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German Pages 303 Year 2015
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 444
Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft Unter besonderer Berücksichtigung der Einflüsse der deutschen Gesamthandslehre und des Preußischen Allgemeinen Landrechts auf die Rechtsgemeinschaften des Bürgerlichen Gesetzbuches
Von
Christopher Schmidt
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOPHER SCHMIDT
Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 444
Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft Unter besonderer Berücksichtigung der Einflüsse der deutschen Gesamthandslehre und des Preußischen Allgemeinen Landrechts auf die Rechtsgemeinschaften des Bürgerlichen Gesetzbuches
Von
Christopher Schmidt
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.
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„Was uns obliegt, ist nicht die Lust des Lebens, auch nicht einmal die Liebe, die wirkliche, sondern lediglich die Pflicht …“ Theodor Fontane: Der Stechlin
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 2014/2015 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen worden. Das Manuskript wurde im Januar 2014 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis September 2014 berücksichtigt werden. Den Anstoß für die vorgelegte Untersuchung empfing der Verfasser durch seinen Doktorvater Herrn Prof. Dr. Hanns Prütting mit der Anregung, die Grundbuchfähigkeit der Erbengemeinschaft unter Berücksichtigung des § 47 Abs. 2 GBO zu untersuchen, wofür ihm ebenso erheblicher Dank geschuldet ist wie für die Einräumung großzügiger Freiräume im Rahmen der Anstellung des Verfassers am Institut für Verfahrensrecht der Universität zu Köln. Dies hat eine zügige Erstellung des Manuskripts überhaupt erst ermöglicht. In diesem Zusammenhang gebührt auch Frau Prof. Dr. Barbara Grunewald ausdrücklicher Dank für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. In Ansehung der ursprünglich angeregten Thematik ist die vorgelegte Untersuchung dem Verfasser bei der Bearbeitung ersichtlich unter der Hand gewachsen, zeigte sich doch bald, dass die Beurteilung der Grundbuchfähigkeit der Erbengemeinschaft letzten Endes weitaus umfangreichere Vorarbeiten nicht nur hinsichtlich der Frage nach der Rechtssubjektivität der Erbengemeinschaft erforderte, sondern vielmehr noch hinsichtlich der Frage nach der dogmatischen Grundlage der Gesamthand überhaupt. In Ansehung dessen hofft der Verfasser einige in der vorgelegten Arbeit angebrachte Hinweise auf die inhaltliche Beschränkung der Untersuchung gegenüber dem Leser entschuldigen zu können. Nur so war ein weiteres Anschwellen der Ausführungen sowie eine weitere Verlagerung des Untersuchungsschwerpunkts zu vermeiden. Die in der Untersuchung gewählte Herangehensweise ebenso wie die hier vertretene Auffassung haben es im Übrigen erforderlich gemacht, in einem nicht unerheblichen Umfang namhaften Juristen zu widersprechen sowie mehr als einem Jahrhundert ständiger Rechtsprechung. Sollte es für entsprechende Angriffe über den wissenschaftlichen Diskurs hinaus einer besonderen Rechtfertigung bedürfen, so weiß sie der Verfasser nur in den Worten Lessings zu finden: „Wir widerlegen immer die am liebsten, aus denen wir das meiste lernen. Aus einem kleinen Stolze, meine ich, dass wir doch etwas besser wissen als sie.“ Sofern man letztlich mit Blick auf den heutigen (Still-)Stand der Diskussion hinsichtlich der Dogmatik der Gesamthand sowie der Erbengemeinschaft in Sonderheit den praktischen Wert der nachfolgenden Ausführungen anzweifeln will, so mag dem mit Otto von Gierke entgegengehalten werden, dass „nur Kleinmut den Kampf für höhere Güter [aufgibt], weil eine
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Vorwort
Schlacht verloren ging oder weil die Hoffnung dies Sieges nur in weiter Ferne winkt.“ Sollten die vorgelegten Gedanken zum Gesamthandsprinzip und zur Beurteilung der Erbengemeinschaft im Speziellen der Diskussion einen neuen Blickwinkel verleihen und auch nur vereinzelt zu einer kritischen Hinterfragung der herrschenden Anschauung anregen, so ist das Ziel nicht etwa in weite Ferne gerückt, sondern im Gegenteil erreicht. Hierüber wird bescheidentlich das Urteil der Leserschaft erwartet. Köln, den 18. Januar 2015
Christopher Schmidt
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Problemstellung und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Teil 1 Historische Entwicklung der Gesamthandslehre
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§ 2 Von der Gesamthand als Trägerin von Rechten und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A. Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. Die Gesamthand als Rechtssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Die ,mystische Person‘ nach Hasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Anhänger der Lehre Hasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Modifikationen der Theorie von der mystischen Person . . . . . . . . . . . . 27 2. Die ersten Ansätze einer Genossenschaftslehre durch Beseler . . . . . . . . . . 28 a) Ausgangspunkt: Die Vergabungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Weiterentwicklung: Die Genossenschaft im „Volksrecht und Juristenrecht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 c) Schärfere Abgrenzung der Gemeinschaftsformen: Deutsches Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Die Ausformulierung der Genossenschaftslehre durch Gierke . . . . . . . . . . 31 a) Die Wirkungen des personenrechtlichen Bandes bei der Gesamthand . 32 b) Gestaltung und Grundlagen der Rechtssubjektivität der Gesamthand . . 33 II. Abweichende Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Kritik am deutschen Gesamteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Kritische und divergierende Stimmen zur Genossenschaftslehre . . . . . . . . 36 a) Kritik an Beselers Volksrecht und Juristenrecht durch Thöl . . . . . . . . . 36 b) Die vermeintlichen Genossenschaften als bloße Modifikationen und Fortbildungen der societas nach der Theorie von Schmid . . . . . . . . . . . 37 c) Aufsplittung der genossenschaftlichen Verhältnisse unter societas und universitas durch Gerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Heusler: Die Gesamthand als Rechtsprinzip auf Grundlage der communio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
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Inhaltsverzeichnis B. Die Gesamthandslehre im Bürgerlichen Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Aus den Materialien zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Motive der Kommission zum ersten Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Das Verhältnis der Miterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 b) Das Gesellschaftsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 c) Die Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des BGB . . . . . . . . . . . 42 a) Zur Güter- und Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Beurteilung in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Theorie der geteilten Mitberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Dogmatische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Vorrangig bediente Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Dingliche Ausprägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Mitgliedschaftliche Ausprägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Die Aufgliederungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Die Theorie von Engländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Die Theorie von Larenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4. Theorie der Subjektsqualität der Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Die ausschließliche Rechtszuständigkeit der Gesamthand nach Kattausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Die Gemeinschaft nach August Saenger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 c) Die Unterscheidung von Rechtsperson und Rechtssubjekt durch Schönfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 d) Einheit von Rechtssubjekt und Rechtsobjekt nach Arwed Blomeyer . . 60 e) Die Gesamthand nach der Auffassung Buchdas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 f) Die relativ rechtsfähige Gesamthand nach Fabricius . . . . . . . . . . . . . . . 64 g) Betonung der Interdependenzen zwischen Rechts- und Verpflichtungsträgerschaft durch Hennecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 5. Die Gruppenlehre von Flume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Historische Einordnung und Bedeutung für die Gesamthandslehre . . . . 69 b) Kerninhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Inhaltsverzeichnis
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Teil 2 Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
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§ 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 A. Grundlegung: Eigentum, subjektives Recht und Rechtszuständigkeit . . . . . . . . . . 74 I. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Rechtszuständigkeit und subjektives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 B. Zur Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung als Grundlage der Gesamthand . 76 I. Das Sondervermögen als selbstständiger Vermögensinbegriff . . . . . . . . . . . . 77 1. Theorien zum Vermögensinbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Der Vermögensinbegriff im Preußischen Allgemeinen Landrecht . . . . . . . 79 3. Die Gesamthand als Ausnahme des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und Grundlage eines Vermögensinbegriffes im Bürgerlichen Gesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Die Bedeutung des Inbegriffes im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Zum Einfluss der Kritik Gierkes an dem ersten Entwurf auf den Eigentumsbegriff des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Erwägungen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 II. Die Vollzuständigkeit der Gesamthänder zu den einzelnen Vermögensgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Anklänge an das dominium plurium in solidum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Übertragung der Kritik am dominium plurium in solidum auf die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Die Kritik Engländers an der Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 III. Sonderrechtliche Beteiligung mit sachenrechtlichem Gehalt . . . . . . . . . . . . . 88 1. Das Wesen der sonderrechtlichen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Das Sonderrecht in der Genossenschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Der frühe Gedanke der Vermischung von Allein- und Bruchteilseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Aufteilung des Eigentumsrechts auf die Gesamtsphäre der Gemeinschaft und die Sondersphäre der Gemeinschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Unzulänglichkeit des Sonderrechts-Gedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Übertragung des Ergebnisses auf die Annahme (vorläufig) unbestimmter Anteilsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 IV. Die Zuweisung der Vermögensgegenstände an die „Gemeinschaft“ . . . . . . . . 95 V. Mitgliedschaftliche Berechtigung an den Vermögensgegenständen im Sinne Sohms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 VI. Ergebnis zur Gesamtberechtigungslehre als Grundlage der Gesamthand . . . . 99
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Inhaltsverzeichnis C. Die Aufgliederungstheorien in der Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Die regelmäßige Rechtsgemeinschaft – Konrad Engländer . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Überkommenes Verständnis von subjektivem Recht und Rechtszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Keine Lösung der Zuständigkeitsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Verwischung der Grenze zwischen mitgliedschaftlichen und dinglichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 II. Aufgliederungstheorie nach Karl Larenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Keine Lösung der Zuständigkeitsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Negierung einer unmittelbaren Berechtigung der Gesamthänder ohne Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 III. Ergebnis zu den Aufgliederungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 D. Die Gesamthand als eine modifizierte Form der Bruchteilsgemeinschaft . . . . . . . 105 I. Die Vereinbarkeit der Annahme ideeller Bruchteile bei der Gesamthand vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Ursprünge des Gedankens der Ungeteiltheit des Vermögens . . . . . . . . . . . 106 2. Das Gesamthandseigentum in den frühen Gesetzestexten . . . . . . . . . . . . . 107 3. Zur Kritik am ungeteilten deutschrechtlichen (Gesamthands-)Eigentum . . 109 a) Das Vorhandensein von Anteilen als Konsequenz ausstehender Teilung 109 b) Das deutschrechtliche Eigentum als Folge von Verständnisproblemen und Anwendungsfehlern des Römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Gegenargument: Nebeneinander von geteiltem und ungeteiltem Eigentum 110 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Praktische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Gutgläubiger Erwerb von Sondervermögensgegenständen . . . . . . . . . . . . . 113 2. Verfügung über Nachlassgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 4. Ausschluss von Konfusion und Konsolidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5. Anwachsung und Abwachsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 6. Der Anteil an einem Vermögensgegenstand im Sondervermögen . . . . . . . 119 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 E. Die rechtsfähige Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Zuständigkeit und Anteilsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Die Gesamthand – Ein Nebeneinander von Gemeinschafts- und Sondersphäre? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Systemfremdheit der Sonderbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Zur Konsequenz des römisch-rechtlichen Eigentumsbegriffs des BGB für die Sonderrechte der Gesamthänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Die Untauglichkeit der Theorie Jürgen Blomeyers . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Inhaltsverzeichnis
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2. Die Elastizität des Gesamthandsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Die Vielfalt mitgliedschaftsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten als Ausdruck der Elastizität des Gesamthandsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Modifikation des Anteilsgedankens auf Grundlage der Genossenschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Anteil und Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Der Anteil als vermögensrechtliche Seite der gesamthänderischen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Kritik an der Klassifizierung des „Anteils“ durch Flume . . . . . . . . 132 bb) Zur Argumentation Wiedemanns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Gleichsetzung von Anteil und Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Die Gesamthand als Rechtssubjekt zwischen natürlicher und juristischer Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Rechtspositivistische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Organisation und Willensbildung als Unterscheidungsmerkmale . . . . . . . . 136 a) Untauglichkeit der Abgrenzungskriterien als Folge der Vielschichtigkeit der Gesamthandsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Die Form der Willensbildung Insonderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Haftungsbeschränkung auf das Korporationsvermögen als Eigenheit der juristischen Person? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Die Struktur der Mitgliedschaft als Unterscheidungskriterium . . . . . . . . . . 139 a) Abhängigkeit des Gemeinschaftsverhältnisses vom Willen der Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Selbst- und Dritt- bzw. Fremdorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 aa) Die Genossenschaft als Ausnahme vom Prinzip der Fremdorganschaft bei den juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 bb) Die Mischform der GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 c) Abhängigkeit vom Mitgliederbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Unzulässigkeit der Einpersonen-Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Zum Einwand eines Mindestbestandes an Mitgliedern bei den juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 cc) Personenmehrheit als Strukturprinzip der Gesamthand . . . . . . . . . . 147 5. Zwischenergebnis: Die Gesamthand, ein Rechtssubjekt ohne Rechtspersönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Konstituierender Charakter der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Zu den Auswirkungen der Alternative: Die Gesamthand als juristische Person vor dem Prinzip der „Einheits-Gesamthand“ . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Abgrenzung der Gesamthand von der Bruchteilsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . 151 1. Das Anteilsrecht nach der Einheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Unvereinbarkeit der dinglichen Einheitstheorie mit dem Eigentumsbegriff 154
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Inhaltsverzeichnis 3. Die Bruchteilsgemeinschaft als Kollisionsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Die „Wiederauferstehung“ des dominium plurium in solidum . . . . . . . 157 aa) Die Bruchteilsgemeinschaft nach Hilbrandt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 bb) Die Bruchteilsgemeinschaft nach Madaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Eigener Lösungsansatz: Innerrechtliche Befugniskollision bei geteilter Rechtszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Vorüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Koordination der Befugnisse durch die verwaltungsgesamthänderische Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 cc) Ausprägungen und Wirkungen der Verwaltungsgesamthand . . . . . . 163 dd) Der Anteil im Sinne des § 747 BGB und die dinglichen Wirkungen der Verwaltungsgesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 ee) Zur Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 ff) Scheidung von Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthand . . . . . . . . 166 4. Zur Notwendigkeit der Einheit des Subjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Wortlaut des § 741 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Kritik am Ansatz Buchdas und Fabricius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Kritik an der „Unteilbarkeitslehre“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 F. Ergebnis zu Teil 2 der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. Schlussfolgerung – Die Gesamthand als Einheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Teil 3 Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
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§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft im Preußischen Allgemeinen Landrecht 178 A. Die Grundlagen des Allgemeinen Landrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I. Die Bedeutung des Corpus Juris für das ALR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Das Verhältnis der Miterben im Römischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 B. Die Abweichungen im Preußischen Allgemeinen Landrecht vom Römischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Keine Rezeption des Grundsatzes nomina ipso iure divisa sunt . . . . . . . . . . . 181 II. Der Nachlass in der Rechtsprechung des Obertribunals . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 C. Stellungnahme zur Bedeutung des Allgemeinen Landrechts für die Erbengemeinschaft des Bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 I. Zu den Spuren germanischer Rechtsgedanken im ALR und der Rechtsprechung des Obertribunals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 II. Zum Einfluss auf die Erbengemeinschaft des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Inhaltsverzeichnis
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III. Die Bedeutung der Obertribunals-Rechtsprechung für das Verständnis des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 § 5 Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft in der Rechtsprechung des BGH . . . . . 188 A. Zur Übertragung der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Die Entscheidung zur Rechtsfähigkeit der ARGE „Weißes Ross“ . . . . . . . . . 189 1. Die historische Auslegung und der Wortlaut des Gesetzes hinsichtlich der Berechtigung der Gesamthänder an den gemeinschaftlichen Vermögensgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Konzeptionelle Schwächen der gesamtschuldnerischen Haftung nach der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Der Konflikt zwischen Leistungspflicht und Leistungsfähigkeit . . . . . . 191 aa) Die Gesamthandsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Die Gesamtschuldklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Verwässerung der Grenzen zwischen Schuld und Haftung . . . . . . . . . . 194 c) Kontinuität der Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Prozessuale Wirkungen der Anerkennung der Rechtssubjektivität . . . . . . . 197 a) Parteifähigkeit als Konsequenz der Rechtssubjektivität . . . . . . . . . . . . . 197 b) Die Parteifähigkeit der Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 aa) Praktikabilität kontra dogmatische Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Die Vereinbarkeit der Gesamthandsgemeinschaft als Prozesspartei unter eigenem Namen mit dem Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Mängel der Streitgenossenschaftslösung nach traditioneller Auffassung 202 aa) Übertragung der Kritik auf das Auftreten der Erbengemeinschaft im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Praktische Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (1) Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (2) Mitgliederwechsel nach Titelerrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Vollstreckung in das Gesamthandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 II. Die Entscheidung des BGH vom 11. 09. 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Gesetzliche Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Der Entstehungsgrund der Gesamthand in der Genossenschaftstheorie . 214 b) Die vermeintliche „Ambivalenz“ der Genossenschaftstheorie und Gruppenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 c) Tatsächliche Berücksichtigung der gesetzlichen Begründung . . . . . . . . 217 aa) Veräußerbarkeit der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Haftungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Mangelnde Dauerhaftigkeit und Ausrichtung auf Auseinandersetzung . . . 220 a) Das Merkmal der Dauerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Die Ausrichtung auf Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
16
Inhaltsverzeichnis 3. Unzureichende Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Der gemeinschaftliche Handlungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Gegenüberstellung der Handlungsorganisation von Erbengemeinschaft und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Das Verhältnis von § 2038 zu § 2040 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Beurteilung in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 bb) Eigene Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 d) Zwischenergebnis – Die Handlungsorganisation der rechtsfähigen Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 bb) Einfluss auf die Regelungswirkung des § 2039 BGB . . . . . . . . . . . 241 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 III. Zu den Auswirkungen der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 1. Entscheidung des BGH vom 02. 06. 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Keine Übertragung der Entscheidung auf die Erbengemeinschaft . . . . . . . 244 B. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
§ 6 Die Teilnahme der Erbengemeinschaft am Rechtsverkehr – Eine Auswahl relevanter Problembereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 A. Die Erbengemeinschaft gemessen an den Kriterien der „organisierten Rechtsperson“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 I. Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 II. Identitätsausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 III. Haftungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Vorliegen eines Haftungsverbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 2. Ausgestaltung des Haftungsverbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) Überflüssigkeit der Regelungen zur Haftungserstreckung für den Erbschaftskäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Aufhebung der Asynchronität zwischen Leistungspflicht und Leistungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 c) Surrogation und Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Der Umfang der Beziehungssurrogation nach § 2041 BGB . . . . . . 256 bb) Die Verpflichtung der Erbengemeinschaft durch Nachlasserbenverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 d) Umkehrung der Haftungsordnung nach § 1978 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 263 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 B. Grundbuchfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 C. Die Verbrauchereigenschaft von Gesamthandsgemeinschaften am Beispiel der Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
Inhaltsverzeichnis
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§ 7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 A. Erste Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 B. Zweite Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 C. Dritte Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
§ 1 Einleitung A. Problemstellung und Gegenstand der Untersuchung „Was bedeutet diese gesamte Hand?“ Diese Frage warf Otto von Gierke im Jahre 1900 knapp ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches und nach einem bis dahin bereits über 200 Jahre andauernden Streit um die Rechtsnatur deutschrechtlicher Rechtsgemeinschaften in seinem Vortrag vor der Berliner Juristischen Gesellschaft auf.1 Seine Vermutung, dass „hierüber wohl noch manche Fehde entbrennen“ werde, sollte sich bewahrheiten. Dies darf nicht verwundern, denn es ist wohl unbestritten, dass die Theorie der Gesamthand zu den schwierigsten und umstrittensten Fragen der Zivilrechtsdogmatik gehört2 und zu einer beinahe uferlosen und kaum erfassbaren Anzahl von Äußerungen geführt hat.3 Bei weiterer Betrachtung der Entwicklung der Gesamthandslehre kommen allerdings Zweifel auf, ob auch die Vorsehung Weber-Grellets, dass der Streit „alle Aussichten besitzt, auch noch das 21. Jahrhundert zu erleben“,4 vollumfänglich eingetreten ist. Es scheint vielmehr, dass mit dem Anbruch des neuen Jahrhunderts der Streit um das Wesen des Gesamthandsprinzips nach der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts5 und der Ablehnung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft durch den BGH6 zu einem vorläufigen Stillstand gekommen ist, jedenfalls unterschiedliche Richtungen eingeschlagen hat. Tatsächlich ist es bereits seit den 1970erJahren auf dem Felde der monographischen Bearbeitungen erstaunlich ruhig um die Problematik geworden. Zwar erschienen um die und seit der Jahrtausendwende einige Arbeiten zu der Thematik, diese behandelten jedoch entweder nur einzelne Ausprägungen der Gesamthand7 oder sie hatten sich nicht zum Ziel gesetzt, die Gesamthand zu ergründen und Lösungsansätze für das Gesamthandsprinzip als solches zu liefern.8 Die letzten hervorstechenden monographischen Bearbeitungen, die sich schwerpunktmäßig 1
Gierke, ArchBürgR 19, 114. K. Schmidt, S. 196. 3 Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1178. 4 Weber-Grellet, AcP 182, 316 (320). 5 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056. 6 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389. 7 Vgl. statt vieler Wertenbruch, [passim]; Dauner-Lieb, [passim]. 8 Tolani, [passim], die die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von Vereinigungen anhand von Argumenten der Sachgesetzlichkeit und den Anforderungen an eine zulässige Rechtsfortbildung misst; Ascheuer, [passim] die den Wert der historischen Auslegung für die Ermittlung der dogmatischen Grundlage der Gesamthand untersucht. 2
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§ 1 Einleitung
mit dem Gesamthandsprinzip auseinandersetzen, stammen von Schulze-Osterloh,9 Hennecke10 und freilich von Flume.11 Nach aktuellem Stand in Rechtsprechung und Literatur gleicht die Gesamthandsdogmatik mehr einem Flickenteppich als einem dogmatisch sauberen Stückwerk. Insbesondere im Gesellschaftsrecht hat man sich im Zuge der Entscheidung des BGH zur Rechtsfähigkeit der GbR vom 29.01. 2001 weitestgehend von dem Streit gelöst und stellt bei Beurteilung der Rechtsfähigkeitsproblematik der GbR vorrangig darauf ab, ob durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit „sachgerechte Problemlösungen erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht werden.“ Eine einheitliche Betrachtung wird unter Außerachtlassung des historischen Hintergrundes und der gesetzgeberischen Vorstellungen teilweise offen abgelehnt.12 Man glaubt vielmehr eine „Abstufung“ in dem Modell zu erkennen:13 Hinsichtlich der weiteren Gesamthandsgemeinschaften des bürgerlichen Rechts, Güter- und Erbengemeinschaft, begnügt man sich mit der nebulösen Feststellung, dass Eigentümer des Sondervermögens die Mitglieder in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit seien, ohne jedoch dieser Verbindung Rechtsfähigkeit beizumessen.14 Eingehendere Auseinandersetzungen mit dieser gesamthänderischen Verbundenheit, insbesondere der Frage nach deren Einpassung in das sachenrechtliche Gefüge des BGB sucht man vergebens. Aktuelleren Anläufen,15 das „Erbgut“ der Erbengemeinschaft als Gesamthand zu „entschlüsseln“, wird unterstellt, den Gedanken zu wecken, ob nicht die Rechtswissenschaft Besseres zu tun habe;16 eine Befassung mit der dogmatischen Grundlage der Gütergemeinschaft wird mit dem Prädikat „sinnloser Konstruktivismus“17 von vornherein im Keim erstickt. Aber kann denn, so wird sich manch einer fragen, dem die durch Rechtsprechung und Literatur herbeigeführte Rechtszersplitterung bei den Gesamthandsgemeinschaften nicht als Endzustand erscheinen kann, die dogmatische Ergründung eines jahrhundertealten germanischen Rechtsinstituts wie der Gesamthand sinnlos sein? Und bedarf es denn, um das bisher jüngste Opfer zu nennen, einer besonderen Rechtfertigung, wenn die Erbengemeinschaft als die der germanischen, gesamthänderisch gebundenen Hausgemeinschaft nahestehendste Rechtsgemeinschaft des Bürgerlichen Gesetzbuches in den Mittelpunkt der Untersuchung gerückt wird? 9 Schulze-Osterloh, [passim] Die Untersuchung Schulze-Osterlohs wird hier bis auf einige Quellenverweise nicht eingehender behandelt, da seine Arbeit den Versuch, die Anteile bei der Rechtsteilung zu erfassen, als gescheitert betrachtet und sich daher auf die Beschreibung ihrer Funktion beschränkt. Vgl. dazu Schnorr, S. 74, der diese Vorgehensweise zu Recht als eine „Selbstaufgabe der Dogmatik“ bezeichnet. 10 Hennecke, Sondervermögen. 11 Flume, [passim]. Freilich handelt es sich bei dem Werk um ein Lehrbuch, welches jedoch beinahe durchgehend monographischen Charakter aufweist. 12 Reuter, AcP 207, 673 (677 f.) m.w.N. 13 K. Schmidt, S. 201. 14 Vgl. § 2 B. II. 2. 15 Ann, [passim]; Eberl-Borges, [passim]. 16 K. Schmidt, AcP 205, 305 (339). 17 K. Schmidt, S. 201.
§ 1 Einleitung
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Wer glaubt, diese Fragen mit einem „Ja“ beantworten und den Streit um die Theorie der Gesamthand sowie der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft angesichts der Festschreibung der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung der Gesamthandsgemeinschaften bzw. der Ablehnung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft durch den BGH18 als ausgeschrieben betrachten zu können, der irrt. Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft hat der BGH in einem vor dem Hintergrund des eingangs bereits gezeichneten Umfangs der Streitigkeiten um das Wesen der Gesamthandsgemeinschaften erstaunlich kompakten Umfang unter Verweis auf die Dauer ihrer Existenz, ihren Entstehungsgrund sowie die Ausgestaltung ihrer Handlungsorganisation abgelehnt. Dies kann aus vielerlei Gründen nicht befriedigen und spiegelt die Problemschwerpunkte der nachfolgenden Untersuchung wieder: In seiner Entscheidung hat der BGH auf der einen Seite ohne tragende Begründung einen Keil in die einheitliche Beurteilung der Gesamthandsgemeinschaften getrieben, ohne eine tragfähige dogmatische Grundlage für das Gesamthandsprinzip bei der Erbengemeinschaft zu liefern, und sich mit seiner Begründung auf der anderen Seite in Widerspruch nicht nur zu Entscheidungen begeben, die die Binnenstruktur der Erbengemeinschaft zu Gunsten einer reibungslosen Teilnahme am Rechtsverkehr veränderten, sondern auch zu den übrigen Grundsatzentscheidungen die Rechtsfähigkeit von Personenverbindungen betreffend.19 In Ansehung der Mängel in der BGH-Rechtsprechung und der ihr zugrundeliegenden Literatur ist es Ziel der vorliegenden Untersuchung, zum einen eine einheitliche dogmatische Grundlage des Gesamthandsprinzips aufzuzeigen, die auf sämtliche Gesamthandsgemeinschaften Anwendung zu finden vermag und insbesondere mit den sachenrechtlichen Grundprinzipien des BGB nicht im Widerspruch steht. Zum anderen, die Erbengemeinschaft als der Gesamthandsgemeinschaft, die durch die aktuelle Rechtsprechung für die Zersplitterung des Gesamthandsrechts steht und die auf Grund des ungemindert steigenden Erbaufkommens mittlerweile wohl die bedeutendste der BGBGesamthandsgemeinschaften ist,20 einer umfassenden Würdigung hinsichtlich ihrer Besonderheiten zu unterziehen. Dabei werden nicht nur die in Rechtsprechung und Literatur angebrachten Einwendungen gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft zu berücksichtigen, sondern insbesondere die wichtigsten Konsequenzen, die aus der Übertragung des erarbeiteten Gesamthandsprinzips folgen, aufzuzeigen sein.
B. Gang der Untersuchung Gemäß dem Titel der vorliegenden Arbeit liegt ihr Untersuchungsschwerpunkt bei der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft. Gleichwohl lässt sich der zuvor erfolgten Darstellung der Problemstellung und des Gegenstands der Untersuchung entnehmen, 18
BGH, Beschl. v. 17. 10. 2006 – Az.: VIII ZB 94/05 = NJW 2006, 3715; BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389. 19 BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061; BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056. 20 Ann, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch des Erbrechts, S. 1399 Rn. 1.
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§ 1 Einleitung
dass sich die Arbeit gleichsam mit dem Wesen der Gesamthand als solcher befasst. Dieses Vorgehen ist insofern zwingend, als die Frage nach der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft als einer von vielen Erscheinungen des Gesamthandsprinzips nicht ergründet werden kann, wenn nicht zuvor die Grundlagen der Gesamthand als solcher gesichert sind. An diesem Paradigma ist der Aufbau der Untersuchung zu orientieren, so dass, bevor eine eingehendere Befassung mit der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft erfolgen kann, im zweiten Teil dieser Arbeit zunächst eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der Rechtsfähigkeit der Gesamthand als „Rechtprinzip“21 voranzustellen ist, um damit eine Grundlage für die weitere Untersuchung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft zu schaffen. Denn obwohl die Gesamthand „der ungleichartigsten Verwendung und der ungleichmäßigsten Durchführung fähig ist“,22 gehen doch sämtliche auf ihr beruhenden Gemeinschaftsformen auf einen gemeinsamen Grundgedanken zurück, der die Gesamthand trotz ihrer „Elastizität“23 zu einem „Rechtsprinzip“ erhebt, das zunächst einheitlich und losgelöst von den speziellen Erscheinungsformen der gesetzlichen Anwendungsfälle zu betrachten ist. Im dritten Teil der Arbeit ist sodann das gewonnene Ergebnis auf die Erbengemeinschaft zu übertragen. Für die vorliegende Untersuchung darf gleichwohl nicht außer Acht bleiben, dass die Frage nach dem Wesen der Gesamthand Rechtsprechung wie Literatur seit der Schaffung des BGB und darüber hinaus schon Jahrhunderte beschäftigt hat.24 Beinahe zwingend scheint es daher für die weitere Behandlung der Problematik, mit dem I. Teil dieser Untersuchung sämtlichen Erwägungen zunächst eine Darlegung über die Entwicklung der deutschen Gesamthandslehre voranzustellen, um die hiesigen Ausführungen in einen Gesamtkontext historischer wie auch dogmatischer Natur stellen zu können. Der Fokus soll im Hinblick auf das Ziel dieser Untersuchung auf den Ansichten liegen, die in der Gesamthand ein eigenes Rechtssubjekt sehen. Maßgebliche Aufmerksamkeit wird dabei der Genossenschaftstheorie von Beseler und Gierke zukommen, auf denen die hier angestellten Erwägungen – wenn auch mit einigen Modifikationen – überwiegend aufbauen. Dadurch wird eine Grundlage für das in § 3 herauszustellende gemeinsame Prinzip der Gesamthandsgemeinschaften geschaffen, die zum einen eine angemessene Würdigung der verschiedenen Lösungsansätze auch im historischen Kontext ermöglicht und zum anderen deren Nachvollziehbarkeit erleichtert, soweit diese Ansätze im Rahmen späterer Ausführungen fruchtbar gemacht werden.
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Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944 f.; mit entsprechenden Hinweis, allerdings kritisch zur Übertragung der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaft auch Ulmer, AcP 198, 113 (124 ff.); dazu § 5 A. II. 1. b). 23 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669. 24 Vgl. K. Schmidt, AcP 205, 305 (312). 22
Teil 1
Historische Entwicklung der Gesamthandslehre § 2 Von der Gesamthand als Trägerin von Rechten und Pflichten Überblickt man die historische Entwicklung der deutschen Gesamthandslehre, ist hinsichtlich des hier gewählten Ausgangspunkts Anfang des 19. Jahrhunderts zuzugeben, dass freilich nicht erst in dieser Zeit die Ausbildung der deutschen Gesamthandslehre ihre ersten Ansätze erfahren hat, sondern die Wurzeln vielmehr über das frühe Mittelalter hinaus u. a. zu den Instituten der Hausgemeinschaft,1 der Belehnung zu gesamten Hand2 und den Ganerbschaften3 reichen. Eine derart umfangreiche Beleuchtung des historischen Hintergrundes würde den Umfang dieser Arbeit jedoch bei weitem überschreiten und muss solchen Untersuchungen vorbehalten bleiben, die sich vornehmlich mit der Rechtsnatur und der Geschichte der Gesamthand an sich befassen.4 Begonnen werden soll vielmehr mit der Lehre Hasses von der sog. mystischen Person. Diese bildete den Ausgangspunkt für die zunächst durch Beseler in Grundzügen entwickelte und im Anschluss durch Gierke ausgearbeitete Genossenschaftslehre. Bedeutsam ist dieser Anknüpfungspunkt zum einen, weil sich Flume bei der Entwicklung seiner Gruppenlehre, die Anstoß für die Anerkennung der GbR als rechtsfähiger Gesamthandsgemeinschaft war, der Genossenschaftslehre 1
Vgl. hierzu Cohn, ZvglRw 13, 1 ff. Dazu ausführlich Duncker, S. 80 ff. 3 „Die Ganerbschaft ist eine dauernde Vereinigung mehrerer Personen oder Familien zu dem Zwecke, um eine bestimmte Vermögensmasse, meistens eine Burg, mit ihren Pertinenzen gemeinschaftlich zu benutzen und zu verteidigen“, wobei jedem Ganerben ein ideeller Anteil an dem Gut zusteht, Duncker, S. 145 f. Zurück geht diese Form der Ganerbschaft auf die Hausgemeinschaften, die – vornehmlichen aus den Söhnen des verstorbenen Vaters bestehend – in Familiengemeinschaft zusammen blieben und das gemeinschaftliche Gut verwalteten, vgl. Heusler, Institutionen Bd. I, S. 229 f.; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 665. Ganerben (coheredes) sind in dem Fall „nur die vermöge gleicher Grades- und Parentelnähe mit einander zur Succession berufenen Erben, die daher auch gemeinschaftlich die Erbschaft in Besitz nehmen.“, Phillips, S. 16 f. Ausführlicher Überblick bei Ascheuer, S. 79 ff. Zu den verschiedenen Anwendungsbereichen des Begriffs des Ganerben vgl. Pütter, S. 55. 4 Insofern kann auf die ausführlichen Darstellungen von Ascheuer, S. 53 ff. sowie Buchda, S. 15 – 151 verwiesen werden. Im Überblick auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 661 ff. sowie Heusler, Institutionen Bd. I, S. 227 ff. 2
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Teil 1: Historische Entwicklung der Gesamthandslehre
bediente, und es sich zum anderen bei der von Hasse aufgestellten Theorie um erste Ansätze in Richtung einer Anerkennung der Gemeinschaft als Rechtssubjekt handelte.
A. Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert Für eine hinreichende Würdigung der Ausführungen Hasses bedarf es zunächst einer Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen bzgl. des Verständnisses der mehrheitlichen Zuständigkeit zu einer Sache zum Zeitpunkt des Erscheinens des Werkes im Jahre 1808. Das seinerzeit bestimmende und römischrechtlich geprägte gemeine Recht ließ nur zwei Formen solchen gemeinschaftlichen Eigentums zu: Das Eigentum einer juristischen Person oder das Miteigentum mehrerer zu ideellen Anteilen.5 Vornehmlich auf dem Boden der ehelichen Gütergemeinschaft entwickelten sich die „ersten bewussten Versuche selbstständiger Konstruktion“6 germanistischer Rechtswissenschaftler. Den ersten Schritt auf Basis des Bamberger Rechts machte die unter dem Pseudonym Justus Veracius7 im Jahre 1681 veröffentliche Arbeit mit der Konstruktion des sog. ,dominium plurium in solidum‘. Unabhängig davon entwickelte Schilter8 in seinem Kommentar ein entsprechendes Konstrukt unter der Bezeichnung ,dominium utile in solidum pro indiviso‘ für die o.g. Belehnung zur gesamten Hand. Diese beiden Werke bildeten den Ausgangspunkt einer Entwicklung, die im Laufe des 18. Jahrhunderts dieses ,dominium plurium in solidum‘ zu einem „Gattungsbegriff“9 des Gesamteigentums formte. Abweichend vom römischen Miteigentum nach jeweils frei verfügbaren ideellen Anteilen sollte die Sache jedem Miteigentümer dergestalt zustehen, dass sich das Recht auf die ganze Sache – in solidum – erstrecke, „[so] dass dabei nicht einmal unabgesonderte Teile […] bestimmt [seien].“10 Die Besonderheit gegenüber dem römischen Recht sei darin zu sehen, dass jeder „Gemeiner Eigentümer des Ganzen, und doch auch wieder […] kein Eigentümer des Ganzen sey.“11 Dieser teilweise widersprüchlichen Aussage, der man mit nur leicht abweichenden Wortlaut grundsätzlich auch heute noch 5
Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 376 f.; Duncker, S. 1. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 377. 7 Justus Veracius, [passim.]; vgl. dazu auch Gengler, S. 142; Duncker, S. 4 ff. 8 Schilter, [passim.]. Eingehend zu den Inhalten Buchda, S. 115 ff. 9 Buchda, S. 143; zur Entwicklung des Gesamteigentums: Duncker, S. 2, der das dominium plurium in solidum als „ungebundene Träumerei“ bezeichnet. 10 Danz, S. 497 f.; vgl. auch Bolley, Monatschrift f. d. Justizpflege in Württ. 2, 185 (194); für die Gütergemeinschaft speziell: Estor, S. 434: „Des Mannes und der Ehefrau Güter werden nach der allgemeinen Gemeinschaft ganz vermischt.“; H. Lange, S. 49 f., 113 f.; Westphal, S. 19; Hofmann, S. 237; Scherer, S. 96 f.: „ Alles [das Vermögen] wird ihnen beiden also gemein, dass einem jeden das Eigentum des Gesamtvermögens ganz, jedem ein unzertrenntes [sic!] gleiches Recht daran zusteht, keiner den anderen davon ausschließen kann […] und überhaupt keiner mehr sagen kann, dieses ist mein, dieses ist dein.“; zum Lehnrecht: Schnaubert, S. 305. 11 Danz, S. 498. 6
§ 2 Von der Gesamthand als Trägerin von Rechten und Pflichten
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bei der herrschenden Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung begegnet,12 entnahm man, dass aufgrund der „Teilhaftigkeit“ mehrerer Individuen zu diesem Eigentumsrecht lediglich „alle Gemeiner zusammen über die Substanz und den Besitz der Sache zu disponieren befugt [seien]“.13 Kleidet man dies in das heutige juristische Verständnis von Gesamteigentum bzw. Gesamthandseigentum, haben folglich nicht etwa die Beteiligten gemeinschaftliches Eigentum mit geteilter Rechtszuständigkeit, sondern jeder für sich ist Eigentümer bzw. Subjekt der ganzen Sache und demnach voll handlungs- und rechtszuständig.14 I. Die Gesamthand als Rechtssubjekt 1. Die ,mystische Person‘ nach Hasse Unter anderem die offenbare Widersprüchlichkeit des soeben beleuchteten dominium plurium in solidum veranlasste Hasse zu seinem „Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht“,15 der – wenn auch ausdrücklich auf die eheliche Gütergemeinschaft bezogen – ebenfalls Anspruch auf die allgemeinverbindliche Erklärung der Fälle erhebt, in denen „ein Vermögen mehrerer Personen, besonders [das] der Ehegatten, als eine Masse (unum indemque patrimonium) betrachtet wird.“16 Dieses ,dominium plurium in solidum‘ erscheint ihm als ein nicht nur dem Römischen Recht – duorum in solidum esse non potest – „widerstreitendes“,17 sondern auch in sich widerstreitendes „Unding“18, da „undenkbar“ sei, „dass mehrere domini einer Sache in solidum sein [könnten]“.19 Die oben zitierten Ausführungen von Danz bezeichnet er gar als einen Gedanken, den man als „Scherz“ auffassen könne.20 Der erste, in dem diese Erkenntnis reifte, war Hasse freilich nicht. Wie Buchda bemerkt, stellte bereits Müller 1801 fest, dass das dominium plurium in solidum „ein Widerspruch in sich selbst“21 sei. Neu war jedoch der Ansatz, den Hasse zur Auf12 13
ßern.“
s. § 3 B. II. Danz, S. 498; Estor, S. 434: „Kein Ehegatte darf allein während der Ehe etwas veräu-
14 Vgl. hierzu die Kritik von Hasse, S. 6. Dieser Gedanke wurde auch in der jüngeren Literatur für die Bruchteilsgemeinschaft wiederbelebt, vgl. § 3 E. III. 3. a). 15 Vgl. Hasse, Vorrede S. VIII. 16 Vgl. Hasse, S. 86, 93 unter Fn. 1. An letzterer Fundstelle nimmt Hasse ausdrücklich auf die „gesammte Hand“ als ein Verhältnis Bezug, in dem „mehrere physische Personen, welche keine Commune ausmachen, als ein Subjekt einer Summe von Rechten und Verbindlichkeiten betrachtet werden“. So auch Buchda, S. 154. 17 Hasse, S. 14. 18 Hasse, S. 53. 19 Hasse, S. 19. 20 Hasse, S. 21. 21 Vgl. Buchda, S. 153 mit Verweis auf Müller, S. 4.
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Teil 1: Historische Entwicklung der Gesamthandslehre
lösung dieses Widerspruchs wählte. Es stellen sich ihm lediglich drei Möglichkeiten dar, wie ein gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten zu konstruieren sei: Während er eine Beteiligung nach ideellen Anteilen im Sinne einer römischrechtlichen communio im Hinblick auf die deutsch-rechtliche Vorstellung von einem anteilslosen gemeinschaftlichen Vermögen ablehnt und die Möglichkeit, lediglich eine Person als einziges Rechtssubjekt im Sinne einer Vormundschaft zu betrachten, für ihn auch nicht in Betracht kommt, bleibt ihm lediglich die Option, das gemeinschaftliche Vermögen einer von den Beteiligten gebildeten juristischen bzw. moralischen Person zu unterstellen.22 Den Begriff der „mystischen Person“ wählt er, um die germanistische Besonderheit hervorzuheben, dass eine Mehrheit von Subjekten auch als eines betrachtet werden könne, wenn diese nicht eine kollegiale Verbindung im Sinne einer commune aufweise.23 Demnach liegt nach Hasses Auffassung eine Gütergemeinschaft als mystischer Person im Allgemeinen immer dann vor, „wenn mehrere physische Personen, welche keine Commune ausmachen, als ein Subjekt einer Summe von Rechten und Verbindlichkeiten betrachtet werden.“ Das Prägende dieser mystischen Person sieht Hasse darin, dass die Vielheit der beteiligten physischen Personen nur einen Willen habe und diese folglich als ein Rechtssubjekt anzusehen sei.24 Daraus folgert er, dass nicht die Ehegatten Verpflichtete hinsichtlich der Rechte und Verbindlichkeiten des gemeinschaftlichen Vermögens seien, sondern die von ihnen gebildete mystische Person selbst, die gleichzeitig sämtliche Anteile der physischen Personen am Vermögen ausschließe.25 Anders als die römische universitas, die unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder existiere, sieht Hasse die Gütergemeinschaft, die mystische Person, in Abhängigkeit von den sie begründenden physischen Personen als „integrierende Teile“; scheidet eine Person aus, sei auch die mystische Person nicht mehr vorhanden.26 a) Anhänger der Lehre Hasses Der Gedanke Hasses fand in der damaligen Literatur einige Zustimmung: So geht unter Bezugnahme auf die Arbeit Hasses Eichhorn davon aus, dass bei den Markgenossenschaften, den Ganerbschaften und der Gesamtbelehnung, im Rahmen derer deutsches Gesamteigentum entstand, „eine moralische Person als das Subjekt des 22
Vgl. Hasse, S. 87 ff. Hasse, S. 92. Weiterer Abgrenzungsgrund ist, dass Hasse den Begriff der moralischen Person so versteht, dass darunter jede physische Person zu fassen ist, die im Verhältnis zum Staat oder Dritten als besonderes Rechtssubjekt zu sehen ist; der Betrachtung also „immer etwas Singuläres“ innewohne, soweit nicht gesetzlich eine Einheit im Sinne einer juristischen Person begründet werde, S. 91. 24 Hasse, S. 100. Auf die Unterschiede in der Willensbildung hat später auch Gierke maßgeblich abgestellt, um die Gesamthandsgemeinschaften von den juristischen Personen bzw. Körperschaften zu scheiden, vgl. § 3 E. II. 2. 25 Hasse, S. 101, 104 ff. 26 Hasse, S. 138. 23
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Eigentums gedacht […] werden müsse“.27 Ebenso meint Deiters, dass die Ehegatten keine Anteile am Gesamtvermögen hätten, es vielmehr nur „einen Eigentümer“ gebe: die „gesamte Hand, […] als Einheit gedacht, also als eine […] juristische Person“.28 b) Modifikationen der Theorie von der mystischen Person Der Gedanke der Anerkennung einer von den Beteiligten gänzlich losgelösten moralischen bzw. juristischen Person erfuhr jedoch durch Modifikationen von Stimmen in der Literatur auch einiges an Abmilderung. So sieht Schüler die Gütergemeinschaft „als eine besondere Art von Konstituierung eines aus mehreren physischen Personen bestehenden Rechtssubjekts“,29 bei der „mehrere Menschen zu einer Person vereinigt gedacht“30 werden. Ansatzpunkt Schülers ist eine genauere Gegenüberstellung der Vorstellung von mehreren Eigentümern an einer Sache im römischen und im deutschen Recht. Während die Römer die Lösung dieser Konstruktion von der Objektseite suchten, indem sie sich „die Sache als in mehrere (ideelle) Teile zerlegt vorstellten“, sehe das deutsche Recht „das Rechtssubjekt in mehrere einzelne Personen gespalten, welche sich gegenseitig [ergänzten], um zusammen das Rechtssubjekt zu bilden.“31 Jedoch hält er die Begriffe mystische oder juristische Person für das deutsche Recht für „nicht gut gewählt“,32 da sie das „Verhältnis zu sehr in den hergebrachten Begriff der juristischen Person [einzwängten]“ und es nicht „individuell und menschlich angemessen“33 gestalteten, wie es dem deutschen Recht sonst zu eigen sei. Im Gegensatz zur Korporation, die neben den physischen Personen „noch ihre eigene besondere Persönlichkeit für sich“34 sei, gingen die Persönlichkeiten der Ehegatten ineinander auf, so dass „das Rechtssubjekt nur erweitert [sei], es [sei] nicht ein anderes, neues geworden“.35
27 Eichhorn, S. 444. Für die eheliche Gütergemeinschaft erschien ihm diese Konstruktion jedoch „zweifelhaft“. Eine Übertragung auf die Erben lehnte er ganz ab. Freilich gilt es hier zu berücksichtigen, dass die Erbfolge nach altem deutschem Recht nichts mit dem heutigen Erbrecht gemein hat. Es ließ grundsätzlich nur Erbfolge nach Blutlinien zu. Sollte abweichend jemandem das Eigentum für den Todesfall zugesprochen werden, musste dies zu Lebzeiten durch Vertrag geschehen, in dem der Veräußernde die Proprietätsrechte, – vornehmlich an Grundstücken und später dem gesamten Vermögen – übertrug und sich gleichzeitig lebenslang die Ausübung der Eigentümerrechte vorbehielt, so dass das Eigentum zeitgleich zwei Personen zustand. Vgl. dazu im Überblick Duncker, S. 58 f.; Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 73 f. 28 Deiters, ZDR 2, 115 (119). Entsprechende Ansätze finden sich auch schon in seiner einige Jahre zuvor erschienenen Untersuchung über die Gütergemeinschaft: Deiters, S. 25. 29 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (492). 30 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (493). 31 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (493). 32 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (496). 33 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (496). 34 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (497). 35 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (499).
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Teil 1: Historische Entwicklung der Gesamthandslehre
Ähnlich einschränkend modifizierte bereits zuvor schon Pfeiffer36 die Lehre Hasses. Auch er geht davon aus, dass das Errungenschaftsvermögen „weder dem Manne, noch der Frau [gehöre]“, sondern ihnen beiden gemeinschaftlich, „insofern man beide Ehegatten als ein Subjekt von Rechten und Verbindlichkeiten, als moralische Person [betrachte]“.37 Pfeiffer will die mystische Person dabei aber nicht so weit „ausdehnen“, dass man diese „als eine dritte, beiden Ehegatten gänzlich fremde ansieht“, da es „allein die beiden Ehegatten [seien], welche die mystische Person [konstituierten] und alles Recht […] nur aus einer solidären Verbindung dieser beiden Individuen entstanden [sei]“.38 2. Die ersten Ansätze einer Genossenschaftslehre durch Beseler a) Ausgangspunkt: Die Vergabungen von Todes wegen Anders als Hasse, der seine Untersuchungen hauptsächlich auf die Gütergemeinschaft stützte, erfolgten die Untersuchungen von Beseler auf Grundlage der Vergabungen von Todes wegen, die derart begründet wurden, dass ein Gesamteigentum entstand, welches zum Zeitpunkt der ersten Untersuchungen noch dem Begriff des dominium plurium in solidum zugeordnet bzw. einer moralischen Person unterstellt war.39 Um das durch die Vergabung von Todeswegen entstandene Gesamteigentum zu erklären, glaubte er aber dem Institut auf anderem Weg „näher treten zu können“ als dies Hasse mit der Entwicklung der mystischen Person gelungen war, auch wenn er auf die Bedeutung von dessen wissenschaftlicher Untersuchung hinweist.40 Auf der anderen Seite stellt er unter Beleuchtung der möglichen römisch-rechtlichen Äquivalente heraus, dass sich das Institut der deutschen Gesamthand auch nicht in die scharf und konsequent getrennten Figuren der universitas oder der societas kleiden ließe,41 da sich im Römischen Recht „keine Vermittlung dieses schroffen Prinzips [zeige]“.42 Losgelöst von den Vorgaben des Römischen Rechts und dessen Eigentumsbegriff sucht Beseler unter der Annahme, „dass die verschiedenen Institute eines nationalen Rechts sich nicht ausgebildet [hätten], um einer logischen Regel zu genügen“,43 das leitende Prinzip im germanischen Recht, welches aus „den Be36
Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 81 ff., 91 ff. Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 81 (83). 38 Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 91 (92). 39 Vgl. Fn. 27 sowie Eichhorn, S. 442 f.; Duncker, S. 58 f. Eine andere, häufiger vorkommende Form für Vergabungen von Todes wegen vor allem zu Gunsten der Kirche, die für die vorliegende Untersuchung jedoch nicht von Bewandtnis ist, war die Übertragung des Eigentums bei gleichzeitigem Vorbehalt eines lebenslangen dinglichen Nutzungsrechts. 40 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 75. 41 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 75 f.; vgl. auch Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 323. 42 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 77. 43 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 77 f. 37
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dürfnissen und Verhältnissen des Lebens“ hervorgegangen sei.44 Zwischen der „schroffen Absonderung“ von universitas und societas/communio, die dem „korporativen Trieb“ des germanischen Rechts fremd gewesenen seien,45 sieht Beseler eine „Mannigfaltigkeit genossenschaftlicher Verbindungen“.46 Diese Verbindungen zeichneten sich seines Erachtens dadurch aus, dass diese, wenn auch aus gewissen Notwendigkeiten entstanden, auf der „Überzeugung von ihrer Zweckmäßigkeit“ beruhten „und der freien Willensbestimmung ihr Dasein und ihre Beschaffenheit verdankten.“47 Am Beispiel der ritterlichen Ganerbschaft stellt Beseler fest, dass nicht die Gemeinschaft als mystische Person Rechtssubjekt sei, vielmehr sollten die einzelnen Mitglieder berechtigt und verpflichtet sein.48 Das Ergebnis seiner Untersuchung, welches er auch auf die übrigen Formen des deutschen Gesamteigentums überträgt, fasst Beseler dahingehend zusammen, dass das Eigentum an einer Sache ungeteilt mehreren Personen gleichmäßig zustehen könne, indem eine Kollision der Befugnisse der Mitglieder durch Wesen und Natur der Gemeinschaft sowie besonderen Vereinbarungen vermieden werde, ohne dass sich dazu einer „nicht angemessenen Fiktion“ einer mystischen Person bedient werden müsse.49 b) Weiterentwicklung: Die Genossenschaft im „Volksrecht und Juristenrecht“ Von diesem Standpunkt aus, der in seiner vagen Formulierung eines Verhältnisses mit gleichmäßigem und ungeteiltem Eigentum, das gegenseitige Beeinträchtigungen durch seine Wesenszüge und bestimmte Vereinbarungen ausschließt, Ähnlichkeiten mit der Lehre von der heute herrschenden Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung aufweist,50 entwickelte Beseler 1843 seine Genossenschaftstheorie fort: Die Genossenschaft fasst er nunmehr unter den Ober- bzw. Gattungsbegriff der Korporation, deren Eigentümlichkeit er darin sieht, dass es sich bei dieser um eine auf Dauer angelegte Verbindung mit „einem gewissen organischen Charakter“ handele, die ein durch die Vereinigung der Mitglieder hervorgerufenes Rechtssubjekt darstellt, welches unabhängig von dem Willen der Einzelnen bestehe.51 Insofern liege der Korporation nach Beseler der „weite Begriff der juristischen Person unter“, von
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Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 78. Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 80. 46 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 80. 47 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 81. 48 Beseler, Vergabungen Bd. 1, S. 82; dort führt er weiter aus, dass auch wenn die Gemeinschaft gegenüber Dritten für gewöhnlich als geschlossen aufgetreten sei, davon auszugehen gewesen sei, dass hier lediglich eine Vertretung der einzelnen Mitglieder durch ein jeweils handelndes Mitglied vorliege. 49 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 87 f. 50 s. § 3 B. 51 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 161. 45
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der die Korporation eine „besondere Art“ bilde.52 Die Korporation teilt er sodann in Gemeinden und Genossenschaften.53 Anders als die Gemeinde soll die Genossenschaft ohne Abhängigkeit von einem bestimmten Bezirk und vorrangiger politischer Bedeutung auch bei weniger gleichmäßigen Zwecken bestehen und nur diejenigen erfassen, die ihr aus besonderen Gründen angehören.54 In dieser Entwicklung hält Beseler die im Römischen Recht „einander gegenüberstehenden Formen“ der communio und der universitas weiterhin für ungeeignet, um den Besonderheiten des deutschen Rechts, insbesondere der Genossenschaft, Rechnung zu tragen, da bei dieser das Recht der Gemeinschaft „in den [mannigfaltigsten] Kombinationen mit dem der einzelnen Mitglieder durchwachsen [sei] und […] in Bezug auf das Vermögen eine Verbindung der universitas mit der communio [vorliege].“55 Da aber das „organische Gefüge, welches gerade das Wesen des Instituts [der Genossenschaft] [ausmache]“, mit Rücksicht auf den jeweiligen besonderen Zweck und die jeweiligen Verfassungen nach Beseler durchaus verschiedenartig ausgestaltet sein könne, geht er davon aus, dass für jede Ausprägung einzeln zu untersuchen sei, „inwieweit der Begriff der universitas durch den der communio modifiziert [werde]“. Soweit für die vorliegende Untersuchung von Belang, zählt er u. a. die Genossenschaften für Handel und Gewerbe und die Genossenschaften der Familie auf. Unter letztere fasst er die bereits benannten Ganerbschaften sowie die Belehnung zur gesamten Hand. Der ehelichen Genossenschaft hingegen will Beseler keine eigene Rechtspersönlichkeit zuerkennen, da deren Dauer „nur eine beschränkte“ in Anbetracht der Tatsache sei, dass deren Fortsetzung nur von der Zufälligkeit einer mit Kindern gesegneten Ehe abhängig sei.56 c) Schärfere Abgrenzung der Gemeinschaftsformen: Deutsches Privatrecht War die Gestaltung der Genossenschaft in Beselers Werken bis zu diesem Punkt insbesondere hinsichtlich der Gesamthandsgemeinschaften noch recht vage, entwickelte er in seinen verschiedenen Auflagen zum System des gemeinen deutschen Privatrechts ein wesentlich differenzierteres Bild der verschiedenen Gemeinschaftsformen:
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Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 161. Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 162. 54 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 162. 55 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 164; vgl. auch Pagenstecher, S. 24 unter Bezugnahme auf Beseler. 56 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 169. Interessant ist hier vor allem die folgende Formulierung a.a.O.: „[…] auch bringt es die Verbindung der Ehegatten, so innig sie auch ist, zu keiner selbstständigen Persönlichkeit der Ehe, welche als solche weder berechtigt oder verpflichtet wird.“ Wenn bisher auch nicht erwähnt, erkennt man hier die Tendenzen Beselers, den Genossenschaften Rechtspersönlichkeit zuzusprechen. Vgl. dazu auch a.a.O. die S. 183 ff. 53
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Für ihn scheint sich nun „eine schärfere Abgrenzung der Begriffe“57 zu empfehlen und so sondert er aus den sog. „korporativen Genossenschaften“58 solche „Vereine und Gemeinschaften“ ab, die „über das Maß der obligatorischen Sozietät hinaus [gingen] und ein gewisses korporatives Element in sich [trügen], ohne doch als Korporation ausgebildet zu sein“,59 und solche, die der römischen societas angelehnt seien, jedoch eine deutliche „Hinneigung“ zur Korporation aufwiesen, die sie dem Römischen Recht fremd erscheinen ließen.60 „Das unterscheidende Merkmal für diese Aussonderung [sei] die juristische Persönlichkeit des Vereins“.61 In der ersten Gruppe finde eine „materielle Rechtsgemeinschaft statt, welche für bestimmte Beziehungen die Grenzen ihrer Persönlichkeit [aufhebe], und dieselbe gleichmäßig über die ihnen gemeinsam gewordene Rechtsphäre [erweitere], ohne dass jedoch ein neues, selbstständiges Rechtssubjekt in der Vereinigung begründet [werde].“62 Dieses Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen „Mehrere ihr Vermögen zu einem Vermögen zusammen legen“ ohne jedoch ideelle Anteile daran zu behalten,63 bezeichnet er als Gesamthand und ordnet dieser die Vergabungen von Todeswegen, die eheliche Gütergemeinschaft, die Gesamtbelehnung, und die Reederei zu.64 In die zweite Gruppe fasst Beseler sodann die Handelsgesellschaften unter einer Firma, die unabhängig vom Wechsel ihrer Mitglieder existierten und mit einem besonderen Vermögen ausgestattet seien.65 3. Die Ausformulierung der Genossenschaftslehre durch Gierke Während man bei den Untersuchungen von Beseler noch eine dingliche Betrachtung von Seiten des Gesamteigentums als Ausgangspunkt ausmachen konnte, die allmählich einer immer ausdifferenzierteren, schließlich die Gesamthand als besonderes Verhältnis absondernden Betrachtung von der Subjektseite her wich, findet sich bei Gierke keine entsprechende Entwicklung.66 Vielmehr schuf Gierke in seinen diversen Schriften über Genossenschaften und Rechtsgemeinschaften auf57
Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 274. Vgl. Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 276 ff. Er zählt dazu u. a. die Familiengenossenschaften des Adels und Markgenossenschaften, die jeweils nach dem Prinzip der Korporationen mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet gewesen sein sollen. Das Besondere im Vergleich zur universitas besteht für Beseler darin, dass die juristische Persönlichkeit der Korporation eigene Berechtigungen der Mitglieder am Gesamtvermögen nicht ausschließe. 59 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275. 60 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 276. 61 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275. 62 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275. 63 Vgl. Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 324. 64 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275 f., 324. 65 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 276. 66 Zur Entwicklung der Genossenschaftslehre Beselers vgl. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 2 Fn. 1. 58
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bauend auf der von Beseler im Laufe der Zeit entwickelten Differenzierung ein harmonisches und in sich stimmiges Bild der Gesamthand als Rechtsverhältnis aus germanischer Rechtstradition und Entwicklung, welches bis heute in dieser Form nicht mehr konstruiert zu werden vermochte.67 a) Die Wirkungen des personenrechtlichen Bandes bei der Gesamthand Wie auch schon Beseler68 sieht Gierke das Unterscheidungsmerkmal zwischen Genossenschaft und Gesamthand in der juristischen Persönlichkeit:69 „Überall dort, wo die Gemeinschaften keine eigene juristische Persönlichkeit bilden, muss das Vorliegen einer Gemeinschaftssphäre, eines „genossenschaftlichen Rechtsverhältnisses“ im Sinne einer Berechtigung Mehrerer zur gesamten Hand angenommen werden.70 Die „Mannigfaltigkeit der im Leben vorhanden Gemeinschaftsverhältnisse ohne korporativen Charakter“ sollte nicht nur auf eine einfache Mitberechtigung, eine „zu enge römische Gedankenschablone“71 reduziert werden, sondern „trotz Festhaltung des Mehrheitsprinzips“ eine „kräftige und dauerhafte Verbindung der Einzelwillen bewirken“ und für „eine starke Konzentration der Gemeinsphäre“ nach außen sorgen.72 In dieser Form könne die Gesamthand die mannigfaltigsten Abstufungen von einfachem Miteigentum bis hin zu Ausgestaltungen nahe einer Körperschaft umfassen.73 Für die Entstehung der Gesamthand in ihrer typisch „dehnbaren“ Ausgestaltung, „die der ungleichartigsten Durchführung fähig [sei]“,74 kommen gemäß Gierke persönliche wie auch sachliche Ausgangspunkte in Betracht, die bei bestimmten Gemeinschaften durchaus auch miteinander verwoben sein könnten.75 Die vorrangig personenrechtliche Grundlage sei dergestalt möglich, dass eine Verbindung mehrerer Personen Subjekt einer Gemeinschaftssphäre würde, wobei die „betreffenden Per67
Vgl. hierzu Buchda, S. 172 f. Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275. 69 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 923. 70 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925. 71 Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 339. 72 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 924 f. 73 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669, 675 f.; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 339: „Nicht minder nachdrücklich aber mussten wir darauf hinweisen, dass in unserem Rechtsleben, wie von der einen Seite die Gebilde des Körperschaftsrechts durch eine Fülle von Abstufungen an das Gebiet der individualrechtlichen Gemeinschaften hinabreichen, so von der andere Seite die letzteren durch mancherlei Übergänge bis an den körperschaftsrechtlichen Bereich emporsteigen“. 74 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118); zum „elastischen Gebilde“ der GbR: Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 834. Andeutungen bereits bei Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 325. 75 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 928, 936; ferner: Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 358 f. sowie Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669, 675. 68
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sonen dann in Bezug auf einen mehr oder minder umfangreichen Kreis an rechtlichen Beziehungen [träten], zwar nicht als Glieder eines höheren Ganzen [im Sinne einer Korporation], […] sondern als Individuen, welche durch ein bestimmtes rechtliches Band miteinander verknüpft [seien].“76 Durch dieses rechtliche Band werde die Gemeinschaft nach außen und nach innen je nach „Kraft und Dauer […] als Einheit zur Geltung gebracht“, die gegenüber Dritten als „Kollektivganzes“ auftreten könne77 und bei der die Personenverbindung eine selbstständige Bedeutung habe.78 Auf der anderen Seite sei es aber nach Gierke auch möglich, dass sich diese Gemeinschaftssphäre von der objektiven Seite her einheitlich ausbilde und „als zu einem gewissen Grade geschlossenes und mit rechtlicher Besonderheit begabtes Ganzes […] an eine Mehrheit von Subjekten herangebracht werde“, so dass auch diese Einheit ihre „eigenen rechtlichen Schicksale“ unabhängig von den Individualsphären der Beteiligten habe,79 ohne aber auch hier gewisser „Näherechte“ zu entbehren, die Ausdruck einer persönlichen Verbundenheit seien.80 b) Gestaltung und Grundlagen der Rechtssubjektivität der Gesamthand Im Außenverhältnis löse sich aus diesem Ganzen „kein [von den Mitgliedern] selbstständiges soziales Lebewesen mit eigener Persönlichkeit ab“,81 vielmehr bestehe die Eigenschaft dieses „Rechtsprinzips“82 darin, dass hier eine „Verbundenheit der Subjekte auf eine unter ihnen bestehende Vermögensgemeinschaft“ vorliege, bei der „mehrere Personen in einer rechtlichen Verbundenheit die Stellung eines Rechtsubjekts [hätten].“83 Im Innenverhältnis stelle sie keinen „korporativen Einzelwillen“ her, sondern einen „vereinigten Willen der Einzelnen“.84 Eine etwaige Anteilsberechtigung könne entweder gänzlich ausgeschlossen oder – wie es im Rahmen des preußischen gemeinschaftlichen Eigentums an Vermögensinbegriffen der Fall ist – nur die Sphäre als Ganzes erfassen, ohne dass die enthaltenen Einzelrechte und Pflichten in ideelle Teile zerlegt würden.85 76
Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 929; vgl. unten Fn. 83. Die Folgen dieses persönlichen Bandes gelten freilich auch für die Gemeinschaften, die Ausfluss einer objektiven Grundlage sind. 77 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 929. 78 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944. 79 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 930. 80 Vgl. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 347 unter Fn. 1. 81 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 660 f.; vgl. dazu auch Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 343. 82 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (117). 83 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (117); vgl. auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 389, 391; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 675. 84 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 930; vgl. auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 661, 664, 684. Zur Willensbildung als Unterscheidungskriterium der Gesamthand von den juristischen Personen, vgl. § 3 E. II. 2. 85 Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 391 f.
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Den Gemeinschaftsverhältnissen, denen nach seiner Ansicht ein „natürlich-sittliches“86 oder ein vertragsgemäßes Band zugrunde liegt, das die gemeinschaftliche Rechtssphäre erzeuge, weist er die Gütergemeinschaft der Ehegatten als Subjekt des gemeinschaftlichen Ehegattenvermögens zu sowie alle weiteren Formen familiärer Bindungen durch mehrere Personen in einem Haushalt, wie der fortgesetzten Gütergemeinschaft, der landrechtlichen sowie der lehenrechtlichen Gesamthand.87 Die Mehrzahl der Gesamthandsgemeinschaften sieht er jedoch in solchen, die entweder „ausschließlich oder jedenfalls zunächst“ auf einer objektiven Basis entstünden. Dazu zählt er u. a. die Erbengemeinschaft, gemeinschaftliches Bergwerkseigentum und die Reedereien.88 Als Beispiele für von beiden Seiten geprägte Gemeinschaften, die damit besonders nahe an Korporationen rückten, nennt er die Ganerbschaften und die Handelsgesellschaften.89 Unabhängig von der Frage, ob diese „organische Verbindung“90 in Ansehung der vorgenannten Entstehungsmöglichkeiten „Basis oder Folge“ sei,91 sieht Gierke das Resultat der Gemeinschaftsbildung“ immer in einer mehr oder minder straffen Zusammenfassung der Mehrheit zu einer „Kollektiveinheit“,92 die als solche rechtsfähig sei, ohne sich dabei zu einer von den Mitgliedern verselbstständigten juristischen Person zu erheben.93 Trotz der von Gierke vertretenen Rechtsfähigkeit der Gesamthand, die in ihrer kollektiven Einheit alle Eigentumsbefugnisse in sich trage und die einen „extremen“ Gegensatz zum losen Miteigentum bilde, sieht er auch hier die Idee von „im Hintergrund schlummernden Anteilen“, die bei einer Mehrheit von Personen kaum wegzudenken seien und erst dann hervortreten könnten bzw. vorstellbar seien, wenn die Gemeinschaft aufhöre zu existieren.94 86
Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 931. Vgl. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 932 f., 944. 88 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 933 f., 944. 89 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 934 f. Nach Inkrafttreten des BGB führt Gierke bestehende Unterschiede zwischen OHG und GbR im Hinblick auf die Verweisung von § 105 Abs. 3 HGB in das Recht der Gesellschaft im Wesentlichen auf „ein Plus von gesamter Hand“ zurück: Gierke, ArchBürgR 19, 114 (119). 90 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 661. 91 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 945; zusammenfassend: Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669. 92 Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 343; ferner: Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 676; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 940. 93 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). Dies gelte selbst dann, wenn die personenrechtliche Verbindung „nur“ als Ausfluss eines vermögensrechtlichen Zwecks wie bspw. bei der Reederei eintrete: Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 359 unter Fn. 3. 94 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 843 f.; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 390, 392; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 678; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344, 345 unter Fn. 2; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 948; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (125). Die von Gierke erwähnten Anteile werden jedoch auch in der jüngeren Literatur fälschlicherweise mit Anteilen im Sinne des Miteigentums nach Bruchteilen gleichgesetzt. Eingehend zur tatsächlichen Wirkung der Anteilsrechte s. § 3 B. III. 2. 87
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II. Abweichende Auffassungen Wie auch der Vorstoß Hasses, das Gesamteigentum unter Zuhilfenahme einer mystischen Person zu erklären, blieben freilich auch die Ansätze Beselers und Gierkes nicht ohne Kritik, die sich vor allem bei den ,Romanisten‘ in der deutschen Rechtslehre manifestierte. Aber auch einige Anhänger der germanistischen Rechtslehre konnten den Ansätzen der Genossenschaftslehre teilweise nicht viel abgewinnen, so dass eine Vielzahl abweichender Lösungsansätze entstand. Da sich diese Arbeit nicht nur mit den Besonderheiten der Erbengemeinschaft befassen, sondern dem vielmehr ein einheitliches Bild des Prinzips der rechtsfähigen Gesamthand als gewonnenen Ausgangspunkt voranstellen will, kann eine Betrachtung kritischer Stimmen in der Rechtslehre jedenfalls im selbstverständlich nicht als abschließend aufzufassenden nachfolgenden Überblick nicht ausbleiben. 1. Kritik am deutschen Gesamteigentum Noch bevor Beseler die Ansätze der Genossenschaftslehre ins Leben rief, wendeten sich Maurenbrecher und Mittermaier mit entschiedener Kritik gegen das deutschrechtliche Gesamteigentum (dominium plurium in solidum). Im Anschluss an Hasse sieht Maurenbrecher diese Eigentumsform als „im Widerspruch mit der Logik“95 stehend und fordert daher die „Unterdrückung“96 dieser Theorie. Für ihn kommen für Fälle, in denen eine Sache mehreren zusteht, schon nach der logischen Entwicklung nur zwei Formen der Beteiligung in Betracht: Das Miteigentum zu ideellen Anteilen oder das Eigentum einer juristischen Person, die von den Beteiligten gebildet werde.97 Auch Mittermaier sieht im Gesamteigentum ein „dem römischen Recht Widerstreitendes“ Eigentumsgebilde, für das sich „kein Bedürfnis nachweisen [lasse].“98 Die dem Gesamteigentum zugeordneten Verhältnisse ließen sich „viel einfacher erklären“:99 So liege entweder nur ein Gesamtgewere100 vor oder eine moralische Person sei die wahre Eigentümerin.101 Die Lehre vom Gesamteigentum erwähnt er daher nur um des „Kennenlernens“ willen.102
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Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S 452. Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 454. 97 Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 451 ff. Abweichend im Hinblick auf die von Beseler untersuchten Ganerbschaften (vgl. dazu Fn. 48) ordnet er diese daher den moralischen Personen zu, S. 382. 98 Mittermaier, S. 413. 99 Mittermaier, S. 413. 100 Darunter fasst er zuvörderst die Erbverträge nach altem deutschen Recht, Mittermaier, S. 413. Zum Begriff der Gewere und seines Umfangs vgl. Heusler, Gewere, S. 50 ff.: „Also Gewere ist Besitz“. 101 Mittermaier, S. 413. 102 Mittermaier, S. 412. 96
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Die umfassendste Untersuchung dieses „Trugbildes“103 und gleichzeitig die kennzeichnendste für den Umgang mit dem deutschen Gesamteigentum liefert jedoch Duncker. Sein Vorwurf lautet zunächst, dass die Figur des Gesamteigentums von dessen Vertretern einfach nur behauptet werde, ohne entsprechenden Beweis zu erbringen.104 Vielmehr ist er überzeugt, dass bei der „Beurteilung der nationalen Eigentümlichkeiten von an sich allgemeinen Rechtsverhältnissen“ die Gefahr bestehe, dass die allgemeinen Grundsätze voreilig der Annahme selbstständiger Institutionen geopfert würden, während man bestehende Unterschiede besonders im Vergleich zum römischen Recht anders erklären könne, als durch die Annahme eines Gesamteigentums.105 In der Folge unterzieht er jedes der bisher dem Gesamteigentum zugeordneten Verhältnisse einer gesonderten Betrachtung, schwankt dabei zwischen Zuordnungen zu modifizierten Arten von Miteigentum,106 gegenseitig gewährten Sukzessionsrechten,107 bedingtem Eigentum108 und der Zuordnung von Alleineigentum.109 Die genauere Zuordnung zu den einzelnen Verhältnissen und deren Begründung ist für die vorliegende Untersuchung nicht weiter von Belang; von Interesse für spätere Ausführungen ist lediglich der Umstand, dass er den verschiedenen Verhältnissen kein einheitliches Prinzip zugrunde legen wollte, sondern den Fokus vielmehr auf eine Einzelbetrachtung legte, die zu einer getrennten Entwicklung der verschiedenen Verhältnisse führte.110 2. Kritische und divergierende Stimmen zur Genossenschaftslehre a) Kritik an Beselers Volksrecht und Juristenrecht durch Thöl Einer der ersten, der die von Beseler begründete Genossenschaftstheorie für die Erklärung von Gesamthandverhältnissen angriff, war Thöl mit seiner kritischen Veröffentlichung gegen Beselers Volksrecht und Juristenrecht. Thöl wendet sich zuvörderst gegen den Sprachgebrauch. So bemerkt er mit Hinweis darauf, dass Beseler die Genossenschaften unter den Oberbegriff der „Corporationen“ stelle und 103
Duncker, S. 2. Duncker, S. 25. 105 Duncker, S. 26. 106 Duncker, S. 93, 152 für die Ganerbschaft in Anschluss an Pütter, S. 55. 107 Duncker, S. 145. 108 Duncker, S. 79. 109 Duncker, S. 161 f. für die Markgenossenschaft; S. 219 für das Alleineigentum des Mannes am gemeinschaftlichen Vermögen der Ehegatten. 110 Vgl. Buchda, S. 152. Indem Duncker jedes der einzelnen Rechtsverhältnisse eigenen Instituten zuordnet und darin bestimmte Besonderheiten zu erblicken glaubt, besinnt er sich letztlich selbst nicht auf das Allgemeine, sondern lediglich auf das Besondere, vgl. Ascheuer, S. 147 f.; Heusler, Institutionen Bd. I, S. 249. Dieser Fehler wird auch in der modernen Gesamthandslehre wiederholt, indem die Gemeinschaften auf Basis ihrer vermeintlichen Eigentümlichkeiten hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit unterschiedlich beurteilt werden, s. § 3 F. II. 104
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auch die Ehe zu diesen Genossenschaften zähle, dass man „noch nie von einer Corporation der Eheleute, von der Verfassung der Ehe, gehört habe“.111 Dass durch den Genossenschaftsbegriff die juristische Person in die „einfachsten Verhältnisse […] hineingetragen“ werde, hält er für etwas dem „natürlichen Rechtssinn Widerstrebendes“.112 Ferner moniert er, dass die für die Genossenschaft aufgestellten Merkmale viel zu unbestimmt seien.113 Insbesondere das Merkmal des Durchwachsenseins der juristischen Person mit den Rechten der Mitglieder, bei der es zur einer Modifikation von Elementen der universitas durch die communio komme, hält er mit Rücksicht auf die Anerkennung eines schroffen Gegensatzes zwischen den beiden Verhältnissen für nicht möglich.114 Nach Thöl könne der Begriff der Genossenschaft daher so nicht durchgeführt werden.115 Dies äußere sich zum einen dadurch, dass er bspw. die Ehe auch unter die Genossenschaften fasse, ihr aber gleichzeitig keine juristische Persönlichkeit zuschreiben wolle.116 Zum anderen darin, dass das Vermögen auf der einen Seite der juristischen Person als Eigentümerin zugeschrieben werde, an dem die Mitglieder aber gleichzeitig Eigentum zu ideellen Anteilen haben sollen.117 Letztlich führt Thöl seine Analyse der Ausführungen Beselers zu dem Schluss, dass die Genossenschaftslehre auf einer „Verwechslung“ beruhe.118 Für ihn stellen sich die von Beseler untersuchten Genossenschaften in den meisten Fällen als Vereine und Gesellschaften dar, bei denen die einzelnen Mitglieder Miteigentum nach ideellen Anteilen hätten und abweichend vom römischen sowie orientiert an deutschem Gewohnheitsrecht die Teilungsklage auf Dauer ausgeschlossen sei.119 Die Genossenschaftstheorie ist für ihn daher lediglich ein Konstrukt, das Resultat der Verkennung dieser Besonderheiten sei.120 b) Die vermeintlichen Genossenschaften als bloße Modifikationen und Fortbildungen der societas nach der Theorie von Schmid Ähnlich macht auch Schmid den Anhängern der Genossenschaftslehre den Vorwurf, sich nicht ausreichend auf die im römischen Recht entwickelten Grundbegriffe zu besinnen und die Besonderheiten des deutschen Vereinswesens voreilig Eigentümlichkeiten des deutschen Rechts zuzuschreiben, die von jenen des römischen Rechts in Form von universitas und societas zu scheiden seien.121 Abweichend 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121
Thöl, S. 21. Thöl, S. 21. Thöl, S. 27. Thöl, S. 26. So äußern sich auch Hillebrand, S. 115 f., 155 und Walter, S. 85, 122 f. Thöl, , Überschrift § 7, S. 27. Thöl, S. 27 ff. Thöl, S. 48 ff. Thöl, S. 55. Thöl, S. 38, 56 ff. Thöl, S. 57. Schmid, AcP 36, 147 (149 f.).
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von Germanisten wie Beseler oder Renaud, von denen er glaubt, dass sie sich zur Erfassung der Besonderheiten der deutschrechtlichen Gemeinschaften lediglich eines modifizierten universitas-Begriffes bedient hätten, zeigt er zunächst auf, dass auch im römischen Recht das Eigentum der juristischen Person Rechte der Mitglieder an dem Korporationsvermögen nicht ausgeschlossen habe.122 Infolgedessen geht Schmid ähnlich wie Thöl davon aus, dass es sich bei den nicht zu leugnenden Abweichungen des deutschen vom römischen Recht hinsichtlich der Genossenschaften nicht um modifizierte Formen der universitas handele, sondern um „Fortbildungen und Modifikationen der römischen Grundsätze über die societas“,123 so dass der Genossenschaftstheorie eine „falsche Grundlage gegeben worden sei.“124 c) Aufsplittung der genossenschaftlichen Verhältnisse unter societas und universitas durch Gerber Wie bereits Duncker will auch Gerber die unter die Genossenschaften gefassten Verhältnisse unterschiedlich behandeln und entweder als Miteigentum mit bestimmten Auflagen und Bedingungen, als societas oder als Korporation einordnen.125 Die Genossenschaftslehre hält er für „unhaltbar“,126 für einen unmöglichen Versuch der Vereinigung der Prinzipien von universitas und communio.127 Für ihn ist „die Übertragung der Persönlichkeit auf ein Wesen […] eine Fiktion“ deren Vornahme alleine in der gesetzgebenden Gewalt des Staats liege.128 In einigen Fällen bedürfe es seiner Ansicht nach überhaupt keiner rechtlichen Einordnung, spricht er vielen der von der Genossenschaftstheorie erfassten Vereinigungen doch die Eigenschaft als Rechtsverhältnis ab und damit die Notwendigkeit der Erklärung der diversen Vereinigungsformen durch bestimmte Rechtsinstitute.129 d) Heusler: Die Gesamthand als Rechtsprinzip auf Grundlage der communio Auch Heusler nimmt sich in seinem zweibändigen Werk zu den Institutionen des deutschen Privatrechts der Frage an, ob zwischen der einfachen Gemeinschaft und 122
Schmid, AcP 36, 147 (160, 183). Schmid, AcP 36, 147 (160, 184, 189). Ähnlich wohl auch Roth, S. 140 ff., der die Beteiligung Mehrerer, soweit es sich nicht um eine juristische Person handelt, immer dem Miteigentum zu ideellen Anteilen zuschreibt, das – wie er am Bsp. des Preuß. ALR zu zeigen versucht – in den jeweiligen Vereinigungen besonders modifiziert sei. 124 Schmid, AcP 36, 147 (189). 125 Gerber, ZCP 1855, 193 (201, 202 ff., 205 f.); so auch Hillebrand, S. 115 f., 155 und Walter, S. 85, 122 f. 126 Gerber, ZCP 1855, 193 (195). 127 Gerber, ZCP 1855, 193 (210); vgl. auch Gerber, Dt. Privatrecht16, S. 80. 128 Gerber, ZCP 1855, 193 (195 f.); Walter, S. 85. 129 Gerber, ZCP 1855, 193 (198 f.). So für die Familie, die er lediglich als „Tatbestand des sittlichen Lebens“ betrachtet. Vgl. Gerber, Dt. Privatrecht16, S. 80. 123
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der juristischen Person nicht eine „Kombination der beiderseitigen Elemente, eine Mittelform“ bestehen könne, die „Gemeinderschaft zu gesamter Hand“.130 Heusler sieht in der gesamten Hand wie Gierke ein „Rechtsprinzip“, „aus dem sich das Wesen des Rechtsinstituts [der darauf beruhenden Gemeinderschaft] erst [zusammensetze]“.131 Er geht jedoch davon aus, dass das Prinzip der gesamten Hand die Annahme ideeller Teile nicht ausschließe. Dies folge daraus, dass eine Beteiligung ohne Quoten jedenfalls in den Fällen nicht denkbar sei, in denen Teilung oder Teilungsklage „in Aussicht stehen […]. Denn Teilung, […] [sei] nichts anderes als die Umsetzung eines Quotenrechts in ein selbstständiges Objekt.“132 Die Quoten entstünden seiner Meinung nach auch nicht qua gesetzlicher Anordnung mit der Auflösung der Gemeinderschaft, vielmehr „[spreche] das Gesetz nur den Teilungsmodus aus“.133 Im Hinblick darauf schließt Heusler nach genauerer Betrachtung der Eigenheiten der gesamten Hand die Zugehörigkeit zu den juristischen Person aus und ordnet die gesamte Hand der Gemeinschaft zu. In deren Rahmen erschienen die communio und die Gemeinderschaft als „zwei Arten des selben Genus“.134 Dabei sieht er die communio als „äußerste Grenze in Bezug auf [die] Ungebundenheit des Willens“ während die Gemeinderschaft „Schranken aufgerichtet [habe], welche den Willen des Einzelnen im Interesse der anderen Teilhaber weit mehr als es bei der römischen communio der Fall [sei, bänden].“135
B. Die Gesamthandslehre im Bürgerlichen Gesetzbuch Mit der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches beginnt in dem umfangreichen historischen Überblick Buchdas „die letzte Epoche der deutschen Gesamthandslehre“ und eine vermeintliche Änderung in der Arbeitsweise bezüglich der Erfassung des Prinzips gesamthänderischer Bindung.136 In dieser Beziehung verweist er u. a. auf die Ausführungen von Joerges, der fordert: „Wenn man an die dogmatische Erörterung dieser Frage von dem Standpunkt des neuen Reichsrechtes herantritt, hat man dieselbe, soll sie zu klaren Resultaten führen, von jeder Beimischung rechtspolitischer wie rechtshistorischer Punkte strenge frei zu erhalten.“137 Eine Zäsur in der Gesamthandslehre lässt sich jedoch nicht ausmachen. Wie in den nachfolgenden Ausführungen aufzuzeigen sein wird, lassen sich die im Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches entwickelten Theorien nicht nur grundsätzlich in die gleichen ,Strö130
Heusler, Institutionen Bd. I, S. 224. Heusler, Institutionen Bd. I, S. 226. 132 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 238. 133 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 239. 134 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 249. 135 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 249; so wohl auch Franken, S. 272 ff., der das germanische Miteigentum als ein besonders ausgeformtes neben das römische Miteigentum stellt. 136 Vgl. Buchda, S. 189 f. 137 Joerges, ZHR 51, 47 (52). Zu dieser Entwicklung Ascheuer, S. 223 f. 131
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mungen‘ einteilen wie jene, derer sich im Rahmen des deutschen Privatrechts zur Erfassung des Gesamthandsprinzips bedient wurde, sondern sie fußen im Wesentlichen auch auf den gleichen Gedanken und Ideen.138 I. Aus den Materialien zum BGB Bevor im dritten Teil139 der Untersuchung auf die Erwägungen der zweiten Kommission zur Ausgestaltung der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft eingegangen wird, sind an dieser Stelle die Motive der ersten Kommission sowie die Protokolle der zweiten Kommission auf Aussagen zur dogmatischen Konstruktion der Gesamthandsgemeinschaften im BGB zu untersuchen. 1. Motive der Kommission zum ersten Entwurf a) Das Verhältnis der Miterben Wie im Rahmen der vorangegangenen Ausführungen gezeigt wurde, ist das Verhältnis der Gesamthand in der Vergangenheit für die Erklärung einer Vielzahl von Fällen gemeinschaftlicher Vermögensbeteiligung verwendet worden. Im Gegensatz dazu steht der 1888 vorgelegte erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, dem auf dem Boden des römischen Rechts sämtliche germanischen Gemeinschaftsformen grundsätzlich fremd waren. Bildeten die frühen Hausgemeinschaften und deren Fortführung durch die Erben des verstorbenen Familienoberhauptes den Ursprung der deutschen Gesamthandsverhältnisse,140 ordnete I § 2051 Abs. 1 S. 2 BGB den Übergang der einzelnen Rechte und Verbindlichkeiten auf die Erben nach Verhältnis ihrer Anteile an. Der Entwurf folgte insofern dem gemeinen Recht, wonach sich die Mitberechtigung- und Verpflichtung der Erben „nach denjenigen Vorschriften bestimmt, welche überhaupt bei einer Mehrheit von Berechtigten und Verpflichteten entscheiden.“ Die Kommission stellte insofern fest, dass das Rechtsverhältnis „je nach Erbschaftsgegenstand verschiedenartig ausgestaltet sein kann“ und damit eine Teilung Kraft Gesetztes oder eine Gemeinschaft mit oder ohne Bruchteile entstehen könne.141 Gänzlich unberücksichtigt blieb die Gesamthand jedoch nicht. So verzichtete man bei der Konstruktion des I § 2051 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich auf die Formulierung „nach Bruchteilen“, um so mit Verweis auf die I §§ 946, 1344, 1373 BGB den Fällen Rechnung zu tragen, die nach der Figur der gesamten Hand geregelt waren.142
138 139 140 141 142
Zur Einteilung vgl. § 2 B. II. Vgl. Einleitung § 4. s. § 3 D. I. Motive zu §§ 1967, 2032, 2058 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 281. Motive zu §§ 2052 – 2054 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 283.
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b) Das Gesellschaftsverhältnis In den Motiven zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich derweil keine entsprechenden Erwähnungen der Gesamthand. Zu I § 629 BGB beschränkte man sich auf die Klarstellung, dass den Vorschriften über die Gesellschaft „die gemeinrechtliche Auffassung vom Begriff und Wesen der Sozietät zugrunde liegt“.143 c) Die Gütergemeinschaft Eine Ausnahme bildete die in I § 1344 BGB geregelte Gütergemeinschaft der Ehegatten. Die Kommission beschränkte sich hier nicht auf eine bloß beiläufige Erwähnung des Instituts, sondern „durchlöcherte“ die im Übrigen vorherrschende individualistische Prägung des ersten Entwurfs „zu Gunsten der Annahme einer regelwidrigen Gemeinschaft“.144 Mit Hinweis auf die äußerst umstrittene Frage der juristischen Konstruktion der Gütergemeinschaft schloss die Kommission zuvörderst das dominium plurium in solidum, eine juristische Person und auch das Miteigentum im Sinne einer Sozietät als mögliche Grundlagen unmittelbar aus.145 Dass diese Schritte nur unter „schwersten Bedenken“146 und mit „schwerem Herzen“147 erfolgten, zeigt sich daran, dass man sogar ein Alleineigentum des Ehemannes an den Gütern in Erwägung zog, bevor man sich vornehmlich auf Basis historischer Erwägungen letztlich doch entschloss, dem deutschenrechtlichen Miteigentum den Vorzug zu geben.148 Für den deutschrechtlichen Gemeinschaftsgedanken war die Aufnahme der Gütergemeinschaft in den ersten Entwurf jedenfalls auf konstruktiver Ebene freilich nur ein Pyrrhussieg, denn die Kommission begnügte sich mit der Feststellung, dass „die Ansichten über die rechtliche Natur […] der Eigentumsgemeinschaft, namentlich darüber, ob diese als ein deutschrechtlich modifiziertes römisches Miteigentum oder als ein selbstständiger deutschrechtlicher Gemeinschaftsbegriff (Gemeinschaft zur gesammten Hand) aufzufassen ist, vielfach auseinander gehen.“149 d) Zusammenfassung Die Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Gesetzgebers im Rahmen des ersten Entwurfes für das BGB gibt für die Frage nach der dogmatischen Konstruktion der Gesamthand nur sehr wenig her. Es bleibt vielmehr mit Gierke festzustellen, dass „in dem Gedankensystem des Entwurfes für das deutschrechtliche Gemeinschafts143
Motive zu § 2002 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 330. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 89. 145 Motive zu §§ 1341 – 1409 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 180 f. 146 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (698) unter Fn. 8 jedoch insoweit ungenau, wie er behauptet, dass man sich hier für die Gesamthand entschieden habe. 147 Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 90. 148 Motive zu §§ 1341 – 1409 BGB, in: Mugdan Bd. IV S. 182 f. 149 Motive zu §§ 1341 – 1409 BGB, in: Mugdan Bd. IV S. 182 f. 144
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prinzip der gesammten Hand, bei welchem eine Personenmehrheit in einer bestimmten rechtlichen Verbundenheit als Subjekt erscheint, an sich kein Raum“ war und dort, wo nur ansatzweise entsprechende Gedanken Platz fanden, diese eine Abnormität bildeten.150 2. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des BGB a) Zur Güter- und Erbengemeinschaft Anders gestaltete sich hingegen die Lage im Rahmen des zweiten Entwurfs für das BGB. Hier besann man sich nicht alleine aus Zweckmäßigkeitserwägungen,151 sondern auch im Hinblick auf die am ersten Entwurf geäußerte Kritik auf die Ausgestaltung der Erbengemeinschaft als Gemeinschaft zur gesamten Hand.152 Indes finden sich auch im zweiten Entwurf – jedenfalls im Rahmen der Erbengemeinschaft – keine weitergehenden Erwägungen zu deren rechtlicher Natur. Entsprechendes gilt für die Gütergemeinschaft der Ehegatten. Man beschäftigte sich hier vornehmlich mit der redaktionellen Frage, wie eine hinreichende Klarstellung erfolgen könne, dass die Gütergemeinschaft keine Bruchteilsgemeinschaft sei.153 Einigkeit bestand jedoch darüber, „dass das Gemeinschaftsverhältnis der Ehegatten in Ansehung des Gesamtgutes seinem Wesen nach dem Gemeinschaftsverhältnis der Gesellschafter in Ansehung des Gesellschaftsvermögens gleich sei.“154 b) Zur Gesellschaft Im Rahmen jenes Verhältnisses finden sich so auch die wenigen Ausführungen der Kommission zur rechtlichen Gestaltung der Gesamthand. Im Hinblick auf den ersten Entwurf wird zunächst festgestellt: „Nach dem Entwurf ist die Gesellschaft prinzipiell ein rein obligatorisches Verhältnis.“155 Die Gesamthand habe jedoch auch dingliche Wirkungen, „wodurch die in die Gemeinschaft gelangenden Vermögensstücke unmittelbar ihrem Zwecke dienstbar gemacht werden, indem aus ihnen ein selbstständiges Gesellschaftsvermögen gebildet wird.“156 Bezüglich der in der Folge dargestellten „sachlichen Verschiedenheiten der beiden Systeme“ bestand Einigkeit, während „die Meinungen darüber, wie die Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand theoretisch zu konstruieren sei, und was man als charakteristisches
150
Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 55. Vgl. dazu § 4. 152 Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495; Denkschrift, Mugdan Bd. V, S. 860; Ascheuer, S. 206. 153 Protokolle zu §§ 1341 – 1352 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 801. 154 Protokolle zu §§ 1341 – 1352 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 801. 155 Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 989. 156 Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. 151
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Merkmalmal derselben anzusehen habe, auseinandergingen.“157 Was folgt, ist eine kurze Gegenüberstellung der in der Kommission vertreten Ansichten, auf die in Ansehung der vorausgegangen Darstellungen,158 die im Wesentlichen die vertretenen Ansichten abdecken, und vorbehaltlich einer eingehenderen Auseinandersetzung in § 3 hier nicht weiter einzugehen ist. Wesentlich ist vielmehr die folgende Aussage: „Die Kommission war der Ansicht, dass eine Stellungnahme zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesamten Hand zu vermeiden sei.“ Eine folgenschwere Enthaltung,159 deren Auswirkungen den Ausgangspunkt der nachfolgenden Ausführungen darstellen. II. Beurteilung in Literatur und Rechtsprechung Durch die Entscheidung der Kommission, sich einer Stellungnahme zu der „theoretischen“ Konstruktion der Gesamthand zu enthalten, eröffnete man auch nach Inkrafttreten des BGB zum 01. Januar 1900 die Möglichkeit zu einer Vielzahl von teilweise „erbittert“160 geführten Meinungsstreitigkeiten über das Wesen der Gesamthand. Will man die im Wesentlichen vertretenen Auffassungen grob differenzieren, so lassen sich diese grundsätzlich drei verschiedenen Strömungen zuordnen; eine Tendenz, wie man sie bereits bei den zuvor behandelten Streitigkeiten im deutschen Privatrecht ausmachen kann.161 In Anlehnung an das römische Recht können die einzelnen Mitglieder in Form einer bestimmten Beteiligung als Träger der gemeinschaftlichen Vermögenswerte angesehen werden oder, in eher germanistisch geprägter Weise, ein durch das gemeinschaftliche Band gebildetes Rechtssubjekt. Vermittelnd wird ferner eine Trägerschaft der Mitglieder in ihrer Verbundenheit vertreten, ohne dass diese Einheit als ein Rechtssubjekt angesehen wird. Eine abschließende Aufzählung allein aller vertretenen Auffassungen seit Einführung des BGB mit entsprechender Würdigung kann jedoch nicht Ziel der weiteren Untersuchung sein und stellte selbst bei Zuhilfenahme der modernen Recherchemöglichkeiten eine kaum zu bewältigende Aufgabe dar; jedenfalls ließen sich mit dieser Ausrichtung einige Bände füllen.162 Es sind somit lediglich die Ansichten einer eingehenderen Darstellung und Auseinandersetzung zu unterziehen, die die Gesamthandslehre in 115 Jahren BGB-Anwendung vornehmlich beschäftigt und auch geprägt haben.
157
Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. Vgl. § 2 A. 159 J. Blomeyer, JR 1971, 397 bezeichnet die Entscheidung an sich, ein Vermögen einer Mehrheit von Personen gemeinschaftlich zustehen zu lassen, gar als ein „Dilemma“. 160 K. Lange, S. 565 Rn. 1. 161 Vgl. Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 10. 162 Vgl. Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1178. 158
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1. Theorie der geteilten Mitberechtigung Orientiert an den zuvor aufgezeigten Möglichkeiten einer dogmatischen Erfassung der gesamthänderischen Bindung soll zunächst eine Darstellung der Erstgenannten, der Trägerschaft der einzelnen Gesamthänder zu bestimmten Anteilen am Gesamthandsvermögen, erfolgen. In diese Kategorie ist die sogenannte ,Theorie von der geteilten Mitberechtigung‘ einzuordnen.163 a) Dogmatische Grundlage Einig ist man sich unter den Anhängern dieser Theorie, dass jedes Mitglied der Gemeinschaft ein selbstständiges und bestimmtes Teilrecht an den zum Sondervermögen der Gesamthand gehörenden Gegenständen haben muss. Uneinigkeit besteht hingegen darüber, nach welchen Grundlagen die Bestimmung des Anteils zu erfolgen hat.164 Diese praktische Frage bedarf jedoch nur einer weiteren Auseinandersetzung, wenn sich die Lehre der geteilten Mitberechtigung als die einzig taugliche Grundlage der Gesamthand erweisen sollte. Sie sei daher vorläufig zurückgestellt. Es genügt zunächst die Klarstellung, dass nach dieser Auffassung die deutschrechtliche Gesamthand auf dem Gerüst der römischen societas steht, die jedoch in Bezug auf die den Gesamthändern zustehenden Teilrechte durch die Mitgliedschaft in der Gemeinschaftssphäre dahingehend modifiziert ist, dass die jeweiligen Teilrechte mit einer Verfügungsbeschränkung sowie besonderen Verwaltungsregeln zur Wahrung des gemeinschaftlichen Zwecks belegt sind.165 Dies führt dazu, dass die §§ 719 Abs. 1 Alt. 2, 1419 Abs. 1 und 2033 Abs. 2 BGB hinsichtlich eines Teilrechts an den einzelnen Sondervermögensgegenständen als ein Verfügungsverbot im Sinne des § 135 BGB zu verstehen wären.166
163
Begriff nach Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (705); ausführliche Darlegungen auch von Krückmann, ZBlFG 1916, 1 ff.; Joerges, ZHR 49, 140; 51, 47; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 6 ff.; im Übrigen auch: BayObLG, Beschl. v. 12. 01. 1968 – 2 Z 94/67 = FamRZ 1968, 206 f.; KG, Beschl. v. 13. 10. 1938 – Az.: 1 Wx 468/38 = JW 1938, 3115; Kregel, in: BGB-RGRK, § 2032 Rn. 4; § 2033 Rn. 14; Schulze-Osterloh, S. 8 ff., 131, der die Gesamthand als eine modifizierte Bruchteilsgemeinschaft ansieht, bei der sich die gemeinschaftliche Zuständigkeit nicht nur auf einen Gegenstand erstreckt, sondern auf eine Mehrzahl von Gegenständen; Baer, ZBlFG 1914, 570 (584); Dernburg, ZRpflBay 1905, 33 (34 f.) im Anschluss an OLG Colmar, Beschl. v. 30. 05. 1904 = OLGRtspr. 9, 306; zuletzt wohl WeberGrellet, AcP 182, 316 (329 ff.), der zwar von der Zuständigkeit der „Teilhaber […] in ihrer Verbundenheit“ spricht, in der Folge aber von einem Verfügungsverbot hinsichtlich der Anteile an den einzelnen Vermögensgegenständen handelt. 164 Überblick bei Lenski, S. 17 f. 165 Eingehend Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (723 f.). 166 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (725, 736); vgl. auch Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6; Kattausch, S. 46; Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 294.
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b) Vorrangig bediente Argumente Als eines der tragenden Argumente für diese Ansicht wird vor allem der Wortlaut des Gesetzes im Hinblick auf die §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1, 2033 Abs. 2 BGB herausgestellt, wonach die Gesamthänder über ihren jeweiligen Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen nicht verfügen können. Durch diese Formulierung werde vorausgesetzt, dass den Gesamthändern ein Anteil an den Vermögensgegenständen zustehe, der jedoch „suspendiert“ sei.167 Ferner wird geltend gemacht, dass die Möglichkeit der Teilung mit anschließender Verteilung bzw. Auseinandersetzung des Sondervermögens in Ansehung der Quote des einzelnen Gesamthänders das Vorliegen von Anteilen voraussetze.168 In diesem Zusammenhang wird ferner argumentiert, dass das BGB für die Verbindung Mehrerer lediglich die Formen der Gemeinschaft nach Bruchteilen und der Körperschaft kenne. Nur in der Form der Teilung nach ideellen Quoten an den Vermögensgegenständen sei in Ermangelung der Anerkennung von selbstständigen Vermögensinbegriffen169 im BGB eine gemeinschaftliche Trägerschaft eines Vermögens möglich,170 „denn auch die einzelnen Gegenstände für sich betrachtet [müssten] irgendjemanden zu[sic!] Eigentum (oder sonstigem Rechte) gehören.“171 Als Alternative böte sich nach den Vertretern nur noch eine Vermögensträgerschaft der Gesamthand an sich; allerdings sei in Ansehung der Regelungen des BGB die damit einhergehende Einordnung der Gesamthand als Körperschaft ebenso ausgeschlossen wie die Anerkennung einer rechtsfähigen Zwischenform Gierk’scher Prägung.172
167 In Bezug auf die hier im Mittelpunkt des Interesses stehende Erbengemeinschaft Dernburg, ZRpflBay 1905, 33 (34), wobei das Wortlaut-Argument freilich ebenso auf die anderen Gesamthandsgemeinschaft zutrifft, wie Dernburg jedenfalls für die GbR klarstellt, S. 35; unter Bezug auf §§ 718, 719 BGB auch Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (723); Joerges, ZHR 49, 140 (182 f.); 51, 47 (64); ferner BayObLG, Beschl. v. 12. 01. 1968 – 2 Z 94/67 = FamRZ 1968, 206 (207); Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 26; Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (19); Schulze-Osterloh, S. 8, 14, 29. 168 So wohl Kreß, S. 2 unter Fn. 3; vgl. ferner Wieling, Sachenrecht Bd. I, S. 282 unter Fn 16 ohne, dass hier klar wird, ob diese Anteile selbstständige Teilrechte sein sollen oder sich eher an jenen orientieren, die von einigen Vertreten der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung angenommen werden. Entsprechende Argumente schon bei Heusler, Institutionen Bd. I, S. 238; vgl. § 2 A. II. 2. d). 169 Hierzu eingehend Joerges, ZHR 49, 140 (174 ff., 182 f.,191) mit Kritik an Gierke in Bezug auf die Annahme eines Vermögensinbegriffs; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 19, 25. 170 Ähnlich Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (6, 19). 171 KG, Beschl. v. 13. 10. 1938 – Az.: 1 Wx 468/38 = JW 1938, 3115. 172 Vgl. Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (723); Joerges, ZHR 49, 140 (181 f.); 51, 47 (56); darauf scheint wohl auch Schulze-Osterloh, S. 8, 14, 29 hinaus zu wollen.
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2. Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung Die Lehre der sog. ungeteilten Gesamtberechtigung stellte lange Zeit für sämtliche Gesamthandsgemeinschaften die herrschende dogmatische Konstruktion dar. Mit Ausnahme der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt dies weiterhin für die Erbengemeinschaft173 und die Gütergemeinschaft der Ehegatten.174 Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurden diverse mehr oder weniger ausgeprägte Modifikationen dieser Theorie entwickelt, so dass nicht nur eine abschließende Darstellung kaum möglich erscheint, sondern auch eine Einordnung unter einen bzw. gemeinsame Oberbegriffe Schwierigkeiten bereitet.175 Dennoch soll versucht werden, die verschiedenen Theorien unter die möglichst weit gefassten Oberbegriffe der mitgliedschaftlichen und der dinglichen Ausprägung zu fassen. Die gewählten Begriffe dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung grundsätzlich eine Konstruktion der gesamthänderischen Bindung von der Objektseite her versucht; die verschiedenen Ausformungen der Theorie ,neigen‘ sich nur jeweils mehr oder weniger in Richtung einer personenrechtlichen oder einer dinglichen Konstruktion. Insofern scheint es auch gerechtfertigt, die vertretenen Lösungsansätze dem zuvor genannten Typus der vermittelnden Ansichten zuzuordnen. a) Dingliche Ausprägung Betrachtet man die Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung, begegnet sie einem in den verschiedensten Formen, die von der Verneinung sämtlicher Anteilsrechte „am Vermögen“ bis zur Anerkennung von Anteilen am Vermögen insgesamt wie auch einer Beteiligung an den einzelnen Vermögensgegenständen reichen, wobei insbesondere bei der Beurteilung der Anteilsrechte wiederum verschiedene Ansätze vertreten werden. Die ,schärfste‘ Ausprägung der ungeteilten Gesamtberechtigung liegt in der Negierung eines jeden Anteils an dem Sondervermögen wie auch an den enthaltenen Rechten.176 Eine gemeinschaftliche Berechtigung in dieser Schärfe, ohne jede Teilung oder Form von Mitberechtigung wird jedoch nur selten vertreten. Ein Großteil der Anhänger der Gesamtberechtigungstheorie sieht das Sondervermögen 173
Vgl. statt vieler Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 7 ff. Vgl. statt vieler Thiele, in: Staudinger, BGB, § 1416 Rn. 5. 175 In Ansehung dessen scheint bspw. die Bezeichnung „Verbundenheitslehre“ nach J. Blomeyer, JR 1971, 397 passender. Hennecke, S. 52 meint zwar, dass man sich bei der Erfassung der Strukturmerkmale der verschiedenen Gesamthandstheorien nicht an den von ihren Vertretern gewählten Oberbegriffen orientieren könne. Dem kann aber nicht gefolgt werden. Die beinahe unüberschaubare Fülle der verschiedenen Theorien bzw. ihre Nuancen in immer neue Gliederungen zu zwängen, erschwert deren Erfassung nur unnötig und zusätzlich. Die einst von Nagler aufgestellten Begriffe haben sich in der Standardliteratur weitestgehend durchgesetzt und sind daher für diese Untersuchung beizubehalten. 176 Wieling, Sachenrecht, S. 92, so wohl auch Stürner, in: Jauernig, BGB, §§ 2032, 2033 jeweils Rn. 1; mit entsprechenden Anklängen Endemann, Bürgerliches Recht Bd. I-2, S. 1131; Bd. II-1, S. 447 f.; Bd. III-2, S. 1005 ff. – anders in direkter Anlehnung an Gierke noch Bd. I6, S. 816 f. 174
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vielmehr faktisch als Vermögensinbegriff an, der nach quotenorientierten Anteilen aufgespalten und den Gesamthändern als subjektives Recht gegenübergestellt ist.177 Im Gegensatz dazu wird die Negierung eines Anteils an den einzelnen Vermögensgegenständen weitaus häufiger vertreten, so dass nach dieser Ausprägung jeder als Eigentümer eines jeden Vermögensgegenstandes zu betrachten ist.178 Dabei wird teilweise vermieden, Formulierungen, die von einer vollen Eigentümerstellung eines jeden Gesamthänders sprechen, zu verwenden und so das Eigentum den Gesamthändern „gemeinschaftlich“ zugewiesen: Die einzelnen zum Vermögen gehörenden Rechte seien „als gemeinschaftlich in dem Sinn zu denken, „dass weder A noch B Subjekt des Rechtes [seien], sondern beide zusammen, als Inhaber des gemeinsamen Vermögens“,179 „während jeder für sich alleine als Nichtberechtigter [erscheine]“.180 Von anderen wiederum wird das Verhältnis der Gesamthänder zu den einzelnen Rechten bzw. Vermögensbestandteilen dahingehend präzisiert, dass der Anteil am Gesamtvermögen gleichzeitig eine nicht bezifferbare Mitberechtigung oder Sonderberechtigung an den einzelnen Vermögensgegenständen vermitteln soll.181 Anders als im Rahmen der Theorie der geteilten Mitberechtigung ist nach dieser Auffassung in dem Ausschluss der Verfügbarkeit über den Anteil eines Beteiligten an den einzelnen Gegenständen (§§ 719 Abs. 1 Alt. 2, 1419 Abs. 1 und 2033 Abs. 2 BGB) nicht ein Verfügungsverbot oder die Anerkennung eines solchen Teilrechts zu sehen, sondern die Negierung eines Anteils an den einzelnen Gegenständen überhaupt.182 Vielmehr soll sich alleine aus der „besonderen Gestaltung des Gemeinschaftsverhältnisses“ die Erhebung des Vermögens zu einem gemeinschaftlich gebundenen Sondervermögen ergeben.183 Umfangreiche Darlegungen zur Vereinbarkeit der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung insbesondere mit dem Eigentumsbegriff, wie man sie bspw. bei Binder oder Joerges zur Lehre der geteilten Mitberechtigung findet, sucht man für die 177 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 5, 12, 14; Bork, S. 85 Rn. 194; v. Gamm, in: BGBRGRK, Vor § 705 Rn 4; v.Tuhr, S. 78 f.; Strohal, S. 86 f.; Crome, Bürgerliches Recht Bd. II-2, S. 765; Coester-Waltjen, JURA 1990, 469. 178 RG, Urteil v. 23. 02. 1907 – Az.: I 404/06 = RGZ 65, 227 (235); OLG Hamm, Beschl. v. 15. 04. 1958 – Az. 15 129/58 = DNotZ 1958, 416; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 2; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 11; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2032 Rn. 17; K. Lange, S. 569 Rn. 9; Brox/Walker, Erbrecht, S. 264 Rn. 470; Westermann, S. 182. 179 v. Tuhr, S. 80, 348; so auch; Hoeren, in: NHK-BGB, § 2032 Rn. 3 Leipold, S. 299 Rn. 721, 722; K. Lange, S. 569 Rn. 9; Schlüter, S. 201 f. Rn. 642 f., der jedoch gleichzeitig einen Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen annimmt, S. 202 Rn. 644; Enneccerus/ Lehmann, S. 357; Binder, Erbrecht, S. 84. Weitere Nachweise aus der älteren Literatur bei Engländer, S. 54 ff. 180 Binder, Erbrecht, S. 83. 181 v. Tuhr, S. 79; Strohal, S. 86 f.; vgl. auch Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 8, 10 ff.; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2032 Rn. 15; Schlüter, S. 202 Rn. 644; Crome, Bürgerliches Recht Bd. III, S. 430: „Vor der höheren Ordnung der Gemeinschaft ist der Theil [Anteil] entbehrlich.“ 182 Vgl. statt vieler Binder, Erbrecht, S. 84. 183 Crome, Bürgerliches Recht Bd. II-2, S. 765.
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Gesamtberechtigungslehre beinahe vergebens. Die detaillierte Untersuchung von Larenz auf Basis der Monographie Engländers, von beiden wird noch zu handeln sein, kann für die Gesamtberechtigungstheorie nicht ohne weiteres herangezogen werden, da sie zahlreiche Besonderheiten prägen. Entgegen der teilweise von der Theorie der geteilten Mitberechtigung vorgebrachten Kritik wird in der gemeinschaftlichen Zuordnung eines subjektiven Rechts kein Widerspruch mit den gesetzlichen Regelungen gesehen, „denn die Rechtsordnung [sei] nicht auf Befehle zugunsten Einzelner oder an Einzelne beschränkt, sondern [könne] ebensowohl Gebote zu Gunsten einer irgendwie verbundenen Mehrheit oder an eine irgendwie verbundene Mehrheit erlassen, sodass […] auch ein Machtverhältnis mehreren zusammen zustehen oder sich gegen mehrere zusammen richten [könne].“184 Ferner wird geltend gemacht, dass sich die Grundsätze gesamthänderischer Bindung mit der Gesamtberechtigungstheorie wesentlich einfacher erklären ließen; dies gelte u. a. für das mangelnde Verfügungsrecht des Einzelnen, die Nichteintragung bestimmter Quoten im Grundbuch sowie der Ausschluss der teilweisen Konfusion oder der Aufrechnung einer persönlichen Forderung gegen einen Gesamthänder mit einer Gesamthandsforderung.185 b) Mitgliedschaftliche Ausprägung Für Sohm hingegen ist die gesamthänderische Bindung „Rechtsgemeinschaft kraft Personenrechts“, die jedoch in Abgrenzung zu Gierke weder die Gesamthand zu einem Rechtssubjekt erhebe noch einen Vermögensinbegriff voraussetze.186 Für Sohm ist zunächst klar, dass „der Anteil am Vermögen keine […] vermögensrechtliche [im Sinne eines Vermögensinbegriffs] Anteilsbeteiligung [bedeute]“, da „es in Wahrheit überhaupt keinen Anteil am Vermögen geben [könne], sondern jeweils nur an den zum Vermögen gehörenden Gegenständen, da das Vermögen als solches kein Gegenstand [sei].“187 Eine „ungeteilte Zuständigkeit“ der Gesamthänder an den einzelnen Gegenständen ist für ihn „unvorstellbar“.188 Die Zuständigkeit einer Mehrheit von Berechtigten schließe vielmehr eine Teilung notwendig in sich.189 Die den Gesamthändern notwendigerweise zukommenden ideellen Anteile, die in Bezug auf einen Vermögensgegenstand als Ganzes eine Gesamtberechtigung bildeten, sollen jedoch keine dinglich selbstständigen Bruchteile sein, da diese anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft nicht die Qualität eines Vermögensrechts (Gegenstandes) hätten. Sie seien „Ausfluss […] des personenrechtlichen Verhältnisses der Mitgliedschaft“, deren primärer Inhalt die Vermittlung einer anteilsweisen 184
Enneccerus/Lehmann, S. 357; ebenso v.Tuhr, S. 80 Fn. 11. Enneccerus/Lehmann, S. 356 Fn. 1 mit weiteren Beispielen; vgl. auch v. Tuhr, S. 81 Fn. 12. 186 Sohm, S. 65. 187 Sohm, S. 68, 69. 188 Sohm, S. 69. 189 Sohm, S. 70. 185
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Berechtigung an den einzelnen Vermögensgegenständen sei.190 Soweit das Gesetz von Anteilen spreche, sei dies lediglich eine „ungenaue Bezeichnung für die Mitgliedschaft.“191 Die personenrechtliche Verbindung, die Mitgliedschaft allein, sieht Sohm als Grundlage für die Höhe, das Bestehen wie auch den Erwerb und Verlust von Anteilen überhaupt an mit der Folge, dass „die Rechtssätze vom Erwerb und Verlust des Eigentums keine Anwendung finden“ sollen.192 Was die Notwendigkeit der gemeinschaftlichen Verfügung über den Gegenstand im Ganzen betrifft, ist diese für ihn nur eine „Selbstverständlichkeit“; „denn er [der Gesamthänder] [habe] ja nur einen Anteil.“193 3. Die Aufgliederungstheorien a) Die Theorie von Engländer Engländers Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass er versucht, sowohl die Gemeinschaft nach Bruchteilen als auch die Gesamthand unter einen einheitlichen Oberbegriff der „Gemeinschaft“ zu fassen. Den Ausgangspunkt seiner Untersuchung bildet § 741 BGB, dem „eine weit über den Bereich der §§ 742 – 758 BGB hinausgehende Bedeutung“ zukommen soll.194 Dass ein Recht mehreren gemeinschaftlich zusteht, ist für ihn „Grundzug“ einer jeden gesetzlich geregelten Gemeinschaft.195 Engländer sieht einen „leitendenden Grundsatz“ für alle Arten der Zuständigkeit eines subjektiven Rechts in der „Konstanz des Gesamtinhalts“ des Rechts, der sich dadurch äußere, dass die Rechtsstellung mehrerer zuständiger Rechtssubjekte im Vergleich zu einem Alleinberechtigten „zusammengenommen nicht plus iuris aber auch nicht minus iuris ergeben [könne] und [dürfe]“.196 Ausgehend von der Prämisse, dass der Gehalt des subjektiven Rechts hinsichtlich des Rechtsinhalts unveränderlich sei,197 sei Charakteristikum jeder Rechtsgemeinschaft, dass die Zuständigkeit der Mehreren von der eines Alleinberechtigten abweiche. Die verschiedenen Modi der Zuständigkeit stehen daher im Mittelpunkt seiner Untersuchung.198 Rechtszuständigkeit ist nach Engländer „die Beziehung des Rechtsinhalts zum Subjekte des 190 Sohm, S. 70. Die Negierung einer sachenrechtlichen/dinglichen Beteiligung wird schon auf S. 68 deutlich: „Der Anteil am Gesamtgut besteht nicht neben oder außer der Mitgliedschaft“. 191 Sohm, S. 68. 192 Sohm, S. 71 f. 193 Sohm, S 72. Diese „Selbstverständlichkeit“ ist für Sohm zugleich die Grundlage der Sonderung des Gesamthandvermögens vom Vermögen der einzelnen Gesamthänder. Im Anschluss daran auch Oertmann, Vorbem. zu §§ 705 ff. unter 4c). 194 Engländer, S. 29. 195 Engländer, S. 30. 196 Engländer, S. 35, 40. Die mehreren Zuständigkeiten seien mithin „Anteilszuständigkeiten“, die einander ergänzten und keine „solidarische“ Berechtigung darstellten, vgl. S. 103, 104. 197 Engländer, S. 36. 198 Engländer, S. 31 ff.
