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German Pages 127 [128] Year 1987
Linguistische Arbeiten
137
Herausgegeben von Hans Altmann, Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner
Jindfich Toman
Wortsyntax Eine Diskussion ausgewählter Probleme deutscher Wortbildung 2., erweiterte Auflage
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1987
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Toman, Jindridi: Wortsyntax : e. Diskussion ausgew. Probleme dt. Wortbildung / JindrichToman. - 2., erw. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1987. (Linguistische Arbeiten ; 137) NE:GT ISBN 3-484-30137-6 ISSN 0344-6727 Max Niemeyer Verlag Tübingen 1987 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt.
VORWORT
Die vorliegende Arbeit, in die zwei frühere Vorarbeiten ("A Fragment of Word Syntax", 1978, und "Überlegungen zur generativen Grammatik und ihrer Parametrisierung", 1979) eingegangen sind, ist bis auf einige Kürzungen und Korrekturen mit meiner Dissertation "Beiträge zur Wortsyntax: Eine Diskussion ausgewählter Probleme deutscher Wortbildung" identisch.* Für zahlreiche Anregungen und Hilfe bei der Fertigstellung dieser Arbeit bin iah vor allem Tilman Höhle, Marga Reis und Craig Thiersch dankbar. Ohne sie wäre einiges viel schlimmer gewesen. Mein weiterer Dank geht an Judith Aissen, Noam Chomsky, Leland George, Jaklin Kornfilt und Freunde in Holland, Frankreich und Italien sowie an meine ehemaligen Kollegen am Institut für deutsche Sprache in Mannheim —für Gespräche, Beobachtungen, Einfalle und allerlei Nostalgisches. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Prof. H.Seiler, dessen kritische Beobachtungen für die Gestaltung dieser Arbeit hilfreich waren. Waltraud Paul und Dieter Beier verdienen schließlich einen besonderen Dank für die Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts; die Verantwortung für verbleibende Fehler liegt ausschließlich bei mir. Ebenfalls hilfreich waren die Diskussionen der Hauptthesen dieser Arbeit, die sich anläßlich der Vorträge beim "RDGG Workshop on Word Formation" am MaxPlanck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen Juli 1980, an der Scuola Normale Superiore in Pisa, Februar 1981, und bei der GLOW-Tagung in Göttingen, April 1981, ergeben haben. Nach dem Abschluß dieser Arbeit im Dezember 1980 sind mir weitere Untersuchungen zur Wortbildung im Rahmen der generativen Grammatik bekannt geworden, die hier nicht mehr systematisch berücksichtigt sind. Allen voran sei auf
Von der Philosophischen Fakultät der Universität Köln im Dezember 198O als Dissertation im Fach Deutsche Philologie angenommen; das Rigorosum erfolgte am 7. Februar 1981. Die Referenten waren Prof. Marga Reis und Prof. Hansjakob Seiler.
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Fanselow (1981),, Farmer (1980), Höhle (1982), Kageyama (1982), Lieber (1980), Moortgat (1981), Muysken (1981), Randall (1982, -im Druak), SaaHse (im Druck), Selkirk (im Druck), Williams (1981a,b) sowie Arbeiten in den Sammelbänden von Hoekstra & al. (1981) und Moortgat & al. (1981) hingewiesen, die zu Ergebnissen kommen, die denen der vorliegenden Arbeit in vielen Hinsichten ähnlich sind. Diese Konvergenz läßt hoffen, daß der hier verfolgte Ansatz begründet ist; sie zeugt auch von dem wachsenden Interesse an der Problematik der WortStruktur, das sicherlich in nicht allzu ferner Zukunft zu einer explanatorischen Theorie der Wortstruktur im Rahmen der generativen Grammatik führen wird.
ZUR ZWEITEN AUFLAGE: Für das Einverständnis des Verlags, die zweite Auflage der Wortsyntax zusanmen mit einem "Postskriptum 1986" herauszubringen, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Durch diesen Nachtrag, kleine Korrekturen in dem sonst unveränderten Text wie auch durch die jetzt neu hinzugefügten Indizes und Bibliographie ist die Neuauflage als korrigiert und erweitert zu verstehen. JT - Dezember 1986
INHALT
Vorwort Analytische Übersicht EINLEITUNG Zum Kontext der vorliegenden Untersuchung Zum Aufbau der Arbeit KAPITEL von 1.1. 1.2.
1: Einige Folgen der nicht-transformationellen Ableitung Nominalisierungen Chomsky über Nominal isierung Empirische Konsequenzen der Basishypothese für das Deutsche
v vi-ii. l 8
13 22
KAPITEL 2: Fragment einer Wortsyntax 2.1. E i n i g e Beobachtungen über die Konditiom'erung von Wortbildungsregeln 2.2. Eine Alternative zur Autonomie des Lexikons 2.3. Zur formalen Repräsentation der Wortbildungsregeln 2.4. Argumentvererbung in lexikalischen Phrasenstrukturen
29 34 41 54
KAPITEL 3: 2>or-Adjektive 3.1. Interne Struktur 3.2. Vererbung der Argumente
66 76
AUSBLICK
81
POSTSKRIPTUM 1986
88
Wortindizes
104
Index der Namen
107
Literatur
109
Bibliographischer
Nachtrag (1986)
114
vi i i ANALYTISCHE OBERSICHT 1
EINLEITUNG
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§ 0 Das Ziel der Arbeit [1]; § l Die heterogene Natur der Wortbildung [1]; § 2 Potentialität und Produktivität in der Wortbildung[6]; § 3 Obersicht über das Kap.l [8]; § 4 Obersicht über das Kap.2 [9]; § s Übersicht über das Kap.3 [11]; KAPITEL l 1.1. Chomsky (1970) über Nominal isierung 13 § 6 Bemerkungen zum ersten Argument Chomskys (semantische Idiosynkrasie [13]; § 7 Zum zweiten Argument (syntaktische Produktivität; Exkurs über Nominal isierung und Präzyklus bei Newmeyer (1976)) [14]; § 8 Zum dritten Argument (das "Duplikationsproblem" und die Idee der basisgenerierten Nominalisierungen) [17]; § 9 Die Idee einer restriktiven grammatischen Theorie [20]; 1.2. Empirische Konsequenzen der Basishypothese für das Deutsche 22 § W Keine Dativkomplemente in der NP [22]; § u Keine Akkusativkomplemente in der NP [23]; § 12 Temporale Akkusative in der NP [23]; § 13 Keine ad-verbalen Genitive in der NP (Genitivi vs. Genitiv 2 ) [24]; § 14 Adverbialsätze in der NP [25]; § 15 Equi in der NP [26]; § 16 Abschließend zur Basishypothese und zu den weiteren Zielen der Untersuchung [28]; KAPITEL 2 2.1. Einige Beobachtungen über die Konditionierung von Wort-
bildungsregeln §17 Restriktiv!tat und Wortbildung [29]; § 18 Einige Typen der in der Literatur als zulässig aufgefaßten Konditionierung [30]; § 19 Semantisch mögliche Wörter [32]; § 20 Die Rolle der syntaktischen Information [33]; § 2l Das Problem der Sachgruppen [33]; Seitenzahl in eckigen Klammern.
29
ix 2.2. Eine Alternative zur Autonomie des Lexikons 34 § 22 Meinungen über den besonderen Status der Wortbildungsregeln in der generativen Grammatik [34] und, §23, in anderen Theorien ( D o k u l i l 1964) [36]; § 24 Jackendoff (1975) über die Subsumierung der Wortbildungsregeln unter die Phrasenstrukturregeln [37]; § 25 Die Idee der Parametrisierung [39]; 2.3. Zur formalen Repräsentation der Wortbildungsregeln 41 § 26 Aliens (1978) ungültige Einwände gegen das Basisformat der Wortbildungsregeln [44]; § 27 Die Erweiterung der Y-Notation auf lexikalische Phrasenstrukturen [42]; § 28 Einschränkungen der Distribution von nichtm i n i m a l e n Phrasen in Wortstrukturen (die sog.'Phrasenkomposita 1 )[45]; § 29 Zur Position des Heads in lexikalischen Phrasen [48]; § SO N i v e l l i e r u n g der Unterschiede zwischen Komposition und Derivation auf der Ebene der Wortsyntax [50]; § 3l Das Problem der N u l l - Ä f f i gierung [52]; § 32 Abweichungen bei abgeleiteten Verben [52]; § 33 Abschließender Vergleich des vorgeschlagenen Systems mit anderen Systemen [53]; 2.4. Argumentvererbung in lexikalischen Phrasen 54 § 34 Das Phänomen der Argumentvererbung (A-Vererbung) [54] und, § 35, seine formale Darstellung [55]; § 36 Die Problematik der Kasusmarkierung [59]; § 3? Die Unterscheidung zwischen transparenten und nicht-transparenten Heads [61]; § 38 Das Ergativ-Prinzip und seine Rolle bei der A-Vererbung [63]; § 39 Zur Typologie der -Rollen [64]; KAPITEL 3 3.1. Interne Struktur der ior-Adjektive 66 § 40 Einschränkung auf Verbalbasen [66]; § 41 Die R o l l e der Transitivität [68]; § 42 Semantische Regularitäten (starke und schwache Intentional i t ä t ) [69];£ 43 Exkurs über die Morphologie der Verbalbasen [74]; 3.2. Vererbung der Argumente 76 § 44 -Vererbung und ihr strukturbewahrender Charakter [75]; § 45 Vererbung der Dativargumente [78]; § 46 Iterierende A-Vererbung [79]; § 4? Subjektperiphrase [80]; AUSBLICK 81 § 48 Interne Struktur von en-Nominalisierungen [82]; § 49 Distribution von en[84]; § 50 Direkte und periphrastische Vererbung [85]; § 5l Nichtproduktiv gebildete Nominalisierungen [86].
EINLEITUNG
§0 Die vorliegende Arbeit verfolgt zwei Ziele: zum einen wird ein Beschreibungsrahmen entwickelt, mit dem eine Klasse von komplexen Wortstrukturen, nämlich syntaxnahe adjektivische und nominale Ableitungen des Deutschen beschrieben werden können; zum anderen wird in der Arbeit eine Reihe von Fakten gesichtet und überschaubar gemacht, so daß eine empirisch begründete Oberprüfung des hier entworfenen Beschreibungsrahmens möglich ist. Es werden u.a. folgende Punkte behandelt: - Basisgenerierung von Wortstrukturen; - Verallgemeinerung der Y-Theorie auf die interne Struktur der Wörter; - Argumentstruktur der abgeleiteten Wörter sowie die Bedingungen für die sog.Argumentvererbung ( -Vererbung); - £>or-Adjektive; - en-Nominal isierungen. Zum Kontext der vorliegenden Untersuchung §1 Im folgenden Teil dieser Obersicht möchten wir einige allgemeine Voraussetzungen und Annahmen verdeutlichen, die für das Verständnis dieser Arbeit und ihres Anspruchs wichtig sind. Zunächst möchten wir betonen, daß die vorliegende Untersuchung nicht als eine allumfassende Theorie der Wortbildung zu verstehen ist. Vielmehr werden hier nur einige, unserer Meinung nach jedoch wichtige Aspekte dessen untersucht, was der Linguist in einem prä-theoretisehen Sinne unter Wortbildung versteht. Es handelt sich vor allem um strukturelle Aspekte von solchen produktiven Wortbildungsprozessen, die weder durch Analogie noch durch Syntax im eigentlichen Sinne zu erklären sind. Somit ist nur ein Teil von komplexen Wörtern, wie sie bei einer intuitiven Sichtung des Materials auftreten, Gegenstand der Untersuchung. Diese hier vorgenommene Einschränkung halten wir nicht für w i l l k ü r l i c h , sondern in folgender Weise begründbar. Es scheint uns nämlich durchaus berechtigt, den Gehalt des aktuell existierenden Wortschatzes wie auch die Wortbildungskompetenz selbst
nicht durch eine homogene Wortbildungstheorie, eine Theorie der Wörter schlechth i n , zu repräsentieren, sondern modular aufzufassen, d.h. als Ergebnis der Interaktion zwischen den Grammatikkomponenten selbst als auch zwischen ihnen und anderen kognitiven Systemen. Alle diese interagierenden Komponenten können nach für sie spezifischen, in diesem Sinne also autonomen Prinzipien arbeiten. Wir folgen hier im allgemeinen einer Auffassung, die K.Haie folgendermaßen skizziert hat: A language consists of a number of distinct systems, each possessing inherent principles of organization which are utterly independent of factors relating to any other linguistic system or to extralinguistic factors. The systems alluded to here, include, for example, the categorial rules of the base, the lexicon, the transformational component, the system of rules which assign obligatory coreference, or construal; and other systems. To say that the systems are independent, or autonomous, is to say, for one thing, that the rules belonging to each system apply without constraint - with the exception, of course, of those constraints and conditions which are general for grammatical rules of all kinds and whose identification is one of the important tasks of linguistic science.
(Hale 1976: 120f.) Dieses P r i n z i p der Organisation der Grammatik werden wir im weiteren als das Modularisierungsprinzip bezeichnen. Unter dem Aspekt der Modularisierung, d.h. der Interpretation der Grammatik als einer Menge von interagierenden Modulen, könnte es zunächst scheinen, als sei die Wortbildung eine homogene, relativ abgegrenzte Komponente. Dies ist eine oft anzutreffende Auffassung auch im Rahmen der generativen Grammatik. Wie wir aber bereits angedeutet haben, gehen wir weiter. Der Untersuchungsgegenstand, die Wörter, stiftet keine ausreichende Einheit für eine D i s z i p l i n , die Wortbildung. Wir betrachten das, was man gewöhnlicherweise als Wortbildung bzw. als die Wortbildungskomponente in der generativen Grammatik ansieht, nicht als eine homogene Domäne, sondern applizieren die Modularisierungsperspektive auch im Wortbereich selbst. In dieser Einstellung werden wir durch unabhängig formulierte Forschungsergebnisse wie z.B. Brekle (1978) gestützt. Brekle versucht beispielsweise, von der Wortbildung die Lexikologie als eine unabhängige Untersuchungsdomäne zu trennen, wobei er im allgemeinen für einen Methodenpluralismus im "Wort"-Bereich plädiert: I want to set up first of all only the fairly general postulate that the investigation of the regularities of word-formation in a language, both their manifestations, that is "word-formedness", and the productive wordformation processes, should proceed by means of a methodologically different Instrumentarium in each case and perhaps also in different parts of the grammar. ( B r e k l e 1978: 69)
Ansätze zu einer solchen "Desintegrierung" der traditionell als homogen gesehenen Wortbildung können auch bei anderen Autoren gefunden werden, so z.B. bei
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Motsch (1979). Wir schließen uns dieser Auffassung an und möchten sogar die Möglichkeit nicht ausschließen, daß ein Teil der traditionell verstandenen Wortbildung außerhalb der Kerngramtnatik sowohl im Sinne von Reis (1974) als auch von Chomsky (1978) liegen könnte, gegebenenfalls auch im Bereich anderer kognitiver Systeme. Im folgenden diskutieren wir kurz einige Komponenten, von deren Interaktion wir annehmen, daß sie einen großen Teil der traditionell verstandenen Wortbildung abdeckt. Einen nach eigenen Prinzipien organisierten Modul sehen wir in der Pragmatik. In unserem Zusammenhang ist es vor allem wichtig, daß die im Bereich der Kerngrammatik geltenden Prinzipien der Bedeutungszuordnung hier durch andere Systeme der semantischen Interpretation ersetzt werden. Dies ist für unsere Untersuchung insofern wichtig, als wir sehen, daß bei einem Teil der komplexen Wörter die Bedeutungszuordnung nicht durch die kompositionell gebundene Interpretation erfolgt. Zumindest wird von vielen Autoren angenommen, daß ein großer Teil der sog. NN-Komposita (Papierkorb, Wasserpflanze] pragmatisch interpretiert wird; vgl. z.B.Downing (1977). Es wäre allerdings unserer Meinung nach falsch zu sagen, daß dieser Kompositionstyp restlos eine Angelegenheit der Pragmatik ist. Diese Komposita haben viele Eigenschaften, in denen sie sich nicht von anderen abgeleiteten Wörtern unterscheiden. So ist es z.B. generell der F a l l , daß das Genus eines Kompositums wie Wassertinte mit dem Genus von Tinte übereinstimmt. Wir werden im Kapitel 2 zeigen, daß dies gewissen allgemeinen Eigenschaften von Phrasen entspricht und daher am besten durch Prinzipien der Y-Theorie (Chomsky 1970; Jackendoff 1977) zu erklären ist. Von der Interaktionsperspektive her gesehen interagieren hier daher zwei Modulen: die Basisregeln im Y-Format und die Pragmatik, oder genauer, der Teil der Pragmatik, in dem die Regeln der pragmatischen Interpretation organisiert sind. Mit anderen Worten, die Eigenschaften des erwähnten Typs der komplexen Wörter werden als Ergebnis einer bestimmten Interaktion erklärt. Als einen anderen, für die Modularisierungs- und daher auch für die Interaktionsperspektive interessanten Fall nehmen wir die von verschiedenen Forschern z.T. unabhängig gemachte Beobachtung, daß auch ein durchaus produktiver Wortbildungsprozeß in jenen Fällen Lücken aufweisen kann, wo bereits ältere, überlieferte Bildungen mit gleicher Bedeutung von der gleichen Basis im Lexikon vorhanden sind (in diesem Sinne schon Paul 1896: 704). So führt z.B. H.Esau die Tatsache, daß es keine wng-Nominalisierungen von Verben wie anfangen, anrufen, arbeiten gibt, auf das gleichzeitige Vorhandensein von überlieferten Ableitungen Anfang, Anruf, Arbeit zurück (Esau 1973: 146). Hier scheint offensichtlich ein
Ökonomieprinzip wirksam zu sein, das gewisse, durch die diachrone Entwicklung entstandene Konflikte beseitigt. Es ist durchaus anzunehmen, daß es sich um ein Prinzip handelt, das bei der Langzeitspeicherung von linguistischer Information wirksam ist und in diesem Sinne auch nicht zur Kerngrammatik gehören kann. Vom Standpunkt der modularen Analyse interagiert hier ein Teil der Wortbildungsregeln mit einem Teil des Langzeitgedächtnisses. Die Ableitungen Anfangung, Anrufung, Arbettung werden von den autonomen Prinzipien der Wortstruktur zugelassen und scheiden erst aufgrund der Interaktion mit dem Teil des Gedächtnismoduls aus, der durch solche Ökonomieprinzipien der Informationsspeicherung charakterisiert ist. Des weiteren soll gezeigt werden, daß die Modularisierungsperspektive auch da wichtig ist, wo -wie bereits angedeutet- gewöhnlich eine homogene Domäne angenommen wird, nämlich innerhalb der traditionell bzw. i n t u i t i v verstandenen Wortb i l d u n g selbst. Teilweise im Anschluß an ältere Ansichten über Analogie schlägt Motsch (1979) für einen lexikalischen Teilbereich "unscharfe Regeln" vor, also "Regulär!täten, die sich entweder in bezug auf den Anwendungsbereich oder in bezug auf den Effekt einer Regel oder in bezug auf beide Aspekte nicht als homogene Klassen beschreiben lassen, sondern nur durch Ähnlichkeitsbeziehungen" (Motsch 1979: 2 5 f . ) . Bei
solchen Regeln ist laut Motsch die Rolle der Ähnlichkeitsrelation entscheidend; das Produkt einer unscharfen Regel wird nach der Ä h n l i c h k e i t mit einer bekannten B i l d u n g bewertet. Wenn wir mit Motsch der Ansicht folgen, daß die Entdeckung und Bewertung der Ähnlichkeit dem Analogieprinzip zugrunde liegen, dann sehen wir, daß derjenige Teil der Wortbildung, in dem "unscharfe Regeln" wirken, nach weitgehend anderen Prinzipien organisiert ist als der Teil, der uns in dieser Arbeit interessiert, nämlich der primär syntaktisch orientierte,den Brekle als einen Bereich "of productive word formation processes [beschreibt] which extends far into the area of actual syntax (e.g. nominalizations, infinitive and gerund constructions and other constructions which have to be treated in a similar way transformationally)" (Brekle 1978: 73). Wir werden im weiteren den erstgenannten Teil der Wortbildung als den analogisch orientierten Modul bezeichnen, den anderen Teil als den syntaktisch orientierten Modul. In diesem Zusammenhang stellt sich die interessante Frage, ob diese zwei Wortbildungsmodulen auch miteinander interagieren können. Die Frage ist unserer Meinung nach zu bejahen, denn es gibt eine Interaktionsmöglichkeit in der Diachronie. So können Wortbildungsprozesse vom syntaktisch orientierten Modul beim Verlust der Produktivität in den analogisch orientierten Modul übergehen, wo sie
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dann im E i n k l a n g z.B. mit den Prinzipien der Ähnlichkeitsbewertung organisiert worden. Hier können sich auch im Sinne der für diesen Modul geltenden Produktivität Neubildungen sporadisch ergeben. Umgekehrt können auch Prozesse, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im analogischen Modul befinden, in den syntaktisch orientierten Modul abwandern. Diese Möglichkeit scheint sich aufgrund der Untersuchung von Flury (1964) bei den ior-Adjektiven zu bestätigen, was insofern interessant ist, als es sich zeigt, daß die Verlagerung keineswegs nur in einer Richtung zu erfolgen hat. Der letzte Punkt, der in diesem Zusammenhang zu erwähnen bleibt, ist die Rolle der Morphologie. Die Morphologie bildet in unserem Konzept ebenfalls einen unabhängigen Modul und ist daher nicht mit der Wortbildung gleichzusetzen. Diese Gleichsetzung wird oft gemacht, man denke z.B. an die Untersuchung von Aronoff (1976), die vom Autor als eine Theorie der Wortbildung bezeichnet wird, obwohl es sich hier im strikten Sinne um eine Theorie der Morphologie handelt, im einzelnen also um solche Probleme wie morphologisch bedingte Distribution der Affixe, Eigenschaften bzw. Rolle der Grenzen, Typologie von Regeln wie Red u p l i k a t i o n , Truncation, Allomorphie, usw.Dieses Gebiet werden wir da, wo es wegen Unklarheiten nötig sein wird, als Morphologie im eigentlichen Sinne bezeichnen. Dies alles bedeutet, daß die morphologischen Eigenschaften der komplexen Wörter weitgehend aus der Interaktion dessen, was wir im Kapitel 2 als Wortsyntax behandeln, und der Morphologie im eigentlichen Sinne folgen. So wird es dann bei der Zugrundelegung des folgenden Schemas für den von uns untersuchten Teilbereich möglich sein, den Unterschied zwischen Derivation und Komposition in der Morphologie zu lokalisieren, auf der wortsyntaktischen Ebene aber zu vernachlässigen: Wortsyntax
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Wortstruktur Semantik
Morphologie
Die hier dargestellte Modularisierungsperspektive ist i n t u i t i v einsichtig, indem sie unter anderem eine gewisse Ä h n l i c h k e i t mit anderen früheren Theorien zeigt, so z.B. mit der Prager Auffassung, derzufolge die Grammatik ein System der Systeme ist. Diese Ähnlichkeit läßt sich trotz wichtiger Unterschiede, wie z.B. dem in der generativen Grammatik betonten Prinzip der übergenerierung,alles i n allem behaupten. Die Modularisierung in der generativen Grammatik hat aller-
dings eine Dimension erreicht, bei der sich die Subsysteme der Kerngrammatik nicht unbedingt mit den traditionell verstandenen Grammatikkomponenten decken. Diese Tendenz wird bereits in dem Zitat von Haie deutlich. Sie ergibt sich nicht zuletzt aus der Tatsache, daß die generative Grammatik keine Grammatik der Konstruktionen ist, sondern eine Grammatik der Prinzipien; vgl. in diesem Zusammenhang Chomsky (1981: 5) für die Aufzählung der Subsysteme, die in seinem Modell der Kerngrammatik miteinander interagieren. Wir hoffen bisher vor allem verdeutlicht zu haben, daß das, was unter Umständen als eine homogene Domäne verstanden werden könnte, eine durchaus heterogene Struktur hat, da es eben ein Resultat verschiedener Systeme ist, ein Schluß, in dem wir uns u.a. durch Brekle (1978) und Motsch (1979) bestärkt fühlen. Im einzelnen wären natürlich zahlreiche Details auszuarbeiten, so vor allem im Bereich der Semantik. Wie aus dem obigen Diagramm hervorgeht, ist auch die semantische Komponente der Grammatik ein unabhängiger Modul. Es ist anzunehmen, daß eine ihrer Funktionen darin besteht, eine Reihe von syntaktisch wohl geformten, semantisch aber in diesem Modul uninterpretierbaren Wortstrukturen auszuschließen bzw. entsprechend zu kennzeichnen,etwa wennviev in *Hdben Sie wennviev Mca>k? oder alldaß in *Sie sagte, alldaß es zwei Uhr ist. In diesem Sinne wäre das Nichtvorkommen solcher Wörter wiederum als Resultat einer Interaktion innerhalb der Kerngrammatik zu betrachten. $2 Die obige Diskussion der heterogenen Natur der Wortbildung können wir sogleich als den Ausgangspunkt für eine zumindest partielle Begriffserklärung hinsichtlich der oft gemachten Unterscheidung zwischen dem Aktuellen und dem Potentiellen nehmen. Wir folgen hier einer der ältesten grammatischen Einsichten, derzufolge die Untersuchung des Möglichen und des Realisierten zwei verschiedene Dinge sind. Von diesem Standpunkt aus kann auch die Wortbildung keine rein deskriptive Disziplin sein, etwa in dem Sinne, daß sie lediglich von dem im Korpus belegten Material ausgeht. Sie ist vielmehr eine Beschreibung des Wortbildungsvermögens der kompetenten Sprecher einer Sprache zu einem gegebenen Zeitpunkt. Dieses Vermögen zeigt sich nicht zuletzt im Verstehen von nie zuvor gehörten bzw. produzierten Wörtern, worin u.a. auch die Ä h n l i c h k e i t zwischen Syntax und einem Teil der Wortbildung liegt. In einem engen Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen dem Aktuellen und dem Potentiellen steht auch die Frage der Produktivität. Bei der Deutung dieses schwierigen Begriffs halten wir uns im wesentlichen an Aronoff (1976, vor allem Kap.3) und betonen mit ihm, daß eins der wichtigsten Kriterien in diesem
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Bereich die semantische Kohärenz der mit einer Regel abgeleiteten Wörter ist. Liegen etwa Exemplare eines Ableitungsprozesses vor, die in ihrer Bedeutung typischerweise divergieren bzw. in einer unvorhersagbaren Weise sekundäre Bedeutungen aufweisen, haben wir ein Indiz dafür, daß es sich im strengen Sinne um einen nicht-produktiven Wortbildungstyp handelt. Die Möglichkeit von Neubildungen ist nicht gesperrt, wir würden sie aber aufgrund der Analogie erwarten; man denke an solche Bildungen wie zweisam. In diesem Fall läßt sich nicht von einem kohärenten Ableitungsprozeß sprechen. Wie Motsch (1979: 25) zeigt, ist das som-Paradigma des integriert. Obwohl das Kriterium der semantisehen Kohärenz sehr wichtig ist, kann es nicht mechanisch angewendet werden. Die Feststellung der Produktivität ist erstens immer hinsichtlich der systematischen Einschränkungen, die bei einem Wortbildungsprozeß gelten, zu treffen, und zweitens nicht nur auf der Ebene des aktuellen Wortschatzes, sondern auch unter der Berücksichtigung der möglichen Formen. Der erste Punkt läßt sich bei den iar-Adjektiven gut illustrieren. Man könnte z.B. meinen, daß die Existenz von Ableitungen wie wunderbar, sonderbar, dankbar die semantische Kohärenz des i>or-Paradigmas aufhebt, denn hier läßt sich die Bedeutung nicht auf dem kompositionellen Weg zuordnen. Die letztere Beobachtung ist zweifellos richtig. Es läßt sich aber zeigen, daß die tor-Adjektive synchron nur von einem bestimmten Typ der transitiven Verben gebildet werden (s.Kap.3 für eine ausführlichere Analyse). Mit anderen Worten, die feor-Ableitungen unterliegen bestimmten Einschränkungen, die systematischer Art sind. Da solche Beschränkungen vorhanden sind, ist die produktive Anwendung der Regel nicht ausgeschlossen, obwohl die Gesamtheit der belegten Formen rein mechanisch auf ein semantisch inkohärentes Paradigma hinzudeuten scheint. Die Bedeutung des zweiten Punkts, der Produktivitätsbestimmung hinsichtlich der potentiellen Ableitungen, ist folgendermaßen zu verstehen. Bei einer rein mechanischen Anwendung des Kohärenzkriteriums müßten wir die Tatsache, daß die folgenden en-Nominalisierungen eine reifizierte, also sekundäre Bedeutung haben, als ein Indiz dafür interpretieren, daß dieser Prozeß nicht ganz produktiv ist: 1l) das Sahreiben, das Essen, das Trinken
Obwohl hier vielleicht diachron eine Tendenz zur Desintegration dieser Ableitungen vorliegen mag, ist es wichtig festzustellen, ob alle diese Wörter auch die primäre Bedeutung der Aktionsnomina haben können. Die Tatsache, daß dies der Fall ist, vgl.: (2) Er hat sich beim Sahreiben/ beim Essen/ beim Trinken verletzt
ist für die Bestimmung der Produktivität ausschlaggebend. Deutlicher wird das Problem in solchen Fällen wie Bohrer. Unter der gewöhnlich gemachten Annahme, daß mit -er primär nontina agentis abgeleitet werden, liegt hier in der Norm nur die sekundäre Bedeutung vor. Aber diese Tatsache reicht alleine noch nicht aus, die er-Ableitungen als unproduktiv zu bezeichnen, da die primäre Bedeutung "jemand, der ( h a b i t u e l l ) bohrt" potentiell durchaus gegeben ist. Mit anderen Worten, in der Natur der er-Ableitungen liegt nichts, was die primäre Bedeutung prinzipiell ausschließen würde. Somit zeigt sich wiederholt, daß dem Kriterium der Potential i tat eine zentrale Rolle zukommt. Zum Aufbau der Arbeit §3 Im Kapitel l gehen wir zunächst auf die einflußreiche Auseinandersetzung zwischen der transformationellen und der nicht-transformationellen Theorie der Wortbildung, nämlich auf Chomskys Remarks on Nominalization (Chomsky 1970), ein. Wir stimmen dem Grundton seiner Kritik an der transformationellen Ableitung der Nominal isierungen in der generativen Grammatik zu, sehen aber das entscheidende Motiv für die Abkehr vom Transformationalismus nicht so sehr in den eigentlichen Argumenten, die er gibt -denn unserer Ansicht nach ist keins von ihnen in einem breiteren Kontext überzeugend-, sondern vor allem in der erst unter ihrem Eindruck thematisierten Idee der restriktiven grammatischen Theorie. Erst durch sie wurde das Aspects-Model! konsequent überwunden, das im Prinzip nicht mehr als ein unrestringierter Erzeugungsmechanismus war. Der andere Teil dieses Kapitels diskutiert dann die Konsequenzen der lexikalistischen Hypothese für das Deutsche. Wir zeigen anhand von empirischen Analysen, daß bei der Basisgenerierung von Nominalisierungen und gleichzeitiger Zugrundelegung der strukturbewahrenden Hypothese von Emonds (1976) zahlreiche syntaktische Eigenschaften der Nominalisierungen im Deutschen direkt folgen. Dies g i l t vor allem für die Distribution verschiedener Typen von Nominalkomplementen. Wir zeigen in diesem Zusammenhang, warum u.a. folgende Bildungen syntaktisch nicht wohl geformt sind: (3) *sein Erzählen die Witze (4) *unsere Hilfe deinem Freund (5) *ihr Gedenken der Soldaten (6) *die Durchsuchung des Hauses, damit man den Dieb findet
Diese empirischen Konsequenzen der lexikaustischen Hypothese für das Deutsche wurden in der Literatur bisher nicht erkannt.
