Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Aktiengesellschaften 3428188780, 9783428188789

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German Pages 329 [330] Year 2023

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Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Aktiengesellschaften
 3428188780, 9783428188789

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 224

Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Aktiengesellschaften Von

Davud Tayaranian Djeyhuni

Duncker & Humblot · Berlin

DAVUD TAYARANIAN DJEYHUNI

Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Aktiengesellschaften

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler †

Band 224

Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Aktiengesellschaften Von

Davud Tayaranian Djeyhuni

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahr 2023 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2024 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18878-9 (Print) ISBN 978-3-428-58878-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Wintersemester 2022/2023 als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem dortigen Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht. Ihre Veröffentlichung wurde durch den Arbeitskreis Wirtschaft und Recht des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft mit einem Druckkostenzuschuss gefördert. Hierfür bin ich sehr dankbar. Für die Aufnahme in die vorliegende Schriftenreihe danke ich den Herausgebern Prof. Dr. Holger Fleischer LL.M., Prof. Dr. Hanno Merkt LL.M. und Prof. Dr. Gerald Spindler. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Stöber, der mich an seinem Lehrstuhl zunächst als studentische Hilfskraft und anschließend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in vielfältiger Weise und in bemerkenswertem Umfang gefördert hat. Ich werde die lehrreiche Zeit an seinem Lehrstuhl stets in schöner Erinnerung behalten. Herrn Prof. Dr. Florian Becker LL.M. danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Wertschätzung gilt auch meinen Kollegen Dr. Marc-Christian Pieronczyk und Tobias Stender, die mir während der Abfassung des Manuskripts wichtige Gesprächs- und Diskussionspartner waren. Dank schulde ich auch meiner Schwester Susann Tayaranian und Dr. Nicolas Harding, die mit größter Sorgfalt und Umsichtigkeit die mühsame Arbeit des Korrekturlesens übernommen haben. Nicht unerwähnt sollen meine engen und langjährigen Freunde Aydin Saleh-Kia und Kolja Harbs bleiben. Sie haben es immer verstanden, mich auch in zähen Phasen des Promotionsvorhabens zu ermutigen. Für ihren unermüdlichen Beistand und unsere außergewöhnliche Freundschaft bin ich sehr dankbar. Besondere Hervorhebung verdienen schließlich meine Eltern Sigrid Tayaranian und Dr. Hamid Tayaranian, die mich, seit ich erinnern kann, in jeder Hinsicht unterstützt haben. Ohne ihren unerschütterlichen Rückhalt wäre diese Arbeit unvollendet geblieben. Ich bin ihnen zu mehr Dank verpflichtet, als es Worte je ausdrücken könnten. Ihnen ist diese Arbeit in Liebe gewidmet. Kiel, im Frühjahr 2023

Davud Tayaranian

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Einführung

31

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Einführung in die Probleme und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Grundbegriffe und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 35 D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kapitel 2 Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

38

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Ingerenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Informationen als Ingerenzvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 I.

Aktienrechtliche Organisationsverfassung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . 50

II. Zwischen Steuerungspflicht und rechtsformbedingter Independenz . . . . . . . . . . . 52

Kapitel 3 Informationszugang der Gebietskörperschaft

74

A. Hürden des Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Erfordernis eines Nachteilsausgleichs, § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Pflicht zur Nachauskunft, § 131 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 B. Informationszugang über den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Informationszugang durch das Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . 86 II. Konzerninterne Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 C. Informationszugang über den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 I. Kompetenz des Aufsichtsrats zur Weitergabe von Informationen . . . . . . . . . . . . . 117 II. Berichte von Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . 120

10

Inhaltsübersicht III. Informationsweitergabe durch sonstige Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . 149

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG . . . . . . . . 150 I. Erweiterte Abschlussprüfung, § 53 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I.

Maßgeblichkeit der Informationsquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

II. Auswirkungen einer erfolgten Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Kapitel 4 Gefährdung sensibler Informationen im Rahmen parlamentarischer Kontrolle

162

A. Informationsrechte als Instrumente parlamentarischer Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . 165 II. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Länderebene . . . . . . . . . . . . 182 III. Übertragbarkeit auf Informationsanfragen der Gemeinderäte? . . . . . . . . . . . . . . . 189 C. Berichte der Rechnungshöfe im Rahmen der externen Finanzkontrolle . . . . . . . . . . . . 201 I.

Betätigungsprüfung, § 44 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

II. Berichte der Rechnungshöfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Entgegenstehende Geheimhaltungsbelange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 IV. Beteiligungen von Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Kapitel 5 Zugriff Dritter auf sensible Informationen durch Publizitäts- und Transparenzpflichten

211

A. Informationsfreiheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I. Allgemeines Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Umweltinformationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I.

Bedeutung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

II. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Landesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 245 III. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 256 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Inhaltsübersicht

11

Kapitel 6 Haftung der Gebietskörperschaft bei der Offenlegung sensibler Informationen

261

A. Erforderlichkeit eines Ausgleichs und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 B. Typisierung der Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . 263 II. Übertragung auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 III. Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle

268

IV. Haftung aus §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 V. Haftung aus der Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 I.

Die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus aktienrechtlicher Perspektive . . . . . . . 277

II. Das Konzernrecht als Konfliktlösungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 E. Grenzen des Haftungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Kapitel 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

293

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 I.

Ingerenzpflicht und Informationsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

II. Informationszugang der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 III. Offenlegung sensibler Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 IV. Haftungsrechtliche Folgen einer Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 B. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einführung

31

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Einführung in die Probleme und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Grundbegriffe und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 35 D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Kapitel 2 Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

38

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Ingerenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Gesellschaftsbeteiligungen als legitimationsbedürftige Staatsgewalt . . . . . . 38 b) Demokratische Legitimation der unternehmerischen Tätigkeit . . . . . . . . . . . 41 2. Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Ingerenzpflicht als Folge der Konnexität von Verantwortung und Steuerung 46 II. Informationen als Ingerenzvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 I. Aktienrechtliche Organisationsverfassung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II. Zwischen Steuerungspflicht und rechtsformbedingter Independenz . . . . . . . . . . . 52 1. Lehre vom Verwaltungsgesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Kompromissformel: Ingerenzpflicht als Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Gegenstände der Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Rechtsformwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Gestaltungen innerhalb des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Bestimmungen in der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (1) Konkretisierung des Gesellschaftszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (2) Beschreibung des Unternehmensgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

14

Inhaltsverzeichnis (3) Grenzen der Satzungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (a) Satzungsgestaltung und originäre Leitungsbefugnis des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (b) Zulässige Bestimmungen in der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (4) Berücksichtigung der Satzungsvorgaben bei der Ermessensausübung 63 (a) Interessenpluralismus oder Primat der Aktionärsinteressen? . . . 64 (b) Kein Primat der Aktionärsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (c) Bestimmung der Aktionärsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Abschluss eines Beherrschungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) Das Vertragskonzernrecht als Ingerenzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Die Gebietskörperschaft als Unternehmen i. S. d. §§ 15 ff. AktG . . . 69 (3) Zulässigkeit des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags . . . . . . . 70 cc) Teilhabe an der Organbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Kapitel 3 Informationszugang der Gebietskörperschaft

74

A. Hürden des Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I.

Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Geheimnisse der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Aktienrechtlicher Geheimnisbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Geheimnisbegriff des § 2 Nr. 1 GeschGehG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 cc) Übernahme der Definition aus § 2 Nr. 1 GeschGehG? . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Vertrauliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Adressaten der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) Mitglieder des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Mitglieder des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

II. Erfordernis eines Nachteilsausgleichs, § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Pflicht zur Nachauskunft, § 131 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 B. Informationszugang über den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Informationszugang durch das Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . 86 II. Konzerninterne Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Die Gebietskörperschaft als Konzernmutterunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Inhaltsverzeichnis

15

2. Anspruch auf Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Informationsanspruch im Rahmen der Konzernrechnungslegung, § 294 Abs. 3 S. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Pflicht der Gebietskörperschaft zur Konzernrechnungslegung . . . . . . . . 88 bb) Funktionale Begrenzung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Kein allgemeiner konzerninterner Informationsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Konzernrechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Korrektur der konzernrechtlichen Maßstäbe bei der Beherrschung durch Gebietskörperschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Die Ansicht Koppensteiners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Informationsverwendung bei Beherrschung durch eine Gebietskörperschaft 96 aa) Informationsverwendung zur Erfüllung der Ingerenzpflicht . . . . . . . . . . 97 bb) Verwendung der Informationen im Rahmen parlamentarischer Kontrolle und zur Erfüllung von Publizitäts- und Transparenzpflichten . . . . . . . . . 97 (1) Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage . . . . . . . . . . . . . 97 (2) Abhängigkeitsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (3) Kein Nachteil aus Wertungsgründen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (a) Keine Vergleichbarkeit mit konzernbezogenen Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (b) Keine andere Beurteilung von Verfassungs wegen . . . . . . . . . . . 101 d) Maßgeblicher Zeitpunkt der Nachteilsfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Informationsweitergabe als maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Möglichkeit schadhafter Verwendung als Hindernis der Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 e) Konzepte zur Ermöglichung des Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 cc) Ausgestaltung und Wirksamkeit der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (1) Inhalt und Qualifikation der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (2) Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 134 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . 109 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Informationszugangshürde des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Unternehmensinteresse 114 aa) Zusammenhang von Nachteilsbegriff und Unternehmensinteresse . . . . . 114 bb) Übertragung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Problem verschiedener Verwendungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5. Informationszugangshürde des § 131 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

16

Inhaltsverzeichnis

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 I.

Kompetenz des Aufsichtsrats zur Weitergabe von Informationen . . . . . . . . . . . . . 117 1. Aktienrechtliche Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Sonderkompetenz bei der Beteiligung einer Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . 118

II. Berichte von Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat . . . . . . . . . 120 1. Informationsprivileg von Gebietskörperschaften nach §§ 394, 395 AktG . . . . . 120 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Bedeutung und Wirkweise der §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 cc) Das Informationsprivileg als unzulässige Ungleichbehandlung? . . . . . . 125 b) Dispens von der Verschwiegenheitspflicht, § 394 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . 128 aa) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (1) Beteiligung einer Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (2) Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds „auf Veranlassung“ . . . . . . . . 129 (a) Unmittelbare Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (b) Mittelbare Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (3) Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (a) Gesetzlich begründete Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (b) Satzungsmäßig begründete Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (c) Rechtsgeschäftlich begründete Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . 134 (aa) Formerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (bb) Beteiligte des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Taugliche Empfänger der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Beschränkung des Empfängerkreises durch § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG 136 (2) Wahrung der Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG 139 aa) Adressaten der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Umfang der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 cc) Ausnahme für „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“ . . . . . . . . . . . . . 141 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Tatbestandsmäßigkeit der Informationsweitergabe der Repräsentanten . . . . 142 b) Verhältnis von § 311 Abs. 1 AktG und § 394 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Informationszugangshürde des § 131 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Informationsweitergabe durch sonstige Aufsichtsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . 149

Inhaltsverzeichnis

17

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG . . . . . . . . 150 I.

Erweiterte Abschlussprüfung, § 53 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Prüfungspflichtigkeit des Unternehmens und Verlangen der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Prüfungsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, § 53 Abs. 1 Nr. 1 HGrG . . . . . . 153 b) Prüfungs- und Berichtsgegenstände nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 HGrG . . . . . . . . 154 3. Übersendung des Prüfungsberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

II. Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Maßgeblichkeit der Informationsquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Informationszugang über den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Informationszugang über Repräsentanten im Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Auswirkungen einer erfolgten Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Verwendungsbeschränkung aus der Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 2. Verwendungsbeschränkung aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht . . . . . . . 159 3. Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

Kapitel 4 Gefährdung sensibler Informationen im Rahmen parlamentarischer Kontrolle

162

A. Informationsrechte als Instrumente parlamentarischer Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I.

Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . 165 1. Herleitung und Ausgestaltung des parlamentarischen Informations- und Fragerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Antwortpflicht der Regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Umfang und Grenzen des Informations- und Fragerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Das Deutsche Bahn-Urteil des BVerfG v. 07. 11. 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Verantwortungsbereich der Regierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Verantwortlichkeit im Kontext demokratischer Legitimation . . . . . . . . . 168 bb) Regierungsverantwortung auch jenseits bestehender Ingerenzbefugnisse 169 c) Beschränkungen des Informations- und Fragerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Allgemeine Antwortverweigerungsrechte der Regierung . . . . . . . . . . . . 170 bb) Grundrechtlicher Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen . . . 172

18

Inhaltsverzeichnis cc) Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG

173

(1) Eingreifen von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Verhältnis von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Antwortpflicht . . . . . . 176 dd) Verhältnis der Verwendungsbeschränkung zur Antwortpflicht . . . . . . . . 178 ee) Vertraulichkeitsschutz als Staatswohlbelang? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) Abwägungsentscheidung und Begründungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 II. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Länderebene . . . . . . . . . . . . 182 1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Pflichtenlagerung . . . . . . . . . . . . . 183 2. Auflösung der Pflichtenkollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . . 184 b) Verwendungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 bb) Mitgliedschaftliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 III. Übertragbarkeit auf Informationsanfragen der Gemeinderäte? . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Stellung und Aufgaben des Gemeinderats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Kommunalrechtlicher Informationsanspruch des Gemeinderats . . . . . . . . . . . . 191 a) Verhältnis von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . 192 aa) Eingreifen von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Auflösung der Pflichtenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Verhältnis der Verwendungsbeschränkung zur Auskunftspflicht . . . . . . . . . . 194 aa) Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Mitgliedschaftliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Bedeutung eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Existenz und Rang eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs . . . . . . . . . . 198 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 C. Berichte der Rechnungshöfe im Rahmen der externen Finanzkontrolle . . . . . . . . . . . . 201 I. Betätigungsprüfung, § 44 HGrG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Prüfungsgegenstand und Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 2. Informationszugang der Rechnungshöfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Berichte der Rechnungshöfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Entgegenstehende Geheimhaltungsbelange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Veröffentlichungsverbot, § 395 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Auswirkung des Veröffentlichungsverbotes auf die Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Inhaltsverzeichnis

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3. Auswirkung des Veröffentlichungsverbotes auf die Informationstätigkeit der Landesrechnungshöfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 IV. Beteiligungen von Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Kapitel 5 Zugriff Dritter auf sensible Informationen durch Publizitäts- und Transparenzpflichten

211

A. Informationsfreiheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I.

Allgemeines Informationszugangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4. Gegenstand der Informations- und Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Informationen der Gesellschaft bei der Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Informationen bei der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Zurechnungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Öffentlich beherrschte AG als Informationsschuldnerin? . . . . . . . . . . . . 219 cc) Erfüllung der Informationsbeschaffungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 5. Vertraulichkeitsschutz als Grenze der Informationszugangsansprüche . . . . . . . 223 a) Ausschlusstatbestände zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Anwendbarkeit der Ausschlusstatbestände auf öffentlich beherrschte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Absoluter und relativer Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Derivativer Vertraulichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 aa) Maßgeblichkeit spezialgesetzlicher Verschwiegenheitspflichten . . . . . . 228 bb) Eingreifen der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . 229 c) Verbleibende Inkongruenzen zwischen aktienrechtlichem und informationsfreiheitsrechtlichem Vertraulichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Vertraulichkeitsschutz bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft . . . . . . . . 233 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

II. Umweltinformationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 1. Zugang zu Umweltinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Informationspflichtige Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Beteiligungsführende Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Öffentlich beherrschte AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

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Inhaltsverzeichnis 3. Ausschlusstatbestände zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 238 a) Schutzkonzept des Umweltinformationsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Inkongruenzen zum aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . 242 aa) Inanspruchnahme der Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Inanspruchnahme der öffentlich beherrschten AG . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Bedeutung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Landesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Anspruchsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Beteiligungsführende Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Öffentlich beherrschte AG als Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Vertraulichkeitsschutz als Grenze des Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . 249 a) Entgegenstehende Geheimhaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Schutzwürdiges privates Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 c) Inkongruenzen zum aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . 253 aa) Inanspruchnahme der Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 bb) Inanspruchnahme der öffentlich beherrschten AG . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 III. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 256 1. Keine Anwendbarkeit der Landespressegesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 2. Verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 3. Reichweite des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs . . . . . . . . . . . . . 258 a) Anspruch auf Niveau eines Minimalstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Angleichung an das landesrechtliche Presserecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Kapitel 6 Haftung der Gebietskörperschaft bei der Offenlegung sensibler Informationen

261

A. Erforderlichkeit eines Ausgleichs und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 B. Typisierung der Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I.

Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG . . . . 263 1. Schicksal der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Der Ansatz Kochs von der Koexistenz der Regelungsregime . . . . . . . . . . . . 264 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Kein Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Inhaltsverzeichnis

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3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 II. Übertragung auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 III. Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle 268 1. Pflicht zur Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Pflicht zur Eingangskontrolle als Amtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 IV. Haftung aus §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 V. Haftung aus der Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Verletzung der Garantievereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber privaten Mitaktionären . . . . . . . . . 272 3. Auswirkungen der erfolgten Eingangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 I.

Die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus aktienrechtlicher Perspektive . . . . . . . 277

II. Das Konzernrecht als Konfliktlösungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Das Lösungsmodell im Spiegel von Rechtsprechung und Schrifttum . . . . . . . . 278 a) Früher Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 b) Das VEBA/Gelsenberg-Urteil des BGH v. 13. 10. 1977 . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 c) Der VW-Beschluss des BGH v. 17. 03. 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Inanspruchnahme der Gesellschaft im System der §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . 282 a) Andersgelagerte Konfliktsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 b) Veranlassung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 aa) Begriff der Veranlassung und anerkannte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . 284 bb) Inanspruchnahme der Gesellschaft als Veranlassung der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 c) Nachteiligkeit der Informationsweitergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 d) Rechtsfolgen für die Gebietskörperschaft und den Vorstand . . . . . . . . . . . . . 287 aa) Nachteilsausgleich und Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber der Gesellschaft, §§ 311, 317 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 bb) Rechtsstellung privater Mitaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 cc) Haftung des Vorstands? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 E. Grenzen des Haftungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Kapitel 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

293

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 I.

Ingerenzpflicht und Informationsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

22

Inhaltsverzeichnis II. Informationszugang der Gebietskörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 III. Offenlegung sensibler Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 1. Parlamentarische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 2. Publizitäts- und Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 IV. Haftungsrechtliche Folgen einer Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

B. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. E. a. F. ABl. ABl. EU Abs. AcP AEUV AfP AG AGG AIG AktG AktR AllgM. AllgPersönlR Alt. AnfG Anh. Anm. AöR Art. ARUG AT Aufl. BaFin BAG BayGO BayObLG BayOblGZ BayVBl BayVerfGH BB BBG Bd. BeamtStG BeckHdB-AG BeckOGK BeckOK

andere Ansicht am Ende alte Fassung Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Union Absatz, Absätze Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Zeitschrift für das gesamte Medienrecht Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); Amtsgericht Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (Brandenburg) Aktiengesetz Aktienrecht Allgemeine Meinung Allgemeines Persönlichkeitsrecht Alternative Anfechtungsgesetz (Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens Anhang Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Aktionärsrechterichtlinie-Umsetzungsgesetz Allgemeiner Teil Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz Band Beamtenstatusgesetz (Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern) Beck’sches Handbuch der AG Beck-online.GROSSKOMMENTAR Beck’scher Online-Kommentar

24 BeckRS Begr. BegrRegE. Beil. BerlVerfGH BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BHO BilMoG BKR BMF Brem.GBl. BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. DB DCGK ders. dies. DrittelbG DStR DVBl e.V. ECLI EGAktG EGBGB EGV Einf. Einl. EnWZ ErbbauRG EU EuGH EuZW EWG f. FDP ff. FG

Abkürzungsverzeichnis Beck Online Rechtsprechung Begründung Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung Beilage Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Gesetzblatt Bremen Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Der Betrieb (Zeitschrift); Deutsche Bahn Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe dieselbe/dieselben Drittelbeteiligungsgesetz (Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) eingetragener Verein European Case Law Identifier Einführungsgesetz zum Aktiengesetz Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Erbbaurechtsgesetz (Gesetz über das Erbbaurecht) Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgend Freie Demokratische Partei folgende Festgabe

Abkürzungsverzeichnis Fn. FS GBl. gem. GenG GeschGehG GesR GG GmbH GmbHG GmBHR GMBl. GO-BT GO BW GO NRW GO RP GO Sachs GO SH GRCh GRUR GRUR-Prax. GRUR-RS GV. NRW GVBl. LSA GVBl. GVOBl. MV GVOBl. SH GWR h. M. HdB. HDSIG HGB HGO HGrG HmbGVBl. HmbTG HmbVerfG HO Bay Hs. i. S. d. i. S. v. i. V. m. IDW

25

Fußnote Festschrift Gesetzesblatt für Baden-Württemberg gemäß Genossenschaftsgesetz (Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften) Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen) Gesellschaftsrecht Grundgesetz (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland) Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Gesetz (Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) Die GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Gemeindeordnung für das Land Baden-Württemberg Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen Gemeindeordnung für das Land Rheinland-Pfalz Gemeindeordnung für das Land Sachsen Gemeindeordnung für das Land Schleswig-Holstein Charta der Grundrechte der Europäischen Union Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungssammlung Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) herrschende Meinung Handbuch Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz Handelsgesetzbuch Hessische Gemeindeordnung Haushaltsgrundsätzegesetz (Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder) Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Hamburgisches Transparenzgesetz Hamburgisches Verfassungsgericht Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (Bayerische Haushaltsordnung) Halbsatz im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit Institut der Wirtschaftsprüfer

26 IFG IFG Ber IFG Brm IFG BW IFG MV IFG NRW IFG Saarl IFG Thür InsO IntGesR IPR IZG LSA IZG SH JA JB InfoR jM JuS JZ Kap. KapGesR KO Thür KölnKomm KommJur KomVerf MV KomVG Nds KonTraG KonzernR KSVG Saarl KVerf Br KVG LSA Lfg. LG LHO Ber LHO Br LHO Brm LHO BW LHO Hess LHO Hmb LHO LSA LHO MV LHO Nds LHO NRW LHO RP LHO Saarl

Abkürzungsverzeichnis Informationsfreiheitsgesetz (Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes) Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (Bremer Informationsfreiheitsgesetz) Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen in Baden-Württemberg Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz Thüringer Informationsfreiheitsgesetz Insolvenzordnung Internationales Gesellschaftsrecht Internationales Privatrecht Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht juris – Die Monatszeitschrift (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) JuristenZeitung Kapitel Kapitalgesellschaftsrecht Kommunalordnung für das Land Thüringen Kölner Kommentar Kommunaljurist (Zeitschrift) Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommer Kommunalverfassungsgesetz für das Land Niedersachen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Konzernrecht Kommunalselbstverwaltungsgesetz des Saarlandes Kommunalverfassung des Landes Brandenburg Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Ergänzungslieferung Landgericht Landeshaushaltsordnung (Berlin) Landeshaushaltsordnung (Brandenburg) Haushaltsordnung der Freien Hansestadt Bremen Landeshaushaltsordnung für Baden-Württemberg Hessische Landeshaushaltsordnung Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern Niedersächsische Landeshaushaltsordnung Landeshaushaltsordnung (Nordrhein-Westfalen) Landeshaushaltsordnung (Rheinland-Pfalz) Gesetz betreffend Haushaltsordnung des Saarlandes

Abkürzungsverzeichnis LHO Sachs LHO SH LHO Thür lit. LKV LPartG

27

Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Sächsische Haushaltsordnung) Landeshaushaltsordnung Schleswig-Holstein Thüringer Landeshaushaltsordnung littera (Buchstabe) Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Lebenspartnerschaftsgesetz (Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft) Ls. Leitsatz m. w. N. mit weiteren Nachweisen MedienG RP Landesmediengesetz (Rheinland-Pfalz) MedienG Saarl Saarländisches Mediengesetz MedienR Medienrecht MitbestG Mitbestimmungsgesetz (Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer) MMR Multimedia und Recht (Zeitschrift) MontanMitbestG Montan-Mitbestimmungsgesetz (Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie) MünchHdb Münchener Handbuch MünchKomm Münchener Kommentar n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht NK Nomoskommentar NordÖR Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland (Zeitschrift) Nr. Nummer NRWVerfGH Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen NuR Natur und Recht (Zeitschrift) NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht NWVBl Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht PartGG Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe) PharmR Pharma Recht (Zeitschrift) PresseR Presserecht PressG Bay Bayerisches Pressegesetz PressG Ber Berliner Pressegesetz PressG Br Pressegesetz des Landes Brandenburg PressG Brm Gesetz über die Presse (Bremen) PressG BW Gesetz über die Presse (Baden-Württemberg) PressG Hess Hessisches Gesetz über Freiheit und Recht der Presse PressG Hmb Hamburgisches Pressegesetz PressG LSA Pressegesetz für das Land Sachsen-Anhalt PressG MV Pressegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern PressG Nds Niedersächsisches Pressegesetz

28 PressG NRW PressG Sachs PressG SH PressG Thür ProdHaftG ProstG PublG RegE RGBl. RL Rn. Rs. s. S. SE-VO Slg. sog. SPD SpruchG StaatsR StFG StGB ThürTG TranspG RP TransPuG u. u. a. UAbs. UIG UIG Bay UIG Br UIG Brm UIG Hess UIG Hmb UIG LSA UIG MV UIG Nds UIG NRW UIG Saarl UIG Sachs UIG Thür

Abkürzungsverzeichnis Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Sächsisches Gesetz über die Presse Gesetz über die Presse (Schleswig-Holstein) Thüringer Pressegesetz Produkthaftungsgesetz (Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte) Prostitutionsgesetz (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten) Publizitätsgesetz (Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen) Gesetzentwurf der Bundesregierung Reichsgesetzblatt Richtlinie Randnummer Rechtssache siehe Seite; Satz SE-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 08. 10. 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft) Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs so genannt(e) Sozialdemokratische Partei Deutschlands Spruchverfahrensgesetz (Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren) Staatsrecht Stabilisierungsfondsgesetz (Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarkt- und eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds) Strafgesetzbuch Thüringer Transparenzgesetz Landestransparenzgesetz (Rheinland-Pfalz) Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität und unter anderem Unterabsatz Umweltinformationsgesetz Bayerisches Umweltinformationsgesetz Umweltinformationsgesetz für das Land Brandenburg Umweltinformationsgesetz für das Land Bremen Hessisches Umweltinformationsgesetz Gesetz über den Zugang zu Umweltinformationen in Hamburg Umweltinformationsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Landes-Umweltinformationsgesetz (für das Land Mecklenburg-Vorpommern) Niedersächsisches Umweltinformationsgesetz Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalen Saarländisches Umweltinformationsgesetz Umweltinformationsgesetz für den Freistaat Sachsen Thüringer Informationsfreiheitsgesetz

Abkürzungsverzeichnis UIRL

UmwG UmwR UVwG BW UWG v. Var. VBVG Verf Ber Verf Br Verf Brm Verf BW Verf Hess Verf Hmb Verf LSA Verf MV Verf Nds Verf NRW Verf RP Verf Saarl Verf Sachs Verf SH Verf Thür VersAusglG VerwaltungsR VerwArch VG VGH vgl. vor VorstandsR VSD VV VV-BHO VVDStRL WEG WM WPg WRP ZD ZfBR ZGR

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Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 01. 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 41 v. 14. 02. 2003, S. 26. Umwandlungsgesetz Umwandlungsrecht Umweltverwaltungsgesetz (für das Land Baden-Württemberg) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von; vom Variante Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern) Verfassung von Berlin Verfassung des Landes Brandenburg Verfassung der Freien Hansestadt Bremen Verfassung des Landes Baden-Württemberg Verfassung des Landes Hessen Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern Niedersächsische Verfassung Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Verfassung für Rheinland-Pfalz Verfassung des Saarlandes Verfassung des Freistaats Sachsen Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Verfassung des Freistaats Thüringen Versorgungsausgleichsgesetz (Gesetz über den Versorgungsausgleich) Verwaltungsrecht Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vorbemerkung(en) Vorstandsrecht Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Verwaltungsvorschrift Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Monografische Reihe) Wohnungseigentumsgesetz (Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht) Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

30 ZHR ZIP ZParl ZPO ZRP ZUM-RD ZUR ZVglRWiss ZZP

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Parlamentsanfrage (Zeitschrift) Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst Zeitschrift für Umweltrecht Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

Kapitel 1

Einführung A. Einleitung Der Bund, die Länder und die Gemeinden sind an einer Vielzahl von Unternehmen in Rechtsformen des Privatrechts beteiligt. Neben der Rechtsform der GmbH erfreut sich auch die Rechtsform der AG ungebrochener Beliebtheit. Ihr strenger Rechtsrahmen und die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandsmandats versprechen klare Verantwortlichkeiten und eine Abschirmung der Unternehmensleitung von tagespolitischen Einflüssen.1 Zugleich kann durch die Besetzung des Aufsichtsrats mit Repräsentanten des öffentlichen Anteilseigners innergesellschaftlich auf Berücksichtigung öffentlicher Belange hingewirkt werden.2 Zu den bekanntesten öffentlichen Beteiligungsgesellschaften zählt die vollständig in Bundeseigentum stehende Deutsche Bahn AG.3 Über die Deutsche Bahn AG bestehen zudem zahlreiche mittelbare Beteiligungen des Bundes.4 Auch die Beteiligungsberichte der Länder weisen prominente Unternehmensbeteiligungen aus. So ist etwa der Freistaat Bayern an der BayernLB AG5, das Land Hessen an der Fraport AG6 und das Land Nordrhein-Westfalen an der Duisburger Hafen AG7 beteiligt. Den 1

Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 5; siehe auch Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 2. 2 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 5. 3 Jüngst haben sich die Parteien der Regierungskoalition darauf geeinigt, die Deutsche Bahn AG auch weiterhin im öffentlichen Eigentum zu halten, siehe hierzu den Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN und FDP, S. 50. Abrufbar unter https:// www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800 (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022). 4 Die Deutsche Bahn AG ist jeweils zu 100 % an der DB Cargo AG, der DB Fernverkehr AG, der DB Netz AG, der DB Regio AG, der Station&Service AG und der Schenker AG beteiligt, siehe hierzu den Beteiligungsbericht des Bundes 2020, S. 134. Abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellser vice/2021-04-08-beteiligungsbericht-des-bundes-2020.html (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022). 5 Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern 2020, S. 59. Abrufbar unter: https:// www.stmfh.bayern.de/beteiligungen/beteiligungsbericht/ (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022). 6 Beteiligungsbericht des Landes Hessen 2020, S. 84. Abrufbar unter: https://finanzen.hes sen.de/Ueber-Uns/Beteiligungen (zuletzt abgerufen: 14. 12. 2021). 7 Beteiligungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019, S. 108. Abrufbar unter: https://www.finanzverwaltung.nrw.de/de/beteiligungsbericht-des-landes-nordrhein-westfalen (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022).

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Kap. 1: Einführung

rechtstatsächlichen Schwerpunkt bilden hingegen Betätigungen von Gemeinden bei Energieversorgern, Verkehrsbetrieben und anderen Unternehmen der Daseinsvorsorge.8 Die Selbstverständlichkeit, mit der Rechtsträger der öffentlichen Hand auf die Rechtsform der AG zurückgreifen, darf nicht den Blick darauf verstellen, dass mit dem öffentlichen Recht und dem Aktienrecht zwei Rechtsbereiche aufeinandertreffen, deren Regelungsziele und Grundprinzipien verschieden sind. Entsprechend pointiert formulierte Noack die Aufgabe der Wissenschaft dahin, „[…] die Erdbeben zu verhindern, die eigentlich zu befürchten stünden, wenn zwei Massive wie das öffentliche Recht und das Gesellschaftsrecht aufeinander zusteuern.“9 Im Fokus der bisherigen Diskussion stand dabei insbesondere das Spannungsfeld zwischen öffentlich-rechtlichen Steuerungsanforderungen und ihren begrenzten aktienrechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten.10 Spätestens mit dem Deutsche-Bahn-Urteil des BVerfG v. 07. 11. 201711 ist ein weiteres Problemfeld zutage befördert worden. Der Zweite Senat hat entschieden, dass die Bundesregierung zur Beantwortung mehrerer parlamentarischer Anfragen Informationen der bundeseigenen Deutsche Bahn AG auch dann preisgegen muss, wenn die begehrten Informationen vertraglichen oder einfachgesetzlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegen.12 Während Vertreter des öffentlichen Rechts die Stärkung des parlamentarischen Informations- und Fragerechts hervorhoben,13 hat die Entscheidung im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum eine Diskussion um den Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Gesellschaften ausgelöst.14 Kern der Diskussion ist der Konflikt zwischen öffentlichen Informationsinteressen und Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft. Er entsteht, weil das zunehmend vom Gedanken der Transparenz durchzogene öffentliche Recht Offenlegungspflichten für Hoheitsträger errichtet, die bei Gesellschaftsbeteiligungen auch Informationen der Gesellschaft erfassen oder ganz auf die Gesellschaft übergreifen können. Eine solche Einbindung privatrechtlich verfasster 8

Im Verband kommunaler Unternehmen e.V. waren zum Stand Dezember 2021 von 1.518 Mitgliedsunternehmen 54 als AG und 705 als GmbH organisiert, siehe hierzu Zahlen, Daten, Fakten 2022, S. 7. Abrufbar unter: https://www.vku.de/fileadmin/user_upload/VKU_ZahlenDa tenFakten_2022_DE.pdf (zuletzt abgerufen: 13. 05. 2023). Siehe auch Bayer/Hoffmann, AG 2018, R84; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 5 f. 9 Aus dem Grußwort zur 15. Rheinischen Gesellschaftsrechtskonferenz zum Thema „Grund- und Einzelfragen des öffentlichen Unternehmens“ am 14. 05. 2019 in Düsseldorf. Siehe hierzu den Bericht von Albers, AG 2019, R183. 10 Hierzu noch Kap. 2 B. II. m. w. N. 11 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 = NVwZ 2018, 51. 12 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 212 f., 295 f. = NVwZ 2018, 51. 13 Eidam, NordÖR 2020, 105, 114; Hillgruber, JA 2018, 238, 240; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1092; Anm. Poschmann, NVwZ 2018, 71, 73. 14 Vgl. etwa Kersting, WPg 2018, 392 ff.; Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367 ff.; ders., ZHR 183 (2019), 7 ff.; M. Mann, AG 2018, 57 ff.; Schmolke, WM 2018, 1913 ff.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 75 ff.; Schockenhoff, NZG 2018, 521 ff.

B. Einführung in die Probleme und Zielsetzung

33

Unternehmen wird aus öffentlich-rechtlicher Perspektive für erforderlich gehalten, um zu verhindern, dass Hoheitsträger sich durch die Wahl privater Rechtsformen ihren besonderen Pflichtenbindungen entziehen.15 Dieser Konflikt tritt nicht nur bei parlamentarischen Anfragen in Erscheinung. So können insbesondere auch im Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsrechts und des Presserechts Konstellationen entstehen, in denen die Offenlegung sensibler Unternehmensinterna erforderlich sein kann.

B. Einführung in die Probleme und Zielsetzung Bei der Frage, ob der öffentliche Anteilseigner Informationen der Gesellschaft zur Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage oder zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten verwenden muss, zeigt sich der Konflikt zwischen öffentlichen Informationsinteressen und dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft zweifellos am deutlichsten. Er schwelt in ähnlicher Form jedoch bereits im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem beteiligten öffentlichen Rechtsträger. Letzterer ist zur Erfüllung seiner Pflichten auf eine stetige Versorgung mit Informationen aus der Gesellschaft angewiesen. Bei der Informationsweitergabe konfligieren seine Auskunftsinteressen ebenfalls mit Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft. Dieser Konflikt verschärft sich, wenn aus Perspektive der Gesellschaft zu befürchten steht, dass die abgeflossenen Informationen offengelegt werden müssen. Dem Informationsfluss von der Gesellschaft zum öffentlichen Anteilseigner stehen mit der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder (§§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1 u. S. 2 AktG), dem Erfordernis eines Nachteilsausgleichs (§ 311 Abs. 1 AktG) sowie der Nachauskunftspflicht (§ 131 Abs. 4 AktG) eine Reihe rechtlicher und faktischer Informationszugangshürden im Wege. Zwar gelten in diesem Verhältnis die Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG. Sie regeln den Informationszugang allerdings nur fragmentarisch.16 Durch § 394 S. 1 AktG wird nur die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht von Repräsentanten des öffentlichen Anteilseigners im Aufsichtsrat gelockert. Sie enthalten damit weder eine ausdrückliche Regelung zur Überwindung der übrigen Informationszugangshürden noch treffen sie eine Aussage zu einem Informationszugriff über den Vorstand. Da der Aufsichtsrat seinerseits auf eine Informationsversorgung durch den Vorstand angewiesen ist, hätte ein Informationszugriff über den Vorstand einen Unmittelbarkeitsvorteil. An diesen Fragestellungen setzt die 15 Vgl. etwa zum IFG Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 100; Schoch, IFG, § 1 Rn. 215; Sellmann/Augsberg, WM 2006, 2293, 2295. 16 Vgl. Koch, AktG, § 394 Rn. 1; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 2; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 2; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 3; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 2.

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Kap. 1: Einführung

vorliegende Arbeit an. Sie untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Verwaltungsorgane der Gesellschaft Informationen an den öffentlichen Anteilseigner weitergeben dürfen. Sie arbeitet ferner die Pflichten heraus, die für den öffentlichen Anteilseigner aus dem Informationszugang folgen und ihn im Umgang mit den erhaltenen Informationen beschränken. Die Untersuchung, ob diese Pflichten zum Schutz sensibler Informationen der Gesellschaft tatsächlich imstande sind, stellt einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle und durch öffentlichrechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten kann die Offenlegung von Informationen der Gesellschaft erforderlich sein, die zugleich aktienrechtlichen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz unterliegen. Da die Offenlegungspflichten nicht immer auf die aktienrechtlichen Regelungen zum Vertraulichkeitsschutz abgestimmt sind, können Pflichtenkollisionen entstehen, die gesetzgeberisch nicht antizipiert wurden und durch den Rechtsanwender aufgelöst werden müssen. Die Auflösung der Kollisionslagen muss dem Umstand Rechnung tragen, dass die Offenlegungspflichten auf verschiedenen Rängen der Normenhierarchie angesiedelt sind. Sie können sich aus der Bundesverfassung und aus einfachem Bundesrecht sowie aus Landesverfassungen und aus einfachem Landesrecht ergeben. Ein Beitrag im Schrifttum, der sich mit diesen Kollisionslagen befasst, gelangt zu einem niederschmetternden Ergebnis. So müsse stets damit gerechnet werden, dass sensible Informationen nicht hinreichend geschützt werden können.17 Für private Investoren sei daher die Anlageempfehlung „Finger weg!“ auszusprechen.18 Um öffentlich beherrschte Gesellschaften für private Investoren weiterhin attraktiv zu halten, ist ein Ausgleich von Vertraulichkeits- und Informationsinteressen erforderlich. Dieser kann auch auf Sekundärebene erfolgen. Zu klären ist, ob die Gesellschaft im Falle einer durchgreifenden Offenlegungspflicht die Preisgabe ihrer sensiblen Informationen kompensationslos hinnehmen muss oder ihr ein Schadensersatzanspruch gegen den öffentlichen Anteilseigner zusteht. Wenngleich eine solche Haftung im Schrifttum befürwortet wird, ist ihre dogmatische Begründung bisher nicht erfolgt.19 Die Entwicklung eines Haftungskonzepts ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit.

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Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 386. Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 386. 19 Ohne Begründung Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; mit Begründungsansätzen Kersting, WPg 2018, 392, 395; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 28 ff. 18

C. Grundbegriffe und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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C. Grundbegriffe und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes Gegenstand der Untersuchung sind Unternehmen in der Rechtsform der AG, die öffentlich beherrscht werden. Der Untersuchungsgegenstand zerfällt in die Bestandteile „Unternehmen in der Rechtsform der AG“ und „öffentlich beherrscht“. Letzterer Bestandteil bedarf dabei näherer Konkretisierung. In Abgrenzung zu privat beherrschten Gesellschaften sollen solche Gesellschaften untersucht werden, die durch Rechtsträger der öffentlichen Hand beherrscht werden. Der Begriff der öffentlichen Hand wird als Sammelbegriff für juristische Personen des öffentlichen Rechts verwendet.20 Er umfasst neben Stiftungen des öffentlichen Rechts und Anstalten des öffentlichen Rechts auch die Gebietskörperschaften von Bund, Ländern und Gemeinden. Auf diese Gebietskörperschaften soll sich die folgende Untersuchung beschränken. Wie bereits dargestellt wurde, sind der Bund, die Länder und Gemeinden an einer Vielzahl von Unternehmen in der Rechtsform der AG beteiligt. Begriffliche Unterscheidungen lassen sich im Hinblick auf die Höhe der Beteiligung vornehmen. Ist ausschließlich die Gebietskörperschaft an der Gesellschaft beteiligt, wird die Gesellschaft als Eigengesellschaft bezeichnet.21 Für Gesellschaften, an denen neben der Gebietskörperschaft auch Private beteiligt sind, hat sich der Begriff des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens durchgesetzt.22 Eine Reihe rechtlicher Besonderheiten gelten für Gesellschaften, die durch Gebietskörperschaften beherrscht werden. Aus aktienrechtlicher Perspektive sind in Abhängigkeitslagen (vgl. § 17 AktG) insbesondere die Vorschriften der §§ 311 ff. AktG anwendbar, durch die das Verhältnis zwischen der abhängigen Gesellschaft und dem herrschenden Unternehmen zum Schutz der abhängigen Gesellschaft näher ausgestaltet wird.23 Auch aus öffentlich-rechtlicher Perspektive werden an das Kriterium der Beherrschung weitreichende Rechtsfolgen geknüpft. Es dient der Zurechnung und Zuordnung von juristischen Personen des Privatrechts zu ihrem öffentlichen Träger. Wird eine juristische Person des Privatrechts von einer Gebietskörperschaft beherrscht, wird sie in den Verantwortungsbereich und Pflichtenkreis der Gebietskörperschaft eingebunden. Der im öffentlichen Recht verwendete Beherrschungsbegriff orientiert sich dabei im Wesentlichen an dem aktienrechtlichen Abhängigkeitstatbestand des § 17 AktG.24 Er soll der vorliegenden Ar20

Vgl. Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 98 Rn. 1 Fn. 1. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 9; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 11; Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 98 Rn. 25. 22 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 11; T. Mann, Die öffentlichrechtliche Gesellschaft, S. 13; Ronellenfitsch, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 98 Rn. 25. 23 Zur Anwendbarkeit der §§ 15 ff. AktG auf Gebietskörperschaften siehe Kap. 2 B. II. 4. b) bb) (2). 24 Für die Grundrechtsbindung BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 246 f. = NJW 2011, 1201; hierzu auch Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit 21

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Kap. 1: Einführung

beit zugrunde liegen. Gegenstand der Untersuchung sind demnach Unternehmen in der Rechtsform der AG, die in einem nach aktienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmenden Abhängigkeitsverhältnis zum Bund, einem Land oder einer Gemeinde stehen. Hierzu zählen zuvörderst Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftliche Unternehmen in Mehrheitsbesitz (§ 16 Abs. 1 AktG) einer Gebietskörperschaft, für die die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG gilt. In Betracht kommen auch Minderheitsbeteiligungen einer Gebietskörperschaft, bei denen durch andere verlässliche Umstände – insbesondere durch eine faktische Hauptversammlungsmehrheit – die Möglichkeit beherrschenden Einflusses begründet ist.

D. Gang der Untersuchung Bei öffentlich beherrschten Gesellschaften steht der Vertraulichkeitsschutz in Frage, weil die beteiligte Gebietskörperschaft im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder durch öffentlich-rechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten zur Offenlegung von Gesellschaftsinformationen verpflichtet sein kann. Da in erster Linie die Offenlegung von Informationen zu befürchten ist, die zuvor von der Gesellschaft an die Gebietskörperschaft abgeflossen sind, bietet sich zunächst die Durchleuchtung der informationellen Beziehung zwischen der Gesellschaft und der Gebietskörperschaft an. Anschließend wird sich der Frage nach der Informationsverwendung und ihren haftungsrechtlichen Folgen gewidmet. Einführend wird auf das Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft eingegangen (Kap. 2). Dieses Kapitel soll Aufschluss über die Gründe für den erhöhten Informationsbedarf der Gebietskörperschaft geben. Hierfür wird die Ingerenzpflicht beleuchtet, der die Gebietskörperschaft bei Beteiligungen an Unternehmen in privaten Rechtsformen unterliegt (Kap. 2 A.). Daneben wird geprüft, ob die Rechtsform der AG einen rechtlichen Rahmen bietet, in dem die Gebietskörperschaft dieser Pflicht gerecht werden kann (Kap. 2 B.). In diesem Zusammenhang wird auch das Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Aktienrecht erörtert. An das Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft anknüpfend wird sodann untersucht, auf welche Weise die Gebietskörperschaft Zugang zu Informationen der Gesellschaft erhält (Kap. 3). Ein besonderer Akzent liegt auf der Herausarbeitung der Pflichten, die für die Gebietskörperschaft aus dem Informationszugang folgen und sie zum Schutz der Vertraulichkeit im Umgang mit den erhaltenen Informationen beschränken. Sie werden zu einem Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft zusammengefasst (Kap. 3 E.). gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, S. 54 ff.; zur Parallelwertung für die Qualifikation der Unternehmenstätigkeit als legitimationsbedürftige Staatsgewalt Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 132; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und ihre demokratische Legitimation, S. 42 ff.; für den presserechtlichen Behördenbegriff BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 21 = BeckRS 2017, 120117.

D. Gang der Untersuchung

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In den nachfolgenden zwei Kapiteln konzentriert sich die Untersuchung auf die Verwendung der erlangten Informationen. Es wird der Frage nachgegangen, ob die an die Gebietskörperschaft abgeflossenen Informationen offengelegt werden müssen. Eine Offenlegung sensibler Informationen droht zunächst im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle (Kap. 4). So können Organe der Gebietskörperschaft zur Beantwortung von parlamentarischen Anfragen oder durch Informationsanfragen der Gemeinderäte verpflichtet sein, sensible Informationen der Gesellschaft offenzulegen (Kap. 4 B.). Auch die Berichtstätigkeit der Rechnungshöfe und Rechnungsprüfungsbehörden steht in einem Spannungsfeld zu den Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft (Kap. 4 C.). Zuletzt geht auch von öffentlichrechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten eine Gefahr für sensible Informationen der Gesellschaft aus (Kap. 5). Durch Bestimmungen des allgemeinen Informationszugangsrechts (Kap. 5 A. I.), des Umweltinformationsrechts (Kap. 5 A. II.) sowie des Presserechts (Kap. 5 B.) können informationsberechtigte Dritte zum Zugriff auf Informationen der Gesellschaft berechtigt sein. Den Offenlegungspflichten werden jeweils die Kautelen zum Vertraulichkeitsschutz gegenübergestellt, die im Rahmen des Informationszugangs herausgearbeitet wurden. Soweit es bei der auskunftspflichtigen Stelle zu Pflichtenkollisionen kommt, wird die vorrangig zu erfüllende Pflicht ermittelt. Da sensible Informationen der Gesellschaft – soweit sei vorweggegriffen – durch die Kautelen zum Vertraulichkeitsschutz nicht immer geschützt sind, wird anschließend auf die haftungsrechtlichen Folgen ihrer Offenlegung eingegangen (Kap. 6). Nachdem die rechtspolitische Erforderlichkeit von Ausgleichsansprüchen herausgestellt wird (Kap. 6 A.), wird ein Haftungskonzept für die Schäden entwickelt, die der Gesellschaft und privaten Mitaktionären aus der Offenlegung von sensiblen Gesellschaftsinformationen entstehen (Kap. 6 B., C., D.). Die Untersuchung schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und einem Fazit (Kap. 7).

Kapitel 2

Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft Im Vergleich zur unternehmerischen Betätigung von Gebietskörperschaften in Formen des öffentlichen Rechts, wie dem Regie- oder Eigenbetrieb, sind Unternehmen in der Rechtsform der AG von ihrem öffentlichen Träger weitgehend verselbstständigt.1 Indes bestehen für Gebietskörperschaften als Hoheitsträger eine Vielzahl öffentlich-rechtlicher Bindungen, die sie durch die Wahl privater Handlungsformen nicht abstreifen können.2 Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft an einem Unternehmen in der Rechtsform der AG, muss die Einhaltung dieser Bindungen gewährleistet bleiben. Die Gebietskörperschaft unterliegt hinsichtlich der Gesellschaft daher umfangreichen Einwirkungs- und Kontrollpflichten (sog. Ingerenzpflicht). Diese Ingerenzpflicht lässt sich bereits aus dem Demokratieprinzip sowie dem Rechtsstaatsprinzip herleiten und hat sich insbesondere in Vorschriften des Haushaltsrechts konkretisiert. Die Beleuchtung der Ingerenzpflicht soll die Grundlage für das Verständnis des erhöhten Informationsbedürfnisses der Gebietskörperschaft bilden. Zusätzlich wird zu untersuchen sein, ob die Rechtsform der AG ein rechtliches Umfeld bieten kann, in dem die Gebietskörperschaft ihren Pflichten gerecht werden kann.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft I. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Ingerenzpflicht 1. Demokratieprinzip a) Gesellschaftsbeteiligungen als legitimationsbedürftige Staatsgewalt Den ersten normativen Ankerpunkt der Ingerenzpflicht bildet das Demokratieprinzip. Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Sie wird nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG vom Volk unmittelbar in Wahlen und Abstimmungen und mittelbar durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt 1 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 9; vgl. auch Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 443. 2 Erstmals zur sog. „Flucht ins Privatrecht“ Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1928, S. 326; im hiesigen Kontext Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 22.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

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und der Rechtsprechung ausgeübt.3 Wird die Staatsgewalt mittelbar durch staatliche Organe ausgeübt, fallen die Inhaber der Staatsgewalt und diejenigen, die sie ausüben, auseinander.4 Dieses Auseinanderfallen macht einen demokratischen Legitimationszusammenhang zwischen dem Volk und dem Staatsgewalt ausübenden Organ erforderlich.5 Bei Beteiligungen von Gebietskörperschaften an Gesellschaften des Privatrechts ist ein demokratischer Legitimationszusammenhang allerdings nur dann zu fordern, wenn die Beteiligungen als Ausübung von Staatsgewalt zu qualifizieren sind.6 Nach der Rechtsprechung des BVerfG stellt jedes amtliche Handeln, das Entscheidungscharakter aufweist, die Ausübung von Staatsgewalt dar.7 Der für die Annahme von Staatsgewalt erforderliche Entscheidungscharakter wird vereinzelt mit Blick auf die eigene Rechtspersönlichkeit von Gesellschaften des Privatrechts und der eigenständigen Rechtsordnung, der sie unterstehen, abgelehnt.8 Dies ist äußerst zweifelhaft, da der Exekutive durch die Wahl privater Rechtsformen die Eröffnung legitimationsfreier Räume ermöglicht würde.9 Die herrschende Meinung geht hingegen auch bei der Aufgabenerfüllung in Rechtsformen des Privatrechts von der Ausübung von Staatsgewalt und dem daran anknüpfenden Erfordernis demokratischer Legitimation aus.10 3 BVerfG v. 02. 03. 1977 – 2 BvE 1/76, BVerfGE 44, 125, 138 = NJW 1977, 751; BVerfG v. 15. 02. 1978 – 2 BvR 268/76, BVerfGE 47, 253, 271 f. = NJW 1978, 1967; BVerfG v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86 u. a., BVerfGE 77, 1, 40 = NJW 1988, 890; BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 71 = NJW 1991, 159; Gröpl, Staatsrecht I, Rn. 260; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 109. 4 Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 109; Gröpl, Staatsrecht I, Rn. 262; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 109. 5 Vgl. BVerfG v. 15. 02. 1978 – 2 BvR 268/76, BVerfGE 47, 253, 272 = NJW 1978, 1967; BVerfG v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86 u. a., BVerfGE 77, 1, 40 = NJW 1988, 140; BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 71 f. = NJW 1991, 159; BVerfG v. 05. 12. 2002 – 2 BvL 5/98 u. a., BVerfGE 107, 59, 87 = NVwZ 2003, 974; Gröpl, Staatsrecht I, Rn. 264. 6 Vgl. Gröpl, Staatsrecht I, Rn. 262. 7 BVerfG v. 15. 02. 1978 – 2 BvR 268/76, BVerfGE 47, 253, 273 = NJW 1978, 1967; BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 73 = NJW 1991, 159; BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 68 = NVwZ 1996, 574; BVerfG v. 05. 12. 2002 – 2 BvL 5/ 98 u. a., BVerfGE 107, 59, 87 = NVwZ 2003, 974; BVerfG v. 06. 05. 2014 – 2 BvR 1139/12 u. a., BVerfGE 136, 194 Rn. 168 = NVwZ 2014, 1306; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 218 = NVwZ 2018, 51. 8 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 136 f. 9 Ebenso Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 136; Pape, Das kommunale Aufsichtsratsmandat, S. 80. 10 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 219 = NVwZ 2018, 51; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 13; Burgi, NVwZ 2018, 601; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 132; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 98; Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen 2015, 1127, 1132; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 58 f.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 46; Pape, Das kommunale Aufsichtsratsmandat, S. 79 f.; Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 80.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

Im Rahmen von Gesellschaftsbeteiligungen kommen als legitimationsbedürftige Akte der Staatsgewalt die Entscheidung über die Beteiligung und die Ausübung der Aktionärsrechte sowie die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft in Betracht. Legt man die Definition des BVerfG zugrunde, lassen sich die Entscheidung über die Beteiligung und die Ausübung der Aktionärsrechte zwanglos als amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter qualifizieren. Weniger leicht fällt die Subsumtion bei der unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft. Das Schrifttum behilft sich, indem es die innere Verbindung zwischen dem demokratischen Legitimationserfordernis nach Art. 20 Abs. 2 GG und der Grundrechtsbindung nach Art. 1 Abs. 3 GG herausstellt.11 Zwischen dem demokratischen Legitimationserfordernis und der Grundrechtsbindung bestehe ein „verfassungsdogmatisch relevanter Entsprechungszusammenhang“12. Überall dort, wo der Staat grundrechtsgebunden ist, unterliege sein Handeln auch dem Erfordernis demokratischer Legitimation.13 Die Kongruenz von Grundrechtsbindung und demokratischem Legitimationserfordernis erlaube es, die Zurechnungsgrundsätze, die für die Grundrechtsbindung entwickelt wurden, bei der Frage nach dem Legitimationserfordernis fruchtbar zu machen.14 In seiner Fraport-Entscheidung15 hat das BVerfG die Voraussetzungen formuliert, bei deren Vorliegen privatrechtliche Gesellschaften unter öffentlicher Beteiligung unmittelbar an Grundrechte gebunden sind. Das Gericht baute dabei auf der bereits anerkannten16 Grundrechtsbindung von Eigengesellschaften auf.17 Es entschied, dass die unmittelbare Grundrechtsbindung auch für gemischtwirtschaftliche Unternehmen gelten kann, an denen sowohl private wie öffentliche Anteilseigner beteiligt sind.18 Eine Grundrechtsverpflichtung treffe das Unternehmen jedoch erst dann, wenn es von den öffentlichen Anteilseignern beherrscht werde.19 Für das Kriterium der Beherrschung komme es nicht auf konkrete Einwirkungsbefugnisse, sondern auf die Gesamtverantwortung für das jeweilige Unternehmen an.20 Vermittelt werde diese Gesamtverantwortung in der Regel durch eine öffentliche Mehrheitsbeteili11

Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 132 ff.; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und ihre demokratische Legitimation, S. 42 ff. 12 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 236; aufgreifend Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und ihre demokratische Legitimation, S. 43. 13 Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und ihre demokratische Legitimation, S. 43. 14 Vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 132 ff.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 238; Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und ihre demokratische Legitimation, S. 45. 15 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226 = NJW 2011, 1201. 16 BVerwG v. 18. 03. 1998 – 1 D 88/97, BVerwGE 113, 208, 211 = NVwZ 1998, 1083; Stern, Das StaatsR der Bundesrepublik Deutschland III/1 (1. Aufl. 1988), S. 1421 f. 17 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 245 f. = NJW 2011, 1201. 18 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 246 = NJW 2011, 1201. 19 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 246 f. = NJW 2011, 1201. 20 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 247 = NJW 2011, 1201.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

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gung an der Gesellschaft, die sich auch aus der Addition der Anteile verschiedener öffentlicher Rechtsträger ergeben kann.21 Insoweit könnte grundsätzlich an die zivilrechtlichen Wertungen der §§ 16, 17 AktG sowie Art. 2 Abs. 1 lit. f) Transparenzrichtlinie II22 angeknüpft werden.23 Für die hier zu untersuchenden Unternehmen in der Rechtsform der AG, die i. S. d. § 17 AktG von einer Gebietskörperschaft abhängig sind, ist daher eine unmittelbare Grundrechtsgebundenheit anzunehmen.24 In Parallelität hierzu ist davon auszugehen, dass die unternehmerische Tätigkeit jener Gesellschaften auch die Ausübung von Staatsgewalt darstellt, die demokratischer Legitimation bedarf. b) Demokratische Legitimation der unternehmerischen Tätigkeit Die Staatsrechtslehre hat verschiedene Komponenten entwickelt, deren Zusammenspiel jede Ausübung von Staatsgewalt demokratisch legitimieren muss. Insoweit wird zwischen organisatorisch-personeller und sachlich-inhaltlicher Legitimation unterschieden.25 Teilweise wird noch auf die institutionell-funktionelle Legitimation

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BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 245 f. = NJW 2011, 1201; siehe aber das Sondervotum und die abweichende Ansicht des Richters Schluckebier, nach dem eine Anteilsaddition mehrerer Hoheitsträger eine unmittelbare Grundrechtsbindung nur dann begründen könne, wenn die Hoheitsträger ihre Einflusspotenziale einer rechtlich verbindlichen Koordination unterworfen haben oder ein Interessengleichlauf auf andere Weise sichergestellt ist, BVerfGE 128, 226, 269 ff. 22 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 390 v. 31. 12. 2004 S. 38. 23 BVerfG v. 22. 02. 2011 – 1 BvR 699/06, BVerfGE 128, 226, 246 f. = NJW 2011, 1201. 24 Nichts anderes ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 lit. f) Transparenzrichtlinie II. Hiernach ist „kontrolliertes Unternehmen“ jedes Unternehmen, i) an dem eine natürliche oder juristische Person über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, oder ii) bei dem eine natürliche oder juristische Person das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter des betreffenden Unternehmens ist, oder iii) bei dem eine natürliche oder juristische Person Aktionär oder Gesellschafter ist und aufgrund einer Vereinbarung mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern des betreffenden Unternehmens allein über die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre bzw. Gesellschafter verfügt, oder iv) auf das bzw. über das eine natürliche oder juristische Person beherrschenden Einfluss oder die Kontrolle ausüben kann oder tatsächlich ausübt. Siehe hierzu auch Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, S. 81 f., der die zusätzliche Heranziehung von Art. 2 Abs. 1 lit. f) Transparenzrichtlinie II neben §§ 16, 17 AktG gar für überflüssig hält, da die Kontrolltatbestände des Art. 2 Abs. 1 lit. f) Transparenzrichtlinie II keine Gesichtspunkte enthalten, die über den aktienrechtlichen Abhängigkeitstatbestand hinausgehen. 25 Vgl. Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 14 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 31 f.; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 111 f.; Gröpl, Staatsrecht I, Rn. 265 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 35; Sommermann, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 163 ff.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

hingewiesen.26 Diese Form knüpft an die Legitimation bestimmter Institutionen und Funktionen unmittelbar durch die Verfassung an.27 Da die institutionell-funktionelle Legitimation keine Rückkopplung der Staatsgewalt an den Willen des Volkes, sondern Fragen der Gewaltenteilung- und Organisation betreffe, wird sie nicht als eigener Legitimationsstrang begriffen, der neben die organisatorisch-personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation tritt.28 Die organisatorisch-personelle Komponente liegt vor, wenn die Staatsgewalt ausübende Person ihre Bestellung auf das Staatsvolk als Legitimationssubjekt zurückführen kann.29 Nicht erforderlich ist, dass die Bestellung unmittelbar durch eine Wahl des Volkes erfolgt. Ausreichend ist, dass eine ununterbrochene auf das Volk zurückführende Legitimationskette besteht.30 Diese wird bei öffentlich beherrschten Gesellschaften nicht schon durch die demokratische Legitimation des öffentlichen Gesellschafters begründet.31 Erforderlich ist vielmehr, dass der öffentliche Gesellschafter seine demokratische Legitimation an die Entscheidungsträger innerhalb der Gesellschaft weitergibt.32 Bei Eigengesellschaften in der Rechtsform der AG kann die beteiligte Gebietskörperschaft die Aufsichtsratsmitglieder nach § 101 Abs. 1 AktG grundsätzlich frei bestimmen und so ihre demokratische Legitimation in die Organebene weitergeben.33 Der Aufsichtsrat wiederum mittelt seine demokratische Legitimation durch die Bestellung des Vorstands (§ 84 Abs. 1 AktG) an die Ge26

So grundlegend Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 196 ff. Siehe dazu Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 125 f.; Sennekamp, NVwZ 2010, 213, 214; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 169. 28 Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 110; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 126; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 169. 29 BVerfG v. 15. 02. 1978 – 2 BvR 268/76, BVerfGE 47, 253, 275 f. = NJW 1978, 1967; BVerfG v. 18. 12. 1984 – 2 BvE 13/83, BVerfGE 68, 1, 88 = NJW 1985, 603; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 16; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 111; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 123. 30 BVerfG v. 15. 02. 1978 – 2 BvR 268/76, BVerfGE 47, 253, 275 f. = NJW 1978, 1967; BVerfG v. 24. 07. 1979 – 2 BvK 1/78, BVerfGE 52, 95, 130 = BeckRS 1979, 810; BVerfG v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1178/86 u. a., BVerfGE 77, 1, 40 = NJW 1988, 890; BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 72 f. = NJW 1991, 159; BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/ 92, BVerfGE 93, 37, 67 = NVwZ 1996, 574; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 198 = NVwZ 2018, 51; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 16; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 111; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 123. 31 Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 279; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 257. 32 Vgl. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 223 ff. = NVwZ 2018, 51; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 133; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 25; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 279; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 257; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 19. 33 T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 257. 27

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

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schäftsleiter.34 Im Anwendungsbereich mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften35 treten in den Aufsichtsrat neben Vertretern der Aktionäre auch Vertreter der Arbeitnehmer. Den Arbeitnehmervertretern mangelt es gegenüber den durch den öffentlichen Gesellschafter bestimmten Aufsichtsräten an demokratischer Legitimation.36 Dies führt zu einem heterogenen Legitimationsverhältnis innerhalb des Kollegialorgans, was mit strengem Blick betrachtet der Legitimationsmittlung vom Aufsichtsrat zum Vorstand im Wege stehen könnte.37 Inzwischen hat das BVerfG jedoch entschieden, dass Kollegialorgane, die nur teilweise mit demokratisch legitimierten Mitgliedern besetzt sind, ihre Legitimation dann mitteln können, wenn die den Beschluss tragende Mehrheit ihrerseits mehrheitlich aus unbeschränkt demokratisch legitimierten Mitgliedern besteht (sog. Prinzip der doppelten Mehrheit).38 Ebenso zu beurteilen sind gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen neben der Gebietskörperschaft auch private Gesellschafter beteiligt sind.39 Der demokratisch legitimierte öffentliche Gesellschafter kann seine Legitimation nur dann an den Aufsichtsrat weitergeben, wenn der Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung seinerseits mehrheitlich aus den Stimmen unbeschränkt demokratisch legitimierter Personen besteht. Die sachlich-inhaltliche Komponente setzt dagegen nicht bei der Staatsgewalt ausübenden Person, sondern an der ausgeübten Staatsgewalt an, die sich ihrem Inhalt nach vom Volk herleiten muss.40 Diese Rückkopplung an den Willen des Volkes erfolgt einerseits durch die Gesetzgebungsbefugnis des Parlaments sowie die Bindung der Gewalten an diese Gesetze und andererseits durch eine sanktionierbare Verantwortlichkeit staatlicher Entscheidungsträger.41 Die Verantwortung besteht für 34

Eingehend T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 256 ff. Mitbestimmung nach den Vorschriften des MitbestG, DrittelbG und MontanMitbestG. 36 Becker, in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 50 Rn. 38; vgl. auch Dünchheim/Gräler, NVwZ 2019, 1225, 1227. 37 Vgl. noch BVerfG v. 10. 12. 1974 – 2 BvK 1/73 u. a., BVerfGE 38, 258, 271 f. = NJW 1975, 255. 38 BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 67 f. = NVwZ 1996, 574; siehe auch Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 25; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 60 ff.; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 20. 39 Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 20. 40 Vgl. BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 71 f. = NJW 1991, 151; BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 67 = NVwZ 1996, 574; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 198 = NVwZ 2018, 51; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 21; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 112. 41 BVerfG v. 31. 10. 1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60, 72 = NJW 1991, 151; BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 67 = NVwZ 1996, 574; BVerfG v. 06. 05. 2014 – 2 BvR 1139/12 u. a., BVerfGE 136, 194 Rn. 168 = NVwZ 2014, 1306; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 198 = NVwZ 2018, 51; Böckenförde, in: Isensee/ 35

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

Parlamentsabgeordnete gegenüber dem Volk selbst und wird durch den periodischen Wahlakt sanktioniert.42 Daran anknüpfend besteht die Verantwortung der Regierung gegenüber dem Parlament.43 Vertikal trägt die Regierung die Verantwortung für die ihr nachgeordneten Behörden und Amtswalter, auf die sie mit Weisungen und Aufsichtsmaßnahmen Einfluss nehmen kann.44 Durch die Wahl privater Rechtsformen können sich Gebietskörperschaften dieser Verantwortung nicht entziehen. Die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft muss durch die beteiligungsführenden Stellen der Gebietskörperschaft und anschließend entlang der Legitimationskette verantwortet werden. Um die Ausübung von Staatsgewalt demokratisch zu legitimieren, müssen nicht stets alle Legitimationskomponenten kumulativ uneingeschränkt vorliegen; ausreichend ist, wenn durch das Zusammenwirken der verschiedenen Legitimationsgrundlagen ein bestimmtes Legitimationsniveau erreicht wird.45 Durch den Rekurs auf ein Legitimationsniveau ist auch die geringere Legitimation über einen Legitimationsstrang unschädlich, wenn dies durch eine stärkere Legitimation über andere Stränge kompensiert wird.46 2. Rechtsstaatsprinzip Weitere Anforderungen an Gesellschaftsbeteiligungen von Gebietskörperschaften lassen sich aus dem Rechtsstaatsprinzip47 gewinnen. Sie ergeben sich aus der allgemeinen Verpflichtung des Staates auf das Gemeinwohl, das den übergeordneten Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 21; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 112; Grzeszick, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 II Rn. 124. 42 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 21. 43 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 21; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 168. 44 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 21; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 136 ff.; Püttner, DVBl 1975, 353, 355; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 168. 45 BVerfG v. 25. 05. 1995 – 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 67 = NVwZ 1996, 574; BVerfG v. 18. 01. 2012 – 2 BvR 133/10, BVerfGE 130, 76, 124 = NVwZ 2012, 1563; BVerfG v. 18. 03. 2014 – 2 BvR 1390/12 u. a., BVerfGE 135, 317 Rn. 235 = NJW 2015, 1505; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 24 Rn. 14; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 109, 113; Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 35; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 20 Rn. 170. 46 BVerfG v. 18. 03. 2014 – 2 BvR 1390/12 u. a., BVerfGE 135, 317 Rn. 235 = NJW 2015, 1505; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 113; Sommermann, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Art. 20 Rn. 170. 47 Die normative Verankerung des Rechtsstaatsprinzips ist umstritten. Neben Art. 20 Abs. 3 GG wird sein Ursprung auch in anderen grundgesetzlichen Bestimmungen verortet. Ins Feld geführt werden Art. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1, Art. 79 Abs. 3 GG sowie eine Gesamtschau aus allen Normen mit rechtsstaatlichem Gehalt. Überblick über das Meinungsspektrum bei Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 63 ff. m. w. N.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

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Legitimationsgrund allen staatlichen Handelns darstellt.48 Die hieraus folgende Rechtfertigungsbedürftigkeit staatlichen Handelns schlägt sich bei seiner wirtschaftlichen Betätigung in dem Gebot nieder, nur zur Erfüllung öffentlicher Zwecke am Marktgeschehen teilzunehmen.49 Eine wirtschaftliche Betätigung zu dem Zweck der Einnahmeerzielung wird von der herrschenden Meinung abgelehnt.50 Rein erwerbswirtschaftliches Handeln wäre zudem nicht mit dem in Art. 105 ff. GG verankerten Steuerstaatsprinzip vereinbar, wonach die Finanzquellen des Staates im Wesentlichen auf Steuereinnahmen beschränkt sind.51 Der Staat finanziert sich und seine Aufgaben nicht durch wirtschaftliches Agieren am Markt, sondern belässt Kapital und Arbeit in der vom Privatinteresse der Bürger getriebenen Privatwirtschaft und finanziert sich durch die Besteuerung des wirtschaftlichen Erfolgs der Privaten.52 Die Teilnahme des Staates an der Wirtschaft und auch seine Beteiligung an Unternehmen in der Rechtsform der AG muss demnach stets einen öffentlichen Zweck verfolgen. Für Beteiligungen des Bundes hat dieses Erfordernis in § 65 Abs. 1 Nr. 1 BHO Ausdruck gefunden, wonach sich der Bund nur dann an Unternehmen in Privatrechtsform beteiligen soll, wenn ein wichtiges Bundesinteresse vorliegt.53 Ähnliche Vorgaben enthalten auch die Haushaltsordnungen der Länder54 sowie ihre 48 Vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 71 Rn. 1 f.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 763 ff.; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 418 f. 49 v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 604 f.; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 258; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft, S. 40; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 80 f.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 43 f.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 128. 50 BVerfG v. 08. 07. 1982 – 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82, 106 f. = NJW 1982, 2173; BVerwG v. 22. 02. 1972 – I C 24/69, BVerwGE 39, 329, 334 f. = BeckRS 1972, 30430688; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 258; Engellandt, Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 16 ff.; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 13; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft, S. 40; Lange, NVwZ 2014, 616, passim; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 80 f., 96; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 43 f.; Schink, NVwZ 2002, 129, 133 f.; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 349; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 3; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 5. 51 T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 81; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 44; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 5; großzügiger Seiler, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 105 Rn. 44, der eine besondere Rechtfertigung erwerbswirtschaftlichen Handelns für erforderlich hält, die sich an den Schutzfunktionen der Steuerstaatlichkeit auszurichten habe. 52 Gröpl, AöR 133 (2008), 1, 14 f.; Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 118 Rn. 1; Seiler, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 105 Rn. 47. 53 Vgl. v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 65 Rn. 6; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 5. 54 § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO BW; Art. 65 Abs. 1 Nr. 1 HO Bay; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Ber; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Br; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Brm; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Hmb; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Hess; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO MV; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Nds; § 65 Abs. 1

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

Gemeindeordnungen55. Die Bindung an einen öffentlichen Zweck erschöpft sich dabei nicht in dem Moment der Investitionsentscheidung, sondern hält die Gebietskörperschaft über die Dauer der Beteiligung für die Verfolgung des öffentlichen Zwecks in Verantwortung.56 3. Ingerenzpflicht als Folge der Konnexität von Verantwortung und Steuerung Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft an einem Unternehmen in der Rechtsform der AG, bleibt sie in mehrfacher Hinsicht verantwortlich. Aus der Notwendigkeit demokratischer Legitimation folgt in inhaltlich-sachlicher Hinsicht eine sanktionierbare demokratische Verantwortung der Entscheidungsträger gegenüber dem Volk oder gegenüber durch das Volk legitimierten Organen oder Personen.57 Diese demokratische Verantwortlichkeit setzt eine Einstands- und Rechenschaftspflicht des jeweils Handelnden voraus, die mit Einwirkungs- und Kontrollbefugnissen der Person oder Stelle, die in der Legitimationskette näher am Volk steht, korrespondiert.58 Die sachlich-inhaltliche Komponente der demokratischen Legitimation fordert die Gebietskörperschaft dazu auf, sich Steuerungsmöglichkeiten bei den von Nr. 1 LHO NRW; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO RP; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Saarl; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Sachs; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO LSA; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO SH; § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO Thür. 55 § 102 Abs. 1 Nr. 1 GO BW; Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayGO; § 96 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 91 Abs. 2 Nr. 1 KVerf Br; § 122 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 121 Abs. 1 Nr. 1 HGO; § 69 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KomVerf MV; § 137 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 136 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KomVG Nds; § 108 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 107 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW; § 87 Abs. 1 Nr. 1 GO RP; § 110 Abs. 1 Nr. 1 KSVG Saarl; § 94a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO Sachs; § 129 Abs. 1 i. V. m. § 128 Abs. 1 Nr. 1 KVG LSA; § 102 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 1 Nr. 1 GO SH; § 73 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 71 Abs. 2 Nr. 1 KO Thür. 56 Berkemann, Die staatliche Kapitalbeteiligung an Aktiengesellschaften, S. 143; Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 20; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 13; v. Lewinski/ Burbat, in: NK-BHO, § 65 Rn. 9; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 2; U. H. Schneider, AG 2005, 498, 494; Schön, ZGR 1996, 429, 446; Zeichner, AG 1985, 61, 65. 57 Dazu Kap. 2 A. I. 1. b). 58 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 221 = NVwZ 2018, 51; BVerwG v. 31. 08. 2011 – 8 C 16/10, BVerwGE 140, 300 Rn. 29 = NJW 2011, 3735; BerlVerfGH v. 21. 10. 1999 – VerfGH 42/99, NVwZ 2000, 794, 796 = BeckRS 9998, 41563; v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 606 f.; Dünchheim, KommJur 2016, 441, 444; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 124 ff.; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 225 f.; Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen 2015, 1127, 1132; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 76; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 141; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 66; Pape, Das kommunale Aufsichtsratsmandat, S. 77 ff.; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 11 ff.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

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ihnen beherrschten Gesellschaften zu sichern und von ihnen Gebrauch zu machen.59 Diese Ingerenzpflicht lässt sich auch aus dem Rechtstaatsprinzip ableiten, das die beteiligte Gebietskörperschaft für die Verfolgung des öffentlichen Zwecks in Verantwortung hält.60 Damit diese Verantwortung nicht leerläuft, muss die Gebietskörperschaft Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können.61 Im Rahmen dieser Ingerenzpflicht ist unter dem Oberbegriff der Steuerung zwischen den Elementen der Einwirkung und Kontrolle zu unterscheiden.62 Einwirkung und Kontrolle grenzen sich insbesondere in zeitlicher Hinsicht voneinander ab.63 Unter dem Begriff der Einwirkung wird die Beeinflussung der Unternehmensleitung verstanden, durch die die Verfolgung der öffentlichen Zwecke sichergestellt werden soll.64 Kontrolle stellt dagegen die nachgelagerte Überprüfung des Unternehmens darauf dar, ob die öffentlichen Zwecke tatsächlich erfüllt wurden.65 Das Element der Einwirkung ist im Haushaltsrecht von Bund und Ländern besonders fixiert. Für Beteiligungen des Bundes bestimmt § 65 Abs. 1 Nr. 3 BHO, dass sich der Bund nur dann an Unternehmen in Privatrechtsform beteiligen soll, wenn er einen angemessenen Einfluss erhält, der insbesondere durch den Aufsichtsrat oder 59

Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 20 f.; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 21; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 141 f.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 66 ff.; Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 80; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 22; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 15 ff. 60 Dazu Kap. 2 A. I. 2. 61 Zum Rechtsstaatsprinzip als verfassungsrechtlichem Anknüpfungspunkt der Ingerenzpflicht Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 25; Berkemann, Die staatliche Kapitalbeteiligung an Aktiengesellschaften, S. 143; Brenner, AöR 127 (2002), 222, 225 f.; v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 605 f.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 129 f.; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137; Kaltenborn, in: Oppenländer/Trölitzsch, HdB. GmbH-Geschäftsführung, § 47 Rn. 7; Knöbber-Griesz, jM 2023, 90 f.; Püttner, DVBl 1975, 353, 355; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 22; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 11, 21. 62 Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 120 f. 63 Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 120 f.; N. Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (institutional choice), S. 339 f. 64 Eichhorn, in: Kontrolle Bd. 1, S. 19, 31; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 21; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 120 f.; N. Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (institutional choice), S. 339 f. 65 Eichhorn, in: Kontrolle Bd. 1, S. 19, 27; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 120 f.; N. Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (institutional choice), S. 339 f.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

ein entsprechendes Überwachungsorgan vermittelt werden kann.66 Auch in den Haushaltsordnungen der Länder67 und in den Gemeindeordnungen68 bestehen entsprechende Vorschriften. Wie umfangreich und intensiv die Gebietskörperschaft Einfluss auf die Gesellschaft nehmen muss, wird durch die haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht bestimmt.69 Der Verweis auf die Angemessenheit des Einflusses erfordert eine Bewertung im Einzelfall, deren Kriterien das Haushaltsrecht selbst nicht vorgibt.70 Im Schrifttum hat sich die Formel durchgesetzt, dass der Einfluss umso intensiver und umfangreicher sein muss, je höher die Beteiligung und je bedeutungsschwerer der mit der Beteiligung verfolgte Zweck ist.71

II. Informationen als Ingerenzvoraussetzung Die Erfüllung der Ingerenzpflicht durch die Ausübung von Einwirkung und Kontrolle setzt eine hinreichende Information der hierfür berufenen Organe und Stellen voraus.72 Besonders deutlich wird dies bei der Erfüllung des Kontrollelements der Ingerenzpflicht. Die Kontrolle der Gesellschaft durch die Gebietskörperschaft ist nur denkbar, wenn sie über umfassende Informationen aus der Gesellschaft verfügt.73 66 v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 65 Rn. 9; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 9 ff. 67 § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO BW; Art. 65 Abs. 1 Nr. 3 HO Bay; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Ber; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Br; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Brm; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Hmb; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Hess; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO MV; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Nds; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO NRW; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO RP; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Saarl; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Sachs; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO LSA; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO SH; § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO Thür. 68 § 103 Abs. 1 Nr. 3 GO BW; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayGO; § 96 Abs. 1 Nr. 2 KVerf Br; § 122 Abs. 1 Nr. 3 HGO; § 69 Abs. 1 Nr. 4 KomVerf MV; § 137 Abs. 1 Nr. 6 KomVG Nds; § 108 Abs. 1 Nr. 6 GO NRW; § 87 Abs. 1 Nr. 3 GO RP; § 110 Abs. 1 Nr. 3 KSVG Saarl; § 96 Abs. 1 Nr. 2 GO Sachs; § 129 Abs. 1 Nr. 3 KVG LSA; § 102 Abs. 2 Nr. 3 GO SH; § 73 Abs. 1 Nr. 2 KO Thür. 69 Raiser, ZGR 1996, 458, 476 f. 70 Raiser, ZGR 1996, 458, 476 f. 71 In diesem Sinne Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2563; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 166; Hermesmeier, Staatliche Beteiligungsverwaltung, S. 358; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 190; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 9. 72 In diesem Sinne Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 95 f., 103; Brenner, AöR 127 (2002), 222, 248; v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 623 f.; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 29; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 118; Knöbber-Griesz, jM 2023, 90 f.; M. Mann, AG 2018, 57, 58; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 240; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 394 Rn. 9; Spannowski, ZGR 1996, 400, 426; Will, VerwArch 94 (2003), 248, 249. 73 Deutlich T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 240: „Grundlegende Voraussetzung“; ferner Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 17 f.

A. Ingerenzpflicht der Gebietskörperschaft

49

Neben der Unerlässlichkeit von Informationen für die Kontrolle von Gesellschaft und Gebietskörperschaft ist die Informationsversorgung auch für das Einwirkungselement der Ingerenzpflicht von Bedeutung. Die Gebietskörperschaft kann ihr Einflusspotenzial nur dann effektiv wahrnehmen, wenn sie mit Informationen aus der Gesellschaft versorgt ist.74 Dabei steht die Weitergabe von Informationen nicht zwangsläufig im Widerspruch zu den Interessen der Gesellschaft. Auch aus der Perspektive der Gesellschaft ist eine informationelle Unterversorgung der Gebietskörperschaft kaum wünschenswert. Es kann nicht im Interesse der Gesellschaft liegen, dass die Gebietskörperschaft ihr Einflusspotenzial zur Erfüllung der ihr obliegenden Ingerenzpflicht ausübt, ohne über ihre Verhältnisse informiert zu sein.75 Die für die Ausübung von Einwirkung und Kontrolle erforderlichen Informationen werden, soweit sie nicht in Anschluss an die Betätigungsprüfung von den Rechnungshöfen und Rechnungsprüfungsbehörden nach § 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG)76 selbst erhoben werden,77 durch die Gebietskörperschaft beschafft. Vielfach wurden im Verwaltungsinnenbereich eigene Organisationseinheiten gebildet, die mit der Verwaltung und Koordination der Beteiligungen der Gebietskörperschaft betraut sind. Zu den Aufgaben dieser als Beteiligungsverwaltung78 bezeichneten Organisationseinheiten gehört auch das Beteiligungscontrolling.79 Im Rahmen des Beteiligungscontrollings werden alle einwirkungs- und kontrollrelevanten Informationen der Gesellschaft erhoben, aufbereitet und verwaltet.80 Das Controlling schafft damit die Informationsbasis, auf der die Entscheidungsträger der Gebietskörperschaft über

74

Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 29; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 118; M. Mann, AG 2018, 57, 58. 75 Vgl. für die uninformierte Ausübung von Einfluss durch das herrschende Unternehmen in faktischen Konzernverhältnissen Koch, ZHR 183 (2019), 7, 19. 76 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder vom 19. 08. 1969, BGBl. I 1969 S. 1273. 77 Hierzu Kap. 4 C. I. 2. 78 Die Begriffsverwendung ist nicht einheitlich. Teilweise wird die Beteiligungsverwaltung auch als Beteiligungsmanagement bezeichnet. So etwa Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 27 ff.; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit im Recht der kommunalen Eigengesellschaften, S. 15; Spannowsky, ZHR 160 (1996), 560, 589; Weiblen, in: Fabry/ Augsten, HdB. Unternehmen der öffentlichen Hand, Teil 8 Rn. 57; wie hier hingegen M. Geis/ Nowak, Der Konzern 2011, 98; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 21; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 250. 79 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 27 ff.; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit im Recht der kommunalen Eigengesellschaften, S. 19; Weiblen, in: Fabry/ Augsten, HdB. Unternehmen der öffentlichen Hand, Teil 8 Rn. 57. 80 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 159 ff.; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit im Recht der kommunalen Eigengesellschaften, S. 19; Weiblen, in: Fabry/ Augsten, HdB. Unternehmen der öffentlichen Hand, Teil 8 Rn. 68.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

die Ausübung von Einwirkungsinstrumenten entscheiden und die Gesellschaft kontrollieren.81

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht I. Aktienrechtliche Organisationsverfassung als Ausgangspunkt Zur Erfüllung der aus dem Demokratie- und Rechtstaatsprinzip folgenden Ingerenzpflicht muss die Gebietskörperschaft insbesondere Einfluss auf die Unternehmensleitung ausüben können. Die Möglichkeiten der Einwirkung werden durch die Rechtsform bestimmt, in der das Unternehmen verfasst ist.82 Als Gesellschafterin einer AG steht der Gebietskörperschaft zuvörderst die Wahrnehmung ihrer Aktionärsrechte zur Verfügung.83 Nach § 118 Abs. 1 AktG nehmen die Aktionäre ihre Rechte in der Hauptversammlung wahr. Ob durch die Ausübung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung Einfluss auf die Unternehmensleitung genommen werden kann, der seinem Umfang nach eine demokratisch und rechtsstaatlich verantwortungsfähige Beteiligung an konkreten unternehmerischen Entscheidungen ermöglicht, hängt maßgeblich von den innergesellschaftlichen Befugnissen der Hauptversammlung ab.84 Über eine originäre Zuständigkeit für Fragen der Geschäftsführung verfügt die Hauptversammlung nicht.85 Die Geschäftsführung ist durch §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG dem Vorstand zugewiesen. Eine direkte Beteiligung der Hauptversammlung an Fragen der laufenden Geschäftsführung sieht das Gesetz nur vor, wenn der Vorstand es verlangt, §§ 119 Abs. 2, 111 Abs. 4 S. 3 AktG. Daneben hat der BGH ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten für Geschäftsführungsmaßnahmen entwickelt, die etwa durch die Ausgliederung des wertvollsten Betriebsteils auf eine selbstständige Tochtergesellschaft tief in das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre eingreifen.86 In einer späteren Entscheidung hat der BGH diese Grundsätze präzisiert und unter Betonung ihres Ausnahmecharakters 81 Vgl. Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 27, 159 ff.; Arndt/Schliesky/Ziertmann, Das Kommunalunternehmen in Schleswig-Holstein, S. 93. 82 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 25; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 137. 83 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 110; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 153 f.; Schön, ZGR 1996, 429, 446; ferner Cannivé, NZG 2009, 445, 446; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 10. 84 Vgl. T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 155; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 152 f.; N. Müller, Rechtsformwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Institutional choice), S. 465 f. 85 Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 119 Rn. 13; Koch, AktG, § 119 Rn. 11; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 119 Rn. 18; Raiser/Veil, KapGesR, § 16 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 IV. 1. a). 86 Grundlegend BGH v. 25. 02. 1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703.

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

51

auf eng auszulegende Strukturänderungen der Gesellschaft beschränkt.87 Weder die geschriebenen noch die ungeschriebenen Kompetenzen der Hauptversammlung gewähren der Gebietskörperschaft durch die Ausübung ihrer Aktionärsrechte eine unmittelbare Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung.88 Zu den Befugnissen der Hauptversammlung zählt jedoch nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG auch die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner, soweit diese nicht nach § 101 Abs. 2 AktG entsandt wurden. Die Gebietskörperschaft kann so ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat platzieren. Wenngleich dem Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 4 S. 1 AktG keine Maßnahmen der Geschäftsführung übertragen werden können, obliegt ihm neben der Überwachung des Vorstands nach § 84 Abs. 1 AktG auch die Bestellung der Vorstandsmitglieder. Durch diese Personalbestimmungsmacht ist der Gebietskörperschaft eine Möglichkeit eröffnet, durch ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat jedenfalls mittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen.89 Dieser personelle Einfluss wird indes durch die Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder zur höchstpersönlichen Mandatswahrnehmung (§ 111 Abs. 6 AktG) verwässert.90 Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben ihr Mandat eigenverantwortlich auszuüben und müssen sich hierbei vom Unternehmensinteresse leiten lassen.91 Bei ihrer Willensbildung dürfen sie sich keinen fremden Weisungen unterwerfen.92 In Ermangelung einer Weisungsbindung der Aufsichtsratsmitglieder besteht aus Sicht der Gebietskörperschaft kein rechtlich durchsetzbarer Einfluss auf ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat und damit auch kein mittelbarer Einfluss auf die Geschäftsführung. Die Gebietskörperschaft ist vielmehr auf unverbindliche Anregungen und Vorschläge beschränkt.93 Gleiches gilt für die Mandatswahrnehmung der Vorstandsmitglieder. Sie haben ihre Leitungsaufgabe nach § 76 Abs. 1 AktG ei87

BGH v. 26. 04. 2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30, 44 f. = NJW 2004, 1860. Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 153 f.; N. Müller, Rechtsformwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Institutional choice), S. 465 f. 89 Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 125 f.; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 104 f.; M. Mann, AG 2018, 57, 58; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 194 ff.; vgl. auch Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 76 Rn. 9. 90 Zur Eigenverantwortlichkeit der Mandatswahrnehmung als Grund für eine geminderte Einflussnahmemöglichkeit Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 22. 91 Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 111 Rn. 108, § 116 Rn. 12 f.; Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 111 Rn. 160, § 116 Rn. 11; Koch, AktG, § 116 Rn. 8. 92 BGH v. 29. 01. 1962 – II ZR 1/61, BGHZ 36, 296, 306 = NJW 1962, 864; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 111 Rn. 82; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 111 Rn. 109; Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 111 Rn. 162; Henssler, in: Henssler/Strohn, GesR, § 111 AktG Rn. 28; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 33 Rn. 7; Koch, AktG, § 111 Rn. 89; Kruchen, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 111 AktG Rn. 634. 93 Büchner, Die rechtliche Gestaltung kommunaler öffentlicher Unternehmen, S. 209; N. Müller, Rechtsformwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Institutional choice), S. 466. 88

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

genverantwortlich wahrzunehmen und sind – wie die Mitglieder des Aufsichtsrats – an Weisungen nicht gebunden.94 Die grundsätzliche Zuweisung der Geschäftsführung zum Vorstand und die Weisungsungebundenheit seiner Mitglieder und der des Aufsichtsrats führen zu einer weitgehenden Abschirmung der Unternehmensleitung. Das BVerfG und insbesondere Vertreter des öffentlich-rechtlichen Schrifttums attestieren der Gebietskörperschaft bei Beteiligungen an einer AG daher eine Einflusseinbuße.95

II. Zwischen Steuerungspflicht und rechtsformbedingter Independenz 1. Lehre vom Verwaltungsgesellschaftsrecht Die durch die innere Struktur der AG befürchtete Einflusseinbuße hat bereits früh eine Diskussion zum Verhältnis des öffentlichen Rechts zum Gesellschaftsrecht ausgelöst.96 Kernfrage dieser Diskussion ist, ob das Spannungsfeld zwischen der Steuerungspflicht der Gebietskörperschaft und den begrenzten aktienrechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten durch eine Modifikation des Aktienrechts zugunsten von Sonderbefugnissen der Gebietskörperschaft aufzulösen ist. Offenbar angelehnt an den Begriff des Verwaltungsprivatrechts wird die Diskussion zumeist unter dem Stichwort des Verwaltungsgesellschaftsrechts geführt.97 Während das Verwaltungsprivatrecht das Außenverhältnis der öffentlich beherrschten Gesellschaft zum Bürger betrifft, soll das Verwaltungsgesellschaftsrecht korrigierend in die innere 94 BGH v. 05. 05. 2008 – II ZR 108/07, NJW-RR 2008, 1134 Rn. 13 = AG 2008, 541; OLG Frankfurt v. 17. 08. 2011 – 13 U 100/10, AG 2011, 918, 919 = ZIP 2011, 2008; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 76 Rn. 74; Koch, AktG, § 76 Rn. 25; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 34; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 39; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 76 Rn. 36; für eine umfangreichere Delegierbarkeit von Leitungsaufgaben Kuntz, AG 2020, 801, 809 ff. 95 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 225 = NVwZ 2018, 51: „Kontroll-, Steuerungs- und Legitimationsdefizit“; Becker, NVwZ 2019, 1385, 1391: „Distanzierung von den Quellen demokratischer Legitimation“; Böttcher/Krömker, NZG 2001, 590: „Steuerungs- und Kontrolldefizit“; Huber, FS Badura 2004, 897, 902: „Einflussknick“; ferner Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 22; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 294 f.; Ehlers, Die Verwaltung 46 (2013), 467, 482; Eisenmenger, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwaltungsR II, § 92 Rn. 120; Hermesmeier, Staatliche Beteiligungsverwaltung, S. 358; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 22; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1096; N. Müller, Rechtsformwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Institutional choice), S. 465 f. 96 Siehe bereits die Ansätze aus den 1950er Jahren von Ballerstedt, DÖV 1951, 449, 452 und Ipsen, JZ 1955, 593, 598. 97 Das Verwaltungsgesellschaftsrecht wird dabei zumeist als Facette des Verwaltungsprivatrechts begriffen. So etwa Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 253: Verwaltungsgesellschaftsrecht „konkretisiert“ das Verwaltungsprivatrecht auf gesellschaftsrechtlichem Gebiet; Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 514: Verwaltungsgesellschaftsrecht als „Sondergebiet des Verwaltungsprivatrechts“.

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

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Verfassung der Gesellschaft eingreifen und insbesondere das Verhältnis der Gesellschaft und ihrer Verwaltungsorgane zu dem öffentlichen Gesellschafter modifizieren.98 Am weitesten geht ein älterer Ansatz aus den 1950er Jahren, der durch die Beteiligung der Gebietskörperschaft das Wesen der AG verändert sieht. Die Gesellschaft würde durch die öffentliche Beteiligung zu einer staatlichen Institution, die nach den Regelungen des öffentlichen Rechts zu beurteilen sei (sog. „öffentlichrechtliche Indienstnahme“).99 Demgegenüber positionieren sich die Rechtsprechung und ein großer Teil des Schrifttums, die sich gegen eine Modifikation und für eine vorrangige Geltung des Aktienrechts auch bei mehrheitlicher Beteiligung einer Gebietskörperschaft aussprechen.100 Andere vermittelnde Stimmen aus dem öffentlich-rechtlichen Schrifttum halten das Aktienrecht zwar für vorrangig anwendbar, befürworten in Anbetracht der verfassungsrechtlich begründeten Verantwortung und Ingerenzpflicht aber

98 Zu den konzeptionellen Unterschieden von Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht Habersack, ZGR 1996, 545, 555; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 168 ff.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 283; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 26; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 6 ff. 99 Ballerstedt, DÖV 1951, 449, 452; Ipsen, JZ 1955, 593, 598. 100 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 225 = NVwZ 2018, 51; BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 340 = NJW 1978, 104; OVG Bautzen v. 03. 07. 2012 – 4 B 211/12, ZIP 2012, 2111 = NVwZ-RR 2013, 63; VGH Kassel v. 09. 02. 2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35, 37 f. = NVwZ-RR 2012, 566; OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50 = DVBl 2016, 1274; Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 25; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/ GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 30 f.; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 89 ff.; Habersack, ZGR 1996, 545, 555; Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, S. 16 f.; Kersting/Hauser, FS Grunewald 2021, 445; Kiethe, NZG 2006, 45, 48; Knöbber-Griesz, jM 2023, 90, 91; Koch, AktG, § 394 Rn. 2 ff.; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder durch die öffentliche Hand als Gesellschafterin, S. 16 ff.; Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 53 ff.; T. Mann, in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 46 Rn. 5; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 52; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 152 ff.; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 1; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 9 f.; Pape, Das kommunale Aufsichtsratsmandat, S. 85 f.; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 3 f.; Püttner, DVBl 1986, 748, 751; Raiser, ZIP 2011, 353, 354; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 4; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 356 ff.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 25 f.; Spannowsky, DVBl 1992, 1072, 1074 f.; Spindler, ZIP 2011, 689; Stehlin, in: Heidel, AktR, vor §§ 394, 395 AktG Rn. 3; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 39 ff.; Weckerling-Wilhelm/Mirtsching, NZG 2011, 327, 330 f.; R. Werner, NVwZ 2019, 449; Windbichler, in: GroßKomm-AktG, § 15 Rn. 28.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

eine verfassungskonforme Auslegung des Aktienrechts.101 Durch eine verfassungskonforme Auslegung seien weitere Einflussnahmemöglichkeiten der Gebietskörperschaft anzuerkennen. Hierfür kämen insbesondere Weisungsrechte gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrats in Betracht.102 2. Stellungnahme Der Ansatz einer „Indienstnahme“ der Gesellschaft durch die öffentliche Beteiligung ist heute überholt.103 Dies ergibt sich bereits aus dem Normenumfeld, in dem die Ansicht gebildet wurde.104 Entwickelt wurde der Ansatz noch unter Geltung von § 70 Abs. 1, Abs. 2 DGO105, wonach der Bürgermeister gegenüber seinen Vertretern in öffentlichen Unternehmen weisungsbefugt war.106 Da das Weisungsrecht nach § 70 Abs. 1 DGO den Rang eines Reichsgesetzes hatte, war der Raum für eine Auseinandersetzung mit seinem Verhältnis zur aktienrechtlichen Weisungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder eröffnet.107 Das Verhältnis des bundesrechtlich geregelten Aktienrechts zu dem heute auf Länderebene angesiedelten Kommunalwirtschaftsrecht wird durch Art. 31 GG zugunsten des Aktienrechts klargestellt.108 Auf den ersten Blick scheint es jedoch nahezuliegen, das Spannungsfeld zwischen dem verfassungsrechtlichen Ingerenzgebot und den begrenzten aktienrechtlichen Umsetzungsmöglichkeiten durch eine verfassungskonforme Auslegung des Aktienrechts aufzulösen. Voraussetzung einer derartigen Überlagerung ist jedoch die Kollision konkreter verfassungsrechtlicher Norminhalte mit bestimmten Vorschriften des Aktienrechts.109 Nur wenn die Rechtsfolgen des verfassungsrechtlichen 101 v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 616 ff.; Eisenmenger, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwaltungsR II, § 92 Rn. 121; Huber, FS Badura 2004, 897, 906; Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen 2015, 1127, 1134 f.; dies., in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 23; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 231 ff.; Ossenbühl, ZGR 1996, 504, 512 ff.; Stober, NJW 1984, 449, 455 f.; wohl auch Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, Anhang § 395 AktG Rn. 8 ff.; siehe auch Becker, NVwZ 2019, 1385, 1391, nach dem das Gesellschaftsrecht durch eine öffentlich-rechtliche Überformung „passend“ gemacht werden müsse. 102 v. Danwitz, AöR 120 (1995), 595, 626 ff.; Huber, FS Badura 2004, 897, 906; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, S. 254 ff. 103 Koch, AktG, § 394 Rn. 2a; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 9. 104 Koch, AktG, § 394 Rn. 2a. 105 Deutsche Gemeindeordnung v. 30. 01. 1935, RGBl. I 1935, S. 49. 106 Siehe Ipsen, JZ 1955, 593, 597. 107 Koch, AktG, § 394 Rn. 2a. 108 VGH Kassel v. 09. 02. 2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35, 37 = NVwZ-RR 2012, 566; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 17; Kersting, in: KölnKommAktG, §§ 394, 395 Rn. 62; Koch, AktG, § 394 Rn. 2a; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 10. 109 T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 286 f.; Spannowski, ZGR 1996, 400, 422 f.; vgl. im Allgemeinen auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft,

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

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Ingerenzgebotes hinreichend bestimmbar sind, können sie eine Überlagerung des im Aktiengesetz zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens rechtfertigen.110 Dem aus den allgemeinen Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie folgenden Ingerenzgebot lassen sich jedoch keine klaren Rechtsfolgen entnehmen, auf die zur Konturierung eines Verwaltungsgesellschaftsrechts zurückgegriffen werden könnte.111 Bei dem Ingerenzgebot handelt es sich vielmehr um einen Gestaltungsauftrag, der durch den Gesetzgeber wahrzunehmen ist.112 Hierbei steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungspielraum zu, weshalb die Instrumente, mit deren Hilfe die Ingerenzpflicht zu erfüllen ist, verfassungsrechtlich keinesfalls vorgegeben sind.113 Vor diesem Hintergrund ist zu erkennen, dass der Gesetzgeber bereits verschiedene Instrumente und Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen hat, die der Gebietskörperschaft die Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht ermöglichen.114 Eigens für Beteiligungen von Gebietskörperschaften wurden mit den §§ 394, 395 AktG Vorschriften eingeführt, die den besonderen Bedürfnissen öffentlicher Hände Rechnung tragen sollen. Dieser Normenkomplex, dessen Abschnitt als „Sondervorschriften bei der Beteiligung von Gebietskörperschaften“ amtlich überschrieben ist, erlaubt den Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber weitere Besonderheiten für beteiligte Gebietskörperschaften nicht anerkennen wollte.115

S. 161, die auf die Ausfüllungsbedürftigkeit verfassungsrechtlicher Prinzipien im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung hinweisen. 110 Ähnlich bereits Spannowski, ZGR 1996, 400, 422 f., der zutreffend betonte, dass die Unbestimmtheit der verfassungsrechtlichen Vorgaben dazu führe, dass der Rechtsanwender den Gesetzgeber „überspielt“ und seine „Vorstellungen über die Form der Einflußnahme gegen die des Gesetzgebers durchsetzen [könnte]“; zur Erforderlichkeit von „Rechtsfolgenklarheit“ auch T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 286. 111 Harbarth, Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen, S. 112; Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 56; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 286 f.; Spannowski, ZGR 1996, 400, 423; R. Werner, NVwZ 2019, 449. 112 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 25; Spannowski, ZGR 1996, 400, 423; Spindler, ZIP 2011, 689; in diesem Sinne auch R. Werner, NVwZ 2019, 449. 113 Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 141; Spannowski, ZGR 1996, 400, 423; Steiner, FS Hufen, 2015, 561, 562; ferner Koch, AktG, § 394 Rn. 2b. 114 Vgl. Engellandt, Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 25 f.; Kiethe, NZG 2006, 45, 48; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 185 ff.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 280; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 4; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 10; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 25; Spannowski, ZGR 1996, 400, 423; Spindler, ZIP 2011, 689. Dazu sogleich Kap. 2 B. II. 4. 115 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 23; Stehlin, in: Heidel, AktR, vor §§ 394, 395 AktG Rn. 3; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 39 f.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

Eine weitergehende Überlagerung des Aktienrechts zugunsten von Sonderbefugnissen des öffentlichen Gesellschafters würde zudem zu einer erheblichen Benachteiligung privater Minderheitsaktionäre führen, die jedweder gesetzlichen Grundlage entbehrt und verfassungsrechtlich daher kaum zu rechtfertigen wäre.116 Eine Besserstellung des öffentlichen Gesellschafters gegenüber privaten Aktionären stößt zudem auf europarechtliche Bedenken. Problematisch ist die Vereinbarkeit von Sonderbefugnissen von Gebietskörperschaften mit der in Art. 63 Abs. 1 AEUV verankerten Kapitalverkehrsfreiheit.117 Die Kapitalverkehrsfreiheit zählt zu den den Binnenmarkt konstituierenden Grundfreiheiten und verfolgt den Zweck, einen ungehinderten grenzüberschreitenden Einsatz von Geld und Sachkapital zur Investition und Finanzierung zu ermöglichen.118 Sie ist daher die Grundlage für eine optimale Kapitalallokation innerhalb des europäischen Binnenmarktes. Mit der Entscheidungsreihe zu den sog. „Golden Shares“119 hat der EuGH den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit und die Anforderungen, die an die Rechtfertigung einer Beschränkung zu stellen sind, konkretisiert. Aktien, die einem öffentlichen Aktionär Sonderrechte gegenüber privaten Aktionären zusichern, beschränken hiernach ungerechtfertigt die Kapitalverkehrsfreiheit. So seien etwa Aktien, die dem öffentlichen Aktionär unter Aufgabe des Proportionalitätsgrundsatzes120 ein Vetorecht bei Satzungsänderungen einräumten, mit Art. 63 Abs. 1 AEUV unvereinbar.121 Sonderrechte öffentlicher Aktionäre würden die Erwartung der Investoren, der Größe ihrer Kapitalbeteiligung entsprechend an der Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft mitwirken zu können, frustrieren und daher abschreckend wirken.122 Nichts anderes kann gelten, wenn die Beteiligung einer Ge116

Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 26; für die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 10. 117 So auch Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317, 347 f.; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 106; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 64; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder durch die öffentliche Hand als Gesellschafterin, S. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 31; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 41. 118 Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 6 f.; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 1. 119 Vgl. etwa EuGH Rs. C-483/99, Kommission/Frankreich, ECLI:EU:C:2002:327, Slg. 2002, I-4781, NJW 2002, 2305; EuGH Rs. C-282/04, Kommission/Niederlande, ECLI:EU:C:2006:608, Slg. 2006, I-9155, NZG 2006, 942; EuGH Rs. C-112/05, Kommission/ Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623, Slg. 2007, I-9020, NJW 2007, 3481; EuGH Rs. C-171/ 08, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2010:412, Slg. 2010, I-6849, NZG 2010, 983. 120 Nach dem Proportionalitätsgrundsatz ist der Umfang des Stimmrechts eines Aktionärs proportional zu der Größe seines Anteils am Grundkapital der Gesellschaft. Hierzu Grundmann/Möslein, ZVglRWiss 102 (2003), 289, 317 ff.; Stöber, NZG 2010, 977, 978. 121 EuGH Rs. C-171/08, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2010:412, Slg. 2010, I-6849 Rn. 60 f., NZG 2010, 983 60 f. 122 EuGH Rs. C-171/08, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2010:412, Slg. 2010, I-6849 Rn. 60 ff., NZG 2010, 983 Rn. 60 ff.; ebenso Stöber, NZG 2010, 977, 978.