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Rechts“ mit der Besonderheit, dass es sich hierbei nicht um das subjektive Recht selbst oder etwas außerhalb von diesem Gelegenes handele, sondern um „Aggregatszustände“ eines und desselben subjektiven Rechts, die zufolge der verschiedenen Art seiner Zuständigkeit [einträten] und sich mit dem Wechsel der Zuständigkeitsart [wandelten].“199 Aus dem hervorgehobenen Erfordernis der mehrheitlichen Zuständigkeit bei den Gemeinschaften folgt für ihn daher zwangsläufig, dass die Annahme einer rechtsfähigen Einheit auf der Subjektseite die Problematik nicht zu lösen vermag, da hier – „wenn der Begriff der Einheit ernst gemeint [sei]“ – immer eine Alleinzuständigkeit vorliege.200 Die Erklärung einer mehrheitlichen Zuständigkeit könne daher nicht „von dem Gedanken eines rechtsfähigen Subjektes her unternommen werden.“201 Auch die Gesamtberechtigungslösung bietet ihm „keine wirkliche Konstruktion“, vielmehr nur eine „unzulängliche Erklärung“, sofern die Zuständigkeit hier „allen zusammen“ oder „der Gesamtheit“ zugeordnet werde.202 Der Lehre von der geteilten Mitberechtigung kann Engländer hingegen insofern etwas Positives abgewinnen, wie hier „auch bei gesamthänderischer Zuständigkeit Rechtsanteile als irgendwie geartete eigene Rechtsstellung“ in Bezug auf das gemeinschaftliche Recht angenommen werden.203 Für „bedenklich“ hält er an dieser Theorie jedoch, dass die Rechtsgemeinschaft sich in dem Gedanken der Teilung des gemeinschaftlichen Rechts erschöpfe und die Teilrechte als voneinander vollkommen getrennt und selbstständig angesehen würden.204 Bei einer solchen Konstruktion von mehreren absoluten und gleichrangigen Rechten „habe eine ,Rechtsgemeinschaft‘ gerade nicht statt[sic!]“.205 Es handele sich hier um den Fall einer „geradezu entgegengesetzten“ Rechtskollision.206 Da ihm die ,herkömmlichen‘ Theorien keine Lösung bieten, insbesondere die Annahme von selbstständigen und getrennten subjektiven Einzelrechten „niemals zu einem wahrhaft gemeinschaftlichen Recht“ führen könne, gar einen „Verzicht auf eine vollkommene Lösung des Gemeinschaftsproblems [bedeute]“,207 erscheint ihm als einzig richtiger Weg, „die mehreren Rechtsanteile als Bestandteile einer Zuständigkeitsform des Rechtsinhalts und damit als relativ unselbstständige eines ganzen subjektiven Rechts“ zu sehen.208 Die An199
Vgl. Engländer, S. 31, 39. Engländer, S. 59 ff. Neben dem Wortlaut des § 741 BGB stellt Engländer mithin auch auf das bereits bekannte Argument ab, dass die Rechtsordnung lediglich natürliche und juristische Personen als Rechtsträger anerkenne und keine Zwischenform des rechtsfähigen Personenverbands; vgl. dazu auch S. 64 ff. und 72 ff. 201 Engländer, S. 88, 97. 202 Engländer, S. 68 unter Fn. 133. 203 Engländer, S. 126. 204 Engländer, S. 126 f. 205 Engländer, S. 128, ferner auch S. 142. Die von einigen offen anerkannte Teilung des Rechts an sich sieht Engländer gar als „Bankrotterklärung“ der Lehre der geteilten Mitberechtigung, S. 145. 206 Engländer, S. 140 f. 207 Engländer, S. 148, 154 f. 208 Engländer, S. 156. 200
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teile und der durch sie vermittelte Herrschaftskreis in Bezug auf das einzelne Recht würden auf eine „eigentümliche Art verknüpft“, so dass das gemeinschaftliche Recht infolge dieser „rechtlichen Synthese“ nicht bloß als eine „Summe gegenstandsrechtliche isolierter Teilrechte“ erscheine.209 Die Umstände dieser Synthese bzw. Verknüpfung, die die Anteile der Beteiligten je nach Art der jeweils geltenden Gemeinschaftsform in ein bestimmtes Verhältnis zueinander setze, bezeichnet Engländer als die sog. „innere Ordnung“. Durch diese Einteilung fasst er sämtliche Regelungen nicht nur die gemeinschaftliche Zuständigkeit betreffend (vgl. nur §§ 743 Abs. 2, 745, 2038 BGB), sondern auch die Ansprüche und sonstigen Befugnisse gegen die Mitgenossen210 zu besonderen Formen eines subjektiven Rechts zusammen und macht sie damit zur Ausprägung der verschiedenen „Aggregatszustände“ des subjektiven Rechts.211 Während bei der Gemeinschaft nach Bruchteilen die innere Ordnung nur ein Komplex von Normen sei, „welcher lediglich bezwecke, die Teilnahme der mehreren Rechtsubjekte an diesem einzelnen Rechte zu regeln“212 sieht Engländer sie im Rahmen der Gesamthand durch ein durch „verwandtschaftliche oder vertragliche Bande geknüpftes engeres rechtliches Verhältnis“ geprägt, „in welchem – stärker als bei der von jedem Grundverhältnis losgelösten Singulargemeinschaft [Gemeinschaft nach Bruchteilen] – persönliche und soziale Momente wirksam“ seien.213 Unter dem gemeinsamen Oberbegriff der Rechtsgemeinschaft unterschieden sich die Bruchteils- und die Gesamthandsgemeinschaft nur in ihrer inneren Gemeinschaftsordnung „und in der durch die Verschiedenheit dieser inneren Ordnung im einen und im andern Fall vermittelten Wesensverschiedenheit der Rechtsanteile.“214 Die von ihm abschließend gewählte Definition für seine Vorstellung von den Rechtsgemeinschaften lautet daher: „Rechtsgemeinschaft (gemeinschaftliches subjektives Recht) bedeutet eine Zuständigkeitsform eines Rechtsinhalts, bei welchem mehrere (relativ) unselbstständige gleichartige Rechtspositionen („Anteile“) durch eine innere Ordnung zu einem System von Rechtsanteilen zusammengeschlossen werden.“215 b) Die Theorie von Larenz Im Anschluss an Engländer fordert auch Larenz, dass „Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthand nicht länger als einander ganz fremde, […] gegensätzliche Rechtsbildungen betrachtet werden dürfen, […] sondern der einheitlichen Syste209
Engländer, S. 157. Engländer, S. 209. 211 Vgl. dazu Engländer, S. 162 ff. insbes. S. 164. Ausdrücklich auch auf S. 204: „Vielmehr ist in jedem Falle die gesamte innere Ordnung eines gemeinschaftlichen Rechts Bestandteil des Rechts selbst in dieser seiner besonderen Form mehrheitlicher Zuständigkeit […]“. 212 Engländer, S. 183. 213 Engländer, S. 185, 186. 214 Engländer, S. 289. 215 Engländer, S. 293. 210
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matik des geltenden Rechts eingefügt werden müssen“.216 Da für ihn wie für Engländer die ,herkömmlichen‘217 Theorien keinen passenden Lösungsansatz bieten, könne auch die Annahme, das Grundprinzip der Gemeinschaft nach Bruchteilen liege in der Teilung des Rechts, während das der Gesamthand in der Ungeteiltheit des Rechts liege, nach seiner Ansicht ohne Weiteres keinen Bestand mehr haben.218 Den Gedanken der Teilung des Rechts will Larenz jedoch nicht gänzlich aufgeben.219 Diese Teilung dürfe lediglich nicht so verstanden werden, dass damit eine Aufteilung der dem Eigentum innewohnenden Befugnisse auf die Miteigentümer erfolge,220 oder gar so konstruiert werden, dass die Summe der verschiedenen Anteile die Befugnisse eines Alleineigentümers ergebe,221 sondern müsse dergestalt gedacht werden, dass eine „Aufgliederung und Umgestaltung des Rechtsinhalts“222 stattfinde, bei der die Rechtskreise der Mitglieder sich so ineinanderfügten, „dass sie in ihrer Verbindung zu einem Ganzen – also nicht als Summe isoliert gedachter Einzelberechtigungen – den Herrschaftskreis des Gesamtrechts ausfüllen und so einen in sich gegliederten, nach außen hin einheitlichen Rechtskreis darstellen.“223 Entsprechen demnach die Ansichten Larenz’ und Engländers einander im Grundsatz, so kann sich die weitere Darstellung auf die Frage beschränken, in welchen Belangen hier die Vorstellungen von Larenz Besonderheiten aufweisen. Diese finden sich in der Beurteilung dessen, was Engländer als die „innere Ordnung“ des subjektiven Rechts beschreibt. Schon dessen Ausführungen hierzu legten nahe, dass mit der Aufgliederung des Rechtsinhalts zugleich ein personaler Zusammenschluss verbunden sei.224 Die Normen, die den Mitgliedern im Rahmen der Gemeinschaft nach Bruchteilen und der Gesamthand „Befugnisse zuweisen, Kraft derer sie auf den gemeinschaftlichen Rechtskreis in gewisser Weise einwirken [könnten]“, prägten der Gemeinschaft „Züge auf, die aus dem Gebiet der Verbände geläufig“ seien225 und hätten „insofern auch da, wo ein rechtsfähiger Verband nicht gebildet ist, eine Ähnlichkeit mit den Organisationsnormen eines Verbandes.“226 Larenz stellt insofern klar, dass die „innere Ordnung“ ein doppelseitiges Verhältnis sei: „von der Seite des gemeinschaftlichen Rechts und seiner Aufgliederung in Anteile aus betrachtet [sei] es gegenstandsrechtlicher, von der Seite der beteiligten Subjekte und 216
Larenz, JJb 83, 108 (110). Vgl. Larenz, JJb 83, 108 (146 ff.), wo insbesondere die Konstruktion der Gesamthand als Rechtssubjekt (S. 152) wie auch die Möglichkeit der Annahme eines Vermögensinbegriffes abgelehnt werden, (S. 153). 218 Larenz, JJb 83, 108 (113). 219 Larenz, JJb 83, 108 (124). 220 Larenz, JJb 83, 108 (123). 221 Larenz, JJb 83, 108 (127). 222 Larenz, JJb 83, 108 (128) im Anschluss an Engländer, S. 109. 223 Larenz, JJb 83, 108 (129). 224 Larenz, JJb 83, 108 (140). 225 Larenz, JJb 83, 108 (142). 226 Larenz, JJb 83, 108 (143). 217
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ihres Zusammenschlusses zu einer Personenverbindung aus betrachtet aber sozialrechtlicher Natur.“227 Die hier letztlich interessierende Frage nach der Beschaffenheit der Gesamthand und deren Abgrenzung zur Bruchteilsgemeinschaft beantwortet Larenz mit der Verschiedenheit der Zuständigkeitsform. Die Beteiligung der Miteigentümer im Rahmen der Bruchteilsgemeinschaft, bei der die sozialrechtliche Verbindung lediglich als Folge gemeinschaftlicher Berechtigung erscheine, sei eine unmittelbare, wohingegen die Mitberechtigung der Gesamthänder eine mittelbare sei, die auf ihrer Zugehörigkeit zu der durch Vertrag, Eheschließung oder gemeinschaftlichem Erbgang begründeten Personengemeinschaft beruhe, die freilich als solche kein Rechtssubjekt darstelle.228 Die Unverfügbarkeit der Anteile an den einzelnen Vermögensgegenständen im Rahmen der Gesamthand ergebe sich aus dieser Konstruktion wie von selbst: Sei die Zuständigkeit der Gesamthänder lediglich durch die Mitgliedschaft in der Personengemeinschaft gemittelt, würde jede Anteilsverfügung die Verbindung zwischen Anteilszuständigkeit und der Mitgliedschaft lösen.229 4. Theorie der Subjektsqualität der Gesamthand Abschließend zu § 2 ist der germanistische Lösungsansatz, der die Gemeinschaft als solche zu einem Rechtssubjekt und damit zum Träger des gemeinschaftlichen Vermögens erhebt, genauer zu behandeln. Im Grunde genommen handelt es sich bei dieser Ansicht um die ,Urform‘ der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung, wie sie von Gierke vertreten wurde.230 Da im Anschluss unter § 3 gezeigt werden soll, dass alleine mit der Erhebung der Gesamthand zu einem Rechtssubjekt die Problematik der gesamthänderischen Bindung in dogmatischer wie auch in historischer Hinsicht gelöst werden kann, ist der Lehre von der Personifikation der Gesamthand, auch wenn hier ebenfalls kein Anspruch auf eine abschließende Darstellung erhoben werden soll, eine umfangreiche Darstellung einzuräumen. Auf ein erneutes Eingehen auf die Ansicht Gierkes zur Rechtssubjektivität der Gesamthand kann unter Hinweis auf die vorangegangenen Ausführungen231 verzichtet werden, so dass die nachfolgende Auseinandersetzung auf jene Autoren beschränkt bleibt, die der Rechtssubjektivität der Gesamthand im Rahmen der Systematik des BGB ausführlichere Untersuchungen gewidmet und bisher keine Erwähnung gefunden haben.
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Larenz, JJb 83, 108 (143). Larenz, JJb 83, 108 (153 ff.). 229 Larenz, JJb 83, 108 (157). 230 Zur Einordnung vgl. statt vieler nur Oertmann, Vorbem. zu §§ 705 ff. unter 4.c); Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (718) unter Fn. 67, die Gierke jedoch im Zusammenhang mit den Vertretern der Ansichten nennen, die eine Rechtssubjektivität der gesamthänderischen Bindung als solcher ablehnen und vielmehr die Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung vertreten, wie sie hier dargestellt wird. 231 s. § 2 A. I. 3. 228
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a) Die ausschließliche Rechtszuständigkeit der Gesamthand nach Kattausch Im Rahmen der Theorien, die sich an die Ansicht von Gierke anlehnen, soll orientiert an der Reihenfolge des Erscheinens zunächst mit der Arbeit Kattauschs aus dem Jahre 1911 begonnen werden. Zwar setzt sich Kattausch wie einige der im Nachgang zu besprechenden Untersuchungen sowohl mit der Gemeinschaft nach Bruchteilen als auch mit der Gesamthand auseinander. Jedoch sieht er keine notwendige bzw. logische Verbindung in Form einer einheitlichen Gemeinschafts- oder Zuständigkeitslehre zwischen den beiden Ausprägungen der Gemeinschaft, so dass die Darstellungen jedenfalls an dieser Stelle noch auf die Gesamthand beschränkt bleiben können. Für die Anteilsberechtigung bei der Gesamthand wirft seine Untersuchung die Frage auf: „Ist der Anteil ein Subjektives Recht […] an der Sache oder ein Recht an der Person? Ist er Eigentum, Miteigentum oder ein eigenartiges Sachenrecht? Besteht überhaupt Eigentum im Sinn des Bürgerlichen Gesetzbuchs an der Sache oder ist sie nicht Rechtssubjekt?“232 Die Fragestellung lässt unmittelbar die nachfolgend von Kattausch behandelten Untersuchungsgegenstände erkennen, die aus den vorangehenden Darstellungen bekannt und bei der Erörterung der Zuständigkeit im Rahmen der Gemeinschaft unverzichtbar sind: Die Gesamthand als Teilberechtigung, subjektive oder objektive Einheit. Die Annahme von (sachenrechtlichen) Teilrechten der Gesamthänder an den gemeinschaftlichen Gegenständen im Sinne der Theorie der geteilten Mitberechtigung ist für ihn besonders im Hinblick auf den Erwerb und Verlust von Vermögensrechten am Beispiel des Ein- oder Austritts eines Gesellschafters „unhaltbar“.233 Bei Eintritt sei eine Beteiligung lediglich am in der Folge hinzukommenden Vermögen möglich, bei Austritt müsste seine Beteiligung an den Gegenständen bestehen bleiben. Im Gegenteil werde jedoch für das Ausscheiden eine Anwachsung angeordnet und führe im Ergebnis einen Widerspruch zu sachenrechtlichen Grundsätzen herbei.234 Die Annahme von personenrechtlich geprägten Anteilen im Sinne Sohms lehnt er ebenfalls ab, da sie keine Antwort auf die Frage liefere, wie die Sache in Beziehung zu den Gesamthändern komme, wenn diese lediglich Mitgliedschaftsrechte hätten. Es fehle insofern „ein Glied in der logischen Kette“, das nur dadurch gefüllt werden könne, dass man das Recht der Gemeinschaft als solcher zuweise.235 Ein vertieftes Eingehen auf die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung hält er gar nicht erst für nötig, für sie bedeute der Anteil am Gesamtvermögen „selbstverständlich nur eine Summe von Anteilsberechtigungen“.236 232
Kattausch, S. 44. Kattausch, S. 47. 234 Kattausch, S. 46. 235 Kattausch, S. 48. 236 Kattausch, S. 69. Lediglich mit Blick auf die Lehre von Tuhrs führt er weiter aus: „v. Tuhr dürfte ihn [den Anteil] folgerecht[sic!] nicht als Rechtsverhältnis, sondern nur als Summe von Rechtsverhältnissen bezeichnen.“, S. 70. 233
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Für die positive Bestimmung des ,Anteils‘ der Gemeinschafter an den Sachen wählt er in einem ersten Schritt ähnlich wie später Saenger237 den Weg, die verschiedenen Befugnisse, die den Gesamthändern Kraft ihrer Anteile zustehen, aufzuteilen und im Hinblick auf eine selbstständige Berechtigung zu untersuchen.238 Insbesondere unter Betrachtung der Gebrauchs-, Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse kommt er für die GbR zu dem Ergebnis, dass dem Gesellschafter in Ermangelung jeglicher eigenständiger Rechte kein sachenrechtliches Recht an den einzelnen Sachen zukomme. Er sei in den meisten Fällen nur befähigt, mit den anderen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu handeln, so dass ihm lediglich verschiedene Mitwirkungsrechte zustünden.239 Mit teils mehr oder weniger abweichender Begründung gelangt er für die anderen von ihm untersuchten Gesamthandsgemeinschaften zu dem gleichen Ergebnis.240 Die Erklärung für die logische Lücke, die er bei Sohm aufgedeckt hatte und die zunächst auch bei seiner Theorie mit der Verneinung von sachenrechtlichen Anteilen besteht, findet Kattausch nicht in der Annahme eines selbstständigen Vermögensinbegriffs, mit dem für die Erklärung der Konstruktion der Gesamthand „nichts gewonnen“ sei, sondern alleine in der Subjektsqualität der Gesamthand.241 Die Gesamthand sei Alleineigentümerin sämtlicher Eigentumsrechte im Gesamthandsvermögen, ohne dass ein dem Miteigentum ähnliches Verhältnis zwischen den Gesamthändern und der Sache bestehe.242 In diesem Sinne stellt er ausdrücklich klar, das Subjekt – die Gesamthand als solche – sei eine „Mehrheit von Personen“ und keine Summe von Personen. Dies würde nämlich bedeuten, dass der Summe nur so viele Rechte zustünden, wie „den einzelnen Summanden zusammengerechnet zusteht.“ Das Ergebnis sei dann aber nicht Eigentum, sondern lediglich eine Summe von Mitberechtigungen.243 237
Dazu sogleich unter § 2 B. II. 4. b). Kattausch, S. 48. 239 Kattausch, S. 51. 240 Während er für die Handelsgesellschaften mit entsprechender Begründung zu dem gleichen Ergebnis kommt; mit der Ausnahme, dass sich bereits aus § 125 HGB ergebe, dass der Gesellschafter stets nur vertrete und keine eigene Berechtigung wahrnehme (vgl. S. 54 f.), folge die Verneinung sachenrechtlicher Anteile bei der ehelichen Gütergemeinschaft aus der ungleichen Berechtigungsstellung der Ehegatten im Hinblick auf die ,Dominanz‘ des Ehemannes. Bei Annahme von sachenrechtlichen Anteilen hätte der Ehemann im Gegensatz zur Frau ein Recht von gänzlich unterschiedlichen Gehalt, was sachenrechtlich nicht ohne weiteres zu erklären sei, vgl. S. 52 ff. Probleme bereitet ihm sein Lösungsansatz bei der Erbengemeinschaft. Die Verweisung durch § 2038 auf die Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft rücke die Miterben im Hinblick auf die Befugnisse in Richtung der Miteigentümer. Die Unterschiede zwischen beiden Berechtigungsformen ließen sich jedoch auch hier bei der Annahme sachenrechtlicher Anteile nicht erklären, vgl. S. 56. 241 Kattausch, S. 60. 242 Vgl. Kattausch, S. 61 am Beispiel der GbR. Für die übrigen Gesamthandsgemeinschaften kommt er jedoch zu dem gleichen Ergebnis, vgl. S. 63 ff. 243 Kattausch, S. 61 f. Die Gesellschaft werde zu einer „verbundenen Personenmehrheit“. Insofern schließt er sich Gierke ausdrücklich an. 238
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Was den Anteil des Gesamthänders an der gemeinschaftlichen Sache betrifft, so geht Kattausch davon aus, dass er den Gesamthänder in Rechtsbeziehungen zu den Übrigen setze, die nicht schuldrechtlicher (obligationenrechtlicher) oder familienrechtlicher, sondern personenrechtlicher Natur seien. Diese seien lediglich auf die gemeinschaftliche Rechtsträgerschaft bezogen und trügen damit die Struktur einer juristischen Person.244 Der Anteil am Gesamtvermögen und insbesondere dessen Verfügung sei keine bloße Summe von Einzelberechtigungen und auch keine Summe von Einzelverfügungen, sondern eine einheitliche personenrechtliche Beziehung, „kraft derer der Gesamthänder mit den übrigen zur Fähigkeit, gemeinsame Rechte zu haben, verbunden“ sei und welche man als Mitgliedschaft charakterisieren könne.245 b) Die Gemeinschaft nach August Saenger Ein weiterer Vertreter, der Gierke in Bezug auf die dogmatische Einordnung der Gesamthand sehr nahe steht, ist Saenger, dessen Hauptaugenmerk in seiner Untersuchung aus dem Jahre 1913 grundsätzlich auf der Bruchteilsgemeinschaft in Verbindung mit der Frage nach der Teilbarkeit von Rechten liegt. Im Verlauf seiner historischen Darstellung der unterschiedlichen dogmatischen Konstruktionen und Regelungen der Rechtsgemeinschaften setzt sich Saenger neben diversen romanistischen Auffassungen von der Teilbarkeit des Eigentumsrechts mit den „trefflichen Forschungen Gierkes“246 auseinander, die in der Verbindung [der Gesamthänder] als solcher das Rechtsubjekt des gemeinschaftlichen Rechts erblicke247 und hebt dabei vor allem das Streben des germanischen Rechts hervor, „das Gemeinsame zu betonen und unter Anlehnung an Beziehung des Korporationsrechts auch ohne Bildung eines neuen selbstständigen Rechtssubjektes ähnliche Verhältnisse zu erschaffen“.248 Das Wesentliche des Gesamthandsprinzips sieht er darin, „dass es die Schranken des Sachenrechts und des Obligationenrechts [durchbreche], um personenrechtliche Gedanken und Grundsätze in diese Materie einzuführen“. Wie auch Gierke erkennt er in der Gesamthand ein „Rechtsprinzip“, das einer Anwendung in „zahlreichen Variationen“ fähig sei, die sich nicht etwa aus Art und Umfang des Rechts ergäben, sondern aus dem die Rechtsträger umschlingenden Band personenrechtlicher Natur.249 Ferner folgt er Gierke auch darin, dass er allen Gemeinschaftern ein Individualrecht am Gesamthandsvermögen und den einzelnen enthaltenen Vermögenswerten zusprechen will.250 Zur Begründung verweist Saenger auf einige Quellen 244
Kattausch, S. 68. Kattausch, S. 70 f. 246 Saenger, S. 44. 247 Saenger, S. 50. Mit Verweis auf Gierke und Saenger auch Haff, S. 61, der ebenfalls unter Negierung einer eigenen Rechtspersönlichkeit der Gesamthand der gesamthänderischen Verbindung als solcher Rechtssubjektsqualität beimisst. 248 Saenger, S. 45. 249 Saenger, S. 48. Zu der Verwendbarkeit in zahlreichen Variationen vgl. auch S. 60. 250 Saenger, S. 53. 245
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insbesondere aus der Zeit vor dem 15. Jahrhundert und auf die praktische Ausgestaltung der Gesamthandsgemeinschaften im Hinblick auf die Möglichkeit der Auseinandersetzung und Teilung, die ohne Annahme von Quoten nicht zu erklären sei.251 Seine kritische Auseinandersetzung mit der herrschenden Lehre, die für die Bruchteilsgemeinschaft von einer Geteiltheit des Eigentums ausgeht, führt ihn endlich zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des gesamthänderischen Prinzips: Ausgehend von der Annahme der Unteilbarkeit des Eigentums bezieht sich Saenger zunächst auf die Vorschriften der §§ 747 und 1009 BGB. Insbesondere § 747 S. 2 BGB erschöpfe sich bei der Annahme der herrschenden Meinung, das ganze Recht sei lediglich Summe der (Eigentums-)Anteile der Miteigentümer in einer „überflüssigen und einfach nur unsinnigen“ Aussage, wenn man ihn nicht so auffasse, dass damit lediglich die Verschiedenheit der Anteilsrechte von dem Recht an der gesamten Sache ausgedrückt werden sollte. Dafür spreche auch, dass bei der Belastung der gemeinschaftlichen Sache zugunsten eines Miteigentümers nach § 1009 Abs. 1 BGB dieser in Bezug auf das Ganze wie ein fremder behandelt werde.252 Gewichtiger scheinen ihm jedoch die dogmatischen Aspekte. Der genaueren Untersuchung der Teilbarkeit der Eigentumsbefugnisse stellt er zunächst eine Definition der Rechtsteilung voran. Von Teilung könne man lediglich sprechen, wenn zum einen „mehrere Personen in gleicher Rechtsstellung Träger eines einheitlichen Rechts gewesen waren und das Recht unter sie verteilt [werde]“253 und zum anderen „eine Zerlegung in gleichwertige Bestandteile restlos möglich und auch vollzogen [sei]“. Es sei deshalb „ein Recht dann nicht als geteilt zu bezeichnen, wenn zwar einzelne Befugnisse zum Sonderrecht abgeschichtet, andere jedoch, die ihrem Wesen nach der Teilung widerstreben, ungeteilt verblieben sind.“254 Dass die Bruchteile im Rahmen der Gemeinschaft der §§ 741 ff. BGB Teile eines Eigentumsrechtes darstellen, sei demnach nur zu bejahen, wenn die einzelnen Befugnisse gleichzeitig von allen Beteiligten im beschränktem Umfang ausgeübt werden könnten.255 Von allen untersuchten Eigentumsbefugnissen erscheint ihm jedoch lediglich die Fruchtziehung der Gemeinschafter als teilbar.256 Aus der von ihm festgestellten Unteilbarkeit der wesentlichsten Befugnisse des Eigentümers zieht Saenger nun den Schluss, dass den Hauptanwendungsfall der Bruchteilsgemeinschaft nur unteilbare Rechte bilden können.257 251
Vgl. Saenger, S. 54. Saenger, S. 76. 253 Saenger, S. 82: „In welcher Weise sollte sich auch sonst ein verständiger Maßstab für die Verteilung der verschiedenartigen Befugnisse ermitteln lassen. Es darf doch nicht der Teilhaber A wertvollere Befugnisse als der Teilhaber B erhalten.“ 254 Saenger, S. 84 f. 255 Saenger, S. 85. 256 Saenger, S. 87 – 97. 257 Saenger, S. 98. 252
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Die Lösung für die Frage danach, wem denn dann das Eigentum an der Sache zustehe und wie diese Anteile beschaffen seien, wenn es sich nicht um selbstständige Eigentumsanteile handelte, sieht er – wie bereits vorweggenommen – in der Übertragung des von ihm in Anschluss an Gierke vertretenen Gesamthandprinzips auf die Bruchteilsgemeinschaft.258 Schon mit der Annahme von Anteilen bei der Gesamthand entfalle nach seiner Auffassung ein „tiefgreifender Unterschied“259 zwischen dem römischen und dem germanischen Recht. Unter Berücksichtigung des für die Zuständigkeit zu einem ungeteilten Recht gewonnenen Ergebnisses müsse man sich nach seiner Auffassung „mit dem Gedanken vertraut machen, dass die ursprüngliche Ansicht von dem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthandsgemeinschaft weder historisch noch logisch zu begründen [sei]“. In beiden Fällen seien personenrechtlich miteinander verbundene Subjekte in ihrer Verbundenheit Subjekt des gemeinschaftlichen Rechts.260 Dem stehe auch in beiden Fällen die Annahme von Anteilen nicht entgegen. Diese sagten im Grunde nicht mehr aus, als dass jeder Beteiligte von der Rechtsordnung anerkannt und geschützt werde. Der Inhalt der Anteile hinge dabei alleine von der personenrechtlichen Verbindung ab, ohne dass dies Auswirkungen auf die Zuständigkeit hinsichtlich der Rechtsubjekte hätte.261 Die Anteile hätten mithin den Charakter mehr oder weniger verselbstständigter Mitgliedschaftsrechte.262 c) Die Unterscheidung von Rechtsperson und Rechtssubjekt durch Schönfeld Nach Schönfeld liegt der „Schlüssel zum Verständnis der gesamten Hand“263 in der Unterscheidung von Rechtsperson und Rechtssubjekt. Die Rechtperson ist für ihn ein absoluter „juristisch zugearteter soziologischer und damit materieller Begriff“. Sie sei „immer Pflichtsubjekt, insofern sie immer soll, aber sie [sei] nicht immer Rechtssubjekt, insofern sie nicht immer hat.“ Allein in diesem Punkt liege dann auch das Unterscheidungskriterium zwischen Person und Rechtssubjekt. Das Rechtssubjekt sei insofern nur ein „formaler Relationsbegriff“, der so lange eine „leere Tautologie“ bleibe, wie er nicht durch die Person mit Leben gefüllt werde. Eine „inhaltslose Selbstverständlichkeit“ bedeute es, wenn man sagte, dass das Rechtssubjekt das subjektive Recht habe; vielmehr „die Person [habe] es, und sofern sie es [habe], [sei] sie Rechtssubjekt“. Daraus folgt nach Schönfeld, dass die Rechtsperson 258 Dieser Ansatz hat seitens Gierke scharfe Kritik erfahren, da er außer Acht lasse, dass das deutsche Recht neben dem Gesamthandseigentum durchaus auch Eigentum nach Bruchteilen gekannt habe, Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1027 Fn. 11. Auf diese Eigenheit wird hinsichtlich der Frage zurückzukommen sein, ob die Gesamthand als modifizierte Form der Bruchteilsgemeinschaft aufzufassen ist, s. § 3 D. I. 259 Saenger, S. 52. 260 Saenger, S. 99. 261 Saenger, S. 100. 262 Saenger, S. 117, 121. 263 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 225.
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möglicherweise Rechtssubjekt, niemals aber das Rechtssubjekt Rechtsperson sei.264 Auf dieser Basis bietet sich ihm die Möglichkeit, auch der Gesamthand die Rechtssubjektivität zuzusprechen, denn nicht nur eine Rechtsperson könne Rechtsund Pflichtsubjekt sein, sondern „auch eine Personenmehrheit, die nicht selbst wieder Person ist“.265 Am Beispiel einer Entscheidung des Reichsgerichts, wonach „die Personen, welche eine Handelsgesellschaft gründen, […] wenn auch keine juristische Person, doch ein Rechtsubjekt mit selbstständigen Vermögen schaffen“266 stellt er klar, dass die Gesellschafter in diesem Falle „zwar keine personale, wohl aber eine subjektive Einheit“ bildeten. Schönfeld arbeitet hier mit dem später von Buchda267 so heftig kritisierten Dualismus von Personenverband und Verbandsperson: „Sie [die Gesellschafter] sind ihrer personalen und materialen Seite nach Vielheit, insofern sie einen Personenverband und nicht eine Verbandsperson bedeuten, und sind formal-juristisch Einheit, insofern sie eine Subjektsform des Rechts erfüllen.“268 Anders als bei einem Verband, bei dem die Mitglieder zusammen eine Person bilden, erscheine die Gesamthand jedoch nur im Außenverhältnis als ein einheitliches Rechtswesen, da diese lediglich ein Rechtssubjekt bilde, nicht aber eine Person.269 Aus der fehlenden personalen Einheit folge gleichzeitig, dass die Gesellschafter im materiellen wie auch im formalen Sinne Anteile am Gesamtvermögen hätten. Im Gegensatz zur Bruchteilsgemeinschaft stehe ihnen jedoch kein Anteil an den einzelnen Gegenständen zu, so dass sich der Inhalt des § 719 BGB teilweise in einer Tautologie erschöpfe.270 Schönfeld sieht in der Gesamthand eine Vermögengemeinschaft, wohingegen die Bruchteilsgemeinschaft lediglich eine Objektsgemeinschaft sei. Wollten die Gesamthänder an die Gegenstände selbst heran, so müsse die „lebendige Einheit“ der Vermögensgemeinschaft erst im Wege der Liquidation aufgehoben werden.271 Abschließend hält er für die Gesamthand fest: „So erweist sich die gesamte Hand der Gemeinder als Subjekt ihres Vermögens und der Gesamthänder als Subjekt seines Anteils“.272
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Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 223. Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 225. 266 RG, Urteil v. 14. 05. 1886 – Az.: II 523/86 = RGZ 16, 16 (17). 267 Dazu sogleich unter § 2 B. II. 4. d). 268 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 226. 269 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 226 im Anschluss an RG, Urteil v. 27. 11. 1914 – Az.: II 305/14 = RGZ 86, 66 (70). 270 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 226. 271 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 226 f. 272 Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 227. 265
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d) Einheit von Rechtssubjekt und Rechtsobjekt nach Arwed Blomeyer Arwed Blomeyers Monographie zu den außerpositiven Grundlagen des Privateigentums unterscheidet sich in Bezug auf die mehrheitliche Zuständigkeit nur wenig im Vergleich zu den noch ausführlicher zu betrachtenden Arbeiten von Buchda und Fabricius. Blomeyer sieht in der Bruchteilsgemeinschaft und der Gesamthand zwei miteinander in „Verwandtschaft“ stehende „Teilungsformen“, die sich nur geringfügig voneinander unterschieden: „Der Unterschied zwischen Miteigentum und Gesamthandseigentum liegt darin, dass die Bestimmungen über Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft, über die Art der Stimmgebung bei der Verwaltung, über die Art der Gewinnbeteiligung sowie des Ein- und Austritts in die Gemeinschaft bei beiden Instituten verschieden geregelt sind, Einzelheiten, die die prinzipielle Gleichheit beider Institutionen in der Zuständigkeit des subjektiven Rechts nicht berühren können.“273 Es bestehe grundsätzlich eine Identität zwischen dem Einzelpersoneneigentum und dem Eigentum bei den Teilungsformen, da das Eigentum weder „beim Miteigentum noch beim Gesamthandseigentum in irgendeiner Weise den einzelnen Gemeinschaftern [zustehe].“ Die Zuständigkeit sei Zuordnung vom Rechtsobjekt zum Rechtssubjekt. Aus der Apriorität des Subjektsbegriffs folge, dass der Einheit des Rechtssubjekts daher die Einheit des Rechtsobjekts entsprechen müsse.274 e) Die Gesamthand nach der Auffassung Buchdas Wurde an früherer Stelle bereits auf die umfangreiche Untersuchung Buchdas zur historischen Entwicklung der Gesamthandslehre verwiesen, ist nun der kritische Teil seiner Arbeit näher zu beleuchten. Buchda teilt die Gesamthandstheorien in zwei Gruppen: Jene, die die Problematik von der Objektseite aus erklären, und jene, die die Lösung auf der Subjektseite sehen; sein Ansatz zählt – das nimmt die gliederungstechnische Einordnung bereits vorweg – zu den letzteren. Die umfangreichen Arbeiten Gierkes zur Gesamthand sind dabei von einigem Einfluss auf den Gang der Untersuchung. Demgemäß stellt Buchda zunächst die Frage in den Vordergrund, wie und ob Gesamthand und Körperschaften, die beide Menschen in einer bestimmten Weise miteinander verbänden, überhaupt voneinander zu scheiden sind.275 Die 273
A. Blomeyer, S 66 f. A. Blomeyer, S. 67: „Ein Subjekt ist Träger eines bestimmten Anspruchs. Erklärt das Recht einen speziellen Anspruch für richtig, […] so steht damit auch ein rechtlicher Zurechnungspunkt da. Werden nun eine Mehrheit von Befugnissen […] zu einem subjektiven Recht vereint, so muss diesem insofern auch ein Rechtssubjekt entsprechen, das das alles darf. Insofern also umgekehrt eine Einheit subjektiven Rechts einer Mehrheit von Rechtssubjekten zusteht, insofern ist jene Mehrheit Einheit von Rechts wegen und insofern besteht ein Rechtssubjekt, eine juristische Person.“ So auch G. Beseler, S. 137 ff., insbes. S. 139: „Jede Samthand personae vice fungitur, d. h. sie ist eine von der Rechtsordnung anerkannte Person, eine juristische Person, ist rechtsfähig, ist pflichtfähig.“ 275 Buchda, S. 226. 274
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verschiedenen von ihm im Rahmen seines historischen Überblicks beleuchteten Unterscheidungskriterien führen ihn jedoch nicht zu der scharfen Trennung zwischen den Verbindungen, wie sie insbesondere von Gierke gefordert werde:276 Sowohl die verschiedenen Ordnungsformen bei Körperschaft und Gemeinschaft als auch die Form der Willensbildung, die sich lediglich bei den Körperschaften in einem Gesamtwillen manifestiere, sowie die Scheidung von organischer Einheit bei der Gesamthand von dem Organismus bei der Körperschaft erscheinen ihm nicht als Gegensätze, sondern lediglich als verschiedene Möglichkeiten für die Verbindung mehrerer Menschen, die zueinander in „Graden und Stufen“ stünden.277 Die Auffassung Gierkes als Verfechter der scharfen Trennung zwischen Körperschaft von Gesamthand ist sodann auch der nächste Punkt seiner kritischen Auseinandersetzung. Es wurde bereits aufgezeigt, dass das Unterscheidungskriterium zwischen Körperschaft bzw. Genossenschaft und Gesamthand bei Gierke die juristische Persönlichkeit ist. Sei den Körperschaften diese zu eigen, handele es sich bei der Gesamthand lediglich um eine personenrechtliche Gemeinschaft.278 Buchda erschließt sich nun aber nicht, inwiefern diese personenrechtliche Verbindung über bloße Obliegenheiten hinausgehen soll. Es lägen seiner Ansicht nach zwar durchaus persönliche Momente familienrechtlicher Art vor, wenn bspw. die Abkömmlinge eines Verstorbenen in Erbengemeinschaft das Erbe anträten, jedoch sei dies in den meisten Fällen „eine rein tatsächliche Frage“, da die Gesamthänder auch durch nichts anderes als durch eine Verfügung von Todeswegen oder einen Vertragsschluss verbunden sein könnten; er fragt: „Wo bleibt hier das personenrechtliche Element?“ Es sei daher nicht verständlich, wie ein Vertrag nach § 705 BGB die Personen der Gesellschafter in durchaus anderer Weise ergreifen solle, als ein römischer contractus societatis.279 Die Unterschiede lägen hier vielmehr in der Verfügungsbefugnis und in der dinglichen Bindung. Diese Bindung erfasse aber nicht die Persönlichkeit als solche und versetze die Rechtssubjektivität auch nicht in einen besonderen Zustand. Der Gierkschen personenrechtlichen Gemeinschaft fehle es insofern an „Individualisierungsschärfe“.280 Die Frage, ob die Gesamthand ein eigenständiges Rechtssubjekt bildet oder eine bloße „Zwischenstufe“281 ist, führt auch ihn zu einer genaueren Untersuchung des Subjektbegriffs wie auch der Rechtszuständigkeit. „Unannehmbar“ ist für ihn zunächst die Vorstellung der Zuständigkeitsform als ein Aggregatszustand des subjektiven Rechts, wie von Engländer vertreten. „Die Zuständigkeit 276
Buchda, S. 239. Buchda, S. 227 ff. „Wir sehen: Mit der Willenseinheit, dem Gesamtwillen, dem selbstständigen Gemeinwillen steht es ebenso wie mit der körperschaftlichen Verfassung. Hier wie dort gibt es Grade und Stufen, aber keine Unterschiede im Sinne einer einfachen Gegensätzlichkeit.“, S. 233. 278 s. o. unter § 2 A. I. 3. 279 Buchda, S. 242 f. 280 Buchda, S. 242 f. 281 Buchda, S. 244. 277
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ist nicht im und nicht am Rechte […] Sie ist nichts anderes als eine Relation, die eine Verobjektivierung des subjektiven Rechts voraussetzt.“ Die Zuständigkeit bedeute daher nicht anderes „als eine Verbindung zwischen […] Subjekt und Objekt“, die nicht spalt- oder zerlegbar sei.282 Die Auffassung Sohms von der Geteiltheit der Zuständigkeit ist ihm daher auch ein „Unding“. Man könne zwar mehrere Zuständigkeiten nebeneinander setzen, aber keine einzelne Zuständigkeit vervielfältigen. Wie es auch beim rein logischen Gegenstand nur das eine oder das andere gebe, so könne es nicht „ein zweifaches oder dreifaches anderes“ dergestalt geben, dass das Zuständigkeitsband auf beiden Seiten mehrere Enden zu mehreren Subjekten oder Objekten habe. Daraus folge zum einen, dass sich die beiden Endpunkte der Relation nur in einer Weise aufeinander beziehen könnten, zum anderen – und hier finden sich die Parallelen zur Auffassung Blomeyers – mit „logischem Zwange die Einheit des Rechtssubjekts“. Daraus soll hingegen nicht folgen, dass ein subjektives Recht nur ein Subjekt haben könne. Es könne vielmehr eine Vielzahl von Relationen SubjektObjekt nebeneinander bestehen.283 Nach Buchda vermittelt die Zuständigkeit also dem Subjekt den Inhalt des subjektiven Rechts, so dass gelte: „Rechtssubjekt [zu] sein [heißt], etwas haben oder haben können.“284 Beinahe spöttisch mutet seine nachfolgende Feststellung an, dass Gierke und seine Anhänger, die „an die geheimnisvolle Lebenseinheit der Verbandsperson [glaubten]“, der „habenden und habfähigen“ Gesamthand die Rechtssubjektivität dennoch nicht zugestehen wollen.285 Der Mangel an Trennungsschärfe der verschiedenen Abgrenzungsversuche führt schließlich zu der wohl bekanntesten seiner Aussagen: „Man hat diesen Dualismus Personeneinheit – höhere ideelle Einheit (juristische Person) bis heute nicht begriffen und man wird ihn niemals begreifen; denn er ist mit der Logik nicht in Einklang zu bringen.“ Sowohl die Gesamthänder als auch die Körperschaftsmitglieder erschienen als Einheit. Wo aber wirkliche Einheit sei, da könne keine Vielheit mehr sein und so seien „die Gesamthänder auch nicht in einer bestimmten Beziehung als Einheit zu behandeln und sie in dieser selben Beziehung gleichwohl als Vielheit bestehen zu lassen.“286 Er „bekennt“ sich daher zu der Auffassung, dass bei jedem rechtsfähigen Verband die Mitglieder als gedachte Einheit Subjekt des Korporationsvermögens sind, ohne dass ein über ihnen existierendes Subjekt der wahre Vermögensträger ist und hebt die Gesamthand damit auf eine Ebene mit der juristischen Person. Wenn er nunmehr zunächst noch unterstellt, dass auch die Gesamthänder subjektive Einheit sind – die Lösung von der Objektseite wurde von ihm noch nicht ausgeschlossen – so seien „sie in dieser Hinsicht dasselbe wie die Subjekteinheit der Korporationsmitglieder“ und stünden mit ihnen auf einer Stufe.287 282
Buchda, S. 250 f. Buchda, S. 252. s. auch Fn. 287. 284 Buchda, S. 257, vgl. auch S. 253. 285 Buchda, S. 257. 286 Buchda, S. 258. 287 Buchda, S. 261. Nach Buchda sind also auch die juristischen Personen als Gruppe im Sinne der nachfolgend noch zu besprechenden Lehre Flumes rechtsfähig. Auf die Einzelheiten 283
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Da in der Theorie Buchdas zwischen der Einheit im Rahmen einer juristischen Person und einer Gesamthand kein Unterschied besteht, bleibt die Frage: „Was bleibt als Inhalt des Gesamthandsprinzips übrig?“ Letztlich nur ein „Prinzip rechtsgeschäftlichen Handelns“, eine „Möglichkeit“ wie auch die körperschaftliche Verfassung eine sei. Es sei ein „grundlegender Irrtum“ der Gierkschen Lehre, der Gesamthand einen darüber hinausgehenden Einfluss auf die Rechtszuständigkeit beizumessen;288 „über die Art des Handelns hinaus [ließe] sich dem Gesamthandsprinzip nichts Allgemeingültiges entnehmen“.289 Seine Untersuchungen von der Objektseite stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Buchda geht, wie schon aus den Ausführungen zur Theorie Engländers bekannt, von der Konstanz des Rechtsinhalts aus – „die menschlichen Verbindungen [hätten] nicht nur kein Mehr und kein Weniger subjektiven Rechts, sondern [könnten] vor allem keine anderen Teilbefugnisse ausüben, als ein Alleininhaber ausüben würde, wenn er dieselben Rechte hätte.“290 Diesen konstanten Rechtsinhalt will Buchda aber weder im Sinne Engländers und Larenz’ aufgliedern291 noch die Inhalte des gemeinschaftlichen subjektiven Rechts mittels irgendwie gearteter Anteilsrechte zuteilen.292 Vielmehr könne das subjektive Recht durchaus mehreren Subjekten bzw. Subjekteinheiten ohne, dass diese wiederum selbst eine Einheit bildeten, dergestalt zustehen, dass ein „Strahlenbündel“ aus Zuständigkeiten zwischen dem einen subjektiven Recht als Objekt und den verschiedenen Einheiten bestehe.293 Das subjektive Recht als „objektive Einheit“ ohne Sonderung der enthaltenen Befugnisse mehreren Subjekten – quasi in Vollrechtskonkurrenz – zu verschiedenen Ausübungsmodi294 zuzuweisen, ist jedoch nur eine der Möglichkeiten, die Buchdas Theorie zulassen. Die mehrfache Verbindung der objektiven Einheit des subjektiven Rechts soll gar auf die einzelnen enthaltenen Eigentumsbefugnisse übertragbar sein. So könne man ein Eigentum „mit mehreren Subjekten etwa derart verbinden, daß dem ersten die Verfügungsmacht, dem zweiten die Verwaltungs- und Gebrauchsbefugnis […] oder daß die mehreren Subjekte hinsichtlich einer Einzelbefugnis ein neues Subjekt [bildeten], während die übrigen Befugnisse ihnen als einzelnen [zustünden].“295 Auf die Praxis übertragen erlaubt es der Ansatz Buchdas, die Bruchteilsgemeinschaft kann hier nicht weiter eingegangen werden, da sie letztlich auf das Problem der juristischen Persönlichkeit zurückführen und damit auf einen gänzlich neuen Themenkomplex, der nicht minder umfangreich ist als die Gesamthandproblematik. Vgl. dazu K. Schmidt, S. 196 sowie S. 181 ff. 288 Buchda, S. 265 ff. 289 Buchda, S. 268. 290 Buchda, S. 283, vgl. ferner S. 287. 291 Buchda, S. 283 ff. 292 Buchda, S. 287 ff. im Anschluss an die Untersuchungen Saengers zur Teilbarkeit der Eigentumsbefugnisse. 293 Buchda, S. 289. 294 Buchda, S. 290. 295 Buchda, S. 291.
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nicht nur als Subjekteinheit (im Sinne einer juristischen Person) einem einzelnen subjektiven Recht in seiner objektiven Einheit gegenüberzustellen,296 sondern bspw. die Verfügungsbefugnis wie auch die Verwaltungsbefugnis einer Subjekteinheit zuzuschreiben, die Gebrauchsbefugnis den einzelnen die Subjekteinheit bildenden Subjekten als solchen.297 Letztlich stellen sich die beiden Konstruktionsmöglichkeiten in seiner Theorie als Universalprinzip dar, denn auch die Körperschaften, Gesamthandsgemeinschaften und die Genossenschaften deutschen Rechts ließen sich auf beide Arten konstruieren.298 Zwingend erscheint ihm keine der beiden Wege, so dass er sich letztlich für den „einfacheren“ der beiden entscheidet, der eine „Zersplitterung“ der objektiven Einheit des subjektiven Rechts vermeidet und sämtliche Befugnisse als rein mitgliedschaftliche Rechte erfasst.299 f) Die relativ rechtsfähige Gesamthand nach Fabricius Fabricius befasst sich im Gegensatz zu anderen hier besprochenen Theorien zwar nicht schwerpunktmäßig mit dem Prinzip der Gesamthand als solchem, gelangt jedoch über die Frage, ob und ggf. wie es möglich ist, ein subjektives Recht mehreren Subjekten zuzuordnen, ohne dass diese als ein Rechtssubjekt zu betrachten sind,300 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Gesamthandsgemeinschaften als solche rechtsfähig sind. Denn, um das Ergebnis insoweit vorweg zu nehmen, eine solche Form der Zuständigkeit hält er für unmöglich bzw. mit dem Gemeinschaftsbegriff nicht für vereinbar. Dies folgt bereits aus seiner Grundvorstellung vom Subjekt und von dessen Zuständigkeit zum subjektiven Recht. Auch Fabricius geht davon aus, dass es sich bei subjektiven Rechten um Relationen handele. Im Falle der Relation Subjekt-Recht zwischen dem Berechtigten und der Sache als Rechtsgegenstand, im Rahmen derer das Subjekt, das Objekt, sowie das beide als Endpunkte verbindende Band „in der Form des Identischen stehen“ und „jeweils das Eine im Gegensatz zum anderen sind“. Wenn es nun dem „logischen Gegenstand“ nach immer nur ,das eine‘ oder ,das andere‘ gebe, dann könnten kein „zweifaches eines“ oder ein „zweifaches anderes“, keine mehreren Subjekte anstelle eines Subjekts und keine mehreren Objekte anstelle eines Objekts bestehen.301 Bis hierher findet er sich in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit den Ausführungen Buchdas.302 Angewendet auf die Zuständigkeit bedeutet dies für ihn, dass ein Subjektives Recht nur mit einer Einheit in Beziehung stehen könne: „Verknüpfung eines „Bandes“ mit einem Subjekt [sei] an jedem seiner Enden nur mit einem Endpunkt möglich. Es [müsse] daher dabei bleiben: das eine subjektive Recht als Einheit, als (lösbares) Rechtsband, als Ge296 297 298 299 300 301 302
Buchda, S. 294 f. Buchda, S. 292 ff. Buchda, S. 296. Buchda, S. 297 f. Fabricius, S. 117. Fabricius, S. 119. s. oben unter Fn. 283.
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genstandsrecht, [könne] jeweils nur einem Subjekt zuständig sein. Als Rechtsgegenstand hingegen [vermöge] es neben […] der primären Zuständigkeit Inhalt anderer selbstständiger subjektiver Rechte zu sein und weitere Zuständigkeiten zu begründen.“303 Ausgehend von diesem Grundsatz weicht Fabricius in zwei Punkten von Buchda ab: Erstens könne dem subjektiven Recht in seiner – wie Buchda es nennt – „objektiven Einheit“ immer nur eine subjektive Einheit zuständig sein und nicht beliebig viele Einheiten im Sinne eines „Strahlenbündels“.304 Zweitens lehnt es Fabricius ab, die dem subjektiven Rechte innewohnenden Befugnisse hervortreten zu lassen und diese verschiedenen Subjekteinheiten zuzuweisen. Weder erkläre diese Herangehensweise, wem das Eigentumsrecht zuständig sei, noch beantworte sie die Frage, wie ein Recht mehreren Zuständig sein könne.305 Ausgehend von dieser Auffassung sei zwar eine Zuständigkeit mehrerer Subjekte in Bezug auf einen Rechtsgegenstand dergestalt möglich, dass entweder der Gegenstand selbst reell oder das auf ihn bezogene subjektive Recht, das Eigentum, geteilt ist, allerdings erkennt Fabricius hier wie auch Engländer ein Ergebnis, „das mit dem Begriff der Rechtsgemeinschaft im Widerspruch zu stehen scheint.“306 Dessen Theorie ist für ihn gleich in mehrfacher Hinsicht nicht geeignet, das Zuständigkeitsproblem zu lösen, da seine Untersuchung zum einen auf einer überkommenen Vorstellung der Rechtszuständigkeit sowie von subjektiven Rechten beruhe und zum anderen, soweit Engländer sich nur darauf beschränke, Rechtsinhalte aber nicht die Rechtsform – das Eigentum – zuzuweisen, auch keine Erklärung dafür liefere, wer hinsichtlich des gemeinschaftlichen Rechts zuständig sei.307 Einigkeit zwischen den beiden Ansichten findet sich jedoch wieder bei der Beurteilung der Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung. Im Anschluss an Engländer sieht Fabricius in der Zuweisung von Rechten an die „Einheit“ der Gesamthänder oder an die solchen „in ihrer Verbundenheit“ lediglich die Vortäuschung einer Lösung der Problematik; aus der Zuweisung von Rechten und Pflichten an eine Einheit folge zwangsläufig die Anerkennung einer (Teil-)Rechtsfähigkeit der Gesamthand.308 Dass die Zuweisung eines subjektiven Rechts an die Einheit bzw. an die Gesamthand nach Fabricius folgerichtig(!) zur Anerkennung von deren Rechtsfähigkeit führe, folgt nicht nur daraus, dass er – wie dargelegt – nur in der Zuweisung an eine organisatorische Einheit den Widerspruch zwischen Wahrung von Form und Inhalt 303
Fabricius, S. 121 f. Vgl. Buchda, S. 289. Eine Form von Vollrechtskonkurrenz, bei der mehrere Subjekte subjektive Rechte an einem subjektiven Recht in seiner objektiven Einheit – bspw. dem Eigentum – haben, ist demnach bei Fabricius nicht möglich. 305 Fabricius, S. 122, 124. Inwiefern sich die Auffassungen von Buchda und Fabricius hinsichtlich der Zuständigkeit zu einem subjektiven Recht im Detail voneinander unterscheiden, ist hier nicht weiter von Belang. Bedeutsam ist vielmehr die unterschiedliche Beurteilung der Rechtssubjektivität der Gesamthand. 306 Fabricius, S. 123. 307 Fabricius, S. 128 ff. 308 Fabricius, S. 133 f. 304
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des subjektiven Rechts auf der einen Seite und der Mehrheit von Subjekten auf der anderen Seite gelöst sieht,309 sondern auch daraus, dass das subjektive Recht der Gesamthand „als Mittel für ihre Zwecke zugeordnet [werde]“ und „ihr eine rechtliche Erlaubnis zum Handeln [einräume]“.310 Dies ist Konsequenz des von Fabricius vertretenen Begriffs der Rechtsfähigkeit, der abweichend von der auch heute noch herrschenden Meinung, die in der Rechtsfähigkeit grundsätzlich die von der Handlungsfähigkeit zu trennende Fähigkeit sieht, Träger von Rechten und Pflichten zu sein,311 die Rechts- und Handlungsfähigkeit als einheitlichen Komplex betrachtet: „[Berücksichtige] man das, dann [sei] Rechtsfähigkeit […] kurz ausgedrückt rechtliches Verhaltensvermögen eines Rechtssubjektes.“312 Die Rechtsfähigkeit werde demnach mit Aufnahme der Handlungsfähigkeit durch diese relativiert, so dass sich „Inhalt und Umfang der konkreten Rechtsfähigkeit des einzelnen Subjekts aus sämtlichen, die natürliche Handlungsfähigkeit des Subjekts normierenden Merkmalen der einzelnen Rechtssätze […] [ergäben]“.313 Soweit den Rechtsgemeinschaften damit in einzelnen Rechtssätzen für bestimmte Beziehungen Rechtsfähigkeit zugesprochen werde, so seien diese – und hier liegt nun der Unterschied zu Buchda und dessen Ablehnung des Dualismus Personenverband und Verbandsperson – teilrechtsfähig „im Sinne einer kollektiven Rechtsfähigkeit“, die sich daraus ergebe, „dass die Gemeinschaften nicht als individuelle Einheiten am allgemeinen Rechtsverkehr [teilnähmen], sondern nach Außen die Mitglieder der Gemeinschaft als Verkehrsteilnehmer sichtbar [blieben].“314 Soweit damit die Zuständigkeit des subjektiven Rechts bei Fabricius geklärt ist, mache die Zuordnung von Rechten an eine Rechtsgemeinschaft ferner eine „inneren Ordnung“ erforderlich, die sowohl die Bindungen der mehreren Subjekte untereinander als auch das Verhältnis zum gemeinschaftlichen Recht regele.315 In den Fällen, in den die Mitglieder der Gesamthand nur gemeinschaftlich handeln können, habe man es mit einer „Gesamthand im wahrsten Sinne des Wortes“ zu tun, so dass auch in der Lehre Fabricius’ die Gesamthand letztlich zu einem Prinzip rechtsgeschäftlichen Handelns
309
Vgl. Fabricius, S. 139. Fabricius, S. 139. 311 Vgl. hierzu statt vieler Kannowski, in: Staudinger, BGB, § 1 Rn. 1; Schmitt, in: MüKo, BGB, § 1 Rn. 6. 312 Fabricius, S. 44. Vgl. auch S. 45: „Die Fähigkeit, sich rechtswirksam zu verhalten, setzt voraus, dass ein Subjekt in der Lage ist, Bedingungen von Rechtsätzen zu erfüllen. So gesehen ist Rechtsfähigkeit also Rechtsausübungsfähigkeit.“ 313 Fabricius, S. 52. 314 Fabricius, S. 235 f. Dass die Mitglieder anders als bei der juristischen Person weiter als Verkehrsteilnehmer betrachtet werden, ist nach Fabricius „deshalb notwendig, weil die Rechtsgemeinschaften nicht wie insbesondere die am Güterumsatz teilnehmenden juristischen Personen eine Haftungssicherung zum Schutz der Gläubigerinteressen und der Interessen der Allgemeinheit aufzubringen [hätten] […] und die einzelnen Mitglieder daher unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner haften [müssten].“, S. 236. 315 Fabricius, S. 139. 310
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wird.316 Die Berechtigungen der Gesamthänder stellen sich nach Fabricius in dieser Ordnung als „mitgliedschaftliche Befugnisse“ dar, die den Charakter „unselbstständiger Rechtssplitter sekundärer Zuständigkeit“ trügen und sich auf das Vermögen als Ganzes wie auch auf die einzelnen Vermögensgegenstände bezögen. War bis zu diesem Punkt noch eher unklar, wie man es sich vorzustellen hat, dass das subjektive Recht als Rechtsgegenstand neben seiner primären Zuständigkeit Inhalt anderer subjektiver Rechte sein könne,317 offenbaren die mitgliedschaftlichen Befugnisse mit dem Charakter einer sekundären Zuständigkeit ihre Anlehnung an die Sonderrechte der Genossen und Gemeinschafter, die in der Gierk’schen Genossenschaftstheorie neben der Rechtsinhaberschaft der rechtsfähigen Gemeinschaftssphäre bestehen.318 So soll es durch diese Ausgestaltung erlaubt sein, neben der primären Zuständigkeit der Subjekteinheit Einzel- oder Solidarzuständigkeiten der zur Einheit zusammengefassten Einzelsubjekte hinsichtlich bestimmter Befugnisse zu begründen.319 Die Gesamtheit aller sich aus dieser inneren Ordnung ergebenden Beteiligungsrechte – die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft – stelle den „Anteil“ des Gesamthänders im Sinne der §§ 719, 1419, 2033 BGB dar.320 In diesem Sinne ergeben sich hier wie bei Saenger keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Gesamthand und der Gemeinschaft nach Bruchteilen. Das einheitliche gemeinschaftliche Recht müsse auch hier einer Einheit von Subjekten verknüpft werden, die durch die Verknüpfung und ihre Eigenschaft als Zuordnungssubjekt Rechtssubjekt wird und damit rechtsfähig ist. Es könne hier aber nur von einer Teilrechtsfähigkeit beschränkt auf ein einziges Recht die Rede sein.321 Die Berechtigungen der Miteigentümer sind aber nach Fabricius ebenso wie bei der Gesamthand mitgliedschaftliche Befugnisse, die zusammengenommen die Mitgliedschaft des einzelnen in der (Bruchteils-)Gemeinschaft bzw. dessen Anteil im Sinne des § 747 BGB bildeten.322 Die Bruchteilsgemeinschaft sei demnach „eine nur an einem einzigen Recht mögliche Gemeinschaft zur gesamten Hand“.323 g) Betonung der Interdependenzen zwischen Rechtsund Verpflichtungsträgerschaft durch Hennecke Einen etwas anderen Ansatz als der überwiegende Teil der Monographien zur Gesamthand verfolgt Hennecke. In seiner Untersuchung setzt er den Schwerpunkt 316 317 318 319 320 321 322 323
Fabricius, S. 140. Vgl. Fn. 303. Dazu im kritischen Teil ausführlicher unter § 3 B. III. 2 und § 3 E. I. Fabricius, S. 140. Fabricius, S. 140 f. Fabricius, S. 143. Fabricius, S. 144. Ähnlich schon Buchda, S. 294 f. Fabricius, S. 145.
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bei den vermögensrechtlichen Aspekten der Gesamthand und versucht unter Ausklammerung der personenrechtlichen Aspekte diese „bruchlos in das allgemeine Vermögensrecht einzupassen“. Für die Gesamthand dürfe sich nicht auf ein Sonderrecht berufen werden, das mit logischen und durchgängigen Strukturen des Rechtsstoffs im Übrigen nicht in Einklang zu bringen wäre.324 Die Anerkennung der Rechtssubjektivität soll nach Hennecke grundsätzlich auf die „Interdependenzen zwischen gemeinschaftlicher Rechts- und Verpflichtungsträgerschaft“ zurückgehen.325 Dies begründet er mit zwei Grundsätzen, die er aus der Untersuchung der Schuld- und Haftungsordnung im BGB gewinnt. Er geht zum einen davon aus, dass Schuldinhalt und Haftungsinhalt „ausnahmslos gleichartig“ seien und keine Abweichung voneinander erlaubten und zum anderen, dass eine zwingende Einheit zwischen Rechts- und Verpflichtungsträger bestehe. Diese folge nämlich daraus, dass das gemäß dem Prinzip der unbeschränkten persönlichen Haftung zu belastende Vermögen eines Schuldners gerade durch dessen Rechtsträgerschaft bestimmt werde. Der Gläubiger könne somit „auf alle Rechte zugreifen, die gerade dem Rechtsträger zugeordnet sind, der das Subjekt seiner Forderung ist.“ Die geforderte bruchlose Einordnung kann er allerdings auf Basis der herrschenden Lehre, die eine Rechtssubjektivität der Gesamthand ablehnt, nicht vornehmen. Der Einheit von Schuld und Haftung stehe die Negierung selbstständiger Gesamthandsschulden entgegen und auch der Grundsatz der Einheit von Rechts- und Verpflichtungsträger werde dadurch durchbrochen, dass bei Ablehnung einer Rechtssubjektivität der Gesamthand als solcher die Gemeinschafter bei einem auf das Gesamthandsvermögen bezogenen Geschäft zwar Verpflichtungsträger seien, eine Vollstreckung aber ihr Vermögen nicht berühre, sondern nur das gesamthänderisch gebundene.326 Die Frage nach der Rechtsträgerschaft der Gesamthand ist mithin auch für den Ansatz Henneckes zwingend,327 bleibt jedoch aufgrund der Beschränkung der Untersuchung auf den vermögensrechtlichen Aspekt der Gesamthand Folge einer logischen Betrachtung des subjektiven Rechts. Einen irgendwie gearteten Eingriff in die Struktur des subjektiven Rechts lehnt er ab, so dass sämtliche Lehren, die die Behandlung des Problems nicht durch „eine Reform des Personenbegriffs“ angehen, in seiner Theorie keinen Platz finden.328 Die Rechtsträgerschaft der Gesamthand 324
Hennecke, S. 12. Hennecke, S. 12. 326 Hennecke, S. 24 f. Zu Unrecht moniert Hennecke hingegen, dass die bisherigen Untersuchungen nicht auf die Problematik der Einheit von Rechts- und Verpflichtungsträger eingehen. So hat J. Blomeyer, JR 1971, 397 (402) in seinem Beitrag ebenfalls die Gleichbehandlung von Rechts- und Haftungszuständigkeit gefordert, da „Haftung nichts anderes [bedeute] als Zugriffsmöglichkeit auf Rechte.“ Später auch Raiser, AcP 194, 495 (505). 327 Vgl. Hennecke, S. 45. 328 Vgl. Hennecke, S. 46, der sich hier vornehmlich der bereits beleuchteten Kritik von Buchda und Fabricius an den verschiedenen Lösungsansätzen anschließt. Eine Darstellung der 325
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stellt sich Hennecke in der Folge als notwendiges Ergebnis der Untersuchung am Beispiel des subjektiven Rechts dar. Nicht nur dessen Einheit, sondern auch die geforderte Einheit von Rechts- und Verpflichtungsträger könnten lediglich durch diesen Ansatz beibehalten werden, wenn man nicht sowohl die Rechtsträgerschaft als auch die Verpflichtungsseite systemwidrig in eine formelle und eine materielle aufspalten wolle: „Durchlaufende Funktionszusammenhänge des Vermögensrechts verlangen […] nach ungespaltener Einheit des subjektiven Rechts.“329 Aus der Rechtsträgerschaft der Gesamthand als solcher folgert er ferner, „dass die Gesamthänder einzeln in kein dingliches Rechtsverhältnis zu der gemeinsamen Sache [träten].“ Die Gemeinschafter „[rückten] wie der Vorstand einer AG […] in ein organschaftliches Verhältnis zu dem Rechtsträger ein“, ohne dass gegenstandsrechtliche Anteile existent seien.330 Eine Bestätigung für dieses Ergebnis liefert er im dritten und letzten Teil seiner Arbeit, in welchem er das Prinzip der Gesamthand als Rechtssubjekt im Hinblick auf die Einheit von Rechts- und Verpflichtungsträger anhand der Haftungsordnung der verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften darstellt und dabei insbesondere in Bezug auf die Anwendung und Anwendbarkeit von § 427 BGB bei der Gesamthand die Unzulänglichkeiten der herrschenden Lehre aufzeigt.331 5. Die Gruppenlehre von Flume a) Historische Einordnung und Bedeutung für die Gesamthandslehre Der Abschnitt über die historische Entwicklung der Gesamthandslehre soll mit einer ausführlichen Darstellung von Flumes Gruppenlehre abschließen. Berücksichtigt man im Sinne des vorangegangenen Aufbaus das Erscheinungsdatum der Gesamthandstheorien im BGB, ist der Ansatz Flumes grundsätzlich in einem Zeitraum kurz vor der bereits behandelten Monographie Henneckes einzuordnen. Eine gesonderte Behandlung der Gruppenlehre scheint jedoch im Hinblick auf ihre besondere Bedeutung für die weitere Entwicklung der Gesamthandslehre angezeigt. Denn auch wenn, wie den vorangegangenen Ausführungen bereits zu entnehmen, zuvor immer wieder Stimmen für die Anerkennung der Gesamthand als RechtsKritik an den Lehren der geteilten und ungeteilten Gesamtberechtigung sowie der Theorien von Engländer und Larenz ist hier daher nicht erforderlich und würde sich weitestgehend in Wiederholungen ergehen. 329 Hennecke, S. 62 f. Hennecke verwendet den formellen und materiellen Begriff hier, um die bereits an früherer Stelle (vgl. Fn. 326) bei der h.M. kritisierte Inkonsistenz aufzuzeigen: Formell schulden die einzelnen Gesamthänder, materiell haftet das (zweck-)gebundene Gesamthandsvermögen. Formell sind die einzelnen Gesamthänder Rechtssubjekt, materiell gesehen verfügungsbefugt sind jedoch nur alle gemeinschaftlich als Gesamthand. 330 Hennecke, S. 62 f. 331 Hennecke, S. 72 ff. für die GbR, S. 98 ff. für die Gütergemeinschaft, S. 119 ff. für die Erbengemeinschaft. Insbesondere am Beispiel der beschränkten Haftung mit dem Vereinsvermögen bei den nichtrechtsfähigen Vereinen stellt Hennecke klar, dass der nach der h.M. geltende Grundsatz der Anwendung von § 427 BGB ins Gegenteil verkehrt, sogar gänzlich ausgehebelt werde, S. 81 ff.
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subjekt eingetreten sind, so haben diese nur selten „Widerhall“ in Literatur und Rechtsprechung gefunden.332 Erst die Gruppenlehre führte zu einem Meinungsumschwung, soweit es die Gesellschaft bürgerlichen Rechts betraf, deren Teilrechtsfähigkeit letztlich im Jahre 2001 durch den BGH333 unter Rückgriff auf die Gruppenlehre anerkannt wurde. b) Kerninhalt Die Gruppenlehre rückt anders als ein Großteil der zuvor dargestellten Theorien zu einer rechtsfähigen Gesamthand nicht die Frage der Rechtszuständigkeit in den Vordergrund, sondern setzt den Schwerpunkt in Rückbesinnung auf Beseler und Gierke wieder bei dem personenrechtlichen Element der Gesamthand.334 Die Gruppenlehre entwickelt Flume am Bespiel der GbR, welches er der größeren Anschaulichkeit wegen wählt, jedoch ausdrücklich klarstellt, dass es sicher gerechtfertigt sei, „ungeachtet der Unterschiede der Erscheinungsformen der Gesamthand, von der Gesamthand als solcher zu handeln.“335 Ausgehend von der gesetzgeberischen Konzeption wird im Hinblick auf die Motive der ersten Kommission herausgestellt, dass in Bezug auf die GbR zunächst eine Ausgestaltung als bloße Innengesellschaft orientiert an der römischen societas geplant gewesen sei, während schließlich die zweite Kommission eine Ausgestaltung als Gemeinschaft zur gesamten Hand vorgesehen habe. Über die Feststellung hinaus, dass das Prinzip gesamthänderischer Bindung neben obligatorischen auch dingliche Wirkungen entfalte, habe man jedoch nicht die Konsequenz gezogen, die Gesamthand als Rechtsgemeinschaft zu erfassen und gleichzeitig übersehen, dass mit der Übernahme des Gesamthandsprinzips bei der GbR das Recht einer Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand eingeführt worden sei.336 Daraus und aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der Gesamthand mit deren Wesen „nichts zu tun haben wollte“, erkläre sich auch, dass es „im Wesentlichen bei der Regelung der Gesellschaft als eines Schuldverhältnisses der Gesellschafter untereinander geblieben“ sei, über die das gesamthänderische Prinzip ohne Anpassung „gestülpt“ worden sei.337 Tatsächlich weise das Verhältnis auch organisationsrechtliche Elemente auf, welche dieses ebenfalls in das Verbandsrecht rückten und die Gesamthand gleichzeitig zu einer Organisationseinheit machten, „die Beteiligte des Rechtsverkehrs und Be332
Fabricius, S. 18; Bartholomeyczik, in: FS Reinhardt, S. 13. BGH, Urt. v. 29. 01. 2001 – Az. II ZR 331/00 = BGH NJW 2001, 1056. Die Entscheidung des BGH zur ARGE „Weißes Ross“ wird bei der Frage nach der Übertragbarkeit der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaft im dritten Teil der Arbeit noch Gegenstand vertiefter Darstellung sein, s. dazu § 5 A. I. 334 Vgl. Flume, ZHR 136, 177 (185 f.). 335 Flume, ZHR 136, 177 (179 f.); vgl. Flume, S. 1; Flume, in: FS Westermann, S. 121. 336 Flume, ZHR 136, 177 (178). 337 Flume, ZHR 136, 177 (178 f.). Aus diesem Grunde gehört für Flume die Regelung der Gesellschaft als „Urfigur“ der Gesamthand ohne besondere familien- oder erbrechtliche Prägungen auch nicht dem Schuldrecht an, sondern sei vielmehr gemäß ihrem „paradigmischen“ Charakter für die Gesamthand „an sich“ dem Allgemeinen Teil zuzuordnen, vgl. S. 179. 333
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zugspunkt von Rechtsverhältnissen [sei].“338 Die Rückbesinnung auf die Genossenschaftstheorie äußert sich nun dergestalt, dass Flume der Gesamthand als Personenverbundenheit, „als Gruppe“ Handlungs- und Rechtszuständigkeit beimisst, ohne dass er diese Gruppe wie Buchda als juristische Person oder eine Art „Zwischenform“ versteht, die eine „außer den Personen der Gesamthänder noch bestehende Wesenseinheit [sei]“. Die Gruppe sei auch als Rechtssubjekt nichts anderes als die Mitglieder der Gruppe in ihrer Verbundenheit.339 Die Stellung der Gesamthänder selbst erschöpfe sich alleine darin, Mitglied der Gesamthand zu sein, denn „[soweit] das Gesamthandsprinzip [gelte], [ende] die unmittelbare Handlungszuständigkeit und Rechtszuständigkeit bei der Gesamthand als der Gruppe der Gesamthänder.“340 Es zeichnet sich hier eine deutliche Abhebung von der Theorie Gierkes, der eine dinglich wirksame sonderrechtliche Beteiligung der Gesamthänder an den einzelnen Sondervermögensrechten annimmt, sowie dem Ansatz Fabricius’ ab, der in ähnlicher Weise von mitgliedschaftlichen Anteilen sekundärer Zuständigkeit seitens der Gesamthänder spricht. Auf der anderen Seite bestehen jedoch auch deutliche Übereinstimmungen mit der Genossenschaftstheorie: So sei zwar das Gesamthandsvermögen äußerst bedeutsam, „im innersten zusammengehalten“ werde die Gesamthand jedoch von diesem nicht: „Nicht das Gesamthandsvermögen begründe die Gesamthand, sondern umgekehrt.“341 Die Gruppenlehre und die Genossenschaftstheorie unterscheiden sich jedoch noch in einem weiteren erheblichen Punkt, nämlich der Willensbildung im Rahmen der Gemeinschaften: Flume distanziert sich dahingehend von Gierke, dass er den von ihm bekräftigten Gegensatz zwischen der Gesamthand und einer juristischen Person, den Gierke an der Form der jeweiligen Willensbildung festmacht, angreift. Soweit Gierke darauf abstelle, dass die Gesamthand lediglich einen gemeinschaftlichen Willen gegenüber einem Gemeinwillen bei einer juristischen Person bilde, mache er die Gesamthand tatsächlich zu einem „Mysticum“, das der Kritik Buchdas am Dualismus Personenverband/Verbandsperson verständlicherweise ausgesetzt sei. Die Willensbildung erfolge sowohl bei der Gesamthand als auch bei der juristischen Person entweder durch Vertretung oder durch gemeinschaftliche (Mehrheits-)Beschlussfassung.342 Den Unterschied finde man nach Flume vielmehr darin, dass die Gesamthand „als Gruppe der in ihr vereinigten Personen verstanden [werde]“, 338
Flume, ZHR 136, 177 (179). Flume, ZHR 136, 177 (188 f.). Zur Rechtssubjektsqualität der Gesamthand vgl. auch Flume, in: FS Westermann, S. 120. 340 Flume, ZHR 136, 77 (190). 341 Flume, ZHR 136, 177 (191). Diese Aussage scheint – wie Flume selbst bemerkt – mit dem Zustandekommen der Erbengemeinschaft in Konflikt zu stehen. Wie schon betont, sollen jedoch im Rahmen des ersten Teils dieser Arbeit die Ausführungen auf die Gesamthand als Rechtsprinzip ohne die jeweiligen Besonderheiten der verschiedenen Gemeinschaftsformen beschränkt bleiben. Auf die hier hervortretende Problematik wird vertieft im zweiten Teil der Arbeit eingegangen. 342 Flume, ZHR 136, 177 (191 f.). 339
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Teil 1: Historische Entwicklung der Gesamthandslehre
während bei der juristischen Person „die Organisation als solche, als Person verabsolutiert [werde]“. Genau genommen sei die unterschiedliche Bedeutung der Mitgliedschaft ausschlaggebend: Bei der Gesamthand bildeten die Mitglieder der Gruppe diese als Rechtssubjekt aus, wohingegen bei der juristischen Person die Mitglieder lediglich Teil einer „Organisation [seien], die ihnen gegenüber […] verselbstständigt angesehen [werde]“.343 Für unbedenklich hält er es daher, mit Fabricius die Gesamthand als „teilrechtsfähig“ zu bezeichnen, sofern man damit nicht mehr sagen wolle, als dass die Gruppe und nicht die einzelnen Gesamthänder Beziehungspunkt seien und man berücksichtige, dass der Begriff der Rechtsfähigkeit im Grunde nur für Personen gelte und insofern nicht beschränkt sei. Die darüber hinausgehenden Bestrebungen Fabricius’, die u. a. zu einer Anerkennung der Erbfähigkeit der Gesamthand führen, lehnt Flume hingegen ab. Gleiches gilt für die von der Mehrheit vorgenommene Betrachtung der Gesamthand von der Objektseite. Das Vermögen der Gesamthand als solches sei ebenso wenig eine Einheit wie das Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person, sondern lediglich die Summe der einzelnen Vermögensgegenstände, die der Gruppe zugeordnet seien.344 Dieser Auffassung stünden auch nicht die im Wortlaut des § 719 BGB erwähnten Anteile der Gesellschafter entgegen. Der Wortlaut der Norm sage nichts über das Vorliegen von Anteilen aus, sondern solle lediglich die Verfügungsmöglichkeit ausschließen.345 Dies ergebe sich schon aus den Erwägungen der Kommission, wonach „es nicht Sache des Gesetzgebers [war], die ,Konstruktion‘ [der Gesamthand] zu bestimmen und zu statuieren, es gebe Anteile an einzelnen Gegenständen oder dem Vermögen als ganzem [sic]“.346 Begreift man mit Flume die Gesamthand als Gruppe, die als solche dem gemeinschaftlichen Vermögen zuständig ist, so ist für die Annahme von Anteilen am Gesamtvermögen oder den einzelnen Gegenständen neben der Mitgliedschaft „als besondere Rechte“ in der Gruppe „kein Raum“.347
C. Zusammenfassung Im Rahmen der Betrachtung der historischen Entwicklung der Gesamthandslehre wurde herausgestellt, dass die ersten Ansätze, der Gesamthand in irgendeiner Form Rechtssubjektivität beizumessen, zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Hasse mit der Schaffung einer mystischen Person unternommen wurden, um einen Lösungsansatz 343
Flume, ZHR 136, 177 (192). Flume, ZHR 136, 177 (193). Auch unter dem Gesichtspunkt der von der herrschenden Lehre der ungeteilten Mitberechtigung angenommenen Anteilsberechtigung stößt dies auf Ablehnung. Die Aussage, die Gesamthänder seien jeweils auf das Ganze berechtigt, jedoch durch die übrigen wiederum beschränkt, sei ein Widerspruch in sich selbst und „nichts anderes als die alte Lehre des dominium plurium in solidum, von der Hasse schon mit Recht gesagt [habe], dass sie ein „Unding“ sei.“, Flume, ZHR 136, 177 (197). 345 Flume, ZHR 136, 177 (195 f.). 346 Flume, ZHR 136, 177 (196). 347 Flume, ZHR 136, 177 (196). 344
§ 2 Von der Gesamthand als Trägerin von Rechten und Pflichten
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für die Rechtsinstitute zu liefern, die durch die Form des für ihn „undenkbaren“ dominium plurium in solidum konstruiert wurden. Wenn sich dieser Ansatz auch trotz einiger Anhänger nicht durchsetzen konnte, waren es die Schriften von Beseler und insbesondere von Gierke, die die Gesamthänder in der Verbundenheit als solche zu einer neuen Form von Rechtssubjekt zwischen natürlicher und juristischer Person erhoben, und die die Diskussion um die dogmatische Grundlage der Gesamthand gegen Ende des 19. Jahrhunderts maßgeblich prägten. Ferner hat sich gezeigt, dass die Kritik am dominium plurium in solidum wie auch später an der Genossenschaftstheorie in den meisten Fällen auf dem Dualismus von societas und universitas gründete und die Gesamthand als ein besonderes germanisches Institut zwischen diesen beiden Rechtsformen strikt ablehnte.348 Die verschiedenen Gemeinschaftsformen, die die Genossenschaftstheorie dem Prinzip der gesamten Hand zuordnete, wurden von den Kritikern in diesem Sinne entweder in Anlehnung an die societas wie ein Miteigentum nach Bruchteilen behandelt oder wie das Eigentum einer juristischen Person, einer universitas, wobei diese römischen Formen gemeinschaftlichen Eigentums teilweise modifiziert sein sollten.349 Die Darstellung der nach der Einführung des BGB entwickelten Theorien im Anschluss hat gezeigt, dass sich diese in ihren Grundzügen wiederum auf die bereits im deutschen Privatrecht entwickelten Ansätze zurückführen lassen. Für die nachfolgende kritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Lösungsansätzen bedeutet dies, dass die von einigen Autoren geforderte Zäsur bei der Ergründung der dogmatischen Grundlage der Gesamthand350 nicht durchgeführt wurde.351 Die bereits im Rahmen des deutschen Privatrechts gewonnenen Ergebnisse haben daher auch für die Frage nach der Konstruktion der Gesamthand in der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuches kaum an Aktualität eingebüßt, so dass die aus diesem ersten Teil der Untersuchung bekannten Stimmen dem Leser im nachfolgenden zweiten Teil an zahlreichen Stellen – insbesondere zur Ausformulierung des Gedankens von der rechtsfähigen Gesamthand – wiederbegegnen werden.
348 349 350 351
Vgl. Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 452 f. Vgl. nur Schmid, AcP 36, 147 (160, 184). Vgl. Ascheuer, S. 223 f.; Buchda, S. 189 f. m. w. N.; Engländer, S. 5 f. Engländer, S. 191.
Teil 2
Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand § 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB A. Grundlegung: Eigentum, subjektives Recht und Rechtszuständigkeit Dem historischen Überblick lässt sich entnehmen, dass sich die Problematik der gemeinschaftlichen Berechtigung auf die Frage reduzieren lässt, in welcher Form ein subjektives Recht mehreren in einer Weise zugeordnet werden kann, die mit dem Grundverständnis eines einheitlichen Eigentumsbegriffs nicht in Widerspruch steht.1 Teilt man die Theorien zum Prinzip der Berechtigung zur gesamten Hand als einer möglichen Konstruktionsform der gemeinschaftlichen Berechtigung mit Buchda2 in zwei Gruppen, wovon eine der Problematik von der Subjektseite und die andere von der Objektseite zu begegnen versucht, so muss sich vornehmlich letztere, die stets mit einem Eingriff in die Struktur des subjektiven Rechts einhergeht,3 an der bekannten und oft zitierten Aussage Celsus’4 messen lassen: „duorum in solidum dominium vel possessio esse non potest!“ – Eine Sache kann nicht mehreren Rechtssubjekten dergestalt zustehen, dass jeder einzelne für sich als Volleigentümer und Besitzer der ganzen Sache erscheint. Bevor jedoch zuvörderst die objektiven Theorien, zu denen die der ungeteilten Gesamtberechtigung, der geteilten Mitberechtigung sowie diejenigen Engländers und Larenz’ zu zählen sind, auf ihre Vereinbarkeit mit dieser Aussage und dem Eigentumsbegriff zu untersuchen sind, soll zunächst mit einer kurzen Darstellung des heute herrschenden Verständnisses des Eigentums und der Rechtszuständigkeit eine Ausgangslage für die weitere Untersuchung geschaffen werden. I. Eigentum Das Gesetz statuiert mit § 903 BGB für das Eigentum im dritten Abschnitt des dritten Buches im Rahmen des 1. Titels zum „Inhalt des Eigentums“ zuvörderst die 1
Anders Hennecke, der die Herangehensweise von der „Aktivseite“ kritisiert und die Frage vor dem Hintergrund der Interdependenzen zwischen einheitlicher Rechts- und Verpflichtungsträgerschaft von der Passivseite her beantwortet. 2 Buchda, S. 226. 3 Vgl. Hennecke, S. 46. 4 Ulpian D. 13.6. 5. 15.
§ 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB
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„Befugnisse des Eigentümers“. Nach S. 1 kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder die Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Schon im Rahmen der Motive der ersten Lesung des BGB von 1888 hielt die Kommission für I § 848 BGB fest, dass man mit der Vorschrift weniger eine Definition des Eigentums geben wolle, als den wesentlichen Inhalt der dem Eigentümer zustehenden Rechte festzustellen.5 Auch der zweiten Kommission erschien mit Rücksicht „auf die Grundlegende Bedeutung des Eigentumes für die gesamte Staats- und Gesellschaftsordnung eine gesetzliche Feststellung des Begriffs und des Inhalts“ angemessen.6 Diese Feststellung hat sich dem Eigentumsbegriff von zwei Seiten genähert: Einer positiven inneren, nach welcher sich das Verhältnis des Eigentümers zur Sache regelt und dem Eigentümer das Recht zuschreibt, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, sowie einer negativen Äußeren, die die Befugnisse gegenüber Dritten regelt und zum Ausschluss jeglicher Einwirkung durch Dritte befugt.7 Der Gesetzgeber hat das Eigentum so als ein „exklusives, alle Personen ausschließendes Verfügungs- und Nutzungsrecht“ ausgestaltet,8 das eine Teilung in ein Ober- und Untereigentum ausschließt. „In diesem Sinne ist Eigentum also das umfassendste Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt.“9 Mit der Ablehnung des geteilten Eigentums folgt das BGB der von Thibaut begründeten Auffassung, dass zwischen dem eigentlichen Eigentum und Rechten am fremden Eigentum, den „iura in re aliena“ zu unterscheiden ist.10 In „prägnanter Form“11 hat Puchta den für diesen Eigentumsbegriff geltenden Grundsatz, dass zwei Eigentumsrechte einander aufheben,12 in seinen Vorlesungen über das heutige römische Recht zum Ausdruck gebracht: „Das Eigentum ist die totale Unterwerfung der Sache. […] In der Totalität des Eigentums liegt auch die Ausschließlichkeit desselben […] gegenüber anderem Eigentum. Es können deshalb nicht mehrere Eigentümer derselben ganzen Sache sein.“13 Entspricht der Eigentumsbegriff des BGB insoweit dem klassischen römisch-rechtlichen Begriff,14 so gilt auch heute noch: duorum in solidum dominium vel possessio esse non potest!15
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Motive zu § 903 BGB, in: Mugdan Bd. III, S. 145. Protokolle zu § 903 BGB, in: Mugdan Bd. III, S. 577. 7 Prütting, S. 122 Rn. 306; vgl. auch Eichler, S. 16. 8 Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 6. 9 Wolff/Raiser, S. 173. 10 Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 11 mit Verweis auf Thibaut, Theorie des Rechts Bd. II, S. 67 ff. 11 Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 11. 12 Vgl. Thibaut, Civilistische Abhandlungen, S. 266 ff. 13 Puchta, S. 316. 14 Vgl. dazu umfassend Seiler, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 903 ff. Rn. 58. 15 Vgl. Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 6. 6
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
II. Rechtszuständigkeit und subjektives Recht Im Hinblick auf das heutige Verständnis der Rechtszuständigkeit sowie des subjektiven Rechts haben die Betrachtungen der Arbeiten Buchdas und Fabricius’ bereits auszugsweise für Aufschluss gesorgt, so dass auch hier eine knappe Zusammenfassung im Sinne einer Grundlegung ausreichend erscheint. Ausgehend vom subjektiven Recht ist zunächst festzustellen, dass dieses in der heutigen Rechtsordnung nicht bloß eine Reflexwirkung gesetzlicher bzw. staatlicher Imperative darstellt, sondern gegenüber seinem Rechtsträger verobjektiviert ist.16 Die Betrachtung des subjektiven Rechts als Objekt gibt dem subjektivem Recht, bzw. dessen Umfang eine Identität, die es überhaupt erst möglich macht, das subjektive Recht von seinem Rechtsträger zu lösen und zu übertragen,17 denn mit Ausnahme des Wechsels in der Rechtsträgerschaft bleibt das subjektive Recht als solches unverändert.18 Die Rechtszuständigkeit ist in Folge dieser Verobjektivierung des subjektiven Rechts rechtlich nun von gesteigerter Bedeutung, denn durch seine Objekt-Qualität bedarf es im Rahmen der Rechtsordnung grundsätzlich der Zuordnung an ein Rechtssubjekt, wodurch dessen Zuständigkeit in Bezug auf das subjektive Recht begründet wird.19 Abweichungen hiervon liefen auf das Bestehen subjektloser Rechte hinaus; ein dem BGB prinzipiell fremder Zustand, der einhellig auf Ablehnung stößt.20
B. Zur Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung als Grundlage der Gesamthand Die weitere Untersuchung wendet sich zunächst der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung zu. Wie erinnerlich wurde dieser hier zuvor eine vermittelnde Stellung zwischen den römisch-rechtlichen und den germanischen Ansätzen zur Erklärung des Gesamthandprinzips eingeräumt, da sie die Zuständigkeit für das Gesamthandsvermögen zwar bei den Gesamthändern in ihrer Verbundenheit sieht,
16 H. Fischer, AcP 117, 143 (168 f.); vgl. ferner Schnorr, S. 84; Schulze-Osterloh, S. 10; Husserl, S. 175 ff.; Hirsch, S. 19, 176. Ausführlich zum objektiven Vermögenskomplex im germanischen Recht Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 70 ff. 17 H. Fischer, AcP 117, 143 (171, 176). Die Gegenauffassung der sog. Imperativtheorie führte dazu, dass in jeder Zession die Aufhebung des bisherigen subjektiven Rechts beim Zedenten sowie die Begründung eines neuen subjektiven Rechts beim Zessionar liegt, (S. 175 f.). Dem folgt bspw. ten Hompel, S. 12 f. 18 A. Blomeyer, S. 43, der insofern weiter ausführt: „Worin es unverändert bleiben muss, um dasselbe zu bleiben, […] um also übertragen werden zu können, ist Aufgabe empirischer Forschung. Jedenfalls ergibt sich aber aus der „Gleichheit“ des Übertragenen die Berechtigung des Bildes der „Übertragung.“ 19 Fabricius, S. 129. 20 Vgl. statt vieler Brox/Walker, Allgemeiner Teil, S. 266 Rn. 618; Köhler, S. 244 Rn. 5; Grimm, S. 25.
§ 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB
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diesen jedoch eine einheitliche Rechtssubjektivität nicht zusprechen will.21 In dieser vermittelnden Stellung liegt nun jedoch gleichzeitig das sich den Vertretern auftuende, „fast unlösbare“ Polylemma, welches Endemann, der bezeichnenderweise selbst ein Vertreter der ungeteilten Gesamtberechtigung ist, trefflich herausstellt: „Die Schwierigkeiten, die sich hier fast unlösbar für die Theorie erheben, liegen darin, dass ebenso wenig ein condominium plurium in solidum wie ein auf das Ganze sich erstreckendes Gesamteigentum der Gesellschaft und der Genossen insgemein sich juristisch konstruieren lässt. Gleichwohl steht fest, dass ein Miteigentum nach Bruchteilen nicht vorliegt: Das BGB wurde hier von deutschrechtlichen Vorstellungen geleitet, die weder ganz ausgereift waren noch im Gesetz eine Klärung erfahren haben. Die Fiktion einer juristischen Person ist aus inneren Gründen wie durch die Ordnung des BGB ausgeschlossen.“22
Im Folgenden wird zu untersuchen sein, ob die mannigfaltige Kritik an der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung berechtigt ist oder ob sie sich trotz dieser Ausgangslage in einer ihrer Ausformungen als taugliche Grundlage des Gesamthandsprinzips erweisen kann.
I. Das Sondervermögen als selbstständiger Vermögensinbegriff Nähert man sich den verschiedenen Ausprägungen von der Betrachtungsweise des Gesamthandvermögens als solchem, so ergibt sich sowohl für diejenigen, die das Gesamtvermögen den Gesamthändern ungeteilt zuweisen wollen, als auch diejenigen, die eine quotale Beteiligung der Gesamthänder am Gesamtvermögen sehen, ein Konflikt mit dem Grundsatz, dass subjektlose Rechte nicht bestehen können.23 Gemäß dem Spezialitätsgrundsatz, der durch den Bestimmtheitsgrundsatz ergänzt wird, müssen sich Verfügungen jeweils auf ein spezielles subjektives Recht beziehen, welches durch bestimmte Kriterien als Verfügungsobjekt identifiziert werden kann.24 Ein subjektives Recht muss folglich immer einem bestimmten Rechtssubjekt zugeordnet sein.25 Dem entspricht es, dass sowohl Eigentum an Vermögensinbegriffen 21
Vgl. § 2 B. II. Endemann, Bürgerliches Recht Bd. II6, S. 270 unter Fn. 5. Auch in den späteren Auflagen bleiben die Ausführungen weitestgehend nebulös: Demnach sollen sich die Rechte der Gesamthänder als Ausprägung ihrer Mitgliedschaft am Inbegriff, dem Vermögensganzen, erschöpfen; ein gesondertes Anteilsrecht an den einzelnen Vermögensgegenständen bestehe nicht, Endemann, Bürgerliches Recht Bd. II-1, S. 448 f. Zur Konstruktion bemerkt Endemann, a.a.O. unter Fn. 29 daher bezeichnend: „Das Gesetz unterstellt unzweifelhaft ein besonderes Gesamteigentum, das im Gegensatze zu dem Miteigentum nach Bruchteilen steht; wie dies aber aufzufassen sei, bleibt völlig unaufgeklärt; die Aufnahme der Gemeinschaft zur gesamten Hand in das BGB sucht Rechtsideen zu verwirklichen, die weder im deutschen noch im modernen Rechte bisher zur Ausreife gelangt sind.“ 23 Vgl. oben Fn. 20. 24 Wilhelm, S. 12 f. Rn. 20 f.; Prütting, S. 10 f. Rn. 23a ff.; Baur/Stürner, S. 39 f. Rn. 17 – 19; S. 307 Rn. 4. 25 Vgl. Ring, in: NAK-BGB, § 90 Rn. 85; Wolf/Wellenhofer, S. 30 Rn. 9; Brox/Walker, Allgemeiner Teil, S. 330 f. Rn. 783. 22
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
abgelehnt wird als auch die Wirksamkeit von entsprechenden Verfügungen.26 Wird nun allerdings nur das ungeteilte27 oder geteilte28 Vermögen als solches den Gesamthändern zugeordnet, so endet deren Zuständigkeit bei dem Vermögensinbegriff, welcher durch diese Konstruktion faktisch zu einem selbstständigen Rechtsobjekt erhoben wird, während die einzelnen Vermögensgegenstände ohne Rechtssubjekt bleiben. Will man die verschiedenen Vermögensgegenstände nicht in einer Form rechtsfreien Raumes schweben lassen, so kann dieser Ansatz nur Bestand haben, wenn man die Gesamthand als Ausnahme vom sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz ansieht, der das Sondervermögen für die gesetzlich geregelten Fälle gesamthänderischer Rechtszuständigkeit zu einem selbstständigen subjektiven Recht, einem Vermögensinbegriff im Sinne einer Sacheinheit erhebt, in welchem die einzelnen Vermögensgegenstände aufgehen, bis sie aus diesem herausgelöst werden. 1. Theorien zum Vermögensinbegriff Ausdrücklich vertreten einen solchen Vermögensinbegriff für das BGB neben Gierke nur wenige. Zu diesen Stimmen gehört zum einen Leonhard, der den Gesamthändern Bruchteile an dem Vermögensganzen, nicht aber an den einzelnen Vermögensgegenständen zugesteht. An diesen soll zwecks Vermeidung von deren Herrenlosigkeit jeder ein Mitrecht mit den anderen Gesamthändern haben, das von einem Anteilsrecht im Sinne einer Bruchteilsberechtigung wesentlich verschieden sein soll.29 Auch Lenski sieht nach einer Untersuchung der verschiedenen Gesamthandstheorien die einzige Lösung in der Annahme eines Vermögensinbegriffs. Im Gegensatz zu dem von Leonhard vertretenen Vermögensinbegriff handelt es sich hier um einen Inbegriff im wahrsten Sinne des Wortes: Man müsse sich die Begebenheit so vorstellen, wie das Verhältnis des Waldes als Einheitssache zu dessen einzelnen Bäumen. So, wie die Bäume eines Waldes eine eigene Bedeutung erst erlangten, wie diese gefällt würden, so erlangten die einzelnen Vermögensgegenstände, die „in dem Vermögen völlig verschwunden waren“ ihre Rechtsobjektivität erst mit Herauslösung aus dem Vermögen wieder.30 Die Einzelheiten beider Konstruktionen sind für die weitere Untersuchung jedoch nur von Interesse, sofern sich herausstellt, dass die
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Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, § 90 Rn. 69; Stresemann, in: MüKo, BGB, § 90 Rn. 39 f.; Wilhelm, S. 12 Rn. 20; Prütting, S. 11 Rn. 25; S. 119 Rn. 304; Baur/Stürner, S. 39 f. Rn. 17 – 19; S. 307 Rn. 4; v. Tuhr, S. 328 f.; ausführlich Oertmann, AcP 136, 88. 27 Wieling, Sachenrecht, S. 92; Endemann, Bürgerliches Recht Bd. I-2, S. 1131; Bd. II-1, S. 447 f.; Bd. III-2, S. 1005 ff.; vgl. Fn. 176 in Teil I. 28 Bork, S. 85 Rn. 194; v. Gamm, in: BGB-RGRK, Vor § 705 Rn. 4; Kipp/Coing, S. 619; v.Tuhr, S. 78 f; Strohal, S. 86 f.; Crome, Bürgerliches Recht Bd. II-2, S. 765; Coester-Waltjen, JURA 1990, 469. (Vgl. Fn. 177 in Teil I). 29 Leonhard, S. 748 f.; ähnlich wohl auch Hamburger, Gruchots Beiträge 48, 58. 30 Lenski, S. 62.
§ 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB
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Gesetzeslage entsprechende Inbegriffe überhaupt zulässt. Dieser Frage ist daher zuvörderst nachzugehen. 2. Der Vermögensinbegriff im Preußischen Allgemeinen Landrecht Jedenfalls im Preußischen Allgemeinen Landrecht war ein Sachinbegriff, der sich nicht lediglich in der Eigenschaft als Sammelbezeichnung erschöpfte, anerkannt und ausdrücklich in dem Unterabschnitt „Inbegriff von Sachen und Rechten“ des zweiten Titels, erster Teil wie folgt geregelt: § 32 ALR I 2. Mehrere besondere Sachen, die mit einem gemeinschaftlichen Namen bezeichnet zu werden pflegen, machen einen Inbegriff von Sachen aus, und werden, zusammen genommen, als ein einzelnes Ganzes betrachtet. § 33 ALR I 2. Auch der Inbegriff aller einzelnen Sachen und Rechte, die einem Menschen zugehören, kann als ein einzelnes Ganzes angesehen werden.
Wie es der Wortlaut des § 33 ALR I 2 bereits nahelegt, war die Anwendung der Vorschriften des Inbegriffs von Sachen und Rechten nicht alleine auf Fälle gesetzlicher Anordnung beschränkt, vielmehr hing es „ganz von der Willkür der Parteien ab“, „jeden Teil [der universitas] als besondere Sache zu behandeln, [oder] alle zusammen auch als ein Ganzes“.31 Einen möglichen Fall eines gesetzlich angeordneten Inbegriffs von Rechten und Pflichten, der im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand von gesteigertem Interesse ist, regelten die §§ 350, 351 ALR I 9 für den Nachlass.32 § 350 ALR I 9. Die Erbschaft eines Verstorbnen, oder für todt Erklärten, besteht aus dem Inbegriffe aller seiner hinterlassenen Sachen, Rechte und Pflichten. § 351 ALR I 9. Was wegen eines Inbegriffs von Sachen und Rechten überhaupt vorgeschrieben ist, findet auch bey Erbschaften Anwendung. (Tit. II § 32 sqq.)
Die gedanklichen Zusammenhänge des hier behandelten Ansatzes der Gesamtberechtigungslehre mit dem Allgemeinen Landrecht offenbaren sich letztlich in aller Deutlichkeit bei einer Betrachtung der dem Obertribunal folgenden preußischen Literatur. Exemplarisch sind hier insbesondere die Ausführungen Engelmanns zur Berechtigung der einzelnen Miterben am Nachlass: „Der Nachlass steht allen Erben zu, jeder hat einen Anteil nicht an den einzelnen Sachen, sondern am Ganzen[…].“33 Koch formuliert ähnlich: „Das Recht eines jeden von mehreren Miterben ist durch 31
Koch, Allgemeines Landrecht Bd. I-1, S. 116 Fn. 24. Zum Vermögensinbegriff der Miterbengemeinschaft im Allgemeinen Landrecht siehe § 4 B. 33 Engelmann, S. 487. 32
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
das des anderen beschränkt, jeder hat einen ideellen Teil des Ganzen, nicht so auch an jedem einzelnen darin enthaltenen Gegenstande.“34 3. Die Gesamthand als Ausnahme des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes und Grundlage eines Vermögensinbegriffes im Bürgerlichen Gesetzbuch a) Die Bedeutung des Inbegriffes im BGB Das BGB entbehrt nun aber einer dem Allgemeinen Landrecht entsprechenden Regelung über Vermögensbegriffe, so dass ein subjektives Recht an Vermögensinbegriffen und Sachgesamtheiten einhellig abgelehnt wird.35 Abgesehen von den verschiedenen Reglungen zu den Gesamthandsvermögen (§§ 719, 1419, 2033 BGB) spricht das Gesetz u. a. zwar von Verfügungen über das Vermögen bzw. das Gesamtgut „im Ganzen“ (§§ 1365, 1822 Nr. 1 bzw. 1423 BGB) und vom Übergang der Erbschaft „als Ganzes“, jedoch folgt in den jeweiligen Fällen hieraus nicht die Anerkennung eines Sachinbegriffes im Sinne des Allgemeinen Landrechts. Vielmehr handelt es sich bei diesen „Inbegriffen“ im Sinne der §§ 92 Abs. 2, 1035 BGB lediglich um Rechtsgesamtheiten in Form einer Sammelbezeichnung für alle darunter verstandenen Vermögenswerte einer Person, die ihre rechtliche Selbstständigkeit behalten, so dass das Vermögen als Ganzes keine Sache im Sinne des § 90 BGB darstellt.36 Deutlich zum Ausdruck bringt dies § 1085 BGB, wonach ein Nießbrauch am Vermögen einer Person nur in der Weise bestellt werden kann, dass der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zum Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt. Über die Verweisung des § 1089 BGB gilt selbiges für den Nießbrauch an einer Erbschaft im Sinne des § 1922 Abs. 1 BGB. Eine gesetzlich geregelte Ausnahme gilt lediglich für den Bienenschwarm in den §§ 961 ff. BGB, der unter Durchbrechung des Spezialitätsgrundsatzes als Sacheinheit behandelt wird.37 Darüber hinaus wird eine Mehrheit von Sachen auch dann als Sacheinheit behandelt, wenn lediglich eine einzelne Sache der zu betrachtenden Einheit keine eigene 34
Koch, Preuß. Privatrecht Bd. II, S. 858. Vgl. ferner auch Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 704 f.: „Wer am Nachlaß als Miterbe betheiligt ist, ist mitberechtigt an einem Vermögensganzen, welches aus einer größeres Anzahl von Sachen besteht, aber rechtlich nicht mit denselben identisch ist.“ 35 Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 1; Berger, in: Jauernig, BGB, Vorbem. § 903 Rn. 3; Prütting, S. 11 Rn. 25; 122 Rn. 304; Baur/Stürner, S. 307 Rn. 4. 36 Völzmann-Stickelbrock, in: P/W/W, BGB, § 90 Rn. 4; Jickeli/Stieper, in: Staudinger, BGB, § 90 Rn. 69; Stresemann, in: MüKo, BGB, § 90 Rn. 39 f., 42 f.; vgl. auch RG Urteil v. 02. 06. 1915 – Az.: V 19/15 = RGZ 87, 43 (45 f.): „Eine solche Sachgesamtheit ist, auch wenn sie wirtschaftlich als Einheit erscheinen mag, doch nach Sachenrecht nicht eine Körpereinheit, eine Sache, sondern sie besteht aus einer Mehrheit von Sachen, die trotz ihrer Zusammenbindung […] ihre körperliche Selbstständigkeit bewahrt haben.“ 37 Oechsler, in: MüKo, BGB, § 961 Rn. 1; Kindl, in: B/R, BGB, § 961 Rn. 1; Ebbing, in: Erman, BGB, § 961 Rn. 1.
§ 3 Kritische Würdigung der Gesamthandstheorien des BGB
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wirtschaftliche Bedeutung hat.38 Dass diese Ausnahmen nicht auf das Sondervermögen einer Gesamthandsgemeinschaft übertragen werden können, dürfte außer Zweifel stehen. b) Zum Einfluss der Kritik Gierkes an dem ersten Entwurf auf den Eigentumsbegriff des BGB Als einer der eifrigsten Kritiker dieses schon im ersten Entwurf durchgeführten romanistischen Eigentumsbegriffs hat sich Gierke erwiesen. Er moniert, die Behandlung der Sachinbegriffe im BGB widerspreche der gesamten bisherigen Gesetzgebung wie auch der gemeinrechtlichen Praxis und führe ferner dazu, dass „der volksthümlichen Rechtsanschauung Gewalt angethan und eine Reihe nützlicher Institute beseitigt oder verkümmert [werde].“39 Zwar lassen sich Nachweise dafür anbringen, dass die umfangreiche Kritik Gierkes am ersten Entwurf von nicht unerheblichen Einfluss auf die Aufnahme des Gesamthandsprinzips ab dem zweiten Entwurf war,40 ein Einfluss der Kritik Gierkes auf den Eigentumsbegriff wird sich in Ermangelung entsprechender Änderungen in den nachfolgenden Lesungen jedoch nicht konstatieren lassen. c) Erwägungen des Gesetzgebers In der gesamthänderischen Bindung dennoch eine Ausnahme vom Bestimmtheitsgrundsatz und die Anerkennung eines Vermögensinbegriffs zu sehen, ist trotz der Tatsache, dass das BGB mit Ausnahme des Bienenschwarms einen Vermögensinbegriff im Sinne einer Einheit nicht kennt, nicht gänzlich ausgeschlossen. Dass diese Möglichkeit nicht einfach von der Hand gewiesen werden kann, zeigt sich daran, dass sich hinsichtlich dieser Frage auch die zweite Kommission zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches nicht einig war, wie die Diskussion über die von Gesetzes wegen eingeräumte Möglichkeit des Erben, „über seinen Anteil an dem Nachlass zu verfügen“, zeigt: „Es wurde der Zweifel erhoben, ob die dingliche Verfügung über den Antheil eines Miterben am Nachlasse rechtlich überhaupt möglich sei; der Antheil am Nachlasse sei der Antheil von der Gesammtheit aller einzelnen Gegenstände. Eine dingliche Verfügung über einen solchen ideellen Antheil an einem Vermögensganzen mit der Wirkung, daß derselbe einheitlich übergehe, sei dem Entwurf unbekannt […]. Wenn über die Erbschaft im Ganzen nicht dinglich verfügt werden könne, so bestehe kein Grund, die dingliche Verfügung über einen Antheil beim Nachlasse zuzulassen […]“. Die besondere Regelung der Unverfügbarkeit der Anteile im Ehegattengüterrecht habe lediglich den Sinn eines Verfügungsverbotes, das auch das obligatorische Geschäft erfasse. Man solle es hier bei der Zulässigkeit eines obliga-
38 Bspw. ein Sack Reis. Vgl. Stresemann, in: MüKo, BGB, § 90 Rn. 15; Fritzsche, in: B/R, BGB, § 90 Rn. 14; Ring, in: NAK-BGB, § 90 Rn. 90. 39 Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 109. 40 Dazu vor allem § 3 E. I. 3.; vgl. auch Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 31 f.
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand torischen Vertrages und der Unzulässigkeit einer entsprechenden dinglichen Verfügung belassen und „daher gar nichts [sagen]“ bzw. den Abs. 1 S. 1 des § 2033 BGB streichen.41
Die Mehrheit der Kommission war jedoch anderer Auffassung und entschied sich für die Beibehaltung des § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB in der heutigen Form: „Die Annahme, dass eine dingliche Verfügung über den Antheil rechtlich nicht möglich sei, beruhe auf der Auffassung des Entw. I, der den Inbegriff nicht anerkannt habe. Dies sei von der Kom. nicht festgehalten worden. Bei der Gemeinschaft zur gesammten Hand bestehe die Gemeinschaft nicht an allen einzelnen Gegenständen des Vermögensganzen, das Verhältnis sei vielmehr ein einheitliches und die einzelnen Objekte kämen nur als Bestandtheile eines Ganzen in Betracht. Dadurch aber werde bewirkt, daß der Antheil an einem solchen Vermögen ein einheitliches Recht sei, welches durch Vertrag einheitlich übertragen werden könne.“42
Gemäß dem ausdrücklichen Ansinnen, die Erbengemeinschaft nach dem Vorbild des Allgemeinen Landrechts auszubilden,43 entsprach die überwiegende Auffassung in der Kommission zum Gesamthandsvermögen damit Grundsätzlich den §§ 32, 33 ALR I 2 in der Prägung der o.g. Obertribunal-Entscheidung von 1857.44 Dennoch bleiben die Vorstellungen des Gesetzgebers widersprüchlich, wie die Protokolle zu § 2040 Abs. 1 BGB zeigen. Im Hinblick auf dessen ursprüngliche Entwurfsfassung § e. „Die Erben können über den Nachlaß im Ganzen sowie über einzelne Nachlaßgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen.“
wurde bzgl. der Formulierung „über den Nachlaß im Ganzen“ wiederum eingewandt, „daß dingliche Rechtsgeschäfte nur über die einzelnen zum Gesammtgute gehörenden Gegenstände, nicht aber über das Gesammtgut als Ganzes geschlossen werden können. Wenn im Familienrechte von der Verfügung über das Gesammtgut als Ganzes oder über eine Erbschaft gesprochen werde, so sei damit ein das Gesammtgut oder die Erbschaft betreffendes Kausalgeschäft gemeint. Dies treffe auch hier zu.“ Dagegen wurde allerdings erhoben, dass man erwägen könne, auch an dieser Stelle den Vermögensinbegriff als solchen dienstbar zu machen, wie es auch bei den §§ 1423, 1822 Nr. 1 BGB der Fall sei. „Es sei in dieser letzteren Vorschrift die Erbschaft auch als Vermögensinbegriff behandelt und die Möglichkeit einer Verfügung über die Erbschaft als Ganzes in Betracht gezogen worden. Wolle man sich mithin dem Unterantrage [zur Streichung der Verfügung des Passus „über dem Nachlass im Ganzen“] anschließen, so müßten jedenfalls entsprechende Aenderungen früherer Beschlüsse erfolgen.“45
41 42 43 44 45
Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 497. Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 497. Vgl. Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 472 Fn. 20 bzw. S. 475 Rn. 4. Protokolle zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503.