§4 Während wir im analytischen Teil des ersten Kapitels l e d i g l i c h zeigen, warum gewisse Ableitungen bestimmte syntaktische Eigenschaften nicht haben können, gehen wir im Rest der Arbeit zu einer konstruktiven Analyse über, wobei wir zwei Ziele verfolgen. Zum einen versuchen wir einen Beschreibungsapparat zu entwickeln, mit dem man die interne und die externe Syntax der produktiv abgeleiteten Nomina und Adjektive im Deutschen darstellen kann. Zum anderen (Kap.3) wollen wir anhand einer umfangreicheren Analyse von fcor-Adjektiven eine Reihe von Fakten überschaubar machen, die als Ausgangspunkt für weitere Modifizierungen des hier entworfenen Beschreibungsapparats dienen können. Zu den zentralen Punkten, die im Kapitel 2 behandelt werden,gehört u.a. die Explizierung des Begriffs der Wortbildungsregel —wobei wir immer an den Typ denken, der nicht von der Analogie bestimmt ist. Diese E x p l i k a t i o n wurde im Rahmen der generativen Grammatik trotz zahlreicher Diskussionen nicht ausreichend gegeben. Zu den anderen Punkten, die in diesem Kapitel behandelt wer den, gehört erstens die interne Struktur der komplexen Wörter, was in der generativen Perspektive eine Diskussion der Regeln beinhaltet, die die Wortstruktur basisgenerieren, und zweitens die externen syntaktischen Eigenschaften von abgeleiteten Wörtern, insofern sie eine Beziehung zum Basiswort haben. In dem hier angenommenen Rahmen bedeutet dies im P r i n z i p eine Diskussion von Regeln, die die Argumentstruktur der Basiswörter und der abgeleiteten Wörter aufeinander beziehen. Wir nennen diese Regeln Vererbungsregeln. Der Reihe nach behandeln wir dann im Kapitel 2 die anschließend aufgezählten Themen. Im Abschnitt 2.1 diskutieren wir zunächst die Frage, welche Kategorien überhaupt die Wortbildungsprozesse konditionieren können. Die Diskussion basiert auf der sich bestätigenden Annahme, daß die Zahl der für die Wortbildung zugänglichen Informationstypen begrenzt bzw. einer Bewertungsprozedur unterworfen werden sollte, die markierte und unmarkierte Informationstypen voneinander unterscheidet. In anderen Worten, wir verfolgen die Idee einer restriktiven grammatischen Theorie auch auf diesem Gebiet der Wortbildung. Nach der Diskussion der Autonomie des Lexikons und einem anschließenden Literaturbericht dazu (Abschnitt 2.2) gehen wir im Abschnitt 2.3 auf die Formalisierung der Regeln ein, die den abgeleiteten Wörtern ihre Struktur zuordnen. Hauptsächlich beschäftigen wir uns hier mit der Frage, ob die interne Struktur von abgeleiteten Adjektiven und Substantiven im E i n k l a n g mit den Prinzipien der Y-Hypothese (Chomsky 1970, Jackendoff 1977 ) generiert werden kann. Wir zeigen,
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daß die Regeln, die die Wortstrukturen generieren, als eine Variante eines a l l gemeinen Phrasenschemas x" -»·... x""2 interpretiert werden können. Wir sprechen in diesem Kontext von einer speziellen Parametrisierung eines allgemeinen Phrasenschemas. In diesem Zusammenhang werden in diesem Abschnitt auch solche Probleme wie die fead-Kategorie im abgeleiteten Wort, die Problematik des Ausschlusses von Phrasenkategorien aus komplexen Wörtern, der Status der Derivationssuffixe und der N u l l - S u f f i g i e r u n g besprochen. Verkürzt gesagt plädieren wir dafür, daß Suffixe, e i n s c h l i e ß l i c h der N u l l - S u f f i x e , als Heads f u n k t i o n i e ren. Wir entwickeln ebenfalls eine Markiertheitskonvention, die die Generierung von Phrasenkomposita und ä h n l i c h e n Bildungen erlaubt. Während die bisherige D i s k u s s i o n vor a l l e m die Problematik der internen Wortstruktur im adjektivischen und nominalen Bereich betrifft, konzentriert sich der Abschnitt 2.4 auf die externen syntaktischen Eigenschaften der abgeleiteten Wörter. Vor a l l e m w o l l e n wir hier der Tatsache Rechnung tragen, daß in wohl definierbaren Fällen das abgeleitete Wort die Argumentstruktur des Basisworts bewahrt, wenn auch in einer anderen syntaktischen Form. So ist es z.B. a u f f ä l l i g , daß in einer ior-Konstruktion wie: ( 7 ) Der Kühlschrank ist für einen Laien nicht reparierbar
das Subjekt dem direkten Objekt von reparieren und die /ür-Phrase dem Subjekt dieses transitiven Verbs selektionsmäßig entsprechen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Argumentvererbung und argumentieren für zwei grundsätzlich verschiedene Vererbungstypen: eine direkte Vererbung, die -Vererbung, die einige Eigenschaften sowohl mit dem Regel schema Move als auch mit der morphologischen "feature percolation" teilt und beispielsweise für die Vererbung von direkten Objekten zuständig ist, und eine indirekte Vererbung, die in der Interpretation solcher PPen wie die /ür-Phrase in (7) besteht und der Kerngrammatik allem Anschein nach nicht angehört. Die -Vererbung ist strukturabhängig und strukturbewahrend, die PP-Interpretation ist demgegenüber ein viel unrestringierterer Interpretationsprozeß, der auf semantische Information verschiedener Art rekurrieren kann. Im Zusammenhang mit der -Vererbung diskutieren wir dann die R o l l e der Kasusmarkierung. Schließlich diskutieren wir den Modus, unter dem die -Vererbung appliziert. Wir untersuchen verschiedene Head-Typen in komplexen Wörtern und zeigen, daß sie sich h i n s i c h t l i c h ihrer Fähigkeit, die Vererbung zu erlauben oder zu blockieren, unterscheiden. Demnach sprechen wir von transparenten und nicht-transparrenten Zweigen. (8) zeigt einen Fall der Vererbung über einen transparenten
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Zweig, (9) den entsprechenden Kontrast: (8) der Beschleunigung'sgrad der Partikeln (9) *die Besahleunigungsapparatur der Partikeln §5 Während die Grundprinzipien des im Kapitel 2 entwickelten Beschreibungsrahmens durchgehend mit Beispielen verschiedener Art aus dem Bereich der nominalen und adjektivischen W o r t b i l d u n g i l l u s t r i e r t werden, wird im abschließenden dritten Kapitel eine adjektivische Konstruktion, die fror-Adjektive, zu einer exemplarischen Überprüfung der P r i n z i p i e n der Wortsyntax ausgewählt. Im einzelnen arbeiten wir zunächst die Distributionsrestriktionen für das Formativ bar aus, das wir als ein gebundenes A d j e k t i v betrachten. Das Formati v erscheint in der l e x i k a l i s c h e n Phrasenstruktur [[ ]„ [#Z?or] A L,die durch die Regeln der Wortsyntax generiert wird. Dabei zeigt sich,daß bar synchron die Menge seiner l i n k e n Nachbarn, d . h . seiner Basisverben, auf Verben mit direkten Objekten einschränkt. Dieser strukturellen E i n s c h r ä n k u n g folgt eine semantische: bar kann nur mit agentiven bzw. schwach agentiven Verben auftreten.(Diese Kategorien werden in einer Diskussion der Intentionalität entwickelt.) Weiter diskutieren wir auch die morphologischen Restriktionen, die für die Distribution von Nörgelten. Sie gehören zwar nicht dem Bereich der Wortsyntax, sondernder Morphologie im e i g e n t l i c h e n Sinne an, werden aber der V o l l s t ä n d i g keit halber beschrieben. Wir überprüfen zunächst einige aus der Literatur bekannte Einschränkungen dieser Art und stellen dann eine morphologische Tendenz zu Ableitungen von polymorphematisehen Basen fest. Die obigen Aspekte betreffen die Eigenschaften der internen Struktur der bar -Adjektive, sie beziehen sich auf wohl geformte l e x i k a l i s c h e Phrasen mit bar als Head. Der zweite Teil dieses Kapitels konzentriert sich dagegen auf die Problematik der Vererbung von Verbalargumenten in diesem Typ von lexikalischen Phrasen; mit anderen Worten, er behandelt die Anwendung der -Vererbung bei den ior-Adjektiven. Diese Regel ist für die externen syntaktischen Eigenschaften dieser abgeleiteten A d j e k t i v e mitverantwortlich. Anhand einer empirischen Analyse zeigen w i r , daß die direkte Vererbung möglich ist, da £>orals transparent zu betrachten ist. Weiterhin zeigen w i r , daß die Vererbungsregel in den barAdjektiven strukturbewahrend ist. Das zeigt sich vor a l l e m daran, daß von den zwei Argumenten eines transitiven Verbs bei den £ar-Adjektiven nur eines vererbt werden kann. Hier zeigen wir auch die Wirksamkeit des im Kapitel 2 vorgeschlagenen Ergativprinzips: das P r i n z i p gibt bei zwei NP-Argumenten nur das Objektargument zur direkten Vererbung frei.
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Da die Prinzipien der Wortsyntax vor allem an Hand der £>ar-Adjektive exemplarisch diskutiert werden, widmen wir den Hauptteil des abschließenden Ausblicks der Frage, ob unser System auch auf andere syntaxnahe Wortbildungstypen applizierbar ist. Zu diesem Zweck besprechen wir einige Eigenschaften der &nNominalisierungen, die für eine weitere Ausarbeitung der Wortsyntax relevant erscheinen. Das Ziel des Ausblicks ist also keine vollständige Beschreibung dieser B i l d u n g e n , sondern vielmehr eine Absteckung des Gebiets für weitere Untersuchungen im nominalen Bereich. Die Konturen, die sich hier abzeichnen, sind nicht entmutigend. Im einzelnen zeigt sich, daß die Formationsregeln der Wortsyntax der internen Struktur der en-Nominalisierungen Rechnung tragen. Weiterhin erscheint es möglich, die Distribution von en anzugeben. Was dann die Anwendung der Argumentvererbung betrifft, so wird das hier entwickelte System ebenfalls bestätigt, da die Argumentvererbung der Strukturbewahrung gehorcht und im Falle der transitiven Verben durch das im Kapitel 2 vorgeschlagene Ergati vprinzip geregelt wird.
KAPITEL l
EINIGE FOLGEN DER NICHT-TRANSFORMATIONELLEN ABLEITUNG VON NOMINALISIERUNGEN
1.1. Chomsky (1970) über Nominalisierung §6 In seiner Arbeit Remarks on Nominalization (Chomsky 1970) diskutiert Chomsky drei Argumente, die seiner Ansicht nach gegen die transformationelle Ableitung von Nominalisierungen 1 sprechen. Diese Argumente haben die nachfolgende Diskussion der Wortbildung innerhalb der generativen Grammatik entscheidend beeinflußt, und daher erscheint es wichtig, auf sie auch in unserem Kontext einzugehen. Wir diskutieren sie im Abschnitt 1.1 und stellen dann im Abschnitt 1.2 die empirischen Konsequenzen der nicht-transformationellen Position für das Deutsche dar. Chomskys erstes Argument basiert auf der Beobachtung, daß die semantischen Beziehungen zwischen einer Nominalisierung und dem morphologisch verwandten, also vermutlich zugrundeliegenden Verb oft unvorhersagbar variieren. Das englische John'a deeds ist nicht einfach als acts of doing zu verstehen, sondern als fairly significant things which John did. Chomsky folgert: To accomodate these facts within the transformational approach [...] it is necessary to resort to the artifice of assigning a range of meanings to the base form, stipulating that with certain semantic features the form must nominalize and with others it cannot. Furthermore, the appeal to this very unsatisfactory device, which reduces the hypothesis that transformations do not have semantic content to near vacuity, would have to be quite extensive. (Chomsky 1970: 189)
Das Problem, das sich hier stellt, ist, ob solche idiosynkratischen Beziehungen für a l l e lexikalischen Prozesse typisch sind. Wir haben bereits oben versucht zu zeigen, daß die Wortbildung nicht kohärent ist, und daß bei der ZugrunDer Begriff Nominalisierung ist in dieser Arbeit hauptsächlich auf deverbale Substantiva vom Typ das Schäumen, die Untersuchung, die Jagd, die Tat u.a. eingeschränkt. Er wird gelegentlich auch auf ganze Nominalphrasen mit einem deverbalen Head bezogen, z.B. die Untersuchung der Ereignisse durch die Kommission. Diese Ambiguität im Gebrauch des Begriffs wird im Kontext aufgehoben. Man muß daran denken, daß bei den deverbalen Strukturen nicht nur ihre morphologische Struktur, sondern auch ihre syntaktischen Eigenschaften von Interesse sind.
14 delegung des Kriteriums der semantisehen Kohärenz solche Beziehungen typischerweise bei nicht-produktiven Prozessen vorkommen. So ist zweifellos die Ableitung von deed aus do synchron nicht mehr produktiv, ähnlich wie bei solchen Paaren wie jagen/Jagd, fürchten/Furcht, danken/Dank, loben/Lob usw. im Deutschen. Der semantische Unterschied zwischen do und deed ist ein Faktum, das indikativ dafür sein kann, daß in gewissen Fällen eine transformationelle Ableitung nicht sinnvoll ist. Es zeigt aber nicht, daß a l l e Nominalisierungen bzw. abgeleiteten Wörter nicht-transformationell abgeleitet werden müssen. Somit steht -besonders in einem heterogenen Modell- die Möglichkeit offen, nach Alternativen zu suchen, die bei den produktiven Bildungen nicht mit der gleichen Beschreibungsart arbeiten wie bei den unproduktiven. 1
Im Chomskyschen Argument liegt auch eine Unklarheit hinsichtlich des Gegenstandes der Wortbildungstheorie. Der Gegenstand der Wortbildungstheorie ist zunächst die Beschreibung des l i n g u i s t i s c h determinierten Wortbildungsvermögens, also das Potentielle. Man muß daher bei der Auswahl des Materials sorgfältig unterscheiden, was zu einem gegebenen Augenblick in der Geschichte einer Sprache als möglich g i l t . Daß der Gegenstand der Untersuchung gerade so definiert werden sollte, scheint uns evident zu sein und gehört auch zu den ältesten l i n g u i s t i schen Einsichten. Es ist in diesem Zusammenhang nicht uninteressant, auf die vergessene (und in Brekle 1978 wieder entdeckte ) Urspraohlekre von Fr.Schmitthenner aus dem Jahre 1826 hinzuweisen, in der im Kontext der Wortbildung klar der Unterschied zwischen dem Möglichen und dem Aktuellen gemacht wird. Schmitthenner spricht von einer E i n t e i l u n g in: a) möglich (potential!ter) vorhandene Wörter, oder solche, deren Bedingnis.se durch die Elemente und Ableitungsgesetze der Sprache gegeben sind, und in
b) wirklich (actu) vorhandene, oder solche, die zu den cursierenden Schätzen der Sprache gehören. (Schmitthenner 1826: 188; vgl. auch Brekle 1978: 69) §7 Das zweite Argument gegen die transformationelle Ableitung der Nominalisierungen, das wir in Remarks on Nominalization finden, bezieht sich auf das Phänomen, das Chomsky ungewöhnlicherweise als Produktivität (productivity) bezeichnet. Der springende Punkt ist dabei die Tatsache, daß Nominalphrasen, die eine Nominalisierung als Head haben, meistens nur ganz einfachen Satzstrukturen entsprechen. So gibt es Klassen von abgeleiteten Sätzen, denen keine grammatische 1
Chomsky selbst erwähnt eine Kompromißlösung, die sowohl lexikalische als auch transformationelle Ableitung erlaubt. Die Wahl zwischen diesen Beschreibungsalternativen sei ausschließlich "an empirioal issue" (Chomsky 1970: 188).
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Nominal isierung entspricht. Z.B. haben die sog. Raising-Konstruktionen im Englischen keine nominal isierten Gegenstücke: (1) John is easy to please (2) *John's easiness to please
Vergleichbares finden wir auch im Deutschen bei einigen Konstruktionen, von denen man annehmen könnte, daß sie durch eine deutsche Variante der Raising-Regel abgeleitet sind 1 : (3) der Film beginnt langweilig zu werden (4) *der Beginn des Films langweilig zu werden (5) diese Zettel sind leicht zu verwechseln (6) *die Leichtigkeit dieser Zettel zu verwechseln
Die Beobachtung, daß die Nominalisierungstransformation in Derivationen, in denen eine bestimmte Regel appliziert hat, blockiert ist, ist in ihrem Wert nicht ganz einleuchtend, solange wir nicht mehr über die gesamte Organisation der Grammatik bzw. über die leitenden metatheoretischen Vorstellungen wissen. Man erinnert sich beispielsweise daran, daß in der Literatur Vorschläge zu finden sind, denen zufolge die Ungrammatikali tat von Nominal isierungen, die Sätzen wie (1) entsprechen, als eine Folge der Ordnung der Raising-Transformation und der Nominalisierungstransformation interpretiert werden kann. So versuchte Newmeyer (1976) zu argumentieren, daß die Nominal isierung im Englischen eine sehr frühe Regel ist, die solche Regeln wie Raising systematisch entkräftet (bleeds). Ähnliches könnte man für das Deutsche behaupten. Ob man solche Alternativen tatsächlich als Erklärungen akzeptiert, läßt sich wahrscheinlich nur im Einzelfall entscheiden. Was Newmeyers Erklärung anbetrifft, wollen wir kurz zeigen, daß sie nicht attraktiv ist, weil sie einen explanatorisch leeren Mechanismus, nämlich den Prä-Zyklus braucht. Um bei der Regelinteraktion nur grammatische Derivationen erzielen zu können, nimmt Newmeyer einen Zyklus und einen Prä-Zyklus an, wobei die Nominalisierung dann als eine prä-zyklische Regel gilt. Die transformationelle Komponente ist also folgendermaßen gegliedert: (7) Prä-Zyklus Zyklus wobei die Regeln in den zwei Blocks jeweils extrinsisch geordnet sind. Für alternative Analysen der Raising-verdacht!gen Konstruktionen im Deutschen vgl. z.B. Reis (1973), Ebert (1975), Evers (1975).
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Es ist nicht nötig, auf die Details der prä-zyklischen Grammatik einzugehen, um sehen zu können, daß der Prä-Zyklus ein arbiträrer Mechanismus ist und daher keinen explanativen Wert besitzt. Eine Aufteilung des Zyklus bzw. der transformationellen Komponente in einen Zyklus und einen Prä-Zyklus hätte dann einen Sinn, wenn dadurch interessante Generalisierungen zum Ausdruck gebracht würden. Z.B. wäre diese Organisation der Grammatik -sie könnte gleichzeitig als eine Typologie der Regeln verstanden werden- von explanatorischem wert, wenn mit jeder transformationellen Subkomponente gewisse charakteristische Eigenschaften assoziiert werden könnten. Dies war übrigens die Strategie, die man bei einer früheren Organisation der transformationellen Komponente, nämlich bei der Unterscheidung zwischen zyklischen und post-zyklischen Regeln, angewandt hat. Man erinnere sich beispielsweise an die möglicherweise nicht-triviale Charakterisierung von zyklischen und post-zyklischen Regeln, die wir hier bequemlichkeitshalber nach Kimball wiederholen: (8) cyclic rules
post-cyclic rules
1) preserve form of input structure
I 1 ) derange input structure
2) make no essential use of variables
2 " ) may make essential use of variables
3) may have lexical exceptions
3 ' ) no lexical exceptions
4) several may apply within S
4 ' ) only one per S
5) seem not to introduce structural ambiguity
5 " ) may introduce structural ambiguities
6) apply working upwards the
6 " ) apply only to top S (Kimball 1973: 42)
tree
Es kann sein, daß der Gehalt dieser Typologie z.B. mit einer bestimmten Theorie der Grammatik bzw. ihren leitenden metatheoretischen Vorstellungen inkompatibel ist. Es kann auch sein, daß die in dieser Typologie formulierten Kriterien redundant sind, indem sie (vielleicht sogar a l l e ) aus einem allgemeinen oder in einem anderen Teil der Grammatik unabhängig motivierten Prinzip folgen. Schließlich können die empirischen Vorhersagen dieser Generalisierungen drastisch von den Fakten abweichen. Nichtsdestoweniger liegt hier eine Typologie vor, die auf ein möglicherweise interessantes clustering von Eigenschaften hinauslaufen kann. Sollten wir aber fragen, auf welches clustering von Eigenschaften die Aufteilung der Regeln in zyklische und prä-zyklische hinausläuft, so sehen wir sehr schnell, daß man mit den Regeln des Prä-Zyklus nur eine einzige charakteristische Eigenschaft verbinden kann: sie müssen vor dem (eigentlichen) Zyklus geordnet werden. Somit ist der Prä-Zyklus von der extrinsischen Regelordnung bzw. einer
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Variante davon entscheidend a b h ä n g i g , was schon a l l e i n e belastend ist, und explanatorisch leer. Er führt zu keiner echten Strukturierung der transformationellen Komponente, sondern nur zu ihrer Verkomplizierung. Um nun zum Hauptthema dieses Abschnitts, den Produktivitätseinschränkungen bei N o m i n a l i s i e r u n g e n , zurückzukehren, so erscheint es nicht k l a r , warum Chomskys Beobachtungen als ein Argument gegen die transformationelle Ableitung gelten sollten. O f f e n s i c h t l i c h wird es immer die Möglichkeit geben, die Ungramm a t i k a l i t ä t gewisser N o m i n a l i s i e r u n g e n als eine Folge anderer Umstände zu interpretieren. Es wird dann nur darauf ankommen, ob diese alternativen Erklärungen akzeptabel erscheinen oder nicht, was wahrscheinlich nur im E i n z e l f a l l entschieden werden kann. W i e wir gesehen haben, ist beispielsweise die Erklärung von Newmeyer n i c h t besonders attraktiv. §8 Chomskys drittes Argument gegen die transformationelle Ableitung von Nominal isierungen bezieht sich auf die Tatsache, daß die Syntax der "derived nom i n a l s " , also solcher Nominalisierungen wie destruction, revision u . a . , mit der Syntax von Nominalphrasen im wesentlichen übereinstimmt. Mit anderen Worten ist die Menge der syntaktischen Eigenschaften, die den Output der vermeintlichen Nominalisierungstransformation charakterisieren, restlos als eine Teilmenge in der Menge von syntaktischen Eigenschaften enthalten, die durch die Basis expansion des NP-Symbols entsteht. Der Transformationsprozeß erzeugt in diesem Sinne kein "eigenes" Produkt, sondern eine Struktur, die auch anderswo in der Grammatik, n ä m l i c h in der Basis, erzeugt werden kann. Wir werden im weiteren dieses Problem als das Duplikationsproblem bezeichnen. Die Lösung des Duplikationsproblems besteht nach Chomsky im wesentlichen darin, daß Nominalisierungen nicht transformationell, sondern durch die Basisregeln erzeugt werden. Somit gibt es in der Grammatik eine einzige Quelle für NP-Strukturen und somit folgt auch, daß die Struktur der Nominalisierungen von der Struktur der Nominalphrasen nicht abweichen kann. 1 Das Duplikationsproblem gehört zu den wichtigsten formationelle Ableitung von N o m i n a l i s i e r u n g e n . Unter die n o m i n a l i s i e r t e n I n f i n i t i v e im Deutschen, die wir ersten Argument ihrer semantisehen Transparenz wegen dieser Überlegung nicht transformationell abgeleitet
Einwänden gegen die transanderem sieht man, daß im Zusammenhang mit dem erwähnt haben, auf Grund werden können. In dieser
Das Argument basiert natürlich auf der Annahme, daß auch die Nominalphrasen mit einem nicht-nominalisierten Head in der Basis generiert werden. Diese Annahme war nicht immer selbstverständlich, z.B. nicht in Bach (1968).
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H i n s i c h t ist der Terminus 'nominalisierter I n f i n i t i v ' irreführend: die mit en abgeleiteten Formen wie z.B. das Sinken, das Kommen haben n i c h t die Syntax des I n f i n i t i v s , sondern die des Nomens. Auf keinen Fall sind sie in diesem Punkt mit den englischen Gerundien vergleichbar. 1 In einer besonders scharfen Form taucht das Duplikationsproblem in solchen Analysen a u f , in denen mehrere Transformationen vorgeschlagen werden, mit denen Nominalisierungen generiert werden. Ruwet (1968), eine der frühen Studien, die u . a . auch eine Analyse der Nominal isierungen im Französischen gibt, formuliert aus sonst motivierten Gründen gleich zwei Nominalisierungstransformationen. Mit der einen werden Aktionsnominalisierungen ( z . B . destruction 'Zerstörung') abgeleitet, mit der anderen Nominalisierungen von Verben, die psychische Zustände bezeichnen ( z . B . haine ' H a ß ' aus avoir en haineq.ch.'Haß haben, hassen 1 ). Beide Regeln generieren z u f ä l l i g --so muß man jetzt sagen-- die gleiche Struktur, nämlich eine Nominal phrase. A l l e r d i n g s muß auch das Duplikationsproblem in einem allgemeineren Kontext betrachtet werden. Wenn wir Transformationen untersuchen, die in der Literatur vorgeschlagen wurden, so sehen wir, daß v i e l e von ihnen mit der Nominalisierungstransformation insofern vergleichbar sind, als sie ebenfalls Strukturen erzeugen, die die Basis generieren kann. Nennen wir a l l e diese Transformationen im weiteren "strukturbewahrend" 2 . Das sog. Dative Movement im E n g l i schen, eine Regel, die in der älteren Literatur den Zusammenhang zwischen (9) und (10) e x p l i z i t macht, ist beispielsweise eine solche strukturbewahrende Transformation. Sie erzeugt die Kette NP v NP die aber aus unabhängigen Gründen in der Basis generierbar sein muß, wie (11-12) zeigt: (9) He gave The Mysteries of Adolescence to his children. (10) He gave his children The Mysteries of Adolescence (11) They elected Dr.Gurk chairman. ( 1 2 ) They called John monkey. Auch Esau (1973) betrachtet die sog. nominal!sierten Infinitive im Deutschen als nicht-transformationell abgeleitet. Vgl.dazu die folgende Definition von Emonds: "A transformational Operation T that substitutes a node B and all the material dominated by it for some node C that is a constituent of the same category is structure preserving" (Emonds 1976: 68); ähnlich auch:"[The] notion of moving a constituent labeled X into a position where a node X is already provided for by the phrase structure rules is the central idea in the definition of a structure preserving transformation" (Emonds 1976: 7 6 ) .
