleichzeitig die technische und planerische Leistung.

technische Qualität 10 %

Prozessqualität 22,5 %

Standortqualität (separate Bewertung, geht nicht in Gesamtnote ein) 2.40

2.41

2.40 Aufbau des DGNB Zertifikats mit Gewichtungsfaktoren 2.41 Luftbild (Fotomontage), Landkreisverwaltung und Kreisrat, Eberswalde

Landkreisverwaltung in Eberswalde, 2007 Architekten: GAP Generalplaner, Berlin Bauherr: Kreisverwaltung Barnim, Eberswalde Auditor: sol.id.ar planungswerkstatt Dr. Günther Löhnert, Berlin

Das Gebäudeensemble wurde als eines der ersten Projekte mit dem DGNB Zertifikat in Gold zertifiziert – mit der Gesamtnote 1,2 und der Standortbewertung 1,6. Ein Erdspeicher dient als einzige Wärme- und Kältequelle.

55

Zertifizierungssysteme im Detail

CASBEE (Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency) CASBEE (Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency) ist eine in Japan entwickelte Methode zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden (Abb. 2.42). Im Mittelpunkt steht ein umfassendes Bewertungs- und Qualitätskonzept, das die ökologische Qualität (Q, Building Environmental Quality) und die ökologischen Auswirkungen (LR, Building Environmental Load) des Gebäudes auf die Umwelt einbezieht. CASBEE wird in Japan als Planungsinstrument von Architekten, Planern und Gebäudebetreibern in Form einer Selbstbeurteilung (Selbstassessment) eingesetzt. Zahlreiche japanische Städte und Kommunen haben das CASBEE-Assessment in zum Teil angepasster Form übernommen und fordern es als Bestandteil der Baueingabeunterlagen. Zugleich ist CASBEE ein Zertifizierungssystem, bei dem eine unabhängige Zertifizierungsstelle die Gebäudeeigenschaften auf der Grundlage eines Assessments prüft und ein entsprechendes Zertifikat verleiht. Systeminitiative

In Japan besteht ein traditionell sehr enges Verhältnis zwischen Regierung und Industrie. Daher entstanden 2001 aus einer gemeinsamen Initiative der Industrie, Regierung und diverser Forschungseinrichtungen der Japan GreenBuilding Council (JaGBC) und das Japan Sustainable Building Consortium (JSBC). Sie entwickelten im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts das CASBEE-Bewertungssystem. Bei der Entwicklungsarbeit standen folgende Ziele im Vordergrund: • Die Methode soll herausragende, nachhaltige Gebäude auszeichnen und dadurch den Anreiz für Planungsteams und Entscheidungsträger steigern, nachhaltige Gebäude zu errichten. • Das Bewertungssystem soll klar verständlich und einfach anzuwenden sein und eine Vielfalt von unterschiedlichen Gebäuden und Nutzungen abdecken. • Die besonderen Bedingungen und Anforderungen Asiens und speziell Japans sollen berücksichtigt werden.

2.42

56

Die Weiterentwicklung und Verwaltung von CASBEE obliegt dem Japan Sustainable Building Consortium (JSBC). Für die Durchführung der Zertifizierungen sowie die Ausbildung und Zulassung der CASBEE-Auditoren ist das japanische Institute for Building Environment and Energy Conservation (IBEC)[51] zuständig. Dabei wird das IBEC durch elf externe Organisationen unterstützt. Marktdurchdringung

Im Rahmen einer freiwilligen Selbstbeurteilung wird CASBEE in Japan bei einer Vielzahl von Gebäuden angewandt. Dabei dient das System als Planungswerkzeug zur Einordnung und Optimierung des Gebäudes. CASBEE basiert auf lokalen, japanischen Normen, Standards und Vorschriften, ist einfach anwendbar und kann bereits in sehr frühen Planungsphasen konstruktiv eingesetzt werden. Aufgrund der Nachfrage nach einer unabhängigen Zertifizierung wurde im Jahr 2005 ein formelles Zertifizierungsverfahren gestartet und bei unterschiedlichen Gebäudetypen angewendet. Städte und Kommunen in Japan haben zu einer wesentlichen Verbreitung des Systems beigetragen, da sie es zur Umsetzung der staatlichen Umweltrichtlinien übernahmen. Bis Februar 2010 wurden 88 Gebäude zertifiziert, und bis März 2009 wurden 3859 Assessments als Teil der Baugenehmigung bei den Kommunen eingereicht. Zertifizierungsprozess

Die Anwendung von CASBEE ist in der Systemvariante für Neubauten vergleichbar mit anderen Zertifizierungssystemen in drei Stufen unterteilt. Das System kann zur Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes in jeder Planungs- und Bauphase angewendet werden. In der Vorplanungsphase wird ein erstes Assessment durchgeführt, und es werden mit Planern und Bauherren die Zielwerte der Gebäudeeigenschaften im Hinblick auf die in CASBEE beurteilten Kriterien erarbeitet. Am Ende der Planungsphase und nach Fertigstellung des Gebäudes wird das Assessment fortgeschrieben und anschließend eine finale Beurteilung und Zusammenstellung der Dokumentation vorgenommen (Abb. 2.45). Wird eine Zertifizierung angestrebt, werden die Dokumentationsunterlagen vom Planungsteam erarbeitet und von einem zugelassenen CASBEE-Auditor zusammengestellt. Diese reicht der Bauherr am Ende der Planungsphase und nach der Fertigstellung des Gebäudes bei der Zer-

tifizierungsstelle ein. Auf dieser Grundlage wird das entsprechende Zertifikat verliehen. Die Gültigkeit eines Zertifikats ist begrenzt: Bei Neubauten beträgt sie nach Ausstellung drei Jahre, bei Bestandsgebäuden fünf Jahre. Die Kriterien werden bei CASBEE weitgehend auf quantitativer Basis beurteilt. Jedoch erfordern einzelne Kriterien eine qualitative Bewertung und damit umfassende Kenntnisse in der Anwendung des Systems. Aus diesem Grund wurde vom IBEC ein Ausbildungs- und Zulassungsverfahren für CASBEE-Auditoren entwickelt. Sie müssen die Teilnahme an einem Ausbildungskurs, das erfolgreiche Bestehen des daran anschließenden Examens und eine offizielle Registrierung beim IBEC nachweisen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 400 Euro (50 000 Yen, Umrechnungskurs 125 Euro/Yen). In Japan gibt es 3800 zugelassene CASBEEAuditoren (Stand März 2010). Gebühren

CASBEE wird in Japan überwiegend als freiwilliger Standard durch das Planungsteam angewandt und in einer Vielzahl von Städten und Kommunen auf gesetzlicher Grundlage als Teil der Baugenehmigung verlangt. In diesen Fällen fallen keine Kosten an. Wird eine Zertifizierung durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle gewünscht, entstehen Registrierungs- und Zertifizierungsgebühren. Die Höhe ist dabei abhängig von der Projektgröße und der Anzahl der unterschiedlichen Nutzungsarten im Gebäude. Sie liegt bei 5400–14360 Euro (630000–1795000 Yen). Für eine Schule mit einer Bruttogrundfläche von 10 000 m² wird eine Gebühr von 6300 Euro (787 500 Yen) erhoben, bei einem Gebäudekomplex mit einem Einkaufszentrum und einem Hotel mit einer Bruttogrundfläche von 50 000 m² sind es 9828 Euro (1 228 500 Yen, Umrechnungskurs 125 Euro/Yen). Zertifizierungsstufen

Die Einstufung des Gebäudes erfolgt auf der Grundlage eines Gebäude-UmweltEffizienz-Indikators BEE (im Folgenden Gebäude-Umwelt-Faktor genannt), der aus dem Quotienten Q (ökologische Qualität des Gebäudes) und L (ökologische Auswirkungen des Gebäudes) ermittelt wird. Je nach dem erreichten GebäudeUmwelt-Faktor wird eine Beurteilung in fünf Qualitätsstufen unterteilt. Mit der höchsten Stufe S und der Beurteilung »Ausgezeichnet« werden Gebäude bewertet, welche die höchsten Ansprüche an nachhaltige Gebäude erfüllen. Die Be-

CASBEE

urteilungsstufe B+ mit der Beurteilung »Gut« stellt in dem System den Referenzwert dar und entspricht einem durchschnittlichen Neubau in Japan. Die niedrigste Bewertungsstufe C mit der Beurteilung »Schlecht« erhalten Gebäude, bei denen der gesetzliche Standard gerade eingehalten wird (Abb. 2.43).

Stufe

Beurteilung

Indikator BEE

Kennzeichen

S

Ausgezeichnet (Excellence)

BEE ≥ 3,0 oder Q ≥ 50

*****

A

Sehr gut (Very Good)

BEE = 1,5…3,0

****

B+

Gut (Good)

BEE = 1,0…1,5

***

B-

Ziemlich Schlecht (Fairly Poor)

BEE = 0.5…1,0

**

C

Schlecht (Poor)

BEE < 0.5

* 2.43

Systemvarianten

CASBEE ist für eine Vielzahl von Gebäudetypen und -nutzungen anwendbar und bietet Systemvarianten für Neubauten, Bestandsgebäude, temporäre Bauten und komplette Stadtquartiere (Abb. 2.44). Seit 2002 gibt es die CASBEE-Systemvariante für Büro- und Verwaltungsgebäude. CASBEE für Neubauten entstand im Jahr 2003, CASBEE für Bestandsgebäude 2004 und CASBEE für Sanierungen 2005 (Abb. 2.46, S. 58). Die Systemvariante für Neubauten kann für unterschiedlichste Nutzungsarten angewendet werden, wobei die Gewichtung einzelner Kategorien und Kriterien sich je nach Nutzungsart unterscheiden kann. Bei Fabriken werden ausschließlich die für die Nutzung durch Personen vorgesehenen Bereiche berücksichtigt, der Produktionsprozess selbst wird nicht betrachtet. Auch für Gebäude oder Gebäudekomplexe mit Mischnutzungen gibt es bei CASBEE eine entsprechende Bewertungsmethode (Abb. 2.47, S. 58). Die Kriterien werden dabei jeweils separat für die einzelnen Nutzungsarten bewertet. Anschließend wird das Bewertungsergebnis für den Gebäudekomplex ermittelt, indem die Ergebnisse der einzelnen Nutzungen entsprechend ihrem Flächenanteil gewichtet und addiert werden: • Bewertung Mischnutzung = Bewertung Einzelnutzung ≈ Flächenanteil

CASBEE für Vorentwurf

CASBEE für provisorische Bauten

CASBEE für Neubau

CASBEE für Neubau (Kurzversion)

CASBEE für Bestandsgebäude

CASBEE für Einsatz auf Kommunalebene

CASBEE für Sanierung

CASBEE für Mikroklima Stadtplanung CASBEE für Stadtplanung und Gebäude CASBEE für städtebauliche Entwicklung CASBEE für Stadtentwicklung (Kurzversion) 2.44

Vorplanungsphase

Planungsphase

Bauantragsunterlagen

Assessment 1

Zieldefinition

Bauphase

Planungsfestschreibung in Vertragsunterlagen

Assessment 2

Fertigstellung des Gebäudes

Fertigstellung des Gebäudes

Bei einer Zertifizierung werden die Dokumente in japanischer Sprache durch einen zugelassenen CASBEE-Auditor beim IBEC oder bei einer der elf externen Organisationen eingereicht. Das IBEC stellt zur Unterstützung der Dokumentation eine entsprechende Software kostenlos zur Verfügung. Diese kann auch in englischer Sprache von der Internetseite des IBEC bezogen werden. Die Softwareanwendung macht die Ergebnisse bei

Nichtwohnungsbau

Planungsphase

Dokumentationsanforderungen

CASBEE für Wohnhäuser (Einzelhäuser)

Vorentwurf

Die Formel ist sowohl für mehrere Gebäude auf einem gemeinsamen Grundstück als auch auf einen einzelnen Gebäudekomplex mit mehreren Nutzungen anwendbar.

Wohnungsbau

Assessment 3

Ergebnis 2.45

2.42 CASBEE-Logo 2.43 Übersicht der CASBEE-Zertifizierungsstufen 2.44 Systemvarianten, unterteilt in Wohnungsbau,

Nichtwohnungsbau und Stadtplanung 2.45 Phasen der Bewertung (Assessment) für die Systemvariante Neubau

57

Zertifizierungssysteme im Detail

Gebäudetyp

Nichtwohngebäude

Wohngebäude

Nutzungsart

Beispiel

Büro- und Verwaltung

Bürogebäude, Regierungsbauten, Bibliotheken, Museen, Postfilialen etc.

Schulen

Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien, Universitäten, Berufsschulen und andere Schularten

Einzelhandel

Einkaufscenter, Supermärkte etc.

Gastronomie

Restaurants, Kantinen, Cafés etc.

Hallen

Auditorien, Hallen, Veranstalltungsgebäude wie Bowlingbahnen, Sporthallen, Theater, Kinos, Spielhallen etc.

Fabriken

Fabriken (ausgenommen Fertigungsflächen), Garagen, Lagerhallen, Tribünen, Großhandelsmärkte etc.

Krankenhäuser

Krankenhäuser, betreutes Wohnen für Ältere, Pflegeheime für körperlich und geistig Behinderte etc.

Hotels

Hotels, Pensionen etc.

Wohnungen

Wohnungen etc.

CASBEE transparent und übersichtlich in Form grafischer Auswertungen. Dadurch sind die Einzelbewertungen bis auf die Ebene der einzelnen Kriteriengruppen erkennbar.

2.46

Nutzung A (Büro)

Nutzung B (Wohnen)

Nutzung C (Hotel)

Bewertungsergebnis A

Bewertungsergebnis B

Bewertungsergebnis C

Durchschnittswert entsprechend den Flächenanteilen der einzelnen Nutzungen (A, B, C)

Bewertungsergebnis Mischnutzung 2.47

hypothetische Grenzlinie Innerhalb der Grenzlinie erfolgt die Bewertung durch: Q, Qualität des Gebäudes (Quality). Rohstoffverbrauch, CO2-Emission aus Herstellung etc.

Außerhalb der Grenzlinie erfolgt die Bewertung durch: L, Belastung der Umwelt (Load). Luftverschmutzung, Lärmoder Wärmebelastung etc.

Nachbargebäude Nachbargebäude

2.48

Kurzzeichen

Kategorie

Fabrik

Sonstige

Q1

Innenraumqualität (Indoor Environment)

0,30

0,40

Q2

Nutzungsqualität (Quality of Service)

0,30

0,30

Q3

Außenraumqualität auf dem Grundstück (Outdoor Environment on-site)

0,40

0,30

LR1

Energiebedarf (Energy)

0,40

0,40

LR2

Ressourcen & Materialien (Resources & Materials)

0,30

0,30

LR3

Umwelt (Off-site Environment)

0,30

0,30 2.49

58

Systemstruktur

Der Fokus bei CASBEE liegt auf den Themenfeldern der Energieeffizienz, der Ressourcenschonung, der lokalen Umgebung und der Innenraumqualität. Die einzelnen Kriterien werden dabei jeweils der Gruppe der ökologischen Qualität des Gebäudes oder den Auswirkungen des Gebäudes auf die Umwelt zugeordnet. Die Trennung erfolgt auf der Grundlage einer hypothetischen Systemgrenze, die durch die Grundstücksgrenze sowie die Wirkungsfaktoren der betrachteten Nachhaltigkeitsaspekte definiert wird. Die ökologische Qualität des Gebäudes (Q) beurteilt die Verbesserung der Lebensqualität für die Gebäudenutzer innerhalb des abgeschlossenen Systems (privates Eigentum). Demgegenüber stehen die ökologischen Auswirkungen des Gebäudes (L) mit einer Beurteilung der negativen Aspekte des Gebäudes auf die Umwelt (öffentliches Eigentum) (Abb. 2.48). Grundlage der Bewertung und Beurteilung sind sechs Hauptkriteriengruppen, die den beiden Gruppen Q und LR zugeordnet werden: Qualität des Innenraums (Q1), Qualität der Nutzung (Q2), gebäudebezogene Außenraumqualität (Q3), Energie (LR1), Ressourcen und Materialien (LR2) und Umwelt (LR3) (Abb. 2.50 und 2.51). CASBEE baut dabei auf einer komplexen Bewertungsmethode auf und nutzt Gewichtungsfaktoren, um die einzelnen Kriterien auszubalancieren. Diese werden auf jeder Bewertungsebene angewendet. So werden die sechs Hauptkategorien abhängig vom Gebäudetyp und der Gebäudenutzung entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung gewichtet (Abb. 2.49). Die Gewichtungsfaktoren wurden nicht ausschließlich auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse festgelegt, sondern spiegeln die Relevanz, die den einzelnen Kriterien von Fachleuten (Architekten, Planern, Gebäudeeigentümern, Betreibern, Vertretern der öffentlichen Baubehörden) beigemessen wird, wider. Das IBEC möchte so sicherstellen, dass über die Bewertung der Nachhaltigkeit ein möglichst breiter gesellschaftlicher Konsens der beteiligten Gruppen besteht. Die Kategorien Q1, Q2 und Q3 werden der ökologischen Qualität des Gebäudes Q zugeordnet, die Kategorien LR1, LR2 und LR3 der ökologischen Aus-

CASBEE

5 Q1 Innenraumqualität

2 1

LR1 Energiebedarf

Außenraumqualität Q3 Bewertet wird die Verbesserung der Außenraumqualität auf dem Grundstück und in seiner unmittelbaren Umgebung im Zusammenhang mit Maßnahmen, die in direktem Zusammenhang mit dem Bauvorhaben stehen. Dies beinhaltet die Erhaltung und Erschaffung von Biotopen, die Stadt- und Landschaftsplanung sowie Ausstattungsmerkmale für die Nutzer wie Schutz gegen Niederschlag, Wind oder Sonne und Gemeinschaftsanlagen. Die Ästhetik und die Architektur der Außenanlagen finden hierbei jedoch keine Berücksichtigung. Energie LR1 Diese Hauptkriteriengruppe bewertet den Energiebedarf während der Nutzungsphase des Gebäudes. Ziel ist eine Minimierung des Verbrauchs an nicht erneuerbarer Energie. Die Reduktion des Treibhauspotenzials wird dagegen in der Hauptkriteriengruppe Umwelt (LR3) bewertet.

LR3 Umwelt

LR2 Ressourcen und Materialien 2.50

Kurzzeichen

Bewertungskategrorie

Q1

Innenraumqualität

Q2

Nutzungsqualität

Q3

Außenraumqualität

Q (Qualität)

BEE =

Nutzungungsqualität Q2 Der Fokus liegt hierbei auf funktionalen Aspekten des Innenraums und der gebäudetechnischen Anlagen, welche die Aktivitäten der Nutzer beeinflussen (z. B. Platzangebot am Arbeitsplatz, Verfügbarkeit von Teeküchen), Sicherheitsund Störfallrisiken (z. B. Erdbebensicherheit), Langlebigkeit der eingesetzten Komponenten sowie die künftige Umnutzungs- und Drittverwendungsfähigkeit des Gebäudes.

Q3 Außenraumqualität

4 3

L (Lasten)

Kurzzeichen

Bewertungskategrorie

LR 1

Energiebedarf

LR 2

Ressourcen und Materialien

LR 3

Umwelt 2.51 BEE=0,5

Good

Der Gebäude-Umwelt-Faktor BEE stellt das Grundkonzept der Bewertung von CASBEE dar. Er ermöglicht eine transparente Darstellung des erreichten Nachhaltigkeitsgrades. Das Ergebnis wird grafisch in einem x/y-Diagramm dargestellt. Darin wird Q auf der y-Achse und L auf der x-Achse aufgetragen. Die Steigung der geraden Linie im x/y-Diagramm durch den Ursprung (0,0) und das Wertepaar (Q, L) zeigt den erreichten Gebäude-Umwelt-Faktor. Je steiler die Gerade im Diagramm verläuft, desto nachhaltiger wird das Gebäude eingestuft. In Abb. 2.52 ist beispielsweise ein Gebäude mit einer Qualität Q von 77 (SQ = 4,08: Q = 25 · (4,08-1)) und einer Last L von 38 (SLR = 3,48: L = 25 · (5-3,48)) dargestellt. Daraus ergibt sich ein Gebäude-Umwelt-Faktor BEE von 2.0 und die Stufe A mit einer Beurteilung »Sehr gut«. Jede der sechs Hauptkriteriengruppen ist in mehrere Kriteriengruppen und die ihnen zugeordneten Einzelkriterien unterteilt. Die einzelnen Kriterien erhalten in Abhängigkeit von der erreichten Qualität eine Bewertung zwischen ein und fünf Punkten. Die kleinste Punktzahl repräsentiert die minimalen gesetzlichen und normativen Anforderungen in Japan. Eine Bewertung mit drei Punkten stellt den

Innenraumqualität Q1 Die Innenraumqualität übt einen wesentlichen Einfluss auf Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität der Gebäudenutzer aus. Die Hauptkriteriengruppe Q1 bewertet daher die Einflüsse auf die Qualität des Innenraums wie Raumakustik, thermischen Komfort, Tages- und Kunstlichtqualität sowie die Luftqualität.

Q2 Nutzungsqualität

Q (ökologische Qualität)

Die Werte für Q und L werden aus der erreichten Gesamtpunktzahl der Gruppe der ökologischen Qualität des Gebäudes (SQ) und aus der Gruppe der Auswirkungen des Gebäudes auf die Umwelt (SLR) ermittelt. Die ermittelte Bewertungsstufe (Stufe 1 bis 5) wird dabei für jede der beiden Gruppen auf einen Zahlenraum von 0 bis 100 über die nachfolgenden Formeln transformiert: • Q = 25 · (SQ -1) • L = 25 · (5 - SLR)

Referenzfall dar, welcher in etwa einem durchschnittlichen neuen Gebäude in Japan entspricht. Wie die Hauptkriteriengruppen werden auch die Kriteriengruppen auf der zweiten Ebene sowie die einzelnen Kriterien je nach Bedeutung gewichtet, abhängig vom Gebäudetyp und der Nutzung. Abb. 2.53 (S. 60) zeigt die Kriterien sowie die jeweiligen Gewichtungsfaktoren für die Nutzung Büro und Verwaltung am Beispiel der Systemvariante Neubau. Dabei verfolgen die sechs Hauptkriteriengruppen folgende Ziele:

100 77

S

BEE=1,5 A

BEE=1,0 B+

2,0 B-

50

BEE= 0,5

C Bad

wirkung des Gebäudes auf seine Umwelt. Dabei wird der Gebäude-Umwelt-Faktor BEE aus dem Quotienten Q (ökologische Qualität des Gebäudes) und L (ökologische Auswirkungen des Gebäudes auf die Umwelt) gebildet. Je höher die ökologische Qualität und je geringer die negativen ökologischen Auswirkungen des Gebäudes auf die Umwelt sind, umso höher ist die Qualität des Gebäudes bezogen auf die Nachhaltigkeitsziele des Systems. Dies wird bei CASBEE über den Gebäude-Umwelt-Faktor (Kurzbezeichnung BEE) ausgedrückt. Ein hoher BEEFaktor zeichnet besonders nachhaltige Immobilien aus (Abb. 2.52): • BEE = Q (Qualität)/L (Lasten)

38 0 Good

50

100 Bad L (Belastung der Umwelt) 2.52

2.46 Gebäudetypen und Nutzungsarten der Systemvariante Neubauten in CASBEE 2.47 Bewertungsmethode für Mischnutzungen in CASBEE 2.48 Definition der ökologischen Qualität und Auswirkungen des Gebäudes anhand hypothetischer Systemgrenzen 2.49 Gewichtungsfaktoren der Hauptkriteriengruppen 2.50 Der Radar-Chart der Hauptkriteriengruppen in CASBEE zeigt, in welchen Bereichen die Stärken und Schwächen des Gebäudes liegen. 2.51 Ermittlung des Gebäude-Umwelt-Faktors BEE 2.52 Ermittlung der Zertifizierungsstufe: Beispielhaft ist die Bewertung eines Gebäudes mit der Stufe A und der Beurteilung »Sehr gut« dargestellt.

59

Zertifizierungssysteme im Detail

Nr.

Hauptkriteriengruppe

LR1 Energie

Gewichtung

40 %

Nr. Kriteriengruppe

Gewichtung

1

Heizlast

30,0 %

2

Nutzung regenerativer Energien

20,0 %

3

Effizienz der technischen Gebäudeausrüstung

30,0 %

4

effizienter Betrieb der technischen Gebäudeausrüstung

20,0 %

1

Trinkwasserressourcen

15,0 %

Nr. Kriterium

3.1 Systeme für Heizung und Klimatisierung

45 %

3.2 Lüftungssysteme

15 %

3.3 Beleuchtung

30 %

3.4 Warmwasserbereitung

5%

3.5 Transportsysteme

5%

4.1 Beobachtung

50 %

4.2 Anlagenbedienung und Steuerung

50 %

1.1 Wassereinsparung

40 %

1.2 Regenwasser- und Grauwassernutzung

60 %

2.1 Verminderung des Materialbedarfs Weiterverwendung existierender 2.2 Gebäudestrukturen

Ressourcen LR2 und Materialien

LR3 Umwelt

30 %

2

Vermeidung von schadstoffbelasteten Materialien

22,0 %

1

Treibhauspotenzial

33,3 %

2

Auswirkungen auf die lokale Umwelt

33,3 %

30 %

1

2 Innenraumqualität

4

1

Q3

Nutzungsqualität

Außenraumqualität auf dem Grundstück

Akustik

thermischer Komfort

33,3 %

15,0 %

35,0 %

40 % 3

Q2

Auswirkungen auf das umliegende Umfeld

30 %

30 %

2

Beleuchtung

Luftqualität

Leistungsfähigkeit

25,0 %

25,0 %

40,0 %

Langlebigkeit und Zuverlässigkeit 31,0 %

3

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit

1

Erhaltung und Schaffung von Biotopen

2

Stadt- und Landschaftsplanung

40,0 %

3

lokale Besonderheiten und Qualität der Außenanlagen

30,0 %

29,0 %

7% 24 %

2.3

Nutzung wiederverwerteter Materialien (des strukturellen Tragwerks)

20 %

2.4

Nutzung wiederverwerteter Materialien (Bauschutt)

20 %

63,0 %

3

3

Q1

Reduzierung des Gebrauchs nicht wiederverwendbarer Ressourcen

Gewichtung

2.5 Bauholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft

5%

Verbesserung der Wiederverwertbarkeit 2.6 aller Komponenten und Materialien

24 %

Nutzung nicht schadstoffbelasteter Materialien

32 %

3.1

3.2 Vermeidung von FCKW und Halonen

68 %

2.1 Luftverschmutzung

25 %

2.2 Wärmeinseleffekt

50 %

2.3 Belastung der örtlichen Infrastruktur

25 %

3.1 Lärm, Vibrationen & Gerüche

40 %

Windbeeinträchtigung & Abschirmung 3.2 des Sonneneinfalls

40 %

3.3 Lichtverschmutzung

20 %

1.1 Geräuschpegel

40 %

1.2 Schalldämmung

40 %

1.3 Schallabsorption

20 %

2.1 Raumtemperaturregelung

50 %

2.2 Luftfeuchtigkeitsregelung

20 %

2.3 Art des raumlufttechnischen Systems

30 %

3.1 Tageslicht

30 %

3.2 Blendschutz

30 %

3.3 Beleuchtungsniveau

15 %

3.4 Regelbarkeit der Beleuchtung

25 %

4.1 Verschmutzungsquellen

50 %

4.2 Be-, Entlüftung (RLT)

30 %

4.3 Arbeits-, Ablaufplan

20 %

1.1 Funktion & Nutzen

40 %

1.2 Komfort

30 %

1.3 Wartung / Betreuung

30 %

2.1 Erdbebenbeständigkeit

48 %

2.2 Wartungszyklen der Komponenten

33 %

2.3 Zuverlässigkeit

19 %

3.1 räumliche Gestaltungsmöglichkeit

31 %

3.2 Boden-, Deckenbelastungsgrad

31 %

3.3 Anpassungsfähigkeit des Gebäudes

38 %

3.1 Beachtung der örtlichen Charakteristika und Verbesserung des Komforts

50 %

3.2 Verbesserung der thermischen Umgebung auf dem Grundstück

50 %

30,0 %

2.53

60

CASBEE

Ressourcen und Materialien LR2 Hier werden Materialflüsse bei der Erstellung des Gebäudes, der Trinkwasserbedarf während seiner Nutzung und die Vermeidung von umweltschädlichen Materialien und Baustoffen bewertet.

Stufe 1

CO2-Emission ist 125 % oder größer als der Referenzwert.

Stufe 2 Stufe 3

CO2-Emission entspricht Referenzwert.

Stufe 4 Stufe 5

CO2-Emission ist 75 % oder kleiner als der Referenzwert. 2.54

Umwelt LR3 Diese Hauptkriteriengruppe bewertet die Maßnahmen zur Reduzierung der negativen Auswirkungen von Gebäuden auf die globale und lokale Umwelt sowie das Umfeld außerhalb der Grundstücksgrenzen der Immobilie. Maßnahmen zur Vermeidung der Verschmutzung des Erdreichs und des Grundwassers gehen bei CASBEE nicht direkt in die Bewertung ein, da diese in Japan durch gesetzliche Vorgaben geregelt sind. Die Bewertung der CO2-Emissionen des Gebäudes (Kriterium Treibhauspotenzial) basiert auf einer Ökobilanzierung über den gesamten Lebenszyklus. Das Berechnungsverfahren nach CASBEE berücksichtigt die Herstellungsphase, die Nutzungsphase sowie den Abbruch des Gebäudes. Bewertungsgrundlage sind die jährlichen CO2-Emissionen bezogen auf einen Quadratmeter Bruttogrundfläche. Die erreichte Bewertungsstufe hängt ab vom Verhältnis der CO2-Emissionen des Gebäudes zu einem Referenzwert. (Abb. 2.54) Standards, Normen, Datenquellen

CASBEE bezieht sich weitestgehend auf japanische Normen und Standards. Die Beurteilung des thermischen Komforts basiert auf dem Komfortbereich entsprechend dem US-Standard ASHRAE 55 [52] sowie POEM-O [53] (eine japanische Methode zur Gebäudebewertung während der Nutzungsphase). Die Vorgaben für die Bewertung der Lüftungsraten stützen sich auf die japanische Norm SHASE-S102-2203 [54], und die energetische Beurteilung basiert auf den Vorgaben des japanischen Energieeinspargesetzes. Ausblick

Die Zielwerte und die Anforderungen der einzelnen Kriterien werden kontinuierlich weiterentwickelt und an die sich ändernden gesetzlichen Anforderungen und technischen Möglichkeiten angepasst. Es gibt aktuell keine offiziellen Bestrebungen seitens des Japan GreenBuilding Council oder des IBEC in Richtung einer Internationalisierung des CASBEE-Systems, obwohl es durchaus von japanischen Planern bei Projekten im Ausland angewendet wird.

2.55

2.53 CASBEE-Systemvariante Neubau: struktureller Aufbau der Gruppe Q (ökologische Qualität des Gebäudes) sowie der Gruppe L (ökologische Auswirkungen des Gebäudes auf die Umwelt), exemplarisch für Büronutzung 2.54 Bewertungsschema des Kriteriums LR 3-1 Treibhauspotenzial auf der Grundlage einer Bilanzierung der CO2-Emmission über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes 2.55 Luftbild, Breezè Tower, Osaka (J)

Breezè Tower in Osaka (J) 2008 Entwurfsarchitekt: Ingenhoven Architects, Düsseldorf Generalplaner: Mitsubishi Jisho Sekkei, Inc., Japan Bauherr: Sankei Building Cooperation, Osaka, Japan Auditor: Mitsubishi Jisho Sekkei, Inc., Japan Das Zertifizierungsergebnis des Gebäudes ist S »Ausgezeichnet« (BEE = 3,17). Eine gläserne Doppelfassade mit außenliegendem Sonnenschutz dient der natürlichen Belüftung der Innenräume. Begrünte Außenwände reduzieren den Wärmeinseleffekt.

61

Zertifizierungssysteme im Detail

MINERGIE Die Entwicklung des Schweizer Labels für energieeffiziente Gebäude verlief in den 1990er-Jahren parallel zu ähnlichen Aktivitäten anderer Länder wie der Etablierung der Bewertungssysteme LEED in den USA und BREEAM in Großbritannien. Ebenso wie LEED und BREEAM ist MINERGIE eine eingetragene Marke, die neben dem Umweltfaktor Energie die Verbraucherbedürfnisse Komfort, Werterhaltung und Wirtschaftlichkeit berücksichtigt (Abb. 2.56). Systeminitiative

Eines der wichtigsten Nachhaltigkeitsziele der Schweiz ist die Energieeinsparung bei Gebäuden. Nationale Energieprogramme (»EnergieSchweiz«) [55] oder Initiativen wie die 2000-Watt-Gesellschaft [56], die vom Gebäudebereich einen erheblichen Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs fossiler Energien fordert, fördern diese Ziele. Diese Bestrebungen werden im Schweizer Gebäudesektor seit 1998 durch MINERGIE unterstützt [58]. MINERGIE ist ein Label für neue und modernisierte Gebäude. Ziel ist ein hoher Wohn- und Arbeitskomfort für die Nutzer bei gleichzeitigem rationellem Energieeinsatz und der Nutzung erneuerbarer Energien. Die Anforderungen an den MINERGIE-Standard beruhen auf bestehenden Schweizer Normen und Vorschriften [59]. Nach privaten Initiativen und Pilotprojekten übernahmen die Kantone Zürich und Bern das Label im Jahr 1998, wodurch es einen offiziellen Charakter erhielt. Inzwischen wurden alle Rechte dem Verein MINERGIE übertragen, der ebenfalls 1998 gegründet wurde und der die Zertifizierung und das Marketing des Labels betreibt. Durch das weitgespannte Netzwerk aus Mitgliedern, Fachpartnern und Sponsoren sowie die Unterstützung durch Staat und Wirtschaft hat sich die Marke als Ziel-Standard für energieeffizientes Bauen in der Schweiz etabliert.

Das MINERGIE-Netzwerk besteht aus folgenden Organisationseinheiten: • Geschäftsstelle MINERGIE • Agentur Bau • MINERGIE-Agenturen Romandie und italienische Schweiz • MINERGIE-Zertifizierungsstellen und kantonale Energiefachstellen • MINERGIE-Fachpartner Die operative Führung liegt bei der Geschäftsstelle und der Agentur Bau [60]. Hierbei ist die Geschäftsstelle für das Marketing, die Kommunikation und den Markenschutz verantwortlich. Ihre weiteren Aufgabengebiete sind die Durchführung von Veranstaltungen, die Mitgliederarbeit, das Sponsoring und die Finanzen. Die Agentur Bau hingegen leistet vor allem fachlichen Input, insbesondere bei der Entwicklung der MINERGIEStandards und der Richtlinien. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Ausund Weiterbildung von Fachpartnern an Hochschulen und in den Planungsbüros sowie die Qualitätssicherung. Der 1999 gegründeten Agentur Bau folgten Zweigstellen in der Romandie und im Tessin, die spezifische regionale Eigenheiten in allen Landesteilen der Schweiz abdecken sollen. Die kantonalen MINERGIE-Zertifizierungs- bzw. Energiefachstellen bilden in jedem Kanton die zentrale Anlaufstelle für die Gebäudezertifizierungen mit dem Label MINERGIE und sind für alle technischen Fragen rund um die Zertifizierung zuständig, wie Zertifizierungsprozess, Förderbeiträge etc. Bei der Planung und Umsetzung von MINERGIE-Zertifizierungen werden die Investoren, Bauherren und Planer durch sogenannte MINERGIEFachpartner unterstützt, die Praxiserfahrung durch die Mitwirkung an mindestens zwei MINERGIE-Projekten oder eine MINERGIE-Fachpartner-Weiterbildung nachweisen können. Der Status des MINERGIE-Fachpartners muss jeweils innerhalb von drei Jahren durch zusätzliche Schulungen oder durch MINERGIEReferenzobjekte erneuert werden [61].

Organisation

Die Marke MINERGIE ist als Verein organisiert und wird von Bund, Kantonen und der Wirtschaft gemeinsam getragen. Derzeit zählt der Verein rund 360 Mitglieder.

2.56

62

Systemstruktur

MINERGIE ist ein freiwilliger Baustandard. Zurzeit werden etwa 13 % der Neubauten und 2 % der Sanierungen in der Schweiz nach MINERGIE zertifiziert, mit einem Schwerpunkt auf dem Wohnungsbau. Der MINERGIE-Standard ist in Ansätzen mit dem deutschen Niedrigenergiestandard vergleichbar. Die heutigen vier Standards MINERGIE, MINERGIE-P, MINERGIE-ECO und MINERGIE-P-ECO unterscheiden einer-

seits zwischen Neubauten und Modernisierungen, anderseits zwischen Gebäudekategorien. Neben den aufgeführten Standards für Gebäude bietet MINERGIE auch die Zertifizierung von gebäudetechnischen Bauteilen und Elementen an, wie von Fenstern, Türen oder Wand- und Dachelementen. Die Verwendung dieser MINGERIE-Module soll die MINERGIEZertifizierung eines Gebäudes erleichtern. Ihr Einsatz ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Mit dem MINERGIE-Standard können alle zwölf Gebäudekategorien der Schweizer Norm SIA 380/1 »Thermische Energie im Hochbau« (2009) zertifiziert werden. Bis auf Hallenbäder sind die genannten Gebäudetypologien auch mit dem MINERGIE-P-Standard bewertbar. Der ECO-Standard ist derzeit nur für neue Verwaltungsbauten, Schulen und Ein- und Mehrfamilienwohnhäuser anwendbar (Abb. 2.57). Der MINERGIE-Standard definiert sechs Grundanforderungen an ein Gebäude auf Basis der SIA 380/1 (2009) und der SIA 380/4 »Elektrische Energie im Hochbau« (Abb. 2.58 a) [62]: • Primäranforderungen an die Gebäudehülle zur Sicherung einer nachhaltigen Bauweise • Lufterneuerung mittels einer KomfortLüftung • MINERGIE-Grenzwert (gewichtete Energiekennzahl für den Endenergieaufwand für Raumheizung, Wassererwärmung und Lufterneuerung) • Nachweis über den thermischen Komfort im Sommer • Zusatzanforderungen, je nach Gebäudekategorie für Beleuchtung sowie gewerbliche Kälte- und Wärmeerzeugung • Begrenzung der Mehrkosten gegenüber konventionellen Vergleichsobjekten auf maximal 10 % Im Jahr 2001 folgte der MINERGIE-PStandard. Damit werden Gebäude zertifiziert, die einen noch niedrigeren Energieverbrauch, d. h. Heizwärmebedarf und gewichtete Energiekennzahl, als MINERGIE anstreben – gleichzeitig dürfen die Mehrkosten maximal 15 % höher sein als bei konventionellen Vergleichsobjekten. Das schweizerische MINERGIE-PLabel ist vergleichbar mit dem deutschen Passivhaus-Standard. Folgende Zusatzanforderungen zum MINERGIE-Standard sind einzuhalten (Abb. 2.60, S. 64): • spezifischer Wärmeleistungsbedarf • Einsatz von erneuerbaren Energien • Luftdichtigkeit der Gebäudehülle

MINERGIE

• Einsatz von energieeffizienten elektrischen Haushaltgeräten

Gebäudekategorien

MINERGIE

MINERGIE-P

MINERGIE-ECO

MINERGIE-PECO

Wohnen I (Mehrfamilienhäuser)









Wohnen II (Einfamilienhäuser)







Seit 2006 wird in der Schweiz in Abstimmung mit den Kriterien der SIA Empfehlung 112/1 »Nachhaltiges Bauen – Hochbau« das Nachweisverfahren MINERGIEECO für Verwaltungsbauten, Schulen und Ein- und Mehrfamilienhäuser angewendet. Eine Erweiterung für Sanierungen ist in Vorbereitung. Das Gebäudelabel ergänzt den MINERGIE-Standard um gesundheitliche und bauökologische Qualitäten [63]. Es entstand aus einer Kooperation zwischen den Vereinen ecobau, einer Plattform für öffentliche Bauherrenschaften von Bund, Kantonen, Städten, und MINERGIE. Die Bewertungskriterien bei MINERGIEECO bestehen aus dem MINERGIENachweis zur Bewertung des Betriebsenergieverbrauchs sowie einem Fragenkatalog zur Beurteilung der Bauweise hinsichtlich ökologischer und gesundheitlicher Aspekte. Dieser Katalog deckt die Hauptkriterien Bauökologie (Umweltbelastung, Rohstoffe und Rückbau) und Gesundheit (Raumluft, Licht und Lärm) ab (Abb. 2.59 und 2.61, S. 64) [64, 65]. Zur Materialentscheidung stehen im Rahmen von MINERGIE-ECO die auf www.eco-bau.ch publizierten Ökowerkzeuge zur Verfügung: die ECO-BKP 2009 – Merkblätter Ökologisch Bauen [66], die ökologische Leistungsbeschreibung eco-devis [67] und die SIA D 0200 »snarc-Systematik zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Architekturprojekten für den Bereich Umwelt« [68]. Für den Bereich Baustoffmanagement definiert ein Zusatzmodul die Anforderungen und Kriterien bezüglich einer optimierten Rückbaufähigkeit von Bauteilen und der Verwendung von Recyclingbaustoffen und -produkten. Die gesundheitlichen Aspekte werden auf der Basis von Fragenkatalogen (z. B. zu Raumluftmessungen) und nachfolgenden Normen zertfiziert: Lärm (SIA 181 »Schallschutz im Hochbau«), Licht (SIA 380/4 »Elektrische Energie im Hochbau«) sowie Innenraumklima (Norm SIA 382/1 »Technische Anforderungen an lüftungstechnische Anlagen«, SWKI 2003-5). Zudem müssen MINERGIEECO-Gebäude Ausschlusskriterien für Einzelanforderungen, wie z. B. den Verzicht auf Biozide und Holzschutzmittel in Innenräumen, erfüllen und Mindesterfüllungsgrade bei den Kriterien einhalten (Abb. 2.62, S. 65). Als Weiterentwicklung von MINERGIEECO wurde im Jahr 2008 ein System-



Verwaltungsbauten









Schulbauten









Verkauf





Restaurants





Versammlungslokale





Krankenhäuser





Industrie





Lager





Sportbauten





Hallenbäder



Zusatzanforderungen

Lüftungsanlage

Primäranforderung (Heizwärmebedarf)

gewichtete Energiekennzahl

Kategorie

2.57

I

38 kWh/m2 Wohnen MFH für RH, WW, el. Lüftung 1

Qh ≤ 90 % Qh,ll

2

vorausgesetzt

keine Anforderungen Empfehlung für Haushaltsgeräte: Energie-Etikette Klasse A

II

Wohnen EFH

38 kWh/m2 für RH, WW, el. Lüftung 1

Qh ≤ 90 % Qh,ll

2

vorausgesetzt

keine Anforderungen Empfehlung für Haushaltsgeräte: Energie-Etikette Klasse A

III

Verwaltung

40 kWh/m2 für RH, WW, el. Lüftung 1

Qh ≤ 90 % Qh,ll

2

vorausgesetzt

Beleuchtung nach SIA 380/4

IV

Schulen

40 kWh/m2 für RH, WW, el. Lüftung 1

Qh ≤ 90 % Qh,ll

2

vorausgesetzt

Beleuchtung nach SIA 380/4

1

Raumheizung, Warmwasser, elektrische Lüftung Qh, II = Grenzwert nach SIA 380/1

2

Zusatzanforderungen –

II

Wohnen EFH

30 kWh/m2

Qh ≤ 60 % Qh,ll 1 10 W/m2 ja 0,6 h oder Qh ≤ 15 kWh/m2

ja



III

Verwaltung

25 kWh/m2

Qh ≤ 60 % Qh,ll 1 oder 10 W/m2 ja 0,6 h Qh ≤ 15 kWh/m2

ja

Beleuchtung nach SIA 380/4 Lüftung/Klima gemäß SIA 380/4

IV

Schulen

25 kWh/m2

Qh ≤ 60 % Qh,ll 1 10 W/m2 ja 0,6 h oder Qh ≤ 15 kWh/m2

ja

Beleuchtung nach SIA 380/4 Lüftung/Klima gemäß SIA 380/4

1

gewichtete Energiekennzahl

Luftdichtigkeit (n50,st-Wert)

ja

Lüftungsanlage

Qh ≤ 60 % Qh,ll 1 oder 10 W/m2 ja 0,6 h Qh ≤ 15 kWh/m2

spezifischer Wärmeleistungsbedarf (bei Luftheizung)

Wohnen MFH 30 kWh/m2

Primäranforderung (Heizwärmebedarf)

I

Kategorie

energieeffiziente elektrische Geräte

a

Qh, II = Grenzwert nach SIA 380/1

b 2.58

2.56 MINERGIE-Logo 2.57 Gebäudekategorien MINERGIE, MINERGIE-P, MINERGIE-ECO und MINERGIE-P-ECO

2.58 Anforderungen für Neubauten a MINERGIE-Standard b MINERGIE-P-Standard

63

Zertifizierungssysteme im Detail

MINERGIE-ECO

geringe Umweltbelastung

mehr Lebensqualität

MINERGIE

ECO

Komfort • hohe thermische Behaglichkeit durch gut gedämmte und dichte Gebäudehülle • hohe Behaglichkeit durch sommerlichen Wärmeschutz • systematische Lufterneuerung, vorzugsweise mit Komfortlüftung, bei Neubauten und Wohnbausanierungen

Gesundheit • optimierte Tageslichtverhältnisse • geringe Lärmimmissionen • geringe Schadstoffbelastung der Raumluft durch Emissionen von Baustoffen • geringe Immissionen durch ionisierende Strahlung (Radon)

Licht

Energieeffizienz Für eine definierte Nutzung liegen der • gesamte Energieverbrauch um mindestens 26 % und der • fossile Energieverbrauch um mindestens 50 % unter dem durchschnittlichen Stand der Technik.

Bauökologie • gut verfügbare Rohstoffe und hoher Anteil an Recyclingbaustoffen • Baustoffe mit geringer Umweltbelastung bei der Herstellung und Verarbeitung • einfach rückbaubare Konstruktionen mit Baustoffen, die verwertet oder umweltschonend entsorgt werden können

Rohstoffe

Lärm

Raumluft

Herstellung

Rückbau

2.59

nachweis erarbeitet. Er soll das Gebäudelabel künftig vereinfachen und verbessern, sodass es neben Neubauten auch auf sanierte Altbauten anwendbar wird und zudem eine quantitative Bewertung möglichst vieler Kriterien durch eine Ökobilanz ermöglicht. Der Nachweis soll die Erfassung und Bewertung des Energieverbrauchs, der Umweltbelastung durch Baustoffe und gesundheitlicher Aspekte in einem einzigen Softwaretool zusammenführen. Zusätzlich wurde in den Systemnachweis die Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) integriert. Die Grundprinzipien der jetzigen Bewertung anhand von Betriebsenergie, Bauökologie und Gesundheit wurden übernommen, die Methode jedoch grundlegend überarbeitet (Abb. 2.63) [69]. Zertifizierungsprozess

Bei allen Gebäuden, die mit dem Label MINERGIE ausgezeichnet werden, folgen der Zertifizierungsprozess und das Nachweisverfahren einem vorgegebenen Schema. Neben dem klassischen Systemnachweis nach der Schweizer Norm SIA 380/1 kann man beim Nachweis des MINERGIE-Standards bei Wohnbauten bis 500 m2 Energiebezugsfläche (EBF) zusätzlich auf ein Standardlösungsverfahren, d.h. ein vereinfachtes Nachweisverfahren, zurückgreifen, bei dem eine von fünf Standardlösungen wählbar ist. Zur Bewertung von MINERGIE-ECOProjekten dient zusätzlich ein EDVgestützter Fragenkatalog. Der Weg zum Zertifikat gliedert sich bei allen MINERGIE-Standards in vier Schritte [70]:

MINERGIE-P

MINERGIE erneuerbare Energien empfohlen erforderlich Heizwärmebedarf 90% Grenzwert 60% Grenzwert SIA 380/1:2009 SIA 380/1:2009 Luftdichtung gut geprüft Wärmedämmung 20–25 cm 20–35 cm Wärmeschutzverglasung zweifach dreifach

Wärmeverteilung übliche Verteilung Luftheizung möglich A-Haushaltsgeräte empfohlen erforderlich kontrollierte Wohnungslüftung empfohlen erforderlich Wärmeleistungsbedarf keine Anforderung max. 10 W/m² (bei Luftheizung) 38 kWh/m²

gewichtete Energiekennzahl

30 kWh/m² 2.60

Planungsinstrumente als Basis des Fragenkatalogs

Licht

SIA 380/4 Elektrische Energie im Hochbau (Tageslicht)

Lärm

SIA 181 Schallschutz im Hochbau

Raumluft

Innenraumklima, SIA 382/1, SWKI 2003-5

Zusatzfragen

z. B. Raumluftmessungen

Rohstoffe Herstellung

BKP-Merkblätter, eco-devis, Modul Recyclingbaustoffe, SIA D 0200 SNARC

Rückbau

Modul Rückbaueignung

Zusatzfragen

Wettbewerb nach SNARC, Bauprodukte-Label

Bauökologie

Gesundheit

Kriterien

Zertifikat MINERGIE-ECOGesamtbewertung

2. Schritt: Zusicherung – provisorische Zertifizierung • MINERGIE, MINERGIE-P und MINERGIE-ECO: Prüfung der Unterlagen durch die Zertifizierungsstelle und Zusicherung der Zertifizierung, d. h. Ausstellen eines provisorischen Zertifikats

Gesundheit

Bauökologie

2.61

64

1. Schritt: Antrag • MINERGIE und MINERGIE-P: Einreichen des Antrags auf Basis des Baubewilligungsantrags bei der kantonalen Zertifizierungsstelle (Berechnung nach SIA-Norm 380/1 »Thermische Energie im Hochbau« und MINERGIE bzw. MINERGIE-Nachweise) • MINERGIE-ECO: Beantragen der Zertifizierung des Objekts nach MINERGIEECO anhand des »ECO-Dossiers Planung« bei der kantonalen Zertifizierungsstelle

MINERGIE

3. Schritt: Baubestätigung – Realisierung • MINERGIE: Melden der Baufertigstellung (mit der Baubestätigung) sowie der planungskonformen Realisierung • MINERGIE-P: zusätzliche Durchführung und Protokollierung des Blower-DoorTests • MINERGIE-ECO: zusätzliche Einreichung des aktualisierten ECO-Dossiers »Ausführung« vor Fertigstellung des Gebäudes

Gesundheit:

Bauökologie:

nutzungsbezogene Ausschlusskriterien

absolute Ausschlusskriterien

· · ·

Biozide und Holzschutzmittel in Innenräumen

·

schwermetallhaltige Baustoffe (Blei sowie großflächige Außenanwendungen von blanken Kupfer-, Titan-Zink- und verzinkten Stahlblechen ohne Metallfilter für das anfallende Niederschlagswasser)

·

Nutzungsbezogene Kriterien sind in den Hauptnutzflächen (Büro, Klassenzimmer, Wohnräume etc.) zu erfüllen.

·

kein Einsatz von Recycling-Beton (falls im Umkreis von 25 km verfügbar)

·

außereuropäisches Holz ohne Nachhaltigkeitszertifikat

· ·

Schallschutzverglasungen mit SF6-Gas-Füllung

bestimmte lösemittelhaltige Produkte großflächiger Einsatz von Holzwerkstoffen, die Formaldehyd emittieren

Montage- und Füllschäume 2.62

4. Schritt: definitive Zertifizierung • MINERGIE, MINERGIE-P und MINERGIE-ECO: Aushändigen des Labels bzw. Prüfung des ECO-Dossiers und Durchführung von Stichproben zur Qualitätsprüfung am fertiggestellten Gebäude bzw. während der Bauphase; Anerkennung des Labels

Gesamtbewertung Systemnachweis Baustoffe /Bauweise

Betriebsenergie

Wohlbefinden /Gesundheit ECO-Ausschlusskriterien

ECO-Ausschlusskriterien Fragenkatalog Themen: Materialwahl, Gebäudekonzept

Minergie-Nachweis Thema: Betriebsenergie

Fragenkatalog Themen: Lärm, Schadstoffe, Tageslicht

Marktdurchdringung

Ebenso wie die Zertifizierungsmethoden LEED, BREEAM oder DGNB genießt der Baustandard MINERGIE in der Schweiz eine breite Akzeptanz. Hierbei überzeugen der Wohnkomfort, das Kosten-NutzenVerhältnis und die freien Gestaltungsmöglichkeiten. Bis Ende 2009 wurden bereits 14 686 Gebäude nach MINERGIE, 538 nach MINERGIE-P, 60 nach MINERGIEECO und 52 nach MINERGIE-P-ECO zertifiziert [71]. Auch international beginnt sich der MINERGIE-Standard zu etablieren. Im Dezember 2006 wurde eine Zweigstelle in Frankreich eröffnet.

Ökobilanzierung Baustoffe

Ökobilanzierung Betriebsenergie (Primärenergiefaktoren)

Raummodul Themen: TVOC, Formaldehyd 2.63

Gebühren

Für die Erstellung des MINERGIE-Zertifikats fallen Gebühren an, die an die Zertifizierungsstelle zu zahlen sind. Ihre Höhe variiert je nach MINERGIE-Standard, nach Gebäudekategorie sowie je nach Einzel- bzw. Mehrfachanwendung (z. B. bei Typen- oder Systemhäusern). In Abhängigkeit von der Quadratmeterzahl der Energiebezugsfläche (EBF) des Gebäudes variieren sie zwischen 600 € (900 Schweizer Franken) und 10 250 € (15 500 Schweizer Franken) (Stand 2010) [72]. Einzelne Kantone und Schweizer Banken unterstützen den Bau von MINERGIEBauten finanziell und bieten hierzu Fördermaßnahmen und zinsgünstige Kredite wie Öko-Kredite, MINERGIE-Hypotheken oder Umweltdarlehen an. Die Förderbeiträge orientieren sich meist an der Wirtschaftlichkeit des Gebäudes. Unterstützt werden beispielsweise die Zertifizierungskosten, die Gebäudedichtheitsprüfung oder Anlagen zur Gewinnung von erneuerbarer Energie [73].

2.64 2.59 Aufbau des MINERGIE-ECO-Standards 2.60 Unterschiede in den Anforderungen des MINERGIE- und MINERGIE-P-Standards 2.61 Planungsinstrumente und Kriterien von MINERGIE-ECO 2.62 Ausschlusskriterien von MINERGIE-ECO 2.63 Systemnachweis zur Weiterentwicklung von MINERGIE-ECO 2.64 Ansicht von Nordwesten, Mehrfamilienhaus, Liebefeld (CH)

Mehrfamilienhaus in Liebefeld (CH) 2007 Architekten: Halle 58 Architekten, Peter Schürch, Bern Bauherr: Halle 58 Architekten, Peter Schürch, Bern Auditor: Gartenmann Engineering, Bern Das Gebäude erreicht den MINERGIE-P-ECO-Standard. Die Pelletheizung wurde mit einer ca. 20 m2 großen solarthermischen Anlage aus Flachkollektoren auf dem Dach ergänzt. In Verbindung mit einem Speicher im Keller deckt sie den Energiebedarf zur Trinkwassererwärmung zu ca. 75 %.

65

Zertifizierungssysteme im Detail

HQE (Haute Qualité Environnementale) Für den französischen Immobilienmarkt wurden in den letzten Jahren zahlreiche Instrumente zur Bewertung der nachhaltigen Qualität von Gebäuden entwickelt. Das am häufigsten angewendete Zertifikat in Frankreich ist das HQE-Gütesiegel. Die Abkürzung HQE steht für »Haute Qualité Environnementale« und lässt sich sinngemäß als »hohe Umweltqualität« übersetzen. Aufgrund der Tatsache, dass das System zum Großteil nur auf Französisch zur Verfügung steht, sind die Inhalte des HQE-Gütesiegels außerhalb Frankreichs kaum bekannt. Erst in den letzten Jahren wurden der Öffentlichkeit auch verschiedene Dokumente auf Englisch zugänglich gemacht. Systeminitiative

Die Ursprünge des HQE-Nachhaltigkeitsgütesiegels reichen knapp 15 Jahre zurück (Abb. 2.66). Im Dezember 1995 wurde die Marke »HQE« beim INPI (französisches Marken- und Patentamt) eingetragen und im darauffolgenden Jahr die HQE-Vereinigung (Association HQE) gegründet, die 2004 als gemeinnützig anerkannt wurde [74]. Mitglied der HQE-Vereinigung können nur öffentliche Einrichtungen und Verbände der Baubranche werden, nicht aber Firmen und Einzelpersonen. Ziel ist es, die Gesamtheit der Akteure der Baubranche zu repräsentieren (Bauherren, Baufirmen, Hersteller, Planer etc.), um die ökologische Qualität von Gebäuden zu verbessern und weiterzuentwickeln [75]. Inhaber der geschützten Marken »HQE« und »Démarche HQE« ist der französische Industrieverband für Bauprodukte AIMCC (Association des Industriels de Matériaux, Produits, Composants et Equipements pour la Construction) [76, 77], wobei HQE den Nachhaltigkeitsstandard und Démarche HQE den damit verbundenen Zertifizierungsprozess bezeichnet. Die HQE-Vereinigung besitzt das kostenlose und alleinige Nutzungsrecht des Labels HQE, besiegelt durch einen 1999 mit dem Industrieverband AIMCC geschlossenen Lizenzvertrag [78].

2.65

66

Die HQE-Vereinigung befasst sich nur mit den übergeordneten Fragestellungen rund um das Gütesiegel. Die Durchführung der Zertifizierungen wurde an die Einrichtung AFNOR Certification vergeben [79]. Sie ist u. a. für die Vermarktung des Labels »NF« (Norme Française) zuständig, welches die Konformität mit der französischen Normung von Produkten und Serviceleistungen bescheinigt [80]. Mit einer 2004 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der HQE-Vereinigung und AFNOR Certification wurden die HQE-Regelwerke und Kriterien in der französischen Normung verankert und der Zusatz NF wurde Bestandteil des Logos des französischen Gütesiegels (Abb. 2.65) [81]. Die Erstellung der HQE-Handbücher und -Steckbriefe sowie die Gebäudezertifizierungen und Vergabe des Labels hat die Institution AFNOR Certification an die Gesellschaften Certivéa, Céquami und Cerqual abgegeben (Abb. 2.71, S. 69). Diese sind Tochtergesellschaften der gemeinnützigen Vereinigung Qualitel und des staatlichen Wissenschaftszentrums für das französische Bauwesen CSTB (Centre Scientifique et Technique du Bâtiment) [82, 83, 84]. Systemstruktur

Alle HQE-Zertifizierungsvarianten bauen auf zwei Bestandteilen auf. Diese bilden die Hauptsäulen des prozess- und ergebnisorientierten Ansatzes des französischen Systems (Abb. 2.67): • SMO (Système de Management de l’Opération): Projektmanagementsystem • QEB (Qualité Environnementale du Bâtiment): ökologische Gebäudequalität Das Projektmanagementsystem (SMO) umfasst alle organisatorischen und prozessorientierten Bauabläufe, die es dem Bauherrn ermöglichen, ein Anforderungsprofil für die ökologische Gebäudequalität (QEB) zu erstellen. Die QEB basiert auf 14 Bewertungszielen, die sich wiederum in 42 Unterziele und 159 Einzelindikatoren gliedern (Abb. 2.72, S. 69). Die 14 HQEZiele teilen sich in folgende vier Bereiche auf: • ökologische Konstruktion (Einbindung des Gebäudes in die Umgebung, Berücksichtigung der Baumethoden und -produkte während der Planung etc.) • ökologisches Management (Energieund Wasserverbrauch, Müllaufkommen und Instandhaltung des Gebäudes) • Komfort (Luftfeuchtigkeit, Raumakustik, Licht und Behaglichkeit)

• Gesundheit (sanitäre Einrichtungen, Luft- und Wasserqualität) Diese Systematik ist bei allen Gebäudetypen ähnlich. Die Inhalte werden jedoch stets an die jeweilige Gebäudevariante und Lebenszyklusphase angepasst und zum Teil mit zusätzlichen Bewertungsbausteinen ergänzt. Die Inhalte und Abläufe des Gütesiegels sind in Handbüchern und diversen Regelwerken in Abhängigkeit vom zu bewertenden Gebäudetypus beschrieben: • allgemeine Vorschriften der Marke NF • HQE-Zertifizierungsvorschriften der Marke NF • Handbuch Projektmanagementsystem • Handbuch ökologische Gebäudequalität: Beschreibung der 14 Bewertungsziele und Indikatoren • Leitfaden für das Handbuch ökologische Gebäudequalität • weitere Regelwerke Zertifizierungsstufen

Zahlreiche Gütesiegel beurteilen die Gebäudequalität anhand von Erfüllungsgraden oder mit Auszeichnungen wie Gold, Silber oder Bronze. Das französische HQE-Label hat einen anderen Ansatz: Anstelle das Gebäude nach Bewertungsstufen zu bemessen, zertifiziert man mit dem HQE-Standard die Einhaltung vorgegebener Ziele. Im Gegensatz zu anderen Bewertungsmethoden, bei denen eine Gewichtung der einzelnen Steckbriefe oder Kategorien vorgegeben wird, ist bei der HQEMethode jedes Ziel gleichbedeutend und teilt sich lediglich in drei Bewertungsebenen auf. Bei jedem der 14 Bewertungsziele, auf denen die ökologische Gebäudequalität (QEB) basiert, kann ein sehr gutes, gutes oder ein Basis-Niveau erreicht werden [85]: • Basis-Niveau: aktuelle Gesetzeslage und Stand der Technik • gutes Niveau: gehobene Bauausführung • sehr gutes Niveau: derzeit bestmögliche Bauausführung und Technologien Im Rahmen des Bewertungsprozesses gilt es, gebäudespezifische Mindestanforderungen der ökologischen Gebäudequalität (QEB) sowie die Vorschriften des Projektmanagementsystems (SMO) einzuhalten. Die Mindeststandards der Indikatoren variieren in Abhängigkeit vom Gebäudetypus, allerdings ist bei allen Zielen mindestens das Basis-Level zwingend zu erfüllen. Bei allen Gebäudetypen und Zertifizierungsvarianten muss außer-

HQE

dem ein sogenanntes minimales ökologisches Profil eingehalten werden, bei dem mindestens drei der 14 Ziele auf einem sehr guten Niveau, mindestens vier auf einem guten Niveau und die restlichen sieben Aspekte mindestens auf dem Basis-Niveau erfüllt werden (Abb. 2.68) [86]. Trotz fehlender Auszeichnung und Gesamtbewertung sind HQE-zertifizierte Gebäude miteinander vergleichbar: Bei der Beurteilung der 14 Ziele der ökologischen Gebäudequalität wird jedem Bewertungskriterium des HQE-Gebäudezertifikats eine der drei Bewertungsstufen zugewiesen. Im Bereich des Nichtwohnungsbaus (mit Ausnahme von Industriebauten; frz.: bâtiments tertiaires) wurden zudem von verschiedenen Institutionen spezielle Darstellungsformen entwickelt, um die Gesamtergebnisse der HQE-Zertifizierungen besser vergleichen zu können. So stellt die Zertifizierungsstelle Certivéa Übersichten aller zertifizierten Gebäude dieses Gebäudesektors zur Verfügung [87, 88] und weist dem ökologischen Profil eines jeden Gebäudes mit Hilfe einer Farbskala (dunkelblau = sehr gutes Niveau, hellblau = gutes Niveau, grau = Basis-Niveau) ein spezielles Bewertungsergebnis zu. Das auf dem Immobilienmarkt tätige Unternehmen DTZ hat zu Vergleichszwecken ein eigenes Bewertungssystem für Nichwohngebäude entwickelt [89]. Hierbei erhält jedes der 14 Ziele eine Note von 1 bis 3 (Abb. 2.69): • Note 1 für Ziele, die auf dem BasisNiveau erfüllt wurden • Note 2 für Ziele, die auf gutem Niveau erfüllt wurden • Note 3 für Ziele, die auf sehr gutem Niveau erfüllt wurden Auch für die Bewertung von Logistikzentren hat sich eine eigene Gebäudeauszeichnung etabliert. Zusätzlich zur HQE-Bewertung können diese nach der AFILOG-Bewertungsmethode eingestuft werden. AFILOG ist eine im Jahr 2001 gegründete Vereinigung, welche die Interessen der Logistikindustrie im Bausektor vertritt [90]. Die Methode baut auf dem Bewertungsschema der ökologischen Gebäudequalität (QEB) auf. Zusätzlich zu den 14 Zielen der QEB kommen noch folgende zwei Themenblöcke hinzu: • Thema A: Arbeitsbedingungen • Thema B: Anpassung des Gebäudes an die Logistikprozesse (Optimierung der Oberflächen, funktionelle Anordnungen, Konzeption der Ladezonen etc.)

