Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten [1 ed.]
 9783428580033, 9783428180035

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Schriften zum Prozessrecht Band 265

Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten Von Amelie Schroth der Zweite

Duncker & Humblot · Berlin

AMELIE SCHROTH DER ZWEITE

Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten

Schriften zum Prozessrecht Band 265

Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten

Von Amelie Schroth der Zweite

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahr 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-18003-5 (Print) ISBN 978-3-428-58003-3 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Sven

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2019/2020 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen. Sie ist für die Drucklegung geringfügig überarbeitet und aktualisiert worden. An erster Stelle danke ich meiner geschätzten Doktormutter Frau Prof. Dr. Dorothea Assmann für ihre klaren, konstruktiven Anmerkungen und ihre zuverlässige Betreuung während der Promotionszeit. Ausdrücklich bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Hartmut Bauer für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens sowie bei Herrn Prof. Dr. Georg Steinberg für sein freundliches Mitwirken in der Prüfungskommission. Ein spezieller Dank gilt dem Koordinationsbüro für Chancengleichheit der Universität Potsdam, für das vergebene Abschluss-Stipendium. Besonders bereichert wurde die Arbeit durch das inspirierende Gespräch mit Frau Dr. Gisela und Herrn Dr. Hans-Georg Mähler. Ihnen gilt mein großer Dank. Von Herzen bedanke ich mich auch bei meiner Schwiegermutter, Frau Dr. Uta Lauen­ stein, für die zügige, kritische und konstruktive Durchsicht des Manuskripts. Besonders herzlich bedanke ich mich bei meinem Mann, Herrn Dr. Sven Großmann, der mein Manuskript ebenfalls mit viel Sorgfalt, Interesse und vor allem Scharfsinn (mehrfach) gelesen und wertvolle Hinweise und entscheidende Anregungen eingebracht hat. Der klare Kompass und das große Herz des Mannes an meiner Seite – dem diese Arbeit gewidmet ist – haben mir eine Promotionszeit voller Leichtigkeit und Vertrauen ermöglicht. Schließlich danke ich meiner wunderbaren Familie – meinen Eltern Frau Dr. Christine und Herrn Dr. Sebastian Schroth der Zweite, die mich auf meinem langen Bildungsweg vorbehaltlos und unentwegt unterstützt haben, und meiner Schwester Frau Karoline Schroth der Zweite – sowie den besten Berlinern dafür, dass sie mir immer ein sicherer Rückhalt sind. Dank Euch allen werde ich die Promotionszeit in besonders schöner Erinnerung behalten! München, im Mai 2020

Amelie Schroth der Zweite

Inhaltsübersicht Erster Teil

Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung

21

Zweiter Teil

Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

26

Kapitel 1

Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

26

A. Vertraulichkeitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Bedeutung von Vertraulichkeitsschutz für die Mediationspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 29 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Kapitel 2

Vertraulichkeitsschutz de lege lata

35

A. § 4 ­MediationsG und das gesetzgeberische Verständnis von Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Folgen von Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG . . . . . . 101 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Kapitel 3

Vertraulichkeitsschutz de facto

109

A. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Extern-prozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Ergebnis zum Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

10

Inhaltsübersicht Kapitel 4



Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung

119

A. Ausgangsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 B. Blickwinkel der Mediation als Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 C. Blickwinkel des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 D. Blickwinkel der Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 E. Blickwinkel beteiligter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 F. Zwischenergebnis zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Kapitel 5

Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

148

A. Vorgehensweise: Prüfen und Einordnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 B. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 C. Extern-prozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Dritter Teil Gesamtergebnis

192

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 A. Aufsätze, Monographien, Lehr- und Praxishandbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C. Online-Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung

21

Zweiter Teil Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes



26

Kapitel 1

Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

26

A. Vertraulichkeitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I.

Überblick zu Ursprung und Entwicklung des Begriffs im Allgemeinen . . . . . . . 26

II. Horizontale Vertraulichkeitsbereiche im Mediationskontext . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Interne Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3. Extern-prozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 III. Vertikale Schutzebenen im Mediationskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Bedeutung von Vertraulichkeitsschutz für die Mediationspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I.

Bedeutung für die Mediation als Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

II. Bedeutung für den Mediator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 III. Bedeutung für die Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 IV. Bedeutung für beteiligte Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Kapitel 2

Vertraulichkeitsschutz de lege lata

35

A. § 4 ­MediationsG und das gesetzgeberische Verständnis von Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I.

Rechtslage vor Inkrafttreten des ­MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Recht der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

II. Anwendungsbereich des ­MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

12

Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzentwurf der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Stellungnahme des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses . . . . . . . . . . . . . . 40 4. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 5. Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 6. Diskussionsstand und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Materiell rechtlicher Regelungsinhalt von § 4 M ­ ediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. § 4 S. 1 ­MediationsG (Regelungsadressaten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Mediator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Kritik an Legaldefinition des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 bb) Abhilfe durch Definition von Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 cc) Definition des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 dd) Rollenverständnis des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (1) Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Verschiedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 ee) Quasi-Berufsrecht des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 ff) Begriffliche Verortung des Anwaltsmediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 gg) § 4 ­MediationsG als lex specialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 aa) Restriktive Auslegung des Personenkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) Der vom Mediator beauftragte Rechtsanwalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Anwaltliche Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. § 4 S. 2 ­MediationsG (inhaltliche Reichweite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. § 4 S. 3 ­MediationsG (Ausnahmen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG (Umsetzung und Durchsetzung) . . . . . . . . . . . 67 aa) Anwendungsfälle von Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Voraussetzungen von Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) Vollstreckung einer Mediationsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Offenlegung durch den Mediator gegenüber Dritten . . . . . . . . . . 69 (3) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Erweiternde Auslegung von Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 dd) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) § 4 S. 3 Nr. 2 ­MediationsG (vorrangige Gründe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) § 4 S. 3 Nr. 3 ­MediationsG (keine Geheimhaltungsbedürftigkeit) . . . . . . . 72 aa) Offenkundiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 bb) Bedeutungsloses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 cc) Fehlende Geheimhaltungsbedürftigkeit anonymisierter Tatsachen . . 74 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Inhaltsverzeichnis

13

4. § 4 S. 4 ­MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Disponibilität von § 4 ­MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 V. § 4 ­MediationsG im Spannungsverhältnis mit Informationsinteressen . . . . . . . . 77 1. Schutz vorrangiger Interessen des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Ausnahmsweise Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Grenze der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Informationspflichten gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 VI. § 4 ­MediationsG im verfahrensrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Zeugnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Zeugnisverweigerungsrechte als Ausnahmeregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (berufliche Funktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Geltungsbereich von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 cc) § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 dd) Sonderproblem: Zeugnisverweigerungsrecht des ehrenamtlichen Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Befürwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (3) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Persönlicher Schutzbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 87 c) Rücksichtnahmepflicht des Gerichts aus § 383 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . 88 d) Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4. Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5. Rückausnahme vom Zeugnisverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Problematik: Nichtentbindung des Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Behandlung der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) In der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (1) Vorwurf der Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (2) Folgen einer Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) In der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (1) Regelmäßig kein Vorwurf der Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . 93 (2) Vorwurf der Beweisvereitelung wegen Nichtentbindung des Zeugen abhängig von der Person des Verweigernden . . . . . . . . . 94 (3) Kritik an der Entbindungsmöglichkeit gem. § 385 Abs. 2 ZPO . . 94 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Zum Vorwurf der Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

14

Inhaltsverzeichnis (2) Zu den Folgen einer Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (3) Zur Kritik an der Entbindungsmöglichkeit gem. § 385 Abs. 2 ZPO 99 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Einschätzung zur Tragweite der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 6. Ergebnis zu § 4 ­MediationsG im verfahrensrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . 100 VII. Zusammenfassendes Ergebnis zum Vertraulichkeitsschutz von § 4 ­MediationsG 100

B. Folgen von Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG . . . . . . 101 I.

Haftung des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

II. Haftung der Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Weitere Haftung aus Berufsrecht des Grundberufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 IV. Überblick zur Haftung des Rechtsanwalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 V. Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Kapitel 3

Vertraulichkeitsschutz de facto

109

A. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I.

Personelle Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

II. Inhaltliche und gegenständliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 B. Extern-prozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I.

Prozessvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Zulässigkeitsgrenze und Rechtsfolgenwirkung privatrechtlicher Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Reichweite von Individualvereinbarungen im Licht prozessualer Mitwirkungspflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

II. Inhaltliche, gegenständliche und personelle Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 C. Zwischenergebnis zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Ergebnis zum Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Kapitel 4

Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung

119

A. Ausgangsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I.

Sollzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Grenzen der Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Bedürfnisorientierter Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Inhaltsverzeichnis

15

II. Erforderlichkeit der Schutzerweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 B. Blickwinkel der Mediation als Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I.

Schutz der Integrität des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

II. Schutz einer verfahrenssystematischen Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 III. Verhinderung der Zweckentfremdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 C. Blickwinkel des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I.

Schutz des Mediators vor Aussagezwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Schutz des Mediators vor Aussagezwang de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Zeugnisverweigerungsrecht aus § 384 ZPO (persönliche Beziehung) . . . . 129 aa) § 384 Nr. 2 Alt. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) § 384 Nr. 2 Alt. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) § 384 Nr. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Zeugnisverweigerungsrecht aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) . . . . . . . . . . . 132 aa) Schutzbereichseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Unzulässiger Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Bedeutung des Schutzes aus ethischen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

II. Arbeitserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 D. Blickwinkel der Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I.

Justiziable Verschwiegenheitsverpflichtung der Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . 140

II. Behebung des Informationsdefizits der Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 III. Schutz vor Informationsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 IV. Mittelbarer Schutz vor Vorwurf der Beweisvereitelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 E. Blickwinkel beteiligter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I.

Arbeitserleichterung und vorteilhafte Auswirkung in Haftungsfragen . . . . . . . . 144

II. Beteiligung an Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 F. Zwischenergebnis zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

16

Inhaltsverzeichnis Kapitel 5



Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

148

A. Vorgehensweise: Prüfen und Einordnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I.

Heteronomer versus autonomen Regelungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Diskussionsstand vor und nach Inkrafttreten des M ­ ediationsG . . . . . . . . . . . 150 2. Diskussionsstand nach Evaluationsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

II. Personenbezogener versus gegenstandsbezogenen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I.

Heteronome Regelungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Erweiterung des Adressatenkreises von § 4 ­MediationsG . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Normierung einer Mustervereinbarung als Anhang zum ­MediationsG . . . . . 161 3. Normierung von Hinweis oder Empfehlung zum Vertraulichkeitsschutz­ umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4. Ausweitung der Informationspflicht aus § 4 S. 4 ­MediationsG . . . . . . . . . . . 163

II. Autonome Regelungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Staatliche Anerkennung ausgewählter privater Repräsentanten . . . . . . . . . . . 164 2. Individualvereinbarung (mit Bezugnahme-Klausel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Erarbeitung einer Mustervereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 C. Extern-prozessuale Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 I.

Heteronome Regelungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 a) Einschränkung des prozessualen Verhandlungsinhalts . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Aktuelle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Normierung eines Katalogs zulässiger Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 cc) Normierung einer prozessualen Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 dd) Praxistauglichkeit einer Einschränkung des prozessualen Verhandlungs­ inhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Normierung eines Vernehmungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Erweiterung der ZPO um ein Buch zum Mediationsverfahren . . . . . . . . . 178 2. Materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Normierung eines Verschwiegenheitsrechts des Mediators . . . . . . . . . . . . 179 aa) Referenzpunkt: Rechtslage in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Referenzpunkt: Rechtsanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Inhaltsverzeichnis

17

cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Normierung einer materiell rechtlichen Einrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Erweiterung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Autonome Regelungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Individualvereinbarung mit Prozessvertrag (und Bezugnahme-Klausel) . . . . 185 2. Erarbeitung einer Mustervereinbarung mit Prozessvertrag . . . . . . . . . . . . . . 186 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Dritter Teil Gesamtergebnis

192

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 A. Aufsätze, Monographien, Lehr- und Praxishandbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C. Online-Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht a. a. O. am angegebenen Ort alte Fassung a. F. a. M. am Main Abs. Absatz ADR Alternative Dispute Resolution AG Amtsgericht Alt. Alternative AnwBl Anwaltsblatt AnwG Anwaltsgericht Art. Artikel Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Berlin ASOG Bln Az. Aktenzeichen Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern BayGO BB Betriebs-Berater Bd. Band BeckOK Beck’scher Online-Kommentar Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch BeckRA-HdB BeckRS Beck-Rechtsprechung BeurkG Beurkundungsgesetz Beschl. Beschluss BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BNotO Bundesnotarordnung BörsG Börsengesetz BORA Berufsordnung der Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen. Zeitschrift für anwaltBRAK-Mitt. liches Berufsrecht BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung BT-Drs. Drucksache des Bundestags BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise Commission de Conseil des barreaux européens CCBE Corporate Compliance Zeitschrift CCZ d. h. das heißt Deutscher Juristentag DJT DStR Deutsches Steuerrecht Einf. Einführung

Abkürzungsverzeichnis

19

Einl. Einleitung et cetera etc. Europäische Union EU Europäischer Gerichtshof EuGH Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EuZW f. / ff. folgende Seite(n) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FamRZ Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit FGPrax Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren FörderungsG der außergerichtlichen Konfliktbeilegung Familie, Partnerschaft, Recht FPR FS Festschrift G Gesetz gem. gemäß GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler GRUR-Int. Teil GVG Gerichtsverfassungsgesetz herrschende Meinung h. M. HB Handbuch HGB Handelsgesetzbuch in der Regel i. d. R. in diesem Sinn i. d. S. im Ergebnis i. E. im engeren Sinn i. e. S. im Sinne des i. S. d. im Sinne von i. S. v. in Verbindung mit i. V. m. i. w. S. im weiteren Sinn Journal of International Dispute Resolution IDR Juristische Arbeitsblätter JA Juristische Rundschau JR Juristische Schulung JuS JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel Gesetz über das Kreditwesen KWG lat. lateinisch littera (Buchstabe) lit. LG Landgericht mit Anmerkungen m. Anm. mit weiteren Nachweisen m. w. N. Max Planck Private Law RPS Max Planck Institute for Comparative & International Private Law Research Paper Series Monatsschrift für Deutsches Recht MDR Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Mediations-RL Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen

20

Abkürzungsverzeichnis

MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins MüKo- Münchener Kommentar zum NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR NJW-Rechtsprechung-Report Zivilrecht Nr. Nummer NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notarzeitschrift S. Satz / Seite SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren SDM Spektrum der Mediation SK- Systematischer Kommentar zum sog. sogenannt StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung u. a. unter anderem u. s. w. und so weiter u. U. unter Umständen UNCITRAL United Nations Commission on International Trade Law Urt. Urteil USA Vereinte Staaten von Amerika v. vom / von / vor v. a. vor allem VAG Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen VersR Versicherungsrecht VG Verwaltungsgericht vgl. vergleiche Vorb. Vorbemerkung VSBG Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen VuR Verbraucher und Recht WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel WpPG Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist z. B. zum Beispiel ZAP Zeitschrift für die Anwaltspraxis ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Konfliktmanagement ZKM ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

Erster Teil

1

Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung Der Stellenwert der Mediation als ADR-Verfahren1 steigt stetig an. Zum aktuellen Stand von Verbreitung und Akzeptanz der Mediation erklärten die Autoren des von der Bundesregierung beauftragten Evaluationsberichts, der im Juli 2017 veröffentlicht wurde2, als Ergebnis der von ihnen durchgeführten, handwerklich massiv kritisierten3, rechtstatsächlichen Studie, die Mediation sei zu einer festen Größe in der „Streitbeilegungslandschaft“ geworden, habe ihr Potenzial aber noch nicht voll entfaltet4. Das Leistungsvermögen von Mediation erkannte das BVerfG bereits vor über einem Jahrzehnt an: „Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung.“5 Die Bundesregierung zeichnet verantwortlich für eine Umsetzung der Ergebnisse des Berichts und spricht sich, vor dem Hintergrund der Vorteile frühzeitiger einvernehmlicher Streitbeilegung, für eine Förderung von ADR-Verfahren aus.6 Dem zustimmend erklärte Ewig, als Pionier der Mediation in Deutschland befragt zur 1 Technischer Begriff zum englischen Akronym ADR für Alternative Dispute Resolution; zur Entwicklung von ADR-Verfahren Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 1–5. 2 Gemäß ihrer Verpflichtung aus § 8 MediationsG zur Berichterstattung gegenüber dem Bundestag bis zum 26.07.2017 hat die Bundesregierung das Deutsche Forschungsinstitut für die öffentliche Verwaltung in Speyer mit einer rechtstatsächlichen Studie beauftragt. 3 Statt vieler: BM e. V. 2017 zum Evaluationsbericht S. 1 ff.; Round Table 2017 zum Evaluationsbericht S. 2; BAFM 2017 zum Evaluationsbericht S. 1 f.; Stiftung Mediation 2017 zum Evaluationsbericht S. 2 f.; Kaiser, ZKM 2018, 25 (26 f.); Gläßer, ZKM 2018, 4. 4 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 3. Dennoch finanzieren die deutschen Rechtsschutzversicherer (eigenen Angaben zufolge, vgl. GDV e. V. 2017 zum Evaluationsbericht S. 4.) inzwischen knapp 100000 Mediationsverfahren jährlich. 5 BVerfG NJW-RR 2007, 1073 (1074); die grundlegende Kritik der a. A. (vgl. für eine aktuelle Darstellung Isermann, VuR 2018, 283 (284) m. w. N.), geäußert beispielsweise wie folgt: „In einer Kultur des Vergleichens bleibt die Rechtsfortbildung durch Urteile auf der Strecke.“ vgl. Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (15), überzeugt in dieser Pauschalität nicht. Gleichwohl kann die Kritik im Kern durchaus berechtigt sein, vgl. zur Parallelthematik im Kontext von Schiedsgerichtsverfahren: Für eine Abhilfe durch Etablierung einer dem Diskretionsinteresse durch Anonymisierung Rechnung tragende Veröffentlichungspraxis Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 419; für eine systematische Veröffentlichung von Schiedssprüchen im Interesse von Normbildung, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 326–333. 6 BT-Drs. 19/4099, S. 2.

22

1. Teil: Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung 

Entwicklung der Mediation in den letzten 20 Jahren7, dass die Mediation als Institution „unverzichtbar und symbolisch für gelebte Demokratie“8 sei. Glasl prophezeit ein wachsendes Bewusstsein, mit Mediation Konflikte besser lösen zu können, da die „menschlichen Kosten gewaltsam oder autoritativ gelöster Konflikte“ zu groß seien.9 Auch Mählers blicken optimistisch in die Zukunft der Institution: „Mediation hilft, die zunehmende Komplexität unseres Zusammenlebens zu bewältigen. Gepaart mit Menschlichkeit: wer will sie aufhalten?“10 Die Zielvorgabe der Mediation ist es, durch Verständigung zu einer autonomen Übereinkunft der Medianden zu gelangen.11 Ein fundamentaler Unterschied zwischen einem Mediationsverfahren und einem Schieds- bzw. Gerichtsverfahren besteht folglich darin, dass die Beteiligten ihre Aufmerksamkeit aufeinander richten und nicht auf einen Dritten.12 Anders als ein Richter trifft der Mediator keine inhaltliche Entscheidung. Dadurch, dass es in einem Mediationsverfahren nicht darum geht, eine übergeordnete Instanz von der Wahrheit der vorgetragenen, jeweils günstigen Tatsachen zu überzeugen, lässt sich die Konfliktdynamik im Vergleich zu gerichtlichen Verfahren begrenzen.13 Die Begrenzung der Dynamik des Konflikts dient dem gegenseitigen Verständnis: Indem die Beteiligten ihre Kräfte ausschließlich für eine Verständigung untereinander einsetzen können, werden keine Ressourcen durch die Bemühungen, eine externe Person (hier den Mediator) zu überzeugen, verbraucht. Während sich die Dynamik des Konflikts im Mediationsverfahren ohne externe Entscheidungsinstanz im Vergleich zum Gerichtsverfahren verringern lässt, ist der Umfang an vorgebrachten Tatsachen im Mediationsverfahren größer, da nicht nur jeweils günstige, sondern auch ungünstige Tatsachen vorgebracht werden. Die größere Neigung der Medianden zur Preisgabe von Informationen wird darauf zurückgeführt, dass die Mediation nicht auf Konkurrenz, sondern auf Kooperation angelegt ist.14 In vielen Fällen erlangen die Medianden somit durch eine Mediation Informationen oder machen Zugeständnisse, die sie im Fall eines Gerichtsverfahrens nicht erlangt oder gemacht hätten.15 Entsprechende Zugeständnisse sind als Ausgangs- oder Endpunkt der Bearbeitung eines Themas erwünschter Motor der Mediation. Gleichwohl wohnt einem Zugeständnis auch die Gefahr inne, dass es bei Ausbleiben der Klärung der Thematik in deren Kontext es gemacht wurde, außerhalb der Mediation zum Nachteil des Zugestehenden verwendet wird. Hieraus erwächst die Erforderlichkeit, die Vertraulichkeit von 7

20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188. 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189). 9 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189). 10 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (190). 11 Breidenbach / Peres, SchiedsVZ 2010, 125; Falke, AnwBl 2004, 16. 12 Zum Vergleich der Mediation mit dem Zivilprozess eingehend Wendland, Mediation und Zivilprozess; Falke, AnwBl 2004, 16.  13 So auch: Weigel, NJOZ 2015, 41. 14 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148. 15 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 34; Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 1 ff. 8

1. Teil: Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung 

23

Inhalten, die in oder anlässlich einer Mediation preisgegeben wurden, zu wahren. Ein schützenswertes Bedürfnis nach vertraulichem Umgang mit Informationen ist gleichwohl kein Alleinstellungsmerkmal von Mediationsverfahren. Vielmehr lässt sich solch ein Bedürfnis in vielen Konstellationen feststellen, in denen Personen mit gleich gerichteten oder gegenläufigen Interessen miteinander in Kontakt treten, beispielsweise im Rahmen einer Gerichtsverhandlung oder auch im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen.16 Eine Mediation kann jedoch nur gelingen, soweit sich die Medianden mit vertraulichen Inhalten offen gegenübertreten, woraus sich die herausragende Bedeutung des Vertraulichkeitsschutzes im Mediationskontext ergibt. Hierbei kommen verschiedene Kategorien von Tatsachen, deren Vertraulichkeit es zu schützen gilt, in Betracht. Beispielsweise Geschäftsgeheimnisse (bzgl. Geschäftsidee, Produktionsablauf, Bilanzierung o. Ä.) oder (Zwischen-)Ergebnisse einer Mediation, wie Angebote, Zugeständnisse, Vergleichsvorschläge oder Einigungsoptionen (bzgl. potenzieller Zahlungsbereitschaft eines Medianden o. Ä.). Da Informationen aus einem Mediationsverfahren in einem anderen Kontext verwendet werden können, z. B. in gerichtlichen Verfahren oder in einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung, stellt sich die Frage, welche Inhalte aus einem Mediationsfall konkret vertraulich zu behandeln sein sollten und wie mit den in der Mediation erstmals erlangten Informationen in einem evtl. nachgelagerten Zivilprozess zu verfahren sein sollte.17 Häufig geht es auch um die Verwendung im Zusammenhang mit außergerichtlichen Absprachen mit Dritten sowie schlicht um die Fruchtbarmachung von im Rahmen einer Mediation erlangtem Wissen beispielsweise zu Geschäftsideen o. Ä.18 Zur Einleitung in die Thematik des Vertraulichkeitsschutzes muss festgehalten werden, dass sich das allgemeine Risiko des Bekanntwerdens von Informationen mit jeder Weitergabe an eine Person erhöht. Dieses allgemeine Risiko gilt es im Blick zu behalten, insbesondere im Zusammenhang mit Fragen zum idealen Schutzumfang, wie beispielsweise, ob lückenloser Schutz vor (strategischer) Verwertung von Mediationsinhalten sinnvoll und möglich ist. Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten variiert hinsichtlich seiner Ausgestaltung und auch mit Blick auf die ihm beigemessene Bedeutung in Abhängigkeit von dem Standpunkt des Betrachters19. Relevant für die nachfolgende Untersuchung sind der Blickwinkel der Mediation als Institution, der des Mediators sowie der der Medianden und schließlich die Perspektive beteiligter Dritter. Beispielsweise ist Klarheit hinsichtlich der Reichweite des Vertraulichkeitsschutzes

16

Peters, JR 2009, 314 (315 f.). Steffek, ZKM 2017, 183 (185); vgl. zur Beantwortung im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 18 So auch: Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 2; zu anschaulichen Beispiel-Fällen G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4 f. 19 Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die männliche Form gewählt wurde. 17

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1. Teil: Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung 

während und nach einem Mediationsverfahren essenziell für die Entscheidung der Medianden, eine Mediation durchzuführen. Die Frage nach dem Schutz der Vertraulichkeit von Inhalten einer Mediation ist vielschichtiger als auf den ersten Blick ersichtlich. Sie betrifft sowohl den Kernbereich der Mediation als auch entscheidende Fragen des Zivilprozesses. Die Medianden und der Mediator tragen jeweils Verantwortung für Entstehung und Erhalt von gegenseitigem Vertrauen während der Mediation. Betroffen ist hier die sog. interne Vertraulichkeit20. Ohne gegenseitiges Vertrauen der Beteiligten ist das Gelingen einer Mediation nicht denkbar. Diesem Umstand trägt das Grundprinzip der Eigenverantwortung Rechnung. Vor diesem Hintergrund lässt sich die folgende Einordnung vornehmen: Vertrauen ist materiell und Vertraulichkeit ist formal.21 Der Untersuchungsgegenstand ist auf die formale Ebene der Vertraulichkeit beschränkt. Strukturgebend hierfür sind die nachfolgenden Leitfragen. Wie wird die Vertraulichkeit von Inhalten eines Mediationsverfahrens nach aktueller Rechtslage geschützt? Von zentraler Bedeutung für die Untersuchung des Schutzes von vertraulichen Mediationsinhalten ist der im Jahr 2012 in Kraft getretenen § 4 MediationsG22, welcher eine Verschwiegenheitspflicht des Mediators zugunsten der Medianden vorschreibt. In forensischer Hinsicht werden zivilprozessuale Aspekte im Licht der Regelungen des materiellen MediationsG untersucht (vgl. Kap. 2 der Untersuchung). Einen Schwerpunkt bildet daneben die Untersuchung der Möglichkeiten und Grenzen bei der Vertragsgestaltung (vgl. v. a. Kap. 3 der Untersuchung). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen und privatautonomen Gestaltung von Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext wird die Erforderlichkeit einer Erweiterung des Schutzes erörtert (vgl. v. a. Kap. 4 der Untersuchung): Bedarf es einer Erweiterung? Die in diesem Zusammenhang erlangten Erkenntnisse dienen der Untersuchung der Möglichkeiten zur Verzahnung eines Mediationsverfahrens mit einem potenziell nachfolgenden Verfahren nach der ZPO23 bzw. die wechselseitige Isolierung beider Verfahren24. (vgl. v. a. Kap. 5 der Untersuchung): Welche Möglichkeiten bzw. welche Vorgehensweisen zur Erweiterung des Schutzes gibt es? Welche verdienen den Vorzug? Der Erörterung des Untersuchungsgegenstandes anhand der vorstehenden Leitfragen liegt die Annahme zugrunde, dass die an einem Mediationsverfahren Be 20

Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 50; Lilja / von Lucius / Tietz, in: Klowait / Gläßer, HK-MediationsG, Teil 1 Ziff. 2 Rn. 108; vgl. zur Strukturierung des Vertraulichkeitsbegriffs Zw. Teil. Kap. 1. A. II., III. 21 Weigel, Vertraulichkeit Inkovema, S. 2. 22 Mediationsgesetz vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577), das durch Art. 135 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 23 Hiervon ausgenommen ist die Verbindung einer Mediation mit einem nachgelagerten strafoder verwaltungsrechtlichen Verfahren. 24 Wagner, NJW 2001, 1398 (1400).

1. Teil: Einführung in Gegenstand und Gang der Untersuchung 

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teiligten, aufgrund von emotionaler oder wirtschaftlicher Verbundenheit oder Not, ein authentisches Interesse an der Beilegung eines Konflikts haben. Dies im Bewusstsein, dass sich die Medianden in aller Regel aus freien Stücken für eine Mediation entscheiden, da sie auf den Erfolg des vermittelnden Verfahrens hoffen. Dem Medianden soll im Zusammenhang mit den Bemühungen um seinen Schutz weder sein Wille noch seine Fähigkeit, vernünftig und fair zu handeln, abgesprochen werden. I. d. S. sollen Katastrophisierungen vermieden und das allgemeine Lebensrisiko stets im Blickfeld behalten werden. Es liegt ferner die Annahme zugrunde, dass die inhaltliche Wissenshoheit bei den Medianden liegt, während die Hoheit über das Verfahren bei dem Mediator bzw. dem erkennenden Gericht liegt.

Zweiter Teil

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Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes Strukturgebend für die Untersuchung sind die aufgeworfenen Leitfragen. Eine Begutachtung des Vertraulichkeitspostulats aus verschiedenen Perspektiven ermöglicht ihre Beantwortung. Zunächst richtet sich der Blick auf den gegenwärtigen Zustand des Schutzes der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten. Anschließend stellt sich die Frage nach der Erforderlichkeit von Verbesserungsmöglichkeiten, mit dem Ziel eines optimierten zukünftigen Vertraulichkeitsschutzes. Kapitel 1

Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext Der Stellenwert von Vertraulichkeit und ihrem Schutz hängt davon ab, wie bedeutsam Vertraulichkeit im Bezugssystem der Mediation ist. Hierauf richtet sich das Erkenntnisinteresse dieses Kapitels.

A. Vertraulichkeitsbegriff I. Überblick zu Ursprung und Entwicklung des Begriffs im Allgemeinen „Vertrauen“ bedeutet im juristischen Kontext, die sichere Erwartung des Eintretens eines bestimmten Umstandes.1 Das klassische juristische Mittel zur Absicherung dieser Erwartung ist eine Vertraulichkeitsvereinbarung2. Unter dem Stichwort „trauen“ beschreibt der Duden die Entwicklung von dem ursprünglichen Wortgebrauch „glauben, hoffen, zutrauen“ hin zur Bedeutung „Vertrauen schenken“ sowie die Entwicklung des reflexivem „sich zutrauen“, hin zur Bedeutung „wagen“.3 Das entsprechende Adjektiv der Wortfamilie aus dem 16. Jahrhundert ist „vertraulich“ i. S. v. „intim“ und „diskret“.4 Unter dem Stichwort „schweigen“ wird erklärt, dass 1

Köbler / Pohl, Rechtswörterbuch, Vertrauen; Köbler, Juristisches Wörterbuch, Vertrauen. Bezeichnet auch als Geheimhaltungsabrede oder -vertrag bzw. NDA für non-disclosure agreement. 3 Zur unterschiedlichen Verwendung des Begriffs Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 37 ff. 4 Riecke / Bibliographisches Institut, Duden – das Herkunftswörterbuch, trauen. 2

Kap. 1: Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

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das Verb im Laufe der Zeit mit seinem Veranlassungswort „zum Schweigen bringen“ zusammengefallen ist. Zur Wortfamilie „verschweigen“ mit der Bedeutung „nicht nennen; für sich behalten“ gehören auch „verschwiegen“ i. S. v. „geheim halten“ und das ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert stammende Substantiv „Verschwiegenheit“.5 Adressat ist begrifflich demnach die Person, die zu schweigen hat. Sach- und nicht personenbezogen steht im Unterschied hierzu bei der Vertraulichkeit die Information selbst im Mittelpunkt.6 Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Vertraulichkeit Diskretion und Verschwiegenheit gegenüber Dritten beansprucht. Eine vertrauliche Information ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. II. Horizontale Vertraulichkeitsbereiche im Mediationskontext Eine Struktur bekommt der Begriff der Vertraulichkeit durch eine nachstehend im Einzelnen beschriebene horizontale Aufteilung in verschiedene Bereiche. Üblich ist die Unterteilung in interne und externe Vertraulichkeit.7 Diese Unterteilung ist zweckmäßig, aber nicht ausreichend präzise, um dem breiten Spektrum der externen Vertraulichkeit gerecht zu werden. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts erfährt der Begriff eine sinnvolle Erweiterung durch eine Dreiteilung: interne Vertraulichkeit, extern-außerprozessuale und extern-prozessuale Vertraulichkeit. Die zuvor vorgenommene Dreiteilung8 begünstigt die begriffliche Fassbarkeit von Vertraulichkeit im Mediationszusammenhang und schafft Transparenz und Übersichtlichkeit hinsichtlich ihrer Bedeutung. 1. Interne Vertraulichkeit Die interne Vertraulichkeit betrifft den Umgang mit Informationen der am Mediationsverfahren unmittelbar beteiligten Medianden und des Mediators für die Dauer des Mediationsverfahrens. Das Ziel ist hierbei die Entstehung und der Erhalt von gegenseitigem Vertrauen während der Mediation. Diesbezüglich ist besondere Vorsicht geboten in Konstellationen des Mediationsverfahrens, in denen nicht alle Medianden anwesend sind. Etwa im Rahmen von Einzelgesprächen des Mediators mit den Medianden oder bei einer sog. Shuttle-Mediation9, bei der der Mediator abwechselnd Einzeltermine mit den Medianden durchführt.10

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Riecke / Bibliographisches Institut, Duden – das Herkunftswörterbuch, schweigen. Peters, JR 2009, 314. 7 Statt vieler: Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 50 f.; Lilja / von Lucius / Tietz, in: Klowait / Gläßer, HK-MediationsG, Teil 1 Ziff. 2 Rn. 101, 108. 8 Zu einer anderen Einteilung mit Parallelen Wagner, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 89. 9 Blasweiler, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 21 Rn. 4 ff. 10 Dieser Bereich ist, wie eingangs erläutert, nicht Teil des Untersuchungsgegenstandes. 6

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

2. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit Der Schutzbereich extern-außerprozessualer Vertraulichkeit betrifft den außergerichtlichen Umgang mit vertraulichen Mediationsinhalten. Umfasst ist zunächst die Wahrung der Vertraulichkeit von Informationen aus dem Mediationsverfahren durch die Medianden und den Mediator gegenüber Dritten, beispielsweise Beratern, Rechtsanwälten oder Angehörigen, außerhalb eines ordentlichen Gerichtsverfahrens oder Schiedsgerichtsverfahrens. Hierbei ist in der Praxis neben außergerichtlichen Absprachen auch an die Verwendung von Geschäftsideen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder spezieller Expertise zu denken, von denen die Median­ den nur aufgrund der Durchführung einer Mediation Kenntnis erlangt haben. Ferner umfasst die extern-außerprozessuale Vertraulichkeit die Wahrung der Vertraulichkeit von Informationen aus dem Mediationsverfahren durch Dritte, die am Mediationsverfahren beteiligt wurden und die im Zuge dessen Kenntnis von vertraulichen Inhalten erlangt haben. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit legt den zulässigen Umgang mit Informationen aus der Mediation fest, in sämtlichen Bereichen, die keinen Berührungs­ punkt mit gerichtlichen Verfahren haben. Kennzeichnend ist folglich, dass die Behandlung von Mediationsinhalten in diesem Bereich keinem bestimmten Regelwerk unterworfen ist. 3. Extern-prozessuale Vertraulichkeit Der Schutzbereich extern-prozessualer Vertraulichkeit umfasst den Umgang mit Informationen aus dem Mediationsverfahren im Zusammenhang mit einem Verfahren vor einem Zivil- oder Schiedsgericht durch die Medianden, den Mediator und beteiligte Dritte. Hierbei geht es praktisch in erster Linie um den Parteivortrag ehemaliger Medianden in einem anschließenden Gerichtsverfahren, beispielsweise zu vertraulichen Inhalten aus einer Mediationssitzung und ihre Beweisführung, beispielsweise in Form der Vorlage eines Gesprächsprotokolls aus einer Mediationssitzung als Urkunde oder die Benennung eines an der Mediation beteiligten Dritten als Zeugen. Extern-prozessuale Vertraulichkeit legt den zulässigen Umgang mit Informationen aus der Mediation fest, sobald sie mit gerichtlichen Verfahren in Berührung kommen. Ein Spezifikum dieses Bereichs ist das Zusammentreffen mehrerer Regelwerke, die Vorgaben zum Umgang mit vertraulichen Informationen enthalten.

Kap. 1: Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

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III. Vertikale Schutzebenen im Mediationskontext Eine zweckmäßige Struktur des Schutzes der Vertraulichkeit innerhalb jedes einzelnen Bereichs gibt eine vertikale Unterteilung in drei Ebenen: die inhaltliche Ebene (Bezugspunkt ist die einzelne Information), die gegenständliche Ebene (Bezugspunkt ist der Informationsträger, beispielsweise ein schriftliches Protokoll) und die personelle Ebene (Bezugspunkt ist die Person mit Kenntnis von Mediationsinhalten).

B. Bedeutung von Vertraulichkeitsschutz für die Mediationspraxis Für die relevanten Bezugspunkte der Mediationspraxis sind die extern-außer­ prozessuale und die extern-prozessuale Vertraulichkeit und ihr Schutz aus unterschiedlichen Gründen bedeutsam. Die Erkenntnisse aus der folgenden Betrachtung der Gründe dienen im weiten Verlauf als Orientierungs- und Referenzpunkte. I. Bedeutung für die Mediation als Institution Für die Mediation als Institution11 ist das Vertrauen der Beteiligten in die Integrität des Verfahrens von entscheidender Bedeutung. Das materielle Vertrauen setzt die formelle Vertraulichkeit des Verfahrens in den zuvor aufgezeigten drei Bereichen voraus. Zum Schutz der Vertraulichkeit bedarf es einer Balance innerhalb des eingangs dargestellten Spannungsverhältnisses. Die Vertraulichkeit des Verfahrens ist in aller Regel die Voraussetzung für eine offene Haltung der Medianden während der Mediation. Offenheit setzt voraus, dass die Medianden gewisse Hürden überwinden. Die Preisgabe von Schwächen der eigenen Position bedeutet, dass sich die Beteiligten „in die Karten gucken lassen“. Die Motivation hierfür ist das Streben nach Lösungen, die für alle Beteiligten günstig oder jedenfalls nützlich für einen Medianden und für die anderen Medianden neutral sind. Dieses Ziel wird als Bildung von Kooperationsgewinnen beschrieben. Es geht darum, kompetitives Verhalten zu verringern und kooperatives Verhalten zu stärken12, um hierdurch verborgenes Potenzial13, wie Gold zu schürfen. Ein klassischerweise in diesem Kontext bemühtes Bild ist das vom sog. „Verhandlungskuchen“, dessen Erweiterung ein Ziel der Mediation ist.14 Die Offenheit kann Lösungswege eröffnen, die

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Zum Gang der Institutionalisierung der Mediation Duve, AnwBl 2004, 1 (2 ff.). Zu den entsprechenden Techniken Breidenbach, Mediation, S. 97 ff.; Falke, AnwBl 2004, 16 (18 ff.). 13 Zu verdeckten Kooperationsgewinnen Breidenbach, Mediation, S. 84 ff. 14 So auch: Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 63. 12

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

für die Medianden insgesamt zu einem ideellen und materiellen Mehrwert führen, im Vergleich zu einem Urteil.15 Sie dient damit dem obersten Ziel der Mediation: dem gegenseitigen Verständnis16. Der offene Umgang mit bis dato möglicherweise unausgesprochenen Interessen, Bedürfnissen und Gefühlen kann innovative Impulse setzen und ist für das Gelingen einer Mediation maßgebend.17 Für Prozesstaktik ist in der Mediation kein Raum.18 Das verhindern die kooperationsfördernden Verfahrenswirkungen19, die sich aus den der Mediation eigenen Qualitäten, allen voran dem Grundsatz der Offenheit, ergeben. Dieser Umstand spiegelt einen der wesentlichen Vorzüge der Mediation gegenüber dem Zivilprozess wider. Soweit die Ansicht vertreten wird, dass die Chancen auf eine besonders gewinnbringende Einigung steigen können, wenn Interessen und Wünsche nicht offen kommuniziert werden, ein Mangel an Offenheit aber zugleich das Erreichen optimaler Verhandlungsergebnisse verhindere, da eine „interessengerechte Einigung“ nicht erzielt werden könne20, ist dem zuzustimmen. Je näher das Ergebnis einer Verhandlung an den Interessen der Betroffenen ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Klärung. In Beziehungen, die aufgrund einer langfristigen sozialen, familiären, beruflichen oder räumlichen Verbindung durch fortlaufende Kommunikation geprägt sind, ist die Nachhaltigkeit der Klärung besonders wichtig.21 Die Offenheit stellt neben der Freiwilligkeit, der Vertraulichkeit, der Selbstverantwortung und der Allparteilichkeit des Mediators22 eines der Grundprinzipien23 des Mediationsverfahrens dar. Sie ist dem Mediationsprozess nicht nur förderlich, sondern für ihn unerlässlich24, m. a. W. eine Grundvoraussetzung25. An dieser Stelle darf der Begriff „Grundvoraussetzung“ nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Durchführung eines Mediationsverfahrens ad hoc Offenheit der Medianden voraussetzt. Die Offenheit ist vielmehr die Ernte, die im Laufe der erfolgreichen Mediation eingeholt werden kann. Der Vertraulichkeitsschutz preisgegebener Information ist, um in dem Bild zu bleiben, das Saatgut, welches auf den frucht­ 15

Steffek, ZEuP 2013, 528 (550). Zum verstehensbasierten Modell (mediation of understanding) vgl. Friedman / Himmelstein, Konflikte fordern uns heraus, S. 31 ff. 17 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189); Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 1. 18 BGH NJW 2017, 1247 (1248) (m. Anm. Gössl). 19 Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 179 f. 20 Walz, MittBayNot 2001, 53 (54). 21 Weigel, NJOZ 2015, 41. 22 Vgl. ausführlich hierzu Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a). 23 Hufschmidt, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 1 ­MediationsG Rn. 3–8; zu einer beispielhaften Darstellung im Rahmen einer Mediationssitzung von Schlieffen, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 1 Rn. 87–94; zur Beschreibung der Prinzipien Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 98–139. 24 BT-Drs. 17/5335, S. 13; so auch Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 27 f.; Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 176, 910; Volkmann, Mediation im Zivilprozess, S. 4. 25 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 3; Horstmeier, JR 2012, 1; Schekahn, JR 2013, 53 (56). 16

Kap. 1: Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

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baren Boden der Freiwilligkeit fällt. Zur Erreichung der für das Mediationsverfah­ ren unerlässlichen Offenheit bedarf es des Schutzes von Vertraulichkeit.26 Der Zweck des Vertraulichkeitsschutzes liegt somit nicht in sich selbst, sondern zielt auf die Sicherung einer Grundlage der Mediation, der Offenheit der Medianden, ab.27 Die Vertraulichkeit fördert den Kommunikationsfluss28 und ist damit sowohl elementarer Bestandteil des Erfolgsmechanismus der Mediation im Einzelfall als auch unerlässlich für das Ansehen und die Integrität der Institution Mediation. Sie fungiert als Stabilisator von Systemen, in denen aufgrund von Konflikten Unsicherheiten bestehen.29 Die Wahrung der Vertraulichkeit ist als Achillesferse der Mediation30 von herausragender Wichtigkeit. II. Bedeutung für den Mediator Für den Mediator ist das Vertrauen der Medianden Voraussetzung zur Erfüllung seiner Aufgabe. Der vertrauliche Umgang mit Mediationsinhalten ist der Preis für das Vertrauen der Medianden. Die Vertraulichkeit ist somit elementarer Bestandteil zur Arbeitsbefähigung des Mediators. I. d. S. wird an die zur Qualitätswahrung erforderliche Professionalität der Arbeit des Mediators appelliert.31 Der Mediator kann den Parteien nur in dem strukturierten Verfahren der Mediation zum gegenseitigen Verständnis verhelfen, soweit diese dafür offen sind. Die Offenheit erfordert ein Vertrauensmindestmaß der Medianden in den Mediator.32 Das Vertraulichkeitspostulat ist die bedeutendste Autoritätsquelle33 des Mediators als integrem Vermittler. Die Vertraulichkeitswahrung ist von essenzieller Bedeutung34 und kann aus der Perspektive des Mediators kaum hoch genug eingeschätzt werden. III. Bedeutung für die Medianden Die Vertraulichkeit eines Mediationsverfahrens werten Medianden in den meisten Fällen35 als den entscheidenden Vorteil gegenüber der Öffentlichkeit eines or 26

So auch schon: Friedrich, MDR 2004, 481 (485); Peters, JR 2009, 314 (315). So auch schon im Jahr 1995: Breidenbach, Mediation, S. 289; siehe auch: Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 176; Steffek, ZEuP 2013, 528 (550); Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 1. 28 Hilber, BB I u. Beil. 2003, 9 (10). 29 Jochens / Vogel, ZKM 2017, 230 (231 ff.). 30 G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4.  31 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (190). 32 Zur Bedeutung der Vertraulichkeit Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 71 f., 74 f., 93. 33 Zu den Quellen der Autorität des Mediators Breidenbach, Mediation, S. 145–149; zustimmend Horstmeier, JR 2012, 1. 34 Breidenbach, Mediation, S. 288. 35 Wagner, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 89; Volkmann, Mediation im Zivilprozess, S. 3. 27

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

dentlichen Gerichtsverfahrens (vgl. §§ 169, 171 b GVG).36 In der Praxis wird dem im Laufe einer Mediation geschaffenen geschützten Raum ein nicht mit Geld aufzuwiegender Wert beigemessen.37 Es sind zahlreiche Motivationen für die Durchführung eines vertraulichen Verfahrens denkbar: das (politische) Interesse an der Geheimhaltung des Bestehens eines Konflikts als solchem sowie der Schutz betrieblicher oder wirtschaftlicher Daten zur Verhinderung von wettbewerblichen Nachteilen, das Bedürfnis, (negative)  mediale Aufmerksamkeit und öffentliche Berichterstattung zu vermeiden oder auch (die Bemühung), interner Lagerbildung, Verhärtung oder Polarisierung vorzubeugen.38 Diese Motivationen beziehen sich v. a. auf die Zeit nach einem Mediationsverfahren. Vorgelagert ist die bedeutende Rolle, die Vertraulichkeit während des Verfahrens für die Medianden spielen kann. Es wird vertreten, dass durch das aus der offenen Kommunikation miteinander erwachsende gegenseitige Verständnis auch wechselseitig psychische Schutz­ zonen entstehen, die einen nachträglichen Missbrauch der im Verfahren erlangten Kenntnisse unwahrscheinlicher machen kann.39 Solche Schutzzonen können aber auch bereits im Laufe des Verfahrens zu einer ihm förderlichen Milde zwischen den Medianden führen, sofern sie in den Schutzzonen einen Raum erkennen, der eine Befriedigung ihres Bedürfnisses nach Klärung40 ermöglichen kann. Eine in diesem Zusammenhang entstehende Milde ist darauf zurückzuführen, dass sich die Medianden für die erlebte Offenheit gegenseitig Anerkennung zollen. Hierdurch schaffen die Medianden positive Reziprozität41, die konsensstiftend ist.42 Der Vertraulichkeitsschutz wirkt für die Medianden beziehungsschonend43 und ist damit von substanzieller Relevanz. Mediation wird als ein „informierter Konsens“44 begriffen, bei dem die rechtliche Informiertheit die Orientierung für Vereinbarungsmöglichkeiten im Mediationsverfahren gibt und als Ausgangs- und Referenzpunkt zu ihrer konkreten Gestaltung dient. Aufgrund der Ausrichtung der Mediation auf Zukunftsplanung wird sie als ein breiter angelegtes Instrument als das vergangenheitsorientierte Recht angesehen.45

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So auch: Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 66; Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 12 f. 37 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (191). 38 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 78; Weigel, NJOZ 2015, 41. 39 G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4 (6). 40 So auch: Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 905. 41 Im soziologischen Kontext ist Reziprozität gleichbedeutend mit Gegenseitigkeit und beschreibt den Mechanismus, dass das eigene Handeln auf das des anderen bezogen ist, vgl. Elsen­bast, ZKM 2017, 19. 42 Elsenbast resümiert, dass ein Geben ein Geben erzeugt, und führt dies auf Erlebte positive Reziprozität zurück, vgl. Elsenbast, ZKM 2017, 19 (22); vgl. auch Greger, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3, Rn. 32. 43 So auch: Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 184. 44 So Dr. Hans-Georg Mähler in einem persönlichen Gespräch mit der Verfasserin gemeinsam mit Dr. Gisela Mähler in ihrer gemeinsamen Münchener Kanzlei am 19.02.2019. 45 Dr. Hans-Georg Mähler in einem persönlichen Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019.

Kap. 1: Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext

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Im Kern wird zutreffend herausgestellt, dass es um die Erwartungshaltung46 der Medianden im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten geht, nach der ihre (juristische) Verhandlungsposition auch im schlechtesten Fall (einer erfolglosen Mediation mit anschließendem Gerichtsverfahren) gleichbleibt.47 Vertraulichkeitsschutz bedeutet für die Medianden letztlich, vor einer Verschlechterung der Chancen vor Gericht aufgrund einer Preisgabe von Informationen im Mediationsverfahren bewahrt zu werden. IV. Bedeutung für beteiligte Dritte Die vorstehend dargestellte dreigliedrige horizontale Begriffsstruktur zur Vertraulichkeit ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass Dritte an einer Mediation beteiligt sein können. Die Beteiligung Dritter kann unmittelbar oder mittelbar ausgestaltet sein. Im Auftrag eines Beteiligten oder mehrerer Beteiligter treten Dritte zur (juristischen48) Beratung oder (sachlichen) Beurteilung hinzu.49 Sofern ein Dritter physisch an (einzelnen) Mediationssitzungen unmittelbar teilnehmen soll, handelt es sich um eine Einbeziehung50, der der Mediator und die Medianden zustimmen müssen, vgl. § 2 Abs. 4 ­MediationsG. Die Beteiligung an der Mediation kann jedoch auch mittelbar erfolgen, z. B. in Gestalt der Mandatierung eines Rechtsanwalts durch einen Medianden (als externen Berater i. S. d.  § 2  Abs.  6 ­MediationsG)51. Lassen sich Mediator oder Medianden individuell juristisch beraten, bedarf es keiner allseitigen Zustimmung.52 Unabhängig von der Beteiligungs­ form53 ist der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten, betrachtet aus der Perspektive am Mediationsverfahren beteiligter Dritter, entscheidend für den Umfang ihres Arbeitsaufwands und Pflichtenkatalogs54. Ein Beratungsverhältnis ist in aller Regel geprägt von Aufklärungs- und Belehrungspflichten zu Risiken eines Vorhabens, beispielsweise zur Frage, ob eine Mediation durchgeführt werden sollte. Je sicherer vertrauliche Informationen des zu Beratenden bei der Durchführung einer Mediation wären, desto geringer wäre der vorgelagerte Beratungsaufwand. Zur ordnungsgemäßen Pflichterfüllung muss der Dritte, auf der Grundlage einer Risikoanalyse, eine Risikobewertung vornehmen. So soll eine anwaltliche Be 46

Vgl. zum juristischen Begriffsverständnis von Vertrauen Zw. Teil. Kap. 1. A. I. Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 4. 48 Zu verschiedenen Rechtsberatungsmodellen Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 350. 49 Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 158; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 32. 50 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 2 Rn. 142. 51 Zu den Herausforderungen als Rechtsanwalt eines Medianden zu sein Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (433 ff.). 52 A. A. Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 161. 53 Zu Rechten und Pflichten anwaltlicher Berater in einer Mediation Konnertz, Rechtsanwälte in der Mediation, S. 263–325. 54 Zum Pflichtenkatalog des Parteianwalts Fahrendorf, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1927 ff.; Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (177 ff.). 47

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

ratung es dem Mandanten grundsätzlich ermöglichen, eine eigene Entscheidung zu treffen. Der Mandant ist zur Ausrichtung seines Verhaltens auf die Bewertung eines (abschätzbaren) Risikos sowie auf rein pragmatische und zweckmäßige Einschätzungen seines Anwalts angewiesen.55 Die Rechtsberatung hat „grundsätzlich umfassend und möglichst erschöpfend“ zu erfolgen und soll den Ratsuchenden vor vorhersehbaren und vermeidbaren Nachteilen bewahren.56 Der BGH fordert vom Rechtsanwalt, seinem Mandanten im Zuge der Beratung stets den „sichersten Weg“ aufzuzeigen.57 Neben der anwaltlichen Tätigkeit gibt es zahlreiche Betätigungsmöglichkeiten58 für Dritte im Zusammenhang mit einem Mediationsverfahren. Die Bandbreite reicht von (wirtschaftlichen und taktischen) Beratungen im Vorfeld zur Frage, ob eine Mediationsdurchführung vorteilhaft ist, bis zur anschließenden Mitwirkung in einem eventuell einer Mediation nachgelagerten Zivilprozess. Folglich kann sich die Beratung signifikant auf den Verlauf einer Mediation auswirken. Die Beratungsqualität und der erforderliche Belehrungsumfang lassen sich nur im Einzelfall, abhängig von dem jeweiligen originären Tätigkeitsfeld des Dritten und den konkreten Umständen, beurteilen. Die Beurteilung ist im Zusammenhang mit Haftungsfragen59 ausschlaggebend. Im Ergebnis ist der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten für beteiligte Dritte als Thematik regelmäßig durchaus bedeutsam, ohne jedoch in vergleichbarem Grad vordringlich zu sein, wie es bei den vorstehend erörterten Bezugspunkten der Fall ist.