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Strukturbewahrende Eigenschaften hat auch die sog. Passivtransformation, sowohl im Englischen als auch im Deutschen. Dies alles zeigt n u n , daß der obige Einwand auch in diesen F ä l l e n gelten muß: kraft des Duplikationsarguments dürften weder die Passiv- noch die Dat-iue-Afoyement-Strukturen transformationell abgeleitet werden. Die gängige Meinung, die sich seit den Remarks on Nominalization etablierte, besagt, daß strukturbewahrende Transformationen wie Nominalisierung, Passiv (im Deutschen) aus explanatorisehen Gründen nicht z u l ä s s i g sind; die entsprechenden Strukturen werden daher l e x i k a l i s c h abgeleitet. Dieser Schluß ist allerdings nicht zwingend. Man sieht n ä m l i c h , daß die Eigenschaft, strukturbewahrend zu sein, andererseits doch als eine Eigenschaft gewisser nicht-lexikalischer Transformationen zugelassen wird. So z . B . bei der in der älteren Literatur als Subjekt-Anhebung bezeichneten Transformation, einer Regel, die bei Matrixverben wie seem ' s c h e i n e n ' die eingebettete Subjekt-NP in die Position des Matrixsubjekts bewegt und daher strukturbewahrend ist: (13) [[
]Np seems [[«7oÄ«!Lp to be a nioe fellow ]q]c
Somit ergeben sich zwei Möglichkeiten: entweder werden strukturbewahrende Transformationen in der Grammatik weiter zugelassen, was gleichzeitig heißt, daß die Strukturbewahrung nicht als ein Diagnostikum für die Unterscheidung zwischen transformationellen und l e x i k a l i s c h e n Prozessen gelten kann, oder die Strukturbewahrung wird immer als ein Diagnostikum für l e x i k a l i s c h e Prozesse interpretiert werden; in diesem Sinne wird es keine strukturbewahrenden Transformationen mehr geben, was u . a . eine neue Analyse von (13) i m p l i z i e r t . Es ist im A u g e n b l i c k nicht wichtig, die letzte Möglichkeit und ihre Varianten zu diskutieren. Das Hauptanliegen dieses Abschnitts war die Feststellung, daß Chomskys Beobachtungen über das Duplikationsproblem a l s Argumente im strikten Sinne offen bleiben, solange nichts mehr über das Problem der Strukturbewahrung gesagt wird. Dies ist allerdings eine K r i t i k ex post, denn obwohl die Thematisierung des Duplikationsproblems die Strukturbewahrung k l a r vorwegnimmt, war zu jenem Zeitpunkt, a l s die Remarks on Nominalization geschrieben wurden, die strukturbewahrende Hypothese noch nicht f o r m u l i e r t . Zuletzt b l e i b t zu vermerken, daß Chomskys lexikaustische Hypothese eigentl i c h mehrere Aspekte hat, darunter auch solche, die sie von dem späteren Lexik a l i s m u s unterscheiden. Dabei wird die syntaktische Problematik am deutlichsten thematisiert. Weniger k l a r sind andere Teilaspekte. Chomsky nimmt an, daß
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solche Paare wie decide/decision einen gemeinsamen, kategoriell unterspezifizierten Lexikoneintrag haben, den man entweder als Verb oder als Nomen interpretieren kann. Dieses "Verb/Nomen" kann entweder in eine nominale oder in eine verbale Umgebung eingesetzt werden. Im gewissen Sinne ist also der Beitrag des Lexikons in diesem System m i n i m a l , was eigentlich den gängigen Vorstellungen vom Lexikalismus nicht ganz entspricht. Mit einer der Gründe dafür ist die Tatsache, daß die sog. Redundanzregeln, die die Beziehung zwischen Lexikoneinträ'gen innerhalb des Lexikons zum Ausdruck bringen sollten und somit dem Lexikon mehr an Struktur verleihen würden, eigentlich erst in Oackendoff (1975) ausgearbeitet wurden. Wir werden auf sein System im Kapitel 2 näher eingehen, werden ihm aber nicht folgen. Die von uns im Kapitel 2 entwickelte Theorie ist im P r i n z i p eine nicht-lexikalistische Theorie, in der der Schwerpunkt auf der Basisgenerierung der Wortstruktur liegt. In diesem Sinne hat sie vielleicht mit der ursprünglichen Theorie Chomskys mehr gemeinsam als mit dem von Jackendoff entwickelten L e x i k a l i s m u s . §9 Wir haben bisher gesehen, daß eigentlich keine von den drei in den Remarks on Nominalization präsentierten Beobachtungen in geschlossene Argumente eingeht. Es scheint, daß man einiges an Prämissen explizieren müßte, um auf Grund der angegebenen Fakten überzeugend für die nicht-transformationelle Position argumentieren zu können. Nichtsdestoweniger brachten die Remarks on Nominalization eine wichtige Diskussion über die Einschränkung der expressiven Kraft der Transformationen in Gang. Das Ergebnis dieser Diskussion war dabei relevanter als die drei Argumente, die am Anfang gestanden haben. Man hat erkannt, daß der Begriff der Transformation, wie er in den 60er Jahren interpretiert wurde, zu wenig eingeschränkt ist, um die Lösung des Projektionsproblems im Sinne von Peters (1972) zu ermöglichen. Insbesondere wurde die Theorie der Strukturbeschreibung in der Standardtheorie viel zu weit erweitert. In der Literatur erschienen u.a. Transformationen, deren Strukturbeschreibungen mit H i l f e der sog. "Boolean conditions on analyzability" formuliert wurden. Diese in den Aspects zugelassene Möglichkeit (Chomsky 1965: 143) bedeutet im P r i n z i p , daß in der Formulierung einer Strukturbeschreibung Junktoren wie und, oder bzw. nicht verwendet werden dürfen. So implizieren geschweifte Klammern eine mit H i l f e von oder formulierte Strukturbeschreibung, denn (14) ist nichts anderes als eine D i s j u n k t i o n von zwei Strukturbeschreibungen, nämlich (15):
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(14)
-
V -
pp
(15)
-
V -
NP -
oder
X -
V -
PP -
Ähnliches g i l t auch für die Angabe von optionalen Tennen; (16) kann man als (17) explizit machen: (16) (17)
X X -
V V -
(NP) oder
X -
V -
NP -
Was die Anwendung von eckigen Klammern, [, ], betrifft, so läßt sich diese stets als eine Konjunktion von Strukturbeschreibungen übersetzen; d.h. (18) kann man in der Form von (19) angeben: (18)
X -
[V -
(19)
X -
VP -
NP] v p und
X - V -
NP -
(19) macht l e d i g l i c h e x p l i z i t , daß (18) eine Bedingung über simultane E r f ü l l u n g von zwei mit und verbundenen Faktorisierungen beinhaltet. Die Benutzung von eckigen Klammern hat sich in der Literatur allgemein eingebürgert, obwohl sie weitgehende Folgen für die Expressivität des Formalismus hat, indem sie zusätzlich zur Verkettungsinformation auch die Information über Dominanzverhältnisse in einer gegebenen Phrasenstruktur bei der Formulierung von Transformationen zugänglich macht. (Auf diesem Wege kann übrigens auch die Information über grammatische Relationen in die Strukturbeschreibung aufgenommen werden.) Die Strukturbeschreibungen mit nicht scheinen in der gewesen zu sein, doch auch sie sind im P r i n z i p in diesem System erlaubt. Man kann mit H i l f e von nicht Operationen z.B. die folgende: "Terme Wi und W 2 in einer Struktur ziert werden, wenn zwischen ihnen ein Term der Kategorie
Literatur seltener unrestringierten formalisieren wie können nicht affiZ liegt".
Da natürlich die Möglichkeit gegeben ist, a l l e diese Ausdrucksweisen zu kombinieren, erhöht sich die expressive Kraft des transformationellen Mechanismus r a d i k a l . Somit charakterisiert die transformationelle Theorie dieser Art eine praktisch beliebige Menge von Grammatiken und macht u.a. die Vorhersage, daß das Nicht-Vorkommen von bestimmten an und für sich unplausiblen, mit H i l f e des Boole'schen Formalismus aber durchaus ausdrückbaren Prozessen, nur ein Zufall ist. Dieser bereits beträchtlichen Erweiterung der expressiven Kraft der Aspeots-Gr&matik folgten in der Literatur weitere Modifizierungen. Hierher
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gehörten Strukturbeschreibungen mit verborgener Q u a n t i f i k a t i o n , uneingeschränkte globale Regeln, uneingeschränkte "transderivational constraints", Strukturbeschreibungen, in denen grammatische Relationen benutzt wurden, usw.; vgl. Chomsky 1976: 310f. für eine Liste samt Literaturangaben. Folgende Meinung war in diesem Zusammenhang nicht untypisch: Transformations seem to be conditioned sometimes by semantic factors, sometimes by phonological ones, sometimes by perceptual ones, and sometimes by any number of mixes of the above factors, or by yet Other Ones. (Ross 1973: 216; Fußnoten mit Literaturhinweisen ausgelassen)
In dieser Situation kam dem Lexikalismus eine wichtige Rolle zu. Der Versuch, die transformationelle Komponente zu reduzieren, führte allmählich zu einer restriktiven Theorie der Grammatik, in der die Typologie der Transformationen radikal eingeschränkt wurde. Dabei sollten die Transformationen selbst keinen regelspezifischen Bedingungen unterliegen. Ihre Anwendung sollte vielmehr durch allgemeine, nicht-regelspezifische Bedingungen geregelt werden, wie schon z.T. in der Dissertation von Ross (1967) vorgesehen war. Das System dieser Bedingungen wurde allerdings im Laufe der Zeit wesentlich vereinfacht und generalisiert, so daß es im Endeffekt zu dem eigentlichen Kern der Universalen Grammatik wurde. 1.2. Empirische Konsequenzen der Basishypothese für das Deutsche Bereits frühere Studien zur Nominal isierung im Deutschen haben sich mit Chomskys Argumenten gegen die transformationelle Ableitung von Nominalisierungen auseinandergesetzt ( z . B . Esau 1973, Wunderlich 1971, Ullmer-Ehrich 1977),obwohl die notwendige Absicherung der Argumente Chomskys dabei eigentlich ausblieb. Ungeachtet dessen bleibt auch der Eindruck, daß die Konsequenzen der Basishypothese, d . h . der Hypothese, daß Nominalisierungen durch die Basis und nicht durch die Transformationen generiert werden, nicht genügend explizit gemacht wurden. Deshalb soll in diesem Abschnitt eine Reihe von Fakten diskutiert werden, deren Beschaffenheit im E i n k l a n g mit der Basishypothese steht. §10 Der wohl transparenteste Fall ist die Ungrammatikali tat von Nominalisierungen wie: (20) *die Hitfe meinem Freund (21) *die Widmung der Sinfonie dem Prinz Wilhelm (22) *die Zusage den Teilnehmern Sie folgt direkt aus der Basishypothese, da die Expansionsregeln für das Sym-
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bol NP keine adnominalen Dative erlauben. Somit gibt es auch keine Möglichk e i t , (20-22) in der Basis zu generieren, was ein wünschenswertes Ergebnis ist. In diesem Zusammenhang sehen wir übrigens, daß die Basishypothese hier eine l e d i g l i c h negative Wirkung hat: sie zeigt nicht, wie solche Phrasen wie (23-25) generiert werden: (23) (24) (25)
die Hilfe für· meinen Freund die Widmung der Sinfonie an den Prinzen Wilhelm die Zusage an die Teilnehmer
Die Basishypothese bietet ebenfalls keine Erklärung dafür, warum die adnominalen Dative aus der NP-Struktur ausgeschlossen sind. §11 Die Ungrammatikali tat von: (26) *Sein Erzählen Witze geht allen auf die Nerven sollte ebenfalls aus der Basishypothese folgen. So wie die Basisregeln (27) nicht erlauben: (27) *Seine Theorie die Urschöpfung
ist verrückt
erlauben sie auch keine Nominal isierungen mit Akkusativkomplementen. Die Basishypothese macht wiederum keine Vorhersage bezüglich der Generierung grammatischer Nominal isierungen, die von transitiven Verben abgeleitet sind, w i e z . B . : (28) (29)
sein Erzählen von Witzen ihre Zerstörung der Stadt
Die Basishypothese sanktioniert zwar (28-29) als wohlgeformte Nominalphrasen, ähnlich wie sie adnominale Genitive bzw. adnominale Präpositionalphrasen in nicht-nominalisierten Fällen sanktioniert: (30) (31)
seine Theorie des Weltuntergangs seine Statue von Venus
aber sie a l l e i n e trägt nicht der Alternation zwischen der Akkusativmarkierung des Objekts beim transitiven Verb und der Genitivmarkierung des adnominalen Komplements Rechnung. §12 E i n i g e Probleme ergeben sich allerdings im Zusammenhang mit den folgenden Beispielen: (32) (33)
Das Schwimmen letzte Woche brachte gute Ergebnisse Die Prüfungen letzten Montag waren schauderhaft
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(34) Das Herumgarmeln den ganzen Tag hat seinen Ruf ruiniert Bei der Beurteilung dieser Beispiele treten zwar gewisse Schwankungen a u f , aber a l l e s in allem sind sie in der gesprochenen Sprache für die meisten Sprecher akzeptabel. Wie weitere Beispiele zeigen, kommen Adverbialakkusative auch bei nicht-nominalisierten Heads vor: (35) Das Wetter letzte Woche war schlecht (36) Weihnachten letztes Jahr werden sie nie vergessen (37) Die Krise letzten Herbst könnte sich wiederholen A l l e diese Fakten stehen im E i n k l a n g mit der Basishypothese: sind Adverbialakkusative in einer nicht-nominalisierten NP m ö g l i c h , v g l . (35-37), so sind sie auch bei Nominalisierungen zu erwarten, v g l . (32-34). Insofern brauchte man im Kontext unserer Diskussion nichts mehr zu sagen. Es stellt sich aber das Problem, wie die Akkusative, die in einer NP auftreten können, formal zu charakterisieren sind. Angesichts des Kontrasts: (38) *die Theorie die Weltentstehung (39) das Wetter letzte Woche würde sich eine semantische Beschreibung anbieten. Sie ist a l l e r d i n g s nicht unbedingt die einzig mögliche, denn nach der X-Hypothese ( v g l . Jackendoff 1977) wäre auch ein struktureller Unterschied denkbar:
(40)
(41) N3
Ä«
die Weltentstehung
N1 ^3 letzte N° Woche Wetter
An dieser Stelle hängt viel vom Format der Kasusmarkierung im Deutschen ab. Könnte man zeigen, daß die Genitiv-Markierung nur N^Komplemente, nicht aber N 2 -Komplemente erfaßt, wäre der Kontrast (38-39) zu erwarten. §13 Die Distribution von adverbalen Genitivkomplementen erscheint v i e l l e i c h t komplizierter als sie es eigentlich ist. Da Genitivphrasen in Nominalphrasen unabhängig von der N o m i n a l i s i e r u n g erscheinen können: (42) die Briefe der Soldaten (43) die Probleme der letzten Tage könnte man erwarten, daß die Nominalisierungen von Verben mit Genitivobjekten
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ebenfalls diese Genitivobjekte aufweisen würden. Dies ist allerdings nicht der F a l l . Dem Genitivobjekt eines Verbs wie gedenken entspricht eine Präpositionalphrase: (44) *ihr Gedenken der Soldaten (45) ihr Gedenken an die Soldaten
Es ist aber nicht schwer zu zeigen, daß die Ungrammatikalität von (44) ebenf a l l s als eine Konsequenz der Basishypothese zu interpretieren ist, obwohl man zunächst das Gegenteil glauben möchte. Um dies zu sehen, muß man zeigen, daß die Genitivmarkierung bei indirekten Objekten des Verbs und die Genitivmarkierung bei dem sog. adnominalen Genitiv zwei verschiedene, wenn auch homophone Phänomene sind. Folgende Beobachtungen legen eine Unterscheidung zwischen Genitivi (ad-verbal) und einem Genitiv 2 (ad-nominal) nahe: Die Genitivmarkierung der indirekten Objekte ist idiosynkratisch. Sie kann nicht durch eine Regel angegeben werden, sondern muß beim Lexikoneintrag des jeweiligen Verbs explizit vermerkt werden. Die Genitivmarkierung im adnominalen Bereich ist demgegenüber weitgehend vorhersagbar und kann durch eine strukturabhängige Regel angegeben werden. Der adnominale Genitiv, d . h . Genitiv 2 , alterniert mit der yorc-Phrase. (Diese Alternation kann auch in die Diachronie proji ziert werden bzw. als ein Resultat des diachronen Wandels verstanden werden: die meisten Dialekte haben keinen adnominalen Genitiv.) Man vergleiche z . B . : (46) (47)
ein Teil unserer Silbergabeln ein Teil von unseren Silbergabeln
Der Genitiv des indirekten Objekts alterniert zwar auch mit Präpositionalphrasen, aber die Menge der Präpositionen ist hier wesentlich größer, wobei ihre Distribution nicht vorhersagbar ist, zumindest nicht auf Grund struktureller Information. Kolvenbach (1973: 124) gibt folgende Präpositionen an, die für den Genitiv i auftreten: an} auf, aus, gegen, mit, über, von, wegen. Wenn der Unterschied zwischen dem Genitivx und dem Genitiv 2 einmal deutlich gemacht wird, sehen w i r , daß die Basishypothese die Ungrammatikali tat von (44) erklären kann: ein Genitivi kann aus unabhängigen Gründen in der Nominalphrase nicht generiert werden. §24 Bereits in den früheren Studien zur Syntax der Nominal isierung im Deutschen wurde beobachtet, daß Sätzen mit Adverbialsätzen keine Nominalisierungen entsprechen; so z.B. Esau (1973):
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(48) Der Mann schreit (49) das Schreien des Mannes (50) Der Mann schreit, damit man ihn hört (51) *das Schreien des Mannes, damit man ihn hört Auch dies folgt aus der Basishypothese. Die Distribution von Adverbialsätzen in Nominalphrasen ist nämlich eingeschränkt, und dies unabhängig von der Nominal i sierung. Man betrachte die folgenden Beispiele, die darauf hinweisen, da3 es sich um eine strukturelle, nicht um eine semantische Einschränkung handelt: (52) Das Wetter damals war wirklich wunderbar (53) ?Das Wetter, als der Mensch noch wie ein Affe ausgesehen hat, war wirklich wunderbar (54) Ein Buch zum Lesen liegt unter dem Kissen (55) Ein Buch, damit Sie es lesen, liegt unter dem Kissen Die Vorhersage, die hier die Basishypothese bietet, ist zwar nicht besonders erklärungsreich --man möchte wissen, welche Gründe es eigentlich sind, die die Distribution von Adverbialsätzen in der Nominalphrase einschränken--, aber an dieser Stelle ist sie ausreichend. W i c h t i g ist l e d i g l i c h , daß die Distribution von Adverbialsätzen sowohl bei nominalisierten als auch nichtnominal i sierten Heads parallel ist. Im übrigen zeigt es sich, daß die Basishypothese auch einer gewissen Varia b i l i t ä t der Beurteilung Rechnung trägt. So läßt sich beobachten, daß Temporalsätze, vor a l l e m aJs-Sätze, bei Nominalisierungen für v i e l e Sprecher akzeptabler sind als z . B . Finalsätze: (56) ?Sein Verschwinden, als er sich bedroht sah, war nicht überraschend (57) *Sein Verschwinden, damit ihn niemand sieht, war nicht überraschend Warum (56) akzeptabler ist als ( 5 7 ) , bleibt unklar. Das Pattern steht aber mit der höheren Akzeptabi l i tat von aZs-Sätzen bei nicht-nominal isierten Heads im Einklang: (58) Die Zeit, als sie in Paris lebte, war voll von sonderbaren Ereignissen §15 Die folgende Nominalisierung läßt sich als ein Ergebnis der Equi-Anwendung in der NP verstehen: (59) Karls Versuch, das Haus zu verlassen Angenommen, daß Karls das Subjekt der ganzen NP ist, können wir ihm die g l e i -
27 chen Kontrolleigenschaften zuschreiben, wie der Subjekt-NP in: (60) Karl versuchte, das Haus zu verlassen1 Somit wäre (59) ein Fall der subjektregierten Equi in der Nominal phrase. (61) wäre dann ein Beispiel der N o m i n a l i s i e r u n g , die mit e i n e r dativregierten Equi in der NP korrespondiert: (61) seine Empfehlung an die Studenten, Butter mitzubringen wobei wir an dieser Stelle die Frage nach der Herkunft von an außer acht lassen. Was nun den dritten F a l l , die objektregierte Equi b e t r i f f t , so sehen w i r , daß einer Equi-Konstruktion, in der das eingebettete Subjekt von einem direkten Objekt kontrolliert w i r d , keine grammatische N o m i n a l i s i e r u n g entspricht: (62) Sie beschuldigten den Hausmeister, das Schmalz veruntreut zu haben (63) ihre Beschuldigung des Hausmeisters, das Schmalz veruntreut zu haben Eine befriedigende E r k l ä r u n g h i e r f ü r haben wir n i c h t . Wir vermuten a l l e r d i n g s , daß die Struktur: (64) [ Possessivum N NP S I n f 1 n U 1 v ]
Np
in der Basis n i c h t generiert werden kann. Mit anderen Worten, unabhängig von den Nominal isierungen lassen sich Nominalphrasen wie (65, 66, 67) generieren nicht aber (68): Poss
N
NP
(65) seine Theorie (66) seine Theorie
der Temperatur
(67)
des Physikers
(die) Theorie
(68)*seine
Theorie
der Temperatur
SInf
,die Temperatur auf Bewegung zu reduzieren ,die Temperatur auf Bewegung zu reduzieren ,sie auf Bewegung zu reduzieren
(68) hat dabei die Struktur von (64). Man beachte weiter, daß die folgenden Nominalisierungen von Verben wie nötigen, beschuldigen die Struktur (64) nicht verletzen. Ihre relative Akzept a b i l i t ä t spricht in diesem Sinne dafür, daß (64) eine echte Generalisierung
ist: 1
Wir nehmen an, daß Equi keine Tilgungs-, sondern eine Interpretationsregel ist. Somit wird jene Klasse von Transformationen eliminiert, die auf die sog. Referenzidentität Bezug nehmen. Ähnliches gilt auch für die sog. Pronominalisierung.
28 (69)
Die Nötigung, solche Handlungen auszuüben, ist
strafbar
(70)
Er hat ihre Beschuldigung, den Mönch ermordet zu haben, zurücT
(Y)
X°
Mit anderen Worten, wir möchten sehen, ob ein allgemeines P r i n z i p für die Struktur von Phrasen im l e x i k a l i s c h e n Bereich derart interpretiert werden kann, daß es aus p r i n z i p i e l l e n Gründen nur Strukturen generiert, die (41) entsprechen. (Auf das Problem von [N] werden wir hier später eingehen.) Die Struktur (41) ist insofern attraktiv, als sie einem sehr einfachen Schema entspricht, n ä m l i c h : (42)
Phrase
-+
(Modifizierer)
Head
Die Frage, die sich hier s t e l l t , ist daher nicht so sehr die Adäquatheit von ( 4 1 ) , sondern die Adäquatheit des Schemas ( 2 6 ) , von dem wir bisher ausgegangen sind. (26) geht ganz o f f e n s i c h t l i c h von der Besonderheit des Englischen a u s . Wir können im übrigen annehmen, daß dieses Schema selbst eine sprachspezifische Realisierung eines universellen Schemas ist. Gehen wir davon a u s , daß es den Sprachen universell frei steht, ihre Phrasen entweder l i n k s - oder rechtsverzweigend aufzubauen, so müssen wir statt mit ( 2 6 ) mit den folgenden Schemata rechnen: (43)
X11 -
...X"'1
(44)
Xn
Xn-1
+
...
Im einzelnen handelt es sich dann darum, wie konsistent diese Schemata jeweils in einer Sprache realisiert werden. Untersuchungen auf diesem Gebiet sind natürlich nicht unbekannt, man denke an Greenberg (1963, vor a l l e m Abschnitt 5). In unserem Zusammenhang erscheint w i c h t i g , daß bei der Annahme, daß Deutsch zugrundeliegend SOV ist ( v g l . z.B. Koster 1975; seine Argumente sind auf das Deutsche übertragbar, s. Thiersch 1978, K a p . l ) , das zu realisierende Schema (43) ist. Von dieser Perspektive aus erscheinen unsere Probleme in einem anderen Licht. Was jetzt ein Problem darstellt, ist nicht so sehr die Abwesenheit der rechtsseitigen Modifizierer in Wortstrukturen, sondern ihre Anwesenheit in anderen Phrasentypen. Somit steht die hier interessierende Wortsyntax vor keinem Problem mehr --in ihr wird das Grundschema konsequent realisiert.
50
Zusammenfassend läßt sich für den Bereich der lexikalischen Phrasenstruktur folgendes sagen: Die lexikalischen Phrasenstrukturen werden durch die Anwendung des Schemas: (45) Xn +
... Xn-1
erzeugt. 1 Dieses Schema sichert, daß der Head einer Wortstruktur rechts steht und von keinem Modifizierer gefolgt wird; weiterhin gewährleistet das Schema die durch die ERZ zum Ausdruck gebrachte Generalisierung, derzufolge der Head einer Wortstruktur h i n s i c h t l i c h der Kategorie mit dem Kategorientyp der ganzen Phrase übereinstimmt. Das Problem der "category switching rules" im Sinne von Roeper & M.Siegel (1978: 202, v g l . auch S.36 hier oben) verlangt also eine ergänzende Behandlung; vgl. §31. Weiter g i l t die "Hilfsalgebra" (30) und die Markiertheitskonvention (33), die jetzt beide natürlich auf (45) zu beziehen sind. Die "Hilfsalgebra" sichert, daß auf der Hauptprojektionslinie Null-Knoten nur Null-Knoten dominieren, oder anders ausgedrückt, daß (46) , aber nicht etwa (47) eine mögliche Hauptprojektionslinie einer lexikalischen Phrase ist: (46) X° X° X° X° X° (47) X° X° X 3 X 2 X° Die Konvention (33) ist schließlich dafür verantwortlich, daß sowohl reguläre Wortstrukturen als auch markierte Phrasenkomposita generiert werden können.
§30 Zu den Einzelproblemen, die sich nun ergeben, gehört u . a . die Frage der Suffixableitungen. Wir erinnern uns daran, daß in dem oben diskutierten Regelschema (26) bzw. (45) ein Knoten von der Kategorie X einen Knoten von der gleichen Kategorie auf der Hauptprojektionslinie dominieren muß. So dominiert N n einen N Knoten, V n einen V n ~^ Knoten usw. Diese Bedingung war in den bisher angegebenen Beispielen immer e r f ü l l t , da nur Komposita zur Illustration ausgew ä h l t wurden. Bei der folgenden Repräsentation von suffigierten Ableitungen ist diese Bedingung allerdings nicht erfüllt: (48)
A
V° Suff Lehr er In diesen lexikalischen Phrasen dominiert die lexikalische Kategorie N Komplexe Wörter wie blau-^seiß^grün, deutsch-finnisch, Mann-Frau-Verhältnis3 Blut-Hirn-Sahranke weisen darauf hin, daß auch das Regelschema für Koordination seine Anwendung der Wortsyntax findet; s. Toman (1981) für eine ausführlichere Behandlung.
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keinen Knoten ihrer Art.Wir haben allerdings schon im Zusammenhang mit ERZ erwähnt, daß die Auslegung dieser Einschränkung im E i n k l a n g mit der Beobachtung stehen sollte, derzufolge die morphologischen Eigenschaften des abgeleiteten Wortes von den morphologischen Eigenschaften des Materials auf dem rechten Zweig determiniert werden. Hier öffnen sich im P r i n z i p zwei Wege einer e i n h e i t l i c h e n Beschreibung. So könnten einmal die Suffixe in den gegebenen Fällen als eine Art von gebundenen Nomina betrachtet werden. Schließlich sind Nomina und Suffixe, mit welchen Nomina abgeleitet werden, die einzigen Kategorien, die durch das Merkmalbündel {cenus, zählbarkeit, N} charakterisiert werden. Um diese Charakterisierung exp l i z i t zum Ausdruck zu bringen, wäre es n a t ü r l i c h , der Suffigierung einen besonderen Status abzusprechen und a l l e Suffigierungsprozesse als Kompositionsprozesse zu betrachten. Die alternative Position ist die t r a d i t i o n e l l e , nämlich d i e , derzufolge zwischen Komposition und Affigierung mehr oder weniger streng unterschieden wird. In dem von uns angenommenen Grammatikmodell, s. §1, erscheint die N i v e l lierung der Komposition und der Affigierung als der natürlichere Weg. Da in der Wortsyntax vor a l l e m die Syntax der abgeleiteten Wörter dargestellt wird, erscheint die Wortsyntax nicht als der richtige Ort für morphologische Generalisierungen. Vom syntaktischen Standpunkt ist es unerheblich, ob die terminalen Symbole einer l e x i k a l i s c h e n Struktur Umlaut verursachen oder durch einen bestimmten Typ von Grenzen charakterisiert werden. Solche Unterscheidungen werden erst in der morphologischen Komponente relevant, v g l . auch den Begriff "Morphologie im eigentlichen Sinne" im §1. Wir werden daher von jetzt an komplexe Wörter wie die in (50) folgendermaßen repräsentieren:
(49) N°
AN°
V" Lehr
er·
N°
A N°
V Rett
ung
A°
AA°
V° heiz
bar
Für Hinweise in dieser Richtung vgl. auch Wurzel (1970:81ff.) und Höhle (1978: 68).' Diese Interpretation, die den suffixalen Heads auf der wortsyntaktischen Ebene den Status von lexikalischen Elementen zuschreibt (ung ist ein gebundenes Nomen, bar ein gebundenes A d j e k t i v ) ist auch mit den semantischen Verhältnissen 1
Für eine ausführliche Diskussion s. jetzt Höhle (1982).