Jahr Ereignis 1995 Schutz der Marke HQE (Inhaber der Marke: AIMCC) 1996 Gründung der HQE-Vereinigung 1999 Lizenzvertrag zwischen AIMCC und der HQE-Vereinigung 2002 Vorstellung des HQE-Zertifizierungsmodells durch HQE-Vereinigung 2003 Schutz der Marke Démarche HQE 2004

Vereinbarung zwischen AFNOR Certification und HQE-Vereinigung zur gemeinsamen Nutzung der Marken NF Ouvrage und Démarche HQE

2004 Anerkennung der HQE-Vereinigung als gemeinnützige Organisation 2005 Start HQE-Zertifizierung von Nichtwohngebäuden (Neubau und Renovierung) 2007 Start HQE-Zertifizierung von Einfamilienhäusern (Neubau) 2007

Start HQE-Zertifizierung von Mehrfamilienhäusern, Wohnungen und Wohnsiedlungen (Neubau und Renovierung)

2008 Gründung der SB Alliance durch BRE und CSTB 2009

Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen BRE und CSTB zur Angleichung der Gütesiegel BREEAM und HQE

2009 Start HQE-Zertifizierung für den Betrieb von Bestandsbauten im Nichtwohnungsbau 2010 Start HQE-Zertifizerung von Einfamilienhäusern (Renovierung) 2010 Start HQE-Zertifizierung von Stadtvierteln 2.66

Neubau und Renovierung von Nichtwohngebäuden HQE »NF Bâtiment Tertiaire – Démarche HQE«

Projektmanagementsystem (SMO) (Système de Management de l’Opération)

ökologische Gebäudequalität (QEB): 14 Ziele Qualité Environnementale du Bâtiment 2.67

sehr gutes Niveau gutes Niveau

mindestens 3 Ziele

mindestens 4 Ziele

Basisniveau

restliche Ziele 2.68

Ziele

durchschnittlich erreichte Punkte

maximal erreichbare Punkte

Gesundheit

Komfort

ökologisches Management

ökologische Konstruktion

0

1

Durchschnitt 2009

3

4

5

6

7

8

Durchschnitt 2005–2009

9

10

11

12

bestmögliche Note 2.69

2.65 HQE-Logo 2.66 Zeitleiste des HQE-Gütesiegels 2.67 Säulen des HQE-Zertifizierungssystems für den Neubau und die Renovierung von Nichtwohngebäuden (NF Bâtiment Tertiaire – Démarche HQE)

2.68 ökologisches Anforderungsprofil der 14 HQEZiele am Beispiel Nichtwohnungsbau 2.69 Die DTZ-Bewertungsskala zeigt die maximal erreichbaren Punkte und die in den betreffenden Jahren durchschnittlich erreichten Punkte aller Nichtwohngebäude.

67

Zertifizierungssysteme im Detail

Sektor

Zertifizierungsstelle

Status

Zertifizierungssystem/Gütesiegel

Nutzungsart

Gültigkeitsdauer Zertifikat

Nichtwohngebäude (außer Industriebauten)

Certivéa

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Bureau/Enseignement«

Neubau Büros und Bildungseinrichtungen

unbegrenzt

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Etablissements de santé«

Neubau Gebäude des Gesundheitswesens

unbegrenzt

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Commerce«

Neubau Handel

unbegrenzt

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Hôtellerie«

Neubau Hotels

unbegrenzt

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Plateforme logistique«

Neubau Logistikgebäude

unbegrenzt

Pilotphase (Testversion)

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE »Salle multisports«

Neubau Sportstätten

unbegrenzt

in Entwicklung

NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE Renovierung »Bâtiments en Rénovation – Bâtiments Tertiaires« Nichtwohngebäude

unbegrenzt

bestehende Systemvariante

NF Bâtiments Tertiaires en Exploitation – Démarche HQE

Nutzungsphase Nichtwohngebäude

5 Jahre, verlängerbar

bestehende Systemvariante

NF Maison Individuelle – Démarche HQE

Neubau Einfamilienhäuser

Gebäude: unbegrenzt Baufirma: 3 Jahre, verlängerbar

bestehende Systemvariante

NF Maison Rénovée – Démarche HQE

Renovierung Einfamilienhäuser

Gebäude: unbegrenzt Baufirma: 3 Jahre, verlängerbar

bestehende Systemvariante

NF Logement – Démarche HQE

Neubau Mehrfamilienhäuser/Wohnungen

Gebäude: unbegrenzt Baufirma: 3 Jahre, verlängerbar

bestehende Systemvariante

HQE Aménagement

Stadtquartiere

Einfamilienhäuser

Mehrfamilienhäuser

Céquami

Cerqual

Stadtquartiere –

2.70

Die AFILOG-Klassifizierung wird analog zur HQE-Zertifizierung durchgeführt und zusätzlich mit maximal drei Sternen ausgezeichnet. Systemvarianten

Die HQE-Zertifizierung ist sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Bausektor ausgelegt und lässt sich in drei Systemvarianten einteilen (Abb. 2.70): • Zertifizierungen für Nichtwohngebäude (seit 2005) • Zertifizierungen von Einfamilienhäusern (seit 2007) • Zertifizierungen von Mehrfamilienhäusern und Wohnsiedlungen (seit 2007) Für die Zertifizierung und die Ausarbeitung der HQE-Regelwerke für den Nichtwohnungsbau ist die Gesellschaft Certivéa zuständig. Hierbei können Neubauvorhaben, Renovierungen und Bestandsimmobilien im Betrieb bewertet werden. Derzeit wird das HQE-Bewertungsverfahren für folgende Gebäudetypologien durchgeführt: • Büros und Bildungseinrichtungen • Gebäude des Gesundheitswesens • Handel • Hotels • Logistikgebäude • Sportstätten

2.70 Auflistung der aktuellen und zukünftigen HQESystemvarianten 2.71 Organisationsstruktur von HQE 2.72 Aufstellung der HQE-Kriterien und -Indikatoren

68

Neu errichtete Nichtwohngebäude werden nach dem HQE-Standardverfahren »NF Bâtiment Tertiaire – Démarche HQE« bewertet. Seit 2009 können zudem Bestandsimmobilien in ihrer Nutzungsphase mit dem Zertifikat »NF Bâtiments Tertiaires en Exploitation – Démarche HQE« beurteilt werden [91]. Neben den zwei Basissäulen »Projektmanagementsystem – Nutzungsphase« (Système de Management de l’Exploitation, SMEx) und »ökologische Gebäudequalität – Nutzungsphase« (Qualité Environnementale des Bâtiments en Exploitation, QEBE), die speziell auf die Betriebsphase abgestimmt sind, wird im Rahmen dieser Variante zusätzlich als dritte Säule die ökologische Qualität des Nutzerverhaltens (Qualité Environnementale des Pratiques, QEP) bewertet. Hierbei basiert das Projektmanagementsystem für die Nutzungsphase (SMEx) auf einer an den HQE-Standard angepassten Variante der internationalen Umweltmanagementnorm ISO 14001. Die ökologische Gebäudequalität für den Betrieb (QEBE) baut auf den bereits erwähnten 14 Basiszielen des HQEStandards auf. Sie beurteilt neben ökologischen Aspekten (QEIB), z. B. akustischer Komfort, thermischer Komfort etc., auch betriebliche Kriterien wie die Erfassung der Verbrauchsdaten, Instandhaltung des Gebäudes, ebenso wie die tägliche Bewirtschaftung und Nutzung des Gebäudes (QEE) (Abb. 2.73, S. 70). Der Neubau und die Renovierung von Einfamilienhäusern werden von der Zerti-

fizierungsstelle Céquami zertifiziert. Neubauten erhalten seit 2007 das Gütesiegel »NF Maison Individuelle – Démarche HQE«, renovierte Bestandsgebäude die Auszeichnung »NF Maison Rénovée – Démarche HQE«. Die HQE-Zertifizierung von Mehrfamilienhäusern und Wohnsiedlungen liegt im Aufgabenbereich der Organisation Cerqual, die seit 2007 das Gütesiegel »NF Logement – Démarche HQE« vergibt. Die Bewertung von Wohnungsbauten können nur geprüfte Baufirmen durchführen, die von den Zertifizierungsstellen Céquami und Cerqual die Zulassung »NF Maison Individuelle – Démarche HQE« und »NF Logement – Démarche HQE« erhalten haben. In Abstimmung mit dem Bauherren entwickelt die zugelassene Baufirma ein auf das Bauvorhaben zugeschnittenes Projektmanagementsystem (SMO) und legt analog zum Zertifizierungsablauf des Nichtwohnungsbaus die Niveaus der 14 Ziele der ökologischen Gebäudequalität (QEB) fest. Neben den herkömmlichen Gütesiegeln für den Neubau und Bestand des französischen Gebäudesektors hat die HQEVereinigung Anfang 2010 noch ein weiteres Siegel vorgestellt. Mit dem Label »HQE Aménagement« soll die ökologische und nachhaltige Stadtentwicklungsplanung gefördert werden [92]. Das neue Gütesiegel ist speziell auf die Aspekte der Siedlungs- und Städteplanung ausgerichtet und basiert ebenfalls auf den zwei Standardsäulen des HQE-Systems: dem Projektmanagementsystem und der ökologischen Qualität. Beim Siegel »HQE

HQE

HQE-Vereinigung • delegiert Zertifizierungstätigkeit an AFNOR Certification

AFNOR Certification1

CSTB = Centre Scientifique et Technique du Bâtiment1

Association QUALITEL1

• hat Durchführung der Zertifizierungen, Vergabe des Labels und Erstellung der Handbücher und Steckbriefe an Cerqual, Céquami und Certivéa abgegeben

100%-ige Tochtergesellschaft

je 50 %

Cerqual

100%-ige Tochtergesellschaft

Céquami

Certivéa

• von AFNOR Certification zugelassen, Gebäude nach HQE zu zertifizieren, das NF-Label zu vergeben und die HQE-Handbücher und -Steckbriefe zu erstellen Mehrfamilienhäuser/Wohnungen/Wohnsiedlungen • Neubau von Wohnungen, Mehrfamilienhäusern, Wohnsiedlungen

1

Einfamilienhäuser • Neubau von Einfamilienhäusern • Renovierung von Einfamilienhäusern

Mitglieder im Experten-Arbeitskreis der HQE-Vereinigung

Nichtwohnungsbau • Büros • Bildungseinrichtungen • Gebäude des Gesundheitswesens • Handel • Hotels • Logistikbauten • Sportstätten • Renovierung von Nichtwohngebäuden • Nutzungsphase von Nichtwohngebäuden 2.71

Aspekte

Kriterien (Ziele)

Indikatoren (Unterziele)

ökologische Konstruktion (Eco-construction)

1 Einbindung des Gebäudes in die Umgebung

1.1 nachhaltige Einbindung des Grundstücks in die Stadtplanung 1.2 Qualität der Außenanlagen für die Nutzer 1.3 Einfluss des Gebäudes auf die Nachbarschaft

2 Berücksichtigung der Baumethoden und -produkte während der Planung

2.1 2.2 2.3 2.4

3 Minderung der Umweltbelastungen auf der Baustelle

3.1 Optimierung des Managements für Baustellenabfälle 3.2 Minderung der Beeinträchtigung, die durch die Baustelle entsteht 3.3 Minderung der Umweltbelastungen und des Ressourcenverbrauchs auf der Baustelle

4 Energiebewirtschaftung

4.1 Reduzierung des Energiebedarfs durch Energiekonzepte und Architekturentwürfe 4.2 Reduzierung des Primärenergiebedarfs 4.3 Reduzierung der Schadstoffemissionen in die Atmosphäre

5 Wasserbewirtschaftung

5.1 Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs 5.2 Optimierung des Regenwassermanagements 5.3 Abwassermanagement

6 Abfallverwertung in der Betriebsphase

6.1 Optimierung der Abfallverwertung in der Betriebsphase 6.2 Qualität des Abfallmanagementsystems in der Betriebsphase

7 Instandhaltung

7.1 7.2 7.3 7.4

8 Komfort in Bezug auf die Luftfeuchtigkeit

8.1 architektonische Maßnahmen zur Optimierung des hygrothermischen Komforts im Sommer und Winter 8.2 Schaffung von hygrothermischen Komfortbedingungen im Winter 8.3 Schaffung von hygrothermischen Komfortbedingungen im Sommer in Bereichen ohne Kühlsystem (getrennt für Büro- und Bildungsbauten) 8.4 Schaffung von hygrothermischen Komfortbedingungen im Sommer in Bereichen mit Kühlsystem

9 Komfort der Raumakustik

9.1 Optimierung akustischer Vorrichtungen zur Minderung der akustischen Beeinträchtigungen 9.2 Verbesserung der akustischen Qualität in Abhängigkeit vom Nutzungsbereich • Räume von Bildungseinrichtungen • Einzel-, Gruppen-, Großraumbüros • nicht ausgebaute Bürozone • sonstige Räume in Bürozone (Konferenz- und Schulungsräume, Ruheraum, Flure, Kantine)

10 Lichtkomfort

10.1 Optimierung der Tageslichtversorgung 10.2 Komfort der künstlichen Beleuchtung

11 Verbesserung des Geruchskomforts

11.1 Sicherstellung einer effizienten Lüftung 11.2 Minderung von Geruchsbeeinträchtigungen und Verbesserung der Innenraumluftqualität

12 sanitäre Bedingungen und Hygiene

12.1 Minderung elektromagnetischer Strahlung 12.2 Sicherstellung spezifischer hygienischer Bedingungen

13 Luftqualität

13.1 Sicherstellung einer effizienten Lüftung 13.2 Beherrschung interner Immissionsquellen 13.3 Beherrschung externer Immissionsquellen

14 Wasserqualität

14.1 14.2 14.3 14.4 14.5

ökologischer Gebäudebetrieb (Eco-gestion)

Komfort (Confort)

Gesundheit (Santé)

konstruktive Maßnahmen zur Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit des Bauwerks konstruktive Maßnahmen zur Reinigung und Instandhaltung des Bauwerks Reduzierung der Umwelteinflüsse durch gezielte Auswahl von Bauprodukten Reduzierung der Auswirkungen auf die Gesundheit durch Auswahl der Bauprodukte

Instandhaltung der Heiz- und Kühlsysteme Instandhaltung der Lüftungssysteme Instandhaltung der Beleuchtungssysteme Instandhaltung der Wasserversorgung

Qualität und Dauerhaftigkeit des Wasserleitungsnetzes Konzeption und Schutz des Wasserleitungsnetzes Kontrolle der Temperaturen im Wasserleitungsnetz Kontrolle der Wasserbehandlung Kontrolle der Rückgewinnung und Wiederverwendung von Brauchwasser 2.72

69

Zertifizierungssysteme im Detail

Aménagement« existieren 17 Bewertungskategorien der ökologischen Qualität, die in drei Gruppen eingeteilt sind [93]: • Einbindung der Siedlung in die Umgebung • Schutz der natürlichen Ressourcen und Förderung der ökologischen und gesundheitlichen Qualität in der Raumund Stadtplanung • Förderung der sozialen Nachbarschaftsstrukturen und der wirtschaftlichen Dynamik Zertifizierungsprozess

Die Zertifizierungsabläufe der HQEMethode unterscheiden sich grundlegend von anderen Bewertungssystemen und sind auch abhängig von der angewendeten Bewertungsversion sehr verschieden. Beim HQE-Zertifizierungsprozess wird zwischen der Bewertung von Neubauten und Renovierungen im Nichtwohnungsbau, der Zertifizierung von Wohnungsbauten und der Beurteilung des Betriebs von Bestandsbauten (Nichtwohnungsbau) unterschieden. Nichtwohngebäude, die mit dem HQEStandard zertifiziert werden, müssen ein dreistufiges Bewertungsschema durchlaufen, um das Gütesiegel »NF Bâtiment Tertiaire – Démarche HQE« von der Zertifizierungsstelle Certivéa verliehen zu bekommen. Die Implementierung des Projektmanagementsystems und die Umsetzung der geforderten ökologischen HQE-Ziele obliegen dem Bauherrn und dem Planungsteam. Die Überprüfung der Unterlagen und der Ausführung übernimmt ein Auditor der Zertifizierungsstelle Certivéa. Für jede Projektstufe erstellt dieser einen Prüfbericht, und das Gebäude erhält ein auf die Zertifizierungsphase abgestimmtes Zertifikat [94]: • Auftrag (Programme) • Entwurf (Conception) • Ausführung (Réalisation)

Bei Wohnbauten wird nicht das Gebäude im eigentlichen Sinn mit dem HQE-Gütesiegel zertifiziert, sondern der Bauträger bzw. das Bauunternehmen. Bei der Umsetzung der HQE-Ziele beim Neubau und bei der Renovierung von Einfamilienwohnhäusern ist die Baufirma verantwortlich für die Durchführung der HQEZertifizierung. Die Firma muss von der Zertifizierungsstelle Céquami mit der Lizenz »NF Maison Individuelle – Démarche HQE« ausgezeichnet sein. Zur Anwendung des HQE-Gütesiegels bei Mehrfamilienwohnhäusern verleiht die Organisation Cerqual dem Bauträger die Lizenz »NF Logement – Démarche HQE«. Hierzu müssen die zugelassenen Bauunternehmen und Bauträger Erfahrungen im Bereich des ökologischen Wohnungsbaus nachweisen. Zur Qualitätskontrolle führen die Organisationen Céquami und Cerqual regelmäßige Prüfungen der Einhaltung der HQE-Richtlinien sowohl bei geplanten Wohnungsbauten als auch bei den zugelassenen Baufirmen durch. Die Lizenzen müssen von den Bauträgern und -unternehmen alle drei Jahre erneuert werden. Inhaber des HQE-Zertifikats für die Nutzungsphase von Bestandsimmobilien kann der Eigentümer, Betreiber oder Nutzer des Gebäudes sein. Dieser ist für die Einhaltung der Gütesiegelanforderungen verantwortlich. Die Zertifizierung führen Auditoren der Certivéa durch. Nach Beurteilung des Prüfberichts erhält der Antragsteller das Zertifikat »NF Bâtiments Tertiaires en Exploitation – Démarche HQE«. Im Gegensatz zum HQE-Gütesiegel für Neubauten und Sanierungen ist dieses nur für fünf Jahre gültig und muss nach diesem Zeitraum erneuert werden. Bereits während der fünf Jahre führt die Zertifizierungsstelle jährliche Folge-Audits durch, um die Einhaltung der HQE-Richtlinien regelmäßig zu überprüfen.

Zertifizierungsgebühren

Entsprechend den unterschiedlichen Zertifizierungsabläufen der HQE-Varianten unterscheiden sich auch die Zertifizierungskosten. Bei Nichtwohngebäuden setzen sich die Fixkosten aus der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen (623 € zzgl. Steuern) und der Registrierung des Projekts (1245 Euro zzgl. Steuern) zusammen. Die zusätzlichen Zertifizierungskosten, die von den Zertifizierungsstellen erhoben werden, sind abhängig vom Gebäudetyp und der Nutzfläche. Die aktuellen Gesamtauditierungstarife für den Neubau von Bürobauten liegen zwischen 9618 und 42 245 € (Abb. 2.75). Die Kosten für die Zertifizierung von Dienstleistungsgebäuden in der Nutzungsphase sind ebenso wie die Gebühren für die Bewertung von Neubauten abhängig vom Gebäudetypus und der Nettogeschossfläche. Zusätzlich fallen alle zwölf Monate Gebühren für die jährlichen Folge-Audits an. Bei Einfamilienhäusern und Wohnungsbauten variieren die Zertifizierungsgebühren je nach Baufirma oder Bauträger und hängen von deren jährlichem Bauvolumen ab. Die Lizenz-Gebühren setzen sich aus Abgaben für die Erstanmeldung und Lizenzverlängerung sowie für die fortlaufende Überwachung des Lizenznehmers zusammen. Zusätzlich entstehen pauschale Gebühren je abgeschlossenem HQE-Bauvertrag (Einfamilienwohnhaus bzw. erstellter Wohnung nach HQE-Standard). Als Kostenbeispiel nennt die Zertifzierungsstelle Cerqual für einen Bauträger mit einer jährlichen Bauleistung von ca. 200 Wohnungen Zulassungsgebühren in Höhe von rund 4600 € zzgl. Steuern. In diesen Gebühren sind die Audits enthalten. Zusätzlich entstehen für jede zertifizierte HQEWohneinheit Kosten von 162,50 € zzgl. Steuern [95]. Marktdurchdringung

Nutzungsphase – Bestandsbauten im Nichtwohnungsbau NF Bâtiments Tertiaires en Exploitation – Démarche HQE Projektmanagementsystem (Nutzungsphase) (SMEx – Système de Management de l’Exploitation)

ökologische Gebäudequalität (Nutzungsphase): 14 Ziele (QEBE – Qualité Environnementale des Bâtiments en Exploitation)

ökologische Qualität des Gebäudes (QEIB – Qualité Environnementale Intrinsique du Bâtiment)

ökologische Qualität des Nutzerverhaltens (QEP – Qualité Environnementale des Pratiques)

ökologische Qualität des Betriebs (QEE – Qualité Environnementale de l’Exploitation) 2.73

70

Die ersten HQE-Zertifizierungen für den Neubau von Bürobauten wurden im Jahr 2005 durchgeführt. Seitdem sind mehr als 400 Zertifikate für Nichtwohngebäude vergeben worden (Abb. 2.74) [96]. Rund die Hälfte aller im Jahr 2009 in Betrieb genommenen Nichtwohngebäude im Großraum Paris (Île-de-France) wurde mit dem HQE-Gütesiegel bewertet [97]. Auf internationaler Ebene erhielten bislang vier Bürobauten das französische Gütesiegel: Zwei der Projekte wurden in Luxemburg errichtet und je eines in Belgien und Algerien [98]. Seit der Einführung des HQE-Labels für den Betrieb von

HQE

Bestandsbauten im Jahr 2010 wurden bereits acht Gebäude zertifiziert [99]. Derzeit haben in Frankreich 86 Baufirmen die Zulassung von Céquami erhalten, Neubauten von Einfamilienhäusern nach dem HQE-Standard zu erstellen [100]. Seit 2007 wurden rund 1000 Einfamilienhäuser mit dem HQE-Label ausgezeichnet [101]. Das Gütesiegel »NF Maison Rénovée – Démarche HQE« für die Renovierung von Wohnungsbauten ist erst seit 2010 auf dem Markt. Bislang (Stand April 2010) haben zwei Baufirmen die Lizenz für das HQE-Label bekommen [102, 103]. Mehrfamilienhäuser und Wohnsiedlungen können seit 2007 mit dem Label »NF Logement – Démarche HQE« bewertet werden. 15 Bauträger sind derzeit berechtigt, Mehrfamilienhäuser und Wohnsiedlungen nach dem HQE-Standard zu errichten [104]. Laut der Zertifizierungsstelle Cerqual wurden bislang 39 Wohnungsbaumaßnahmen nach HQE-Standards umgesetzt und 2212 Wohnungen mit dem HQE-Gütesiegel zertifiziert [105]. Ausblick

Um in Zukunft die Umsetzung und den Betrieb von ökologischen und nachhaltigen Nichtwohngebäuden in Frankreich zu gewährleisten und Zertifizierungen mit unterschiedlichen Labeln zu vermeiden, haben die britische Zertifizierungsstelle BRE und die französische Institution CSTB im Juni 2009 eine Vereinbarung über eine künftige Zusammenarbeit unterzeichnet. Hierbei sollen die beiden Bewertungsmethoden BREEAM und HQE angeglichen und das britische Zertifizierungssystem an die französischen Verhältnisse angepasst werden. Die Angleichung der Zertifikate startete Anfang 2010 und findet in in drei Phasen statt: • Phase 1 (sechs Monate): Anpassung von BREEAM an die französischen Ausgangsbedingungen durch CSTB (Certivéa) • Phase 2 (36 Monate): Festlegung von Certivéa als französische Zertifizierungsstelle für BREEAM France und Möglichkeit der Durchführung des französischen BREEAM-Zertifikats anstelle des französischen Pendants »NF Bâtiments Tertiaires – Démarche HQE« • Phase 3: endgültige Zusammenführung von BREEAM France und HQE zur Entwicklung eines einheitlichen französischen Bewertungssystems der dritten Generation, das auf den internationalen Normen und Richtlinien für Zertifizierungssysteme basiert

aktuelle Zertifizierungsphasen Summe

Auftrag (Programme)

Planung (Conception)

Ausführung (Réalisation)

376

157

147

72

Büros und Bildungseinrichtungen Gebäude des Gesundheitswesens

1

0

1

0

Handel

5

3

2

0 0

Hotels

5

1

4

10

2

3

5

0

0

0

0

397

163

157

77

Logistikgebäude Sportstätten Summe insgesamt

2.74

Zertifizierungskosten Audit (für Bürogebäude, Stand 2010) Fläche NGF in m2

Gesamtbetrag Audit zzgl. Steuern

< 1500 m2

9618,00 €

1500 m2 < Fläche < 45 000 m2

Fixkosten

8494,00 €

variable Kosten

0,75 €/m2 NGF

> 45 000 m2

42 245 €

Erläuterung: • Für ein Gebäude mit 1000 m² Nettogeschossfläche entstehen pauschal Zertifizierungskosten von 9618 €. • Für ein Gebäude mit einer Nettogeschossfläche von 40 000 m2 entstehen Zertifizierungskosten von 8494 € + 40 000 m2 ≈ 0,75 €/m2 = 38 494 €. • Für ein Gebäude mit einer Nettogeschossfäche von mehr als 45 000 m2 entstehen pauschal Zertifizierungskosten von 42 245 €. 2.75

2.76

2.73 Säulen des HQE-Zertifizierungssystems für die Nutzungsphase von Nichtwohngebäuden 2.74 Anzahl der bis heute mit HQE zertifizierten Gebäude (Stand April 2010) 2.75 Kosten einer Zertifizierung am Beispiel von Bürobauten 2.76 Straßenansicht, Bürogebäude »270«, Paris/ Aubervilliers (F)

Bürogebäude »270« in Paris/Aubervilliers (F) 2005 Architekt: Brenac & Gonzales, Paris Bauherr: ICADE Direction de l‘International, Paris Auditor: Zertifizierungsstelle Certivéa Das Gebäude »270«, das in enger Zusammenarbeit mit der CSTB entworfen wurde, hat 2005 als eines der ersten das HQE-Gütesiegel erhalten. Es besitzt eine Nettogrundfläche von 9200 m2.

71

Zertifizierungssysteme im Detail

EU-GreenBuilding-Programm Die Europäische Kommission möchte mit dem EU-GreenBuilding-Programm Eigentümer und Nutzer von öffentlichen und privaten Nichtwohngebäuden dazu motivieren, in ihren Gebäuden die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu nutzen. Im Gegensatz zu anderen Zertifizierungssystemen konzentriert sich das Programm im Wesentlichen auf die Förderung und Bewertung der Energieeffizienz des Gebäudebetriebs und fordert eine maßgebliche Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen. Darüber hinausgehende ökologische und soziokulturelle Nachhaltigkeitsaspekte werden nicht betrachtet. Im Unterschied zu den Nachhaltigkeitszertifikaten wie BREEAM, LEED oder DGNB wird nicht dem Gebäude selbst ein Zertifikat verliehen. Vielmehr erhält das Unternehmen oder der Bauherr, der in Energieeffizienz investiert und verstärkt erneuerbare Energien einsetzt, den GreenBuilding-Partnerstatus. Systeminitiative

Zentraler Bestandteil der Energie- und Klimaschutzpolitik der Europäischen Union ist eine Effizienzsteigerung beim Energieeinsatz und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. Vor diesem Hintergrund fördert die Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms »Intelligent Energy – Europe« zahlreiche Projekte. Eine der Maßnahmen ist das GreenBuilding-Programm, ein freiwilliges Programm, das Anfang 2005 von der Europäischen Kommission [106] ins Leben gerufen wurde. Organisation

In 13 der 27 EU-Mitgliedsstaaten gibt es nationale Kontaktstellen der Europäischen Kommission für das EU-GreenBuil-

2.77

72

ding-Programm. Für Deutschland waren bis Mai 2010 die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) [107] und die Berliner Energieagentur [108] die zuständigen Anlaufpunkte. Die deutschen Aktivitäten im Rahmen des GreenBuilding-Programms werden durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gefördert. Marktdurchdringung

Europaweit gibt es mittlerweile 180 GreenBuilding-Partner mit insgesamt 300 Gebäuden. Darunter sind allein 65 Partner in Deutschland (Stand März 2010), von denen einige auch mit mehreren Gebäuden vertreten sind. Zertifizierungsprozess

Jedes Unternehmen, das den Energieverbrauch seiner Gebäude reduziert, in Energieeffizienz investiert und verstärkt erneuerbare Energien einsetzt, kann den GreenBuilding-Partnerstatus erlangen, wenn die Zielwerte des Programms erreicht werden. • Neubauten: Unterschreitung der gesetzlichen Anforderungen an den Primärenergiebedarf um mindestens 25 % • Sanierungen: Reduzierung des Primärenergiebedarfs um mindestens 25 % Der dazu nötige Prozess umfasst vier Stufen, die sich je nach Gebäudetyp in Inhalt und Umfang unterscheiden (Abb. 2.79). Die Vorgehensweise bei einer Sanierung oder Modernisierung eines Bestandsgebäudes unterscheidet sich von der Vorgehensweise bei einem Neubau. Grundsätzlich bilden eine energetische Analyse des bestehenden oder geplanten Gebäudes sowie die Erstellung eines Energiemanagementplans für den zukünftigen Gebäudebetrieb die Grundlage der Maßnahmen. Erfüllen die geplanten Maßnahmen die Anforderungen des Programms, so wird nach Einreichung und positiver Prüfung der Unterlagen der GreenBuilding-Partnerstatus verliehen, noch bevor die geplanten Maßnahmen umgesetzt sind, vorausgesetzt, die finanziellen Mittel zur Errichtung des Gebäudes sind bewilligt. Anschließend setzt der Antragsteller den genehmigten Maßnahmenplan um, implementiert das Energiemanagement in seinen Gebäudebetrieb und berichtet nach Fertigstellung der Arbeiten über deren Umsetzung. Die nationalen Kontaktstellen und/oder die EU-Kommission überprüfen anhand des eingereichten Abschlussberichts, ob der vereinbarte Maßnahmenplan umgesetzt wurde. Wenn dies nicht

der Fall ist oder der Antragsteller keinen Abschlussbericht einreicht, kann die EUKommission den GreenBuilding-Partnerstatus widerrufen. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, eine externe Fachfirma als GreenBuildingBerater zur Unterstützung und zielgerichteten Durchführung der erforderlichen Zertifizierungsschritte hinzuzuziehen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung, externe Experten zu beauftragen. Gebühren

Die mit der Vergabe des Partnerstatus beauftragte EU-Kommission sowie die nationalen Kontaktstellen erheben keine Registrierungs- und Zertifizierungsgebühren. Neben den eigentlichen Kosten zur Erstellung und Umsetzung des Maßnahmenkatalogs entstehen für den Bauherren keine weiteren Kosten. Zertifizierungsstufen

Beim EU-GreenBuilding-Programm gibt es keine Zertifizierungsstufen. Der GreenBuilding-Partnerstatus zeichnet eine vorbildliche Energieeffizienz in den Gebäuden aus, trifft aber keine Aussage über das Ausmaß der Maßnahmen und die erzielten Einsparungspotenziale, die über die Mindestanforderungen des Programms hinausgehen. Der GreenBuilding-Partnerstatus wird gewährt, wenn bei Neubauten der Primärenergiebedarf für Heizung, Kühlung, Lüftung, Warmwasserbereitung und Beleuchtung die gesetzlichen Mindestanforderungen (in Deutschland die Energieeinsparverordnung) zum Zeitpunkt des Bauantrags um mindestens 25 % unterschreitet. Bei Sanierungen von Bestandsgebäuden sollte der Primärenergiebedarf um mindestens 25 % gegenüber den bisherigen Werten gesenkt werden. Systemvarianten

Das GreenBuilding-Programm ist flexibel und kann für die meisten Gebäudetypen und Nutzungsarten unabhängig von der jeweiligen Klimazone des Gebäudestandortes in der EU angewendet werden. Systemvarianten sind dabei grundsätzlich nicht vorgesehen. Allerdings wird zwischen Bestandsgebäuden, Neubauten und Gebäuden, die bis fünf Jahre vor Antragstellung saniert wurden, unterschieden. Je nach Gebäudetypus sind verschiedene Bearbeitungsschritte durchzuführen und Anforderungen einzuhalten. Die zugrunde liegenden Kriterien variieren in den jeweiligen Ausprägungen bei Anwendung für Bestandsgebäude und Neubauten. Das Programm ist

EU-GreenBuilding-Programm

Leitfaden und Modulbezeichnung englisch

Leitfaden und Modulbezeichnung deutsch

D

E

Guidelines for Energy Audit

Richtlinien für Energieaudits





Guidelines for Energy Management

Leitfaden Energy Management





Module Financing

Modul Finanzierung





Building Envelope

Gebäudehülle





Sustainable Summer Comfort

nachhaltige Behaglichkeit im Sommer

Heating

Heizung

Combined Heat and Power

Blockheizkraftwerk

‡ ‡

‡ ‡

Solar Hot Water and Heating

solare Warmwasserbereitung und Heizung





Air Conditioning

Klimatisierung





Lighting

Beleuchtung





Office Equipment

Büroausstattung



‡ 2.78

Sanierung von Bestandsgebäuden

Stufe 1

energetische Bedarfsanalyse

Stufe 2a Action Plan Maßnahmenplan zur Energieeinsparung

Stufe 3

Stufe 4

Zustimmung durch nationale Kontaktstelle Verleihung GreenBuildingPartnerstatus

Stufe 2b

Umsetzung des Maßnahmenplanes und Energiemanagements

EnergiemanagementPlan (Leitfaden) a

Neubauten Stufe 1 Ermittlung Energiebedarf des Gebäudes nach DIN 18599

Stufe 2b

Stufe 3

Energiemanagement Plan

Stufe 4

Zustimmung durch nationale Kontaktstelle Verleihung GreenBuildingPartnerstatus

Umsetzung des Energiemanagements 2.79

b

4,4% 10,7%

15,2%

21,4% 18,1%

28,7%

Kunstlicht 2.77 EU-GreenBuilding-Logo 2.78 Richtlinien, Leitfäden und Technische Module aus dem EU-GreenBuilding-Programm 2.79 Zertifizierungsprozess bei: a der Sanierung von Bestandsgebäuden b Neubauten 2.80 Visualisierung, AHB Park, Ingolstadt (D)

AHB Park in Ingolstadt (D) 2010 Architekt: Architekturbüro Franz Bauer, Ingolstadt Bauherr: AHB Immobilien GmbH & Co. KG, Ingolstadt EU-GreenBuilding-Berater: Ebert-Consulting Group GmbH & Co. KG, München Beim Neubau dieses Büro- und Gewerbezentrums (ca. 9 000 m² BGF) wurden die gesetzlichen Anforde-

2.80 rungen an den Energiebedarf um ca. 34 % unterschritten und ein Energiemanagementplan zur energetischen Optimierung des Betriebs erstellt. Das Gebäude wird regenerativ über Erdsonden mit Kühlund Heizenergie versorgt. Der EU-GreenBuildingPartnerstatus wurde im Jahr 2010 an die AHB Immobilien GmbH & Co. KG verliehen.

73

Zertifizierungssysteme im Detail

anpassungsfähig an unterschiedliche lokale und nationale Anforderungen und Rahmenbedingungen.

Beschreibung und Begründung der eingesetzten Technologien die Bearbeitungsstufen 1 und 2 a, die bei Bestandsgebäuden erforderlich sind.

Dokumentationsanforderungen

Zur Erlangung des GreenBuilding-Partnerstatus ist eine umfassende Dokumentation bei den nationalen Kontaktstellen oder direkt bei der EU-Kommission einzureichen. Die entsprechenden Formulare sind dabei auf Englisch zu verfassen – Anlagen und Planungsunterlagen können jedoch in der Landessprache erstellt werden, wenn diese bei den nationalen Kontaktstellen eingereicht werden. Die Antragsunterlagen und die Dokumentation bestehen aus folgenden Teilen: • Antragsformular • Selbstverpflichtungserklärung des Bauherrn bezüglich der geplanten Energieeinsparung • allgemeine Gebäudeinformationen • Angaben zu bauphysikalischen Parametern der Gebäudehülle • Angaben zur eingesetzten Gebäudetechnik • zusammenfassende Beschreibung der vorgesehenen Energieeinsparmaßnahmen mit einer Aufstellung der zugehörigen Investitionsmehrkosten • Energiemanagementplan Zusätzliche Unterlagen bei Sanierungen: • energetische Bedarfsanalyse • Maßnahmenplan für Energieeinsparung Zusätzliche Unterlagen bei Neubauten: • Berechnung des Gebäudeenergiebedarfs auf der Grundlage der länderspezifischen Energieeinsparverordnung (in Deutschland nach DIN V 18 599) • Beschreibung und Begründung der ausgewählten Technikvarianten, die dem Erreichen der Ziele dienen Die Antragsunterlagen können von den nationalen Kontaktstellen oder direkt von der EU-Kommission bezogen werden. Sie werden gemeinsam mit der zugehörigen Dokumentation bei den nationalen Kontaktstellen eingereicht, von diesen vorgeprüft und an die Europäische Kommission weitergeleitet. Systemstruktur

Nachfolgend werden die einzelnen Bearbeitungsstufen beschrieben, die für ein Bestandsgebäude notwendig sind (Abb. 2.79, S. 73). Bei Neubauten ersetzt die Ermittlung des Energiebedarfs nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Berechnungsverfahren (in Deutschland die DIN V 18 599) in Verbindung mit einer 74

Stufe 1: Energetische Bestandsaufnahme Unter einer energetischen Bestandsaufnahme, auch Energieaudit genannt, versteht man die Überprüfung eines Energie verbrauchenden Systems mit dem Ziel, eine effiziente Nutzung der Energie sicherzustellen. Sie ist der erste verpflichtende Schritt für die Teilnahme am EUGreenBuilding-Programm. Ziel ist, die größten Energieeffizienzpotenziale aufzuzeigen, Prioritäten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der angedachten Maßnahmen zu setzen und die wechselseitigen Abhängigkeiten einzelner Maßnahmen zu benennen. Von der Europäischen Kommission wurden im Rahmen des GreenBuilding-Programms Richtlinien für das Energieaudit herausgegeben [109]. Stufe 2 a: Maßnahmenplan zur Energieeinsparung (Action Plan) Auf Grundlage der Bestandsaufnahme ist ein Plan zu erstellen, der die Schritte zur Verbesserung der Energieeffizienz beschreibt. Diese können sich wahlweise auf alle oder nur einige der Systeme des Gebäudes beziehen, die für seinen Endenergieverbrauch von Bedeutung sind. Grundsätzlich sollten die in dem Maßnahmenplan ausgewählten Systeme für einen signifikanten Anteil des Energieverbrauchs (Strom, Wärme) im Gebäude verantwortlich sein, da der Gesamtprimärenergiebedarf gesenkt werden soll. Der Maßnahmenplan (Action Plan) beschreibt die konkret festgelegten Umsetzungen, wie z. B. den Austausch von Systemen, eine effizientere Vorgehensweise bei Wartung und Instandhaltung oder eine Optimierung der Betriebsweise. Stufe 2 b: Energiemanagement-Plan In dem Plan werden Regeln für das Energiemanagement festgelegt. Empfehlungen über Aufbau und Inhalt eines Energiemanagement-Plans im Sinn des Programms enthält der entsprechende Leitfaden der EU-Kommission [110]. Darin werden Maßnahmen vorgeschlagen, die dazu beitragen, die Energieeffizienz als Managementaufgabe zu verstehen, die sich über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes erstreckt. Dies umfasst die Gebäudeplanung, die Komponentenauswahl, die Bauausführung und Installation der Systeme, die Inbetriebnahme des Gebäudes, den Betrieb, den Energieeinkauf, die Weiter-

bildung sowie die Motivation von Mitarbeitern und eine messtechnische Überwachung nach der Inbetriebnahme. Stufe 3: Verleihung des GreenBuildingPartnerstatus Die Antragsunterlagen und Dokumentation werden bei einer der nationalen Kontaktstellen oder direkt bei der EU-Kommission eingereicht. Die Kontakstellen verifizieren die eingereichten Unterlagen und leiten den Antrag an die EU-Kommission zur finalen Prüfung weiter, sollte der Antrag nicht direkt dort eingereicht worden sein. Bei positivem Bescheid wird der GreenBuilding-Partnerstatus auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen bewilligt. Stufe 4: Umsetzung des Maßnahmenplans und des Energiemanagements Der GreenBuilding-Partner fertigt einen Abschlussbericht an, in dem die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen und die Implementierung und Durchführung des geplanten Energiemanagements im laufenden Betrieb dokumentiert und nachgewiesen werden. Die Europäische Kommission stellt im Rahmen des EU-GreenBuilding-Programms dem Interessenten als Hilfestellung Leitfäden, technische Module und Richtlinien zur Verfügung (Abb. 2.78, S. 73). Die technischen Module enthalten auch nützliche Hinweise insbesondere zur Erstellung des Aktionsplans in der Bearbeitungsstufe 2. GreenBuilding-Unterstützer

Unternehmen, welche die GreenBuildingPartner bei der Umsetzung der Ziele des GreenBuilding-Programms fördern möchten, können GreenBuilding-Unterstützer werden. Hierbei ist ein fünfstufiges Verfahren zu durchlaufen [111]: • Ein GreenBuilding-Förderplan wird erstellt. • Mindestens eine Organisation sollte beim erfolgreichen Erlangen des GreenBuilding-Partnerstatus unterstützt werden. • Der GreenBuilding-Förderplan wird durch die Europäische Kommission bewilligt. • Der Förderplan wird umgesetzt und ein Bericht für die Kommission angefertigt. • Der Unterstützerstatus wird nach drei Jahren durch die Kommission erneuert. Voraussetzung ist, dass mindestens eine weitere Organisation dabei unterstützt worden ist, GreenBuilding-Partner zu werden.

EU-GreenBuilding-Programm

Anmerkungen: [1] BREEAM: About BREEAM Buildings. http://www.breeam.org/page.jsp?id=13 [2] BRE: BREEAM Europe Commercial 2009 Assessor Manual, S. 12 [3] BRE: Our history. http://www.bre.co.uk/page. jsp?id=1712 [4] ebd. [5] BRE: BRE global. http://www.bre.co.uk/page. jsp?id=383 [6] BRE: Ten things you might not know about the BRE Group. http://www.bre.co.uk/page. jsp?id=1707 [7] BRE: BREEAM Europe Commercial 2009 Assessor Manual, S. 9 [8] Anfrage BRE [9] BREEAM: Getting a building BREEAM assessed. http://www.breeam.org/page.jsp?id=31 [10] wie Anm. 2, S. 19 [11] BRE Global: Fee Sheet FS036 [12] wie Anm. 2, S. 38 [13] wie Anm. 2, S. 102 [14] The Building Services Research and Information Association. http://www.bsria.co.uk [15] BRE: Green Book Live. http://www.greenbooklive.com [16] BRE: SMARTWaste. http://www.smartwaste.co.uk [17] BRE: Green Guide to specification. http://www.thegreenguide.org.uk [18] BREEAM: Global real estate leaders join the International Sustainability Alliance. http://www.breeam.org/newsdetails.jsp?id=608 [19] The Energy Policy Act (109th Congress H.R.776. ENR, abbreviated as EPACT92) [20] ANSI/ASHRAE Standard 62.1: Ventilation for Acceptable Indoor Air Quality SHAPE [21] ANSI/ASHRAE/IESNA Standard 90.1: Energy Standard for Buildings Except Low-Rise Residential Buildings. [22] EN ISO 7730: Ergonomie der thermischen Umgebung. Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. [23] Green Guide for Healthcare. http://www.gghc.org [24] wie Anm. 20 [25] ANSI/ASHRAE/IESNA Standard 55: Thermal Environmental Conditions for Human Occupancy [26] Deutsche Energie-Agentur: EPBD-Richtlinie. Europäische Richtline mit verschärften Anforderungen an Gebäude und den Energieausweis. http://www.zukunft-haus.info/de/planerhandwerker/fachwissen-bauen-und-sanieren/ gesetze-und-verordnungen/epbd-richtlinie.html [27] Passivhaus Institut: Kriterien für Passivhäuser mit Wohnnutzung. Zertifizierung als »Qualitätsgeprüftes Passivhaus«. http://www.passiv.de [28] Eßig, Natalie: Die Bemessung der Nachhaltigkeit. In: Deutsche Bauzeitung 05/2009, S. 62–65 [29] z.B. die internationale ISO TC 59 SC 17: Sustainability in Building Construction und die europäische CEN/ TC 350: Sustainability of construction works; derzeit beide noch in der Entwicklung [30] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Runder Tisch Nachhaltiges Bauen. http://www.nachhaltigesbauen.de/nachhaltigesbauen/runder-tisch-nachhaltiges-bauen.html [31] Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Bonn 2001. [32] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Zertifizierte Objekte. http://dgnb.de/_de/ zertifizierung/zertifikat/projekte/index.php? Sortierung=Objektbewertung [33] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: DGNB und BMVBS stellen Form der weiteren Zusammenarbeit vor. http://www.dgnb.de/de/ news/presseinfos/detail.php?we_objectID=2894 [34] Hegner, Hans-Dieter: Bewertungssystem als Planungshilfe. In: DBZ, 12/2009 [35] www.dgnb.de [36] Informationsportal Nachhaltiges Bauen. http://www.nachhaltigesbauen.de [37] ebd. [38] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Die DGNB auf einen Blick. http://www.dgnb.de/

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[65] [66] [67] [68] [69] [70] [71] [72] [73] [74] [75] [76] [77]

de/news/presseinfos/detail.php?we_objectID= 2388 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Mitgliederverzeichnis. http://www.dgnb.de/de/ mitgliedschaft/mitgliederverzeichnis/index.php wie Anm. 32 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Internationalisierung schreitet rasch voran. http://www.dgnb.de/de/news/presseinfos/ detail.php?we_objectID=3708 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: DGNB Netzwerk. http://www.dgnb.de/_de/ verein/international/netzwerk.php Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Zertifikate nach Maß. http://www.dgnb.de/_de/ suche.php?we_objectID=4712&pid=1928 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Schritt für Schritt zum DGNB-Zertifikat. http:// www.dgnb.de/_de/zertifizierung/weg/index.php Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: DGNB Software. http://www.dgnb.de/_de/ zertifizierung/software/index.php Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Zertifizierungsgebühren. http://www.dgnb.de/_ de/zertifizierung/index.php König, Holger u. a.: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009, S.102 Gertis, Karl: Was bedeutet Platin? In: Bauphysik, 04/2008, S. 244–255 http://www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-undgebaeudedaten/oekobaudat.html wie Anm. 28 Institute for Building Environment and Energy Conservation. http://www.ibec.or.jp ANSI/ASHRAE Standard 55: Thermal Environmental Conditions for Human Occupancy POEM-O: Post-Occupancy Evaluation Method for Office SHASE-S102-2203: Society of Heating, Airconditioning and Sanity Engineering of Japan Bundesamt für Energie BFE: EnergieSchweiz für eine inteligente und effiziente EnergieZukunft. http://www.bfe.admin.ch/energie/index.html http://www.2000watt-gesellschaft.org novatlantis: Die 2000-Watt-Gesellschaft. http://www.novatlantis.ch/index.php?id=26 MINERGIE: 10 Jahre MINERGIE – Die Zukunft des Bauens 2008. http://www.minergie.ch/ tl_files/download/MINERGIE_Info_04.2008.pdf http://www.minergie.ch/was-ist-minergie-105/ articles/das-wichtigste-1025.html MINERGIE: 10 Jahre MINERGIE – eine Erfolgsgeschichte. http://www.minergie.ch/tl_files/ download/Festschrift_10_Jahre_ MINERGIE_2008.pdf, S. 27 und 47 ebd., S. 47 ebd., S. 42–44 Schweizer Bau Dokumentation: Das Gebäudelabel Minergie und Minergie-P. Blauen 2006. http://www.minergie.ch/tl_files/download/ Schweizer_Baudoc_Minergie_P.pdf Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein: snarc, Systematik zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Architekturprojekten für den Bereich Umwelt. Zürich 2004. http://www. eco-bau.ch/resources/uploads/SNARCD.pdf MINERGIE: MINERGIE-ECO, MINERGIE-P-ECO. http://www.minergie.ch/minergie-eco.html Eco-Bau: Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau. http://www.eco-bau.ch/index.cfm?&js=1 Eco-Bau: ECO-BKP Merkblätter. http://www. eco-bau.ch/index.cfm?Nav=15&ID=15 Eco-Bau: eco-devis. http://www.eco-bau.ch/ index.cfm?Nav=15&ID=16 Bundesamt für Energie: Systemnachweis MINERGIE-ECO. Schlussbericht. Bern 2008, S. 16 wie Anm. 60, S. 42–44 http://www.minergie.ch/statistik.html http://www.minergie.ch/tl_files/download/ Gebuehren_ME_ME_P_ME_ECO.pdf http://www.minergie.ch/finanzhilfen.html http://www.assohqe.org/association_ presentation.php http://www.assohqe.org/association_liste_ adherents.php http://www.aimcc.org http://www.assohqe.org/autres_documents_ historique_de_la_marque.php

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75

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

• Planungsablauf: integrale und lebenszyklusorientierte Planung • Zertifizierung und Gebäudedokumentation • Zertifizierungsprozess nach BREEAM, LEED und DGNB

Planungsablauf Mit Bewertungs- und Zertifizierungsmethoden kann die Qualität von Entwurfszielen beschrieben und bemessen werden. Einerseits dienen Bewertungssysteme als Werkzeuge zur Beurteilung der ökologischen, energetischen und ganzheitlichen Gebäudequalität, andererseits helfen sie Planern, Entwurfsentscheidungen zu treffen. Dies reicht von der Formfindung über die technische Gebäudeausstattung bis hin zur Materialwahl. Anhand der Einsatzmöglichkeiten dieser Instrumente entwickeln sich neue Prozessabläufe, Planungstechniken und Dokumentationsanforderungen für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, die es in den heutigen Planungsablauf zu integrieren gilt. Hieraus haben sich in den letzten Jahren im Bau- und Planungswesen neue Berufsgruppen wie Auditoren oder Umwelt- und Nachhaltigkeitsberater gebildet. Integrale Planung

Der gestiegene Komplexitätsgrad sowie die zunehmende Spezialisierung in allen Bereichen des Planens und Bauens erfordern die frühzeitige Einbindung und Zusammenarbeit mit Experten verschiedener Fachrichtungen [1]. Der Einbezug von Fachplanern, Bauunternehmern, potenziellen Nutzern und der Öffentlichkeit bereits in frühen Planungsphasen ist eines der wesentlichen Merkmale der integralen Planung (von lateinisch integer: ein Ganzes bildend, vollständig). Dieses Konzept hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr durchgesetzt. Integrale Planungsprozesse sind heutzutage ein Hauptmerkmal des nachhaltigen Bauens und fließen auch in hohem Maße in die Beurteilung im Rahmen einer Gebäudezertifizierung ein. Folgende Aspekte sollen durch einen integralen Planungsprozess sichergestellt werden (Abb. 3.3) [2]: 76

• Umsetzung quantitativer und qualitativer Planungsziele • Integration und Realisierung der Beiträge verschiedener Fachdisziplinen • Einbeziehung der gebäudespezifischen Eigenschaften über die gesamte Lebensdauer • Berücksichtigung der Interessen der potenziellen Nutzer und Anlieger Lebenszyklusorientierter Planungsprozess

Von Projektbeginn an ist die Mitwirkung kompetenter Partner und Spezialisten erforderlich, um Aspekte wie Komfort, Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und einen reibungslosen Betrieb bei Gebäuden umzusetzen. Zusätzliche und steigende Anforderungen an Gebäudetechnik, Sicherheit, Materialeffizienz und Barrierefreiheit beeinflussen die Planung. Gleichzeitig müssen zuverlässige Kostenpläne für den Bau und Betrieb erstellt und eingehalten werden. Neben der Planung eines Objekts muss daher heute auch dessen Bauprozess geplant und gesteuert und der gesamte Lebenszyklus bereits in den ersten Schritten der Projektentwicklung berücksichtigt werden. Denn nur in dieser Planungsphase kann wirksam auf die Gesamtwirtschaftlichkeit, d. h. auf die Kosten für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt, Einfluss genommen werden (Abb. 3.7, S. 80) [3]. Die Betrachtung des Lebenszyklus spielt bei Nachhaltigkeitszertifizierungen von Gebäuden eine immer wichtigere Rolle, wird jedoch noch nicht bei allen Bewertungsmethoden berücksichtigt. Anders liegen die Dinge beim DGNB Zertifikat: Hier wurde bei der Entwicklung des Kriterienkatalogs für Büro- und Verwaltungsbauten (Neubau) bereits frühzeitig eine durchschnittliche Lebensdauer von 50 Jahren zugrunde gelegt. Die Lebensdauer einer Immobilie lässt sich zwar nie im Voraus abschätzen, dennoch geht

man hier von Durchschnittswerten aus, die in Abhängigkeit vom Gebäudetyp und von den eingesetzten Baustoffen unterschiedlich festgelegt werden (Abb. 3.1 und 3.2). Bei einer Lebenszyklusplanung gilt es, die Entwicklung der Auswirkungen der Alterungs- und Wertverlustprozesse über den gesamten Lebenslauf mithilfe von Szenarien zu bestimmen und zu quantifizieren. Hierbei berücksichtigt man z. B. Erneuerungs- und Umnutzungsstrategien und versucht, eventuell auftretende Probleme von Anfang an zu eliminieren oder abzumildern. Der Lebenszyklus eines Gebäudes gliedert sich in folgende Lebenszyklusphasen, die sich wiederum in einzelne Prozessschritte unterteilen (Abb. 3.4, S. 78) [4]: • Herstellungsphase (Produkte und Gebäude) • Nutzungsphase (Betrieb und Instandhaltung) • End-of-Life-Phase (Rückbau) Zertifizierung und Lebenszyklus

Speziell die frühen Phasen des Entwurfsprozesses haben starke Auswirkungen auf die Gestaltung, die Kosten, den gesamten Lebenszyklus und die Zukunftsfähigkeit von Gebäuden [5]. Insbesondere die Projektentwicklung, die Vorplanung und die Planung sind die wichtigsten Leistungsphasen für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in Gebäuden [6]. Denn in diesen Planungsphasen steckt das höchste Optimierungspotenzial für eine nachhaltige Bauweise. Vor allem der Einfluss auf die Kosten, die Konstruktion, die verwendeten Materialien sowie das Energie- und Nutzungskonzept einer Baumaßnahme ist zu Beginn der Planung am größten. Auf nationaler und internationaler Ebene wurden daher Verfahren entwickelt, die es erlauben, bereits erste Entwurfskonzepte und Wettbewerbsergebnisse hin-

sichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu beurteilen. Auch die Kriterienkataloge der marktgängigen Zertifizierungssysteme sind hierzu geeignet, da sich mit ihnen bereits in der Projektentwicklung Planungsziele festlegen und Aussagen zur Nachhaltigkeitsqualität der geplanten Immobilie treffen lassen (Abb. 3.7, S. 80). Beim britischen Zertifizierungssystem BREEAM können z. B. mit dem Vorzertifikat »Interim BREEAM Certificate« bereits in der Entwurfsphase Planungsziele bewertet werden. Die Umsetzung dieser Konzepte wird mit dem »Final BREEAM Certificate« nach Fertigstellung des Gebäudes bewertet (siehe Zertifizierungsprozess, S. 31f.). Bei der amerikanischen Methode LEED lassen sich Entwurfsziele mit einer Checkliste (Scorecard) festlegen; eine Vorzertifizierung ist in diesem System bislang nur in der Variante »Core & Shell« (veredelter Rohbau) möglich. Die eigentliche Zertifizierung wird ebenso wie bei BREEAM nach Inbetriebnahme des Gebäudes durchgeführt (siehe Zertifizierungsprozess, S. 40). Beim DGNB Zertifikat lassen sich im Rahmen einer freiwilligen Vorzertifizierung in der Entwurfsphase Planungsziele definieren und beurteilen. Diese werden später nach Inbetriebnahme des Gebäudes im Rahmen der Hauptzertifizierung überprüft (siehe Zertifizierungssysteme im Detail, S. 51). Obwohl die Überprüfung der vergebenen Zertifikate während der Nutzungsphase für einen reibungslosen und nachhaltigen Betriebsablauf eine wichtige Rolle spielen würde, werden Nachzertifizierungen, d. h. die Überprüfung der Hauptzertifikate während der Nutzung, bislang bei den einzelnen Gütesiegeln nicht gefordert. Eine eigenständige Bewertung des Betriebs ist allerdings mit Systemvarianten bestehender Zertifizierungssysteme möglich. Bei diesem Ansatz verlangen einige Systeme, z. B. LEED mit der Version »LEED for Existing Buildings: Operation & Maintenance « (LEED-EB: O & M), bereits eine Nachzertifizierung nach fünf Jahren [7]. Im Verlauf des Planungsprozesses gliedern sich Zertifizierungen somit nach folgendem Schema (Abb. 3.5, S. 78): • Pre-Assessment: Ein erster Quick-Check im Rahmen der Projektentwicklung trägt zur Entscheidungsfindung bei, ob eine Zertifizierung durchgeführt wird, welches Ergebnis erreichbar ist und welches Zertifikat hierbei eingesetzt werden soll. • Vorzertifizierung: In der Planungsphase dient eine Vorzertifizierung zur Festlegung und

Lebenserwartung von – bis (Jahre)

Bauteil / Bauteilschicht 1

Fundament Beton

2

Außenwände/-stützen

80 – 150

100

Beton, bewehrt, bewittert

60 – 80

70

Naturstein, bewittert

60 – 250

80

Ziegel, Klinker, bewittert

80 – 150

90

Beton, Betonstein, Ziegel, Kalksandstein, bekleidet

3

100 – 150

120

Leichtbeton, bekleidet

80 – 120

100

Verfugung, Sichtmauerwerk

30 – 40

35

Stahl

60 – 100

80

Weichholz, bewittert

40 – 50

45

Weichholz, bekleidet; Hartholz, bewittert

60 – 80

70

Hartholz, bekleidet

80 – 120

100

Innenwände, Innenstützen 100 – 150

120

Leichtbeton, bekleidet

80 – 120

100

Stahl

80 – 100

90

Weichholz

50 – 80

70

Hartholz

80 – 150

100

Beton, Naturstein, Ziegel, Klinker, Kalksandstein

4

mittlere Lebenserwartung (Jahre)

Decken, Treppen, Balkone 60 – 80

70

100 – 150

100

Gewölbe und Kappen aus Ziegel, Klinker

80 – 150

100

Stahl innen

80 – 100

90

Stahl außen

50 – 90

60

Tragkonstruktion Holztreppen innen, Weichholz

50 – 80

60

Tragkonstruktion Holztreppen innen, Hartholz

80 – 150

90

Tragkonstruktion Holztreppen außen, Weichholz

30 – 50

45

Tragkonstruktion Holztreppen außen, Hartholz

50 – 80

70

Beton, frei bewittert Beton, außen bekleidet oder innen

3.1

Gebäudetyp

wirtschaftliche Nutzungsdauer (Jahre)

Akteure der integralen Planung Bauherr /Betreiber

Einfamilienhäuser Zwei- und Dreifamilienhäuser Reihenhäuser (abhängig von ihrer baulichen Qualität; bei leichter Bauweise kürzere Nutzungsdauer)

60 – 100

Fertighäuser in Massivbauweise

60 – 80

Fertighäuser in Fachwerk- und Tafelbauweise

60 – 70

Siedlungshäuser

50 – 60

Holzhäuser Schlichthäuser (massiv)

50 – 60

Mietwohngebäude frei finanziert sozialer Wohnungsbau

60 – 80 50 – 70

gemischt genutzte Häuser mit einem gewerblichen Mietertragsanteil bis 80 %

50 – 70

Verwaltungs- und Bürogebäude Schulen, Kindergärten

50 – 80

Gewerbe- und Industriegebäude (bei flexibler und zukunftsgerechter Ausführung)

40 – 60

Tankstellen

10 – 20

Einkaufszentrum /SB-Märkte

30 – 50

Hotels /Sanatorien /Kliniken

40 – 60

Nutzer und Betroffene Architekt /Planer Energieberater Nachhaltigkeitsberater Auditor /Zertifizierer Fachingenieure

• • • • •

TGA Lichtplaner Tragwerksplaner Akustikplaner Brandschutzplaner

Baufirmen und Ausführende Facility-Manager Politiker Stadt- und Regionalplaner Landschaftsarchitekten und Ökologen Finanzierungsträger und Banken 3.3 3.1 Beispiel der Nutzungsdauern für Elemente der Tragkonstruktion (nach Anlage 6 des »Leitfadens Nachhaltiges Bauen«) 3.2 Übersicht der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von Gebäuden 3.3 Akteure der integralen Planung 3.2

77

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

Bewertung von Planungszielen und zur Definition der gewünschten Gebäudeeigenschaften. • Zertifizierung: Nach Fertigstellung bzw. Inbetriebnahme des Gebäudes wird dieses anhand der Kriterien des angestrebten Gütesiegels dokumentiert und an den darin festgelegten Benchmarks gemessen. Die Dokumentation und Überprüfung (Monitoring) der geforderten Ziele bereits während der Ausschreibungsund Ausführungsphase, des Konstruktionsprozesses und der Inbetriebnahme trägt zur Nachhaltigkeitsqualität des Gebäudes bei. • Nachzertifizierung: Eine Überprüfung des Hauptzertifikats während der Nutzungsphase des Gebäudes sichert die Nachhaltigkeitsqualität des Gebäudes während des Betriebs ab.