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bietskörperschaft zu einer Erweiterung ihrer Ingerenzmittel im Sinne eines Verwaltungsgesellschaftsrechts führt. Einer Sonderstellung und weitergehender Einflussmöglichkeiten von Gebietskörperschaften wohnt ein ebenso hohes Abschreckungspotenzial inne, wie es der EuGH für die sog. „Golden Shares“ annahm.123 Vor diesem Hintergrund erscheint eine öffentlich-rechtliche Überwölbung des Aktienrechts ebenso wie seine verfassungskonforme Auslegung zugunsten weitergehender Rechte einer beteiligten Gebietskörperschaft mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar.124 3. Kompromissformel: Ingerenzpflicht als Eingangskontrolle Wird das Aktienrecht bei der Beteiligung von Gebietskörperschaften nicht überlagert oder modifiziert, besteht das Spannungsfeld zwischen der öffentlichrechtlichen Steuerungspflicht und der Selbstständigkeit der Verwaltungsorgane der AG fort. Um die Ingerenzverantwortung der Gebietskörperschaft nicht leerlaufen zu lassen, wird die Ingerenzpflicht zunehmend im Sinne einer Kompromissformel als Pflicht der Gebietskörperschaft verstanden, eine Rechtsform zu wählen, die ihr ausreichend Steuerungsmöglichkeiten gewährt.125 Eine so verstandene Pflicht zur Eingangskontrolle kann jedoch bei der Wahl der Rechtsform nicht stehen bleiben. Hat sich die Gebietskörperschaft für die Beteiligung an einer AG entschieden, ist sie weiter verpflichtetet, alle Gestaltungsmöglichkeiten der Rechtsform auszuschöpfen, um so ein rechtliches Umfeld zu schaffen, in dem sie ihrer Ingerenzverantwortung gerecht werden kann.126 Durch diese Eingangskontrolle kann das angesprochene Spannungsfeld zwar nicht vollständig aufgelöst, aber erheblich reduziert werden.

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Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, S. 17. 124 So auch Grundmann/Möslein, ZGR 2003, 317, 347 f.; Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, S. 17 f.; Lampert, Einflussnahme auf Aufsichtsratsmitglieder durch die öffentliche Hand als Gesellschafterin, S. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 31; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 41. 125 In diesem Sinne BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 225 = NVwZ 2018, 51; Engellandt, Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 25 f.; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 63; Koch, AktG, § 394 Rn. 2b; ders., ZHR 183 (2019), 7, 15 f.; ders., FS Windbichler 2020, 817, 824 f.; Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 39 f.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 173 ff.; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358; Spannowski, ZGR 1996, 400, 423 f. 126 Gasteyer, in: Semler/v. Schenck, Der Aufsichtsrat (1. Aufl. 2015), Anhang § 395 AktG Rn. 9; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

4. Gegenstände der Eingangskontrolle a) Rechtsformwahl Die erste maßgebliche Entscheidung hat die Gebietskörperschaft bereits vor der eigentlichen Beteiligung bei der Wahl der Rechtsform zu treffen.127 Grundsätzlich stehen ihr alle Kapitalgesellschaften offen.128 Als besonders geeignet erscheint die Wahl der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat.129 Die Vorteile der GmbH gegenüber der AG ergeben sich vor allem aus der Organisationsverfassung der GmbH, die wegen der im Recht der GmbH geltenden Satzungsautonomie130 nicht nur deutlich flexibler ist, sondern die Gesellschafter auch in größerem Umfang an der Verwaltung teilhaben lässt.131 Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das Weisungsrecht der Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer (§ 37 Abs. 1 GmbHG)132, das ihnen einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung gewährt.133 Dass die verschiedenen Rechtsformen einer Einflussnahme durch die Gebietskörperschaft in unterschiedlichem Maße zugänglich sind, haben einige Landesgesetzgeber134 aufgegriffen und für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden Subsidiaritätsklauseln in die Gemeindeordnungen aufgenommen, die eine Betätigung in der Rechtsform der AG nur dann erlauben, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt werden kann.135 Entscheidet sich die Gebietskörperschaft allerdings für eine Beteiligung an einer AG, ist sie – wie jeder 127 Zur grundlegenden Bedeutung der Rechtsformwahl für die Ingerenzpflicht Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 138 f. 128 Vgl. Becker, NVwZ 2019, 1385, 1391; Eisenmenger, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwaltungsR II, § 92 Rn. 7; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 39 ff.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 40 f.; Stober, NJW 1984, 449, 452. 129 Vgl. BVerwG v. 31. 08. 2011 – 8C 16/10, BVerwGE 140, 300 Rn. 21 ff. = NJW 2011, 3735; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 33; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 167 f.; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416, 444. 130 Zum Grundsatz der Satzungsautonomie bei der GmbH J. Schmidt, in: Michalski/Leible/ J. Schmidt, GmbHG, § 3 Rn. 103. 131 Vgl. Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 33; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 167 f.; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 5. 132 Zum Weisungsrecht der Gesellschafter Altmeppen, GmbHG, § 37 Rn. 3; Stephan/Tieves, in: MünchKomm-GmbHG, § 37 Rn. 123 ff. 133 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 33; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 167; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358. 134 So etwa § 103 Abs. 2 GO BW; § 96 Abs. 4 KVerf Br; § 122 Abs. 3 HGO; § 108 Abs. 4 GO NRW; § 87 Abs. 2 GO RP; § 96 Abs. 2 GO Sachs. 135 Eingehend zu kommunalrechtlichen Subsidiaritätsklauseln am Beispiel von § 108 Abs. 3 GO NRW a. F. (§ 108 Abs. 4 GO NRW n. F.) Böttcher/Krömker, NZG 2001, 590, passim.

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andere Aktionär – an die aktienrechtliche Organisationsverfassung gebunden und auf die durch das Aktienrecht zugelassenen Mittel der Einflussnahme beschränkt.136 b) Gestaltungen innerhalb des Aktienrechts aa) Bestimmungen in der Satzung Im Rahmen des Aktienrechts stellt die Gestaltung der Satzung ein starkes Instrument zur Verwirklichung der öffentlichen Zwecksetzung und zur Ausübung von Einfluss dar.137 Durch die unmittelbare statutarische Verankerung eines öffentlichen Zwecks werden die Verwaltungsorgane gesellschaftsrechtlich verpflichtet, auf die Erfüllung des Zwecks hinzuwirken, ohne dass immer wiederkehrende Einflussnahmen des öffentlichen Gesellschafters erforderlich sind. Als satzungsmäßige Anknüpfungspunkte kommen die Konkretisierung des Gesellschaftszwecks und die Beschreibung des Unternehmensgegenstandes in Betracht.138 (1) Konkretisierung des Gesellschaftszwecks Erste Stellschraube zur Ausrichtung der Gesellschaft auf einen öffentlichen Zweck ist die Konkretisierung des Gesellschaftszwecks. Der Gesellschaftszweck bezeichnet den finalen Sinn, zu dem sich die Aktionäre zusammengeschlossen haben.139 Als Gesellschaftszweck kommt jeder beliebige Zweck in Betracht, sofern

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VGH Kassel v. 09. 02. 2012 – 8 A 2043/10, AG 2013, 35, 37 f. = NVwZ-RR 2012, 566; OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 63; Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 81 f.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 25; ferner M. Mann, AG 2018, 57, 58. 137 Zu Satzungsbestimmungen als Ingerenzmittel Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 113 f.; Cannivé, NZG 2009, 445, 447 f.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 135 f.; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 94 ff.; Gundlach/Frenzel/Schmidt, LKV 2001, 246, 251; Huber/Fröhlich, FS Coester-Waltjen 2015, 1127, 1129; dies., in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 28; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1095; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 107 f.; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 183 ff.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 48; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 5; Schmolke, WM 2018, 1913, 1914; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 106 ff.; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 42 ff. 138 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 113 ff.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 108 ff.; Schön, ZGR 1996, 429, 436 ff.; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 43; nur zum Unternehmensgegenstand Koch, AktG, § 394 Rn. 2c. 139 Arnold, in: KölnKomm-AktG, § 23 Rn. 74; Koch, AktG, § 23 Rn. 22; Limmer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 07. 2022), § 23 Rn. 35; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 71; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rn. 34; Stein, in: MünchKomm-AktG, § 179 Rn. 129.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

dieser mit dem Gesetz vereinbar ist.140 Ist der Gesellschaftszweck nicht ausdrücklich in die Satzung aufgenommen worden, ist er durch Auslegung der Satzungsurkunde zu ermitteln.141 Lässt sich der Satzung weder ausdrücklich noch konkludent ein Gesellschaftszweck entnehmen, wird von dem Gesellschaftszweck der Gewinnerzielung ausgegangen.142 Von der regelmäßigen Ausrichtung der Gesellschaft auf Gewinnerzielung kann die Gebietskörperschaft durch eine Verankerung öffentlicher Zwecke abweichen. Dabei ist sie nicht darauf verwiesen, zwischen der Verfolgung öffentlicher Zwecke und der Gewinnerzielung zu wählen. Sie kann vielmehr beide Zwecke miteinander kombinieren und ein Rangverhältnis zwischen beiden Einzelzwecken regeln.143 Nicht erforderlich ist, dass die Satzung ausdrücklich die Verfolgung öffentlicher Zwecke vorsieht.144 Ausreichend ist vielmehr, wenn die Gebietskörperschaft in der Satzung deutlich macht, dass die Gewinnerzielung nur ein sekundäres Ziel ist, indem etwa auf die kommunalrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftsführung verwiesen wird.145 Die Gemeindeordnungen sehen regelmäßig eine Unternehmensführung vor, die den öffentlichen Zweck nachhaltig und wirtschaftlich erfüllt.146 Teilweise werden öffentliche Zwecke mit dem Zweck der Gewinnerzielung in der Weise verbunden, dass die Unternehmensführung einen Ertrag für die Gemeinde abwerfen soll, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird.147 Die Festlegung des öffentlichen Zwecks kann entweder bei Gründung der Gesellschaft oder nachträglich durch einen Beschluss der Hauptversammlung herbeigeführt werden. Soll die öffentliche Zwecksetzung erst nachträglich neben oder vor den Zweck der Gewinnerzielung in die Satzung aufgenommen werden, ist hierfür in

140 König/Körber, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 179 Rn. 13; Limmer, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 07. 2022), § 23 Rn. 35; Schön, ZGR 1996, 429, 440; Stein, in: MünchKommAktG, § 179 Rn. 129. 141 König/Körber, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 179 Rn. 13; Kort, NZG 2011, 929, 931; Röhricht/Schall, in: GroßKomm-AktG, § 23 Rn. 127; Stein, in: MünchKomm-AktG, § 179 Rn. 130; Zetsche, in: KölnKomm-AktG, § 179 Rn. 253. 142 Habersack/Foerster, in: GroßKomm-AktG, § 82 Rn. 22; Röhricht/Schall, in: GroßKomm-AktG, § 23 Rn. 127; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rn. 34; Stein, in: MünchKomm-AktG, § 179 Rn. 129 f.; Zetsche, in: KölnKomm-AktG, § 179 Rn. 253. 143 Röhricht/Schall, in: GroßKomm-AktG, § 23 Rn. 127; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 108; Schön, ZGR 1996, 429, 441; einschränkend Cahn, in: KölnKommAktG, § 82 Rn. 20 f. 144 Habersack, ZGR 1996, 544, 553; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 108. 145 Habersack, ZGR 1996, 544, 553 f.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 108. 146 Etwa Art. 95 Abs. 1 S. 1 BayGO; § 107 GO SH. 147 So exemplarisch § 109 Abs. 1 GO NRW; § 149 Abs. 1 KomVG Nds.

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

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entsprechender Anwendung des § 33 Abs. 1 S. 2 BGB die Zustimmung aller Aktionäre notwendig.148 (2) Beschreibung des Unternehmensgegenstandes Zweiter Anknüpfungspunkt für die Ausrichtung der Gesellschaft auf öffentliche Interessen ist der nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG in die Satzung aufzunehmende Unternehmensgegenstand.149 Der Unternehmensgegenstand beschreibt die Art der Tätigkeit, die die Gesellschaft zu betreiben beabsichtigt.150 Neben der Funktion, Dritte über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft zu informieren,151 begrenzt der Unternehmensgegenstand nach § 82 Abs. 2 AktG die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands.152 Der Vorstand darf seine Entscheidungen nur innerhalb der durch den Unternehmensgegenstand gezogenen Grenzen treffen, darf diesen also weder über- noch dauerhaft unterschreiten.153 Mit dem Gesellschaftszweck steht der Unternehmensgegenstand nach herrschender Meinung in einer Mittel-Zweck-Relation: Während der Gesellschaftszweck das Ziel des Zusammenschlusses beschreibt, stellt der Unternehmensgegenstand das Mittel zur Erreichung dieses Ziels dar.154 Bestimmt der Unternehmensgegenstand das Handlungstableau des Vorstands, so liegt es im Interesse der Gebietskörperschaft, den Unternehmensgegenstand so präzise wie möglich zu beschreiben.

148 Vgl. Koch, AktG, § 23 Rn. 22; König/Körber, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 23 Rn. 29; Limmer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 07. 2022), § 23 Rn. 35; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 70; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rn. 34. 149 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 28; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 111; Schön, ZGR 1996, 429, 441. 150 BGH v. 09. 11. 1987 – II ZB 49/87, BGHZ 102, 209, 213 = NJW 1988, 1087; BayOblG v. 16. 09. 1993 – 3Z BR 121/93, BayOblGZ 1993, 319, 320 = NJW-RR 1994, 227; König/ Körber, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 23 Rn. 28; Limmer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 07. 2022), § 23 Rn. 31; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 69. 151 Fleischer/Maas, AG 2020, 761, 763; Koch, AktG, § 23 Rn. 21; vgl. für den Unternehmensgegenstand einer GmbH BayObLG v. 22. 06. 1995 – 3 Z BR 71/95, NJW-RR 1996, 413 = DB 1995, 1801. 152 Koch, AktG, § 23 Rn. 21, § 82 Rn. 9. 153 OLG Stuttgart v. 13. 07. 2005 – 20 U 1/05, AG 2005, 693, 695 = ZIP 2005, 1415; OLG Köln v. 15. 01. 2009 – 18 U 205/07, AG 2009, 416, 417 = ZIP 2009, 1469; Cahn, in: KölnKomm-AktG, § 82 Rn. 33 f.; Feldhaus, BB 2009, 562, 563 ff.; Habersack/Foerster, in: GroßKomm-AktG, § 82 Rn. 23; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 111. 154 Arnold, in: KölnKomm-AktG, § 23 Rn. 76; Braunfels, in: Heidel, AktR, § 23 AktG Rn. 21; Fleischer/Maas, AG 2020, 761, 763; Koch, AktG, § 23 Rn. 22; König/Körber, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 23 Rn. 29; Reuter, ZHR 151 (1987), 237, 240; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rn. 34; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23 Rn. 29; a. A. Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 76: Zweck-Mittel-Relation zwischen Unternehmensziel und Unternehmensgegenstand.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

(3) Grenzen der Satzungsgestaltung (a) Satzungsgestaltung und originäre Leitungsbefugnis des Vorstands Die Ausgestaltung der Satzung erfolgt bei Gründung durch die Gründer, nach Gründung durch die Hauptversammlung. Die Befugnis zur Bestimmung des Gesellschaftszwecks und zur Beschreibung des Unternehmensgegenstandes ist durch §§ 2, 23 Abs. 3, 179 Abs. 1 S. 1 AktG den Aktionären zugewiesen. Die Aktionäre sind berufen, die Zielsetzung ihres Zusammenschlusses – den Gesellschaftszweck – und den dafür vorgesehenen Tätigkeitsbereich – den Unternehmensgegenstand – verbindlich zu bestimmen. Demgegenüber obliegt die Leitung der Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand. Es ist Aufgabe des Vorstands, innerhalb des Unternehmensgegenstandes die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen und geeigneten betriebswirtschaftlichen Mittel auszuwählen.155 Diese klare Kompetenzzuordnung wird durch den Grundsatz der Satzungsstrenge aus § 23 Abs. 5 S. 1 AktG einer Änderung durch die Aktionäre entzogen.156 Aus dem Grundsatz der Satzungsstrenge folgt auch, dass Satzungsbestimmungen, die das „Wie“ der Geschäftsleitung betreffen und damit in den Verantwortungsbereich des Vorstands eingreifen, unzulässig sind.157 Wo genau die Grenze zulässiger Satzungsbestimmungen zu ziehen ist, ist umstritten und betrifft die ganz grundsätzliche Frage nach der Macht- und Kräfteverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung, die hier nicht vertieft zu werden braucht.158 Die Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Gebietskörperschaft die Satzungsbestimmungen derart eng formuliert, dass dem Vorstand eine eigenverantwortliche Leitung nicht mehr möglich ist und er zu einem bloßen Exekutivorgan hinabsinkt.159 (b) Zulässige Bestimmungen in der Satzung Damit stellt sich die Frage, wie eng die Gebietskörperschaft das Korsett der Satzung schnüren kann, ohne unzulässig in die originäre Leitungsbefugnis des Vorstands einzugreifen. Für den Unternehmensgegenstand sind aus Sicht der Ge-

155 In diesem Sinne Koch, AktG, § 82 Rn. 10; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 78; Priester, FS Hüffer 2010, 777, 782 f. 156 Koch, AktG, § 23 Rn. 36; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 23 Rn. 55; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23 Rn. 41. 157 Koch, AktG, § 82 Rn. 10; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 23 Rn. 41; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 57. 158 Zu dieser Frage und mit einem Überblick über den Meinungsstand Priester, FS Hüffer 2010, 777 ff. 159 Insoweit besteht Konsens, siehe Cahn, in: KölnKomm-AktG, § 82 Rn. 27; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 82 Rn. 33; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 78; siehe auch Röhricht/Schall, in: GroßKomm-AktG, § 23 Rn. 116; im hiesigen Kontext Adenauer/Merk, NZG 2013, 1251, 1253; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 111; Schön, ZGR 1996, 429, 436 ff.

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bietskörperschaft präzise Vorgaben möglich.160 Der Unternehmensgegenstand eines kommunal betriebenen Energieversorgungsunternehmens kann etwa die konkreten Formen der Stromerzeugung abschließend aufzählen oder bestimmte Teilbereiche, etwa die Stromerzeugung aus Kernenergie, ausschließen.161 Zulässig ist auch die Festlegung des Gegenstandes auf die Herstellung eines flächendeckenden Versorgungsangebots im Bereich der Daseinsvorsorge.162 Als unzulässig gelten hingegen solche Satzungsbestimmungen, die den Vorstand zur Aufstellung jährlicher Wirtschaftspläne oder der Befolgung der Wirtschaftsgrundsätze für öffentliche Unternehmen verpflichten.163 Derartige Vorgaben würden in die originäre Befugnis des Vorstands eingreifen, innerhalb des Unternehmensgegenstands die Mittel zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks abzuwägen und auszuwählen.164 Derart konkrete Vorgaben an den Vorstand sind nur möglich, soweit sie unmittelbar mit dem Gesellschaftszweck verknüpft sind,165 etwa dann, wenn der Zweck der Gesellschaft in der Förderung der regionalen Wirtschaft besteht und der Vorstand satzungsmäßig dazu verpflichtet wird, bei Materialbeschaffung und Personalplanung auf örtliche Unternehmen und Arbeitnehmer zurückzugreifen.166 (4) Berücksichtigung der Satzungsvorgaben bei der Ermessensausübung Wie dargestellt, gewährt § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand einen Bereich unternehmerischer Ermessenausübung, in den der Satzungsgeber nicht eindringen darf. Keine Aussage trifft § 76 Abs. 1 AktG hingegen zu den Motiven, von denen sich der Vorstand bei seiner Ermessenausübung leiten lassen muss und welche Maßstäbe er dabei zu beachten hat.167 Unstreitig ist, dass der Vorstand bei der Betätigung seines Geschäftsleiterermessens die Interessen der Aktionäre berücksichtigen muss.168 Wie 160 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 111; Schön, ZGR 1996, 429, 442; vgl. auch Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 82 Rn. 19. 161 Adenauer/Merk, NZG 2013, 1251, 1253; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 82 Rn. 33; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 82 Rn. 35; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 82 Rn. 19; a. A. Koch, AktG, § 82 Rn. 10. 162 Beispiel nach Schön, ZGR 1996, 429, 442. 163 Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379, 381; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 111; Schön, ZGR 1996, 429, 443. 164 Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379, 381; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 109, 111; Schön, ZGR 1996, 429, 443. 165 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 109, 111; Schön, ZGR 1996, 429, 443. 166 Beispiel nach Schön, ZGR 1996, 429, 443. 167 Koch, AktG, § 76 Rn. 28; siehe auch Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 78. 168 Siehe nur Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 76 Rn. 11; Dörrwächter, in: Vorstand-HdB., § 4 Rn. 34 ff.; Koch, AktG, § 76 Rn. 28 ff.; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 40; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 86 f.; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 76 Rn. 19.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

das Interesse der Aktionäre zu bestimmen ist und ob der Vorstand daneben weitere Interessen und Interessengruppen bei seiner Entscheidungsfindung beachten muss, ist umstritten. Von der Entscheidung zu diesen Fragen hängt ab, in welchem Umfang das Spannungsfeld zwischen der grundsätzlich zur Gewinnerzielung konzipierten AG und der öffentlichen Zwecken verpflichteten Gebietskörperschaft durch Satzungsbestimmungen reduziert werden kann. (a) Interessenpluralismus oder Primat der Aktionärsinteressen? Unter dem Stichwort des sog. Unternehmensinteresses haben sich im Wesentlichen zwei Meinungsströmungen gebildet. Nach dem interessenpluralistischen Ansatz hat der Vorstand bei seiner Ermessensbetätigung neben den Interessen der Aktionäre auch die Interessen der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Die Interessen der Aktionäre stellen nach diesem Ansatz neben den Interessen von Arbeitnehmern und Öffentlichkeit nur eine gleichrangige Abwägungsposition dar.169 Versteht man die Interessen der Gebietskörperschaft als Aktionärsinteresse,170 führt dies nach diesem Ansatz nicht dazu, dass der Vorstand sich primär an diesen Interessen zu orientieren hat. Der Vorstand hat immer alle Partikularinteressen im Wege praktischer Konkordanz in Ausgleich zu bringen.171 Zu dieser interessenpluralistischen Zielkonzeption besteht ein Gegenlager, das die Interessen der Aktionäre verschiedentlich in den Fokus rückt. Für eine Leitlinie des Vorstands wird teilweise auf das im Gesellschaftszweck niedergelegte Verbandsoder Gesellschaftsinteresse abgestellt, welches mangels anderweitiger Bestimmung in der Erzielung von Gewinnen bestehe.172 Hat die beteiligte Gebietskörperschaft den Gesellschaftszweck und den Unternehmensgegenstand auf öffentliche Zwecke ausgerichtet, würden nach dieser Ansicht diese öffentlichen Zwecke das vom Vorstand vorrangig zu berücksichtigende Aktionärsinteresse bilden. Andere wiederum konkretisieren das grundsätzliche Gewinnziel mit einer Verpflichtung des Vorstands auf den sog. Shareholder-Value.173 Nach diesem aus der 169 Cahn, in: KölnKomm-AktG, § 76 Rn. 19 ff.; Kind, NZG 2000, 567, 568; Koch, AktG, § 76 Rn. 30 f.; Kort, in: GroßKomm-AktG, § 76 Rn. 52 ff.; ders., AG 2012, 605 ff.; Oltmanns, in: Heidel, AktR, § 76 AktG Rn. 8; Raiser/Veil, KapGesR, § 14 Rn. 14; J. Vetter, ZGR 2018, 338, 348 ff.; Wilhelm, KapGesR, Rn. 1044; tendenziell auch BGH v. 10. 07. 2018 – II ZR 24/ 17, NJW 2018, 3574 Rn. 54 = NZG 2018, 1189; OLG Frankfurt v. 17. 08. 2011 – 13 U 100/10, AG 2011, 918, 919 = ZIP 2011, 2008; wohl auch OLG Brandenburg v. 29. 08. 2018 – 7 U 73/ 17, AG 2019, 466, wonach der Vorstand im Unternehmensinteresse und nicht als Interessenwahrer der Mehrheitsgesellschafter handele; zustimmend Priester, AG 2021, 15 ff. 170 Zur Bestimmung des Aktionärsinteresses Kap. 2 B. II. 4. b) aa) (4) (c). 171 Vgl. Cahn, in: KölnKomm-AktG, § 76 Rn. 23; Hopt, ZGR 2002, 333, 360; Koch, AktG, § 76 Rn. 33; Oltmanns, in: Heidel, AktR, § 76 AktG Rn. 8; Raiser/Veil, KapGesR, § 14 Rn. 14. 172 Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 76 Rn. 17 ff.; Schön, ZGR 1996, 429, 439; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 76 Rn. 19, 22; Zöllner, AG 2003, 2, 7 f. 173 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 37 ff.; ders., in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 1 Rn. 31; Groh, DB 2000, 2153 ff.; Mülbert, ZGR 1997, 129,

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Betriebswirtschaftslehre stammenden174 Ansatz habe sich das Vorstandshandeln an der Maximierung des Unternehmenswertes zu orientieren, wobei der Unternehmenswert als Wert des Eigenkapitals verstanden wird.175 Nach diesem Ansatz wäre eine Berücksichtigung öffentlicher Zwecke auch dann nicht möglich, wenn sie sich in der Satzung manifestiert haben. (b) Kein Primat der Aktionärsinteressen Gegnern des interessenpluralistischen Ansatzes ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 76 Abs. 1 AktG keine ausdrückliche Verpflichtung des Vorstands enthält, die Interessen von Aktionären, Arbeitnehmern und der Öffentlichkeit gleichberechtigt abzuwägen. Anders war dies noch im AktG von 1937176, dessen § 70 Abs. 1 AktG a. F. den Vorstand zu einer Leitung der Gesellschaft verpflichtete, „wie das Wohl des Betriebs und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich es fordern.“ Eine ausdrückliche Verpflichtung des Vorstands auf die Interessen von Arbeitnehmern und Öffentlichkeit hat indes keinen ausdrücklichen Eingang mehr in das AktG 1965 gefunden. Dies darf jedoch nicht zu der Schlussfolgerung verführen, der Gesetzgeber habe von den in § 70 Abs. 1 AktG 1937 niedergelegten Leitungsmaßstäben Abstand nehmen wollen.177 Der Gesetzgeber des AktG 1965 ging vielmehr davon aus, dass sich die Verpflichtung auf die Belange der Aktionäre, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit von selbst verstehe und daher keine ausdrückliche Bestimmung im Gesetz notwendig sei.178 Legt man diese gesetzgeberische Vorstellung zugrunde, ist auch § 76 Abs. 1 AktG eine Verpflichtung auf eben diese Belange zu entnehmen.179 Vertreter des Shareholder-Value-Ansatzes führen dagegen an, die gesetzgeberische Ursprungsvorstellung sei im „Zeitablauf verblasst“180 und durch neue Wertungen, die durch nachfolgende Reformen in das Gesetz getragen 155 ff.; zurückhaltender hingegen Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 76 Rn. 40, der nur einen Gewichtsvorsprung der Aktionärsinteressen vor den Interessen anderer Stakeholder anerkennt; wohl auch Dörrwächter, in: Vorstand-HdB., § 4 Rn. 34 ff. 174 Zur wirtschaftswissenschaftlichen Wurzel dieses Ansatzes und seiner Adaption durch die Rechtswissenschaft Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 29 ff. m. w. N. 175 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 29. 176 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien v. 30. 01. 1937, RGBl. 1937 I S. 107. 177 Ebenso Koch, AktG, § 76 Rn. 30; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48; für eine Fortgeltung dieser Grundsätze auch Wilhelm, KapGesR, Rn. 1044. 178 BegrRegE. zu § 70 des AktG 1965 in: Kropff, AktG, S. 97; mit dieser Argumentation auch Koch, AktG, § 76 Rn. 30; eingehend zum Gesetzgebungsverfahren Habersack, AcP 220 (2020), 594, 608 ff. 179 Kind, NZG 2000, 567, 568; Koch, AktG, § 76 Rn. 30; Kort, in: GroßKomm-AktG, § 76 Rn. 84; Raisch, FS Hefermehl 1976, 347, 352 f.; Schilling, FS Geßler, 1971, 159, 168 f.; a. A. Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 78 f. 180 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 23.

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wurden, nicht mehr belastbar.181 Neue auf den Shareholder-Value-Ansatz hindeutende Wertungen sollen der mit dem KonTraG182 eingeführten Vorschrift des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG über die Möglichkeit der Gewährung von Bezugsrechten an Vorstandsmitglieder (sog. Stock Options) zu entnehmen sein.183 Diesen Vorschriften wohnt zweifellos der Gedanke einer an der Erhöhung der Aktienwerte orientierten Unternehmensführung inne.184 Es ist jedoch bereits nicht ersichtlich, weshalb dies gegen den interessenpluralistischen Ansatz sprechen sollte, der die Erhöhung der Aktienwerte als regelmäßiges Aktionärsinteresse als Abwägungsposition anerkennt.185 Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers durch neue in das Gesetz getragene Wertungen verblasst sind. Der Vorstand muss sich bei der Betätigung seines Geschäftsleiterermessens von den Belangen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit leiten lassen. Diese Partikularinteressen müssen gleichrangig im Wege praktischer Konkordanz in Ausgleich gebracht werden. (c) Bestimmung der Aktionärsinteressen Nach dem hier vertretenen interessenpluralistischen Ansatz müssen die Interessen der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit mit den Interessen der Aktionäre abgewogen werden. Fraglich ist jedoch, wie die Aktionärsinteressen zu bestimmen sind. Überwiegend wird dabei auf den Gesellschaftszweck abgestellt, der außerhalb besonderer Satzungsbestimmungen auf Gewinnerzielung gerichtet ist.186Speziell für die hier in Rede stehende Konstellation ist jedoch auch eine Gegenmeinung auszumachen. Kort geht davon aus, dass öffentliche Zwecke auch ohne entsprechende Satzungsbestimmungen mittelbar über die Gebietskörperschaft in das vom Vorstand zu berücksichtigende Aktionärsinteresse einfließen.187 In der Sache würde dies bedeuten, dass das Aktionärsinteresse sich nicht an dem in der Satzung niedergelegten Gesellschaftszweck, sondern an den Interessen der konkreten Aktionäre zu bestimmen habe. Eine derartige Bestimmung des Aktionärsinteresses ist sowohl für Gesellschaften ohne als auch für solche mit öffentlicher Beteiligung abzulehnen. Die Definition des Aktionärsinteresses als gebündeltes Interesse der verschiedenen 181

Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 23, 36. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. 04. 1998, BGBl. 1998 I S. 786. 183 Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 76 Rn. 14; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 76 Rn. 36; Groh, DB 2000, 2153, 2157; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 54 f. 184 Dazu Fuchs, in: MünchKomm-AktG, § 192 Rn. 65; Koch, AktG, § 192 Rn. 16; Rieckers, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 07. 2023), § 192 Rn. 51. 185 In diese Richtung auch Koch, AktG, § 76 Rn. 30; Kort, AG 2012, 605, 606. 186 Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 60 ff.; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 76 Rn. 19; vgl. auch Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 109. 187 Kort, in: GroßKomm-AktG, § 76 Rn. 100. 182

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Aktionäre188 scheitert bereits an fehlender Subsumtionsfähigkeit. Deutlich wird dies mit Blick auf börsennotierte Gesellschaften mit einem großen Aktionärskreis, dessen Zusammensetzung der Vorstand nicht kennen kann und der zudem ständigen Veränderungen unterworfen ist. Wollte man öffentliche Interessen deshalb besonders berücksichtigen, weil es sich bei einem Gesellschafter um eine Gebietskörperschaft handelt, würde dies zudem eine nach § 53a AktG unzulässige Ungleichbehandlung der Aktionäre darstellen.189 Die Bestimmung des vom Vorstand zu berücksichtigenden Aktionärsinteresses muss demnach durch Auslegung der Satzungsbestimmungen insbesondere zum Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand erfolgen.190 Hat die Gebietskörperschaft einen öffentlichen Zweck als Gesellschaftszweck bestimmt und den Unternehmensgegenstand entsprechend beschrieben, darf und muss der Vorstand dies bei seiner Ermessenausübung berücksichtigen. Der Zweck der Gewinnerzielung tritt zurück, sodass der Vorstand die Gebietskörperschaft bei der Erfüllung ihrer Ingerenzpflichten auch dann unterstützen kann, wenn die getroffene Maßnahme aus Sicht der Gesellschaft nicht rentabel ist.191 Die Öffnung der Gesellschaft für öffentliche Zwecke findet ihre Grenze jedoch in den Interessen der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit, die gleichberechtigt mit dem durch die Satzung ausgedrückten Aktionärsinteresse abgewogen werden müssen. (5) Zwischenergebnis Durch die Konkretisierung des Gesellschaftszwecks und die Beschreibung des Unternehmensgegenstandes kann die Gebietskörperschaft die Gesellschaft für die Verfolgung öffentlicher Interessen öffnen. Die in der Satzung verankerten öffentlichen Zwecke können so zu einem Eigeninteresse der Gesellschaft werden.192 Der Vorstand kann die Gebietskörperschaft dann in größerem Umfang bei der Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten unterstützen. Derartige Bestimmungen tragen dazu bei, die Spannungen, die zwischen der grundsätzlich zur Gewinnerzielung konzipierten AG und der öffentlichen Zwecken verpflichteten Gebietskörperschaft bestehen,

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Vgl. Kort, in: GroßKomm-AktG, § 76 Rn. 59. Mit diesem Argument auch ablehnend Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 62. 190 Ebenso Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 62. 191 Vgl. Engellandt, Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 32; Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 279; Maier, Beamte als Aufsichtsratsmitglieder der öffentlichen Hand in der Aktiengesellschaft: weisungsgebundene Werkzeuge des öffentlichen Gesellschafters?, S. 187; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 110. 192 In diesem Sinne T. Mann, Der Staat als Aktionär 2019, 39, 48; Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 78 f. 189

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abzubauen.193 Aus Sicht der Gebietskörperschaft kann die Wichtigkeit entsprechender Satzungsbestimmungen daher kaum überschätzt werden. Dennoch stellen die Gestaltungen der Satzung kein Instrument dar, auf konkrete unternehmerische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. bb) Abschluss eines Beherrschungsvertrags (1) Das Vertragskonzernrecht als Ingerenzmittel Um der Gebietskörperschaft einen unmittelbaren Einfluss auf konkrete unternehmerische Entscheidung zu ermöglichen, wird im Schrifttum der Einsatz konzernrechtlicher Mittel erwogen.194 Im Fokus der Diskussion steht dabei der Abschluss eines Beherrschungsvertrags (§ 291 Abs. 1 S. 1 Fall 1 AktG).195 Besteht zwischen der Gesellschaft und der Gebietskörperschaft ein Beherrschungsvertrag, ist die Gebietskörperschaft nach § 308 Abs. 1 S. 1 AktG berechtigt, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Leitung Weisungen zu erteilen.196 Die Weisungsbefugnis umfasst dabei nach § 308 Abs. 1 S. 2 AktG grundsätzlich auch nachteilige Weisungen, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm und der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen. Damit sich die Gebietskörperschaft dieses Instruments bedienen kann, müsste das Konzernrecht197 auf sie anwendbar und sie zum Abschluss eines Beherrschungsvertrags berechtigt sein.

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Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, Anhang § 395 AktG Rn. 7; allgemeiner zum Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Recht und dem privaten Gesellschaftsrecht T. Mann, Der Staat als Aktionär 2019, 39 f. 194 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 117; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 169 ff.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 217 ff.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 39, 49 f.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 63. 195 Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 117; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 63. 196 Zu den Grenzen des Weisungsrechts Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 95 ff.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 308 AktG Rn. 55 ff. 197 Als „Konzernrecht“ werden die Vorschriften der §§ 15 – 22 AktG sowie der §§ 291 – 328 AktG bezeichnet. Präziser wäre es, die Vorschriften als „Recht der verbundenen Unternehmen“ zusammenzufassen. Durch diesen Terminus würde deutlich, dass neben Konzernen (§ 18 AktG) auch alle anderen Formen der Unternehmensverbindung gemeint sind. Da jedoch verbreitet an dem Begriff des Konzernrechts festgehalten wird, soll er auch hier trotz seiner Unschärfe verwendet werden. Hierzu auch Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 6; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 1; Koch, AktG, § 15 Rn. 2; Raiser/Veil, KapGesR, § 58 Rn. 1.

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(2) Die Gebietskörperschaft als Unternehmen i. S. d. §§ 15 ff. AktG Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft an einer AG, muss sie sich wie private Aktionäre an die Regelungen des Aktienrechts halten. Dazu zählen auch die Vorschriften des Konzernrechts. Eine andere Frage ist allerdings, ob die Vorschriften des Konzernrechts tatbestandlich anwendbar sind. Der allgemeine Teil des Konzernrechts beginnt in § 15 AktG mit einer Definition des Begriffs der verbundenen Unternehmen.198 Hiernach können an verbundenen Unternehmen keine Privatpersonen, sondern nur Unternehmen beteiligt sein.199 Nach gefestigter Ansicht aus Rechtsprechung200 und Schrifttum201 ist ein Anteilseigner unabhängig von seiner Rechtsform grundsätzlich dann als Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne anzusehen, wenn er über die Beteiligung an der AG hinaus weitere wirtschaftliche Interessenbindungen hat, sodass die (Konzern-)Gefahr besteht, dass der Anteilseigner seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die AG zugunsten seiner anderweitigen Interessen und zulasten der AG ausübt. Diese anderweitige Interessenbindung wird insbesondere dann angenommen, wenn der Anteilseigner maßgeblich an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist.202 Früher wurde kontrovers diskutiert, ob sich auch Gebietskörperschaften unter den Begriff des Unternehmens subsumieren lassen.203 Die Diskussion wurde durch das Urteil des BGH aus dem Jahr 1977 in Sachen VEBA/Gelsenberg204 beendet. Das Gericht entschied, dass die spezifische Aufgabenstellung der an der VEBA AG beteiligten Bundesrepublik mit dem wirtschaftlichen Interesse der Privataktionäre an dem Gedeihen der Gesellschaft kollidieren könne und deswegen die Anwendung des Konzernrechts rechtfertige.205 In dieser Entscheidung ließ der BGH mangels Ent198

Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 1; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 15 Rn. 28; Keßler, in: Henssler/Strohn, GesR, § 15 AktG Rn. 1. 199 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 4a; Koch, AktG, § 15 Rn. 10; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1. 200 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 336 ff. = NJW 1978, 104; BGH v. 16. 09. 1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 337 = NJW 1986, 188; BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 = NJW 1997, 1855; OLG Hamm v. 02. 11. 2000 – 27 U 1/00, NZG 2001, 563, 565 = ZIP 2000, 2302. 201 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 13; Cahn, AG 2002, 30; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 10; Fett, in: Bürgers/Körber/ Lieder, AktG, 15 Rn. 6 ff.; Koch, AktG, § 15 Rn. 10; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 15 Rn. 20; Kuhlmann/Ahnis, KonzernR/UmwR, Rn. 30; Windbichler, in: GroßKomm-AktG, § 15 Rn. 11 ff. 202 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 = NJW 1997, 1855; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 14; Koch, AktG, § 15 Rn. 11. 203 M. w. N. zum früheren Meinungsspektrum Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 108 f.; Zöllner, ZGR 1976, 1, 23 ff. 204 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 = NJW 1978, 104. 205 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 338 = NJW 1978, 104.

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

scheidungserheblichkeit noch offen, ob sich die anderweitige Interessenbindung auch für die öffentliche Hand aus der maßgeblichen Beteiligung an anderen Gesellschaften ergeben muss.206 Von dem Erfordernis mehrfachen Beteiligungsbesitzes hat der BGH erst in einer späteren Entscheidung ausdrücklich Abstand genommen.207 Die anderweitige Interessenbindung könne bei der Beteiligung von Gebietskörperschaften nicht erst dann angenommen werden, wenn diese mehrere Beteiligungen an Gesellschaften hält.208 Vielmehr begründe die potenzielle Förderung öffentlicher Aufgaben und politischer Ziele zulasten von Minderheitsaktionären eine Gefahr, der durch die Anwendung des Konzernrechts begegnet werden müsse.209 Dass Gebietskörperschaften Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne sein können, wird heute nicht mehr in Zweifel gezogen.210 (3) Zulässigkeit des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags Nachdem heute anerkannt ist, dass Gebietskörperschaften Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne sein können, stellt sich die Frage, ob ihnen alle Formen der Unternehmensverbindung offenstehen. Konkret steht in Frage, ob der Abschluss eines Beherrschungsvertrags durch eine Gebietskörperschaft zulässig ist. Aus aktienrechtlicher Sicht bestehen an dem Abschluss eines Beherrschungsvertrags zwischen einer Gebietskörperschaft und einer AG keine Bedenken. Hürden können sich allerdings aus dem Haushalts- und Gemeindewirtschaftsrecht ergeben, das regelmäßig eine Beschränkung der Einzahlungs- oder Haftungsverpflichtung der Gebietskörperschaft vorsieht.211 Mit einer Begrenzung der Einzahlungs- oder Haf206

BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 344 f. = NJW 1978, 104. BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 208 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 209 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855; kritisch Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 15 Rn. 37; Mülbert, ZHR 163 (1999), 1, 13 ff. 210 BGH v. 03. 03. 2008 – II ZR 124/06, BGHZ 175, 365 Rn. 10 = NJW 2008, 1583; BGH v. 31. 05. 2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 30 = NJW 2011, 2719; BAG 27. 10. 2010 – 7 ABR 85/09, AG 2011, 382 Rn. 31 = ZIP 2011, 587; OLG Celle v. 12. 07. 2000 – 9 U 125/99, AG 2001, 474, 476 = NVwZ-RR 2000, 754; Altmeppen, NJW 2003, 2561, 2564; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 38; Cannivé, NZG 2009, 445, 448; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 33 ff.; Fett, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, 15 Rn. 13; Habersack, ZGR 1996, 544, 556; Heidel, NZG 2012, 48, 54; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 90; ders., WPg 2018, 392, 395; Keßler, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 15 AktG Rn. 7; ders., GmbHR 2001, 320, 322 f.; Koch, AktG, § 15 Rn. 16; ders., ZHR 183 (2019), 7, 19; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 15 Rn. 71 ff.; T. Mann, in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 46 Rn. 47; Paschke, ZHR 152 (1988), 263, 266 ff.; Raiser, ZGR 1996, 458, 463 ff.; Raiser/Veil, KapGesR, § 59 Rn. 8; Schmolke, WM 2018, 1913, 1919; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 15 Rn. 68; Windbichler, in: GroßKomm-AktG, § 15 Rn. 27 ff. 211 Siehe etwa § 65 Abs. 1 Nr. 2 BHO; § 65 Abs. 1 Nr. 2 LHO BW; § 65 Abs. 1 Nr. 2 LHO NRW; § 65 Abs. 1 Nr. 2 LHO SH; § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GO BW; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BayGO; § 122 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGO; § 96 Abs. 1 Nr. 3 SächsGemO; § 102 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GO SH. 207

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

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tungsverpflichtung grundsätzlich nicht vereinbar ist die mit dem Abschluss eines Beherrschungsvertrags einhergehende Pflicht zum Verlustausgleich in unbegrenzter Höhe aus § 302 Abs. 1 AktG.212 Im Schrifttum wird bisweilen erwogen, den haushaltsrechtlichen Anforderungen beizukommen, indem die Gebietskörperschaft durch die Zwischenschaltung einer GmbH von einer Haftung abgeschirmt wird.213 Zwar lässt sich auf diese Weise eine unmittelbare Haftung der Gebietskörperschaft vermeiden. Die Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft birgt für die Gebietskörperschaft jedoch auch Nachteile. So führt die Errichtung von Holdingstrukturen zu einer Mediatisierung ihres Einflusspotenzials.214 Die Schaffung von Steuerungsinstrumenten war jedoch gerade der Grund für den Abschluss eines Beherrschungsvertrags. Nicht zuletzt wegen des zusätzlichen finanziellen und personellen Aufwandes, der mit der Gründung einer weiteren Gesellschaft verbunden ist, dürften die Bildung von Holdingstrukturen und der Abschluss von Beherrschungsverträgen durch Gebietskörperschaften in der Praxis lediglich die Ausnahme darstellen.215 Die nachfolgende Untersuchung verzichtet daher auf die Darstellung der Besonderheiten, die in vertragskonzernrechtlichen Verhältnissen gelten. cc) Teilhabe an der Organbesetzung Die eigenverantwortliche und weisungsfreie Mandatswahrnehmung der Mitglieder des Vorstands verhindert eine direkte Einwirkung der Gebietskörperschaft auf die Geschäftsleitung der Gesellschaft.216 Von größerer Bedeutung sind daher informelle Einflussnahmen, die etwa in einer entsprechenden Personalpolitik bestehen können.217 Ausgehend von der Ausübung der Aktionärsrechte in der 212

Engellandt, Einflussnahme der Kommune auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 42; Gundlach/Frenzel/Schmidt, LKV 2001, 246, 248 f.; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; Paschke, ZHR 152 (1988), 263, 277 f.; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 14; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 65 BHO Rn. 8; a. A. Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 118; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 32; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 64, die den Zweck der haushaltsrechtlichen Beschränkungen, die Gebietskörperschaft vor unbeherrschbaren Haftungsrisiken zu schützen, wegen des Weisungsrechts der Gebietskörperschaft aus § 308 Abs. 1 S. 1 AktG nicht betroffen sehen. 213 Dazu Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 32; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; Kiefner/Schürnbrand, AG 2013, 789, 791 f.; T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 222 f.; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 64. 214 T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 223; zurückhaltender Kiefner/ Schürnbrand, AG 2013, 789, 791. 215 Gleiche Einschätzung bei Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, Anhang § 395 AktG Rn. 34 Fn. 130; Cannivé, NZG 2009, 445, 448; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; Kiefner/Schürnbrand, AG 2013, 789 f. 216 Dazu Kap. 2 B. I. 217 In diesem Sinne VG Braunschweig v. 03. 06. 2020 – 1 B 47/20, BeckRS 2020, 16210 Rn. 48; Ade, in: HdB. Kommunales Beteiligungsmanagement, S. 110 ff.; Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan,

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Kap. 2: Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft

Hauptversammlung kann die Gebietskörperschaft ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat platzieren (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG). Ist die Gebietskörperschaft an der Gesellschaft mehrheitlich oder vollständig beteiligt, kann sie mit Rücksicht auf mitbestimmungsrechtliche Beschränkungen mühelos ihr nahestehende Kandidaten in den Aufsichtsrat wählen.218 Nach den jüngst in Kraft getretenen Vorschriften der §§ 393a Abs. 2 Nr. 2, 96 Abs. 2 AktG hat der Bund bei seinen Beteiligungen eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen sicherzustellen. Auch unterhalb entsprechender Mehrheiten kann sich die Gebietskörperschaft Einfluss auf die Besetzung des Aufsichtsrats sichern. Hierfür gestattet § 101 Abs. 2 AktG die Begründung von Entsendungsrechten einzelner Aktionäre in der Satzung. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, den Einfluss einzelner Aktionäre über die ihnen nach ihrem Beteiligungsumfang zustehende Stimmrechtsmacht hinaus zu erweitern.219 Bei der Schaffung dieser Vorschrift hatte der Gesetzgeber gerade die Einflussausübung eines öffentlichen Aktionärs im Blick.220 So hat der Gesetzgeber das Entsendungsrecht als Handhabe der öffentlichen Hand, ihren „Einfluß verstärkt geltend machen zu können“221, eingeführt und später als „praktisches Bedürfnis“222 beibehalten. Zwar darf bei der Besetzung des Aufsichtsrats mit Repräsentanten der Gebietskörperschaft erwartet werden, dass die Kontrolle der Geschäftsleitung in größerem Umfang auch die Verfolgung des öffentlichen Zwecks berücksichtigen wird. Das entsandte Aufsichtsratsmitglied ist jedoch nicht berechtigt, die Interessen der Gebietskörperschaft dem Unternehmensinteresse überzuordnen.223 Aus Sicht der Gebietskörperschaft liegt der Wert der Besetzung des Aufsichtsrats vielmehr in seiner

S. 125 f.; Früchtl, Die Aktiengesellschaft als Rechtsform für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, S. 104 f.; Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der europäischen Gemeinschaft, S. 138; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 107 f.; T. Mann, Die öffentlichrechtliche Gesellschaft, S. 194, 196 f.; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358 f. 218 T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 194; ders., in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 46 Rn. 19; zu den Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder öffentlicher Hände Grunewald, NZG 2015, 609, 610 ff. 219 Gaul, AG 2019, 405, 407; Koch, AktG, § 101 Rn. 9; siehe auch Simons, in: Hölters/ Weber, AktG, § 101 Rn. 24. 220 Näher hierzu T. Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 197; Steinfort, Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat im europäischen Kontext, S. 19 ff.; zur Bedeutung für Gebietskörperschaften auch Bürk/Wentz, ZIP 2020, 2219. 221 Begr. des Reichsjustizministeriums zum Entwurf von 1931, in: Schubert/Hommelhoff, Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, S. 907, 913. 222 Begr.RegE. zum Aktiengesetz von 1965, in: Kropff, AktG, S. 138. 223 Gaul, AG 2019, 405, 410; Koch, AktG, § 394 Rn. 31; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 52.

B. Ingerenzpflicht und Aktienrecht

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Kompetenz zur Bestellung der Vorstandsmitglieder (§ 84 AktG).224 Durch die Bestellung von der Gebietskörperschaft nahestehenden Vorstandsmitgliedern ist ihr ein mittelbarer Einfluss auf die Geschäftsleitung möglich, der in der Sache jedoch von dem Abstimmungsverhalten der Aufsichtsratsmitglieder abhängt, auf das die Gebietskörperschaft wegen deren eigenverantwortlicher und weisungsfreier Mandatswahrnehmung keinen rechtlich durchsetzbaren Einfluss nehmen kann. Handelt es sich jedoch um nach § 101 Abs. 2 AktG in den Aufsichtsrat entsandte Mitglieder, droht den Aufsichtsratsmitgliedern die Abberufung durch die Gebietskörperschaft.225 Die Abberufung der entsandten Aufsichtsratsmitglieder ist nach § 103 Abs. 2 AktG jederzeit möglich und setzt keinen wichtigen Grund voraus.226 Die drohende Abberufung ist aus Sicht der Gebietskörperschaft zur Disziplinierung ihrer Repräsentanten geeignet.227 c) Zusammenfassung Die zur Eingangskontrolle verpflichtete Gebietskörperschaft kann auf verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zurückgreifen, die ihr die Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Pflichten erleichtern. Im Rahmen des Aktienrechts stellen insbesondere Bestimmungen in der Satzung ein wirkungsvolles Instrument dar. Wird die Gesellschaft durch Bestimmungen zum Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet, fließen diese öffentlichen Interessen in das vom Vorstand zu beachtende Unternehmensinteresse ein. Der Vorstand kann die Gebietskörperschaft dann in größerem Umfang bei der Erfüllung ihrer Pflichten unterstützen. Bestimmungen in der Satzung führen zudem dazu, dass für außenstehende Dritte, wie potenzielle Investoren oder Gläubiger, erkennbar ist, dass die Gesellschaft vom Grundfall der Gewinnerzielung abweicht. Sie müssen damit rechnen, dass im öffentlichen Interesse auch Maßnahmen vorgenommen werden, die nicht rentabel sind.

224 Vgl. Engellandt, Die Einflußnahme der Kommunen auf ihre Kapitalgesellschaften über das Anteilseignerorgan, S. 126; T. Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, S. 161; R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 358 f. 225 R. Schmidt, ZGR 1996, 345, 359; vgl. auch Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 22; Schwintowski, NJW 1995, 1316, 1320. 226 VG Gelsenkirchen v. 14. 12. 1973 – 4 L 286/73, NJW 1974, 378, 379 = BeckRS 9998, 107449; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 103 Rn. 10; Habersack, in: MünchKommAktG, § 103 Rn. 23; Koch, AktG, § 103 Rn. 7; Simons, in: Hölters/Weber, AktG, § 103 Rn. 20; Spindler, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 103 Rn. 20. 227 Siehe auch T. Mann, in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 46 Rn. 36.

Kapitel 3

Informationszugang der Gebietskörperschaft Wie soeben gezeigt, unterliegt die beteiligte Gebietskörperschaft Einwirkungsund Kontrollpflichten. Um diese Pflichten sachgemäß erfüllen zu können, ist die Gebietskörperschaft auf Informationen aus der Gesellschaft angewiesen. Wie die Gebietskörperschaft ihr Informationsbedürfnis zu befriedigen hat, lässt sich der Ingerenzpflicht nicht entnehmen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen untersuchen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtsfolgen die Gebietskörperschaft Zugang zu gesellschaftsinternen Informationen erhält. Hierbei ist zu klären, ob die Gebietskörperschaft die Informationsweitergabe über den Vorstand oder den Aufsichtsrat verlangen kann und ob die rechtlichen und faktischen Hürden, die der Informationsweitergabe im Wege stehen, überwunden werden können.

A. Hürden des Informationszugangs I. Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht Unabhängig davon, ob die Gebietskörperschaft über den Vorstand oder den Aufsichtsrat auf Informationen zuzugreifen versucht, stellt sich die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Organmitglieder als erste Hürde des Informationszugangs dar. Ihre Verletzung führt zunächst zu einer Schadensersatzpflicht der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft, §§ 93 Abs. 2, 116 S. 1 AktG.1 Flankiert wird die Schadensersatzpflicht durch die Strafvorschrift des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG, nach der die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen der Gesellschaft durch Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe mit bis zu zwei Jahren bedroht ist. 1. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht sind nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Die Verschwiegenheitspflicht aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG gilt dabei unmittelbar für die Mitglieder des Vorstands und über die Verweisung des § 116 S. 1 AktG auch für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Nach § 116 S. 2 AktG 1

Koch, AktG, § 93 Rn. 70; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 142.

A. Hürden des Informationszugangs

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wird die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder weiter dahin konkretisiert, dass auch vertrauliche Berichte und Beratungen von der Verschwiegenheitspflicht erfasst werden. Wenngleich vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft eine synonyme Begriffsverwendung nahelegen, decken sich die Begriffe trotz der Möglichkeit der Überschneidung inhaltlich nicht.2 a) Geheimnisse der Gesellschaft aa) Aktienrechtlicher Geheimnisbegriff Als Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht werden von § 93 Abs. 1 S. 3 AktG zunächst Geheimnisse der Gesellschaft in Bezug genommen. Der überwiegende Teil aus Schrifttum und Rechtsprechung qualifiziert Informationen als Gesellschaftsgeheimnisse, wenn es sich um Tatsachen handelt, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und die nach dem bekundeten oder mutmaßlichen Willen der Gesellschaft geheim gehalten werden sollen und an deren Geheimhaltung ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft besteht.3 Diesem ursprünglich zu § 17 UWG a. F. gebildeten und im Aktienrecht adaptierten4 Begriffsverständnis liegt die sog. Vereinigungstheorie zugrunde, nach der für ein Gesellschaftsgeheimnis ein objektives Geheimhaltungsinteresse und ein subjektiver Geheimhaltungswille kumulativ vorliegen müssen.5 2 Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 48 f.; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 25 Rn. 51; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 117 ff.; Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 14 Rn. 341 f.; Koch, AktG, § 93 Rn. 63 f.; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, S. 58 ff.; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 9 hält die Abgrenzung für schwierig und im Anwendungsbereich von § 93 AktG auch nicht für erforderlich. Erforderlich sei die Abgrenzung für § 404 AktG, nach dem lediglich die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen mit Strafe bedroht ist; a. A. – für Synonymie der Begriffe – Kittner, ZHR 136 (1972), 208, 224. 3 BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 329 = NJW 1975, 1412; OLG Stuttgart v. 07. 11. 2006 – 8 W 388/06, AG 2007, 218, 219 = NZG 2007, 72; OLG Stuttgart v. 28. 05. 2013 – 20 U 5/12, AG 2013, 599, 602 = BeckRS 2013, 12075; Bürgers, in: Bürgers/ Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 48; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 12; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 25 Rn. 51; Hölters/Hölters, in: Hölters/ Weber, AktG, § 93 Rn. 117; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 4; Link, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 53; Meincke, WM 1998, 749, 750; K. J. Müller, NJW 2000, 3452, 3453; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 23; U. Schmidt, in: Heidel, AktR, § 93 AktG Rn. 64; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, S. 49. 4 Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 4; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 410; zur Orientierung des Schrifttums an § 17 UWG a. F. auch Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1322; Oetker, FS Hopt 2020, 901, 916. 5 S. Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1323.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

An der Erforderlichkeit eines subjektiven Geheimhaltungswillens wird jedoch zunehmend Kritik geübt.6 Auch der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung auf einen Geheimhaltungswillen verzichtet.7 Für einen solchen Verzicht sprechen gute Gründe. So kann ein Geheimhaltungswille nur gebildet werden, wenn der Vorstand Kenntnis von den betreffenden Informationen hat. Hieran fehlt es jedoch, wenn die Informationen von nachgeordneten Stellen oder Arbeitnehmern nicht an den Vorstand weitergegeben wurden.8 Gleiches gilt, wenn der Vorstand gerade neu besetzt wurde.9 Soweit sich in derartigen Zweifelsfällen mit Vermutungsregelungen und Willensfiktionen beholfen wird,10 überzeugt dies nicht. Sie legen offen, dass ein Gesellschaftsgeheimnis im Kern durch ein objektives Geheimhaltungsinteresse konstituiert wird.11 Schwerer wiegt jedoch, dass es den Pflichtenadressaten bei dem Erfordernis eines Geheimhaltungswillens anheimgestellt würde, über das Bestehen ihrer Pflicht zu disponieren.12 Sieht der Vorstand von der Bildung eines Geheimhaltungswillens ab, unterlägen diese Informationen nicht der Verschwiegenheitspflicht.13 Dieses Ergebnis ist mit dem einhelligen Verständnis der Verschwiegenheitspflicht als zwingendes Recht14 kaum zu vereinbaren.15 Es erscheint daher vorzugswürdig, auf das Merkmal eines subjektiven Geheimhaltungswillens zu verzichten. Informationen sind daher Gesellschaftsgeheimnisse, wenn sie nicht offenkundig sind und ein objektives Interesse der Gesellschaft an ihrer Geheimhaltung besteht.16 Die in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG besonders hervorgehobenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stellen dabei Beispielfälle von Gesellschaftsgeheimnissen 6 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1323; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1197; Koch, AktG, § 93 Rn. 64; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 146; Ziemons, AG 1999, 492, 493. 7 BGH v. 26. 04. 2016 – XI ZR 108/15, NZG 2016, 910 Rn. 31 = NJW 2016, 2569. 8 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1324. 9 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1324; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, S. 23. 10 Vgl. in Bezug auf § 17 UWG a. F. BGH v. 16. 11. 1954 – I ZR 180/53, GRUR 155, 402, 404 = NJW 1955, 463. 11 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1324. 12 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1324; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1196; Ziemons, AG 1999, 492, 493. 13 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1324; Ziemons, AG 1999, 492, 493. 14 BGH v. 26. 04. 2016 – XI ZR 108/15, NZG 2016, 910 Rn. 31 = NJW 2016, 2569; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 202; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 133; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 14; Ries/ Haimerl, NZG 2018, 621; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 22; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 175. 15 Vgl. Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622. 16 BGH v. 26. 04. 2016 – XI ZR 108/15, NZG 2016, 910 Rn. 34 = NJW 2016, 2569; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 204; Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1325; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93 Rn. 79; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1197; Ziemons, AG 1999, 492, 493.

A. Hürden des Informationszugangs

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dar.17 Zu Betriebsgeheimnissen zählen technische Informationen wie Rezepturen oder Konstruktionspläne.18 Informationen aus dem kaufmännischen Bereich werden den Geschäftsgeheimnissen zugeordnet.19 bb) Geheimnisbegriff des § 2 Nr. 1 GeschGehG Seit Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG)20 am 26. 04. 2019 besteht erstmals eine bundesgesetzliche Legaldefinition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. Mit dem GeschGehG hat der Gesetzgeber in Umsetzung der unionsrechtlichen Know-How-Richtlinie21 ein Gesetz geschaffen, das den Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter Erlangung, Nutzung oder Offenlegung regelt (vgl. § 1 Abs. 1 GeschGehG). Neben Handlungsverboten, Strafandrohungen sowie Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen enthält das GeschGehG in § 2 Nr. 1 lit. a)–c) GeschGehG auch eine Definition des Geschäftsgeheimnisses. Danach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, die a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der c) ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Hinsichtlich des ersten Merkmals bestehen im Vergleich zur Auslegung des Begriffs bei § 93 Abs. 1 S. 3 AktG allenfalls geringe Unterschiede. Auch hier ist erforderlich, dass eine Information nicht allgemein bekannt ist. Ebenso wird sich ihr wirtschaftlicher Wert regelmäßig daraus ergeben, dass die Information nicht allge-

17 Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 48; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 5; vgl. für die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 8. 18 Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 118; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 5; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 23; vgl. für die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 8. 19 Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 118; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 5; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 23; vgl. für die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Aufsichtsrats Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 8. 20 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung vom 18. 04. 2019, BGBl. 2019 I S. 466. 21 Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. 06. 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, ABl. EU Nr. L 157, 1.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

mein bekannt ist.22 Identisch ist ebenso das Merkmal eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses.23 Strengere Anforderungen an ein Geheimnis werden jedoch durch § 2 Nr. 1 lit. b) GeschGehG gestellt. Während im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG nach vorzugwürdiger Ansicht ausreichend ist, dass es sich um nicht offenkundige Tatsachen handelt, die im objektiven Interesse der Gesellschaft geheim zu halten sind, unterfallen Informationen nach § 2 Nr. 1 lit. b) GeschGehG nur dann dem Geheimnisbegriff, wenn sie zusätzlich Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sind. Keine Aussage trifft § 2 Nr. 1 lit. b) GeschGehG dazu, was unter dem Begriff der Geheimhaltungsmaßnahmen zu verstehen ist.24 Anhaltspunkte lassen sich jedoch der Begründung zum Regierungsentwurf entnehmen, die als Schutzmaßnahmen beispielhaft physische Zugangsbeschränkungen, technische Hürden oder vertragliche Sicherungsmechanismen, wie Geheimhaltungsverpflichtungen, aufführt.25 Auch interne Richtlinien oder Anweisungen können danach Geheimhaltungsmaßnahmen darstellen.26 Ausgehend von diesen Anhaltspunkten haben sich im Schrifttum Konkretisierungen mit unterschiedlichen Schutzniveaus herausgebildet.27 Eine Geheimhaltungsmaßnahme erfüllt jedoch nur dann den Tatbestand des Geschäftsgeheimnisses, wenn sie im Einzelfall auch angemessen ist. Wann eine Geheimhaltungsmaßnahme angemessen ist, wird kontrovers diskutiert.28 Durchzusetzen scheint sich ein objektiver Maßstab, der insbesondere die Art der Informationen, ihren Wert und die konkreten Umstände der Nutzung berücksichtigt.29

22 Das Merkmal des wirtschaftlichen Wertes in § 2 Nr. 1 lit. a) GeschGehG ist weit zu verstehen. Im Hinblick auf Erwägungsgrund 14 der Know-how-RL verkörpern Informationen bereits dann einen Handelswert, „[…] wenn ihr unbefugter Erwerb oder ihre unbefugte Nutzung oder Offenlegung die Interessen der Person, die rechtmäßig die Kontrolle über sie ausübt, aller Voraussicht nach dadurch schädigt, dass das wissenschaftliche oder technische Potenzial, die geschäftlichen oder finanziellen Interessen, die strategische Position oder die Wettbewerbsfähigkeit dieser Person untergraben werden.“ Dazu Ohly, GRUR 2019, 441, 443. 23 Vgl. Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1325. 24 Kritisch zur Unbestimmtheit dieses Merkmals Partsch/Rump, NJW 2020, 118 ff. 25 Begr.RegE. zum GeschGehG BT-Drs. 19/4724 S. 21, 24. 26 Begr.RegE. zum GeschGehG BT-Drs. 19/4724 S. 24. 27 Zu einem Überblick siehe Fuhlrott, in: BeckOK-GeschGehG, § 2 Rn. 22 ff. 28 Dazu Arens, GWR 2019, 375, 376; Dann/Markgraf, NJW 2019, 1774, 1775 f.; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1196; Kumpan/Pauschinger, EuZW 2019, 357, 362 f.; Leister, GRURPrax. 2019, 75, 76 f.; mit grenzüberschreitender Betrachtung Maaßen, GRUR 2019, 352, 353 ff.; Ohly, GRUR 2019, 441, 443 f.; noch zur Know-how-RL Kalbfuß, GRUR-Prax. 2017, 391, 392; Trebeck/Schulte-Wissermann, NZA 2018, 1175, 1177. 29 OLG Stuttgart v. 19. 11. 2020 – 2 U 575/19, GRUR-RS 2020, 35613 Rn. 169; OLG Düsseldorf v. 11. 03. 2021 – 15 U 6/20, GRUR-RS 2021, 17483 Rn. 38 = MMR 2022, 68.

A. Hürden des Informationszugangs

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cc) Übernahme der Definition aus § 2 Nr. 1 GeschGehG? Im Hinblick auf das zusätzliche Erfordernis angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen stellt sich die Frage, ob der Begriff des Gesellschaftsgeheimnisses in § 93 Abs. 1 S. 3 AktG vornehmlich autonom auszulegen ist, oder ob die Legaldefinition des § 2 Nr. 1 GeschGehG in das Aktienrecht übernommen werden sollte. Durch ihre Übernahme könnte ein Beitrag zu einer einheitlichen Rechtsordnung geleistet werden. Eine homogene Begriffsverwendung war ebenfalls ein Anliegen der dem GeschGehG zugrundeliegenden Know-how-RL.30 Dass sich ein homogenes Begriffsverständnis nach der Know-how-RL außerhalb des Lauterkeitsrechts auch auf andere Rechtsbereiche erstrecken soll, ist jedoch zweifelhaft. So heißt es in Erwägungsgrund 39, dass die Anwendung sonstiger Rechtsvorschriften anderer Bereiche durch die Richtlinie unberührt bleiben soll.31 Auch in der Sache erscheint die Übernahme der Definition in das Aktienrecht nicht sachgemäß. So würde der Schutzbereich der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht durch das zusätzliche Merkmal angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen verengt und damit das bestehende Schutzniveau abgesenkt.32 Im Übrigen lassen sich gegen das Merkmal angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen dieselben Gründe anbringen, die im Rahmen von § 93 Abs. 1 S. 3 AktG gegen das Erfordernis eines Geheimhaltungswillens sprachen. Indem der Vorstand das Ergreifen von Geheimhaltungsmaßnahmen selbst zu verantworten hätte, könnte er über das Bestehen seiner Verschwiegenheitspflicht disponieren.33 Um eine Schwächung des aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutzes zu verhindern, ist der aktienrechtliche Geheimnisbegriff weiterhin autonom auszulegen.34 b) Vertrauliche Angaben Neben Geheimnissen der Gesellschaft sind nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG weiter auch vertrauliche Angaben Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht. Unter vertraulichen Angaben werden mit graduellen Unterschieden solche Informatio-

30 Erwägungsgrund 14 der Know-how-RL. Siehe auch Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326; Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622. 31 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326. 32 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326; Oetker, FS Hopt 2020, 901, 917; ders., in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 8; siehe auch Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 118. 33 Fleischer/Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326; Höfer, GmbHR 2018, 1195, 1197; Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622. 34 So auch Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 205; Fleischer/ Pendl, ZIP 2020, 1321, 1326; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 118; Oetker, FS Hopt 2020, 901, 915 ff.; ders., in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 8; im Ergebnis auch Gerdemann/Spindler, ZIP 2020, 1896, 1898; Koch, AktG, § 93 Rn. 63; Ries/Haimerl, NZG 2018, 621, 622 f.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

nen verstanden, deren Weitergabe für die Gesellschaft nachteilig sein kann.35 Unerheblich ist dabei, wenn die Information außerhalb der Gesellschaft bereits bekannt ist.36 Insoweit ist der Begriff des Gesellschaftsgeheimnisses enger als der der vertraulichen Angabe. Sensible Informationen können, wenn sie bekannt geworden sind und deshalb kein Gesellschaftsgeheimnis (mehr) sind, dennoch als vertrauliche Angabe Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht sein.37 Ob die Weitergabe einer Information der Gesellschaft zum Nachteil gereichen kann, ist ebenso wie bei Gesellschaftsgeheimnissen, nach dem objektiv verstandenen Unternehmensinteresse zu beurteilen.38 Die Differenzierung zwischen vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft ist für das Eingreifen der Verschwiegenheitspflicht nicht erforderlich. Auch bei der Frage nach Sekundärrechten im Verletzungsfalle spielt die Einordnung einer Information als vertrauliche Angabe oder Geheimnis der Gesellschaft keine Rolle. Erheblich wird die Unterscheidung allerdings mit Blick auf die Strafvorschrift aus § 404 AktG, nach welcher lediglich die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen der Gesellschaft mit Strafe bedroht ist.39 2. Adressaten der Verschwiegenheitspflicht a) Mitglieder des Vorstands Der Vorstand ist nach § 76 Abs. 1 AktG zur Leitung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. In Wahrnehmung dieser Leitungsaufgabe erhält der Vorstand, so unterstellt das Gesetz, ungefiltert und umfassend Kenntnis von Informationen, die naturgemäß auch sensibler Art sein können.40 35 Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 49; Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 13; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 208; Koch, AktG, § 93 Rn. 63; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 8; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 453; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 93 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 150. 36 Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 207; Koch, AktG, § 93 Rn. 63; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 150. 37 OLG Stuttgart v. 07. 11. 2006 – 8 W 388/06, AG 2007, 218, 219 = NZG 2007, 72; Koch, AktG, § 93 Rn. 63; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 24; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 150. 38 BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 329 = NJW 1975, 1412; OLG Stuttgart v. 07. 11. 2006 – 8 W 388/06, NZG 2007, 72, 74 = AG 2007, 218; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 119; Koch, AktG, § 93 Rn. 63; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 453. 39 Ebenso Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 49; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 208; Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 287; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 9. 40 Vgl. Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 108.

A. Hürden des Informationszugangs

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Die Mitglieder des Vorstands sind daher nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet. In personaler Hinsicht verpflichtet § 93 Abs. 1 S. 3 AktG alle Mitglieder des Vorstands, unabhängig davon, ob es sich um gerichtlich bestellte (§ 104 AktG) oder stellvertretende (§ 94 AktG) Vorstandsmitglieder handelt.41 Bereits vor der ausdrücklichen Normierung im AktG 1937 wurde die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus ihrer Pflicht, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu führen, abgeleitet.42 Auch heute noch wird die Verschwiegenheitspflicht dogmatisch als Ausfluss der organschaftlichen Treue- oder Sorgfaltspflicht angesehen43, sodass sie zwingendes Recht darstellt und weder eingeschränkt, ausgeschlossen oder verschärft werden kann.44 Unbenommen bleibt dabei die Möglichkeit, präzisierende Hinweise zur Verschwiegenheitspflicht in Form von Richtlinien in der Satzung oder Geschäftsordnung zu bestimmen.45 b) Mitglieder des Aufsichtsrats Neben der Bestellung der Vorstandsmitglieder gehört die Überwachung und Kontrolle des Vorstands zu den wesentlichen Aufgaben des Aufsichtsrats.46 Gegenstand der Überwachung ist nach § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung des Vorstands. Die Kontrolle durch den Aufsichtsrat bezieht sich nicht nur auf in der Vergangenheit liegende Umstände (sog. rückblickende Kontrolle), sondern erstreckt sich im Sinne einer präventiven Kontrolle auch auf eine zukunftsorientierte Beratung 41 Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 47; Dauner-Lieb, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 11; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 201; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 116; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, § 93 Rn. 282; Koch, AktG, § 93 Rn. 65; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 27; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 22; Spindler, in: MünchKommAktG, § 93 Rn. 160. 42 v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, S. 82 f. m. w. N. 43 Für die organschaftliche Treuepflicht Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 200; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93 Rn. 79; Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 279; Koch, AktG, § 93 Rn. 62; U. Schmidt, in: Heidel, AktR, § 93 AktG Rn. 62; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 142; für die Sorgfaltspflicht Spieker, NJW 1965, 1937; vermittelnd Säcker, NJW 1986, 803: „Ausdruck der allgemeinen Sorgfaltsund Treuepflicht“; ebenso Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 47. 44 BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 327 = NJW 1975, 1412 (zum Aufsichtsrat); Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 10; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 202; Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 280; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 14; U. Schmidt, in: Heidel, AktR, § 93 AktG Rn. 62. 45 BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 328 = NJW 1975, 1412; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 202; Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 280, 309; Kolb, in: BeckHdB-AG, § 7 Rn. 268. 46 Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 29 Rn. 1; Raiser/Veil, KapGesR, § 15 Rn. 1 ff.; Saenger, Gesellschaftsrecht Rn. 594.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

des Vorstands in Fragen der Geschäftsführung.47 Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat der Gesetzgeber dem Aufsichtsrat umfassende Informationsrechte gewährt, die in erster Linie in den Berichtspflichten des Vorstands nach § 90 AktG und ergänzend in dem Einsichts- und Prüfungsrecht des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 2 AktG bestehen. Der Informationsanspruch des Aufsichtsrats ist sehr weitreichend und nur in besonderen Ausnahmefällen beschränkbar.48 Das Gesetz geht daher davon aus, dass der Aufsichtsrat alles wissen darf, was der Vorstand weiß, und Anspruch auf alle Informationen hat, die zur Erfüllung seiner Kontroll- und Beratungsfunktion notwendig sind.49 Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder stellt das notwendige Korrelat zu dem umfangreichen Informationsanspruch gegen den Vorstand dar.50 Sie ist dabei die Grundlage für eine offene Diskussion zwischen den Organen, der eine immer größere Rolle für eine gute Unternehmensleitung beigemessen wird.51 Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder wird dabei durch § 116 S. 2 AktG als besonderer Bestandteil der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder herausgestellt. Die ausdrückliche Nennung der Verschwiegenheitspflicht in § 116 S. 2 AktG erfolgte im Jahr 2002 durch das TransPuG52 und hatte lediglich klarstellende Funktion.53 So ergab sich die Verschwiegenheitspflicht bereits aus dem Rückgriff des § 116 S. 1 AktG auf die für den Vorstand geltende Vorschrift des § 93 Abs. 1 – 6 AktG, die ihrerseits die Verschwiegenheitspflicht für den Vorstand anordnet. Rechtsgrund der Verschwiegenheitspflicht ist, ebenso wie für die Mitglieder des Vorstands, ihre organschaftliche Treuepflicht.54 Adressaten der Verschwiegenheitspflicht sind alle Aufsichtsratsmitglieder, unabhängig davon, ob es sich um Vertreter der Anteilseigener oder Arbeitnehmer 47 BGH v. 25. 03. 1991 – II ZR 188/89, BGHZ 114, 127, 129 f. = NJW 1991, 1830; BGH v. 04. 07. 1994 – II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 344 = NJW 1994, 2484; BGH v. 21. 04. 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 = NJW 1997, 1926; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 111 Rn. 33 f.; Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 111 Rn. 12; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 289 ff.; Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 595; Spindler, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 111 Rn. 12; gegen eine Beratungsfunktion Steinmann/Klaus, AG 1987, 29, 30 ff.; Theisen, AG 1995, 193, 199 f. 48 Zu den restriktiv zu behandelnden Ausnahmefällen Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 90 Rn. 52 ff. 49 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 145. 50 Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 116 Rn. 52; Koch, AktG, § 116 Rn. 9; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 384. 51 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 406 m. w. N.; ebenso M. Mann, AG 2018, 57, 58. 52 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität vom 19. 07. 2002, BGBl. 2002 I S. 2681. 53 Zur Klarstellungsfunktion der Einfügung Begr.RegE. BT-Drs. 14/8769 S. 18. 54 Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 116 Rn. 48, 52; Koch, AktG, § 116 Rn. 9; Säcker, NJW 1986, 803; Spindler, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 116 Rn. 106; kritisch Kittner, ZHR 136 (1972), 208, 220 f.

A. Hürden des Informationszugangs

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handelt und ob sie gewählt oder entsandt wurden.55 Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz der Gleichbehandlung bilden die Vorschriften der §§ 394, 395 AktG, die unter weiteren Voraussetzungen einen Dispens von der Verschwiegenheitspflicht für die von einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder vorsehen.56

II. Erfordernis eines Nachteilsausgleichs, § 311 Abs. 1 AktG Neben der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht muss für den Zugang der Gebietskörperschaft zu Informationen aus der Gesellschaft eine weitere Hürde überwunden werden. Wie bereits festgestellt wurde, ist eine Gebietskörperschaft, die ein Unternehmen in der Rechtsform einer AG beherrscht, an das Aktienrecht im Allgemeinen und an das Konzernrecht im Besonderen gebunden.57 Besteht zwischen der Gebietskörperschaft und der von ihr abhängigen Gesellschaft kein Beherrschungsvertrag, wird ihr Verhältnis maßgeblich durch die §§ 311 ff. AktG beeinflusst. Durch § 311 Abs. 1 AktG ist es dem herrschenden Unternehmen verboten, die abhängige Gesellschaft zu Rechtsgeschäften oder Maßnahmen zu veranlassen, die für die abhängige Gesellschaft nachteilig sind. Dieses Verbot gilt jedoch nicht, wenn das herrschende Unternehmen die entstandenen Nachteile ausgleicht. Wenngleich sich die Ausgleichspflicht nur an das herrschende Unternehmen richtet, lassen sich aus § 311 Abs. 1 AktG auch Rechtsfolgen für den Vorstand der abhängigen Gesellschaft ableiten. Dieser darf, wenn die Voraussetzungen von § 311 Abs. 1 AktG vorliegen, zum Nachteil seiner Gesellschaft handeln, ohne dass er nach § 93 Abs. 2 AktG zum Schadensersatz verpflichtet ist.58 Diese Befugnis entfällt allerdings dann, wenn das Ausgleichssystem des § 311 AktG an seine Grenzen stößt.59 Dies ist etwa dann der Fall, wenn der abhängigen Gesellschaft Nachteile entstehen, die mangels Quantifizierbarkeit einem Ausgleich nicht zugänglich sind.60 Für den Informationszugang der Gebietskörperschaft können sich hieraus substan55 BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 330 = NJW 1975, 1412; BGH v. 06. 03. 1997 – II ZB 4/96, BGHZ 135, 48, 57 f. = NJW 1997, 1985; BAG v. 23. 10. 2008 – 2 ABR 59/07, AG 2009, 832, 834 = NZG 2009, 669; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 116 Rn. 29; Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 116 Rn. 58; Hopt/Roth, in: GroßKommAktG, § 116 Rn. 211. 56 Dazu noch ausführlich Kap. 3 C. II. 57 Dazu Kap. 2 B. II. 4. b) bb) (2). 58 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 40, 78; siehe auch Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 59 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134; Raiser/ Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 60 OLG Köln v. 15. 01. 2009 – 18 U 205/07, AG 2009, 416, 419 = BeckRS 2009, 4001; Emmerich/Habersack, KonzernR, § 25 Rn. 44; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/ GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 42; Müller, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

zielle Einschränkungen ergeben. Während die Einordnung der Informationsweitergabe als Maßnahme noch keine Schwierigkeiten bereitet,61 ist fraglich, ob sich die Nachteile, die der Gesellschaft bei der Weitergabe von Informationen entstehen können, quantifizieren lassen. Entstünden der Gesellschaft nicht bezifferbare Nachteile, dürften keine Informationen an die Gebietskörperschaft weitergegeben werden.62

III. Pflicht zur Nachauskunft, § 131 Abs. 4 AktG Als Hürde des Informationszugangs muss auch die Nachauskunftspflicht nach § 131 Abs. 4 AktG gelten.63 Nach § 131 Abs. 4 AktG ist der Vorstand verpflichtet, Auskünfte, die einem Aktionär in dieser Eigenschaft außerhalb der Hauptversammlung gegeben wurden, bei entsprechendem Verlangen auch jedem anderen Aktionär auf der Hauptversammlung zu erteilen. Die Pflicht zur Nachauskunft soll eine informationelle Gleichbehandlung der Aktionäre schaffen und bestehende Informationsvorsprünge einzelner Aktionäre abbauen.64 Sie stellt damit eine besondere, informationsspezifische Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots des § 53a AktG dar.65 Obwohl die Pflicht zur Nachauskunft unmittelbar nur die Folgen einer exklusiven Informationsweitergabe bestimmt, wirkt sie faktisch auch auf die vorgelagerte Informationsweitergabe.66 Die Gebietskörperschaft ist auf eine breite Informationsversorgung durch die Gesellschaft angewiesen. Die Berichte der Gesellschaft um61

Hüffer, FS Schwark 2009, 185, 193; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b. Vgl. zur Eigenschaft des § 311 Abs. 1 AktG als Hürde des Informationsflusses in Konzernsachverhalten Fleischer, ZGR 2009, 505, 535 ff.; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 133 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 49; S. H. Schneider, Informationspflichten und Informationssystemeinrichtungspflichten im Aktienkonzern, S. 195 f.; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 63 Vgl. Fleischer, ZGR 2009, 505, 537; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschaftsund Konzernrecht, S. 125 f.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 105 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 39 ff.; Menke, NZG 2004, 697, 700; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 342. 64 Herz, NZG 2020, 285, 288; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 922; Koch, AktG, § 131 Rn. 103; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 152; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 239; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 95. 65 LG Frankfurt v. 21. 02. 2006 – 3 – 5 O 71/05, AG 2007, 48, 50; Drinhausen, in: Hölters/ Weber, AktG, § 131 Rn. 38; Heidel, in: Heidel, AktR, § 131 AktG Rn. 75; Herz, NZG 2020, 285, 288; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 922; Koch, FS Hopt 2020, 525, 534 f.; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 152; Seibt, ZGR 2006, 501, 508; Spindler, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 131 Rn. 95; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 342. 66 Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 125 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 39 ff. 62

B. Informationszugang über den Vorstand

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fassen dabei regelmäßig auch sensible Informationen der Gesellschaft. Erfüllt die Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft den Tatbestand von § 131 Abs. 4 AktG, muss der Vorstand alle Auskünfte an die Gebietskörperschaft in der Hauptversammlung wiederholen. Erlangen so Wettberber Kenntnis von sensiblen Informationen der Gesellschaft, drohen ihr nicht unerhebliche Nachteile.67 Verschärfend kommt hinzu, dass der Vorstand sich bei der Erfüllung der Nachauskunftspflicht nach § 131 Abs. 4 S. 2 AktG nicht auf die Auskunftsverweigerungsgründe der § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 4 AktG berufen kann. Die Nachauskunftspflicht führt dazu, dass jede exklusive Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft mit dem Risiko der Nachauskunftspflicht und der damit einhergehenden Preisgabe von sensiblen Informationen behaftet ist.68 Dieses Risiko muss bereits bei der Weitergabe der Informationen berücksichtigt werden.69 Werden sensible Informationen weitergegeben, die anschließend zur Erfüllung der Nachauskunftspflicht preisgeben werden müssen, kann die ursprüngliche Informationsweitergabe sorgfaltswidrig und Anknüpfungspunkt einer Haftung sein.70

B. Informationszugang über den Vorstand Der Vorstand verfügt als geschäftsleitendes Organ über alle Informationen der Gesellschaft. Da der Aufsichtsrat seinerseits auf eine Informationsversorgung durch den Vorstand angewiesen ist, genießt der Informationszugang über den Vorstand einen Unmittelbarkeitsvorteil.71 Als Instrument des Informationszugangs kommt zunächst das Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG in Betracht. Zu untersuchen ist, ob die Gebietskörperschaft über weitere Informationsrechte gegenüber der Gesellschaft verfügt und ob die Informationszugangshürden überwunden werden können.

67 Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 125 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 39 f.; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2299; ferner Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 169. 68 Vgl. Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 40, nach dem bei jeder Informationsweitergabe das Damoklesschwert der Nachauskunftspflicht über der Gesellschaft schwebe. 69 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 125 f.; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 922; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 40; Menke, NZG 2004, 697, 700. 70 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 126; Kirchner/ Iversen, NZG 2008, 921, 922; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 40. 71 Zu systemimmanenten Informationsasymmetrien zwischen Vorstand und Aufsichtsrat Koch, ZGR 2020, 183, 201 ff.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

I. Informationszugang durch das Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG Als Anteilseignerin stehen der beteiligten Gebietskörperschaft die allgemeinen Rechte der Aktionäre zu. Zu diesen Rechten zählt auch das Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG. Nach § 131 Abs. 1 AktG kann jeder Aktionär auf der Hauptversammlung über alle Angelegenheiten der Gesellschaft vom Vorstand Auskunft verlangen, soweit die Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist. Das Auskunftsrecht dient dem Zweck, dem Aktionär die Beschaffung von Informationen zu ermöglichen, die zur sinnvollen Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte notwendig sind.72 Einer beteiligten Gebietskörperschaft ist es zwar möglich, auf diesem Wege Informationen aus der Gesellschaft zu erlangen. Doch erweist sich diese Informationsmöglichkeit als nicht geeignet, den Informationsbedarf der Gebietskörperschaft zu decken. Dies folgt zunächst aus der Modalität, dass das Auskunftsrecht nur während der Hauptversammlung geltend gemacht werden kann. Da diese regelmäßig nur einmal jährlich stattfindet, kann ein kontinuierlicher Informationsfluss zur Gebietskörperschaft nicht entstehen.73 Auch in seiner Reichweite unterliegt das Auskunftsrecht weitreichenden Beschränkungen. In zeitlicher Hinsicht müssen die Auskünfte den Zeitraum betreffen, auf den sich auch die Hauptversammlung bezieht.74 Die Auskünfte können demnach regelmäßig nur das vergangene Geschäftsjahr betreffen, sodass zukunftsorientierte Informationen von der Gebietskörperschaft nicht verlangt werden können.75 Zuletzt ziehen auch die Auskunftsverweigerungsrechte der § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 7 AktG dem Informationszugang der Gebietskörperschaft Grenzen. Die Gebietskörperschaft benötigt zur Beteiligungsverwaltung auch sensible Informationen der Gesellschaft. Eine Weitergabe solcher Informationen auf der Hauptversammlung dürfte der Gesellschaft jedoch zum Nachteil gereichen, sodass der Vorstand die Auskunft nach § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG verweigern könnte. Nach alledem eröffnet § 131 Abs. 1 AktG keinen Informationskanal, der breit genug ist, um das Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft zu befriedigen.

72 Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 7; Drinhausen, in: Hölters/Weber, AktG, § 131 Rn. 1; Koch, AktG, § 131 Rn. 1; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 1; Ott, AG 2020, 377, 378; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 2; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 1. 73 Vgl. für den konzerninternen Informationenfluss Mader, Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 17; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 30. 74 OLG Stuttgart v. 07. 10. 2019 – 20 U 2/18, NZG 2020, 309 Rn. 35 = BeckRS 2019, 34367; Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 145; Koch, AktG, § 131 Rn. 28. 75 Vgl. Mader, Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 17 f.; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 30.

B. Informationszugang über den Vorstand

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II. Konzerninterne Informationsweitergabe 1. Die Gebietskörperschaft als Konzernmutterunternehmen Aussichtsreicher erscheint hingegen, wenn die Gebietskörperschaft nicht in der Eigenschaft als bloße Aktionärin, sondern als Konzernmutterunternehmen Zugang zu Informationen der Gesellschaft begehrt. Damit die Gebietskörperschaft und die von ihr abhängige Gesellschaft einen Konzern i. S. d. § 18 AktG bilden, müssen die Gesellschaft und die Gebietskörperschaft zusätzlich unter einheitlicher Leitung der Gebietskörperschaft zusammengefasst sein. Welche Anforderungen an eine einheitliche Leitung zu stellen sind, ist umstritten. Nach dem engen Konzernbegriff soll einheitliche Leitung nur vorliegen, wenn eine auf das Gesamtinteresse der verbundenen Unternehmen Rücksicht nehmende Zielkonzeption vorliegt, die nahezu alle zentralen unternehmerischen Bereiche einschließt.76 Nach dem weiten Konzernbegriff ist hingegen ausreichend, wenn in wenigstens einem wesentlichen unternehmerischen Bereich durch Planung, Durchführung oder Kontrolle Leitung ausgeübt wird.77 Ob eine Gebietskörperschaft im Einzelfall die Voraussetzungen des engen oder des weiten Konzernbegriffs erfüllt und deshalb einheitliche Leitung ausübt, lässt sich pauschal nicht beantworten. Größere Bedeutung hat daher § 18 Abs. 1 S. 3 AktG, wonach vermutet wird, dass ein abhängiges Unternehmen mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. Für den Bund wird teilweise davon ausgegangen, dass die Konzernvermutung widerlegt sei.78 In einer älteren Verlautbarung geht der Bund ebenfalls von einer Widerlegung der Vermutung aus.79 Der Gegenauffassung nach komme eine Widerlegung der Konzernvermutung nicht in Betracht.80 So würden Gebietskörperschaften mit ihren Beteiligungsunternehmen durchweg „große öffentliche Konzerne“81 bilden. Dem ist zuzustimmen. Der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG liegt der Erfahrungssatz zugrunde, dass vorhandenes Einflusspotenzial auch tatsächlich ausgeübt wird.82 In hiesiger Konstellation ist in Rechnung zu stellen, dass Gebietskörperschaften, die sich an Unternehmen in Privatrechtsform beteiligen, bereits verfassungsrechtlich verpflichtet sind, Einfluss auf die Gesellschaft auszu76

Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 18 Rn. 19, 25 ff. Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 30, 33; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 18 AktG Rn. 11 f.; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 18 Rn. 6 f.; Keßler, in: Henssler/Strohn, GesR, § 18 AktG Rn. 3; Koch, AktG, § 18 Rn. 9 f.; Krebs, in: Hölters/Weber, AktG, § 18 Rn. 13, 15; Peres/Walden, in: Heidel, AktR, § 18 AktG Rn. 9; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 18 Rn. 7 ff. 78 Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 122; Kropff, ZHR 144 (1980), 74, 80 ff. 79 Matthöfer, Bulletin 1979 Nr. 111, 1032, 1034. 80 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 38; für kommunale Beteiligungen Meinen, Konzernrecht im kommunalen Bereich, S. 141 f. 81 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 38. 82 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 46; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 18 AktG Rn. 20; Koch, AktG, § 18 Rn. 18. 77

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

üben und sie zu kontrollieren.83 Die Gebietskörperschaft muss sicherstellen, dass der mit der Beteiligung verfolgte öffentliche Zweck bei der Unternehmensleitung verfolgt wird.84 Hierfür muss sie ihr aus der Gesellschaftsbeteiligung folgendes Einflusspotenzial vollständig ausschöpfen. Angesichts dieser Einflussnahme- und Kontrollpflicht ist es weder dem Bund noch einem Land oder einer Gemeinde möglich, die an das Abhängigkeitsverhältnis anknüpfende Konzernvermutung zu widerlegen.85 Es ist daher davon auszugehen, dass die Gebietskörperschaft und die von ihr abhängige Gesellschaft stets einen Konzern i. S. d. § 18 Abs. 1 AktG bilden. 2. Anspruch auf Informationsweitergabe a) Informationsanspruch im Rahmen der Konzernrechnungslegung, § 294 Abs. 3 S. 2 HGB aa) Pflicht der Gebietskörperschaft zur Konzernrechnungslegung Ist die Gebietskörperschaft zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, steht ihr nach § 294 Abs. 3 S. 2 HGB ein Anspruch gegen das Tochterunternehmen auf alle Aufklärungen und Nachweise zu, die zur Aufstellung des Konzernabschlusses erforderlich sind. Nach § 290 Abs. 1 HGB richtet sich die Konzernrechnungslegungspflicht nur an Mutterunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, sodass sich die Aufstellungspflicht der Gebietskörperschaft nur aus §§ 11 ff. PublG ergeben kann.86 Nach der rechtsformunabhängigen Vorschrift des § 11 Abs. 1 PublG sind inländische Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, bei der Überschreitung bestimmter Schwellenwerte (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 – 3 PublG) ebenfalls zur Konzernrechnungslegung verpflichtet. Seit dem BilMoG87 knüpfen § 290 Abs. 1 HGB und § 11 PublG nicht mehr an das Kriterium einheitlicher Leitung, sondern an die Möglichkeit beherrschenden Einflusses an.88 Die Kontroverse, die im Rahmen von § 18 AktG um die

83

Dazu Kap. 2 A. I. 3. Kap. 2 A. I. 2. 85 Im Ergebnis auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 38; für den Bund Ellerich/Küting, DB 1980, 1973, passim; für kommunale Beteiligungen ebenfalls unter Hinweis auf die Ingerenzpflicht Meinen, Konzernrecht im kommunalen Bereich, S. 141 f., 153 f. 86 Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 123. 87 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts vom 25. 05. 2009, BGBl. 2009 I S. 1102. 88 Näher zu diesem Konzeptwechsel Busse von Colbe/Fehrenbacher, in: MünchKommHGB, Vorbemerkungen §§ 290 ff. Rn. 19. 84

B. Informationszugang über den Vorstand

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Widerlegung der Konzernvermutung für Gebietskörperschaften geführt wird, wirkt sich daher bei der Frage nach der Pflicht zur Konzernrechnungslegung nicht aus.89 Steht der Gebietskörperschaft die Mehrheit der Stimmrechte bei der Gesellschaft zu, wird der für die Aufstellungspflicht erforderliche beherrschende Einfluss nach § 11 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 PublG, § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB unwiderlegbar vermutet.90 Werden zudem die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 – 3 PublG genannten Schwellenwerte überschritten, ist die beteiligte Gebietskörperschaft zur Konzernrechnungslegung verpflichtet.91 bb) Funktionale Begrenzung des Anspruchs Ist die Gebietskörperschaft zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, steht ihr nach § 13 Abs. 2 S. 1 PublG auch der spezielle Informationsanspruch des § 294 Abs. 3 S. 2 HGB zur Verfügung. Aus Sicht der Gebietskörperschaft ist der Informationsanspruch jedoch nicht geeignet, das aus der Ingerenzpflicht folgende Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft zu befriedigen. Dies ergibt sich aus der funktionalen Begrenzung des Informationsanspruchs auf solche Informationen, die zur Erstellung des Konzernabschlusses erforderlich sind. Zwar dürften sich Informationen, die zur Erfüllung des Kontrollelements der Ingerenzpflicht erforderlich sind, noch beschaffen lassen. Eine wirksame Einflussnahme ist auf Grundlage der vergangenheitsbezogenen Informationen hingegen nicht möglich.92 b) Kein allgemeiner konzerninterner Informationsanspruch Wegen der funktionalen Begrenzung des § 294 Abs. 3 S. 2 HGB hat im konzernrechtlichen Schrifttum die Frage nach einem allgemeinen Informationsanspruch des herrschenden Unternehmens Bedeutung erlangt. Ein solcher wird teilweise bejaht.93 Durchsetzen konnte sich diese Ansicht jedoch nicht.94 Gegen eine Infor89

A. A. offenbar Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 123, nach dem sich die Frage nach einer Konzernbilanz von vornherein nicht stellen würde, soweit ein Konzernverhältnis im Sinne des § 18 AktG abgelehnt werde. 90 Zur Einordnung von § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB als unwiderlegbare Vermutung Grottel/ Kreher, in: BeckBilKomm, § 290 HGB Rn. 30 f.; Merkt, in: Hopt, HGB, § 290 Rn. 9 f. 91 Für eine Konzernrechnungslegungspflicht von Gebietskörperschaften auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 38; für den Bund auch Küting, DB 1976, 2447, 2450; a. A. jedenfalls für den kommunalen Bereich Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 123. 92 Vgl. für Konzernleitung Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 173 f.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 139; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 19. 93 Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 155 ff.; U. H. Schneider/Burgard, FS Ulmer, 2003, 579, 597 ff.; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, Rn. 300 ff.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

mationsweitergabepflicht der abhängigen Gesellschaft spricht insbesondere die Systematik und die Grundkonzeption des § 311 AktG. Abhängiges und herrschendes Unternehmen stehen jedenfalls rechtlich in keinem Über- und Unterordnungsverhältnis.95 Das Verhältnis eines Nebeneinanders und die damit einhergehende Entscheidungsautonomie des Vorstands der abhängigen Gesellschaft wird durch § 311 Abs. 1 AktG gerade betont.96 Eine rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung ist mit dem in § 311 Abs. 1 AktG niedergelegten System von Veranlassung und freiwilliger Übernahme nicht vereinbar.97 Auf breitere Zustimmung sind hingegen Stellungnahmen gestoßen, die der abhängigen Gesellschaft eine mit § 294 Abs. 3 S. 2 HGB vergleichbare Informationspflicht auferlegen, soweit das herrschende Unternehmen die Informationen zur Erfüllung konzernbezogener Publizitätspflichten benötigt.98 In der hier zu untersuchenden Konstellation kämen insbesondere Informationsbeschaffungspflichten der Gebietskörperschaft aus dem IFG und den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen der Länder in Betracht.99 Ein solcher bereichsspezifischer Informationsanspruch der Konzernmutter löst jedoch dieselben Bedenken wie ein allgemeiner konzerninterner Informationsanspruch aus und ist ebenfalls als systemwidrig abzulehnen.100 Das zwischen den Publizitätspflichten der Konzernmutter und ihren fehlenden Informationszugriffsmöglichkeiten bestehende Spannungsfeld ist nicht durch einen Informationsanspruch aufzulösen; vielmehr ist die Publizitätspflicht auf 94 Gegen einen allgemeinen konzerninternen Informationsanspruch LG Stuttgart v. 28. 02. 2017 – 22 AR 1/17 Kap, BeckRS 2017, 118702 Rn. 192 ff. = WM 2017, 1451; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 425; Bauckhage-Hoffer/Katko, WM 2012, 486, 487 f.; Bingel/ Martin, ZGR 2021, 608, 618 f.; Bosse, Der Konzern 2019, 1, 4; Fleischer, in: GroßKommAktG, § 311 Rn. 246; ders., ZGR 2009, 505, 532 f.; Götz, ZGR 1998, 524, 527; Grigoleit/ Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 90 Rn. 13; Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 33 Rn. 1369; Koch, AktG, § 311 Rn. 36d; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 27; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 177 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 249 ff.; Schockenhoff, NZG 2020, 1001; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 423; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72; Wittmann, Informationsfluss im Konzern, S. 71 ff. 95 Ebenso Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 425; in diese Richtung auch Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 33 Rn. 1369; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 178. 96 Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 178. 97 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 425; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 619; Koch, AktG, § 311 Rn. 36d. 98 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 425; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 27; S. H. Schneider, Informationspflichten und Informationssystemeinrichtungspflichten im Aktienkonzern, S. 153 f.; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 367; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72; Wittmann, Informationsfluss im Konzern, S. 107; offenlassend Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 244. 99 Siehe hierzu noch Kap. 5 A. I. 4. b) bb), cc). 100 Koch, AktG, § 311 Rn. 36d; gegen einen bereichsspezifischen Informationsanspruch auch Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 618 f.; Bosse, Der Konzern 2019, 1, 4; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 270 ff.