C. Zwischenergebnis zu Kapitel 1 Vertraulichkeit bedeutet im Mediationskontext, Informationen, von denen nur aufgrund der Mediation Kenntnis erlangt wurde, nicht an unbeteiligte Dritte weiterzugeben und sie nicht zu anderen als zu Mediationszwecken zu verwenden. Dem Begriffsverständnis förderlich ist die Unterteilung in drei Vertraulichkeitsbereiche: interne Vertraulichkeit, extern-außerprozessuale und extern-prozessuale Vertraulichkeit, wobei zum Schutz der Vertraulichkeitsbereiche jeweils die inhaltliche, gegenständliche und personelle Ebene zu beachten ist. Die identitätsstiftende Bedeutung von Vertraulichkeit, als Basis der besonderen Arbeitsmethoden im Mediationsverfahren, insbesondere der Offenheit, und ihr 55

Borgmann / Jungk / Schwaiger, Anwaltshaftung, § 20 Rn. 77, 80. OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (m. Anm. Jost). 57 BGH NJW 2002, 1417; BGH NJW 2001, 675 (678); BGH NJW 2000, 3560 (3561); zur Einbettung der Rechtsprechung in den Mediationskontext Konnertz, Rechtsanwälte in der ­Mediation, S.  299. 58 Zu den Möglichkeiten im Einzelnen Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.19, Rn. 1–31; Friedrich, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 5.20, Rn. 8. 59 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. B. IV. 56

Kap. 2: Vertraulichkeitsschutz de lege lata

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Schutz für die Mediationspraxis ergibt sich v. a. aus ihrer stabilisierenden Wirkung in Situationen, die aufgrund von Konflikten durch Ungewissheit und Unsicherheit geprägt sind. Kapitel 2

Vertraulichkeitsschutz de lege lata Um die Lage des Vertraulichkeitsschutzes ganzheitlich abbilden zu können, ist u. a. die Untersuchung seiner Ausgestaltung nach geltendem Recht von elementarer Bedeutung. Im Fokus steht hierbei die Betrachtung des im ­MediationsG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Verständnisses von Vertraulichkeit im Mediationszusammenhang.

A. § 4 ­MediationsG und das gesetzgeberische Verständnis von Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext Ablauf und Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens des ­MediationsG geben Aufschluss über die gesetzgeberische Interpretation von Vertraulichkeitsschutz im Zusammenhang mit Mediationsverfahren. Kennzeichnend ist die Ausgestaltung des Geltungsbereichs des Gesetzes im Allgemeinen sowie die des personellen und sachlichen Schutzbereichs von § 4 ­MediationsG im Besonderen. I. Rechtslage vor Inkrafttreten des ­MediationsG 1. Recht der Europäischen Union Auf europäischer Ebene wurde seit dem Jahr 199960 mit dem Ziel der Förderung eines funktionstüchtigen Binnenmarktes daran gearbeitet, Verfahren für eine alternative Konfliktlösung zu schaffen. Im Jahr 2002 mündeten die intensiven Beratungen in der Vorlage eines Grünbuchs über alternative Verfahren zur Streitbeilegung in Zivil- und Handelsrechtssachen.61 Entsprechend der Grünbücher auf europäischer Ebene im Allgemeinen zugedachten Funktion gab es den status quo der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten wieder und stieß eine Weiterentwicklung der Thematik an. Auf der Grundlage zahlreicher Stellungnahmen62 beschloss die damalige EG-Kommission als Folgemaßnahme im Jahr 2004 den Europäischen Verhaltens 60

Richtlinie 2008/52/EG, Erwägungsgrund Nr. 2. Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht, vorgelegt am 19.04.2002 von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft (heute: Europäische Kommission). 62 Zur Darstellung im Einzelnen H.-G. Mähler / Kerntke, ZKM 2004, 151. 61

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

kodex für Mediatoren63 und legte einen Vorschlag für die sodann von Europäischem Parlament und Rat im Mai 2008 erlassene Mediations-RL64 vor. Die ebenfalls auf die Förderung der Mediation im Hinblick auf die Aspekte Bekanntheit, Anerkennung und Vertrauen ausgerichtete Richtlinie griff das im Verhaltenskodex (rechtlich unverbindlich) in vier Abschnitten beschriebene Wertefundament auf, erweiterte es und legte den avisierten Rahmen der Mediation in Zivil- und Handelssachen in Gestalt von sechs Kernanliegen fest.65 Der Richtlinie und ihrer Umsetzung wurde in wissenschaftlichen Kreisen viel Aufmerksamkeit zuteil.66 Im Jahr 2016 zog die Europäische Kommission eine überwiegend positive Bilanz bzgl. der bisherigen Anwendung der Mediations-RL.67 2. Bundesrecht Vor Inkrafttreten des M ­ ediationsG existierten im deutschen Recht nur in ein paar Rechtsgebieten vereinzelt Regelungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung.68 Es gab keinen numerus clausus an Mediationsformen69, der eine bestimmte Anzahl zur Auswahl stehender Mediationsmodelle umfasst hätte. In der Praxis wurde begrifflich unterschieden zwischen einem als Gerichtsmediator70 bzw. richterlicher71 Mediator bezeichneten, nicht entscheidungsbefugten Richter, der während eines zivilrechtlichen Gerichtverfahrens eine Mediation führte (sog. gerichtsinterne ­Mediation72 bzw. Richtermediation73) und einem Mediator, der eine Mediation gänzlich unabhängig von einem Gerichtsverfahren führte (sog. außergerichtliche Mediation74). Sofern Letztere aufgrund entsprechender Parteivereinbarung erfolgte, wurde sie teilweise als vertragsautonome Mediation bezeichnet.75 Ohne gesetzlich normierte Grundlage entwickelten sich über mehrere Jahre hinweg aus der Praxis heraus verschiedene Modelle, in denen Gerichtsverfahren anstatt durch ein streitiges Urteil im Wege gerichtsintern durchgeführter Mediationen

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Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 146. RICHTLINIE 2008/52/EG. 65 Zur Darstellung der Kernanliegen Hufschmidt, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, Einl. ­MediationsG Rn. 13–18. 66 Statt vieler: Steffek, ZEuP 2010, 438 (438 ff.). 67 Kommission 2016 zur Anwendung der Mediations-RL, Nr. 2. 68 Beispielsweise im Wettbewerbs- (vgl. § 15 UWG zu außergerichtlichen Einigungs- Schlichtungsstellen) oder Versicherungsrecht (vgl. § 214 VVG); Unberath, JZ 2010, 975 (978). 69 Formulierung in Anlehnung an den numerus clausus an Gesellschaftsformen. 70 Statt vieler: Fritz / Fritz, FPR 2011, 328 (332). 71 Statt vieler: Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, S. 86. 72 Statt vieler: Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2739). 73 KammerMitteilungen Informationen und offizielle Verlautbarungen der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, 2012, 72; Offermann-Burckart, FPR 2010, 431. 74 Statt vieler: Breidenbach / Peres, SchiedsVZ 2010, 125 (128). 75 Beschlüsse 67. DJT 2008, S. 22. 64

Kap. 2: Vertraulichkeitsschutz de lege lata

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beendet wurden. Im Jahr 2010 gab es in fast allen Bundesländern Modellprojekte zur gerichtsinternen Mediation.76 Eine weitere Möglichkeit zur einvernehmlichen gerichtlichen Streitbeilegung war, bereits vor dem Jahr 2012, das Verfahren vor einem Güterichter gem. § 278 Abs. 5 ZPO, dessen Grundidee die personelle Trennung von richterlicher Vermittlungstätigkeit und richterlicher Entscheidungszuständigkeit ist77. Mit dem Ziel der „Institutionalisierung des Schlichtungsgedankens im Zivilprozess durch die Einführung einer Güteverhandlung“78 trat § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO a. F.79 durch das ZPO-Reformgesetz Ende Juli 2001 in Kraft. Die damalige Fassung der Vorschrift eröffnete dem Gericht die Möglichkeit, in geeigneten Fällen eine außergerichtliche Streitschlichtung vorzuschlagen. Diese Streitschlichtung wurde derzeit als (gerichtsnahe80) Mediation verstanden81. Von dem Güterichterverfahren abzugrenzen ist die Güteverhandlung vor dem entscheidungsbefugten Prozessrichter gem. § 278 Abs. 2 ZPO. Eine konsequente und einheitliche Differenzierung zwischen den verschiedenen Verfahrensarten zur einvernehmlichen gerichtlichen Streitbeilegung war mangels allgemeingültiger Definitionen nicht möglich. Stattdessen definierten Autoren in ihren Beiträgen stets ihr jeweiliges Verständnis der benutzten Begriffe. So wurden beispielsweise etwa die Begriffe gerichtsnahe und gerichtsinterne Mediation synonym verwendet82 oder der Begriff der gerichtsinternen Mediation synonym für das Güterichterverfahren nach § 278 Abs. 5 ZPO verwendet.83 II. Anwendungsbereich des ­MediationsG Am 26.07.2012 ist das M ­ ediationsG als einer von insgesamt neun Artikeln des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (im Folgenden: FörderungsG)84 in Kraft getreten. Die Ausgestaltung des Anwendungsbereichs der Regelungen des ­MediationsG wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens85 als die zentrale Streitfrage kontrovers diskutiert.86 Zur Frage, welche Mediationsverfahren den Vorschriften des M ­ ediationsG unterworfen sein sollten, vertraten die an der Gesetzgebung Beteiligten gegensätz 76

Greger, SDM 2010, 18. Greger / Unberath, in: Thüringer Projekt Güterichter Teil II, S. 3. 78 BT-Drs. 14/4722, S. 1. 79 BGBl. I 2001 S. 1887, S. 1892. 80 BT-Drs. 17/5335, S. 20. 81 BT-Drs. 14/4722, S. 84. 82 Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, S. 1. 83 Greger, in: Evaluation der Gerichtsmediation im Land Berlin, S. 116. 84 BGBl. I 2012 S. 1577. 85 Zum prozeduralen Werdegang eines Gesetzes Mertens, Gesetzgebungskunst, Teil B. 86 So auch: M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469). 77

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liche Auffassungen. Das Hauptaugenmerk der folgenden Darstellung der legislativen Entwicklung des FörderungsG liegt deshalb auf der Frage, ob die Regelungen des ­MediationsG auch für Verfahren vor einem Güterichter gelten, m. a. W., ob ein Richter in der Funktion eines Güterichters eine Mediation i. S. d. M ­ ediationsG durchführen kann. 1. Gesetzentwurf der Bundesregierung Um die Frist zur Umsetzung der Mediations-RL einzuhalten, beschloss die Bundesregierung Anfang 2011 den ersten Entwurf87 zum FörderungsG. Nach der Begründung zur Entwurfsfassung von § 1 Abs. 1 ­MediationsG sollten die Vorschriften des ­MediationsG für alle, auch richterliche Mediatoren, gelten.88 Der Wortlaut der Vorschrift in der Entwurfsfassung sah erstmals (Legal-)Definitionen zur verbindlichen Bezeichnung der Formen von Mediation vor: „§ 1 Begriffsbestimmungen (1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Die Mediation kann durchgeführt werden 1. unabhängig von einem Gerichtsverfahren (außergerichtliche Mediation), 2. während eines Gerichtsverfahrens außerhalb des Gerichts (gerichtsnahe Mediation) oder 3. während eines Gerichtsverfahrens von einem nicht entscheidungsbefugten Richter (gerichtsinterne Mediation) (…).“

Der Gesetzentwurf zielte darauf ab, entsprechend der Vorgabe aus Art. 3  a) ­ ediations-RL, gerichtliche und außergerichtliche Mediatoren gleichzustellen. M Ihm sind umfangreiche Studien wissenschaftlicher Begleitforschung89 und zahlreiche Beschlüsse und Berichte aus der Praxis90 vorausgegangen, nach denen die gerichtsinterne Mediation in Form von Modellprojekten in mehreren Bundesländern praktiziert und hoch geschätzt wurde91. Dem sollte § 1 ­MediationsG im Entwurf Rechnung tragen. Die Art. 2–11 des Gesetzentwurfs enthielten Änderungen diverser Prozessordnungen zur Förderung der Mediation. U. a. sollten die Befugnisse von Gerichten, 87

BR-Drs. 60/11. BR-Drs. 60/11, S. 18. 89 Statt vieler: Hopt / Steffek, Mediation, ein im Jahr 2008 veröffentlichtes, 1175-Seiten langes rechtsvergleichendes Gutachten zur Mediationsgestaltung in 19 verschiedenen Ländern; zur Wirkungsforschung als Hilfs- und Ergänzungswissenschaft, Schwintowski, NAWI. 90 Statt vieler: Beschlüsse 67. DJT 2008, S. 22 ff. 91 BR-Plenarprotokoll 881, S. 162 Anlage 30; statt vieler: Spindler, Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, S. 200; Becker / Friedrich, Modellprojekt „Sozialgerichtliche Mediation in Bayern“, S. 99 ff. 88

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den Parteien ein Mediationsverfahren vorzuschlagen, erweitert werden. Deshalb sah § 15  GVG in der Entwurfsfassung vor, dass die Länderregierungen durch Rechtsverordnung gerichtsinterne Mediation in Zivilsachen anbieten können.92 Art. 3 des Gesetzentwurfes beabsichtigte die Einführung von § 278 a ZPO. Dieser sollte Verfahrensfragen im Zusammenhang mit gerichtsnahen und gerichtsinternen Mediationen zusammenfassend regeln.93 Der Entwurf sah für § 278 Abs. 5 ZPO und dessen bisherigen Wortlaut: „Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten Richter verweisen.“94, eine Ergänzung um das Wort Güterichter vor: „Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung vor einen Güterichter als beauftragten oder ersuchten Richter verweisen.“ Im Wege dieser Ergänzung sollte verdeutlicht werden, dass die avisierte Normierung der gerichtsinternen Mediation, die bisherigen Güterichtermodell der Länder unberührt lassen werde.95 2. Stellungnahme des Bundesrates In seiner Stellungnahme96 begrüßte der Bundesrat, unter Verweis auf die „Erfolge der Gerichtsmediation in den vergangenen knapp zehn Jahren“97, die gesetzliche Verankerung der gerichtsinternen Mediation weit überwiegend. Das Sitzungs­ protokoll enthält allerdings auch viele sehr kritische und ablehnende Bewertungen. Mit Nachdruck verwiesen einzelne Ländervertreter auf die vorgenannten Erfolge und die allseitige Befürwortung einvernehmlicher gerichtlicher Streitbeilegung im Allgemeinen und warnten in diesem Zusammenhang vor einer Beschränkung der Länder in ihren Möglichkeiten zur Ausgestaltung gerichtsinterner Mediation.98 Hierbei wurde vereinzelt kritisiert, dass der Gesetzentwurf durch die §§ 1–5 ­MediationsG i. V. m. den vorgesehenen Änderungen der Verfahrensordnungen, die gerichtsinterne Mediation inhaltlich bundeseinheitlich ausgestalte99.100 Damit werde den Ländern die Fortführung der individuell entwickelten Media­ tionsmodelle unmöglich gemacht. Es verbleibe ihnen nur noch die Entscheidungsmöglichkeit aus § 15  GVG des Entwurfs zur Einführung einer gerichtsinternen Mediation nach Maßgabe der bundeseinheitlichen Regelungen.101

92

BR-Drs. 60/11, S. 4. BR-Drs. 60/11, S. 30. 94 Wortlaut § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO in der Fassung bis zum 25.07.2012. 95 BR-Drs. 60/11, S. 29. 96 BR-Drs. 60/11; Art. 76 Abs. 2 GG; vgl. zum Beschluss des Bundesrates, im März 2011 Stellung zu nehmen, BR-Plenarprotokoll 881, S. 132. 97 BT-Drs. 17/5335, S. 28. 98 BR-Plenarprotokoll 881, S. 160 Anlage 28. 99 BR-Drs. 60/11, S. 28. 100 BR-Plenarprotokoll 881, S. 157 f. Anlage 25. 101 BR-Plenarprotokoll 881, S. 157 f. Anlage 25. 93

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Im Bundesrat gab es jedoch auch grundlegende Kritik an der vorgesehenen Normierung der gerichtsinternen Mediation unter Verweis auf die der gerichtsinternen Mediation ursprünglich zugedachten Funktion eines Türöffners für die außergerichtliche Mediation. Wortmeldungen während der Plenarsitzung erinnerten daran, dass die gerichtsinterne Mediation lediglich als Sprungbrett für die „Anerkennung, Verbreitung und Nutzung der Mediation als Mittel der alternativen Streitbeilegung“ dienen sollte.102 I. d. S. verwiesen Mitglieder des Bundesrates auf die ausdrückliche Bewertung der gerichtsinternen Mediation als „Übergangslösung“103 zur Förderung der einvernehmlichen Streitbeilegung durch Teilnehmer der 76. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Jahr 2005. Im Laufe der Sitzung wurde mit Blick auf das erklärte Ziel des FörderungsG, die außergerichtliche Mediation zu fördern, die im Gesetzentwurf enthaltene Gleichstellung aller Formen von Mediation ausdrücklich als widersprüchlich kritisiert.104 Im Hinblick auf den Wortlaut von § 278 Abs. 5 ZPO regte die Länderkammer an, den Richter nicht als ersuchten105, sondern als nicht entscheidungsbefugten Richter zu bezeichnen. So sollte Missverständnissen zulasten der Reichweite des Güterichtermodells vorgebeugt und klargestellt werden, dass der Güterichter106, als nicht entscheidungsbefugter Richter, sowohl derselben als auch einer anderen Gerichtsbarkeit im Vergleich zu dem streitentscheidenden Prozessgericht angehören könne.107 Maßgebend war hierbei die mit der Formulierung beabsichtigte Klarstellung bzgl. der Ausweitung der Verweisungsmöglichkeit an Güterichter anderer Gerichte und Gerichtsbarkeiten als Kernelement der Erweiterung des Güterichtermodells.108 Eine Gesamtbetrachtung des Sitzungsprotokolls zeigt, dass der Schutz des Güterichterverfahrens für die Mitglieder des Bundesrates von großer Bedeutung war. 3. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses Im April 2011 übersandte die Bundesregierung den Gesetzentwurf109 mitsamt der Stellungnahme des Bundesrates110 mit der Bitte um Beschlussfassung an den 102

BR-Plenarprotokoll 881, S. 157 f. Anlage 25. Beschluss 76. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2005, S. 7. 104 BR-Plenarprotokoll 881, S. 157 f. Anlage 25. 105 Ein ersuchter Richter kommt dem Ersuchen um Rechtshilfe eines anderen Amtsgerichts i. S. d. § 156 GVG nach, indem er an dem anderen Amtsgericht als Richter tätig wird, vgl. Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 9. 106 Der Güterichter wird nicht in Gestalt der Rechtshilfe nach §§ 156 ff. GVG tätig, da nicht seine Angehörigkeit zu einem Gericht, sondern die Berufung nach dem Geschäftsverteilungsplan der Anknüpfungspunkt für die konkrete Zuständigkeit des Güterichters ist, vgl. Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 9. 107 BT-Drs. 17/5335, S. 31. 108 So auch: Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 9; Löer, MDR 2018, 839 (840, 842). 109 BT-Drs. 17/5335. 110 BT-Drs. 17/5335, S. 28 Anlage 3. 103

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federführenden Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Dieser nahm den Regierungsentwurf in seiner Beschlussempfehlung111 von Dezember 2011 in geänderter Fassung an und empfahl dem Bundestag die Annahme der Gesetzes­ initiative der Bundesregierung in der geänderten Fassung. Die Änderungen waren für den Anwendungsbereich des M ­ ediationsG von maßgebender Bedeutung: Der Rechtsausschuss hatte die Bestimmungen zur gerichtsinternen Mediation gestrichen, um sie stattdessen in einer Erweiterung des Güterichterkonzepts aufgehen zu lassen. § 1 Abs.  1  ­MediationsG sollte nach der Beschlussempfehlung keine Legaldefinitionen verschiedener Mediationsformen mehr enthalten. Der Anwendungsbereich des ­MediationsG sollte aus Sicht des Rechtsausschusses auf außergerichtliche Mediationen beschränkt werden. Die Empfehlung des Rechtsausschusses sah eine entsprechende Anpassung der Formulierung der Übergangsregelung (Art. 1, § 9 ­MediationsG) des Gesetzentwurfes vor.112 Zur Begründung seiner Änderungsempfehlungen verwies der Ausschuss auf die Vorteile einer klaren gesetzlichen Abgrenzung der richterlichen Streitschlichtung von der Mediation. Zugleich betonte der Ausschuss sein Anliegen, Kompetenzen und Erfahrungen aus der bisher geübten Praxis von gerichtsinterner oder richterlicher Mediationstätigkeit im Rahmen des ausgebauten Güterichtermodells zu nutzen und fortzuentwickeln, um so die einvernehmliche Streitbeilegung in gerichtlichen Verfahren zu fördern. Das gelinge nach der Begründung des Ausschusses deshalb, da der Güterichter, obwohl er kein Mediator sei, die Techniken und Methoden der Mediation einsetzen könne.113 In verfahrenstechnischer Hinsicht empfahl der Ausschuss eine Erweiterung der Möglichkeit des Gerichts, Parteien gem. § 278 Abs. 5 ZPO an einen Güterichter zu verweisen, über die Fälle der ersten Güteverhandlung hinaus auch für „weitere Güteversuche“114. In Ansehung des im Gesetzentwurf vorgesehenen, neu einzufügenden § 278 a ZPO nahm der Rechtsausschuss als Folge seiner Änderungen der Entwurfsfassung von § 1 Abs. 1 ­MediationsG und der Streichung von § 15 GVG die Begriffe der gerichtsinternen und gerichtsnahen Mediation heraus, sodass dem Gericht die Möglichkeit verblieb, den Parteien „eine Mediation oder ein anderes Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung“ vorzuschlagen.115 4. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses Der Bundesrat verlangte gem. Art. 77 Abs. 2 GG, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel einzuberufen, die richterliche Mediation in den Prozessordnungen ausdrücklich zu verankern, um so die Methodenvielfalt der außergerichtlichen

111

BT-Drs. 17/8058. BT-Drs. 17/8058, S. 8. 113 BT-Drs. 17/8058, S. 17. 114 BT-Drs. 17/8058, S. 9. 115 BT-Drs. 17/8058, S. 9. 112

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Konfliktbeilegung aufrechtzuerhalten.116 Ende Juni 2012 legte der Vermittlungsausschuss eine Beschlussempfehlung117 vor. Der Ausschuss kam seiner Aufgabe118 nach und empfahl einen Kompromiss119. Dieser bestand vor allem im veränderten Wortlaut von § 278 Abs. 5 ZPO120: „1 Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güte­versuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. 2 Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.“

Die Legaldefinition sollte der (vermeintlichen) Ungewissheit darüber, wer als Güterichter i. S. d. § 278 ZPO fungieren kann, ein Ende bereiten. Durch den zusätzlichen zweiten Satz des Abs. 5 mit Hinweis auf die Auswahlmöglichkeit des Güterichters, welche Methoden bzw. Verfahren er anwendet, schöpfte der Vermittlungsausschuss das Potenzial für einen Kompromiss vollständig aus: Die ausdrückliche Bezugnahme auf die Mediation im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Güterichters wirkt als positiv gesetzliche Versicherung des Erhalts der Erträge aus der bisher auf Länderebene geübten gerichtsinternen Mediationspraxis, um so zunächst die geäußerten Bedürfnisse des Bundesrates zu stillen. Ferner lässt der Wortlaut keinen Zweifel daran, dass der Güterichter eben kein gerichtsinterner Mediator ist, und entspricht somit dem Anliegen des Rechtsausschusses, die gerichtsinterne Mediation abzuschaffen. Im Ergebnis schloss sich der Vermittlungsausschuss der Empfehlung des Rechtsausschusses hinsichtlich der Beschränkung des Anwendungsbereichs des künftigen ­MediationsG auf außergerichtliche Mediationen an. Für die Ausgestaltung der Übergangsvorschrift schlug der Ausschuss ebenfalls einen zwischen der ursprünglichen Version des Entwurfs der Bundesregierung121 und der Fassung des Rechtsausschusses122 verlaufenden Mittelweg vor. Der Vorschlag bestand aus der Klarstellung, dass die Gerichte die Mediationsverfahren innerhalb der Übergangszeit „unter Fortführung der bisher verwendeten Bezeichnung

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BT-Drs. 17/8680. BT-Drs. 17/10102. 118 Die Aufgabe besteht darin, einen Konsens zwischen Bundestag und Bundesrat zu finden, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze im Bundesrat keine Mehrheit finden. 119 Assmann, MDR 2016, 1303. 120 BT-Drs. 17/10102, S. 2. 121 Vgl. BR-Drs. 60/11, S. 3. § 7 Abs. 1 „Die gerichtsinterne Mediation in Zivilsachen, die vor dem … [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Artikel 12] an einem Gericht angeboten wird, kann bis zum … [einsetzen: Datum des ersten Tages des 13. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] weiterhin durchgeführt werden, solange keine Rechtsverordnung nach § 15 des Gerichtsverfassungsgesetzes erlassen worden ist.“ 122 Vgl. BT-Drs. 17/8058, S.8. § 9 Abs. 1 „Die Mediation in Zivilsachen durch einen nicht entscheidungsbefugten Richter während eines Gerichtsverfahrens, die vor dem … [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Artikel 9] an einem Gericht angeboten wird, kann bis zum … [einsetzen: Datum des ersten Tages des 13. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] weiterhin durchgeführt werden.“ 117

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(gerichtlicher Mediator)“ durchführen dürfen.123 Der Umstand, dass sich der Vermittlungsausschuss auch zu diesem kosmetischen Aspekt äußerte, verdeutlicht das Ausmaß an Zerstrittenheit zwischen den Beteiligten des Gesetzgebungsverfahrens. Da die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses von denen des Bundestages abwichen, war eine erneute Beschlussfassung im Bundestag erforderlich, vgl. Art. 77 Abs. 2 GG. Ende Juni 2012 nahm der Bundestag die Beschlussempfehlung einstimmig an.124 Auch der Bundesrat beschloss Ende Juli 2012, keinen Einspruch gem. Art. 77 Abs. 3 GG gegen die Beschlussempfehlung einzulegen.125 5. Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens Am 26.07.2012 trat das FörderungsG und mit ihm die aktuelle Fassung des ­ ediationsG in der durch den Vermittlungsausschuss erzielten, von KompromisM sen getragenen Fassung in Kraft.126 Der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens zeigt, dass die Regelungen des M ­ ediationsG nur für außergerichtliche „reine“127 128 bzw. „echte“ Mediationen gelten. Dieses Ergebnis ist gut – eine Art Happy End des aufgezeigten Gesetzgebungskrimis. Das ­MediationsG wurde vereinzelt sogar als „Jahrhundertgesetz“ in eine Reihe mit BGB und GG gestellt, da „es (…) mündige Bürger und zufriedene Menschen (fördert) – statt Sieger und Verlierer zu schaffen“.129 Entsprechend seinem Verständnis zur Dichotomie130 der Verfahren in außergerichtliche und gerichtliche Natur ist es dem Gesetzgeber schlussendlich gelungen, einvernehmliche gerichtliche Konfliktbeilegung durch einen Güterichter sauber von der außergerichtlichen Konfliktbearbeitung durch einen Mediator zu trennen und dadurch Letztere zu stärken. Die klare Trennung beider Verfahrensarten ermöglicht es beiden, jeweils ihre maximale Wirkung zu entfalten.131 Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass keine effektivitätsschmälernden Abgrenzungsbemühungen mehr notwendig sind. Darüber hinaus vereinfacht die erzielte Trennschärfe für den Laien den Zugang zur Mediation132, indem die Wahl aus einem Strauß verschiedener Mediationsmodelle auf das eine reduziert wurde. Dies wiederum dient dem zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens ausgegebenen Ziel, die außergerichtliche Mediation zu fördern. Der Einsatz von Methoden 123

BT-Drs. 17/10102, S. 2. BT-Plenarprotokoll 17/187, 22359 B. 125 BR-Drs. 377/12. 126 BGBl. I 2012, S. 1577. 127 Assmann, MDR 2016, 1303 (1304). 128 Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 278 Rn. 75. 129 Beitrag des Juristen, Journalisten und Autors Prantl als Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, abrufbar unter https://www.sueddeutsche.de/politik/mediation-stattrechtsstreit-abschied-vom-kampf-bis-zur-letzten-instanz-1.1398787 (Stand: 22.02.2020). 130 Steffek, ZKM 2017, 183. 131 Zur Bewertung der Differenzierung als unsinnig Ortloff, NVwZ 2012, 1057 (1061). 132 So auch: Prütting, MDR 2016, 965. 124

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der Mediation durch einen Güterichter vermag nicht die Klarheit der Verfahrenstrennung zu trüben. Dies gilt trotz der laut dem Deutschen Richterbund geübten gerichtlichen Praxis, nach der Güterichterverfahren als „Mediation vor dem Güterichter“ bezeichnet werden.133 Der in § 278 Abs. 5 S. 2 ZPO festgeschriebenen Einsatzmöglichkeit kommt vielmehr selbst eine Klarstellungsfunktion zu: Die Methodenwahlfreiheit erlaubt es dem Güterichter, eine oder mehrere Methoden der Konfliktbeilegung im Güterichterverfahren anzuwenden.134 Die Ausübung der Wahlfreiheit durch den Güterichter im Einzelfall hat keinen Einfluss auf die Art des Verfahrens, es bleibt stets ein Güterichterverfahren.135 Die Streichung der gerichtsinternen Mediation führte zu einer begrifflichen Entwirrung, ohne dass ein bereits gesammelter Erfahrungsschatz über Bord geworfen wurde. An dieser Stelle sei dennoch angemerkt, dass die Argumentation von Gegnern der Normierung der gerichtsinternen Mediation insoweit nicht zielführend war, als zu ihrer Begründung starr auf der  – der gerichtsinternen Mediation ursprünglich zugedachten  – Türöffner-Funktion beharrt wurde, denn es muss möglich sein, eine zu Beginn eines Prozesses antizipierte, erhoffte Wirkungsweise an die tatsächliche Entwicklung im Verlauf anzupassen. Dass die Modelle zur gerichtsinternen Mediation vor Inkraft­ ediationsG tatsächlich die Türen zu größerer Bekanntheit und mehr treten des M Akzeptanz der Mediation geöffnet haben, honorierte der Gesetzgeber, indem er sie in eine erweiterte, eigenständige gesetzliche Grundlage außerhalb des Geltungsbereichs des ­MediationsG überführte. 6. Diskussionsstand und Zwischenergebnis Die Frage nach dem Geltungsbereich des M ­ ediationsG hat auch ein halbes Jahrzehnt später nicht an Aktualität verloren. Selbst unter Berücksichtigung der dargestellten Komplexität des Gesetzgebungsverfahrens zum FörderungsG ist es erstaunlich, dass die Verfasser des zuvor bereits erwähnten Evaluationsberichts auf die von ihnen aufgeworfene Frage, ob das Güterichterverfahren nach § 278 ZPO den Regelungen des M ­ ediationsG unterliegt, keine abschließende Antwort zu kennen scheinen.136 In diesem Zusammenhang überrascht nicht die Behandlung der Thematik als solche, sondern vielmehr die ausbleibende Antwort. Der Bericht belässt es bei einer eher oberflächlichen Darstellung des Streitstandes. Die Verfasser wollen aus dem Namen des FörderungsG einen Hinweis gegen die Anwendbarkeit auf Güterichterverfahren erkennen, da er sich nur der Förderung von Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung verschreibt.137 Diese Argumentation überzeugt jedoch 133

DRB 2017 zum Evaluationsbericht S. 2. Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 278 Rn. 65; Steiner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediations­recht, Kap. 8, Rn. 40, 43. 135 Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 11; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 28 a. 136 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 28. 137 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 28. 134

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nicht, da auch schon der erste Regierungsentwurf des FörderungsG diesen Namen trug und gleichzeitig die Normierung der gerichtsinternen Mediation vorsah. Mit dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich an anderer Stelle überzeugend argumentieren, und zwar bzgl. § 278 a ZPO in der durch das FörderungsG geänderten Fassung. Der Regierungsentwurf sah entsprechend der dortigen Fassung von § 1 Abs. 1 ­ ediationsG vor, dass das Gericht den Parteien eine gerichtsnahe Mediation oder M ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung sowie ggf. eine gerichtsinterne Mediation vorschlagen kann. Die gerichtsinterne Mediation wurde konsequenterweise separat von den außergerichtlichen Möglichkeiten genannt. Die vorstehend wiedergegebene aktuelle Fassung sieht nur noch ein Vorschlagsrecht für Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung im Allgemeinen und für die Mediation im Besonderen vor.138 Die Idee der gerichtsinternen Mediation aus dem Gesetzentwurf ist in einer Ausweitung des Güterichterverfahrens aufgegangen139 und findet sich deshalb an keiner Stelle von § 278 a ZPO wieder.140 Anderenfalls, wenn die gem. § 278 a Abs. 1 ZPO vorgeschlagene Mediation von einem Güterichter durchgeführt werden würde, käme diesem Vorschlagsrecht kein Mehrwert gegenüber der Verweisungsmöglichkeit aus § 278 Abs. 5 S. 1 ZPO zu. § 278 a Abs. 1 ZPO wäre obsolet, da dem Gericht neben der schwächeren Option des Vorschlags auch die Option des Verweises zustünde und die Parteien am Ende jeweils vor einem Güterichter landen könnten. Dieses Ergebnis widerspräche dem in der Begründung des FörderungsG erläuterten Sinn und Zweck der Förderung der außergerichtlichen Mediation und dem Ziel der klaren Verfahrenstrennung.141 Auch die Systematik der §§ 278 und 278 a ZPO spricht gegen die Möglichkeit, dass ein Güterichter eine Mediation i. S. d. ­MediationsG durchführen kann. So ist § 278  ZPO mit „Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich“ betitelt, während § 278  a  ZPO die Überschrift „Mediation, außergerichtliche Konflikt­ beilegung“ trägt. Eine fundierte, verneinende Antwort auf die Frage, ob der Güterichter ein Mediator i. S. d.  § 1  Abs.  2  ­MediationsG sein kann und insoweit den Vorschriften des M ­ ediationsG unterläge, wurde im Jahr vor Veröffentlichung des Berichts aus Speyer gegeben.142 Hierin wurde der Standpunkt vertreten, dass es zu kurz greife, die Überführung der gerichtsinternen Mediation in ein erweitertes Güterichterverfahren als bloße Begriffsänderung in sprachlicher Hinsicht zu bewerten.143 Inhalt der Änderung sei die Beschränkung des Geltungsbereichs des M ­ ediationsG auf Mediationen, die außerhalb eines Gerichts stattfinden. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Verfahren der gerichtsinternen Mediation war mit dem Verfahren außergerichtlicher Mediation identisch. Der einzige Unterschied bestand darin, dass es 138

M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469). So auch: Steffek, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 40. 140 A. A. Wenzel, Justitia ohne Schwert, S. 53 ff. 141 So auch Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 278 Rn. 64. 142 Assmann, MDR 2016, 1303. 143 Assmann, MDR 2016, 1303 (1305). 139

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bei Gericht durch einen nicht entscheidungsbefugten Richter als Mediator durchgeführt werden sollte. Das heutige Güterichterverfahren ist kein Mediationsverfahren, sondern eine besondere Güteverhandlung im Rahmen eines streitigen Gerichtsverfahrens.144 Diese Aufteilung spiegelt sowohl das klassische Aufgabenprofil des Richters145 als auch die nicht staatlich-hoheitlichen Ursprünge der Mediation zutreffend wider.146 Schließlich besteht zwischen dem Mediator i. S. d. ­MediationsG und dem Güterichter i. S. d. ZPO ein unüberwindbarer Rollenkonflikt: Die Medianden wählen ihren Mediator gem. § 2 Abs. 1 ­MediationsG frei aus, während die Parteien nach der ZPO keinen Einfluss auf die Person des Güterichters nehmen können.147 Gem. § 21 e Abs. 1 S. 1 GVG bestimmt der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts den jeweils zuständigen Güterichter.148 Der Güterichter kann vor die­ ediationsG gemessen werden.149 sem Hintergrund nicht an den Regelungen des M 150 Er ist und bleibt Richter. Seine Funktion richterlicher Vergleichstätigkeit ist der rechtsprechenden Gewalt zuzuordnen.151 Wenn er mangels Entscheidungsbefugnis auch nicht gesetzlicher Richter i. S. d. § 16 S. 2 GVG152 ist, so unterliegt er doch dem Richterdienstrecht, ist Organ der Rechtspflege und besitzt volle richterliche Unab­ ediationsG hängigkeit153. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Regelungen des M nur auf Mediationen154 anwendbar sind.155 144 Zu einem ausführlichen Erfahrungsbericht aus der Praxis einer Güterrichterin Weber, in: Fischer / Unberath, Grundlagen und Methoden der Mediation, S. 143–150; a. A. Wenzel, Justitia ohne Schwert, S. 53. 145 Nämlich das der Gesetzesbindung gem. Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG sowie § 25 DRiG unterworfene Tätigwerden im hoheitlichen Rahmen. 146 Assmann, MDR 2016, 1303 (1307). 147 Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26. 148 Löer, MDR 2018, 839; M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2469); Assmann, in: Wieczorek  / ​ Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 278 Rn. 70. 149 So auch: Thole, ZZP 127 2014, 339 (362). 150 Weber, in: Fischer / Unberath, Grundlagen und Methoden der Mediation, S. 149; Prütting, MDR 2016, 965. 151 Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26 a; Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 278 Rn. 65. 152 Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 7; Greger, in: Zöller, ZPO, § 278 Rn. 26; a. A. Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 278 Rn. 70. 153 Greger, ZKM 2017, 4; BT-Drs. 17/5335, S. 20. 154 Nach Inkrafttreten des FörderungsG bedarf es richtigerweise im Kontext einer Mediation nicht mehr des Zusatzes „außergerichtliche“. Diese „neue“ begriffliche Klarheit hat sich in Praxis und Wissenschaft noch nicht vollständig etabliert, so wird weiterhin die Bezeichnung richterlicher Mediator verwendet. Vgl. statt vieler z. B. Prütting, MDR 2016, 965 (966). 155 So auch: Hartmann MDR 2012, 941 (942); Steiner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 8, Rn. 40; M. Ahrens NJW 2012, 2465 (2469 f.); Prütting MDR 2016, 965 (966); Hufschmidt, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 1 ­MediationsG Rn. 12; Greger ZKM 2017, 4; Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 278 Rn. 74; a. A.: Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 155 ff., 438, 568; Röthemeyer, Mediation, Rn. 374 ff.; eine analoge Anwendung der Regelungen des M ­ ediationsG auf einen Güterichter nicht ausschließend: Löer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 278 ZPO Rn. 11.

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III. Materiell rechtlicher Regelungsinhalt von § 4 ­MediationsG Der Schwerpunkt des materiell rechtlichen156 (sachlichen) Regelungsinhalts von § 4 ­MediationsG liegt auf der Verschwiegenheitspflicht. Im Gegensatz zu anderen Bereichen des FörderungsG157 war die Ausgestaltung von § 4 ­MediationsG nicht Gegenstand der kontroversen Diskussion im Gesetzgebungsverfahren. Die Norm ist in der Form des ersten Regierungsentwurfs Gesetzeswirklichkeit geworden. Der Inhalt entspricht weitgehend Art. 7  ­­Mediations-RL, zu dessen Umsetzung § 4 ­MediationsG dient. Art. 7 ­Mediations-RL verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, auf nationaler Ebene dafür Sorge zu tragen, dass Mediatoren und in die Verfahrensdurchführung eingebundene Personen in (schieds-)gerichtlichen Verfahren in Ziviloder Handelssachen keine Angaben zu Informationen aus einem Mediationsverfahren machen müssen, soweit keiner der aufgezählten Ausnahmefälle vorliegt.158 § 4 ­MediationsG geht im Ergebnis mit der Normierung einer generellen Verschwiegenheitspflicht, aus Mediandenperspektive, über das in Art. 7 ­Mediations-RL vorgesehene personenbezogene Zeugnisverweigerungsrecht159 hinaus.160 Diese inhaltliche Ausgestaltung gleicht der ihrer ursprünglichen Quelle, nämlich Ziff. 4 vom Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren161.162 1. § 4 S. 1 ­MediationsG (Regelungsadressaten) § 4 S. 1 ­MediationsG schreibt die Verpflichtung des der Regelung unterfallenden Personenkreises zur Verschwiegenheit vor.

156 Die Rechtsnormen des ­MediationsG sind materielles Recht. Als materielles Recht werden die Rechtsnormen bezeichnet, die das Recht als solches ordnen, vgl. Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1156, Recht 3. Die einzelnen Rechtsnormen regeln das Verhältnis einer Gruppe von Menschen zueinander oder zu den übergeordneten Hoheitsträgern oder zwischen verschiedenen Hoheitsträgern, vgl. Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1155, Recht 1. a). 157 Vgl. hierzu Zw. Teil. Kap. 2. A. II. 158 Richtlinie 2008/52/EG, Art. 7; Sujecki, EuZW 2010, 7 (10). 159 Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 143. 160 Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 98; Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 2. 161 „Ziff. 4 Der Mediator muss die Vertraulichkeit aller Informationen aus dem Mediationsverfahren und im Zusammenhang damit wahren, einschließlich des Umstands, dass die Mediation stattfinden soll oder stattgefunden hat, es sei denn, er ist gesetzlich oder aus Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) zur Offenlegung verpflichtet. Informationen, die eine der Parteien dem Mediator im Vertrauen mitgeteilt hat, dürfen nicht ohne Zustimmung an die anderen Parteien weiter­gegeben werden, es sei denn, es besteht eine gesetzliche Pflicht zur Weitergabe.“ 162 Die vier Ziffern des Kodex entfalten für die sich ihnen freiwillig unterwerfenden natürlichen oder juristischen Personen keine unmittelbare Rechtswirkung, vgl. Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 146.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

a) Mediator In personeller Hinsicht gilt die Verschwiegenheitspflicht in erster Linie für den Mediator. aa) Kritik an Legaldefinition des Mediators Mediator ist gem. § 1 Abs. 2 ­MediationsG „eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt“. An dieser Definition wird teilweise kritisiert, dass sie einen Zirkelschluss (circulus ­vitiosus) enthalte163, da der Mediator als die Person, die eine Mediation durchführt, definiert wird und zugleich in § 1 Abs. 1 ­MediationsG eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Mediation, die Durchführung „mithilfe von einem oder mehreren Mediatoren“ ist. Ursprung dieser Zirkeldefinition ist Art. 3 ­Mediations-RL164. Die dortige Begriffsdefinition setzt für eine Mediation einen Mediator und für einen Mediator eine Mediation voraus. Auch der Duden definiert den Mediator als „jemand(en), der berufsmäßig Mediation betreibt“.165 bb) Abhilfe durch Definition von Mediation Richtigerweise muss zur Durchbrechung des Zirkels Mediation vorrangig definiert werden, denn entscheidend für die Qualifizierung als Mediator kann nur der Inhalt seines Auftrages sein, vgl.  § 2 Abs.  1  ­MediationsG. Die Parteien müssen ihn vertraglich166 zur Durchführung eines Mediationsverfahrens als privatrechtlich organisierten Dienstleister167 beauftragt haben.168 Der Duden definiert Mediation als „Technik zur Bewältigung von Konflikten durch unparteiische Beratung, Vermittlung zwischen den Interessen verschiedener Personen“169. In der Rechtspraxis herrscht überwiegend ein Verständnis von Mediation als einem Verfahren, das zu einer außergerichtlichen Konfliktlösung unter den Betroffenen führt.170 Dem ­MediationsG liegt ein enger Mediationsbegriff zugrunde, da Schlichtungs-

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Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245). RICHTLINIE 2008/52/EG, Art. 3. 165 Definition abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Mediator#Bedeutung2b (Stand: 22.02.2020). 166 Es handelt sich um einen privatrechtlichen Vertrag i. S. d. § 611 BGB; Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (174); Steffek, ZEuP 2013, 528 (555). 167 So auch: Prütting, MDR 2016, 965 (966). 168 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 1 Rn. 11. 169 Definition abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Mediation#Bedeutung2b (Stand: 22.02.2020). 170 Hufschmidt, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 1 ­MediationsG Rn.  1. 164

Kap. 2: Vertraulichkeitsschutz de lege lata

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oder Schiedsverfahren nicht umfasst sind.171 In Anlehnung an das sog. HarvardKonzept172 entwickelten sich als konstituierende Merkmale der Mediation173 die Struktur des Verfahrens (klassischerweise bestehend aus 5–6 Phasen174), das Streben nach einer einvernehmlichen Konfliktbeilegung, die freiwillige Teilnahme der Parteien, die Eigenverantwortlichkeit der Parteien für das Mediationsergebnis175, die Verfahrensführung durch einen Dritten und die fehlende Entscheidungsbefugnis des Dritten. Die Allparteilichkeit des Dritten und die Vertraulichkeit des Verfahrens sind keine konstitutiven Merkmale der Mediation.176 Dieser Umstand hat jedoch keinen Einfluss auf die kaum hoch genug einzuschätzende Bedeutung, die beide Merkmale für das Gelingen einer Mediation haben können.177 Dennoch liegt auch bei fehlender Allparteilichkeit des das Verfahren leitenden Dritten eine Mediation vor. Die Allparteilichkeit beschreibt die Ausrichtung des Verfahrens auf Gleichbehandlung aller Parteien. Gem. § 3 Abs. 1 S. 2 ­MediationsG kann vorbehaltlich der ausdrücklichen Zustimmung der Parteien, auch ein in seiner Allparteilichkeit (dort: Neutralität) beschränkter Dritter das Verfahren durchführen. Dieser Zustimmungsvorbehalt lässt den Rückschluss zu, dass der Gesetzgeber die Allparteilichkeit des Dritten nicht als Wesensmerkmal der Mediation ansieht. Ähnlich verhält es sich mit der Vertraulichkeit des Verfahrens: Die Parteien können den Dritten von seiner 171

BT-Drs. 17/5335, S. 11, 14. Im Jahr 1981 von Roger Fisher und William L. Ury in ihrem Buch Getting to YES (deutscher Titel: Das Harvard-Konzept) veröffentlicht. Das Harvard-Konzept ist ein Teil des Program on Negotiation der Harvard Law School und beruht auf dem Harvard Negotiation Project der Harvard-Universität. Basierend auf der Methode des sachbezogenen Verhandelns, zielt es auf eine konstruktive und friedliche Einigung in Konfliktsituationen ab. Hierbei wird nach dem größtmöglichen beiderseitigen Nutzen (sog. Win-Win-Ergebnis) gestrebt. 173 Eidenmüller / Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 1, Rn. 8–12. 174 Phasenmodell aus der Praxis der Verfasserin: Phase 0: Herstellen des Kontakts – aus Streitparteien werden Medianden Phase 1: Arbeitsfähigkeit auf Prozessebene herstellen Phase 2: Themensammlung – Warum sind wir hier? Phase 3: Konflikterhellung – Eisbergmodell Phase 4: Optionensammlung – Mediationskuchen vergrößern Phase 5: Optionen Verhandeln und Vereinbaren – SMART (spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch, terminiert) Phase 6: Kontrolle der Vereinbarung im Nachgang; ähnlich G.  Mähler / H.-G.  Mähler, in: Heussen / ​Hamm, BeckRA-HdB, § 48 Rn. 63–69; Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­ MediationsG, Teil 2 § 2 M ­ ediationsG Rn. 82; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 133. 175 Von Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 1 Rn. 38, als Selbstregulierung bezeichnet; zu Leistungsverbesserungen und leistungsfördernden affektiven Effekten bei Arbeitsabläufen kollektiv zusammengeschlossener Menschen als Folge von gesteigerter Eigenverantwortlichkeit Ackermann, Lean Leadership, S. 314. 176 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 1 Rn. 52; Eidenmüller / Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 1, Rn. 13 f. 177 Krämer-Pölkhofer bezeichnet die Allparteilichkeit als einzigartige Qualität der Mediation und untermauert dies durch das Motto „Brücken können nur von beiden Seiten gebaut werden“, vgl. Krämer-Pölkhofer, mediation aktuell 2016, 7. 172

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Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG einvernehmlich entbinden.178 Der Grundsatz der Parteiautonomie179 ermöglicht u. U. sogar, die Öffentlichkeit der Verhandlung zu vereinbaren180. cc) Definition des Mediators Im Licht der konstituierenden Merkmale einer Mediation kann nunmehr der Mediator definiert werden als der Dritte, der die Parteien ohne Entscheidungs­ befugnis mit dem Ziel einer einvernehmlichen Konfliktbeilegung strukturiert durch das Verfahren führt.181 Hierbei wird der Mediator ausschließlich außerhalb staatlicher Gerichtsverfahren tätig.182 Der an der eingangs zitierten Definition aus § 1 Abs. 2 ­MediationsG berechtigterweise geübten Kritik zum Trotz ermöglicht diese Definition es, jedenfalls bei einer ganzheitlichen Würdigung der in § 1 ­MediationsG genannten Merkmale, eine negative Abgrenzung des infrage kommenden Personenkreises vorzunehmen: Kein Mediator ist demnach, wie zuvor erörtert, v. a. der Güterichter. Ausgeschlossen sind ebenfalls Konfliktmoderator, Schlichter, Coach und Schiedsrichter, da sie jeweils entweder entscheidungsbefugt sind oder andere ADR-Methoden183 einsetzen. dd) Rollenverständnis des Mediators Die Selbstinterpretation des Mediators prägt seine Rolle maßgebend. Seit ein paar Jahren richtet die internationale praxisnahe Forschung ihren Fokus zunehmend auf die Frage, wer der Mediator ist.184 Demnach entwickelt die Mediation ihre höchste Wirkkraft über die Selbsterkenntnis und Selbstreflexion des Mediators.185 I. d. S. wird die Tätigkeit als Mediator durch die sich in einem kontinuierlichen Fortentwicklungsprozess befindliche Haltung entscheidend geprägt.186 178

Weigel, NJOZ 2015, 41 (42); vgl. zu Voraussetzung und Auswirkungen Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. 179 BT-Drs. 17/5335, S. 15. 180 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 72 ff.; Weigel, NJOZ 2015, 41, (42). 181 Zur Herleitung einer Definition Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 12 ff. 182 Prütting, MDR 2016, 965 (966). 183 Zu einer Dar- und Gegenüberstellung der alternativen Streitbeilegungsverfahren E. Schäfer, in: Torggler / Mohs / Schäfer / Wong, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Rn.  103–212; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 245 ff. 184 V. a. Fox, Winning from within; Ury, Getting to yes with yourself; Friedman, Inside out. 185 Friedman, Inside out, Introduction xxvi, xxvii, S. 8 ff. 186 Dr. Gisela Mähler, in: einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019; i. d. S. auch: Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 198 f.; Ripke, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.13, Rn. 1 ff.