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vereinbar. Mögliche Einwände, die sich z.B. im Falle der D i m i n u t i v e anbieten, scheinen uns n i c h t s t i c h h a l t i g zu sein. Der semantische Gehalt eines gebundenen Nomens wie ahen ist bis auf ein einziges Merkmal, eben [diminutiv], reduziert, was natürlich bei einer primärsprachlichen Paraphrase von Häuschen als ein "Kleines, das ein Haus ist" gegenintuitiv ersehennen mag.Formal gesehen ist ohen jedenfalls der Head, da es die morphologischen Eigenschaften des abgeleiteten Wortes in gleicher Weise determiniert wie z.B. das rechts stehende Nomen in einem Kompositum wie Lesebuch. Genauer gesagt ist ahen ein starkes Neutrum, so daß die Diminutivform von Bär, einem schwachen Maskulinum, auch ein starkes Neutrum ist. §31 Eine weitere Frage, die sich bei der Anwendung des Regelschemas (45) im Bereich der Wortsyntax stellt, ist die der sog. N u l l - S u f f i g i e r u n g . So begegnen wir solchen Paaren wie besuch(en)/Besuch oder lobten)/Lob, die gegen die generelle G ü l t i g k e i t des Schemas (41) sprechen. Um mit ihm im E i n k l a n g zu stehen, müßte Besuch als ( 5 0 ) , nicht als (51) repräsentiert werden: (50)
(51) N°
^^N° V" l
besuch
l
0
N°
lV l
besuch
Wir werden in der Tat (50) als die adäquate Repräsentation betrachten und nehmen somit die Existenz der N u l l - S u f f i x e an. Diese Position wurde auch von anderen akzeptiert (z.B. von Marchand 1969). Hiermit wird ebenfalls die Charakterisierung der Wortbildungsregeln als "category switching rules" abgelehnt, zumindest für das Deutsche. Typologisch ist die Frage a l l e r d i n g s komplizierter, man denke nicht nur an Sprachen wie das Chinesische oder an den durch die semitischen Sprachen manifestierten Sprachtyp, sondern bereits an die ablautbedingten Unterschiede wie hau (en)/'Hieb. Es ist nicht unplausibel anzunehmen, daß sie durch denjenigen Teil der Universalen Grammatik erklärt werden, der z u g l e i c h für die Morphologie bzw. W o r t b i l d u n g des semitischen Sprachtyps zuständig ist. In diesem Sinne wären Ableitungen wie Hieb kein Gegenstand der h i e r entwickelten Wortsyntax, sondern eher eines anderen, im Deutschen wahrscheinlich nur marginal vertretenen Systems der Universalen Grammatik. §32 Das letzte hier zu behandelnde Problem haben wir bereits im Schema (41), das wir h i e r bequemlichkeitshalber wiederholen, angedeutet: (52)
X° -> (Y) C+N]
X°
53
Die S p e z i f i z i e r u n g L+NJ schränkt die Kategorien, bei denen das Schema anwendbar ist, auf Nomina und Adjektive e i n . Der Grund dafür besteht vor a l l e m darin, daß die Wortstrukturen im Bereich der abgeleiteten Verben im Deutschen in gewissen F ä l l e n anders sind als im n o m i n a l e n Bereich. So lassen sich zumindest Kausativverben wie entkernen oder bestuhlen in dem Schema n i c h t unterbringen. Be- und ent-Verben sind insofern u n g e w ö h n l i c h , als bei ihnen die Kategorie des abgeleiteten Wortes nicht durch das Material auf dem rechten Zweig bestimmt wird. Man kann zwar diese Präfixe als eine Art Kausativoperatoren oder gebundener Verben betrachten, aber auch dann bleibt dieser Typ der Ableitung abweichend, da der kategoriebestimmende Head nicht auf dem rechten, sondern auf dem l i n k e n Zweig steht. Da es a u g e n b l i c k l i c h n i c h t k l a r ist, ob hier eine generelle Lösung gefunden werden kann, lassen wir für die Wortbildungsregeln im verbalen Bereich eigene P r i n z i p i e n zu. Formal bedeutet dies, daß wir für die Interpretation des Regelschemas (45) z u s ä t z l i c h die Einschränkung auf [+N]-Kategorien erlauben. Dies wäre im Gegensatz zu den anderen Konventionen eine sprachspezifische Anweisung. Sie ist insofern n i c h t u n n a t ü r l i c h , als sie eine besondere, dem Deutschen eigene C h a r a k t e r i s t i k zum Ausdruck bringt. Andere Sprachen haben im verbalen Bereich mehr Möglichkeiten. So gehören z . B . Verbalkomposita vom Typ [V VI. in anderen Sprachen durchaus dem Kern der Wortbildung an; v g l . Dasgupta (1977) über Bangla. Im Deutschen sind demgegenüber Bildungen wie drehbohren (Fleischer 1969:280) selten. 1 §33 Zusammenfassend geben wir eine Gegenüberstellung von Eigenschaften der Wortbildungsregeln in der Maximalen autonomistisehen Position und in der hier vorgeschlagenen Theorie. Wir gehen dabei von der Liste der Eigenschaften a u s , die in Roeper & M.Siegel (1978: 202) angegeben werden. Diese Liste wird von den Autoren als eine Zusammenfassung des damalsangenommenen Forschungsstandes verstanden. Das Etikett Maximale autonomistisehe Position wird von ihnen nicht gebraucht. Maximale autonomistische Position
Das hier entwickelte System
a) keine Phrasenkategorien in WortbildungsregeIn; stipuliert; empirisch nicht adäquat
keine Phrasenkategorien auf der Hauptprojektionslinie; stipuliert; die Markiertheitskonvention ( 3 3 ) erlaubt zusätzlich markierte Strukturen
Evers (1975) gibt Argumente dafür, daß solche Verbkomplexe wie liegen lassen ebenfalls die [w] -Struktur haben. Es scheint allerdings, daß solche durch "Verb Raising" entstandenen Komplexe den Verbalkoraposita vom Typ drehbohren nicht gleichgestellt werden können. Man beachte insbesondere die Unterschiede hinsichtlich der Flexion: es heißt nicht lieglassen sondern liegen lassen.
54 b) Wortbildungsregeln ändern Kategorien ("category switching"); stipuliert
kategoriale Zugehörigkeit der abgeleiteten Wörter ergibt sich aus den Prinzipien der X Theorie, insbes. aus dem Schema ( 4 5 ) ; exozentrische Bildungen nicht abgedeckt
c) Wortbildungsregeln werden ohne interne Variablen formuliert; stipuliert
da lexikalische Phrasen nicht transformationeil generiert werden, erübrigt sich dieses Kriterium
d) Wortbildungsregeln werden nicht extrinsisch geordnet; stipuliert
die Frage der Regelordnung erübrigt sich bei der Basisgenerierung ebenfalls; der Reihenfolge der Affixe wird durch die strikte Subkategorisierung der jeweiligen Affixe Rechnung getragen
e) Wortbildungsregeln involvieren kompositioneile Semantik; für gewisse Typen komplexer Wörter semantische Interpretation außerhalb der Kerngrammatik zugelassen
alle basisgenerierten Phrasen einschl. lexikalischer Phrasen können kompositioneile Semantik involvieren; in diesem Sinne also kein Spezialproblem der Wortbildung; pragmatische Interpretation ebenfalls zugelassen
f) Wortbildungsregeln lassen idiosynkratische Information zu
keine produktive Ableitung von Wörtern mit idiosynkratischen Eigenschaften möglich
g)
minimale Knoten [X ] verzweigen nur binär; solange unmotiviert, bis man zeigen kann, daß alle Basisregeln binäre Verzweigungen einführen (mit Ausnahme der Koordinationen)
[nicht behandelt]
2.4. Argumentvererbung in lexikalischen Phrasen §34 Der Ausgangspunkt dieses Abschnitts ist die bekannte Beobachtung, daß gewisse Eigenschaften von Wortbestandteilen sich an das ganze komplexe Wort vererben. Insbesondere wird unter gewissen Bedingungen die Argumentstruktur des modifizierenden Bestandteils von dem abgeleiteten Wort übernommen. N o m i n a l i s i e rungen gehören zu den auffälligsten Beispielen dieses Vererbungsprozesses: (53) (54)
Die Jury verleiht dem Dichter einen Preis die Verleihung des Preises an den Dichter durch die Jury
Weitere Beispiele lassen sich leicht hinzufügen: (55)
Die Besucher sind mit der Suppe
(56)
die Zufriedenheit
(57)
Er versteht die Situation
zufrieden
der Besucher mit der Suppe
55
(58)
Die Situation ist für ihn verständlich
(59)
Oer Lohn hängt von ihrer Leistung niaht ab
(60)
Der Lohn ist von ihrer Leistung unabhängig
In a l l e n diesen Fällen kann man informell sagen, daß die morphologisch komplexeren Wörter in einem gewissen Sinne "dieselbe" Argumentstruktur wie das morphologisch einfache Wort haben. Diese Entsprechung wurde in einem transformationellen Modell durch Transformationen zum Ausdruck gebracht. Da aber die transformationelle Ableitung in dem hier entwickelten Modell der basisgenerierten Wortstruktur nicht zur Debatte steht, zumindest nicht in einer solchen Form wie etwa im "Aspects"-Modell, müssen wir einen neuen Beschreibungsrahmen entwikkeln, der diesen Korrespondenzen Rechnung trägt, ohne dabei den Vorwürfen ausgesetzt zu sein, die wir im Zusammenhang mit dem Modell einer unrestringierten Transformationsgrammatik diskutiert haben. Eine Alternative sehen wir darin, die obigen Korrespondenzen als Resultat einer "Argumentvererbung" ( -Vererbung) anzusehen. Die folgenden Seiten sollen die formalen Eigenschaften dieses Prozesses bestimmen. §35 Zunächst stellt sich die Frage danach, welche Eigenschaften des abgeleiteten Wortes durch die -Vererbung erklärt werden können. Die Vererbung kann nicht für den Typ der syntaktischen Eigenschaften des abgeleiteten Wortes, speziell für den Typ des Subkategorisierungsrahmens verantwortlich sein. Dieser ergibt sich unabhängig von der -Vererbung aus der kategoriellen Natur des Heads der jeweiligen lexikalischen Phrase. Ist der Head ein Nomen, wird der Subkategorisierungsrahmen der eines Nomens sein, vgl. Nominalisierungen. Ist der Head ein Adjektiv, wird der Subkategorisierungsrahmen nicht vom dem eines Adjektivs abweichen, so z . B . bei den -Adjektiven. Das, was vererbt w i r d , ist nicht lexikalisches Material, sondern die Menge der Merkmale, die ein Argument im Lexikoneintrag eines Verbs, Adjektivs, usw. charakterisieren, speziell die Selektionsmerkmale und die thematischen Merkmale. ( W i r nehmen bei den thematischen Rollen eine Repräsentation in Form von Merkmalen a n . ) In diesem Sinne ergibt die A-Vererbung einen abgeleiteten Subkategorisierungsrahmen, d . h . die durch die Bestandteile eines komplexen Wortes determinierten Distributionseigenschaften. Bei der Darstellung dieses Vererbungsmechanismus bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Formalisierung an. Im P r i n z i p schließen wir uns der Theorie des "Durchsickerns" ("percolation") an, die in der Literatur öfters informell erwähnt, und soweit uns bekannt, zuerst in Lieber (1980) e x p l i z i t ausgearbeitet wurde, wenn auch nicht in der einfachsten Form. Die Perkolation besteht in der Übertragung der Merkmale von tieferen Knoten auf die unmittelbar dominierenden:
56
(61) N°
y[ Genus] /r[ Deklination]
No
Bär "··""··.. ehen [masculini* ··'.']' [neutr. ] [schwach] "'[stark] Nach der gängigen Meinung betrifft die "feature percolation" nur die morphologischen Merkmale. 1 Wie (61) zeigt, ist die morphologische Perkolation in unserem System ebenfalls notwendig, denn obwohl die P r i n z i p i e n der Y-Theorie die wohlgeformte Etikettierung der Hauptprojektionslinie in einer lexikalischen Phrase sichern, ist es in jedem Fall nötig, die Merkmale des Deklinationstyps (stark/schwach) und des Genus auf die höheren Knoten zu verschieben. Diese Merkmale scheinen im übrigen die einzigen zu sein, die auch in unserem System von der morphologischen Perkolation Gebrauch machen werden. Was solche Merkmale wie "belebt/unbelebt" oder "zählbar/unzählbar" betrifft, so ist die Situation weniger k l a r , da sie im wesentlichen im Rahmen der maximalen, z . B . vom Verb subkategorisierten Phrasen relevant s i n d . ( E i n Verb selegiert z . B . eine zählbare Nominalphrase, nicht ein zählbares Nomen.) Was nun die Argumentvererbung betrifft, so sehen w i r , daß die hier vererbten Merkmale anderer Natur sind als bei der morphologischen Perkolation; es sind Merkmale , die den "Inhalt" eines syntaktischen Arguments charakterisieren. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß die Argumentvererbung typischerweise vom modifizierenden Zweig ausgeht, während die Vererbung der morphologischen Merkmale für die Hauptprojektionslinie charakteristisch ist. Folgendes Beispiel soll die -Vererbung bei Meßbarkeit (der Entfernung) verdeutlichen; dabei stehen N ° , V° und A° für l e x i k a l i s c h e Kategorien, ' , 3" , ... für die Mengen der Selektions- bzw. thematischen Merkmale, die das jeweils indizierte Argument charakterisieren, und für den zu spezifizierenden Wert des Merkmals, das die Argumenttypen der höheren Knoten charakterisiert. Im einzelnen sind zwei Vererbungsdomänen zu unterscheiden: in der ersten Vererbungsdomäne wird ein nominales Argument von messen an das abgeleitete Adjektiv vererbt. Für eine generellere und elegantere Formulierung der Perkolation s.jetzt Selkirk (im Druck).
57
Da Adjektive nur ein NP-Argument ohne inhärenten Kasus haben, vgl. §36, nämlich das Argument, das in der prädikativen Konstruktion typischerweise als das Subjekt der Kopula erscheint (etwas ist blau), kann von den Argumenten des Verbs nur ein Argument geerbt werden.(Warum dies im gegebenen Fall gerade das Objektargument ist, diskutieren wir im §38.) In der zweiten Vererbungsdomäne wird dieses nun vom Adjektiv meßbar geerbte Argument weiter an das Nomen vererbt:
(62)
'] NP , C ß"]Np, meß
bar
Es ist dabei nicht u n p l a u s i b e l anzunehmen, daß Nomina eigentlich zwei NPPositionen in ihrem Subkategorisierungsrahmen haben, die Possessivphrase und die adnominale Genitivphrase. Man könnte deshalb erwarten, daß auch das "sitzengebliebene" Subjektargument des Verbs, d.h. ß' im gegebenen F a l l , an N°vererbt werden kann. Die Tatsache aber, daß *Karls Meßbarkeit der Entfernung nicht abgeleitet werden kann, kann als ein Hinweis auf die Geltung eines Lokalitätsp r i n z i p s gedeutet werden. Offensichtlich kann man in den lexikalischen Phrasen nicht beliebig weit, also hier von V° zu N°, springen. Die Argumentvererbung hat einige Eigenschaften, die sie in einem gewissen Sinne der Transformation vom Typ "Move " ä h n l i c h erscheinen lassen. Zunächst einmal ist die -Vererbung eine Operation,deren Input eine Phrasenstruktur ist. Zum anderen besteht die von ihr bewirkte Änderung in der Verschiebung von Merkmalen, die ein Argument charakterisieren, an eine Position, die für diese Merkmale nicht positiv spezifiziert wurde. Diese Charakteristiken sind für "Move ", speziell für "Move NP" typisch. Dabei kann man eine relativ natürliche Analogie zwischen der Position, in die der "Inhalt" eines Arguments in einer l e x i k a l i schen Phrase verschoben wird, und einer -Position im Sinne von Chomsky (1981)
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sehen. Ob man a l l e r d i n g s daraus folgern s o l l , daß die Argumentvererbung ein Fall von "Move NP" ist, ist weniger klar. Sollten wir uns für diese Möglichkeit entscheiden, müßten wir konsequenterweise annehmen, daß die vererbten Merkmale sogar eine Art Spur hinterlassen. Die empirischen Konsequenzen dieses Markierungsmechanismus scheinen im Augenblick u n k l a r zu sein. Wichtig ist weiterhin die Tatsache, daß durch die -Vererbung ein sekundärer Subkategorisierungsrahmen entsteht, bei dem die durch die Vererbung entstandenen Argumentpositionen nicht vom Head der Konstruktion ihre thematische R o l l e erhalten. Dies kann man am folgenden Beispiel verdeutlichen: ein Nomen wie ung hat einen Subkategorisierungsrahmen, in dem l e d i g l i c h ein internes Komplement, ein Verb, obligatorisch verlangt wird. (63)
ung, [ V _
]N„
Dieses Formativ kann aber in einer Nominalphrase stehen, in der eine Reihe von externen Komplementpositionen möglich ist: (64)
[ Np NP ...
[VV7] NO
NP PP
PP ...] N p
Von diesen ist aber keine als Argument vom Head, d . h . von ung, zu verstehen. Vielmehr erhalten diese Positionen ihre thematische R o l l e erst durch die A-Vererbung, etwa vom Verb. Aus dieser Diskussion ergeben sich j e d e n f a l l s einige wichtige Unterschiede zwischen der morphologischen Perkolation und der Argumentvererbung. Es ist aber k l a r , daß die beiden Operationen nie in einen K o n f l i k t geraten, sondern daß sie bei nur m i n i m a l e n Annahmen natürlich interagieren. Diese Interaktion ergibt sich, wenn wir ein P r i n z i p etablieren, das der H a u p t p r o j e k t i o n s l i n i e bei der Perkolation und der Argumentvererbung einen Vorrang gibt. Wir gehen also von der Annahme a u s , daß die Perkolation zuerst auf der Hauptprojektionslinie stattfindet. Somit werden die morphologischen Merkmale, die sich auf dieser L i n i e befinden, a f f i z i e r t . Dann kann die Perkolation auf dem Komplementzweig stattfinden. Da die morphologische Spezifizierung des resultierenden komplexen Wortes bereits abgeschlossen ist, können nun keine morphologischen Merkmale vom Komplementzweig a f f i z i e r t werden. So wird z.B. im F a l l e der Nominal isierung kein morphologisches Merkmal des Verbs an das ganze Wort vererbt. Die einzigen Merkmale, die jetzt vererbt werden können, sind die Merkmale, die die Argumente auf dem Komplementzweig charakterisieren. Somit ergibt sich eine natürliche Interaktion, die sichert, daß das Material auf der Hauptprojektionslinie typischerweise zu den morphologischen Eigenschaften des resultierenden Wortes beiträgt, während das Material auf dem Komplementzweig typischerweise die Argumentstruktur determiniert.
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(Eine scheinbare Abweichung von diesem Normalfall stellen morphologische Kausativverben dar, also diejenigen nicht-analytischen Kausativkonstruktionen, die u . a . durch eine "Erweiterung" der Argumentstruktur um ein Argument charakterisiert werden. Ohne die verbalen Ableitungen hier im Detail behandeln zu wollen, stellen wir fest, daß auch hier die von der Priorität der Hauptprojektionslinie geregelte -Vererbung ordnungsgemäß abläuft. Da in diesem Fall der Head, d . h . das Kausativaffix, nicht nur durch morphologische Merkmale, sondern auch durch eigene Argumentstruktur, speziell durch die Anwesenheit eines "Veranlassers" charakterisiert wird, wird die -Vererbung auch auf der Hauptprojektionslinie stattfinden können. I n f o l g e der Priorität der Hauptprojektionslinie wird dies u.a. die Folge haben, daß weder das Subjekt eines intransitiven Basisverbs noch das Objekt eines Transitivums zum Subjekt des morphologisch komplexen Kausativverbs werden k a n n . ) §36 Um weitere Eigenschaften der -Vererbung besprechen zu können, müssen wir an dieser Stelle einiges über die Kasusmarkierung im Deutschen explizieren. Thiersch (1978) und einigen ähnlichen Vorschlägen (Chomsky 1980) folgend, gehen wir davon a u s , daß die Kasusmarkierung in einigen F ä l l e n durch eine strukturabhängige Regel bewirkt w i r d , während in anderen Fällen die Kasusinformation inhärent mit der gegebenen lexikalischen E i n h e i t assoziiert wird. Die inhärente Kasusmarkierung ist im P r i n z i p auf die Fälle der unvorhersagbaren Genitiv- bzw. Dativrektion bei Verben, Adjektiven und Präpositionen beschränkt. Somit bleiben im wesentlichen nur Subjekt- und Objektphrasen für die strukturelle Kasusmarkierung frei. Diese weist jeweils den Nominativ bzw. den Akkusativ z u . 1 Wie wir bereits im Zusammenhang mit dem G e n i t i v i und G e n i t i v 2 , vgl.§13, angedeutet haben, gibt es gute Gründe, eine weitere strukturabhängige Kasusmarkierungsregel anzunehmen, die den adnominalen NP-Komplementen den Genitiv2 zuordnet. Dabei bleibt offen, ob diese Regel so formuliert werden s o l l , daß sie zwei adnominale Positionen a f f i z i e r t , n ä m l i c h sowohl diejenige rechts vom Head als auch die periphere l i n k s davon, v g l . : (65)
die liebste Sekretärin des Ministers
(66)
des Ministers liebste Sekretärin
(67)
die Bibliotheken Roms
Dies unterscheidet sich von Thiersch vor allem dadurch, daß auch der Akkusativ strukturell zugeordnet wird. Thiersch formuliert die Kasuszuweisung folgendermaßen: "Case Marking: The leftmost unmarked NP governed by the tensed verb is marked 'nominative 1 ; all the other unmarked NPs are left in 'accusative" (Thiersch 1978:54). Ein anderes System wird in Zeh (198O) entwickelt.
60
(68) Roms Bibliotheken oder ob die pränominalen Genitive durch eine Umstellung der postnominalen, bereits kasusmarkierten Genitive entstehen. Wir werden provisorisch annehmen, daß sowohl die prä- als auch die post-nominale Position distinkte Stellen sind, die von der NP-internen Kasusmarkierung affiziert werden können. Daraus ergeben sich dann insgesamt vier Positionen, in denen Nominalphrasen ihren Kasus durch eine strukturelle Regel zugeordnet bekommen: (69) a) b) c) d)
Subjekt-NP in S Objekt-NP in S Komplement-NP in einer NP Possessiv-Phrase in einer NP
Aus dieser Aufzählung und aus dem oben diskutierten Beispiel (62) könnte der Eindruck entstehen, daB zwischen der -Vererbung und der strukturellen Kasusmarkierung eine tiefere Beziehung besteht. Es scheint n ä m l i c h , daß nur diejenigen Argumente vererbt werden können, die keinen inhärenten Kasus tragen, also das Subjekt,das direkte Objekt und Präpositionalphrasen. Dabei verhält es sich immer so, daß sie nach der Vererbung in Positionen erscheinen, die von unabhängig existierenden Mechanismen strukturell markiert werden.Im Endeffekt bleibt kein vererbtes Argument ohne Kasus. 1 Die Opposition zwischen den inhärent kasusmarkierten Argumenten einerseits und den strukturell markierten Argumenten andererseits scheint allerdings keine tiefere Generalisierung hinsichtlich der Vererbbarkeit zu beinhalten. Die Tatsache, daß z.B. Dativargumente, also inhärent markierte Argumente, bei Nominalisierungen nicht vererbt werden können: (70)*die Hilfe dem Mann ist eine spezielle Eigenschaft der Nominalphrasen (im Deutschen), nicht der Dativ-Argumente. Wie das folgende Beispiel zeigt: (71) Dieser Wunsch ist dem Mandanten nicht verwehrbar sind Dativargumente in anderen Konstruktionen von der Vererbung nicht ausgeschlossen. Mit anderen Worten, die inhärent kasusmarkierten Argumente können vererbt werden. Die Unterscheidung zwischen diesen zwei Typen von Argumenten besagt l e d i g l i c h , daß die inhärent markierten Argumente ihren Kasus im Laufe der Vererbung nicht ändern können, während die Argumente ohne inhärente KasusIm Falle der Präpositionalphrasen entstehen im übrigen keine Kasusprobleme, da sie als eine unflektierbare Kategorie hinsichtlich der Kasusmarkierung neutral sind.
61
markierung eben typischerweise ihren Kasus je nach der Umgebung "wechseln" werden. So wird das direkte Objekt je nachdem im Nominativ, Akkusativ oder Genitiv 2 stehen: (72)
der Mann ist beschreibbar
(73)
die einen Mann beschreibende Nachricht
(74)
die Besahreibung des Mannes
§37 Ein interessantes Problem, das im Kontext der -Vererbung zu erwähnen ist, läßt sich mit dem folgenden Beispiel verdeutlichen: (75)
ung(s)
türm
Während das Substantiv Beobachtung die Argumente des Verbs beobachten vererben kann: (76)
die Beobachtung der Grenze
kann das Kompositum Beobachtungsturm die Argumente von Beobachtung nicht vererben, obwohl beide Nomina sind und daher in ihrem Subkategorisierungstyp nicht divergieren können. Wie ( 7 7 ) zeigt, gibt es kein Kompositum mit den folgenden Distributionseigenschaften: (77) *der Beobachtungsturm der Grenze
Ahnliche Fälle blockierter Vererbung lassen sich leicht konstruieren: (78) *ein Austauschobjekt gegen Geld (79) * ein Fahndung s film nach Heini Müller (80) *ein Warteraum auf den Arzt (81) *das Diktiergerät der Briefe (82) *das Löschgerät des Feuers
Im Gegensatz dazu finden sich Beispiele, die im allgemeinen besser bewertet werden: (83) (84)
die Wartezeit auf die Lieferung die Vorbereitungszeit auf den Flug
(85)
die Gewöhnungszeit an neue Bedingungen
62
Sie kontrastieren alle mit: (86) *die Zeit auf die Lieferung (87) *die Zeit auf den Flug (88) *die Zeit an neue Bedingungen
was ein Indiz dafür ist, daß die Präpositionalphrasen in (83-85) als Argumente der Konstituenten auf dem linken Zweig interpretiert werden müssen. Weitere Kontraste dieser Art lassen sich aufstellen: (89)
die Fahndungsaktion nach Heini Müller
(90) *die Aktion nach Heini Müller (91)
der Beschleunigungsgrad der Partikeln
(92) *der Grad der Partikeln (93) ?die Verhandlungsweise mit der Delegation (94) *die Weise mit der Delegation
Die Generalisierung, die sich hier anbietet,ist semantischer Natur. Es scheint, daß gewisse Head-Typen die -Vererbung nicht blockieren, insbesondere solche wie Zeit, Aktion, Grad, vielleicht auch Ort und Weise. Dies sind sämtlich Heads mit einem hohen Grad an Verallgemeinerung, so daß man daran denken konnte, hier eine gewisse Ähnlichkeit mit dem "Bridge"-Prinzip von Erteschik (1973) zu suchen. Dieses Prinzip besagt im wesentlichen, daß semantisch wenig prominente Verben gewisse Verschiebungstransformationen nicht blockieren, vgl.: (95)
Who do you think that she believes that Joey kissed
?
Wir erwähnen diese Möglichkeit nur informal, denn das P r i n z i p wurde, wie man sieht, für Transformationen entwickelt. Immerhin wäre es interessant, wenn man sowohl die Fälle der transparenten Heads in den Wortstrukturen als auch die transparenten "Bridge"-Verben wie think, believe unter ein Prinzip subsumieren könnte. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, daß die Opposition "transparent/nicht-transparent" mit der Unterscheidung "Affix/Nicht-Affix" nicht übereinstimmt. Die bereits angeführten Beispiele als auch Fälle wie: (96) Das Fliegenlassen von Flugzeugmodellen wurde naah diesem Unfall verboten. (97) Solche Bemerkungen deuten auf das Gekränktsein des Referenten.
zeigen, daß nicht-affixale Elemente transparent sein können. Auf das umgekehrte Verhältnis macht T.Höhle ( p . M . ) aufmerksam: so ist z.B. bei den D i m i n u t i v s u f fixen die Vererbung oft blockiert:
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(98) der Verkäufer des Wagens (99) *das Verkäuferchen des Wagens Es ist allerdings möglich, daß die Übereinstimmung der Transparenz mit dem Affixstatus der Normal fall ist, während die Abweichung von dieser Korrelation als markiert anzusehen ist. Sollte diese Generalisierung wahr sein, würden sich zweifellos interessante Implikation für die Diachronie ergeben. Die Generalisierung im Sinne der Transparenz deckt eine signifikant hohe Zahl der Fälle. Zu erklären bleibt allerdings die blockierte Vererbung in einigen Fällen, die Marga Reis ( p . M . ) beobachtet hat: (100) *der Schreiber an Max (obwohl: die Briefeschreiber an die "Zeit" ) (101) *Sie hörte einem Redner über das Versicherungswesen zu. (obwohl: Als Redner über das Versicherungswesen ist Dr.Müller sehr gut.) Diese Beispiele stellen ein Problem dar, denn an Hand anderer Argumentvererbungen ist das Suffix er als transparent einzuordnen: (102)
der Schreiber des Briefes
(103)
der Verfasser
des Artikels1
§38 Nach den obigen Bemerkungen zur Einschränkung der A-Vererbung kehren wir zur weiteren Charakterisierung dieses Prozesses zurück. Insbesondere ist der Fall zu untersuchen, bei dem es mehr als einen NP-Kandidaten ohne inhärenten Kasus für die -Vererbung gibt. Dies ist für die syntaktischen Eigenschaften der Nominal isierungen w i c h t i g , nichtaber nur dort. Das Problem läßt sich im Prinzip bei a l l e n Ableitungen von transitiven Verben untersuchen, so z.B. bei den bar-Adjektiven. Dem aufmerksamen Leser ist sicher nicht entgangen, daß in (62) im P r i n z i p zwei NP-Kandidaten für die -Vererbung zur Verfügung gestanden haben. Um bei diesem Beispiel zu bleiben, kann man davon ausgehen, daß Adjektive keine NP-Komplemente, d.h. keine direkten Objekte haben. Dies heißt dann, daß in einer Struktur mit einem Adjektiv nur eine Argumentposition vorhanden ist, nämlich die, die als Subjekt in einer Prädikativkonstruktion bzw. als der Head in einer attributiven Konstruktion erscheint. Diese Position entspricht im Falle der £>ar-Adjektive einem der Argumente des transitiven Verbs, dem Objekt. Die Frage ist dann, warum gerade dem Objekt und nicht etwa dem Subjekt. Angenommen, daß die mit einem Verb assoziierten Argumente in einem positionell definierten Subkategorisierungsrahmen stehen, läßt sich eine strukturell formulierte Disambiguierung angeben, die den gewünschten Effekt hat, daß bei der -Vererbung die dem Verb näher stehende NP a f f i z i e r t wird: 1
Interessante Ausführungen über die PP-Vererbung sind jetzt in Randall (im Druck) zu finden.