B. Informationszugang über den Vorstand

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solche Informationen beschränkt, die durch die Konzernmutter beschafft werden können.101 Jenseits des speziellen Informationsanspruchs aus § 294 Abs. 3 S. 2 HGB ist die Gebietskörperschaft auf eine freiwillige Informationsweitergabe des abhängigen Vorstands angewiesen. Zwar ist der abhängige Vorstand rechtlich nicht verpflichtet, auf die von der Gebietskörperschaft an ihn herangetragenen Vorstellungen einzugehen. Gleichwohl dürfte dem abhängigen Vorstand eine Kooperation mit seinem wirtschaftlichen Eigentümer nicht gleichgültig sein.102 Die mehrheitlich oder gar vollständig beteiligte Gebietskörperschaft könnte die Gesellschaft bei mangelnder Kooperationsbereitschaft in eine GmbH umwandeln, deren Verfassung ein Weisungsrecht und einen umfassenden Informationsanspruch der Gesellschafter gegen den Geschäftsführer vorsieht (§§ 37 Abs. 1, 51a Abs. 1 GmbHG).103 Die Informationsweitergabe dürfte daher regelmäßig nicht an der fehlenden Bereitschaft des abhängigen Vorstands scheitern. Von größerer Bedeutung sind hingegen das Erfordernis eines Nachteilsausgleichs, die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht und die Nachauskunftspflicht, die auch einer freiwilligen informationellen Kooperation Grenzen ziehen. 3. Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG a) Konzernrechtliche Ausgangslage Eine erste Hürde für die freiwillige Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft ergibt sich aus dem Erfordernis eines Nachteilsausgleichs nach § 311 Abs. 1 AktG. Nach § 311 Abs. 1 AktG darf ein herrschendes Unternehmen seinen Einfluss nicht dazu benutzen, die abhängige Gesellschaft zur Vornahme von nachteiligen Rechtgeschäften oder Maßnahmen zu veranlassen, es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Ob die Weitergabe von Informationen durch den Tochtervorstand an das herrschende Unternehmen mit § 311 Abs. 1 AktG vereinbar ist, kann nach der im Konzernrecht herrschenden Meinung nicht pauschal beantwortet werden.104 Vielmehr sei eine nach den verschiedenen potenziellen Mög101

Fabritius, FS Huber 2006, 705, 717; Koch, AktG, § 311 Rn. 36d. So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 18, der den abhängigen Vorstand einer Drohkulisse ausgesetzt sieht, die bei Bundesbeteiligungen durch den Umstand verstärkt werde, dass es sich bei dem wirtschaftlichen Eigentümer zusätzlich um den Heimatstaat der Gesellschaft handelt. 103 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 18. 104 So aber für Nachteiligkeit Kohlenbach, Das Verhältnis der Aufsichtsräte im Aktiengesellschaftskonzern, S. 203: „fast immer“; Bauckhage-Hoffer/Katgo, WM 2012, 486, 487; ähnlich auch Wittmann, Informationsfluss im Konzern, S. 119; pauschal gegen Nachteilhaftigkeit Drexl, ZHR 161 (1997), 491, 513; Menke, NZG 2004, 697, 700. Eine pauschale Betrachtungsweise lässt sich jedoch im Hinblick auf die Kosten der Informationserhebung und Informationsaufbereitung anstellen. Hierbei handelt es sich um Nachteile, die ohne Weiteres ausgleichsfähig sind und den Informationszugang des herrschenden Unternehmens daher 102

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

lichkeiten der späteren Informationsverwendung differenzierende Prüfung notwendig.105 Im Allgemeinen ist ein Nachteil anzunehmen, wenn sich das veranlasste Rechtsgeschäft oder die Maßnahme negativ auf die Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft auswirkt und sich als Folge der Abhängigkeit darstellt.106 Eine Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage ist keine Folge der Abhängigkeit, wenn der pflichtgemäß handelnde Geschäftsleiter einer (hypothetisch) unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft oder die Maßnahme unter Berücksichtigung der Business Judgement Rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ebenso hätte vornehmen dürfen (vgl. § 317 Abs. 2).107 Dem Merkmal der Abhängigkeitsfolge wohnt demnach eine Sorgfaltspflichtverletzung des Tochtervorstands inne.108 Der Handlungsrahmen des Vorstands richtet sich insbesondere nach den Satzungsregelungen zum Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand.109 Die Abhängigkeitsfolge ist anzunehmen, wenn die Vornahme der Maßnahme mit dem Unternehmensinteresse, das sich auch aus den Bestimmungen der Satzung speist,110 nicht vereinbar ist. Auf eine Quantifizierbarkeit kommt es für die Annahme eines Nachteils nicht an.111 Auf der Grundlage dieses Begriffsverständnisses stehen drei nicht beschränken. Hierzu Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 382 ff.; ferner Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134. 105 Vgl. Arnold, in: Vorstand-HdB., § 7 Rn. 89; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 621 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b; Krieger, in: Lutter/Bayer, HdB. Holding, § 7 Rn. 7.24; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 382 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 76; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 106 BGH v. 01. 03. 1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79, 84 = NJW 1999, 1706; BGH v. 01. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 8 = NJW 2009, 850; BGH v. 31. 05. 2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 37 = NJW 2011, 2719; LG Köln v. 23. 11. 2007 – 82 O 214/06, AG 2008, 327, 332 = BeckRS 2007, 19688; Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 16; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 39; Koch, AktG, § 311 Rn. 24; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 88. 107 BGH v. 03. 03. 2008 – III ZR 124/06, BGHZ 175, 365 Rn. 9, 11 = NJW 2008, 1583; BGH v. 01. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 9 f. = NJW 2009, 850; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 40; Müller, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 89. 108 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 175; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 32; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 40; Koch, AktG, § 311 Rn. 25; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 36 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 89. 109 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 179; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 32; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 41 ff. 110 Dazu Kap. 2 B. II. 4. b) aa) (4) (c). 111 BGH v. 01. 03. 1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79, 84 = NJW 1999, 1706; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 33; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-

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potenzielle Möglichkeiten der Informationsverwendung im Zentrum der konzernrechtlichen Diskussion. Unbedenklich soll es sein, wenn das herrschende Unternehmen die erlangten Informationen zur sachgerechten Ausübung von Konzernleitung einsetzt, weil bereits die Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft nicht konkret gefährdet werde.112 Nicht nachteilhaft soll es ebenfalls sein, wenn das herrschende Unternehmen die Informationen verwendet, um konzernbezogene Publizitätspflichten zu erfüllen.113 Zwar könne die Veröffentlichung von Informationen die Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft beeinträchtigen.114 Der Gesetzgeber habe jedoch mit der Statuierung der konzernbezogenen Publizitätspflicht eine Wertentscheidung getroffen, die das Risiko, dass die veröffentlichten Informationen durch Dritte zulasten der Gesellschaft verwendet werden könnten, billige.115 Ein Nachteil müsse hier aus Wertungsgründen ausscheiden.116 Die von dem abhängigen Unternehmen erlangten Informationen könnten hingegen durch das herrschende Unternehmen auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse und zulasten der abhängigen Gesellschaft verwertet werden. In dieser Konstellation wird ein Nachteil angenommen.117 Tritt das herrschende Unternehmen in Wettbewerb mit der abhängigen Gesellschaft, mindere dies ihre Erwerbschancen.118 Die Informationsweitergabe zu diesem Zweck sei ferner mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft nicht zu vereinbaren, sodass der Tochtervorstand einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft die Informationen nur unter Verstoß gegen seine Sorgfaltspflicht weitergeben dürfte, wodurch die KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 24; Leuering/Goertz, in: Hölters/ Weber, AktG, § 311 Rn. 56; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 88. 112 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 388 f.; im Ergebnis auch Arnold, in: Vorstand-HdB., § 7 Rn. 89; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbHKonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b f.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114; Schüler, Die Wissenszurechnung im Konzern, S. 186; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 113 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Koch, AktG, § 311 Rn. 36c; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 389 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109. 114 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 391. 115 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 391. 116 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 392. 117 Arnold, in: Vorstand-HdB., § 7 Rn. 89; J. Bauer/Schmidt-Bendun, FS Wegen 2015, 105, 115; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 113; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 386 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 77; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 368; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 118 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 386 ff.; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 77.

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Beeinträchtigungen der Ertragslage auch als Abhängigkeitsfolge eintreten würden.119 b) Korrektur der konzernrechtlichen Maßstäbe bei der Beherrschung durch Gebietskörperschaften? Ob Beeinträchtigungen der Vermögens- oder Ertragslage eine Folge der Abhängigkeit sind und deshalb einen ausgleichspflichtigen Nachteil darstellen, hängt nach den konzernrechtlichen Grundsätzen davon ab, ob der Vorstand einer – gedacht – unabhängigen Gesellschaft ebenso hätte handeln dürfen, wie er durch das herrschende Unternehmen veranlasst wurde. Oberste Leitlinie und äußere Grenze für das Handeln des Vorstands ist das Unternehmensinteresse.120 Dieses besteht nach dem hier vertretenen interessenpluralistischen Ansatz aus den Partikularinteressen von Aktionären, Arbeitnehmern und der Öffentlichkeit, die durch den Vorstand im Wege praktischer Konkordanz in Ausgleich gebracht werden müssen.121 Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch dann Geltung beanspruchen können, wenn das herrschende Unternehmen eine Gebietskörperschaft ist. Diese Frage wird im Schrifttum nur selten besonders angesprochen. Dennoch wird überwiegend von einer unveränderten Geltung dieser Grundsätze ausgegangen.122 aa) Die Ansicht Koppensteiners Eine Gegenposition wird von Koppensteiner123 eingenommen, nach dem bei einer unveränderten Anwendung der konzernrechtlichen Maßstäbe die Gefahr einer Umfunktionierung der Gesellschaft zu einem Instrument öffentlicher Interessen drohe.124 Möglich sei diese Umfunktionierung der Gesellschaft, da hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit öffentlicher Interessen im Rahmen des ermessensleitenden Unternehmensinteresses keine aussagekräftigen Kriterien bereitstünden, was

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Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 386 ff. Vgl. Hagemann/Jannott, in: Frodermann/Jannott, HdB. AktienR, Kap. 2 Rn. 36; Raiser/Veil, KapGesR, § 14 Rn. 14; Wellhöfer, in: Vorstandshaftung, § 4 Rn. 24; Wilhelm, KapGesR, Rn. 1044; im Kontext der Nachteilsbestimmung Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 429 Fn. 282; ferner Koch, ZHR 183 (2019), 7, 20 f. 121 Dazu Kap. 2 B. II. 4. b) aa) (4). 122 Siehe etwa Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 138; Harbarth, Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen, S. 288; Meinen, Konzernrecht im kommunalen Bereich, S. 258; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 60; ferner auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 20 f. 123 Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48; ders., NJW 1990, 3105, 3112. 124 Zustimmend Kermel, Steuerungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand bei Beteiligung an Aktiengesellschaften der Energieversorgung, S. 161; ähnlich Großmann, Unternehmensziele im Aktienrecht, S. 207 f. 120

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wiederum zu einem unkontrollierbar weiten Ermessenspielraum führe.125 Dieser Gefahr könne nur durch eine Korrektur der konzernrechtlichen Maßstäbe dahin begegnet werden, grundsätzlich alle Veranlassungen im öffentlichen Interesse durch einen Hoheitsträger, die zu einer Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage führen, als nachteilig zu bewerten.126 Gestatte die Satzung hingegen die Verfolgung öffentlicher Interessen, bedürfe es keiner Modifikation.127 bb) Stellungnahme Jedenfalls in dieser als Einschränkung der Grundposition zu verstehenden These ist Koppensteiner zuzustimmen. Wurde die Gesellschaft statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Interessen geöffnet, sind diese öffentlichen Interessen bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses und darauf aufbauend bei der Ermessensausübung des Vorstands in größerem Umfang berücksichtigungsfähig.128 Fraglich ist jedoch, ob ebenso bedenkenfrei der Forderung beigetreten werden kann, außerhalb entsprechender Satzungsbestimmungen grundsätzlich jede vermögensbeeinträchtigende Veranlassung im öffentlichen Interesse als ausgleichspflichtigen Nachteil zu qualifizieren. Nicht von der Hand zu weisen ist die Konturlosigkeit des Begriffs der öffentlichen Interessen, unter deren Deckmantel die Verfolgung einer Vielzahl von Zielen denkbar ist. Verstärkend kommt hinzu, dass sich der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zum Ausdruck kommende Ermessensspielraum des Vorstands nicht auf konkrete Leitungsentscheidungen beschränkt, sondern auch bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses aus den einzelnen Partikularinteressen gilt.129 In Rechnung zu stellen ist auch, dass die Anwendbarkeit des Konzernrechts gerade deshalb als geboten erachtet wird, weil die spezifische Aufgabenstellung der Gebietskörperschaften mit den Interessen der anderen Aktionäre typischerweise kollidieren könne.130 Unternimmt man es, den befürchteten Interessenkonflikt auf Ebene des Nachteilsbegriffs auflösen, indem die öffentlichen Interessen in großem Umfang im Rahmen der Bestimmung des Unternehmensinteresses der abhängigen Gesellschaft berücksichtigt werden, setzt man sich dem Vorwurf der Inkonsequenz aus. Es wäre folgewidrig, das Konzernrecht wegen der Kollisionsträchtigkeit öffentlicher Interessen zunächst anzuwenden und selbige Interessen sodann bei der nachgelagerten Prüfung der Abhängigkeitsfolge einer Vermögensbeeinträchtigung großzügig bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses heranzuziehen.131 125

Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48; ders., NJW 1990, 3105, 3112. Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48; ders., NJW 1990, 3105, 3112. 127 Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48. 128 Dazu Kap. 2 B. II. 4. b) aa) (4) (c). 129 Zur Geltung bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 300, 310; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 21; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 76 Rn. 49; Zumbansen/Lachner, BB 2006, 613, 615. 130 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 338 = NJW 1978, 104. 131 Ähnlich Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48. 126

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Zweifelhaft ist jedoch, ob die Verfolgung öffentlicher Interessen tatsächlich zu einer „carte blanche“132 unternehmerischer Ermessensentscheidungen werden kann, die die Gefahr der Pervertierung der Gesellschaft zu einem Instrument öffentlicher Interessen begründet. Außerhalb statutarischer Öffnungsklauseln wird die Berücksichtigung öffentlicher Interessen im Sinne des interessenpluralistischen Ansatzes durch das Gewinnerzielungsinteresse der Aktionäre und die Interessen der Arbeitnehmer begrenzt. Die Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer stellen ausreichende Gegenpole dar, die einen ausufernden Ermessensspielraum des Vorstands nicht entstehen lassen. Eine Modifikation der konzernrechtlichen Maßstäbe ist daher nicht geboten. Gegen eine Modifikation spricht weiter, dass es bei der pauschalen Annahme einer Abhängigkeitsfolge auf eine Bestimmung des Unternehmensinteresses im Einzelfall nicht mehr ankäme, sodass dem Vorstand sein diesbezüglicher Ermessensspielraum entzogen würde. Wenngleich daher eine Modifikation der konzernrechtlichen Maßstäbe abzulehnen ist, wären Kriterien wünschenswert, anhand derer berücksichtigungsfähige öffentliche Interessen bestimmt werden können. Aufgrund der Weite des Begriffs und der Vielfalt öffentlicher Interessen sind trennscharfe Kriterien jedoch nicht auszumachen.133 c) Informationsverwendung bei Beherrschung durch eine Gebietskörperschaft Ob die Informationsweitergabe durch den Tochtervorstand mit § 311 AktG vereinbar ist, muss somit auch in dem Fall, in dem eine Gebietskörperschaft das herrschende Unternehmen ist, durch eine nach den verschiedenen potenziellen Verwendungsmöglichkeiten differenzierende Nachteilsprüfung beantwortet werden. Dabei können die Ergebnisse für die Verwendungsmöglichkeiten der herkömmlichen Verbundsituation nur teilweise auf die gegenständliche Konstellation übertragen werden.134 Handelt es sich bei dem herrschenden Unternehmen nicht um ein wirtschaftliches Unternehmen, sondern um eine Gebietskörperschaft, kommt es zu einer erheblichen Verschiebung der Interessenlagen. Die in der herkömmlichen Verbundsituation befürchtete Informationsverwendung zu eigenen unternehmerischen Zwecken droht bei der Beherrschung durch eine Gebietskörperschaft weniger. Im Vordergrund stehen dagegen Verwendungsmöglichkeiten, die in öffentlichen

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samt.

Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 82 für das Unternehmensinteresse insge-

133 Vgl. Großmann, Unternehmensziele im Aktienrecht, S. 117 ff.; Harbarth, Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen, S. 288 Fn. 30 (Abgrenzung „schwierig“); Kermel, Steuerungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand bei Beteiligung an Aktiengesellschaften der Energieversorgung, S. 161; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 48; vgl. ferner für das Unternehmensinteresse insgesamt Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 82; Zöllner, AG 2003, 2, 7 f. 134 Großzügiger Koch, AktG, § 311 Rn. 36c; ders., ZHR 183 (2019), 7, 20 f.

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Interessen begründet sind.135 Es entsteht eine Vielzahl neuer Möglichkeiten der Informationsverwendung, die hier nicht abschließend dargestellt werden braucht. Für die hiesige Untersuchung von Bedeutung ist aber, ob der Gesellschaft ein Nachteil entsteht, wenn die Gebietskörperschaft die erlangten Informationen zur Steuerung der Gesellschaft einsetzt oder die Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitätspflichten offenlegt. aa) Informationsverwendung zur Erfüllung der Ingerenzpflicht Ausgehend von den bereits dargelegten Gründen für den Informationsbedarf der beteiligten Gebietskörperschaft kommt zunächst die Verwendung der Informationen zur Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht, also zur Ausübung von Einfluss und Kontrolle, in Betracht. Diese Verwendungsmöglichkeit weist Ähnlichkeiten mit der im konzernrechtlichen Schrifttum diskutierten Fallgruppe der Verwendung zu Zwecken der Konzernleitung und -kontrolle auf. In der konzernrechtlichen Diskussion wird eine derartige Verwendung für nicht nachteilhaft gehalten, da es an einer Bedrohung für die Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft fehle.136 Dieses Ergebnis kann auf die Situation hoheitlicher Beherrschung übertragen werden. Aus Sicht der abhängigen Gesellschaft macht es in Bezug auf ihre Vermögens- und Ertragslage keinen Unterschied, ob die Kontrollausübung zu Konzernleitungszwecken erfolgt oder die Gebietskörperschaft die Kontrolle zur Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht ausübt. Es ist daher davon auszugehen, dass es keinen Nachteil für die abhängige Gesellschaft darstellt, wenn die Gebietskörperschaft die erlangten Informationen zur Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht verwendet. bb) Verwendung der Informationen im Rahmen parlamentarischer Kontrolle und zur Erfüllung von Publizitäts- und Transparenzpflichten (1) Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage Schwieriger ist hingegen die Frage zu beantworten, ob der abhängigen Gesellschaft ein Nachteil entsteht, wenn die Gebietskörperschaft die erlangten Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitätspflichten offenlegt. Offenlegungspflichten können sich 135 Vgl. Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 39; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 103, 116 f. 136 Zu beiden Aspekten Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 385, 389; zur Konzernkontrolle Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 77; zur Konzernleitung Schüler, Die Wissenszurechnung im Konzern, S. 186; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72.

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dabei etwa auf der Grundlage des parlamentarischen Informations- und Fragerechts, aber auch aus bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften zur Informationsfreiheit oder dem Presserecht ergeben.137 Wie noch gezeigt werden wird, sehen diese Offenlegungspflichten in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung in Bezug auf Vertraulichkeitsinteressen der abhängigen Gesellschaft teilweise keine oder nur beschränkte Veröffentlichungshindernisse vor. Müssen sensible Informationen der Öffentlichkeit preisgegeben werden, können auch Wettbewerber Kenntnis von ihnen erlangen. Denkbar ist sogar, dass Wettbewerber öffentlich-rechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten gezielt zur Ausspähung öffentlich beherrschter Gesellschaften einsetzen.138 Gelangen auf diesem Wege vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft in die Öffentlichkeit und die Hände von Wettbewerbern, führt dies zu einer konkreten Gefährdung der Vermögens- und Ertragslage der abhängigen Gesellschaft. (2) Abhängigkeitsfolge Die Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage stellt jedoch keinen Nachteil dar, wenn sie keine Folge der Abhängigkeit ist. Fraglich ist, ob auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft die Informationen zu ihrer Veröffentlichung weitergegeben hätte. Maßgeblich ist dabei nicht, ob der Geschäftsleiter die Informationen tatsächlich weitergegeben hätte, sondern ob er es ohne Verstoß gegen seine Sorgfaltspflicht hätte tun dürfen.139 Zu prüfen ist daher, ob die Weiterleitung auch sensibler Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft als äußerer Grenze des Organhandelns vereinbar ist. Nach dem hier vertretenen interessenpluralistischen Ansatz muss der Vorstand bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit berücksichtigen. Die Veröffentlichung von Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten kann von dem Vorstand als Interesse der Öffentlichkeit berücksichtigt werden.140 Dem steht insbesondere das Interesse der Aktionäre entgegen, das grundsätzlich auf Gewinnerzielung gerichtet ist und sich in hiesiger Konstellation in einem Vertraulichkeitsinteresse ausdrückt. 137

Siehe hierzu noch Kap. 4 sowie Kap. 5. Zu der Gefahr der Wirtschaftsspionage auch Benecke/Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018, 1026; Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2288; Wiebe, NVwZ 2019, 1705 f. 139 Vgl. BGH v. 31. 05. 2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 32 = NJW 2011, 2719; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 40; Koch, AktG, § 311 Rn. 25; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 36 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 89; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 40. 140 So auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 21 in Bezug auf das parlamentarische Informationsund Fragerecht. 138

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Teilweise wird für Eigengesellschaften angenommen, das Interesse der Öffentlichkeit könne zudem als alleiniges Aktionärsinteresse in das Unternehmensinteresse einfließen.141 Wie bereits gezeigt wurde, ist das Aktionärsinteresse jedoch nicht mit dem Interesse des Alleinaktionärs identisch. Es speist sich vielmehr aus den Bestimmungen der Satzung.142 Wurde die Gesellschaft in der Satzung für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, muss der Vorstand kein aus dem Zweck der Gewinnerzielung folgendes Vertraulichkeitsinteresse der Aktionäre gegen das Transparenzinteresse der Öffentlichkeit abwägen.143 Hat die Gebietskörperschaft in Wahrnehmung ihrer Ingerenzverantwortung das Gewinnziel in der Satzung zurückgedrängt, kann der Vorstand das Vertraulichkeitsinteresse bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses deutlich restriktiver berücksichtigen. Die Weitergabe der Informationen zum Einsatz im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von Publizitäts- und Transparenzpflichten ist bei erfolgter Eingangskontrolle mit dem Unternehmensinteresse vereinbar und daher keine Folge der Abhängigkeit. Fraglich ist jedoch, ob sich die Informationsweitergabe auch bei solchen Gesellschaften mit dem Unternehmensinteresse vereinbaren lässt, bei denen die Gebietskörperschaft versäumt oder sonst davon abgesehen hat, das grundlegende Spannungsfeld im Rahmen ihrer Eingangskontrolle durch entsprechende Satzungsbestimmungen zu reduzieren. Aufgabe des Vorstands einer Gesellschaft ohne besondere Satzungsbestimmungen ist es, das Transparenzinteresse der Öffentlichkeit mit dem aus dem Zweck der Gewinnerzielung folgenden Vertraulichkeitsinteresse der Aktionäre und den Interessen der Arbeitnehmer schonend in Ausgleich zu bringen. Da es sich bei dieser Abwägung stets um Entscheidungen im Einzelfall handelt und dem Vorstand ein Ermessenspielraum zusteht, kann das Ergebnis nicht für alle Fälle vorgezeichnet werden. Allerdings indiziert die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG, dass der Vorstand einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft sorgfaltswidrig handeln würde, wenn er sensible Informationen der Öffentlichkeit zugänglich machte. Zwar sind auch Fälle denkbar, in denen eine gezielte Weitergabe vertraulicher Angaben an die Öffentlichkeit nicht sorgfaltswidrig wäre.144 So kann aus Gründen der Reputationspflege geboten sein, dass Rechtsverstöße oder andere Missstände durch den Vorstand der Gesellschaft selbst veröffentlicht werden, bevor sie durch die Presse oder Ermittlungsbehörden bekannt werden. Derartige Konstellationen dürften jedoch die Ausnahme darstellen. In aller Regel verstößt die Weitergabe von Informationen zu ihrer öffentlichen Preisgabe gegen das Unter141

So Koch, ZHR 183 (2019), 7, 21 in Bezug auf die Deutsche Bahn AG, bei der es sich um eine Eigengesellschaft des Bundes handelt. 142 Kap. 2 B. II. 4. b) aa) (4) (c). 143 Zu altruistischen Gesellschaftszwecken bei kommunalen Eigenbetrieben auch Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 93. 144 Vgl. Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 34.

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nehmensinteresse der Gesellschaft. Die Informationsweitergabe in einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft wäre sorgfaltswidrig. In Gesellschaften ohne besondere Satzungsbestimmungen stellt die Weitergabe von Informationen zum Einsatz im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von Publizitätsund Transparenzpflichten somit eine Folge der Abhängigkeit und damit tatbestandlich insgesamt einen Nachteil dar. (3) Kein Nachteil aus Wertungsgründen? (a) Keine Vergleichbarkeit mit konzernbezogenen Publizitätspflichten Dieses Ergebnis könnte allerdings wertungsmäßig dahin zu korrigieren sein, dass ein Nachteil der abhängigen Gesellschaft abzulehnen ist. Nicht von der Hand zu weisen sind Ähnlichkeiten zu der herkömmlichen Verbundsituation, in der ein herrschendes Unternehmen die Informationen zur Erfüllung von konzernbezogenen Publizitätspflichten verwendet. In dieser Konstellation soll die Informationsverwendung für die abhängige Gesellschaft nicht nachteilhaft sein.145 Dieses auf den ersten Blick überraschende Ergebnis wird mit einer gesetzgeberischen Wertung begründet, die aus der Existenz konzernbezogener Publizitätspflichten selbst ableitbar sei.146 Der Gesetzgeber habe konzernbezogene Publizitätspflichten geschaffen, ohne den dafür erforderlichen Informationszugang zu sichern.147 Qualifiziere man die Veröffentlichung von Informationen in dieser Konstellation als Nachteil, scheitere ein Nachteilsausgleich an fehlender Quantifizierbarkeit, sodass diese Informationsverwendung unzulässig wäre. Dies würde zu einem Leerlaufen der konzernbezogenen Publizitätspflichten führen.148 Diese speziell auf konzernbezogene Publizitätspflichten zugeschnittene Argumentation lässt sich jedoch nicht auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen.149 Eine mit den konzernbezogenen Publizitätspflichten vergleichbare gesetzgeberische Wertung ließe sich den öffentlich-rechtlichen Offenlegungspflichten nur entnehmen, wenn die aus öffentlich beherrschten Gesellschaften des Privatrechts erlangten Informationen der einzige bestimmungsmäßige Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle oder der Publizitäts- und Transparenzpflichten wären. Nur dann droht durch eine Verhinderung des Informationszugangs ein Leerlaufen dieser Vorschriften. Sowohl die Informationsrechte im Rahmen der parlamentarischen 145

Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Koch, AktG, § 311 Rn. 36c; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 389 ff.; ders., WM 2015, 1074, 2077; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109. 146 Mader, WM 2015, 2074, 2077. 147 Mader, WM 2015, 2074, 2077. 148 Mader, WM 2015, 2074, 2077; vgl. auch ders., Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 428 f. 149 A. A. für Vergleichbarkeit mit dem parlamentarischen Informations- und Fragerecht Koch, AktG, § 311 Rn. 36c; ders., ZHR 183 (2019), 7, 20 f.; Schmolke, WM 2018, 1913, 1919.

B. Informationszugang über den Vorstand

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Kontrolle als auch die Offenlegungspflichten nach dem Informationsfreiheits- oder Presserecht erfassen jenseits öffentlicher Beteiligungen an privatrechtlich organisierten Unternehmen eine Vielzahl von Konstellationen. Ein Leerlaufen dieser Vorschriften droht nicht, sodass auch eine wertungsmäßige Korrektur nicht erforderlich ist. Trotz der Ähnlichkeit dieser beiden Konstellationen lassen sich die für konzernbezogene Publizitätspflichten erlangten Auslegungsergebnisse in der gegenständlichen Konstellation nicht fruchtbar machen. (b) Keine andere Beurteilung von Verfassungs wegen Eine im Schrifttum vertretene Ansicht hält die Informationsweitergabe jedoch auch dann für nicht nachteilhaft und daher zulässig, wenn die Informationen zur Erfüllung eines parlamentarischen Informationsersuchens angefordert und verwendet werden.150 Argumentativer Ausgangspunkt stellt dabei das Deutsche-BahnUrteil des BVerfG151 dar.152 Das Gericht entschied, dass die Bundesregierung die Erfüllung eines gegen sie gerichteten parlamentarischen Informationsanspruchs nicht mit einem Verweis auf ihre aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht aus §§ 116, 395 AktG verweigern kann.153 Aus der normhierarchischen Argumentation des BVerfG wurde sodann gefolgert, dass auch die Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG nicht entgegenstehe.154 Ob sich aus dem Urteil des BVerfG diese Konsequenz ableiten lässt, begegnet durchgreifenden Zweifeln. Das Gericht hatte eine konkrete Pflichtenkollision in der Person der Bundesregierung zu beurteilen, die durch die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG einerseits und der verfassungsrechtlich fundierten Informationsschuld gegenüber dem Parlament andererseits entstand. Zu einer konkreten Kollision, die den Raum für eine wertungsmäßige (normenhierarchische) Überlagerung erst öffnet, fehlt es bei der hier zu beurteilenden Nachteilhaftigkeit jedoch. Die Frage der Nachteilhaftigkeit ist aus der Perspektive der abhängigen Gesellschaft zu beantworten.155 Diese ist jedoch gerade nicht Schuldnerin der verfassungsrechtlichen Informationspflicht.156 Außerhalb konkreter Pflichtenkollisionen überdehnt die Annahme einer verfassungsrechtlichen Überlagerung der aktienrechtlichen Regelungen zur Nachteilsfeststellung daher den Aussagegehalt des Judikats. Ob und wie weit das Aktienrecht jedenfalls einer verfassungskonformen Auslegung zuzuführen ist, die auch eine Veränderung der Pflichtenkataloge der Gesellschaftsorgane einschließt, hat das Gericht ausdrücklich 150

Koch, ZHR 183 (2019), 7, 20 f. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 = NVwZ 2018, 51. 152 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 21. 153 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 295 f. = NVwZ 2018, 51. 154 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 20 f., 29. 155 Vgl. Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 16 ff.; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 32; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 91 ff. 156 Vgl. Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 182 f. 151

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

offengelassen.157 Auch von Verfassungs wegen ist eine andere Beurteilung daher nicht geboten. d) Maßgeblicher Zeitpunkt der Nachteilsfeststellung aa) Informationsweitergabe als maßgeblicher Zeitpunkt Wie gezeigt wurde, ergibt sich die Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft nicht unmittelbar aus der Weitergabe der Informationen, sondern erst durch eine nachgelagerte etwaig schadhafte Informationsverwendung.158 Die Informationen könnten von der Gebietskörperschaft zu schadhaften Zwecken, wie der Veröffentlichung zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten oder im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle, eingesetzt werden.159 Demgegenüber könnten die Informationen auch zu nicht schadhaften Zwecken, wie zur Erfüllung der Ingerenzpflicht, verwendet werden. Während im ersten Fall ein Nachteil anzunehmen ist, ist an der Anforderung und Verwendung der Informationen zur Ausübung von Einfluss und Kontrolle kein Anstoß zu nehmen. Für die Beurteilung der Maßnahme kann jedoch nicht erst auf die spätere Informationsverwendung abgestellt werden.160 Anerkannt ist, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft die Nachteilhaftigkeit einer Maßnahme in dem Moment ihrer Vornahme beurteilen muss.161 Dies folgt nicht zuletzt aus der Sorgfaltspflichtverletzung, die dem Nachteilsbegriff immanent ist.162 Hängt nun aber die Nachteilhaftigkeit der Informationsweitergabe zuvörderst von der späteren Verwendung der Informationen ab, führt dies bei der Nachteilsbeurteilung durch den Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu dem Problem, dass die Art der späteren 157

Vgl. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 296 = NVwZ 2018, 51 in Bezug auf den Regelungskomplex der §§ 394, 395 AktG; siehe auch Schall, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 4. 158 Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 392 f. 159 Zur Ausnahme für den Fall statuarischer Öffnungsklauseln für öffentliche Interessen Kap. 3 B. II. 3. c) bb) (2). 160 Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 393; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 76. 161 BGH v. 03. 03. 2008 – III ZR 124/06, BGHZ 175, 365 Rn. 11 = NJW 2008, 1583; BGH v. 01. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13 = NJW 2009, 850; OLG Köln v. 13. 04. 2006 – 7 U 31/05, AG 2007, 371, 372 = ZIP 2007, 28; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 173; Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 18; Fleischer, NZG 2008, 371, 372; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 44; Koch, AktG, § 311 Rn. 26; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 39; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 83; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 57. 162 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 44.

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Verwendung in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Informationsweitergabe ungewiss ist.163 Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft kann im Moment der Informationsweitergabe nicht beurteilen, ob die Informationen in schadhafter Weise verwendet werden. Fraglich ist, wie sich diese Ungewissheit über die spätere Verwendung der Informationen bei der Beurteilung der Nachteilhaftigkeit auswirkt. bb) Möglichkeit schadhafter Verwendung als Hindernis der Informationsweitergabe Können die weitergegebenen Informationen sowohl für nicht schadhafte, als auch für schadhafte Zwecke eingesetzt werden, ist jede Informationsweitergabe mit dem Risiko der schadhaften Verwendung behaftet.164 Dieses Risiko ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Gebietskörperschaft die Informationen zu einer nicht schadhaften Verwendung anfordert, weil nie ganz ausgeschlossen werden kann, dass die Informationen später doch zu nachteiligen Zwecken verwendet werden.165 Dies gilt umso mehr, wenn die Informationen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten verwendet oder im Rahmen parlamentarischer Kontrolle eingesetzt werden. Hier beruht die Informationsverwendung nicht auf einem freien Entschluss der Gebietskörperschaft, sondern auf einem gesetzlichen Informationsanspruch, der gegen die Exekutivorgane der Gebietskörperschaft geltend gemacht wird. Hinzu kommt, dass sich die Nachteile, die aus einer schadhaften Informationsverwendung entstünden, kaum quantifizieren ließen. Gelangten etwa Informationen an die Öffentlichkeit, die das Ansehen der Gesellschaft beschädigten, ließen sich die daraus entstehenden Beeinträchtigungen der Ertragslage nicht beziffern. Dasselbe gilt, wenn durch das Bekanntwerden interner Kalkulationsgrundlagen oder Produktionsvorhaben ein Wettbewerbsnachteil der abhängigen Gesellschaft zu befürchten wäre. Lässt sich aus Sicht der abhängigen Gesellschaft das Risiko nachteiliger Verwendung nie ganz ausschließen, wird in diesem Risiko ein eigenständiger Nachteil erblickt.166 Dieser Nachteil ist mangels Quantifizierbarkeit 163

Ebenso Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 393. Vgl. Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 397. 165 Vgl. Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 393; siehe auch Elsner, Die laufende Kontrolle der Tochtergesellschaften durch die Verwaltung der Muttergesellschaft, S. 101. 166 Vgl. Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 622; Elsner, Die laufende Kontrolle der Tochtergesellschaften durch die Verwaltung der Muttergesellschaft, S. 101 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 397 f.; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 84; B. Vogt, Die Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, S. 105; ähnlich Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134 ff.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 f., die nicht auf einen eigenständigen Nachteil, sondern auf die fehlende Beurteilungsmöglichkeit im maßgeblichen Zeitpunkt und das daraus folgende Versagen des Ausgleichssystems der §§ 311 ff. AktG als Grund für die Unzulässigkeit der Informationsweiterabe abstellen; implizit auch Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 164

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

einem Ausgleich im System der §§ 311 ff. AktG nicht zugänglich.167 Konsequenterweise wäre daher die Informationsweitergabe mit § 311 Abs. 1 AktG nicht vereinbar und unzulässig.168 e) Konzepte zur Ermöglichung des Informationszugangs aa) Meinungsstand Zu diesem Ergebnis gelangt das Schrifttum auch bei der Beurteilung der herkömmlichen Verbundsituation, in der zwar nicht die Veröffentlichung von Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten der Gebietskörperschaft, dafür aber die Verwertung der Informationen durch die Konzernmutter zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken droht.169 Um den Informationsfluss im faktischen Konzern nicht versiegen zu lassen, haben sich verschiedene Ansätze entwickelt, um den Informationsfluss mit § 311 Abs. 1 AktG zu vereinbaren. Die Konzepte lassen sich dabei grob in zwei Lager teilen. Vertreter des ersten Lagers unternehmen es, die Vereinbarkeit des Informationsflusses mit § 311 Abs. 1 AktG allein in dem Schutz der Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft zu suchen. Ausreichend Schutz sei gewährt, wenn das herrschende Unternehmen sich vertraglich zu einem pauschalierten Verlustausgleich verpflichtet oder eine Garantieerklärung abgibt, bei schadhafter Informationsverwendung alle hieraus entstandenen Nachteile auszugleichen.170 Rn. 72; a. A. Verse, ZHR 175 (2011), 401, 420, der das Risiko einer nachteilhaften Verwendung für die Annahme eines Nachteils mit Verweis auf die MPS-Entscheidung des BGH (BGH v. 01. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 = NJW 2009, 850) für nicht hinreichend konkret hält. 167 Vgl. Elsner, Die laufende Kontrolle der Tochtergesellschaften durch die Verwaltung der Muttergesellschaft, S. 103; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 398; B. Vogt, Die Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, S. 105; Wittmann, Informationsfluss im Konzern, S. 120 f.; anders Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 178, 480 Fn. 21, der einen etwaigen Nachteil durch einen unbestimmten „Konzernvorteil“ ausgeglichen sehen will. 168 Zur Unzulässigkeit einer Maßnahme, deren Nachteile mangels Quantifizierbarkeit nicht ausgleichsfähig sind, OLG Köln v. 15. 01. 2009 – 18 U 205/07, AG 2009, 416, 419 = BeckRS 2009, 4001; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 33; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 24; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 84; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 112. 169 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 134 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 386 f., 399 ff. 170 Elsner, Die laufende Kontrolle der Tochtergesellschaften durch die Verwaltung der Muttergesellschaft, S. 103 ff.; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 84 ff.; B. Vogt, Die Verbandsgeldbuße gegen eine herrschende Konzerngesellschaft, S. 105.

B. Informationszugang über den Vorstand

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Demgegenüber versuchen Andere bereits eine für die abhängige Gesellschaft schadhafte Verwendung der Informationen zu unterbinden, indem sie das herrschende Unternehmen in der Verwendung der erlangten Informationen beschränkt wissen wollen.171 Uneinheitlich wird jedoch die Frage beantwortet, aus welchem Rechtsgrund die Verwendungsbeschränkung folgt. Teilweise wird die mitgliedschaftliche Treuepflicht als ausreichende Rechtsgrundlage erachtet.172 Der überwiegende Teil des Schrifttums geht jedoch von der Erforderlichkeit einer vertraglichen Grundlage aus.173 Unabhängig von ihrer konkreten Rechtsgrundlage würde durch die Verwendungsbeschränkung der nachteilige Charakter der Informationsweitergabe beseitigt.174 bb) Stellungnahme Die Problematik des konzerninternen Informationsflusses besteht im Kern darin, dass sich die Nachteile, die sich aus einer schadhaften Verwendung der Informationen ergeben, nicht quantifizieren lassen und deswegen nicht ausgleichsfähig sind.175 Dieses Problem stellt sich nicht nur im Rahmen einer Prognoseentscheidung des Vorstands im Moment der tatsächlichen Weitergabe der Informationen, sondern auch dann, wenn die Informationen tatsächlich verwendet wurden.176 Die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens zum pauschalierten Verlustausgleich oder die Abgabe einer Garantie, alle künftig entstehenden Nachteile auszugleichen, vermag dieses Grundproblems nicht Herr zu werden.177 Auch hier wäre erforderlich, 171 Arnold, in: Vorstand-HdB., § 7 Rn. 89; J. Bauer/Schmidt-Bendun, FS Wegen 2015, 105, 115; Bunz, DB 2019, 170, 173; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 138 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b; Krieger, in: Lutter/Bayer, HdB. Holding, § 7 Rn. 7.24; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 407 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 368; Seibt/Kulenkamp, AG 2018, 549, 553 f.; tendenziell auch J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 172 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 138 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36c; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 414 ff. 173 Arnold, in: Vorstand-HdB., § 7 Rn. 89; J. Bauer/Schmidt-Bendun, FS Wegen 2015, 105, 115; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 622; Bunz, DB 2019, 170, 173; Fabritius, FS Huber 2006, 705, 714; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 51a; Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 33 Rn. 1371; Krieger, in: Lutter/ Bayer, HdB. Holding, § 7 Rn. 7.24; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114 ff.; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 109; Schürnbrand, ZHR 181 (2017), 357, 368; Seibt/Kulenkamp, AG 2018, 549, 553 f.; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 174 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 407 f. 175 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 404. 176 In diesem Sinne Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 137 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 404 f. 177 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 137 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 404 f.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

dass sich die Nachteile jedenfalls nachträglich quantifizieren lassen.178 Dies ist jedoch in aller Regel nicht der Fall.179 Zwar ist dieser Ansicht zuzugestehen, dass sie insbesondere durch die Abgabe einer Garantieerklärung die Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft in großem Umfang zu wahren versucht. Der Schutz der Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft ist jedoch nicht das einzige Schutzanliegen der §§ 311 ff. AktG. Während im Vertragskonzern der Vorstand der abhängigen Gesellschaft auch zur Befolgung nachteiliger Weisungen verpflichtet ist (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG), ist § 311 Abs. 1 AktG durch das System der Veranlassung und freiwilligen Übernahme geprägt, woraus sich der Schutz der Autonomie der abhängigen Gesellschaft ableiten lässt.180 Wird nun geschlussfolgert, nach Abgabe einer Garantieerklärung könne das herrschende Unternehmen mit den Informationen nach Belieben verfahren und müsse auch vor einer für die abhängige Gesellschaft schadhaften Verwendung keine Erlaubnis einholen181, würde dieses weitere Schutzanliegen verfehlt.182 Richtiger Anknüpfungspunkt kann daher nur die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens sein, die Informationen nicht zu schadhaften Zwecken zu verwenden. Dabei scheint die Herleitung der Verwendungsbeschränkung aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht gegenüber einer besonderen vertraglichen Fixierung einen Praktikabilitätsvorteil zu genießen. Dieser Vorteil reicht allerdings nur so weit, wie das herrschende Unternehmen überhaupt einer Treuepflicht unterliegt. Nach der im Aktienrecht überwiegend vertretenen Ansicht ist dies nämlich nur dann der Fall, wenn in der Gesellschaft opponierende Aktionäre vorhanden sind.183 Für diese 178 Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 85, nach dem die Quantifizierung der Nachteile jedenfalls ex post möglich sein muss. 179 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 137 f.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 114; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 404 f.; a. A. Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 89, der nicht quantifizierbare Nachteile nur für Ausnahmefälle hält. 180 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 1; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 115; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 178; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 402 f.: ähnlich Fleischer, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 18 Rn. 104; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 4. 181 So Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 86. 182 Zutreffend bereits Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 402 f. 183 Zur fehlenden Treuepflicht des Alleinaktionärs Bachmann, NZG 2001, 961, 970 f.; Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 53a Rn. 42; Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 89; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 51; Koch, AktG, § 53a Rn. 19; Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 183; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 15; Rieckers, in: MünchHdB-AG, § 17 Rn. 20; Servatius, in: Wachter, AktG, § 53a Rn. 44; Westermann, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 53a Rn. 13b; zweifelnd Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 30.

B. Informationszugang über den Vorstand

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Einschränkung spricht der Zweck der Treuepflicht.184 Dieser besteht darin, die unternehmensbezogenen Interessen der Mitaktionäre zu schützen, sodass sie naturgemäß dann ausscheiden muss, wenn an der Gesellschaft lediglich ein Aktionär beteiligt ist.185 Ein von den Interessen der Aktionäre emanzipiertes Eigeninteresse der Gesellschaft, das durch die Treuepflicht des Alleinaktionärs gegenüber der Gesellschaft zu schützen wäre, ist abzulehnen.186 Hiergegen wird vorgebracht, dass die Gesellschaft als eigenständige juristische Person auch ein Eigeninteresse habe, das insbesondere schützenswerte Gläubigerinteressen einschließe.187 Ob es zum Schutz von Gläubigerinteressen eines Rückgriffs auf die Treuepflicht bedarf, ist jedoch zweifelhaft, da das Interesse der Gläubiger an einer leistungsfähigen Gesellschaft bereits durch die Regelungen zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung ausreichend geschützt ist.188 Entsprechend der daher vorzugswürdigen Einschränkung der Treuepflicht müssen auch Vertreter der Treuepflichtlösung bei Einmanngesellschaften auf eine besondere Vereinbarung für die Verwendungsbeschränkung abstellen.189 Einheitlicher ist dagegen die Lösung der herrschenden Meinung, die stets eine besondere Vereinbarung fordert. In qualitativer Hinsicht wird der Inhalt der besonderen Vereinbarung durch die herrschende Meinung nicht näher beschrieben. Möglich ist, durch die Ausgestaltung der Vereinbarung einen stärkeren Schutz zu erreichen als bei einem Rekurs auf die Treuepflicht. Um ein mit der eingangs erwähnten Ansicht vergleichbares Schutzniveau zu erreichen, erscheint es sachgemäß, die vertragliche Verwendungsbeschränkung in Form einer Garantie auszugestalten. Vertreter der Treuepflichtlösung bestreiten im Allgemeinen, dass ihre Lösung gegenüber einer Garantie ein geringeres Schutzniveau aufweist, da eine Verletzung der Treuepflicht eine Schadensersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 BGB begründe.190 Insbesondere sei die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB in der Praxis nur schwer zu widerlegen.191 Diese Argumentation kann jedenfalls in hiesiger Konstellation nicht verfangen. Dies wird augenfällig, wenn öffentlich-rechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten berücksichtigt werden, die die Gebietskörperschaft zu einer nachteiligen Verwendung der Informationen zwingen können. In 184

Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 89; ferner Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 53a Rn. 42. 185 Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 89. 186 Koch, AktG, § 53a Rn. 19; in diesem Sinne auch Lutter, ZHR 162 (1998), 164, 183; vgl. für die GmbH BGH v. 28. 09. 1992 – II ZR 299/91, BGHZ 119, 257, 262 = NJW 1993, 1993. 187 So zur GmbH Stöber, ZIP 2013, 2295, 2297; siehe auch Burgard, ZIP 2002, 827, 833 ff. 188 Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 89; Henze/Notz, in: GroßKomm-AktG, § 53a Rn. 230; wohl auch Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 53a Rn. 42. 189 Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 139 f.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 418 f. 190 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 411. 191 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 411.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

diesen Fällen fehlt es an einem Verschulden der Gebietskörperschaft.192 Ein vergleichbar hohes Schutzniveau wird sich daher nur erreichen lassen, wenn der Gedanke einer Garantie in die Lösung der herrschenden Meinung übernommen wird. Nur durch die Kombination von Autonomie- und Vermögensschutz kann den Schutzzwecken der §§ 311 ff. AktG Rechnung getragen werden. Erforderlich ist demnach eine vertragliche Vereinbarung, innerhalb derer das herrschende Unternehmen garantiert, die erhaltenen Informationen nicht zu nachteiligen Zwecken zu verwenden, ohne vorher eine Erlaubnis des Tochtervorstands eingeholt zu haben und ihm damit die Möglichkeit der Prüfung und Entscheidung zu lassen. Für die hier gegenständliche Konstellation bedeutet dies, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft Informationen nur dann an die Gebietskörperschaft weitergeben darf, wenn diese garantiert, die Informationen nicht zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft zu verwenden. Diese Vereinbarung enthält damit das Verbot für die Gebietskörperschaft, die erhaltenen Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In Gesellschaften mit pluralistischer Aktionärsstruktur besteht die Verwendungsbeschränkung bereits auf der Grundlage der mitgliedschaftlichen Treuepflicht. In diesen Gesellschaften flankiert die Garantievereinbarung die mitgliedschaftliche Treuepflicht, indem sie im Verletzungsfalle das Schutzniveau erhöht. cc) Ausgestaltung und Wirksamkeit der Vereinbarung (1) Inhalt und Qualifikation der Vereinbarung Damit der nachteilige Charakter der Informationsweitergabe beseitigt wird, muss die Gebietskörperschaft sich verpflichten, die erlangten Informationen nicht zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft zu verwenden. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, bietet es sich an, einen Katalog von zulässigen und unzulässigen Verwendungsarten in die Vereinbarung aufzunehmen. Als zulässig gilt die Informationsverwendung zu Zwecken der Beteiligungsverwaltung und Beteiligungsprüfung. Auch die Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten und die Verwendung der Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle ist legitim, sofern die Gesellschaft im Rahmen der Eingangskontrolle auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet wurde. Wurden entsprechende Satzungsbestimmungen nicht getroffen, ist diese Verwendungsart in der Vereinbarung als unzulässig zu definieren. Es liegt auf der Hand, dass nicht alle potenziellen Verwendungsmöglichkeiten typisierbar sind. Insofern ist zu bestimmen, dass die Gebietskörperschaft in allen anderen Fällen die Zustimmung des abhängigen Vorstands einholen muss. Durch diese Regelung kann dem § 311 AktG zugrundeliegenden Autonomieschutz der 192

Siehe hierzu noch Kap. 6 C. I. 2.

B. Informationszugang über den Vorstand

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abhängigen Gesellschaft Rechnung getragen werden.193 Grundsätzlich obliegt es dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft, die Nachteilhaftigkeit einer Maßnahme oder eines Rechtsgeschäfts zu beurteilen und über die Vornahme zu entscheiden.194 Durch den Zustimmungsvorbehalt kann dieses Regelungsanliegen aufrechterhalten werden, obwohl die Gesellschaft die Informationen bereits aus der Hand gegeben hat.195 Bei der Ausgestaltung der Vereinbarung ist zu berücksichtigen, dass die konkrete Verwendung der Informationen nicht immer auf einem freien Entschluss der Gebietskörperschaft beruht. Sie kann vielmehr Informations- und Auskunftsansprüchen von Parlamentariern oder Dritten ausgesetzt sein, die im Verweigerungsfalle auch klageweise durchgesetzt werden können. Wird die Gebietskörperschaft in Verstoß gegen diese Vereinbarung zur Preisgabe der Informationen verpflichtet, kann ihr ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden. Ob es zu einer solchen Inanspruchnahme tatsächlich kommt, ist jedoch ungewiss. Gleichwohl muss dieses Risiko bei der Vertragsgestaltung antizipiert werden. Um die abhängige Gesellschaft in diesem Fall nicht schutzlos zu stellen, muss die Gebietskörperschaft zusagen, verschuldensunabhängig für die Einhaltung der Vereinbarung einzustehen. Das Risiko der informationellen Inanspruchnahme wird so vertraglich der Sphäre der Gebietskörperschaft zugeordnet. Wegen der Zusage der Gebietskörperschaft, verschuldensunabhängig einzustehen, wird die vertragliche Verwendungsbeschränkung im Folgenden als Garantievereinbarung bezeichnet. (2) Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 134 BGB? Auf den ersten Blick mag eine solche vertragliche Regelung befremden, bestimmt sie doch ein Verhalten als unzulässig, zu dem die Gebietskörperschaft gesetzlich verpflichtet sein kann. Zugunsten einer einheitlichen Rechtsordnung könnte angenommen werden, dass die Garantievereinbarung wegen eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB nichtig ist.196 Diese Sichtweise scheint von Teilen des öffentlich-rechtlichen Schrifttums und der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung eingenommen zu werden. So wird vertreten, Vertraulichkeitsvereinbarungen, die mit Informationsansprüchen nach dem Informationszugangsrecht oder dem 193 Vgl. zur Erforderlichkeit einer Zustimmung in der herkömmlichen Verbundsituation ebenfalls Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 140; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 402 f., die jedoch die Verwendungsbeschränkung grundsätzlich in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht begründet sehen wollen. 194 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 348 ff.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Schatz/Schödel, in: Heidel, AktR, § 311 AktG Rn. 16. 195 Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 140; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 402 f. 196 Zu dieser Funktion von § 134 BGB Vossler, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 03. 2023), § 134 Rn. 10.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Umweltinformationsrecht konfligieren, seien im Allgemeinen nach § 134 BGB nichtig.197 Tatbestandlich setzt § 134 BGB voraus, dass es sich bei den jeweiligen Offenlegungspflichten der Gebietskörperschaft um Verbotsgesetze handelt, gegen die durch den Abschluss der Garantievereinbarung verstoßen wird. Als Verbotsgesetze kommen Rechtsnormen i. S. v. Art. 2 EGBGB in Betracht, die ein Rechtsgeschäft aufgrund seines Inhalts, seines bezweckten rechtlichen Erfolgs oder wegen der besonderen Umstände seiner Vornahme untersagen.198 Insofern könnten etwa die Antwortpflicht der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage, die Auskunftspflichten nach § 1 Abs. 1 IFG, § 3 Abs. 1 UIG oder nach dem Presserecht der Länder Verbotsgesetze darstellen. Ob es sich bei diesen Regelungen um Verbotsgesetze handelt, ist durch Auslegung der konkreten Vorschriften zu bestimmen.199 Zunächst ist zu erkennen, dass die genannten Vorschriften ein bestimmtes Verbot nicht ausdrücklich aussprechen. Sie enthalten vielmehr eine Handlungspflicht. Anders gewendet steckt jedoch in jedem unbedingt formulierten Handlungsgebot auch das Verbot anderweitigen Verhaltens. Auf einer Linie hiermit wird von den Befürwortern der Nichtigkeit aus dem zwingenden und abschließenden Charakter der Regelwerke die Verbotsgesetzeigenschaft abgeleitet.200 Wenngleich diese Folgerung noch plausibel ist, begegnet es Zweifeln, durch die hier in Rede stehende Garantievereinbarung auch einen Verstoß gegen die Verbotsgesetze zu sehen. Die Garantievereinbarung ist in einer Weise gestaltet, die den Nachrang gegenüber gesetzlichen Offenlegungspflichten anerkennt und ausdrücklich Regelungen für die sekundärrechtliche Verteilung des wirtschaftlichen Risikos trifft. Würde gleichwohl von einem Verstoß ausgegangen, ist zu bemerken, dass sich die Offenlegungspflichten nur an die Gebietskörperschaft richten, sodass allenfalls ein einseitiger Verstoß vorläge. Ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz führt indes nicht zwingend zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.201 Dem Wortlaut von § 134 BGB nach ist ein Rechtsgeschäft 197 Für Nichtigkeit infolge von § 134 BGB OVG Hamburg v. 02. 07. 2018 – 3 Bf 153/15, BeckRS 2018, 17067 Rn. 75 f. = DÖV 2018, 917 (für das HmbTG); VGH Kassel v. 31. 10. 2013 – 6 A 1734/13.Z, NVwZ 2014, 533 Rn. 23 = BeckRS 2013, 58601 (für das UIG); ebenfalls für das UIG Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3 UIG Rn. 12a. 198 In diesem Sinne OLG Koblenz v. 29. 12. 2020 – 3 U 383/20, ZIP 2021, 755, 757 = BeckRS 2020, 37663; Dörner, in: Schulze, BGB, § 134 Rn. 4; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 134 Rn. 5; Stadler, BGB AT, § 26 Rn. 2; Wendtland, in: BeckOK-BGB, § 134 Rn. 9. 199 Armbrüster, in: MünchKomm-BGB, § 134 Rn. 58; Arnold, in: Erman, BGB, § 134 Rn. 13; Dörner, in: Schulze, BGB, § 134 Rn. 4; Vossler, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 03. 2023), § 134 Rn. 51; Wendtland, in: BeckOK-BGB, § 134 Rn. 9. 200 Deutlich Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3 UIG Rn. 12a; ferner VGH Kassel v. 31. 10. 2013 – 6 A 1734/13.Z, NVwZ 2014, 533 Rn. 23 = BeckRS 2013, 58601. 201 BGH v. 23. 09. 1982 – VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 43 = NJW 1983, 109; BGH v. 19. 01. 1984 – VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 372 = NJW 1984, 1175; BGH v. 17. 01. 1985 – III ZR 135/83, BGHZ 93, 264, 267 = NJW 1985, 1020; BGH v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98,

B. Informationszugang über den Vorstand

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nur dann nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Für die konkrete Rechtsfolge ist demnach das einschlägige Verbotsgesetz maßgeblich.202 Bestimmt das Verbotsgesetz die Folge eines Verstoßes nicht ausdrücklich, ist sie in Rückgriff auf den Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes zu ermitteln.203 Für diese Frage hält der BGH in ständiger Rechtsprechung für wesentlich, ob sich das betreffende Verbot an alle Vertragsbeteiligten oder nur an eine Vertragspartei richtet.204 Richtet sich das Verbotsgesetz nur an eine Partei und liegt daher nur ein einseitiger Gesetzesverstoß vor, soll das Rechtsgeschäft in der Regel wirksam bleiben.205 Allenfalls um einen solchen einseitigen Gesetzesverstoß kann es sich in hiesiger Konstellation handeln. Die Pflichten, die erhaltenen Informationen weiterzugeben, richten sich ausschließlich an die Gebietskörperschaft. Ein Normzweck, der abweichend von dieser Regel gleichwohl die Nichtigkeit der Garantievereinbarung fordert, ist nicht erkennbar. Indem die Vereinbarung ihren Geltungsnachrang gegenüber gesetzlichen Offenlegungspflichten auf Primärrechtsebene anerkennt und Regelungen zum sekundärrechtlichen Ausgleich trifft, ist die Wirksamkeit der Garantievereinbarung mit dem Sinn und Zweck der Offenlegungspflichten vereinbar. Wird zudem eine Gesamtbetrachtung angestellt, wird deutlich, dass die Nichtigkeitsfolge den Zweck der Offenlegungspflichten sogar vereiteln würde. Könnte die Garantievereinbarung nicht wirksam abgeschlossen werden, könnte auch die Informationsweitergabehürde des § 311 Abs. 1 AktG nicht überwunden werden. Da § 311 Abs. 1 AktG bei dem Informationszugang über den Vorstand und – wie sich noch zeigen wird – auch bei dem Informationszugang über den Aufsichtsrat zu beachten ist, hätte die GebietsBGHZ 143, 283, 286 = NJW 2000, 1186; BGH v. 12. 03. 2013 – II ZR 179/12, BGHZ 196, 312 Rn. 15 = NJW 2013, 1742; BGH v. 07. 11. 2013 – VII ZR 167/11, BGHZ 199, 19 Rn. 22 = NJW 2014, 1728; Armbrüster, in: MünchKomm-BGB, § 134 Rn. 177; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 134 Rn. 6. 202 Siehe Faust, BGB AT, § 9 Rn. 1, der § 134 BGB für die Frage der Nichtigkeit gar jede Aussagekraft abspricht; ferner Vossler, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 03. 2023), § 134 Rn. 52. 203 BGH v. 22. 05. 1978 – III ZR 153/76, BGHZ 71, 358, 360 f. = NJW 1978, 1970; BGH v. 23. 09. 1982 – VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 43 = NJW 1983, 109; BGH v. 19. 01. 1984 – VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 372 = NJW 1984, 1175; BGH v. 17. 01. 1985 – III ZR 135/83, BGHZ 93, 264, 267 = NJW 1985, 1020; BGH v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286 = NJW 2000, 1186. 204 BGH v. 01. 06. 1966 – VIII ZR 65/64, BGHZ 46, 24, 25 f. = GRUR 1966, 574; BGH v. 22. 05. 1978 – III ZR 153/76, BGHZ 71, 358, 360 f. = NJW 1978, 1970; BGH v. 23. 10. 1980 – IVa ZR 33/80, BGHZ 78, 269, 271 = NJW 1981, 387; BGH v. 19. 01. 1984 – VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 373 = NJW 1984, 1175; BGH v. 17. 01. 1985 – III ZR 135/83, BGHZ 93, 264, 267 = NJW 1985, 1020; BGH v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 287 = NJW 2000, 1186. 205 BGH v. 01. 06. 1966 – VIII ZR 65/64, BGHZ 46, 24, 25 f. = GRUR 1966, 574; BGH v. 22. 05. 1978 – III ZR 153/76, BGHZ 71, 358, 360 = NJW 1978, 1970; BGH v. 23. 10. 1980 – IVa ZR 33/80, BGHZ 78, 269, 271 = NJW 1981, 387; BGH v. 19. 01. 1984 – VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 373 = NJW 1984, 1175; BGH v. 17. 01. 1985 – III ZR 135/83, BGHZ 93, 264, 267 = NJW 1985, 1020; BGH v. 14. 12. 1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 287 = NJW 2000, 1186.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

körperschaft schlicht keinen Zugang mehr zu Informationen der Gesellschaft. Die Gebietskörperschaft würde in diesem Fall über keine Informationen mehr verfügen, die zum Gegenstand der Offenlegungspflichten gemacht werden könnten. Es ist daher von der Wirksamkeit der Garantievereinbarung auszugehen. f) Zwischenergebnis Die Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG steht der Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft nicht entgegen. Die vielfältigen und teilweise nachteiligen Informationsverwendungsmöglichkeiten haben eine Rechtspflicht erforderlich gemacht, die die Gebietskörperschaft an einer nachteiligen Informationsverwendung hindert. Diese Rechtspflicht ist in einer Garantievereinbarung zu fixieren. Handelt es sich um Eigengesellschaften ohne opponierende Aktionäre, wird die Verwendungsbeschränkung durch die Garantievereinbarung konstituiert. In Gesellschaften mit pluralistischer Aktionärsstruktur folgt die Verwendungsbeschränkung bereits aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht. In diesen Gesellschaften flankiert die Garantievereinbarung die mitgliedschaftliche Treuepflicht, indem sie im Verletzungsfalle das Schutzniveau erhöht. Hat die Gebietskörperschaft mit der Gesellschaft eine Garantievereinbarung geschlossen, steht § 311 Abs. 1 AktG der Informationsweitergabe nicht im Wege. Dies gilt trotz des Umstandes, dass die Gebietskörperschaft später gezwungen sein kann, die erlangten Informationen der Öffentlichkeit preiszugeben.206 4. Informationszugangshürde des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Neben dem Erfordernis eines Nachteilsausgleichs aus § 311 Abs. 1 AktG könnte darüber hinaus die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG der freiwilligen Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft entgegenstehen. Im konzernrechtlichen Schrifttum wird für faktische Konzernverhältnisse von der ganz herrschenden Meinung ein Überwinden der Verschwiegenheitspflicht mit unterschiedlichen Argumenten bejaht.207 Angeführt wird teilweise die gesetzgeberi206

Vgl. auch Koch, ZGR 2020, 183, 207. Bank, NZG 2013, 801, 805; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 620 f.; Bunz, DB 2019, 170, 173; Dittmar, AG 2013, 498, 501; ders., NZG 2014, 210, 211; Emde, ZIP 1998, 725, 728; Fett, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 311 Rn. 60; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Hölters/ Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 130; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 38 Rn. 57; Koch, AktG, § 93 Rn. 66, § 311 Rn. 36a; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 15; Link, in: Wachter, AktG, § 93 Rn. 58; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 110 ff.; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 480; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 420 ff.; Menke, NZG 2004, 697, 699; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2299; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 70 f.; Sailer-Coceani, in: K. 207

B. Informationszugang über den Vorstand

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sche Grundentscheidung zur Zulässigkeit des faktischen Konzerns. Insofern wird argumentiert, dass wenn das Gesetz den faktischen Konzern gestatte, es auch die Erfüllung seiner Funktionsbedingungen gewährleiten müsste, wozu auch die für die Ausübung einheitlicher Leitung notwendige Informationsversorgung des herrschenden Unternehmens zähle.208 Diese Erwägung ist durchaus nachvollziehbar, wenngleich sie allein ein Überwinden der Verschwiegenheitspflicht dogmatisch nicht begründen kann und daher rechtspolitisch zu verstehen ist.209 Überzeugender ist hingegen, die Informationsweitergabe mit anderen Stimmen aus dem Schrifttum dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft zuzuordnen.210 Zwar vermittelt der weite und vorbehaltlos formulierte Tatbestand der Verschwiegenheitspflicht den Eindruck einer absoluten Schweigepflicht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Verschwiegenheitspflicht gilt nicht um ihrer selbst willen, sondern ist auf den Schutz des Unternehmensinteresses gerichtet.211 Das Unternehmensinteresse markiert daher ebenso die Grenzen der Verschwiegenheitspflicht. Immer dort, wo das Unternehmensinteresse die Weitergabe von vertraulichen Interna erfordert, steht auch die Verschwiegenheitspflicht nicht entgegen.212 Lässt sich die Informationsweitergabe in einem faktischen Konzernverhältnis dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft zuordnen, greift auch die Verschwiegenheitspflicht nicht ein.

Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 26; Singhof, ZGR 2001, 146, 159 f.; J. Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 311 Rn. 120a; Wentrup, in: MünchHdB-AG, § 19 Rn. 41. 208 Bank, NZG 2013, 801, 805; Hölters/Hölters, in: Hölters/Weber, AktG, § 93 Rn. 130; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 480; Menke, NZG 2004, 697, 699; Rothweiler, Der Informationsfluss vom beherrschten zum herrschenden Unternehmen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, S. 70 f. 209 So bereits Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 426; ähnlich Hüffer, FG Riegger 2008, 29, 32; ders., FS Schwark 2009, 185, 192, der die Zulässigkeit des faktischen Konzerns allein für kein ausreichendes Argument hält. 210 Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 620 f.; Fleischer, ZGR 2009, 505, 526; Koch, AktG, § 93 Rn. 66, § 311 Rn. 36a; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 110 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 426 ff. 211 In diesem Sinne Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 280; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 164; ferner mit dem Begriff des Gesellschaftsinteresses Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 211; vgl. für den Aufsichtsrat BGH v. 05. 06. 1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325, 330 f. = NJW 1975, 1412. 212 AllgM. siehe nur BGH v. 26. 04. 2016 – XI ZR 108/15, NZG 2016, 910 Rn. 34 = NJW 2016, 2569; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 616 f.; Bürgers, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 93 Rn. 52; Cahn, in: KölnKomm-AktG, § 93 Rn. 138; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 93 AktG Rn. 15; Fleischer, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 93 Rn. 211; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 93 Rn. 79; Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 300; Koch, AktG, § 93 Rn. 66; ders., ZGR 2020, 183, 207; Körber, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 10 Rn. 18; Meincke, WM 1998, 749, 750 f.; Roschmann/Frey, AG 1996, 449, 452; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rn. 27; U. Schmidt, in: Heidel, AktR, § 93 AktG Rn. 66; Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 93 Rn. 164; Ziemons, AG 1999, 492, 493.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Schließlich seien Informationsweitergaben auch dann nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn sie sich nicht mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft vereinbaren lassen. Handele es sich bei der Informationsweitergabe um eine nachteilige Maßnahme, die im System des § 311 Abs. 1 AktG ausgleichfähig ist und auch ausgeglichen wird, trete § 93 Abs. 1 S. 3 AktG auf Konkurrenzebene hinter der spezielleren Vorschrift des § 311 Abs. 1 AktG zurück.213 Die Ausführungen zu § 311 Abs. 1 AktG haben gezeigt, dass das Risiko einer schadhaften Informationsverwendung den gesamten Weitergabevorgang als nachteilig erscheinen lässt. Die Informationsweitergabehürde konnte nur überwunden werden, wenn der Nachteil durch eine Verwendungsbeschränkung beseitigt wird.214 Wird der nachteilige Charakter der Informationsweitergabe durch den Abschluss der Garantievereinbarung beseitigt, greift § 311 Abs. 1 AktG tatbestandlich nicht ein, sodass § 93 Abs. 1 S. 3 AktG auf Konkurrenzebene nicht verdrängt wird.215 In hiesiger Konstellation kann die Verschwiegenheitspflicht somit nur überwunden werden, wenn die Informationsweitergabe dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft zugeordnet werden kann. a) Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Unternehmensinteresse aa) Zusammenhang von Nachteilsbegriff und Unternehmensinteresse Ausgangspunkt für die Überwindung der Verschwiegenheitspflicht ist die Zuordnung der Informationsweitergabe zu dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft. Lässt sich die Informationsweitergabe ihrem Unternehmensinteresse zuordnen, greift auch die auf dessen Schutz gerichtete Verschwiegenheitspflicht nicht ein. Bei der Untersuchung der Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Erfordernis des Nachteilsausgleichs nach § 311 Abs. 1 AktG war innerhalb der Nachteilsprüfung die Qualifikation der Informationsweitergabe als Abhängigkeitsfolge erforderlich. Maßgeblich war dort, ob der Vorstand einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft die Informationen ohne Verstoß gegen das Unternehmensinteresse als äußerer Grenze des Vorstandshandelns weitergeben durfte.216 In der Sache besteht daher ein innerer Zusammenhang zwischen der Einordnung der Informationsweitergabe als Folge der Abhängigkeit und der hier für die Überwindung der Verschwiegenheitspflicht notwendigen Zuordnung zum Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft. Ist eine Maßnahme keine Folge der Abhängigkeit, wird

213

Fabritius, FS Huber 2006, 705, 711; Fett, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 311 Rn. 60; Fleischer, ZGR 2009, 505, 533 f.; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 113 ff.; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 433. 214 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 215 Im Ergebnis auch Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 433 f. 216 Kap. 3 B. II. 3. a).

B. Informationszugang über den Vorstand

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sie regelmäßig auch im Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft liegen.217 bb) Übertragung der Ergebnisse Ebenso wie bei der Untersuchung der Vereinbarkeit der Informationsweitergabe mit dem Erfordernis des Nachteilsausgleichs nach § 311 Abs. 1 AktG ist auch hier die spätere Verwendung der Informationen maßgeblich. Verwendet die Gebietskörperschaft die Informationen zur Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht, wurde im Rahmen der Nachteilsprüfung bereits eine Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage abgelehnt, sodass es auf die Frage der Abhängigkeitsfolge nicht mehr ankam.218 Die Weitergabe der Informationen zur Erfüllung der Ingerenzpflichten ist jedoch auch mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft vereinbar. Die abhängige Gesellschaft wird sich der Einflussausübung durch die hierzu verpflichtete Gebietskörperschaft nicht entziehen können, sodass es in ihrem eigenen Interesse liegt, dass die Gebietskörperschaft ihr Einflusspotenzial nicht ausübt, ohne über ihre Verhältnisse informiert zu sein.219 Anders liegen die Dinge hingegen, wenn die Gebietskörperschaft die Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten verwendet. Eine derartige Verwendung stellte sich bereits bei der Prüfung der Nachteilhaftigkeit grundsätzlich als Folge der Abhängigkeit dar.220 Auch hier ist davon auszugehen, dass die (bestimmungsgemäße) Veröffentlichung von sensiblen Informationen nicht mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft vereinbar ist.221 b) Problem verschiedener Verwendungsmöglichkeiten Ebenso wie bei der Nachteilsprüfung besteht auch hier das Problem, dass die weitergegebenen Informationen durch die Gebietskörperschaft sowohl für nicht schadhafte als auch für schadhafte Zwecke eingesetzt werden können, sodass jede Informationsweitergabe mit der Gefahr schadhafter Verwendung behaftet ist. Abgewendet werden kann diese Gefahr auch hier, indem die Gebietskörperschaft der 217 In diese Richtung auch Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 429 Fn. 282; ähnlich auch Fabritius, FS Huber 2006, 705, 714, der den Zusammenhang in umgekehrter Richtung anwendet, sodass bei einer Vereinbarkeit mit dem Unternehmensinteresse der abhängigen Gesellschaft im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG und bei Sicherung der Vertraulichkeit auch ein Nachteil abzulehnen wäre. 218 Kap. 3 B. II. 3. c) aa). 219 Vgl. Kap. 2 A. II. 220 Kap. 3 B. II. 3. c) bb) (2). 221 A. A. wohl Koch, ZHR 183 (2019), 7, 19 ff., der hinsichtlich der Frage nach der Befugnis des Vorstands zur Informationsweitergabe nicht zwischen der Hürde des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG und der des § 311 Abs. 1 AktG zu differenzieren scheint.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

abhängigen Gesellschaft garantiert, die Informationen nicht zu schadhaften Zwecken zu verwenden.222 Wird eine entsprechende Vereinbarung getroffen kann auch die Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG bei der Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft überwunden werden. 5. Informationszugangshürde des § 131 Abs. 4 AktG Letztlich könnte die freiwillige Informationsweitergabe aber durch die Pflicht zur Nachauskunft faktisch beschränkt werden. Bei der Informationsweitergabe an ein herrschendes Unternehmen wird im konzernrechtlichen Schrifttum zumeist zwischen faktischen Konzernen und einfachen Abhängigkeitsverhältnissen differenziert.223 Während für Informationsweitergaben bei faktischer Konzernierung verbreitet eine Nachauskunftspflicht abgelehnt wird,224 soll das Nachauskunftsrecht der Aktionäre bei einfachen Abhängigkeitsverhältnissen nach der wohl noch herrschenden Meinung nicht eingeschränkt sein.225 Da es einer herrschenden Gebietskörperschaft mit Blick auf ihre umfangreichen Einflussnahmepflichten nicht möglich ist, die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG zu widerlegen,226 kann die Betrachtung auf faktische Konzernverhältnisse beschränkt werden. Befürworter einer Nachauskunftspflicht stellen § 131 Abs. 4 S. 3 AktG in das Zentrum ihrer Argumentation. Nach § 131 Abs. 4 S. 3 AktG gilt die Nachauskunftspflicht nicht für Informationen, die im Rahmen der Konzernrechnungslegung weitergegeben wurden. Hieraus wird der Umkehrschluss gezogen, dass in allen 222

Vgl. Kap. 3 B. II. 3. e) bb). Kritisch zu dieser Differenzierung Koch, AktG, § 131 Rn. 105. 224 OLG München v. 30. 04. 2008 – 7 U 3326/07, BeckRS 2008, 19995; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 432; Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 623; Bosse, Der Konzern 2019, 1, 3; Decher, ZHR 158 (1994), 473, 481 f.; ders., in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 470; Fleischer, ZGR 2009, 505, 538 f.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbHKonzernR, § 312 AktG Rn. 5; Habersack/Verse, AG 2003, 300, 305 ff.; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 38 Rn. 57; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 149 f.; Koch, AktG, § 131 Rn. 105; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 169; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 441 ff.; Menke, NZG 2004, 697, 700; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2300 f.; Reger, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 131 Rn. 32; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 100; a. A. LG Frankfurt v. 21. 02. 2006 – 3 – 5 O 71/05, AG 2007, 48, 50; Heidel, in: Heidel, AktR, § 131 AktG Rn. 76; Kort, ZGR 1987, 46, 59 f. 225 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 433; Heidel, in: Heidel, AktR, § 131 AktG Rn. 76; Kirchner/Iversen, NZG 2008, 921, 922; Kort, ZGR 1987, 46, 60; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 170; Reger, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 131 Rn. 32; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 101; zu der vordringenden Gegenansicht Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 38 Rn. 57; Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 151; Koch, AktG, § 131 Rn. 105; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 458 f.; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2301; Wentrup, in: MünchHdB-AG, § 19 Rn. 41. 226 Dazu Kap. 3 B. II. 1. 223

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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anderen Fällen eine Nachauskunft erforderlich sei.227 Dem wird entgegengehalten, dass es sich bei § 131 Abs. 4 S. 3 AktG um eine bloß klarstellende Vorschrift handele, die als solche keine taugliche Grundlage für einen Umkehrschluss biete.228 Gegen eine Nachauskunftspflicht spricht ferner, dass das herrschende Unternehmen die Informationen gerade in dieser Eigenschaft und nicht, wie es § 131 Abs. 4 AktG voraussetzt, in der Eigenschaft als Aktionär erhält.229 Die Informationsweitergabe erfolgt mit Blick auf den in § 311 Abs. 1 AktG zum Ausdruck kommenden Sonderstatus des herrschenden Unternehmens.230 Wie die Zurechnungstatbestände des § 16 Abs. 4 AktG belegen, setzt § 311 AktG eine Aktionärsstellung gerade nicht voraus.231 Insofern greift § 131 Abs. 4 AktG bereits tatbestandlich nicht ein. Die abhängige Gesellschaft kann der Gebietskörperschaft daher die zur Erfüllung ihrer Pflichten erforderlichen Informationen weitergeben, ohne eine Offenlegungspflicht in der Hauptversammlung befürchten zu müssen.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat I. Kompetenz des Aufsichtsrats zur Weitergabe von Informationen 1. Aktienrechtliche Kompetenzordnung Bevor sich bei dem Informationszugang über den Aufsichtsrat mit den einzelnen Hürden der Informationsweitergabe auseinandergesetzt werden kann, ist zunächst zu klären, ob der Aufsichtsrat oder seine Mitglieder überhaupt zur Informationsweitergabe befugt sind. Richtig ist zwar, dass im Gegensatz zum öffentlichen Recht eine Ermächtigungsgrundlage für das Tätigwerden eines Organs oder Organmitglieds nicht erforderlich ist.232 Die Handlungsfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder könnte jedoch beschränkt sein, wenn die Informationsweitergabe in den Kompetenzbereich eines anderen Organs, namentlich in den des Vorstands fällt. 227

1202.

Heidel, in: Heidel, AktR, § 131 AktG Rn. 76 f.; U. H. Schneider, FS Lutter 2000, 1193,

228 Decher, ZHR 158 (1994), 473, 485; Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 38 Rn. 56; Koch, AktG, § 131 Rn. 106; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 449 ff.; gegen einen Umkehrschluss auch Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 432; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2299 f.; Reger, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 131 Rn. 32. 229 Hoffmann-Becking, in: MünchHdB-AG, § 38 Rn. 57; Koch, AktG, § 131 Rn. 106; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 456. 230 Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 623; Koch, AktG, § 131 Rn. 105 f.; Pentz, ZIP 2007, 2298, 2300; Wittmann, Informationsfluss im Konzern, S. 134 f. 231 Koch, AktG, § 131 Rn. 105; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 455 ff.; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 250; a. A. Heidel, in: Heidel, AktR, § 131 AktG Rn. 76, der auf eine wirtschaftliche Inhaberstellung rekurriert. 232 Zu diesem Vergleich Koch, AG 2017, 129, 131.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Nach §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG ist die Geschäftsführung dem Vorstand zugewiesen. Die Außenkommunikation lässt sich dabei zwanglos als Maßnahme der Geschäftsführung einordnen.233 Als Geschäftsführungshandlung kann die Weitergabe von Informationen nach § 111 Abs. 4 S. 1 AktG nicht auf den Aufsichtsrat übertragen werden. Ein absolutes Informationsweitergabeverbot des Aufsichtsrats folgt hieraus jedoch nicht.234 So sieht das Gesetz an verschiedenen Stellen durchaus Kommunikationshandlungen des Aufsichtsrats vor. Hierzu zählen etwa die Berichtspflicht des Aufsichtsrats über das Ergebnis seiner nach § 171 Abs. 1 AktG erforderlichen Prüfung (§ 171 Abs. 2 S. 1 AktG) sowie dessen Erläuterung durch den Vorsitzenden (§ 176 Abs. 1 S. 2 AktG). Auch die Pflicht zur Abgabe der Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex richtet sich nach § 161 Abs. 1 AktG außer an den Vorstand auch an den Aufsichtsrat. Zutreffend wurde bereits darauf hingewiesen, dass diese Vorschriften Kommunikationsakte des Aufsichtsrats nur zu bestimmten Anlässen und funktionsbezogen zulassen, sodass sie zu einer grundsätzlichen Informationsweitergabekompetenz des Aufsichtsrats nicht verallgemeinert werden können.235 Die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands, zu der auch die Außenkommunikation gehört, stellt vielmehr einen Grundsatz dar, von dem in den gesetzlich bestimmten Fällen Ausnahmen zugelassen werden.236 Außerhalb dieser Ausnahmen ist daher nicht von einer allgemeinen Kompetenz des Aufsichtsrats zur Weitergabe von Informationen auszugehen. 2. Sonderkompetenz bei der Beteiligung einer Gebietskörperschaft Ausgehend vor der grundsätzlichen Zuständigkeit des Vorstands für die Geschäftsführung bedarf die Kompetenz zur Weitergabe von Informationen durch Aufsichtsratsmitglieder besonderer Begründung. Der Zugang einer Gebietskörperschaft zu Informationen aus der Gesellschaft ist durch §§ 394, 395 AktG besonders geregelt. Nach § 394 S. 1 AktG unterliegen die Aufsichtsratsmitglieder, die auf 233 Bingel/Martin, ZGR 2021, 608, 616 f.; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 111 Rn. 72; Groß-Bölting/Rabe, in: Hölters/Weber, AktG, § 116 Rn. 76; Koch, AktG, § 116 Rn. 12; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 401; Schaper, AG 2018, 356 f.; E. Vetter, AG 2014, 387, 388; nicht an die Kompetenz zur Geschäftsführung, sondern an die Vertretungsbefugnis des Vorstands (§ 78 Abs. 1 S. 1 AktG) anknüpfend Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, S. 145; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 477 ff.; vgl. für die Weitergabe von Informationen an Marktteilnehmer Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 363; Grunewald, ZIP 2016, 2009, 2010 f.; Holle, ZIP 2019, 1895, 1897; Koch, AktG, § 111 Rn. 54; ders., AG 2017, 129, 131; Seibt/Danwerth, AG 2021, 369, 375; E. Vetter, AG 2014, 387, 389. 234 Vgl. Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 363; Holle, ZIP 2019, 1895, 1897; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 477 f. 235 Vgl. Holle, ZIP 2019, 1895, 1897; E. Vetter, AG 2014, 387, 389 ff.; tendenziell für eine Verallgemeinerungsfähigkeit Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 363. 236 Holle, ZIP 2019, 1895, 1897; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 477 f.; E. Vetter, AG 2014, 387, 389 ff.; a. A. Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 363.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Fraglich ist, ob aus § 394 S. 1 AktG auch eine Ausnahmebefugnis der entsandten Aufsichtsratsmitglieder zur Weitergabe von Informationen ableitbar ist. Wird zur Auslegung von § 394 S. 1 AktG an einem Vergleich zu den sonstigen gesetzlichen Ausnahmen von der Kompetenz des Vorstands angesetzt, stößt man zunächst auf den Unterschied, dass § 394 S. 1 AktG seinem Wortlaut nach die Weitergabe von Informationen durch das Aufsichtsratsmitglied nicht unmittelbar anordnet, sondern es lediglich von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet.237 Erschwerend kommt hinzu, dass § 394 S. 1 AktG den Dispens unter den Vorbehalt einer Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds stellt. Die erforderliche Berichtspflicht wird dabei nach einhelliger Ansicht durch den Normenkomplex der §§ 394, 395 AktG nicht statuiert, sondern muss anderweitig begründet sein.238 Bezieht man in die Auslegung jedoch den Normzweck der §§ 394, 395 AktG mit ein, ergibt sich ein anderes Bild. Durch §§ 394, 395 AktG soll der Gebietskörperschaft ein informationeller Zugriff auf ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat ermöglicht werden.239 Würde die Informationsweitergabe bereits an der fehlenden Kompetenz des Aufsichtsratsmitglieds scheitern, käme es auf den angeordneten Dispens von der Verschwiegenheitspflicht nicht mehr an, sodass § 394 S. 1 AktG leerliefe und sein Normzweck vereitelt würde.240 Um dem Normzweck des § 394 S. 1 AktG zur Geltung zu verhelfen, ist daher von einer mit der Berichtspflicht korrespondierenden Weitergabebefugnis des Repräsentanten im Aufsichtsrat auszugehen.241

237

Ähnlich Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 479. Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 22; Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 8; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 27; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 123; Koch, AktG, § 394 Rn. 1, 36; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114; Martens, AG 1984, 29, 33; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 15; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 10; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 8; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 20; Thode, AG 1997, 547, 549; Wilting, AG 2012, 529, 530. 239 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 9; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 3; Koch, AktG, § 394 Rn. 1; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 2; Stehlin, in: Heidel, AktR, vor §§ 394, 395 AktG Rn. 1. 240 Ebenso Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 479. 241 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 479; ferner Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 427. 238

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

II. Berichte von Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat 1. Informationsprivileg von Gebietskörperschaften nach §§ 394, 395 AktG a) Grundlagen aa) Bedeutung und Wirkweise der §§ 394, 395 AktG Der in der Praxis wohl am häufigsten gewählte Weg der Informationsbeschaffung führt über den Aufsichtsrat. Ebenso wie die Mitglieder des Vorstands unterliegen auch die Mitglieder des Aufsichtsrats grundsätzlich einer Verschwiegenheitspflicht, § 116 S. 1 AktG i. V. m. § 93 Abs. 1 S. 3 AktG. Mit den §§ 394, 395 AktG hat der Gesetzgeber Sondervorschriften geschaffen, nach denen Aufsichtsratsmitglieder einer Gebietskörperschaft unter weiteren Voraussetzungen von ihrer organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden werden. Zwar kann die Hürde der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht auch bei dem Informationszugang über den Vorstand überwunden werden. Größere Schwierigkeiten dürften jedoch bei Gesellschaften entstehen, an denen die Gebietskörperschaft lediglich minderheitlich beteiligt ist und kein Konzernverhältnis besteht. Lässt sich die Hürde der Verschwiegenheitspflicht deshalb nicht überwinden, kommt §§ 394, 395 AktG eine herausragende Bedeutung zu.242 Der Regelungskomplex der §§ 394, 395 AktG stellt nicht bloß ein Informationsprivileg für Gebietskörperschaften dar. Er versucht vielmehr das Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft mit dem Erfordernis effektiver Beteiligungsverwaltung und Haushaltskontrolle zu versöhnen.243 Der Ausgleich soll sich in zwei Stufen vollziehen. Auf der ersten Stufe wird dem Interesse der beteiligten Gebietskörperschaft an einem ungehinderten Informationsfluss Rechnung getragen. Dafür bestimmt § 394 S. 1 AktG, dass Mitglieder des Aufsichtsrats, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt wurden, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Der Dispens von der Verschwiegenheitspflicht gilt nach § 394 S. 2 AktG für vertrauliche Angaben sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nur dann, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte von Bedeutung ist. Die Geheimhaltungsbelange der Gesellschaft sollen auf der zweiten Stufe berücksichtigt werden. Nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG sind die Personen, die durch die 242 Zur Bedeutung der §§ 394, 395 AktG neben den konzernrechtlichen Grundsätzen der Informationsweitergabe Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 3. 243 Vgl. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 3; Kersting/Hauser, FS Grunewald 2021, 446; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 1; Pelz, in: Bürgers/ Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 1; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 2; Stehlin, in: Heidel, AktR, vor §§ 394, 395 AktG Rn. 1.

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Berichte der Aufsichtsratsmitglieder Kenntnis von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft erlangt haben, ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder wird daher nicht aufgehoben, sondern lediglich in den Innenbereich der Gebietskörperschaft verlagert.244 Das Ineinandergreifen von § 394 AktG und § 395 AktG soll es ermöglichen, dem gesteigerten Informationsbedarf der Gebietskörperschaft Rechnung zu tragen, ohne die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft unberücksichtigt zu lassen. bb) Vereinbarkeit mit Unionsrecht Der Dispens von der Verschwiegenheitspflicht und die damit einhergehende Besserstellung eines öffentlichen Anteilseigners gegenüber privaten Aktionären haben Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 394, 395 AktG mit Unionsrecht aufkommen lassen. In Frage steht insbesondere, ob das Informationsprivileg für Gebietskörperschaften die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 Abs. 1 AEUV verletzt. Nach Art. 63 Abs. 1 AEUV sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verboten. In seiner Rechtsprechungslinie zu den sog. „Golden Shares“ hat der EuGH bereits mehrfach Regelungen beanstandet, die Rechtsträgern der öffentlichen Hand besondere Mitwirkungs- und Einflussrechte einräumen, welche privaten Aktionären bei gleicher Kapitalbeteiligung nicht zustünden.245 Aus staatlicher Perspektive wurden derartige Sonderregelungen regelmäßig im Zuge von Privatisierungsprozessen für notwendig gehalten, um das staatliche Einflusspotenzial nicht vollständig aufzugeben.246 (1) Meinungsstand Die Kontroverse hat der Sache nach zwei Lager hervorgebracht. Der ganz überwiegende Teil des Schrifttums geht, wenn auch von Zweifeln begleitet247, von der Vereinbarkeit des Informationsprivilegs mit der Kapitalverkehrsfreiheit aus.248 Die Begründung fällt dabei unterschiedlich aus. Teilweise wird bereits die Über-

244

van Kann/Keiluweit, DB 2009, 2251, 2253; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 5 f. 245 Zu dieser Rechtsprechungslinie und m. w. N. Kap. 2 B. II. 2. 246 J. Schmidt, Der Staat als Aktionär 2019, 171. 247 Koch, AktG, § 394 Rn. 1; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7. 248 Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 4; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 35 ff.; Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 78 ff.; Müller-Michaels, in: Hölters/ Weber, AktG, § 394 Rn. 7 ff.; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 6; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 8; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7 f.; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 279.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

tragbarkeit der „Golden-Share“-Rechtsprechung in Zweifel gezogen.249 Die der Rechtsprechung zugrundliegenden Sachverhalte seien mit dem in §§ 394, 395 AktG typisierten Sachverhalt nicht vergleichbar; weder stünden §§ 394, 395 AktG im Kontext einer Privatisierung noch würden sie der Gebietskörperschaft eine über die Kapitalbeteiligung hinausgehende Einflussnahmemöglichkeit einräumen.250 Hielte man die Rechtsprechung zwar für übertragbar, sei die Schwelle einer Beschränkung jedoch allenfalls in geringem Maße überschritten.251 Die geringe Belastungsintensität folge aus dem Umstand, dass die durch das Informationsprivileg intendierte Überprüfung durch die Rechnungshöfe auch den Privataktionären zugutekäme.252 Gegen eine Überschreitung der Beschränkungsschwelle spreche ferner die Verlagerung der Verschwiegenheitspflicht in den Innenbereich der Gebietskörperschaft nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, die eine Preisgabe von Unternehmensinterna effektiv verhindere und dadurch dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft Rechnung trage.253 Sollte dennoch eine Beschränkung angenommen werden, wäre sie gerechtfertigt.254 Lediglich eine im Schrifttum vertretene Ansicht hält die §§ 394, 395 AktG für unionsrechtswidrig und unanwendbar.255 Die Eingriffsintensität sei zwar gering, das Informationsprivileg aber gleichwohl geeignet, das Interesse von Investoren an dem Erwerb einer Beteiligung zu verringern.256 Es müsse stets befürchtet werden, dass eine durch die Gebietskörperschaft erlangte Information nicht nur im Gesellschaftsinteresse, sondern auch zur Verfolgung öffentlicher Zwecke und politischer Ziele eingesetzt werde.257 Eine Rechtfertigung komme ebenfalls nicht in Betracht.258

249

So Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 9; MüllerMichaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 9; offenbar auch Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 4. 250 Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 10, der darauf hinweist, dass auch bei der Annahme einer Übertragbarkeit die Schwelle eines Eingriffs kaum überschritten wäre; ähnlich auch Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 9. 251 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 37; Schall, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17. 252 Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 10. 253 Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 10; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17; kritisch hierzu bereits Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527 f.; ders., in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7 f. 254 Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7 f. 255 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 105. 256 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 102. 257 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 102. 258 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 104.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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(2) Stellungnahme Zunächst ist zu untersuchen, ob durch das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG der Kapitalverkehr beschränkt wird. Der Begriff des Kapitalverkehrs ist im Primärrecht nicht definiert.259 Er wird im Schrifttum weit ausgelegt: Kapitalverkehr sei jede einseitige über die Grenzen eines Mitgliedsstaates der Gemeinschaft hinweg erfolgende Übertragung von Geld- oder Sachkapital.260 Erfasst werden hiervon sowohl Investitionen, die zu dem Zweck erfolgen, sich an der Verwaltung und Kontrolle der Gesellschaft zu beteiligen (sog. Direktinvestitionen), als auch Investitionen, die nur zur Geldanlage bestimmt sind (sog. Portfolioinvestitionen).261 Eine Beschränkung des Kapitalverkehrs liegt nach der Rechtsprechung des EuGH vor, wenn die nationale Maßnahme geeignet ist, „den Erwerb von Aktien der betreffenden Unternehmen zu verhindern oder zu beschränken oder aber Investoren anderer Mitgliedsstaaten davon abzuhalten, in das Kapital dieser Unternehmen zu investieren.“262 Ausreichend ist insofern eine abschreckende Wirkung der nationalen Maßnahme auf potenzielle Investoren.263 Der überwiegende Teil des Schrifttums geht davon aus, dass das Informationsprivileg für Gebietskörperschaften private Mitaktionäre nur geringfügig beeinträchtige und die Bagatellgrenze allenfalls marginal überschritten sei.264 Diese Ansicht steht dabei auf der Prämisse, dass das Wirkungssystem der §§ 394, 395 AktG valide ist, der Anleger sich namentlich auf den Schutz seiner Vertraulichkeitsinteressen durch § 395 AktG verlassen kann.265 Das Schutzsystem der §§ 394, 395 AktG droht allerdings zunehmend an Wirkungskraft einzubüßen. In jüngerer Rechtsprechung hat das BVerfG entschieden, dass die Bundesregierung die Beantwortung parlamentarischer Anfragen nicht mit Verweis auf die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG verweigern kann.266 Potenzielle Investoren müssen daher mit der öffentlichen 259 Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 25; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 18. 260 In diesem Sinne Frenz, Europarecht, Rn. 472; Herdegen, Europarecht, § 18 Rn. 1; Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 25 ff.; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 20; Stöber, NZG 2010, 977, 978. 261 Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 27; Sedlaczek/Züger, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 19; siehe auch Stöber, NZG 2010, 977, 978. 262 EuGH Rs. C-112/05, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623, Slg. 2007, I9020 Rn. 19, NJW 2007, 3481 Rn. 19; EuGH Rs. C-212/09, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2011:717, Slg. 2011, I-10892 Rn. 48, NZG 2011, 1339 Rn. 48; siehe auch EuGH Rs. C-367/98, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2002:326, Slg. 2002, I-4731 Rn. 45, NZG 2002, 632 Rn. 45. 263 J. Schmidt, Der Staat als Aktionär 2019, 171, 177; Stöber, NZG 2010, 977, 978. 264 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 37; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 10; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17. 265 So insbesondere Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 10; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17; siehe auch Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7. 266 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 295 f. = NVwZ 2018, 51.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie vertraulichen Angaben rechnen. Vor diesem Hintergrund wohnt dem Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG ein höheres Abschreckungspotenzial inne, als bisher angenommen wurde.267 Richtigerweise ist daher von einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit auszugehen. Fraglich ist nunmehr, ob die Beschränkung gerechtfertigt ist. Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit können aus den Gründen des Art. 65 Abs. 1 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt werden.268 Es wurde bereits zutreffend herausgestellt, dass die geschriebenen Rechtfertigungsgründe des Art. 65 Abs. 1 AEUV im hiesigen Kontext nicht einschlägig sind.269 Eine Rechtfertigung kommt aber in Betracht, wenn hinter den Vorschriften der §§ 394, 395 AktG zwingende Gründe des Allgemeininteresses stehen. Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG soll die Kontrolle des öffentlichen Haushaltes ermöglichen und die Gebietskörperschaft in die Lage versetzen, ihre verfassungsrechtlichen Pflichten zu erfüllen.270 Der vereinzelt vorgebrachte Einwand, bei dem Ziel der öffentlichen Haushaltskontrolle handele es sich bloß um ein finanzielles Interesse des Staates, das als solches keine taugliche Rechtfertigungsgrundlage darstelle,271 überzeugt nicht. Zutreffend ist zwar, dass rein finanzielle Interessen eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht rechtfertigen können.272 Die §§ 394, 395 AktG verwirklichen jedoch nicht bloß finanzielle Interessen, sondern dienen der verfassungsrechtlich gebotenen demokratischen Kontrolle hoheitlichen Handelns.273 Klärungsbedürftig bleibt, ob die §§ 394, 395 AktG auch verhältnismäßig sind. Hierfür müssen die §§ 394, 395 AktG zur Ermöglichung der demokratischen Kontrolle geeignet und erforderlich sein.274 Funktionsvoraussetzung jeder Kontrolle ist eine hinreichende Informationsversorgung der hierfür berufenen Personen oder Stellen.275 Der Dispens von der Verschwiegenheitspflicht nach § 394 S. 1 AktG 267 In diese Richtung auch Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 94 f.; Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527 f.; ders., in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 7 f. 268 EuGH Rs. C-112/05, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2007:623, Slg. 2007, I9020 Rn. 72 ff., NJW 2007, 3481 Rn. 72 ff.; EuGH Rs. C-171/08, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2010:412, Slg. 2010, I-6849 Rn. 69, NZG 2010, 983 Rn. 69. 269 Eingehend Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 97 ff. 270 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 37; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 8; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 17. 271 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 104. 272 M. w. N. EuGH Rs. C-367/98, Kommission/Portugal, ECLI:EU:C:2002:326, Slg. 2002, I-4731 Rn. 52, NZG 2002, 632 Rn. 52. 273 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 37. 274 Vgl. Korte, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 71. 275 Vgl. Kap. 2 A. II.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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ermöglicht den Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat der Gesellschaft die Weitergabe von Informationen an außenstehende Personen, die mit Prüfungsaufgaben betraut ist. Die §§ 394, 395 AktG sind zur Erreichung des verfolgten Ziels daher auch geeignet.276 Zu prüfen ist zuletzt, ob das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG über das hinausgeht, was zur Ermöglichung demokratischer Kontrolle erforderlich ist. Hierfür ist in Rechnung zu stellen, dass der Normenkomplex der §§ 394, 395 AktG auf einen Ausgleich von Vertraulichkeits- und Auskunftsinteressen angelegt ist und verschiedene Bestimmungen zum Schutz des Vertraulichkeitsinteresses der Gesellschaft bereithält. Zu diesen Bestimmungen zählt in erster Linie die Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, die durch das Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG ergänzt wird. Darüber hinaus betont § 394 S. 2 AktG, dass vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft nur dann in die Berichte aufgenommen werden dürfen, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte von Bedeutung ist. Diese funktionale Bindung des Informationsprivilegs277 und die Verschwiegenheitspflichten des § 395 AktG sollen sicherstellen, dass der Vertraulichkeitsschutz nur so weit gelockert wird, wie zur Verwirklichung öffentlicher Kontrolle unbedingt nötig ist. Neben der Geeignetheit kann auch die Erforderlichkeit bejaht werden. Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG ist damit verhältnismäßig und insgesamt mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar. cc) Das Informationsprivileg als unzulässige Ungleichbehandlung? Auch auf nationaler Ebene könnten an der Zulässigkeit des Informationsprivilegs der §§ 394, 395 AktG Zweifel angemeldet werden. Der Dispens von der Verschwiegenheitspflicht gilt nur für Aufsichtsräte, die auf Veranlassung einer beteiligten Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt wurden. Für Repräsentanten anderer Aktionäre oder Aktionärsgruppen gilt die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht dagegen unverändert. Hierin liegt eine deutliche informationelle Besserstellung von öffentlichen Aktionären gegenüber privaten Aktionären, die eine unzulässige Ungleichbehandlung darstellen könnte. Ungleichbehandlungen sind bei einer auf das Aktienrecht beschränkten Betrachtung in erster Linie an § 53a AktG zu messen. Dies gilt nach der im Schrifttum überwiegend vertretenen Ansicht auch für informationelle Ungleichbehandlungen.278 Nach § 53a AktG sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu 276 Ebenso Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 104. 277 Zu dieser Einordnung von § 394 S. 2 AktG Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 28; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 31. 278 Zutreffend Götze, in: MünchKomm-AktG, § 53a Rn. 14; Henze/Notz, in: GroßKommAktG, § 53a Rn. 93; Koch, FS Hopt 2020, 525, 526 ff.; ders., AktG, § 53a Rn. 7; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 509 ff.; a. A. Zetzsche, AG 2019, 701, 702 ff., der § 53a AktG keinen informationsrechtlichen Normgehalt beimisst.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

behandeln. Der Vorschrift liegt dabei kein absolutes Verbot der Ungleichbehandlung zugrunde.279 Vielmehr lässt § 53a AktG Raum für eine Rechtfertigung etwaiger Ungleichbehandlungen.280 Zu untersuchen wäre also grundsätzlich, ob hinreichende sachliche Gründe vorliegen, die die informationelle Besserstellung von öffentlichen Aktionären gegenüber privaten Aktionären rechtfertigen.281 Diese Grundsätze gelten jedoch nicht im Anwendungsbereich der §§ 394, 395 AktG, die ihrerseits als gesetzesunmittelbare Durchbrechung von § 53a AktG begriffen werden.282 Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG gilt ausschließlich für Gebietskörperschaften und unabhängig von einer Beteiligungshöhe.283 Mit der Schaffung der §§ 394, 395 AktG hat der Gesetzgeber eine Wertentscheidung getroffen, die die Ungleichbehandlung von öffentlichen und privaten Aktionären ex lege und außerhalb von § 53a AktG legitimiert, sodass es einer sachlichen Rechtfertigung im Rahmen von § 53a AktG nicht bedarf. Wenngleich die informationelle Privilegierung von Gebietskörperschaften bei einer isolierten Betrachtung des Aktienrechts zulässig ist, ist hiermit noch wenig zu der sich anschließenden Frage beigetragen, ob dieses aktienrechtliche Ergebnis auch mit höherrangigem Recht, namentlich mit Verfassungsrecht, vereinbar ist. Insofern könnte das Informationsprivileg zunächst gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Zwar werden im Schrifttum zu § 53a AktG Querbezüge zu Art. 3 Abs. 1 GG hergestellt, die es erlauben sollen, die zu Art. 3 Abs. 1 GG erlangten Erkenntnisse und Argumentationsstrukturen auch im Rahmen von § 53a AktG zu rezipieren und als Auslegungshilfe heranzuziehen.284 Ob ein Wertungstransfer auch in umgekehrter Richtung mit dem Ergebnis möglich ist, dass nach § 53a AktG zulässige Ungleichbehandlungen ebenfalls mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind, begegnet jedoch erheblichen Bedenken. Dieser Frage braucht aber nicht weiter nachgegangen werden, da die hier in Rede stehende Ungleichbehandlung gesetzesunmittelbar und damit außerhalb von § 53a AktG legitimiert wird.

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Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 3; Koch, AktG, § 53a Rn. 4, 10; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 6. 280 Götze, in: MünchKomm-AktG, § 53a Rn. 14; Henze/Notz, in: GroßKomm-AktG, § 53a Rn. 31 ff., 80 ff.; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 11; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 252 ff. 281 Im Schrifttum wird bisweilen das Bestehen eines erhöhten Informationsbedarfs von Gebietskörperschaften bezweifelt und ihr Informationsprivileg rechtspolitisch kritisiert. Siehe hierzu m. w. N. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 4. 282 Siehe Götze, in: MünchKomm-AktG, § 53a Rn. 28: „Durchbrechung des § 53a [AktG]“; Henze/Notz, in: GroßKomm-AktG, § 53a Rn. 52: „[…] Sondervorschriften, die die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchbrechen“; ferner Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 9. 283 Näher zu den Tatbestandsvoraussetzungen sogleich unter Kap. 3 C. II. 1. b) aa). 284 Henze/Notz, in: GroßKomm-AktG, § 53a Rn. 10 ff., die jedoch zur gebotenen Vorsicht mahnen; ferner auch Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 9; Götze, in: MünchKomm-AktG, § 53a Rn. 15.