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(1) Grundannahmen Unbeschadet der vorstehend herausgearbeiteten Definition des Mediators liegt dieser Arbeit positiv formuliert das folgende Verständnis zur Person des Mediators im Sinne eines Grundtypus187 zugrunde: Der Mediator ist eine unabhängige, allparteiliche Person mit Verfahrenshoheit und ohne Entscheidungsbefugnis, die den Parteien in einem strukturierten Verfahren zum gegenseitigen Verständnis verhilft. Die Unabhängigkeit des Mediators bezieht sich insbesondere auf seine Arbeit während des Mediationsverfahrens, bei der er frei von Drittinteressen, Vorfest­ legungen oder Zwängen sein soll. Die Allparteilichkeit188 beschreibt das Rollenverständnis des Mediators als jemand, der allen Parteien im selben Maße abwechselnd zur Seite steht.189 Hinsichtlich der verschiedenen Nuancen im Rollenverständnis des Mediators, ist die Allparteilichkeit vorzugswürdig190 gegenüber der Unparteilichkeit, wie sie einem Richter zugeschrieben wird191, oder der Neutralität192, die ein gänzlich unbeteiligter Dritter haben mag. Das zeigt eine Wortlautauslegung von § 2 Abs. 3 S. 1 ­MediationsG, wo es heißt: „Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet.“ Diese Verpflichtung des Mediators fordert Aktivität ein und stellt ein Mehr gegenüber bloßer Neutralität oder gänzlicher Unparteilichkeit dar.193 Der Vorzug der Allparteilichkeit besteht ferner in der eindeutigen Distanz zum ordentlichen Gerichtsverfahren. Die Verfahrenshoheit bringt die Verantwortung des Mediators für Ablauf und Struktur des Verfahrens zum Ausdruck. Der Mediator achtet auf die Regelkonformität des Verfahrens194 und strukturiert es aktiv, indem er den Medianden Vorschläge zur Vorgehensweise unterbreitet. Mit dem Ziel, die Medianden auch in Strukturfragen zur Selbstverantwortung zu führen, fragt der Mediator i. d. R. nach dem 187

Vgl. zur Berufsethik des Mediators Zw. Teil. Kap. 4. C. I. 3. Zur Wortbedeutung und Analyse von Allparteilichkeit Andreasson, ZKM 2017, 99. 189 Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 2 ­MediationsG Rn.  21. 190 Zur Einführung der Bezeichnung multiperspektivisch Andreasson, ZKM 2017, 99 (102); seinem Plädoyer, statt von einem „allparteilichen“ von einem „multiperspektivischen“ Mediator zu sprechen, schließt sich die Verfasserin nicht an, da die von Andreasson angenommene Notwendigkeit einer begrifflichen Anpassung zur Vermeidung von logischen Brüchen oder Rollenkonflikten nicht besteht: Die von ihm beschriebene Gefahr eines Widerspruchs beim neutralen, allparteilichen Mediator besteht nicht. Die Begriffe Neutralität, Allparteilichkeit (oder auch Unparteilichkeit) werden nur alternativ und nicht kumulativ verwendet. 191 Kritisch zur Möglichkeit einer neutralen Entscheidungsfindung Risse, NJW 2018, 2848 (2848 f.). 192 Zu einem Begriffsverständnis, nach dem sich Neutralität auf die inhaltliche Ebene und Allparteilichkeit auf die Beziehungsebene bezieht, Ripke, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.13, Rn. 22. 193 Zur Abgrenzung der Begriffe und zur Allparteilichkeit Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 108, 111 ff.; Hagel, in: Klowait / Gläßer, HK-­ MediationsG, Teil 2 § 1 ­MediationsG Rn. 23. 194 H.-G. Mähler / Kerntke, ZKM 2004, 151 (153). 188

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Einverständnis der Medianden mit seinen Vorschlägen zum Prozedere.195 Strukturgebend sind im gesamten Verlauf eines Mediationsverfahrens stets die Fragen des Mediators. Ein weiterer wesentlicher Aspekt dieses Rollenverständnisses ist die Unterstützung, die der Mediator den Medianden gibt. „Wir sind als Mediatoren Geburtshel­ fer – die Mäeutik, die Hebammenkunst ist das, was den Mediator ausmacht. (…) Es ist eine Geburt, kein Management.“196 Mithilfe von Methoden, wie z. B. der Wiederholung des Beitrags eines Medianden mit neutralisierten Worten und der anschließenden Vergewisserung, dass der Inhalt richtig wiedergegeben wurde, agiert der Mediator im gesamten Verlauf eines Mediationsverfahrens als Dolmetscher zwischen den Medianden. Er dient den Medianden bei der Bereitung des Weges zur Verständigung.197 Die dienende, unterstützende Haltung entspricht der Natur des Mediators.198 Der Mediator hat keine inhaltliche Entscheidungsbefugnis. Dies bedeutet nicht nur, dass der Mediator keine Vollmacht zur Festlegung des Verhandlungsausgangs hat, sondern beschreibt auch seine inhaltliche Passivität während des Mediationsverfahrens: Er gibt weder Bewertungen ab, noch macht er eigene Vorschläge. (2) Verschiedenheit Obwohl die Mediation wesentlich durch strukturelle Verfahrensmerkmale gekennzeichnet ist199, bleibt sie doch ein offenes, „atmendes“ Verfahren, das grundsätzlich methodische Divergenzen nicht nur zulässt200, sondern begrüßt. Infolgedessen fällt die individuelle Deutung des Rollenverständnisses unterschiedlich aus. Allen voran wird der Aspekt der fehlenden inhaltlichen Entscheidungsbefugnis unterschiedlich interpretiert. Teilweise wird unter Hervorhebung des Aspekts langjähriger Praxiserfahrung als Mediator davon ausgegangen, dass dies ein entscheidender Auswahlgrund für Medianden sein kann, weshalb der Mediator in diesem Fall u. U. auch auf inhaltlicher Ebene aktiv werden und die von den Medianden zum Umgang mit einer Thematik entwickelten Ideen um solche ergänzen kann, die in vergleichbaren Konstellationen früherer Mediationsverfahren entwickelt wurden.201

195

Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 40. Dr. Gisela Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 197 Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 169. 198 Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 199 Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) bb). 200 Zu verschiedenen Vermittlungsmodellen Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 215– 236. 201 Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 196

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Vereinzelt wird hingegen für den Mediator im Regelfall ein aus Moderation und Evaluation kombiniertes Rollenmodell befürwortet, in welchem er sowohl passiv die Kommunikation der Medianden steuert als auch mit eigenen Vorschlägen aktiv in die Verhandlungen eingreift.202 Soweit vertreten wird, dass sich die Verantwortung des Mediators sogar „verdichtet (…) zu einer Ergebnisverantwortung“ und es infolgedessen in seinen Verantwortungs- und Haftungsbereich203 falle, dafür Sorge zu tragen, dass die Medianden vollumfänglich über alle rechtlich relevanten Aspekte des Falles im Bilde sind204, ist dem kritisch entgegenzuhalten, dass der Mediator hiermit, ohne Not205, in einen Rollenkonflikt von Vermittler und Rechtsberater gedrängt wird.206 Zwar ist der Mediator verpflichtet, die Medianden auf die Möglichkeit und die Zweckmäßigkeit rechtlicher Beratung hinzuweisen (vgl. §  2 Abs. 6 ­MediationsG)207, gleichwohl ist er weder dazu verpflichtet, selbst diese Beratung zu leisten, noch die Güte (Vollständigkeit und Richtigkeit) einer Beratung durch Dritte zu überprüfen. Zutreffend ist, dass der Mediator grundsätzlich angehalten ist, bei „strukturellen Machtasymmetrien“ für ein Machtgleichgewicht i. S. e. Verhandlungsparität zwischen den Medianden zu sorgen208, dies jedoch nicht durch eine größere Parteinahme zugunsten eines Medianden.209 Stattdessen ist der Mediator aufgerufen, bei Bedarf z. B. zur Förderung innerer Klärungs­prozesse eines Medianden diesem exklusiv einen professionellen Gesprächspartner zur Seite zu stellen, der außerhalb des Mediationsverfahrens tätig wird. Im Falle von Machtasymmetrien gehört es zur Aufgabe des Mediators, die Selbstverantwortung aller Medianden durch „Ermächtigungsdialoge“ zu stärken, v. a. dem Schwächeren durch die Gesprächsführung Raum zu geben, um sich selbst zu finden und ausdrücken zu können.210 Aus der Eigenverantwortlichkeit der Medianden folgt zunächst eine ihnen obliegende Einstandspflicht bzgl. der Wahrnehmung und Vertretung ihrer eigenen Interessen.211 Im Übrigen fordert § 2 Abs. 5 ­MediationsG den Mediator im Falle mangelnder Eigenverantwortlichkeit der Medianden nicht etwa dazu auf, selbst Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, sondern stellt ihm ausdrücklich die Beendigung der Mediation frei. Die Annahme, der Mediator sei für das Mediationsergebnis im vorstehenden Sinn verantwortlich, verkennt das erwünschte Leistungsspektrum eines Mediationsverfahrens und läuft Gefahr, Wesensmerkmale des Verfahrens bis zu einem Grad der Unkenntlichkeit zu verfälschen. Sie steht im Widerspruch zu der 202

Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 417, 448 ff., 449 ff. Vgl. zur Haftung des Mediators Zw. Teil. Kap. 2. B. I. 204 So zuletzt vertreten von Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 449. 205 Das Gesetz sieht eben hierfür die Konsultation Dritter vor, vgl. § 2 Abs. 6 ­MediationsG. 206 Vgl. zum Rollenkonflikt auch sogleich Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ff). 207 Ungeachtet der Verpflichtung ist es ratsam, dass der Mediator die Medianden dazu ermuntert, jederzeit rechtliche Beratung durch einen sog. Parteianwalt einzuholen, Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 208 So zuletzt vertreten von Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 429 ff., 443 f. 209 So anscheinend Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 193. 210 Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 211 Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 442. 203

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fehlenden Entscheidungsbefugnis des Dritten einerseits und der Eigenverantwortlichkeit der Parteien für das Mediationsergebnis i. S. d. Grundsatzes der Parteiautonomie andererseits. Anders als vor einem (Schieds-)Gericht legen die Medianden in einer Mediation die Ergebnishoheit nicht in die Hand eines Dritten. Ein Rollenverständnis, das faktisch eine Vermischung verschiedener ADR- und gerichtlicher Verfahren bedeutet, birgt stets die Gefahr, die Rolle des Mediators zu verwässern. Wenngleich eine Kombination von Verfahrensmethoden in der Mediationspraxis im Einzelfall sinnvoll sein kann212, ist die (uneingeschränkte) inhaltliche Passivität des Mediators im Regelfall ein entscheidender Verfahrensvorteil der Mediation. Dass die Medianden das Mediationsverfahren als gerecht empfinden, sei gerade auf die zahlreichen Mitwirkungsrechte zurückzuführen.213 Die fehlende Entscheidungsbefugnis des Mediators gibt den Medianden die Chance, im Zuge des Mediationsverfahrens echte Selbstwirksamkeit zu erfahren.214 ee) Quasi-Berufsrecht des Mediators Das Berufsbild des Mediators wird zudem durch Vorschriften von „quasi berufs­ rechtliche[n]r Qualität“215 konkretisiert. Berufsspezifische Rechte und Pflichten werden durch Berufsrecht geregelt. Unter diesem Oberbegriff werden die in verschiedenen Rechtsquellen verankerten Vorgaben unterschiedlicher Ausprägung und Komplexität gesammelt.216 Durch Berufszulassungs- und Berufsausübungsregelungen, die Etablierung von Berufsgerichtsbarkeit und die Verbindung von Berufsträgern in Organisationen prägt das Berufsrecht (regulierend) das jeweilige Berufsbild.217 Besonders bedeutsam sind anerkannte, normierte Berufsregeln für die Berufsgruppe der freien, selbstständigen Berufe.218 Das Berufsrecht dient v. a. der Qualitätssicherung zum Verbraucherschutz und der Selbstkontrolle, indem z. B. den Berufsträgern ein Maßstab für eine Berufsausübung lege artis vorgeschrieben wird.219 Ein Berufsrecht in diesem klassischen Sinn existiert für Mediatoren nicht.220 Das ­MediationsG macht zwar verbindliche Vorgaben für eine fach- und sachge-

212

Zu Kombinationsmöglichkeiten von Mediations- und Schiedsgerichtsverfahren und Bewertung Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 279–298. 213 Falke, AnwBl 2004, 16 (19). 214 So auch: Unberath, JZ 2010, 975 (976). 215 Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2 Rn. 12. 216 Kästner, Beruf und Berufsrecht des Insolvenzverwalters, S. 25. 217 Kästner, Beruf und Berufsrecht des Insolvenzverwalters, S. 37. 218 Zum Begriff des freien Berufs Kästner, Beruf und Berufsrecht des Insolvenzverwalters, S. 29 ff. 219 Definition des Bundesverbandes der Freien Berufe e. V. abrufbar unter https://www.freieberufe.de/freie-berufe/profil/ (Stand: 22.02.2020). 220 So auch: Thomas, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 9, Rn. 1; a. A. Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (175); wohl auch: Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 441 ff.

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rechte Ausübung der Tätigkeit als Mediator221, enthält jedoch keine allgemeingültigen Angaben zum Beruf des Mediators.222 Die Vorschriften sind nicht berufs- sondern tätigkeitsgebunden. Dennoch kommen die Vorschriften zur ordnungsgemäßen Ausübung der Mediationstätigkeit berufsrechtlichen Regelungen so nahe, dass sie die Beschreibung als Quasi-Berufsrecht rechtfertigen.223 Insbesondere die in § 5 ­MediationsG geregelten Eckpunkte der Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren sowie die entsprechend der Verordnungsermächtigung des Bundesjustizministeriums nach § 6 ­MediationsG im Jahr 2017 in Kraft getretene Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren224 weisen Züge berufsrechtlichen Charakters auf.225 Beispielsweise die in § 3 ZMediatAusbV verankerte Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungen strebt nach Qualitätssicherung,226 einem klassisch berufsrechtlichen Ziel. § 2 ZMediatAusbV gibt die Anforderungen für eine besondere berufliche Qualifikation als zertifizierter Mediator wieder. Dies soll eine für Berufsrecht typische Berufsanerkennung darstellen.227 Allerdings stießen das in der ZMediatAusbV verankerte Modell der Selbstlizensierung und die hiermit verbundenen Anforderungen in Fachkreisen nahezu einhellig auf Kritik.228 Es wird insbesondere der Aspekt hervorgehoben, dass die geschützte Bezeichnung kein aussagekräftiges Qualitätssiegel sei, da die ohnehin unzureichenden Anfor 221

Beispielsweise die Informationspflicht der Parteien in § 2 Abs. 2; die Allparteilichkeit gem. § 2 Abs. 3; Informations- und Transparenzpflicht gem. § 2 Abs. 6 oder die Verschwiegenheitspflicht gem. § 4. 222 Lilja / von Lucius / Tietz, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 1 Ziff. 2 Rn. 79; Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap.  4.2, Rn. 12. 223 So auch: Röthemeyer, Mediation, Rn. 294; M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2466); Prütting, AnwBl 2012, 204 (205). 224 Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-­ Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) (BGBl. I 2016 S. 1994). 225 Obwohl der Verordnungsentwurf zunächst Anfang 2014 in der Begründung den „maßgeblichen Mediatoren- und Berufsverbände, (…) berufsständischen Kammern, (…) Industrie- und Handelskammern sowie andere(n) gesellschaftliche(n) Gruppen“ freistellte, sich innerhalb eines einjährigen Übergangszeitraums „aus eigener Initiative auf ein privatrechtliches „Gütesiegel“ für solche Ausbildungen zu einigen, die den festgelegten Anforderungen entsprechen“ (vgl. ZMediatAusbVE Bearbeitungsstand: 31.01.2014, S. 11 abrufbar unter https://www. centrale-fuer-mediation.de/media/Verordnungsentwurf(2).pdf (Stand:  22.02.2020), trat die ZMediatAusbV im September  2017, entgegen der Bitte des Qualitätsverbundes Mediation, seinen Regelungsvorschlag abzuwarten, weitgehend ohne Veränderungen im Vergleich zu ihrer Entwurfsfassung in Kraft; Ablauf im Einzelnen abrufbar unter https://www.mediationaktuell. de/news/lichtblick-beim-zertifizierungs-debakel; https://www.mediationaktuell.de/news/ neue-​rechtsverordnung-zur-zertifizierung-meilenstein-zur-qualitaetssicherung-und; https:// www.​centrale-fuer-mediation.de/zertifizierungs-verordnung.htm; https://www.centrale-fuermediation.de/45305.htm (Stand: 22.02.2020). 226 ZMediatAusbVE Bearbeitungsstand: 31.01.2014, S. 12, 16 abrufbar unter https://www. centrale-fuer-mediation.de/media/Verordnungsentwurf(2).pdf (Stand: 22.02.2020). 227 ZMediatAusbVE Bearbeitungsstand: 31.01.2014, S. 15, 18 abrufbar unter https://www. centrale-fuer-mediation.de/media/Verordnungsentwurf(2).pdf (Stand: 22.02.2020). 228 Statt vieler: Bewertung von Prof. Dr. Eidenmüller und PD Dr. Martin Fries abrufbar unter http://www.horst-eidenmueller.de/upload/mediationsmarkt.pdf (Stand: 22.02.2020).

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derungen an die Ausbildung keiner verifizierbaren Kontrolle durch eine neutrale Instanz unterlägen.229 Ein solches Qualitätssiegel zu schaffen, ist das Kernanliegen der seit Langem als Qualitätsverbund Mediation (QVM) zusammenarbeitenden Vorstände der fünf bundesweit aufgestellten Mediationsverbände230, Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation e. V. (BAFM), Bundesverband Mediation e. V. (BM), Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V. (BMWA), Deutsches Forum für Mediation e. V. (DFfM) und Deutsche Gesellschaft für Mediation e. V. (DGM). Hierzu strebt der Qualitätsverbund Mediation die Akkreditierung und Anerkennung von Mediatoren nach QVM-Standard an. Dieser soll die fünf diesbezüglich über die Anforderungen der ZMediatAusbV hinausgehenden Verbandsstandards231 vereinen.232 Mit der sog. 1. Frankfurter Erklärung von Mitte Juni 2019 haben die kooperierenden Fachverbände beschlossen, eine gemeinsame Institution zu schaffen, mit der die Einhaltung des QVM-Standards sichergestellt werden kann.233 Dennoch fehlen der Existenz übergeordneter Organisationen von und für Mediatoren zum Trotz bislang die für berufsrechtliche Regelungskomplexe wesenstypischen allgemeingültigen Vorschriften zur Berufsaufsicht.234 Nichts­ destominder ergänzt das vorhandene Quasi-Berufsrecht das Verständnis vom Mediator auf sinnvolle Weise. ff) Begriffliche Verortung des Anwaltsmediators Kontraproduktiv für das Verständnis vom Mediator ist hingegen die Bezeichnung „Anwaltsmediator“ oder auch „anwaltlicher Mediator“. Der (auch noch nach Inkraft­treten des ­MediationsG235) verwendete236 Begriff soll i. d. R. einen Mediator 229

Prof. Dr. Greger im Gespräch mit Jürgen Heim dem Leiter des Fachportals „Mediation aktuell“ abrufbar unter https://www.mediationaktuell.de/news/zertifizierung-oder-lizensierungwas-ist-erlaubt (Stand: 22.02.2020). 230 Zusammengefasst die sog. BBBDDVerbände. 231 Internationale Übersicht zu Zertifizierungen und Lizensierungen für Mediatoren abruf­bar unter https://www.mediationaktuell.de/sites/ma.site/files/dateien/ms_ma_synopse_zertifizierungen_​ verbaende_jh_30012018_cr-final.pdf (Stand: 22.02.2020). 232 Zielsetzung abrufbar unter https://www.mediationaktuell.de/news/akkreditierung-und-​ anerkennung-nach-qvm-standards; https://www.dgmw.de/qvm-der-qualitaetsverbund-mediation/ (Stand: 22.02.2020). 233 Mitteilung zur sog. 1. Frankfurter Erklärung abrufbar unter https://www.bafm-mediation. de/verband/verbandeubergreifende-zusammenarbeit/qualitatsverbund-mediation/ (Stand: 22.02.2020). 234 Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2, Rn. 15; zu der bewusst nicht abschließenden Regelung des Berufsbildes BT-Drs. 17/5335, S. 14. 235 Statt vieler vgl. zur Verwendung vor dem Jahr 2012: Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 22; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 163; Jost, ZKM 2011, 168 (169); Hornung, Tätigkeit freier Mediatoren, S. 251; Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (432). 236 Statt vieler: Baumann, SchiedsVZ 2018, 173; BGH NJW 2017, 3442 (m. Anm. Ehlers-Hofherr); Hess, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 22; Fahrendorf, in: Fahren-

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beschreiben, der als Rechtsanwalt zugelassen ist und „als Vermittler zwischen den Parteien und Helfer für beide Parteien“237 agiert. Hierbei sollen die vermittelnde Tätigkeit des Mediators und die helfende rechtsberatende Tätigkeit des Rechts­ anwalts in einer Person und einem Verfahren vereint werden.238 Prominente Verwendung fanden die Begriffe zuletzt in einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2017.239 Im Mittelpunkt des Urteils stehen Ausführungen zur Haftung des „anwaltlichen Mediators“240, wahlweise auch als „Anwaltsmediator“241 bezeichnet. Eine konkrete Begriffsdefinition enthält die Entscheidung, wie auch die der Vorinstanz242, nicht. Das scheint auch nicht nötig zu sein, werden die Begrifflichkeiten doch mit einer Selbstverständlichkeit eingesetzt, wie es bei althergebrachten Fachausdrücken üblich ist. Passend hierzu widmete sich der BGH nicht der Frage, ob der zu beurteilende Sachverhalt tatsächlich eine Mediation i. S. und Geltungsbereich des ­MediationsG umfasst, sondern setzte dies mit dem Hinweis auf § 18 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA)243, der den als Mediator tätigen Rechtsanwalt dem anwaltlichen Berufsrecht244 unterwirft, voraus.245 Die Vor­ ediationsG auf den schrift enthält jedoch keine Aussage zur Anwendbarkeit des M „Anwaltsmediator“. Sie erweitert den Geltungsbereich anwaltlichen Berufsrechts. In den Entscheidungsgründen hält der BGH zu Beginn fest, dass das klagende Ehepaar an die von der beklagten Rechtsanwältin geführte Schlichtungsstelle mit dem Wunsch der Durchführung einer einvernehmlichen Scheidung herangetreten und die Beklagte in diesem Kontext tätig geworden ist.246 Im Verlauf heißt es sodann: „Soweit die Beklagte rechtliche Lösungsvorschläge entwickelte, war sie als anwaltliche Mediatorin zu einer solchen Rechtsdienstleistung berechtigt.“247 Durch aneinandergereihte Behauptungen offenbart der BGH sein fehlendes dogmatisches Verständnis und Gefühl für das breite Spektrum verschiedener ADR-Verfahren248.249 Beispielsweise belässt er es bei der Bemerkung, der Anwaltsmediator müsse Belehrungen entsprechend den Hinweispflichten eines Rechtsanwalts vornehmlich an

dorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1909; Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 446. 237 Beschlüsse 67. DJT 2008, S. 24. 238 Friedrichsmeier / Hammann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 48 Rn. 78. 239 BGH NJW 2017, 3442 (m. Anm. Ehlers-Hofherr). 240 Vgl. Leitsätze von BGH NJW 2017, 3442 (m. Anm. Ehlers-Hofherr). 241 BGH NJW 2017, 3442 (3443) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 20. 242 OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (m. Anm. Jost). 243 „Vermittelnde, schlichtende oder mediative Tätigkeit: Wird der Rechtsanwalt als Vermittler, Schlichter oder Mediator tätig, so unterliegt er den Regeln des Berufsrechts.“ 244 Vgl. hierzu sogleich Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c) 245 BGH NJW 2017, 3442 (3443) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 19; kritisch hierzu: Gläßer, ZKM 2018, 81 (84). 246 BGH NJW 2017, 3442 (3443) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 15. 247 BGH NJW 2017, 3442 (3443) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 16. 248 Zum Verhältnis der Konfliktlösungsverfahren Steffek, ZKM 2017, 183. 249 Kritisch zur dogmatischen Urteilsbegründung auch Baumann, SchiedsVZ 2018, 173.

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die betroffene Partei richten, was wiederum dem in § 2 Abs. 3 ­MediationsG verankerten Grundsatz der Allparteilichkeit entspräche.250 Vorher stellt der BGH fest, dass sich die Haftung des als Mediator tätigen Rechtsanwalts nach den Maßstäben der Anwaltshaftung richte, er im Rahmen seiner Tätigkeit gem. §§ 2 Abs. 3 S. 1, 3 Abs. 1 ­MediationsG zur unparteiischen Verhandlungsführung verpflichtet sei, „wobei die Besonderheiten dieser anwaltlichen Schlichtungstätigkeit zu berücksichtigen sind“251. Ob der BGH unbewusst (Mangel an Kenntnis) oder achtlos (Mangel an Interesse)  die Tätigkeit eines Mediators mit der eines Schlichters252 gleichsetzt253, ist am Ende für den verbleibenden schlechten Eindruck254 nicht entscheidend. Der Entscheidung des BGH lässt sich nur dann etwas Positives abgewinnen, will man in der Formulierung „anwaltliche Schlichtungstätigkeit“ die inhärente Wertung erkennen, dass ein Anwalt nicht zugleich Mediator sein kann, da der Mediator „inhaltlich passiv“ durch das Verfahren führt, mit dem Ziel der selbstständigen Lösungsentwicklung durch die Medianden, während der Schlichter aktiv Lösungen vorschlägt, die das geltende Recht und die Interessen der Beteiligten berücksichtigen.255 Mit der Bezeichnung der Tätigkeit der Beklagten als „anwaltliche Schlichtungstätigkeit“ hätte der BGH, bei Annahme der vorstehenden Wertung, zufällig seine zu Beginn der Entscheidungsgründe fehlerhafte Einstufung der Tätigkeit der Beklagten als Mediation berichtigt. In der Missachtung des Verhältnisses von ADR-Verfahren zueinander wird eine Missachtung der Komplexität des jeweiligen Konflikts gesehen.256 In diesem Zusammenhang wird vor einem die Eigenart der einzelnen Verfahren verwässernden Konturenverlust gewarnt257 und für die Bewahrung des Qualitätsstandards der klassischen Mediation geworben.258 Unter Berücksichtigung der klar definierbaren Wesensmerkmale des Mediators bleibt kein Raum für Ergänzung bzw. Veränderung des Berufsbildes durch ein vorangestelltes Adjektiv. Ein Begriffsverständnis, das dem Adjektiv „anwaltlich“ reinen Informationsgehalt mit Blick auf den Grundberuf eines Mediators beimisst, ist

250

BGH NJW 2017, 3442 (3444 f.) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 34. BGH NJW 2017, 3442 (3443) (m. Anm. Ehlers-Hofherr) a. a. O. Rn. 20. 252 Zum Schlichtungsverfahren mithilfe eines Schlichters (auch Ombudsmann genannt) E. Schäfer, in: Torggler / Mohs / Schäfer / Wong, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Rn.  131–145. 253 A. A. Gössl laut ihr sind die Grenzen zwischen den Verfahren fließend vgl. BGH NJW 2017, 1247 (1248) (m. Anm. Gössl). 254 A. A. BGH ZKM 2018, 29 (32) (m. Anm. Hartung). 255 Begriffsbestimmung abrufbar unter https://www.bmjv.de/DE/Verbraucherportal/Verbraucher​ information/Schlichtung/Schlichtung_node.html (Stand:  22.02.2020); Jost, ZKM 2011, 168 (170). 256 Steffek, ZKM 2017, 183 (185). 257 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189); zustimmend BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 9. 258 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189 f.). 251

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zwar nicht per se widersprüchlich259, im vorstehenden Sinn aber dennoch (sprachwissenschaftlich) ungenau und deshalb irreführend: Wie ist die Mediation? Anwaltlich?260 Oder bietet der Anwaltsmediator nur Mediationen zwischen Anwälten an?261 Zu Recht beklagt Greger, dass der BGH durch seine Entscheidung der zunehmenden Verwässerung des Mediationsbegriffs Vorschub leiste.262 Die berufliche Verortung und das Maß an Eigenständigkeit des Mediators wurde vor Inkraft­treten des ­MediationsG diskutiert: Im Zuge einer vorbereitender Auseinandersetzung mit Gestaltungsfragen zum geplanten ­MediationsG votierten die Mitglieder des Deutschen Juristentages im Jahr 2008 mehrheitlich dafür, Festlegungen etwaiger Ausbildungserfordernisse eines Mediators den berufsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Grundberufs263 zu überlassen. Sie sprachen sich dafür aus, dass in der BORA Ausbildungsstandards für Anwaltsmediatoren festgeschrieben werden sollten.264 Der Gesetzgeber hat sich im Ergebnis jedoch zugunsten der Eigenständigkeit des Berufs des Mediators entschieden. Die Eigenständigkeit zeigt sich in Form der zentral und von eventuellen Grundberufen unabhängigen Normierung von Grundzügen der Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren in § 5 ­MediationsG sowie in der entsprechenden Verordnungsermächtigung des Bundesjustizministeriums zur Gestaltung des Berufszugangs im Einzelnen in § 6 ­MediationsG. Der in der ZMediatAusbV265 vorgeschriebene Inhalt des Ausbildungslehrgangs spricht die gleiche Sprache: Hierzu zählt u. a. die Thematik „Recht in der Mediation“, in der es um „Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation durch den Mediator“, die „Rolle des Mediators in Abgrenzung zu den Aufgaben des Parteianwalts“ oder die „Mitwirkung externer Berater in der Mediation“ geht.266 Die rhetorisch gestellte Frage, ob der Anwaltsmediator rechtliche Hinweise geben darf, die einem Medianden nützen und dem anderen schaden,267 offenbart den unüberwindbaren Rollenkonflikt zwischen Rechtsanwalt und Mediator innerhalb eines Verfahrens.268 Diese Einschätzung entspricht der klar erkennbaren Grundlinie

259

A. A. Tögel hält den Begriff bereits für in sich widersprüchlich, vgl. Tögel, ZKM 2018, 191 (192). 260 Beispielsweise auch der psychologische Mediator / Psychologenmediator oder der sozialarbeiterliche Mediator / Sozialarbeitermediator u. s. w. 261 Vergleichbarer Eindruck auch bei der Verwendung des Begriffs „Notarmediatoren“ (so bezeichnet z. B. von Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 18; Hornung, Tätigkeit freier Mediatoren, S. 287). 262 BGH BRAK-Mitt. 2017, 289 (295) (m. Anm. Greger). 263 Der Begriff des Grundberufs wird synonym verwendet für die Begriffe Herkunfts- oder Quellberuf. 264 Beschlüsse 67. DJT 2008, S. 23. 265 Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ee). 266 Anlage zur ZMediatAusbV (BGBl. I 2016 S. 1994 (1997)). 267 BGH NJW 2017, 3442 (3447) (m. Anm. Ehlers-Hofherr). 268 Zur dogmatischen und praktischen Bewertung eines Rechtsrat gebenden Mediators Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 171, 255–267, 285 f.

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in breiten Teilen von Wissenschaft und Praxis, nach der eine Person, während sie als Mediator tätig wird, nicht stets zeitgleich als Angehöriger ihrer Grundberufsgruppe agiert.269 Der vermeintlich effektive Parallelflug beider Berufe hat einen Beigeschmack von Vermessenheit: Muss doch von der ihm zugrunde liegenden Annahme ausgegangen werden, dass es für eine Person möglich sei, ohne Qualitätseinbußen, die Herausforderungen zweier Berufe zeitgleich zu meistern. Der Beruf des Rechtsanwalts allein birgt eine Vielzahl verschiedenartiger Pflichten mit der Folge, dass Haftungsgefahren aus materiell rechtlichen, prozessualen oder auch rein taktischen Fragen herrühren können.270 Doch nicht nur die Person kann nicht beiden Berufsprofilen gleichzeitig gerecht werden, die Kombination übersteigt auch das Maß dessen, was die Verfahren leisten können bzw. sollen: Die Mediation ist genauso wenig primär ein Verfahren zur vergangenheitsbezogenen Klärung von Rechtsfragen, wie das kontradiktorische Gerichtsverfahren der zukunftsorientierten Beziehungsklärung und -entwicklung dient.271 In diesem Kontext wird zutreffend der Aspekt hervorgehoben, dass die Erwartungshaltung von zur Durchführung einer Mediation entschlossenen Parteien nicht darin bestehe, eine „Gesamtdienstleistung bestehend aus Mediation plus rechtlicher Beratung“272 zu erhalten, sollte der Mediator eine Anwaltszulassung haben.273 Nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch kann eine Person in einem Verfahren nicht zeitgleich den unterschiedlich ausgerichteten Tätigkeiten eines allparteilichen bzw. neutralen und unabhängigen Mediators und eines parteilichen Rechtsanwalts nachgehen. Erfahrungsgemäß ist die Allparteilichkeit ohnehin für Mediatoren (auch ohne eine Kombination mit rechtsberatender Tätigkeit) eine Herausforderung274. Im Falle eines als Rechtsanwalt zugelassenen Mediators wird teilweise vertreten, es sei vorzugswürdig ausdrücklich sämtliche Beratung zu Rechtsfragen durch den Mediator auszuschließen, da den als Rechtsanwalt zugelassenen Mediator andernfalls die Pflicht zur umfassenden rechtlichen Beratung treffe.275 Das Vorstehende stellt nicht pauschal in Abrede, dass es funktionierende Hybride geben kann. Einzig muss wertungsfrei festgehalten werden, dass es sich dabei nicht um klassische Mediationsverfahren i. S. d. ­MediationsG handeln kann. Es ist gut, dass Mediation keine Rechtsberatung ist.276 Eine eigenständige Bezeichnung für Hybridtätigkeiten277 trüge dem Rechnung, 269

Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 5. Laumen, MDR 2018, 1281; Fahrendorf / Mennemeyer, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1521; zur Rechtsprechung des BGH zum Anwaltshaftungsrecht von Mitte 2015 bis Mitte 2017 Borgmann, NJW 2016, 3412; Borgmann, NJW 2017, 3344. 271 Falke, AnwBl 2004, 16. 272 Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (176). 273 A. A. Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 446 ff. 274 So auch: BGH NJW 2017, 3442 (3447) (m. Anm. Ehlers-Hofherr). 275 BGH ZKM 2018, 29 (33) (m. Anm. Hartung). 276 Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2. Rn. 7. 277 Schon die (ebenfalls nicht gelungene)  Bezeichnung als „anwaltlicher Schlichter“ bzw. „Anwaltsschlichter“ würde die Realität (vermittelnde Tätigkeit durch einen Rechtsanwalt, der für beide Seiten eines Konflikts inhaltlich beratend aktiv wird) treffender wiedergeben. 270

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wirkte der Irreführung von Medianden entgegen und wäre unter Verbraucherschutzaspekten278 erstrebenswert.279 Der „Anwaltsmediator“, wie er im kritisierten Urteil porträtiert wird, unterliegt nicht den Regelungen des M ­ ediationsG, da er bereits nicht vom Geltungsbereich des ­MediationsG umfasst ist. Der Geltungsbereich des ­MediationsG umfasst nur „reine“ Mediationen.280 Die aus der vorgenannten Entscheidung des BGH sprechende Leichtfertigkeit im Umgang mit den Fachbegriffen des ADR-Spektrums ist unangemessen in Anbetracht der (mit Inkrafttreten des M ­ ediationsG) errungenen Vorteile der klaren Trennung zwischen den Tätigkeitsfeldern von Güterichter und Mediator. Vergleichbare Vorzüge weist auch die trennscharfe inhaltliche und begriffliche Rollentrennung von Rechtsanwalt und Mediator auf.281 Selbstverständlich geht es einzig um eine Trennung der Rollen mit Blick auf die Tätigkeit im Rahmen eines konkreten Falls, ohne hierbei abstrakte Kombinationen von Grundoder Zweitberuf und dem Beruf des Mediators auszuschließen: Jeder Rechtsanwalt kann Mediator sein. Es bleibt auch der Einsatz von Methoden der Mediation durch eine Person, die sowohl Mediator als auch Rechtsanwalt ist im Rahmen ihrer rechtsberatenden Tätigkeit, wünschenswert und steht keinesfalls im Widerspruch zum klassischen Berufsbild des Anwalts, das seit jeher auch schlichtende, vermittelnde und gestaltende Elemente umfasst.282 Die einseitige Parteinahme und kämpferische283 Interessenvertretung sind zwar prägend für das Rollenverständnis des Anwalts und seine öffentliche Wahrnehmung, sie bilden aber trotzdem nur einen Ausschnitt des Aufgabenprofils des Anwalts ab284, wonach dieser seinen Mandanten „rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten“ hat, vgl.

278 Vgl. beispielhaft zur Rechtsprechung zum Schutz des Verbrauchers vor Irreführung bei Produkten: Der EuGH (Urt. v. 07.06.2018, Az. C-44/17) ließ, dass bloße Assoziationen zu einer geschützten Herkunftsangabe für eine Rechtsverletzung nicht ausreichen, sondern entschied, dass der Verbraucher das eine Produkt gedanklich konkret mit dem anderen in Verbindung bringen muss, Entscheidung abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eughc4417-glen-aus-deutschland-geografische-angabe-scotch-whisky/ (Stand: 22.02.2020); das LG Lübeck (Landgericht Lübeck, Urteil vom 06.06.2017, Az. 11 HKO 47/16) entschied, dass das Etikett eines Fruchtaufstrichs in der Gesamtschau keinen falschen Eindruck bzgl. des Inhalts erwecken darf, wobei eine Sternchenfußnote ohne klare Zuordnung keine ausreichende Klarheit geben kann, Entscheidung abrufbar unter https://www.vzbv.de/meldung/gericht-untersagtirrefuehrende-werbung-fuer-fruchtaufstrich (Stand: 22.02.2020). 279 Kritisch zum Umgang mit der Vielzahl von ADR-Methoden v. a. mit der begrifflichen Unschärfe Trossen, SchiedsVZ 2015, 187 (189 ff.); Interview abrufbar unter https://stiftungmediation.de/im-gespraech-mit-arthur-trossen (Stand: 22.02.2020). 280 Vgl. hierzu ausführlich Zw. Teil. Kap. 2. A. II. 5., 6. 281 So auch: Gläßer, ZKM 2018, 81 (85). 282 Henssler / Schwackenberg, MDR 1997, 409 (410); zu Rolle und Berufsethos des Rechtsanwalts Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (432 f.). 283 Zur Kampfmetapher im staatlichen Gerichtsverfahren Unberath, JZ 2010, 975 (975 f.). 284 Friedrichsmeier / Hammann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 48 Rn. 1 ff.; zum Prävarikationsverbot aus § 43 a Abs. 4 BRAO Mennemeyer, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 74 f.; Falke, AnwBl 2004, 16 (20).

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§ 1 Abs. 3 BORA. Das hinter der Bezeichnung „anwaltlicher Mediator“ stehende Konzept ist aufgrund seiner Widersprüchlichkeit jedoch gänzlich abzulehnen. gg) § 4 ­MediationsG als lex specialis Oftmals haben Mediatoren einen Grundberuf, der freiberuflicher Natur ist und deshalb ein eigenes Berufsrecht hat. Die Verschwiegenheitspflicht des Berufsträgers ist regelmäßig Gegenstand berufsrechtlicher Vorschriften. Im Falle sich widersprechender Vorgaben folgt aus der Auslegungs- und Anwendungsregel für Rechtsnormen lex specialis derogat legi generali, dass das spezielle Gesetz die all­ ediationsG heißt es hierzu gemeinen Gesetze verdrängt. Im Gesetzentwurf des M klarstellend: „Die Regelungen in diesem Gesetz verdrängen die für die Grundberufe geltenden berufsrechtlichen Regelungen nur, soweit zwischen beiden ein Widerspruch auftritt. Insoweit ist das ­MediationsG lex specialis.“285 Aus dem Anwendungsvorrang folgt, dass ein Mediator hinsichtlich der von ihm praktizierten mediatorischen Tätigkeit (unabhängig davon, ob hauptberuflich oder als Neben- bzw. Zweittätigkeit) der Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG auch dann unterliegt, wenn das Berufsrecht seines Grundberufs keine oder eine abgeschwächte Pflicht zur Verschwiegenheit vorschreibt.286 b) Hilfspersonen Neben dem Mediator sind von der Verschwiegenheitspflicht gem.  § 4  S.  1 ­ ediationsG, „die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen M Personen“ umfasst. aa) Restriktive Auslegung des Personenkreises Dieser Personenkreis ist, anders als der erste Eindruck vermuten lässt287, restrik­ tiv auszulegen288. Eindeutig nicht umfasst sind die Medianden selbst. Im Entwurf zum FörderungsG heißt es, dass hierunter nur Hilfspersonen fallen, die von dem Mediator zur Durchführung des Mediationsverfahrens eingebunden wurden, wie z. B. Bürokräfte oder sonstige berufliche Gehilfen.289 In diesem Zusammenhang 285

BT-Drs. 17/5335, S. 14. BT-Drs. 17/5335, S. 17; Wolf, in: Gaier / Wolf / Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 18 BORA S. 203 f. Rn. 5; Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 3. 287 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250). 288 Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn.  6. 289 BT-Drs. 17/5335, S. 17. 286

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wird in der Entwurfsbegründung ausdrücklich klargestellt, dass von den Medianden gem. § 2 Abs. 4 ­MediationsG in das Verfahren einbezogene Dritte nicht der Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG unterliegen.290 Die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG gilt auch nicht für von den Medianden ggf. in der Sache beauftragte Rechtsanwälte.291 Diese sind ebenfalls Dritte i. S. d. § 2 Abs. 4 MediationsG, sofern sie tatsächlich bei der Mediationssitzung persönlich anwesend und somit einbezogen292 sind. Andernfalls, wenn sie einen Medianden extern als dessen Rechtsbeistand (sog. Parteianwalt) beraten i. S. d. § 2 Abs. 6 MediationsG, unterliegen die Rechtsanwälte gleichfalls nicht der Pflicht zur Verschwiegenheit aus §  4 ­MediationsG. Eindeutig und klar und somit vorzugswürdig wäre es gewesen, Satz  1 der Norm um die Wörter „durch ihn“ zu ergänzen. Dann würde der erste Halbsatz von § 4 ­MediationsG aus sich heraus verständlich lauten: „Der Mediator und die durch ihn in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, (…).“ bb) Der vom Mediator beauftragte Rechtsanwalt Die Frage, ob ein vom Mediator beauftragter Rechtsanwalt eine eingebundene Person i. S. d. § 4 S. 1 ­MediationsG ist, stellt auf den ersten Blick einen Grenzfall dar. Einerseits kann unter Berücksichtigung des Wortlauts und der vorgenannten Gesetzesbegründung dahingehend argumentiert werden, dass ein vom Mediator beauftragter Rechtsanwalt in das Mediationsverfahren eingebunden wird, um dessen Durchführung zu unterstützen und er somit zu dem Kreis der Hilfspersonen gehört. Als Aufgabe eines Rechtsanwalts in diesem Zusammenhang kommt in Betracht, eine Thematik aus der Mediation juristisch einzuordnen, die Grenzen des Zulässigen aufzuzeigen oder eine ganze Mediationsvereinbarung zu überprüfen. Diese Tätigkeiten können Teil des Mediationsverfahrens sein. So gehört beispielsweise die Kontrolle einer Vereinbarung häufig zur letzten Phase, dem Abschluss einer Mediation.293 Andererseits lassen sich Wortlaut und Gesetzesbegründung auch zur entgegengesetzten und im Ergebnis überzeugenden Ansicht argumentativ heranziehen: Ein Rechtsanwalt kann nicht Hilfsperson des Mediators i. S. d. § 4 ­MediationsG sein, da in der Gesetzesbegründung als Beispiel für eine Hilfsperson eine Bürokraft genannt wird und diese im Vergleich zum Rechtsanwalt keinen eigenen Beitrag zum Inhalt der Mediation beisteuert. Die beispielhafte Nennung der Bürokraft sowie sonstiger beruflicher Gehilfen zeugt davon, dass die der Verschwiegenheitspflicht unterfallenden Hilfspersonen nach dem gesetzgeberischen Willen insoweit eng zu verstehen sind, als nur weisungsgebundene Personen zur organisatorischen Beglei 290

BT-Drs. 17/5335, S. 17. Töben, RNotZ 2013, 321 (329). 292 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 2 Rn. 142. 293 Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 168. 291

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tung der Mediation ohne inhaltliche Einflussnahme auf das Verfahren umfasst sein sollen. Sinn und Zweck der Beteiligung eines Rechtsanwalts an einem Mediationsverfahren ist jedoch gerade die Prüfung und ggf. Änderung von Mediationsinhalten. Der Wortlaut der Norm, insbesondere der Begriff der Durchführung wäre demnach, eng ausgelegt, rein funktional zu verstehen: Zur Durchführung der Mediation bedarf es Terminvereinbarungen, Räumlichkeiten, Flipcharts, Protokollniederschriften, etc. I. d. S. lässt sich über den Wortlaut der Vorschrift der Kreis an Personen, die als Hilfskraft der Verschwiegenheitspflicht unterliegen auf diejenigen begrenzen, die zur organisatorischen Begleitung der Mediation eingebunden werden. Ein anderes Ergebnis verbietet sich schließlich mit Blick auf die Gesetzessystematik: § 2 Abs. 4 ­MediationsG setzt für die Einbeziehung Dritter die Zustimmung aller Parteien der Mediation, folglich auch die der Medianden voraus. Ein vom Mediator einbezogener Rechtsanwalt ist, genau wie ein von einem Medianden einbezogener Rechtsanwalt, Dritter i. S. v. § 2 Abs. 4 ­MediationsG.294 Andernfalls könnte der Mediator den Zustimmungsvorbehalt aus § 2 Abs. 4 ­MediationsG umgehen. Dies würde den Mediationsgrundsätzen von Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit der Medianden widersprechen. c) Anwaltliche Verschwiegenheitspflicht Die im Folgenden exemplarisch skizzierte berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte ist überwiegend in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) geregelt und wird durch die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) ergänzt und konkretisiert.295 Die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 M ­ ediationsG entspricht ihrem Wortlaut nach mit Ausnahme der Worte „Beruf“ und „Tätigkeit“ der des Rechtsanwalts aus § 43 a Abs. 2 S. 1, 2 BRAO. Gem. § 43 a Abs. 2 S. 1, 2 BRAO sind Rechtsanwälte (auch im Falle einer Beteiligung an einem Mediationsverfahren durch den Mediator oder einen Medianden gem. § 2 Abs. 4 oder 6 M ­ ediationsG) berufsrechtlich zur Verschwiegenheit bzgl. sämtlicher ihnen in Ausübung ihres Berufs296 zur Kenntnis gelangter Informationen verpflichtet.297 Es kommt nicht darauf an, dass der Anwalt von seinem Mandanten in Kenntnis gesetzt wird.298 Sofern er nicht ausschließlich in privatem Zusammenhang Kenntnis von Informa­ tionen erlangt, sind sie als Wissen, das der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs 294

BT-Drs. 17/5335, S. 17. Zu vielen weiteren berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 96–122. 296 VG Frankfurt a. M. DStRE 2009, 1413 (1414). 297 Fahrendorf, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 697; BVerwG NJW 2012, 1241 (1242); zu Grenzen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Hessischer VGH DStR 2011, 643; Lapp, NJW 2019, 345 (346 ff.); BFH DStR 2017, 2611 (2612 ff.); VG Frankfurt a. M. DStRE 2009, 1413 (1414); AG Köln NJW 2015, 1701; OVG Hamburg NJW 2018, 1032 (1034). 298 Kleine-Cosack, BRAO, § 43 a Rn. 13, 21; BGH NJW 2011, 1077 (1078). 295

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erlangt hat, zu werten.299 Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich nur innerhalb des Verhältnisses zu seinem Mandanten und in dessen wohlverstandenen Interesse zur Verschwiegenheit verpflichtet.300 Eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht zugunsten bzw. im Interesse der Gegenseite enthält das anwaltliche Berufsrechts nicht.301 Die Schweigepflicht des Rechtsanwalts endet weder mit Mandatsbeendigung (vgl.  § 2 Abs.  1  S.  2  BORA) noch mit dem Tod des Mandanten302. Die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer beschloss im Jahr 2014, den die Verschwiegenheitspflicht konkretisierenden § 2  BORA zu novellieren, um die Vertraulichkeitswahrung bei Inanspruchnahme von Dienstleistern im Zusammenhang mit der Mandatsbearbeitung zu verbessern (vgl.  § 2 Abs.  3  lit.  c) BORA a. F.).303 Der Bundesgesetzgeber erkannte daraufhin den diesbezüglichen Regelungsbedarf und reagierte im Oktober 2017 mit dem Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen304, mit welchem er mehr Rechtssicherheit hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht aus § 43 a Abs. 2 BRAO schaffte. Dies gelang zum einen durch den erstmals im November 2017 in Kraft getretenen § 43 e BRAO zur Regelung der Inanspruchnahme von Dienstleistungen und zum anderen, indem er in § 43 a Abs. 2 S. 4–6 BRAO umfassend regelte, dass ein Rechtsanwalt die bei ihm beschäftigten und mitwirkenden Personen schriftlich zur Verschwiegenheit zu verpflichten, auf die Einhaltung der Schweigepflicht hinzuwirken und sie über die strafrechtliche Relevanz von Pflichtverletzungen zu belehren hat.305 Infolge der neuen Regelungsdichte der BRAO wurden die vormals konkretisierenden Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht aus § 2 Abs. 4–6 BORA a. F. bzgl. der schriftlichen Verpflichtung der Mitarbeiter und sonstiger Personen zur Verschwiegenheit und bzgl. Zweifeln an der Zuverlässigkeit externer Dritter überflüssig und eine Anpassung des § 2 Abs. 3 lit. c) BORA a. F. erforderlich. Die von der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer im April 2018 beschlossenen entsprechenden Anpassungen der BORA an den neuen Regelungsumfang der BRAO traten im November 2018 in Kraft.306 299

Kleine-Cosack, BRAO, § 43 a Rn. 17. Baranowski / Pant, CCZ 2018, 250 (252); Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 938; Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2, Rn. 19; Greger, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3, Rn. 18; Thomas / Wendler, DStR 2012, 1881 (1882); zur Ausgestaltung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Römermann / Hartung, Anwaltliches Berufsrecht, § 16; Töben, RNotZ 2013, 321 (329); BGH NJW 2011, 1077 (1078), VGH Kassel, Urt. v. 29.11.2013 – 6 A 1426/13 BeckRS 2014, 48107; VG Frankfurt a. M. DStRE 2009, 1413 (1414). 301 AnwG Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 01.08.2007 BeckRS 2009, 21052, II; insofern ist die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG umfangreicher. 302 OLG München ZEV 2019, 35. 303 BRAK-Mitt. 2015, 83. 304 BGBl. I 2017 S. 3618. 305 BGBl. I 2017 S. 3618 (3619); Dahns, NJW-Spezial 2018, 318. 306 BRAK-Mitt. 2018, 193 (193 f.); Dahns, NJW-Spezial 2018, 318. 300

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2. § 4 S. 2 ­MediationsG (inhaltliche Reichweite) Die Verschwiegenheitspflicht ist weitreichend und umfassend.307 Die inhaltliche Reichweite gibt § 4 S. 2 ­MediationsG vor: Die Pflicht bezieht sich auf alles, was den der Regelung unterworfenen Personen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden ist. Auf den ersten Blick ist § 4 S. 2 ­MediationsG dem Wortlaut nach, verglichen mit Art. 7 Abs. 1 ­Mediations-RL und Ziff. 4 des Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren, enger gefasst. Deren Regelungsbereich umfasst jeweils ausdrücklich Informationen, die sich aus einem Mediationsverfahren oder im Zusammenhang mit einem solchen ergeben. Auf den zweiten Blick, unter Beachtung von Sinn und Zweck, ist erkennbar, dass die Formulierung „in Ausübung ihrer Tätigkeit“ die Informationen einbezieht, die sich im Zusammenhang mit einer Mediation ergeben, da bereits die Kontaktaufnahme von Mediator und Parteien Teil der Mediations­tätigkeit ist308. Die Schweigepflicht des Mediators umfasst damit bereits Überlegungen von Personen, eine Mediation durchzuführen. Mit der ersten Kontaktaufnahme beginnt die Verschwiegenheitspflicht in zeitlicher Hinsicht. Ein Ende der Pflicht zur Verschwiegenheit gibt es nicht.309 Sie gilt in personeller Hinsicht gegenüber allen nicht an der Mediation beteiligten Personen oder Institutionen.310 Untersagt ist die Weitergabe von Informationen über inhaltliche Themen sowie über die Durchführung der Mediation an sich.311 Nicht erfasst sind Inhalte, von denen der Mediator und seine Hilfspersonen außerhalb ihrer Tätigkeit, d. h. unabhängig von der Mediation erfahren.312 Zu beachten ist jedoch, dass weder die Verschwiegenheitspflicht noch das Nachbefassungsverbot aus § 3 Abs. 2 S. 2 ­MediationsG dem Rechtsanwalt, der als Mediator tätig wird, verwehren, Kenntnisse aus einer Mediation in anderer Sache, in der er als Rechtsanwalt beauftragt ist, für taktische Erwägungen fruchtbar zu machen.313 Dieser „Lücke“ kann kaum effektiv durch eine Vorschrift begegnet werden. Der (zivilprozessuale) Beweis, dass die Kenntnis einer vertraulichen Information für ein taktisches Vorgehen in einer anderen Streitsache genutzt wurde, mag sich theoretisch führen lassen. Praktisch ist eine solche Beweisführung jedoch abwegig, da sie – bedingt durch den subtilen Charakter von taktischem Vorgehen – zu auf-

307 Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 17. 308 Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 134 f. 309 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 25; Ueber­schär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn.  5; Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 18. 310 Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn.  4. 311 Hufschmidt, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 1 ­MediationsG Rn.  4. 312 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 10. 313 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 2.

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wendig, wenn nicht gar unmöglich wäre. Tatsächlich spiegelt diese Lücke lediglich das allgemeine Risiko des Bekanntwerdens von Informationen, das sich mit jeder Weitergabe an eine Person erhöht, wider. 3. § 4 S. 3 ­MediationsG (Ausnahmen) Eng umgrenzte materiell rechtliche Ausnahmen der Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 4  S.  1  ­MediationsG enthält § 4  S.  3  ­MediationsG. Aus dem ersten Halbsatz der Norm, „Ungeachtet anderer gesetzlicher Regelungen über die Verschwiegenheitspflicht gilt sie nicht, soweit (…)“, wird deutlich, dass die folgenden Ausnahmen vorrangig, ohne Rücksicht auf sonstige materiell oder formal recht­ liche Regelungen gelten. Diese Ausnahmen sind verfassungsrechtlich geboten und können die Mediationspraxis vereinfachen: Widerstreitende Interessen werden antizipiert und es wird vorgegeben, dass in den normierten Fällen die Pflicht des Mediators314 zur Verschwiegenheit hinter den jeweils anderen Interessen zurücktritt. Gleichzeitig bedeuten diese Ausnahmen empfindliche Einschnitte in den Schutz der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten. Ein restriktives Verständnis zum Umfang der Ausnahmen ist deshalb geboten. a) § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG (Umsetzung und Durchsetzung) Nr. 1 hebt die Schweigepflicht auf, „soweit die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich ist“. Die Regelung ist verständlicher, wenn sie gedanklich um den Normadressaten ergänzt wird: Es gilt keine Verschwiegenheitspflicht, „(…) soweit die Offenlegung (…)“ durch den Mediator oder die durch ihn in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen „zur Umsetzung oder Vollstreckung (…) erforderlich ist“. Der Inhalt der Mediationsvereinbarung darf ausnahmsweise offengelegt werden. Andere Inhalte aus der Mediation sind dem Wortlaut nach nicht erfasst.315 Die Umsetzung einer Vereinbarung meint ihre Ausführung ohne staatliche Unterstützung. Die Vollstreckung einer Vereinbarung richtet sich nach dem Verfahrensrecht der Zwangsvollstreckung (vgl. §§ 704–945b ZPO). Es dient zur Durchsetzung eines materiellen Anspruchs mit staatlichem Zwang.316

314 Es wird aus Zwecken der Vereinfachung und zur angemessenen Schwerpunktsetzung im Folgenden nur die Situation des Mediators und nicht auch die von den übrigen der Verschwiegenheitspflicht unterworfenen Personen erörtert. 315 So auch: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 37; Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 25 f. 316 Seibel, in: Zöller, ZPO, Vor § 704 Rn. 1.

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aa) Anwendungsfälle von Nr. 1 Für die Fälle, in denen eine Vereinbarung schriftlich festgehalten wurde, ist eine Offenlegung durch den Mediator zur Umsetzung oder Vollstreckung der Media­ tionsvereinbarung grundsätzlich nicht erforderlich. Im Streitfall könnten die Medianden selbst die Vereinbarung einem Dritten beispielsweise einem Gericht vorlegen, ohne dass der Mediator mitwirken müsste. Die Medianden sind nicht, jedenfalls nicht durch den Gesetzgeber, zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sofern sich die Medianden im Einzelfall zur Verschwiegenheit verpflichtet haben, könnte die Offenlegung der schriftlichen Vereinbarung gegenüber einem Dritten durch den Mediator erforderlich sein. Die Regelung greift insbesondere in den Fällen, in denen nur eine mündliche Mediationsvereinbarung geschlossen wurde.317 Im Streitfall ergäbe sich eine Patt-Situation, in der sich die unterschiedlichen Behauptungen der Medianden zum Inhalt der Vereinbarung gleichwertig gegenüberstünden. In dieser Konstellation könnte der Mediator, aufgrund der Ausnahmeregelung, gegenüber Dritten eigene Erklärungen zum Vereinbarungsinhalt abgeben und so den Medianden potenziell bei der Durchsetzung des Vereinbarten helfen. bb) Voraussetzungen von Nr. 1 Der Anwendungsbereich der Ausnahme ist doppelt begrenzt: Zum einen ist der Inhalt, der offengelegt werden darf, begrenzt auf den Vereinbarungsinhalt. Zum anderen muss die Offenlegung durch den Mediator zur Durchsetzung der Vereinbarung erforderlich sein. (1) Vollstreckung einer Mediationsvereinbarung Der Staat bedient sich seines Zwangsmonopols318, um durch seine Organe Ansprüche der Verfahrensbeteiligten justiziabel zu machen. Die Grundlage einer Zwangsvollstreckung nach der ZPO ist ein Vollstreckungstitel. Ein Vollstreckungstitel ist eine öffentliche Urkunde i. S. d. § 418 ZPO, die die Vollstreckbarkeit ihres Inhalts ausweist.319 Neben dem Endurteil (vgl. § 704 ZPO) bestimmt § 794 ZPO weitere Vollstreckungstitel. Private Mediationsvereinbarungen sind keine Vollstreckungstitel. Art. 6 ­Mediations-RL fordert die Mitgliedsstaaten auf, die Vollstreckbarkeit von Vereinbarungen, die in einer Mediation erzielt wurden, sicherzustellen. Ursprünglich sollte das FörderungsG die Möglichkeit schaffen, den Inhalt einer Mediationsvereinbarung in einem gesonderten Verfahren vollstreckbar zu machen. 317

Ueberschär zufolge setzt Nr. 1 stets eine schriftliche Vereinbarung voraus, vgl. Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 7. 318 BVerfG MDR 83, 188 (189). 319 Schmidt, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, Grdz. § 704 Rn.  15.