64 (104)
Ergativ her In einem Subkategorisierungsrahmen, der zwei Nominalphrasen ohne inhärente Kasusmarkierung enthält, [NP, ..., NP, ] , hat die dem Verb näher stehende NP bei der A-Vererbung Vorrang.
Bei den fcor-Adjektiven, die sämtlich von transitiven Verben abgeleitet sind, bedeutet dies, daß das Objekt des Verbs und nicht das Subjekt vererbt wird. Somit ergeben sich folgende Korrespondenzen: (105)
jemand stellt etwas dar
etaas ist darstellbar
(106)
jemand repariert etwas
etwas ist reparierbar
Obrig bleibt dann die Korrespondenz folgenden Typs: (107)
jemand repariert etwas
etwas ist für jemanden reparierbar
Diese betrachten wir nicht als Ergebnis der -Vererbung, sondern als Ergebnis einer periphrastischen Vererbung. Auf ihre Beschreibung gehen wir im Kap.3 ein. §39 In dem oben zitierten Beispiel (91) der Beschleunigungsgrad der Partikeln wird die Argumentstruktur des Verbs beschleunigen zuerst an das Substantiv Beschleunigung und dann sukzessive an das Substantiv Beschleunigungsgrad vererbt. Somit liegt in der Derivation ein Punkt vor, an dem von einem Sunstantiv an ein anderes Substantiv vererbt wird, wobei die involvierten Argumente natürlich immer als ursprünglich verbale Argumente zu erkennen sind. Die Vererbung von einem Substantiv an ein anderes wirft a l l e r d i n g s die Frage auf, ob auch genuin nominale Argumente vererbt werden können. Insbesondere f ä l l t hier das Verhalten der sog. relationalen Nomina auf, von denen wir zunächst annehmen, daß sie sich durch eine typische Argumentstruktur auszeichnen: (108)
der Vater des Kindes
(109) (110)
die Mutter der berühmten Schauspielerin die Eltern des Mörders
Es scheint, daß da, wo diese relationalen Nomina als Basis einer Ableitung stehen, die Argumentstruktur nicht vererbt werden kann, da es anscheinend keine abgeleiteten Wörter gibt, deren Argumente als Argumente der in der Basis der Ableitung stehenden relationalen Nomina zu interpretieren sind: Da wir annehmen, daß der Subkategorisierungsrahmen positionell organisiert ist -zweifellos nicht die einzige denkbare Möglichkeit-, ist im strikten Sinne der Begriff Ergativ nicht notwendig. Die Terminologie sei jedoch erlaubt, da die Vererbung bei NP-Argumenten im Endeffekt intransitive Subjekte und direkte Objekte gleichermaßen affiziert, also eine Klasse, die im Kontext der Ergativitat als eine natürliche Gruppierung erscheint;s.Moravcsik (1978) für eine ausführliche Diskussion.
65
(111)
*die Elternschaft des Mörders
(112)
*die Vaterschaft
(113)
*die Mutterschaft
des Kindes der berühmten Schauspielerin
Da sich sahaft in anderen Fällen als ein transparentes Suffix verhält: (114)
die Verwandtschaft
der
Begriffe
kann das Ausbleiben der Vererbung in (111-113) nicht von der Natur des Materials auf der Hauptprojektionslinie abhängen. Dieser Sachverhalt läßt im P r i n z i p zwei Schlüsse zu: entweder ist die Einstufung der relationalen Nomina als Lexikoneinheiten mit eigener Argumentstruktur in irgendeinem Sinne falsch, oder die nominalen Argumente sind grundsätzlich nicht vererbbar. Da es sich bei den relationalen Nomina um einen klassischen Begriff der traditionellen Semantik handelt und da es u . E . keine zwingenden Gründe gibt, die Argumentstruktur dieser Nomina nicht in einer ähnlichen Weise wie die der Verben zu klassifizieren, folgen wir der ersten Alternative nicht. 1 Somit sind wir allerdings gezwungen, zwischen zwei Typen von thematischen Relationen zu unterscheiden: (115)
-Relationen: V-Relationen: Agens, Thema, Ziel, ... z N-Relationen: Verwandtschaft, Teil/Ganzes, ...
(starke Relationen) (schwache Rel.)
um die folgende Einschränkung aufstellen zu können: (116)
©-Einschränkung für A-Vererbung Nur V-Argumente können vererbt werden.
Vgl. beispielsweise die Gebrauchsweise und Definition bei Ernst Mayr, der dafür argumentiert, daß der Begriff species "Art" ein relationales Nomen ist: "An excursion into the field of semantics appears to be helpful at this point. There are concepts that are absolute, like stone or fire, and others that are relative. If I meet an unknown man I do not know whether or not he is a brother. He is a brother only in relation to another person (a brother or sister of his). The word species likewise is a relational term. It separates interbreeding populations from all others." (Mayr 1949: 371). Die V-Relationen und ihre Problematik sind aus der Literatur hinreichend bekannt; vgl. u.a. Fillmore (1968), Gruber (1965), Jackendoff (1972).
KAPITEL S £>or-ADJEKTIVE
3.1. Interne Struktur §40 Bei der Analyse der ior-Adjektive g i l t es in unserem System zunächst die Distributionsrestriktionen von bar zu beschreiben. Zu diesem Zweck betrachten wir zunächst einige £>ar>-Adjektive, die belegt sind. Bei den Belegen stützen wir uns auf Flury (1964) und Mater (1970): (1)
dienstbar, zinsbar
(2}
offenbarf
(3)
lösbar, nachweisbar, kontrollierbar
lautbar
Angesichts dieser Daten möchte man zunächst meinen, daß die Distribution von bar kaum eingeschränkt ist. So zeigt (1) Bildungen mit einer nominalen, (2) mit einer adjektivischen und (3) schließlich mit einer verbalen Basis. Dies würde in unserem Rahmen bedeuten, daß die Regeln, die für die Generierung der Wortstrukturen zuständig sind, folgende Teil Strukturen generieren müssen:
(4)
(5)
(6)
ADJ° N°
ADJ° ADJ°
ADJ°
ADJ° ADJ°
V"
ADJ°
(Dies sind der Reihe nach die Teil Strukturen, die (1-3) zugrunde liegen.) Obwohl a l l e von diesen Strukturen unabhängig motiviert sind, vgl. verkaufsoffen, tief grün, löslich, ist es nicht schwer zu entdecken, daß die Distribution des gebundenen Adjektivs bar synchron nur auf die Struktur (6) eingeschränkt ist. Schon anhand von Urteilen des kompetenten Sprechers des Deutschen kann diese Behauptung gestützt werden. So sieht man, daß nur die Gruppe (3) semantisch kohärent ist, indem die in ihr enthaltenen Wörter sämtlich die Komponente der Potential i tat aufweisen. Dies ist in den Gruppen (1-2) nicht ohne weiteres klar. Weiterhin finden w i r , daß die semantisch inkohärenten Gruppen (1-2) durch Listen aufgezählt werden können, zu denen neue Bildungen nicht ohne weiteres zugefügt werden können. Mit anderen Worten, die folgenden Ableitungen, die nach vorhandenen, jedoch nicht produktiv gebildeten denominalen
67
und deadjektivischen Beispielen konstruiert werden, werden nicht spontan verstanden oder produziert: (7) (8)
geldbar, bierbar, erzbar kleinbar, schönbar, blaubar
Dies g i l t , wie man leicht sehen kann, im Falle der deverbalen ior-Adjektive nicht. So werden die folgenden Bildungen ohne weiteres verstanden, vorausgesetzt, daß die Bedeutung des Basisverbs bekannt ist: (9)
mahlbar, mischbar, eintätowierbar, vindizierbar, ...
Es erscheint also bereits bei einer synchronen Analyse berechtigt zu sein, den Schluß zu ziehen, daß die denominalen und die deadjektivischen bar -Adjektive unproduktiv sind, weil sie eben semantisch inkohärente Gruppen bilden, und weil sie mittels geschlossener Listen aufgezählt werden können, zu denen höchstens sporadisch neue Ableitungen hinzugefügt werden können; vgl. die einführende D i s k u s s i o n , §1-2. Die Bedeutung der aufgelisteten Bildungen kann oft mit dem üblichen kompositionellen Verfahren nicht ermittelt werden. In diesem Sinne sind Adjektive wie dienstbar, zinsbar, wunderbar usw., obwohl morphologisch ohne Zweifel komplex, als feste, auswendig gelernte Einheiten zu betrachten. Wie die meisten Wortbildungstheorien, die nicht primär den diachronen Wandel thematisieren, w i l l unsere Theorie die synchron existierende Kompetenz des kompetenten Sprechers des Deutschen beschreiben. Dies bedeutet natürlich nicht, daß die festen, lexikalisierten Bildungen außerhalb des Untersuchbaren liegen. Ganz offensichtlich läßt sich die Dynamik von gegenwärtig unproduktiven Mustern in der Diachronie verfolgen, mitunter mit einem großen Gewinn. Wir können in diesem Zusammenhang auf die wertvolle Untersuchung von Flury (1964) eingehen. Flury (1964) zeigt den strukturellen und semantischen Wandel der ior-Adjektive seit dem Althochdeutschen im Detail auf. Während die fcor-Adjektive des ältesten belegten Stadiums fast ausnahmslos denominal und ohne modale Bedeutung waren, sind die Neubildungen von diesem Adjektivtyp auch nach Flurys Befund heute fast ausnahmslos deverbativ und haben eine modale Bedeutungskomponente. Die ursprüngliche Dominanz des denominalen Musters erklärt sich dabei leicht aus der Tatsache, daß bar (and. bari} eine A b l e i t u n g vom ahd. heran 'tragen 1 ist und daß die ältesten bari-Ableitungen quasi als Komposita mit einem inkorporierten Objekt zu deuten sind: danc-bari 'Dank tragend; ( f ä h i g ) , den Dank zu zeigen 1 . In diesem ältesten belegten Stadium, in dem bari übrigens schon eine gebundene Form war, waren die deverbalen Ableitungen eindeutig in der Mehrheit. Erst mit dem Übergang ins Neuhochdeutsche ändert sich dieses Verhältnis all-
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mählich. Das früher dominante Muster verschwindet zugunsten des früher schwach entwickelten Musters praktisch völlig. I n d i k a t i v für diese Entwicklung ist nicht nur das quantitative Verhältnis zwischen den Neubildungen mit verbaler und denen mit nicht-verbaler Basis (im Mhd. sind 46% der Neubildungen denominal, im 20.Jh. nur 2%; der Anteil der eindeutig deverbalen Bildungen ist im Mhd. 33%, im 20.Jh. 98%; vgl. Flury 1964: 93), sondern auch die sekundäre Umstrukturierung des Lexikons. So werden m i t dem fortschreitenden Rückgang der Produktivität bei den nicht-deverbativen Bildungen nicht nur weniger denominale und deadjektivische Bildungen bezeugt, auch die aus den früheren Sprachstadien stammenden denominalen und deadjektivischen Ableitungen werden zunehmend eliminiert. Was gegenwärtig an nicht-deverbalen fcor-Adjektiven im aktuellen Wortschatz überliefert ist, ist nur ein Bruchteil dessen, was sich im Ahd. und Mhd. insgesamt belegen läßt. Diese diachrone Bestätigung der oben angegebenen Einschränkung für die Distribution von bar ist auch aus einem weiteren Grund wichtig. Sie verdeutlicht erneut, daß die Fakten, etwa wie in (1-3) exemplifiziert, sehr sorgfältig und differenziert betrachtet werden müssen. Nicht jedes Z>ar-Adjektiv, das mit unserer Generalisierung nicht konform ist, ist als ein Gegenbeispiel gegen unsere Theorie anzusehen. Zwar enthält der a k t u e l l e Wortschatz des Deutschen eine Reihe von denominalen und deadjektivischen fcor-Adjektiven, ihre Struktur und Interpretation ist aber gelernt und folgt nicht aus der synchronen Wortbildungskompetenz des kompetenten Sprechers des Deutschen. Diese Adjektive sind ein historisch erklärbares Sediment. Sie werden üblicherweise in Studien zur Wortbildung beschrieben und aufgelistet (vgl. z.B. Wellmann 1978) und können auch zu einem interessanten Gegenstand diachroner Untersuchung werden. Das letztere zeigt die Arbeit von Flury besonders gut. §41 Nach diesen Vorüberlegungen erscheint es also motiviert, weiter nur die deverbativen -Adjektive zu berücksichtigen. Im Rahmen unserer Theorie heißt es im besonderen, die Klasse der Verben zu bestimmen, die unter dem V°-Knoten in der folgenden lexikalischen Struktur erscheinen dürfen:
(10) ADJ° V°
ADJ' bar
Zu diesem Zweck wählen wir wieder einige im aktuellen Wortschatz belegte barAbleitungen:
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(11) gerinnbar, dauerbar, haftbar (12) konswnierbar, beheizbar, rückzahlbar, feststellbar Wiederum scheint es zunächst, als ob die Menge der Basisverben relativ unrestringiert wäre: in (12) haben wir es mit transitiven Verben zu t u n , in (11) dagegen mit intransitiven. Aber auch hier läßt sich leicht zeigen, daß die Gruppe (11) keine produktive ist. Zum einen ist sie semantisch nicht kohärent. So hat beispielsweise haftbar nicht die erwartete Potentialitätskomponente; wenn jemand haftbar ist, heißt es n i c h t , daß er haften kann, sondern, daß er haften muß. Zum anderen ist es nicht m ö g l i c h , zu (11) neue, nach diesem Muster gebildete Adjektive hinzuzufügen, was für (12) nicht g i l t . Diese Generalisierung ist auch mit Flurys Befund konsistent. Seine Untersuchung zeigt, daß unter den Z>or-Bi l düngen aus dem 20.Jh., also aus der Zeit mit einer fast ausschließlichen Aktivität des deverbalen Musters, das Verhältnis von feor-Adjektiven mit passivischer und aktivischer Bedeutung 97% zu 3% beträgt (Flury 1964: 90). Dies läßt sich ohne weiteres so interpretieren, daß 97% der Neubildungen von transitiven Verben gebildet werden. Es ist im übrigen interessant, wieder festzustellen, daß u . a . solche Adjektive wie kniebar, dienstbar, glänzbar diachron belegt sind (Flury 1964: 73). Daß es sich um keine echten Gegenbeispiele h i n s i c h t l i c h unserer Generalisierung handelt, geht einmal aus der Feststellung hervor, daß sie dem heutigen Informanten marginal erscheinen. Zum anderen ist es dem Informanten heute auch nicht ganz k l a r , ob diese Adjektive in den folgenden Belegen die für die iccp-Adjektive normale Komponente der Potential!tat haben: (13) der Ritter setzte sieh in einen kniebaren Stand (14)
...
so gläntzbar wie das schwärzeste Pech (beide Belege aus dem 18.Jh.; Flury 1964: 73)
Es ist daher nicht überraschend, daß diese erwähnten Bildungen seit dem 18.Jh. nicht mehr belegt sind. Dies ist mit der oben angesprochenen Tatsache konsistent, daß die Maximierung der Produktivität eine sekundäre Umstrukturierung im a k t u e l l e n Wortschatz hervorruft.Dabei werden Minoritätstypen e l i m i n i e r t . In diesem Sinne kann man erwarten, daß ior-Adjektive von intransitiven Verben entweder ganz verschwinden (kniebar}, den Konkurrenzbildungen weichen (dauerbar= dauerhaft ) oder auf Fachsprachen beschränkt bleiben (haftbar). Dies ist nat ü r l i c h nur eine Tendenz. §42 A l l e s in a l l e m läßt sich die Generalisierung stützen, derzufolge ior-Adjektive synchron nur von transitiven Verben gebildet werden. Somit wird richtig vorhergesagt, daß die folgenden Ableitungen ungrammatisch sind:
70
(15) (16) (17) (18) (19)
*Dieses Hotel ist schlafbar *Der Mann ist nicht helfbar *Die Gruppe ist nicht nachreisbar *Die Toten sind gedenkbar *Seine Frau ist nicht wartbar
(schlafen, intransitiv) (helfen, Dativobjekt) (nachreisen, Dativobjekt) (gedenken, Genitivobjekt) (auf j-en warten, PP-Objekt)
Wie man a l l e r d i n g s sieht, gibt es eine Reihe von Verben mit direktem Objekt, die keine ior-Adjektive bilden können: (20) * Junge Menschen sind leicht verbitterbar (21) *Deine Tante ist kaum enttäuschbar (22) *Wer ist heute noch überraschbar ? Die Ungrammatikali tat dieser Beispiele kann dabei nicht einer grundsätzlichen U n f ä h i g k e i t dieser Verben zugeschrieben werden, derzufolge sie etwa in Potential itätskontexten nicht vorkommen dürften: (23) Solche Bemerkungen können junge Menschen leicht verbittern (24) So etwas kann deine Tante kaum enttäuschen (25) Solche Erfindungen können heute niemanden überraschen Wir vermuten, daS die Unfähigkeit dieser Verben, ior-Adjektive bilden zu können, aus der semantischen Natur dieser Verben folgt. Um diese vermeintlich semantische Restriktion zu bestimmen, besprechen wir zunächst semantische Eigenschaften einiger paradigmatischer Beispiele der &or-Adjektive. Betrachten wir folgende Beispiele: (26) Metalle sind schmelzbar (27) Einige Nomina sind nicht deklinierbar (28) Atomkerne sind spaltbar (29) Dieses Material ist nicht galvanisierbar Anhand dieser Beispiele könnte man sagen, daß mit den ior-Adjektiven Dispositionen prädiziert werden, also eine spezielle Sorte von Eigenschaften, die zwar nicht in jedem Augenblick verifiziert werden können, sich aber in bestimmten Situationen manifestieren. Diese Umstände lassen sich genau spezifizieren: die Schmelzbarkeit eines Materials hängt von seiner molekularen Struktur ab, die Galvanisierbarkeit von seinen elektromagnetischen Eigenschaften usw. Man sieht aber, daß mit den fcor-Adjektiven nicht nur dieser besonders deutlich abgrenzbare Typ von Dispositionen prädiziert werden kann. So ist etwa die Charakterisierung der folgenden Prädikationen mit dem Kriterium der Disposition intuitiv nicht plausibel:
71
(30) (31) (32) (33) (34) (35)
Die Verbrecher sind nicht mehr registrierbar Holländische Butter ist schnell lieferbar Seine Absichten waren nicht erratbar Ihre Behauptungen sind nicht nachprüfbar Die Spuren des Gifts waren leicht nachweisbar Deine Unterschrift war in der Dunkelheit nicht
entzifferbar
Es ist nicht ganz k l a r , inwiefern die Lieferbarkeit der Butter bzw. die Registrierbarkeit der Verbrecher als inhärente Eigenschaften dieser Entitäten im gleichen Sinne wie bei (26-29) gelten könnten. Die Nachprüfbarkeit einer Behauptung oder die Entzifferbarkeit einer Unterschrift in der Dunkelheit gehört nicht zu den inhärenten Eigenschaften von Behauptungen bzw. von Unterschriften. Daß das Dispositionskriterium für die Distribution von bar nicht entscheidend ist, zeigt (36) (36) *Alte Menschen sind leicht faszinierbar Bei der Annahme, daß die Fähigkeit, in einen bestimmten psychischen Zustand versetzt werden zu können, eine Art dauerhafter Disposition ist, würde man hier v o l l e Akzeptabilität erwarten. Angesichts dieser Überlegungen müssen wir nach anderen Kriterien suchen, die die Klasse der Verben mit direkten Objekten einschränken und eine korrekte Generalisierung hinsichtlich der Basen der fcor-Adjektive geben. Im weiteren möchten wir vorschlagen, daß das relevante Kriterium das der intentionalen Handlung ist. 1 Genauer gesagt, nur intentionale Verben können fcor-Adjektive bilden.Di es wird auf den ersten B l i c k durch folgende Beispiele in Zweifel gezogen: (37)
bemerkbar, empfindbar, erkennbar, erratbar, erzielbar, fühlbar, nachvollziehbar, wahrnehmbar
Denn sollten wir die Intentional i tat der Verben, die hier zugrunde liegen, etwa durch den Imperativtest oder durch die Kookkurrenz mit solchen Adverbien wie absichtlich testen, so sehen w i r , daB keines dieser Verben in diesen Umgebungen vorkommen kann: (38) *Er hat es absichtlich erkannt/ bemerkt/ erraten ... (39) ^Bemerke das Bild links oben ! (40) *Empfinde eine noch größere Sympathie für die Köchin ! (41) *Erkenne ihren Bruder ! In diesem Zusammenhang sei auf die ausführlichen Analysen der Intentionalität in Wagner (1977, Kap. 5 . 4 ) hingewiesen.
72 Die Verben, von denen die Adjektive in (37) abgeleitet s i n d , erweisen sich also als Bezeichnungen für willensmäßig nicht kontrollierbare Vorgänge und f a l l e n somit mit der oben diskutierten Gruppe von Verben wie verbittern, überraschen zunächst zusammen. Diese können z . B . von absichtlich auch n i c h t m o d i f i z i e r t werden: (41) *Oie moderne Musik hat ihn absichtlich überrascht/ enttäuscht/ ... Trotz dieses negativen Befundes, der das Intentionalitätskriterium zunächst als nicht relevant erscheinen läßt, lassen sich zwischen den Gruppen vom Typ erraten einerseits und verbittern andererseits doch gewisse Unterschiede ausmachen. Es läßt sich z . B . zeigen, daß ihr Verhalten in Kontexten, die wir im folgenden als "Anstrengungskontexte" bezeichnen möchten, verschieden ist: (42) Versuche zu erraten,, welche Schauspielerin den Innenminister liebt ! (43) Er hat versucht} den Fehler zu erkennen (44) Er hat alles getan, um gute Noten zu erzielen (45) *Tue alles, daß dich Elke fasziniert ! (46) *Sie hat sich darum bemüht, daß sie die moderne Musik begeistert Während die sog. Empfindungsverben, also Verben wie: (47)
verbittern, faszinieren, enttäuschen, begeistern, überraschen, ...
in den Anstrengungskontexten nicht stehen können, vgl. (45-46), sind die Verben vom Typ (37) in diesem Kontext durchaus m ö g l i c h , vgl. (42-44). Es scheint daher, daß die Klasse der nicht-intentionalen Verben, die sich bei dem Imperativtest und bei dem Test mit solchen Adverbien wie absichtlich e i n h e i t l i c h verhält, bei anderen Tests in kleinere Gruppen zerfällt. Dabei ergibt sich eine Gruppe, die sehr resistent ist, insofern sie in keiner von den oben getesteten Umgebungen erscheinen kann, nämlich die Gruppe (47), und eine weniger resistente Gruppe, n ä m l i c h ( 3 7 ) , die die Anstrengungskontexte zuläßt. Die beiden Gruppen kontrastieren dann ihrerseits mit solchen Verben wie kontrollieren oder absägen, die in a l l e n für die Intentional i tat relevanten Kontexten erscheinen können: (48) (49) (50) (51) (52) (53)
Der Bäcker hat uns absichtlich kontrolliert Der Hausmeister hat den Ast absichtlich abgesägt Kontrollieren Sie ihn öfters ! Sägen Sie ihn schnell ab ! Er hat sich bemüht, alles zu kontrollieren Er hat versucht, den großen Ast alleine abzusägen
So ergibt sich bereits nach einigen wenigen Tests die folgende Distribution:
73
absichtl-iah-lest, AnstrengungsImperativtest kontexte Gruppe (47) (faszinieren) nicht-intentional Gruppe (37) (erkennen) schwach intentional Verben wie kontrollieren, absägen, ... stark intentional
ior-Adjektiv
-
-
nein
-
+
ja
+
+
ja
Die ior-Adjektive sind also von stark sowie schwach intentionalen Verben ableitbar, d.h. von Verben, die das Maximum der Nicht-Intentionalität in der obigen Tabelle nicht erreichen. Zu der Gruppe der "stark resistenten" nicht-intentionalen Verben gehören auch solche Verben wie: (54) (55) (56) (57)
messen: Der Platz mißt 60 Meter bedeuten: Die Ergebnisse vom Montag bedeuten eine Niederlage bilden: Die Häuser bildeten einen Kreis schneiden: Die Linie A sahneidet die Linie B
Diese Gruppe ist besonders interessant, da mit der Ausnahme von bedeuten ihre Mitglieder kausative Gegenstücke haben, die voll intentional sind und als solche im Gegensatz zu (54-57) ohne weiteres fcor-Adjektive bilden können: (58) Dieser Platz ist meßbar (59) Solche Komposita sind bildbar Wie wir weiter sehen, gilt für die Empfindungsverben vom Typ (47) ähnliches. Der folgende Satz hat beispielsweise zwei Lesarten: (60) Einige Länder haben Radio Tirana gestört Bei der einen Lesart stören einige Länder Radio Tirana mit Absicht, etwa indem sie Störsender auf den Wellenlängen von Radio Tirana arbeiten lassen. Bei der anderen Lesart f ü h l t sich demgegenüber Radio Tirana durch irgendwelche mit diesen Ländern zu assoziierende Tatsachen gestört. W i c h t i g ist in unserem Zusammenhang, daß diese zweite Lesart bei der fcor-Konstruktion nicht möglich ist: (61) Radio Tirana ist störbar Dieser Satz kann nur bedeuten, daß Radio Tirana zum Ziel einer Störung gemacht werden kann.