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Zweifelhaft ist jedoch, ob die Privilegierung von Gebietskörperschaften den allgemeinen Gleichheitssatz tatsächlich verletzt. So verfügt nicht jede Verschiedenbehandlung von vornherein über gleichheitsrechtliche Relevanz.285 Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz, dass „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich“286 behandelt wird. In der ersten Variante dieser Formel erfordert eine Ungleichbehandlung, dass zwei Tatbestände vorliegen, die im Wesentlichen gleich sind, aber differenzierende Rechtsfolgen auslösen.287 Eine Ungleichbehandlung setzt daher voraus, dass private Aktionäre und Gebietskörperschaften im Wesentlichen gleich sind. Eine Ungleichbehandlung liegt dagegen nicht vor, wenn die unterschiedlichen Rechtsfolgen durch hinreichende tatbestandliche Unterschiede getragen werden.288 Bei der Beantwortung dieser (Wertungs-)Frage ist zunächst die Gemeinsamkeit festzustellen, dass sowohl private Aktionäre als auch beteiligte Gebietskörperschaften Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft sind. Dieser Gemeinsamkeit tritt der deutliche Unterschied gegenüber, dass es sich bei Gebietskörperschaften nicht um private Rechtssubjekte, sondern um Träger hoheitlicher Gewalt handelt. Als Hoheitsträger unterliegen Gebietskörperschaften – anders als private Aktionäre – einer Vielzahl öffentlich-rechtlicher Bindungen. Zu diesen Bindungen zählt insbesondere das Erfordernis, hoheitliches Handeln umfassend demokratischer Kontrolle zuzuführen.289 Gerade diese verfassungsrechtlich gebotene demokratische Kontrolle soll durch das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG ermöglicht werden, indem es den Zugang zu den hierfür notwendigen Gesellschaftsinformationen erlaubt. Die privilegierte Behandlung von Gebietskörperschaften trägt damit den besonderen Pflichtenbindungen von Gebietskörperschaften Rechnung, die in ihrer Hoheitseigenschaft begründet sind und die sie von privaten Aktionären unterscheidet. Private Aktionäre und Gebietskörperschaften sind daher unter diesem wesentlichen Gesichtspunkt nicht vergleichbar. Die privilegierte Behandlung von Gebietskörperschaften wird daher von hinreichenden tatbestandlichen Unterschieden getragen, sodass eine gleicheitsrechtlich relevante Ungleichbehandlung nicht besteht. Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG verstößt damit nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zuletzt könnten private Aktionäre durch das Informationsprivileg noch in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein. Zu den durch die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG geschützten privaten Rechtspositionen zählt 285

Epping, Grundrechte, Rn. 778 ff.; Sachs/Jasper, JuS 2016, 769, 771 f. BVerfG v. 15. 07. 1998 – 1 BvR 1554/89 u. a., BVerfGE 98, 365, 385 = BeckRS 1998, 30019393; BVerfG v. 08. 06. 2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 431 = NJW-RR 2004, 1657; BVerfG v. 16. 03. 2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, 279 = NJW 2005, 2448; BVerfG v. 21. 06. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 180 = NJW 2006, 2757; in diesem Sinne bereits BVerfG v. 23. 10. 1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14, 52 = NJW 1951, 877. 287 Epping, Grundrechte, Rn. 778 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 10. 288 Sachs/Jasper, JuS 2016, 769, 771. 289 Vgl. hierzu bereits Kap. 2 A. I. 1. 286

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum.290 Der Schutz erstreckt sich dabei auf die durch das Anteilseigentum vermittelte mitgliedschaftliche Stellung.291 Diese wiederum umfasst Leitungsbefugnisse und vermögensrechtliche Ansprüche der Aktionäre.292 Wenngleich die Gleichbehandlung der Aktionäre im Schrifttum überwiegend als integraler Bestandteil der Mitgliedschaft verstanden wird,293 ist nicht erkennbar, dass die verfassungsrechtlich geschützten Positionen durch eine bevorzugte Informationsversorgung von beteiligten Gebietskörperschaften berührt werden. Weder wirkt sich das Informationsprivileg unmittelbar vermögensbeeinträchtigend aus noch werden die Leitungsbefugnisse von privaten Aktionären verkürzt. Es fehlt damit bereits an einem Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG, sodass auch eine Verletzung dieses Grundrechts ausscheidet. Das Informationsprivileg stellt daher insgesamt keine unzulässige Ungleichbehandlung privater Aktionäre dar. b) Dispens von der Verschwiegenheitspflicht, § 394 S. 1 AktG aa) Tatbestandsvoraussetzungen (1) Beteiligung einer Gebietskörperschaft Der Wortlaut des § 394 AktG setzt eine Beteiligung der Gebietskörperschaft nicht voraus. Doch ergibt sich dieses ungeschriebene Merkmal aus einer systematischen Auslegung der Vorschrift. § 394 AktG ist im ersten Teil des vierten Buches verortet, der seiner Überschrift nach Sondervorschriften bei der Beteiligung von Gebietskörperschaften enthält.294 Möglich ist neben der unmittelbaren Beteiligung auch eine mittelbare Beteiligung über Holdinggesellschaften.295 Der Tatbestand des § 394 AktG gibt allerdings keine Auskunft darüber, ob eine bestimmte Beteiligungshöhe erreicht sein muss oder bereits ganz marginale Beteiligungen ausreichen. Insoweit wird teilweise eine „ins

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BVerfG v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 301 = NJW 1999, 3769; BVerfG v. 19. 04. 2007 – 1 BvR 1995/06, NJW 2007, 3265 = NZG 2007, 631; BVerfG v. 26. 04. 2011 – 1 BvR 2658/10, NJW 2011, 2497 Rn. 21 = NZG 2011, 869; Axer, in: BeckOKGG, Art. 14 Rn. 49; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 310. 291 BVerfG v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 301 = NJW 1999, 3769; BVerfG v. 26. 04. 2011 – 1 BvR 2658/10, NJW 2011, 2497 Rn. 21 = NZG 2011, 869. 292 BVerfG v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 301 f. = NJW 1999, 3769. 293 Vgl. in Bezug auf das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 10; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 14; Henze/Notz, in: GroßKomm-AktG, § 53a Rn. 26; Janssen, in: Heidel, AktR, § 53a AktG Rn. 3; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 4. 294 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 16; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 16; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 17; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 11; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 13. 295 Koch, AktG, § 394 Rn. 33; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 13.

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Gewicht fallende“296 Beteiligung für erforderlich gehalten.297 Hintergrund dieser Forderung sind teleologische Erwägungen. Das Bedürfnis nach öffentlicher Kontrolle würde bei Kleinstbeteiligungen gerade nicht bestehen, sodass der Lockerung der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Boden ihrer Rechtfertigung entzogen sei.298 Eine solche Beschränkung des Anwendungsbereiches findet im Wortlaut von § 394 AktG indes keine Stütze.299 Hinreichende Einschränkungen des Informationsprivilegs für Bagatellbeteiligungen folgen bereits aus dem Umstand, dass die Aufsichtsratsmitglieder auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt werden müssen.300 (2) Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds „auf Veranlassung“ Von der Verschwiegenheitspflicht sind nur solche Aufsichtsratsmitglieder befreit, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind. Damit knüpft der Wortlaut an die Bestellungsformen der Wahl (§ 101 Abs. 1 AktG) und der Entsendung (§ 101 Abs. 2 AktG) an.301 Von einer Veranlassung kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn die Gebietskörperschaft gezielt Einfluss genommen hat und der Einfluss für die Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds ursächlich war, sodass das Aufsichtsratsmitglied als Repräsentant der Gebietskörperschaft erscheint.302 Die Anforderungen, die an die Einflussnahme der Gebietskörperschaft zu stellen sind, unterscheiden sich nach der Art der Beteiligung. (a) Unmittelbare Beteiligung Bei unmittelbaren Beteiligungen kann die Veranlassung in der Stimmrechtsausübung bzw. in der Ausübung eines Entsendungsrechts liegen. Bei der Bestellung durch Wahlen stellt sich die Frage, wie hoch die Anforderungen an den Ursächlichkeitszusammenhang zu stellen sind. Hierzu haben sich im Schrifttum unter296

Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 7. Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 7; zustimmend Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 113; Kersting/Hauser, FS Grunewald 2021, 445, 457 f. 298 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 113; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 7. 299 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 16; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 19; Koch, AktG, § 394 Rn. 33. 300 So auch Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 21; Koch, AktG, § 394 Rn. 33; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 11; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 14. 301 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 17; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 116; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 15. 302 Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 7; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 23; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 108; Koch, AktG, § 394 Rn. 34; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 12; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 7; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 7; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 15 f. 297

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

schiedliche Ansätze entwickelt. Teilweise wird für ausreichend gehalten, dass sich das Aufsichtsratsmitglied dem „Lager“ der Gebietskörperschaft zurechnen lässt.303 Handelt es sich bei dem präferierten Kandidaten um einen Beamten, Angestellten oder ein Organmitglied der beteiligten Gebietskörperschaft, soll eine widerlegbare Vermutung für die Zurechnung streiten.304 Höhere Anforderungen werden von anderer Seite gestellt, wenn gefordert wird, dass die Bestellung auf einer Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung beruhen muss305 oder die Stimmen der Gebietskörperschaft für den Wahlerfolg notwendig gewesen sein müssen.306 Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, sind hohe Anforderungen an den Ursächlichkeitszusammenhang vorzugswürdig. Gerade mit Blick auf das Strafbarkeitsrisiko des § 404 AktG ist ein hohes Maß an Bestimmtheit zu fordern.307 (b) Mittelbare Beteiligung Die Kontroverse um einen hinreichenden Ursächlichkeitszusammenhang spitzt sich zu, wenn die Gebietskörperschaft nicht unmittelbar, sondern über eine Beteiligungsgesellschaft an der Gesellschaft beteiligt ist. Besondere Schwierigkeiten entstehen, wenn es sich bei der Beteiligungsgesellschaft ebenfalls um eine AG handelt. Hier stellt sich das Problem, dass der Vorstand der Beteiligungsgesellschaft ihre Stimmrechte ungebunden ausübt (§ 76 Abs. 1 AktG) und der Gebietskörperschaft daher eine direkte Einflussnahme erschwert ist. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, die Anforderungen an den Ursächlichkeitszusammenhang zu senken; ausreichend sei bereits, wenn der ungebundene Vorstand der Beteiligungsgesellschaft der Bitte der Gebietskörperschaft nach der Bestellung eines bestimmten Aufsichtsratsmitglieds nachkommt.308 Überträgt man diesen Ansatz auf komplexere Verbundsachverhalte, in denen zwei oder mehr Gesellschaften zwischengeschaltet sind, ergibt sich ein Maß an Rechtsunsicherheit, das mit Blick auf die Rechtsfolgen, insbesondere einer drohenden Strafbarkeit, nicht mehr tragbar erscheint.309 Für mehr Rechtssicherheit kann von einer Veranlassung bei mittelbaren Beteiligungen daher

303 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 24; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 121. 304 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 24; Kerst, Pflichten- und Interessenkollisionen bei der Verwaltung von Staatsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, S. 121; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 18. 305 So Koch, AktG, § 394 Rn. 34; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 13. 306 So Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 118. 307 In diese Richtung auch Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 118; Koch, AktG, § 394 Rn. 34. 308 Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 21; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 14; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 9; SchmidtAßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 7; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 18. 309 Mit Blick auf mehr Rechtssicherheit auch Koch, AktG, § 394 Rn. 35.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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regelmäßig erst dann ausgegangen werden, wenn die Gebietskörperschaft mehrheitlich an der Beteiligungsgesellschaft beteiligt ist.310 (3) Berichtspflicht § 394 S. 1 AktG lockert die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben. Der Tatbestand statuiert damit keine eigene Berichtspflicht, sondern ermöglicht dem Aufsichtsratsmitglied lediglich, eine anderweitig begründete Berichtspflicht zu erfüllen.311 Welche Anforderungen an die Rechtsgrundlage der Berichtspflicht zu stellen sind, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert.312 Von dem überwiegenden Teil des Schrifttums wurde eine gesetzliche Grundlage der Berichtspflicht gefordert, da die Reichweite der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht nicht der Disposition der Beteiligten unterliegen könne.313 Die Gegenansicht wollte auch Berichtspflichten auf Grundlage von Rechtsgeschäften ausreichen lassen. So würde §§ 394, 395 AktG bereits eine Wertentscheidung zugunsten eines Informationsprivilegs enthalten, sodass es einer weiteren Vorschrift, die den Informationsfluss rechtfertige, schlicht nicht bedürfe.314 Diesem Streit hat der Gesetzgeber mit der Aktienrechtsnovelle 2016315 ein Ende gesetzt. Ohne auf die Bedenken des Schrifttums einzugehen, wurde zur „Klarstellung“316 in § 394 AktG ein dritter Satz aufgenommen, nach dem die Berichtspflicht auf Gesetz, auf Satzung oder auf dem Aufsichtsrat in Textform mitgeteiltem Rechtsgeschäft beruhen kann.317

310 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 121; Koch, AktG, § 394 Rn. 35; ders., VerwArch 102 (2011), 1, 16. 311 AllgM. Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 22; Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 8; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 27; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 123; Koch, AktG, § 394 Rn. 1, 36; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114; Martens, AG 1984, 29, 33; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 15; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 10; SchmidtAßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 8; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 20; Thode, AG 1997, 547, 549; Wilting, AG 2012, 529, 530; auch bestätigt durch die Regierungsbegründung zur Aktienrechtsnovelle 2014, BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 33. 312 Dazu m. w. N. Schall, in: Spindler/Stilz, AktG (3. Aufl. 2015), § 394 Rn. 9; Schürnbrand, in: MünchKomm-AktG (3. Aufl. 2011), § 394 Rn. 16. 313 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG (3. Aufl. 2015), § 394 Rn. 9 m. w. N. 314 Schürnbrand, in: MünchKomm-AktG (3. Aufl. 2011), § 394 Rn. 16 m. w. N. 315 Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes vom 22. 12. 2015, BGBl. 2015 I S. 2565. 316 BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 33. 317 Kritisch zur Berichtspflicht auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 124, 134.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

(a) Gesetzlich begründete Berichtspflicht Bereits nach altem Recht war unstrittig, dass die Berichtspflicht gesetzlich begründet werden kann. In Betracht kommt nach Maßgabe des Art. 2 EGBGB jede Rechtsnorm, sodass auch Rechtsverordnungen oder kommunale Satzungen die Berichtspflicht begründen können.318 Einige Landesgesetzgeber haben für Beteiligungen von Gemeinden spezielle auf § 394 AktG abzielende Vorschriften eingeführt.319 Ob auch die allgemeine beamtenrechtliche Weisungsbindung nach § 35 Abs. 1 S. 2 BeamtStG bzw. § 62 Abs. 1 S. 2 BBG als Grundlage einer Berichtspflicht ausreicht, ist umstritten. Auf den ersten Blick erscheint dies plausibel, da auch die beamtenrechtliche Weisungsbindung letztlich auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und Gesetze seit jeher als ausreichende Grundlage für Berichtspflichten anerkannt sind.320 Zweifelhaft ist allerdings, ob diese Argumentation nach der Einfügung des § 394 S. 3 AktG noch überzeugen kann. Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwender verschiedene Möglichkeiten der Begründung von Berichtspflichten genannt. Alle diese Möglichkeiten haben gemeinsam, dass die Gegenstände und der Umfang der Berichte für die Beteiligten erkennbar sind und dadurch Rechtssicherheit gewährleistet ist. Bei Berichtspflichten auf der Grundlage von Gesetzen steht die Transparenz nicht in Frage, auch bei der Begründung durch die Satzung sind Transparenz und Rechtssicherheit gegeben. Wurde die Berichtspflicht durch ein Rechtsgeschäft begründet, wird das entstandene Transparenzdefizit durch die Pflicht zur Mitteilung in Textform kompensiert. Dem neuen § 394 S. 3 AktG kann daher entnommen werden, dass eine Berichtspflicht nur dann den Dispens nach § 394 S. 1 AktG auslösen soll, wenn ihr Bestehen und ihr Umfang für die Beteiligten erkennbar ist.321 Bestätigt wird dies durch Begründung des Regierungsentwurfs, die als Regelungsziel die Beseitigung von Rechtsunsicherheit auswies.322 Diesen Anforderungen an Transparenz und Rechtssicherheit kann eine Berichtspflicht auf der Grundlage der allgemeinen beamtenrechtlichen Weisungsbindung nicht genügen.323 Die beamtenrechtliche Weisungsbindung verpflichtet den Beamten im Rahmen seiner Beratungs- und Unterstützungspflicht lediglich zu einer

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Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 18; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, § 394 Rn. 23. 319 Siehe etwa Art. 93 Abs. 2 S. 2 BayGO; § 113 Abs. 5 GO NRW; § 104 Abs. 1 S. 3 GO SH. 320 Mit dieser Argumentation bejahend Koch, AktG, § 394 Rn. 40; vgl. auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 22; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 11; im Ergebnis auch Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 25; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 24. 321 Ähnlich Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 27. 322 BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 14. 323 So im Ausgangspunkt auch Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 28.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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nicht näher bestimmten Weitergabe von Informationen.324 Welche Informationen in welchem Umfang weitergegeben werden müssen, ergibt sich damit nicht schon aus der Weisungsbindung, sondern muss erst durch eine konkrete Informationsanfrage determiniert werden. Der Inhalt einer solchen Anfrage ist im Zweifel aber nur dem weisungsberechtigten und dem weisungsverpflichteten Beamten bekannt, sodass dem Bedürfnis an Transparenz und Rechtssicherheit, wie es in den Varianten des § 394 S. 3 AktG zum Ausdruck kommt, nicht Genüge getan ist.325 Diesem Mangel an Transparenz und Rechtssicherheit soll nach Stimmen aus dem Schrifttum abgeholfen werden können, indem das Aufsichtsratsmitglied dem Aufsichtsrat die Weisung offenlegt.326 Eine entsprechende Pflicht sei aus der Treuepflicht des Aufsichtsratsmitglieds ableitbar.327 Wenngleich eine aus der Treuepflicht folgende Offenlegungspflicht nicht fernliegend ist, erscheint es effektiver und systematisch stimmiger, § 394 S. 3 AktG entsprechend anzuwenden und die vom Gesetz für rechtsgeschäftliche Berichtspflichten vorgesehene Mitteilungspflicht auch auf Berichtspflichten zu erweitern, die auf der Grundlage der beamtenrechtliche Weisungsbindung bestehen.328 Die Mitteilung ist dabei in stringenter Weise als Wirksamkeitsvoraussetzung des Dispenses von der Verschwiegenheitspflicht anzusehen.329 (b) Satzungsmäßig begründete Berichtspflicht Abseits gesetzlicher Berichtspflichten lässt § 394 S. 3 AktG nun auch die Begründung von Berichtspflichten auf Satzungsgrundlage zu. Gemeint ist dabei die Gesellschaftssatzung, nicht die Handlungsform der kommunalen Satzung.330 Außer Frage steht daher, dass derartige Satzungsregelungen mit dem in § 23 Abs. 5 AktG niedergelegten Grundsatz der Satzungsstrenge vereinbar sind.331 Die Berichtspflicht kann bereits bei Gesellschaftsgründung oder erst später durch eine Satzungsände-

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Dazu Reich, BeamtStG, § 35 Rn. 2 ff.; Werres, in: BeckOK-BundBeamtR, § 35 BeamtStG Rn. 6. 325 Im Ergebnis gegen die Möglichkeit einer Berichtspflicht auf der Grundlage einer beamtenrechtlichen Weisung Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 128, 137; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 19; Zöllner, AG 1984, 147, 148 f.; kritisch auch Früchtl, in: Wachter, AktG, § 394 Rn. 8. 326 So Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 28; Schürnbrand, BOARD 2014, 225, 227. 327 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 28; Schürnbrand, BOARD 2014, 225, 227. 328 Erwägend aber im Ergebnis ablehnend Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 28. 329 Vgl. zur Mitteilungspflicht bei rechtsgeschäftlich begründeten Berichtspflichten Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 144; Stöber, DStR 2016, 611, 616. 330 BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 33; Koch, AktG, § 394 Rn. 38. 331 Koch, AktG, § 394 Rn. 38; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 25.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

rung nach den §§ 179 ff. AktG in die Satzung aufgenommen werden.332 Für die Rechtmäßigkeit der Informationsweitergabe ist erforderlich, dass die Satzungsbestimmung im Zeitpunkt des Berichts wirksam ist.333 (c) Rechtsgeschäftlich begründete Berichtspflicht (aa) Formerfordernis Mit dem neu aufgenommenen § 394 S. 3 AktG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Berichtspflicht auch auf der Grundlage eines dem Aufsichtsrat in Textform (§ 126b BGB) mitgeteilten Rechtsgeschäfts bestehen kann. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist nach der Begründung zum Regierungsentwurf möglichst weit gefasst, um „alle denkbaren Varianten abzudecken“334. Als Rechtsgeschäfte kommen vertragliche Vereinbarungen, ein Auftrag oder eine Nebenabrede in Betracht.335 Dem Wortlaut von § 394 S. 3 AktG nach bezieht sich das Formerfordernis nur auf die Mitteilung über das Rechtsgeschäft, teilweise wird allerdings auch Textform für das Rechtsgeschäft selbst gefordert.336 Gegen diese Auslegung spricht zunächst der klare Wortlaut von § 394 S. 3 AktG, der gerade nur an die Mitteilung, nicht aber an das Rechtsgeschäft anknüpft. Allerdings ist zweifelhaft, ob bei einem formlosen Rechtsgeschäft, dessen Abschluss lediglich mitgeteilt werden muss, Klarheit im Aufsichtsrat über die Reichweite der Berichtspflicht und der entsprechend gelockerten Verschwiegenheitspflicht besteht. Erschwerend kommt hinzu, dass § 394 S. 3 AktG keine inhaltlichen Anforderungen an die Mitteilung stellt. Denkbar wäre also, dass der Umfang der Berichtspflicht und damit auch die Reichweite der Verschwiegenheitspflicht in dem Rechtsgeschäft zwar bestimmt ist, der Aufsichtsrat jedoch nur über den Bestand, nicht aber über die Reichweite der Berichtspflicht informiert ist. Dass es hierdurch zu Rechtsunsicherheit und Nachweisschwierigkeiten kommen kann, liegt auf der Hand.337 Zu deren Vermeidung ist daher in erweiternder Auslegung von § 394 S. 3 AktG sowohl für das Rechtsgeschäft selbst als auch für die Mitteilung darüber Textform erforderlich. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Begründung zum Regie-

332

Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 132; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, § 394 Rn. 25. 333 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 132; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, § 394 Rn. 25. 334 BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 33. 335 BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 33. 336 So Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576, 579; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 143; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 27; a. A. Harbarth/v. Plettenberg, AG 2016, 145, 154; Koch, AktG, § 394 Rn. 38; Ihrig/Wandt, BB 2016, 6, 13; Paschos/ Goslar, NJW 2016, 359, 364; Söhner, ZIP 2016, 151, 157. 337 Siehe auch Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 143.

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rungsentwurf, die, um Rechtsunsicherheit zu beseitigen, auch ein „einfaches Rechtsgeschäft in Textform“338 nannte. Erfolgt die Mitteilung nicht in der vorgeschriebenen Textform, ist sie nach § 125 S. 1 BGB nichtig. Wenngleich die Nichtigkeit der Mitteilung nicht die Nichtigkeit auch der rechtsgeschäftlichen Berichtspflicht nach sich zieht, ist die Wirksamkeit der Mitteilung jedenfalls eine Voraussetzung für den Dispens von der Verschwiegenheitspflicht nach § 394 S. 1 AktG.339 (bb) Beteiligte des Rechtsgeschäfts Keine Aussage trifft § 394 S. 3 AktG zu den Organen oder Personen, die an dem Rechtsgeschäft zu beteiligen sind. Für die Gebietskörperschaft ist das Rechtsgeschäft durch den nach ihrem Organisationsrecht zu bestimmenden Referenten der Beteiligungsverwaltung abzuschließen. Sollen einem Aufsichtsratsmitglied weitere, über seine organschaftlichen Pflichten hinausreichende Berichtspflichten auferlegt werden, spricht dies auch für eine Beteiligung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds.340 Dass der Aufsichtsrat selbst nicht als Partei des Rechtsgeschäfts vorgesehen ist, folgt aus dem Umstand, dass § 394 S. 3 AktG den Aufsichtsrat als Empfänger der Mitteilung über den Abschluss des Rechtsgeschäfts nennt.341 Müsste der Aufsichtsrat als Organ an dem Rechtsgeschäft beteiligt werden, wäre die vorgesehene Mitteilung nicht erforderlich. Zweifelhaft erscheint, ob neben dem Aufsichtsratsmitglied auch der Vorstand oder die Hauptversammlung an dem Rechtsgeschäft zu beteiligen ist. Dies sei nach einer Ansicht aus dem Schrifttum erforderlich, um einen Vertrag zulasten Dritter, nämlich zulasten der Gesellschaft und der übrigen Aktionäre, zu verhindern.342 Diese seien als Träger des gegenläufigen Geheimhaltungsinteresses diejenigen, die durch ein Bekanntwerden sensibler Informationen belastet würden.343 Ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter liegt jedoch nicht vor. Richtig ist zwar, dass sich die Belastungen, die sich aus dem Dispens von der Verschwiegenheitspflicht ergeben, auf die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre auswirken können. Allerdings liegt ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter nur dann vor, wenn sich die Belastung des Dritten unmittelbar aus dem Vertrag ergibt.344 Hier ergibt sich der 338

BegrRegE. BT-Drs. 18/4349 S. 14. Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576, 579; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 144; Stöber, DStR 2016, 611, 616; ferner Paschos/Goslar, NJW 2016, 359, 364. 340 So auch Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 135. 341 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 136. 342 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 134, 136, der jedoch im Ergebnis die gesetzgeberische Entscheidung gegen eine Beteiligungspflicht von Vorstand oder Hauptversammlung akzeptiert. 343 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 134. 344 Vgl. BGH v. 29. 06. 2004 – VI ZR 211/03, NJW 2004, 3326, 3327 = BeckRS 2004, 7667; BGH v. 12. 10. 2011 – VIII ZR 50/11, NZM 2012, 558 Rn. 15 = BeckRS 2011, 25103; 339

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Dispens von der Verschwiegenheitspflicht hingegen aus dem Gesetz, nicht aber unmittelbar aus dem Rechtsgeschäft. Der Abschluss des Rechtsgeschäfts erscheint dabei nur als Tatbestandsmerkmal des Dispenses, nicht aber als unmittelbarer Rechtsgrund der Belastung. Ausreichend ist daher die Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds auf der einen und der Gebietskörperschaft auf der anderen Seite. Die Beteiligung des Vorstands oder der Hauptversammlung ist nicht erforderlich. bb) Taugliche Empfänger der Berichte (1) Beschränkung des Empfängerkreises durch § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Hinsichtlich der Empfänger der Berichte nennt § 394 S. 1 AktG abstrakt nur die Gebietskörperschaft. Welche Organe oder Personen der Gebietskörperschaft Empfänger der Berichte sind, ist eine Frage, deren Beantwortung in erster Linie dem Organisationsrecht der Gebietskörperschaft obliegt.345 Allerdings lassen sich aus §§ 394, 395 AktG bestimmte Anforderungen gewinnen, die an die Berichtsempfänger zu stellen sind. Eine erste Beschränkung des Empfängerkreises erfolgt durch § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG. Die Vorschriften der § 394 S. 1 AktG und § 395 Abs. 1 AktG stehen in einem inneren Zusammenhang, innerhalb dessen die Lockerung der Verschwiegenheitspflicht durch ihre Verlagerung in den Bereich der Gebietskörperschaft ausgeglichen wird.346 Vor diesem Hintergrund kann Berichtsempfänger zunächst nur sein, wer auch Adressat der verlagerten Verschwiegenheitspflicht ist.347 Zur Verschwiegenheit werden dem Wortlaut des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nach jedoch nur Personen verpflichtet, die damit betraut sind, die Beteiligung der Gebietskörperschaft zu verwalten oder für eine Gebietskörperschaft die Gesellschaft, die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär oder die Tätigkeit der auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder zu prüfen. Nur wer Beteiligungsverwaltungs- oder Prüfungsaufgaben in diesem Sinne wahrnimmt, kommt auch als Empfänger der Berichte in Betracht.

Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 263; Klumpp, in: Staudinger, vor §§ 328 ff. Rn. 62; Mäsch, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 04. 2023), § 328 Rn. 127. 345 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 39; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 176; Koch, AktG, § 394 Rn. 42; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 15; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 9; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 37. 346 Zu Funktionsweise der §§ 394, 395 Kap. 3 C. II. 1. a) aa). 347 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 28; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 176; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 31; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 37, § 395 Rn. 2 ff.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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(2) Wahrung der Vertraulichkeit (a) Meinungsstand Die überwiegende Ansicht im Schrifttum will eine Informationsweitergabe darüber hinaus nur an solche Berichtsempfänger zulassen, bei denen die Vertraulichkeit auch in tatsächlicher Hinsicht gewährleistet ist.348 Diese weitere Einschränkung ergebe sich ebenfalls aus dem Regelungssystem der §§ 394, 395 AktG. Lockere der Gesetzgeber die Verschwiegenheitspflicht auf Ebene der Gesellschaft (§ 394 S. 1 AktG) und schreibe er diese innerhalb der Gebietskörperschaft fort (§ 395 Abs. 1 AktG), so liege dem gesetzlichen Regelungssystem die Erwartung zugrunde, dass bei der Gebietskörperschaft die Vertraulichkeit gewährleistet wird.349 Keine tauglichen Berichtsempfänger wären danach Organe oder Gremien, die wegen ihrer Größe, Zusammensetzung oder Transparenz befürchten ließen, dass sensible Informationen trotz der bestehenden Verschwiegenheitspflicht aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG öffentlich bekannt werden. Gegenstimmen sehen in diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal in Bezug auf die Berichterstattung an demokratische Kollegialorgane einen pauschalen Vorrang des Gesellschaftsrechts, der die Bedürfnisse des öffentlichen Rechts zu stark zurückdränge und an dessen Stelle praktische Konkordanz zu treten habe.350 Diese Diskussion hat durch das Deutsche-Bahn-Urteil des BVerfG vom 07. 11. 2017 neuen Schwung erhalten. Das Gericht hatte entschieden, dass die Bundesregierung die Beantwortung parlamentarischer Anfragen nicht mit Verweis auf aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten verweigern darf.351 Vereinzelt wird angenommen, dass 348 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 394 AktG Rn. 28; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 177; Koch, AktG, § 394 Rn. 42; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 118 f.; Linnartz, AG 2023, R76, R77; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 26; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 32; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 9; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 38; Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1014; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 17 f. 349 In diesem Sinne Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 177; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 118 f.; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 26; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 9; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 38; Schwintowski, NJW 1990, 1009, 1014; Weber-Rey/Buckel, ZHR 177 (2013), 13, 17 f. 350 Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 15; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 128 f.; Wilting, AG 2012, 529, 533 ff.; für Abwägung im Einzelfall Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 30 f.; im Ergebnis gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Vertraulichkeitsgewährleistung auch OVG Münster v. 12. 12. 2022 – 15 A 2689/20, BeckRS 2022, 42496 Rn. 54 ff. = AG 2023, 332; siehe auch Knöbber-Griesz, Aktienrechtliche Aufsichtsverschwiegenheit und Informationsprivileg der öffentlichen Hand, S. 263 ff.; ders., jM 2023, 139, 141 ff., nach dem das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Vertraulichkeitsgewährleistung zwar abzulehnen sei, der Tatbestand des § 394 S. 1 AktG allerdings um einen Ausschlusstatbestand zu ergänzen sei, der aus der Treue- und Sorgfaltspflicht des berichtspflichtigen Aufsichtsratsmitglieds folge. 351 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 295 f. = NVwZ 2018, 51.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

das Festhalten an dem Erfordernis der Vertraulichkeitsgewährleistung jedenfalls bei parlamentarischen Anfragen mit dem Urteil nicht mehr zu vereinbaren sei.352 (b) Stellungnahme Bei einer isolierten Betrachtung des Aktienrechts kann §§ 394, 395 AktG das ungeschriebene Merkmal der Vertraulichkeitsgewährleitung entnommen werden. Dem Regelungsmechanismus liegt freilich die Erwartung zugrunde, dass die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG valide ist. Ist die Erfüllung der Verschwiegenheitspflicht bei dem Berichtsempfänger nicht gesichert, verliert die Lockerung der Berichtspflicht nach § 394 S. 1 AktG ihre Rechtfertigung und der auf einen Interessenausgleich zielende Regelungszweck der §§ 394, 395 AktG kann nicht verwirklicht werden. Gegner dieses ungeschriebenen Merkmals befürchten insbesondere bei der Berichterstattung an demokratische Kollegialorgane ein zu starkes Zurückdrängen öffentlicher Kontrollbelange.353 Insoweit wird die Kontrollfunktion von Parlamenten als Ausdruck der Gewaltenteilung und des Demokratieprinzips betont.354 Die Diskussion weist Ähnlichkeiten mit der Kontroverse auf, die um die Existenz eines Verwaltungsgesellschaftsrechts geführt wird. Auch hier bestehen öffentliche Kontrollinteressen, deren Verwirklichung aktienrechtliche Regelungen entgegenstehen. Eine Auflösung der Konfliktsituation durch eine Überwölbung oder Modifikation des Aktienrechts ist hier ebenfalls abzulehnen. Der in den aktienrechtlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille kann durch den Rechtsanwender nicht im Wege einer Abwägung überspielt werden.355 Eine mit den aktienrechtlichen Bestimmungen unvereinbare Berichterstattung an größere Kollegialorgane kann nur anerkannt werden, wenn sie in gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert wurde. Gesetzliche Bestimmungen, die eine solche Berichterstattung fordern, existieren dabei nur auf Länderebene.356 Vorschriften wie § 113 Abs. 5 S. 1 GO NRW, die eine Berichtspflicht an den Gemeinderat als Kollegialorgan ausdrücklich anordnen, sind aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Landesrecht nicht imstande, modifizierend in bundesgesetzliches Aktienrecht einzugreifen (vgl. Art. 31 GG).357 352

Schockenhoff, NZG 2018, 521, 527; ähnlich R. Werner, NVwZ 2019, 449, 451. Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 44 f.; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 30; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 15. 354 Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 30. 355 Vgl. Kap. 2 B. II. 2. 356 Vgl. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 178; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 38. 357 Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576, 578; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 178; Koch, AktG, § 394 Rn. 43; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 120; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 32; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 38; a. A. Adenauer, NZG 2023, 652, 656; siehe auch OVG Münster v. 12. 12. 2022 – 15 A 2689/20, BeckRS 2022, 42496 Rn. 56 = AG 2023, 332, wonach § 113 Abs. 5 S. 1 GO NRW mit 353

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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Diese Ergebnisse können auch nach dem oben genannten Urteil des BVerfG uneingeschränkt Geltung beanspruchen. Weder sprach das Gericht die Anforderungen für die Weitergabe der Informationen durch die Aufsichtsratsmitglieder an, noch bezog sich die Entscheidung überhaupt auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gebietskörperschaft. Das Urteil betraf den Pflichtenkatalog der Bundesregierung, die durch die Berichte Kenntnis von den Informationen der Gesellschaft erlangt hatte und nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet war. Mit Blick auf diese Verschwiegenheitspflicht erfolgte die Entscheidung des BVerfG zugunsten einer Preisgabe der Informationen.358 Keine Aussage trifft diese Entscheidung daher für den Pflichtenkatalog des Aufsichtsratsmitglieds und die daran anknüpfende Frage, ob Informationen nur dann weitergegeben werden dürfen, wenn die Vertraulichkeit gewährleistet ist.359 Ob das Regelungssystem der §§ 394, 395 AktG in einer Weise verfassungskonform auszulegen ist, die stets eine Information des Bundestages erfordert, ließ das Gericht ausdrücklich offen.360 Es gibt daher weder Raum noch Anlass, von dem Erfordernis der Vertraulichkeitswahrung, wie es dem Regelungssystem der §§ 394, 395 AktG immanent ist, abzukehren.361 Tauglicher Berichtsempfänger kann nur sein, wer die Vertraulichkeit der Informationen gewährleisten kann. c) Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG aa) Adressaten der Verschwiegenheitspflicht § 395 Abs. 1 AktG stellt das Gegenstück zum Dispens nach § 394 S. 1 AktG dar.362 Die Vorschrift regelt den Umgang mit den empfangenen Informationen im Innenbereich der Gebietskörperschaft und ordnet eine Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger an.363 Die Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG gilt zunächst für die Personen, die damit betraut sind, die Beteiligungen einer §§ 394, 395 AktG als vorrangigem Aktienrecht vereinbar sei. Kritisch zu der Entscheidung des OVG Münster Linnartz, AG 2023, R76, R77 f. 358 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 295 f. = NVwZ 2018, 51. 359 Ebenso Kersting, WPg 2018, 392, 395; Kersting/Hauser, FS Grunewald 2021, 445, 461; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 26. 360 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 296 = NVwZ 2018, 51. 361 A. A. Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 165 f. 362 In diesem Sinne Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 189; Koch, AktG, § 395 Rn. 1; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 120; M. Mann, AG 2018, 57, 58; MüllerMichaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 1; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 1; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 47; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 1; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 1; Thode, AG 1997, 547, 548; gegen einen inneren Zusammenhang zum Dispens nach § 394 S. 1 AktG Wilting, AG 2012, 529, 533. 363 Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 130.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Gebietskörperschaft zu verwalten. Verpflichtet werden alle mit der Beteiligungsverwaltung tatsächlich Befassten; auf die dienstrechtliche Stellung oder die Rechtsform der Betrauung kommt es nicht an.364 Die Verschwiegenheitspflicht richtet sich nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ferner an diejenigen, die für die Gebietskörperschaft die Gesellschaft, die Betätigung der Gebietskörperschaft als Aktionär oder die Tätigkeit der auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder zu prüfen haben. Erfasst sind damit die Bediensteten der Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes (Bundesrechnungshof) oder der Länder (Landesrechnungshöfe, Gemeindeprüfungsämter).365 Ebenso werden Abgeordnete und Gemeinderatsmitglieder, die in die Vertraulichkeit gewährleistenden Ausschüssen mit der Kontrolle der Beteiligungsverwaltung befasst sind, zur Verschwiegenheit verpflichtet.366 Unerheblich ist, ob die Berichterstattung rechtmäßig gewesen ist oder etwa mangels Gewährleistung der Vertraulichkeit hätte unterbleiben müssen.367 bb) Umfang der Verschwiegenheitspflicht § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nennt als Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Die Formulierung knüpft an den Wortlaut von § 93 Abs. 1 S. 3 AktG an, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und der Gegenstand der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder identisch ist.368 Über die Formulierung hinaus sind auch die von § 116 S. 2 AktG besonders hervorgehobenen vertraulichen Berichte und Beratungen von der Verschwiegenheitspflicht umfasst.369

364 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 5; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 190; Koch, AktG, § 395 Rn. 2; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 395 Rn. 3; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 2; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 50; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 3; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 2. 365 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 6; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 195; Koch, AktG, § 395 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 4. 366 Koch, AktG, § 395 Rn. 2. 367 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 2. 368 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 7; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 10; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 197; Koch, AktG, § 395 Rn. 3; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 4; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 5. 369 Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 6; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 48.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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Der Wortlaut von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG bezieht die Verschwiegenheitspflicht auf alle Informationen, die den Berichtsempfängern aus den Berichten nach § 394 AktG bekannt geworden sind. In dieser Formulierung ist allerdings keine Beschränkung der Verschwiegenheitspflicht nur auf solche Informationen zu sehen, die Gegenstand der Berichte waren. Umfasst sind von der Verschwiegenheitspflicht vielmehr auch die Unterlagen, die den Berichten beigefügt worden sind.370 Diese weite Auslegung ist erforderlich, da das Aufsichtsratsmitglied sonst durch die Zuordnung von Informationen zu Berichten oder Anlagen über die Reichweite der Verschwiegenheitspflicht entscheiden könnte.371 cc) Ausnahme für „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“ Nach § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG gilt die Verschwiegenheitspflicht nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr. Der Begriff der „Mitteilungen im dienstlichen Verkehr“ ist den beamtenrechtlichen Vorschriften über das Dienstgeheimnis (etwa § 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BBG) entlehnt.372 Dort sind solche Mitteilungen von der beamtenrechtlichen Verschwiegenheitspflicht ausgenommen, die entweder innerhalb des zuständigen Ressort verbleiben oder nur an solche Verwaltungseinheiten weitergegeben werden, die mit der Verwaltungsangelegenheit unmittelbar befasst sind.373 Die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht ermöglicht den unmittelbaren Berichtsempfängern die Weitergabe der Berichtsinformationen an die zuständigen Verwaltungs- oder Prüfstellen.374 Da die Mitteilungsempfänger ihrerseits ebenfalls mit Verwaltungs- oder Prüfungsaufgaben betraut sind, gilt auch für sie die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, wodurch der Geheimnisschutz aufrechterhalten wird.375 Um ein gleichmäßig hohes Schutzniveau zu errei370 Ebenso Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 200; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 7; Koch, AktG, § 395 Rn. 4 hält die Vorschrift insoweit für sprachlich misslungen. 371 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 11; Koch, AktG, § 395 Rn. 4; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 7. 372 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 11; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 203; Koch, AktG, § 395 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 10; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 7; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 4; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 52; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 8; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 4. 373 Leppek/Grandjot, in: BeckOK-BundBeamtR, § 67 BBG Rn. 12; ferner Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 11; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 203; Koch, AktG, § 395 Rn. 7; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 7; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 52; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 8. 374 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 203; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, § 395 Rn. 8. 375 Koch, AktG, § 395 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 10; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 4; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

chen, sind an die Empfänger der Mitteilungen dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Empfänger der unmittelbaren Berichte im Rahmen des § 394 S. 1 AktG.376 Als Empfänger von Mitteilungen im dienstlichen Verkehr kommen daher nur solche Personen oder Stellen in Betracht, die mit Verwaltungs- oder Prüfungsaufgaben betraut sind und die Gewährleistung der Vertraulichkeit erwarten lassen. d) Zwischenergebnis Die Gebietskörperschaft kann über die Berichte ihrer Repräsentanten im Aufsichtsrat der Gesellschaft auch auf sensible Informationen zugreifen. Die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder werden von ihrer Verschwiegenheitspflicht dispensiert. Kehrseite dieses Informationskanals ist die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, der die Empfänger der unmittelbaren Berichte und der Mitteilungen im dienstlichen Verkehr unterliegen. 2. Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG a) Tatbestandsmäßigkeit der Informationsweitergabe der Repräsentanten Das Informationsprivileg des § 394 S. 1 AktG setzt lediglich an der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder an. Damit ist zwar eine große Hürde des Informationszugangs der Gebietskörperschaft überwunden. Neben der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht könnte allerdings auch die Hürde des § 311 Abs. 1 AktG zu überwinden sein. Die Untersuchung des Informationszugangs über den Vorstand hat ergeben, dass § 311 Abs. 1 AktG der Informationsweitergabe nicht im Wege steht, wenn die Gebietskörperschaft garantiert, die Informationen nicht in einer Weise zu verwenden, die für die abhängige Gesellschaft schädlich ist.377 Fraglich ist, ob der Abschluss einer Garantievereinbarung auch dann erforderlich ist, wenn die Informationen über ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat an die Gebietskörperschaft weitergegeben werden. Dafür müsste § 311 Abs. 1 AktG bei der Informationsweitergabe durch das von einer Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat installierte Aufsichtsratsmitglied zunächst tatbestandlich erfüllt sein. § 311 Abs. 1 AktG setzt neben der Abhängigkeit der Gesellschaft eine Veranlassung durch das herrschende Unternehmen voraus, die in der Vornahme eines nachteiligen Rechtsgeschäfts oder einer nachteiligen Maßnahme durch die abhängige Gesellschaft

Rn. 52; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 8; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 4. 376 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 203 f.; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 39, § 395 Rn. 10. 377 Kap. 3 B. II. 3. e) bb).

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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münden muss.378 Bei einem Informationszugang über den Vorstand steht außer Frage, dass es sich bei seiner Informationsweitergabe um eine Maßnahme i. S. d. § 311 Abs. 1 AktG handelt.379 Zu untersuchen ist, ob sich eine Veranlassung ebenfalls an Mitglieder des Aufsichtsrats richten kann und ob die Berichte der Repräsentanten auch als Maßnahme einzuordnen sind. Aus dem Wortlaut des § 311 Abs. 1 AktG lässt sich nicht unmittelbar ableiten, an wen sich die Veranlassung des herrschenden Unternehmens richten muss.380 Ein Wortlautvergleich zu § 308 Abs. 1 S. 1 AktG zeigt jedoch, dass § 311 Abs. 1 AktG nicht nur den Vorstand, sondern die gesamte Gesellschaft anspricht.381 Veranlassungsadressat können daher neben dem Vorstand auch leitende Angestellte oder Mitglieder des Aufsichtsrats sein.382 Ob die Informationsweitergabe durch den von der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat installierten Repräsentanten den Tatbestand von § 311 Abs. 1 AktG erfüllt, hängt letztlich davon ab, ob es sich bei seiner Informationsweitergabe auch um eine Maßnahme i. S. d. § 311 Abs. 1 AktG handelt. Diese Frage hat im Schrifttum bisher allenfalls am Rande Beachtung gefunden.383 Dies überrascht, da die Anwendung von § 311 Abs. 1 AktG eine nicht unerhebliche Sprengwirkung hätte. So wäre die Weitergabe von Informationen ohne den Abschluss einer entsprechenden Garantievereinbarung schlicht rechtswidrig und käme als Anknüpfungspunkt einer Haftung des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der Gesellschaft aus §§ 93 Abs. 2, 116 S. 1 AktG in Betracht.384 Der Grund für die bisher ausgebliebene Diskussion ist wohl das Verständnis der Veranlassungswirkung – also der Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder einer Maßnahme – als Handlung der 378

Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 22 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 23; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 14; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 83. 379 Vgl. Hopt/Roth, in: GroßKomm-AktG, § 93 Rn. 288; Hüffer, FS Schwark 2009, 185, 193 f.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b. 380 A. A. Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 501, der davon ausgeht, dass die Informationsweitergabe über den Aufsichtsrat in der herkömmlichen Verbundsituation nicht an § 311 Abs. 1 AktG zu messen sei, weil sich diese Vorschrift „[…] ausdrücklich nur an den Tochtervorstand richtet.“ 381 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 27; Koch, AktG, § 311 Rn. 17; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 79. 382 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 83; Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 9; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 150; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 27; Koch, AktG, § 311 Rn. 17; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 21; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 78; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 42; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 79; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 28. 383 Siehe aber Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 95 f. 384 Hierfür macht es keinen Unterschied, ob mit der herrschenden Meinung keine besonderen Voraussetzungen an die Vertraulichkeitsvereinbarung gestellt werden oder entsprechend dem hier vertretenen Ansatz (Kap. 3 B. II. 3. e) bb)) die Ausgestaltung als Garantievereinbarung erforderlich ist.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Geschäftsführung.385 Vor dem Hintergrund dieses Begriffsverständnisses kommt eine Informationsweitergabe durch Aufsichtsratsmitglieder als Maßnahme i. S. d. § 311 Abs. 1 AktG mangels Kompetenz zur Geschäftsführung grundsätzlich nicht in Betracht. Für die hier in Rede stehende Konstellation wird jedoch übersehen, dass die Repräsentanten im Aufsichtsrat für die Weitergabe von Informationen an die Gebietskörperschaft über eine eigene spezielle Kompetenz verfügen.386 Die Weitergabe sensibler Informationen an die Gebietskörperschaft kann zu einer Beeinträchtigung der Vermögens- oder Ertragslage führen, unabhängig davon, ob sie nach der allgemeinen Kompetenzordnung durch den Vorstand oder durch die Sonderkompetenz im Rahmen der §§ 394, 395 AktG durch einen Repräsentanten im Aufsichtsrat erfolgt. Die Informationsweitergabe durch einen Repräsentanten im Aufsichtsrat erfüllt daher den Tatbestand des § 311 Abs. 1 AktG. b) Verhältnis von § 311 Abs. 1 AktG und § 394 S. 1 AktG Besteht zwischen der Gesellschaft und der Gebietskörperschaft ein Abhängigkeitsverhältnis und ist daher sowohl § 394 S. 1 AktG als auch § 311 Abs. 1 AktG tatbestandlich erfüllt, müsste die Gesellschaft bei der Weitergabe sensibler Informationen durch einen Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat auch den Abschluss einer Garantievereinbarung verlangen. Anderenfalls wäre die Informationsweitergabe mit § 311 Abs. 1 AktG nicht vereinbar und müsste unterbleiben. Obwohl § 311 Abs. 1 AktG tatbestandlich erfüllt ist, ist die Anwendung dieser Vorschrift nicht selbstverständlich. Mit den §§ 394, 395 AktG hat der Gesetzgeber besondere Bestimmungen geschaffen, die den Informationszugang der Gebietskörperschaft über ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat regeln. Insoweit könnte angenommen werden, dass der Gesetzgeber den Informationszugang abschließend durch §§ 394, 395 AktG geregelt wissen wollte und die Vorschrift des § 311 Abs. 1 AktG daher im Anwendungsbereich des § 394 S. 1 AktG verdrängt ist. In Betracht kommt eine Verdrängung im Wege der Spezialität. Zwei Regelungen stehen im Verhältnis der Spezialität, wenn der Tatbestand der speziellen Regelung alle Merkmale der allgemeinen Regelung und zusätzlich mindestens ein weiteres Merkmal enthält.387 Ein derartiges Verhältnis zwischen § 394 S. 1 AktG und § 311 Abs. 1 AktG liegt indes nicht vor. Zwar lässt sich der hier zu untersuchende Sachverhalt sowohl unter § 311 Abs. 1 AktG als auch unter § 394 S. 1 AktG subsumieren. 385 Siehe Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 37 („Akt der Geschäftsführung“); mit dem Begriff der „Geschäftsführungshandlung“: Koch, AktG, § 311 Rn. 23; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 76; Müller, in: BeckOGKAktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 83. 386 Dazu Kap. 3 C. I. 2. 387 Barczak, JuS 2015, 969, 973; Dietz, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, S. 22; Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 199; Wank, Juristische Methodenlehre, § 16 Rn. 183.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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Jedoch erfordert § 311 Abs. 1 AktG im Unterschied zu § 394 S. 1 AktG ein Abhängigkeitsverhältnis.388 Demgegenüber führt nicht jedes Abhängigkeitsverhältnis zu einem Dispens nach § 394 S. 1 AktG. Erforderlich ist zusätzlich stets, dass eine Beteiligung durch eine Gebietskörperschaft vorliegt. Es bleiben daher Sachverhalte denkbar, die entweder nur der einen oder nur der anderen Vorschrift unterfallen. Derartige Konkurrenzfälle sind von denjenigen der Spezialität zu unterscheiden.389 Decken sich die Tatbestände zweier Normen nur teilweise und lassen sich Sachverhalte entweder nur unter den einen, nur unter den anderen oder aber unter beide Tatbestände subsumieren, ist im Falle einer Überschneidung zur Ermittlung der anzuwendenden Rechtsfolge der Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschriften in den Blick zu nehmen.390 Ergibt die Berücksichtigung der Wertungen der Vorschriften, dass der Gesetzgeber bestimmte Vorgänge aus besonderen Gründen einer einheitlichen Regelung unterwerfen wollte und droht dieser Normzweck durch die parallele Anwendung der anderen Norm vereitelt zu werden, wird diese andere Norm verdrängt.391 Die Vorschrift des § 394 S. 1 AktG soll eine effektive Beteiligungsverwaltung durch die Gebietskörperschaft ermöglichen und entbindet zu diesem Zweck die Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat hinsichtlich ihrer Berichtspflichten von ihrer Verschwiegenheitspflicht.392 Es ist nicht erkennbar, dass dieser Normzweck bei einer parallelen Anwendung des § 311 Abs. 1 AktG vereitelt werden würde. Wie bereits gezeigt wurde, steht § 311 Abs. 1 AktG einer Informationsweitergabe nicht im Wege, wenn die Gebietskörperschaft die Garantie übernimmt, die Informationen nicht in für die Gesellschaft schadhafter Weise zu verwenden.393 Die Verwendung der Informationen zur Beteiligungsverwaltung stellt dabei keine schadhafte Verwendungsart dar.394 Werden bei dieser Überlegung die Normzwecke beider Vorschriften einbezogen, spricht noch ein weiterer Aspekt für ihre parallele Anwendung. Ein Vergleich der Normzwecke von § 394 S. 1 AktG und § 311 Abs. 1 AktG offenbart zunächst die Gemeinsamkeit, dass beide Vorschriften den jeweils spezifischen Interessen des herrschenden Unternehmens oder der beteiligten Gebietskörperschaft Rechnung tragen. Während § 394 S. 1 AktG eine effektive Beteiligungsverwaltung zu er388 Gegen die Erforderlichkeit einer bestimmten Beteiligungshöhe für die Anwendbarkeit der §§ 394, 395 AktG Kap. 3 C. II. 1. b) aa) (1). 389 Dietz, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, S. 22; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 89 f.; ähnlich Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 199. 390 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 89. 391 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 89; ähnlich Dietz, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, S. 62: Subsidiarität infolge „erschöpfende[r] Regelung“. 392 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 9; M. Mann, AG 2018, 57; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 2. 393 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 394 Kap. 3 B. II. 3. c) aa).

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

leichtern versucht, hat § 311 Abs. 1 AktG auch die Funktion, einheitliche Leitung zu ermöglichen.395 Ebenso enthalten beide Regelungskomplexe eine schützende Komponente zugunsten der informationsweitergebenen Gesellschaft. Hierfür werden die Empfänger der Berichte im Rahmen des § 394 S. 1 AktG einer eigenen gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterworfen (§ 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG).396 Bei § 311 Abs. 1 AktG wird die abhängige Gesellschaft durch den Nachteilsausgleich geschützt.397 Allerdings verfolgt § 311 Abs. 1 AktG noch das weitere Ziel, die unternehmerische Autonomie der abhängigen Gesellschaft zu schützen.398 Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist nicht verpflichtet, den Veranlassungen des herrschenden Unternehmens Folge zu leisten.399 Er hat die Entscheidungen über die Vornahme einer Maßnahme nur an dem Unternehmensinteresse der eigenen Gesellschaft auszurichten.400 Dieser Schutzzweck findet im Regelungskomplex der §§ 394, 395 AktG keinen Niederschlag und würde unterlaufen, wenn § 311 Abs. 1 AktG durch § 394 S. 1 AktG verdrängt wird. Die Zwecke und Wertungen beider Normen können nur verwirklicht werden, wenn zwischen ihnen keine Alternativität besteht und beide Vorschriften nebeneinander angewendet werden. Nach alledem ist auch bei der Weitergabe von Informationen durch einen Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat in Ansehung von § 311 Abs. 1 AktG eine Verwendungsbeschrän395 Nach heutigem Verständnis hat § 311 AktG auch die Funktion, einheitliche Leitung unter der Voraussetzung des Schutzes der Vermögensinteressen der abhängigen Gesellschaft zu ermöglichen (sog. Privilegierungsfunktion), siehe Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 10; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 2; Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 692; Koch, AktG, § 311 Rn. 4; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 2; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 2 f.; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 4 ff.; für bloße Duldung der Ausübung von Leitungsmacht Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, vor § 311 Rn. 10 ff.; gegen Privilegierungsfunktion Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337, 349. 396 Zu diesem Schutzzweck von § 395 Abs. 1 AktG siehe Huber/Fröhlich, in: GroßKommAktG, § 395 Rn. 1; Koch, AktG, § 395 Rn. 1; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 1; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 1; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 1. 397 Vgl. Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 7 ff.; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 1 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 1; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 3. 398 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 1; Löbbe, Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 115; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, Rn. 178; Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 402 f.; ähnlich Fleischer, in: Fleischer, HdB. VorstandsR, § 18 Rn. 104; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 4. 399 Emmerich/Habersack, KonzernR, § 25 Rn. 40; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Koch, AktG, § 311 Rn. 48; Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 400 Vgl. Bosse, Der Konzern 2019, 1, 2; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/ GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Koch, AktG, § 311 Rn. 48; Krieger, in: MünchHdBAG, § 70 Rn. 31; Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10.

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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kung in der Ausgestaltung einer Garantie zu fordern.401 Wird eine Garantievereinbarung abgeschlossen, kann die Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG überwunden werden. 3. Informationszugangshürde des § 131 Abs. 4 AktG Durch die Berichte der Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt die Gebietskörperschaft einen Informationsvorsprung gegenüber anderen Aktionären. Diese könnten mit § 131 Abs. 4 AktG ein Instrument haben, die entstandenen Informationsvorsprünge abzubauen. Werden die Berichte der Repräsentanten im Aufsichtsrat an die Gebietskörperschaft von § 131 Abs. 4 AktG erfasst, müssten bei entsprechendem Verlangen eines Aktionärs sämtliche Informationen, die im Rahmen der Berichte an die Gebietskörperschaft übermittelt wurden, in der Hauptversammlung preisgegeben werden. Trotz der weitreichenden Bedeutung, die die Anwendbarkeit von § 131 Abs. 4 AktG in hiesiger Konstellation hätte, findet auch diese Fragestellung im Schrifttum kaum Beachtung.402 Erklären lässt sich ihr Schattendasein damit, dass § 131 Abs. 4 AktG eine Informationsweitergabe durch die Gesellschaft erfordert.403 Da die Kompetenz zu Informationsweitergabe dem Vorstand zugordnet wird, sollen Informationsweitergaben durch den Aufsichtsrat grundsätzlich kein Nachauskunftsrecht auslösen.404 Nur wenn sich die Informationsweitergabe durch den Aufsichtsrat etwa durch eine entsprechende Autorisierung dem Vorstand zurechnen lässt, sei § 131 Abs. 4 AktG anwendbar.405 Soweit bereits deshalb auch bei der Informationsweitgabe durch Aufsichtsratsmitglieder einer Gebietskörperschaft eine Nachauskunftspflicht abgelehnt wird,

401 Im Ergebnis ähnlich auch Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 95 f., nach dem im Kontext eines parlamentarischen Informationsersuchens die Zulässigkeit der Informationsweitergabe durch den Repräsentanten im Aufsichtsrat von der Zusage abhängig wäre, dass die Informationen nur soweit veröffentlicht werden, wie es von Verfassungs wegen zwingend geboten ist. 402 Siehe aber Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 163. 403 Allgemein hierzu Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 460; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 154; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 255 ff.; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 96 f. 404 LG Frankfurt v. 16. 02. 2016 – 3 – 05 O 132/15, NZG 2016, 622 f. = NJW-RR 2016, 739; Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 460 f.; Koch, AktG, § 131 Rn. 107; Reger, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 131 Rn. 28; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 96a; im Ergebnis auch Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 154, nach dem es sich allerdings weniger um ein Kompetenzproblem als vielmehr um ein Zurechnungsproblem handele. 405 Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 460 f.; ders., ZGR 2020, 238, 245; Herrler, in: Grigoleit, AktG, § 131 Rn. 56; Koch, AktG, § 131 Rn. 107; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 154; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 256.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

greift dies zu kurz.406 Die Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat verfügen nämlich über eine eigenständige Kompetenz zur Informationsweitergabe, die den Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG zugrundeliegt.407 Geben die Repräsentanten der Gebietskörperschaft auf der Grundlage dieser besonderen Kompetenz Informationen weiter, ist die Informationsweitergabe der Gesellschaft zuzurechnen, sodass eine Nachauskunftspflicht jedenfalls tatbestandlich in Betracht kommt. Eine ähnlich gelagerte Diskussion ist im Bereich der Investor Relations zu besichtigen. Soweit dort für die Informationsweitergabe durch den Aufsichtsrat an einzelne Aktionäre eine eigene Kompetenz angenommen wird, soll auch ein erweitertes Auskunftsrecht der anderen Aktionäre bestehen.408 Allerdings könnte das erweiterte Auskunftsrecht der Aktionäre aus einem anderen Grund nicht anzuwenden sein. Wie bereits dargestellt wurde, ist die Pflicht zur Nachauskunft als besondere, informationsspezifische Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots zu begreifen.409 Bildhaft wurden § 131 Abs. 4 AktG und § 53a AktG insofern als „Holz vom gleichen Stamme“410 oder als „zwei Seiten derselben Medaille“411 beschrieben. Der Sinnzusammenhang beider Vorschriften wird von der überwiegenden Ansicht im Schrifttum herangezogen, um § 131 Abs. 4 AktG in den Fällen teleologisch zu reduzieren, in denen eine Ungleichbehandlung wegen ihrer sachlichen Rechtfertigung nicht gegen § 53a AktG verstößt.412 Ob die hier in Rede stehende Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft eine informationelle Ungleichbehandlung darstellt, die sich im Rahmen des § 53a AktG sachlich rechtfertigen lässt, braucht nicht näher untersucht zu werden. Die Vorschriften der §§ 394, 395 AktG verstehen sich als gesetzesunmittelbare Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz.413 Sie gelten ausschließlich für beteiligte Gebietskörperschaften und unabhängig von einer Beteiligungshöhe. Die diesen Vorschriften immanente informationelle Ungleichbehandlung privater und öffentlicher Aktionäre wird ex lege und außerhalb von § 53a AktG legitimiert. Auf eine sachliche 406

So aber Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 163. Dazu Kap. 3 C. I. 2. 408 Vgl. Holle, ZIP 2019, 1895, 1899; Koch, AktG, § 131 Rn. 107; ders., AG 2017, 129, 138 f.; Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 257; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 131 Rn. 96a; Wurm, Die rechtliche Bewertung von Investorendialogen, S. 83 f. 409 Kap. 3 A. III. 410 Fleischer, ZGR 2009, 505, 520. 411 Herz, NZG 2020, 285, 288. 412 Vgl. Fleischer, ZGR 2009, 505, 520; Herz, NZG 2020, 285, 287 f.; Holle, ZIP 2019, 1895, 1899; Leyens, ZGR 2019, 544, 576 f.; Seibt, ZGR 2006, 501, 508 f.; Seibt/Danwerth, AG 2021, 369, 373; Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 510 f.; Ziemons, AG 1999, 492, 496; a. A. Decher, in: GroßKomm-AktG, § 131 Rn. 454; ders., ZGR 2020, 238, 245; wohl auch Poelzig, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 131 Rn. 242. 413 Hierzu und zur unions- und verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Ausnahme Kap. 3 C. II. 1. a) bb), cc). 407

C. Informationszugang über den Aufsichtsrat

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Rechtfertigung im Rahmen von § 53a AktG kommt es damit nicht an. Die Wertentscheidung des Gesetzgebers für eine informationelle Privilegierung von Gebietskörperschaften muss auch im Rahmen der Nachauskunftspflicht respektiert werden. Dass der Gesetzgeber die so übermittelten Informationen vor ihrem nachträglichen Bekanntwerden geschützt wissen wollte, wird durch die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und das Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG bestätigt. Die bevorzugte Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft ist im Gesetz angelegt. Entstehende Informationsasymmetrien können nicht durch das erweiterte Auskunftsrecht der Aktionäre ausgeglichen werden.414

III. Informationsweitergabe durch sonstige Aufsichtsratsmitglieder Der Dispens von der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht richtet sich nur an Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind. Für die sonstigen Aufsichtsratsmitglieder greift weiterhin die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht. Ob die Hürden der Informationsweitergabe überwunden werden können, muss nur näher beleuchtet werden, wenn den sonstigen Aufsichtsratsmitgliedern nicht schon die Befugnis zur Weitergabe von Informationen fehlt. Eine Weitergabe von Informationen durch die Repräsentanten der Gebietskörperschaft ist nur möglich, weil aus den Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG eine Sonderkompetenz zur Informationsweitergabe ableitbar ist, die mit den Berichtspflichten der Repräsentanten korrespondiert. Sonstigen Aufsichtsratsmitgliedern steht die aus §§ 394, 395 AktG folgende Sonderkompetenz nicht zur Verfügung. In den letzten Jahren wird die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Außenkommunikation zunehmend Gegenstand intensiverer Diskussion. Insbesondere im Bereich der Investor Relations würden Investoren immer häufiger den Dialog mit Aufsichtsräten erwarten.415 Dieser Erwartung werde in der Unternehmenspraxis bereits entsprochen.416 Von dieser Warte aus wird im Schrifttum versucht, die gelebte Praxis auf ein belastbares kompetenzielles Fundament zu stellen.417 Auch der Arbeitskreis 414 Im Ergebnis auch Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 163, der § 131 Abs. 4 AktG bereits tatbestandlich ablehnt. 415 Siehe Arbeitskreis Recht des Aufsichtsrats, NZG 2021, 477, 478; Drinhausen/MarschBarner, AG 2014, 337, 349; Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 362; Grunewald, ZIP 2016, 2009, 2010. 416 Arbeitskreis Recht des Aufsichtsrats, NZG 2021, 477, 478; Heinen/Schilz/Kahle, ZIP 2022, 553, 562; Tietz/Hammann/Hoffmann, Der Aufsichtsrat 2019, 69 ff. 417 Fleischer/Bauer/Wansleben, DB 2015, 360, 365: Annexkompetenz zur Sachkompetenz; wohl auch Wurm, Die rechtliche Bewertung von Investorendialogen, S. 107, 114; zurückhaltender Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, AktG, § 111 Rn. 73; Holle, ZIP 2019, 1895, 1897; Koch, AktG, § 111 Rn. 54: Kompetenz des Aufsichtsrats nur, wenn ein zwingendes Informationsbedürfnis der Investoren besteht, das durch den Vorstand nicht befriedigt werden kann.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

Recht des Aufsichtsrats hat in einem Eckpunktepapier für eine Aktienrechtsreform eine ausdrückliche Kompetenz des Überwachungsorgans zur Außenkommunikation gefordert.418 Soweit für Investorendialoge eine Befugnis des Aufsichtsrats zur Informationsweitergabe bejaht wird, können diese Ergebnisse in hiesiger Konstellation allerdings nicht fruchtbar gemacht werden. Anders als bei Investorendialogen besteht bei der Informationsweitergabe an die beteiligte Gebietskörperschaft mit §§ 394, 395 AktG eine Sonderkompetenz, deren besondere Voraussetzungen umgangen würden, wenn auch sonstige, nicht auf Veranlassung der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählte oder entsandte Aufsichtsratsmitglieder zur Informationsweitergabe befugt wären. Aus Perspektive der Gebietskörperschaft kann der Informationszugriff daher nur über ihre Repräsentanten und in dem durch §§ 394, 395 AktG vorgegebenen Rahmen erfolgen.

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG Die Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG werden durch das Informationsprivileg des § 53 HGrG ergänzt. Im Gegensatz zu §§ 394, 395 AktG erfolgt die informationelle Privilegierung hier nicht unmittelbar durch Berichte von Organmitgliedern an die Gebietskörperschaft. Die Gebietskörperschaft kann vielmehr von der Gesellschaft verlangen, dass eine erweiterte Abschlussprüfung vorgenommen und ihr der Bericht des Abschlussprüfers unverzüglich übersendet wird. Ebenso wie die Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG soll auch § 53 HGrG der beteiligten Gebietskörperschaft die Erfüllung ihrer Ingerenzpflicht und eine Kontrolle der eingesetzten öffentlichen Mittel ermöglichen.419 Mit § 53 HGrG wollte der Gesetzgeber gezielt die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen modifizieren,420 weshalb die Vorschriften ganz überwiegend trotz ihrer Verortung im haushaltsrechtlichen HGrG für gesellschaftsrechtliche Regelungen gehalten werden.421 Die Vorschriften gelten dabei nach § 49 HGrG einheitlich unmittelbar für den Bund und die Länder, wobei unter den Begriff der Länder auch die Gemeinden gefasst werden.422 418

Arbeitskreis Recht des Aufsichtsrats, NZG 2021, 477, 478 f. Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 3 ff.; Koch, AktG, § 394 Rn. 5; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 386 f.; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 18; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 68. 420 Vgl. Begr.RegE. BT-Drs. 5/3040 S. 58. 421 Keßler/Herzberg, NZG 2007, 531; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 387; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 68; a. A. Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 2, 6 f. 422 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 9; Keßler/Herzberg, NZG 2007, 531; Koch, AktG, § 394 Rn. 23; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 419

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG

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I. Erweiterte Abschlussprüfung, § 53 HGrG 1. Voraussetzungen a) Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft Erforderlich ist nach § 53 Abs. 1 HGrG zunächst eine Mehrheitsbeteiligung der Gebietskörperschaft an der Gesellschaft. Mehrheitsbeteiligung meint dabei die Mehrheit der Kapitalanteile; weder erforderlich noch ausreichend ist dagegen die Mehrheit der Stimmrechte.423 Ergibt sich die Mehrheitsbeteiligung erst aus der Beteiligung mehrerer Gebietskörperschaften, ist nach § 53 Abs. 1 HGrG notwendig, dass der Gebietskörperschaft, die die erweiterte Abschlussprüfung verlangt, jedenfalls 25 % der Kapitalanteile zustehen.424 Hierdurch soll verhindert werden, dass sich die Mehrheitsbeteiligung aus einer Vielzahl an Splitterbeteiligungen verschiedener Gebietskörperschaften ergibt.425 Für die Berechnung der Mehrheitsbeteiligung enthält § 53 Abs. 2 HGrG besondere Zurechnungstatbestände. Danach sind der Gebietskörperschaft nach § 53 Abs. 2 S. 1 AktG auch solche Beteiligungen zuzurechnen, die einem Sondervermögen der Gebietskörperschaft gehören. Zuzurechnen sind nach § 53 Abs. 2 S. 2 HGrG auch die Anteile, die einem Unternehmen gehören, bei dem der Gebietskörperschaft die Rechte nach § 53 Abs. 1 HGrG zustehen, sie also mehrheitlich beteiligt ist oder ihr bei mehreren öffentlichen Beteiligungen jedenfalls 25 % der Kapitalanteile zustehen. Fraglich ist, ob auch die konzernrechtlichen Zurechnungsregeln des § 16 Abs. 4 AktG anzuwenden sind. Bei Gebietskörperschaften handelt es sich freilich um Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne, sodass § 16 Abs. 4 AktG grundsätzlich anwendbar ist.426 Nach § 16 Abs. 4 Alt. 1 AktG wären auch solche Anteile der Gebietskörperschaft zuzurechnen, die einem anderen Unternehmen gehören, das seinerseits von der Gebietskörperschaft abhängig ist. Abhängigkeit kann hierbei nach §§ 17 Abs. 2, 16 Abs. 1 Alt. 2 AktG auch an die Stimmrechtsmehrheit anknüpfen. Nicht zuletzt deshalb wird überwiegend eine Anwendbarkeit der Zurechnungsregeln aus § 16 Abs. 4 AktG auf das Mehrheitserfordernis des § 53 Abs. 1

Rn. 6; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 17; Pelz, in: Bürgers/Körber/ Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 9; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 33. 423 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 10; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 24; Koch, AktG, § 394 Rn. 7; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 35; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394, 395 Rn. 75. 424 Koch, AktG, § 394 Rn. 7; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 10; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 35; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 73. 425 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 24; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 73. 426 Dazu bereits Kap. 2 B. II. 4. b) bb) (2).

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

HGrG abgelehnt.427 Im Rahmen des § 53 HGrG komme es nämlich gerade nicht auf die Mehrheit der Stimmrechte, sondern auf die Mehrheit der Kapitalanteile an.428 Dies überzeugt umso mehr, wenn die Zurechnungstatbestände des § 53 Abs. 2 HGrG als Spezialvorschriften verstanden werden, die die Regelungen des § 16 Abs. 4 AktG verdrängen. b) Prüfungspflichtigkeit des Unternehmens und Verlangen der Gebietskörperschaft § 53 Abs. 1 HGrG gewährt der Gebietskörperschaft das Recht, die Abschlussprüfung um Prüfungsgegenstände zu erweitern. Eine solche Erweiterung setzt jedoch voraus, dass das Unternehmen seinen Abschluss überhaupt prüfen lässt.429 Für Unternehmen in der Rechtsform der AG ergibt sich die Prüfungspflichtigkeit regelmäßig aus § 316 Abs. 1 S. 1 HGB. Handelt es sich bei der Gesellschaft hingegen um eine kleine Kapitalgesellschaft i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB, die von der Prüfungspflicht nach § 316 Abs. 1 S. 2 HGB ausgenommen ist, kann die Prüfungspflicht noch statutarisch begründet werden.430 Für Beteiligungen des Bundes wird dies durch die Bestimmung des § 65 Abs. 1 Nr. 4 BHO aufgegriffen, nach der sich der Bund nur an Unternehmen in privater Rechtsform beteiligen soll, wenn gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und geprüft werden.431 Entsprechende oder ähnliche Vorgaben enthalten auch die Haushaltsordnungen der Länder432 sowie die meisten Gemeindeordnungen433. 427 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 4; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 27; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 75; a. A. Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 10. 428 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 27; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 75. 429 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 5; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 15; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 28; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 21; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 10; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 36; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 77. 430 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 15; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 28; Koch, AktG, § 394 Rn. 9; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 21; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 10; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 36; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 77. 431 Vgl. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 28. 432 § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO BW; Art. 65 Abs. 1 Nr. 4 HO Bay; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Ber; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Br; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Brm; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Hmb; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Hess; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO MV; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Nds; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO NRW; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO RP; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Saarl; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Sachs; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO LSA; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO SH; § 65 Abs. 1 Nr. 4 LHO Thür.

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG

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§ 53 Abs. 1 HGrG setzt ein Verlangen der Gebietskörperschaft voraus. Ausreichend ist, dass das Verlangen „bis auf weiteres“ erklärt wird; eine jährliche Wiederholung ist nicht erforderlich.434 Empfohlen wird jedoch eine zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre.435 Dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 HGrG nach kann die Gebietskörperschaft die Erweiterung der Abschlussprüfung verlangen. Hieraus wird überwiegend abgleitet, die Gebietskörperschaft sei zur Eröffnung dieses Informationskanals nicht verpflichtet.436 Zwar lässt sich eine entsprechende Verpflichtung § 53 Abs. 1 HGrG nicht unmittelbar entnehmen. Die Ausübungspflicht stellt jedoch einen Ausfluss der Ingerenzverantwortung der Gebietskörperschaft dar. Die Gebietskörperschaft ist zur Wahrnehmung ihrer Ingerenzverantwortung dazu verpflichtet, im Rahmen einer Eingangskontrolle alle rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten auszuschöpfen, die ihr die Erfüllung ihrer Einwirkungs- und Kontrollpflicht erleichtern.437 Hierzu muss auch die Ausübung der Rechte des § 53 Abs. 1 HGrG zählen.438 2. Prüfungsgegenstände a) Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, § 53 Abs. 1 Nr. 1 HGrG Der Umfang der regulären Abschlussprüfung nach § 317 HGB wird nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 HGrG um den Prüfungsgegenstand der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung erweitert. Die Geschäftsführung lässt sich dabei in die Bereiche von Geschäftsführungsorganisation, Geschäftsführungsinstrumentarium und Geschäftsführungstätigkeit aufschlüsseln.439 Schwerpunkt der Geschäftsführungsor-

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§ 103 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) GO BW; § 96 Abs. 1 Nr. 4 KVerf Br; § 122 Abs. 1 Nr. 4 HGO; § 108 Abs. 1 Nr. 8 GO NRW; § 110 Abs. 1 Nr. 4 KSVG Saarl; ähnlich Art. 94 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayGO; § 73 Abs. 1 Nr. 2 KomVerf MV; § 158 Abs. 1 KomVG Nds; § 89 Abs. 7 GO RP; § 96a Abs. 1 Nr. 8 GO Sachs; § 133 Abs. 1 Nr. 4 KVG LSA; § 102 Abs. 2 Nr. 6 GO SH; § 75 Abs. 4 Nr. 1 KO Thür: Hinwirkungspflicht der Gemeinde auf entsprechende Satzungsbestimmungen. 434 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 6; Koch, AktG, § 394 Rn. 9; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 37; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 79; a. A. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 37. 435 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 6; Koch, AktG, § 394 Rn. 9; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 79. 436 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 6; Koch, AktG, § 394 Rn. 9; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 39. 437 Kap. 2 B. II. 3. 438 Ähnlich Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 17: Verpflichtung aus Demokratieprinzip; zustimmend Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 79; für eine „praktische Pflicht“ auch Loitz, BB 1997, 1835; a. A. Koch, AktG, § 394 Rn. 9. 439 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 33; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 82.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

ganisation bilden dabei das Planungs- und Rechnungswesen sowie das Risikomanagement.440 Nicht erforderlich ist, dass im Rahmen der Ordnungsmäßigkeitsprüfung die Zweckmäßigkeit der getätigten Geschäfte und Geschäftsführungsmaßnahmen umfassend durch den Prüfer bewertet werden.441 Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführungsmaßnahmen liegt in Anlehnung an § 93 AktG und § 43 GmbHG bereits dann vor, wenn die Geschäftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters erfolgt ist.442 b) Prüfungs- und Berichtsgegenstände nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 HGrG Daneben kann die mehrheitlich beteiligte Gebietskörperschaft auch verlangen, dass der Bericht um die in § 53 Abs. 1 Nr. 2 HGrG aufgeführten Gegenstände erweitert wird. So kann der Abschlussprüfer insbesondere nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) HGrG beauftragt werden, in seinem Bericht auch die Vermögens- und Ertragsentwicklung sowie die Liquidität und Rentabilität der Gesellschaft darzustellen. Die praktische Bedeutung dieser besonderen Berichtsgegenstände ist indes gering. Vergleichbare Anforderungen werden bereits durch den später eingefügten § 321 Abs. 2 S. 3 HGB aufgestellt, sodass eine Erweiterung, wie sie durch § 53 Abs. 1 AktG vorgesehen war, kaum vorliegt.443 Die Anforderungen für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 HGrG und auch die Prüfung und Darstellung der besonderen Gegenstände nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 HGrG werden durch die „Grundsätze für die Prüfung von Unternehmen nach § 53 HGrG“444 näher konkretisiert.445 Darüber hinaus gilt der IDW-Prüfungsstandard PS 720.446

440 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 7; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 33; Koch, AktG, § 394 Rn. 10; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 82. 441 Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 391. 442 Bierwirth, FS Ludewig 1996, 125, 129; Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 7; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 33; Lutter/Grunewald, WM 1984, 385, 391; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 24; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 39; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 82. 443 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 8; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 20; Koch, AktG, § 394 Rn. 11; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 25; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 40. 444 Anlage zur VV Nr. 2 zu § 68 BHO, GMBl. 2001, 965. Abrufbar unter https://www.ver waltungsvorschriften-im-internet.de/BMF-IIA3-20181002-H-05-01-2-KF-005-A014.htm (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022). 445 Koch, AktG, § 394 Rn. 10; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 24; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 11; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 40 Fn. 104; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 84.

D. Informationsprivileg durch Erweiterung der Abschlussprüfung, § 53 HGrG

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3. Übersendung des Prüfungsberichts § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG bestimmt, dass das Unternehmen der Gebietskörperschaft den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers unverzüglich übersenden muss. Unverzüglich ist nach allgemeinen Grundsätzen (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) zu verstehen; erforderlich ist also eine Übersendung ohne schuldhaftes Zögern.447 Wenngleich der Prüfungsbericht nach § 321 Abs. 5 S. 2 HGB bei dem Aufsichtsrat eingeht, ist der Vorstand für die Übersendung des Prüfungsberichts an die Gebietskörperschaft zuständig.448 Liegen zusätzlich die Voraussetzungen der §§ 394, 395 AktG vor, kann die Gebietskörperschaft die Prüfungsberichte sowohl über den Vorstand auf Grundlage von § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG als auch über ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat auf Grundlage der Berichtspflicht, zur deren Erfüllung die Verschwiegenheitspflicht im Aufsichtsrat zurücktritt, verlangen.449

II. Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft In dem an die Gebietskörperschaft zu übersendenden Prüfungsbericht können auch sensible Informationen der Gesellschaft enthalten sein. Anders als das Informationsprivileg des § 394 S. 1 AktG verfügt § 53 HGrG über kein eigenes mit § 395 AktG vergleichbares Element zum Schutz des Vertraulichkeitsinteresses der Gesellschaft. Teilweise werden beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflichten, wie etwa § 67 Abs. 1 BBG, für ausreichend gehalten, um dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft Rechnung zu tragen.450 Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflichten, anders als § 395 AktG, nicht dazu bestimmt sind, Interessen der Gesellschaft zu schützen.451 Überzeugender erscheint 446 Abgedruckt in WPg 2006, 1452 ff.; zur Anwendung Huber/Fröhlich, in: GroßKommAktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG 395 Rn. 22; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 34; Koch, AktG, § 394 Rn. 10; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 24 Fn. 75; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 11; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 40 Fn. 104; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 84. 447 Koch, AktG, § 394 Rn. 12; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 35; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 26; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 41; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 89. 448 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 23; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 35; Koch, AktG, § 394 Rn. 12; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 26; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, vor §§ 394 ff. Rn. 13; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 41; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 89; a. A. Müller-Michaels, in: Hölters, AktG (1. Aufl. 2011), § 395 Rn. 36, der ohne nähere Begründung auf den Aufsichtsrat abstellt. 449 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 89. 450 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 10; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 14; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 201; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 4. 451 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 6.

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

es daher, die durch die unterschiedliche Schutzrichtung entstehenden Schutzlücken durch eine erweiterte Auslegung von § 395 AktG zu schließen.452 Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG erfasst daher neben den Informationen aus den Berichten der Repräsentanten im Aufsichtsrat auch solche Informationen, die der Gebietskörperschaft durch die Übersendung des Prüfungsberichts bekannt geworden sind. In dieser Weise können das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG und das des § 53 HGrG eine sinnhafte Sacheinheit bilden, die eine Privilegierung der Gebietskörperschaft erlaubt, ohne aber die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft und etwaiger Minderheitsaktionäre aus den Augen zu verlieren.453

E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft Die beteiligte Gebietskörperschaft kann die von ihr benötigten Informationen vom Vorstand oder von ihren Repräsentanten im Aufsichtsrat beziehen. Es wurde gezeigt, dass die jeweils in Betracht kommenden Informationszugangshürden überwunden werden können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Gebietskörperschaft mit den an sie abgeflossenen Informationen anschließend beliebig verfahren kann. Abhängig davon, ob die Gebietskörperschaft die Informationen über den Vorstand oder über ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt hat, ist die Informationsverwendung durch die Gebietskörperschaft verschiedentlich eingeschränkt.

I. Maßgeblichkeit der Informationsquelle 1. Informationszugang über den Vorstand Welchen konkreten Einschränkungen die Gebietskörperschaft unterliegt, bestimmt sich danach, ob die Informationen über den Vorstand oder die Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt wurden. Wurden die Informationen über den Vorstand erlangt, wird die abhängige Gesellschaft gegenüber der herrschenden Gebietskörperschaft durch § 311 Abs. 1 AktG geschützt.454 Danach ist es der Gebietskörperschaft verboten, die abhängige Gesellschaft zu Rechtsgeschäften oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu veranlassen, 452 Früchtl, in: Wachter, AktG, § 395 Rn. 2; Koch, AktG, § 395 Rn. 4; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 5; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 3; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 7; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 3. 453 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 6 f.; siehe auch Koch, AktG, § 395 Rn. 4, der § 53 HGrG als Bestandteil des § 395 Abs. 1 AktG begreift. 454 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 1 ff.; Koch, AktG, § 311 Rn. 1; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 3.

E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft

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es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden. Das Erfordernis eines Nachteilsausgleichs stellte sich als Hürde des Informationszugangs dar, die nur genommen werden kann, wenn die Gebietskörperschaft verpflichtet ist, die erlangten Informationen nicht in einer für die Gesellschaft nachteiligen Weise zu verwenden. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht ist die Verwendungsbeschränkung in einer Garantievereinbarung zu begründen. Handelt es sich um eine Gesellschaft mit pluralistischer Aktionärsstruktur, besteht die Verwendungsbeschränkung bereits auf der Grundlage der mitgliedschaftlichen Treuepflicht.455 In diesen Fällen flankiert die Garantievereinbarung die mitgliedschaftliche Treuepflicht, indem sie im Verletzungsfalle das Schutzniveau erhöht.456 2. Informationszugang über Repräsentanten im Aufsichtsrat Für den Informationszugang über den Aufsichtsrat hat der Gesetzgeber mit §§ 394, 395 AktG spezielle Regelungen geschaffen. Nach § 394 S. 1 AktG sind die in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten der Gebietskörperschaft hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, nicht an ihre organschaftliche Verschwiegenheitspflicht gebunden. Die Vertraulichkeit wird jedoch gewährleistet, indem die Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG auf die Empfänger der Berichte in den Verwaltungsinnenbereich verlagert wird. Nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG sind die Empfänger verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht trifft auch diejenigen, die im Rahmen von Mitteilungen im dienstlichen Verkehr mittelbar Kenntnis von vertraulichen Angaben oder Geheimnissen der Gesellschaft erlangt haben. Auch Informationen, die aus dem Bericht über die erweiterte Abschlussprüfung nach § 53 HGrG stammen, unterliegen § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG. Bei dem Informationszugriff über die Repräsentanten im Aufsichtsrat ist neben §§ 394, 395 AktG auch § 311 Abs. 1 AktG zu beachten. Um die Informationsweitergabe mit § 311 Abs. 1 AktG in Einklang zu bringen, ist – wie bei dem Informationszugang über den Vorstand – der Abschluss einer Garantievereinbarung erforderlich. Handelt es sich um Gesellschaften mit einer pluralistischen Aktionärsstruktur, ist die Gebietskörperschaft auch durch die mitgliedschaftliche Treuepflicht in der Verwendung der Informationen beschränkt.

455

In Einmanngesellschaften, wie sie bei Beteiligungen von Gebietskörperschaften häufig vorliegen, besteht nach h. M. keine mitgliedschaftliche Treuepflicht, sodass die Verwendungsbeschränkung durch Garantievereinbarung konstituiert wird. 456 Zu den weiteren Vorzügen der Garantievereinbarung Kap. 3 B. II. 3. e) bb).

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

II. Auswirkungen einer erfolgten Eingangskontrolle Treffen das Aktienrecht und das öffentliche Recht bei Beteiligungen von Gebietskörperschaften an Unternehmen in der Rechtsform der AG aufeinander, entsteht zwischen den Rechtsgebieten ein Spannungsfeld. Dieses Spannungsfeld ergibt sich aus den unterschiedlichen Grundsätzen und Prinzipien, denen die Rechtsgebiete folgen. Während das Aktienrecht grundsätzlich auf Gewinnerzielung gerichtete Gesellschaften zum Gegenstand hat, die ihre sensiblen Informationen vor ihrer öffentlichen Preisgabe schützen wollen, wird das öffentliche Recht zunehmend von dem Gedanken der Transparenz und Offenheit geprägt. Das Spannungsfeld kann jedoch reduziert werden, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht wird und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Zwecke öffnet.457 Entsprechende Satzungsbestimmungen wirken sich nicht nur auf den Informationszugang der Gebietskörperschaft, sondern auch auf den Pflichtenkanon aus, der von der Gebietskörperschaft bei der Verwendung der erlangten Informationen beachtet werden muss. 1. Verwendungsbeschränkung aus der Garantievereinbarung Die zur Überwindung der Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG erforderliche Garantievereinbarung verbietet der Gebietskörperschaft eine für die Gesellschaft nachteilige Informationsverwendung. Eine konkrete Informationsverwendung ist nachteilig und deshalb in der Vereinbarung als unzulässig zu definieren, wenn sie zu Beeinträchtigungen der Vermögens- oder Ertragslage bei der Gesellschaft führt, die als Folge der Abhängigkeit eintreten. Werden die erlangten Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten verwendet, führt dies zu Beeinträchtigungen der Ertragslage der Gesellschaft. Diese Beeinträchtigungen stellen allerdings nur dann eine Abhängigkeitsfolge dar, wenn der Vorstand einer hypothetisch unabhängigen Gesellschaft sorgfaltswidrig gehandelt hätte, wenn er die Informationen zu dieser Verwendung weitergegeben hätte. Maßgeblich ist daher, ob in der Informationsweitergabe zu dieser Verwendung ein Verstoß gegen das Unternehmensinteresse der Gesellschaft liegt. Nach dem hier vertretenen interessenpluralistischen Ansatz setzt sich das Unternehmensinteresse aus den Partikularinteressen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit zusammen, die vom Vorstand im Wege praktischer Konkordanz in Ausgleich zu bringen sind. Dabei speist sich das Interesse der Aktionäre aus den Vorgaben der Satzung, die grundsätzlich von dem Zweck der Gewinnerzielung ausgeht. Wurden keine besonderen Bestimmungen in die Satzung aufgenommen und verbleibt es daher bei dem auf Gewinnerzielung gerichteten Interesse der Aktionäre, ist die Weitergabe der Infor457

Dazu Kap. 2 B. II. 4. b) aa).

E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft

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mationen zur Verwendung im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten nicht mit dem Unternehmensinteresse vereinbar. Die Informationsverwendung ist für die Gesellschaft nachteilig und in der Vereinbarung als unzulässig zu definieren. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet hat. Sind entsprechende Satzungsbestimmungen vorgenommen worden, tritt das Gewinnerzielungsinteresse der Gesellschaft zurück, sodass bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses neben den Interessen der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit die verankerten öffentlichen Zwecke als Interesse der Aktionäre in die Abwägung einzustellen sind. In diesem Fall ist Verwendung der Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten regelmäßig mit dem Unternehmensinteresse der Gesellschaft vereinbar. Die Beeinträchtigungen der Ertragslage stellen damit keine Abhängigkeitsfolge dar, sodass das Vorliegen eines Nachteils insgesamt abzulehnen ist. Sind entsprechende Satzungsbestimmungen vorgenommen worden, stellt sich diese Informationsverwendung nicht als nachteilig dar, sodass auch ein Verstoß gegen die Garantievereinbarung nicht vorliegt.458 2. Verwendungsbeschränkung aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht Handelt es sich um eine Gesellschaft mit pluralistischer Aktionärsstruktur, besteht die Verwendungsbeschränkung bereits auf der Grundlage der mitgliedschaftlichen Treuepflicht. Die im Personengesellschaftsrecht beheimatete Treuepflicht besteht nach inzwischen gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum auch im Aktienrecht.459 Sie gilt dabei sowohl zwischen Aktionär und Gesellschaft460 als auch im Verhältnis der Aktionäre untereinander.461 Ihrer Anerkennung im Aktienrecht 458

Zum Ganzen und mit entsprechenden Nachweisen Kap. 3 B. II. 3. BGH v. 01. 02. 1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 184, 194 ff. = NJW 1988, 1579; BGH v. 22. 06. 1992 – II ZR 187/90, NJW 1992, 3167, 3170 f. = ZIP 1992, 1464; BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 ff. = NJW 1995, 1739; BGH v. 05. 07. 1999 – II ZR 126/98, BGHZ 142, 167, 169 = NJW 1999, 3197; BGH v. 25. 11. 2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, 43 f. = NJW 2003, 970; Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 81 ff.; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 42; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 20; Koch, AktG, § 53a Rn. 13 f.; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 14; Raiser/Veil, KapGesR, § 11 Rn. 48 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV. 2. c), § 28 I. 4. 460 BGH v. 09. 06. 1954 – II ZR 70/53, BGHZ 14, 25, 38 = NJW 1954, 1401; BGH v. 19. 09. 1994 – II ZR 248/92, BGHZ 127, 107, 111 = NJW 1994, 3094; Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 91; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 48; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 28 f., 33 f.; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 15. 461 BGH v. 01. 02. 1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 184, 194 ff. = NJW 1988, 1579; BGH v. 20. 03. 1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 ff. = NJW 1995, 1739; Drygala, in: 459

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Kap. 3: Informationszugang der Gebietskörperschaft

liegt der Gedanke zugrunde, dass die aktienrechtlichen Schutzvorschriften nicht ausreichen, um allen Beeinträchtigungen im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Sonderverbindung zu begegnen.462 Für das Verhältnis der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft bestimmt die Treuepflicht im Kern das Gebot, in allen gesellschaftlichen Belangen Rücksicht auf das Unternehmensinteresse der Gesellschaft zu nehmen.463 Welche konkreten Handlungsgebote und -verbote aus der Treuepflicht folgen, muss daher anhand des Unternehmensinteresses bestimmt werden. Damit kommt den Satzungsbestimmungen zum Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck eine Doppelfunktion zu. Zunächst stecken sie den Wirkungsbereich der Treuepflicht ab.464 Zugleich stellen sie Bestimmungsgrößen ihres Schutzgegenstandes dar. So bestimmt sich das Interesse der Aktionäre, das im Rahmen des Unternehmensinteresses mit den Interessen der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit in Ausgleich zu bringen ist, ebenfalls nach den Regelungen der Satzung. Hat die Gebietskörperschaft das Ziel der Gewinnerzielung zurückgedrängt und öffentliche Zwecke in der Satzung verankert, lässt sich die Verwendung der Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten in aller Regel mit dem Unternehmensinteresse vereinbaren. Dies berechtigt die Gebietskörperschaft für sich genommen jedoch noch nicht, die erlangten Informationen entsprechend zu verwenden. Bei der Bestimmung des Unternehmensinteresses aus den einzelnen Partikularinteressen handelt es sich nämlich um eine Aufgabe, die durch den Vorstand der Gesellschaft wahrzunehmen ist (vgl. § 76 AktG). Ihm obliegt es, die Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit gegeneinander abzuwägen.465 Ob eine entsprechende Informationsverwendung mit dem Unternehmensinteresse vereinbar ist, muss daher durch den Vorstand der Gesellschaft entschieden werden. Sollen die erlangten Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten verwendet werden, kann die Gebietskörperschaft aber auf die Garantievereinbarung zurückgreifen. Mit der Qualifikation der Verwendungsart als zulässig hat der Vorstand antizipiert seine KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 92, 94; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 49 f.; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 31 f.; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/ Weber, AktG, § 53a Rn. 15. 462 Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 53a Rn. 38; Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 81; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 21. 463 Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 96; in diesem Sinne auch Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 54; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 42; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 53a Rn. 17; ferner Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 53a Rn. 51. 464 BGH v. 22. 06. 1992 – II ZR 187/90, NJW 1992, 3167, 3171 = ZIP 1992, 1464; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 53a Rn. 52; Hagemann/Jannott, in: Frodermann/Jannott, HdB. AktienR, Kap. 2 Rn. 194; Rieckers, in: MünchHdB-AG, § 17 Rn. 20. 465 Vgl. Hopt, ZGR 2002, 333, 360; Koch, AktG, § 76 Rn. 33; Oltmanns, in: Heidel, AktR, § 76 AktG Rn. 8; Raiser/Veil, KapGesR, § 14 Rn. 14.

E. Zusammenfassung und Pflichtenkanon der Gebietskörperschaft

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Zustimmung erteilt. Wurde eine Garantievereinbarung nicht abgeschlossen oder steht eine Informationsverwendung in Rede, die in der Garantievereinbarung nicht typisiert wurde, ist vor der Informationsverwendung die Zustimmung des Vorstands einzuholen. 3. Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Entsprechende Satzungsbestimmungen wirken sich auch auf § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG aus. Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ist § 93 Abs. 1 S. 3 AktG nachgebildet.466 Ebenso wie die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG gilt auch die Verschwiegenheitspflicht § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nicht absolut.467 Da die Verschwiegenheitspflicht auf den Schutz des Unternehmensinteresses gerichtet ist, steht sie einer Informationsweitergabe dann nicht im Wege, wenn diese mit dem Unternehmensinteresse vereinbar ist.468 Hat die Gebietskörperschaft die Gesellschaft durch Bestimmungen in der Satzung für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, lässt sich die Informationsverwendung im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten in aller Regel mit dem Unternehmensinteresse vereinbaren. Wurde eine Garantievereinbarung abgeschlossen, kann auf die darin enthaltene Zustimmung des Vorstands abgestellt werden, sodass die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG dieser Informationsverwendung nicht entgegensteht. Wurde eine Garantievereinbarung nicht geschlossen, ist vor der Informationsverwendung die Zustimmung des Vorstands einzuholen.

466 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 7; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 197; Koch, AktG, § 395 Rn. 3; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 6; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 4; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 3. 467 Zur Orientierung der Auslegung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG an § 93 Abs. 1 S. 3 AktG Koch, AktG, § 395 Rn. 3; siehe auch Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 48. 468 Vgl. Kap. 3 B. II. 4.

Kapitel 4

Gefährdung sensibler Informationen im Rahmen parlamentarischer Kontrolle Treffen das Aktienrecht und das öffentliche Recht bei der Beteiligung öffentlicher Hände an Unternehmen in der Rechtsform der AG aufeinander, entsteht zwischen den Rechtsgebieten ein Spannungsfeld. Wird das Aktienrecht in Ablehnung eines Verwaltungsgesellschaftsrechts durch das öffentliche Recht weder vollständig überwölbt noch überlagert und erheben beide Rechtsgebiete daher gleichermaßen Geltungsanspruch, kann sich das Spannungsfeld in konkreten Pflichtenkollisionen entladen. Kollisionslagen können entstehen, wenn die Informationen, die an die Gebietskörperschaft abgeflossen sind, im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle offengelegt werden müssen. Offenbarungspflichten ergeben sich insbesondere durch das parlamentarische Informations- und Fragerecht sowie die Berichtstätigkeit der Rechnungshöfe und Rechnungsprüfungsbehörden. In diesen Fällen stehen den öffentlich-rechtlichen Offenbarungspflichten die Kautelen gegenüber, die die Vertraulichkeit der weitergegebenen Informationen sichern sollen. Soweit durch Einschränkungen und Ausnahmen der sich jeweils gegenüberstehenden Pflichten eine Kollision nicht verhindert werden kann, ist die vorrangig zu erfüllende Pflicht zu ermitteln.

A. Informationsrechte als Instrumente parlamentarischer Kontrolle Bei Gesellschaftsbeteiligungen von Gebietskörperschaften stellen die Ausübung der Aktionärsrechte und bei beherrschten Gesellschaften auch die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft jeweils Akte legitimationsbedürftiger Staatsgewalt dar.1 Wie bereits gezeigt wurde, sind in inhaltlich-sachlicher Hinsicht zur demokratischen Legitimation Steuerungsmöglichkeiten der Gebietskörperschaft erforderlich, die mit Kontrollbefugnissen der in der Legitimationskette näher am Volk stehenden Personen oder Stelle korrespondieren.2 Zu diesen Kontrollen zählen insbesondere die

1 2

Kap. 2 A. I. 1. a). Kap. 2 A. I. 3.

A. Informationsrechte als Instrumente parlamentarischer Kontrolle

163

allgemeine und die haushaltsrechtliche parlamentarische Kontrolle der Exekutivorgane der Gebietskörperschaft.3 Die Instrumente der parlamentarischen Kontrolle sind vielfältig und sowohl verfassungsunmittelbar als auch in den Geschäftsordnungen der gesetzgebenden Körperschaften geregelt oder näher ausgestaltet.4 Zu den wichtigsten Kontrollinstrumenten gehören die Informationsrechte des Parlaments und seiner Abgeordneten.5 Das BVerfG hat wiederholt betont, dass die Informationsrechte der Abgeordneten die Wählerschaft erst in die Lage versetzen, das Handeln der Regierung und die parlamentarische Reaktion auf die erlangte Information zu bewerten, was für die demokratische Legitimation durch den Wahlakt essentiell sei.6 Bei den Informationsrechten sind Selbst- und Fremdinformationsrechte zu unterscheiden.7 Bei Fremdinformationsrechten haben das Parlament und seine Abgeordneten keinen direkten Zugriff auf die begehrten Informationen, sondern sind auf eine Informationsübermittlung der Regierung angewiesen.8 Im Vordergrund steht hier das parlamentarische Informations- und Fragerecht (sog. Interpellationsrecht).9 Bei Selbstinformationsrechten ist das Parlament hingegen nicht auf eine Informationsübermittlung der Regierung angewiesen, sondern verfügt über ein eigenes Informationszugriffsrecht.10 Hierzu zählen etwa die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses oder auf Bundesebene der Wehrbeauftragte des Bundestages (Art. 45b GG) sowie das parlamentarische Gremium zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit (Art. 45d GG).11

3

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 216 ff. = NVwZ 2018, 51; ferner BVerfG v. 05. 06. 1998 – 2 BvL 2/97, BVerfGE 98, 145, 162 f. = NJW 1999, 1095; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 4; T. Mann, Die öffentlichrechtliche Gesellschaft, S. 230 ff. 4 Glauben, DVBl 2014, 894 ff.; Herzog, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 62 Rn. 98 f.; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 39; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 45. 5 Herzog, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 62 Rn. 98 f. 6 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 209 = NVwZ 2018, 51; ebenso bereits BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 200 = NVwZ 2014, 1652. 7 Harks, JuS 2014, 979; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 75; vgl. auch Magiera, in: Schneider/Zeh, ParlamentsR, § 52 Rn. 57; ders., in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 39 f.; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 44, Art. 43 Rn. 8; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 60 ff. 8 Harks, JuS 2014, 979; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 75; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 44; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 61. 9 Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 75; ferner Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 39. 10 Harks, JuS 2014, 979; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 75; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 44; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 64. 11 Hermes, in: Dreier, GG, Art. 45d Rn. 43; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 75; Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 40.

164

Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Neben den Selbst- und Fremdinformationsrechten steht die auf Haushaltskontrolle gerichtete Berichtspflicht des Rechnungshofs gegenüber dem Parlament. So ist der Bundesrechnungshof nach Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG gegenüber dem Bundestag jährlich zu einem Bericht verpflichtet, der nach § 97 Abs. 2 Nr. 3 BHO auch wesentliche Beanstandungen zu enthalten hat, die sich aus der Überprüfung der Betätigung bei Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ergeben haben. Gegenstand der Informationsrechte und Berichte können auch Informationen aus den Beteiligungsunternehmen der Gebietskörperschaft sein, die nicht selten vertrauliche Angaben und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens enthalten. Erfordert ein parlamentarisches Informationsrecht die Preisgabe sensibler Informationen im Parlament, die sogar Eingang in Parlamentsdrucksachen finden kann, entsteht ein Konflikt mit den Vertraulichkeitsinteressen des Beteiligungsunternehmens.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht Die erste Bedrohung für die sensiblen Informationen der Gesellschaft geht von dem parlamentarischen Informations- und Fragerecht aus. Es gewährt dem Parlament und seinen Abgeordneten einen umfangreichen Anspruch gegen die Regierung auf Herausgabe des bei ihr vorhandenen oder durch sie beschaffbaren Wissens. Das Informationsrecht des Parlaments dient dabei zuvörderst der Wahrnehmung der dem Parlament zugewiesenen Kontrollfunktion.12 Daneben stellt das Informationsrecht auch die Grundlage des parlamentarischen Einflusses auf die Regierung dar, der zur Gewährleistung des erforderlichen demokratischen Legitimationsniveaus erforderlich ist.13 Das parlamentarische Informationsinteresse erlangt daher besondere Bedeutung, wenn die Aufdeckung von Missständen bei der Regierung und im Verwaltungsinnenbereich im Raum steht.14 Auch Beteiligungen an Unternehmen in Privatrechtsform und deren Teilnahme an der Privatwirtschaft stellen zweifellos ein politisch kontrovers diskutiertes Thema dar.15 Die Anzahl der Informationsanfragen hat in den letzten Legislaturperioden stetig zugenommen.16 Beteiligungsunterneh12 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 196 = NVwZ 2018, 51; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 513 f.; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 44; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 28 f., 85; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 51 f. 13 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 217 = NVwZ 2018, 51; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 513 f.; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 85. 14 BVerfG v. 02. 06. 2015 – 2 BvE 7/11, BVerfGE 139, 194 Rn. 105 = NVwZ 2015, 1377; BVerfG v. 13. 06. 2017 – 2 BvE 1/15, BVerfGE 146, 1 Rn. 86 = NVwZ 2017, 1364; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 196 = NVwZ 2018, 51; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 85. 15 Ebenso Eidam, NordÖR 2020, 105. 16 Empirisch hierzu Deutelmoser/Pieper, NVwZ 2020, 839.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

165

men müssen stets damit rechnen, dass ihre Angelegenheiten Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage werden.

I. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Bundesebene 1. Herleitung und Ausgestaltung des parlamentarischen Informations- und Fragerechts Wenngleich das sog. Interpellationsrecht, anders als in einigen Landesverfassungen, im Grundgesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, wird es seinem Funktionsbezug nach aus dem Status des Abgeordneten (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) und den Aufgaben und Kompetenzen des Parlaments hergeleitet (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG).17 Das Fragerecht ist dabei ein Recht des einzelnen Abgeordneten.18 Seine nähere Ausgestaltung erfolgt durch die Geschäftsordnung des Bundestages (GO-BT)19.20 Zulässig sind dabei Bestimmungen über das Verfahren und die Geltendmachung des Fragerechts, nicht aber sein vollständiger Entzug.21 Die Geschäftsordnung des Bundestages sieht verschiedene Frageformen vor.22 Die Abgeordneten können ihr Fragerecht in Kleinen (§ 104 GO-BT) sowie Großen Anfragen (§ 100 ff. GO-BT) ausüben. Die Große Anfrage stellt nach § 75 Abs. 1 lit. f) GO-BT eine Vorlage dar, die nach § 76 Abs. 1 GO-BT von einer Fraktion oder einem Zusammenschluss von fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages unterstützt werden muss. Dasselbe gilt für Kleine Anfragen, die nach § 75 Abs. 3 GO-BT als Vorlage gelten und daher ebenfalls das Quorum des § 76 Abs. 1 GO-BT erfordern. Unabhängig von einer Fraktion und anderen Abgeordneten können nach §§ 105 f. GO-BT auch einzelne 17 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 188 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 13. 06. 2017 – 2 BvE 1/15, BVerfGE 146, 1 Rn. 84 f. = NVwZ 2017, 1364; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 195 = NVwZ 2018, 51; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 519; Deutelmoser/Pieper, NVwZ 2020, 839; Glauben, DVBl 2018, 751; Hamdorf/Moradi Karkaj, DVBl 2018, 823, 824; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 67, 69; Siefken, ZParl 2010, 18, 20. 18 Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 87; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 70; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 158. 19 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 02. 07. 1980, BGBl. I S. 1237. 20 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 188 = NJW 2009, 1092; BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 129 = NVwZ 2014, 1652; NRWVerfGH v. 15. 12. 2015 – VerfGH 12/14, NWVBl 2016, 371, 372 = BeckRS 2016, 40684; Glauben, DVBl 2018, 751, 752; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 87 f. 21 Glauben, DVBl 2018, 751, 752; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 88. 22 Für einen Überblick zu den einzelnen Frageformen, ihren formellen Voraussetzungen und ihrer Bedeutung in der parlamentarischen Praxis siehe Deutelmoser/Pieper, NVwZ 2020, 839 ff.

166

Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Abgeordnete kurze Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung an die Bundesregierung stellen. Wenngleich die Geschäftsordnung des Bundestages die für die Ausübung des Informations- und Fragerechts und somit die für die parlamentarische Praxis wesentlichen Bestimmungen enthält, stellt sie bloßes Innenrecht dar.23 Als Anspruchsgrundlage muss daher auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG zurückgegriffen werden.24

2. Antwortpflicht der Regierung Der Informationsanspruch des Parlaments korrespondiert grundsätzlich mit einer Antwortpflicht der Regierung.25 Nur die Regierung stellt das durch die Gewaltenteilung vorgesehene Pendant des Parlaments dar, weshalb auch nur die Regierung antwortpflichtig sein kann; keine Antwortpflichten treffen hingegen staatliche Organisationseinheiten, die unterhalb der Regierung stehen.26 Keine Adressaten der Antwortpflicht sind daher Gesellschaften des Privatrechts, die von dem Bund beherrscht werden.27 Die Antwortpflicht der Regierung richtet sich zunächst auf alle bei der Regierung vorhandenen Informationen, unabhängig davon, ob sie in Dokumenten verkörpert sind oder nur als persönliches, nicht aktenkundiges Wissen der handelnden Personen vorliegen.28 Darüber hinaus ist die Regierung auch verpflichtet, alle ihr nicht vorliegenden Informationen zu beschaffen.29 Für die Beteiligung an einer AG ist die Regierung somit verpflichtet, alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen und faktischen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung auszuschöpfen, soweit sie 23

Harks, JuS 2014, 979, 980; zu dieser Einordnung der Geschäftsordnungen vgl. BVerfG 06. 03. 1952 – 2 BvE 1/51, BVerfGE 1, 144, 148 = NJW 1952, 537. 24 Harks, JuS 2014, 979, 980. 25 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 185 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 195 = NVwZ 2018, 51; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 520; Eidam, NordÖR 2020, 105, 106; Harks, JuS 2014, 979, 980; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 67; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 87. 26 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 182 f. 27 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 182 f.; siehe auch Burgi, NVwZ 2018, 601, 604; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 10 f. 28 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 197 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 250 = NVwZ 2018, 51; BayVerfGH v. 22. 05. 2014 – Vf. 53-IVa-13, NVwZ-RR 2014, 785, 787 = BeckRS 2014, 52737; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 87. 29 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 197 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 250 = NVwZ 2018, 51; BayVerfGH v. 22. 05. 2014 – Vf. 53-IVa-13, NVwZ-RR 2014, 785, 787 = BeckRS 2014, 52737; NRWVerfGH v. 19. 08. 2008 – VerfGH 7/07, NVwZ-RR 2009, 41, 43 = DVBl 2008, 1380; Glauben, DVBl 2018, 751, 754; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 87.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

167

ihr zumutbar sind.30 Zur Erfüllung dieser so verstandenen Informationsbeschaffungspflicht sind die in Kap. 3 dieser Arbeit untersuchten Wege des Informationszugangs über den Vorstand und den Aufsichtsrat von zentraler Bedeutung. Der zur Erfüllung der Informationsbeschaffungspflicht erforderliche informationelle Zugriff auf die Gesellschaft wird der Regierung umso leichter fallen, je vorausschauender sie die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle rechtlich ausgestaltet hat und die Verwaltungsorgane mit ihren Repräsentanten besetzt hat.31 3. Umfang und Grenzen des Informations- und Fragerechts Die Gegenstände, auf die sich die parlamentarischen Anfragen beziehen können, werden weder durch das Grundgesetz noch durch die Geschäftsordnung des Bundestages bestimmt. Dennoch besteht die mit dem Informationsrecht korrespondierende Antwortpflicht der Regierungen nicht schrankenlos.32 Die Grenzen der Antwortpflicht werden zunächst durch den Verantwortungsbereich der auskunftspflichtigen Regierung abgesteckt.33 Innerhalb des durch den Verantwortungsbereich gezogenen Rahmens unterliegt die Antwortpflicht weiteren sogleich darzustellenden Beschränkungen. a) Das Deutsche Bahn-Urteil des BVerfG v. 07. 11. 2017 Mit der Reichweite und den Grenzen der Auskunftspflicht der Bundesregierung in Bezug auf eine vom Bund beherrschte AG hat sich das BVerfG in seinem Urteil vom 07. 11. 201734 auseinandergesetzt. Der Entscheidung lagen mehrere Anfragen einiger Bundestagsabgeordnete und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Bundesregierung zugrunde. Die Fragen bezogen sich auf Themen der Finanzmarktaufsicht und auf Gespräche der Bundesregierung mit der Deutsche Bahn AG, deren Anteile vollständig im Eigentum des Bundes stehen. Die Fragen im Zusammenhang mit der Deutsche Bahn AG betrafen Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und der Deutsche Bahn AG über Investitionen in das Schienennetz, ein Wirtschaftlichkeitsgutachten zum Projekt „Stuttgart 21“ sowie Ursachen von Zugverspätungen. Die Bundesregierung hatte die Antworten teilweise mit Hinweis auf ihre aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht 30

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 250, 304 = NVwZ 2018, 51; zum Vorbehalt der Zumutbarkeit vgl. HmbVerfG v. 21. 12. 2010 – HmbVerfG 1/10, NVwZ-RR 2011, 425, 429 f. = BeckRS 2011, 45079. 31 Zu den Gegenständen der Eingangskontrolle Kap. 2 B. II. 4. 32 Siehe nur Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 98 ff. 33 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 196 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 13. 06. 2017 – 2 BvE 1/15, BVerfGE 146, 1 Rn. 90 = NVwZ 2017, 1364; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 214 f. = NVwZ 2018, 51. 34 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 = NVwZ 2018, 51.

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

aus §§ 116, 395 AktG verweigert. Die Fragen zur Finanzmarktaufsicht betrafen aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die diese gegenüber Finanzinstituten in den Jahren 2005 bis 2008 getroffen hatte. In dem Themenkomplex zur Deutsche Bahn AG hat das BVerfG sich nicht nur mit der Reichweite und den Grenzen der Auskunftspflicht der Bundesregierung beschäftigt, sondern auch das Verhältnis von öffentlichem Recht und privatem Gesellschaftsrecht sowie die Bedeutung einfachgesetzlicher Geheimhaltungspflichten des Aktienrechts vermessen. Auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG sollen die Reichweite und die Grenzen von parlamentarischen Informationsbegehren, die sich auf Informationen aus öffentlich beherrschten Unternehmen in der Rechtsform der AG richten, ausgeleuchtet werden. b) Verantwortungsbereich der Regierung Die erste Begrenzung des parlamentarischen Informations- und Fragerechts folgt bereits aus der verfassungsrechtlichen Verteilung der Staatsfunktionen auf Regierung und Parlament.35 Danach kann sich die mit dem Informationsanspruch korrespondierende Antwortpflicht der Regierung nur auf solche Gegenstände beziehen, die im Verantwortungsbereich der Regierung liegen.36 Vom Verantwortungsbereich der Regierung ist nicht nur das Regierungshandeln im engeren Sinn, sondern auch die Regierungsverantwortung erfasst.37 Die parlamentarische Verantwortung der Regierung besteht daher nicht nur für ihre eigenen Aufgaben, sondern auch für nachgeordnete Behörden, die in eigenem Aufgabenkreis tätig werden.38 aa) Verantwortlichkeit im Kontext demokratischer Legitimation Das BVerfG hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass sich die parlamentarische Verantwortung der Regierung auch auf Unternehmen in Privatrechtsform erstreckt, die sich vollständig oder mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden.39 Die Verantwortung beziehe sich dabei über die Beteiligungsverwaltung hinaus auch auf die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft.40 Zur Begründung stellte das Ge35

BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 188 f. = NVwZ 2009, 1092. BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 189 = NVwZ 2009, 1092, BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 134 = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 02. 06. 2015 – 2 BvE 7/11, BVerfGE 139, 194 Rn. 107 = NVwZ 2015, 1377; BVerfG v. 13. 06. 2017 – 2 BvE 1/15, BVerfGE 146, 1 Rn. 90 = NVwZ 2017, 1364; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 214 = NVwZ 2018, 51; kritisch Klein/ Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 100: „zu eng“. 37 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 215 = NVwZ 2018, 51. 38 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 215 = NVwZ 2018, 51. 39 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 216 = NVwZ 2018, 51. 40 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 262 f. = NVwZ 2018, 51. 36

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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richt das parlamentarische Fragerecht in einen Zusammenhang mit der Notwendigkeit der demokratischen Legitimation von öffentlichen Beteiligungen an Unternehmen in Privatrechtsform: Das Fragerecht stelle ein Instrument und Erfordernis zur effektiven Herstellung demokratischer Legitimation dar.41 Der Begriff der Verantwortlichkeit der Regierung müsse daher in diesem Kontext verstanden werden.42 Durch die Anbindung des parlamentarischen Verantwortungsbereichs der Regierung an das Erfordernis der demokratischen Legitimation bleibt die Regierung gegenüber parlamentarischen Informationsanfragen überall dort verantwortlich, wo legitimationsbedürftige Staatsgewalt ausgeübt wird. Die Formulierung des BVerfG, dass auch die Tätigkeit von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform dem Verantwortungsbereich der Regierung unterfallen43, ist zwar zutreffend, aber etwas unglücklich. Sie erweckt den Eindruck, als würde sich der Verantwortungsbereich der Regierung ausschließlich auf Gesellschaften erstrecken, an denen Private nur minderheitlich beteiligt sind. Legitimationsbedürftige Staatsgewalt üben jedoch alle Unternehmen aus, die öffentlich beherrscht sind. In Anknüpfung an den aktienrechtlichen Beherrschungsbegriff des § 17 AktG kann auch bei Gesellschaften mit öffentlicher Minderheitsbeteiligung ein demokratischer Legitimationszusammenhang erforderlich sein.44 Der Verantwortungsbereich der Regierung bezieht sich demnach auf Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die i. S. d. § 17 AktG vom Bund abhängig sind. bb) Regierungsverantwortung auch jenseits bestehender Ingerenzbefugnisse Wie bereits festgestellt wurde, können bei Unternehmen in der Rechtsform der AG die grundsätzliche Zuweisung der Geschäftsführung zum Vorstand und die Weisungsungebundenheit seiner Mitglieder und der des Aufsichtsrats zu einer Einflusseinbuße und damit zu einer defizitären Legitimationsmittlung führen.45 Nach dem BVerfG können trotz des Zusammenhangs von demokratischer Legitimation und parlamentarischer Verantwortlichkeit etwaige Defizite in der Legitimationsmittlung die parlamentarische Verantwortung und damit die gegenständliche Reichweite des Fragerechts nicht limitieren.46 Insofern könne die „Reichweite des

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BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 217 = NVwZ 2018, 51. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 217 = NVwZ 2018, 51. 43 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 216 = NVwZ 2018, 51. 44 Hierzu bereits Kap. 2 A. I. 1. a). 45 Dazu Kap. 2 B. I. 46 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 220 = NVwZ 2018, 51; anders noch der BayVerfGH, der für landesparlamentarische Informationsanfragen entschied, dass ein geringer Umfang von Einflussnahmemöglichkeiten der Staatsregierung auch ihre parlamentarische Verantwortung reduziere: BayVerfGH v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 206 = BayVBl 2007, 395. 42

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Fragerechts […] nicht mit der Reichweite bestehender Ingerenzbefugnisse oder mit dem bestimmenden Einfluss der Regierung gleichgesetzt werden.“47 Reicht die parlamentarische Verantwortung der Regierung über ihre Ingerenzmöglichkeiten hinaus und bleibt diese auch bei defizitären Legitimationsketten bestehen,48 rückt die der Gesellschaftsbeteiligung vorgelagerte Eingangskontrolle in den Vordergrund. Neben der Rechtsformwahl stellen insbesondere die Teilhabe an der Organbesetzung und Bestimmungen in der Satzung geeignete Mittel zur Herstellung eines hinreichenden Legitimationsniveaus dar.49 Bestätigt wird die Bedeutung der Eingangskontrolle durch das BVerfG, das auch in diesem Zusammenhang die aus dem Erfordernis demokratischer Legitimation folgende Pflicht des Staates betont, sich hinreichende Einwirkungsrechte auf das Unternehmen vorzubehalten.50 c) Beschränkungen des Informations- und Fragerechts aa) Allgemeine Antwortverweigerungsrechte der Regierung Bereits vor dem Deutsche Bahn-Urteil des BVerfG war anerkannt, dass der Regierung im Einzelfall auch innerhalb ihres Verantwortungsbereichs das Recht zur Verweigerung der Antwort zusteht.51 Ein Antwortverweigerungsrecht kann sich zunächst aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben.52 Zwar gebietet der Gewaltenteilungsgrundsatz keine absolute Trennung der Gewalten, sondern versteht die Teilgewalten als jeweils aufeinander bezogen und miteinander verschränkt.53 Gleichwohl dürfen die Teilgewalten ihrer spezifischen Zuständigkeiten und Aufgaben nicht beraubt werden.54 Hieraus folgt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ein sog. „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Re-

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BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 220 = NVwZ 2018, 51. Zur parlamentarischen Verantwortlichkeit bei defizitären Legitimationsketten BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 226 = NVwZ 2018, 51. 49 Zur Eingangskontrolle Kap. 2 B. II. 4. 50 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 221 = NVwZ 2018, 51. 51 Siehe bereits Magiera, in: Schneider/Zeh, ParlamentsR, § 52 Rn. 64 ff. 52 BVerfG v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, BVerfGE 67, 100, 139 = NJW 1984, 2271; BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 120 = NVwZ 2009, 1353; BVerfG v. 13. 10. 2016 – 2 BvE 2/15, BVerfGE 143, 101, 136 = NVwZ 2017, 137; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 227 = NVwZ 2018, 51; Eidam, NordÖR 2020, 105, 107; Glauben, DVBl 2018, 751, 756 f.; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 88. 53 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 228 = NVwZ 2018, 51. 54 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 228 = NVwZ 2018, 51; vgl. BVerfG v. 27. 04. 1959 – 2 BvF 2/58, BVerfGE 9, 268, 279 f. = NJW 1959, 1171. 48

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gierung gewährt.55 Von diesem Kernbereich ist insbesondere die Willensbildung der Regierung eingeschlossen.56 Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung versteht sich dabei nicht nur als besondere Grenze des Informations- und Fragerechts, sondern als allgemeine Schranke der Kontrollfunktion des Parlaments.57 Begrenzt wird das Informations- und Fragerecht auch durch das Staatswohl.58 Dieses als Wohl des Bundes oder eines Landes verstandene Schutzgut könnte durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden.59 Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Staatswohl nach dem grundgesetzlichen Staatsgefüge neben der Regierung auch dem Parlament anvertraut ist und deshalb eine Geheimhaltung gegenüber dem Parlament regelmäßig nicht in Betracht kommt, wenn hinreichend wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden der sensiblen Informationen getroffen wurden.60 Zuletzt können auch grundrechtlich geschützte Interessen Privater den parlamentarischen Informationsanspruch ausschließen.61 In Betracht kommen insbesondere die in Art. 12 Abs. 1 GG verbürgte Berufsfreiheit sowie das allgemeine

55 BVerfG v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, BVerfGE 67, 100, 139 = NJW 1984, 2271; BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 120 = NVwZ 2009, 1353; BVerfG v. 13. 10. 2016 – 2 BvE 2/15, BVerfGE 143, 101 Rn. 119 = NVwZ 2017, 137; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 229 = NVwZ 2018, 51. 56 BVerfG v. 13. 10. 2016 – 2 BvE 2/15, BVerfGE 143, 101 Rn. 119 = NVwZ 2017, 137; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 229 = NVwZ 2018, 51. 57 Vgl. Klein, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 45d Rn. 37; Peitsch/Polzin, NVwZ 2000, 388, 392. 58 BVerfG v. 14. 01. 1986 – 2 BvE 14/83 u. a., BVerfGE 70, 324, 358 f. = NJW 1986, 907; BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 123 = NVwZ 2009, 1353; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 246 = NVwZ 2018, 51; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 89; vgl. allgemein zur Einschränkung von Statusrechten der Abgeordneten aus Gründen des Staatswohls BVerfG v. 28. 02. 2012 – 2 BvE 8/11, BVerfGE 130, 318, 359 = NVwZ 2012, 495. 59 BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 123 = NVwZ 2009, 1353; BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 149 = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 246 = NVwZ 2018, 51. 60 BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 149 = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 247 = NVwZ 2018, 51; Glauben, DVBl 2018, 751, 756; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 103; Lorz/ Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 103; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 89. 61 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 233 = NVwZ 2018, 51; vgl. für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss BVerfG v. 17. 07. 1984 – 2 BvE 11/83, BVerfGE 67, 100, 142 = NJW 1984, 2271; BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 125 = NVwZ 2009, 135; Eidam, NordÖR 2020, 105, 106; Glauben, DVBl 2018, 751, 757; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 113; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 105 ff.; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Art. 38 Rn. 89.

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Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung.62 bb) Grundrechtlicher Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Zielt ein parlamentarisches Informationsersuchen auf Beteiligungsunternehmen des Bundes ab, werden die von der Regierung begehrten Angaben vielfach sensible Informationen des Unternehmens beinhalten. Dem Informationsinteresse des Parlaments steht dann das Interesse des Beteiligungsunternehmens entgegen, seine sensiblen Informationen vor ihrer öffentlichen Preisgabe zu schützen. Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, sensible Informationen des Unternehmens dem Schutzbereich eines Grundrechts zuzuordnen, das dann einen verfassungsrechtlichen Gegenpol zu parlamentarischen Informationsersuchen bildet. Insoweit erkennt das BVerfG bei der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch den Staat einen Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.63 Auch ist die Berufsfreiheit ihrem Wesen nach (Art. 19 Abs. 3 GG) auf juristische Personen anwendbar, soweit diese eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben.64 Der Frage nach einem Grundrechtseingriff vorgelagert ist jedoch das Erfordernis der Grundrechtsberechtigung. Wie bereits dargestellt wurde, sind Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die öffentlich beherrscht werden, unmittelbar an Grundrechte gebunden.65 Auf einer Linie mit dieser Rechtsprechung hat das BVerfG die Grundrechtsberechtigung der vollständig im Eigentum des Bundes stehenden Deutsche Bahn AG als Spiegelbild ihrer Grundrechtsverpflichtung abgelehnt.66 Die vollständig im Eigentum des Bundes stehende Deutsche Bahn AG diene nicht der Ausübung individueller Freiheit Einzelner.67 Eine andere Beurteilung folge auch nicht aus dem Umstand, dass sich die Aktionärsstruktur künftig dahin verändern könnte, dass auch grundrechtsberechtigte Private an der 62 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 234, 236 = NVwZ 2018, 51; Glauben, DVBl 2018, 751, 757; Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 43 Rn. 113. 63 BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 153 = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 234 = NVwZ 2018, 51; vgl. BVerfG v. 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03 u. a., BVerfGE 115, 205, 230 = NVwZ 2006, 1041; BVerfG v. 24. 11. 2010 – 1 BvF 2/05, BVerfGE 128, 1, 56 = NVwZ 2011, 94. 64 BVerfG v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77 u. a., BVerfGE 50, 290, 363 = NJW 1979, 699; BVerfG v. 17. 02. 1998 – 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228, 253 = NJW 1998, 1627; BVerfG v. 26. 06. 2002 – 1 BvR 558/91 u. a., BVerfGE 105, 252, 265 = NJW 2002, 2621; BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 154 = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 234 = NVwZ 2018, 51. 65 M. w. N. Kap. 2 A. I. 1. a). 66 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 270 = NVwZ 2018, 51. 67 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 270 = NVwZ 2018, 51.

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Gesellschaft beteiligt sind; eine Vorwirkung auf die derzeitige Rechtslage sei abzulehnen.68 Speziell für die Deutsche Bahn AG stellte das Gericht ferner heraus, dass aus Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG, wonach die Deutsche Bahn AG auf eine erwerbswirtschaftliche Betätigung festgelegt ist, keine von Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 3 GG abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung ihrer Grundrechtsfähigkeit abzuleiten sei.69 Auch trat das BVerfG einer im Schrifttum vertretenen Ansicht70 entgegen, wonach sich aus Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG ein subjektiv-öffentliches Recht ergebe, das der Deutsche Bahn AG einen mit den Grundrechten vergleichbaren abwehrrechtlichen Status gegen Einwirkungen des Staates verschaffe.71 Das BVerfG betritt an dieser Stelle keine unbekannten Pfade. Öffentlich beherrschte Gesellschaften sind grundrechtsverpflichtet und können sich daher ihrerseits nicht auf Grundrechte berufen. Die Antwortpflicht der Regierung wird bei der Preisgabe sensibler Informationen aus grundrechtlicher Sicht nicht beschränkt. Etwas anderes gilt nur bei Gesellschaften, die nicht öffentlich beherrscht werden.72 Gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die nicht öffentlich beherrscht werden, liegen jedoch außerhalb des hiesigen Untersuchungsgegenstandes und sollen daher außer Betracht bleiben. cc) Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG (1) Eingreifen von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Kann sich die öffentlich beherrschte Gesellschaft zum Schutz ihrer sensiblen Informationen nicht auf Grundrechte berufen, rücken die Kautelen in den Vordergrund, die das Aktienrecht zum Schutz von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft errichtet. Wie bereits dargestellt wurde, gelangen die Informationen aus der Gesellschaft im Regelfall durch die unmittelbaren Berichte der Repräsentanten im Aufsichtsrat an die Referenten der Beteiligungsverwaltung und damit in den Verwaltungsinnenbereich. Zur Ermöglichung dieser Berichte werden die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft gewählten oder entsandten Aufsichtsratsmitglieder nach § 394 S. 1 AktG von ihrer organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht dispensiert. Ausgeglichen wird der Dispens durch die Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht auf die Berichtsempfänger, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG.73 Adressaten dieser Verschwiegenheitspflicht sind nach § 395 Abs. 1 AktG alle Personen, die mit der Beteiligungsverwaltung oder mit Prüfungsaufgaben betraut sind. 68

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 273 = NVwZ 2018, 51. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 271 = NVwZ 2018, 51. 70 Hammer, DÖV 2011, 761, 767 f. 71 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 275 f. = NVwZ 2018, 51. 72 Hierzu Schockenhoff, NZG 2018, 521, 524. 73 Zur Wirkweise der §§ 394, 395 AktG siehe Kap. 3 C. II. 1. a) aa). 69

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Auf ihre Stellung als Angestellter, Beamter oder Minister kommt es nicht an.74 Diese Verschwiegenheitspflicht bindet die Empfänger der unmittelbaren Berichte im Rahmen von § 394 AktG und weiter diejenigen, die mittelbar durch Mitteilungen im dienstlichen Verkehr Kenntnis von sensiblen Informationen erlangt haben.75 Das parlamentarische Informations- und Fragerecht richtet sich gegen die Regierung. Werden im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage von der Regierung sensible Informationen begehrt, die diese aus den unmittelbaren Berichten im Rahmen des § 394 S. 1 AktG oder als Mitteilung im dienstlichen Verkehr erlangt hat, steht der Antwortpflicht die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG gegenüber. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Antwort der Regierung auf die Anfrage ihrerseits nicht als Mitteilung im dienstlichen Verkehr anzusehen ist. Als solche wäre sie nach § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen. Um die Informationsweitergabe in den parlamentarischen Raum als Mitteilung im dienstlichen Verkehr von der Verschwiegenheitspflicht auszunehmen, müsste der Empfänger der Mitteilungen dieselben Anforderungen erfüllen wie die unmittelbaren Berichtsempfänger im Rahmen des § 394 S. 1 AktG.76 Demnach muss der Empfänger der Mitteilung ebenfalls mit Verwaltungs- oder Prüfungsaufgaben i. S. d. § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG befasst sein und zusätzlich die Vertraulichkeit gewährleisten können.77 Die Bejahung der ersten Voraussetzung bereitet für parlamentarische Informationsanfragen keine Schwierigkeiten. Das Informations- und Fragerecht stellt ein Instrument unmittelbarer parlamentarischer Kontrolle der Regierung dar.78 Die Abgeordneten als Mitteilungsempfänger üben im Rahmen ihres parlamentarischen Kontrollauftrags Prüfungsaufgaben i. S. d. § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG aus.79 Obwohl es sich bei der Informationsweitergabe um Mitteilungen im dienstlichen Verkehr handelt, müssen die Mitteilungsempfänger zusätzlich in tatsächlicher 74 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 3; Koch, AktG, § 395 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 2. 75 Zur Bindung derjenigen, die Informationen im dienstlichen Verkehr erhalten, Koch, AktG, § 395 Rn. 7; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 52; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 8. 76 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 203 f.; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 39, § 395 Rn. 10. 77 Kap. 3 C. II. 1. c) cc). 78 Vgl. Magiera, in: Sachs, GG, Art. 38 Rn. 39 ff.; Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 44 f.; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 28; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 51. 79 Vgl. Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 4; Kersting, in: KölnKommAktG, §§ 394, 395 Rn. 196; Koch, AktG, § 395 Rn. 2; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 3 f.; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 50; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 4; Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 131; a. A. Wilting, AG 2012, 529, 535 ff., nach dem parlamentarische Kontrolle keine „administrative Überkontrolle“ darstelle.

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Hinsicht die Vertraulichkeit gewährleisten können. Bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen bestehen hieran Zweifel.80 Durch die Öffentlichkeit der Plenarverhandlungen kann ein effektiver Schutz der sensiblen Informationen des Unternehmens trotz der Verschwiegenheitspflicht der mitteilungsempfangenden Abgeordneten aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG in tatsächlicher Hinsicht nicht erfolgen. So könnten Dritte Kenntnis von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft erlangen, die gerade nicht der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG unterliegen. Genährt werden diese Zweifel durch das Deutsche Bahn-Urteil des BVerfG, in dem das Gericht betont, der parlamentarische Informationsanspruch sei auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt.81 Auch hinsichtlich Beschränkungen der Parlamentsöffentlichkeit äußert sich das Gericht zurückhaltend. Zwar könnten Aufgaben des Plenums aus zwingenden Geheimhaltungsgründen grundsätzlich auf geheim tagende parlamentarische Untergremien übertragen werden.82 Doch sei diese Möglichkeit auf wenige Ausnahmen mit eng begrenzten Anwendungsbereichen beschränkt.83 Eine Beschränkung der Öffentlichkeit und damit die Gewährleistung der Vertraulichkeit käme jedoch durch die Anwendung der Geheimschutzordnung in Betracht. Auch für die Geheimschutzordnung stellte das BVerfG klar, dass ihre Anwendung zwar ein geeignetes Mittel zum Ausgleich des Fragerechts der Abgeordneten mit konfligierenden Rechtsgütern sei.84 Allerdings sei bei ihrer Anwendung der Kontrollzusammenhang zwischen Regierung und Parlament abgeschwächt85 und der für die demokratische Legitimation erforderliche Verantwortungszusammenhang zum Volk sogar unterbrochen.86 In aller Regel wird die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage daher weder in geheim tagenden parlamentarischen Untergremien erfolgen noch kann der Vertraulichkeit der Informationen durch die Anwendung der Geheimschutzordnung Rechnung getragen werden. Die Weitergaben von Informationen von Exekutivorganen in den parlamentarischen Raum zur Erfüllung des parlamentarischen Informations- und Fragerechts stellen daher Mitteilungen im dienstlichen Verkehr dar, für die der Ausnahmetatbestand des § 395 80 Siehe auch Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 204; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 10. 81 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 200 = NVwZ 2018, 51; siehe auch Morlok, in: Dreier, GG, Art. 38 Rn. 47, nach dem die Öffentlichkeit der Kontrolltätigkeit aus dem Umstand folge, dass die Kontrolle immer auch stellvertretend für das Volk wahrgenommen werde. 82 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 203 = NVwZ 2018, 51; vgl. auch BVerfG v. 14. 01. 1986 – 2 BvE 14/83 u. a., BVerfGE 70, 324, 364 = NJW 1986, 907; BVerfG v. 28. 02. 2012 – 2 BvE 8/11, BVerfGE 130, 318, 359 ff. = NVwZ 2012, 495. 83 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 203 = NVwZ 2018, 51. 84 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 206 f. = NVwZ 2018, 51. 85 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 210 = NVwZ 2018, 51. 86 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 209 = NVwZ 2018, 51.

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Abs. 1 Hs. 2 AktG gleichwohl nicht gilt, weil bei den Mitteilungsempfängern die Vertraulichkeit nicht gewährleistet werden kann. Richtet sich eine parlamentarische Anfrage auf sensible Informationen der beherrschten Gesellschaft, greift bei ihrer Beantwortung durch die Regierung tatbestandlich die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ein.87 In diesem Fall entlädt sich das zwischen dem Aktienrecht und dem öffentlichen Recht bestehende Spannungsfeld in einer konkreten Pflichtenkollision. Zu einer Kollision kommt es jedoch nur, wenn die Gebietskörperschaft es versäumt oder sonst davon abgesehen hat, das grundlegende Spannungsfeld durch Satzungsbestimmungen im Rahmen ihrer Eingangskontrolle zu reduzieren.88 (2) Verhältnis von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Antwortpflicht Ist die Gebietskörperschaft ihrer als Pflicht zur Eingangskontrolle verstandenen Ingerenzverantwortung nicht gerecht geworden, kann es in der Person der Regierung zu einer Kollision der Antwortpflicht mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht kommen. Mit der Auflösung dieser Pflichtenkollision hatte sich auch das BVerfG zu befassen. Zunächst stellte das Gericht die Grenzen des parlamentarischen Informations- und Fragerechts dar. Es führte aus, dass einfachgesetzliche Vorschriften das Fragerecht nur dann beschränken könnten, wenn sie ihren Grund im Verfassungsrecht haben.89 Einfachgesetzliche Regelungen seien nur dann von Relevanz, wenn sie einen vom Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums vorgenommenen Ausgleich konfligierender (Verfassungs-)Rechte darstellen.90 Die Ausführungen des Gerichts zu der konkreten Kollision der parlamentarischen Antwortpflicht mit der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht fallen hingegen kurz aus. Das Gericht entschied, dass die schlichte Berufung der Regierung auf die Verschwiegenheitspflichten des Aktienrechts zur Begründung der Antwortverweigerung nicht ausreichend ist.91 Wenngleich das BVerfG die Auflösung der Pflichtenkollision zugunsten der parlamentarischen Informationsanfrage an dieser Stelle nicht näher begründet hat, können es nur normenhierarchische Erwägungen sein, die ihren Vorrang begründen.92 Das Zurückstellen der in der Verschwiegenheitspflicht zum Ausdruck kommenden aktienrechtlichen Schutzbelange soll nach einer Auffassung im Schrifttum

87

Im Ergebnis auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 28 f. Vgl. Kap. 3 E. II. 3. 89 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 212 = NVwZ 2018, 51. 90 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 213 = NVwZ 2018, 51. 91 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 296 = NVwZ 2018, 51. 92 Mit dieser Interpretation auch Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 381; Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 88

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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in einem „augenscheinlichen Widerspruch“93 zu der Positionierung des Gerichts zur These des Verwaltungsgesellschaftsrechts stehen. In Bezug auf die Umsetzung der verfassungsrechtlich erforderlichen Steuerungsmöglichkeiten hatte das Gericht in Übereinstimmung mit der herrschenden und auch hier vertretenen Meinung94 eine Modifikation des Gesellschaftsrechts abgelehnt.95 Habe der beteiligte Hoheitsträger die Gesellschaft in ihrer gesetzlichen Ausformung demnach zu respektieren, müsse dies nach dieser Auffassung auch für die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht gelten.96 In der Ablehnung eines Verwaltungsgesellschaftsrechts äußere sich ein Schutz der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, der auch bei Beteiligungen eines Hoheitsträgers gelte.97 Bei näherem Hinsehen stehen sich beide Einzelpositionen des Gerichts jedoch nicht unversöhnlich gegenüber. Zunächst betreffen das Verwaltungsgesellschaftsrecht und die vom BVerfG entschiedene Pflichtenkollision unterschiedliche Verhältnisse. Während das Gericht das Verhältnis der Bundesregierung zum Parlament zu beurteilen hatte, betreffen die Fragestellungen des Verwaltungsgesellschaftsrechts das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Anteilseigner und der Gesellschaft, mithin das gesellschaftliche Innenverhältnis.98 Unabhängig hiervon verschließen sich auch Gegner des Verwaltungsgesellschaftsrechts nicht dem normenhierarchischen Vorrang der Verfassung. Das Verwaltungsgesellschaftsrecht war auch deshalb abzulehnen, weil sich der aus allgemeinen Verfassungsprinzipien folgenden Ingerenzpflicht keine klaren Normeninhalte und Rechtsfolgen entnehmen ließen, die den im Gesellschaftsrecht verkörperten gesetzgeberischen Willen hätten überlagern können.99 An Rechtsfolgenklarheit mangelt es bei der Antwortpflicht der Bundesregierung hingegen nicht. Der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht steht mit der Antwortpflicht der Regierung eine konkrete Pflicht gegenüber, die sich aufgrund ihres verfassungsrechtlichen Ursprungs gegen die einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflicht durchsetzen kann. Wenngleich diese Auflösung dogmatisch überzeugt, kann an dem Ergebnis dennoch Anstoß genommen werden. Schließlich war es die Regierung, die durch ihre Säumnis bei der Ausgestaltung der Satzung das Risiko einer Pflichtenkollision erst gesetzt hat.100 Realisiert sich dieses Risiko in einer konkreten Pflichtenkollision, wird die Regierung vom BVerfG zulasten der beherrschten Gesellschaft und ihrer 93

Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 381; zustimmend Schockenhoff, in: MünchKommAktG, § 394 Rn. 42. 94 Kap. 2 B. II. 2. 95 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 225 = NVwZ 2018, 51. 96 Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 380. 97 Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 381. 98 Ähnlich auch Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 60. 99 Kap. 2 B. II. 2. 100 In diese Richtung auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30 f., der die Pflichtenkollision auf eine Rechtsformverfehlung im Gründungsstadium zurückführt.

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Stakeholder aus einer Zwangslage befreit, in die sie sich selbst ohne Not gebracht hat. Dass die Regierung ihre vom BVerfG in dieser Entscheidung selbst konstatierte Pflicht zur Eingangskontrolle101 verletzt und dadurch die Pflichtkollision erst ermöglicht hat, bleibt nach der Entscheidung ohne Konsequenz.102 dd) Verhältnis der Verwendungsbeschränkung zur Antwortpflicht Wurden die Informationen durch die Regierung über den Vorstand der Gesellschaft beschafft, ist das Informationsprivileg des § 394 S. 1 AktG nicht anwendbar.103 Auch die korrespondierende Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG greift daher nicht ein. Bei der Untersuchung des Informationsflusses von der beherrschten Gesellschaft zur Gebietskörperschaft hat sich gezeigt, dass bei dem Informationszugang über den Vorstand und den Aufsichtsrat die Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG zu überwinden ist. Die verschiedenen, für die abhängige Gesellschaft teilweise nachteiligen Verwendungsmöglichkeiten haben eine Rechtspflicht der Gebietskörperschaft erforderlich gemacht, die sie an einer nachteiligen Verwendung der erlangten Informationen hindern soll.104 Wurde die Gesellschaft im Rahmen der vorzunehmenden Eingangskontrolle durch Satzungsbestimmungen nicht für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, stellt sich die Verwendung der Informationen zur Erfüllung der Antwortpflicht aus der Perspektive der Gesellschaft als nachteilig dar.105 Unabhängig davon, ob der Rechtsgrund der Verwendungsbeschränkung in einer Garantievereinbarung oder der mitgliedschaftlichen Treuepflicht besteht, ist sie nicht imstande, die Antwortpflicht der Regierung zu beschränken. Nach dem BVerfG stehen einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflichten der verfassungsrechtlichen Antwortpflicht nicht entgegen.106 Dasselbe muss auch für die mitgliedschaftliche Treuepflicht gelten, die ebenfalls nur über bundesgesetzlichen Rang verfügt. Können sich bereits gesetzliche Bestimmungen nicht gegen die Antwortpflicht der Regierung durchsetzen, überrascht es nicht, dass auch vertragliche Regelungen eine Antwortverweigerung der Regierung nicht rechtfertigen können.107

101

Vgl. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 225 = NVwZ 2018, 51. Im Ergebnis auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 103 Vgl. Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 9. 104 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 105 Kap. 3 B. II. 3. c) bb). 106 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 296 = NVwZ 2018, 51. 107 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 212 f. = NVwZ 2018, 51. 102

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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ee) Vertraulichkeitsschutz als Staatswohlbelang? Nach der Entscheidung des BVerfG stehen Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft einer Preisgabe ihrer sensiblen Informationen auch dann nicht entgegen, wenn sie sich in einfachgesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflichten manifestieren. Allerdings könnten nach dem BVerfG die sensiblen Informationen der öffentlich beherrschten Gesellschaft mittelbaren Schutz genießen, soweit ihre Geheimhaltung auch dem Schutz öffentlicher Belange diene, die verfassungsrechtlich anzuerkennen sind.108 Dabei könnte das fiskalische Interesse des Staates einen solchen verfassungsrechtlich anzuerkennenden Staatswohlbelang darstellen.109 Würden sensible Informationen der Beteiligungsunternehmen preisgegeben, könnte sich dies negativ auf den Wert der gehaltenen Anteile auswirken, die Gewinnabschöpfung mindern oder Zuschüsse aus dem öffentlichen Haushalt erforderlich machen.110 Insofern sei das öffentliche Interesse an der möglichst effektiven Verwendung staatlicher Gelder berührt.111 Die wirtschaftlichen Nachteile, die der Gesellschaft durch die Offenlegung sensibler Informationen entstehen, können sich demnach in einer Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen des Bundes spiegeln und einen die Antwortpflicht der Regierung beschränkenden Staatswohlbelang darstellen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass hier nicht der Schutz der Gesellschaft ihrer selbst wegen, sondern der Schutz des staatlichen Interesses an der Werthaltigkeit der Beteiligung den Staatswohlbelang begründet.112 Aus der Ankopplung verfassungsrechtlich anzuerkennender Interessen an dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft wurde im Schrifttum teilweise ein zwar mittelbarer, aber tauglicher Vertraulichkeitsschutz gefolgert.113 Diese Zuversicht kann aus zwei Gründen nicht geteilt werden.114 Zunächst ist zweifelhaft, ob die in der Entscheidung postulierte Fernwirkung der wirtschaftlichen Nachteile auf einen verfassungsrechtlich anzuerkennenden Staatswohlbelang überhaupt verallgemeinerungsfähig ist. In den zur Deutsche Bahn AG erfolgten Ausführungen schlägt das BVerfG die Brücke zwischen den fiskalischen Interessen des Staates und einem berücksichtigungsfähigen Staatswohlbelang über den Verfassungsauftrag der Art. 87e und 87f GG, der für die Eisenbahnen des Bundes eine wirtschaftlich erfolgreiche Teilnahme am Markt ausdrücklich vorsehe, die aber ohne einen entsprechenden Geheimnisschutz nicht erreicht werden könn108

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 282 = NVwZ 2018, 51. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 281 = NVwZ 2018, 51. 110 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 282 = NVwZ 2018, 51. 111 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 283 = NVwZ 2018, 51. 112 Deutlich auch Schockenhoff, NZG 2018, 521, 522 f. 113 So insbesondere Kersting, WPg 2018, 392, 394; in diese Richtung auch Eidam, NordÖR 2020, 112; Hillgruber, JA 2018, 238, 240; Schwill, NVwZ 2019, 109, 111. 114 Kritisch auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 35 f. 109

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te.115 Die an diese spezifischen Vorschriften anknüpfende Argumentation spricht gegen ihre Verallgemeinerung und Übertragung auf sonstige beherrschte Gesellschaften.116 Verstärkt werden diese Zweifel durch die Ausführungen des Gerichts zu den Maßnahmen der BaFin. Das Gericht führte aus, dass das fiskalische Interesse an der Werterhaltung der Anteile allein und für sich genommen keinen eigenen Staatswohlbelang darstellen könne.117 So könnte es keinen allgemeinen Anspruch des am Markt teilnehmenden Staates auf Werterhalt seiner Beteiligungen geben, da sonst das Wettbewerbsprinzip außer Kraft gesetzt würde.118 Handele es sich jedoch um Institute, an denen sich der Staat aufgrund von Stützungsmaßnahmen vollständig oder mehrheitlich beteiligt hat, bestehe an dem Erfolg staatlicher Stützungsmaßnahmen ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Interesse.119 Bei beiden Fragenkomplexen konnte das fiskalische Interesse des Staates für sich genommen keinen Staatswohlbelang begründen.120 Hinzukommen musste zudem eine besondere Bedeutung der Beteiligung. Wenngleich das Gericht allgemeine Kriterien, aus denen sich diese besondere Bedeutung ergeben könnte, letztlich schuldig blieb, liegt ein Verhältnis von Grundsatz und Ausnahme nahe. Grundsätzlich können durch wirtschaftliche Nachteile bei der Gesellschaft berührte fiskalische Interessen des Staates einen Staatswohlbelang nicht begründen. Eine Verallgemeinerung und Übertragung dieser Argumentation auf sonstige beherrschte Gesellschaften ist daher nicht möglich. Gleichwohl dürften sich die Wertungen des Gerichts zur Ausnahme bei durch den Staat gestützten Finanzinstituten mühelos auf solche Gesellschaften übertragen lassen, an denen sich der Bund über das Sondervermögen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds infolge der COVID-19-Pandemie nach § 22 Abs. 1 StFG als Rekapitalisierungsmaßnahme beteiligt hat.121 Der Schutz ihrer sensiblen Informationen könnte daher in dem verfassungsrechtlich anzuerkennenden Interesse an dem Erfolg staatlicher Stützungsmaßnahmen fernwirken. Auch bei Beteiligungen, denen eine besondere Bedeutung zukommt, ist fragwürdig, ob jeder wirtschaftliche Nachteil bei der Gesellschaft mit einer Beeinträchtigung verfassungsrechtlich anzuerkennender Interessen des Staates korres115

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 282 = NVwZ 2018, 51; kritisch Eidam, NordÖR 2020, 112. 116 Für Verallgemeinerungsfähigkeit offenbar Eidam, NordÖR 2020, 112. 117 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 325 = NVwZ 2018, 51. 118 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 325 = NVwZ 2018, 51. 119 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 325 = NVwZ 2018, 51. 120 Ausdrücklich bei den Fragen zur Finanzmarktaufsicht BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/ 11, BVerfGE 147, 50 Rn. 325 = NVwZ 2018, 51. 121 Großes mediales Aufsehen hat die Beteiligung des Fonds an der Lufthansa AG erregt. Hierzu https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/staatshilfe-regierunghat-sich-auf-rettungsplan-fuer-die-lufthansa-geeinigt/25848322.html?ticket=ST-3519837Wqk0aIISpgw4VwvN76v6-ap4 (zuletzt abgerufen: 01. 02. 2022).

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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pondiert und einen Staatswohlbelang begründet.122 Die Anknüpfungen des BVerfG an den Verfassungsauftrag zur wirtschaftlichen Teilnahme und den drohenden Misserfolg staatlicher Stützungsmaßnahmen legen eine Bagatellgrenze nahe, die bei wirtschaftlichen Nachteilen der Gesellschaft infolge der Veröffentlichung sensibler Informationen erst überschritten werden müsste.123 Erst wenn der Gesellschaft erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigungen drohen, kann das Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft in einem Staatswohlbelang fernwirken und die Antwortpflicht der Regierung beschränken. Nach alledem stellen wirtschaftliche Nachteile der Gesellschaft und die durch die Eigenkapitalbeteiligung vermittelten fiskalischen Interessen nur ausnahmsweise einen Staatswohlbelang dar. Zudem müssen die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen eine gewisse Erheblichkeit aufweisen. Ein tauglicher Schutz unternehmerischer Vertraulichkeitsinteressen, wie er im Schrifttum teilweise abgeleitet wird, folgt aus den Ausführungen des BVerfG nicht. d) Abwägungsentscheidung und Begründungspflicht Die Einschlägigkeit von Grundrechten, das Vorliegen eines Staatswohlbelangs oder anderer verfassungsrechtlich anzuerkennender Geheimhaltungsbelange führen nicht ohne Weiteres zu einem Ausschluss der Antwortwortpflicht.124 Die Regierung muss das verfassungsrechtliche Geheimhaltungsinteresse und das Informationsinteresse des Parlaments gegeneinander abwägen.125 Entscheidet sich die Regierung im Rahmen ihrer Abwägung für eine Verweigerung der Antwort, muss sie als Folge ihrer grundsätzlichen Antwortpflicht die Gründe ihrer Antwortverweigerung darlegen.126 Die Begründung der Regierung muss dabei substantiiert und nicht lediglich formelhaft die Voraussetzungen eines Auskunftsverweigerungsrechts darlegen.127 Nur 122

Ebenso Koch, ZHR 183 (2019), 7, 36. Im Ergebnis auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 36 mit Verweis auf BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 284 a. E. = NVwZ 2018, 51. 124 Vgl. Glauben/Edinger, DÖV 1995, 941, 946; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 223. 125 BVerfG v. 21. 10. 2014 – 2 BvE 5/11, BVerfGE 137, 185 Rn. 185 ff. = NVwZ 2014, 1652; BVerfG v. 02. 06. 2015 – 2 BvE 7/11, BVerfGE 139, 194 Rn. 123 = NVwZ 2015, 1377; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 255 = NVwZ 2018, 51; Harks, JuS 2014, 979, 982; Lorz/Richterich, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, ParlamentsR, § 35 Rn. 101, 107; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 89. 126 BVerfG v. 01. 07. 2009 – 2 BvE 5/06, BVerfGE 124, 161, 193 = NVwZ 2009, 1092; BVerfG v. 02. 06. 2015 – 2 BvE 7/11, BVerfGE 139, 194 Rn. 121 = NVwZ 2015, 1377; BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 253 = NVwZ 2018, 51; Butzer, in: BeckOK-GG, Art. 38 Rn. 152; Glauben, DVBl 2018, 751, 755; Harks, JuS 2014, 979, 982; Müller, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 38 Rn. 89; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 223. 127 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 256 = NVwZ 2018, 51; Butzer, in: BeckOK-GG, Art. 38 Rn. 152. 123

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

so ist das Parlament in der Lage, die Berechtigung der Regierung zur Antwortverweigerung zu beurteilen, weitere politische oder juristische Schritte zu erwägen und so seiner Kontrollaufgabe gerecht zu werden.128 Ein pauschaler Rekurs auf verfassungsrechtliche Gründe für die Auskunftsverweigerung ist in keinem Fall ausreichend, da dies das Fragerecht letztlich aushöhlen würde und die Kontrollaufgabe des Parlaments und entsprechende gerichtliche Kontrollen weitgehend der Disposition der Regierung preisgäbe.129 e) Zwischenergebnis Beteiligt sich der Bund an einem Unternehmen in der Rechtsform der AG, stellen die Verwaltung und Betätigung der Eigentümerrechte durch die beteiligungsführenden Stellen sowie bei beherrschten Gesellschaften auch die unternehmerische Tätigkeit die Ausübung legitimationsbedürftiger Staatsgewalt dar. Die zur Herstellung eines angemessenen Legitimationsniveaus erforderliche parlamentarische Kontrolle richtet sich daher auch auf die vom Bund beherrschte Gesellschaft. Werden im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle Informationsanfragen an die Regierung gerichtet, kann ihre Beantwortung die Preisgabe sensibler Informationen erfordern. Die Ausleuchtung der Reichweite und der Grenzen des Interpellationsrechts hat gezeigt, dass unternehmerische Vertraulichkeitsinteressen der vom Bund beherrschten Gesellschaft der Antwortpflicht der Regierung nicht entgegenstehen. Insbesondere hat das BVerfG in seinem Deutsche-Bahn-Urteil klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn die Vertraulichkeitsinteressen in einfachgesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflichten der antwortpflichtigen Regierung zum Ausdruck kommen. Die Fernwirkung unternehmerischer Vertraulichkeitsinteressen in einem die Antwortpflicht beschränkenden Staatswohlbelang ist auf wenige Ausnahmefälle begrenzt und stellt keinen tauglichen Geheimnisschutz dar. Werden Informationen einer vom Bund beherrschten Gesellschaft Gegenstand parlamentarischer Informationsanfragen, müssen ihre Minderheitsgesellschafter und sonstigen Stakeholder mit der öffentlichen Preisgabe auch sensibler Informationen rechnen.

II. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht auf Länderebene Im Rahmen des Deutsche-Bahn-Urteils klärte das BVerfG das Verhältnis zwischen einfachgesetzlichen sowie vertraglichen Verschwiegenheitspflichten und der 128

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 256 = NVwZ 2018, 51; Glauben, DVBl 2018, 751, 755; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 223. 129 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 256 = NVwZ 2018, 51; Butzer, in: BeckOK-GG, Art. 38 Rn. 152; Glauben, DVBl 2018, 751, 755; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 223; vgl. auch BVerfG v. 17. 06. 2009 – 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 128 f. = NVwZ 2009, 1353.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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aus dem verfassungsrechtlichen Informations- und Fragerecht folgenden Antwortpflicht der Bundesregierung. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob sich die zugunsten der Antwortpflicht erfolgten Kollisionslösungen auch auf Landesbeteiligungen übertragen lassen. 1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Pflichtenlagerung Wird die Gesellschaft nicht vom Bund, sondern von einem Land beherrscht, ergeben sich aus aktienrechtlicher Perspektive hieraus keine Unterschiede. Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG knüpft an den Begriff der Gebietskörperschaft an, der freilich auch die Länder umfasst.130 Ebenso wie auf Bundesebene werden die in den Aufsichtsrat gewählten oder entsandten Repräsentanten hinsichtlich ihrer Berichte nach § 394 S. 1 AktG von ihrer organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht dispensiert. Als Korrelat des Dispenses werden die Empfänger dieser Berichte der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG unterworfen. Werden die Informationen im Innenbereich der Verwaltung als Mitteilungen im dienstlichen Verkehr (§ 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG) weitergegeben, werden auch die Empfänger dieser Mitteilungen von der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG erfasst.131 Eine Weitergabe der sensiblen Informationen in den parlamentarischen Raum, als Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, ist auf Länderebene aus denselben Gründen wie auf Bundesebene nicht möglich.132 Auch unter dem Blickwinkel der Informationsweitergabehürde des § 311 Abs. 1 AktG ist bei dem Informationszugriff über den Vorstand oder den Aufsichtsrat eine Rechtspflicht erforderlich, die sie an einer nachteiligen Verwendung der erlangten Informationen hindern soll.133 Hat das Land versäumt oder sonst davon abgesehen, die Verfolgung öffentlicher Zwecke in der Satzung zu verankern, und das Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Recht und dem Aktienrecht deshalb nicht reduziert, stellt sich die Informationsverwendung zur Erfüllung einer parlamentarischen Anfrage für die Gesellschaft als nachteilig dar, sodass die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG sowie die Verwendungsbeschränkung eingreifen.134

130

Koch, AktG, § 394 Rn. 33; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 17; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 13. 131 Koch, AktG, § 395 Rn. 7; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 10; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 4; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 52; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 8; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 4. 132 Vgl. Kap. 4 B. I. 3. c) cc) (1). 133 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 134 Vgl. Kap. 3 E. II.

184

Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Wird ein Unternehmen in der Rechtsform der AG von einem Land beherrscht, fällt die Beteiligungsverwaltung und die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft in den Verantwortungsbereich der Landesregierung und unterliegt der Kontrolle des Landesparlaments.135 Ebenso wie auf Bundesebene verfügen auch die Landesparlamente über ein allgemeines Informations- und Fragerecht gegenüber der Landesregierung. In einigen Ländern wurde ein Informationsanspruch ausdrücklich in die Landesverfassung aufgenommen.136 In Ländern, deren Verfassungen keine ausdrücklichen Bestimmungen enthalten, ist er wie auf Bundesebene aus dem Status des Abgeordneten und den Aufgaben und Kompetenzen des Parlaments ableitbar.137 Bezieht sich eine parlamentarische Anfrage auf Informationen, die auch der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG unterliegen oder deren öffentliche Preisgabe für die Gesellschaft nachteilig ist, kommt es zu einer Pflichtenkollision, die mit der auf Bundesebene vergleichbar ist. Unterschiede bestehen jedoch mit Blick auf den Ursprung der Antwortpflicht der Regierung. Während die Antwortpflicht auf Bundesebene verfassungsrechtlich verankert war, folgt die Antwortpflicht auf Länderebene aus dem Landesverfassungsrecht. Klärungsbedürftig ist daher, ob sich der anderweitige Pflichtenursprung auch in der Auflösung der Pflichtenkollision niederschlägt. Einige Landesverfassungen haben derartige Pflichtenkollisionen antizipiert und gewähren der Regierung ein Auskunftsverweigerungsrecht für den Fall, dass der Beantwortung der Anfrage gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.138 Unterliegen die begehrten Informationen zugleich Verschwiegenheitspflichten, darf die Regierung die Kollision zugunsten der Verschwiegenheitspflicht auflösen und die Antwort verweigern. 2. Auflösung der Pflichtenkollisionen a) Aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Kennt die parlamentarische Antwortpflicht dagegen keine Einschränkung ihres Normbefehls, verbleibt es bei einer Pflichtenkollision, die aufzulösen ist. Auf Bundesebene entschied das BVerfG, dass einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflichten der verfassungsrechtlich verankerten Antwortpflicht der Regierung nicht entgegenstehen können. Unternimmt man es, die vom BVerfG für Bundesbeteiligungen geführte Argumentation anzuwenden, muss die zugleich zur Verschwie135

395.

BayVerfGH v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 205 f. = BayVBl 2007,

136 Art. 25 Verf Hmb; Art. 53, 56 Abs. 4 Verf LSA; Art. 40 Verf MV; Art. 51 Verf Sachs; Art. 29 Abs. 1 Verf SH; Art. 53 Abs. 2, Art. 67 Verf Thür. 137 BayVerfGH v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 205 f. = BayVBl 2007, 395; BayVerfGH v. 26. 02. 2019 – Vf. 51-IVa-17, NVwZ-RR 2019, 841 Rn. 54 ff. = BeckRS 2019, 2632; Glauben, DVBl 2018, 751. 138 Etwa Art. 40 Abs. 3 S. 1 Verf MV; Art. 51 Abs. 2 Verf Sachs; Art. 29 Abs. 3 S. 1 Verf SH; Art. 67 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Verf Thür.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

185

genheit als auch zur Antwort verpflichtete Regierung diejenige Pflicht erfüllen, die in der Normenhierarchie auf höherem Rang angesiedelt ist.139 Bei der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht handelt es sich auch bei der Beteiligung eines Landes um eine bundesgesetzliche Rechtsnorm. Im Unterschied zu Beteiligungen des Bundes steht der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht bei Landesbeteiligungen eine Antwortpflicht der Regierung gegenüber, die landesverfassungsrechtlichen Ursprungs ist. Entscheidend ist daher das Rangverhältnis zwischen einfachgesetzlichem Bundesrecht und Landesverfassungsrecht. Aussagen über das Verhältnis zwischen bundes- und landesrechtlichen Normen enthält Art. 31 GG. In seiner Funktion als Rangordnungsvorschrift bestimmt Art. 31 GG die Höherrangigkeit bundesrechtlicher Vorschriften gegenüber solchen des Landesrechts.140 Zum Landesrecht zählen neben Gesetzen, Rechtsverordnungen und Satzungen der Länder auch die Landesverfassungen.141 Entsprechend der jedenfalls im Grundsatz unstrittigen Anwendung von Art. 31 GG auf Landesverfassungen, stellt das HmbVerfG die Beantwortung parlamentarischer Informationsanfragen unter den Vorbehalt entgegenstehender bundesrechtlicher und damit höherrangiger Vorschriften zum Geheimnisschutz.142 In gleicher Richtung lehnen auch Teile des Schrifttums eine Übertragung der vom BVerfG für Anfragen im Bundestag erlangten Ergebnisse auf landesparlamentarische Informationsanfragen ab.143 Gegen einen pauschalen Vorrang bundesrechtlicher Geheimhaltungspflichten vor der landesverfassungsrechtlich verankerten Antwortpflicht der Regierung hat jedoch der BayVerfGH entschieden. Das Gericht führte aus, dass das landesverfassungsrechtlich verankerte Fragerecht nicht zwangsläufig durch bundesrechtlich geregelte Geheimhaltungspflichten überlagert werde.144 Art. 31 GG komme insoweit nicht zur Anwendung, da die Verfassungsräume von Bund und Ländern grundsätzlich selbstständig nebeneinander stünden und das Erfordernis parlamentarischer Kon-

139

Zur Argumentation des BVerfG Kap. 4 B. I. 3. c) cc) (2). Gubelt/Hanschel, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 31 Rn. 9; Huber, in: Sachs, GG, Art. 31 Rn. 7; siehe auch Dreier, in: Dreier, GG, Art. 31 Rn. 18, nach dem die Wirkungskraft der in Art. 31 GG angelegten Rangregelung zu relativieren sei. 141 Dreier, in: Dreier, GG, Art. 31 Rn. 35; Huber, in: Sachs, GG, Art. 31 Rn. 14; März, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 31 Rn. 38. 142 HbgVerfG v. 21. 12. 2010 – HVerfG 1/10, NVwZ-RR, 2011, 425, 426 = BeckRS 2011, 45079; HbgVerfG v. 28. 11. 2013 – HVerfG 1/13, NVwZ 2014, 135, 136 = BeckRS 2013, 58862. 143 Lehnert, Die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsrats einer AG mit hoheitlicher Beteiligung, S. 186 f.; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 5; Schwill, NVwZ 2019, 109, 113 f.; offenlassend Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 382; ders., ZHR 183 (2019), 7, 42 f.; siehe auch ders., AktG, § 394 Rn. 43b: „Noch ungeklärt“. 144 BayVerfGH v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 207 = BeckRS 2006, 26142. 140

186

Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

trolle auf Länderebene über Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG bundesverfassungsrechtlich vorausgesetzt sei.145 Bei Lichte betrachtet handelt es sich bei den Ausführungen des BayVerfGH um zwei verschiedene Argumente. Der Verweis auf das bundesverfassungsrechtliche Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG zielt offenbar darauf ab, der parlamentarischen Kontrolle und dem hieraus folgenden Informationsrecht des Landesparlaments zu bundesverfassungsrechtlicher Dignität zu verhelfen, aus der sich dann der normhierarchische Vorrang gegenüber einfachgesetzlichen Geheimhaltungspflichten des Bundesrechts ergeben soll.146 Überzeugend wäre dies indes nur, wenn in den Ländern die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts unmittelbar gelten würden. Bei dem in Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG niedergelegten Homogenitätsprinzip handelt es sich jedoch um eine sog. Normativbestimmung, die kein Recht in den Ländern setzt, sondern für die Länder gilt und ihnen Vorgaben für ihre Verfassungs- und Rechtsordnung macht.147 Das Homogenitätsprinzip kann bereits deshalb nicht als Aufwertungsvehikel des landesparlamentarischen Informationsanspruchs dienen. Abzugrenzen ist das Homogenitätsprinzip von sog. Durchgriffsnormen.148 Hierbei handelt es sich um bundesverfassungsrechtliche Bestimmungen, die unmittelbar auch in den Ländern gelten.149 Zu den Durchgriffsnormen zählt insbesondere Art. 1 Abs. 3 GG mit den dort in Bezug genommenen Grundrechten.150 Die Konkretisierung des Demokratieprinzips in Art. 20 Abs. 2 GG, die auf Bundesebene einen Ankerpunkt des parlamentarischen Informations- und Fragerechts darstellt,151 zählt nach umstrittener, aber wohl herrschender Meinung nicht zu den Durchgriffsnormen.152 Dies überzeugt, da dem Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 S. 1 145 BayVerfGH v. 26. 07. 2006 – Vf. 11-IVa/05, NVwZ 2007, 204, 207 = BeckRS 2006, 26142. 146 Ähnlich auch Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 147 Vgl. BVerfG v. 05. 04. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208, 236 = BeckRS 1952, 191; BVerfG v. 23. 01. 1957 – 2 BvF 3/56, BVerfGE 6, 104, 111 = NJW 1957, 379; BVerfG v. 31. 03. 2016 – BvR 1576/13, NVwZ-RR 2016, 521 Rn. 49 = KommJur 2016, 296; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 50; Ernst, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 28 Rn. 8; Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 28 Rn. 3. 148 Vgl. Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 50; Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 28 Rn. 3. 149 Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 44; Engels, in: Sachs, GG, Art. 28 Rn. 4; Mehde, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 28 Abs. 1 Rn. 19; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 28 Rn. 30. 150 Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 44; Engels, in: Sachs, GG, Art. 28 Rn. 4. 151 Kap. 4 B. I. 1. 152 Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 44; Kersten, DÖV 1993, 896, 901 f.; a. A. Stern, Das StaatsR der Bundesrepublik Deutschland I (2. Aufl. 1984), S. 704.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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GG bei einer unmittelbaren Geltung von Art. 20 Abs. 2 GG in den Ländern kein eigener Regelungsgehalt mehr bliebe und es so zu einer bloß deklaratorischen Vorschrift herabsinken würde.153 Die parlamentarische Kontrolle in den Ländern und das Informations- und Fragerecht gegenüber den Landesregierungen lässt sich weder durch das Homogenitätsprinzip noch über Durchgriffsnormen bundesverfassungsrechtlich anreichern. Die parlamentarische Kontrolle in den Ländern und auch der parlamentarische Informationsanspruch verfügt lediglich über landesverfassungsrechtlichen Rang. Hieran ändert auch der Verweis auf die grundsätzlich nebeneinanderstehenden Verfassungsräume von Bund und Ländern nichts. Überraschend ist bereits die Verknüpfung dieses Einwands mit dem Versuch der bundesverfassungsrechtlichen Anbindung der parlamentarischen Kontrolle in den Ländern. Die Anerkennung grundgesetzlicher Durchgriffsnormen führt nämlich gerade zu einer Einschränkung der Verfassungsautonomie der Länder.154 Je umfangreicher Durchgriffsnormen anerkannt werden, desto unselbstständiger werden die vom BayVerfGH als Argument ins Feld geführten selbstständigen Verfassungsräume der Länder. Beide Argumente verfügen insoweit über unterschiedliche Stoßrichtungen. Nach alledem gilt das parlamentarische Informations- und Fragerecht für die Länder nicht unmittelbar aus bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen. Es verfügt damit über landesverfassungsrechtlichen Rang. In seiner Funktion als Rangordnungsvorschrift bestimmt Art. 31 GG den Nachrang landesverfassungsrechtlicher Bestimmungen gegenüber auch einfachgesetzlichen Bestimmungen des Bundesrechts. Für die hier interessierende Konstellation verfügt damit die bundesrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG gegenüber der Antwortpflicht der Regierung über einen höheren Rang.155 Die Regierung darf die Informationsanfrage daher nicht beantworten, wenn und soweit die begehrten Informationen der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG unterliegen. b) Verwendungsbeschränkung aa) Garantievereinbarung Wurden die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt, greift § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nicht ein. Allerdings steht die zur Überwindung von § 311 Abs. 1 AktG erforderliche Garantievereinbarung der Antwortpflicht der Regierung entgegen. Auf Bundesebene konnte die Garantievereinbarung die verfassungsrechtliche

153

Mit diesem Argument auch Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 44; Kersten, DÖV 1993, 896, 901 f.; Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 154 Dittmann, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 127 Rn. 33. 155 Im Ergebnis auch Schwill, NVwZ 2019, 109, 113.

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Antwortpflicht der Regierung nicht beschränken.156 Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht soll diese Kollisionslösung jedoch nicht auf parlamentarische Informationsanfragen auf Länderebene übertragbar sein.157 Vielmehr würden neben gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten des Bundesrechts auch wirksame vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarungen der landesverfassungsrechtlichen Antwortpflicht der Regierung vorgehen.158 Begründet wird dies mit dem aus Art. 31 GG folgenden Vorrang des Bundesrechts, der über das Prinzip der Vertragstreue aus § 241 Abs. 1 BGB auch für wirksame vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarungen des Bürgerlichen Rechts gelte.159 Dieser Sichtweise kann indes nicht gefolgt werden. Regelungsgegenstand des Art. 31 GG ist nur das einem staatlichen Normgeber zurechenbare Recht, nicht aber privatrechtliche Verträge.160 Zudem könnte sich die Regierung durch vertragliche Vereinbarungen sehr einfach der Antwortpflicht und damit ihrer Kontrolle durch das Parlament entledigen. Denkbar wäre sogar, dass die Verschwiegenheitsvereinbarung nicht einmal mit der Gesellschaft, sondern mit einem beliebigen Dritten geschlossen wird. Der Verweis auf das bundesrechtlich geregelte Prinzip der Vertragstreue kann freilich nicht dazu führen, dass alle vertraglichen Bestimmungen in den Geltungsrang eines Bundesgesetzes avancieren, solange sie nur wirksam sind. Die von dem Land mit der Gesellschaft geschlossene Garantievereinbarung verfügt nicht über den Rang eines Bundesgesetzes und ist daher nicht geeignet, die landesverfassungsrechtliche Antwortpflicht der Regierung zu beschränken. bb) Mitgliedschaftliche Treuepflicht Wurden die Informationen über den Vorstand der Gesellschaft erlangt, könnte jedoch die mitgliedschaftliche Treuepflicht die Antwortpflicht der Regierung beschränken. Bei Gesellschaften mit einer pluralistischen Aktionärsstruktur wird die Verwendungsbeschränkung durch die Garantievereinbarung nämlich nicht konstituiert. Ihr Rechtsgrund liegt bereits in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht. Die Treuepflicht wird durch die Garantievereinbarung flankiert, die das Schutzniveau im Verletzungsfalle erhöht.161 Sollen sensible Informationen der Gesellschaft zur Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Öffentlichkeit preisgegeben werden, steht dieser Informationsverwendung die mitgliedschaftliche Treuepflicht entgegen.162 Die mitgliedschaftliche Treuepflicht verdichtet sich hier zu einer Ver156

Kap. 4 B. I. 3. c) dd). Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 158 Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 159 Schwill, NVwZ 2019, 109, 113. 160 Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 31 Rn. 9; März, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 31 Rn. 25, 27. 161 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 162 Kap. 3 B. II. 3. c) bb). 157

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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schwiegenheitspflicht, die sich wegen ihres bundesrechtlichen Rangs, ebenso wie § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, gegen die Antwortpflicht landesrechtlichen Ursprungs durchsetzen kann.163 Handelt es sich dagegen um Eigengesellschaften ohne opponierende Aktionäre, besteht schon keine mitgliedschaftliche Treuepflicht, die die Informationsverwendung beschränken könnte.164 Hat sich das alleinbeteiligte Land die Informationen über den Vorstand der Gesellschaft beschafft, verhindert somit weder § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG noch die Garantievereinbarung oder die mitgliedschaftliche Treuepflicht die Preisgabe der sensiblen Informationen der Gesellschaft. c) Zwischenergebnis Nach der hier vertretenen Ansicht ist die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG imstande, das parlamentarische Informationsund Fragerecht auf Länderebene zu beschränken. Wurden die Informationen hingegen über den Vorstand der Gesellschaft erlangt, greift die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nicht ein, da sie voraussetzt, dass die Informationen über Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt wurden; sei es unmittelbar durch die Berichte oder mittelbar als Mitteilungen im dienstlichen Verkehr (§ 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG). Wurden die Informationen hingegen über den Vorstand erlangt, steht der Beantwortung der Anfrage zwar nicht die Garantievereinbarung, dafür aber die durch sie flankierte mitgliedschaftliche Treuepflicht entgegen. Handelt es sich jedoch um eine Eigengesellschaft des Landes ohne opponierende Aktionäre, besteht keine mitgliedschaftliche Treuepflicht des Landes. Ob die Regierung eine Information zur Beantwortung einer Anfrage verwenden darf, hängt somit zunächst davon ab, ob die Information über den Aufsichtsrat oder den Vorstand erlangt wurde. Wurde die Information über den Vorstand erlangt, dürfen die Informationen nur verwendet werden, wenn es sich bei der betreffenden Gesellschaft um eine Eigengesellschaft des Landes handelt.

III. Übertragbarkeit auf Informationsanfragen der Gemeinderäte? Neben Bund und Ländern beteiligen sich auch Gemeinden an Unternehmen in der Rechtsform der AG. Nach Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG müssen alle Länder, Kreise und Gemeinden eine Volksvertretung haben. In den Gemeinden wird diese Vorgabe durch den Gemeinderat umgesetzt, der in allen Gemeindeordnungen, wenn auch mit un163

Vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg v. 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, ZIP 2015, 877, 878 = NVwZ 2015, 1229. Das Gericht hat in Bezug auf eine GmbH angenommen, dass die beteiligungsverwaltende Behörde als Ausfluss ihrer Treuepflicht eine Verschwiegenheitspflicht trifft, die einem Informationsanspruch nach dem IFG entgegensteht. Zu dieser Konstellation noch unter Kap. 5 A. I. 5. b) bb). 164 M. w. N. Kap. 3 B. II. 3. e) bb).

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

terschiedlichen Bezeichnungen, vorgesehen ist.165 Es ist zu untersuchen, ob auch der Gemeinderat und seine Mitglieder über ein mit dem parlamentarischen Informationsanspruch auf Bundes- und Länderebene vergleichbares Auskunftsrecht verfügen und in welchem Verhältnis die korrespondierende Auskunftspflicht der Verwaltungsleitung mit den aktienrechtlichen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz steht. 1. Stellung und Aufgaben des Gemeinderats Als die von Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG vorgeschriebene Volksvertretung gehört der Gemeinderat zu den Hauptorganen der Gemeinde.166 Er bestimmt die wesentlichen Grundsätze der Verwaltung und ist für alle wichtigen Entscheidungen zuständig, soweit diese nicht durch Gesetz einem anderen Gemeindeorgan zugewiesen sind.167 Einige seiner Aufgaben sind dem Gemeinderat als ausschließliche Kompetenz zugeordnet.168 Diese sog. Vorbehaltsaufgaben sind zwingend durch den Gemeinderat wahrzunehmen.169 Hierzu zählen mit gewissen landesrechtlichen Differenzen insbesondere die Rechtsetzung, die Regelungen des Gemeindehaushalts und die Errichtung öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen.170 Andere als die Vorbehaltsaufgaben kann der Gemeinderat auf Ausschüsse oder andere Gemeindeorgane übertragen.171 Neben den auf bestimmte (Sach-)Materien bezogenen Aufgaben172 verfügt der Gemeinderat auch über eine Überwachungs- und Kontrollbefugnis.173 Er hat zunächst sicherzustellen, dass die von ihm gefassten Beschlüsse ausgeführt werden.174 Die Überwachungsaufgabe beschränkt sich jedoch nicht auf die Durchführung der 165 Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 404; Hellermann, in: BeckOK-GG, Art. 28 Rn. 13; Püttner, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 144 Rn. 61. 166 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 1; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 5; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 405. 167 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 18; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 15; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 405. 168 Mit dem Begriff der „Ausschließlichen Kompetenzen“ Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 20. 169 Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 18; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 406. 170 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 21; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 19; M.-E. Geis, Kommunalrecht, § 11 Rn. 19; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 406. 171 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 20; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 18; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 406. 172 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 19. 173 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 19, 34; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 21; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 407. 174 Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 21; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 407.

B. Parlamentarisches Informations- und Fragerecht

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Entscheidungen des Gemeinderats, sondern umfasst die gesamte Gemeindeverwaltung.175 Soweit die Gemeindeordnungen den Umfang der Kontrollbefugnis nicht beschränken, umfasst die Überwachung die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verhaltens der Gemeindeverwaltung.176 2. Kommunalrechtlicher Informationsanspruch des Gemeinderats Ähnlich wie die Parlamente auf Bundes- oder Länderebene ist der Gemeinderat zur Erfüllung seiner Überwachungs- und Kontrollaufgabe auf Informationen aus der Gemeindeverwaltung angewiesen.177 Zu diesem Zweck gewähren die Gemeindeordnungen dem Gemeinderat ausdrücklich178 oder in Herleitung aus der Überwachungsaufgabe179 einen Informationsanspruch gegenüber der Verwaltungsleitung.180 Die Ausgestaltung dieses Informationsanspruches durch die Gemeindeordnungen variiert mitunter deutlich. Während die Mehrzahl der Gemeindeordnungen den Informationsanspruch nur dem Gemeinderat als Kollegialorgan gewähren, das den Anspruch mit wiederum unterschiedlichen Quoren181 geltend machen kann, stellen einige Gemeindeordnungen den Informationsanspruch jedem einzelnen Gemeinderatsmitglied anheim.182 In gegenständlicher Hinsicht können sich die Informationsanfragen des Gemeinderats oder seiner Mitglieder auf alle Angelegenheiten beziehen, die in die Verbandszuständigkeit der Gemeinde fallen.183 Der Informationsanspruch des Gemeinderats oder seiner Mitglieder erstreckt sich auch auf Beteiligungen der Gemeinde an Unternehmen in privaten Rechtsformen.184 Informationsersuchen können 175

Eiermann, NVwZ 2005, 43; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 21; Gern/ Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 407. 176 Lange, Kommunalrecht, Kap. 4 Rn. 168. 177 Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 407; Heusch/Rosarius, NVwZ 2021, 604, 607. 178 § 24 Abs. 3 GO BW; § 29 Abs. 1 KVerf Br; § 50 Abs. 2 HGO; § 34 Abs. 2 KomVerf MV; § 58 Abs. 4 KomVG Nds; § 55 Abs. 1 GO NRW; § 37 KSVG Saarl; § 28 Abs. 5 GO Sachs; § 45 Abs. 6 KVG LSA; § 33 GO RP; § 30 Abs. 1 GO SH; § 22 Abs. 3 KO Thür. 179 So etwa in Bayern, wo der Informationsanspruch nicht normiert ist, aber aus der Überwachungsaufgabe (Art. 30 Abs. 3 BayGO) hergeleitet wird. Hierzu Lange, Kommunalrecht, Kap. 4 Rn. 174. 180 Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, Rn. 407; Lange, Kommunalrecht, Kap. 4 Rn. 173. 181 § 34 Abs. 2 KomVerf MV: ein Viertel der Gemeindevertreter oder eine Fraktion; § 28 Abs. 5 GO Sachs: ein Fünftel der Gemeinderäte; § 24 Abs. 3 GO BW: eine Fraktion oder ein Sechstel der Gemeindevertreter. 182 So etwa in § 29 Abs. 1 KVerf Br; § 55 Abs. 1 GO NRW; § 30 Abs. 1 GO SH. 183 Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 23; Lange, Kommunalrecht, Kap. 4 Rn. 184. 184 Zu Unternehmen in der Rechtsform der GmbH: OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 f. = BeckRS 2009, 34702; OVG Weimar v. 14. 11. 2013 – 3 KO 900/

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

sich daher auch auf solche Informationen beziehen, von denen die Verwaltungsleitung im Rahmen der Beteiligungsverwaltung und des Beteiligungsmanagements Kenntnis erlangt hat. Nicht selten werden diese Informationen auch sensible Informationen der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, enthalten. a) Verhältnis von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Auskunftspflicht aa) Eingreifen von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Wird ein Unternehmen in der Rechtsform der AG nicht vom Bund oder einem Land, sondern von einer Gemeinde beherrscht, ergeben sich aus aktienrechtlicher Perspektive hieraus keine Unterschiede. Das Informationsprivileg der §§ 394, 395 AktG umfasst mit dem Begriff der Gebietskörperschaft auch Beteiligungen von Gemeinden.185 Soweit eine Berichtspflicht der von der Gemeinde in den Aufsichtsrat der Gesellschaft gewählten oder entsandten Repräsentanten besteht, werden diese nach § 394 S. 1 AktG hinsichtlich dieser Berichte von ihrer Verschwiegenheitspflicht des § 116 S. 2 AktG befreit. Beziehen sich Anfragen des Gemeinderats oder seiner Mitglieder auf Informationen, die auf diesem Wege in den Innenbereich der Gemeinde gelangt sind, steht einer Auskunftspflicht der Verwaltungsleitung grundsätzlich die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG entgegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Informationsweitergabe an den Gemeinderat nicht als Mitteilung im dienstlichen Verkehr zu qualifizieren ist, die nach § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG von der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ausgenommen ist. Für die Weitergabe von Informationen an den Gemeinderat fällt die Einordnung als Mitteilung im dienstlichen Verkehr leichter als bei der Weitergabe an den Bundestag oder an Landesparlamente, weil der Gemeinderat der Exekutive zuzuordnen ist und die Informationen den Verwaltungsinnenbereich daher nicht verlassen. Für die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht nach § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG müssen die Empfänger der Mitteilungen zusätzlich die Gewährleistung der Vertraulichkeit erwarten lassen. Für die unmittelbare Berichterstattung lehnt die herrschende Meinung den Gemeinderat als tauglichen Berichtsempfänger mangels

11, BeckRS 2015, 45158; VG Wiesbaden v. 21. 01. 2014 – 7 K 898/13.WI, BeckRS 2015, 43935 Rn. 28; VG Gießen v. 10. 03. 2014 – 8 K 846/12.GI, BeckRS 2014, 52117; VG Koblenz v. 14. 12. 2020 – 3 K 757/20.KO, BeckRS 2020, 37028 Rn. 14 ff. = KommJur 2021, 54; Dünchheim, KommJur 2016, 441, 444; Lange, Kommunalrecht, Kap. 4 Rn. 184. 185 Koch, AktG, § 394 Rn. 33; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 394 Rn. 17; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 13.

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Vertraulichkeitsgewährleistung grundsätzlich ab.186 Dies erscheint vor dem Hintergrund der häufig engen Beziehungen von Gemeinderatsmitgliedern, Bürgern und Unternehmen auch plausibel.187 Jedoch könnte durch organisatorische Sicherungen die gebotene Vertraulichkeit hergestellt werden.188 In Betracht kommen Ausschüsse, die wegen ihrer geringeren Mitgliederzahl und des Ausschlusses der Öffentlichkeit eine Wahrung der Vertraulichkeit tatsächlich erwarten lassen.189 Für parlamentarische Anfragen im Bundestag hat das BVerfG jedoch zuletzt die Bedeutung der Öffentlichkeit bei der Beantwortung der Anfragen betont und zur Zurückhaltung derartiger Maßnahmen gemahnt.190 Gegen eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Gemeinderat könnte sprechen, dass es sich bei dem Gemeinderat im Gegensatz zum Bundestag um kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne handelt.191 Dem lässt sich allerdings entgegenhalten, dass das BVerfG zur Begründung auf die Repräsentationsfunktion abstellte.192 Bei allen Unterschieden von Bundestag und Gemeinderat handelt es sich bei dem Gemeinderat ebenfalls um ein Repräsentativorgan.193 Kann daher durch organisatorische Mittel ein vertraulichkeitswahrendes Umfeld in aller Regel nicht geschaffen werden, sind Informationsweitergaben an den Gemeinderat nicht als Mitteilungen im dienstlichen Verkehr von der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ausgenommen. Hat die beteiligte Gemeinde die Gesellschaft nicht im Rahmen einer Eingangskontrolle satzungsmäßig auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet und das Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Recht und dem Aktienrecht deshalb 186 Belcke/Mehrhoff, GmbHR 2016, 576, 578; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 181; Koch, AktG, § 394 Rn. 42; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 120 f.; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 32; Schmidt-Aßmann/Ulmer, BB 1988 (Beil. 13), 1, 9; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 47; a. A. OVG Münster v. 12. 12. 2022 – 15 A 2689/20, BeckRS 2022, 42496 Rn. 56 ff. = AG 2023, 332; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 30; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394 Rn. 15; differenzierend Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 394 Rn. 45. 187 Zutreffend bereits Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 120; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 47. 188 Vgl. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 182; Koch, AktG, § 394 Rn. 42; Land/Hallermeyer, AG 2011, 114, 120; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 394 Rn. 47. 189 Vgl. Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 182. 190 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 203 f. = NVwZ 2018, 51; allgemein zur besonderen Bedeutung der Sitzungsöffentlichkeit des Gemeinderats VG Augsburg v. 12. 08. 2019 – Au 7 K 18.1674, BeckRS 2019, 19381 Rn. 30. 191 Vgl. zu dieser Einordnung BVerfG v. 22. 11. 1983 – 2 BvL 25/83, BVerfGE 65, 283, 289 = NVwZ 1984, 430; BVerfG v. 21. 06. 1988 – 2 BvR 975/83, BVerfGE 78, 344, 348 = NVwZ 1989, 46; BVerwG v. 27. 03. 1992 – 7 C 20/91, BVerwGE 90, 104 f. = NVwZ 1993, 375; BVerwG v. 10. 12. 2003 – 8 C 18/03, BVerwGE 119, 305, 307 = NVwZ 2004, 621; Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 32; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 5; Mehde, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 12; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 28 Rn. 80; a. A. Dolderer, DÖV 2009, 146 ff. 192 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 204 = NVwZ 2018, 51. 193 Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 1; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 65.

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nicht reduziert, greift bei einer Weitergabe von sensiblen Informationen an den Gemeinderat die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht ein.194 bb) Auflösung der Pflichtenkollision Beziehen sich Informationsanfragen des Gemeinderats oder seiner Mitglieder auf sensible Informationen aus der Gesellschaft, ist die Verwaltungsleitung hinsichtlich derselben Informationen zugleich zur Auskunft und zur Verschwiegenheit verpflichtet. In einigen Ländern hat das Kommunalrecht Kollisionen der Auskunftspflicht mit anderweitigen Geheimhaltungsregelungen geregelt. So dürfen in Schleswig-Holstein195 Auskünfte nicht gewährt werden, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz geheim zu halten sind. Ähnliches gilt auch in Rheinland-Pfalz196, wo der Informationsanspruch ausgeschlossen ist, wenn und soweit für die Vorgänge eine Geheimhaltung besonders vorgeschrieben ist. Auch in Sachsen-Anhalt197 wird der Informationsanspruch unter den Vorbehalt entgegenstehender spezialgesetzlicher Vorschriften gestellt. Dort, wo das Kommunalrecht über keine derartigen Kollisionsregeln verfügt, verbleibt es bei einer aufzulösenden Pflichtenkollision. Auch auf kommunaler Ebene gilt, dass entsprechend der vom BVerfG geführten Argumentation diejenige Pflicht zu erfüllen ist, die über einen höheren Rang verfügt. Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG stellt als Teil des Aktienrechts ein Bundesgesetz dar. Die Auskunftspflicht verfügt als Teil des Kommunalrechts hingegen nur über den Rang eines Landesgesetzes. Wegen ihres bundesrechtlichen Rangs ist die Pflichtenkollision zugunsten der Verschwiegenheitspflicht aufzulösen. Die Verwaltungsleitung darf die Informationsanfragen des Gemeinderats oder seiner Mitglieder daher nicht beantworten, wenn und soweit die begehrten Informationen der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG unterliegen. b) Verhältnis der Verwendungsbeschränkung zur Auskunftspflicht aa) Garantievereinbarung Neben der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG steht der Informationsweitergabe an den Gemeinderat auch die Garantievereinbarung gegenüber. Der Abschluss der Vereinbarung war erforderlich, um die Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG zu überwinden.198 Für parlamentarische Anfragen auf Bundesebene entschied das BVerfG, dass vertragliche Verschwiegenheits194

Kap. 3 E. II. 3. § 30 Abs. 2 GO SH. 196 § 33 Abs. 5 GO RP. 197 § 45 Abs. 7 KVG LSA. 198 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 195

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pflichten die verfassungsrechtlich begründete Antwortpflicht der Regierung nicht beschränken können.199 Für Informationsanfragen in Landesparlamenten wurde ebenso gezeigt, dass sich die Antwortpflicht der Regierung gegen entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen durchsetzt.200 Schließlich kann auch die Auskunftspflicht der Verwaltungsleitung durch vertragliche Verschwiegenheitspflichten nicht verkürzt werden. Demgegenüber wurde noch vor dem Deutsche-Bahn-Urteil des BVerfG im Schrifttum vereinzelt davon ausgegangen, vertragliche Verschwiegenheitsvereinbarungen seien jedenfalls grundsätzlich geeignet, die Informationsweitergabe an den Gemeinderat zu unterbinden.201 Anknüpfungspunkt der Argumentation ist § 394 S. 3 AktG, wonach die für den Dispens von der Verschwiegenheitspflicht erforderliche Berichtspflicht auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage beruhen kann. Hieraus wurde sodann gefolgert, der Gesetzgeber gehe davon aus, der Informationsfluss zwischen Gesellschaft und Gemeinde sei einer vertraglichen Regelung zugänglich.202 Dies könnte auch für einen vertraglichen Ausschluss der Informationsweitergabe an den Gemeinderat gelten.203 Die Grenze vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten sei jedoch überschritten, wenn die vertragliche Verschwiegenheitspflicht im Sinne eines Vertrags zulasten Dritter das Auskunftsrecht einzelner Gemeinderatsmitglieder aushebele.204 Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Bereits die Ausgangsthese, wonach der Gesetzgeber den Informationsfluss zwischen der Gesellschaft und der Gemeinde vertraglichen Bestimmungen zugänglich gemacht habe, ist zweifelhaft. Richtig ist zwar, dass die für den Dispens erforderliche Berichtspflicht des Aufsichtsratsmitglieds inzwischen205 auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage beruhen kann. Eine umfassende Regelungsautonomie von Gesellschaft und Gemeinde lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Bei der für den Dispens erforderlichen Berichtspflicht handelt es sich nur um eine Voraussetzung des gesetzlichen Tatbestandes. Die weiteren Voraussetzungen und Grenzen des Dispenses, insbesondere die Erforderlichkeit der Vertraulichkeitsgewährleistung, sind durch das Gesetz vorgegeben und stehen nicht zur Disposition von Gesellschaft und Gemeinde. Darüber hinaus handelt es sich bei der mit § 394 S. 3 AktG angesprochenen Berichtspflicht und der hier in Rede stehenden Weitergabe von Informationen an den Gemeinderat um verschiedene Verhältnisse. Die Berichtspflicht und der Dispens von der Verschwiegenheitspflicht betreffen das Verhältnis der Gesellschaft zu den be199

BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 296 = NVwZ 2018, 51. Kap. 4 B. II. 2. b) aa). 201 Bracht, NVwZ 2016, 108, 113. 202 Bracht, NVwZ 2016, 108, 113. 203 Bracht, NVwZ 2016, 108, 113. 204 Bracht, NVwZ 2016, 108, 113. 205 Zur Kontroverse vor der Einführung von § 394 S. 3 AktG im Zuge der Aktienrechtsnovelle 2016 Schall, in: Spindler/Stilz, AktG (3. Aufl. 2015), § 394 Rn. 9; Schürnbrand, in: MünchKomm-AktG (3. Aufl. 2011), § 394 Rn. 16. 200

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teiligungsverwaltenden Stellen der Gebietskörperschaft.206 Nicht geregelt wird hingegen das hier in Rede stehende Verhältnis der Verwaltungsleitung zum Gemeinderat. Die Weitergabe von Informationen durch die Verwaltungsleitung bestimmt sich vielmehr nach § 395 AktG. Aus § 394 S. 3 AktG kann daher nicht die Möglichkeit abgeleitet werden, die Auskunftspflicht der Verwaltungsleitung gegenüber dem Gemeinderat könnte durch vertragliche Verschwiegenheitspflichten beschränkt werden. bb) Mitgliedschaftliche Treuepflicht Handelt es sich bei der Gesellschaft um ein Unternehmen mit weiteren Aktionären, besteht der Rechtsgrund der Verwendungsbeschränkung auch in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht.207 Wurde die Gesellschaft durch Bestimmungen in der Satzung nicht auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet, darf die Verwaltungsleitung die Informationen nicht an den Gemeinderat weitergeben.208 Zwischen der Auskunftspflicht und der mitgliedschaftlichen Treuepflicht entsteht eine Kollisionslage, die mit derjenigen vergleichbar ist, die zwischen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und der Antwortpflicht der Regierung auf eine landesparlamentarische Informationsanfrage entstehen kann. Aus normenhierarchischer Perspektive kollidiert auch hier eine Antwortpflicht landesrechtlichen Ursprungs mit der bundesrechtlichen Treuepflicht. Konnte sich bereits die landesverfassungsrechtliche Antwortpflicht der Regierung nicht gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht durchsetzen,209 gilt dies erst recht für eine Auskunftspflicht, die einfachem Landesrecht zuzuordnen ist. Wurden die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt und handelt es sich um eine Eigengesellschaft, besteht jedoch keine mitgliedschaftliche Treuepflicht, die die Auskunftspflicht beschränken kann. In diesem Fall müssen auch sensible Informationen an den Gemeinderat weitergegeben werden. 3. Verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch? Der in den Gemeindeordnungen der Länder begründete Informationsanspruch wird durch die bundesrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht beschränkt. Werden sensible Informationen der Gesellschaft im Gemeinderat Gegenstand eines Informationsersuchens, darf die Verwaltungsleitung die Informationen nicht weitergeben.

206

Rn. 5. 207

Vgl. Koch, AktG, § 394 Rn. 1; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 394

Kap. 3 B. II. 3. e) bb). Vgl. Kap. 3 E. II. 2. 209 Kap. 4 B. II. 2. b) bb). 208

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Neben den Informationsansprüchen des Gemeinderats aus den Gemeindeordnungen der Länder ist ein weiterer Informationsanspruch zunehmend Gegenstand verwaltungsrechtlicher Diskussion. So wird von Teilen der Rechtsprechung zusätzlich und neben kommunalrechtlich bestehenden Informationsansprüchen ein ungeschriebener verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch einzelner Gemeinderatsmitglieder postuliert.210 Auch einige Vertreter des Schrifttums gehen von dem Bestehen eines solchen Anspruchs aus, der sowohl bei seiner Geltendmachung als auch bei seiner Reichweite über die kommunalrechtlichen Informationsansprüche des Gemeinderats hinausgehe.211 Möglich sei auch die Übertragung der Rechte von Abgeordneten von Bundestag und Landesparlamenten samt ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung.212 a) Bedeutung eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs Der Forderung nach einem ungeschriebenen verfassungsunmittelbaren Informationsanspruch liegt wohl die als unbefriedigend empfundene Ausgestaltung des Informationsanspruchs in den Gemeindeordnungen der Länder zugrunde.213 So steht der Informationsanspruch regelmäßig dem Gemeinderat als Gesamtorgan, nicht aber einzelnen Gemeinderatsmitgliedern zu.214 Die zur Geltendmachung des Anspruchs erforderlichen Quoren würden jedoch häufig nicht erreicht, weil die in Parlamenten bestehenden Parteistrukturen auf kommunaler Ebene fehlten und der Gemeinderat von unabhängigen Einzelmandatsträgern lebe.215 Im hiesigen Kontext hätte die Annahme eines solchen ungeschriebenen Informationsanspruchs weitreichende Bedeutung, wenn er unmittelbar aus der Bundesverfassung ableitbar wäre. In diesem Fall könnten die Argumentation und die Ergebnisse des BVerfG aus dem Deutsche-Bahn-Urteil problemfrei auf den Kommunalbereich übertragen werden.216 Die Verwaltungsleitung könnte Informationsersuchen der Gemeinderatsmitglieder nicht ihre aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entge210 OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 = BeckRS 2009, 34702; OVG Magdeburg v. 31. 07. 2009 – 4 O 127/09, NVwZ-RR 2010, 123, 124 = BeckRS 2009, 37929; OVG Weimar v. 14. 11. 2013 – 3 KO 900/11, BeckRS 2015, 45158; VG Braunschweig v. 25. 04. 2013 – 1 A 225/12, NVwZ-RR 2013, 731, 732 = BeckRS 2013, 51269; offenlassend VGH München v. 11. 02. 2014 – 4 ZB 13.2225, NVwZ-RR 2014, 566 Rn. 13 f. = BeckRS 2014, 566. 211 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093 ff.; Tetzlaff, LKV 2012, 489, 491; Wolff, NVwZ 2012, 205, 208; a. A. Barth, in: BeckOK-Kommunalrecht Bayern, Art. 30 GO Rn. 55 ff.; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41; kritisch auch Pahlke, BayVBl 2011, 686, 691 ff. 212 Speziell für die Übertragung der Ergebnisse des Deutsche-Bahn-Urteils des BVerfG Katz, NVwZ 2018, 1091, 1095. 213 Siehe Tetzlaff, LKV 2012, 489, 491. 214 Kap. 4 B. III. 2. 215 Tetzlaff, LKV 2012, 489, 491. 216 Für die Übertragbarkeit Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093 ff.; a. A. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 41.

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genhalten. Es gilt daher zunächst zu untersuchen, ob ein ungeschriebener Informationsanspruch besteht und ob dieser aus der jeweiligen Landesverfassung oder der Bundesverfassung folgt. b) Existenz und Rang eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs Zur Begründung eines verfassungsunmittelbaren Informationsanspruchs wird im Wesentlichen ein Vergleich der Stellung von Gemeinderatsmitgliedern mit derer von Abgeordneten in Bundestag und den Landesparlamenten gezogen. Als demokratisch legitimierte Vertretung des Gemeindevolks habe der Gemeinderat mit der Kontrolle der Exekutive dieselbe Aufgabe wahrzunehmen wie Parlamente auf Landes- oder Bundesebene.217 Als Ausfluss seiner Mitgliedschaft komme dem Gemeinderatsmitglied ebenso die Aufgabe zu, an der Gesetzgebung mitzuwirken.218 Das Ratsmandat sei insofern „parlamentsähnlich“219. Die Vergleichbarkeit der Stellung von Gemeinderatsmitgliedern und Abgeordneten in Parlamenten rechtfertige schließlich eine Übertragung parlamentarischer Grundsätze auf Gemeinderäte.220 Einer Angleichung von Gemeinderat und den Parlamenten von Bund und Ländern steht die gefestigte Ansicht aus Rechtsprechung und Schrifttum gegenüber, wonach es sich bei dem Gemeinderat nicht um ein Parlament im staatsrechtlichen Sinne, sondern um einen Teil der Verwaltung handelt.221 Eine dogmatische Begründung, wie in Abweichung zu dieser deutlichen Unterscheidung kernparlamentarische Rechte auf das Verwaltungsorgan des Gemeinderats übertragen werden können, bleiben die Befürworter eines verfassungsunmittelbaren Informationsanspruchs schuldig.222 Der Verweis auf ähnliche Aufgaben von Gemeinderatsmitgliedern und 217

Wolff, NVwZ 2012, 205, 208; in diesem Sinne auch Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093 f. OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 = BeckRS 2009, 34702; OVG Magdeburg v. 31. 07. 2009 – 4 O 127/09, NVwZ-RR 2010, 123, 124 = BeckRS 2009, 37929. 219 Katz, NVwZ 2018, 1091, 1094; ähnlich auch OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 = BeckRS 2009, 34702; OVG Magdeburg v. 31. 07. 2009 – 4 O 127/ 09, NVwZ-RR 2010, 123, 124 = BeckRS 2009, 37929; soweit die Gerichte den Begriff „(Kommunal-)Parlament“ verwenden. 220 In diesem Sinne OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 = BeckRS 2009, 34702; OVG Magdeburg v. 31. 07. 2009 – 4 O 127/09, NVwZ-RR 2010, 123, 124 = BeckRS 2009, 37929; OVG Weimar v. 14. 11. 2013 – 3 KO 900/11, BeckRS 2015, 45158; VG Braunschweig v. 25. 04. 2013 – 1 A 225/12, NVwZ-RR 2013, 731, 732 = BeckRS 2013, 51269; Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093 ff.; Wolff, NVwZ 2012, 205, 208. 221 BVerfG v. 22. 11. 1983 – 2 BvL 25/83, BVerfGE 65, 283, 289 = NVwZ 1984, 430; BVerfG v. 21. 06. 1988 – 2 BvR 975/83, BVerfGE 78, 344, 348 = NVwZ 1989, 46; BVerwG v. 27. 03. 1992 – 7 C 20/91, BVerwGE 90, 104 f. = NVwZ 1993, 375; BVerwG v. 10. 12. 2003 – 8 C 18/03, BVerwGE 119, 305, 307 = NVwZ 2004, 621; Burgi, Kommunalrecht, § 12 Rn. 32; Engels/Krausnick, Kommunalrecht, § 4 Rn. 5; Mehde, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 28 Abs. 2 Rn. 12; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 28 Rn. 80; a. A. Dolderer, DÖV 2009, 146 ff. 222 Ebenso Pahlke, BayVBl 2011, 686, 691 f. 218

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Parlamentariern vermag eine Übertragbarkeit jedenfalls nicht überzeugend zu begründen. Der Frage, ob die Übertragung parlamentarischer Rechte auf das Gemeinderatsmandat aus anderen Gründen möglich ist, braucht hier nur weiter nachgegangen werden, wenn der in Rede stehende Informationsanspruch im Falle seiner Existenz aus der Bundesverfassung folgen würde. Hätte der Informationsanspruch Verfassungsrang, könnte die Verwaltungsleitung der Beantwortung von Informationsanfragen nicht mehr die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entgegenhalten. In diesem Fall bestünde ebenso wie bei Beteiligungen des Bundes die Gefahr, dass sensible Informationen aus der Gesellschaft der Öffentlichkeit preisgegeben werden müssen. Wenngleich die Befürworter eines verfassungsunmittelbaren Informationsanspruchs die konkrete Rechtsquelle des behaupteten Anspruchs nur selten ausdrücklich ansprechen, wurde vereinzelt angenommen, der Informationsanspruch könne auch durch bundesgesetzliche Bestimmungen nicht beschränkt werden.223 Das Kommunalrecht konkretisiere Art. 20, 28 GG und überlagere das bundesgesetzliche Gesellschaftsrecht.224 Dieser Überlagerung liegt offenbar der Gedanke eines Informationsanspruchs zugrunde, der auch auf Kommunalebene unmittelbar aus der Bundesverfassung folgt. Der überwiegende Teil der Befürworter eines solchen Anspruchs scheint jedoch von einem bloß landesverfassungsrechtlichen Rang auszugehen. So wird im Rahmen des gezogenen Vergleichs auf Seiten des Parlaments häufig die Stellung des Abgeordneten gegenüber der Landesregierung in Bezug genommen.225 Ein landesverfassungsrechtlicher Ursprung entspräche auch der Rechtsprechung des BVerwG in einem ähnlich gelagerten Fall. In einer älteren Entscheidung hatte sich das Gericht mit dem Versuch eines Gemeinderatsmitglieds zu befassen, auf der Grundlage eines übergeordneten ungeschriebenen Grundsatzes des Parlamentsrechts Kopien von gemeindeeigenen Verwaltungsvorschriften zu erlangen.226 Das BVerwG ließ zwar offen, ob der zur Begründung des Informationsbegehrens angeführte ungeschriebene Grundsatz des Parlamentsrechts tatsächlich bestehe.227 Sollte ein solcher Grundsatz jedoch bestehen, gehöre er zum Orts- bzw. Landesrecht.228 Sollte ein verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch tatsächlich bestehen, kann dieser nur aus den Verfassungen der Länder folgen. Auch der Verweis auf 223

Katz, NVwZ 2018, 1091, 1095. Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093. 225 OVG Lüneburg v. 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, DVBl 2009, 920 = BeckRS 2009, 34702; OVG Magdeburg v. 31. 07. 2009 – 4 O 127/09, NVwZ-RR 2010, 123, 124 = BeckRS 2009, 37929; VG Braunschweig v. 25. 04. 2013 – 1 A 225/12, NVwZ-RR 2013, 731, 732 = BeckRS 2013, 51269. 226 BVerwG v. 14. 12. 1989 – 7 B 173/89, NVwZ-RR 1990, 208 = BayVBl 1990, 284. 227 BVerwG v. 14. 12. 1989 – 7 B 173/89, NVwZ-RR 1990, 208 = BayVBl 1990, 284. 228 BVerwG v. 14. 12. 1989 – 7 B 173/89, NVwZ-RR 1990, 208 = BayVBl 1990, 284. 224

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Art. 20 und 28 GG, die durch das Kommunalrecht konkretisiert würden, führt zu keiner anderen Beurteilung.229 Eine Herleitung aus der Bundesverfassung könnte nur gelingen, wenn das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 2 GG oder das Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 GG unmittelbar in den Gemeinden gelten würden. Eine unmittelbare Geltung dieser Vorschriften in den Ländern wird jedoch von der herrschenden und auch hier vertretenen Ansicht abgelehnt.230 Die Verfassungsräume von Bund und Ländern stehen grundsätzlich selbstständig nebeneinander.231 Die Konkretisierung des Demokratieprinzips in Art. 20 Abs. 2 GG und das Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 GG können daher kein tauglicher Anknüpfungspunkt für eine bundesverfassungsrechtliche Unterfütterung kommunaler Informationsrechte sein. Ein etwaig bestehender ungeschriebener Informationsanspruch kann nur aus den Verfassungen der Länder folgen. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, wird er durch die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht beschränkt.232 4. Zwischenergebnis Die für die parlamentarischen Informationsanfragen erlangten Ergebnisse lassen sich nur teilweise auf den Gemeinderat übertragen, da es sich bei dem Gemeinderat zwar um eine Volksvertretung, aber kein Parlament im staatsrechtlichen Sinne handelt. Die Beleuchtung der in den Gemeindeordnungen bestehenden Informationsrechte des Gemeinderats hat gezeigt, dass sich die Anfragen auch auf Informationen aus den von der Gemeinde beherrschten Unternehmen in Privatrechtsform beziehen können. Im Kollisionsfalle setzen sich aber die bundesrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht durch. Das Gleiche gilt, wenn daneben ein ungeschriebener verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch angenommen wird. Dieser kann nur aus dem Landesverfassungsrecht folgen und wird im Kollisionsfalle daher ebenfalls durch die Verschwiegenheitspflichten des Bundesrechts beschränkt. Eine Preisgabe von sensiblen Informationen der Gesellschaft ist jedoch zu befürchten, wenn keine aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten der Antwortpflicht gegenüberstehen. Dies ist nur der Fall, wenn die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt wurden und es sich um eine Eigengesellschaft handelt. In dieser Konstellation greift weder § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG noch die mitgliedschaftliche Treuepflicht ein.