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Die Mediationsvereinbarung sollte als Vollstreckungstitel in § 794 ZPO aufgelistet werden.320 Dieses Vorhaben wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben.321 Stattdessen kann eine Mediationsvereinbarung nach heutiger Rechtslage u. a. gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 797 ZPO durch die Protokollierung bei einem Gericht oder durch eine notarielle Beurkundung vollstreckbar gemacht werden.322 Sofern die Mediationsvereinbarung als Anwaltsvergleich323 geschlossen wurde, kann sie unter den Voraussetzungen der §§ 796a ff. ZPO für vollstreckbar erklärt werden, vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 4b ZPO. (2) Offenlegung durch den Mediator gegenüber Dritten Die Offenlegung des Vereinbarungsinhalts durch den Mediator zur Erlangung eines Vollstreckungstitels kann z. B. im Rahmen eines Notartermins zur Beurkundung zur Klärung des Sachverhalts gem.  §§ 1,  8 ff.,  17 Abs.  1  S.  1,  29  BeurkG i. V. m. § 20 BNotO erfolgen. (3) Erforderlichkeit Der Ausnahmetatbestand setzt voraus, dass die Offenlegung des Vereinbarungsinhalts durch den Mediator erforderlich sein muss. Der Begriff der Erforderlichkeit ist unbestimmt. Im Strafrecht324 und im öffentlichen Recht325 hat sich eine im Wesentlichen übereinstimmende Definition des Begriffs etabliert. Gemessen daran, wäre die Offenlegung durch den Mediator erforderlich, soweit sie das mildeste, gleich effektive Mittel ist. Mit Blick auf dieses Begriffsverständnis als Referenzpunkt ist fraglich, welche anderen Möglichkeiten es gibt, um die in einer Mediation erzielte Vereinbarung vollstreckbar zu machen. Die Antwort hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Zu denken wäre beispielsweise an Dritte, die in das Mediationsverfahren einbezogen waren und nunmehr an Stelle des Mediators Inhalte der Vereinbarung gegenüber Dritten wiedergeben könnten. Sofern nur der Mediator neben den Medianden Kenntnis vom Vereinbarten hat, kommt neben außergerichtlichen Möglichkeiten auch ein Gerichtsverfahren in Betracht, um die Vereinbarung durchzusetzen. Ein Gerichtsverfahren ist jedoch, verglichen mit

320

BT-Drs. 17/5335, S. 11, 13, 21. BT-Drs. 17/8058 S. 10, 21.  322 Zu einer Aufzählung der Möglichkeiten, die Vollstreckbarkeit von Mediationsverein­ barungen zu erreichen, Hacke, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 155 ff. 323 Ein Anwaltsvergleich ist ein außergerichtlicher Vergleich, den Rechtsanwälte im Namen und mit Vollmacht der von ihnen vertretenen Parteien schließen, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 796a Rn. 1. 324 Rux, NomosLehrbuch Taschen-Definitionen, S. 137. 325 Rux, NomosLehrbuch Taschen-Definitionen, S. 210, 223. 321

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außergerichtlichen Möglichkeiten (z. B. Protokollierung vor einem Notar), (zeitlich und i. d. R. finanziell) aufwendiger und deshalb weniger effektiv. cc) Erweiternde Auslegung von Nr. 1 Teilweise wird vertreten, es bedürfe mit Blick auf die vorstehende, vom Gesetzgeber gewünschte Wirkung der Ausnahme nach Nr. 1, eines weit verstandenen Geltungsbereichs. Es müssten auch Mediationsinhalte, die keinen Eingang in eine Vereinbarung gefunden haben, von der Regelung erfasst werden. Nur so würden Umsetzung und Vollstreckung von Vereinbarungen für das Gros der Fälle tatsächlich erleichtert, indem der Mediator nach Abschluss des Mediationsverfahrens im Streitfall zwischen den Medianden in Bezug auf Auslegungs- und Anwendungsfragen der erzielten Vereinbarung seine Wahrnehmungen Dritten gegenüber mitteilen dürfte.326 Ohne die Reichweite der Ausnahme zu problematisieren, wird vereinzelt auch vertreten, dass der Mediator durch die Regelung in Nr. 1 zur Offenlegung von allen Inhalten, die die Wirksamkeit, Auslegung oder ergänzende Abreden der Vereinbarung betreffen, befugt sei.327 dd) Stellungnahme und Ergebnis Die Ausnahmeregelung ist richtigerweise genauso eng zu verstehen, wie es der Wortlaut vorgibt. Ein extensives Verständnis gäbe ohne Not das hohe Gut einer klar umgrenzten Ausnahmeregelung auf. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis würde verzerrt. I. d. R. besteht eine Verschwiegenheitspflicht des Mediators. Ausnahmsweise gilt diese Pflicht nicht. Die Ausnahme soll nicht öfter vorkommen als die Regel. Genau hierzu würde es führen, wenn eine ausnahmsweise Offenlegung von Inhalten zum einen nicht auf die konkreten Vereinbarungsinhalte begrenzt wäre und zum anderen der Maßstab für die Einbindung des Mediators nicht mehr die Erforderlichkeit, sondern schon die Förderlichkeit im Hinblick auf die Durchsetzung der Mediationsvereinbarung wäre. Beide Begrenzungen dienen der Bestimmbarkeit der Ausnahme. Eine weite Auslegung würde den Umfang der Ausnahme zulasten der Vertraulichkeit der Mediationsinhalte unbestimmbar machen. Der Gefahr, dass sich die Mediationsvereinbarung im Streitfall der Medianden als „zahnloser Papiertiger“ entpuppt, wird bereits durch die eng verstandene Ausnahme gem. § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG entgegengewirkt. Soweit die Ausnahme 326

Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 25 f.; Hartmann, in: Haft / ​ Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 22. 327 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 14; Greger, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap.  4.5, Rn. 39 f.; Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 7.

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nicht greift, können die Medianden einvernehmlich den Mediator in einem Gerichtsverfahren von seiner Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG entbinden.328 Der Zustimmungsvorbehalt auf formal rechtlicher Ebene (vgl. § 385 Abs. 2 ZPO) zeugt von der Achtung des Gesetzgebers vor der materiell rechtlichen Schweigepflicht des Zeugnisverweigerungsberechtigten, als auch vor dem hierdurch gewährten Schutz der Medianden. Eine weite Auslegung von § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG umginge den formal rechtlichen Zustimmungsvorbehalt. Schließlich würde eine weit verstandene Ausnahme in § 4 S. 3 ­MediationsG die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 S. 1 ­MediationsG aushebeln: Durch eine extensive Auslegung würde dem Gesetzgeber die Inkaufnahme eines systematischen Widerspruchs innerhalb einer Norm angelastet. Vorzugsweise ist von einer gesetzgeberischen Ausrichtung des Wortlauts der Ausnahme in § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG an Art. 7 ­Mediations-RL auszugehen mit dem Ziel, durch das FörderungsG die Vollstreckbarkeit von Mediationsvereinbarungen zu erleichtern.329 b) § 4 S. 3 Nr. 2 ­MediationsG (vorrangige Gründe) Nr. 2 hebt die Schweigepflicht auf, „soweit die Offenlegung aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) geboten ist, insbesondere um eine Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden“. Die Ausnahme ist das Ergebnis einer durch den Gesetzgeber vorgenommenen Abwägung widerstreitender Interessen, gemessen an den europarechtlichen Vorgaben und den Grundwerten der deutschen Rechtsordnung. Der Klammerzusatz zur öffentlichen Ordnung (ordre public)  stellt klar, dass nicht das polizeirechtliche Begriffsverständnis von öffentlicher Ordnung gemeint ist.330 Andernfalls wäre der Ausnahmetatbestand zu weitreichend gefasst, da die öffentliche Ordnung im allgemeinen Polizeirecht, die lange Zeit verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick auf ihre Bestimmbarkeit ausgesetzt war, als „die Gesamtheit der (z. T. ungeschriebenen) Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Gemeinschaftslebens angesehen wird“331, definiert wird. Nach der Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf des FörderungsG entfällt die Verschwiegenheitspflicht, wenn ansonsten Grundwerte der deutschen Rechtsordnung verletzt würden und sich solche Beeinträchtigungen auf keine andere Weise als im Wege der Offenlegung durch den Mediator abwenden lassen.332 Zur Verdeutlichung enthält die Vorschrift einen

328

So auch: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 37; vgl. hierzu im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. 329 BT-Drs. 17/5335, S. 1. 330 So auch: Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 120. 331 Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1295 f., Sicherheit und Ordnung, öffentliche. 332 BT-Drs. 17/5335, S. 17.

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nicht abschließenden Katalog mit entsprechenden Konstellationen333: Die Pflicht zur Verschwiegenheit entfällt insbesondere, soweit der Mediator im Rahmen einer Mediationssitzung von einer Kindeswohlgefährdung334 Kenntnis erlangt, die nur durch eine Mitteilung an eine zuständige Stelle (z. B. das Jugendamt oder die Polizei) verhindert werden kann.335 c) § 4 S. 3 Nr. 3 ­MediationsG (keine Geheimhaltungsbedürftigkeit) Nr. 3 hebt die Schweigepflicht auf, wenn „es sich um Tatsachen handelt, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen“. Art. 7  ­Mediations-RL schreibt nur die vorstehenden zwei Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht vor. Während es den Mitgliedsstaaten freisteht, über die Vorgaben der Richtlinie zum Schutz der Vertraulichkeit im Zuge der Umsetzung in nationales Recht hinauszugehen, ist es grundsätzlich nicht zulässig, hinter ihnen zurückzubleiben.336 Die Ausnahme in Nr. 3 darf den Vertraulichkeitsschutz aus § 4 S. 1 ­MediationsG somit nicht in sensibler Weise verkürzen. aa) Offenkundiges Zur Festlegung der Tatsachen, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unter­fallen sollen, knüpft die Ausnahme in Nr. 3 an die Offenkundigkeit einer Tatsache an. Offenkundig i. S. d. Norm sind Tatsachen, die jedem verständigen und erfahrenen Menschen bekannt sind bzw. die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen, weshalb sie für jedermann ohne Umstände zuverlässig wahrnehmbar sind.337 Nicht offenkundig i. S. d. Norm sind z. B. Inhalte von Gerichtsakten.338 Als Tatfrage ist die

333 BT-Drs. 17/5335, S. 17; zur Erläuterung werden a. a. O. Fälle eines (drohenden) Missbrauchs von einem Medianden genannt. 334 Zur Einbettung in den Kontext des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) Wolf, in: Gaier / Wolf / Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 18 BORA S. 205 f. Rn. 16. 335 BT-Drs. 17/5335, S. 17; zur Erläuterung heißt es a. a. O., dass die Eingriffsschwelle für den Mediator nach der Ausnahme höher ist als die der Familiengerichte nach § 1666 BGB („Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“), da der Mediator, anders als die Gerichte, vorrangig den Medianden gegenüber verpflichtet sei. 336 Zur europarechtlichen Umsetzungsverpflichtung von Richtlinien vgl. Art. 288 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV): „Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel“; vgl. zudem RICHTLINIE 2008/52/EG, Erwägungsgrund Nr. 23 „Mindestmaß“; Art. 12 ­Mediations-RL. 337 BVerfG NJW 1960, 31; Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 54; Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 M ­ ediationsG Rn. 7; Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 291 Rn. 6 f. 338 AnwGH NWR NJW-Spezial 2018, 543.

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Offenkundigkeit einer Tatsache keinem Rechtsentscheid zugänglich.339 Die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht für Offenkundiges entspricht dem gesunden Menschenverstand. Rechtstechnisch wird durch diese Ausnahmegestaltung der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten nicht in sensibler Weise verkürzt. Trotzdem können im Einzelfall gerichtliche und außergerichtliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Reichweite der Ausnahme zulasten der Vertraulichkeitswahrung von Mediationsinhalten wirken. bb) Bedeutungsloses Die Reichweite der Schweigepflichtausnahme zugunsten von Tatsachen, „die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen“, ist erörterungsbedürftig. Die vom deutschen Gesetzgeber geschaffene Ausnahmeregelung ist weder europarechtlich vorgeschrieben, noch findet sie in der Gesetzesbegründung eine Erwähnung. Eine parallele Regelung sieht jedoch das Berufsrecht von Rechtsanwälten vor: Der Wortlaut von § 4 S. 3 Nr. 3 ­MediationsG gleicht § 43 a Abs. 2 S. 3 BRAO, der entsprechenden Regelung im anwaltlichen Berufsrecht. Auch dort wird Offenkundiges und Bedeutungsloses von der Schweigepflicht ausgenommen. Die parallele Gestaltung der Ausnahmeregelungen lässt eine Orientierung an den bereits gefestigten Grundsätzen zur Auslegung von § 43 a Abs. 2 S. 3 BRAO für die inhaltliche Bestimmung der Ausnahme Nr. 3 zu.340 Maßgebend ist zunächst die Frage, ob die Bedeutungslosigkeit einer Tatsache nach subjektiven341 oder ebenfalls nach objektiven342 Kriterien zu beurteilen ist. Unter Hinweis auf den Schutzzweck der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht wird teilweise auf die subjektive Bewertung des Mandanten zur Beurteilung abgestellt. Die subjektive Bewertung sei als Beurteilungskriterium tauglich, soweit sie nicht willkürlich oder unnachvollziehbar sei. Da sich die Bedeutung einer Information mit der Zeit ändern könne, sei es für den Anwalt ratsam, sich im Zweifel für die Geheimhaltung zu entscheiden343, dass gelte insbesondere, wenn der Mandant die Geheimhaltung verlangt.344 Für eine Bewertung nach objektiven Kriterien verbleibt kein Raum, soweit die Grenze übereinstimmend und zutreffend dort gezogen wird, wo der Mandant ausdrücklich eine Geheimhaltung einfordert, jedoch bereits im Zweifel die Geltung der Schweigepflicht anzunehmen ist. Soweit vereinzelt mit dem Hinweis auf die zusätzliche Einschränkung des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten durch die Ausnahme nach Nr. 3 ein objektiver Beurteilungs 339

Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 291 Rn. 5. So auch: Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 29. 341 Zustimmend: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 42. 342 Zustimmend: Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 29. 343 Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 56. 344 Träger, in: Weyland, BRAO, § 43 a Rn. 17. 340

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maßstab bevorzugt wird345und hierbei nachvollziehbarerweise Bedenken an der europarechtlichen Rechtfertigung der Ausnahme geäußert werden346, streitet dieser Aspekt i. E. ebenfalls für eine subjektive Beurteilung der Bedeutungslosigkeit von Tatsachen. Es bedarf einer sog.  richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts, nach der die Auslegung vorrangig ist, die den Zielen der Richtlinie zur Wirkung verhilft347: Ausgerichtet an dem Ziel der ­Mediations-RL348 ist im Ergebnis der strengere, nach subjektiven Kriterien zu beurteilende Maßstab zwingend. Bei subjektiver Beurteilung der Tatsachen verkürzt auch dieser Ausnahmetatbestand von § 4 S. 3 Nr. 3 ­MediationsG den Schutz der Vertraulichkeit von Mediations­ inhalten nicht empfindlich. cc) Fehlende Geheimhaltungsbedürftigkeit anonymisierter Tatsachen Richtigerweise wird auf eine fehlende Geheimhaltungsbedürftigkeit von Informationen nach deren Anonymisierung hingewiesen.349 So ist es Mediatoren möglich, zu Zwecken der Berichterstattung und der Supervision sowie zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, Informationen aus oder über Mediationsverfahren weiterzugeben, solange dies keinen Rückschluss auf Beteiligte der Mediation ermöglicht. dd) Ergebnis Bei Beachtung der gebotenen Reichweitenbegrenzung der Ausnahme Nr. 3 bleibt der durch § 4 S. 1 ­MediationsG gewährte Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten im Wesentlichen erhalten, weshalb auch keine durchgreifenden europarechtlichen Bedenken gegen § 4 S. 3 Nr. 3 ­MediationsG bestehen. 4. § 4 S. 4 ­MediationsG Die in Satz 4 normierte Pflicht des Mediators, die Medianden über seine Verschwiegenheitspflicht zu informieren, dient einerseits der Förderung der Vertrauens­ bildung zwischen allen an der Mediation Beteiligten und soll andererseits Medianden vor unbedachter Informationspreisgabe infolge einer fälschlichen Annahme absoluten Geheimnisschutzes bewahren.350 Ob das zweite gesetzgeberische Ziel erreicht wird, darf jedenfalls angezweifelt werden, da der Mediator nach 345

Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 29. Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 28. 347 Schwintowski, Juristische Methodenlehre, S. 74. 348 Siehe hierzu die vorstehenden Erörterungen im Zusammenhang mit Erwägungsgrund Nr. 23 der RICHTLINIE 2008/52/EG. 349 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 19. 350 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 35. 346

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dem Wortlaut der Vorschrift zur uneingeschränkten Information über seine Verschwiegenheitspflicht angehalten ist, der Gesetzgeber jedoch gleichwohl davon ausgeht, dass die Erfüllung dieser Pflicht keinen nennenswerten zeitlichen Aufwand bedeutet.351 In Anbetracht dessen kann vor dem Hintergrund der Fülle an juristischen Details im Ergebnis keine umfassende Erörterung des Umfangs der Verschwiegenheitspflicht gefordert sein. Dies wäre auch insbesondere zu Beginn der Mediation nicht praktikabel.352 Mit der schwierigen Frage nach dem minimal erforderlichen Informationsumfang, um die vorstehend wiedergegebenen Ziele erreichen zu können, wird der Mediator im Einzelfall alleingelassen. Bestenfalls befähigt der Mediator die Medianden dazu, eine umfassend aufgeklärte Entscheidung bzgl. der Preisgabe von Tatsachen etc. zu treffen. Zumindest muss der Mediator zur Pflichterfüllung die Medianden dafür sensibilisieren, dass eine Offenlegung von Mediationsinhalten zugunsten von übergeordneten Belangen353 erfolgen kann. 5. Zwischenergebnis Der materiell rechtliche Regelungsgehalt von § 4  ­MediationsG statuiert zwei Pflichten für den Mediator und seine Hilfspersonen: zum einen die Pflicht zur Verschwiegenheit über alles, was ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden ist und zum anderen die Pflicht, die Medianden hierüber zu informieren. Dieses Pflichtenpaar spiegelt den ausgegebenen übergeordneten Normzweck von § 4 ­MediationsG, von dem auch das FörderungsG als Ganzes getragen werden soll, wider: Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in das Verfahren der Mediation354. § 4 S. 1 ­MediationsG normiert erstmals eine gesetzliche Schweigepflicht aller Mediatoren, unabhängig von ihrer sonstigen beruflichen Ausrichtung. Indem die Vorschrift den Mediator zur Verschwiegenheit verpflichtet, bietet sie den Medianden Vertraulichkeitsschutz. Die Medianden und an einer Mediation beteiligte Dritte sind keine Regelungsadressaten. Ein restriktives Verständnis der Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht des Mediators ist im Licht der überragenden Bedeutung von Vertraulichkeit im Mediationskontext zwingend. Gleichwohl ist das Vorhandensein von Ausnahmen und Einschränkungen unverzichtbar für die Funktionsfähigkeit des Vertraulichkeitsschutzes. Eine ausnahmslose Verschwiegenheitspflicht wäre zum einen praxisfern (Verstöße wären vorprogrammiert) und zum anderen unvereinbar mit der Rechtsordnung als solcher, die stets darauf bedacht ist, verschiedene Interessen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegeneinander abzuwägen und in Einklang zu bringen. Der Regelungsgehalt von § 4 ­MediationsG betrifft alle drei Vertraulichkeitsbereiche im Mediationskontext. Die zur Strukturierung gezogenen vertikalen Ebenen 351

BT-Drs. 17/5335, S. 27, Anhang 2. Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 26. 353 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 34. 354 BT-Drs. 17/5335, S. 11.

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zum Schutz der Vertraulichkeit innerhalb jedes einzelnen Bereichs haben durch § 4  ­MediationsG teilweise eine Regelung erfahren. Der inhaltlichen Ebene, deren Bezugspunkt die einzelne Information ist, sowie der gegenständlichen Ebene, mit dem Informationsträger als Bezugspunkt, wird die grundsätzlich umfassende Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG weitreichend gerecht. Der personellen Schutzebene, deren Bezugspunkt die Person mit Kenntnis von Mediationsinhalten ist, wird die Norm jedoch aufgrund des begrenzten Regelungsgehalts von § 4 ­MediationsG in personeller Hinsicht nur teilweise gerecht. IV. Disponibilität von § 4 ­MediationsG Entgegen der vor Inkrafttreten des ­MediationsG vereinzelt geäußerten Befürchtung355 enthält § 4 ­MediationsG kein zwingendes Recht, von dem durch Vertrag nicht abgewichen werden könnte356.357 Vielmehr steht es den Medianden frei, den Mediator gemeinsam von der Pflicht zur Verschwiegenheit zu entbinden.358 Dispositive Rechtsnormen entfalten nicht weniger Rechtsgeltung als zwingendes Recht.359 Dispositives Recht tritt hinter abweichende Privatvereinbarungen zurück und ergänzt sie dort, wo sie keine Regelungen enthalten.360 Dieser Freiheitsgewinn begünstigt differenziertere, eigenverantwortlich gestaltete Vertragsverhältnisse.361 Neben der normierten, dispositiven Verschwiegenheitspflicht können die Beteiligten einer Mediation eine an die Umstände des Einzelfalls angepasste Verschwiegenheitspflicht des Mediators vereinbaren. Abweichungen vom als Gesamteinheit gestalteten gesetzlichen Normgefüge können vorteilhaft oder nachteilig wirken.362 Haben die Parteien den Mediator unabhängig von einem Gerichtsverfahren gemeinsam von seiner Verschwiegenheitspflicht gegenüber Dritten entbunden, gelten nachfolgend entweder Individualvereinbarungen der Beteiligten oder die jeweiligen Verfahrensregelungen des Dritten.363 Soweit die Beteiligten die dispositive Verschwiegenheitspflicht aus § 4  ­MediationsG nicht ausdrücklich abbedungen haben, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gilt.364

355

Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (18). Zum Begriff des zwingenden Rechts Kähler, Abdingbares Recht, S. 5, 33 ff. 357 BT-Drs. 17/5335, S. 17; Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 32. 358 BT-Drs. 17/5335, S. 17; Trossen, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 26 Rn. 29; Fritz, in: Fritz / Pielsticker, Mediationsgesetz, § 4 Rn. 27; vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. 359 Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 87. 360 Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 84; Wagner, Prozeßverträge, S. 55. 361 Kähler, Abdingbares Recht, S. 206. 362 Kähler, Abdingbares Recht, S. 222. 363 Sofern die Entbindung zur Offenlegung beispielsweise gegenüber einem Notar erfolgt, richten sich die Pflichten des Mediators nach den Regelungen im BeurkG bzw. BNotO. 364 Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (174); Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 §  4 ­MediationsG Rn.  44; Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 28. 356

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V. § 4 ­MediationsG im Spannungsverhältnis mit Informationsinteressen Gemessen am Prinzip der Einheit der Rechtsordnung, dem die Annahme zugrunde liegt, dass die Gesamtheit der Rechtsnormen widerspruchsfrei zueinandersteht, bewegt sich die Verschwiegenheitspflicht aus § 4  ­MediationsG v. a. in einem Spannungsverhältnis zu ggf. bestehenden Interessen des Mediators an der Weitergabe von Informationen und zu potenziellen Informationspflichten gegenüber Dritten. Aus dem Spannungsverhältnis entstehende Inkongruenzen zwischen Schutzzielen sind unter Beachtung der Einzelfallumstände zu beheben. 1. Schutz vorrangiger Interessen des Mediators Der Schutz von Eigeninteressen des Mediators kann im Einzelfall vorrangig sein gegenüber seiner Verschwiegenheitspflicht aus § 4 S. 1 ­MediationsG. Neben anderen schutzwürdigen Eigeninteressen des Mediators, muss es für den Mediator zum einen zulässig sein, sich gegen Haftpflichtansprüche sowie straf- oder berufsrechtliche Vorwürfe verteidigen zu können.365 Zum anderen muss es ihm möglich sein, seinen Honoraranspruch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Rechtstechnisch wird der Vorrang von Eigeninteressen auf unterschiedlichen Wegen konstruiert. a) Ausnahmsweise Offenlegung Unter Berufung auf Rechtsprinzipien i. S. v. allgemeinen Rechtsgedanken, die einem Rechtsbereich zugrunde liegen, lassen sich ungeschriebene Ausnahmen von einer Rechtsnorm grundsätzlich dogmatisch herleiten.366 Teilweise wird die Meinung vertreten, dass nach allgemeinen Grundsätzen ungeschriebene Ausnahmefälle von der Schweigepflicht des Mediators anzuerkennen sind, um vorrangige Interessen des Mediators zu schützen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen Haftpflichtansprüche oder bei der Durchsetzung von Honoraransprüchen.367 Vor dem Hintergrund von Vorbehalten gegen die europarechtliche Zulässigkeit der Einschränkung des Vertraulichkeitsschutzes über die Vorgaben der ­Mediations-RL hinaus, wird vereinzelt auch eine analoge Anwendung von § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG zugunsten des Mediators zur Durchsetzung von Honoraransprüchen in Betracht gezogen.368 Beide Methoden zielen darauf

365

Zum Recht der Verteidigung eines Rechtsanwalts in eigener Sache nach § 2 Abs. 3 lit. b) BORA Hessischer VGH DStR 2011, 643. 366 Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 11 III Ziff. 4. 367 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 20 f. 368 Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 31.

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ab, eine gesetzliche Regelungslücke zu schließen369. Eine Gesetzeslücke besteht, wenn eine Rechtsnorm solche Fälle nicht erfasst, auf die sie sich billigerweise erstrecken müsste.370 Daran fehlt es jedoch bei § 4 S. 3 ­MediationsG. Eine analogiefähige Lücke im Gesetz liegt nicht schon dann vor, wenn es einen bestimmten Fall nicht regelt.371 Vielmehr muss die Unvollständigkeit auch planwidrig sein372 und darf nicht etwa vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden sein.373 Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle kein regelungswürdiges Problem übersehen. Die Frage nach dem Schutz von Eigeninteressen ist keine Besonderheit des Mediators bzw. des M ­ ediationsG. Der Person, die sich gegen Anschuldigungen im weitesten Sinne verteidigen muss oder ihren Vergütungsanspruch durchsetzen möchte, wird es in aller Regel nicht verwehrt werden, die hierfür unabdingbaren Informationen offenlegen zu dürfen. Alles andere hätte weitreichende Einschnitte in die Rechte dieser Personen zur Folge. Das Konstrukt einer ungeschriebenen Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht oder analogen Anwendung von § 4 S. 3 Nr. 1 ­MediationsG ist nicht erforderlich. b) Grenze der Verschwiegenheitspflicht Bei einer ganzheitlichen Betrachtung ergibt sich der allseits befürwortete Schutz vorrangiger Eigeninteressen des Mediators aus der Begrenzung der ihm obliegenden Verschwiegenheitspflicht. Die Offenlegung von vertraulichen Mediationsinhalten durch den Mediator gegenüber Dritten tangiert die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 S. 1 ­MediationsG nicht, soweit sie auf vorrangigen Interessen des Mediators beruht. Für die Herleitung bzw. Begründung des Ergebnisses ist es in diesem Zusammenhang erneut hilfreich, einen Blick darauf zu werfen, wie das anwaltliche Berufsrecht die Thematik behandelt. Während die bundesrechtliche BRAO (ohne planwidrig lückenhaft zu sein) keine Regelung hierzu enthält, findet nach der BORA die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht dort ihre Grenze, wo vorrangige Eigeninteressen des Anwalts die Offenlegung von vertraulichen Tatsachen rechtfertigen,374 vgl. § 2 Abs. 3 lit. b) BORA. So entfällt die Verschwiegenheitspflicht bei Verfahren gegen den Rechtsanwalt375 oder bei Gebührenrechtsstreitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandantschaft376. Ferner kann die Pflicht zur Verschwiegenheit auch entfallen im Falle eines mittelbar oder unmittelbar von einem Mandanten zu vertretenen öffentlichen Angriffs gegen die (Berufs-)Ehre oder das

369

Wank, Die Auslegung von Gesetzen, § 11 III. Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 11 II lit. a). 371 Zur Vollständigkeit der Gesetzgebung Mertens, Gesetzgebungskunst, Teil C. III. 372 Schwintowski, Juristische Methodenlehre, S. 83. 373 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 335. 374 Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 101. 375 BGH MDR 1956, 625 (626). 376 BGH NJW 1952, 151; BGH NJW 1993, 1638 (1641); Henssler, NJW 1994, 1817 (1822). 370

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Ansehen des Rechtsanwalts.377 Die Preisgabe anvertrauter Informationen muss das letzte Mittel zum Schutz der Eigeninteressen des Anwalts sein. Vorab bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung.378 Diese Wertungen aus der BORA beanspruchen in gleicher Weise Geltung für den Schutz der Eigeninteressen eines Mediators, da sie in erster Linie auf dem Rechtsgedanken von § 193 StGB, mithin einer für jedermann geltenden Norm des Strafrechts basieren.379 Eine andere Bewertung widerspräche dem erklärten Ziel des FörderungsG, die Mediation zu fördern, da der Beruf des Mediators, ohne die Möglichkeit zur Durchsetzung von Honoraransprüchen, in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht deutlich an Attraktivität verlöre und die Rechtsstellung des Mediators geschwächt wäre. 2. Informationspflichten gegenüber Dritten Soweit Medianden im Rahmen oder anlässlich eines Mediationsverfahrens personenbezogene Daten Dritter mitteilen, kann dies grundsätzlich Informationspflichten des Mediators gegenüber der dritten Person begründen (vgl.  Art.  14 ­DS-GVO). Der den sachlichen Schutzbereich der Normen der DS-GVO bezeichnende Begriff der personenbezogenen Daten schützt jede natürliche Person im Kontext der Verarbeitung der sie beschreibenden Daten.380 Dabei sind Daten erst dann personenbezogen, wenn sie Informationen über eine identifizierte (d. h. konkret benannte) oder identifizierbare (d. h. ermittelbare) Person enthalten.381 Im Spannungsverhältnis zum besonderen beruflichen Vertrauensverhältnis wird die datenschutzrechtlich gebotene Informationsweitergabe an Dritte regelmäßig nachrangig sein.382 Diese Wertung ergibt sich aus der europarechtlichen Ausnahmeregelung zugunsten des Vertrauensgebers (hier der Medianden) aus Art. 14 Abs.  5  lit.  d) DS-GVO und wird im nationalen Recht durch § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG sinnvoll383 ergänzt.384

377

Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 114. Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 114. 379 Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 101. 380 Gola, in: Gola, DS-GVO, Art. 4 Rn. 4. 381 Gola, in: Gola, DS-GVO, Art. 2 Rn. 12, Art. 4 Rn. 4 f.; Klabunde, in: Ehmann / Selmayr, DS-GVO, Art. 4 Rn. 8. 382 Lapp, NJW 2019, 345 (346 f.); Zikesch / Kramer, ZD 2015, 565 (566); Franck, in: Gola, DS-GVO, Art. 14 Rn. 27. 383 Lapp, NJW 2019, 345 (347 f.). 384 Knyrim, in: Ehmann / Selmayr, DS-GVO, Art. 14 Rn. 48. 378

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VI. § 4 ­MediationsG im verfahrensrechtlichen Kontext Rechtsnormen, die der Durchsetzung von materiellem Recht dienen, lassen sich zusammenfassend als formelles Recht bezeichnen.385 Entsprechend des zu Beginn definierten Untersuchungsgegenstandes beschränkt sich der Blick auf formell rechtliche Aspekte aus dem zivilprozessualen Verfahrensrecht nach der ZPO. 1. Zeugnispflicht Neben der vorstehend untersuchten materiell rechtlichen Pflicht zur Verschwiegenheit des Mediators386 ergibt sich für ihn, soweit er von der Partei eines Zivilprozesses als Zeuge benannt wird, gleichzeitig die öffentlich-rechtliche Verpflichtung387 zur Mitwirkung an diesem Prozess als Zeuge. Der Zeugnispflicht unterliegt jede der deutschen Gerichtsbarkeit nach §§ 18–20 GVG unterworfene Person. Der Zeuge ist verpflichtet, auf ordnungsgemäße Ladung vor Gericht zu erscheinen, wobei die Folgen eines widerrechtlichen Ausbleibens in § 380 ZPO geregelt sind. Dem Zeugen obliegt außerdem die Pflicht zur wahrheitsgemäßen (ggf. beeideten) Aussage. Die Folgen der widerrechtlichen Zeugnis- oder Eidesleistungsverwei­ gerung regelt § 390 ZPO. Als Zeuge wird eine am Verfahren nicht selbst als Partei oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei unmittelbar beteiligte Auskunftsperson bezeichnet, welche auf Antrag einer Partei durch Aussage über Tatsachen und tatsächliche Vorgänge Beweis erbringen soll.388 Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt oder des menschlichen Seelenlebens.389 Der Tat­sachenbegriff umfasst neben sog.  äußeren, für die Außenwelt sinnlich wahrnehmbaren auch sog. innere Tatsachen, wie beispielsweise Wissen, Kenntnis oder Absicht einer Person.390 Tatsachen müssen für Dritte nachprüfbar sein und stehen deshalb im Gegensatz zu Werturteilen.391 Es ist Teil der Beweiswürdigung und somit Aufgabe des erkennenden Gerichts (vgl. § 284 ZPO), den Tatsachenvortrag einer Zeugenaussage von Wertungen oder Hypothesen abzugrenzen.392 Die Pflicht

385 Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 1156, Recht 3; zum formellen Recht gehört insbesondere das die Form der Verwirklichung der Rechtsordnung regelnde Verfahrensrecht, vgl. Köbler, Juristisches Wörterbuch, Recht. 386 Es wird aus Zwecken der Vereinfachung und zur angemessenen Schwerpunktsetzung im Folgenden nur die Situation des Mediators und nicht auch die von den übrigen der Verschwiegenheitspflicht unterworfenen Personen erörtert. 387 Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 373 Rn. 3. 388 Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 373 Rn. 1. 389 BVerfG NJW 1993, 2165, BGH NJW 1998, 1223 (1224); BPatG GRUR 2013, 171 (172 f.); Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 288 Rn. 28. 390 Laumen, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 284 Rn. 7. 391 Anders, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, Grdz. § 284 Rn. 18. 392 Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 373 Rn. 1.

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zur Aussage über Tatsachen umfasst auch Äußerungen Dritter, beispielsweise Erklärungen im Rahmen eines Mediationsverfahrens. 2. Zeugnisverweigerungsrechte als Ausnahmeregelung Wenn die Partei des Zivilprozesses zuvor Mediand und der Gegenstand des Prozesses zuvor Gegenstand einer Mediation waren, kollidieren zwei unvereinbare Pflichten in der Person des beteiligten Mediators: Die Verschwiegenheitspflicht und die Zeugnispflicht. Zur Bewältigung derartiger Pflichtenkollisionen sieht der Gesetzgeber Ausnahmen vom Grundsatz der Zeugnispflicht in Form von Zeugnisverweigerungsrechten aus persönlichen und sachlichen Gründen vor, vgl. §§ 383 f. ZPO. Zur Wahrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses sind die Zeugnisverweigerungsrechte in personeller und sachlicher Hinsicht eng begrenzt. In persönlicher Hinsicht können grundsätzlich393 nur die in den §§ 383 f. ZPO benannten Personen das Zeugnis verweigern. In sachlicher Hinsicht kann sich in besonderen Fällen der Grund für ein Zeugnisverweigerungsrecht direkt aus der Verfassung ergeben.394 Davon abgesehen sind die Gründe für Zeugnisverweigerungsrechte abschließend in den §§ 383 f. ZPO geregelt.395 Die Normen räumen dem Zeugen ein grundsätzlich verzichtbares Recht ein, sie begründen aber kein von Amts wegen zu beachtendes Vernehmungsverbot.396

393 Zu den Ausnahmen vom Grundsatz: Eine Erweiterung des Personenkreises ist im Wege einer analogen Anwendung der §§ 383 f. ZPO auf die als Zeuge zu vernehmende prozessunfähige Partei (vgl. Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 383 Rn. 4.), die materielle Partei bei Prozessstandschaft (vgl. Scheuch, in: Vorwerk / Wolf, BeckOK ZPO, § 383 Rn. 11.) und den Insolvenzschuldner im Prozess des Insolvenzverwalters (vgl. Huber, in: Musielak / Voit, ZPO, § 383 Rn. 2); originäres Zeugnisverweigerungsrecht von Abgeordneten des Deutschen Bundestages sowie Abgeordneten des Europarats über Art. 25 der Satzung des Europarats und Abgeordneten des Europäischen Parlaments über § 6 Europaabgeordnetengesetz gleichfalls aus Art. 47 GG; daneben ergeben sich aus den einzelnen Länderverfassungen Zeugnisverweigerungsrechte für die Abgeordneten der Landtage; daneben können für Konsularbeamte originäre Zeugnisverweigerungsrechte bestehen; vgl. insgesamt m. w. N. Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 10–13. 394 Ein Zeugnis- oder Eidesverweigerungsrecht kann im Einzelfall zum Schutz von Grundrechten als Ergebnis einer umfassenden Abwägung zu gewähren sein, beispielsweise bei einer Verletzung des Grundrechts auf Achtung der Privat- und Intimsphäre aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. LG Freiburg NJW 1997, 813 (813 f.), hier wurde das Zeugnisverweigerungsrecht einer Psychologin im Strafverfahren im Ergebnis bejaht), dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG (vgl. BVerfG NJW 1975, 588 (589), hier wurde das Zeugnisverweigerungsrecht eines Tierarztes im Strafverfahren im Ergebnis abgelehnt), der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG (vgl. BVerfG NJW 1972, 2214 (2217), hier wurde das Zeugnisverweigerungsrecht eines Sozialarbeiters im Strafverfahren im Ergebnis abgelehnt). 395 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 13 f.; G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4 (7). 396 Greger, in: Zöller, ZPO, § 383 Rn. 1.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Ein prozessuales, formal rechtliches Zeugnisverweigerungsrecht ist von einer materiell rechtlichen Schweigepflicht klar zu unterscheiden. Recht und Pflicht sind nicht notwendigerweise verschiedene Seiten einer Medaille, können es aber sein. Eine materiell rechtliche Schweigepflicht muss kein Pendant in Form eines prozessualen Zeugnisverweigerungsrechts haben. Genauso wenig setzt ein prozessuales Zeugnisverweigerungsrecht eine materiell rechtliche Schweigepflicht voraus.397 Folglich gibt es Konstellationen, in denen eine Person materiell rechtlich einer Schweigepflicht unterliegt (beispielsweise bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung zwischen den Parteien), sie jedoch gleichwohl als Zeuge vor Gericht zur Aussage verpflichtet ist. Der Aussagende macht sich trotz tatbestandlicher Pflichtverletzung nicht schadensersatzpflichtig, da die Zeugnispflicht als Rechtfertigungsgrund die Widerrechtlichkeit der Pflichtverletzung entfallen lässt.398 Ein anderes Ergebnis könnte unter Berücksichtigung von Billigkeitsaspekten wohl keinen Bestand haben. Auch der umgekehrte Fall einer formal rechtlichen Schweigeberechtigung ohne materiell rechtliche Schweigepflicht ist denkbar.399 3. Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (berufliche Funktion) § 383  ZPO gewährt aus persönlichen Gründen Ausnahmen von der Zeugnispflicht. Im Unterschied zu § 383 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 ZPO besteht das Zeugnisverweigerungsrecht in den Fällen der Nr. 4, 5 und 6 ZPO nicht generell, sondern nur abhängig von dem jeweiligen Beweisthema. Der Hintergrund dieser Abstufung ist, dass die letztgenannte Fallgruppe nicht auch dem Schutzzweck des familiären Zusammenhalts dient. Gerade dieser erfordert ein umfassendes Schweigerecht des Zeugen.400 a) Geltungsbereich von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO Gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind Personen zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, „denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, (Anmerkung: persönlicher Anwendungsbereich) deren Geheimhaltung durch ihre Natur (Anmerkung: Fall 1 des sachlichen Anwendungsbereichs) oder durch gesetzliche Vorschrift (Anmerkung: Fall 2 des sachlichen Anwendungsbereichs) geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.“.

397

Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 17. Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 18. 399 Denkbar im Falle von Abgeordneten. 400 Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 383 Rn. 1. 398

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Die Vorschrift gibt Personen, die infolge ihrer beruflichen Funktion eine besondere Vertrauensstellung im Verhältnis zu einer Partei oder zu einem Dritten innehaben ein Zeugnisverweigerungsrecht, soweit das Beweisthema zu einem Konflikt mit der besonderen Treuepflicht führen kann.401 Anknüpfungspunkt zur generalklauselartigen Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts ist hierbei eine bestimmte Merkmale erfüllende Kategorie von Informationen.402 aa) Kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Eine enumerative Aufzählung der einzelnen Berufe enthält § 383  ZPO nicht. Orientiert am Wortlaut der Norm sind dem personellen Geltungs- bzw. Anwendungsbereich der Nr. 6 die Geheimnisträger aus drei Berufsgruppen zuzuordnen: Amtsträger, Freiberufler und Gewerbetreibende.403 Ein Amt i. d. S. wird durch Beamte oder Personen des öffentlichen Dienstes ausgeübt.404 Ein Mediator bekleidet kein Amt i. S. d. Vorschrift. Mit dem Inkrafttreten des ­MediationsG ist der Beruf des Mediators näher an eine Ordnung in Form eines besonderen Berufsstands herangerückt.405 Allerdings regelt das ­MediationsG das Berufsrecht von Mediatoren bewusst nur fragmentarisch406 und ist im Großen und Ganzen nicht vergleichbar mit den Regelungen von Freiberuflern, die in Kammern organisiert sind, wie beispielsweise Ärzten oder Rechtsanwälten407.408 In gewissem Maß ist der Beruf des Mediators jedoch vergleichbar mit dem der Freiberufler, nämlich im Hinblick auf die, zuvor dargestellten, berufsrechtlichen Schweigepflichten von Rechts­anwälten und Mediatoren. Jedenfalls gehört der Mediator der Gruppe der Gewerbetreibenden an.409 Der Begriff des Gewerbes ist als unbestimmter Rechtsbegriff im Licht der gängigen Definitionen aus anderen Rechtsgebieten auszulegen410: Alle Gewerbebegriffe des deutschen Rechts411 stimmen darin überein, dass ein Gewerbe voraussetzt, dass eine auf Dauer angelegte Tätigkeit mit der Absicht Gewinn zu erzielen betrieben wird412. Eine Person, die (als Nebentätigkeit413) wiederholt gegen Ent 401

Trautwein, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 383 Rn. 15; Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 383 Rn. 2; Greger, in: Zöller, ZPO, § 383 Rn. 1 a, 16. 402 Probst, JR 2009, 265 (267). 403 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 383 Rn. 49. 404 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 48; a. A. Schlosser, in: Geimer / Kaissis / Thümmel, FS Schütze 2014, S. 523, 525. 405 A. A. Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 48. 406 BT-Drs. 17/5335, S. 14. 407 BGH ZKM 2018, 66. 408 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ee). 409 Vgl. zum Streitstand bei ehrenamtlichen Mediatoren sogleich Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 3. a) dd). 410 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 169. 411 Zu den verschiedenen Gewerbebegriffen im Einzelnen Schmidt, in: Schmidt, MüKoHGB, Band 1, § 1 Rn. 22–26. 412 Creifelds / Weber, Rechtswörterbuch, S. 644, Gewerbe 1. 413 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 60.

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gelt Mediationsverfahren durchführt, gehört der Gruppe der Gewerbetreibenden i. S. d. § 383 ZPO an.414 Der Mediator unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. bb) § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO Eine materiell rechtliche Schweigepflicht gebietet es i. S. d. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO, die von ihr umfassten Tatsachen geheim zu halten.415 Die Verschwie­ genheitspflicht des Mediators aus § 4 ­MediationsG eröffnet den sachlichen Geltungs­ bereich von Fall 2 der Norm416 und gibt dem Mediator ein Zeugnisverweigerungs­ recht.417 cc) § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 1 ZPO Grundsätzlich kann es auch aus der Natur der Sache heraus geboten sein, Tatsachen geheim zu halten, vgl. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 1 ZPO. Dies ist der Fall, soweit die Tatsache im Zusammenhang mit Tätigkeiten anvertraut wurde, die typischerweise von einem gesteigerten Geheimhaltungsbedürfnis geprägt sind.418 Vor Inkrafttreten des § 4 ­MediationsG war die Frage heftig umstritten, ob Mediationsinhalte naturgemäß geheim zu haltende Tatsachen sind und innerhalb des sachlichen Geltungsbereichs von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen.419 Erstaunlicherweise wird vereinzelt das Zeugnisverweigerungsrecht von Mediatoren auch heute noch allein auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 1 ZPO gestützt420. Mit Inkrafttreten von § 4 ­MediationsG hat die vielfach hinsichtlich der Bestimmtheit421 bzw. Bestimmbar­keit von § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 1 ZPO geäußerte Kritik422 (bis hin zur infrage gestellten Verfassungsgemäßheit423) die elementare Bedeutung bzgl. des Zeugnisverweigerungs-

414

So auch: Schlosser, in: Geimer / Kaissis / Thümmel, FS Schütze 2014, S. 521. Huber, in: Musielak / Voit, ZPO, § 383 Rn. 6. 416 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 52; Ueberschär, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 6; Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 9. 417 So auch: Jost, ZKM 2011, 168 (170); Thole, ZZP 127 2014, 339 (362). 418 BGH GRUR 2013, 1237 (1238); OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 171. 419 Dafür statt vieler: Greger, SDM 2010, 18 (22); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 171; Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 937; dagegen statt vieler: Groth / Bubnoff, NJW 2001, 338 (340); Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 38 ff.; zur Auseinandersetzung mit der ablehnenden Ansicht Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 89 ff. 420 Trautwein, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 383 Rn. 20. 421 Zum Einsatz von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen in der Gesetzgebungstechnik Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 375–380. 422 Statt vieler: Groth / Bubnoff, NJW 2001, 338 (340). 423 Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 383 Rn. 31 m. w. N. 415

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rechts von Mediatoren, denen nicht bereits aufgrund von berufsrechtlichen Schweigepflichten das Recht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO zur Seite steht, verloren. dd) Sonderproblem: Zeugnisverweigerungsrecht des ehrenamtlichen Mediators In der Literatur wird darüber diskutiert, ob § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO auch ehrenamtlich, d. h. ohne Vergütung arbeitenden Mediatoren ein Zeugnisverweigerungsrecht gewährt. Unterfiele der ehrenamtliche Mediator nicht dem persönlichen Anwendungsbereich von § 383  ZPO, hätte er kein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht. Der deutsche Gesetzgeber hätte demzufolge die Vorgaben aus Art. 7 ­Mediations-RL nicht umgesetzt. Er würde gegen EU-Recht verstoßen und müsste mit einer entsprechenden Rüge der Europäischen Kommission rechnen. (1) Ablehnung Einerseits wird die Auffassung vertreten, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sei nur auf gewerblich tätige Mediatoren anwendbar, da nur ihnen kraft ihres Gewerbes Tatsachen anvertraut würden. Hinsichtlich des ehrenamtlichen Mediators bestehe eine Regelungslücke424, da er nicht vom persönlichen Geltungsbereich der Norm erfasst sei425. Der ehrenamtliche Mediator betreibe in Ermangelung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit kein Gewerbe i. S. d. Vorschrift. Mediatoren gehörten auch keinem besonderen Berufsstand an.426 Der Umstand allein, dass Tatsachen, die naturgemäß vertraulich sind, im Rahmen seiner Tätigkeit dem Mediator anvertraut würden, eröffne nicht den Geltungsbereich der Norm. Vielmehr komme es gar nicht auf die Voraussetzungen von Fall 1 oder 2 der Norm an, da bereits die erste Voraussetzung – Amt, Stand oder Gewerbe – nicht erfüllt sei.427 (2) Befürwortung Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass jedenfalls seit Inkrafttreten von §  4  ­MediationsG (mittelbar428) auch dem ehrenamtlichen Mediator ein Zeugnis­ verweigerungsrecht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO zukomme.429 Dies ent 424

Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 48. Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 9; Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 97; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 169. 426 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 48. 427 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 48. 428 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 5. 429 Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 16. 425

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spreche dem gesetzgeberischen Willen, die Vorgaben aus Art. 7  ­Mediations-RL durch § 4 ­MediationsG umzusetzen.430 Als Träger eines sonstigen Amtes oder einer sonstigen Funktion unterfalle der Mediator dem persönlichen Anwendungsbereich von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.431 Teilweise wird vertreten, dass es keiner Differenzierung zwischen Ehrenamt und Gewerbe bedürfe, da sich ein Zeugnisverweigerungsrecht aller Mediatoren gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO aus der naturgemäß gebotenen Geheimhaltung der im Zusammenhang mit einer Mediation anvertrauten Tatsachen ergebe.432 (3) Stellungnahme und Ergebnis Die Auffassung, die dem ehrenamtlichen Mediator eine ausnahmsweise Befreiung von der Zeugnispflicht versagt, argumentiert hierzu rein formalistisch mit dem Wortlaut des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: kein Amt, kein Stand, kein Gewerbe, kein Zeugnisverweigerungsrecht. Hierbei verkennen ihre Vertreter, dass nach der juristischen Methodik die Auslegung einer Norm mithilfe ihres Wortlauts, Ausgangs- und nicht Endpunkt der Auslegung ist. In der Folge übersehen sie, dass der Geltungsbereich des § 383 ZPO nach teleologischer Auslegung nicht berufsbildbezogen, sondern tätigkeitsbezogen abzugrenzen ist433. Dies ergibt auch die historische Auslegung: Der normative Ursprung von § 383 ZPO ist § 348 CPO, der im Jahr 1879 als Teil der Reichsjustizgesetze in Kraft getreten ist.434 Mit Ausnahme der Gesetzesänderung im Jahr 1975435, in der sich das Zeugnisverweigerungsrecht von Berufsgeheimnisträgern lediglich durch das eingefügte Zeugnisverweigerungsrecht für Presseangehörige von § 383 Abs. 1 Nr. 5 nach Nr. 6 verschob, besteht es seit seiner Einführung unverändert. So unterschied bereits die Entwurfsbegründung zur CPO nach zwei Gründen zur Gewährung einer Ausnahme von der Zeugnis­ pflicht436, die seit dem Jahr  2002437 aus den amtlichen Überschriften von § 383 (persönliche Gründe) und § 384 (sachliche Gründe) ZPO, ausdrücklich hervorgehen. Hiernach fußen die Rechte aus § 383 ZPO a. F. auf einem persönlichen Verhältnis zwischen dem Zeugen und einer Partei, wobei dieses im Falle der Nr. 5 a. F. (heutige Nr. 6) hinsichtlich des Zeugnisgegenstandes besteht.438 Dabei zielt der Schutz auf die berufsbedingt begründete Vertrauenssphäre ab.439 Bei tätigkeits­ 430

M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2468); Thomas / Wendler, DStR 2012, 1881 (1882). Greger, in: Zöller, ZPO, § 383 Rn. 20; H.-J.  Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 383 Rn. 49. 432 Trautwein, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 383 Rn. 20. 433 Greger, in: Zöller, ZPO, § 383 Rn. 16. 434 Prütting, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, Einleitung Rn. 5; Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1877, Nr. 6, S. 83–243. 435 BGBl. I 1975 S. 1973. 436 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 383 Rn. 3. 437 BGBl. I 2001 S. 1887. 438 Hahn / Stegemann / Mugdan, Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Bd. 2, Abt. 1, S. 312. 439 OLG Hamm NJW-RR 1992, 583 (584). 431

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bezogener Abgrenzung des Geltungsbereichs umfasst dieser auch sonstige Berufe, bei deren Ausübung Dritte den Berufsträgern zwangsläufig schutzwürdige Tatsachen anvertrauen.440 Vor diesem Hintergrund hat auch die Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt, dass Träger sonstiger Berufe durch § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sein können.441 Der ehrenamtliche Mediator übt einen sonstigen Beruf i. S. d. vorstehend zitierten Rechtsprechung aus, da es mit der Mediationstätigkeit als solcher zwangsläufig einhergeht, dass Dritte dem Mediator schutzwürdige Tatsachen anvertrauen. Der richtigerweise nach einem tätigkeitsbezogenen Maßstab beurteilte, persönliche Anwendungsbereich des § 383 ZPO ist auch für ehrenamtliche Mediatoren eröffnet. Der sachliche Anwendungsbereich von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO umfasst alle Mediatoren gleichermaßen. Ein Mediator definiert sich nicht über die Entgeltlichkeit seiner Tätigkeit, weshalb auch ehrenamtlich tätige Mediatoren den Regelungen des ­MediationsG unterliegen.442 Aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung, mit § 4 ­MediationsG eine Verschwiegenheitspflicht aller Mediatoren zu normieren, ist die ausnahmslose Berechtigung aller Mediatoren, das Zeugnis zu verweigern, i. S. d. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO gesetzlich geboten. Andernfalls wäre dem Ausnahmecharakter der Zeugnisverweigerungsrechte und der damit einhergehenden hohen Hürden einer Analogie zum Trotz443 eine analoge Anwendung der Zeugnisverweigerungsberechtigung der übrigen Mediatoren auf ehrenamtlich tätige Mediatoren erforderlich. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den europarechtlichen Verpflichtungen des nationalen Gesetzgebers. Die Voraussetzungen einer Analogie in Form von einer vergleichbaren Interessenlage sowie einer planwidrigen Regelungslücke lägen vor: Die Interessenlage beider Gruppen von Mediatoren ist identisch. Die ausnahmslose Dokumentierung des Willens des Gesetzgebers, Mediatoren umfassend von der Zeugnispflicht auszunehmen444, spräche gleichermaßen für eine Regelungslücke und ihre Planwidrigkeit. b) Persönlicher Schutzbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO Die Gewährung einer Ausnahme von der Zeugnispflicht durch ein Zeugnisverweigerungsrecht dient dem Schutz des Geheimhaltungsinteresses desjenigen, der

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H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 383 Rn. 49. Statt vieler: OLG Koblenz NJW-RR 1987, 809 (810); OLG Hamm NJW-RR 1992, 583 (584). 442 Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) cc). 443 Zur Analogiefähigkeit des Zeugnisverweigerungsrechts aus § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO BGH, Beschl. v. 29.9.2015, Az. XI ZB 6/15. 444 Vgl. BT-Drs. 17/5335, S. 11: „(…) Um die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens zu gewährleisten, wird eine allgemeine Verschwiegenheitspflicht für Mediatorinnen und Mediatoren sowie für die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen eingeführt. Daraus folgt für diese zugleich ein Zeugnisverweigerungsrecht in der ZPO (…)“. 441

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die Tatsache dem Zeugen anvertraut hat.445 Das Ziel dieser Vorschrift sei es, die Privatsphäre und damit das Persönlichkeitsrecht des Vertrauensgebers zu schützen.446 Hiervon umfasst ist das Interesse der Medianden, die Vertraulichkeit der im Rahmen einer Mediation preisgegebenen Tatsachen zu wahren. Nicht geschützt ist ein etwaiges Geheimhaltungsinteresse des Mediators als Geheimnisträger. c) Rücksichtnahmepflicht des Gerichts aus § 383 Abs. 3 ZPO § 383 Abs. 3 ZPO statuiert in den Fällen von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO eine von Amts wegen zu beachtende Rücksichtnahmepflicht des erkennenden Gerichts dahingehend, keine Fragen an den Zeugen zu stellen, die ihn zur Verletzung der ihm obliegenden Verschwiegenheitspflicht veranlassen, unabhängig davon, ob der Zeuge von seinem Schweigerecht Gebrauch macht.447 Eine weite Auslegung der gerichtlichen Rücksichtnahmepflicht mit dem Ziel, dass (zum Schutz des Media­ tors) auch Fragen zu unterlassen sind, die den Zeugen hinsichtlich seines beruflichen Selbstverständnisses in Bedrängnis bringen, entspräche nicht der Regelungsintention der Norm: Das zugrunde liegende Bild vom Regelungsadressaten ist das des aussagewilligen Zeugnisverweigerungsberechtigten. Diese Entscheidungsfreiheit wird dem Mediator aufgrund der Verschwiegenheitspflicht aus § 4  S.  1 ­MediationsG grundsätzlich nicht zuteil. d) Zusammenfassendes Ergebnis Das prozessuale Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO verhilft der materiell rechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Mediators zur formal rechtlichen Wirksamkeit. Der nationale Gesetzgeber erfüllt somit mittelbar die europarechtlichen Vorgaben aus Art. 7 ­Mediations-RL, ohne ein originäres gesetzliches Aussageverweigerungsrecht zu schaffen448. 4. Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts Das Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts im Zivilprozess folgt aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO. Mit Blick auf die anwaltliche Schweigepflicht aus § 43 a Abs. 2 BRAO ist es gesetzlich geboten, dass ein Rechtsanwalt die ihm im Zusammenhang mit seiner Anwaltstätigkeit anvertrauten Tatsachen geheim hält.449 445

Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 383 Rn.  9. H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 383 Rn. 47; so auch: VG Berlin (Kammer), Urt. v. 04.06.2015 – VG 2 K 84.13, BeckRS 2015, 49037. 447 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 73. 448 M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2468). 449 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 51, 64. 446

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Das anwaltliche Zeugnisverweigerungsrecht ist, wie das des Mediators, auf die Geheimhaltungsinteressen des vertrauensgebenden Mandanten ausgerichtet.450 5. Rückausnahme vom Zeugnisverweigerungsrecht Der Mediator darf seine Aussage im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens451 nur gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO verweigern, soweit er nicht gem. § 385 Abs.  2  ZPO von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde. § 385 Abs. 2 ZPO normiert die Voraussetzung und die prozessuale Folge einer wirksamen Verschwiegenheitspflichtentbindung. Verzichten die Medianden einvernehmlich auf das Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, unterliegt der als Zeuge benannte Mediator der prozessualen Zeugnispflicht und muss vor Gericht aussagen. Es obliegt damit konsequenterweise den Personen, eine Entscheidung über die Entbindung zu treffen, die vom persönlichen Schutzbereich des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO umfasst sind. Derjenige, der geschützt wird, ist auch derjenige, der auf den Schutz verzichten kann.452 § 385 Abs. 2 ZPO begrenzt als Rückausnahme die Ausnahmeregelung des § 383 ZPO.453 Die Möglichkeit der Medianden zur Entbindung des Mediators von seiner Verschwiegenheitspflicht dient der prozessualen Maxime der Wahrheitsfindung und ist zugleich Ausfluss der Privatautonomie. Diese soll die Gestaltungshoheit und -freiheit der zivilrechtlichen Vertragsparteien fördern.454 a) Problematik: Nichtentbindung des Zeugen Obwohl die Entbindungsmöglichkeit grundsätzlich ein wertvolles Instrument zur Selbstbestimmtheit der Parteien in einem Zivilprozess ist, wirkt sie im untersuchten Kontext des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten u. U. im Gegensatz hierzu freiheitsbeschränkend, wie das folgende Beispiel zeigt: Ein ehemaliger Mediand ist nunmehr Kläger vor einem Zivilgericht. In seiner Klageschrift bezieht er sich auf Umstände im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Mediationsverfahren und tritt hierfür Beweis an, indem er den Mediator als Zeugen benennt, vgl. § 373 ZPO. Hierdurch erklärt der Kläger konkludent in

450

VG Berlin (Kammer), Urt. v. 04.06.2015 – VG 2 K 84.13, BeckRS 2015, 49037; BGH NJW 2011, 1077 (1078); BGH NJW 1990, 510 (511 f.); BFH DStR 2017, 2611 (2613). 451 Infolge der Anwendbarkeit der einschlägigen ZPO-Vorschriften gilt das gleichfalls für den Fall eines Schiedsverfahrens. 452 Ausgeschlossen ist ein Verzicht, soweit das Schutzgut ein Interesse der Allgemeinheit ist, beispielsweise die Pressefreiheit aus § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. 453 Trautwein, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 383 Rn. 21; Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 18. 454 Vgl. zur Privatautonomie im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 5. B. II.