Zertifizierung und Gebäudedokumentation Heute existieren zahlreiche Datenerfassungssysteme, die unterschiedlich in den

Planungs- und Betriebsprozess eingebunden sind. Insbesondere die Gebäudezertifizierung ist in der Regel mit einer ausführlichen Gebäudedokumentation im Sinn einer »Betriebsanleitung« oder eines »Lebenslaufs des Gebäudes« verbunden [8]. Neben der Bewertung der Daten bündeln die Gebäudezertifikate bestehende Datenerfassungssysteme und Planungsinstrumente. Die Teilergebnisse der Einzelkriterien enthalten objektive, nachvollziehbare und überprüfbare Informationen und können gezielt als Informationsquelle von Fachplanern und Ausführenden, Nutzern, Mietern und Käufern verwendet werden [9]. Grundlagen der Gebäudedokumentation

Eine systematische, aussagekräftige und stetig aktualisierte Dokumentation eines Gebäudes für dessen gesamten Lebenszyklus ist eine wichtige Grundlage für die Kommunikation unter den Planungsbeteiligten (Architekt, Bauherr, Fachplaner) und Externen (Gutachter, Mieter, Auditoren). Zudem fördert sie die nachhaltige Qualität von Gebäuden, da Fakten für den Planungs- und den Betriebsprozess

Herstellung

transparent dargestellt werden können. Eine Gebäudedokumentation bildet eine effiziente, kosten- und zeitsparende Basis für die Kostenkalkulation und für spätere Modernisierungen, Umbau- und Rückbaumaßnahmen. Sie macht Aussagen zur Funktionalität, zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit des Gebäudes und fördert seine Werterhaltung. Mit grafischen Nachweisen, die sowohl das Maßnahmenkonzept erläutern als auch den Weg von den Energiedienstleistungen bis zu den Energiequellen nachvollziehbar darstellen, bietet eine Gebäudedokumentation darüber hinaus Voraussetzungen für eine kontinuierliche Erfassung und Auswertung der gebäudespezifischen Energieflüsse und Nachhaltigkeitsaspekte [10]. Während der letzten Jahre gelang es, die traditionellen Gebäudebeschreibungen, bestehend aus Zeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten), Berechnungen (Kostenberechnung, Energieberechnung etc.) und Listen (z. B. Leistungsbeschreibungen), gezielt miteinander zu verknüpfen und so die Kommunikation zwischen den Planern zu fördern. Ein entscheidender Fortschritt war die Entwicklung einer

Nutzung (Ver- und Entsorgung, Instandhaltung)

End-of-Life (Rückbau)

Projektentwicklung Planung

Ausführung

Inbetriebnahme

Betrieb

Modernisierung

• Standort • Nutzung • vorhandene Bausubstanz • Finanzierung • Nutzungszeitraum • Bedarf

• • • •

• Abnahme • Dokumentation • Gebäudeausweis

• Nutzung • Energiebedarf (Ver- und Entsorgung) • Monitoring • FacilityManagement • Wartung • Instandhaltung/ Pflege • Instandsetzung

• • • •

• Vorentwurf • Entwurf: Energieminimierung Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte) • Materialauswahl: Materialherstellung Schadstoffe Dauerhaftigkeit Rückbaubarkeit • Werkplanung: Materialminimierung • Leistungsbeschreibung • Vergabe

Bauprozess Bauüberwachung Abfallrecycling Qualitätskontrolle

Rückbau

Nachrüstung • Abriss Anpassung /Ausbau • Recycling Umnutzung • Entsorgung Sanierung

Lebenszyklusphasen eines Gebäudes

3.4

Pre-Assessment / Quick Check

Vorzertifizierung

Zertifizierung

Nachzertifizierung

Lebenszyklusphase: Projektentwicklung

Lebenszyklusphase: Vorplanung und Planung

Lebenszyklusphase: nach Fertigstellung, Inbetriebnahme

Lebenszyklusphase: in Betrieb

Ziel: Entscheidungsfindung für angestrebtes Ergebnis und mögliche Zertifikatswahl

Ziel: Festlegung von nachhaltigen Planungszielen

Ziel: Überprüfung der durchgeführten Nachhaltigkeitsaspekte, Monitoring

Ziel: Monitoring und Überprüfung der festgelegten Nachhaltigkeitsaspekte

3.5

78

Zertifizierung und Gebäudedokumentation

allgemeinen Schnittstelle, des Gebäudeproduktmodells (Building Information Modeling, BIM). Es verknüpft die grafischen CAD-Erfassungsprogramme mit Berechnungswerkzeugen und Datenbanken, mit denen sich z. B. Energieverbräuche oder die Umweltwirkungen von Baumaterialien erfassen lassen [11]. Allerdings konnten sich diese Methoden bislang noch nicht vollständig durchsetzen, weil die benötigten CAD-Programme, die umfangreichen Ausschreibungsdatenbanken mit mehr als 30 000 Bauleistungen, die Elementkataloge sowie die Planungs- und Bewertungswerkzeuge noch immer nur teilweise vorhanden und kaum aufeinander abgestimmt sind. Bis heute bearbeiten Architekten und Ingenieure auch größere Projekte noch mit unterschiedlichen Programmen und Datenbanken. Für die zukunftsfähige Planung und die Gebäudezertifizierung ist eine Verknüpfung der digitalen Planungswerkzeuge allerdings dringend notwendig, da nur so folgende Aspekte des nachhaltigen Bauens langfristig zu gewährleisten sind (Abb. 3.6) [12]: • Betrachtung des Gebäudes über alle Lebensphasen der Herstellung, Nutzung und Entsorgung • Sicherstellung der integralen Planung durch die Zusammenführung von Planungswerkzeugen, Softwareinstrumenten und Datenbanken (Herstellungsund Nutzungskosten, Energiebedarf und -kosten, Umweltbelastungen) • Sicherung der Datenkonsistenz und einer reibungslosen Objektbearbeitung durch eine gemeinsame Schnittstelle • Gewährleistung der Datenverwahrung und Vermeidung von Problemen bei der Langzeitarchivierung, z. B. durch den Verlust und das Fehlen von Daten aufgrund unvollständiger Baudokumentation, durch häufigen Besitzerwechsel und mangelnde Aktualisierung • Verbesserung der Übersichtlichkeit der Dokumentation für Dritte • Erfassung der Energie-, Stoff- und Kostenflüsse mit automatischer Ergänzung der Änderungen und der Angaben zu Konstruktionsarten, Bauprozessen sowie bauphysikalischen, gesundheits- und entsorgungsrelevanten Aspekten Datenerfassung bei Bewertungsmethoden

Neben der Bewertung und Überprüfung der nachhaltigen Gebäudequalität bildet die Datensammlung eine weitere wichtige Grundlage der Gebäudezertifizierung. Hierunter versteht man die Ermittlung von

Gebäudedokumentation allgemeine Angaben

• Standort, Bauherr, Eigentümer, Architekt, Datum der Fertigstellung/Modernisierung • Nachweise: Liste der Fachplaner und ausführenden Firmen

baurechtliche Aspekte

• Flächennutzungsplan, Baugenehmigung, Angaben zu Denkmalschutz • Nachweis: Auszug aus dem Bebauungsplan

Liegenschaft

• Fläche des Grundstücks, Vornutzung, Angaben zu Altlasten, Erschließung (Wasser, Abwasser, Gas, Fernwärme etc.), Entfernung • ÖPNV-Nachweis: Lageplan

Außenanlagen

• Angaben zu Zufahrten, Barrierefreiheit, Regenwasserversickerungsanlage, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen, Beleuchtung, Stellplätzen, Grünanlagen, Spielplätzen • Nachweis: Baubeschreibung Außenanlagen, liegenschaftsbezogenes Abwasserkonzept

Gebäude

allgemeine Beschreibung

• Bruttorauminhalt (BRI), umbauter Raum, Anzahl Geschosse, Angaben zu Nutzflächen (Wohnen, Büro, Sonstiges), Flächen (Bruttogrundfläche BGF; Nettogrundfläche NGF, Nutzfläche NF usw.), A / V-Verhältnis, BRI/BGF-Verhältnis, Angaben zur Unterkellerung • Nachweis: Grundrisse, Aufrisse

Baukonstruktion

• Baugrund, Grundwasser, Gründung, Kelleraußenwände, Außenwände, tragende Innenwände, Trennwände, Decken, Treppen, Dach, Fenster, Türen, Sonnenschutz • Nachweis: Auszug Bodengutachten, Raum- und Gebäudebuch, Baubeschreibung

Standsicherheit /Tragfähigkeit

• zulässige Verkehrslasten (Büroräume, Wohnräume, Flur etc.), Brandschutz • Nachweis: Statik, Brandschutzkonzept

Tageslichtnutzung, Beleuchtung

• Fensterflächenanteile, Beleuchtungsstärken je nach Raumnutzung, Leuchtedichteverteilung zwischen Arbeitsplatz und Umfeld • Nachweis: Beleuchtungskonzept

Wärmeschutz/ Energiebedarf

• Jahresheizenergiebedarf, Primärenergiebedarf, Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz, Nutzung erneuerbarer Energien, Energiekonzept • Nachweis: Energieversorgungskonzept, EnEVNachweis, Energiebedarfsausweis, Nachweis über sommerlichen Wärmeschutz, Kühllastberechnung, Erläuterungen zum Energiekonzept etc.

Schallschutz

• gegen Geräusche aus fremden Räumen (Luftschalldämmung, Trittschalldämmung), gegen Außenlärm, gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen (Wasserinstallationen usw.) • Nachweis: Schallschutznachweis

Lüftung

• Angaben zur freien Lüftung (Querlüftung, Schachtlüftung), maschinellen Lüftung (Be- und Entlüftung mit oder ohne Wärmerückgewinnung), Außenluftraten • Nachweis: Erläuterungen der Lüftungskonzeption und Kennwerte der Energiegewinne und eingesetzten Hilfsenergie

Wasser

• Wasserverbrauch • Nachweis: Wassersparkonzept

Abfallbehandlung

• Abfallanlage • Nachweis: Abfallkonzept

Ausbau und Ausstattung

• Angaben zu Aufzug, Tiefgarage, barrierefreien Zugängen, Fußbödenbelägen, Oberflächen, Einbauten • Nachweis: Beschreibung von Sanitär- und Küchenausstattungen, Erläuterungen zur Raumausstattung

technische Gebäudeausrüstung (TGA)

• Elektroanlagen, Fernmeldeanlagen, Heizung, Warmwasseraufbereitung, Sanitäranlagen, Lüftungsanlagen, Abwasseranlage, Nutzung regenerativer Energien • Nachweis: Beschreibung der TGA-Anlagen

Inspektion / Wartung / • Angaben zu Anlagen und Bauteilen und zu den Intervallen von Inspektion / Wartung Instandhaltung und Instandhaltung • Nachweis: Erläuterung der Wartungs- und Instandhaltungsintervalle und -maßnahmen, Dokumentation von Instandsetzungsmaßnahmen Bewirtschaftungskosten

• Kosten für Gebäudereinigung, Wasser/ Abwasser, Wärme/ Kälte, Elektroenergie, Bedienung, Wartung, Inspektion, Bauunterhalt etc. • Nachweis: Zusammenstellung der Bewirtschaftungskosten 3.6

3.4 Lebenszyklusphasen eines Gebäudes 3.5 Phasen der Zertifizierung

3.6 Inhalte einer Gebäudedokumentation (nach Anlage 7 zum »Leitfaden Nachhaltiges Bauen«)

79

Optimierungspotenzial für nachhaltige Bauweise

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

Projektentwicklung

Vorentwurf

Entwurf

Konstruktion

Betrieb

Abriss

maximale Beeinflussbarkeit der Nachhaltigkeit

Verlauf der Kosten und der Auswirkungen von Planungsentscheidungen auf die Nachhaltigkeit

Beeinflussbarkeit der Kosten und der Nachhaltigkeit

Zeit

Zertifizierungsphase Vorzertifizierung: Festlegung nachhaltiger Planungsziele

Nachhaltigkeitsmonitoring: Überprüfung der Umsetzung der nachhaltigen Planungsziele

Zertifizierung: Überprüfung der festgelegten Planungsziele 3.7

Grundlagen und Hilfsmittel für die Bewertung und Dokumentation von Gebäuden Daten

Daten zu Baustoffen, z. B. Umweltproduktdeklarationen (EPDs) Daten zu Leistungspositionen, z. B. Leistungsverzeichnisse Daten zu Bauteilen

Daten für die Herstellungsphase (Mengen und Massen), z. B. bauteilbezogene Gliederung nach Kostengruppen (nach DIN 276) Daten für die Nutzungsphase, z. B. gebäudebezogene Dienstleistungen zur Ver- und Entsorgung (nach DIN 18 960) bauteilbezogene Leistungen, z. B. Reinigungsarbeiten, Wartungs- und Inspektionsarbeiten, Sanierungsarbeiten etc.

Datenbanken

Datenbanken zu Nutzungsdauern von Bauteilen, z. B. Leitfaden Nachhaltiges Bauen Datenbanken für Ökobilanzdaten, z. B. Ökobau.dat

Informations- und Elementkataloge

Gefahrstoff-Informationssysteme, z. B. WINGIS Baustoff-Informationssysteme, z. B. WECOBIS Elementkataloge, z. B. Bauteilkataloge von Planungssoftware zur Bewertung der energetischen Gebäudequalität

Entwurfshilfsmittel und Berechnungsprogramme

Entwurfshilfsmittel zur Unterstützung des Planungsprozesses, z. B. CAD-Software, Ausschreibungs-, Vergabe- und Abrechnungsprogramme (AVA) und Werkzeuge zur Energiebedarfsberechnung

Planungs- und Bewertungshilfsmittel

Werkzeuge für die integrale Planung zur Lebenszykluskostenberechnung (LCC) und Ermittlung der Ökobilanz (LCA) 3.8

3.7 Lebenszyklus und Zertifizierungsprozess: Verlauf und Beeinflussbarkeit der Gesamtkosten und des Nachhaltigkeitspotenzials 3.8 Grundlagen und Hilfsmittel für die Bewertung und Dokumentation von Gebäuden

80

3.9 Bewertungsmethoden als gebündelte Gebäudedokumentation 3.10 Auszug aus den Dokumentationsanforderungen nach BREEAM bei der Systemvariante BREEAM Europe Commercial

Zahlen und Fakten über das Gebäude hinsichtlich der durch das Zertifizierungssystem geforderten spezifischen Qualitätskriterien. Alle Daten werden durch Nachweise belegt. Diese sind als Kriterien oder Indikatoren definiert und so formuliert, dass sie von einer objektiven Einrichtung, d. h. einer Zertifizierungsstelle, überprüft werden können. Die Zahlen und Fakten zum Gebäude geben das Ergebnis der Nachhaltigkeitsbeurteilung wieder und gehen in die Bewertung ein. Folglich ist der Prozess der Bewertung ein Verfahren zur Verdichtung und zur Interpretation der gebäudespezifischen Informationen. Die Ergebnisse können in ein Gebäudezertifikat münden, das gleichzeitig wiederum eine gebündelte Gebäudedokumentation ist (Abb. 3.9) [13]. Bei den heutigen Zertifizierungssystemen werden die Daten meist mithilfe von Softwareinstrumenten oder Datenplattformen dokumentiert, mit denen sie weiter an die Zertifizierungsstellen übertragen werden können. Diese Werkzeuge weisen bislang jedoch noch kaum Schnittstellen zu bestehenden Planungsinstrumenten auf, wie z. B. CAD-Programmen, Instrumenten zur Ermittlung von Ökobilanzen oder Lebenszykluskosten, Gebäudesimulationen sowie Datenbanken für energetische, bauphysikalische oder ökologische Bauteile und Kennwerte (Abb. 3.8). Dies erhöht den Arbeitsaufwand der Datensammlung und -auswertung bei einer Gebäudebewertung, denn die Daten müssen stets neu abgefragt, gesammelt und eingegeben werden. Abhängig vom gewählten Zertifizierungssystem und seiner jeweiligen Systemvariante werden bei den derzeit marktgängigen Bewertungsmethoden folgende Daten dokumentiert: • allgemeine Grundlagen: – Baubeschreibung – aktuelle Planunterlagen (Details, Konstruktion, Statik usw.) – Angaben zum Bauherrn, zu Fachplanern und Nutzern – Flächen- und Kubaturberechnungen • ökologische Aspekte: – Materialnachweise und Mengenangaben – Trinkwasser- und Abwasserkonzepte – Abfallkonzepte – Analysen zur Rückbaubarkeit und Recyclingkonzepte – Berechnungen von Flächenverbrauch und -effizienz • Wirtschaftlichkeit: – Angaben und Aufstellungen zu

Prozess der BREEAM-Zertifizierung









Bau- und Betriebskosten – Nachweise über die Umnutzbarkeit soziale Faktoren: – Angaben zu Nachweisen über den Grad der Barrierefreiheit – Sicherheitsnachweise und -konzepte – Gestaltungskonzepte (Innovation) – Dokumentation zu Aspekten wie Behaglichkeit und Gesundheit – Nachweise über den thermischen Komfort und die Einflussmöglichkeit des Nutzers – Lichtsimulationen und -berechnungen – Dokumente zur Überprüfung der Innenraumluftqualität – Akustik- und Schallschutznachweise Energie und Technik: – Energiekonzepte und -simulationen zur Einsparung von CO2-Emissionen – Angaben zum Einsatz erneuerbarer Energien – bauphysikalische Nachweise – Brandschutznachweise – Beschreibung der technischen Gebäudeausrüstung Prozess: – Angaben zum Planungsprozess – Durchführung von Wettbewerben und Variantenabfrage – Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Planung – integrales Planungsteam – Nachweise der Integration von nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten in die Ausschreibung – Beschreibung der Baustellenabläufe – Dokumentation der Inbetriebnahme und der Nutzung Standort: – Dokumentation der Verkehrsanbindung – Beschreibung der standortspezifischen Faktoren und der umgebenden Bebauung – Nachweis über die Wiedernutzung, Revitalisierung und Sanierung bestehender Flächen (Brownfield-Redevelopment) und Dekontaminierungsmaßnahmen – Angaben zur Verbesserung von Biodiversität und Ökologie des Standorts

Prozess der BREEAM-Zertifizierung Der Zertifizierungsprozess bei BREEAM gliedert sich wie auch bei den Systemen LEED und DGNB in zwei Stufen und muss durch einen zugelassenen BREEAMAssessor durchgeführt werden, der auch die Dokumentation bei der Zertifizierungsstelle einreicht:

Datenerfassung Inhalte der Nachweise abhängig von der verwendeten Bewertungsmethode

Datensammlung

Prüfung

Daten zu • Kosten • Ressourcen • Umweltbelastungen • Komfort • Sicherheit • Dauerhaftigkeit • Planungsqualität • Qualitätskontrolle

• Überprüfung der Nachweise durch unabhängige Dritte (Einrichtung)

Bewertungsverfahren Beurteilung und Zertifizierung der nachhaltigen Gebäudequalität

überprüfte Zahlen und Fakten

Bewertung

Bewertungsergebnis

• Verdichtung und Bündelung von Gebäudeinformationen zur Kommunikation

Gebäudedokumentation

Qualitätszertifikat

Auszeichnung 3.9

Dokumentationsanforderungen für BREEAM-Zertifizierung Standard • zusammenfassende Beschreibung der technischen Gebäudeausrüstung • Nachweis des vorgesehenen Blendschutzs • Beschreibung des Lüftungskonzepts • Tages- und Kunstlichtkonzept • Messkonzept • Aufzugskonzept • Dokumentation der Umsetzung hygienischer Anforderungen (Trinkwasser, Lüftung) • Nachweis der energetischen Effizienz (in Deutschland Berechnung nach der gültigen Energieeinsparverordnung) • Trink- und Abwasserkonzept • Abfallkonzept • Dokumentation der eingesetzten Kältemittel • Schallschutznachweis verpflichtende zusätzliche Anforderungen • Nachweis hochfrequenter Halogenleuchten • Nachweis der thermischen Behaglichkeit zusätzliche Nachweise zur Verbesserung des Bewertungsergebnisses • Dokumentation des Commissioning-Prozesses • Nachweis diverser eingehaltener Standards durch die Firmen (z.B. Sicherheit und Sauberkeit auf der Baustelle, Rücksichtnahme auf die Anlieger) • Dokumentation des Einflusses des Baustellenprozesses (z. B. CO2-Emission, Wasserverbrauch etc.) • Erstellung eines Nutzerhandbuchs • Lebenszykluskostenberechnung • Tageslichtberechnung /-simulation • Nachweis der Sichtbeziehung nach außen • Nachweis schadstoffarmer Baustoffe • Schallmessung • thermische Simulation • Energiesimulation • standortbezogene Nachweise (Entfernung zum öffentlichen Personennahverkehr und zu Versorgungseinrichtungen) • Carsharing-Konzept • Bewässerungskonzept der Bepflanzung • Materialnachweis nach dem BREEAM Green Guide • Ökobilanzierung nach ISO 14 040ff. • Nachweis wiederverwendeter Bauteile • Nachweis nachhaltiger Bauprodukte • Nachweis Abfallmengen • Erstellung eines Site Waste Management Plan (Standard in GB) • Nachweis des Recyclinganteils • Nachweis des ökologischen Werts des Grundstücks 3.10

81

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

• BREEAM-Interimszertifikat: vorläufige Bewertung im Rahmen der Planungsphase (Design Stage) auf der Grundlage der vorliegenden Planungslösung • BREEAM-Zertifikat: endgültige Bewertung nach Fertigstellung des Gebäudes (Post Construction Stage) Die grundsätzliche Vorgehensweise mit einer der eigentlichen Zertifizierung vorgelagerten Pre-Assessment-Phase und der Durchführung von Workshops mit dem Planungsteam im Rahmen der BREEAM-Beratungsleistungen ist vergleichbar mit dem Prozess der DGNBZertifizierung (siehe S. 84). Beim BREEAM-Interimszertifikat (Design Stage Assessment) werden die Kriterien auf Grundlage der vorliegenden Planungslösung bewertet. Für eine vollständige Bewertung muss dabei die Planung so weit fortgeschritten sein, dass der BREEAM-Assessor die Gebäudeeigenschaften entsprechend den Dokumentationsanforderungen nachvollziehbar dokumentieren kann. Das Design Stage Assessment wird üblicherweise vor Beginn der Bauarbeiten abgeschlossen. Die Bewertung nach Fertigstellung (Post Construction Assessment) wird nach Abschluss aller auszuführenden Arbeiten erstellt, und darauf aufbauend wird das Gebäude zertifiziert. Es gibt zwei Wege einer Bewertung nach Fertigstellung des Projekts: • Post Construction Review des vorläufigen Design Stage Assessments • Post Construction Assessment Ein Post Construction Review dient der Bestätigung bzw. Fortschreibung der vorläufigen BREEAM-Einstufung während der Planungsphase. Wird kein Interimszertifikat gewünscht, besteht die Option, auf das Design Stage Assessment zu verzichten. In diesem Fall wird nach Fertigstellung des Gebäudes eine vollständige Bewertung (Post Construction Assessment) durchgeführt und bei der Zertifizierungsstelle eingereicht. Dokumentation

Grundlage für die Zertifizierung sind Auszüge aus der Planungs- und Baudokumentation (z. B. Beschreibung der technischen Gebäudeausrüstung), Bestätigungen des Planungsteams bzw. des Bauherrn, zusätzliche Studien oder Berechnungen (z. B. Analyse der Lebenszykluskosten), die Dokumentation aus der Baubegehung des BREEAM-Assessors (z. B. Bestätigungsschreiben und fotografischer Nachweis der Anzahl und Art der 82

Autoparkplätze) sowie die Bestätigung des BREEAM-Assessors über die Konformität der eingereichten Unterlagen mit dem Bauwerk. Die Baubegehungen des Assessors spielen bei der Nachweisführung in einer Vielzahl von Einzelkriterien eine wesentliche Rolle. BREEAM stellt über seine Assessor Manuals und technische Checklisten zur Verfügung, die den Nachweisprozess und die zielgerichtete Beurteilung vereinfachen (Abb. 3.10).

Prozess der LEED-Zertifizierung Der Zertifizierungsablauf der Systemvariante LEED-NC (Neubauten und Generalsanierungen) ist grundsätzlich vergleichbar mit denjenigen von BREEAM und der DGNB. Er ist in zwei Phasen unterteilt: die Planungsphase (Design Phase) und die Ausführungsphase (Construction Phase). Am Ende der Planungsphase werden diejenigen Kriterien, die anhand der vorliegenden Planungsergebnisse umfassend dokumentiert werden können (z. B. Kriterien zur Energieeffizienz, Wassereffizienz etc.), zur Bewertung beim GBCI (Green Building Certification Institute) eingereicht. Das GBCI bestätigt die Kriterien bei Übereinstimmung mit den Anforderungen unter dem Vorbehalt, dass diese auch baulich umgesetzt werden. Die verbleibenden Kriterien, die im Wesentlichen im Zusammenhang mit den Abläufen bei der Bauausführung sowie den verwendeten Baustoffen und Materialien stehen, werden am Ende der Bauphase bei der Zertifizierungsstelle eingereicht und geprüft. Das Einreichen am Ende der Planungsphase (Design Review) ist jedoch nicht verpflichtend. Der Bauherr oder das Projektteam haben auch die Möglichkeit, die vollständige Dokumentation nur einmal, und zwar bei Fertigstellung des Gebäudes (Construction Review), an das GBCI zu übergeben. Nach der abschließenden Prüfung der Kriterien wird das Zertifikat verliehen. Die Ausstellung eines Vorzertifikats ist ausschließlich bei der LEED-Systemvariante für veredelte Rohbauten (LEED-CS) vorgesehen. Es soll den Bauherrn und Investor bei der Vermarktung unterstützen. Für die Kommunikation zwischen dem Projektteam und der Zertifizierungsstelle bzw. dem Prüfer ist der sogenannte Project Team Administrator (üblicherweise der jeweilige LEED-Berater) zuständig. Im Gegensatz zur DGNB, wo nur zugelas-

sene Auditoren eine Zertifizierung durchführen dürfen, fordert LEED nicht, dass diese Funktion durch einen zugelassenen LEED AP (Accredited Professional) ausgefüllt wird. Die Integration eines erfahrenen LEED AP in das Projektteam ist jedoch empfehlenswert. Dokumentation

Die für eine Zertifizierung einzureichende Dokumentation wird auf der Internetplattform »LEED Online« des U.S. Green Building Council eingestellt und vom Project Team Administrator zur Prüfung freigegeben [14]. Die Einreichung einer gedruckten Version der Dokumentation ist nicht erforderlich. Die Dokumentationsunterlagen sind in englischer Sprache zu erstellen. Der Umfang der einzureichenden Dokumente (Beschreibungen, Planunterlagen und Berechnungen) soll den Prüfer in die Lage versetzen, die Umsetzung der LEED-Anforderungen im Projekt zu beurteilen. Als Nachweis sind meist zusammenfassende Darstellungen oder Berechnungen sowie zum Teil auch Bestätigungen der umgesetzten LEEDAnforderungen durch das Planungsteam ausreichend. Die Zertifizierung erfolgt auf der Grundlage US-amerikanischer Normen und Standards. Bei einer LEED-Zertifizierung außerhalb der USA, z. B. in Deutschland, sind aus diesem Grund zusätzliche Nachweise erforderlich, da sich die von LEED vorgegebenen Berechnungsverfahren von den lokal angewendeten teilweise wesentlich unterscheiden. Zum Beispiel muss die Energieeffizienz eines Gebäudes bei einer LEED-Zertifizierung mit dem Berechnungsverfahren gemäß ASHRAE 90.1-Appendix G nachgewiesen werden. Diese Methode weicht erheblich von der in Deutschland üblichen Berechnung nach der Energieeinsparverordnung ab. Je nach gewünschtem Zertifizierungsgrad sind zur Verbesserung der Bewertung darüber hinaus zusätzliche Nachweise zu führen, beispielsweise Schadstoffmessungen der Raumluft vor dem Bezug des Gebäudes (Abb. 3.11).

Prozess der DGNB-Zertifizierung Die Zertifizierung mit dem DGNB Zertifikat gliedert sich in zwei Schritte und muss durch einen bei der DGNB ausgebildeten und zugelassenen Auditor durchgeführt werden (Abb. 3.13, S. 84): • Vorzertifkat: Festlegung und Beurteilung von Planungszielen während des Planungsprozesses

Prozess der LEED-Zertifizierung – Prozess der DGNB-Zertifizierung

Dokumentationsanforderungen für LEED-Zertifizierung Standard • aktuelle Planunterlagen • Baubeschreibung • Beschreibung der technischen Gebäudeausrüstung • Angaben zu Bauherr und Nutzern • Beschreibung des umgesetzten Energiekonzepts • Bodengutachten • Abfallkonzept • Trinkwasser- und Abwasserkonzept verpflichtende zusätzliche Anforderungen • Erstellung eines »Erosion and Sedimentation Control Plan« (ESC) für alle Bauaktivitäten und Darstellung der Maßnahmen in einem erweiterten Baustelleneinrichtungsplan • Nachweis der Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen im Projekt durch Fotos • Berechnung des Trinkwasserverbrauchs des Projekts basierend auf den Grundlagen des Energy Policy Act von 1992 • Nachweis der Spül- und Durchflussmengen von Sanitärinstallationen durch Datenblätter • Bestätigung, dass keine CFC-basierten Kältemittel und CFC-haltigen Gase für Löschsysteme verwendet werden • Bestätigung über die Erfüllung der Energieeffizienzanforderungen von ASHRAE 90.1-2007 • grundlegendes Commissioning: – Beschreibung der technischen Systeme und Bericht über die Ergebnisse des Commissioning – Erstellung des Commissioning Plan sowie Bestätigung, dass die Anforderungen in die Planungsunterlagen eingearbeitet wurden • Recycling- und Entsorgungskonzept für die Nutzungsphase • Berechnung über die Erfüllung der Lüftungsanforderungen von ASHRAE 62.1-2007 • Beschreibung der Lüftungsanlagen, einschließlich Schemata • Bestätigung über Rauchverbot im Gebäude oder, bei vorgesehenem Raucherraum, Bestätigung über die Erfüllung der Lüftungs- und Raumanforderungen, einschließlich Lüftungsschemata, Gebäudeschnitte und Messprotokoll der Druckdifferenz zu umliegenden Räumen zusätzliche Nachweise zur Verbesserung des Bewertungsergebnisses • Dokumentation der bevorzugten Parkplätze für abgasarme und kraftstoffsparende Fahrzeuge sowie für Fahrgemeinschaften in Grundrissen sowie mit Fotos nach Fertigstellung • Dokumentation der Dusch- und Umkleidemöglichkeiten sowie Fahrradstellplätze in Grundrissen und Außenanlagenplan • Berechnung des Trinkwasserverbrauchs für die Außenanlagenbewässerung • Beschreibung der eingesetzten Pflanzen und Bewässerungssysteme • Durchführung einer Gebäudesimulation nach ASHRAE 90.1-2007, App. G und Zusammenfassung der Ergebnisse in einem Bericht • erweitertes Commissioning: Bestätigung und Nachweis, – dass der Commissioningbeauftragte alle Planunterlagen und Angebote geprüft hat – dass das Betriebspersonal sowie zukünftige Nutzer geschult wurden – dass der Commissioningbeauftragte innerhalb der ersten zehn Monate nach Fertigstellung den Gebäudebetrieb überprüft • Einreichung des Mess- und Monitoringkonzepts gemäß IPMVP Volume III 1 • Bestätigung, dass das Mess- und Monitoringkonzept mindestens ein Jahr lang umgesetzt wird • Zertifikat des bezogenen Stroms aus erneuerbaren Quellen • Bestätigung über eine Mindestvertragslaufzeit des Strombezugs von zwei Jahren • Darstellung der Wiederverwendung vorhandener Bausubstanz in Grundrissen sowie dazugehörige Berechnungen • Herstellerbestätigungen zur Dokumentation des Einsatzes regionaler und recycelter Materialien • Dokumentation der FSC (Forest Stewardship Council)-Zertifikate der eingesetzten Holzprodukte • Produktdatenblätter bzw. produktbezogene Herstellerbestätigungen zur Dokumentation des Einsatzes schadstoffarmer Materialien • Nachweis der Beleuchtungsstärke in den Außenanlagen über eine dynamische Simulationsrechnung • Herstellerbestätigung oder Messung des Reflexionsgrads (Solar Reflectance Index) der Oberflächenmaterialien der Dachflächen • Durchführung von Schadstoffmessungen vor Bezug des Gebäudes 1

International Performance Measurement & Verification Protocol Volume III, April 2003 3.11

3.11 Auszug aus den Dokumentationsanforderungen nach LEED bei der Systemvariante LEED-NC

83

Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen

Dokumentationsanforderungen für DGNB-Zertifizierung Standard • • • • • • • • • • • • • • • • •

aktuelle Planunterlagen Baubeschreibung Beschreibung der technischen Gebäudeausrüstung Angaben zu Bauherr, Fachplanern und Nutzern Flächenberechnung nach DIN 277 EnEV-Berechnung auf Basis der DIN V 18 599 Energiekonzept Trinkwasser- und Abwasserkonzept Tages- und Kunstlichtkonzept Abfallkonzept Schallschutznachweis Sicherheitskonzept und Evakuierungsplan Konzept für Barrierefreiheit nach DIN 18 024 SiGePlan Bodengutachten Variantenvergleiche in der Planung systematische Inbetriebnahme mit Einregulierung und Betriebsoptimierung

verpflichtende zusätzliche Anforderungen • Ökobilanz: – auf Basis der in den Steckbriefen festgelegten gebäudespezifischen Nutzungsdauer – Herstellungsphase: Massenermittlung der Bauteile und Wärmeerzeugungsanlage (Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276), Verknüpfung mit Datenbank Ökobau.dat – Nutzungsphase (ausgewählte Kostengruppen nach DIN V 18 599): Ver- und Entsorgung (DIN V 18 599), Instandsetzungen nach Angaben des »Leitfadens Nachhaltiges Bauen« und VDI 2076 – End-of-Life: materialspezifische Szenarien auf Basis der Datenbank Ökobau.dat • Lebenszykluskostenberechnung: – auf Basis der in den Steckbriefen festgelegten gebäudespezifischen Nutzungsdauer – für Herstellungskosten (ausgewählte Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276): Baukonstruktion und technische Anlagen – für Nutzungskosten (ausgewählte Kostengruppen nach DIN V 18 599): Betriebskosten (Ver- und Entsorgung, Reinigung, Bedienung, Inspektion und Wartung) und Instandsetzungskosten zusätzliche Nachweise zur Verbesserung des Bewertungsergebnisses • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Baumaterialakte: Dokumentation und Nachweis der bauökologischen Materialanforderungen (EPDs) Holz: FSC-/PSFC- und CoC-Zertifikat thermische Gebäudesimulation Raumluftströmungssimulation Tages- und Kunstlichtsimulation Raumluftmessung des TVOC- und Formaldehydgehalts Nutzung der Dachfläche Architekturwettbewerb Kunst am Bau Blower-Door-Test Rückbau-, Recycling- und Entsorgungskonzept Reinigungs- und Instandhaltungskonzept Mess- und Monitoringkonzept Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Ausschreibung und Vergabe Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Firmenauswahl Objektdokumentation (nach Anlage 7 des »Leitfadens Nachhaltiges Bauen« oder vergleichbar) Wartungs-, Inspektions-, Betriebs- und Pflegeanleitungen Erstellung eines Nutzerhandbuchs für Nutzer und Facility-Management Bautagebuch Konzept für abfall-, lärmarme und umweltgerechte Baustelle Durchführung eines Präqualifikationsverfahrens Funktionsprüfung der Inbetriebnahme durch unabhängige Dritte (Commissioning Management) 3.12

Vorzertifikat:

Zertifikat:

• Assessment-Workshop mit Projektbeteiligten (Auditor, Planer, Fachplaner, Bauherr usw.): Festlegung von Planungszielen

• Assessment-Workshop mit Projektbeteiligten (Auditor, Planer, Fachplaner, Bauherr usw.)

Vorzertifikat Festlegung von Planungszielen

• Objektbegehung und Datenerhebung • Prüfbarkeit der Planungsziele durch Datenerhebung • Datenauswertung und Erarbeitung der möglichen Bewertung: Abschätzung der Ökobilanzierung, Lebenszykluskostenberechnung, bauphysikalische Aspekte usw. • Übergabe der erforderlichen Dokumentation

• Datenauswertung und Erarbeitung der möglichen Bewertung: Ökobilanzierung, Lebenszykluskostenberechnung, bauphysikalische Aspekte usw. • Zwischenbesprechungen mit Projektbeteiligten (Planer, Fachplaner, Bauherr usw.): Ermittlung der fehlenden Unterlagen, Unklarheiten etc.

• Konformitätsprüfung durch Dritte • Übergabe der erforderlichen Dokumentation • Konformitätsprüfung durch Dritte Zertifikat Dokumentation der Ergebnisse 3.13

84

Prozess der DGNB-Zertifizierung

• Hauptzertifikat: Bewertung der umgesetzten Maßnahmen nach Fertigstellung Meist wird vor der eigentlichen Zertifizierung ein sogenanntes Pre-Assessment durchgeführt. Mit diesem ersten QuickCheck sollen die Qualität des Gebäudes und das mögliche Zertifizierungsergebnis im Vorfeld abgeschätzt werden. Bereits in der Planungsphase können mit dem DGNB-Vorzertifikat gebäudespezifische Planungsziele festgelegt und bewertet werden. Ebenso kann es dem Bauherren bzw. Investor als Vermarktungsinstrument dienen. Um die Nachhaltigkeitsqualität des Gebäudes zu gewährleisten, sollte die Vorzertifizierung in den frühen Planungsschritten, spätestens jedoch bis zur Leistungsphase 5 nach HOAI, umgesetzt werden (Abb. 3.14). Die Vorzertifizierung ist freiwillig, verpflichtet aber zur Hauptzertifizierung. Ebenso wie bei der Vorzertifizierung übernimmt der Auditor die Registrierung und Anmeldung des Gebäudes für das Hauptzertifikat bei der DGNB-Geschäftsstelle. Er ist zudem für die Kommunikation zwischen der Zertifizierungsstelle und dem Planungsteam zuständig. Ein wichtiges Element der Zertifizierung und der integralen Planung ist der Zertifizierungsworkshop zu Beginn einer Bewertung mit dem DGNB Zertifikat. Hierbei stellt der Auditor bzw. Nachhaltigkeitsberater dem Planungsteam, bestehend aus Planer, Fachplaner, Bauherr usw., die Inhalte und Abläufe des Gütesiegels vor und es lassen sich erste Planungsziele und Bewertungskriterien auswerten. Weitere Bestandteile der Zertifizierung sind die Objektbegehung, die Begleitung des Ausschreibungs- und Bauprozesses, die stichprobenartige Kontrolle der Ausführung auf der Baustelle und die Koordination der zu erbringenden Gebäudedoku-

1

mentation mit dem Planungsteam und den ausführenden Firmen. Neben der Datenerfassung zur Nachweisführung sind die Auswertung der Datenerhebung und die Festlegung des Bewertungsergebnisses wichtige Aufgaben des Auditors. Nach Abschluss der Beurteilung wird die Dokumentation vom Auditor an die DGNB-Zertifizierungsstelle übergeben und der Bauherr erhält nach Qualitätskontrolle durch die DGNB das Zertifikat für das fertiggestellte Gebäude. (Abb. 3.14) Dokumentation

Die Gebäudedokumentation des DGNB Zertifikats wird bislang mithilfe einer von der DGNB entwickelten Software zusammengestellt und in schriftlicher und digitaler Form an die DGNB-Zertifizierungsstelle übermittelt. Die Zertifizierung basiert auf deutschen Baustandards und Normen, schließt also keine eigenständigen Berechnungsverfahren mit ein. Mit dem Zertifikat werden die Ergebnisse bereits angewendeter Planungsinstrumente und gesetzlich vorgeschriebene Datengrundlagen in Form einer transparenten Gebäudedokumentation gebündelt. Zum Beispiel bildet die Berechnung nach DIN V 18 599 die Grundlage für die Zertifizierung der energetischen Qualität. Verpflichtend sind darüber hinaus die Ermittlung einer Ökobilanz und die Berechnung der Lebenszykluskosten nach den Vorgaben der DGNB. Wird ein hohes Bewertungsergebnis angestrebt, ist mit zusätzlichen Mehrleistungen und Nachweisen zu rechnen, z. B. der Aufstellung von Materialkatalogen mit Angaben zu Umweltproduktdeklarationen, Innenraumluftmessungen oder Simulationen für den thermischen, visuellen oder akustischen Komfort (Abb. 3.12) [15].

Anmerkungen [1] König, Holger; Kreißig, Johannes; Kohler, Niklaus; Lützkendorf, Thomas: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung, S. 78 [2] Hegger, Manfred u a.: Energie Atlas. München/ Basel 2007, S. 187 [3] ebd. S. 186 [4] wie Anm. 1, S. 19 [5] Eßig, Natalie: Nachhaltigkeit von Olympischen Bauten. Stuttgart 2010 [6] Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: Leitfaden nachhaltiges Bauen. Bonn 2001, S. 2. http://www.bmvbs.de/architektur-baukultur [7] wie Anm. 5 [8] Geissler, Susanne: Leitfaden zum Umgang mit Energieeffizienz und weiteren Nachhaltigkeitsparametern in der Immobilienwertermittlung. 2010, S. 14. http://www.fh-wien.ac.at/fileadmin/daten/ studienangebot/immo/News/LeitfadenfuerWertermittlerzumUmgangmitEnergieeffizienzundweiterenNachhaltigkeitsparametern.pdf [9] Geissler, Susanne: Gebäudebewertungen mit Nachhaltigkeitsanspruch. Wien 2009, S. 5, und Geissler, Susanne; Bruck, Manfred: Eco-Building. Wien 2001, S. 43 [10] wie Anm. 2, S. 183 [11] wie Anm. 1, S. 19f. [12] wie Anm. 1, S. 78, 94 [13] wie Anm. 9 [14] http://www.leedonline.com [15] nach Angaben der Steckbriefe des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen

3.12 Auszug aus den Dokumentationsanforderungen nach DGNB 3.13 Ablauf der Vorzertifizierung und der Zertifizierung nach DGNB 3.14 Ablauf der DGNB-Zertifizierung nach Stufen der Projektsteuerung und HOAI-Leistungsphasen

Projektstufen nach DVP1

HOAI-Leistungsphasen

Ablauf der Zertifizierung mit dem DGNB Zertifikat

1. Projektvorbereitung

Projektentwicklung und Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung)

Pre-Assessment (Quick-Check): erste Abschätzung der Nachhaltigkeitsqualität des Gebäudes

2. Planung

Leistungsphasen 2 bis 4 (Vorplanung, Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung)

Vorzertifikat

3. Ausführungsvorbereitung

Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung/ Werkplanung)

Überprüfung der Planungsziele während der Ausführungsplanung

Leistungsphasen 6 –7 (Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe)

Überprüfung der Planungsziele während der Ausschreibung und Vergabe

4. Ausführung

Leistungsphase 8 (Objektüberwachung)

Überprüfung der Planungsziele während der Konstruktionsphase

5. Projektabschluss

Leistungsphase 9 (Objektbetreuung und Dokumentation)

Zertifikat

Deutscher Verband der Projektmanager in der Immobilien- und Bauwirtschaft e.V. 3.14

85

Systemvergleich

• internationale, europäische und nationale Normungsaktivitäten • Bausteine von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen • strukturelle und inhaltliche Unterschiede der Systeme

Struktureller Vergleich Über den Aufbau und die Struktur von Bewertungswerkzeugen herrscht auf internationaler Ebene bislang noch kein grundlegender Konsens. Jedes Gütesiegel basiert auf einer individuellen Struktur. Folglich gibt es kein »bestes System«, da die Vergleichbarkeit bestehender Bewertungsmethoden oft nicht gegeben ist und die einzelnen Systeme speziell für länderspezifische – kulturelle, klimatische und politische – Ausgangsbedingungen entwickelt wurden. Zur inhaltlichen Förderung und besseren Vergleichbarkeit der verschiedenen Bewertungsmethoden wurden bereits auf internationaler und europäischer Ebene zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. Hierbei spielen Zertifizierungsorganisationen, Forschungsinstitute und die Bauindustrie eine ebenso wichtige Rolle wie die internationale, europäische und nationale Normung. Normungsaktivitäten

Ziel der internationalen (ISO), europäischen (CEN) und nationalen (DIN) Normungsaktivitäten im Bezug auf die Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden ist die Entwicklung einheitlicher und vergleichbarer Rahmenbedingungen für bestehende und neue Zertifizierungsmethoden. Damit sollen Grundsätze, Anforderungen, Leitlinien und Begriffe sowohl für die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Bauwerken (Bewertungsmethoden) als auch für umwelt- und gesundheitsrelevante Informationen zu Bauprodukten (Umweltproduktdeklarationen, EPD) geregelt werden [1]. Derzeit sind auf internationaler und

4.1 Struktur der Normen a ISO/TC 59/SC 17: Nachhaltigkeit im Bausektor b CEN/TC 350: Nachhaltigkeit von Gebäuden

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europäischer Ebene zwei Normungsausschüsse tätig: die Arbeitsgruppe ISO TC59/SC17: Nachhaltigkeit im Bausektor (Sustainability in building construction) für die internationale Normung sowie die CEN/TC 350: Nachhaltigkeit von Gebäuden (Sustainability of construction works) für den europäischen Standard [2]. Die Normungsarbeiten der ISO/TC59/SC17 bilden hierbei die Grundlage für die Arbeit der CEN/TC 350 und die jeweiligen nationalen Normen. Jüngere Zertifizierungsmethoden, wie das DGNB Zertifikat, berücksichtigten die ersten Ansätze der internationalen und europäischen Normung bereits bei der Entwicklung. Auch Systeme wie LEED oder BREEAM, die bereits seit Längerem auf dem Markt sind, binden die Normung bei neuen Versionen mehr und mehr ein [3]. Die Beschreibung der Datengrundlagen sowie der Berechnungs- und Bewertungsabläufe bildet den Hauptinhalt der internationalen und europäischen Normung. Sie zielt ab auf quantifizierbare Indikatoren, eine modulare Lebenszyklusbetrachtung (Planung, Herstellung, Errichtung, Nutzung und Bewirtschaftung sowie End-of-Life) und einen performance-orientierten Ansatz. Aussagen zu Bewertungsmaßstäben und Benchmarks werden jedoch nicht getroffen. Diese sollen durch nationale Normen oder Bewertungssysteme geregelt werden. Die ISO TC 59/SC17 und die CEN/TC 350 bauen auf einem ähnlichen Raster auf (Abb. 4.1). Dieses besteht aus den drei Ebenen [4]: • Grundlagen • Gebäudeebene • Produktebene Es orientiert sich am Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit: • Ökologie • Soziales • Ökonomie

Die Grundlagen des nachhaltigen Bauens definiert die internationale Norm ISO 15 392 »Nachhaltigkeit im Bausektor – Allgemeine Prinzipien« (Sustainability in building construction – General principles) [5]. Sie unterscheidet zwischen der Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden und den umwelt- und gesundheitsrelevanten Eigenschaften von Bauprodukten (Umweltproduktdeklarationen). Bei beiden Aspekten liegen bislang nur Richtlinien für die Umweltbewertung vor. Zu sozialen und ökonomischen Indikatoren werden in der internationalen Normung noch keine Aussagen getroffen [6]. Eine ähnliche Herangehensweise beschreibt die europäische Normung der CEN/TC 350, die auf den internationalen Vorgaben aufbaut. Auch hier beziehen sich die drei Bewertungssäulen auf die ökologische, soziale und ökonomische Qualität von Gebäuden und Bauprodukten. Neben diesen drei Hauptsäulen werden zudem technische und funktionale Nachhaltigkeitsaspekte abgebildet [7]. Die einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen werden bei der CEN durch Unternormen dargestellt. Zur Beurteilung der Umweltqualität von Gebäuden und um Hinweise zu konkreten Berechnungsgrundlagen und -abläufen zu geben, erschien Anfang 2010 nun die erste Vornorm prEN 15 978: Bewertung der Umweltqualität (Assessment of environmental performance). Diese baut überwiegend auf den Ergebnissen von Ökobilanzen und Umweltproduktdeklarationen (EPD) auf. Folgende Kernaspekte wurden für die Bewertung der ökologischen Qualität von Gebäuden definiert (Abb. 4.2, S. 88) [8]: • Umwelteinflüsse (Environmental impacts) • Ressourceneinsatz (Resource input) • Abfallkategorien (Waste categories) • Ertragsflüsse, die das System verlassen (Output flows leaving the system)

Die Beurteilung der ökonomischen (Economic performance) und der sozialen Aspekte (Social performance) von nachhaltigen Gebäuden soll bis zum Jahr 2012 folgen. Erste Ansätze zu Kriterienkatalogen liegen bereits vor. Während bei der ökonomischen Qualität überwiegend die Lebenszykluskosten (Bau-, Betriebsund Abrisskosten) und die Werterhaltung betrachtet werden sollen, bezieht sich die Bewertung der sozialen Qualität auf folgende Aspekte [9]: • Gesundheit und Komfort (Health and Comfort) • thermische Qualität (Thermal performance) • Luftfeuchte (Humidity) • Qualität des Trinkwassers (Quality of water for use in buildings) • Innenraumluftqualität (Indoor air quality) • akustische Qualität (Acoustic performance ) • visueller Komfort (Visual comfort) • Zugänglichkeit (Accessibility)

Internationaler und europäischer Systemvergleich Um die Inhalte und Ergebnisse von Bewertungswerkzeugen vergleichbar zu machen und bestehende Nachhaltigkeitslabel für andere Länder und auf internationaler Ebene anwenden zu können, wurden in den letzten Jahren von Zertifizierungsorganisationen, Forschungsinstituten und der Bauindustrie zahlreiche Studien erstellt. Ebenso wurden Mehrfachbewertungen einzelner Gebäude mit unterschiedlichen Systemen durchgeführt [10]. Auch weltweit etablierte Zertifizierungsmethoden wie BREEAM, LEED oder DGNB führen zur Verbesserung, Weiterentwicklung und internationalen Adaptierbarkeit ihrer Systeme Vergleiche durch [11]. Zudem wird bei der Entwicklung neuer, länderspezifischer Gütesiegel auf das Vorwissen bereits bestehender Instrumente zurückgegriffen, z. B. so bei CASBEE in Japan oder Green Star in Australien auf LEED und BREEAM. Auch das DGNB Zertifikat baut auf dem beste-

methodische Grundlagen (Methodical basis)

henden Wissen bereits international etablierter Systeme auf, bringt diesen gegenüber jedoch neue, d. h. wirtschaftliche, soziale, technische und prozessspezifische Aspekte in die Gebäudebewertung ein [12]. Bei allen Studien wurde deutlich, dass für die Gebäudezertifizierung länderspezifische Bewertungssysteme notwendig sind, die auf die politischen, gesellschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten des Standorts abgestimmt sind. Aus den Studien geht aber auch hervor, dass ein internationales Kernsystem mit sogenannten Core Indicators (Kernindikatoren) dringend erforderlich wäre, um die Vergleichbarkeit der einzelnen Systeme und ihrer Bewertungsergebnisse zu gewährleisten. Dies wird z. B. beim internationalen Einsatz der Systeme BREEAM (BREEAM International) und DGNB (DGNB International) bereits praktiziert bzw. erprobt [13]. Die Analyse bestehender Systeme und die Entwicklungen der letzten Jahre haben zudem gezeigt, dass alle Methoden noch zahlreiche inhaltliche

Gebäude (Buildings)

Bauprodukte (Building products)

ISO 21 931-1 Nachhaltigkeit im Bausektor – Grundlagen für Methoden zur Bewertung der Umweltqualität von Gebäuden – Teil 1: Gebäude

ISO 21 930 Nachhaltigkeit im Bausektor – Umweltproduktdeklarationen von Bauprodukten

Gebäudeebene (Building level)

Bauproduktebene (Product level)

prEN 15 643-2 Grundlagen für die ökologische Qualität (Framework for environmental performance)

prEN 15 978 Bewertung der Umweltqualität (Assessment of environmental performance)

prEN 15 804 Umweltproduktdeklarationen (Environmental product declarations) prEN 15 942 Formate für die Kommunikation (Communication format B-B) CEN/TR 15 941 Generische Daten (Generic data)

soziale Qualität (Social performance)

prEN 15 643-3 Grundlagen für die soziale Qualität (Framework for social performance)

WI 015 Bewertung der sozialen Qualität (Assessment of social performance)

ökonomische Qualität (Economic performance)

prEN 15 643-4 Grundlagen für die ökonomische Qualität (Framework for economic performance)

WI 017 Bewertung der ökonomischen Qualität (Assessment of economic performance)

technische Qualität (Technical performance)

technische Eigenschaften (Technical characteristics)

funktionale Qualität (Functional performance)

Funktionalität (Functionality)

Umweltaspekte (Environmental aspects)

ISO 15 392 Nachhaltigkeit im Bausektor – Allgemeine Grundlagen ISO/NP TS 12 720 Nachhaltigkeit im Bausektor – Leitlinien für die Anwendung von allgemeinen Grundlagen auf die Nachhaltigkeit ISO/TS 21 929 Nachhaltigkeit im Bausektor – Nachhaltigkeitsindikatoren – Teil 1: Grundlagen für die Entwicklung von Indikatoren für Gebäude ISO/NP 21 929-2 soziale Aspekte Nachhaltigkeit im Bausektor – Nachhaltigkeitsindikatoren – Teil 2: Grundlagen (Social aspects) für die Entwicklung von Indikatoren für Bauingenieurarbeiten ökonomische ISO/ DTR 21 932 Aspekte (Economic Nachhaltigkeit im Bausektor – Terminologien aspects) a konzeptionelle Ebene (Concept Level) Umweltqualität (Environmental performance)

b

Grundlagen (Framework Level) prEN 15 643-1 Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden – Allgemeine Grundlagen (Sustainabiliy assessment of buildings – General framework)

4.1

87

Systemvergleich

Defizite aufweisen und folglich großer Forschungsbedarf besteht, die fehlenden Inhalte zu ergänzen und für diese Bewertungsregeln, Richtwerte und Kerngrößen zu definieren. Seit einigen Jahren bemüht man sich, diese Zielsetzungen auf internationaler und europäischer Ebene gemeinsam zu lösen. Ziel der Arbeit von Dach- und Interessenverbänden wie iiSBE (International Initiative for a Sustainable Built Environment) oder der SB Alliance (siehe Internationaler organisatorischer Rahmen der Gebäudezertifizierung, S. 27f.) und internationalen Normungsarbeiten ist eine inhaltliche Annäherung auf der Basis einheitlicher Kernindikatoren, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigen. Diese Bestrebungen werden durch Forschungsprojekte unterstützt.

Ergebnisse dabei stets vergleichbar bleiben [15]. Verschiedene Nationen bauten auf diesem Kriterienkatalog auf und entwickelten hieraus länderspezifische Bewertungsmethoden, so z. B. Spanien die Methode VERDE oder Italien das Gütesiegel Protocollo Itaca. Aufgrund der Verschiedenheit der nationalen Ausgangsbedingungen und der unterschiedlichen Umsetzung des Rahmenkatalogs scheiterte die eigentliche Idee der internationalen Vergleichbarkeit jedoch bereits bei der nationalen Anpassung und Anwendung der Methode. Dennoch beinhaltet das SBTool bislang eine der fundiertesten Gegenüberstellungen von Gütesiegeln auf internationaler Ebene, aus der ein umfangreicher Rahmenkatalog mit internationalen Kernkriterien und Bewertungsregeln zur Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gebäuden hervorging [16].

SBTool (Sustainable Building Tool)

Im Zuge der Einführung und Entwicklung des internationalen Rahmenwerkzeugs GBTool (heute SBTool) hat die Initiative »International Initiative for a Sustainable Built Environment« (iiSBE) bereits Ende der 1990er-Jahre erste umfangreiche Vergleiche von Bewertungs- und Zertifizierungsmethoden durchgeführt [14] (siehe International Initiative for a Sustainable Built Environment, S. 27f.). Hauptziel war die Entwicklung einer Bewertungssystematik, die in jeder Region und in jedem Land anwendbar ist und deren

LEnSE (Label for Environmental, Social and Economic Buildings)

Eine der ersten europäischen Forschungsarbeiten zur Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden war die Entwicklung des Kriterienkatalogs LEnSE (Label for Environmental, Social and Economic Buildings) aus dem Jahr 2008 [17] und seine praktische Umsetzung mit Fallstudien in ganz Europa. Da der Ansatz auf europäischer Ebene jedoch kaum Anklang fand, wurden seitens der Europäischen Kommission

erneut Forschungsprojekte zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Gebäuden ausgeschrieben, um europäische Kernindikatoren zu entwickeln. Mit Projekten wie OPEN HOUSE [18] und SUPERBUILDING, die Anfang 2010 starteten, sollen zudem die Definition von Kernindikatoren und ihre praktische Erprobung in zahlreichen Fallstudien auf europäischer Ebene gefördert und die europäische Normung im Bereich des nachhaltigen Bauens unterstützt werden (Abb. 4.3). SB Alliance (Sustainable Building Alliance)

Ein ähnliches Ziel verfolgt auf internationaler Ebene die SB Alliance (Sustainable Building Alliance) [19]. Das internationale Netzwerk aus Universitäten, Forschungszentren, Green Building Councils und der Bauindustrie entwickelt derzeit auf der Basis bestehender internationaler Bewertungsmethoden Kernindikatoren (Core Indicators) und einheitliche Messvorschriften (Common Metrics) zur Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gebäuden. Die Definition von Kernindikatoren vollzog sich in mehreren vordefinierten Schritten. Zunächst wurde anhand eines Vergleichs bereits existierender Gütesiegel ein erster umfangreicher Gesamtkriterienkatalog aufgestellt (Bottom-up-Approach). Folgende Gütesiegel wurden hierbei miteinander verglichen: • BREEAM (Großbritannien) • HQE (Frankreich)

Kategorie

Indikator

Umwelteinflüsse (Environmental impacts)

Treibhauspotenzial (GWP)

kg CO2-Äqu.

stratosphärisches Ozonabbaupotenzial (ODP)

kg CFC 11-Äqu.

Versauerungspotenzial von Land und Wasser (AP)

kg SO2--Äqu.

Ressourceneinsatz (Resource input)

Abfallkategorien (Waste categories)

Ertragsflüsse, die das System verlassen (Output flows leaving the system)

Einheit

Überdüngungspotenzial (EP)

kg PO4-Äqu.

troposphärisches Ozonnbildungspotenzial/»Sommersmogpotenzial« (POCP)

kg Ethen-Äqu.

abiotischer Ressourcenverbrauch für Elemente (ADP_e)

kg Sb-Äqu.

abiotischer Ressourcenverbrauch von fossilen Brennstoffen (ADP_f)

MJ/kg Sb-Äqu.

Einsatz von erneuerbaren Energiequellen, Primärenergie (Ausschluss von erneuerbaren Energiequellen, die als Rohstoffe verwendet werden)

MJ, spezifischer Heizwert

Einsatz von nicht erneuerbaren Energiequellen, Primärenergie (Ausschluss von nicht erneuerbaren Energiequellen, die als Rohstoffe verwendet werden)

MJ, spezifischer Heizwert

Einsatz von Sekundärbaustoffen

kg

Einsatz von erneuerbaren Sekundärbrennstoffen

MJ

Einsatz von nicht erneuerbaren Sekundärbrennstoffen

MJ

Einsatz von Trinkwasser

m3

Giftmüll für die Endlagerung

kg

Müll für die Endlagerung

kg

radioaktiver Müll für die Endlagerung

kg

Bauteile für die Wiedernutzung

kg

Materialien zum Recycling

kg

Materialien für die energetische Verwertung

kg

exportierte Energie

MJ 4.2

88

Internationaler und europäischer Systemvergleich

• • • • •

AQUA (Brasilien) DGNB (Deutschland) Protocollo Itaca (Italien) LEnSE (Forschungsprojekt der EU) PromisE (Finnland)

Aus dieser Gesamtkriterienliste wählte eine Arbeitsgruppe der SB Alliance anhand von vordefinierten Prioritäten für die Version 2009 die ersten sechs Indikatoren aus (Top-down-Approach). Diesen wurden in weiteren Schritten Bewertungseinheiten zugewiesen (Abb. 4.4). Die Kernindikatoren gliedern sich in drei Hauptbereiche [20]: • Zerstörung der Ressourcen (Resources depletion): Primärenergie (Primary Energy) und Wasser (Water) • Innenraumqualität (Indoor environment quality): thermischer Komfort (Thermal comfort) und Innenraumluftqualität (Indoor air quality) • Gebäudeemissionen (Building emissions): Treibhausgasemissionen (Greenhouse gas emissions) und Müllproduktion (Waste production) Folgende Indikatoren stehen für die Version 2009 noch zur Diskussion: • ökonomische Qualität (Economic performance) • visueller Komfort (Visual comfort) • akustischer Komfort (Acoustic comfort) Die definierten Indikatoren, die schwerpunktmäßig die ökologische Qualität eines Gebäudes beschreiben, gilt es nun mit Inhalten und Bewertungsregeln zu füllen. Hierbei sollen alle Lebenszyklusphasen eines Gebäudes betrachtet werden (Herstellungs- und Bauphase, Betriebsphase sowie End-of-Life-Phase). Da dieser Ansatz aber bisher nur bei wenigen Bewertungsmethoden ausgereift ist und für verschiedene Aspekte wie z. B. den Transport (Transport »Use Stage«) auf internationaler Ebene noch keine Bewertungs- und Berechnungsvorschriften verfügbar sind, bleiben verschiedene Aspekte bei der Version 2009 noch unberücksichtigt. Bei der Festlegung der Bewertungsregeln greift man bei den einzelnen Indikatoren daher auf verschiedene Ansätze zurück: • standardisierte internationale und europäische Energiebewertungsverfahren und derzeit weltweit anerkannte Methoden und Szenarien zur Lebenszyklusanalyse • Bewertungsregeln, die von bestehenden Methoden bereits entwickelt und genutzt werden, z. B. Materialdatenbanken und Umweltproduktdeklarationen

Nr.