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So aber Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093. Mit entsprechenden Nachweisen Kap. 4 B. II. 2. a). 231 BVerfG v. 11. 05. 1955 – 1 BvO 1/54, BVerfGE 4, 178, 189 = NJW 1955, 945; BVerfG v. 19. 07. 1967 – 2 BvR 639/66, BVerfGE 22, 267, 270 = NJW 1967, 1955; BVerfG v. 09. 07. 1997 – 2 BvR 389/94, BVerfGE 96, 231, 242 = NJW 1998, 293; BVerfG v. 19. 11. 2002 – 2 BvR 329/97, BVerfGE 107, 1, 10 = NVwZ 2003, 850. 232 Vgl. Kap. 4 B. II. 2. 230

C. Berichte der Rechnungshöfe im Rahmen der externen Finanzkontrolle

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C. Berichte der Rechnungshöfe im Rahmen der externen Finanzkontrolle Für den Bund bestimmt Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG, dass der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsund Wirtschaftsführung des Bundes prüft. Auch die Verfassungen der Länder enthalten entsprechende Bestimmungen für die Landesrechnungshöfe.233 Die Prüfung durch die Rechnungshöfe umfasst dabei auch die Betätigung des Bundes oder des Landes bei privatrechtlich verfassten Unternehmen (vgl. § 44 HGrG). Über das Ergebnis dieser Prüfungen sind Berichte zu erstatten, die die Grundlage der parlamentarischen Rechnungsprüfung und der Entlastung der Regierung darstellen.234 Durch die öffentliche Zugänglichkeit der Prüfungsberichte, in die regelmäßig auch sensible Informationen der Gesellschaft Eingang finden, können die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft gefährdet werden. In den letzten Jahren erlangt die Informationstätigkeit der Rechnungshöfe auch über den parlamentarischen Raum hinaus Bedeutung. Durch ihre Berichte leisten die Rechnungshöfe einen Beitrag im demokratischen Meinungsbildungsprozess.235 Dabei scheinen die Prüfungsergebnisse gegenüber anderen Informationsquellen einen Integritätsvorschuss zu genießen, was ihre Bedeutung für den öffentlichen Diskurs zu erhöhen scheint.236 Im Folgenden ist zu untersuchen, ob im Rahmen der Prüfungsberichte sensible Informationen an die Öffentlichkeit gelangen können oder ob Geheimhaltungsbelange der Gesellschaft der Veröffentlichung entgegenstehen.

I. Betätigungsprüfung, § 44 HGrG Für Beteiligungen des Bundes oder eines Landes an Unternehmen in Privatrechtsform sieht § 44 HGrG die sog. Betätigungsprüfung vor. Danach haben die Rechnungshöfe die Betätigung des Bundes oder des Landes bei seinen Beteiligungsunternehmen unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze zu prüfen. Nach § 1 S. 2 HGrG sind der Bund und die Länder verpflichtet, die Betätigungsprüfung in ihr Haushaltsrecht zu implementieren.237 Diesem Gesetzgebungsauftrag sind der 233 Art. 83 Abs. 2 Verf BW; Art. 95 Abs. 3 Verf Ber; Art. 106 Abs. 2 Verf Br; Art. 133a Abs. 1 Verf Brm; Art. 71 Abs. 1 S. 1 Verf Hmb; Art. 144 Verf Hess; Art. 68 Abs. 3 Verf MV; Art. 70 Abs. 1 Verf Nds; Art. 86 Abs. 2 Verf NRW; Art. 120 Abs. 2 Verf RP; Art. 106 Abs. 2 Verf Saarl; Art. 100 Abs. 1 Verf Sachs; Art. 97 Abs. 2 Verf LSA; Art. 64 Abs. 1 Verf SH; Art. 103 Abs. 3 Verf Thür. 234 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 4; Schäfer, FS Geiger 1974, 623, 631; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 114 Rn. 95. 235 Schäfer, FS Geiger 1974, 623, 636; M. Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofes, S. 39. 236 In diesem Sinne Burgi, DÖV 2020, 121. 237 Zu diesem Gesetzgebungsauftrag v. Lewinski/Burbat, in: NK-HGrG, § 1 Rn. 3 ff.

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Bund und die Länder in Art. 92 bzw. § 92 ihrer jeweiligen Haushaltsordnung nachgekommen.238 Adressat der Betätigungsprüfung ist der Bund oder das Land, nicht aber die Gesellschaft selbst.239 Gegenstand ist daher auch nicht die Wirtschaftsführung der Gesellschaft, sondern lediglich die Betätigung des Bundes oder des Landes bei seiner Beteiligung.240 1. Prüfungsgegenstand und Prüfungsmaßstab Gegenstand der Prüfung ist die Betätigung des Bundes oder des Landes bei dem Unternehmen.241 Unter den Begriff der Betätigung fällt dabei das gesamte Verhalten des Bundes oder des Landes von dem Erwerb der Beteiligung bis hin zu ihrer Veräußerung.242 Die Rechnungshöfe prüfen insbesondere, ob die Voraussetzungen der Beteiligung noch vorliegen. Im Allgemeinen muss der mit der Beteiligung verfolgte Zweck gewährleistet werden sowie hinreichender Einfluss auf die Gesellschaft möglich sein (vgl. § 65 Abs. 1 BHO).243 Die Prüfung erstreckt sich auch auf die Tätigkeit der in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten der Gebietskörperschaft.244 Die Rechnungshöfe prüfen die Betätigung des Bundes oder des Landes unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze. Die Vorgabe, dass die Prüfung lediglich kaufmännische Grundsätze zu beachten hat und sich nicht vollständig nach kaufmännischen Grundsätzen vollziehen muss, trägt dem Umstand Rechnung, dass sich Gebietskörperschaften nicht mit reiner Gewinnerzielungsabsicht privatwirtschaftlich betätigen dürfen.245 Jede privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand erfordert ihre Rechtfertigung durch einen öffentlichen Zweck.246 238

Anders nur in Hamburg, wo die Betätigungsprüfung in § 85 LHO Hmb geregelt ist. Burgi, DÖV 2020, 121, 125 f.; v. Lewinski/Burbat, in: NK-HGrG, § 44 Rn. 2; M. Vogt, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofes, S. 55. 240 Burgi, DÖV 2020, 121, 125 f.; Koch, AktG, § 394 Rn. 17; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 100; Schwarz, in: Gröpl, BHO/LHO, § 92 BHO Rn. 3. 241 Burgi, DÖV 2020, 121, 125; v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 92 Rn. 6. 242 v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 92 Rn. 6; Schwarz, in: Gröpl, BHO/LHO, § 92 BHO Rn. 4. 243 v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 92 Rn. 6; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 101; Schwarz, in: Gröpl, BHO/LHO, § 92 BHO Rn. 1. 244 Breuer/Fraune, in: Heidel, AktR, Anh. zu §§ 394, 395 AktG Rn. 14; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 33; Koch, AktG, § 394 Rn. 17; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, vor §§ 394, 395 Rn. 32; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 101; zu den Problemen der Grenzziehung zwischen einer zulässigen Prüfung der Repräsentanten und einer durch die Repräsentanten vermittelten unzulässigen Prüfung der Gesellschaft Burgi, DÖV 2020, 121, 126 ff. 245 v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 92 Rn. 7; Schwarz, in: Gröpl, BHO/LHO, § 92 BHO Rn. 5. 246 M. w. N. Kap. 2 A. I. 2. 239

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2. Informationszugang der Rechnungshöfe Grundlage jeder effektiven Prüfung ist eine ausreichende Versorgung der Rechnungshöfe mit Informationen.247 Hinsichtlich des Informationszugangs der Rechnungshöfe lassen sich zwei Informationskanäle unterscheiden. Zunächst ist die beteiligte Gebietskörperschaft verpflichtet, die bei ihr vorliegenden Informationen an den Rechnungshof zu übermitteln. Für Beteiligungen des Bundes bestimmt § 69 S. 1 BHO, dass das zuständige Bundesministerium dem Bundesrechnungshof insbesondere die Informationen zu übermitteln hat, die der Beteiligungsverwaltung als Aktionär zugänglich sind oder aus den Berichten der in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten herrühren sowie der erweiterten Abschlussprüfung (§ 53 HGrG) entstammen. Auch die Haushaltsordnungen der Länder verfügen in Art. 69 bzw. § 69 ihrer jeweiligen Haushaltsordnung über eine entsprechende Pflicht zur Informationsweitergabe an den zuständigen Rechnungshof. Der Weitergabe auch sensibler Informationen aus den Berichten der Repräsentanten durch die Stellen der Beteiligungsverwaltung steht die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nicht entgegen. Bei der Weitergabe von Informationen an die Rechnungshöfe handelt es sich um Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, die nach § 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG von der Verschwiegenheitspflicht ausgenommen sind.248 Das aktienrechtliche Schutzkonzept bleibt geschlossen, da die Prüfer der Rechnungshöfe ihrerseits nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Verschwiegenheit über die Informationen verpflichtet sind, die ihnen aus den Mitteilungen bekannt geworden sind.249 Neben der Übersendung der bei den beteiligungsverwaltenden Stellen vorliegenden Informationen kann den Rechnungshöfen nach § 54 Abs. 1 HGrG noch ein weiterer Informationskanal eröffnet werden. Nach der für den Bund und die Länder unmittelbar geltenden (§ 49 HGrG) Vorschrift des § 54 Abs. 1 HGrG kann der beteiligten Gebietskörperschaft in der Satzung ein Selbstunterrichtungsrecht zugunsten des zuständigen Rechnungshofes eingeräumt werden. Es soll zur Klärung von Fragen dienen, die bei der Betätigungsprüfung offengeblieben sind. Nach § 54 Abs. 1 HGrG kann das Selbstunterrichtungsrecht in den Fällen des § 53 HGrG in die Satzung aufgenommen werden. Wegen der Bezugnahme auf § 53 HGrG wird angenommen, dass § 54 Abs. 1 HGrG ebenso wie § 53 HGrG eine Mehrheitsbeteiligung250 vor-

247

Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 69 BHO Rn. 2. Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, § 69 BHO Rn. 9; Wilting, AG 2012, 529, 534; wohl auch v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 69 Rn. 3. 249 Koch, AktG, § 395 Rn. 2; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 2; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 4; Wilting, AG 2012, 529, 534. 250 Näher zu ihrer Bestimmung Kap. 3 D. I. 1. a). 248

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aussetzt.251 Das Selbstunterrichtungsrecht muss nach § 54 Abs. 1 HGrG mit Dreiviertelmehrheit des vertretenen Kapitals in der Satzung bestimmt werden. Enthält die Satzung der Gesellschaft entsprechende Bestimmungen, sind die Rechnungshöfe nicht mehr auf einen durch die Exekutivorgane gemittelten Informationszugang beschränkt, sondern können sich unmittelbar bei der öffentlich beherrschten Gesellschaft unterrichten. Die Rechnungshöfe sind berechtigt, die Geschäftsräume aufzusuchen und den Betrieb, die Bücher und Schriften einzusehen.252 Den Geheimhaltungsbelangen der Gesellschaft ist durch eine extensive Auslegung des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Rechnung zu tragen, wonach die Verschwiegenheitspflicht auch für Informationen gilt, von denen die Prüfer der Rechnungshöfe im Wege der Selbstunterrichtung Kenntnis erlangt haben.253

II. Berichte der Rechnungshöfe Die Rechnungshöfe haben jährlich einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis ihrer Prüfungen zu erstatten. Für den Bundesrechnungshof folgt diese Berichtspflicht unmittelbar aus Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG. Auch auf Länderebene ergibt sich die Berichtspflicht überwiegend aus den Landesverfassungen.254 Teilweise wurde die Pflicht dagegen in die Landeshaushaltsordnungen aufgenommen.255 Der Bericht der Rechnungshöfe bezweckt die Unterrichtung der verantwortlichen Verfassungsorgane und dient als Grundlage der Entscheidung über die Entlastung der Regierung.256 Adressaten der Berichte sind die gesetzgebenden Körperschaften und die Regierungen.257 Auf Bundesebene ist der Bericht nach Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG unmittelbar auch dem Bundesrat zuzuleiten. 251 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 10; Koch, AktG, § 394 Rn. 13; v. Lewinski/Burbat, in: NK-HGrG, § 54 Rn. 3; Schockenhoff, in: MünchKommAktG, vor § 394 Rn. 95. 252 Koch, AktG, § 394 Rn. 19; Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 395 Rn. 46; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 102. 253 Koch, AktG, § 395 Rn. 4; v. Lewinski/Burbat, in: NK-HGrG, § 54 Rn. 7; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 5; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 3; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 7; a. A. Huber/Fröhlich, in: GroßKommAktG, § 395 Rn. 12 ff.; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 201. 254 Art. 83 Abs. 2 Verf BW; Art. 95 Abs. 3 Verf Ber; Art. 106 Abs. 2 Verf Br; Art. 71 Abs. 1 S. 2 Verf Hmb; Art. 144 Verf Hess; Art. 68 Abs. 5 Verf MV; Art. 86 Abs. 2 Verf NRW; Art. 70 Abs. 1 Verf Nds; Art. 120 Abs. 2 Verf RP; Art. 106 Abs. 2 Verf Saarl; Art. 100 Abs. 4 Verf Sachs; Art. 97 Abs. 2 Verf LSA; Art. 64 Abs. 5 Verf SH; Art. 103 Abs. 3 Verf Thür. 255 So etwa in Bayern und Bremen, Art. 97 Abs. 1 S. 1 HO Bay; § 97 Abs. 1 LHO Brm. 256 Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 114 Rn. 40; Kube, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 114 Rn. 123. 257 Art. 114 Abs. 1 S. 3 GG; Art. 83 Abs. 2 Verf BW; Art. 97 Abs. 1 S. 1 LHO Bay; Art. 95 Abs. 3 Verf Ber; Art. 106 Abs. 2 Verf Br; § 97 Abs. 1 LHO Brm; Art. 71 Abs. 1 S. 2 Verf Hmb; Art. 144 Verf Hess; Art. 68 Abs. 5 Verf MV; Art. 86 Abs. 2 Verf NRW; Art. 70 Abs. 1

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Der Bericht wird traditionell als Bemerkungen bezeichnet.258 Der Inhalt der Bemerkungen bestimmt sich auf Bundesebene nach § 97 BHO. Diese Vorschrift wurde von nahezu allen Ländern in ihren Haushaltordnungen nachgebildet.259 Nach § 97 Abs. 2 Nr. 3 BHO und seinen landesrechtlichen Entsprechungen ist in dem Bericht insbesondere mitzuteilen, welche wesentlichen Beanstandungen sich aus der Prüfung der Betätigung bei Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit ergeben haben. Durch diese Vorgabe werden nicht selten auch sensible Informationen der Gesellschaft, von denen die Rechnungshöfe im Rahmen ihrer Betätigungsprüfung Kenntnis erlangt haben, Teil des Berichts.260 Als Berichtsbestandteile würden die sensiblen Informationen der Gesellschaft im Internet veröffentlicht und wären als Parlamentsdrucksache zudem jederzeit und durch jedermann einsehbar.261

III. Entgegenstehende Geheimhaltungsbelange 1. Veröffentlichungsverbot, § 395 Abs. 2 AktG Haben auch sensible Informationen der Gesellschaft Eingang in die Bemerkungen der Rechnungshöfe gefunden, drohen der Gesellschaft durch ihre Veröffentlichung erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Fraglich ist, ob Geheimhaltungsbelange der Gesellschaft der Veröffentlichung sensibler Informationen in den Berichten entgegenstehen. Wie bereits dargestellt wurde, erlangen die Rechnungshöfe ihre prüfungsrelevanten Informationen zuvörderst von den beteiligungsverwaltenden Stellen der Gebietskörperschaft, die zur Weitergabe derjenigen Informationen verpflichtet sind, die sie als Aktionär oder aus den Berichten, ihrer im Aufsichtsrat platzierten Repräsentanten, erlangt haben.262 Dieser Informationskanal war als Mitteilung im dienstlichen Verkehr einzuordnen (§ 395 Abs. 1 Hs. 2 AktG), sodass den beteiligungsverwaltenden Stellen nicht ihre Verschwiegenheitspflicht aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG entgegenstand.263 Als Empfänger dieser Berichte sind die Rechnungs-

Verf Nds; Art. 120 Abs. 2 Verf RP; Art. 106 Abs. 2 Verf Saarl; Art. 100 Abs. 4 Verf Sachs; Art. 97 Abs. 2 Verf LSA; Art. 64 Abs. 5 Verf SH; Art. 103 Abs. 3 Verf Thür. 258 Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 114 Rn. 94 Fn. 211; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 114 Rn. 16a. 259 In § 97 LHO Brm ist die Berichterstattung über die Betätigungsprüfung als eigenständiger Abs. 4 aufgenommen worden, siehe auch Reus/Mühlhausen, Haushaltsrecht in Bund und Ländern, B. Rn. 300. 260 Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 12. 261 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 207; Koch, AktG, § 395 Rn. 8; MüllerMichaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 11; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 8; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 12. 262 Kap. 4 C. I. 2. 263 Kap. 4 C. I. 2.

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höfe jedoch ebenfalls nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet.264 Neben die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, die an die Eigenschaft als Berichtsempfänger anknüpft, tritt das Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG. Nach § 395 Abs. 2 AktG dürfen im Rahmen von Prüfungsergebnissen vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nicht veröffentlicht werden. Dieses ausdrückliche Veröffentlichungsverbot ist speziell auf die Informationstätigkeit der Rechnungshöfe zugeschnitten.265 Es dient der Klarstellung der ohnehin schon nach § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG bestehenden Verschwiegenheitspflicht.266 2. Auswirkung des Veröffentlichungsverbotes auf die Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofes a) Meinungsstand Für Beteiligungen des Bundes werden die Auswirkungen des § 395 Abs. 2 AktG auf die Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofes im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Wohl überwiegend wird davon ausgegangen, § 395 Abs. 2 AktG stehe der Aufnahme von sensiblen Informationen der Gesellschaft in die Bemerkungen entgegen.267 Dieser Ansicht entspricht auch die Berichtspraxis, die durch eine Anonymisierung der Informationen Rückschlüsse auf das betroffene Unternehmen zu verhindern versucht.268 Gegen diese Praxis wird eingewandt, der Zweck der Berichte erfordere, dass „Ross und Reiter“269 genannt werden können. Der verfassungsrechtlichen Berichtspflicht des Art. 114 Abs. 2 S. 3 GG sei im Wege

264 Koch, AktG, § 395 Rn. 2, 7; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 2, 5; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 4. 265 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 17; Koch, AktG, § 395 Rn. 8; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 11; Oetker, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 395 Rn. 8; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 11; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 6. 266 Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 15; Koch, AktG, § 395 Rn. 8; MüllerMichaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 11; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 11; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 6. 267 Koch, AktG, § 395 Rn. 8; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 12a; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 8; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 12 f.; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 6. 268 Hierzu Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 19; Huber/ Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 16; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 12; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 12; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 6. 269 Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 6.

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verfassungskonformer Auslegung bzw. Rechtsfortbildung der einfachgesetzlichen Vorschrift des § 395 Abs. 2 AktG Geltung zu verschaffen.270 b) Stellungnahme Für letztere Ansicht spricht zunächst ein Vergleich zu dem parlamentarischen Informationsanspruch der Bundestagsabgeordneten, der mit der Verschwiegenheitspflicht der Bundesregierung aus § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG kollidierte. Das BVerfG entschied, dass die Bundesregierung die Beantwortung einer Anfrage nicht mit Hinweis auf ihre einfachgesetzliche Verschwiegenheitspflicht verweigern durfte.271 Allerdings hielt das Gericht einfachgesetzliche Regelungen zur Beschränkung des parlamentarischen Informationsanspruchs nicht für von vornherein ungeeignet. Es stellte fest, dass auch einfachgesetzliche Regelungen von Relevanz sein können, wenn sie einen sich im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bewegenden Ausgleich konfligierender (Verfassungs-)Rechte darstellen.272 Für eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung in diesem Sinne spricht der Umstand, dass der Gesetzgeber neben der allgemeinen Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG mit § 395 Abs. 2 AktG eine zusätzliche Bestimmung geschaffen hat, die speziell auf die Berichtspflicht der Rechnungshöfe zugeschnitten ist.273 Es begegnet Zweifeln, den in § 395 Abs. 2 AktG deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers durch Rechtsfortbildung zu überspielen.274 Für eine verfassungskonforme Auslegung besteht vor diesem Hintergrund kaum Raum. Fraglich ist allerdings, ob § 395 Abs. 2 AktG tatsächlich die Anonymisierung der Bemerkungen erfordert. Seinem Wortlaut nach verbietet § 395 Abs. 2 AktG nur die Veröffentlichung sensibler Informationen, nicht aber die Information des Bundestages und der Bundesregierung schlechthin.275 Indes verschließt sich das Haushaltsrecht nicht den Geheimhaltungsbelangen Dritter und sieht Möglichkeiten zum Schutz von sensiblen Informationen vor. So bestimmt § 97 Abs. 4 BHO, dass Bemerkungen zu geheimzuhaltenden Angelegenheiten nur den Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates sowie dem Bundeskanzler und dem Bundesministerium der Finanzen mitgeteilt werden. Als geheim eingestufte Informationen sind nach § 97 Abs. 5 BHO zudem von der Veröffentlichung im Internet ausgenommen. 270

Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 6. BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 295 f. = NVwZ 2018, 51. 272 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 213 = NVwZ 2018, 51. 273 Ähnlich auch Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 13, der auf Nachweise aus dem Gesetzgebungsverfahren hinweist, aus denen die Kenntnis der befassten Gremien von der Problematik hervorgehen soll. 274 In diese Richtung Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 20. 275 So auch Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 20; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 17 f. 271

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Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

Unter den Begriff der geheimzuhaltenden Angelegenheiten lassen sich dabei freilich die sensiblen Informationen der beherrschten Gesellschaften subsumieren.276 Durch die Begrenzung des Empfängerkreises und die Ausnahme von der Veröffentlichung im Internet kann dem von § 395 Abs. 2 AktG intendierten Vertraulichkeitsschutz hinreichend Rechnung getragen werden, ohne die sensiblen Informationen der Haushaltskontrolle vollständig zu entziehen. Nach vorzugswürdiger Lesart verbietet § 395 Abs. 2 AktG nicht, dass sensible Informationen in die Haushaltskontrolle einfließen, sondern verbietet lediglich ihre Veröffentlichung. Erfordert der Zweck eines Berichts die Mitteilung sensibler Informationen der Gesellschaft, ist der Bundesrechnungshof verpflichtet, das besondere Mitteilungsverfahren des § 97 Abs. 4 BHO anzustoßen.277 3. Auswirkung des Veröffentlichungsverbotes auf die Informationstätigkeit der Landesrechnungshöfe Eine Kontroverse um das Verhältnis des Veröffentlichungsverbotes und der Berichtspflicht der Rechnungshöfe wird auf Länderebene nicht geführt. Auch Vertreter des Vorrangs der Berichtspflicht des Bundesrechnungshofes beschränken ihre Argumentation auf Beteiligungen des Bundes.278 Grund hierfür ist, dass die Berichtspflicht der Landesrechnungshöfe nunmehr lediglich über landesrechtlichen Rang verfügt, sodass der geführten Argumentation um eine verfassungskonforme Auslegung durch Art. 31 GG der Boden entzogen ist.279 Nahezu alle Haushaltordnungen der Länder enthalten § 97 Abs. 4 BHO entsprechende Vorschriften, die ein die Vertraulichkeit gewährleistendes Mitteilungsverfahren für geheimzuhaltende Informationen vorsehen.280 Hierdurch kann auch auf Länderebene dem in § 395 Abs. 2 AktG zum Ausdruck gekommenen Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft ausreichend Rechnung getragen werden. Lediglich in Bayern ist der Anwendungsbereich von § 97 Abs. 4 HO Bay auf solche Informationen verengt, deren Geheimhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist. Müssen sensible Informationen der Gesellschaft daher weiterhin mit den Berichten veröffentlicht werden, kommt es zu einer Kollision mit dem Veröffentlichungsverbot, die zugunsten von § 395 Abs. 2 AktG aufzulösen ist (vgl. Art. 31 GG). Eine Veröffentlichung darf nicht erfolgen. 276 v. Lewinski/Burbat, in: NK-BHO, § 97 Rn. 15; implizit auch Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 19. 277 Im Ergebnis auch Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 19. 278 Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 6. 279 Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 6. 280 § 97 Abs. 4 LHO BW; § 97 Abs. 4 LHO Ber; § 97 Abs. 4 LHO Br; § 97 Abs. 6 LHO Brm; § 85 LHO Hmb; § 90 Abs. 4 LHO Hess; § 97 Abs. 4 LHO MV; § 97 Abs. 4 LHO Nds; § 97 Abs. 4 LHO NRW; § 97 Abs. 4 LHO RP; § 97 Abs. 4 LHO Saarl; § 97 Abs. 4 LHO Sachs; § 97 Abs. 4 LHO LSA; § 97 Abs. 4 LHO SH; § 97 Abs. 4 LHO Thür.

C. Berichte der Rechnungshöfe im Rahmen der externen Finanzkontrolle

209

IV. Beteiligungen von Gemeinden Zu einer ähnlichen Gefährdung sensibler Informationen der Gesellschaft kann es auch bei Beteiligungen einer Gemeinde kommen. Nach den meisten Gemeindeordnungen der Länder zählt die Betätigungsprüfung der Gemeinde zu den (jedenfalls fakultativen) Aufgaben der Rechnungsprüfungsbehörden.281 Gegenstand der Prüfung ist nur die Betätigung der Gemeinde bei dem Unternehmen. Eine Befugnis zur Prüfung des Unternehmens gewährt auch die kommunale Betätigungsprüfung nicht.282 Zur Prüfung stehen der Rechnungsprüfungsbehörde zuvörderst die Informationen zur Verfügung, die die beteiligungsverwaltenden Stellen, insbesondere aus den Berichten ihrer Repräsentanten im Aufsichtsrat, erlangt haben.283 Zudem kann der Gemeinde in der Satzung der Gesellschaft auch ein Selbstunterrichtungsrecht (§ 54 HGrG) eingeräumt werden, das durch die Rechnungsprüfungsbehörde wahrgenommen wird.284 Ebenso wie der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe erlangt auch die Rechnungsprüfungsbehörde im Rahmen ihrer Tätigkeit regelmäßig Kenntnis von sensiblen Informationen der Gesellschaft.285 Diese könnten Eingang in Prüfungsberichte finden und mit ihnen veröffentlicht werden.286 Einer solchen Berichtspraxis stehen jedoch die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und das Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG entgegen.287 Wegen des bundesgesetzlichen Rangs von § 395 AktG kann kommunalrechtlich etwas Abweichendes nicht bestimmt werden. Ein öffentliches Bekanntwerden von sensiblen Informationen der Gesellschaft ist daher nicht zu befürchten.

281

§ 112 Abs. 2 Nr. 3 GO BW; Art. 106 Abs. 4 BayGO; § 131 Abs. 2 Nr. 6 HGO; § 155 Abs. 2 Nr. 4 KomVG Nds; § 104 Abs. 2 Nr. 3 GO NRW; § 112 Abs. 2 Nr. 5 GO RP; § 102 Abs. 1 Nr. 1 KSVG Saarl; § 106 Abs. 2 Nr. 5 GO Sachs; § 140 Abs. 2 Nr. 4 KVG LSA; § 116 Abs. 2 Nr. 4 GO SH; § 84 Abs. 4 KO Thür. 282 Albers, in: HdB. der kommunalen Wissenschaft und Praxis, § 48 Rn. 52; Dünchheim, KommJur 2016, 441, 447; Steiner, FS Hufen, 2015, 561, 565. 283 Breitenbach, in: Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Kap. E Rn. 243; Keßler/ Herzberg, NZG 2007, 531, 532. 284 Breitenbach, in: Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Kap. E Rn. 243; Keßler/ Herzberg, NZG 2007, 531, 532; zur Geltung von § 54 HGrG auch für Kommunen Huber/ Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, Anh. §§ 53, 54 HGrG Rn. 9; Koch, AktG, § 394 Rn. 23; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, vor § 394 Rn. 71; Steiner, FS Hufen, 2015, 561, 563. 285 Engelstätter, NordÖR 2003, 98; siehe auch Breitenbach, in: Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Kap. E Rn. 246. 286 Siehe auch Breitenbach, in: Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, Kap. E Rn. 253 ff. 287 Vgl. Kap. 4 C. III. 1.

210

Kap. 4: Palamentarische Kontrolle

V. Zwischenergebnis Beteiligt sich der Bund oder ein Land an einem Unternehmen in Privatrechtsform, unterliegen die Verwaltung und die Ausübung der Eigentümerrechte durch die beteiligungsführenden Stellen der Regierung der Betätigungsprüfung durch die Rechnungshöfe. Die über das Ergebnis der Prüfung zu erstellenden sog. Bemerkungen enthalten dabei häufig sensible Informationen der Unternehmen. Die Pflicht der Rechnungshöfe, die Bemerkungen den gesetzgebenden Körperschaften zuzuleiten und zusätzlich im Internet zu veröffentlichen, steht in einem Spannungsverhältnis zu dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft, das in dem Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG besonders fixiert wurde. Bei Beteiligungen des Bundes steht das Veröffentlichungsverbot der Aufnahme sensibler Informationen in die Bemerkungen nach vorzugswürdiger Ansicht nicht entgegen. Es verpflichtet den Bundesrechnungshof jedoch, das besondere Mitteilungsverfahren des § 97 Abs. 4 BHO anzustoßen, das durch eine Begrenzung des Empfängerkreises und den Verzicht auf die Veröffentlichung im Internet (§ 97 Abs. 5 BHO) dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft ausreichend Rechnung trägt. Die Haushaltsordnungen der Länder ermöglichen ebenfalls ein entsprechendes Verfahren, das den Geheimhaltungsbelangen der Gesellschaft genügt. Eine Veröffentlichung von sensiblen Informationen der Gesellschaft durch die im Rahmen der externen Finanzkontrolle bestehende Berichtspflicht der Rechnungshöfe ist nicht zu befürchten. Soweit Rechnungsprüfungsbehörden die Betätigung der Gemeinde bei Unternehmen in Privatrechtsform prüfen, könnten durch die Veröffentlichung von Prüfungsberichten sensible Informationen der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Einer öffentlichen Preisgabe sensibler Informationen der Gesellschaft steht jedoch das Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG entgegen, das durch kommunalrechtliche Prüfungs- und Berichtspflichten nicht beschränkt werden kann.

Kapitel 5

Zugriff Dritter auf sensible Informationen durch Publizitäts- und Transparenzpflichten Die öffentliche Verwaltung kann nicht nur im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle zur Weitergabe von Informationen verpflichtet sein. Mit der Einführung des allgemeinen Informationszugangsrechts und weiterer sektoraler Informationszugangsbestimmungen verschreibt sich das Verwaltungsrecht zunehmend dem Gedanken der Transparenz.1 Im Rahmen dieser Bestimmungen werden die informationspflichtigen Stellen verpflichtet, Dritten Informationen auf Antrag zugänglich zu machen und teilweise proaktiv zu veröffentlichen. Aus der Perspektive der Gesellschaft droht zunächst die öffentliche Preisgabe von Informationen, die sie zum Zwecke der Beteiligungsverwaltung und Kontrolle an die zuständigen Stellen der Gebietskörperschaft weitergegeben haben. Soweit die einschlägigen Bestimmungen auch die öffentlich beherrschte Gesellschaft zur Adressatin einer Informationszugangspflicht machen, droht zudem die Veröffentlichung von Informationen, die die Gesellschaft nicht an die Gebietskörperschaft weitergegeben hat. Es ist zu untersuchen, ob aus dem allgemeinen Informationszugangsrecht sowie dem Umweltinformationsrecht und dem Presserecht Informationspflichten der Gebietskörperschaft oder der Gesellschaft folgen, die Dritten den Zugriff auf sensible Informationen der Gesellschaft ermöglichen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die jeweiligen Ausschlusstatbestände für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und ihr Verhältnis zu aktienrechtlichen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz.

A. Informationsfreiheitsrecht I. Allgemeines Informationszugangsrecht 1. Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze Am 01. 01. 2006 ist das Informationsfreiheitsgesetz (IFG)2 in Kraft getreten, das Dritten einen vorbehaltlosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen 1

Zur Entwicklung der Informationsfreiheit in Deutschland ausführlich Rossi, IFG, Einl. Rn. 1 ff., Schoch, IFG, Einl. Rn. 21 ff. 2 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes v. 05. 09. 2005, BGBl. I S. 2722.

212

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

gegen Behörden des Bundes gewährt. Auch auf Länderebene wurden in BadenWürttemberg3, Berlin4, Brandenburg5, Bremen6, Hamburg7, Hessen8, MecklenburgVorpommern9, Nordrhein-Westfalen10, Rheinland-Pfalz11, Saarland12, Sachsen-Anhalt13, Schleswig-Holstein14 und Thüringen15 Informationszugangsregelungen gegen Landesbehörden geschaffen. Lediglich in Bayern, Niedersachsen und Sachsen bestehen keine landesrechtlichen Informationszugangsgesetze. Bei der Gesetzgebung von Bund und Ländern lassen sich zwei Regelungsarten unterscheiden.16 So haben der Bund, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Sachsen-Anhalt Informationsfreiheitsgesetze geschaffen, die den Bürgern einen Informationszugang nur auf Antrag gewähren.17 Einen konzeptionell anderen Weg haben die Landesgesetzgeber in BadenWürttemberg, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen gewählt, deren Transparenzgesetze eine proaktive Veröffentlichungspflicht der Behörden vorsehen.18 Der wesentliche Unterschied beider Transparenzkonzepte besteht demnach in dem Verfahren des Informationszugangs, das im Falle der Informationsfreiheitsgesetze einen Antrag des Interessierten voraussetzt, während in Ländern mit Transparenzgesetzen eine proaktive Veröffentlichung auf Informationsportalen durch die Behörden einen Antrag entbehrlich macht.19 Neben der pro3 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen in Baden-Württemberg v. 17. 12. 2015, GBl. S. 1201. 4 Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin v. 15. 10. 1999, GVBl. S. 561. 5 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz v. 10. 03. 1998, GVBl. I S. 46. 6 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen v. 16. 05. 2006, Brem.GBl. S. 263. 7 Hamburgisches Transparenzgesetz v. 19. 06. 2012, HmbGVBl. S. 271. 8 Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz v. 03. 05. 2018, GVBl. S. 82. 9 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern v. 10. 07. 2006, GVOBl. MV S. 556. 10 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen v. 27. 11. 2001, GV. NRW S. 806. 11 Landestransparenzgesetz v. 27. 11. 2015, GVBl. S. 383. 12 Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz v. 12. 07. 2006, ABl. S. 1624. 13 Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt v. 19. 06. 2008, GVBl. LSA S. 242. 14 Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein v. 19. 01. 2012, GVOBl. SH S. 89. 15 Thüringer Transparenzgesetz v. 10. 10. 2019, GVBl. S. 373. 16 Einteilung nach Herr/Müller/Engewald/Ziekow, DÖV 2018, 165, 167. 17 Zum Antragserfordernis § 7 Abs. 1 IFG; § 13 Abs. 1 IFG Ber; § 6 Abs. 1 S. 1 AIG Br; § 10 Abs. 1 S. 1 IFG; § 85 Abs. 1 S. 1 HDSIG; § 10 Abs. 1 S. 1 IFG MV; § 5 Abs. 1 S. 1 IFG NRW; § 1 S. 1 IFG Saarl i. V. m. § 7 Abs. 1 IFG; § 7 Abs. 1 S. 1 IZG LSA. 18 § 11 IFG BW; § 11 IFG Brm; § 10 HmbTG; §§ 6 ff. TranspG RP; § 11 IZG SH; §§ 5, 6 ThürTG. 19 Herr/Müller/Engewald/Ziekow, DÖV 2018, 165, 168.

A. Informationsfreiheitsrecht

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aktiven Veröffentlichungspflicht enthalten auch die Transparenzgesetze noch ein Antragsverfahren für solche Informationen, die nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegen.20 Trotz dieser grundlegend unterschiedlichen Konzeptionen bestehen bei Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen dieselben Fragenkreise. Diskussionswürdig ist, welche Informationen Gegenstand der Informations- und Transparenzpflichten sind, welche Stellen als Informationsschuldner in Betracht kommen und welche Ausnahmen und Ausschlusstatbestände für schutzwürdige Interessen Dritter bestehen. 2. Anspruchsberechtigte Das IFG stellt keine strengen Anforderungen an die Person des Antragstellers. Nach § 1 Abs. 1 IFG kann „Jeder“ Zugang zu amtlichen Informationen verlangen. Von dieser denkbar weiten Formulierung werden neben natürlichen Personen auch juristische Personen erfasst.21 Die Anspruchsberechtigung ist dabei nicht auf deutsche oder inländische juristische Personen beschränkt.22 Die gleiche sehr weite Formulierung ist auch in den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen von Brandenburg, Bremen, Hessen, und Sachsen-Anhalt anzutreffen.23 Keine Unterschiede dürften zu der Formulierung „Jede Person“24 oder „Jede natürliche oder juristische Person“25 bestehen. Teilweise beschränken die Landesbestimmungen hingegen den Kreis der Anspruchsberechtigten. So sind neben natürlichen Personen in einigen landesrechtlichen Bestimmungen nur juristische Personen des Privatrechts anspruchsberechtigt.26 Noch enger wird der Kreis der Berechtigten gezogen, wenn juristische Personen vollständig ausgeklammert werden, indem lediglich „Jede natürliche Person“27 anspruchsberechtigt ist.

20

Herr/Müller/Engewald/Ziekow, DÖV 2018, 165, 168 Fn. 45. Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 97; Schoch, IFG, § 1 Rn. 61. 22 Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 98; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 73. 23 § 1 AIG Br; § 1 Abs. 1 S. 1 IFG Brm; § 80 Abs. 1 S. 1 HDSIG; § 1 Abs. 1 S. 1 IZG LSA. Wegen des Verweises in § 1 S. 1 IFG Saarl auf IFG gilt die Formulierung des § 1 Abs. 1 IFG auch im Saarland. 24 § 1 Abs. 2 HmbTG. 25 § 3 S. 1 IZG SH; in der Sache auch § 3 Abs. 1 IFG Ber, wonach „jeder Mensch“ und Juristische Personen anspruchsberechtigt sind. 26 § 3 Nr. 1 IFG BW; § 2 Abs. 1 S. 1 TranspG RP; § 4 Abs. 1 ThürTG. 27 § 4 Abs. 1 IFG NRW. 21

214

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

3. Anspruchsverpflichtete Nach dem IFG und den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen der Länder zählen in erster Linie die Behörden zum Kreis der Verpflichteten.28 Auf Bundesebene orientiert sich der Behördenbegriff an § 1 Abs. 4 VwVfG.29 Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 VwVfG ist jede Stelle eine Behörde, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltungen wahrnimmt. In Abgrenzung zum organisatorischen Behördenbegriff, der eine Behörde als selbstständiges Organ eines Dienstherrn begreift, ist bei diesem funktionalen Begriffsverständnis die Rechtsnatur der Verwaltungstätigkeit maßgeblich.30 Ebenso wie dem IFG liegt auch den Informationsfreiheitsund Transparenzgesetzen der Länder weitgehend ein funktionaler Behördenbegriff zugrunde.31 Erfasst werden hierdurch insbesondere die Stellen der Gebietskörperschaft, die mit der Beteiligungsverwaltung befasst sind und zu diesem Zweck über Informationen aus der Gesellschaft verfügen. Unter den funktionalen Behördenbegriff fallen auch juristische Personen des Privatrechts, die zur Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben beliehen wurden.32 Juristische Personen des Privatrechts, die nicht beliehen wurden, unterfallen hingegen nicht dem Begriff der Behörde.33 Dies gilt selbst dann, wenn sie öffentlich beherrscht werden.34 4. Gegenstand der Informations- und Transparenzpflichten Welche Informationen Gegenstand der Informations- und Transparenzpflichten werden können, bestimmen die jeweiligen Gesetze unterschiedlich. Im Rahmen der Informationsfreiheitsgesetze müssen die Informationen regelmäßig einen Bezug zur Verwaltungstätigkeit der Behörde aufweisen. So bestimmt § 1 Abs. 1 S. 1 IFG für Anträge gegenüber Behörden des Bundes, dass der Informationsanspruch nur Zugang zu amtlichen Informationen gewährt. Über gleiche oder ähnliche Formulie28 § 1 Abs. 1 S. 1 IFG; § 2 Abs. 1 S. 1 IFG Ber; § 2 Abs. 1 S. 1 AIG Br; § 1 Abs. 1 S. 1 IFG Brm; § 1 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 3 HmbTG; § 1 Abs. 1 IFG MV; § 2 Abs. 1 S. 1 IFG NRW; § 3 Abs. 1 TranspG RP; § 1 S. 1 IFG Saarl. i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG; § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 IZG LSA; § 2 Abs. 3 Nr. 1 IZG SH; § 2 Abs. 1 ThürTG. 29 BT-Drs. 15/4493 S. 7; siehe auch BVerwG v. 03. 11. 2011 – 7 C 3/11, BVerwGE 141, 122 Rn. 11 = BeckRS 2012, 45392; Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 130 f.; Schoch, IFG, § 1 Rn. 113. 30 Vgl. Ronellenfitsch, in: BeckOK-VwVfG, § 1 Rn. 65 ff. 31 Zu den geringfügigen landesrechtlichen Abweichungen siehe A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 53 f. 32 Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 102; Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 149; Schoch, IFG, § 1 Rn. 126. 33 Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 144; Schoch, IFG, § 1 Rn. 107. 34 Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 144; Schoch, IFG, § 1 Rn. 107, der dies für unbefriedigend hält und rechtspolitisch kritisiert.

A. Informationsfreiheitsrecht

215

rungen verfügen auch die Bestimmungen in nahezu allen Bundesländern.35 Lediglich in Schleswig-Holstein wurde auf die funktionale Eingrenzung36 des Zugangsanspruchs verzichtet. Nach § 4 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 IZG SH wird der Zugang zu allen Informationen gewährt, die bei der informationspflichtigen Stelle vorhanden sind.37 Soweit der Informationsanspruch auf amtliche Informationen verengt ist, sind die begehrten Informationen zu privaten Informationen abzugrenzen.38 Eine Information ist jedoch nicht schon deshalb als private Information vom Informationszugang ausgeschlossen, weil sie von juristischen Personen des Privatrechts stammt.39 Von dem Informationsanspruch sind vielmehr auch solche Informationen erfasst, die private Unternehmen im Rahmen von Genehmigungs- oder Vergabeverfahren selbst an eine Behörde weitergegeben haben.40 Dies gilt erst recht für Informationen aus den Berichten, die öffentlich beherrschte Gesellschaften den beteiligungsverwaltenden Stellen der Gebietskörperschaft zu erstatten haben.41 Die aus diesen Berichten stammenden Informationen dienen der Beteiligungsverwaltung und -prüfung und können zwanglos als amtliche Informationen qualifiziert werden.42 Die bei der beteiligten Gebietskörperschaft vorliegenden Informationen können daher zum Gegenstand von Informationsbegehren gemacht werden. Die Landestransparenzgesetze, die eine proaktive Veröffentlichungspflicht der Behörden vorsehen, enthalten Kataloge der zu veröffentlichenden Informationen.43 Alle Kataloge enthalten die Pflicht der Behörden zur Veröffentlichung der wesentlichen Unternehmensdaten von Beteiligungen des Landes an Unternehmen. In Hamburg und Schleswig-Holstein wird zudem die Veröffentlichung einer Darstellung über die jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen, die die Leitungsebene der Beteiligungsunternehmen empfängt, gefordert.44 Auch im Rahmen der proak-

35 § 1 Abs. 1 IFG BW; § 3 Abs. 2 IFG Ber; § 3 S. 1 AIG Br; § 1 Abs. 1 S. 1 IFG Brm; § 1 Abs. 2 HmbTG; § 80 Abs. 1 S. 1 HDSIG; § 2 S. 1 Nr. 1 IFG MV; § 4 Abs. 1 IFG NRW; § 5 Abs. 1 TranspG RP; § 1 S. 1 IFG Saarl; § 1 Abs. 1 S. 1 IZG LSA; § 9 Abs. 1 S. 1 ThürTG. 36 Zur Einschränkungswirkung dieser Formulierungen Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1096 f. 37 Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1097. 38 Vgl. Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 IFG Rn. 11; Schoch, IFG, § 2 Rn. 48. 39 Vgl. Schoch, IFG, § 1 Rn. 33. 40 Vgl. Schoch, IFG, § 1 Rn. 33; Sellmann/Augsberg, WM 2006, 2293, 2298. 41 OVG Berlin-Brandenburg v. 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, ZIP 2015, 877 = NVwZ 2015, 1229; Spindler, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 116 Rn. 113. 42 Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1102; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 14. 43 § 11 Abs. 1 IFG BW; § 11 Abs. 4 IFG Brm; § 3 Abs. 1 HmbTG; § 7 Abs. 1 TranspG RP; § 11 Abs. 1 IZG SH; § 6 ThürTG. 44 § 11 Abs. 4 S. 1 Nr. 13 HmbTG; § 11 Abs. 1 S. 4 Nr. 10 IZG SH.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

tiven Veröffentlichungspflicht kommen die bei der beteiligten Gebietskörperschaft vorliegenden Informationen aus der Gesellschaft grundsätzlich in Betracht. a) Informationen der Gesellschaft bei der Behörde Die überwiegende Zahl der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder beschränkt den Informationszugangsanspruch auf solche Informationen, die der Behörde tatsächlich vorliegen.45 Wenngleich das IFG keine ausdrückliche Beschränkung enthält, wird auch bei Ansprüchen gegen Bundesbehörden von der herrschenden Meinung eine Beschränkung auf tatsächlich vorliegende Informationen angenommen.46 Liegen die Informationen bei der Behörde nicht vor, besteht grundsätzlich keine Pflicht, die Informationen zu beschaffen.47 Zugänglich wären demnach nur die Informationen, die die Behörde etwa durch die Berichte ihrer Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt hat. b) Informationen bei der Gesellschaft Sind juristische Personen des Privatrechts außerhalb von Beleihungen nicht informationspflichtig und ist der Informationsanspruch auf die bei der Behörde vorhandenen Informationen beschränkt, besteht die Gefahr, dass die auskunftspflichtigen Behörden Informationen bei juristischen Personen des Privatrechts auslagern, um sie dem Zugriff der Anspruchsberechtigten zu entziehen.48 Um eine so verstandene „Flucht ins Privatrecht“49 zu verhindern, verfügen alle Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze über Bestimmungen, die die Pflichtigkeit von Informationen regeln, die bei solchen juristischen Personen des Privatrechts vorliegen, die eine gewisse Nähe zu den auskunftspflichtigen Stellen aufweisen.

45

§ 3 Abs. 1 S. 2 IFG Ber; § 1 Abs. 2 HmbTG; § 2 Abs. 2 S. 1 IFG MV; § 4 Abs. 1 IFG NRW; § 11 Abs. 1 S. 1 TranspG RP; § 3 S. 1 IZG SH § 4 Abs. 1 Nr. 2 ThürTG. 46 BVerfG v. 20. 06. 2017 – 1 BvR 1978/13, BVerfGE 145, 365 Rn. 23 = NVwZ 2017, 1618; BVerwG v. 27. 05. 2013 – 7 B 43/12, NJW 2013, 2538 Rn. 11 = BeckRS 2013, 52438; BVerwG v. 27. 11. 2014 – 7 C 20/12, BVerwGE 151, 1 Rn. 37 = NVwZ 2015, 669; Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 67; Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 IFG Rn. 24; Rossi, NVwZ 2013, 1263, 1265; Schoch, IFG, § 1 Rn. 36 f.; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 143. 47 BVerwG v. 27. 05. 2013 – 7 B 43/12, NJW 2013, 2538 Rn. 11 = BeckRS 2013, 52438; BVerwG v. 27. 11. 2014 – 7 C 20/12, BVerwGE 151, 1 Rn. 37 = NVwZ 2015, 669; Gurlit, NZG 2014, 1161, 1163; Polenz, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 2 Rn. 6; Schoch, IFG, § 1 Rn. 36. 48 Schoch, IFG, § 1 Rn. 215; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 131. 49 Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 100; Schoch, IFG, § 1 Rn. 215; Sellmann/ Augsberg, WM 2006, 2293, 2295.

A. Informationsfreiheitsrecht

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aa) Zurechnungskriterium Wie das Verhältnis zwischen der juristischen Person des Privatrechts und auskunftspflichtigen Stellen ausgestaltet sein muss, wird in den Informationsfreiheitsund Transparenzgesetzen von Bund und Ländern nicht einheitlich geregelt. Auf Bundesebene wird durch § 1 Abs. 1 S. 3 IFG bestimmt, dass eine juristische Person des Privatrechts einer Behörde gleichsteht, wenn eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Unter öffentlichen Aufgaben werden im Allgemeinen Aufgaben verstanden, an deren Erledigung die Öffentlichkeit ein Interesse hat.50 Nicht durchsetzen konnte sich eine Ansicht, nach der aus dem Zusatz „öffentlich-rechtlich“ die Einschränkung folge, dass nur solche juristischen Personen des Privatrechts erfasst würden, die mit öffentlich-rechtlichen Mitteln und in Handlungsformen des öffentlichen Rechts tätig werden.51 Ausreichend ist vielmehr, dass es sich um Aufgaben handelt, die im öffentlichen Recht wurzeln.52 Für eine Gleichstellung ist weiter erforderlich, dass sich die Behörde der juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient. Ein „Bedienen“ i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG liegt vor, wenn die Aufgabe weiterhin der zuständigen Behörde zugeordnet wird und nur ihre Erledigung durch die juristische Person des Privatrechts erfolgt.53 Ein identisches oder ähnliches Zurechnungskriterium enthalten die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen.54 Enger wurde der Anwendungsbereich in Baden-Württemberg und Hamburg gezogen. Dort ist zusätzlich erforderlich, dass die juristische Person des Privatrechts der Kontrolle einer auskunftspflichtigen Stelle unterliegt.55 Zur Bestimmung des Kontrollmerkmals verfügen die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze in Baden-Württemberg und Hamburg über verschiedene Kontrolltatbestände. Kontrolle kann zum einen vorliegen, wenn die juristische Person des Privatrechts gegenüber Dritten über besondere Rechte oder Pflichten verfügt. Hierzu zählen ins50 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HdB. StaatsR, § 73 Rn. 12; Korioth, in: Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 30 Rn. 14; im hiesigen Kontext auch A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 17, 55 ff.; Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2285. 51 So noch das VG Schleswig v. 07. 09. 2005 – 6 A 269/04, Die Gemeinde SH 2006, 115, 116 zur Vorgängervorschrift in Schleswig-Holstein, die an eine öffentlich-rechtliche Aufgabe anknüpfte; dagegen Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 147; Gödeke/ Jördening, ZIP 2017, 2284, 2286; Schoch, IFG, § 1 Rn. 219 f.; vgl. auch OVG Schleswig v. 22. 02. 2007 – 4 LB 23/05, NordÖR 2007, 261, 262; OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 33 ff. = DVBl 2016, 1274. 52 In diesem Sinne Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 147; Schoch, IFG, § 1 Rn. 220; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 134. 53 Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 148; Schoch, IFG, § 1 Rn. 224 f.; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 133. 54 § 1 Abs. 1 S. 3 IFG Brm; § 2 Abs. 4 IFG NRW; § 3 Abs. 2 S. 2 TranspG RP; § 1 S. 1 IFG Saarl i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG; § 1 Abs. 1 S. 2 IZG LSA; § 2 Abs. 2 ThürTP. 55 § 2 Abs. 4 S. 1 IFG BW; § 2 Abs. 3 HmbTG.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

besondere das Bestehen eines Kontrahierungszwangs oder eines Anschluss- oder Benutzungszwangs.56 Kontrolle kann zum anderen auch gesellschaftsrechtlich dadurch vermittelt sein, dass Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit besteht oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens gestellt werden können.57 Eine ähnliche Regelung besteht auch in Hessen, nach der neben der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe erforderlich ist, dass einer oder mehreren öffentlichen Stellen die absolute Mehrheit der Anteile oder der Stimmen zusteht.58 Bemerkenswert ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern Informationen bei juristischen Personen des Privatrechts auch gänzlich außerhalb eines Aufgabenbezugs erfasst sein können. Nach § 3 Abs. 3 IFG MV stehen juristische Personen des Privatrechts einer Behörde gleich, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt oder dieser Person die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen wurde oder an denen eine oder mehrere der in § 3 Abs. 1 IFG MV genannten auskunftspflichtigen Stellen mit einer Mehrheit der Anteile oder Stimmen beteiligt sind. Die Regelung in Mecklenburg-Vorpommern verfügt insofern über ein Alleinstellungsmerkmal, als dass die verschiedenen Zurechnungsmerkmale nicht kumulativ vorliegen müssen.59 Abgesehen von der Bestimmung in Mecklenburg-Vorpommern, reicht die Beherrschung eines in der Rechtsform der AG organisierten Unternehmens durch eine Gebietskörperschaft alleine nicht aus, um die Informationen bei dem Unternehmen zum Gegenstand eines Auskunftsanspruchs oder einer Veröffentlichungspflicht zu machen. Es muss stets hinzukommen, dass das Unternehmen Aufgaben erledigt, an deren Erledigung die Öffentlichkeit ein Interesse hat. Dies ist insbesondere bei Unternehmen der Fall, die in Bereichen der Daseinsvorsorge tätig sind.60 Besonders praxisrelevant sind dabei Informationsbegehren in Bezug auf Energieversorger61 und Betriebe des öffentlichen Personennahverkehrs62. Informationsfreiheitsrechtlich zurechenbar sind auch Unternehmen, die im Zuge einer Organisationsprivatisierung errichtet wurden.63 Bei dieser Form der Privatisierung wird die Verwaltungsaufgabe weiterhin der zuständigen Behörde zugeordnet, wenngleich ihre Erledigung durch Unternehmen in Rechtsformen des Privatrechts erfolgt, an denen die Gebietskör-

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§ 2 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 IFG BW; § 2 Abs. 4 Nr. 1 HmbTG. § 2 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 IFG BW; § 2 Abs. 4 Nr. 2 HmbTG. 58 § 2 Abs. 3 S. 1 HDSIG. 59 Vgl. VG Schwerin v. 24. 02. 2021 – 1 A 2011/19 SN, BeckRS 2021, 4787 Rn. 26. 60 Vgl. Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2285. 61 OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 39 = DVBl 2016, 1274; Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2286. 62 VG Hamburg v. 28. 01. 2020 – 17 K 2383/19, BeckRS 2020, 663 Rn. 38 f. 63 Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 102; Schoch, IFG, § 1 Rn. 227. 57

A. Informationsfreiheitsrecht

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perschaft allein oder teilweise beteiligt ist.64 Auch die Deutsche Bahn AG, bei der dem verfassungsrechtlichen Gebot der Organisationsprivatisierung aus Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG nachgekommen wurde, ist dem Bund nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG zuzurechnen.65 bb) Öffentlich beherrschte AG als Informationsschuldnerin? Liegen die soeben skizzierten Voraussetzungen bei einer öffentlich beherrschten AG vor, stellt sich die Frage nach der Rechtsfolge. Auf Bundesebene bestimmt § 1 Abs. 1 S. 3 IFG, dass die juristische Person des Privatrechts der Behörde gleichsteht. Teilweise wird aus der Gleichstellung die Auskunftspflicht der juristischen Person des Privatrechts gefolgert, sodass Anspruchsberechtigte ihr Informationsverlangen direkt gegen die Gesellschaft richten könnten.66 Wenngleich diese Interpretation angesichts des Wortlauts naheliegt,67 vermag sie nicht zu überzeugen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll auch in den Fällen des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG weiterhin die Behörde Anspruchsgegner sein.68 Diese gesetzgeberische Intention spiegelt sich auch in der Systematik des Informationszugangsverfahrens wider.69 Nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG ist der Antrag in den Fällen des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG nicht an die juristische Person des Privatrechts, sondern an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Diesem systematischen Argument wird entgegengehalten, dass es sich bei § 7 Abs. 1 S. 2 IFG lediglich um eine verfahrensrechtliche Vorschrift handele, die über die materielle Anspruchsverpflichtung keine Aussage treffe.70 Wenngleich die Einordnung als verfahrensrechtliche Vorschrift zutrifft, ist doch kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber die materielle Anspruchsverpflichtung und das Antragsverfahren unterschiedlich hätte ausgestalten wollen.71 Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die bei der juristischen Person des Privatrechts vorliegenden Informationen nicht durch eine Auskunftspflicht derselben zugänglich

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Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 102; Schoch, IFG, § 1 Rn. 227; allgemein zur Organisationsprivatisierung siehe Maurer/Waldhoff, Allgemeines VerwaltungsR, § 23 Rn. 63. 65 Bosesky, Privatisierung und Informationszugang, S. 107 f.; Schoch, IFG, § 1 Rn. 227. 66 Kugelmann, NJW 2005, 3609, 3611; Lennartz, EnWZ 2017, 396, 398; wohl auch Bosesky, Privatisierung und Informationszugang, S. 119 f. 67 Schoch, IFG, § 1 Rn. 235 bezeichnet den Wortlaut von § 1 Abs. 1 S. 3 IFG insofern als „missglückt“. 68 BT-Drs. 15/4493 S. 8. 69 Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 145; Gurlit, AfP 2020, 9, 16; Schoch, IFG, § 1 Rn. 235; Sellmann/Augsberg, WM 2006, 2293, 2296. 70 In diesem Sinne Bosesky, Privatisierung und Informationszugang, S. 120. 71 Ebenso Schoch, IFG, § 1 Rn. 235; in diese Richtung auch Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 374.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

gemacht werden, sondern sich die Pflicht der Behörde als Informationsbeschaffungspflicht darstellt.72 Übertragen lässt sich dieses Ergebnis auf die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze von Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen, deren Regelungen bei der Kooperation mit juristischen Personen des Privatrechts ebenfalls eine Antragspflicht gegenüber der Behörde vorsehen.73 Keine entsprechende Regelung ist hingegen in Nordrhein-Westfalen vorzufinden. Dort wird von einer direkten Auskunftspflicht der juristischen Person des Privatrechts ausgegangen.74 Eine direkte Auskunftspflicht von Privatrechtssubjekten besteht ebenfalls in Hamburg.75 Nach § 2 Abs. 5 HmbTG sind auskunfts- und veröffentlichungspflichtige Stellen alle Behörden nach § 2 Abs. 3 HmbTG. Als solche gelten nach § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG auch die juristischen Personen des Privatrechts, die der öffentlichen Hand zuzurechnen sind. In Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein besteht von vornherein eine andere Ausgangslage, da die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze nur solche juristischen Personen des Privatrechts in Bezug nehmen, die hoheitliche Befugnisse ausüben oder denen Hoheitsaufgaben zur Erledigung übertragen worden sind.76 In Berlin77, Brandenburg78 und Schleswig-Holstein79 kommen juristische Personen daher lediglich als Beliehene in Betracht. Als solche unterfallen sie dem funktionalen Behördenbegriff und sind somit selbst Anspruchs- und Antragsgegner.80 72 Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 1 Rn. 104; Debus, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 1 IFG Rn. 158; Fluck, DVBl 2006, 1406, 1413; Schoch, IFG, § 1 Rn. 236; Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 142; siehe auch BVerfG v. 20. 06. 2017 – 1 BvR 1978/13, BVerfGE 145, 365 Rn. 26 = NVwZ 2017, 1618. 73 § 7 Abs. 1 S. 2 IFG BW; § 7 Abs. 2 S. 2 IFG Brm; § 10 Abs. 1 S. 3 IFG MV; § 11 Abs. 1 S. 3 TranspG RP; § 1 S. 1 IFG Saarl i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG; § 7 Abs. 1 S. 2 IZG LSA; § 9 Abs. 2 S. 1 ThürTG. 74 OVG Münster v. 17. 11. 2020 – 15 A 4409/18, NVwZ-RR 2021, 199 Rn. 58 = BeckRS 2020, 35662; A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 72; Schwartmann, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 IFG NRW Rn. 34. 75 VG Hamburg v. 28. 01. 2020 – 17 K 2383/19, BeckRS 2020, 663 Rn. 36; A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 69. 76 § 2 Abs. 1 S. 1 IFG Ber; § 2 Abs. 1 S. 1 AIG Br; § 2 Abs. 3 Nr. 2 IZG SH. 77 A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 67; P.-L. Krüger, Transparenzverlust durch Wahl privater Rechtsformen?, S. 115 ff.; Städele, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 IFG Ber Rn. 21. 78 VG Cottbus v. 19. 09. 2013 – 1 L 219/13, LKV 2013, 524, 523 = BeckRS 2013, 56346; A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 67; P.-L. Krüger, Transparenzverlust durch Wahl privater Rechtsformen?, S. 115 ff. 79 A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 72; P.-L. Krüger, Transparenzverlust durch Wahl privater Rechtsformen?, S. 113 ff.; ferner Polenz, DÖV 2012, 432, 435. 80 Siehe bereits Kap. 5 A. I. 3.

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cc) Erfüllung der Informationsbeschaffungspflicht Bis auf die Ausnahmen in Hamburg und Nordrhein-Westfalen besteht keine Auskunftspflicht juristischer Personen des Privatrechts;81 vielmehr ist die Behörde verpflichtet, die begehrten Informationen von dem Unternehmen zu beschaffen. Die Effektivität des Informationszugangs „über das Eck“ hängt maßgeblich von den Informationszugangsmöglichkeiten ab, die der Behörde gegenüber der öffentlich beherrschten AG offenstehen. Für das IFG wird vertreten, die Behörde könnte die juristische Person des Privatrechts durch Verwaltungsakt zur Übermittelung der begehrten Informationen verpflichten.82 Die hierfür erforderliche Ermächtigungsgrundlage wird unmittelbar in § 1 Abs. 1 S. 3 IFG erblickt.83 Eine derart extensive Auslegung von § 1 Abs. 1 S. 3 IFG, dessen Rechtsfolge bloß zur Gleichstellung der juristischen Person des Privatrechts mit einer Behörde führt, überdehnt ihren Regelungsgehalt jedoch erheblich.84 Die Vorschrift begründet lediglich die Pflicht zur Informationsbeschaffung, ohne aber zugleich ihre Durchsetzungsmittel zu bestimmen.85 Bestätigt wird diese Sichtweise auch durch die Begründung zum Gesetzesentwurf, wonach die beteiligte Behörde im Gesellschaftsvertrag auf eine Bindung an das IFG hinwirken soll.86 Richtigerweise stehen der Behörde im Rahmen des IFG und auch nach den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen der Länder daher keine hoheitlichen Mittel des Informationszugangs offen. Die zuständige Behörde, der an der Gesellschaft beteiligten Gebietskörperschaft, ist vielmehr darauf verwiesen, die Informationskanäle auszuschöpfen, die der Gebietskörperschaft als Aktionärin offenstehen. Da die beteiligte Gebietskörperschaft über keinen mit ihrer Informationsbeschaffungspflicht korrespondierenden Informationsanspruch gegen die Gesellschaft verfügt,87 ist sie auf eine freiwillige Informationsweitergabe angewiesen. Stellen die begehrten Informationen vertrauliche Angaben oder Geheimnisse der Gesellschaft dar, sind die Mitglieder des Vorstands nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Wie in Kapitel 3 dieser Arbeit bereits herausgestellt wurde, ist die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht auf den Schutz des Unternehmensinteresses gerichtet, sodass die Verschwiegenheitspflicht bei solchen Informationenverwendungen nicht eingreift, die mit dem Unternehmensinteresse vereinbar sind. Für die Zulässigkeit der Informationsweitergabe ist daher maßgeblich, ob sich die Erfüllung von Informationszugangsansprüchen dem Unternehmensinteresse der 81 Eine direkte Auskunftspflicht kommt ansonsten nur dann in Frage, wenn die Gesellschaft beliehen wurde und deshalb den funktionalen Behördenbegriff erfüllt. 82 Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 142. 83 Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 142. 84 In diesem Sinne auch Schoch, IFG, § 1 Rn. 237. 85 Schoch, IFG, § 1 Rn. 237; vgl. für das TranspG RP auch OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 44 = DVBl 2016, 1274. 86 BT-Drs. 15/4493 S. 8; hierzu auch Schoch, IFG, § 1 Rn. 237. 87 Kap. 3 B. II. 2. b).

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Gesellschaft zuordnen lässt.88 Hiervon kann bei Gesellschaften, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, regelmäßig nicht ausgegangen werden. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet hat.89 Lässt sich die Informationsverwendung dem Unternehmensinteresse zuordnen, wird auch die Informationsweitergabehürde des § 311 Abs. 1 AktG überwunden, weil sich etwaige Beeinträchtigungen der Vermögens- oder Ertragslage nicht als Folge der Abhängigkeit darstellen und somit nicht als Nachteil zu qualifizieren sind.90 Neben dem Informationszugriff über den Vorstand kommt auch ein Zugang über die von der beteiligten Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten in Betracht. Diesem Informationskanal kommt besondere Bedeutung zu, wenn die Gesellschaft satzungsmäßig nicht für öffentliche Interessen geöffnet wurde. In diesem Fall könnte die deshalb eingreifende Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder (§ 116 S. 1 u. 2 AktG) nach den besonderen Vorschriften der §§ 394, 395 AktG dispensiert sein. Zweifelhaft ist jedoch, ob in der hiesigen Konstellation die Dispensvoraussetzungen erfüllt sind. Problematisch ist bereits das Vorliegen einer Berichtspflicht. Es ist nur schwerlich begründbar, dass sich die Informationsbeschaffungspflicht der Behörde zu einer Berichtspflicht des entsandten Aufsichtsratsmitglieds wandelt. Alleine aus der Informationsbeschaffungspflicht kann auf eine korrespondierende Berichtspflicht des Repräsentanten im Aufsichtsrat nicht geschlossen werden. Auch wenn es nach § 394 S. 3 AktG möglich bleibt, die Berichtspflicht vertraglich zu begründen, scheitert der Dispens an dem Erfordernis der Vertraulichkeitsgewährleistung, das aus dem systematischen Zusammenhang von § 394 AktG und § 395 AktG folgt.91 Werden die Informationen zur Erfüllung von Informationszugangsansprüchen angefordert, besteht für die Erwartung der Vertraulichkeitsgewährleistung kein Raum. Auch bei dem Informationszugriff über die Repräsentanten im Aufsichtsrat können sensible Informationen nicht beschafft werden, wenn die Gesellschaft auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.92 Unabhängig davon, ob die Informationsbegehren an den Vorstand oder an die in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten gerichtet werden, können sensible Informationen nur beschafft werden, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet hat. 88

Ähnlich auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 38. Hierzu Kap. 3 B. II. 3. c) bb) und Kap. 3 B. 4. a); pauschal für das Eingreifen der Verschwiegenheitspflicht jedoch OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 47 = DVBl 2016, 1274. 90 Kap. 3 B. II. 3. c) bb). 91 Zum Erfordernis der Vertraulichkeitsgewährleistung Kap. 3 C. II. 1. b) bb) (2) (b). 92 Im Ergebnis auch OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 48 = DVBl 2016, 1274. 89

A. Informationsfreiheitsrecht

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c) Zwischenergebnis Das IFG und die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder gewähren den Informationsberechtigen den Zugang zu Informationen, die Unternehmen in Privatrechtsform betreffen, an denen eine Gebietskörperschaft beteiligt ist. Von diesem Zugangsanspruch werden zunächst diejenigen Informationen erfasst, die bei der auskunftspflichtigen Stelle vorliegen. Dies sind regelmäßig die beteiligungsführenden Behörden. Liegen die begehrten Informationen hingegen nicht bei den auskunftspflichtigen Stellen, sondern bei der durch die Gebietskörperschaft beherrschten und ihr zurechenbaren AG vor, ist die auskunftspflichtige Stelle verpflichtet, die Informationen zu beschaffen.93 Hierfür kann sie nicht auf öffentlich-rechtliche Handlungsformen zurückgreifen. Wird der Informationszugangsanspruch auf sensible Informationen der Gesellschaft gerichtet, stehen der Informationsbeschaffung die Verschwiegenheitspflicht der Organmitglieder aus §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1 u. S. 2 AktG und das Erfordernis des Nachteilsausgleichs aus § 311 Abs. 1 AktG entgegen. Diese Hürden können jedoch genommen werden, wenn die Gesellschaft statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet wurde. 5. Vertraulichkeitsschutz als Grenze der Informationszugangsansprüche Das IFG und die Informationsfreiheits- und die Transparenzgesetze der Länder gewähren den Anspruchsberechtigten Zugang zu den Informationen der Gesellschaft, die die Gebietskörperschaft, insbesondere zur Beteiligungsverwaltung oder im Rahmen ihrer Informationsbeschaffungspflicht, erlangt hat. Nicht selten werden Informationsanfragen auch sensible Informationen der Gesellschaft betreffen. Hier steht dem Informationsinteresse der Anspruchsberechtigten das Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft gegenüber. Das IFG und die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder enthalten verschiedene und unterschiedlich ausgestaltete Bestimmungen, nach denen der Anspruch auf Informationszugang aus Gründen des Vertraulichkeitsschutzes ausgeschlossen sein kann. Unterscheiden lassen sich in hiesiger Konstellation Ausschlusstatbestände, die aus sich heraus den Zugang zu bestimmten Informationen ausschließen, und solche, die spezialgesetzlich bestehende Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten in Bezug nehmen und ihnen den Vorrang vor den Informationszugangsansprüchen einräumen.

93 Eine direkte Auskunftspflicht der Gesellschaft ist hingegen in Nordrhein-Westfalen und Hamburg vorzufinden.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

a) Ausschlusstatbestände zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aa) Anwendbarkeit der Ausschlusstatbestände auf öffentlich beherrschte Gesellschaften Das IFG und alle Informations- und Transparenzgesetze der Länder enthalten Bestimmungen, nach denen der Anspruch auf Informationszugang ausgeschlossen sein kann, wenn die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen.94 Diese Anspruchsgrenzen wurden für erforderlich gehalten, um der in Art. 12 und Art. 14 GG grundrechtlich verbürgten Berufs- und Eigentumsfreiheit Rechnung zu tragen.95 Diese Zwecksetzung wird vereinzelt zum Anlass genommen, nicht grundrechtsberechtigte Stellen von dem Schutz der Ausschlusstatbestände auszunehmen.96 Konsequenterweise müsste dies auch für öffentlich beherrschte juristische Personen des Privatrechts gelten,97 die sich als Spiegelbild ihrer Grundrechtsverpflichtung ihrerseits nicht auf Grundrechte berufen können.98 Durchgesetzt hat sich demgegenüber die Erkenntnis, dass der Gesetzgeber frei darin ist, den einfachrechtlichen Schutz weiter zu ziehen, als es verfassungsrechtlich im Sinne eines Mindeststandards gefordert ist.99 Der Umstand, dass Art. 12 und Art. 14 GG einen entsprechenden Schutz für Grundrechtsträger fordern, hindert den Gesetzgeber nicht daran, einen vergleichbaren Schutz auch anderen Rechtsträgern zuzuordnen.100 Daneben ist der Schutz öffentlich beherrschter Unternehmen auch sachgerecht und geboten, weil sie als Marktteilnehmer im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen.101 Die Ausschlusstatbestände gelten damit auch für öffentlich beherrschte Gesellschaften, die nicht grundrechtsberechtigt sind. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlich beherrschten Gesellschaften sind daher geeignet, die Ausschlusstatbestände zu erfüllen. Auf einer Linie hiermit liegt auch eine Entscheidung des BVerwG zum Zugang zu Umweltinformationen. Das Gericht hat 94 § 6 S. 2 IFG; § 6 S. 2 IFG BW; § 7 S. 1 IFG Ber; § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AIG Br; § 6 IFG Brm; § 7 HmbTG; § 82 Nr. 4 HDSIG; § 8 S. 1 IFG MV; § 8 S. 1 IFG NRW; § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TranspG RP; § 1 Abs. 1 S. 1 IFG Saarl i. V. m. § 6 S. 2 IFG; § 6 S. 2 IZG LSA; § 10 S. 1 Nr. 4 IZG SH; § 13 Abs. 1 ThürTG. 95 Exemplarisch für das IFG BT-Drs. 15/4493 S. 14. 96 So das VG Köln v. 07. 04. 2011 – 13 K 822/10, BeckRS 2011, 50789 in Bezug auf Informationsanfragen an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. 97 Tendenziell gegen die Geltung des Ausnahmetatbestands für kommunale Eigengesellschaften Spannowsky, ZfBR 2017, 112, 119. 98 Kap. 2 A. I. 1. a). 99 OVG Münster v. 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, DVBl 2013, 981, 985 f. = BeckRS 2013, 51675; Benecke/Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018, 1025; Blatt, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 6 Rn. 67; Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 35; Gurlit, NZG 2014, 1161, 1164; Lennartz, EnWZ 2017, 396, 398; Schoch, IFG, § 6 Rn. 80; ders., NVwZ 2017, 97, 104. 100 Ebenso Benecke/Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018, 1025. 101 Benecke/Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018, 1025; vgl. auch Schoch, IFG, § 6 Rn. 80; ders., NVwZ 2017, 97, 104.

A. Informationsfreiheitsrecht

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mit gleicher Argumentation entschieden, dass sich auch juristische Personen des Privatrechts, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, auf Ausschlusstatbestände zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG) berufen können.102 bb) Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses Die Ausschlusstatbestände greifen nur ein, wenn es sich bei den betroffenen Informationen auch um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt. Trotz der zentralen Bedeutung, die dem Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses insbesondere in Regelwerken mit einem absoluten Schutzansatz zukommt,103 hat er im IFG und in den meisten Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen der Länder keine Definition erfahren. Die Gesetzesbegründung zu § 6 S. 2 IFG knüpft zur Begriffsbestimmung an das Begriffsverständnis im Rahmen der strafrechtlichen Vorschriften § 17 UWG a. F. und § 203 StGB an.104 Da beide Vorschriften ebenfalls keine Begriffsdefinition enthalten, verweist die Gesetzesbegründung zusätzlich auf eine zu § 17 UWG a. F. ergangene Entscheidung des BGH.105 Hiernach sind unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen „Tatsachen zu verstehen, die nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheimgehalten werden sollen, die ferner nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind und hinsichtlich derer der Betriebsinhaber deshalb ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil eine Aufdeckung der Tatsachen geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen“106. Die durch den Gesetzgeber des IFG rezipierte wettbewerbsrechtliche Definition wurde teilweise als präzisierungsbedürftig angesehen, da sie den Unternehmensbezug der Information, der zur Abgrenzung zu personenbezogenen Daten (§ 5 IFG) erforderlich sei, nicht unmissverständlich herausstelle.107 Treffender sei insoweit eine im Rahmen von Art. 12 GG entwickelte Definition des BVerfG.108 Danach werden unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.“109 Dieses auf das Vorliegen eines Unternehmensbezugs, fehlende Offenkundigkeit und auf einen Geheimhaltungswillen sowie ein berech102

267. 103

BVerwG v. 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 Rn. 89 ff. = KommJur 2017,

Hierzu sogleich unter Kap. 5 A. I. 5. a) cc). Begr.RegE. zum IFG BT-Drs. 15/4493 S. 14. 105 Begr.RegE. zum IFG BT-Drs. 15/4493 S. 14. 106 BGH v. 10. 05. 1995 – 1 StR 764/94, BGHSt 41, 140, 142 = NJW 1995, 2301. 107 Schoch, IFG, § 6 Rn. 77. 108 Schoch, IFG, § 6 Rn. 78. 109 BVerfG v. 14. 03. 2006 – 1 BvR 2087/03 u. a., BVerfGE 115, 205, 230 = NVwZ 2006, 1041. 104

226

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

tigtes Geheimhaltungsinteresse abstellende Begriffsverständnis hat sich im Schrifttum und in der Rechtsprechung etabliert.110 Auch die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder, die eine Legaldefinition enthalten, rekurrieren auf diese Begriffsdefinition.111 Seit Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen am 26. 04. 2019 besteht erstmals eine bundesgesetzliche Legaldefinition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses.112 Ebenso wie im Aktienrecht113 wird auch im Informationsfreiheitsrecht die Übernahme der Legaldefinition des § 2 GeschGehG diskutiert. Die Übernahme erscheint dabei nicht fernliegend, da § 17 UWG a. F. als ursprünglicher Ankerpunkt des Begriffsverständnisses durch das GeschGehG abgelöst wurde.114 Auch könnte durch eine übereinstimmende Begriffsverwendung zur Einheitlichkeit der Rechtsordnung beigetragen werden.115 Gegen eine Geltung der Begriffsdefinition im Informationsfreiheitsrecht spricht jedoch § 1 Abs. 2 GeschGehG, wonach öffentlich-rechtliche Vorschriften Vorrang vor den Regelungen des GeschGehG haben.116 Nach der Gesetzesbegründung gilt das Gesetz ausdrücklich nicht für Informationsansprüche gegen staatliche Stellen.117 Auch in der Sache erscheint die Definition des § 2 GeschGehG für das Informationsfreiheitsrecht ungeeignet. Um eine Information als Geschäftsgeheimnis qualifizieren zu können, muss ihr Inhaber nach § 2 Nr. 1 lit. b) GeschGehG angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen haben.118 In dem für das Informationsfreiheitsrecht typischen Dreiecksverhältnis zwischen Geheimnisinhaber, der Behörde und dem Anspruchsberechtigten liegen die begehrten Informationen allerdings regelmäßig bei der Behörde und somit außerhalb des Einflussbereiches des Geheimnisinhabers.119 Insgesamt dürften die besseren Argumente auch hier für ein

110

BVerwG v. 28. 05. 2009 – 7 C 18/08, NVwZ 2009, 1113 Rn. 12 f., 18 = BeckRS 2009, 35103; BVerwG v. 17. 06. 2020 – 10 C 22.19, PharmR 2020, 699, 700 = BeckRS 2020, 18641; OVG Berlin-Brandenburg v. 07. 06. 2012 – OVG 12 B 34.10, BeckRS 2012, 51575; VG Schwerin v. 24. 02. 2021 – 1 A 2011/19 SN, BeckRS 2021, 4787 Rn. 40; Blatt, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 6 Rn. 39; Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 17 f.; Gurlit, NZG 2014, 1161, 1164; Schoch, IFG, § 6 Rn. 78. 111 § 6 Abs. 2 S. 1 IFG Brm; § 7 Abs. 1 S. 1 HmbTG; § 5 Abs. 6 S. 1 TranspG RP. 112 Zu dem Geschäftsgeheimnisbegriff des § 2 GeschGehG siehe bereits Kap. 3 A. I. 1. a) bb). 113 Zur aktienrechtlichen Diskussion Kap. 3 A. I. 1. a) cc). 114 Wiebe, NVwZ 2019, 1705, 1706. 115 Guckelberger, JB InfoR 2018, 113, 134; Wiebe, NVwZ 2019, 1705, 1706. 116 Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 18; Hauck, WRP 2018, 1032, 1036. 117 Begr.RegE. BT-Drs. 19/4724 S. 23. 118 Zu diesem Merkmal Kap. 3 A. I. 1. a) bb). 119 In diesem Sinne Goldhammer, NVwZ 2017, 1809, 1812 f.; Guckelberger, JB InfoR 2018, 113, 135; vgl. auch Lohmann, NuR 2018, 607, 611 für das UIG.

A. Informationsfreiheitsrecht

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autonomes Begriffsverständnis sprechen, das den besonderen Bedürfnissen und Zwecksetzungen des Informationsfreiheitsrechts Rechnung tragen kann.120 cc) Absoluter und relativer Schutz Das IFG und die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Länder weisen kein einheitliches Schutzniveau für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auf.121 Gemeinsam haben die Ausschlusstatbestände jedoch, dass der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Grundsatz nur gewährt werden darf, wenn der Betroffene eingewilligt hat.122 Unterschiede sind jedoch für die Fälle festzustellen, in denen der Betroffene in die Weitergabe der Informationen nicht eingewilligt hat. In Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen führt das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und das Fehlen einer entsprechenden Einwilligung nur im Grundsatz zum Ausschluss des Informationsanspruchs. Der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann dennoch gewährt werden, wenn im Rahmen einer Abwägung festgestellt werden kann, dass das Offenlegungsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.123 Keinen Abwägungsvorbehalt und damit ein höheres Schutzniveau enthalten § 6 S. 2 IFG und die Bestimmungen in Baden-Württemberg, Hessen, MecklenburgVorpommern, Saarland sowie Sachsen-Anhalt. Dort führt das Fehlen der Einwilligung generell zu dem Ausschluss des Zugangsanspruchs. Wegen dieser starren Rechtsfolgenanordnung wird diesen Regelungen ein absoluter Geheimnisschutz beigemessen.124 Insbesondere auf Bundesebene ist der absolute Vorrang der Geheimhaltungsinteressen verfassungsrechtlicher Kritik ausgesetzt. Sie entzündet sich zumeist an einem Vergleich mit dem Schutz personenbezogener Daten. Während § 5 120 Im Ergebnis auch Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 18; dies., JB InfoR 2018, 113, 133 ff.; Hauck, WRP 2018, 1032, 1036; wohl auch Lohmann, NuR 2018, 607, 611; a. A. Goldhammer, NVwZ 2017, 1809, 1810; Wiebe, NVwZ 2019, 1705, 1706; offenlassend BVerwG v. 17. 06. 2020 – 10 C 22.19, PharmR 2020, 699, 700 f. = BeckRS 2020, 18641. 121 Prinz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Informationsfreiheitsrecht, S. 173. 122 Teilweise stellen die Vorschriften nicht ausdrücklich auf die Ausnahme einer Einwilligung des Betroffenen ab. Gleichwohl führt ihr Vorliegen zur Zulässigkeit des Informationszugangs, da in Ermangelung eines Geheimhaltungswillens kein Geheimnis mehr vorliegt. In Bezug auf § 7 S. 1 IFG Ber Städele, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 7 IFG Ber Rn. 21. 123 Zu den Gewichtungskriterien von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteresse ausführlich Prinz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Informationsfreiheitsrecht, S. 160 ff., 173 ff. 124 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 1; Prinz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Informationsfreiheitsrecht, S. 127 f.; Rossi, IFG, § 6 Rn. 1; Schoch, IFG, § 6 Rn. 120; ders., NVwZ 2017, 97, 104; Sellmann/ Augsberg, WM 2006, 2293, 2299; Spindler, ZGR 2011, 690, 731.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Abs. 1 S. 1 IFG den Schutz personenbezogener Daten unter einen Abwägungsvorbehalt stellt, genießen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse absoluten Schutz. Dieses ungleiche Schutzniveau sei in Anbetracht des Menschenwürdegehalts personenbezogener Daten nicht nachvollziehbar.125 Wenngleich der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber dem von personenbezogenen Daten überhöht erscheint,126 bewegt sich die Ausgestaltung der beiden Ausnahmetatbestände, auch in ihrem Verhältnis zueinander, noch im Rahmen gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit.127 Die Anordnung des absoluten Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist als Entscheidung des Gesetzgebers zu akzeptieren. b) Derivativer Vertraulichkeitsschutz aa) Maßgeblichkeit spezialgesetzlicher Verschwiegenheitspflichten Neben den gesetzesunmittelbaren Vertraulichkeitspflichten gewährt § 3 Nr. 4 IFG einen derivativen Vertraulichkeitsschutz. Gleiche oder vergleichbare Bestimmungen sind auch in den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen von BadenWürttemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland, SachsenAnhalt und Thüringen vorzufinden.128 Anders als die soeben dargestellten Ausschlusstatbestände enthalten diese Bestimmungen selbst keine Vertraulichkeitspflichten, sondern knüpfen an außerhalb des Regelwerks bestehende Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten an und räumen ihnen den Vorrang vor dem Informationszugangsanspruch ein.129 Diesen Vorrang umschreibt das BVerwG, indem es postuliert: „Was nach anderen Vorschriften geheim gehalten werden muss, bleibt auch unter Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes geheim“.130 Da die Vorschrift des § 3 Nr. 4 IFG und ihre landesrechtlichen Entsprechungen an das Bestehen, die Reichweite und das tatbestandliche Vorliegen anderweitiger Vertraulichkeitspflichten anknüpfen, werden sie auch als Rezeptionsnormen bezeichnet.131 Durch das Rezipieren spezialgesetzlicher Pflichten entsteht ein bereichs125

Die Folgerungen hieraus reichen unterschiedlich weit. Für Verfassungswidrigkeit Kugelmann, NJW 2005, 3609, 3612; für Verfassungswidrigkeit, jedenfalls aber Verfassungsilligimität Kloepfer/Greve, NVwZ 2011, 577, 584; lediglich verfassungspolitische Inkonsequenz Rossi, IFG, § 6 Rn. 2; Schoch, IFG, § 6 Rn. 125; ähnlich auch Uphues, ZRP 2021, 41, 43. 126 So auch Uphues, ZRP 2021, 41, 43. 127 In diesem Sinne Guckelberger, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 6 IFG Rn. 15; Rossi, IFG, § 6 Rn. 2; Schoch, IFG, § 6 Rn. 125. 128 § 4 Abs. 2 IFG BW; § 17 Abs. 4 IFG Ber; § 4 Abs. 3 AIG Br; § 3 Nr. 4 IFG Brm; § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TranspG RP; § 1 S. 1 IFG Saarl i. V. m. 3 Nr. 4 IFG; § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA; § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit a) ThürTG. 129 Schoch, IFG, § 3 Rn. 198. 130 BVerwG v. 29. 10. 2009 – 7 C 21/08, NVwZ 2010, 326, 327 = BeckRS 2009, 42334; BVerwG v. 29. 06. 2017 – 7 C 22/15, NVwZ 2018, 179 Rn. 12 = BeckRS 2017, 122583. 131 BVerwG v. 29. 06. 2017 – 7 C 22/15, NVwZ 2018, 179 Rn. 12 = BeckRS 2017, 122583; BVerwG v. 30. 10. 2019 – 10 C 20.19, AG 2020, 295 Rn. 24 = BKR 2020, 199; Grundermann,

A. Informationsfreiheitsrecht

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spezifischer Vertraulichkeitsschutz, der nach Art und Umfang auf die verschiedenen Rechtsbereiche abgestimmt ist.132 Welche Zwecke die in Bezug genommene Verschwiegenheitspflicht erfüllt und wessen Interessen sie zu dienen bestimmt ist, ist unerheblich.133 Nicht erforderlich ist, dass spezifische öffentliche Interessen an der Geheimhaltung bestehen.134 Eine derartige Beschränkung folgt insbesondere nicht aus den amtlichen Überschriften von § 3 IFG und den gleichlautenden landesrechtlichen Bestimmungen, wonach die Vorschriften öffentliche Belange zum Gegenstand haben.135 Die Gesetzgeber haben vielmehr deutlich gemacht, dass die Einhaltung besonderer Vertraulichkeitsbestimmungen zum Schutz privater und öffentlicher Interessen einen öffentlichen Belang darstellt.136 bb) Eingreifen der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten Als fachgesetzliche Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht sind auch die gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten geeignet, den Informationszugangsanspruch zu beschränken.137 Wird der Informationszugangsanspruch auf vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft gerichtet, die den beteiligungsverwaltenden Stellen der Gebietskörperschaft zu Zwecken der Beteiligungsverwaltung und -prüfung zugeflossen sind, könnte die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG eingreifen. Dies ist dann der Fall, wenn die Informationen aus den Berichten stammen, welche die Repräsentanten im Aufsichtsrat den beteiligungsführenden Stellen zu erstatten haben und für welche § 394 S. 1 AktG die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gelockert hat. § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG gilt entsprechend, wenn die Informationen aus dem Bericht über das Ergebnis der erweiterten Abschlussprüfung herrühren, den die Gesellschaft der Gebietskörperschaft nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 HGrG übersenden muss.138 Mit strengem BKR 2020, 167, 172; Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 141; Schoch, IFG, § 3 Rn. 204. 132 Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 142. 133 Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 142.1. 134 VG Berlin v. 09. 03. 2017 – VG 2 K 111.15, BeckRS 2017, 108992 Rn. 29; Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 142.1; Schoch, IFG, § 3 Rn. 210; a. A. OVG Berlin-Brandenburg v. 07. 06. 2012 – OVG 12 B 34.10, BeckRS 2012, 51575; wohl auch Polenz, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, § 3 Rn. 99. 135 Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 142.1. 136 VG Berlin v. 09. 03. 2017 – VG 2 K 111.15, BeckRS 2017, 108992 Rn. 29; Schirmer, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 142.1; Schoch, IFG, § 3 Rn. 210. 137 OVG Berlin-Brandenburg v. 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, ZIP 2015, 877, 878 = NVwZ 2015, 1229; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 202; Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1103 f.; ders., in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 29; Rossi, IFG, § 4 Rn. 51; Spindler, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 116 Rn. 113; Schirmer, in: BeckOKInformations- u. MedienR, § 3 IFG Rn. 148.1a; Schoch, IFG, § 3 Rn. 216; R. Werner, NVwZ 2019, 449, 454. 138 Zur Geltung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG bei diesem Informationskanal Kap. 3 D. II.

230

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Blick betrachtet könnte jedoch angenommen werden, § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG stehe der Erfüllung des Informationszugangsanspruchs nicht entgegen, weil die Verschwiegenheitspflicht nur an diejenigen Personen adressiert ist, die mit Verwaltungsoder Prüfungsaufgaben befasst sind, während informationsfreiheitsrechtliche Informationsschuldnerin die Behörde als solche ist. Diese formale Betrachtungsweise ist jedoch nicht sachgemäß und steht der Verwirklichung des Schutzzwecks von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG entgegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob die geschützten Informationen durch einzelne Personen oder durch die Behörde weitergegeben werden.139 Neben die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG tritt die zur Überwindung von § 311 Abs. 1 AktG erforderliche Verwendungsbeschränkung, die, soweit sie in Gesellschaften mit einer pluralistischen Aktionärsstruktur nicht bereits in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht besteht, vertraglich begründet ist. Die in einer Garantievereinbarung bestehende Verwendungsbeschränkung stellt schon keine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dar, die den derivativen Vertraulichkeitsschutz auslösen könnte.140 Hat die Gesellschaft jedoch neben der Gebietskörperschaft weitere Aktionäre, besteht die Verwendungsbeschränkung zusätzlich in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, die sich hier zu einer Verschwiegenheitspflicht verdichtet, die in ihrem Schutzumfang nicht hinter § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG zurückbleibt. In Bezug auf eine GmbH hat das OVG Berlin-Brandenburg bereits zutreffend entschieden, dass die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht auch die beteiligungsverwaltende Behörde trifft und den derivativen Vertrauensschutz nach § 3 Nr. 4 IFG auslöst.141 Wurden die Informationen hingegen über den Vorstand erlangt, greift der Regelungskomplex der §§ 394, 395 AktG nicht ein. Auch die zur Überwindung der Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG erforderliche Garantievereinbarung kann im Verhältnis zwischen der auskunftspflichtigen Stelle und dem Anspruchsberechtigten keine Wirkung entfalten. Das Bestehen einer fachgesetzlichen Verschwiegenheitspflicht hängt somit davon ab, ob die Gesellschaft über eine Mehrzahl von Aktionären verfügt. Nur in diesem Fall besteht die mitgliedschaftliche Treuepflicht, die sich zu einer Verschwiegenheitspflicht verdichten und den derivativen Geheimnisschutz auslösen kann. Bei Eigengesellschaften greift der derivative Vertraulichkeitsschutz daher dann nicht ein, wenn die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt wurden.

139 Vgl. in Bezug auf die Verschwiegenheitspflicht des § 9 KWG, die sich ebenfalls an einzelne Bedienstete der BaFin richtet, Lindemann, in: Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 9 Rn. 6; Schoch, IFG, § 3 Rn. 218. 140 Vgl. allgemein zur Wirkungslosigkeit von Vertraulichkeitsklauseln BVerwG v. 17. 03. 2016 – 7 C 2/15, BVerwGE 154, 231 Rn. 36 = BeckRS 2016, 46247; Wiebe, NVwZ 2019, 1705, 1709. 141 OVG Berlin-Brandenburg v. 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, ZIP 2015, 877, 878 = NVwZ 2015, 1229.

A. Informationsfreiheitsrecht

231

Abgesehen von dieser Konstellation bestehen unabhängig davon, ob die Informationen über den Vorstand oder den Aufsichtsrat erlangt wurden, hinsichtlich sensibler Informationen grundsätzlich fachgesetzliche Verschwiegenheitspflichten, die den Informationszugangsanspruch ausschließen. Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht greifen jedoch nicht ein, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Interessen geöffnet hat.142 c) Verbleibende Inkongruenzen zwischen aktienrechtlichem und informationsfreiheitsrechtlichem Vertraulichkeitsschutz Die Informationszugangsansprüche stehen in einem natürlichen Spannungsfeld mit den auf den Schutz von sensiblen Informationen gerichteten aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen. Dieses Spannungsfeld wird sich jedoch häufig nicht in einer Pflichtenkollision entladen, da die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze Einschränkungen und Ausschlusstatbestände hinsichtlich der aktienrechtlich geschützten Informationen enthalten. Gleichwohl weisen die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze ein uneinheitliches Schutzniveau auf, das teilweise hinter dem der aktienrechtlichen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz zurückbleibt. Werden Informationen, die von den Ausschlusstatbeständen der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze nicht erfasst und deshalb offengelegt werden müssten, zugleich von aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen erfasst, entsteht in der Person der auskunftspflichtigen Stelle eine aufzulösende Pflichtenkollision. Ein mit dem Aktienrecht identisches Schutzniveau ist in den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen vorzufinden, die einen derivativen Vertraulichkeitsschutz vorsehen und die Auskunftspflicht generell unter den Vorbehalt entgegenstehender fachgesetzlicher Verschwiegenheitspflichten stellen.143 Durch die Anbindung des informationsfreiheitsrechtlichen Vertraulichkeitsschutzes an die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten kann es zu keinen Inkongruenzen kommen. Eine Ausnahme besteht nur bei Eigengesellschaften, bei denen die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt wurden. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze keinen derivativen Vertraulichkeitsschutz vorsehen. So enthalten die Regelungen in Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nur einen allgemeinen Ausschlussgrund für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, der in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zusätzlich noch mit einer Abwägungsklausel verbunden ist und hierdurch 142 143

Kap. 3 E. II. Dazu Kap. 5 A. I. 5. b).

232

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

abgeschwächt wird. Wurden die Informationen über die Repräsentanten im Aufsichtsrat erlangt, ist die Befugnis zur Informationsweitergabe aus aktienrechtlicher Perspektive an der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG sowie der zur Überwindung von § 311 Abs. 1 AktG erforderlichen Verwendungsbeschränkung zu messen. Dabei ist festzustellen, dass § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ein höheres Schutzniveau aufweist als die informationsfreiheitsrechtlichen Ausschlusstatbestände. So beziehen sich die Ausschlusstatbestände ausschließlich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, während von der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG auch vertrauliche Angaben umfasst sind.144 Unter vertraulichen Angaben sind Informationen zu verstehen, deren Verbreitung für die Gesellschaft nachteilig sein kann, ohne dass es auf fehlende Offenkundigkeit der Information ankommt.145 Offenkundige Informationen unterfallen indes nicht dem Geheimnisbegriff der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze.146 Auch sonst wird der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen enger ausgelegt als in den aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten: Während im Aktienrecht nicht offenkundige Informationen bereits dann als Gesellschaftsgeheimnis den Verschwiegenheitspflichten unterliegen, wenn ein objektives Interesse des Unternehmens an der Geheimhaltung besteht,147 muss im Informationsfreiheits- und Transparenzrecht zusätzlich noch ein subjektiver Geheimhaltungswille hinzukommen.148 Liegen der auskunftspflichtigen Behörde aus den Berichten ihrer Repräsentanten im Aufsichtsrat Informationen der Gesellschaft vor, die in Ermangelung ihrer Geheimheit oder eines Geheimhaltungswillens kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinne des Informationsfreiheits- und Transparenzrechts (mehr) sein können, und richtet sich der Informationszugangsanspruch auf diese Informationen, kommt es in der Person der auskunftspflichtigen Stelle zu einer Pflichtenkollision, die gesetzgeberisch nicht antizipiert wurde und aufzulösen bleibt.149 Zu einer Pflichtenkollision kommt es ebenfalls, wenn der informationsfreiheitsrechtliche Geheimnisbegriff zwar vorliegt, der Ausnahmetatbestand jedoch nur relativen Schutz gewährt und die Abwägung ein Überwiegen des Informationsinteresses ergibt.150 Für die Auflösung dieser Konflikte ist zunächst festzustellen, dass Pflichtenkollisionen nur auf Länderebene in Brandenburg, Hamburg, Hessen, MecklenburgVorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein denkbar sind, da die dort geltenden Regelwerke keinen derivativen Vertraulichkeitsschutz kennen. Die Kollision landesrechtlicher Informationszugangsansprüche mit bundesrechtlichen 144

Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1103. Kap. 3 A. I. 1. b). 146 Kap. 5 A. I. 5. a) bb). 147 Kap. 3 A. I. 1. a) aa). 148 Kap. 5 A. I. 5. a) bb). 149 Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1104; siehe auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 39. 150 Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1105. 145

A. Informationsfreiheitsrecht

233

Verschwiegenheitspflichten ist normenhierarchisch zugunsten der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten aufzulösen (vgl. Art. 31 GG).151 Die auskunftspflichtige Stelle darf Informationen daher nicht preisgeben, soweit sie Gegenstand der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten sind. Wurden die Informationen hingegen über den Vorstand der Gesellschaft erlangt, greift die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nicht ein. Soweit die Preisgabe der Informationen für die Gesellschaft nachteilig sein kann, steht der Informationsweitergabe allerdings die aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgende Verwendungsbeschränkung gegenüber. Stehen die Ausschlussgründe des Informationsfreiheitsrechts der Informationsweitergabe nicht entgegen, kommt es deshalb zu einer Kollision mit der Offenlegungspflicht, bei der sich die Verwendungsbeschränkung, ebenso wie die § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, wegen des bundesrechtlichen Rangs der mitgliedschaftlichen Treuepflicht durchsetzt. Bei Eigengesellschaften besteht jedoch keine Treuepflicht, aus der eine Verwendungsbeschränkung hergeleitet werden könnte. In diesem Fall ist der Vertraulichkeitsschutz ausschließlich an den Ausschlusstatbeständen des Informationsfreiheitsrechts zu messen. d) Vertraulichkeitsschutz bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft Eine völlig andere Pflichtenlage ergibt sich, wenn dem Informationsberechtigten ein Direktanspruch gegen die Gesellschaft gewährt wird. Eine direkte Inanspruchnahme der Gesellschaft ist in Hamburg und Nordrhein-Westfalen möglich.152 Mit §§ 394, 395 AktG wurde ein Regelungssystem geschaffen, das Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft einerseits und Kontrollinteressen der Öffentlichkeit andererseits in Ausgleich bringen soll. Diesem behutsamen Regelungskonzept liegt jedoch die Erwartung zugrunde, dass öffentlich-rechtliche Kontrollpflichten lediglich die beteiligte Gebietskörperschaft treffen. Durch die unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschaft werden der ausdifferenzierte Interessenausgleich und damit auch die Kautelen zum Schutz des Vertraulichkeitsinteresses der Gesellschaft (§ 395

151 Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 Rn. 202; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40 f.; Oetker, FS Reuter 2010, 1091, 1104 f.; ders., in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 29; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 14; im Ergebnis auch Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 1; vgl. zu der Kollision aktienrechtlicher Verschwiegenheitspflichten mit der Informationsbeschaffungspflicht der auskunftspflichtigen Behörde auch OVG Koblenz v. 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854 Rn. 50 = DVBl 2016, 1274: „Mit dem Landestransparenzgesetz kann der Landesgesetzgeber über die gesellschaftsrechtlichen Regelungen nicht hinausgehen (vgl. Art. 31 Grundgesetz). […] die Informationsfreiheit nach dem Landestransparenzgesetz [wird] daher begrenzt durch gesellschaftsrechtlich angeordnete Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten.“; a. A. P.-L. Krüger, Transparenzverlust durch Wahl privater Rechtsformen?, S. 232 ff.: Teleologische Reduktion von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG. 152 Kap. 5 A. I. 4. b) bb).

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

AktG) vollständig umgangen.153 Die im Aktienrecht nicht vorgesehene Inanspruchnahme der Gesellschaft führt dazu, dass sich die in der Sache freilich bestehenden Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft nicht in speziellen Verschwiegenheitspflichten manifestieren. Der Schutz ist auf die Ausschlusstatbestände der jeweils einschlägigen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze beschränkt. 6. Zwischenergebnis Die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze von Bund und Ländern gewähren den Anspruchsberechtigten Zugang zu Informationen, die Unternehmen in Privatrechtsform betreffen, an denen eine Gebietskörperschaft beteiligt ist. Hierbei handelt es sich zumeist um die Informationen, die der beteiligten Gebietskörperschaft zu Beteiligungsverwaltungs- und Prüfungszwecken übermittelt wurden. Stellen die begehrten Informationen vertrauliche Angaben oder Geheimnisse der Gesellschaft dar, steht dem Informationsinteresse des Anspruchsberechtigten das Vertraulichkeitsinteresse des privatrechtlich verfassten Unternehmens gegenüber, das sich insbesondere in den aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten der §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1 u. S. 2, 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ausdrückt. Die Gesetzgeber der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze haben den Konflikt von Informationsinteresse und Vertraulichkeitsinteresse gemildert, indem sie Ausschlusstatbestände für das Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen geschaffen haben oder den Zugangsanspruch unter den Vorbehalt entgegenstehender Geheimhaltungsvorschriften stellen. In einigen landesrechtlichen Regelwerken deckt sich der Vertraulichkeitsschutz jedoch nicht mit dem Schutzumfang der aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen. Soweit Informationen auf Länderebene zugänglich gemacht werden müssen, die aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen, setzen sich letztere aus normenhierarchischen Gründen durch. Nach den Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzen ist eine Preisgabe von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft lediglich bei Eigengesellschaften zu befürchten, bei denen die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt wurden. Soweit die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze einen Direktanspruch gegen die Gesellschaft gewähren, greifen keine aktienrechtlichen Kautelen zum Vertraulichkeitsschutz ein. Der Schutz von sensiblen Informationen der Gesellschaft ist auf die Ausschlusstatbestände der jeweils einschlägigen Informationsfreiheitsund die Transparenzgesetze beschränkt.