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wirksamer Weise455 seinen Willen zur Entbindung des Mediators von dessen Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG. Ein anderes Mittel zum Beweis der vorgetragenen Umstände gibt es nicht. Die beklagte Partei ist der andere ehemalige Mediand. Einen weiteren Medianden gab es nicht. Das Gericht fragt den Beklagten, ob er der Entbindung des Mediators zustimmt, um herauszufinden, ob eine Beweisaufnahme durch Zeugenaussage des Mediators zulässig wäre und es zur Vorbereitung einen förmlichen Beweisbeschluss gem. § 358 ZPO anordnen kann. Der andere Mediand soll, nunmehr als Beklagter, theoretisch frei entscheiden können, ob er der Entbindung des Mediators von dessen Verschwiegenheitspflicht zustimmt oder ob er dies ablehnt. Faktisch besteht diese Entscheidungsfreiheit jedoch nur, soweit auch eine Ablehnung der Entbindung keine negativen Folgen nach sich zieht. Kurz nach Inkrafttreten des ­MediationsG wurde darauf hingewiesen, dass es unklar sei, welche beweisrechtlichen Folgen eine Ablehnung der Entbindung des Mediators von seiner Schweigepflicht nach sich ziehen kann.456 b) Behandlung der Problematik Es werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob, wann und welche beweisrechtlichen Folgen die Nichtentbindung im Zivilprozess im Allgemeinen bzgl. der Nichtentbindung des von § 383 Abs. 1 Nr. 4, 6 ZPO umfassten Personenkreises als auch im Speziellen hinsichtlich der Nichtentbindung eines Mediators haben sollte. aa) In der Rechtsprechung (1) Vorwurf der Beweisvereitelung Wird eine Entbindung gem. § 385 Abs. 2 ZPO verweigert, hat das erkennende Gericht aus Sicht der Rechtsprechung zu prüfen, ob der verweigernden Partei die Vereitelung des Beweises der anderen Partei vorzuwerfen ist.457 Dieser Vorwurf kommt nicht nur bei der Vernichtung von Beweismitteln oder bei der Verhin­ derung der Verwertung eines Beweismittels im Prozess, sondern auch bei der Verhinderung der Schaffung eines notwendigen Beweismittels in Betracht.458 455

BDH NJW 1960, 550 (552). M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2468). 457 Trautwein, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 385 Rn. 13; zur Entbindung von medizinischem Personal BGH VersR 1981, 42 (43); zur Entbindung eines Steuerberaters BGH MDR 1984, 48; zur Entbindung eines Notars und seiner Sekretärin RG JW 1915 (1361); zur Entbindung eines ehemaligen Rechtsanwalts OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 582 (583 f.), OLG Karlsruhe / Freiburg FGPrax 2006, 78 (79). 458 Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rn. 116. 456

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Die Nichtentbindung macht den Beweisantritt durch Benennung des Mediators als Zeugen unzulässig.459 Das Gericht würde andernfalls gegen seine von Amts wegen zu beachtende Rücksichtnahmepflicht aus § 383 Abs.  3  ZPO verstoßen, soweit es den Mediator als Zeugen durch Fragen zur Verletzung der ihm weiterhin obliegenden Verschwiegenheitspflicht veranlasst. Gemessen an dem Vorstehenden ist eine Bewertung dieses Verhaltens als Beweisvereitelung grundsätzlich möglich. Dogmatisch lasse sich das Institut der Beweisvereitelung nur nachvollziehen bei Annahme des Bestehens einer prozessualen Pflicht dazu, ein Beweismittel zu erhalten und zugänglich zu machen.460 Die Rechtsfigur der Beweisvereitelung, ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen sind nicht normiert. Mehrere Paragrafen der ZPO beziehen sich jedoch auf die Vereitelung von Beweisen: im Zusammenhang mit dem Beweis durch Augenschein (vgl. § 371 Abs. 3 ZPO), dem Urkundsbeweis (vgl.  §§ 427,  441 Abs.  3,  444  ZPO) und der Parteivernehmung (vgl. §§ 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO). Die Rechtsprechung leitet hieraus, in Kombination mit dem auch innerhalb von Prozessrechtsverhältnissen geltenden Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB461, einen allgemeinen Rechtsgedanken ab: Ein Beweis gilt als von einer Partei vereitelt, sofern sich diese ohne verständlichen Grund vor oder während des Prozesses so verhält, dass die Beweisführung der Gegenseite erheblich erschwert oder sogar unmöglich wird.462 Ein verständlicher Grund zur Entbindungsverweigerung erfordert „höherwertige(n) über den Rechtsstreit hinausgehende(n) Interessen der nicht beweisbelasteten Partei“463. Folglich stellt nicht jede prozesstaktische Erwägung einen verständlichen Grund dar.464 Als solchen wertete die Rechtsprechung beispielsweise die Sorge der verweigernden Partei, der zu entbindende Zeuge stehe (un)freiwillig im Lager der anderen Partei und werde dementsprechend aussagen.465 Gleichzeitig erkennt die Rechtsprechung in einer beruflichen Abhängigkeit des Zeugen nicht automatisch einen derartigen Grund.466 Ein verständlicher Grund fehlt nach der h. M. auch, wenn das einzige Ziel die Verhinderung der Beweisführung der beweisbelasteten Partei ist.467 Als verständlich wertete das BAG das Anliegen, mittels einer in personeller Hinsicht eingeschränkten Entbindung sensible Daten nur mit einer möglichst geringen Anzahl von Personen teilen zu wollen.468 Vereinzelt wird in der Rechtsprechung die

459 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 385 Rn. 54; Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 385 Rn. 20. 460 H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 7 Rn. 33. 461 BGH MDR 1984, 48; BGH NJW 1986, 59 (60). 462 BGH NJW 2004, 222; OLG Koblenz VersR 2013, 1142 (1143). 463 BGH MDR 1984, 48. 464 BGH NJW-RR 1996, 1543. 465 BGH NJW-RR 1996, 1543; BGH NJW-RR 1988, 962 (964); OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.03.2018 14 W 15/18, BeckRS 2018, 30815, Leitsatz 1; a. A. OLG Karlsruhe / Freiburg FGPrax 2006, 78 (79). 466 OLG Frankfurt NJW 1980, 2758. 467 OLG Celle ZIP 1981, 1323 (1325). 468 BAG NJW 2015, 365 (368).

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Glaubhaftmachung der Gründe für die Verweigerung (gem. § 294 ZPO) verlangt.469 Ob der Vorwurf der Beweisvereitelung im Ergebnis erhoben wird, hängt nach h. M. davon ab, ob und wie die Partei ihre Verweigerung begründet.470 (2) Folgen einer Beweisvereitelung Ziel des Beweisvereitelungsvorwurfs ist es, demjenigen keine beweisrechtlichen Vorteile zuzugestehen, der, entgegen einer ihm obliegenden Pflicht, es der anderen Partei schuldhaft unmöglich macht, zur Beweisführung unerlässliche Mittel benutzen zu können.471 Der BGH gibt keine starren Folgen einer Beweisvereitelung vor472, zeigt jedoch mit seiner Formulierung „Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr“473 in ständiger Rechtsprechung das Spektrum möglicher Folgen auf und betont, dass stets die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung finden sich demnach Entscheidungen, in denen die Beweisvereitelung lediglich als Grundlage für die freie Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO berücksichtigt wurde474 und solche, in denen das Gericht vor dem Hintergrund einer Beweisvereitelung feststellte, dass die von dem Kläger behaupteten Tatsachen als wahr zu unterstellen sind475 oder eben solche, in denen ein vereitelter Beweis zuungunsten der verweigernden Partei zu einer Umkehr der Beweislast führte476. Die Grundregel der Beweislastverteilung besagt, dass eine Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnormen (auf die sie sich beruft) trägt477. Sie gibt vor, zu wessen Lasten es geht, wenn ein Beweis nicht erbracht wird oder werden kann. Die Grundregel gilt nicht, wenn das Gesetz eine ausdrückliche Verteilung der Beweislast vorschreibt478 oder die Parteien eine Abrede zur Beweislast getroffen haben479. Die große Tragweite der Beweislast im Zivilprozess480 wird nicht zuletzt deutlich durch die im Zusammenhang mit prozesstaktischen Erwägungen oftmals vertretene Auffassung, die beweisbelastete Partei habe schon halb verloren481.

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OLG München NJW-RR 1987, 1021 (1022). BGH VersR 1981, 42 (43). 471 Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rn. 117. 472 Geipel, Handbuch der Beweiswürdigung, § 29 Rn. 343. 473 Statt vieler: BGH MDR 2009, 80; BAG NJW 2015, 365 (367). 474 BGH MDR 1984, 48; BGH MDR 2009, 80. 475 LAG Hamm BeckRS 2006, 43141; LAG Düsseldorf BeckRS 2013, 65924. 476 BGH NJW 1972, 1131 (1132). 477 Statt vieler: BGH NJW 2005, 2396; H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9 Rn. 32; zur Beweislast Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 305 ff. 478 Beispielsweise §§ 280 Abs. 1 S. 2; 476 BGB. 479 Jauernig / Hess, Zivilprozessrecht, § 51 Rn. 11. 480 Zur Bedeutung der Beweislast Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag, S. ­192–200. 481 Geipel, Handbuch der Beweiswürdigung, § 29 Rn. 1. 470

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bb) In der Literatur (1) Regelmäßig kein Vorwurf der Beweisvereitelung Es lässt sich eine Grundlinie ausmachen, nach der die Verweigerung der Entbindung gem. § 385 Abs. 2 ZPO unabhängig davon, in welchem Verhältnis der zu entbindende Zeuge und die Partei bzw. der Dritter zueinanderstehen, regelmäßig nicht als Beweisvereitelung zu werten ist.482 Zur Begründung wird auf eine Gerichtsentscheidung verwiesen, in der angenommen wurde, dass die Zustimmung zur Entbindung der Partei in diesem Zusammenhang nicht zumutbar ist483 und in der Folge auch der Vorwurf eines vereitelten Beweises ausblieb. Es wird darauf abgestellt, dass der Verweigernde ein ihm zustehendes Recht ausübe.484 Teilweise wird auch vertreten, die Vertraulichkeit der Mediation stelle als solche einen verständlichen Grund zur Nichtentbindung dar und verhindere den Vorwurf der Beweisvereitelung. Mehrere Jahre vor Inkrafttreten des ­MediationsG wurde eine regelmäßige zumindest stillschweigende Verständigung der an der Mediation beteiligten Personen bzgl. der Vertraulichkeit der Mediation angenommen.485 Von dem Einvernehmen umfasst sei auch, dass der Mediator nicht als Zeuge benannt werden dürfe. Solange die Beteiligten keinen ausdrücklichen Vertraulichkeitsverzicht erklärt haben, komme ein Beweisvereitelungsvorwurf wegen verweigerter Schweigepflichtentbindung durch eine Partei nicht in Betracht.486 Für den Fall, dass ein Mediator als Zeuge in einem Zivilprozess benannt wird, sei nach einer ebenfalls vertretenen Ansicht, der Vorwurf der Beweisvereitelung infolge einer versagten Schweigepflichtentbindung zwar i. E. gleichfalls auszuschließen, zur verständlichen Begründung der Nichtentbindung genüge der Hinweis auf das Vertraulichkeitspostulat des Mediationsverfahrens oder die gegenüber den Medianden bestehende Pflicht des Mediators zur Verschwiegenheit allein jedoch nicht aus.487 Vielmehr sei der verständliche Grund die Vertraulichkeitsabrede der ehemaligen Medianden, nach der es unzulässig sein soll, sich auf Informationen zu berufen, deren Beweis nur mithilfe der Aussage des Mediators vor Gericht erbracht werden kann.488 Hierbei wird vereinzelt noch der Aspekt hervorgehoben, dass nicht von einer stets „automatisch“ bestehenden Vertraulichkeitsabrede zwischen den Medianden auszugehen sei, es vielmehr einer ausdrücklichen vertraglichen Verein-

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Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 385 Rn.  10. BGH NJW-RR 1996, 1543. 484 Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 385 Rn.  10. 485 Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 101. 486 Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 101 f. 487 Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 108; so auch: Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 175. 488 Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 109. 483

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barung bedürfe.489 Andernfalls müsse die Partei im Zivilprozess einen über die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens hinausgehenden verständlichen Grund zur Verweigerung der Entbindung angeben, um einer nachteiligen beweisrechtlichen Folge und schlimmstenfalls dem Vorwurf der Beweisvereitelung zu entgehen.490 (2) Vorwurf der Beweisvereitelung wegen Nichtentbindung des Zeugen abhängig von der Person des Verweigernden Es wird vertreten, dass die Nichtentbindung eines potenziellen Zeugen jedenfalls dann nicht zum Vorteil des Beweisführers verwertet werden dürfe, wenn sie auf einen Dritten, der nicht Partei des Verfahrens ist, zurückzuführen ist.491 Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Entbindungsablehnung, wie auch die Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen gem. § 384 ZPO, bei der Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO nicht als Ergebnis der Beweisaufnahme berücksichtigt werden dürfe. Es könne sich gerade nicht um ein Ergebnis der Beweisaufnahme handeln, da diese sowohl bei der Zeugnisverweigerung als auch bei der Entbindungsablehnung unzulässig sei. Während die freie Würdigung i. S. d. § 286 ZPO der Aussageverweigerung und der Verweigerung des Eides für die Parteivernehmung in §§ 446, 453 Abs. 2 ZPO ausdrücklich geregelt sei, sei dies im Zusammenhang mit dem Zeugenbeweis gerade nicht ausdrücklich geregelt.492 Die entstehende Lücke dürfe bei einer Entbindungsablehnung durch einen Dritten nicht zulasten des Beklagten in die Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO einfließen und auf diesem Weg durch einen mittelbaren Zeugenbeweis ausgefüllt werden. Im Ergebnis dürfe sich die Nichtentbindung durch einen Dritten und die damit einhergehende Unzulässigkeit der Vernehmung des Zeugen nicht auf die Beweiswürdigung im Zivilprozess auswirken.493 Sofern eine Beweisaufnahme in Form der Zeugenaussage allerdings nur infolge der Nichtentbindung des Beklagten scheitert, komme eine analoge Anwendung von § 446 ZPO in Betracht.494 (3) Kritik an der Entbindungsmöglichkeit gem. § 385 Abs. 2 ZPO Es wurde kritisiert, dass das FörderungsG den Mediator nicht von dem Personen­ kreis, der von seinem Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 385 Abs. 2 ZPO entbunden werden kann, ausgenommen hat: Die infolgedessen u. U. bestehende Aussage­ 489

Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 175; so auch: Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 32. 490 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 175. 491 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 385 Rn. 54. 492 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 19 f.; so auch: Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 105. 493 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 385 Rn. 54. 494 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 385 Rn. 54.

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pflicht widerspreche dem Berufsverständnis des Mediators und grundlegenden Prinzipien des Mediationsverfahrens.495 Hierin sei eine bewusste Missachtung eines grundlegenden Prinzips des Mediationsverfahrens zu sehen.496 Im Fokus stehe mit der Verschwiegenheit des Mediators dessen wichtigste Autoritätsquelle, weshalb die Thematik aus der Sicht des Mediators zu betrachten sei und der Fokus nicht auf beweisrechtlichen Folgen für die Medianden liegen sollte.497 cc) Stellungnahme (1) Zum Vorwurf der Beweisvereitelung Die Würdigung von Verweigerungen im prozessualen Kontext muss stets im Licht der dem Verweigernden eingeräumten Wahlmöglichkeit erfolgen. Konsequenterweise darf der Vorwurf einer Beweisvereitelung nur die Ausnahme sein. Mit Vorsicht und Zurückhaltung sollte die Nichtentbindung eines Steuerberaters, eines Notars oder eines Rechtsanwalts bei der Beweiswürdigung verwertet werden.498 Dies muss jedoch verstärkt im Mediationskontext gelten, da die Preisgabe von Informationen in dem auf Offenheit und Eigenverantwortlichkeit der Medianden angelegten Verfahren noch weiter geht als beispielsweise in einem Mandatsverhältnis, in dem ein Rechtsanwalt als Interessenvertreter beider Parteien fungiert. Sofern ein Rechtsanwalt berufsrechtskonform als Berater beider Parteien tätig wird, kann angenommen werden, dass im Beratungszeitraum keine akute Konfliktsituation besteht. Der Mediator hingegen wird in aller Regel in akuten Konfliktlagen tätig. In dieser Ausgangssituation geben die Medianden für sie günstige als auch ungünstige Informationen preis, deren Vertraulichkeit es zu schützen gilt. Aufgrund der besonderen Rolle des Mediators sollte das Gericht in der Beweiswürdigung eine Verweigerung der Entbindung des Mediators nach § 385 ZPO mit besonderer Vorsicht behandeln. Der erhöhten Schutzbedürftigkeit der (ehemaligen) Medianden sollte Rechnung getragen werden, indem eine Nichtentbindung des Mediators nur unter besonderen Umständen den Vorwurf einer Beweisvereitelung nach sich zieht. Der Hinweis auf das dem Verweigernden zustehende Recht und die darauf basierende Schlussfolgerung, dass in aller Regel bei einer Entbindungsablehnung keine Vereitelung eines Beweises anzunehmen ist, treffen zu und greifen entgegen vereinzelt geäußerter Kritik499 nicht zu kurz. Vielmehr eröffnet dies einen unverstellten Blick auf die Systematik der betroffenen Regelungsbereiche. Zentrales Schutzgut von § 385 Abs. 2 ZPO ist das Interesse der Rechtspflege an der Wahr-

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Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 107. Horstmeier, JR 2012, 1. 497 Breidenbach, Mediation, S. 145 f.; Diop / Steinbrecher, BB I 2011, 131 (139). 498 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 385 Rn. 20. 499 Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 107. 496

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heitsfindung.500 Da eine möglichst uneingeschränkte Auswahl an Beweismitteln dem Interesse förderlich ist, bewirkt die Rückausnahme, dass die zur Förderung des Ziels der Wahrheitsfindung i. d. R. bestehende Aussagepflicht bzw. Zeugnispflicht wieder greift. Allerdings dienen die Ausnahmen von der Aussagepflicht der Vermeidung von Einzelfallungerechtigkeit und sind als Instrument, um Inkongruenzen zwischen Schutzzielen zu beheben, bedeutsam. Der Gesetzgeber bewertet die persönlichen Beziehungen des Zeugen zu einer Partei in bestimmten Fällen als prioritär, verglichen mit dem Interesse der Rechtspflege an Wahrheitsfindung. In der Folge gewährt er zum Schutz des Familienfriedens (§ 383 Abs. 1 Nr. 1–3 ZPO) und zum Schutz von Treuepflichten (§ 383 Abs. 1 Nr. 4–6 ZPO) Ausnahmen von der Zeugnispflicht. Das Bedürfnis einer Ausnahme entfällt, wenn derjenige, dem gegenüber der Zeuge zur Treue verpflichtet ist, auf die Einhaltung der Treuepflicht verzichtet. Es verbietet sich jedoch, die Rückausnahmeregelung so auszulegen, dass die zugrunde liegende Ausnahmeregelung (hier: § 383 Abs. 1 Nr. 4, 6 ZPO) sinnentleert wird. Genau das geschieht jedoch bei der Bewertung der Entbindungsverweigerung, die dem vorrangigen Schutz von Treuepflichten dient501, als Behinderung der Wahrheitsfindung i. w. S. und als Beweisvereitelung i. e. S. Es widerspricht der aufgezeigten Wechselwirkung, die der Gesetzgeber vorsieht, um eine verhältnismäßige Balance der betroffenen Schutzgüter zu erreichen, wenn die Entscheidung des Beklagten oder eines entscheidungsbefugten Dritten, nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators zu verzichten, als Beweisvereitelung bewertet wird. Vom Verweigernden zu verlangen, neben der Vertraulichkeit der Mediation einen individuellen Grund für das Geheimhaltungsinteresse im Einzelfall gegenüber dem erkennenden Gericht preiszugeben, gefährdet potenziell das Ziel der Geheimhaltung. Das gilt auch, wenn hierbei möglicherweise nicht der Gegenstand, auf den sich das Geheimhaltungsinteresse konkret bezieht, preiszugeben wäre, da jedenfalls die Begleitumstände offenzulegen wären. Zugespitzt formuliert, wird auf diesem Weg der nicht beweisbelasteten Partei ein Ultimatum gestellt: Wenn sie sich dem Preisgabezwang nicht beugt, handelt es sich bei der Nichtentbindung um eine Beweisvereitelung, in dessen Folge sie nunmehr die Beweislast trägt. Soweit vom Verweigernden ggf. sogar verlangt wird, den verständlichen Grund für die Nichtentbindung glaubhaft zu machen, entbehrt dies im Licht der vorstehend aufgezeigten Wechselwirkung jeder Grundlage. Eine Glaubhaftmachung der Gründe für eine Zeugnisverweigerung gem. § 386 Abs. 1 ZPO hält die Rechtsprechung nicht für erforderlich, soweit bereits der Inhalt der Frage erkennen lässt, dass die Voraussetzungen eines Zeugnisverweigerungsrechts bestehen.502 Eine Übertragung dieser Wertung auf das Erfordernis der Glaubhaftmachung des Grundes für die Nichtentbindung berechtigt zur Annahme, dass ein Hinweis auf die Vertrau 500

Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 385 Rn.  2. So auch: Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 43. 502 Zu einer Rechtsprechungsübersicht H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 7. 501

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lichkeit der Mediation an sich zum Nachweis eines objektiv nachvollziehbaren, verständlichen Grundes ausreichen müsste. Es wird richterweise darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens nicht als Begründung einer Nichtentbindung bemüht werden könne, sofern die Medianden bereits während der Mediation auf eine vertrauliche Behandlung der Mediationsinhalte verzichtet haben.503 Zur Abwendung des Vorwurfs der Beweisvereitelung müsse in diesem Fall ein anderer Grund angegeben werden. Die teilweise vertretene personengebundene Differenzierung hinsichtlich der Bewertung der Nichtentbindung des Zeugen als Beweisvereitelung mag zur Klarstellung dafür nützlich sein, dass nur ein beweisvereitelndes Verhalten der Gegenpartei zu ihren Lasten gehen kann, nicht jedoch dasjenige eines Dritten. I. Ü. dürfte sie jedoch überflüssig sein: Für den Vorwurf der Beweisvereitelung macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob ein Dritter oder die nicht beweisbelastete Partei die Entbindung abgelehnt hat, da die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Grundsätze zur Vereitelung von Beweisen i. S. d. §§ 446 ZPO, 453 Abs. 2 ZPO zur Bewertung der Nichtentbindung gem. § 385 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar ist die Interessenlage derjenigen, die eine Parteivernehmung gem. § 445 ZPO verweigern, mit der Interessenlage derer, die eine Entbindung gem. § 385 Abs. 2 ZPO ablehnen, vergleichbar, da jeweils ein Beweisantritt der gegnerischen Partei abgewehrt werden soll. Zudem besteht auch eine Regelungslücke, da die ZPO keine Regelung zur Beweiswürdigung im Falle der Weigerung des Gegners im Kontext von § 385 Abs.  2  ZPO trifft, anders als im Bereich von § 446  ZPO. Die Regelungslücke ist aber nicht planwidrig. Zur Beurteilung der Planwidrigkeit muss der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan im Wege der Auslegung ermittelt werden.504 Gegen eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes spricht, dass Regelungsadressat in § 385 Abs. 2 ZPO nicht die potenziell entbindenden (hier: Medianden), sondern die potenziell entbundenen Personen (hier: Mediator) sind. Eine Regelung zur Beweiswürdigung des Verhaltens der entbindenden Person passt systematisch nicht zu §§ 385 f. ZPO. Ferner liegt § 385 Abs. 2 ZPO, wie eingangs dargestellt, die Wertung zugrunde, dass eine Ausnahme von der generellen Zeugnispflicht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nur durch das Geheimhaltungsinteresse des Geschützten gerechtfertigt ist505. Wenn der Geschützte (hier: Beklagter und ehemaliger Mediand) nun gerade wegen seines Geheimhaltungsinteresses eine Schweigepflichtentbindung des Verpflichteten (hier: des Mediators) ablehnt, nutzt er die ihm vom Gesetzgeber gewährte Schutzmöglichkeit. Diese legitime Entscheidung wirkt sich negativ für ihn aus, soweit das erkennende Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung die Verweigerung als Beweisvereitelung wertet. Der Gesetzgeber würde sich somit widersprüchlich verhalten. Eine solche Unterstellung vermag als Auslegungsergebnis nicht die Planwidrigkeit einer Regelungslücke zu begründen. Dass die Thematik lange vor Inkrafttreten des FörderungsG bereits Diskussions 503

Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 101. Schwintowski, Juristische Methodenlehre, S. 83. 505 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 385 Rn. 38. 504

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gegenstand war506, zeugt nicht zuletzt davon, dass die Nichtregelung jedenfalls keine unbewusste, gesetzgeberische Entscheidung war. (2) Zu den Folgen einer Beweisvereitelung Soweit eine Verweigerung der Schweigepflichtentbindung (dennoch) als Beweisvereitelung gewertet würde, käme es entscheidend auf die konkreten beweisrechtlichen Folgen an. Beweisrechtliche Folgen können nur solche Umstände haben, die in die richterliche Beweiswürdigung einfließen, vgl. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO. Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (i. w. S.507) basiert auf einem weiten Verständnis vom „Inhalt der Verhandlung“ und bezieht zur Begründung der richterlichen Überzeugung von der Wahrheit der strittigen Tatsachenbehauptung neben den Beweismitteln auch unstreitige Tatsachenbehauptungen und das gesamte Verhalten der Parteien im Prozess ein.508 Sämtliche Eindrücke und Ergebnisse müssen in Beziehung gesetzt und in einer Gesamtbetrachtung gewürdigt werden.509 Die Nichtentbindung kann lediglich als Verhalten einer Partei im Prozess in die Beweiswürdigung des Gerichts einfließen, da es diesbezüglich kein Ergebnis der Beweisaufnahme gibt510: Soweit der als Zeuge benannte Mediator nicht wirksam von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde, ist eine Beweisaufnahme unzulässig. Dieser Beweisantritt des Klägers bleibt sozusagen im Vorbereitungsstadium zu dem gesonderten Prozessabschnitt des Beweisverfahrens (vgl. § 370 ZPO)511 stecken. Soweit vertreten wird, die Nichtentbindung durch einen Dritten dürfe nicht als Ergebnis einer Beweisaufnahme in die Beweiswürdigung einfließen, muss dies gleichermaßen gelten, soweit die nicht beweisbelastete Partei eine Entbindung verweigert, da das Vorstehende zu den beweisrechtlichen Folgen personenunabhängig gilt.

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Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 105 ff.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 174 f. 507 Die Beweiswürdigung i. e. S. basiert nur auf der Bewertung von Beweismitteln danach, ob sie die richterliche Überzeugung von der Wahrheit der strittigen Tatsachenbehauptung begründen können, vgl. Schweizer, Beweiswürdigung und Beweismaß, S. 13; Demzufolge gäbe es im Falle der Nichtentbindung kein Beweismittel (Zeuge), das in die Beweiswürdigung einfließen könnte. 508 Schweizer, Beweiswürdigung und Beweismaß, S. 13; H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 286 Rn. 9. 509 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 286 Rn. 13. 510 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 385 Rn. 20; Das gilt gleichfalls für das Verhalten von am Prozess beteiligten Dritten. 511 Jauernig / Hess, Zivilprozessrecht, § 51 Rn. 20.

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(3) Zur Kritik an der Entbindungsmöglichkeit gem. § 385 Abs. 2 ZPO Die Kritik an der Entbindungsmöglichkeit gem. § 385 Abs. 2 ZPO ist berechtigt, soweit sie den Medianden im Ergebnis eine Möglichkeit gibt, den Mediator zur Aussage zu zwingen. M. a. W. müsste auch der Mediator einen rechtlichen Hebel betätigen können, um sich, zum Schutz seiner originären Interessen512 an der Vertraulichkeitswahrung von Mediationsinhalten, einem Aussagezwang zu entziehen. Ein Ausschluss des Mediators aus dem Anwendungsbereich von § 385 Abs. 2 ZPO, wie es vereinzelt gefordert wird, führte als zu starker Eingriff in die Entscheidungshoheit der Medianden indes zum einen zu einem Interessenungleichgewicht zwischen Mediator und Medianden. Zum anderen störte es das einander bedingende zivilprozessuale Regel-Ausnahme-Verhältnis im Bereich des Zeugenbeweises und führte zu Ungleichbehandlungen innerhalb des personellen Geltungsbereichs von § 385 Abs. 2 ZPO. (4) Zusammenfassung Die Gesamtschau des Vorstehenden zeigt, dass der Vorwurf der Beweisvereitelung bei einer Verweigerung der Entbindung unbillig wäre und nicht drohen dürfte. Wird er trotzdem erhoben, hat das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung streng auf eine verhältnismäßige Gewichtung des aus der Nichtentbindung gewonnenen Eindrucks zu achten.513 Der Mediator sollte im Rahmen der Entbindungsentscheidung gem. § 385 Abs. 2 ZPO ein Mitspracherecht haben. c) Einschätzung zur Tragweite der Thematik Nach der aktuellen Rechtslage sind der Beweisvereitelungsvorwurf und seine beweisrechtlichen Nachteile in Form von „Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr“514 als Folge einer verweigerten Entbindung des Mediators von seiner Verschwiegenheitspflicht, der vorstehenden Kritik zum Trotz, nicht ausgeschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob ein Gericht den in § 4 ­MediationsG normierten Grundsatz der Vertraulichkeit der Mediation als einen verständlichen Grund anerkennt und keinen Vorwurf der Beweisvereitelung erhebt. Solange Rechtsunsicherheit in diesem Zusammenhang besteht, stellt sich die Möglichkeit zur Entbindung von der Schweigepflicht, im Einzelfall u. U. eher als Pflicht zur Entbindung dar, sofern andernfalls, im worst case, zulasten der verweigernden Partei eine Beweislastumkehr erfolgt. Pointiert formuliert, hat  – eine „Entbindungspflicht“ unterstellt – die Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG lediglich 512

Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. B. II. So auch: Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 385 Rn. 20. 514 BGH VersR 1988, 930 (932). 513

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einen symbolischen Wert, da sie in zeitlicher Hinsicht nur wirksam wäre, bis der Mediator in einem einer Mediation nachgelagerten Zivilprozess als Zeuge benannt wird. Obgleich es sich um eine Übertreibung handelt, zeigt diese, dass die Thematik den Kern der Ausgangsfrage dieses Abschnitts nach dem Schutzbereich von §  4 ­MediationsG ausmacht. 6. Ergebnis zu § 4 ­MediationsG im verfahrensrechtlichen Kontext § 4 ­MediationsG ist auch im verfahrensrechtlichen Kontext getragen von dem gesetzgeberischen Ziel, die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens allein aus der Perspektive der Medianden zu schützen. Zu diesem Zweck wird dem Mediator aufgrund seiner beruflichen Funktion ein Zeugnisverweigerungsrecht zuteil, ohne dass der Gesetzgeber dieses zusätzlich durch eine besondere Stellung aus dem tradierten Geflecht prozessualer Rechte und Pflichten auf dem Weg zur Urteilsfindung hervorgehoben hätte. VII. Zusammenfassendes Ergebnis zum Vertraulichkeitsschutz von § 4 ­MediationsG Den Regelungsgehalt von § 4 ­MediationsG gibt die amtliche Überschrift „Verschwiegenheitspflicht“ zutreffend wieder: Normiert ist die Pflicht des Mediators und seiner Hilfspersonen zur Verschwiegenheit. Hinter der § 4 ­MediationsG zugedachten Funktion, effektiv für den Vertraulichkeitsschutz von Inhalten eines Mediationsverfahrens Sorge zu tragen, bleibt die rechtstatsächliche Wirkung der Vorschrift zurück. Dem Schutz der Vertraulichkeit wird v. a. auf personeller Ebene nicht ausreichend Rechnung getragen, da die Verschwiegenheitspflicht nicht für Medianden und beteiligte Dritte an einer Mediation gilt. Infolgedessen vermag § 4 ­MediationsG es weder die extern-prozessuale, noch die extern-außerprozessuale Vertraulichkeit im Mediationskontext effektiv zu schützen. Ausgerufen wurde das Ziel der Stärkung des Vertrauens in die Mediation als Institution ursprünglich in dem Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren, der beabsichtigte, Vorbehalte gegen die Mediation als Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitbeilegung abzubauen und dem Verbraucher zu zeigen, dass es sich um ein europa- und weltweit etabliertes, durchdachtes und solides Verfahren handelt.515 Der Adressatenkreis von § 4 ­MediationsG ist identisch mit dem seiner ursprünglichen Quelle: Ziff. 4 vom Europäischen Verhaltenskodex für Mediatoren516. H.-G. Mähler, der als Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation e. V. zum Kreis derer 515

H.-G. Mähler / Kerntke, ZKM 2004, 151 (153). Die vier Ziffern des Kodex entfalten für die sich ihnen freiwillig unterwerfenden natürlichen oder juristischen Personen keine unmittelbare Rechtswirkung, vgl. Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 146. 516

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gehörte, die in Brüssel in mehreren Arbeitssitzungen die Formulierungen des Kodex ausarbeiteten517, berichtet, dass die Ausgestaltung von Ziff. 4 des Kodex von der Überlegung geprägt war, dass eine Vertraulichkeitsregelung nur für die professionell Beteiligten, insbesondere den Mediator, erforderlich sei, nicht aber für die Medianden, da sich die Wahrung von Vertraulichkeit insofern individualisiert und konkretisiert durch vertragliche Regelungen518 absichern lasse.519 Demzufolge statuiere § 4 ­MediationsG basierend auf denselben Überlegungen ebenfalls keine Verschwiegenheitspflichten für die Medianden.520 Angesichts dessen und der im Allgemeinen umfangreichen Vorbereitungen auf das M ­ ediationsG ist weniger von gesetzgeberischem Versehen als von bewusst geübter Zurückhaltung des Gesetzgebers auf dem Feld der Mediation auszugehen. Die Appelle zur Stärkung der ­ ediationsG im Großen und Ganzen erhört. Mediation als Institution521 hat das M Dennoch widerspricht die gesetzgeberische Gestaltungsentscheidung auch zahlreichen Forderungen hinsichtlich des systemrelevanten Vertraulichkeitsschutzes: ­ ediationsG wurde in Anbetracht Bereits über eine Dekade vor Inkrafttreten des M der zahlreichen Möglichkeiten, Informationen zum Inhalt eines zivilprozessualen Verfahrens zu machen, darauf hingewiesen, dass eine materiell rechtliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators mit prozessualem Pendant in Form eines Zeugnisverweigerungsrechts allein für einen effektiven Schutz vertraulicher Mediationsinhalte ungeeignet ist.522 Trotzdem ist § 4 ­MediationsG zweifelsohne über die sinnvolle Verschwiegenheitsverpflichtung des Mediators hinaus jedenfalls auch als Ausgangspunkt zur Orientierung für künftige Regelungsvorhaben nützlich. Zudem beseitigt § 4 ­MediationsG letzte Zweifel am Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts von Mediatoren aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO.523

B. Folgen von Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht aus §  4 ­MediationsG Die Fragen zu Folgen von Pflichtverletzungen sind v. a. für die Rechtspraxis von zentraler Bedeutung. Die Eigenschaft einer Pflicht, gerichtlich durchsetzbar zu sein, m. a. W. ihre Justiziabilität, und die Kenntnis der Beteiligten hiervon, unterscheiden wohlgemeinte Appelle von harten (ernst gemeinten und ernst genommenen) Verpflichtungen. Die drohende Rechtsfolge einer Pflichtverletzung kann den Willen der Betroffenen zur Befolgung positiv beeinflussen. Somit ist für den rechtstatsächlichen Mehrwert der normierten Verschwiegenheitspflicht aus 517

Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 146. Beispielsweise durch Bezugnahme auf Regelungswerke der Internationalen Handelskammer oder das UNICITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsgerichtsbarkeit. 519 Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 520 Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 521 Statt vieler: G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4 (9). 522 Eckhardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 (787, 790). 523 So auch: Schekahn, JR 2013, 53 (57). 518

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

§ 4 ­MediationsG ihre Justiziabilität im Falle einer Verletzung bedeutsam. Haftungsfragen richten sich auch im Kontext der Mediation nach den zivilrechtlichen Grundsätzen des Leistungsstörungsrechts524 oder des Deliktsrechts525. Das Haftungsrecht zielt auf einen Schadensausgleich. Die Pflicht zur Leistung von Schadensersatz steht als Ergebnis einer Abwägung der Schutzwürdigkeit der im Einzelfall kollidierten Interessen und Rechte. Um einen Beteiligten zum Schadensausgleich zu verpflichten, bedarf es eines besonderen Grundes für die Haftung (Haftungsbegründung).526 Das grundsätzlich527 geltende Verschuldensprinzip setzt voraus, dass der Schuldner durch ein vorwerfbares Verhalten528 einen Schaden verursacht oder mitverursacht hat.529 Zusätzliche Haftungsvoraussetzung ist die Zurechnungsfähigkeit des Schuldners, als subjektives Korrektiv zum objektiven Sorgfaltsmaßstab, vgl. § 827 BGB.530 I. Haftung des Mediators Da es zur Haftung des Mediators keine spezielle gesetzliche Regelung gibt, gelten die allgemeinen Vorschriften.531 Ein Mediator haftet bei der Verletzung von Pflichten, die im Mediationsvertrag532 vereinbart wurden.533 Denkbar sind Pflichtverletzungen bei Abschluss des Mediationsvertrags (vgl. §§ 311 Abs. 2, 241 524

Zum zivilrechtlichen Leistungsstörungsrecht Grüneberg, in: Palandt, BGB, Vorb v § 275 Rn. 1–7. 525 Zur Struktur des deliktsrechtlichen Systems des BGB Hager, in: Staudinger, BGB § 823 A-D, Vorb. zu §§ 823 ff. Rn. 19 ff; zur zivilrechtlichen Haftungsstruktur aus Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 55–83, 238 ff. 526 Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 45 f. 527 Es gibt Modifizierungen (z. B. Haftungsmilderungen) und Ausnahmen (z. B. verschuldensunabhängige Haftung). 528 Das BGB unterscheidet zwischen den Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit, vgl. § 276 BGB. Vorsätzliches Handeln liegt vor, wenn die Pflichtverletzung bewusst und gewollt herbeigeführt wird, vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 10. Fahrlässig handelt hingegen, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und in der Folge die Verletzung trotz ihrer Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit herbeiführt, vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 12. Schuldhaft kann nur ein objektiv pflichtwidriges Verhalten sein. Pflichtwidrig ist jede Verletzung eines fremden Rechts oder Rechtsguts, die nicht durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt ist, vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 5 ff. 529 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 276 Rn. 3; Jost, ZKM 2011, 168 (171). 530 Sprau, in: Palandt, BGB, § 827 Rn. 1. 531 Gläßer, ZKM 2018, 81; Jost, ZKM 2011, 168. 532 Vor dem Hintergrund der Entscheidung BGH NJW 2017, 3442 (m. Anm. Ehlers-Hofherr) sollte der Mediationsvertrag, um Haftungsgefahren zu vermeiden, ausdrücklich jegliche rechtliche Beratung durch den Mediator ausschließen. 533 OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (73) (m.  Anm. Jost); zu haftungsrelevanten Pflichten eines Mediators im Allgemeinen Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn.  22–38; Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (174 f.); Stoldt, in: Hinrichs, Praxishandbuch Mediationsgesetz, Kap. G; Greger, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3, Rn. 15, Kap. 4.4, Rn. 19; Jost, ZKM 2011, 168.

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Abs. 2, 280 BGB), während des Mediationsverfahrens (§§ 280, 281 BGB) oder nach Beendigung der Mediation (§ 280 Abs. 1 BGB) Ggf. ist der konkrete Umfang der Vertragspflichten im Einzelfall erst im Wege einer Vertragsauslegung (§§ 133, 157  BGB) bestimmbar. Sofern die Beteiligten die Verschwiegenheitspflicht des Mediators nicht ausdrücklich abgedungen haben, ergibt sich die Pflicht des Mediators zur Verschwiegenheit aus dem Gesetz.534 Die Annahme einer Verschwiegenheitspflichtverletzung von extern-außerprozessualer sowie extern-prozessualer Vertraulichkeit liegt nahe, sollte der Mediator z. B. als Zeuge in einem Gerichtsverfahren aussagen, ohne dass die Medianden ihn von seiner Schweigepflicht entbunden haben. Gleiches gilt für die (versehentliche) Versendung von Mitschriften aus einer Mediationssitzung an Dritte (z. B. als E-Mail) durch den Mediator.535 Gegen die Pflicht aus § 4 ­MediationsG verstoßen wird ebenso durch die Verwertung geschützter Mediationsinhalte im Zuge der Erstellung eines Gutachtens für Dritte.536 Der Schaden infolge einer Schweigepflichtverletzung kann sich z. B. in Gestalt einer Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit des Betroffenen oder der Verschlechterung seiner Ausgangslage in einem Gerichtsverfahren manifestieren.537 Möglich ist es auch, dass der Schaden bei einem Dritten entsteht. Handelt es sich bei geschützten Mediationsinhalten um Informationen des Dritten, kann dieser ggf. einen Schadensersatzanspruch gegen den Mediator gem. §§ 280 Abs. 1 i. V. m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geltend machen, vgl. § 328 BGB.538 Allgemein formuliert, verletzt der Mediator seine Verschwiegenheitspflicht, wenn er (aus Versehen oder bewusst und gewollt) geschützte Mediationsinhalte gegenüber Dritten offenlegt. Eine „Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei vom geschuldeten Pflichtenprogramm“.539 Dieses Programm umfasst vertragliche Leistungs- und Nebenleistungspflichten, sowie Nebenpflichten i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB (sog. Rücksichts- oder Verhaltenspflichten).540 § 280 Abs. 1 BGB ist die Grundnorm des Leistungsstörungsrechts und behandelt sämtliche Pflichtverletzungen gleich.541 Die vom Mediator zu vertretende Pflicht 534

Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. IV. Vgl. auch: Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 507 f. 536 Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 34; Hartmann, in: Haft / ​ Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 58. 537 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 45; Risse, NJW 2018, 2848 (2852); zur Schadensthematik im Kontext eines Verschwiegenheitsbruchs Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 178 ff. 538 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 44; zur durch Rechtsprechung herausgebildeten besonderen Art der Drittberechtigung Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 328 Rn. 13–20, 25; zur abstrakten Rechtsfigur Papadimitropoulos, Schuldverhältnisse mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, S. 62–103. 539 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 12. 540 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 12; zu den Arten der Leistungspflichten Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 241 Rn. 5; um welche Art von Pflicht es sich bei der Verschwiegenheitspflicht des Mediators handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; i. d. R. wird es sich um eine Nebenpflicht handeln, vgl. Gläßer, ZKM 2018, 81 (82). 541 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 24. 535

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verletzung kann einen Schadensersatzanspruch gegen ihn begründen. Vorrangig ist stets die vertragliche Haftung des Mediators gem. §§ 280 Abs. 1 i. V. m. dem Mediationsvertrag bzw. § 4 ­MediationsG in Betracht zu ziehen.542 Die Medianden trifft gem. § 280 Abs. 1 BGB die Beweislast für die Pflichtverletzung, die Schadensentstehung und den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden.543 Ein Nichtvertretenmüssen der Pflichtverletzung muss der Mediator beweisen, vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Rechtsfolge einer Preisgabe von Informationen, die einem Vertraulichkeitsschutz unterliegen, kann auch die Haftung nach deliktsrechtlichen Grundhaftungs­ tatbeständen (§§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 826 BGB)544 sein. Diese setzen zum Schutz des Integritätsinteresses des Einzelnen vor unerlaubter Handlung, im Unterschied zu den vorstehenden Normen, keine vertragliche Sonderbeziehung voraus. § 823 Abs. 1 BGB schützt „Rechte mit Ausschließlichkeitscharakter, die eine absolute, gegenüber jedermann wirkende Rechtsposition begründen“545. Die Aufzählung der geschützten Rechte und Rechtsgüter von Abs. 1 nennt zuletzt sonstige Rechte. Die Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht kann eine Verletzung des von der Rechtsprechung als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannten allgemeinen Persönlichkeitsrechts546 sowie des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb547 darstellen.548 Zudem kann sich infolge unzulässiger Informationsoffenlegung eine Haftung aus § 823 Abs.  2 i. V. m. § 4  ­MediationsG wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes ergeben: § 4 ­MediationsG dient auch dazu, den Einzelnen vor der Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen.549 Ungeachtet der Vielzahl theoretischer Möglichkeiten gegen einen „redseligen“ Mediator vorzugehen, stellt die Rechtsdurchsetzung in der Praxis die Anspruchsinhaber vor erhebliche Schwierigkeiten.550 Die größte Hürde stellt erfahrungsgemäß der Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt dar.551

542

So schon im Jahr 2012: M. Ahrens, NJW 2012, 2465 (2468). Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 34; Jost, ZKM 2011, 168 (172). 544 Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 55. 545 Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 11. 546 Zum Allgemeinen Persönlichkeitsrecht Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 83–132; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 3–10. 547 Zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 133–141; zu mittelbaren und fahrlässigen Handlungen als Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb Becker, Gewerbebetrieb, S. 52–63; Jost, ZKM 2011, 168 (171) m. w. N. 548 Gläßer, ZKM 2018, 81 (84). 549 Statt vieler: Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 36; Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 42; Jost, ZKM 2011, 168 (171); Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 40. 550 Gläßer, ZKM 2018, 81 (83). 551 Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 M ­ ediationsG Rn. 26; Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 58; Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 41; Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (175); Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 150; Thole, ZZP 127 2014, 339 (364). 543

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Nach den gleichen Voraussetzungen haftet der Mediator auch bei einem Verstoß gegen seine Informationspflicht aus § 4 S. 4 ­MediationsG. Die Anspruchsdurchsetzung wiederum dürfte aufgrund der vagen gesetzgeberischen Vorgaben zum Umfang der Pflicht552 zusätzliche Schwierigkeiten bereiten. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass sich der Mediator nicht wegen Verletzung von Privatgeheimnissen gem. § 203 StGB strafbar machen kann, da er nicht zu dem in der Norm aufgelisteten Personenkreis gehört553: Der Mediator ist kein tauglicher Täter des § 203 StGB. Eine strafbarkeitsbegründende Analogie ist gem. Art. 103 Abs. 2 GG verfassungswidrig.554 II. Haftung der Hilfspersonen Da § 4 ­MediationsG die Hilfspersonen ohne Unterschied zum Mediator selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet, ergeben sich auch im Zusammenhang mit Haftungsfragen keine abweichenden Antworten. III. Weitere Haftung aus Berufsrecht des Grundberufs U. U. haftet der Mediator zusätzlich nach den Vorschriften des Berufsrechts seines Grundberufs. Der Gesetzesbegründung zufolge bleiben berufsrechtliche Regelungen aus dem Grundberuf neben dem M ­ ediationsG anwendbar, soweit sie sich auch auf die mediatorische Tätigkeit erstrecken. Den Beurteilungsmaßstab hierfür bildet das jeweilige Berufsrecht.555 M. a. W. unterliegt der Mediator, auch während er als solcher arbeitet, den berufsrechtlichen Vorschriften seines Grundberufs, sofern seine Tätigkeit ihrem Wesen nach dem Betätigungsfeld des Grundberufs zuzuordnen ist. Das ist regelmäßig der Fall bei Notaren, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern.556 Eine Einzelfallbeurteilung ist bei Rechtsanwälten angesichts der eindeutigen Regelung im anwaltlichen Berufsrecht obsolet: § 18 BORA unterwirft den als Mediator tätigen Rechtsanwalt ausdrücklich dem anwaltlichen Berufsrecht.557 Dieses führt jedoch mit Blick auf die Verschwiegenheitspflicht zu keiner strengeren Haftung, sofern die Beteiligten die Pflicht aus § 4 ­MediationsG nicht ausdrücklich abbedungen haben.558 Aufgrund von § 18 BORA ist jedoch für 552

Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 4. Hoyer, in: Wolter, SK-StGB, Band 4, § 203 Rn. 42; a. A. wohl: Wagner, in: Eidenmüller / ​ Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 34; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 132 f. 554 Zum Analogieverbot Großmann, Liberales Strafrecht in der komplexen Gesellschaft, S. 86 f. 555 BT-Drs. 17/5335, S. 14. 556 Zu den Berufsgruppen im Einzelnen Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2 Rn. 19 ff. 557 Fahrendorf, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 1911. 558 Vgl. zur anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c) 553

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Haftungsfragen § 52 BRAO zu beachten, welcher die vertragliche Begrenzung von Ersatzansprüchen regelt. Insofern kann sich eine weitere Haftung des Mediators aus berufsrechtlichen Vorschriften seines Grundberufs ergeben.559 Ist die „dolmetschend vermittelnde“ Tätigkeit des Mediators dem Berufsbild seines Grundberufs fremd, ist die mediatorische Tätigkeit als Zweitberuf zu bewerten, für dessen Ausübung das Berufsrecht des Grundberufs nicht gilt.560 Als Zweitberuf i. d. S. stellt sich die Tätigkeit als Mediator regelmäßig im Verhältnis zu den Grundberufsgruppen der Ärzte bzw. Apotheker oder Architekten dar.561 In diesem Fall droht keine weitere Haftung aus dem Berufsrecht. IV. Überblick zur Haftung des Rechtsanwalts Die Grundlage der Haftung des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten im Fall einer Pflichtverletzung ist § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter i. S. d. §§ 611 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB eingestuften Anwaltsvertrag.562 Der anwaltliche Pflichtenkatalog umfasst u. a. die an dieser Stelle im Fokus stehende Pflicht zur Verschwiegenheit aus § 43 a Abs. 2 BRAO.563 Diese Pflicht besteht gleichermaßen für den Anwalt als sog. Parteianwalt564, im Rahmen seiner rechtlichen Beratung eines Medianden, als auch für den Anwalt, der an einer Mediation i. S. d. § 2 Abs. 4, 6 ­MediationsG beteiligt ist. Im Falle einer Beteiligung nach § 2 Abs. 4 ­MediationsG sind alle an der Mediation Beteiligten „Mandanten“ des Rechtsanwalts. Aufgrund der mannigfaltigen Aufgaben eines solchen sog. Parteianwalts kann die anwaltliche Beratung besondere Schwierigkeiten bergen: Muss der Anwalt seiner Mandantschaft doch zum einen den sichersten Weg aufzeigen und ihn zum anderen zur Eigenverantwortlichkeit anhalten.565 Hinsichtlich der Haftung von Parteianwälten wird zudem auf die grundsätzliche Verpflichtung des Rechtsanwalts, sich vor Gericht umfassend zugunsten seines Mandanten einzusetzen, verwiesen, die im Spannungsverhältnis zur Vertraulichkeit im Mediationskontext stehen kann.566 Obwohl der Rechtsanwalt grundsätzlich nur 559

Vgl. zur anwaltlichen Haftung sogleich Zw. Teil. Kap. 2. B. IV.; zur Haftungssituation im Einzelnen Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (175 ff.); zum Verbot widerstreitender Interessen nach § 43 Abs. 4 BRAO, § 356 Abs. 1 StGB, § 3 BORA Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 161–214. 560 Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2 Rn. 17; Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 22. 561 Berning, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.2 Rn. 18. 562 Laumen MDR 2018, 1281 (1282); zur Rechtsnatur des Anwaltsvertrags Mennemeyer, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. 4–30. 563 Vgl. zur anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c) 564 Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (177 ff.); Risse / Reichert, NJW 2008, 3680; OLG Stuttgart Urteil v. 26.1.2017, 11 U 4/16, Rn. 54; Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 565 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (434); Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (435). 566 Dr. Gisela Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019.