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In der Folge nahm man den entsprechenden Unterantrag zur Streichung der Formulierung „über den Nachlass im Ganzen“ vorläufig an und beschloss, „es der Revision der früheren Beschlüsse vorzubehalten, ob an ihnen entsprechende Änderungen vorzunehmen, oder ob, wenn dies verneint werden sollte, die im Unterantrage gestrichenen Worte wiederherzustellen seien.“46 Im Rahmen der Protokolle zu § 1423 BGB ging man ebenfalls davon aus, dass es das Beste sei, wenn man die Formulierungen „über das Gesammtgut/Vermögen als Ganzes“ streiche.47 Die heutige Gesetzeslage offenbart jedoch, dass weder eine Revision der verschiedenen Normen mit entsprechenden Formulierungen erfolgt ist noch die Streichung in § 2040 Abs. 1 BGB rückgängig gemacht wurde.48 Vielmehr geht man – wie bereits klargestellt – für die jeweiligen Vorschriften, insbesondere den Bestimmungen zum Vermögen der Ehegatten nach §§ 1365, 1423 BGB, davon aus, dass es sich hier lediglich um Inbegriffe im Sinne eines Sammelbegriffes handelt, die den Bestimmtheitsgrundsatz und das Spezialitätsprinzip unberührt lassen.49 Gleiches gilt für § 1822 Nr. 1 BGB.50 Entgegen der herrschenden Meinung und auf Basis der hier offenbarten unsauberen redaktionellen Arbeit des Gesetzgebers wird sich ein klarer gesetzgeberischer Wille zur Anerkennung eines Vermögensinbegriffs im Rahmen des Gesamthandsprinzips kaum konstatieren lassen. Die offensichtlich widersprüchlichen Ausführungen in den Protokollen werden auch nicht dadurch relativiert, dass man eine Differenzierung zwischen dem Vermögensinbegriff und dem Anteilsinbegriff erwog: „Man habe sich […] bei dem Nachlasse dahin schlüssig gemacht, daß eine Verfügung […] bezüglich des Antheils eines Miterben zulässig, bezüglich des einem Universalerben angefallenen gesammten Nachlasses aber unzulässig sein solle […]. Diese Unterscheidung lasse sich beim Gesammtgute der ehelichen GG. nicht machen.“51 Zum einen ließe sich einwenden, dass hier ausdrücklich nur von einer Verfügung über den Anteil eines Miterben die Rede ist, jedoch damit keine Aussage über die generelle Güterzugehörigkeit bei Gesamthandsvermögen getroffen ist, und zum anderen – und hiermit ist dieser Erwägung der Boden überhaupt entzogen – setzt die Kommission für die Verfügbarkeit über den Anteil als solchen voraus, dass die einzelnen Objekte nur als Bestandteile eines Ganzen in Betracht kommen, denn erst dadurch „werde bewirkt, daß der Antheil an einem solchen Vermögen ein einheitliches Recht sei“.52
46 47 48 49 50
Rn. 4. 51
Protokolle zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503. Protokolle zu §§ 1444, 1448 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 808. Vgl. Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 480 Fn. 13. Vgl. oben unter Fn. 36. Vgl. nur Wagenitz, in: MüKo, BGB, § 1822 Rn. 4; Engler, in: Staudinger, BGB, § 1822
Protokolle zu §§ 1444, 1448 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 808. So beinahe wörtlich die Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 497, wodurch der Gesetzgeber seiner Argumentation selbst die Grundlage entzieht. 52
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4. Zwischenergebnis Die Ausführungen haben gezeigt, dass der Ansatz, lediglich das Vermögen als solches geteilt oder ungeteilt den Gesamthändern ohne eine irgendwie geartete Berechtigung an den Nachlassgegenständen zuzuweisen, die Anerkennung eines selbstständigen und einheitlichen Sachinbegriffs erfordert. Während dieser zwar im Allgemeinen Landrecht ausdrücklich geregelt war, lassen die widersprüchlichen Ausführungen in den Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch sowie das Fehlen ausdrücklicher positivrechtlicher Regelungen, die ein derart außerordentliches Abweichen von den Grundprinzipien des Sachenrechts grundsätzlich erwarten ließen, eine solche Konstruktion nicht zu.53 Der Ansatz bietet mithin keine Lösung für die Frage der Zuständigkeit zu den einzelnen Vermögensgegenständen und ist als dogmatische Grundlage des Gesamthandsprinzips untauglich. II. Die Vollzuständigkeit der Gesamthänder zu den einzelnen Vermögensgegenständen Nachdem sich die Zuweisung der Zuständigkeit der Gesamthänder zu dem Vermögen als untauglich erwiesen hat, sind die sonstigen Ausprägungen der Theorie der ungeteilten Mitberechtigung notwendigerweise dem Spezialitäts- wie auch dem Bestimmtheitsgrundsatz unterworfen, so dass nur noch solche Konstruktionsversuche in Betracht kommen, die die Zuweisung an die einzelnen Vermögensgegenstände knüpfen. Von diesen Ansätzen ist zunächst derjenige zu würdigen, der eine ungeteilte Zuständigkeit zu den einzelnen Nachlassgegenständen konstatiert.54 Ergeben sich durch die entsprechenden Aussagen, dass die einzelnen Vermögensgegenstände jedem Gesamthänder ganz gehören bzw. zustehen beschränkt nur durch die Rechte der übrigen Gesamthänder, zwar keine Probleme hinsichtlich des Spezialitätsprinzips sowie subjektloser Rechte, so ist doch diese Form der Zuständigkeit im Hinblick auf das Verständnis des Eigentumsrechts problematisch. Wie aus dem historischen Überblick erinnerlich, ist weder der Gedanke ein neuer noch ist es die Problematik. Dies soll verdeutlicht werden, indem die Ausführungen zum herrschenden Verständnis vom gemeinschaftlichen Eigentum zu Beginn des 19. Jahrhunderts erneut in Erinnerung gerufen werden.
53
Im Ergebnis ohne Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Gesetzgebers auch Oertmann, Vorbem. zu §§ 705 ff unter 4.c); Schulze-Osterloh, S. 15; Buchda, S. 311 f.; Engländer, S. 62 f. Fn. 124, S. 92, 324; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 19 f., 26; Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (720). 54 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v 15. 04. 1958 – Az. 15 129/58 = DNotZ 1958, 416; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 2 widersprüchlich aber unter § 2033 Rn. 8 mit der Verneinung einer Berechtigung an den Gegenständen; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 11; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2032 Rn. 17; K. Lange, S. 569 Rn. 9; Brox/Walker, Erbrecht, S. 264 Rn. 470; Westermann, S. 182; Mayer, MittBayNot 2010, 345 (s. o. Rn. 178).
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1. Anklänge an das dominium plurium in solidum Danz führt zu dem deutschen Gesamteigentum und dem Fall, dass eine Sache Mehreren zusteht, aus: „Bei dem Gesammteigenthume kann man, so widersprechend es auch im ersten Anblicke scheinen mag, mit Wahrheit sagen, daß ein jeder einzelner Gemeiner Eigenthümer des Ganzen, und doch auch wieder kein einzelner Gemeiner Eigentümer des Ganzen sey. Denn das Recht eines jeden einzelnen erstreckt sich auf die ganze Sache, […] aber dieses Rechtes auf die ganze Sache sind doch mehrere Individuen auf völlig gleiche Weise theilhaftig.“55 Für die Gütergemeinschaft formuliert Bolley ähnlich: „Setzt man bei der wahren allgemeinen Güter-Gemeinschaft den Begriff des Gesammt-Eigenthums voraus, so ergibt sich die Folge hieraus wohl von selbst. Denn bei dem deutschen Gesammt-Eigenthum wird jeder als Eigenthümer des Ganzen betrachtet. […] Tritt einer aus, so […] fällt die Schranke weg, wodurch der andere in der Ausübung seines solidarischen Eigenthums gehindert war.“56 Deutlicher noch werden die Überschneidungen bei Meurer: „Man unterscheide nur zweyerley Arten der Gemeinschaft des Eigenthums. Die eine Gattung [Das Gesamteigentum] hat die Eigenschaft, dass sich das Recht eines jeden Miteigenthümers über die ganze Sache erstreckt, und in der Ausübung nur durch die Concurrenz eines anderen Miteigenthümers restringiert wird“.57 Dem gegenüber steht die folgende Ausführung Gergens zum Eigentum der Miterben bei der Erbengemeinschaft exemplarisch für die unter Fn. 54 genannten Vertreter der Lehre der Vollzuständigkeit: „Die Gemeinschaftsbeziehung in der Gesamthand ist nicht nur eine personenrechtliche, sondern auch eine gegenstandsrechtliche. Sachenrechtlich gehört jeder Nachlassgegenstand dem einzelnen Miterben ganz, jedoch beschränkt durch die Rechte der übrigen Miterben.“58 Die Gegenüberstellung zeigt, dass es sich bei der Zuweisung des vollen Eigentums an jedem einzelnen Gegenstand beschränkt durch die Rechte der übrigen Gesamthänder um nichts anderes handelt als das Ende des 17. Jahrhunderts von Veracius geschaffene und in der Folge von vielen Germanisten vertretene dominium plurium in solidum.59 In der Folge wird sich herausstellen, dass die bereits vor 150 bis
55
Danz, S. 498. Bolley, Monatschrift f. d. Justizpflege in Württ. 2, 185 (194). 57 Meurer, S. 10 f. Im Hinblick auf die Ausführungen Eichhorns, S. 443 zur mehrheitlichen Berechtigung bei den Markgenossenschaften sind die Abweichungen zur heutigen Lehre ebenfalls nur marginal: „[…] der Boden muß daher als das Eigenthum der Gesammtheit jener Interessenten betrachtet werden, dem Einzelnen kann aber kein ideeller Antheil an jenem zugeschrieben werden, obwohl die Concurrenz eines jeden zur Ausübung der Eigenthumsrechte und zur Benutzung, den Charakter eines mit dem Grundstück verbundenen Rechts in sich trug.“ 58 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 11. 59 Im Ergebnis auch Flume, ZHR 136, 177 (197); vgl. ferner § 2 A. I. Zum Gesamteigentum im Sinne eines dominium plurium in solidum vgl. Fn. 10 in Teil I. 56
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über 200 Jahren angebrachte Kritik an dieser Konstruktion an Aktualität nicht eingebüßt hat.60 2. Übertragung der Kritik am dominium plurium in solidum auf die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung Bereits im Jahre 1801 hat Müller zutreffend festgestellt, dass das dominium plurium in solidum „einen Widerspruch in sich selbst“ enthalte, soweit jeder das ganze haben soll.61 Sieht man das Wesen des Eigentums vor allem in dessen Ausschließlichkeit, die es ermöglicht, jeden anderen von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen,62 so will es in der Tat nicht einleuchten, wie es mit der Logik in Einklang zu bringen sein soll, dass mehrere vollberechtigte Eigentümer einer Sache sind, ohne dass sich die verschiedenen Eigentumsrechte gegenseitig ausschließen bzw. einander aufheben.63 Schon für das Zusammentreffen64 mehrerer gleichrangiger dinglicher Nutzungsrechte (§§ 1024, 1060 BGB) hat der Gesetzgeber erkannt, dass diese dergestalt nebeneinander stehen können, dass beide nicht oder nicht vollständig im Rahmen der gegenseitigen Konkurrenz ausgeübt werden können. Wo aber schon zwei inhaltsgleiche und gleichrangige iura in re aliena als „verselbstständigte Splitter des belasteten Rechts“65 derart in Konkurrenz treten können, dass sie einander gänzlich in der Ausübung ausschließen können, so muss das erst Recht für das belastete Recht als solches, das Eigentum als „umfassendstes Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt“,66 gelten, sofern mehrere ,Volleigentümer‘ zusammentreffen.67 Die Abmilderung der Konkurrenz zwischen den dinglichen Nutzungsrechten erfolgt nun durch die Einräumung des Anspruchs eines jeden Berechtigten auf eine 60
Zur Kritik am dominium plurium in solidum im Überblick s. § 2 A. II. 1. Müller, S. 4. 62 Lemke, in: P/W/W, BGB, § 903 Rn. 2; Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 4 f.; Prütting, S. 122 Rn. 306 f. 63 Vgl. Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 452, 454; ferner Duncker, S. 1; Hasse, S. 19, 22; Müller, S. 4. Aktueller: Fabricius, S. 136; Kattausch, S. 63; Saenger, S. 9, 33, 93; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 366; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 17, 27; Joerges, ZHR 51, 47 (54 f.). 64 Zur Vollrechtskollision in diesem Zusammenhang vgl. Schnorr, S. 77. 65 Vgl. Berger, in: Jauernig, BGB § 1068, Rn. 1; Wilhelm, S. 58 Rn. 113; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 359. Ausführlich mit weiteren Nachweisen auch Wolff/Raiser, S. 177. 66 Wolff/Raiser, S. 173. 67 Insofern erstaunt es, wenn Bork, in: Staudinger Symposion, S. 184 vor dem Hintergrund des über 300 Jahre zurückgehenden Streits um das Wesen des gemeinschaftlichen Eigentums in wenigen Zeilen konstatiert, dass aus der Betrachtung des subjektiven Rechts keine Lösung zu gewinnen sei, da keine logischen Bedenken gegen eine gemeinsame Zuständigkeit bestünden. In ihrer Allgemeinheit mag diese Aussage unter Berücksichtigung der Bruchteilsgemeinschaft sicherlich stimmen (vgl. § 3 E. III. 4.), gleichwohl ist es doch gerade bei der Gesamthand fraglich, wie diese gemeinschaftliche Zuständigkeit auszusehen hat und gerade für deren Beantwortung ist die „Theorie des subjektiven Rechts“ durchaus dienstbar zu machen. 61
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dem billigen Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung der Nutzungsrechte gem. § 1024 BGB, der sich mit dem Wortlaut des § 745 Abs. 2 BGB deckt, und so den Gemeinschaftsgedanken, der im Wesentlichen die Ausübung der Eigentumsbefugnisse im Rahmen der Bruchteilsgemeinschaft koordiniert, auf zwei nicht qua eigenen Rechtsverhältnis verbundene Nutzungsrechtsinhaber überträgt.68 Das dominium plurium in solidum bzw. die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung schaffen aber keine Auflösung oder Abmilderung von Konkurrenz, sondern nur Konflikt: Das eine umfassendste Herrschaftsrecht an einer ungeteilt mehreren Subjekten zuständigen Sache verhält sich zu einem anderen umfassendsten Herrschaftsrecht an derselben Sache wie ein Elementarteilchen zu seinem Antiteilchen. So, wie sich als Folge auf logischer Ebene die Rechte zweier Volleigentümer annihilieren, so verhält es sich mit den Aussagen zur ungeteilten Gesamtberechtigung, von denen hier exemplarisch für die übrigen Aussagen die des Reichsgerichts herangezogen werden soll: „Man kann mit Recht sagen, daß grundsätzlich jeder Gemeinschafter auf das Ganze berechtigt sei und nur durch die Berechtigung seiner Mitteilhaber eingeschränkt werde.“69 Der zweite Teil der Aussage nimmt dem Gesamthänder, was ihm im ersten Teil gegeben wurde; es ist, um es mit Danz’ Worten zu sagen, „jeder Gemeiner Eigenthümer des Ganzen und wieder kein Einzelner Eigenthümer des Ganzen“70, so dass das dem Gesamthänder zugeschriebe Volleigentum „ohne Inhalt, reine Form“71 ist. Die Unvereinbarkeit dieser Ausprägung der Gesamtberechtigungslehre mit dem von Celsus aufgestellten und noch immer gültigen72 Grundsatz „duorum in solidum dominium vel possessio esse non potest“ kann kaum deutlicher hervorgehoben werden und so ist diese Konstruktion von Stobbe zu Recht als „juristische Unmöglichkeit“73 betrachtet worden, die als dogmatische Grundlage des Prinzips der gesamthänderischen Bindung gänzlich ungeeignet ist.74 3. Die Kritik Engländers an der Konstruktion Engländer kommt in seiner Untersuchung zu dem gleichen Ergebnis, begegnet dieser mehrfach gesetzten solidarischen Zuständigkeit allerdings nicht von dem 68
Zur Vergleichbarkeit der Konkurrenzsituation zwischen Miteigentümern, Nutzungsrechtsinhabern sowie Eigentümern und Nutzungsrechtsinhabern vgl. § 3 E. III. 3. und dort insbesondere Fn. 477. Zur Ausgestaltung der Bruchteilsgemeinschaft als Verwaltungsgemeinschaft zur gesamten Hand vgl. § 3 E. III. 3. b). 69 RG, Urteil v. 23. 02. 1907 – Az.: Rep. I 404/06 = RGZ 65, 227 (235). 70 Danz, S. 498. 71 Vgl. Fabricius, S. 136; Joerges, ZHR 51, 47 (55) Fn. 23, die beide darauf abstellen, dass die Gesamthänder zu Volleigentümern werden, ihnen jedoch die essentiellen Befugnisse wie die alleinige Verfügungsgewalt abgesprochen werden. 72 Vgl. oben unter Fn. 15. 73 Stobbe, ZRG 1864, 207 (210); Boas, S. 5 sieht sie „als Monstrum verschrien“. 74 So auch Saenger, S. 9 f., 33 f., 47; Sohm, S. 62.
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Eigentumsbegriffe, sondern vom Gemeinschaftsbegriffe aus. Die mehrheitliche Zuständigkeit des einen gemeinschaftlichen Rechtsinhalts könne keine mehrfach gesetzte einheitliche Zuständigkeit solcher Rechtsinhalte sein, denn dann sei es doch eben nicht das eine Recht im Sinne des § 741 BGB, das den mehreren Berechtigten zustünde.75 Man mag diesem grundsätzlich formalen Argument zwar folgen, jedoch übersieht Engländer, dass die Annahme einer Vervielfältigung des Rechts tatsächlich der gleichen Kritik wie das dominium plurium in solidum ausgesetzt ist, da die Vervielfältigung lediglich zu einer Verlagerung der Problematik führt. Die durch die solidarische Zuständigkeit bestehende Konkurrenz der Gesamthänder im Rahmen des einen gemeinschaftlichen subjektiven Rechts besteht bei der Annahme einer Vervielfältigung der Rechte sodann zwischen den verschiedenen subjektiven Vollrechten, die sich auf das eine Rechtsobjekt beziehen.76, 77 III. Sonderrechtliche Beteiligung mit sachenrechtlichem Gehalt Wiederum andere Anhänger der Gesamtberechtigungslehre, die erkennen, dass das Gesamthandsvermögen als solches kein einheitliches Rechtsobjekt ist und dementsprechend die einzelnen Nachlassgegenstände auch „irgendjemand zu Eigentum oder sonstigem Rechte gehören“ müssten,78 ohne dass hier der Gedanke des dominium plurium in solidum greift, sehen die Gemeinschaftsbeziehung zwischen den Gesamthändern gegenstandsrechtlich zu besonderen Anteilen geprägt, die mit den Anteilen der Bruchteilsgemeinschaft nicht wesensgleich sein sollen.79 Freilich ergehen sich die Vertreter dieser Auffassung auch hier in Bezug auf die dingliche Zuordnung der Gegenstände teilweise in nebulösen Formulierungen, wonach die Gegenstände ohne ziffernmäßige Quotelung der Zuständigkeit nach „der gesamthänderischen Vereinigung aller Teilhaber“80 zustünden bzw. die Gegenstände „ohne nähere Quotelung allen Teilhabern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit insgesamt“ gehörten, sachenrechtlich diese jedoch den einzelnen Gesamthändern 75
Engländer, S. 36 f. Mit ähnlicher Tendenz wohl auch Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (5). Dieser Konflikt wird in der Lehre Engländers verschleiert. Siehe unter § 3 C im Text zu Fn. 158. 77 Damit entfällt gleichzeitig die Grundlage der Untersuchung Kunz’, S. 71, der die Eigenschaft einer Rechtsgemeinschaft in der mehrfachen Zugehörigkeit des subjektiven Rechts sieht: „Subjekt eines bestimmten Rechtsobjektes, etwa des Eigentums an einer Liegenschaft, ist nicht allein S1, sondern zugleich S2, S3, S4 und so fort, so dass das subjektive Recht – bildlich gesprochen – Im Zentrum eines Strahlenbündels erscheint.“ Gleiches gilt für die eine Vollrechtskonkurrenz ermöglichende Konstruktion des Zuständigkeits-Strahlenbündels von Buchda, S. 289. Dazu schon kritisch Fabricius, S. 119 ff. 78 Vgl. Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. 79 v. Tuhr, S. 79; Strohal, S. 86 f.; vgl. auch Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10 f.; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn 8; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2032 Rn. 15; Crome, Bürgerliches Recht Bd. III, S. 430: „Vor der höheren Ordnung der Gemeinschaft ist der Theil [Anteil] entbehrlich.“ 80 Vgl. Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. 76
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jeweils ganz beschränkt durch die übrigen zustünden.81 Was die Vollberechtigung der einzelnen Gesamthänder betrifft, wurde bereits die Untauglichkeit eines solchen Ansatzes herausgestellt und auch die diffuse Zuordnung der Gegenstände an die verbundenen Gesamthänder ist hier noch nicht von Interesse. An dieser Stelle ist zunächst die Konstatierung eines irgendwie gearteten Anteils bzw. einer Mitberechtigung zu hinterfragen. Ausführlichere Ausführungen zu dieser Konstruktion finden sich vornehmlich bei Staudinger/Werner für die Erbengemeinschaft, so dass die Betrachtung hier exemplarisch anhand seiner Ausführungen erfolgen und das gewonnene Ergebnis auf die übrigen Vertreter irgendwie gearteter Anteile deduziert werden kann. 1. Das Wesen der sonderrechtlichen Beteiligung Zu der Berechtigung der Gesamthänder führt Werner aus, dass der aus der dinglichen Gemeinschaftsbeziehung zu folgernde Anteil der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen „freilich nicht als ziffernmäßig bestimmtes und relativ selbstständiges Teilrecht gedacht werden dürfte, aber immerhin als ein während der Dauer der Gemeinschaft latentes, bei ihrer Beendigung aktiv werdendes Sonderrecht von sachenrechtlichem Gehalt aufzufassen wäre.“82 In diesem Sinne ergebe sich sodann auch die Unverfügbarkeit über einen Anteil an den Vermögensgegenständen „aus dem Fehlen eines auch nur relativ selbstständigen Teilrechts“. Dieses Verfügungsverbot rechtfertige aber nicht die Leugnung eines Anteilsrechts überhaupt.83 Es drängt sich bei diesem Ansatz jedoch unweigerlich die Frage auf, was unter einem nicht relativ selbstständigen Anteilsrecht zu verstehen ist, das während der Verbindung latent ist und bei deren Beendigung als „Sonderrecht von sachenrechtlichem Gehalt“ aktiv wird. Für die Zuordnung von subjektiven Rechten wurde bereits festgestellt, dass subjektive Rechte grundsätzlich nicht ohne Rechtssubjekt bestehen und daher nicht ohne eine Zuordnung, ohne zuständiges Rechtssubjekt bleiben können.84 Dem BGB ist neben der Alleinzuständigkeit eines Rechtssubjekts die anteilsmäßige Berechtigung mehrerer Rechtssubjekte bei der Bruchteilsgemeinschaft bekannt, die Werner hier als ein relativ selbstständiges Teilrecht auffasst. In beiden Fällen wird das subjektive Recht, ohne in seiner Konsistenz davon betroffen zu sein,85 einem oder mehreren Rechtssubjekten zum Eigentum zugeordnet. Vor dem Hintergrund der dinglichen Berechtigung bleibt Werner allerdings eine Erklärung dafür schuldig, wie sich der Anteil eines Bruchteilseigentümers von dem
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Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10 ff. Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. Dem folgt nunmehr auch Bayer, in: Erman, BGB, § 2033 Rn. 9. 83 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8; § 2033 Rn. 39. 84 s. hierzu § 3 A. II. 85 Vgl. dazu unten § 3 E. III. 82
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Anteil eines Gesamthänders mit sachenrechtlichem Gehalt unterscheiden soll.86 Wenn die Gesamthand als solche nicht Eigentümerin der Vermögensgegenstände ist, dann müssen – wie Werner, wenn auch nicht konsequent, selbst klarstellt – die Gesamthänder Eigentümer der Gegenstände sein; tertium non datur. Eine diffuse Zwischenform der Zuständigkeit, die kein wirkliches Eigentum, sondern nur ein Sonderrecht von einem irgendwie gearteten sachenrechtlichen Gehalt vermittelt, das sich durch die Zusammenfassung der Anteile „zu der einen Zuständigkeitsform eines gemeinschaftlichen Rechts“87 erhebt, gibt es nicht.88 Die Berücksichtigung der Widersprüchlichkeit des dominium plurium in solidum sowie der Spezialitätsgrundsatz fordern, dass die Gesamthänder entweder als Eigentümer zu bestimmten Bruchteilen zu betrachten sind89 oder sie sind dem subjektiven Recht schlichtweg nicht zuständig. Ohnehin bleibt offen, wer den Vermögensgegenständen während des Bestehens der Gemeinschaft zuständig sein soll. Soll dieses ominöse Sonderrecht von sachenrechtlichem Gehalt nämlich erst mit Auflösung der Gemeinschaft wirksam werden, dann bleiben die Vermögensgegenstände bis zur Trennung nach dieser Auffassung doch wohl ohne Subjekt. Da die Gesamtberechtigungslehre die Rechtssubjektivität der Gesamthand verneint, kommt diese als Subjekt jedenfalls nicht in Betracht. 2. Das Sonderrecht in der Genossenschaftstheorie Der Grundfehler dieser Konstruktion liegt darin, dass der Gedanke eines Sonderrechts von sachenrechtlichem Gehalt offensichtlich ohne ausreichende Adaption der Gierkschen Genossenschaftstheorie entlehnt ist. Hinsichtlich der Berechtigung der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen führt Gierke aus: „Den Gemeinern stehen auch hier Anteile zu, die ein dem Gesamtrecht gegenüber
86 Diese Unklarheiten finden sich auch in der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Exemplarisch ist hier die Entscheidung des RG, Urteil v. 23. 02. 1907 – Az.: I 404/06 = RGZ 65, 227, in der zunächst zugegeben wird, dass die verschiedenen Entscheidungen des Reichsgerichts zur Konstruktion der gesamten Hand in der Sache teilweise voneinander abweichen, (230). In der Folge befasst das sich Gericht nur oberflächlich mit den in der Literatur vertretenen Ansichten zu einer Mitberechtigung der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen, die nicht als gewöhnliches Miteigentum gedacht wird, und lässt letztendlich ohne Hinterfragung des Wesens dieser Anteile die Feststellung genügen, dass den Gesamthändern auch an den einzelnen Vermögensgegenständen eine Berechtigung zustehe, (232 f.). Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (15) mit Verweis auf RGZ 75, 295 bemerkt hierzu treffend, „daß man in Wahrheit praktisch allenthalben auf die von der Rechtsprechung theoretisch verleugneten bestimmten Anteile an dem Gegenstande des Gesamthandsrechts stößt“. 87 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. 88 Vgl. Joerges, ZHR 51, 47 (61 f.); Girtanner, JJb 3, 223 (240). 89 Zur Auslegung der Gesamthand als Bruchteilsgemeinschaft s. § 3 D; im Übrigen vgl. Schulze-Osterloh, S. 14; auch Joerges, ZHR 49, 140 (174); 51, 47 (54, 57 ff., 64); Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (723).
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selbstständiges Sonderrecht von sachenrechtlichem Gehalt gewähren.“90 Die Vorgehensweise, dieses Sonderrecht für die Gesamtberechtigungslehre zu entlehnen, übersieht jedoch eine grundlegende Besonderheit der Genossenschaftstheorie, die nachfolgend deutlich gemacht werden soll. a) Der frühe Gedanke der Vermischung von Alleinund Bruchteilseigentum Schon Beseler hat in den Anfängen der Genossenschaftstheorie für die deutsche Genossenschaft festgestellt, dass „das Recht der Gesammtheit mit dem der einzelnen Mitglieder durchwachsen [sei], und namentlich in Beziehung auf das Vermögen eine Verbindung der universitas mit der communio [vorliege].“91 Diese Verbindung lasse verschiedenste Formen dergestalt zu, dass die Genossenschaft als juristische Person Eigentümerin des Sondervermögens ohne jegliche Beteiligung der Mitglieder sein könne oder – wie bei den deutschen Gemeinden – „den einzelnen Mitgliedern Sonderrechte an dem Corporationsgut als Nutzungsrechte [zustünden], die einen selbstständigen dinglichen Charakter an sich [trügen]“,92 bis hin zu der Form, dass „die im Eigenthum enthaltenen Rechte nicht bloß zwischen der Gesamtheit und den einzelnen Mitgliedern vertheilt [seien], sondern […] dasselbe zugleich als einheitliches Corporationsgut, unter dem Gesichtspunkt der universitas, und in ideelle Theile zerlegt, als Miteigenthum der einzelnen Genossen nach dem Princip der communio in Betracht [komme].“93 b) Aufteilung des Eigentumsrechts auf die Gesamtsphäre der Gemeinschaft und die Sondersphäre der Gemeinschafter Gierke hat insbesondere das Gesamteigentum dieser Städte und Gemeinden, die er unter den „alten Genossenschaftsbegriff“94 fasst, einer sehr umfangreichen Untersuchung unterzogen und festgestellt, dass „die Gesamtheit schlechthin und ohne Unterscheidung ihrer einheitlichen und vielheitlichen Seite Subjekt des ungetheilten Rechtes an Grund und Boden war.“ Die Annahme, das Gesamtrecht an Grund und Boden sei das ausschließliche Recht einer juristischen Person oder bloßes Miteigentum der Genossen, sei in Ansehung „der überall bestehenden Betheiligung aller 90 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 389; vgl. auch Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 323; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 497. 91 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 164. 92 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 185 f.; vgl. ferner Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 323 f. 93 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 186; erste Ansätze finden sich allerdings schon in seinen früheren Untersuchungen zu den Vergabungen von Todes wegen, Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 83 f., 87 f. 94 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 134.
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Einzelnen an Gebrauch und Genuß […] völlig verkehrt“.95 Vielmehr habe man aus der Natur der Gesamtheit, die gleichzeitig „Einheit und Vielheit“ gewesen sei, gefolgert, dass aufgrund der vielheitlichen Natur den Mitgliedern „selbstständige Theilberechtigungen oder Nutzungsbefugniße“ zustanden.96 Die Rezeption des Körperschaftsbegriffs im germanischen Recht und das ,modernere‘ Verständnis des Genossenschaftsbegriffs97 brachte eine scharfe Trennung zwischen den Genossenschaften und den genossenschaftlichen Rechtsgemeinschaften, den Gemeinschaften zur gesamten Hand mit sich.98 Beiden Formen ist in der Genossenschaftstheorie aber gemein, dass „sie im Gegensatze zu den Formen des Alleineigentums einer juristischen Person und des schlichten Miteigentums […] einen sozialrechtlichen Ausbau des Eigentums [erwirkten]“, wodurch „der Eigentumsinhalt in zwei Befugnisinbegriffe zerlegt [werde], von denen der eine den ungesonderten Bereich einheitlicher Gemeinherrschaft [bilde], der andere in die gesonderten Bereiche mehrheitlicher Teilherrschaft [falle].“99 Der Grundgedanke dieser Konstruktion liegt darin, dass die Genossen bzw. die Gesamthänder anderenfalls dem Sondervermögen als dem Eigentum einer juristischen Person fremd gegenüber stünden und somit lediglich iura in re aliena an den Vermögensgegenständen haben könnten, was mit dem Gedanken der engen Verschlungenheit von Einheits- und Vielheitsrechten, den Gierke in seinen Werken herausgearbeitet hat, kaum in Einklang zu bringen gewesen wäre.100, 101 c) Schlussfolgerung Für die Gesamthandsgemeinschaft kann daher festgehalten werden, dass diese wie auch die Genossenschaften in eine Gemeinsphäre zerfällt, in der bestimmte 95
Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 177 f. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 178. 97 Vgl. dazu Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 865 ff. 98 Vgl. Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 274 f. 99 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 381; vgl. auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 676 f. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 53 f.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 319; Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 262. Diese Doppelgestalt von Gemeinschafts- und Sondereigentum wohnte dem deutschen Eigentumsbegriff nach Gierke jedenfalls bis zur Rezeption schon „von Hause aus“ inne, S. 357. Entsprechende Anklänge bereits bei Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (494). 100 So spricht Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 378 von einer „Enteignung des Einzelnen zugunsten einer juristischen Person“. Vgl. auch die Beurteilung durch Buchda, S. 296; Gerber/ Cosack, S. 131 und Heusler, Institutionen Bd. I, S. 273. Eine hervorragende Deutung der Konstruktion vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen findet sich bei Ascheuer, S. 180 ff. 101 Einen ähnlichen Gedanken entwickelt Baron, S. 77 f.: „Ein Gesammtrechtsverhältniß ist dann vorhanden, wenn eine Berechtigung oder eine Verbindlichkeit in solcher Weise vorhanden ist, daß sie einerseits der Gesammtheit mehrerer Personen als solcher, andererseits den Einzelnen völlig und ungetheilt zusteht resp. obliegt. Es besteht demnach einerseits eine Gesammtberechtigung resp. Verbindlichkeit, neben derselben aber eben so viel Sonderrechte resp. Verbindlichkeiten, als es Personen giebt, die im Gesammtverhältnis stehen.“ 96
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Rechte allein der Gesamthand als solcher zustehen und in eine Sondersphäre, in der dingliche Sonderrechte der Mitglieder an dem Recht der Gesamthand bestehen, ohne dass diese in einem Konkurrenzverhältnis stehen.102 Bei der Gesamthand erstreckt sich dieser ungesonderte Gesamtbereich auf die Zuständigkeit zu dem subjektiven Recht. Die Gesamthand als Rechtssubjekt ist in der Gierkschen Lehre folglich Inhaberin des subjektiven Rechts und diesem mithin zuständig103 und bei ihr liegt auch zwingend die ungeteilte Sachherrschaft.104 In dieses System greifen nun die Sonderrechte der einzelnen Mitglieder mit sachenrechtlichem Gehalt, die jedoch in keinem Falle „die Sachherrschaft der Zuständigkeit nach in gesonderte Einzelbereiche“ zerlegen, sondern – sofern sie überhaupt während der Gemeinschaft hervortreten – einen sonderrechtlichen Anspruch auf eine entsprechende Beteiligung an den Nutzungen oder an der Verwaltung gewähren und so immer nur einen Teil der Sachherrschaft in sich aufnehmen.105 Essentiell ist letztlich die folgende Aussage: „Somit deckt sich der sachenrechtliche Gehalt der Teile niemals mit dem Eigentum.[…] Vielmehr bleibt, was immer an Sachherrschaft zum Sonderrecht aufgeteilt sein mag, die oberste Gesamtherrschaft in dem ungeteilten Gesamtrecht beschlossen, dessen einheitliches Subjekt die Teilhaber in ihrer personenrechtlichen Verbundenheit sind. Den Gemeinern zu gesamter Hand steht das Gemeinschaftsvermögen im Ganzen und jedes darin enthaltene Eigentum oder sonstige Recht vorbehaltlich der zu Sonderrecht abgezweigten Befugnisse zu“.106 3. Zwischenergebnis a) Unzulänglichkeit des Sonderrechts-Gedankens Damit wird deutlich, dass der Ansatz Werners in der Grundidee mit der Vorstellung der Genossenschaftstheorie vom gemeinschaftlichen Eigentum der Gesamthänder übereinstimmen mag, soweit unselbstständige Quotenrechte, die nicht der Zuständigkeit nach, sondern nur der Ausübung bzw. der Verfügungsmacht nach beschränkt sind, angenommen werden,107 jedoch bleibt die gesamte Konstruktion ohne Fundament, wenn der Gesamthand als solcher die Rechtsfähigkeit abgesprochen werden soll. Sind Eigentum und Sonderrecht, wie soeben festgestellt, nicht deckungsgleich, so bleiben die verschiedenen Vermögensgegenstände ohne Rechtssubjekt, da die Gesamthand nicht als Zuständigkeitssubjekt und damit auch nicht als Trägerin der Sachherrschaft in Betracht kommt; es werden allenfalls ein-
102
Im Anschluss an Gierke auch Saenger, S. 48 ff. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 387 f. 104 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 389. 105 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 391. 106 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 392 f.; vgl. auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 677 f.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344 f. 107 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6. 103
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zelne Rechtsinhalte zugeordnet, nicht jedoch die Form – das subjektive Recht.108 Die statuierte Zusammenfassung der von Werner angenommenen Teile zu „der einen Zuständigkeitsform eines gemeinschaftlichen Rechts“109 bleibt eine Hülse ohne Kern, denn ein einheitliches Zuständigkeitssubjekt ist in der Gesamtberechtigungslehre nicht vorhanden und so kann die Zuständigkeit entweder den Gesamthändern geteilt wie bei der Bruchteilsgemeinschaft zufallen oder man nimmt eine solidarische Zuständigkeit der einzelnen Mitglieder an, deren Widersinnigkeit bereits im vorherigen Abschnitt dargelegt wurde.110 b) Übertragung des Ergebnisses auf die Annahme (vorläufig) unbestimmter Anteilsrechte Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung des einzelnen Gesamthänders von einigen Stimmen dahingehend präzisiert wird, dass ihm zwar ein Anteil zustehe, dieser jedoch (vorläufig) nicht quotenmäßig bestimmbar sei.111 Sohm hat hierzu bereits bemerkt: „Unbestimmte Anteile können jedoch nicht gedacht werden.“112 Vor dem Hintergrund der sachenrechtlichen Grundsätze muss auch hier eine eindeutige Zuordnung der Vermögensgegenstände erfolgen, wobei dies durch die Annahme vorläufig unbestimmter Quoten bis zur Auseinandersetzung gerade nicht der Fall ist. Die Anteile müssen daher nicht nur von sachenrechtlichem Gehalt sein, sondern auch jederzeit bestimmt. Indes vertritt Engländer die Auffassung, dass eine solche Ansicht nicht zu halten sein dürfte, da nicht ganz einleuchtend sei, „wie eine abstrakte Zahl zu einer allgemeinen und begrifflich notwendigen Funktion der Begrenzung von Rechtsinhalten […] kommen könnte“.113 Grundsätzlich eine ziffernmäßige Festlegung des Berechtigungsverhältnisses der Anteile untereinander und zum ganzen Recht zu verlangen, vermische Rechtsanteil und Wertanteil miteinander und sei zur rechtlichen
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Diesen Gedanken führt Gierke schon im Genossenschaftsrecht trefflich aus: „Musste doch der Einzelne in der Reihe von Beziehungen es täglich empfinden, daß sein Sonderrecht für sich alleine ebenso unvollkommen als unselbstständig war, daß vielmehr erst die Einfügung in das Recht eines einheitlichen Genoßenverbandes ihm Ergänzung und Halt gab.“, Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 331. 109 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. 110 So formuliert Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 11 widersprüchlich: „Die Gemeinschaftsbeziehung in der Gesamthand ist nicht nur eine personenrechtliche, sondern auch eine gegenstandsrechtliche. Sachenrechtlich gehört jeder Nachlassgegenstand dem einzelnen Miterben ganz, jedoch beschränkt durch die Rechte der übrigen Miterben.“ Trotz des vollen Eigentums eines jeden Miterben soll hier ferner eine „Beteiligung als Sonderrecht von sachenrechtlichem Inhalt“ walten. 111 Vgl. nur Wolff/Raiser, S. 353; Crome, Bürgerliches Recht Bd. II-2, S. 765. 112 Sohm, S. 71; so auch Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (4, 5 f.); 41 (50 ff.); Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 27, 29, 42. 113 Engländer, S. 236.
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Bestimmtheit des Anteils nicht erforderlich.114 Die Kritik scheint kaum nachvollziehbar, ist dem Begriff des Anteils doch die Notwendigkeit einer ziffernmäßigen Bestimmung immanent! Auf welche Weise sonst sollte sich der ideell gedachte Bruchteil bestimmen lassen, wenn sich des Anteilsgedankens gerade deshalb bedient wird, um eine mehrheitliche Berechtigung darzustellen, die keine Berechtigung in solidum ist? Schiebt man nämlich den Gedanken der Bestimmtheit des Bruchteils beiseite, führt dies zu einem unerträglichen Schwebezustand der dinglichen Zuordnung bis zu dem Moment, an dem die Auflösung der Gemeinschaft verlangt wird bzw. eintritt. Freilich erscheint einem dies nicht problematisch, wenn man sich einmal die Gesamtberechtigungslehre hat aufschwatzen lassen.115 Sind damit ohnehin die lästigen Fesseln des Eigentumsbegriffs und der fundamentalsten sachenrechtlichen Grundsätze gesprengt, so hindert einen auch nichts mehr an der Annahme unbestimmter Anteile. Will man aber die Grundprinzipien des Sachenrechts nicht gänzlich über Bord werfen und mit der Durchführung dieses Gedankengangs schließlich doch wieder bei einem dominium plurium in solidum landen, denn ein unbestimmter Anteil ist nun in Wirklichkeit gar kein Anteil,116 verbleibt nur die Möglichkeit der Annahme bestimmter Quoten, die sich, was ihren sachenrechtlichen Gehalt betrifft, nicht von jenen einer Bruchteilsberechtigung unterscheiden können.117 IV. Die Zuweisung der Vermögensgegenstände an die „Gemeinschaft“ Eine methodische Grundlage des Prinzips der Berechtigung zur gesamten Hand lässt sich ebenfalls nicht darin finden, das Vermögen bzw. die verschiedenen Vermögensgegenstände den Gesamthändern „in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit“,118 „gemeinschaftlich“119 oder „der gesamthänderischen Vereinigung aller Teilhaber“120 zuzuschreiben.121 So, wie sich die zuvor behandelte Annahme von einer irgendwie gearteten Beteiligung der Gemeinschafter an den Vermögensgegenständen faktisch wieder der Bruchteilsgemeinschaft annähert und mithin eine Kapitulation vor dem Gedanken der „Ungeteiltheit“ ist, wendet sich dieser Ansatz in die andere Richtung hin zu einer vermeintlichen Rechtssubjektivität der Gesamthand als solcher. Da die Vertreter dieser Ansicht trotz der insoweit missverständlichen For114
Engländer, S. 242 f., 263. Diese Aussage von Hasse, S. 24 zum dominium plurium in solidum scheint hier angemessen, da die Gesamtberechtigungslehre in den meisten Fällen – wenn auch nicht ausdrücklich – auf dem gleichen Gedanken beruht. 116 Lenski, S. 25; ähnlich schon Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (512). 117 Vgl. Joerges ZHR 51, 47 (54, 57 ff., 64). 118 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10; K. Lange, S. 569 Rn. 9; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2032 Rn. 15. 119 Schlüter, S. 201 Rn. 642; Binder, Erbrecht, S. 84. 120 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6. 121 Weitere Nachweise bei Engländer, S. 54 ff. 115
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mulierungen eine Subjektsqualität der Gesamthand als solcher ablehnen, ist dieser Ansatz – wie im historischen Überblick gesehen – von diversen Untersuchungen zumeist im Anschluss an Engländer vollkommen zu Recht mit der Begründung abgelehnt worden, er täusche eine Lösung der Gesamthandsproblematik lediglich vor.122 Mit Kattausch kann dieser Ansatz daher zutreffend als „untaugliches Mittel“ bezeichnet werden, denn es geht nicht an, „den Gesamthändern in ihrer Verbundenheit und nur in dieser die Rechte des Gesamthandvermögens zuzusprechen, und dann zu leugnen, was nur dasselbe bedeutet, daß die Verbundenheit Träger dieser Rechte [ist].“123 Exemplarisch für diese Widersinnigkeit steht eine aktuellere Entscheidung des BFH vom 12. 02. 2014, in welcher der Erbengemeinschaft die Fähigkeit zugesprochen wird, im Grunderwerbsteuerrecht als selbstständiger Rechtsträger behandelt zu werden.124 Führt der BFH hierzu zunächst noch aus, dass es für die Anerkennung der Rechtsträgerschaft im Grunderwerbsteuerrecht unschädlich ist, dass die Erbengemeinschaft „kein eigenständiges, handlungsfähiges Rechtssubjekt ist“,125 heißt es unmittelbar im Anschluss: „Die grunderwerbssteuerliche Selbstständigkeit der Erbengemeinschaft nach außen folgt aus deren bürgerlich-rechtlicher[!] Selbstständigkeit als Zurechnungssubjekt[!] des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens.“126
Und weiter: „Den Miterben steht nur gemeinschaftlich und nicht etwa jedem einzelnen Miterben entsprechend seinem Erbteil ein Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft zu. Beträgt dieser Anteil mindestens 95 %, hat die Erbengemeinschaft insgesamt eine dem zivilrechtlichem Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Grundstück. Alle Entscheidungen, die den Anteil und damit auch das Grundstück betreffen, können die Miterben bis zu deren Auseinandersetzung nur gemeinsam als Erbengemeinschaft treffen.“127
122 Hennecke, S. 48 f.; Fabricius, S. 133; Larenz, JJb 83, 108 (146); Klausing, S. 174; Engländer, S. 54 Fn. 114, S. 64, 108. Ähnlich auch Saenger, S. 36. 123 Kattausch, S. 72; vgl. ferner Larenz, JJb 83, 108 (147). Ähnlich äußert sich auch Engländer, S. 64 ff.: „Es fragt sich doch eben, ob diese Gesamtheit rechtlich […] Einheit oder Vielheit bedeutet. Denn wenn […] eine wahre rechtliche Einheit gemeint ist, so müßte sie sich nach dem positiven Rechte als juristische Person auffassen lassen […]; ist eine rechtliche Vielheit gemeint, so muß die damit für die Betrachtung der Rechtszuständigkeit sich ergebende Personengetrenntheit eine mehrfache, mehrheitliche Zuständigkeit des einen (gemeinschaftlichen) Rechtsinhalts zur Folge haben, die […] durch den Gedanken einer Zuständigkeit an „alle zusammen“ noch nicht geklärt ist.“ In diesem Sinne auch Leonhard, S. 747 f.; Lenski, S. 22 f.; mit direktem Verweis auf Engländer ferner Krückmann, ZBlFG 1916, 1 Fn. 2. 124 BFH, Urteil v. 12. 02. 2014 – Az.: II R 46/12 = DStR 2014, 850. 125 BFH, Urteil v. 12. 02. 2014 – Az.: II R 46/12 = DStR 2014, 850 (851). 126 BFH, Urteil v. 12. 02. 2014 – Az.: II R 46/12 = DStR 2014, 850 (852). 127 BFH, Urteil v. 12. 02. 2014 – Az.: II R 46/12 = DStR 2014, 850 (852).
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Der in der Literatur zur Verteidigung dieser Konstruktion erhobene Einwand, was denn die Rechtsordnung hindere, „statt wie sonst dem Willen eines Menschen Herrschaft zu verleihen, für gewisse Rechtsbeziehungen den übereinstimmenden Willen zweier Menschen als maßgebend anzusehen“,128 begegnet im Ergebnis ebenfalls den vorgenannten Bedenken. Freilich ist die Rechtsordnung nicht gehindert, einer Personenmehrheit bestimmte Rechte zuzuordnen, jedoch ist es auf der anderen Seite, jedenfalls soweit sich der Gesetzgeber wie im Falle der Gesamthand ausdrücklich einer Stellungnahme zu der wissenschaftlichen Streitfrage über deren Wesen enthält und sich damit nicht „lehrbuchhaft auf ein wissenschaftliches Dogma festlegt“,129 Aufgabe der Wissenschaft, für diese Fälle eine dogmatische Grundlage zu entwickeln, die sich in das Gefüge der Rechtsordnung „bruchlos“ einpasst.130 Im vorliegenden Fall ist jedoch mit dem bloßen Hinweis darauf, der Gesetzgeber könne ohne weiteres den übereinstimmenden Willen Mehrerer als maßgeblich erachten, für die wissenschaftliche Streitfrage rein gar nichts gewonnen, so dass das eigentliche Grundproblem, die Frage, wie sich die Zuständigkeit des Rechts in dieser Mehrheit darstellt, auch hier ungelöst bleibt.131, 132 Postuliert man mit Enneccerus/Lehmann, dass die Zuweisung eines Rechts an die Gesamthänder „zusammen“ der Rechtsordnung nicht verwehrt ist und darüber hinaus mit der Natur des subjektiven Rechts als einem Machtverhältnis auch nicht in Widerspruch stehe, da auch ein Machtverhältnis mehreren zusammen zustehen könne,133 versäumt man es nicht nur, überhaupt einen Lösungsansatz zu liefern, sondern begibt sich vielmehr auf einen Pfad, der bei Negierung von Anteilsrechten wie auch der Rechtsfähigkeit der Gesamthand unausweichlich zurück zu einem dominium plurium in solidum führt. Von einer „bruchlosen Einpassung“ in das sachenrechtliche Gefüge des BGB kann dann keine Rede mehr sein.
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v. Tuhr, S. 80 Fn. 11; im Anschluss auch Enneccerus/Lehmann, S. 357. Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (698); vgl. ferner Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 989. Hierzu auch Knoke, ArchBürgR 20, 170 (177): „Es [das BGB] hat sich darauf beschränkt, einzelne Folgesätze des Prinzips unter seine Bestimmungen aufzunehmen und überläßt es der Wissenschaft, aus diesen Folgesätzen das Wesen der gesammten Hand zu bestimmen.“ 130 Larenz, S. 13; Canaris, S. 98 f. Vgl. auch Röhl/Röhl, S. 442 f.; für die Gesamthand Hennecke, S. 12; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 8, 15; Larenz, JJb 83, 108 (110). 131 So auch deutlich bei Enneccerus/Lehmann, S. 357, wenn man bedenkt, dass das Grundproblem der Gesamthand gerade in der Frage danach besteht, wie die Verbindung der Gesamthänder dogmatisch zu erfassen ist: „ […] die Rechtsordnung ist nicht auf Befehle zugunsten einzelner oder an einzelne beschränkt, sondern kann ebensowohl Gebote zugunsten einer irgendwie verbundenen Mehrheit oder an eine irgendwie verbundene Mehrheit erlassen“. Dies verkennt auch J. Blomeyer, JR 1971, 397 (401), dessen Ansatz faktisch keine Lösung der Gesamthandsproblematik liefert, sondern auf eine umfangreiche Einzelkasuistik hinausläuft, s. § 3 E. I. 1. 132 Übereinstimmend Engländer, S. 68 f. Fn. 133. 133 Enneccerus/Lehmann, S. 357. 129
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V. Mitgliedschaftliche Berechtigung an den Vermögensgegenständen im Sinne Sohms Letztlich kann sich auch die Theorie Sohms einer mitgliedschaftlich geprägten Vermögensbeteiligung nicht als taugliche Konstruktion der Gesamthand erweisen. Dem Vorwurf, sie laufe wie viele andere Ausprägungen der Gesamtberechtigungslehre auf ein dominium plurium in solidum hinaus, kann man sie allerdings nicht aussetzen, bekennt sich Sohm doch ausdrücklich zu einer geteilten Zuständigkeit der Gesamthänder.134 Inwiefern der Gedanke einer Zuständigkeitsteilung bei der Gesamthand und insbesondere deren Abgrenzung zur Bruchteilsgemeinschaft fruchtbar gemacht werden kann, soll hier noch offen bleiben.135 Von Interesse ist an dieser Stelle dagegen die bereits 1911 von Kattausch festgestellte logische Lücke dieses Ansatzes, die auch hier zu einer mangelhaften Zuständigkeitsordnung führt. Wie erinnerlich, handelt es sich nach Sohm bei dem „Anteil am Vermögen“ lediglich um eine ungenaue Bezeichnung der Mitgliedschaft des Gesamthänders in der Gemeinschaft, vermöge derer jeder Gesamthänder einen Anteil an den einzelnen Gegenständen erlangt und ihm diesen zu einem gewissen Teil zuständig ist.136 Dieser Anteil soll indes nicht die Natur eines Vermögensrechts haben, sondern personenrechtlicher Natur und insoweit Ausfluss des personenrechtlichen Verhältnisses der Mitgliedschaft sein.137 Die von Kattausch zutreffend bemängelte Lücke „in der logischen Kette“138 folgt nun daraus, dass Sohm der Gesamthand keine Rechtssubjektivität beimessen will und daher eine Anteilszuständigkeit der einzelnen Gesamthänder bestehen muss.139 „Es ist nämlich nicht verständlich, wie aus der Mitgliedschaft in der Personengemeinschaft ein Anteilsrecht an der Sache entspringen soll. Wie kommt die Sache in Beziehung zu den Mitgliedern der Personengemeinschaft, die als solche ja zunächst nur Mitgliedschaftsrechte haben?“140 Die Antwort lautet: Gar nicht.141 Tatsächlich eröffnen sich hier wieder nur zwei Möglichkeiten, die Berechtigung der Gesamthänder mit den sachenrechtlichen Grundsätzen in logischen Einklang zu bringen. Die Lücke lässt sich zum einen mit Kattausch dadurch schließen, der Gemeinschaft die Rechtssubjektivität zuzusprechen. In diesem Fall ist die Gesamthand Rechtssubjekt des subjektiven Rechts, wodurch Anteile sachenrechtlicher Natur seitens der Gesamthänder ausgeschlossen werden.142 Sämtliche 134
Sohm, S. 62. Dazu § 3 D. 136 Sohm, S. 68 f. 137 Sohm, S. 70. 138 Kattausch, S. 48. 139 Sohm, S. 68 f. 140 Kattausch, S. 48. Vgl. auch Lenski, S. 55. 141 Zur Zuständigkeitsproblematik bei der Erbengemeinschaft vgl. Schlüter, in: Erman, BGB13, § 2033 Rn. 9: „Es ist unvorstellbar, wie der Miterbe am gesamten Nachlass beteiligt ein soll, wenn er nicht an einem einzigen Nachlassgegenstand unmittelbar berechtigt ist.“ 142 Vgl. Engländer, S. 60 Fn. 123. 135
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ihnen in Bezug auf die Vermögensgegenstände zustehenden Befugnisse sind dann lediglich solche, die ihnen vermöge ihrer Mitgliedschaft in der Gesamthand zustehen und nicht vermöge irgendeines Anteilsrechts an den einzelnen Vermögensgegenständen. Lehnt man die rechtsfähige Gesamthand als „unklares Mittelding zwischen juristischer Person und Gemeinschaft“143 mit Sohm aber ab, so ist für die Annahme von personenrechtlichen Anteilen als Ausfluss einer Mitgliedschaft kein Raum, da schlichtweg kein ,Vermittlungssubjekt‘ existiert. In der Theorie Sohms fällt damit auch zwangsläufig die gezogene Schranke zwischen der Bruchteilsgemeinschaft mit vermögensrechtlichen (sachenrechtlichen) und der Gesamthand mit personenrechtlichen Anteilen.144 Fehlt nämlich ein einheitliches Zuordnungsobjekt, dann müssen die Anteile der Gesamthänder sachenrechtlicher – in den Worten Sohms vermögensrechtlicher – Natur sein,145 so dass es sich bei der Gesamthand allenfalls um eine besondere Form der Bruchteilsgemeinschaft handeln kann. Für den Sohm’schen Ansatz bleibt abschließend die Feststellung, dass es sich bei diesem – um ihm beim eigenen Worte zu nehmen – lediglich um ein „unklares Mittelding“ zwischen Alleinberechtigung eines Subjekts und der Bruchteilsberechtigung Mehrerer handelt.146 VI. Ergebnis zur Gesamtberechtigungslehre als Grundlage der Gesamthand Die vorangegangene Würdigung der verschiedenen Ausprägungen der Gesamtberechtigungslehre führt zurück auf die eingangs zitierte Aussage Endemanns über die Schwierigkeiten, die sich für die Anhänger der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung erheben.147 Es hat sich gezeigt, dass die Konstruktion der Gesamthand für die Gesamtberechtigungslehre in der Tat eine unlösbare Aufgabe darstellt:148 Im Rahmen der Auseinandersetzung wurde herausgearbeitet, dass sich die verschiedenen Ansätze zum einen nicht in die sachenrechtlichen Grundprinzipien des 143
Sohm, S. 72. Sohm, S. 60. Aus diesem Grunde sieht Engländer, S. 229 Fn. 416 Sohm der eigenen Theorie auch näherstehend als der Gesamtberechtigungslehre: „Indem aber Sohms „personenrechtliche Anteile“ in Wahrheit, trotz ihres Namens, letzten Endes doch wohl sachenrechtlichen, gegenstandsrechtlichen Gehalt haben, […] dürfte Sohm im ganzen der in unserem weiteren Texte vertretenen Auffassung doch näher stehen.“ 145 Kattausch, S. 48 f.; vgl. auch Lenski, S. 55. 146 Die Auseinandersetzung mit den vermeintlich personenrechtlichen Anteilen zeigt, dass die von der h.M. vorgenommene Zuordnung der Sohm’schen Theorie zur Gesamtberechtigungslehre nicht durchzuhalten, sondern aus dieser herauszulösen ist, um ihr eine vermittelnde Stellung zwischen jener Lehre und der der geteilten Mitberechtigung einzuräumen. So auch Engländer, S. 229 Fn. 416; Lenski, S. 18. 147 s. o. unter § 3 B. 148 In Ansehung der genauen Analyse der Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung irritiert es, wenn Eberl-Borges, S. 17 meint, dass diese „traditionelle Lehre“ sich nicht mit der Zuordnung an die Gruppe zufrieden gebe, sondern „ganz genau wissen [wolle]“, wie die Zuordnung der Rechtsbeziehungen erfolge. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall, vgl. § 3 B. IV. 144
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BGB einfügen lassen, indem sie stillschweigend das Vorhandensein eines Vermögensinbegriffs annehmen oder den Gedanken des deutsch-rechtlichen dominium plurium in solidum zum Leben erwecken und zum anderen Ausprägungen annehmen, die die Gesamthand bei logisch konsequenter Durchführung entweder zu einem Rechtssubjekt mit Alleinzuständigkeit erheben oder lediglich zu einer modifizierten Bruchteilsgemeinschaft führen, wie es bei der Lehre der geteilten Mitberechtigung der Fall ist. Insbesondere die Annahme irgendwie gearteter Anteile an den Vermögensgegenständen u. a. durch Werner und Sohm stellt vor dem Hintergrund, dass eine Sonderform anteilsmäßiger Zuständigkeit, die keine Bruchteilsberechtigung im Sinne der §§ 741 ff. BGB ist, dem BGB nicht bekannt und auch vor sachenrechtlichen Grundsätzen nicht zu konstruieren ist, letztlich nichts anderes dar, als eine Kapitulation vor dem Gedanken der Ungeteiltheit der gesamthänderischen Berechtigung.149 Es ist für sich schon bezeichnend, dass nur mit wenigen Ausnahmen150 beinahe sämtliche Arbeiten, die sich seit Inkrafttreten des BGB eingehender mit der Gesamthand beschäftigt haben, die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung als untaugliche oder gar nur vorgetäuschte Konstruktion ablehnen. Umso mehr muss sich die Frage aufdrängen, wie diese Lehre trotz der diversen Einwendungen und ihrer zahlreichen logischen Brüche auch nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR im Jahre 2001 jedenfalls noch für die Erbengemeinschaft und die eheliche Gütergemeinschaft ihre Herrschaft behauptet hat.151 Der Möglichkeit, dies auf den Konflikt zwischen Begriffs- und Interessenjurisprudenz zurückzuführen,152 soll hier mangels Bedeutung für das gewonnene Ergebnis nicht weiter nachgegangen werden. Für die weitere Untersuchung genügt hier die Feststellung, dass die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung in der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Daseinsberechtigung hat; dort ist sie eine Irregularität, die nicht entschieden genug abgelehnt werden kann.
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Ähnlich Oertmann, Vorbem. zu §§ 705 ff. unter 4c: „Im Grunde genommen muss man auch die Germanisten hinzuzählen [zur Lehre der geteilten Mitberechtigung], die das Wesen der Gesamthand mittels einer schlummernden oder latenten Quotenteilung zu erklären versuchen“. 150 Vgl. Tolani, [passim]. 151 In diesem Sinne auch Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (6), der schon 1916 bemerkt: „Es ist nicht ganz leicht verständlich, wie diese Lehre hat aufkommen können […]“. 152 Hierzu in Verbindung mit dem Prinzip der Gesamthand Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 191 ff. Insbesondere im Rahmen der Diskussion um die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft wird sich zunehmend auf Argumente der Sachgesetzlichkeit zurückgezogen, anstatt sich an einer dogmatischen Auseinandersetzung mit dem Gesamthandsprinzip zu versuchen, vgl. nur Jäkel, S. 49 ff.; Heil, ZEV 2002, 296.
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C. Die Aufgliederungstheorien in der Kritik I. Die regelmäßige Rechtsgemeinschaft – Konrad Engländer Nachdem sich die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung in sämtlichen Ausprägungen als zur Erklärung der gesamthänderischen Berechtigung untauglich erwiesen hat, bieten sich denjenigen, die weder eine Bruchteilsberechtigung noch eine Rechtssubjektivität der Gesamthand annehmen wollen, lediglich die bereits zuvor behandelten Thesen Engländers und Larenz’ als Grundlage für das Gesamthandsprinzip an. 1. Überkommenes Verständnis von subjektivem Recht und Rechtszuständigkeit Was die Lehre Engländers betrifft, so ergibt sich bereits aus den oben dargestellten Grundlagen zum subjektiven Recht und dessen Zuständigkeit die Unvereinbarkeit von dessen Lehre mit dem heutigen Verständnis des subjektiven Rechts.153 Zur Vergegenwärtigung: Engländer begreift wie bereits gesehen das subjektive Recht nicht als ein für sich bestehendes Objekt, das beliebig von seinem Subjekt gelöst und mit anderen Subjekten verbunden werden kann, sondern als eine notwendige Relation zu einem Subjekt oder mehreren Subjekten, deren verschiedene Zuständigkeitsformen Aggregatszustände des subjektiven Rechts bilden und sich nicht als etwas außerhalb des subjektiven Rechts Existierendes darstellen.154 2. Keine Lösung der Zuständigkeitsproblematik Für die weitere Untersuchung soll sich hier nicht allein mit dem offensichtlichen Einwand begnügt werden, dass die heutige Rechtsordnung und das herrschende Verständnis des subjektiven Rechts eine solche Betrachtungsweise nicht mehr zulassen.155 Einen Kritikpunkt von gesteigertem Interesse bildet vielmehr die Tatsache, dass auch dieser Ansatz einer Lösung für die Konstruktion mehrheitlicher Zuständigkeit zu einem subjektiven Recht entbehrt. Engländer spricht hinsichtlich der Zuständigkeit allein von der Zuweisung der einzelnen Rechtsinhalte des subjektiven Rechts und setzt den Rechtsinhalt mit dem subjektiven Recht gleich.156 Dass Rechtsinhalt und Rechtsform (das subjektive Recht als solches), mithin auch Zuständigkeit und Ausübung, scharf voneinander zu trennen und darüber hinaus auch nicht notwendigerweise kongruent sind, wurde von Hirsch umfangreich dargelegt.157 In Anknüpfung an diesen Grundsatz hat Fabricius im Rahmen seiner umfangreichen 153
Vgl. § 3 A. II. Engländer, S. 35, 320 f. Vgl. dazu die Darstellung im Rahmen des I. Teils unter § 2 B. II. 3. a). 155 Schnorr, S. 84; Fabricius, S. 128 f. 156 Engländer, S. 33, 35. 157 Hirsch, S. 6, 24 ff. 154
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Untersuchung der Lehre Engländers bereits zutreffend herausgestellt, dass sich Engländer mit der Gleichsetzung von Inhalt und Form des subjektiven Rechts in einen Widerspruch begibt. Der Kritik, dass erst durch die Zuweisung der Rechtsform der Rechtsinhalt vermittelt werde und die Gleichsetzung lediglich verschleiere, dass der präsentierte Lösungsansatz tatsächlich keine Antwort auf die Frage liefere, wer für das subjektives Recht als solches, für die Rechtsform zuständig ist,158 kann sich mithin vollumfänglich angeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es daher auch nicht verwunderlich, dass Engländer seine Kritik an einer Vollberechtigung eines jeden einzelnen Gemeinschafters vorrangig darauf stützt, dass dies zu einer Vervielfältigung des einen gemeinschaftlichen Rechts führt. Indem eine Zuweisung der Rechtsform faktisch unterbleibt und nur die verschiedenen Rechtsinhalte in ihrer Koordination durch die „innere Ordnung“ des subjektiven Rechts zugewiesen werden,159 offenbart sich ihm über das rein formale Argument hinaus nicht, dass die Vervielfältigung des subjektiven Rechts die Konkurrenzproblematik von den Zuständigkeiten zu den vervielfältigten subjektiven Rechten nur verlagern würde.160 3. Verwischung der Grenze zwischen mitgliedschaftlichen und dinglichen Rechten Überhaupt scheint es vor dem heutigen Recht befremdlich, personenrechtliche Regelungen, die bei einer juristischen Person offensichtlich deren körperschaftlicher Verfassung entspringen und vornehmlich das Verhältnis der einzelnen Mitglieder zueinander sowie zum Korporationsvermögen regeln, bei mehrheitlicher Zuständigkeit einzelner Subjekte von der Subjektseite auf die Objektseite zu spiegeln und als Zustände des subjektiven Rechts zu begreifen. Hierdurch werden die Grenzen zwischen personenrechtlichen, obligatorischen und dinglichen Rechten verwischt, was bei gedachter Zuständigkeit einer Körperschaft zu der durchaus merkwürdigen Anschauung führt, dass dem subjektiven Recht eine der Körperschaft entsprechende Verbandsordnung im Sinne einer „inneren Ordnung“ zu Eigen wäre, die diesem als quasi latenter Modus jederzeit innewohnte. Kritisch in diesem Sinne äußert sich auch Klausing, wenn er bemerkt, „daß auch er [Engländer] schließlich bei der Kennzeichnung der sog. „inneren Ordnung“ der Rechtsgemeinschaft zu begrifflichen und dogmatischen Feststellungen gelangt, die im Grunde genommen nichts Anderes bedeuten, als eine mit anderer Terminologie versuchte Beschreibung und Erklärung derjenigen Erscheinungen, die wir viel einfacher und zwangloser als verbandsmäßige glauben bezeichnen zu können.“161 158
Fabricius, S. 128 ff. Engländer, S. 161. 160 Dazu bereits § 3 B. II. 161 Klausing, S. 171. Die von Engländer, Kritische Vierteljahresschrift 1930, 206 (250 ff.) vorgebrachte Verteidigung vermag die Vorwürfe nicht zu erschüttern. Es ist unerheblich, ob Klausing seinen eigenen Verbandsbegriff hinreichend definiert oder eine hinreichende Abgrenzung zwischen Körperschaft und Rechtsgemeinschaft schafft, denn der Kern der Kritik, 159
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II. Aufgliederungstheorie nach Karl Larenz Bevor sich die weitere Untersuchung der Frage nach einer Bruchteilsberechtigung der Gesamthänder an den gesamthänderischen Vermögensrechten zuwendet, soll das Augenmerk abschließend auf die Aufgliederungstheorie Larenz’ gerichtet werden. Der Ansatz birgt unter Weiterentwicklung der Thesen Engländers insbesondere für das Verständnis der Bruchteilsgemeinschaft einige interessante Aspekte, die für eine später vorzunehmende Abgrenzung von Gesamthand und Bruchteilsgemeinschaft durchaus verwertbar erscheinen; was die Erklärung der gesamthänderischen Bindung aber betrifft, sind die Ursprünge des Ansatzes in der Lehre Engländers gleichzeitig ihr Mangel. Deutlicher als bei Engländer selbst äußert sich bei Larenz die Tatsache, dass es auch nach der Aufgliederungslehre nur zu einer Zuweisung der Rechtsinhalte für die Gemeinschaft kommt, wie die Ausführungen zur Zuweisung des Eigentums an mehrere Personen, eine Gemeinschaft, offenbaren: „Dadurch, daß das Eigentum an der Sache gemeinschaftlich wird, […] erfährt [es] aber freilich eine inhaltliche Veränderung, die wir nicht als eine Teilung, wohl aber als eine Aufgliederung und Umgestaltung des Rechtsinhalts verstehen können.“162 Abweichend von Engländer wird die Frage nach der Zuweisung des subjektiven Rechts als solches in Abgrenzung von seinen Inhalten jedoch von Larenz nicht durch Gleichsetzung von Inhalt und Form kaschiert. Im Gegenteil, die den Mitgliedern der Gemeinschaft zukommenden aufgegliederten Rechtsanteile sollen in ihrer Verbindung zu einem Ganzen – ohne gleichzeitig bloße Summe isoliert gedachter Einzelberechtigungen zu sein – „den Herrschaftskreis des Gesamtrechts ausfüllen“ und als „ganzes Recht“ den Mehreren gemeinschaftlich zustehen.163 1. Keine Lösung der Zuständigkeitsproblematik Die Kritik Fabricius’,164 dass erst durch Zuweisung des subjektiven Rechts der Rechtsinhalt vermittelt wird, greift auch hier durch, denn der Schwerpunkt der Theorie liegt nun offenbar darin, zu erklären, wie sich die verschiedenen Inhalte aufteilen und nicht wie das subjektive Recht selbst zugeordnet wird. Freilich lässt sich der Aufgliederungstheorie zugutehalten, dass sie hinsichtlich des „ganzen Rechts“ auch eine Antwort auf die Frage nach der Zuständigkeit des subjektiven Rechts selbst zu liefern bemüht ist. Die vorangegangene Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass mit der Zuordnung an die „Gemeinschaft“ eine Lösung gerade vermieden wird.165 Zwar ergänzt Larenz zur Gemeinschaftlichkeit des „ganzen Rechts“, dass diese auch eine Anteilszuständigkeit der Mitglieder bedeute, allerdings birgt die dass Organisationsmomente der Subjektseite mit der „inneren Ordnung“ eine für ein dingliches Recht befremdliche Entsprechung auf der Objektseite erfahren, bleibt bestehen. 162 Larenz, JJb 83, 108 (128). 163 Larenz, JJb 83, 108 (129). 164 Fabricius, S. 128 ff. Vgl. Fn. 158. 165 s. o. unter § 3 B. IV.
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unmittelbar angeschlossene Klarstellung, dass das Recht nicht lediglich die Summe der einzelnen Rechtsstellungen, der Anteile, sei, sondern zugleich das alle Teile zu einem sich gegliederten Ganzen verknüpfende Band,166 eine weitere Ungenauigkeit: Soll sich das Gesamtrecht nicht in den Anteilsrechten Erschöpfen, dann bleibt doch gerade eine irgendwie geartete (Rest-)Gemeinschaftssphäre ,übrig‘, die keine Zuordnung erfährt.167 Es lassen sich hier erhebliche Parallelen zu dem „ungesonderten Gesamtbereich“ hinsichtlich der Zuständigkeit des Eigentums sowie den Sondersphären der Gesamthänder nach der Gierk’schen Lehre feststellen.168 Wie bereits aufgezeigt wurde, bereitet diese Sphärenbildung der Gierk’schen Lehre kein Problem, da hier die Gesamthand als Trägerin der Gesamtsphäre zu einem Rechtssubjekt erhoben ist. In der Aufgliederungstheorie, die diesen Schritt ablehnt, bleibt die Frage nach der Zuständigkeit dieser verbleibenden Gemeinschaftssphäre aber ungeklärt. 2. Negierung einer unmittelbaren Berechtigung der Gesamthänder ohne Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesamthand Mag man in Anbetracht der Tatsache, dass die Vorstellung ideeller Anteile doch immer etwas irgendwie ,Unfassbares‘ hat, über diese Ungenauigkeit noch hinwegsehen, so erweist sich die Aufgliederungstheorie jedenfalls im Rahmen der Abgrenzung der Bruchteilsgemeinschaft von der Gesamthand, den Larenz in der Unmittelbarkeit bzw. Mittelbarkeit der Zuständigkeit sieht,169 als untaugliche Grundlage für die Gesamthandsgemeinschaft. Die Besonderheit der gesamten Hand soll nach Larenz darin liegen, dass der Gesamthänder keine unmittelbare Berechtigung hat, sondern seine Anteilszuständigkeit lediglich durch seine Zugehörigkeit zu der Personenverbindung gemittelt bekommt.170 Es werden nicht umsonst Erinnerungen an die Kritik an Sohms mitgliedschaftlichen Anteilen wach, jedoch hält die Überschneidung der beiden Ansichten Larenz nicht davon ab, der Kritik an der Sohm’schen Lehre beizupflichten. Dass er diese als Makulatur sieht, wenn man mit Oertmann auch hier die Anteile nur als abgeleitete, mittelbare begreift, zeigt deutlich, dass er die lückenhafte Konstruktion dieser wie auch der eigenen Ansicht nicht erkannt hat. Auch in seinem Ansatz lassen sich die Gesamthänder mit dem Vermögen faktisch nicht in Verbindung setzen, denn wenn die Gesamthand als solche nicht Rechtssubjekt ist, so fehlt es hier wie bei Sohm an einem Vermittlungssubjekt.171 166
Larenz, JJb 83, 108 (129). In diese Sphäre ordnet Larenz, JJb 83, 108 (129) die gemeinschaftliche Verfügung über das ganze Recht. 168 Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 389 ff.; § 3 B. III. 2. 169 Larenz, JJb 83, 108 (155). 170 Larenz, JJb 83, 108 (156, 159 f., 162). 171 Dem logischen Bruch seiner Theorie ist sich Larenz, JJb 83, 108 (159 f.) wohl nicht gewahr, weil er die Gesamthand faktisch doch wie ein Rechtssubjekt behandelt, wenn er ausführt: „Dadurch, daß die Mehreren in ihrer Verbindung zu einer personalen Rechtsge167
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Letztlich wird Larenz so das Opfer seiner eigenen Kritik, denn „in der Konsequenz dieser Auffassung liegt es, die Personengemeinschaft als solche für ,das Subjekt‘ des gemeinschaftlichen Rechts zu halten“.172 III. Ergebnis zu den Aufgliederungstheorien Nachdem bereits sämtliche Ausprägungen der Gesamtberechtigungslehre abgelehnt wurden, müssen sich auch die beiden Aufgliederungstheorien von Engländer und Larenz in die Gruppe jener Ansichten einreihen lassen, die als dogmatische Grundlage der Gesamthand ungeeignet sind. Während sich insbesondere der Relationscharakter des subjektiven Rechts bei Engländer mit dem Verständnis der heutigen Rechtsordnung vom subjektiven Recht im Widerspruch befindet und die von Larenz vermeintlich erkannte Besonderheit der Gesamthand gegenüber der Bruchteilsgemeinschaft ähnliche Lücken aufweist, wie die Ansicht Sohms, teilen beide Ansichten den Einwand, dass sie durch die Aufgliederung der Rechtsinhalte letztlich keine befriedigende Antwort auf die Frage nach der Zuständigkeit des subjektiven Rechts als solchem liefern können.
D. Die Gesamthand als eine modifizierte Form der Bruchteilsgemeinschaft Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung hat sich gezeigt, dass die verschiedenen Ansätze in logischer Konsequenz entweder dazu zwingen, die Gesamthand als Rechtssubjekt zu behandeln oder Zugeständnisse im Hinblick auf eine Anteilsberechtigung der Gesamthänder zu machen, die sich von einer Berechtigung im Rahmen der Bruchteilsgemeinschaft jedenfalls bzgl. ihres sachenrechtlichen Gehalts nicht unterscheiden kann. Die soeben behandelte Lehre Larenz’ offenbart, dass die sich bei den Aufgliederungstheorien – jedenfalls soweit die Besonderheit der Gesamthand in einer mittelbaren Berechtigung an den Vermögensgegenständen gesehen wird – ergebenden Unstimmigkeiten und Lücken auch nur durch Annahme der Rechtsfähigkeit der Gesamthand oder einer Bruchteilsberechtigung aus dem Weg räumen lassen. Von den beiden verbleibenden Lösungsmöglichkeiten wird zunächst die Lehre der geteilten Mitberechtigung auf ihre Tauglichkeit zur Erklärung der Gesamthand zu untersuchen sein. Die aktuelle Literatur widmet – sofern sie auf die Thematik überhaupt eingeht – der Auseinandersetzung mit der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung mit Hinweis darauf, dass diese heute nicht mehr vertreten wird und
meinschaft das Recht erwerben, wird das Recht in Anteile aufgegliedert und erwirbt jeder der Teilhaber einen ihm gerade in seiner Eigenschaft als Teilhaber, also mittelbar, zuständigen Anteil.“ 172 Larenz, JJb 83, 108 (147) zu der Theorie Sohms.
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als überkommen gilt,173 nur recht eingeschränkte Aufmerksamkeit. Nachdem sich allerdings die herrschende Meinung als unhaltbar herausgestellt und sich die Annahme einer modifizierten Bruchteilsberechtigung gleichzeitig als eine von zwei verbliebenen Möglichkeiten zu Herleitung des Gesamthandsprinzips erwiesen hat, ist es angezeigt, sich hier entgegen der vermeintlichen Überkommenheit dieser Lehre nicht nur auf einen bloß knappen Hinweis auf die Nachteile oder Rechtsfolgen der Anteilsbetrachtung bei der Gesamthand zu beschränken. I. Die Vereinbarkeit der Annahme ideeller Bruchteile bei der Gesamthand vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung 1. Ursprünge des Gedankens der Ungeteiltheit des Vermögens Die vorangegangene Darstellung der Entwicklung der Gesamthandslehre legt es nahe, die Vereinbarkeit des Anteilsprinzips mit der Gesamthand zunächst vor dem historischen Hintergrund zu bewerten. Die Anfänge der Gesamthand führen dabei über den bereits beleuchteten zeitlichen Rahmen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück in das Frühmittelalter und hier insbesondere zu den germanischen Hausgemeinschaften. In diesen frühesten Formen der sog. Hausgenossenschaften basierte die Gemeinschaft zwingend auf dem Zusammenhalt der häuslichen Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern.174 Eine Eigentumsgestaltung in der Form, die man heute als Gesamthand kennt, war jedoch nicht durchgängig vorhanden. Zu Lebzeiten wurde vielmehr der Vater als Oberhaupt der Familie als Eigentümer des Hausvermögens betrachtet. Die Besonderheit des germanischen Rechts bestand darin, dass entgegen dem römischen Recht die einzelnen Hausgenossen gewisse Anrechte teils bedingter, teils unbedingter Natur an dem Hausvermögen hatten.175 Eine „wirkliche Vermögensgemeinschaft“ entstand jedoch, wenn bei Versterben des Familienoberhaupts mehrere gleichberechtige Söhne vorhanden waren, da dem germanischen Recht das Recht der Primogenitur nicht bekannt war. Die Erben in ihrer Verbundenheit rückten, sofern der „häusliche Herd [fortbestand]“, gemeinschaftlich an Stelle des bisherigen Familienoberhauptes und führten die Hausgenossenschaft in ihrer Verbundenheit als Rechtssubjekt des hausgenossenschaftlichen Vermögens ungeteilt fort.176 Eigene bestimmte bzw. abgegrenzte Bruchteile an dem Sondervermögen standen den Hausgenossen nicht zu,177 sondern lediglich bedingte An173
Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10a; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 667; Heusler, Institutionen Bd. I, S. 227 ff.; Cohn, ZvglRw 13, 1 (69 ff.). 175 Gierke, ZRG 1876, 430 (481 – 483). Ferner Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 665. 176 Zusammenfassend Hoffmann, JURA 1995, 125; Saenger, S. 60; eingehender Cohn, ZvglRw 13, 1 (69 ff.); Heusler, Institutionen Bd. I, S. 230 ff., der allerdings darauf hinweist, dass die Gesamthand schon zu Lebzeiten zwischen dem Vater und seinen Söhnen bestand; Gierke, ZRG 1876, 430 (484 f.). 177 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 231; Cohn, ZvglRw 13, 1 (69 ff.); Gierke, ZRG 1876, 430 (485 f.); Phillips, S. 12 f. 174
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rechte für den Fall künftiger Teilung.178 Mit der Zeit „streifte die gesamte Hand ihre Gebundenheit an die häusliche Lebensgemeinschaft ab“179 und ermöglichte ohne Aufgabe des Prinzips der gemeinschaftlichen Verwaltung des ungeteilten Vermögens so die Entstehung diverser gesamthänderisch geprägter Institute auf vertraglicher Basis; insbesondere der Gütergemeinschaft der Ehegatten.180 Auch nach der Rezeption des Römischen Rechts zur Mitte des 15. Jahrhunderts war der Gedanke eines gemeinschaftliches Vermögens im germanischen Sinne, das keinen Platz für ideelle Miteigentumsbruchteile im Sinne eines ,Mein und Dein‘ bot, sondern nur für ein gemeinschaftliches ,Unser‘,181 nicht gänzlich unterdrückt worden und führte – wie oben bereits näher beleuchtet –182 gerade auf dem Boden der ehelichen Gütergemeinschaft zur Konstruktion einer gemeinschaftlichen Berechtigung ohne Anteile, dem dominium plurium in solidum und später zu der Annahme einer mystischen bzw. moralischen Person als Trägerin des Vermögens.183, 184 2. Das Gesamthandseigentum in den frühen Gesetzestexten Auch diverse Statuten und Landrechte nahmen ein germanisches Gesamteigentum insbesondere für die Gütergemeinschaft an,185 von denen hier besonders die Statuten und Concordaten der Stadt Köln von 1437186 hervorzuheben sind, die eine gemeinschaftliche Berechtigung zu „gesammender Hand“ ausdrücklich anerkennen: Artikel 11: Sowie Eheleude an Erben samender Hand geschreben stunt […] Item weren auch dieselbige Eheleute ahn einige Erben187 oder erbliche Renten zu Geschrichte gekommen, mit samender Hand zu wenden und zu kehren, in was Hand sie wollen, es quäme auch her von ihrer beider Eltern oder Magen, oder ihrer eins besonder, und auch ob 178
Gierke, ZRG 1876, 430 (485 f.); Phillips, S. 16. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 667. 180 Gierke Dt. Privatrecht Bd. I, S. 667; Heusler, Institutionen Bd. I, S. 235 f.; Duncker, S. 21; Phillips, S. 17. 181 Vgl. Scherer, S. 96 f. 182 Vgl. § 2 A. 183 Zu dieser Entwicklung: Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 376; Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (494 f.); Duncker, S. 2; Runde, S. 54. 184 Die Ablehnung des römischen Teilungsgedankens wird deutlich zum Ausdruck gebracht bei Deiters, ZDR 2, 115 (119); Bolley, Monatschrift f. d. Justizpflege in Württ. 2, 185 (193 f.); Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 81 (83, 89); Hasse, S. 87 ff.; Neuß, S. 24, 70, 75; H. Lange, S. 47. 185 Vgl. hierzu Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. III, S. 818 ff.; Eichhorn, S. 739 jeweils mit diversen Nachweisen. 186 Die nachfolgend genannten Artikel sind zitiert nach: Best. 30/V, V 33C, Statuta et Concordata der heiligen freyen Stadt Cöllen von 1437, Historisches Archiv der Stadt Köln. 187 Erben in den Statuten meint hier im Wege des Erbgangs erlangte Immobiliarrechte, Heppekausen, S. 39. 179
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sie es mit samender Hand gegolten hetten, in solchem Erbe soll der Letztlebendige bleiben sitzen gerast und geruhet sein Leben lang sonder Hinderniß des ableibigen Erben […]
Auch die kölnische Schreinspraxis betrachtet es in Anlehnung an Art. 9 der Statuten188 als „sehr gewöhnlichen“ Fall, dass kinderlose „Eheleute, die sammender Hand ein Haus kaufen“, pflegen, sich einander als Erben zur letzten Hand einzusetzen.189 Derweil lassen die Statuten im Hinblick auf die Regelungen zur Verwaltung des Nachlasses durch den Letztverstorbenen sowie die Regelungen zur Teilung des Vermögens mit den übrigen Erben in den Art. 12 und 14 zumindest vermuten, dass der kölnischen Gütergemeinschaft eine Bruchteilsberechtigung an den Vermögensgegenständen fremd war.190 In der Literatur ging man noch weiter und nahm in Anschluss an Hasse an, dass die Eheleute zusammen eine „moralische Person“ bildeten, die Eigentümerin des gemeinschaftlichen Vermögens sei.191 Deutlicher noch zeigt sich die Grundlage der Genossenschaftstheorie und der Gruppenlehre in der Regelung der Gütergemeinschaft der Ehegatten im Bamberger Landrecht von 1769:192 Erster Theil , Zweytes Capitul, Erster Titul Von der Beschaffenheit solcher Gemeinschaft, und besonders derjenigen, so ausdrücklich eingegangen wird § I: Die Gütergemeinschaft entsteht alsdann unter denen Eheleuten, wenn sie ihr Vermögen […] dergestalten miteinander vermischen, und vereinigen, daß es ihnen von nun an beiderseits mit denen nemlichen Eigenthums-Rechten, und Beschwerden zusteht, und sie dahero in Ansehung ordentlicher Weis für eine Person zu betrachten seynd. § II: Solche Gütter-Gemeinschaft ist bey dem Hochstift Bamberg von aller unfürdenklichster Zeithero üblich, und hat dergestalten vernünftige dem Ehe-Stand selbsten gemäße Ursachen zum Grund, daß die Bambergischen Unterthanen grossen Theils von jeher geglaubet haben mögen, keine wahre, und eigentliche Ehe-Leute zu seyn, wofern sie nicht, gleichwie Leib und Gemüth, also auch ihr beederseitiges Vermögen vereinigen thäten.
188 „Item also als etliche Jahr her Mann und Wiff, die keine Kinder hant, dickweil ihr Testament, Vermächtniße, Gifft oder Auftracht unter sich gemacht hant, die letztlebendige Hant von ihn beiden all ihr erb und Güter zu kehren und zu wenden […].“ 189 Clasen, S. 8. 190 Vgl. dazu Heppekausen, S. 47 ff. Dies entspricht auch der germanischen Terminologie, die – wie Stobbe, ZRG 1864, 207 (217 ff.) nachweist – durchaus zwischen Miteigentum und Gesamteigentum ohne Anteile differenziere, wobei letzteres mit dem Begriff der gesamten Hand bezeichnet werde. 191 Deiters, ZDR 2, 115 (119 Fn. 1); Daniels, S. 102. Zum Recht im Herzogtum Berg: Neuß, S. 75. 192 Des Kayserlichen Hochstifts und Fürstenthums Bamberg verfaßtes Land-Recht: desselben erster Haupt-Theil von Civil- oder sogenannten Bürgerlichen Sachen handelnd, 1769, S. 145 f.
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3. Zur Kritik am ungeteilten deutschrechtlichen (Gesamthands-)Eigentum Freilich hat der historische Teil der Untersuchung bereits gezeigt, dass die Konstruktion des ungeteilten germanischen Gesamteigentums trotz Aufnahme in einige Rechte zu keiner Zeit unbestritten war. Wie erinnerlich, sind die zwei vornehmlich bedienten Argumente der Gegner folgende: Zum einen setze die Möglichkeit der Teilung bzw. der Teilungsklage das Vorhandensein von Quoten voraus und zum anderen sei der Dualismus von societas und universitas nicht bloß ein aufgestelltes Dogma, sondern eine logische Notwendigkeit, deren abweichende Beurteilung nur auf Unkenntnis und Irrtümern beruhe.193 a) Das Vorhandensein von Anteilen als Konsequenz ausstehender Teilung Die erste Einwendung wird allen voran von Heusler erhoben,194 wurde jedoch schon Jahre zuvor von Stobbe dahingehend entkräftet, dass man aufgrund der Tatsache, dass das Vermögen mit Beendigung der Gemeinschaft nach gewissen Raten in gleiche oder ungleiche Teile geteilt werde, auf keine Weise rückwärts schließen könne, dass dieselben Quoten schon zuvor bestanden hätten.195 Und in der Tat lässt sich diese Kritik ohne weiteres abweisen, denn sie führt nicht in notwendiger Konsequenz zu einer Gemeinschaft mit einer unmittelbaren Bruchteilsberechtigung an dem Vermögen und seinen einzelnen Rechten, wie es aus der Einordnung Heuslers folgt.196 Betrachtet man die Gesamte Hand als Rechtssubjekt und Trägerin des gemeinschaftlichen Vermögens, so lassen sich hier gleichfalls (eventuelle) Quotenrechte der Gesamthänder für den Teilungsfalle denken, die als personenrechtliche Ansprüche der Mitgliedschaft in der Gesamthand erwachsen, ohne dass es sich hier um eine sachenrechtliche Beteiligung handelte.197
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Vgl. nur Gerber, Dt. Privatrecht6, S. 570 Fn. 9. Heusler; Institutionen Bd. I, S. 238 f. Vgl. Fn. 133 in Teil I. Auch bei der Bruchteilsgemeinschaft argumentiert man entsprechend: Eisele, AcP 63, 27 (34). 195 Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (491). 196 Heusler; Institutionen Bd. I, S. 249. 197 Nun lässt sich sicherlich einwenden, dass selbst der hervorragendste Verfechter des deutschen Gemeinschaftsgedankens Gierke von Anteilen an den Vermögensgegenständen spricht, allerdings wurde bereits herausgestellt, dass sich der sachenrechtliche Gehalt dieser Anteile niemals mit dem Eigentum deckt, Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 392 (vgl. dazu oben Fn. 106). Ähnlich verhält es sich bei Saenger, S. 54, der den Gesamthändern ebenfalls bestimmte Anteilsreche zugesteht, in der Folge (S. 117, 121) aber klarstellt, dass der Anteil ein im „höchsten Maß verselbstständigtes Mitgliedschaftsrecht“ sei. Zur Vereinbarkeit dieser Sichtweise mit der Systematik des BGB vgl. § 3 E. I. 194
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b) Das deutschrechtliche Eigentum als Folge von Verständnisproblemen und Anwendungsfehlern des Römischen Rechts Fraglich ist, ob nicht zumindest das zweite Argument verfängt. Beispielhaft für die Ansichten der Romanisten, die sich des zweiten Kritikpunkts bedienen, sind zuvörderst die Ausführungen Maurenbrechers zu nennen, der nicht nur annimmt, dass sich Bruchteilsgemeinschaft und juristische Person als logisch zwingende Formen gemeinschaftlicher Berechtigung ergeben, sondern neben der Literatur auch diverse Partikularrechte Alleineigentum, Eventualrechte und mitgliedschaftsrechte im Rahmen einer universitas auf das Evidenteste miteinander verwechselten.198 Mit Recht hat Stobbe daher angemerkt, dass viele Romanisten glaubten, dass aufgrund der logischen Notwendigkeit des römischen Eigentumsbegriffs dem deutschen Recht die Vorstellung von ideellen Anteilen auch bei der Gesamthand jedenfalls latent innewohne und dass man diesem durch die Vornahme einer Quotenteilung daher keine Gewalt anzutun glaubte.199 Prägend ist hier der Verweis auf die Äußerung Walters zur Behandlung deutschen Gesamteigentums: „Es handelt sich hier darum, Institute, die sich noch nicht zu einem bewußten Grundgedanken ausgebildet hatten, ihren überlieferten factischen Elementen gemäß wissenschaftlich zu formulieren und ihnen den correcten logischen Ausdruck zu verleihen.“200 Im Gegensatz dazu macht Gerber keinen Hehl daraus, dass sich die Gesamthand nur gewaltsam in die römischrechtlichen Formen pressen lässt, wenn er bemerkt, dass zur Behandlung der „Abnormität“ der Gütergemeinschaft, wolle man nicht noch Anormaleres schaffen, nur die communio juris passe.201 4. Gegenargument: Nebeneinander von geteiltem und ungeteiltem Eigentum Stobbe ist dieser Kritik sowie der ,Romanisierung‘ germanischer Institute mit dem Hinweis begegnet, dass das deutsche Recht ein Miteigentum neben dem Gesamteigentum sehr wohl kannte, es aber im Rahmen einiger Verhältnisse nicht anwenden wollte und sich so bei der Gesamthand mit der unbestimmten Vereinigung der Gesamthänder begnügte.202 Die von Stobbe zwecks Beweisführung bemühten
198 Maurenbrecher, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 451 ff. Zur Kritik am Gesamteigentum und an der Genossenschaftstheorie vgl. § 2 A. II. 199 Stobbe, ZRG 1864, 207 (212, 217). 200 Walter, S. 122 Fn. 5. 201 Gerber, Dt. Privatrecht6, S. 570 Fn. 9. 202 Stobbe, ZRG 1864, 207 (217); im Anschluss Heusler, Institutionen Bd. I, S. 250 f. Vgl. auch Stobbe, S 70; Gierke, Dt. Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 924 f; Phillips, S. 18; Pagenstecher, S. 24; Weiske, S. 166; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (117). Verkannt u. a. von WeberGrellet, AcP 182, 316 (330 f.).
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Quellen203 bedürfen hier keiner eingehenderen Behandlung, liefert doch die in unmittelbarer ,Nachbarschaft‘ zu den bereits betrachteten Kölnischen Statuten seinerzeit geltende Jülich-Bergische Rechtsordnung204 von 1555 ebenfalls Beweis dafür, dass dem deutschen Recht sowohl Mit- als auch Gesamteigentum bekannt waren und parallel angewendet wurden: Cap. 63 Jülich-Bergische Gerichtsordnung Auszug wider die Personen die gezeugen […]Es kan auch ein Bruder dem andern kein gezeugniß tragen, sonderlich wann sie in unverdeilten gueteren mit einander sitzen, und dero sementlich gebrauchen, dann in dem fall, gebe der Bruder ihme selbst und in seinen eigen Nutz gezeugniß. Wo sie aber ihre gütern vann einandern getheilt und ein jeder sein besonder haußhaltung hette, mögen sie einander […] kundtschaft tragen […].
Der Grund, dass zwei in Hausgemeinschaft lebende Brüder in ungeteiltem Gut einander kein Zeugnis geben können, liegt nun offenbar darin, dass, solange die Lebensgemeinschaft besteht, keine bestimmbaren Anteile am Vermögen bestehen und mithin ein deutschrechtliches Gesamteigentum vorlag. Nur so ergibt die Aussage, dass der zeugnisgebende Bruder sonst, solange keine Teilung der Güter und der Hausstände eingetreten ist, ihm selbst und seinem eigenen Nutzen Zeugnis geben würde.205 Deutlicher zeigt sich die bewusste Scheidung von Mit- und Gesamteigentum noch bei der Jülich-Bergischen Gütergemeinschaft, die zwar keine Erwähnung in der Rechtsordnung findet, sich aber gewohnheitsrechtlich erheblich von der partikulären Gütergemeinschaft gesondert hat. Neuß hat sowohl die partikuläre als auch die Gütergemeinschaft des Herzogtums Jülich-Berg einander gegenübergestellt und die folgenden, für diese Untersuchung interessierenden Sonderungen erarbeitet: „Bey der Errungenschaft, welche auf das unbewegliche Vermögen beschränket ist, tritt ein römisches condominium ein, nach welchem jeden Ehegenossen […] eine intellectuelle Hälfte zusteht […].“206 Für das „gereide“ Vermögen hingegen stellt er fest, dass es bei den „Gesamteigenthums-Prinzipien des gemeinen teutschen Rechts bleiben müsse“,207 welche Neuß bei der Gütergemeinschaft darin sieht, das Trägerin des Vermögens eine juristische Person sei, die Anteile der Ehegatten am Vermögen ausschließe.208, 209 Auch die Kölner Schreinspraxis differenzierte zwischen einer 203
Stobbe, ZRG 1864, 207 (217 ff.). Anschaulich zu dem Nebeneinander der Gemeinschaftsformen im Frankfurter Stadtrecht: Adlerflycht, S. 248. 204 Zitiert nach Wilhelms Hertzogen zu Gulich, Cleve und Berg – Rechtsordnung und Reformation: sampt anderen Constitutionen, Edicten und Erklerungen etlicher Felle, 1565. 205 Stobbe, ZRG 1864, 207 (246). 206 Neuß, S. 148. 207 Neuß, S. 150, 146. 208 Neuß, S. 24, 70, 75. 209 Sommer; S. 24 ff. hebt ihn seiner Darstellung der Gütergemeinschaft die unterschiedliche Beurteilung der Eigentumsverhältnisse bei beweglichen und unbeweglichen Sachen
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Anschreibung der Eheleute „sammender Hand“ und einer Anschreibung zur „Halbscheid“ der beiden Kinder nach dem Tod der beiden Ehegatten.210 5. Zwischenergebnis Mithin erweist sich die vorgenannte Kritik der Romanisten als unhaltbar und mit ihr auch die romanisierenden Versuche, sämtlichen deutschrechtlichen Instituten gewaltsam den Gedanken einer Quotenteilung im Sinne eines Miteigentums unterzulegen. Es kann festgehalten werden, dass, wenn auch nicht durchgängig, Statuten und Landrechte ein deutsches Gesamteigentum – sei es im Sinne des dominium plurium in solidum oder des Eigentums eines von den Gemeinschaftern gebildeten Subjekts – kannten und für bestimmte Verhältnisse nutzbar machten, in denen eine Bruchteilsberechtigung nicht den Lebensanschauungen und praktischen Bedürfnissen entsprach. Die Anwendungsbereiche haben sich respektive der Gemeinschaft der Miterben, der Gütergemeinschaft der Ehegatten sowie den Gesellschaften bis heute nicht geändert. Mit Recht hat sich daher die zweite Kommission gegen den ersten Entwurf bzw. gegen Änderungsanträge, die auf den Vorstellungen des ersten Entwurfs basierten, ausgesprochen und sich dagegen für das Prinzip der Gesamten Hand entschieden.211 So sind denn auch die Versuche, den Quotengedanken im Sinne einer Bruchteilsberechtigung bei der Gesamthand mit der Lehre der geteilten Mitberechtigung dennoch in das Bürgerliche Gesetzbuch zu tragen, nicht auf fruchtbaren Boden gestoßen, so dass Bemühungen, die Gesamthand auf diese Weise zu erklären, heute nicht mehr unternommen werden.212 II. Praktische Erwägungen Der Hinweis darauf, dass sowohl der Gesetzgeber im Rahmen der Erwägungen zur Gesamthand als auch die heutige herrschende Meinung den romanistischen Zügen und damit der Lehre der geteilten Mitberechtigung ablehnend gegenüberstehen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur in den wenigsten Fällen historische Gründe gegen die Anteilsberechtigung der Gesamthänder angebracht werden, sondern überwiegend rein praktische Erwägungen ausschlaggebend sind.213 Hennecke hält den Versuch, den Inhalt des Gesamthandsprinzips durch historische ebenfalls hervor. Da das Werk Sommers nach Maurenbrecher, Die Rheinpreuß. Landrechte, S. 128 „ein Buch ohne allen Werth“ ist, das „nach seinem Erscheinen gleich von Amtswegen unterdrückt ist“ wird man dessen Beweiskraft wohl nicht ganz außer Zweifel ziehen können, auch wenn die Gründe der Einziehung nicht weiter erläutert werden. 210 Clasen, S. 5; Verweise hierauf bereits durch Deiters, ZDR 2, 115 (119). 211 Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 988 ff. sowie Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. 212 Vgl. Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10a; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6. (s. o. Fn. 173). 213 Vgl. v. Lübtow, S. 799.
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oder dogmatische Argumente zu erklären, gar für unbrauchbar, da die verschiedenen Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen.214 Zwar entbehrt es dieser Aussage allein auf Grund ihrer Pauschalität schon an Substanz, da sie von vorneherein jeglichen Diskurs im Keim erstickt und darüber hinaus voraussetzt, dass jeder zu einem bestimmten Thema gefasster Gedanke unstreitbar und ohne logische Fehler ist,215 um aber für die weitere Untersuchung und das gewonnene Ergebnis dem etwaigen Einwand vorzubeugen, sie fußten nur auf einer petitio principii, sofern die Behauptung der Untauglichkeit einer historischen Betrachtung wiederum nur mit Verweis auf historische Argumente entkräftet würde, ist nunmehr auf die praktischen Folgen einer Bruchteilsberechtigung der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensrechten einzugehen. 1. Gutgläubiger Erwerb von Sondervermögensgegenständen Von den diversen Einwendungen, die gegen die Annahme von Bruchteilen auf praktischer Ebene erhoben werden können, ist die Problematik der Anwendbarkeit von § 932 BGB bei der gemeinschaftswidrigen Veräußerung von Vermögensgegenständen wohl die gewichtigste. So sieht sich Binder dazu gezwungen, dessen Anwendbarkeit bei der Veräußerung beweglicher Sachen aus dem Vermögen zu verneinen, da sich die Vorschrift nur auf den Mangel im Recht beziehe, nicht jedoch den Mangel an Verfügungsbefugnis überwinde, so dass jede dem § 2040 Abs. 1 BGB zuwiderlaufende Verfügung ohne Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nichtig sei.216 Den möglichen Einwand, dass § 932 BGB jedenfalls insoweit Anwendungen finden könne, wie die Anteilsrechte der übrigen Gesamthänder durch die Verfügung betroffen würden, erkennt er zwar, lehnt diesen jedoch allein des „merkwürdigen“ Ergebnisses wegen ab; den richtigen Schluss, dass die eigene Ansicht überhaupt erst die Basis für eine solche in der Tat merkwürdige Annahme bildet, zieht er hingegen nicht.217 Im Übrigen wird durch diese Annahme eine in der Realität sehr gekünstelt wirkende Konstruktion der Verfügung vorausgesetzt: Mag man in der gemeinschaftlichen Verfügung über das gemeinschaftliche Recht bei der Bruchteilsgemeinschaft noch eine koordinierte Verfügung über die verschiedenen Anteile sehen,218 wird man 214 Hennecke, S. 12. Dies hält ihn freilich nicht davon ab, sich nachfolgend dennoch mit den Theorien zur Erklärung des Gesamthandsprinzips auseinanderzusetzen, S. 47. 215 Dass dem gerade nicht so ist, beweisen bspw. die Ausführungen Sohms und die vortreffliche Kritik Kattauschs, vgl. § 3 B. V. 216 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 70 Fn. 47. 217 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 70 Fn. 47. 218 So K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 747 Rn. 25 für die Bruchteilsgemeinschaft; vgl. dazu § 3 E. III. 3. b). Da die Gesamthand nach der Lehre der geteilten Mitberechtigung lediglich eine modifizierte Form der Bruchteilsgemeinschaft ist, spräche nichts dagegen, dies auch bei der Gesamthand so zu sehen. Allerdings müsste man sich bei Zugrundelegung dieser Ansicht die Verfügung wohl so vorstellen, dass der einzelne Gesamthänder nicht nur über den eigenen
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die Verfügung des Nichtberechtigten Gesamthänders über die ganze Sache schlechterdings so konstruieren können, dass dieser koordiniert über den eigenen Anteil und die fremden Anteile der übrigen Gesamthänder verfügt. Im Gegenteil geriert sich der Nichtberechtigte gegenüber dem etwaig gutgläubig Erwerbenden doch eher als Eigentümer der ganzen Sache, so dass man sich auch die Verfügung als eine über die ganze Sache wird denken müssen.219 2. Verfügung über Nachlassgegenstände In unmittelbarem Zusammenhang damit steht die Problematik der Konsequenz der Verfügung eines Gesamthänders über seinen Anteil an einem einzelnen Vermögensgegenstand. Wie im ersten Teil der Untersuchung bereits herausgestellt wurde, handelt es sich nach der Lehre der geteilten Mitberechtigung bei den §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1, 2033 Abs. 2 BGB, soweit sie den Anteil eines Gesamthänders an den einzelnen Vermögensgegenständen betreffen, um Verfügungsverbote im Sinne des § 135 BGB220 mit der Folge, dass die Verfügung mit der Möglichkeit der Genehmigung nach § 185 Abs. 1 BGB durch die Person, zu deren Gunsten das Verfügungsverbot besteht, relativ unwirksam ist.221 Hierdurch wird deutlich, dass bei der Lehre von der geteilten Mitberechtigung grundsätzlich die Möglichkeit besteht, das Grundprinzip der Gemeinschaft zur gesamten Hand, welches darin zu sehen ist, dass die Berechtigungen der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen untrennbar mit ihrer Mitgliedschaft in der Gesamthand verbunden sind,222 gänzlich aus den Angeln zu heben. Bei Annahme ideeller Bruchteile könnten die Gesamthänder so entweder durch Genehmigung nach § 185 Abs. 1 BGB oder durch von Anfang an gemeinschaftlich vorgenommene Verfügung über den Anteil eines Gesamthänders an einem Vermögensgegenstand diesen von der Bindung an die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft und mithin auch aus dem Sondervermögen lösen. Im Rahmen der Gemeinschaften, bei denen der Anteil am Vermögen veräußerlich ist, führte dies in letzter Konsequenz dazu, dass der Erwerber einen komplett entwerteten Vermögensanteil erhielte, aus dem sämtliche Anteile des Gesamthänders herausgelöst wurden. Freilich setzt dieses Ergebnis voraus, dass das relative Veräußerungsverbot in § 135 BGB lediglich die übrigen Mitglieder der Gesamthand schützt Anteil verfügt, sondern im Sinne der „Koordination“ gleichzeitig über den Gegenstand als Ganzen, bzw. mit der Absicht, diesen als solchen aus dem Sondervermögen zu lösen, denn sonst ergäbe sich das Problem, dass die einzelnen Verfügungen für sich wiederum gegen das Verfügungsverbot der §§ 719, 1419, 2033 BGB verstießen. 219 So auch Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 295; v.Tuhr, S. 81 Fn. 12. 220 Vgl. nur Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 135 Rn. 18. 221 Frensch, in: P/W/W, BGB, § 185 Rn. 5; Bayreuther, in: MüKo, BGB, § 185 Rn. 11; mit ausdrücklichem Bezug zur Problematik bei der Lehre der geteilten Mitberechtigung Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 294. 222 Lenski, S. 11; Sohm, S. 70. Zur GbR v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 719 Rn. 2; Schäfer, BGB, § 719 Rn. 2, 4, 8; Schöne, in: B/R, BGB, § 719 Rn. 3.
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und nicht etwa ein Interesse Dritter an dem Erhalt des Sondervermögens.223 Jedenfalls für die hier vorrangig interessierende Erbengemeinschaft wird man jedoch in Zweifel ziehen dürfen, dass die Erhebung des Nachlasses zu einem dinglich gebundenen Sondervermögen lediglich dem Schutz der Mitglieder der Erbengemeinschaft dient, wo doch die Protokolle der zweiten Kommission anführen, „[das] wesentliche Moment für die Erbengemeinschaft liege in dem Interesse der Nachlaßgläubiger. Sie hätten, so lange der Erblasser lebe, nur diesen einen Schuldner, durch seinen Tod, also durch eine ohne ihr Zuthun eintretende Thatsache, erhielten sie nach den gemeinrechtlichen Vorschriften eine Mehrzahl von Schuldnern, deren jeder nur für einen Bruchteil der Forderungen hafte. Diese […] unverkennbar bestehende Gefährdung der Nachlaßgläubiger werde bei der Erbengemeinschaft vermieden […].“224 Ungeachtet dieses möglichen Einwands besteht jedenfalls mit dem Zeitpunkt, in dem man eine ideelle Beteiligung der Gesamthänder an den Vermögensgegenständen annimmt, die Gefahr, dass der Anteil zumindest gutgläubig erworben werden kann. Dies wird man selbst dann annehmen müssen, wenn man der o.g. Auffassung Binders von der Unanwendbarkeit des § 932 BGB folgt, denn über § 135 Abs. 2 BGB wird gerade auch der Mangel an Verfügungsbefugnis überwunden.225 In den §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1, 2033 Abs. 2 BGB eine entsprechende Negierung einer Teilberechtigung der Gesamthänder zu sehen, birgt hingegen nicht die Gefahr, dass Anteile der Gesamthänder von deren Mitgliedschaft getrennt und aus dem Sondervermögen gelöst werden. Die Verfügung eines oder auch aller Gesamthänder über den Anteil eines Gesamthänders an einem der Vermögensgegenstände wäre nach dieser Lesart eine Verfügung über ein in Wirklichkeit nicht existentes Recht, welche als solche ins Leere ginge und unheilbar nichtig wäre.226 3. Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit Weiterhin vermag die Theorie der geteilten Mitberechtigung keine Erklärung für den Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit eines Gesamthandsschuldners gegen eine Gesamthandsforderung mit einer Forderung gegen einen der Gesamthänder zu liefern. Teilte man die zum Sondervermögen gehörigen Forderungen unter den 223
Vgl. Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 294. Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. Vgl. auch Schlüter, in: Erman13, BGB, § 2033 Rn. 9; Zunft, NJW 1957, 1178. 225 Ahrens, in: P/W/W, BGB, § 136 Rn. 10; Arnold, in: Erman, BGB, §§ 135, 136 Rn. 12, 14; Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 135 Rn. 46. Gegen eine Genehmigungsmöglichkeit Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 10a jedoch ohne weitere Begründung. 226 Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 295. Auf die umstrittene Frage nach den Folgen einer gemeinschaftswidrigen Verfügung über den gesamten Gegenstand braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden, nachdem bereits die Darstellungen zur Verfügung über einen Anteil an einem Vermögensgegenstand den Konflikt mit dem Gesamthandsprinzip offenbart haben. Vgl. hierzu RG, Urteil v. 18. 09. 1918 – Az.: V 80/18 = RGZ 93, 292 (295 f.); Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6. 224
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Gesamthändern nach ideellen Anteilen auf, so gelangte man zu der schwer vertretbaren Konsequenz, dass die §§ 719 Abs. 2, 1419 Abs. 2 und 2040 Abs. 2 BGB als Verfügungsverbote zu verstehen wären.227 Nun ließe sich bezüglich der teilweisen Aufrechnung oder teilweisen Geltendmachung einer Sondervermögensforderung einwenden, dass auf diesem Wege die der Gesamthand zustehende Forderung im Hinblick auf den Gesamtbetrag für jeden beteiligten Gesamthänder geschmälert würde und aus diesem Grunde eine teilweise Aufrechnung nicht in Betracht komme.228 Konstruiert man aber die Gesamthand als durch Verfügungsverbote gebundene Berechtigung der Gesamthänder zu ideellen Bruchteilen an den einzelnen Rechten, führt der Gedanke, die Forderung zur Begründung des Ausschlusses der Aufrechnung zunächst doch wieder als Ganzes zu betrachten, die Lehre der geteilten Mitberechtigung ad absurdum und beweist nichts anderes als dass diese Lehre keiner konsequenten Durchführung fähig ist. 4. Ausschluss von Konfusion und Konsolidation Auch der Ausschluss von Konfusion und Konsolidation, der bei Annahme ideeller Bruchteile grundsätzlich eintreten müsste, lässt sich schlechterdings auf eine Art Verfügungsverbot stützen.229 In diesem Zusammenhang wird man insbesondere berücksichtigen müssen, dass die wenigen Fälle, in denen Konfusion und Konsolidation ausgeschlossen sind, ausdrücklich gesetzlich geregelt sind,230 die Regelungen zu den verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften sich diesbezüglich jedoch ausschweigen.231
227 Ablehnend daher v. Tuhr, S. 81 Fn. 12 so auch Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 295; Enneccerus/Lehmann, S. 357 Fn. 1; Lenski, S. 43 f. 228 Darauf will wohl Lenski, S. 43 in seiner Kritik an der Lehre der geteilten Mitberechtigung hinaus. 229 Vgl. Enneccerus/Lehmann, S. 356 Fn. 1; so wohl auch Muscheler, in: FS Kanzleiter, S. 295. 230 Vgl. bspw. §§ 889, 1976, 1991 Abs. 2 BGB. 231 Die Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung vermag den Ausschluss der Aufrechnung sowie von Konfusion und Konsolidation ebenso wenig zu erklären. Wenn bspw. Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 7 statuiert, Inhaber der Nachlassforderungen sei die Gemeinschaft der Erben, so ist jedenfalls der Ausschluss der (Teil-)Aufrechnung nur dann bloße „Folgerung aus dem aufrechnungsrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzip“ (Gergen, in: MüKo, BGB, § 2040 Rn. 21), wenn man der Gesamthand – was zwar die Formulierung suggeriert, die h.M. jedoch verneint – die Rechtsfähigkeit zuspricht. Was Konfusion und Konsolidation betrifft, lässt sich dieser Einwand ebenfalls erheben. Die h.M. hält den Ausschluss aber auch hier für selbstverständlich, da „Forderung und Schuld nicht in einer Person zusammen treffen.“, Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 27; ferner Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 6; Ann, in: NAK-BGB, § 2032 Rn. 5. Für die Gütergemeinschaft mit weiteren Nachweisen Kanzleiter, in: MüKo, BGB, § 1419 Rn. 6.