153 Vgl. für den presserechtlichen Auskunftsanspruch ebenfalls kritisch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40.

A. Informationsfreiheitsrecht

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II. Umweltinformationsrecht 1. Zugang zu Umweltinformationen Stellen die Informationen der beherrschten Gesellschaft Umweltinformationen dar, bestehen besondere Zugangsbestimmungen, die sich in Konzeption und Reichweite von dem allgemeinen Informationszugangsrecht unterscheiden. In Umsetzung der unionsrechtlichen Umweltinformationsrichtlinie (UIRL)154 trat am 14. 02. 2005 auf Bundesebene das neugefasste Umweltinformationsgesetz (UIG)155 in Kraft.156 In Anschluss an das UIG haben auch alle Länder Regelungen zum Zugang zu Umweltinformationen eingeführt. In den Länderregelungen von Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wird nahezu pauschal auf das UIG verwiesen.157 Eigene Vollregelungen wurden hingegen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen erlassen. Ein Zwischenweg wurde in Nordrhein-Westfalen eingeschlagen, wo das UIG nur mit einigen Modifikationen entsprechend gilt.158 Weit überwiegend wurden, wie auf Bundesebene, eigene Gesetze geschaffen. Lediglich in Berlin, Rheinland-Pfalz und SchleswigHolstein wurde der Zugang zu Umweltinformationen mit dem allgemeinen Informationszugangsrecht in einem Regelwerk zusammengefasst. Im Zentrum des UIG und der Länderregelungen steht der Begriff der Umweltinformationen. Hierunter sind nach Art. 2 Nr. 1 UIRL unabhängig von der Form ihrer Speicherung zunächst Informationen über den Zustand von Umweltbestandteilen wie etwa Luft, Wasser, Boden Land oder Landschaft zu verstehen, Art. 2 Nr. 1 lit. a) UIRL. Erfasst werden ebenfalls Informationen über Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm, Strahlung, Emissionen oder Abfall, die sich auf diese Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken, Art. 2 Nr. 1 lit. b) UIRL. Umweltinformationen sind ebenfalls Informationen über Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile und -faktoren auswirken und Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente, Art. 2 Nr. 1 lit. c) UIRL. Zuletzt stellen auch Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts (Art. 2 Nr. 1 lit. d) UIRL), Kosten/Nutzen-Analysen zu den getroffenen Maßnahmen und ergriffenen Tätigkeiten (Art. 2 Nr. 1 lit. e) UIRL) und Informationen zum Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die im Zusammenhang mit den Umweltbestandteilen und -faktoren sowie den 154

Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 01. 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 41 v. 14. 02. 2003, S. 26. 155 Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes und zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel v. 22. 12. 2004, BGBl. I S. 3704. 156 Überblick zur Entstehungsgeschichte der Neufassung bei Reidt/Schiller, in: Landmann/ Rohmer, in: Umweltrecht, UIG Vorbemerkung Rn. 24 ff. 157 § 18a Abs. 1 IFG Ber; § 1 UIG Br; § 1 Abs. 2 UIG Brm; § 1 Abs. 2 UIG Hmb; § 3 UIG MV; § 3 S. 2 UIG Nds; § 1 Abs. 3 UIG LSA. 158 § 2 S. 2 UIG NRW.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

getroffenen Maßnahmen und ergriffenen Tätigkeiten stehen (Art. 2 Nr. 1 lit. f) UIRL), Umweltinformationen dar. In Umsetzung dieser Richtlinienvorgaben verfügen das UIG und die Länderregelungen über nahezu wortlautidentische Begriffsdefinitionen.159 Der Begriff der Umweltinformation wird weit ausgelegt.160 Es liegt auf der Hand, dass sich privatrechtlich organisierte und öffentlich beherrschte Unternehmen wie Energieversorger oder Verkehrsbetriebe umwelterheblich betätigen, sodass sie über Umweltinformationen verfügen. Das UIG und die Länderregelungen enthalten neben einem antragsgebundenen Informationsanspruch durchweg eine proaktive Veröffentlichungspflicht der informationspflichtigen Stellen. Letztere dient der Umsetzung von Art. 7 UIRL und soll das allgemeine Umweltbewusstsein erhöhen und die Notwendigkeit eines antragsgebundenen Informationszugangs langfristig schrittweise abbauen.161 Ebenso wie im allgemeinen Informationszugangsrecht können sensible Informationen einer öffentlich beherrschten Gesellschaft als Umweltinformationen Gegenstand eines Informationsantrags oder der proaktiven Veröffentlichungspflicht werden. 2. Informationspflichtige Stellen a) Beteiligungsführende Behörde Als informationspflichtige Stelle nennt § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG zunächst die Regierung und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung. Wenngleich nach der Neufassung des UIG nicht mehr an den Begriff der Behörde angeknüpft wird, zählen zum Kreis der Informationspflichtigen, in Anlehnung an § 1 Abs. 4 VwVfG, alle Einrichtungen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.162 Soweit die Länderreglungen nicht auf die Bundesregelung verweisen, enthalten sie entsprechende Bestimmungen.163 Zu den Stellen der öffentlichen Verwaltung zählen auch die beteiligungsführenden Stellen der Gebietskörperschaften, die zur Beteiligungsverwaltung über Informationen aus ihren Beteiligungsgesellschaften verfügen. Auf Bundesebene stellen §§ 10 Abs. 1, 3 Abs. 1 UIG klar, dass die Pflicht, Um159

Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rn. 57. BVerwG v. 21. 02. 2008 – 4 C 13/07, BVerwGE 130, 223 Rn. 11 ff. = NVwZ 2008, 791; BVerwG v. 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 Rn. 54 = KommJur 2017, 267; OVG Berlin-Brandenburg v. 14. 05. 2012 – OVG 12 S 12/12, NVwZ 2012, 979 f. = BeckRS 2012, 51182; Engel, in: Götze/Engel, UIG, § 2 Rn. 69; Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 UIG Rn. 66; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rn. 31. 161 OVG Münster v. 30. 10. 2014 – 8 B 721/14, NVwZ 2015, 304, 306 = BeckRS 2014, 58556; Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 10 UIG Rn. 1 f.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 10 UIG Rn. 1, 3. 162 Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 UIG Rn. 8. 163 § 23 Abs. 1 Nr. 1 UVwG BW; Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Bay; § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Br; § 2 Abs. 1 UIG Brm; § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Hess; § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG MV; § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG Nds; § 1 Abs. 2 Nr. 1 UIG NRW; § 3 Abs. 1 TranspG RP; § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Saarl; § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG Sachs; § 2 Abs. 3 Nr. 1 IZG SH; § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG Thür. 160

A. Informationsfreiheitsrecht

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weltinformationen proaktiv zu veröffentlichen oder auf Antrag zugänglich zu machen, auf solche Informationen beschränkt ist, über die die Beteiligungsverwaltung verfügt.164 Nach der Definition in § 2 Abs. 4 UIG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn sie bei ihr vorliegen oder für sie bereitgehalten werden. Hieraus folgt, dass eine Pflicht der informationspflichtigen Stelle zur Beschaffung von Informationen nicht besteht.165 Anders als im allgemeinen Informationszugangsrecht ist die zuständige Behörde der beteiligten Gebietskörperschaft daher nicht verpflichtet, Informationen aus der beherrschten Gesellschaft zu beschaffen.166 Die Beschränkung auf vorhandene Informationen ist ebenfalls in allen Ländern vorzufinden, die eigene Vollregelungen erlassen haben.167 b) Öffentlich beherrschte AG Ein Informationsbeschaffungsanspruch gegen die beteiligte Gebietskörperschaft ist aus Perspektive der Informationssuchenden auch nicht erforderlich, da die öffentlich beherrschte AG, anders als im allgemeinen Informationszugangsrecht, unmittelbar auskunftspflichtige Stelle und damit Anspruchsgegner sein kann. Ganz überwiegend setzt die Informationspflichtigkeit juristischer Personen des Privatrechts ein Aufgaben- und ein Kontrollelement voraus. So bestimmt § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG auf Bundesebene, dass juristische Personen des Privatrechts auskunftspflichtige Stellen sind, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die in Zusammenhang mit der Umwelt stehen und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.168 Kontrolle in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG vor, wenn die juristische Person des Privatrechts besonderen Rechten und Pflichten, wie einem Kontrahierungszwang oder einem Anschluss- und Benutzungszwang, unterliegt. Kontrolle kann nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UIG auch dadurch vermittelt werden, dass eine oder mehrere unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar die Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit an dem Unternehmen besitzen oder die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder 164

Götze, in: Götze/Engel, UIG, § 3 Rn. 13, § 10 Rn. 9; Karg, in: BeckOK-Informationsu. MedienR, § 3 UIG Rn. 18, § 10 UIG Rn. 13; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 10 UIG Rn. 5. 165 VG Schleswig v. 02. 10. 2020 – 6 A 627/17, BeckRS 2020, 29108 Rn. 39; Engel, in: Götze/Engel, UIG, § 2 Rn. 105; § 10 Rn. 9; Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 UIG Rn. 120; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 10 UIG Rn. 5. 166 Hierzu Kap. 5 A. I. 4. b) bb). 167 § 24 Abs. 1 UVwG BW; Art. 3 Abs. 1 S. 1 UIG Bay; § 3 Abs. 1 UIG Hess; § 3 S. 1 UIG Nds; § 4 Abs. 2 S. 1 TranspG RP; § 3 Abs. 1 UIG Saarl; § 4 Abs. 1 UIG Sachs; § 3 S. 1 IZG SH; § 3 Abs. 1 UIG Thür. 168 Zum Merkmal der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe bereits Kap. 5 A. I. 4. b) aa). Für eine einheitliche Auslegung im UIG und IFG auch R. Werner, NVwZ 2019, 449, 455.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können. Ausreichend ist indes, wenn mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts über die Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit verfügen, wenn der überwiegende Anteil dieser Mehrheit denjenigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuordnen ist, die unter der Aufsicht des Bundes stehen. Zu dieser Regelung bestehen auf Länderebene ganz überwiegend keine wesentlichen Unterschiede.169 Zu bemerken ist jedoch, dass in Sachsen das Aufgaben- und Kontrollmerkmal nicht kumulativ vorliegen müssen. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG Sachs ist ausreichend, wenn die juristische Person des Privatrechts aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften oder vertraglicher Vereinbarungen öffentliche Aufgaben wahrnimmt bzw. öffentliche Dienstleistungen erbringt oder alternativ der Kontrolle des Freistaates unterliegt.170 Hinsichtlich des Kontrollelements ist eine abweichende Regelung auch in Thüringen vorzufinden. Kontrolle liegt nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 UIG Thür nur vor, wenn die juristische Person des Privatrechts durch Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit oder durch die Besetzung der Leitungs- und Verwaltungsorgane (gesellschaftsrechtlich) beherrscht wird.171 Nicht ausreichend sind somit besondere Pflichtenstrukturen wie ein Anschluss- und Benutzungszwang oder ein Kontrahierungszwang, soweit nicht eine gesellschaftsrechtliche Kontrolle hinzutritt. Damit dürften juristische Personen des Privatrechts in privater Hand auch dann nicht informationspflichtig sein, wenn sie Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen.172 3. Ausschlusstatbestände zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen a) Schutzkonzept des Umweltinformationsrechts Unabhängig davon, ob die beteiligte Gebietskörperschaft oder die öffentlich beherrschte AG selbst zur Veröffentlichung von Umweltinformationen verpflichtet ist, droht der Gesellschaft ein öffentliches Bekanntwerden ihrer sensiblen Informationen. Um dieser Gefahr zu begegnen, verfügen das UIG und seine landesrechtlichen Entsprechungen über Vorschriften zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Anders als im IFG und einigen landesrechtlichen Informati169 Dazu A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 42 ff. 170 Zu diesen Unterschieden auch A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 46 f.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rn. 58. 171 Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rn. 58. 172 Im Schrifttum werden Zweifel an der Vereinbarkeit mit der UIRL geäußert, da die Vorschrift Unternehmen der Daseinsvorsorge in privater Hand regelmäßig nicht erfasse, obwohl der Richtliniengeber gerade diese Unternehmen erfasst wissen wollte. An der Richtlinienkonformität zweifelnd A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 47; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG Rn. 58; Schomerus/Tolkmitt, NVwZ 2007, 1119, 1121.

A. Informationsfreiheitsrecht

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onszugangs- und Transparenzgesetzen kennt das Umweltinformationsrecht keinen derivativen Vertraulichkeitsschutz, nach dem die Preisgabe solcher Informationen ausgeschlossen ist, die spezialgesetzlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegen. Der Vertraulichkeitsschutz ist vielmehr auf allgemeine Ausschlusstatbestände beschränkt. So ist nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG der Antrag auf Informationszugang grundsätzlich abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden. Sofern die Länderregelungen nicht auf das UIG verweisen, enthalten sie gleiche Bestimmungen.173 Zwar ähneln die Ausschlusstatbestände des Umweltinformationsrechts den bereits dargestellten Ausschlusstatbeständen im allgemeinen Informationszugangsrecht. Dennoch lassen sich mit Blick auf das vermittelte Schutzniveau Unterschiede feststellen. Gemeinsam haben die Ausschlusstatbestände beider Regelungsbereiche zunächst, dass sie tatbestandlich an den Begriff der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse anknüpfen. Auch liegt ihnen das gleiche Begriffsverständnis zugrunde, das auf das Vorliegen eines Unternehmensbezugs, fehlende Offenkundigkeit und auf einen Geheimhaltungswillen sowie ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse abstellt.174 Ebenso können sich auch nicht grundrechtsberechtigte juristische Personen des Privatrechts auf die Ausschlusstatbestände berufen.175 Unterschiede bestehen jedoch auf Rechtsfolgenseite. So vermitteln § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG und die landesrechtlichen Entsprechungen, anders als etwa § 6 S. 2 IFG, durchweg keinen absoluten Vertraulichkeitsschutz. Auch bei Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses kann eine Offenlegung erfolgen, wenn das Bekanntmachungsinteresse im Rahmen einer Abwägung das Geheimhaltungsinteresse des Berechtigten überwiegt.176 Das Schutzniveau wird im Umweltinformationsrecht weiter abgesenkt, indem bestimmte Informationen von den Ausschlusstatbeständen ausgenommen werden. So bestimmt § 9 Abs. 1 S. 2 UIG auf Bundesebene, dass der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen nicht unter Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verwehrt werden kann. Auch in den Ländern mit eigenen Regelungen

173 § 29 Abs. 1 Nr. 3 UVwG BW; Art. 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG Bay; § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG Hess; § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TranspG RP; § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG Saarl; § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG Sachs; § 10 S. 1 Nr. 3 IZG SH; § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG Thür. 174 OVG Berlin-Brandenburg v. 12. 02. 2015 – OVG 12 B 13.12, NVwZ-RR 2015, 801, 802 = BeckRS 2015, 42382; VG Cottbus v. 18. 08. 2020 – VG 8 K 1121/17, BeckRS 2020, 24336 Rn. 23; Engel, in: Götze/Engel, UIG, § 9 Rn. 30; Guckelberger, NuR 2018, 508, 510; Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 9 UIG Rn. 25; Reidt/Schiller, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG Rn. 20. 175 BVerwG v. 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 Rn. 89 ff. = KommJur 2017, 267. 176 Siehe Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 9 UIG Rn. 27; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG Rn. 52; Schrader, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Informationen in Umweltangelegenheiten, § 1 Rn. 160.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

bestehen entsprechende Ausnahmevorschriften.177 Stehen Emissionsinformationen in Rede, ist die Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse und Bekanntmachungsinteresse gesetzgeberisch zugunsten der Offenlegung präsumiert.178 Als Umweltinformationen über Emissionen werden alle Angaben zur Qualifizierung und Quantifizierung von Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung sowie Abfälle, die in die Umwelt gelangen, verstanden.179 In dieser Einschränkung der Ausschlusstatbestände liegt eine empfindliche Schwächung des umweltinformationsrechtlichen Vertraulichkeitsschutzes. Aus der Perspektive von betroffenen Unternehmen muss befürchtet werden, dass Konkurrenten aus den veröffentlichten Informationen Rückschlüsse auf innerbetriebliche technische Prozesse und Abläufe ziehen können, die regelmäßig strengem Schutz unterliegen.180 Denkbar ist auch, dass das Umweltinformationsrecht durch Wettbewerber gezielt zur Wirtschaftsspionage eingesetzt wird.181 Der durch die Einschränkung der Ausschlusstatbestände begründete absolute Vorrang der Offenlegungspflicht für Emissionsinformationen geht auf Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL zurück und ist damit bereits unionsrechtlich angelegt. Dies wirft die Frage auf, ob diese Bestimmung in der UIRL angesichts ihrer empfindlichen Wirkung ihrerseits rechtmäßig ist. Als unionsrechtliches Sekundärrecht muss Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL mit unionsrechtlichem Primärrecht vereinbar sein. Nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 EUV verfügt auch die EU-Grundrechte-Charta (GRCh)182 über primärrechtlichen Rang.183 Die in ihr verbürgten Grundrechte binden nach Art. 51 Abs. 1 S. 1 GRCh die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Sie bilden den Maßstab, an dem Richtlinien und anderes Sekundärrecht zu messen sind.184 Der in Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL angelegte absolute Vorrang der Offenlegungspflicht darf daher nicht gegen die Grundrechte der Charta verstoßen. Zunächst ist festzustellen, 177 § 29 Abs. 1 UVwG BW; Art. 8 Abs. 1 S. 2 UIG Bay; § 8 Abs. 1 UIG Hess; § 16 Abs. 6 TranspG RP; § 9 Abs. 1 UIG Saarl; § 6 Abs. 1 S. 4 UIG Sachs; § 10 S. 2 IZG SH; § 9 Abs. 1 UIG Thür. 178 BVerwG v. 24. 09. 2009 – 7 C 2/09, BVerwGE 135, 34 Rn. 45 = NVwZ 2010, 189; OVG Berlin-Brandenburg v. 29. 03. 2019 – OVG 12 B 13/18, NVwZ 2019, 1372 Rn. 58 = BeckRS 2019, 6738; Guckelberger, NuR 2018, 508, 512; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 8 UIG Rn. 45, § 9 UIG Rn. 33; Wiebe, NVwZ 2019, 1705, 1708. 179 VGH Mannheim v. 21. 03. 2017 – 10 S 413/15, ZUR 2017, 560, 564 = BeckRS 2017, 107154; OVG Berlin-Brandenburg v. 18. 01. 2018 – OVG 12 B 12.16, BeckRS 2018, 847 Rn. 29; ähnlich Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 8 UIG Rn. 45 ff.; zu Einzelheiten des Emissionsbegriffs Wegener, ZUR 2017, 146, 149 ff. 180 Butt, NVwZ 2003, 1071, 1074; Karg, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 9 UIG Rn. 27; a. A. Schrader, ZUR 2004, 130, 132. 181 Butt, NVwZ 2003, 1071, 1074. 182 Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. 12. 2007, ABl. EU C 303/1 vom 14. 12. 2007. 183 Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 6 EUV Rn. 2. 184 Ehlers, in: Ehlers, EuGR, § 14 Rn. 27; Geiger/Kirchmair, in: Geiger/Khan/Kotzur/ Kirchmair, EUV/AEUV, Art. 6 EUV Rn. 9; Streinz, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 6 EUV Rn. 2.

A. Informationsfreiheitsrecht

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dass sich die hier untersuchten öffentlich beherrschten Gesellschaften nach der im nationalen Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung nicht auf die Grundrechte der Charta berufen können.185 Da durch den in Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL angelegten abwägungsfesten Vorrang der Offenlegungspflicht jedoch nicht nur öffentlich beherrschte Gesellschaften, sondern auch grundrechtsberechtigte Subjekte betroffen sind, hat die Beantwortung dieser Frage über den hiesigen Untersuchungsgegenstand hinaus Bedeutung. Bereits im Jahr 2017 hatte der EuGH zu entscheiden, ob Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL die Grundrechte aus Art. 16 und Art. 17 GRCh verletzt.186 Die in diesen Vorschriften verbürgte unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht umfassen auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.187 In diesen grundrechtlich geschützten Bereich wird eingegriffen, wenn eine Offenlegung von Emissionsinformationen ausnahmslos auch dann zu erfolgen hat, wenn es sich bei den betreffenden Informationen um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt.188 Art. 16 und Art. 17 GRCh sind allerdings nur dann verletzt, wenn der Eingriff nicht gerechtfertigt werden kann. Hinsichtlich der Rechtfertigung verweist der EuGH auf die allgemeine Schrankenregelung des Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh.189 Hiernach dürfen Einschränkungen der Grundrechte unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.190 Eine von der Union anerkannte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung ist zunächst im Umweltschutz zu erkennen.191 Dieser soll nach Erwägungsgrund 1 der UIRL durch einen erweiterten Zugang zu umweltbezogenen Informationen verbessert werden. Der EuGH entschied, dass dem Unionsgesetzgeber bei der Abwägung der durch Art. 16 185

Ehlers, in: Ehlers, EuGR, § 14 Rn. 57; Gundel, ZHR 180 (2016), 323, 344 f.; Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 GRCh Rn. 54; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 16 GRCh Rn. 4; wohl großzügiger Jarass, GRCh, Art. 51 Rn. 62. Zur Parallelwertung in der deutschen Grundrechtsrechtsdogmatik und m. w. N. Kap. 2 A. I. 1. a). 186 EuGH Rs. C-442/14, Bayer CropScience SA-NV und Stichting De Bijenstichting/College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, ECLI:EU:C:2016:890, EuZW 2017, 112 Rn. 97 ff. = NVwZ 2017, 380. 187 So implizit EuGH Rs. C-442/14, Bayer CropScience SA-NV und Stichting De Bijenstichting/College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, ECLI:EU:C:2016:890, EuZW 2017, 112 Rn. 97 f. = NVwZ 2017, 380; siehe auch Jarass, GRCh, Art. 16 Rn. 10, Art. 17 Rn. 10. 188 EuGH Rs. C-442/14, Bayer CropScience SA-NV und Stichting De Bijenstichting/College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, ECLI:EU:C:2016:890, EuZW, 2017, 112 Rn. 97 f. = NVwZ 2017, 380. 189 EuGH Rs. C-442/14, Bayer CropScience SA-NV und Stichting De Bijenstichting/College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, ECLI:EU:C:2016:890, EuZW 2017, 112 Rn. 98 = NVwZ 2017, 380. 190 Allgemein hierzu Jarass, GRCh, Art. 52 Rn. 19 ff. 191 Zum Umweltschutz als eine von der Union anerkannte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 GRCh Rn. 67.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

und Art. 17 GRCh gewährleisteten Rechte mit den Zielen des Umweltschutzes ein Ermessenspielraum zustehe, den dieser mit Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL nicht überschritten habe.192 Dem ist zuzustimmen. Zudem lässt sich der absolute Vorrang der Offenlegungspflicht vor unternehmerischen Vertraulichkeitsinteressen und die darin zum Ausdruck kommende besondere Bedeutung von Emissionsinformationen gegenüber allgemeinen Umweltinformationen noch auf eine weitere Erwägung stützen: Während bei allgemeinen Umweltinformationen berechtigte Geheimhaltungsinteressen lediglich mit dem Ziel des Umweltschutzes in Ausgleich zu bringen sind, tritt bei Emissionsinformationen mit dem Gesundheitsschutz noch eine weitere Abwägungsgröße hinzu. Bei dem Gesundheitsschutz handelt es sich ebenfalls um eine von der Union anerkannte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung.193 Wird der Bürger gezwungen, emittierte Stoffe in seinen Körper aufzunehmen, durch die seine Gesundheit gefährdet werden kann, führt dies zu einem Informationsinteresse, das gegenüber dem Interesse an allgemeinen Umweltinformationen über ein höheres Gewicht verfügt.194 Nach alledem werden Art. 16 und Art. 17 GRCh durch Art. 4 Abs. 2 S. 3 UIRL nicht verletzt. b) Inkongruenzen zum aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutz aa) Inanspruchnahme der Behörde Neben den allgemeinen umweltrechtlichen Ausschlusstatbeständen treten auch aktienrechtliche Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz den umweltrechtlichen Informationszugangsansprüchen gegenüber. Wird die beteiligungsführende Behörde der Gebietskörperschaft zur Preisgabe der bei ihr vorliegenden Informationen der Gesellschaft in Anspruch genommen, sind die einschlägigen Vertraulichkeitsregelungen danach zu bestimmen, ob die Informationen über den Vorstand oder durch Berichte der Repräsentanten im Aufsichtsrat an die Beteiligungsverwaltung gelangt sind. Im letzteren Fall greifen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die Verwendungsbeschränkung ein, die, wenn sie in Gesellschaften mit einer pluralistischen Aktionärsstruktur nicht bereits in der mitgliedschaftlichen Treuepflicht besteht, vertraglich begründet ist.195 Wurden die Informationen hingegen über den Vorstand erlangt, steht ihrer Weitergabe lediglich die Garantievereinbarung und bei Gesellschaften mit einer Mehrzahl von Aktionären zusätzlich die mitgliedschaftliche Treuepflicht entgegen.196 192 EuGH Rs. C-442/14, Bayer CropScience SA-NV und Stichting De Bijenstichting/College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, ECLI:EU:C:2016:890, EuZW 2017, 112 Rn. 99 = NVwZ 2017, 380. 193 Kingreen, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 52 GRCh Rn. 67. 194 Siehe hierzu auch Wegener, ZUR 2017, 146, 147, nach dem die Ratio der sog. Emissionsklauseln darin bestehe, dass derjenige, der andere zur Aufnahme von freigesetzten Stoffen in den eigenen Körper zwinge, sich seinerseits nicht auf Geheimhaltung berufen können soll. 195 Kap. 3 E. I. 2. 196 Kap. 3 E. I. 1.

A. Informationsfreiheitsrecht

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Wird die beteiligungsführende Behörde in Anspruch genommen, greifen auch die Verschwiegenheitspflichten und die mitgliedschaftliche Treuepflicht nicht ein, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Interessen geöffnet hat.197 Wurde die Gesellschaft hingegen statutarisch nicht auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet, besteht ein Spannungsfeld zwischen den Informationszugangsansprüchen des Umweltrechts und den Geheimhaltungspflichten des Aktienrechts. Dieses Spannungsfeld wird durch die Ausschlusstatbestände für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zwar verringert. Gleichwohl können Pflichtenkollisionen nicht vermieden werden, soweit der durch die umweltrechtlichen Ausschlusstatbestände vermittelte Vertraulichkeitsschutz hinter dem des Aktienrechts zurückbleibt. Ebenso wie im allgemeinen Informationszugangsrecht ergeben sich Inkongruenzen bereits aus dem Begriff des Betriebsund Geschäftsgeheimnisses, der auch im Umweltinformationsrecht enger ausgelegt wird als bei § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG.198 Hinzu kommt, dass das UIG und die Länderregelungen auch bei Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses keinen absoluten Schutz bieten. Vielmehr kann auch bei Vorliegen eines Betriebsund Geschäftsgeheimnisses eine Offenlegung erfolgen, wenn das Bekanntmachungsinteresse im Rahmen einer Abwägung dem Geheimhaltungsinteresse des Berechtigten überwiegt.199 Der schwerwiegendste Unterschied ist jedoch mit Blick auf Umweltinformationen über Emissionen festzustellen. Die Preisgabe von Umweltinformationen über Emissionen kann nach dem UIG und den Länderregelungen von vornherein nicht mit Verweis auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verweigert werden und hat stets zu erfolgen.200 Das geringere Schutzniveau der umweltinformationsrechtlichen Ausschlusstatbestände kann bei der Inanspruchnahme der Behörde dazu führen, dass informationspflichtige Stellen zur Preisgabe von Informationen verpflichtet sind, über die sie aktienrechtlich Stillschweigen zu bewahren haben. Die hieraus folgenden Kollisionslagen sind durch den Rechtsanwender aufzulösen. Anders als im allgemeinen Informationszugangsrecht können sich Kollisionen nicht nur auf Länderebene, sondern auch auf Bundesebene ergeben, sodass Art. 31 GG in seiner Funktion als Rangordnungsvorschrift hier den Vorrang der einen oder der anderen Pflicht nicht begründen kann.201 Zu erkennen ist jedoch, dass die Ausschlusstatbestände des UIG gegenüber den aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen Spezialregelungen darstellen.202 Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass mit dem UIG europäische Vor197

Kap. 3 E. II. Vgl. Kap. 5 A. I. 5. c). 199 Kap. 5 A. II. 3. a). 200 Kap. 5 A. II. 3. a). 201 Vgl. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 39. 202 Ähnlich auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 38, nach dem es sich bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft um eine speziellere Überlagerung der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht handele. 198

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

gaben umgesetzt wurden, deren praktische Wirksamkeit im nationalen Recht sicherzustellen ist (effet utile).203 Dieser letzte Aspekt führt auch dann zu einem Vorrang der Offenlegungspflicht, wenn die europäischen Vorgaben aus kompetenziellen Gründen in den Umweltinformationsgesetzen der Länder umgesetzt wurden. Soweit also nach dem UIG oder einer entsprechenden Länderreglung sensible Informationen der Gesellschaft preiszugeben sind, kann die informationspflichtige Stelle die Weitergabe der Informationen nicht mit Verweis auf aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten verweigern. bb) Inanspruchnahme der öffentlich beherrschten AG Eine Preisgabe ist ebenfalls zu befürchten, wenn die Gesellschaft als informationspflichtige Stelle in Anspruch genommen wird. Bei der Untersuchung des allgemeinen Informationszugangsrechts wurde bereits gezeigt, dass die direkte Inanspruchnahme der Gesellschaft aktienrechtlich nicht vorgesehen ist und die speziellen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz umgangen werden.204 Der Schutz der in der Sache freilich bestehenden Vertraulichkeitsinteressen beschränkt sich bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft auf die vergleichsweise schwachen Ausschlusstatbestände des Umweltinformationsrechts. 4. Zwischenergebnis Ebenso wie im allgemeinen Informationszugangsrecht haben die Gesetzgeber der Umweltinformationsfreiheitsgesetze den Konflikt zwischen Offenlegungsinteresse und Vertraulichkeitsinteresse durch Ausschlusstatbestände für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu relativieren versucht. Festzustellen ist jedoch, dass der durch das UIG und die Länderregelungen gewährte Vertraulichkeitsschutz deutlich hinter dem des allgemeinen Informationszugangsrechts und noch weiter hinter dem des Aktienrechts zurückbleibt. Dies gilt insbesondere für Umweltinformationen über Emissionen, die von vornherein nicht mit Verweis auf entgegenstehende Betriebsund Geschäftsgeheimnisse zurückgehalten werden können. Soweit Informationen umweltrechtlich preisgegeben werden müssen, die zugleich aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen, setzt sich die Informationspflicht nicht zuletzt wegen ihres europarechtlichen Ursprungs durch. Das Umweltinformationsrecht stellt damit eine nicht zu unterschätzende Bedrohung für sensible Informationen von öffentlich beherrschten Gesellschaften dar.

203 Allgemein zu diesem Gebot Herresthal, JuS 2014, 289, 290; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 1 AEUV Rn. 22; vgl. zu nationalen Verfahrensvorschriften auch EuGH Rs. C-618/10, Banco Español de Crédito SA/Joaquín Calderón Camino, ECLI:EU:C:2012:349, NJW 2012, 2257 Rn. 53 = EuZW 2012, 754. 204 Kap. 5 A. I. 5. d).

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

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B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch I. Bedeutung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs Die Freiheit der Medien ist konstituierend für die freiheitliche demokratische Grundordnung.205 Das BVerfG umschreibt die Rolle der Presse als ein Medium und einen essentiellen Faktor der öffentlichen Meinungsbildung.206 „Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang […].“207 Dieser Funktion kann die Presse nur gerecht werden, wenn sie über einen prinzipiell freien Zugang zu Informationen verfügt.208 Dies setzt wiederum einen Auskunftsanspruch der Presse voraus.209 Anders als auf Bundesebene ist der Auskunftsanspruch auf Länderebene in den Landespressegesetzen ausdrücklich geregelt worden. Soweit der presserechtliche Auskunftsanspruch auch Informationen öffentlich beherrschter Gesellschaften erfasst oder gar unmittelbar gegen diese Gesellschaften gerichtet werden kann, droht der Gesellschaft eine öffentliche Preisegabe von Unternehmensinterna. Es ist zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen Informationen der Gesellschaft an Vertreter der Presse weiterzugeben sind und ob Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft den Auskunftsanspruch beschränken können.

II. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Landesbehörden 1. Anspruchsberechtigte Die Anspruchsberechtigung wird in den Pressegesetzen der Länder unterschiedlich formuliert. Anspruchsberechtigt ist entweder „die Presse“210, die „Vertreter der Presse“211 oder auch „Vertreter der Medien“212. Wer Presse, Medien oder 205 BVerfG v. 01. 10. 1987 – 2 BvR 1434/86, BVerfGE 77, 65, 74 = NJW 1988, 329; BVerfG v. 12. 03. 2003 – 1 BvR 330/96 u. a., BVerfGE 107, 299, 329 = NJW 2003, 138; BVerfG v. 27. 02. 2007 – 1 BvR 538/06 u. a., BVerfGE 117, 244, 258 = NJW 2007, 1117; BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 14 = BeckRS 2015, 53008. 206 BVerfG v. 28. 02. 1961 – 2 BvG 1/60 u. a., BVerfGE 12, 205, 260 = NJW 1961, 547. 207 BVerfG v. 05. 08. 1966 – 1 BvR 586/62 u. a., BVerfGE 20, 162, 174 = NJW 1966, 1603. 208 BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 14 = BeckRS 2015, 53008; vgl. auch BVerfG v. 06. 02. 1979 – 2 BvR 154/78, BVerfGE 50, 234, 240 = NJW 1979, 1400; BVerfG v. 14. 07. 1994 – 1 BvR 1595/92 u. a., BVerfGE 91, 125, 134 = NJW 1995, 184. 209 BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 14 = BeckRS 2015, 53008. 210 Art. 4 Abs. 1 S. 1 PressG Bay; § 3 Abs. 1 PressG Hess; § 4 Abs. 1 PressG MV; § 12a Abs. 1 MedienG RP. 211 § 4 Abs. 1 PressG BW; § 4 Abs. 1 PressG Ber; § 5 Abs. 1 PressG Br; § 4 Abs. 1 PressG Brm; § 4 Abs. 1 PressG Hmb; § 4 Abs. 1 PressG Nds; § 4 Abs. 1 PressG NRW; § 4 Abs. 1 S. 1 PressG Sachs; § 4 Abs. 1 PressG LSA; § 4 Abs. 1 PressG SH; § 4 Abs. 1 PressG Thür.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

ihre Vertreter sind, bestimmen die Vorschriften regelmäßig nicht. Die unbestimmte Umschreibung der Anspruchsberechtigten ist dem Umstand geschuldet, dass die Institution der Presse bzw. der Medien keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, der ein Auskunftsanspruch gewährt werden könnte.213 Der Auskunftsanspruch soll jedoch denjenigen zustehen, die an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse mitwirken.214 Die meisten Pressegesetze enthalten Bestimmungen, wonach die Presse ihre öffentliche Aufgabe erfüllt, indem sie durch die Beschaffung und Verbreitung von Nachrichten oder durch Stellungnahmen und Kritik an der Meinungsbildung mitwirkt oder der Bildung dient.215 Bei dieser Aufgabenerfüllung wirken insbesondere Redakteure, Herausgeber, Verleger, aber auch freie Mitarbeiter mit.216 Enger wird der Kreis der Anspruchsberechtigten hingegen in Bayern gezogen. Nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 PressG Bay kann das Auskunftsrecht nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausgeübt werden. Bei der Bestimmung der Anspruchsberechtigung ist jedoch zu berücksichtigen, dass den Landesgesetzgebern kein Ausgestaltungsspielraum zusteht.217 Soweit sich der Informationssuchende auf die Pressefreiheit berufen kann, ist ihm landesrechtlich auch ein Informationsanspruch zuzugestehen.218 2. Anspruchsverpflichtete a) Beteiligungsführende Behörde Nach den Pressegesetzen der Länder kann der Auskunftsanspruch gegen Behörden gerichtet werden. Auf eine Definition des Behördenbegriffs wurde in den Pressegesetzen jedoch verzichtet. Mit Blick auf den Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, nämlich der Presse die ihr durch Art. 5 GG garantierte Funktion zu 212

§ 5 Abs. 1 S. 1 MedienG Saarl. Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 39; ähnlich Soehring, in: Soehring/ Hoene, PresseR, Rn. 4.8. 214 BVerwG v. 21. 03. 2019 – 7 C 26.17, BVerwGE 165, 82 Rn. 24 = NVwZ 2019, 1283; OVG Bautzen v. 13. 05. 2020 – 5 B 102/20, NJW 2020, 2288 Rn. 11 = AfP 2020, 240; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 49; Schnabel, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG Hmb Rn. 3; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.9. 215 Mit nur geringen Unterschieden § 3 PressG BW Art. 3 PressG Bay; § 3 PressG Ber; § 3 PressG Br; § 4 Abs. 1 PressG Brm; § 3 PressG Hmb; § 3 PressG Hess; § 4 PressG MV; § 3 PressG Nds; § 3 PressG NRW; § 3 Abs. 2 PressG Sachs; § 3 PressG LSA; § 3 PressG SH; § 3 PressG Thür. 216 Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 47 f.; Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2286 f.; Schnabel, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG Hmb Rn. 3; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.10; R. Werner, NVwZ 2019, 449, 453. 217 BVerwG v. 21. 03. 2019 – 7 C 26.17, BVerwGE 165, 82 Rn. 23 = NVwZ 2019, 1283; Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 15. 218 BVerwG v. 21. 03. 2019 – 7 C 26.17, BVerwGE 165, 82 Rn. 23 = NVwZ 2019, 1283; Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 15. 213

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

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gewährleisten und ihr den umfassenden und wahrheitsgetreuen Zugang zu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse zu ermöglichen219, hat sich im Presserecht ein eigenständiger Behördenbegriff gebildet.220 Der presserechtliche Behördenbegriff wird nicht organisatorisch-verwaltungstechnisch, sondern funktionell-teleologisch verstanden.221 Dieser Behördenbegriff erstreckt sich nach der Rechtsprechung auf alle Bereiche, in denen „zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden, von deren konkreter Verwendung Kenntnis zu erlangen ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht“222. Erfasst werden hiervon freilich die Stellen der Gebietskörperschaft, die mit der Beteiligungsverwaltung betraut sind und zu diesem Zweck über Informationen aus ihren Beteiligungsgesellschaften verfügen. Der Auskunftsanspruch ist jedoch auf die Informationen beschränkt, über die die auskunftspflichtige Stelle tatsächlich verfügt.223 Die beteiligungsführende Behörde ist nicht verpflichtet, begehrte, aber nicht vorhandene Informationen von ihren Beteiligungsgesellschaften zu beschaffen. b) Öffentlich beherrschte AG als Behörde Wurden die begehrten Informationen der beteiligungsverwaltenden Stelle nicht übermittelt, wird der Informationszugang durch die Beschränkung auf tatsächlich vorhandene Informationen jedoch nicht geschmälert. Zwar kennen die Landespressegesetze ganz überwiegend keine besonderen Regelungen, die juristische Personen des Privatrechts – wie im Umweltinformationsrecht – ausdrücklich als auskunftspflichtige Stelle bestimmen.224 Jedoch können juristische Personen des 219 Zu diesem Zweck BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 f. = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 18 = BeckRS 2017, 120117; Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 6. 220 Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 55; Schoch, IFG, Einl. Rn. 33; Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 6 f. 221 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 18 = BeckRS 2017, 120117; OVG Lüneburg v. 08. 01. 2021 – 10 ME 269/20, BeckRS 2021, 37 Rn. 3; OVG Münster v. 19. 01. 2021 – 14 A 3047/19, BeckRS 2021, 545 Rn. 18 = NVwZ 2021, 1789; Schoch, IFG, Einl. Rn. 33; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.21; R. Werner, NVwZ 2019, 449, 453. 222 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 18 = BeckRS 2017, 120117; ähnlich auch vorinstanzlich OLG Hamm v. 16. 12. 2015 – 11 U 5/14, NVwZ 2016, 551 Rn. 14 = ZD 2016, 439; zustimmend Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 7. 223 Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 86; Söder, in: BeckOK-Informationsu. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 14; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.28; vgl. zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch BVerwG 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 30 = NVwZ 2013, 1006; OVG Berlin-Brandenburg v. 08. 03. 2017 – OVG 6 S 1.17, BeckRS 2017, 103494 Rn. 8 = ZUM-RD 2017, 291. 224 Eine Ausnahme ist jedoch in § 5 Abs. 1 S. 1 MedienG Saarl vorzufinden, wonach die Auskunftspflicht auch für juristische Personen des privaten Rechts gilt, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist.

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Privatrechts dem funktionell-teleologischen Behördenbegriff unterfallen und damit ebenfalls unmittelbar Schuldner des Auskunftsanspruchs werden.225 Die Rechtsprechung bejaht eine unmittelbare Auskunftspflicht juristischer Personen des Privatrechts nicht erst dann, wenn es sich um eine Eigengesellschaft handelt; ausreichend ist vielmehr, wenn die Gesellschaft von der öffentlichen Hand beherrscht und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingesetzt wird.226 Für das Merkmal der Beherrschung ist dabei grundsätzlich der Beteiligungsumfang maßgeblich.227 Handelt es sich bei der Gesellschaft um eine AG, kann auf die aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 16, 17 AktG zurückgegriffen werden.228 Eine Beherrschung ist demnach in der Regel anzunehmen, wenn die Gesellschaft mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand steht.229 Das für eine unmittelbare Auskunftspflicht zudem erforderliche Aufgabenmerkmal wird als erfüllt angesehen, wenn die öffentlich beherrschte Gesellschaft im Bereich der Daseinsvorsorge tätig wird.230 Dies wird in der Rechtsprechung für Stadtwerke ohne Weiteres bejaht.231 Kein Aufgabenmerkmal ist hingegen im Saarland erforderlich. Durch § 5 Abs. 1 S. 1 MedienG Saarl wird die Auskunftsverpflichtung juristischer Personen des Privatrechts ausdrücklich bestimmt, ohne dass ein Rückgriff auf den funktionell-teleologischen Behördenbegriff und seine Ausformung durch die Rechtsprechung erforderlich ist. Ausreichend ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 MedienG Saarl bereits, wenn die die öffentliche Hand mehrheitlich an der juristischen Person des Privatrechts beteiligt ist. Ebenso wie im Umweltinformationsrecht kann neben der beteiligungsführenden Behörde auch die Gesellschaft in Anspruch genommen werden. Der Kreis der anspruchsverpflichteten öffentlich beherrschten Gesellschaften ist im Presserecht jedoch weiter, da nicht erforderlich ist, dass die Gesellschaft öffentliche Aufgaben wahrnimmt oder öffentliche Dienstleistungen erbringt, die in Zusammenhang mit 225

BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 19 = BeckRS 2017, 120117; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 67; Engel, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG NRW Rn. 9; Gödeke/Jördening, ZIP 2017, 2284, 2287 f.; Schoch, IFG, Einl. Rn. 33; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.21; R. Werner, NVwZ 2019, 449, 454 f. 226 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 19 = BeckRS 2017, 120117; OVG Münster v. 28. 10. 2008 – 5 B 1183/08, ZUM-RD 2009, 228, 229 = AfP 2008, 656; OVG Lüneburg v. 08. 01. 2021 – 10 ME 269/20, BeckRS 2021, 37 Rn. 3; VG Gelsenkirchen v. 25. 06. 2014 – 4 K 3466/13, BeckRS 2014, 5496. 227 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 21 = BeckRS 2017, 120117. 228 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 21 = BeckRS 2017, 120117. 229 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 21 = BeckRS 2017, 120117. 230 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1721 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 19 = BeckRS 2017, 120117. 231 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1721 = BeckRS 2005, 292; BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 26 = BeckRS 2017, 120117; kritisch zu dieser formalen Betrachtungsweise und unter Hinweis auf die Liberalisierung des Energiesektors Brüning, Die Gemeinde SH 2017, 323, 326; Dünchheim, KommJur 2016, 441, 444.

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

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der Umwelt stehen.232 Begehren die Anspruchsteller Informationen aus der Gesellschaft, dürfte sich die Inanspruchnahme der Gesellschaft gegenüber der Inanspruchnahme der beteiligungsführenden Behörde aufgrund der Unmittelbarkeit als vorteilhaft darstellen. 3. Vertraulichkeitsschutz als Grenze des Auskunftsanspruchs Die Pressegesetze der Länder sehen verschiedene Gründe vor, die eine Auskunftsverweigerung rechtfertigen können. Für den in hiesiger Konstellation gesuchten Schutz von sensiblen Informationen der Gesellschaft kommen zwei Auskunftsverweigerungsgründe in Betracht. So sehen nahezu alle Pressegesetze der Länder einen Verweigerungsgrund vor, wenn der Auskunft Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen.233 Daneben kann die Auskunft ebenfalls verweigert werden, wenn durch sie ein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde.234 a) Entgegenstehende Geheimhaltungsvorschriften Der Ausschlussgrund der entgegenstehenden Geheimhaltungsvorschriften erinnert an den aus dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht bekannten derivativen Vertraulichkeitsschutz, wonach der Informationszugangsanspruch ausgeschlossen ist, soweit die begehrte Information einer spezialgesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt.235 Anders als im allgemeinen Informationszugangsrecht werden an die Geheimhaltungsvorschrift im Presserecht jedoch besondere Anforderungen gestellt. Erforderlich ist zunächst, dass es sich um eine materielle Geheimhaltungsbestimmung handelt, die nicht nur einzelne Amtsträger einer Behörde oder Organmitglieder einer als Behörde anzusehenden juristischen Person des Privat232

So aber im Umweltinformationsrecht, exemplarisch § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG. § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG BW; Art. 4 Abs. 2 S. 2 Bay PressG („Verschwiegenheitspflicht“); § 4 Abs. 2 Nr. 1 PressG Ber; § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG Br; § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG Brm; § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG Hmb; § 4 Abs. 3 Nr. 3 PressG MV; § 4 Abs. 3 Nr. 2 PressG Nds; § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG NRW; § 12a Abs. 2 Nr. 2 MedienG RP; § 5 Abs. 2 Nr. 2 MedienG Saarl; § 4 Abs. 2 Nr. 1 PressG Sachs; § 4 Abs. 2 Nr. 2 PressG LSA; § 4 Abs. 2 Nr. 2; PressG SH; § 4 Abs. 2 S. 2 PressG Thür. 234 § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG BW; § 4 Abs. 2 Nr. 4 PressG Ber; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG Br; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG Brm; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG Hmb; § 4 Abs. 3 Nr. 2 PressG MV; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG Nds; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG NRW; § 12a Abs. 2 Nr. 3 MedienG RP; § 5 Abs. 2 Nr. 3 MedienG Saarl; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG Sachs; § 4 Abs. 2 Nr. 3 PressG LSA; § 4 Abs. 2 Nr. 3; PressG SH. Soweit in Art. 4 Abs. 2 S. 2 PressG Bay sowie in § 3 Abs. 1 PressG Hess und § 4 Abs. 2 PressG Thür ein Ausschlussgrund für überwiegende schutzwürdige private Interesse nicht aufgenommen wurde, liegt auch diesen Vorschriften bei der Betroffenheit von Grundrechten Dritter ein Abwägungsprinzip zugrunde, siehe für das PressG Bay Söder, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, Art. 4 PressG Bay Rn. 16. 235 Hierzu Kap. 5 A. I. 5. b). 233

250

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

rechts, sondern die auskunftspflichtige Stelle als solche adressiert.236 Darüber hinaus muss die Geheimhaltungsvorschrift auch dem Schutz öffentlicher Geheimnisse zu dienen bestimmt sein.237 Für den Fall, dass die beteiligungsführende Behörde in Bezug auf Informationen aus den Berichten ihrer Repräsentanten im Aufsichtsrat in Anspruch genommen wird, dürfte die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG der ersten Anforderung noch genügen. Zwar richtet sich die Verschwiegenheitspflicht ihrem Wortlaut nach nur an Personen, die mit Verwaltungs- und Prüfungsaufgaben befasst sind. Um ihren Regelungszweck nicht zu unterlaufen, ist die Verschwiegenheitspflicht jedoch auf die Behörde als solche zu erweitern.238 Durchschlagen kann der mit § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG intendierte Vertraulichkeitsschutz jedoch nicht. Der BGH hat entschieden, dass die Verschwiegenheitspflichten der §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1 AktG keine öffentlichen Geheimnisse betreffen.239 Nichts anderes kann für die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG gelten, die funktional als Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte in den Innenbereich der Gebietskörperschaft zu verstehen ist.240 Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG kann der Inanspruchnahme der beteiligungsführenden Behörde als Geheimhaltungsvorschrift somit nicht entgegengehalten werden. Hinsichtlich der aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgenden Verwendungsbeschränkung ist bereits zweifelhaft, ob sie eine Geheimhaltungsvorschrift im Sinne der Pressegesetze darstellt. Jedenfalls aber dient sie ebenfalls nicht dem Schutz öffentlicher Geheimnisse. Bezieht sich der Auskunftsanspruch auf Informationen, die über den Vorstand erlangt wurden, kommen keine weiteren Geheimhaltungsvorschriften in Betracht, die den Ausschlusstatbestand erfüllen könnten. Zu demselben Ergebnis führt die unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschaft. In diesem Fall kommt lediglich die organschaftliche Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG in Betracht. Für diese Verschwiegenheitspflicht hat der BGH entschieden, dass sie bereits keine öffentlichen Geheimnisse betreffe.241 Zudem würden durch die Pflicht nur die Organmitglieder, nicht

236 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 48 = BeckRS 2017, 120117; OVG Hamburg v. 04. 10. 2010 – 4 Bf 179/09.Z, ZUM 2011, 91, 94 = BeckRS 2010, 54803; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 109; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.81. 237 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 48 = BeckRS 2017, 120117; OVG Hamburg v. 04. 10. 2010 – 4 Bf 179/09.Z, ZUM 2011, 91, 94 = BeckRS 2010, 54803; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 109; Schnabel, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG Hmb Rn. 14. 238 Vgl. bereits Kap. 5 A. I. 5. b) bb). 239 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 49 = BeckRS 2017, 120117. 240 Vgl. Koch, AktG, § 395 Rn. 1; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 1. 241 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 49 = BeckRS 2017, 120117.

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

251

aber die auskunftspflichtige Gesellschaft selbst verpflichtet.242 Der Ausschlussgrund entgegenstehender Geheimhaltungsvorschriften ist daher nicht geeignet, die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft zu wahren. Unerheblich ist, ob die beteiligungsführende Behörde oder unmittelbar die Gesellschaft in Anspruch genommen wird. b) Schutzwürdiges privates Interesse Obwohl die aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen nicht als Geheimhaltungsvorschriften im presserechtlichen Sinne zu qualifizieren waren, können die hinter diesen Bestimmungen stehenden Vertraulichkeitsinteressen als solche anspruchsbegrenzend sein. Nach den Pressegesetzen der Länder ist der Auskunftsanspruch ausgeschlossen, wenn durch die Auskunft ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Um diesen Ausschlussgrund zu erfüllen, müssen die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft schutzwürdig sein.243 Die Schutzwürdigkeit eines privaten Interesses ist im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Geheimhaltungsinteresse der Behörde oder des von der Auskunft betroffen Dritten zu bestimmen.244 Dabei gilt, dass je intensiver und weitergehender die begehrte Auskunft reicht, desto schwerer auch das öffentliche Informationsinteresse wiegen muss.245 Bei der Gewichtung des Geheimhaltungsinteresses ist insbesondere eine etwaige Grundrechtsbetroffenheit zu berücksichtigen.246 Als privates Geheimhaltungsinteresse kommt auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Betracht.247 Zwar sind Betriebs- und Geschäftsgeheim242

BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 49 = BeckRS 2017, 120117; vgl. auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung OVG Berlin-Brandenburg v. 07. 03. 2014 – OVG 6 S 48/13, NVwZ 2014, 1177, 1179 = BeckRS 2014, 48807. 243 OVG Lüneburg v. 12. 02. 2014 – 10 ME 102/13, ZUM-RD 2015, 32, 34 = BeckRS 2015, 41052; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 121; Schnabel, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG Hmb Rn. 17. 244 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 52 = BeckRS 2017, 120117; OLG Hamm v. 31. 01. 2000 – 2 Ws 282/99, NJW 2000, 1278, 1279 = BeckRS 2000, 30093444; OVG Münster v. 27. 06. 2012 – 5 B 1463/11, ZD 2013, 45, 46 = BeckRS 2012, 53201; OVG Lüneburg v. 12. 02. 2014 – 10 ME 102/13, ZUM-RD 2015, 32, 34 = BeckRS 2015, 41052; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 121; Fiedler, in: BeckOKInformations- u. MedienR, § 4 PressG Nds Rn. 34; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.86. 245 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 52 = BeckRS 2017, 120117; vgl. auch Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 121. 246 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 52 = BeckRS 2017, 120117; siehe auch Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 123. 247 BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 52 = BeckRS 2017, 120117; VG Berlin v. 22. 05. 2012 – VG 27 K 6.09, ZUM-RD 2012, 38, 42 = BeckRS 2012, 50999; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 123; Fiedler, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 4 PressG Nds Rn. 35.

252

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

nisse durch Art. 12 GG grundrechtlichem Schutz unterstellt.248 Ein besonderes Gewicht des Geheimhaltungsinteresses ergibt sich für die hier zu untersuchenden öffentlich beherrschten Gesellschaften jedoch nicht, da sie sich als Spiegelbild zu ihrer Grundrechtsverpflichtung ihrerseits nicht auf Grundrechte berufen können.249 Es stellt sich jedoch die Frage, ob nicht die Grundrechtsbetroffenheit privater Mitaktionäre ein besonderes Gewicht des Geheimhaltunginteresses begründen kann. Wie bereits dargestellt wurde, zählt zu den durch die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG geschützten privaten Rechtspositionen auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum.250 Der Schutzbereich umfasst dabei die durch das Anteilseigentum vermittelte mitgliedschaftliche Stellung, die neben Leitungsbefugnissen auch vermögensrechtliche Ansprüche wie denjenigen auf den Bilanzgewinn einschließt.251 Müssen zur Erfüllung eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs sensible Informationen offengelegt werden, können der Gesellschaft hieraus Reputationsschäden und Wettbewerbsnachteile entstehen, die sich in einer Schmälerung des Bilanzgewinns niederschlagen können. Wenngleich eine Grundrechtsbetroffenheit privater Mitaktionäre daher nicht ausgeschlossen ist, ist doch festzustellen, dass ein hieraus folgendes privates Geheimhaltungsinteresse keinen zuverlässigen Gegenpol zu dem öffentlichen Informationsinteresse darstellt. Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass Art. 14 Abs. 1 GG lediglich mittelbar betroffen sein kann. Erst wenn die wirtschaftlichen Nachteile aus dem öffentlichen Bekanntwerden sensibler Informationen für die Gesellschaft eine gewisse Erheblichkeit aufweisen, kann dies zu einer merkbaren Schmälerung des Bilanzgewinns führen. Hinzu kommt, dass die Vermögensinteressen der Gesellschaft durch Ausgleichsansprüche gegenüber der beteiligten Gebietskörperschaft geschützt werden, sodass es durch Leistungen in das Gesellschaftsvermögen kaum zu einer Schmälerung des Bilanzgewinns kommen wird.252 Soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einer beherrschten Gesellschaft zum Gegenstand eines Auskunftsanspruchs gemacht werden, dürfte sich im Rahmen der Abwägung regelmäßig das durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Informationsinteresse der Öffentlichkeit durchsetzen, sodass das private Interesse nicht schutzwürdig ist und den Auskunftsanspruch deshalb nicht begrenzen kann. Das Interesse der öffentlich beherrschten Gesellschaft an dem Schutz ihrer sensiblen Informationen genießt durch die Ausschlussgründe in den Pressegesetzen der Länder daher nur schwachen Schutz.

248

Dazu bereits Kap. 4 B. I. 3. c) bb). BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 58 = BeckRS 2017, 120117; in Bezug auf die vollständig im Eigentum des Bundes stehende Deutsche Bahn AG auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40 Fn. 125. 250 Dazu bereits Kap. 3 C. II. 1. a) cc). 251 BVerfG v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 301 f. = NJW 1999, 3769. 252 Zu Ausgleichsansprüchen gegenüber der Gebietskörperschaft Kap. 6. 249

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

253

c) Inkongruenzen zum aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutz aa) Inanspruchnahme der Behörde Dem presserechtlichen Auskunftsanspruch stehen dieselben aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen gegenüber, die auch im Umweltinformationsrecht einschlägig waren.253 Wird die beteiligungsführende Behörde in Anspruch genommen und wurden die Informationen über den Vorstand erlangt, tritt der Auskunftspflicht der Behörde die Verwendungsbeschränkung gegenüber, die in einer Garantievereinbarung fixiert ist und in Gesellschaften mit einer pluralistischen Aktionärsstruktur zusätzlich aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgt. Stammen die begehrten Informationen aus Berichten der in den Aufsichtsrat entsandten Repräsentanten, greift daneben die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG ein. Die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die Verwendungsbeschränkungen stehen der Informationsweitergabe jedoch nicht entgegen, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Interessen geöffnet hat.254 Hat die Gebietskörperschaft es versäumt oder sonst davon abgesehen, entsprechende Satzungsbestimmungen zu treffen, besteht ein Spannungsfeld zwischen den presserechtlichen Auskunftsansprüchen und den Geheimheimhaltungspflichten des Aktienrechts. Anders als im Umweltinformationsrecht wird durch die Ausschlusstatbestände des Presserechts wenig zur Reduktion des Spannungsfelds beigetragen. So gilt weder der Ausschlussgrund entgegenstehender Geheimhaltungsvorschriften bei aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten noch kennen die Pressegesetze einen allgemeinen Ausschlussgrund für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Nur wenn eine Abwägung das Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses der Gesellschaft gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ergibt, ist der Auskunftsanspruch wegen eines schutzwürdigen privaten Interesses ausgeschlossen. Dies dürfte jedoch in Ermangelung der Grundrechtsberechtigung öffentlich beherrschter Gesellschaften einerseits und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Informationsinteresse der Öffentlichkeit anderseits regelmäßig ausgeschlossen sein. Werden Auskunftsansprüche von Pressevertretern auf sensible Informationen der Gesellschaft gerichtet, kann es daher dazu kommen, dass die auskunftspflichtigen Stellen zur Preisgabe von Informationen verpflichtet sind, über die sie aktienrechtlich Stillschweigen zu bewahren haben. Auf den ersten Blick liegt es nahe, die entstehenden Kollisionslagen wegen des landesrechtlichen Ursprungs der Auskunftspflicht zugunsten der aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen aufzulösen. Dementsprechend wird für die direkte Inanspruchnahme der Gesellschaft unter Hinweis auf Art. 31 GG auch kritisiert, dass der bundesgesetzlich normierte 253 254

Vgl. Kap. 5 A. II. 3. b) aa). Kap. 3 E. II.

254

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Regelungszweck, der dem behutsamen Schutzmechanismus der §§ 394, 395 AktG zugrunde liege, nicht durch landesrechtliche Pressegesetze durchbrochen werden könne.255 Bemerkenswert ist tatsächlich, dass der BGH eine Auskunftspflicht der öffentlich beherrschten Gesellschaft bejaht und den Schutz sensibler Informationen ausschließlich anhand der Ausschlussgründe des landesrechtlichen Presserechts prüft.256 Eine derartige Überlagerung bundesgesetzlicher Regelungen durch das landesrechtliche Presserecht ist jedoch nachvollziehbar, wenn mit Stimmen aus dem Schrifttum von einem unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG folgenden Auskunftsanspruch ausgegangen wird, der durch die einfach-rechtlichen Regelungen lediglich näher ausgestaltet wird.257 Auch die gefestigte Rechtsprechung des BVerwG zu dem sogleich dazustellenden Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden weist in die Richtung einer verfassungsrechtlichen Dignität des Anspruchs. Für Bundesbehörden hat das Gericht entschieden, dass der Auskunftsanspruch der Presse unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgt, solange der Gesetzgeber keine einfach-rechtlichen Regelungen geschaffen hat.258 Verfügt der Auskunftsanspruch der Presse auch auf Länderebene über verfassungsrechtlichen Rang, ist der Konflikt zu dem aktienrechtlichen Regelungssystem der §§ 394, 395 AktG im Allgemeinen und zu der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG sowie der mitgliedschaftlichen Treuepflicht im Besonderen zugunsten des Auskunftsanspruchs der Presse aufzulösen. bb) Inanspruchnahme der öffentlich beherrschten AG Eine andere Pflichtenlage ergibt sich, wenn der Auskunftsanspruch nicht gegen die beteiligungsführende Behörde, sondern unmittelbar gegen die Gesellschaft gerichtet wird. In diesem Fall wird das Regelungskonzept der §§ 394, 395 AktG vollständig umgangen.259 Spezielle Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz stehen der Auskunft dann nicht gegenüber.260 Nach der Rechtsprechung des BGH kann

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Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40. BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 46 ff. = BeckRS 2017, 120117. 257 So Groß, Presserecht, Rn. 397 ff.; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 1.12, 4.3, jeweils m. w. N. Überblick über den Stand der Diskussion bei Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, LPG § 4 Rn. 19 ff. 258 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 26 ff. = NVwZ 2013, 1006; BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 23 ff. = NVwZ 2015, 1388; BVerwG v. 22. 09. 2015 – 6 VR 2/15, NVwZ 2016, 945 Rn. 10 ff. = BeckRS 2015, 53368; BVerwG v. 18. 09. 2019 – 6 A 7/18, BVerwGE 166, 303 Rn. 13 = NVwZ 2020, 305; BVerwG v. 13. 05. 2020 – 6 A 3/20, NVwZ 2020, 1360 Rn. 8 = BeckRS 2020, 13825. 259 Vgl. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40. 260 Vgl. Kap. 5 A. I. 5. d). 256

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

255

der Inanspruchnahme der Gesellschaft auch die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG nicht entgegengehalten werden.261 Im Schrifttum hat sich eine Ansicht herausgebildet, nach der der offenbar als zu schwach empfundene presserechtliche Vertraulichkeitsschutz der Gesellschaft um ein Auskunftsverweigerungsrecht zu erweitern sei. So stehe dem Vorstand einer unmittelbar in Anspruch genommenen Gesellschaft ein Auskunftsverweigerungsrecht für den Fall zu, dass eine Auskunft geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen.262 Die Rechtsgrundlage des Auskunftsverweigerungsrechts wird in einer analogen Anwendung des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG gesehen.263 Nach dieser Vorschrift steht es dem Vorstand auf der Hauptversammlung zu, die Beantwortung einzelner Fragen der Aktionäre zu verweigern, wenn die Weitergabe der Informationen zu einem Nachteil für die Gesellschaft führen könnte. Der durch diese Vorschrift gesuchte Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse des Aktionärs und dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft sei mit der Konstellation eines Auskunftsanspruchs der Presse vergleichbar.264 So sei die Presse mit ihrem Auskunftsanspruch Sachwalterin der Steuerbürger, die ein (Informations-) Interesse an der Verwendung öffentlicher Mittel haben.265 Der zur Befriedigung dieses Interesses bestehende und durch die Presse wahrgenommene Auskunftsanspruch könne jedoch nicht weiter reichen als der Auskunftsanspruch der Aktionäre als Miteigentümer der Gesellschaft.266 Fraglich ist bereits, ob der Vergleich mit dem Auskunftsanspruch des Aktionärs nach § 131 Abs. 1 AktG die hier einschlägigen Interessen sachgemäß abbildet. Anknüpfungspunkt des Informationsinteresses der Öffentlichkeit ist die öffentliche Beteiligung an der Gesellschaft und der damit einhergehende Einsatz öffentlicher Mittel. Damit die Beteiligung durch die Erfüllung des funktionell-teleologischen Behördenbegriffs presserechtliche Relevanz erlangt, muss die Gesellschaft öffentlich beherrscht sein, wobei zur Bestimmung der Beherrschung an die aktienrechtlichen Wertungen der §§ 16, 17 AktG angeknüpft werden kann. In Abhängigkeitslagen bestimmen sich die Voraussetzungen und Grenzen der Informationsweitergabe

261

BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 49 = BeckRS 2017, 120117. Köhler, WRP 2007, 62, 64 f.; zustimmend Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 596 f.; ferner für die GmbH Rönnau, in: Scholz, GmbHG, § 85 Rn. 46. 263 Köhler, WRP 2007, 62, 64; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 596 f., der aber offenbar fälschlicherweise auf eine analoge Anwendung von § 131 Abs. 1 Nr. 1 AktG abstellt; Rönnau, in: Scholz, GmbHG, § 85 Rn. 46. 264 Köhler, WRP 2007, 62, 64; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 596 f.; Rönnau, in: Scholz, GmbHG, § 85 Rn. 46. 265 Köhler, WRP 2007, 62, 64; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 597; Rönnau, in: Scholz, GmbHG, § 85 Rn. 46. 266 Köhler, WRP 2007, 62, 64; Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 597; Rönnau, in: Scholz, GmbHG, § 85 Rn. 46. 262

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Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

an das herrschende Unternehmen jedoch zuvörderst nach der spezielleren Vorschrift des § 311 Abs. 1 AktG.267 Unabhängig davon ist die entsprechende Anwendung von § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG oder von § 311 Abs. 1 AktG nicht imstande, den Auskunftsanspruch der Presse zu beschränken.268 Gegen die analoge Anwendung von § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG wurde im Schrifttum bereits vorgebracht, dass bei der Prüfung, ob die Auskunftserteilung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht nur unerheblichen Nachteil zuzufügen, das besondere und durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte öffentliche Informationsinteresse unberücksichtigt bliebe.269 Dieser Kritik ist beizupflichten. Ob das Auskunftsverweigerungsrecht des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG besteht, ist nämlich im Wege einer Abwägung der Vor- und Nachteile der Auskunftserteilung zu bestimmen, deren Betrachtung ausschließlich aus der Perspektive der Gesellschaft zu erfolgen hat.270 Wurde die Gesellschaft statutarisch nicht für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, kann das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nur neben den Interessen der Arbeitnehmer und dem Gewinnerzielungsinteresse der Aktionäre in die Abwägung eingestellt werden. Dasselbe gilt auch, wenn das Auskunftsrecht der Presse nur in den Grenzen des § 311 Abs. 1 AktG gewährt würde. Ob eine Informationsweitergabe nachteilhaft ist, ist auch hier aus der Perspektive der (abhängigen) Gesellschaft und nach ähnlichen Maßstäben zu bestimmen.271 Wird eine öffentlich beherrschte AG auf der Grundlage von landesrechtlichen Pressegesetzen in Anspruch genommen, bestimmt sich der Schutz der sensiblen Informationen der Gesellschaft daher ausschließlich nach den Ausschlussgründen der Pressegesetze. Dieser eher mäßige Schutz kann nicht um spezielle Auskunftsverweigerungsrechte des Vorstands erweitert werden.

III. Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden 1. Keine Anwendbarkeit der Landespressegesetze Lange Zeit wurden Auskunftsansprüche der Presse gegen Bundesbehörden auf das Pressegesetz desjenigen Landes gestützt, in dem die Behörde ihren Dienstsitz hat.272 Dieser Übung hat das BVerwG mit seinem Urteil vom 20. 02. 2013 einen 267

Ausführlich Kap. 3 B. II. 3. Gegen eine analoge Anwendung von § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG auch BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 49 = BeckRS 2017, 120117; Anm. Thelen, NVwZ 2016, 554 f.; wohl auch Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, Rn. 4.22 269 Anm. Thelen, NVwZ 2016, 554 f. 270 Koch, AktG, § 131 Rn. 88; Kubis, in: MünchKomm-AktG, § 131 Rn. 121; Liebscher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 131 AktG Rn. 15. 271 Vgl. Kap. 3 B. II. 3. c). 272 Siehe etwa OVG Berlin v. 25. 07. 1995 – 8 B 16/94, NVwZ-RR 1997, 32, 33 ff. = BeckRS 9998, 29934. 268

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

257

Riegel vorgeschoben. Das Gericht entschied, dass die Länder durch ihre Pressegesetze den Bundesbehörden keine Auskunftspflichten auferlegen könnten, weil ihnen für eine solche Regelung die Gesetzgebungskompetenz fehle.273 Zwar hätten die Länder in Ermangelung einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes die Befugnis, presserechtliche Regelungen zu erlassen; diese Befugnis stoße aber dort an Grenzen, wo sie auf eine vorrangige anderweitige Gesetzgebungskompetenz treffe.274 Eine solche Gesetzgebungskompetenz ergebe sich als Annexkompetenz zur jeweiligen Sachkompetenz des Bundes.275 Die jeweils einschlägige Sachkompetenz des Bundes schließe auch die Befugnis zur Regelung der Informationsverwaltung gegenüber der Öffentlichkeit und Presse ein.276 Trotz Kritik aus dem Schrifttum277 hat das Gericht seine Argumentationslinie in folgenden Entscheidungen fortgeführt.278 Auch das BVerfG ist dem BVerwG nicht entgegengetreten. Es ließ ausdrücklich offen, ob aus der jeweiligen Sachkompetenz auch eine entsprechende Annexkompetenz des Bundes folge.279 Inzwischen dürfte die kompetenzrechtliche Argumentation des BVerwG als gefestigte Rechtsprechung anzusehen sein. 2. Verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch Das durch die Rechtsprechung des BVerwG auf Bundesebene entstandene Regelungsvakuum wurde durch den Gesetzgeber bis heute nicht beseitigt. Die Gesetzesentwürfe280 zur Schaffung eines Bundespresseauskunftsrechts sind bisher gescheitert. Einen Rückgriff auf die Vorschriften des IFG des Bundes lehnte das BVerwG ab, da seine Zugangsregelungen und Begrenzungsvorschriften den besonderen Funktionsbedürfnissen der Presse nicht hinreichend Rechnung tragen würden.281 Solange der zuständige Gesetzgeber untätig bleibe, sei der Auskunfts-

273

BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 18 = NVwZ 2013, 1006. BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 18, 20 = NVwZ 2013, 1006. 275 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 18, 22 = NVwZ 2013, 1006. 276 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 22 = NVwZ 2013, 1006. 277 Blome, NVwZ 2016, 1211, 1212 ff.; Cornils, DÖV 2013, 657, 658 ff.; Germelmann, DÖV 2013, 667, 674 ff.; Sachs/Jasper, NWVBl 2013, 389, 391 ff. 278 BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 12 ff. = NVwZ 2015, 1388; BVerwG v. 22. 09. 2015 – 6 VR 2/15, NVwZ 2016, 945 Rn. 11 = BeckRS 2015, 53368; BVerwG v. 18. 09. 2019 – 6 A 7/18, BVerwGE 166, 303 Rn. 14 = NVwZ 2020, 305; BVerwG v. 13. 05. 2020 – 6 A 3/20, NVwZ 2020, 1360 Rn. 8 = BeckRS 2020, 13825. 279 BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 12 = BeckRS 2015, 53008. 280 BT-Drs. 17/12484; BT-Drs. 18/8246; BT-Drs. 19/4572; ferner der Appell der FDPFraktion BT-Drs. 19/6054. 281 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 28 = NVwZ 2013, 1006. 274

258

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG herzuleiten.282 Damit die Pressefreiheit nicht leerläuft, müsse der objektivrechtliche Gewährleistungsgehalt des Grundrechts ausnahmsweise in einen subjektivrechtlichen Anspruch umschlagen.283 3. Reichweite des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs a) Anspruch auf Niveau eines Minimalstandards Mit der Konstruktion eines verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse hat das BVerwG die Folgefrage nach seiner Ausgestaltung, insbesondere nach seinen Grenzen, aufgeworfen. Das Gericht führte zunächst aus, dass die Anwendung des verfassungsunmittelbaren Anspruchs die Ausgestaltungsprärogative des Gesetzgebers nicht unterlaufen dürfe.284 Der Anspruch sei daher auf einen „Minimalstandard“, den auch der Gesetzgeber nicht unterschreiten dürfte, beschränkt.285 Er ende dort, wo berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit der Informationen der Auskunft entgegenstünden.286 In folgenden Entscheidungen konkretisierte das Gericht, wann berechtigte schutzwürdige Interessen den Auskunftsanspruch beschränken können. Für die Bestimmung des Stellenwertes eines Vertraulichkeitsinteresses könnten die bereichsspezifischen Ausschlussgründe des IFG oder des UIG als Orientierungshilfe dienen.287 Auskünfte, die nach dem IFG oder dem UIG zu erteilen wären, seien erst recht auch nach dem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch zu gewähren; wohingegen Auskünfte, die nach dem IFG oder dem UIG geheim zu halten wären, nicht zwangsläufig auch gegenüber der Presse zu verweigern sind.288 In Bezug auf den Zugang zu Betriebsund Geschäftsgeheimnissen sei der Anspruch der Presse deshalb nicht ausgeschlossen, weil der absolute Ausschlussgrund des § 6 S. 2 IFG289 im allgemeinen Informationsfreiheitsrecht einer Informationsweitergabe im Wege stehe, ohne dass Raum für eine Abwägung bliebe.290 282 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 26 ff. = NVwZ 2013, 1006; BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 23 ff. = NVwZ 2015, 1388; BVerwG v. 22. 09. 2015 – 6 VR 2/15, NVwZ 2016, 945 Rn. 10 ff. = BeckRS 2015, 53368; BVerwG v. 18. 09. 2019 – 6 A 7/18, BVerwGE 166, 303 Rn. 13 = NVwZ 2020, 305; BVerwG v. 13. 05. 2020 – 6 A 3/20, NVwZ 2020, 1360 Rn. 8 = BeckRS 2020, 13825. 283 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 29 = NVwZ 2013, 1006. 284 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 29 = NVwZ 2013, 1006. 285 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 29 = NVwZ 2013, 1006. 286 BVerwG v. 20. 02. 2013 – 6 A 2/12, BVerwGE 146, 56 Rn. 29 = NVwZ 2013, 1006. 287 BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 29 = NVwZ 2015, 1388; BVerwG v. 22. 09. 2015 – 6 VR 2/15, NVwZ 2016, 945 Rn. 15 = BeckRS 2015, 53368. 288 BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 29 = NVwZ 2015, 1388; BVerwG v. 22. 09. 2015 – 6 VR 2/15, NVwZ 2016, 945 Rn. 15 = BeckRS 2015, 53368. 289 Dazu Kap. 5 A. I. 5. a) cc). 290 BVerwG v. 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, BVerwGE 151, 348 Rn. 29 = NVwZ 2015, 1388.

B. Presserechtlicher Auskunftsanspruch

259

b) Angleichung an das landesrechtliche Presserecht Einen weiteren Beitrag zur Konturierung des Auskunftsanspruchs hat das BVerfG geleistet. Ohne dass es sich zur Existenz eines unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Auskunftsanspruchs positionierte, führte das Gericht aus, dass die Pressefreiheit jedenfalls nicht verletzt sei, solange die Fachgerichte den Presseangehörigen im Ergebnis einen Auskunftsanspruch einräumten, der hinter den Auskunftsansprüchen auf Länderebene nicht zurückbleibt.291 Dabei betonte das Gericht das relative, auf eine Abwägung zielende Konzept der Landespressegesetze.292 Insoweit dürfte der Auskunftsanspruch der Presse auf Bundesebene daher sowohl gegenüber den beteiligungsführenden Stellen der Gebietskörperschaft als auch unmittelbar gegenüber einer öffentlich beherrschten AG geltend gemacht werden können. Auch hinsichtlich der Anspruchsgrenzen bei entgegenstehenden schutzwürdigen Belangen nahm das BVerfG Anleihen bei den Pressegesetzen der Länder, die eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen im Einzelfall erfordern. Die Notwendigkeit einer Abwägung hat auch das BVerwG in neueren Entscheidungen aufgegriffen.293 Von hervorgehobener Bedeutung ist auch hier ein etwaiger grundrechtlicher Schutz des Geheimhaltungsinteresses.294 Für die hier untersuchten öffentlich beherrschten Gesellschaften lassen sich die auf Länderebene erlangten Ergebnisse auf Gesellschaften, die vom Bund beherrscht werden, übertragen. Als Grundrechtsverpflichtete können sich öffentlich beherrschte Gesellschaften ihrerseits nicht auf Grundrechte berufen, sodass sich im Rahmen einer Abwägung regelmäßig das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen ihr Geheimhaltungsinteresse durchsetzen wird.295 Auch aktienrechtliche Vertraulichkeitsbestimmungen sind nicht in der Lage, den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse zu begrenzen.

IV. Zwischenergebnis Dem presserechtlichen Auskunftsanspruch wohnt ein hohes Gefährdungspotenzial inne. Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass der Auskunftsanspruch nicht nur gegen die beteiligungsführende Behörde, sondern auch unmittelbar gegen die Gesellschaft gerichtet werden kann. Das zwischen dem Auskunftsanspruch der 291 BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 12 = BeckRS 2015, 53008. 292 BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 12 = BeckRS 2015, 53008. 293 BVerwG v. 18. 09. 2019 – 6 A 7/18, BVerwGE 166, 303 Rn. 21 ff. = NVwZ 2020, 305; BVerwG v. 13. 05. 2020 – 6 A 3/20, NVwZ 2020, 1360 Rn. 8 = BeckRS 2020, 13825. 294 BVerwG v. 18. 09. 2019 – 6 A 7/18, BVerwGE 166, 303 Rn. 21 ff. = NVwZ 2020, 305. 295 Vgl. Kap. 5 B. II. 3. b).

260

Kap. 5: Publizitäts- und Transparenzpflichten

Presse und den Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft bestehende Spannungsfeld wird durch die Pressegesetze der Länder zudem nur unerheblich reduziert. Die in den Pressegesetzen bestehenden Auskunftsverweigerungsgründe erfassen die hiesige Konstellation entweder nicht oder sehen eine Abwägung vor, bei der das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit regelmäßig unterliegt. Wegen der verfassungsrechtlichen Dignität des Auskunftsanspruchs sind auch Vertraulichkeitsbestimmungen des Aktienrechts nicht imstande, die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft wirksam zu schützen und den Auskunftsanspruch zu begrenzen. Das Schutzniveau der Pressegesetze bleibt damit deutlich hinter dem des allgemeinen Informationszugangsrechts und des Umweltinformationsrechts zurück. Das geringe Schutzniveau kann auch nicht durch die Anerkennung weiterer Auskunftsverweigerungsrechte erhöht werden. Öffentlich beherrschte Gesellschaften müssen daher von einer Preisgabe ihrer sensiblen Informationen ausgehen, wenn diese zum Gegenstand eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs gemacht werden.

Kapitel 6

Haftung der Gebietskörperschaft bei der Offenlegung sensibler Informationen Gebietskörperschaften, die sich an Unternehmen in der Rechtsform der AG beteiligen, verfügen über Informationen aus der Gesellschaft. Diese Informationen enthalten nicht selten vertrauliche Angaben und Gesellschaftsgeheimnisse. Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle und im Anwendungsbereich des Informationsfreiheits- und Presserechts die Offenlegung von Informationen erforderlich sein kann, die von der Gesellschaft an die Gebietskörperschaft abgeflossen sind. Die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft, ihrer Minderheitsaktionäre und Gläubiger konnten einer Offenlegung auch dann nicht immer entgegengehalten werden, wenn sie sich in besonderen Verschwiegenheitspflichten manifestiert haben. Nicht weniger problematisch ist, wenn die Gesellschaft selbst durch Publizitäts- und Transparenzpflichten verpflichtet ist, sensible Informationen an informationsberechtigte Dritte weiterzugeben. Aus der Perspektive der Gesellschaft stellt sich die Frage, ob sie die Offenlegung ihrer sensiblen Informationen kompensationslos hinnehmen muss oder die beteiligte Gebietskörperschaft zum Ersatz der durch die Offenlegung entstandenen Schäden verpflichtet ist.

A. Erforderlichkeit eines Ausgleichs und Meinungsstand Für eine Ersatzpflicht der Gebietskörperschaft sprechen indes gute Gründe. So hatte es die Gebietskörperschaft in der Hand, die Gesellschaft im Rahmen der Eingangskontrolle auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke auszurichten. Ist die Gebietskörperschaft dieser Pflicht nicht nachgekommen, besteht das Spannungsfeld zwischen dem auf Gewinnerzielung zielenden Aktienrecht und dem gemeinwohlorientierten öffentlichen Recht fort. Entlädt sich dieses Spannungsfeld in Pflichtenkollisionen, die zulasten der Gesellschaft und ihrer Stakeholder aufzulösen sind, wird die Gebietskörperschaft aus einer rechtlichen Zwangslage befreit, in die sie sich selbst und durch Verletzung ihrer Pflicht zur Eingangskontrolle gebracht hat.1 Bliebe 1 Ähnlich Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30 f., der auf eine Rechtsformverfehlung im Gründungsstadium abstellt; ferner Kersting, WPg 2018, 392, 395; siehe auch Schmolke, Der Staat als Aktionär 2019, 75, 78, nach dem Kollisionen zwischen Gesellschaftsinteressen und den

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

die Verletzung dieser Pflicht sanktionslos, würde die Ingerenzverantwortung der Gebietskörperschaft praktisch aufgegeben.2 Wurde die Orientierung der Gesellschaft an öffentlichen Zwecken und Interessen in der Satzung nicht festgelegt, entsteht hieraus zudem die berechtigte Erwartung von (potenziellen) Anlegern und Gläubigern, dass die auf Gewinnerzielung verpflichtete Gesellschaft ihre sensiblen Informationen nicht der Öffentlichkeit preisgeben muss. Diese Erwartung wird frustriert, wenn die Vertraulichkeitsinteressen der Offenlegung auch dann nicht entgegenstehen, wenn sie sich in besonderen Verschwiegenheitspflichten manifestiert haben.3 Längerfristig betrachtet dürfte auch der Gebietskörperschaft daran gelegen sein, den Interessen der verschiedenen Stakeholder Rechnung zu tragen. Stellt sich die öffentliche Beteiligung für die verschiedenen Stakeholder als unkalkulierbares wirtschaftliches Risiko dar, werden sich Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft zurückziehen und potenzielle Anleger von einer Investition absehen.4 Möchten Gebietskörperschaften die Rechtsform der AG und ihre Vorteile weiterhin nutzen, müssen sie die Gesellschaft gegenüber solchen Risiken abschirmen, die aus ihren eigenen öffentlich-rechtlichen Pflichten folgen. Stellt sich eine solche Abschirmung als unzulässige Flucht in das Privatrecht dar, muss das Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft und ihrer Stakeholder sekundärrechtlich durch Ausgleichsansprüche geschützt werden. Diese Erwägungen stellen nur die rechtspolitische Erforderlichkeit von Ausgleichsansprüchen heraus, ohne jedoch ihre Existenz dogmatisch begründen zu können. Stellungnahmen im Schrifttum zu konkreten Haftungsgrundlagen sind indes rar. Die wenigen im Anschluss an das Deutsche-Bahn-Urteil des BVerfG erschienenen Diskussionsbeiträge scheinen zudem im Ergebnis oder in der Begründung offen zu sein.5 Erwogen wird teilweise ein Amtshaftungsanspruch gegen die Gebietskörperschaft aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG.6 Auch eine Haftung nach der konzernrechtlichen Vorschrift des § 317 AktG wird diskutiert.7 Zu einem Haftungskonzept haben sich die Begründungsansätze bisher jedoch nicht verdichtet. Im Folgenden sollen die im Schrifttum diskutierten Ansätze vertieft und ein Haftungskonzept entwickelt werden.

Interessen der Gebietskörperschaft, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung folgen, durch Satzungsbestimmungen hätten vermieden werden können. 2 Vgl. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 3 Vgl. zum Verlust des Vertrauens in die Rechtsform der AG auch M. Mann, AG 2018, 57, 59. 4 Siehe auch Koch, FS Schmidt-Preuß 2018, 367, 386, nach dem die Anlageempfehlung für private Investoren „Finger weg!“ laute. 5 Kersting, WPg 2018, 392, 395; Koch, AktG, § 394 Rn. 2c; ders., ZHR 183 (2019), 7, 28 ff. 6 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31 f.; im Ergebnis aber ablehnend Kersting, WPg 2018, 392, 395. 7 Kersting, WPg 2018, 392, 395; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 32 f.

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

263

B. Typisierung der Offenlegungspflichten Die Beleuchtung der parlamentarischen Kontrolle und der Publizitäts- und Transparenzpflichten hat gezeigt, dass sich die Offenlegungspflichten sowohl gegen Stellen der Gebietskörperschaft als auch unmittelbar gegen die Gesellschaft richten können.8 Diese Unterscheidung stellt die erste Weiche in der Entwicklung eines Haftungskonzepts. Sind nämlich Stellen der Gebietskörperschaft zur Offenbarung von Informationen verpflichtet, die aus der Gesellschaft erlangt wurden, stehen dieser Verwendung verschiedene Pflichten zum Vertraulichkeitsschutz gegenüber, an deren Verletzung eine Haftung geknüpft werden könnte. Ein völlig anderes Bild zeigt sich jedoch, wenn unmittelbar die Gesellschaft in Anspruch genommen wird. In diesem aktienrechtlich nicht vorgesehenen Fall greifen keine spezifischen Kautelen zum Vertraulichkeitsschutz ein. Über die erstgenannte Pflichtenstruktur verfügen zunächst das parlamentarische Informations- und Fragerecht sowie der Informationsanspruch des Gemeinderats, in deren Rahmen die Regierung bzw. die Verwaltungsleitung zur Weitergabe der bei ihr vorliegenden Gesellschaftsinformationen verpflichtet ist. Eine ähnliche Struktur weisen auch das allgemeine Informationszugangsrecht sowie das Umweltinformations- und Presserecht auf. Im Anwendungsbereich dieser Vorschriften können sich die Offenlegungspflichten gegen die beteiligungsführende Behörde richten.9 Einen zusätzlichen Direktanspruch gegen die Gesellschaft gewähren das Umweltinformationsrecht und das Presserecht.

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft I. Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG Stammen die durch die Gebietskörperschaft offenzulegenden Informationen aus den Berichten der Repräsentanten im Aufsichtsrat, sieht das Aktienrecht mit der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG eine Vorschrift zum Schutz der Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft vor. Nach einhelliger Ansicht führt eine Verletzung dieser Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich zu einem Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG.10 Dementsprechend wird im 8

Allgemein zu dieser Unterscheidung Koch, ZHR 183 (2019), 7, 38 f. Im Folgenden werden die Inanspruchnahmen, die sich gegen Regierung, Verwaltungsleitung und die beteiligungsführende Behörde richten, als „Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft“ zusammengefasst. 10 Adenauer, in: Backhaus/Tielmann, Der Aufsichtsrat, § 395 AktG Rn. 21; Huber/Fröhlich, in: GroßKomm-AktG, § 395 Rn. 21; Kersting, in: KölnKomm-AktG, §§ 394, 395 9

264

Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

Schrifttum eine Ersatzpflicht auch für den Fall vorgeschlagen, dass die Gebietskörperschaft die Informationen nach öffentlich-rechtlichen Pflichten preisgeben muss.11 Wenngleich es naheliegt, eine Haftung an die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zu knüpfen, durch die der Gesetzgeber den Vertraulichkeitsinteressen Rechnung tragen wollte, stößt die Annahme eines Amtshaftungsanspruchs in der hier zu untersuchenden Konstellation auf verschiedene konstruktive Hürden. Unklar ist zunächst, ob die Verschwiegenheitspflicht oder jedenfalls ihr Pflichtengrund bei konkreten Kollisionslagen, die zulasten der Verschwiegenheitspflicht aufzulösen waren, in einer Weise fortwirkt, die die Bejahung einer Pflichtverletzung erlaubt. Wird von der Möglichkeit einer Pflichtverletzung ausgegangen, stellt sich die Folgefrage, ob der Pflichtenverstoß auch schuldhaft ist. 1. Schicksal der Verschwiegenheitspflicht Grundvoraussetzung eines Amtshaftungsanspruchs ist das Vorliegen einer Amtspflicht, die durch ihren Adressaten verletzt werden kann. Die Untersuchung der verschiedenen öffentlich-rechtlichen Offenlegungspflichten hat sich bisher auf eine Kollisionslösung beschränkt und zu diesem Zweck das Verhältnis der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht zur Offenlegungspflicht in den Blick genommen. Ziel der Kollisionsprüfungen war die Ermittlung der vorrangig zu erfüllenden Pflicht. Ergibt die Kollisionsprüfung den Vorrang der Offenlegungspflicht, ist damit allerdings noch wenig über das Schicksal der unterlegenen Verschwiegenheitspflicht gesagt. Es bleibt zu klären, wie sich das Bestehen vorrangig zu erfüllender parlamentarischer Anfragen auf Bundesebene sowie Anfragen nach dem Umweltinformations- und Presserecht auf das Dasein der Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG auswirken. Nur wenn die Verschwiegenheitspflicht oder jedenfalls ihr Pflichtengrund in diesen Kollisionslagen trotz ihrer Unterlegenheit fortwirkt, können sekundärrechtlich Schadensersatzansprüche an einen Verstoß geknüpft werden.12 a) Der Ansatz Kochs von der Koexistenz der Regelungsregime Eine Amtshaftung kann daher nur in Betracht kommen, wenn auch dann von einem Nebeneinander von Verschwiegenheitspflicht und Offenlegungspflicht ausgegangen wird, wenn eine zwischen ihnen entstehende Kollision zulasten der VerRn. 216 f.; Koch, AktG, § 395 Rn. 9; Müller-Michaels, in: Hölters/Weber, AktG, § 395 Rn. 13; Oetker, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 395 Rn. 9; Pelz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 395 Rn. 7; Schall, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 395 Rn. 7; Schockenhoff, in: MünchKomm-AktG, § 395 Rn. 15; Stehlin, in: Heidel, AktR, § 395 AktG Rn. 7. 11 In Bezug auf das parlamentarische Informations- und Fragerecht der Bundestagsabgeordneten Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31 f. 12 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31.

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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schwiegenheitspflicht aufzulösen ist. Eine Haftung ist hingegen ausgeschlossen, wenn die vorrangig zu erfüllende Pflicht die unterlegene Pflicht vollständig verdrängt. Die erste Sichtweise wird von Koch eingenommen. In Bezug auf die Kollision der Verschwiegenheitspflicht mit dem verfassungsrechtlichen Informationsund Fragerecht der Bundestagsabgeordneten werde durch das Verfassungsrecht lediglich die primäre Handlungspflicht bestimmt, ohne aber die unterlegene aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht vollständig zu verdrängen; sie bleibe als Grundlage sekundärer Schadensersatzansprüche bestehen.13 Vergleichbar sei die Rechtslage mit der bürgerlich-rechtlichen Konstruktion des § 275 BGB, wonach die unmittelbare Leistungspflicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit zwar entfalle, ihr Pflichtengrund jedoch fortdauere, sodass dem Gläubiger die in § 275 Abs. 4 BGB genannten Rechte zustünden.14 Das Aufrechterhalten beider Regelungsregime sei die konsequente Fortschreibung der Ingerenzverantwortung der Gebietskörperschaft.15 Im Rahmen der Kontroverse um die Existenz eines Verwaltungsgesellschaftsrechts sei man zu der Kompromissformel gelangt, dass die Gebietskörperschaft die Gesellschaft so hinzunehmen habe, wie sie das Gesellschaftsrecht ausforme, und die Gebietskörperschaft lediglich im Rahmen einer Eingangskontrolle verpflichtet sei, eine Beteiligungsform zu wählen, die ihr die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichten ermöglicht.16 Komme die Gebietskörperschaft dieser Eingangskontrolle nicht nach und ergäben sich hieraus Pflichtenkollisionen, wäre es inkonsequent, die eine oder die andere Pflicht zurückzustellen und der Gebietskörperschaft eine Pflichtenkollision zu ersparen.17 Die Kollisionen müssten zu ihren Lasten aufgelöst werden, da sie die Kollisionen durch Versäumnisse bei der Eingangskontrolle verursacht habe.18 Anderenfalls würde die Ingerenzverantwortung faktisch aufgegeben.19 b) Stellungnahme Soweit Koch die Haftung der Gebietskörperschaft wegen Versäumnissen bei der Eingangskontrolle wertungsmäßig für angemessen hält, ist dem zuzustimmen.20 Wird losgelöst von rechtspolitischen Erwägungen an die Fragestellung herangetreten, sprechen jedoch gute Gründe für den dogmatischen Gegenentwurf von einer vollständigen Verdrängung der unterlegenen Pflicht. Die Gesellschaft und ihre 13

Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31 f. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 15 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30 f. 16 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30 f. 17 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30 f., der insbesondere auf eine Rechtsformverfehlung im Gründungsstadium abstellt. 18 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 19 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 20 Siehe schon Kap. 6 A. 14

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

Stakeholder müssen insbesondere bei parlamentarischen Anfragen auf Bundesebene sowie Anfragen nach dem Umweltinformations- und Presserecht mit der Preisgabe ihrer sensiblen Informationen rechnen. Soweit die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG der Weitergabe der Informationen gegenüberstand, waren es stets normenhierarchische Erwägungen, die den Vorrang der Offenlegungspflicht begründeten.21 In diesen Konstellationen ist die einfachrechtliche Vorschrift des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG verfassungskonform bzw. unionsrechtskonform auszulegen.22 Die Verschwiegenheitspflicht greift dann in diesen Konstellationen nicht ein, sodass eine Pflichtverletzung von vornherein nicht möglich ist. Auch Koch räumt ein, dass sich die Verdrängung normenhierarchisch gut begründen lasse.23 Seine hiervon abweichende These über den Fortbestand der Verschwiegenheitspflicht wird indes dogmatisch nicht näher belegt. Ihr scheint die Annahme zugrunde zu liegen, dass Versäumnisse der Eingangskontrolle „nur auf diese Weise“24 zulasten der hierfür verantwortlichen Gebietskörperschaft aufgelöst werden können. Wie sich noch zeigen wird, besteht durchaus eine Grundlage für die Haftung der Gebietskörperschaft, die auch etwaige Versäumnisse bei der Eingangskontrolle berücksichtigen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass die vorrangig zu erfüllende Offenlegungspflicht die unterlegene Verschwiegenheitspflicht verdrängt, sodass eine Pflichtenverstoß nicht mehr möglich ist. 2. Kein Verschulden Würde gleichwohl eine fortwirkende Verschwiegenheitspflicht angenommen, besteht mit dem Verschuldenserfordernis eine weitere Hürde, die kaum überwindbar scheint. Bisher wurde zutreffend nicht bestritten, dass der Gebietskörperschaft ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden kann, wenn sie der vorrangigen Offenlegungspflicht folgeleistet.25 Dasselbe dürfte gemeint sein, wenn eine Amtshaftung mangels Rechtswidrigkeit abgelehnt wird.26 Dem Vorwurf schuldhaften Verhaltens liegt nämlich das Werturteil zugrunde, der Handelnde habe vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Rechtsordnung verstoßen.27 Insoweit scheidet auch ein Verschulden aus, wenn die Rechtswidrigkeit verneint wird.28

21

Kap. 4 B. I. 3. c) cc) (2); Kap. 5 A. II. 3. b) aa); Kap. 5 B. II. 3. c) aa). Für eine (zu) weitreichende verfassungskonforme Auslegung aktienrechtlicher Bestimmungen auch Katz, NVwZ 2018, 1091, 1093. 23 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 30. 24 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 31. 25 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 32. 26 Kersting, WPg 2018, 392, 395. 27 Vgl. BGH v. 13. 05. 2015 – XII ZR 65/14, BGHZ 205, 300 Rn. 37 = NJW 2015, 2419; Caspers, in: Staudinger, § 276 Rn. 12. 28 Vgl. BGH v. 13. 05. 2015 – XII ZR 65/14, BGHZ 205, 300 Rn. 37 = NJW 2015, 2419. 22

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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Um die Hürde des Verschuldenserfordernisses zu überwinden, nimmt Koch Anleihen an der strafrechtlichen actio libera in causa29 und schlägt vor, das Verschulden an die fehlgeschlagene Eingangskontrolle zu knüpfen.30 Der Vorwurf laute dann, dass die Gebietskörperschaft sich sehenden Auges in eine Situation begeben habe, aus der die Unfähigkeit zur Pflichterfüllung resultiere.31 So sehr diesem Ergebnis aus Wertungsgründen auch zuzustimmen ist, würde damit bei Lichte betrachtet nicht nur das Verschulden, sondern der gesamte Amtshaftungsanspruch nicht mehr an eine Verletzung von § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, sondern an eine Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle geknüpft. Ob diese Pflicht auch eine Amtspflicht im Sinne der Haftungsgrundlage ist, bedarf dabei erst gesonderter Prüfung.32 3. Zwischenergebnis Ergibt die Kollisionslösung den Vorrang der Offenlegungspflicht vor der Verschwiegenheitspflicht, wird letztere vollständig verdrängt. Ein Pflichtenverstoß ist nicht mehr möglich, sodass für einen Amtshaftungsanspruch kein Anknüpfungspunkt mehr besteht. Nicht unproblematisch ist im Übrigen, dass sich die Offenlegungspflichten an die Behörde als solche richten, während die Verschwiegenheitspflicht nach dem Wortlaut des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG nur diejenigen adressiert, die Verwaltungsund Prüfungsaufgaben wahrnehmen. Soweit § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG mit Blick auf seinen Regelungszweck weit ausgelegt und auf die auskunftspflichtige Behörde als solche erstreckt wird,33 bestehen Zweifel, ob überhaupt noch eine Pflichtverletzung vorliegt, die von der personalen Konzeption der Amtshaftung erfasst ist.34 Ob diese Zweifel ausgeräumt werden können, braucht nicht entschieden werden, da jedenfalls die bereits angesprochenen konstruktiven Hürden eines Amtshaftungsanspruchs nicht überwunden werden können.

29 Ob diese strafrechtliche Figur im Privatrecht überhaupt anwendbar ist, ist umstritten. Zum Stand der Diskussion Kiehnle, AcP 218 (2018), 816, 834 ff. 30 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 32. 31 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 32. 32 Dazu sogleich Kap. 6 C. III. 2. 33 Vgl. Kap. 5 A. I. 5. b) bb). 34 Zur personalen Konzeption der Amtshaftung C. Dörr, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 04. 2023), § 839 Rn. 19; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 1; Papier/Shirvani, in: MünchKomm-BGB, § 839 Rn. 244.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

II. Übertragung auf die mitgliedschaftliche Treuepflicht Die für die Ablehnung eines Amtshaftungsanspruchs wesentlichen Gründe können auf die aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgende Verwendungsbeschränkung übertragen werden. Unterliegt diese Verwendungsbeschränkung in einer Kollisionslösung, ist auch der einfachrechtliche Normenbestand, aus dem die mitgliedschaftliche Treuepflicht abgeleitet wird, verfassungskonform, bzw. unionsrechtskonform auszulegen. Die aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht folgende Verwendungsbeschränkung wird verdrängt, sodass sie ebenfalls kein Anknüpfungspunkt für einen Amtshaftungsanspruch sein kann.

III. Amtshaftungsanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle 1. Pflicht zur Eingangskontrolle Sowohl die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG als auch die mitgliedschaftliche Treuepflicht stellten keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für einen Amtshaftungsanspruch dar. Allerdings könnte die Verletzung der vorgelagerten Pflicht zur Eingangskontrolle einen Amtshaftungsanspruch begründen. Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft an Unternehmen in Privatrechtsform, unterliegt sie Einflussnahme- und Kontrollpflichten. Diese Pflichten stehen in einem Spannungsfeld zu der inneren Verfassung der AG, die sich durch eine Unabhängigkeit ihrer Verwaltungsorgane gegenüber Einflussnahmen der Aktionäre auszeichnet. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht muss die Gebietskörperschaft dieses Spannungsfeld durch eine Eingangskotrolle reduzieren und sich mit den Instrumentarien des Aktienrechts ein rechtliches Umfeld schaffen, in dem sie ihren öffentlich-rechtlichen Pflichten gerecht werden kann. Zu diesen Gestaltungen zählen vor allem Satzungsbestimmungen, durch die die Gesellschaft für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet wird.35 Hat die Gebietskörperschaft versäumt oder sonst davon abgesehen, die Gesellschaft statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke auszurichten, verbleibt es bei dem grundsätzlich bestehenden Spannungsfeld, das sich in konkreten Pflichtenkollisionen entladen kann. Ist durch Versäumnisse der Gebietskörperschaft bei der Eingangskontrolle eine Situation entstanden, in der die Gebietskörperschaft ihre Verschwiegenheitspflichten in einer Weise nicht mehr erfüllen kann, die auch einen sekundärrechtlichen Amtshaftungsanspruch ausschließt, drängt sich die Frage auf, ob nicht bereits die Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle haftungsbegründend herangezogen kann.

35

Zum Ganzen und m. w. N. Kap. 2 B. II. 4. b) aa).