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im Mandatsverhältnis zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, kann u. U. auch ein Dritter (in Betracht kommen v. a. der andere Mediand oder der Mediator) im Falle eines Verschwiegenheitspflichtverstoßes einen eigenen Ersatzanspruch gegenüber dem sog. Parteianwalt nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geltend machen.567 Soweit ein einem Mandatsverhältnis ähnliches Vertrauensverhältnis568 feststellbar vorliege, komme eine „berufsrechtliche Ausstrahlungswirkung der Verschwiegenheitspflicht“569 in Betracht. Im Rahmen der Beweiswürdigung bei Rechtsanwaltshaftungsfällen richtet sich nach gefestigter Rechtsprechungspraxis des BGH die Beweiserleichterung für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises570.571 Neben der zivilrechtlichen Haftung eines Rechtsanwalts kann eine Missachtung der berufsrechtlichen Schweigepflicht auch strafrechtlich relevant sein.572 § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB schützt den persönlichen Lebens- und Geheimbereich Einzelner vor einer Verletzung durch Rechtsanwälte und andere in der Norm genannte Berufsträger. Darüberhinausgehende kollektive Interessen, wie etwa die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, werden allenfalls mittelbar erfasst.573 Die besondere Schutzbedürftigkeit der Betroffenen speist sich zentral aus dem Umstand, dass sie den Rechtsanwälten im Rahmen des Mandatsverhältnisses regelmäßig Geheimnisse mitteilen müssen.574 Der Tatbestand verlangt daher die unbefugte Offen­barung eines dem Rechtsanwalt gerade in dieser Eigenschaft anvertrauten oder ihm auf andere Weise bekannt gewordenen fremden Geheimnisses.575 Problematisch ist, inwiefern der Schutzbereich der Norm auch Geheimnisse Dritter einschließt. Soweit es sich hierbei zugleich um Geheimnisse des Mandanten handelt, werden sie unproblematisch miterfasst.576 Gleiches gilt für solche Geheimnisse Dritter, die

567 Borgmann, NJW 2016, 3412 (3417); zur Sonderkonstellation eines Rechtsanwalts als Ombudsperson Baranowski / Pant, CCZ 2018, 250; zur Relevanz und den Voraussetzungen der Haftung eines Rechtsanwalts nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Mennemeyer, in: Fahrendorf / Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, Rn. ­348–367. 568 LG Hamburg NZWiSt 2012, 26 (27). 569 Baranowski / Pant, CCZ 2018, 250 (253). 570 Der Anscheinsbeweis beruht nach nicht unumstrittener Auffassung auf der „Anwendung von gesichertem Erfahrungswissen“ und zielt als Teil der Beweiswürdigung auf die richterliche Überzeugungsbildung, vgl. H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 16, Rn. 2, 6. 571 Jäckel, MDR 2018, 1037 (1042) m. w. N.; Laumen, MDR 2018, 1281 (1284); Borgmann, NJW 2016, 3412 (3416); Borgmann, NJW 2017, 3344 (3347). 572 BGH NJW 1990, 510 (511 f.); OVG Hamburg NJW 2018, 1032 (1034); AnwGH NWR NJW-Spezial 2018, 543. 573 Fischer, StGB, § 203 Rn. 3; a. A. OLG Köln NStZ 1983, 412 (413). 574 Fischer, StGB, § 203 Rn. 3, 7. 575 Fischer, StGB, § 203 Rn. 10 ff.; Bosch, in: Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB, § 203 Rn. 6 f. 576 Fischer, StGB, § 203 Rn. 13.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

mit dem jeweiligen Mandatsverhältnis sachlich untrennbar verbunden sind.577 Die Anerkennung eines selbstständigen Geheimnisbereichs Dritter, zu denen der Berufsträger in keinem tätigkeitsgebundenen Vertrauensverhältnis steht, ist dagegen umstritten578, im Ergebnis jedoch abzulehnen. Sog. Drittgeheimnisse579, bei denen ausschließlich ein Dritter Geheimnisträger mit entsprechendem Geheimhaltungswillen ist, sind zwar fremde Geheimnisse i. S. d. Norm, unterfallen aber nicht dem besonderen Schutzbereich des § 203  StGB.580 Eine andere Bewertung führte zu einer unüberschaubaren Ausweitung der Strafbarkeit der adressierten Berufsträger. Ein allgemeines Indiskretionsdelikt widerspricht dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts581.582 Allerdings ist zu betonen, dass Geheimnisse der Gegenpartei in aller Regel mit dem jeweiligen Mandatsverhältnis eng verbunden sind und damit auch in dessen Schutzbereich einbezogen werden.583 Nur dort, wo der Rechtsanwalt wie ein völlig Unbeteiligter Kenntnis über Geheimnisse Dritter erlangt, wird der Anwendungsbereich von § 203 StGB nicht eröffnet.584 In angemessener Kürze lassen sich die zur allgemeinen Haftung des „anwaltlichen Mediators“585 vertretenen Ansichten wie folgt zusammenfassen: Der BGH geht grundsätzlich von einem haftungsrechtlichen Gleichlauf zwischen Rechtsanwalt und „Anwaltsmediator“ aus586 und bestätigt damit die vorinstanzliche Entscheidung.587 Das andere Extrem spiegelt eine Entscheidung des AG Lübeck588 wider, nach welcher der Mediator für seine rechtliche Beratung gegenüber den Medianden nicht wie ein Rechtsanwalt hafte. In der Praxis wird der Haftungs­umfang des „anwaltlichen Mediators“ in aller Regel differenzierter mit Verweis auf die vertraglichen Regeln des Einzelfalls hin bewertet. Sofern der „Anwaltsmediator“

577

Hoyer, in: Wolter, SK-StGB, Band 4, § 203 Rn. 26; Bosch, in: Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB, § 203 Rn. 8. 578 Zustimmend statt vieler: Cierniak / Niehaus, in: Joecks / Miebach, MüKoStGB, Band 4, § 203 Rn. 7; ablehnend statt vieler: Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203 Rn. 8; Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 17; AnwGH NWR NJW-Spezial 2018, 543; Rüpke, NJW 2002, 2835 (2826 ff.); Kleine-Cosack, BRAO, § 43 a Rn. 25 ff. 579 Fischer, StGB, § 203 Rn. 13. 580 Zur Streitdarstellung Risse / Reichert, NJW 2008, 3680 (3682 f.). 581 Zum Ultima-Ratio-Prinzip im Strafrecht Großmann, Liberales Strafrecht in der komplexen Gesellschaft, S. 59 ff. 582 So auch: Cierniak / Niehaus, in: Joecks / Miebach, MüKoStGB, Band 4, § 203 Rn. 3. 583 AG Köln NJW 2015, 1701. 584 So zutreffend Bosch, in: Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB, § 203 Rn. 8. 585 Vgl. zur Ablehnung des Konstrukts des „Anwaltsmediators“ Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ff). 586 Vgl. BGH NJW 2017, 3442 (m. Anm. Ehlers-Hofherr); zustimmend: Hess, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 22. 587 Vgl. OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (m. Anm. Jost); entsprechend urteilte auch schon das OLG Hamm, vgl. OLG Hamm MDR 1999, 836; dazu kritisch: BGH NJW 2017, 3442 (3447) (m. Anm. Ehlers-Hofherr); Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (175 ff.); Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 33 a; OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (72) (m. Anm. Jost); Jost, ZKM 2011, 168 (170). 588 AG Lübeck NJW 2007, 3789.

Kap. 3: Vertraulichkeitsschutz de facto

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sich vertraglich zur Rechtsberatung während der Mediation verpflichte, hafte er auch wie ein Rechtsanwalt.589 V. Zusammenfassendes Ergebnis Die Verschwiegenheitspflicht des Mediators ist justiziabel: Der Verstoß gegen die in § 4 ­MediationsG verankerte Verpflichtung zur Verschwiegenheit löst eine Haftung des Mediators nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen aus. Haftungsbegründend können neben den Vorschriften des ­MediationsG auch berufsrechtliche Regelungen des Grundberufs des Mediators sein. Die beweisrechtlichen Hürden im Zusammenhang mit der rechtlichen Anspruchsverfolgung sind im Mediationskontext beachtlich, jedoch dem Grunde nach nicht mediations­ spezifisch, sondern den allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen im Zivilrecht geschuldet.

C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2 Die Quintessenz der Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes de lege lata anhand der aufgeworfenen Leitfrage lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Gesetzgeber richtet seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Wirkungsbereich des Mediators. Die ihm auferlegte Verschwiegenheitspflicht soll (gemeinsam mit den anderen Vorschriften des M ­ ediationsG) dem Ziel der Stärkung des Instituts der Mediation zur Wirksamkeit verhelfen. Vom Standpunkt des geltenden Rechts aus betrachtet, weist die tatsächliche Beschaffenheit des Schutzes extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit allerdings v. a. infolge des begrenzten personellen Geltungsbereichs von § 4 ­MediationsG signifikante Mängel auf. Kapitel 3

Vertraulichkeitsschutz de facto Um ein ganzheitliches Bild des Vertraulichkeitsschutzes von Mediations­inhalten zu zeichnen, muss neben seiner Ausgestaltung de iure auch seine tatsächliche Beschaffenheit in der Praxis in ihren Grundzügen einbezogen werden. Im Gesetzgebungsverfahren des ­MediationsG verwies der Gesetzgeber ausdrücklich auf den privatautonomen Gestaltungsspielraum zur Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes.590 Vereinbarungen zur Wahrung von Vertraulichkeit zwischen den Medianden 589

Vgl. statt vieler: Baumann, SchiedsVZ 2018, 173 (176); OLG Stuttgart ZKM 2017, 71 (72) (m. Anm. Jost); Jost, ZKM 2011, 168 (170). 590 BT-Drs. 17/5335, S. 17.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

untereinander und mit dem Mediator werden regelmäßig getroffen.591 Häufig enthalten sie keine konkrete Festlegung, was Vertraulichkeit bedeutet, insbesondere für die Zeit nach Abschluss der Mediation. Zudem werden sie oftmals nicht ausdrücklich, schriftlich oder mündlich, sondern stillschweigend getroffen.592 Vermehrt enthalten Individualvereinbarungen Klauseln zur Bezugnahme auf die Vertraulichkeitsregelung eines einschlägigen Fachverbandes593, die diese für gültig erklärt.594 In Ermangelung einer Statistik zur Auswertung der genauen Verhältnisse595 bleibt nur festzuhalten, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist, ob auf der Basis einer angemessenen und rechtzeitigen Auseinandersetzung mit dem Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten effektive Individualvereinbarungen geschlossen werden. Primär am Beispiel der Schutzgestaltung in der Mediationspraxis der Pioniere der Mediation in Deutschland596, Gisela und Hans-Georg Mähler werden nachfolgend Aspekte des Vertraulichkeitsschutzes de facto beleuchtet.597 591

Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 29; Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 52; Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 7; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 489. 592 Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 74; zur Vereinbarung im Wege ergänzender Vertragsauslegung Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 206. 593 Statt vieler als gelungenes Beispiel die Regelung der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V., abrufbar unter http://www.disarb.org/de/16/regeln/dis-mediationsordnung10-medo-id19 (Stand: 22.02.2020); „§ 10 Vertraulichkeit 10.1 Die Parteien, der Mediator und die in der DIS-Hauptgeschäftsstelle mit einem Mediationsverfahren befassten Personen haben über das Verfahren und insbesondere über die beteiligten Parteien und die ausgetauschten Unterlagen Verschwiegenheit gegenüber jedermann zu bewahren. 10.2 Dies gilt nicht für Informationen oder Unterlagen, die bereits vor dem Mediations­ verfahren bekannt waren oder nachweislich auch sonst bekannt geworden wären. 10.3 Vertragliche Vertraulichkeits- bzw. Geheimhaltungspflichten bleiben unberührt. 10.4 Der DIS ist gestattet, Informationen über Mediationsverfahren in einer Zusammenstellung statistischer Daten zu veröffentlichen, soweit die Informationen eine Identifizierung der Beteiligten ausschließen.“; vgl. ferner beispielsweise § 6 der Hamburger Mediationsordnung für Wirtschaftskonflikte abrufbar unter https://www.hk24.de/produktmarken/beratung-service/recht-und-steuern/mediation/​ mediationsstelle-wirtschaftskonflikte-1168240 (Stand: 22.02.2020); § 14 EUCON – Europäisches Institut für Conflict Management e. V. Mediationsordnung abrufbar unter http://www.eucon-institut.de/mediation/mediationsordnung/ (Stand: 22.02.2020); Art. 9 International Chamber of Commerce (ICC) Mediation Rules abrufbar unter https:// iccwbo.org/dispute-resolution-services/mediation/mediation-rules/#Article_9 (Stand: 22.02.2020). 594 Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 25; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); Schekahn, JR 2013, 53 (57). 595 Zu einem Überblick diesbezüglich Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 28. 596 Offermann-Burckart, FPR 2010, 431 (433); Friedman / Himmelstein, Konflikte fordern uns heraus, S. 9 f. 597 Am 19.02.2019 nahmen sich Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler Zeit für ein persönliches Gespräch mit der Verfasserin in ihrer Münchener Kanzlei.

Kap. 3: Vertraulichkeitsschutz de facto

111

A. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit Zum Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit598 werden in der Praxis i. d. R. Individualvereinbarungen geschlossen, die den Umfang des Vertraulichkeits­ schutzes festlegen.599 Beschränkungen privatrechtlicher Gestaltungsfreiheit ergeben sich insbesondere aus der „Unverfügbarkeit elementarer Güter“, welche die Disponibilität der Medianden bzgl. ihrer eigenen Freiheiten einschränkt600 (vgl. v. a. §§ 104 ff., 116 ff., 134, 138, 242 BGB601). Vorformulierte Vereinbarungen können zudem AGB i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sein602, die sich an der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (vgl. §§ 305 ff. BGB) messen lassen müssen. Diese steht als zwingendes Privatrecht nicht zur Disposition der Beteiligten und dient dem Interessenund Machtausgleich603 sowie als staatliches Regulierungsinstrument zur „Verhaltenssteuerung im Allgemeinwohlinteresse“604.605 I. Personelle Ebene Auf personeller Schutzebene verweisen Mählers in individualvertraglichen Regelungen ausdrücklich auf § 4 ­MediationsG. Die gesetzliche Vorschrift dient ihnen als Ausgangspunkt des institutionellen Schutzes der Vertraulichkeit durch den Mediator.606 Oftmals dehnen die Beteiligten zu Beginn der Mediation im Wege einer Vereinbarung den Vertraulichkeitsschutz darüber hinaus auf die Medianden und beteiligte Dritte aus.607 Mählers verpflichten die Medianden vertraglich nicht ausdrücklich zur Vertraulichkeitswahrung. Sie gehen davon aus, dass die Einhaltung einer solchen Vorgabe zum einen nicht kontrollierbar wäre und zum anderen den Bedürfnissen der Medianden widerspräche, sich über Ereignisse aus der Mediation austauschen zu können, nicht zuletzt um sich eine Meinung bzgl. besprochener Aspekte bilden zu können. Gleichwohl geben Mählers den Medianden zu bedenken, dass eingeweihte Dritte „mittelbar mit am Tisch sitzen“.608

598

Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. A. II. 2. Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 518 f. 600 Hanau, in: Möslein, Private Macht, S. 128 f. 601 Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 130; Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 141 f.; BVerfG NJW 1990, 1469 (1470); Volkmann, Mediation im Zivilprozess, S. 68–72; Fischer, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 71–75. 602 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 196 ff. 603 Hanau, in: Möslein, Private Macht, S. 121, 137. 604 Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 97. 605 Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 93, 96 f.; Wagner, NJW 2001, 1398 (1400); Wagner, Prozeßverträge, S. 78 ff. 606 Dr. Gisela Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 607 Statt vieler: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 23. 608 Dr. Gisela Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 599

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Vertragliche Vereinbarungen zum Vertraulichkeitsschutz bzgl. sog. Parteianwälte treffen Mählers i. d. R. nicht ausdrücklich. Der Umstand, dass absoluter Vertraulichkeitsschutz bzgl. Dritter unmöglich sei, werde zu Beginn einer Mediation ausdrücklich benannt. Dies gehöre zum Zusammenspiel von „Chance und Risiko eines Mediationsverfahrens“.609 II. Inhaltliche und gegenständliche Ebene Im Zusammenhang mit Mediationen im Wirtschaftsbereich steht laut Mählers auf inhaltlicher und gegenständlicher Ebene der Vertraulichkeitsschutz von Dokumenten (beispielsweise Bilanzen), die vertraulich behandelt werden sollen und deren Veröffentlichung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, im Fokus. Deren Schutz lasse sich gewährleisten, indem (und das sei gerade im wirtschaftlichen Kontext unverzichtbar) Vertragsstrafen vereinbart werden, die im Falle einer vereinbarungswidrigen Preisgabe von Dokumenten greifen.610 In Mediationen aus dem Familienbereich hingegen, wo wirtschaftliche Daten jedenfalls bei Trennung und Scheidung i. d. R. gesetzlichen Auskunftspflichten unterliegen, gehe es v. a. um die Wahrung der Vertraulichkeit „weicherer Tatsachen“ aus dem emotionalen Bereich, insbesondere um systemische Aspekte zu familiären Strukturen. Sofern beispielsweise ein Mediand in der Mediation angegeben hat, sich mit der Erziehung der Kinder überfordert zu fühlen, könnte diese Aussage als Argumentationsbasis der anderen Partei im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zur Darlegung mangelnder Erziehungsfähigkeit genutzt werden. Hierin spiegele sich ein aus der Offenheit in der Mediation folgendes, unvermeidbares Risiko wider, vor dem eine Verschwiegenheitspflicht nicht schützen könne, da gerade Kenntnisse zu solchen Umständen der Beziehungsebene nicht einzig aus einem Mediationsverfahren stammen müssen. Gleichzeitig liege in der Mediation auch die Chance, im systemischen Bereich neue Formen zu finden.611 Diese Aspekte vermitteln Mählers den Medianden und formulieren als Ziel der Individualvereinbarungen, die „Wahrung des Vertraulichkeitsschutzes soweit als möglich“612. In ihrer Mediationspraxis vereinbaren sie zu Beginn der Mediation stets, dass im Falle des Scheiterns in einem kostenfreien Abschlussgespräch das weitere Vorgehen geklärt werden kann. Anders als zu Beginn der Mediation sei zu diesem Zeitpunkt ersichtlich, welche Inhalte Schutz bedürfen. Deren Vertraulichkeitsschutz ließe sich dann konkret vereinbaren. Einer

609

Dr. Gisela Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019; so auch statt vieler: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn.  26. 611 Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 612 Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 610

Kap. 3: Vertraulichkeitsschutz de facto

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Generalvereinbarung zu Beginn der Mediation bzgl. der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten bedürfe es meist nicht.613

B. Extern-prozessuale Vertraulichkeit Grundsätzlich können (vertrauliche) Informationen aus einer Mediation z. B. in Schriftsätzen als Parteivortrag, im Wege von Beweisantritten (beispielsweise ein Gutachter als sachverständiger Zeuge614), durch die Vorlage von Urkunden615 (beispielsweise das Gutachten eines Sachverständigen aus einem Mediationsverfahren616) oder durch Aussagen im Zuge von Parteivernehmungen (§§ 445, 447 ZPO) in einem Prozess vorgetragen werden.617 In der Praxis werden zum Schutz extern-​ prozessualer Vertraulichkeit618 üblicherweise Individualvereinbarungen in Form von Prozessverträgen geschlossen.619 I. Prozessvertrag Ein zwischen den Beteiligten einer Mediation regelmäßig zu Beginn der Mediation620 vereinbarter Prozessvertrag bezweckt die Zurückweisung von Parteivortrag als unzulässig bzw. die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln, die in der Mediation gewonnen wurden, soweit diese(r) nur durch einen Vertraulichkeitsbruch möglich wurde(n).621 Hierzu werden Einschränkungen bzgl. der Zulässigkeit von Parteivortrag und Beweismitteln in einem eventuell nachgelagerten Zivilverfahren vereinbart.622

613 Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 614 BGH NJW 2017, 1247 (1248) (m. Anm. Gössl). 615 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 20. 616 BGH NJW 2017, 1247 (1248) (m. Anm. Gössl). 617 Wagner, NJW 2001, 1398; Schekahn, JR 2013, 53 (56 f.). 618 Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. A. II. 3. 619 Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 938; Schekahn, JR 2013, 53 (57); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Goltermann, ZKM 2017, 240 (241); Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 108; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 527. 620 Fritz, in: Fritz / Pielsticker, Mediationsgesetz, § 4 Rn. 23. 621 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 38; Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 132 ff.; Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 24. 622 Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­ MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 25; Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193); Probst, JR 2009, 265 (267); s. schon Eckhardt  / ​ Dendorfer, MDR 2001, 786 (790).

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

1. Zulässigkeitsgrenze und Rechtsfolgenwirkung privatrechtlicher Gestaltungsfreiheit Im Licht des zivilprozessualen Beibringungs- bzw. Verhandlungsgrundsatzes623 gilt es allgemeinhin als zulässig, privatrechtliche Prozessverträge zu vereinbaren, um zur Disposition der Parteien stehende Prozesshandlungen (v. a. das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln und der Beweisantritt zur Beweisführung) einvernehmlich zu regeln.624 Diese prozessuale Vereinbarungsautonomie umfasst insbesondere auch den Tatsachenstoff (vgl. § 138 Abs. 3, §§ 288 ff. ZPO), den Verzicht auf Zeugen (vgl. § 399 ZPO) oder die Festlegung von Sachverständigen (vgl. § 404 Abs. 4 ZPO). Die Grenzen625 prozessual wirksamer Prozessverträge verlaufen innerhalb der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit626, wobei die konkrete Reichweite der Regelungsbefugnisse der Beteiligten unklar ist627. Individualvereinbarungen, nach denen Mediationsinhalte aus dem „Inhalt der Verhandlung“ i. S. d. § 286 ZPO auszunehmen sind, kommt nach teilweise vertretener Auffassung mit Verweis auf § 138 Abs. 1, 2 ZPO keine prozessuale Wirksamkeit zu, soweit es sich nicht um rechtswidrig erlangte Beweismittel handelt. Demnach sei allein die Vertraulichkeit bzgl. der Abläufe der Mediation einer wirksamen Vereinbarung zugänglich.628 Für den Zivilprozess gilt i. d. R., dass der Vortrag der Parteien (vgl. § 137 Abs. 2, 3 ZPO) vom Gericht unter der Prämisse der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG) vollständig zu berücksichtigen ist.629 Grundlage des im gegebenen Zusammenhang zentralen allgemeinen Justizgewährungsanspruchs630 ist nach ständiger Rechtsprechung das Rechtsstaatsprinzip, vgl. Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG. Der Anspruch gewährt zunächst

623

Zu einleitenden Ausführungen zu den Grundsätzen Musielak, in: Musielak / Voit, ZPO, Einl. Rn. 35–41; Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 64 ff. 624 Statt vieler: Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 39; Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 22 ff.; Goltermann, ZKM 2017, 240 (241); Reinhard, NZA 2016, 1233 (1239); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149); Töben, RNotZ 2013, 321 (327); Wagner, NJW 2001, 1398 (1399 f.); Friedrich, MDR 2004, 481 (485); Schekahn, JR 2013, 53 (57); Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (18); Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 114; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 195; Wagner, Prozeßverträge, S. 233 ff. 625 Zur grundlegenden Darstellung vgl. Wagner, Prozeßverträge, S. 64 ff.; 620 ff., 638 f. 626 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. A. 627 Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 528. 628 Vgl. Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 66; so auch schon Töben, RNotZ 2013, 321 (328). 629 Schekahn, JR 2013, 53 (57); Fuhlrott / Oltmanns, NZA 2018, 413 m. w. N.; Fritsche, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 1, § 137 Rn. 8; Kern, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 2, § 137 Rn. 19; Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag, S. 36 ff, 213; Wagner, Prozeßverträge, S. 70 f. 630 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1.; Art. 19 IV GG leistet Gewähr für einen Rechtsweg gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Dieser Justizgewährungsanspruch ist von dem hier potenziell berührten allgemeinen Justizgewährungsanspruch zu unterscheiden.

Kap. 3: Vertraulichkeitsschutz de facto

115

das Bestehen eines Rechtswegs, indem der Zugang zu ordentlichen Gerichten bei Streitigkeiten zwischen Privatpersonen gesichert wird. Darüber hinaus garantiert er die Effektivität des gewährten Rechtsschutzes.631 M. a. W. erschöpft sich der, auch als Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz bezeichnete632, allgemeine Justizgewährungsanspruch nicht im geschaffenen Zugang zu einem Gerichtsverfahren, sondern wirkt im gesamten Verfahren fort.633 Der Anspruch gilt gleichermaßen für das Rechtsschutzbegehren des Klägers wie für das auf Rechtsverteidigung gerichtete Begehren des Beklagten.634 Der Effektivitätsaspekt des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs kann im Spannungsverhältnis zum Vertraulichkeitspostulat der Mediation stehen, soweit dieses in einem einer Mediation nachgelagerten Zivilprozess eine Einschränkung des Umfangs von Vortrags- und Beweisführungsmöglichkeiten der Parteien vor Gericht fordert.635 Aufgrund der mittelbaren Drittwirkung636 von Grundrechten müssen sich Auswirkungen privater Beweiserlangung ggf. auch an verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechten messen lassen.637 Die Bedeutung des Justizgewährungsanspruchs kann im Zusammenhang mit der Funktion von Recht638, die Macht des Einzelnen zur Vermeidung unbilliger Härte zu begrenzen639, kaum hoch genug eingeschätzt werden.640 Inwieweit derartige Vereinbarungen vor Gericht Bestand haben, lässt sich somit abstrakt nur schwer antizipieren.641 Im Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit gilt: Je weitreichender der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten ist, desto stärker werden Beweisführungs- und Vortragsrecht im Zivilprozess eingeschränkt. Die Dispositionsund Verhandlungsmaxime des Zivilprozessrechts korreliert mit der im materiellen Zivilrecht geltenden Privatautonomie.642 Diese ermöglicht es den Parteien, bei Beachtung geltenden Rechts643 Einschränkungen im Beweisführungs- und Vortrags-

631

BVerfG NJW 1993, 1635 m. w. N.; BVerfG NJW-RR 2007, 1073; zur Funktion des (allgemeinen) Justizgewährungsanspruchs als Gegengewicht zum Gewaltmonopol des Staates und dem damit einhergehenden Verbot der Selbstjustiz Steffek, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 31 m. w. N.; Odrig, ZKM 2019, 28. 632 BVerfG NJW 1993, 1635. 633 BVerfG NJW 1976, 141; Laumen, MDR 2018, 966. 634 BVerfG NJW 1993, 1635. 635 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1. 636 Zu den zwei vom BVerfG verfolgten Arten der Grundrechtseinwirkung auf das Privatrecht Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 269 ff. m. w. N.; Starck, Woher kommt das Recht?, S. 161 ff. 637 Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 517–522; Muthorst, Das Beweisverbot, S. 110 f., 1­ 51–173. 638 Zu Funktionen, die dem Recht zugeschrieben werden Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 35 ff.; Luhmann, in: Legaz y Lacambra, Die Funktionen des Rechts, S. 31–45; Finnis, in: Borowski / Paulson / Sieckmann, Rechtsphilosophie und Grundrechtstheorie, S.  38 f.; Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 48 f. 639 Wagner, Prozeßverträge, S. 78 ff. 640 Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 641 Greger, in: Greger / Unberath / Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, § 4 Rn. 51. 642 Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 167. 643 Vgl. diesbezüglich im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. a).

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

recht zu vereinbaren.644 Hierin spiegelt sich die im Zusammenhang mit Prozessverträgen angenommene Freiheitsvermutung in dubio pro libertate645 wider. Dies lässt den Schluss zu, dass sich der Schutz vertraulicher Mediationsinhalte und das Gebot effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich nicht unvereinbar in einem Spannungsverhältnis gegenüberstehen. Ein Prozessvertrag mit einer Vertraulichkeitsabrede wirkt nicht unmittelbar gestaltend auf die prozessuale Rechtslage ein.646 Vielmehr wird das Gericht den Prozessvertrag nur berücksichtigen, soweit eine Partei den Vortrag der anderen Partei rechtzeitig als abredewidrig rügt und sich ausdrücklich auf die Vereinbarung beruft.647 Der rügenden Partei obliegt es nach der Grundregel der Beweislastverteilung648, wonach die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der für sie günstigen (Rechts-)Norm der Partei obliegt, die sich auf sie beruft649, den Beweis zu führen, dass der Vortrag oder das Beweismittel nur durch einen Vertraulichkeitsbruch ermöglicht wurden. Das Gericht müsste einen vertragswidrigen Parteivortrag als unzulässig zurückweisen.650 Im Falle fehlerhafter Nichtberücksichtigung des Prozessvertrags durch das Gericht besteht, bei rechtzeitiger Rüge gem. § 295 Abs. 1 ZPO, die Möglichkeit einer Korrektur dieses Verfahrensfehlers in der nächsten Instanz.651 2. Reichweite von Individualvereinbarungen im Licht prozessualer Mitwirkungspflichten der Parteien Die ZPO sieht keine allgemeine prozessuale Aufklärungspflicht der Parteien vor 652 und versucht, über das Verbot des sog. Ausforschungsbeweises653 zu verhindern, dass eine Partei die Gegenseite durch einen unbestimmten Beweisantrag zur

644

Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. Schlosser, Zivilprozeßrecht I, Rn. 310. 646 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 40; Goltermann, ZKM 2017, 240. 647 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150); Töben, RNotZ 2013, 321 (327); Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191); Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 199; Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 135 f. 648 Die Grundregel gilt nicht, soweit die Parteien eine Abrede zur Beweislast getroffen haben, vgl. Jauernig / Hess, Zivilprozessrecht, § 51 Rn. 11. 649 Statt vieler: BGH NJW 2005, 2396; zur Beweislast Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 305 ff. 650 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (149); Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 40; Wagner, NJW 2001, 1398 (1399). 651 Töben, RNotZ 2013, 321 (327); Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 40; Wagner, Prozeßverträge, S. 67 ff. 652 Zur kontroversen Entwicklung des konzeptionellen Verständnisses zu Mitwirkungspflichten der Parteien H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 7, Rn. 11–18. 653 Zum Institut des Ausforschungsbeweises Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 284 Rn. 8 c f.; ­H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 1, Rn. 24 ff. 645

Kap. 3: Vertraulichkeitsschutz de facto

117

Preisgabe prozessrelevanter Tatsachen zwingen kann.654 Dennoch ermöglicht die ZPO dem erkennenden Gericht grundsätzlich, sämtliche Beweismittel, mit Ausnahme des Zeugenbeweises, von Amts wegen einzuholen (vgl.  § 142,  144, 273 Abs. 2, 448 ZPO). So normiert beispielsweise § 144 Abs. 1 S. 2 Alt. 1, S. 3 ZPO Mitwirkungspflichten der Parteien durch Vorlegung655 oder durch Duldung656 der Vorlegung eines Augenscheinsobjekts auf Anordnung des Gerichts. Die prozessuale Vertragsautonomie der Parteien endet somit dort, wo der Richter von seiner Anordnungsbefugnis Gebrauch macht657, wobei er einen Prozessvertrag bei seiner Ermessensentscheidung658 zu berücksichtigen hat.659 Ausgehend von derselben Motivation, dem Einzelnen in einer Konfliktlage Abhilfe zu verschaffen, verfolgen Mediation und Justiz unterschiedliche Ansätze, woraus sich Spannungen ergeben können.660 Im Falle des Vorliegens wirksamer Prozessverträge können diese Möglichkeiten eingeschränkt werden. Teilweise wird vertreten, dass eine Beweisaufnahme von Amts wegen bei Bestehen eines Prozessvertrags stets ermessensfehlerhaft und unzulässig sei.661 In diesem Kontext wird nicht zuletzt darauf hingewiesen, dass die Zumutbarkeitsgrenze aus § 144 Abs. 2 ZPO unmittelbar aus verfassungsrechtlichen Vorgaben abzuleiten sei und deshalb auch hinsichtlich der Mitwirkungspflichten der Parteien gelte.662 Mit Blick auf die Wirkung von Prozessverträgen lässt sich jedenfalls eine Grundlinie ausmachen, nach der ein erkennendes Gericht kein Hauptaugenmerk darauf legen wird, von den Parteien im Einvernehmen getroffene Dispositionen zu konterkarieren, sondern regelmäßig seine Aufgabe darin erkennen wird, ihnen zur Durchsetzung zu verhelfen.663 II. Inhaltliche, gegenständliche und personelle Ebene Praxisüblich ist es, zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit auf gegenständlicher Ebene Informationsträger zur Beweisführung auszuschließen, v. a. Zeugen-, Sachverständigen- und Urkundsbeweise.664 Auf inhaltlicher Ebene ergeben 654 Becker, MDR 2008, 1309 (1310); H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 284 Rn. 11. 655 Zu den Entstehungsvoraussetzungen Drehsen, Augenschein im Zivilprozess, S. 284 ff.; 609 ff. 656 Zu den Entstehungsvoraussetzungen Drehsen, Augenschein im Zivilprozess, S. 323 ff. 657 Töben, RNotZ 2013, 321 (328 f.); Wagner, NJW 2001, 1398 (1400); Friedrich, MDR 2004, 481 (485); Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150); Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 132–135. 658 Musielak, in: Musielak / Voit, ZPO, Einl. Rn. 43; H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 7, Rn. 50–52. 659 Schekahn, JR 2013, 53 (57); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 199. 660 Steffek, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 31. 661 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 41. 662 Drehsen, Augenschein im Zivilprozess, S. 609. 663 Wagner, NJW 2001, 1398 (1399). 664 Statt vieler: Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 38; Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 132 ff.

118

2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

sich im Bereich des Schutzes extern-prozessualer Vertraulichkeit keine Besonderheiten im Vergleich zum Schutzbereich extern-außerprozessualer Vertraulichkeit.665 Mählers vereinbaren zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit auf personeller Ebene in einem Prozessvertrag, dass die Medianden als Prozessparteien die Mediatoren in einem Gerichtsverfahren nicht als Zeugen benennen dürfen. Soweit es im Einzelfall erforderlich oder sinnvoll ist, erweitern sie das Verbot der Zeugenbenennung auch auf die sog. Parteianwälte.666

C. Zwischenergebnis zu Kapitel 3 Der Rundblick zeigt übliche Bestandteile der Gestaltung des Vertraulichkeitsschutzes in der Mediationspraxis auf. Ein solcher Aspekt ist die Ausweitung des gesetzlich vorgeschriebenen Vertraulichkeitsschutzes auf der personellen Ebene im Wege von Individualvereinbarungen zur Einbeziehung der Medianden. Ein weiterer regelmäßiger Regelungsgegenstand ist das Verbot, den Mediator als Zeugen vor Gericht zu benennen, zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit. Zudem zeigt die exemplarische Betrachtung der Schutzgestaltung, dass sich möglicherweise, abgesehen von einzelnen Regelungsgegenständen, kein einheitlicher status quo des Vertraulichkeitsschutzes in der Mediationspraxis ausmachen lässt.

D. Ergebnis zum Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes Eine Gesamtbetrachtung der Untersuchungsergebnisse zum Schutz von Media­ tionsinhalten de iure 667 und de facto 668 gibt Aufschluss über den Istzustand des Schutzes von extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit im Mediationskontext. Das Resümee der bisherigen Untersuchungen ist, dass § 4 ­MediationsG einen gesetzlichen Minimalschutz der Vertraulichkeit gewährt, welcher in der Regel durch Individualvereinbarungen erweitert wird. Die vertikale Unterteilung beider Vertraulichkeitsbereiche jeweils in drei Ebenen des Schutzes der Vertraulichkeit gibt die Struktur für die Zusammenfassung vor. Beide Bereiche werden jeweils auf ihrer inhaltlichen Schutzebene, die sich auf die einzelne vertrauliche Information bezieht, in sinnvollem Umfang geregelt: Der von § 4 ­MediationsG gewährte, umfassende inhaltliche Schutz der Vertraulichkeit erhält durch die Ausnahmeregelungen der Norm angemessene Einschränkungen.

665

Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 3. A. II. Dr. Gisela Mähler und Dr. Hans-Georg Mähler in einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019. 667 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. 668 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. 666

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

119

Die eng mit der inhaltlichen Ebene verbundene gegenständliche Schutzebene, deren Bezugspunkt der Informationsträger ist, wird durch § 4 ­MediationsG nicht ausdrücklich geregelt. Individualvereinbarungen hingegen enthalten oftmals Regelungen, nach denen beispielsweise schriftliche Protokolle zu Mediationssitzungen oder andere im Rahmen einer Mediation erstellte Unterlagen nur zu Zwecken des Mediationsverfahrens eingesetzt werden dürfen. Soweit dies der Fall ist, können Individualvereinbarungen de facto Vertraulichkeitsschutz auf gegenständlicher Ebene gewähren, wo es ihn de jure nicht gibt. Die personelle Schutzebene beider Bereiche hat eine teilweise Regelung erfahren, indem der Mediator gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet wurde. Da § 4 ­MediationsG die Medianden und beteiligte Dritte nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet, bleiben jedoch zwei Drittel der personellen Ebene, deren Bezugspunkt die Person mit Kenntnis von Mediationsinhalten ist, ohne gesetzliche Regelung. Eine weitere Einschränkung auf der personellen Schutzebene ergibt sich im Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit aus § 385 Abs.  2  ZPO, soweit sich die Möglichkeit zur Entbindung des Mediators von seiner Schweigepflicht faktisch als Entbindungspflicht darstellt, in deren Folge der als Zeuge benannte Mediator einem Aussagezwang unterliegt.669 Speziell im Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit werden zum Schutz auf personeller und auf gegenständlicher Ebene Vereinbarungen getroffen, die es den Medianden untersagen, beteiligte Dritte oder den Mediator als Zeugen vor Gericht zu benennen. Die auf der personellen Schutzebene vom Gesetzgeber de jure gelassenen Schutzlücken, werden i. Ü. oftmals de facto durch Individualvereinbarungen geschlossen, indem eine Regelung zur Verschwiegenheit der Medianden und beteiligter Dritter getroffen wird. Umfang und Güte der Schutzerweiterung durch Individualvereinbarungen sind vollständig einzelfallabhängig. Der Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes de jure ist daher personell und gegenständlich unzureichend, sodass eine abschließende Bewertung nur bei Beachtung ggf. im Einzelfall getroffener Individualvereinbarungen möglich ist. Kapitel 4

Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung Vor dem Hintergrund der bisherigen Erkenntnisse zum Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten, richtet sich der Fokus im Folgenden auf seinen Sollzustand: Was sollte de iure und de facto geschützt sein?

669

Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 6.

120

2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

A. Ausgangsfrage Im Zentrum steht die Frage, ob eine gesetzliche Erweiterung des Schutzes hinsichtlich extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit im Mediationskontext erforderlich ist. Hierbei gilt, vergleichbar mit den Voraussetzungen für die entsprechende Anwendung einer Norm670, dass aus einer (gesetzlichen) Regelungslücke671 nicht automatisch auf einen Erweiterungsbedarf geschlossen werden kann. Vielmehr muss der Gesetzgeber ein regelungswürdiges Problem übersehen haben. Als Ausgangs- und Orientierungspunkt zur Feststellung, ob es eines spezifischen Vertraulichkeitsschutzes im Schiedsverfahren bedarf, wurde der Schutz der Vertraulichkeit von Informationen im deutschen Privatrechtsverkehr im Allgemeinen untersucht.672 Zugrunde lag hierbei die Annahme, dass die Erforderlichkeit eines verfahrensspezifischen Vertraulichkeitsschutzes mit der Reichweite des allgemeinen Vertraulichkeitsschutzes korreliert: Je weiter der allgemeine Schutz geht, desto weniger sei zusätzlicher Vertraulichkeitsschutz im Schiedsverfahren erforderlich.673 So überzeugend dieser Proportionalsatz zunächst klingt, so schnell zeigt sich doch, dass er im Mediationskontext nur eingeschränkt Gültigkeit beanspruchen kann. Zum einen hat der Gesetzgeber mit § 4 ­MediationsG bereits dem aus seiner Sicht grundsätzlich bestehenden Bedürfnis nach einem spezifischen Vertraulichkeitsschutz im Mediationsbereich Ausdruck verliehen.674 Zum anderen greift der Versuch, den Bedarf an einem spezifischen Vertraulichkeitsschutz allein in Abhängigkeit zum Bestand allgemeiner Regelungen messen zu wollen, zu kurz, lässt er doch einen für die Bewertung entscheidenden Parameter unberücksichtigt: Vertraulichkeit und ihr Schutz sind im Mediationskontext von identitätsstiftender Bedeutung675, weshalb das Bedürfnis nach spezifischen Regelungen durchaus auch unabhängig von allgemeinen Normen bestehen kann, ohne einem stetig wachsenden Rechtfertigungsdruck ausgesetzt zu sein. Ob eine Schutzerweiterung erforderlich ist, hängt maßgebend von der Funktion ab, die ihr aus der Perspektive der relevanten Bezugspunkte676 zukäme (II.). Vorab stellt sich die Frage, was der Vertraulichkeitsschutz umfassen sollte (I.).

670

Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. V. 1. a) Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 2. C. 672 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 15 ff. 673 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 15. 674 Die Vertraulichkeit des Schiedsgerichtsverfahrens ist nicht Regelungsgegenstand des 10. Buches der ZPO, vgl. Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 419; ­Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 39–43; zur Verschwiegenheitspflicht von Schiedsrichtern Hilgard, BB 2015, 1091. 675 Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. B. I. 676 Die vier relevanten Bezugspunkte sind die Mediation als solche, der Mediator, die Medianden und an der Mediation beteiligte Dritte. 671

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

121

I. Sollzustand Der Sollzustand des Vertraulichkeitsschutzes im Mediationskontext zeigt den idealen Umfang des Schutzes vertraulicher Mediationsinhalte im Bereich extern-​ prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit auf. Als Ausgangspunkt zur Erörterung des Sollzustands bietet es sich an, auf den Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes677 zu rekurrieren, um so die Erforderlichkeit von Erweiterungen ausmachen zu können. 1. Grenzen der Gestaltungsfreiheit Die Beantwortung der Frage, was vom Vertraulichkeitsschutz umfasst sein sollte, setzt zunächst eine Antwort auf die Frage, was vom Schutz umfasst sein darf voraus. Eine Festlegung des Vertraulichkeitsschutzumfangs auf inhaltlicher, gegenständlicher und personeller Ebene muss, um rechtlich wirksam zu sein, unter Beachtung der zwingenden Grenzen für die gesetzgeberische Tätigkeit und für Individualvereinbarungen erfolgen. Wie vorstehend erörtert, wird die Gestaltungsfreiheit einerseits durch zwingendes Privatrecht begrenzt.678 Zudem wird die Freiheit der Ausgestaltung des Vertraulichkeitsschutzes durch zwingendes Prozessrecht eingeschränkt.679 Darüber hinaus ergeben sich für den Gesetzgeber Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit bei der normativen Ausgestaltung der Rechtsschutzgewährung. Zulässig ist es, Vorschriften zu erlassen, die den Rechtssuchenden in seinem Rechtsschutzbegehren einschränken.680 Begrenzt wird die gesetzgeberische Ausgestaltungsbefugnis nicht zuletzt durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit681: Der Rechtsweg darf nur in einem dem Rechtssuchenden zumutbaren Maß beschränkt werden.682 Für den Zivilprozess gilt i. d. R., dass der Vortrag der Parteien (vgl. § 137 Abs. 2, 3 ZPO) vom Gericht unter der Prämisse der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG) vollständig zu berücksichtigen ist.683 Die Nichtberücksichtigung von tatsächlichem Vorbringen aufgrund von Beweis- oder Sachvortragsverboten muss die Ausnahme bleiben.684 Ausgehend von den aufgezeigten zwingenden Grenzen kommt ein pauschales Vertraulichkeitssiegel, angebracht auf sämtlichen Inhalten einer Mediation685, 677

Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. D. Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 3. A. 679 Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 680 BVerfG NJW 1982, 2425; BVerfG NJW 1988, 1255. 681 Odrig, ZKM 2019, 28. 682 BVerfG NJW 1960, 331; BVerfG NJW 1993, 1635. 683 Schekahn JR 2013, 53 (57); Fuhlrott / Oltmanns NZA 2018, 413 m. w. N.; Fritsche, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 1, § 137 Rn. 8; Kern, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 2, § 137 Rn. 19; Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag, S. 36 ff., 213. 684 Fuhlrott / Oltmanns, NZA 2018, 413; Laumen, MDR 2018, 966 (967). 685 Vgl. dies befürwortend Groth / Bubnoff, NJW 2001, 338 (339). 678

122

2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

nicht in Betracht. Es stünde zu befürchten, dass in der Folge ganze Lebenssachverhalte einem Zivilprozess vorenthalten würden.686 Eine Mediation darf keine negative Wirkung auf einen nachgelagerten Zivilprozess ausüben, etwa durch eine Entwertung des Prozesses als Nicht-Einigungsalternative bzw. als Nicht-gut-​genug-​ Einigungsalternative. 2. Bedürfnisorientierter Umfang Obgleich Vertraulichkeitsschutz für die dargestellten verfahrensspezifischen Besonderheiten der Mediation essenziell ist, besteht kein absolutes Bedürfnis nach Vertraulichkeit. Vielmehr ist ein ausbalanciertes Maß an Vertraulichkeitsschutz sinnvoll. Mit Blick auf die personelle Ebene des Vertraulichkeitsschutzes ist eine Erweiterung um eine den Medianden und beteiligten Dritten obliegende Pflicht zur Vertraulichkeitswahrung aufgrund der Wechselwirkung der einzelnen Schutzebenen unerlässlich für einen wirksamen Schutz von Vertraulichkeit im extern-prozessualen und extern-außerprozessualen Bereich, ohne dass diese zwangsläufig der Verschwiegenheitspflicht des Mediators aus § 4 ­MediationsG gleichen muss. Hinsichtlich der inhaltlichen und gegenständlichen Schutzebene sind die beiden der Mediation innewohnenden, im gegebenen Zusammenhang relevanten Missbrauchspotenziale hervorzuheben. Diese wurden treffend als Informationsbeschaffung und Informationspräklusion zusammengefasst.687 Das Begriffspaar bezeichnet zunächst die Gefahr des Missbrauchs, der dem Mediationsverfahren immanenten Offenheit zur Informationsbeschaffung für außerhalb der Mediation liegende strategische Zwecke.688 Eine Information, von der ein Mediand erstmals in der Mediation Kenntnis erlangt hat, kann von ihm beispielsweise in einem Zivil- oder Schiedsverfahren, im Arbeitsalltag oder in sonstigen privaten oder professionellen Verhältnissen verwendet werden, ohne dass sich das stets wirksam verhindern ließe. Diese den Bereich extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit betreffende Verwendungsgefahr bezieht sich nicht auf die private Kommunikation des Medianden mit Familie und Freunden, sofern diese nicht von dem Ansinnen getragen ist, eine Information strategisch nützlich einzusetzen.