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5. Anwachsung und Abwachsung Weitere Unklarheiten verbleiben hinsichtlich der Konstruktion von Anwachsung und Abwachsung bei der Gesamthand. Spricht man den Gesamthändern einen ideellen Bruchteil an den verschiedenen Sondervermögensgegenständen zu, so müsste der ausscheidende Gesamthänder seine sämtlichen Anteile an den einzelnen Vermögensrechten auf die übrigen Gesamthänder übertragen, wenn diese nicht bei ihm verbleiben sollen, bzw. dem eintretenden Gesamthänder müssten entsprechend seiner Beteiligung an der Gesamthandsgemeinschaft die entsprechenden Anteile von den Mitgliedern der bestehenden Gesamthand aus den eigenen Anteilen übertragen werden. Jede der dazu notwendigen Verfügungen unterläge dabei den für das jeweilige Rechtsgeschäft geltenden Formvorschriften wie bspw. dem Erfordernis der notariellen Beurkundung für die Übertragung von Grundstückseigentum nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB.232 Schon Sohm hat hierzu klargestellt: „Die Rechtssätze vom Erwerb und Verlust eines Vermögensrechts finden keine Anwendung“ und dies darauf zurückgeführt, dass sich die Beteiligung der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen aus personenrechtlichen Gründen, dem Erwerb und dem Verlust der Mitgliedschaft, ergebe.233 Nach Nagler soll dies auch im Rahmen der Lehre der geteilten Mitberechtigung gelten: Es finde eine partielle Gesamtnachfolge statt, bei der es selbst hinsichtlich im Grundbauch verlautbarter Rechte keiner Übereignungsakte bedürfe. Das Grundbuch werde in diesen Fällen lediglich unrichtig.234 Am Beispiel der Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt er aus: „[…] [Es] vollzieht sich der Wechsel im Personenbestande dergestalt, daß der Ausscheidende nur einen Anspruch auf Abfindung […] durch rein rechnungsmäßige Liquidation […] erlangt, dafür aber jede Beziehung zu den Gesellschaftsobjekten […] verliert. Dies [führe] zu einer unbegrenzten Anwendung der Rechtsfigur der Anwachsung.“235 Mit dem Austritt eines Gesellschafters sollen sich ohne weiteres die „an sich beweglichen, mit der Expansionstendenz auf das Ganze erfüllten Mitberechtigungsportionen […] sofort gleichmäßig über die vakant gewordene Quote ausdehnen.“ Der herrenlos gewordene Anteil gebe an jedes sich insoweit auswachsende Spezialrecht der verbleibenden Gesellschafter einen gleichen Anteil ab und verflüchtige sich so.236 Umgekehrt sollen einem neu eintretenden Gesellschafter die gesellschaftsmäßigen Mitberechtigungen an den einzelnen Objekten uno actu und ohne besonderen Übertragungsakt zufallen, während sich die Mitberechtigungsportionen der übrigen Gesellschafter entsprechend verringerten.237 Was Nagler hier liefert, ist jedoch keine Erklärung, sondern 232 Vgl. Oertmann, Vorbem. zu §§ 705 ff. unter 4.c); Kattausch, S. 46; Knoke, ArchBürgR 20, 170 (177). 233 Sohm, S. 71 f. Vgl. ferner K. Schmidt, S. 208 f. 234 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (741). 235 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (740). 236 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (740 f.). 237 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (742).
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lediglich eine „anschauliche Beschreibung“238 des An- und Abwachsungsprinzips, die man ebenso im Rahmen der übrigen Lehren zur Konstruktion der Gesamthand dienstbar machen könnte. Wie bzw. wieso der ausscheidende Gesamthänder ohne Verfügungen und Formzwänge seiner Anteilsrechte zugunsten der verbleibenden Gesamthänder verlustig werden soll, wo doch die An- und Abwachsung durch Veränderung der Anteile zweifelsohne Einfluss auf die Zuständigkeit hat, bleibt offen.239 Überhaupt erheben sich bei dem Zusammentreffen ideeller Bruchteile und dem Anwachsungsprinzip rein logische Bedenken. Denn dort, wo die Beteiligungen der Gesamthänder im Sinne ideeller Bruchteile ,fest umrissen‘ sind, ist kein Raum für eine Erweiterung eines Anteils, denn eine gegenseitige Beschränkung findet so gerade nicht statt. Hieran knüpft auch Krückmann – selbst Anhänger der Lehre der geteilten Mitberechtigung – an, wenn er die sich mit den Ausführungen von Nagler deckende und vom Reichsgericht240 behandelte Vorstellung, dass durch das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht Miteigentum übertragen werde, sondern der Ausscheidende lediglich sein die anderen Gesellschafter einschränkendes Recht verliere, welches sonst die Erweiterung von deren Anteile hindere, als „abwegig“ bezeichnet. Dies führe folgerichtig durchdacht zu einer Vervielfältigung des Eigentums an den Sachen, da man nur die Wahl zwischen Aufteilung und Vervielfältigung habe.241 Krückmann zieht zwar im Gegensatz zu Nagler die richtige Konsequenz, dass anstatt dieser „Pseudoanwachsung“ nur eine echte Anwachsung gedacht werden könne, bei der, soweit es wirklich zu der Übertragung eines Anteils komme, der dem Begünstigten vorher nicht gehörte, „alle dinglichen Rechtsveränderungen in der gewöhnlichen Form der Auflassung mit allen ihren Folgen an Steuern und Gebühren vorgenommen werden“ müssten, bleibt aber selbst eine lückenlose Erklärung dafür schuldig, wie es sich mit der „echten Anwachsung“ insbesondere zu § 738 BGB verhält. Er führt zwar aus, dass wirklich dingliche Rechtsübertragungen vorliegen müssten, stellt dann aber klar, dass darüber, wann diese vorliegen, noch mancherlei Unklarheit herrsche.242 Mit dieser verbleibenden
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Lenski, S. 47. Lenski, S. 47 f.; Kattausch, S. 46 f.; Knoke, ArchBürgR 20, 170 (177). Dem entspricht es, dass für die heutige Bruchteilsgemeinschaft das Anwachsungsprinzip mit Hinweis auf die dingliche und nicht mitgliedschaftliche Ausprägung der Beteiligung verneint wird: K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 37; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 741 Rn. 257. 240 RG, Urteil v. 23. 02. 1907 – Az.: I 404/06 = RGZ 65, 227 (235). 241 Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (4 f.) inkl. Fn. 6., der klarstellend fortfährt: „Aufteilung bedeutet, daß den Beteiligten ein irgendwie bemessener Teil des Eigentums gegeben wird, der nur diesem Berechtigten und keinem anderen zusteht, Vervielfältigung bedeutet, daß jedem das ganze Eigentum zusteht, durch die vielfache Zuständigkeit sich die verschiedenen Mitberechtigten gegenseitig beschränken.“ 242 Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (5 Fn. 6). 239
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„Unklarheit“, scheitert die Lehre der geteilten Mitberechtigung letztlich an der Erklärung des Anwachsungs- und Abwachsungsprinzips. 6. Der Anteil an einem Vermögensgegenstand im Sondervermögen Abschließend sei auf ein weiteres schwerwiegendes Beispiel dafür eingegangen, dass die Annahme von Bruchteilen den Grundsätzen der Gesamthand sowie den Interessen der Gesamthänder diametral entgegengesetzt ist.243 Dieses liefert – wohl ohne sich dem selbst bewusst zu sein – Krückmann mit seiner Kritik an einer Entscheidung des Kammergerichts.244 Dieses hatte sich in dem behandelten Fall mit der Frage zu befassen, ob ein in Gütergemeinschaft lebender Ehemann gem. § 1424 BGB der Zustimmung seiner Ehefrau bedarf, wenn er als Mitglied einer Erbengemeinschaft an Verfügungen zur Auseinandersetzung des Nachlasses beteiligt ist, der u. a. ein Grundstück umfasst. Das Kammergericht hatte ein entsprechendes Zustimmungserfordernis der Ehefrau mit dem Hinweis, dass dem Ehemann kein Miteigentum nach Bruchteilen an den dem Nachlassgrundstück zustehe, sondern lediglich am Inbegriff des Nachlasses, abgelehnt. So gehöre zwar der Erbteil des Ehegatten zum gütergemeinschaftichen Gesamtgut, nicht jedoch die Miteigentümerstellung zur gesamten Hand, die der Erbe an den einzelnen Nachlassgegenständen habe. Für Krückmann „eine weitere unerfreuliche Folge aus der herrschenden Lehre“. Der Mann habe so nach Annahme der Erbschaft die Möglichkeit, die Rechte der Frau in einer Weise zu verkürzen, die den ausdrücklichen Vorschriften des BGB widerspreche. Es könne kein Zweifel bestehen, dass in dem Augenblick, in dem der Mann Erbe werde, das Gesamtgut einen materiellen Zuwachs erhalte, der den Regelungen des Gesamtgutes unterworfen werden müsse, um dadurch die Interessen der Frau vor Eigenmächtigkeiten des Mannes zu schützen. Die Annahme unbestimmter Anteile dürfe nicht dazu führen, dass die Frau in ihren wichtigsten ehelichen Güterrechten gekränkt werde.245 Krückmann verkennt, dass es eines der Grundprinzipien der Gesamthand ist, die Mitglieder in ein engeres personenrechtliches Verhältnis zu rücken, in dessen Rahmen sie über ein (zweck-)gebundenes Sondervermögen zu verfügen berechtigt sind. Es ist nicht nur ausgeschlossen, die vermöge der Mitgliedschaft bestehende Berechtigung an den einzelnen Vermögensgegenständen durch Veräußerung von der Mitgliedschaft zu separieren,246 sondern grundsätzlich auch, den Anteil am gesamten Sondervermögen bzw. die Mitgliedschaft in der Gesamthand zu veräußern, um so zu 243 Besonders an diesem Beispiel zeigt sich, dass die Äußerung von Flume, ZHR 136, 177 (197 f.), die Anteile an den einzelnen Vermögensgegenständen hätten ohnehin keinen Sinn bzw. seien – so im Anschluss an das Reichsgericht – „unpraktisch“, nicht ganz korrekt ist, da sich, wie sich nunmehr zeigen wird, sehr wohl praktische Auswirkungen ausmachen lassen. 244 KG, Beschl. v. 30. 11. 1903 = OLG-R 8, 338 = ZBlFG 1904, 858 ff. 245 Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (13). 246 Vgl. dazu die Ausführungen zu Fn. 222.
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verhindern, dass Fremde in dieses Verhältnis „höchstpersönlichen Charakters“ eintreten.247 Bei der Erbengemeinschaft soll das Eindringen (Familien-)Fremder in die Gemeinschaft durch das den Miterben zustehende Vorkaufsrecht verhindert werden.248 Dieser persönlichen Verbundenheit entspricht es bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dass durch § 717 BGB die Übertragbarkeit der aus der Mitgliedschaft entspringenden Verwaltungs- und Vermögensrechte, insbesondere die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, die auf unmittelbare Gestaltung der Gesamthand gerichtet sind, ausgeschlossen ist.249, 250 Indem Krückmann durch die Annahme eines Anteils an den Vermögensgegenständen sicherstellen will, dass der jeweils andere Ehegatte an der Gesamthandstellung teilhat,251 wird es entgegen der gesetzlichen Ausgestaltung der Gesamthandsgemeinschaften, die gerade einen solchen Fall verhindern bzw. erschweren soll, einem der Gesamthand Fremden möglich, in die Erbengemeinschaft hineinzuregieren und so Einfluss auf die Verwaltung als einem grundsätzlich höchstpersönlichen Bereich der Gesamthänderstellung zu nehmen. Die gleiche Problematik ergibt sich hier freilich auch bei einer Mitgliedschaft des Ehemannes in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.252 Die besondere Brisanz dieser Lösung ergibt sich daraus, dass schon die bloße Existenz des Anteilsrechts die Gefahr des Eindringens fremder unter Umgehung der gesetzlichen Schutzmechanismen birgt, ohne dass es überhaupt einer interessen- bzw. gemeinschaftswidrigen Verfügung eines einzelnen Gesamthänders bedarf.253 247 Westermann, in: Erman, BGB, § 719 Rn. 8; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 719 Rn. 6; Schäfer, in: MüKo, BGB, § 719 Rn. 27. Für die Gütergemeinschaft: Mayer, in: B/R, BGB, § 1419 Rn. 3 248 Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 497; BGH, Urteil v. 28. 10. 1981 – Az.: IV ZR 163/80 = NJW 1982, 330; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2034 Rn. 1; Bayer, in: Erman, BGB, § 2034 Rn. 1; Brox/Walker, Erbrecht, S. 269 Rn. 478. 249 Vgl. v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 717 Rn. 1; Heidel/Hanke, in: NAK-BGB, § 717 Rn. 2 m.w.N. 250 Dies gilt selbst für die Stimmberechtigung bei der Bruchteilsgemeinschaft und über die Verweisung nach § 2038 Abs. 2 BGB auch für die Erbengemeinschaft, vgl. Huber, in: Stau12 dinger , BGB, § 745 Rn. 15. 251 So ausdrücklich Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (13). 252 Die Konsequenz ist hier noch unerträglicher. Wollten die Gesellschafter im Geschäftsverkehr entsprechende Geschäfte abschließen, müssten sich diese nicht nur untereinander abstimmen, sondern ggf. jeweils ihre Ehepartner konsultieren! 253 Nun mag man die Erheblichkeit dieses Einwands im Hinblick auf die weitestgehende Bedeutungslosigkeit der Gütergemeinschaft in der heutigen Zeit in Zweifel ziehen, jedoch lässt sich die Problematik auch auf die Zugewinngemeinschaft hinsichtlich § 1365 Abs. 1 BGB übertragen: Man stelle sich nur den weitestgehend vermögenslosen Ehemann vor, der Mitglied einer Erbengemeinschaft ist, deren zu verwaltender Nachlass hauptsächlich aus einem Grundstück besteht. Will die Erbengemeinschaft dieses Grundstück nun veräußern, ohne sich gänzlich auseinanderzusetzen, und spräche man dem Ehemann im Sinne der Lehre der geteilten Mitberechtigung schon vor Auseinandersetzung ein Bruchteilseigentum an dem Grundstück zu, so wird man wohl annehmen müssen, dass die Verfügung der Erbengemeinschaft über das Grundstück (und somit über den Bruchteil des Ehegatten) eine Verfügung „über das Vermögen des Ehegatten im Ganzen“ ist, die ungeachtet einer Genehmigungsbedürftigkeit der Verfügung
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Eine Rechtfertigung erfährt diese Demontage des Prinzips der gesamthänderischen Bindung auch nicht durch die von Krückmann hervorgehobenen Vermögensinteressen der Ehefrau. Denn dort, wo schon die persönlichen Interessen der Gesamthänder hinter der überindividuellen (Zweck-)Bindung des Sondervermögens der Gesamthand zurücktreten müssen, gilt dies erst recht für die Individualinteressen Dritter, die weder Mitglieder der Gemeinschaft sind noch ein beschränkt dingliches Recht an dieser Mitgliedschaft innehaben. Jede andere Betrachtungsweise führte das Prinzip des Sondervermögens ad absurdum.254 III. Ergebnis Die genauere Untersuchung der Anteilsberechtigung als Grundlage des Gesamthandsprinzips hat in historischer Hinsicht gezeigt, dass dem germanischen Recht neben dem Gesamteigentum durchaus ein geteiltes Miteigentum bekannt war, es dessen Anwendung aber in einigen Verhältnissen als nicht vereinbar mit den tatsächlichen Lebensgewohnheiten und Bedürfnissen der verschiedenen germanischen Gemeinschaftsformen betrachtete, so dass es in diesen Fällen auf ein dem germanischen Recht originäres Gesamteigentum zurückgriff. Auch auf praktischer Ebene führt die Annahme von Anteilsrechten der einzelnen Gesamthänder dazu, dass einige der Besonderheiten des Gesamthandsverhältnisses wie der Ausschluss von Konfusion und Konsolidation oder die Anwachsung nicht erklärt werden können. Weitaus schwerwiegender ist jedoch die Tatsache, dass die Anteilsberechtigung nicht nur die Möglichkeit eröffnet, durch Verfügungen den Gegenstandsanteil von der Mitgliedschaft in der Gesamthand zu lösen, sondern Dritten unter gewissen Umständen erlaubt, in die Willensbildung der Gesamthandsgemeinschaft einzugreifen, wodurch diese Befugnisse erlangten, die sonst nur den Gesamthändern vermöge ihrer Mitgliedschaft zustehen. Die Theorie der geteilten Mitberechtigung erweist sich in der Reihe der bisher behandelten Theorien folglich als nicht minder ungeeignete Grundlage des Gesamthandsprinzips.
über den ganzen Erbteil nach § 2033 Abs. 1 BGB einer Genehmigung durch die Ehefrau nach § 1365 Abs. 1 BGB bedürfte. Einige Stimmen in der Literatur wollen diesen Weg entgegen der gesetzlichen Wertentscheidung in den §§ 1432, 1455 Nr. 1 BGB tatschlich gehen, da sich zwar nicht der Anteil des Miterben aber der Inhalt dieses Anteils ändere, so bspw. Thiele, in: Staudinger, BGB, § 1965 Rn. 45 m.w.N. 254 Zutreffend schränkt daher Koch, in: MüKo, BGB, § 1965 Rn. 71 die Anwendbarkeit des § 1365 BGB bei Änderungen im Gesellschaftsvertrag einer GbR dahingehend ein, dass eine Zustimmungspflicht nur bei einer ökonomisch relevanten Beeinträchtigung der Mitgliedschaft besteht, die entweder sofort oder durch zwingenden späteren Vollzug eintritt. In Ansehung des nachfolgenden Ergebnisses scheint dies aber noch zu weitgehend. Auch die Verfügungen von Miterben entzieht er entgegen der in Fn. 253 genannten Stimmen dem Anwendungsbereich der Norm (Rn. 78).
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
E. Die rechtsfähige Gesamthand Die im Laufe der bisherigen Untersuchung nach dem Ausschlussprinzip gewonnenen Erkenntnisse haben ergeben, dass das Gesamthandsprinzip von der ,Objektseite‘ her nicht systemkonform gelöst werden und lediglich eine Lösung von der ,Subjektseite‘ her erfolgen kann. Der Ausgangspunkt der weiteren Darstellung ist damit unweigerlich vorweggenommen: Die Gesamthand als solche, die Gesamthänder in ihrer Vereinigung, sind rechtsfähig. Nachdem jedoch bereits einige unterschiedliche Auffassungen zu der Konstruktion des Rechtssubjekts „Gesamthand“ – insbesondere mit Rücksicht auf eine etwaige Anteilsbeteiligung der Gesamthänder – den Gegenstand eingehender Betrachtung dargestellt haben, darf die Erhebung der Gesamthand zum Rechtssubjekt nicht zu voreiligen Schlüssen hinsichtlich einer ausschließlichen Zuständigkeit der Gesamthand zu dem Sondervermögen und den zugehörigen Vermögensrechten verleiten, denn auch den Stimmen, die der Gesamthand als solcher Rechtsfähigkeit beimessen, sind Anteile der Gesamthänder an den Vermögensgegenständen nicht gänzlich fremd. Vereinzelt wird gar vertreten, die Besonderheit der Gesamthand liege in einem „Nebeneinander von Anteils- und Einheitsbetrachtung“, das abhängig vom Einzelfall eine Beurteilung von der einen oder anderen Seite, „mal so, mal so“, zulasse.255 Im Folgenden wird daher zunächst zu untersuchen sein, in welchem Verhältnis die Zuständigkeit der Gesamthand als Rechtssubjekt und die Berechtigungen der Gesamthänder insbesondere im Hinblick auf die einzelnen Sondervermögensgegenstände zueinander stehen. Der Untersuchungsschwerpunkt gebietet es jedoch, auf die den verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften immanenten Besonderheiten lediglich mit Blick auf die Erbengemeinschaft im Dritten und letzten Teil dieser Untersuchung genauer einzugehen und deren Vereinbarkeit mit dem hier gewonnenen Ergebnis zu begründen.256 Die nunmehr folgende Darstellung muss daher auf solche allgemeinverbindlichen Ausführungen beschränkt bleiben, die losgelöst von den spezifischen Besonderheiten der einzelnen Gemeinschaftsformen auf sämtliche Gesamthandsgemeinschaften Anwendung finden. Neben den Zuständigkeits- und Organisationsfragen der Gesamthand erfordert die Anerkennung von deren Rechtsfähigkeit ferner eine Auseinandersetzung mit dem Personenrecht. Die seit jeher bestehende Problematik der Einordnung der Gesamthand zwischen Juristischer und Einzelperson, die insoweit nicht bar jeder Berechtigung Ausgangspunkt diverser kritischer Bemerkungen romanisierender Betrachtungsweisen des Gesamthandsverhältnisses war, soll daher nachfolgend ebenfalls einer Lösung zugeführt werden, die mit den Grundprinzipien des BGB nicht im Widerspruch steht.
255
J. Blomeyer, JR 1971, 397 (398, 401). Hier wird insbesondere auf die Frage einzugehen sein, inwiefern sich die Eigenschaft als Zufallsgemeinschaft der Erbengemeinschaft auf das Gesamthandsprinzip oder gar die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft auswirkt, vgl. § 5 A. II. 256
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I. Zuständigkeit und Anteilsrecht 1. Die Gesamthand – Ein Nebeneinander von Gemeinschaftsund Sondersphäre? Ruft man sich die Grundgedanken zum Eigentum, subjektiven Recht und der Zuständigkeit als Ausgangspunkt der bisherigen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Gesamthandstheorien in Erinnerung, so ergibt sich die Antwort auf die Frage nach der Zuständigkeitsordnung der Gesamthand fast von allein: Das volle Eigentum als ein „exklusives, alle Personen ausschließendes Verfügungs- und Nutzungsrecht“257 kann lediglich einem Rechtssubjekt zugehörig sein. Dieses Rechtsubjekt ist die Gesamthand als solche, sie ist Eigentümerin sämtlicher Vermögensgegenstände und ihr ist das subjektive Recht zugeordnet. Lässt sich die Frage nach der Zuständigkeit der Gesamthand zu dem subjektiven Recht mithin relativ einfach beantworten, erscheint die Einordnung etwaiger daneben bestehender Anteilsrechte der Gesamthänder problematischer. Allen voran die Genossenschaftstheorie nach Gierke verficht das Vorhandensein solcher Anteile und geht damit zurück auf die mittelalterlichen Formen des germanischen Eigentums, welches sich nicht in einem bloßen Individualcharakter erschöpften, sondern „von Hause aus“ darauf angelegt waren, „sich in der Doppelgestalt von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum zu verwirklichen“.258 Nicht verwunderlich ist es daher, dass Gierke den starren Romanismus im Eigentumsbegriff des ersten Entwurfes heftig kritisierte, da er deutschrechtliche Gemeinschaften weitgehend ausschließe und sich insbesondere nicht mit der im Volksbewusstsein verankerten Unterscheidung von Gemeinschaftseigentum und Sonderrechten an Bodeneigentum vertrug.259 Während sich der Gesetzgeber durchaus auch unter Einfluss der gegen den ersten Entwurf erhobenen Kritik zur Aufnahme des Gesamthandsprinzips veranlasst sah,260 brachten die weiteren Lesungen des BGB sowie dessen ,Endfassung‘ weder die von Gierke geforderte Anerkennung von Sachinbegriffen261 noch einen Eigentumsbegriff, der ein Nebeneinander von Gemeinschafts- und Sonderrecht in sich trug.262 Mit der Einführung des BGB und seinem durchgängigen individualistischen Eigentumsbegriff war für eine dem germanischen Recht entsprechende Doppelnatur des Eigen-
257
Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 6. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 357; vgl. ferner Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 144, 149, 357. Im Anschluss Saenger; S. 53, der jedoch in der Folge (S. 117, 121) von Mitgliedschaftsrechten spricht, so dass die Grenzziehung zu dinglichen Sonderrechten nicht ganz deutlich wird. Ferner Schönfeld, in: FS 50 Jahre Reichsgericht Bd. II, S. 226 mit der Einschränkung, dass die Anteile nur am Vermögensganzen bestehen. Für das Gesamteigentum der Genossenschaften Gerber/Cosack, S. 131 f. 259 Gierke, Entwurf eines BGB, S. 323, 325. 260 Vgl. § 3 E. I. 3; § 4. So auch Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 32. 261 s. o. unter § 3 B. I. 3. 262 Vgl. hierzu Olzen, JuS 1984, 328 (335). 258
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
tumsbegriffs kein Raum mehr.263 Dennoch hielt Gierke an dem Grundgedanken von Gemeinschafts- und Sondersphäre fest und erblickte die gemeinschaftsrechtliche Weiterentwicklung des Eigentums in der Möglichkeit dessen Ausbaus durch personenrechtliche Regelungen.264 a) Systemfremdheit der Sonderbeteiligung Wie aber sollen sich Gemeinschafts- und Sondersphäre über das vermeintliche Einfallstor des Personenrechts in die Systematik des BGB einfügen? Diesbezüglich wurde bereits im Rahmen der Kritik an der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung und den von Werner265 statuierten Sonderrechten der Gesamthänder Vorarbeit geleistet, auf die hier verwiesen werden kann.266 Wie erinnerlich, soll sich der ungesonderte Gesamt- bzw. Gemeinschaftsbereich auf die ungeteilte Zuständigkeit und Sachherrschaft des Eigentums selbst erstrecken, während die Gesamthänder kraft ihrer Anteile Sonderrechte von sachenrechtlichem Gehalt innehaben, die, sofern sie bis zur Aufhebung der Gemeinschaft nicht gänzlich latent bleiben, regelmäßig einen sonderrechtlichen Anspruch auf Nutzung und Verwaltung gewähren.267 Musste schon Werner entgegengehalten werden, dass dem BGB solche Sonderrechte von sachenrechtlichem Gehalt fremd sind, wobei sich hier ohne eine Gesamtkritik der Gierk’schen Lehre auf den Hinweis beschränkt werden konnte, dass das subjektive 263 In diesem Sinne hat bereits Beseler als Resultat seiner Untersuchung der Erbverträge festgehalten: „[…]im deutschen Recht kann der Begriff des Eigenthums als einem ausschließlichen, untheilbaren Rechtes nicht durchgeführt werden […]“, Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 87. 264 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 363. Es lässt sich daher durchaus eine Anpassung der Gesamthandslehre an die Rahmenbedingungen des BGB feststellen. Die Kritik von Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (719), die Gierk’sche Definition der Gesamthand sei nur unter Vergewaltigung der bestehenden Rechtsordnung möglich, trifft jedenfalls ex post betrachtet in dieser Schärfe nicht zu. 265 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 8. 266 Vgl. § 3 B. III. b). 267 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 387 ff.; Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 53 f.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344 f. Vgl. parallel dazu die Konstruktion des Gesamteigentums der Genossenschaften bei Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 908: „Dieses neue Gesammteigenthum aber bestand nach dem oben Gesagten darin, daß gewiße Eigenthumsbefugniße bei der Gesammtpersönlichkeit koncentriert, andere Eigenthumsbefugniße unter die Vielheit der Genoßen vertheilt, beide Befugnißsphären aber durch die Genoßenschaftsverfaßung organisch verbunden waren.“ Bei der Beurteilung dieser Anteilsrechte wird in der Literatur oft nicht hinreichend scharf differenziert. So zitiert Saenger, S. 53 Fn. 1 für den Nachweis sonderrechtlicher Anteile der Gesamthänder sowohl Duncker als auch Heusler zusammen mit Gierke, obwohl beide neben der Annahme ideeller Anteile eine Rechtssubjektivität der Gesamthand im Sinne der Genossenschaftstheorie ablehnen. Den Vorwurf muss man wohl auch Flume, ZHR 136, 177 (188 f.) machen, wenn er als Verdienst der Gierk’schen Lehre herausstellt, den Grundstein für Rechtsfähigkeit der Gesamthand gelegt zu haben, dann jedoch, ohne von den Sonderrechten der Gesamthänder zu handeln, von einer Alleinzuständigkeit der Gesamthand ausgeht.
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Recht ohne Rechtssubjekt bleibt, wenn sich Sonderrecht und Eigentum niemals decken,268 kann auch der Genossenschaftstheorie nunmehr nur eine Systemfremdheit im Rahmen des BGB bescheinigt werden.269 Den Grund liefert eine genauere Betrachtung der Teilung der beiden Befugnissphären: Man kann sich eine solche Teilung des Rechts bzw. der Rechte entweder so denken, dass die im Eigentum enthaltenen Befugnisse 1 – 6 jedem der Beteiligten in qualitativer Verschiedenheit von der eines Alleineigentümers zustehen, oder dergestalt, dass die Befugnisse 1 – 2 dem Berechtigten A, 3 – 4 dem Berechtigten B und die übrigen dem Berechtigten C zustehen.270 Die erste Möglichkeit entspricht dem herrschenden Bild von der Bruchteilsgemeinschaft,271 lässt sich aber offensichtlich nicht mit der Gierk’schen Vorstellung von Gesamt- und Sondersphäre in Einklang bringen. Passender erscheint hier der zweite Teilungsmodus. Die Gesamthand ließe sich hier als Inhaberin der 1. Befugnis, der Sachherrschaft bzw. Verfügungsbefugnis denken, während die verschiedenen Nutzungs- oder Fruchtziehungsrechte als Befugnisse 2 – 6 unter den Gesamthändern verteilt sind. Die Konstellation, in der einem Subjekt das Recht über die Sache zu verfügen, einem anderen ein Nutzungs-, Gebrauchs-, oder Fruchtziehungsrecht eingeräumt ist, mutet nicht umsonst bekannt an. Sie ist im Grunde genommen nur eine Variation der alten, in vielen Landrechten bekannten und vornehmlich im Lehenrecht272 angewandten Lehre der Aufteilung des Eigentums in ein Obereigentum (dominium directum), das die Verfügungsbefugnis über Sache bzw. ihre Substanz umfasst, und ein Untereigentum (dominium utile), welches ein eigenes „Nutzeigentum“ an der Sache gewährt.273, 274 Dieser Konstruktion steht entgegen, 268
Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 392. Die Ausführungen richten sich entsprechend gegen die Konstruktion der Gesamthand von Fabricius, die mit den „selbstständigen Rechtssplittern sekundärer Zuständigkeit“ der einzelnen Gemeinschafter erhebliche Überschneidungen mit der Genossenschaftstheorie aufweist. Vgl. dazu bereits § 2 B. II. 4. e). 270 Larenz, JJb 83, 108 (126 f.). 271 Larenz, JJb 83, 108 (127 f.); vgl. ferner v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 741 Rn. 1; K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 2, 36; sowie die Darstellung bei Fabricius, S. 138 f. 272 Vgl. hierzu insbesondere das Preuß. ALR: § 10 ALR I 8 („Vom Eigenthum“) Das Recht, über die Substanz der Sache zu verfügen, wird Proprietät genannt. § 11 ALR I 8 Das Recht, eine Sache zu seinem Vortheil zu gebrauchen, heißt das Nutzungsrecht. § 16 ALR I 8 Das Eigenthum einer Sache ist getheilt, wenn die darunter begriffnen, verschiednen Rechte, verschiednen Personen zukommen. § 13 ALR I 18 („Vom getheilten Eigenthume“) Eine Sache deren nutzbares Eigenthum jemand unter der Bedingung einer dem Obereigenthümer zu erweisenden besonderen Treue, gegen den von ihm zu leistenden Schutz besitzt, wird ein Lehn genannt. 273 Vgl. Seiler, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 903, Rn. 60; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 368 ff.; Franken, S. 266 f.; Gengler, S. 145; Roth, S. 138. 274 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 88 hat diesbezüglich zwar ausdrücklich festgehalten, dass eine Rechtsteilung in diesem Sinne nicht gemeint ist, im unmittelbaren Anschluss wird 269
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dass der Gesetzgeber dem geteilten Eigentum mit der Begründung, dass das Eigentum nicht bloß Summe einzelner Befugnisse sei, bereits im ersten Entwurf des BGB eine ausdrückliche Absage erteilt hat: „Deshalb läßt sich das Eigenthum auch nicht so theilen, daß dem Einen und dem Anderen eine Reihe bestimmter im Eigenthume liegender Befugnisse zugewiesen werden und dem beiderseitigem Rechte der Charakter des Eigenthumes wird.“275, 276 b) Zur Konsequenz des römisch-rechtlichen Eigentumsbegriffs des BGB für die Sonderrechte der Gesamthänder Wenngleich zuzugeben ist, dass den ursprünglichen germanischen Gemeinschaften zur gesamten Hand hinsichtlich der Berechtigungen der Mitglieder in Ermangelung bestimmter, ideeller Quoten durchaus eine gewisse Unbestimmtheit eigentümlich war277 und Gierke in seinen diversen Werken durchaus überzeugend dargelegt hat, dass die besonderen Lebensgewohnheiten der Germanen im Mittelalter einen Eigentumsbegriff ausgebildet haben, der ein Nebeneinander von gemeinschaftlicher und Sonderberechtigung Einzelner in sich vereinte,278 ist mit der Kodifikation des deutschen Privatrechts im BGB die Grundlage für gänzlich ungebundene Konstruktionsversuche nicht nur was ein gemeinschaftliches Eigentum ohne Anteile betrifft,279 sondern auch betreffs einer Aufteilung der Eigentumsbefugnisse zwischen der Gesamthand und den Gesamthändern, wie sie der Gierk’schen Genossenschaftstheorie zugrunde liegt, entfallen. In Ansehung der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers gegen das „Relikt“280 des geteilten Eigentums ist selbst für eine nur näherungsweise Übertragung dieser Konstruktion auf das Verhältnis der Gesamthand zu den Gesamthändern auch über den ,Umweg‘ personenrechtlicher Regelungen in der Systematik des BGB kein Raum.281 aber deutlich, dass sich das Verhältnis jedoch nach genau diesem Muster mit der Variation darstellt, dass die Teilung nicht zwischen zwei Personen besteht, sondern zwischen einer Gemeinschaft und deren Mitgliedern. Von einer solchen „Verteilung des Rechtsinhalts“ in eine Gemeinschafts- und Sondersphäre ist ausdrücklich die Rede bei Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 319, 366. 275 Motive zu §§ 903, 905 BGB, in: Mugdan Bd. III, S. 145. Vgl. ferner Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 6; Seiler, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 903, Rn. 2. 276 Die gleichen Einwendungen wird man auch gegen die unter anderem von Buchda, S. 291 ff. zur Erklärung des Gemeinschaftsprinzips erwogene „Zersplitterungstheorie“ geltend machen können. Dabei geht dieser eine Ansatz Buchdas noch über das einfache Eigentum hinaus, da er lediglich die einzelnen Rechtsinhalte zuweist, nicht jedoch das subjektive Recht als solches. Kritisch dazu schon Fabricius, S. 124. 277 Stobbe, ZRG 1864, 207 (212) 278 Zu den Nachweisen vgl. Fn. 258. 279 So aber Stobbe, S. 81 f. lediglich mit Verweis auf ein in gewissen Fällen fehlendes praktisches Bedürfnis. Zur Kritik vgl. § 3 B. 280 Seiler, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 903, Rn. 60. 281 Trefflich hat Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 37 diesbezüglich bemerkt, dass es sich für Gierke bei der Gesamthand um eine organische Umgestaltung des Sachen-, Ge-
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c) Die Untauglichkeit der Theorie Jürgen Blomeyers Die Theorie Blomeyers, die die Eigentümlichkeit der Gesamthand in dem Nebeneinander von Anteils- und Einheitsbetrachtung erblickt,282 muss sich in der Folge ebenfalls als unhaltbar erweisen. Ausgehend von den bisher gewonnenen Erkenntnissen und von sachenrechtlichen Gesichtspunkten her ist es kaum erklärlich, wie sich aus bloßen Sachgerechtigkeitserwägungen und Zweckbestimmungen der Gemeinschaften heraus die Zuständigkeiten im Rahmen des gleichen Rechtsprinzips im Einzelfall mal als Berechtigung zu Bruchteilen, mal als das Alleineigentum einer subjektiven Einheit darstellen sollen.283 Tatsächlich liefert dieser Ansatz weder eine Lösung noch eine Erklärung für die Gesamthandsproblematik, sondern pervertiert die Gesamthand zu einem janusköpfigen Billigkeitsinstrument, das wider sämtlicher sachenrechtlicher Bestimmtheit einer unüberschaubaren Einzelkasuistik Tür und Tor öffnet.284 Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit kann selbst durch noch so gewichtige Sachgerechtigkeits- und Praktikabilitätserwägungen nicht aufgewogen werden.285 d) Zwischenergebnis Es ist folglich festzuhalten, dass die Rechtsfähigkeit der Gesamthand dingliche Anteile der Gesamthänder an den Sondervermögensgegenständen ausschließt.286 Die Gesamthand allein ist Eigentümerin der Vermögensgegenstände; nur ihr sind die meinschafts- und Korporationsrecht gehandelt habe, während die II. Kommission dem deutschen Recht nur eine „Abschlagszahlung“ gegeben habe, indem sie den Gedanken der Gesamthand nur dort durchführte, wo er brauchbar erschien, und im Übrigen alles beim Alten belassen habe. 282 J. Blomeyer, JR 1971, 397 (401). 283 So aber ausdrücklich J. Blomeyer, JR 1971, 397 (399 unter Fn. 26), der bei der Erbengemeinschaft eine Berechtigung des Pfandgläubigers am Erbteil auf die einzelnen Vermögensgegenstände zulässt, es aber bei der GbR geboten sieht, dass das Pfandrecht aufgrund der besonderen wirtschaftlichen Interessenlage an dem Eigentum der „Einheit“ halt macht. Freilich entspricht diese Kasuistik der aktuellen Lehre, wonach die GbR teilrechtsfähig ist, während der Erbengemeinschaft auf Basis der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung weiterhin die Rechtsfähigkeit abgesprochen wird. Die Vorstellung Blomeyers geht aber wohl noch weiter, denn seine Ausführungen legen nahe, dass selbst innerhalb der einzelnen Gesamthandsgemeinschaften durchaus eine unterschiedliche Betrachtung im Einzelfall angezeigt sein kann: „[…]die herrschende Verbundenheitslehre hat den Vorzug, daß sie nichts vorwegnimmt, keine Lösung aufzwingt, sondern Raum läßt für eine autonome Lösung anhand der speziellen Problemsituation […].“ 284 Zu Recht kritisiert Weber-Grellet, AcP 182, 316 (317) daher, dass „bei manchen Theorien offenbar mehr das Bemühen um Originalität als der Versuch gesetzeskonformer Auslegung im Vordergrund“ steht. 285 Kritisch auch Eberl-Borges, S. 13, die den Ansatz als „Kapitulation der Theorie vor der Fülle praktischer Fragen“ bezeichnet; Weber-Grellet, AcP 182, 316 (324). 286 Im Ergebnis Engländer, S. 60 f.: „[…] die beiden Hauptzuständigkeitsformen des subjektiven Rechts [Anteils- und Alleinzuständigkeit] lassen eine Vermengung miteinander nicht zu“.
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subjektiven Rechte zugeordnet.287 Dingliche Rechte der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen sind – unabhängig von der Mitgliedschaft in der Gesamthand – nur als iura in re aliena denkbar.288 Wie Flume trefflich herausgestellt hat, steht dieser Annahme jedenfalls in Bezug auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch der Wortlaut des § 719 Abs. 1 BGB nicht entgegen: Die Protokolle verlautbarten insofern ausdrücklich, dass die Kommission glaubte, eine Stellungnahme zu der theoretischen Konstruktion der Gesamthand vermeiden zu müssen und nur zu entscheiden sei, welche Vorschriften sachlich den Vorzug verdienten.289, 290 Soweit das Gesetz daher von Anteilen der Gesamthändern an den Vermögensgegenständen spricht, ergibt sich daraus weder, dass der Gesetzgeber stillschweigend von dem Vorhandensein von Bruchteilen ausgeht, noch ist man an der Annahme gehindert, dass Anteile der Gesamthänder aufgrund der Rechtsfähigkeit der Gesamthand ausgeschlossen sind.291 2. Die Elastizität des Gesamthandsprinzips Gleichwohl ist die Jurisprudenz nicht gezwungen, die Besonderheiten verschiedener Rechtsinstitute und Rechtsprinzipien der Systematik des BGB vollends zu opfern und deren historischen Entwicklung wie auch deren Ausprägung außer Acht zu lassen. Die von einigen Stimmen in der Literatur mit Inkrafttreten des BGB geforderte Zäsur292 bei der Bewertung und Konstruktion der Gemeinschaftsformen entspricht zum einen nicht den tatsächlichen Begebenheiten seit Inkrafttreten des BGB293 und zum anderen zeigen die Motive zum ersten Entwurf im Rahmen der Gütergemeinschaft der Ehegatten, dass auch der Gesetzgeber die Notwendigkeit 287 Flume, ZHR 136, 177 (189, 196); Kattausch, S. 60 f.; ähnlich schon Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (490). Ferner Buchda, S. 258 f.; Hasse, S. 100 ff. freilich mit der Abweichung, dass die Gesamthand weitestgehend den juristischen Personen gleichgestellt wird. 288 Kritisch zur Genossenschaftslehre Stobbe, S. 80 f.; Sohm, in: FS Windscheid, S. 145. Zum Eigentum im Allgemeinen Säcker, in: MüKo, BGB, § 903 Rn. 6; Lemke, in: P/W/W, BGB, § 903 Rn. 1; Seiler, in: Staudinger, BGB, § 903 Rn. 11. Vgl. auch § 3 A. I. 289 Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. 290 Da es an derlei Erwägungen für die anderen Gesamthandsgemeinschaften fehlt (vgl. § 2 B. I.), wird man davon auszugehen haben, dass der Gesetzgeber keine Veranlassung dafür sah, hiervon für die anderen Gemeinschaften abzuweichen, so dass man auch den §§ 1419 Abs. 1 und 2033 Abs. 2 BGB keinerlei Wertung in dieser Hinsicht entnehmen kann, vgl. für die Erbengemeinschaft § 4 C. 291 Flume, ZHR 136, 177 (196); umfangreich auch Eberl-Borges, S. 20 ff. Dies verkennen bspw. Larenz, JJb 83, 108 (152 f.). Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (720, 723); Joerges, ZHR 51, 47 (64). Auch in der ,aktuelleren‘ Gesamthandsliteratur wird dies noch verkannt, wie es die Ausführungen von J. Blomeyer; JR 1971, 397 (401 Fn. 37) zeigen: „Man tut wohl auch der vorsichtigen und offenen Formulierung des Gesetzes „gemeinschaftliches Vermögen“ ein wenig Gewalt an, wenn man dem Gesetz den Willen unterstellt, die Gesamthand rechtsfähigen sehen zu wollen.“ Ähnlich Weber-Grellet, AcP 182, 316 (322, 329 f.). 292 Joerges, ZHR 51, 47 (52); vgl. Buchda, S. 189 f. m.w.N. 293 s. o. unter § 2 B; so auch Buchda, S. 191.
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erkannt hat, bei den Konstruktionen der Gemeinschaftsverhältnisse die bisherigen Lebensgewohnheiten nicht gänzlich unberücksichtigt zu lassen, da sonst „zu besorgen ist, daß sie auf Widerstand stoßen und […], weil sie den hergebrachten Anschauungen der Betheiligten keine Rechnung [tragen], […] im Leben keinen Eingang finden“.294 a) Die Vielfalt mitgliedschaftsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten als Ausdruck der Elastizität des Gesamthandsprinzips Vor diesem Hintergrund muss die Annahme einer Anteils- bzw. Sonderberechtigung der Gesamthänder bei der Gesamthand auch nicht vollends aufgegeben werden. Tatsächlich ist der Gedanke in den Gesamthandsgemeinschaften weiterhin quicklebendig. Unter anderem hierin und nicht etwa – wie Ulmer meint – in der Frage, ob sich die Gesamthand zum Rechtssubjekt erhebt oder nicht,295 zeigt sich die von Gierke beschworene „Elastizität“ des Prinzips der gesamten Hand, die sie der „ungleichartigsten Verwendung“ fähig macht.296 Das Gesamthandsverhältnis kann, wie bei den Personengesellschaften, bald bestimmter Sonderberechtigungen der Einzelnen an den Gegenständen des Sondervermögens entbehren und sich auf Anteile am Gewinn und Verlust (§§ 721, 722 BGB), im Übrigen auf bloße Mitwirkungsrechte beschränken,297 bald aber auch Sonderberechtigungen der Gesamthänder in Form von Nutzungen und Fruchtziehungsrechten bei der Erbengemeinschaft gewähren, die sich wie das Stimmgewicht bei der gemeinschaftlichen Verwaltung an dem Anteil an der Gemeinschaft orientieren, (§§ 2038 i.V.m. 743, 745 BGB).298 Bei der lediglich auf die Teilhabe und Bewirtschaftung eines bestimmten (und ohne Verlust der Gemeinschaftskontinuität nicht austauschbaren)299 Seeschiffs gerichteten Partenreederei, die mit dem Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts zum 25. 04. 2013 abgeschafft wurde, projizierte sich die Teilhabe an der Reederei neben der Anteilsmäßigen Kostentragung (§ 500 HGB a.F.) und einer Außenhaftung
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Motive zu §§ 1341 – 1409 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 182. Ulmer, AcP 198, 113 (124). 296 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). Vgl. ferner Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 342 f.; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944. Diese Aussage wird nicht nur von Ulmer, sondern auch von anderen Stimmen in der Literatur falsch ausgelegt. So auch von Jäkel, S. 34 Fn. 139, der darin die Bekenntnis Gierkes zu entdecken glaubt, die Gesamthandsgemeinschaften seien keine einheitliche Rechtsfigur. Zu einer solchen Auslegung ist freilich nur verleitet, wer die Genossenschaftstheorie nicht verstanden hat. Denn Gierkes Aussage ist in Kontext seiner übrigen Werke zu sehen, wonach die verschiedenen Erscheinungsformen der Gesamthand lediglich verstanden werden können, wenn sie als Ausflüsse desselben Grundgedankens aufgefasst werden, Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344. 297 Vgl. Kattausch, S. 51. 298 Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 678. 299 Zu den Einzelheiten K. Schmidt, S. 1895. 295
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als Teilschuldner in Höhe der Schiffspart (§ 507 HGB a.F.) gar auf eine ideelle Quote an dem Schiff.300 b) Modifikation des Anteilsgedankens auf Grundlage der Genossenschaftstheorie Der richtige Ansatzpunkt für die Behandlung des Anteilsrechts findet sich bereits in den früheren Ausführungen Gierkes im Genossenschaftsrecht: „Die persönliche Teilnahme an der Gemeinschaft kann ferner in analoger weise wie die Körperschaftsmitgliedschaft bald von lediglich persönlichen Momenten bedingt und bestimmt sein, bald als der mehr oder minder abhängige Ausfluß der objektiven Gliederung der Gemeinschaftssphäre erscheinen, so daß dann auch die rechtliche Natur der Teilhaberschaft bald die eines höchstpersönlichen Rechts, bald die eines sachenrechtlichen Anteils sein kann.“301
Es muss im Anschluss hieran nochmals betont werden, dass der Anteilsbegriff keinesfalls so verstanden werden darf, dass den Anteilen eine dingliche Berechtigung innewohnte und diese sich mithin doch als ein Bruchteilseigentum oder als „Sonderrecht sachenrechtlichen Gehalts“ im Gierk’schen Sinne darstellten. Die Aussage kann jedoch insoweit für die Rechtslage seit Inkrafttreten des BGB dienstbar gemacht werden, als die den Gesamthändern zustehenden Anteile innerhalb einer jeden Gesamthandsgemeinschaft unabhängig von ihrem Entstehungsgrund nur noch als höchstpersönliche, mitgliedschaftliche Rechte betrachtet werden, die den Mitgliedern allein Kraft des personenrechtlichen Verhältnisses, vermöge ihrer Mitgliedschaft zustehen.302 Während es Gierke versäumte, seine Theorie der neuen Gesetzeslage entsprechend anzupassen, erkannte die Notwendigkeit dazu Kattausch, dessen Ausführungen hier jedenfalls in dieser Hinsicht unbedingt zugestimmt werden kann, soweit er für alle Arten der Gesamthand, von den Personengesellschaften ohne weitestgehend ,sichtbare‘ Anteile bis zu denen der Bruchteilsgemeinschaft ähnlichen Gemeinschaften wie der Reederei, feststellt: „Wenn die einzelnen Gesellschafter ihre Anteilsrechte ausüben, üben sie in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum der Gesellschaft aus.“303 Die Rechtsstellung des Gesamt-
300 Ähnlich Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 359 f. Fn. 3; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 941. Die Rechtsnatur der Partenreederei war aufgrund ihrer augenscheinlichen Nähe zur Bruchteilsgemeinschaft umstritten; die wohl h.M. behandelte sie jedoch analog der GbR, K. Schmidt, S. 1894. Vermöge der Mitgliedschaft eine ideelle Quote an dem Schiff anzunehmen, trägt sowohl der Tatsache Rechnung, dass die Partenreederei ursprünglich als gemeinschaftliches Eigentum konzipiert war (vgl. K. Schmidt, S. 1894) als auch dem Wortlaut des Gesetzes, der in § 500 HGB a.F. von der Beteiligung als einer „Schiffspart“ spricht, deren Veräußerung einer Eintragung im Schiffsregister bedarf, § 503 Abs.1 S. 2 HGB a.F. 301 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 938. 302 Ohne diesen Gedanken logisch konsequent durchzuführen bereits Sohm, S. 68 f. 303 Kattausch, S. 61 ff. Die Ausführungen gelten analog für die anderen Gesamthandsgemeinschaften.
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händers erschöpft sich mithin unter Ausschluss jeglicher Zuständigkeit zu dem Sondervermögen in der Mitgliedschaft in der Gesamthand.304 c) Zwischenergebnis Was die Elastizität der Gesamthand betrifft, ist daher zu konstatieren, dass sie ihre Grundlage in der personenrechtlichen Prägung der Gesamthand findet, die sie im Sinne eines gemeinschaftlichen Interesses, dem ein Sondervermögen zugewiesen ist, zu einem überindividuellen aber unselbstständigen Organismus erhebt, der Kraft der Erweiterung der Rechtssubjektivität der einzelnen Gesamthänder zu einem einheitlichen Anknüpfungspunkt für die Rechte und Pflichten der Gesamthänder wird. Die ausschließlich mitgliedschaftliche Berechtigung der Gemeinschafter, die durch die dynamische „innere Ordnung“305 der verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlagen ihr näheres Gepräge erfährt, verschafft dem Gesamthandsprinzip überhaupt erst die Eignung, die verschiedensten Gemeinschaftsverhältnisse mit ihren diversen Besonderheiten zu erfassen, ohne auf eine dem Prinzip fremde Bruchteilsberechtigung zurückzufallen und zugleich die Eigentümlichkeiten deutschrechtlicher Vereinigungen gegenüber den römischrechtlichen Formen der Bruchteilsgemeinschaft und der Körperschaft bis in die heutige Zeit zu erhalten. 3. Anteil und Mitgliedschaft Es bleibt nunmehr noch die Frage zu klären, wie sich dieses Ergebnis in Bezug zu dem Gesetzeswortlaut, der von einem „Anteil“ des Gesamthänders am Sondervermögen und an den einzelnen Vermögensgegenständen spricht, verhält. Auch bei der Beurteilung dieser Frage hat die Gruppenlehre zu einem Umdenken geführt. Ging die herrschende Meinung bei der Gesellschaft bis dahin davon aus, soweit der § 719 Abs. 1 BGB von einem Anteil am Vermögen spreche, handele er von der Mitgliedschaft,306 ist man heute der Auffassung, dass mit dem Anteil im Sinne des § 719 Abs. 1 BGB lediglich die vermögensrechtliche Beteiligung an der Gesellschaft gemeint und die Frage nach der Übertragbarkeit der Mitgliedschaft unabhängig davon zu beurteilen sei.307 304
Flume, ZHR 136, 177 (190 f.); Fabricius, S. 140; Kattausch, S. 61 ff. Die Untersuchungen Kattauschs haben unberechtigterweise kaum Beachtung gefunden. Erst die im Wesentlichen deckungsgleiche Gruppenlehre Flumes hat dem Lösungsansatz zum Durchbruch verholfen. 305 Vgl. Fabricius, S. 139; Engländer, S. 209. 306 So zu Recht auch heute noch Wilhelm, S. 100 Rn. 190; Eberl-Borges, S. 39; vgl. die weiteren Nachweise bei Flume, ZHR 136, 177 (195 f.). 307 v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB § 719 Rn. 1, 5; Kilian, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 719 BGB Rn. 3 ; Schäfer, in: MüKo, BGB, § 719 Rn. 2; Wiedemann, S. 31 ff., 61; Huber, S. 360 ff.; Staake, JJZ 2007, 109 (139); K. Schmidt, AcP 205, 305 (323); WeberGrellet, AcP 182, 316 (332); Flume, ZHR 136, 177 (196).
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
a) Der Anteil als vermögensrechtliche Seite der gesamthänderischen Beteiligung aa) Kritik an der Klassifizierung des „Anteils“ durch Flume Der herrschenden Meinung – jedenfalls in Bezug auf die GbR – kann in diesem Punkt nicht gefolgt werden. Flume führt zur Begründung an: „Während der erste Entwurf ein Bruchteilseigentum der Gesellschafter für die Gegenstände des Gesellschaftsvermögens angenommen hatte und dementsprechend der Gesellschafter die Verfügungsmacht über seinen Anteil an den Gegenständen behielt und nach § 645 I. Entwurf verpflichtet war, sich der Verfügung bis zur Auseinandersetzung zu enthalten, hatte § 719 BGB keinen anderen Sinn, […] als die Verfügungsmöglichkeit auszuschließen. Offensichtlich handelt § 719 BGB nur von dem „Vermögen“, nicht aber von der Mitgliedschaft […].“308 Dieses Ergebnis steht in einem Spannungsverhältnis mit den Ausführungen Flumes an früherer Stelle, wo die Dürftigkeit der rechtspositivistischen Regelungen bei der Gesellschaft damit begründet werden, „daß man mit dem „Wesen der gesamten Hand“ […] nichts zu tun haben wollte“309 und man sich auch nicht bewusst gewesen sei, dass man eine Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand geschaffen habe.310 Wenn der Gesetzgeber, wie die Protokolle darlegen, sich nur festlegen wollte, welche Vorschriften sachlich den Vorzug verdienen, ohne sich auf eine Konstruktion der Gesamthand festzulegen,311 dann kann man den §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1 und 2033 BGB nicht mehr unterlegen als die Aussage: 1. Der Gesamthänder kann sich seiner Rechtsstellung in Bezug auf das Sondervermögen (nicht) entäußern 2. Der Gesamthänder kann sich seiner Berechtigung an den Sondervermögensgegenständen nicht entäußern. Zu behaupten, § 719 BGB beziehe sich nur auf die vermögensrechtliche Seite der Gesamthand, legte den Regeln trotz der behaupteten Ahnungslosigkeit des Gesetzgebers bei der Erfassung des Gesamthandsprinzips und der von Flume selbst getroffenen Feststellung, dass man dem § 719 BGB nicht mehr als eine fehlende Verfügungsmacht entnehmen könne,312 eine rein vermögensrechtliche Betrachtung und damit eine ,Quasi-Entscheidung‘ des Gesetzgebers unter, obgleich die §§ 719, 1419, 2033 BGB auch bei rein personenrechtlicher Betrachtung das gleiche Ergebnis erzielten. Sowohl die Festlegung der Untrennbarkeit der Mitgliedschaft von dem Gesamthandsvermögen als auch die Sicherstellung, dass ein Gesamthänder seine 308 309 310 311 312
Flume, ZHR 136, 177 (196). Flume, ZHR 136, 177 (179). Flume, ZHR 136, 177 (178). Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. Flume, ZHR 136, 177 (196).
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Mitgliedschaft (Anteil) nicht durch Veräußerungen schmälern kann,313 lassen sich bei Annahme der Rechtsfähigkeit der Gesamthand bereits in dem Ausschluss einer Verfügung über den Anteil an einem einzelnen Gegenstand entnehmen: Der Gesamthänder kann zum einen keine Anteile an den Vermögensgegenständen veräußern, da solche Anteilsrechte nicht existieren und zum anderen erwachsen seine Berechtigungen im Rahmen der Gesamthand und insbesondere an den einzelnen Vermögensgegenständen allein aus der Mitgliedschaft in der Gesamthand.314 Beides ist unmittelbare Folge der Alleinzuständigkeit der Gesamthand zu den subjektiven Rechten des Sondervermögens. bb) Zur Argumentation Wiedemanns Auch wird man auf dem Gerüst der Gruppenlehre jedenfalls in Bezug auf die Gesellschaft die Argumentation Wiedemanns315 hinterfragen müssen. Die Beschränkung des § 719 Abs. 1 Alt. 1 BGB auf die vermögensrechtliche Seite soll sich u. a. daraus ergeben, dass die Regelung in das Gesamthandsverhältnis eingebettet sei und man in diesem Zusammenhang nirgends die Mitgliedsstellung als Ganzes vor Augen gehabt habe. Bedient man sich nun im Sinne der Gruppenlehre der Argumentation, dass die teilweise auf Verkennung des Gemeinschaftscharakters beruhende Dürftigkeit der gesetzlichen Regelungen der Annahme der Rechtsfähigkeit der Gesamthand nicht entgegensteht, gar Spielraum für eine Lösung anhand praktischer Bedürfnisse lasse,316 scheint es widersprüchlich, sich im Gegensatz auf dieselben Regelungen zur Begründung des Inhalts des § 719 BGB zu berufen. Man kann nicht auf der einen Seite feststellen, dass der Gesellschaft ausgehend von dem ersten Entwurf als Grundlage die Gesamthand nur übergestülpt wurde und sich der Gesetzgeber mit der gewählten Konstruktion auf ein bestimmtes Prinzip nicht festlegen wollte,317 auf der anderen Seite aber konstatieren, § 719 BGB handele offensichtlich nur von dem Vermögen und nicht von der Mitgliedschaft in der Gesamthand.318 Auf diesen Widersprüch läuft Flumes Argumentation319 aber hinaus. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass der den §§ 719 Abs. 1 Alt. 1, 1419 Abs. 1 Alt. 1, 2033 Abs. 1 BGB verbleibende Aussagegehalt bei einer rein vermögensrechtlichen Betrachtung gegen Null ginge; insbesondere wenn das bereits gewonnene Ergebnis zur Unvereinbarkeit eines Vermögensinbegriffs mit der Systematik des BGB berücksichtigt.320 313
Vgl. Schäfer, in: MüKo, BGB, § 719 Rn. 2; Staake, JJZ 2007, 109 (139). Mit den Worten Sohms ist der Anteil an den Gegenständen, also die mitgliedschaftliche Berechtigung ebenso wenig ein „Gegenstand“ wie es die Mitgliedschaft als solche im Regelfall ist. Vgl. Sohm, S. 68. So auch Fabricius, S. 140. 315 Wiedemann, S. 32. 316 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = BGH NJW 2001, 1056. 317 Flume, ZHR 136, 177 (178 f.); vgl. auch Staake, JJZ 2007, 109 (119). 318 Flume, ZHR 136, 177, (196). 319 Vgl. Fn. 308. 320 So auch Buchda, S. 300; Sohm, S. 68. 314
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b) Gleichsetzung von Anteil und Mitgliedschaft Eine eigene Bedeutung lässt sich den Vorschriften jedoch erhalten, wenn man nicht nur den „Anteil an den Gegenständen“ als ungenaue Bezeichnung für eine mitgliedschaftliche Berechtigung sieht,321 sondern in diesem Sinne auch den Anteil am Vermögen als ungenaue Bezeichnung für die Mitgliedschaft als die Gesamtheit aller dem Gesamthänder zustehenden Rechte und Pflichten sieht.322 Dieser Gedanke hat wohl auch – unter Einfluss der Kritik Gierkes –323 die Vorstellungen des Gesetzgebers von der Struktur des Anteils an der Erbengemeinschaft beherrscht, liest man doch in den Protokollen zu § 2033 Abs. 1 S.1 BGB hinsichtlich der von der Mehrheit der Kommission geteilten Möglichkeit der Verfügung über den Anteil am Nachlass: „Die Miterben träten hier in ein persönliches Verhältniß, welches den Einzelnen der Gesammtheit unterordne. Der einzelne Miterbe habe nicht, wie nach röm. Recht, eine Anzahl selbstständiger Vermögensrechte, vielmehr nur Mitgliederrechte in der Gemeinschaft. Das hindere jedoch nicht, daß die einzelnen aus dieser Mitgliedschaft sich ergebenden Rechte insgesammt durch einen einzigen Akt übertragen werden könnten, welcher der Formen nicht bedürfe, die für die einzelnen Übertragungen erforderlich sein würden.“324, 325
II. Die Gesamthand als Rechtssubjekt zwischen natürlicher und juristischer Person So, wie sich die verschiedenen Theorien zur Erklärung des Gesamthandsprinzips in objektive und subjektive Lösungsansätze unterteilen lassen,326 so bringt auch die Anerkennung der Gesamthand als Rechtssubjekt zwei Problemsphären mit sich, die sich entsprechend unterteilen lassen. Das vor dem Hintergrund des Eigentumsbegriffs auf der Objektseite zu verortende Problem des aus der Genossenschaftstheorie stammenden Nebeneinanders von Einheits- und Sondersphäre war bereits Gegenstand der Erörterung unter I. und jedenfalls im Grundsatz zu Lasten der Genossenschaftstheorie zu entscheiden. Derweil liefert die subjektive Seite der Problematik seit jeher Munition für die Geschütze derjenigen, die gegen eine Erhebung der 321
Sohm, S. 68; im Ergebnis auch Hilbrandt, AcP 202, 631 (642). Fabricius, S. 140 f. m.w.N.; Buchda, S. 300; Kattausch, S. 71; ähnlich Wilhelm, S. 100 Rn. 190; a.A. Engländer, S. 103, 198 Fn. 365. 323 Vgl. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 83 ff. 324 Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 497. Freilich wird man alleine daraus nicht auf die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft schließen können. s. dazu § 4 C, § 5 A. II. 3. c). 325 In diesem Zusammenhang ist daher auch die Ansicht von Bork, in: Staudinger Symposion, S. 183 abzulehnen, dass mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft die Vorschrift des § 2033 Abs. 1 BGB überflüssig wäre. Der Anteil ist – auch im Sinne der Protokolle – dann lediglich als ungenaue Bezeichnung der Mitgliedschaft zu sehen. Dazu soeben unter Fn. 320 f. 326 Vgl. dazu oben § 3 A. 322
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Gesamthand zu einem Rechtssubjekt zu Felde ziehen. Man stößt sich an der Aussage, dass „Kraft der gesammten Hand die verbundene Personenmehrheit als solche rechtsfähig [ist]“, ohne dass die ihr zustehenden Rechte einer von den verbundenen Personen verschiedenen Verbandsperson oder den einzelnen Gemeinern für sich zustehen.327 Im Anschluss an die Bedenken ist daher die Frage zu behandeln, wie sich die zum Rechtssubjekt erhobene Gesamthand zwischen den gesetzlich anerkannten Formen der natürlichen und der juristischen Person einordnen lässt. 1. Rechtspositivistische Aspekte328 Schon in den Anfängen wurde der Genossenschaftstheorie, die in ihren frühen Formen noch keine Sonderung von Genossenschaften mit Rechtspersönlichkeit und Gesamthandsgemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit vornahm,329 der Vorwurf gemacht, sie maße sich mit der Übertragung der Rechtsfähigkeit auf ein durch Vereinigung hervorgerufenes selbstständiges Rechtssubjekt, welches unabhängig von dem Willen der einzelnen Mitglieder als Gesamtheit bestehe und bei dem die einzelnen Teile sichtbar blieben,330 Befugnisse an, die lediglich der staatlichen Gewalt oblägen.331 Nach dem Inkrafttreten des BGB wurde auch der von Gierke ausdifferenzierten Genossenschaftstheorie vorgeworfen, sie „erhebe sich über die neueste deutsche Rechtsschöpfung“,332 welche als Formen der Verbindung mehrerer Personen zu gemeinsamen Zwecken lediglich zwei Grundformen kenne; die der Körperschaft und die der Gemeinschaft, „eine dritte, zwischen beiden bestehende, etwa aus Elementen beider kombinierende Form [gebe] es nicht.“333 Nun wurde bereits vorangehend mit Verweis auf die Erwägungen des Gesetzgebers zur theoretischen Konstruktion der Gesamthand gezeigt, dass sich die Rechtsfähigkeitslehre von einem solchen rechtspositivistischen Fingerzeig nicht beeindrucken zu lassen 327 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 683; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). Im Anschluss daran Flume, ZHR 136, 177 (188 f.). 328 Grundsätzlich wäre an dieser Stelle auch von der Bedeutung des § 124 HGB für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgemeinschaften zu handeln. Gleichwohl soll der Streit um die Auslegung der Norm hier nicht erneut aufgerollt werden. Die Bedeutung der Norm für das System der rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften wird allerdings im dritten Teil der Untersuchung wiederaufzugreifen sein, vgl. § 5 A. I. 3. b) bb); § 6 B. Zur Bedeutung des § 124 HGB ausführlich Eberl-Borges, S. 23 ff. 329 Zur Entwicklung der Genossenschaftstheorie besonders bei Beseler vgl. § 2 A. I. 2. 330 Vgl. Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 161 sowie Bluntschli, S. 107; ähnlich Wolff, S. 176 ff. 331 Gerber, ZCP 1855, 193 (195 f.); Gerber, Dt. Privatrecht16, S. 79 ff. Allgemein zur Vermengung von Elementen der universitas und der societas Thöl, S. 21, 26 ff.; Schmid, AcP 36, 147 (159 ff.). Zu den Einzelheiten vgl. § 2 A. II. 2. 332 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (718). 333 Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (718, 723); ferner Engländer, S. 66 Fn. 131, S. 69; Joerges, ZHR 49, 140 (181): „Hier würde aber weder eine Mehrheit physischer Personen, noch eine juristische Person, sondern ein Drittes vorliegen, und zwar etwas seinem innersten rechtlichen Kern nach geradezu Unfaßbares.“
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braucht, bietet die Enthaltung des Gesetzgebers334 doch auch die Möglichkeit, die Gesamthand als drittes Rechtssubjekt ohne eigene Rechtspersönlichkeit neben der natürlichen und der juristischen Person zu etablieren.335 Die Notwendigkeit des Rückgriffs auf diese Argumentation scheint jedoch in Ansehung der Tatsache, dass das Gesetz mittlerweile von einem Unterschied zwischen juristischen Personen und Gesamthandsgemeinschaften ausgeht, überflüssig. So führt §11 InsO die „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit“ gesondert zu den juristischen Personen auf und auch im BGB wird zwischen juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften differenziert, (§§ 14; 1059a; 1059e; 1061 1092 Abs. 2, 3; 1098 BGB). Auch die überwiegende Literatur geht im Anschluss an die Differenzierung im Gesetz nunmehr von einer ,Rechtssubjekt-Trias‘ im BGB aus.336 2. Organisation und Willensbildung als Unterscheidungsmerkmale Gleichwohl finden sich seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH in der Literatur Stimmen, die mit Blick auf deren gleiche Strukturmerkmale die rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften zu den juristischen Personen fassen wollen.337 a) Untauglichkeit der Abgrenzungskriterien als Folge der Vielschichtigkeit der Gesamthandsgemeinschaften Eine hinreichende Berücksichtigung der Besonderheiten der gesamthänderischen Verbundenheit macht jedoch eine Gegenüberstellung der beiden Organisationsformen in allen Wesensmerkmalen überflüssig, denn bekanntlich ist die „elastische“ Gesamthand der „ungleichartigsten Verwendung und der ungleichartigsten Durch-
334
(679).
Vgl. Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990; Reuter, AcP 207, 673
335 Dies verkennt auch Mansel, in: Jauernig, BGB, Vor § 21 Rn. 4 wenn er bemerkt: „Das Wesen der (Außen-)GbR nach 100 Jahren grundlegend zu ändern, ist dem Gesetzgeber, nicht den Gerichten, vorbehalten“. In Ansehung dieser Argumentation sei die Frage erlaubt, wie man in den Protokollen zu den §§ 718 – 720 BGB noch deutlicher hätte formulieren sollen, dass man sich zu der wissenschaftlichen (!) Streitfrage über das Wesen der gesamten Hand nicht äußern wollte? 336 Schöpflin, in: P/W/W, BGB, § 14 Rn. 6; Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, § 705 Rn. 308; Reuter, in: MüKo, BGB, Vor §§ 21 ff. Rn. 7 ff.; Dörner, in: NHK-BGB, Vor §§ 21 – 89 Rn. 6 f.; Westermann, in: Erman, BGB, Vor § 21 Rn. 8; Weick, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 21 ff. Rn. 11; Köhler, S. 276 Rn. 7a; Tolani, S. 68; Reuter, AcP 207, 673 (674). Im Ergebnis auch Eberl-Borges, S. 20, die jedoch darauf abstellt, dass die meisten Stimmen die Rechtsfähigkeit der Gruppe überbewerteten und zu sehr im Sinne einer juristischen Person verstünden. 337 So schon Buchda, S. 244, 261, 265 ff. Weitere Nachweise bei K. Schmidt, S. 207, der inzwischen selbst in diese Richtung tendiert, vgl. K. Schmidt, AcP 209, 181 (201); Habermeier, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 705 – 740 Rn. 29 f.; Hadding; ZGR 2001, 712 (718 ff.); Timm, ZGR 1996, 247 (252); Timm, NJW 1995, 3209 (3210); Raiser, AcP 194, 495.
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führung fähig“.338 Auch hier erhellt der abermalige Rückgriff auf Gierkes Genossenschaftsrecht die Konsequenz, dass im Rahmen der Gesamthand „vom einfachen Gesellschaftsvertrag oder Miteigenthum an die mannichfaltigen Abstufungen bis aufwärts zu Verhältnissen, die in ihrer äußeren Erscheinung und Wirksamkeit der Körperschaft ganz nahe [stehen]“, Platz haben, Körperschaften und Gemeinschaften einander gar trotz des Trennungsmerkmals der juristischen Persönlichkeit „berühren“.339 Dies führt dazu, dass sich schon die einzelnen Gesamthandsgemeinschaften erheblich voneinander unterscheiden und entspricht dem von Weber-Grellet gefundenen Ergebnis, das als einzige Eigentümlichkeit aller gesamthänderisch Organisierten Gemeinschaften den Ausschluss der Verfügung über Anteile an den Vermögensgegenständen ausmacht.340 Die innere Organisation sowie die Willensbildung im Rahmen der Gesamthand müssen sich mithin von vorneherein als untaugliches Unterscheidungskriterium erweisen, denn die Gesamthand kann sowohl vom Einstimmigkeits- als auch vom Majoritätsprinzip durchzogen sein und darüber hinaus eröffnen Verwaltungsbeschlüsse und gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen die Ausstattung mit körperschaftsrechtlichen Organen wie einem Vorstand.341, 342 b) Die Form der Willensbildung Insonderheit Die von Gierke bemühte Argumentation, die einen Strukturunterschied zwischen Körperschaft und Gesamthand auf der Willensebene dadurch hervorheben will, dass sich bei der Gesamthand nur ein Gemeinschaftswille und kein selbstständiger Gemeinwille bilde, der sich wie bei der Körperschaft von den verbundenen Einzelwillen ablöse,343 weiß insoweit nicht zu überzeugen. Bei beiden Rechtssubjekten wirkt gegenüber Kontrahenten ein – sei es durch Einstimmigkeit oder Mehrheit – ver338 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 834; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). 339 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925, 938; vgl. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 339. 340 Weber-Grellet, AcP 182, 316 (324 f.). Neu ist diese Erkenntnis freilich nicht; schon bei Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344 heißt es: „Darum macht keine einzelne der dem einfachen Kommunionsverhältnis unverbundener Individuen fremden Erscheinungen, in denen sich eine gesammte Hand manifestiert, deren Wesen aus. Wohl aber gewinnen die Erscheinungen erst ihr volles Verständniss [sic!], wenn sie als Ausflüsse desselben Grundgedankens aufgefasst werden.“ 341 Vgl. hierzu die Möglichkeit, die Bruchteilsgemeinschaft als „Innenkörperschaft“ auszubilden, K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 745 Rn. 18; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 744 Rn. 14. Über den Verweis in § 2038 Abs. 2 BGB gilt entsprechendes auch für die Erbengemeinschaft. Anschaulich auch Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 834. 342 Im Ergebnis auch K. Schmidt, S. 210; Staake, JJZ 2007, 109 (133 f.); Hadding; ZGR 2001, 712 (719); Raiser, AcP 194, 495 (507). Dies verkennen teilweise Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor §§ 705 ff. Rn. 12 f.; Westermann, in: Erman, BGB, Vor § 705 Rn. 17; Ulmer, ZIP 2001, 585 (588). 343 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 684; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 343; vgl. auch Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 924, 937 f.
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einheitlichter Wille der Körperschaft oder Gemeinschaft. Unterschiede ließen sich allenfalls auf metaphorischer Ebene aufzeigen, indem man sich den Körperschaftswillen gegenüber Dritten als einen einzelnen Faden, den Gesamthandswillen als die zu einem einheitlichen Strang verflochtenen Einzelwillen der Gesamthänder vorstellt, bei dem die einzelnen Willenssphären mangels eigener Identität der Gesamthand sichtbar bleiben;344 so etwa wenn eine Erbengemeinschaft auf Basis eines Mehrheitsbeschlusses nach §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB entgegen dem Willen eines Miterben ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten abschließt. Rechtlich bleibt diese Darstellung für Willenserklärungen freilich ohne jeden Einfluss.345 3. Haftungsbeschränkung auf das Korporationsvermögen als Eigenheit der juristischen Person? Problematisch erscheint auch, den Ausschluss der persönlichen Haftung der Mitglieder als ein besonderes Merkmal der juristischen Personen zu sehen.346 Die grundsätzliche Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der juristischen Person (§§ 13 Abs. 2 GmbHG, 1 AktG, 2 GenG, 19 VAG) wird von Gesetzes wegen bei der den juristischen Personen zugeordneten347 Kommanditgesellschaft auf Aktien durchbrochen348 und auch die Rechtsprechung lässt im Einzelfall eine Durchgriffshaftung zu.349 Derweil bedarf der Streit um die Geeignetheit der Haftungsbeschränkung als Abgrenzungskriterium der juristischen Person von der Gesamthand insbesondere bezüglich der Frage, ob gerade die KGaA als „Mischform“350 zwischen Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft als Beispiel für die inkonsequente Durchführung dieses vermeintlichen Prinzips herzuhalten geeignet ist,351 hier keiner
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Vgl. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 343. Im Ergebnis auch Flume, ZHR 136, 177 (191 f.); Buchda, S. 231 ff.; Larenz, JJb 83, 108 (148 f.); a.A. Schöpflin, in: B/R, BGB, § 21 Rn. 30; vgl. ferner Fn. 342. Die letztgenannten Stimmen verkennen allerdings, dass die Organe der juristischen Person lediglich eine typisierte Form der Vertretungs- und Handlungsfähigkeit sind, die über die weitgehende Gestaltungsfreiheit bei den Gesamthandsgemeinschaften ebenfalls herbeigeführt werden kann. 346 Kritisch dazu schon Gierke, ArchBürgR 19, 114 (116). 347 Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 278 AktG Rn. 4; Müller-Michaels, in: Hölters, AktG, § 278 Rn. 6; Perlitt, in: MüKo, AktG, § 278 Rn. 2. 348 K. Schmidt, S. 211; Raiser, in: FS Lutter, S. 643; Raiser, AcP 194, 495 (505); Staake, JJZ 2007, 109 (129). 349 Raiser, in: FS Lutter, S. 644 ff.; zu den Fallgruppen m.w.N. Schöpflin, in: P/W/W, BGB, Vor §§ 21 ff., Rn. 8 f.; Schöpflin, in: B/R, BGB, § 21 Rn. 19. 350 Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 278 AktG Rn. 1. 351 Ablehnend Reuter, in: MüKo, BGB, Vor § 21 Rn. 7; vgl. aus der älteren Literatur Affolter, ArchBürgR 5, 1 (8). 345
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weiteren Auseinandersetzung, da sich jedenfalls anhand der Struktur der Mitgliedschaft passende Unterscheidungskriterien aufzeigen lassen.352 4. Die Struktur der Mitgliedschaft als Unterscheidungskriterium Wie bereits vorweggenommen, erscheint eine Gegenüberstellung der Mitgliedschaften in den beiden Gemeinschaftsformen als aussichtsreichster Ansatz zur Scheidung der Gesamthand von der juristischen Person. Im Rahmen der Genossenschafts- wie der Gruppenlehre wird wiederholt betont, dass die Existenz der Gesamthand in einer mehr oder minder ausgeprägten Abhängigkeit zu den Gesamthändern bestehe, da „sie zwar die Grenzen ihrer Persönlichkeit [der Gesamthänder] [aufhebe] und dieselbe gleichmäßig über die ihnen gemeinsam gewordene Rechtssphäre [erweitere], ohne daß […] jedoch ein neues, selbstständiges Rechtssubjekt in der Vereinigung begründet [werde].“353 Die Konsequenzen der fehlenden Verselbstständigung sind daher nachfolgend eingehender zu behandeln und auf ihre Tauglichkeit als Abgrenzungskriterium hin zu untersuchen. a) Abhängigkeit des Gemeinschaftsverhältnisses vom Willen der Einzelnen Eine Ausprägung der Verselbstständigung der Gemeinschaftssphäre bildet grundsätzlich die Loslösung des Schicksals des Gemeinschaftsverhältnisses von den Einzelwillen der Beteiligten. So steht der Fortbestand einer jeden Gesamthandsgemeinschaft des BGB im Belieben des einzelnen Gesamthänders: Die Gesellschaft kann durch den Gesellschafter jederzeit, ggf. mit dem Erfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes, gekündigt werden (§§ 723, 724 BGB). Neben der Möglichkeit, den Güterstand der Gütergemeinschaft durch gemeinschaftlichen Ehevertrag wieder aufzuheben (§§ 1408 Abs. 1, 1414 S. 2 BGB) und der Aufhebung durch eine Scheidung, kann jeder der beiden Ehegatten Auflösungsklage erheben, §§ 1447, 1469 BGB.354 Ferner kann nach § 2042 Abs. 1 BGB der einzelne Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung verlangen.355 Demgegenüber bedarf es für die Auflösung der 352
Im Übrigen führte ein eingehenderer Vergleich der verschiedenen Strukturmerkmale, zumal in der Literatur vorrangig im Rahmen der GbR erörtert, zu sehr in das Gesellschaftsrecht und entferne sich damit vom Schwerpunkt dieser Untersuchung. 353 Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 275. Ferner Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 683; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 353; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925, 928, 930; Flume, ZHR 136, 177 (188 f.). Vgl. Fn. 327. 354 Vgl. Mayer, in: B/R, BGB, § 1415 Rn. 10. 355 Dem steht nicht entgegen, dass bspw. bei der Erbengemeinschaft über § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 749 Abs. 2, 3 BGB die Möglichkeit besteht, die Auseinandersetzung auszuschließen. Da es sich hierbei um eine Vereinbarung außerhalb der Verwaltung handelt, die nicht im Wege des Mehrheitsbeschlusses getroffen werden kann, steht es ebenso im Belieben des Einzelnen, sich der jederzeitigen Auflösungsmöglichkeit überhaupt zu entäußern, vgl. Ann, in: MüKo, BGB, § 2042 Rn. 10; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2042 Rn. 5; Aderhold, in: Erman, BGB, § 749 Rn. 5; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 749 Rn. 60.
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juristischen Person grundsätzlich eines Beschlusses mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln, §§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG, 78 GenG, 60 GmbHG, 41 BGB. Allerdings kann das Mehrheitsprinzip jedenfalls bei der GmbH über § 60 Abs. 2 GmbHG durchbrochen werden, indem durch gesellschaftsvertragliche Einräumung einer Minderheitenentscheidung quasi ein Kündigungsrecht eingeräumt wird.356 Die Grenzen verschwimmen ferner bei vergleichsweiser Einbeziehung der offenen Handelsgesellschaft:357 Seit der HGB-Reform im Jahre 1998 ist die Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung eines Gesellschafters nach § 131 Abs. 1 Nr. 6 HGB a.F. weggefallen, so dass eine Kündigung seitdem nur noch zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters führt, § 131 Abs. 3 Nr. 3 HGB. Als Alternative des Einzelnen tritt an Stelle des außerordentlichen Kündigungsrechts des GbR-Gesellschafters nach § 723 BGB358 die Auflösungsklage gemäß §§ 131 Abs. 1 Nr. 4, 133 HGB.359 Die Möglichkeit der Auflösung durch Beschluss nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB geht derweil sogar über die typisierte Mehrheitsregelung bei den juristischen Personen hinaus, da nach dem Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist.360 Der Vergleich zeigt, dass die juristischen Personen gegenüber den Gesamthandsgemeinschaften in ihrem Bestand grundsätzlich unabhängiger von dem Willen der einzelnen Mitglieder sind, die Ausnahmen und Überschneidungen, die insbesondere bei der GmbH mit den Personenhandelsgesellschaften sichtbar werden, jedoch allein in diesem Punkt keine klare Abgrenzung zwischen den beiden Vereinigungsformen ermöglichen. Aussichtsreicher scheint eine Unterscheidung unter Anknüpfung an den Grundsatz der Selbstorganschaft bei den Gesamthandsgemeinschaften und deren unbedingter Abhängigkeit von dem Vorhandensein von Mitgliedern. b) Selbst- und Dritt- bzw. Fremdorganschaft Der Grundsatz der Selbstorganschaft, der sich dadurch äußert, dass die organschaftlichen Rechte, insbesondere die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft, den Gesellschafter vorbehalten sind, ist Grundprinzip der Organisation der Personengesellschaften.361 Es stünde der Grundkonzeption der Gesamthand 356 Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 17; Berner, in: MüKo, GmbHG, § 60 Rn. 94; Erle/Helm, in: Beck’sches GmbH-Handbuch, § 16 Rn. 8. 357 Die nachfolgenden Ausführungen geltend über die Verweisung des § 161 Abs. 2 HGB freilich auch für die Kommanditgesellschaft. 358 Vgl. Butzer/Knof, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 83 Rn. 21. 359 Dieses erweist sich jedoch gegenüber einer Kündigungsmöglichkeit als erheblich schwerfälliger, K. Schmidt, in: MüKo, HGB, § 133 Rn. 2. 360 Butzer/Knof, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 83 Rn. 13; Klöhn, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 131 HGB Rn. 14. 361 Müller, in: Beck’sches AG-Handbuch, § 1 Rn. 80; ferner Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor §§ 705 ff. Rn. 13, § 705 Rn. 309; Hoor, in: Breithaupt/Ottersbach, Kompendium Gesellschaftsrecht, § 2 Rn. 79; Kindler, § 9 Rn. 15; Hüffer/Koch, § 2 Rn. 11; Ulmer, ZIP 2001, 585 (588); Ulmer, AcP 198, 113 (122).
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entgegen, wenn die Mitglieder aus der Mitgliedschaft erwachsende Rechte von dieser abspalten und an Dritte übertragen könnten.362 Dementsprechend kann trotz des Fehlens einer dem § 717 BGB entsprechenden Regelung bei den übrigen Gesamthandsgemeinschaften des BGB kein Zweifel daran bestehen, dass insbesondere die Verwaltungsbefugnis im Rahmen der Erbgengemeinschaft und der Gütergemeinschaft nicht an Dritte abgetreten werden kann. Im Gegensatz dazu sind die juristischen Personen vom Prinzip der Drittorganschaft bestimmt, welches eine Besetzung der Organe auch mit „Nichtmitgliedern“ zulässt.363 Allerdings weisen die Stimmen, die sich für Gleichstellung der rechtsfähigen Gesamthand mit den juristischen Personen aussprechen, auf die Regelung des § 9 Abs. 2 GenG hin, wonach die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zwingend Genossenschaftsmitglieder und natürliche Personen sein müssen. Dies zeige, dass auch der Gegensatz von Selbst- und Drittorganschaft nicht ausnahmslos durchgeführt sei.364 aa) Die Genossenschaft als Ausnahme vom Prinzip der Fremdorganschaft bei den juristischen Personen Es ist allerdings in Zweifel zu ziehen, dass die Genossenschaft hier als ein Beispiel für die Untauglichkeit des Abgrenzungskriteriums herhalten kann. Freilich ist die Genossenschaft den juristischen Personen zuzuordnen, weshalb sie auch eine weitestgehend körperschaftliche Verfassung trägt.365 Gleichwohl weist die Genossenschaft auch personalistische Züge auf, die sie von den sonstigen Körperschaften abhebt.366 In diesem Sinne befand der Gesetzgeber bei der Novelle des Genossenschaftsgsetzes im Jahre 2006, dass es sich bei dem Prinzip der Selbstorganschaft „um ein strukturprägendes Element der Genossenschaft“ handele, „auf das nicht ohne zwingenden Grund verzichtet werden sollte.“367 Tatsächlich hat der Gesetzgeber – sei es bewusst oder unbewusst – den deutschrechtlichen Elementen der frühen Genossenschaften wie sie Gierke in seinem mehrbändigen Genossenschaftsrecht in bisher nicht erreichter Detailliertheit beschrieben hat,368 Rechnung getragen: Die Genossenschaft stellt sich nach Gierke als 362 Vgl. nur Schöne, in: B/R, BGB, § 717 Rn. 1; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 837 ff. insbes. 839 und zuvor schon unter § 3 D. II. 1. 363 Schöpflin, in: P/W/W, BGB § 26 Rn. 4; Reuter, in: MüKo, BGB, § 26 Rn. 2; Westermann, in: Erman, BGB, § 26 Rn. 3; Weick, in: Staudinger, BGB, § 26 Rn. 3. 364 Staake, JJZ 2007, 109 (132); Raiser, AcP 194, 495 (508). 365 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 1 Rn. 3; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 2. 366 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 1 Rn. 3; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG Rn. 2. 367 BT-Drucksache 16/1025, S. 83; vgl. auch Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 9 Rn. 7; Schulte, in: Lang/Weidmüller, GenG, § 9 Rn. 12. 368 Beuthien in: Beuthien, GenG, Einleitung Rn. 1 unterscheidet die dem deutschen Recht eigentümlichen Erscheinung der Genossenschaft im Sinne einer deutschrechtlichen Körperschaft als „Genossenschaft im weiteren Sinne“ von den „Genossenschaften im engeren Sinne“
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eine „einheitliche Person“ dar, „welche in einer Vielheit lebte.“369 Die Besonderheit des deutschen Rechts lag wie bereits mehrfach betont darin, dass dieses Verhältnis von Einheit und Vielheit keineswegs das eines Gegensatzes, sondern der „Zusammengehörigkeit“ bildete. Im Gegensatz zum absoluten Personenbegriff des römischen Rechts blieb die Beschaffenheit der Mitglieder nicht ohne Belang, vielmehr forderte das deutsche Recht eine „Determinierung der Gesamtpersönlichkeit durch die in ihr verbundene Personengesammtheit.“370 Prägsam für das gesamte Gemeinschaftsverhältnis sowie der Verbindung der Mitglieder untereinander war die besondere organische Verwobenheit des Vielheitsrechts mit der Mitgliedschaft in der Genossenschaft, die bei Dritten, außerhalb der Gemeinschaft stehenden, gar nicht möglich war.371 Typischerweise waren daher nur Mitglieder zur Trägerschaft von Organstellungen befähigt.372 Auf dinglicher Ebene äußerte sich das Nebeneinander von Einheit und Vielheit in dem ebenfalls bereits mehrfach behandelten besonderen deutschen Gesamteigentum, das ähnlich wie das Gesamthandseigentum „gewiße Eigenthumsbefugniße bei der Gesammtpersönlichkeit373 [konzentriere], andere Eigenthumsbefugnisse unter die Vielheit der Genoßen [verteile] […].“374 Ist schon mit dem ersten Entwurf des BGB durch Einführung eines römischrechtlichen Eigentumsbegriffs dem Gedanken des deutschrechtlichen Gesamteigentums und damit dem besonderen Nebeneinander von Einheits- und Vielheitsrechten bei den Körperschaften wie auch den Gesamthandsgemeinschaften die Grundlage entzogen,375 hat sich die Genossenschaft mit dem Prinzip der Selbstorganschaft eine deutschrechtliche Besonderheit gegenüber den sonstigen neu kodifizierten juristischen Personen gewahrt, die mit dem besonderen Förderzweck der Genossenschaft, der nicht auf eine „unpersönliche Kapitalrendite“, sondern auf die persönliche Förderung der Einzelwirtschaften der Mitglieder gerichtet ist,376 harmoniert. Zwar besteht die besondere Bindung der Organe an die Körperschaft mangels Anerkennung eines deutschrechtlichen Gesamteigentums nicht mehr auf dinglicher wie sie reichsgesetzlich im Jahre 1889 kodifiziert wurden. Zu den Unterschieden zwischen der „äußersten Form“ der universitas und dem deutschen Körperschaften vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 479 ff. 369 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 905. 370 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 906: „Es gehört nach deutschrechtlicher Anschauung zum Wesen der Genossenschaft, Einheit in der Vielheit zu sein[…]“. 371 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 907. 372 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 498; vgl. auch Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 674. 373 Bei der Gesamthand in Ermangelung einer eigenen Rechtspersönlichkeit freilich nur bei dem „ungesonderten Gesamtbereich“, vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 387 f. sowie die weiteren Nachweise unter § 3 B. III. 2. 374 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 906; vgl. auch Bluntschli, S. 138 ff.; Renaud, S. 143 f., 146 f.; Renaud, ZDR 9, 1 (80 ff.); Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (494). 375 s. dazu § 3 E. I. 1. 376 Beuthien, in: Beuthien, GenG, § 1 Rn. 3, 8.
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Ebene, jedoch stellt der auf die Förderung der Mitglieder gerichtete Zweck377 – „Einer für alle und Alle für einen“ 378 – in Verbindung mit § 9 Abs. 2 GenG weiterhin sicher, dass die Organe bei der Wahrnehmung Aufgaben motiviert durch ein vitales Eigeninteresse hinsichtlich der eigenen Wirtschaft zum Wohle der übrigen Mitglieder handeln.379 Die anfänglichen Probleme der Genossenschaftstheorie, die Gesamthandsgemeinschaften von den Genossenschaften zu trennen,380 machen nicht nur die Verschlungenheit der Entwicklungsgeschichte beider Gemeinschaftsformen deutlich, sondern verdeutlichen ferner, dass die heutigen eingetragenen Genossenschaften im Hinblick auf die soeben skizzierten verbliebenen deutschrechtlichen Einflüsse, die sich durch die besonderen persönlichen Momente sowie die besondere Interessenlage äußern, eine erhebliche Ähnlichkeit zu den Gesamthandsgemeinschaften aufweisen, die sie nicht nur von den ,gewöhnlichen‘ juristischen Personen entfernt,381 sondern aufgrund ihrer „Artverwandtschaft“382, 383 als Negativbeispiel untauglich macht. bb) Die Mischform der GmbH & Co. KG Wenig überzeugend ist auch das vornehmlich von Raiser bediente Argument, dass mit der Anerkennung der GmbH & Co. KG das Verbot der Fremdgeschäftsführung in der Praxis überspielt werde.384, 385 Da die Gesellschaft als Komplementär die 377 Zum Zweck des genossenschaftlichen Zusammenschlusses vgl. Wolff, S. 138; Schuster, Grünhuts Zeitschrift 4, 547 (586). 378 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 1 Rn. 25. 379 In diesem Sinne Beuthien, in: Beuthien, GenG, § 9 Rn. 6. 380 Vgl. dazu die Ausführungen Beselers unter § 2 A. I. 2 sowie die entsprechenden Hinweise dazu bei Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 379; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 661, 668; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 2 Fn. 2 f. Zu dem „leicht zu übersehenden Unterschied“ zwischen den Genossenschaften deutschen Rechts und der universitas vgl. Weiske, S. 168. 381 Vgl. Sohm, in: FS Windscheid, S. 171 ff., der der deutschen Genossenschaft jedoch die Rechts- und damit auch die Vermögensfähigkeit absprechen will. Schuster, Grünhuts Zeitschrift 4, 547 (586) beschreibt sie als „Janus“ zwischen juristischer Person und kumulierten Haftungen. 382 Das besondere personenrechtliche Band im Rahmen der Genossenschaft weist eine ähnliche Dehnbarkeit auf wie jenes der Gesamthand (dazu § 3 E. I. 2), wie Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 907 anschaulich darstellt: „[…] je nach der Beschaffenheit des Verbandes kann nun der Gegensatz oder die Zusammengehörigkeit beider Seiten der Genoßenschaft schärfer ausgeprägt sein […]. So entsteht die Dehnbarkeit des deutschen Genoßenschaftsbegriffs, welcher für einen die Einzelexistenz weit überragenden staatenähnlichen Verein und eine sich eng an eine Summe bestimmter Individuen anschließende Gesellschaft, für einen den höchsten politischen, religiösen und sittlichen Zwecken dienenden Lebensbund und einen zum Zweck des gemeinsamen Erwerbes der Einzelnen gegründeten Vermögenskörper, für einen der Anstalt sich nähernden Einheitsverband und eine der bloßen Sachgemeinschaft nahestehende Vereinigung von Teilhabern gleichzeitig Raum hat.“ Später ausdrücklich konstatiert von Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 482. 383 Vgl. ferner Wolff, S. 176 f.; Weiske, S. 144 ff.; Renaud, ZDR 9, 1 (80 f., 88). 384 Raiser, in: FS Zöllner, S. 485; Raiser, AcP 194, 495 (508); ähnlich Wiedemann, WM 1994, Sonderbeilage 4, S. 11.
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Geschäfte führt, wird zum einen das Prinzip der Selbstorganschaft der Form nach tatsächlich gewahrt386 und zum anderen besteht „die weitaus größte Zahl der GmbH & Co. Kommanditgesellschaften“387 in der Form der sog. „typischen“ GmbH & Co. KG, bei der die Kommanditisten an der GmbH im gleichen Verhältnis beteiligt sind, wie an der KG,388 so dass in den meisten Fällen faktisch keine Fremdorganschaft vorliegt.389 Praktisch mag zwar die Möglichkeit gegeben sein, das Verbot der Fremdorganschaft so zu „unterlaufen“ bzw. „überspielen“ – der Geschäftsführer der GmbH kann, muss aber nicht Gesellschafter der KG sein –390, jedoch ändert dies nichts an der formalen Einhaltung des Prinzips der Selbstorganschaft. Gegen die Anbringung von Rechtsformverbindungen wie der GmbH & Co. KG als Beispiel für eine Durchbrechung des Prinzips der Selbstorganschaft lassen sich ferner teleologische Gründe anführen, die sich aus den praktischen Vorzügen der GmbH & Co. KG ergeben. Sieht man mit Reuter in der Unzulässigkeit der Drittorganschaft bei den Personengesellschaften bzw. bei der Gesamthand einen Ausfluss des Verbots der Selbstentmündigung, „soweit sie [die Drittorganschaft] [bedeute], dass die Gesellschafter von jemandem, der nicht mit ihnen „im gleichen Boot [sitze]“, einer unbeschränkten persönlichen Haftung unterworfen werden können, ohne dass sie die Möglichkeit hätten, „ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, wenn sie Gefahr im Verzug sehen“,391 dann besteht diese Gefahr bei der GmbH & Co. KG doch nur sehr eingeschränkt, da einer ihrer Vorteile doch gerade darin liegt, dass die Geschäftsführer als ggf. tatsächliches Drittorgan „relativ problemlos“ ausgewechselt werden können.392 c) Abhängigkeit vom Mitgliederbestand aa) Unzulässigkeit der Einpersonen-Gesamthand Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen den beiden Gemeinschaftsformen bei der Betrachtung der Abhängigkeit der jeweiligen Gemeinschaftssphären von ihrem Mitgliederbestand.393 Die Gesamthand konstituiert keine außerhalb der Ge385 Kritisch zur „Beweistauglichkeit“ von solchen Rechtsformverbindungen Ulmer, AcP 198, 113 (122). Die Aufteilung alleine nach Maßgabe der durch die Rechtsformverbindung geschaffenen Überschneidungen führte nach Ulmer letztlich dazu, dass überhaupt jegliche Unterscheidung innerhalb der juristischen Personen obsolet würde. 386 Grunewald, in: MüKo, HGB, § 161 Rn. 49. 387 Gummert, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 50 Rn. 1; vgl. auch Grunewald, in: MüKo, HGB, § 161 Rn. 92 ff.; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, Anhang nach § 177a Rn. 6. 388 Gummert, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 49 Rn. 12. 389 Vgl. Grunewald, in: MüKo, HGB, § 170 Rn. 19. 390 Grunewald, in: MüKo, HGB, § 161 Rn. 49. 391 Reuter, AcP 207, 673 (696) m.w.N. 392 Grunewald, in: MüKo, HGB, § 161 Rn. 50. 393 Ulmer, ZIP 2001, 585 (588); Ulmer, AcP 198, 113 (122).
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samthänder stehende Organisationseinheit, sondern fasst ihre Mitglieder mittels personenrechtlicher Elemente zu einer besonderen organisatorischen Verbundenheit zusammen, vermöge derer die ihr angehörigen Rechtsubjekte im Rechtsverkehr als ein Subjekt auftreten.394 Die Gesamthänder sind in dieser Verbindung zur „aktiven Mitträgerschaft“395 der Gemein- bzw. Organisationssphäre berufen, die sich nicht nur in dem Prinzip der Selbstorganschaft äußert, in dessen Rahmen die Gesamthänder als „geborene“396 Organe der Gemeinschaft auftreten, sondern auch in der Unzulässigkeit einer Einpersonen-Gesamthand. Verringert sich die Anzahl der Gesamthänder auf weniger als zwei Rechtssubjekte, so wird der letzte verbleibende Gesamthänder durch liquidationsloses Erlöschen der Gesamthand zu deren Gesamtrechtsnachfolger.397 Im Gegensatz dazu kann eine juristische Person auch mit nur einem Mitglied bestehen398 und erlischt selbst dann nicht unmittelbar, wenn alle Mitglieder ausgeschieden sind.399 So führt der Wegfall aller Gesellschafter bzw. die Vereinigung aller Gesellschaftsanteile bei der GmbH – der sog. „Kein-Mann-GmbH“ – zwar zur sofortigen Auflösung derselben,400 allerdings bewirkt dies als unmittelbare Folge lediglich eine Zweckänderung hin zu einer Liquidationsgesellschaft, die die juristische Persönlichkeit bis zur vollständigen Beendigung nach deren Abwicklung unangetastet lässt.401 Die gleichen Grundsätze gelten für die Aktiengesellschaft402 und bei der Genossenschaft mit der Besonderheit, dass die Auflösung von Amts wegen bei einer Unterschreitung der Zahl der Mitglieder von weniger als Drei eintritt, § 80 Abs. 1 GenG.403 Da hinsichtlich der körperschaftlichen Ausge-
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Vgl. Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 664. 396 K. Schmidt, S. 211; Flume, S. 130. 397 So für die GbR BGH, Urteil v. 07. 07. 2008 – Az.: II ZR 37/07 = NJW 2008, 2992; Beschl. v. 24. 11. 1978 – Az.: V ZB 24/78 = JuS 1979, 668 mit Anm. K. Schmidt; Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor §§ 723 ff. Rn. 9; Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 719 Rn. 5; K. Schmidt, S. 209. Zur Erbengemeinschaft vgl. RG, Urteil. v. 21. 02. 1916 – Az.: IV 361/15 = RGZ 88, 116 (118); Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 3; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 11; Brox/Walker, Erbrecht, S. 269 Rn. 477a. 398 Vgl. nur die Einpersonen-GmbH, Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 60 GmbHG Rn. 57. 399 Dazu insgesamt K. Schmidt, S. 209; Flume, S. 98. 400 Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 60 GmbHG Rn. 56; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 25; Erle/Helm, in: Beck’sches GmbH-Handbuch, § 16 Rn. 20. 401 Arnold, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 60 GmbHG Rn. 1, 4; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 4; Erle/Helm, in: Beck’sches GmbH-Handbuch, § 16 Rn. 26. 402 Vgl. BGH, Urteil v. 18. 09. 2006 – Az.: II ZR 225/ 04 = NJW-RR 2007, 99; Drescher, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 262 AktG Rn. 12, 14 f.; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 262 Rn. 4 f., 40; Hüffer, in: MüKo, AktG, § 262 Rn. 12, 102. 403 Vgl. Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 78 Rn. 1 f., § 80 Rn. 1 ff.; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 78 GenG Rn. 1, § 80 GenG Rn. 1. 395
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staltung keine wesentlichen Unterschiede bestehen, ist Entsprechendes auch für den rechtsfähigen Verein anzunehmen.404 bb) Zum Einwand eines Mindestbestandes an Mitgliedern bei den juristischen Personen Der Einwand, dass juristische Personen wie die Genossenschaft oder der Verein für den Fortbestand auch einer gewissen Mitgliederzahl bedürfen (vgl. §§ 73 BGB, 80 GenG) und der für das Erlöschen der juristischen Person zusätzlich erforderliche Publizitätsakt in Form der Löschung des Rechtsträgers aus dem Handelsregister nichts an der partiellen Abhängigkeit beider Gemeinschaftsformen von ihren Mitgliedern ändere,405 greift im Ergebnis nicht durch, liefert er doch selbst schon den Anknüpfungspunkt um Beweis für die Unterschiede zwischen den Gemeinschaftsformen zu erbringen: Während die Gesamthand ipso iure mit Wegfall des vorletzten Gesamthänders erlischt, kann die juristische Person mit der äußersten Konsequenz der Handlungsunfähigkeit für einen gewissen Zeitraum ohne die erforderliche Mitgliederzahl bzw. gänzlich ohne Mitglieder bestehen; sie ist insofern also nur partiell von ihren Mitgliedern abhängig.406 Mit dem Erfordernis eines weiteren Publizitätsaktes hat dies in der Tat nichts zu tun, zumal die Frage, ob dieser nur deklaratorischer oder konstitutiver Natur ist, je nach juristischer Person durchaus unterschiedlich beantwortet wird.407 Man wird die partielle Abhängigkeit der juristischen Personen insofern allein praktischen als strukturbedingen Gründen zuordnen müssen. Dass eine Körperschaft in den Fällen der Mitgliederlosigkeit aufgelöst, liquidiert und letztlich beendet wird, liegt doch wohl daran, dass an Untoten gleich umherwandelnden, handlungsunfähigen408 oder bedeutungslosen409 juristischen Personen allein schon aus Verkehrsschutzgesichtspunkten dauerhaft kein Interesse bestehen kann und nicht daran, dass die juristische Person ohne Mitglieder schlichtweg existenzunfähig wäre. Dafür spricht zum einen, dass sich mit dem Eintritt in die Auflösungsphase – mithin auch 404 So auch Reuter, in: MüKo, BGB, § 41 Rn. 5 m.w.N. Die h.M. geht im Widerspruch zur vorgenannten Praxis bei den Kapitalgesellschaften und Genossenschaften von einem sofortigen Erlöschen aus, vgl. statt vieler Schöpflin, in: P/W/W, BGB, § 41 Rn. 5. 405 Staake, JJZ 2007, 109 (138). 406 Zutreffend sprechen daher Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor §§ 705 ff. Rn. 13 von einer „stärkeren“ (und keiner absoluten) Verselbstständigung der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern. 407 Zur GmbH und der sog. „Lehre vom Doppeltatbestand“ vgl. Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 7 ff.; zur AktG mit Abw. Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 262 Rn. 5 f., 90 ff. Bloß deklaratorische Wirkung bei der Genossenschaft, vgl. Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, § 82 Rn. 1; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 82 GenG Rn. 1. 408 Vgl. OLG Koblenz, Urteil v. 09. 03. 2007 – Az.: 8 U 228/06 = RNotZ 2007, 291 (292); Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 14. 409 Schöpflin, in: P/W/W, BGB, § 56 Rn. 1; Habermann, in: Staudinger, BGB, § 56 Rn. 1.
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bei Wegfall aller Mitglieder – das Wesen der Körperschaft als juristischer Person, ohne dass es hier einer Fiktion bedürfte, nicht ändert, sondern nur deren Zweck.410 Zum anderen, dass den Körperschaften, die eine Mindestanzahl an Mitgliedern erfordern, trotz der Unterschreitung der Mitgliederzahl für nicht unerhebliche Übergangszeiten die Gelegenheit gegeben werden soll, die „Grundmitgliederzahl“ wieder zu erreichen.411 Wollte man den Mitgliederbestand tatsächlich ähnlich der Gesamthand als strukturelles Erfordernis der juristischen Person sehen, so bleibt diese Auffassung jedenfalls eine Erklärung dafür schuldig, wie dies mit der Tatsache zu vereinbaren ist, dass den verschiedenen juristischen Personen teils unterschiedliche Existenzspannen nach Unterschreitung der Mitgliederzahl bzw. Verlust sämtlicher Mitglieder eingeräumt sind. So bleiben dem eingetragenen Verein lediglich drei Monate der Existenz bis zu einem Einschreiten des Gerichts von Amts wegen (§ 73 BGB), während der Genossenschaft dafür nach § 80 Abs. 1 GenG sechs Monate eingeräumt sind.412 cc) Personenmehrheit als Strukturprinzip der Gesamthand Die absolute Abhängigkeit der Gesamthand von ihren Mitgliedern wie auch das Prinzip der Selbstorganschaft erscheinen hier als „begriffsnotwendige Folge des Gesamthandsprinzips“;413 genauer: der Gesamthandsgemeinschaft. Hierbei handelt es sich nicht bloß um eine petitio principii414 oder einen wortklauberischen Rückschluss aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, der das Vorhandensein mehrerer Personen voraussetzt,415 sondern um eine zwingende Vorgabe des Instituts der gesamten Hand in struktureller als auch in historischer Sicht. Wie im Rahmen der Untersuchung nunmehr schon mehrfach herausgestellt wurde, hat die Gesamthand ihren Ursprung in den deutschrechtlichen Hausgenossenschaften, in denen es das gemeinschaftliche Vermögen der in Haus und Hof fortgesetzten Familiengemeinschaft nach dem Tode des Familienoberhauptes weiter zu verwalten galt.416 Obgleich sich die Gesamthand mit der Zeit von der häuslichen Gemeinschaft gelöst, damit vertragliche Gestaltungsformen gemeinschaftlicher Vermögensverwaltung ohne Bruchteile in Form von an Körperschaften angenäherte Gesellschaften ermöglicht417 410
Hüffer, in: MüKo, AktG, § 262 Rn. 1, 12 ff.; Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 262 Rn. 5 ff. Vgl. ferner schon die Nachweise in den Fn. 401-403. Darauf läuft die Argumentation von Staake, JJZ 2007, 109 (138) in letzter Konsequenz jedoch hinaus. 411 Vgl. Schöpflin, in: P/W/W, BGB, § 73 Rn. 1; Habermann, in: Staudinger, BGB, § 73 Rn. 2; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 80 Rn. 3. 412 Zu berücksichtigen ist ferner das Sperrjahr(!) für die GmbH, § 73 GmbHG. 413 A.A. K. Schmidt, S. 209. 414 Raiser, AcP 194, 495 (509). 415 So Staake, JJZ 2007, 109 (137) zu den Begriffen der „Gesellschaft“ und der „Gruppe“. Kritisch ferner Habermeier, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 705 – 740 Rn. 29a. Unter anderem in diesem Sinne argumentieren jedoch Fett/Brand, NZG 1999, 45 (47). 416 Vgl. dazu bereits § 3 D. I. 417 Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 667.
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und sich letztlich vornehmlich über Hasse, Beseler, Gierke und Flume einen Platz im Personenrecht erkämpft hat,418 wird man sie doch nicht gänzlich losgelöst von ihrem dinglichen Substrat als einer Organisationsform gemeinschaftlichen Eigentums – genauer: eines bestimmten Sondervermögens – betrachten können,419 das den nunmehr schon jahrhundertelang andauernden Streit um ihre Einordnung wesentlich mit geprägt hat.420 Ohne eine wirkliche Gemeinschaft von Personen, die einem subjektiven Recht gegenüberstehen, fehlt es nicht nur auf subjektiver Seite an Anknüpfungspunkten für eine personenrechtliche Verbindung, für Gierkes personenrechtliches Band,421 sondern es bedarf darüber hinaus überhaupt keiner Organisations- und Verwaltungsstruktur zur Vergemeinschaftung eines subjektiven Rechts. Was in diesem Fall bleibt, ist lediglich einfaches Alleineigentum bzw. eine Alleinberechtigung einer natürlichen oder juristischen Person. Die Forderung nach einer Einpersonen-Gesamthand422 entwurzelt das Prinzip der gesamten Hand nicht nur seines Ursprungs, sondern ist gleichsam widersinnig, wie den Fortbestand einer Bruchteilsgemeinschaft gem. § 741 BGB bzw. von Miteigentum nach § 1008 BGB nach der Vereinigung aller unbelasteten Miteigentumsanteile in einer Person zu fordern.423 Diese Tendenzen können vor dem Hintergrund, dass es für Anteile in der Hand eines Alleineigentümers424 einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf,425 nicht entschieden genug abgelehnt werden.426
418 Flume, ZHR 136, 177 (179); viel eher schon: Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (492, 495). 419 Zur Entwicklung des gemeinschaftlichen Eigentums Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 375 ff. 420 So anschaulich Gierke, ArchBürgR 19, 114 (117 f.): „Alle gesammte Hand ist grundsätzlich zuerst Personenverbindung […] und diesen Ursprung leugnet sie nicht, wenn sie ins Obligationen- und Sachenrecht eintritt.“ Vgl. zudem Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 842; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 378 insbes. Fn. 10, 381; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 354. Anklänge auch bei Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (493). 421 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; jedenfalls insoweit stimmt K. Schmidt, S. 209 überein, als er auf die Sozietätskonstruktion verweist. 422 Vgl. nur Weimar, ZIP 1997, 1769 sowie Staake, JJZ 2007, 109 (137 Fn. 122) sowie die weiteren Nachweise bei Fett/Brand, NZG 1999, 45 f. 423 Vgl. dazu K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 31; Aderhold, in: Erman, BGB, § 741 Rn. 15; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 741 Rn. 68 ff.; Hilbrandt, AcP 202, 631 (632). Ferner Englert, in: P/W/W, BGB, § 1008 Rn. 1 f. 424 Langhein, in: Staudinger, BGB, § 741 Rn. 70. 425 Zu § 8 Abs. 1 WEG als Ausnahme von dem Prinzip der Mehrheitszuständigkeit für die Grundlage von ideellen Eigentumsanteilen Rapp, in: Staudinger, Nebengesetze-WEG, § 8 Rn. 2; ferner Armbrüster, in: Bärmann, WEG, § 8 Rn. 12. 426 Im Ergebnis auch Fett/Brand, NZG 1999, 45 (50 ff.), die ebenfalls überzeugend darlegen, dass die vom BGH zugelassenen erb- und sachenrechtlichen Fälle der EinpersonenGesamthand keine wirklichen Ausnahmefälle von der Unmöglichkeit der Einpersonen-Gesamthand darstellen.
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5. Zwischenergebnis: Die Gesamthand, ein Rechtssubjekt ohne Rechtspersönlichkeit a) Konstituierender Charakter der Mitgliedschaft Als Erkenntnis aus der Betrachtung der Stellung der Gesamthand zwischen natürlichen und juristischen Personen lässt sich die Festschreibung der nunmehr seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand durch den BGH und den Gesetzgeber bestehenden ,Rechtssubjekt-Trias‘ herausstellen.427 Während sich die innere Organisation sowie die Willensbildung im Rahmen der Gemeinschaften aufgrund der Flexibilität des Gesamthandsprinzips als untaugliche Differenzierungskriterien erwiesen haben, zeigte sich die jeweilige Bedeutung bzw. Struktur des Mitgliedschafsverhältnisses als probater Prüfstein für eine Separierung der rechtsfähigen Gesamthand von den juristischen Personen. Die anhand der Mitgliedschaft aufgezeigten Unterschiede zwischen juristischer Person und Gesamthand lassen sich am besten dahingehend zusammenfassen, dass die Mitglieder in dieser als partizipierend-ausführende, in jener als vorrangig konstituierende428 Elemente anzusehen sind.429 b) Zu den Auswirkungen der Alternative: Die Gesamthand als juristische Person vor dem Prinzip der „Einheits-Gesamthand“ Bestätigung erfährt diese Sichtweise durch eine nähere Betrachtung der Alternative, die Gesamthand mit der juristischen Person gleichzustellen. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass die bisherige Untersuchung ihre Erkenntnisse darüber, wie die Gesamthand zu konstruieren ist, vornehmlich auf eigentums- bzw. sachenrechtlicher Basis gewonnen hat und mithin unabhängig von den besonderen Gestaltungsformen der verschiedenen Gemeinschaften Geltung für jede Gesamthandsgemeinschaft beansprucht. Fasst man nun die Gesamthand als einen Sonderfall der juristischen Person auf, so scheint der Schritt bei den Personenhandelsgesellschaften mit Blick auf § 124 HGB430 und im Anschluss daran auch bei der GbR als deren Grundform kein bahnbrechender zu sein, allerdings fänden sich nach der hier 427
Vgl. Fn. 336. Diese Bezeichnung nimmt trefflich in sich auf, was Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 664 als „aktive Mitträgerschaft“ der Gemeinsphäre durch die Gesamthänder bezeichnete und Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 91 (92) bereits im Jahre 1825 mit seiner Kritik gegen die Annahme einer mystische Person i.S.e. universitas bei dir Gütergemeinschaft meinte, als er konstatierte „daß alles Recht, welches dieser mystischen Person zusteht, doch nur aus einer solidären Vereinigung der Rechte dieser beiden Individuen [der Ehegatten] entstanden ist […]“. 429 Vgl. dazu schon Hasse, S. 138; vgl. § 2 A. I. 1 dort Fn. 26; ähnlich auch Flume, ZHR 136, 177 (192). 430 An entsprechenden Stimmen hat es auch in älterer Zeit nicht gefehlt; vgl. Kohler, ArchBürgR 40, 229; Kohler, ZHR 74, 456 ff.; Affolter, ArchBürgR 5, 1 (1, 9). Zu dem „männermordenden“ Streit Gierke, ArchBürgR 19, 114 (116); vgl. auch Hueck, S. 25 Fn. 1 m.w.N. 428
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vertretenen Auffassung von der „Einheits-Gesamthand“431 die Gütergemeinschaft der Ehegatten und die Erbengemeinschaft ebenfalls in den ,ungeahnten Höhen‘ einer juristischen Person wieder. Schon Hasse stieß im Jahre 1808 mit seinem Ansatz, der Gütergemeinschaft der Ehegatten eine juristische (mystische) Person vorzustellen,432 auf Widerspruch433 und auch die in den Anfängen noch nicht zwischen juristischer Person und Gesamthand differenzierende434 Genossenschaftslehre sah sich der Kritik ausgesetzt, dass man noch nie von der Corporation der Eheleute gehört habe und „durch die Lehre von den Genossenschaften […] die künstliche juristische Person in die einfachsten Verhältnisse, wo man sie bisher nicht ahnte, hineingetragen [würde, wo] sie Consequenzen [hervorriefen], welche ebenso sehr dem Wesen der unterliegenden Verhältnisse, wie selbst dem natürlich gefundenen Rechtssinn [widerstrebten].“435 Bedenkt man ferner, dass auch in neuerer Zeit die Übertragung der Gruppenlehre auf die Gütergemeinschaft als „sinnloser Konstruktivismus“436, 437 verworfen wird und nach dem vielzitierten Aufsatz von Grunewald zur Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft, der „weitgehend bekannte Erkenntnisse in klare Worte [fasse]“438 nach einer „Auszeit“ gerufen wird, um prüfen zu können, ob man vielleicht Grundlegendes in der Rechtsentwicklung der Gesamthandsgemeinschaften verpasst habe,439 so hat die Aussage Thöls jedenfalls a maiore ad minus an Aktualität nur wenig eingebüßt. Zweifellos ließe sich hiergegen einwenden, dass man zu diesen Schlüssen nicht gelangte, wenn man mit der heute herrschenden Meinung die verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften gesondert voneinander betrachtete.440 Gleichwohl führt die an sich schon unhaltbare dogmatische Splittung der Gesamthandsgemeinschaften441 zu einem anderen unannehmbaren Extrem, das am Beispiel der Aus431 Gegen die sog. „Einheits-Gesamthand“ Reuter, AcP 207, 673 (698); K. Schmidt, S. 200 f.; K. Schmidt, AcP 209, 181 (197); Habersack, JuS 1990, 179 (181 f.). Zur Kritik an deren Ablehnung sogleich unter § 3 F. 432 Hasse, S. 87 ff., 91. 433 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 74 f.; Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (496 ff.); Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 91 (92 f.). 434 Dazu schon Fn. 380. 435 Thöl, S. 21. 436 K. Schmidt, S. 201. Dieser liege darin, dass den Eheleuten allein um des Sondervermögens willen eine dritte Rechtsperson zugesellt werde. Freilich ist die Kritik ungenau und nicht berechtigt, denn die Anwendung der Gruppenlehre schafft doch gerade keine neue Rechtsperson, sondern lediglich ein neues Rechtssubjekt der Ehegattengütergemeinschaft in der die beiden Ehegatten während der Dauer der Ehe, soweit es das Gesamtgut betrifft, aufgehen. 437 Ablehnend gegenüber der juristischen Person als Grundlage der Gütergemeinschaft schon die erste Kommission, Motive zu §§ 1341 – 1409 BGB, in: Mugdan Bd. IV, S. 181 f. 438 Grunewald, AcP 197, 305 (315). 439 Prütting, ZIP 1997, 1725. 440 Vgl. Fn. 431. 441 Dazu sogleich unter § 3 F.