Kategorie nach LEnSE

1.

ökologische Aspekte

Klimawandel (Climate change)

2.

Biodiversität (Biodiversity)

3.

Ressourcennutzung (Resource use)

4.

ökologische und geografische Risiken (Environmental & geographical risks)

5.

soziale Aspekte

Wohlbefinden des Nutzers (Occupant wellbeing)

6.

Sicherheit (Security)

7.

soziale und kulturelle Werte (Social and cultural values)

8. 9.

Zugänglichkeit (Accessibility) ökonomische Aspekte

Finanzierung und Management (Financing and management)

10.

Werthaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus (Whole life value)

11.

optionale Bewertung (Option appraisal)

12.

externe Effekte (Externalities) 4.3

SB Alliance-Indikator

Einheit

Treibhausgasemissionen

kg CO2-Äqu.

Energie

Primärenergie (kWh)

Wasser

m3

Abfall

vier Abfallarten: • Gefahrstoffe (t) • ungefährliche Stoffe (t) • inaktiver Abfall (t) • nuklearer Abfall (t)

thermischer Komfort

% der Nutzungszeit, bei der die Raumtemperatur vordefinierte Werte übersteigt (z. B. 2 % der Zeit über 26 °C)

Innenraumqualität

CO2 in ppm Formaldehyd in μg/m3 4.4

System

Bewertungsinstitutionen

Website

BREEAM

BRE (Building Research Establishment)

www.bre.co.uk

LEED

USGBC (U.S. Green Building Council)

www.usgbc.org

LEED Canada

CaGBC (Canada Green Building Council)

www.cagbc.org

DGNB

DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) www.dgnb.de

Green Star

GBCA (Green Building Council Australia)

www.gbca.org.au

CASBEE

JSBC (Japan Sustainable Building Consortium)

www.ibec.or.jp/CASBEE/english/

HQE

Association HQE

www.assohqe.org

Assocation Qualitel

www.qualitel.org

CSTB Centre Scientifique et Technique du Bâtiment

www.cstb.fr

Geschäftsstelle MINERGIE

www.minergie.ch

MINERGIE

4.5

4.2 Kernindikatoren der Umweltqualität von Gebäuden nach CEN/TC 350 (Stand Sommer 2010) 4.3 Kriterienkatalog LEnSE, Forschungsprojekt der EU

4.4 Bewertungseinheiten des Kriterienkatalogs von SB Alliance 4.5 internationale Bewertungssysteme und dazugehörige Bewertungsmethoden

89

Systemvergleich

1. Ebene

2. Ebene

3. Ebene

4. Ebene

Ziele

Kategorien

Kriterien

Indikatoren

Ziel

Kategorie 1

Kriterium 1.1

5. Ebene

6. Ebene

Bedeutungs- Gewichfaktor tung

Indikator 1.1.1

x

Indikator 1.1.2

y

Indikator 1.1.3

z

Indikator 1.2.1

z

Indikator 1.2.2

x

Kriterium 1.3

Indikator 1.3.1

y

Kriterium 2.1

Indikator …

...

Bewertungsergebnis Ergebnis

% Kriterium 1.2

Kategorie 2

...

Kriterium ... Kategorie .. 4.6 Baustein

Definition/Beispiele

Ziele

Definition: angestrebter Bewertungszustand, den es zu erreichen gilt Beispiel: Erhalt von Werten, Schutz der Umwelt

Qualitäten, Kategorien, Aspekte

Definition: Summe bzw. Oberbegriff der Kriterien, die für die Bewertung verwendet werden Beispiel: ökologische Qualität, funktionale Aspekte

Kriterien

Definition: Eigenschaften des Gebäudes, die einer Bewertung unterzogen werden Beispiel: Heizenergieverbrauch, Materialmenge, Betriebskosten

Indikatoren

Definition: Beschreibung des Status quo, Wiedergabe des Zielerreichungsgrades • quantitative Indikatoren: durch Zahlen und Einheiten Beispiel: kWh/m2a, Trinkwasserverbrauch m3/m2a • qualitative Indikatoren: beschreibend Beispiel: Erhaltung der Biodiversität des Baugrundstücks

Gewichtung

Definition: Bedeutung der einzelnen Kategorien im Verhältnis zueinander Beispiel: in %, Punkten etc.

Bedeutungsfaktor

Definition: Bedeutung der einzelnen Kategorien und Kriterien im Verhältnis zueinander Beispiel: durch Faktoren wie 1, 2, 3

Bewertungsverfahren

Definition: Umsetzung der Informationen/Kriterien in eine vergleichbare Einheit Beispiel: Note, Punktzahl

Mit Instrumenten zur Bewertung der ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Qualität von Gebäuden lassen sich Entwurfsziele in spezifische Qualitätsziele transformieren. Das Erreichen einer bestimmten Qualitäts- bzw. einer Bewertungsstufe stellt das Ergebnis eines jeden Bewertungsdurchlaufs dar. Dieser Prozess ist bei allen Systemen gleich; der Weg dazwischen folgt jedoch stets eigenen Rechenregeln und wird von den einzelnen Bewertungssystemen mit unterschiedlichen Verfahren umgesetzt. Hierbei greifen die einzelnen Instrumente auf unterschiedliche Begriffe zurück, wie Kategorien, Punkte, Kriterien, Subkriterien etc. Auch die internationale Normung gibt derzeit noch keine einheitliche Regelung vor, sondern beschreibt Bewertungsaspekte lediglich als »Indikatoren«. Dennoch sind Ähnlichkeiten im strukturellen Aufbau und verwandte Bausteine erkennbar (Abb. 4.6–4.8) [21]: 1. Ebene: Ziele

4.7

LEED

BREEAM

DGNB

1. Ebene: Ziele

nationale Schutzziele

nationale Schutzziele

nationale Schutzziele

2. Ebene: Qualitäten, Kategorien, Aspekte





6 Qualitäten: • ökologische Qualität • ökonomische Qualität • soziokulturelle und funktionale Qualität • technische Qualität • Prozessqualität • Standortqualität

6 Kategorien: • nachhaltige Baugelände • effiziente Wassernutzung • Energie und Atmosphäre • Materialien und Ressourcen • Komfort und Innenraumklima • Innovation und Planungsprozess

10 Kategorien: • Management • Gesundheit und Behaglichkeit • Energie • Transport • Wasser • Materialien • Abfall • Flächenverbrauch und Grundstücksökologie • Emissionen • Innovationen

11 Kategorien: • Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt • Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen • Lebenszykluskosten • Wertstabilität • Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit • Funktionalität • gestalterische Qualität • Qualität der technischen Ausführung • Qualität der Planung • Qualität der Bauausführung • Qualität des Standorts

3. Ebene: Kriterien

43 Kriterien

76 Kriterien

49 Kriterien

4. Ebene: Indikatoren

qualitativ und quantitativ

qualitativ und quantitativ

qualitativ und quantitativ

5. Ebene: Gewichtung

mit Punkten

in %

mit Bedeutungsfaktoren und in %

6. Ebene: Ergebnis

Zertifiziert, Silber, Gold, Platin

Bestanden, Gut, Sehr gut, Bronze, Silber, Gold Exzellent und Herausragend

Die Grundlage und erste Ebene von Bewertungsmethoden bilden regionale und nationale Schutzziele. Diese basieren auf sozialen Werten, politischen Programmen und gesellschaftlichen Strömungen. Neben diesen Hauptschutzzielen werden für die einzelnen Bewertungskriterien meist zusätzliche Zielformulierungen festgelegt. Hierbei werden für jedes Kriterium spezielle Planungsziele definiert, d.h. ein eigenes zu erreichendes Ziel, das speziell auf die Eigenschaft des jeweiligen Kriteriums abgestimmt ist. 2. Ebene: Kategorien

Die in der ersten Ebene aufgezeigten Schutzziele werden in der zweiten Ebene in Form von Bewertungskategorien konkretisiert. Die zu bewertenden Kategorien, oft auch als Qualitäten oder Aspekte bezeichnet, bündeln die einzelnen Bewertungskriterien. Verfolgen Systeme und Methoden einen ganzheitlichen Ansatz (z. B. DGNB Zertifikat), wird zwischen dieser und der nächsten Ebene eine weitere Unterebene eingefügt. Bei Bewertungsmethoden, die vorrangig nur die ökologischen und energieeffizienten Komponenten eines Gebäudes beurteilen (z. B. LEED oder BREEAM), entfällt die Einteilung in Zwischenstufen. 3. Ebene: Kriterien

In der dritten Ebene gliedern sich die Kategorien in Kriterien auf, die eine 4.8

90

Bausteine von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen

Bausteine von Bewertungs- und Zertifizierungssystemen – Unterscheidungsmerkmale

bestimmte Eigenschaft eines Gebäudes beschreiben. Die Kriterienkataloge, d. h. die Summe aller verwendeten Kriterien, bilden den Hauptbestandteil eines jeden Bewertungssystems. Die Kriterien legen dar, welche Eigenschaften zur Beurteilung eines Gebäudes wichtig sind und dessen Nachhaltigkeitswert ausmachen. Ihre Inhalte hängen von den gesellschaftlichen, politischen, klimatischen und kulturellen Ausgangsbedingungen der Bewertungssysteme ab. 4. Ebene: Indikatoren

Die Beurteilungs- und Rechenregeln der Bewertungssysteme werden in der vierten Ebene mit Hilfe von Indikatoren beschrieben. Diese sind bei allen Methoden sehr unterschiedlich, da sie auf nationalen Normen, Richtwerten und Nachhaltigkeitszielen basieren. Indikatoren können Gebäude qualitativ (beschreibend) oder quantitativ (durch Zahlen, Einheiten und Messwerte) bewerten. 5. Ebene: Gewichtung

Die einzelnen Indikatoren, Kriterien und Kategorien der heute marktgängigen Bewertungsmethoden weisen meist unterschiedliche Gewichtungen auf. Innerhalb der fünften Ebene werden diese anhand von Bedeutungsfaktoren, prozentualen Gewichtungen oder verschiedenen Punkteverhältnissen zueinander ins Verhältnis gesetzt und in eine vergleichbare Einheit (Punkte, Prozente usw.) umgerechnet. Die Festlegung der Gewichtungs- und Bedeutungsfaktoren hängt von den kulturellen, ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen der Region ab und basiert meist auf Experteneinschätzungen, Erfahrungswerten und den Ergebnissen von Pilotprojekten. 6. Ebene: Bewertungsergebnis

Die sechste Ebene bildet das Gesamtbewertungsergebnis ab. Die in der fünften Ebene ermittelten gewichteten Teilergebnisse (Punkte bzw. Prozentwerte) ergeben in der Summe die erreichte Bewertungsstufe. Dieser Zielwert wird einer bestimmten Bewertungsstufe zugeordnet und je nach System mit Werten wie »Zertifiziert, Silber, Gold, Platin« (LEED), »Bronze, Silber, Gold« (DGNB) oder mit Schulnoten wie »Bestanden, Gut, Sehr gut« (BREEAM) beschrieben.

Unterscheidungsmerkmale Die bisher existierenden Zertifizierungsmethoden unterscheiden sich sowohl

strukturell als auch inhaltlich (Abb. 4.9, S. 92f.). Strukturelle Unterschiede

Der strukturelle Aufbau und die Bewertungsabläufe der einzelnen Zertifizierungsmethoden ähneln sich zwar, zeigen aber folgende Unterschiede auf: Organisationsform Für die Einführung und Weiterentwicklung von Bewertungssystemen sind Institutionen zuständig, die entweder als gemeinnützige Organisationen (Non-Profit) fungieren oder an politische Einrichtungen angegliedert sind (Abb. 4.5, S. 89). Einige Organisationen führen die Überprüfung der eingereichten Zertifizierungsunterlagen selbst durch, wie z. B. das BRE bei der Methode BREEAM oder die DGNB beim DGNB Zertifikat. Andere Systeme wie LEED oder HQE lassen die Zertifizierungsdokumente hingegen durch eine dritte Institution überprüfen (Third Party Certification), um einen transparenten Bewertungsablauf zu gewährleisten. Zu nennen sind hier das Green Building Certification Institute (GBCI) bei LEED oder Vereinigungen wie Certivéa, Céquami und Cerqual bei HQE. Ablauf des Bewertungsprozesses Im Rahmen der Zertifizierungsprozesse orientieren sich die Nachhaltigkeitsinstrumente an den neuesten nationalen Baustandards und -technologien und bringen regelmäßig Überarbeitungen für die einzelnen Bewertungsversionen heraus. Die Zeitabstände zwischen den Aktualisierungen unterscheiden sich jedoch. So aktualisiert BREEAM seine Versionen meist jährlich (z. B. BREEAM Offices Version 2007, BREEAM Offices Version 2008 etc.), LEED im Zwei- bis Dreijahresrhythmus (z. B. LEED NC Version 2.2, LEED NC Version 3.0) und die DGNB nach Bedarf (z. B. DGNB NBV 2008, DGNB NBV 2009). Jede Bewertungsmethode führt die Bewertung nach unterschiedlichen Verfahren durch und hat hierfür eigene Abläufe und Werkzeuge festgelegt. Bei BREEAM und DGNB kann die Bewertung nur von Experten durchgeführt werden, die eine spezielle versionsspezifische Aus- und Weiterbildung bei den jeweiligen Zertifizierungsstellen durchlaufen haben (z. B. BREEAM-Assessor, DGNBAuditor). Bei LEED kann dagegen das Planungsteam die Bewertung und Dokumentation durchführen. Die Mitwirkung eines speziell ausgebildeten LEED Accredited Professional (LEED AP) ist nicht

zwingend erforderlich, geht jedoch mit Zusatzpunkten in die Bewertung ein. Der eigentliche Zertifizierungsprozess gliedert sich nach der Registrierung des zu bewertenden Gebäudes bei den Zertifizierungsstellen in zwei Bewertungsvorgänge, wobei bei allen drei Bewertungssystemen eine Vorzertifizierung nicht zwingend erforderlich ist, sondern auf freiwilliger Basis erfolgt (siehe Zertifizierung und Lebenszyklus, S. 77) [22]. • Vorzertifizierung: Festlegung von Planungszielen in der Planungsphase (bei allen genannten Systemen bislang nicht zwingend erforderlich) – BREEAM: Interim BREEAM Certificate (Zwischenzertifikat) – LEED: Precertification (bislang nur bei der Version »LEED for Core and Shell« möglich) – DGNB: Vorzertifikat • Zertifizierung: Überprüfung der umgesetzten Planungsziele nach Fertigstellung des Gebäudes – BREEAM: Final BREEAM Certificate (Zertifikat) – LEED: LEED Certification (Zertifikat) – DGNB: DGNB Zertifikat (Zertifikat) Bewertungsstufen Alle Zertifizierungssysteme bedienen sich unterschiedlicher Bewertungsstufen und Auszeichnungen. Die amerikanische Methode LEED, das Tochtersystem LEED Canada [23] und das DGNB Zertifikat greifen auf »olympische Werte« wie Bronze, Silber und Gold zurück. LEED zertifiziert zusätzlich noch mit einer weiteren Stufe, nämlich mit Platin. Bei Systemen wie BREEAM oder dem australischen Label Green Star setzt man hingegen Schulnoten oder Sterne ein. Zur Ermittlung des Gesamtergebnisses stellen die Gütesiegel die Bewertungsresultate durch Prozent- oder Punkteangaben in Abhängigkeit von einem Gesamterfüllungsgrad dar (z. B. BREEAM und DGNB: Prozente, LEED: Punkte) (Abb. 4.10, S. 94). Der unterste Level (LEED »Certified«, BREEAM »Pass«, Green Star »4 Star« oder DGNB »Bronze«) definiert hierbei den auf nationaler Ebene derzeit möglichen Mindestbaustandard (Stand der Technik) im Bereich des nachhaltigen Bauens. Aufgrund der unterschiedlich festgelegten Bewertungsstufen ist ein Vergleich von Ergebnissen der Bewer-

4.6 Aufbau von Systemen zur Bewertung der nachhaltigen Gebäudequalität 4.7 Bausteine von Bewertungsmethoden 4.8 Gliederung von Bewertungsmethoden in sechs Ebenen

91

Systemvergleich

BREEAM

LEED

Bewertungsmethode

BRE Environmental Assessment Method

Leadership in Energy and Environmental Design

Zertifizierungsorganisation

BRE

USGBC (United States Green Building Council)

Start

1990

1998

Internationalisierung

BREEAM International BREEAM Europe BREEAM Gulf BREEAM Netherlands BREEAM Spain

LEED Brazil LEED Canada LEED Emirates LEED India LEED Italy LEED Mexico

Updates

nach Bedarf

bisher nach Bedarf, Dreijahresrhythmus geplant

Zertifizierung durch Dritte

BRE

GBCI (Green Building Certification Institute)

Auditor

registrierter und unabhängiger BREEAM-Assessor Ausbildung mit Prüfung

Zertifizierung durch GBCI registrierter und unabhängiger »LEED Accredited Professional« (LEED AP) kann die Umsetzung der Anforderungen im Projekt unterstützen, ist aber nicht zwingend gefordert Prüfung; keine formale Ausbildung vorgeschrieben

Bewertungsablauf

• Planungsphase: Vorzertifikat (Interim BREEAM Certificate) • Inbetriebnahme: Zertifikat (Final BREEAM Certificate) (nach Fertigstellung)

LEED-NC, -CS, -CI: Bewertung der jeweils relevanten Kriterien nach der Planungsphase und der Inbetriebnahme; Zertifikat nach Fertigstellung. Vorzertifikat bei LEED-CS möglich

Bewertungsstufen

Bestanden (≥ 30 %) Gut (≥ 45 %) Sehr gut (≥ 55 %) Exzellent (≥ 70 %) Herausragend (≥ 85 %)

Zertifiziert (≥ 40 Punkte) Silber (≥ 50 Punkte) Gold (≥ 60 Punkte) Platin (≥ 80 Punkte)

Mindeststandards und Pflichtkriterien

Mindestkriterien (Minimum Standards), Festlegung in Abhängigkeit von Bewertungsstufen

vorgeschriebene Mindestkriterien (Prerequisites) in allen Bewertungskategorien

Gewichtung

Gewichtung der einzelnen Kategorien

keine Gewichtung, Punkte für Kriterien sind fixiert

Bewertungskategorien

• • • • • • • • •

• • • • • • •

Zusatzpunkte

Innovationspunkte (maximal 10 Punkte) bei vordefinierten Kriterien bzw. durch BREEAM-Assessor

Energie

US-amerikanischer Standard: • in Großbritannien: Energy Performance Certificate (EPC) auf BaASHRAE Standard 90.1 (2007) – Energy Standard for Buildings sis der EU-Richtlinie 2002/91/EG (EPBD Energy Performance of Except Low-Rise Residential Buildings Buildings Directive) • außerhalb Großbritanniens: Anwendung länderspezifischer Berechnungsvorschriften, Berechnung des Building Energy Performance Index (BEPI), ASHRAE Standard 90.1(2007) oder über vorgegebene Checkliste

Ökobilanzierung (LCA)

abhängig von der Systemvariante verschiedene Ansätze: z. B. Ökobilanzierungsinstrument »Green Guide to Specification« • basierend auf: DIN EN ISO 14 040:2006, DIN EN ISO 14 044:2006, DIN ISO EN 21 930:2007 • für die Phase: Herstellung alternativ: nationales Ökobilanzierungssystem auf Basis der DIN EN ISO 14 040ff. • für die Phasen: Herstellung, Nutzung und Verwertung • Berechnung von mindestens drei Umweltindikatoren • Anwendung des Systems muss von BRE freigegeben werden!

bisher nur als Pilotcredit (Testkriterium): Ökobilanzierung der Gebäudebauteile und Materialien über den gesamten Gebäudelebensyzklus (Life Cycle Assessment of Building Assemblies and Materials) • für die Phasen: Herstellung, Transport, Instandhaltung, Rückbau und Entsorgung • Inhalte: Primärenergiebedarf Versauerungspotenzial (AP – Acidification Potential) Treibhauspotenzial (GWP – Global Warming Potential) Einflusspotenzial auf Atemwege (Human Health Respiratory Effects Potential) Ozonschichtabbaupotenzial (ODP – Ozone Depletion Potential) Überdüngungspotenzial (EP – Eutrophication Potential)

Lebenszykluskosten (LCC)

abhängig von der Systemvariante; bei BREEAM Europe als eigenes Kriterium, bei dem die Art der Berechnung nicht definiert ist • Berücksichtigung von Herstellungsphase, Nutzungsphase, Instandhaltung und Verwertung • LCC-Berechnung auf Basis der Entwurfsplanung • Zeitraum: 25 oder 30 Jahre, zusätzlich 60 Jahre • Berücksichtigung mindestens zweier Gebeäudeelemente aus Tragwerk, Hülle, Haustechnik, Innenausbau • zusätzliche Berücksichtigung von Energieverbrauch, Verringerung des Wartungsaufwands, längerer Lebensdauer von Bauteilen, Wiederverwendbarkeit von Bauteilen

Lebenszykluskosten werden nicht betrachtet. Lediglich die Energiekosten für den Gebäudebetrieb werden im Rahmen des Pflichtkriteriums »EA Pre 2 – Minimum Energy Performance« und des Kriteriums »EA Credit 1 – Optimize Energy Performance« mit einem Referenzgebäude verglichen.

92

Management (Management) Gesundheit und Behaglichkeit (Health & Wellbeing) Energie (Energy) Transport (Transport) Wasser (Water) Materialien (Materials) Abfall (Waste) Flächenverbrauch und Ökologie (Land use & Ecology) Emissionen (Pollution)

nachhaltige Baugelände (Sustainable Sites) effiziente Wassernutzung (Water Efficiency) Energie und Atmosphäre (Energy and Atmosphere) Materialien und Ressourcen (Material and Resources) Komfort und Innenraumklima (Indoor Environmental Quality) Innovationen (Innovation & Design) – Zusatzpunkte regionale Schwerpunkte (Regional Credits) – Zusatzpunkte

Zusatzpunkte für die Kategorien »regionale Schwerpunkte« und »Innovationen« (maximal jeweils 6 und 4 Punkte)

Unterscheidungsmerkmale

DGNB

tungsmethoden nur schwer möglich. Vergleicht man nur die erreichten Gesamterfüllungsgrade, entsprächen Bewertungsergebnisse wie BREEAM Offices »Sehr gut« (ab 50 %) prozentual etwa der Beurteilung von LEED U.S. »Silber« (ab 55 %), LEED Canada »Platin« (ab 52 %) oder DGNB »Bronze« (ab 50 %), d.h. etwa dem deutschen Baustandard. Die Auswertung verdeutlicht aber nur, dass bei den einzelnen Ländern unterschiedliche Baustandard-Niveaus vorherrschen; das prozentuale Bewertungsergebnis stellt jedoch keinen allgemeingültigen inhaltlichen Vergleich dar.

DGNB Zertifikat DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) 2007 Kooperationen: ÖGNI (Österreich) BGBC (Bulgarien) DGBC (China) DGNBH (Ungarn) SGNI (Schweiz) Thailand Council of Sust. Construction (Thailand) nach Bedarf DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) registrierter und unabhängiger DGNB-Auditor Ausbildung mit Prüfung

• Planungsphase: Vorzertifikat • Inbetriebnahme: Zertifikat (nach Fertigstellung) Bronze (≥ 50 %) Silber (≥ 65 %) Gold (≥ 80 %)

Einhaltung von vordefiniertem Erfüllungsgrad in jeder Kategorie abhängig von der Bewertungsstufe Gewichtung der einzelnen Kategorien und zusätzliche Angabe von Bedeutungsfaktoren für Kriterien • • • • • •

ökologische Qualität ökonomische Qualität soziokulturelle und funktionale Qualität technische Qualität Prozessqualität Standortqualität

– DIN EN ISO 14 040:2006 Environmental management – Life cycle assessment – Principles and framework

diverse Ökobilanzierungsinstrumente aufbauend auf der nationalen Datenbank Ökobau.dat • Lebenszyklus: 50 Jahre • basierend auf: DIN EN ISO 14 040:2006, DIN EN ISO 14 044:2006, DIN V 18 599 • für die Phasen: Herstellung, Instandhaltung, Rückbau und Entsorgung • Inhalte: Treibhauspotenzial (GWP) Ozonschichtabbaupotenzial (ODP) Ozonbildungspotenzial (POCP) Versauerungspotenzial (AP) Überdüngungspotenzial (EP) Primärenergiebedarf nicht erneuerbarer Energie (PEne) Gesamtprimärenergiebedarf und Anteil erneuerbarer Primärenergie (PEe) Lebenszykluskosten für einen Zeitraum von 50 Jahren auf der Basis des Barwerts in €/m2 BGF • ausgewählte Herstellungskosten: Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276 • ausgewählte Nutzungskosten: Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 18 960, Kosten für Energiebedarf nach DIN V 18 599, Kosten für Wasserbedarf und Abwasser nach DGNBSteckbrief 14 »Trinkwasser« • Nutzungsdauern für Bauteile gemäß Angaben unter www.nachhaltigesbauen.de und im »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« des BMVBS

Gewichtung Mittlerweile bauen fast alle Bewertungsinstrumente auf gewichteten Kriterien und Kategorien auf. Die Gewichtungen spiegeln die Schwerpunkte der einzelnen Systeme wider und werden je nach Bewertungsversion neu definiert. In Abhängigkeit vom Gebäudetypus und vom Zeitpunkt der Bewertung fallen diese stets verschieden aus. Die BREEAM-Methode bewertet Gebäude mittels so genannter Credits (in Punkten) und prozentual gewichteten »Section weightings« (gewichtete Kategorien), die miteinander multipliziert werden. Bei LEED lag ursprünglich ein einheitliches Punktesystem zugrunde, d.h. die einzelnen Kriterien wurden nicht nach Bedeutsamkeit gewichtet, sondern standen im gleichen Verhältnis zueinander [24]. Mit der Einführung der Version LEED 2009 (V3) wich man von der bisherigen Struktur ab und ermöglichte so eine gewichtete Punktevergabe [25]. Beim DGNB Zertifikat sind sowohl die Kategorien (z. B. ökologische, ökonomische, soziokulturelle Qualität) prozentual als auch die einzelnen Kriterien mithilfe von Bedeutungsfaktoren zueinander gewichtet [26]. Mindeststandards und Pflichtkriterien Zur Steigerung der Qualität von Zertifizierungen wurden von zahlreichen Gütesiegeln verpflichtende Mindeststandards und Pflichtkriterien entwickelt: • BREEAM: Minimum Standards [27] • LEED U.S.: Prerequisites [28] • DGNB: Mindestqualitäten [29] • Green Star: Conditional Requirement [30] Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses fordert LEED in allen fünf Hauptkategorien sogenannte Prerequisites. Hierbei müssen insbesondere bei den Aspekten »Energie und Atmosphäre« (Energy and

Atmosphere) und »Innenraumqualität« (Indoor Environmental Quality) verschiedene Kriterien bindend eingehalten werden. Hierzu zählen: • der Einsatz eines »Commissioning Expert (Cx)« (EA Prerequisite 1: Fundamental Commissioning of Building Energy Systems), d. h. eines Experten, der die Inbetriebnahme des zu zertifizierenden Gebäudes nach LEED-Vorgaben umsetzt • die Einhaltung des ASHRAE Standards 90.1 (Energieeffizienz für Gebäude – EA Prerequisite 2: Minimum Energy Performance) • die Einhaltung des ASHRAE Standards 62.1 (Anforderung an die Ausführung der Lüftungsanlagen und Luftverteilung – IE Q Prerequisite 1: Minimum Indoor Air Quality Performance) [31] Bei der britischen Methode BREEAM muss abhängig von der erreichten Bewertungsstufe eine bestimmte Punktzahl (Minimum Standard) bei vordefinierten Kriterien erfüllt werden. Bereits für die unterste Bewertungskategorie »Pass« (Bestanden) ist bei folgenden drei Kriterien mindestens ein Punkt zu erlangen: • Inbetriebnahme (Man 1: Commissioning) • Hochfrequenzbeleuchtung (Hea 4: High frequency lighting) • mikrobiologische Kontaminierung (Hea 12: Microbial contamination) Zum Erreichen des »Outstanding«-Zertifikats müssen (bei BREEAM Offices 2008) insgesamt 14 der 65 Kriterien bindend erfüllt werden. Insbesondere beim Kriterium »Reduzierung der CO2-Emissionen« (Ene 1: Reduction of CO2 emissions) muss mindestens ein Ergebnis von 14 Punkten erreicht werden [32]. Auch beim DGNB Zertifikat waren ursprünglich sogenannte Pflichtkriterien geplant. Hiervon nahm man jedoch während der Pilotzertifizierung Abstand und einigte sich darauf, Mindestqualitäten für die einzelnen Bewertungsstufen einzusetzen. Erhält ein Gebäude das Silber-Zertifikat, müssen alle Qualitäten mindestens eine Bronze-Bewertung erreichen, bei Gold mindestens die Stufe Silber. Zertifizierungskosten Nachhaltiges Bauen wird meist mit einer starken Zunahme der Baukosten verbunden. Beispiele der letzten Jahre haben

4.9 Vergleich der Systeme BREEAM, LEED und DGNB

4.9

93

Systemvergleich

BREEAM Offices Version 2008

LEED-NC Version 3.0

LEED-NC Canada Green Star Office DGNB NBV Version 1.0 Version 3.0 Version 2009

jedoch gezeigt, dass dies keinesfalls immer der Fall ist. Je frühzeitiger Nachhaltigkeitsaspekte in die Planung integriert werden, desto weniger zusätzliche Kosten fallen für eine nachhaltige Umsetzung und Zertifizierung an. Kosten für eine Nachhaltigkeitszertifizierung von Immobilien lassen sich in folgende Bestandteile aufteilen (siehe Auswirkungen auf die Bauwerkskosten, S. 100ff.): • Registrierungs- und Zertifizierungsgebühren (Zertifizierungsstelle) • Zertifizierungskosten (Auditor) • Bauzusatzkosten (zusätzliche nachhaltige Baumaßnahmen)

100 % 90 %

Herausragend: ≥ 85 % Gold: ≥ 80 %

Platin: ≥ 80 % 6 Star: ≥ 75 %

80 % Exzellent: ≥ 70 %

Silber: ≥ 65 %

70 % Gold: ≥ 60 % 60 %

5 Star: ≥ 60 %

Sehr gut: ≥ 55 % Silber: ≥ 50 %

50 %

Bronze: ≥ 50 %

Platin: ≥ 52 %

Gut: ≥ 45 %

4 Star: ≥ 45 % Zertifiziert: ≥ 40 %

40 %

Gold: ≥ 39 % Silber: ≥ 33 %

Bestanden: ≥ 30 %

Zertifiziert: ≥ 26 %

30 % 20 %

4.10

BREEAM

LEED

ökologische Aspekte

• • • • •

• Energie und Atmosphäre • • effiziente Wassernutzung • • Materialien und Ressourcen

ökonomische Aspekte

• Management1



• Lebenszykluskosten • Wertentwicklung

soziale Aspekte

• Gesundheit und Behaglichkeit

• Komfort und Innenraumklima

• Gesundheit, Behaglichkeit, Nutzerzufriedenheit





• Funktionalität

• Zusatzkriterien für Innovationen

• Innovationen

• gestalterische Qualität

sonstige Aspekte

1

Energie Wasser Materialien Emissionen Abfall

DGNB Wirkung auf globale und lokale Umwelt Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen



• regionale Schwerpunkte







• technische Qualität

• Management



• Qualität der Planung • Qualität der Konstruktion • Qualität des Betriebs

• Flächenverbrauch und Grundstücksökologie • Transport

• nachhaltige Baugelände

• Standortqualität

Lebenszykluskosten sind bei BREEAM Bestandteil der Kategorie Management

a

1. Ökologie 2. Ökonomie 3. soziale Aspekte

BREEAM Offices 2008 (%)

LEED-NC 2009 (%)

DGNB NBV 2008 (%)

33,6

31,1

16,3

0

0

23,6

2,5

4,6

2,5

4. Energie

23,5

32,2

14,4

5. Behaglichkeit und Gesundheit

19,4

16

16,5

6. funktionale Aspekte

0

0

2,5

7. technische Aspekte

1,3

0

9,5

8. Design 9. Prozess / Management 10. Standort

1,2

6,9

4,2

18,5

9,2

10,5

nicht berücksichtigt1

nicht berücksichtigt1

nicht berücksichtigt1

1

Der Standort ist nicht in den Vergleich mit eingeflossen, da dieser bei DGNB nicht gewichtet wird. b

4.10 Bewertungsstufen internationaler Systeme 4.11 Gegenüberstellung der Bewertungsmethoden BREEAM, LEED und DGNB a auf Basis der Bewertungskategorien

94

4.11

b auf Basis der Bewertungsversionen BREEAM Offices 2008, LEED New Construction 2009 und DGNB Neubau Büro- und Verwaltungsbauten V 2009 mit Schwerpunkten und Gewichtungen

In der Regel sind die Zertifizierungsgebühren abhängig von der Gebäudegröße (z. B. €/m2), der Gebäudetypologie (z. B. Bürogebäude, Wohungsbauten etc.) und von der Mitgliedschaft des Bauherrn bei der jeweiligen Zertifizierungsorganisation. Die Registrierungs- und Zertifizierungsgebühren fallen bei den einzelnen Bewertungssystemen sehr unterschiedlich aus (Abb. 5.12, S. 104). Inhaltliche Aspekte

Inhaltlich lassen sich Bewertungsmethoden nach Systemen der ersten und der zweiten Generation unterscheiden. Als Systeme der ersten Generation bezeichnet man Gütesiegel, die vorrangig die ökologischen und energieeffizienten Aspekte von Gebäuden bewerten (Green Building Approach), wie BREEAM oder LEED. Hier fließt der Lebenszyklus von Gebäuden in den Zertifizierungsprozess bislang noch nicht (bei LEED) bzw. nur in Teilaspekten (z. B. die Herstellungsphase bei BREEAM) mit ein. Systemen der zweiten Generation liegt dagegen ein ganzheitlicher performanceorientierter Ansatz zugrunde (Sustainable Building Approach). Sie beziehen neben ökologischen und energetischen Kriterien auch ökonomische, soziale, technische und prozessorientierte Aspekte in die Beurteilung ein. Zudem berücksichtigen diese Systeme den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden, d. h. von der Herstellung der Baumaterialien über die Planung und den Bau bis zum Betrieb und Abriss. Dieser Ansatz ist allerdings noch recht jung und wird erst bei wenigen Systemen angewendet, wie z. B. beim DGNB Zertifikat. Die Gegenüberstellung der Bewertungssysteme LEED, BREEAM und DGNB [33] auf Indikatorenebene zeigt, dass für die Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gebäuden bereits zahlreiche Kriterien und Indikatoren zur Verfügung stehen, die sowohl ökologische und ökonomische als auch

Unterscheidungsmerkmale

soziale Aspekte, d. h. die klassischen drei Säulen der Nachhaltigkeit, abdecken. Die einzelnen Systeme weisen jedoch Unterschiede bei den Bewertungsschwerpunkten und der Kriterien- und Indikatorenauswahl auf (Abb. 4.11). Die bei BREEAM, LEED und DGNB abgebildeten Inhalte lassen sich in zehn Hauptaspekte einteilen (Abb. 4.12): • Ökologie: Umweltbelastungen, Materialien und Ressourcen, Abfall, Wasser • Ökonomie: Lebenszykluskosten, Wertstabilität • soziale Aspekte: Sicherheit, Barrierefreiheit, regionale und kulturelle Kriterien • Energie: CO2-Emissionen, erneuerbare Energie, Energieeffizienz, technische Gebäudeausstattung, Gebäudehülle • Behaglichkeit und Gesundheit: thermischer Komfort, Innenraumluftqualität, Akustik, Licht, Einflussnahme des Nutzers • funktionale Aspekte: Flächeneffizienz, Umnutzungsfähigkeit • Design: Architektur, Kunst am Bau, Innovation • technische Aspekte: Brandschutz, Haltbarkeit, Reinigungsfreundlichkeit, Wetter- und Umweltresistenz • Prozess/Management: Planungsprozess, Baustellenabläufe, Inbetriebnahme, Betrieb • Standort: Mikrostandort, Verkehrsanbindung, Fahrradkomfort, Nachbarschaft, planungsrechtliche Situation, Erweiterungsmöglichkeiten, Flächenverbrauch, Biodiversität Aus dem Vergleich der Gütesiegel geht hervor, dass nicht bei allen Methoden ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird und dass die Gebäude nach unterschiedlichen Aspekten bewertet werden, die in hohem Maße abhängig von den jeweiligen nationalen, klimatischen, kulturellen und politischen Ausgangsbedingungen sind. Dies zieht sich durch alle Bewertungskategorien. Insbesondere folgende Aspekte werden bislang vorrangig nur mit dem DGNB Zertifikat bemessen, d. h. mit einer Methode der zweiten Generation: • Ökonomie (z. B. SB 17 Wertstabilität) • Technik (z. B. SB 33 Brandschutz, SB 40 Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit des Baukörpers etc.) • Funktion (z. B. SB 27 Flächeneffizienz, SB 28 Umnutzungsfähigkeit etc.) Im Gegenzug weisen auch BREEAM und LEED Kriterien auf, die beim DGNB Zertifikat nicht in die Beurteilung einfließen. Sie sind meist ökologischer und standortspezifischer Natur:

• Lichtverschmutzung • Nutzung der Gebäudestruktur bzw. Erhaltung des Bestands • Parkplatzkapazität • Schutz des Naturraums und der Biodiversität • Innovationspunkte Ökonomische Aspekte werden hingegen zunehmend auch von Systemen der ersten Generation berücksichtigt. So ist z. B. nicht nur beim DGNB Zertifikat, sondern auch bei BREEAM die Berechnung der Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs, LCC) ein Bestandteil der Bewertung. Während die LCC-Berechnung beim deutschen Gütesiegel jedoch einen hohen Stellenwert aufweist (SB 16 gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus), handelt es sich bei BREEAM eher um ein vereinfachtes Verfahren (Man 12: Life Cycle Costs), das auch noch nicht in alle Bewertungsversionen integriert ist. Bei allen drei Zertifizierungssystemen werden zusätzliche Bewertungskriterien angewendet, die in den jeweils anderen Systemen bislang nicht abgebildet sind. Diese zum Großteil länderspezifischen Kriterien umfassen bei BREEAM z. B. die Forderung nach Wasser- und Stromzwischenzählern (Wat 2: Water meter, Ene 2: Submetering of substantial energy uses), den Einsatz energieeffizienter Gebäudetechnik bei Aufzügen, Kühlräumen, Rolltreppen usw. (Ene 7: Cold storage, Ene 8: Lifts, Ene 9: Escalators & traveling walkways) sowie den Aushang von Fahrzeiten für den öffentlichen Nahverkehr (Tra 5: Travel plan) (Abb. 2.7, S. 35). Bei LEED setzen sich diese Kriterien z. B. mit der Verwendung regionaler Bauprodukte (MR Credit 5: Regional materials), dem Rauchverbot in Gebäuden (IEQ Prerequisite 2: Environmental tobacco smoke [ETS] control) und dem Einsatz kraftstoffsparender Fahrzeuge (SS Credit 4.3: Alternative transportation, low-emitting and fuel-efficient vehicles) auseinander (Abb. 2.22, S. 43). Eine eindeutige Zuordnung der Kriterien zueinander gestaltet sich jedoch als sehr schwierig. Bei allen Systemen werden zwar ähnliche Kriterien aufgeführt, doch weisen diese oft unterschiedliche Inhalte, Indikatoren und Einheiten auf. Ein Beispiel ist das Kriterium »CO2-Emissionen«. Beim DGNB Zertifikat werden die Treibhausgasemissionen vorrangig mit Kriterien der Kategorie »ökologische Qualität« bewertet (SB 1 Treibhauspotenzial, SB 10 nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf sowie SB 11 Gesamtprimärenergiebedarf und Anteil erneuerbarer Primärenergie).

Bei BREEAM sind diese Kriterien in den Kategorien »Energie« (Ene 1: Energy Efficiency und Ene 5: Low or zero carbon) sowie »Materialien« (Mat 1: Materials specification) abgebildet, bei LEED dem Aspekt »Energie und Atmosphäre« (Kriterien: EA Pre 2: Minimum energy performance, EA Credit 1: Optimize energy performance und EA Credit 2: On site renewable energy) zugeordnet. Überdies werden die CO2-Emissionen mit verschiedenen Einheiten erfasst: • BREEAM: CO2-Index (Energy Performance Certificate Rating), kg CO2-Äquivalent (über einen Zeitraum von 100 Jahren – GWP 100) • LEED: kbtu/sf/a (Kilo British Thermal Units je Quadratfuß und Jahr), Einsparung der jährlichen Energiekosten in % • DGNB: kWh/m2NGF · a, kg CO2-Äquivalente/m2NGFa Eine ähnliche Problematik ist auch bei der Anzahl und Gewichtung von Kriterien erkennbar, die ein spezielles Themenfeld bewerten. Dies zeigt sich z. B. beim Aspekt »visueller Komfort«. Bei der britischen Methode BREEAM wird dieser mit 7 % gewichtet und anhand von fünf Einzelkriterien dargestellt (Hea 1: Daylighting, Hea 2: View out, Hea 3: Glare control, Hea 4: High frequency lighting und Hea 5: Internal and external lighting levels). Das DGNB Zertifikat bewertet diese Kategorie hingegen nur mit 2,5 % (ein Kriterium: SB 22 visueller Komfort) und LEED sogar nur mit 2,3 % (zwei Kriterien: IEQ Credit 8.1: Daylight and views – Daylight und IEQ Credit 8.2: Daylight and views – Views). Dieser Vergleich zeigt erneut die kulturellen und klimatischen Unterschiede der einzelnen Gütesiegel auf und verdeutlicht zudem die kulturelle und politische Bedeutung der Thematik »Licht« und »visueller Komfort« in Großbritannien. Im Rahmen der Zertifizierung greifen alle Bewertungsmethoden auf bereits bestehende nationale Planungsinstrumente zurück. Die folgende Liste gibt die wichtigsten Bewertungsbausteine der einzelnen Zertifizierungssysteme wieder (Basis: Vergleich von BREEAM Offices 2008, LEED New Construction Version 2009 und DGNB Büro- und Verwaltungsbauten Version 2008): • Energiebilanz: BREEAM, LEED und DGNB • Ökobilanzierung (Life Cycle Analysis, LCA): BREEAM und DGNB • Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs, LCC): BREEAM (noch nicht bei allen Nutzungsarten integriert) und DGNB 95

Systemvergleich

Bislang werden diese Bausteine allerdings bei den einzelnen Gütesiegeln noch nicht einheitlich abgebildet und werden nach unterschiedlichen Regeln berechnet [34]. Energiebilanz Insbesondere bei den Instrumenten zur Beurteilung der Energiebilanz von Gebäuden bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Bewertungsmethoden. Die Gütesiegel greifen ausnahmslos auf nationale Werkzeuge, Standards und gesetzliche Richtlinien zurück, die speziell auf die klimatischen, politischen und kulturellen Bedürfnisse der jeweiligen Nationen zugeschnittenen sind: • BREEAM: Energy Performance Certificate (EPC) • LEED: ASHRAE Standard 90.1 (2007) – Energy Standard for Buildings Except Low-Rise Residential Buildings • DGNB: DIN V 18599 – Energetische Bewertung von Gebäuden Allen Systemen gemeinsam ist die energetische Bewertung der Heizung, Kühlung, Warmwasserbereitung, raumlufttechnischen Konditionierung und Beleuchtung von Gebäuden. Der Energiebedarf in diesen Bereichen wird jedoch nach verschiedenen Verfahren, Einheiten und Klimadaten errechnet und die Ergebnisse werden in den Bewertungsmethoden mit unterschiedlichen Rechenregeln und Benchmarks bemessen. BREEAM und das DGNB Zertifikat bauen hierbei mit dem Energy Performance Certificate (BREEAM) und mit der DIN V 18 599 (DGNB) auf einer gemeinsamen europäischen Basis auf: der 2002 verabschiedeten EU-Richtlinie 2002/91/ EG (EPBD Energy Performance of Buildings Directive). Das LEED-System hingegen basiert auf dem amerikanischen ASHRAE Standard 90.1, der speziell auf die gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz von den Gebäuden in den USA ausgerichtet ist [35]. Ökobilanz (LCA) Eine Ökobilanzierung (LCA) wird bislang nur bei den aktuellen Systemvarianten von BREEAM und DGNB gefordert. Zwar macht auch LEED Vorgaben für Materialien, d.h. bestimmte Umweltschutzkriterien müssen im Rahmen einer LEED-Zertifizierung erfüllt werden, wie z. B.:

4.12 Vergleich der Bewertungsmethoden BREEAM, LEED und DGNB auf der Basis von Kriterien und Indikatoren

96

• der Einsatz von schadstoffarmen Materialien (VOC) (IEQ Credit 4.4: LowEmitting Materials) • der Einsatz von wiederverwendeten und recycelten Baustoffen (MR Credit 3: Materials Reuse und MR Credit 4: Recycled Content) • die Verwendung von regionalen Materialien (MR Credit 5: Regional Materials) und nachwachsenden Rohstoffen (MR Credit 6: Rapidly Renewable Materials) • die Verwendung von zertifiziertem Holz (FSC Holz) (MR Credit 7: Certified Wood) Diese Forderungen beziehen sich jedoch ausschließlich auf die Materialwahl und nicht auf den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Zur Etablierung des Lebenszyklusgedankens im Bewertungsprozess und zur Entwicklung eines einheitlichen nationalen Standards für die Ökobilanzierung im Rahmen des LEEDVerfahrens hat der U.S. Green Building Council bereits 2004 eine Arbeitsgruppe gegründet und 2009 einen Pilotcredit (Testkriterium) gestartet. Eine einheitliche nationale Ausgangsbasis liegt aber bislang noch nicht vor [36]. Folgende Werkzeuge und Datenbanken werden derzeit bei Bewertungsmethoden zur Ökobilanzierung eingesetzt: • BREEAM: Ökobilanzierungsinstrument Green Guide to Specification • DGNB: Ökobilanzierungsinstrumente wie GaBi, LEGEP, BAULOOP etc., aufbauend auf der nationalen Datenbank Ökobau.dat und auf dem »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bei BREEAM wird die Ökobilanzierung in der Kategorie »Material & Resources« (Mat 1: Materials Specification und Mat 2: Hard landscaping and boundary protection) gefordert. Hierbei wird auf das Internet-Tool »Green Guide to Specification« [37] verwiesen [38]. Die Ökobilanzergebnisse werden in 13 Kriterien (Abb. 4.9, S. 92) anhand von vorgegebenen Bauteilkatalogen und Umweltdatenbanken bewertet. Erfasst werden Kriterien vom Treibhausgas über die Eutrophierung bis hin zur Versauerung, deren Ergebnisse in Einheiten wie z. B. kg CO2Äquivalent dargestellt und anschließend für die BREEAM-Bewertung in die Kategorien A+, A, B bis E übersetzt werden. Bislang wird die Ökobilanz nur auf der Basis der im Gebäude verbauten Materialien bewertet. Weitere Lebenszyklusphasen, wie die Nutzung (Energiebedarf und

Instandhaltung) oder der Abriss, werden nicht aufgenommen. Das DGNB Zertifikat berücksichtigt die Ökobilanzierung in der Kategorie »ökologische Qualität«. Hierbei wird das Gebäude über einen bestimmten Lebenszyklus bewertet (z. B. Version 2009 Neubau Büro- und Verwaltungsbauten: 50 Jahre) und bezieht sich auf die Phasen Herstellung, Betrieb und Abriss (End-of-Life). Die für die Ökobilanz benötigten Werte lassen sich mit Programmen wie beispielsweise GaBi [39] oder LEGEP [40] ermitteln. Die Ergebnisse werden durch Einheiten dargestellt, die pro m2 und Jahr angegeben werden (z. B. CO2-Äquivalente/m2NGF · a). Für die Nutzungsphase wird der Energiebedarf mit Hilfe der DIN V 18 599 ermittelt; die Instandhaltung bezieht sich auf die im »Leitfaden Nachhaltiges Bauen« [41] des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) angegebenen Nutzungsdauern. Die Daten für die Herstellung und das End-of-Life-Szenario basieren auf nationalen Kennzahlen, die der Datenbank Ökobau.dat [42] des BMVBS zu entnehmen sind. Lebenszykluskosten Die Thematik der Lebenszykluskosten fließt derzeit nur in den Bewertungsprozess des DGNB Zertifikats und der britischen Methode BREEAM ein. LEED bezieht ökonomische Bewertungsaspekte bislang lediglich auf Kriterien, die den Energiebedarf von Gebäuden berücksichtigen. So bewertet z. B. das Kriterium »EA Credit 1 Optimize Energy Performance« die jährliche prozentuale Einsparung an Energiekosten gegenüber einem simulierten Referenzgebäude (EA Pre 2: Minimum Energy Performance). Bei BREEAM werden die Lebenszykluskosten nach einem vereinfachten Verfahren berechnet. Bewertet werden nicht die Ergebnisse anhand von Benchmarks, sondern nur die Durchführung einer LCCKalkulation an sich (Man 12: Life Cycle Cost Analysis). Auch wurde die Lebenszykluskostenberechnung in einige aktuelle Systemvarianten noch nicht integriert, so z. B. in BREEAM Offices 2008, BREEAM Industrial 2008, BREEAM Retail 2008 oder BREEAM Multi-residential 2008. Für alle anderen Versionen, wie z. B. für BREEAM Europe 2009, legt BREEAM ein einheitliches Berechnungsverfahren fest, bei dem die Herstellungs-, die Nutzungs- sowie die End-of-LifePhase berücksichtigt werden. Hierbei muss sowohl ein Zeitraum zwischen

Unterscheidungsmerkmale

25 und 30 Jahren als auch ein zweiter Zeitrahmen von 60 Jahren untersucht werden. Beim DGNB Zertifikat wurden die Lebenszykluskosten von Anfang an in die Nachhaltigkeitsbeurteilung integriert (Kategorie SB 16: gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus). Sie werden für jedes Nutzungsprofil auf Basis des sogenannten Barwerts über einen vorgegebenen Betrachtungszeitraum in Euro/m2BGF berechnet (z. B. Neubau und Verwaltungsbauten: 50 Jahre). Der Barwert definiert einen Wert, den zukünftige Zahlungen in der Gegenwart aufweisen (Abzinsung von zukünftigen Zahlungen) und berücksichtigt somit die jährlichen Preissteigerungen. Derzeitige Bewertungsgrundlage sind die Kosten der Herstellung (ausgewählte Kostengruppen

der DIN 276 »Kosten im Bauwesen«) und der Nutzung (ausgewählte Kostengruppen der DIN 18 960: Nutzungskosten im Hochbau) eines Gebäudes. Bei den Folgekosten, die im Rahmen der Instandhaltung entstehen, bezieht man sich auf: • die Berechnungsgrundlagen des DGNB-Steckbriefs 16 »gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus« • den Leitfaden Nachhaltiges Bauen des BMVBS (Nutzungsdauern) • den errechneten Energiebedarf nach DIN V 18 599 • den im Steckbrief 14 »Trinkwasser« kalkulierten Wasserbedarf und das Abwasseraufkommen Kosten für den Rückbau und die Entsorgung fließen in die derzeitige Version (V 2009) noch nicht mit ein.

DGNB

BREEAM

LEED ‡ ‡ ‡ ‡

ökologische Aspekte

Umweltbelastungen/Verschmutzung Materialien/Ressourcen Abfall Wasser

‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡

ökonomische Aspekte

Lebenszykluskosten Wertstabilität

‡ ‡



soziokulturelle Aspekte

Sicherheit Barrierefreiheit regionale und soziale Aspekte

‡ ‡



CO2 -Emissionen Energieeffizienz erneuerbare Energie energieeffiziente Gebäudehülle technische Gebäudeausstattung Energiemonitoring Zwischenzähler und -messungen elektrische Gebäudeausstattung

‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡

Behaglichkeit und Gesundheit thermischer Komfort Innenraumluftqualität akustischer Komfort visueller Komfort Einflussnahme des Nutzers

‡ ‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡ ‡

funktionale Aspekte

Flächeneffizienz Umnutzungsfähigkeit

‡ ‡

technische Aspekte

Brandschutz Haltbarkeit Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit Wetter- und Umweltresistenz

‡ ‡ ‡ ‡

Architektur Kunst am Bau Innovation

‡ ‡

Planungsprozess Baustellenabläufe Inbetriebnahme Betrieb Mikro-Standort Verkehrsanbindung Fahrradkomfort Nachbarschaft Bauordnung Erweiterungsmöglichkeiten Flächenverbrauch Natur- und Landschaftsschutz Biodiversität

Energie

Design/Innovation

Prozess/Management

Standort



‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡







‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡ ‡

‡ ‡ ‡

‡ ‡

Anmerkungen: [1] König, Holger; Kreißig, Johannes; Kohler, Niklaus; Lützkendorf, Thomas: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009, S.102 [2] ISO TC59/SC17: Sustainability in building construction. http://www.iso.org/iso/ iso_technical_committee?commid=322621; CEN/TC 350: Sustainability of Construction Works. http://www.cen.eu/CEN/sectors/ technicalcommitteesworkshops/ centechnicalcommittees/Pages/default.aspx [3] Eßig, Natalie: Nachhaltigkeit von Olympischen Bauten. Stuttgart 2010, S. 284 [4] Schmincke, Eva: OPEN HOUSE. Vortrag im Rahmen der Consense. Stuttgart 2010 [5] ISO 15392: Sustainability in building construction, General principles [6] wie Anm. 1, S. 103 [7] ebd. [8] CEN/ TC 350: prEN 15 978, Sustainability of construction works [9] wie Anm. 4 [10] Arndt, Jens; Ebert, Thilo: Der Tower 185 – zweimal auf dem Prüfstand. DBZ 03/2010, S. 68 –71 [11] Saunders, Tom: A discussion document comparing international environmental assessment methods for buildings. Watford 2008 [12] wie Anm. 3, S. 230 [13] wie Anm. 10 [14] Cole, Raymond J.: Building environmental assessment methods. In: Building Research and Information 27/1999, S. 230 –246 [15] Cole, Raymond J., Larsson, Nils: Green Building Challenge 2002. http://greenbuilding.ca/down/ gbc2005/GBC2k2/GBC2k2_Manual_A4.pdf [16] Larsson, Nils: An Overview of SBTool 2007. http://www.iisbe.org/down/sbc2008/SBTool/ SBTool_notes_Sep07.pdf [17] http://www.lensebuildings.com [18] http://www.openhouse-fp7.eu [19] SB Alliance: Tools& Research. http://www.sballiance.org [20] Visier, Jean Christophe: Common Metrics for Key Issues. Vortrag auf der SBAlliance Annual Conference 2009. http://www.sballiance.biz [21] Österreichisches Ökologie-Institut: TQ – Total Quality. Wien 2002. [22] wie Anm. 3, S. 270f. [23] http://www.cagbc.org [24] U.S. Green Building Council: LEED Reference Guide for Green Building Design and Construction. Washington 2009 [25] Baumann, Oliver: Grün ist nicht gleich Grün. In: Bauphysik, 02/2009, S. 99 –105 [26] Eßig, Natalie: Die Bemessung der Nachhaltigkeit. In: db 05/2009, S. 62– 65 [27] wie Anm. 23 [28] BRE GLOBAL: BREEAM Offices 2008 User’s Manual. Watford 2008. http://www.breeam.org/ filelibrary/BES5055-3_0_BREEAM_Offices1_ 2008.pdf [29] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen: Handbuch Büro und Verwaltungsbauten V 2009. Stuttgart 2009 [30] http://www.gbca.org.au [31] wie Anm. 23 [32] wie Anm. 27 [33] DGNB V 2008 Büro- und Verwaltungsbauten (Neubau), BREEAM Offices Version 2008 (Neubau) und LEED-NC Version 2009 (Neubau) [34] wie Anm. 3, S. 288ff. [35] wie Anm. 24 [36] Scheuer, Chris W.; Keoleian, Greg W.: Evaluation of LEED using Life Cycle Assessment Methods. Michigan 2002. http://www.lcacenter. org/library/pdf/LEED-LCA-Wyly.pdf [37] http://www.bre.co.uk/greenguide/podpage. jsp?id=2126 [38] wie Anm. 27 [39] http://www.lbp-gabi.de [40] http://www.legep.de [41] http://www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/ Artikel/B/leitfaden-nachhaltiges-bauen.html [42] http://www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-undgebaeudedaten/oekobaudat.html

4.12

97

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

• Auswirkungen von Zertifizierungen auf Bauwerks- und Nutzungskosten • Beeinflussung von Einnahmen und Erträgen • Standpunkt der Immobilienwirtschaft zu Zertifizierungssystemen

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung Die Ökonomie bildet neben der ökologischen und der soziokulturellen Dimension eine der drei Säulen der Nachhaltigkeit. Das Ziel der ökonomischen Qualität von Gebäuden ist die Minimierung der Kosten über ihren gesamten Lebenszyklus bei einer Maximierung der Erträge unter Beibehaltung der gewünschten Funktionalität des Gebäudes. Der Betrachtungshorizont beschränkt sich dabei nicht auf die Herstellungskosten einer Immobilie, sondern bezieht die Kosten, die Risiken sowie die Erträge in der Nutzungsphase und die Rückbau- und Entsorgungskosten des Bauwerks am Ende der Nutzungsdauer mit ein. Obwohl die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit nur in wenigen Zertifizierungssystemen wie beim DGNB Zertifikat umfassend berücksichtigt wird, sind es insbesondere die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen einer Zertifizierung, welche sich die maßgebenden Akteure im Immobilienmanagement durch eine Zertifizierung erwarten. Nach einer Erhebung, die Roland Berger Strategy Consultants Ende 2009 in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter Asset Managern durchführte, sehen mehr als zwei Drittel der befragten Teilnehmer die Ziele für die Nutzung nachhaltiger Immobilien in deren Werterhalt bzw. Wertsteigerung, gefolgt von einer Reduzierung der Energiekosten und Minimierung der Betriebskosten [1] (Abb. 5.1). Es wird davon ausgegangen, dass sich die Berücksichtigung nachhaltiger Prinzipien bei der Erstellung und Bewirtschaftung eines Gebäudes positiv auf die Immobilienwertentwicklung auswirkt und dass zukünftig Nachhaltigkeitszertifikate eine immer wichtigere Rolle als Wertetreiber für Gebäude spielen dürften [2] (Abb. 5.2 und 5.3). 98

Mit Ausnahme der Bewirtschaftungskosten ist eine Bewertung der monetären Vorteile nur bedingt möglich. Insbesondere den soziokulturellen Zielen wird dabei noch immer eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die soziale Dimension der Nachhaltigkeit und deren Auswirkung auf das Betriebsergebnis erheblich schwieriger über ökonomische Kennzahlen abbilden lassen als beispielsweise die Kosten für Energie. Diese Vernachlässigung der soziokulturellen Faktoren ist allerdings auch unter ökonomischen Gesichtspunkten als kurzsichtig zu beurteilen, da diese zusammen mit der funktionalen Qualität von Gebäuden einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden ihrer Nutzer haben. Untersuchungen auf diesem Gebiet zeigen bei Bürogebäuden, in denen ein angenehmes, gesundes und behagliches Arbeitsklima geschaffen wurde, eine Verbesserung der Leistung der Mitarbeiter, eine Verringerung der krankheitsbedingten Ausfallraten und dadurch eine Erhöhung der Produktivität [3, 4]. Die Herstellungskosten für nachhaltige Immobilien werden von der Mehrheit der beteiligten Akteure höher eingeschätzt als bei vergleichbaren, konventionellen Gebäuden. Diese Gruppe erwartet, dass die Mehrkosten durch niedrigere Nutzungskosten und höhere Erträge im Lebenszyklus des Gebäudes wieder ausgeglichen werden [5]. Eine weltweite Umfrage unter Investoren und Mietern von Immobilien, durchgeführt von der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) [6], zeigt in der Tendenz eine generelle Bereitschaft bei Investoren und Mietern, für nachhaltige Gebäude Mehrkosten von 3 bis 8 % in Kauf zu nehmen. (Abb. 5.4, S. 100) Diese Bereitschaft wird durch die bereits zuvor genannte Studie von Roland Berger Strategy Consultants untermauert,

nach der 70 % der befragten Bauherren und Investoren bereit sind, für nachhaltige Immobilien einen durchschnittlichen Aufschlag von 8,5 % zu zahlen [7]. Daran lässt sich der von den Marktteilnehmern erwartete, wirtschaftliche Mehrwert einer nachhaltigen Immobilie ableiten. Die Frage, ob ein nachhaltiges bzw. zertifiziertes Gebäude gegenüber einem konventionellen Gebäude wirtschaftlich erfolgreicher ist, muss für jedes Objekt individuell ermittelt und beantwortet werden. Soll die Entscheidung für eine Zertifizierung auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlichen Berechnung getroffen werden, so sind zunächst die durch die gewünschte Zertifizierung entstehenden Mehrkosten zu ermitteln. Demgegenüber sind die möglichen zusätzlichen Erträge und Einnahmen bzw. Einsparungen sowie eine gegebenenfalls verbesserte Drittverwendungsfähigkeit zu stellen. Zusätzlich sollten mögliche externe Effekte wie Auswirkungen auf die Produktivität sowie mögliche Risiken in Bezug auf zukünftige gesetzliche Anforderungen in die Betrachtung einbezogen werden (Abb. 5.5, S. 100). Einen wesentlichen Einfluss auf den ökonomischen Mehrwert eines nachhaltigen Immobilienmanagements hat der Betrachtungszeitraum, welcher der Bewertung zugrunde gelegt wird. Die Mehrheit von Unternehmen betrachtet Immobilien nach wie vor als Produktionsfaktor und nicht aus einer langfristigen strategischen Perspektive [8]. Dabei werden die Herstellungskosten eines Gebäudes priorisiert, wobei diese Kosten je nach Betrachtungszeitraum und Gebäudetyp meist nur einen Bruchteil der Gesamtkosten eines Gebäudes über seinen Lebenszyklus darstellen. Bei Bürogebäuden sind es beispielsweise weniger als 20 %.