686

G. Mähler / H.-G. Mähler, ZKM 2001, 4 (7); Töben, RNotZ 2013, 321 (327). Hagel, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 3 Lit. B Rn. 24. 688 Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 15 f.; Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 21, Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (192 f.); Stoldt, in: Hinrichs, Praxishandbuch Mediationsgesetz, Kap. G, Rn. 31; Konnertz, Rechtsanwälte in der Mediation, S. 150. 687

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

123

Ferner benennt das Begriffspaar die Gefahr der „Flucht in die Mediation“689 durch Missbrauch der für die Mediation charakteristischen Vertraulichkeit zur Informationspräklusion, indem Informationen mit der Absicht in eine Mediation eingeführt werden, sie einem späteren Zivilprozess zu entziehen, um so unter dem „Deckmantel der Mediation“690 ein „Tatsachengrab“691 auszuheben, welches die Durchsetzbarkeit materiell rechtlicher Ansprüche des Gegners einschränkt.692 Betroffen ist in diesem Kontext der Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit, wenn beispielsweise ein Mediand aufgrund seiner Befürchtung, der andere Mediand (Y) werde einen Zivilprozess im Zusammenhang mit einem Lebenssachverhalt anstrengen, einen bestimmten Inhalt in die Mediation einführt, um diesbezüglich einen Parteivortrag des Y zu verhindern oder sich für die Beteiligung eines Dritten an der Mediation einsetzt, um diesen als potenziellen Zeugen des Y vor Gericht zu verhindern und Y so eine entsprechende Beweisführung unmöglich zu machen. Wenn beiden Missbrauchsmöglichkeiten verhältnismäßig vorgebeugt wird, die Gefahren sich sozusagen die Waage halten, ließe sich das aufgezeigte Spannungsverhältnis ganz auflösen oder jedenfalls erheblich entspannen. Der Hebel hierfür ist die Begrenzung des Umfangs des Vertraulichkeitsschutzes auf inhaltlicher Ebene693, bei gleichzeitiger Ergänzung um Regelungen auf gegenständlicher Ebene zu Informationsträgern, die typischerweise im Bereich extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit relevant sind (v. a. schriftliche Unterlagen zu Ergebnissen oder dem Verlauf einer Mediation). Es sollten die Inhalte aus einer Mediation dem Vertraulichkeitsschutz unterfallen, die den Beteiligten nicht bereits vor der Mediation aus einer unabhängigen anderen Quelle bekannt waren694 oder hätten bekannt sein können.695 Kenntnis von jemandem oder etwas zu haben, bedeutet, hierüber Bescheid zu wissen. Aufgrund der Vielzahl verschiedener Rechtsfolgen, deren Anknüpfungspunkt „Wissen“ ist, ist in der Rechtswissenschaft weder ein allgemeingültiges Verständnis noch eine Definition vom Wissensbegriff abstrakt zielführend.696 Dennoch ist die Bestimmung und Wirkung relevanten Wissens von zentraler Bedeutung bei der Erörterung 689

Friedrich, MDR 2004, 481 (485). Weigel, NJOZ 2015, 41 (43). 691 Nelle / Hacke, ZKM 2002, 257 (260). 692 BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 6; Wagner, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 96; Töben, RNotZ 2013, 321 (327); BT-Drs. 17/5335, S. 32; Konnertz, Rechtsanwälte in der Mediation, S. 151; Volkmann, Mediation im Zivilprozess, S. 3, 135; Steffek, RabelsZ 2010, 841 (857). 693 So auch: Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 6; Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 523. 694 Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 695 So auch: Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13 (24); diese Wertung verläuft parallel zu der des BGH, vgl. Laumen, MDR 2018, 966 (968); Walz, MittBayNot 2001, 53 (55). 696 Schrader, Wissen im Recht, S. 1, 4; die Begriffe „Kenntnis“ und „Recht“ verwendet der zivilrechtliche Gesetzgeber synonym, vgl. Schrader, Wissen im Recht, S. 12, 387. 690

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

des Umfangs von Vertraulichkeitsschutz. Nach einem vorliegend hilfreichen (wirtschafts­wissenschaftlichen) menschengebundenen Definitionsansatz von Wissen werde aus einer Information Wissen, indem ein Mensch sie aufnimmt und ggf. mit anderen Informationen in Bezug setzt.697 Der Aufnahmeakt erfordere, dass die Information von der Person wahrgenommen und verstanden werde.698 Da das Verstehen von den individuellen Fähigkeiten des Einzelnen abhänge, sei das Wissen stets personengebunden. Übertragbar werde es durch die Weitergabe der Einzelinformation an Dritte.699 Die Zulässigkeit des Transports von Informationen aus einer Mediation (i. S. e. Weitergabe an Dritte) in Form von Wissen hängt hauptsächlich von dem konkreten Kenntnis- bzw. Wissenstand einer Person700 ab. Daneben muss auch die Verwendung offenkundiger Tatsachen701, die in einer Mediation zur Sprache kommen, zulässig bleiben. Die Betrachtung und Bewertung der Einzelinformationen vor dem Hintergrund des tatsächlich vorliegenden Kenntnisstandes ist zugleich mühevoll und unverzichtbar. Rechtliche Relevanz kommt schließlich dem Wissen zu, das sich zugunsten oder zulasten der Beurteilung juristischer Ansprüche auswirken kann.702 3. Ergebnis Auf personeller Schutzebene obliegt nach dem Sollzustand neben dem Mediator auch den Medianden und beteiligten Dritten eine Pflicht zur Vertraulichkeitswahrung. Der Sollzustand des Vertraulichkeitsschutzes auf inhaltlicher Ebene lässt sich als eine selektive Vertraulichkeit von Mediationsinhalten beschreiben. Der Ansatz selektiven Vertraulichkeitsschutzes im Mediationskontext vermag die Inkongruenz zwischen den Zielvorstellungen der im Spannungsverhältnis befindlichen Komponenten zu beheben703, indem der „Weitertransport“ von Wissen zulässig bleibt, soweit das Wissen nicht nur aufgrund der Durchführung des Mediationsverfahrens erlangt wurde.704 Die Reichweite des Sollzustandes an Vertraulichkeitsschutz auf inhaltlicher Ebene ist i. E. weitgehend identisch mit der von § 4 S. 3 ­MediationsG. Aufgrund der engen Verschränkung der drei Schutzebenen kommt es für den Sollzustand des Vertraulichkeitsschutzes auf ein stimmiges Gesamtkonzept an. 697

Schrader, Wissen im Recht, S. 12. Schrader, Wissen im Recht, S. 7 f. 699 Schrader, Wissen im Recht, S. 8. 700 Schrader, Wissen im Recht, S. 12. 701 Vgl. hierzu im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 3. c) aa). 702 Schrader, Wissen im Recht, S. 12. 703 Die mit der Umsetzung und Ausgestaltung des vom Vertraulichkeitsschutz umfassten Sollinhalts einhergehenden Schwierigkeiten sind Gegenstand des und Bindeglied zum nächsten Kapitel des zweiten Teils. 704 So auch Duve / Prause, IDR 2004, 126 (128); Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741). 698

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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I. E. unterscheidet sich der Sollzustand des extern-prozessualen Vertraulichkeitsbereichs nur auf gegenständlicher Ebene von dem Sollzustand im Bereich extern-außerprozessualer Vertraulichkeit. Dieser Unterschied ergibt sich daraus, dass im Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit mehrere Regelwerke, die Vorgaben zum Umgang mit vertraulichen Informationen enthalten, zusammentreffen. II. Erforderlichkeit der Schutzerweiterung Zurückkommend auf die Ausgangsfrage, ob eine Erweiterung des Schutzes hinsichtlich extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit im Mediationskontext erforderlich ist, liegt der Fokus auf den Anforderungen, die an das Merkmal der Erforderlichkeit gestellt werden. Vorliegend hat der Begriff bereits eine Konkretisierung dahingehend erfahren, dass die Erforderlichkeit mit der Funktion einer hypothetischen Erweiterung korreliert. Die Funktionalität fragt nach einer möglichst klar umrissenen Aufgabe innerhalb eines größeren Zusammenhangs.705 Im Folgenden wird jeweils aus der Perspektive der vier im Rahmen einer Mediation maßgebenden Bezugspunkte untersucht, ob ein erweiterter Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten einen Mehrwert hätte. Soweit dies der Fall ist, geht es im nächsten Schritt darum zu prüfen, wie relevant der Mehrwert ist. Als formelartiger Prüfungsmaßstab ergibt sich aus dem Vorstehenden: Je bedeutsamer die dem erweiterten Vertraulichkeitsschutz zukommende Aufgabe vom Standpunkt der Mediation, des Mediators, der Medianden und beteiligter Dritte wäre, desto eher ist die Erweiterung jeweils erforderlich. Die Grundlage, auf der die Untersuchung der Erforderlichkeit eines erweiterten Schutzes vertraulicher Mediationsinhalte aufbaut, stellt primär der Istzustand des Vertraulichkeitsschutzes de iure dar. Da der Vertraulichkeitsschutz de facto, in: der Praxis von der vertraglichen Ausgestaltung im Einzelfall abhängt, eignet er sich mangels Einheitlichkeit nicht als belastbare und zuverlässige Vergleichsgröße. Grundsätzlich ließe sich sowohl ein vergleichsweise hoher als auch ein vergleichsweise niedriger tatsächlicher Vertraulichkeitsschutz als Untersuchungsgrundlage berücksichtigen. Vorzugsweise ist konservativ von einem geringen Vertraulichkeitsschutz de facto auszugehen, um ein Schutzminimum für sämtliche Konstellationen, insbesondere auch solche ohne Beteiligung eines Juristen, sicherzustellen.

705 Definition abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Funktion (Stand: 22.02.2020).

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

B. Blickwinkel der Mediation als Institution I. Schutz der Integrität des Verfahrens Nach dem eingangs dargelegten Prüfungsmaßstab spricht der hohe Stellenwert des mit der Schutzausweitung verfolgten Ziels, namentlich Ansehen und Integrität der Mediation als Institution zu schützen, für ihre Erforderlichkeit. Essenziell für die weitere Förderung der Mediation ist, laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., die Stärkung des Vertrauens in das Verfahren selbst.706 Zu vermeiden ist folglich ein tatsächlicher juristisch nachteiliger Einfluss der Mediation auf einen nachgelagerten Zivilprozess beispielsweise durch einen als Zeugen vernommenen Mediator. Bereits eine entsprechende Ungewissheit kann eine Bedrohung des Mediationsverfahrens als solches bedeuten.707 Dies wird sich nicht nur aus Sicht der konkret Betroffenen negativ auf die Akzeptanz und den (guten708) Ruf der Mediation als Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung auswirken. Vielmehr kann es auch einen zunächst an der Durchführung einer Mediation interessierten Dritten von seinen Plänen Abstand nehmen lassen.709 In der Literatur wird teilweise die tatsächliche Relevanz der Problematik in Zweifel gezogen, indem Missbrauchsfragen eher als theoretisches und nicht als praktisches Problem verortet werden.710 Das Fundament dieser Zweifel büßt an Festigkeit ein, im Licht von Gerichtsentscheidungen711 und den Ergebnissen des Wissenschaftsprojekts GANDALF der Deutschen Stiftung Mediation712. Das Projekt untersucht die Lage der Mediation in Deutschland und richtet hierbei einen Fokus auf „Barrie­ ren bei der Inanspruchnahme der Mediation“.713 Die Befürchtung, durch eine Mediation im Nachhinein Nachteile zu erleiden, wurde hierbei von den Befragten als viertgrößte von sieben Hürden wahrgenommen. Als größte Hürde sahen die befragten Medianden die Sorge an, „in einer Mediation vielleicht doch von der anderen Seite über den Tisch gezogen“ zu werden.714 Der Mehrwert einer Ausweitung des 706

GDV e. V. 2017 zum Evaluationsbericht S. 4. Wagner, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 7, Rn. 2 ff. 708 Zur praktischen Bedeutung der Mediation als ADR-Verfahren Breidenbach / Peres, SchiedsVZ 2010, 125 (127); Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190. 709 Damit einhergehen würde auch eine Gefährdung des gesetzgeberischen Anliegens, durch Stärkung der Mediationsverfahren die Gerichte zu entlasten. 710 Statt vieler: Kirchhoff, 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189); Risse / Bach SchiedsVZ 2011, 14 (18); a. A.: Steffek RabelsZ 2010, 841 (857); Wagner, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 97; Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 10 f.; Wagner / Braem, ZKM 2007, 194 (195 f.). 711 Statt vieler: OLG Köln NJW 2000, 3656 (3657); AnwG Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 01.08.2007 BeckRS 2009, 21052, II; VG Düsseldorf Urt. v. 13.11.2008 – 4 K 6309/07 BeckRS 2009, 30384; OLG München Beschl. v. 20.05.2009 – 9 VA 5/09 BeckRS 2009, 23299. 712 Einzelheiten zum Projekt abrufbar unter https://stiftung-mediation.de/projekte/gandalf (Stand: 22.02.2020). 713 Stiftung Mediation 2017 zum Evaluationsbericht S. 6 ff. 714 Stiftung Mediation 2017 zum Evaluationsbericht S. 7; zur Kontextualisierung der Sorge mit Gerichtsvergleichen Unberath, JZ 2010, 975 (977). 707

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

127

Vertraulichkeitsschutzes läge ad hoc in der mit ihr einhergehenden Sicherheit durch bessere Informiertheit.715 Diese würde sich bereits vor der Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens positiv auswirken und dem Grundsatz der Vertraulichkeit während des Mediationsverfahrens zur Wirksamkeit verhelfen. Es ist diese Vorverlagerung der Wirkung, die das Kommunikationsverhalten der Medianden positiv beeinflussen würde. Dem Vertraulichkeitsschutz ist im Kontext der Mediation als solcher bereits für jedes einzelne Mediationsverfahren auf der funktionalen Ebene eine klar umrissene, signifikante Aufgabe beizumessen: Je sicherer die Medianden sich fühlen, desto schneller können sie sich öffnen und die Bühne für eine erfolgreiche Mediation bereiten. Das Prinzip der Vertraulichkeit wirkt „leise“ im Hintergrund, verdient deshalb jedoch nicht weniger Aufmerksamkeit.716 Im besten Fall (wenn sich an das Mediationsverfahren kein Rechtsstreit anschließt) wäre die Schutzerweiterung nur vorteilhaft (Sicherheit), ohne die Medianden irgendwie einzuschränken (z. B. durch Überregulierung717). II. Schutz einer verfahrenssystematischen Grundlage Erforderlich ist eine Schutzausweitung aus der Perspektive der Institution Mediation, wenn sie dem verkürzten Verständnis des Istzustandes von Sinn und Zweck des Vertraulichkeitsschutzes im Mediationskontext, wonach es einzig auf den Schutz der Interessen der Medianden ankommt, entgegenwirken würde. Dieses verkürzte Verständnis, vernachlässigt den Aspekt des Zweckes des Vertraulichkeitsschutzes für das Mediationsverfahren als Institution, unabhängig von den Medianden. Die Vertraulichkeit ist für die Mediation als verfahrenssystematisches Fundament relevant. Die Mediation ist geprägt durch den Wunsch zur Offenlegung von Inhalten, während der Zwang zur Offenlegung für das Gerichtsverfahren prägend ist. Die Offenheit der Beteiligten ist somit eine Voraussetzung für den Erfolg der Mediation. Der hierfür erforderliche Vertraulichkeitsschutz ist für das Mediationsverfahren konstitutiv. Die Mediation ist ein Verfahren sui generis zur Konfliktbeilegung mit einer eigenen Funktionsweise. Diese Funktionsweise erfordert den Schutz von offengelegten, vertraulichen Informationen, auch unabhängig von den Interessen der Beteiligten im Einzelfall. Die Vertraulichkeit ist als verfahrenssystematische Grundlage der Mediation schützenswert.

715

Zustimmend: Steffek, RabelsZ 2010, 841 (855). Zu einer systemtheoretischen Erklärung der Wirkungsweise des Vertraulichkeitsprinzips im Mediationsverfahren Jochens / Vogel, ZKM 2017, 230 (232 f.). 717 Zu der Gefahr einer Überregulierung Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 318 f.; Duve, AnwBl 2004, 1 (3). 716

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

III. Verhinderung der Zweckentfremdung Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit käme einem erweiterten Schutz der Vertraulichkeit die Funktion zu, die Mediation als Institution vor einer Zweck­ entfremdung ihrer Ressourcen zu schützen. Hierbei richtet sich der Blick vornehmlich auf Fälle, die den Eindruck erwecken, sie setzten ein Mediationsverfahren taktisch als Vorbereitung für einen Zivilprozess ein. Die Mediation steht für ein modernes Verständnis vom Umgang mit Konflikten jenseits von Gerichtsverfahren718 und darf nicht zum Laufburschen Letzterer degradiert werden. Vielmehr sollten die Ressourcen den Fällen vorbehalten bleiben, in denen eine Konfliktlösung durch Mediation schnell, interessengerecht und nachhaltig erreicht werden kann.719 Eine (maßvolle) Schutzerweiterung würde den Missbrauchsrisiken entgegenwirken. IV. Ergebnis Der Schutzerweiterung auf gegenständlicher und personeller Ebene käme aus der Perspektive der Mediation als Institution ein signifikanter Mehrwert zu, weshalb sie erforderlich i. S. d. Prüfungsmaßstabs ist. Von zentraler Bedeutung ist zum einen der Aspekt der Stärkung der Integrität des Verfahrens, zum anderen der funktionale Aspekt einer Erweiterung als Schutzschild gegen den zweckwidrigen Gebrauch von Mediation aus taktischem Kalkül, zur Vorbereitung eines Zivilprozesses oder zugunsten eines sonstigen Fremdanliegens. Darüber hinaus entspricht es dem Wesen des Mediationsverfahrens, in vorausschauender Weise auf Nachhaltigkeit bedacht zu sein.720 Die Zukunftsorientierung des Verfahrens erfordert einen effektiven Vertraulichkeitsschutz. Zusammenfassend bedarf es der Erweiterung zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, mit dem ­MediationsG die Mediation als Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu stärken.

C. Blickwinkel des Mediators I. Schutz des Mediators vor Aussagezwang Soweit der Mediator nicht individualvertraglich effektiv davor geschützt wird, vor einem Zivilgericht oder vor nicht staatlichen, natürlichen oder juristischen Personen aussagen zu müssen, müsste eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes aus dem Blickwinkel des Mediators in erster Linie diese Aufgabe erfüllen. Dies 718

BM e. V. 2017 zum Evaluationsbericht S. 2. Greger, ZKM 2017, 213. 720 Mediationsvereinbarungen sollen SMART sein, d. h. spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch, terminiert, mit anderen Worten, krisenfest; vgl. auch Hacke, in: Eidenmüller / Wagner, Mediationsrecht, Kap. 6, Rn. 7–13. 719

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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trüge der kaum hoch genug einzuschätzenden Wichtigkeit der Vertraulichkeit (und ihrem Schutz) aus der Perspektive des Mediators Rechnung. Eine Pflicht zur Offenlegung des Vereinbarungsinhalts durch den Mediator könnte sich neben einem Aussagezwang vor einem ordentlichen Gericht, beispielsweise im Rahmen eines Notartermins zur Klärung des Sachverhalts gem. §§ 1, 8 ff., 17 Abs. 1 S. 1, 29 BeurkG i. V. m. § 20 BNotO, ergeben, da sich die Pflichten des Mediators nach den Regelungen im BeurkG bzw. BNotO richten, sofern die Entbindung des Mediators durch die Medianden gegenüber einem Notar erfolgt. Eine vergleichbare Drucksituation des Mediators, zu Mediationsinhalten auszusagen, kann sich im Kontext eines Schiedsverfahrens ergeben, sofern die Parteien ihn als Zeugen benennen oder das Schiedsgericht ihn gem. Art. 28.2. DIS-Schiedsgerichtsordnung721 als Zeugen vernehmen möchte. 1. Schutz des Mediators vor Aussagezwang de lege lata Positiv gesetzlich ist der Mediator nicht effektiv vor einem Aussagezwang geschützt, da das Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators aus § 383  ZPO aufgrund der Entbindungsmöglichkeit nach § 385 ZPO zur Disposition der Medianden steht.722 Sofern sich der Mediator nach der aktuellen Rechtslage anderweitig effektiv seiner Aussagepflicht entziehen kann, wäre eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes aus der Perspektive des Mediators unter diesem Aspekt nicht erforderlich. a) Zeugnisverweigerungsrecht aus § 384 ZPO (persönliche Beziehung) Im Gegensatz zu § 383 ZPO, der aufgrund persönlicher Beziehungen oder einer beruflichen Stellung des Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht gewährt, gibt § 384 ZPO Zeugen das Recht, aus sachlichen Gründen die Aussage zu einzelnen Fragen zu verweigern. In rechtstechnischer Hinsicht handelt es sich nicht um ein Zeugnisverweigerungsrecht wie bei § 383 Abs.  1  Nr.  1–3  ZPO, sondern um ein Aussageverweigerungsrecht. Die Rechte unterscheiden sich in dem Umfang der Ausnahmen von der Zeugnispflicht, die sie gewähren.723 Im Hinblick auf den Mediator ergibt sich hieraus kaum ein Unterschied zum Umfang des Rechts aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, da auch dieses nicht allgemein, sondern abhängig von dem Beweisthema gilt.

721

DIS-Schiedsgerichtsordnung abrufbar unter http://www.disarb.org/upload/rules/2018DIS-Schiedsgerichtsordnung.pdf (Stand: 22.02.2020). 722 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. c); Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 6. 723 Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 384 Rn. 2.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

aa) § 384 Nr. 2 Alt. 1 ZPO Gem. § 384 Nr. 2 Alt. 1 ZPO kann das Zeugnis verweigert werden „über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen (…) zur Unehre gereichen (…)“. Diese Voraussetzung ist erfüllt, soweit die Preisgabe der erfragten Tatsache, gemessen an dem objektiven sittlichen Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft unter Beachtung der Werteordnung des Grundgesetzes, das Ansehen des Zeugen herabsetzen würde.724 Die h. M. fordert, dass die Ehrgefährdung aus dem Inhalt der potenziellen Aussage herrührt. Eine Ehrverletzung des Zeugen infolge des Aussagens an sich, unabhängig vom Inhalt, sei nicht erfasst725, weshalb eine Verschwiegenheitsabrede kein Zeugnisverweigerungsrecht nach sich ziehe.726 Vereinzelt wird auch vertreten, dass der Wortlaut der Norm nicht zu dieser generellen Einschränkung zwinge. Vielmehr sei neben dem Inhalt einer Aussage in bestimmten Fällen auch die Auswirkung der öffentlichen Aussage auf das Ansehen des Zeugen zu berücksichtigen.727 Tatsachen aus der Privatsphäre des Zeugen könnten gerade erst durch die öffentliche Preisgabe dem Ansehen des Zeugen schaden.728 Angelehnt hieran könnte die gerichtliche Zeugenaussage eines Mediators gegen seine Berufsehre verstoßen: Unter Mediatoren herrscht weit überwiegend ein Selbstverständnis, nach dem es ihnen zum Schutz des Mediationsverfahrens als solchem verboten ist, in einem Gerichtsverfahren als Zeuge zu Inhalten einer Mediation oder ihrer Wahrnehmungen hierzu auszusagen.729 Obgleich dem zuzustimmen ist, führt dies nicht zu einem Aussageverweigerungsrecht aus § 384 ZPO. Unter Beachtung der Regelungsintention und des systematischen Normgefüges der §§ 383 ff. ZPO ist mit der h. M. allein der Inhalt der potenziellen Aussage als Anknüpfungspunkt zur Gewährung eines Aussageverweigerungsrechts anzuerkennen. § 383 ZPO normiert im Interesse des Zeugen Ausnahmen von der Zeugnispflicht. In diesem Kontext gewährt § 384 ZPO Ausnahmen von der Zeugnispflicht mit Blick auf sachliche bzw. inhaltliche Fragen. Die Norm bezweckt nicht den Schutz vor Unehre infolge eines Verstoßes z. B. gegen die Berufsehre.730 Die Gewährung eines Aussageverweigerungsrechts aus § 384 ZPO zum Schutz der Berufsehre von Mediatoren stünde im Widerspruch zur Systematik der §§ 383 ff. ZPO731 und ist abzulehnen. 724

OVG Lüneburg NJW 1978, 1493 (1494). OLG Darmstadt NJW 1928, 822; OLG Hamm FamRZ 99, 939 (940); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 176; Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 111 f. 726 Statt vieler: Greger, in: Zöller, ZPO, § 384 Rn. 5; Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 384 Rn. 6. 727 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 49. 728 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 49. 729 Statt vieler: BM e. V. Standards und Ausbildungsrichtlinien 2018, S. 8. 730 So auch: Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 43 f. 731 Soweit die h. M. (vgl. statt vieler: Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 95) zur Begründung der Ablehnung eines Zeugnisverweigerungsrechts von Mediatoren aus § 384 Nr.  2 Alt.  1  ZPO darauf verwies, dass vertragliche Verschwiegenheitspflichten nicht zu berücksichtigen sind, da andernfalls die Parteien im Wege der Privatautonomie Zeugnisverweigerungsrechte schaffen könnten, läuft diese Argumentation seit Inkrafttreten von § 4 ­MediationsG, 725

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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bb) § 384 Nr. 2 Alt. 2 ZPO Gem. § 384 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Zeugnis verweigert werden „über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen (…) die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat (…) verfolgt zu werden“. Der Schutzbereich umfasst nur zeitlich vor der Aussage liegende Tatsachen, die die Gefahr einer Strafverfolgung begründen. Ausgeschlossen sind folglich Fälle, in denen sich der Zeuge durch seine Aussage der Gefahr aussetzt, strafrechtlich relevant zu handeln. Andernfalls, sofern die Gefahr der Strafverfolgung wegen Aussagedelikten (vgl. §§ 153 ff. StGB) bei erstinstanzlicher oder erstmaliger Aussage des Zeugen ein Recht zur Verweigerung der Aussage gäbe, müsste diese Möglichkeit jedem Zeugen gewährt werden732 und der Grundsatz der Zeugnispflicht würde ausgehöhlt. Die Strafbarkeit des Mediators wegen Verletzung von Privatgeheimnissen gem. § 203 StGB durch Preisgabe von Mediationsinhalten im Zuge einer gerichtlichen Zeugenaussage ist daher ausgeschlossen.733 Eine Strafverfolgungsgefahr i. S. d. Norm liegt nicht vor. Es besteht kein Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators gem. § 384 Nr. 2 Alt. 2 ZPO. cc) § 384 Nr. 3 ZPO Gem. § 384 Nr. 3 ZPO kann das Zeugnis verweigert werden „über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren“. Der Zeuge unterliegt hiernach nicht der Zeugnispflicht, soweit er durch seine Aussage ein eigenes, oder das Geheimnis eines Dritten, gegenüber dem er zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, preisgeben müsste.734 Die Prozessparteien sind keine schutzberechtigten Dritten i. S. d. Norm.735 Dritter i. d. S. wäre jedoch ein ehemaliger Mediand, der nicht Partei im Zivilprozess ist. Die Norm berücksichtigt nur gesetzlich normierte und nicht auch vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflichten gegenüber Dritten.736 Einem ehemaligen Medianden gegenüber wäre der Mediator gem.  § 4  S.  1  ­MediationsG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ein Verzicht auf die Geheimhaltung steht dem schutzberechtigten Medianden frei.737 Allerdings besteht das Recht der Zeugnisverweigerung fort, soweit es sich gleichzeitig auch um ein eigenes Geheimnis des Zeugen (hier des Mediators) handelt. In personeller Hinsicht kann sich somit für den Mediator ein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 384  Nr.  3  ZPO ergeben. Inhaltlich setzt eine der gesetzlich normierten Verschwiegenheitspflicht des Mediators, ins Leere. Das ändert allerdings nichts an dem Ergebnis, dass dem Mediator kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 384 Nr. 2 Alt. 1 ZPO aufgrund der Vertraulichkeit der Mediation zusteht. 732 Huber, in: Musielak / Voit, ZPO, § 384 Rn. 4. 733 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. B. I. 734 Huber, in: Musielak / Voit, ZPO, § 384 Rn. 5. 735 Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 384 Rn. 13. 736 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 53. 737 Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 2, § 384 Rn. 13.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Verweigerungsberechtigung voraus, dass es um geheime Tatsachen des Mediators oder des Dritten geht, die ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis darstellen. Der Geheimnisbegriff umfasst Tatsachen, die nur bestimmten Personen bekannt und somit nicht offenkundig sind.738 Zudem muss der Schutzberechtigte ein Interesse an der zukünftigen Geheimhaltung haben.739 Der Gewerbebegriff umfasst sämtliche, noch nicht allgemein bekannte technische Arbeitsmittel und Methoden740 sowie auch wirtschaftliche Tatsachen, wie beispielsweise Kreditumfang, Kundenstamm741 oder kaufmännische Fertigkeiten742. Vor der Preisgabe derartiger Informationen des schutzwürdigen Dritten schützt § 384 Nr. 3 ZPO den Zeugen. Der Kunstbegriff ist richtigerweise weit auszulegen743 und umfasst jede auf Wissen und Übung gegründete Tätigkeit744. Hierunter fällt auch die berufliche Tätigkeit des Mediators. Entsprechend der Ausrichtung von § 384 ZPO ist der Anknüpfungspunkt auch bei Nr. 3 stets der Inhalt der potenziellen Aussage. Geschützt wird der im Zeugenstand stehende Mediator davor, eigene Arbeitsmethoden preisgeben zu müssen.745 Ein umfassendes Verweigerungsrecht zum Schutz des Vertraulichkeitspostulats der Mediation ergibt sich hieraus nicht. Der Schutzbereich von § 384 ZPO umfasst auch nicht die Preisgabe von Tatsachen, die einer berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Diese unterfallen dem Schutzbereich von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Im Ergebnis gibt es eine theoretisch mögliche Konstellation, in der ein Mediator eine Aussage vor Gericht gestützt auf § 384 Nr. 3 ZPO verweigern kann. Dieses Recht stünde ggf. neben dem umfassenden Weigerungsrecht aus §§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. b) Zeugnisverweigerungsrecht aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) In seltenen Konstellationen kann die Begrenzung der Zeugnispflicht unmittelbar aus der Verfassung folgen, wenn dies zum Schutz von Grundrechten unerlässlich ist.746 Das ist der Fall, soweit die Nichtgewährung eines Zeugnisverweigerungs 738

BVerfG NVwZ 2006, 1041 (1042). BGH NJW-RR 2003, 618 (620); BVerfG NVwZ 2006, 1041 (1042); zu den Voraus­ setzungen des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 6 S. 2 IFG) von Behörden und Stellen des Bundes, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen VG Berlin (Kammer), Urt. v. 04.06.2015 – VG 2 K 84.13, BeckRS 2015, 49037; Schoch, NVwZ 2017, 97 (104). 740 Zu Beispielen, in denen die Rechtsprechung von einem Gewerbegeheimnis ausgegangen ist, Damrau, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, § 384 Rn. 14. 741 Huber, in: Musielak / Voit, ZPO, § 384 Rn. 5. 742 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 384 Rn. 10. 743 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 58. 744 Brockhaus Enzyklopädie, Kunst. 745 So auch: H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 6, § 384 Rn. 58. 746 Zum Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG BVerfG NJW 1972, 2214. 739

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rechts mit einem Grundrecht unvereinbar ist. Im gegebenen Zusammenhang kommt eine Unvereinbarkeit der Rechte des Mediators aus Art. 12 GG mit einem gerichtlichen Aussagezwang in Betracht. Die Annahme einer Unvereinbarkeit setzt eine umfassende Abwägung der betroffenen Rechtsgüter voraus.747 aa) Schutzbereichseröffnung Art. 12 Abs. 1 GG gibt allen Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt sowohl die Berufswahl als auch die Berufsausübung.748 Nach dem Begriffsverständnis des BVerfG ist ein Beruf eine „auf Erwerb gerichtete Tätigkeit (…), die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient“749. Der Berufsbegriff aus Art. 12 GG ist weit auszulegen und umfasst nicht nur gesellschaftlich oder rechtlich tradierte Berufe.750 Vielmehr sind auch (noch) nicht jedermann geläufige Berufe, wie der des Mediators, umfasst. bb) Unzulässiger Eingriff Art. 12 GG schützt nicht nur vor klassischen Grundrechtseingriffen i. S. v. Verkürzungen der grundrechtlichen Freiheiten, sondern auch vor mittelbaren oder faktischen Beeinträchtigungen751 der Berufsfreiheit.752 Die Freiheit der Berufsausübung umfasst sämtliche Modalitäten der beruflichen Tätigkeit. Hervorzuheben sind neben dem Schutz des Inhalts auch der Schutz der Verfahrensweisen sowie der Schutz bestimmter Berufsbezeichnungen.753 Entscheidend ist somit das Berufsbild des Mediators, welches auf (quasi-)berufsrechtlichen Pflichten754 basiert und maßgebend durch das Selbstverständnis der Mediatorenschaft755 geprägt wird. Das berufliche Selbstverständnis ergibt sich aus der Grundhaltung des Mediators zu seiner Rolle und seinen Aufgaben.756 Der Großteil der Mediatoren in Deutschland teilt die Auffassung, dass es sich zum Schutz des Mediationsverfahrens als solchem verbietet, in einem Gerichtsverfahren als Zeuge zu Inhalten einer Mediation oder

747

BVerfG NJW 1990, 1469; AG Köln NJW 2015, 1701. BVerfG NJW 1958, 1035 (1037); Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 77. 749 BVerfG NVwZ 2017, 1111 (1116). 750 Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 43. 751 BVerfG NJW 2002, 2626 (2629). 752 Sodan, in: Sodan, GG, Art. 12 Rn. 20; VG Berlin (Kammer), Urt. v. 04.06.2015 – VG 2 K 84.13, BeckRS 2015, 49037; Hessischer VGH DStR 2011, 643 (644). 753 Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 79. 754 Vgl. zum Quasi-Berufsrecht des Mediators Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ee). 755 Vgl. zum Rollen- und Selbstverständnis des Mediators Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) dd). 756 Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 3 ff; zu weiteren Quellen mit Verhaltensregeln für Mediatoren Duve, AnwBl 2004, 1 (5). 748

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seiner Wahrnehmungen hierzu auszusagen.757 Die Nichtgewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts berührt potenziell nicht die Berufswahl-, sondern die Berufsausübungsfreiheit des Mediators. Er wäre in seiner Berufsausübung beschränkt, soweit seine Zeugenaussage dazu führte, dass potenzielle Medianden sich gegen die Beauftragung des Betroffenen entscheiden. Hervorzuheben ist, dass der Mediator seine bedeutendste Autoritätsquelle preisgeben und seinem Ruf als integrer Vermittler schaden würde. Zudem wird zutreffend zu bedenken gegeben, dass der Mediator wegen seiner Allparteilichkeit ein attraktiver Zeuge758 ist und seine Aussage entscheidend sein kann, sofern die Aussagen der Parteien sich unvereinbar gegenüberstehen759, seine Ressourcen aber durch häufige gerichtliche Vorladungen als Zeuge zweckentfremdet würden.760 Die mannigfaltigen negativen Folgen einer erzwungenen Aussage eines Mediators vor Gericht verkürzen den Schutzbereich von Art. 12 GG und stellen somit einen Eingriff in das Grundrecht dar. Ein Grundrecht wird erst durch eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Verkürzung seines Schutzbereichs verletzt. Die Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Eingriffen ist zur Begrenzung grundrechtlicher Freiheiten (sog. Grundrechtsschranken) im Interesse eines geordneten Zusammenlebens in einem Staat erforderlich.761 Obwohl Art. 12 GG ein einheitliches Grundrecht auf Berufsfreiheit gewährt, bedarf es im Zusammenhang mit Eingriffen in das Grundrecht nach ständiger Rechtsprechung einer Differenzierung762: Die hier infrage stehende Freiheit der Berufsausübung kann zugunsten von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beschränkt werden.763 Der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BVerfG zufolge stellt die Nichtgewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts grundsätzlich keine Verletzung von Art. 12 GG dar.764 Ausnahmsweise könne die Nichtgewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts jedoch eine Grundrechtsverletzung darstellen765: Beispielsweise komme (in einem Strafverfahren) eine Ausnahme in Betracht, soweit eine sinnvolle und bestimmungsgemäße Berufsausübung nur bei Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts möglich ist. Kein Grund zur Ausnahme liege vor, sofern die Zeugnispflicht den Betroffenen genau wie jeden anderen Bürger treffe.766 Die vom BVerfG jeweils vorgenommene Abwägung zwischen einer mittelbaren Verkürzung der Berufsausübungsfreiheit der Betroffenen 757

Statt vieler: BM e. V. Standards und Ausbildungsrichtlinien 2018, S. 8. So auch: Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 166. 759 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 80. 760 Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 13. 761 Sodan, in: Sodan, GG, Vorb. Art. 1 Rn. 50; BVerfG NJW 1972, 2214 (2215) m. w. N. 762 Zur sog. Drei-Stufen-Theorie BVerfG NJW 1961, 2299 (2300); BVerfG NJW 1975, 31 (33 ff.); BVerfG NJW 1987, 3115 (3117). 763 Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein / Hofmann / Henneke, GG, Art.  12 Rn.  52. 764 BVerfG NJW 1972, 2214 (2217), hier konkret kein Zeugnisverweigerungsrecht eines Sozialarbeiters im Strafverfahren; BVerfG NJW 1975, 588 (589), hier konkret kein Zeugnis­ verweigerungsrecht eines Tierarztes im Strafverfahren. 765 BGH NJW 1990, 510 (512); BVerwG NJW 2012, 1241; BVerwG NJW 2012, 1241 (1242). 766 BVerfG NJW 1972, 2214 (2217). 758

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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und dem Interesse der Allgemeinheit an einer umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren fiel in den vorstehend zitierten Fällen eindeutig zugunsten der Belange der Allgemeinheit aus. Die den Entscheidungen zugrunde liegende Wertung spricht, übertragen auf die Konstellation eines nicht gewährten Zeugnisverweigerungsrechts im Zivilprozess, eher für die Möglichkeit, im Einzelfall eine hieraus resultierende Grundrechtsverletzung des Mediators anzunehmen: Zum einen trifft die Zeugnispflicht den Mediator nicht wie jeden anderen Bürger, vielmehr trifft sie ihn im Kernbereich seines beruflichen Wirkens und widerspricht seinem beruflichen Selbstverständnis.767 Zur sinnvollen und bestimmungsgemäßen Berufsausübung muss der Aufbau einer Vertrauenssphäre zwischen Mediator und Medianden möglich sein.768 Sachdienlich wäre es in diesem Zusammenhang, unter Wahrung der verfassungsrechtlich gebotenen Einzelfallbetrachtung und Beachtung des Ausnahmecharakters einer unmittelbar aus der Verfassung folgenden Begrenzung der Zeugnispflicht, dem Mediator ein Zeugnisverweigerungsrecht zu gewähren. Zum anderen ist dem Interesse der Allgemeinheit an Wahrheitsfindung769 und Rechtsfrieden in einem Zivilprozess verglichen mit einem Strafverfahren ein geringerer Stellenwert beizumessen, da es vordergründig um die Bewertung privater juristischer Ansprüche von rechtlich gleichgestellten Prozessparteien geht770 und nicht um die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches. Nichtsdestotrotz sind das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege sowie das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung als wichtige abwägungsrelevante Belange des Gemeinwohls771 in der Gesamtbewertung zu berücksichtigen. Sobald das Funktionieren der staatlichen Rechtspflege eingeschränkt wird, ist das Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege berührt. Eine zentrale Voraussetzung funktionsfähiger Rechtspflege ist ein möglichst präzise ermittelter Sachverhalt, da dieser die Entscheidungsgrundlage bildet, auf der ein Urteil ergeht. Ein wichtiges Instrument zur Sachverhaltsermittlung ist die Erhebung und Verwertung von Beweismitteln. Je ganzheitlicher das Verständnis zum Lebenssachverhalt ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Entscheidung des erkennenden Gerichts die tatsächlichen Umstände abbildet und somit Teil einer funktionsfähigen Rechtspflege ist.772 Gleichwohl wird in höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die (anwaltliche) Schweigepflicht als unverzichtbar zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege erachtet.773 Jedenfalls verbietet sich mit Blick auf die Abwägung im Einzelfall nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die

767

Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 186; BM e. V. Standards und Ausbildungsrichtlinien 2018, S. 8; vgl. zum Rollen- und Selbstverständnis des Mediators Zw.  Teil.  Kap. 2. A. III. 1. a) dd). 768 Zur Lage von Rechtsanwalt und Mandant entsprechend Henssler, NJW 1994, 1817 (1819). 769 Zum strafprozessualen Wahrheitsbegriff Großmann, JA 2019, 241 (245). 770 H.-J. Ahrens, MDR 2015, 926 (927). 771 BVerfG NJW 2002, 3619 (3624). 772 Schwab, Zivilprozessrecht, S. 271; BVerfG NJW 1988, 191. 773 BFH DStR 2017, 2611 (2612 f.); AG Köln NJW 2015, 1701.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

schematische Annahme, dass das allgemeine Interesse an einer funktionsfähigen Rechtspflege stets gleich schwer oder schwerer wiege als individuelle Grundrechtsbelange. Zur Begründung des Interesses an einer funktionsfähigen Rechtspflege reicht der bloße Verweis auf das (stets bestehende) Interesse an der Beweismittelsicherung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche nicht aus774, vielmehr bedarf es weiterer Aspekte, die zur Rechtsverwirklichung von besonderer Bedeutung sind.775 Gleichwohl ist davon auszugehen, dass das Allgemeininteresse an einer funktionsfähigen Rechtspflege umso schwerer wiegt, je dünner die Beweislage abgesehen von einer Zeugenaussage des Mediators ist. cc) Ergebnis Im Ergebnis erfordern die grundrechtlich, gem. Art. 12 GG geschützten beruflichen Geheimhaltungsinteressen des Mediators im Einzelfall Schutz in Gestalt eines Zeugnisverweigerungsrechts. Dieses abstrakte Abwägungsergebnis trägt jedoch nicht die Annahme, der Mediator sei keinem Aussagezwang ausgesetzt. Schließlich darf der primär drittschützende Charakter des zentralen Zeugnisverweigerungsrechts aus § 383 Abs. 1 ZPO nicht außer Acht gelassen werden. Die hierin enthaltene Wertung führt dazu, dass jedenfalls für Rechtsanwälte ein eigenständiges, vom Mandanten unabhängiges Verschwiegenheitsrecht verfahrensrechtlich eine Ausnahme darstellt.776 Angesichts dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass ein (erstinstanzliches) Gericht dem Mediator zum Schutz seines Grundrechts aus Art. 12 GG ein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt (bzw. einräumen kann). c) Ergebnis De lege lata kann sich der Mediator seiner Aussagepflicht nicht effektiv entziehen777, da keine gesetzliche Regelung seinem Schutz dient. Vielmehr zielen die bestehenden Regelungen in diesem Zusammenhang jeweils auf den Schutz anderer, v. a. der vertrauensgebenden Medianden, ab. In einer Schutzerweiterung läge ein

774

BVerfG NJW 2002, 3619 (3624). Beispielhaft nennt das BVerfG Maßnahmen zur Feststellung erpresserischer Drohungen oder solche zur Abwehr eines die berufliche Existenz bedrohenden Angriffs, vgl. BVerfG NJW 2002, 3619 (3624); ausreichend wohl auch das individuelle Interesse einer Partei eines Zivilprozesses an der materiellen Wahrheitsfindung bis hin zur Abwehr eines potenziellen Prozessbetrugs, vgl. Laumen, MDR 2018, 966 (969). 776 Henssler, NJW 1994, 1817 (1823 f.). 777 Vgl. Cremer, Die Vertraulichkeit der Mediation, S. 46 mit dem Hinweis, dass sich auch aus Gewohnheitsrecht mangels Herausbildung einer allgemeinen ständigen Rechtsprechung kein Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators ergibt. 775

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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Mehrwert. Die erste Anforderung an die Erforderlichkeit778 einer Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten aus Sicht des Mediators liegt vor. 2. Gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Schutzes Auch die zweite Anforderung an die Erforderlichkeit779, die Bedeutsamkeit des Mehrwerts, ist erfüllt: Die Thematik des Schutzes eines Mediators vor einem Aussagezwang hat neben der individuellen auch eine gewichtige gesamtgesellschaftliche Komponente. § 4 ­MediationsG erlegt dem Mediator eine Verschwiegenheitspflicht auf und stellt ihn diesbezüglich auf eine Stufe mit anderen zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsgruppen. Gesetzlich vorgeschriebene Verschwiegenheitspflichten von Berufsgruppen erfüllen auch einen im Allgemein­ interesse liegenden Nutzen für das Gemeinwohl.780 Die Pflichtenstellung verkörpert zugleich einen unverzichtbaren Aspekt des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung funktionsfähiger Rechtspflege781, weshalb das Schweigerecht schwer wiegt. Dem BVerfG zufolge verhilft die berufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts dem Rechtsstaatsprinzip zur Geltung zu kommen, indem sie für Chancen- und Waffengleichheit des Bürgers im Verhältnis zu staatlichen Gerichten sorgt. Der Bürger müsse darauf vertrauen können, dass seine Interessen durch seinen Rechtsbeistand „unabhängig, frei und uneigennützig“ vertreten werden.782 I. d. S. wird davor gewarnt, dass Interesse an der Wahrung der Verschwiegenheit (eines Rechtsanwalts) auf ein Individualinteresse (des Mandanten) zu reduzieren.783 Diese Wertung lässt sich nicht eins zu eins auf den Mediator übertragen, da er anders als der Rechtsanwalt784 kein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist. Die mehrfach hervorgehobenen Parallelwertungen785 zwischen Mediator und Rechtsanwalt rechtfertigen es jedoch, auch der Schweigepflicht des Mediators ein beachtliches überindividuelles Gewicht beizumessen. Besonders hervorzuheben ist hierbei zugleich auch das Rollenverständnis des Mediators, nach dem er als allparteilicher Vermittler agiert, während der Rechtsanwalt in aller Regel nur die Interessen einer Partei vertritt. Diese unterschiedlichen Rollen zeigen einmal mehr auf, weshalb ein sich im Schutz der Interessen der Medianden erschöpfendes Verständnis vom Vertraulichkeitsschutz im Mediationskontext zu kurz greift. Die Signifikanz von institutionalisiertem Schutz des Mediators vor einem Aussagezwang ergibt sich

778

Vgl. zum Prüfungsmaßstab Zw. Teil. Kap. 4. A. II. Vgl. zum Prüfungsmaßstab Zw. Teil. Kap. 4. A. II. 780 Henssler, NJW 1994, 1817 (1818 ff.); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 77. 781 Henssler, NJW 1994, 1817 (1820). 782 BVerwG NJW 2012, 1241 (1242 f.). 783 Henssler, NJW 1994, 1817 (1819). 784 Vgl. §§ 1, 3 BRAO. 785 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c); Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 4.; Zw. Teil. Kap. 2. B. IV. 779

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

aus dem im Mediationsverfahren systemisch angelegten tiefen Einblick, den der Mediator in Lebensbereiche der Medianden erlangt, die persönlich oder wirtschaftlich besonders sensibel sind. Ein Meilenstein auf der Zielgeraden zur Stärkung der Mediation als Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung (sowie der damit einhergehenden Entlastung der Gerichte) ist die Befähigung des Mediators dazu, seiner beruflichen Aufgabe wirkungsvoll nachzukommen. Das setzt einen effektiven Schutz des Mediators vor einem Aussagezwang voraus. Klarzustellen ist an dieser Stelle, dass die Erweiterung des Schutzes nicht auf eine Besserstellung des Mediators abzielt. Es geht lediglich um die Verschiebung der Gewichtung zweier, in der Summe gleichbleibender und sich gleichwertig gegenüberstehender Aspekte: Zugunsten der auch dem Gemeinwohl dienlichen, vertraulichen Mediationsarbeit ist die staatsbürgerliche Zeugnispflicht des Mediators zu beschränken. Beide Aspekte dienen dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung funktionsfähiger Rechtspflege. 3. Bedeutung des Schutzes aus ethischen Gründen Auch unter ethischen Gesichtspunkten ist es wichtig, den Mediator dazu zu befähigen, sich ggf. effektiv vor einem Aussagezwang schützen zu können. Zum Begriffsverständnis von Ethik lässt sich, ausgehend davon, dass Ethos nach Aristoteles Charakter, Haltung, Habitus bedeutet, eine Grundlinie ausmachen, nach der Ethik die Wissenschaft der Moral ist, die nach der richtigen Haltung fragt.786 Ethik, Moral und Recht stehen als dreipoliges Schema in verschiedenen Beziehungen zueinander, wobei sowohl moralische als auch rechtliche Normen „ethischen Rechtfertigungsaspekten“787 unterliegen. Die Grundfragen allgemeiner Ethik sind im beruflichen Alltag des Mediators omnipräsent, da sie sich mit der Verinnerlichung von Werten, die ihn handeln lassen, befassen.788 Die Auseinandersetzung mit ethischen Werten kann den Mediator bei seiner Tätigkeit im Falle von Schwierigkeiten oder Unsicherheiten stabilisieren und ihm helfen, das Angemessene zu tun.789 Eine klare Haltung gibt dem Mediator Standfestigkeit und Freiraum, um die Medianden sicher durch eine Mediation zu begleiten.790 Durch stetiges Einüben und Hinterfragen der angemessenen Grundhaltung erarbeitet sich ein Mediator seine individuelle Berufsethik mit dem Ziel, die Tätigkeit als Mediator zu perfektionieren.791 Die Grundhaltung ist untrennbar verknüpft mit dem für die Effektivität eines Mediationsverfahrens entscheidenden Rollenbild und Selbstverständnis des

786

Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 3 m. w. N.; Kreuser, SDM 2017, 21. Pfordten, Rechtsethik, S. 63. 788 Kreuser, SDM 2017, 21. 789 So auch: Ripke, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 2.13 Rn. 7–10. 790 Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 2. 791 Kracht, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 13 Rn. 4 ff. 787

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

139

Mediators.792 Der Mediator ist berufsethisch an die Verschwiegenheit als Element seiner beruflichen Haltung793 gebunden.794 Der Europäische Verhaltenskodex für Mediatoren wird als rechtlich unverbindlicher Ethikkodex verstanden795 und schreibt in Ziff. 4 die Vertraulichkeit der Mediation ausdrücklich fest. Vertraulichkeit ist ein essenzieller ethischer Grundsatz in der Mediation, dem durch die Haltung des Mediators Ausdruck verliehen wird. Beispielhaft sei nur auf das ethische Selbstverständnis des Bundesverband Mediation e. V. hingewiesen, welches zum Schutz der Vertraulichkeit den Mediator vor einem Aussagezwang schützen will.796 4. Ergebnis In Anbetracht der großen Tragweite und Bedeutsamkeit eines effektiven Schutzes des Mediators vor einem Aussagezwang ist auch die zweite Anforderung an die Erforderlichkeit797 einer Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten aus Sicht des Mediators erfüllt. II. Arbeitserleichterung Aus Sicht des Mediators hätte eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes eine weitere positive Auswirkung: gesteigerte Verfahrensklarheit. Hinter diesem Stichwort verbirgt sich die vornehmste Aufgabe des Mediators. Mit der klaren Verfahrensführung hält der Mediator den Schlüssel zu einer erfolgreichen, nachhaltigen Lösung für die Medianden in Händen.798 Zu denken ist an die in § 4 S. 4 ­MediationsG statuierte Pflicht des Mediators, die Medianden über den Umfang der Verschwiegenheitspflicht zu informieren. Den Umfang festzulegen, in dem der Mediator die Medianden zu informieren hat, um seiner Pflicht nachzukommen, kann für ihn im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein. Mit einer Erweiterung, die den Mediator selbst vor einer Pflicht zur Preisgabe von Mediationsinhalten schützt, wird es für ihn einfacher, den Medianden seine Verschwiegenheitspflicht zu erklären und so seiner Informationspflicht nachzukommen. Das gilt insbesondere, sofern die Beteiligten juristische Laien sind. Je klarer Verfahrensfragen sind, desto sicherer kann sich der Mediator im Einzelfall bewegen und die Medianden

792

Vgl. zum Rollen- und Selbstverständnis des Mediators Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) dd). Zur entsprechenden Formulierung mit Bezug zum Strafverteidiger Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, S. 33. 794 Vgl. zur Bedeutung des Vertraulichkeitsschutzes aus Sicht des Mediators Zw. Teil. Kap. 1. B. II. 795 Hopt / Steffek, Mediation, Sachverzeichnis Stichwort Ethikkodex. 796 Das ethische Selbstverständnis des Bundesverband Mediation e. V. abrufbar unter https:// www.bmev.de/ueber-den-verband/ethik.html (Stand: 22.02.2020). 797 Vgl. zum Prüfungsmaßstab Zw. Teil. Kap. 4. A. II. 798 Kaiser, ZKM 2018, 25 (26 f.); BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 10. 793

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

führen. Schließlich würde die Erweiterung somit auch eine günstigere Ausgangslage hinsichtlich Haftungsfragen des Mediators schaffen.799 III. Ergebnis Die Untersuchung zeigt, dass es erforderlich ist, den Vertraulichkeitsschutz auf gegenständlicher und personeller Schutzebene aus dem Blickwinkel des Mediators zu erweitern. Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass sich der Mediator im Ergebnis u. U. effektiv, das heißt aus eigener Kraft und unabhängig von einer potenziellen Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch die Medianden, vor einem (außer-)gerichtlichen Aussagezwang schützen kann.800

D. Blickwinkel der Medianden In diesem Teilbereich ist das Augenmerk der Untersuchung darauf gerichtet, herauszufinden, ob der Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten, nunmehr aus Sicht der Medianden, ein relevanter Mehrwert zukäme. I. Justiziable Verschwiegenheitsverpflichtung der Medianden Abhängig von der Vertragsgestaltung im Einzelfall sind die Medianden ggf. Regelungsadressaten einer (vertragsstrafbewährten) Verschwiegenheitspflicht.801 Sofern das nicht der Fall ist, kommt in Ermangelung einer Pflicht der Medianden im ­ ediationsG Zusammenhang mit dem Vertraulichkeitspostulat der Mediation im M eine Schweigepflicht der Medianden aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen in Betracht. Die schuldrechtliche Generalklausel in § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet Vertragspartner zur Rücksichtnahme bzgl. der „Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils“. Hiervon kann auch eine allgemeine zivilrechtliche Verschwiegenheitspflicht umfasst sein, der zufolge es aus Rücksicht auf die Interessen des Vertragspartners zu unterlassen sei, bestimmte Informationen weiterzugeben.802 Die grundlegenden Wertungen des Gesetzgebers, dass gewisse Informationen geheim zu halten und entgegengebrachtes Vertrauen zu schützen sind, wird in aller Regel auch mit der Parallelwertung in der Laiensphäre803 übereinstimmen. Infolge einer Preisgabe von Mediationsinhalten, die den vorstehenden Wertungen widerspricht, 799

Vgl. zur Haftung des Mediators Zw. Teil. Kap. 2. B. I.; zum Umgang mit Haftungsrisiken Gläßer, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 2 ­MediationsG Rn. 38. 800 Vgl. zu dieser Zielvorgabe auch schon: BRAK 2003 zum Grünbuch, S. 12. 801 Vgl. zuvor Zw. Teil. Kap. 3. 802 Peters, JR 2009, 314 (317). 803 Peters, JR 2009, 314 (317).