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führungen Raisers, der sich als wohl engagiertester Verfechter der Gleichstellung von Personengesellschaft und juristischer Person erwiesen hat, zu belegen sein wird. Setzt man im Anschluss an Raiser die Gesellschaft mit den juristischen Personen gleich, so droht die Figur der Gesamthand „unter die Räder zu kommen.“442 Zwar hält er es für verfrüht, sie gleich „zu Grabe tragen zu wollen“, da er die Frage, inwieweit sie zur Kennzeichnung der Erben- und Gütergemeinschaft geeignet ist, ausklammert, allerdings droht der Gesamthand bei konsequenter Durchführung seines Gedankens genau jenes Schicksal. Bei Erweiterung des Kreises der juristischen Personen auf die Gesellschaft bleibt nach Raiser für die Gesamthand als einem der juristischen Person „vorgelagerten Modell“ kein Raum mehr, so dass sich nur noch eine Gegenüberstellung mit der Bruchteilsgemeinschaft anböte, aus der die Gesamthand als neben der juristischen Person nicht mehr benötigte Reaktion auf die Eigenheiten des deutschen Sachenrechts, das sich mit der Behandlung des „Vermögens“ und der Darstellung von Vermögenseinheiten vollends schwertue, hervorginge.443 Raiser meint nun, dass bei Gesellschaften, die trotz Erweiterung des Begriffs keine juristische Persönlichkeit erlangten, „ein vom Bruchteilseigentum unterschiedenes Gesamthandseigentum nicht mehr gebraucht [werde]“. Freilich gelten aber die sachenrechtlichen Grundsätze – wie vorangehend bereits zu genüge unter Beweis gestellt – für die Erben- und Gütergemeinschaft in gleicher Weise wie für die von Raiser in Bezug genommenen Innengesellschaften, so dass man diese konsequenterweise ebenso dem Bruchteilseigentum zuordnen müsste. Die Unannehmbarkeit des Anteils- bzw. Bruchteilsprinzips bei den Gesamthandsgemeinschaften wurde jedoch in historischer wie auch in praktischer Hinsicht bereits zu genüge nachvollzogen.444 Die Einordnung der Gesamthand als Rechtssubjekt ohne Rechtspersönlichkeit erweist sich mithin als gangbarer „Mittelweg“ zwischen der juristischen Person und der bloßen Bruchteilsberechtigung, der sowohl ihrer Entwicklungsgeschichte Rechnung trägt und sie als drittes Rechtssubjekt neben den natürlichen und den juristischen Personen im System des BGB etabliert. Damit entfällt gleichzeitig die Grundlage für die Auffassung Buchdas, der das Gesamthandsprinzip neben der körperschaftlichen Organisation lediglich als eine Möglichkeit rechtsgeschäftlichen Handels bei juristischen Personen begreift.445 III. Abgrenzung der Gesamthand von der Bruchteilsgemeinschaft Nachdem bereits die Frage nach der Rechtszuständigkeit, den Anteilsrechten der Gesamthänder in Bezug auf das Sondervermögen und die Abgrenzung der Ge442
Raiser, AcP 194, 495 (511). Dem folgend K. Schmidt, ZHR 177, 712 (722). Raiser, AcP 194, 495 (511 f.). 444 Vgl. dazu § 3 D. 445 Buchda, S. 265 f.; zu den Einzelheiten der Gesamthandskonstruktion Buchdas vgl. § 2 B. II. 4. d). 443
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samthand von der juristischen Person beleuchtet wurde, bleibt es, die Gesamthand noch von der Bruchteilsgemeinschaft als einer weiteren Form der mehrheitlichen Beteiligung an einem subjektiven Recht zu scheiden. Die dogmatische Konstruktion der Bruchteilsgemeinschaft war und ist nicht weniger umstritten als die der Gesamthand. Die Lösungsansätze reichen hier von der unmittelbaren Anteilsberechtigung der Gemeinschafter an der gemeinschaftlichen Sache mit anschließendem Streit darüber, ob bei der Bruchteilsgemeinschaft die Sache, das Recht oder nur die Zuständigkeit geteilt sei, über die vollständige Übertragung des Gesamthandprinzips durch Saenger446 und der Anerkennung von deren Teilrechtsfähigkeit durch Fabricius447 bis hin zu Buchda,448 der die Bruchteilsgemeinschaft zusammen mit der Gesamthand den juristischen Personen gleichstellt. Um sich in Ansehung der Fülle von Konstruktionsversuchen, die denen zur Gesamthand kaum nachsteht, nicht zu sehr vom Schwerpunkt dieser Untersuchung zu entfernen, soll hier vorrangig eine Auseinandersetzung mit den Ansichten erfolgen, die bereits vorangehend aufgrund der einheitlichen Behandlung der beiden Gemeinschaftsformen erörtert worden sind. Als Ausgangspunkt der Abgrenzungsbemühungen empfiehlt sich zunächst eine kritische Betrachtung der Behandlung der Bruchteilsgemeinschaft nach der heute herrschenden Meinung, um so einen Anknüpfungspunkt für einen eigenen Lösungsansatz herauszubilden, der sodann anhand der im Rahmen der bisherigen Untersuchung gewonnenen Ergebnisse den Theorien gegenüber zu stellen sein wird, die neben der Gesamthand auch die Bruchteilsgemeinschaft zu einem Rechtssubjekt erheben wollen. Für die bisherige und die weitere Untersuchung sind eine genaue Ergründung der Bruchteilsgemeinschaft sowie deren Abgrenzung von der Gesamthand insofern von Bedeutung, als auf diese Weise nicht nur das konstitutive Merkmal der Gesamthand herausgestellt zu werden vermag, sondern auch die teilweise zwischen der Bruchteilsgemeinschaft und der Erbengemeinschaft bestehenden Überschneidungen der gesetzlichen Regelungskomplexe mit Blick auf den nachfolgenden dritten Teil besser erklärt werden können. 1. Das Anteilsrecht nach der Einheitstheorie Ist die Einheit des Subjekts bei der Bruchteilsgemeinschaft als Lösungsansatz somit zunächst hinten angestellt, so liegt das Problemfeld vorrangig auf der Objektseite und hier bei der Frage, wie mehreren Subjekten ein subjektives Recht zugeordnet sein kann. Die heute herrschende Meinung, die der sog. „Einheitstheorie“ folgt, schreibt jedem Teilhaber ein durch die Mitberechtigung der anderen beschränktes, verselbstständigtes und dem Eigentum wesensgleiches Recht an dem
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s. § 2 B. II. 4. b). s. § 2 B. II. 4. e). s. § 2 B. II. 4. d).
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gemeinschaftlichen Gegenstand zu.449 Geteilt ist nach der Einheitstheorie nicht die Sache, nicht das Recht, sondern die Zuständigkeit.450 Den Grundstein451 für diese Theorie legten bereits Engländer und im Anschluss Larenz mit ihren Ansätzen, die auf dinglicher Ebene durch besondere Modifikationen des Rechtsinhalts bzw. des subjektiven Rechts selbst die Lösung für die Erklärung der Rechtsgemeinschaften sehen: Bei Engländer begegnen dem Leser die Rechtsanteile der Gemeinschafter als relativ unselbstständige Bestandteile einer Zuständigkeitsform,452 die wiederum selbst nur ein „Aggregatszustand“ des subjektiven Rechts ist.453 Dabei erfahren die Anteile selbst ihre genauere Ausgestaltung und Bestimmung durch eine besondere Synthese, die sich als „innere Ordnung“ 454 der Gemeinschaft darstellt, welche durch Festlegung und Beschränkung der Befugnisse die einzelnen Anteile voneinander abgrenzt.455 Nach Larenz ist die Stellung des Miteigentümers „eine nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ von der des Alleineigentümer verschiedene“ mit der Folge, dass sich insbesondere die Eigenart des Inhalts der Befugnisse des Miteigentümers abweichend von denen des Alleineigentümers darstelle.456 Die Gesamtheit aller Befugnisse des Miteigentümers, die dessen „Anteil“ ausmachten, stellen sich Larenz somit als „modifizierte, eingeschränkte und besonders ausgestaltete Eigentumsbefugnisse“457 dar, die neben den Rechtskreisen der übrigen Mitglieder bestünden, sich auf sie bezögen und auch wechselseitig beschränkten: „Das gesamte Recht [sei] aufgegliedert, […] [und] infolge seiner Aufgliederung zugleich inhaltlich abgewandelt und umgeformt.“458 In neuerer Zeit hat auch Schnorr mit seiner „dinglichen Einheitstheorie“ – ähnlich wie Engländer – den Versuch unternommen, die Gemeinschaft nach Bruchteilen lediglich auf dinglicher Ebene zu interpretieren. Die verschiedenen Teilhaberrechte seien modifizierte aber wesensgleiche Ausdrucksformen der Rechte des Vollrechtsinhabers.459 Gegenüber der Berechtigung eines Vollrechtsinhabers müssten die Anteilsinhaber jedoch „Federn lassen“, so dass deren Anteile als „geborene Krüppel“ erschienen, die in der „Re449 v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 741 Rn. 1; K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 2; Gehrlein, in: B/R, BGB, § 741 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB, Vor § 741 Rn. 3 f.; Langhein, in: Staudinger, BGB, Vor §§741 ff. Rn. 12 – 16; Völzmann, Rpfleger 2005, 64 (67). Anklänge dazu finden sich auch bei Hilbrandt AcP 202, 631 (639), der jedoch Anteilsrechte verneint. 450 v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 741 Rn. 1; K. Schmidt, MüKo, BGB, § 741 Rn. 2; Gehrlein, in: B/R, BGB, § 741 Rn. 1, 3; Aderhold, in: Erman, BGB, § 741 Rn. 1; Wilhelm, S. 83 Rn. 161; widersprüchlich Langhein, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 741 ff. Rn. 12; § 741 Rn. 256. 451 Vgl. nur Hadding, in: Soergel, BGB, Vor § 741 Rn. 4. 452 Engländer, S. 156. 453 Engländer, S. 39. 454 Engländer, S. 158 ff. 455 Engländer, S. 178 ff. Zum Ansatz Engländers insgesamt § 2 B. II. 3. a). 456 Larenz, JJb 83, 108 (127). 457 Larenz, JJb 83, 108 (128). 458 Larenz, JJb 83, 108 (129). 459 Schnorr, S. 38 f.
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lativierung“ der Befugnisse unter den Gemeinschaftern ihren Ausdruck fänden.460 Es ließen sich hier noch diverse andere Autoren aufführen,461 allerdings bedarf es für die hier verfolgten Zwecke keiner umfassenden und auf die verschiedenen Besonderheiten der Ansätze eingehenden weiteren Auseinandersetzung. Ausreichend ist die Feststellung, dass den vorgenannten Auffassungen inkl. der Einheitstheorie462 gemein ist, dass sie das Recht bzw. das Eigentum der Gemeinschafter im Vergleich zum Vollrechtsinhaber beschränkt, anpasst, modifiziert oder relativiert. Das Verhältnis der Eigentümer zueinander wird also durch Einwirkung auf das subjektive Recht ,harmonisiert‘. 2. Unvereinbarkeit der dinglichen Einheitstheorie mit dem Eigentumsbegriff Eine solche Harmonisierung des Gemeinschaftsverhältnisses durch eine, sei es auch noch so geringe, einschränkende Modifikation des subjektiven Rechts ist nach hier vertretener Auffassung allerdings unmöglich.463 Zur Begründung dieser Position ist an die bereits im Rahmen der Kritik zur Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung und ihren verschiedenen Ausprägungen gewonnenen Erkenntnisse anzuknüpfen: An erster Stelle stand die Feststellung, dass das Eigentum als „umfassendstes Herrschaftsrecht, das die Rechtsordnung an einer Sache zulässt“,464 als „totale Unterwerfung der Sache“,465 mehrere Vollrechtsinhaber an einer Sache im Sinne eines dominium plurium in solidum nicht zulässt, da die jeweiligen Rechte sich gegenseitig annihilieren.466 Dem folgte in Bezug auf Werners Erklärungsversuch der Gesamthand467 die Klarstellung, dass das geltende Recht eine diffuse Zwischenform der Zuständigkeit, die kein wirkliches Eigentum, sondern nur ein Sonderrecht von einem irgendwie gearteten sachenrechtlichen Gehalt vermittelt, neben dem Allein460
Schnorr, S. 45, 71, 77, 86 ff. Ähnlich auch Saenger, S. 85; Kattausch, S. 3 f., der die gemeinschaftliche Sache jedoch als „eigentumslos“ ansieht; weitere Nachweise bei Schnorr, S. 78 f.; Grimm, S. 16. 462 Da die herrschende Einheitstheorie der Bruchteilsgemeinschaft auch schuldrechtlichen Charakter beimisst, ist diese im Hinblick auf die „Beschränkung“ des subjektiven Rechts durch die übrigen Teilhaber bestenfalls ungenau, ließe sich daraus doch auch eine rein schuldrechtliche Beschränkung denken. Handlungen von dem „beschränkten Recht“ des jeweiligen Teilhabers unter dem Punkt der „Rechts- bzw. dogmatischen Struktur“ in Verbindung mit der konstatierten „Wesensgleichheit“ dieses Teilrechts zum Vollrecht (vgl. statt vieler nur K. Schmidt, in: MüKo, BGB § 741 Rn. 2) lassen jedoch auf dingliche Wirkungen schließen. 463 In diese Richtung argumentieren auch Steinlechner, S. 92 ff.; Girtanner, JJb 3, 223 (239 ff.). Auch v. Tuhr, S. 83 stellt in diesem Sinne fest: „Demgemäß haben wir beim schlichten Miteigentum ein Recht des A und ein Recht des B an derselben Sache. Jedes dieser Rechte ist nicht Eigentum, denn es fehlt die Ausschließlichkeit der Herrschaft.“ Wem allerdings das gemeinschaftliche Recht zuständig ist, wenn die Rechte der Miteigentümer nicht Eigentum sind, wird auf diese Weise nicht beantwortet. 464 Wolff/Raiser, S. 173. 465 Puchta, S. 316. 466 Siehe dazu § 3 B. II.; zum Eigentumsverständnis insgesamt § 3 A. 467 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 6 – 8. 461
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und dem Bruchteilseigentum nicht kennt.468 Diese zweite These ist nunmehr um eine dritte dahingehend zu ergänzen, dass eine „Verkrüppelung“469 des Eigentums durch irgendwie geartete Modifikationen, Beschränkungen oder Relativierungen mit dem hier gezeichneten Bild als umfassendem Herrschaftsrecht nicht in Einklang zu bringen ist. Exemplarisch für diese Fehlvorstellung ist das von Schnorr bediente Beispiel zur Interessenlage der Teilrechtsinhaber bei der Bruchteilsgemeinschaft als Zufallsgemeinschaft: Demnach könne keiner der ehemaligen Alleineigentümer zweier zuvor getrennter und nunmehr miteinander verbundener Sachen erwarten, weiterhin die Rechte eines Alleineigentümers voll ausüben zu können. Vielmehr würden sie von der Gewährung von Vollrechten überrascht, da sie mehr bekämen als sie vernünftigerweise erwarten konnten.470 Dies überzeugt nicht: Gesetzt, das Alleineigentum des Eigentümers E1 bestand an einem Rasenmäher, das des Eigentümers E2 an nicht serienmäßig hergestellten hochpreisigen Ersatzteilen, die zur Reparatur des Mähers verwendet werden. Liegen damit die Voraussetzungen des § 947 Abs. 1 BGB vor und wollen beide nunmehr den im Miteigentum stehenden Rasenmäher für die Grundstückspflege nutzen, so modifiziert dies doch nicht die Befugnisse des E1. E1 kann die Sache in gleicher Weise gebrauchen wie zuvor als Alleineigentümer und ist nicht etwa gehalten, für geringeren Verschleiß zu sorgen oder die Sache in geringerem zeitlichen Umfang zu nutzen als es für die Rasenpflege zuvor nötig war.471 Freilich kann E2 die ihm ebenfalls zustehenden Befugnisse, die sich von denen des Alleineigentümers und E1 nicht unterscheiden, nicht zur gleichen Zeit ausüben wie dieser. Dies ist aber ein rein tatsächliches Problem der Rechtekollision, das dem Eigentumsbegriff immanent ist und nicht durch eine Verstümmelung der Befugnisse auf dinglicher Ebene verschleiert werden kann. Nicht umsonst galt schon den Römern eine solche Art der Sachbeherrschung nur als „instabiler“472 „Ausnahmezustand“, der „möglichst bald in das ausschließliche Individualeigentum auszulaufen hat.“473 An dieser Situation hat sich unter Berücksichtigung des Umstands, dass das BGB einen überwiegend individualistisch geprägten römisch-rechtlichen Eigentumsbegriff kodifiziert hat,474 bis heute nichts geändert. Den verschiedenen Miteigentümern stehen von Art und Umfang her dieselben Rechte zu, wie dem Alleineigentümer, ohne dass diese sich auf 468
s. § 3 B. III. Schnorr, S. 45 470 Schnorr, S. 45. 471 Vgl. auch Grimm, S. 23; ten Hompel, S. 30 f. 472 Liebs, S. 152. 473 Dernburg, Preuß Privatrecht Bd. I, S. 531; vgl. ferner Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 150; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1026; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 384; Grimm, S. 39; Eck, S. 41; Habermeier, AcP 193, 364 (371). Zur Situation bei der „Erbengemeinschaft“ römischen Rechts vgl. Hoffmann, JURA 1995, 125. 474 Seiler, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 903 ff. Rn. 58; Endemann, Bürgerliches Recht Bd. II-1, S. 429 f.; Olzen, JuS 1984, 328 (335); vgl. dazu ferner Prütting, S. 114; Wolff/Raiser, S. 173; § 3 A. I. 469
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dinglicher Ebene irgendwie beschränkten oder modifizierten – es entsteht ein Spannungsverhältnis. Aus diesem Grunde steht es den Gemeinschaftern frei, die Gemeinschaft jederzeit aufzulösen (§ 749 BGB) oder sich im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§§ 744, 745 BGB) mit dem Zustand zu arrangieren.475 3. Die Bruchteilsgemeinschaft als Kollisionsgemeinschaft Durch dieses soeben beschriebene Spannungsverhältnis gestaltet sich die Gemeinschaft nach Bruchteilen auf dinglicher Ebene als eine Kollisionsgemeinschaft zwischen den einzelnen Gemeinschaftern. Entgegen Engländers476 Ansicht bestehen auch keine Bedenken, den Kollisionsgedanken auch bei der Bruchteilsgemeinschaft zu bemühen. Allein der Begriff der Gemeinschaft schließt es nicht aus, dass die Rechte der Gemeinschafter nicht miteinander kollidieren dürfen. Die von ihm zur Untermauerung seiner These gewählte Gegenüberstellung von § 741 BGB mit der vermeintlich davon zu unterscheidenden „tatsächlichen Rechtskollision“ in § 1024 BGB ist als Differenzierungskriterium nicht geeignet. Der aus § 1024 BGB folgende Anspruch auf eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung des Nutzungsrechts entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut des § 745 Abs. 2 BGB und legt so vielmehr den Schluss nahe, dass sich die Spannungs- bzw. Kollisionssituationen voneinander nicht unterscheiden.477, 478 Der Gedanke, die Bruchteilsgemeinschaft dem Rechtskollisionsgedanken zu unterstellen, ist freilich nicht erst der Feder des Verfassers entsprungen. Schon 475
Vgl. Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. I, S. 531; Tzermias, AcP 157, 455 (459). Engländer, S. 139 f., insbesondere Fn. 52. 477 Mit Recht weist der BGH, Urteil v. 19. 09. 2008 – Az.: V ZR 164/07 = NJW 2008, 3703 (3704 f.) darauf hin, dass es bei der der Kollision mehrerer Nutzungsrechte einer Regelung wie § 1024 BGB nur bedürfe, weil es zwischen den Gemeinschaftern an einer Verbindung untereinander fehle, aus der sich ein Anspruch auf interessengerechte Ausübung der Nutzungsrechte ergeben könne. Dass das Gesetz keinen Anlass dazu gibt, von der Unterschiedlichkeit der Rechtskollisionen im Verhältnis Miteigentümer-Miteigentümer und NutzungsrechtsinhaberNutzungsrechtsinhaber an einer Sache und zwischen Eigentümern und Nutzungsrechtsinhabern auszugehen, zeigt auch der vom BGH im o.g. Urteil entschiedene Sachverhalt, in dem die Nutzungsrechte des Eigentümers mit den nach dem Inhalt der Dienstbarkeit gleichrangigen Nutzungsrecht des Grunddienstbarkeitsinhabers in Konkurrenz standen. Hier bestehe eine der Gemeinschaft vergleichbare Lage, die es erlaube, auf § 745 Abs. 2 BGB in analoger Anwendung zurückzugreifen. 478 Logisch unhaltbar erscheint der diesbezügliche Einwand ten Hompels, S. 30, dass Rechte nie miteinander kollidieren könnten, da sie sonst ihren Rechtscharakter verlören. Diese Argumentation bewegt sich jedoch, wie sich insbesondere am Beispiel des Deliktsrechts zeigt, auf einen Zirkelschluss zu, der zu einer Annihilierung beinahe sämtlicher Rechte führte: Aus der Verletzung des Rechtes A durch die Ausübung des Rechtes B käme es folglich zu einer Negierung des Rechtes A, was wiederum dazu führte, dass Recht A aufhörte zu existieren und nicht verletzt werden könnte. Überdies zeigt sich bereits an dem bereits zuvor erwähnten § 1024 BGB, dass das Gesetz durchaus Situationen regelt, in denen es zu einer Rechtskollision bzw. Konkurrenz kommt. 476
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Krückmann hat im Rahmen seiner kritischen Bemerkungen zur Theorie Engländers zutreffend festgestellt, dass bei der „unendlichen Fülle von Gebrauchsmöglichkeiten“ der Einzelne nicht so leicht verkürzt werde, wenn ein Teilhaber besonders viele Gebrauchshandlungen vornehme. Es würden daher zutreffender Weise jedem Teilhaber zunächst alle Gebrauchshandlungen erlaubt, bis sich ein Teilhaber mit seinem Interesse melde. Ausschlaggebend ist letztlich die folgende Ausführung: „Man läßt es darauf ankommen, ob dies überhaupt geschehen wird.“479 Auch aktuellere Untersuchungen der Bruchteilsgemeinschaft orientieren sich in diese Richtung.480 Der Ansatz, jedem einzelnen Gemeinschafter grundsätzlich die Befugnisse eines Alleineigentümers einzuräumen, bringt jedoch unweigerlich den Gedanken an das hier bereits verworfene dominium plurium in solidum mit sich, so dass sich nachfolgend eingehender mit der dinglichen Konstruktion dieses ,Spannungsverhältnisses‘ auseinanderzusetzen ist. a) Die „Wiederauferstehung“ des dominium plurium in solidum Tatsächlich scheuen sich einige Stimmen auch im neuen Jahrtausend nicht, das bereits seit langer Zeit über dem dominium plurium in solidum ausgebreitete Leichentuch zurückzuschlagen und diesem auch481 bei der Bruchteilsgemeinschaft zu einer Renaissance482 zu verhelfen. aa) Die Bruchteilsgemeinschaft nach Hilbrandt So begreift Hilbrandt das Miteigentum bei der Bruchteilsgemeinschaft als „gewöhnliches Eigentum im Sinne des § 903 S. 1 BGB, welches jedoch nicht nur einer, sondern mehreren Personen zugeordnet [sei].“ Verfügungsgegenstand sei in jedem Fall das Eigentum und nicht – wie sich das Gesetz in dieser Beziehung missverständlich ausdrücke – ein wie auch immer vorstellbarer Anteil.483 Da es sich bei der ungeteilten Zuständigkeit mehrerer Subjekte zu einem subjektiven Recht um die 479
Krückmann, ZBlFG 1916, 41 (51); ähnlich Kattausch, S. 9. Madaus, AcP 212, 251 (284); Hilbrandt AcP 202, 631, die jedoch beide nicht konsequent verfahren und dem dominium plurium in solidum verfallen. Zum Inhalt der beiden Lösungsansätze sogleich unter a). 481 Zur hier bereits entsprechend vorgenommenen Einordnung einer Ausprägung der Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung vgl. § 3 B. II. 482 Dieser Ansatz findet sich auch schon bei Eisele, AcP 63, 27 (34): „Getheilt Kraft des Bestehens des Miteigenthumsverhältnisses an und für sich ist nichts.“ Die partes bezögen sich vielmehr auf die „unausbleibliche“ zukünftige Teilung, so dass man sagen könne: „[…]die partes geben das Verhältnis an, nach welchem die Miteigenthümer zu theilen haben.“ Auch wenn sich Eisele dagegen wehrt, ändert dies nichts daran, dass bis zum Teilungsfalle ein dominium plurium solidum vorliegt (so zutreffend Grimm, S. 18, 26); diese Auffassung steht im Übrigen im Widerspruch mit dem Gesetz, da dieses den sog. partes auch während des Bestehens der Gemeinschaft Wirkungen beimisst, (vgl. nur §§ 745 Abs. 1, 748 BGB). 483 Hilbrandt AcP 202, 631 (641, 651). 480
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typische Problematik des dominium plurium in solidum handelt, wie sie die Literatur schon seit Veracius’ Ausführungen zur bambergischen Gütergemeinschaft der Ehegatten beschäftigt,484 kann zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die hier bereits zur Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung angebrachten Kritik verwiesen werden. Hilbrandt scheint die Problematik der ungeteilten Zuständigkeit im Hinblick auf den Grundsatz „duorum in solidum dominium vel possessio esse non potest“ überhaupt nur die beiläufige Erwähnung in einer Fußnote wert, obwohl sie über die Literatur des deutschen Privatrechts hinaus auch die aktuellere Gesamthandsdogmatik beschäftigt hat.485 Die fehlende Berücksichtigung des Diskurses zeigt sich darin, dass sich Hilbrandt mit dem Einwand, die Zuständigkeitsfrage könne nicht denklogisch beantwortet werden,486 zwar eines Arguments bedient, das schon von Stimmen in der Literatur des deutschen Privatrechts gegenüber den Romanisten geltend gemacht worden ist,487 welches aber nach Einführung des BGB mit seiner römischrechtlich geprägten Eigentumsordnung, in die die Gesamthand einzufügen ist, nicht mehr geltend gemacht werden kann. Auch bringt Hilbrandt seinen eigenen Ansatz nicht konsequent zur Durchführung: Er geht davon aus, dass die Bruchteilsgemeinschaft an einem subjektiven Recht bestehe, das mehreren voll zuständig sei, so dass jeder über das Eigentum an der Sache (seinen ,Anteil‘) verfügen könne.488 Führt man diesen Gedanken konsequent durch, so müsste in der Anteilsverfügung nach § 747 S. 1 BGB eine Verfügung über das („eine“)489 gesamte Subjektive Recht liegen mit der Folge, dass die Gemeinschaft aufgelöst würde, da ihr die Sachgrundlage entzogen wird. Zu diesem Schluss gelangt Hilbrandt jedoch nicht, denn § 747 S. 1 BGB berechtige lediglich zu Verfügungen, die den Individualbereich beträfen, wozu die Verfügung über die „(Mit-)Inhaberstellung“ zähle, und nicht zu Verfügungen über den davon zu unterscheidenden „Gemeinschaftsbereich“.490 Mit diesen Gedanken wird aber nicht nur deutlich, dass Hilbrandt den Miteigentümer doch über etwas anderes – dem Gesetz in dieser Form Unbekanntes – verfügen lassen will als das „gewöhnliche“ Eigentum im Sinne des § 903 BGB,491 sondern ferner, dass er mit seiner Konstruktion den Mitglied484
Siehe dazu Fn. 7 in Teil I. Vgl. nur Flume, ZHR 136, 177 (197) mit Bezug auf Hasse, S. 53. 486 Hilbrandt AcP 202, 631 (643). 487 Endemann, Bürgerliches Recht Bd. II6, S. 269 Fn. 1; Duncker, S. 11 f.; Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 77 f.; Hasse, S. 18 ff. 488 Vgl. Hilbrandt AcP 202, 631 (641, 651, 655 f.). 489 Zu einer Vervielfältigung des subjektiven Rechts wie bei Madaus (dazu sogleich) kommt es also gerade nicht. 490 Hilbrandt AcP 202, 631 (641 f.). 491 Dies zeigt sich insbesondere daran, dass der Erwerb des Miteigentums dem Erwerb von Eigentum, welches mit dinglichen Nutzungsrechten belastet ist, ähneln soll. Hier allerdings mit der Abwandlung, dass Anteilsveräußerer- und Erwerber sich über die Übertragung des (vollen?) Eigentums einig sind, das aber mehreren zustehe und daher in seiner Ausübung beschränkt sei (655 f.). Dass die Lösung der Zuordnungsproblematik nicht auf Ebene der Eigentumsbefugnisse erfolgen kann, hat nun schon die Kritik zu den Aufgliederungstheorien 485
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schaftstheorien von Fabricius, Buchda und Saenger näher steht als ihm bewusst oder lieb ist. bb) Die Bruchteilsgemeinschaft nach Madaus Nicht minder kritikwürdig ist der Gedanke Madaus’ von der Vervielfältigung des Vollrechts. Für ihn liegt es am nächsten, die Vielheit der Personen bei der Bruchteilsgemeinschaft in einer Vielheit subjektiver Rechte fortzusetzen.492 Wie auch Hilbrandt geht er davon aus, dass das Anteilsrecht mit dem Vollrecht nicht nur wesensgleich, sondern identisch sei und sich die Unterschiede zwischen Allein- und Miteigentum allein auf die Ausübung der Befugnisse beschränkten.493 Madaus setzt sich im Gegensatz zu Hilbrandt zwar etwas umfangreicher mit dem dominium plurium in solidum auseinander, geht aber fälschlicherweise davon aus, dass dieses nicht die von ihm vertretene Kollision mehrerer Vollrechte erfasse.494 Demgegenüber macht es jedoch mit Rücksicht auf die Eigenschaften des Eigentumsbegriffs keinen Unterschied, ob mehrere Rechtssubjekte bloß einem subjektiven Recht voll zuständig sind, ober ob mehrere subjektive Vollrechte mehrerer Rechtssubjekte um die absolute Sachherrschaft an einer Sache als Bezugsobjekt des subjektiven Rechts konkurrieren. Wie bereits für die Gesamthandsgemeinschaften mit Blick auf den Ansatz Buchdas festgestellt, wird das Spannungsverhältnis dadurch lediglich verlagert.495 Dies gilt unabhängig davon, ob nun mehrere dem Vollrecht wesensgleiche Rechte oder im Sinne Madaus’ tatsächlich mehrere volle subjektive Rechte an einer Sache miteinander konkurrieren. Problematischer als es Madaus darstellt gestaltet sich ferner die Frage der Dereliktion und der Aneignung der Sache.496 Wie soll eine Sache herrenlos werden, wenn mehrere gleichwertige Vollrechte um sie konkurrieren und wie soll sich ein Aneignungsakt an einer herrenlosen (!) Sache vollziehen, wenn diese immer noch Bezugsobjekt mehrerer konkurrierender Eigentumsrechte ist? Vorstellbar wäre dies allenfalls, wenn man das subjektive Recht (besser wohl: eines der vielen) als Dereliktions- und Aneignungsbezugspunkt auffasste. Dies entspricht aber weder dem rechtlichen Vorgang, da durch die Dereliktion das bisherige Eigentum aufgegeben und anders als bei der Zession ein neues subjektives Recht begründet wird, noch ließe sich dies mit dem Wortlaut der §§ 958 f. BGB vereingezeigt und ist bereits vor über 200 Jahren von Hasse, S. 35 als Lösungsansatz ausgeschlossen worden. Der vorliegende Ansatz der Übertragung vollen Eigentums mit beschränkter Ausübungsbefugnis ist daher nicht minder widersprüchlich als das dominium plurium in solidum. 492 Madaus, AcP 212, 251 (262 f.); so schon v. Tuhr, S. 82. 493 Madaus, AcP 212, 251 (264). 494 Madaus, AcP 212, 251 (262 Fn. 45, 266). 495 Siehe Fn. 77. Dies muss Madaus, AcP 212, 251 (264) dann auch umgehend selbst eingestehen, indem er schreibt: „Natürlich ist ein Eigentümer neben einem weiteren Eigentümer derselben Sache nicht so unbeschränkt in seiner Herrschaft wie ein Alleineigentümer. Der Begriff des Vollrechts darf aber eben auch nicht mit dem der Alleinberechtigung gleichgesetzt werden.“ 496 Vgl. Madaus, AcP 212, 251 (279 f.).
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baren. Denn herrenlos wird die Sache selbst als fassbares Objekt und nicht das Eigentumsrecht als solches. Konsequenz der von Madaus’ gewählten Konstruktion kann bei logisch stringenter Durchführung nur die für das dominium plurium in solidum vertretene sein, dass für die übrigen Miteigentümer insofern nur eine Beschränkung wegfällt und nichts übrig bleibt, dass Gegenstand einer Aneignung sein könnte.497 Auch der Gedanke, der Miteigentümer verfüge gem. § 747 S. 1 BGB über sein Vollrecht an dem Bezugsobjekt lässt sich nur schwer mit der Logik in Einklang bringen. Der Erwerber des „Anteils“ erwirbt zwar das Volleigentum und damit die Summe aller(!) Rechte und Pflichten an der Sache,498 allerdings wird ihm das wohl gewichtigste Recht des Voll-(!)Eigentümers, gemäß § 903 BGB über die ganze Sache(!)499 zu verfügen, vorenthalten.500 Der Erwerber des vollen Mit- nicht aber Alleineigentums erhält daher nichts weiter als ein Placebo. Will der Erwerber des „Anteils“ wie ein ,richtiger‘ Volleigentümer auch über die Substanz der Sache verfügen können, so führt dies nach Madaus’ Vervielfältigungstheorie zu der merkwürdigen und äußerst gekünstelten Konsequenz, dass der Erwerber mehrere volle Miteigentumsrechte erwerben muss, die sich dann letztlich zu einem vollen Alleineigentum in seiner Person vereinigen.501 b) Eigener Lösungsansatz: Innerrechtliche Befugniskollision bei geteilter Rechtszuständigkeit aa) Vorüberlegung Auch wenn die bisherigen Darstellungsversuche einer Vollrechtskollision mit dem Eigentumsbegriff nicht in Einklang zu bringen sind, kann an dieser Konstruktion festgehalten werden, ohne auf der einen Seite das dominium plurium in solidum wiederzubeleben oder auf der anderen Seite von einer unmittelbaren Zuständigkeit 497 Bolley, Monatschrift f. d. Justizpflege in Württ. 2, 185 (194): „Denn bei dem deutschen Gesammt-Eigenthum wird jeder als Eigenthümer des Ganzen betrachtet. […] Tritt einer aus, so […] fällt die Schranke weg, wodurch der andere in der Ausübung seines solidarischen Eigenthums gehindert war.“; ähnlich auch Scherer, S. 188; vgl. ferner RG, Urteil v. 23. 02. 1907 – Az.: I 404/06 = RGZ 65, 227 (235 ff.); Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (4 f.). Madaus, AcP 212, 251 (280) will diese Konsequenz ohne triftigen Grund allerdings nur für andere Rechte als Eigentum ziehen und behilft sich für das Eigentum mit der Aussage, dass in der Eigentumsaufgabe im Ergebnis eine quotenändernde Anteilsübertragung an die verbleibenden Teilhaber liege. 498 Madaus, AcP 212, 251 (275). 499 Und nicht etwa nur über das subjektive Vollrecht an dieser. Dies verdeutlicht das Grundproblem dieses Ansatzes: Das Eigentum als subjektives Recht wird von seinem realen Bezugsobjekt, der Sache, gelöst und kann so nicht mehr „leisten“, was es von Gesetzes wegen eigentlich gewähren können soll. 500 Vgl. schon die ähnliche Kritik an der Vollrechtskonkurrenz bei den Gesamthandsgemeinschaften bei Fabricius, S. 136 sowie zum Konflikt der Verfügungsbefugnisse Hasse, S. 33. 501 Vgl. Madaus, AcP 212, 251 (276).
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der Gemeinschafter Abstand zu nehmen und die Bruchteilsgemeinschaft zum Rechtssubjekt zu erheben. Ausgangspunkt ist das der Untersuchung zugrunde gelegte Verständnis des Zuständigkeitsbegriffs, das hier zunächst kurz zu rekapitulieren ist. Im Anschluss an Fabricius wird hier davon ausgegangen, dass das heute von der herrschenden Meinung als verobjektiviert betrachtete subjektive Recht einem Rechtssubjekt durch die objektiven Rechtsordnung mit der Folge der Rechtszuständigkeit als „Eigenschaft“ im Rahmen des Denkvorgangs „subjektives Recht als Objekt – Zuordnung als Funktion – Verknüpfung mit einem Subjekt als Zustand – Zuständigkeit“ erfolgt.502 Ergänzend wurde im Rahmen der Kritik an der Aufgliederungslehre Engländers herausgearbeitet, dass das subjektive Recht als Form grundsätzlich nicht gleichgesetzt werden kann mit seinem Inhalt, den Eigentumsbefugnissen. Diese werden von dem subjektiven Recht vielmehr erst vermittelt.503 Übertragen auf die Bruchteilsgemeinschaft bedeutet dies, dass das subjektive Recht als ,Form‘ den Gemeinschaftern zu ideellen Anteilen zuständig ist. Vermöge dieser Anteile konkurrieren die Gemeinschafter im Rahmen des einen Rechts um die Ausübung des einen – und nicht etwa irgendwie vervielfältigten – Rechtsinhalts, der ihnen vermöge ihrer Zuständigkeit zu dem subjektiven Recht zusteht. Den grundlegenden Gedanken für die weitere Konstruktion bildet die von Krückmann getroffene Aussage, dass bei der „unendlichen Fülle von Gebrauchsmöglichkeiten“ der einzelne in seinen Rechten so schnell nicht verkürzt werde.504 Veranschaulichen lässt sich der Ansatz am besten mit folgendem Beispiel: Gesetzt, zwei Rechtsanwalts-Kanzleien entscheiden sich, für die bereits bestehende Bürogemeinschaft einen gemeinsamen Server als Grundlage für den Betrieb einer Kanzleisoftware und der Dokumentenverwaltung im Bruchteilseigentum zu jeweils 50 % anzuschaffen. Beide Kanzleien können den Server im Wege der Dokumentenspeicherung für den bestimmungsgemäßen Gebrauch nutzen, ohne sich gegenseitig bei der Ausübung einzuschränken.505 Ein subjektives Recht kann demnach im Hinblick auf die Sache, auf die es sich bezieht, durchaus so beschaffen sein, dass die von dem subjektiven Recht als Form vermittelten Befugnisse als dessen Inhalt von den Miteigentümern simultan ausgeübt werden können, ohne dass man sich einer Rechtsvervielfältigung bedienen müsste.
502
Fabricius, S. 121, vgl. ferner schon § 3 A. II. Fabricius, S. 128 f. im Anschluss an Hirsch, S. 6, 24 ff. Vgl. im Übrigen § 3 C. I. 504 Siehe Fn. 479. 505 Moderne Multi-Prozessoren-Server-Systeme bewältigen die Verarbeitung von weniger komplexen Vorgängen wie der Dokumentenverwaltung oder simultaner Datenbankzugriffe bei Softwareanwendungen wie RA-Micro heute mühelos und ohne dass die simultane Nutzung die Nutzungsgeschwindigkeit einschränken würde. 503
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bb) Koordination der Befugnisse durch die verwaltungsgesamthänderische Vereinigung Freilich können sich die Miteigentümer auch im Rahmen der angeführten Beispiele gegenseitig beschränken. Etwa indem ein Nutzer den gemeinschaftlichen Server binnen weniger Tage mit derart viel Datenmüll lahmlegt, dass er auch für die andere nicht mehr nutzbar wird. Ferner kann es aber auch in der Natur der vom Eigentumsrecht beherrschten Sache liegen, dass diese sich nicht für den simultanen Gebrauch eignet und mithin ein weitaus größeres Konflikt- bzw. Kollisionspotential bei der Ausübung der von dem subjektiven Recht vermittelten Befugnisse entsteht. Gleichwohl wurde schon zuvor darauf verwiesen, dass es die Absolutheit des Eigentumsrechts ausschließt, diese Kollision durch „Verkrüppelung“ der Eigentumsbefugnisse zu lösen. Anders als die römisch-rechtliche Gemeinschaft, die grundsätzlich die Teilung als Lösung dieses Konflikts in den Vordergrund stellt und so allenfalls mittels „indirekten Zwangs“ erwirkt, dass sich die Miteigentümer „von Fall zu Fall vertragen“,506 hat das BGB die Bruchteilsgemeinschaft wie schon das Preuß. Allgemeine Landrecht in Teil I Titel 17 sein „gemeinschaftliches Eigentum“ als eine jedenfalls nicht von nur gänzlich vorübergehender Dauer bestehende Form mehrheitlicher Beteiligung an einer Sache konzipiert,507 die das „Arrangement“ in den Grundzügen vorgibt. Ausprägung dieser Besonderheit gegenüber dem Römischen Recht ist entgegen der herrschenden Einheitstheorie kein aus der Bruchteilsgemeinschaft entspringendes gesetzliches Schuldverhältnis,508 vielmehr wird die innerrechtliche Kollision bei der Ausübung der Eigentumsbefugnisse durch koordinierende Regelungen personenrechtlichen Charakters, die über bloß schuldrechtliche Verpflichtungen hinaus gehen, abgemildert, keinesfalls aber gänzlich ausgeräumt.509
506
Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. I, S. 531. Langhein, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 741 – 758 Rn. 6; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 384 auch in Anknüpfung an die Regelungen des ALR; ausdrücklich dazu: Dernburg, Preußisches Privatrecht Bd. I, S. 531; weniger deutlich, jedoch den Gemeinschaftscharakter der preußischen Miteigentums gegenüber dem Römischen Recht in den Vordergrund stellend Engelmann, S. 146 f.; Boas, S. 57 f. Das Verhältnis ist wie im ALR vielmehr ins Gegenteil verkehrt, § 13 ALR I 17: Der mindere Theil der Miteigentümer muß sich also dem Schlusse der mehrern unterwerfen, oder die Aufhebung der Gemeinschaft fordern. Im Übrigen unterscheiden sich das gemeinschaftliche Eigentum des ALR und die Bruchteilsgemeinschaft des BGB mit Ausnahme des Vorkaufsrechts nach § 61 ALR I 17 nur unwesentlich voneinander. Vgl. dazu § 3 B. I. 2. 508 So aber BGH, Urteil. v. 26. 03. 1974 – Az.: VI ZR 103/72 = NJW 1974, 1189 (1190); vgl. auch BGH, Urteil v. 07. 06. 1991 – Az.: V ZR 175/90 = NJW 1991, 2488 (2490); ferner K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 3; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 741 Rn. 2; Hadding, in: Soergel, BGB, Vor § 741 Rn. 7; v. Gamm, in: BGB-RGRK, § 741 Rn. 2; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1030. 509 A.A. Madaus, AcP 212, 251 (295), der die Kollision durch die §§ 741 ff. BGB „behoben“ sieht. 507
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Die Bruchteilsgemeinschaft stellt sich somit als eine Verwaltungsgesamthand510 dar, die in Ermangelung eines dinglich gebundenen gemeinschaftlichen Sondervermögens511 und der damit einhergehenden fehlenden Bindung der Gemeinschafter aneinander lediglich auf der Objekteseite Wirkungen entfaltet und die Bruchteilsgemeinschaft anders als die Gesamthand folglich nicht zu einem Rechtssubjekt erhebt.512, 513 Die Gemeinschafter bleiben mithin unmittelbar an dem gemeinschaftlichen Vermögensgegenstand berechtigt.514 cc) Ausprägungen und Wirkungen der Verwaltungsgesamthand Soll die Behauptung einer Verwaltungsgemeinschaft zu gesamten Hand nicht nur eine hohle Phrase bleiben, gilt es nunmehr den Begriff mit Leben zu füllen, indem die Ausprägungen und Wirkungen der Verwaltungsgesamthand jedenfalls Ausschnittsweise beleuchtet werden. Der Gesamthandscharakter der Gemeinschaft kommt vornehmlich in den Regelungen der §§ 743 – 746, 748 BGB zum Ausdruck. Anders als die h.M., die die Regelungen lediglich als Folge des aus Gemeinschaft entspringenden gesetzlichen Schuldverhältnisses sieht,515 vermögen durch Anerkennung deren personenrechtlichen bzw. Gesamthandscharakters auch die teilweise von ihnen herbeigeführten dinglichen Wirkungen besser erklärt zu werden. Streut man mit der teilweisen Anwendung des Gesamthandsprinzips hinsichtlich der Organisation korporative Elemente, die schon die Grenzen zwischen Gesamthand und juristischer Person verschwimmen lassen,516 in die Bruchteilsgemeinschaft, so entwickelt sich über das bloße Maß relativer Schuldverhältnisse hinaus eine Verwal510 Vergleichbare Ausführungen mit Anklängen an die deutschrechtliche Gesamthand finden sich auch bei Plathner, Gruchots Beiträge 22, 583 (586), der die Miteigentümer im Rahmen des gemeinschaftlichen Eigentums des ALR als Mitglieder einer Gemeinschaft betrachtet, „die von Haus aus in einem bestimmten Rechtsverhältnis zueinander [stehen].“ 511 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1028 f.; a.A. Saenger, S. 99. 512 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1027 Fn. 11, 1030; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 385; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 673; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). Klarzustellen ist, dass sich hier lediglich Gierkes Gedanken der Verwaltungsgemeinschaft zur gesamten Hand bedient wird. Soweit es um die Frage geht, was im Rahmen der Gemeinschaft geteilt ist, geht er nämlich davon aus, dass eine Sachteilung stattfindet, Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 47 Fn. 39. Dem kann hier nicht gefolgt werden; vielmehr ist aus o.g. Erwägungen an dem Gedanken der Teilung der Zuständigkeit festzuhalten. Zur Kritik an Gierkes Sachbegriff vgl. ten Hompel, S. 21 ff. 513 Plathner, Gruchots Beiträge 22, 583 (587) erblickt in der Gemeinschaft ein Rechtssubjekt, das zwar nicht gegenüber Dritten, jedoch gegenüber der gemeinschaftlichen Sache wirksam ist. 514 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 383, 385. 515 Hinsichtlich § 743 BGB vgl. K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 743 Rn. 1; v. Ditfurth, in: P/ W/W, BGB, § 743 Rn. 2; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 743 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB, § 743 Rn. 1. Zu § 748 BGB K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 748 Rn. 2; Saenger, in: NHKBGB, § 748 Rn. 1 f.; vgl. ferner Aderhold, in: Erman, BGB, § 748 Rn. 1 ff. Zur Bruchteilsgemeinschaft als „Ursprung“ gesetzlicher Schuldverhältnisse vgl. Fn. 508. 516 Zu diesem Problemkomplex vgl. § 3 E. II. 2.
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tungsgemeinschaft, die, ohne selbst rechtsfähig zu sein, eine gewisse Unabhängigkeit von ihrem Gemeinschafterbestand erfährt, gleichzeitig aber in absoluter Abhängigkeit der geteilten Zuständigkeit mehrerer Rechtssubjekte zu einem subjektiven Recht als ihrem Entstehungsgrund besteht. Der Regelungsgehalt des § 746 BGB, der die Wirksamkeit im Rahmen der Gemeinschaft getroffener Verwaltungs- und Benutzungsregelungen auf Rechtsnachfolger erstreckt und dessen dingliche Wirkungen anerkannt sind,517 ergeht sich folglich in einer bloßen Selbstverständlichkeit, die aus der Verwaltungsgemeinschaft zu gesamten Hand folgt. Im Übrigen – und dies gilt insbesondere für § 743 BGB – ergänzen die Gemeinschaftsregelungen lediglich die dem Gemeinschafter ohnehin vermöge seiner Anteilszuständigkeit zu dem subjektiven Recht zustehenden, dem Alleineigentümer gleichgestellten unbeschränkten Rechte und koordinieren so die Ausübung der aus dem gemeinschaftlichen Recht entspringenden Befugnisse ohne sie zu „modifizieren“ oder zu „verkrüppeln“.518 dd) Der Anteil im Sinne des § 747 BGB und die dinglichen Wirkungen der Verwaltungsgesamthand Was den veräußerlichen Anteil des Gemeinschafters im Sinne des § 747 S. 1 BGB betrifft, so besteht kein Grund, von der herrschenden Einheitstheorie abzuweichen und ihn nicht als ideell gedachten Eigentumsanteil zu betrachten,519 solange man sich darauf verständigt, dass die Begrifflichkeit des „Anteils“ die Teilhabe des Gemeinschafters auf dinglicher Ebene grundsätzlich nicht beeinflusst.520 Neben der Zuordnung des subjektiven Rechts im Sinne des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ist der Anteil zum einen ausschlaggebend für die Bestimmung wirtschaftlichen Werts der Beteiligung im Hinblick auf den zu erwartenden Veräußerungserlös, dient aber vor allem bei der Koordination der Ausübung der Eigentumsrechte im Rahmen der Verwaltungsgesamthand als ,Berechtigungsmaßstab‘, 517 Protokolle zu § 758 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 1210; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 746 Rn. 8. 518 Die Situation ist vergleichbar mit der Koordination der Ausübung der verschiedenen Mitgliedschaftsrechte an dem Eigentum der rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaft, nur, dass bei der Bruchteilsgemeinschaft nicht mehrere Eigentumsrechte vorliegen, sondern mehrere Rechtssubjekte um die Ausübung des einen Rechtsinhalts konkurrieren. Dies verkennt Schnorr, S. 171 wenn er meint, § 743 Abs. 2 enthalte die „modifizierten Befugnisse nach § 903 BGB“. 519 K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 BGB Rn. 2; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 741 Rn. 1; Aderhold, in: Erman, BGB, § 741 Rn. 1; Gehrlein, in: B/R, BGB, § 741 Rn. 1. 520 Indes sollte man darauf verzichten, – und nur insoweit ist sich Madaus, AcP 212, 251 (264) anzuschließen – den gem. § 747 S. 1 BGB verselbstständigen Eigentumsanteil als dem Eigentum „wesensgleich“ zu bezeichnen, (vgl. nur K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 BGB Rn. 2) denn der Anteil ist Eigentum. Gleichwohl kein vervielfältigtes subjektives Recht im Sinne Madaus’, sondern ein verselbstständigter Eigentumssplitter, der sich von den beschränkt dinglichen Rechten als verselbstständigten Rechtsinhaltssplittern (insofern wird von der bisher gebräuchlichen Terminologie abgewichen, vgl. dazu Fn. 65) dadurch unterscheidet, dass nicht nur ein Rechtsinhalt verselbstständigt wird, sondern der gesamte Rechtsinhalt vermöge der anteiligen Zuständigkeit zum Eigentumsrecht als Objekt.
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§§ 743 Abs. 1, 745 Abs. 1 S. 2, 748 BGB. Über § 746 BGB hinaus zeigen sich auch im Rahmen der Verwaltungsregelungen bei § 744 Abs. 2 BGB dingliche Wirkungen, die über den Charakter eines einfachen Schuldverhältnisses hinausgehen. Entgegen der herrschenden Meinung, die dem einzelnen Miteigentümer bei Verfügungsgeschäften i.S.d. § 744 Abs. 2 BGB bspw. über zu verderben drohende Früchte lediglich eine Vertretungsmacht bzw. Verfügungsbefugnis gegenüber den übrigen Miteigentümern einräumen will,521 steht das Recht dem Gemeinschafter grundsätzlich gleich dem eines Alleineigentümers an dem gemeinschaftlichen Rechtsinhalt von Beginn an zu. Dieses Recht ist allerdings im Interesse der Dauerhaftigkeit der Gemeinschaft von den Verwaltungsgesamthandsregelungen überlagert.522 Die Besonderheit der hier vertretenen Kollisionslösung ermöglicht es, hier nicht nur von einem bloßen Anspruch auf Duldung der Maßnahme oder von einem Eingriffsrecht523 zu reden, sondern von einer originären Berechtigung des Miteigentümers. In den Ausnahmefällen der Erhaltungsmaßnahmen kann der Gesamthänder quasi wie ein Alleineigentümer verfügen, während die Berechtigungen der tatenlosen Gemeinschafter für diese Handlung durch das Gesamthandsprinzip auf dinglicher Ebene komplett ausgeblendet werden.524 ee) Zur Verfügungsbefugnis Durch diese Konstruktion ergibt sich freilich eine Problematik, die auch bei den Konstruktionsversuchen Madaus’ und Hilbrandts zuvor moniert wurde: Hat der ,Anteil‘ grundsätzlich keinerlei Bewandtnis für die dingliche Seite der Gemeinschaft und stehen somit die Gemeinschafter in Konkurrenz um die Ausübung des vergemeinschafteten Rechts, so könnten sie doch ein Recht niemals allein ausüben, ohne gem. § 745 Abs. 3 S. 2 BGB unzulässiger Weise den Anteil eines anderen Gemeinschafters zu berühren. Die Rede ist von der Verfügungsbefugnis an dem gemeinschaftlichen Recht als dem wohl prägendsten Ausfluss der Ausschließlichkeit des Eigentumsrechts, der als solcher ebenfalls keiner Modifikation fähig ist; der 521 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 745 Rn. 44; Gehrlein, in: B/R, BGB, § 744 Rn. 6; Saenger, in: NHK-BGB, § 744 Rn. 5; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 744 Rn. 39. 522 Dazu soeben unter bb); insbesondere Fn. 507. 523 So bspw. Gehrlein, in: B/R, BGB, § 744 Rn. 5; Hadding, in: Soergel, BGB, § 744 Rn. 4 f. 524 Der Gedanke lässt sich auch auf § 745 BGB für die Fälle übertragen, in denen die Mehrheit der Gemeinschafter zu entsprechenden Handlungen befähigt ist. Man wird die Wirkung des verwaltungsgesamthänderischen (nicht des persönlichen(!) – dieses bilden nur wirkliche Gesamthandsgemeinschaften aus) Bandes metaphorisch mit dem einer semipermeablen Membran vergleichen können. Bedenkt man, dass die Anteile der Gemeinschafter am subjektiven Recht grundsätzlich nur für die Verwaltungsgemeinschaft und die Koordination der Ausübung der Befugnisse von Bedeutung ist, so erlaubt die Vorstellung von der Semipermeabilität der Anteile, dass sich die Befugnisse des einzelnen bzw. der Mehrheit für den Einzelfall auf die aller Gemeinschafter ausdehnen können, wenngleich die Anteile durch diese Vorgänge niemals gänzlich ausgeblendet werden. Diese Möglichkeit ist der Gemeinschaft inhärent, so dass dementsprechend nicht von einem Anspruch auf Duldung gegen die übrigen Gemeinschafter oder von einem Eingriff gesprochen werden kann.
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Eigentümer kann eine Sache veräußern oder er kann es eben nicht.525 Eine irgendwie beschränkte Verfügungsbefugnis wäre nichts anderes als eine contradictio in adiecto. Einen Ausweg bietet jedoch die folgende Erwägung in den Protokollen zum Inhalt des Eigentumsrechts: „Nicht zum Begriffe des Eigenthumes gehöre das […] Recht „über die Sache zu verfügen“, d. h. rechtlich zu verfügen.“526 Betrachtet man die Verfügungsbefugnis im Anschluss an die Erwägungen in den Protokollen und die überzeugende Überlegung Kattauschs nicht als Inhalt des Eigentumsrechts, so wird hier zwar ein Widerspruch mit den vorangegangenen Ausführungen vermieden, jedoch bedarf es ferner einer Antwort darauf, wie das rechtliche Schicksal der Verfügungsbefugnis alternativ zu werten ist. Zu einem stimmigen Ergebnis gelangt man, wenn man die Verfügungsbefugnis über ein subjektives Recht als Modus der Alleinzuständigkeit zu dem bestimmten subjektiven Recht betrachtet. Auf diese Weise erklärt sich ohne jede Friktion mit der Gesetzessystematik die Befähigung des Gemeinschafters, über seinen ideellen Anteil an dem subjektiven Recht gem. § 747 S. 1 BGB zu verfügen. Denn diesem verselbstständigten ideellen Anteil an dem subjektiven Recht ist der Gemeinschafter allein zuständig, er gehört – um es in den deutlicheren Worten des Allgemeinen Landrechts zu formulieren – „zum besonderen Eigenthume desselben“.527 Die Regelung des § 747 S. 2 BGB statuiert folglich ebenso wie § 746 BGB lediglich eine Selbstverständlichkeit, die bereits aus dem hier verfolgten Zuständigkeitsbegriff folgt: Da der Gemeinschafter nur seinem eigenen Anteil alleinzuständig ist, kann er über das gesamte subjektive Recht selbstverständlich auch nicht verfügen.528 Soll daher das gesamte subjektive Recht übertragen werden, so bedarf es einer koordinierten Verfügung aller Gemeinschafter über den jeweils eigenen Anteil.529 ff) Scheidung von Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthand Auf Basis dessen lässt sich abschließend nicht nur ohne weiteres die Abgrenzung der Bruchteilsgemeinschaft von der Gesamthand vornehmen, sondern auch das für die Gesamthandsgemeinschaft gewonnene Ergebnis bestätigen. Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass im Rahmen des Gesamthandsprinzips kein Raum für fest bestimmte Bruchteile der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen ist. Hielte man an der heute noch herrschenden Meinung der ungeteilten Gesamtberechtigung fest, bei der die einzelnen Gesamthänder in ihrer Verbundenheit Eigentümer der Vermögensgegenstände sind, wobei jeder Eigentümer der ganzen 525
Vgl. Saenger, S. 96; Hasse, S. 33. Protokolle zu §§ 903 – 905 BGB, in: Mugdan Bd. III, S. 578. Auch Kattausch, S. 11 Fn. 10 hat dahingehend bemerkt, dass „ein Recht nicht Objekt seiner selbst“ sein könne, den Gedanken allerdings nicht weiter vertieft. 527 § 4 ALR I 17. 528 K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 2 a.E.; von Tuhr, S. 84; so auch Bornemann, Preuß. Civilrecht Bd. IV, S. 2 für das gemeinschaftliche Eigentum im ALR. 529 Zutreffend K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 747 Rn. 25; Hadding, in: Soergel, BGB, § 747 Rn. 4; Kattausch, S. 12; a. A. Gehrlein, in: B/R, BGB, § 747 Rn. 7. 526
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Sache beschränkt durch die anderen ist, so führte dies zu einer ungeteilten Vollzuständigkeit – mit Folge der absoluten Verfügungsbefugnis (!) – zu einem subjektiven Recht im Rahmen derer die verschiedenen Vollberechtigungen einander annihilierten.530 Während daher die Gesamthandsproblematik mit Erhebung der Gemeinschaft zu einem Rechtssubjekt mit der Folge einer bloß mitgliedschaftlichen Berechtigung der Gesamthänder an dem Sondervermögen von der Subjektseite zu lösen war,531 bedarf es nach der hier gewählten Konstruktion dieses Schrittes bei der Gemeinschaft nicht. Die Zuständigkeit der Gemeinschafter bleibt eine unmittelbar dingliche nach festen Bruchteilen.532 4. Zur Notwendigkeit der Einheit des Subjekts Nachdem sich gezeigt hat, dass sich die Bruchteilsgemeinschaft als eine Verwaltungsgemeinschaft zur gesamten Hand mit einer unmittelbaren Zuständigkeit der Gemeinschafter darstellen lässt, ohne damit in Konflikt mit den bisher gewonnenen Ergebnissen zur Gesamthand zu geraten, ergeben sich an der Notwendigkeit, die Bruchteilsgemeinschaft ebenfalls zum Rechtssubjekt zu erheben, ernste Zweifel, deren Begründetheit nachfolgend zu erörtern ist. a) Wortlaut des § 741 BGB Schon Engländer hat den Einwand erhoben, dass sich auf diese Weise das Problem einer bestimmten Gemeinschaftsform nicht löse lasse, da, wenn der Begriff der Personeneinheit ernst gemeint sei, in diesem Falle immer nur eine Alleinzuständigkeit der Einheit vorliege, es aber – wie der Wortlaut des § 741 BGB zeige – essentielles Merkmal einer Gemeinschaft sei, dass ein Recht mehreren gemeinschaftlich zustehe.533 Indes handelt es sich hier nur um ein eher schwaches Wortlautargument, denn die „Gemeinschaftlichkeit“ eines Rechts schließt es – wie sich wiederum an § 718 Abs. 1 BGB im Lichte der geänderten BGH-Rechtsprechung und der nunmehr herrschenden Lehre zeigt – nicht aus, dass die verschiedenen Gemeinschafter so miteinander verbunden sein können, dass sie im Rechtsverkehr als ein Rechtssubjekt ohne eigene Rechtspersönlichkeit erscheinen.534 Im Übrigen hat 530
Siehe dazu § 3 B, dort insbesondere II sowie § 3 D. I. Vgl. § 3 E. 532 Im Ergebnis auch Flume, ZHR 136, 177 (201 f.) der dies mit dem Fehlen eines gemeinschaftlichen Zwecks bei der Bruchteilsgemeinschaft begründet (zum Erfordernis des gemeinschaftlichen Zwecks hinsichtlich der Anerkennung der Rechtsfähigkeit vgl. § 5 A. II. 3. a); vgl. auch Larenz, JJb 83, 108 (155). 533 Engländer, S. 30, 58 f., 74. 534 So auch Grimm, S. 28; ten Hompel, S. 33. Zudem kann man den Protokollen zu § 741 BGB keine entsprechende Festlegung entnehmen, zumal hinsichtlich der Formulierung des § 741 BGB ausdrücklich auf die Erwägungen und Beschlüsse der Kommission zur Anwendung des Gesamthandprinzips bei der Gesellschaft eingegangen wird, vgl. Protokolle zu § 741 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 1203 f. 531
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Engländers Kritik, an Stelle der Vielheit der Subjekte eine rechtsfähige Personengemeinschaft im Sinne Gierkes oder Kattauschs zu setzen, verstoße gegen die dem positiven Recht gemäße Auffassung der Rechtsfähigkeit und des Rechtssubjekts als Person,535 im Gesetz keinen Rückhalt mehr, nachdem dieses nunmehr ausdrücklich zwischen den juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit unterscheidet.536 Allein der Wortlaut des § 741 BGB steht einer Einheitszuständigkeit bei der Bruchteilsgemeinschaft daher nicht im Wege. b) Kritik am Ansatz Buchdas und Fabricius Allerdings sind anhand der bisherigen Ausführungen bereits die wesentlichen Punkte, die jedenfalls zur Ablehnung der „Einheitslösung“ von Buchda und Fabricius zwingen, herausgearbeitet worden: So ist Buchdas Ansatz nicht nur mit Verweis darauf zu verwerfen, dass er eine mit der Systematik des BGB kaum in Einklang zu bringende Vollrechtskonkurrenz ermöglicht,537 sondern er ferner eine unzutreffende Gleichstellung der Gesamthand bzw. der Bruchteilsgemeinschaft mit der juristischen Person vornimmt.538 Gegen den Ansatz von Fabricius spricht bereits, dass ,seine‘ „unselbstständigen Rechtssplitter sekundärer Zuständigkeit“, wie auch die Befugnissphären-Aufteilung der Lehre Gierkes mit dem seit 1900 kodifizierten rein römisch-rechtlichen Eigentumsbegriff im Widerspruch stehen.539, 540 Gleichwohl wird man mit der Kritik an den beiden Ansichten im Hinblick darauf, dass hier wie bei der herrschenden Meinung von einer geteilten Zuständigkeit zu der gemeinschaftlichen Sache ausgegangen wird, schon an deren Verständnis von Rechtszuständigkeit ansetzen müssen. Wenn die Zuständigkeit zunächst nur das subjektive Recht als Form – wie Fabricius selbst sagt – zuordnet und erst vermöge der Zuständigkeit zur Form ein Rechtsinhalt vermittelt wird, so will nicht recht einleuchten, wieso aus der verklausulierten Abstraktion, „im logischen Gegenstand gebe es nur das Eine und das Andere, nicht aber ein zweifaches Eines oder ein zweifaches Anderes“541 notwendig folgen soll, dass die Verknüpfung von Subjekt und Objekt mit der Folge der Zuständigkeit auf beiden Seiten eine Einheit erfordere.542 Verbinden zwei Eigentümer zwei gleichwertige Sachen im Sinne von 535 536 537 538 539
e).
Engländer, S. 58. Vgl. § 3 E. II. 1. Buchda, S. 289, s. dazu schon Fn. 293 in Teil I und ausdrücklich in Fn. 77. Siehe § 3 E. II. 5 sowie Fn. 445. Siehe dazu schon Fn. 269; zur Erläuterung von Fabricius’ Lehre insgesamt § 2 B. II. 4.
540 Kein tauglicher Einwand ist die Aussage, die Vorstellung eines Mitgliedschaftsrechts scheitere daran, dass der Miteigentümer unmittelbar und nicht erst aufgrund eines mitgliedschaftlichen Verhältnisses an dem gemeinschaftlichen Recht berechtigt sei, vgl. Schnorr, S. 81. Hierbei handelt es sich lediglich um eine petitio principii. 541 Fabricius, S. 121 fast wörtlich im Anschluss an Buchda, S. 251 f. Erste dahingehende Ansätze schon bei A. Blomeyer, S 66 ff. 542 Vgl. Hilbrandt AcP 202, 631 (643); Flume, ZHR 136, 177 (202).
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§ 947 Abs. 1 BGB miteinander und erwerben so durch Anordnung der objektiven Rechtsordnung Miteigentum zu 12, findet eine Zuständigkeitsverdoppelung nicht statt; das subjektive Recht, das Eigentum an der Sache gehört den Miteigentümer jeweils zur Hälfte, es ist ihnen zu bestimmten Anteilen zuständig. Eine logische Unmöglichkeit lässt sich unter Berücksichtigung der soeben geschilderten Funktionalität des Zuständigkeitsbegriffs nicht erkennen.543 c) Kritik an der „Unteilbarkeitslehre“ Während Buchda und Fabricius die Notwendigkeit der Einheit des Subjekts einer bloßen logischen Abstraktion entnehmen, gelangt Saenger aufgrund der Unteilbarkeit des Eigentums bzw. der in ihm wohnenden Befugnisse544 zu dem Ergebnis, dass Subjekt des gemeinschaftlichen Rechts die Gemeinschaft als solche sei.545 Auf ähnlichem Wege gelangten zuvor schon ten Hompel und kurz darauf Grimm in ihren Untersuchungen über die juristische Natur des Miteigentums zu dem Schluss, das Subjekt des gemeinschaftlichen Rechts müsse die Gesamtheit der Gemeinschafter als solche sein.546 Da der hier verfolgte Ansatz von der Kollisionsgemeinschaft zeigt, dass ein subjektives Recht in seiner Einheit ohne Beschneidung oder Aufteilung der Befugnisse mehreren Subjekten zustehen kann, entfällt mithin gleichzeitig die Notwendigkeit, aus der Unteilbarkeit des Rechts die Rechtssubjektivität der Bruchteilsgemeinschaft zu folgern. Vielmehr noch ist einzuwenden, dass jedenfalls Saenger einem nicht unerheblichen Irrtum zu unterliegen scheint, wenn er das Verwaltungsrecht der Gemeinschafter als eine von mehreren verschiedenen Eigentumsbefugnissen für unteilbar befindet.547 Dem kann nicht entschiedenen genug entgegengetreten werden. Die im Gesetz geregelten Verwaltungsbefugnisse sind Ausfluss des außerhalb des subjektiven Rechts bestehenden Gemeinschaftsverhältnisses, das der Koordination der Befugnisse des gemeinschaftlichen Rechts dient und nicht etwa selbst Teil des Eigentumsrechts ist.548 Dieser Gedanke ist mit der 543 Bork, in: Staudinger Symposion, S. 184; Kattausch, S. 62; auch wenn Fabricius zu einem anderen Ergebnis gelangt, entspricht die hiesige Auffassung von der Rechtszuständigkeit dem Begriff, den er seiner Untersuchung zugrunde legt, vgl. Fabricius, S. 120, 128. 544 So schon Kohler, S. 198 f. 545 Saenger, S. 98 ff. 546 Grimm, S. 25 f.; ten Hompel, S. 32. Beide stellen in der Folge auf den gemeinschaftlichen Willen als ausschlaggebendes Merkmal der Rechtssubjektivität der Bruchteilsgemeinschaft ab, Grimm, S. 26 ff.; ten Hompel, S. 36 ff. Die Anknüpfung an den Willen bzw. die Form der Willensbildung hat sich jedoch schon im Rahmen der Abgrenzung der Gesamthand von der juristischen Person als untaugliches Kriterium erwiesen, vgl. § 3 E. II. 2. 547 Saenger, S. 93 f. 548 Dies entspricht der in der Literatur verwendeten Definition, dass es sich der Verwaltung um Maßnahmen handelt, die im Interesse aller Teilhaber liegen: K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 745 Rn. 4; Saenger, in: NHK-BGB, § 744 Rn. 2; Hadding, in: Soergel, BGB, § 744 Rn. 2; ohne ein objektives Interesse zu fordern Aderhold, in: Erman, BGB, § 744 Rn. 2; Langhein, in: Staudinger, BGB, § 744 Rn. 7 ff. Auf die Einzelheiten kommt es letztlich nicht an. Ausschlaggebend ist, dass die Verwaltung zwar die Ausübung der Eigentumsbefugnisse betrifft und
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Verobjektivierung des subjektiven Rechts nicht vereinbar. Er führt letztlich zu der Annahme einer „inneren Ordnung“ wie Engländer sie sich als Bestandteil des subjektiven Rechts vorstellt.549 Ungeachtet dessen wird man allen vorgenannten Ansätzen darüber hinaus den Vorwurf machen müssen, das im deutschen Recht bereits dargelegte Nebeneinander von Mit- und Gesamthandseigentum außer Acht zu lassen.550 d) Zusammenfassung In Ansehung dessen ist festzuhalten, dass mit der hier gewählten Konstruktion der Bruchteilsgemeinschaft weder aus logischen Abstraktionen noch aus der Eigenschaft des Eigentumsrechts die Notwendigkeit folgt, die verschiedenen Subjekte der Bruchteilsgemeinschaft zu einer Einheit zu verknüpfen. Dieses Ergebnis entspricht unter Betrachtung der Teilnahme der Gemeinschaft am Rechtsverkehr auch der natürlichen Lebensanschauung: Für die vollständige Anwendung des Gesamthandsprinzips in Form der Verbindung der Gemeinschafter zu einem Subjekt ist die Bruchteilsgemeinschaft in Ermangelung eines dinglich gebundenen Sondervermögens schlichtweg „nicht gut genug“. Dritten tritt die Bruchteilsgemeinschaft nicht als eine Einheit gegenüber. Will etwa ein Dritter das Eigentum an der gemeinschaftlichen Sache erwerben, so steht es ihm frei, nacheinander von jedem der Anteilseigener den jeweiligen Anteil zu erwerben, bis sich schließlich alle Anteile in seiner Person zum Alleineigentum vereinigen, ohne dass er jemals einer „Gemeinschaft“ gegenübergestanden hätte; eine „Verfügung der Gemeinschaft“ über die ungeteilte Sache gibt es nicht.551 5. Ergebnis Die nähere Auseinandersetzung mit der Frage nach der Abgrenzung der Gesamthand von der Bruchteilsgemeinschaft hat gezeigt, dass die Konstruktion der Bruchteilsgemeinschaft ihren Ausgang nicht in der Einheit auf der Subjektseite koordiniert, selbst aber nicht Inhalt des Eigentums ist. Deutlich zeigt sich dies bspw. an der Einordnung von time-sharing-Modellen als Verwaltungsregelung über den periodischen Gebrauch bzw. die periodische Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes. Vgl. dazu BGH, Urteil v. 30. 06. 1995 – Az.: V ZR 184/94 = NJW 1995, 2637; Aderhold, in: Erman, BGB, § 744 Rn. 2. 549 Vgl. § 3 C. I. 550 Dazu schon die Nachweise bei § 3 D. I. In diesem Sinne ebenfalls ablehnend Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1027 Fn. 11. 551 Zutreffend K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 747 Rn. 25. Dies verkennt bspw. Langhein, in: Staudinger, BGB, § 747 Rn. 72. Dem kann man auch nicht entgegenhalten, dass letztlich auch bei der Erbengemeinschaft oder der GbR die Möglichkeit bestehe, die „Anteile“ aller Gesamthänder am Sondervermögen aufzukaufen. Denn während der Käufer bei der Bruchteilsgemeinschaft nach und nach wirkliche Eigentumsanteile erwirbt, handelt es sich bei den Anteilen am Sondervermögen bei den Gesamthandsgemeinschaften „nur“ um das jeweilige Mitgliedschaftsrecht, das lediglich einen Anspruch auf einen gewissen Anteil am Sondervermögen verschafft. Die Situationen sind also gänzlich wesensverschieden. Vgl. hierzu Kattausch, S. 12.
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findet. Im Anschluss an die herrschende Meinung ist vielmehr davon auszugehen, dass der Unterschied zwischen den beiden Gemeinschaftsformen in der Zuständigkeit des subjektiven Rechts zu sehen ist. Während die Gemeinschafter der Bruchteilsgemeinschaft dem gemeinschaftlichen Recht unmittelbar und zu bestimmten Anteilen zuständig sind, stehen den Gesamthändern lediglich mitgliedschaftliche Rechte an dem Sondervermögen zu, welchem die Gesamthand als solche allein zuständig ist. Ferner wurde festgestellt, dass die ,Harmonisierungsbestrebungen‘ der herrschenden Einheitstheorie und ihren Abwandlungen, die zu einer Modifikation bzw. einer Beschränkung des subjektiven Rechts führen, mit dem im Laufe der Untersuchung herausgearbeiteten Eigentumsverständnis nicht zu vereinbaren sind. Die Bruchteilsgemeinschaft stellt sich im Gegenteil als eine Kollisionsgemeinschaft dar, die es grundsätzlich darauf ankommen lässt, ob eine Konkurrenz der Gemeinschafter um die Ausübung der Eigentumsbefugnisse eintritt. Die innerrechtliche Kollision der Gemeinschafter hinsichtlich der Ausübung der Eigentumsbefugnisse wird, ohne dass es eines Rückgriffs auf das überkommene dominium plurium in solidum bedarf, durch eine Verwaltungsgemeinschaft zur gesamten Hand organisiert bzw. koordiniert, deren Entstehungsgrundlage die geteilte Zuständigkeit mehrerer Rechtssubjekte zu dem gemeinschaftlichen subjektiven Recht ist. Gleichwohl ändert auch die Verwaltungsgemeinschaft nichts an dem im Hinblick auf die Ausschließlichkeit des Eigentumsrechts grundsätzlich atypischen Zustand der Zuständigkeit mehrerer Rechtssubjekte zu einer Sache,552 so dass bei jeder Interessenkollision die Möglichkeit der Aufhebung dieses Zustands im Raume steht, § 749 Abs. 1 BGB. Konstruiert man die Gemeinschaft folglich dergestalt, dass mehrere Subjekte einem subjektiven Recht zu bestimmten Anteilen zuständig sind und um die Ausübung des von dem subjektiven Recht vermittelten einen Befugniskomplexes konkurrieren, so können die von Engländer für die Bruchteilsgemeinschaft aufgestellten Grundsätze auch ohne die der heutigen Rechtsordnung befremdliche Aufgliederung des Rechtsinhaltes erreicht werden. Da der hier vorgeschlagene Ansatz ohne den Gedanken einer Rechtsvervielfältigung auskommt, ist im Sinne des § 741 BGB tatsächlich nur ein Recht gemeinschaftlich,553 ohne dass dabei auf eine Zuweisung des subjektiven Rechts als „Form“ verzichtet wird.554 Gleichzeitig ist durch die Konkurrenz der Gemeinschafter um die Ausübung des einen Rechtsinhalts, der als solcher durch die aufgrund der mehrfachen Zuständigkeit entstehenden Verwaltungsgemeinschaft weder modifiziert noch beschränkt ist, auch der nach Engländer „leitende Grundsatz“ von der „Konstanz des Gesamtinhalts“ des Rechts gewahrt, da die einzelnen Rechtsstellungen gegenüber denen eines Alleineigentümers so weder „plus iuris“ noch „minus iuris“ ergeben.555
552 553 554 555
Vgl. Saenger, S. 9. Engländer, S. 36 f. So die Kritik von Fabricius, S. 128 am Ansatz Engländers. Engländer, S. 40.
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Teil 2: Zur rechtlichen Konstruktion der Gesamthand
F. Ergebnis zu Teil 2 der Untersuchung I. Zusammenfassung Die im Laufe des zweiten Teils dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass sich die herrschende Meinung der ungeteilten Gesamtberechtigung, die mit Ausnahme der GbR noch Geltung für die Erben- und Gütergemeinschaft beansprucht, nicht für die Erklärung des Gesamthandsprinzips eignet. So bedient sich die herrschende Meinung in einigen ihrer Ausformungen zum einen dem BGB fremder Formen, indem sie das Sondervermögen der Gesamthand mal wie einen Vermögensinbegriff behandelt,556 mal den Gesamthändern ein durch die übrigen Beteiligten beschränktes Vollrecht zuspricht, das zu nichts anderem führt als einem dominium plurium in solidum,557 oder es ist von Sonderrechten sachenrechtlichen Gehalts die Rede, die allenfalls dann vorstellbar wären, wenn man dem BGB einen durch und durch deutschrechtlichen Eigentumsbegriff im Sinne der Gierk’schen Genossenschaftstheorie zugrunde legte.558 Zum anderen gelangten weitere Ableger der Lehre bei konsequenter Durchführung entweder zu einer Bruchteilsberechtigung der Gesamthänder oder zu dem Ergebnis, die Gesamthand zum Rechtssubjekt zu erheben.559 Soweit die Zuständigkeit bei Engländer als Teil des subjektiven Rechts erscheint, wodurch dessen Objektsqualität negiert wird,560 und Larenz darüber hinaus die Besonderheit der Gesamthand darin zu erblicken glaubt, dass die Zuständigkeit der Gesamthänder nur eine mittelbare sei, obwohl die Gesamthand bei ihm ebenfalls keine eigene Rechtssubjektivität erfährt,561 ist den beiden sog. Aufgliederungstheorien im Ergebnis mit entsprechender Kritik zu begegnen. Die in der Folge gebotene vertiefte Auseinandersetzung mit der Lehre der geteilten Mitberechtigung als verbleibender Alternative zur Rechtssubjektivität der Gesamthand hat ergeben, dass schon historische Aspekte gegen eine Bruchteilsberechtigung der Gesamthänder an den Gegenständen des Sondervermögens sprechen.562 Darüber hinaus zeigen praktische Beispiele, dass die Lehre der geteilten Mitberechtigung zum einen Besonderheiten des Gesamthandsprinzips wie den Ausschluss von Konfusion und Konsolidation nicht zu erklären vermag und zum anderen geeignet ist, die fundamentalsten Grundsätze des Gesamthandsprinzips auszuhöhlen, indem sie das Eindringen Dritter in die Gemeinschaft sowie die Trennung von Mitgliedschaft und Berechtigung am Sondervermögen begünstigt.563 556 557 558 559 560 561 562 563
§ 3 B. I. § 3 B. II. § 3 B. III. § 3 B. IV; § 3 B. V. § 3 C. I. § 3 C. II. § 3 D. I. § 3 D. II.
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Nach dem Ausschluss aller anderen Konstruktionsversuche ist der Gesamthand die Rechtssubjektivität und damit neben ihren sachenrechtlichen Wurzeln auch ein Platz im Personenrecht einzuräumen. In Abgrenzung von der Gierk’schen Genossenschaftstheorie und dem germanischen Eigentumsbegriff ist im Hinblick auf den durchweg römisch-rechtlich konzipierten Eigentumsbegriff des BGB jedoch klarzustellen, dass den Gesamthändern keine dinglich wirksamen Sonderrechte an den einzelnen Vermögensgegenständen zustehen.564 Gleichwohl ist der Gedanke von Anteilen jedenfalls auf höchstpersönlicher Ebene in Form von Mitgliedschaftsrechten weiterhin lebendig und bildet so die Grundlage für die verschiedenartigsten Erscheinungs- und Berechtigungsformen der Gesamthandsgemeinschaften.565 Entgegen der herrschenden Lehre bestehen auch keine Bedenken, den „Anteil“ des Gesamthänders im Sinne des Gesetzes als eine ungenaue Bezeichnung für die Mitgliedschaft in der Gesamthand bzw. für die mitgliedschaftliche Berechtigung an den einzelnen Vermögensgegenständen aufzufassen.566 Von den juristischen Personen unterscheidet sich die rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft dadurch, dass sie durch ihre Organisation zu einem Rechtssubjekt wird, das im Gegensatz zu den juristischen Personen einer eigenen Rechtspersönlichkeit entbehrt. Für diese Unterscheidung sprechen entgegen einiger Stimmen in der Literatur nicht nur der zwischen den beiden Formen des Rechtssubjekts differenzierende Gesetzeswortlaut,567 sondern auch die unterschiedliche Struktur der Mitgliedschaft. Geprägt durch das Prinzip der Selbstorganschaft sowie die absolute Abhängigkeit der Gemeinschaft von seinem Mitgliederbestand erscheinen die Gesamthänder als konstituierendes Element der Gemeinschaft, während die Mitglieder einer juristischen Person lediglich eine partizipierend-ausführende Position gegenüber der verselbstständigten juristischen Persönlichkeit einnehmen.568 Wenngleich auch bei der Bruchteilsgemeinschaft gewisse gesamthänderische Elemente wirksam sind, so entfalten diese doch nur teilweise dingliche Wirkungen und haben keinen Einfluss auf die Subjektseite der Gemeinschaft. Im Gegensatz zur Gesamthand sind die Gemeinschafter im Rahmen der Bruchteilsgemeinschaft dem gemeinschaftlichen subjektiven Recht unmittelbar zuständig. Der Anteil ist hier folglich nicht nur eine ungenaue Bezeichnung für die Mitgliedschaft in der Gesamthand bzw. mitgliedschaftliche Berechtigungen, sondern ist tatsächlich von sachenrechtlicher Relevanz.
564 565 566 567 568
§ 3 E. I. 1. § 3 E. I. 2. § 3 E. I. 3. § 3 E. II. 1. § 3 E. II. 4.
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II. Schlussfolgerung – Die Gesamthand als Einheitsprinzip Da die bis hierher gewonnenen Erkenntnisse im Wesentlichen auf eigentumsbzw. sachenrechtlichen Erwägungen fußen, lässt sich der hier vertretene Lösungsansatz ohne Ausnahme auf alle Gesamthandsgemeinschaften ungeachtet ihrer jeweiligen Besonderheiten anwenden. Daraus folgt für das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich der Gedanke der „Einheits-Gesamthand.“569 Ohne dass es hier einer Auseinandersetzung mit den Inhalten bedürfte, vermögen die verschiedenen ablehnenden Stimmen zum Einheitskonzept der Gesamthand570 jedenfalls so lange nicht zu überzeugen, wie sie sich über eine tragfähige Konstruktion für die ,wirklichen‘/,einfachen‘(?) Gesamthandsgemeinschaften – namentlich Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft der Ehegatten – ausschweigen. Sollen die verschiedenen von Gesetzes wegen vorgesehenen Gesamthandsgemeinschaften tatsächlich eine unterschiedliche rechtliche Behandlung erfahren, dann muss in Abkehr von den bisherigen systemfremden, logisch brüchigen und inkonsequenten Lösungsansätzen der herrschenden Lehre Abstand genommen und ein tragfähiges Gesamthandskonzept geliefert werden. Freilich zu leicht macht man es sich mit einem einfachen Verweis auf die vermeintlich unterschiedliche Binnenstruktur der Gesamthandsgemeinschaften, die, soweit postuliert wird, es handele sich jedenfalls bei der Erbenund Gütergemeinschaft zuallererst um dinglich gebundene Sondervermögen, die keine „verfassten Organisationen“ darstellten, während es sich bei der Gesellschaft „vollkommen anders“ verhalte, auf eine bloße petitio principii hinauslaufen: Ob die nachlassverwaltenden Erben nach § 2038 BGB die anderen Miterben vertreten oder als Organe der Erbengemeinschaft handeln, ob die Gütergemeinschaft der Ehegatten lediglich ein Zuweisungsmodus für die Vermögensmassen der Ehegatten ist oder die Ehegatten zu besonderer Rechtssubjektivität verbindet, ob das Sondervermögen lediglich eine spezielle Form gemeinsamen Habens ist oder der Ausdruck für das Vermögen einer der Gesamthandsgemeinschaft als solcher und ob der Anteil am Gesamthandsvermögen im Sinne des Gesetzes tatsächlich vermögensrechtlicher Anteil ist oder ein ungenauer Begriff für die Mitgliedschaft, sind samt und sonders Schlussfolgerungen, die sich in Abhängigkeit davon ergeben, wie man sich die Konstruktion der Gesamthand vorstellt.571 Indes erweist sich in der Folge die Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesamthandsgemeinschaften als alternativlos, hat sich doch bereits anhand der Ausführungen Raisers572 gezeigt, dass sich für das Prinzip der gesamten Hand neben der Berechtigung im Sinne einer Bruchteilsgemeinschaft, in deren Korsett sie sich
569
Zum Begriff Reuter, AcP 207, 673 (698). Reuter, AcP 207, 673 (698); K. Schmidt, S. 200 f.; K. Schmidt, AcP 209, 181 (197); K. Schmidt, AcP 305 (327); Habersack, JuS 1990, 179 (181 f.). Vgl. dazu schon Fn. 431. 571 So aber K. Schmidt, AcP 209, 181 (198 f.); K. Schmidt, AcP 205, 305 (327 ff.) insbesondere hinsichtlich der Einordung des Nachlassanteils (331). 572 Vgl. dazu oben Fn. 442-444. 570
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jedoch – wie zu genüge ausgeführt – ebenfalls nicht einzwängen lässt, kein eigener Anwendungsbereich mehr konstatieren lässt. Vor diesem Hintergrund ist daran festzuhalten, den einheitlich zu behandelnden Gesamthandsgemeinschaften die Rechtssubjektivität und damit die Rechtsfähigkeit zuzuerkennen.573 Dabei muss man sich bewusst machen, dass „keine einzelne der dem einfachen Kommunionsverhältnis unverbundener Individuen fremden Erscheinungen, in denen sich eine gesammte Hand manifestiert, deren Wesen [ausmacht]. Wohl aber gewinnen die Erscheinungen erst ihr volles Verständniss[sic!], wenn sie als Ausflüsse desselben Grundgedankens aufgefasst werden.“574 Diesen gemeinsamen Grundgedanken hat man allein in der mehrheitlichen Berechtigung an einem gebundenen Sondervermögen zu erblicken.575 Nicht mehr und nicht weniger.576
573 So auch Wolf, AcP 181, 480 (492), der zutreffend auf die Überbetonung der Unterschiede zwischen den einzelnen Gesamthandsgemeinschaften durch die herrschende Meinung hinweist; mit Bedenken ferner Teichmann, AcP 179, 475 (480, 484). Zum Prinzip der EinheitsGesamthand ohne aber gleichzeitig die Rechtsfähigkeit der Gesamthand anzuerkennen bekennen sich u. a. Heusler, Institutionen Bd. I, S. 226, 251; Tolani, S. 123 ff.; Weber-Grellet, AcP 182, 316 (320 f.); Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 171 f. Ohne Stellungnahme lediglich mit umfangreichen Bekenntnis zum Einheitsprinzip Ascheuer, S. 255 ff. 574 Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344; vgl. auch Beseler, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 325. Zutreffend hält Ascheuer, S. 217 fest, dass das einheitliche Prinzip der Gesamthand es bei Fehlen spezieller Regelungen ermögliche, sich auf grundsätzliche Erwägungen zurückzuziehen. 575 Vgl. Wilhelm, S. 91 Rn. 175. Dass wesentliches Moment der Gesamthand das Vorliegen eines Sondervermögens ist, erkennt auch Bork, in: Staudinger Symposion, S. 185 f., der zutreffend darauf hinweist, dass der Gesetzgeber die Gesamthand als einheitliche dogmatische Figur immer dann anwendete, wenn es ein Sondervermögen für einen gemeinschaftlichen Zweck zu schaffen galt. 576 K. Schmidt liegt mit der Ablehnung des Einheitsprinzips wohl falsch. In seinem Gesellschaftsrecht, S. 200 heißt es zwar: „Wer die Gesamthand als Rechtssubjekt ansieht, muß sich über das Verhältnis zwischen der Gesamthand und der Juristischen Person Klarheit verschaffen. Wer die Gesamthand als Sondervermögen der Gesamthänder ansieht, muß über die genauere Struktur des Modells nachdenken.“ Die Besonderheiten einer jeden Gemeinschaftsform für sich herauszustellen und im Rahmen dieses kleinen Ausschnitts genauer zu erklären, war doch nie das eigentlich Problem, das die Streitigkeiten um die Rechtsnatur der Gesamthand über Jahrhunderte befeuert hat, sondern vielmehr die Frage, auf welchen gemeinsamen Grundgedanken die verschiedenen Ausformungen dieses Gemeinschaftsgedankens zurückzuführen sind. In diesem Sinne und nach hiesiger Auffassung vollkommen zu Recht hat Buchda bereits das Vorgehen bei der „Zerschlagung“ des deutschen Gesamteigentums im Laufe des 19. Jahrhunderts insoweit als „rückläufige Bewegung“ kritisiert, wie man in den verschiedenen Gemeinschaftsformen jeweils etwas ganz Besonderes zu sehen glaubte und folglich kein dogmatischer Gedanke mehr vorhanden war, „mit dem man auch nur einen Teil des Rechtsstoffes der Gesamthandslehre [zusammenfassen hätte können].“, Buchda, S. 150, 152.
Teil 3
Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft Auf Basis des im Rahmen des zweiten Teils der Untersuchung als allen Gesamthandsgemeinschaften gemein herausgearbeiteten Grundgedankens tritt auch die Gemeinschaft der Miterben als solche im Rechtsverkehr als Rechtssubjekt auf. War sich im Rahmen des zweiten Teils schon kritischer Stimmen zu dem hier vertretenen Einheitsmodell der Gesamthand zu erwehren, so fehlt es freilich auch nicht an Kritikern, die der Erbengemeinschaft in Sonderheit eine Gleichstellung mit den anderen Gesamthandsgemeinschaften, vor allem der GbR, absprechen. Der Blick auf die unterschiedlichen Gesamthandsvarianten des geltenden Rechts bringe eine Abstufung zum Vorschein: Das Gesamtgut der Gütergemeinschaft sei nur ein Sondervermögen1 der Ehegatten. Es liefe auf „sinnlosen Konstruktivismus“ heraus, den Ehegatten nur um des Sondervermögens Willen ein drittes Rechtssubjekt zuzugesellen. Das gleiche gelte nach der herrschenden Meinung auch für die Erbengemeinschaft.2 Teilweise wurde der Erbengemeinschaft überhaupt die Eignung abgesprochen, nach dem Prinzip der gesamten Hand konstruiert zu werden. Schon die Ausgestaltung im Allgemeinen Landrecht sei „zu viel des Guten“ und auch ganz im Allgemeinen sei die Gesamthand als die innigste Gemeinschaft überhaupt „viel zu gut“ für die Erbengemeinschaft.3 Beiden Behauptungen wird im Laufe des dritten Teils entgegenzutreten sein. Dabei wird man insbesondere zu berücksichtigen haben, dass die Erbengemeinschaft mehr noch als die übrigen gesetzlich geregelten Gesamthandsgemeinschaften zurückgeht auf die Ursprünge der Gesamthand in der germanischen Hausgemeinschaft,4 die bereits Gegenstand der Untersuchung im Rahmen der historischen Abgrenzung der Gesamthand zur Bruchteilsberechtigung war.5
1 Vieles spricht dafür, schon das Vorhandensein eines gebundenen Sondervermögens in Verbindung mit den personenrechtlichen Wirkungen als Grundlage der Rechtsfähigkeit der Gesamthand ausreichend zu lassen, vgl. Wilhelm, S. 91 Rn. 175; § 3 E. III. 4. dd); § 4 B; § 4 C. 2 K. Schmidt, S. 201; vgl. auch K. Schmidt, AcP 209, 181 (197 ff.). 3 Cosack, Verhandlungen des 20. Deutschen Juristentages, S. 215. 4 Vgl. Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 478; Hoffmann, JURA 1995, 125. 5 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 667; Heusler, Institutionen Bd. I, S. 235 f.; Duncker, S. 21; Phillips, S. 17. Vgl. dazu bereits Fn. 180 unter § 3 D. I.
Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
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Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen, die bspw. auf die Freiwilligkeit der Vereinigung oder deren Dauer abstellen,6 – die Berechtigung dieser Einwände sei zunächst noch dahingestellt – können nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in der Erbengemeinschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Gedanke der Verbundenheit der Familie, die gemeinschaftlich Vermögen des Erblassers verwaltet und zusammen hält, fortwirkt.7 Freilich fehlt es an dieser engeren Verbindung für den Fall, dass entferntere Verwandte oder aufgrund letztwilliger Verfügung einander völlig fremde zusammengeführt werden, indes hat Gierke bereits in seiner umfangreichen Kritik am ersten Entwurf des BGB in Erwiderung zu Cosack ausgeführt, dass das Vorhandensein eines persönlichen Zusammenhangs doch durchaus der Normalfall sei. „Wenn Kinder, Geschwister, oder sonstige nahe Verwandte succedieren, so kommt in ihrer gemeinschaftlichen Berufung […] nur eine längst gegebene natürliche Gemeinschaft zum Ausdruck.“ Selbst wenn ein Erblasser einmal eine Mehrzahl familiär nicht miteinander verbundener Wildfremder zu Erben einsetze, müsse das Gesetz vom Regelfall ausgehen und dürfe das in der Natur der Dinge liegende Erbenband diesen Fällen nicht opfern.8 In diesem Sinne bemerkt auch Endemann in den früheren Auflagen seines Bürgerlichen Rechts trefflich, dass entscheidend nur sein könne, „daß das Gesetz seine Ordnung den als regelmäßig erkannten Verhältnissen anpassen muß; als solche gelten durchaus, daß die Haus- und Familiengemeinschaft den Nachlass ihrer verstorbenen Mitglieder in sich aufnimmt.“9 Wird man sich in der heutigen Zeit des Gedankens der Hausgemeinschaft schwerlich noch bedienen können, zeigt die von der Postbank im Mai 2012 veröffentliche Erbschaftsstudie, dass jedenfalls der Gedanke der Familiengemeinschaft nicht überholt, sondern die Erbengemeinschaft vielmehr weiterhin Ausdruck des Ursprungs deutschrechtlicher Institute aus der natürlichen Fügung menschlicher Beziehungen ist.10 So zeigt die Studie, dass auch heute noch 75 % aller Erbschaften für die Kinder geplant sind, gefolgt von den überlebenden Ehegatten mit 37 %. Danach werden ferner Enkelkinder, Geschwister und Lebenspartner bedacht.11 Ein Fünftel der Erben erscheint dabei in der Form eines Treuhänders, der plant, das selbst durch Erbschaft Erworbene unangetastet an die eigenen Kinder weiterzugeben.12
6
BGH, Urteil v. 17. 10. 2006 – Az.: VIII ZB 94/05 = NJW 2006, 3715 f.; BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390) und dem folgend die überwiegende Literatur. Vgl. nur Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 1; K. Lange, S. 566 Rn. 1; Bayer, in: Erman, BGB, § 2032 Rn. 1. 7 Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 478. 8 Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 86. 9 Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 478 Fn. 4. Für die Gemeinschaft unter nicht familiär verbundenen Miterben ist die Gesamthand seiner Auffassung daher „ohne innere Wahrheit“, Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III-2, S. 1004 Fn. 2. 10 Gerber, Kritische Jahrbücher 10, 311 (313). 11 Postbank Erbschaftsstudie 2012, Presseinformation v. 31. 05. 2012, S. 2. 12 Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 58.
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Gleichwohl soll der germanische Rechtsgedanke hier nicht weiter zur Verteidigung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft beschworen werden. In diesem Sinne hat bereits v. Lübtow darauf hingewiesen, dass die Gestaltung der Erbengemeinschaft nicht auf einem „nationalen Rechtsidealismus“, sondern auf „sehr praktischen Erwägungen“ beruht.13 Diese praktischen Erwägungen des Gesetzgebers sollen daher den Ausganspunkt für die in der Folge vorzunehmende Untersuchung der heute in Literatur und Rechtsprechung vornehmlich bedienten Argumente gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft bilden. In deren Rahmen kann sodann in Anknüpfung an die in Teil II für alle Gesamthandsgemeinschaften allgemein getroffenen Feststellungen gleichzeitig die zunächst außer Acht gelassene Betrachtung der Besonderheiten der Erbengemeinschaft erfolgen.14
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft im Preußischen Allgemeinen Landrecht Betrachtet man die Ausführungen der zweiten Kommission zu der Frage, ob man in Abweichung von der gemeinrechtlichen Lösung des ersten Entwurfes das Verhältnis der Miterben im Sinne der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand ordnen solle, entbehren diese jeder Erwägung darüber, wie das Prinzip der gesamten Hand zu konstruieren ist15 oder inwiefern es einer einheitlichen Kodifizierung des deutschen Privatrechts obläge, durch Berücksichtigung deutschrechtlicher Gemeinschaftsformen eine eigenständige, vom bisherigen gemeinen Recht teilweise unabhängige Entwicklung einzuschlagen.16 Wie v. Lübtow trefflich bemerkt hat, spielten für den Gesetzgeber bei der Entscheidung tatsächlich nur rein praktische Gründe eine Rolle:17 Man wog dabei vorrangig die Interessen der Nachlassgläubiger und Schuldner mit denen der Miterben ab. Während für die Miterben der Nachteil in der Bindung an schwer zu erreichende oder gar böswillige Erben und der fehlenden Möglichkeit liege, über ihre Anteile an den einzelnen Nachlassgegenständen zu verfügen, sei es für die Nachlassschuldner von Vorteil, dass sie nicht von mehreren Erben einzeln in der Höhe ihres jeweiligen Anteils an einer Nachlassforderung in Anspruch genommen werden könnten. Ein Vorteil für die Miterben sei bei der Erbengemeinschaft wiederum, dass sie eine höhere Sicherheit dafür biete, dass der Miterbe, der Aufwendungen mit Nachlassbezug tätige, diese ersetzt bekomme. Das „wesentliche Moment“ für die Erbengemeinschaft liege allerdings in dem Interesse der Nachlassgläubiger, deren Interessen im gemeinen Recht dadurch gefährdet 13
v. Lübtow, S. 799; so schon Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 36 f. Vgl. dazu die Einleitung zu § 3 E. 15 Dazu schon § 2 B. I. 2. 16 Kritisch hierzu v. Lübtow, S. 799, da der Erbengemeinschaft gerade der Unterbau der geschlossenen Hausgemeinschaft fehle. 17 v. Lübtow, S. 799. 14
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft
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würden, dass sie sich nach dem Tod des Schuldners mit einer Vielzahl von Schuldnern auseinandersetzen müssten, die jeweils nur auf einen Anteil hafteten.18 Die Kommission beschloss daher, insbesondere mit Rücksicht auf die Interessen der Nachlassgläubiger, das Verhältnis der Miterben nach dem Prinzip der gesamten Hand auszugestalten und ihre praktischen Nachteile „durch zweckmäßige Gestaltung ihrer Einzelheiten abzumildern.“19 Vorbild für die gesetzliche Ausgestaltung der Erbengemeinschaft im Bürgerlichen Gesetzbuch war die „Erbengemeinschaft“ im Preußischen Allgemeinen Landrecht in der Prägung der Rechtsprechung des Obertribunals.20 Da die zweite Kommission lediglich im Rahmen der Protokolle zur Erbengemeinschaft eine Anlehnung an die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts hervorhebt, während Anhaltspunkte dafür bei den übrigen Gesamthandsgemeinschaften im BGB fehlen, drängt sich die Frage auf, ob und wenn ja, inwiefern die Ausgestaltung des Miterbenverhältnisses im Allgemeinen Landrecht trotz des hier vertretenen „Einheitsmodells“ der Gesamthand für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft von Bedeutung ist. Im Laufe dieses Abschnitts ist sich daher eingehender mit den Regelungen des Allgemeinen Landrechts zu befassen. Eine solche Auseinandersetzung kann bei der Erbengemeinschaft schon im Hinblick auf vereinzelte Stimmen in der Literatur nicht ausbleiben, die davon ausgehen, dass die Gesamthandstheorie des deutschen Privatrechts, auf die auch die Erwägungen und Ergebnisse dieser Untersuchung im Wesentlichen zurückgehen, im Allgemeinen Landrecht, an dem sich die Erbengemeinschaft des BGB orientiert, keine Bedeutung hatten.21
A. Die Grundlagen des Allgemeinen Landrechts I. Die Bedeutung des Corpus Juris für das ALR Um aber die Fülle der landrechtlichen Normen zum gemeinschaftlichen Eigentum, das dem Verhältnis der Miterben im Preußischen Recht zu Grunde liegt, ausreichend würdigen und in einen Zusammenhang miteinander bringen zu können, bedarf es zunächst der Feststellung, auf welchen Grundgedanken das Allgemeine Landrecht zurückgeht. Die Antwort darauf liefert die Beauftragung Johann Heinrich von Carmers mit der Schaffung eines umfassenden Gesetzeswerks für die Preußischen Staaten seitens Friedrichs des Großen mit Allerhöchster Kabinetts-Order vom 14. 04. 1780, in der er ausführt: 18
Dazu insgesamt Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495; weitere Einzelheiten u. a. bei v. Lübtow, S. 798 f. 20 Gergen, in: MüKo, BGB, Vor §§ 2032 ff. Rn. 4; Werner, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 2032 ff. Rn. 12; v. Lübtow, S. 798 f.; Kipp/Coing, S. 609; Leske, S. 1112; Hoffmann, JURA 1995, 125 (126). 21 Kipp/Coing, S. 609 mit Verweis auf Eidenmüller, S. 137 ff., 145 f. 19
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
„Weilen aber dennoch dergleichen Provinzial-Statuta und Gewohnheiten sich nur auf gewisse Gegenstände einschränken, und keine allgemeine noch weniger aber vollständige Rechts-Regeln enthalten, das Corpus juris vom Kayser Justinian aber als das subsidiarische Gesetz-Buch fast aller europäischen Staaten von vielen Jahrhunderten her auch bey uns angenommen worden ist, so kann dieses auch künftig nicht ganz ausser Acht gelassen werden.“22
Sie bildete das „Fundament“ für die nachfolgende formale und materielle Gesetzgebung.23 Dementsprechend weist von Carmer in dem aus der Order hervorgehenden Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuchs für die preußischen Staaten darauf hin, „daß bei der Ausarbeitung dieses allgemeinen Gesetzbuchs das Corpus Juris […] hat zum Grunde gelegt werden sollen“ und man lediglich kritischen Bemerkungen zu den Punkten entgegensehe, in denen der Entwurf vom Römischen Recht tatsächlich abweiche.24 II. Das Verhältnis der Miterben im Römischen Recht Nach dem entwickelten Römischen Recht bzw. dem gemeinen Recht orientierte sich das Verhältnis der Miterben an den Regelungen über das Bruchteilseigentum im Sinne einer communio. Wie zuvor schon für die Bruchteilsgemeinschaft dargestellt,25 galt demnach auch die Erbengemeinschaft als ein „unbequemer Übergangszustand, der möglichst bald beendigt werden sollte.“26 In diesem Sinne stand die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit eines jeden Miterbenrechtes im Vordergrund; die Erbschaft zerfiel Kraft Rechtsvorschrift unmittelbar in die den einzelnen Miterben quotenmäßig zustehenden Anteile.27 Nachlassverbindlichkeiten sowie Forderung wurden der Erbschaft unmittelbar entzogen und gemäß dem Grundsatz nomina ipso iure divisa sunt unter den Miterben – soweit teilbar – nach der Höhe ihrer Anteile aufgeteilt.28 Unteilbare Sachen blieben zwar gemeinschaftlich, jedoch standen den Miterben auch an den gemeinschaftlichen Sachen ideelle Anteile zu, die ihrer freien Verfügung unterlagen.29 Da die gemeinschaftlichen Gegenstände durch eine Verfügung eines Miterben über seinen Anteil aus der Erbengemeinschaft heraustraten 22
Corpus Juris Fridericianum, Buch 1, Theil 1 – Von der Prozeß-Ordnung, S. XI. Simon, Monatsschrift für die preuß. Staaten 11, 192 (197). 24 Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuchs für die preußischen Staaten Bd. I,1, S. 5 f. Zum Entwicklungsprozess vgl. Simon, Monatsschrift für die preuß. Staaten 11,192 (197 ff.). 25 Vgl. dazu § 3 E. III. 2, insbes. Fn. 473 in Teil II. 26 v. Lübtow, S. 797; vgl. auch Werner, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 2032 ff. Rn. 5. 27 Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III-2, S. 1002 f. 28 Werner, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 2032 ff. Rn. 5; Leske, S. 1109; Dernburg, Pandekten Bd. III, S. 347 f.; Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III-2, S. 1002 f.; Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 700; Engelmann, S. 487; O. Fischer, S. 669 f. 29 Werner, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 2032 ff. Rn. 5; v. Lübtow, S. 797; Kipp/Coing, S. 609; Dernburg, Pandekten Bd. III, S. 347; Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 467 f., 472; O. Fischer, S. 669; Göppert, S. 79. 23
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft
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und lediglich in einer ,einfachen‘ Bruchteilsgemeinschaft verblieben, in der sie nicht mehr den Verteilungsregeln der Erbengemeinschaft unterlagen, musste der Miterbe, der nicht auf die Zurückhaltung der anderen Erben vertrauen konnte, möglichst rasch – womöglich auch zu ungünstigen Zeitpunkten – Teilungsklage mit einem einhergehenden Teilungsverbot erheben (die sog. actio familiae erciscundae), um den Anspruch auf Umsetzung seines Anteils an der gemeinschaftlichen Sache zu wahren.30
B. Die Abweichungen im Preußischen Allgemeinen Landrecht vom Römischen Recht I. Keine Rezeption des Grundsatzes nomina ipso iure divisa sunt Die Wurzeln des Allgemeinen Landrechts im Römischen Recht zeigen sich im Rahmen des Miterbenverhältnisses u. a. dadurch, dass dieses als ein Sonderfall des gemeinschaftlichen Eigentums (nach Bruchteilen) behandelt wird: § 115 ALR I 17 Die gemeinschaftlichen Rechte der Miterben sind nach den allgemeinen Grundsätzen vom Miteigenthume zu beurtheilen.
Das Allgemeine Landrecht wich vom Grundprinzip her allerdings wesentlich vom Römischen Recht ab.31 Dies äußere sich insbesondere darin, dass der Grundsatz nomina ipso iure divisa sunt nicht rezipiert wurde.32 Bis zur Teilung des Nachlasses konnten die Erben vielmehr nur gemeinschaftlich in Anspruch genommen werden und auch der Einzug der Forderungen war lediglich gemeinschaftlich möglich: § 127 ALR I 17 Zu den die Erbschaft betreffenden Schulden und Lasten sind die Erben gegen die Erbschaftsgläubiger gemeinschaftlich verpflichtet. § 151 ALR I 17 Auch die zur Erbschaft gehörenden Activforderungen können die Erben, solange sie im Miteigenthume stehen, nur gemeinschaftlich einziehn.
Als Grund für die Abweichungen gab Svarez an, es ginge „gegen die ersten Grundsätze des Rechts und die natürliche Billigkeit, daß der Creditor des Erblassers, welcher nur mit einer Person contrahiert und von diesem das Ganze zu Fordern und zu erwerben hat, durch den Zufall daß sein Schuldner mit Hinterlassung mehrerer Erben
30
Dazu ausführlich Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 700 ff. Förster/Eccius, Preuß. Privatrecht, Bd. IV, S. 570; O. Fischer, S. 669; Bornemann, Preuß. Civilrecht Bd. VI, S. 328. 32 Svarez’ Amtliche Vorträge zur Schlussrevision des ALR in Jahrb. für die preuß. Gesetzgebung 41, 1 (55); Engelmann, S. 488. 31
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
stirbt, […] genöthigt werden soll, statt eines Schuldners zehen nachzulaufen und seine Forderung von ihnen Stückweise […] einzuziehen.“33
Gleiches gelte für die Nachlassschuldner, denen ebenfalls nicht zugemutet werden könne, sich nach dem Erbfall mit einer Mehrzahl von Gläubigern auseinanderzusetzen.34 Man sieht, die Erwägungen, die die 2. Kommission in Abkehr von dem römisch-rechtlichen I. Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches dazu bewogen haben, das Prinzip der gesamten Hand bei der Erbengemeinschaft einzuführen, überschneiden sich teilweise mit jenen, die bereits die Urheber des Allgemeinen Landrechts zu einer Abweichung von den ihm grundsätzlich zu Grunde gelegten Römischen Recht veranlasst haben. II. Der Nachlass in der Rechtsprechung des Obertribunals Nach ganz herrschender Meinung lag der schärfere Gegensatz im Vergleich zum Römischen Recht jedoch darin, dass dem Miterben während des Bestehens der Gemeinschaft kein ideeller Anteil an den gemeinschaftlichen Gegenständen zustehen sollte.35 Den Grundstein für diese – dem Gesetzeswortlaut des 17. Titels freilich nicht ohne weiteres zu entnehmende –36 Auslegung des Gemeinschaftsverhältnisses legten zwei Entscheidungen des Preußischen Obertribunals zu Berlin. Bereits in dem eher weniger differenzierten Urteil vom 17. 12. 1841 leitete das Obertribunal die fehlende Berechtigung der Miterben an den einzelnen Nachlassgegenständen aus der Tatsache ab, dass sich bei der Erbschaft das aus dem Titel 17 folgende Recht an der gemeinschaftlichen Sache, welches zum besonderen Eigentum des Miteigentümers gehört,37 auf eine universitas juris bezöge: „Allein dies Anrecht des Miterben trifft nicht direkt alle diejenigen einzelnen Sachen selbst, welche zum Nachlass gehören, sondern die universitas juris bildet den wahren und unmittelbaren Gegenstand seines Anrechts […].“ Dies folge u. a. aus dem Rechtsverhältnis an sich sowie aus den Regelungen über den Erbschaftskauf, dessen Gegenstand nicht die einzelnen Nachlassgegenstände, sondern das Erbschaftsrecht sei.38 Nach einer von diesem Prinzip abweichenden Entscheidung des IV. Senats, hatte sich das Plenum des Obertribunals mit der Frage nach dem Bestehen von Anteilsrechten genauer zu befassen. Mit Plenarbeschluss vom 16. 03. 1857 hielt man an der bisherigen Rechtsprechung fest und sah dabei den Ausschluss der Forderungsteilung 33 Svarez’ Amtliche Vorträge zur Schlussrevision des ALR in Jahrb. für die preuß. Gesetzgebung 41, 1 (55 ); Engelmann, S. 488. 34 Svarez’ Amtliche Vorträge zur Schlussrevision des ALR in Jahrb. für die preuß. Gesetzgebung 41, 1 (56 f.). 35 O. Fischer, S. 670. 36 Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 704. 37 § 4 ALR I 17. 38 Preuß. Obertribunal, Urteil v. 17. 12. 1841 = Entscheidungen des Obertribunals 7, 270 (278).