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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2. Pflicht zur Eingangskontrolle als Amtspflicht Damit ein Verstoß gegen die Pflicht zur Eingangskontrolle einen Amtshaftungsanspruch auslöst, muss diese Pflicht zunächst eine Amtspflicht darstellen. Bei Amtspflichten handelt es sich um Pflichten, die dem Handelnden in Bezug auf seine Amtsausführung gegenüber seinem Dienstherrn im Innenverhältnis obliegen.36 Diese Pflichten können sich aus der Verfassung, einfachen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Satzungen sowie aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen und Gewohnheitsrecht ergeben.37 Haftungsbegründend sind jedoch nur solche Amtspflichten, die zusätzlich auch dem geschädigten Dritten gegenüber bestehen.38 Ob eine Amtspflicht über eine solche Drittgerichtetheit verfügt, ist anhand ihres Zwecks zu bestimmen.39 Nur wenn die Amtspflicht nicht ausschließlich gegenüber der Allgemeinheit besteht, sondern auch das beeinträchtigte Interesse des Geschädigten zu schützen bestimmt ist, besteht eine Ersatzpflicht.40 Die hier zu untersuchende Pflicht zur Eingangskontrolle soll der beteiligten Gebietskörperschaft die Erfüllung ihrer Einflussnahme- und Kontrollpflichten erleichtern.41 Diese Pflichten dienen wiederum dazu, eine haushaltsrechtliche Kontrolle zu ermöglichen und ein ausreichendes Niveau demokratischer Legitimation herzustellen. Die Eingangskontrolle dient damit Interessen der Allgemeinheit. Sie dient hingegen nicht dem Zweck, Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft zu schützen. Dass durch entsprechende Satzungsbestimmungen (potenziellen) Aktionären und Gläubigern eine Abkehr vom Zweck der Gewinnerzielung erkennbar gewesen wäre, stellt eine bloße Reflexwirkung dar.42 Die Pflicht zur Eingangskon36 Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 48; Papier/Shirvani, in: MünchKomm-BGB, § 839 Rn. 244; Sprau, in: Grüneberg, BGB, § 839 Rn. 31. 37 Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 51; Reinert, in: BeckOK-BGB, § 839 Rn. 52. 38 Detterbeck, Allgemeines VerwaltungsR, Rn. 1066 f.; Papier/Shirvani, in: MünchKommBGB, § 839 Rn. 284. 39 BGH v. 26. 01. 1989 – III ZR 194/87, BGHZ 106, 323, 331 = NJW 1989, 976; BGH v. 16. 01. 1997 – III ZR 117/95, BGHZ 134, 268, 276 = NVwZ 1997, 714; BGH v. 18. 02. 1999 – III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382 = NVwZ 1999, 689; BGH v. 15. 10. 2009 – III ZR 8/09, BGHZ 182, 370 Rn. 14 = NVwZ 2010, 467; BGH v. 05. 04. 2018 – III ZR 211/17, NJW 2018, 2265 Rn. 11 = BeckRS 2018, 7085; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 59; Papier/Shirvani, in: MünchKomm-BGB, § 839 Rn. 291 ff.; Reinert, in: BeckOK-BGB, § 839 Rn. 92. 40 BGH v. 28. 06. 1984 – III ZR 35/83, BGHZ 92, 34, 52 = NJW 1984, 2516; BGH v. 26. 01. 1989 – III ZR 194/87, BGHZ 106, 323, 331 f. = NJW 1989, 976; BGH v. 08. 11. 2012 – III ZR 151/12, BGHZ 195, 276 Rn. 15 = NJW 2013, 604; BGH v. 06. 06. 2013 – III ZR 196/ 12, NJW 2013, 3370 Rn. 14 = BeckRS 2013, 11560; BGH v. 05. 04. 2018 – III ZR 211/17, NJW 2018, 2265 Rn. 11 = BeckRS 2018, 7085; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 59; Papier/Shirvani, in: MünchKomm-BGB, § 839 Rn. 284, 286; Reinert, in: BeckOK-BGB, § 839 Rn. 92. 41 Vgl. Kap. 2 B. II. 3. 42 Zur Unbeachtlichkeit von Reflexwirkungen BGH v. 31. 03. 1960 – III ZR 43/59, BGHZ 32, 145, 147 f. = NJW 1960, 1005; BGH v. 27. 01. 1983 – III ZR 131/81, BGHZ 86, 356, 366 = NJW 1983, 1795; C. Dörr, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 04. 2023), § 839 Rn. 286; Mayen, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 60.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

trolle ist daher keine Amtspflicht, deren Verletzung einen Amtshaftungsanspruch der beherrschten Gesellschaft auslöst. Insgesamt kann den Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft mit dem Amtshaftungsanspruch des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG kein sekundärrechtlicher Schutz gewährt werden.

IV. Haftung aus §§ 311, 317 AktG Eine Haftung der Gebietskörperschaft wird jedoch auch aus aktienrechtlichen Gründen für möglich gehalten.43 Muss die Gebietskörperschaft sensible Informationen der von ihr beherrschten Gesellschaft aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichten zum Schaden der Gesellschaft offenlegen, handele es sich um einen typischen Anwendungsfall des Konzernrechts.44 So seien die besonderen Pflichtenbindungen, die eine Offenlegung entgegen aktienrechtlichen Vertraulichkeitsschutzbestimmungen erzwingen würden, der Sphäre des öffentlichen Aktionärs zuzuordnen.45 In Betracht komme in diesem Fall ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft aus § 317 Abs. 1 AktG.46 Ein solcher Schadensersatzanspruch habe zudem den konzeptionellen Vorteil, dass er nach herrschender Meinung47 ein Verschulden nicht voraussetzt.48 Für eine Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG ist erforderlich, dass die Gebietskörperschaft in ihrer Eigenschaft als herrschendes Unternehmen die abhängige Gesellschaft, zu der kein Beherrschungsvertrag besteht, zu einer nachteiligen Maßnahme veranlasst hat, ohne den Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahres auszugleichen. Der Tatbestand knüpft damit maßgeblich an die Verwirklichung von § 311 AktG an.49 Eine Haftung kann daher nur in Betracht kommen, wenn durch die Informationserlangung und spätere Informationsverwendung durch die beteiligte Gebietskörperschaft der Tatbestand des § 311 AktG erfüllt wird. Dass das Informationsverlangen der Gebietskörperschaft als Veranlassung und die Informationsweitergabe des Vorstands als Vornahme einer Maßnahme einzuordnen ist, steht außer 43

Kersting, WPg 2018, 392, 395; Koch, ZHR 183 (2019), 7, 32 ff. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 33. 45 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 33. 46 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 33 f.; siehe ferner Kersting, WPg 2018, 392, 395, der auch eine analoge Anwendung von § 317 AktG in Erwägung zieht. 47 Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 317 Rn. 4; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 317 AktG Rn. 5, 7; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 317 Rn. 9; Liebscher, in: BeckHdB-AG, § 14 Rn. 87; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 317 Rn. 5; a. A. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 317 Rn. 29 ff. 48 Koch, ZHR 183 (2019), 7, 33. 49 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 317 Rn. 14; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 317 AktG Rn. 5; Koch, AktG, § 317 Rn. 4; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 317 Rn. 5; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 317 Rn. 5. 44

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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Frage.50 Entscheidend ist, ob der Gesellschaft durch die Informationsverwendung zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Offenlegungspflichten auch ein Nachteil entsteht. Würde zur Beurteilung lediglich auf den Zeitpunkt Informationsverwendung abgestellt, läge es nahe, den Gesamtvorgang als nachteilig anzusehen.51 Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Bestimmung der Nachteilhaftigkeit ist jedoch der Moment der Informationsweitergabe.52 Wurden die Informationen nicht gerade zu dieser konkreten (nachteiligen) Informationsverwendung angefordert, ist in diesem Moment noch ungewiss, zu welchen Zwecken die Informationen später verwendet werden. Bei der Untersuchung des Informationszugangs war festzustellen, dass durch das Bestehen verschiedener Verwendungsmöglichkeiten, von denen einige für die Gesellschaft nachteilig, andere hingegen neutral sind, jede Informationsweitergabe mit dem Risiko der schadhaften Verwendung behaftet ist. Dieses Risiko ließ jede Informationsweitergabe insgesamt nachteilig erscheinen. Da dieser Nachteil nicht quantifizierbar ist, ist ein Ausgleich nicht möglich, sodass die Informationsweitergabe rechtswidrig wäre und unterbleiben müsste. Der Informationszugang bleibt jedoch möglich, wenn die Gebietskörperschaft verpflichtet ist, die Informationen nicht in einer Weise zu verwenden, die für die Gesellschaft nachteilig ist. Durch diese Verwendungsbeschränkung wird der nachteilige Charakter der Informationsweitergabe beseitigt.53 Bei konsequenter Fortführung dieses Gedankens kann der Umstand, dass die Informationen in Verstoß gegen die Verwendungsbeschränkung doch in nachteiliger Weise verwendet werden, nachträglich nicht mehr zur Nachteiligkeit des Gesamtvorgangs führen.54 Ein von vornherein fehlender Nachteil kann im Nachhinein nicht wieder „aufleben“55. Damit fehlt es bereits an der Verwirklichung des Tatbestands von § 311 AktG, sodass auch eine Schadensersatzpflicht der Gebietskörperschaft aus § 317 Abs. 1 AktG ausscheiden muss.

50

Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 429 f.; Koch, AktG, § 311 Rn. 36b; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 72. 51 Vgl. Kap. 3 B. II. 3. c) bb). 52 Vgl. BGH v. 03. 03. 2008 – III ZR 124/06, BGHZ 175, 365 Rn. 11 = NJW 2008, 1583; BGH v. 01. 12. 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13 = NJW 2009, 850; OLG Köln v. 13. 04. 2006 – 7 U 31/05, AG 2007, 371, 372 = ZIP 2007, 28; Altmeppen, in: MünchKommAktG, § 311 Rn. 173; Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 18; Fleischer, NZG 2008, 371, 372; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 44; Koch, AktG, § 311 Rn. 26; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 39; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 83; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 57. 53 Zum Ganzen Kap. 3 B. II. 3. 54 Vgl. Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 410 f. Dies erkennt auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 34, der insoweit die Operation mit einem gespaltenen Nachteilsbegriff vorschlägt. 55 Mader, Der Informationsfluss im Unternehmensverbund, S. 411.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

V. Haftung aus der Garantievereinbarung 1. Verletzung der Garantievereinbarung Wenngleich eine Haftung nach § 317 Abs. 1 AktG im Ergebnis abzulehnen ist, ist der Blick auf die konzernrechtliche Informationszugangshürde des § 311 Abs. 1 AktG lohnend. Die Informationsweitergabe ist mit § 311 Abs. 1 AktG nur vereinbar, wenn die Gebietskörperschaft garantiert, die Informationen nicht zum Nachteil der Gesellschaft zu verwenden. Als nachteilige Verwendungsart ist grundsätzlich auch die Weitergabe sensibler Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten einzuordnen.56 Wird die Gebietskörperschaft zur Offenlegung der Informationen in Anspruch genommen und gibt die Gebietskörperschaft die erlangten sensiblen Informationen zur Erfüllung dieser Ansprüche preis, verletzt sie ihre Pflicht aus der Garantievereinbarung. Der Gesellschaft steht bei Eintritt eines Schadens ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegenüber der Gebietskörperschaft zu. Auf den Umstand, dass der Gebietskörperschaft bei der Erfüllung gesetzlicher Pflichten kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, kommt es bei der Haftung aus der Garantievereinbarung nicht an (§ 276 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB). Schwieriger hingegen ist die Bestimmung des aus der Informationspreisgabe entstandenen Schadens. Gelangen durch die Offenlegung der Gebietskörperschaft etwa Informationen über Rechtsverletzungen oder Umweltschädigungen an die Öffentlichkeit, wodurch die Reputation der Gesellschaft beschädigt wird, lässt sich die konkrete Höhe des Schadens nicht eindeutig beziffern. Gleiches gilt, wenn die Gesellschaft durch das Bekanntwerden von Kalkulationsgrundlagen oder Produktionsvorhaben Wettbewerbsnachteile erleidet. In diesen Fällen muss die Schadenshöhe nach § 287 Abs. 1 ZPO geschätzt werden.57 Hat der Vorstand der abhängigen Gesellschaft vor der Informationsweitergabe pflichtgemäß den Abschluss der Garantievereinbarung herbeigeführt, hat sie einen Anspruch auf Ersatz der aus der Offenlegung der Informationen folgenden Schäden. 2. Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber privaten Mitaktionären Entstehen der Gesellschaft Schäden, führt dies immer auch zu einer Minderung der Aktienwerte und somit zu einem Schaden bei anderen Aktionären.58 Diese als Reflexschäden bezeichneten Schadenspositionen sind jedoch nicht durch eine Di56

Kap. 3 B. II. 3. c) bb). Zur Anwendbarkeit von § 287 ZPO bei der Vertragshaftung BGH v. 28. 04. 1982 – IVa ZR 8/81, NJW 1983, 998 f. = ZIP 1982, 742. 58 Vergleichbar ist die Situation mit der konzernrechtlichen Konstellation des § 317 Abs. 1 S. 2 AktG, in der Aktionären durch einen gegenüber der Gesellschaft ausgebliebenen Nachteilsausgleich ein Eigenschaden entstehen kann. In Bezug auf diese Konstellation Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 317 Rn. 81. 57

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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rektleistung an die Aktionäre, sondern durch eine Leistung in das Gesellschaftsvermögen zu kompensieren.59 Wie soeben gezeigt, steht der Gesellschaft wegen der Verletzung der Garantievereinbarung ein Anspruch auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen gegen die Gebietskörperschaft zu. Über diese sog. Reflexschäden hinaus können privaten Mitaktionären allerdings noch weitere Schäden entstehen, die durch eine Leistung in das Gesellschaftsvermögen nicht ausgeglichen werden können. Hierzu zählt etwa die Verkürzung der Dividende.60 Ob ein Verstoß gegen die Garantievereinbarung auch für eine Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber geschädigten Mitaktionären herangezogen werden kann, ist nicht unproblematisch. Schließlich sind lediglich die Gesellschaft und die Gebietskörperschaft Parteien der Garantievereinbarung. Die Vereinbarung kann daher grundsätzlich nur zwischen diesen Parteien Rechtswirkungen entfalten.61 Eigene Ersatzansprüche der Mitaktionäre ließen sich jedoch auf einen Verstoß gegen die Garantievereinbarung stützen, wenn die Mitaktionäre nach den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte (VSD) in den Schutzbereich der Garantievereinbarung einbezogen werden. Nach traditionellem Verständnis orientiert sich der VSD an dem Integritätsinteresse des vertragsunbeteiligten Dritten, sodass die Verletzung von Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB im Vordergrund steht.62 Inzwischen wird jedoch verbreitet angenommen, dass sich die Anwendbarkeit des VSD nicht auf Schutz- und Rücksichtnahmepflichten beschränkt, sondern auch die Verletzung einer Hauptleistungspflicht einen eigenen Anspruch des Dritten begründen kann, wenn der Dritte gerade von der Nicht- oder Schlechterfüllung der Hauptleistungspflicht betroffen ist.63 Ein VSD kommt daher auch dann in Betracht, wenn die Gebietskörperschaft sensible Informationen der Gesellschaft offenlegen muss und damit ihre (Hauptleistungs-)Pflicht aus der Garantievereinbarung verletzt. Trotz der Uneinigkeit über die dogmatische Begründung des VSD64 besteht hin59 Vgl. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 317 Rn. 81; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 317 AktG Rn. 13. 60 Vgl. BGH v. 04. 12. 2012 – II ZR 17/12, NZG 2013, 233 Rn. 33 = DStR 2013, 534; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 317 AktG Rn. 13a; Koch, AktG, § 317 Rn. 8; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 317 Rn. 7; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 317 Rn. 32. 61 Zur sog. Relativität der Schuldverhälnisse Looschelders, Schuldrecht AT, § 1 Rn. 29 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht AT, § 3 Rn. 14 ff. 62 Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 118; siehe auch Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1202. 63 BGH v. 24. 04. 2014 – III ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn. 11 = NZG 2014, 741; Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 182; Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, § 328 Rn. 15; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 118; kritisch Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 17 f. 64 Wohl überwiegend wird der VSD rechtsgeschäftlich mit einer ergänzenden Vertragsauslegung begründet. Andere wiederum erblicken seine Rechtsgrundlage in einer analogen Anwendung von § 328 BGB oder in dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Vertreten wird auch eine Stützung auf Gewohnheitsrecht. Überblick über das Meinungsspektrum bei Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 99 ff. m. w. N.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

sichtlich der Einbeziehungsvoraussetzungen Konsens.65 Im Allgemeinen setzt die Ausdehnung des vertraglichen Schutzbereichs auf Dritte voraus, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Leistung des Schuldners in Berührung kommt (sog. Leistungsnähe), ein berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten besteht (sog. Gläubigerinteresse) sowie dass Leistungsnähe und Gläubigerinteresse für den Schuldner erkennbar waren und der Dritte schutzwürdig ist.66 Für die Einbeziehung der Mitaktionäre in den Schutzbereich der Garantievereinbarung ist somit zunächst erforderlich, dass die Mitaktionäre mit der Leistung der Gebietskörperschaft bestimmungsgemäß in Berührung kommen und den Risiken der Leistungserbringung in ähnlicher Weise ausgesetzt sind wie die Gesellschaft als originäre Gläubigerin.67 Durch dieses Merkmal sollen die Fälle ausgeschieden werden, in denen der Dritte bloß zufällig mit der vertraglichen Leistung in Berührung kommt.68 Durch die Garantievereinbarung ist die Gebietskörperschaft verpflichtet, die aus der Gesellschaft erlangten Informationen nicht zum Nachteil der Gesellschaft zu verwenden. Verletzt die Gebietskörperschaft diese Pflicht, indem sie sensible Informationen wie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft offenlegt, führt dies zunächst zu einer Schädigung der Gesellschaft. Wird durch die Schädigung der Gesellschaft etwa die Dividende der Mitaktionäre verkürzt, führt dies zu eigenen Schäden bei den Mitaktionären. Diese Schäden entstehen den Mitaktionären gerade aufgrund ihrer mitgliedschaftlichen Stellung, sodass kein bloß zufälliger Leistungskontakt vorliegt. Neben der daher zu bejahenden Leistungsnähe müsste auch ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft an der Einbeziehung der Mitaktionäre bestehen. Überkommen ist der restriktivere Ansatz älterer Rechtsprechung, nach dem ein berechtigtes Gläubigerinteresse nur dann vorlag, wenn der Gläubiger für das „Wohl und Wehe“69 des Dritten mitverantwortlich war.70 Inzwischen wird für ausreichend gehalten, dass der Gläubiger ein besonderes Interesse an der Einbeziehung des Dritten hat und die Auslegung des Vertrags ergibt, dass die Parteien den Schutzbereich des 65

Siehe Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 7; Lorenz, JuS 2021, 817, 818. Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 184 ff.; Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, § 328 Rn. 17 ff.; Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1210 ff.; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 114 ff.; Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 8 ff.; Lorenz, JuS 2021, 817, 818 f. 67 Vgl. Janoschek, in: BeckOK-BGB, § 328 Rn. 56; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 114; Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 9. 68 Janoschek, in: BeckOK-BGB, § 328 Rn. 56; Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1210; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 114; Mäsch, in: BeckOGK-BGB (Stand: 01. 04. 2023), § 328 Rn. 175. 69 Siehe etwa BGH v. 16. 10. 1963 – VIII ZR 28/62, NJW 1964, 33, 34 f.; BGH v. 26. 11. 1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 96 = NJW 1969, 269; BGH v. 30. 09. 1969 – VI ZR 254/ 67, NJW 1970, 38, 40. 70 BGH v. 24. 04. 2014 – III ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn. 10 f. = NZG 2014, 741; hierzu auch Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 186 f.; Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1213; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 120; Lorenz, JuS 2021, 817, 818 f. 66

C. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft

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Vertrags in Anerkennung dieses Interesses auf den Dritten erweitern wollten.71 Es liegt auf der Hand, dass die Gesellschaft ein Interesse daran hat, ihre Minderheitsaktionäre vor Schädigungen durch den Mehrheitsaktionär zu schützen. Stützen ließe sich dieses Interesse auch auf die Treuepflicht, der die Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären unterliegt.72 Es müssten ferner Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Garantievereinbarung in Anerkennung dieses Einbeziehungsinteresses getroffen wurde. Zweck ihres Abschlusses war es, die Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft mit § 311 Abs. 1 AktG in Einklang zu bringen.73 Als konzernrechtliche Vorschrift dient § 311 Abs. 1 AktG neben dem Schutz der Gesellschaft insbesondere auch dem Schutz von Minderheitsaktionären.74 Wollten die Gesellschaft und die Gebietskörperschaft diesen Schutzbelangen durch den Abschluss der Garantievereinbarung Rechnung tragen, deutet dies darauf hin, dass die Parteien auch den Schutzbereich dieser Vereinbarung auf Minderheitsaktionäre erstreckt wissen wollten. Die Auslegung der Garantievereinbarung im Kontext ihres Abschlusses zeigt, dass die Vereinbarung gerade auch zum Schutz der Minderheitsaktionäre getroffen wurde, sodass von dem Vorliegen eines berechtigten Gläubigerinteresses ausgegangen werden kann. Für eine Einbeziehung der Mitaktionäre müssten Leistungsnähe und Gläubigerinteresse für die Gebietskörperschaft zudem erkennbar gewesen sein. An dem Vorliegen dieser Voraussetzung bestehen keine Zweifel. Der Umstand, dass die konkrete Anzahl oder die Identität der Mitaktionäre der Gebietskörperschaft unbekannt sein könnten, schadet nicht, da das Merkmal der Erkennbarkeit lediglich verlangt, dass die in Betracht kommende Personengruppe objektiv abgrenzbar ist.75 Zuletzt bleibt zu prüfen, ob die Mitaktionäre auch schutzwürdig sind. An der Schutzwürdigkeit des Dritten fehlt es, wenn dieser wegen des schädigenden Ereignisses über einen eigenen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt.76 Ein gleichwertiger eigener Anspruch der Mitaktionäre gegenüber der Gebietskörper71

BGH v. 02. 07. 1996 – X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 172 f. = NJW 2014, 2345; BGH v. 24. 04. 2014 – III ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn. 11 = NZG 2014, 741; Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, § 328 Rn. 17a; Janoschek, in: BeckOK-BGB, § 328 Rn. 57; Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1213. 72 Zur Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber den Aktionären BGH v. 19. 11. 1994 – II ZR 248/92, BGHZ 127, 107, 111 = NJW 1994, 3094; Drygala, in: KölnKomm-AktG, § 53a Rn. 91; Götze, in: MünchKomm-AktG, vor § 53a Rn. 33 ff. 73 Kap. 3 B. II. 3. e) bb). 74 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 3; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 1; Koch, AktG, § 311 Rn. 1. 75 Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 191; Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, § 328 Rn. 18; Joussen, Schuldrecht AT, Rn. 1217; Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 13. 76 BGH v. 22. 07. 2004 – IX ZR 132/03, NJW 2004, 3630, 3632 = BeckRS 2004, 8094; BGH v. 18. 02. 2014 – VI ZR 383/12, BGHZ 200, 188 Rn. 11 = NJW 2014, 2577; Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 192; Klumpp, in: Staudinger, § 328 Rn. 127; Looschelders, Schuldrecht AT, § 9 Rn. 14.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

schaft ist indes nicht erkennbar. Ein Anspruch der Mitaktionäre nach § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht scheitert sowohl an dem mangelnden Eingreifen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht77 als auch an dem fehlenden Verschulden78 der Gebietskörperschaft. Insgesamt liegen die Voraussetzung für die Einbeziehung der Mitaktionäre in den Schutzbereich der Garantievereinbarung vor. Dass der Gebietskörperschaft bei der Erfüllung vorrangiger Offenlegungspflichten kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, steht den Ansprüchen der Mitaktionäre nicht entgegen. Bei der Haftung über die Grundsätze des VSD richten sich der Haftungsumfang und der Sorgfaltsmaßstab nach dem Hauptvertrag.79 Die zwischen der Gesellschaft und der Gebietskörperschaft vereinbarte Garantiehaftung schlägt damit auch auf die Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber den Mitaktionären durch. Entstehen den Mitaktionären über die sog. Reflexschäden hinaus Eigenschäden, können sie von der Gebietskörperschaft ebenfalls wegen der Verletzung der Garantievereinbarung Ersatz verlangen. 3. Auswirkungen der erfolgten Eingangskontrolle Anders liegen die Dinge jedoch, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet hat. In diesem Fall stellt sich die Verwendung der Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle und zur Erfüllung der Publizitäts- und Transparenzpflichten aus der Perspektive der Gesellschaft nicht als nachteilig dar.80 Die Gebietskörperschaft kann die Informationen daher in dieser Weise verwenden, ohne gegen die Garantievereinbarung zu verstoßen. Eine Haftung kommt dann weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber privaten Mitaktionären in Betracht.

VI. Zwischenergebnis Muss die Gebietskörperschaft sensible Informationen der Gesellschaft im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten offenlegen, werden die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht verdrängt. Verstöße gegen diese Pflichten können eine Haftung der Gebietskörperschaft nicht begründen. Auch an die Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle kann ein

77

Vgl. Kap. 6 C. I. 1. b), II. Vgl. Kap. 6 C. I. 2. 79 Gottwald, in: MünchKomm-BGB, § 328 Rn. 196 ff. 80 Kap. 3 E. II. 1. 78

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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Amtshaftungsanspruch nicht geknüpft werden. Ausscheiden musste ebenfalls eine Haftung nach §§ 311, 317 AktG. Begründen lässt sich eine Haftung der Gebietskörperschaft jedoch auf der Grundlage der Garantievereinbarung. Hat die Gebietskörperschaft die Gesellschaft durch Bestimmungen in der Satzung nicht für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, stellt sich die Informationsverwendung als nachteilig und damit als Verstoß gegen die Garantievereinbarung dar. Die Gebietskörperschaft ist der Gesellschaft zum Ersatz der aus der Informationsweitergabe entstandenen Schäden verpflichtet. Eine Schadensersatzpflicht trifft die Gebietskörperschaft auch gegenüber privaten Mitaktionären, wenn ihnen über den Reflexschaden hinaus Eigenschäden entstanden sind.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft I. Die Inanspruchnahme der Gesellschaft aus aktienrechtlicher Perspektive Das Umweltinformationsrecht und das Presserecht gewähren den Informationsberechtigten neben einem Anspruch gegen die Gebietskörperschaft auch einen Direktanspruch gegen die Gesellschaft.81 Die unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschaft mag aus öffentlich-rechtlicher Perspektive geboten sein, um den Weg für eine „Flucht in das Privatrecht“ zu verstellen. Ihre Einfügung in das Aktienrecht erfolgt jedoch nicht nahtlos. So liegt dem Aktienrecht das Trennungsprinzip zugrunde, nach welchem die Rechtssphären von Gesellschaft und Gesellschaftern zu trennen sind.82 Hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten stehen sich die Gesellschaft und die Gesellschafter wie Dritte gegenüber.83 Dieses Prinzip wird relativiert, wenn öffentlich-rechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten auf die Gesellschaft übergreifen. Zwar begründen das Umweltinformations- und das Presserecht jeweils eine eigene Verpflichtung der Gesellschaft, sodass die Rechtssphären von Gesellschaft und öffentlichem Gesellschafter streng genommen weiterhin getrennt bleiben. Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den Publizitätsund Transparenzpflichten um spezifische öffentlich-rechtliche Pflichten handelt, die in der Hoheitseigenschaft des öffentlichen Aktionärs begründet sind und ohne ihr Zutun auch die Gesellschaft erfassen. Die Gesellschaft wird Pflichten unterworfen, die der Sphäre des öffentlichen Gesellschafters zuzuordnen sind. 81

Kap. 6 B. Koch, Gesellschaftsrecht, § 2 Rn. 3; in diesem Sinne auch Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 1 Rn. 14; Lutter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 1 Rn. 11; Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 15; Solveen, in: Hölters/Weber, AktG, § 1 Rn. 7; Wiedemann, GesR I, § 4 I. 2. b). 83 Heider, in: MünchKomm-AktG, § 1 Rn. 47 ff.; Koch, AktG, § 1 Rn. 4; Solveen, in: Hölters/Weber, AktG, § 1 Rn. 7; Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 10 f.; Wöstmann, in: Henssler/Strohn, GesR, § 1 AktG Rn. 5. 82

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

Indem nicht die Gebietskörperschaft, sondern die Gesellschaft in Anspruch genommen wird, werden zudem die ausdifferenzierten Sondervorschriften der §§ 394, 395 AktG, die einen Ausgleich zwischen Kontroll- und Vertraulichkeitsinteressen schaffen sollen, umgangen.84 Dem Regelungskonzept der §§ 394, 395 AktG liegt die Erwartung zugrunde, dass öffentlich-rechtliche Kontrollpflichten lediglich die beteiligte Gebietskörperschaft treffen. Durch die eigene Auskunftsverpflichtung der Gesellschaft entsteht eine Situation, die aktienrechtlich nicht vorgesehen ist. Hieraus erklärt sich, dass weder § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG noch sonstige spezielle Kautelen zum Schutz der Gesellschaft und ihrer Stakeholder bestehen. Anders als bei der Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft scheiden Verstöße gegen diese Pflichten als Anknüpfungspunkte einer Haftung daher von vornherein aus.

II. Das Konzernrecht als Konfliktlösungsmodell Bestehen keine speziellen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz, an deren Verletzung eine Ausgleichspflicht geknüpft werden könnte, stellt sich die Frage, ob Vorschriften des aktienrechtlichen Konzernrechts ein geeignetes Konfliktlösungsmodell darstellen. Bereits früh und noch vor Inkrafttreten des AktG 1965 wurde erkannt, dass bei Beteiligungen von Hoheitsträgern ein Konflikt von öffentlichen Interessen und Unternehmensinteressen möglich ist.85 Zunächst war umstritten, ob das Konzernrecht als Konfliktlösungsmodell herangezogen werden kann. Entzündet hat sich die Diskussion an der Frage, ob Gebietskörperschaften Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne sein können. 1. Das Lösungsmodell im Spiegel von Rechtsprechung und Schrifttum a) Früher Meinungsstand im Schrifttum Die Kontroverse um die Auslegung des Unternehmensbegriffs hatte ein breites Meinungsspektrum hervorgebracht, das sich im Wesentlichen auf zwei Grundströmungen reduzieren ließ.86 Von einem Teil des Schrifttums wurde die Unternehmenseigenschaft von Gebietskörperschaften grundsätzlich abgelehnt.87 Grund hierfür sei die strukturelle Verschiedenheit von öffentlicher Hand und privatem

84

Vgl. Koch, ZHR 183 (2019), 7, 40. Hierzu Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 39. 86 Zum Meinungsstand und m. w. N. Zöllner, ZGR 1976, 1, 23 f. 87 Leo, AG 1965, 352, 353; Luchterhandt, ZHR 132 (1969), 149, 165 ff.; W. Werner, AG 1972, 93, 95; Wiedemann/Martens, AG 1976, 197, 232; dies., AG 1976, 232 passim; Zöllner, ZGR 1976, 1, 23 ff.; differenzierend hingegen Bachelin, Der konzernrechtliche Minderheitenschutz, S. 11 f. 85

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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Aktionär.88 Gänzlich ausgeschlossen sei die Einordnung als Unternehmen im Einzelfall aber nicht.89 Einheitliche Voraussetzungen, bei deren Vorliegen dieser Grundsatz einzuschränken wäre, konnten indes nicht gewonnen werden. Diesem tendenziell ablehnenden Lager trat insbesondere Emmerich entgegen, nach dem Gebietskörperschaften generell als Unternehmen anzusehen seien.90 Zwar sei der Staat qualitativ unvergleichbar mit privaten Aktionären, gleichwohl würde hierdurch die Anwendung des Konzernrechts zur Problemlösung nicht ausgeschlossen.91 Wenngleich sich der überwiegende Teil der Autoren dem Lager anschloss, das die die Unternehmenseigenschaft öffentlicher Hände grundsätzlich ablehnte, war man von einer handhabbaren Literaturansicht noch weit entfernt. Dies folgte insbesondere aus den vielfach verschieden formulierten Voraussetzungen, deren Vorliegen ausnahmsweise die Unternehmenseigenschaft begründen sollten. Entsprechend ernüchtert erscheint die Äußerung von Wiedemann/Martens im Jahr 1976, nach denen die „literarische Meinungsbildung im Ergebnis und in der Begründung noch nicht ausreichend fortgeschritten [ist], um eine gesicherte Problembewältigung anbieten zu können.“92 b) Das VEBA/Gelsenberg-Urteil des BGH v. 13. 10. 1977 Nur ein Jahr nach dieser Äußerung hat der der BGH in seinem vielbeachteten Urteil vom 13. 10. 1977 Stellung bezogen. Entgegen der wohl überwiegenden Auffassung im Schrifttum entschied der II. Zivilsenat, dass auch die Bundesrepublik Deutschland herrschendes Unternehmen im Sinne des Konzernrechts sein kann.93 Gegenstand der Entscheidung war die Gelsenberg AG, deren Anteile bereits zu 96,1 % der VEBA AG gehörten und die in letztere eingegliedert werden sollte. An der VEBA AG war wiederum zu 43,7 % der Bund beteiligt. Der Eingliederungsbeschluss auf der Hauptversammlung der Gelsenberg AG wurde von der Klägerin mit der Begründung angefochten, dass den Minderheitsaktionären nur VEBA-Aktien, nicht aber auch eine Barabfindung angeboten wurde. Da eine Barabfindung nur bei einer abhängigen Hauptgesellschaft in Betracht kam (§ 320 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 5 S. 3 AktG a. F.), war zu entscheiden, ob die VEBA AG von der Bundesrepublik Deutschland abhängig ist. Anders gewendet lautete die Frage, ob der Bund als herrschendes Unternehmen qualifiziert werden kann. 88 In diesem Sinne Luchterhandt, ZHR 132 (1969), 149, 165 ff.; Wiedemann/Martens, AG 1976, 232, 238 f. 89 Siehe etwa Zöllner, ZGR 1976, 1, 32, nach dem eine „konzernrechtliche Immunität des Staates“ nicht bestehe. 90 Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 212 ff.; ders., AG 1976, 225, 226 ff. 91 Emmerich, AG 1976, 225, 226 f., der die Argumente der Gegenansicht als bloße „Scheinargumente“ bezeichnet. 92 Wiedemann/Martens, AG 1976, 197. 93 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 Ls. 1 = NJW 1978, 104.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

Der BGH näherte sich der Beantwortung dieser Frage über den Schutzzweck der konzernrechtlichen Bestimmungen. Dieser bestehe darin, Gefahren von der Gesellschaft, ihren Minderheitsaktionären und auch Gläubigern abzuwenden, die entstehen, wenn ein Mehrheitsaktionär seine Sonderinteressen entgegen dem Interesse der abhängigen Gesellschaft durchsetzt.94 Kollisionsträchtige Sonderinteressen lägen insbesondere dann vor, wenn der Anteilseigner unmittelbar ein anderweitiges Handelsgeschäft betreibt.95 Eine solche Konfliktträchtigkeit sah der BGH auch bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften, deren spezifische Aufgabenstellung typischerweise mit den wirtschaftlichen Interessen der Privataktionäre kollidieren könnte.96 Hiermit sprach das Gericht das grundsätzliche Spannungsfeld an, das zwischen den öffentlichen Interessen der beteiligten Gebietskörperschaft und den wirtschaftlichen Interessen der privaten Aktionäre besteht. Es konstatierte sodann, dass ein adäquater Schutz durch Normen des öffentlichen Rechts fraglich sei, sodass das aktienrechtliche Konzernrecht „jedenfalls dann ein sachgerechtes und unentbehrliches Mittel zur Konfliktlösung [sei], wenn die öffentliche Hand sich privatwirtschaftlich in einem Umfang betätigt, daß sich hieraus allein schon für private Aktionäre die Gefahr ergibt, das Interesse der Gesellschaft und damit ihr eigenes einem für sie fremden Unternehmensziel aufgeopfert zu sehen.“97 Mit dieser Entscheidung hat der BGH nicht nur eine Sonderstellung von Gebietskörperschaften abgelehnt98 und sie dem Konzernrecht unterstellt. Das Gericht hat vielmehr den Grundstein dafür gelegt, die Vorschriften des Konzernrechts als Lösungsmodell bei einem Konflikt von öffentlichen und privaten Interessen zu begreifen. Ihr ist im Schrifttum überwiegend zugestimmt worden.99 c) Der VW-Beschluss des BGH v. 17. 03. 1997 Die in der VEBA/Gelsenberg-Entscheidung begonnene Argumentation hat der BGH fast zwei Jahrzehnte später in seinem VW-Beschluss100 fortgesetzt und fort94

BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 336 f. = NJW 1978, 104. BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 337 f. = NJW 1978, 104. 96 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 338 = NJW 1978, 104. 97 BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 338 = NJW 1978, 104. 98 Ausdrücklich BGH v. 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, 334, 338 f. = NJW 1978, 104. 99 Koppensteiner, ZGR 1979, 91 ff.; Lutter, ZHR 151 (1987), 444, 451; Lutter/Timm, BB 1978, 836, 838 ff.; in Bezug auf den kommunalen Bereich Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379, 382; Paschke, ZHR 152 (1988), 263, 266 ff.; Raiser, ZGR 1996, 458, 463; aus dem gegenwärtigen Schrifttum Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 38; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 15 AktG Rn. 33 ff.; Koch, AktG, § 15 Rn. 16; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 15 Rn. 68 f.; Windbichler, in: GroßKomm-AktG, § 15 Rn. 28; kritisch Borggräfe, DB 1978, 1433 ff.; Zöllner, AG 1978, 40, 41 ff. 100 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107 = NJW 1997, 1855. 95

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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entwickelt. Der II. Zivilsenat hatte zu entscheiden, ob der Vorstand der Volkswagen AG, deren stimmberechtigte Stammaktien zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zu einem Anteil von 20 % im Eigentum des Landes Niedersachsen standen, nach § 312 AktG zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts verpflichtet war. Nachdem das Gericht in Fortführung seiner Rechtsprechung die Rechtsform des Gesellschafters für die Feststellung der Unternehmenseigenschaft nicht für maßgeblich hielt, führte es in Rückgriff auf Vorarbeiten im Schrifttum101 aus, dass der für private Aktionäre entwickelte Unternehmensbegriff für Körperschaften des öffentlichen Rechts zu modifizieren sei.102 Anders als private Aktionäre sei eine Körperschaft öffentlichen Rechts bereits dann als Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne anzusehen, wenn sie lediglich ein Unternehmen in privater Rechtsform beherrsche; die Beteiligung an anderen Gesellschaften sei nicht erforderlich.103 Einer solchen Ausdehnung des Unternehmensbegriffs bedürfe es, um der Gefahr einseitiger Förderung von öffentlichen Interessen zulasten von Minderheitsaktionären zu begegnen.104 Bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften sei regelmäßig davon auszugehen, dass sie sich von Interessen leiten lassen, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung herrühren.105 Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist, dass der BGH begonnen hat, ein für Beteiligungen von Gebietskörperschaften autonomes Begriffsverständnis zu bilden, das sich am Schutzweck des Konzernrechts orientiert und von der für private Aktionäre entwickelten Begriffsauslegung abgekoppelt ist. Die Entscheidung stellt heraus, dass bei der Beteiligung von Gebietskörperschaften ein Konflikt zwischen öffentlichen Interessen und wirtschaftlichen Interessen besteht, der mit der in der herkömmlichen Verbundsituation bestehenden Konfliktlage zwar nicht identisch,106 aber gleichwohl mit den Mitteln des Konzernrechts zu bewältigen ist.107 Soweit es erforderlich ist, sind die für private Akteure gewonnenen Auslegungsergebnisse zu modifizieren.108 Inzwischen hat das Schrifttum einzelne konzernrechtliche Bestimmungen darauf untersucht, ob sie den Besonderheiten öffentlicher Hände anzupassen sind. Modi101 Koppensteiner, ZGR 1979, 99; Noack, Städte- und Gemeinderat 1995, 379, 382; Raiser, ZGR 1996, 458, 464 f. 102 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 103 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 104 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855 105 BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 106 In diesem Sinne Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 39 ff.; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 103, 116 f.; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 15 Rn. 84; Raiser, ZGR 1996, 458, 465. 107 Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 116 f.; vorher bereits Raiser, ZGR 1996, 458, 465. 108 Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119 f.; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 15 Rn. 84; Windbichler, in: GroßKomm-AktG, § 15 Rn. 30; a. A. Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 15 Rn. 37: Einzelanalogien zum Konzernrecht.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

fikationen seien etwa für den Abhängigkeitsbericht erforderlich, den der Vorstand der abhängigen Gesellschaft zwar zu erstellen habe, der jedoch hinsichtlich der aufzunehmenden Umstände zu begrenzen sei.109 Demgegenüber seien Gebietskörperschaften als herrschende Unternehmen uneingeschränkt nach §§ 20 ff. AktG mitteilungspflichtig.110 Ebenso anwendbar sei das System des Nachteilsausgleichs nach § 311 AktG und die Haftungsfolge des § 317 AktG.111 d) Zwischenergebnis Bei der Beherrschung einer Gesellschaft durch eine Gebietskörperschaft können die wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft, der Minderheitsgesellschafter und Gläubiger mit öffentlichen Interessen konfligieren. Diese Konfliktlage unterscheidet sich zwar von der herkömmlichen Verbundsituation. Dennoch stellt das aktienrechtliche Konzernrecht ein sachgerechtes Konfliktlösungsmodell dar, auf dessen Instrumente bei Beteiligungen von Gebietskörperschaften zurückgegriffen werden kann. Bei der Anwendung der konzernrechtlichen Vorschriften können eine autonome Begriffsbildung und Restriktionen bei der Normanwendung erforderlich sein, um den Besonderheiten öffentlicher Hände Rechnung zu tragen. 2. Inanspruchnahme der Gesellschaft im System der §§ 311 ff. AktG Wie soeben nachgezeichnet wurde, sehen der BGH und die inzwischen herrschende Meinung im Schrifttum bei Gebietskörperschaften in herrschender Stellung einen Konflikt zwischen wirtschaftlichen und öffentlichen Interessen, der mit den Mitteln des Konzernrechts zu bewältigen ist. Vor diesem Hintergrund ist zu klären, ob auch die Inanspruchnahme der Gesellschaft nach dem Umweltinformations- und Presserecht einen solchen spezifischen Interessenkonflikt auslöst, der die Anwendung konzernrechtlicher Bestimmungen, insbesondere der §§ 311 ff. AktG, rechtfertigt. Lässt sich diese Frage bejahen und stellt die Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte eine Veranlassung der Gebietskörperschaft dar, die zu einem Nachteil bei der Gesellschaft führt, ist nach § 311 Abs. 1 AktG ein entsprechender Ausgleich erforderlich, dessen Unterbleiben durch die Schadensersatzpflicht des § 317 AktG sanktioniert wird. 109

Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 312 Rn. 124 ff.; Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 120; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 312 AktG Rn. 32; Koch, AktG, § 312 Rn. 22; Schiessl, ZGR 1998, 871, 879 ff.; J. Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 312 Rn. 46. 110 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 20 Rn. 6; ders., Der Staat als Aktionär 2019, 103, 122; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 20 AktG Rn. 13a; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 20 Rn. 31. 111 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 60, 136 ff.; Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 13; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 12, 39.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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a) Andersgelagerte Konfliktsituation Bei der Beleuchtung der hiesigen Konfliktsituation ist zunächst zu erkennen, dass das Umweltinformationsrecht und das Presserecht jeweils öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt sind. Für das Presserecht im Allgemeinen und den Informationszugang der Presse im Besonderen hat das BVerfG seine besondere Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung herausgestellt.112 Öffentliche Interessen liegen auch dem Umweltinformationsrecht zugrunde, das einen freien Meinungsaustausch fördern und die Teilnahme der Öffentlichkeit an umwelterheblichen Entscheidungsverfahren ermöglichen soll.113 Insofern stehen den wirtschaftlichen (Vertraulichkeits-)Interessen der Gesellschaft, ihrer Minderheitsaktionäre und Gläubiger auch in hiesiger Konstellation öffentliche Interessen gegenüber. Gegen eine Konfliktlösung mit den Mitteln des Konzernrechts könnte vorgebracht werden, die Inanspruchnahme der Gesellschaft sei aus dem Anwendungsbereich des Konzernrechts herauszunehmen, weil die öffentlichen Interessen nicht durch die Gebietskörperschaft, sondern durch informationsberechtigte Dritte geltend gemacht werden. Ein solcher Einwand ginge jedoch fehl. Er würde ausblenden, dass die Auskunftspflicht der Gesellschaft unmittelbar in der Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft wurzelt. So knüpft der funktionell-teleologische Behördenbegriff des Presserechts an einer nach konzernrechtlichen Maßstäben zu beurteilender Beherrschung der Gesellschaft an.114 Auch im Umweltinformationsrecht kann die Beherrschung der Gesellschaft herangezogen werden, um ihre Auskunftspflicht zu begründen (vgl. etwa § 2 Abs. 2 Nr. 2 UIG). Die unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschaft durch informationsberechtigte Dritte ist überhaupt nur möglich, weil die Gesellschaft der Gebietskörperschaft durch das Umweltinformations- und Presserecht zugerechnet wird. Es trifft daher das Richtige, den hiesigen Konflikt öffentlicher und wirtschaftlicher Interessen auch als einen Konflikt im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gebietskörperschaft zu begreifen. Für die Konfliktträchtigkeit der öffentlichen und wirtschaftlichen Interessen kann es keinen Unterschied machen, dass die öffentlichen Interessen nicht durch die Gebietskörperschaft, sondern durch Dritte als Sachwalter der Allgemeinheit wahrgenommen werden.115 Auch für die hier zu untersuchende informationelle Inanspruchnahme der Gesell112 Für die Bedeutung der Presse BVerfG v. 28. 02. 1961 – 2 BvG 1/60 u. a., BVerfGE 12, 205, 260 = NJW 1961, 547; für den Informationszugang als Funktionsvoraussetzung wirksamer Pressearbeit BVerfG v. 27. 07. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 Rn. 14 = BeckRS 2015, 53008. 113 Erwägungsgrund 1 der UIRL. 114 BGH v. 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 = BeckRS 2005, 292; zur Anknüpfung an §§ 16, 17 AktG explizit BGH v. 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 Rn. 21 = BeckRS 2017, 120117. 115 Zur Einordnung des Informationsberechtigten als Sachwalter der Allgemeinheit BVerwG v. 21. 02. 2008 – 20 F 2/07, BVerwGE 130, 236 Rn. 24 = NVwZ 2008, 554 (für das Umweltinformationsrecht); Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 597 (für das Presserecht).

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

schaft kommt die Anwendung der konzernrechtlichen Bestimmungen der §§ 311 ff. AktG daher in Betracht. b) Veranlassung der Gebietskörperschaft aa) Begriff der Veranlassung und anerkannte Fallgruppen Im Rahmen des § 311 AktG ist das herrschende Unternehmen nur zum Ausgleich solcher Nachteile verpflichtet, die aus einem Rechtsgeschäft oder einer Maßnahme herrühren, zu dem es die abhängige Gesellschaft unter Nutzung ihres Einflusses veranlasst hat. Der Begriff der Veranlassung wird weit verstanden.116 Er umfasst grundsätzlich jede Einflussnahme des herrschenden Unternehmens, die für die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder der Maßnahme mitursächlich war.117 Die Form der Veranlassung ist dabei unerheblich.118 Veranlassungen können daher auch bloße Wünsche, Anregungen oder Ratschläge sein.119 Als Urheber der Veranlassung kommt in erster Linie das herrschende Unternehmen bzw. seine Geschäftsleitung in Betracht.120 Eine Veranlassung kann aber auch von Angestellten des herrschenden Unternehmens und von Dritten ausgehen, wenn sie dem herrschenden Unternehmen aus Sicht der abhängigen Gesellschaft zurechenbar ist.121 Ein Veranlassungsbewusstsein ist nicht erforderlich.122 Für Abhängigkeitsverhältnisse, in denen das herrschende Unternehmen eine Gebietskörperschaft ist, haben sich zur Qualifikation Fallgruppen gebildet. Keine 116 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 76; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 144; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 21; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 25. 117 In diesem Sinne Koch, AktG, § 311 Rn. 13; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 40; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 25. 118 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 23; Koch, AktG, § 311 Rn. 13; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 73. 119 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 23; Koch, AktG, § 311 Rn. 13; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 40; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 73. 120 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 147; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 25; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 41; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 76. 121 Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 9; Fleischer, in: GroßKommAktG, § 311 Rn. 147; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 25; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 41; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 76; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 28. 122 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 146; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 23; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 24; Koch, AktG, § 311 Rn. 13; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 40; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 75; a. A. wohl J. Vetter, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 311 Rn. 27.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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Veranlassung soll rein hoheitliches Handeln, etwa durch Gesetz, Verwaltungsakt oder Satzung darstellen.123 Auch allgemeine Appelle, etwa zur Schaffung von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen, würden dem Veranlassungsbegriff grundsätzlich nicht unterfallen.124 Insofern wird betont, dass die Veranlassung auf einen Einfluss zurückführbar sein müsse, der gesellschaftsrechtlich vermittelt ist.125 Als Veranlassung käme jedoch das Verhalten der beteiligungsverwaltenden Stelle der Gebietskörperschaft in Betracht.126 bb) Inanspruchnahme der Gesellschaft als Veranlassung der Gebietskörperschaft Die hier zu untersuchende Konstellation, in der ein Vertreter der Presse oder ein nach dem Umweltinformationsrecht Berechtigter die Gesellschaft auf Herausgabe von Informationen in Anspruch nimmt, lässt sich keiner der anerkannten Fallgruppen zuordnen. Es stellt sich somit die Frage, ob die informationelle Inanspruchnahme der Gesellschaft als Veranlassung der Gebietskörperschaft qualifiziert werden kann. Legt man das hergebrachte und für private Aktionäre entwickelte Begriffsverständnis zugrunde, stößt man auf die Schwierigkeit, dass die Inanspruchnahme nicht durch die Gebietskörperschaft oder einen ihrer Repräsentanten, sondern durch Dritte erfolgt. Ausgeschlossen ist eine Veranlassung durch Dritte zwar nicht. Erforderlich ist aber, dass sie dem herrschenden Unternehmen aus der Perspektive der Gesellschaft zugerechnet werden kann.127 In welchen Fällen und nach welchen Kriterien ein Verhalten Dritter dem herrschenden Unternehmen zurechenbar ist, scheint noch nicht abschließend geklärt.128 Jedenfalls spricht gegen eine Zurechnung, dass die 123

OLG Köln v. 27. 04. 2006 – 18 U 90/05, NZG 2006, 547, 549 = AG 2006, 586; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 137; Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 162; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 23; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 22; Koch, AktG, § 311 Rn. 13; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 46; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 76; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 39. 124 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 162; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 46; zurückhaltender Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119; a. A. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 138 f. 125 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 22; Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 39. 126 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 141; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 162; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 18; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 46; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 76. 127 Kap. 6 D. II. 2. b) aa). 128 Es finden sich jedoch Negativformulierungen, nach denen eine rechtsgeschäftliche Vollmacht nicht erforderlich sei. So Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 147; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 25; Leuering/

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

informationsberechtigten Dritten weder im Lager der Gebietskörperschaft stehen noch eine Handhabe der Gebietskörperschaft zu erkennen ist, auf die Informationsberechtigten einzuwirken. Hier tritt zutage, dass der Veranlassungsbegriff für private Akteure entwickelt wurde. Er ist für die sachgemäße Erfassung hoheitlicher Beherrschungslagen und der sich dort stellenden Konflikte nicht in jedem Fall geeignet. Wird die Ansicht des BGH in seinem VW-Beschluss zur Ausdehnung des Unternehmensbegriffs ernst genommen und seine Argumentation fortgeführt, ist vom Schutzzweck des Konzernrechts ausgehend eine Modifikation des Veranlassungsbegriffs zu entwickeln, die den Besonderheiten von Gebietskörperschaften Rechnung trägt.129 Der Konflikt öffentlicher und wirtschaftlicher Interessen, der den Schutz durch das Konzernrecht erfordert, liegt nämlich auch dann vor, wenn die öffentlichen Interessen durch Dritte geltend gemacht werden. Er entsteht, weil öffentlich-rechtliche Vorschriften Dritte mit eigenen Rechten gegenüber der Gesellschaft ausstatten. Insofern besteht ein struktureller Unterschied zwischen herrschenden Gebietskörperschaften und herrschenden privaten Aktionären, der bei der Auslegung des Veranlassungsbegriffs berücksichtigt werden muss. Diese besondere Konfliktlage kann erfasst werden, wenn der Begriff der Veranlassung dahin ausgelegt wird, dass auch die Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte zur Befriedigung öffentlicher Interessen eine Veranlassung darstellt. Um die Verantwortlichkeit der Gebietskörperschaft für das Verhalten Dritter durch eine derartige Ausdehnung des Veranlassungsbegriffs nicht ausufern zu lassen, ist weiter zu fordern, dass die Inanspruchnahme aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erfolgen muss, die ihren Voraussetzungen nach an die Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft anknüpfen. Durch diese Voraussetzung lässt sich die Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte auch im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und der Gebietskörperschaft gesellschaftsrechtlich erden. Die Inanspruchnahme ist insofern auf einen Einfluss rückführbar, der gesellschaftsrechtlich vermittelt ist.130 Beruht die Auskunftspflicht der Gesellschaft auf der Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft, erscheint die Inanspruchnahme damit auch dann als Veranlassung der Gebietskörperschaft, wenn sie tatsächlich durch einen Dritten erfolgt.

Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 41; unbestimmt auch Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 17: Die Gesellschaft müsse aufgrund eines dem herrschenden Unternehmen zurechenbaren Sachverhalts den Eindruck gewinnen, dass der Dritte mit Einverständnis des herrschenden Unternehmens handele; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 28: „durch bewusste Einschaltung oder auf sonstige Weise zurechenbar“; enger wohl Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 82, der auf allgemeine Grundsätze wie §§ 31, 166, 278 BGB abstellt. 129 Vgl. BGH v. 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, BGHZ 135, 107, 113 f. = NJW 1997, 1855. 130 Vgl. zu dieser Anforderung Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbHKonzernR, § 311 AktG Rn. 22; Bayer, Der Staat als Aktionär 2019, 103, 119; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 39.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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Legt man dieses modifizierte Begriffsverständnis zugrunde, ist bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft nach dem Umweltinformations- und Presserecht eine Veranlassung durch die Gebietskörperschaft zu bejahen.131 c) Nachteiligkeit der Informationsweitergabe Um eine Ausgleichspflicht der Gebietskörperschaft zu begründen, muss die Informationsweitergabe durch den Vorstand der beherrschten Gesellschaft nachteilig sein. Bereits bei der Frage nach dem Informationszugang war festzustellen, dass die Informationsverwendung zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten die Ertragslage der Gesellschaft beeinträchtigt. Bei der für die Annahme eines Nachteils zudem erforderlichen Abhängigkeitsfolge war zu differenzieren. Ist die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden und hat sie die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle satzungsmäßig für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, war eine Abhängigkeitsfolge abzulehnen. Wurden entsprechende Satzungsbestimmungen hingegen nicht vorgenommen, war die Informationsweitergabe als sorgfaltswidrig und damit als Folge der Abhängigkeit einzuordnen.132 Diese Ergebnisse können auch bei der direkten Inanspruchnahme der Gesellschaft fruchtbar gemacht werden. Ob die Informationsweitergabe durch den Vorstand einen Nachteil begründet, hängt also davon ab, ob die Gesellschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und entsprechende Satzungsbestimmungen vorgenommen hat. Der Umstand, dass sich die aus der Informationsweitergabe entstehenden Nachteile regelmäßig nicht quantifizieren lassen, steht der Annahme eines Nachteils nicht entgegen.133 d) Rechtsfolgen für die Gebietskörperschaft und den Vorstand aa) Nachteilsausgleich und Haftung der Gebietskörperschaft gegenüber der Gesellschaft, §§ 311, 317 AktG Sind Veranlassung und Nachteil bejaht, rückt der Nachteilsausgleich der Gebietskörperschaft in den Vordergrund. Nach § 311 Abs. 1 AktG ist eine nachteilige 131 Zu einer ähnlich weiten Auslegung in einem anderen Zusammenhang Traut, Die Corporate Governance von Kapitalgesellschaften der öffentlichen Hand, S. 104, nach dem auch Einflussnahmen Dritter der Sphäre der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, wenn sie auf besonderen Konstruktionsprinzipien der öffentlichen Hand beruhen, die sie gerade für die politische Einflussnahme öffnen. 132 Zum Ganzen und m. w. N. Kap. 3 B. II. 3. c) bb) (2). 133 Vgl. BGH v. 01. 03. 1999 – II ZR 312/97, BGHZ 141, 79, 84 = NJW 1999, 1706; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 33; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/ GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 24; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 56; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 88.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft ausnahmsweise zulässig, wenn das herrschende Unternehmen die Nachteile mit gleichwertigen Vorteilen ausgleicht. Hierfür muss das herrschende Unternehmen der abhängigen Gesellschaft in den Modalitäten des § 311 Abs. 2 AktG einen konkreten Vermögensvorteil gewähren, durch den der entstandene Nachteil ausgeglichen wird.134 Dies erfordert jedoch, dass Nachteil und Vorteil jeweils bewertbar sind.135 Das Ausgleichssystem stößt daher an seine Grenzen, wenn die entstandenen Nachteile nicht beziffert werden können.136 Wie bereits konstatiert wurde, sind die Nachteile, die der Gesellschaft aus einer öffentlichen Preisgabe sensibler Informationen entstehen, in aller Regel nicht quantifizierbar.137 Als solche sind sie einem Einzelausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG nicht zugänglich.138 Wird die Gesellschaft zur Vornahme einer Maßnahme veranlasst, die zu nicht quantifizierbaren und daher nicht ausgleichsfähigen Nachteilen führt, wird hierdurch unmittelbar eine Schadensersatzhaftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 S. 1 AktG ausgelöst.139 Ebenso wie bei der Haftung aus der Garantievereinbarung wird auch hier zur Bestimmung der Schadenshöhe regelmäßig die richterliche Schätzung nach § 287 ZPO erforderlich sein.140 Für die Fälle, in denen sich ein Schaden auch nach § 287 ZPO nicht schätzen lässt, sind die Grundsätze der qualifizierten Nachteilszufügung anwendbar.141 Als qualifizierte Nachteilszufügung werden Einflussnahmen bezeichnet, die derart verdichtet sind, dass sich einzelne Maßnahmen und Wirkungen nicht mehr isolieren lassen, sodass das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG versagt.142 Welche Folgen die 134

Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 113; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 85. 135 OLG Köln v. 15. 01. 2009 – 18 U 205/07, AG 2009, 416, 418 f. = BeckRS 2009, 4001; J. Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 311 Rn. 86. 136 Koch, AktG, § 311 Rn. 42. 137 Vgl. Kap. 3 B. II. 3. d) bb). 138 OLG Köln v. 15. 01. 2009 – 18 U 205/07, AG 2009, 416, 419 = BeckRS 2009, 4001; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 208; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 24, 42; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 91; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102. 139 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 208; Koch, AktG, § 311 Rn. 24; Leuering/ Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 56; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102. 140 Zur Anwendung von § 287 ZPO im Rahmen von § 317 AktG Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 208; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 311 Rn. 33; Koch, AktG, § 317 Rn. 9a. 141 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 208; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 84; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 56; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102. 142 Zum Begriff näher Koch, Gesellschaftsrecht, § 38 Rn. 50.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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qualifizierte Nachteilszufügung für das herrschende Unternehmen hat, ist umstritten.143 Teilweise wird weiterhin eine Lösung im Rahmen des § 317 AktG, jedoch unter Anwendung von Beweiserleichterungen, befürwortet.144 Andere hingegen wollen auch im Aktienrecht auf die Existenzvernichtungshaftung abstellen.145 Der wohl überwiegende Teil des Schrifttums hält die entsprechende Anwendung der im Vertragskonzern geltenden Verlustausgleichspflicht aus § 302 AktG für erforderlich.146 Ein Rückgriff auf die Grundsätze der qualifizierten Nachteilszufügung ist aber nur erforderlich, wenn der Schaden sich auch einer Schätzung nach § 287 ZPO entzieht. Eine Schätzung dürfte bei der Informationsweitergabe durch den Vorstand zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten jedoch regelmäßig möglich sein, da es sich hierbei nicht um breitflächige Einflussnahmen mit besonderer Dichte, sondern um isolierbare Einzelmaßnahmen handelt. Auf die Grundsätze der qualifizierten Nachteilszufügung kommt es dann nicht an. Wird die Gesellschaft auf der Grundlage des Umweltinformations- oder Presserechts zur Preisgabe sensibler Informationen in Anspruch genommen, ist die Gebietskörperschaft der Gesellschaft nach § 317 Abs. 1 S. 1 AktG zum Ersatz der entstandenen Schäden verpflichtet. bb) Rechtsstellung privater Mitaktionäre Die Kollisionslösung im Rahmen der §§ 311 ff. AktG erlaubt es, auch für die Rechtsstellung der Mitaktionäre auf die konzernrechtlichen Instrumente zurückzugreifen. Die Mitaktionäre sind nach § 317 Abs. 4 i. V. m. § 309 Abs. 4 S. 1 AktG zunächst berechtigt, den soeben festgestellten Ersatzanspruch der Gesellschaft gegenüber der Gebietskörperschaft geltend zu machen und Leistung an die Gesellschaft zu fordern. Dogmatisch handelt es sich bei diesem Klagerecht um einen Fall gesetzlicher Prozessstandschaft.147 Mit dem Klagerecht können Mitaktionäre sicherstellen, dass bestehende Ansprüche gegen die Gebietskörperschaft auch tatsächlich 143

Für einen Überblick über das Meinungsspektrum siehe Fleischer, in: GroßKommAktG, § 311 Rn. 40 ff. 144 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Anh. zu § 317 Rn. 22; Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 317 Rn. 7; Koch, AktG, § 317 Rn. 9a. 145 Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 311 AktG Rn. 34; Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558, 585 ff. 146 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 11 ff.; Fett, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 311 Rn. 30; Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 45 ff.; Habersack, in: Emmerich/ Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, Anh. § 317 AktG Rn. 5a; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 142; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 97; Raiser/Veil, KapGesR, § 62 Rn. 62. 147 So auch Bödeker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 317 AktG Rn. 8; Koch, AktG, § 317 Rn. 16, § 309 Rn. 21a; Peres, in: Heidel, AktR, § 309 AktG Rn. 31; a. A. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 309 Rn. 126 f.; Veil/Walla, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 309 Rn. 32: Fall der actio pro socio.

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

durchgesetzt werden.148 Durch die Leistung in das Gesellschaftsvermögen werden zudem die Schäden kompensiert, die bei den Mitaktionären durch die Wertminderung ihrer Aktien entstanden sind.149 Entstehen den Mitaktionären über diesen Reflexschaden hinaus Eigenschäden150, verfügen sie mit § 317 Abs. 1 S. 2 AktG über eine eigene Haftungsgrundlage. Jeder geschädigte Aktionär kann diesen Schadenersatzanspruch unabhängig von der Gesellschaft oder anderen Mitaktionären direkt gegen die Gebietskörperschaft geltend machen und Leistung an sich selbst verlangen. cc) Haftung des Vorstands? Auch in Abhängigkeitslagen ist der Vorstand weiterhin nur seiner Gesellschaft gegenüber verpflichtet; §§ 76, 93 AktG werden nicht verdrängt.151 Der Vorstand ist jedoch berechtigt, unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des § 311 AktG zum Nachteil seiner Gesellschaft zu handeln.152 Bevor er einer Veranlassung des herrschenden Unternehmens Folge leistet, hat er zu prüfen, ob der Nachteil ausgleichsfähig ist und das herrschende Unternehmen zum Ausgleich bereit und auch imstande ist.153 Gibt der Vorstand Veranlassungen nach, die zu nicht quantifizierbaren und deshalb nicht ausgleichsfähigen Nachteilen führen, kann er gegenüber der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG zum Schadensersatz verpflichtet sein.154 Da sich die Nachteile, die aus der Weitergabe von sensiblen Informationen herrühren, in aller Regel nicht beziffern lassen, könnte dem Vorstand auch in hiesiger Konstellation eine Schadensersatzpflicht drohen. Allerdings müsste dem Vorstand der Vorwurf eines schuldhaften Pflichtenverstoßes gemacht werden können. Hieran

148 Vgl. auch Koch, ZHR 183 (2019), 7, 34, der bei der Durchsetzung von Schadensersatzanspüchen eine „Beißhemmung“ des Vorstands gegenüber der mehrheitlich beteiligten Gebietskörperschaft befürchtet. 149 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 317 Rn. 81; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 317 AktG Rn. 13; Koch, AktG, § 317 Rn. 8. 150 Vgl. hierzu bereits Kap. 6 C. V. 2. 151 Bosse, Der Konzern 2019, 1, 2; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbHKonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Koch, AktG, § 311 Rn. 48; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 31; Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 152 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Koch, AktG, § 311 Rn. 48; Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 153 Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 78; Koppensteiner, in: KölnKomm-AktG, § 311 Rn. 140 ff.; Krieger, in: MünchHdB-AG, § 70 Rn. 31; Raiser/Veil, KapGesR, § 61 Rn. 10. 154 Fleischer, in: GroßKomm-AktG, § 311 Rn. 208; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-KonzernR, § 311 AktG Rn. 43; Koch, AktG, § 311 Rn. 48; Leuering/Goertz, in: Hölters/Weber, AktG, § 311 Rn. 56; Müller, in: BeckOGK-AktG (Stand: 01. 01. 2023), § 311 Rn. 102.

D. Kompensation bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft

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fehlt es jedoch, wenn der Vorstand in Erfüllung einer vorrangigen Pflicht handelt.155 Die Informationsweitergabe erfolgte nur, weil die Gesellschaft auf der Grundlage des Umweltinformations- oder Presserechts zur Informationsweitergabe in Anspruch genommen wurde. Für Informationsansprüche nach dem Umweltinformations- und Presserecht wurde bereits dargelegt, dass die Informationsansprüche bei der Inanspruchnahme der Gesellschaft nur durch die spezialgesetzlichen Ausschlusstatbestände beschränkt werden. Greifen diese Ausschlusstatbestände nicht ein, kann der Vorstand die Informationsweitergabe nicht mit Hinweis auf Belange der Gesellschaft verweigern.156 Erfüllt der Vorstand diese Pflichten, ist er in Ermangelung eines Pflichtenverstoßes nicht zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtet.

III. Zwischenergebnis Auch in dem Fall, in dem nicht die Gebietskörperschaft, sondern unmittelbar die Gesellschaft zur Weitergabe von sensiblen Informationen in Anspruch genommen wird, steht ihr ein Schadensersatzanspruch gegen die beteiligte Gebietskörperschaft zu. Gegen ihre Haftung kann die Gebietskörperschaft auch einen Verstoß gegen das Trennungsprinzip nicht geltend machen, da dieses ex lege durch einen Direktanspruch gegen die öffentlich beherrschte Gesellschaft relativiert wird. Will der Gesetzgeber das Trennungsprinzip an dieser Stelle schwächen, muss dies konsequenterweise auch in umgekehrter Richtung gelten. Private Mitktionäre sind berechtigt, den Schadensersatzanspruch der Gesellschaft in Prozessstandschaft geltend zu machen und Leistung an die Gesellschaft zu fordern. Entstehen den Mitaktionären Eigenschäden, können sie von der Gebietskörperschaft ebenfalls Ersatz verlangen. Eine Haftung tritt jedoch nicht ein, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft in der Satzung für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet hat. Hat die Gebietskörperschaft entsprechende Satzungsbestimmungen vorgenommen, entsteht der Gesellschaft durch die Informationsweitergabe kein Nachteil, sodass bereits ein Nachteilsausgleich nicht erforderlich ist. Auf die Schadensersatzsanktionen des § 317 AktG kommt es dann nicht mehr an.

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Allgemein zu dieser Folge bei Pflichtenkollisionen Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836, 855; ferner Hüffer/Koch, AktG (15. Aufl. 2021), § 93 Rn. 40. 156 Für das Umweltinformationsrecht Kap. 5 A. II. 3. b) bb); für das Presserecht Kap. 5 B. II. 3. c) bb).

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Kap. 6: Haftung der Gebietskörperschaft bei Offenlegung

E. Grenzen des Haftungskonzepts Im Rahmen dieses Haftungskonzepts können die meisten Sachverhalte berücksichtigt werden, in denen eine Offenlegung von sensiblen Informationen der Gesellschaft erfolgen muss. Richtet sich der Informationsanspruch direkt gegen die Gesellschaft, kann die Inanspruchnahme durch den informationsberechtigten Dritten regelmäßig als Veranlassung der beteiligten Gebietskörperschaft qualifiziert werden. Voraussetzung des hier entworfenen Veranlassungsbegriffs ist allerdings, dass die informationelle Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte auf der Grundlage von gesetzlichen Bestimmungen erfolgt, die ihren Voraussetzungen nach an die Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft anknüpfen. Die Untersuchung des Informationsfreiheitsrechts hat gezeigt, dass eine direkte Inanspruchnahme der Gesellschaft auch ohne die Anknüpfung an die Gesellschaftsbeteiligung in Betracht kommen kann. Denkbar ist dies auf der Grundlage des IFG NRW. Anders als bei der Bundesregelung und dem Großteil der übrigen Länderregelungen kann der Informationszugangsanspruch des § 4 Abs. 1 IFG NRW direkt gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden.157 Für die Inanspruchnahme der Gesellschaft ist nach § 2 Abs. 4 IFG NRW lediglich erforderlich, dass sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt. Auf eine Beherrschung oder eine Kontrolle der Gesellschaft kommt es nicht an. Eine Anknüpfung an die Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft erfolgt ebenfalls nicht, wenn die Gesellschaft als Beliehene tätig wird. Als Beliehene unterfällt sie, unabhängig von einer Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft, dem funktionalen Behördenbegriff.158 Wird die Gesellschaft in diesen Fällen durch einen informationsberechtigten Dritten in Anspruch genommen, erfüllt die Inanspruchnahme nicht mehr den hier entworfenen Veranlassungsbegriff, sodass eine Haftung der Gebietskörperschaft aus §§ 311, 317 AktG ausscheidet.

157

OVG Münster v. 17. 11. 2020 – 15 A 4409/18, NVwZ-RR 2021, 199 Rn. 58 = BeckRS 2020, 35662; A. Dörr, Informationsansprüche gegenüber dem Staat zuzurechnenden Unternehmen, S. 72; Schwartmann, in: BeckOK-Informations- u. MedienR, § 2 IFG NRW Rn. 34. 158 Vgl. Kap. 5 A. I. 3.

Kapitel 7

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse I. Ingerenzpflicht und Informationsbedürfnis Beteiligt sich eine Gebietskörperschaft an einem Unternehmen in der Rechtsform der AG, müssen die Ausübung der Aktionärsrechte und bei beherrschten Gesellschaften auch die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft demokratisch verantwortet werden. Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine Verantwortung der Gebietskörperschaft für die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks.1 Um dieser verfassungsrechtlichen Verantwortung gerecht werden zu können, muss die Gebietskörperschaft die Gesellschaft durch die Ausübung von Einfluss und Kontrolle steuern können.2 Bei der Steuerung der Gesellschaft ist die Gebietskörperschaft auf diejenigen Mittel und Instrumente beschränkt, die der Gesetzgeber entweder allen Aktionären bereitstellt oder speziell für Gebietskörperschaften geschaffen hat. Eine weitergehende Modifikation des Aktienrechts ist abzulehnen.3 Die Ingerenzpflicht verpflichtet die Gebietskörperschaft, im Sinne einer Eingangskontrolle alle Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten des vorgefundenen Rechts auszuschöpfen. Hierdurch kann das Spannungsfeld, das zwischen der öffentlichen Interessen verpflichteten Gebietskörperschaft und der grundsätzlich zur Gewinnerzielung konzipierten AG besteht, reduziert werden.4 Funktionsvoraussetzung einer effektiven Steuerung ist die umfassende Informationsversorgung der hierzu berufenen Personen oder Stellen. Nur wenn die Gebietskörperschaft mit Informationen aus der Gesellschaft versorgt ist, kann sie ihrer verfassungsrechtlichen Steuerungspflicht gerecht werden. Die Ingerenzverantwortung führt daher zu einem Informationsbedarf der Gebietskörperschaft, der über den eines privaten Aktionärs hinausgeht.5

1

Kap. 2 A. I. 1., 2. Kap. 2 A. I. 3. 3 Kap. 2 B. II. 2. 4 Kap. 2 B. II. 3. 5 Kap. 2 A. II. 2

294

Kap. 7: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

II. Informationszugang der Gebietskörperschaft Damit die Gebietskörperschaft ihre Steuerungspflicht erfüllen kann, ist sie auf eine stetige Versorgung mit Informationen aus der Gesellschaft angewiesen. Im Hinblick auf den Informationsfluss von der Gesellschaft zur Gebietskörperschaft sind zwei Fragenkreise zu unterscheiden. Zunächst war zu untersuchen, ob die Gebietskörperschaft über einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Weitergabe der benötigten Informationen verfügt. Hierbei ist festzustellen, dass der Gebietskörperschaft mit dem Auskunftsrecht des § 131 Abs. 1 AktG sowie dem Informationsanspruch im Rahmen der Konzernrechnungslegung aus § 294 Abs. 3 S. 2 HGB zwar Informationsansprüche gegen die Gesellschaft zustehen. Beide Anspruchsgrundlagen sind jedoch stark funktionsbezogen und gewähren keinen Informationsfluss, der hinreichend breit ist, um das Informationsbedürfnis der Gebietskörperschaft zu befriedigen.6 Darüberhinausgehende Informationsansprüche der Gebietskörperschaft sind nicht anzuerkennen.7 Jenseits der beschränkten gesetzlichen Auskunftsrechte ist die Gebietskörperschaft auf eine freiwillige Informationsweitergabe durch die Gesellschaft angewiesen. Allerdings stehen auch der freiwilligen Informationsweitergabe mit der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht (§§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1 u. S. 2 AktG), dem Erfordernis eines Nachteilsausgleichs (§ 311 Abs. 1 AktG) sowie der Nachauskunftspflicht (§ 131 Abs. 4 AktG) rechtliche und faktische Hürden im Wege.8 Neben der Frage nach einem Informationsanspruch der Gebietskörperschaft stellt die Überwindung dieser Hürden die zweite zentrale Problemstellung im Rahmen des Informationszugangs dar. Besteht zwischen der Gebietskörperschaft und der Gesellschaft ein Abhängigkeitsverhältnis i. S. d. § 17 AktG, kann bei der Informationsweitergabe durch den Vorstand auf den Ansätzen aufgebaut werden, die das bislang ausgereiftere konzernrechtliche Schrifttum für die Informationsweitergabe an das herrschende Unternehmen im Rahmen der herkömmlichen Verbundsituation entwickelt hat. Die Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft ist nur dann mit § 311 Abs. 1 AktG vereinbar, wenn die Gebietskörperschaft sich durch eine Garantievereinbarung verpflichtet hat, die erlangten Informationen nicht in einer Weise zu verwenden, die für die Gesellschaft nachteilig ist. In Gesellschaften mit pluralistischer Aktionärsstruktur wird die Verwendungsbeschränkung durch die Garantievereinbarung nicht konstituiert. Sie besteht bereits auf der Grundlage der mitgliedschaftlichen Treuepflicht. Die Verwendung der erlangten Informationen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten stellt sich dabei aus der Perspektive der Gesellschaft grundsätzlich als nachteilig dar. Etwas anderes gilt nur, wenn die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer 6 Für § 131 Abs. 1 AktG siehe Kap. 3 B. I.; für § 294 Abs. 3 S. 2 HGB siehe Kap. 3 B. II. 2. a) bb). 7 Kap. 3 B. II. 2. b). 8 Kap. 3 A.

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

295

Eingangskontrolle statutarisch auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausgerichtet hat.9 Wurde der Abschluss einer Garantievereinbarung herbeigeführt, kann auch die Informationszugangshürde der organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG überwunden werden.10 Mangels Tatbestandsmäßigkeit wird die Informationsweitergabe auch durch § 131 Abs. 4 AktG nicht beschränkt.11 Bei dem Informationszugang über den Aufsichtsrat gelten im Vergleich zur herkömmlichen Verbundsituation einige Besonderheiten. Mit den §§ 394, 395 AktG hat der Gesetzgeber Sondervorschriften geschaffen, die der Gebietskörperschaft den Informationszugang über diejenigen Aufsichtsratsmitglieder ermöglichen sollen, die auf Veranlassung der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind. Hierzu werden die Repräsentanten der Gebietskörperschaft hinsichtlich ihrer Berichtspflichten von ihrer organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht dispensiert. Den Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft wird Rechnung getragen, indem die Empfänger der Berichte im Innenbereich der Gebietskörperschaft einer eigenen Verschwiegenheitspflicht unterliegen (§ 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG). Zwar enthalten §§ 394, 395 AktG ausdrücklich nur Regelungen zur Entbindung und Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht. Den Sondervorschriften lässt sich jedoch in Abweichung von der grundsätzlichen aktienrechtlichen Kompetenzverteilung auch eine spezielle Informationsweitergabebefugnis für Aufsichtsratsmitglieder entnehmen. Unter den Voraussetzungen und in den Grenzen der §§ 394, 395 AktG verfügen die Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat über eine eigenständige Kompetenz zur Weitergabe von Informationen.12 Durch die Annahme dieser Sonderkompetenz sind Informationsweitergaben durch die Repräsentanten der Gebietskörperschaft auch an § 311 Abs. 1 AktG und § 131 Abs. 4 AktG zu messen.13 Das Erfordernis des Nachteilsausgleichs wird durch den Normenkomplex der §§ 394, 395 AktG nicht verdrängt. Ebenso wie bei dem Informationszugang über den Vorstand ist auch hier der Abschluss einer Garantievereinbarung erforderlich, um die Informationsweitergabe mit § 311 Abs. 1 AktG in Einklang zu bringen.14 Die Informationsweitergabe durch Repräsentanten der Gebietskörperschaft im Aufsichtsrat kann eine Nachauskunftspflicht nach § 131 Abs. 4 AktG nicht auslösen.15 Wenngleich die Gebietskörperschaft Zugang zu den von ihr benötigten Informationen erhält, ist sie durch die Garantievereinbarung, die Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und bei Gesellschaften mit einer pluralistischen 9

Zum Ganzen Kap. 3 B. II. 3. Kap. 3 B. II. 4. 11 Kap. 3 B. II. 5. 12 Kap. 3 C. I. 2. 13 Für § 311 Abs. 1 AktG siehe Kap. 3 C. II. 2. a); für § 131 Abs. 4 AktG siehe Kap. 3 C. II. 3. 14 Kap. 3 C. II. 2. b). 15 Kap. 3 C. II. 3. 10

296

Kap. 7: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

Aktionärsstruktur auch durch die mitgliedschaftliche Treuepflicht im Umgang mit den erhaltenen Informationen beschränkt. Hat die Gebietskörperschaft die Gesellschaft durch Satzungsbestimmungen für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet, kann die Gebietskörperschaft die Informationen gleichwohl im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung von Publizitäts- und Transparenzpflichten einsetzen.16 Es zeigt sich, dass die Teilaspekte des Informationszugangs und der späteren Informationsverwendung nicht isoliert, sondern in einer Wechselbeziehung zueinander stehen. So wirkt sich das Risiko einer späteren Offenlegung auf den vorherigen Informationszugang aus. Zugleich errichtet das Aktienrecht verschiedene Kautelen zum Schutz der abgeflossenen Informationen, die bei der nachgelagerten Informationsverwendung berücksichtigt werden müssen.

III. Offenlegung sensibler Informationen 1. Parlamentarische Kontrolle Beteiligt sich der Bund an einem Unternehmen in der Rechtsform der AG, stellen die Beteiligungsverwaltung sowie bei beherrschten Gesellschaften auch die unternehmerische Tätigkeit jeweils Akte legitimationsbedürftiger Staatsgewalt dar. Als Instrument und Erfordernis effektiver Herstellung demokratischer Legitimation kann sich die parlamentarische Kontrolle im Allgemeinen und das parlamentarische Informations- und Fragerecht im Besonderen auch auf Informationen der beherrschten Gesellschaft richten.17 In seinem Urteil zur Deutsche Bahn AG hat das BVerfG herausgestellt, dass die Bundesregierung die höherrangige Antwortpflicht erfüllen muss, auch wenn sich gegenläufige Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft in einfachgesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflichten manifestiert haben.18 Anders als im Schrifttum bisweilen angenommen, begründen unternehmerische Vertraulichkeitsinteressen in aller Regel keinen Staatswohlbelang, der einen verfassungsrechtlichen Gegenpol zur Antwortpflicht der Regierung darstellen könnte.19 Da öffentlich beherrschte Gesellschaften auch keinen Grundrechtsschutz genießen, muss auf Bundesebene daher stets damit gerechnet werden, dass Informationen, die von der Gesellschaft an die Gebietskörperschaft abgeflossen sind, zur Erfüllung einer parlamentarischen Anfrage öffentlich preisgegeben werden müssen. Ein umgekehrtes Hierarchieverhältnis besteht bei landesparlamentarischen Informationsanfragen. Nach der hier vertretenen Ansicht verfügt das parlamentarische Informations- und Fragerecht auf Länderebene lediglich über landesrechtlichen 16

Kap. 3 E. II. Kap. 4 B. I. 3. b) aa). 18 BVerfG v. 07. 11. 2017 – 2 BvE 2/11, BVerfGE 147, 50 Rn. 212 f., 295 f. = NVwZ 2018,

17

51.

19

Kap. 4 B. I. 3. c) ee).

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

297

Rang, sodass die bundesrechtliche Verschwiegenheitspflicht des § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht die Antwortpflicht der Landesregierung beschränken können. Allerdings ist für Eigengesellschaften zu berücksichtigen, dass Informationen, die über den Vorstand der Gesellschaft erlangt wurden, lediglich der in der Garantievereinbarung begründeten Verwendungsbeschränkung unterliegen. Da die Antwortpflicht der Regierung vertraglich nicht verkürzt werden kann, müssen die auf diesem Wege erlangten Informationen offengelegt werden.20 Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei Informationsanfragen des Gemeinderats an die Verwaltungsleitung. Unabhängig davon, ob der Informationsanspruch aus den Gemeindeordnungen folgt oder ob ein verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch angenommen wird, verfügt die Antwortpflicht der Verwaltungsleitung lediglich über landesrechtlichen Rang. Die Verwaltungsleitung muss die Antwort verweigern, soweit die begehrten Informationen einschlägigen aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen. Eine Offenlegung ist auch hier nur bei Eigengesellschaften zu befürchten, bei denen die begehrte Information über den Vorstand erlangt wurde.21 Keine Bedrohung sensibler Informationen besteht im Rahmen der Betätigungsprüfung durch die Rechnungshöfe. Dem Veröffentlichungsverbot des § 395 Abs. 2 AktG ist Genüge getan, wenn das besondere Mitteilungsverfahren angestoßen wird, das durch eine Begrenzung des Empfängerkreises und den Verzicht auf die Veröffentlichung im Internet dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft Rechnung trägt.22 Bei der Betätigungsprüfung beteiligter Gemeinden steht § 395 Abs. 2 AktG der Veröffentlichung von sensiblen Informationen im Rahmen von Prüfungsberichten entgegen.23

2. Publizitäts- und Transparenzpflichten Durch die Informationspflichten des allgemeinen Informationszugangsrechts ist ein öffentliches Bekanntwerden sensibler Informationen der Gesellschaft in aller Regel nicht zu erwarten. Zwar können sich die Informationspflichten auch auf Informationen richten, die die Gesellschaft der Gebietskörperschaft zu Beteiligungsverwaltungs- und Prüfungszwecken übermittelt hat. Dem Vertraulichkeitsinteresse der Gesellschaft wird auf Bundesebene und in einigen Länderregelungen jedoch ausreichend Rechnung getragen, indem der Zugangsanspruch unter den Vorbehalt entgegenstehender Geheimhaltungsvorschriften gestellt wird. Als Geheimhaltungsvorschriften kommen insbesondere § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG und die mitgliedschaftliche Treuepflicht in Betracht.24 Da einige Länderregelungen über keinen 20

Kap. 4 B. II. 2. Kap. 4 B. III. 2. a) bb); Kap. 4 B. III. 3. b). 22 Kap. 4 C. III. 23 Kap. 4 C. IV. 24 Kap. 5 A. I. 5. b).

21

298

Kap. 7: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

derivativen Vertraulichkeitsschutz verfügen, kann es zu Inkongruenzen zwischen den Ausschlusstatbeständen für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und den aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen kommen. Soweit Informationen auf Länderebene zugänglich gemacht werden müssen, die aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen, setzen sich Letztere aus normenhierarchischen Gründen durch. Eine Preisgabe von vertraulichen Angaben und Geheimnissen der Gesellschaft ist lediglich bei Eigengesellschaften zu befürchten, bei denen die begehrten Informationen über den Vorstand erlangt wurden.25 Eine größere Bedrohung geht hingegen vom Umweltinformationsrecht aus. Es gewährt neben einem Anspruch gegen die beteiligungsführende Behörde auch einen Direktanspruch gegen die Gesellschaft.26 Im Gegensatz zum allgemeinen Informationszugangsrecht bleibt der durch die Ausschlusstatbestände vermittelte Vertraulichkeitsschutz deutlich hinter dem der aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen zurück.27 Müssen nach dem Umweltinformationsrecht Informationen preisgegeben werden, die zugleich aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen, kommt es zu einer Pflichtenkollision, die nicht zuletzt wegen ihres europarechtlichen Ursprungs zugunsten der umweltrechtlichen Informationspflicht aufgelöst werden muss.28 Zu ähnlichen Ergebnissen hat die Untersuchung des Presserechts geführt. Auch hier können die Informationsberechtigten ihren Auskunftsanspruch gegen die beteiligungsführende Behörde sowie gegen die Gesellschaft selbst richten.29 Im Vergleich zum allgemeinen Informationszugangsrecht und zum Umweltinformationsrecht werden die sensiblen Informationen der Gesellschaft durch die Ausschlusstatbestände des Presserechts am schwächsten geschützt. Auch hier kann die auskunftspflichtige Stelle presserechtlich zur Weitergabe von Informationen verpflichtet sein, die zugleich aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen unterliegen. Diese Kollisionslagen sind zugunsten des verfassungsrechtlich verankerten Auskunftsanspruchs der Presse zu lösen.30

IV. Haftungsrechtliche Folgen einer Offenlegung Müssen im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten sensible Informationen

25

Kap. 5 A. I. 5. c). Kap. 5 A. II. 2. b). 27 Kap. 5 A. II. 3. a). 28 Kap. 5 A. II. 3. b). 29 Kap. 5 B. II. 2. 30 Kap. 5 B. II. 3. c). 26

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

299

der Gesellschaft offengelegt werden, ist ein Ausgleich für die Schäden geboten, die der Gesellschaft hieraus entstehen.31 Zur Identifikation der einschlägigen Haftungsgrundlage ist zu differenzieren, ob sich die Offenlegungspflicht gegen die Gebietskörperschaft oder unmittelbar gegen die Gesellschaft richtet. Wird die Gebietskörperschaft in Anspruch genommen, kann ein Schadensersatzanspruch in Ermangelung einer Amtspflicht nicht auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG gestützt werden. Sowohl § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG als auch die mitgliedschaftliche Treuepflicht werden vollständig verdrängt, wenn sensible Informationen auf der Grundlage einer höherrangigen Offenlegungspflicht preisgegen werden müssen.32 Auch an die Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle kann ein Amtshaftungsanspruch nicht geknüpft werden.33 Abzulehnen ist ebenfalls ein Schadensersatzanspruch aus § 311, 317 AktG.34 Haftungsbegründend kann jedoch die Garantievereinbarung herangezogen werden, die im Rahmen des Informationszugangs erforderlich war, um die Informationsweitergabe an die Gebietskörperschaft mit § 311 Abs. 1 AktG in Einklang zu bringen. Gibt die Gebietskörperschaft im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Publizitäts- und Transparenzpflichten Informationen der Gesellschaft preis, ist sie der Gesellschaft wegen der Verletzung der Garantievereinbarung aus § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.35 Entstehen privaten Mitaktionären über den Reflexschaden hinaus Eigenschäden, können sie wegen der Verletzung der Garantievereinabrung ebenfalls Schadensersatz von der Gebietskörperschaft verlangen.36 Ein Verstoß gegen die Garantievereinbarung liegt hingegen nicht vor, wenn die Gebietskörperschaft die Gesellschaft statutarisch für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet hat.37 Wird nicht die Gebietskörperschaft, sondern unmittelbar die Gesellschaft in Anspruch genommen, entsteht ein Konflikt zwischen öffentlichen Interessen und unternehmerischen (Vertraulichkeits-)Interessen, der die Anwendung der §§ 311 ff. AktG rechtfertigt.38 Um die informationelle Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte im Rahmen des § 311 Abs. 1 AktG tatbestandlich erfassen zu können, ist der hergebrachte und für private Akteure entwickelte Veranlassungsbegriff zu modifizieren. Die informationelle Inanspruchnahme durch Dritte zu öffentlichen Zwecken ist als Veranlassung der Gebietskörperschaft zu qualifizieren, wenn sie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erfolgt, die ihren Voraussetzungen nach an die 31

Kap. 6 A. Für § 395 Abs. 1 Hs. 1 siehe Kap. 6 C. I. 1. b); für die mitgliedschaftliche Treuepflicht siehe Kap. 6 C. II. 33 Kap. 6 C. III. 34 Kap. 6 C. IV. 35 Kap. 6 C. V. 1. 36 Kap. 6 C. V. 2. 37 Kap. 6 C. V. 3. 38 Kap. 6 D. II. 2. a). 32

300

Kap. 7: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

Gesellschaftsbeteiligung der Gebietskörperschaft anknüpfen.39 Gibt die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Pflichten sensible Informationen preis, führt dies bei der Gesellschaft grundsätzlich zu einem Nachteil.40 Dieser Nachteil ist mangels Quantifizierbarkeit einem Ausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG nicht zugänglich. Aus der fehlenden Ausgleichsfähigkeit ergibt sich für die Gebietskörperschaft unmittelbar eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft nach § 317 Abs. 1 S. 1 AktG.41 Auch private Mitaktionäre können nach § 317 Abs. 1 S. 2 AktG Ersatz für Eigenschäden verlangen, die über den Reflexschaden hinausgehen.42 Eine Haftung des Vorstands gegenüber der Gesellschaft aus § 93 Abs. 2 AktG besteht dagegen nicht.43 Aus Sicht der Gebietskörperschaft ist eine Schadensersatzhaftung nicht zu befürchten, wenn sie ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist und die Gesellschaft im Rahmen einer Eingangskontrolle satzungsmäßig für die Verfolgung öffentlicher Zwecke geöffnet hat. Hat die Gebietskörperschaft entsprechende Bestimmungen in der Satzung vorgenommen, entsteht der Gesellschaft durch die Informationsweitergabe kein Nachteil, sodass bereits ein Nachteilsausgleich nicht erforderlich ist. Auf die Schadensersatzsanktion des § 317 AktG kommt es dann nicht mehr an.44

B. Fazit Treffen das Aktienrecht und das öffentliche Recht bei öffentlich beherrschten Unternehmen in Rechtsform der AG aufeinander, entsteht zwischen unternehmerischen Vertraulichkeitsinteressen und Informationsinteressen der Öffentlichkeit ein Spannungsfeld. Das Spannungsfeld wird augenfällig, wenn die Gebietskörperschaft im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle oder durch öffentlich-rechtliche Publizitäts- und Transparenzpflichten zur Offenlegung von Informationen verpflichtet wird, die sie zuvor aus der Gesellschaft erlangt hat. Den Offenlegungspflichten treten in diesem Fall aktienrechtliche Bestimmungen gegenüber, die die Vertraulichkeit der weitergegebenen Informationen sichern sollen. Da die meisten Offenlegungspflichten die Vertraulichkeitsinteressen der Gesellschaft und ihrer Stakeholder grundsätzlich als schutzwürdig anerkennen und Einschränkungen ihrer Normenbefehle kennen, entlädt sich das Spannungsfeld in vielen Fällen nicht in konkreten Pflichtenkollisionen. Hervorzuheben ist insofern der derivative Vertraulichkeitsschutz des § 3 Nr. 4 IFG, wonach der Anspruch auf Informationszugang nur vor-

39

Kap. 6 D. II. 2. b) bb). Kap. 6 D. II. 2. c). 41 Kap. 6 D. II. 2. d) aa). 42 Kap. 6 D. II. 2. d) bb). 43 Kap. 6 D. II. 2. d) cc). 44 Kap. 6 D. II. 2. c). 40

B. Fazit

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behaltlich spezialgesetzlicher Geheimhaltungs- oder Verschwiegenheitspflichten besteht. Allerdings ist auch festzustellen, dass eine derartige Verzahnung der öffentlichrechtlichen Offenlegungspflicht mit den aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen lediglich die Ausnahme darstellt. Regelmäßig stehen die Ausschlusstatbestände der Offenlegungspflichten und die aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen bloß nebeneinander. Dabei gewähren die Ausschlusstatbestände durch ihre enge Auslegung und begrenzten Anwendungsbereiche vielfach ein Schutzniveau, das hinter dem der aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen zurückbleibt. Verfügen die Offenlegungspflichten über keine Ausschlusstatbestände, oder bestehen Inkongruenzen zu den aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen, kann die Offenlegung von Informationen erforderlich sein, die zugleich aktienrechtlichen Bestimmungen zum Vertraulichkeitsschutz unterliegen. Die hinsichtlich derselben Informationen zur Vertraulichkeit und Offenlegung verpflichtete Person oder Stelle muss diejenige Pflicht erfüllen, die in der Normenhierarchie auf einem höheren Rang angesiedelt ist. Aus der Perspektive der Gesellschaft und ihrer Stakeholder muss daher stets damit gerechnet werden, dass sensible Informationen auch dann offengelegt werden müssen, wenn sich das gegenläufige Vertraulichkeitsinteresse in besonderen Verschwiegenheitspflichten, wie § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, manifestiert hat. Ist eine Offenlegung sensibler Gesellschaftsinformationen durch die Gebietskörperschaft oder gar durch die Gesellschaft selbst erforderlich, wird das unternehmerische Vertraulichkeitsinteresse allerdings nicht vollständig aufgegeben. Es erlangt auf Sekundärrechtsebene Geltung. Der Gesellschaft und privaten Mitaktionären stehen in diesem Fall Ansprüche auf Ersatz der hieraus entstandenen Schäden gegen die beteiligte Gebietskörperschaft zu. Die Gebietskörperschaft kann ihre Haftung allerdings abwenden, indem sie die Gesellschaft durch Satzungsbestimmungen auf die Verfolgung öffentlicher Zwecke ausrichtet. Ob die Gebietskörperschaft für die Offenlegung der Informationen haftet, hängt somit davon ab, ob die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung gerecht geworden ist. Durch diese Abhängigkeit steht der Verletzung der Pflicht zur Eingangskontrolle mit dem Schadensersatzrisiko nun eine Sanktion gegenüber, die die Gebietskörperschaft zur Wahrnehmung ihrer Ingerenzverantwortung anhält. Nimmt die Gebietskörperschaft ihre Ingerenzverantwortung wahr, ist für (potenzielle) Investoren und Gläubiger die Abkehr vom Zweck der Gewinnerzielung erkennbar. Ist die Gebietskörperschaft ihrer Ingerenzverantwortung hingegen nicht gerecht geworden, besteht die schutzwürdige Erwartung, dass besondere Verschwiegenheitspflichten, wie § 395 Abs. 1 Hs. 1 AktG, die Offenlegung von sensiblen Informationen effektiv verhindern. Müssen die Informationen gleichwohl offengelegt werden, werden die Vertraulichkeitsinteressen sekundärrechtlich durch Schadensersatzansprüche geschützt. Abschließend bleibt festzuhalten, dass es um den Vertraulichkeitsschutz bei öffentlich beherrschten Gesellschaften besser bestellt ist, als es im Schrifttum bis-

302

Kap. 7: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Fazit

weilen angenommen wird. Zwar besteht bei diesen Gesellschaften ein erhöhtes Risiko, dass Unternehmensinterna offengelegt werden müssen. Doch lassen sich die wirtschaftlichen Belastungen einer Offenlegung dem beteiligten Hoheitsträger zuordnen. Aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Stakeholder steht nicht zu befürchten, dass ihre Vertraulichkeitsinteressen ersatzlos zugunsten öffentlicher Informationsinteressen aufgeopfert werden. Es ist daher nicht zu erwarten, dass private Aktionäre sich aus öffentlich beherrschten Gesellschaften zurückziehen oder potenzielle Investoren von einer Beteiligung absehen werden. Die Rechtsform der AG bietet damit auch weiterhin einen geeigneten Rechtsrahmen, in dem die öffentliche Hand sich wirtschaftlich betätigen und mit Privaten kooperieren kann.

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Stichwortverzeichnis Allgemeines Informationszugangsrecht 211 ff. – Ausschlusstatbestände 224 ff. – derivativer Vertraulichkeitsschutz 228 ff. – Informationsanspruch 211 ff. – Informationsbeschaffungspflicht 219 ff. – Inkongruenzen zu aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen 231 ff.

Beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht 150 f. Beamtenrechtliche Weisungsbindung 132 f. Beherrschungsvertrag 68 ff. – Ingerenzmittel 68 f. – praktische Bedeutung 71 – Zulässigkeit 70 f. Berichte durch Repräsentanten im Aufsichtsrat 120 ff. – Kompetenz 118 ff. – Verschwiegenheitspflicht der Berichtsempfänger 139 ff. – Voraussetzungen 128 ff. Berichtspflicht – durch Rechtsgeschäft begründet 134 ff. – durch Satzung begründet 133 f. – gesetzlich begründet 132 f. Betätigungsprüfung 201 ff. – aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten 205 ff. – Berichtspflicht der Rechnungshöfe 204 f. – Informationszugang 203 f. – kommunale Rechnungsprüfungsbehörden 209 – Prüfungsgegenstand 202 Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis – aktienrechtlicher Begriff 75 ff. – aktienrechtsautonome Auslegung 79 – Begriff des GeschGehG 77 ff. – informationsfreiheitsrechtlicher Begriff 225 f.

Demokratieprinzip 38 ff. – demokratische Legitimation der Gesellschaftsbeteiligung 38 ff. – demokratische Legitimation der unternehmerischen Tätigkeit 41 ff. – Informationsschuld der Regierung 168 f. – organisatorisch-personelle Legitimation 41 ff. – sachlich-inhaltliche Legitimation 41 ff., 46 Durchgriffsnormen 186 f. Einflusseinbuße der Gebietskörperschaft 50 ff. Eingangskontrolle 57 ff. – Gegenstände 58 ff. – Wirkungen 158 ff., 276, 287 Einheitliche Leitung 87 f. Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern 72, 129 Erweiterte Abschlussprüfung 15 ff. – Prüfungsgegenstände 153 ff. – Verschwiegenheitspflicht 155 f. – Voraussetzungen 151 ff. EU-Grundrechte-Charta 240 ff. Garantievereinbarung – Erforderlichkeit 105 ff. – Haftung 272 ff. – Inhalt und Ausgestaltung 108 f. – Wirksamkeit 109 ff. – Wirkung 105 ff., 115 f. Geheimschutzordnung 175 Golden Shares 56 f., 121 f. Grundrechtsbindung und Grundrechtsberechtigung 40 f., 172 f., 251 f. Haftung bei Offenlegung von Gesellschaftsinformationen – Amtshaftung 263 ff., 268 ff.

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Stichwortverzeichnis

– Ansprüche privater Mitaktionäre 272 ff., 289 f. – aus Garantievereinbarung 272 ff. – Eingangskontrolle 276, 287 – Erforderlichkeit 261 f. – Grenzen 292 – bei Inanspruchnahme der Gebietskörperschaft 263 ff. – bei Inanspruchnahme der Gesellschaft 277 ff. – konzernrechtliche Haftung 270 ff. Homogenitätsprinzip 186 f., 200 Informationsanspruch der Gebietskörperschaft – allgemeiner Informationsanspruch 89 ff. – spezieller Informationsanspruch 86 ff. Informationsanspruch der Gemeinderäte 189 ff. – kommunalrechtlicher Informationsanspruch 191 ff. – verfassungsunmittelbarer Informationsanspruch 196 ff. Informationsanspruch der Landesparlamente 182 ff. – aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten 184 ff., 187 ff. – Pflichtenursprung 184 Informationsanspruch des Bundestages 165 ff. – aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten 173 ff., 178 f. – Herleitung 165 f. – Umfang 167 ff. – verfassungsrechtliche Geheimhaltungsbelange 172 f., 179 ff. Informationsprivileg für Gebietskörperschaften 120 ff. – Nachauskunftspflicht 147 ff. – Vereinbarkeit mit Unionsrecht 121 ff. – Zulässige Ungleichbehandlung 125 ff. Ingerenzpflicht 38 ff. – rechtliche Grundlagen 38 ff. – Umsetzung 57 ff. Konzernrecht – allgemeiner konzerninterner Informationsanspruch 89 ff.

– – – – –

Anwendbarkeit 69 f. Nachteilsausgleich 270 ff., 278 ff. Nachteilsfeststellung 91 ff., 96 ff. Rechnungslegungspflicht 88 f. Schadensersatz 287 ff.

Mitgliedschaftliche Treuepflicht 105 ff., 156 f., 159 ff., 178, 188, 196, 230, 242, 253, 268 Nachauskunftspflicht – Informationsweitergabe durch Aufsichtsrat 147 ff. – Informationsweitergabe durch Vorstand 116 f. – Informationszugangshürde 84 f. Nachteilsausgleichpflicht – Informationszugangshürde 83 f., 91 ff. – Überwindung 104 ff. – Verwendungsbeschränkung 105 ff. Parlamentarischer Informationsanspruch 164 f. Presserechtlicher Auskunftsanspruch 245 ff. – Bundesbehörden 256 ff. – funktionell-teleologischer Behördenbegriff 246 ff. – Gesellschaft als Schuldnerin 247 ff., 259 – Landesbehörden 245 ff. – verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch 257 ff. – Vertraulichkeitsschutz 249 ff., 259 Prinzip der doppelten Mehrheit 43 Rechtsstaatsprinzip 44 ff. Satzungsbestimmungen 59 ff. – Gesellschaftszweck 59 ff. – Grenzen 62 f. – Unternehmensgegenstand 61 Selbstunterrichtungsrecht 203 f. Staatswohlbelang 179 ff. Umweltinformationsrecht 235 ff. – Ausschlusstatbestände 238 ff. – Informationsanspruch 235 f. – Informationsschuldner 236 ff.

Stichwortverzeichnis – Inkongruenzen zu aktienrechtlichen Vertraulichkeitsbestimmungen 242 ff. Unternehmensinteresse – Begriffsinhalt 64 f. – Bestimmung 66 f. – Nachteilsbegriff 91 f. – Verschwiegenheitspflicht 112 ff. Veranlassungsbegriff 284 – anerkannte Fallgruppen 284 f. – Modifikation 285 f. Verfassungsräume von Bund und Ländern 185 ff., 200 Verschwiegenheitspflicht 74 ff. – Aufsichtsrat 81 ff.

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– Ausnahmen 112 f., 141 f. – Berichtsempfänger 139 ff. – Gegenstand 74 ff. – Vorstand 80 f. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 272 ff. Vertrauliche Angaben 79 f. Verwaltungsgesellschaftsrecht – Kapitalverkehrsfreiheit 56 f. – Kompromissformel 57 ff. – These 52 ff. Vorstandshaftung 85, 290 f. Weisungsfreiheit – Aufsichtsratsmandat 51 – Vorstandsmandat 71