Eine Gebäudezertifizierung bildet die Säulen der Nachhaltigkeit (die ökonomische, ökologische und soziale Dimension) je nach Komplexität des gewählten Zertifizierungssystems mit zum Teil unterschiedlichen Schwerpunkten und Tiefe ab. Daher beeinflussen Zertifizierungen die Gebäudeplanung und die Kosten für die Herstellung des Gebäudes, aber auch die Kosten, Einnahmen und Erträge über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Gerade im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Bauen wird der Lebenszyklus durchgehend von der ersten Idee zur Erstellung und Nutzung bis zum Rückbau beurteilt und in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele betrachtet und optimiert. Das Ziel ist, die Lebenszykluskosten über alle Phasen zu minimieren und den gesamtwirtschaftlichen Erfolg durch eine ganzheitliche Optimierung des Bauens und Betreibens von Gebäuden zu verbessern [9]. Die begrifflichen Grundlagen für Kosten und Erträge im Lebenszyklus liefert die internationale Norm ISO 15 686-5 [10], die Teil der Normenserie der ISO 15 686 »Buildings and Constructed Assets, Service Life Planning« ist. Diese unterscheidet Lebenszykluskosten im engeren Sinn, die ausschließlich gebäudebezogene Kosten erfassen, und die Lebenszykluskosten im erweiterten Sinn, die die nicht direkt gebäudebezogenen Kosten, die externen Kosten sowie den finanziellen Nutzen in die Betrachtung mit einbeziehen (Abb. 5.7, S. 101). Die Lebenszykluskosten im engeren Sinn umfassen Kosten für: • Bau einschließlich Planung und Beratung • Betrieb • Reinigung, Pflege und Instandhaltung • Abriss und Entsorgung am Ende der Nutzungsdauer der Immobilie Beim DGNB Zertifikat beruht die Bewertung der ökonomischen Qualität auf einer Lebenszykluskostenanalyse in Anlehnung an die Lebenszykluskostenbetrachtung im engeren Sinn [11]. In den sonstigen, nicht direkt gebäudebezogenen Kosten werden speziell die Kosten betrachtet für: • Grund und Boden • Finanzierung • Verwaltung • strategisches Immobilienmanagement Den Kosten einer Immobilie stehen die Einnahmen und Erträge aus Bezügen von Dritten (Mieteinnahmen) und Verkäufen gegenüber, die durch eine Gebäudezertifizierung tendenziell positiv beeinflusst werden.

67 %1

Werterhalt / Wertsteigerung

Senkung Energiekosten

58 %

Senkung Bewirtschaftungskosten

55 %

Imagegewinn

50 %

Emissionsreduktion /Umweltschutz

47 %

Arbeitsatmosphäre/ Komfortgewinn

11 %

Steigerung Mitarbeiterproduktivität

6% 0%

1

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

Mehrfachnennungen möglich 5.1

geografische Lage Green-Building-Zertifikat Nutzungsart Mieterstruktur in fünf Jahren

Alter heute

baulicher Zustand sonstige 0= 1 sehr niedrige Bedeutung

2

3

4

5= sehr hohe Bedeutung 5.2

Gebäudeeigenschaften (Beispiele)

wirtschaftliche /finanzielle Vorteile

Energieeffizienz

geringere Bewirtschaftungskosten

geringe Umwelteinflüsse/-risiken

Marketing- und Imagevorteile; geringeres Leerstandsrisiko; stabilerer Cashflow

gesteigerte Funktionalität, Betriebsfähigkeit, Lebensdauer, Flexibilität

höheres Mietsteigerungspotenzial

unkomplizierte Durchführung von Instandhaltungs- und Wartungsaktivitäten

geringeres Risiko des Ausfalls von technischen Gebäudesystemen

gesteigertes Wohlbefinden der Gebäudenutzer

gesteigerte Produktivität der Gebäudenutzer

reduziertes »Sick-Building-Syndrom«Risiko; geringeres Prozesskosten- und Kompensationsrisiko 5.3

5.1 Ziele der Nutzung nachhaltiger Immobilien (Ergebnisse einer Umfrage von Roland Berger Strategy Consultants unter Asset Managern in Deutschland, Österreich und der Schweiz)

5.2 derzeitige und künftige Treiber der Werthaltigkeit einer Immobilie 5.3 wirtschaftliche Vorteile nachhaltiger Immobilienanlagen

99

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

Auswirkungen auf die Bauwerkskosten

maximal akzeptierter Mehrpreis Land alle Länder

Mieter / Nutzer

Investor

Regierung

7,2 %

6,7 %

9,6 %

Australien

6%

4%

12 %

Kanada

8%

5%

14 %

Deutschland

8%

4%

9%

Indien

7%

6%

5%

Japan

6%

7%

9%

Spanien

7%

7%

9%

UAE

7%

6%

10 %

USA

6%

6%

12 %

UK

6%

6%

12 %

China

5%

5%

9%

Brasilien

9%

6%

7%

Russland

4%

3%

1% 5.4

Mehraufwand

Nutzen

• • • • •

• • • • • • • •

Zertifizierungsgebühren Auditorenleistungen Nachhaltigkeitsmanagement zusätzliche Nachweise und Messungen Aufwand für integrale Planung und Planungsoptimierungen • systematische Inbetriebnahme und Betriebsoptimierung • ggf. höhere Bauwerkskosten

niedrigere Nutzungskosten höhere Mieterträge höherer Wiederverkaufswert reduzierte Finanzierungskosten längere Lebensdauer des Gebäudes kürzere Leerstandszeiten höhere Produktivität und geringere Krankheitsraten geringere Risiken bei zukünftigen gesetzlichen Regelungen zu den Umweltfolgekosten 5.5

Auditorkosten Vorzertifikat

Auditorkosten und Nachweise Endzertifikat

140 000 € 120 000 € 100 000 €

80 000 €

60 000 €

40 000 €

20 000 € 0€ Objekt 1 18 700 m²

Objekt 2 37780 m²

Objekt 3 23150 m² 5.6

5.4 Mehrpreis, der weltweit für nachhaltige Gebäude maximal gezahlt werden würde (Ergebnisse einer Umfrage der Royal Institution of Chartered Surveyors 2009) 5.5 Gegenüberstellung des Mehraufwands einer Zertifizierung und des daraus resultierenden Nutzens 5.6 Kosten für Auditorleistungen und Nachweise für eine DGNB-Gold-Zertifizierung bei drei Büround Verwaltungsgebäuden in Deutschland. Grundlage: Analyse der Fay Projects GmbH, Frankfurt/Main. DGNB-Nutzungsprofil: Neubau

100

Büro und Verwaltung. Die Kosten der Auditorleistungen beinhalten die Steuerung des Zertifizierungsprozesses, die aktive Bearbeitung der Kriterien und die Erstellung der Dokumentation einschließlich Einreichung bei der Zertifizierungssystelle. Die Kosten für das Endzertifikat beinhalten zusätzlich die Kosten für: Lebenszykluskostenanalyse, Ökobilanzierung, Tageslichtsimulation und Messung der Innenraumluft. 5.7 Gliederung der Kosten einer Immobilie im Lebenszyklus in Anlehnung an ISO 15 686-5

Eine Zertifizierung beeinflusst in der Regel direkt die Bauwerkskosten eines Gebäudes. Diese sind nach DIN 276 die Kosten von Bauleistungen und Lieferungen zur Herstellung eines Bauwerks einschließlich der mit dem Bauwerk fest verbundenen Einbauten und aller im Bauwerk eingebauten, daran angeschlossenen oder damit fest verbundenen technischen Anlagen oder Anlagenteile [12]. In Deutschland werden die Kosten nach der DIN 276 gegliedert. Da die Idee des nachhaltigen Bauens derzeit in der Regel noch als Zusatzbaustein betrachtet wird, verbindet der größte Teil der beteiligten Akteure mit einer Zertifizierung automatisch bauliche Mehrkosten. Mögliche Zusatzkosten sind aber immer abhängig von den individuell entwickelten Planungslösungen für das Gebäude. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Der Primärenergieverbrauch eines Gebäudes kann entweder kostenintensiv durch komplexe technische Systeme oder Zusatzkomponenten wie z. B. großflächige Photovoltaik-Zellen (PV-Zellen) gesenkt werden oder durch ein durchdachtes integriertes technisches Konzept, welches das natürliche Energieangebot des Außenraums zur Tagesbelichtung, passiven Heizung und Kühlung in das gesamte Gebäudekonzept mit einbezieht. Nicht selten sinkt der anlagentechnische Aufwand gegenüber einem konventionell geplanten Gebäude und reduziert damit die Investitionskosten und die späteren regelmäßig anfallenden Betriebskosten. Um den Einfluss einer Zertifizierung auf die Baukosten beurteilen zu können, ist die Definition eines Referenzwerts wichtig. Er bezeichnet die Bauwerkskosten, die für das individuelle Gebäude ohne eine Zertifizierung anfallen würden. Die Wahl des Referenzwerts hat einen entscheidenden Einfluss auf die prozentualen Mehr- oder Minderkosten, die durch eine Zertifizierung veranschlagt werden. Dabei ist zwischen der übergreifenden Betrachtung eines Immobilienmarkts oder Immobiliensegments und einer gebäudebezogenen Bewertung zu unterscheiden. Bei der globalen Betrachtungsweise entspricht der Referenzwert den durchschnittlichen Baukosten vergleichbarer Referenzimmobilien in einem definierten Marktumfeld. Im Gegensatz dazu steht die individuelle, gebäudebezogene Sichtweise. Hierbei bezeichnet der Referenzwert die Kosten für ein zu zertifizierendes Gebäude und dessen Anforderungen ohne Berücksichtigung der Zusatzmaßnahmen, die aufgrund

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung

der Zertifizierung ergriffen werden. Die landesspezifischen Baustandards unterscheiden sich zum Teil wesentlich, sodass sich Studien zu baulichen Mehrkosten einer Zertifizierung nicht von einem zum anderen Land vergleichen lassen. Der Einfluss einer Zertifizierung auf die Bauwerkskosten ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig: • Art und Umfang des Zertifizierungssystems (z. B. LEED, DGNB, BREEAM, EU-GreenBuilding) • Zertifizierungsziel in dem gewählten System (z. B. Bronze, Silber, Gold) • individuelle Schwerpunkte bei der Zertifizierung in Ergänzung zu den Mindestanforderungen oder Pflichtkriterien • Zeitpunkt der Integration der nachhaltigen Planungsziele in den Projektverlauf • Erfahrung im Nachhaltigkeitsmanagement, Qualität der Nachhaltigkeitsberatung und Engagement des Planungsteams • allgemeiner Planungsstandard und bestehender Anspruch des Bauherren Eine Studie des Beratungsunternehmens Davis Langdon kommt zu dem Ergebnis, dass nachhaltiges Bauen nur unwesentlich kostenintensiver ist als konventionelles. Die im Jahr 2006 durchgeführte Studie analysierte hierzu 221 Gebäude in den USA, von denen 83 nach den Grundlagen von LEED erstellt wurden, und 138 Gebäude, die eine vergleichbare Nutzung und Standard aufweisen, aber nicht nach LEED zertifiziert sind [13]. Die meisten der in der Studie erfassten, zertifizierten Gebäude konnten bei gleicher Ausstattung mit ähnlichen Kostenbudgets wie vergleichbare, konventionell realisierte Gebäude umgesetzt werden. Je früher im Entstehungsprozess einer Immobilie die Entscheidung für eine Zertifizierung getroffen wird, desto besser sind die Auswirkungen auf die Investitionskosten beeinflussbar. Durch eine frühzeitig einsetzende integrale Planung mit langfristiger Sichtweise können Nachhaltigkeitspotenziale weit kostengünstiger gehoben werden als durch kostspielige technische Zusatzkomponenten. Kosten für Planung und Beratung Bei einer Zertifizierung sind die Nachweise, Berechnungen und Unterlagen entsprechend den jeweiligen Dokumentationsanforderungen des Zertifizierungssystems zu erstellen, zusammenzufassen und bei der Zertifizierungsstelle zur Prüfung einzureichen. Art und Umfang der Nachweise unterscheiden sich zum Teil wesentlich zwischen den einzelnen Syste-

men. Details hierzu sind unter »Zertifizierungssysteme im Detail« (S. 30 –75) sowie »Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen« (S. 76 – 85) beschrieben. In vielen Fällen kann auf Nachweise zurückgegriffen werden, die im Rahmen der Planung ohnehin erstellt werden. So nutzt das DGNB-System den gesetzlich geforderten Nachweis zur Einhaltung der deutschen Energieeinsparverordnung bei Gebäuden zur Bewertung von acht Kriterien. Trotzdem sind zusätzliche Nachweise zu erbringen, die ausschließlich für die Zertifizierung benötigt werden, wie die Erstellung einer Ökobilanz beim DGNB Zertifikat oder der Nachweis der Energieeffizienz nach ASHRAE Standard 90.1 [14] bei LEED. Es empfiehlt sich, dass ein Berater für Nachhaltigkeit den Planungs- und Bauprozess unter dem Aspekt einer zielgerichteten Zertifizierung begleitet und unterstützt. Er berät den Bauherrn im Hinblick auf das gewünschte Zertifizierungsziel, begleitet das Projektteam im Planungs- und Bauprozess hinsichtlich der Kriterien des Systems, koordiniert die Nachweisführung, erstellt die Antragsunterlagen und reicht diese bei der entsprechenden Zertifizierungsstelle zur Prüfung ein. Diese Aufgabe kann je nach Komplexität und Anforderung des eingesetzten Zertifizierungssystems ein Mitglied des Planungsteams, der Bauherr selbst oder ein speziell hierzu ausgebildeter Nachhaltigkeitsberater und Auditor sein, wobei in allen Fällen zusätzliche Tätigkeiten und Kosten anfallen. Die Kosten sind abhängig von dem gewählten Zertifizierungssystem und projektspezifischen Kriterien wie Gebäudetyp und Größe. Zertifizierungssysteme bewerten nicht nur nachhaltige Gebäude, sondern sie schaffen eine fundierte Planungsgrundlage für nachhaltiges Bauen, fördern den integralen Planungsansatz und sind zielgerichtete Instrumente, um Planungsziele umfassend zu definieren und diese dann auch zu erreichen. Dabei werden die einzelnen Kriterien der Nachhaltigkeit des gewählten Systems bereits in einem frühen Stadium betrachtet und die Anforderungen für das Gebäude definiert. Diese dienen der Entscheidungsfindung und zugleich der Definition des Anforderungsniveaus für die an der Planung und am Bau beteiligten Akteure. Ein integraler Planungsansatz ist hierbei eine wesentliche Voraussetzung, um der Komplexität des nachhaltigen Bauens gerecht zu werden und durch die Entwicklung und Diskussion von gewerkeübergreifenden Planungsvarianten vor

Lebenszykluskosten im weiteren Sinne (whole-life cost, WLC) 1. sonstige, nicht direkt gebäudebezogene Kosten (non-construction costs) · Kosten für Grund und Boden sowie Herrichtung des Grundstücks · Finanzierungskosten · Kosten für strategisches Immobilienmanagement · Nutzungsgebühren · Verwaltungskosten · Steuern · sonstige Kosten 2. Einnahmen und Erträge (income) · Einnahmen und Erträge aus Verkäufen · Bezüge von Dritten während des Betriebs · Steuern auf Einnahmen und Erträge · Betriebsstörung · andere Einnahmen und Erträge 3. Kosten im Zusammenhang mit externen Effekten (externalities) 4. Lebenszykluskosten im engeren Sinne (life cycle cost, LCC) a) Baukosten (construction) · Kosten für Planung und Beratung · Kosten für das Grundstück · Baukosten · Kosten für Erstanpassung oder Renovierung · Steuern · sonstige Kosten b) Betriebskosten (operation) · Miete · Versicherungen · Kosten für externe Überwachung · Ver- und Entsorgung · Steuern · sonstige Kosten c) Kosten für Reinigung, Pflege und Instandhaltung (maintenance) · Kosten für Pflege- und Instandhaltungsmanagement · Kosten für Anpassung oder Renovierung im Betrieb · Kosten für Reparatur und Erneuerung von kleineren Komponenten und Teilsystemen · Kosten für Systemerneuerung und Austausch von größeren Komponenten · Kosten für Gebäudereinigung · Kosten für Pflege und Instandhaltung von Außenanlagen · Kosten für Umgestaltung der Raumausstattung · Steuern · sonstige Kosten d) Kosten am Ende der Nutzungsdauer (end of life) · Kosten für Begutachtung · Kosten für Abriss und Entsorgung · Kosten für Wiederherstellung des vertraglich vereinbarten Zustands · Steuern · sonstige Kosten 5.7

101

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

allem wirtschaftliche Lösungen zu finden. Das Ziel der integralen Planung lautet, anstelle von seriellen Einzellösungen ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln. Dies erfordert eine intensive Abstimmung zwischen allen am Bau beteiligten Akteuren. Aufgrund der erforderlichen Integrationsschritte in der Planung und der umfangreichen Kommunikation im Team ist dieser Prozess aufwendiger und personalintensiver als ein konventioneller, seriell angelegter Planungsprozess. Um der Komplexität der Planungsaufgabe von nachhaltigen Gebäuden gerecht zu werden, werden Konzepte erstellt und Varianten untersucht, die über einen üblichen Umfang in Planung und Bau hinausgehen. Hierzu zählt beispielsweise die Erstellung eines Wasser- und Abwasserkonzepts oder auch ein umfassendes Energiekonzept. Dieser Mehraufwand ist zu honorieren und stellt damit einen zusätzlichen Kostenblock dar. Aufgrund nutzbarer Synergieeffekte lässt sich jedoch in vielen Fällen der Mehraufwand in der Planung durch einen positiven Einfluss auf die Herstellungs- und Betriebskosten kompensieren. Je früher im Erstellungsprozess eines Gebäudes Optimierungsmaßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit durchgeführt und integriert werden, desto kostengünstiger können diese umgesetzt werden und umso höher ist das Kostensenkungspotenzial. Kosten für Auditierung Bei DGNB und BREEAM ist der Einbezug eines Auditors bzw. Assessors in den

Zertifizierungsprozess verpflichtend. Bei LEED besteht keine diesbezügliche Verpflichtung, jedoch ist es empfehlenswert, einen erfahrenen LEED-Berater (LEED Accredited Professional) mit dem entsprechenden Systemwissen in das Projekt einzubinden. Der Auditor hat sowohl eine Berater-, Bearbeiter- als auch eine Kontrollfunktion. Seine Leistungen bestehen im Wesentlichen aus folgenden Tätigkeiten: • Unterstützung des Bauherrn bei der Definition der Zielwerte der Gebäudeeigenschaften in Bezug auf die gewünschte Zertifizierungsstufe • Bewertung der Planungs- und Baulösung • Anleitung des Planungsteams und der Baufirmen bei der Erstellung der Dokumentationsunterlagen • Erstellung der Dokumentation, soweit dies nicht durch das Planungsteam erfolgt • Einreichen der Unterlagen bei der Zertifizierungsstelle • Kommunikation mit der Zertifizierungsstelle • zusätzlich bei BREEAM die Bestätigung, dass die Planungsansätze und Absichten tatsächlich im Projekt baulich umgesetzt wurden Die Höhe der Kosten für den Auditor schwankt in Abhängigkeit vom gewählten System, dem Nutzungsprofil, dem Umfang der Leistungen (aktive oder passive Bearbeitung der einzelnen Kriterien des Systems), der Größe des Objekts, Art und Anzahl unterschiedlicher Nutzungs-

Nachweisart

DGNB

BREEAM

Ökobilanzierung nach DIN EN ISO 14 040 / 14 044



(‡)

Lebenszykluskostenberechnung



(‡)

Luftqualitätsmessung für Formaldehyd und TVOC nach DIN ISO 16 000-3, 5 und 6



Messung der Luftdichtheit des Gebäudes nach DIN EN 13 829

(‡)

(‡)

(‡)





zonale thermische Raumsimulation nach DIN EN 15 251

(‡)

(‡)

Berechnung der Nachhallzeit nach DIN 18 041

(‡)

Dokumentation der verwendeten Materialien und Hilfsstoffe

LEED



Abfallmanagementplan während der Bauphase

(‡)

(‡)

Gebäudeenergiesimulation nach ASHRAE Standard 90.1

(‡)



(‡)



funktionale Qualitätssicherung und systematische Inbetriebnahme Erstellung eines Erosion und Sediment Control Plans

(‡)



‡ Pflichtnachweis (‡) optionaler Nachweis 5.8 5.8 zusätzliche Nachweise bei einer Zertifizierung nach DGNB, BREEAM und LEED 5.9 Vergleich der Zertifizierungsgebühren der Systemvariante Neubau Büro- und Verwaltung für BREEAM, DGNB und LEED (1,3 US-Dollar/

102

Euro; 0,87 Pfund/Euro; Stand März 2010) 5.10 jährliche Baufolgekosten in Prozent der Herstellungskosten 5.11 kumulierte Gesamtkosten für verschiedene Gebäudetypen über ihre Nutzungszeit

arten, der Erfahrung des Auditors und der Schwierigkeit der Planungsaufgabe. Sie werden vom Auditor für das jeweilige Objekt individuell ermittelt. Der Auftrag wird meist auf der Basis eines pauschalen Honorars erfüllt. Eine Auswertung der Auditorkosten von drei Bauvorhaben der Fay Projects GmbH aus Frankfurt zeigt für diese Objekte die Unterschiede der Auditierungskosten für ein DGNB-Vorzertifikat sowie für das DGNB-Endzertifikat. Die Auditorkosten für das Endzertifikat beinhalten neben der eigentlichen Auditorleistung weitere Nachweise, die zwingend bei der Zertifizierung dieser Bauvorhaben zu erbringen sind. Bei den ausgewerteten Bauvorhaben handelt es sich um Objekte in Deutschland, bei denen ein Gold-Status erreicht wurde bzw. angestrebt wird (Abb. 5.6, S. 100). Die Kosten für den BREEAM-Assessor bei einer Zertifizierung von Gebäuden in Großbritannien variieren zwischen ca. 5000 und 50 000 Pfund (6000 bis 60 000 Euro), je nach Umfang der Aufgabe und des Projekts [15]. Kosten für Nachhaltigkeitsmanagement Ein nachhaltiges Gebäudekonzept und ein gutes Zertifizierungsergebnis erfordern neben dem Wissen von der Anwendung des gewählten Zertifizierungssystems fachübergreifende Zusatzkompetenzen, die in die Planung und die Erstellungsphase des Gebäudes zu integrieren sind. Diese liegen in Planung und Bau, insbesondere in den Bereichen Energie- und Klimadesign, Gebäudetechnik, Bauphysik, Bautechnik und dem Gebäudebetrieb. Darüber hinaus ist der Zertifizierungsprozess in Form eines Kosten-, Termin- und Qualitätsmanagements optimal in den Planungs- und Bauablauf einzubinden. Kosten für zusätzliche Nachweise, Berechnungen und Messungen Die Dokumentationsanforderungen der Zertifizierungssysteme legen die verschiedenen Nachweise, Berechnungen und Messungen fest. Die Art der Dokumente sowie der erforderliche Umfang orientieren sich vor allem am gewählten Zertifizierungssystem und dem angestrebten Zertifizierungsziel. In der Regel bauen diese auf die im Ursprungsland des Systems in einem konventionellen Planungsprozess üblicherweise zu erstellenden Dokumente auf. Ein Beispiel hierfür ist der Nachweis der Energieeffizienz bei DGNB und LEED. Beim deutschen System der DGNB ist die in Deutschland gesetzlich geforderte Berechnung nach

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung

Zertifizierungsgebühren Der Systemträger des Zertifizierungssystems erhebt Zertifizierungsgebühren, deren Höhe und Struktur sich je nach gewähltem System unterscheiden (Abb. 5.12, S. 104). Sie sind im Wesentlichen abhängig von der gewählten Systemvariante und meist auch von der Projektgröße. Bei einigen Systemen wie DGNB und LEED wird eine Ermäßigung gewährt, wenn der Bauherr oder der Auditor Mitglied des jeweiligen Systemträgers ist. Durch die Gebühren werden der Aufwand zur Prüfung der eingereichten Dokumente, die Ausstellung des Vorzertifikats und des Zertifikats, die Weiterentwicklung des Systems und die allgemeinen Kosten des Systemträgers gedeckt. Ein Vergleich der Gebühren bei den Systemen DGNB, BREAM und LEED ist für drei Gebäudegrößen beispielhaft in Abb. 5.9 dargestellt. Auswirkungen auf Nutzungskosten

Der überwiegende Teil der Kosten eines Gebäudes fällt im Lebenszyklus während der Nutzungsphase an und übersteigt bei weitem die Herstellungskosten. In Abb. 5.10 ist ersichtlich, dass die Nutzungskosten bei Verwaltungsgebäuden bereits nach elf bis zwölf Jahren die Höhe der Herstellungskosten erreicht haben [16]. Die Nutzungskosten umfassen dabei alle Kosten eines Gebäudes, die durch die Bereitstellung von Energie und anderen Verbrauchsmedien sowie durch die Erhaltung und die Nutzung des Bauwerks im Lebenszyklus verursacht werden. Diese werden in Deutschland auf der Grundlage der DIN 18 960 »Nutzungskosten im Hochbau«, ergänzt um die gebäudeunabhängigen Kostengruppen der GEFMA 200 [17], oder nach der DIN 32 736 [18] ermittelt. (Abb. 5.11) Die hohe ökologische Qualität zertifizierter Gebäude führt durch die in der Regel höhere Energieeffizienz, die Nutzung regenerativer Energiequellen und die Reduzierung des Trinkwasserbedarfs

5000 m2 (BGF)

System

20 000 m2 (BGF) 2 BGF

Euro

Euro/m

Euro

50 000 m2 (BGF)

Euro/m

2 BGF

Euro

Euro/m2BGF

BREEAM

2910

0,58

2910

0,15

2910

0,06

DGNB

11 100

2,22

27 600

1,38

34 500

0,69

LEED

3404

0,68

10 846

0,54

24 000

0,48

a

Euro 40000

BREEAM

DGNB

LEED

35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 5000 m2 (BGF)

50000 m2 (BGF)

20000 m2 (BGF)

b

5.9

Gebäudeart

jährliche Baufolgekosten in % der Herstellungskosten

Jahre

Verwaltungsgebäude

8,5 %

11–12

Produktionsgebäude

10 %

10

0,5 – 2 %

20 – 50

Schulen und Kindergärten

31 %

3–4

Krankenhäuser

26 %

4

Wohnungsbau

Hallenbäder

21 %

4–5

Sporthallen

17 %

5–6

Freibäder

15 %

6 –7

Verkehrsanlagen

10 %

10 5.10

kumulierte Gesamtkosten

der Energieeinsparverordnung Grundlage der Beurteilung der Energieeffizienz, bei LEED der ASHRAE Standard 90.1, der bei Bauvorhaben in den USA auch als Nachweis gegenüber den genehmigenden Behörden dient. Wird nun LEED bei Bauvorhaben außerhalb der USA angewendet, so ist der Nachweis nach ASHRAE Standard 90.1 zusätzlich zu führen. In Abb. 5.8 ist ein Auszug von zusätzlichen Nachweisen aufgelistet, mit denen bei einer Zertifizierung von Bauvorhaben in Deutschland gerechnet werden kann.

800 %

700 %

600 % Krankenhaus: laufende Kosten 26 % p.a. 500 %

400 % Büro- und Verwaltungsgebäude: laufende Kosten 8,5 % p.a. 300 %

200 % Wohngebäude: laufende Kosten 2,0 % p.a. 100 % Investitionskosten 0% 0

10

20

30

40 50 Nutzungsdauer (Jahre) 5.11

103

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

DGNB-Gebühren Projektgröße (BGF in m2)

80 000 m2

Vorzertifikat Prüfung Zielwertdefinition der Gebäudeeigenschaften

4000 €

4000 € + (BGF - 4000) ≈ 0,35 € /m2

9600 € + (BGF - 20000) ≈ 0,06 €/m2

13 000 €

Zertifikat Prüfung Zielwertdefinition der Gebäudeeigenschaften

6000 €

6000 € + (BGF - 4000) ≈ 0,75 € /m2

18 000 € + (BGF - 20000) ≈ 0,17 €/m2

28 000 €

Angaben ohne Mitgliedsermäßigung, Stand April 2010, Systemvariante Büro- und Verwaltungsbauten 2009, Vorzertifikat optional

LEED-Gebühren Projektgröße (BGF in m2)

< 4650 m2

4650–46 500 m2

> 46 500 m2

Registrierung

1200 US$

1200 US$

1200 US$

Vorzertifikat (nur bei LEED-CS) Prüfung Zielwertdefinition der Gebäudeeigenschaften

4250 US$

4250 US$

4250 US$

Design Submittal Prüfung planungsrelevanter Kriterien

2250 US$

BGF ≈ 0,484 US$/m2

22 500 US$

Construction Submittal Prüfung ausführungsrelevanter Kriterien nach Inbetriebnahme

750 US$

BGF ≈ 0,161 US$/m2

7500 US$

zeitgleiche Prüfung planungs- und ausführungsrelevanter Kriterien nach Inbetriebnahme

2750 US$

BGF ≈ 0,592 US$/m2

27 500 US$

Angaben ohne Mitgliedsermäßigung, Stand April 2010, Vorzertifikat optional und nur bei LEED-CS möglich, Umrechnung von imperial auf metrische Einheiten gerundet

BREEAM-Gebühren Projektgröße (BGF in m2)

alle Projektgrößen

Design and Procurement Review Prüfung planungsrelevanter Kriterien

1500 £

Post Construction Review Prüfung ausführungsrelevanter Kriterien

1030 £

Post Construction Assessment zeitgleiche Prüfung planungs- und ausführungsrelevanter Kriterien

1500 £

Zertifizierungskosten für Systemvariante BREEAM International, Stand April 2010 5.12

Kennwert OSCAR 2008 bezogen auf Mietfläche (Euro/m2a)

DGNB Auswirkung auf Kostenart

Unterhaltsreinigung und Pflege

0,25



Schutz und Sicherheitsdienst

0,31

Kostenart

BREEAM Auswirkung auf Kostenart

LEED Auswirkung auf Kostenart



infrastrukturelle Dienstleistung

technische Dienstleistung Bedienung

0,29





Inspektion und Wartung

0,42





Wärme

0,46







Elektrizität

0,33







Wasser und Abwasser inkl. Niederschlag

0,12







Entsorgungsaufwendungen

0,09







62 %

54 %

41 %

Verbrauchsmedien, kommunale Abgaben

sonstige Betriebskosten Objektverwaltung (Personal)

0,25

Grundsteuer, Abgaben

0,48

Versicherung

0,14

Summe

3,14

beeinflusster Anteil der Betriebskosten (bezogen auf OSCAR 2008)

5.13

5.12 Zertifizierungs- und Registrierungsgebühren für BREEAM, DGNB und LEED, am Beispiel der Systemvariante Neubau Büro- und Verwaltung ohne Mitgliedsermäßigung (in Landeswährung, Stand März 2010)

104

5.13 Betriebskosten je m2 Mietfläche bei einem Verwaltungsgebäude nach der Studie OSCAR 2008 sowie Anteil der Betriebskosten, der durch unterschiedliche Zertifizierungssysteme beeinflussbar ist

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung

direkt zu einer Reduzierung der Kosten für die Ver- und Entsorgung (Verbrauchsmedien). Eine umfangreiche Studie von 60 LEED-zertifizierten Gebäuden in den USA hat u.a. gezeigt, dass diese im Durchschnitt ca. 25 –30 % weniger Energie in der Nutzungsphase benötigen als vergleichbare konventionelle Gebäude [19]. Eine vollständige Übertragung der Ergebnisse auf den deutschen Markt ist nicht ohne Weiteres möglich, da energetische Standards, die Bauweise und die geografische Lage einen großen Einfluss auf die Energiekosten ausüben. Doch nicht nur die Kosten für Verbrauchsmedien werden positiv beeinflusst, sondern je nach Bewertungsumfang des gewählten Zertifizierungssystems und je nach individuell gesetztem Schwerpunkt bei der Zertifizierung auch die Kosten für Reinigung und Pflege sowie Betrieb, Instandhaltung und Wartung. Durch ein reinigungs- und instandhaltungsfreundliches Gebäude werden nicht nur die entsprechenden Kosten reduziert, sondern soll insbesondere eine möglichst lange Lebensdauer der Materialien gewährleistet sein. In Abb. 5.13 sind beispielhaft die einzelnen Kostenarten der Betriebskosten nach GEFMA für ein durchschnittliches Verwaltungsgebäude auf der Grundlage der Büronebenkostenanalyse »OSCAR 2008« [20] aufgeführt. Bezogen auf das verwendete Zahlenmaterial haben die drei Systeme DGNB, LEED und BREEAM einen nennenswerten Einfluss auf ca. 40 – 60 % der Betriebskosten. Kostenspezifische Auswirkungen am Ende der Lebensdauer

Die Kosten für den Rückbau und die Entsorgung einer Immobilie am Ende ihrer Nutzungsdauer werden bisher nur in Sonderfällen berücksichtigt, z. B. bei der Planung und Erstellung von Gebäuden mit kurzer Nutzungsdauer oder bei temporären Bauten. Wegen der durchschnittlich hohen Lebensdauer von Bauwerken fallen die meisten der heute verbauten Materialien und Stoffe erst in 50 –100 Jahren als Abbruchmaterial und damit als Restmüll oder als Wertstoff an. In vielen Branchen werden bereits heute Hersteller verpflichtet, Mindestanteile für die Wiederverwendung, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit von Bauteilen und Werkstoffen zu beachten. Gemäß der EURichtlinie 2005/64/EG dürfen beispielsweise Kraftfahrzeuge nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie zu mindestens 85 Masse-% je Fahrzeug wiederverwendbar und/oder recyclingfähig sind

Zu den Lebenszykluskosten im erweiterten Sinn zählen auch die Einnahmen und Erträge. Die Einnahmen unterteilen sich in die regelmäßigen Einnahmen, z. B. Mieteinnahmen bei vermieteten Objekten, und in die unregelmäßigen Einnahmen, z. B. im Rahmen des Gebäudeverkaufs. Während unter Einnahmen der Zugang von Zahlungsmitteln verstanden wird, ist der Ertrag das Ergebnis der Leistung im betriebswirtschaftlichen Sinn. Die Erträge stehen damit den Aufwendungen gegenüber; die Differenz zwischen beiden Größen entspricht dem Gewinn. Eine Zertifizierung beeinflusst offensichtlich die Einnahmen und damit die Erträge, da sie grundlegenden Einfluss auf die Gebäudeeigenschaften hat. Es stellt sich die Frage, ob die Zertifizierungen an sich oder eher spezielle, im Zuge der Zertifizierung angestrebte Eigenschaften der Gebäude diesen Einfluss auf Einnahmen und Erträge ausüben. Falls die Zertifizierung selbst maßgeblichen Einfluss hat, stellt sich die Frage, wie zwischen den verschiedenen Zertifizierungssystemen und den jeweiligen Zertifizierungsstufen (z. B. Bronze, Silber, Gold) zu differenzieren ist.

rungssysteme lässt sich in Deutschland noch kein allgemeingültiger Trend zu höheren Mieten bei zertifizierten Gebäuden erkennen. Der Großteil der zum heutigen Stand zertifizierten Objekte befindet sich noch in der Planungs- oder Bauphase, weshalb die Resonanz des Mietmarkts derzeit nur bedingt abschätzbar ist. Ferner gilt es, diejenigen Objekte von der Betrachtung auszunehmen, welche ausschließlich aufgrund einer Mieteranforderung zertifiziert wurden. Insbesondere international agierende Unternehmen haben sich zum Beleg ihrer unternehmerischen Verantwortung (Corporate Social Responsibilty, CSR) verpflichtet, nur noch zertifizierte Gebäude anzumieten. Eine höhere Miete wird in diesen Fällen in der Regel nicht bezahlt, da zusätzliche preisregulierende Marktkriterien wie die Lage oder ein hoher allgemeiner Qualitätsstandard sowie das Angebotsvolumen den Einfluss einer Zertifizierung überwiegen. Bei zertifizierten Gebäuden mit Eigennutzung, wie z. B. dem Umweltbundesamt in Dessau, können keine durch den Markt beeinflussten Mieterträge erfasst werden. Befragungen von Marktteilnehmern bestätigen zwar eine Bereitschaft, höhere Mieten für nachhaltige Gebäude zu zahlen, jedoch ist diese derzeit meist theoretischer Natur. Die Entwicklungen der letzten Monate zeigen, möglicherweise auch vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation, dass sich besonders in guten Lagen Topmieten nur noch bei zertifizierten Gebäuden erzielen lassen. Das bedeutet keine Mietsteigerung durch die Zertifizierung, sondern die Vermeidung eines Preisabschlags wie bei nicht-zertifizierten Gebäuden. Bezieht man die Betrachtung allerdings auf die Nettomieten, d. h. ohne Nebenkosten, so lässt sich tatsächlich eine Erhöhung feststellen. Dies liegt daran, dass durch die niedrigeren Nebenkosten, z. B. für die Heizung, bei gleichbleibenden Bruttomieten der Anteil der Nettomieten ansteigt. Insofern ergibt sich auch bei vermieteten Investoren-Objekten ein höherer Mittelrückfluss, wenn Maßnahmen z. B. hinsichtlich der Energieeffizienz umgesetzt werden.

Mieterträge Untersuchungen, beispielsweise aus den USA, die bei zertifizierten Gebäuden bis zu 30 % höhere Mieten dokumentieren [23], können nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen werden. Aufgrund der relativ geringen Anzahl der zertifizierten Gebäude und des erst kurzen Anwendungszeitraums der Zertifizie-

Wertentwicklung zertifizierter Immobilien Da die Gebäudezertifizierung die Qualität einer Immobilie positiv beeinflusst und ihre Eigenschaften transparent darstellt, kann unterstellt werden, dass die Nachhaltigkeitszertifikate auch einen Einfluss auf den Gebäudewert haben. In der Wissenschaft gelangte man bereits 2005 zu der Erkenntnis, dass nachhaltige Eigen-

[21]. Eine vergleichbare gesetzliche Richtlinie ist in Zukunft auch bei Immobilien durchaus vorstellbar, da dem Bausektor ca. 50 % [22] des gesamten Abfallaufkommens zugerechnet wird. Die DGNB hat in ihrem aktuellen Zertifizierungssystem bereits erste Anforderungen an ein überprüfbares Recycling- und Entsorgungskonzept formuliert, das auf den weiteren Lebensweg der Bestandteile der Konstruktion eingeht. Hierbei sind insbesondere auch die finanziellen Zuständigkeiten für den kontrollierten Rückbau und die Entsorgung zu regeln. Es ist denkbar, dass zukünftig mit der Erstellung eines Gebäudes ein Recyclingund Entsorgungskonzept im Rahmen der Baugenehmigung vorzulegen ist. Demontagefreundliche, leicht trennbare und recycelbare Konstruktionen werden in Zukunft zu Kostenvorteilen am Ende der Lebensdauer führen. Auswirkungen auf Einnahmen und Erträge

105

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

schaften einen zusätzlichen Marktwert für eine Immobilie generieren. Dieser durch die nachhaltigen Eigenschaften erzeugte und von den Eigenschaften des konventionellen Teils des Gebäudes abgegrenzte Wert wird als »Green Value« bezeichnet. Nach einer Definition der RICS gilt: »Green Value is the net additional value obtainable by a green building in the market« [24]. Demnach bezeichnet dieser Begriff den zusätzlichen Nettowert, der von einer nachhaltigen Immobilie am Markt erzielt werden kann (Abb. 5.14). Als Gebäudewert ist dabei vereinfacht nach § 194 BauGB der Marktwert zu verstehen, welcher durch den Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt wiedergegeben wird, der bei einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. Die Grundstücksbewertung wird beim Verkauf oder bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken zur Durchführung einer Preisermittlung, vor allem aber bei der Grundstücksbewertung zum Zweck der Kreditbeleihungswertermittlung im Rahmen der Vergabe eines Grundpfandrechts (Hypothek oder Grundschuld), notwendig. Eine Erfassung des Mehrwerts der nachhaltigen Gebäudeeigenschaften ist derzeit nur indirekt möglich. In der Wissenschaft finden sich Ansätze, bestehende Wertermittlungsmethoden wie die hedonische Preisermittlungsmethode auf die nachhaltigen Gebäude-

Eigenschaften eines »Green Building«

Nutzen für den Nutzer

Energieeffizienz Wassereffizienz Abfallreduzierung

gesenkte Betriebskosten

Behaglichkeit Gesundheit Nutzerzufriedenheit Imagesteigerung

gestiegener Umsatz /Gewinn durch gestiegene Produktivität

Emissionsreduzierung Ressourcenschonung Recycling

umsatzförderndes Image durch globalen Umweltschutz

Instandhaltungspläne Reinigungspläne Flächeneffizienz Drittverwendbarkeit

5.14 Einfluss der Eigenschaften eines (zertifizierten) nachhaltigen Gebäudes auf den Immobilienwert

106

eigenschaften anzuwenden. Für eine praktische Umsetzung fehlen aber statistisch belastbare Aussagen darüber, welche Eigenschaften beispielsweise zu einer Erhöhung des Verkaufspreises einer bestimmten Immobilie beigetragen haben. Bei den vorhandenen traditionellen Bewertungsverfahren kann bei der Bewertung zertifizierter gewerblicher Immobilien der Ertragswert als wesentliches wertbildendes Element herangezogen werden. Er erfasst quantitative Aspekte wie den Jahresrohertrag, die Bewirtschaftungskosten, die Restnutzungsdauer und den risikoadjustierten Liegenschaftszinssatz. Allerdings kann derzeit aufgrund fehlender Erfahrungen mit Transaktionen zertifizierter Objekte noch kein direkter Zusammenhang zwischen dem Zertifizierungssystem sowie -grad und einer prozentualen Werterhöhung hergestellt werden (z. B. im Sinne von: LEED-Gold erhöht den Gebäudewert um 5 %). Ferner existieren durchaus – im Sinne der Nachhaltigkeitskriterien der verschiedenen Zertifikate – nachhaltige Immobilien, deren Eigenschaften aber nicht durch eine Zertifizierung dokumentiert, überprüft und bestätigt wurden. Die Schwierigkeit bei solchen Gebäuden liegt in der mangelnden Transparenz und Dokumentation, sodass bestimmte Eigenschaften zwar vorhanden sein können, von den

Beteiligten aber nicht wahrgenommen werden. Grundsätzlich besitzen jedoch solche Immobilien trotz fehlender Zertifizierung eine höhere Wertigkeit als konventionelle Gebäude. Staatliche Förderprogramme und Steuervergünstigungen Steuervergünstigungen und staatliche Mittel zur gezielten Förderung des nachhaltigen Bauens im Sinne der verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit existieren in Deutschland derzeit nicht. Stattdessen liegen Förderprogramme vor, die spezielle Technologien fördern und allgemein energieeinsparende Maßnahmen, insbesondere im Gebäudebestand, unterstützen. Diese Förderprogramme gelten mehrheitlich für Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und können darüber hinaus zeitlich befristet sein. In Deutschland bilden bei Gebäudezertifizierungen derzeit Investoren und große Immobilienunternehmen die wichtigste Zielgruppe. Daher können diese Förderungen für Zertifizierungen meist nicht in Anspruch genommen werden. Folgende Stellen in Deutschland bieten Förderprogramme an: • BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) • KfW Bankengruppe (früher: Kreditanstalt für Wiederaufbau) • Städte, Kommunen und Energieversorger

Auswirkungen

Beitrag zum »Green Value«

auf den Nutzer einwirkende Attraktivität des Green Building

Bereitschaft seitens des Nutzers, höhere Nettokaltmieten zu zahlen

verlängerte wirtschaftliche Lebensdauer

längere Dauer der Ertragseinnahme

5.14

Ökonomische Aspekte der Gebäudezertifizierung

Nicht direkt gebäudebezogene Kosten

Zu den nicht gebäudebezogenen Kosten (non-construction costs) werden nach ISO 15 686-5 unter anderem Kosten für Grund und Boden oder für die Finanzierung gezählt. Zertifizierungen weisen hierbei einen sehr unterschiedlichen Einfluss auf, der abhängig vom Zertifizierungssystem und dem konkreten Objekt ist. Grundstückskosten Auf den ersten Blick haben Zertifizierungen keinen direkten Einfluss auf die Grundstückskosten. Andere Faktoren wie der Standort überwiegen bei weitem den Einfluss einer Zertifizierung auf die Grundstückskosten. Der Eigentümer oder Projektentwickler wird üblicherweise ein bestimmtes Grundstück nicht aufgrund einer anstehenden Gebäudezertifizierung auswählen. Stattdessen spielen die Mikro- und die Makrolage mit ihren verschiedenen Standortfaktoren (Nähe zum Markt, Nachfrage nach Mietflächen, Nähe ÖPNV, lokales Umfeld etc.) eine wesentlich größere Rolle. Demgegenüber können Grundstücke, die Bodenbelastungen aufweisen, durch die Zertifizierung eine Aufwertung erfahren. Da die Nutzung und Wiederherstellung ehemals belasteter Flächen (sogenanntes Flächenrecycling oder Brownfield Redevelopment) in den Zertifizierungssystemen positiv bewertet werden, werden diese für Entwickler wirtschaftlich attraktiver. Die Kosten für die Entsorgung oder Sanierung des belasteten Bodens werden in den allermeisten Fällen die Einsparungen im Rahmen der Zertifizierung übersteigen, sodass sich noch kein wirtschaftlicher Vorteil allein aus diesem Umstand ergibt. Finanzierungskosten Es liegt nahe, dass bei zertifizierten Gebäuden Einflüsse auf die Finanzierungskosten vorliegen. Unter den Finanzierungskosten werden dabei die Kosten für die Bereitstellung eines Teils der Investitionssumme durch Dritte, in der Regel Kreditinstitute, verstanden. Sie kommen vor allem bei der Herstellung eines Gebäudes zum Tragen. Da Projekte sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich nur äußerst selten ausschließlich über Eigenkapital finanziert werden, spielen die Finanzierungskosten, deren Höhe z. B. von Zinssätzen, Laufzeiten und Kreditvolumina abhängt, eine maßgebliche Rolle für die Gesamtkosten der Projektentwicklung bzw. Gebäudeerstellung.

Nach derzeitigem Stand sind die Auswirkungen einer Gebäudezertifizierung auf die Finanzierung vergleichsweise uneinheitlich. Es fehlen ausreichend repräsentative Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Trotzdem ist bereits festzustellen, dass bei zertifizierten Objekten vereinzelt günstigere Kredite oder höhere Kreditsummen gewährt werden. Ein direkter Zusammenhang besteht dabei, wie unter »Wertentwicklung zertifizierter Immobilien« (S. 106f.) erläutert, zwischen dem Wert eines nachhaltigen Gebäudes und den Finanzierungskosten. Ein wichtiger Einflussfaktor ist in diesem Zusammenhang vor allem ein höherer Grundstückswert (Wert des Grundstücks inkl. Wert des damit verbundenen Bauwerks), weil z. B. die bauliche Qualität durch die nachhaltigen Ziele höher ist. Auch ein höherer Marktwert kann durch nachhaltig, d. h. in diesem Falle langfristig erzielbare Mieten oder durch einen höheren Verkaufspreis der Immobilie dargestellt werden. Derzeit beeinflussen diese Eigenschaften im Gegensatz zum Marktwert noch nicht den nach vorgeschriebenen Verfahren berechneten Verkehrswert der Immobilie. Die finanzierenden Stellen haben stattdessen die Möglichkeit, bei der Berechnung des Beleihungswerts, der die Grundlage der Finanzierung bildet, die speziellen Eigenschaften nachhaltiger bzw. zertifizierter Immobilien in begrenztem Umfang einfließen zu lassen. Doch welche Faktoren veranlassen Finanzierungsinstitute dazu, bei einer zertifizierten Immobilie günstigere Konditionen zu gewähren? Bei der Finanzierung wirken sich vor allem indirekte Einflüsse auf die Bewertung der Immobilie und damit auf die Finanzierungskosten aus. Neben der bereits aufgeführten höheren Nettokaltmiete und dem Einfluss der Zertifizierung auf den Ertragswert sind in diesem Zusammenhang der geringere Instandhaltungsaufwand und eine längere wirtschaftliche Lebensdauer zu nennen. Durch die höhere Attraktivität des Gebäudes und eine große Flexibilität und Fungibilität (Drittverwendungsfähigkeit) sinkt das Mietausfallrisiko. Diese Eigenschaft wird beispielsweise bereits vom DGNB Zertifikat gefordert. Eine eingeschränkte oder nicht vorhandene Drittverwendungsfähigkeit stellt im Rahmen des Beleihungswertverfahrens in der Regel für die Kreditinstitute ein Ausschlusskriterium dar. Neben diesen eher kaufmännischen Faktoren spielen die Qualitätssicherung und

die Dokumentation der Gebäudeeigenschaften durch die Zertifikate eine wichtige Rolle. Über dieses Hilfsmittel wird ebenfalls das Risiko reduziert und die Kredit vergebende Stelle in die Lage gebracht, entweder günstigere Kreditkonditionen oder ein höheres Kreditvolumen anzubieten. Da aber Bankinstitute der Aufsicht und Kontrolle einer Finanzdienstleistungsaufsicht (in Deutschland der BaFin, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) unterliegen, sind sie in ihrer Wahl der Kreditkonditionen nicht frei. Stattdessen müssen sie sich intern gegenüber der aufsichtsführenden Stelle rechtfertigen, warum für eine zu zertifizierende Immobilie günstigere Kreditkonditionen vergeben werden sollen. Möglich ist dies letztendlich wiederum nur über die Dokumentation bestimmter Eigenschaften, welche direkten Einfluss auf die Nebenkosten, den Instandhaltungsaufwand oder auf die Risikominimierung ausüben, wie die Energieeffizienz oder eine hohe Flexibilität. Verwaltungskosten und strategisches Immobilienmanagement Nach Definition der ISO 15 686-5 gehören zu den Verwaltungskosten unter anderem die Kosten des kaufmännischen FacilityManagements. Ein Einfluss durch die Zertifizierungssysteme ist bei diesen Kosten durch die systematische und umfassende Gebäudedokumentation erkennbar, welche die Systeme in unterschiedlichem Umfang fordern. Die Bereitstellung systematisch gegliederter, aktueller und vor allem vollständiger Gebäudeunterlagen (z. B. Wartungsunterlagen, Planunterlagen, Handbücher für Nutzer und Betreiber, Material- und Produktlisten) kann die Verwaltungskosten positiv beeinflussen. Eine Facility-Management-gerechte Aufbereitung der Unterlagen erleichtert die Verwaltung, wenn z. B. die zu reinigenden Flächen und ihre Spezifikation detailliert bekannt sind und ergänzend die speziellen Pflegeanleitungen der einzelnen Oberflächen vorhanden sind. Insbesondere bei Umnutzungen, Umbauten und Sanierungen trägt eine umfangreiche und aktuelle Gebäudedokumentation dazu bei, die organisatorischen Kosten erheblich zu reduzieren und Mehrkosten zu vermeiden. Zu den Kosten des strategischen Immobilienmanagements werden weiterhin Kosten für Ankauf, Verkauf und Umzug (infrastrukturelles Gebäudemanagement) gezählt. An dieser Stelle sind der Umfang und die Aktualität der Gebäudedokumentation von großem Einfluss. Informationen 107

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

über Eigenschaften und Qualität, welche üblicherweise im Rahmen von Gebäudetransaktionen umfangreich durch eine sogenannte Due Diligence (technischfunktionale Prüfung im Zuge der Investitionsentscheidung) ermittelt werden müssen, liegen bei solchen Gebäuden im Optimalfall schon in ausreichender Form vor. Die Dokumentation wird zwar nie die Gebäudebegehung und damit die Erfassung von Schäden und des Instandhaltungsstatus vor Ort ersetzen können. Sie erleichtert jedoch erheblich die Recherche, welche Baustoffe und damit oftmals welche Schadstoffe z. B. verbaut wurden, welche qualitätssichernden Maßnahmen (Schallmessungen etc.) durchgeführt sowie welche baulichen Maßnahmen im Lauf der Nutzungsdauer vorgenommen wurden. Die Gebäudedokumentation reduziert das Risiko für den Erwerber, da er umfassende und durch eine unabhängige dritte Stelle gegengeprüfte Informationen über die Herstellung und Eigenschaften des Gebäudes vorliegen hat. Sofern die positiven Eigenschaften bestätigt werden, kann dies zu verringerten Risikozuschlägen führen und damit tatsächlich ein höherer Verkaufspreis erzielt werden. Nebenbei reduzieren sich die Transaktionskosten, da der Aufwand für die Due Diligence geringer wird. Kosten im Zusammenhang mit externen Effekten

Die externen Kosten bilden die Aufwendungen ab, die nicht direkt mit den Kosten des Investors und Betreibers eines Gebäudes in Verbindung stehen. Diese stehen zwar im Zusammenhang mit der Immobilie, liegen aber normalerweise außerhalb der üblichen ökonomischen Betrachtungsgrenze. Beispiele sind Umweltfolgekosten zur Beseitigung von negativen Umweltauswirkungen eines Gebäudes oder Auswirkungen einer verbesserten Innenraumqualität auf die Personalkosten, aber auch positive Auswirkungen auf das Image eines Unternehmens und eine darauf aufbauende, mögliche Verbesserung seiner Marktchancen. Die externen Kosten zeigen insbesondere die denkbaren Kostenrisiken, aber auch die möglichen finanziellen Vorteile in der nahen Zukunft auf, die in einem Zusammenhang mit der Immobilie stehen. Umweltfolgekosten Die negativen Auswirkungen eines Gebäudes auf die Umwelt verursachen Kosten für ihre Beseitigung, welche derzeit noch überwiegend durch die Allge108

meinheit getragen werden. Dabei handelt es sich um Gefahren für Boden, Luft, Grund- und Oberflächenwasser, die von den im Gebäude verwendeten Stoffen ausgehen, sowie um Emissionen wie z. B. Kohlendioxid, das zur Anreicherung von Treibhausgasen in der Atmosphäre und damit zur Erwärmung der bodennahen Luftschichten führt. Die meisten Zertifizierungssysteme legen gerade auf die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit einen Schwerpunkt und führen in der Anwendung zu einer wesentlichen Reduzierung der negativen Auswirkungen auf die Umwelt und damit der entstehenden Umweltfolgekosten. Dadurch wird ein mögliches Kostenrisiko reduziert, sollten die Umweltfolgekosten in Zukunft z. B. durch Steuern oder im Fall der Kohlendioxidemission in Form eines Emissionshandels direkt dem Verursacher auferlegt werden. Einfluss einer gesünderen Arbeitsatmosphäre auf die Produktivität Eine hohe Innenraumqualität bildet die Grundlage für ein effizientes und leistungsförderndes Arbeitsumfeld. Eine Vielzahl von Faktoren prägt die Innenraumqualität. Im Zusammenhang mit Zertifizierungssystemen werden insbesondere ein gesundes Arbeits- und Wohnumfeld (z. B. durch die Sicherstellung einer hohen Innenraumluftqualität durch die Auswahl geruchs- und emissionsarmer Bauprodukte oder eine verbesserte Tageslichtnutzung), ein hoher Nutzerkomfort (thermischer Komfort, visueller Komfort, akustischer Komfort, Einflussnahmemöglichkeit des Nutzers auf sein Umfeld) sowie Nutzerannehmlichkeiten (z. B. Rückzugsmöglichkeiten) gefördert. Studien belegen eine Reduzierung der Abwesenheits- und Krankheitsraten in nachhaltigen Gebäuden und beschreiben den positiven Einfluss einer gesunden und freundlichen Arbeitsatmosphäre auf die langfristige Produktivität [25]. Der Mensch verbringt fast 90 % seiner Zeit in geschlossenen Räumen, sodass ein gesunder Innenraum in Verbindung mit einem behaglichen Umfeld eine essenzielle Anforderung ist, die in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen wird [26]. Die Auswirkungen einer gesteigerten Produktivität werden üblicherweise bei einer Wirtschaftlichkeits- oder Lebenszyklusbetrachtung nicht berücksichtigt. Nachfolgend eine »hypothetische« Beispielrechung der wirtschaftlichen Auswirkung eines Produktivitätszuwachses von 1,5 % der Beschäftigten aufgrund einer Verbesserung der Innenraumqualität:

Eine 1,5-prozentige Zunahme der Produktivität entspricht einer täglichen Arbeitszeit von ca. 7,5 Minuten. Auf das Jahr bezogen entspricht diese Zunahme der Produktivität einer zusätzlichen Arbeitszeit von ca. 30 Stunden. Bei einem Kostenansatz von 50 Euro je Arbeitsstunde für das Unternehmen ergibt sich eine Einsparung von jährlich 1500 Euro je Beschäftigten. Ausgehend von einem Flächenbedarf je Mitarbeiter von 30 m2 ergibt sich ein Produktivitätsgewinn bzw. eine auf den Quadratmeter bezogene jährliche Kosteneinsparung von 50 Euro/m²a. Das Beispiel zeigt auf, dass der Einfluss auf die Kosten der Beschäftigten die Nutzungskosten des Gebäudes bei weitem übertreffen kann. Fazit

Die ökonomischen Vorteile nachhaltiger Immobilien gegenüber konventionell erstellten Gebäuden impliziert bereits der Nachhaltigkeitsbegriff, der die ökonomische Qualität gleichberechtigt neben die ökologische und die soziale Qualität stellt. Dabei sollen die finanziellen Vorteile (niedrigere Kosten in der Nutzungsphase, höhere Erträge, höhere Produktivität) nachhaltiger Immobilien bei einer Lebenszyklusbetrachtung die Mehrkosten bei der Herstellung übersteigen. In einer Untersuchung hat Flatz [27] festgestellt, dass 10 % niedrigere Nutzungskosten bei einem Betrachtungszeitraum über 30 Jahre um bis zu 25 % höhere Baukosten rechtfertigen. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei der Erstellung von nachhaltigen Gebäuden nicht zwangsläufig Mehrkosten anfallen müssen und dass diese bei intelligenter Planung und einem umfassenden integralen Planungsansatz durchaus auch mit ähnlichen Kostenbudgets wie vergleichbare, konventionelle Gebäude erstellt werden können. Hieraus wird das hohe wirtschaftliche Potenzial nachhaltiger Immobilien deutlich. Die Quantifizierung dieser ökonomischen Vorteile ist eine Aufgabe, der sich laufende und zukünftige immobilienwirtschaftliche Forschungsvorhaben stellen müssen [28]. Dabei schaffen die Nachhaltigkeitszertifikate die notwendige Transparenz und Vergleichbarkeit der nachhaltigen Immobilieneigenschaften.

Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft

Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft

2007

2008

2009

80 % 70 % von 231 CRE Managern erachten Nachhaltigkeit heute als kritische Größe täglicher Geschäfte.

Tajo Friedemann 60 %

Extreme Klimabedingungen, steigende Rohstoffpreise, Energieunsicherheiten, verschärfte gesetzliche Auflagen, demografischer Wandel, verändertes öffentliches Bewusstsein und Verschiebungen zwischen Angebot und Nachfrage werden in den kommenden Jahren einen wachsenden Einfluss auf die Wertentwicklung, Vermarktbarkeit und Rentabilität von Immobilien ausüben. Im Zuge der jüngsten Marktabkühlung hat das Gros der Immobilienwirtschaft die Bedeutung dieser Trendwende erkannt. Nicht wenige Marktteilnehmer bescheinigen der Nachhaltigkeit eine zunehmende Bedeutung für das tägliche Wirtschaften (Abb. 5.15). Ungeachtet dieser veränderten Wahrnehmung bleiben die meisten Akteure bislang jedoch schlüssige Antworten oder gar konkrete Handlungsmuster schuldig, mit denen sie konstruktiv auf den Trend reagieren. Um dem wachsenden Handlungsdruck zu begegnen, sind erst wenige Marktakteure positiv auf die Angebote von Zertifizierungssystemen eingegangen. Eine Zertifizierung wird insbesondere von institutionellen Investoren als geeigneter erster Schritt erkannt, sich bei der Entstehung nachhaltiger Teilmärkte frühzeitig auf die Veränderungen von Angebot und Nachfrage einzustellen. Bisweilen stehen dabei Marketingaspekte bei Neubau- und Sanierungsprojekten im Vordergrund. Auch in der Bestandshaltung behaupten sich Wertsicherung und Betriebskostenoptimierung als ernstzunehmende Motive für eine systematische Erfassung und eindeutige Darstellung nachhaltiger Gebäudequalitäten. Der Rückgriff auf Zertifizierungssysteme, um sich zukunftsfähig am Markt zu positionieren, ist keineswegs unumstritten. Investoren hinterfragen zuvorderst den dokumentarischen Aufwand, der jedoch bei großen Bau- und Sanierungsvorhaben gerechtfertigt zu sein scheint. Für die Bestandsbewertung sind die Anwendung der komplexen Bewertungssysteme sowie dabei anfallende personelle und zeitliche Aufwendungen gegenüber dem hieraus entstehenden Nutzen nicht immer zu rechtfertigen. Insbesondere beim Umgang mit Bestandsbauten zeigen sich deutliche Grenzen für die Marktrelevanz der bislang gängigen Zertifizierungssysteme.