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft
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als Ausdruck eines Grundprinzips des gemeinschaftlichen Eigentums der Miterben an: „Die Regel: nomina sunt ipso jure divisa ist in dem Allgemeinen Landrechte ausdrücklich ausgeschlossen und schon daraus ist zu folgern, daß der aus demselben Grunde, wie jene Regel, abgeleitete Rechtssatz, daß jeder Erbe pro rata condominius jeder zu der Erbschaft gehörigen körperlichen Sache wird, ausgeschossen ist.“39
Ferner sprächen dafür die Regelungen des Allgemeinen Landrechts. Das Obertribunal führt hier § 350 ALR I 9, wonach die Erbschaft eines Verstorbenen oder für tot erklärten aus dem Inbegriffe aller seiner hinterlassenen Sachen, Rechte und Pflichten besteht, in Verbindung mit § 382 ALR I 9 an, der bestimmt, dass mehrere zugleich zu einer Erbschaft berufene Personen Miteigentümer derselben werden. Dazu führt es weiter aus: „Was wegen eines Inbegriffs von Sachen und Rechten überhaupt vorgeschrieben ist, muß hiernach auch bei Erbschaften Anwendung finden. Nach § 32 [ALR I 2]40 bilden nun aber die Sachen, welche zu einem Inbegriffe gehören, ein einzelnes Ganzes und insbesondere gilt dies nach § 34 [a.a.O.]41 von dem unter der Bezeichnung „Erbschaft“ in dem Gesetze anerkannten Inbegriffe. Die Miterben werden daher Miteigenthümer des den Inbegriff bildenden einzelnen Ganzen und können eben deswegen, den anderen gegenüber, kein zu Verfügungen berechtigendes Miteigenthum an den einzelnen Sachen und Rechten, die, in Beziehung auf den Inbegriff, als selbstständige Sachen gar nicht bestehen, haben.“42
Anstelle der einzelnen Sache oder des einzelnen Rechts im Sinne des § 1 ALR I 1743 tritt folglich der Nachlass als Inbegriff. Hervorzuheben ist ferner die Argumentation, „daß die Erbschaft ihrem Begriffe nach nicht bloß Sachen und Rechte, sondern auch Verbindlichkeiten zum Gegenstande hat, jene Sachen also nicht bloß als solche, sondern auch als Träger der auf der Erbschaft ruhenden Verbindlichkeiten in Betracht kommen. Jede einzelne zu der Erbschaft gehörige Sache und jedes Recht ist sonach verhältnismäßig für die
39
(364). 40
Preuß. Obertribunal, Urteil v. 16. 03. 1857 = Entscheidungen des Obertribunals 35, 352
§ 32 ALR I 2. Mehrere besondere Sachen, die mit einem gemeinschaftlichen Namen bezeichnet zu werden pflegen, machen einen Inbegriff von Sachen aus, und werden, zusammen genommen, als ein einzelnes Ganzes betrachtet. 41 § 34 ALR I 2. Der Inbegriff der Sachen und Rechte eines Verstorbenen heißt dessen Verlassenschaft. 42 Preuß. Obertribunal, Urteil v. 16. 03. 1857 = Entscheidungen des Obertribunals 35, 352 (365). 43 § 1 ALR I 17. „Gemeinschaftliches Eigentum ist alsdann vorhanden, wenn dasselbe Eigenthumsrecht über eine Sache, oder ein Recht, mehrern Personen ungetheilt zukommt.“ (Tit. VIII §§ 14, 15, 17).
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Verbindlichkeiten der Erbschaft verhaftet.“ Zwischen Erbschaft und den Verbindlichkeiten „bestehe mithin eine wechselseitige Beziehung und Verbindung.“44
Obgleich man mit Blick auf den klaren Wortlaut der o.g. Normen grundsätzlich keine Streitfragen in dieser Richtung erwarten mochte, haben vereinzelte Stimmen in der landrechtlichen Literatur demgegenüber eingewendet, dass ein Inbegriff wie ihn das Obertribunal annehme, schon im gemeinen Recht nicht bekannt gewesen sei und sich aus der Formulierung der §§ 32 ff. ALR I 2 nicht notwendigerweise schließen lasse, dass es sich bei der Erbschaft um eine wirkliche ,Einheitssache‘ handele, im Rahmen derer die einzelnen Sachen und Rechte ihre rechtliche Selbstständigkeit bis zur Auseinandersetzung verlustig würden.45 Die ganz überwiegende Literatur hat sich jedoch der Rechtsprechung angeschlossen.46, 47
C. Stellungnahme zur Bedeutung des Allgemeinen Landrechts für die Erbengemeinschaft des Bürgerlichen Rechts Nachdem die Besonderheiten des Miterbenverhältnisses im Allgemeinen Landrecht beleuchtet wurden, gilt es sich nunmehr mit deren Bedeutung für das BGB und insbesondere für die hier zu Grunde gelegte Konstruktion des Gesamthandsprinzips zu beschäftigen. In diesem Sinne scheint es zunächst angezeigt, die Behauptung, dass im Allgemeinen Landrecht deutschrechtliche Gedanken keine Rolle gespielt haben, auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen.48
44
(365). 45
Preuß. Obertribunal, Urteil v. 16. 03. 1857 = Entscheidungen des Obertribunals 35, 352
Göppert, S. 112 ff.; ferner Förster, S. 298 ff. Leske, S. 1110; Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 703 ff.; Engelmann, S. 487 f.; Zürn, S. 170; O. Fischer, S. 669 f.; Koch, Preuß. Erbrecht, S. 1199; eingehend Bornemann, Preuß. Civilrecht Bd. VI, S.331 ff., insbes. S. 333. 47 Gegen die Ansicht von Göppert und Förster spricht trotz ihrer Einwendungen der deutliche Wortlaut der §§ 350, 382 ALR I 9, 32 ALR I 2. Im Übrigen hat Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 700 ff. herausgestellt, dass die von Förster verteidigte Position mehr der des Obertribunals entspricht als den Begebenheiten im gemeinen Recht. In der Konsequenz hat sich Eccius in seinen Überarbeitungen ab der 4. Aufl. des Förster’schen Werks der herrschenden Meinung angeschlossen: Förster/Eccius, Preuß. Privatrecht Bd. IV, S. 571 f. Auch die von Eidenmüller, S. 32 ff. bediente Argumentation auf Basis des Wortlauts des § 115 ALR I 17, der von gemeinschaftlichen Rechten spreche, – und nicht von dem gemeinschaftlichen Recht – verkennt, dass die Formulierung subjektbezogen und damit auf die Rechte des Einzelnen im Rahmen der Gemeinschaft gerichtet ist. 48 Kipp/Coing, S. 609; Eidenmüller, S. 137 ff., 145 f. Vgl. Fn. 7. 46
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft
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I. Zu den Spuren germanischer Rechtsgedanken im ALR und der Rechtsprechung des Obertribunals Schon ein Blick auf die Entscheidung des Obertribunals vom 17. 12. 1841 zeigt, dass sich diese Behauptung nicht aufrechterhalten lässt. Hinsichtlich des Leitsatzes, wonach dem Miterben ein Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen nicht zustehe, wird ausdrücklich auf ein Gutachten des Obertribunals vom 24. 08. 1840 Bezug genommen, das der Justizminister zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtspflege hinsichtlich der Behandlung der Gütergemeinschaft der Ehegatten eingeholt hatte. Entgegen der Ansicht des Justizministers ging das Obertribunal davon aus, dass, obwohl das Allgemeine Landrecht an einigen Stellen von den Eheleuten als Miteigentümern spreche, die Grundsätze vom Miteigentum des 17. Titels auf das Verhältnis der Ehegatten nicht anzuwenden seien.49 Insofern offenbaren sich Anklänge zu den deutschrechtlichen (!) Ansätzen Hasses, soweit das Obertribunal weiter ausführt: „Das berechtigte Subject ist hier […] die eheliche Gesellschaft, das Ehepaar, als moralische Person, verschieden von dem Individuum.“50 Auch lassen die weiteren Erwägungen deutliche personenrechtliche Einflüsse hinsichtlich des Berechtigungsverhältnisses erkennen, so dass das Verhältnis der Ehegatten in der ,Lesart‘ des Obertribunals eine Färbung annimmt, wie sie aus den vorangegangenen Ausführungen zur deutschrechtlichen Gesamthand bekannt ist: „[…] die Sache […] ist nur zwischen den Ehegatten gemeinschaftlich, für einen Dritten, der des Eintritts in die eheliche Gütergemeinschaft nicht fähig ist, extra commercium. Mag daher jeder einzelne Ehegatte sein Teilnahmerecht zu seinem besonderen Eigenthum rechnen, so ist es doch nicht Gegenstand der Veräußerung und nicht an Andere übertragbar. Jeder Ehegatte wird Miteigentümer, aber er ist es innerhalb des Kreises der ehelichen Verbindung […].“51
Ähnliche Gedanken finden sich schon 1836 in einer Entscheidung des Oberlandesgerichts zu Breslau zu der Frage, ob die Erben vor Teilung der Erbschaft einen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen haben und somit als Verkäufer derselben auftreten können: „Dieß ist bei dem Miterben vor getheilter Erbschaft nicht der Fall, bis dahin repräsentieren sie lediglich die Person des Erblassers, sie bilden deshalb eine moralische Person, bei welcher der einzelne Miterbe nicht als ein zu einem bestimmten Antheil Berechtigter, in Betracht kommt, sondern nur als Glied eines Ganzen. Deshalb können auch vor getheilter Erbschaft nur sämmtliche Erben klagen und verklagt werden, was eine notwendige Folge davon war, daß man den römischen Grundsatz, nach welchem sowohl die zur Erbschaft 49 Obertribunal, Justiz-Ministerial-Blatt für die Preuß. Gesetzgebung und Rechtspflege 1840, 369 (372). 50 Obertribunal, Justiz-Ministerial-Blatt für die Preuß. Gesetzgebung und Rechtspflege 1840, 369 (373). Es spricht wohl für sich selbst, dass gerade diese, auch von Eidenmüller, S. 71 zitierte Stelle, schlichtweg ausgelassen („…“) ist. 51 Obertribunal, Justiz-Ministerial-Blatt für die Preuß. Gesetzgebung und Rechtspflege 1840, 369 (373).
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gehörigen Activa als Passiffa ipso jure divisa sunt bei der Redaction des A.L.R. nicht adoptirte.“52, 53
Auch in der Literatur fanden sich stimmen, die die besonderen Fälle des gemeinschaftlichen Eigentums von der Subjektseite aus konstruiert haben.54 II. Zum Einfluss auf die Erbengemeinschaft des BGB Die daraus folgende Erkenntnis, dass sich die Behauptung, bei der Ausgestaltung des Miterbenverhältnisses seien deutschrechtliche Gedanken nicht relevant gewesen, nicht aufrecht erhalten lässt, ist für die Frage, wie die Gesamthandsgemeinschaften – insbesondere die Erbengemeinschaft – zu konstruieren sind, letztlich jedoch ebenso wenig ausschlaggebend wie die Überlegung, inwiefern Gierkes deutschrechtliche Vorstellungen von der Gesamthand, die er in seiner umfangreichen Kritik zum I. Entwurf auch bei der Erbengemeinschaft angebracht hat,55 nach der ausdrücklichen Inbezugnahme der zweiten Kommission auf die diversen kritischen Stimmen zur Erbengemeinschaft des I. Entwurfs56 von Einfluss auf die Beratungen war. Denn es bestehen auch im Rahmen des Miterbenverhältnisses keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesetzgeber in Abweichung von den Äußerungen der Kommission zur GbR mit der Orientierung am Allgemeinen Landrecht auf eine bestimmte Konstruktion des Gesamthandsverhältnisses festlegen wollte. Die rein 52
OLG Breslau, Urteil v. 16. 03. 1836 = Schlesisches Archiv für die practische Rechtswissenschaft 2, 24 (26); ähnlich auch Plathner, Gruchots Beiträge 22, 583 (587). Die Gemeinschaft der Miteigentümer soll allerdings nur im Verhältnis zur gemeinschaftlichen Sache Rechtsubjekt sein, nicht gegenüber Dritten. 53 In ähnlicher Weise äußerte sich das Gericht im September desselben Jahres, OLG Breslau, Urteil v. 21. 09. 1836 = Schlesisches Archiv für die practische Rechtswissenschaft 2, 24 (27): „So lange aber die Erbschaft nicht getheilt ist, kann von Antheilen und vom Besitze der einzelnen Erben für sich keine Rede sein. Der einzelne Erbe kommt nicht in Betracht. Die Erben bilden zusammen ein Ganzes, ein corpus, das den Erblasser repräsentiert.“ 54 L. Schmidt, S. 259 zur ehelichen Gütergemeinschaft jedoch mit der Abweichung, dass nicht die Eheleute, sondern die Erbschaft selbst eine eigenständige juristische Person ist. Anklänge hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums der Miterben auch bei O. Fischer, S. 669. 55 Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 85 führt hierzu in weitestgehender Übereinstimmung mit der heutigen Rechtslage u. a. aus: „Die Erbengemeinschaft muss als eine deutschrechtliche Gemeinschaft zur gesammten Hand ausgestaltet werden, bei welcher als Gegenstand des gemeinschaftlichen Rechts ein Vermögensganzes als solches und somit Antheile an den einzelnen Vermögensbestandtheilen überhaupt nicht bestehen. Die Antheile am Ganzen […] müssen mindestens einem dinglichen Vorkaufsrecht der Miterben unterworfen werden. Demgemäß darf auch die Geltendmachung von Nachlaßforderungen nur in einheitlicher Weise für die Gesammtheit der Miterben zulässig sein. Und für Nachlaßverbindlichkeiten kann zunächst nur eine einfache Gesammthaft mit dem Nachlaß eintreten.“ 56 Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495: „Auf Grund dieser Erörterungen […] entschied sich die Kom., namentlich auch im Hinblick auf die Aeußerungen in der Kritik, […] die Erbengemeinschaft grundsätzlich anzunehmen […].“
§ 4 Von den Ursprüngen der Erbengemeinschaft
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praktischen Erwägungen der Kommission,57 die im Wesentlichen mit jenen übereinstimmen, die bereits die Redaktoren des Allgemeinen Landrechts zu einer Abweichung vom Römischen Recht veranlasst haben,58 deuten vielmehr darauf hin, dass auch hier lediglich entschieden wurde, „welche Vorschriften sachlich den Vorzug verdienten.“59 Soweit die Protokolle sich daher offensichtlich an der Erbengemeinschaft des Allgemeinen Landrechts orientieren, so ist die Grundlage der Gemeinschaft damit nicht etwa in der Annahme eines Vermögensinbegriffes zu sehen,60 vielmehr ist dies im Hinblick auf die Konstruktion der Erbengemeinschaft „durchaus belanglos“,61 so dass die Protokolle dem im II. Teil der Untersuchung gefundenen Ergebnis nicht entgegenstehen. III. Die Bedeutung der Obertribunals-Rechtsprechung für das Verständnis des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens Gleichwohl ist die Betrachtung der Besonderheiten des landrechtlichen Miterbenverhältnisses für die weitere Untersuchung nicht ohne Bedeutung. Es bleibt dem Obertribunal als Verdienst anzurechnen, dass es aus der Abkehr des Landrechts von dem Grundsatz nomina ipso jure divisa sunt einen „allgemeinen Rechtssatz“62 abgeleitet hat, der mit der Übertragung auf die körperlichen Nachlassgegenstände sowie in Verbindung mit dem Gedanken, dass die Erbschaft als Inbegriff von Aktivforderungen und körperlichen Gegenständen „auch als Träger der auf der Erbschaft ruhenden Verbindlichkeiten in Betracht [kommt]“, so dass zwischen Erbschaft und Verbindlichkeiten „eine wechselseitige Beziehung und Verbindung“ besteht,63 die Grundlage für das im BGB einer jeden Gesamthandsgemeinschaft zugewiesene Sondervermögen geschaffen hat. Wenn die Einpassung der Gesamthand in das Gefüge des BGB auch sonst nur als „Abschlagszahlung“ erscheint, hat das BGB jedenfalls diesen Gedanken konsequent durchgeführt: Wie bereits im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Bruchteilsgemeinschaft angemerkt und wie nachfolgend noch mehrfach hervorzuheben sein wird, ist gerade das Vorhandensein eines Sondervermögens, das allein für die Belange der Gemeinschaftssphäre gebunden ist, prägendes Merkmal der Gesamthandsgemeinschaften, das zusammen mit dem in 57 Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495; v. Lübtow, S. 799; Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 36 f. 58 Dazu soeben unter B. 59 Protokolle zu §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. 60 Die Unvereinbarkeit dieses ,Ausnahmemodells‘ mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch wurde ohnehin bereits aufgezeigt, vgl. § 3 B. I. 3. 61 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 36. 62 Preuß. Obertribunal, Urteil v. 16. 03. 1857 = Entscheidungen des Obertribunals 35, 352 (364). 63 Preuß. Obertribunal, Urteil v. 16. 03. 1857 = Entscheidungen des Obertribunals 35, 352 (365).
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wechselseitiger Abhängigkeit bestehenden personenrechtlichen Band zwingende Voraussetzung für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgemeinschaften ist.64
§ 5 Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft in der Rechtsprechung des BGH A. Zur Übertragung der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaft Bereits im ersten Teil der Untersuchung wurde auf die besondere Bedeutung der Gruppenlehre für das Gesamthandsprinzip hingewiesen und ihr Konstruktionsversuch näher betrachtet.65 Flume selbst hat in seinem insofern grundlegenden Beitrag zur „Gesellschaft und Gesamthand“ geäußert, „es wäre sicher gerechtfertigt, ungeachtet der Erscheinungsformen der Gesamthand von der Gesamthand als solcher zu handeln“, wobei er hierauf nur aus Gründen der Anschaulichkeit verzichtet hat.66 Gleichwohl finden sich an den tragenden Stellen immer wieder „Seitenblicke“67 auf die übrigen Gemeinschaftsformen, die den Anspruch der Gruppenlehre, eine Erklärung für ein „Einheitsmodell“68 der Gesamthand zu liefern,69 bekräftigen und somit in Opposition zu einigen – freilich nicht überzeugenden – Stimmen stehen, die ein Einheitskonzept der Gesamthand ablehnen.70 Vor diesem Hintergrund war es nur konsequent, in der Folge auch die Frage aufzuwerfen, wie sich die Erbgengemeinschaft als Gesamthand im Lichte der Gruppenlehre darstellt. Den ersten vielbeachteten aber auch gleichzeitig oftmals kritisierten71 Schritt in diese Richtung unternahm Grunewald72 bereits 1997 gefolgt von einer Untersuchung Eberl-Borges’73 über die Rechtsnatur der Erbengemeinschaft nach der Entscheidung des BGH zur (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR im Jahre 2001.74 Letztere Entscheidung, die von einigen Stimmen in der Literatur als „Meilenstein auf dem Wege der Rechtsfortbildung“75 bzw. als „Markstein zur Enträtse64 Zur Eigenschaft des Sondervermögens als die Rechtsfähigkeit der Gesamthand prägendes Merkmal, vgl. § 3 E. III. 4. dd); § 5 A. II. 1. d); § 5 A. II. 4. Eindrücklich hervorgehoben auch bei Boas, S. 65 ff. 65 Vgl. § 2 B. II. 5. 66 Flume, ZHR 136, 177 (179 f.). 67 K. Schmidt, AcP 209, 181 (197). 68 K. Schmidt; Gesellschaftsrecht, S. 200; K. Schmidt, AcP 209, 181 (197). 69 Vgl. dazu auch Reuter, AcP 207, 673 (677 f.). 70 Dazu § 3 E. II. 5. b); § 3 F. II. 71 Vgl. nur Ulmer, AcP 198, 113 (124 ff.); Prütting, ZIP 1997, 1725. 72 Grunewald, AcP 197, 305. 73 Eberl-Borges, ZEV 2002, 125. 74 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az. II ZR 331/00 = BGH NJW 2001, 1056. 75 K. Schmidt; NJW 2001, 993 (995).
§ 5 Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
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lung der GbR“ bezeichnet wird,76 stützt sich in nicht nur unwesentlichem Umfang auf die Erkenntnisse der Gruppenlehre77 und eignet sich daher dazu, die Entscheidungsgründe im Anschluss an die Ausführungen von Eberl-Borges auf ihre Übertragbarkeit auf die Erbengemeinschaft zu untersuchen, um so eine passende Ausgangslage für die Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BGH vom 11. 09. 2002,78 in welchem er die Übertragung der Erkenntnisse der ,GbR-Entscheidung‘ auf die Erbengemeinschaft letztlich ablehnt, zu schaffen. I. Die Entscheidung zur Rechtsfähigkeit der ARGE „Weißes Ross“ In der bereits mehrfach erwähnten Entscheidung „Weißes Ross“ aus dem Jahre 2001 hat der BGH letztlich den um die Frage der Behandlung der Gesamthand als Rechtssubjekt seit Jahrhunderten von Literatur und Rechtsprechung geschlungenen Gordischen Knoten jedenfalls in Bezug auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anlehnung an die „maßgeblich von Flume in die moderne Diskussion [eingeführte]“79 Gruppenlehre durchschlagen und festgehalten: „Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.“ Darüber hinaus hielt der BGH zum einen fest, dass die Gesellschaft in diesem Rahmen im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig sei. Zum anderen bestimme sich die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach den Regeln der akzessorischen Haftung eines OHG-Gesellschafters. Bevor nun die einzelnen, diesen Leitsätzen zugrundeliegenden Entscheidungsgründe jeweils auf ihre Übertragbarkeit auf die Erbengemeinschaft hin untersucht werden sollen, ist zunächst klarzustellen, dass damit keine erneute kritische Auseinandersetzung hinsichtlich der vom BGH für seine Entscheidung bemühten Argumente verbunden ist. Hierzu kann auf die diversen Aufsätze und Entscheidungsbesprechungen in Fachzeitschriften verwiesen werden, die allein in der entsprechenden Auflistung der Juris-Datenbank mittlerweile einen Umfang von fünf Seiten annehmen.80
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Ulmer, ZIP 2001, 585. Heil, NZG 2001, 300 (301). BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389. BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056. Dazu in jüngerer Zeit auch umfangreich Tolani, S. 73 ff.
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1. Die historische Auslegung und der Wortlaut des Gesetzes hinsichtlich der Berechtigung der Gesamthänder an den gemeinschaftlichen Vermögensgegenständen Der vom BGH zuvörderst für die Begründung der Rechtsfähigkeit der GbR behandelte Streitpunkt ist bereits aus den vorangegangenen Darstellungen zu den verschiedenen Gesamthandstheorien bekannt: Schon kurz nach Inkrafttreten des BGB konstatierte man im Hinblick auf den Wortlaut der §§ 719 Abs. 1, 1419 Abs. 1 und 2033 Abs. 2 BGB, der von einem Anteil der Gesamthänder an den einzelnen Vermögensgegenständen spricht, dass eine Rechtssubjektivität der Gesamthand dadurch ausgeschlossen sei und nur eine unmittelbare Berechtigung der Gesamthänder in Betracht komme.81 Auch Jahre nach der Entscheidung greifen verbliebene kritische Stimmen in der Literatur diese Argumentation mehr oder weniger auf.82 Wie schon im ersten Teil der Untersuchung dargestellt, wies Flume bereits darauf hin, dass der Gesetzgeber der Auffassung gewesen sei, es sei nicht seine Aufgabe, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Gesamthand theoretisch zu konstruieren sei, so dass aus der Verwendung des Wortes „Anteil“ auch keine Rückschlüsse auf die Konstruktion des Gesamthandsverhältnis gezogen werden könnten.83 Diese Argumentation griff auch der BGH auf und führte mit Hinweis darauf, dass das Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regelungen über die Rechtsnatur der GbR biete, aus, „dass das „erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete [dahingehende] Festlegung zu vermeiden“, eine Beurteilung des Gesamthandsprinzips nach rein praktischen Bedürfnissen zulasse.84 Während auf die praktischen Auswirkungen der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft im Folgenden noch einzugehen sein wird, liegt der Fokus hier auf der Frage, inwieweit der Wortlaut des § 2033 BGB der Rechtsfähigkeit der Gesamthand entgegensteht. Hierzu können weitestgehend die schon an anderer Stelle gewonnenen Ergebnisse erneut dienstbar gemacht werden. In diesem Sinne hat sich bereits bei der kritischen Auseinandersetzung mit der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung im zweiten Teil der Arbeit im Rahmen der Frage, ob die Gesamthand in Abweichung von der sonstigen sachenrechtlichen Systematik des BGB jedenfalls bei der Erbengemeinschaft als ein selbstständiger Vermögensinbegriff in Betracht kommt, herausgestellt, dass nicht nur redaktionelle Mängel, sondern auch widersprüchliche Ausführungen des Gesetzgebers zur Erbschaft und dem Erbanteil als Vermögensinbegriff keinen Schluss auf die Vorweg-
81 So ausdrücklich Nagler, Sächs. Archiv 10, 695 (723) für die GbR; Joerges, ZHR 49, 140 (182 f.); 51, 47 (64); vgl. auch Krückmann, ZBlFG 1916, 1 (19). 82 Mansel, in: Jauernig, BGB, Vor § 21 Rn. 4; Tolani, S. 73 f.; Heil, ZGS 2001, 300 (302). 83 Flume, ZHR 136, 177 (196). 84 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1057).
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nahme einer rechtlichen Konstruktion zulassen.85 Dementsprechend war auch im Rahmen der Darstellung der Ausgestaltung der Erbengemeinschaft im Allgemeinen Landrecht im Hinblick auf die ausdrückliche Inbezugnahme desselben durch den Gesetzgeber in den Protokollen sowie die umfangreiche Kritik von Gierke am I. Entwurf, die wohl jedenfalls in sachlicher Hinsicht von einigem Einfluss auf die Ausgestaltung der Regelungen der Erbengemeinschaft ab dem II. Entwurf war,86 herauszustellen, dass beides für die Frage nach der theoretischen Konstruktion der Erbengemeinschaft nicht von Belang ist. Auch hier wollte der Gesetzgeber nur entscheiden, welchen Vorschriften in sachlicher Hinsicht der Vorzug zu geben war.87 Dass es an einer den Ausführungen zur GbR88 entsprechenden Äußerung des Gesetzgebers im Rahmen der Protokolle zur Erbengemeinschaft bzw. zu den übrigen Gesamthandsgemeinschaften fehlt,89 steht der Annahme, dass man sich auch hier lediglich dafür entschieden hat, welche Vorschriften in sachlicher Hinsicht den Vorzug verdienen, nicht entgegen. Im Gegenteil hätte es nahegelegen, sich für den Fall, dass man tatsächlich der Ansicht war, dass den verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung zuteilwerden werden solle, ausdrücklich zu äußern. Das Schweigen des Gesetzgebers ist in diesem Sinne vielmehr so zu deuten, dass man keine Veranlassung dafür sah, von denen zum Gesamthandsprinzip getätigten Äußerungen für die anderen Gemeinschaften abzuweichen bzw. sich in sinnlosen Wiederholungen zu ergehen.90 2. Konzeptionelle Schwächen der gesamtschuldnerischen Haftung nach der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung a) Der Konflikt zwischen Leistungspflicht und Leistungsfähigkeit Als einen weiteren Grund für die Fortentwicklung der GbR zu einem Rechtsubjekt hat der BGH die „konzeptionellen Schwächen“ der sog. „traditionellen Auffassung“ (Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung) angeführt.91 Betrachte man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gem. § 427 BGB, so stehe dies im Widerspruch mit dem Gesamthandsprinzip, da der einzelne Gesellschafter die Leistung im Sinne von § 421 BGB wegen § 719 BGB nicht allein erbringen könne, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsvermögen befinde. 85
Vgl. dazu § 3 B. I. Dazu Fn. 55. 87 Im Ergebnis auch Jäkel, S. 29. 88 Vgl. Protokolle zur §§ 718 – 720 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 990. 89 Vgl. § 2 B. I. 90 Zutreffend hat Bork, in: Staudinger Symposion, S 185 f. bemerkt, dass auch der historische Gesetzgeber die Gesamthand als eine einheitliche dogmatische Figur betrachtete, zu der er immer dann griff, wenn er ein Sondervermögen für einen bestimmten Zweck binden wollte. 91 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1057). 86
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Bei der Erbengemeinschaft ergibt sich diese Problematik ebenfalls, jedoch nicht in allen Haftungslagen, denn dem Nachlassgläubiger eröffnen sich vor Auseinandersetzung des Nachlasses mehrere Möglichkeiten, seine Forderung zu befriedigen.92 aa) Die Gesamthandsklage Eine dieser Möglichkeiten regelt § 2059 Abs. 2 BGB. Im Wege der sog. Gesamthandsklage kann der Nachlassgläubiger in den ungeteilten Nachlass vollstrecken. Dazu bedarf es nach § 747 ZPO eines Titels gegen alle Erben, wobei es sich dazu nicht notwendigerweise um einen einheitlichen Titel gegen alle Erben handeln muss; es genügen vielmehr auch mehrere, durch Einzelklagen gegen die einzelnen Miterben erstrittene Titel.93 Bei dieser Vorgehensweise ergibt sich im Hinblick auf die §§ 2058, 421 BGB die vom BGH angesprochene Differenz zwischen Leistungspflicht und Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht. Will der Nachlassgläubiger in den ungeteilten Nachlass vollstrecken, bedarf es eines bzw. mehrerer Titel gegen alle Erben. Nur in dieser Konstellation – nämlich gemeinschaftlich – können die Miterben gem. § 2040 Abs. 1 BGB über einen Nachlassgegenstand verfügen. Es wird nur die Gemeinschaft in Anspruch genommen und nicht ein Miterbe auf das Ganze, so dass es wegen § 2040 Abs. 1 BGB nicht zu einem Konflikt zwischen Leistungspflicht und Leistungsfähigkeit kommt. bb) Die Gesamtschuldklage Analog zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts gestaltet sich die Problematik hingegen, wenn der Nachlassgläubiger die andere Möglichkeit wählt und einen Miterben im Wege der Gesamtschuldklage auf Übereignung eines Nachlassgegenstandes in Anspruch nimmt. Zwar ist der Nachlassgläubiger insofern berechtigt, die Leistung von jedem einzelnen Miterben in voller Höhe – freilich nur einmal – zu verlangen (§§ 2058, 421 BGB), jedoch kann der Miterbe als Schuldner auf Grund der Regelungen der §§ 2038, 2040 Abs. 1 BGB94 allein grundsätzlich nicht leisten. Hier kommt es zu einem Widerspruch zwischen der gesamthänderischen Bindung auf der einen und der gesamthänderischen Haftung auf der anderen Seite.95 Die von der traditionellen Lehre bedienten Lösungen zeigen, dass sich dieser Konflikt nicht aufheben lässt, ohne gleichzeitig dem Prinzip der Gesamtschuldnerschaft Gewalt anzutun.
92 Zu dieser Wahlfreiheit vgl. Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2058 Rn. 3, 8; § 2059 Rn. 15; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2058 Rn. 6; Flume, in: FS Westermann, S. 121. 93 Kroppenberg, in: P/G, ZPO, § 747 Rn. 3; Heßler, in: MüKo, ZPO, § 747 Rn. 13. 94 Zum Verhältnis der Vorschriften und deren Wirkungen auf die Vertretungsmacht der einzelnen Miterben siehe § 5 A. II. 3. c). 95 Ann, in: MüKo, BGB, § 2058 Rn. 23; Kick, in: NAK-BGB, § 2058 Rn. 19, 29. Ausführlich auch Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 2058 Rn. 57 ff.; Ann, S. 145.
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So versucht die Rechtsprechung dem Konflikt zwischen den §§ 2058, 421 BGB und § 2040 Abs. 1 BGB mit einer Modifikation der Leistungspflicht des in Anspruch genommenen Miterben zu begegnen und nimmt daher an, der Anspruch gegen den jeweiligen Miterben richte sich dann auf die „Herbeiführung“ der begehrten Leistung.96 In der Literatur finden sich verschiedene Lösungsansätze. Es wird teilweise davon ausgegangen, dass, soweit in Anlehnung an die Rechtsprechung die einzelnen Miterben nicht nur auf „Herbeiführung“ der Verfügung verklagt werden, es vorzugswürdig sei, direkt alle Erben auf Leistung zu verklagen.97 Andere wollen wiederum den einzelnen Miterben auf Leistung verklagen, woraufhin dieser verpflichtet sei, den ihm gegen die Miterben aus § 426 Abs. 1 BGB zustehenden Anspruch auf Mitwirkung an der gemeinschaftlichen Verfügung geltend zu machen.98, 99 Ungeachtet einer kritischen Einzelbetrachtung100 ist den Ansätzen in Literatur und Rechtsprechung gemein, dass sie dem Gläubiger des Miterben als Gesamtschuldner Steine statt Brot geben. Die dem Gläubiger zugutekommenden Vorzüge sollen gerade darin liegen, dass er durch die freie Wahl unter den Gesamtschuldnern „möglichst rasch und einfach“ Befriedigung erlange, ohne dass er das Ausfallrisiko trage.101 Nach den für die traditionelle Lehre vertretenen Lösungsansätzen kann der Gläubiger aber gerade nicht ohne Weiteres Leistung von einem der Miterben wie von einem „echten Gesamtschuldner“ verlangen.102 Da dies – wie Ann trefflich feststellt
96 BGH, Urteil v. 24. 04. 1963 – Az. V ZR 16/62 = NJW 1963, 1611 (1612); RG, Urteil v. 10. 07. 1909 – Az.: V 43/08 = RGZ 71, 266 (270); so auch Wolf, in: Soergel, BGB, § 2058 Rn. 6. Dem wird nicht nur entgegengehalten, dass die „Herbeiführungsverpflichtung“ viel zu ungenau für eine Vollstreckung oder Verurteilung ist (Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 2058 Rn. 62; Ann, S. 146), sondern auch, dass einer solchen Klage gegen die einzelnen Miterben das Rechtsschutzbedürfnis fehle, soweit nicht feststehe, dass alle Miterben an der gemeinschaftlichen Verfügung teilnehmen (Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 2058 Rn. 63; Kick, in: NAKBGB, § 2058 Rn. 29). 97 Lohmann, in: B/R, BGB, § 2058 Rn. 6. Diese Lösung verkennt freilich, dass dem Gläubiger damit in den Fällen nicht geholfen ist, in denen nicht sämtliche Erben bekannt sind. 98 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2058 Rn. 9; Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 2058 Rn. 61; Kick, in: NAK-BGB, BGB, § 2058 Rn. 29; Zeising, ZErb 2013, 52 (56). 99 Eine vertiefte Darstellung der Ansichten ist hier nicht geboten, da alleine angestrebt ist, die Abweichungen von § 421 BGB und damit die Übertragbarkeit der Erwägungen des BGH zur GbR auf die Erbengemeinschaft darzustellen. Ausführliche Darstellung bei Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 2058 Rn. 57 ff.; Zeising, ZErb 2013, 52 (56 f.). Im Übrigen ist die Frage nicht mehr derart virulent, wenn man nach hier vertretener Auffassung die Erbengemeinschaft für rechtsfähig hält. Der Haftungsverband der Erbengemeinschaft wird daher an späterer Stelle noch genauer zu behandeln sein, vgl. § 6 A. III. 100 Vgl. Fn. 96, 97 sowie Ann, S. 146. 101 Looschelders, in: Staudinger, BGB, § 421 Rn. 2; vgl. auch Bydlinski, in: MüKo, BGB, § 421 Rn. 2. Heck, S. 234 bezeichnet den Gläubiger in solchen Fällen daher als „juristischen Pascha“. 102 Ann, in: MüKo, BGB, § 2058 Rn. 23. Schon Svarez hat in der revisio monitorum zum ALR bemerkt, dass es der Natur der Sache widerspreche, gar gegen den „gemeinen Menschenverstand“ ginge, wenn man bei Correalverbindlichkeiten letztlich doch wieder eine pro
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– auf eine teleologische Reduktion der §§ 2058, 421 BGB hinausläuft, lassen sich die Ausführungen des BGH hinsichtlich des Konflikts zwischen Leistungspflicht und Leistungsmöglichkeit zu den §§ 427, 421, 719 Abs. 1 BGB auch auf die Erbengemeinschaft für den Fall der Gesamtschuldklage übertragen.103, 104 b) Verwässerung der Grenzen zwischen Schuld und Haftung Die vom BGH monierten konzeptionellen Schwächen der traditionellen Auffassung sollen sich aber nicht lediglich bei dem Konflikt zwischen Leistungspflicht und Leistungsfähigkeit im Rahmen des Prinzips der gesamthänderischen Bindung zeigen. Die Schwächen äußerten sich auch dadurch, dass die für die Verpflichtung des Gesellschaftsvermögens bediente Konstruktion der „einheitlichen Verpflichtung mit doppelter Wirkung“,105 mit der einerseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter und andererseits das Gesamthandsvermögen verpflichtet werde, die Grenzen zwischen Schuld und Haftung verwische.106 Für die Beurteilung der Frage nach einer Übertragung dieser Aussage auf die Erbengemeinschaft empfiehlt sich zunächst ein kurzer Blick auf die Haftung der Miterben sowie des Nachlasses. Ausgangspunkt bildet die Feststellung, dass die Erbschaft als Sondervermögen nicht nur die Aktiva umfasst, sondern auch die Passiva;107 mithin ein „Haftungsvermögen“ darstellt.108, 109 Für die dem Nachlass als Haftungsvermögen zugehörigen Verbindlichkeiten ordnet § 2058 BGB die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben an. Das Gesetz kennt in § 1967 Abs. 2 BGB zwei Formen von Nachlassverbindlichkeiten. Dies sind einerseits die vom Nachlasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden) und andererseits die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden). Zu den sog. Erblasserschulden gehören vererbliche Verbindlichkeiten, die bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls in der Person des Erblassers begründet waren,110 wie beispielsweise der Kaufpreisanspruch eines vom Erblasser geschlossenen Kauvertrags, der zwar vom rata-Haftung zulassen wolle, Bornemann, Preuß. Civilrecht, Bd. II, S. 377. Auf nichts anderes liefe aber die Klage auf Verpflichtung zur „Mitwirkung“ der jeweiligen Miterben aber hinaus. 103 Im Ergebnis auch Jäkel, S. 49 f. 104 Diese Problematik verkennt Heil, ZEV 2002, 296 (298), der seine Kritik in dieser Hinsicht lediglich auf die Haftungsproblematik bei vom Gesetz nicht vorgesehenen Nachlasserbenschulden richtet. 105 Vgl. nur Hueck, in: FS Zöllner, S. 293; Zöllner, in: FS Gernhuber, S. 572 f. 106 Hierzu umfassend Hennecke, S. 76 ff. 107 Leipold, in: MüKo, BGB, § 1922 Rn. 16; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 1922 Rn. 1, 22; Kroiß, in: NAK-BGB, § 1922 Rn. 7. 108 Schlüter, in: Erman13, BGB, § 1922 Rn. 6. 109 Ob der Übergang der Verbindlichkeiten bereits aus § 1922 („deren Vermögen als Ganzes“) folgt, ist wegen § 1967 Abs. 1 nicht von praktischer (und auch hier nicht) von Bedeutung, Leipold, in: MüKo, BGB, § 1922 Rn. 16; Lieder, in: Erman, BGB, § 1922 Rn. 6. 110 Küpper, in: MüKo, BGB, § 1967 Rn. 5; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 1967 Rn. 5; Lohmann, in: B/R, BGB, § 1967 Rn. 14a.
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Verkäufer aber noch nicht vom Erblasser erfüllt wurde.111 Die Erbfallschulden hingegen sind solche Verbindlichkeiten, die erst mit dem Tod des Erblassers entstehen und in seiner Person ihre Ursache haben.112 Hierzu gehören neben den in § 1967 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgelisteten Ansprüchen bspw. auch die Kosten der Beerdigung des Erblassers, § 1968.113 In den vorgenannten Fällen kommt die vom BGH in Bezug genommene „einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung“ nicht zur Geltung. Die Verbindlichkeiten sind dem Nachlass als Haftungsmasse quasi inhärent und die Miterben haften dafür von Gesetztes wegen unproblematisch nach den §§ 2058, 1967 Abs. 2 BGB. Über den Wortlaut des § 1967 Abs. 2 BGB hinaus sind jedoch noch solche Verbindlichkeiten anerkannt, die durch Rechtshandlungen der Miterben im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entstehen; die sog. Nachlasserbenschulden.114 Für diese Verbindlichkeiten, die beispielsweise daher rühren können, dass ein Miterbe einen Installateur beauftragt, einen Rohrbruch in einer zum Nachlass gehörigen Immobilie zu richten,115 soll nach ganz h.M. nicht nur das Eigenvermögen des Miterben, sondern auch der Nachlass haften.116 Diese Konstruktion, die in der Literatur als „einheitliches Schuldverhältnis mit doppeltem Haftungsgrund“ bezeichnet wird,117 ist im Grunde nichts anderes als die für die GbR vertretene „einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung“.118 Der Einwand des BGH gegen die traditionelle Lehre, dass eine Schuld immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen könne, lässt sich mithin ebenfalls auf die Fälle der Nachlasserbenschulden übertragen.119
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Ann, in: MüKo, BGB, § 2058 Rn. 8. Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2058 Rn. 8. 113 Ann, in: MüKo, BGB, § 2058 Rn. 8. 114 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 1967 Rn. 10; Lohmann, in: B/R, BGB, § 1967 Rn. 19; Horn, in: Erman, BGB, § 1967 Rn. 9. 115 Hoeren, in: NHK-BGB, § 1967 Rn. 7. 116 BGH, Urteil v. 31. 01. 1990 – Az.: IV ZR 326/88 = BGHZ 110, 176; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 1967 Rn. 10; Hoeren, in: NHK-BGB, § 1967 Rn. 7; Horn, in: Erman, BGB, § 1967 Rn. 9. 117 Horn, in: Erman, BGB, § 1967 Rn. 9a in Anlehnung an RG, Urteil v. 26. 03. 1917 – Az.: IV 398/16 = RGZ 90, 91 (92). 118 Zu Recht spricht Flume hinsichtlich Schuld und Haftung bei Gesellschaft und Erbengemeinschaft von einer „vollen Parallelität“ zwischen den beiden Gemeinschaften, Flume, in: FS Westermann, S. 121. 119 So schon Eccius, Gruchots Beiträge 51, 564 (566); kritisch auch Ann, in: MüKo, BGB, § 2059 Rn. 19; vgl. ferner Hennecke, S. 77 f. 112
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c) Kontinuität der Rechtsverhältnisse Als einen weiteren Punkt, der die traditionelle Auffassung in Erklärungsnöte bringe, nennt der BGH die Frage danach, wie mit der Erbengemeinschaft – im Sinne der traditionellen Auffassung spricht man insofern wohl besser von den Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit – geschlossene Verträge auch nach einem Wechsel im Gesamthänderbestand fortbestehen können. Führte man die traditionelle Auffassung nämlich konsequent durch, so bedürften die Rechtsverhältnisse nach einem Wechsel grundsätzlich einer Bestätigung bzw. müssten neu geschlossen werden.120 Auch bei der Erbengemeinschaft geht die „traditionelle Auffassung“ im Sinne der Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung davon aus, dass die Erbengemeinschaft kein eigenes Rechtssubjekt und damit als solche auch nicht rechts- und parteifähig ist.121 Vielmehr seien die Erben in „gesamthänderischer Verbundenheit“122 Träger des Sondervermögens. Folglich zeigt sich auch hier, dass die Kritik des BGH an der traditionellen Lehre unmittelbar auf die Erbengemeinschaft übertragen werden kann.123 Gleichwohl ist zuzugeben, dass die vom BGH beschworenen praktischen Vorzüge, die mit der Behandlung der GbR als Rechtssubjekt im Hinblick auf die Kontinuität der Schuldverhältnisse einhergingen, bei der Erbengemeinschaft jedenfalls in Bezug auf die Haftung bei neueintretenden Gesamthändern nicht von gleicher Bedeutung sind. Dies folgt daraus, dass der Erbschaftskäufer nach § 2382 BGB wie die anderen Miterben gem. der §§ 2058 – 2063 BGB haftet.124, 125
120 So auch Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1322 mit Fokus auf die Fortwirkung von erteilen Vollmachten. 121 BGH, Urteil v. 17. 10. 2006 – Az.: VIII ZB 94/05 = BGH NJW 2006, 3715; BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: IX ZR 187/00 = BGH NJW 2002, 3389; Weidlich, in: Palandt, BGB, Einf. v. § 2032 Rn. 1; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 1; Bayer, in: Erman, BGB, § 2032 Rn. 1, 3; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 12; vgl. auch: Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 5; Brox/Walker, Erbrecht, S. 264 Rn. 469. 122 BGH, Urteil v. 16. 02. 1961 – Az.: III ZR 71/60 = BGHZ 34, 293; Ann, in: NAK-BGB, § 2032 Rn. 5; Bayer, in: Erman, BGB, § 2032 Rn. 1, 3; Schlüter, S. 201 Rn. 642; ablehnend unter Behandlung der Gesamthand als Rechtssubjekt, jedoch bei gleicher Formulierung: Wolf, in: Soergel, BGB, Vor § 2032 Rn. 4. 123 Jäkel, S. 50. Vgl. dazu auch Fn. 221. 124 Deppenkemper, in: P/W/W, BGB, § 2382 Rn. 3; Musielak, in: MüKo, BGB, § 2382 Rn. 8; v. Lübtow, S. 1210 m.w.N. Zur Bedeutung der Norm bei der rechtsfähigen Erbengemeinschaft s. § 6 A. III. 2. a). 125 Jäkel, S. 70; Eberls-Borges, ZEV 2002, 125 (132). Tolani, S. 201 f. weist ebenfalls darauf hin, meint aber, dass auch die traditionelle Lehre diese Konstruktion durch die Konstruktion des „Hineinwachsens“ in Form einer Gesamtrechtsnachfolge zu erklären vermochte. Mit der Aussage, dass dies über Jahre „funktioniert“ habe, kann sich die Dogmatik jedoch nicht zufrieden geben, denn sie ist berufen, diesen Vorgang zu erklären, was auf Basis der traditionellen Auffassung ohne gekünstelte Konstruktionen wie der zu Recht verworfenen Doppelverpflichtungslehre [vgl. dazu § 6 A. III. 2. b)] schlichtweg nicht gelingt.
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3. Prozessuale Wirkungen der Anerkennung der Rechtssubjektivität Was die prozessrechtlichen Aspekte der Entscheidung betrifft, so hat der BGH ausgeführt, dass man der Gesellschaft schwerlich die Parteifähigkeit im Zivilprozess nach § 50 Abs. 1 ZPO absprechen könne, wenn man ihr im materiellen Recht die Fähigkeit, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein, zuerkenne. Dabei dürfen an der von BGH und Literatur herausgebildeten Konstruktion im Hinblick auf die besondere Form der Rechtssubjektivität der Gesamthandsgemeinschaften durchaus Zweifel aufkommen. Gleichwohl ist – wie bereits vorweggenommen – hier nicht erneut eine kritische Revision der Entscheidungsgründe in Bezug auf die GbR vorzunehmen. Im Folgenden ist vielmehr nur von den Auswirkungen der Übertragung der Entscheidungsgründe auf die Erbengemeinschaft zu handeln. Lediglich in diesem Zusammenhang sollen sodann Lösungsansätze für die rechtsfähige Erbengemeinschaft im Zivilprozess und im Vollstreckungsverfahren aufgezeigt werden, die den Besonderheiten des Rechtssubjekts Gesamthand Rechnung tragen. a) Parteifähigkeit als Konsequenz der Rechtssubjektivität Folgt man insoweit dem BGH ist die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR gem. § 50 Abs. 1 ZPO notwendige prozessrechtliche Konsequenz der Anerkennung von deren Rechtssubjektivität.126 Die Gesellschaft selbst ist mithin Klägerin oder Beklagte und nicht etwa die einzelnen Gesellschafter. Dass für die Erbengemeinschaft nichts anderes gelten kann, ist auf Basis der bisher gewonnenen Erkenntnisse mithin unproblematisch.127 Die Problematik, die sich mit dieser Lösung auftut, ist vielmehr eine andere, die mit der Besonderheit der Rechtssubjektivität der Gesamthand in unmittelbarer Verbindung steht: In diesem Sinne hat schon Grunewald verdeutlicht, dass es nach der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft einzig um allein um die Frage gehe, wie diese korrekt im Rahmen eines Prozesses zu bezeichnen sei; nichts anderes 126 BGH, Urteil. v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR331/00 = NJW 2001, 1056 (1058); Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 682. 127 Dies gilt auch mit Blick auf die aus der Funktion der Parteifähigkeit gefolgerten Anforderungen an ein Gebilde, das als Subjekt eines Prozessrechtsverhältnisses auftreten soll. Wie im weiteren Verlauf der Untersuchung noch darzustellen sein wird, verfügt die Erbengemeinschaft gemäß den Anforderungen von Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, Vor § 50 Rn. 5 mit den Miterben als geborenen Organen der Gemeinschaft über eine ausreichende Handlungsorganisation [vgl. § 5 A. II. 3.)] und auch über eine für die Vollstreckung erforderliche eigene (gesonderte) Vermögensmasse, den Nachlass, (vgl. § 6 A. III.). Auch die von Lindacher, in: MüKo, ZPO, § 50 Rn. 3 ff. aufgestellten Anforderungen, die sich an den von John für die organisierten Rechtspersonen gefundenen Kriterien anlehnen, ist die Erbengemeinschaft zu erfüllen im Stande (vgl. § 6 A.). Zu den Anforderungen an die Parteifähigkeit im Überblick Hess, ZZP 2004, 267 (277 f.) sowie ablehnend ggü. der Anerkennung der Parteifähigkeit der Erbengemeinschaft (293 f.). Aufgeschlossener Wagner, ZZP 2004, 305 (355 f.).
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könne für die Erbengemeinschaft gelten.128 Literatur und Rechtsprechung beantworten die Frage für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts heute beinahe einhellig damit, dass diese, soweit sie einen eigenen (Gesamt-)Namen führe, unter diesem auch verklagt werden könne.129 Eine weitere Möglichkeit, die im Hinblick auf die Einführung des § 47 Abs. 2 GBO und den § 899a BGB empfohlen wird,130 ist die Bezeichnung der verschiedenen Gesellschafter mit einem das Verhältnis beschreibenden Zusatz.131 b) Die Parteifähigkeit der Erbengemeinschaft Nach ganz herrschender Meinung ist die Erbengemeinschaft als solche nicht rechtsfähig und in entsprechender Konsequenz auch nicht parteifähig.132 Wollen die Gläubiger klageweise auf den Nachlass zugreifen, so müssen die einzelnen Miterben „in Erbengemeinschaft“ namentlich benannt werden.133 Gleichwohl ist es – wie bereits ausgeführt – nach h.M. für die Vollstreckung in den Nachlass nicht erforderlich, dass ein einheitliches Urteil gegen alle Erben erstritten wird. Es genügen vielmehr auch mehrere, durch Einzelklagen gegen die Miterben erstrittene Titel. Im Grundsatz lässt sich in Anlehnung an die Entscheidung des BGH zumindest unproblematisch festhalten, dass die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft in notwendiger prozessrechtlicher Konsequenz auch deren Parteifähigkeit im Sinne des § 50 Abs. 1 ZPO mit sich bringt. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob daraus folgt, dass die Erbengemeinschaft im Prozess anders zu bezeichnen ist.134 Führt man die Grundgedanken der Genossenschaftstheorie, der Gruppenlehre sowie des hier gewonnenen Ergebnisses konsequent durch, dann handelt es sich bei der Gesamthand um keine eigene, gegenüber den Gesamthändern verselbstständigte rechtliche Existenz mit eigener Identität, sondern um eine rechtsfähige Personengemeinschaft, die allein von den sie bildenden Gesamthändern getragen wird.135
128 Grunewald, AcP 197, 305 (313); so auch Eberl-Borges, ZEV 2002, 125 (130). Für die GbR vgl. Hadding, ZGR 2001, 712 (732). 129 Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, § 705 Rn. 319; Lindacher, in: MüKo, ZPO, § 50 Rn. 27; Geisler, in: P/G, ZPO, § 253 Rn. 11; Gehrlein, in: P/G, ZPO, § 50 Rn. 21; Hadding, ZGR 2001, 712 (732); kritisch Becker-Eberhard, in: MüKo, ZPO, § 253 Rn. 60; Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 253 Rn. 18; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 50 Rn. 2, 30. 130 Vgl. BGH, Beschl. v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616); Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 50 Rn. 18. 131 Foerste, in: Musielak, ZPO, § 253 Rn. 19; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 253 Rn. 10. 132 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 1; Weth, in: Musielak, ZPO, § 50 Rn. 23; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 5; Bayer, in: Erman, BGB, § 2032 Rn. 1, 3; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 4; Ulmer, AcP 198, 113 (124 ff.). 133 Becker-Eberhard, in: MüKo, ZPO, § 253 Rn. 60; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 253 Rn. 18. 134 Kritisch mit Fokus auf die vom BGH selbst eingeräumten Komplikationen, die sich aus der mangelnden Publizität der GbR ergeben Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1186. 135 Vgl. dazu die Zusammenfassung unter § 3 E. II. 5.
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Davon ausgehend ist der herrschenden Meinung bei der GbR136 und einigen Stimmen, die von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft ausgehen,137 insoweit zu widersprechen, wie sie in der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand die Möglichkeit erblicken, diese unter einem von ihr gewählten bzw. geführten Gesamtnamen zu verklagen. Denn dort, wo keine von den Gesamthändern verselbstständigte Entität besteht, kann auch kein – eine eigene Identität suggerierendes – Namensrecht verliehen werden, unter dem die Gemeinschaft zu verklagen wäre. aa) Praktikabilität kontra dogmatische Konstruktion Freilich ist nicht zu negieren, dass die Möglichkeit, die verschiedenen Gemeinschaften unter einem etwaig von ihnen geführten Gesamtnamen verklagen zu können, nicht unerhebliche praktische Vorteile birgt. Diese lassen sich auch für die Erbengemeinschaft anbringen, wenn man die bereits vom ALR-Gesetzgeber angestellte Erwägung berücksichtigt, dass es gegen die „natürliche Billigkeit“ ginge, dass der Gläubiger, der lediglich mit der Person des Erblassers kontrahiert hatte, nach dem Erbfall genötigt sein soll, statt eines Schuldners mehreren „nachzulaufen“.138 Auch der BGB-Gesetzgeber sah in dieser Erwägung „das wesentliche Moment für die Erbengemeinschaft“, denn nach dem gemeinrechtlichen System stünden die Erben die einer Mehrzahl von Schuldnern gegenüber, obwohl sie, solange der Erblasser lebte, nur diesen als Schuldner gehabt hätten.139 In diesem Sinne wäre es für den Nachlassgläubiger, der in den Nachlas vollstrecken will, unzweifelhaft eine enorme Erleichterung, wenn er seine Klage einfach gegen die Erbengemeinschaft bspw. mit der Bezeichnung: „Erbengemeinschaft des Verstorbenen Max Mustermann“ oder anderslautende klare Bezeichnungen, die eine eindeutige Ermittlung ermöglichen, erheben könnte.140 Eine etwaige zeitaufwändige Ermittlung der einzelnen Erben wie bei der Gesamthandklage nach § 2059 Abs. 2 BGB – sei es nun durch einen einheitlich gegen alle Miterben erstrittenen Titel oder mehrere einzelne –141 entfiele bei der rechtsfähigen Erbengemeinschaft; der Nachlassgläubiger stünde nicht schlechter als vor dem Erbfall. Gleichwohl dürfen rein praktische Erwägungen nicht zu einem vollständigen Kniefall der Dogmatik vor der Interessenjurisprudenz führen.142 Mögen dahingehend bei der GbR aufgrund ihrer ausgeprägteren Ausrichtung auf die Teilnahme am 136
S. dazu schon Fn. 129. Grunewald, AcP 197, 305 (313). 138 Svarez’ Amtliche Vorträge zur Schlussrevision des ALR in Jahrb. für die preuß. Gesetzgebung 41, 1 (55 f.). 139 Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. 140 So Eberl-Borges, ZEV 2002, 125 (130); Grunewald, AcP 197, 305 (313); vgl. auch Jäkel, S. 51. 141 Vgl. dazu schon § 5 A. I. 2. a). 142 Vgl. Bork, in: Staudinger Symposion, S. 184, der ebenfalls nur nach dem Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung fragt. 137
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Geschäftsverkehr sowie der der Problematik der Handhabung von Publikums-Gesellschaften Ausnahmen zu konzedieren sein,143 so sind diese bei der Erbengemeinschaft nicht angezeigt. Der Nachlassgläubiger hat – jedenfalls soweit er bereits gegen den Erblasser einen Titel erstritten hat – die Möglichkeit, einen Erbschein zu beantragen, § 792 ZPO.144 Ist ein Erbschein bereits erteilt, hat der Gläubiger einen Anspruch auf Abschrift nach § 357 Abs. 2 FamFG.145 Entsprechendes gilt für den hier interessierenden Fall des gemeinschaftlichen Erbscheins nach § 2357 BGB,146 dem der Gläubiger die Namen und Quoten der einzelnen Miterben entnehmen kann.147 Dadurch werden die „Belastungen“ der Gläubiger des Erblassers im Sinne des Gesetzgebers ausreichend abgemildert. Für Gläubiger von Verbindlichkeiten, die die Erbengemeinschaft im Sinne von Nachlasserbenschulden nach dem Erbfall eingegangen ist, greifen die Erwägungen des Gesetzgebers ohnehin nicht, denn diese haben nie mit dem Erblasser kontrahiert, sondern mit der Erbengemeinschaft als solcher. Im Übrigen wird man bei der Erbengemeinschaft trotz der dem Miterben nach § 2033 Abs. 1 BGB eingeräumten freien Verfügbarkeit über die Mitgliedschaft weit seltener Fälle eines stetigen Wechsels der Gesamthänder erleben, die die korrekte Parteibezeichnung erschweren könnten.148 Mithin ist zunächst festzuhalten, dass aus der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft gleichzeitig deren Prozessfähigkeit folgt, jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Struktur der Rechtssubjektivität der Gesamthand weiterhin die einzelnen Miterben unter Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses in der Klage aufzuführen sind. bb) Die Vereinbarkeit der Gesamthandsgemeinschaft als Prozesspartei unter eigenem Namen mit dem Gesetz Problematisch erscheint die Möglichkeit, Gesamthandsgemeinschaften unter ihrem Gesamtnamen zu verklagen, auch in Bezug auf handelsrechtliche Vorschriften, die die Teilnahme des Einzelkaufmanns bzw. der Personenhandelsgesellschaften am Rechtsverkehr bzw. am Prozess erleichtern. So gerät die hier vertretene Auffassung weniger in Konflikt mit der Regelung des § 124 HGB für die Personenhandelsgesellschaften.149 Was die Rechtssubjektivität der Gesamthand und die daraus folgende Fähigkeit betrifft, als solche Trägerin von Rechten und Pflichten zu 143
Zu diesem Problemkomplex vgl. Peifer, NZG 2001, 296 (299). Mayer, in: MüKo, BGB, § 2353 Rn. 96; Herzog, in: Staudinger, BGB, § 2353 Rn. 19; Scheuch, in: P/G, ZPO, § 792 Rn. 1, 3; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 792 Rn. 3. 145 Mayer, in: MüKo, FamFG, § 357 Rn. 19; Fröhler, in: Prütting/Helms, FamFG, § 357 Rn. 18. 146 Mayer, in: MüKo, BGB, § 2357 Rn. 4. 5. 147 Mayer, in: MüKo, BGB, § 2357 Rn. 15; Herzog, in: Staudinger, BGB, § 2357 Rn. 20. 148 Vgl. zu der Erleichterung der Identifizierbarkeit der Erbengemeinschaft durch Ermittlung der Miterben aus dem Erbschein, Eberl-Borges ZEV 2002, 125 (130). 149 Vgl. Kattausch, S. 82. 144
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sein, so ist man sich heute wohl einig, dass damit lediglich das Gesamthandsprinzip „dokumentiert“ wird.150 Zu einer im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut bedenklichen Verwischung der Grenzziehung zwischen der Gesamthandsgemeinschaften des HGB und den ,gewöhnlichen‘ BGB-Gesamthandsgemeinschaften kommt es aber, wenn man es der Erbengemeinschaft151 erlaubte, unter Gesamtnamen in Prozessen aufzutreten.152 Erst die ausdrückliche Anordnung in § 17 Abs. 2 HGB erlaubt es, dass der Einzelkaufmann nicht unter seinem bürgerlichen Namen, sondern unter seiner Firma am Prozess teilnehmen und unter dieser gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hinreichend identifizierbar bezeichnet werden kann, ohne dass sich bspw. ein etwaiger Kläger „darum zu kümmern“ braucht, welche Person das Handelsgeschäft tatsächlich betreibt.153 Entsprechend muss es sich bei den Gesamthandsgemeinschaften verhalten. Mangels ausdrücklicher Anordnung ist grundsätzlich die Gesamthand als „Subjektsgemeinschaft“, die eine besondere gemeinschaftliche „Subjektstellung“ der einzelnen Gesamthänder in ihrer Verbundenheit darstellt,154 – die Gruppe im Sinne Flumes – als Gemeinschaft unter Nennung der sie bildenden Gesamthänder zu bezeichnen.155 Auch bei den Personenhandelsgesellschaften des HGB erlaubt es erst die ausdrückliche Anordnung des § 124 Abs. 1 HGB, dass diese im Prozess korrekt unter ihrer Firma und ohne Nennung der Gesellschafter156 bezeichnet werden kann. Die Firma ist hier „formaler Ausdruck der Einheit“ der Handelsgesellschaften, wodurch 150
Flume, ZHR 136, 177 (194); ferner Boesche, in: Oetker, HGB, § 124 Rn. 1; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 124 Rn. 1; kritisch Hueck, in: FS Zöllner, S. 283; Peifer, NZG 2001, 296 (299); Cordes, JZ 1998, 545. 151 Dies gilt im Grundsatz vorbehaltlich etwaiger Ausnahmen bei der GbR, die hier nicht weiter zu behandeln sind, für alle Gesamthandsgemeinschaften. 152 Mit eindringlicher Kritik hinsichtlich der GbR Prütting, ZIP 1997, 1725 (1727); vgl. auch Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1187. 153 BGH, Urteil v. 21. 11. 1989 – Az.: VI ZR 350/88 = NJW 1990, 908; Hopt, in: Baumbach/ Hopt, HGB § 17 Rn. 45; Wamser, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 17 HGB Rn. 20. 154 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (120). 155 Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1317 ff. will der Problematik durch die Unterscheidung der Rechtsfähigkeit von personengebundenen und nicht personengebundenen Gesamthandsgemeinschaften Rechnung tragen. Zu den nicht personengebundenen zählt er die OHG und KG sowie die GbR und die Erbengemeinschaft, zu den personengebundenen die Gütergemeinschaft. Wolf vermag aber weder stichfeste Anknüpfungspunkte für eine Unterscheidung zwischen den beiden Formen der Rechtsfähigkeit zu benennen noch ergibt sich, wieso der GbR in Ermangelung einer dem § 124 HGB entsprechenden Regelung eine personenungebundene Rechtsfähigkeit zukommen soll, zumal bereits festgestellt wurde, dass die Gesamthand ohne Gesamthänder nicht existieren kann und in diesem Fall selbst unter einer Firma keine Rechtsfähigkeit mehr hat. Im Übrigen liefert er keine Erklärung für die dogmatische Konstruktion der personengebundenen Gesamthandsgemeinschaften, so dass die Theorie im Hinblick auf die in Teil II gestellten Anforderungen für die Lösung der Gesamthandsproblematik ohnehin keine Hilfe ist. 156 BGH, Urteil v. 03. 02. 1999 – Az.: VIII ZB 35/98 = NJW 1999, 1871; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB § 124 Rn. 42; Kindler, in: K/K/R/M, HGB, § 124 Rn. 8.
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diese den juristischen Personen angenähert werden,157 und folglich Grundlage des „Gradunterschieds“158 zwischen den Gesamthandsgemeinschaften des BGB und den Personenhandelsgesellschaften als „Plus von gesammter Hand“.159 Dieses „Plus“ kann die Erbengemeinschaft lediglich in Fällen für sich in Anspruch nehmen, in denen Sie ein Einzelhandelsunternehmen unter einer Firma fortführt, §§ 22, 27 HGB. Durch die Firmenfähigkeit wird jedenfalls analog der Anwendungsbereich des § 124 Abs. 1 HGB dahingehend eröffnet, dass die Erbengemeinschaft unter der fortgeführten Firma vor Gericht klagen und verklagt werden kann.160, 161 Wenn auch mit später Einsicht und erst nach Einschreiten des Gesetzgebers hat der BGH – jedenfalls soweit es die Bezeichnung der Gesamthand betrifft – für Grundbuchsachen zutreffend erkannt, dass „das identitätsstiftende Merkmal einer GbR […] seit der Einführung des Zwangs zur Eintragung ihrer Gesellschafter nicht mehr die gewählte Bezeichnung der GbR als Verband, sondern die Nennung ihrer Gesellschafter [ist]“.162 Auch die für die vorgenannte Entscheidung des BGH erheblichen Erwägungen des Gesetzgebers bestätigen die hier vertretene Auffassung. Sie vermeidet die in der Beschlussempfehlung zu § 47 Abs. 2 GBO163 für die GbR erkannten Komplikationen, die entstehen, wenn diese im Rubrum eines von ihr unter ihrem Namen erstrittenen Titels durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch vollstrecken will, obwohl § 47 Abs. 2 S. 1 GBO die Eintragung der Gesellschafter erfordert.164 c) Mängel der Streitgenossenschaftslösung nach traditioneller Auffassung In verfahrensrechtlicher Hinsicht erscheint dem BGH insbesondere die von der traditionellen Auffassung für die Behandlung des Gesellschaftsverhältnisses bemühte Streitgenossenschaftslösung in wesentlichen Punkten ungeeignet. Zum einen lasse die Streitgenossenschaftslösung eine den materiell-rechtlichen Verhältnissen entsprechende Prozessführung nicht zu, zum anderen führe die Tatsache, dass nach der traditionellen Auffassung immer alle Gesellschafter klagen bzw. verklagt werden müssten, zu „erheblichen Problemen“ bei der Bezeichnung von Gesellschaften mit 157
Vgl. dazu bereits § 3 E. II; Wolf, AcP 181, 480 (492). Gierke, ArchBürgR 19, 114 (121). 159 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (119). 160 Thiessen, in: MüKo, HGB, § 27 Rn. 71; Bork, in: Staudinger Symposion, S. 193; K. Schmidt, NJW 1985, 2785 (2789); Wolf, AcP 181, 480 (494). 161 So freilich auch Flume, S. 69, wenngleich die mittlerweile herrschende Lehre die von ihm vorgenommene Unterscheidung zunehmend verwischt: „Die Vorschrift des § 124 HGB sagt, was die materiell-rechtliche Regelung angelangt, für die OHG etwas Besonderes nur hinsichtlich des Gebrauchs der Firma. Im Übrigen wird in § 124 HGB nur das Gesamthandsprinzip als solches dokumentiert.“ 162 BGH, Beschl. v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616) Rn. 10. 163 Zur Anwendung auf die Erbengemeinschaft vgl. § 6 B. 164 BT-Drucksache 16/13437, S. 24. 158
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häufig wechselnden Mitgliedern bzw. in Fällen streitiger Mitgliedsverhältnisse. Dies gelte auch für einen Mitgliederwechsel im Rahmen des Erkenntnis- oder Vollstreckungsverfahrens, die insbesondere die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens erschwere.165 aa) Übertragung der Kritik auf das Auftreten der Erbengemeinschaft im Prozess Die Frage nach der Übertragbarkeit der vom BGH vorgebrachten Kritikpunkte am Streitgenossenschaftsmodell bei der Gesellschaft lässt sich grundsätzlich unproblematisch bejahen; entspricht doch das Modell der herrschenden Meinung weitestgehend dem Zustand der Gesellschaft vor der Entscheidung des BGH vom 29. 01. 2001. Freilich ist für die Beurteilung der Problematik jedenfalls auf der Passivseite zwischen den dem Nachlassgläubiger offenstehenden Klagemöglichkeiten zu differenzieren: Wie bereits bei der Auseinandersetzung mit der Kritik an den konzeptionellen Schwächen der traditionellen Auffassung in Bezug auf das Haftungsmodell der Gesamthand aufgezeigt wurde, steht dem Gläubiger zum einen die Gesamtschuldklage gegen die einzelnen Gesamthänder sowie die Gesamthandsklage nach § 2059 Abs. 2 BGB, im Rahmen derer grundsätzlich alle Miterben gemeinschaftlich für einen Zugriff auf den Nachlass zu verklagen sind, zur Wahl.166 Ausgeklammert bleiben soll dabei die Vorschrift des § 747 ZPO; diese wird nachfolgend unter d) zu erörtern sein. Hier steht zunächst im Vordergrund, dass lediglich bei der Gesamthandsklage im Sinne von § 2059 Abs. 2 BGB für ,echte‘ Gesamthandsschulden eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen den Miterben nach § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO besteht.167 In den Fällen der Gesamtschuldklage gegen die einzelnen Miterben im Sinne von § 2058 BGB liegt lediglich eine einfache Streitgenossenschaft vor.168 Soweit es um Gesamthandsschulden der Erbengemeinschaft geht, erlaubt die Anwendung der Streitgenossenschaft ebenfalls keine den materiell-rechtlichen Verhältnissen entsprechende Prozessführung. Der BGH führt u. a. beispielhaft an, dass materiellrechtliche Erklärungen von zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern keine Wirksamkeit entfalteten, sie als notwendige Streitgenossen unabhängig voneinander Prozesshandlungen vornehmen und sich widersprechend vortragen könnten. Bei der Erbengemeinschaft verhält es sich nicht anders: So obliegt den Miterben die Vertretung als Teil des Verwaltungsbegriffs169 grundsätzlich ebenfalls gemeinschaftlich (§ 2038 Abs. 1 S. 1 BGB), jedenfalls aber mehrheitlich 165
BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1058). Vgl. Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2058 Rn. 3, 8; Flume, in: FS Westermann, S. 121. 167 RG, Urteil v. 15. 07. 1931 – Az.: IV 374/30 = JW 1931, 3541 (3542); Zimmer, in: P/W/ W, BGB, § 2058 Rn. 11; Ann, in: MüKo, BGB § 2059 Rn. 21 ff; Schneider/Gehrlein, in: P/G, ZPO, § 62 Rn. 13, 16. 168 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2058 Rn. 8; Bayer, in: Erman, BGB, § 2058 Rn. 2, 2a. 169 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 6; Wolf, in: Soergel, BGB, § 2038 Rn. 2. 166
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nach entsprechender Beschlussfassung aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht, § 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 S. 1 BGB.170, 171 Im Prozess kann davon abweichend auch jeder Miterbe unabhängig von den anderen Prozesshandlungen vornehmen172 und widersprechenden Sachvortrag liefern, den das Gericht entsprechend würdigen kann.173 Tritt lediglich ein Miterbe als notwendiger Streitgenosse im Prozess auf, während die übrigen Erben säumig bleiben, erlaubt es ihm die Vertretungsfiktion des § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO in Abweichung von den §§ 2038, 2040 Abs. 1 BGB gar, ein Anerkenntnis mit Wirkung für sämtliche Miterben abzugeben.174 bb) Praktische Anwendung In Anknüpfung an das unter b) gefundene Ergebnis, dass der Erbengemeinschaft bzw. den Gesamthandsgemeinschaften des bürgerlichen Rechts aufgrund des Fehlens einer dem § 124 HGB entsprechenden Regelung nicht die Möglichkeit zugestanden werden kann, unter einem Gesamtnamen verklagt zu werden, sie vielmehr unter Nennung der verschiedenen Gesamthänder, die das „identitätsstiftende Merkmal“175 bilden, zu verklagen sind, führt die Anerkennung der Rechtsfähigkeit in prozessrechtlicher wie in vollstreckungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu praktischen Erleichterungen.176 Dieser Umstand wirft vielmehr die Frage auf, wie in den vom BGH beispielhaft benannten Fällen des Mitgliederwechsels oder des unklaren Mitgliederbestands zu verfahren ist. (1) Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung Grundlage einer Lösung muss der in Teil II der Untersuchung hinreichend herausgestellte Gedanke sein, dass die Erbengemeinschaft als solche Partei des Prozesses ist, wobei nicht aus den Augen verloren werden darf, dass die Erbengemeinschaft kein gegenüber den Miterben verselbstständigtes körperschaftliches Gebilde mit eigener Identität ist, sondern nicht mehr als die Miterben in ihrer Verbundenheit.177 Sie ist als Partei im Prozess daher folgerichtig durch Nennung der Miterben zu bezeichnen. Der BGH hatte in seiner Entscheidung nun darauf ver170 Wolf, in: Soergel, BGB, § 2038 Rn. 11; vgl. ferner Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 51; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2038 Rn. 23. Nur in den Ausnahmefällen des § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB können die Miterben alleine mit Wirkung für die Übrigen handeln. 171 Zum Verhältnis von § 2038 zu § 2040 Abs. 1 BGB s. § 5 A. II. 3. c). 172 Schneider/Gehrlein, in: P/G, ZPO, § 62 Rn. 19; Schilken, in: MüKo, ZPO, § 62 Rn. 48; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 62 Rn. 30 ff. 173 Schilken, in: MüKo, ZPO, § 62 Rn. 49. 174 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14. 07. 2010 – Az.: 17 U 139/09 = ZEV 2011, 324 (325). 175 BGH, Urteil v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616) Rn. 10 für die GbR. 176 Vgl. diesbezüglich BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1058). 177 Ausführlich dazu bereits § 3 E. II. 4.
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wiesen, dass man sich in Fällen, in denen die Bezeichnung der Gesellschaft aufgrund eines der Gegenseite nicht nachvollziehbaren Gesellschafterwechsels nicht möglich war, bisher mit einer Berichtigung des Rubrums beholfen habe.178 Dadurch sei die Gesellschaft aber bereits so behandelt worden, als sei sie selbst Partei des Prozesses.179 In diesem Sinne ist auch bei der Erbengemeinschaft zu verfahren. Für den Fall, dass ein Nachlassgläubiger im Rahmen der Klage nicht alle Erben benennen kann oder seit dem Erbfall ihm nicht nachvollziehbare Änderungen unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft eingetreten sind, ist eine Berichtigung des Rubrums durchzuführen, im Rahmen derer es der Erbengemeinschaft obläge, dem Gericht auf Anfordern ihre genaue Zusammensetzung offenzulegen.180 Da die Erbengemeinschaft selbst Partei ist und nicht etwa die einzelnen Gesamthänder, führt die Korrektur auch nicht zu einem Parteiwechsel,181 der die Berichtigung unzulässig machen würde.182 Dies steht mit dem herausgearbeiteten Gesamthandsprinzip auch nicht im Widerspruch. Denn auch wenn die Gesamthand als solche nicht über die sie konstituierenden Gesamthänder hinauswächst, so bildet sich doch eine Gemeinschaftssphäre ungeteilter Zuständigkeit, die unabhängig von den in ihr vereinten Personen Bezugspunkt von Rechten und Pflichten ist.183 Sie erfährt somit jedenfalls einen bedingten Grad an Selbstständigkeit gegenüber den Gesamthändern.184 (2) Mitgliederwechsel nach Titelerrichtung Freilich bleibt es bei den vom BGH in diesem Zusammenhang dargetanen „praktischen Unzulänglichkeiten“, die sich vor allem im Vollstreckungsverfahren bemerkbar machten. So sei eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO jedenfalls dann nicht möglich, wenn die Änderung im Mitgliederbestand vor Rechtshängigkeit erfolgt sei und ferner ergäben sich praktische Schwierigkeiten hinsichtlich der Erbringung des erforderlichen Nachweises der Rechtsnachfolge durch den Gläubiger. Ferner bestünde eine Verzögerungsgefahr durch missbräuchliche sukzessive Mit178 BGH, Urteil v. 19. 10. 1999 – Az.: V ZR 141/98 = ZIP 1999, 2009 (2010); BGH, Urteil v. 12. 03. 1990 – Az.: II ZR 312/88 = ZIP 1990, 715 (716); vgl. auch BGH, Beschl. v. 10. 10. 1996 – Az.: IX ZR 135/95 = NJW 1997, 1236. 179 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1059). 180 BGH, Urteil v. 12. 03. 1990 – Az.: II ZR 312/88 = ZIP 1990, 715 (716); vgl. auch Reymann, NJW 2011, 1412 (1413). Im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung wird dies mittlerweile auch für die GbR angeraten, Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 313 Rn. 4; K. Schmidt, JuS 2011, 364, 366. 181 Vgl. BGH, Urteil v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616) Rn. 13. 182 Thole, in: P/G, ZPO, § 313 Rn. 3. 183 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 387 f., 390; eingehend § 3 B. III. 2. 184 Insoweit aber abweichend Gierke, der die Parteiidentität durch Wechsel im Mitgliederbestand unterbrochen sieht, Gierke, ArchBürgR 19, 114 (122).
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teilung von Veränderungen im Gesellschafterbestand.185 Seit der Novellierung des § 47 GBO und der statuierten Eintragungspflicht der GbR-Gesellschafter in das Grundbuch ist der BGH im Vollstreckungsrecht jedoch zur Anwendung des § 727 ZPO – in analoger Form – zurückgekehrt: „Der Wechsel der Gesellschafter der GbR ist allerdings kein Fall einer Rechtsnachfolge, weil Schuldnerin des Titels die GbR ist und ihre Stellung als Schuldnerin durch den Wechsel der Gesellschafter keine Änderung erfährt. Die Vorschriften über die Erteilung der Vollstreckungsklausel enthalten aber seit der Einführung des Zwangs zur Eintragung der Gesellschafter einer GbR in das Grundbuch eine Lücke. […] Änderungen im Gesellschafterbestand werden damit nicht als Änderung der internen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse behandelt, was sie eigentlich sind, sondern wie eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse am Grundstück, was sie nicht sind. Für diesen Sonderfall sehen die Vorschriften über die Erteilung der Vollstreckungsklausel keine Regelungen vor. Diese Lücke ist nicht beabsichtigt.“186
Während die Ausführungen des BGH inhaltlich freilich nicht zu beanstanden sind, kommen hinsichtlich der analogen Anwendungen von § 727 ZPO doch einige Zweifel auf. Grundsätzlich scheint der Gedanke, den Fall des Gesellschafterwechsels zumindest entsprechend dem Fall einer Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO zu behandeln, nicht allzu weit hergeholt. Betrachtet man die Besonderheit des Rechtssubjekts Gesamthand, die gerade kein körperschaftliches Gebilde mit eigener Persönlichkeit darstellt, sondern von den einzelnen Gesamthändern „getragen“187 wird, hat diese Lösung sogar etwas für sich. Führt man allerdings die Lösung der Berichtigung des Rubrums für Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung konsequent durch, scheint für eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO grundsätzlich kein Raum.188 Der Sachverhalt steht einer Änderung des Namens oder einer Firma im Prinzip näher. Berücksichtigt man die einzigartige Struktur der Gesamthand als Rechtssubjekt, scheint es im Hinblick auf die einheitliche Gesamtsphäre vorzugswürdig, Parallelen zu einer (gesamthandsinternen) identitätswahrenden Strukturumwandlung der Gesamthand nach dem Rechtsgedanken des § 190 UmwG zu ziehen. Für die Frage nach der Anwendbarkeit kommt es auf eine Festlegung letztlich nicht an, denn sämtliche der genannten Fälle fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 727 ZPO, da keine neue Partei in den Rechtsstreit eintritt.189 In diesen Fällen ist vielmehr die Änderung im Gesamthän-
185
BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1059). BGH, Urteil v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616) Rn. 13 f.; zustimmend Reymann, NJW 2011, 1412 (1413); Witt, BB 2011, 399. 187 Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 664. 188 Zutreffend Heinze, DB 2011, 460 (461). 189 LG Wuppertal, Beschl. v. 30. 11. 2006 – Az.: 443 M 51/06 = DGVZ 2008, 28 (29) zur Umwandlung; Kroppenberg, in: P/G, ZPO, § 727 Rn. 4; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 727 Rn. 4. 186
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derbestand durch eine Beischreibung klarzustellen.190 Im Übrigen ist eine solche Beischreibung nicht zwingend. Hier gilt es zu beachten, dass dem Vollstreckungsorgan zwar keine Prüfungspflicht hinsichtlich der Parteiidentität obliegt, ihm aber eine Prüfungskompetenz zusteht. Insofern kann das Vollstreckungsorgan – ggf. durch Anforderung von Nachweisen – bei Änderungen im Miterbenbestand eigene Ermittlungen hinsichtlich der Identität der Gesamthand anstellen.191 In diesem Sinne kommt § 750 ZPO eine gegenüber § 727 und § 747 ZPO gesteigerte Bedeutung zu.192 Dies wird dem Vollstreckungsorgan gerade bei der grundsätzlich von familiären Bindungen geprägten Erbengemeinschaft193 leichter fallen als bei den vom BGH im Urteil beispielhaft angeführten Publikumsgesellschaften,194 da bei einer Miterbengemeinschaft kein reger Wechsel im Mitgliederbestand im Sinne eines ,Durchgangsverkehrs‘ zu erwarten ist.195 Dies wird man nicht zuletzt deshalb annehmen müssen, weil die Erbengemeinschaft in der Fachliteratur „als Quelle des Unfriedens“196 gesehen wird und die nach § 2033 Abs. 1 BGB zur freien Veräußerung gestellte Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft – der „Anteil“ am Nachlass –197 daher kein allzu favorisiertes Erwerbsgut im Wirtschaftsverkehr darstellen dürfte. d) Vollstreckung in das Gesamthandsvermögen Abschließend erscheint vor allem eine Auseinandersetzung mit der wohl am heftigsten kritisierten und gleichzeitig umfassendsten Begründung der Entscheidung des BGH notwendig. Stein des Anstoßes sind die Ausführungen hinsichtlich der Regelung des § 736 ZPO, wonach es für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen der GbR eines Titels gegen alle Gesellschafter bedürfe. Der BGH führt aus, dass ein „gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil“ – also gegen die Gesellschaft als solche – 190 BGH, Urteil v. 21. 07. 2011 – Az.: I ZB 93/10 = NZG 2011, 1073 (1074) Rn. 13; Kroppenberg, in: P/G, ZPO § 727 Rn. 4; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 750 Rn. 13, 20. 191 BGH, Urteil v. 21. 07. 2011 – Az.: I ZB 93/10 = NZG 2011, 1073 (1074) Rn. 13; Kroppenberg, in: P/G, ZPO § 750 Rn. 4; Heßler, in: MüKo, ZPO, § 750 Rn. 24 ff. mit Umfangreichen Ausführungen zu den Prüfungsmöglichkeiten; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 750 Rn. 13, 20. 192 So schon Wertenbruch, NJW 2002, 324 (328) für die Lage nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR. 193 Vgl. dazu die Einleitung zu Teil III. 194 Vgl. Fn. 178. 195 Jedenfalls ist hier der Nachweis des Mitgliederwechsels leichter zu führen, da die Veräußerung der Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft nach § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, zutreffend Eberl-Borges, ZEV 2002, 125 (130). 196 Sarres, S. V; vgl. auch K. Lange, S. 566 Rn. 1. 197 Zum Begriff des Anteils als ungenaue Bezeichnung für die Mitgliedschaft s. § 3 E. I. 3, insbes. Fn. 322 in Teil II.
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nichts anderes sei als ein Urteil „gegen alle Gesellschafter“ im Sinne des § 736 ZPO.198 Für den beinahe wortgleichen § 747 ZPO, der für die Vollstreckung in den Nachlass ein gegen alle Erben ergangenes Urteil fordert, kann prinzipiell nichts anderes gelten.199 Auch der § 747 ZPO wurde bei der Beratung des § 2033 BGB offensichtlich als „vollstreckungsrechtliches Pendant“ im Sinne eines § 2033 Abs. 3 BGB vorgeschlagen und ist gleichsam wie § 736 ZPO im Verhältnis zu § 719 BGB Ausdruck des Gesamthandsprinzips.200 Mag dahingehendend zwar konzediert werden, dass man bei der Schaffung des § 736 ZPO und entsprechend wohl auch des § 747 ZPO nicht im Sinn hatte, eine Parteifähigkeit der GbR bzw. der Erbengemeinschaft auszuschließen,201 so unterliegt die teilweise daraus gezogene Konsequenz, dass auch ein auf die Gesellschaft lautender Titel, der diese bspw. durch ihren im Rechtsverkehr geführten Gesamtnamen hinreichend bezeichne, ausreiche,202 in Ansehung der Ausführungen unter § 5 A. I. 3. b) bb). Bedenken. Zwar steht § 747 ZPO der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nicht entgegen, gleichwohl ist eine Vollstreckung in ihr Vermögen in Ermangelung einer dem § 124 Abs. 2 HGB entsprechenden Vorschrift nur möglich, wenn sie „als solche“ durch die Nennung aller Miterben im Titel aufgeführt ist. Damit wird nicht nur der besonderen Struktur des Subjekts Gesamthand Rechnung getragen, sondern auch dem Wortlaut der Vorschrift „ein gegen alle Erben ergangenes Urteil“ weitaus weniger Gewalt angetan.203 Im Grunde genommen handelt es sich hier um den einheitlichen Titel, der nach Literatur und Rechtsprechung eigentlich nicht erforderlich sein soll, um in das Vermögen der Erbengemeinschaft zu vollstrecken.204 Worin aber liegt der Unterschied zu mehreren Einzeltiteln gegen alle Miterben, die ebenfalls zur Vollstreckung in das Vermögen der Erbengemeinschaft genügen sollen?205 Nach der traditionellen Auffassung schien es fraglich, ob aufgrund der Wendung „Zur Zwangsvollstreckung in den Nachlass“ überhaupt eine Vollstreckung gegen die Erbengemeinschaft nach §§ 894, 888 ZPO in Betracht kommt.206 Betrachtet man nunmehr die Erbenge198
BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1059 f.). Heßler, in: MüKo, ZPO, § 747 Rn. 1. 200 Wertenbruch, S. 129 für die GbR. 201 Vgl. Wertenbruch, S. 123. 202 Stöber, in: Zöller, ZPO, § 736 Rn. 1; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 736 Rn. 4; Heßler, in: MüKo, ZPO, § 736 Rn. 14; weitere Nachweise bei K. Schmidt, NJW 2008, 1841 (1843) Fn. 24. 203 Zur insoweit berechtigten Kritik an der Auslegung des § 736 ZPO durch die h.M. Prütting, EWiR 2001, 341 (342); Prütting, ZIP 1997, 1725 (1727 f.). 204 RG, Urteil v. 28. 03. 1908 – Az.: V 348/07 = RGZ 68, 221 (222); Ann, in: MüKo, BGB, § 2059 Rn. 19; Kroppenberg, in: P/G, ZPO, § 747 Rn. 3; Wrede, in: Dt. Erbrechtskommentar, § 2059 Rn. 26. 205 BGH, Urteil v. 05. 12. 1969 – Az.: V ZR 159/66 = NJW 1970, 473; Ann, in: MüKo, BGB, § 2059 Rn. 19; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2059 Rn. 15. 206 Dazu Heßler, in: MüKo, ZPO, § 747 Rn. 2 f. 199
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meinschaft als Rechtssubjekt und nicht bloß als gebundenes Sondervermögen der Miterben, bestehen auch keine Bedenken, über § 747 ZPO die Vollstreckung der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung oder einer nicht vertretbaren Handlung zuzulassen. Dies kann freilich nur durch einen einheitlichen Titel gegen das Rechtssubjekt Erbengemeinschaft erfolgen.207 Mehrere Einzeltitel gegen den Miterben sind dann gerade nicht ausreichend,208 denn diese eröffnen lediglich Zugriff auf das Vermögen im Falle einer Gesamtschuldklage.209 4. Ergebnis Vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchung war das Ergebnis der Frage nach der Übertragbarkeit der Entscheidung des BGH vom 29. 01. 2001 auf die Erbengemeinschaft im Grunde vorweg genommen. Dies gilt insbesondere für die vom BGH angeführten historischen und rechtspositivistischen Aspekte.210 Da die Erbengemeinschaft in ihrer Prägung als gesamthänderisch gebundenes Sondervermögen mit gesamtschuldnerischer Haftung der Miterben der „traditionellen Lehre“ zur GbR entspricht, durfte es auch nicht verwundern, dass der Konflikt zwischen gesamtschuldnerischer Haftung und gesamthänderischer Vermögensbindung, die Kritik hinsichtlich der Verwischung der Grenzen zwischen Schuld und Haftung und die Problematik der Kontinuität von Rechtsverhältnissen bei Veränderungen im Miterbenbestand unproblematisch auf die Erbengemeinschaft übertragen werden konnten.211 Derweil bereitete die Übertragung der prozessrechtlichen Konsequenzen der Rechtsfähigkeit auf die Erbengemeinschaft Schwierigkeiten. Dies ist nun allerdings nicht auf strukturelle Unzulänglichkeiten der Erbengemeinschaft zurückzuführen, sondern geht vielmehr gleichsam auf die bisherige Enthaltsamkeit des Gesetzgebers hinsichtlich der Anpassung der verfahrensrechtlichen Vorschriften an die Entwicklungen des materiellen Rechts wie auch auf die von der herrschenden Meinung vorgenommene Einpassung der der rechtsfähigen GbR in das Verfahrensrecht zurück. K.Schmidt hat insoweit zutreffend festgestellt, dass das formelle Recht hier 207 Die von Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1189 mit Blick auf § 736 ZPO bemängelte Gleichwertigkeit eines Titels gegen die Gesellschafter und die Gesellschaft liegt folglich bei der Erbengemeinschaft in Ansehung des § 747 ZPO nicht vor. 208 Zutreffend BGH, Urteil v. 25. 01. 2008 – Az.: V ZR 63/07 = NJW 2008, 1378 (1379); Stöber, in: Zöller, ZPO, § 736 Rn. 4; Heßler, in: MüKo, ZPO, § 736 Rn. 11 für die GbR; a.A. noch K. Schmidt, NJW 2008, 1841 (1842 f.). 209 Wenngleich für die weitere Bearbeitung nicht von Bedeutung, sei dennoch angemerkt, dass vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Festhaltung der Nachlassgläubigerinteressen bei den Erwägungen des Gesetzgebers zur Erbengemeinschaft ein Zugriff auf den Nachlass nur zugelassen werden kann, wenn es sich bei der Forderung um wirkliche Nachlass- bzw. Nachlasserbenforderungen handelt. Zum Streitstand vgl. BGH, Urteil v. 05. 12. 1969 – Az.: V ZR 159/66 = NJW 1970, 473; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 747 Rn. 7. 210 § 5 A. I. 1. 211 § 5 A. I. 2.
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„noch erheblich hinterher hinkt“.212 Die Untersuchung hat gezeigt, dass Rechtsprechung und Literatur wohl in der Euphorie der als „Meilenstein auf dem Wege der Rechtsfortbildung“213 gefeierten Entscheidung des BGH gerade im Prozessrecht den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht und so die GbR ohne eine dem § 124 HGB entsprechende Grundlage den Personenhandelsgesellschaften in vielen Punkten gleichgestellt haben.214 Exemplarisch dafür ist, dass durch die allzu voreilige Gleichstellung der GbR mit der OHG in Grundbuchsachen, die es der GbR erlaubte, abweichend von § 47 Abs. 1 GBO allein unter ihrem im Gesellschaftsvertrag vorgesehen Namen eingetragen zu werden,215 ein korrigierender Eingriff des Gesetzgebers provoziert wurde.216 Die Übertragung der prozessrechtlichen Folgen der Entscheidung war daher nur mit der Einschränkung vorzunehmen, dass der Erbengemeinschaft bzw. den Gesamthandsgemeinschaften bürgerlichen Rechts die Möglichkeit, im Prozess unter quasi-analoger Anwendung des § 124 HGB mit einem Gesamtnamen aufzutreten, zu verwehren ist. Die Erbengemeinschaft ist unter Nennung der sie konstituierenden Miterben im Rubrum zu bezeichnen. Änderungen im Mitgliederbestand sind nicht nach den an eine Rechtsnachfolge angelehnten Vorschriften zu behandeln, sondern nach den Vorschriften, die bei identitätswahrenden Umwandlungen bzw. Namensund Firmenänderungen Anwendungen finden.217 Gierke würde wohl trotz dieser Restriktion Einwendungen gegen diese Lösung erheben, geht er doch davon aus, dass die Parteiidentität durch jeden Wechsel im Mitgliederbestand unterbrochen wird.218 Dies ist auf Basis der Genossenschaftstheorie, wonach bei der Gesamthand eine Mehrheit von miteinander zu einem Subjekt verbundenen Individuen an einen Kreis von rechtlichen Beziehungen herantritt, ohne dass die einzelne Person aufhörte, in Bezug auf „das dergestalt umschriebene Gebiet als freies und für sich abgeschlossenes Individuum zu erscheinen“,219 auch nur konsequent. In Ansehung dessen ist nicht zu negieren, dass dem hier gewählten Lösungsansatz vor dem Hintergrund der Folgen einer konsequenten Durchführung der Genossenschaftstheorie wie der Gruppenlehre durchaus auch Praktikabilitätserwägungen innewohnen, wie sie letztlich auch den BGH zur Änderung seiner Rechtsprechung bewogen haben. Gleichwohl kann diese Abweichung vor dem hier herausgearbeiteten Gesamthandsprinzip gerechtfertigt werden, ohne die mehrfach betonten Besonderheiten der Gesamthand als Rechtssubjekt zu ignorieren. In diesem Zusammenhang ist sich in 212 213 214 215 216 217 218 219
K. Schmidt, JuS 2011, 364 (366). K. Schmidt, NJW 2001, 993 (995). § 5 A. I. 3. b) bb). Vgl. auch Reuter; AcP 207, 673 (675, 683 f.). BGH, Beschl. v. 04. 12. 2008 – Az.: V ZB 74/08 = NJW 2009, 594. Zu der Problematik vgl. auch § 6 B. § 5 A. I. 3. c) bb); § 5 A. I. 3. d). Gierke, ArchBürgR 19, 114, (122). Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 929, 925 ff.
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Erinnerung zu rufen, dass die Gierk’sche Lehre von der Gesamthand auf Basis des deutschrechtlichen Eigentumsbegriffs den Gesamthändern „Sonderechte sachenrechtlichen Gehalts“ zuordnete, die neben der ungeteilten Zuständigkeit der Gesamthand als solcher Bestand hatten.220 Mit der Durchführung eines rein römischrechtlichen Eigentumsbegriffs ist die Grundlage für eine solche Konstruktion – wie in Teil II festgestellt – allerdings entfallen. Die durch die Verbindung der Gesamthänder entstehende Gesamtsphäre einheitlicher Zuständigkeit, die Bezugspunkt aller Rechte und Pflichten der Gesamthand als solcher ist, erlangt daher im BGB, soweit es ihre personelle (!) Zusammensetzung betrifft, dadurch eine gewisse Unabhängigkeit von den sie konstituierenden Individuen.221 Dies erlaubt es, Änderungen im Mitgliederbestand so zu behandeln, als sei lediglich eine identitätswahrende Umwandlung eingetreten und nicht etwa ein Fall der Rechtsnachfolge bzw. des Parteiwechsels.222 Indes bleiben die Personenhandelsgesellschaften von den Gesamthandsgemeinschaften des bürgerlichen Rechts durch diesen Ansatz ganz im Sinne Gierkes klarer voneinander getrennt, denn letztere können so „niemals das Maß an von Verkehrsfähigkeit erreichen, das der Handelsgesellschaft durch den Gebrauch der Firma […] und die Publizitätswirkungen der Eintragung gesichert wird.“223 Zu entsprechenden Anpassungen bei den bürgerlich-rechtlichen Gesamthandsgemeinschaften ist allein der Gesetzgeber berufen. II. Die Entscheidung des BGH vom 11. 09. 2002 Nachdem bereits einige Stimmen in der Literatur224 dafür eingetreten waren, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der BGH mit Fokus auf die Frage nach der Übertragbarkeit der Entscheidung vom 29. 01. 2001 erneut225 mit der Problematik der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft zu befassen hatte. Und tatsächlich sollte es nur etwas mehr als 1 12 Jahre dauern, bis ein entsprechender Fall zur Entscheidung gelangte. Nun sollte man angesichts der unter I. gewonnenen Erkenntnisse meinen, dass der BGH zu dem gleichen Ergebnis gelangte, wie bei der GbR. Im Gegenteil konstatierte er jedoch, „dass die Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersön-
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Vgl. § 3 B. III. 2; § 3 E. I. 1. So erkennt die Genossenschaftstheorie jedenfalls auf materiell-rechtlicher Ebene an, dass Wechsel im Mitgliederbestand für die Kontinuität der Rechtsverhältnisse nicht von Bedeutung sind, Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 691. 222 Vgl. dazu bereits § 5 A. I. 3. c) bb) (1) a.E. Eine ähnliche Vorstellung hatte wohl auch Flume, S. 70 soweit er davon spricht, dass die Übertragung der Mitgliedschaft bei der Gesellschaft keinen Einfluss auf deren Identität hat. 223 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (123). 224 Wolf, in: Soergel, BGB, § 2032 Rn. 1; Ann, S. 384 ff.; Eberl-Borges, S. 47; EberlBorges, ZEV 2002, 125. Grunewald, AcP 197, 305. 225 BGH, Urteil v. 21. 12. 1988 – Az.: VIII ZR 277/87 = NJW 1989, 2133 (2134). 221
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
lichkeit [besitze] und auch sonst nicht rechtsfähig [sei].“226 Seine Begründung enthält einige Punkte, die im Rahmen der Entscheidung vom 29. 01. 2001 offenbar noch nicht ausschlaggebend waren. Davon sind zwei der Bemerkungen gleich vorweg als durchaus unbeachtlich für Einwendungen gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft auszuschließen. Dies gilt zum einen für den Verweis auf die Rechtsprechung und die Literatur, die gemäß dem BGH die fehlende Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft damit begründen, „dass es sich bei der Erbengemeinschaft nicht um ein eigenständiges Rechtssubjekt handelt, sondern um eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit, der mit dem Nachlass ein Sondervermögen zugeordnet ist.“227 Hierbei handelt es sich um eine petitio principii erster Güte, denn der Charakter der „gesamthänderisch verbundenen Personeneinheit“ steht ja gerade in Frage. Zum anderen kann auch der Aussage, dass mit der Entscheidung vom 29. 01. 2001 lediglich den „besonderen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs im Bereich des Gesellschaftsrechts Rechnungen getragen [wurde]“,228 keine besondere Überzeugungskraft beigemessen werden. Grundsätzlich ist dem zwar zu konzedieren, dass die Erwägungen des BGH zur GbR „Weißes Ross“ jedenfalls insoweit keine Bedeutung für die Erbengemeinschaft entfalten, als es um die Erklärung der identitätswahrenden Umwandlung der GbR229 oder der Haftung von neueintretenden Gesellschaftern für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft geht.230 Gleichwohl hat sich gezeigt, dass insbesondere hinsichtlich der „konzeptionellen Schwächen“231 der gesamtschuldnerischen Haftung nach der traditionellen Auffassung sowie der prozessualen Wirkungen der Anerkennung der Rechtsfähigkeit die Erwägungen des BGH ohne Weiteres auf das Wesen der Erbengemeinschaft übertragen werden können. Auch mit Blick auf die praktische Bedeutung der Erbengemeinschaft ist zu berücksichtigen, dass es der „Wirtschaftswunderkinder-Generation“ der Nachkriegszeit möglich war, weitestgehend ungestört eine Vermögensbildung zu betreiben, die immer häufiger auch den Erwerb von Wohneigentum einschloss.232 Dies hat nach 226 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390); zustimmend Marotzke, ZEV 2002, 504; Zwißler, ZErb 2002, 355. 227 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390). 228 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390). 229 Die Erbengemeinschaft gehört nicht zu den formwechselnden Rechtsträgern im Sinne von § 191 UmwG, vgl.: Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 191 UmwG Rn. 6; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 191 Rn. 11; Usler, MittRhNotK 1998, 21 (25). In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts hatte der Handelsrechtsausschuss des Dt. Anwaltsvereins dies bereits moniert und gefordert, jedenfalls der unternehmenstragenden Erbengemeinschaft den identitätswahrenden Formwandel zu gestatten, WM 1993, Sonderbeilage 2, Rn. 131. 230 Vgl. § 5 A. I. 2. c), insbes. Fn. 124. 231 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056 (1057). 232 Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 15.
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einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge zur Folge, dass von den mit Stand von 2011 39,4 Millionen bestehenden Haushalten in Deutschland 7,7 Millionen Haushalte in den Jahren 2011 – 2020 ein Gesamtvermögen von 2,6 Billionen Euro vererben werden.233 Berücksichtigt man nun, dass diese Erbschaften häufig geteilt werden müssen,234 konstatiert Ann vollkommen zu Recht, dass die praktische Bedeutung der Erbengemeinschaft „überragend“ und „quantitativ gesehen [vermutlich] sogar die wichtigste der drei BGB-Gesamthandsgemeinschaften, wichtiger noch als die BGB-Gesellschaft“ ist.235 Selbst wenn man nicht in allen Fällen eine Teilnahme am Rechtsverkehr annehmen will, vermögen die Angaben doch darzulegen, dass von „besonderen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs“236 als Prärogative der GbR nicht die Rede sein kann. Einen solchen „Vorrang des Gesellschaftsrechts“ gibt es nicht.237 Gleichwohl finden sich in der recht knappen Auseinandersetzung des BGH mit der Thematik drei Punkte, die gegen eine Vergleichbarkeit der Rechtsstellung der Erbengemeinschaft mit der GbR sprechen sollen und nunmehr einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen sind. 1. Gesetzliche Begründung Zuvörderst sehen sich die Stimmen, die die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft fordern, mit der Aussage konfrontiert, dass die Erbengemeinschaft im Gegensatz zur GbR nicht rechtsgeschäftlich, sondern qua gesetzlicher Anordnung begründet werde.238 Sie wird daher als „Zwangsgemeinschaft“ bezeichnet.239 Der BGH orientiert sich in diesem, wie in den anderen von ihm angeführten Punkten offensichtlich an den kritischen Ausführungen Ulmers zur „Ausstrahlung“ der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaft.240 Seine Erkenntnisse sind daher vorrangig für eine kritische Auseinandersetzung der vom BGH angeführten Argumente heranzuziehen.
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Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 21. Vgl. Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 37 mit Verweis auf die Erbschaftsstudie der Postbank 2011, wonach lediglich 21 % (!) aller Erben alleine erben. 235 Ann, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch des Erbrechts, S. 1399 Rn. 1. Die Erwägung von K. Schmidt, AcP 205, 305 (339) zu dem vermeintlich aufkommenden Gedanken, ob denn die Rechtswissenschaft nichts Besseres zu tun habe, als sich mit den Grundlagen – dem „Erbgut“ – der Erbengemeinschaft zu befassen, darf insofern wohl in Zweifel gezogen werden. 236 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390). 237 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 5. 238 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390); Weidlich, in: Palandt, BGB, Vor § 2032 Rn. 1; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 12; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 5; Habersack, JuS 1990, 179 (181 f. Fn. 41). 239 K. Lange, S. 569 Rn. 10. 240 Ulmer, AcP 198, 113 (124 f.). 234
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a) Der Entstehungsgrund der Gesamthand in der Genossenschaftstheorie Unter Bezugnahme auf die im ersten Teil241 der Untersuchung eingehender dargestellte Genossenschaftstheorie kann zunächst festgehalten werden, dass auch Gierke die Erbengemeinschaft zu den Gesamthandsgemeinschaften zählt, die als „Ausfluß oder doch nur in Anlaß einer Objektgemeinschaft [hervorträten].“242 Allerdings gelte in gleicher Weise, dass „die Gemeinschaft nie aus dem Rahmen der subjektiven Rechtsverhältnisse [heraustrete]“, wobei teileweise „durchaus das Princip des Vertrages, darüber hinaus aber das Princip des durch eine gesetzliche Regel geschaffenen oder doch gestalteten Rechtsverhältnisses [durchschlage]“.243 Die Gesamthandsgemeinschaft könne daher in Fällen gesetzlicher Anordnung einerseits Folge, bei vertraglicher Begründung andererseits auch Basis ihrer Verbindung sein.244 Eine Abhängigkeit vom Willen der Gesamthänder bestehe mithin gerade nicht.245 Im Mittelpunkt stehe vielmehr ein „Moment persönlicher Verbundenheit“ der Gesamthänder, das selbst bei solchen Gemeinschaften ausgebildet sei, deren Hauptzweck in der Vermögensgemeinschaft liege.246 Dieses besondere Moment persönlicher Verbundenheit äußert sich bei der Erbengemeinschaft weniger deutlich247 als bei der GbR durch das Erfordernis einer gemeinschaftlichen Zweckbestimmung im Sinne von § 705 BGB. Es ist aber dennoch vorhanden und zeigt sich bei einer Gegenüberstellung mit der Bruchteilsgemeinschaft. Über die Anordnung der gemeinschaftlichen Verwaltung gem. § 744 BGB bei der Bruchteilsgemeinschaft hinaus ordnet § 2038 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB eine Mitwirkungspflicht der Miterben bei Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung an und nähert sich damit der Zweckförderungspflicht der Gesellschafter an.248 b) Die vermeintliche „Ambivalenz“ der Genossenschaftstheorie und Gruppenlehre Auch Ulmer erkennt, dass Gierke die Rechtsfähigkeit der Gesamthand nicht von ihrem jeweiligen Entstehungsgrund abhängig macht, sondern das prägende Merkmal in der besonderen personenrechtlichen Beziehung zwischen den Gesamthändern 241
Vgl. § 2 A. I. 3. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944. 243 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 936. 244 Vgl. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 945. 245 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669, 675; Reuter; AcP 207, 673 (676 f.). 246 Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 347 Fn. 1. 247 Bei familienrechtlichen Verbindungen bedarf es ohnehin keines Nachweises. „Sie fehlt aber nirgends und bildet auch da, wo sie nur als sekundäres und dienendes Stück einer Vermögensgemeinschaft erscheint, den konstruktiven Mittelpunkt des Rechtsverhältnisses“, Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 675 Fn. 54. Vgl. dazu schon Fn. 75 in Teil I. 248 Eberl-Borges, S. 35, 45. Zu den Hintergründen dieser Verpflichtung vgl. Bartholomeyczik, in: FS Lange, S. 354. 242
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ausmacht.249 Gleichwohl glaubt Ulmer in den Ausführungen Gierkes eine gewisse „Ambivalenz“ erkennen zu können, soweit dieser ausführe, dass es sich bei der Gesamthand um ein überaus dehnbares Rechtsprinzip handele, das der ungleichartigsten Verwendung fähig250 und auch die Rechtsfähigkeit der Gesamthand je nach ihrer Struktur und ihrem Gegenstand überaus ungleich bemessen sei.251, 252 Nachdem diese Fehleinschätzung zuvor bereits eher beiläufig aufgezeigt wurde,253 gilt es die Vorbehalte nun endgültig aus dem Weg zu räumen, sind die Zitate von Gierke doch bei Ulmer gänzlich aus dem Zusammenhang gerissen und mögen in dieser Form der Wiedergabe tatsächlich den Eindruck zu erwecken, Gierke habe auch nicht rechtsfähige Personengemeinschafen in Form einer Gesamthand für möglich gehalten.254 Allerdings meint Gierke mit der „Dehnbarkeit“ des persönlichen Bandes und den daraus folgenden ungleichartigsten Verwendungsmöglichkeiten nicht etwa, dass die Gesamthand im einen Falle eine rechtsfähige Personengemeinschaft darstellen könne und im anderen Falle lediglich ein dinglich gebundenes Sondervermögen schaffe, so, wie es sich von der heute herrschende Meinung bei der Gegenüberstellung von GbR und Erbengemeinschaft gerne zurechtgelegt wird. Vielmehr soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass die gesamte Hand geeignet ist, Gemeinschaften „vom einfachen Gesellschaftsvertrag oder Miteigentum an die mannichfaltigen Abstufungen bis aufwärts zu Verhältnißen, die in ihrer äußeren Erscheinung und Wirksamkeit einer Körperschaft ganz nahe [stehen]“,255 gerecht zu werden, wobei dies unabhängig davon gilt, ob diese ihren Ursprung nun auf Grund gesetzlicher Anordnung oder vertraglicher Basis hat.256 Im Anschluss daran wurde bei der Darstellung des dieser Arbeit zugrundeliegenden Gesamthandsverständnisses schon herausgestellt, dass sich die Dehnbarkeit bzw. Elastizität des Gesamthandsverhältnisses unter anderem dadurch äußert, dass es bald bestimmter persönlicher Berechtigungen der Gesamthänder an den Gegenständen des Sondervermögens entbehrt und es sich auf einfache Mitwirkungsrechte beschränkt,257 den Gesamthändern bald aber auch Sonderberechtigungen in Form von Nutzungen und Fruchtziehungsrechten wie bei der Erbengemeinschaft gewährt, ohne dass dies
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Ulmer, AcP 198, 113 (124). Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669. 251 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 682. 252 Ulmer, AcP 198, 113 (124). 253 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Fn. 295 in Teil II. 254 Die Bruchteilsgemeinschaft hat nach Gierke zwar gesamthänderische Elemente, die sie zu einer Verwaltungsgesamthand mache, gleichwohl sei sie keine wirkliche Gesamthand im Sinne einer personenrechtlichen Vereinigung. Vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 1028 ff.; s. auch § 3 E. III. 3. b). 255 Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925. 256 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944 ff. 257 Vgl. Kattausch, S. 51. 250
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Abstufungen hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit zur Folge hätte.258 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von Ulmer unvollständig zitierten Abschnitt über die ungleich bemessene Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgemeinschaft; das ausschlaggebende Adjektiv lässt er nämlich aus: Gierke handelt hier von der „kollektiven Rechtsfähigkeit“259 der Gesamthand. Dies geht zurück auf die ebenfalls schon beleuchtete besondere Teilung zwischen der gesamthänderischen Gesamt- und der mitgliedschaftlichen Sondersphäre im Rahmen derer „der Eigentumsinhalt in zwei Befugnisinbegriffe zerlegt [werde], von denen der eine den ungesonderten Bereich einheitlicher Gemeinherrschaft [bilde], der andere in die gesonderten Bereiche mehrheitlicher Teilherrschaft [falle].“260 Anknüpfend an das zuvor Gesagte ist damit lediglich die dingliche Seite der Elastizität des Gesamthandsprinzips zum Ausdruck gebracht, wonach der Umfang der Rechtsfähigkeit dadurch variiert, dass je nach Gesamthandsverhältnis mehr oder weniger Rechte bei der Gesamtheit „konzentriert“ sein können.261 Niemals aber liegt in der Genossenschaftstheorie ein Fall vor, in dem keine Gesamtsphäre für die Zuordnung von Rechten mit der Folge existiert, dass man der Gesamthand als solcher die Rechtsfähigkeit aberkennen müsste. „Vielmehr bleibt, was immer an Sachherrschaft zum Sonderrecht aufgeteilt sein mag, die oberste Gesamtherrschaft in dem ungeteilten Gesamtrecht beschlossen, dessen einheitliches Subjekt die Teilhaber in ihrer personenrechtlichen Verbundenheit sind. Den Gemeinern zu gesamter Hand steht das Gemeinschaftsvermögen im Ganzen und jedes darin enthaltene Eigentum oder sonstige Recht vorbehaltlich der zu Sonderrecht abgezweigten Befugnisse zu“.262 Alles andere widerspräche dem Gierk’schen Gedanken des „Rechtsprinzips Gesamthand“, welches hinsichtlich der Möglichkeit, wie mehrere Personen gemeinsamen eine Rechtposition einnehmen können, besagt, „daß die mehreren Personen in einer rechtlichen Verbundenheit die Stellung eines[!] Rechtssubjekts haben.“263 Bei genauerem Hinsehen findet sich eine solche Ambivalenz auch in Flumes Gruppenlehre nicht. Weder an den von Ulmer in Bezug genommenen Stellen264 noch anderswo in Flumes Werken und Veröffentlichungen wird behauptet, dass es gerade 258 s. § 3 E. I. 2. Eine weitere Ausprägung ist die Mannigfaltigkeit der möglichen Vertretungsgestaltungen, vgl. Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 686 f. Exemplarisch dafür ist die Regelung des § 2038 BGB für die Vertretung der Erbengemeinschaft, § 5 A. II. 3. 259 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 682. 260 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 381; vgl. auch Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 53 f.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 319. Dazu bereits § 3 B. III. 2. 261 Vgl. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 924 f. 262 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. II, S. 392 f. Vgl. auch Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 344 f. 263 Gierke; ArchBürgR 19, 114 (117). 264 Ulmer, AcP 198, 113 (125) mit Verweis auf Flume, S. 4, 11 f. , 89 f., Flume, ZHR 136, 177 (190).