74
§43 Bisher haben wir die D i s t r i b u t i o n von bar auf eine bestimmte Subklasse von Verben eingeschränkt, n ä m l i c h auf stark und schwach intentionale T r a n s i t i v a . Aus der Literatur sind a l l e r d i n g s auch morphologische Einschränkungen bekannt ( v g l . Flury 1964: 117f., Gelhaus 1977: 258f.). Diese wollen wir jetzt diskutieren, da sie für eine vollständige Beschreibung der fcar-Adjektive u n e r l ä ß l i c h sind. Wir erinnern allerdings daran, daß wir einen strikten Unterschied zwischen Wortsyntax und der Morphologie im eigentlichen Sinne machen. Unsere Theorie ist in erster L i n i e eine Theorie der internen Syntax der abgeleiteten Wörter und ihrer externen syntaktischen Eigenschaften. Wie aus der Skizze S.5, die wir hier wiederholen, hervorgeht, ist der Output der Wortsyntax der Input der semantisehen Interpretationskomponente und der Morphologie im eigentlichen Sinne:
Wortsyntax Wortstruktur Semantik
Morphologie
In den Bereich der Morphologie im eigentlichen Sinne f a l l e n dabei im allgemeinen solche Änderungen der Lautgestalt, die nicht rein phonetisch bedingt s i n d , also morphologisch bedingte Alternationen (z.B. die Tieit/ke-it-Alternation), Lautänderungen, die eindeutig von morphologisch definierten Klassen abhängig sind ( A b l a u t - und Umlautprozesse), weiterhin auch solche Umstrukturierungen wie der reguläre Einschub des Fugenlautes oder der als "truncation" angenomme Regel typ: Hak^rf+ohen ->· Häkchen, fanatftfli+iker -»· Fanatiker; v g l . Aronoff 1976, Sect. 5.2. Im Sinne dieser Unterscheidung zwischen Wortsyntax und Morphologie ist der vorliegende Abschnitt eigentlich ein Exkurs, der a l l e r d i n g s für eine vollständige Beschreibung der &ar-Adjektive u n e r l ä ß l i c h ist. Morphologisch gesehen ist bar eine gebundene Form. Von vielen Suffixen unterscheidet es sich allerdings dadurch, daß es nicht mit einer schwachen, sondern mit einer starken Grenze ( # ) eingeleitet ist. Dieser Schluß ist vor a l l e m auf Grund der Tatsache zu ziehen , daß die iar-Adjektive sich h i n s i c h t l i c h der koordinierten T i l g u n g wie Komposita verhalten: (62) Luft- und Wasserversahmtzung ( 6 3 ) trink- und eßbar Es besteht also ein Kontrast zu genuinen suffixalen Ableitungen, bei welchen die koordinierte T i l g u n g das Suffix nicht tilgen kann:
75
(64) (65)
Sie traf da nur Wächter und Heizer *Sie traf da nur Wacht- und Heizer
Die auffallendste aus der Literatur bekannte Beschränkung für bar besagt, daß £>or-Adjektive nicht von Verben auf -ig(en), -lich(en), -el(n) und er(n) gebildet werden (vgl.Flury 1964: 117f., Gelhaus 1977: 252ff.)· Weiterhin sind die bor-Adjektive auch bei gewissen Verben nicht möglich, die auf Cn(en) ausgehen (trocknen, ordnen]. H i n s i c h t l i c h der zuerst genannten Bedingungen müssen wir allerdings eine gewisse Diskrepanz zwischen den in der Literatur gemachten Angaben und den Ergebnissen der Informantenbefragung feststellen. Während die Ableitungen von Verben auf ig(en) für die meisten, wenn auch nicht für a l l e Informanten unakzeptabel erschienen: (66)
beseitigen
*beseitigbar
verteidigen
*verteidigbar
erledigen
*erledigbar
waren die Ableitungen von Verben auf lieh(en) entschieden besser bewertet: (67)
verwirklichen
verwirklichbar
verheimlichen ? verheimlichbar
Weiterhin stellen wir fest, daß auch die Ableitungen von Verben auf er(n) von den Informanten durchaus akzeptiert werden: (68)
verbessern
verbesserbar
erweitern erneuern
erweiterbar erneuerbar
Die angeführten Fakten lassen sich als eine Tendenz zur Beseitigung von speziellen morphologischen Restriktionen interpretieren. Diese Generalisierunq ist u . E . nicht unerwartet, da eine Tendenz zu beobachten ist, fcor-Adjektive von morphologisch komplexen Basen abzuleiten. Dem scheint zunächst die Existenz von so gängigen Ableitungen wie den folgenden zu widersprechen: (69)
monomorphematische Basen: e i n s i l b i g : dehnbar, trennbar, hörbar, spürbar, lesbar, spaltbar, heizbar, heilbar, räumbar z w e i s i l b i g : lieferbar, steuerbar, wandelbar
Andererseits gibt es sowohl synchron als auch diachron begründete Anhaltspunkte, die für die Tendenz sprechen, i>or-Adjektive vorzugsweise von polymorphematisehen Basen abzuleiten. Anhand der bereits mehrmals erwähnten Untersuchung von Flury stellen wir fest, daß von den 499 im 19.Jh. neu belegten Bildungen wie auch von
76
den 181, die im 20.Jh. neu belegt sind, nur 10% bzw.7% monomorphematische Basen haben. Diese Tendenz wird auch bei Informantenbefragung über nicht belegte Formen, die von monomorphematisehen Basen abgeleitet sind, bestätigt. Dies zeigt sich besonders deutlich in den F ä l l e n , bei denen von der gleichen Wurzel auch eine präfi gierte Form gebildet werden kann. Man vergleiche die folgenden Beispiele: (70) würgbar abwürgbar, erwürgbar dämmbar abdctmmbar süßbar versüßbar salzbar versalzbar ladbar aufladbar sparbar einsparbar, ersparbar fegbar wegfegbar meidbar vermeidbar leakbar ableckbar Während die Ableitungen in der l i n k e n Spalte entweder abgelehnt oder mit Unsicherheit bewertet werden, g i l t dies für die Formen in der rechten Spalte n i c h t , zumindest nicht im gleichen Maß, auch wenn sie aus pragmatischen Gründen v i e l l e i c h t ungewöhnlich sind: (71) (72)
Vorsicht, Fertigsuppen sind leicht versalzbar Frauen mit schmalem Hals sind leicht erwürgbar
Zusammenfassend läßt sich der relativ niedrige Anteil der belegten Neubildungen mit morphologisch einfacher Basis und die relative Unsicherheit bei der Beurteilung von nicht-belegten Bildungen als ein Reflex einer morphologischen Restriktion interpretieren. Die festgestellte Tendenz bleibt allerdings vorerst unerklärt. 3.2 Vererbung der Argumente §44 In den obigen Abschnitten haben wir die wichtigsten Faktoren beschrieben, die die die Distribution von bar bestimmen bzw. die Bedingungen angeben, die für die Einsetzung von bar unter den rechten Zweig in der lexikalischen Struktur: (73)
ADJ° X^X V° ADJ° gelten. Mit der Aufstellung des Regelapparats, mit dem eine solche Struktur in
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der Basis generiert werden kann, und mit der Aufstellung der Distributionsbedingungen für die terminal en Elemente in einer solchen Struktur sind zwei wesentliche Punkte der Wortsyntax von fcor-Adjektiven abgedeckt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist nun die externe Syntax, d . h . die externen Distributionseigenschaften der Struktur (73). Wie appliziert nun die -Vererbung im Falle der bar -Adjektive ? Zunächst gehen wir davon aus, daß die Regel aufgrund ihres strukturbewahrenden Charakters nur eins der zwei Argumente eines transitiven Verbs affizieren kann. Im Subkategorisierungsrahmen eines Adjektivs steht im unmarkierten Fall nämlich nur eine NP-Position ohne inhärente Kasusmarkierung zur Verfügung, genauer, die des Subjekts. Mit anderen Worten, Sätze mit Adjektivprädikaten haben die folgende Grundstruktur: (74)
NP, (PP)} Adj3
Kopula
Die Vererbungsregel muß daher zwischen dem Subjekt- bzw. dem Objektargument des Verbs wählen. Für solche Fälle haben wir im Kap.2, S. 64, zum Zwecke der Disambiguierung der Anwendungsdomäne von -Vererbung das Ergativprinzip vorgeschlagen. Die Vererbungsregel wird deshalb nicht die Subjekt-NP, sondern die ObjektNP affizieren. Somit tragen wir der Tatsache Rechnung, daß das Subjekt in der i>or»-Konstruktion die gleichen Selektionseigenschaften hat wie das direkte Objekt eines transitiven Verbs: (75)
Man kann die Theorie testen / *essen
(76)
Die Theorie ist testbar / *eßbar
Zu den weiteren Kandidaten für die -Vererbung gehören dann PP-Argumente. Die Vererbung eines PP-Arguments ist in unserem System insofern sanktioniert, als sie strukturbewahrend ist. Ganz unabhängig von der Existenz der fcor-Adjektive geben die Basisregeln die Möglichkeit, neben einem Adjektiv eine PP zu generieren, vgl. (74). Mit anderen Worten, die Basisregeln müssen das AP-Symbol so expandieren können, daß auch die folgenden Sätze erzeugt werden können: (77)
Niemand war darüber„ sicher
(78)
Heintje ist jetzt auf wnspp böse
Diese Überlegungen werden durch folgende Fakten gestützt: (79) (80)
Gewisse Produkte sind kaum auf Fehler überprüfbar Diese Problematik ist von den übrigen Fragen nicht abgrenzbar
(81) (82)
Ihre Behauptungen sind aus keinen Prämissen ableitbar A und B sind miteinander vergleichbar
78 (83)
C und D sind mit E vereinbar
(84) (85)
Heintje ist durch niemanden ersetzbar Diese Maschine ist auf Schwachstrom umsahaltbar
In diesen Beispielen entspricht das PP-Argument des fear-Adjektivs dem PP-Argument des Verbs, ist also als vererbt zu betrachten. Folgende Fakten scheinen aber gegen die Möglichkeit der PP-Vererbung zu sprechen: (86) (87)
*Der Urlaub ist auf Ibiza / in Berlin verbringbar *Die Vase ist auf den Tisah / vor das Fenster stellbar
(88)
*Diese Statue ist unter dem Daoh / hinter der Wand versteckbar
(89)
*Die Wache ist vor das Gebäude / neben das Denkmal postierbar
Es ist allerdings wichtig festzuhalten, daß bei diesen Beispielen bereits die Adjektive selbst ungrammatisch sind: (90) (91)
*eine postierbare Wache *Die Vase ist nicht stellbar
(92)
*Ist der Urlaub überhaupt noch verbringbar ?
Somit stellt sich hier nicht so sehr das Problem der Vererbung, sondern der adäquaten Formulierung der Distributionseinschränkungen von bar. Diese müssen o f f e n s i c h t l i c h weiter präzisiert werden, so daß Adjektive wie stellbar, postierbar, weiter auch beispielsweise legbar, werfbar gar nicht generiert werden. Wir nehmen an, daß es sich hier sämtlich um Verben mit Direktionalergänzungen, etwa im Sinne von Steinitz(1969),handelt, und schließen demnach diesen Verbaltyp aus dem Umgebungsrahmen von bar aus. Es besteht dann kein Grund, aufgrund der diskutierten Verbklasse an der grundsätzlichen Vererbbarkeit von PP-Argumenten zu zweifeln. Es bleibt allerdings zu bemerken, daß diese Einschränkung rein deskriptiver Natur ist. Der Fall ist auch insofern interessant, als er zeigt, daß die Bedingungen für die B i l d u n g von fcor-Adjektiven und passiven Partizipien nicht identisch sind. Verben wie stellen, postieren, werfen sind passivierbar, können aber keine barAdjektive bilden. §45 Angesichts der Diskussion der Vererbung der inhärent kasusmarkierten Argumente erscheinen folgende Beispiele interessant: (93)
Solche Gegenstände sind denTouristen leicht entwendbar.
(94)
Solche Gegenstände sind leicht entwendbar
(95)
Die Tat war dem Angeklagten nicht nachweisbar.
(96)
Die Tat war nicht nachweisbar.
79
(97)
Dieser Wunsch ist dem Mandanten nicht v era ehrbar
(98)
Dieser Wunsch ist nicht verwehrbar
(99)
Kronawitter ist dem Wähler nicht mehr vermittelbar
Diese Daten s i n d mit der Theorie der -Vererbung konsistent. Ä h n l i c h wie bei der PP-Vererbung s o l l t e es keine strukturellen Gründe geben, die Dativargumente von der Vererbung auszuschließen. Die -Vererbung ist strukturbewahrend, und Dativkomplemente sind bei unabgeleiteten Adjektiven generell möglich: (100)
Er ist ihr^^^ähnlich
Auf Grund gleicher Überlegung könnte man akzeptable Fälle von vererbten Genitivargumenten ( G e n i t i v i ) erwarten. Diese Erwartung bestätigt sich a l l e r d i n g s nicht ganz: (101) (102)
??? Diese Personen sind des Landes nicht verweisbar ? ein des Mordes nicht überführbarer
Sträfling
Angesichts der Tatsache, daß es nur wenige Verben mit Akkusativ + Genitiv gibt und daß ihr Status marginal ist, lassen sich aus (101-102) keine eindeutigen Schlüsse ziehen. Die Genitiv-Vererbung scheint kaum testbar zu sein. §46 Im Zusammenhang mit der Vererbungstheorie sollten wir auch die Fälle erwähnen, in denen bereits ein bor-Adjektiv als Basis eines komplexen Wortes steht. Dies ist z.B. in den folgenden Beispielen der F a l l : (103)
Heilbarkeit, Teilbarkeit, Verwendbarkeit
Wie man sehen kann, wird bei diesen komplexen Nomina das u r s p r ü n g l i c h verbale Argument an das ganze Nomen vererbt: (104)
die Heilbarkeit der Krankheit, die Teilbarkeit der Gewinne, die Verwendbarkeit des Materials
Diese Fakten sind mit unserem System, insbesondere mit der iterativen Natur der -Vererbung konsistent. Sie zeigen darüber h i n a u s , daß nicht nur bar, sondern auch keit transparent i s t , s.§37. Jede Verkettung von transparentem Material auf den rechten Zweigen ist selbst transparent und macht somit iterierende Vererbung möglich. Im Zusammenhang mit diesen komplexeren Beispielen können wir noch einmal kurz auf die Vererbung der Dativargumente eingehen. Der folgende Kontrast zeigt deutlich, daß trotz der Transparenz von keit ein Dativargument an ein Substantiv nicht vererbt werden kann: (105) (106)
Die Tat ist dem Angeklagten nachweisbar *die Nachweisbarkeit der Tat dem Angeklagten
80
Auch diese Tatsache folgt aus dem strukturbewahrenden Charakter der A-Vererbung; vgl.bereits § 10. §47 Das letzte Problem, das im Kontext der -Vererbung wichtig erscheint, betrifft die Vererbung, oder besser gesagt, die Umschreibung des Subjektarguments des Verbs in der ior-Konstruktion. Daß das Subjektargument in einer expliziten Form erscheinen kann, zeigen die folgenden Beispiele. (107)
Dies ist für mich/*für das Vetter kaum nachvollziehbar
(108)
Diese Kühlschränke sind catch für Laien/*für unendliche Mengen reparierbar
Die Kontraste hier zeigen, daß die /ür-Phrase die gleichen Selektionsrestriktionen hat wie das Subjekt des transitiven Verbs, das jeweils involviert ist. Der springende Punkt scheint aber zu sein, daß das Subjektargument in diesem Fall mit einer Präposition "markiert" wird, die ihrerseits ihrem Objekt eigene Restriktionen auferlegt. So erscheint die Präposition von typischerweise bei voll agentiven Verben, während sie bereits bei schwach intentionalen Verben nicht erscheinen kann: (109) ^Solche Bewegungen sind vom Menschen nicht sichtbar (110) * Solche Sachen sind von ihm unvorstellbar
Bei Ableitungen von schwach intentionalen Verben wird das Subjekt mit für markiert, also: (111)
Solche Bewegungen sind für den Menschen nicht sichtbar
(112)
Solche Sachen sind für ihn unvorstellbar
Dies zeigt unter anderem, daß das Objekt der Präposition, die das Subjektargument "markiert", keine semantisch neutrale Position ist. Die -Vererbung bet r i f f t aber nur semantisch neutrale Positionen, d . h . Positionen, die vom Head der lexikalischen Phrase nicht thematisch markiert werden; vgl.S. 58. In diesem Sinne kann es sich bei den /ür-Phrasen bzw. auch yon-Phrasen, vgl.: (113)
Diese Krankheit ist von 'Ärzten nicht heilbar
um keine direkte Vererbung handeln, sondern um einen anderen Prozeß, der im strikten Sinne mit der Theorie der -Vererbung nicht zusammenhängt und der im wesentlichen in der Möglichkeit besteht, eine in der fcor-Konstruktion frei generierbare Prepositional phrase zu interpretieren. In diesem Punkt folgen wir im übrigen Höhle, der für die mit Präpositionen markierten Agensangaben in verschiedenen Passivkonstruktionen ein sekundäres, im wesentlichen periphrastisches Interpretationsverfahren annimmt (Höhle 1978, vor allem Kap.7).
AUSBLICK
Wir haben in dieser Arbeit einen Beschreibungsrahmen für interne und externe Struktureigenschaften von produktiv gebildeten komplexen Adjektiven und Substantiven entworfen. Dabei gingen wir unter anderem auf die Eigenschaften der relevanten Regeln e i n , versuchten sie in eine Beziehung zu den allgemeinen P r i n z i p i e n der Phrasenarchitektonik zu setzen, untersuchten weiterhin die Mechanismen der Argumentvererbung und die Bedingungen, welche die Vererbung semantisch und syntaktisch einschränken (Strukturbewahrung, Transparenzprinzip). Die Diskussion ging dabei von einem Modell aus, in dem die Wortsyntax und die Morphologie im eigentlichen Sinne getrennt werden. Im abschließenden Kapitel haben wir dann die wichtigsten Prinzipien der Wortsyntax empirisch überprüft, indem wir sie bei der Beschreibung der produktiv gebildeten bor-Adjektive angewendet haben. Es stellt sich natürlich die Frage, ob ihre Anwendung auch auf weitere syntaxnahe Ableitungen möglich ist. Da wir unsere Exemplifizierung anhand einer adjektivischen Bildung vorgenommen haben, wäre es angebracht, wenigstens in groben Zügen auf nominale Strukturen einzugehen. In diesem abschließenden A u s b l i c k wollen wir deshalb den sog. nominalisierten I n f i n i t i v , den wir im folgenden als die en-Nominalisierung bezeichnen, kurz d i s k u t i e r e n . 1 Die Diskussion soll nicht als eine den Anspruch der V o l l ständigkeit erhebende Beschreibung verstanden werden. Es handelt sich vor allem um eine prinzipielle Erwägung, ob und gegebenenfalls wie andere Typen von abgeleiteten Wörtern von unserem Beschreibungsrahmen erfaßt werden können bzw. welche Ergänzungen, sei es durch M o d i f i z i e r u n g des Beschreibungsrahmens selbst oder durch durch Aufstellung von Querverbindungen zu anderen Subtheorien, die erweiterte Datenbasis mit sich bringt.
Wir bei der ein
nehmen an, daß der Infinitiv in EP wird kommen mit einem anderen en als der en-Nominalisierung gebildet wird. Man beachte die Tatsache, daß bei Infinitivbildung der Status des Verbs nicht tangiert wird: kommen bleibt Verb. Die Bewahrung der Wortklasse ist für die Flexion typisch.
82
§48
Bei der Beschreibung der en-Nominal isierungen, etwa in: (1)
Er bedauerte das andauernde Abhören der Gespräche durch Spezialisten
(2)
Beim Entfernen der Reste hat sie sich verletzt
(3)
Die Lage hat sich durch das Einfliegen der Panzer gebessert
gilt es ä h n l i c h wie bei den fcop-Adjektiven zuerst ihre interne Struktur zu generieren. Wir nehmen an, daß hier sämtlich die folgende lexikalische Phrase von den Regeln der Wortsyntax generiert wird: (4) N°
A N°
V°
en
Diese Struktur steht im E i n k l a n g mit den Prinzipien der Wortsyntax. Insbesondere sehen w i r , daß.solche Eigenschaftenderresultierenden Nominalisierung wie Genus, Zählbarkeit von dem gebundenen Nomen en determiniert sind. Wir wenden uns sogleich einem auffallenden, und wie wir glauben, zugleich markierten Fall zu, nämlich en-Nominalisierungen, in denen nicht-minimale Phrasen aufzutreten scheinen: (6)
das Sich-in-Einzelheiten-Verlieren
(7) (8)
das Sich-auf-Geschenke-Freuen das Miteinander-Sprechen-Wollen
Sowohl die Tatsache, daß einige Konstituenten, die vom Verb obligatorisch verlangt werden, nicht weggelassen werden dürfen: (9)
*Er verlor in Einzelheiten
(10) *das In-Einzelheiten-Verlieren (11)
Er verlor sich in Einzelheiten
(12)
das Sich-in-Einzelheiten-Verlieren
als auch die G ü l t i g k e i t gewisser aus der S-Struktur bekannter Wortfolgeregulari täten: (13)
das
Mit-den-Wölfen-Heulen-Müssen
(14) *das (15) *das
Müssen-mit-den-WölfenrHeulen Mit-den-Wölfen-Müssen-Heulen
läßt vermuten, daß diese "phrasalen en-Infinitive"die folgende Struktur haben:
83
(16)
N° I en
Die Tatsache, daß die S-Domäne in (16) ke,in l e x i k a l i s c h realisiertes Subjekt enthalten kann: (17) '-'das
Kinder-sioh-auf-Gesohenke-Freuen
steht in keinem Widerspruch mit der vorgeschlagenen Struktur, denn die Ungramm a t i k a l i t ä t von (17) läßt sich darauf zurückführen, daß die Nominativmarkierung eines l e x i k a l i s c h realisierten Subjekts in einer i n f i n i t e n Struktur ausbleibt, da Finitheit und Nominativmarkierung aneinander gebunden s i n d . In diesem Sinne ist es wichtiger, die Anwesenheit von gebundenen Anaphern ( R e f l e x i v a ) in diesen Strukturen zu beachten; vg!.(6-7). Sie läßt den Schluß zu, daß das Subjekt von S in (16) eigentlich PRO ist. Sollten wir übrigens a l s Alternative zu (16) die folgende Struktur erwägen:
(18) N° VP
N° en
bzw. eine vergleichbare Struktur mit einer n i c h t - m i n i m a l e n V-Projektion auf dem l i n k e n Zweig, dann wäre es unmöglich, das Vorkommen von Reflexiva ohne Antezedens in diesen Strukturen zu erklären. Diese Analyse von en-Nominalisierungen vom Typ (6-8) deutet zweifellos auf einen markierten Typ h i n . 1 Es zeigt sich aber, daß unser System der Basisregeln eine adäquate Ausgangsposition für die Beschreibung dieser komplexen Strukturen bietet. Wie man s i c h erinnern kann, besteht die M ö g l i c h k e i t , das Basisschema:
(19)
Xn
-> ... X""1
u . a . so zu interpretieren, daß in l e x i k a l i s c h e n Phrasen der l i n k e Zweig mit einer nicht-minimalen Phrase besetzt werden kann. Wir erinnern hier an die Markiertheitskonvention (33), S.47. Für eine alternative Analyse dieser Bildungen s. jetzt Höhle (1982: l O 9 f f . ) .
84
§49 Ein weiterer Schritt bei der Beschreibung der en-Nominal isierung ist die Bestirmung der Distribution von en. Im Gegensatz zur Distribution von bar zeigt es sich, daß en praktisch weder syntaktisch noch morphologisch eingeschränkt ist. Zumindest ist es uns unbekannt, daß en mit einer syntaktisch charakterisierten Klasse (Transitiva) oder mit Verben mit besonderen morphologischen Eigenschaften nicht auftreten könnte. Somit f ä l l t dieser Teil der Beschreibung der en-Nom i n a l i s i e r u n g in diesem speziellen Fall kurz aus. Die Hauptmasse der Distributionsrestriktionen besteht aus semantischen Restriktionen; von bestimmten semantisch definierbaren Klassen von Verben können systematisch keine en-Nominalisierungen gebildet werden: (20) *Johanna bewunderte das Emporragen der Türme (21) *Das Zusammenhängen dieser Ereignisse hat Heini beunruhigt (22) *Das Reichen der Vorräte bis zum Sommer gilt als gesichert (23) *Das Enden der Straße in diesem schrecklichen Wald erwartete niemand (24) ^Plötzlich merkte er das Bilden des Dreiecks durch die Linien
Eine p l a u s i b l e Generalisierung, die sich hier bietet, scheint die nicht-prozessuelle Natur von Verben zu betreffen, denen diese ungrammatischen Nomina-lisierungen abgeleitet sind. Diese Verben bezeichnen sämtlich Zustände, von denen sinnvoll ausgesagt werden kann, ob sie gelten oder nicht; diese Zustände können aber nicht sinnvoll unter der Perspektive ihrer Intensität oder des Grades ihres Zutreffens betrachtet werden. (Diese Klasse von Verben entspricht den dispositiven Verben bei Lötscher 1976.) In diesem Sinne ist es also möglich von einer semantisch definierten Klasse von Verben zu sprechen. Eine ähnlich abgrenzbare Klasse bietet sich im Fall der Verben wie: (25)
begeistern, belustigen, empören, faszinieren, überraschen, blüffen, verwundern, ...
ver-
Auch diese Verben bilden systematisch keine en-Nominalisierungen: (26) *Er erwähnte das Überraschen der Eltern (über seine Frau) (27) *Das Begeistern der Gäste (über den Eintopf) nahm kein Ende
Es handelt sich um eine Gruppe von Empfindungsverben, deren direktes Objekt als'Experiencer 1 zu verstehen ist. Somit zeichnet sich wiederum eine wohl definierbare Klasse von Verben ab. Die theoretisch interessante Frage ist dann, ob diese Einschränkungen der Distribution von en mittels unabhängiger Kategorien, im Sinne der Diskussion im §21, geschieht. Dies läßt sich im Falle der zuletzt genannten Gruppe bejahen, da wir ihr bereits bei der Formulierung der semantischen Einschränkungen für die
85
Generierung der -Adjektive begegnet sind. Auch die erste Gruppe behauptet ihre Existenz unabhängig von der Nominalisierung, v g l . Lötscher (1976), was möglicherweise mit den in der Literatur befindlichen Hinweisen auf die R o l l e des Aspekts in der W o r t b i l d u n g (so bereits Strothmann 1935) vereinbar ist. Zusammenfassend können wir also folgern, daß die A u f s t e l l u n g der Distributionsrestriktionen für en klare Konturen erkennen läßt, und daß sie auch mittels zulässiger Informationstypen geschieht. §50 Durch die Generierung der lexikalischen Struktur und durch die Einschränkung der Distribution der in ihr vorkommenden terminalen Elemente sind die zentralen Aspekte der internen Struktur der en-Nominalisierung abgedeckt. Somit können wir zur Frage der -Vererbung übergehen. Die Wohlgeformtheit folgender Beispiele zeigt, daß die Argumentvererbung bei den en-Nominalisierungen möglich ist, und daß en als ein transparenter Head zu klassifizieren ist: (28)
aas Abhören der Telefongespräche
durch Spezialisten
(29)
das überfliegen von bewohnten Gebieten durch Hubschrauber
Wir sehen, daß die von den jeweiligen Nominalisierungen abhängigen Phrasen den von abhören bzw. überfliegen verlangten Argumenten selektionsmäßig entsprechen. Dabei ist zum einen von der Regelung der -Vererbung durch das Ergativ-Prinzip, vgl.S.64, und zum anderen von der periphrastischen Vererbung, vgl.S.80, auszugehen. H i n s i c h t l i c h des ersten Punktes interpretieren wir die Fakten so, daß bei den transitiven Verben das Objektargument vererbt und mit Genitiv 2 markiert wird, während bei den intransitiven Verben das kasus-unmarkierte Subjektargument vererbt und mit Genitiv 2 markiert wird: (30) (31)
das Tropfen des Wassers das Ticken der Uhr
Die Vererbung ist strukturabhängig, strukturbewahrend, f a k u l t a t i v und interagiert mit der Kasusmarkierung, wenn flektierbare Argumenttypen involviert sind. H i n s i c h t l i c h des zweiten Punktes, der periphrastischen Vererbung bzw. der periphrastischen Strategie, das Subjektargument zu erhalten, finden wir eine semantisch nicht-leere Präposition vor, die sich im übrigen durch eine gewisse Variationsbreite h i n s i c h t l i c h ihrer Wahl und Akzeptabi l i tat auszeichnet: (32)
das Abhören der Gespräche durch Spezialisten/ seitens der Behörden
Man vergleiche in diesem Zusammenhang auch die im vorigen Kapitel diskutierten Beispiele für/von Laien reparierbar, für Ärzte/ von Ärzten heilbar. Man könnte natürlich einwenden, daß es nicht nur die periphrastische Strate-
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gie ist, die Alternativen bei der Wahl der Präposition aufweist. Auch die eigentliche -Vererbung scheint gewisse Alternativen h i n s i c h t l i c h der Markierung des vererbten Arguments zu zeigen, vgl. den Genitiv 2 in (28) und die von-Phrase in ( 2 9 ) . Der Unterschied ist nichtsdestoweniger klar. In Fällen wie (29) ist die Präposition von mit der strukturellen Kasusmarkierung funktional gleichwertig, da von semantisch leer, ohne eigene thematische R o l l e ist. Somit ist es m ö g l i c h , daß die thematische R o l l e mittels der -Vererbung von dem Basisverb übertragen wird. §51 Der letzte P u n k t , der im Rahmen dieses A u s b l i c k s behandelt werden soll, ist die R o l l e der Produktivität, die wir bereits im einführenden Teil dieser Arbeit angesprochen haben. Die erc-Nominalisierungen zeigen sehr deutlich, wie wichtig es ist, produktive und nicht-produktive Ableitungsmuster voneinander zu trennen und nicht mit den gleichen Mitteln zu beschreiben. Wir haben bereits früher gesagt, s.§2, daß der Verlust der Produktivität mit der semantischen Desintegration des Derivationsparadigmas zusammenhängt. Wir haben soeben weiter erklärt, wie die -Vererbung bei einem bestimmten Typ der produktiv gebildeten Nominal isierungen wirkt. Es soll nun gezeigt werden, daß die unproduktiv gebildeten Nominalisierungen sich u . a . dadurch auszeichnen, daß sie dem für die en-Nominalisierung charakteristischen Vererbungsmechanismus nicht folgen müssen. In diesem Zusammenhang sei auf folgende Beispiele hingewiesen: (33) (34) (35) (36)
der das der die
Besuch bei. den Verwandten Lob für die Teilnehmer Verrat an den Prinzipien Kritik an ihren Äußerungen
Man sieht, daß die von diesen Nominalisierungen abhängigen Präpositionalphrasen durch den Vererbungsmechanismus nicht vererbt werden können, obwohl es sich sinngemäß um Argumente handelt, die von der A-Vererbung eigentlich erfaßt werden müßten, wie e i n i g e korrespondierende en-Nominalisierungen zeigen: (37) (38)
Das Loben der Gäste (durch die Veranstalter) nahm kein Ende Das Kritisieren ihrer 'Äußerungen nahm ebenfalls kein Ende
Der Grund, warum (33-36) nicht durch die -Vererbung entstehen können, besteht darin, daß die involvierten Verben keine PP der obigen Art in ihrem Subkategorisierungsrahmen haben: (39) *Er besucht bei seinen Verwandten (40) *Sie loben für die Gäste (41) *Er hat an den Prinzipien verraten
87
(42)
*Sie kritisiert an Ihren Äußerungen
Es ist wahrscheinlich, daß Nominal isierungen, in denen Präpositionalphrasen erscheinen, die nicht auf den Subkategorisierungsrahmen des Verbs zurückgehen, sich bei der Vererbung wiederum einer "indirekten", periphrastisehen Strategie bedienen. So ist die Nähe von Kritik an etwas und Kritik an etwas üben oder Verrat an etwas und Verrat an etwas begehen beispielsweise a u f f a l l e n d . Doch ohne jetzt die Art und Weise dieser periphrastischen Strategie im Detail aufzeigen zu können, bleiben wir bei der für uns wichtigen Generalisierung, nämlich der Tatsache, daß diese Nominal isierungen (Besuch, Lob, Kritik, ...} nicht zum (synchron) produktiven Kern der deutschen Wortbildung gehören. Vielmehr sind dies fest gespeicherte Lexikoneinheiten, die vom Sprecher samt ihren syntaktischen Eigenschaften auswendig gelernt werden. Der Verlust bzw. das NichtVorhandensein der Produktivität kann also nicht nur zur semantischen Desintegrierung des Derivationsparadigmas führen, sondern auch zur syntaktischen Idiosynkrasie. In diesem Sinne kann das Auftreten einer periphrastischen Vererbungsstrategie immer als ein Hinweis auf ein möglicherweise nicht-produktives Muster interpretiert werden.