40 %

20 %

0% bereits heute wichtig

1–2 Jahre

mehr als 3 Jahre

niemals wichtig 5.15

Für nachhaltige Immobilien bin ich bereit zu zahlen... 3% 1% 22% 22%

... das gleiche wie zuvor ... 1–5% mehr als konventionell ... 5–10% mehr als konventionell ... 10% mehr als konventionell ... weniger als bisher

52 %

5.16

Outperformance zertifizierter vs. nicht zertifizierter Objekte1 Studie von

Mietaufschläge

Kaufpreisaufschläge

 

Fuerst, McAllister

11,8 %

11,4 %

Franz Fuerst, Patrick McAllister: Green Noise or Green Value? Henley Business School, University of Reading, Juni 2008

Wiley, Benefield, Johnson

18,2 – 18,8 %

129 $/sqf

Jonathan A. Wiley, Justin Benefield, Ken Johnson: Green Design and the Market for Commercial Office Space. Journal of Real Estate Finance and Economics, November 2008

Miller, Spivey, Florance

36 %

64 %

Norm Miller, Jay Spivey, Andrew Florance: Does Green Pay Off? Burnham-Moores Center for Real Estate, University of San Diego, Februar 2008

Eichholtz, Kok, Quigley

6–9%

16 %

Piet Eichholtz, Nils Kok, John M. Quigley: Doing Well by Doing Good? – Green Office Buildings. University of California, Berkeley, April 2008

1

ökonomische Wertsteigerung nach CoStar-Auswertungen

5.15 Bedeutungszuwachs der Nachhaltigkeit für die Immobilienwirtschaft (Ergebnis einer Umfrage von Jones Lang LaSalle/CoreNet Global unter 231 Immobilienverantwortlichen in Großunternehmen, 2009)

5.17

5.16 Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Qualitäten im Immobilienbereich (Umfrage von Jones Lang LaSalle/CoreNet Global, vgl. Abb. 5.15) 5.17 Überblick der Bewertung ökonomischer Performance von Green Buidlings

109

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

Auch Mieter haben zwar die Relevanz von Zertifikaten erkannt, werten diese jedoch nicht als alleinige Möglichkeit zur Schaffung nachhaltiger Lösungen. Mieter werden bei Bezug eines Neubaus oder infolge voluminöser Sanierungen und Nachrüstungen vermehrt von der Vorlage eines Zertifikats ausgehen können. Im laufenden Mietverhältnis jedoch sind leichtere und flexiblere Bewertungsverfahren und Managementstrukturen gefragt, die sich als Ergebnis eines intensiven Austauschs zwischen Mieter und Vermieter ergeben. Unter Investoren und Mietern hat sich demnach ein differenziertes Bild der Marktrelevanz von Zertifikaten für die jeweiligen Geschäftsinteressen ergeben. Dieses Bild wird im Folgenden näher betrachtet. Investoren: Wachsende Marktakzeptanz stößt an die Grenzen des Bestands

Um die Relevanz von Nachhaltigkeitszertifikaten im Rahmen der Immobilieninvestition zu beurteilen, wird der Blick zunächst auf die konjunkturellen und strukturellen Marktveränderungen der vergangenen Jahre gerichtet. Es sei hier vorweggenommen, dass sich Nachhaltigkeit zwar einer grundsätzlich positiven Akzeptanz unter den Investoren erfreut, dieser jedoch im Rahmen der Bestandsbewertung deutliche Grenzen gesetzt werden. Nachhaltigkeitszertifikate etablieren sich zu einem geeigneten Zeitpunkt Die Hausse am Transaktionsmarkt hat bis in die zweite Jahreshälfte 2007 zu einem

drastischen Anstieg der Immobilienpreise beigetragen. Da sich die Preissteigerungen immer deutlicher von den zugrunde liegenden Mieteinkünften entkoppelten, musste sich, wer sich am Markt behaupten wollte, auf umfangreiche Geschäfte einlassen. Schwindende Renditen bei Einzelinvestitionen konnten häufig nur durch die Masse investierter Assets (im Sinn direkter und indirekter Immobilieninvestitionen) kompensiert werden, um Forderungen von Anteilseignern und Gläubigern nachzukommen. Im Zuge dieser Entwicklung fanden auch minderqualitative Immobilien und Portfolios ihre Abnehmer. Seit Beginn der Marktkrise und spätestens seit Mitte 2008 ist hingegen eine jähe Umkehr festzustellen, in deren Folge Immobilieninvestitionen einen strategischen Richtungswechsel vollziehen. Objekte mit zweitklassiger Ausstattung, kurzfristigen bzw. auslaufenden Mietverträgen und ungünstigen Lagequalitäten werden – sofern sie Abnehmer finden – an den Markt zurückgegeben. Core Assets [29] hingegen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Auf den Immobilienmärkten steht dieser Begriff für Investitionen in Objekte, welche sich durch stabile laufende Renditen und langfristige Wertstabilität auszeichnen. Hierbei handelt es sich zumeist um vollständig auf Marktniveau vermietete, drittverwendungsfähige, zeitgemäße Immobilien. Die laufende Rendite dieses Anlageprofils resultiert zum überwiegenden Teil aus den laufenden Einkünften der Immobilien. Die Wende wird durch zwei Faktoren akzentuiert. Zum einen wurden viele

Emittent

Fonds

Anlagestrategie

Credit Suisse

CS Real Estate Fund Green Property (geschlossener Fonds)

hochwertige Neubauten an erstklassigen Schweizer Bürostandorten (Volumen CHF 300 Mio.)

Hesse Newman

Green Building (geschlossener Fonds)

Single Asset – Bürogebäude Düsseldorfer Airport City (Siemens als alleiniger Mieter; Kaufpreis 36,1 Mio. €)

iii Investments

Green Building Fonds (geschlossener Fonds)

national oder international zertifizierte Büroimmobilien in (West-)Europa (Volumen 400 Mio. €)

IVG

Premium Green (offener Spezialfonds)

Fondskonzeption für institutionelle Anleger, Investition in wenige, zertifizierte Projektentwicklungen an deutschen Premiumstandorten (Volumen 300 Mio. €)

Bank Sarasin

Nachhaltig Immobilien Schweiz (Fonds der Sarasin Anlagestiftung für institutionelle Investoren)

Investition in nachhaltige Neubauten, Sanierung von Altbauten zur Erfüllung definierter Nachhaltigkeitskriterien (Volumen 172 Mio. CHF)

Pramerica

TMW Immobilien Weltfonds (offener Fonds)

Anteil zertifizierter Gebäude (mind. LEED-Silber oder vergleichbarer Standard) 50 % bis 2012, 75 % bis 2015; vollständige Datenlage zu Energie/Abfall/ Wasser von 60 % aller Assets bis 2012, 85 % bis 2015 (Volumen 840 Mio. €) 5.18

110

Unternehmen direkt von der Krise erfasst, wobei der Rückbau der Geschäftstätigkeit mit dem Abbau der Beschäftigung und der Konsolidierung von Standorten einherging. Freisetzung von Flächen, Anstieg von Leerständen und Verfall der Mieten halten seither unvermindert an. Zum anderen lässt sich der für Immobilieninvestitionen nötige Fremdfinanzierungsanteil – wenn überhaupt – allein unter Nachweis langfristiger Sicherheiten erzielen. Kapitalintensive Neubauprojekte, Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen werden somit nur bei entsprechender Vorvermietung, nachweislicher Bonität des Mieters, erwiesener Standortqualität und erstklassiger baulich-technischer Qualität realisiert. Die Finanzierung durch Banken und die Aufnahme von Liquidität am Kapitalmarkt werden künftig deutlich defensiver und mit höheren Risikoaufschlägen betrieben als bisher. Konjunkturelle und strukturelle Veränderungen der jüngsten Vergangenheit haben somit zu einer Revision von Investitionsstrategien beigetragen. Dies fällt auf die Marktrelevanz nachhaltiger Immobilien zurück, da Investoren sich über nachweislich nachhaltige Objektqualitäten zusätzliche Sicherheiten zur Wertstabilität sowohl bei Investition als auch im Unterhalt von Beständen erhoffen. Zertifizierte Immobilien als eigene Assetklasse Erhebungen zeigen, dass im Zuge der Krise das Interesse an Investitionen in nachhaltige Objektqualitäten zugenommen hat. Nicht nur, dass bisweilen gut die Hälfte der institutionellen Investoren nachhaltige Immobilien als eigene Assetklasse anerkennen [30] – vielerorts ist auch eine steigende Bereitschaft festzustellen, für derartige Qualitäten höhere Mittel aufzuwenden. (Abb. 5.16, S. 109) Eine Reihe von Studien aus dem Jahr 2008 gab Anlass zur Überlegung, ob sich Nachhaltigkeit nicht nur als Qualitätssicherung, sondern darüber hinaus auch zur Generierung von Mehrwerten heranziehen ließe. Die Untersuchungen bescheinigen zertifizierten Gebäuden höhere Mieteinkünfte, geringere Leerstände und insgesamt höhere Erlöse bei Veräußerung, als diese durch konventionelle Vergleichsobjekte realisiert werden könnten (Abb. 5.17, S. 109). Kritische Stimmen, darunter einige der in Abb. 5.17 (S. 109) aufgeführten Autoren selbst, machen darauf aufmerksam, dass sich die Ergebnisse, welche allesamt aus Transaktionsgeschäften auf US-amerikanischen Büroimmobilienmärkten gewon-

Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft

nen wurden, nicht ohne Weiteres auf hiesige Marktverhältnisse übertragen lassen. Um diese Lücke zu füllen, versuchen namhafte Universitäten und Forschungsinstitute auch in Europa, Objekt- und Betriebsdaten zertifizierter mit denen konventioneller Objekte abzugleichen und dadurch den Nachweis zu erbringen, dass »Green Buildings« am Markt eine günstigere Wertschöpfung entfalten als herkömmliche Objekte. In Reaktion auf das wachsende Interesse der Anleger an nachhaltigen Immobilien sind institutionelle Investorengruppen dazu übergegangen, ihre Produktpalette um alternative Anlageformen zu erweitern. So ist am hiesigen Immobilienmarkt eine erste Generation von »Green Building Funds« im Entstehen, deren Initiatoren auf die Stabilität nachhaltiger Immobilienqualitäten verweisen (Abb. 5.18). Bei einigen der hier aufgeführten Produkte wird eine Nachhaltigkeitszertifizierung als Bestandteil der jeweiligen Anlagestrategie ausgewiesen. Zweifelsfrei erscheint gerade bei der Projektentwicklung und bei Neubauten der Bezug einer Dokumentation in Form von Zertifikaten angezeigt. Infolge stets kürzer werdender Haltezeiten von Immobilien besteht zudem die Möglichkeit, Nachhaltigkeitszertifikate im Zuge des späteren Wiederverkaufs (Exit) als begünstigenden Einflussfaktor zu nutzen. Doch die grundsätzlich positive Beachtung nachhaltiger Qualitäten übersetzt sich unter den Investoren nicht per se in eine unumwundene Akzeptanz von Zertifikaten. Zum einen sind einer kostengünstigen und zeiteffizienten Bestandsbewertung durch die bestehenden Bewertungssysteme enge Grenzen gesetzt. Zum anderen decken sich Inhalte und Methoden der Systeme nicht in jedem Fall mit den Interessenslagen von Investoren. Marktrelevanz von Zertifizierungssystemen bei Bestandsimmobilien begrenzt Der Erfolg der Nachhaltigkeitszertifizierung ist eng an Projektplanung und Bautätigkeit geknüpft. Von knapp 100 Objekten, die in Deutschland derzeit ein Zertifikat oder Vorzertifikat tragen, ist die überwiegende Mehrheit jüngeren Datums oder befindet sich im Bau. Dieser Erfolg verweist darauf, dass sich Nachhaltigkeitszertifizierung bei Projektentwicklungen an zentralen Standorten und vorrangig bei erstklassigen Büroimmobilien innerhalb kurzer Zeit als Standard durchgesetzt hat. In diesen Marktsegmenten ist daher von einer wachsenden Relevanz der Zertifizierungssysteme auszugehen.

Setzt man diese Dynamik hingegen in Relation zur gegebenen Sanierungsrate von unter einem Prozent, erscheint die Marktrelevanz der Zertifizierung deutlich begrenzt. Denn es ist ja gerade der Umgang mit dem Bestand, welchem als tragendem Element des täglichen Transaktionsgeschäfts das Hauptaugenmerk der Investorenschaft zukommt. Letztere wird Marktrelevanz daher nur erkennen, wenn Zertifikate Bedeutung im Rahmen täglicher Chancen-Risiko-Abwägungen erlangen. Der Zeitpunkt, da sich Zertifizierung als kostengünstiges und schnell umsetzbares Verfahren für eine verlässliche Darstellung der Bestandsperformance eignen wird, bleibt noch abzuwarten. Bis dahin wird von einer Marktrelevanz der Zertifizierung in einem Bestand aus 17 Millionen Wohn- und 6 Millionen Gewerbebauten auf Deutschlands Immobilienmärkten nicht die Rede sein können. Die Etablierung einheitlicher Standards für die Bewertung der nachhaltigen Leistungsfähigkeit von Bestandsbauten wird eine grundlegende Überarbeitung bisheriger Bewertungsmethoden erfordern. Anders als bei Neubau und Sanierung wird ein solches System, soll es Marktrelevanz erhalten, nicht über die derzeit geforderten Nachweise erbracht werden können. Gerade bei Bauten älteren Datums stehen der nötige Aufwand für die (Wieder-)Beschaffung der Objektdokumentation und der damit einhergehende personelle und finanzielle Aufwand für viele Investoren in keinem vertretbaren Verhältnis zu den erwarteten Mehrwerten. Es stellt sich das klassische Problem abnehmenden Grenznutzens, da Ver-

marktungsvorteile und Wertsicherung durch Nachhaltigkeitszertifikate den Aufwendungen für Due Diligence, Zertifizierungsgebühren, Auditoren und die etwaige Heranziehung von Fachingenieuren für Simulationen und Gutachten gegenübergestellt werden müssen. Bestehende Systemapplikationen wie das britische »BREEAM In-Use« und das amerikanische »LEED – Existing Buildings: Operations & Maintenance« verfolgen zwar alternative Ansätze zur Bewertung der nachhaltigen Bewirtschaftung, setzen dabei jedoch eine ausgesprochene Kooperationsbereitschaft der Mieter voraus. So werden u. a. Nachweise über mieterseitige Ausbauten, Details über Reinigungs- und Wartungsmanagement, Offenlegung von Mietflächenverbräuchen und die Einbindung der Mieter in die Optimierung des Objektmanagements gefordert. Die Anwendung dieser Systeme bietet somit vornehmlich für die Mieter selbst sowie bei eigengenutzten Immobilien eine Möglichkeit zur Zertifizierung. Aufgrund ihres begrenzten Zugriffs auf Performancedaten ist die Anwendbarkeit der Systeme für Investoren hingegen begrenzt. Ob die bei der DGNB derzeit im Aufbau befindlichen Varianten für die Bestandsbewertung künftig auch Investoren eine attraktive Möglichkeit zur Bewertung werden liefern können, muss sich zunächst noch erweisen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass strukturelle und konjunkturelle Zeichen auf eine wachsende Akzeptanz unter den Investoren deuten, nachhaltige Qualitäten in ihren Anlagestrategien zu berücksichtigen. Eine erste Generation

Das Angebot an nachhaltigen Immobilien wird eingeschätzt als... 4% 13% 26%

13%

45%

5.18 Green Building Fonds auf dem deutschen Immobilienmarkt 5.19 Einschätzung des Angebots nachhaltiger Immobilien (Ergebnis einer Umfrage von Jones Lang

...gering bis inexistent ...begrenzt in den meisten Märkten ...ausreichend in einigen Märkten, aber nicht in allen ...in allen Segmenten gut ...nicht bekannt

5.19

LaSalle/CoreNet Global unter 231 Immobilienverantwortlichen in Großunternehmen aus Nordund Südamerika, Europa und Asien im Jahr 2009)

111

Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale

»grüner« Immobilienfonds unterstreicht zudem ein zunehmendes Anlegerinteresse an nachhaltigen Anlageformen. Es scheint sicher, dass sich Nachhaltigkeitszertifikate bei Projektentwicklungen und im Neubau als Standard werden durchsetzen können, wenn auch zunächst nur an zentralen Teilmärkten und bei hochwertigen Produktgruppen. Auch wenn Erhebungen darauf verweisen, dass Investoren sich im Zuge strategischer Neuausrichtung auf individuelle Objektqualitäten rückbesinnen, liefern Zertifizierungssysteme ihnen hierzu nur lückenhafte Bewertungsgrundlagen. Dies gilt insbesondere für Bestandsgebäude, eigentlich bestimmende Größe des Transaktionsgeschehens. Marktrelevanz, soll sie über kurzweilige Marketingeffekte hinausweisen, wird sich aus Investorensicht nur ergeben, sofern Bewertungssysteme sich als kostenneutraler Teil der täglichen Rendite-Risiko-Abwägungen integrieren lassen. Da Mieteinkünfte hierbei einen bedeutenden Teil einnehmen, ist die Relevanz von Zertifikaten aus Mietersicht auch für die Investoren von entscheidender Bedeutung.

Abfall/Recycling

Energiemanagement

Strategie zur Optimierung von Arbeitsplätzen

konventionelle Datenerfassung

Erfassung CO2-Emissionen Energieausweis

Erfassung Nachhaltigkeitsperformance

formelles Nachhaltigkeitsreporting (CSR)

Programm zur Wassereffizienz

Green-Building-Zertifizierung

Bezug regenerativer Energien (Green Power)

Investition in nachhaltige Energiegewinnung 0%

20%

40%

60%

‡ derzeit nicht ‡ Pilotierung wird angedacht ‡ begrenzte Umsetzung ‡ breite Umsetzung ‡ keine Erfahrung

5.20

2008

2009

60 % 75% der Befragten sind bereit, Mietsteigerungen für nachhaltige Sanierung in Kauf zu nehmen.

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0% nicht gewillt oder unsicher

1–5%

5.20 Mieter gehen dazu über, selbst auferlegten Nachhaltigkeitszielen in Eigeninitiative nachzukommen. Bevorzugt werden dabei einfach zu implementierende Maßnahmen mit kurzfristigem Einsparungspotenzial (Ergebnis einer Umfrage

112

5–10%

über 10% Mietsteigerung 5.21

von Jones Lang LaSalle/CoreNet Global unter 231 Immobilienverantwortlichen in Großunternehmen, 2009). 5.21 Bereitschaft der Nutzer, Mietsteigerungen infolge einer nachhaltigen Sanierung zu akzeptieren

Mieter: Zertifikate zwischen Nachhaltigkeitszielen und Mietflächenmanagement

Der wirtschaftliche Abschwung hat sich an den Immobilienmärkten in Form wachsender Leerstände, fallender Mieten und insgesamt zunehmender Mietausfallrisiken übersetzt. Mietinteressenten mit guter Bonität sind somit in verhandlungskräftige Positionen vorgerückt, wobei Forderungen nach nachhaltigen Flächenqualitäten über klassische Ansprüche an Ausstattungs- und Lagequalitäten hinausweisen. Bedeutung von Zertifikaten bei unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen Zumeist handelt es sich bei diesen Mietinteressenten um international agierende Unternehmen, deren Dienstleistungs- und Verwaltungseinheiten auf steter Suche nach geeigneten Büroräumlichkeiten in zentralen Lagen sind. Im Zuge des Auf- und Ausbaus unternehmerischer Nachhaltigkeitsziele (Corporate Social Responsibility) sind diese Mietergruppen gefordert, selbst auferlegten Nachhaltigkeitszielen auch im Rahmen entsprechender Anmietungsentscheidungen Nachdruck zu verschaffen. Vermieter und Investoren suchen diesem Anliegen zu entsprechen, befinden sich jedoch aufgrund des erheblichen Aufwands für die Zertifizierung im zeitlichen Verzug. Entsprechend mager schätzen Mieter das

Marktrelevanz von Zertifizierungen aus Sicht der Immobilienwirtschaft

gegebene Angebot nachhaltiger Produkte ein. Die tägliche Erfahrung der Maklerhäuser wird in Umfragen bestätigt, denen zufolge die Nachfrage nach zertifizierter Fläche derzeit durch kein entsprechendes Angebot gedeckt wird (Abb. 5.19, S. 111). Individuelle Umsetzung nachhaltiger Qualitäten im Mietflächenmanagement Der Anspruch der genannten Mietergruppen, nachweislich nachhaltige Flächen beziehen zu wollen, ist zunächst ein Indiz dafür, dass Zertifikaten auch aus Mietersicht eine manifeste Marktrelevanz innewohnt. Aus genannten Gründen liegen Zertifikate jedoch oft nicht in der gebotenen Zeit vor. Um dennoch dem Trend zum nachhaltigen Wirtschaften zu folgen, sind Mieter daher dazu übergegangen, selbst auferlegten Nachhaltigkeitszielen durch Eigeninitiative und Umsetzung entsprechender Maßnahmen nachzukommen. So werden Strukturen zur Optimierung des Mietflächenmanagements entworfen und zum Teil bereits umgesetzt. Bevorzugt werden einfach zu implementierende Maßnahmen mit kurzfristigem Einsparungspotenzial (Abb. 5.20). Dass der Handlungsdruck von Unternehmen, nachhaltige Potenziale für sich zu erschließen, das bestehende Angebot deutlich übersteigt, findet auch in deren Bereitschaft Ausdruck, sich an den Kosten für etwaige Optimierungsmaßnahmen zu beteiligen. Wegen des bestehenden Mietermarktes kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich dies in einer erhöhten Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Qualitäten niederschlägt. Doch sofern sich durch Maßnahmen relative Einsparungspotenziale zur Senkung der Nebenkosten realisieren lassen, zeigen Mieter ein wachsendes Interesse an paritätischen Lösungen, die sowohl dem Vermieter als auch ihnen selbst zugute kommen (Abb. 5.21). Eine diesem Vorgehen zugrunde liegende Kosten-Nutzen-Kalkulation erfordert ein deutlich höheres Maß an Transparenz und Kooperation zwischen den Vertragsparteien als bislang üblich. Daher suchen sowohl Mieter als auch Vermieter intensiv nach kooperativen Ansätzen zur Realisierung von Nachhaltigkeit beim Mietflächenmanagement. »Grüne Mietverträge«, Memoranda of Understanding, die Offenlegung von Verbrauchsdaten, koordinierte Nutzungsund Wartungskonzepte, Vorgaben zu nachhaltigen Innenausbauten, Green-Property- und Facility-Management-Lösungen sowie der Bezug regenerativer Energien sind Beispiele für ein solches

gemeinsames Vorgehen zur Hebung nachhaltiger Potenziale. Insbesondere die institutionelle Mieterschaft gewerblich genutzter Immobilien zeigt eine deutliche Nachfrage nach zertifizierten Mietflächen. Dies nicht zuletzt, da die Vorlage von Zertifikaten häufig im Rahmen der unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung erforderlich ist. Bei Erstbezug oder infolge grundlegender Sanierung, Überarbeitung der Gebäudetechnik, Austausch der Fassade oder ähnlicher kapitalintensiver Maßnahmen können Mietinteressenten für hochwertige Immobilien an zentralen Standorten mittlerweile davon ausgehen, dass ein Zertifikat vorliegt. In diesen Fällen besitzen Zertifikate eine direkte Marktrelevanz. Im Bestand, bei laufenden Mietverträgen oder bei Mietvertragsverlängerungen ist eine solche Dokumentation im Einzelfall hingegen nicht unbedingt erforderlich, da die Parteien kostengünstige, zeitlich effiziente, inhaltlich flexible und auf die jeweiligen Belange zugeschnittene Lösungen erarbeiten. Die Marktrelevanz von Zertifikaten tritt zugunsten individueller Managementlösungen in den Hintergrund. Fazit

Investoren und Mieter haben die Relevanz von Nachhaltigkeitszertifikaten für ihre jeweiligen Interessen erkannt. In Teilmärkten konnten sich die Bewertungssysteme dementsprechend als Standard durchsetzen. Doch zeitlicher und finanzieller Aufwand sowie notwendige Hinzuziehung externen Fachwissens (Auditoren, Fachingenieure) stehen einer zügigen Etablierung der bislang marktgängigen Zertifikate in einer Vielzahl von Marktkonstellationen entgegen. In diesen Fällen haben direkt Beteiligte damit begonnen, eigene Lösungen herbeizuführen. Dabei werden alternative Wege beschritten und neue Produkte geschaffen, welche die Relevanz der bisherigen Bewertungssysteme auf bestimmte Marktsegmente beschränken. Inwiefern die Trägergesellschaften der Zertifikate im Stande sind, die Marktrelevanz ihrer Systeme zu verteidigen oder auszubauen, hängt von ihrer Fähigkeit ab, die Interessen der Marktakteure – vorrangig Investoren und Mieter – für die Adaption der Systeme zu nutzen und sich der sich verändernden Nachfrage anzupassen.

Anmerkungen: [1] Henzelmann, Torsten; Büchele, Ralph; Engel, Michael: Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement. Studie Roland Berger Strategy Consultants. 2010 [2] Lützkendorf, Thomas; Lorenz, David: Nachhaltigkeitsorientierte Investments im Immobilienbereich. Karlsruhe 2005 [3] Miller, Norm: Green Buildings and Productivity. In: Journal of Sustainable Real Estate, 01/2009 [4] Environmental factors affecting office worker performance: A review of evidence. CIBSE Technical Memoranda. London 1999 [5] Drees & Sommer (Hrsg.): Green Building – ein Zukunftsthema der Immobilienbranche, Ergebnisse einer Marktstudie. Stuttgart 2009 [6] Royal Institute of Chartered Engineers (RICS) Economics: Q2 Global Property Sustainability Survey. London 2009 [7] wie Anm. 1 [8] wie Anm. 1 [9] Preuß, Norbert; Schöne, Bernhard Lars: Real Estate und Facility-Management. Berlin 2010 [10] ISO 15 686-5: Building and construction assests. 2008 [11] König, Holger; Kohler, Niklaus; Kreißig, Johannes, Lützkendorf, Thomas: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009 [12] DIN 276-1: Kosten im Hochbau, Blatt1. 2008 [13] Turner, Cathy; Frankel, Mark: Energy Performance of LEED for New Construction Buildings. Vancouver 2008 [14] ANSI/ASHRAE/IESNA Standard 90.1: Energy Standard for Buildings Except Low-Rise Residential Buildings. 2007 [15] Hornung, Rüdiger: Nachhaltigkeitszertifikate, To BREEAM or not to BREEAM, ist das die Frage? In: Immobilien Zeitung. Nr. 44, 2009, S. 13 [16] wie Anm. 9 [17] GEFMA 200: Kosten im FM; Kostengliederungsstruktur zu GEFMA 100. Bonn 2006 [18] DIN 32 736: Gebäudemanagement, Begriffe und Leistungen. Berlin 2000 [19] wie Anm. 13 [20] Jones Lang LaSalle & CREIS (Hrsg.): OSCAR 2009. Office Service Charge Analysis Report. London 2008 [21] EU-Richtline 2005/64/EG [22] Bundesumweltamt: Abfallaufkommen 2008. http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt. de/umweltdaten/public/theme.do;jsessionid=08 16630066776854A54A5A1A02385285?nodeIde nt=2320, Stand 28.07.2010 [23] Miller, Norm; Spivey, Jay; Florance, Andy: Does Green Pay Off? San Diego 2007 [24] Royal Institute of Chartered Surveyors: Green Values – Green Buildings, Growing Assets. London 2005 [25] Kats, Greg; Alevantis, Leon; Berman, Adam; Mills, Evan; Perlman, Jeff: The Costs and Financial Benefits of Green Buildings. A Report to California’s Sustainable Building Task Force USA. 2003; http://www.cap-e.com [26] Schäfer, Henry: ImmoInvest – Grundlagen nachhaltiger Immobilieninvestments. Stuttgart 2008 [27] Bergius, Susanne: Öko-Bauten bringen mehr Rendite. In: Handelsblatt, 23.10.2006. http://www.handelsblatt.com/finanzen/ immobilien/oeko-bauten-bringen-mehr-rendite; 1150312 [28] wie Anm. 26 [29] Core-Assets: Core, Value-Added und Opportunistic bezeichnen Investitionsrisikoklassen bzw. das Verhältnis von Risiko zu Rendite [30] Umfrage der Union Investment unter 220 pan-europäisch (Deutschland, Frankreich, UK) engagierten institutionellen Investoren, 2010

113

Praxisbeispiele

• BREEAM: Europäische Investmentbank, Luxemburg • LEED: Katharinum, Leipzig; Gruppe Deutsche Börse, Eschborn • DGNB: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel; Büro- und Verwaltungsgebäude, München • DGNB/BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn

BREEAM: Europäische Investmentbank, Luxemburg Das neue Verwaltungsgebäude der Europäischen Investmentbank (EIB) auf dem Kirchberg in Luxemburg bietet Platz für 750 Mitarbeiter. Von Beginn an sollte der Erweiterungsbau der EIB eine ökologische Vorbildfunktion übernehmen sowie Mitarbeitern und Besuchern ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten. Aus diesem Selbstverständnis heraus wurden die Anforderungen an die Nachhaltigkeit bereits in dem 2002 ausgeschriebenen Planungswettbewerb umfassend formuliert und bewertet. Unter den zehn zum Wettbewerb eingeladenen, multidisziplinären Planungsteams setzten sich Ingenhoven Architects mit ihrem Entwurf eines kompakten und transparenten Baukörpers durch. Die Gebäudeform entspricht einer in das Gelände geschnittenen Glasröhre. Das Glasdach spannt über die gesamte 170 m lange und 50 m breite Gebäudestruktur und bietet in Verbindung mit der leichten Glashülle und der Stahlkonstruktion ein Maximum an Tageslicht und Transparenz. Unter der Hülle sind die Büronutzungen mäanderförmig aufgereiht und ebenenweise über Stege miteinander verbunden. Durch diese Anordnung entstehen V-förmige Atrien, die als Klimapuffer fungieren und nach Norden und Süden ausgerichtet sind. Die nach Norden zu einem bewaldeten Tal gewandten Atrien bleiben dabei unbeheizt. Dagegen dienen die an die Straße grenzenden beheizten Atrien im Süden als stützenfreie, öffentliche Bereiche mit Eingangsund Verteilungsfunktion. Beide Atrien, die unbeheizten »Wintergärten« im Norden sowie die thermisch konditionierten Atrien im Süden, werden über öffenbare Elemente in der Außenhaut natürlich belüftet und in den Sommermonaten gekühlt (Abb. 6.1 und 6.4). 114

6.1

1

2

6.2

6.3

Europäische Investmentbank (EIB) Ort und Fertigstellung: Luxemburg 2008 Architekt: Ingenhoven Architects, Düsseldorf Bauherr: European Investment Bank, Luxemburg Technische Gebäudeausrüstung: HL-Technik AG, München; IC-Consult, Frankfurt/Main; pbe-Beljuli, Pulheim; S & E Consult, Luxemburg Bauphysik: DS Plan, Stuttgart

Tragwerksplanung: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart BREEAM-Assessor: Faber Maunsell, London Nutzung: Büros, Konferenzbereiche, Restaurant Geschossanzahl: zehn Ebenen Bruttogrundfläche: 69 996 m² Zertifizierungssystem: BREEAM Systemvariante: Pre-2005 Version of BREEAM Bespoke

Ein Kerngedanke des Gebäudekonzepts ist die Trennung der raumbegrenzenden, inneren Fassade von der eigentlichen Gebäudehülle, welche die Innenräume vor den wechselnden Bedingungen des Außenraums schützt. Diese Konzeption bietet in mehrfacher Hinsicht Vorteile für die Nachhaltigkeit des Gebäudes. Durch die Loslösung der Gebäudehülle vom Innenraumvolumen entsteht eine Pufferzone zwischen Innenfassade und Außenhaut, die als zusätzliche, isolierende Klimaschicht wirkt. Die an diese Zone angrenzenden Innenräume können so auch im Winter durch Öffnen der Fenster zum Atrium natürlich belüftet werden. Der Schutz der Innenfassade vor Witterungseinflüssen ermöglicht die durchgängige Verwendung von Holz mit seinen ökologischen Vorteilen an Fassade und Fenstern. So liegen z. B. der Primärenergieinhalt oder das Treibhauspotenzial einer Holzfassade signifikant unter den Werten einer Standard-Aluminiumfassade. Flexibilität in der Nutzung, ausgehend von der Konstruktion bis hin zu den Organisationseinheiten, ist eine zentrale Eigenschaft des Entwurfs. Die räumliche Struktur mit ihren modularen Grundrissen gewährleistet eine hohe Umnutzungsfähigkeit des Gebäudes. Dabei werden die technischen Systeme in leicht zugänglichen Doppel- und Hohlraumböden sowie Versorgungsschächten geführt. Die Verteilung der Medienleitungen und -anschlüsse ist so flexibel gestaltet, dass eine Umgestaltung ohne Umverlegung möglich ist. Der Gebäudegrundriss bietet Kreuzungspunkte zwischen den individuellen Bereichen und fördert dadurch die Kommunikation und spontane Interaktion zwischen den Mitarbeitern der verschiedenen Arbeitsgruppen (Abb. 6.2 und 6.3). Energie- und Raumklimakonzept

Das zur Verfügung stehende natürliche Energiepotenzial des Außenraums mit Licht, Luft, Wind, Wasser, Sonne und Nachtkühle wird konsequent in das Gesamtkonzept eingebunden und genutzt. Ein Großteil der Nutzflächen kann bei moderaten Außentemperaturen durch manuelle Fensterlüftung über die Atrien oder direkt ins Freie natürlich mit Frischluft versorgt werden. Zur Kühlung der Hallen im Sommer dienen Öffnungsklappen in der Fassadenhaut, die sich in Abhängigkeit von der Innen- und Außentemperatur öffnen oder schließen. Eine mechanische Luftversorgung ist ausschließlich für Innenzonen, Sonderberei-

che und Zeiten mit extremen sommerlichen oder winterlichen Außentemperaturen vorgesehen. In Verbindung mit dem Raumklimakonzept gewährleistet dies ein hohes thermisches Behaglichkeitsniveau über das gesamte Jahr hinweg und führt zu einer signifikanten Reduktion des Energiebedarfs für die mechanische Frischluftversorgung. Gleichzeitig ermöglicht die mechanische Lüftungsanlage eine hocheffiziente Kälte- und Wärmerückgewinnung aus der Abluft im Winter und Sommer. Die Geschosstrenndecken als thermisch speichernde Massen sind weitgehend unverkleidet geblieben. Sie werden im Sommer nachts durch die kühle Außenluft vorgekühlt und sorgen dadurch für eine Grundkonditionierung des Gebäudes. Hierzu sind in die Betondecken Rohrschlangen eingegossen, durch die in den Nachtstunden Wasser strömt. Dabei wird das Wasser durch die kühle Außenluft ohne Einsatz konventioneller Kältetechnik direkt abgekühlt. Spitzenkühllasten werden über antriebslose Bodeninduktionskonvektoren abgeführt, die unsichtbar und modular nachrüstbar in den Doppelboden integriert sind. Sie dienen außerdem als Bodenluftauslässe sowie als statische Heizelemente, die im Winter über ein Fernwärmenetz mit Warmwasser aus einem städtischen Blockheizkraftwerk versorgt werden. Die technischen Installationen sind weitestgehend in den Doppel- und Hohlraumböden angeordnet und modular gegliedert. Die Arbeitsbereiche erhielten eine Grundbeleuchtung von 300 Lux, die direktes und indirektes Licht kombiniert, ergänzt durch eine individuelle Arbeitsplatzbeleuchtung, die der Nutzer bei Bedarf zuschalten kann. Der Kunstlichtanteil der Grundbeleuchtung wird durch eine automatische Regelung stufenlos so weit reduziert, dass in Verbindung mit dem Tageslicht das gewünschte individuelle Beleuchtungsniveau erreicht wird. Befindet sich niemand am Arbeitsplatz, schaltet sich das Kunstlicht automatisch ab. Der Nutzer hat einen individuellen Einfluss auf seine unmittelbare Umgebung in Bezug auf die thermischen Verhältnisse, das Lichtniveau, die Stellung des Sonnen- und Blendschutzes und in Teilbereichen auf die Frischluftversorgung. Die modulare, achsweise Gliederung der technischen Systeme und der Gebäudeautomation in Verbindung mit dem individuellen Beleuchtungskonzept erhöht die Flexibilität bei der Umkonfigurierung von Arbeitsplätzen und der Umnutzung ganzer Bereiche.

Im Sommer wird die Wärme aus dem Fernwärmenetz über einen sorptiven Kühlungsprozesses (Desiccant Cooling System, DEC) zur Kühlung der Frischluft herangezogen. Damit verringert sich die erforderliche elektrische Antriebsenergie der konventionellen Kälteerzeugung. Beim DEC-System handelt es sich um einen thermischen Kälteprozess zur Raumklimatisierung, bei dem eine Kombination aus Verdunstungskühlung und Luftfeuchtigkeitsentzug unmittelbar die warme Außenluft kühlt. Technische Betriebsräume, das Rechenzentrum sowie die Konferenzbereiche werden bei niedrigen Außentemperaturen indirekt über Kühltürme und direkt über die Außenluft gekühlt, bei hohen Außentemperaturen mit Kälteenergie aus Kältemaschinen (Abb. 6.6, S. 118). BREEAM-Zertifizierung

Im Lauf der Planungsphase entschloss sich die Europäische Investmentbank, eine Nachhaltigkeitszertifizierung des Neubaus durchzuführen. Nach einer Prüfung verschiedener, damals verfügbarer Zertifizierungssysteme wie HQE (Haute Qualité Environnementale, Frankreich), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design, USA) und BREEAM (Buil-

6.4 6.1 Europäische Investmentbank, Luftaufnahme 6.2 Grundriss Erdgeschoss, Maßstab 1:1750 1 Kalt-Atrium 2 Warm-Atrium 6.3 Querschnitt, Maßstab 1:1750 6.4 Blick im Atrium auf die Bürofassade

115

Praxisbeispiele

Kategorie

Management

Kürzel Kriterium Gewichtung

15 %

Man 1 Man 2 Man 3 Man 4 Man 5

Commissioning, Verantwortlichkeiten Commissioning, Bestimmungen erweitertes Commissioning Handbuch für Gebäudenutzer Baustellenmanagement

Maximalwert

Objektwert1

1 1 1 1 6

1 1 1 1 6

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

Gesundheit und Behaglichkeit

15 %

Hea 1 Hea 2 Hea 3 Hea 4 Hea 5 Hea 6 Hea 7 Hea 8 Hea 9 Hea 10 Hea 11 Hea 12 Hea 13 Hea 14 Hea 15 Hea 16 Hea 17

Kühltürme Trinkwarmwasser – Legionellen betriebssichere Luftbefeuchtung öffenbare Fenster interne Luftbelastung Luftwechselrate Tageslicht Blendschutz hochfrequentes Licht Beleuchtungskonzept Unterteilung in Beleuchtungszonen Lichtsteuerung Ausblicke thermische Zonierung thermische Simulation interner Schallpegel Nachhallzeit

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

Energie

17 %

Ene 1 Ene 2 Ene 3 Ene 4 Ene 5 Ene 6 Ene 7 Ene 8 Ene 9 Ene 10 Ene 11 Ene 12 Ene 13 Ene 14

Messeinrichtungen für große Energieverbraucher Messeinrichtungen in der Fläche U-Werte Luftdichtigkeit der Gebäudehülle interne Lichtsteuerung Heizungssteuerung Überwachung technischer Anlagen Innenbeleuchtung Außenbeleuchtung CO2-Emission des Heizsystems Wärmerückgewinnung spezifische Ventilatorleistung variable Motoren (Ventilatoren, Pumpen) BHKW/Machbarkeitsstudie erneuerbare Energien

1 1 3 3 1 1 1 1 1 3 1 1 1 1

Transport

8%

öffentlicher Personennahverkehr maximale Parkplatzkapazität für Mitarbeiter maximale Parkplatzkapazität für Besucher Einrichtungen für Fahrradfahrer, Mitarbeiter Verkehrsaudit Mobilitätsplan für Mitarbeiter

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

Wasser

5%

Wat 1 Wat 2 Wat 3 Wat 4 Wat 5

Wasserverbrauch Wasserverbrauchsmessung Undichtigkeitsprüfung von Hauptleitungen Abschaltmöglichkeit von Sanitärbereichen Bewässerungssysteme für Pflanzen

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad 1 2

116

F4

F5

F6

F7

F8

F9

10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 %

1

1

1

1

0

1

1

0

0

0 1 1 1 1

0

1 1 1

0 1 1 1 1 1

0

1 1 0

0 1 1 1 1

1 1 0

1 1 0

1 1 1

1 0 0

0

1 1

1

1

1 1

1

1

1

1

1

0

0

0 0

0

0

0

1

0

13 8 62 %

15 11 73 %

14 10 71 %

16 10 63 %

15 9 60 %

11 7 64 %

13 8 62 %

13 10 77 %

11 6 55 %

1

1

1

1

1

1

1

1

1

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

20 19 95 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

10 9 90 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

7 4 57 %

1

1 1 3 2 1 1 1 1 3 1 1 1 1

5 0 1 1 1 1

90,0 % 3 1 1 1 1

F3

1 1

95,0 % 5 1 1 1 1 1

F2

1 1 1

72,1 %

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad Tra 1 Tra 2 Tra 3 Tra 4 Tra 5 Tra 6

F1

100,0 % 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Bewertung auf Ebene der Funktionsbereiche2

2 1 0 0 1

57,1 %

Wert für alle Funktionsbereiche F1: Foyer mit Rezeption, F2: Büro, F3: Besprechungsräume, F4: Konferenzbereich, F5: Bibliothek, F6: Archiv, F7: Restaurant und Cafeteria, F8: Küche und Ausgabebereich, F9: Mitarbeiter- und Umkleideräume

BREEAM: Europäische Investmentbank, Luxemburg

Kategorie

Materialien

Kürzel Kriterium Gewichtung

10 %

Mat 1 Mat 2 Mat 3 Mat 4 Mat 5 Mat 6 Mat 7 Mat 8 Mat 9 Mat 10 Mat 11 Mat 12

Wiederverwendung tragender Bauteile Wiederverwendung von Fassaden Wiederverwendung von recycelten Materialien Umwelteinflüsse der Baustoffe und Materialien Umwelteinflüsse der Außenbeläge Bodenbeläge Innenwände Asbest Dauerhaftigkeit Holz Aufbewahrung von Recyclingabfall Kompostierung

Maximalwert

Objektwert1

1 1 1 4 1 2 1 1 1 2 1 1

0 0 0 0 0 0 1 1 1 2 1

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

Ökologie und Flächennutzung

15 %

Lue 1 Lue 2 Lue 3 Lue 4 Lue 5 Lue 6 Lue 7 Lue 8

Flächenrevitalisierung Nutzung kontaminierter Flächen Nutzung von Flächen mit geringem ökolog. Wert Beinflussung des ökologischen Wertes der Fläche Umweltschutzberatung Schutz von ökologischen Werten langfristiger Einfluss auf die Artenvielfalt Wiederverwendung von Mutterboden

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

Verschmutzung

15 %

Pol 1 Pol 2 Pol 3 Pol 4 Pol 5 Pol 6 Pol 7 Pol 8 Pol 9 Pol 10 Pol 11 Pol 12

Kältemittel ohne Ozonabbaupotenzial (ODP) Kältemittel mit Treibhauspotenzial (GWP) < 5 Kältemittel Leckagemeldesystem Kältemittel-Rückgewinnungssysteme Dämmstoffe (Inhalt ODP, GWP) NOx-Emissionen der Wärmeerzeuger Verunreinigung von Oberflächenwasser Entwässerung emissionsfreie Energiequellen Kältemittel ODP (dezentrale Kühlgeräte) Kältemittel GWP (dezentrale Kühlgeräte) Dämmstoffe ODP, GWP (dezentrale Kühlgeräte)

maximale Anzahl Punkte je Funktionsbereich erreichte Punkte je Funktionsbereich Erfüllungsgrad

F1

37,8 % 1 1 1 5 1 1 1 1

F2

F3

F4

F5

F6

F7

F8

1

1

F9

16 6 38 %

16 6 38 %

16 6 38 %

16 6 38 %

16 6 38 %

16 6 38 %

17 7 41 %

17 7 41 %

16 6 38 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

12 7 58 %

0 1 0 4 1 0 1 0

58,3 % 1 1 1 1 1 4 1 1 1 1 1 1

Bewertung auf Ebene der Funktionsbereiche2

1 1 1 1 0 1 0 0 0 1 0 0

41,6 %

12 5 42 %

12 5 42 %

12 5 42 %

12 5 42 %

12 5 42 %

12 5 42 %

12 5 42 %

15 6 40 %

12 5 42 % 6.5

ding Research Establishment Environmental Assessment Method, Großbritannien) fiel die Entscheidung auf BREEAM. Der Neubau der EIB ist das erste Gebäude auf dem europäischen Festland, bei dem die BREEAM-Systematik angewendet wurde. Grundlage des BREEAM-Zertifikats der EIB ist die Pre-2005 Version von BREEAM Bespoke. BREEAM Bespoke geht von einer vorhandenen Systemvariante aus, die in Abstimmung mit dem Building Research Establishment (BRE) an das Gebäude und seinen Standort angepasst wird. Die Anpassung der einzelnen Kriterien geschieht in enger Zusammenarbeit zwischen dem BRE, dem BREEAMAssessor und einem lokalen Berater. Grundlage für BREEAM Bespoke war in diesem Fall die BREEAM-Systemvariante Büro- und Verwaltungsbau in der Version

2004. Sie wurde auf die lokalen Anforderungen des Standorts Luxemburg und seine nationalen Normen übertragen sowie um zusätzliche Kriterien ergänzt. Die Bewertung basierte auf 79 Einzelkriterien, die je nach Anforderung auf das gesamte Bauwerk angewendet oder individuell für jeden Funktionsbereich separat ausgewertet wurden. Im zweiten Fall ging die Einzelbewertung entsprechend den Flächenanteilen der Funktionsbereiche in die Gesamtbewertung ein. Zur Bewertung wurde das Gebäude in folgende neun Funktionsbereiche eingeteilt (Abb. 6.5): Foyer mit Rezeption, Büro, Besprechungsräume, Konferenzbereich, Bibliothek, Archiv, Restaurant und Cafeteria, Küche und Ausgabebereiche sowie Mitarbeiter- und Umkleideräume. Nach Abschluss der Planung und mit Baubeginn wurde 2005 auf der Grund-

lage des bis dato erreichten Planungsstands eine Planungsbewertung (Design and Procurement Assessment) durchgeführt und durch den BREEAM-Assessor beim BRE eingereicht. Diese Bewertung aktualisierte das BRE Anfang 2009 nach Baufertigstellung im Rahmen der finalen Prüfung (Post Construction Review). Während der Bauphase überprüfte und dokumentierte der BREEAM-Assessor regelmäßig im Rahmen von Ortsterminen die Umsetzung der Zielwerte aus dem Design and Procurement Assessment. Veränderungen gegenüber dem Design and Procurement Assessment ergaben sich in sieben von 79 Kriterien. Dabei wurde in sechs der sieben betroffenen

6.5 detailliertes Zertifizierungsergebnis für die EIB nach BREEAM Bespoke

117

Praxisbeispiele

Wärmeverbraucher Raumheizung RLT-Anlagen Warmwasseraufbereitung

Fernwärme von BHKW

Kälteverbraucher RLT Büros DEC – RLT freie Kühlung Bauteilaktivierung

Kühlturm IT-Center RLT Konferenz RLT Küche Kältemaschine

öffentliches Stromnetz

Strom

Kriterien eine Verbesserung der Bewertung erreicht. Diese beruhte im Wesentlichen auf einer Änderung der öffentlichen Verkehrsanbindung sowie auf einer Neubewertung des Primärenergiefaktors. Beispielsweise verbesserte sich die Bewertung des Kriteriums Ene 10 (C02Emission des Heizsystems) aus der Kategorie Energie von 0 auf 3 Bewertungspunkte. Grund war eine Neuberechnung des Primärenergiefaktors der Fernwärmeerzeugung durch den Netzbetreiber. Hierdurch sanken die spezifischen C02Emissionen für die Fernwärme von 0,1 kg C02/kWh auf 0,068 kg CO2/kWh. Weiterhin hatte sich die EIB verpflichtet, eine Mobilitätsstudie durchzuführen und einen Mobilitätsplan zu erstellen. Ziel waren die Optimierung und Reduzierung des Individualverkehrs mit dem Auto zum Arbeitsplatz. Zertifizierungsergebnis

Notstrom 6.6

BREEAM-Kategorie

erreichte Punkte

Management

mögliche Punkte

erreichtes Ergebnis

Gewichtung

Kategorieergebnis

10

10

100 %

0,15

15 %

6 –111

11–161

72,1 %

0,15

10,8 %

Energie

19

20

95 %

0,17

16,2 %

Transport

9

10

90 %

0,08

7,2 %

Wasser

4

57,1 %

0,05

2,9 %

Gesundheit und Komfort

7 1

Materialien Ökologie und Flächennutzung Verschmutzung

1

6 –7

16 –17

37,8 %

0,1

3,8 %

7

12

58,3 %

0,15

8,8 %

5 – 61

12–151

41,6 %

0,15

BREEAM-Erfüllungsgrad

6,2 % 70,8 %

BREEAM-Zertifizierungsergebnis

Exzellent

1 Bei der Bewertung dieser Kategorien liegen in einzelnen Kriterien unterschiedliche Anforderungen für manche der neun Funktionsbereiche des Gebäudes vor. Einzelne Bewertungskriterien wurden nicht auf alle Funktionsbereiche angewendet. 6.7

25 % Nicht klassifiziert

40 % Bestanden

55 % Gut

70 % Sehr gut

100 % Exzellent

Zertifizierungsergebnis: 70,8 % – Exzellent

Europäische Investmentbank, Luxemburg 70,8 %

6.8 6.6 Energiekonzept 6.7 Bewertungsergebnis nach Kategorien

118

6.8 Zertifizierungsergebnis und Erfüllungsgrad 6.9 Katharinum: Perspektive von Süden, Rendering

Der Zertifizierungsgrad errechnet sich aus dem erreichten Erfüllungsgrad in den einzelnen acht Bewertungskategorien, multipliziert mit dem jeweiligen UmweltGewichtungsfaktor. Das Gebäude erreicht die Auszeichnung »Exzellent« und damit die zum Zeitpunkt der Bewertung höchste Bewertungsstufe der verwendeten Systemvariante (Abb. 6.8). Die Teilergebnisse der acht Hauptkategorien und die jeweiligen Gewichtungsfaktoren sind in Abb. 6.7 aufgeführt. Dabei sind insbesondere die sehr guten Bewertungen in den Kategorien Management, Energie, Transport sowie Gesundheit und Komfort hervorzuheben – ein Spiegelbild der Ziele, die von Beginn an durch die EIB festgelegten worden waren. Der erreichte Gesamterfüllungsgrad von 95 % bei den 14 Einzelkriterien in der Kategorie Energie bestätigt, dass der Neubau die hohen Anforderungen an die Energieeffizienz durch seine architektonische Konzeption und sein Energie- und Klimakonzept nahezu komplett erfüllt. Einzig bei dem Kriterium Ene 4 (Luftdichtheit) wurden lediglich zwei von drei möglichen Punkten erreicht. Das Gebäude unterschreitet zwar die Mindestanforderungen der englischen Bauvorschrift an die Luftdichtheit der Gebäudehülle um 67 %, verfehlt damit jedoch den Zielwert (75-prozentige Unterschreitung des Referenzwerts) knapp. Die Luftdichtheit wurde durch einen Blower-Door-Test in einem der Gebäudefinger überprüft. Dabei ergab sich ein Luftvolumenstrom von 3,3 m³/h/m² Gebäudehülle durch die Gebäudeundichtigkeiten bei einem Differenzdruck von 50 Pa.

LEED: Katharinum, Leipzig

LEED: Katharinum, Leipzig Das Wohn- und Geschäftsgebäude Katharinum in der Leipziger Innenstadt beherbergt eine Mischnutzung aus Einzelhandel, Büro und Wohnungen. Es wurde nach dem holländischen BauteamVerfahren realisiert. Anders als bei der klassischen Trennung von Planung und Ausführung beginnt die Zusammenarbeit aller Beteiligten hier bereits am Anfang der Entwurfsphase, um das bau- und ablauftechnische Know-how der Ausführung bereits frühzeitig in die Planung einzubringen. Die Größen der Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss liegen zwischen 90 und 820 m2. Die Büroflächen verteilen sich auf die erste bis fünfte Etage, den Abschluss bilden zehn Penthouse-Wohnungen in den oberen Stockwerken. Im Untergeschoss steht den Gebäudenutzern eine Tiefgarage mit 43 Stellplätzen zur Verfügung. Das Gebäude bildet den zweiten Winkel der Randbebauung am Museum für bildende Künste Leipzig und integriert sich mit seinen vier unterschiedlich gestalteten Fassaden in das innerstädtische Umfeld (Abb. 6.9). Durch den zentralen Standort ist das Gebäude sehr gut an die öffentlichen Verkehrsmittel angeschlossen, was im Rahmen der LEED-Zertifizierung positiv bewertet wurde. Mit der Entscheidung für eine Zertifizierung nach dem LEED-Standard zeigt der Projektentwickler, dass nicht nur Prestigeprojekte wie Firmenzentralen oder Bürohochhäuser, sondern auch »gewöhnliche« Bauvorhaben von dem planungs- und baubegleitenden Zertifizierungsprozess profitieren können. Das Katharinum ist das erste Gebäude in den neuen Bundesländern, das nach dem System LEED-NC 3.0 zertifiziert wird. Auf dem 1867 m2 großen Baugrundstück existierten historische Kellergemäuer, die nach dem Krieg zugeschüttet wurden. Vor Baubeginn fanden umfangreiche archäologische Ausgrabungen auf dem Gelände statt, um historische Zeugnisse zu sichern. Die Erhaltung kultureller Werte ist ein Schutzziel nachhaltiger Gebäude. Dennoch erkannte der U.S. Green Building Council (USGBC) diese Ausgrabungen nicht mit einem der im LEED-System vorgesehenen Innovationspunkte an. Eine Herausforderung dieses Baugrunds mitten in der Innenstadt war die Altlast aus früheren Nutzungen. In Bodenproben wurde eine erhöhte Quecksilberkonzentration festgestellt, die die Entsorgung von ca. 130 Tonnen belasteten Bodens erfor-

6.9

derlich machte. Diese Sanierung belasteter Flächen wird bei LEED aufgrund der ökologischen Vorteile gegenüber einem Baugrund »auf der grünen Wiese« positiv bewertet. Für ca. 60 % der Dachfläche ist eine extensive Begrünung vorgesehen. Begrünte Dächer wirken einer Aufheizung der Städte entgegen und haben damit einen positiven Einfluss auf die Bewertung der Kriterien »Wärmeinseleffekt« und »Schaffung bzw. Erhalt von Grünflächen«. Über die durch die innerstädtische Lage bedingte sehr gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr hinaus werden bevorzugte Parkplätze für Fahrgemeinschaften und schadstoffarme Fahrzeuge ausgewiesen und gesicherte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder eingerichtet. Zusätzlich gibt es Duschen für Mitarbeiter, die z. B. mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Die Anforderungen von LEED an die Wassereffizienz führten zu einer signifikanten Reduzierung des Trinkwasserbedarfs für das Objekt. Durch wassersparende Sanitärobjekte und Armaturen unterschreitet das Katharinum den entsprechenden Referenzwert um mehr als 30 % und spart damit ca. 1,37 Millionen Liter Trinkwasser jährlich ein. Auch die Vorgaben an den thermischen und visuellen Komfort sowie den Sichtbezug von den Arbeitsplätzen ins Freie sind beim Katharinum erfüllt. Da der Nichtraucherschutz bei LEED eine bedeutende Rolle spielt, erhielt das Gebäude einen lufttechnisch abgeschirmten Raucherraum. Auf diese Weise konnte für alle

anderen Bereiche, mit Ausnahme der Wohnungen, ein Rauchverbot verhängt werden. LEED gestattet das Rauchen innerhalb von Wohnräumen, wenn diese untereinander entsprechend den Anforderungen dicht ausgeführt sind. Die geforderte Dichtheit der Wohnungen zueinander wurde durch einen BlowerDoor-Test nachgewiesen. Im Rahmen der LEED-Beratung wurden gemeinsam mit dem Bauherrn hohe Anforderungen an die Innenraumlufthygiene festgelegt und beim Innenausbau konsequent schadstoffarme Farben und Kleber auf der Grundlage der LEEDAnforderungen eingesetzt. Zum Nachweis der Schadstoffarmut dienen Luftqualitätsmessungen vor dem Einzug der Eigentümer bzw. Mieter. Alternativ hierzu ist nach LEED auch ein Spülverfahren vor dem Gebäudebezug möglich, bei dem das Gebäude über einen längeren Zeitraum mit einer definierten Außenluftmenge durchlüftet wird. Aufgrund der besseren Nachvollziehbarkeit

Katharinum Ort und Fertigstellung: Leipzig 2010 Architekt: Fuchshuber & Partner Architekten, Leipzig Bauherr: Kondor Wessels Museumsquartier GmbH Technische Gebäudeausrüsrung, Bauphysik, Tragwerksplanung: BAUCONZEPT Planungsgesellschaft mbH, Lichtenstein LEED AP: Lutz Miersch, Ebert & Baumann Consulting Engineers, Inc., Washington DC, USA Nutzung: Einzelhandel, Büros, Wohnungen, Tiefgarage Geschossanzahl: sieben Ebenen Bruttogrundfläche: ca. 10 000 m² Zertifizierungssystem: LEED Systemvariante: LEED für Neubauten und Generalsanierung, Version 3.0 (LEED-NC 3.0)

119

Praxisbeispiele

und Belastbarkeit von Luftqualitätsmessungen hat sich der Bauherr beim Katharinum jedoch von Anfang an auf den messtechnischen Nachweis der Schadstoffarmut festgelegt. Energie- und Raumklimakonzept

Das Katharinum wird aus dem Fernwärmenetz der Stadtwerke Leipzig mit Wärme versorgt. Der Primärenergiefaktor der Fernwärme (bezogene Endenergie geteilt durch eingesetzte Primärenergie) beträgt 0,42. Eine Fußbodenheizung beheizt die Nutzungsbereiche mit geringen Vorlauftemperaturen. Eine kontrollierte Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung minimiert den Lüftungswärmebedarf der Wohnungen und bietet im Winter einen hohen hygienischen Komfort. Dennoch können die Bewohner die Fenster individuell öffnen. Auch die Büroräume lassen sich über öffenbare Fenster be- und entlüften. Bei hohen sommerlichen Außentemperaturen werden die Wärmelasten in den Büroräumen über ein VRV-System (Variable Refrigerant Volume/variabler Kältemittelstrom) abgeführt. Dabei transportiert ein Kältemittel, und nicht wie sonst üblich der Wärmeträger Wasser oder Luft, die Energie aus dem Raum. Die Fenster der Bürobereiche sind mit einem elektrischen Kontakt ausgestattet, der den Kühlbetrieb bei geöffnetem Zustand unterbricht, um eine ineffiziente gleichzeitige Fensterlüftung und Raumklimatisierung auszuschließen. Auch die Ladenbereiche verfügen über eine Fußbodenheizung. Eine Lüftungsan-

lage versorgt die Bereiche mit Frischluft und konditioniert diese in Verbindung mit einem raumweise gegliederten VRV-System, das sowohl im Heiz- als auch im Kühlmodus betrieben werden kann. Der Energiebedarf für das Projekt wurde während der Planung sowohl nach der deutschen Energieeinsparverordnung EnEV 2007 nachgewiesen als auch nach der EnEV 2009 abgeschätzt. Das Katharinum unterschreitet die gesetzlichen Anforderungen an den Primärenergiebedarf gemäß EnEV 2007 um 45 % und  diejenigen der EnEV 2009 um 22 %. Nach DIN-V 18 599 beträgt der Primärenergiebedarf des Gebäudes ca. 114 kWh/m²a. Neben der hohen energetischen Qualität hat der Bauherr besonderen Wert auf einen energieeffizienten Betrieb gelegt und führt mit eigenen Mitarbeitern das Commissioning (erweiterte Anlageninbetriebnahme und -optimierung) durch. Um den geringen Energieverbrauch auch künftig zu sichern, wird der zukünftige Gebäudebetreiber mit seinem FacilityManagement-Team ein energetisches Monitoring (Measurement & Verification) durchführen. Dabei wird auf Basis der energetischen Gebäudesimulation der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand abgeglichen, um Optimierungspotenziale zu ermitteln und umzusetzen. Die energetische Bewertung bei der LEED-Zertifizierung wurde auf der Grundlage des vorgeschriebenen ASHRAEStandards 90.1-2007 durchgeführt. Die Bewertung basiert auf einer stündlichen

Jahressimulation des gesamten Gebäudes, bei der alle energetisch relevanten Systeme und Verbräuche einschließlich der Bürogeräte berücksichtigt werden. Nach dem ASHRAE-Standard wird die Energieeffizienz des Gebäudes nicht auf der Grundlage des Energiebedarfs, sondern anhand der Energiekosten bewertet. Damit werden inhärent die verschiedenen Wertigkeiten der unterschiedlichen Energiearten berücksichtigt. Im direkten Vergleich zu Mindestanforderungen eines Referenzgebäudes nach ASHRAE-Standard 90.1-2007 erzielt das geplante Gebäude eine Energiekosteneinsparung von 38 %. Nach LEED-NC 3.0 entspricht das 14 von insgesamt 19 möglichen Punkten in der Kategorie Energieeffizienz. Der nach ASHRAE-Standard 90.1 berechnete Endenergiebedarf liegt um 46 % unter dem des im Standard definierten Referenzgebäudes. Die nahezu gleiche Größenordnung der Bewertung der Energieeffizienz für das Katharinum mit 45 % Primärenergieeinsparung nach EnEV 2007 und 46 % Endenergieeinsparung nach ASHRAE 90.12007 ist zufällig und lässt sich nicht auf andere Projekte projizieren. Für das gute Ergebnis der energetischen Qualität in beiden Nachweisverfahren sind neben den bereits erwähnten Gebäudeeigenschaften folgende weitere Aspekte verantwortlich: · kompakte Gebäudehülle mit guten Dämmeigenschaften · außenliegender Sonnenschutz, gesteuert über eine Wetterstation