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das Zusammentreffen des Gesellschaftsvertrags als Organisationsvertrag mit dem Gesamthandsprinzip sei, das die Gesellschaft zu einer überindividuellen Wirkungseinheit mache. Die Grundidee der Gruppenlehre fußt daher ebenfalls nicht auf dem Prinzip einer „freiwilligen“ Vereinigung, sondern vielmehr auf den „organisationsrechtlichen Elementen“. Die Vereinigung ist nicht nur ein Gesellschaftsvertrag, sondern „Organisationsvertrag“.265 Allein auf dieses Element, das ein Stück Verbandsqualität in die nichtkörperschaftlichen Gemeinschaften trägt, kommt es für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand an. Ob nun aber eine Mehrheit von Subjekten einem Sondervermögen durch vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Anordnung gegenübertritt, ist für die Grundstruktur des Modells durchaus irrelevant.266 c) Tatsächliche Berücksichtigung der gesetzlichen Begründung Die Konsequenzen, die sich aus der gesetzlichen Begründung der Erbengemeinschaft ergeben, äußern sich im Vergleich zu den übrigen Gesamthandsgemeinschaften des BGB im Rahmen des persönlichen Verhältnisses der Miterben untereinander sowie ihren Befugnissen. Exemplarisch seien hierfür nur zwei Punkte genannt: aa) Veräußerbarkeit der Mitgliedschaft Während die Mitgliedschaft bei der Gütergemeinschaft auf Grund ihrer Bindung an die eheliche Lebensgemeinschaft ausnahmslos unveräußerlich ist (§ 1419 Abs. 1 Alt. 1 BGB), grundsätzlich ebenso bei der Gesellschaft auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Gesellschaftern, jedoch mit der Möglichkeit, den § 719 Abs. 1 Alt. 1 BGB insoweit abzubedingen,267 kann der Miterbe über seine Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft nach § 2033 Abs. 1 BGB frei verfügen. Der Eigenschaft der Erbengemeinschaft als Zwangs- und Zufallsgemeinschaft wird so bspw. für den Fall Rechnung getragen, dass die übrigen Miterben auseinandersetzungsunwillig sind und den Nachlass auf Dauer als Einheit erhalten wollen.268 Durch das Veräußerungsrecht ist denjenigen Miterben, die ihren Anteil am Nachlass versilbern und nicht in der Erbengemeinschaft verbleiben wollen, damit die Möglichkeit eingeräumt, sich aus der ihnen „aufgezwungenen“ Gemeinschaft zu lösen. Auf diese Weise wird eine Schlechterstellung des Miterben gegenüber dem Alleinerben ausgeglichen bzw. abgemildert, der zwar nicht über den gesamten Nachlass
265 266 267 268
Vgl. Flume, ZHR 136, 177 (179). Vgl. § 3 F. Dazu § 3 E. I. 3. Vgl. Saenger, S. 101.
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
aber doch dessen einzelne Vermögenswerte verfügen kann.269 Um eine damit etwaig einhergehende Überfremdung270 der Erbengemeinschaft gegen den Willen der Miterben auszuschließen, werden diese durch das Vorkaufsrecht nach § 2034 BGB als Ausdruck des gesamthänderischen Näheverhältnisses271 mit dinglicher Wirkung geschützt. bb) Haftungsmaßstab Einen weiteren Anknüpfungspunkt für die Unterscheidung zwischen gesetzlich und vertraglich begründeter Gemeinschaft bietet der Haftungsmaßstab im Innenverhältnis. So haften die Gesellschafter der GbR lediglich für ihre diligentia quam in suis – der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gem. §§ 708, 277 BGB. Der Gesetzgeber hat sich hier ausdrücklich gegen eine Streichung der Vorschrift aus dem BGB entschieden, da angenommen werden müsse, „daß Parteien, die miteinander einen Gesellschaftsvertrag einzugehen beabsichtigen, sich gegenseitig so nehmen wollten, wie sie einmal seien“.272 Anders als bei der Frage der Rechtsfähigkeit liegt hier tatsächlich der Schwerpunkt im Abschluss des Gesellschaftsvertrages, denn durch diesen bringen die Gesellschafter zum Ausdruck, dass sie „im Hinblick auf ihre individuelle Sachkunde, Erfahrung, Persönlichkeit und Vermögenslage auch das Risiko des individualüblichen Verhaltens des Mitgesellschafters im Positiven wie im Negativen einzugehen bereit sind.“273 Auch die Ehegatten, die einander trotz oder gerade wegen ihrer persönlichen Eigenschaften ausgewählt haben, haften dem jeweils anderen gegenüber nur für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen, § 1359 BGB.274 Im Gegensatz dazu bestimmt sich der Haftungsmaßstab der Miterben untereinander nicht nach § 277 BGB, sondern allein nach § 276 BGB. Die Miterben haben einander eben nicht ausgesucht und sich quasi ,sehenden Auges‘ und in Kenntnis 269 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2033 Rn. 1; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2033 Rn. 2; v. Lübtow, S. 813; Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 149 f.; Brox/Walker, Erbrecht, S. 266 Rn. 473. 270 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2033 Rn. 1; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2034 Rn. 1; Kipp/ Coing, S. 624; Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 150. 271 Vgl. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S. 85; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 347 Fn. 1. 272 Protokolle zu § 708 BGB, in: Mugdan Bd. II, S. 985. Vgl. auch Ulmer/Schäfer, GbR und PartG, § 708 Rn. 1. Derselbe Gedanke veranlasste schon Svarez dazu, im Rahmen des gemeinschaftlichen Eigentums des ALR die Miteigentümer nicht für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten haften zu lassen: „[Es wird] vorgeschlagen, lieber festzusetzen, daß condomini einander culpam levem in abstracto prästiren müssen. Ich würde solchem beitreten in Ansehung aller Gemeinschaften, die nicht ex pacto entstehen, denn nur bei diesen findet der Grund statt, daß ein jeder sich den Mitgenossen, den er sich selbst gewählt hat, gefallen lassen müsse.“, zitiert nach Bornemann, Preuß. Civilrecht Bd. IV, S. 9. 273 Müller-Graff, AcP 191, 475 (483). 274 Weinreich, in: P/W/W, BGB, § 1359 Rn. 1; Roth, in: MüKo, BGB, § 1359 Rn. 2; Voppel, in: Staudinger, BGB, § 1359 Rn. 5.
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etwaiger Unzulänglichkeiten der zukünftigen Mitglieder in ein Gemeinschaftsverhältnis begeben. Dies entspricht auch dem Haftungskonstrukt des gemeinschaftlichen Eigentums im Allgemeinen Landrecht. So bestimmt § 58 ALR I 17, der über die Verweisung des § 115 ALR I 17 auch auf das Verhältnis der Miterben Anwendung findet: § 58 ALR I 17 Theilnehmer, deren Miteigenthum ohne ausdrücklichen Vertrag entstanden ist, dürfen einander, bey ihren Handlungen oder Unterlassungen in Rücksicht der gemeinschaftlichen Sache, nur für grobe und mäßige Versehen gerecht werden.
In diesem Sinne war gem. § 211 ALR I 17 lediglich für die Gesellschaften eine Haftung der Gesellschafter für die „Grade von Fleiß und Aufmerksamkeit“ angeordnet, „die jeder in seinen eignen Geschäften anzuwenden pflegt.“ d) Zwischenergebnis Man sieht, die Art der Begründung der Gesamthand kann durchaus von Einfluss auf die Gemeinschaft sein. Sie wirkt sich, wie anhand zweier Beispiele belegt, sowohl auf den Haftungsmaßstab bei Erledigung von Gemeinschaftsangelegenheiten als auch auf die Befugnisse der Gesamthänder im Rahmen der Gemeinschaft aus. Gleichwohl ist der Umstand, ob eine Gesamthand durch einen auf freiem Willen fußenden konstitutiven Akt oder durch gesetzliche Anordnung entstanden ist, für die Frage nach deren Rechtsfähigkeit gänzlich ohne Bedeutung.275 Hierfür kommt es allein auf das Vorliegen eines organisatorischen Elements mit der Folge besonderer persönlicher Verbundenheit an, dessen Notwendigkeit vorwiegend daran zu knüpfen ist, dass der Gesamthand bzw. der gesamthänderischen Gesamtsphäre ein gemeinschaftlich gebundenes Sondervermögen zugewiesen ist, das zuvörderst den Belangen der Gesamtsphäre zu dienen bestimmt und in objektiver Sicht ein wesentliches Substrat des Subjekts Gesamthand ist.276 Auf dieser Basis tritt die Gesamthand im Rechtsverkehr Dritten sowie den eigenen Mitgliedern als rechtsfähige Verbindung gegenüber.277 Weder der Genossenschaftstheorie noch der Gruppenlehre lässt sich in diesem Zusammenhang Gegensätzliches entnehmen. Soweit hier „Ambivalenzen“ ausgemacht werden, beruht dies auf einer nicht hinreichenden Würdigung des Gesamtkontextes bzw. auf fehlerhafter Auslegung.
275 Ann, MittBayNot 2003, 193 (195); Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6); ohne tragende Begründung auch Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1319. 276 Siehe § 3 E. II. 5; vgl. dazu auch Bork, in: Staudinger Symposion, S 185 f. 277 Vgl. dazu schon § 3 E. III. 4. dd); § 3 F; § 4 C. III, insbes. Fn. 551 in Teil II.
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
2. Mangelnde Dauerhaftigkeit und Ausrichtung auf Auseinandersetzung Mit Blick auf § 2042 BGB ergibt sich ein weiterer Unterschied der Erbengemeinschaft gegenüber der GbR, der ihrem Charakter als Zwangs- bzw. Zufallsgemeinschaft geschuldet ist. Da die Gemeinschaft von den Miterben nicht freiwillig eingegangen worden ist, kann jeder Miterbe jederzeit auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft antragen.278 Grundsätzlich fügt sich dieses Merkmal neben jenen ein, die soeben beispielhaft für die tatsächlichen Auswirkungen der gesetzlichen Begründung der Erbengemeinschaft angeführt wurden. Diese auf § 2042 Abs. 1 BGB beruhende Besonderheit der Erbengemeinschaft ist jedoch gleichzeitig besonderer Anknüpfungspunkt für die Entscheidung des BGH: Die Erbengemeinschaft sei keine werbende Gemeinschaft, da sie im Gegensatz zur GbR nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet sei.279 Die Bedeutung dieser Eigenschaft für die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft ist daher auch hier gesondert zu untersuchen. a) Das Merkmal der Dauerhaftigkeit Die Aussage des BGH, die Erbengemeinschaft sei im Gegensatz zur GbR nicht auf Dauer angelegt, führt gleich in vielerlei Hinsicht zu Verwunderung, hat doch der BGH in seiner Entscheidung vom 29. 01. 2001 zwar zwischen der Außen- und der Innengesellschaft differenziert, wobei letzterer gerade keine Rechtsfähigkeit zukommen soll,280 zu einer Unterscheidung zwischen Dauer- und Gelegenheitsgesellschaft jedoch nichts Entsprechendes ausgeführt.281 Ungeachtet der Tatsache, dass sich das Merkmal der Dauerhaftigkeit auf Grund seiner Unbestimmtheit kaum als Anknüpfungspunkt für die Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft eignet282 – ab wann ist eine Gemeinschaft von „Dauer“; nach Tagen, Monaten oder gar erst Jahren? – zeigt schon ein flüchtiger Blick in das Gesetz, dass auch die GbR keine Verbindung ist, die grundsätzlich für eine dauerhafte Teilnahme am Rechtsverkehr gedacht ist. So ist die Gesellschaft, soweit nicht für eine bestimmte 278 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2042 Rn. 1; Hoeren, in: NHK-BGB, § 2042 Rn. 1; EberlBorges, in: NAK-BGB, § 2042 Rn. 1; K. Lange, S. 602 f. Rn. 90, 92. 279 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390); Weidlich, in: Palandt, BGB, Vor § 2032 Rn. 1; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2032 Rn. 12; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 5; Brox/Walker, Erbrecht, S. 264 Rn. 469; Leipold, S. 299 Rn. 721; Mayer, MittBayNot 2010, 345; Habersack, JuS 1990, 179 (181 f. Fn. 41). 280 BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00, Rn. 4 – zitiert nach juris = NJW 2001, 1056. 281 Reuter, AcP 207, 673 (676 f.). 282 Früchtl, NotBZ 2002, 452 hält es für „irritierend“, eine Willensentscheidung – hier mit Blick auf die GbR den Willen, auf Dauer einen gemeinschaftlichen Zweck zu fördern – ohne weitere rechtsgeschäftliche Handlungen zum Abgrenzungskriterium für die Rechtsfähigkeit zu machen.
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Zeit eingegangen, jederzeit kündbar (§ 723 BGB) und löst sich ipso iure durch Erreichen oder Unmöglichwerden des gemeinsamen Zwecks (§ 726 BGB) sowie dem Tod eines Gesellschafters auf, § 727 BGB.283 Was die Dauerhaftigkeit des vermeintlich für die Rechtsfähigkeit so erheblichen vertraglichen Bandes betrifft, so hat dies offenbar von Gesetzes wegen der Erbengemeinschaft nicht viel voraus. Hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeit ist diese bei der Gesellschaft auf Zeit zwar auf Fälle beschränkt, in denen ein wichtiger Grund vorliegt (§ 723 Abs. 1 S. 2 BGB), umgekehrt kann aber auch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für immer oder auf Zeit – soweit nicht ein wichtiger Grund vorliegt – ausgeschlossen werden, §§ 2042 Abs. 2 i.V.m. 749 Abs. 2, 3 BGB.284, 285 Diese Vereinbarung bindet über § 2204 BGB sogar den Testamentsvollstrecker, denn die Erben „haben nur das Recht zur Auseinandersetzung, aber nicht die Pflicht, sie vorzunehmen“.286 Nun wird man einwenden können, dass die von einem Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 S. 1 BGB ausgesprochene Kündigung die Gesellschaft überhaupt erst in das Liquidationsstadium mit der Möglichkeit, von nun an die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens verlangen zu können, versetzt,287 wohingegen die Erbengemeinschaft in diesen Status bereits „geboren“ wird.288 Gleichwohl wäre dies wohl reine Haarspalterei, denn die Kündigung ist in diesem Falle allein notwendiger Zwi283
(195).
Vgl. Harder/Kroppenberg, S. 218 Rn. 590; Ann, S. 401; Ann, MittBayNot 2003, 193
284 Vgl. dazu BGH, Urteil v. 24. 06. 1968 – Az.: III ZR 109/65 = BB 1968, 1219; Bayer, in: Erman, BGB, § 2042 Rn. 2; Mayer, MittBayNot 2010, 345 (346). Zutreffend bemerkt von Ann, S. 385; Eberl-Borges, S. 37; Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1319; Ann, MittBayNot 2003, 193 (195); Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6). 285 Die herrschende Lehre, die der ungeteilten Gesamtberechtigung folgt, vermag die Wirkung des Ausschlusses der Aufhebung gegenüber dem Sondernachfolger gem. §§ 2042 Abs. 2, 749 Abs. 2, 3, 751 BGB nicht zu erklären, denn ein ipso iure „Einrücken“ in eine solche schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den bisherigen Miterben gibt es nicht. Vgl. Grunewald, AcP 197, 305 (309) für den Fall des Einrückens in eine erteilte Vollmacht gem. §§ 2038 Abs. 2, 746 BGB; zu dieser Problematik schon § 5 A. I. 2. c). Erkennt man hingegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft an, so ergibt sich die Fortwirkung ohne weiteres aus Rechtssubjektivität der Erbengemeinschaft. Kritisch dazu Bork, in: Staudinger Symposion, S. 189, der allerdings verkennt, dass nicht aus dem Vorhandensein des § 746 BGB die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft gefolgt wird, sondern es alleine darum geht, welche Theorie die Regelung am besten erklären kann. 286 Storz, ZEV 2011, 18 (20); vgl. auch OLG Nürnberg, Beschl. v. 21. 04. 2010 – Az.: 12 U 2235/09 = NJW-Spezial 2010, 520 = WM 2010, 1286 (1290). Vgl. hierzu auch Früchtl, NotBZ 2002, 452 (453), der ebenfalls herausstellt, dass es nicht auf eine Ausrichtung auf Auseinandersetzung ankomme, sondern darauf, ob die Erbengemeinschaft tatsächlich auseinandergesetzt werde. Geschehe dies nicht, so bestehe kein Unterschied zur GbR; ebenso Eberl-Borges, S. 38; Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1319. 287 Zur Zweckänderung der Gesellschaft in eine Liquidationsgesellschaft v. Ditfurth, in: P/ W/W, BGB, § 723 Rn. 5; Heidel/Hanke, in: NAK-BGB, § 730 Rn. 8; Westermann, in: Erman, BGB, § 723 Rn. 1; zum Anspruch auf Teilung nach Auflösung der Gesellschaft vgl. statt vieler Schäfer, in: MüKo, BGB, § 719 Rn. 12. 288 K. Lange, S. 570 Rn. 12; Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 149.
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schenschritt und wird wohl unmittelbar im Zusammenhang mit der Forderung nach der Rückgabe der überlassenen Gegenstände (§ 732 BGB) und des dem Kündigenden etwaig zustehenden Überschusses (§ 734 BGB) ausgesprochen werden.289 Für diesen Gleichlauf spricht auch die Wertung des § 1629a Abs. 4 BGB, der das Auseinandersetzungsverlangen der Erbengemeinschaft der Kündigung der Gesellschaft gegenüberstellt. Zu bedenken steht auch, dass, wollte man tatsächlich ein dauerhaftes Bestehen der Gemeinschaft als Maßstab für die Rechtsfähigkeit anlegen, wie es der BGH bei der Erbengemeinschaft tut, dies zur Konsequenz hätte, dass zwangsläufig sämtliche Gelegenheitsgesellschaften aus dem Judikat vom 29. 01. 2001 hinausfielen. Dies beträfe insbesondere Zusammenschlüsse selbstständiger Unternehmer zu Arbeitsgemeinschaften („ARGE“) und damit auch die vom BGH im „Paradefall“ für rechtsfähig befundene ARGE „Weißes Ross“. In diesem Zusammenhang wäre nämlich zu berücksichtigen, dass sich solche Arbeitsgemeinschaften für gewöhnlich als Außengesellschaften290 auf Zeit für einen bestimmten Bauauftrag zusammenschließen, wobei gerade das Fehlen einer auf Dauer angelegten Geschäftstätigkeit oft gegen die Annahme einer OHG spricht.291, 292 Unabhängig von derlei strukturellen Vergleichen zwischen den beiden Gemeinschaftsformen entspricht das Bild der sich unmittelbar auseinandersetzenden und nicht am Rechtsverkehr teilnehmenden Erbengemeinschaft bei weitem nicht der Wirklichkeit.293 Einleitend zu der Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BGH vom 11. 09. 2002 wurde bereits festgehalten, dass es der „Wirtschaftswunderkinder-Generation“ der Nachkriegszeit möglich war, ungestört eine Vermögensbildung zu betreiben, die immer öfter auch Wohneigentum einschloss.294 Dieses vermehrt entstandene Wohneigentum war in dem Zeitraum von 2001 – 2011 in 36 % der Erbfälle Teil des Nachlasses, wobei für den Zeitraum bis 2020 nunmehr von 47 % Nachlässen mit Immobilienanteil auszugehen ist.295 Für die Erbenseite wurde ermittelt, dass in 53 % der Fälle die Erbschaft bewahrt werden soll; mit Fokus auf Immobilien sollen diese gar in 72 % der Erbfälle bewahrt und nicht veräußert werden.296 Berücksichtigt man nunmehr, dass nicht alle Erben – in den meisten Fällen 289
Vgl. hierzu auch Weipert, ZEV 2002, 300 (301). Vgl. nur OLG Schleswig, Urteil v. 12. 01. 2001 – Az.: 1 U 13/00 = NZG 2001, 796; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 705 Rn. 40. 291 Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor § 705 Rn. 43; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 705 Rn. 40; Schöne, in: B/R, BGB, § 705 Rn. 168; Westermann, in: Erman, BGB, Vor § 705 Rn. 35. 292 Zutreffend eingewandt auch von Fritz, NZM 2003, 676 (677). 293 Ann, MittBayNot 2003, 193 (195). 294 S. Fn. 232. 295 Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 23; die Postbank Erbschaftsstudie für 2012 geht darüber hinaus davon aus, dass sogar in 2 von 3 Fällen eine Immobilie Teil der Erbschaft ist, Erbschaftsstudie der Postbank 2012, Kernthese Nr. 5. 296 Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 71, 73, 89. 290
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Erbengemeinschaften –297 Immobilien in Eigenbesitz nehmen, sondern in etwa 50 %298 der Fälle eine Vermietung und damit eine dauerhafte Teilnahme am Rechtsverkehr in ungeteilter Erbengemeinschaft erfolgt,299 wird sich der pauschale Verweis auf die Kurzlebigkeit der Erbengemeinschaft kaum aufrecht erhalten lassen.300 Auch die Erbengemeinschaften, die in der oberlandesgerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung auftauchen, sind oftmals äußerst langlebig. In einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006,301 in der es um die Frage ging, ob die Kündigung eines Pachtvertrags auch durch die Mehrheit der Miterben im Sinne von §§ 2038 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 i.V.m. 745 Abs. 1 BGB erfolgen kann, bestand die klagende Erbengemeinschaft bereits seit 10 Jahren. In einer weiteren Entscheidung, bei der es um ein entsprechendes Kündigungsrecht der Mehrheit der Miterben bei einem Mietvertrag ging,302 bestand die Erbengemeinschaft bereits seit 14 Jahren. Knappe 24 Jahre waren es in dem bereits zuvor erwähnten Fall des OLG Nürnberg303 betreffend eine zunächst ungeteilte und später nach §§ 2042 Abs. 2, 749 Abs. 2, 3 BGB fortgesetzte Erbengemeinschaft. Ferner finden sich in der Literatur genügend Nachweise für langlebige304 Erbengemeinschaften; einige Stimmen sprechen gar von Gemeinschaften mit einer Lebensdauer von über 100(!) Jahren.305 Letztlich kommt es für die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft als Gruppe aber ebenso wenig auf das Merkmal der Dauerhaftigkeit an, wie auf ihren Entstehungsgrund. Dies zeigt bereits der Vergleich zu den juristischen Personen. Selbst diese können nur für eine bestimmte Zeit gegründet werden,306 ohne dass hier bestimmte Mindestlaufzeiten geltend würden. Ausschlaggebend ist allein das organisatorische Element, das allen Gesamthandsgemeinschaften als Ausfluss der personenrechtlichen Verbindung der Gesamthänder untereinander eigentümlich ist. Was das Merkmal der Dauerhaftigkeit betrifft, so mag dieses für die Frage nach der Berechtigung des Führens einer Firmenbezeichnung und damit zur Abgrenzung von den Personenhandelsgesellschaften dienen, deren gemeinsamer Zweck in dem Be297
Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 37 ; vgl. Fn. 234. Vgl. Braun/Pfeiffer/Thomschke, S. 77: „Selber einziehen und vermieten halten sich dabei in etwa die Waage“. 299 Vgl. Ann, S. 401; Ann, MittBayNot 2003, 193 (195), der darauf hinweist, dass unbebaute Grundstücke in guten Wohnlagen häufig Erbengemeinschaften gehören. 300 Im Ergebnis auch Fritz, NZM 2003, 676 (677). 301 BGH, Urteil v. 28. 04. 2006 – Az.: LwZR 10/05 = NJW 2007, 150. 302 BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = NJW 2010, 765. 303 OLG Nürnberg, Beschl. v. 21. 04. 2010 – Az.: 12 U 2235/09 = NJW-Spezial 2010, 520 = WM 2010, 1286 (1288). 304 Vgl. die Nachweise u. a. über die Fortführung über 7 bzw. 17 Jahre bei Eberl-Borges, ZEV 2002, 125 (172 Fn. 39); vgl. ferner Ann, S. 400; Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6). 305 Reuter, AcP 207, 673 (677). 306 Berner, in: MüKo, GmbHG, § 60 Rn. 79; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60 Rn. 26 f.; Hirschmann, in: Hölters, AktG, § 262 Rn. 6 – 8; Hüffer, in: MüKo, AktG, § 262 Rn. 26 f.; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 79 GenG Rn. 1; Reuter, in: MüKo, BGB, § 41 Rn. 26. 298
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trieb eines Handelsgewerbes liegt und nach Gierke daher zwangsläufig eine „ständige und umfassende Berufsgemeinschaft [bildeten]“,307 deren „verstärkte Personeneinheit […] Ausdruck in der für sie begriffswesentlichen Firma [finde]“.308 Dass dieser Gedanke dem heutigen Recht auch nach der Handelsrechtsreform von 1998 nicht fremd ist, zeigt die Diskussion darüber, ob den bereits erwähnten Arbeitsgemeinschaften trotz ihres einmaligen Zusammenschlusses zur Durchführung eines einzelnen Bauvorhabens überhaupt die Organisationsform der OHG zur Verfügung steht.309, 310 b) Die Ausrichtung auf Auseinandersetzung Das Merkmal der Ausrichtung auf Auseinandersetzung steht in einem engen Zusammenhang mit dem der Dauerhaftigkeit. Dass sich die Erbengemeinschaft mit dem Moment ihrer Entstehung in einem Auseinandersetzungsstadium befindet, das es den Miterben unmittelbar erlaubt, die Aufteilung der Erbmasse zu verlangen, während die Gesellschaft durch Kündigung er ist in diesen Zustand überführt werden muss,311 ist schwerlich zu negieren und wurde bereits unter a) ebenso dargelegt wie die Tatsache, dass allein dieser Umstand offensichtlich nicht gegen einen dauerhaften Bestand der Gemeinschaft spricht. Auch hat der BGH mit der Zulassung der „Abschichtung“ als einer Ausprägung der vertraglichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft deren mögliche Kontinuität eher gestärkt:312 Die Abschichtung ermöglicht einem einzelnen Miterben – üblicherweise gegen Zahlung einer Abfindung – aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, während der Erbteil den übrigen Miterben anwächst.313 In Abgrenzung von einer Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft hinsichtlich einzelner Gegenstände findet die Teilauseinandersetzung in Bezug auf einen Miterben als 307
Gierke, ArchBürgR 19, 114 (120). Gierke, ArchBürgR 19, 114 (120). 309 Abl. Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor § 705 Rn. 43; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 705 Rn. 40. Dem ist zuzustimmen. Auf diese Weise wird eine nicht gerechtfertigte Gleichstellung der Gesellschaft mit der OHG, wie sie hier schon für das Prozessrecht moniert wurde [vgl. § 5 A. I. 3. b) bb)], verhindert und ein passendes Abgrenzungskriterium zwischen den Personenhandelsgesellschaften sowie der GbR und den rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften im Allgemeinen geschaffen. 310 Für die Bedeutung des Unterscheidungskriteriums der Dauerhaftigkeit spricht auch, dass seit der HGB-Reform im Jahre 1998 die Auflösung der Gesellschaft durch Kündigung eines Gesellschafters nach § 131 Abs. 1 Nr. 6 HGB a.F. weggefallen ist, so dass eine Kündigung seitdem nur noch zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters führt, § 131 Abs. 3 Nr. 3 HGB. Ein Auflösungsbeschluss gem. § 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB kann über die meist notwendige 3 -Mehrheit bei den juristischen Personen hinaus gem. § 119 Abs.1 HGB nur mit Zustimmung 4 aller Gesellschafter erfolgen. Vgl. dazu schon § 3 E. II. 4. 311 Vgl. Eberl-Borges, S. 36 f. 312 Ann, MittBayNot 2003, 193 (195). 313 BGH, Urteil v. 21. 01. 1998 – Az.: IV ZR 346/96 = BGHZ 138, 8; LG Köln, Urteil. v. 07. 05. 2003 – Az.: 11 T 63/03 = NJW 2003, 2993. 308
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persönliche Auseinandersetzung statt.314, 315 Für die Miterben, die keine unmittelbare Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft anstrengen und den Nachlass zur Gänze erhalten wollen, sich jedoch einem „gemeinschaftsfeindlichen“, quertreibenden Miterben ausgesetzt sehen, bietet sich so die Möglichkeit, diesen gegen den „Anreiz“ einer Abfindung aus der Gruppe ohne Einhaltung lästiger Formerfordernisse ausscheiden zu lassen, um so den Bestand der Erbengemeinschaft zu festigen. Gleichwohl ist der Erbengemeinschaft trotz der insoweit unberechtigten degradierenden Bezeichnung als mit dem Liquidationszweck geborener „sterbender Gemeinschaft“316 schon aufgrund der Ungeeignetheit des Kriteriums für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft nicht die Rechtsfähigkeit abzusprechen. Orientierungspunkt bilden auch hier zunächst wieder die juristischen Personen des Privatrechts. Diese treten nach Eintritt eines gesetzlich vorgegebenen bzw. satzungsmäßig bestimmten Auflösungsgrundes nicht unmittelbar aus dem juristischen Leben, sondern in das Abwicklungs- und Liquidationsstadium ein. Erst nach erschöpfender Vermögensaufteilung tritt die Vollbeendigung der juristischen Person ein; sie hört auf zu existieren. Durch den Übergang in das Liquidationsstadium ändert sich lediglich der Zweck der juristischen Person, während sie dabei weder ihrer Rechts- noch ihrer Parteifähigkeit verlustig wird.317 Es ist ihr auch weiterhin möglich, werbend am Geschäfts- und Rechtsverkehr teilzunehmen.318 Nichts anderes gilt im Wesentlichen bei der GbR. Auch sie hört nach der Kündigung durch einen Gesellschafter (§ 723 Abs. 1 S. 1 BGB) oder wegen Zweckerreichung (§ 726 BGB) nicht unmittelbar auf zu existieren, sondern ändert ebenfalls nur ihren Zweck. Sie wird so zu einer Abwicklungsgemeinschaft wie die Erbengemeinschaft, ohne dass sie dadurch ihre Rechtsfähigkeit verliert.319, 320 Dies verdeutlicht, dass über die Eigenheit der vertraglichen Begründung zu Gunsten eines gemeinsamen Zwecks hinaus ein anderes Moment für die Rechtsfähigkeit der Gesamthand maßgeblich sein 314
Damrau, ZEV 1996, 361. Die genaue Ausgestaltung dieser Form des Ausscheidens war und ist freilich umstritten. Vgl. eingehend zum Streitstand: Damrau, ZEV 1996, 361 (365 ff.). Sie verliert bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft allerdings gänzlich an Bedeutung, da dann die Erbengemeinschaft Eigentümerin des Nachlasses ist und die Miterben im Rahmen der Abschichtung lediglich auf ihre Mitgliedschaft verzichten. 316 Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 149; vgl. ferner BGH, Urteil v. 21. 05. 1955 – Az.: IV ZR 7/55 = BGHZ 17, 300 (302); K. Lange, S. 570 Rn. 12. 317 BAG, Urteil v. 22. 03. 1988 – Az.: 3 AZR 350/86 = NJW 1980, 2637; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 2, 9; Berner, in: MüKo, GmbHG, § 60 Rn. 16 ff.; Hüffer, in: MüKo, AktG, § 262 Rn. 12; Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 262 Rn. 5; Hüffer, in: Hüffer, AktG, § 262 Rn. 2 ff. 318 Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 2, 9; Berner, in: MüKo, GmbHG, § 60 Rn. 16 ff. 319 v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 730 Rn. 1; Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 730 Rn. 1; Habermeier, in: Staudinger, BGB, § 730 Rn. 9; Schäfer, in: MüKo, BGB, Vor § 723 Rn. 5; Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, Vor § 723 Rn. 1. 320 Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6). 315
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muss, denn durch die Auflösung der Gesellschaft und dem damit einhergehenden Wegfall des Ausschlusses des Auseinandersetzungsbegehrens im Sinne von § 719 Abs. 1 Hs. 2 BGB tritt diese in das gleiche Stadium ein, in dem sich die Erbengemeinschaft von Beginn an befindet.321 Das maßgebliche Moment kann im Anschluss an die vorangegangenen Erkenntnisse nur darin liegen, dass, solange ein nicht liquidiertes Sondervermögen vorhanden ist,322 eine Grundlage für die Gemeinschaft besteht und mithin Bedarf für eine Organisation, die die Gruppe der Gesamthänder zum Rechtssubjekt erhebt.323 Für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit ist es mithin ohne Bedeutung, ob eine Gesamthand in das Liquidationsstadium eingetreten ist oder sich im Falle der Erbengemeinschaft vom Moment ihrer Entstehung an in diesem befand.324 3. Unzureichende Handlungsorganisation Einer im Vergleich zu den bisher behandelten Argumenten gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft etwas umfangreicheren Auseinandersetzung lässt der BGH der Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft gegenüber der GbR zu Teil werden, wobei er sich abermals vornehmlich an den Ausführungen Ulmers325 orientiert: Im Gesellschaftsrecht regele ein Gesellschaftsvertrag in Verbindung mit den gesetzlichen Vorschriften die Rechte und Pflichten der auf Dauer angelegten GbR, insbesondere Geschäftsführung und Vertretung. Demgegenüber besitze die auf 321 Im Ergebnis stimmt auch Eberl-Borges, S. 37 überein, die allerdings fragt, ob sich die Erbengemeinschaft denn überhaupt von Anfang an in einer den Personengesellschaften analogen Auflösungsphase befinde und nicht erst ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Miterbe nach § 2042 BGB die Auseinandersetzung verlangt. Dies ließe allerdings außer Acht, dass der Miterbe, die Auseinandersetzung jederzeit verlangen kann, der Gesellschafter die Gesellschaft – wie bereits gesehen – um Auseinandersetzung verlangen zu können, erst kündigen muss! 322 Das bedeutet jedoch nicht, dass eine GbR oder die Ehegattengütergemeinschaft nicht vermögenslos sein können. Das Vermögen steht hier anders als bei der Erbengemeinschaft nicht im Vordergrund, so dass die Gemeinschaften vor ihrer Auflösung auch ohne positive Vermögenswerte bestehen können. Dies gilt freilich nur so lange, wie sie nicht selbst in das Auseinandersetzungsstadium übergehen; zu den unterschiedlichen Schwerpunkten der Gemeinschaften vgl. Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 944 ff. Für die Gesellschaft dürfte dieser Einwand jedenfalls mit Blick auf ihre Gründung nur von geringer Bedeutung sein, kann man doch aufgrund des gemeinsamen Zwecks und der Förderungspflicht der Gesellschafter davon ausgehen, dass die Gesellschaft irgendeine sachliche bzw. vermögenswerte Grundlage hat, die ihr Gesellschafts-/ Sondervermögen ausmacht. 323 Bestärkt wird diese Ansicht durch eine Betrachtung der Bedeutung des Vermögens für den Auflösungsprozess der GmbH. Nach der sog. Lehre vom Doppeltatbestand ist die GmbH nicht etwa bereits mit Löschung aus dem Handelsregister voll beendet, sondern erst, wenn tatsächlich Vermögenslosigkeit eingetreten ist, wobei die Vorzüge dieser Lehre gerade damit begründet werden, dass die Gesellschaft als Vermögensträger erhalten bleibt und sich die für die Mindermeinung kaum zu lösende Frage des Vermögensübergangs auf eine der Registerlöschung folgende (Gesamthands-)Gesellschaft nicht stellt; vgl. dazu insgesamt Berner, in: MüKo, GmbHG, § 60 Rn. 33. Zur Bedeutung dieser Lehre bei der Aktiengesellschaft vgl. Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 262 Rn. 91 f. 324 Im Ergebnis auch Heil, ZEV 2002, 296 (297). 325 Ulmer, AcP 198, 113 (126 f.).
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Auseinandersetzung angelegte Erbengemeinschaft keine Elemente, die ihre Handlungsorganisation prägten, was sich insbesondere durch das Fehlen eines auf Dauer angelegten Handlungszwecks und einer darauf gerichteten Personenverbindung zeige. Charakteristisch für eine Außengesellschaft sei im Übrigen, dass diese am Rechtsverkehr teilnehme und in diesem Rahmen auch Rechte und Pflichten begründe, während die Erbengemeinschaft als solche weder zur Teilnahme am Rechtsverkehr bestimmt noch geeignet sei.326 Soweit der BGH im Rahmen seiner Argumentation abermals die vertragliche Begründung der Personenverbindung, deren Dauerhaftigkeit sowie deren Ausrichtung auf Auseinandersetzung in den Vordergrund rückt, kann hinsichtlich der bereits dargelegten Untauglichkeit dieser Umstände als Unterscheidungskriterium zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden.327 Demgegenüber bedarf die Frage nach der Notwendigkeit eines gemeinschaftlichen Handlungszwecks sowie der Geeignetheit der Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft für die Teilnahme am Rechtsverkehr weitergehender Behandlung. a) Der gemeinschaftliche Handlungszweck Im Rahmen der Gesellschaft bildet der gem. § 705 BGB erforderliche gemeinschaftliche Zweck neben der Förderungspflicht der Gesellschafter eines der konstitutiven Merkmale des Gesellschaftsvertrags328 und dient nach h.M. vornehmlich der Abgrenzung von der Bruchteilsgemeinschaft.329 Die Erbengemeinschaft hingegen hat als Zufallsgemeinschaft (zunächst) zwangsläufig keinen durch vertragliche Einigung festgelegten gemeinsamen Zweck. Die vorrangige Bindung ihres Sondervermögens ist jedoch durch den Gesetzgeber umrissen, der das „wesentliche Moment“ der Erbengemeinschaft in dem Interesse der Nachlassgläubiger sieht.330 Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Erbengemeinschaft bzw. die Miterben im Rahmen der Gemeinschaft keinen gemeinschaftlichen Zweck verfolgen können, der über die bloße Auseinandersetzung der Gemeinschaft hinausgeht. Der Erbengemeinschaft hat der Gesetzgeber vielmehr ein „rechtliches Gewand geschneidert“,331 das den Interessen der Nachlassgläubiger und den Miterben – sowohl denjenigen, die den Nachlass dauerhaft erhalten wollen, als auch denen, die ihre Teilhabe an der Gemeinschaft möglichst schnell versilbern wollen – Rechnung trägt.332 Wie Ann 326
BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390); Brox/ Walker, Erbrecht, S. 264 Rn. 469. 327 Vgl. § 5 A. II. 1; § 5 A. II. 2. 328 Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, § 705 Rn. 142; Böhmer, JZ 1994, 982. 329 Vgl. v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 705 Rn. 4; Schöne, in: B/R, BGB, § 705 Rn. 36. 330 Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495. Ausführlicher § 4. Diese Zweckrichtung wird von Harder/Kroppenberg, S. 218 Rn. 590 als ausreichend erachtet. 331 Kapp/Ebeling/Grune, § 10 I, Rn. 10. 332 Schlüter, in: Erman, BGB, Vor §§ 2032 – 2063 Rn. 4 unter cc); Werner, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 2032 – 2057a Rn. 4; Bartholomeyczik, in: FS Nipperdey Bd. I, S. 149.
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treffend herausgestellt hat, mag die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft letztlich das Endziel sein, den Zweck hingegen bestimmen bis zu dem Moment, in dem durch die Geltendmachung des Anspruchs nach § 2042 Abs. 1 BGB tatsächlich die Auseinandersetzung durchzuführen ist, die Miterben.333 Exemplarisch dafür stehen nicht nur die bereits zuvor erwähnten Entscheidungen334 zu den über mehrere Jahre/Jahrzehnte hinweg bestehenden Erbengemeinschaften, die bei weitem nicht in jedem Fall ein Handelsgewerbe fortführen,335 vielmehr in vielen Fällen dem Nachlass zugehörige Immobilien vermieten und verpachten,336 sondern auch der unterschiedliche Handlungsspielraum der Gesamthänder während des Auseinandersetzungszustands: Festzustellen ist insofern, dass der Handlungsspielraum der Gesellschafter in der Auseinandersetzungsphase der Gesellschaft im Vergleich zu den Befugnissen der Miterben um einiges begrenzter ist. Während die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Gesellschafter nur noch auf Maßnahmen begrenzt sind, die dem Abwicklungszweck dienen337 und in diesem Zusammenhang neue Geschäfte nur zulässig sind, soweit sie der Abwicklung dienen,338 unterliegen die Miterben derlei Beschränkungen nicht. Die Erbengemeinschaft kann im Rahmen des § 2041 BGB – insbesondere der sog. Beziehungsersetzung – auch Geschäfte tätigen, die nicht allein der Auseinandersetzung des Nachlasses dienen, sondern dessen (gewinnbringender) Anlage.339 Auch der Verwaltungsbergriff enthält keine entsprechende Einschränkung, sondern umfasst vielmehr „die tatsächlichen und rechtlichen Maßregeln, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen erforderlich oder geeignet sind.“340 In dieser Hinsicht kann man tatsächlich davon sprechen, dass die Erbengemeinschaft ein
333 Ann, MittBayNot 2003, 193 (196); vgl. auch Storz, ZEV 2011, 18 (20): „Die Erben [haben] in ihrer Gesamtheit nur das Recht zur Auseinandersetzung, aber nicht die Pflicht, sie vorzunehmen“. Dazu schon Fn. 286. 334 Vgl. § 5 A. II. 2. a). 335 Lediglich diesen Fall will Ulmer, AcP 198, 113 (127) als Ausnahme für eine hinreichende Handlungsorganisation anerkennen. Da aber auch in diesem Fall keine Umwandlung in eine OHG vorliegt, die Erbengemeinschaft vielmehr ihre Grundstruktur wahrt, die es im Übrigen über § 2038 BGB ermöglicht, eine der OHG entsprechende Organisationsstruktur zu etablieren, will nicht recht einleuchten, wieso der Erbengemeinschaft überhaupt die Rechtsfähigkeit aberkannt wird. 336 Eberl-Borges, S. 41. 337 Schäfer, in: MüKo, BGB, § 730 Rn. 40 ff.; Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 730 Rn. 4. 338 Vgl. BGH, Urteil v. 01. 12. 1983 – Az.: III ZR 149/82 = NJW 1984, 982. 339 Vgl. nur BGH, Urteil v. 29. 09. 1999 – Az.: IV ZR 269/98 = ZEV 2000, 62; Ann, in: NAK- BGB, § 2041 Rn. 12. Zum Umfang der Surrogationswirkung sowie der Vertretungsmacht der Miterben im Hinblick auf die Verpflichtungsfähigkeit der Erbengemeinschaft vgl. § 6 A. III. 2. c). 340 BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = BGH NJW 2010, 765 (766); Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 14; Kregel, in: BGB-RGRK, § 2038 Rn. 1; v. Lübtow, S. 801.
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„Recht auf einen umfangreichen Nachlass“341 hat. Von einem alle weiteren Ausrichtungen bzw. Zwecke überlagernden gemeinschaftlichen Auflösungszweck kann in Ansehung dessen bei der Erbengemeinschaft keine Rede sein. Im Übrigen erscheint der gemeinschaftliche Handlungszweck im Anschluss an die vorherigen Ergebnisse ohnehin nicht als taugliches Abgrenzungskriterium. Dies lässt sich zum einen damit begründen, dass die Rechtsprechung mit der Anerkennung des „Erwerbens und Haltens“ als gemeinschaftlichem Zweck342 die Anforderungen an diesen derart niedrig ansetzt,343 dass Abgrenzungsschwierigkeiten zur Bruchteilsgemeinschaft bestehen.344 Zum anderen aber – und insofern kann es letztlich dahinstehen, dass das Betätigungsfeld der Erbengemeinschaft im Hinblick auf den Verwaltungsbegriff freilich auch das Halten und Verwalten eines Vermögens einschließt –345 wurde bereits gezeigt, dass sowohl bei den juristischen Personen als auch bei der Gesellschaft die mit der Auflösung eintretende Änderung des Zwecks hin auf die bloße Auseinandersetzung keinerlei Einfluss auf deren Rechtsfähigkeit hat. b) Gegenüberstellung der Handlungsorganisation von Erbengemeinschaft und Gesellschaft Ebenso wenig überzeugend wie das Argument des vermeintlich fehlenden gemeinschaftlichen Handlungszwecks ist der Einwand, der Erbengemeinschaft fehle es an Elementen, die ihre Handlungsorganisation, insbesondere mit Blick auf Geschäftsführung und Vertretung prägten, so dass sie zur Teilnahme am Rechtsverkehr weder bestimmt noch geeignet sei.346 Betrachtet man zunächst die gesetzlichen Regelungen zur Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis der GbR-Gesellschafter, die in Ermangelung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung gelten, so stehen ihnen diese ausweislich der §§ 709 Abs. 1, 714 BGB nur gemeinschaftlich, das heißt unter Beteiligung sämtlicher Gesellschafter, zu.347 In diesem Urzustand ist die Gesellschaft nicht mehr oder minder handlungsfähig als es die Erbengemeinschaft ist. Auch den Miterben steht die Vornahme der „tatsächlichen und rechtlichen Maßregeln, die zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung“ des Nachlasses – mithin dessen Verwaltung –
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Grunewald, AcP 197, 305 (313); vgl. ferner Weipert, ZEV 2002, 300 (301 f.). Zum Umfang der Surrogationsvorschrift in § 2041 BGB s. § 6 A. III. 2. c) aa). 342 BGH, Urteil v. 20. 05. 1981 – Az.: V ZB 25/79 = NJW 1982, 170. 343 Wilhelm, S. 81 Rn. 156; Ann, S. 399; Ann, MittBayNot 2003, 193 (196). 344 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 4 f. 345 Ann, MittBayNot 2003, 193 (194). 346 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390) im Anschluss an Ulmer, AcP 198, 113 (127). 347 Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 714 Rn. 15; Kindler, § 10 Rn. 84; Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1319 f.
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dienen348 ausweislich des § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich gemeinschaftlich zu. Eine Unterscheidung zwischen Handlungen der Miterben im Innenverhältnis im Sinne einer Geschäftsführung und Handlungen im Außenverhältnis durch eine Vertretungsmacht erfolgt anders als bei der GbR zugegeben nicht. Das Gesetz fasst die Maßnahmen im Innen- wie auch im Außenverhältnis unter dem Oberbegriff der ,Verwaltung‘ zusammen.349 Ein qualitativer Unterschied der Handlungsorganisation ist damit im Vergleich zur GbR derweil nicht verbunden.350 Vielmehr ist es auch bei der Gesellschaft so, dass Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen bis auf wenige Ausnahmefälle ohnehin zusammenfallen, so dass grundsätzlich gilt, dass es keine Vertretungsmaßnahme gibt, die nicht zugleich Geschäftsführungsmaßnahme ist.351 Bereinigt von abweichenden Vereinbarungen stellt sich die Lage gar gegenteilig im Sinne einer weniger schwerfälligen Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft dar.352 Aus den §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 745 BGB ergibt sich nämlich, dass die erforderliche Einstimmigkeit lediglich für Maßnahmen der ,außerordentlichen‘ Verwaltung gilt, während Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung353 durch Stimmenmehrheit mit Außenwirkung (Vertretungsmacht)354 beschlossen werden können, §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 745 Abs. 1 BGB.355 Solche Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung, die für die Erhaltung des Nachlasses notwendig sind und deren Dringlichkeit einen Eingriff in die Mitverwaltungsrechte der übrigen Erben rechtfertigen,356 können gar von jedem Miterben allein durchgeführt werden, § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB. In diesen Fällen ist der handelnde Miterbe alleinvertre-
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Zum Begriff der Verwaltung vgl. soeben unter Fn. 340. Vgl. Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2038 Rn. 9; Schlüter, in: Erman, BGB, § 2038 Rn. 1; Brox/Walker, Erbrecht, S. 274 Rn. 488; Ann, S. 379; Kipp/Coing, S. 612; v. Lübtow, S. 802; Eberl-Borges, NJW 2006, 1313. 350 Vgl. Eberl-Borges, S. 33; Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6) die allerdings im Hinblick auf § 2040 Abs. 1 BGB von einer gewissen Schwerfälligkeit spricht; dazu sogleich; vgl. ferner Ann, S. 401 ff.; Flume, S. 59 Rn. 48; Früchtl, NotBZ 2002, 452 (453). 351 Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 709 Rn. 2; vgl. auch Schäfer, in: MüKo, BGB, § 709 Rn. 9. 352 Ann, MittBayNot 2003, 193 (195). 353 Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, „die der Beschaffenheit des Gegenstandes und dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen.“, OLG München, Beschl. v. 23. 11. 2010 – Az.: 7 U 3661/10. Erfasst sind solche Geschäfte, die sich in Ansehung des Umfangs und unter Berücksichtigung des gesamten Nachlasses als solche der laufenden Verwaltung und nicht als sog. Grundlagengeschäfte darstellen, Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 30, 34 ff. 354 Vgl. nur Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2038 Rn. 22; Brox/Walker, Erbrecht, S. 280 f. Rn. 505. 355 Brox/Walker, Erbrecht, S. 276 Rn. 492. 356 BGH, Urteil v. 08. 05. 1952 – Az.: IV ZR 208/51 = NJW 1952, 1252 (1253). 349
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tungsberechtigt.357 Das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Miterbe mit mehr als 50 % an der Erbengemeinschaft beteiligt ist. Der jeweilige Miterbe hat damit gem. §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 S. 2 BGB jederzeit die Mehrheit und so die Möglichkeit, als quasi Alleinvertretungsberechtigter der Erbengemeinschaft in allen Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung aufzutreten. Das Mehrheitsprinzip wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt.358 Eine solche Beweglichkeit fehlt der Gesellschaft in ihrer Urform. Die Widersprüchlichkeit in der Argumentation der herrschenden Meinung wird dadurch verdeutlicht, dass man sich für Notgeschäftsführungsmaßnahmen der Gesellschafter in Ermangelung einer Regelung in den §§ 705 ff. BGB gezwungen sieht, auf eine Analogie des § 744 Abs. 2 BGB zurückzugreifen;359 einer Regelung der Bruchteilsgemeinschaft, die aufgrund ihrer Überschneidungen mit den Verwaltungsregelungen der Erbengemeinschaft nach der h.M. eigentlich gleichsam ungeeignet für die Teilnahme am Rechtsverkehr und mithin für einen Analogieschluss sein müsste.360, 361 Mag man im Hinblick auf die weniger ausdifferenzierte – wenngleich in qualitativer Hinsicht der GbR kaum nachstehenden –362 Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft noch darüber diskutieren, ob sie zur Teilnahme am Rechtsverkehr bestimmt ist, so wird man ihr die Eignung dafür jedenfalls nicht absprechen können. Dafür spricht nicht nur die im Vergleich zur GbR soeben dargestellte flexiblere Ausgangslage, sondern auch die Tatsache, dass die Miterben gem. §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB entsprechend gesellschaftsvertraglich vereinbarter Abweichungen von den §§ 709, 714 BGB die Möglichkeit haben, eine „quasi-korporative Struktur“ zu etablieren, die einer körperschaftlichen Organisation kaum nachsteht.363 Die Erbengemeinschaft kann mithin durch entsprechende Verwaltungsbeschlüsse und
357 BGH, Urteil v. 08. 05. 1952 – Az.: IV ZR 208/51 = NJW 1952, 1252 (1253), Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 61; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2038 Rn. 13; Brox/Walker, Erbrecht, S. 282 Rn. 507; Bengel, ZEV 2002, 484 (486 f.); Bertzel, NJW 1962, 2280. 358 BGH, Urteil v. 19. 09. 2012 – Az.: XII ZR 151/10 = NJW 2013, 166 Rn. 10. 359 Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 709 Rn. 6; Westermann, in: Erman, BGB, § 709 Rn. 8. Freilich bleibt die Befugnis des Gesellschafters auch hier hinter der des Miterben zurück, denn bei der Gesellschafter hat die Notgeschäftsführung keine Außenwirkung, sondern begründet lediglich einen Aufwendungsersatzanspruch des Gesellschafters, vgl. BayOLG, Urteil v. 10. 06. 1980 – Az.: 3 Z 71/77 = ZIP 1980, 904 (905) für die KG; v. Ditfurth, in: P/W/W, BGB, § 709 Rn. 11. 360 Zur analogen Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB bei der Gesellschaft mit Nachweisen zu kritischen Stimmen sowie einem Vergleich zur Erbengemeinschaft Bengel, ZEV 2002, 484. 361 Auch § 2039 BGB wird unter besonderen Voraussetzungen analog auf die Gesellschaft angewandt, vgl. Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2039 Rn. 2. Zur Auslegung des § 2039 BGB bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft vgl. § 5 A. II. 3. d) bb). 362 Parallelen ergeben sich auch bei der Gewinn- und Verlustteilung (§§ 721 f. BGB) bzw. der Fruchtziehungsbefugnis (§ 2038 Abs. 2 BGB). 363 Vgl. K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 745 Rn. 18.
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Vollmachtserteilung je nach Bedürfnis für die Teilnahme am Rechtsverkehr ausgestaltet werden.364 c) Das Verhältnis von § 2038 zu § 2040 Abs. 1 BGB Gleichwohl wird der Erbengemeinschaft von einigen Stimmen eine gewisse „Schwerfälligkeit“ vorgeworfen, die vom Gesetzgeber in dieser Form durchaus gewollt sei.365 Dieser Einwand geht zurück auf den schon länger geführten Streit um das Verhältnis von § 2038 zu § 2040 Abs. 1 BGB. Fraglich ist dabei konkret, ob Miterben bei Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung, die mit Stimmenmehrheit gem. §§ 2038 Abs. 2, 745 BGB beschlossen werden können, eine dafür im Außenverhältnis erforderliche Verfügung ebenfalls als Mehrheit durchführen können oder ob für solche Fälle nur ein gemeinschaftliches Handeln nach § 2040 Abs. 1 BGB als speziellerer Norm in Betracht kommt.366 Sollte sich § 2040 Abs. 1 BGB als speziellere Norm erweisen, so wären die vorangegangen Ausführungen tatsächlich Makulatur, da unabhängig von der Berechtigung der Verwaltungsmaßnahme bei Verfügungen immer sämtliche Miterben mitwirken müssten. Ein quertreibender Miterbe, der im Innenverhältnis der Stimmenmehrheit unterlegen ist, könnte durch seine Weigerung der Teilnahme an der Verfügung seinen Willen dennoch durchsetzen und müsste erst durch eine Leistungsklage zur Zustimmungserteilung gebracht werden.367 Der Frage nach dem Verhältnis der beiden Normen zueinander ist daher im Folgenden nachzugehen. aa) Beurteilung in Literatur und Rechtsprechung Nach mittlerweile wohl überwiegender Auffassung soll es sich bei § 2040 Abs. 1 BGB um lex generalis zu § 2038 BGB handeln, so dass auch Verfügungen als Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung mit Stimmenmehrheit durchgeführt werden können. Dieses Ergebnis sei vor allem erforderlich, um die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr zu steigern und eine nach der anderen Auffassung auftretende Schwerfälligkeit zu vermeiden.368 Nach anderer 364
Vgl. Fn. 341 in Teil II; Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6). Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 53; 2040 Rn. 3, 5 ff.; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7; vgl. Brox/Walker, Erbrecht, S. 281 Rn. 506; wohl auch Reuter, AcP 207, 673 (716). Einige Stimmen, die für die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft eintreten, nehmen die Schwerfälligkeit der Erbengemeinschaft hin, ohne das Verhältnis von § 2038 BGB zu § 2040 Abs. 1 BGB näher zu untersuchen, Jäkel, S. 45 f. 366 Zum Streitstand ausführlich Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7; Eberl-Borges, NJW 2006, 1313 ff. 367 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2040 Rn. 3; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 16; Ann, S. 379. 368 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2038 Rn. 9 f.; Weidlich, in: Palandt, BGB, § 2038 Rn. 5; Stürner, in: Jauernig, BGB, § 2038 Rn. 1; Ann, in: NAK-BGB, § 2038 Rn. 25; § 2040 Rn. 13; Wolf, in: Soergel, BGB, § 2038 Rn. 5; Kipp/Coing, S. 614; Wellenhofer, JuS 2010, 543 (545); 365
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Auffassung ist § 2040 Abs. 1 BGB gegenüber Verwaltungsmaßnahmen der Mehrheit im Sinne von §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB, deren Umsetzung im Außenverhältnis einer Verfügung bedarf, als lex specialis anzusehen.369 Vorrangig wird argumentiert, die durch die Regelung entstehende Schwerfälligkeit sei durch den Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden, um so eine Herrschaft der Mehrheit der Miterben über die Minderheit zu verhindern.370 Ferner dürfe im Hinblick auf eine etwaige „Schwerfälligkeit“ der Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr nicht von der Rechtsfolgenseite her argumentiert werden, sondern allein durch Gesetzesanwendung.371 Auch spreche die Eigenschaft der Erbengemeinschaft als Sondervermögen dafür, § 2040 Abs. 1 BGB als speziellere Norm zu sehen, denn wenn die Nachlassgegenstände nicht dem Subjekt Erbengemeinschaft gehörten, sondern den Miterben gemeinsam zustehen, dann dürften sie auch nur gemeinsamen verfügen.372 Während der BGH in Anlehnung an die letztgenannte Ansicht lange Zeit vertreten hatte, dass sich § 2038 BGB insgesamt nicht auf Verfügungen beziehe, sondern § 2040 Abs. 1 BGB vielmehr eine entsprechende Sonderregelung darstelle,373 qualifizierte er zunächst abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung im Rahmen zweier Entscheidungen aus den Jahren 2005 und 2006 sowohl die Verfügung über ein Nachlassgrundstück374 als auch die Kündigung eines Pachtvertrages375 als Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinne des § 2038 BGB. Nachdem es in der Entscheidung über die Verfügung über das Nachlassgrundstück allein um die Einordnung als Verwaltungsmaßnahme ging, ließ der BGH in der Entscheidung über die die Kündigung eines Pachtvertrags bereits durchblicken, dass viel für die Auffassung spreche, dass Verfügungen über Nachlassgegenstände wirksam mit Stimmenmehrheit vorgenommen werden können, „wenn dadurch die auf Erhalt des Nachlasses gerichteten Interessen der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden.“376 Die Frage musste aber letztlich nicht entschieden werden, da nach Auslegung durch das Berufungsgericht die Kündigung durch die Erklärung für die „Erbengemeinschaft W“ im Namen aller Erben abgegeben wurde. Ann, ZEV 2010, 36 (39 f.); Eberl-Borges, NJW 2006, 1313 (1314); zurückhaltend Leipold, ZEV 2013, 82 (83 f.). 369 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 11, 13, 53; § 2040 Rn. 3, 5 ff.; Lohmann, in: B/R, BGB, § 2038 Rn. 2, 7; Bayer, in: Erman, BGB, § 2038 Rn. 12; 2040 Rn. 3, 3a; Hoeren, in: NHK-BGB, § 2038 Rn. 5; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 6 f., 40; § 2040 Rn. 18; Bartholomeyczik, in: FS Reinhardt, S. 32 – 33; Jülicher, AcP 175, 143 (149 f.). 370 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7. 371 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7; Müßig, JZ 2011, 481 (483). 372 Müßig, JZ 2011, 481 (483); ähnlich auch Gergen, in: MüKo, BGB, § 2040 Rn. 6a, der auf die Eigenschaft als Liquidationsgemeinschaft verweist. 373 Vgl. nur BGH, Urteil v. 24. 10. 1962 – Az.: V ZR 1/61 = NJW 1963, 244. 374 BGH, Urteil v. 28. 09. 2005 – Az.: IV ZR 82/04 = NJW 2006, 439. 375 BGH, Urteil v. 28. 04. 2006 – Az.: LwZR 10/05 = NJW 2007, 150. 376 BGH, Urteil v. 28. 04. 2006 – Az.: LwZR 10/05 = NJW 2007, 150 (152).
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Entsprechend seinen Erwägungen im Urteil vom 28. 04. 2006 hat der BGH letztlich im Jahre 2009 entschieden und die Kündigung eines Mietvertrages als von §§ 2038 i.V.m. § 745 Abs. 1 BGB umfasste Verfügung im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung qualifiziert.377 Zur Begründung führt der BGH vornehmlich aus, dass es nahe liege, ein Kündigungsrecht der Miterben anzunehmen, wenn es der Mehrheit umgekehrt auch möglich sei, einen solchen Mietvertrag abzuschließen.378 Ferner vermöge das Argument, der gesamthänderischen Verbindung der Miterben sei das Prinzip der Gemeinschaftlichkeit und damit das Erfordernis einstimmigen Handelns inhärent, nicht zu überzeugen, da dieser Grundsatz bereits durch die Verwaltungsregelung in § 2038 BGB mehrfach durchbrochen sei.379 Hinsichtlich der Einziehungen von Mietforderungen durch den Mehrheitsmiterben einer aus zwei Miterben bestehenden Erbengemeinschaft hat der BGH diese Rechtsprechung bestätigt.380 bb) Eigene Beurteilung Nach dem im Rahmen dieser Untersuchung herrschenden Verständnis des Gesamthandsprinzips ist die Entscheidung des BGH im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr freilich zustimmungswürdig, zumal der BGH damit der eigenen Kritik an der nicht handlungsfähigen Erbengemeinschaft die Grundlage entzieht. Auf der anderen Seite lässt sich wohl der der Vorwurf, man habe vorwiegend eine Begründung von der Ergebnisseite her bemüht,381 nicht gänzlich von der Hand weisen. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass man unter Zuhilfenahme der historischen Auslegung, insbesondere mit Blick auf das Allgemeine Landrecht als rechtlichem Vorbild382 der BGB-Erbengemeinschaft, zu einem entsprechenden Ergebnis gelangt, das nicht nur der Forderung nach einer Lösung durch Gesetzesanwendung nachzukommen vermag, sondern auch ohne Ausnahmen und Beschränkungen383 allgemein anwendbar ist. Ausgangspunkt der Erwägungen ist – wie bereits vorweggenommen – die Orientierung der BGB-Erbengemeinschaft an dem gemeinschaftlichen Miteigentum der 377
BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = NJW 2010, 765. BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = NJW 2010, 765 (767 Rn. 27). 379 BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = NJW 2010, 765 (767 Rn. 29). 380 BGH, Urteil v. 19. 09. 2012 – Az.: XII ZR 151/10 = NJW 2013, 166 (167). Grundsätzlich kann eine Forderung gem. § 2039 BGB ohnehin von jedem der Miterben eingezogen werden, jedoch fordert die Vorschrift, dass die Forderung an alle gemeinschaftlich erfolgt. Im entschiedenen Fall sollte die Zahlung jedoch auf ein vom Mehrheitsmiterben errichtetes Konto erfolgen. Da mithin nicht zur Zahlung an alle gemeinschaftlich aufgefordert wurde, kam lediglich ein Vorgehen im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung in Betracht. 381 Müßig, JZ 2011, 481 (483). 382 Siehe dazu bereits § 4. 383 Der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 11. 11. 2009 bspw. ausdrücklich klar, dass er sich „jedenfalls für den Fall der Kündigung eines Mietverhältnisses“ der Ansicht anschließt, die sich gegen den § 2040 BGB als lex specialis ausspricht. 378
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Miterben nach dem Allgemeinen Landrecht. Quasi als Grundnorm bestimmt § 10 ALR I 17 im 1. Abschnitt „vom gemeinschaftlichen Eigenthume überhaupt“, Unterabschnitt: „Rechte der Teilnehmer überhaupt“ folgendes: § 10 ALR I 17 „Kein Teilnehmer kann, ohne Beystimmung der übrigen, über die gemeinschaftliche Sache, deren Besitz oder Nutzung, gültige Verfügungen treffen.“
Dieser Grundsatz gilt durch Verweisung für sämtliche Ausformungen des gemeinschaftlichen Eigentums; gem. § 115 ALR I 17 für die hier interessierende Erbengemeinschaft. Während nun § 10 ALR I 17 grundsätzlich den Fall einer gemeinschaftlichen Beteiligung an bloß einer Sache regelt, gilt für die Erbengemeinschaft, dass durch die Verweisung in § 115 a.a.O. der Nachlass als Vermögensinbegriff, als Ganzes zum gemeinschaftlichen Eigentum erhoben wird, über den in dieser Form auch nur von den Miterben gemeinschaftlich verfügt werden kann. Die Vorschrift statuiert im ALR mithin das Grundprinzip des nicht frei verfügbaren Eigentums am Nachlassinbegriff. Den Regelungsgehalt des § 10 ALR I 17 hat der BGB-Gesetzgeber offenbar mit der Formulierung des § 2040 Abs. 1 BGB im Wesentlichen übernommen, so dass es naheliegend erscheint, in § 2040 Abs. 1 BGB keine Sonderverwaltungsvorschrift für Verwaltungsmaßnahmen, die einer Verfügung bedürfen, zu sehen, sondern analog zu § 10 ALR I 17 lediglich eine Statuierung des Gesamthandprinzips bzw. die Herausstellung des Nachlasses als Sondervermögen. Für diesen Zusammenhang spricht auch die Entwurfsfassung des § 2040 Abs. 1 BGB:384 § e. „Die Erben können über den Nachlaß im Ganzen sowie über einzelne Nachlaßgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen.“
Ferner wird dieses Ergebnis durch eine Betrachtung der gesetzlichen Systematik im ALR gestützt. Während das Grundprinzip des Miteigentums im Unterabschnitt der „Rechte der Teilnehmer Überhaupt“ festgelegt ist, folgt anders als im BGB hier der spezielle Unterabschnitt über die Verwaltung des Miteigentums in den §§ 36 ff. ALR I 17 der allgemeinen Bestimmung des § 10 ALR I 17 nach. Dieser Aufbau lässt hier jedenfalls kein etwaiges Konkurrenzverhältnis der Regelungen zueinander vermuten. Ungeachtet der vorgenannten Argumente fiele die Abwägung jedenfalls nach historischer Wertung zu Lasten der Meinung aus, die sich des Arguments des Minderheitenschutzes bedient,385 denn bereits im Allgemeinen Landrecht ist der
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Vgl. die Ausführungen bei Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III-2, S. 1018 Fn. 69; zur Bedeutung hinsichtlich der Dienstbarmachung des Vermögensinbegriffs im BGB vgl. § 3 B. I. 3. 385 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7 m.w.N.
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Minderheitenschutz zu Gunsten des Mehrheitsprinzips durchbrochen.386 Von Bedeutung ist hier vorrangig § 12 ALR I 17 Wenn es aber auf Verfügungen über die Substanz der gemeinschaftlichen Sache, oder die Art ihrer Verwaltung oder Benutzung ankommt: so entscheidet in der Regel die Mehrheit der Stimmen.
Unter Berücksichtigung der o.g. Besonderheit, dass bei der Erbengemeinschaft sowie den Gesellschaften meist nicht nur eine Sache, sondern mehrere, ein Inbegriff von Aktiva und Passiva, das gemeinschaftliche Vermögen bilden,387 bedeutet die Verfügung über die Substanz der Sache i.S.d. Vorschrift nichts anderes als die Verfügung über einzelne Nachlassgegenstände,388 die mithin ausdrücklich einem Mehrheitsbeschluss unterworfen wird. Damit steht das Allgemeine Landrecht im Einklang mit germanischer Rechtstradition: Grundsätzlich konnte kein Gesamthänder über das Sondervermögen oder auch nur einzelne diesem zugehörige Gegenstände ohne Mitwirkung der anderen verfügen.389 Gleichzeitig wurde dieser Grundsatz durch eine „ursprüngliche Regel des deutschen Rechts“390 eingeschränkt, wonach sich das Erfordernis der Verfügung mit gesamter Hand lediglich auf den Liegenschaftsverkehr als Grundlage der Hausgemeinschaft bezog, während der Fahrnisverkehr davon unberührt blieb und als (Allein-)Verwaltungsmaßnahme zu qualifizieren war.391 Heusler führt zu dieser Besonderheit der Gesamthand treffend aus: „Es ist ja auch von vorneherein nicht möglich, gemeinschaftliches Handeln für jedes Rechtsgeschäft des täglichen Lebens zu fordern.“392 In Ansehung dessen spricht vieles dafür, dass für § 2040 Abs. 1 BGB der Gedanke des Minderheitenschutzes nicht fruchtbar gemacht werden kann. Vielmehr hat sich die Minderheit in diesen Fällen „dem Schlusse der mehreren zu unterwerfen“, § 13 ALR I 17. Der Gedanke des Minderheitenschutzes hat seinen Niederschlag im 386 Vgl. hierzu sowie zu den Erwägungen Svarez’ in dem Entwurf zum ALR Bornemann, Preuß Civilrecht Bd. IV, S. 3 f.; ferner Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. I, S. 532; Förster/ Eccius, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 313; O. Fischer, S. 219; Engelmann, S. 147. 387 Förster/Eccius, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 307. 388 Vgl. Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 473 unter b). 389 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 236. Dies ließe sich dem § 2040 Abs. 1 BGB noch heute entnehmen, wäre die Wendung „über den Nachlass im Ganzen“ nicht gestrichen und in der weiteren Redaktion ,unter die Räder gekommen‘. Vgl. dazu schon § 3 B. I. 3; Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 480 Fn. 13. 390 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 685. 391 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 685; Heusler, Institutionen Bd. I, S. 245. Solche Maßnahmen wurden grundsätzlich im Rahmen der väterlichen Herrschaft über die Familie (Munt) alleine vom Hausvater übernommen; unter in Hausgemeinschaft verbliebenen Geschwistern in den meisten Fällen durch den Erstgeborenen, vgl. Heusler, Institutionen Bd. I, S. 245 ff. 392 Heusler, Institutionen Bd. I, S. 245.
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BGB wie im ALR vielmehr an anderer Stelle gefunden: In der jederzeitigen Möglichkeit, die Aufhebung der Gemeinschaft zu beantragen393 sowie in der freien Veräußerbarkeit des Nachlassanrechts.394, 395 Freilich mag man den Überlegungen entgegenhalten, dass sich durch die Ausgestaltung des BGB in systematischer wie auch in teleologischer Hinsicht Abweichungen zum preußischen Vorbild und bisher prägenden deutschrechtlichen Grundregeln ergeben können. Im Sinne eines abweichend ausgestalteten Minderheitenschutzes finden sich indes keine Erwägungen in den Protokollen.396 Die Notwendigkeit eines gemeinschaftlichen Handelns war wie aufgezeigt schon im ALR durchbrochen397 und ist es wie vom BGH zutreffend festgestellt398 auch im BGB durch § 2038 BGB. Über das Verhältnis zwischen § 2038 und § 2040 BGB schweigt sich der Gesetzgeber ebenfalls aus.399 Ist daher bereits die Forderung nach einem Anwendungsvorrang des § 2040 Abs. 1 BGB vor § 2038 Abs. 1 BGB aus Gründen des Minderheitenschutzes unbegründet, lässt sich dergleichen auch nicht aus dem Wortlaut der Norm oder der Systematik des Gesetzes herleiten. Schon hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen der GbR hat Flume bemerkt, dass das Gesamthandsprinzip dieser nur „übergestülpt“ wurde, ohne es in das Rechtsverhältnis der Gesellschaft einzupassen.400 Auch bei der Erbengemeinschaft war man sich wohl ebenfalls nicht der Konsequenzen und Wirkungen der Durchführung des Prinzips zur gesamten Hand bewusst,401 so dass es im Hinblick auf die Regelungen im BGB lediglich bei einer „Abschlagszahlung“402 geblieben ist, die sich an den wesentlichen Normen des ALR und der Judikatur des Obertribunals orientiert, obwohl sich nicht verleugnen lässt, dass der Gesetzgeber sich gleichzeitig auch von der Gierkschen Gesamthandslehre und dessen Kritik am ersten Entwurf des BGB hat leiten lassen.403 Exemplarisch für diese ,Missstände‘ ist vor allem die fehlende Umsetzung der Beschlüsse, die sich aus den Beratungen der
393 §§ 13, 117, 123 ALR I 17; vgl. dazu O. Fischer, S. 219; Engelmann, S. 147; Förster/ Eccius, Preuß. Privatrecht Bd. III, S. 313. 394 § 60 ALR I 17. 395 Zum Niederschlag im BGB vgl. § 5 A. II. 1. c). 396 Prot. zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 500 – 503. 397 Im Außenverhältnis bzw. gegenüber Dritten hatten die Miteigentümer sogar die Vermutung einer Vollmacht für sich, § 54 ALR I 17. Vgl. dazu O. Fischer, S. 220. 398 BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = BGH NJW 2010, 765 (767 f.). 399 Prot. zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503.; vgl. auch Eberl-Borges, NJW 2006, 1313 (1314). 400 Flume, ZHR 136, 177 (178 f.). 401 Vgl. Flume, ZHR 136, 177 (178). 402 Binder, Rechtsstellung des Erben Bd. III, S. 37; auch Endemann, Bürgerliches Recht Bd. III6, S. 476 Fn. 7 moniert die Unvollkommenheit der Regelungen. 403 Vgl. Protokolle zu §§ 2033 – 2037 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495 sowie bereits § 3 E. I. 3 a.E.; Ascheuer, S. 207.
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zweiten Kommission zu § 2040 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Frage nach der Dienstbarmachung eines Vermögensinbegriffs ergibt.404 Festzuhalten ist somit, dass § 2040 Abs. 1 BGB lediglich das Grundprinzip der gesamthänderischen Bindung und damit die Eigenschaft des Nachlasses als Sondervermögen statuiert. Darüber hinausgehend aber nicht in einem Konkurrenzverhältnis zu den besonderen Regelungen über die Verwaltung in § 2038 BGB steht. Die Einpassung des § 2040 Abs. 1 in das BGB als Ausdruck des Gesamthandsprinzips ist, sofern man daraus folgern wollte, dass sie für Verfügungen der Erbengemeinschaft im Außenverhältnis die speziellere Norm ist, systematisch missglückt. Unter Berücksichtigung der Ausführungen in den Protokollen, die zunächst auf die Verfügungsmöglichkeiten im Rahmen des § 2033 BGB bezugnehmen und sodann ausführen, dass § 2040 Abs. 1 BGB sich an die für die Gemeinschaft gegebene Vorschrift des § 747 S. 2 BGB anschließe,405 ist der Weg für die hier vorzunehmende Einordnung geebnet: Die Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB ist im Grunde genommen nichts anderes als ein falsch platzierter § 2033 Abs. 3 BGB, der die Berechtigung der Miterben in Bezug auf den Nachlass klarstellt,406 der nicht ohne Weiteres durch Verfügungen von Miterben geschmälert407 und zur Befriedigung der Nachlassgläubiger erhalten werden soll. Was den Regelungsgehalt des § 2040 Abs. 1 BGB betrifft, so behält er einen eigenen Anwendungsbereich allenfalls noch für Verfügungen im Außenverhältnis als Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung, die nicht mit Mehrheit der Stimmen getroffen werden können, § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB. Die von Teilen der Literatur dahingehend angebrachte Kritik408 ist derweil unbegründet, da sich § 2040 Abs. 1 BGB durch diese Auslegung in die germanische Rechtstradition dahingehend einfügt, dass ohnehin nur Grundlagengeschäfte wie die Verfügung über Liegenschaften als Grundlage der häuslichen Gemeinschaft mit gesamter Hand erfolgen mussten, während Verfügungen im Sinne von Geschäften des täglichen Lebens auch von Einzelnen oder der Mehrheit durchgeführt werden konnten.409 Dem steht letztlich auch der Wortlaut des § 2040 Abs. 1 BGB nicht entgegen, soweit man die Wendung der „gemeinschaftlichen Verfügung“ im folgenden Sinne versteht: „Die Erben können über einen Nachlassgegenstand nur als Erbenge404
Prot. zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503; dazu bereits § 3 B. I. 3. Protokolle zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503. 406 Seine Regelung in § 2040 BGB ist allenfalls insoweit berechtigt, als sie in Zusammenspiel mit §2040 Abs. 2 BGB ebenfalls den Nachlass als Sondervermögen der Erbengemeinschaft hervorhebt. Gleichwohl wäre es angezeigt gewesen, die Vorschriften unmittelbar im Nachgang zu § 2033 BGB einzufügen. 407 Vgl. BGH, Urteil v. 14. 10. 1968 – Az. III ZR 73/66 = BGH NJW 1969, 92. Zur Einordnung als „Sicherungsmittel“, das durch die Surrogationswirkung in § 2041 BGB ergänzt wird, siehe auch: Ann, S. 115. 408 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2040 Rn. 6a. 409 Vgl. dazu bereits die Fn. 389-392. 405
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meinschaft verfügen.“410 Diese Lesart trägt nicht nur der Besonderheit des Rechtssubjekts der Gesamthand, in dessen Rahmen die Gesamthänder gerade nicht hinter „dem Schleier der juristischen Persönlichkeit“ verschwinden, Rechnung, sondern lässt darüber hinaus die Konkretisierung der Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft im Außenverhältnis durch § 2038 BGB zu: Vertretungsbefugnis des einzelnen Miterben, der Mehrheit oder die ursprünglichste Form des Handels mit gesamter Hand. Analog zu § 747 S. 2 BGB411 statuiert § 2040 Abs. 1 BGB nach hiesigem Verständnis somit letztlich nur eine Selbstverständlichkeit, die aus der Zuständigkeit der Bestandteile des Sondervermögens in Konsequenz des Gesamthandsprinzips folgt: Da dem Miterben die einzelnen Nachlasswerte nicht zugeordnet sind, kann er allein nicht verfügen, sondern nur „gemeinschaftlich“ – als ein Mitglied der zuständigen Erbengemeinschaft nach Maßgabe des § 2038 BGB.412 Der Einordnung als „Anschlussvorschrift“413 zu § 747 S. 2 BGB wird § 2040 Abs. 1 BGB so jedenfalls gerecht. d) Zwischenergebnis – Die Handlungsorganisation der rechtsfähigen Erbengemeinschaft aa) Zusammenfassung Im Anschluss an die bisher gewonnenen Erkenntnisse offenbart auch die nähere Untersuchung der gesetzlich vorgegebenen Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft, dass die Zweifel des BGH ausnahmslos unberechtigt sind.414 Ungeachtet der Tatsache, dass sich der gemeinschaftliche Handlungszweck ohnehin nicht als 410
Einen vergleichbaren Ansatz im Rahmen des ALR hat Plathner, Gruchots Beiträge 22, 583 (588) schon in den Fällen vertreten, in denen Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums ein Vermögensinbegriff war: „Das Recht über die einzelnen Vermögensgegenstände zu verfügen, steht nur der Gesammtheit der Antheilsberechtigten zu, nämlich entweder der als Rechtssubjekt anerkannten Gesammtheit oder den sämmtlichen Antheilsberechtigten gemeinschaftlich.“ Auch nach K. Schmidt, NJW 1985, 2785 (2789) wird bei der unternehmenstragenden Erbengemeinschaft aus § 2040 BGB ein „Verfügungsrecht der Erbengemeinschaft“. Die Wortlautschranke ist bei Berücksichtigung des Gesamthandsprinzips nicht so unüberbrückbar, wie Bork, in: Staudinger Symposion, S. 183 sie darstellt. 411 s. § 3 E. III. 3. b) cc), sowie dort Fn. 528 in Teil II. 412 So auch das Verständnis des Reichsgerichts: RG, Urteil v. 18. 09. 1918 – Az.: V 80/18 = RGZ 93, 292 (294): „Die Bestimmung des § 2040 wurzelt dagegen in der Rechtsnatur der Erbengemeinschaft selbst […] und stellt sich daher gerade als das folgerichtige Ergebnis des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses dar.“ Freilich dürfte das RG zu diesem Ergebnis auf Basis der Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung gar nicht kommen. Denn wenn jeder Miterbe Eigentümer der gesamten Sache ist, wie es diese Lehre behauptet, dann ist § 2040 Abs. 1 BGB nicht „folgerichtiges Ergebnis“ des Gesamthandsverhältnisses, sondern ein Verfügungsverbot! 413 Protokolle zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503. 414 Dies erkennt selbst Marotzke, ZEV 2002, 504, (507) an, der jedenfalls für die Aktivseite „erhebliche Parallelen“ in der Organisationsstruktur sieht, der Anerkennung der Rechtsfähigkeit aber im Übrigen kritisch gegenübersteht.
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Unterscheidungsmerkmal für die Feststellung der Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft eignet, zeigen diverse Beispiele aus der Rechtsprechung, dass auch die Erbengemeinschaft einen gemeinschaftlichen Handlungszweck verfolgen kann, der über die bloße Auseinandersetzung hinausgeht und ihr auch die werbende Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht.415 Für die gesetzlich vorgegebene Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft gilt Entsprechendes. Über § 2038 i.V.m. § 745 BGB kann die Erbengemeinschaft ihre Organisation ebenso modifizieren, wie es die Gesellschafter der GbR durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen können. Ferner räumt sie der Mehrheit und sogar einzelnen Mitgliedern Handlungs- und Vertretungsbefugnis für die Erbengemeinschaft ein, ohne dass es dazu einer expliziten Vereinbarung bedürfte, so dass ihre Organisation schon von Natur aus weniger träge als die der GbR gestaltet ist.416 Der Annahme einer Außenwirkung von Verwaltungsmaßnahmen nach § 2038 BGB steht auch die Regelung des § 2040 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Sie ist unglücklich formuliert und systematisch deplatziert. Die rigorose Durchsetzung des gemeinschaftlichen Handlungserfordernisses entspricht lediglich dem gemeinen Recht und war bereits im für die BGB-Erbengemeinschaft Modell stehenden Allgemeinen Landrecht nicht rezipiert. Vielmehr entsprechen die im ALR getroffenen Regelungen des gemeinschaftlichen Eigentums und die hier vertretene Auffassung germanischer Rechtstradition. Hinweise für einen von einigen Stimmen beschworenen Minderheitenschutz lassen sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen.417 Für eine vorrangige, die Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft lähmende Anwendung des § 2040 Abs. 1 BGB ist mithin kein Raum. In diesem Sinne folgt aus einer entsprechenden Beschlussfassung der Miterben im Rahmen des § 2038 BGB gleichzeitig eine Vertretungsmacht aller Miterben gemeinschaftlich, der Mehrheit bzw. jedes einzelnen Miterben in Fällen des § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB für und gegen die Erbengemeinschaft als solcher.418, 419 Wie auch die Gesellschafter der GbR erscheinen die Miterben mithin als „geborene“420 Organe der Erbengemeinschaft.
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§ 5 A. II. 3. a). § 5 A. II. 3. b). 417 § 5 A. II. 3. c). 418 Hennecke, S. 121 f. 419 Auf dieser Vertretungsmacht beruhende Verfügungen bedürfen darüber hinausgehend bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1365 BGB nicht der Zustimmung des Ehegatten eines Miterben. „Vermögen im Ganzen“ kann allenfalls die für den Miterben nach § 2033 Abs. 1 BGB verfügbare Mitgliedschaft selbst sein. Die Zustimmungspflicht besteht entgegen Thiele, in: Staudinger, BGB, § 1365 Rn. 45 folglich nicht bereits dann, wenn über einzelne – wenn auch wertmäßig überwiegende – Vermögenswerte der Erbengemeinschaft verfügt wird, denn dadurch wird nur das (Sonder)Vermögen der Gemeinschaft betroffen und nicht das des Ehegatten. Für das Verhältnis der Frau zum Miterben-Ehegatten stehen die Vermögenswerte des Sondervermögens insoweit extra commercium. Siehe dazu Fn. 253 f. in Teil II sowie Fn. 51. 420 K. Schmidt, S. 211; Flume, S. 130. 416
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bb) Einfluss auf die Regelungswirkung des § 2039 BGB Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand sowie die Einordnung des § 2038 BGB als eine die Vertretungsmacht betreffende Regelung haben aber auch Einfluss auf die Regelung des § 2039 BGB. Nach herrschender Meinung handelt es sich bei § 2039 BGB um einen Fall gesetzlicher Prozessstandschaft, der dem einzelnen Miterben ein Sonderrecht auf Einziehung von gemeinschaftlichen Forderungen an die Gemeinschaft einräumt.421 Dies birgt jedoch die Gefahr von Entscheidungskollisionen,422 denn wenn nicht alle Miterben, sondern nur einzelne bzw. mehrere Klage auf Leistung erheben, bilden die klagenden Miterben keine notwendige Streitgenossenschaft.423 So hindert bspw. das Unterliegen eines nach § 2039 BGB prozessierenden Miterben die übrigen nicht an einer erneuten Klageerhebung.424 Ist die Erbengemeinschaft rechtsfähig und macht der einzelne Miterbe eine der Erbengemeinschaft zustehende Forderung gem. § 2039 BGB geltend, verbieten sich freilich divergierende Entscheidungen.425 Dem könnte dadurch begegnet werden, ähnlich wie bei den §§ 1422 S. 1, 1429 S. 2 BGB bereits anerkannt,426 eine aus der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft und § 2039 BGB folgende Rechtskrafterstreckung anzunehmen,427 wobei der Miterbe weiterhin als Prozessstandschaftler der Erbengemeinschaft aufträte.428 Gleichwohl scheint es passender, den § 2039 BGB nicht länger als Fall einer gesetzlich geregelten Prozessstandschaft zu sehen, sondern lediglich als lex specialis zu § 2038 BGB dahingehend, dass er dem einzelnen Miterben über die Notgeschäftsführung nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB hinaus eine Alleinvertretungsmacht einräumt, die es ihm erlaubt, gerichtlich wie außergerichtlich Forderungen der Erbengemeinschaft zu ihren Gunsten geltend zu machen.429 421 BGH, Urteil v. 05. 04. 2006 – Az.: IV ZR 139/05 = NJW 2006, 1969 (1970); Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2039 Rn. 17; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2039 Rn. 25; Ann, S. 258; Brox/ Walker, Erbrecht, S. 283 Rn. 510. 422 Vgl. dazu Ann, S. 259; anhand anschaulicher Beispiele zu Recht kritisiert von A. Blomeyer, AcP 159, 385 (388 f., 402 ff.). 423 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2039 Rn. 18; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2039 Rn. 20; Bayer, in: Erman, BGB, § 2039 Rn. 2; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2039 Rn. 25. 424 Wolf, in: Soergel, BGB, § 2039 Rn. 10. 425 Richtig erkannt von Wagner, ZZP 2004, 305 (356). Nicht zugestimmt werden kann hingegen seinem Vorschlag, den § 2039 BGB hinter den Regelungen des § 2038 BGB zurücktreten zu lassen. Anders als bei § 2040 Abs. 1 BGB gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass § 2039 BGB gegenüber § 2038 BGB keine eigene Bedeutung hat. 426 Gottwald, in: MüKo, ZPO, § 325 Rn. 52; Völzmann-Stickelbrock, in: P/G, ZPO, § 325 Rn. 39. 427 Ablehnend Markoulakis, S. 106, der jedoch freilich die „traditionelle Lehre“ von der Gesamthand zugrunde legt. 428 Vgl. dazu Grunewald, AcP 197, 305 (307); 429 So schon Ann, S. 413 f. Dies führt freilich dazu, dass es nicht mehr ausreicht, dass der einzelne Miterbe die Prozessvoraussetzungen erfüllt, vgl. dazu im Allgemeinen Markoulakis, S. 72. Diese muss vielmehr die Erbengemeinschaft selbst erfüllen, was – wie gesehen – der Fall ist. Die Klage ist in Anlehnung an die Ergebnisse zur Prozessbeteiligung der Erbengemein-
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4. Ergebnis Vergegenwärtigt man sich abschließend noch einmal die Aussage des BGH, „dass die Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und auch sonst nicht rechtsfähig ist“,430 so erscheint diese in Ansehung der vorangegangenen Ausführungen lediglich als hohle Phrase, denn keine einzige der vom BGH angebrachten Argumente vermag auch nur ansatzweise als taugliches Abgrenzungskriterium zu dienen. So hat sich gezeigt, dass die von Teilen der Literatur behaupteten Ambivalenzen in der Genossenschaftstheorie wie in der Gruppenlehre nicht bestehen und dass der Entstehungsgrund der Gemeinschaft u. a. Einfluss auf die Befugnisse der Gesamthänder und deren Haftung hat, nicht aber auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft. Ein Vergleich mit den juristischen Personen hat ferner gezeigt, dass sowohl das Merkmal der Dauer als auch der Ausrichtung auf Auseinandersetzung – abgesehen von der Tatsache, dass das Bild der kurzlebigen Erbengemeinschaften den Begebenheiten zum Ende des 19. Jahrhunderts entsprochen haben mag,431 den hier beigebrachten Beispielen zu Folge aber mittlerweile ins Gegenteil verkehrt ist – keinen Schluss auf die Rechtsfähigkeit einer Personenverbindung zulässt. Letztlich hat gar die genauere Gegenüberstellung der Binnenstruktur insbesondere mit Blick auf die Ausgestaltung der Handlungsorganisation unter Außerachtlassung möglicher Modifikationen gezeigt, dass es tatsächlich die GbR ist, die mit einer gewissen „Trägheit“ im Rechtsverkehr leben muss, während sich bei der Erbengemeinschaft ein abgestuftes System von Gesamt, – Mehrheits- und Einzelvertretungsbefugnis zeigt. Die Auseinandersetzung mit den Argumenten des BGH bestätigt die bereits im II. Teil der Untersuchung in Anlehnung an Weber-Grellet432 getroffene Feststellung, dass prägendes Merkmal der Gesamthand allein die Zuweisung eines Sondervermögens an eine personenrechtlich verbundene Mehrheit von Rechtssubjekten ist.433
schaft [vgl. § 5 A. I. 3)] wie folgt zu erheben: „Erbengemeinschaft (nach Erblasser XY) bestehend aus den Miterben 1, Miterben 2, Miterben 3, gesetzlich vertreten durch den Miterben 1. 430 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389 (3390); zustimmend Marotzke, ZEV 2002, 504; Zwißler, ZErb 2002, 355. 431 Ann, MittBayNot 2003, 193 (195). 432 Weber-Grellet, AcP 182, 316 (324 f.); vgl. dazu bereits Fn. 340 in Teil II. 433 Vgl. Wilhelm, S. 91 Rn. 175; § 3 F a.E. Bork, in: Staudinger Symposion, S 185 f. Reuter; AcP 207, 673 (686) meint, dass sich alleine das Abstellen auf das Vorhandensein eines Sondervermögens als Kriterium nicht eigne, da die eigentliche Frage darin liege, festzustellen, ob die Gruppe Eigentümerin sei oder die gesamthänderisch verbundenen Mitglieder der Gesamthand. Diese Unterscheidung ist nach der Zielsetzung dieser Untersuchung freilich obsolet, da die Rechtsfähigkeit einer jeden(!) Gesamthand notwendigerweise aus der besonderen Zuständigkeitsform folgt, die sich – wie in Teil II gesehen – auf andere Weise nicht erklären lässt. Zur Behandlung der Innengesellschaft Flume, ZHR 136, 177 (179 ff.).
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III. Zu den Auswirkungen der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Erbengemeinschaft Neben der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR hat noch ein weiterer „Paukenschlag“ aus Karlsruhe Bedeutung für die Rechtfertigung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft; gemeint ist der im Vergleich zur Frage der Rechtsfähigkeit von Gesamthandsgemeinschaften nicht minder umstrittene434 Fall der Rechtsfähigkeit der WEG, welche der BGH mit Beschluss vom 02. 06. 2005435 für rechtsfähig erklärt hat. Die durchaus umfangreiche Entscheidung bietet sicherlich eine ausreichende Grundlage, um sie einer im Vergleich zur Entscheidung der Rechtsfähigkeit der GbR von 2001 nicht minder umfassenden Untersuchung zu unterziehen. Gleichwohl genügt hier eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen im Überblick, da diese, wie sich im Folgenden zeigen wird, auf bereits bekannten Argumenten fußen. 1. Entscheidung des BGH vom 02. 06. 2005 Neben der Auseinandersetzung des Beschlusses mit dem Wortlaut und der Systematik des Wohnungseigentümergesetzes, die hier außer Betracht bleiben können, ist die Hervorhebung der organisatorischen Struktur als Argument für die Rechtsfähigkeit der WEG von gesteigertem Interesse. So sieht der BGH in der durch § 25 Abs. 1 WEG eingeräumten Möglichkeit der Wohnungseigentümerversammlung, Geschäfte der laufenden Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden, als ein „typisches Merkmal rechtsfähiger“ Verbände an.436 Ein Strukturmerkmal, das freilich auch der Erbengemeinschaft im Rahmen der Entscheidung über Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung zu eigen ist und dieser – wie aufgezeigt – im Rechtsverkehr gar ein flexibleres Auftreten ermöglicht als der GbR.437 Auch das im Hinblick auf die Separierung zwischen Miteigentümervermögen und WEG-Vermögen erneut bediente Argument, dass eine Schuld immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen könne,438 ist bereits aus der Entscheidung vom 29. 01. 2001 bekannt und lässt sich gleichsam auf die Problematik der Verpflichtung des Nachlasses durch mit Miterben übertragen.439 Nichts anderes gilt, soweit der BGH durch den Beschluss ebenfalls der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR unter 434
Vgl. nur Bork, ZIP 2005, 1205. BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061. 436 BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2063). Dahingehend hat bereits Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. I, S. 533 für das gemeinschaftliche Eigentum im ALR ausgeführt, dass „sich das Verhältnis […] dem der juristischen Person in einiger Hinsicht [annähere]“, wenngleich er in der Folge klarstellt, dass daraus keine Identifizierung erfolge. 437 s. § 5 A. II. 3. b). 438 BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2064). 439 s. § 5 A. I. 2. b). 435
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Bezugnahme auf die Probleme bei der Haftungsverfassung440 und der Handhabung von Wechseln im Mitgliederbestand441 Rechnung tragen will.442 Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass der BGH im Rahmen der Frage nach der Vergleichbarkeit der WEG mit der GbR neben dem ohnehin schon ausgeschalteten Argument der Handlungsorganisation auch den übrigen Argumenten, die der 12. Senat im Jahre 2002 gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft vorgebracht hat, den Boden entzieht.443 Insoweit führt er in seiner Entscheidung zur WEG aus, dass hier der „individuelle Zweck der Wohnungsnutzung im Vordergrund stehe“ und die Einbindung des Einzelnen Miteigentümers in den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft hier als „notweniges Übel“444 hingenommen werden müsse; die Beziehungen im Innenverhältnis der WEG beruhten damit im Regelfall nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung wie bei den Gesellschaftern der GbR.445 Diese Punkte dienen dem BGH hier lediglich als Abgrenzungskriterium von der WEG von der Gesellschaft ohne dass das Fehlen eines Gemeinsamen Zwecks oder einer freiwilligen (Vertrags-)Grundlage für die persönliche Verbindung der Miteigentümer von Einfluss auf die Qualität als Rechtssubjekt wäre. Die unter II gewonnenen Erkenntnisse werden damit vollumfänglich bestätigt. 2. Keine Übertragung der Entscheidung auf die Erbengemeinschaft Ob es zur Verdauung der Entscheidung des BGH zur Rechtsfähigkeit der WEG tatsächlich eines Schnapses bedarf,446 soll der Beurteilung solcher Untersuchungen vorbehalten bleiben, die sich vorrangig mit der Rechtsfähigkeit der WEG beschäftigen; nach der Lektüre des Beschlusses des 8. Zivilsenats vom 17. 10. 2006 bedarf es diesem gewiss. So findet sich in der Entscheidung bloß der gleichsam pauschale wie unberechtigte Verweis darauf, dass die Rechtsstellung der Erbengemeinschaft nicht mit jener der WEG vergleichbar sei, da sie zur Teilnahme am Rechtsverkehr weder bestimmt noch geeignet sei.447 Schwerer wiegt aber die Tatsache, dass der BGH die berechtigten Einwendungen der Literatur hinsichtlich der Untauglichkeit der bisher angelegten Unterscheidungskriterien schlichtweg ignoriert und keiner Auseinandersetzung würdigt. Überhaupt geht der Beschluss nur in insoweit über die Entscheidung des 12. Senats vom 11. 09. 2002 hinaus, wie er konstatiert, dass die Erbengemeinschaft über keine eigenen Organe verfüge, durch die sie im Rechtsverkehr handeln könnte. 440 441 442 443 444 445 446 447
s. § 5 A. I. 2. a). s. § 5 A. I. 2. c). BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2066). Vgl. Reuter; AcP 207, 673 (676 f.). Raiser, ZWE 2001, 173 (174). BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2066). So Bork, ZIP 2005, 1205. BGH, Beschl. v. 17. 10. 2006 – Az.: VIII ZB 94/05 = NJW 2006, 3715 (3716).
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In diesem Zusammenhang wird man wohl berechtigterweise hinterfragen dürfen, wie es sein kann, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft als Sonderform des Miteigentums an einer bestimmten Immobilie für die Teilnahme am Rechtsverkehr besser geeignet sein soll, als Erbengemeinschaften, die ihnen gehörende Immobilien an Dritte vermieten448 und damit ebenfalls am Rechtsverkehr teilnehmen kann? Daran, dass die Erbengemeinschaft dem Gesetz nach keine Eigentümerversammlung, keinen Verwalter und auch keinen Verwaltungsbeirat hat,449 wird man dies jedenfalls nicht festmachen können, denn dies liegt freilich in der Natur der Sache: Während der Tätigkeitsbereich der WEG auf die Verwaltung einer bestimmten gemeinschaftlichen Immobilie gerichtet ist, muss die Binnenstruktur der Erbengemeinschaft die bloße gemeinschaftliche Verwaltung von nachlassbezogenen Schriftstücken (§ 2047 Abs. 2 BGB) über die Vermietung und Verpachtung einer gemeinschaftlichen Immobilie bis hin zur Verwaltung von Millionenvermögen und Handelsgeschäften zu erfassen geeignet sein.450 Dass die Erbengemeinschaft von vorneherein nicht mit einer der WEG vergleichbaren typisierten Handlungs- und Vertretungsstruktur ausgestattet ist, ist mithin eine Selbstverständlichkeit.451 Weder für die Abgrenzung der rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaft von den juristischen Personen noch für die Rechtsfähigkeit an sich452 ist das Vorhandensein einer typisierten Organisationsstruktur ein taugliches Kriterium. Das „elastische“ Gesamthandsprinzip zeigt daher insbesondere bei der Erbengemeinschaft, dass es der „ungleichartigsten Verwendung und der ungleichartigsten Durchführung fähig [ist]“,453 indem es im Rahmen der §§ 2038, 745 BGB nicht nur Mehrheitsentscheidungen gesetzlich festschreibt, die die Erbengemeinschaft in die Nähe einer juristischen Person rücken,454 sondern gleichzeitig eine an den Gegenstand des
448 So auch in der Entscheidung vom 17. 10. 2006. Vgl. im Übrigen die Nachweise unter § 5 A. II. 2. a). 449 BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2063). 450 Vgl. § 3 E. II. 2, insbes. Fn. 345 in Teil II. Zu den „mannichfaltigen Abstufung, die die Gesamthand zu erfassen geeignet ist, vgl. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 339; Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. II, S. 925, 938. Zutreffend stellt Eberl-Borges, NJW 2006, 1313 (1314) daher fest, dass die Rechtsform der Erbengemeinschaft zur Teilnahme am Rechtsverkehr so ungeeignet nicht sein kann, wenn ihr sogar die herrschende Meinung die Fähigkeit zugesteht, Betriebe als unternehmenstragende Erbengemeinschaft fortzuführen. 451 Falsch ist es daher, wenn John, S. 180 f. schreibt: „Einer typisierten und damit von der Handlungsbefugnis unabhängigen Handlungsmöglichkeit bedarf die Erbengemeinschaft nicht, weil sie nicht dazu bestimmt ist, werbend im Rechtsverkehr aufzutreten.“ Richtig müsste es heißen: Eine typisierte Handlungsorganisation ist bei der Erbengemeinschaft unzweckmäßig, denn sie ist nicht ausschließlich dazu bestimmt, am Rechtsverkehr teilzunehmen. 452 Vgl. § 5 A. II. 3. 453 Gierke, Dt. Privatrecht Bd. III, S. 834; Gierke, Dt. Privatrecht Bd. I, S. 669; Gierke, ArchBürgR 19, 114 (118). 454 Vgl. BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2063); vgl. auch Dernburg, Preuß. Privatrecht Bd. I, S. 533.
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Nachlasses angepasste, flexible Ausgestaltung der Verwaltungsregelung ermöglicht.455 Auch die Ausgestaltung des Haftungsverbandes, der im Rahmen des Beschlusses vom 02. 06. 2005 ebenfalls in den Mittelpunkt rückt, macht die Erbengemeinschaft nicht zu einer weniger geeigneten Eigentümergemeinschaft an einer Immobilie als es die WEG ist. Galt bis zur Entscheidung des BGH vom 02. 06. 2005 eine gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer für die Gemeinschaftsschulden456 hatte dieser keine Bedenken, mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der WEG die Haftung gegenüber den Gläubigern auf das Verwaltungsvermögen der WEG zu beschränken und eine persönliche Haftung der Wohnungseigentümer nur für den Fall der ausdrücklichen persönlichen Verpflichtung anzunehmen.457 In dieser Konstellation standen die Gläubiger der WEG aber erheblich schlechter, als es gegenüber einer Erbengemeinschaft der Fall gewesen wäre. Während die Gläubiger hier auch auf die Immobilie zugreifen können, die sich im Eigentum der Erbengemeinschaft befindet, war ihnen dies bei der WEG mit der Entscheidung des BGH nunmehr ausdrücklich versagt, da das Sonder- und Gemeinschaftseigentum ausschließlich in den Händen der Miteigentümer verblieb und schon allein deswegen nicht als Haftungsmasse für die Verbindlichkeiten der WEG zur Verfügung stand.458 Erst ein Eingreifen des Gesetzgebers hat diese Rechtsfortbildung mit der Anordnung einer Haftung der Miteigentümer in der Höhe ihrer Anteile (§ 10 Abs. 8 WEG) teilweise wieder rückgängig gemacht.459
B. Zusammenfassung Am Ende der Auseinandersetzung mit der aktuelleren Rechtsprechung des BGH zur Rechtsfähigkeit von Personengemeinschaften und der Erbengemeinschaft insbesondere steht die Erkenntnis, dass die Erbengemeinschaft nicht nur unter Berücksichtigung der Herleitung des Ergebnisses in Teil II der Untersuchung als rechtsfähig anzusehen ist, sondern auch, wenn man die Gemeinschaft an dem Maßstab misst, den der BGH in den hier benannten Entscheidungen für die Rechtsfähigkeit von Personenverbänden angelegt hat. So hat die Untersuchung der verschiedenen Entscheidungen gezeigt, dass sich die für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR bemühten Argumente weitestgehend auf die Erbengemeinschaft übertragen lassen, wobei hier insbesondere auf verfahrensrechtlicher Ebene Modifikationen vorzunehmen waren, um die insoweit contra legem vorgenommene Rechtsfortbildung des Gesamthandsprinzips durch den BGH einzudäm455 456 457 458 459
Vgl. K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 745 Rn. 18, insbes. Fn. 341 in Teil II. Vgl. statt vieler Klein, in: Bärmann, WEG, § 10 Rn. 298 f. BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2066 ff.). BGH, Beschl. v. 02. 06. 2005 – Az.: V ZB 32/05 = NJW 2005, 2061 (2068). Vgl. Klein, in: Bärmann, WEG, § 10 Rn. 300 ff.
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men.460 Darüber hinaus konnte aufgezeigt werden, dass weder das Urteil des 12. Senats vom 11. 09. 2002 noch der Beschluss des 8. Senats vom 17. 10. 2006 der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft im Wege stehen. Im Mittelpunkt steht in diesem Zusammenhang vor allem, dass sowohl der Entstehungsgrund als auch Zweckrichtung und Dauer einer Gemeinschaft keinerlei Einfluss auf deren Rechtsfähigkeit haben. Gegenüberstellungen der Erbengemeinschaft mit der GbR und der WEG haben letztlich auch gezeigt, dass es die Flexibilität der Binnenstruktur der Erbengemeinschaft in den Grundformen wie auch auf Basis einer abweichenden Bestimmung der §§ 2038, 745 BGB ohne weiteres ermöglicht, die Tätigkeitsbereiche einer GbR oder einer WEG abzudecken. Obgleich sich die vom BGH angelegten Kriterien offensichtlich als bar jeder Grundlage erwiesen haben, ist eine Rechtsprechungsänderung so lange nicht zu erwarten, wie sich der BGH hinsichtlich der Frage nach der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft in höchst bedenklicher Weise einer Auseinandersetzung mit den kritischen Stimmen in der Literatur entzieht.
§ 6 Die Teilnahme der Erbengemeinschaft am Rechtsverkehr – Eine Auswahl relevanter Problembereiche Nun, da sich im Rahmen des § 5 wohl zu Genüge gezeigt hat, dass der BGH für die Beurteilung der Frage nach der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nur in äußerst geringem Umfang Erwägungen angestellt hat, soll im Rahmen dieses letzten Untersuchungsabschnitts noch auf einige besondere Problemkreise eingegangen werden, die von der Literatur über die Argumentation des BGH hinaus in die Diskussion eingeführt worden sind. Gleichzeitig bietet sich die Gelegenheit, das in Teil II abstrakt entwickelte und im Rahmen von § 5 bereits teilweise auf die Erbengemeinschaft konkret übertragene Gesamthandsprinzip anhand ausgewählter Beispiele461 weiter auszuführen, um damit das Bild von der Teilnahme der rechtsfähigen Erbengemeinschaft am Rechtsverkehr abzurunden.
460
Vgl. § 5 A. I. 3. b) bb). Außer Betracht bleiben müssen auf Grund des beschränkten Umfangs der Untersuchung u. a. die Auswirkungen der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft auf das Insolvenzrecht, (vgl. Marotzke, ZEV 2002, 504 ff.) sowie die Überschneidungen mit dem Gesellschaftsrecht durch die Fortführung eines Einzelhandelsgewerbes (Hohensee [passim]; Strothmann, ZIP 1985, 969; K. Schmidt, NJW 1985, 2785; Wolf, AcP 181, 480) und der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft (Jäkel, S. 81 ff.). 461
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A. Die Erbengemeinschaft gemessen an den Kriterien der „organisierten Rechtsperson“ Einleitend soll zunächst eine Auseinandersetzung mit den Strukturelementen vorgenommen werden, mit deren Hilfe John die juristischen Personen analysiert hat; Handlungsorganisation, Haftungsverband und Identitätsausstattung durch Namen und Sitz.462 Diese von John herausgestellten Strukturelemente sind in der Diskussion um die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft auf Basis der Gruppenlehre von Gegnern463 wie auch von Befürwortern464 zur Untermauerung der eigenen Position herangezogen worden, so dass eine Auseinandersetzung allein aus diesem Grunde hier nicht gänzlich unterbleiben kann. Gleichwohl scheint die Eignung des John’schen Ansatzes zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand und der Erbengemeinschaft insbesondere äußerst zweifelhaft, betrachtet er das Problem der Gesamthand doch als „unlösbar, solange man das Phänomen der Personifikation von der Zuordnung subjektiver Rechte her versteht“, d. h. solange man sich nicht entschließt, die Rechtsfähigkeit von vorneherein in ihre einzelnen Funktionen aufzulösen.“465 Überhaupt fragt sich in Ansehung dessen, was eine Theorie, die von logisch und rechtlich kaum fassbaren „Gradabstufungen der Rechtspersönlichkeit“ je nach Übereinstimmung mit den bedienten Strukturelementen spricht,466 für die Klärung der Frage nach der Rechtsfähigkeit von Rechtsgemeinschaften zu leisten vermag. Indes bedarf es hinsichtlich dieser Frage letztlich keiner Auseinandersetzung, denn die von John aufgestellten Hürden meistert die Erbengemeinschaft entweder ohne Probleme oder sie sind – im Falle von Name und Sitz – für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit gewiss nicht prägendes Merkmal. I. Handlungsorganisation Die bisherige Untersuchung macht eine umfangreiche Würdigung der Auffassung Johns zur Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft derweil überflüssig. Bereits unter Berücksichtigung der aktuelleren BGH-Rechtsprechung467 sind seine Ausführungen insoweit überkommen, als er davon ausgeht, dass für das Auftreten nach außen stets die Gesamtheit der Mitglieder der Erbengemeinschaft zuständig sei, 462
John, S. 72 ff. Ulmer, AcP 198, 113 (126). 464 Jäkel, S. 73 ff.; Ann, S. 404 ff. 465 John, S. 222. Diesen (untauglichen) Schritt ging Engländer auch in der Gesamthandslehre, um die Zuständigkeit der Gesamthänder zum gemeinschaftlichen Recht zu erklären. Dabei wurde zwar nicht die Rechtsfähigkeit in ihre Bestandteile aufgelöst, sondern das subjektive Recht in seine Befugnisse aufgeteilt. Vgl. zur Kritik § 2 B. II. 4. e); § 3 C. I sowie Fabricius, S. 128. Wie auch bei der Gesamthandslehre insbesondere durch Engländer damit die Frage übergangen werden konnte, wem das subjektive Recht letztlich zusteht, ist dies durch den Ansatz Johns ebenfalls der Fall; trefflich bemerkt von Eberl-Borges, S. 11. 466 John, S. 91, 94. 467 Dazu bereits § 5 A. II. 3. c) aa). 463
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woraus eine gewisse Schwerfälligkeit folge.468 Gemäß der hier vertretenen Auffassung stellt sich das Regel- Ausnahmeverhältnis hinsichtlich der Vertretung im Außenverhältnis nach historischer Auslegung umgekehrt dar: Es entspricht vielmehr der Regel, dass dem einzelnen Miterben oder der Mehrheit der Miterben eine unmittelbar aus § 2039 bzw. § 2038 BGB folgende Vertretungsmacht zusteht und lediglich in Ausnahmefällen der außerordentlichen Verwaltung ein Handeln mit gesamter Hand erforderlich ist.469 Einer (umfangreichen und dauerhaften) werbenden Teilnahme der Erbengemeinschaft am Rechtsverkehr steht die Handlungsorganisation jedenfalls nicht entgegen. Dies ist auch den Stimmen entgegen zu halten, die die Betonung der Individualrechte der Miterben anführen, um ihr die Verbandsqualität abzusprechen und sie so zu einem schlichten Sondervermögen zu degradieren.470 Während zur Bedeutung des Verfügungsrechts des Miterben über die Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft nach § 2033 Abs. 1 BGB als Individualrecht in Beziehung zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft bereits Stellung bezogen wurde,471 gilt es hier noch – unter Außenvorlassung der Tatsache, dass eine andere Auffassung vor den in Teil II gefundenen Ergebnissen ohnehin keinen Bestand haben kann – mit der Fehlvorstellung aufzuräumen, die Verweisungen der Vorschriften der Erbengemeinschaft auf das Recht der Gemeinschaft nach Bruchteilen stempele sie zu einer bloßen Vermögensgemeinschaft. „Nicht von ungefähr“, so heißt es bei Karsten Schmidt, „verweisen die §§ 2038 Abs. 2, 2042 Abs. 2, 2044 Abs. 1 BGB auf das Recht der Bruchteilsgemeinschaft, nicht der Gesellschaft“472 und selbst Kattausch – wie aufgezeigt wurde, ebenfalls Verfechter der Rechtsfähigkeit der Gesamthand als Rechtsprinzip – stellt im Rahmen der Untersuchung der Erbengemeinschaft fest, „daß die Stellung des Miterben der des Miteigentümers sich stark nähert. Wie dieser hat er ein selbstständiges Gebrauchs- und Besitzrecht. Seine Stellung zur Verwaltung der Sache lässt sich ebenso erklären wie die des Miteigentümers.“473 Einmal auf das abwegige Gleis, die Rechtsfähigkeit der Gesamthand anhand der Individualbefugnisse der Mitglieder am Vermögen zu deduzieren,474 gelangt, kommt er lediglich über die falsche Schluss-
468
John, S. 179. Vgl. dazu Gergen, in: MüKo, BGB, § 2038 Rn. 53; § 2040 Rn. 3, 5 ff.; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2038 Rn. 7. Dies behaupten selbst Stimmen, die für eine Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft eintreten: Jäkel, S. 45 f., 73 f.; Eberl-Borges, LMK 2003, 5 (6). 469 s. § 5 A. II. 3. c) bb) sowie § 5 A. II. 3. d) bb). 470 K. Schmidt, AcP 205, 305 (330); Habersack, JuS 1990, 179 (181 f. Fn. 41). 471 Dazu § 5 A. II. 1. c). 472 K. Schmidt, AcP 205, 305 (330). 473 Kattausch, S. 56. 474 So stellt er bei der GbR das Fehlen sämtlicher persönlicher Rechte an dem Sondervermögen heraus, Kattausch, S. 48 ff. Dies ist dann inkonsequent, wenn man – wie hier – die Gesamthand bereits mit Blick auf die Problematik der Zuständigkeit zu einem subjektiven
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folgerung, dass ohne eine Rechtssubjektivität der Gesamthand der Ausschluss der Verfügung und Geltendmachung von Teilrechten nicht zu erklären sei, zur Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft. Nun ließen sich bspw. die Verweise auf die Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich der Auseinandersetzungsregelungen der Erbengemeinschaft in den §§ 2042 Abs. 2, 2044 Abs. 1 BGB bereits mit dem Hinweis darauf erklären, dass die BGB-Erbengemeinschaft nach dem Vorbild der preußischen „Erbengemeinschaft“ ausgestaltet ist, die wiederum selbst nur eine Sonderform gemeinschaftlichen Eigentums darstellte, so dass die Verweisungen in sachlicher Hinsicht lediglich als Überbleibsel der landrechtlichen Verwandtschaft der beiden Institute anzusehen sind; gleichwohl lassen sich die Einwände auch auf anderem Wege ausräumen. Dass die Erbengemeinschaft auch Regelungen hinsichtlich der Nutzung des Nachlasses für eigene Zwecke enthält, ist wohl unzweifelhaft darauf zurückzuführen, dass der Nachlass oder Teile desselben, nicht selten die Lebensgrundlage der Familie bedeuteten und auch nach dem Erbfall und der damit einhergehenden Vermögenszuordnung Regelungen für die auch bisher zu eigenen Zwecken genutzten Vermögensgegenstände wie Familienheim, Haushaltsgegenstände etc. getroffen werden müssen. Es ist ebenso unbestreitbar, dass die Interessenlage der Miterben sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von der mehrerer Miteigentümer an einer gemeinschaftlichen Sache im Sinne der §§ 741 ff. BGB unterscheidet. Aber aus dieser natürlichen Begebenheit allein lässt sich nicht notwendigerweise der Ausschluss einer überindividuellen Verbindung mit Rechtssubjektivität folgern, denn eine Aussage darüber, ob eine organisatorische Verbindung vorliegt, die der Gemeinschaft Rechtsfähigkeit verleiht, ist damit noch nicht getroffen.475 Man hat hierin lediglich einen Ausdruck der Elastizität des Gesamthandsprinzips zu sehen.476 ,Überschneidungen‘ zwischen den beiden Gemeinschaften sind nicht etwa Zeichen für „ein Minus an gesamter Hand“ bei der Erbengemeinschaft,477 sondern vielmehr für ein Minus an einfachem Miteigentum und ein Plus von Gesamthand bei der Bruchteilsgemeinschaft, die sich letztlich jedoch in der unmittelbaren Teilhabe an einem gemeinschaftlichen Recht erschöpft und über kein von Recht zu einem Rechtssubjekt erhebt. Die Individualrechte werden damit, so ausgeprägt sie auch seien mögen, zu mitgliedschaftlichen Ansprüchen. 475 Daher wird man sich kaum darauf zurückziehen können, dass die Erbengemeinschaft nicht auf das Recht der GbR verweist. Sie enthält derlei Regelungen nicht, da sie den natürlichen Lebensumständen insofern nicht Rechnung zu tragen hat. Die Gesellschafter sind nicht gezwungen, Sacheinlagen in Form von Gegenständen zu erbringen, die sie weiterhin auch für private Zwecke benötigen. Selbst wenn sie dies tun und im Gesellschaftsvertrag bspw. die weiterhin mögliche Nutzung eines der Gesellschaft überlassenen Lieferwagens für private Zwecke vereinbaren, macht dies die GbR nicht zu einer bloßen Vermögensgemeinschaft, sondern schafft – wie bei der Erbengemeinschaft – lediglich ein mitgliedschaftlichen Nutzungsrecht. 476 Vgl. § 3 E. I. 2. 477 Weber-Grellet, AcP 182, 316 (325).