POST SCRIPTUM 1986
He said that when one went to an exhibition and looked at the pictures of the other painters one knows that they are bad, there is no excuse for it they are simply bad, but one's own pictures, one knows the reason why they are bad and so they are not hopelessly bad. (Gertrud Stein über Picasso)
Da bereits zum Z e i t p u n k t der Erstveröffentlichung der Wortsyntax mehrere wichtige Arbeiten zu den darin behandelten Fragen zu verzeichnen waren und da seitdem das Interesse an der "Neuen Wortbildung" nicht zurückging -- a l l e i n e 1986 fanden vier größere Konferenzen über Morphologie und Wortbildung statt--, erschien es nicht vertretbar, einen im wesentlichen in den Jahren 1979-1980 entstandenen Text ohne Kommentar neu zu veröffentlichen. Der folgende Nachtrag soll diese kommentierende Funktion e r f ü l l e n . Der erste Teil enthält Präzisierungen und Nachträge zu einigen theoretisch bzw. deskriptiv relevanten Punkten. Bei dieser Gelegenheit werden auch einige in Rezensionen der Wortsyntax aufgeworfene Fragen diskutiert. 1 Im zweiten Abschnitt wird dann auf Arbeiten eingegangen, die vor a l l e m im Zusammenhang mit der Theorie der Vererbung (Perkol a t i o n ) wichtig erscheinen. 2 Im letzten Abschnitt sollen schließlich einige Probleme diskutiert werden, die für die weitere Forschung von Interesse sind. Zum vorliegenden post sariptum gehört auch ein bibliographischer Nachtrag, in den eine Auswahl von neueren Titeln zur generativen Morphologie aufgenommen wurde; er schließt an die unverändert gebliebene Bibliographie der Wortsyntax auf S. 114 a n . 3 Wir beziehen uns vor allem auf Booij (*1985) und Motsch ( K 1985); vgl. auch Jeziorski & Sadzinski (*1985). Brogyanyi (*1984) und Wolff (*1985) beschränken sich im wesentlichen auf eine Inhaltsübersicht. Eine zusammenfassende Übersicht über neuere Entwicklungen ist Toman (*1986a) vgl. auch Toman ( S 1985a: 14-17). Unter monographischen Darstellungen ist vor allem Olsen (*1986a) zu nennen; vgl. auch Scalise (*1984a,b) . Die im bibliographischen Nachtrag enthaltenen Titel werden hier mit einem Stern bei der Jahreszahl gekennzeichnet, etwa "Olsen ( K 1986a)".
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1. Anmerkungen zur Wortsyntax 1.1 Zur Phrasenstruktur. - Leitend in der Wortsyntax: war der Gedanke, Gemeinsamkeiten zwischen Wortstruktur und Struktur von syntaktischen Phrasen auf dem Wege der Parametrisierung allgemeingrammatischer Prinzipien zu erarbeiten. In diesem Sinne war auch gegen eine als "autonomistisch" bezeichnete Position argumentiert worden: Wortbildungsregeln als eine besondere Art von Regeln (etwa im Format von "lexikalischen Regeln") sollten aufgegeben werden. Dieser Anspruch wurde allerdings nicht immer konsequent vertreten. Betrachten wir als erstes die Formulierung des Regelschemas (41) auf S. 49, das hier als (1) wiederholt wird: (1)
X° -»> (Y) X° [+N] In dieser Formulierung ist das Schema zunächst auf nominale und adjektivische Bildungen eingeschränkt. Es ist offenkundig, daß hier auf Kosten des Grundkonzepts lediglich der deskriptiven Adäquatheit genüge getan wurde. Eine konsequente Durchführung des Ansatzes dürfte eigentlich von solchen ad hoc eingeführten Einschränkungen keinen Gebrauch machen, d . h . , es wäre eine Formulierung vorzuziehen, die den Modularitätsgedanken konsequenter ausschöpft. Demzufolge müßte das Regelschema ohne jegliche kategoriale Restriktion bleiben, also etwa: (2) X° ·* " (Daß X und Z hinsichtlich kategorialer Merkmale übereinstimmen müssen, ergibt sich aus dem Head-Prinzip, braucht also im Schema nicht wiederholt zu werden.) Der Fehler konnte in Boase-Beier & Toman (*1985) insofern korrigiert werden, als versucht wurde, die Obergenerierung, die bei der Zugrundelegung von vier Hauptkategorien insgesamt 16 Typen ergibt (einschließlich Komposita vom Typ "Präposition-Präposition" (*aufin, *zunach), "Adjektiv-Präposition" (*grünzu, *schönauf) u s w . ) , durch allgemeinere Mechanismen zu beschränken. Der Leser wird für Details auf diese Arbeit hingewiesen. Sie ist im wesentlichen ein Versuch, die Rolle spezieller Einschränkungen im Bereich der Phrasenstruktur zugunsten von allgemeinen, für die Wortbildung nicht spezifischen Prinzipien zu eliminieren und entspricht auch jener Entwicklung in der Theorie der generativen Grammatik, derzufolge die Basisregeln zu einem "Epiphänomen" reduziert sind. Die Ausdehnung der Prinzipien der Phrasenstruktur auf die Wortstruktur betraf, um einen zweiten Punkt zu nennen, auch die Affixe. Hier wurde der Ansatz der Wortsyntax in einigen Punkten kritisiert. So fand es Booij problema-
90 tisch, daß "[Toman] does not recognize the category 'Affix 1 as a relevant category for the rewriting rules" ( B o o i j (*1985:263); auch Jeziorski & Sadzin-
ski (*1985: 105) sind hinsichtlich dieses Punktes kritisch). In der Tat scheint es auch heute, daß Affixe keine Kategorie darstellen, der auf der wortsyntaktischen Ebene ein spezieller Status zukommen sollte. In diesem Sinne waren die diesbezüglichen Analysen der Wortsyntax konsequent. Dies sollte allerdings nicht so interpretiert werden, daß es in der Grammatik keine Möglichkeit gibt, die Affix-Kategorie adäquat zu charakterisieren. Es wird lediglich gesagt, daß diese Charakterisierung nicht auf der wortsyntaktischen Ebene zu erfolgen h a t . Ein adäquater Locus bietet sich entweder in der Morphophonemik (in der Wortsyntax als "Morphologie im eigentlichen Sinne" bezeichnet) - möglicherweise in der Theorie der Grenzen bzw. ihres Äquivalents - oder in der Semantik. Im letzteren Fall war in der Wortsyntax immerhin ein Versuch unternommen worden, Affixe und transparente Heads zu korrelieren (S. 61f.). Weitere Möglichkeiten bieten sich an, so etwa h i n s i c h t l i c h der semantisehen Generalisierung, derzufolge Affixe typischerweise nur Skopus definieren, selber aber durch keine Argumentstruktur charakterisiert sind; vgl. auch Toman (*1986b). Dies alles besagt natürlich nicht, daß im Bereich der Affigierung a l l e Probleme gelöst sind. E i n i g e schwierige Punkte, die sich auf der Ebene der Wortstruktur etwa h i n s i c h t l i c h des Funktionierens solcher Präfixe wie be- oder entergeben, wurden erwähnt (S. 53). Aus prinzipieller Sicht bleibt hier noch viel unklar und zwar nicht nur was das Deutsche betrifft. Wie wird z.B. die Argumentstruktur der englischen owt-Verben bestimmt? Man denke etwa an Beispiele wie das folgende, das thematisch dem Kontext der Raumfahrt entstammt: (3)
The Soviet Union routinely outlaunahes the United States, outstays it in the spaces and probably outspends it. (Internat. Herald Tribune* 21.August 1986)
Ein weiteres Problem, das ebenfalls die Prinzipien der Phrasenstruktur (und zugleich auch die Eigenschaften der Affixe) betrifft, sei hier genannt. Zwar haben wir die Zuläßigkeit von Kategorien diskutiert, die im Subkategorisierungsrahmen von Affixen geführt werden dürfen (S. 30f.), die Frage aber, wieso bei einer strikten Einhaltung der Prinzipien der Y-Theorie eine minimale Kategorie für eine minimale Schwester subkategorisieren darf, bei -bar etwa: (4)
V
blieb unerwähnt. In der Wortsyntax muß dies stipuliert werden - die Subaktegorisierung wird normalerweise zwischen einem Head, X ° , und nicht einer minimalen, sondern einer maximalen Projektion formuliert. Dies ist hier nicht der Fall.
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Letzteres Problem könnte zweifellos als eine theoriegebundene Detailfrage eingestuft werden - doch dies wäre ganz in unserem Sinne, denn eine Theorie kann unter anderem deshalb interessant sein, weil sie genügend viele research puzzles, etwa im Sinne von Thomas Kühn, aufwirft. Die konsequente Durchführung des hier verfolgten Ansatzes scheint diese Eigenschaft zu haben. So ist die Frage der Stipulation von binären Verzweigungen in der Wortsyntax (S. 54) ein solches puzzle. Die Lösung weist in Richtung einer Verallgemeinerung der Binaritätsbedingung auf die ganze Domäne der Phrasenstruktur. Das jetzt hinzugekommene puzzle der Subkategorisierung weist u.E. in Richtung der Abschaffung von Subkategorisierungsangaben bekannter Art. Und in der Tat ist es nicht ohne Interesse, daß Chomsky (*1986) über eine Reihe von Versuchen berichten kann, die in diese Richtung weisen. 1.2 Zur Vererbung. - Im allgemeinen besteht in der Literatur Konsens darüber, da3 die Erzeugung der Wortstruktur kein transformationeller Prozeß ist: komplexe Wortstrukturen werden durch Phrasenstrukturregeln generiert. Da diese allerdings nicht dazu geeignet sind, a l l e n Eigenschaften komplexer Wörter Rechnung zu tragen, muß zusätzlich angenommen werden -so zumindest eine Möglichkeit-, daß die basisgenerierte Wortstruktur als Input für Operationen dienen kann, die in ihr Änderungen bewirken - die relevante Operation ist als Vererbung von Merkmalen konzipiert. Diese Lösung wurde von mehreren Autoren etwa zur gleichen Zeit erwogen, was u . E . ein interessanter Beleg dafür ist, daß bei der Zugrundelegung eines annähernd gemeinsamen Bezugsrahmens die "Logik der Lösung" eigentlich bereits vorgezeichnet ist. Vielleicht lag es an der P l a u s i b i l i t ä t und Neuheit dieses Ansatzes zugleich, daß man im Rückblick bei der Formulierung der Vererbung die gewünschte Explizitheit vermißt. In diesem Sinne wäre eine Kritik am Abschnitt 2.4 der Wortsyntax zu üben. Einer der Kritikpunkte besteht darin, daß hier gelegentlich der Eindruck entstehen kann, Argumentvererbung sei Vererbung von Subkategorisierungsmerkmalen. Zwar wird Anfang § 34 festgestellt, daß die Vererbung für syntaktische Eigenschaften des abgeleiteten Wortes, "speziell für den Typ des Subkategorisierungsrahmens" (S. 55) nicht verantwortlich Sein
kann, denn die Argumentvererbung betrifft "die Selektionsmerkmale und die thematischen Merkmale" (S. 55), doch wird dann am Ende des Absatzes diese relativ klare Formulierung durch einen weniger klaren Begriff, nämlich den des "abgeleiteten Subkategorisierungsrahmens" unnötigerweise abgeschwächt, der
letztendlich so verstanden werden könnte, als ob doch Subkategorisierungsmerkmale vererbt würden. Natürlich ist nicht der Subkategorisierungsrahmen
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eines abgeleiteten Wortes, sondern sein "thematischer Inhalt" abgeleitet. In diesem Sinne wäre der Kritik dieser möglicherweise Unklarheit stiftenden Stelle durch Booij (*1985: 276f.) zuzustimmen, obwohl der Grundgedanke eigentlich rel a t i v wenig Zweifel aufkommen läßt ( v g l . auch die soeben wiederholten Stellen). Einen Anlaß zu Unklarheiten h i n s i c h t l i c h der Rolle der Subkategorisierung gibt aber vielleicht die Darstellung der Vererbung jener Argumente, deren Kasusmarkierung im Sinne der Theorie von Government and Binding (Chomsky 1981) "inhärent", also nicht von ihrer a k t u e l l e n syntaktischen Position abhängig ist. Dies ist der Fall indirekter Dativ- und Genitivobjekte. Als Beispiele dafür haben wir fror-Adjektive des folgenden Typs diskutiert: (5) Der Kandidat ist dem Wähler nicht vermittelbar. Hier wurde nur gesagt, daß das Dativobjekt mit dem Adjektivrahmen "kompatibel" ist - etwa im Sinne der Strukturbewahrung von Emonds (1980). Die Beschreibung ist allerdings nicht e x p l i z i t . Dem jetzigen Stand der Kasus-Theorie folgend, kann man die Dativ-NP nicht frei generieren und dann die Q-Rolle auf diese NP abbilden. Der Grund scheint der zu sein, daß der Dativ nicht frei zugewiesen wird, sondern eben inhärent mit bestimmten lexikalischen Einheiten als Merkmal verknüpft ist. 1 In diesem Sinne muß dieses lexikalische Merkmal zu jenen Eigenschaften gehören, die vererbt werden. Wir können daher annehmen, daß in der Zielstruktur eine NP frei generiert und dieser ein indirekter Kasus durch Vererbung zugewiesen wird. Ob dabei ein Subkategorisierungsmerkmal oder ein "Kasusmerkmal" vererbt wird, ist letztendlich von untergeordnetem Interesse. Wichtig ist, daß der inhärente Kasus zusammen mit der -Rolle vererbt wird. Diese Beschreibung läßt auch die adnominalen Dative (S. 60, Beispiel (70)) in einem anderen Licht erscheinen. Auch hier haben wir ihre Abwesenheit im Deutschen mit Hinweis auf den strukturbewahrenden Charakter der Vererbung zu motivieren versucht. Interessanter wäre es aber, diesen Distributionstyp aus der Direktionalität der Kasuszuweisung abzuleiten. Dies wäre mit dem obigen Ansatz kompatibel, d . h . , es würde eine thematisch leere NP frei rechts vom substantivischen Head generiert werden, dann der Komplex " -Rolle & indirekter Kasus" an diese NP vererbt. Da aber bei verbalen Argumenten die Kasuszuweisung nur nach l i n k s angenommen werden kann, dürfte kein wohl geformtes Ergebnis zustande kommen. Die Ungrammatikali tat von ( 7 0 ) , S. 60, wäre somit besser erklärt; darüber hinaus scheinen gewisse hier erwartete zwischensprachliche Kontraste diese Beschreibungsweise zu stützten, so etwa das Vorhanden1
Wir machen uns hier den Gedanken von Haider (*1985) zu eigen, der vorschlägt, bei den sog. inhärenten Kasus von einer Verknüpfung der -Rolle und des Kasus auszugehen.
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sein adnominaler Dative im Tschechischen. In dieser Sprache besteht kein Grund anzunehmen, die Kasuszuweisung würde ( n u r ) nach links erfolgen. Ein weiterer Punkt, der hinsichtlich einer expliziten Beschreibung des Vererbungsmechanismus offensichtlich AnlaB zu Mißverständnissen gibt, betrifft den Beitrag linker und rechter Zweige zum Gesamtgehalt des Mutterknotens. Aus expositorischen Gründen haben wir von morphologischer Vererbung und Argumentvererbung gesprochen und die im Deutschen typische "Spezialisierung" dieser Prozesse auf den jeweiligen Zweig besprochen. Booij hat daraus nicht ganz korrekt gefolgert, d a ß d i e s e i n e prinzipielle Innovation ist, und schreibt uns die folgende Auffassung des Vererbungsmechanismus zu: Morphological features are percolated from the head of a derived word, but features with respect to argument structure from its base.
Booij (*1985: 267)
Es sei daher daran erinnert, daß wir explizit auf den Fall der Kausativa hingewiesen haben (S. 59), bei dem es alle Gründe zur Annahme gibt, daß der Head nicht nur durch morphologische Merkmale, sondern auch durch Argumentmerkmale zum Gesamtprodukt beiträgt. 1 Die Tatsache, daß die Verteilung MorphologieArgumentstruktur mit der Unterscheidung rechter bzw. linker Zweig zusammenzufallen scheint, ergibt sich daraus, daß der rechte Zweig typischerweise morphologisch vollspezifiziert ist und daher die Vererbung von morphologischen Merkmalen von l i n k s blockiert, und daß er zugleich hinsichtlich der Argumentstruktur typischerweise unterspezifiziert ist, so daß Argumentmerkmale von l i n k s "nachgereicht" werden können. Dies kann bei den argumentleeren rechten Zweigen jedenfalls nicht verhindert werden. (Kausativa stellen daher einen markierten, nichtsdestoweniger aufschlußreichen Fall d a r . ) So wie die Vererbung konzipiert ist, würde man zum einen erwarten, daß es keine deutlichen Präferenzen für diesen oder jenen Typ von Argumenten geben dürfte. Zum anderen würde man auch nicht erwarten, daß bei gleichem Suffix gewisse Typen von Argumenten vererbt werden, andere aber nicht. Dies ist eine natürliche Annahme, die auch bei Autoren gemacht wird, bei denen Fragen der Wortstruktur nicht im Vordergrund stehen:
1
Angesichts dessen gibt es eigentlich gute Voraussetzungen dafür, die Vererbung auf das folgende Minimalformat zu reduzieren: "Vererbe". Besondere Spezifizierungen (etwa für morphologische Merkmale oder Argumentmerkmale) wären hier "unerwünscht".
94 (6)
Uniformity Principle Each i) ii) iii)
morphological process either transmits -role uniformly, blocks -role uniformly, or assigns a new -role uniformly.
Chomsky (1981: 126)
Beide Fälle, die wir genannt haben, sind aber, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, belegt. So läßt sich beobachten, um auf den ersten Fall einzugehen, daß die Vererbung von Dativ-NP'bei ior-Adjektiven nicht immer die zu erwartende Gleichmäßigkeit der Akzeptabi l i tat zeigt. Während Informanten Beispiele wie: (7) (8)
Der Kandidat ist dem Wähler nicht vermittelbar. Die Tat ist dem Angeklagten nicht nachweisbar.
als akzeptabel bewerten, scheinen den gleichen Informanten Beispiele w i e : (9)
Der Wunsch ist dem Mandanten nicht verwehrbar.
(10)
Solche Gegenstände sind den Touristen leicht entwendbar.
weniger akzeptabel, wenn auch nicht ausgeschlossen. Die Informanten berichten aber auch, daß sie £ar-Adjektive mit Dativ-Phrasen häufig "künstlich" finden. Welche Konsequenzen hätten diese Befunde, die im Einzelnen allerdings noch weiter untersucht werden müssen? Würden sie es nahelegen, den Vererbungsmechanismus zu restringieren oder ihn ganz neu zu überdenken? Bevor wir eine Antwort versuchen, erwähnen wir noch einen verwandten, wenn auch zum Teil anders gelagerten F a l l , nämlich den auf der S. 63 beobachteten Kontrast (100-101) vs. (103-104). (Hier müssen wir korrigierend hinzufügen, daß auch die "obwohl"Beispiele in (100-101) nicht als besonders gut bewertet werden.) Diese Ungleichmäßigkeit hinsichtlich der Fähigkeit, verschiedene Argumenttypen zu vererben, steht mit (6) ebenfalls nicht im Einklang. In Carlson & Roeper (*1980), einer der frühesten Untersuchungen, in denen Vererbung als theoretischer Begriff auftritt, wird darauf hingewiesen, daß die Bildung komplexer Wörter, etwa durch Präfi gierung, abgeleitete Argumentstrukturen ergibt, deren Komplexität typischerweise über die Komplexität von Argumentrahmen transitiver bzw. intransitiver Verben nicht hinausgeht. Sie haben daher eine Markiertheitskonvention aufgestellt, derzufolge Wortbildungsregeln nur unmarkierte Argumentstrukturen erzeugen können. ( A l s unmarkiert werden dabei intransitive und transitive Verben betrachtet.) Durch diesen Ansatz wäre möglicherweise der unsichere Status der Dative erfaßt, wenn auch in einer "weichen", für die Markiertheitslösungen typischen Weise. Die Voraussetzung bildet dabei die Annahme, daß ein prototypisches Adjektiv, also der unmarkierte Repräsentant der Klasse Adjektiv, einstellig ist.
95
1.3 Zum Status der Affixe. - Wir haben bisher einige Fragen der Argumentvererbung diskutiert, vor allem die Definition dieses Prozesses als -Vererbung, weiter die Frage der Vererbung indirekter Objekte und der N a t ü r l i c h k e i t dieses Vererbungstyps. Im Kontext der Vererbungstheorie sollte auch eine weitere Stelle aufgegriffen werden, nämlich die S. 63f. relativ kurz diskutierte Regelung der "Wahl zwischen zwei Vererbungskandidaten", also im wesentlichen jener Vererbungstyp, bei dem ein transitives Verb eine Zielstruktur mit einer Position zur Verfügung hat. Wir haben hier eigens ein Prinzip aufgestellt, nämlich (104), das in einer solchen Situation disambiguierend wirken sollte. Das Prinzip und die anschließende Diskussion leiden zum einen daran, daß hier plötzlich syntaktische Begriffe "Subjekt" und "Objekt" auftauchen (S. 64), zum anderen wird von der Analyse der £>or-Adjektive ausgehend die Anwendbarkeit des Prinzips (104) für alle Derivationen von transitiven Verben impliziert. Zum letzten Punkt wandte Booij (*1985: 268f.) richtig ein, daß es alleine im adjektivischen Bereich Ableitungstypen gibt, bei denen das externe Argument eines transitiven Verbs vererbt wird. Beispiele dafür wählte er aus dem Holländischen, deutsche Analoga lassen sich aber auch anführen: durchlässig, bissig, Zwar scheinen die "aktivischen" ^-Adjektive nicht so produktiv zu sein wie iar-Adjektive, doch illustriert das Beispiel einen zumindest denkbaren Sachverhalt. Das Problem, das hier auftaucht, läßt sich u . E . im Rahmen des in der Wortsyntax vertretenen Ansatzes bei seiner konsequenten Anwendung gut lösen. Einer der Ausgangspunkte ist die Angleichung der Affixe an das sonst übliche Format für lexikalische Kategorien. Eine volle Anwendung dieser Sichtweise verlangt die Angleichung hinsichtlich aller Kategorien, durch die eine lexikalische Klasse charakterisiert ist. Wir können daher annehmen, daß, wenn bar ein gebundenes Adjektiv ist, seine syntaktischen Eigenschaften auch die eines Adjektivs sind. Der Argumenttypologie von W i l l i a m s folgend, werden wir dann annehmen, daß Adjektive im unmarkierten Fall ein internes Argument haben. Weiter nehmen wir an, daß -bar zwar eine Argumentstruktur ( d . h . Argumentpositionen) hat -wie alle Vertreter der Kategorie Adjektiv-, diese aber hinsichtlich des thematischen Gehalts unspezifiziert ist. Dies besagt im Prinzip nichts anderes, als daß durch bar-Suffi gierung die Argumentstruktur (etwa im Gegensatz zu Kausativsuffixen) nicht "erweitert" wird. Ersetzen wir dann (104) durch das folgende Prinzip: (11) Prinzip der Kompatibilität von Argumenttypen Bei Argumentvererbung wird der Argumenttyp eingehalten, (wobei unter Typ "extern/intern" verstanden wird; vgl. Toman (*1986c: 372)).
96
Es folgt dann, daß das bor-Suffix nur ein Argument "durchläßt", und zwar das interne. (Eine weitere Einschränkung muß allerdings interne Argumente ergativer Verben ausschließen.) Das Suffix -ig, genauer gesagt, seine "aktivische" Variante, müßte demnach als ein Adjektiv klassifiziert werden, das durch die Stelle eines externen Arguments charakterisiert ist. Dies wäre zwar markiert, aber letztendlich mit der eingeschränkten Produktivität der i^-Ableitungen im E i n k l a n g . Weitere Untersuchungen sind nötig, doch schon jetzt läßt sich sagen, daß das Prinzip (11) durch die Vererbungsweise von Argumenten in Verbkomplexen mit periphrastischen Verben eine Bestätigung findet ( v g l . Toman (*1986c) für eine ausführlichere Diskussion). Der Fall ist jedenfalls wichtig, insofern er wiederholt auf die nicht-exzeptionelle Natur der Affixe auf der wortsyntaktischen Ebene hinweist. 1.4 Zu empirischen Problemen. - Als letzter Punkt sei hier ein Problem empirischer Natur erwähnt, n ä m l i c h die Bemerkung von Motsch, der kritisch einwendet, daß for-Bildungen von Empfindungsverben ("psych-verbs") "von vielen deutschen Sprechern als normal anerkannt [werden]" (Motsch S1985: 503). Es handelt sich um Fälle wie: (12) (13)
Junge Menschen sind leicht verbitterbar, Er ist durch nichts enttäuschbar.
(14) Wer ist heute noch durch etwas überraschbar. (Beispiele (20-22), Wortsyntax S. 70, durch Motsch adaptiert.) Wenn diese Beurteilungen stimmen wurden, wäre die Vererbung interner Argumente bei £or-Adjektiven ganz unrestringiert. Die S.71-73 diskutierte Unterscheidung "agentiv" vs. "nicht-agentiv" würde dann keine besondere Rolle spielen. Theoretisch gesehen ergäbe sich dadurch keine große Komplikation, im Gegenteil. Das Problem besteht allerdings darin, daß wir die von Motsch berichteten Urteile nicht replizieren konnten. Informanten bezeichnen weiterhin bor-Adjektive von dieser Verbklasse als ungewöhnlich. (Dabei wurden im übrigen viel mehr Verben getestet als in (12-14).) Sie haben auch ein klares differentielles Urteil hinsichtlich des Typs faszinierbar (Empfindungsverb) und des Typs zerlegbar (agentives Verb). Insofern bleibt auf der theoretischen Ebene ein gewisses Problem, denn die Frage berührt nicht nur die deskriptiv adäquate Angabe über die Distribution des Suffixes -bar, sondern auch den Status des hier relevanten Einschränkungstyps.
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2. Zu anderen
Vererbungssystemen
Eine der ersten Annäherungen an einen Mechanismus, der die Vererbung von morphologischen Merkmalen innerhalb komplexer Wörter repräsentieren sollte, ist in den Arbeiten von R.Lieber enthalten, vor allem in ihrem AufsatzArgument Linking and Compounds in English (Lieber * 1983), der seinerseits auf Lieber (1980) basiert. Der Grundgedanke von Liebers Vererbungstheorie läSt sich durch die folgende Folge von Strukturen illustrieren, die nach Lieber (*1983: 254) die Generierung eines Kompositums darstellt: (15)
a.
unetikettierte binäre Verzweigung
b.
Morphemeinsetzung
[ branch].. [ brown] .
Etikettierung von nicht-verzweigenden Knoten (nach Konvention I, s.unten)
c.
I
I
[branch] Jibrowri].
d.
Etikettierung von verzweigenden Knoten (nach Konvention IV, s.unten)
A
N
l
A
l
[branch] Ji.browri\ .
(Die Pfeile symbolisieren die Vererbung von Merkmalen.) Der Kern des Systems besteht in vier "Feature Percolation Conventions" (Lieber »1983: 252f.): Convention I: All features of a stem morpheme, including category features, percolate to the first non-branching node dominating that morpheme.
[[standard] ,
ise],,
Bei dieser Konvention wird also angenommen, daß die Vererbung einen Unterschied zwischen Stämmen und Nicht-Stämmen machen kann und daß die Stämme, d.h. "echte" lexikalische Elemente, im Stande sind, nach der Einsetzung in die terminalen
98
Positionen einen Knoten gewissermaßen "auszubuchstabieren". Hinsichtlich letzterer Fähigkeit sollen sie sich von Affixen unterscheiden, die dies nicht können, und für die eine weitere Konvention g i l t : Convention II: All features of an affix morpheme, including category features, percolate to the first branching node dominating that morpheme .