SS 100% 80% Platin

ID

16

60%

WE

40% 20%

35

0% 36 Gold

IEQ

19

EA

Zertifiziert Silber

MR

6.10 6.10 Grundriss Regelgeschoss, Maßstab 1:1000 6.11 Ringdiagramm mit Anzeige des erreichbaren Zertifizierungsgrads im Planungsprozess 6.12 Radardiagramm zur Darstellung der erreichbaren Punkte je Kategorie (Ergebnis des LEEDAssessments in der Entwurfsphase) 6.13 Bewertungsergebnis kurz vor Fertigstellung 6.14 angestrebtes Zertifizierungsergebnis nach LEED-NC 3.0 (Stand August 2010)

120

nicht erreichbar möglicherweise erreichbar sehr wahrscheinlich erreichbar erreichbar

SS WE EA MR IEQ ID

6.11

nachhaltige Baugelände effiziente Wassernutzung Energie und Atmosphäre Materialien und Ressourcen Komfort und Innenraumklima Innovationen

6.12

LEED-Zertifizierung

Der Bauherr hat die Entscheidung für eine LEED-Zertifizierung im Planungsprozess mit Beginn der Entwurfsplanung getroffen. Durch gezielte Investitionen in innovative Techniken und die damit verbundene Ausrichtung der Planung auf die LEED-Anforderungen sollten vor allem die Betriebskosten reduziert werden. Die Zertifizierung des Projekts Katharinum basiert auf der Systemvariante LEED-NC 3.0 für Neubauten und Generalsanierungen. Ein Assessment im Rahmen der Entwurfsplanung hatte zum Ziel, die Gebäudeeigenschaften im Hinblick auf die gewünschte Zertifizierung festzulegen. Dabei wurden die generelle Zertifizierbarkeit hinsichtlich der zwingend einzuhaltenden Kriterien (Prerequisites) geprüft, der mögliche Zertifizierungsgrad mit eventuellen Auswirkungen auf Kosten und Termine ermittelt sowie die Verantwortlichen im Projektteam und die Vorgehensweise für den eigentlichen Zertifizierungsprozess dargestellt. Das während der Planungsphase durchgeführte LEED-Assessment zeigte, dass für das Katharinum eine Zertifizierung im hohen Silber-Bereich unter ökonomischen Gesichtspunkten, d. h. ohne bauliche Mehrkosten und ohne wesentliche Änderungen der Planung, erreicht werden konnte und auch eine Gold-Einstufung erreichbar war. Die Darstellung des Ergebnisses in Form eines Ringdiagramms zeigte im Planungsprozess übersichtlich den Status des erreichbaren Zertifizierungsgrades (Abb. 6.11). Die einzelnen Kriterien des Systems wurden während der Planung und Bauausführung in vier Stufen eingeteilt: erreichbar, sehr wahrscheinlich erreichbar, möglicherweise erreichbar und nicht erreichbar. Ein

erreichte Punkte in der Planungsphase

26

3

2

21

10

4

0

6

6

60,0 %

35

16

5

14

19

54,3 %

Materialien und Ressourcen

14

10

4

0

4

28,6 %

Komfort und Innenraumklima

15

5

4

6

10

66,7 %

6

2

3

1

4

66,7 %

106

40

18

48

66

62,3 %

nachhaltige Baugelände effiziente Wassernutzung Energie und Atmosphäre

Innovationen Gesamtergebnis

angestrebte Bewertung1

LEED-Kategorie (LEED-NC 3.0)

Gesamterfüllungsgrad

erreichbare Punkte in der Bauphase

Mit dem umgesetzten Raumklimakonzept können die thermischen Komfortanforderungen, wie im Standard ASHRAE 55 gefordert (Raumtemperatur, Raumluftgeschwindigkeit, Strahlungsasymmetrie, vertikale Temperaturschichtung), erfüllt werden. Die LEED-Anforderung an die individuelle Regelbarkeit des thermischen Komforts für mindestens 50 % der Gebäudenutzer wird durch die öffenbaren Fenster sowie individuelle Raumbediengeräte eingehalten.

nicht erreichbare Punkte

· intelligente Beleuchtungssteuerung über Bewegungsmelder · kontrollierte Lüftung im Wohnbereich · effiziente Anlagentechnik · Verriegelung der aktiven Kühlung in den Büroräumen bei geöffneten Fenstern

maximale Punkte

LEED: Katharinum, Leipzig

23

88,5 %

Zertifzierungsergebnis (mit den in der Bauphase erreichbaren Punkten) 1

Gold

unter Berücksichtigung der in der Bauphase erreichbaren Punkte 40 Nicht klassifiziert

50

Zertifiziert

6.13

60

80

Silber

Gold

Katharinum, Leipzig weitere 18 Punkte 48 Punkte bereits anerkannt (Stand August 2010) angestrebt

Platin

Zertifizierungsziel: Gold

66

Punkt bzw. ein Kriterium wurde mit »erreichbar« beurteilt, wenn die Anforderungen bereits erfüllt waren und die Umsetzung lediglich zu dokumentieren war. Eine Einstufung in »sehr wahrscheinlich erreichbar« erfolgte, wenn plausible Annahmen noch durch Dritte zu bestätigen waren, Nachweise oder Berechnungen erstellt werden mussten oder kleinere, kostenneutrale Planungsänderungen durchzuführen waren. Waren noch moderate und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten annehmbare Änderungen oder eine striktere Spezifizierung der Qualitäten erforderlich, so wurde der entsprechende Punkt mit »möglicherweise erreichbar« bewertet. Als »nicht erreichbar« wurden Punkte eingestuft, die mit vertretbarem Aufwand aufgrund der Gegebenheiten oder der vorliegenden Planungslösung beim Katharinum nicht umgesetzt werden konnten. Die Erfüllungsgrade in den einzelnen Kategorien wurden beim Katharinum in sogenannten Radardiagrammen dargestellt, bezogen auf die Bewertungspunkte sowie auf den erreichten Gesamterfüllungsgrad in der jeweiligen Kategorie (Abb. 6.12). Die Dokumentation der planungsrelevanten Kriterien, die sogenannten Design LEED Credits, wurden mit Abschluss der Ausführungsplanung beim Green Building Certification Institute (GBCI) zur Bewertung und Prüfung im Rahmen des

106

6.14

Design Phase Submittals eingereicht. Nach Beantwortung und Klärung der Fragen des GBCI aus dem Prüfbericht bestätigte das GBCI alle eingereichten LEED-Kriterien. Zur Durchsetzung der beim GBCI eingereichten Bewertung in der Kategorie Energieeffizienz (Credit EA-1) wurde in diesem Projekt ein formelles Einspruchverfahren angestrengt, nachdem das GBCI auch nach Beantwortung der Fragen zu dem Kriterium aus der ersten Prüfung die angestrebte Punktzahl nicht anerkannt hatte. Dem Einspruch wurde durch das GBCI stattgegeben und die eingereichte Bewertung letztendlich bestätigt. Stand der Zertifizierung

Kurz vor Fertigstellung des Gebäudes (Stand August 2010) ist davon auszugehen, dass die Zertifizierungsstufe LEEDGold mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht wird. Die zu diesem Zeitpunkt erreichten Punkte und Erfüllungsgrade in den einzelnen Kategorien sind in Abb. 6.13 dargestellt. Mit den 48 im Rahmen des Design Phase Submittals durch das GBCI bestätigten Punkten war das Minimalziel einer LEED-Silber-Zertifizierung bereits fast erreicht. In der Bauphase sind maximal 18 weitere Punkte angestrebt, sodass mit den insgesamt 66 möglichen Punkten ein gutes »Polster« für LEEDGold gewährleistet ist, das ab 60 Punkten vergeben wird (Abb. 6.14). 121

Praxisbeispiele

LEED: Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn Die neue Unternehmenszentrale der Gruppe Deutsche Börse bietet auf rund 78 000 m2 Bruttogrundfläche Arbeitsplätze für bis zu 2400 Mitarbeiter. Bereits in der ersten Konzeptionsphase wurden gemeinsam mit dem zukünftigen Hauptmieter die essenziellen Anforderungen an Ökologie, Ökonomie und soziale Qualität sowie Ästhetik und Funktion festgelegt. Wesentliche Vorgaben waren ein Konzept der kurzen Wege, Anforderungen an den Primärenergieverbrauch, die Übererfüllung gesetzlicher Standards sowie der Wunsch nach einem hellen, lichtdurchfluteten Bauwerk (Abb. 6.15). Bei einem Investitionsvolumen von rund 250 Millionen Euro stand außer Frage, dass neben der ökologischen und soziokulturellen Qualität des Gebäudes insbesondere die langfristige ökonomische Effizienz in den Mittelpunkt aller Überlegungen gestellt werden sollte. Die Nachhaltigkeitsanforderungen basieren auf dem US-amerikanischen Zertifizierungssystem LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und wurden von Planungsbeginn an bei der Konzeption des Gebäudes berücksichtigt. Die frühe Integration des Systems in den Planungsprozess hat die Lösungsfindung wesentlich beeinflusst. Die würfelähnliche Grundform des Gebäudes resultiert aus zwei L-förmigen Baukörpern, die einen über 21 Etagen reichenden, zentralen Hallenraum mit rund 80 m Höhe umgeben (Abb. 6.16 und 6.17). Die Glasfassade und das Glasdach des Atriums lassen eine intensive Tageslichtnutzung im Atrium sowie in den angrenzenden Funktionsbereichen des Gebäudes zu (Abb. 6.18). Zugleich besitzt das Gebäude ein energetisch nahezu optimales A/V-Verhältnis (Verhältnis von thermischer Gebäudehüllfläche zum beheiztem Gebäudevolumen) unter 0,1. Das Atrium wird über Öffnungsklappen in der Fassade natürlich belüftet und im Sommer gekühlt. Ohne zusätzliche mechanische Kühlung kann die Temperatur im Bereich der Eingangshalle im Sommer um 3–4 Kelvin unter der Außenlufttemperatur gehalten werden. In den Aufenthaltsbereichen im Erdgeschoss sorgt eine zusätzliche Fußbodenkühlung bei hohen sommerlichen Temperaturen für ein angenehmes Mikroklima mit empfundenen Temperaturen um 5 – 6 Kelvin unter der Außenlufttemperatur. Im Winter konditionieren eine Fußbodenheizung 122

6.15

6.16

Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse Ort und Fertigstellung: Eschborn 2010 Architekt: KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt/Main Projektentwickler: Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main; Lang & Cie. Real Estate AG, Frankfurt/Main Technische Gebäudeausrüstung: Ebert-Ingenieure GmbH & Co. KG, Frankfurt/Main Bauphysik: ITA Ingenieurgesellschaft für technische Akustik, Wiesbaden Tragwerksplanung: ARGE Lenz Weber Ingenieure,

Frankfurt/Main und Grontmij BGS Ingenieurgesellschaft, Frankfurt/Main LEED AP: Lutz Miersch, Ebert & Baumann Consulting Engineers Inc., Washington DC Nutzung: Büro- und Verwaltungsgebäude, Tiefgarage Geschossanzahl: 21 Ebenen Büros, zwei Ebenen Tiefgarage mit 900 Parkplätzen Bruttogrundfläche: 78 000 m² Zertifizierungssystem: LEED Systemvariante: LEED Systemvariante für Neubauten und Komplettsanierungen in der Version 2.2 (LEED-NC 2.2)

LEED: Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn

sowie beheizte Fassadenprofile den Hallenraum auf über 17 °C. Durch das flexible Raum- und Erschließungskonzept können pro Regelgeschoss bis zu acht eigenständige Mieteinheiten mit eigenem WC-Kern und einer Anbindung an den zentralen Hallenraum eingerichtet werden. Mobile Systemtrennwände erlauben eine unkomplizierte Anpassung der Büroeinteilung an neue Anforderungen. Frei schwebende Brücken und Stege setzen die Philosophie der kurzen Wege im Atrium um. Die Auswirkungen dieser offenen Gebäudestruktur und der Jahreszeiten auf das Raumklima wurden über zonale Raum- und Strömungssimulationen ermittelt. Im Sinn des Nutzers wurde auf den Einsatz ressourcenschonender und umweltverträglicher Baustoffe für den Baukörper und den Innenausbau großer Wert gelegt. Diese tragen zur positiven ökologischen Gesamtbilanz des Gebäudes und zu einem gesunden Arbeitsumfeld bei. Die hoch wärmegedämmte, adaptive Gebäudehülle reguliert und optimiert die Energieströme zwischen dem Außenraum und den Innenzonen und trägt wesentlich zum niedrigen Primärenergiebedarf des Gebäudes von ca. 150 kWh/m²a (Grundlage: DIN 18 599) bei. Die transparenten

6.17

6.18

Flächen der Regelgeschosse sind als raumhohe Kastenfenster konstruiert. Raumseitig erhielten sie eine Dreischeiben-Isolierverglasung und nach außen hin eine zusätzliche Windprallscheibe, die den im Fassadenzwischenraum angebrachten beweglichen Sonnenschutz aus Lamellenraffstores vor Witterungseinflüssen schützt. Diese Fensterkonstruktion minimiert im Winter die Wärmeverluste und im Sommer die ungewünschten Wärmegewinne. Im oberen Bereich des Sonnenschutzes leiten Lichtlenklamellen das Tageslicht tief in den Innenraum und verringern den Kunstlichtbedarf. Über Öffnungsflügel können die Mitarbeiter den eigenen Arbeitsplatz von außen oder über den Hallenraum natürlich und individuell belüften. Die nach außen weisende Atriumfassade besteht aus einem Pfosten-Riegel-System mit ZweischeibenIsolierverglasung und außenliegendem, windsicherem Metallgewebe als Sonnenschutz. Für die Innenfassade zum Hallenraum genügt eine Einfachverglasung.

des Raumklimakonzepts stehen der thermische Komfort im Winter und Sommer sowie der visuelle, akustische und hygienische Komfort. Die Arbeitsbereiche werden über eine mechanische Lüftungsanlage mit einer Außenluftmenge von 4,5 m3/hm² belüftet und über Heiz- und Kühlflächen im Deckenbereich konditioniert. Dabei wird im Winter eine Raumtemperatur von 22 °C und im Sommer von maximal 26 °C angestrebt. Im Winter macht eine Wärmerückgewinnung 80 % des Energiegehalts der Abluft wieder für die Erwärmung der kühlen Außenluft nutzbar. Im Sommer nutzt das Wärmerückgewinnungssystem die Gebäudeabluft zur Vorkühlung der warmen Außenluft. Eine auf Wetterprognosen basierende Regelung stellt dem Gebäude die Energieströme bedarfsgerecht zur Verfügung. Das hohe Tageslichtangebot durch die Lichtlenkelemente im oberen Bereich des Sonnenschutzes sowie die Tagesbelichtung der Nutzflächen über dem Hallenraum reduzieren den Bedarf an Kunstlicht. Eine präsenz- und tages-

Energie- und Raumklimakonzept

Die Grundphilosophie des Gebäudeentwurfs vereint zwei Aspekte: die Herstellung der bestmöglichen Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter und die Minimierung des Energiebedarfs. Im Mittelpunkt

6.15 6.16 6.17 6.18

Straßenansicht, Rendering Regelgrundriss, Maßstab 1:1000 Schnitt, Maßstab 1:1000 Atrium, Rendering

123

Praxisbeispiele

Erzeugung / Verteilung Bedarf

Bezug

SK Warmwasserbereitung Gastronomie sonstige (300 kW)

Solarkollektor (90 m2)

BWK Brennwertkessel

Gas/Biogas (6200 kW)

2100 kW

Heizung Raumheizung raumlufttechnische Anlagen (3500 kW)

sowie alle energetisch relevanten Systeme entsprechend dem ASHRAE-Standard 90.1-2004 in einem Computermodell abgebildet. Auf dieser Basis wurde der Gesamtenergiebedarf einschließlich der nutzerspezifischen Energieströme (z. B. zum Betrieb der Bürogeräte) über eine dynamische Jahressimulation berechnet. Auch die Auswirkungen von Änderungen und Optimierungen an Gebäude oder Anlagentechnik wurden mittels der energetischen Jahressimulation beurteilt.

BHKW Blockheizkraftwerk

LEED-Zertifizierung

1700 kW

1600 kW

630 kW

AKM Absorptionskältemaschine

1000 kW

EKM Elektrische Kältemaschine

3100 kW

öffentliches Stromnetz (1200 kW)

lichtabhängige Kunstlichtsteuerung reduziert den entsprechenden Stromverbrauch signifikant. Die Energieversorgung des Gebäudes übernehmen zwei gasbetriebene Blockheizkraftwerke auf dem Dach, die ca. 60 % des Strombedarfs und die Grundlast des Gebäudewärmebedarfs decken (Abb. 6.19). Das LEED-System hat zum Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung von Gebäuden zu erhöhen. Die entsprechenden Anforderungen sind im LEED-Kriterium »Einsatz erneuerbarer Energien« (EA-2) näher definiert. Je höher der Prozentsatz der jährlichen Energiekosten, der durch den Einsatz lokal gewonnener erneuerbarer Energien eingespart werden kann, desto höher die Bewertung. Die maximale Punktzahl von drei Punkten wird bei einer Energiekosteneinsparung von mindestens 12,5 % (auf Grundlage einer energetischen Berechnung nach ASHRAE 90.1) erreicht. Im Fall des Neubaus der Deutschen Börse wurde dies durch den Bezug von Biogas erzielt, das aus nachwachsender Biomasse wie z. B. Stroh gewonnen wird. Abwärme aus den Blockheizkraftwerken, die nicht genutzt werden kann, wird in 124

Kälteversorgung Raumkühlung raumlufttechnische Anlagen Rechenzentrum (4100 kW)

Strom Gebäudestrombedarf (2170 kW) 6.19

einem Schichtenspeicher zwischengespeichert und bei Bedarf in das Heizsystem des Gebäudes eingespeist. GasBrennwertkessel dienen der Spitzenlastabdeckung, erhöhen die Verfügbarkeit der Wärmeerzeugung und bieten überdies den Vorteil, dass sie schnell regelbar sind. Eine Solaranlage deckt rund 10 % des Energiebedarfs für Warmwasser. Absorptionskältemaschinen, die durch Abwärme aus dem Blockheizkraftwerk angetrieben werden, stellen Kälteenergie zur Raum- und Prozesskühlung (z. B. Rechenzentrum) bereit. Elektrische Kältemaschinen decken Spitzenlasten beim Kältebedarf und gewährleisten überdies die Versorgungssicherheit für das Rechenzentrum. Bei Außenlufttemperaturen unterhalb von 8 °C wird die Kälteenergie für das Rechenzentrum durch einen freien Rückkühlbetrieb der Kühltürme erzeugt, also ohne den Einsatz von Kältemaschinen. Der Primärenergiebedarf des Gebäudes unterschreitet die gesetzlichen Anforderungen nach der deutschen Energieeinsparverordnung 2007 um mehr als 55 %. Zur Optimierung des Gesamtenergiebedarfs und zum Nachweis der Energieeffizienz nach LEED wurden das Gebäude

Die neue Unternehmenszentrale der Gruppe Deutsche Börse wird nach LEEDNC 2.2 (LEED-Systemvariante für Neubauten und Komplettsanierungen in der Version 2.2) durch den U.S. Green Building Council zertifiziert. Die Festlegung der Projektentwickler Groß & Partner und Lang & Cie. auf den Platin-Standard erforderte eine konsequente Integration und Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen aus den sechs Themenfeldern des LEED-Zertifizierungssystems in die Planung und Erstellung des Bauwerks. Kurz vor Fertigstellung des Gebäudes wird mit 58 von 69 erreichbaren Punkten ein Gesamterfüllungsgrad von 84 % angestrebt (Abb. 6.20). Die Statistik bestätigt den hohen Anspruch in Bezug auf die umgesetzte Nachhaltigkeitsqualität: Den Platin-Standard erhalten nur ca. 5–6 % aller LEED-zertifizierten Gebäude. Zertifizierungsergebnis

Das Gebäude erreicht in den Kategorien »Energie und Atmosphäre« sowie »effiziente Wassernutzung« Erfüllungsgrade von 100 % und 94 %. Über die energetische Jahressimulation nach ASHRAE 90.1 wurde gegenüber dem Referenzwert eine Energiekosteneinsparung von 43,8 % nachgewiesen und dadurch die maximale Punktzahl (10 von 10) bei dem Kriterium EA-1 (Optimized Energy Performance) erreicht. Maßgeblich für den hohen Zielerreichungsgrad in den beiden Kategorien ist nicht nur das Energie- und Wasserkonzept, sondern auch die im Planungs- und Bauprozess implementierte funktionale Qualitätssicherung. Sie beinhaltet insbesondere eine systematische Inbetriebnahme (Commissioning) sowie die Betriebsoptimierung (Measurement & Verification) im ersten Betriebsjahr. Mit dieser Vorgehensweise soll erreicht werden, dass die im Rahmen der Planung optimierten und aufeinander abgestimmten energetischen Systeme und Anlagen in der Nutzungsphase auch wie geplant betrieben werden und die gewünschte

LEED-Kategorie (LEED-NC 2.2)

nicht erreichbare Punkte

erreichbare Punkte in der Bauphase

erreichte Punkte in der Planungsphase

voraussichtliche Punktezahl

Gesamterfüllungsgrad

Effizienz aufweisen. Hierzu wurde ein detaillierter, gewerkeübergreifender Inbetriebnahmeplan der energetisch relevanten Systeme entwickelt. Er umfasst umfangreiche Testprozeduren und Auswertungsmethoden, mit denen die dynamischen Betriebswerte mit den Soll-Vorgaben aus der Planung abgeglichen und gegebenenfalls korrigiert werden können. Die Zielwerte, wie z. B. die Begrenzung des Primärenergiebedarfs auf maximal 150 kWh/m²a, wurden durch dynamische Simulationsrechnungen in messbare Anforderungen an die Komponenten des Gesamtsystems (wie z. B. die Effizienz der Kälteerzeugung oder den Wirkungsgrad von Motoren) übertragen und in die Ausschreibung übernommen. Über Messstellen und Datenpunkte, die auf der Grundlage des Inbetriebnahme- und Betriebsoptimierungskonzepts in die Planung integriert wurden, wird der effiziente Betrieb der Komponenten kontinuierlich überprüft. Die Projektentwickler setzten von Beginn an auf gesundheitlich unbedenkliche Baustoffe. Den Schwerpunkt bildeten dabei Materialien, die in direkter Verbindung mit der Raumluft stehen. Die Eigenschaften dieser emissionsarmen Bauprodukte werden durch entsprechende Zertifikate (z. B. Green Label Plus für Teppichböden) oder Herstellerangaben (z. B. VOC-Gehalt) bestätigt. Dies betrifft beispielsweise Farben und Beschichtungen, Bodenbeläge, Verbundhölzer, Pflanzenfaserprodukte oder Kleb- und Dichtstoffe. So fordert z. B. das LEED-Kriterium IEQ 4.4 (Low-Emitting Materials, Composite Wood & Agrifiber Products) harnstofffreie Holzverbundwerkstoffe, die u. a. bei Türen eingesetzt werden. Auf dem europäischen Markt sind diese Produkte derzeit nur bei wenigen Anbietern erhältlich, weshalb ihre Beschaffung mit zeitlichem Mehraufwand und mit Mehrkosten verbunden ist. Dennoch wurde die Anforderung im Neubau der Deutschen Börse erfüllt. Inzwischen reagiert der Markt bereits auf die neuen Anforderungen aus den Zertifizierungssystemen. So ließ sich im Projektverlauf z. B. das LEEDKriterium IEQ 4.3 (Low-Emitting Materials, Anforderung an Teppichböden) erreichen. Es fordert, dass alle Teppichböden im Gebäude nach den Vorgaben des US Carpet and Rug Institute auf Schadstoffemissionen getestet und zertifiziert sein müssen. Während Produkte mit diesem Zertifikat beim Planungsbeginn 2008 noch nicht auf dem deutschen Markt erhältlich waren, hat sich die Industrie inzwischen auf die Nachfrage

maximale Punkte

LEED: Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn

nachhaltige Baugelände

14

3

1

10

11

78,6 %

effiziente Wassernutzung

5

0

0

5

5

100,0 %

Energie und Atmosphäre

17

1

5

11

16

94,1 %

Materialien und Ressourcen

13

6

7

0

7

53,8 %

Komfort und Innenraumklima

15

1

6

8

14

93,3 %

5

0

2

3

5

100,0 %

69

11

21

37

58

84,1 %

Innovationen Gesamtergebnis

Zertifzierungsergebnis (Grundlage: voraussichtliche Punktzahl)

Platin 6.20

0

26 Nicht klassifiziert

33

Zertifiziert

39 Silber

Zentrale der Gruppe Deutsche Börse, Eschborn 37 Punkte bereits anerkannt (Stand August 2010)

52 Gold

weitere 21 Punkte angestrebt 37

69 Platin

Zertifizierungsziel: Platin 58 6.21

eingestellt und bietet entsprechende Teppichböden an. Die Qualität des Gebäudes in Bezug auf Komfort und Innenraumklima (soziale Dimension der Nachhaltigkeit) zeigt sich in dem erreichten Erfüllungsgrad von über 93 % (Abb. 6.21). In der Kriteriengruppe »Materialien und Ressourcen« erreicht der Neubau der Deutschen Börse einen Erfüllungsgrad von 54 %, das entspricht 7 von 13 möglichen Punkten. Dabei stehen fünf der nicht erreichten Punkte im Zusammenhang mit der Wiederverwendung von Materialien und Baustoffen. Dabei handelt es sich um aufgearbeitete Baustoffe (z. B. aufgearbeitete Mauersteine, Steinböden etc.) sowie um die Wiederverwendung bestehender Bauteile wie Wände, Decken, Dach bzw. Ausbauelemente. Ferner ist der von LEED geforderte Anteil schnell nachwachsender pflanzlicher Rohstoffe, die in einem Zyklus von weniger als zehn Jahren gewonnen werden (z. B. Stroh, Kork, Bambus), von 2,5 % der Gesamtkosten aller Baustoffe im Gebäude bei einem Bauvorhaben in dieser Größenordnung nicht realistisch umsetzbar. Daher wurde dieser Punkt in dem Projekt auch nicht weiter verfolgt.

Die Zentrale der Deutschen Börse erreicht alle vier möglichen Innovationspunkte, die die signifikante Übererfüllung einzelner Kriterien zusätzlich positiv bewerten. In diesem Fall wurden die Innovationspunkte für folgende Maßnahmen und Gebäudequalitäten vergeben: • mehr als 40-prozentige Unterschreitung des Referenzwerts für den Trinkwasserverbrauch • freie und ungestörte Sicht von allen Arbeitsplätze nach außen • Überschreitung der baurechtlich geforderten Grünflächen um mehr als 300 % • Einsatz von mehr als 30 % regional hergestellten Baumaterialien

6.19 Energieversorgungskonzept 6.20 Bewertungsergebnis nach Kategorien 6.21 angestrebtes Zertifizierungsergebnis nach LEED-NC 2.2, Stand August 2010

125

Praxisbeispiele

DGNB: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel Das der Universität Kassel zugeordnete Zentrum für Umweltbewusstes Bauen (ZUB) wurde im Jahr 1998 als Förderverein in Zusammenarbeit der drei Fachbereiche Bauphysik (Prof. Gerd Hauser), Experimentelles Bauen (Prof. Gernot Minke) und Technische Gebäudeausrüstung (Prof. Gerhard Hausladen) gegründet. Der Leitgedanke dabei war, ein Bindeglied zwischen angewandter Forschung, Handwerk, Industrie, Architekten und Ingenieuren zu schaffen und auf diese Weise das umweltbewusste Bauen zu fördern (Abb. 6.22). Entsprechend der Aufgabenstellung des ZUB standen bei der Planung des im Jahr 2001 errichteten Neubaus Aspekte des ökologischen Bauens, insbesondere der Energieeinsparung und der effizienten Energienutzung, im Vordergrund. Im Rahmen des Forschungsprojekts »Solaroptimiertes Bauen« des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sollte das neue Gebäude durch eine ganzheitliche Herangehensweise bei der Planung zu einem Demonstrations- und Forschungsgebäude mit Vorbildcharakter werden. Die energetischen Zielsetzungen wurden ergänzt durch Vorgaben zum nachhaltigen Bauen: architektonische Qualität, hohe Behaglichkeit, geringer Energieverbrauch, größtmögliche Flexibilität sowie niedrige Investitions- und Betriebskosten. Der Standort, eine innerstädtische Baulücke auf dem Universitätsgelände, ist geprägt von ehemaligen Industriebauten des späten 19. Jahrhunderts. In zahlreichen Workshops mit Studenten der Universität Kassel wurde ein langgestreckter Riegel entwickelt. Er besitzt eine Grundfläche von 46 ≈ 8 m, ist einhüftig erschlossen, dreigeschossig und unterkellert (Abb. 6.23 und 6.24). Die Fuge zwischen dem Neubau und dem denkmalgeschützten Kolben-Seeger-Gebäude im Norden füllt ein verglaster Erschließungsraum, der von oben und den Stirnseiten belichtet wird und die Funktion eines Atriums übernimmt (Abb. 6.25). Die statische Struktur des Neubaus setzt sich aus unterzugfreien Stahlbetondecken und -rundstützen zusammen. Die Südfassade besteht aus einer vorgehängten PfostenRiegel-Konstruktion aus Holz im Innenbereich sowie Aluminium auf der Außenseite und ist mit einer Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung ausgestattet. Die Ostund Westfassaden sind eher geschlossen und als Stahlbetonwände mit rot verputztem Wärmedämmverbundsystem ausge126

6.22

6.23

6.24

Zentrum für Umweltbewusstes Bauen (ZUB) Ort und Fertigstellung: Kassel 2001 Architekt: ARGE ZUB Jourdan & Müller PAS, Frankfurt/Main und Seddig Architekten, Kassel Bauherr: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen e.V., Kassel Bauphysik: Ingenieurbüro Hauser GmbH, Kassel Technische Gebäudeausrüstung: ARGE IB Hausladen GmbH, Heimstetten, und Ingenieurbüro Springl, Ingolstadt

Tragwerksplanung: Bollinger + Grohmann, Frankfurt/Main DGNB-Auditor: Natalie Eßig, TU München, Lehrstuhl für Bauphysik Nutzung: Büro-, Veranstaltungs- und Laborbereiche Geschossanzahl: vier Ebenen Bruttogrundfläche: 2293 m² Zertifizierungssystem: DGNB Systemvariante: Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude, V 2008

DGNB: Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel

führt, dessen Farbe dem Backstein der Umgebung nachempfunden wurde. Das Dach ist zum Teil als Gründach angelegt, auf dem Versuche zum Wärmedämmverhalten von Gründächern durchgeführt werden, und zum anderen Teil als Glasdach gestaltet, das der Belichtung des darunterliegenden Atriums dient. Durch das große Foyer und den Hörsaal verspringt die Erdgeschossfassade auf der Südseite nach außen. Darüber liegt eine Dachterrasse, die teilweise von einem Stahlbetonbügel als gestaltendem Element bedeckt wird. Die Glasfuge als zentrales Element zur Erschließung des Gebäudes erstreckt sich vom Eingang im Westen bis zur Ostseite. Im Norden wird sie von einer Brandwand und im Süden von einer zweischaligen, nichttragenden Wand aus ungebrannten Lehmsteinen begrenzt, die als Installationswand für Versorgungsleitungen dient. Der sich südlich anschließende Neubau beherbergt im Erdgeschoss Foyer und Hörsaal, die sich bei Bedarf zu einem großen Saal zusammenschalten lassen, in den Obergeschossen Büro- und Experimentalräume sowie Experimental-, Lager- und Technikbereiche im Keller. Energie- und Raumklimakonzept

Im Planungs- und Nutzungskonzept des bereits im Jahr 2001 in Betrieb genommenen ZUB spiegeln sich zahlreiche der heutigen Kriterien des DGNB Zertifikats wider. Insbesondere das effiziente Energiekonzept, die überschaubaren Bauund Betriebskosten und der integrale Planungsprozess wirkten sich positiv auf die Bewertung der nachhaltigen Gebäudequalität des ZUB aus. Bei der Planung galt der erste Hauptsatz der Bauphysik: zuerst klimagerecht bauen, dann bauwerksgerecht klimatisieren. Somit gliedert sich das Energie- und Raumklimakonzept zuerst in die möglichst an den Standort angepassten passiven Maßnahmen und erst im Anschluss daran in aktive Maßnahmen. Als passive Maßnahme im Winterfall wurde beim baulichen Wärmeschutz insbesondere auf Begrenzung der Transmissionswärmeverluste geachtet. Dazu gehören eine kompakte wärmeübertragende Umfassungsfläche im Verhältnis zum Bruttovolumen (A/V = 0,34 m-1), niedrige Wärmedurchgangskoeffizienten der Außenwände (30 cm Dämmung, U = 0,11 W/m2K), des Dachs (U = 0,16 W/m2K) und der Bodenplatte (U = 0,26 W/m2K), eine Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung

(UW = 0,8 W/m2K) sowie die Vermeidung von Wärmebrücken bei den Anschlussdetails. Um Lüftungswärmeverluste zu unterbinden, wurde zudem besonderer Wert auf eine dichte Ausführung des Gebäudes gelegt. Eine Blower-Door-Messung mit einem Mittelwert der Luftwechselrate n50 = 1,0 h-1 bestätigte die Erfüllung dieser Anforderung. Durch die großflächige Verglasung der Südfassade können solare Wärmegewinne der tiefstehenden Wintersonne optimal ausgeschöpft werden. Im Sommerfall verhindert ein außenliegender Sonnenschutz, der teilweise auch als Tageslichtlenksystem ausgeführt wurde, eine Überhitzung der Räume. Das effiziente Gesamtkonzept des Gebäudes zeigt sich gerade beim sommerlichen Wärmeschutz, wo Wärmedämmung, Nachtlüftung und die Verschattung der Südfassade eine tragende Rolle spielen. Hinzu kommen diverse aktive Maßnahmen: Eine konventionelle Fußbodenheizung sowie eine Bauteilaktivierung beheizen und kühlen das Gebäude. Lediglich in den Sanitärbereichen wurden Radiatoren eingebaut. In jedem Büroraum ist die Estrichund Deckenebene separat regelbar. Zur Förderung der Behaglichkeit für die Nutzer kann die Raumtemperatur individuell um 2 Kelvin nach oben und unten anpasst werden. Die zur Konditionierung verfügbaren Elemente sind im Heizfall der Fernwärmeanschluss und im Kühlfall ein Bodenplattenkühler. Dieser nutzt die nahezu konstanten, niedrigen Temperaturen im Bereich der Bodenplatte zur Gebäudeklimatisierung. Wie bei der Bauteilaktivierung in den Geschossdecken wurden Rohre in der Sohlplatte verlegt, in denen das darin befindliche Wasser durch das angrenzende Erdreich gekühlt wird. Anschließend strömt es in die Geschossdecken weiter und kann aufs Neue Wärme aus den Büroräumen aufnehmen. Das flexible Lüftungskonzept vereint mehrere Lüftungsstrategien. Zum einen lassen sich alle Büroräume über Fenster natürlich belüften, zum anderen kann die Zuluft über Lüftungskanäle in die Büroräume eingebracht werden. Die Abluft gelangt durch schall- und brandgeschützte Überströmöffnungen in den Türrahmen ins Atrium und wird dort zentral abgesaugt – eine Luftführung, die auch umgekehrt realisierbar wäre. Im Winterfall strömt die Abluft über einen Kreuzstromwärmetauscher im Untergeschoss. In der Übergangszeit und im Sommer wird der Wärmetauscher durch einen Bypass umgangen (Abb. 6.26).

6.25

a

b

6.26

6.22 6.23 6.24 6.25

Ansicht von Süden Lageplan, Maßstab 1:2000 Grundriss, Maßstab 1:500 (Altbau hellgrau) Der verglaste Erschließungsraum wird von oben belichtet und übernimmt die Funktion eines Atriums. 6.26 Querschnitt zur Darstellung des Lüftungskonzepts, ohne Maßstab a Zuluft über die Büroräume, Abluft über das Atrium b Zentrale Be- und Entlüftung über Wärmetauscher (Winterfall)

127

Praxisbeispiele

Die Regelung der Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung übernehmen Sensoren, die in den Räumen und im Abluftkanal den CO2-Gehalt sowie den Anteil an flüchtigen organischen Stoffen (VOC) in der Raumluft messen. Zudem kann die Nachtlüftung für die sommerliche Kühlung des Gebäudes genutzt werden. Die Arbeitsplätze sind durch die fast vollständige Verglasung der Südfassade bestens mit Tageslicht versorgt. Der an ihnen gemessene Tageslichtquotient beträgt 5 %. Die drehbaren Lamellen des Sonnenschutzes ermöglichen eine blendfreie Tageslichtversorgung. In einigen Bereichen sind sie im oberen Bereich zusätzlich regelbar und leiten das Licht tief in den Raum. Ebenfalls energieoptimiert ist die Regelung der deckenabgehängten Rasterleuchten mit direktem und indirektem Lichtanteil. Sie werden in Abhängigkeit vom Tageslichtangebot mittels Sensor gedimmt und stellen somit jederzeit eine Nennbeleuchtungsstärke von 500 Lux sicher. DGNB-Zertifizierung und Zertifizierungsergebnis

Das Zentrum für Umweltbewusstes Bauen war eines der ersten 16 Projekte in Deutschland, die in der Pilotphase des DGNB Zertifikats mit der Version »V 2008 Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude« zertifiziert wurden. Dieses Zertifizierungssystem entwickelte die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen gemein-

sam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Das bereits 2001 fertiggestellte ZUB wurde zur Pilotzertifizierung ausgewählt, da es auch heute noch einen sehr guten Standard in dieser Gebäudekategorie darstellt. Zudem wurde sehr viel am Gebäude geforscht und wurden die Ergebnisse dokumentiert. Hierdurch lagen bereits viele Nachweise vor, die zur Zertifizierung benötigt wurden – etwa Nachweise zum Planungsprozess, Thermografieaufnahmen, ein Luftdichtigkeitstest oder Aufzeichnungen zum Monitoring. Inbesondere bei der Bewertung der Ökobilanz (Kriterien 1 bis 5, 10 und 11) und der Lebenszykluskosten (Kriterium 16) wurde eine sehr gute Beurteilung erreicht. Dass das ZUB bei der »ökologischen Qualität« hervorragend abschloss, liegt vor allem an dem anspruchsvollen energetischen Konzept und der Materialeffizienz des Gebäudes. Da das ZUB jedoch einige Jahre vor der Entwicklung des DGNB Zertifikats geplant und errichtet worden war, konnten für einzelne Kriterien keine Punkte vergeben werden, denn die für die Beurteilung erforderlichen Angaben waren nicht oder nur noch teilweise vorhanden. Beispielsweise war bei der »Innenraumhygiene« (Kriterium 20) keine Bewertung möglich, da eine Raumluftmessung nach Vorgaben des Zertifikats spätestens vier Wochen nach Fertigstellung der Räume

hätte stattfinden müssen. Auch die Alternative eines Schadstoffgutachtens mit Auflistung aller verwendeten Baumaterialien und Angaben zu Umweltproduktdeklarationen war zeitlich im Rahmen der Pilotzertifizierung nicht mehr möglich. Dies wirkte sich auch negativ auf das Bewertungsergebnis der »Risiken für die lokale Umwelt« (Kriterium 6) aus. Die strengen Maßstäbe und heutigen Forderungen der Nachweisführung und der knappe Zeitrahmen der Pilotphase des DGNB Zertifikats ließen speziell für die »soziokulturelle und funktionale Qualität« nur ein befriedigendes Bewertungsergebnis zu. Während der Pilotphase zeigte sich jedoch, dass insbesondere bei der Bewertung der »soziokulturellen und funktionalen Qualität« und der »Prozessqualität« etliche der DGNB-Anforderungen ohne größeren Mehraufwand hätten erfüllt werden können, wenn sie bereits bei der Planung, Umsetzung und Inbetriebnahme des ZUB bekannt gewesen wären. Das betrifft beispielsweise die geforderte lückenlose Dokumentation des Planungs- und Bauprozesses oder die Durchführung eines Architektenwettbewerbs (Kriterium 31), mit dem ein hohes Maß an gestalterischer Qualität sichergestellt werden soll. Insgesamt erlangte das ZUB mit einem Gesamterfüllungsgrad von 67 % das DGNB Zertifikat in Silber (Abb. 6.27 – 6.29).

1

5

Hauptkriteriengruppen

Gewichtung gesamt

Erfüllungsgrad

Note

ökologische Qualität

22,5 %

67,2 %

1,9

ökonomische Qualität

22,5 %

94,0 %

1,0

soziokulturelle und funktionale Qualität

22,5 %

43,9 %

3,4

technische Qualität

22,5 %

66,6 %

2,0

Prozessqualität

10,0 %

59,1 %

2,4

74,5 %

1,7

67 %

1,93

4 2

Standortqualität Objektbewertung

100 %

6.28 3 6.27 6.27 Bewertungsresultate im Überblick 1 ökologische Qualität 2 ökonomische Qualität 3 soziokulturelle und funktionale Qualität 4 technische Qualität 5 Prozessqualität 6.28 Bewertungsergebnis nach Hauptkriteriengruppen 6.29 Zertifizierungsergebnis und Erfüllungsgrad 6.30 Ansicht von Norden 6.31 Grundriss 1. Obergeschoss, Maßstab 1:1000 6.32 Längsschnitt, Maßstab 1:1000

128

3,0 Nicht klassifiziert 0%

50 %

2,0 Bronze 55 %

60 %

1,5

1,0

Silber 65 %

Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel

70 %

75 %

Gold 80 %

85 %

90 %

95 % 100 %

Erfüllungsgrad: 67 %, Objektbewertung: Note 1,93, Silber

6.29

DGNB/BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn

DGNB/BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn Für die Bundesrepublik Deutschland ist nachhaltiges Bauen ein wichtiges Thema bei der Entwicklung ihrer eigenen Bauten. Mit diesem Ziel beteiligte sich u. a. das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) an der Entwicklung des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen. Die Anwendbarkeit dieses Systems auf die Bauten des Bundes wurde in zwei Pilotphasen überprüft. Damals waren 49 von insgesamt 63 Kriterien des Bewertungssystems »aktiv«, konnten also auf Gebäude angewendet werden (Abb. 6.34, S.131). Anschließend wurde die neu geschaffene Bewertungsmethode mit kleinen Änderungen versehen und erhielt den neuen Namen »Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen« (BNB). In der zweiten Pilotphase wurde auch der Neubau des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in Bonn nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen zertifiziert. Das Gebäude wurde 2007 fertiggestellt und bietet Raum für 395 Mitarbeiter. Der Entwurf von Petzinka Pink Architekten aus Düsseldorf war als Sieger aus einem begrenzt offenen Wettbewerb hervorgegangen. Das Gebäudeensemble besteht aus einem sechsgeschossigen, langgezogenen Seitentrakt, einem zweistöckigen Verbindungsbau mit Haupteingang, Foyer und Bibliothek sowie einem Hochhaus mit 13 Etagen auf quadratischem Grundriss, mit innenliegendem Kern und Büros entlang der Fassaden. Der riegelförmige Seitentrakt nimmt zudem die Fluchten der umliegenden Büro- und untergeordneten Ergänzungsbauten auf, die sich ebenfalls auf dieser Liegenschaft des Bundes befinden (Abb. 6.30 – 6.32). Die Außenflächen fügen sich in die vorhandene parkähnliche Anlage ein. Entgegen der Anforderung des Systems sind diese zwar nicht barrierefrei, jedoch für die Öffentlichkeit zugänglich, was wiederum positiv bewertet wurde. Ebenso konnten mit den überdachten, unmittelbar vor dem Eingang gelegenen Fahrradstellplätzen Punkte gesammelt werden. Das Gebäude selbst wurde in Stahlbetonskelettbauweise – als Kombination aus Fertigteilen und Ortbetonelementen – ausgeführt. Vorgehängte, sandfarbene Betonfertigteile mit abwechselnd horizontalen und vertikalen Stoßfugen verleihen der Fassade ihr charakteristisches Erscheinungsbild. Zwischen den Fertigteilen wurden abwechselnd opake und transparente

6.30

6.31

6.32

Bundesministerium für Gesundheit Ort und Fertigstellung: Bonn 2007 Architekt: Petzinka Pink Architekten, Düsseldorf Bauherr: Bundesrepublik Deutschland Technische Gebäudeausrüsrung/Bauphysik: DS-Plan, Köln Tragwerksplanung: Weischede, Herrmann und Partner, Stuttgart

DGNB-Auditoren: Natalie Eßig, TU München; Thomas Rühle, Integrale Planung GmbH, München Nutzung: Büro- und Verwaltungsbereiche, Bibliothek Geschossanzahl: 13 Ebenen Bruttogrundfläche: 17 202 m² Zertifizierungssystem: DGNB/BNB Systemvariante: Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude, V 2008

129

Praxisbeispiele

Verglasungen in Aluminiumprofilen installiert. Bei der Dachgestaltung (Kriterium 24, Abb. 6.36) wurde durch die extensiv begrünten Dächer und die ästhetisch gestaltete Einhausung der Technikzentrale auf dem Büroturm die volle Punktzahl erreicht. Das Regenwasser von den Dächern und den versiegelten Außenflächen wird auf dem Grundstück zum Versickern gebracht. Dies wirkt sich positiv auf den Wassergebrauchskennwert (Kriterium 14) aus. Energie- und Raumklimakonzept

Eine erdverlegte Heizleitung aus einem Nachbargebäude auf dem Areal versorgt das Gebäude. Heizkörper im Sockelbereich unterhalb der Fenster übertragen die Wärme in die Innenräume. Bei besonders tiefen Außentemperaturen werden zusätzlich die Decken thermisch aktiviert. Der Nutzer kann die Temperaturen im Büroraum individuell einstellen. Dies ergab die volle Punktzahl beim Kriterium »Einflussnahme des Nutzers«, Indikator »Temperaturen innerhalb der Heizperiode« (Kriterium 23). Im Bereich »energetische und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle« (Kriterium 35) erreicht das Gebäude mit mittleren U-Werten der transparenten Außenbauteile von 1,4 W/m2K und der Lichtkuppeln von 1,1 W/m2K die Zielwerte der besten Bewertungsstufe (1,6 W/m2K bzw. 2,6 W/m2K). Insgesamt wurden bei diesem Indikator aber nur wenige Punkte

1

2

erzielt, da die opaken Außenbauteile mit einem mittleren U-Wert von 0,41 W/m2K nur den Grenzwert der niedrigsten Bewertungsstufe von 0,45 W/m2K einhalten. Ein weiterer Indikator des gleichen Kriteriums, die Luftwechselrate, wurde mit 0 Punkten bewertet, da keine Messung stattgefunden hatte. Im Sommer wird das Gebäude über Fensterlüftung und bei hohen Kühllasten zusätzlich über Bauteilaktivierung gekühlt. Die Kälteversorgung dieses Systems übernimmt ein Verdunstungskühlturm mit adiabatischem Kühleffekt. Zu unterschiedlichen Fassadentypen waren thermische Simulationen für den Sommerfall durchgeführt worden. Der auf der Grundlage dieser Simulationen entwickelte Fassadentyp wurde letztlich aber nicht überprüft, was bei der Zertifizierung des thermischen Komforts im Sommer (Kriterium 19) keine höhere Bewertung als den Referenzwert möglich machte. Der passive Sonnenschutz wird an der Ost-, Süd- und Westfassade durch eine außenliegende Jalousie mit Aluminiumlamellen sichergestellt. Diese wird automatisch und fassadenweise aktiviert, kann aber auch vom Nutzer individuell an seine Bedürfnisse angepasst werden. Die Lamellen dienen im oberen Bereich auch der Tageslichtlenkung. Zusätzlich ist im Inneren ein individuell einstellbarer Streifenvorhang als Blendschutz installiert. Die Büroräume werden natürlich belüftet. Um eine ausreichende Belüftung bei wechselnden Gegebenheiten ohne Ein-

Hauptkriteriengruppen

bußen sicherzustellen, wurden im Vorfeld Windstudien in Auftrag gegeben, in denen das Verhalten im Sommer, bei zusätzlichem Wind sowie im Winter untersucht wurde. Als Konsequenz aus den Ergebnissen wurden für das Hochhaus ab dem sechsten Geschoss mechanisch bedienbare Lüftungsdrehflügel installiert. Die Regelung übernimmt in beiden Fällen individuell der Nutzer. Die Bibliothek, Besprechungsräume, Toiletten und fensterlose Räume werden zusätzlich mechanisch belüftet. In den Büros wurden Pendelleuchten mit kombinierter (und daher bei der Zertifizierung positiv bewerteter) direkter und indirekter Lichtabstrahlung installiert. Ebenfalls Punkte brachten beim visuellen Komfort (Kriterium 22) die individuellen Arbeitsplatzleuchten, der Nachweis der Blendfreiheit der Kunstlichtbeleuchtung sowie hohe Farbwiedergabe-Indizes der Leuchtmittel und der Verglasung. Für weitere Indikatoren – wie die Tageslichtverfügbarkeit für das gesamte Gebäude bzw. die Arbeitsplätze oder für die Sichtverbindung nach außen – lagen keine Nachweise vor. DGNB-/BNB-Zertifizierung

Das Gebäude war zum Zeitpunkt der Zertifizierung bereits fertiggestellt und in Betrieb. Die Grundlage für die Bewertung bildeten Auszüge aus den umfangreichen Entwurfsunterlagen, die Architektenpläne, der Generalunternehmervertrag, die digitale Dokumentation der Kostengruppen 300 und 400 sowie weitere Gutachten

Gewichtung gesamt

ökologische Qualität

Erfüllungsgrad

Note

73 %

1,8

22,5 %

ökonomische Qualität

22,5 %

93 %

1,1

soziokulturelle und funktionale Qualität

22,5 %

46 %

3,3

technische Qualität

22,5 %

58 %

2,5

Prozessqualität

10,0 %

59 %

2,4

78 %

1,6

100 %

66,8 %

1,94

Standortqualität Objektbewertung 5

3

6.34

4 6.33 6.33 Bewertungsresultate im Überblick (Darstellung nach BNB) 1 ökonomische Qualität 2 soziokulturelle und funktionale Qualität 3 technische Qualität 4 Prozessqualität 5 ökologische Qualität 6.34 Bewertungsergebnis nach Hauptkriteriengruppen 6.35 Zertifizierungsergebnis und Erfüllungsgrad 6.36 Zertifizierungsergebnis nach einzelnen Kriterien

130

3,0 Nicht klassifiziert 0%

50 %

2,0 Bronze 55 %

60 %

Bundesministerium für Gesundheit, Bonn

1,5

1,0

Silber 65 %

70 %

75 %

Gold 80 %

85 %

90 %

95 % 100 %

Erfüllungsgrad: 66,8 %, Objektbewertung: Note 1,94, Silber

6.35

DGNB/BNB: Bundesministerium für Gesundheit, Bonn

und Angaben. Eine Berechnung nach DIN V 18 599 wurde nachträglich erstellt, da diese für die Erstellung der Ökobilanz und Ermittlung der Lebenszykluskosten zwingend notwendig ist. Andere Nachweise, die nicht vorlagen, wurden oder konnten aufgrund der Dokumentationsvorschriften des Zertifizierungssystems nicht mehr erstellt werden. Hierzu zählen z. B. Berechnungen oder Messungen zur Nachhallzeit in den Büros und zur Innenraumluftqualität, Thermografieaufnahmen oder ein Blower-Door-Test. Zertifizierungsergebnis

Nach Durchsicht der Daten durch die Auditoren wurden bei einer Objektbegehung viele Punkte geklärt. Für eine im Nachhinein durchgeführte Zertifizierung ergab sich mit dem Gütesiegel in Silber ein überdurchschnittliches Ergebnis. Hervorzuheben ist dabei besonders das sehr gute Abschneiden in der Kategorie »ökonomische Qualität« mit einem Erfüllungsgrad von 93 % und einer Note von 1,1 (Abb. 6.33 – 6.35). In der Kategorie »technische Qualität« verhinderte hauptsächlich der Indikator »mittlere Wärmedurchgangskoeffizienten« im Kriterium »energetische und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle« (Kriterium 35) ein besseres Ergebnis: Die opaken Außenbauteile erreichten hier nur den Grenzwert der niedrigsten Bewertungsstufe (Abb. 6.36). Zudem konnte der Indikator »Luftwechselrate« mangels Dichtheitsprüfung nicht nachgewiesen werden. Insgesamt wurde ein Erfüllungsgrad von 58 % erreicht. In der Kategorie »Prozessqualität« wurden 59 % erzielt. Die Zielerreichung in dieser Kategorie war im Nachhinein schwer zu belegen, da sie die Qualität des Bauprozesses dokumentiert. In der Kategorie »Standortmerkmale« wurde durch die sehr gute Verkehrsanbindung, die Nähe zu nutzungsrelevanten Objekten und Einrichtungen sowie die anliegenden Medien (wie Breitbandanschluss) und Erschließung (z. B. mit Fernwärme) ein Erfüllungsgrad von 78 % erreicht. Vergleichsweise schlecht fiel dagegen das Resultat in der Kategorie »soziokulturelle und funktionale Qualität« mit einem Erfüllungsgrad von nur 46 % und somit der Note 3,3 aus. Mit Kenntnis des »Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen« (BNB) bereits in der Planungsphase wäre es auch hier sicher möglich gewesen, die Belange der soziokulturellen Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen und in dieser Kategorie mehr Punkte zu erreichen.

Erfüllungsgrad Note ökologische Qualität

73 %

Wirkungen auf die globale Umwelt 1 2 3 4 5 6 8 9

Treibhauspotenzial (GWP) Ozonschichtabbaupotenzial (ODP) Ozonbildungspotenzial (POCP) Versauerungspotenzial (AP) Überdüngungspotenzial (EP) Risiken für lokale Umwelt sonstige Wirkungen auf die globale Umwelt Mikroklima

72 % 100 % 100 % 100 % 100 % 50 % 50 % 100 %

1,8

Ressourceninanspruchnahme 10 11 14 15

Primärenergiebedarf nicht erneuerbar (PEne) Gesamtprimärenergiebedarf und Anteil erneuerbarer Primärenergie (PEe) Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen Flächeninanspruchnahme

ökonomische Qualität

88 % 61 % 93 % 75 % 93 %

Lebenszykluskosten 16 gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus

89 %

1,1

Wertentwicklung 17 Wertstabilität soziokulturelle und funktionale Qualität

100 % 46 %

Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit 18 19 20 21 22 23 24 25

thermischer Komfort im Winter thermischer Komfort im Sommer Innenraumhygiene akustischer Komfort visueller Komfort Einflussnahme des Nutzers Dachgestaltung Sicherheit und Störfallrisiken

10 % 10 % 50 % 0% 37 % 63 % 100 % 88 % 3,3

Funktionalität 26 27 28 29 30

Barrierefreiheit Flächeneffizienz Umnutzungsfähigkeit Zugänglichkeit Fahrradkomfort

75 % 0% 64 % 0% 50 %

Sicherung der Gestaltungsqualität 31 Sicherung der gestalterischen und städtebaulichen Qualität im Wettbewerb 32 Kunst am Bau

80 % 90 %

technische Qualität

58 %

Qualität der technischen Ausführung 33 34 35 40 42

Brandschutz Schallschutz energetische und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle Reinigung und Instandhaltung Rückbaubarkeit, Recyclingfreundlichkeit, Demontagefreundlichkeit

Prozessqualität

83 % 65 % 14 % 83 % 46 %

2,5

59 %

Qualität der Planung 43 44 45 46 47

Qualität der Projektvorbereitung integrale Planung Optimierung und Komplexität der Herangehensweise der Planung Nachweis der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe Schaffung von Voraussetzungen für eine optimale Nutzung und Bewirtschaftung

70 % 63 % 26 % 75 % 67 %

2,4

Qualität der Bauausführung 48 49 50 51

Baustelle/Bauprozess Qualität der ausführenden Unternehmen/Präqualifikation Qualitätssicherung der Bauausführung systematische Inbetriebnahme

10 % 100 % 50 % 75 %

Standortmerkmale

78 %

56 57 58 59 60 61

72 % 53 % 75 % 83 % 88 % 94 %

Risiken am Mikrostandort Verhältnisse am Mikrostandort Image und Zustand von Standort und Quartier Verkehrsanbindung Nähe zu nutzungsrelevanten Einrichtungen anliegende Medien/Erschließung

1,6

6.36

131

Praxisbeispiele

DGNB: Büro- und Verwaltungsgebäude, München (Vorzertifikat) Im Arnulfpark unweit westlich des Münchner Hauptbahnhofs entsteht gegenwärtig auf dem Areal eines ehemaligen Güterbahnhofs ein neues Büro- und Verwaltungsgebäude (Abb. 6.37). Das Gelände war durch seine Vornutzung hoch belastet. Durch eine vollständige Dekontamination und die neuerliche Überführung in eine bauliche Nutzung wurde bei der Flächeninanspruchnahme (Kriterium 15) der höchste Erfüllungsgrad erreicht. Auch in der Kategorie »Standortqualität« erhielt der Neubau aufgrund seiner günstigen Verkehrserschließung und der zahlreichen im näheren Umfeld vorhandenen Einrichtungen (Gastronomie, Bildungs- und Freizeitanlagen, Nahversorgung) ein sehr gutes Ergebnis. Das Gebäude (Außenmaße: 82 ≈ 55 m) besitzt sechs Obergeschosse, zwei Tiefgeschosse mit Parkgarage sowie einen Innenhof mit Auditorium (Abb. 6.38 und 6.39). Das Dach wurde als Gründach ausgeführt; die Technikaufbauten wurden bei der Gestaltung berücksichtigt, indem man einen Sichtschutz anbrachte und sie auf ein Mindestmaß reduzierte. Beide Aspekte führten zu einer positiven Bewertung bei der gebäudebezogenen Außenraumqualität (Kriterium 24). Die umlaufende Fassade gliedert sich in zwei Bereiche: Das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss, die unter anderem die Eingangshalle und ein Café beherbergen, erhielten eine bündige Glasfassade. In den vier oberen Geschossen mit den Büroräumen wechseln sich raumhohe, festverglaste Fenster mit Zweischeibenverglasung und öffenbare Kastenfenster ab. Die Fassade an der vielbefahrenen Arnulfstraße übertrifft die Luftschallschutzanforderungen des Zertifizierungssystems und erzielt somit die höchstmögliche Punktzahl beim Schallschutz (Kriterium 34). Zahlreiche Stellplätze vor dem Gebäude und in der Tiefgarage fördern die Anfahrt mit dem Fahrrad. Zudem stehen den Nutzern Umkleidemöglichkeiten, Duschen und Trocknungsräume zur Verfügung. Insgesamt konnte damit der Fahrradkomfort (Kriterium 30) komplett erfüllt werden. Energie- und Raumklimakonzept

Das Haus bezieht seine Heizenergie aus einem Fernwärmeanschluss. Die Wärmeund Kälteübergabe in den Büroräumen übernehmen Heizdecken, die im Sommer als Kühldecken dienen, und Unterflurkonvektoren im Bereich der Fassade. Um 132

6.37

6.38

6.39

Büro- und Verwaltungsgebäude Ort und Fertigstellung: München 2010 Architekt: Ganzer Hajek Unterholzner, München, und Thierry Louvieaux, Berlin Bauherr: ICADE REIM Arnulfstraße MK 9 GmbH, Hamburg Technische Gebäudeausrüsrung: Gruppe Ingenieurbau Technische Gebäudeausrüstung, München; Kuzyl & Sander Ingenieurbüro, München; Haustec, Taufkirchen

Bauphysik: Ingenieure Süd, München Tragwerksplanung: Seeberger Friedl und Partner, München DGNB-Auditor: Natalie Eßig, TU München Nutzung: Büro Geschossanzahl: sechs Ebenen Bruttogrundfläche: 28 487 m² Zertifizierungssystem: DGNB Systemvariante: Büro- und Verwaltungsgebäude, V 2008 (Vorzertifikat)

DGNB: Büro- und Verwaltungsgebäude, München

beim thermischen Komfort im Winter (Kriterium 18) im Indikator »operative Temperatur« die höchste Punktzahl zu erreichen, wurde eine thermische Simulation durchgeführt. Auf die gleiche Weise wurde auch der Nachweis für den thermischen Komfort im Sommer (Kriterium 19) erbracht. Auch die weiteren Indikatoren »Zugluft«, »Strahlungstemperaturasymmetrie und Fußbodentemperatur« sowie »relative Luftfeuchte« hält das Projekt ein und erfüllt dadurch die Anforderungen an den thermischen Komfort in vollem Umfang. Bereits in früheren Planungsstadien waren Berechnungen zur Akustik sowie Simulationen zu den Lichtverhältnissen am Arbeitsplatz durchgeführt und daraus Rückschlüsse für die Planung gezogen worden. Damit konnten beim akustischen (Kriterium 21) und beim visuellen Komfort (Kriterium 22) Punkte gesammelt werden. Im Bereich Akustik stellte sich heraus, dass die Einzelbüros sogar eher eine zu starke Schalldämpfung besitzen und der Schallabsorptionsgrad sinken kann. Beim visuellen Komfort wiederum wurde nach der Überprüfung ein neuentwickelter, innenliegender Sonnen- und Blendschutz eingebaut. Simulationen sollten auch die Energieeffizienz verbessern. Beispielsweise wurde im Rahmen der Fassadenoptimierung der Einsatz einer Zweifach- sowie einer Dreifachverglasung untersucht. Die Dreifachverglasung wurde verworfen, da sich die Gesamtenergiebilanz durch den erhöhten Kältebedarf zur Gebäudekühlung verschlechterte. Der geringere Energiebe-

darf wird bei der Bewertung anteilig in Form einer guten Ökobilanz honoriert. Ein weiteres Anliegen des Projektentwicklers war die Einflussnahme des Nutzers (Kriterium 23). Die Gebäudenutzer können das Licht, den Sonnen- und Blendschutz sowie die Heiz- und Kühldecken mit einer Fernbedienung selbst steuern und so ihr Wohlbefinden direkt beeinflussen. Zudem lassen sich die Fenster nach Bedarf öffnen. Eine zusätzliche mechanische Lüftungsanlage wird durch CO2- und neuartige Feinstaubsensoren geregelt. Eine Lüftungssimulation ermöglichte es, die Luftauslässe zugluftfrei anzuordnen. Um eine gute Innenraumluftqualität (Kriterium 20) zu erreichen, wurden möglichst schadstofffreie Materialien ausgewählt. Dazu zählen Teppiche und Kleber, die in Bezug auf Schadstoffe, Emissionen und Gerüche von einem Prüfinstitut untersucht wurden. Außerdem soll spätestens vier Wochen nach Inbetriebnahme, wie in den Zertifizierungsrichtlinien gefordert, eine Raumluftmessung vorgenommen werden. Für eine optimale Einregulierung des Gebäudes wurde bereits während der Planungsphase ein umfangreiches Messund Monitoringkonzept erstellt. Beispielsweise soll in den Eckräumen der obersten Etagen nach Südwesten (ungünstigste Ausrichtung, da sie sich am stärksten erwärmen) die operative Temperatur im Sommerfall noch vor der Belegung durch den Nutzer gemessen und ausgewertet werden, sodass gegebenenfalls noch Nachbesserungen möglich sind.