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den Vermögen der Mitglieder gesondertes Sondervermögen verfügt.478 Eine Verifikation dieser Auffassung findet sich in dem alten deutschen Sprichwort „Mutschierung bricht nicht gesamte Hand“.479 Denn wo schon die tatsächliche Nutzteilung eine gesamthänderische Bindung nicht brechen konnte, da können erst Recht vereinzelte mitgliedschaftliche Nutzungsrechte an Gegenständen des Sondervermögens, die in keiner Form mit irgendeiner Teilung einhergehen, die Gesamthand bzw. die Erbengemeinschaft derart in die Nähe der Bruchteilsgemeinschaft rücken, dass man ihr dadurch die Rechtssubjektivität abzusprechen hätte. II. Identitätsausstattung Nicht zu überzeugen vermag ferner der Einwand, die Erbengemeinschaft habe weder Namen noch einen Sitz.480 Freilich kann auch die Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr unter einem Gesamtnamen auftreten, wenn auch nicht im Prozess unter diesem Gesamtnamen klagen und verklagt werden, und – soweit man unter „Sitz“ mit John den Ort verstehen will, an dem die Verwaltung geführt wird –481 auch einen Verwaltungssitz haben.482 Überhaupt stellt sich bereits die Frage, aus welchem Grund eine Erbengemeinschaft als Gruppe, die unter Nennung der Namen (!) des Erblassers sowie der berufenen Miterben auftritt, die Rechtsfähigkeit versagt werden sollte, wenn die einzelnen unter ihrem Namen ebenfalls Rechte erwerben können? Dass dies nicht ausreichen soll, muss insbesondere bei der Erbengemeinschaft als der den ursprünglichen germanischen Hausgemeinschaften nahestehendsten Form der Gesamthand verwundern: Im Regelfall vereint diese nämlich die näheren Angehörigen des Erblassers in sich, so dass allein aufgrund der historischen Bedeutung der Familienbande im germanischen Recht – insbesondere dem Erbrecht –483 und mithin 478
b). 479
Zu den Elementen der Gesamthand bei der Bruchteilsgemeinschaft bereits § 3 E. III. 3.
Schmidt, S. 190 f. John, S. 183 f. 481 John, S. 244. 482 Man denke nur an die im Laufe der Untersuchung mehrfach in Bezug genommenen Erbengemeinschaften mit vermieteten oder verpachteten Immobilien. Hier werden die Mieter wohl im Regelfall einen hauptsächlich mit der Verwaltung betrauten Miterben als Ansprechpartner haben, der gleichzeitig den Sitz der Verwaltung begründet. Jedenfalls der pauschale Verweis „auf eine typischerweise vertragliche Fixierung“ bei der GbR [Ulmer, AcP 198, 113 (128)] vermag hier nicht zu überzeugen. Zum einen wird ein gemeinschaftlicher Verwaltungssitz bei der GbR aufgrund der geringen Anforderungen an den gemeinsamen Zweck in vielen Fällen sicher nicht leichter auszumachen sein, da gewiss nicht jede GbR eigene Geschäftsräume hat (Prütting, in: FS Wiedemann, S. 1185) und ferner kann die Erbengemeinschaft gemäß dem soeben genannten Beispiel ebenfalls im Rahmen eines Verwaltungsbeschlusses einen Sitz festlegen. Vgl. hierzu Reuter; AcP 207, 673 (685), der als „Sitz“ die Adresse des geschäftsführenden Gesellschafters ausreichen lässt. 483 Beseler, Vergabungen Bd. I, S. 48. Angesichts dieser engen Verbindung war es lange Zeit umstritten, ob „die Familie“ nicht gar den juristischen Personen zuzuordnen sei, ihr jedenfalls aber ein eigenes Eigentum am Familienbesitz im Sinne des ursprünglichen Gesamt480
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auch des Familiennamens eine ausreichende Grundlage für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit nach diesem Maßstab gegeben sein sollte. Verwunderung erzeugt auch der von Ulmer beschworene Mythos, dass die Erben typischerweise ohnehin im eigenen Namen und nicht für die Erbengemeinschaft aufträten.484 Bestes Beispiel dafür, dass für gewöhnlich das Gegenteil der Fall ist, ist die erste Entscheidung des BGH zur Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft. Hier war im Mietvertragsformular „die Erbengemeinschaft Sa. Vertreten durch S.K.“ aufgeführt.485 Auch in den bereits erwähnten Entscheidungen des BGH zum Verhältnis von § 2038 BGB zu § 2040 Abs. 1 BGB übersandte „die Erbengemeinschaft W“ das Kündigungsschreiben des Pachtvertrages,486 wurde das Mietverhältnis im Namen „der Erbengemeinschaft nach E.S.“ gekündigt487 und auf das von „der Erbengemeinschaft AG“ eröffnete Konto der Erbengemeinschaft eine vom Mehrheitsmiterben eingeforderte Zahlung geleistet.488 Auch die im familiären Umfeld des Verfassers bestehende Erbengemeinschaft schließt ihre Verträge grundsätzlich „im eigenen Namen“ und nicht unter Angabe aller Miterben oder im Namen des jeweils handelnden Miterben. Gleichwohl könnte es darauf letztlich ohnehin nicht ankommen, denn ungeachtet der Tatsache, dass es nicht um die Frage der „Personifikation“ der Gesamthand geht,489 hat John insofern selbst klargestellt, dass „die Unselbstständigkeit der angelehnten Identitätsausstattung jedenfalls nicht [hindere], die Personifikation, soweit es dafür sonst strukturelle Anhaltspunkte gibt, als selbstständig zu behandeln. Nur so [könne] man oft ihre Rolle und die ihrer Organisationsangehörigen angemessen erfassen.“490 Nachdem die Handlungsorganisation der Erbengemeinschaft diese Prüfung bereits erfolgreich durchlaufen hat, bleibt es sich nunmehr nur noch mit ihrer Haftungsverfassung genauer zu befassen.
eigentums zugesprochen werden könne, vgl. Heusler, Institutionen Bd. I, S. 258; Duncker, S. 119; Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (494). 484 Ulmer; AcP 198, 113 (128); Hess, ZZP 2004, 267 (294). 485 BGH, Urteil v. 11. 09. 2002 – Az.: XII ZR 187/00 = NJW 2002, 3389. 486 BGH, Urteil v. 28. 04. 2006 – Az.: LwZR 10/05 = NJW 2007, 150. 487 BGH, Urteil v. 11. 11. 2009 – Az.: XII ZR 210/05 = NJW 2010, 765 (766). 488 BGH, Urteil v. 19. 09. 2012 – Az.: XII ZR 151/10 = NJW 2013, 166. 489 Vgl. dazu John, S. 242. Dies scheint Ulmer in seiner Polemik gegen Grunewald zu übersehen, denn die Gesamthand als Rechtssubjekt ohne eigene Rechtspersönlichkeit hat in der Theorie Johns keinen Platz, so dass dessen Ansatz – entsprechend der hier geltend gemachten Vorbehalte – zumindest nicht in allen Punkten geeignet erscheint, Aussagen über die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft zu treffen. 490 John, S. 243.
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III. Haftungsverband 1. Vorliegen eines Haftungsverbands Was die Haftungsverfassung betrifft, so nimmt Ulmer bereits selbst vorweg, dass ein Haftungsverband bei der Erbengemeinschaft zweifellos vorhanden sei, da diese über ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen verfüge, das vorrangig für die Befriedigung der Nachlassgläubiger zur Verfügung stehe.491 Auch was dieses Merkmal betrifft, überflügelt die Erbengemeinschaft die GbR für gewöhnlich, denn während eine GbR grundsätzlich auch ohne positive Vermögenswerte zu bestehen vermag, kann eine Erbengemeinschaft ohne Nachlass gar nicht existieren.492 2. Ausgestaltung des Haftungsverbands Ist es demnach unproblematisch, dass die Erbengemeinschaft über einen Haftungsverband verfügt, der hinsichtlich der Haftung der Gesamthänder ohne den Kunstgriff einer analogen Anwendung des § 128 HGB wie bei der GbR auskommt, da eine dementsprechende Vorschrift mit § 2058 BGB vorhanden ist, gilt die Aufmerksamkeit hier der Frage, wie die Haftungsverfassung der rechtsfähigen Erbengemeinschaft im Hinblick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen ausgestaltet ist. Die Problematik des Haftungsverbandes der Erbengemeinschaft war bereits im Rahmen der Frage der Übertragbarkeit der Entscheidung des BGH vom 29. 01. 2001 auf die Erbengemeinschaft insoweit Gegenstand der Untersuchung, als es um den nach der „traditionellen Lehre“ bestehenden mangelnden Gleichlauf von Leitungspflicht und Leistungsvermögen im Hinblick auf das Gesamthandsprinzip ging.493 Nachdem dort bereits eine eingehendere Darstellung des Haftungsverbandes in Aussicht gestellt wurde, gilt es dieses Versprechen nunmehr einzulösen.494 Die Ausgestaltung des Haftungsverbandes der rechtsfähigen Erbengemeinschaft kann mittlerweile als Hauptkritikpunkt der in dieser Hinsicht ablehnenden Stimmen gesehen werden.495 In diesem Sinne wird vornehmlich der Wortlaut der die Erbengemeinschaft betreffenden Haftungsregelungen bemüht. So folge aus den §§ 2058 f. BGB, dass das Gesetz „von einem einheitlichen, auf die Erben als Gesamtschuldner bezogenen Haftungsmodell“ ausgehe.496 Dies zeige sich auch bei § 1967 BGB, der lediglich die Haftung des Nachlasses für Erblasser- und Erbfallschulden kenne, nicht jedoch für (Nachlasserben-)Schulden, die die Miterben im 491
Ulmer, AcP 198, 113 (126). Vgl. Lohmann, in: B/R, BGB, § 2042 Rn. 1; Harder/Kroppenberg, S. 218 Rn. 590. 493 Vgl. § 5 A. I. 2. 494 Siehe Fn. 99. 495 Auch gegenüber der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft kritisch eingestellte Stimmen haben die „wenig überzeugenden Begründungen“ des BGH erkannt und sind insoweit über diese hinausgegangen, vgl. Reuter, AcP 207, 673 (704). 496 Ulmer, AcP 198, 113 (129). 492
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Namen der Erbengemeinschaft begründen. Auch sei bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft die in den §§ 2382, 2385 BGB angeordnete Haftung des Nachlassanteilserwerbers überflüssig.497 Ferner stelle bereits die traditionelle Auffassung der Erbengemeinschaft als einheitliches Schuldverhältnis eine sachgerechte Haftungsordnung dar, im Rahmen derer die Miterben bis zur Teilung ihre Haftung über § 2059 BGB auf den Nachlass beschränken könnten und die auch nach Teilung des Nachlasses keine Probleme damit habe, die persönliche Haftung der Miterben für Nachlassverbindlichkeiten über § 2058 BGB darzustellen.498 Letztlich stelle die Vorstellung, die Erbengemeinschaft sei die Schuldnerin der in ihrem Namen begründeten Pflichten, die erbrechtlichen Haftungsregelungen auf den Kopf, die grundsätzlich von einer primären Haftung der Miterben und einer bedingten Mithaftung des Nachlasses ausgingen.499 a) Überflüssigkeit der Regelungen zur Haftungserstreckung für den Erbschaftskäufer Soweit die kritischen Stimmen auf gewisse Friktionen des Rechts einer rechtsfähigen Erbengemeinschaft mit den Regelungen über die Haftung im Rahmen der Nachlassverwaltung nach § 1978 BGB oder dem Erbschaftskauf in den §§ 2382 ff. BGB hinweisen, hat bereits Ulmer konzediert, dass diese kaum als Gründe gegen eine Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft anzubringen seien, da der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit der Gesamthand bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen nicht vor Augen gehabt hat.500 Im Übrigen überzeugt der Hinweis auf eine etwaige Überflüssigkeit der Haftungserstreckung auf den Erbschaftskäufer nach den §§ 2382, 2385 BGB auch dem Grunde nach nicht, denn im Gesetz finden sich durchaus Rechtssätze, die lediglich eine selbstverständliche Folge aus anderen Rechtssätzen aussprechen.501 Dementsprechend konnte bereits im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Abgrenzung der Gesamthand von der Bruchteilsgemeinschaft konstatiert werden, dass § 747 S. 2 BGB lediglich die notwendige Konsequenz daraus zieht, dass der gemeinschaftliche Gegenstand bzw. das gemeinschaftliche Recht in Form von Anteilen unter den Bruchteilseigentümern aufgegliedert ist.502
497
Ulmer, AcP 198, 113 (129). Ulmer, AcP 198, 113 (130). 499 Reuter, AcP 207, 673 (704). 500 Ulmer, AcP 198, 113 (129 f.); vgl. Ascheuer, S. 207. 501 Larenz, JJb 83, 108 (121); vgl. dazu auch Schroeder, JuS 2000, 1046 (1049). 502 Vgl. dazu bereits § 3 E. III. 3. b) cc). So auch K. Schmidt, in: MüKo, BGB, § 741 Rn. 2 a.E.; Bornemann, Preuß. Civilrecht Bd. IV, S. 2 für das gemeinschaftliche Eigentum im ALR; ablehnend Saenger, S. 76. 498
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b) Aufhebung der Asynchronität zwischen Leistungspflicht und Leistungsvermögen Auch scheinen sämtliche kritischen Stimmen außer Acht zu lassen, dass die traditionelle Auffassung bei der Erbengemeinschaft ebenso zu Friktionen hinsichtlich Leistungspflicht und Leistungsvermögen führt. Wie erinnerlich, ist der Nachlassgläubiger zwar berechtigt, die Leistung von jedem einzelnen Miterben in voller Höhe – freilich nur einmal – im Wege der Gesamtschuldklage zu verlangen (§§ 2058, 421 BGB), jedoch kann der Miterbe als Schuldner auf Grund der Regelungen der §§ 2038, 2040 Abs. 1 BGB allein nicht leisten. Die h.M. wird diesem Problem lediglich durch Aushöhlung des Grundgedankens gesamtschuldnerischer Haftung gerecht.503 Diese Asynchronität504 wird durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nach dem Vorbild der GbR beseitigt:505 Begehren Nachlassgläubiger Leistung aus dem Nachlass, die dem einzelnen Miterben auf Grund der gesamthänderischen Vermögensbindung allein nicht möglich ist, so haben sie sich an die Erbengemeinschaft als Eigentümerin des Nachlasses und aller seiner vermögenswerten Rechte zu wenden und nicht an den einzelnen Miterben.506, 507 In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Gesamthänder nur auf eine bloße Einstandspflicht.508 c) Surrogation und Vertretungsmacht Unklar ist bisher allerdings geblieben, in welchen Umfang die Erbengemeinschaft im Wege der Surrogation Vermögen zum Nachlass hinzuerwerben kann und unter welchen Voraussetzungen bzw. in welchem Umfang die Erbengemeinschaft überhaupt Verbindlichkeiten eingehen kann, für die der Miterbe letztlich nach § 2058 BGB einzustehen hat.
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Dazu bereits § 5 A. I. 2. a). Vgl. Ann, S. 145. 505 Zur Problematik bei der GbR nach der traditionellen Lehre Ulmer, AcP 198, 113 (137 ff.). 506 Vgl. Ann, S. 147. 507 Zur Bewilligung einer Grunddienstbarkeit durch eine GbR vgl. BGH, Urteil v. 25. 01. 2008 – Az.: V ZR 63/07 = NJW 2008, 1378 (1379 Rn. 8); zur Klage auf Auflassung eines Grundstücks gegen einzelne Miterben vgl. BGH NJW 1963, 1611. Die vom BGH in der zuletzt genannten Entscheidung zugelassene Gesamtschuldklage gegen einzelne Miterben auf „Herbeiführung“ der Auflassung entfällt damit. In Frage kommt lediglich eine Gesamthandsklage gem. § 2059 Abs. 2 BGB dergestalt, dass die Erbengemeinschaft als Rechtssubjekt verklagt wird. 508 Schäfer, in: MüKo, BGB, § 714 Rn. 43 zum Inhalt der akzessorischen Gesellschafterhaftung bei der GbR. Ein etwaig gegen einen Miterben im Wege der Gesamtschuldklage erstrittener Titel wird dadurch freilich nicht völlig entwertet, er kann vielmehr als Grundlage für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches dienen, vgl. K. Schmidt, in: MüKo, HGB, § 128 Rn. 26. 504
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
aa) Der Umfang der Beziehungssurrogation nach § 2041 BGB Einer der Ausgangspunkte dieser Problematik ist zunächst die Vorschrift des § 2041 S. 1 BGB. Von ihrem Pendant im Gesellschaftsrecht – § 718 BGB – unterscheidet sie sich dadurch, dass sie einer Anordnung, dass im Wege der Geschäftsführung bzw. Verwaltung erworbene Gegenstände in das Sondervermögen fallen, entbehrt. Dafür ordnet sie jedoch u. a. an, dass das aus einem Rechtsgeschäft mit Nachlassbezug Erlangte zum Nachlass gehört. Während die von § 2041 S. 1 BGB ebenfalls geregelten Fälle der sog. Rechts- und Ersatzsurrogation weniger problematisch sind, stellt sich vorrangig die Frage, wann ein Rechtsgeschäft mit Nachlassbezug vorliegt. Dies ist freilich umstritten. Die Stimmen reichen von der Annahme, dass allein das objektive Kriterium der Mittelherkunft aus dem Nachlass für die Beziehung entscheidend sei, über diejenigen, die eine subjektive Beziehung gestützt durch objektive Kriterien ausreichen lassen, bis hin zu denjenigen, die allein den Willen, für den Nachlass zu handeln, also eine rein subjektive Beziehung, ausreichen lassen.509 Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft sowie die Interessen der Miterben und der Nachlassgläubiger510 sprechen dafür, den bloßen Willen, für den Nachlass erwerben zu wollen, ausreichen zu lassen.511 Dagegen wird vornehmlich geltend gemacht, dass dem Nachlass auf diese Weise beliebig viele Vermögenswerte zufließen könnten.512 Dies sei nun freilich nicht mit den Besonderheiten der Erbengemeinschaft vereinbar, denn – und insofern vernimmt man abermals Altbekanntes – „die Erbengemeinschaft [sei] ihrer Funktion nach eine Abwicklungsgemeinschaft, die in der Regel nur für eine gewisse Übergangszeit [bestehe] und deren natürliches Ziel es [sei], sich aufzulösen. Diesem typischen Zweck würde es zuwiderlaufen, durch Zulassung von u. U. erheblichem [Vermögenszuflüssen], insbesondere Grunderwerb zum Gesamthandseigentum, dessen Fortbestand auf längere Dauer in besonderer Weise zu fördern.“513
509 Umfangreiche Darstellung des Streitstandes bei Gergen, in: MüKo, BGB, § 2041 Rn. 12 ff.; Ann, S. 107 ff. 510 Dass § 2041 BGB sowohl die Interessen der Miterben als auch der Nachlassgläubiger schützt, ist mittlerweile einhellige Meinung: Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2041 Rn. 1; Gergen, in: MüKo, BGB, § 2041 Rn. 1; Bayer, in: Erman, BGB, § 2041 Rn. 1; Brox/Walker, Erbrecht, S. 265 Rn. 471. Mit Blick auf das ausdrückliche Bekenntnis des Gesetzgebers zum Schutz der Nachlassgläubigerinteressen (vgl. Protokolle zu §§ 2032 – 2062 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 495) dürften daran auch keine vernünftigen Zweifel bestehen. 511 So auch Ann, in: NAK-BGB, § 2041 Rn. 12; im Ergebnis auch Kipp/Coing, S. 612. Dass dies nur für den Willen gilt, für den Nachlass zu erwerben, den Miterben hingegen nicht ermöglichen darf, durch einvernehmlichen Beschluss auch bei Rechtsgeschäften mit Nachlassmitteln eine Surrogation abzubedingen, kann im Hinblick auf den Schutz der Gläubigerinteressen ebenfalls keinerlei Zweifel unterliegen. 512 Werner, in: Staudinger, BGB, § 2041 Rn. 6; Wolf, in: Soergel, BGB, § 2041 Rn. 11. 513 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2041 Rn. 25; ähnlich Lohmann, in: B/R, BGB, § 2041 Rn. 3; Wolf, in: Soergel, BGB, § 2041 Rn. 11.
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Nicht nur vor den bisherigen Ergebnissen erweist sich diese Behauptung als gänzlich substanzlos, denn auch soweit einige der ablehnenden Stimmen auf die Gesetzesmaterialien Bezug nehmen, geben die diesbezüglich knappen514 Ausführungen des Gesetzgebers zum Umfang der Surrogation kaum etwas her: Der Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber, „sollte nur oder zusätzlich eine subjektive Beziehung des Rechtsgeschäftes zum Nachlass erforderlich sein, dies durch entsprechende Formulierung zum Ausdruck [hätte] bringen können“,515 bringt die Diskussion nur wenig voran, denn es hätte ebenso nahegelegen, ein ausdrückliches Verbot der gewinnorientierten Verwaltung und Bewirtschaftung des Nachlasses – und nichts anderes konstatieren die gegenüber einer subjektiven Auslegung ablehnend eingestellten Ansichten im Ergebnis – ausdrücklich zu regeln. Im Gegenteil hat doch der Gesetzgeber den Erben mit dem in den §§ 2042 Abs. 2 i.V.m. 749 Abs. 2, 3 BGB geregelten Ausschluss des Aufhebungsanspruchs eine Möglichkeit an die Hand gegeben, den „Fortbestand [des Gesamthandseigentums] auf längere Dauer in besonderer Weise zu fördern.“516 Unabhängig davon scheint die Behauptung, die Sicherung der Miterben- sowie Nachlassgläubigerinteressen gebiete keine Vermehrung des Nachlasses, zu kurz gegriffen.517 Man stelle sich nur den Fall vor, dass eine Erbengemeinschaft an einem Nachlass entsteht, der zwar eine mit einer Hypothek belastete Immobilie enthält, aber ansonsten weder genügend Barmittel noch Fruchtertrag einschließt, um diese auf Dauer in einem wohntauglichen Zustand zu halten. Wäre es den Miterben verwehrt, ggf. aufgrund eines je nach Art des Vermögenswertes, der der Erbengemeinschaft zufließt, etwaig fehlenden objektiven Zusammenhangs eigene Mittel aufzubringen, um die Immobilie instand zu halten und darüber hinaus zu modernisieren, um bspw. mit steigenden Mieteinnahmen ein Finanzpolster für etwaige Schäden und deren Beseitigung zu bilden, wäre weder den Gläubiger- noch den Miterbeninteressen ein großer Dienst erwiesen.518 Im Übrigen bleibt bei dieser Anschauung außer Betracht, dass die Mitgliedschaft des Miterben in der Erbengemeinschaft an die Stelle der Universalsukzession des Alleinerben tritt, der nach 514
Vgl. Protokolle zu §§ 2040, 2041 BGB, in: Mugdan Bd. V, S. 503 f. Werner, in: Staudinger, BGB, § 2041 Rn. 6. 516 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2041 Rn. 25. 517 Gergen, in: MüKo, BGB, § 2041 Rn. 25. 518 Inwiefern es durch Forderung nach einer bloß subjektiven Nachlassbeziehung zu einer erhöhten Gefährdung der Gläubigerinteressen kommen soll, belegt Werner, in: Staudinger, BGB, § 2041 Rn. 6 nicht. Böswillige Miterben haben auch bei bloß objektiver Auslegung des Beziehungsbegriffs die Möglichkeit, den Nachlass durch nachteilige Verwendung von Nachlassmitteln – bspw. durch Anschaffung von Gegenständen, die sich nur unter Wert wieder verkaufen lassen – zu schmälern. Gleichwohl dürfte diese Eventualität doch gegenüber einer gewinnbringenden Bewirtschaftung des Nachlasses, die immerhin auch im Eigeninteresse der Miterben liegt, für den Streitentscheid von erheblich geringerem Gewicht sein. Die Bedeutung des Eigeninteresses der Erben im haftungsrechtlichen Sinne betont ferner Hennecke, S. 123. Auch Ann, S. 114 sieht keinen Grund, eine Nachlassmehrung nur bei einem inneren Zusammenhang zuzulassen, hinsichtlich dessen sich ohnehin Abgrenzungsschwierigkeiten ergäben. 515
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Vermischung der Vermögensmassen unmittelbar die Möglichkeit erhält, mit den Nachlasswerten zu wirtschaften. Sowie sich aber der Gesetzgeber für die Erbengemeinschaft vor allem deswegen entschieden hat, um den Nachlassgläubigern keine Nachteile bei der Verfolgung ihrer Ansprüche durch den Erbfall entstehen zu lassen, darf den Miterben519 aber auf Grund der Tatsache, dass sie sich nicht zu einer unmittelbaren und möglicherweise wertvernichtenden (!) Auseinandersetzung entschlossen haben, umgekehrt auch kein Nachteil hinsichtlich der wirtschaftlichen Nutzung der ihnen nach der Liquidation der Erbengemeinschaft zukünftig zustehenden Vermögensmasse ergeben. Weder wird es dem Gesetzgeber während der Entstehung und Einführung des BGB, einer Zeit, in der sich das Reich in einer Hochindustrialisierungs- und Wachstumsphase befand, vorgeschwebt haben, den Miterben eine gewinnbringende und nachhaltige Verwertung des Nachlasses in ungeteilter Erbengemeinschaft entsprechend dem deutschen Gesamthandsgedanken zu verwehren, noch entspräche dies den heutigen Rahmenbedingungen einer kapitalistisch orientierten Gesellschaft. Soweit es durch die subjektive Auslegung des Beziehungsbegriffs bei der Surrogation nach § 2041 BGB zu Überschneidungen mit der Vertretungsmacht der Miterben nach § 2038 BGB kommt, verliert das Offenkundigkeitsprinzip, soweit es den Rechtserwerb betrifft, nach § 164 Abs. 2 BGB teilweise an Bedeutung.520 Wie nachfolgend noch zu zeigen sein wird, ist dies insbesondere für die Haftungsordnung in Bezug auf § 1978 BGB sowie für die Möglichkeit der Begründung von Nachlasserbenverbindlichkeiten von Relevanz. bb) Die Verpflichtung der Erbengemeinschaft durch Nachlasserbenverbindlichkeiten Während der Schwerpunkt der Surrogationsvorschrift in der Erhaltung des Nachlasses für Miterben und Nachlassgläubiger, bei vorzugswürdiger subjektiver Auslegung der Beziehungssurrogation aber auch in der Wertsteigerung liegt, stellt sich hinsichtlich der aus § 2038 BGB folgenden Vertretungsmacht der Miterben die Frage, inwiefern diese den Nachlass zu verpflichten im Stande sind. Hierzu wurde bereits ausgeführt, dass § 1967 BGB, der die Nachlasserbenverbindlichkeiten, für die die Miterben ebenfalls nach § 2058 BGB haften, definiert, grundsätzlich nicht kennt.521 Gleichwohl wird in ständiger Rechtsprechung die Begründung von 519
Zur Berücksichtigung der Belange der Miterben s. § 4. Zur „Kompromisslösung“ zwischen Miterben- und Gläubigerinteressen bei der Ausgestaltung der Erbengemeinschaft vgl. K. Lange, S. 567 Rn. 4; ferner Brox/Walker, Erbrecht, S. 263 f, Rn. 468, die die Aufgabe des Gesetzgebers darin sahen, „eine einheitliche rechtliche Ausgestaltung zu finden, die der Vielfalt der denkbaren Interessenlagen bei der Erbengemeinschaft gerecht wird“. 520 Dies folgt daraus, dass der Wille, für den Nachlass zu erwerben, bei der Surrogation gegenüber dem Vertragspartner nicht offengelegt werden muss, er muss nur objektiv erkennbar sein, Wolf, in: Soergel, BGB, § 2041 Rn. 11 mit Verweis auf OLG Köln, Beschl. v. 28. 04. 1965 – Az.: 2 Wx 48/65 = OLGZ 1965, 117. Vgl. hierzu auch Grunewald, AcP 197, 305 (309). 521 s. dazu bereits § 5 A. I. 2. b).
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Nachlasserbenverbindlichkeiten anerkannt, soweit es sich dabei um Maßnahmen handelt, die vom Standpunkt eines sorgfältigen Beobachters in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses eingegangen worden sind und für die die Miterben nach § 1978 Abs. 3 BGB ohnehin Ersatz aus dem Nachlass verlangen können.522 So sollen dem Vertragspartner des handelnden Miterben dahingehend Umstände erspart werden, dass er sich zunächst den Anspruch des Miterben gegen den Nachlass nach § 1978 Abs. 3 BGB zur Einziehung überweisen lassen muss, um sich selbst an den Nachlass halten zu können.523 Die Rechtsprechung ist jedoch noch weiter gegangen und hat die Verpflichtung des Nachlasses auch dann angenommen, wenn einer der Miterben im eigenen Namen gehandelt hat. Ein ausdrückliches Handeln im Namen des Nachlasses sei nicht erforderlich.524 Freilich kann es über die vom Reichsgericht bemühte Argumentation hinaus auch bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nicht in Zweifel stehen, dass die Miterben die Erbengemeinschaft (und nicht mehr nur „den Nachlass“) durch Geschäfte im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung weiterhin verpflichten können. Dies muss ungeachtet der fehlenden Nennung von Nachlasserbenverbindlichkeiten in § 1967 BGB erst Recht gelten, wenn man wie hier den Begriff der Beziehungssurrogation subjektiv auslegt und den Miterben damit ermöglicht, das Vermögen der Erbengemeinschaft bzw. den Nachlass mit eigenen Mitteln zu vermehren. Die Möglichkeit, die Erbengemeinschaft zu verpflichten und den Nachlass dadurch zu belasten, erscheint in diesem Sinne als notwendiges Äquivalent, soweit es sich dabei jeweils um Maßnahmen handelt, die vom Standpunkt eines sorgfältigen Beobachters in ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses eingegangen worden sind.525 Eine solche Maßnahme liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Erbe sie zur Verwaltung des Nachlasses den Umständen nach für erforderlich halten durfte.526 Unhaltbar war527 und ist auch bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft die Annahme, dass beim Handeln eines Miterben im eigenen Namen die Erbengemeinschaft mit der Folge verpflichtet wird, dass den Nachlasserben522 RG, Urteil v. 26. 03. 1917 – Az.: IV 398/16 = RGZ 90, 91 (94 f.); Johannsen, in: BGBRGRK, § 1967 Rn. 12. 523 Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 1967 Rn. 42; vgl. auch Küpper, in: MüKo, BGB, § 1967 Rn. 16. 524 RG, Urteil v. 26. 03. 1917 – Az.: IV 398/16 = RGZ 90, 91 (95). 525 Zu diesem Gedanken vgl. Bartholomeyczik, DGWR, 1938, 321 (323 f.), der jedoch eine uneingeschränkte Verpflichtung des Nachlasses bei Fortführung eines einzelkaufmännischen Unternehmens zulassen will. 526 Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 1978 Rn. 26. Mit Recht verweist Dauner-Lieb, S. 348 Fn. 106 darauf, dass der vom RG verwendete Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung bei § 1978 Abs. 3 BGB nicht mit dem im Rahmen des § 2038 BGB übereinstimmt. Sofern daher von der Definition des RG Gebrauch gemacht wird, spricht man wohl besser von ordnungsgemäßer Verwaltung. 527 Zur Kritik vgl. § 5 A. I. 2. b).
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schulden eine „Doppelstellung“ als Verbindlichkeit der Erbengemeinschaft und des einzelnen Miterben zukommt.528 Tritt der Miterbe einem Dritten nicht als handlungsberechtigte Gliedperson der gesamthänderischen Verbindung gegenüber, im Rahmen derer die zur Einheit mit Rechtssubjektivität verbundenen Gesamthänder in ihrer Verbundenheit als Schuldner erscheinen und damit den Zugriff auf das jeweilige Sondervermögen eröffnen, kommt nach den in § 164 BGB niedergelegten Grundsätzen auch keine Verpflichtung dieser Gemeinschaft in Betracht.529 Dies verkennt Heil,530 wenn er vorrangig unter Berufung auf den Verkehrsschutz die Interessen der Nachlassgläubiger an einer doppelten Haftungsgrundlage in den Vordergrund rückt und deren Wegfall in Folge der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft. Es ist allerdings nicht einzusehen, wieso die Interessen der Nachlassgläubiger zu Lasten einer sauberen dogmatischen Konstruktion derart übergewichtet werden sollen. Handelt ein Miterbe ausdrücklich für die Erbengemeinschaft (dazu sogleich), ist dem Nachlassgläubiger gegenüber der Wille, nicht mit dem eigenen Vermögen haften zu wollen, hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Will er sich auf die Sache auf Grund eines etwaig unüberschaubaren Nachlassumfangs oder einer möglichen Haftungsbeschränkung der Miterben nach § 2059 BGB nicht einlassen, kann er – wie bei der GmbH im Rechtsverkehr Gang und Gäbe – eine Bürgschaft des oder der Miterben verlangen.531 Im Übrigen lässt diese Ansicht außer Acht, dass die Erben vorbehaltlich des § 2038 Abs. 2 S. 3 BGB sowie der Teilauseinandersetzung zunächst keine Möglichkeit haben, sich nach Belieben aus dem Nachlass zu bedienen. Stehen die Vermögenswerte einschließlich dessen, was in extensiver Auslegung des § 2041 BGB durch Mittel eines Miterben erlangt wird, der mit dem Willen handelt, den Nachlass zu mehren, zunächst nur der Erbengemeinschaft als solcher zu, besteht auch kein Grund, den Miterben dafür über die Regelungen der §§ 2058 f. BGB hinaus haften zu lassen.532
528 Küpper, in: MüKo, BGB, § 1967 Rn. 15. Horn, in: Erman, BGB, § 1967 Rn. 9, 9a und im Anschluss Ann, in: MüKo, BGB, § 2058 Rn. 8 sprechen von einem „einheitlichen Schuldverhältnis mit doppeltem Haftungsgrund“. So bereits Bartholomeyczik, DGWR, 1938, 321. 529 Eine andere Beurteilung liefe grundsätzlich auf eine von Teilen der Literatur befürwortete sog. Verpflichtungsermächtigung hinaus, die von der herrschenden Meinung allerdings zurecht abgelehnt wird. Vgl. dazu Medicus/Petersen, S. 15 f. Rn. 28 ff. 530 Heil, ZEV 2002, 296 (298 f.). Letztlich wendet er sich zwar gegen eine Anwendung der Doppelverpflichtungslehre als möglichen Ansatz für die Konstruktion des Haftungsverbandes der rechtsfähigen Erbengemeinschaft, übersieht aber gerade, dass der „verpflichtungstatbestand mit doppelter Wirkung“ im Grunde genommen nichts anderes ist als die Doppelverpflichtungslehre gepaart mit der zusätzlichen Verfehlung der Verwischung von Schuld und Haftung. 531 Die von Heil, ZEV 2002, 296 (298 f.) angeführte Eröffnung der Möglichkeit der Übervorteilung Rechtsunkundiger ist kein allein aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft folgendes Problem, sondern ein allgemeines Problem des Rechtsunkundigen gegenüber dem rechtserfahrenen Geschäftspartner. 532 Zu der Missbrauchsproblematik bereits Fn. 518.
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Ist die Erbengemeinschaft Inhaberin des Nachlasses und damit Verpflichtungssubjekt der Nachlasserbenverbindlichkeiten,533 kann sich die Beurteilung lediglich nach den §§ 2038 i.V.m. § 164 BGB richten. Wollen die Miterben bzw. der einzelne Miterbe eine Verbindlichkeit der Erbengemeinschaft begründen, so ist dies nur möglich, aber auch ausreichend, wenn gem. § 164 Abs. 1 BGB für „die Erbengemeinschaft“ gehandelt wird.534 Entgegen teilweise vertretener Auffassung, die eine Verpflichtung des Nachlasses über den Fall des § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB hinaus auch durch einzelne Miterben erlauben will, solange es sich nur um Maßnahmen handelt, die vom Standpunkt eines sorgfältigen Beobachters in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses eingegangen worden sind,535 ist § 2038 BGB nach hier vertretener Ansicht allein maßgeblich für die Befugnisse der Miterben im Innen- und Außenverhältnis. Ließe man die Verpflichtung des Nachlasses durch einzelne Miterben auf diese Weise zu, liefe die durch den Gesetzgeber bewusst geregelte Abstufung nach Einheits-, Mehrheits- und Einzelverwaltung in vielen Fällen leer. Demgegenüber kommt eine eigene Verpflichtung der Miterben entweder in Betracht, wenn diese gleichzeitig im eigenen Namen handeln und sich so mit der Erbengemeinschaft gesamtschuldnerisch verpflichten536 oder nach § 164 Abs. 2 BGB, wenn diese nicht offenlegen, für den Nachlass handeln zu wollen.537 In diesen Fällen fällt zwar der Anspruch zugunsten der handelnden Miterben gem. § 2041 BGB in den Nachlass, zur vertraglichen Gegenleistung verpflichtet ist aber nur der Miterbe.538 Den Nachlass belangen kann der Vertragspartner dann tatsächlich nur, wenn er den bei einer Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung entstehenden Befreiungsanspruch des Miterben gegen die Erbengemeinschaft pfändet. Ein weiterer Fall der persönlichen Miterbenhaftung liegt freilich dann vor, wenn es sich bei dem vom einzelnen oder mehreren Miterben im Namen der Erbenge533
Vgl. Fabricius, S. 146. A.A. Küpper, in: MüKo, BGB, § 1967 Rn. 23; Dauner-Lieb, S. 400 ff.; Heil, ZEV 2002, 296 (298), die ein Handeln „für den Nachlaß“ oder „in Miterbengemeinschaft“ nicht ausreichen lassen wollen. 535 Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 1967 Rn. 49; Dauner-Lieb, S. 457. Entgegen der Ansicht von Dauner-Lieb handelt es sich dabei auch nicht um ein Scheinproblem, denn nicht jede Maßnahme, die ein Miterbe alleine – wenn auch als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung – vornimmt, sind solche, die unter § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB fallen. Für gewöhnlich wird die Erbengemeinschaft wohl Geschäfte der laufenden (ordnungsmäßigen im Sinne von § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB) Verwaltung vertreten durch die Mehrheit zu bestreiten haben, so dass die Mehrheitsregelung durch den einzelgängerischen Miterben einfach unterlaufen werden könnte. 536 Eine „Art Gesamtschuld“ zwischen Eigenvermögen und Nachlass sieht das RG gleichwohl auch begründet, wenn der Miterbe nur im eigenen Namen handelt, RG, Urteil v. 26. 03. 1917 – Az.: IV 398/16 = RGZ 90, 91 (93). 537 Gergen, in: MüKo, BGB § 2038 Rn. 27. 538 Folgt man der bisherigen Auffassung von der Doppelverpflichtung des Nachlasses und dem Eigenvermögen des Miterben hat dies die merkwürdige Konsequenz, dass eine dem § 2041 BGB entsprechende Wirkung auch für die Schuldnerstellung aus einem Vertrag gelten würde, der von einem einzelnen Miterben abgeschlossen wurde. 534
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meinschaft vorgenommenen Geschäft um eine Maßnahme handelt, die vom Standpunkt eines sorgfältigen Verwalters539 nicht als eine solche der ordnungsgemäßen Verwaltung anzusehen ist bzw. wenn die Voraussetzungen des § 2038 BGB nicht vorliegen, so dass sie als Vertreter ohne Vertretungsmacht handeln. Wie EberlBorges mit Blick auf den Vorrang des § 2038 vor § 2040 Abs. 1 BGB überzeugend aufgezeigt hat, sprechen auch die Interessen der rechtsgeschäftlichen Partner der Erbengemeinschaft nicht gegen eine solche Auslegung: Zwar handele es sich bei der Frage nach den Handlungsbefugnissen grundsätzlich um interne Probleme der Erbengemeinschaft, gleichwohl bestehe das gleiche Problem auch bei anderen Personenmehrheiten, bei denen nicht alle Mitglieder handelten. Die Kontrahenten werden im Übrigen über § 179 BGB ausreichend geschützt.540 cc) Ergebnis Die hier vorgestellte Ausgestaltung des Haftungsverbandes der Erbengemeinschaft trägt sowohl der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit als auch den zu § 2038 BGB gewonnenen Ergebnissen Rechnung, die der Erbengemeinschaft durch die abgestufte Ausgestaltung der Vertretungsbefugnisse auch ohne besondere Vereinbarung der Miterben eine problemlose Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht. Dementsprechend war hinsichtlich der Verpflichtungsfähigkeit der Erbengemeinschaft auf die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln – insbesondere § 164 BGB – abzustellen, so dass die vom BGH bereits bei der Gesellschaft monierte „einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung“,541 mit der einerseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter und andererseits das Gesamthandsvermögen verpflichtet wird, nicht mehr greift und so auch die Grenzen zwischen Schuld und Haftung bei der Erbengemeinschaft nicht mehr verwischt werden.542 Der Umstand, dass dadurch der Miterbe anders als nach bisheriger Auffassung nicht mehr „automatisch“ mitverpflichtet wird und so etwaige Haftungsrisiken für Vertragspartner der Erbengemeinschaft entstehen, wird dadurch abgemildert, dass bei subjektiver Auslegung des Begriffs der Beziehungssurrogation nach § 2041 BGB die Miterben die Möglichkeit haben, den Nachlass durch Verwendung eigener Mittel zu mehren und somit die Haftungsgrundlage für die Gläubiger zu stärken. Aus Sicht der Miterben birgt die weite Auslegung des Beziehungsbegriffs den Vorteil, dass sie, ohne auf eine etwaige wertvernichtende Auseinandersetzung drängen zu müssen, zu eigenem und zu Gunsten der Nachlassgläubiger mit dem Nachlass umfassender wirtschaften können.
539 540 541 542
Vgl. RG, Urteil v. 26. 03. 1917 – Az.: IV 398/16 = RGZ 90, 91 (93). Eberl-Borges, NJW 2006, 1313 (1314 f.) m.w.N. Vgl. nur Hueck, in: FS Zöllner, S. 293; Zöllner, in: FS Gernhuber, S. 572 f. Vgl. BGH, Urteil v. 29. 01. 2001 – Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056.
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d) Umkehrung der Haftungsordnung nach § 1978 BGB Berücksichtigt man die Eigen- bzw. Besonderheit des Rechtssubjekts der Gesamthand nach dem hier von Gierke und Flume entlehnten Verständnis, so ist es auch durchaus unbedenklich, dass – wie Reuter meint – das erbrechtliche Haftungssystem auf den Kopf gestellt wird.543 Im Grunde genommen haften die Miterben auch weiterhin, allerdings in ihrer Verbundenheit als Erbengemeinschaft mit dem Nachlass als Vermögen, das ihnen im Falle der Nachlassverwaltung nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten – dann freilich zusätzlich gemindert um die in § 1978 Abs. 1 BGB genannten Ansprüche –544 gem. § 1986 BGB auszuantworten bzw. nach Berichtigung der Verbindlichkeiten gem. § 2046 BGB unter ihnen zu verteilen ist. Mit Blick auf die hier vertretene subjektive Auslegung der Beziehungssurrogation gem. § 2041 BGB besteht auch nur ein geringes Gläubigerinteresse daran, einen unmittelbaren Anspruch gegen einzelne Miterben zu haben, da nicht nur mit Nachlassmitteln erlangte Rechte in den Nachlass fallen, sondern auch solche, die die Miterben zunächst mit dem eigenen Vermögen mit der Absicht, für den Nachlass zu erwerben, erworben haben.545 In Fällen, in denen die Verwaltung durch die Miterben zu einer zum Schadensersatz verpflichtenden Schädigung der Nachlassgläubigerinteressen geführt hat, sind die Interessen der Nachlassgläubiger ebenfalls durch eine Inanspruchnahme der Erbengemeinschaft gewahrt: Durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft muss sich diese das Handeln ihrer Organe – der Miterben – analog § 31 BGB zurechnen lassen.546 Da folglich aus der Pflichtverletzung des Miterben eine Schadensfolge für die Erbengemeinschaft dahingehend eintritt, dass sie sich gegenüber den Nachlassgläubigern dafür verantworten muss, steht der Erbengemeinschaft vergleichbar mit der Situation bei der GbR ein Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Miterben im Sinne eines Sozialanspruchs zu.547 Als Sozialansprüche fallen diese entsprechend der Anordnung in § 1978 Abs. 2 BGB ohnehin in den Nachlass548 und können, soweit sie 543 Reuter; AcP 207, 673 (675). Freilich ist auch dies nur Folge der unzureichenden Einpassung deutschrechtlicher Gedanken in das römisch-rechtliche Gedankensystem des BGB, vgl. Ascheuer, S. 207. 544 § 2041 BGB ist bei Erbenmehrheit auch im Rahmen von § 1978 BGB anwendbar, vgl. Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 1978 Rn. 17 m.w.N. 545 Um die Interessen der Nachlassgläubiger umfänglich zu schützen, spricht sich Marotzke, in: Staudinger, BGB, § 1978 Rn. 2, 17 daher auch dafür aus, § 2041 BGB in den Fällen des § 1978 BGB analog auf den Einzelerben anzuwenden. 546 Zur Anwendung von § 31 BGB auf die Erbengemeinschaft Ann, in: NAK-BGB, § 2032 Rn. 12; Wolf, in: Soergel, BGB, § 2032 Rn. 1; 2038 Rn. 1; Wolf, AcP 181, 480 (505 f.). Dies wird auch von Stimmen befürwortet, die nicht für eine Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft eintreten, Reuter, in: MüKo, BGB, § 21 Rn. 17; Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 2032 Rn. 10; a.A. Lohmann, in: B/R, BGB, § 2032 Rn. 8; Bayer, in: Erman, BGB, § 2032 Rn. 5; Werner, in: Staudinger, BGB, § 2032 Rn. 5. 547 Zur GbR Ulmer/Schäfer, in: MüKo, BGB, § 705 Rn. 201. 548 Vgl. nur BGH, Urteil v. 15. 01. 2001 – Az.: II ZR 48/99 = NJW 2001, 1210 (1211); Schöne, in: B/R, BGB, § 705 Rn. 113 für die GbR.
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zur Befriedigung der Nachlassgläubiger von der Erbengemeinschaft oder einem Nachlassverwalter noch nicht eingezogen worden sind, durch diese gepfändet werden, um gegen die einzelnen Miterben vorzugehen. Daran anknüpfend scheint die Behauptung, das Haftungssystem der Erben werde „auf den Kopf gestellt“, noch aus einem weiteren Grund nicht berechtigt: Die Einwendung Reuters fußt darauf, dass die Haftung des Nachlasses nur eine bedingte dergestalt sei, dass die Nachlassgläubiger aus Praktikabilitätserwägungen einen Anspruch gegen den Nachlass nur dann hätten, wenn der Erbe für die getätigten Aufwendungen ohnehin nach Maßgabe des § 1978 Abs. 3 BGB Ersatz aus den Nachlass verlangen könnte. Daran ändert sich aber auch nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nichts, da im Hinblick auf die hier vorgeschlagene Konstruktion549 eine Vertretungsmacht der Miterben im Rahmen des § 2038 BGB nur dann greift, wenn es sich um Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt.550 Liegen die Voraussetzungen nicht vor, haftet der handelnde bzw. die handelnden Miterben freilich als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Die Haftung des Nachlasses bleibt folglich eine „bedingte“. IV. Ergebnis Es hat sich gezeigt, dass die Erbengemeinschaft sowohl über einen Haftungsverband als auch über eine Handlungsorganisation verfügt und so bereits zwei der drei von John herausgearbeiteten Strukturelemente einer organisierten Rechtsperson aufweist. Insbesondere im Rahmen der eingehenderen Auseinandersetzung mit der Haftungsstruktur der Erbengemeinschaft hat sich gezeigt, dass eine weite Auslegung des Surrogationsbegriffs eine nachhaltige Sicherung der Gläubigerinteressen bei der Nachlassverwaltung durch die Miterben und bei angeordnete Nachlassverwaltung hinsichtlich der Vorschrift des § 1978 BGB sicherstellt. Da die Erbengemeinschaft folglich zwei für die Teilnahme am Rechtsverkehr sehr relevante Strukturmerkmale aufweist, bedarf es keiner abschließenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein eigener Name ein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft ist, denn John lässt auch (an die Namen der Miterben) „angelehnte Namen“ einer Gemeinschaft ausreichen, wenn es weitere strukturelle Anhaltspunkte gibt, die eine Verselbstständigung rechtfertigen.551
B. Grundbuchfähigkeit Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft hat auch Auswirkungen auf das Grundbuchrecht. Grundsätzlich folgt aus der Rechtsfähigkeit eines 549 550 551
Dazu soeben unter § 6 A. III. 2. c) bb). s. Fn. 526. John, S. 243.
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Rechtssubjekts gleichzeitig die Fähigkeit, im Grundbuchverfahren als Beteiligter aufzutreten und sich als Inhaber eines dinglichen oder beschränkt dinglichen Rechts an einem Grundstück in das Grundbuch eingetragen zu lassen,552 wenngleich die Begriffe Rechtsfähigkeit und Grundbuchfähigkeit nicht völlig kongruent verlaufen.553 Aus diesem Grunde wird der Erbengemeinschaft, insbesondere mit Verweis auf die beiden Entscheidungen des BGH zu deren mangelnder Rechts- und Parteifähigkeit, von der herrschenden Meinung die Grundbuchfähigkeit abgesprochen.554 In das Grundbuch seien vielmehr die einzelnen Miterben mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ einzutragen.555 Auf Basis der hier vertretenen Ansicht kann es jedoch keinen Zweifel daran geben, dass die Erbengemeinschaft über die bloße Beteiligtenfähigkeit im Grundbuchverfahren hinaus auch grundbuchfähig ist, so dass sie als Eigentümerin einer zum Nachlass gehörigen Immobilie eingetragen werden kann.556 Tatsächlich liegt bei der Frage, wie die Erbengemeinschaft als solche im Grundbuch einzutragen ist, das wirkliche Problem. Für die Beurteilung dessen kann nahtlos an die Ergebnisse und Ausführungen zur Beurteilung der Teilnahme der Erbengemeinschaft am Prozess angeknüpft werden. Insofern wurde festgestellt, dass der BGH durch eine allzu voreilige Gleichstellung der GbR mit den Personenhandelsgesellschaften, die im Grundbuchrecht darin gipfelte, dass die GbR abweichend von § 47 Abs. 1 GBO unter ihrem „Namen“ einzutragen war,557 einen korrigierenden Eingriff des Gesetzgebers erforderlich gemacht hat.558 Neben der heftig umstrittenen Norm des § 899a BGB, auf den hier nicht weiter einzugehen ist,559 hat der Gesetzgeber ferner den hinsichtlich des Gesamthandsverständnisses hier besonders interessierenden § 47 Abs. 2 GBO eingefügt, der nunmehr vorschreibt: „Soll ein Recht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen werden, so sind auch deren Gesellschafter im Grundbuch einzutragen. Die für den Berechtigten geltenden Vorschriften gelten entsprechend für die Gesellschafter.“ 552 Bauer, in: Bauer/von Oefele, GBO, § 13 Rn. 26; Holzer, in: Hügel, Grundbuchordnung, § 1 Rn. 47; Dümig, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, Einl. B 53 ff. 553 Vgl. Dümig, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, Einl. B 57 f. 554 Bauer, in: Bauer/von Oefele, GBO, § 13 Rn. 37, der der Erbengemeinschaft zwar die Fähigkeit versagt, als Berechtigte im Grundbuch eingetragen zu werden, ihr aber zugesteht, anders als die Gütergemeinschaft, als Beteiligte im Grundbuchverfahren aufzutreten, (vgl. Rn. 25); Dümig, in: Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, Einl. B 84. 555 Holzer, in: Hügel, Grundbuchordnung, § 1 Rn. 54. 556 Jäkel, S. 79; Grunewald, AcP 197, 305 (310); vgl. ferner Wolf, in: Soergel, BGB, § 2032 Rn. 1 a.E. 557 BGH, Beschl. v. 04. 12. 2008 – Az.: V ZB 74/08 = NJW 2009, 594. Dies nimmt Wolf, in: FS Canaris Bd. I, S. 1322 auch für die rechtsfähige (personenungebundene) Erbengemeinschaft an. 558 Den Einzelheiten kann hier nicht weiter nachgegangen werden. Vgl. hierzu Ulmer, ZIP 2011, 1689 f.; Beuthien, NZG 2011, 481, (484 f.). 559 Dazu besonders kritisch Altmeppen, NJW 2011, 1905; Beuthien, NZG 2011, 481, (484 f.).
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Die Vorschrift hat nun zu beinahe abenteuerlichen Schlussfolgerungen in der Literatur wie auch in der Rechtsprechung geführt. Der BGH und Ulmer sprechen von einer „Mediatisierung“ oder „Vermittlung“560 des Grundeigentums der GbR durch die Gesellschafter. Diese würden durch die Regelungen des § 47 Abs. 2 S. 2 GBO zu einer Art „fiktiven Bucheigentümer“ gemacht.561 Es ist gar von einer „Infragestellung der Rechtsfähigkeit der GbR“, von einer „Kehrtwende in der Rechtsentwicklung“ die Rede, da Anknüpfungspunkt nach § 892 BGB nunmehr (wieder) die Berechtigtenstellung der Gesellschafter und nicht der Gesellschaft selbst sei.562 Diese Fehleinschätzungen sind exemplarisch dafür, wie gefährlich es ist, sich bei der Frage nach der Rechtsfähigkeit der GbR bzw. der jeweils untersuchten Gesamthandsgemeinschaft von dem Streit um die Rechtsnatur der Gesamthand zu lösen und lediglich von gesetzeskonformen und tragfähigen Sachgründen abhängig zu machen.563 Eine hinreichende Berücksichtigung des Gesamthandsprinzips – und nicht nur der Rechtsprechung zur GbR, die der BGH in gesetzeswidriger Weise in vielen Punkten den unter einer Firma handelnden Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt hat – konkret, ein Blick in Gierkes Vortrag vor der Berliner Juristischen Gesellschaft vom 15. 12. 1900 hätte gerade im Grundbuchrecht einiges an Aufregung und Missverständnissen vermieden. Gierke – und in dieser Beziehung soll er vollumfänglich selbst gehört werden – erklärt: „Die Handelsgesellschaft nun ist rechtsfähig unter ihrer Firma. Sie kann unter ihrer Firma Rechte und Pflichten jeder Art haben […]. Sie ist parteifähig. […] Sie hat Kaufmannseigenschaft, Sitz und Gerichtsstand. Dies Alles hat sie vor der Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes voraus. Und die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann den Vorsprung durch keinerlei Vertragsberedung einholen. Gleichwohl liegt auch hier nur ein Gradunterschied vor. Denn rechtsfähig ist auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Auch bei ihr sind Subjekte der zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Rechte und Pflichten die Gesellschafter in ihrer Personeneinheit. Aber ihr fehlt der formale Ausdruck der Einheit. Dies wird am deutlichsten im Grundbuchrecht. Eigenthum oder dingliches Recht, das einer Handelsgesellschaft zusteht, wird im Grundbuch auf den Namen der Firma, Eigenthum oder dingliches Recht, das einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes zusteht, auf die Namen aller Gesellschafter eingetragen. Da im ersten Falle die Art der Gesellschaft, im zweiten Falle das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältniß vermerkt wird, […] ist in beiden Fällen durch die Eintragung an sich das gleiche Verhältniß einer Rechtssubjektivität zu gesammter Hand öffentlich bekundet und grundbuchrechtlich gesichert. Der Unterschied tritt aber sofort zu Tage, wenn der Personenbestand wechselt. Im ersten Falle bleibt das Grundbuch richtig, solange die Gesellschaft unter ihrer Firma besteht. Im zweiten Falle wird
560
BGH, Beschl. v. 28. 04. 2011 – Az.: V ZB 194/10 = NZG 2011, 698 (699 f. Rn. 19, 25); Ulmer, ZIP 2011, 1689 (1691). 561 Ulmer, ZIP 2011, 1689 (1691). 562 Scherer, NJW 2009, 3063. 563 So aber Reuter, AcP 207, 673 (678); bekräftigt von K. Schmidt, AcP 209, 181 (197 Fn. 81).
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das Grundbuch unrichtig, sobald die eingetragenen Gesellschafter sich nicht mehr mit der Gesellschaft decken.“564
Wurde hier Gierkes Position zur Kontinuität der bürgerlich-rechtlichen Gesamthandsgemeinschaften hinsichtlich der Prozessfähigkeit im Rahmen dieser Untersuchung bereits etwas entschärft,565 hat sie im Übrigen nichts an Wahrheit verloren: Das Handeln von einer Vermittlung des Eigentums durch die Gesellschafter ist ebenso irreführend wie die Formulierung des § 47 Abs. 2 S. 1 GBO, soweit sie für die Eintragung eines Rechts der Gesellschaft auch die Eintragung der Gesellschafter erfordert. Die Gesellschafter sind die Gesellschaft bzw. die Gesamthänder sind die Gesamthand und zwar in ihrer besonderen personenrechtlichen, aus dem Gesamthandsprinzip folgenden Verbindung.566 Eine irgendwie geartete Struktur, vielmehr einen corpus, der „auch“ einzutragen wäre, gibt es nicht!567 „Identitätsstiftendes Merkmal“568 einer bürgerlich-rechtlichen Gesamthandsgemeinschaft sind und waren seit jeher – und nicht erst seit Schaffung des § 47 Abs. 2 GBO für die GbR – die sie konstituierenden Gesamthänder, so dass diese unter Nennung des sie zu einem Rechtssubjekt verbindenden Rechtsverhältnisses gem. § 47 Abs. 1 GBO in das Grundbuch einzutragen sind. Für die Eintragung der Erbengemeinschaft bedeutet das, dass sie freilich wie bisher unter Angabe der Miterben und unter Bezeichnung des Gesamthandsverhältnisses einzutragen ist.569 Gegenüber der bisherigen Eintragungsweise570 empfiehlt sich jedoch zur Unterstreichung der Subjektsqualität der Erbengemeinschaft die Eintragung unter Verwendung folgender Formulierung: „Die Erbengemeinschaft XY bzw. nach dem Erblasser XY bestehend aus den Miterben 1, Miterben 2, Miterben 3.“ Einer analogen Anwendung des missglückt formulierten § 47 Abs. 2 GBO bedarf es daher für die Eintragung der Erbengemeinschaft nicht, da § 47 Abs. 1 GBO nach hier vertretener Auffassung durchaus auch die Eintragung der Erbengemeinschaft als Rechtssubjekt zulässt. Zwar spricht der Wortlaut von der Eintragung eines Rechts für „mehrere gemeinschaftlich“, allerdings ist es ja auch die Gruppe, die als 564 Gierke, ArchBürgR 19, 114 (121 f.); vgl. zur Firma als Ausdruck der Einheit auch Wolf, AcP 181, 480 (492). Dies verkennt Böhringer, NotBZ 2011, 317 (318): Die Gesamthandsgemeinschaften des HGB werden nicht etwa als solche ohne Angabe der Gesellschafter angegeben, weil diese anders als die Gütergemeinschaft oder die Erbengemeinschaft rechtsfähig sind, sondern weil § 124 HGB ihnen die Möglichkeit gibt, unter einer Firma aufzutreten. 565 Dazu bereits ausführlich § 5 A. I. 4; vgl. ferner § 5 A. I. 3. b) bb). 566 Vgl. Flume, S. 70. 567 Vgl. Flume, ZHR 136, 177 (188 f.); entsprechende Ansätze finden sich bereits bei Pfeiffer, Practische Ausführungen 1, 91 (92). 568 BGH, Beschl. v. 02. 12. 2010 – Az.: V ZB 84/10 = NJW 2011, 615 (616 Rn. 10). 569 Im Ergebnis auch Grunewald, AcP 197, 305 (310); Flume, ZHR 136, 177 (195) für die GbR. 570 s. Fn. 555.
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solche Inhaberin des Rechts ist, und nicht eine Einzelperson.571 Insofern kommt es letztlich gar nicht darauf an, dass eine Mehrheit von Personen im Grundbuch eingetragen wird, sondern – und insofern ist der Wortlaut des § 47 Abs. 1 GBO sehr deutlich – „maßgeblich“ ist das eingetragene Rechtsverhältnis. Danach bestimmt sich, ob aus der bloßen Angabe von Bruchteilen folgt, dass tatsächlich nur mehrere Personen ohne besondere rechtliche Verbundenheit unmittelbar und in angegebener Höhe an einem Recht beteiligt sind, oder ob durch die Angabe des Rechtsverhältnisses eine „Rechtssubjektivität zu gesammter Hand öffentlich bekundet und grundbuchrechtlich gesichert“572 wird.573 Durch diese Vorgehensweise kann eine Eintragung der Erbengemeinschaft als Rechtssubjekt im Grundbuch erfolgen, ohne dass entsprechend einiger in der Literatur geltend gemachter Bedenken das „hervorragend ausgeklügelte System des guten Glaubens im Grundbuchrecht […] durch die neue Lehre ausgehöhlt [würde].“574 Eine Ausnahme greift auch hier nur, soweit durch die Fortführung eines Einzelhandelsunternehmens unter der bisherigen Forma die analoge Anwendung des § 124 Abs. 1 HGB eröffnet ist, so dass die Erbengemeinschaft auch unter der Firma ohne Angabe der einzelnen Miterben in das Grundbuch eingetragen werden kann.575 In den Ansätzen erkannt hat dies wohl Altmeppen mit Blick auf die GbR, wenn er schreibt, dass „die Eintragung der Gesellschafter im Grundbuch [noch nie] eine „materiell-rechtliche Bedeutung“ des Inhalts [hatte], dass die Gesellschafter dingliche Berechtigte am Grundstück der Gesamthandsgesellschaft gewesen [seien].“576 Zu weit geht jedoch die Annahme, dass § 47 Abs. 2 GBO lediglich eine „reine Verfahrensvorschrift betreffs des „Namens“ der GbR“ sei.577 Die Gesamthänder sind nicht bloß ein Name, sie sind das konstitutive Element der Gesamthand, die ohne die Gesamthänder, anders als die juristische Person, keiner 571
Flume, S. 70; Flume, ZHR 136, 177 (195). Gierke, ArchBürgR 19, 114 (122). 573 Dies verkennt bspw. Heil, ZEV 2002, 296 (297 f.), wenn er meint, eine Eintragung der Erbengemeinschaft als Rechtssubjekt durch die Miterben sei „unlogisch“. Auch Reuter; AcP 207, 673 (712) bewegt sich nur in den Extremen, entweder den § 47 GBO zu „korrigieren“ oder als „unübersteigbare gesetzliche Grenze“ zur dogmatischen Entwicklung der GbR anzusehen. 574 Vgl. Heil, ZEV 2002, 296 (297 f.). 575 Abl. K. Schmidt, NJW 1985, 2785 (2789). In registerrechtlicher Hinsicht im Sinne Schmidts wiederum eine Ausnahme von der Ausnahme zu machen und weiterhin die Miterben einzutragen, scheint nicht angezeigt. Durch die Eintragung der Miterben „in Erbengemeinschaft“ im Handelsregister ist ein ausreichender Verkehrsschutz sichergestellt. 576 Altmeppen, ZIP 2011, 1937 (1940). 577 Altmeppen, ZIP 2011, 1937 (1940); vgl. auch Altmeppen, NJW 2011, 1905 (1906). Unzutreffend ist die Bezugnahme auf Flume, S. 70, denn dieser äußert mitnichten, dass die Gesellschaft im Sinne eines Namens nach ihren Gesellschaftern „heißt“. Man liest vielmehr entsprechend der hiesigen wie Gierkes Ausführungen: „Wenn die Gesellschafter als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eingetragen werden, so ist die „Gesellschaft“ eingetragen, wie es ja auch allein der Rechtslage entspricht.“ 572
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eigenständigen Existenz fähig ist.578 Gleichwohl ist man dadurch nicht gezwungen, bspw. bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand einer eingetragenen Gesamthand eine Unrichtigkeit des Grundbuchs anzunehmen. In solchen Fällen scheint es angemessener, an die Ausführungen zur Prozessfähigkeit der Erbengemeinschaft anzuknüpfen, im Rahmen derer festgestellt wurde, dass der durch die Verbindung der Gesamthänder entstehenden Gesamtsphäre einheitlicher Zuständigkeit, die Bezugspunkt aller Rechte und Pflichten der Gesamthand als solcher ist, eine gewisse Unabhängigkeit von den sie konstituierenden Individuen zu Teil wird, soweit es ihre genaue Zusammensetzung betrifft. So können Änderungen im Mitgliederbestand der Gesamthand analog dem Rechtsgedanken des UmwG als quasi gesamthandsinterne identitätswahrende Umwandlung angesehen werden.579 Ein Wechsel im Gesamthänderbestand führt mithin nicht zu einem Rechtsträgerwechsel, so dass das Grundbuch nicht unrichtig wird. Es handelt sich dann lediglich um einen Fall der Unvollständigkeit von Tatsachen, der von Amts wegen richtigzustellen ist.580
C. Die Verbrauchereigenschaft von Gesamthandsgemeinschaften am Beispiel der Erbengemeinschaft Im Laufe der Untersuchung wurde neben der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft unter anderem auch deren Fähigkeit zur dauerhaften Teilnahme am Rechtsverkehr festgestellt, die sich allein aus dem für das Innen- wie Außenverhältnis maßgeblichen und abgestuften Berechtigungssystem des § 2038 BGB ergibt. Steht die Erbengemeinschaft demnach der Gesellschaft in ihrer Organisationsstruktur in nichts nach, wird die Frage, ob die Erbengemeinschaft trotz Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit als Verbraucherin im Rechtsverkehr auftreten kann, gleichsam virulent wie bei der GbR. Wie sich im Folgenden zeigen wird, ist die Problematik nicht nur von praktischer Relevanz, sondern eignet sich ferner zur Verdeutlichung der besonderen Rechtssubjektivität der Gesamthandsgemeinschaften. Die Gesellschaft betreffend hatte der BGH sich bereits kurz nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft im Jahre 2001 mit dieser Thematik zu befassen.581 In dem entschieden Fall hatte die aus vier Anwälten und einem Betriebswirt bestehende GbR eine Volksbank, die ihr ein Darlehen zu 7 % Zinsen p.a. gewährt hatte, auf Rückzahlung zu viel gezahlter Zinsen verklagt, da mangels Angabe des effektiven Jahreszinses gem. § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG nur Zinsen in Höhe von 4 % geschuldet gewesen seien.
578
Vgl. § 3 E. II. 4. c). Dazu bereits § 5 A. I. 4. 580 Zu den Auswirkungen einer identitätswahrenden Umwandlung auf das Grundbuch Schöner/Stöber, in: Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 985, 4281. 581 BGH, Urteil. v. 23. 10. 2001 – Az.: XI ZR 63/01 = NJW 2002, 368. 579
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In Übereinstimmung mit einigen Stimmen in der Literatur führte der BGH aus, dass das Verbraucherkreditgesetz auch auf die GbR anwendbar sei. Unter natürlichen Personen sei nicht nur eine einzelne natürliche Person, sondern auch eine gesellschaftsrechtlich verbundene Gruppe von natürlichen Personen zu verstehen.582 Den Begriff der natürlichen Person habe der Gesetzgeber nur im Gegensatz zu dem der juristischen Person gebraucht, so dass daraus folge, dass nur Kredite an juristische Personen von vornherein nicht dem Verbraucherkreditgesetz unterfielen.583 Entscheidend sei jedoch letztlich der Schutzzweck des Gesetzes; geschützt werden sollten alle natürlichen Personen, die mit dem Kredit keine gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit fördern wollten.584 An der Schutzwürdigkeit der natürlichen Personen ändere sich auch dann nichts, wenn sie gemeinschaftlichen einen Kredit aufnähmen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Auf die organisatorische Struktur der Gemeinschaft komme es im Hinblick auf den Vorrang der Schutzwürdigkeit ebenso wenig an, wie auf die Haftungsverfassung.585 Diese Ansicht kann kaum als die ganz herrschende bezeichnet werden, haben sich doch in der Literatur einige Stimmen gegen diese Entscheidung ausgesprochen. Gegen die Argumentation des BGH wird vornehmlich angeführt, dass die Verbraucherkreditrichtlinie586 neben den natürlichen und juristischen Personen auch eine „Gruppe solcher Personen“ nenne.587 Auch die Systematik der §§ 13,14 BGB lasse keine direkte Anwendung des § 13 BGB auf die GbR zu.588 Vielmehr unterscheide der Gesetzgeber in § 14 BGB zwischen natürlichen und juristischen Personen sowie den rechtsfähigen Personengesellschaften, welche gegenüber der natürlichen Person mithin als aliud erschienen.589 Ferner sei es inkonsequent, der GbR auf der einen Seite die Rechtsfähigkeit zuzuerkennen, bei der Frage nach der Verbrauchereigenschaft aber wiederum darauf abzustellen, dass es sich lediglich um eine Verbindung natürlicher Personen handele.590
582
Saenger, in: Erman, BGB, § 13 Rn. 6. BGH, Urteil. v. 23. 10. 2001 – Az.: XI ZR 63/01 = NJW 2002, 368; Saenger, in: Erman, BGB, § 13 Rn. 6. 584 Auch für die meisten Stimmen in der Literatur verbietet sich eine pauschale Einordnung der GbR als Verbraucher. Maßgeblich sei der Zweck der Betätigung, der eine Einordnung als Verbraucher so lange zulasse, wie sie nicht kommerziellen Zwecken diene, Kannowski, in: Staudinger, BGB, § 13 Rn. 35 ff.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 13 Rn. 2; Saenger, in: Erman, BGB, § 13 Rn. 6; Pfeiffer, in: Soergel, BGB, § 13 Rn. 48. 585 BGH, Urteil. v. 23. 10. 2001 – Az.: XI ZR 63/01 = NJW 2002, 368 f. 586 Richtlinie 87/102/EWG v. 22. 12. 1986. 587 Lehmann, AcP 207, 225 (246); Fahrenbacher/Herr, BB 2002, 1006 (1009); kritisch im Hinblick auf die supranationalen Vorgaben ferner Krebs, DB 2002, 517 (518). 588 Reuter; AcP 207, 673 (682). 589 Micklitz, in: MüKo, BGB, § 13 Rn. 17 f.; Fahrenbacher/Herr, BB 2002, 1006 (1009); Krebs, DB 2002, 517 (518); ähnlich Prütting, in: P/W/W, BGB, § 13 Rn. 8; Knöfel, AcP 205, 645 (654). 590 Lehmann, AcP 207, 225 (246). 583
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Unter Außenvorlassung einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den EURichtlinien, die über den hiesigen Untersuchungsgegenstand hinausgehen würde, erweist sich das Urteil des BGH im Ergebnis als alternativlos. Zur Begründung dieser These bedarf es allerdings nicht des Rückzugs auf das Argument des Schutzzwecks der jeweiligen Verbraucherschutzvorschriften bzw. Richtlinien. Gleichwohl weist der Gedanke, dass es sich bei der Gesamthand „nur“ um einen rechtsfähigen Zusammenschluss von natürlichen Personen handelt, dem nicht die Eigenschaft einer juristischen Person zukommt, den richtigen Ansatz auf. Im Gegensatz zum Vorgehen des BGH ist dieser Ansatz jedoch nicht dahingehend fortzuführen, dass mit der Gegenüberstellung von Verbraucher/juristische Person lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass juristische Personen von vornherein nicht Verbraucher sein können.591 Die Lösung der Problematik lässt sich auch hier vielmehr der strikten Durchführung des Gesamthandsprinzips entnehmen: Unter Anknüpfung an die im zweiten Teil der Untersuchung sowie zuletzt hinsichtlich der Grundbuchfähigkeit der Erbengemeinschaft getätigten Aussagen zum Gesamthandsprinzip bzw. der Rechtssubjektivität der Gesamthand fehlt es der Erbengemeinschaft an einem Anknüpfungspunkt für das im Gegensatz zum Begriff der natürlichen Person nach § 13 BGB stehende pauschale ,Prädikat‘ der Unternehmereigenschaft. Während bei den juristischen Personen ein gegenüber den Mitgliedern verselbstständigtes körperschaftliches Gebilde mit eigener Identität besteht, das Träger der Unternehmereigenschaft sein kann, ist die Erbengemeinschaft nicht mehr als die Mehrheit der Miterben, die durch das Rechtsverhältnis zur gesamten Hand zu einem einheitlichen Rechtssubjekt verbunden sind.592 Ein von den Gesamthändern verschiedenes Rechtsubjekt, dessen Stellung im Rechtsverkehr (Verbraucher oder Unternehmer) gegenüber den einzelnen Mitgliedern unterschiedlich – im Sinne einer Eigenschaft – beurteilt werden könnte, gibt es nicht.593 Nach hier vertretener Auffassung entsteht durch die gesamthänderische Verbindung zwar eine Gesamtsphäre, die der Gesamthand beispielsweise im Prozess oder im Grundbuch eine gewisse Kontinuität unabhängig vom Mitgliederbestand ermöglicht, allerdings keinen verselbstständigten corpus bildet, sondern lediglich dem ,Gesamtrechtssubjekt“ der Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Rechnung trägt. Mitnichten ist es daher ein „methodischer Fehler“, wenn der Gesamthand auf der einen Seite die Rechtsfähigkeit zuerkannt wird, für die Übertragung der Verbraucherfähigkeit auf der anderen Seite aber geltend gemacht wird, es handele sich letztlich nur um eine Verbindung natürlicher Personen.594
591
BGH, Urteil. v. 23. 10. 2001 – Az.: XI ZR 63/01 = NJW 2002, 368. Vgl. Flume, ZHR 136, 177 (188 f.); Saenger, S. 50. 593 Das Rechtssubjekt Gesamthand ist nur eine Erweiterung der Rechtssubjektivität der einzelnen Gesamthänder „und nicht ein anderes, neues geworden“, vgl. Schüler, Sächs. Jur. Abhandlungen 1, 485 (499). 594 Lehmann, AcP 207, 225 (246). 592
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
Der Gesamthand unter Hinweis auf ihre Rechtsfähigkeit den Status als Verbraucher alternativlos zu entziehen,595 führt auch hier zu einer vorschnellen Gleichstellung mit den Personenhandelsgesellschaften596 sowie den juristischen Personen, die Ausgangspunkt gefährlicher Entwicklungen sein können, wie sie bereits im Grundbuchrecht eingetreten sind und durch den Gesetzgeber, wie zuvor gesehen, wieder rückgängig gemacht werden mussten. In dieser Hinsicht wiegen die vom BGH angestellten Schutzzweckerwägungen zum Verbraucherkreditgesetz, die sich ohne weiteres auf aktuellere Verbraucherschutzvorschriften übertragen lassen, bei der Erbengemeinschaft umso schwerer, denn anders als die Gesellschafter einer GbR haben sich die Miterben nicht freiwillig und auch nicht notwendigerweise zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks zusammengeschlossen. So ist es nicht recht einzusehen, wieso einer Erbengemeinschaft bspw. im Rahmen eines Kaufvertrages, der in ordnungsmäßiger Verwaltung – möglicherweise sogar als notwendige Erhaltungsmaßnahme – des Nachlasses geschlossen wird und dessen Abschluss nicht gleichzeitig eine unternehmerische Betätigung darstellt, die Berufung auf § 476 BGB versagt sein soll, während dies für einen Alleinerben in der gleichen Situation ohne weiteres möglich ist. Sachgerecht scheint es vielmehr, grundsätzlich auf den konkreten rechtsgeschäftlichen Kontakt abzustellen.597 In Anlehnung an die Stimmen, die bei der GbR die Verneinung der Verbraucherfähigkeit bei Vorhandensein einer juristischen Person annehmen, scheint eine Übertragung auf die Erbengemeinschaft in Ansehung der Erbfähigkeit598 juristischer Personen angemessen, da in diesen Fällen kein Handeln eines Verbandes natürlicher Personen mehr vorliegt.599
D. Zusammenfassung Die Ausführungen im Rahmen dieses letzten Untersuchungsabschnitts haben im Hinblick auf die von John in die Diskussion um die Rechtsfähigkeit von Personenverbindungen eingebrachten Kriterien zunächst gezeigt, dass die Erbenge595
Lehmann, AcP 207, 225 (246); so wohl auch Prütting, in: P/W/W, BGB, § 13 Rn. 8. Die Entscheidung des BGH mit K. Schmidt, JuS 2006, 1 (5) als „rechtspolitische Notlüge“ abzustempeln scheint ebenfalls nicht gerechtfertigt, denn die Anerkennung der Verbraucherfähigkeit der BGB-Gesamthandsgemeinschaften führt nicht zwangsläufig zur Anerkennung der Verbraucherfähigkeit der HGB-Gesamthandsgemeinschaften. Diese verfügen mit ihrer Firma, die sowohl ihren „kaufmännischen Namen“ (Gierke, ArchBürgR 19, 114 (121) als auch formalen Ausdruck ihrer Einheit darstellt, über einen einem körperschaftlichen Gebilde angenäherten Anknüpfungspunkt für eine von den Mitgliedern losgelöste Einordnung als Unternehmerin. 597 Vgl. BGH, Urteil. v. 23. 10. 2001 – Az.: XI ZR 63/01 = NJW 2002, 368; Kannowski, in: Staudinger, BGB, § 13 Rn. 35 f.; Saenger, in: Erman, BGB, § 13 Rn. 6; Kern, ZGS 2009, 456, (457). 598 Zimmer, in: P/W/W, BGB, § 1923 Rn. 16; Otte, in: Staudinger, BGB, § 1923 Rn. 28. 599 Schmidt-Räntsch, in: B/R, BGB, § 13 Rn. 6. 596
§ 7 Fazit
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meinschaft unter Bestätigung der Ergebnisse in § 5 A. II. durchaus auch zur längerfristigen Teilnahme am Rechtsverkehr geeignet ist, ohne an „Schwerfälligkeiten“ in ihrer Binnenstruktur zu leiden. Gleichzeitig bot sich bei der näheren Befassung mit der Kriterien Johns die Gelegenheit, den Haftungsverband der Erbengemeinschaft im Hinblick auf ihre Rechtsfähigkeit eingehender zu erläutern und durch die weite Auslegung des Surrogationsbegriffs die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Miterben sowie die Nachlassgläubigerinteressen zu stärken. Zum anderen konnte sowohl die praktisch sehr relevante und im Bereich der GbR äußerst problemträchtige Grundbuchfähigkeit der Erbengemeinschaft sowie deren Fähigkeit, Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB zu sein, bejaht werden. Beide Problemkomplexe boten allerdings auch die Möglichkeit, das Bild der Gesamthand als rechtsfähigen Verband zwischen natürlicher und juristischer Person nach hier vertretener Auffassung, die auf der Gruppenlehre wie auch der Genossenschaftstheorie fußt, zu festigen und die Konsequenzen aufzuzeigen, die notwendigerweise aus dem Rechtsprinzip der Gesamthand gezogen werden müssen. Im Zuge dessen hat sich bei der Frage nach der Grundbuchfähigkeit wie auch nach der Verbraucherfähigkeit gezeigt, dass die Praxis – zumindest mit Blick auf die GbR – die Gesamthand contra legem den Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt hat und mithin zu dogmatisch wie praktisch fragwürdigen Ergebnissen gelangt. Dies war für die Erbengemeinschaft nach den hier gewonnen Ergebnissen dahingehend zu berücksichtigen, dass die Bedeutung der Gesamthänder für das Rechtssubjekt Gesamthand stärker in den Vordergrund gerückt wurde.
§ 7 Fazit Am Ende der Untersuchung stehen entsprechend ihrer Aufteilung drei grundlegende Erkenntnisse zu den historischen Hintergründen des Gesamthandsprinzips, dessen dogmatischer Konstruktion sowie dem Wesen der Erbengemeinschaft als einer der diversen Anwendungsmöglichkeiten des Prinzips. Diese sind in Ansehung der bereits im Rahmen der einzelnen Teile der Untersuchung erfolgten Zusammenfassungen in der gebotenen Kürze wie folgt hervorzuheben:
A. Erste Erkenntnis Bereits in den Anfängen der Untersuchung ihrer Besonderheiten wurden die verschiedenen deutschrechtlichen Gemeinschaften zwischen den strengen römischen-rechtlichen Gegensätzen von communio und societas auf der einen und der universitas auf der anderen Seite eingeordnet, um so den natürlichen Lebensvorstellungen Ausdruck zu verleihen, die sich nicht lediglich in die schroffen Gegensätze der beiden römischen Gemeinschaftsformen zwängen ließen, da ihnen der
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Gedanke einer Bruchteilsberechtigung der Gemeinschafter an dem gemeinschaftlichen Vermögen fremd war und auch die Mitglieder nicht zu Gunsten einer juristischen Person enteignet werden sollten. Waren die ersten selbstständigen Konstruktionsversuche germanischer Rechtwissenschaftler zum Ende des 17. Jahrhunderts noch römisch-rechtlich gefärbt, indem sie den Gedanken eines gemeinschaftlichen Eigentums bar jeder Bruchteilsberechtigung von der Objektseite unternahmen und so das logisch widersprüchliche dominium plurium in solidum schufen, suchte man in Ansehung dieser Unzulänglichkeiten bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Fundament der deutschrechtlichen Verbindungen zur gesamten Hand im Personenrecht. Ging man hier wie Hasse zunächst noch den Weg, die deutschrechtlichen Verbindung wie die Gütergemeinschaft auf eine Ebene mit den juristischen Personen zu heben, entwickelte sich bald der Gedanke der rechtsfähigen Personengemeinschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit; die Grundlage für die von Beseler geschaffene und von Gierke zu unglaublichen Einflussreichtum erhobene Genossenschaftslehre. Während ihrer gesamten Entwicklung sah sich die germanistische Wissenschaft zur Gesamthand immer wieder Angriffen ausgesetzt, die die Gesamthand entweder als Modifikationen römisch-rechtlicher Institute klassifizierten oder den einzelnen Gemeinschaften überhaupt jedwede Besonderheit absprachen, gar ein einheitliches Rechtsprinzip leugneten. Derweil sah sich selbst der Gesetzgeber in dem ansonsten durch und durch römischrechtlichen ersten Entwurf des BGB zur Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit zunächst nur bei der Gütergemeinschaft gezwungen und nahm so ein besonderes deutschrechtliches Miteigentum an, das abweichend von dem römischen Sozietätsbegriff zu beurteilen sein sollte. Von besonderem Wert für die vorliegende Untersuchung ist allerdings die Feststellung, dass auch nach Übernahme des Gesamthandsprinzips in das schließlich am 01. 01. 1900 in Kraft getretene neue Gesetzbuch eine Zäsur in der Diskussion um das Wesen der Gesamthand nicht behauptet werden kann. Das Gesamthandsprinzip steht in Rechtsprechung und Lehre weiterhin im Mittelpunkt verschiedener Strömungen, die allenfalls mit geringen Abweichungen auf die Auffassungen des bereits zur Einführung des BGB seit über 200 Jahren bestehenden Streites über die dogmatische Konstruktion der Gesamthand zurückgehen. So wird die Gesamthand entweder neuerlich im Lichte der romanischen Doktrin als besondere Form der Bruchteilsberechtigung mit nicht veräußerlichen Anteilen an den Vermögensgegenständen betrachtet, seit einigen Jahren nunmehr zumindest in einzelnen Anwendungsbereichen als Rechtssubjekt anerkannt, wobei auch hier wiederum zwischen rechtsfähiger Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit und juristischer Person geschwankt wird, oder man findet gleich dem Blick durch ein Kaleidoskop – freilich mit der Einschränkung, dass man hier kaum von „schönen Formen“ sprechen kann – schier unzählige Variationen eines dominium plurium in solidum, das die Gesamthand als bloße Vermögensgemeinschaft erscheinen lässt. Für die Auseinandersetzung mit der Gesamthandslehre bedeutete dies, dass bei einer kritischen Würdigung nicht nur Ergebnisse aus den vielen hunderten Jahren der
§ 7 Fazit
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Entwicklung der Gesamthandsdoktrin fruchtbar gemacht werden können, sondern vielmehr die historischen Hintergründe bei der Konstruktion eines mit den Grundprinzipien des BGB verträglichen Gesamthandprinzips nicht außer Acht gelassen werden können.
B. Zweite Erkenntnis Auf dieser Grundlage waren sodann im Rahmen des zweiten Teils der Untersuchung die verschiedenen Erklärungsversuche der dogmatischen Konstruktion der Gesamthand unter strikter Einhaltung der sachenrechtlichen Grundsätze des BGB auf ihre Tauglichkeit, sämtliche Ausformungen der Gesamthand dogmatisch erfassen zu können, zu untersuchen. So konnte zum einen die jedenfalls bei Erben- und Gütergemeinschaft noch herrschende Lehre der ungeteilten Gesamtberechtigung unter Rückgriff auf die Kritik am dominium plurium in solidum, zum anderen die Lehre der geteilten Mitberechtigung, wonach die Gesamthandsgemeinschaften lediglich als mit besonderen Verfügungsverboten ausgestattete Bruchteilsgemeinschaften erscheinen, unter besonderer Berücksichtigung des historischen Hintergrunds der Gesamthand sowie der diversen Erklärungsprobleme und praktischen Nachteile, die aus der Durchführung der Theorie folgten, als taugliche Konstruktionsgrundlagen der Gesamthand ausgesondert werden. Hinsichtlich der zahlreichen Variationen der Gesamtberechtigungslehre sowie der Aufgliederungstheorien konnte zudem festgestellt werden, dass sie teilweise das Vorhandensein eines Vermögensinbegriffs voraussetzen, den zwar das Allgemeine Landrecht kannte, der dem BGB jedoch letzten Endes fremd ist, oder bei logisch konsequenter Durchführung wiederum entweder die Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gemeinschaft voraussetzen oder zu einer Bruchteilsberechtigung der einzelnen Gesamthänder führen, die dem Gesamthandsprinzip jedoch seit jeher fremd ist. Aus dem durchgeführten Ausschlussprinzip kristallisierte sich letztlich die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgemeinschaften als einzig mögliche dogmatische Grundlage des Gesamthandsprinzips heraus. Dies ist nicht zuletzt auf den Umstand zurückzuführen, dass der Gesetzgeber zwar das Gesamthandsprinzip für die GbR, die Gütergemeinschaft und die Erbengemeinschaft übernommen, gleichzeitig aber den ausschließlichen, keine Vermittlung gestattenden Eigentumsbegriff mit § 903 BGB beibehalten hat, obwohl insbesondere die Genossenschaftstheorie die Gesamthand durch eine Kombination personenrechtlicher Elemente und den deutschrechtlichen Eigentumsbegriff geprägt sah, der sich in einer Doppelgestalt von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum verwirklichte. Die zweite festzuhaltende Erkenntnis ist mithin, dass die Rechtssubjektivität der Gesamthand vor dem Hintergrund der nur teilweisen Adaption des Prinzips in das überwiegend römischrechtliche System des BGB als zwingend erscheint, wenn man die Gesamthand nicht entgegen germanischer Tradition wieder in das Korsett einer Bruchteilsberechtigung zwängen will. Zwischen den Instituten bestehen zwar einige Überschneidungen, die sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber die Bruchteils-
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Teil 3: Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft
gemeinschaft im BGB als eine Verwaltungsgemeinschaft zur gesamten Hand mit bestimmten dinglichen Wirkungen ausgestaltet hat, gleichwohl stehen sie sich unvereinbar gegenüber. Scheidungskriterium der beiden Gemeinschaftsformen ist das Vorhandensein eines von dem Vermögen der Gesamthänder getrennten Sondervermögens, das lediglich den Belangen der Gemeinschaft zu dienen bestimmt ist. Während sich die Bruchteilsgemeinschaft in der unmittelbaren Zuständigkeit zu einem gemeinschaftlichen Recht erschöpft, hat der Gesamthänder selbst dann keinen Anteil an dem Sondervermögen, wenn dieses aus lediglich einem Gegenstand besteht, da das Vermögen ausschließlich im Eigentum der Gesamthand steht. Von den daraus folgenden Konsequenzen bedürfen die beiden folgenden einer erneuten Hervorhebung: Zum einen sind seit Inkrafttreten des BGB Sonderrechte sachenrechtlichen Gehalts im Sinne der Genossenschaftslehre nicht mehr denkbar. Gleichwohl ist die Durchführung des Prinzips dadurch nicht gehemmt. Etwaige Sonderberechtigungen der Gesamthänder an dem Sondervermögen, die durch die Elastizität des Prinzips unproblematisch dargestellt werden können, ohne dass sich dies auf die Rechtssubjekts-Qualität der Gemeinschaft auswirkte, stellen sich nunmehr lediglich als mitgliedschaftliche Berechtigungen am Vermögen der Gesamthand dar. Die durch den Wegfall der Sonderrechte sachenrechtlichen Gehalts bewirkte Annäherung der Gesamthand an die juristischen Personen führt dabei jedoch nicht zu einer Gleichstellung der beiden Rechtssubjekte. Neben dem allenfalls durch Umgehung auszuhebelnden Grundsatz der Selbstorganschaft, der die Gesamthänder zu den „geborenen Organen“ der Gesamthand macht, erweist sich die absolute Abhängigkeit der Gesamthand von ihrem Mitgliederbestand als zuverlässiges Abgrenzungskriterium. Zum anderen beansprucht das gewonnene Ergebnis auf Grund seiner Deduktion aus den sachenrechtlichen Grundprinzipien des BGB Anwendung auf sämtliche Gesamthandsgemeinschaften. Es gilt mithin das Prinzip der Einheits-Gesamthand. Dies entspricht dem Grundgedanken des Gesetzgebers und auch der historischen Wirklichkeit.
C. Dritte Erkenntnis Gemäß den Ergebnissen des zweiten Teils stand bereits zu Beginn des dritten, der Erbengemeinschaft gewidmeten Teils die Erkenntnis, dass diese wie die übrigen Gesamthandsgemeinschaften ebenfalls rechtsfähig ist. Dies galt es lediglich unter Berücksichtigung ihrer Strukturelemente zu bestätigen und zu verteidigen. Voranzustellen war, dass das Prinzip der Einheitsgesamthand trotz des Rückgriffs des Gesetzgebers auf das Vorbild der „Erbengemeinschaft“ des Allgemeinen Landrechts durchzuhalten ist. Die Bedeutung der landrechtlichen Wurzeln der Erbengemeinschaft liegt vielmehr darin, dass insbesondere durch die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals die hervorragende Bedeutung des Sondervermögens, das allein den Belangen der Gemeinsphäre zu dienen bestimmt ist, – im Falle der
§ 7 Fazit
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Erbengemeinschaft des Nachlasses – für das Gesamthandsprinzip herausgestellt wurde. Die besondere Bedeutung des Vorhandenseins eines Sondervermögens war in der Folge noch mehrfach hervorzuheben, nachdem hinsichtlich der von Rechtsprechung und Literatur gegen die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft vorgebrachten Argumente dadurch entkräftet werden konnten, dass die Erbengemeinschaft den gestellten Anforderungen entweder problemlos entspricht oder die angelegten Maßstäbe für die Frage nach der Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft nicht von Belang sind. Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit beseitigt insbesondere auf der Haftungsebene bestehende Konflikte zwischen der gesamthänderischen Bindung und der qua § 2058 BGB angeordneten gesamtschuldnerischen Haftung der Miterben sowie der Verwischung der Grenzen zwischen Schuld und Haftung. Im Übrigen ist das von der herrschenden Meinung gezeichnete Bild der kurzlebigen, auf Auseinandersetzung ausgerichteten Erbengemeinschaft längst überholt, so dass diesem Umstand durch eine weite Auslegung des Surrogationsbegriffs nach § 2041 BGB zu Gunsten der Interessen der Gläubiger sowie der Miterben Rechnung zu tragen war. Grundsätzlich berechtigten Zweifeln an der Rechtsfähigkeit unter Hinweis auf etwaige Defizite in ihrer Handlungsfähigkeit ist jedoch Schweigen geboten, wenn unter Anwendung der historischen Auslegung die Bedeutung des § 2040 Abs. 1 BGB allein in der grundsätzlichen Festschreibung des Gesamthandsgedankens bei der Erbengemeinschaft gesehen wird und die tatsächliche Handlungsorganisation lediglich nach dem abgestuften Befugnismodell des § 2038 BGB mit der Folge beurteilt, dass die Beweglichkeit der Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr die der GbR sogar übersteigt. In Ansehung dessen galt es einen weiteren Schwerpunkt darauf zu legen, die Unterschiede zwischen den Gesamthandsgemeinschaften des Bürgerlichen und des Handelsrechts zu betonen, um so den Vorwurf einer Rechtsfortbildung contra legem, wie sie sich bei der GbR längst im Prozess- und im Grundbuchrecht vollzogen hat, auszuschließen. Mit Blick auf die Regelung des § 124 HGB war daher unter Betonung des Grundgedankens der gesamthänderischen Verbindung sowie der Besonderheiten der Rechtssubjektivität der Personenverbindung klarzustellen, dass die Erbengemeinschaft trotz Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit im Prozess durch die Nennung der sie „tragenden“ Miterben zu verklagen ist und auch die Eintragung im Grundbuch unproblematisch unter Anwendung des § 47 Abs. 1 GBO erfolgen kann, ohne dass es eines Rückgriffs auf die misslungene Regelung des § 47 Abs. 2 GBO bedürfte.
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Sachwortverzeichnis Abwachsung 117 actio familiae erciscundae 181 Anwachsung 54, 117 f., 121 ARGE 222 Aufgliederungstheorien 49, 101 – Aufgliederung des Rechtsinhalts 52, 103, 153, 171 – Grundlage der Bruchteilsgemeinschaft 153 – Innere Ordnung 51 f., 102, 153 – Konstanz des Rechtsinhalts 49, 63, 171 – Rechtszuständigkeit 49, 101 – Teilungsgedanke 50, 52 – Verschleierung der Zuständigkeitsproblematik 102, 104 f. Auflösung der Gemeinschaft 139 – Wirksamwerden von Anteilsrechten 90, 95 Auflösungsklage 139 Bamberger Landrecht 108 Belehnung zur gesamten Hand 23 f., 26, 30 f. Bestimmtheitsgrundsatz 77, 84, 94 – Gesamthand als Ausnahme 78, 80 Bruchteilsgemeinschaft 48 f., 51 f., 57, 59 f., 100, 103, 151 – Abgrenzung von der Gesamthand 58, 67, 166, 170 – Aneignung des Bruchteils 159 – Anteil 67, 152, 164 – Dauerhaftigkeit 162 – Dereliktion 159 – Dingliche Einheitstheorie 153 – Dogmatische Grundlage 152 – Harmonisierung des Gemeinschaftsverhältnisses 154, 171 – Kollisionsgemeinschaft 156, 171 – Koordination der Befugnisse 162, 164, 169, 171 – Koordinierte Anteilsverfügung 113, 166
– Korporative Elemente 162 f. – Plus von Gesamthand 250 – Qualitative Beschaffenheit des Anteils siehe Eigentum (Modifikation) – Rechtssubjekt 58, 63, 67, 169 – Rechtszuständigkeit 152 – Schuldverhältnis 163 – Spannungsverhältnis 157 – Verfügungsbefugnis 165 – Verfügungsgegenstand 157 – Vervielfältigung des Rechts 159 – Verwaltungsgesamthand 163 – 165, 171 communio 26, 37, 29 f., 38 f., 91, 110, 180, 273 Corpus juris 180 Correalverbindlichkeiten 193 dominium plurium in solidum siehe Gesamteigentum Dualismus Personenverband-Verbandsperson 61 f., 71 Dualismus von societas und universitas 24, 30, 35, 38, 73, 109, 273 duorum in solidum dominium vel possessio esse non potest 75, 87, 158 Durchbrechung des Prinzips der Selbstorganschaft 144 Eigentum 74, 154 – Ausschließlichkeit 86, 123, 165 – Gemeinschaftliches 181, 234 – Germanisches 123, 172 – Geteiltes 125 – Identität des Rechtsinhalts 60, 155 – Modifikation 103, 153, 171 – Teilbarkeit 57, 169 – Verkrüppelung 155 – Verwaltungsrecht 169 Einheit in der Vielheit 26, 59, 62, 91, 142
298
Sachwortverzeichnis
Einheit von Rechtssubjekt und Rechtsobjekt 60, 62, 64 Einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung 194 f., 262 Einheitliches Schuldverhältnis mit doppeltem Haftungsgrund 195, 260 Einheits-Gesamthand siehe Einheitslehre Einheitslehre 20, 150, 174, 179, 188, 274, 276 Einpersonen-Gesamthand 144 Einstimmigkeitsprinzip 137, 140, 230 Erbengemeinschaft 19, 34, 40, 42 – Abgrenzung zur Verwaltungsgesamthand 249 – Abschichtung 224 – Anteil 180, 182, 185 – Anwendung von § 727 ZPO siehe Mitgliederwechsel nach Titelerrichtung – Ausrichtung auf Auseinandersetzung 224 – Bedürfnisse des Rechtsverkehrs 212 f. – Bestätigung von Rechtsverhältnissen 196 – Bezeichnung der Gemeinschaft 197, 208, 251 f. – Dauerhaftigkeit 220 – Einfache Streitgenossenschaft 203 – Geborene Liquidationsgemeinschaft 221, 225 – Gemeinschaftliche Verfügung 238 – Gesamthandsklage 192, 203 – Gesamtschuldklage 192, 203, 209, 255 – Grundbuchfähigkeit 264 – Haftung für Organe (§ 31 BGB) 263 – Haftungsmaßstab 218 – Haftungsverband 194, 253 – Handlungsorganisation 226, 237, 242, 248, 258, 269 – Identitätsausstattung 251 – Identitätsstiftendes Merkmal siehe Gesamthand (Identitätsstiftendes Merkmal) – Interessen der Miterben 178, 257 – Interessen der Nachlassgläubiger 178, 257, 262 f., 273 – Interessen der Nachlassschuldner 178 – Klage auf „Herbeiführung“ der Verfügung 193 – Minus an gesamter Hand 250
– Mitgliederwechsel nach Titelerrichtung 205 – Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung 204 – Mitwirkungspflicht der Miterben 214 – Nachlassverbindlichkeiten 184 – Notwendige Streitgenossenschaft 203 – Ordnungsgemäße Verwaltung 259, 261 f. – Ordnungsmäßige Verwaltung 195, 230, 232, 259 – Organe 240, 263 – Parteifähigkeit 196 f. – Parteiwechsel siehe Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung – Praktikabilität 199, 210, 264 – Prozessstandschaft (§ 2039 BGB) 241 – Rechtsfähigkeit 21, 196, 212, 260 – Rechtsnachfolge 205 – Römisches Recht 180 – Schutz der Minderheitsmiterben 233, 235 – Schwerfälligkeit 233, 240, 249, 273 – Sondervermögen siehe Sondervermögen (Grundlage der Gesamthand) – Statistik 177, 212, 222 – Surrogation 256, 262 – Teleologische Reduktion der Gesamtschuld 194, 255 – Ursprünge im Allgemeinen Landrecht 82, 181, 187, 234, 250 – Veräußerbarkeit der Mitgliedschaft 217 – Verbrauchereigenschaft 269 – Vertretungsmacht 230, 241, 258 – Verwaltung und Verfügung 232 – Verwaltungsbegriff 229 – Verwaltungssitz 251 – Vollstreckung – Titel gegen alle Miterben 192, 208 – Vollstreckungsschuldnerin 207 – Zwangsgemeinschaft 213 – Zweck 227 – Zweckmäßigkeitserwägungen des Gesetzgebers 178, 187 Erbfallschulden 194, 253 Erblasserschulden 194 Erbschaftskauf 196 Erbschein 200
Sachwortverzeichnis Familiengemeinschaft 177 Firma 201 – Formaler Ausdruck der Einheit
201
Ganerbschaft 23, 29 Gemeinschaftswille 137 Gemeinsphäre 92, 104 Gemeinwille 137 Genossenschaft – Handlungsorganisation 141 – Korporation 29, 141 – Selbstorganschaft 142 Genossenschaftslehre siehe Genossenschaftstheorie Genossenschaftstheorie 23, 28, 36, 90 f., 108, 143, 198, 214, 273 – Ambivalenz 214, 219 – Entstehungsgrund der Gemeinschaft 214 – Nebeneinander von Gemeinschafts- und Sondersphäre 92, 123, 134, 142 Gesamteigentum 24 f., 28, 35, 41, 73, 77, 85, 87 f., 90, 95, 97 f., 100, 107, 154, 157, 172, 274 Gesamthand 19, 31, 41, 43, 49, 51 – Abgrenzung von der Körperschaft siehe Juristische Person – Abhängigkeit vom Einzelwillen 139 – Anteile 34, 37, 39, 44 f., 48, 51, 53 – 56, 59, 88, 90, 104 f., 117, 122, 130, 166, 173 – Ausschluss der Übertragbarkeit höchstpersönlicher Rechte 141 – Bedeutung der Mitgliedschaft 72, 131, 149, 173 – Bruchlose Einpassung 68, 97 – Dehnbarkeit 32, 137, 215 – Elastizität 22, 128 f., 131, 215 f., 250, 276 – Ergründung durch die Rechtswissenschaft 97, 128, 135, 190 – Gleichsetzung von Anteil am Vermögensgegenstand und mitgliedschaftlicher Berechtigung 130, 173 – Gleichsetzung von Anteil und Mitgliedschaft 67, 131 f., 173 – Gradunterschied 202 – Historische Entwicklung 19, 23, 39, 73, 106
299
– Identitätsstiftendes Merkmal 202, 204, 267 – Innere Ordnung 66, 129, 131, 137 – Korporative Elemente 52, 56, 60, 62, 163, 217 – Mitgliedschaft 48, 56, 58, 64, 67, 71 f., 104, 109, 131 – Objektive Grundlage 60, 63, 68, 74, 122, 134 – Personenrechtliche Elemente siehe Personenrecht – Rechtsfähigkeit 21, 27, 31, 33, 64 f., 174, 215 – Rechtsprinzip 22, 33, 39, 56, 215 f., 249, 273 – Rechtssubjekt 50, 53, 55 f., 58 f., 62, 68, 71, 105, 109, 122, 173, 267, 271, 275 – Rechtszuständigkeit 50, 53 f., 66, 71, 93, 97, 104, 123 – Selbstorganschaft 140, 173 – Subjektive Grundlage 60, 68, 70, 74, 122, 134 – Willensbildung 61, 71, 121, 137 Gesamthandsdogmatik siehe Gesamthand Gesamthandsprinzip siehe Gesamthand Gesamtname 199 f., 204, 208, 210, 251, 265 Gesamtschuld 192, 255 Gesamtsphäre 125, 216 Gesamtwillen siehe Gesamthand (Willensbildung) Gesellschaft bürgerlichen Rechts 41 f., 70, 117, 189 – Dauerhaftigkeit 220 – Gelegenheitsgesellschaft 220, 222 – Gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter 191 – Gesamtgeschäftsführung- und Vertretung 229 – Gesellschafterwechsel 205 – Gesellschaftsverbindlichkeiten 191 – Grundbuchfähigkeit 265 – Haftungsmaßstab 218 – Identitätsstiftendes Merkmal 202 – Liquidation 225 – Organisationsvertrag 217 – Parteifähigkeit 189, 197
300
Sachwortverzeichnis
– Rechtsfähigkeit 20, 23, 100, 188 f., 191, 197 – Titel gegen alle Gesellschafter 207 – Übertragbarkeit mitgliedschaftlicher Befugnisse 120 – Verbrauchereigenschaft 269 – Zweck 227 Geteilte Mitberechtigung 44, 47, 50, 54, 74, 100, 105, 172, 275 – Anwachsung/Abwachsung 117 – Aufrechnungsmöglichkeit 115 – Eheliche Verfügungsverbote 119 – Gutglaubensvorschriften 113 – Konfusion und Konsolidation 116 – Praktische Erwägungen 112 – Verfügungsbefugnis 114 Gleichsetzung von Rechtsinhalt und Rechtsform 65, 93, 101 GmbH & Co. KG 143 Gradabstufungen der Rechtspersönlichkeit 248 Gruppenlehre 69, 108, 131, 133, 139, 150, 188, 198, 210, 213, 242, 273 – Ambivalenz 216, 219 Gütergemeinschaft 24, 30, 34, 41, 107, 185 – Haftungsmaßstab 218 – Juristische Person 111 Hausgemeinschaft 23, 40, 106, 111, 147, 176, 236, 251 Hausvermögen siehe Sondervermögen Identitätswahrende Umwandlung (Gesamthandsinterne) 206, 269 Innerrechtliche Befugniskollision 160 Interdependenzen zwischen Rechts- und Verpflichtungsträgerschaft 68 Interessenjurisprudenz 100, 199 Jülich-Bergische Gerichtsordnung 111 Juristische Person – Abgrenzung von der Gesamthand 61 f., 71, 122, 134 – Dauerhaftigkeit 223 – Drittorganschaft 140 – Haftungsbeschränkung 138 – Liquidationsstadium 225
– Mitgliederbestand 146 – Willensbildung 61, 71, 137 Kein-Mann-GmbH 145 Kölner Statuten 107 Kommanditgesellschaft auf Aktien 138 Körperschaft siehe Juristische Person Leistungspflicht-Leistungsvermögen (Verhältnis) 191 f., 194, 253, 255 Liquidation 59, 145, 221, 225 Liquidationsgesellschaft 145 Markgenossenschaft 26 Mehrheitsprinzip 137, 230, 243, 245 Miteigentum 24, 34, 36, 41, 55, 60, 77, 112, 118, 121, 148, 157, 169, 185, 215, 235, 245, 249 f. Mitgliedschaft siehe Gesamthand Moralische Person 26, 28, 35, 108, 185 Mutschierung bricht nicht gesamte Hand 251 Mystische Person 23, 25, 28 f., 35, 72, 107, 150 Nachlasserbenverbindlichkeiten 195, 200, 258, 261 Nebeneinander von Mit- und Gesamthandseigentum 110 f., 170 nomina ipso iure divisa sunt 180 f., 183, 187 Obereigentum 125 Obsoleszens des Instituts der Gesamthand 151 Offenkundigkeitsprinzip 258 Organstellung der Gesamthänder 69, 145, 240, 263 Personenrecht 48, 173, 185, 274 – Beteiligung 56, 98 – Verbindung 32, 49, 56, 58, 61, 70, 119, 130, 214, 223, 275 Preußisches Allgemeines Landrecht 179 Prüfungskompetenz des Vollstreckungsorgans 207 Pseudoanwachsung 118 Publikums-Gesellschaften 200
Sachwortverzeichnis Quotenrecht siehe Gesamthand (Anteile) Rechtsfähigkeit – Relativität 58, 66 Rechtskollision 50, 63, 75, 86, 155 f., 159, 168 Rechtssubjekt-Trias 136, 149, 151, 168 Rechtssubjekt und Rechtsperson 58 Rechtszuständigkeit 49, 60 f., 76, 101, 161, 168 – Aggregatszustände 50, 61, 101, 153 – Bestimmung durch Sachgerechtigkeitserwägungen 127 – Gemeinschaftliche 47, 95 – Geteilte 25, 48, 168 – Imperativtheorie 76 – Sekundäre 67, 125, 168 – Strahlenbündel 63, 65 – Ungeteilte 62, 64, 93, 157 – Verbindung mit Verfügungsbefugnis 165 – Vermittlung des Rechtsinhalts 62, 94, 103 – Vermögensinbegriff 78 Römisches Recht – Eigentum 24, 28, 37 Rubrumsberichtigung siehe Erbengemeinschaft (Mitgliederwechsel vor Titelerrichtung) Sachinbegriff siehe Vermögensinbegriff Schreinsbücher 108 Selbstorganschaft siehe Gesamthand (Selbstorganschaft) Selbstständiges Teilrecht 92 societas 28, 44, 273 Sondereigentum 123 Sonderrecht 57, 67, 71, 90, 123 f., 129 – Genossenschaftstheorie 90 – Latentes 89, 93 – Sachenrechtlicher Gehalt 89, 124, 130, 154, 172, 211, 276 – Unterschied zum Bruchteil 89 – Verhältnis zum Eigentum 93 Sondersphäre 93, 104, 125, 216 Sondervermögen 44, 48, 71, 106, 163, 187 – Grundlage der Gesamthand 163, 170, 175, 187, 217, 219, 226, 242, 276 – Vermögensinbegriff 55, 187
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– Zweckbindung 119, 121 Sozialanspruch 263 Spezialitätsgrundsatz 77, 84 Subjektives Recht – Einheitliche Zuweisung 65 – Konstanz des Rechtsinhalts siehe Aufgliederungstheorien (Konstanz des Rechtsinhalts – Mehrheitliche Zuständigkeit 64, 89, 152 – Rechtsobjekt 63, 76 – Strahlenbündel siehe Rechtszuständigkeit – Subjektlose Rechte 76 f. – Teilbarkeit 55 – Unterscheidung von Form und Inhalt 101 – Vermischung mit körperschaftlicher Verfassung 102 – Zuweisung der Rechtsinhalte 65, 101 Teilrechtsfähigkeit 66 f., 70, 72, 100, 152 – Ausrichtung auf Auseinandersetzung 224 – Dauerhaftigkeit der Gemeinschaft 220 – Entstehungsgrund der Gemeinschaft 213, 244 – Gemeinschaftlicher Zweck 227, 244 – Handlungsorganisation 226 – Identitätsausstattung der Gemeinschaft 251 Teilungsklage 181 Ungeteilte Gesamtberechtigung 25, 29, 46, 53 f., 65, 76, 88, 95, 100, 105, 154, 166, 172, 191, 275 – Anteil am Vermögen 46, 48 – Anteil an den Vermögensgegenständen 46, 48 – Mitgliedschaftliche Ausprägung 48, 98 – Polylemma 77 – Vermögensinbegriff 47, 77, 172 – Vollzuständigkeit der Gesamthänder 84 – Vortäuschung einer Lösung 65, 96 f., 100 – Widersprüchlichkeit 86, 90, 96 – Zuständigkeit der Gemeinschaft 95 universitas 26, 28, 30, 38, 91, 273 Untereigentum 125
302
Sachwortverzeichnis
Verbot der Selbstentmündigung 144 Verfügungsverbot 44, 47, 81, 89, 114, 116, 275 Vermögensinbegriff 47, 55, 72, 77, 100, 172, 182, 235, 275 – Germanischer 33, 81 – Preußisches Allgemeines Landrecht 79 – Sammelbezeichnung 80 Vervielfältigung des Rechts 88, 102, 118, 159 f. Verwaltungsgesamthand siehe Bruchteilsgemeinschaft (Verwaltungsgesamthand) Vollrechtskonkurrenz siehe Rechtskollision Vorrang des Gesellschaftsrechts 213
Weißes Ross 20, 189 – Fortbestand der Rechtsverhältnisse 196 – Konzeptionelle Schwächen d. traditionellen Auffassung 191 – Parteifähigkeit siehe Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Parteifähigkeit) – Streitgenossenschaftslösung 202 – Übertragung auf Erbengemeinschaft 211 – Vermischung von Schuld und Haftung 194 – Wortlaut-Argument 190 Wohnungseigentümergemeinschaft 243