N
[[standard].,
ize],.
Diese Konvention unterscheidet sich von der Konvention I insofern, als sie für die Etikettierung nur von verzweigenden Knoten zuständig ist. I n t u i t i v gesehen möchte man meinen, daß beide Konventionen das gleiche bewirken: beide bestimmen Eigenschaften von Knoten, die das jeweils eingesetzte Material dominieren, während sich die Unterschiede zwischen ihnen aus der Unterscheidung zwischen Stämmen und Affixen ergeben. Bei der Konvention III handelt es sich im wesentlichen um einen Mechanismus, der "Restfälle" abdeckt: Convention III: If a branching node fails to obtain features by Convention II, features from the next lowest labeled node automatically percolate up to the unlabeled branching node. V-*·-..
-v [counter
[attack],,],,
Zu vermerken wäre, daß Morpheme ohne kategoriale Spezifizierung vorkommen dürfen -counter hat keine kategorialen Merkmale-, was als eine empirisch begründete Annahme erscheint. Konvention IV soll schließlich Vererbung in jenen Fällen regeln, in denen beide Schwestern lexikalisch sind: Convention IV: If two stems are sisters (i.e. they form a compound), features from the right hand stem percolate up to the branching node dominating the stems.
( V g l . (15d).) - Auch hier würde man i n t u i t i v meinen, daß diese Konvention das gleiche bewirkt wie die Konvention I I I , nämlich Etikettierung des verzweigenden Knotens, lediglich mit dem Unterschied, daß die rechte Schwester Vorrang vor der l i n k e n hat. Konvention IV soll im übrigen einzelsprach!ich sein, während für die ersten drei Konventionen übereinzelsprachliche Gültigkeit postuliert wird. ( M i t einzelsprachlich ist hier offensichtlich die Festlegung der Konventionen hinsichtlich "right hand" und "left hand" gemeint.)
99
Es ist nicht leicht, diese Konventionen auf Redundanz und gegenseitige Interaktion zu bewerten. 1 Im Prinzip werden hier vier Umgebungen beschrieben, in denen immer das gleiche geschieht, nämlich Vererbung von Merkmalen an höhere Knoten. Was ins Auge f ä l l t , ist die Unterscheidung zwischen Stämmen und Affixen, die Abwesenheit der Head-Kategorie und der "aufbauende" Charakter des ganzen Verfahrens. Bereits durch den letzten Punkt wird der formale Vergleich mit Systemen, die auf Ersetzungsregeln basieren, nicht einfach. Dieser "aufbauende" Charakter stellt auch insofern eine Verkomplizierung der Grammatik dar, als er zunächst nur den Bereich der Wortstruktur charakterisiert, obwohl Lieber im P r i n z i p die Einbettung der Vererbungskonventionen in einen h i n s i c h t l i c h der Wortbildung unspezifischen Modul vorsieht. Innerhalb unseres Ansatzes würde man sich wünschen, daß das Aufbauverfahren, wenn es zugrunde gelegt ist, auch für den ganzen Bereich der Phrasenarchitektur g i l t , also ebenfalls für maximale Projektionen. Ungeachtet der Bewertungsschwierigkeiten, die Liebers Modell mit sich bringt, stellt es einen wichtigen Beitrag zur Theorie der Wortstruktur dar. Es wird hier u.a. der Tatsache Rechnung getragen, daß Perkolation (Vererbung) sowohl von l i n k e n als auch von rechten Zweigen erfolgen kann. Die zuletzt erwähnte Eigenschaft wird auch in der im Vergleich mit Lieber einfacher formulierten Definition der Vererbung bei Selkirk berücksichtigt: Percolation a. If a head has a feature specification [otF,] , ctfu, its mother node must be specified [oF.], and vice versa. b. If a nonhead has a feature specification [ßF.], and the head has the feature specification [ßF.], then the mother node must have the feature specification [ßF.]. Selkirk (*1982: 76)
(u = unmarked (im Sinne "nicht spezifiziert")) Laut dieser Definition ist Vererbung eigentlich als Wohlgeformtheitsbedingung hinsichtlich dominierender und dominierter Knoten in der Wortstruktur zu verstehen. Selkirk benutzt bei graphischer Darstellung zwar Pfeile, die Definii
Hinsichtlich ihrer Interaktion scheint es, daß zwischen I und II keine besondere Beziehung besteht, sie können simultan angewendet werden. Konvention III scheint bezüglich I natürlich geordnet zu sein, denn sie regelt nur die Perkolation von nicht-verzweigenden Knoten. Allerdings leitet sich diese natürliche Beziehung von der sehr speziellen Annahme her, die bei der Anwendung der Konvention I gilt: laut I muß die Vererbung am ersten nicht-verzweigenden Knoten aufhören; für die Weitervererbung an verzweigende Knoten sind dann weitere Konventionen zuständig. Intuitiv gesehen bewirkt III dasselbe wie I, der einzige Unterschied besteht darin, daß es sich um einen "Restfall" handelt.
100
tion ist aber hinsichtlich des faktischen Transfers von Merkmalen neutral. Wenn man Perkolation tatsächlich als "feature matchning" faßt, könnten sich geringfügige Unterschiede in empirischen Vorhersagen ergeben: die Variante mit "feature matching" besagt, daß ein Merkmal F zugleich mehrere Positionen auszeichnen kann, so daß ein Prozeß, der sich auf dieses Merkmal bezieht, sich im Prinzip auf alle Vorkommen dieses Merkmals beziehen dürfte. Es wird wahrscheinlich schwer sein, empirische Unterschiede zu finden, die eine Entscheidung zwischen "feature matching" und der faktischen Perkolation, also dem Verschieben des Merkmals von einer bestimmten Position in eine andere, herbeiführten. Wir werden diese D . E . unerheblichen Unterschiede weiter nicht berücksichtigen. Intuitiv betrachtet ist Selkirks D e f i n i t i o n insofern interessant, als sie der Hauptprojektionslinie Vorrang gibt und die Vererbung vom l i n k e n Zweig als " A u f f ü l l u n g " der unspezifizierten Merkmalwerte auf der Hauptprojektionslinie konzipiert. Ein Vergleich mit Liebers Konzeption ist nicht ohne weiteres mögl i c h , weil bei Selkirk zum einen der Head-Begriff, zum anderen die Angeleichung der Affixe an das sonstige lexikalische Material vorausgesetzt werden (siehe Selkirk (*1982: 64)). Affixe können daher nicht von verzweigenden Knoten direkt dominiert werden. Der Vergleich mit dem Verfahren in der Worteyntax ist dagegen leichter. Wir gehen ebenfalls davon aus, daß Vererbung von linken Zweigen in der Verschiebung von Merkmalen "an eine Position, die für diese Merkmale nicht positiv spezifiziert wurde" (S. 57), besteht. 3.
Offene Fragen Zu den wichtigsten Aufgaben der grammatischen Theorie gehören sicher Fragen der Argumentstruktur und ihrer Realisierung. Um die obige Diskussion der Vererbung unter einer anderen Perspektive fortzusetzen, erinnern wir daran, daß in dieser Domäne das folgende Prinzip vorgeschlagen wurde: Representations at each syntactic level (i.e., LF, and D- and Sstructure) are projected from the lexicon, in that they observe the subcategorization properties of lexical items.
Chomsky (1981: 29) Eine der vorrangingen Fragen, die hier zu beantworten wäre, ist die nach der Geltung dieses Prinzips, das gewöhnlich als das "Projektionsprinzip" bezeichnet wird, in der Wortsyntax. Um die Bedeutung dieser Frage zu verdeutlichen, gehen wir zunächst von der folgenden Arbeitshypothese aus:
101
(18)
Erhaltung der Argumentstruktur Der0-Gehalt eines Argumentrahmens eines Morphem(komplexes) bleibt konstant. Konstant bezieht sich hier auf die Tatsache, daß der Gehalt von Argumentstellen nicht frei geändert bzw. eliminiert werden kann. Es handelt sich somit um eine Maxime, die die Erhaltung der Argumente vorschreibt, aber nichts über die Form ihrer syntaktischen Realisierung besagt. Daß (18) plausibel ist, legen Beispiele vom bekannten Typ nahe: (19) a. Sie
können die Leitung
reparieren.
b. Die Leitung^ sie, J r Thema ist (für Agens ) reparierbar, (20) a. Die Juru, verleiht dem Dichter^ . einen Preis , ^Agens Rezip. Thema b. die Verleihung des Preises^. an den Dichter^ . ^ Thema Rezip. (durch die Jury, ^Agens )
Hier bleibt trotz unterschiedlicher syntaktischer Realisierung die Argumentstruktur der Verben erhalten. Wie ebenfalls bekannt ist, kann für den wortsyntaktischen Bereich das folgende P r i n z i p nicht gelten: (21)
Die thematische Struktur muß syntaktisch repräsentiert werden.
Daß (21) im satzsyntaktischen Bereich, nicht aber im Bereich der Wortbildung (wobei wir hier aus expositori sehen Gründen von der Problematik der E l l i p s e absehen) g i l t , verdeutlichen Beispiele der Art (22) und (23): (22) a. Karl beanstandet die hohen Kosten. b.*Karl beanstandet. (23)
Die Beanstandungen sind zwecklos.
Insofern (21) als eine Variante des Projektionsprinzips anzusehen ist, besteht die Möglichkeit, daß wir es im Fall des Projektionsprinzips mit einem P r i n z i p zu tun haben, das lediglich auf der Ebene der Satzsyntax gültig ist, oder mit einem P r i n z i p , das hinsichtlich der Ebene unspezifiziert und in der Wortsyntax in begründeten Fällen unwirksam ist. Im letzteren Fall könnte die Lösung darin bestehen, daß die Realisierung der Argumente in der satzsyntaktischen Struktur ( v g l . ( 2 2 a , b ) ) dadurch erzwungen wird, daß der Mechanismus der Kasusmarkierung im Sinne von Chomsky (1981) auf dieser Ebene obligatorisch ist, nicht aber auf der Ebene der Wortsyntax. Dieser Ansatz würde bedeuten, daß die fakultative Natur der Argumentrealisierung nicht a l l e i n auf der Ebene der Wortstruktur erklärt werden kann, sondern erst im Zusammenhang mit Prinzipien erfolgt, die für die Wortsyntax nicht spezifisch sind.
102
Eine alternative Lösungsmöglichkeit dürfte allerdings darin bestehen, daß ein anderer Mechanismus uminterpretiert bzw. konsequenter interpretiert wird, nämlich der bereits diskutierte Vererbungsmechanismus, oder daß zumindest seine Beziehung zum Projektionsprinzip expliziert wird. Man vergegenwärtige sich in diesem Zusammenhang den Gedanken, daß der HauptprojektionsTinie ein Sonderstatus zukommt. Welche Merkmale auch immer die Knoten charakterisieren, die diese Linie konstituieren, sie müssen auch die Maximalprojektion charakterisieren. Hier wird durch Stipulierung festgelegt, daß lexikalische Eigenschaften einer Teilstruktur des Baums sichtbar gemacht werden müssen, ein Gedanke der dem Projektionsprinzip nahe steht. Für die Interpretation gewisser Strukturen hat dies weitgehende Folgen. So sehen w i r , daß etwa in der Verbal phrase das Verb seine lexikalischen Eigenschaften realisieren muß, da es sich auf der Hauptprojekt i o n s l i n i e befindet. Unter anderem, so würden wir folgern, muß es seine thematische Struktur realisieren, indem es (etwa bei einem transitiven Verb) seine Schwester -markiert und die Rolle des externen Arguments an die gesamte Verbalphrase vererbt. In der Wortsyntax bedeutet dies u . a . , daß ein Verb, das sich in der Nicht-Head-Position befindet, seine -Struktur nicht projizieren muß. Dies scheint uns eine richtige Vorhersage zu sein, denn wir beobachteten eben, daß die Argumentstruktur in einer Nominalisiereung syntaktisch nicht realisiert werden muß, vgl. ( 2 3 ) . Bei der Zugrundelegung folgender Phrasenstruktur ist genau dies zu erwarten: (24)
N° V° Beanstand
N° ung
Diese Struktur verlangt lediglich, daß die lexikalischen Eigenschaften des Suffixes realisiert werden. Dieser Gedanke wird jetzt in gleicher Form in Sproat (S1985) vertreten. Sproat schlägt im einzelnen die folgende Zusatzbedingung zu Chomskys Projektionsprinzip vor: (25)
Constraint on the Projection Principle The Projection Principle applies to a. in a structure [ g ... a ...] where £ directly dominates a_, and £ is of the same category as a_.
Sproat (*1985: 189) Sproat folgert auch, daß das Projektionsprinzip für lexikalische Elemente in gewissen strukturellen Positionen eines wortsyntaktischen Baums nicht anwendbar ist. Dies scheint richtig zu sein, offen bleibt aber, ob seine
103
Zusatzbedingung zum Projektionsprinzip bei gleichzeitiger Zugrundelegung des Perkolationsprinzips nicht redundant ist.Intuitiv betrachtet scheint dies eigentlich der Fall zu sein. Wir werden die Frage des Projektionsprinzips, seiner Geltung im wortsyntaktischen Bereich wie auch seine Beziehung zur Vererbung im Rahmen dieses "post scriptum" nicht lösen können. Wir hoffen aber, daß das Problem deutlich macht, daß die Untersuchung der Wortstruktur von gesamtgrammatischen Überlegungen nicht trennbar ist. Dies war bei a l l e n Inkonsequenzen auch der Ansatz der Wortsyntax. Ob gewisse Prinzipien der Wortstruktur tatsächlich autonom sind, ist natürlich eine empirische Frage. Die künftige Forschung wird sich daher auch weiterhin mit der Frage beschäftigen, welche bereits formulierten oder neu zu formulierenden Prinzipien der VJortsyntax als im strengen Sinne autonome P r i n z i p i e n anzusehen s i n d , und welche sich als nicht autonome, d . h . aus allgemeineren, von der Wortbildung unabhängig benötigten P r i n z i p i e n ableiten lassen. Man kann aber schon jetzt erwarten, daß weit mehr Wortbildungsp r i n z i p i e n durch Prinzipien allgemeinerer Natur erklärt werden können als bisher angenommen. Wie aus dem bisher gesagten hervorgeht, müssen Aufschlüsse über relativ abstrakte Prinzipien der Grammatik und ihre Organisation gewonnen werden. Dies hat methodische Konsequenzen, denn einfache Entdeckungsprozeduren für solch abstrakte Prinzipien gibt es nicht. Das Schwergewicht künftiger Untersuchung wird daher auch weiterhin auf der B i l d u n g von Hypothesen deduktiven Charakters liegen müssen, und auf der Ausarbeitung und Überprüfung ihrer Implikationen für den Gesamtbereich der Grammatik. Die Voraussetzungen für diese Arbeit scheinen uns günstig zu sein. Zum einen liegt eine umfangreiche, datenorientierte Literatur vor, zum anderen wurden Theorien formuliert, die trotz all der Schwierigkeiten, die sich beim gegenseitigen Vergleich und bei ihrer Bewertung immer wieder einstellen, einen gemeinsamen Ursprung und vergleichbare Zielsetzungen zeigen. Dieser Umstand hat nicht zuletzt auch die Grundlage für die Überlegungen im vorliegenden "post scriptum" gebildet. Ohne diesen Konsens wäre die Diskussion in dieser Form kaum möglich gewesen. 1
Der Verfasser ist Brigitte Asbach-Schnitker für zahlreiche stilistische Verbesserungen im Manuskript dieses Nachtrags zu Dank verpflichtet.
WORT-INDIZES 1
Verben abhängen 55 abhören 85 absägen 72, 73 anfangen 3 anrufen 3 arbeiten 3 beanstanden 101 bedeuten 73 begeistern 72, 84 beginnen l5 bekommen 34 belustigen 84 bemerken 71 bemühen 72 beobachten 61 beschleunigen 64 beschuldigen 27 beseitigen 75 bestuhlen 53 besuchen 52, 86 bilden 73 borgen 34 bringen 34 danken 14 drehbohren 53 empfinden 71 empören 84 entkernen 53 enttäuschen 70, 72 erkennen 71, 72, 73 erledigen 75 erneuern 75 erraten 11 erweitern 75 erzielen 72 essen 77
faszinieren 72, 73, 84 fürchten 14 gedenken
25, 70
/zauen 52 fceZ.fen 70 TzoZen 34 jag-en
14
kontrollieren 72, 73 kritisieren 87 leihen 34 liegenlassen 53 Zoten 14, 15, 86 messen 56, 73 nachreisen 70 nehmen 34 nötigen 27 ordnen 7 5 postieren 78 reparieren 64, 101 reduzieren 27 schlafen 70 schneiden 73 schreien 26 stellen 78 stören 73 testen 77 trocknen 75 tun 72 überfliegen 85 überraschen 70, 72, 84
*uranfangen 32 uraufführen 33 *urac7-£eren 33 *urbedeuten 32 *ursündigen 32 üerbessem 75 verbittern 70, 72 verblüffen 84 verheimlichen 75 verleihen 54, 101 verlieren 82 verraten 86 verschwinden 26 verstehen 54 versuchen 72 verteidigen 75 verueeTzse Z·« 15 verwirklichen 75 verwundern 84 warten 70 werfen 78
In die Indizes wurden nur solche Formen aufgenommen, die im gegebenen Argumentationszusammenhang relevant sind. So exzerpieren wir beispielsweise sichtbar aus dem Beispiel (111), S. 8O, nicht aber strafbar aus dem Beispiel (69), S. 28.
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Nomi na en-Nominalisierungen Abhören 82, 85 *Begeistern 84 *Bilden 84 Einfliegen 82 *Emporragen 84 *Enden 84 Entfernen 82 Erzählen 8, 23 Essen 7, 32 Fliegenlassen 62 Gedenken 8, 25 Gekränktsein 62 Herumgammeln 25 Kommen 18 Kritisieren 86 Loben 86 Mi t-den-Wölfen-Heu Heulen-MUssen 82 /i teinander-SprechenWollen 82 *Reichen 84 Schreiben 1 Schreien 26 Schwimmen 13, 23 Sich-auf-GeschenkeFreuen 82 Sich-in-EinzeIheitenVerlieren 82 Sinken 18 Ticken 85 Trinken 7 Tropfen 85 Überfliegen 85 *Uberraschen 84 7erscfojinden 26 *Zusammenhängen 84 -Nominalisierungen *Anfangung 4, 31 *Anrufung 4, 31 *Arbeitung 4 Aushändigung 34 * Badung 31 Beanstandung 101, 102 *Bekormung 34 Beschreibung 61 Beobachtung 61 Beschleunigung 64 Beschuldigung 27, 28 Bewegung 27 * Beweisung 31
* Borgung 34 '^Sring-utti? 34 * Dauerung 31 Durchsuchung 8 Empfehlung 27 Entleihung 34 * Erlebung 31 * Essung 31 * Holung 34 *Leihung 34 Luftverschmutzung 74 ~*Nehmung 34 Nötigung 28 -Prüfung 23 Rettung 50, 51 Überreichung 34 Überweisung 34 Untersuchung 13 Urbedeutung 33 Verleihung 34, 35, 101 f/asseryersc/zmMtzuntf 74 Veitentstehung 24 Widmung 22 , 23 23
Heizer 75 t7aad 13, 14 Kritik 86 Lehrer 50 Lob 14, 52, 86 Löschgerät 61 Papierkorb 3 Redner 63 Schreiber 63 Tat 13 Uranfang 33 UrSünde 33 Verfasser 63 Verhandlungsweise 62 Verkäufer 63 ^erfeäu/eröTien 63 Verrat 86 Versuch 26 Foriereitunaszeit 61 Wächter 75 Warteraum 61 Wartezeit 61 hfer-zjar-es-Frage 47 Zusage 22, 23
Andere Nomina mit verbalen Elementen Anfang 3, 32 Anru/ 3, 32 Arbeit 3 Austauschobjekt 61 Sad 32 Beginn l 5 Beobachtung s türm 6 1 Beschleunigungsapparatur 11 Beschleunigungsgrad 11, 62, 64 Besuch 52, 86 Beweis 32 Bohrer 8 Briefeschreiber 63 Dank 14 Dauer 32 Diktiergerät 61 Erlebnis 32 Fahndung sfilm 61 Fraae 47 Furcht 14 Gewöhnungszeit 61 52 22, 23, 60
Sonstige Nomina Aktion 62 ßor 52 Bärchen 56 Blut-Hirn-Schranke 50 Eltern 64 Elternschaft 65 (dasj Entweder-Oder 32 Fanatiker 74 Grad 62 Häckchen 74 Häuschen 52 Hochwasseralarm 45,46, 48 #o£z 43 Holztisch 43, 48 Kind 64 Muskel-für-MuskelMethode 47 Mutter 64 Mutterschaft 65 Ort 62 Sahne ller-BrüterTechnologie 48 Statwe 23 Theorie 23, 27 Tinte 3 43
fleizer
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Vater 64 Vaterschaft 64 Verwandtschaft 65 Weise 62 Wer-war-es-Frage 47 Zeit 62 Heilbarkeit 79 Leichtigkeit 15 Meßbarkeit 56, 57 Nachweisbarkeit 79 Teilbarkeit 79 Verwendbarkeit 79
Adjektive ior-Adjektive abdämmbar 76 abgrenzbar 77 ableckbar 76 ableitbar 77 abwürgbar 76 aufladbar 76 beheizbar 69 bemerkbar 11 beschreibbar 61 *beseitigbar 73 *bierbar 67 bildbar 73 *blaubar 67 dätmbar 76 dankbar l * dauerbar 69 darstellbar 64 dehnbar 70 deklinierbar 70 dienstbar 66, 67, 69 einsparbar 76 eintätowierbar 67 empfindbar 7l *enttäusohbar 70, 96 entzifferbar 71 entüendbar 78, 94 erkennbar 71 * erledigbar 75 erneuerbar 75 erratbar 71 ersetzbar 78 ersparbar 76 erweiterbar 75 erwürgbar 76 ä ei>j3i>or 67 erzieIbar 11
74, 77 *faszinierbar 71, 96 fegbar 76 feststellbar 69 fühlbar 71 galvanisierbar 70 *gedenkbar 70 *g eidbar 67 gerinnbar 69 glän(t)zbar 69 haftbar 69 heilbar 75, 80, 85 heizbar 51, 75 *helfbar 70 hörbar 75 *kleinbar 67 kniebar 69 konsumierbar 69 kontrollierbar 66 ladbar 76 lautbar 66 leakbar 76 *legbar 78 lieferbar 71, 75 lösbar 66 mahlbar 67 meidbar 76 meßbar 57, 73 mischbar 67 nachprüfbar 71 nachvollziehbar 71, 80 nachweisbar 66,71, 78, 79, 94 offenbar 66 *postierbar 78 räumbar 75 registrierbar 71 reparierbar 10, 64, 80, 85, 101 rückzahlbar 69 salzbar 76 *8chlafbar 33, 70 sehne Izbar 70 *scfto'n£Or 67 sichtbar 80 sonderbar 7 spaltbar 70, 75 sparbar 76 *sprectoar 33 spürbar 75 *stellbar 78 steuerbar 75 stör&ar 73 süßbar 76 testiar 77 trennbar 75
74 überprüfbar 77 * überraschbar 70, 96 überführbar 79 Mmscftaitfcar 78 unvollstellbar 80 verbesserbar 75 70, 96 78 vereinbar 78 vergleichbar 77
sonstige Adjektive ahnlich 79 bissig 95 fcZau 57 blau-ueiß-grün 50 fcöse 77 dauerhaft 69 *demokratig 30 demokratisch 30 deutsch-finnisch 50 durchläßig 95 *gesahlo8senheitslos 31 hessisch 30 hoffnungslos 31 "ironig 30 ironisch 30 kopflos 31 leicht 15 löslich 66 mißtrauisch 30 *nachgiebigkeitslos 31 neidisch 30 reibungslos 31 sicher 77 * sicherheitslos 31 *solidarig 30 solidarisch 30 sorglos 31 tiefgrün 66 *titanig 30 titanisch 30 unabhängig 55 ungeschlossen 31 unnachgiebig 31 unsicher 31 verkaufsoffen 66 verständlich 55 weiß-blau-grün 50 zufrieden 54 zweisam 7
107
INDEX DER NAMEN Aissen, Judith v A l l e n , Margaret (1978) 36, 41, 42 Aronoff, Mark (1976) 4, 6, 30, 31, Asbach-Schnitker, B r i g i t t e 103 Bach, Emmon (1968) 17 Barri, Nimrod (1975) 45 Beier, Dieter v Boase-Beier, Jean & Jindrich Toman Booij, Geert (*1985) 88, 89f., 92, Brekle, Herbert E. (1978) 2, 4, 6, Brogyanyi, Bel a (1980) 47; (*1984) Carlson, G. & Thomas Roeper (1981) Chomsky, Noam
36, 74
(*1985) 89 93, 95 14 88
;(1965) 20, 37, 55; (1970) vii, 3, 8, 9, 13, 14, 17, 19, 20,
44; (1972) 29f., 35, 38; (1976) 22; (1978) 3; (1980) 40, 59; (1981)5, 92, 94, 100, 101, 102; (*1986) 91 Dasgupta, Probai (1977) 53 D o k u l i l , Mi l os (1964) 30,, 37 Doroszewski, Witold 36 Downing, Pamela (1977) 3 Ebert, Hans Peter (1975) 15 Emonds, Joseph (1976) 8, 18, 44, 92 Erteschik-Shir, Nomi (1973) 62 Esau, Manfred (1973) 3, 18, 22, 25, 31, 34 Evers, Arnold (1975) 15, 53 Fanselow, Gisbert (1981) vi Fant, Gunnar s. R.Jakobson et a l . Farmer, Ann (1980) vi Fillmore, Charles (1968) 65 Fleischer, Wolfgang (1969) 53 Flury, Robert (1964) 5, 66, 67, 68, 69, 74, 75 Gel haus, Hermann (1977) 74, 75 George, Lei and v; — & J.Kornfilt (1978) 40 Greenberg, Joseph H. (1963) 49 Gruber, Jeffrey (1965) 65 Haider, Hubert (*1985) 92 Hale, Ken (1976) 2, 6 H a l l e , Morris (1973) 16; s. auch R.Jakobson et a l . Harris, Z e l l i g S. 44 Höhle, Tllman v, 62; (1978) 51, 58; (1982) vi, 51, 83 Hoekstra, Teun et a l . (1981) vi Hornstein, Norbert (1975) 44 Jackendoff, Ray S. (1972) 65; (1975) 20, 35, 36, 37, 38, 41; (1977) 3, 9, 24, 44f., 48
Jakobson, R . , G.Fant & M . H a l l e (1952) 39 Jeziorski, Jan & Roman Sadzinski (*1985) 88, 90 Kageyama, Taro (1982) vi Kean, Mary-Louise (1975) 47 K i m b a l l , John (1973) 16 Kolvenbach, Monika (1973) 25 Kornfilt, J a k l i n -o; s. auch L.George & Kornfilt Koster, Jan (1975) 49 Kühn, Thomas 9l Lakoff, George (1973) 31 Lees, Robert B. (1960) 34
108
Lieber, Rochelle (1980) vi, 55; (*1983) 97, 98, 99 Lötscher, Andreas (1976) 84, 85 Marchand, Hans (1969) 52 Mater, Erich (1970) 66 Mayr, Ernst (1949) 65 Moortgat, Michael et a l . (1981) vi Moravcsik, Edith (1978) 64 Motsch, Wolfgang (1979) 3, 4, 6, 7, 24; (1981) 41; («1985) 88, 96 Muysken, Pieter (1981) vi Newmeyer, Frederick J. (1976) 15 Olsen, Susan («1981) 88 P a u l , Hermann (1896) 3, 3l Paul, Waltraud v Peters, Stanley (1972) 20 R a n d a l l , Janet (im Druck) vi, 63; (1982) vi Reinhart, Tanya (1979) 40 Reis, Marga v, 63; (1973) 15; (1974) 3 Riemsdijk, Henk van 47; (1978) 40 Roeper, Thomas & M. Siegel (1978) 36, 46, 50, 53f.; s. auch Carlson & Roeper Ross, John Robert (1967) 22; (1973) 22, 29 Rozwadowski, Jan 36 Ruwet, Nicolas (1968) 18 Sadzinski, Roman s. J.Jeziorski & R.Sadzinski Scalise, Sergio (im Druck) vi; ( 5f 1984a,b) 88 Schmitthenner, Friedrich (1826) 14 Seiler, Hansjakob v; (1960) 45 Selkirk, Elisabeth 0. (im Druck) vi, 56; («1982) 99, 100 Siegel, Dorothy (1978) 29, 36 Siegel, M. s. T.Roeper & M.Siegel Sproat, Richard W. («1985) 102 Steinitz, Renate (1969) 78 Strothmann, F . W . (1935) 85 Thiersch, Craig L. v, 28; (1978) 49, 59 Toman, Jindrich (1975) 40; (1981a) 40s (1981b) 50; (*1985a) SS;(*1986a) 88; (*1986b) 90; (*1986c) 95, 96 Ullmer-Ehrich, Veronika (1977) 22 Wagner, Fritz (1977) 71 W e l l m a n n , Hans (1978) 68 W i l l i a m s , Edwin (1981a) vi, 43; (1981b) vi W o l f f , Susanne (»1985) 88 W u n d e r l i c h , Dieter (1971) 22 Wurzel, Wolfgang U l l r i c h (1970) 51 Zeh, Michaela (1980) 59
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