DGNB-Zertifizierung und Zertifizierungsergebnis

Das Gebäude erhielt ein DGNB-Vorzertifikat nach der Version V 2008 »Büro- und Verwaltungsbauten«, das den Planungsstand des bereits in der Ausführung befindlichen Projekts bewertet. In Workshops mit dem Bauherrn und weiteren Beteiligten des Projektteams wurden einerseits bereits umgesetzte Planungsinhalte, Messungen und Simulationen beurteilt und andererseits noch zu erbringende Maßnahmen, welche die Kriterien des DGNB Zertifikats erforderten, in Form von Absichtserklärungen festgelegt. Bei der endgültigen Zertifizierung nach Inbetriebnahme muss ihre Umsetzung nachgewiesen werden. Um das DGNB Zertifikat in Gold zu erreichen, wurden in Zusammenarbeit mit dem Auditor einzelne Planungen noch in der Ausführungsphase korrigiert und neue Planungsziele festgelegt. Hierzu gehört z. B. die nachträgliche Ausschreibung wassersparender Armaturen, um beim Trinkwasserbedarf (Kriterium 14) einen besseren Wassergebrauchskennwert zu erreichen. Der integralen Planung des Teams und der Erfahrung des Projektentwicklers ist es sicherlich zu weiten Teilen zu verdanken, dass in der Kategorie »Prozessqualität« eine Note von 1,0 erreicht wurde. Insgesamt ergab sich in allen Kategorien eine gute bis sehr gute Bewertung, und es wurde ein Gesamterfüllungsgrad von 84,1 % erzielt (Abb. 6.40 – 6.42).

1

5 Hauptkriteriengruppen

Gewichtung gesamt

Erfüllungsgrad

Note

ökologische Qualität

22,5 %

80,0 %

1,50

ökonomische Qualität

22,5 %

88,0 %

1,23

soziokulturelle und funktionale Qualität

22,5 %

85,9 %

1,30

technische Qualität

22,5 %

77,5 %

1,58

Prozessqualität

10,0 %

95,0 %

1,00

85,3 %

1,32

84,1 %

1,36

Standortqualität Objektbewertung

100 %

4 2

6.40 3

3,0 Nicht klassifiziert 0%

50 %

2,0 Bronze 55 %

60 %

1,5

1,0

Silber 65 %

70 %

75 %

Gold 80 %

85 %

90 %

95 % 100 %

Büro- und Verwaltungsgebäude, München Erfüllungsgrad: 84,1 %, Objektbewertung: Note 1,36, Gold 6.41

6.37 6.38 6.39 6.40 6.41 6.42

6.42

Ansicht von Nordwesten Grundriss 2.–4. Obergeschoss, Maßstab 1:1000 Längsschnitt, Maßstab 1:1000 Bewertungsergebnis Zertifizierungsergebnis und Erfüllungsgrad Bewertungsresultate im Überblick 1 ökologische Qualität 2 ökonomische Qualität 3 soziokulturelle und funktionale Qualität 4 technische Qualität 5 Prozessqualität

133

Zusammenfassung und Ausblick

• derzeitige Situation und wünschenswerte Entwicklung • wissenschaftlicher Bearbeitungsbedarf beim DGNB Zertifikat • Schulen als Kaderschmiede für Nachhaltigkeit • Aus- und Weiterbildung • Kosten des nachhaltigen Bauens • Ausblick auf die weitere Entwicklung

Derzeitige Situation und wünschenswerte Entwicklung Die Veränderung des Weltklimas hat bei vielen zu einem Umdenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit unseres Handelns geführt. Ehrgeizige DekarbonisierungsPfade, die die Transformation unserer Wirtschaften in »low carbon economies« als technisch möglich und ökonomisch erfolgreich darstellen, bestimmen die strategischen politischen Diskussionen. Die Bedeutung der Nachhaltigkeit unseres Handelns rückt global immer stärker in unser Bewusstsein und bestimmt unsere Aktionen. So werden z. B. in China ineffiziente Fabriken rigoros auch gegen den Willen der Eigentümer geschlossen. Da der Gebäudesektor sowohl hinsichtlich des Energieverbrauchs für die Konditionierung der Räume als auch hinsichtlich der Massenströme, die für die Erstellung und den Rückbau benötigt werden, weltweit an erster Stelle liegt, ist der Bedarf an Veränderungen gerade in diesem Bereich besonders hoch. Gebäude müssen künftig nachhaltiger geplant, gebaut, betrieben und rückgebaut werden. Dieser Notwendigkeit folgend, ist die Nachfrage nach Systemen zur Bewertung und Kennzeichnung der Nachhaltigkeit von Gebäuden weltweit groß und wird weiter wachsen. In Deutschland lag der Schwerpunkt der Entwicklung zunächst auf der Betrachtung des energetischen Verhaltens von Gebäuden. Hier konnte Deutschland eine Spitzenposition erlangen. Da das amerikanische Bewertungssystem LEED auf den deutschen Immobilienmarkt drang und gleichzeitig die Nachfrage nach einem deutschen System im Ausland stieg, entstand in Deutschland von 2007 bis Ende 2008 unter hohem Zeitdruck und im Einvernehmen mit interessierten Fachkreisen ein Gütesiegel zur Kennzeichnung der Nachhaltigkeit von Immo134

bilien. Dieses System sowie die bereits seit Jahren etablierten Bewertungssysteme BREEAM und LEED sind in diesem Buch detailliert beschrieben. Das in Deutschland entwickelte, so weit wie möglich auf europäischen Normen basierende System fand in internationalen Fachkreisen hohe Anerkennung und ist aufgrund seiner erweiterten Sichtweise auf gutem Weg, zum Vorbild für ein europäisches System zu werden. Jedoch führte das Nichtzustandekommen einer Einigung zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) 2009 zu der Situation, dass in Deutschland mehrere deutsche, vom BMVBS abgesegnete Systeme entstehen könnten, wodurch der Wert aller Systeme Schaden nähme. Der Energiepass, der durch die Bundesregierung sowohl als bedarfs- als auch als verbrauchsorientierter Energieausweis eingeführt wurde, ist Beleg für die Fragwürdigkeit einer derartigen Entwicklung. Die wesentlichen Pfeiler eines Systems zur Kennzeichnung der Nachhaltigkeit, d. h. die Kriterien und alle Bewertungs-/ Gewichtungsfaktoren, müssen bundesweit einheitlich festgelegt sein, um die wesentliche Funktion der Kennzeichnung – die Vergleichbarkeit von Immobilien – erfüllen zu können. Es wäre bedauerlich, wenn die EU-Mitgliedsstaaten erst über eine Richtlinie der Europäischen Kommission gezwungen würden, nationale Systeme und damit für jeden Staat ein einheitliches System einzuführen. Leider ist diese Ressourcenverschwendung vorauszusehen, nahm doch die Entwicklung des Energieausweises in Deutschland den gleichen Weg, ohne zu einer guten Lösung zu führen. Im Gegensatz zu dieser nationalen Mehrgleisigkeit ist eine frühzeitige Harmonisierung aller in Europa laufenden Aktivitäten

hinsichtlich einer Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden erstrebenswert. Ein so harmonisiertes Zertifizierungssystem der Europäischen Gemeinschaft hätte auch im internationalen Wettbewerb ungleich bessere Chancen.

Wissenschaftlicher Bearbeitungsbedarf beim DGNB Zertifikat Ein Bewertungssystem der Nachhaltigkeit von Gebäuden ist ein dynamisches System, das möglichst modular aufgebaut ist. Infolge des permanenten Wissensund Kenntniszuwachses, veränderter Betrachtungsweisen und sozialer Randbedingungen, die auch in Bauvorschriften und Empfehlungen münden, müssen die Kriterien zur Beschreibung der Nachhaltigkeit fortlaufend angepasst werden. Ähnlich wie Normen, die einem ständigen Wandel unterworfen sind, trifft dies in noch stärkerem Maße für die Kriterien zu. Dies gilt insbesondere für das deutsche System, welches in kürzester Zeit entstanden ist und in die Praxis eingeführt wurde. Die Transparenz, die für dieses System gewählt wurde, erlaubt die Anpassung in beispielhafter Weise. Bewertungs- und Gewichtungsfaktoren

Anpassungsbedarf besteht insbesondere bei der Fixierung der Bewertungsfaktoren (siehe Zertifizierungssysteme im Detail, S. 53). Die derzeitige Lösung war zunächst ein pragmatischer Ansatz zur Etablierung eines deutsches Systems, der jetzt jedoch einer wissenschaftlichen Untermauerung oder Korrektur bedarf. Insbesondere sollte die Bewertung der Standortqualität – ähnlich wie bereits bei BREEAM und LEED – in die Gesamtbewertung einfließen. Ihre separate Nennung war ebenfalls dem Zeitdruck bei der Systementwicklung geschuldet. Daneben wurde jedoch auch nachvollziehbar argu-

mentiert, dass eine Trennung zwischen Gebäude und Standort bewusst herbeigeführt werden sollte, um die zu bewertenden Systemgrenzen genau definieren zu können. Auch die Gewichtungsfaktoren, mittels derer die unterschiedliche Bedeutung einzelner Kriterien innerhalb einer Qualitätsgruppe berücksichtigt wird, müssen wissenschaftlich fundiert festgelegt werden. Dabei sind, wie auch bei den Bewertungsfaktoren, unterschiedliche Datensätze aufzubereiten, um das System auch in anderen Regionen der Erde orts- und gesellschaftsspezifisch anwenden zu können. Festlegung der Kriterien

Die Fixierung der Zielwerte und Bewertungsvorschriften in den einzelnen Kriterien erlaubt eine sequenzielle Bearbeitung durch Spezialisten und garantiert auf diese Weise ein Höchstmaß an Qualität. Diese Struktur erfordert jedoch einen hohen Aufwand bei der Harmonisierung der einzelnen Kriterien. Bei deren Pflege und Weiterentwicklung sind klare personelle Zuständigkeiten notwendig, die auch die jeweilige fachliche Kompetenz der Bearbeiter berücksichtigen. Nur so ist gewährleistet, dass neueste Entwicklungen aus Forschung, Normung oder Gesetzgebung in die Formulierung der Kriterien und ihrer Bewertungsvorschriften einfließen. Hieraus ergibt sich ein ständiger Bedarf an Überprüfung und wissenschaftlicher Weiterentwicklung. Gelegentlich sind bei Objekten einzelne Kriterien ohne Bedeutung. Hierfür können dann keine Punkte vergeben werden und das Gesamtergebnis leidet, obwohl das Kriterium für dieses Gebäude ohne Relevanz ist. Dieser allen Systemen anhaftende Mangel könnte beseitigt werden, wenn es die Systeme ermöglichten, einzelne Kriterien projektspezifisch aus der Bewertung herauszunehmen.

Ausdehnung der Bilanzgrenzen auf Quartiere, Siedlungen und Städte

Bei der energetischen Bewertung von Immobilien wird seit einigen Jahren die Bilanzgrenze und damit der Betrachtungsbereich vom Gebäude selbst auf Quartiere, Siedlungen, Städte und Ballungsgebiete ausgedehnt, da die Art der Energieversorgung nicht gebäudeweise optimiert werden kann. Auslöser waren Überlegungen in den 1990er-Jahren, als neue Siedlungen in Niedrigstenergieoder Passivhausbauweise entstanden und die Frage nach einem Erdgasanschluss für diese Gebäude anstand. Wegen der geringeren spezifischen CO2Emissionen bei Erdgas gegenüber Heizöl entstand eine Entwicklung »weg vom Öl«, die zu einer deutlich steigenden Zahl von Erdgasheizungen führte. Die geringen spezifischen Verbrauchswerte von Siedlungen in Niedrigenergie- oder Passivhausbauweise stellten jedoch die flächendeckende Versorgung mit Erdgas in Frage. Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit stellt sich naturgemäß die gleiche Frage. Die Formulierung der Bilanzgrenzen rückt als zentrales wissenschaftliches Problem in den Vordergrund. Sind Passivhaussiedlungen an der Peripherie von Großstädten, die einen hohen Individualverkehr verursachen können, aus energetischer Sicht Gebäuden im Stadtkern vorzuziehen, die in der Ausführung nur den gesetzlichen Mindestanforderungen an die Energieeffizienz entsprechen, als »Hauptverkehrsmittel« jedoch die Füße zum Einsatz kommen lassen? Welche Wertigkeit hat dabei beispielsweise die Möglichkeit, im Grünen oder in der Innenstadt bequem spazieren gehen zu können? Diese Frage wird mit Sicherheit individuell sehr unterschiedlich beantwortet und zeigt den großen Forschungsbedarf auf, wenn für dieses Kriterium eine objektive Bewertungsmöglich-

keit im Rahmen von Zertifizierungssystemen gesucht wird. Bauten der öffentlichen Hand

Auf internationaler Ebene wird es wohl auf längere Sicht unterschiedliche Bewertungssysteme geben, die einen unmittelbaren Vergleich zertifizierter Gebäude erschweren. Gleiches gilt natürlich auch für nationale Entwicklungen, bei denen sich abzeichnet, dass bestimmte Gebäudekategorien trotz gleicher Nutzung mit unterschiedlichen Systemen bewertet werden. So muss für Bauten der öffentlichen Hand das gleiche System angewendet werden, das auch bei privaten Immobilien Verwendung findet, da sonst keinerlei Vergleichsmöglichkeiten gegeben sind. Bei der Zertifizierung der Nachhaltigkeit öffentlicher Gebäude ist darauf zu achten, dass Neutralität und Objektivität gewährleistet sind, weshalb der Einsatz eigener Bediensteter als Auditoren problematisch erscheint. Dies gilt nicht nur für Bauten des Bundes oder der öffentlichen Hand, sondern auch für privat finanzierte Bauvorhaben, wenn ein Mitarbeiter des Bauherrn oder Projektentwicklers als Auditor fungiert.

Schulen als Kaderschmiede für Nachhaltigkeit Schulen als Hort der Ausbildung und Erziehung sind der geeignetste Ort, Nachhaltigkeit zu vermitteln und umzusetzen. Zu keiner Zeit unseres Lebens sind wir so aufnahmefähig wie im Schulalter und können von einer hohen Qualität der Raumakustik, des Schallschutzes, der Tageslicht- und Kunstlichtversorgung, der Luft sowie einer hohen thermisch-hygrischen Behaglichkeit infolge eines guten baulichen Wärmeschutzes profitieren, deren ökologische und ökonomische 135

Zusammenfassung und Ausblick

Auswirkungen erfahren und dann auch an anderen Orten ähnliche Qualitäten anstreben. Besonders deutlich und nachhaltig sind diese Vorzüge im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen spürbar. Gerade in Deutschland sind wir gehalten, in Schulen die bestmöglichen Bedingungen sicherzustellen, entsteht dort doch unsere wesentliche, nachwachsende Ressource – die Ressource Bildung. Diese Ressource kann mit nachhaltigen Gebäuden wesentlich effizienter genutzt werden, wie zum Beispiel die Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit der Schüler von der Raumtemperatur oder von der Raumakustik in Form der Nachhallzeit belegt [1, 2]. Somit wird sowohl der Gedanke der Nachhaltigkeit mit höchstmöglicher Nachhaltigkeitswirkung disseminiert als auch ein Höchstmaß an Effizienz erzielt.

Aus- und Weiterbildung Nachhaltiges Planen, Bauen, Nutzen und ggf. Umbauen oder Abreißen bedingt die Kenntnis aller Aspekte des nachhaltigen Bauens, wie sie oben beschrieben sind. Somit tangiert auch die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden alle diese Bereiche und verlangt den Planern und Auditoren die entsprechenden Kenntnisse ab. Es bedarf deshalb umfangreicher Aus- und Weiterbildung, um alle Aspekte des nachhaltigen Bauens erfassen und umsetzen zu können. Letztendlich wird niemand alle Bereiche mit der für die Erstellung der Einzelkriterien notwendigen Tiefe bearbeiten können; die Anwendung der Kriterien und das Erkennen der Zusammenhänge müssen jedoch den Auditoren abverlangt werden. Die entsprechenden Kenntnisse sind derzeit in speziell für die Auditierung geschaffenen Ausbildungsgängen zu erlernen und anschließend über Fortbil136

dungsmaßnahmen zu pflegen. Die Qualität dieser Aus- und Weiterbildung entscheidet über die Qualität des gesamten Zertifizierungssystems und dessen Akzeptanz am Markt. Um den Herausforderungen an die Planung nachhaltiger Gebäude gerecht zu werden, bieten bereits heute einige Ausbildungsstätten spezielle Veranstaltungen an. Hierzu zählen z.B. Studiengänge an der Cornell University und der TU Graz oder die »Sommerakademien Nachhaltiges Bauen« der ETH Zürich, TU Graz, TU Delft und Universität Stuttgart. Auch die Technische Universität München bereitet zum Wintersemester 2011/2012 einen interdisziplinären Masterstudiengang »Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen« vor. Diese Ausbildungen sind die Basis für eine neue Berufsgruppe, deren primäre Aufgabe die Berücksichtigung der Aspekte der Nachhaltigkeit beim Planen, Bauen, Nutzen und ggf. Umbauen oder Abreißen ist: die »Nachhaltigkeitsberater«. Ihr Einsatz ab dem frühen Planungsstadium wird voraussichtlich in wenigen Jahren zum Planungsalltag gehören.

Kosten des nachhaltigen Bauens Ein zunehmend detailliertes und dokumentiertes Planen wird zunächst eine Steigerung der Planungskosten bewirken. Sobald jedoch die Mitarbeit der »Nachhaltigkeitsberater« zum Alltag in der Planung geworden ist, wird deutlich werden, dass deren Mitwirkung den integralen Planungsansatz intensiviert, die Nachhaltigkeitsaspekte umfassender in den Planungsprozess integriert und die Qualität des Gebäudes insgesamt erhöht. Ferner kann der Einsatz von Bewertungssystemen den Planungsprozess gegebenenfalls besser strukturieren und beschleunigen. Die durch die Bewertung

der Nachhaltigkeit entstehenden Kosten werden deshalb im Vergleich zu den während der gesamten Nutzungsdauer möglichen Kostenvorteilen gering sein. Die Gesamtkosten eines Gebäudes, die maßgeblich während seines Betriebs entstehen, werden sinken. Die bei den international gebräuchlichen Systemen entstehenden Kosten für die Zertifizierung lassen sich aufgrund unterschiedlicher Strukturen nur schwer miteinander vergleichen. Je detaillierter die Betrachtung ist und je umfassender die Aspekte der Nachhaltigkeit im System abgebildet werden, desto höher liegen die Kosten, aber desto höher sind auch die damit einhergehenden Optimierungspotenziale während der Bau-, Nutzungsund ggf. Umbau- oder Abrissphase.

Ausblick auf die nationale und internationale Entwicklung Die Kennzeichnung der Nachhaltigkeit von Gebäuden wird in Zukunft wesentlich an Bedeutung gewinnen, da die mit der Kennzeichnung verbundenen Vorteile beim Verkauf und bei der Vermietung von Immobilien überzeugen und die selbst genutzte Immobilie mit entsprechend gekennzeichneter Qualität das Image des Eigentümers erhöht. Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte, wie diese durch die bestehenden Zertifizierungsssysteme definiert werden, kann bei der Erstellung von Gebäuden und bei bestehenden Immobilien als klassische Win-Win-Situation betrachtet werden. Sie wird zukünftig auch als solche von den Akteuren wahrgenommen werden. Wir alle, als Gesellschaft ebenso wie als Individuen, profitieren von der angestrebten Balance der ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit. Dabei dürfte vor allem der ökonomische Faktor,

der zunehmend bei den Zertifizierungssystemen berücksichtigt wird, zum Treiber nachhaltigen Bauens werden. Vermutlich wird der Druck auf Investoren, ihre Immobilie zertifizieren zu lassen, weltweit deutlich steigen, wobei regional unterschiedliche Zertifizierungssysteme Verwendung finden werden. Weltweit kommen die Zertifizierungssysteme BREEAM und LEED häufig zum Einsatz, da sie schon relativ lange auf dem Markt sind, flexibel in unterschiedlichen Klimazonen einsetzbar sind und sich durch ihren pragmatischen Ansatz leicht in die weltweit vorhandenen, unterschiedlichen Planungsprozesse integrieren lassen. Das deutsche System als System der zweiten Generation ist aus wissenschaftlicher Sicht eine Weiterentwicklung der bereits existierenden Systeme, wohl auch schon deshalb, weil es auf deren Erfahrungen aufbaut und den neuesten Stand der Wissenschaft berücksichtigt. Dazu gehören auch die auf europäischer Ebene laufenden Normungsaktivitäten. In Deutschland ist nach einem fulminanten Start bzw. Neustart in die Thematik im Jahr 2007 und nach einer großen, breiten Begeisterung über das neue System etwas Ernüchterung eingetreten, die teilweise zu einem Verzicht auf eine Zertifizierung oder aber zu einer Bewertung mit zwei Systemen führt. Maßgeblicher Grund für diesen unglücklichen Verlauf ist der unter »Derzeitige Situation und wünschenswerte Entwicklung« (S. 134) beschriebene Sachverhalt. Die aktuelle Entwicklung der verbreiteten Zertifizierungssysteme wie BREEAM, LEED oder DGNB weist eindeutig in Richtung Internationalisierung. Dabei steht die Entwicklung und Bereitstellung von Systemvarianten im Vordergrund, die aufgrund ihrer Struktur und der zugehörigen Bewertungsschemata, Zielwerte und Dokumentationsanforderungen die großen regionalen Unterschiede abbilden.

BRE bietet bereits mit »BREEAM International Bespoke« eine Systemvariante, mit der jedes beliebige Gebäude weltweit zertifiziert werden kann. Die DGNB und der USGBC (LEED) arbeiten zur Zeit intensiv an der Entwicklung entsprechender Systeme, wobei LEED bereits heute weltweit angewendet wird und so (auf Basis amerikanischer Standards) eine Vergleichbarkeit garantiert. Die Zertifizierungssysteme sind von der jeweiligen Baukultur des Landes, in dem das System ursprünglich entwickelt wurde, geprägt und unterscheiden sich folglich hinsichtlich der für sie geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, Planungsabläufe und technischen Besonderheiten. Bewährte Anforderungskriterien und Weiterentwicklungen werden bereits jetzt von den jeweils anderen Systemen integriert, sodass die aktuelle Vielfalt der Systeme und die zum Teil unterschiedlichen Schwerpunkte die Weiterentwicklung und Optimierung vorantreiben. Tendenziell werden sich die etablierten Systeme mit ihren jeweiligen Betrachtungsgrenzen, Anforderungskriterien und Zielwerten in Kernbereichen kontinuierlich annähern und eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleisten. Schließlich besitzen die übergeordneten Ziele der Nachhaltigkeit weltweit Gültigkeit, und die Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft dürfte auf globaler Basis unumkehrbar sein. Die Anwendung der Zertifizierungssysteme und die Integration der systemspezifischen Nachhaltigkeitskriterien sind noch weitgehend freiwillig und nicht staatlich vorgegeben, wobei in den USA, in Japan und in Großbritannien schon heute, beschränkt auf einzelne Regierungsbezirke bzw. bestimmte Gebäudetypen, Nachweise auf der Grundlage der Zertifizierungssysteme gesetzlich verankert sind und sich als Mindeststandard etabliert haben. Hier ist die weitere

Entwicklung intensiv zu beobachten. Die ersten Zertifizierungssysteme wurden aus Engagement und dem Idealismus einzelner Personen heraus mit dem Ziel entwickelt, das umfassend nachhaltige Bauen zu fördern und zu etablieren. Betrachtet man die weltweite Entwicklung der letzten Jahre, so haben diese Zertifizierungssysteme bereits jetzt einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, eine Bewusstseinsänderung in der Immobilienbranche anzustoßen. Die Zielwerte der einzelnen Systeme werden von den Systemträgern regelmäßig an die technischen Entwicklungen angepasst und kontinuierlich verschärft, sodass sich die negativen Umweltauswirkungen in Zukunft wesentlich verringern und möglicherweise sogar ins Positive verändern. Hier haben der USGBC, das BRE und die DGNB bereits visionäre Ziele für zukünftige Versionen ihrer Bewertungsssysteme formuliert (siehe Zertifizierungssysteme im Detail, S. 37, S.47). Es bleibt zu hoffen, dass nicht nationale Interessen im Vordergrund des nachhaltigen Bauens und im Wettbewerb der Zertifizierungssysteme untereinander stehen werden, sondern dass das übergeordnete Ziel der Sicherung einer lebenswerten Umwelt für unsere zukünftigen Generationen die Triebfeder des gemeinsamen Handelns und Wirtschaftens sein wird. Wenn dann tatsächlich bessere Gebäude geplant und errichtet werden, profitieren davon sowohl der Nutzer und der Eigentümer als auch die lokale und globale Gesellschaft.

Anmerkungen: [1] Danmarks Tekniske Universitet (DTU): Studie zum Einfluss des Raumklimas auf die Leistungsfähigkeit. Kopenhagen 2006 [2] Klatte, Maria; Hellbrück, Jürgen; Seidel, Jochen; Leistner, Philip: Effects of classroom acoustics on performance and well-being in elementary school children – A field study. Kaiserslautern 2009

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Anhang

• • • • •

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Hegger, Manfred; Fuchs, Matthias; Stark, Thomas; Zeumer, Martin: Energie Atlas. München 2007 König, Holger; Kohler Niklaus; Kreißig, Johannes; Lützkendorf, Thomas: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009 Systemvergleich Baumann, Oliver; Reiser, Claudius; Schäfer, Jochen: Grün ist nicht gleich Grün. In: Bauphysik 02/2009, S. 99 –105 BRE Global (Hrsg.): BREEAM Offices 2008 User’s Manual. Watford 2008 Bruck, Manfred; Geissler, Susanne; Lechner, Robert: Total Quality Planung und Bewertung (TQ-PB) von Gebäuden. Wien 2002 Cole, Raymond J.: Building environmental assessment methods. In: Building Research and Information. Vancouver 1999, S. 230 –246 Cole, Raymond J.; Larsson, Nils: Green Building Challenge 2002. GBTool User Manual. Vancouver 2002 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB): Handbuch Büro und Verwaltungsbauten. Stuttgart 2009 Eßig, Natalie: Die Bemessung der Nachhaltigkeit. In: db 5/2009, S. 62 –65 Eßig, Natalie: Nachhaltigkeit von Olympischen Bauten. Stuttgart 2010 König, Holger; Kohler Niklaus; Kreißig, Johannes; Lützkendorf, Thomas: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009 Larsson, Nils: An Overview of SBTool. Vancouver 2007 Larsson, Nils: Rating Systems and SBTool. The International Initiative for a Sustainable Built Environment. Seoul 2007 Saunders Tom: A Discussion Document Comparing International Environmental Assessment Methods for Buildings. Watford 2008 Scheuer, Chris W.; Keoleian, Gregory A.: Evaluation of LEED using Life Cycle Assessment Methods. Michigan 2002 U.S.Green Building Council: LEED Reference Guide for Green Building Design and Construction. Washington 2009 Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale Chartered Institution of Building Services Engineers (CISBE): Environmental factors affecting office worker performance. A review of evidence. CIBSE Technical Memoranda TM24. London 1999 Dahlhaus, Ulrich Jürgen; Meisel, Ulli: Nachhaltiges Bauen 2008/2009. Essen 2009 Deutscher Verband der Projektmanager in der Bauund Immobilienwirtschaft (DVP) (Hrsg.): Nutzungskosten als Aufgabe der Projektsteuerung. Berlin 2009 Eichholtz, Piet, Kok Nils, Quigley John M.: Doing Well by Doing Good? Green Office Buildings Working Paper No W08-001. Berkeley, California 2008 Huff, Thorsten: Fortentwicklung von Bestandsimmobilien. Ein Entscheidungsmodell zur Findung optimaler Lösungen. Berlin 2009 Lützkendorf, Thomas; Lorenz David: Nachhaltigkeitsorientierte Investments im Immobilienbereich. Karlsruhe 2005 Lützkendorf, Thomas; Lorenz, David: Sustainable property investment: valuing sustainable buidlings through property performance assessment. In: Building Research & Information 03/2005, S. 212 –234 Miller, Norm: Green Buildings and Productivity. In: Journal of Sustainable Real Estate 01/2009 Preuß Norbert; Schöne, Bernhard Lars: Real Estate und Facility Management. Berlin 2010 Waibel, Miriam: Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bewertung von Büroimmobilien. Stuttgart 2008 Praxisbeispiele Ebert, Thilo: Das natürliche Energiepotenzial von Licht, Luft und Wasser. In: Detail Green 01/2009, S. 48 –49 Lang & Groß Management GmbH: Verantwortung Unternehmen. Die Neue Zentrale der Gruppe Deutsche Börse. Eschborn 2010

Links (Auswahl)

Normen und Richtlinien

Afilog: www.afilog.org American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE): www.ashrae.org Association pour la Haute Qualité Environnementale (HQE): www.assohqe.org BRE Environmental Assessement Method (BREEAM): www.breeam.org Building Research Establishment (BRE): www.bre.co.uk Bundesamt für Energie (BFE) – EnergieSchweiz: www.bfe.admin.ch Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) – Ökobau.dat: www.nachhaltigesbauen.de/baustoff-undgebaeudedaten/oekobaudat.html Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) – Energie in Deutschland: www.energie-verstehen.de Canadian Green Building Council: www.cagbc.org Cequami: www.cequami.fr Cerqual: www.cerqual.fr Certivéa: www.certivea.fr Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena): www.dena.de Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB): www.dgnb.de Eco-Bau – Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau: www.eco-bau.ch Europäische Kommission – Green-BuildingProgramm: www.eu-greenbuilding.org European Committee for Standardization: www.cen.eu Forschung für energieoptimiertes Bauen: www.enob.info Geschäftsstelle MINERGIE: www.minergie.ch Green Building Council Australia: www.gbca.org.au Informationsportal Nachhaltiges Bauen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): www.nachhaltigesbauen.de Institute for Building Environment and Energy Conservation (IBEC): www.ibec.or.jp/CASBEE/english/index.htm International Initiative for a Sustainable Built Environment (iiSBE) – SB/GB Challenge: www.iisbe.org/sb_challenge International Organization for Standardization: www.iso.org Label for Environmantal, Social and Economic Buildings (LEnSE): www.lensebuildings.com Novatlantis – die 2000-Watt Gesellschaft: www.novatlantis.ch OPEN HOUSE: www.openhouse-fp7.eu Qualitel: www.qualitel.org Sustainable Buildings and Cliamte Initiative – UNEP-SBCI: www.unep.org/sbci/index.asp Sustainable Building Alliance: www.sballiance.org United Nations Population Division: www.un.org/popin/data.html U.S. Green Building Certification Institute (GBCI): www.gbci.org U.S. Green Building Council (USGBC): www.usgbc.org Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU): www.wbgu.de/wbgu_globalerwandel.html World Green Building Council (WGBC): www.worldgbc.org World Urbanization Prospects – The 2007 Revision Population Database: http://esa.un.org/unup

Energie ANSI/ASHRAE/IESNA Standard 90.1 Energy standard for buildings except low-rise residential buildings. 2007 DIN V 18 599 Teil 1 –10 Energetische Bewertung von Gebäuden. 2009 EPBD 2002/91/EC European directive on the energy performance of buildings (Richtlinie 2002/91/EG der Europäischen Gemeinschaft über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden). 2002 Innenraumklima ANSI/ASHRAE Standard 62.1 Ventilation for acceptable indoor air quality. 2007 ANSI/ASHRAE/IESNA Standard 55 Thermal environmental conditions for human occupancy. 2004 EN ISO 7730 Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. 2005 Nachhaltigkeit CEN/TC 350 (prEN 15978) Sustainability of construction works – Assessment of environmental performance of buildings – Calculation method. 2010-3 ISO 15 392 Sustainability in building construction – General principles. 2008 ISO 21 930 Sustainability in building construction – Environmental declaration of building products. 2007 ISO 21 931-1 Sustainability in building construction – Framework for methods of assessment of the environmental performance of construction works – Part 1: Buildings. 2010 ISO/DTR 21 932 Buildings and constructed assets – Sustainability in Building Construction – Terminology. 2010 ISO/NP 21 929-2 Sustainability in building construction – Sustainability indicators – Part 2: Framework for the development of indicators for civil engineering work. 2010 ISO/NP TS 12 720 Sustainability in building construction – Guidelines for the application of the general principles on sustainability. 2009 ISO/TC 59/SC 17 Sustainability in building construction. 2002 prEN 15 643 Teil 1 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden – Allgemeine Rahmenbedingungen. 2009 prEN 15 643 Teil 2 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden – Rahmenbedingungen für die Bewertung der umweltbezogenen Qualität. 2009 prEN 15 643 Teil 3 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Integrierte Bewertung der Qualität von Gebäuden – Rahmenbedingungen für die Bewertung der sozialen Qualität. 2010 prEN 15 643 Teil 4 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Integrierte Bewertung der Qualität von Gebäuden – Rahmenbedingungen für die Bewertung der ökonomischen Qualität. 2010 prEN 15 804 Sustainability of construction works – Environmental product declarations – Product category rules. 2008 prEN 15 942 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Kommunikationsformate zwischen Unternehmen. 2009 SIA 112/1 Nachhaltiges Bauen – Hochbau (SIA Empfehlung). 2004 Ökonomie DIN 276-1 Teil 1 Kosten im Bauwesen – Hochbau. 2006 DIN 18 960 Nutzungskosten im Hochbau. 2008 DIN 32 736 Gebäudemanagement. Begriffe und Leistungen. 2000 GEFMA 220-1 Lebenszykluskosten im FM – Einführung und Grundlagen. 2006 ISO 18 686-5 Buildings and constructed assets – Service life planning – Part 5: Maintenance and life cycle costing. 2008

139

Anhang

Abbildungsnachweis Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben, sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. Sämtliche Zeichnungen in diesem Werk sind eigens angefertigt. Fotos, zu denen kein Fotograf genannt ist, sind Architektenaufnahmen, Werkfotos oder stammen aus dem Archiv der Zeitschrift DETAIL. Trotz intensiven Bemühens konnten wir einige Urheber der Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind jedoch gewahrt. Wir bitten in diesen Fällen um entsprechende Nachricht. Die Zahlen beziehen sich auf die Abbildungsnummern. Grundlagen 1.1 Hegger, Manfred u.a.: Energie Atlas. München 2007, S. 49 1.4 United Nations Population Division, vgl. http://www.un.org/popin/data.html 1.5 Venjakob, Johannes; Hanke, Thomas: Neue Phase im Wettstreit zwischen Energieeffizienz und Wohnraumbedarf. In E & M, 15. Mai 2006 1.6, 1.8 Colin, Armand: Atlas der Globalisierung. Berlin 2007, S. 41 1.7 wie 1.6, S. 38 1.11 wie 1.6, S. 39 1.12 EUMETSAT: Climate Monitoring – Meeting the Challenge. Darmstadt 2008, S. 2 1.13 Statistisches Bundesamt: Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche. Pressemitteilung Nr. 492 vom 23.11.2006, vgl. http:// www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/ destatis/Internet/DE/Presse/pm/2006/ 11PD06__492__85,templateId=renderPrint. psml 1.14 Umweltbundesamt (UBA): Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland vom Jahr 1993 bis zum Jahr 2008. Dessau 2009, S. 9 1.15 Deutsche Energie-Agentur (dena): Thema Energie. Berlin, vgl. http://www.thema-energie.de/typo3temp/pics/7c2f97c03a.jpg 1.16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Erneuerbare Energien 2008 in Deutschland – Aktueller Sachstand 2009. Berlin 2009, vgl. http:// www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ee_sachstand.pdf, S. 7 1.17 International Energy Agency (IEA): Key World Energy Statistics. Paris 2009, vgl. http://www.iea.org/textbase/nppdf/ free/2009/key_stats_2009.pdf, S. 6 1.18 Butler, Rhett A.: http://www.mongabay.com. San Francisco 1.19 wie 1.6, S. 19 1.21 eigene Darstellung nach: wie 1.1, S. 184 1.22, 1.23 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): GreenTech made in Germany 2.0. Umwelttechnologieatlas für Deutschland. München 2009 1.24, 1.25 Ernst & Young Real Estate GmbH: Green Building – Ist Zertifizierung für Sie ein Thema? vgl. http://www.competencesite.de 1.26 Fuerst, Franz; McAllister, Patrick: Die nächste Generation. In: Raum & Mehr 01/2009 1.27 wie 1.22 1.33 International Initiative for a Sustainable Built Environment (iiSBE), http://www.iisbe.org Zertifizierungssysteme im Detail BREEAM 2.1 Building Reserach Establishment (BRE), Hertfordshire 2.4 Building Reserach Establishment (BRE): BREEAM Europe Commercial 2009 Assessor Manual. Hertfordshire 2009, S. 38 2.8 wie 2.4, S. 102 2.10 David Brandt, Dresden; Multi Development Germany GmbH, Duisburg

140

LEED 2.11, 2.12 U.S. Green Building Council (USBGC), Washington 2.13 eigene Darstellung nach USGBC 2.14 Green Building Certification Institute (GBCI), Washington 2.16 wie 2.11 2.17 wie 2.13 2.18 wie 2.11 2.21 wie 2.13 2.28 wie 2.11 2.29 Tishman Speyer, Frankfurt am Main DGNB 2.30, 2.31 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB), Stuttgart 2.33 eigene Darstellung nach: wie 2.30 2.35 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): 12. Sitzung Runder Tisch Nachhaltiges Bauen. Berlin 2009 2.36 –2.38 wie 2.30 2.39 DGNB: Das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen. Stuttgart 2009, S. 11 2.40 Eßig, Natalie: Die Bemessung der Nachhaltigkeit. In: db Deutsche Bauzeitung, 05/2009, S. 62 –65 2.41 GAP Architekten Generalplaner, Berlin CASBEE 2.42 Institute for Building Environment and Energy Conservation (IBEC), Tokio 2.44, 2.45, 2.47, 2.48 eigene Darstellung nach IBEC 2.50, 2.52 wie 2.42 2.55 ingenhoven architects, Düsseldorf MINERGIE 2.56 Geschäftsstelle MINERGIE, Bern 2.58 wie 2.56, vgl. http://www.minergie.ch/tl_ files/download/Anforderungen_ME.pdf, S. 1; http://www.minergie.ch/tl_files/download/ Anforderungen_ME_P.pdf, S. 1 2.59 wie 2.56, vgl. http://www.minergie.ch/ minergie-eco.html 2.60 wie 2.56, vgl. http://www.minergie.ch/tl_ files/images/unterschied.jpg 2.61, 2.62 wie 2.59 2.63 Bundesamt für Energie (BFE): Systemnachweis MINERGIE-ECO. Schlussbericht. Bern 2008, S. 17 2.64 Christine Blaser, Bern HQE 2.65

2.68 2.69

2.75 2.76

Actualités, actus et news en environnement et développement durable, vgl. http://www. actualites-news-environnement.com Certivéa, vgl. http://www.certivea.com/uk/ index.html DTZ Research, vgl. http://www.paris-region. com/adminsite/objetspartages/liste_ fichiergw.jsp?OBJET=DOCUMENT&CODE= 42994995&LANGUE=0&RH=PUBLICATION S, S. 21 Cerqual, vgl. http://www.cerqual.fr/cerqual/ nf/prix-des-presentations Jacques Le Goff, Paris; Brenac & Gonzales, Paris; ICADE Direction de l‘International, Paris

EU-GreenBuilding 2.77 Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin 2.78 Europäische Kommission, Generaldirektion GFS Institute für Umwelt und Nachhaltigkeit, Abteilung Erneuerbare Energien, Brüssel 2.80 Architekturbüro Franz Bauer, Ingolstadt Planungsablauf und Dokumentationsanforderungen 3.1 Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Bonn 2001, S. 6.11 3.2 Kleiber, Wolfgang u.a.: Verkehrswertermittlung von Grundstücken. Köln 2002, S. 1511

3.3, 3.4 eigene Darstellung nach Voss, Karsten u. a.: Bürogebäude mit Zukunft. Konzepte, Analysen, Erfahrungen. Berlin 2006 3.6 eigene Darstellung nach: wie 3.1, Anlage 7 3.9 Geissler, Susanne: Gebäudebewertungen mit Nachhaltigkeitsanspruch. Kongress Nachhaltig Bauen und Bewerten. Wien 2009 Systemvergleich 4.1 eigene Darstellung nach ISO 15392: Sustainability in building construction – General principles. 2008 4.3 eigene Darstellung nach Label for Environmental, Social and Economic Buildings (LEnSE), vgl. http://www.lensebuildings.com 4.4 Visier, Jean Christophe: Common Metrics for Key Issues, vgl. http://www.sballiance.biz Ökonomische Aspekte und Marktpotenziale 5.1, 5.2 Henzelmann, Torsten u.a.: Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement. Studie Roland Berger Strategy Consultants. 2010 5.3 Lützkendorf, Thomas; Lorenz, David: Nachhaltigkeitsorientierte Investments im Immobilienbereich. Karlsruhe 2005, S. 12 5.4 RICS Economics: Q2 Global Property Sustainability Survey. New York 2009 5.6 Rapp, Clemens/Fay Projects GmbH, Frankfurt am Main 5.7 eigene Darstellung nach ISO 15 686-5:2008(E) Buildings and constructed assets – Service life planning – Part 5: Lifecycle costing 5.10 Preuß, Norbert; Schöne, Lars Bernhard: Real Estate und Facility Management. Berlin 2010, S. 464 5.11 Makon GmbH & Co. KG, Nürnberg 5.13 Jones Lang LaSalle: OSCAR 2008. Büronebenkostenanalyse. Düsseldorf/Hamburg 2008 5.14 Waibel, Miriam: Nachhaltigkeitszertifikate bei der Bewertung von Büroimmobilien. Stuttgart 2008, S. 68 5.15, 5.16, 5.19 Jones Lang LaSalle, Frankfurt am Main und CoreNet Global. Frankfurt am Main/Atlanta 2009 Projektbeispiele 6.1 Matthias Reithmeyer, Augsburg 6.2, 6.3 ingenhoven architects, Düsseldorf 6.4 Hans Georg Esch, Hennef 6.5 eigene Darstellung auf der Grundlage des Post Construction Review Berichts von Faber Maunsell, London 6.9 Kondor Wessels, Berlin 6.10 Fuchshuber & Partner Architekten, Leipzig 6.15 Groß & Partner, Frankfurt am Main 6.16, 6.17 KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt am Main 6.18 wie 6.15 6.22, 6.25 Constantin Meyer, Köln 6.23, 6.24, 6.26 ARGE ZUB Jourdan & Müller PAS, Frankfurt am Main und Seddig Architekten, Kassel 6.27– 6.29, 6.40 – 6.42 Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB), Stuttgart 6.30 Tomas Riehle/arturimages, Köln; Thomas Pink, Petzinka Pink Architekten, Düsseldorf 6.31, 6.32 Petzinka Pink Architekten, Düsseldorf 6.33 – 6.36 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin 6.37 Visualisierung: Kamil Niewelt, Estenfeld; Architekten: Ganzer Hajek Unterholzner, München, und Thierry Louvieaux, Berlin 6.38, 6.39 Ganzer Hajek Unterholzner, München, und Thierry Louvieaux, Berlin

Anhang

Autoren Thilo Ebert

Natalie Eßig

Gerd Hauser

1967 geboren in Schweinfurt 1988 –1992 Studium der Versorgungstechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften FH München, Diplom 1993 1993 Auszeichnung und Preis des Förderkreises Neue Technologien für die Abschlussarbeit an der Hochschule zum Thema Entwicklung und Programmierung eines Heizzeitoptimierers 1993 –1998 Projektleitung im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung und im Energie- und Klimadesign, u.a. im Ingenieurbüro Prof. Hausladen GmbH, Kirchheim bei München 1999 –2000 Internationales Career Exchange Training bei WSP Flack+Kurz Inc., San Francisco, USA 2000 –2004 Projektmanagement internationaler Bauprojekte im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung und Future Building Design der HL Technik AG, München 2004 –2005 Associate, Advanced Technology Group bei WSP Flack+Kurz Inc., San Francisco, USA seit 2006 Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Ebert-Consulting Group GmbH & Co. KG; Vice-President der Ebert & Baumann Consulting Engineers Inc., Washington D.C., USA; Akkreditierung zum LEED Accredited Professional des USGBC 2007 mit der Ebert-Consulting Group Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. 2008 Lehrbeauftragter an der Technischen Universität München im Masterstudiengang ClimaDesign und Architektur, DGNB-Auditor

1977 geboren in Fürth 1996 –2003 Architekturstudium an der TU Darmstadt 2000 –2001 Architekturstudium am Politecnico di Torino 2003 –2004 freie Tätigkeit als Architektin im Bereich des energieeffizienten und nachhaltigen Bauens 2005 –2007 Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Lehrbeauftragte an der TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, Fachbereich Architektur 2006 Forschungsaufenthalt an der University of Technology, Sydney, Australien seit 2008 Akademische Rätin am Lehrstuhl für Bauphysik der TU München und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) in Holzkirchen, zuständig für den Bereich Nachhaltiges Bauen 2010 Promotion am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt zum Thema Nachhaltigkeit von Olympischen Bauten

1948 geboren in Bad Kissingen 1967 –1972 Maschinenbaustudium an der TU München 1972 –1977 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Holzkirchen, Theoretische Abteilung 1977 Promotion an der Universität Stuttgart, Fachgebiet Baukonstruktion 1977 –1983 Oberingenieur an der Universität Essen/ Gesamthochschule, Fachgebiet Bauphysik, Fachbereich Bauingenieurwesen 1983 –2004 Professor für Bauphysik am Fachbereich Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung der Universität Kassel seit 1984 Inhaber eines Ingenieurbüros für Bauphysik 1990 Ruf für eine ordentliche Professur an die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Verzicht auf den Ruf seit 2004 Professor für Bauphysik an der TU München, Fachbereich Bauingenieur- und Vermessungswesen und geschäftsführender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik in Stuttgart, Holzkirchen, Kassel

Mitglied im Fachausschuss Raumlufttechnik des VDI Autor zahlreicher Publikationen im Bereich des nachhaltigen Bauens und des Energie- und Klimadesigns Leitung von Forschungsprojekten zum energieoptimierten Bauen Management nationaler und internationaler Bauvorhaben im Bereich des nachhaltigen Bauens und der technischen Ausrüstung mit dem Ziel ganzheitlicher Planungslösungen Weiterer Entwicklungsschwerpunkt: Optimierung von Planungsprozessen im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung

Mitglied der Bayerischen Architektenkammer und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Autorin zahlreicher Publikationen Ausgewählte Forschungsfelder: Nachhaltigkeitsbewertung und -zertifizierung von Gebäuden (national und international), nachhaltiger Sportstättenbau, Nachhaltigkeitskonzeption und -beratung, Mitentwicklung von Lehrkonzepten zum Bereich des nachhaltigen Bauens Weitere Tätigkeiten: Mitentwicklung des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen, Vorsitzende des Doktoranden-Netzwerks Nachhaltige Stadtentwicklung (NSE), DGNB-Auditorin

Ordinarius der TU München Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik in Stuttgart, Holzkirchen und Kassel Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung e. V. Vorstandsmitglied des Zentrums für Umweltbewusstes Bauen e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen Mitglied des Steering Committee E2B, der HighLevel-Group, European Construction Technology Platform (ECTP) Weitere Tätigkeit in Fachorganisationen und Mitarbeit in nationalen und internationalen Normungsgremien wie FVEE ForschungsVerbund Erneuerbare Energien, CIB Conseil International du Bâtiment

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Anhang

Sachregister 2000-Watt-Gesellschaft Abfallaufkommen Ablauf des Bewertungsprozesses AFILOG-Bewertungsmethode AFNOR Certification Agenda 21 Agentur Bau Alterung Architects’ Council of Europe (ACE) ASHRAE ASHRAE Standard 90.1 Auditorkosten Ausbildung Ausschlusskriterien Ausschreibungshilfen

62 17 91 67 66 19f. 62 10 23 42, 47 96 100 136 65 24

Bâtiments tertiaires 67 Ballungsräume 11 Baukosten 54 Bauökologie 64 Bauprozess 76 Bauteilkataloge 24 BCO-Guide 37 Bedeutungsfaktoren 55 Beleihungswert 107 Bestandsimmobilien 111 Betrachtungszeitraum 98 Bevölkerungswachstum 9, 12 Bevölkerungswanderungen 12 Bewertungsergebnis 91 Bewertungsfaktoren 134 Bewertungshilfsmittel 24 Bewertungsmethode der zweiten Generation 48 Bewertungsmodelle 24 Bewertungsstufen 91 Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) 49f., 129 Bewirtschaftungskosten 98 BNB-Zertizifierung 130 BRE Global 30 BRE Green Guide 37 BREEAM 25f., 30, 77, 80, 88, 90ff., 94, 96, 97, 114, 134, 137 BREEAM In-Use 33, 111 BREEAM Bespoke 32f., 114, 117 BREEAM Communities 33 BREEAM Europe 31, 33, 37 BREEAM Gulf 31, 33 BREEAM International 33 BREEAM-Assessor 81f. BREEAM-Interimszertifikat 81f. BREEAM-Systemvarianten 31 BREEAM-Zertifizierung 81, 115 BREEAM-Zertifizierungsgrade 31 British Standards (BS) 37 Brundtland-Bericht 20 BSRIA Commission Guides 37 Building Information Modeling (BIM) 78 Building Research Establishment (BRE) 30 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) 106 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) 49 Bundesministerium für Gesundheit, Bonn 129 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) 6, 48, 129 Carbon Trust CASBEE CASBEE-Systemvariante Neubau CEN/TC 350: Nachhaltigkeit von Gebäuden Céquami Cerqual Certivéa Checklisten Code for Sustainable Homes Commissioning

142

37 26, 56 61 86 66, 68 66, 68 66, 68 24 26, 30 37, 42

Common Carbon Metric Considerate Constructor Scheme (CSC) Corporate Social Responsibility (CSR)

28 37 105, 112

Datenbanken 80 Datenerfassung 78, 81 Démarche HQE 66 demografischer Übergang 9 Design and Procurement 33 Design LEED Credits 121 Design Stage (DS) 32 Design Stage Assessment 82 Deutsche Börse, Eschborn 122 DGNB 6, 26, 48, 88, 90f., 93, 94, 96f., 126, 132, 134, 137 DGNB Zertifikat 48, 76, 77, 85 DGNB-Nutzungsprofile 51 DGNB-Software 52 DGNB-Vorzertifikat 85 DGNB-Zertifizierung 82, 84, 128, 130 ,133 DGNB-Zertifizierungsstelle 52 Dichte 11 Dimensionen des nachhaltigen Planens 8 DIN 18 960 54 DIN 276 54, 100 DIN V 18 599 96 Dokumentation 82 Dokumentationsanforderungen 33, 46, 80f., 83f. Drei-Säulen-Modell 21, 86 Drittverwendungsfähigkeit 20, 107 Due Diligence 107f. Effizienz 22 Einnahmen 99, 105 Einsparungspotenzial 113 Elementkataloge 24 Energieausweis 134 Energiebilanz 96 Energieeffizienz 64 Energieeinsparverordnung (EvEV) 18 Energiepass 134 Energierohstoffe 14 Energieverbrauch 15 Energy Performance Certificate (EPC) 37, 96 Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) 18, 96 Enviromental Product Declaration (EPD) 24, 54, 86 erneuerbare Energien 15 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 15 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) 15 Erträge 99, 105 EU Leitmarktinitiative (Lead Market Initiative for Europe, LMI) 19 EU-GreenBuilding-Programm 72 EU-Nachhaltigkeitsstrategie 20 Europäische Investmentbank, Luxemburg 114 Europäische Normung 86, 88 European Network Office des WGBC 51 Final BREEAM Certificate Finanzierungskosten Flächenverbrauch Flächenversiegelung Förderprogramme FSC-Label (Forest Stewardship Council) fünf Ebenen der Nachhaltigkeit funktionale Qualität Gebäudebewertung Gebäudedokumentation Gebäudelabel Gebäudeproduktmodell (BIM) Gebäudezertifizierung Gebühren gesellschaftlicher Wandel Gesundheit Gewichtung

77, 91 107 13 14 106 16 21 53ff.

23 78, 85, 108 24 78 23 44, 52, 56, 64, 72 8, 9 64 91, 93

Gewichtungsfaktoren globaler Wandel Good Practice Guide Green Book Live Green Building Certification Institute (GBCI) Green Building Funds Green Building Tools (GBTools) Green Public Procurement (GPP) Green Star Grundstückskosten

55, 134 8 37 37 38, 82 111 28 20 91, 94 107

Haute Qualité Environnementale (HQE) 26, 66, 88, 91 Heizungsanlagenverrdnung (HeizAnlV) 18 Herstellungskosten 98, 103 High-Tech-Architecture 23 HOAI-Leistungsphasen 85 Holzwirtschaft 15 Immobilienfonds 112 Immobilienmarkt 111 Immobilienpreise 110 Immobilienwirtschaft 109 Implementierungsphase (Implementation Period) 41 Indikatoren 86, 91 Informationsportal »Nachhaltiges Bauen« 50 Innovationspunkte 125 Instrumente für die Bewertung 24 integrale Planung 76, 78 Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) 13, 17 Interim BREEAM Certificate 77, 91 International Initiative for a Sustainable Built Enviroment (iiSBE) 27, 88 International Sustainability Alliance (ISA) 37 internationale Entwicklung 136 internationale Normung 86 internationales Kernsystem 87 Internationalisierung 51 Investitionsstrategie 110 Investoren 109 ISO 15 686-5 99, 106f. ISO TC59/SC17: Nachhaltigkeit im Bausektor 86 Kategorien Katharinum, Leipzig Kernindikatoren KfW Bankengruppe Klimaflüchtlinge Klimakonferenz Klimarahmenkonvention Klimawandel Komfort Konformitätsprüfung Konsistenz Kosten Kosten des nachhaltigen Bauens Kosten für Auditierung Kosten für Nachhaltigkeitsmanagement Kosten-Nutzen-Kalkulation Kriterien Kriterienkatalog Kyoto-Protokoll

52, 90 119 87f. 106 12 17 17 12 64 51f. 22 99ff. 136 102 102 113 90 23 17

Label for Enviromental, Social and Economic Buildings (LEnSE) 27, 88f. länderspezifische Kriterien 95 Lebenszyklus 20, 52, 76 Lebenszyklusanalyse 89, 99 Lebenszyklusbetrachtung 86 Lebenszykluskosten 34, 52, 54, 87, 95f., 101 LEED 25f., 38, 77, 90ff., 94, 96f., 119, 122, 134, 137 LEED 2012 47 LEED Accredited Professional Fellow 38 LEED for Healtcare 46 LEED for Schools 46 LEED Green Associate 38 LEED AP (Accredited Professional) 38, 82, 91

Anhang

LEED-Assessment LEED-CI LEED-CS LEED-EB: O&M LEED-H LEED-NC LEED-ND LEED-Retail LEED-Systemvariante LEED-Volume LEED-Zertifizierung LEED: Precertification Leerstände Leitfaden Nachhaltiges Bauen Leitmärkte Low-Tech-Architektur

121 45 40, 45, 82 41, 45, 111 46 39, 119, 121f., 125 46 46 38, 40, 45 46 82, 121, 124 91 110 23, 48, 54, 97 19 23

magisches Dreieck Management and operation Marktdurchdringung Marktrelevanz Marktwert Megacity Mehraufwand Mehrkosten Mehrwert einer nachhaltigen Immobilie Memorandum of Understanding Mieteinnahmen Mieterträge Mietflächenmanagement Migration Mindeststandards MINERGIE MINERGIE ECO MINERGIE-Fachpartner MINERGIE-P MINERGIE-P-ECO Minimum Standards Mobilität

21 33 25 109f. 107 11 102 108 98, 110 37, 51 99 105 113 12 93 62, 64 62, 64 62 62, 64 62 93 11

nachhaltige Architektur 23 nachhaltige Entwicklung 20 nachhaltige Gebäudequalität 8 Nachhaltigkeit 8 Nachhaltigkeitsbewertung 24 Nachhaltigkeitsdimensionen 86 Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung 14 Nachhaltigkeitsstrategie des Europäischen Rates 11 Nachhaltigkeitsziele 76 Nachweise 80 Nachzertifizierung 78 nationale Entwicklung 136 nationale Nachhaltigkeitsstrategie Deutschland 20 Naturkatastrophen 13 Normungsaktivitäten 86 Nutzungskosten 54, 103 Ökobau.dat 54 Ökobilanzen 86 Ökobilanzierung 36, 52, 54 ökologische Aspekte 89 ökologische Gebäudequalität (QEB) 66 ökologische Qualität 53, 55, 89 ökologischer Fußabdruck 23 ökologischer Wandel 8, 12 ökonomische Aspekte 7, 89, 98 ökonomische Qualität 53ff., 87, 89, 98 ökonomischer Wandel 19 OPEN HOUSE 27, 88 OSCAR 2008 105 Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) 51 Pflichtkriterien Pilotphase

93 128

Planungsablauf Planungshilfsmittel Planungsinstrumente Planungsprozess Planungswerkzeuge politischer Wandel Portfoliozertifizierung Post Construction Assessment Post Construction Review Post Construction Stage (PCS) Pre-Assessment Prerequisites Primärenergieverbrauch Pro-Kopf-Wohnfläche Produktivität Project Team Administrator Projektentwicklung Projektmanagementsystem (SMO) PromisE Protocollo Itaca Prozess der LEED-Zertifizierung Prozessqualität Prüfungsstelle

76 24 23 76 78 8, 17 46 33, 82 33, 82 32 77 93 15 10 108 82 76 66 89 88 82 53ff. 52

Qualité Environnementale des Bâtiments en Exploitation (QEBE) Qualité Environnementale des Pratiques (QEP) Qualité Environnementale du Bâtiment (QEB) Re-Zertifizierung regionale Schwerpunkte Registrierungsgebühren Renditen Ressourcenverbrauch Rückbau Runder Tisch Nachhaltiges Bauen

68 68 66

41 44 94, 104 110 14 105 48

Sanierungsrate 111 Schulen 135 schwache Nachhaltigkeit 22 Smart Waste 37 Software 80 soziale Aspekte 89 soziokulturelle Faktoren 98 soziokulturelle Qualität 53ff. Stadtbevölkerung 11 Standortqualität 53ff. starke Nachhaltigkeit 22 Stern-Report 19 Steuervergünstigungen 106 strukturelle Unterschiede 91 struktureller Vergleich 86 Suffizienz 22 SUPER BUILDING 27, 88 Sustainable Building Alliance (SB Alliance) 27f., 37, 88ff. Sustainable Building Challenge (SBC) 27 Sustainable Building Index (SB Index) 28 Sustainable Building Tool (SBTool) 88 Sustainable Buildings and Climate Initiative (UNEP-SBCI) 28 Sustainable Development (SD) 20 Sustainable Procurement Action Plan 26 Système de Management de l’Exploitation (SMEX) 68 Système de Management de l’Opération (SMO) 66 Systeme der ersten Generation 94 Systeme der zweiten Generation 94 Systemnachweis 63 Systemstruktur 34, 42, 62 Systemvarianten 33, 57, 68, 72, 86, 87 Technical Advisory Groups (TAGs) technische Qualität Tetraeder der Zukunftsfähigkeit Treibhauseffekt Trinkwasser Trinkwassermangel

U.S. Green Building Council (USGBC) 38 Überprüfungsphase (Performance Period) 41 Umnutzungsfähigkeit 20 Umweltfolgekosten 108 Umweltproduktdeklaration (EPD) 24, 54, 86 Umwelttechnologien 19 Union Internationale des Architectes (UIA) 23 United Nations Environment Programme – United Nations Framework Convention on Climate Change 17 VERDE Verkehr Verstädterung Vorzertifikat Vorzertifizierung

88 11 10, 11 77, 84 91

Waldverlust Wärmeschutzverordnung (WSchV) Wassermangel Wasserqualität Weiterbildung Wertentwicklung Wertstabilität wirtschaftlicher Wandel Wohnfläche World Green Building Council (WorldGBC)

15 18 16 16 136 105 110 8, 18 10 27, 51

Zentrum für Umweltbewusstes Bauen, Kassel 126 Zertifikat 78, 84 Zertifizierung 76, 91 Zertifizierungsablauf 82 Zertifizierungsergebnis 124, 128, 131, 133 Zertifizierungsgebühren 103, 104, 70, 94 Zertifizierungskosten 93 Zertifizierungsprozess 31, 39, 56, 64, 70, 72, 81 Zertifizierungsstufen 33, 44, 55f., 66, 72 Zertifizierungssysteme 24 Ziele 90 zukunftsfähiges Bauen 8 Zusatzkriterien 34

38 53ff. 21 13 16 16

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Zertifizierungssysteme für Gebäude sollen Nachhaltigkeit für die Öffentlichkeit transparent und für Investoren ökonomisch verwertbar machen. Seit etwa 1990 sind weltweit mehrere Hundert dieser Systeme entstanden. Dieses Buch stellt die wichtigsten von ihnen – wie BREEAM, LEED, DGNB und MINERGIE – im Detail vor, vergleicht ihre Struktur und Herangehensweise und informiert über Ablauf und Kosten einer Zertifizierung sowie über die damit verbundenen Anforderungen an die Gebäudedokumentation. Praxisbeispiele zertifizierter Gebäude veranschaulichen den Zertifizierungsprozess. Eigene Kapitel befassen sich mit Ökonomie und Marktpotenzialen von Zertifizierungen und werfen einen Ausblick in die mögliche Zukunft der Gebäudezertifizierung. Bauherren und Projektsteuerern sowie Architekten und Planern, aber auch ausführenden Unternehmen und Herstellern von Bauprodukten bietet dieses Buch eine praxisbezogene Orientierungshilfe für die zunehmend komplexer werdende Welt der Nachhaltigkeitszertifikate.