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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wären Haftungsfragen804 der Medianden jedoch den Unwägbarkeiten einer Auslegung des Pflichtenkatalogs von § 241 Abs. 2 BGB oder einer Argumentation mit der Figur der Parallelwertung in der Laiensphäre ausgesetzt. Eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes um eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit der Medianden ist aus der Innensicht der Medianden selbst erforderlich, um die Vertraulichkeit von Mediationsinhalten effektiv zu schützen. Es bedarf eines ausdrücklichen gerichtlich durchsetzbaren Bekenntnisses der Medianden hierzu. Stillschweigende Annahmen und die bloße Erwähnung des Grundsatzes der Vertraulichkeit zu Beginn eines Mediationsverfahrens werden der dem Vertraulichkeitsschutz beizumessenden Bedeutung nicht gerecht.805 Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass ein entsprechend erweiterter Vertraulichkeitsschutz auch schon im Vorfeld die Akzeptanz des Verfahrens der Mediation steigert, da die Gefahr einer Offenbarung von Interna regelmäßig als Hemmschuh wirkt.806 I. d. S. wurde eine Abwandlung des Sprichwortes „Man ist der Herr seines Schweigens, aber der Sklave seiner Worte“ dahingehend gefordert, dass die Medianden zu den „Herren ihrer Worte“ gemacht werden sollten.807 II. Behebung des Informationsdefizits der Medianden In Anbetracht der vorstehend mehrfach dargestellten negativen Auswirkungen fehlender Kenntnis zu potenziellen Verwertungsmöglichkeiten von Mediations­ inhalten ist eine Aufklärung aus Sicht der Medianden als mittelbare Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes erstrebenswert.808 Soweit den Medianden vor Beginn der Mediation bewusst ist, dass die Möglichkeit einer späteren Verwertung von Mediationsinhalten besteht, schwebt potenziell die Verwertungsmöglichkeit wie ein Damoklesschwert über dem Mediationsverfahren. Das kann hinderlich sein für die Offenheit der Medianden und den Anreiz zum Nachgeben verringern809 bzw. die Vergleichsbereitschaft mindern810. Soweit den Medianden die Problematik jedoch gar nicht bewusst ist, mithin ein Informationsdefizit besteht, würde eine mittelbare Schutzerweiterung durch Aufklärung sie dazu befähigen, zu Beginn eines Mediationsverfahrens eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob

804 Vgl. die allgemeinen, gleichermaßen auch für Pflichtverletzungen von Medianden geltenden Ausführungen zu Haftungsfragen nach dem zivilrechtlichen Leistungsstörungsrecht Zw. Teil. Kap. 2. B. 805 Zustimmend: Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 519; Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193). 806 Jochens / Vogel, ZKM 2017, 230 (231). 807 Steffek, RabelsZ 2010, 841 (854). 808 Nelle / Hacke, ZKM 2002, 257 (260). 809 Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 936. 810 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 73.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

sie das Verfahren durchführen wollen.811 Ein Informationsmangel der Medianden ist nicht unwahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass Fachwissen zum prozessualen Beweisrecht bei einem durchschnittlichen Mediator nicht vorausgesetzt werden kann, da der Vertraulichkeitsschutz theoretisch im Rahmen von Mediationsausbildungen zwar behandelt wird, seine Bedeutsamkeit und die mit ihm einhergehenden tatsächlichen Herausforderungen jedoch kaum umfassend abgebildet werden können. Insoweit ist es misslich, dass die Vertraulichkeit in sämtlicher Literatur zur Mediation812 als Grundprinzip genannt wird, ohne dass in diesem Zusammenhang der Status der Vertraulichkeit nach Ende der Mediation problematisiert wird und so u. U. die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens als Automatismus suggeriert wird. Die Bundesregierung weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass Mediatoren hauptberuflich aus den verschiedensten Bereichen kommen.813 Für Mediationen aus dem familien- und arbeitsrechtlichen Bereich wie für Wirtschaftsmediationen gilt gleichermaßen, dass ein Informationsmangel des Mediators hinsichtlich Verwertungsmöglichkeiten von Mediationsinhalten außerhalb der Mediation mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem entsprechenden Informationsdefizit der Medianden führt. Bei dem Medianden, der erst vor Gericht eine Vorstellung von der Verwertbarkeit von Mediationsinhalten bekommt, mag das Gefühl entstehen, zur unbedachten Preisgabe von Informationen verleitet worden zu sein, und der Entschluss reifen, künftig Verfahren zur alternativen Konfliktlösung zu meiden. In Anbetracht der der Mediation systemimmanenten Vorleistungsforderung an die Medianden, dem Offenheitsgrundsatz zu entsprechen, ist eine sachgerechte Aufklärung geboten.814 Ein klares Verständnis von Bedeutung und Reichweite des Vertraulichkeitspostulats ist unverzichtbar, da erst die Informiertheit der Medianden ihre für das Gelingen der Mediation essenzielle Selbstbestimmung ermöglicht.815 III. Schutz vor Informationsmissbrauch Vorteilhaft wäre eine Schutzerweiterung aus Mediandensicht, sofern durch sie der Schutz vor den Missbrauchsgefahren (Informationsbeschaffung und Informa­ tionspräklusion816) eines Mediationsverfahrens verbessert würde. Hierzu müssten die zahlreichen Möglichkeiten, vertrauliche Mediationsinhalte für außerhalb des 811 So auch: Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13 (24); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 325. 812 Statt vieler: Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 ­MediationsG Rn. 2; Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 14 ff.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 55 ff. 813 BT Drucksache 17/5335 S. 14; Das entspricht auch den Erfahrungen der Verfasserin: Drei von 16 Teilnehmern des in den Jahren 2014 und 2015 absolvierten Zertifikatsstudiums Mediation an der Universität Potsdam waren Volljuristen. 814 So zutreffend Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 321. 815 Wendland, Mediation und Zivilprozess, S. 421. 816 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 2.

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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Mediationsverfahrens liegende Zwecke zu verwenden,817 auf solche beschränkt werden, die zulässig sein sollten. Die Preisgabe von Inhalten, die nach dem Ansatz selektiver Vertraulichkeit schützenswert sind, muss allen Beteiligten einer Mediation untersagt sein, um effektiv vor einem Informationsmissbrauch schützen zu können.818 IV. Mittelbarer Schutz vor Vorwurf der Beweisvereitelung Mit einem effektiven Schutz des Mediators vor einem Aussagezwang würde sich im Falle der Nichtentbindung des Mediators von seiner Verschwiegenheitspflicht automatisch das Risiko eines gegen einen (ehemaligen) Mediand gerichteten Vorwurfs der Beweisvereitelung im Rahmen eines Zivilprozesses verringern, da die Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung nicht mehr einzig von der Entbindung des Mediators durch die Medianden abhinge. Ein eigenständiges Recht des Mediators zur Zeugnisverweigerung birgt mittelbar die Chance einer Entlastung der Medianden. § 385 ZPO würde seinem Regelungszweck entsprechend wieder eine Entbindung von der Schweigepflicht ermöglichen, anstatt faktisch zu ihr zu verpflichten.819 Diesem Mehrwert einer Schutzerweiterung zugunsten der Medianden kann im Einzelfall eine entscheidende Bedeutung zukommen. V. Ergebnis Im Ergebnis liegen die Voraussetzungen zur Annahme der Erforderlichkeit einer Schutzerweiterung aus dem Blickwinkel der Medianden vor, da ihr ein signifikanter Mehrwert zukäme. Es ist nicht übertrieben, einer Schutzerweiterung auf gegenständlicher und personeller Ebene aus Sicht der Medianden einen sinnstiftenden Charakter beizumessen.

E. Blickwinkel beteiligter Dritter Schließlich richtet sich der Blick auf den potenziellen Mehrwert einer Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten aus der Sicht am Verfahren beteiligter Dritter. Praktisch bedeutsam sind insbesondere Rechtsanwälte oder 817

Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. I. So auch: Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 143, Diop / Steinbrecher BB I 2011, 131 (133); Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 106; Ueberschär, in: Wieczorek  / ​ Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 13, Teilband 1, § 4 ­MediationsG Rn. 1, 8; M. Ahrens NJW 2012, 2465 (2468); Risse SchiedsVZ 2012, 244  (246,  250); Steffek ZEuP 2013, 528 (550 f.); Thole ZZP 127 2014, 339 (363); Greger, in: Trenczek / Berning / Lenz / Will, HB Mediation und Konfliktmanagement, Kap. 4.3 Rn. 18 f. 819 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. c). 818

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Berater, die von den Medianden oder dem Mediator in das Verfahren einbezogen wurden. Von den Medianden gem. § 2 Abs. 4 ­MediationsG in das Verfahren einbezogene Dritte unterliegen nicht der Verschwiegenheitspflicht aus § 4 ­MediationsG.820 Die folgende Betrachtung erfolgt deshalb primär aus ihrer Perspektive. I. Arbeitserleichterung und vorteilhafte Auswirkung in Haftungsfragen Die Bedeutung extern-außerprozessualer sowie extern-prozessualer Vertraulichkeit und ihrem Schutz aus der Perspektive eines an einem Mediationsverfahren beteiligten Dritten821 lässt mit Blick auf den Istzustand de jure den Schluss zu, dass sich eine Schutzerweiterung, ungeachtet der konkreten Form der Beteiligung, positiv auf die Beratungstätigkeit auswirken würde. Es ist für den Dritten umso einfacher, seinen Beratungs- und Belehrungspflichten zu genügen, je umfangreicher Mediationsinhalte effektiv geschützt sind. Mit dem Schutzumfang korreliert die Möglichkeit einer zulässigen Weitergabe von Inhalten aus einer Mediation. Eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes dahingehend, dass auch die Medianden und beteiligte Dritte ihm unterliegen würden, käme beratenden Dritten insoweit zugute, als mehr Klarheit auch zu mehr Sicherheit im Rahmen einer (strategischen) Beratung führte.822 Der Mehrwert läge in der Arbeitserleichterung und in der vorteilhaften Auswirkung bei der Beurteilung von Haftungsfragen823. II. Beteiligung an Gerichtsverfahren Der Mehrwert eines erweiterten Vertraulichkeitsschutzes schlägt sich aus der Perspektive beteiligter Dritter nicht primär in Form des Schutzes vor Beteiligungspflichten in (gerichtlichen) Verfahren im Anschluss an eine Mediation nieder. Jedenfalls hinsichtlich beratender Rechtsanwälte ist eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes in Gestalt eines Zeugnisverweigerungsrechts gar nicht erforderlich. Der Rechtsanwalt ist bereits vor einem Aussagezwang als Zeuge gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO geschützt.824 Die Geheimhaltung der dem Rechtsanwalt im Zusammenhang mit seiner Rechtsanwaltstätigkeit anvertrauten Tatsachen ist gesetzlich geboten aufgrund der anwaltlichen Schweigepflicht aus § 43 a Abs. 2 BRAO.825 Beteiligte Dritte aus anderen Berufsgruppen können sich ggf. ebenfalls auf die in §§ 383 f. ZPO abschließend geregelten Zeugnisverweigerungsrechte826 berufen. 820

BT-Drs. 17/5335, S. 17; vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. b) aa). Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. B. IV. 822 Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (192). 823 Zu Rechtsprechungsentwicklung bzgl. Beraterhaftung Jäckel, MDR 2018, 1037 (1042 f.) m. w. N. 824 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 4. 825 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c); Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 51, 64. 826 Berger, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 5, § 383 Rn. 13 f.; G.  Mähler / H.-G.  Mähler, ZKM 2001, 4 (7). 821

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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Eine Pflicht beteiligter Dritter zur Wahrung der Vertraulichkeit bestimmter Mediationsinhalte würde in erster Linie der Effektivität des Vertraulichkeitsschutzes als solchem zugutekommen, indem sie Grenzen der zulässigen Nutzung von gegenüber beteiligten Dritten offenbarten Mediationsinhalten im Kontext anschließender Verfahren aufzeigen würde. Als aus Sicht beteiligter Dritter willkommener Nebeneffekt dürfte diese Klärung auch zu weniger Anfragen von ehemaligen Mediationsbeteiligten zur (potenziell zeitintensiven und belastenden) Mitwirkung an einem Zivilprozess oder einem außergerichtlichen Verfahren im Anschluss an eine Mediation führen. Indirekt wird der Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit bereits z. B. durch § 41 Nr. 8 ZPO geschützt, welcher am Mediationsverfahren beteiligte Dritte kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts827 in Fällen ausschließt, die den gleichen Streitgegenstand betreffen, ohne dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankäme.828 Der Normzweck von Nr. 8 ist, anders als bei den übrigen Nummern des Paragrafen, nicht die Bewahrung des Vertrauens in die Neutralität des Richters und die Integrität des Gerichtsverfahrens, sondern der Erfolg des Mediationsverfahrens.829 Genau diesen Zweck verfolgt auch die zur Diskussion stehende Schutzerweiterung, weshalb die Ausführungen des Gesetzgebers zum Normzweck als Richtschnur genauer zu betrachten sind. Demnach bezweckt der Ausschluss die Gewährleistung einer „offenen und vertrauensvollen Atmosphäre“830 in einem Mediationsverfahren, die bei Personalunion von Mediations- und Gerichtsverfahren unmöglich sei.831 Als Mitwirkung i. S. d. Norm gilt jede auch nur vorübergehende oder teilweise Beteiligung zu einem beliebigen Zeitpunkt mit oder ohne Kenntnis aller übrigen Beteiligten.832 Der BGH teilt die Bedenken des Gesetzgebers und hält die für ein erfolgreiches Mediationsverfahren erforderliche Atmosphäre ebenfalls für gefährdet, sofern die Beteiligten befürchten müssen, „dass Richterinnen und Richter die ihnen in diesem Verfahren bekannt gewordenen Tatsachen später ihrer (streitigen) Entscheidung zugrunde legen.“833 Hierdurch könnte eine Schere im Kopf der Beteiligten entstehen, die ihr Verhalten in der Mediation prozesstak­ tischen Erwägungen mit Blick auf ein ordentliches Gerichtsverfahren unterwirft.834 Hiervor sollen die Beteiligten einer Mediation durch § 41 Nr. 8 ZPO bewahrt werden.835 Eine vergleichbare Gefahr besteht aus Sicht des BGH, sofern die Beteiligten 827 Erfasst sind Berufsrichter und ehrenamtliche Richter gem. §§ 1, 45 a DRiG, die Norm ist entsprechend auf die Tätigkeit des Güterichters anzuwenden, vgl. LAG Stuttgart ZKM 2017, 157 (157 f.); Graßnack, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 41 Rn. 36. 828 BGH NJW 2017, 1247 (m. Anm. Gössl); demnach kommt es nicht auf eine konkrete Gefährdung des Mediationserfolgs an; vgl. i. d. S. auch BGH ZKM 2018, 67. 829 Graßnack, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 41 Rn. 36. 830 BT-Drs. 17/5335, S. 20. 831 BT-Drs. 17/5335, S. 20. 832 Göertz, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 41 Rn. 16. 833 BGH NJW 2017, 1247 (m. Anm. Gössl). 834 So auch: BVerfG NJW 2002, 3619 (3622). 835 BGH NJW 2017, 1247 (1248) (m. Anm. Gössl).

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

es nicht ausschließen können, dass ein an einem Mediationsverfahren beteiligter Sachverständiger, erneut als Sachverständiger in einem sich an die Mediation anschließenden gerichtlichen Verfahren agiert.836 Da „auch gerichtlich bestellte Sachverständige (…) über ihre Gutachten auf den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens regelmäßig erheblichen Einfluss“837 haben, kann auch der „Gehilfe des Richters“838 abgelehnt werden: Gem. §§ 406 Abs. 1, 41 Nr. 8 ZPO ist ein Sachverständiger, der in dieser Funktion an einen Mediationsverfahren beteiligt war, nicht schon kraft Gesetzes ausgeschlossen, kann aber auf Antrag einer Partei als Sachverständiger in einem anschließenden Gerichtsverfahren abgelehnt werden. Ohne Verweisungsnorm kommt eine entsprechende Anwendung von § 41 Nr. 8 ZPO auf andere als Gerichtspersonen nicht in Betracht, da es sich insoweit bei §§ 41 ff. ZPO um Sondervorschriften zur „Ergänzung oder Korrektur der richterlichen Unabhängigkeit und des gesetzlichen Richters“839 handelt. Ein sachverständiger Zeuge i. S. v. § 414 ZPO kann beispielsweise nicht gem. §§ 406 Abs. 1, 41 Nr. 8 ZPO abgelehnt werden, da in dieser Stellung kein vergleichbarer Einfluss auf den Verfahrensausgang möglich ist.840 Obwohl eine analoge Anwendung von § 41 Nr. 8 ZPO auf sämtliche beteiligte Dritte einer Mediation somit nicht in Betracht kommt, spiegelt der Normzweck dennoch die Erforderlichkeit einer Einbindung beteiligter Dritter für einen effektiven Vertraulichkeitsschutz wider. III. Ergebnis Gemessen an der zugrunde gelegten These, der zufolge eine Erweiterung umso eher erforderlich ist, je bedeutsamer die dem erweiterten Vertraulichkeitsschutz zukommende Aufgabe wäre, ist eine Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes aus dem Blickwinkel beteiligter Dritter erforderlich. Die Beratungs- und Belehrungspflichten ließen sich bei einem erweiterten Vertraulichkeitsschutz einfacher ordnungsgemäß erfüllen, da sich die Risiken, die mit einer Informationspreisgabe im Rahmen eines Mediationsverfahrens einhergehen besser prognostizieren lassen würden. Eine Haftung wegen Schlechtleistung wäre unwahrscheinlicher.

F. Zwischenergebnis zu Kapitel 4 Im Ergebnis ist die Analysefrage, ob aktuell eine Lücke im Schutz der Ver­ traulichkeit besteht, die geschlossen werden muss, in Gänze zu bejahen. Effektiv ist nur ein lückenloser Vertraulichkeitsschutz. Der Schutz weist keine Lücke mehr 836

BGH NJW 2017, 1247 (m. Anm. Gössl). BGH NJW 2017, 1247 (m. Anm. Gössl). 838 Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 406 Rn. 5. 839 Graßnack, in: Prütting / Gehrlein, ZPO, § 41 Rn. 11. 840 Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 406 Rn. 5. 837

Kap. 4: Erforderlichkeit einer Vertraulichkeitsschutzerweiterung 

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auf, wenn er dem zuvor dargelegten Sollzustand entspricht. Angestrebtes Ziel ist es folglich, auf inhaltlicher und gegenständlicher Ebene einen veritablen, selektiven Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten zu erreichen, der in personeller Hinsicht neben dem Mediator auch die Medianden und beteiligte Dritte umfasst. Das gilt hinsichtlich der personellen Schutzebene dem Bericht der Europäischen Kommission zur Anwendung der ­Mediations-RL aus dem Jahr 2016 zum Trotz. Hierin wurde eine erfolgreiche Umsetzung von Art. 7 ­Mediations-RL attestiert und eine sich hieraus ergebende Effektivität bzgl. „Vertraulichkeit von Mediation“841 unterstellt. Der Bericht benennt seine verschiedenen Informationsquellen.842 Mit Blick auf das Auswertungsergebnis drängen sich Zweifel an der Repräsentativität der Auswahl auf, wenn es im Bericht heißt, es seien keinerlei Hinweise aus der Praxis bekannt, nach denen Art. 7 ­Mediations-RL die Vertraulichkeit der Mediation nicht ausreichend schützen würde.843 Bereits ein oberflächlicher Blick in die einschlägigen Aufsätze, Werke und Praxisleitfäden führt die vehement und nachhaltig geübte Kritik am Regelungsumfang von Art. 7 ­Mediations-RL vor Augen.844 Danach greift es zu kurz, nur den Mediator und seine Hilfskräfte zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Vielmehr hätte der Regelungsumfang auch die anderen am Mediationsverfahren Beteiligten berücksichtigen müssen.845 Die Richtlinie habe aufgrund der lückenhaften Regelung ihr Ziel, Vertraulichkeit zu schützen, verfehlt. Vor diesem Hintergrund scheint die erfolgreiche Umsetzung von Art. 7 ­Mediations-RL innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten nicht die passende Grundlage zur Feststellung des status quo des Vertraulichkeitsschutzes zu sein. Zutreffend wurde der gegenwärtige Zustand des Vertraulichkeitsschutzes in personeller Hinsicht, bezogen auf Deutschland, ein Jahr später durch die Bundesrechtsanwaltskammer analysiert. Demnach würde eine Erweiterung des Schutzes auf alle Beteiligten das Mediationsverfahren im Allgemeinen stärken und potenzielle Vorbehalte von Skeptikern ausräumen können.846 Ebenfalls im Jahr 2017 zieht der vorerwähnte Evaluationsbericht ein ähn­ liches Fazit: Die Autoren der Studie benennen die Mängel im Vertraulichkeitsschutz de lege lata847 und sprechen sich ausdrücklich für eine Ausweitung des Schutzes auf die Medianden und Parteianwälte aus.848 Kurzum: Die Bemühungen zum Schutz der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten fruchten erst, wenn alle Informationsinhaber adressiert werden. Dieser Leitsatz liegt auch der jüngsten gesetzgeberi 841

Kommission 2016 zur Anwendung der ­Mediations-RL, Nr. 3.8. Kommission 2016 zur Anwendung der ­Mediations-RL, Nr. 1.3. 843 Kommission 2016 zur Anwendung der ­Mediations-RL, Nr. 3.8. 844 Statt vieler: Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 143; Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 6; Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 10; Probst JR 2009, 265 (267); Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741); Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 937 f.; Horstmeier, JR 2012, 1. 845 So auch: Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13 (24); Sujecki, EuZW 2010, 7 (11). 846 BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 6. 847 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 34 f. 848 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 38. 842

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

schen Bemühung zum Schutz von Vertraulichkeit im Rechtsverkehr, dem Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom Oktober 2017849, zugrunde. Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde der Vertraulichkeitsschutz auf personeller Ebene850 im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts und im Berufsrecht von Rechtsanwälten, Notaren, (europäischen) Patentrechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern signifikant erweitert.851 Obwohl im Mediationskontext die Hilfspersonen des schweigepflichtigen Mediators bereits gleichermaßen zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und insoweit keine Novellierung erforderlich war, so ist es doch bedauerlich, dass der Gesetzgeber den Regelungsbedarf auf personeller Ebene bzgl. mitwirkender Dritter rechtsgebietsübergreifend zwar erkannt hat, doch gleichwohl den nahe liegenden Bedarf einer Regelungserweiterung bzgl. beteiligter Dritter im Bereich der Mediation (selbst im Licht der dem Normzweck von § 41 Nr. 8 ZPO grundlegenden Wertung, der Gewährleistung einer „offenen und vertrauensvollen Atmosphäre“852 in einem Mediationsverfahren) nicht gesehen hat. Ein erweiterter Vertraulichkeitsschutz hätte von den vier untersuchten Blickwinkeln aus einen signifikanten Mehrwert.853 Die Schutzerweiterung im Bereich extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit ist erforderlich. Kapitel 5

Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda Gegenstand dieses Teils der Untersuchung sind rechtspolitische Vorschläge zur praktischen Umsetzung der bisherigen Untersuchungsergebnisse, mit dem Ziel einer Verbesserung der geltenden Rechtslage. Zur Orientierung vom Standpunkt des „künftigen Rechts“ aus dienen die folgenden Leitfragen: Wer ist aufgerufen zur Erarbeitung eines erweiterten Vertraulichkeitsschutzes? Wie gelingt eine Ausgestaltung der Schutzerweiterung, die den herausgestellten Bedürfnissen gerecht wird? Wie sollten vertrauliche Mediationsinhalte geschützt sein?

A. Vorgehensweise: Prüfen und Einordnen Wie kann extern-prozessuale und extern-außerprozessuale Vertraulichkeit im Mediationskontext besser geschützt werden? Wer kann diese Schutzerweiterung bestmöglich durchführen? Hinter diesen Fragen verbirgt sich ein komplexes Ge 849

BGBl. I 2017 S. 3618. Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 851 BGBl. I 2017 S. 3618 (3618–3623). 852 BT-Drs. 17/5335, S. 20. 853 A. A. Kirchhoff, 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189); Hopt / Steffek, Mediation, S. 41 f. 850

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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füge möglicher Antworten. Sie betreffen drei Themenkomplexe, die jeweils eine Wahl zwischen verschieden Optionen geben und, so viel ist sicher, die eine allgemeingültige Antwort unmöglich machen. Sollte eine Regelung durch den Gesetzgeber erfolgen oder kann die Erweiterung besser durch privatautonome Regelungen umgesetzt werden? Ist eine personen- oder gegenstandsbezogene Gestaltung der Erweiterung des Schutzes von Mediationsinhalten sinnvoller? Inwiefern unterscheidet sich die Erweiterungsgestaltung der Bereiche extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit854? Die Komplexität fordert einen multidimensionalen und offenen Blick auf die vorstehenden Leitfragen. Zur Veranschaulichung der vorstehend beschriebenen Thematik lässt sich eine in der Wissenschaft gebildete Metapher von einer Seiltänzerin, die bildhaft eine „agile Führung“ zum Ausdruck bringt, einsetzen855: Eine Tänzerin balanciert auf einem Seil und kann ihr Gleichgewicht nur mithilfe einer Stange halten, die sie waagerecht zu ihrem Körper hält und ununterbrochen ausgleichend bewegt. Die Notwendigkeit des sich stetig verändernden Winkels der Stange stehe für die Erforderlichkeit, kontinuierlich auf Impulse aus dem eigenen Umfeld zu reagieren und sich durch eigene Aktivität auf die Veränderungen zu beziehen.856 Für eine gute Weiterentwicklung der Mediation und eine sichere Balance im Raum der ADR-Verfahren, muss die Mediation als Tänzerin regsam und wendig bleiben, um erfolgreich auf dem Hochseil zu balancieren, welches: „zwischen den konkurrierenden Bedürfnissen von Vielfältigkeit (Flexibilität, Innovationsfortschritt) auf der einen Seite und Beständigkeit (Qualitätssicherung, robuste Regelung) auf der anderen Seite stramm gespannt ist“857.

Die Seiltänzerin sei auch eine Philosophin, die der prozess-beziehungsorientierten Philosophie858 entsprechend stets neugierig auf Wandel und durch ihn entstehende neue Perspektiven ist. Deshalb sei der Kurs für die Fortentwicklung der Mediation als Institution nicht auf ein starres Entwicklungsziel mit finalem Zustand ausgerichtet.859 Nichtsdestotrotz gebe es eine Marschroute für die nächsten Entwicklungsschritte, die über einen systematischen und einheitlichen Regelungs­ ansatz hin zu einer von Prinzipien geleiteten gesetzgeberischen Regelung oder einer Regulation durch Fachkreise führen sollte.860 Auf diesem Weg durch das Spannungsfeld von Vielfältigkeit und Beständigkeit liegen die Antworten auf die Leitfragen dieses Kapitels.

854

Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. A. II. 2., 3. Alexander, ZKM 2017, 164 (168). 856 Alexander, ZKM 2017, 164. 857 Alexander, ZKM 2017, 164. 858 Whitehead, Prozeß und Realität, S. 64–74, 140–143; 169 f., 287 ff. 859 Alexander, ZKM 2017, 164 (168). 860 Steffek, ZKM 2017, 183 (186). 855

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

I. Heteronomer versus autonomen Regelungscharakter Vor der Verabschiedung des ­MediationsG war ein zentraler Streitpunkt, ob der Gesetzgeber mit einer „von außen“ her bezogenen Gesetzgebung im Mediationskontext sinnvoll tätig werden kann oder ob die Mediation nur durch selbstregulatorische Regelungen aus Fachkreisen und ähnlichen Institutionen „von innen“ her geprägt werden sollte. Heteronomität und Generalität sind prägende Merkmale von Rechtsnormen. Rechtsnormen sind besondere Arten von Vorgaben für menschliches Verhalten, die als Bestandteil der Rechtsordnung normative Geltung und, wenn sie tatsächlich durchgesetzt werden, auch faktische Geltung entfalten.861 Dabei definiert sich der heteronome Charakter einer Regelung i. S. e. „Anordnung von oben“862 nicht erst durch eine tatsächliche Fremdbestimmung, sondern bereits aus der Möglichkeit, dass sie ohne oder gegen den Willen des Regelungsadressaten wirkt.863 Heute zeichnet sich, insbesondere im Nachgang zum Evaluationsbericht und den hierin empfohlenen Weiterentwicklungen des Mediationsfeldes, eine Neuauflage der Diskussion ab. Allerdings basiert sie auf einer entscheidend geänderten Ausgangslage, da einerseits der Gesetzgeber aktiv geworden ist und das ­MediationsG verabschiedet hat und sich andererseits eine Tendenz in der gesetzgebungstechnischen Entwicklung hin zur Regulierung durch Standards und Codes erahnen lässt.864 1. Diskussionsstand vor und nach Inkrafttreten des ­MediationsG Vor der Verabschiedung des ­MediationsG wurde angeregt diskutiert, ob sich gesetzliche Vorschriften zur Regelung des Mediationsverfahrens günstig auf das Verhältnis von Recht und Mediation auswirken würden. Hierbei wurden verschiedene Ansichten dazu vertreten, wem die Regelungshoheit im Mediationskontext zustehen sollte. Den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Privatautonomie betonend wurde eine veränderte Verortung der Mediation im Bezugssystem der Konfliktbearbeitung von einer Alternative zur Beschreitung des Rechtswegs zu einem Teil des Rechtswesens beklagt865 und hierbei an die Selbsteinschätzung der Institution Mediation „als staatsferne, in der Zivilgesellschaft verankerte autonome Konflikt­ regulierung“ appelliert.866 Indem der Referentenentwurf zum ­MediationsG die 861

Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 59. Starck, Woher kommt das Recht?, S. 112. 863 Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 87. 864 Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 621 ff.; vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. c); zur Erweiterung der Normpyramide um Standards und „Codes of Conduct“ Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 200–215. 865 Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (244). 866 Hess, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 21. 862

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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originär privatautonom geprägte Mediation ins Gefüge der staatlichen Justiz überführe, schränke er die Möglichkeiten für Initiativen aus dem praxisnahen Umfeld ein.867 Vermeidbar sei diese systemwidrige Übernahme nur durch die Stärkung privatautonomer Regelungsmechanismen.868 Teilweise wurde sogar die uneingeschränkte Freiheit der Mediation von gesetzgeberischer Tätigkeit mit der Argumentation gefordert, dass jede Art der staatlichen Einmischung die Grundidee der Staatsferne hintertreiben würde869 und das das Nichtvorhandensein eines normativen Rechtsrahmens keiner Aufforderung zur gesetzlichen Regelung gleichkomme.870 Gerade hinsichtlich des Vertraulichkeitsschutzes wurde die Ansicht vertreten, eine gesetzliche Festschreibung sei nicht notwendig, da es den Beteiligten unbenommen sei, Privatvereinbarungen diesbezüglich zu treffen.871 In diesem Kontext wurde die Befürchtung geäußert, dass der Verlust von Selbstbestimmung schließlich den Verlust des entscheidenden Abgrenzungskriteriums zwischen Mediation und Gerichtsprozess bedeute.872 Andererseits wurde für einheitliche Qualitätsstandards durch gesetzliche Normierung plädiert. Es wurde u. a. ein gesetzlicher Rahmen gefordert zur Qualitätssicherung und zugunsten eines einfacheren Zugangs zu und einer besseren Nutzbarkeit von Mediation. Zusätzlicher Nachdruck wurde dieser Forderung verliehen, indem die hiermit einhergehende Chance der besseren Etablierung von Mediation als ADR-Verfahren betont wurden.873 Der Bundesrat bat mit dem Ziel des Schutzes der Vertraulichkeit der Mediation im Gesetzgebungsverfahren um die Verankerung eines dispositiven Beweiserhebungs- bzw. Vortragsverbots in den Verfahrensordnungen.874 Zur Begründung des Vorschlags wurde ins Feld geführt, dass es eine Überforderung der Medianden darstelle, ihnen zu Beginn einer Mediation in einer emotional anstrengenden Streitsituation strategisch-taktische Erwägungen für den Abschluss einer privatautonomen vorsorglichen Vereinbarung für den Fall des Scheiterns der Mediation abzuverlangen.875 I. d. S. wurde auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des ­MediationsG eine Komplizierung der Abwicklung durch das Erfordernis vertraglicher Abreden und eine (psychologische) Belastung des Einstiegs in die Mediation kritisch angeführt. Hinsichtlich des Vertraulichkeitsschutzes wurde der Aspekt der begrenzten Reichweite privatautonomer Regelungen im verfahrensrechtlichen Kontext hervorgehoben876 und vertreten, dass eine dispositive gesetz 867

Greger, ZRP 2010, 209 (211). Greger, ZRP 2010, 209 (210). 869 Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (16); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (245). 870 Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (244). 871 Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (18); Friedrich, MDR 2004, 481 (485); BRAK 2003 zum Grünbuch, S. 12. 872 Risse / Bach, SchiedsVZ 2011, 14 (19). 873 Steffek, ZEuP 2010, 438 (440); Probst, JR 2009, 265 (267); Becker / Horn, SchiedsVZ 2006, 270. 874 BT-Drs. 17/5335, S. 32. 875 BT-Drs. 17/5335, S. 32. 876 Steffek, ZEuP 2013, 528 (551). 868

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

liche Regelung im Beweisrechtsbereich in Gestalt von „freiheitsermöglichenden Rechtsnormen“877 als Mindeststandard von Vertraulichkeit vorzugswürdig gewesen sei.878 Im Grundsatz sei die Frage nach dem richtigen Verhältnis zwischen einer privatautonomen Regelungen unterliegenden Konfliktbeilegung und einer rechtsstaatliche Mindeststandards wahrenden Qualitätskontrolle entscheidend.879 Um herauszufinden, unter welchen Bedingungen sich die Mediation bestmöglich etablieren lasse, wurden vielfältige Regelungsansätze verschiedener Länder mit dem Ergebnis verglichen, dass die Etablierung in Ländern mit hoher und niedriger Regelungsdichte gleich gut gelinge.880 In Anbetracht dessen sei eine allgemeine Empfehlung zur Regelungsintensität in Deutschland unmöglich. Gleichwohl habe sich im Zuge der Studie die Vorteilhaftigkeit hoheitlicher Regelung an solchen Stellen gezeigt, an denen der Gesetzgeber Rechtssicherheit fördern kann, ohne gleichzeitig Freiwilligkeit und Flexibilität der Mediation wesentlich zu beeinträchtigen. Dies sei insbesondere im Kontext von Vertraulichkeit der Fall.881 Im Jahr 2013 wurden „Vorschläge für die prinzipiengeleitete Regelung der Kon­ ispute fliktlösung“ vorgelegt.882 Enthalten war auch der Guide for Regulating D Resolution (GRDR)883, der ebenfalls für Regelungen mit Schutzfunktion, wie solche zur Vertraulichkeit, die umfassendere Reichweite und Regelungshoheit des Gesetzgebers als vorteilhaft bewertete.884 2. Diskussionsstand nach Evaluationsbericht Haben sich infolge des Inkrafttretens des ­MediationsG nun die Argumentationsstränge aus den zahllosen Diskussionen vor dem Jahr 2012 entscheidend verändert? Im Fokus der neu entfachten Diskussion steht die Frage, ob die Regelungstiefe des M ­ ediationsG angemessen ist. Die nach über fünf Jahren seit Inkrafttreten des ­MediationsG gezogene Bilanz fällt unterschiedlich aus. Teilweise wird vertreten, die Verrechtlichung von Mediation habe zwar einerseits „Wildwuchs“, andererseits aber auch eine produktive Weiterentwicklung von Mediation verhindert.885 Während die aktuelle Regelungstiefe teilweise begrüßt wird, da sie gleichsam Schutz für die Qualität von Mediation und Raum für ihre Entwicklung lasse886, wird vielfach eine weitere (staatliche) Standardisierung der Mediation zur Qualitätssiche 877

Steffek, ZEuP 2013, 528 (562). Thole, ZZP 127 2014, 339 (363 f.); Schekahn, JR 2013, 53 (57). 879 Hess, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 21. 880 Steffek, RabelsZ 2010, 841 (847 ff.). 881 Steffek, RabelsZ 2010, 841 (848 f.). 882 Steffek / Unberath / Genn / Greger / Menkel-Meadow, Regulating dispute resolution. 883 Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13. 884 Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13 (30 f.). 885 20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (190). 886 Plassmann, ZKM 2017, 208. 878

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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rung für zwingend erforderlich erachtet, nicht zuletzt, um durch Einheitlichkeit des Verfahrens einem Konturenverlust der Mediation gegenüber anderen ADR-Verfahren vorzubeugen.887 Zur künftigen Absicherung der Bedeutung der Mediation als Institution bedürfe es robuster rechtlicher Rahmenbedingungen, da nur diese eine nachhaltige Regulierung des Mediationsverfahrens gewährleisten könnten.888 Gemessen an dem in der Wissenschaft entwickelten „Regulatory Robustness System“, das anhand von 12 Kriterien eine Einschätzung zur Güte rechtlicher Rahmenbedingungen ermöglichen soll, besteht Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers, da es an Regelungen zur extern-prozessualen und extern-außerprozessualen Vertraulichkeit im Mediationskontext fehlt, diese jedoch Kriterien für ein robustes Regelwerk darstellen.889 Entsprechend der staatlichen Aufgabe, Gesetze zu kontrollieren, ggf. zu korrigieren890, bemüht sich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aktuell als Reaktion auf die Anregung im Evaluationsbericht der Bundesregierung um die Ausarbeitung von Konzepten zur Weiterentwicklung der Mediation, auch mit Blick auf den Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten. Zur Förderung und Anregung seiner Überlegungen lud das Ministerium Fachkreise und Interessengruppen zur Abgabe von Stellungnahmen ein.891 Diverse Fachkreise sprachen sich daraufhin für eine Ausweitung des Adressatenkreises von § 4 S. 1 ­MediationsG durch den Gesetzgeber aus.892 Hierbei wurde teilweise ausdrücklich auf einen vorzugsweise dispositiven Charakter entsprechender Regelungen hingewiesen.893 Bezüglich der Vertraulichkeit wurde mit Blick auf Optionen für die Gesetzgebung betont, dass die normative Regelung zentraler Verfahrensfragen in Gestalt von allgemeinen Verfahrensgrundsätzen von entscheidender Bedeutung sei.894 Unter der Überschrift „Normalisierung durch Normierung“ wurde eine Einbettung der Mediation ins Rechtsschutzsystem und damit eine gesetzlich normierte Vertiefung des Vertraulichkeitsschutzes gefordert.895 Gleichzeitig betonten auch Befürworter staatlicher Regulierung, die Wichtigkeit, dem noch nicht abgeschlossenen Professionalisierungsprozess der Mediation in Deutschland auch in Zukunft ausreichend Freiheit zu gewähren.896 Einer anderen Ansicht zufolge sollten stattdessen die vielseitigen Bemühungen von Verbänden und anderen Organisationen, vereinheitlichte privatrechtliche Qualitätsstandards zu schaffen, fruchtbar gemacht werden, 887

20 Jahre ZKM, ZKM 2017, 188 (189 ff.); Kaiser, ZKM 2018, 25 (29). Alexander, ZKM 2017, 164 (167). 889 Alexander, ZKM 2017, 164 (167 f.). 890 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 265; vgl. auch Aleixo, Verantwortbares Richterrecht, S. 36 f. 891 Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 3; Greger, 2017 zum Evaluationsbericht, S. 1; Gläßer, ZKM 2018, 4 (5). 892 Statt vieler: BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 6; Round Table 2017 zum Evaluationsbericht S. 4. 893 dnotv 2017 zum Evaluationsbericht S. 3. 894 Greger, 2017 zum Evaluationsbericht, S. 3 f. 895 Greger, ZKM 2017, 213 (213 f.). 896 BAFM 2017 zum Evaluationsbericht S. 6. 888

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

um das Ziel, Flexibilität und Entwicklungsfreiräume der Mediation zu erhalten, zu erreichen.897 3. Zusammenfassung und Stellungnahme Basierend auf der Frage, ob Regelungen mit heteronomem oder autonomem Charakter die günstigeren Rahmenbedingungen für die Mediation als ADR-Verfahren schaffen können, geht es in der Hauptsache darum, die Auswirkungen gesetzten Rechts auf die Mediation als Institution zu ergründen. Im Grunde besteht in Fachkreisen Einigkeit im Hinblick auf das bereits im Rahmen der ursprünglichen Debatte vor einem Jahrzehnt ausgegebene Ziel, Recht und Mediation in ein ausgewogenes Miteinander zu bringen, indem auf ein konstruktives Zusammenwirken von staatlicher und nicht staatlicher Seite hingewirkt wird, bei dem das Recht für die Mediation eine unterstützende Aufgabe erfüllen sollte.898 Unterschiede lassen sich in erster Linie bzgl. der konkreten Gewichtung innerhalb des Verhältnisses aus vorstehendem Kontext von Recht und Mediation ausmachen. Im Ergebnis prägen jedoch stets zwingende Aspekte die konkrete Ausgestaltung von Verhältnissen stärker als solche, die als besonders vorteilhaft gelten. Privatautonome Rechtsgestaltung i. S. v. positiver Vertragsfreiheit kann sinnvoll erst dann ausgeübt werden, wenn getroffene Individualabreden auch rechtlich wirksam sind. Dies ist der Fall, soweit sie einklagbare Rechte und Pflichten statuieren.899 Folglich bedarf es eines funktionierenden Rechtssystems, das der Mediationsvereinbarung zur Wirksamkeit verhilft.900 Die heteronome Perspektive des Richters ist bis zu einem gewissen Grad eine Vorbedingung für die autonome Perspektive des Vertragsgestalters.901 Wollte die Mediation als Institution Konflikte losgelöst von zwingendem Recht lösen, würden diese Lösungen den Medianden u. U. nicht nachhaltig bei der Streitbeilegung helfen, soweit sie auf den Prüfstand der rechtstatsächlichen Wirklichkeit gestellt keinen Bestand hätten.902 Zweifelsohne dürfen Regelungen zur Gestaltung im Mediationskontext mit Blick auf Vorstehendes keinen rechtsstaatlichen Grundsätzen903 widersprechen. Günstig wäre es deshalb, das Recht nicht nur als absolute Grenze zu ertragen, sondern aktiv zu gestalten und seine Vorteile zu nutzen. Positiv formuliert kann der Gesetzgeber durch kluge Gesetzgebung die selbstständige Konfliktbeilegung im Wege einer Mediation be-

897

BM e. V. 2017 zum Evaluationsbericht S. 7. Probst, JR 2009, 265 (269); Dr. Hans-Georg Mähler, in: einem Gespräch mit der Verfasserin am 19.02.2019; BRAK ZAP 2017, 1163 (1164); so im Ergebnis auch: Steffek, ZKM 2017, 183 (187). 899 Hanau, in: Möslein, Private Macht, S. 125. 900 Probst, JR 2009, 265. 901 Zu einer Gegenüberstellung der zwei Perspektiven Schmitz-Vornmoor, ZKM 2018, 48 (49). 902 Probst, JR 2009, 265. 903 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. A.; Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1.; Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 1. 898

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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günstigen.904 Bestenfalls fungiert das Recht gleichzeitig als Sprungbrett für die stetige Weiterentwicklung der Mediation und als Sicherheitsnetz im Falle ihres Scheiterns im Einzelfall. Aus der Gesamtbetrachtung aller vertretenen Standpunkte zur Diskussionsfrage, wer für (die Erweiterung von) Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten zuständig ist, ergibt sich als Erkenntnisgewinn, dass Vielfältigkeit und Beständigkeit bzw. die Privatautonomie und der Gesetzgeber zueinander nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen, sondern einander ergänzende Funktionen erfüllen und ihre günstigen Auswirkungen auf die Mediation als Institution nur in Kombination vollends zur Geltung kommen. So gilt sowohl im Allgemeinen als auch im Speziellen hinsichtlich des Vertraulichkeitsschutzes: Das inhaltliche Fachwissen und die Erfahrungswerte sind schwerpunktmäßig in der privatautonomen Mediatorenschaft und ihren Organisationen vorhanden; die wirkmächtige Gestaltungshoheit in verfahrensrechtlichen Fragen, jedenfalls der ordentlichen Gerichtsverfahren, hat der Gesetzgeber inne. Für eine Verbesserung extern-prozessualer und extern-außerprozessualer Vertraulichkeit bedurfte und bedarf es weiterhin einer Koordination qua Gesetz bei gleichzeitiger Beachtung des Grundsatzes der Parteiautonomie905. Die Verantwortung zur Erweiterung des Schutzes von Vertraulichkeit im Mediationskontext obliegt sowohl heteronom als auch autonom wirkenden Regelungssystemen. Um Selbst- und Fremdregulierung zueinander entsprechend in Beziehung zu setzen, wird es v. a. auf zurückhaltende und hierdurch freiheitsermöglichende906 punktuelle und gezielte Förderung auf Gesetzgeberseite ankommen. II. Personenbezogener versus gegenstandsbezogenen Ansatz Auch die Frage, ob der Vertraulichkeitsschutz an die Personen, die die schützenswerten Informationen kennen (vgl. personelle Schutzebene) oder an die zu schützenden Mediationsinhalte selbst (vgl. inhaltliche Schutzebene) anknüpfen sollte, wurde vor Inkrafttreten des ­MediationsG diskutiert und wird auch mit Blick auf eine Erweiterung des Schutzes der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten unterschiedlich beurteilt. Die Thematik ist vorrangig als technische Gestaltungs- und Aufbaufrage einer Regelung einzuordnen. Ohne sich „der Illusion einer Lücken- und Zeitlosigkeit des einmal Geschaffenen“907 hinzugeben908, sind die Vor- und Nachteile des personenbezogenen und gegenstandsbezogenen Ansatzes unter Beachtung der Zielsetzung,

904

Steffek, RabelsZ 2010, 841 (847). BT-Drs. 17/5335, S. 15. 906 Starck, Freiheit und Institutionen, S. 161. 907 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 330. 908 Zustimmend statt vieler: BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 6; Alexander, ZKM 2017, 164 (168); Töben, RNotZ 2013, 321 (327); Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 905

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

einen nachhaltigen, wirksamen und robusten Vertraulichkeitsschutz zu schaffen, abzuwägen. §  4 ­MediationsG verfolgt, wie Art.  7 ­Mediations-RL909, einen personenbezogenen Ansatz und richtet sich an den Mediator und seine Hilfspersonen. Der Evaluationsbericht enthält eine Anregung zur Erweiterung des Vertraulichkeitsschutzes auf die Medianden und Parteianwälte und befürwortet somit stillschweigend den personenbezogenen Ansatz.910 Dennoch sollte der Ansatz aus § 4 ­MediationsG nicht automatisch zur Grundlage der Schutzerweiterung herangezogen werden, sondern vielmehr unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit des Vertraulichkeitsschutzes die Thematik mit offenem Blick betrachtet werden. Im Jahr 2008 befürworteten weite Teile der Wissenschaft und Praxis mit Blick auf die Handlungsperspektiven des deutschen Gesetzgebers zur Umsetzung der ­Mediations-RL einen gegenstandsbezogenen Ansatz nach dem Vorbild des zuletzt im Jahr  2003 geänderten US-amerikanischen Uniform Mediation Act911.912 Das hierin normierte sog. privilege stellt das grundlegende Rechtsinstitut zum Vertraulichkeitsschutz im US-amerikanischen Recht913 dar und wird weithin als vergleichbar mit einem umfassenden Beweiserhebungsverbot nach deutschem Recht verstanden914, wobei die dem Regelungsbereich unterfallenden Mediationsinhalte als „privilegierte“ Informationen umfassend vor einer Preisgabe geschützt werden sollen. Dieser Ansatz sei effektiver, da die auf diese Weise geschützten Informationen unabhängig von der Art und Weise, in der bzw. auf die sie im Kontext eines Gerichtsverfahrens vorgebracht werden (vgl. gegenständliche Schutzebene), beweisrechtlich nicht relevant wären.915 Dahingegen sei das personenbezogene Schutzkonzept der ­Mediations-RL lückenhaft und selbst bei einer Erweiterung um einzelne Beteiligte weniger umfassend und deshalb weniger effektiv als der gegenstandsbezogene Ansatz.916 Gleichzeitig wurde hinsichtlich der Umsetzung eines gegenstandsbezogenen Schutzkonzeptes bezweifelt, dass sich die zu schützenden Mediationsinformationen praxistauglich von nicht vertraulich zu behandelnden Informationen abgrenzen lassen würden.917 909

Richtlinie 2008/52/EG, Art. 7. Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 38; ebenso statt vieler: BRAK 2017 zum Evaluationsbericht, S. 6; Round Table 2017 zum Evaluationsbericht S. 4. 911 Section 4–6 UMA; zur detaillierten Beleuchtung der Regelungen im Einzelnen, vgl. Hilber, BB I u. Beil. 2003, 9 (13 ff.); Hilber, Sicherung der Vertraulichkeit, S. 174 ff. 912 Statt vieler: Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741); Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 10 Rn. 143; Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (150 f.); a. A. Volkmann, Mediation im Zivilprozess, S. 133 f. 913 Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 257. 914 Hilber, BB I u. Beil. 2003, 9 (10); zustimmend: Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 178. 915 Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741). 916 Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741). 917 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Thole, ZZP 127 2014, 339 (364). 910

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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So wurden Nachweisschwierigkeiten befürchtet, sofern z. B. nur solche Informationen umfasst wären, die bereits unabhängig von der Mediation bekannt waren oder hätten ermittelt werden können.918 1. Abwägung Ein Vorteil des personenbezogenen Ansatzes ist, dass der Regelungsadressat und mithin derjenige, der zur Wahrung von Vertraulichkeit aufgerufen ist, konkret benannt wird, wie in § 4 S. 1 ­MediationsG. Im Vergleich hierzu bezeichnet eine gegenstandsbezogene Regelung nur den Schutzgegenstand, wodurch der verpflichtete Personenkreis abstrakt bleibt. Beide Ansätze erfordern eine Definition des Schutzgegenstandes. Entsprechend beschreibt § 4 S. 2 und 3 ­MediationsG die Reichweite der Verschwiegenheitspflicht. Der erste Eindruck, wonach ein Ansatzwechsel (legislativen) Mehraufwand bedeuten würde, trügt: In Gestalt der normierten Ausnahmen in § 4 ­MediationsG hat der Gesetzgeber die vertraulich zu behandelnden Informationen bereits auf gute Weise919 festgelegt und i. S. v. gegenstandbezogener selektiver Vertraulichkeit920 begrenzt. Der Wortlaut der Vorschrift müsste folglich hauptsächlich eingeschränkt werden. Der personenbezogene Ansatz ist enger als der gegenstandsbezogene Ansatz und verkürzt deshalb den Schutzbereich. Der rein gegenstandsbezogene Ansatz ist m. a. W. das umfassendere Schutzkonzept. Es ist fraglich, ob ihn das letztlich zum vorzugswürdigen Ansatz macht. Im Vergleich zur Ausgestaltung von § 4 S.  1 ­MediationsG de lege lata ist dies eindeutig der Fall. Im Vergleich zu einer um (noch näher zu benennende) Beteiligte erweiterte Gestaltung der aktuellen Regelung auf personeller Schutzebene hingegen ist der Vorteil eines gegenstandsbezogenen Ansatzes nicht mehr ohne Weiteres zu erkennen. Denn eine (abschließende) Aufzählung der Regelungsadressaten führt zu mehr Klarheit und vereinfacht das Normverständnis. Andererseits wird die Verständniskapazität des Normanwenders an dieser Stelle möglicherweise unangemessen gering eingeschätzt, gibt es doch genügend Positivbeispiele von Regelungen mit gegenstandsbezogenen Ansätzen. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich auch das sog. privilege im US-amerikanischen Recht stets auf einen bestimmten Inhaber (holder) bezieht und somit nicht gänzlich ohne Personenbezug ist.921 Klarheit und einfacher Normanwendung durch ein Minimum an Auslegungsarbeit sollte nur soweit wie nötig der Vorzug gegenüber der Umsetzung des beabsichtigten Regelungsziels einer Norm gegeben werden. Die Variante der Erweiterung von § 4 S. 1 ­MediationsG um eine (abschließende) Aufzählung der Personen birgt das Risiko, unvollständig zu sein. 918

Töben, RNotZ 2013, 321 (327). Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 3., 5. 920 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 3. 921 Goldberg / Sander / Rogers / Cole, Dispute resolution, S. 429 f., 447 f.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 257. 919

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Eine vage Formulierung wie etwa, „alle Personen, die …“ weise wiederum eine zu geringe Regelungsdichte auf und wäre zudem auch wenig praxistauglich, da sie zu viel Raum für Auslegung ließe. 2. Ergebnis Letztlich ist festzuhalten, dass die Argumente gegen einen personenbezogenen Ansatz mit Inkrafttreten des § 4 ­MediationsG an Schlagkraft verloren haben und die Vor- und Nachteile beider Ansätze sich nun mehr oder weniger die Waage halten. Nichtsdestotrotz ist in akademischer Hinsicht der gegenstandsbezogenen Vari­ ante der Vorzug zu geben: Einerseits, da sie dem als Wurzel der Mediation in Deutschland angesehenen US-amerikanischen Vorbild922, welches seit Jahrzehnten zum Schutz von Vertraulichkeit im Mediationskontext an die Information selbst anknüpft, entspricht.923 Andererseits steht sie im Einklang mit der einführend ausgegebenen Losung, nach der Verschwiegenheit personenbezogen und Ver­ traulichkeit sachbezogen ist. I. d. S. ist die vorliegende Arbeit auf die Untersuchung zur Vertraulichkeit von Mediationsinhalten gerichtet, wozu der ganzheit­liche Blick auf die vier „Personen“924, die mit den Inhalten in Berührung kommen, erforderlich ist. Für nachhaltig wirksamen, effektiven Schutz bietet sich ein Anknüpfen an die schützenswerten Mediationsinhalte an, da so unabhängig von der Rolle einer Person im Mediations- bzw. Gerichtskontext und unabhängig von der Art und Weise der Informationsweitergabe der Schutzbereich eröffnet und die Vertraulichkeit zu wahren ist. Dessen ungeachtet darf die Umsetzung des Vorschlags einer Ergänzung von § 4 ­MediationsG um weitere Personen jedoch als wahrscheinlicher eingeschätzt werden, nicht zuletzt, da sich der Gesetzgeber im Jahr 2012 in Kenntnis der an ihn gerichteten argumentativ unterfütterten Appelle für einen gegenstandsbezogenen Ansatz dennoch für eine personenbezogene Gestaltung entschied. Die Rechtsgestaltungspraxis neigt typischerweise dazu, Regelungen im Zusammenhang mit der Preisgabe von Informationen am personenbezogenen Ansatz auszurichten und als Pflicht zu gestalten (vgl. für den personenbezogenen Ansatz beispielsweise: § 43  a Abs.  2  BRAO; § 17 Abs.  1 ASOG  Bln; § 211 Abs.  2  StGB; § 22 VSBG; Art. 20 Abs. 1 BayGO; § 27 Abs. 1 S. 1 WpPG; § 21 Abs. 1 S. 1, 2 WpHG; § 309

922 Steffek, RabelsZ 2010, 841 (842); Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2738); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 257. 923 Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang die gänzlich andere Zivilprozesskultur in den USA zu betonen. 924 Gemeint sind die Mediation als Institution, der Mediator, die Medianden und beteiligte Dritte.

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

159

Abs. 1 S. 1, 2 VAG; § 9 Abs. 1 KWG; § 10 Abs. 1 S. 1, 2 BörsG; vgl. für den gegenstandsbezogenen Ansatz beispielsweise: § 136 a Abs. 3 StPO)925. Gemessen an den voraussichtlichen Bemühungen zur Umsetzung der erforderlichen Schutzerweiterung und bei Berücksichtigung des Vorstehenden erscheint der personenbezogene Ansatz der praktisch gangbare Lösungsweg zu sein. Vorausgesetzt die Erweiterung der Regelungsadressaten von § 4 ­MediationsG erfolgt mit ausreichender Sorgfalt, ist zudem davon auszugehen, dass ein derart erweiterter personenbezogener Ansatz und ein gegenstandbezogener selektiver Ansatz ein vergleichbares Maß an Vertraulichkeitsschutz auf gegenständlicher und personeller Schutzebene gewähren. III. Ergebnis Nachdem die für die Vorgehensweise zur Vertraulichkeitsschutzerweiterung entscheidenden Themen geprüft und verortet wurden, steht fest, dass die Weiterentwicklung zum einen in enger Abstimmung zwischen privatautonomen Fachkreisen und dem Gesetzgeber erfolgen und zum anderen am personenbezogenen Ansatz festgehalten werden sollte. Die Zielvorgabe ist hierbei der zuvor herausgearbeitete Sollzustand des Vertraulichkeitsschutzes in Form der selektiven Vertraulichkeit von Mediationsinhalten.926Auf diesem Erkenntnisgewinn basiert die nachfolgende Prüfung konkreter Schutzerweiterungsmöglichkeiten.

B. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit Im Fokus des extern-außerprozessualen Vertraulichkeitsbereichs steht die Vertraulichkeitswahrung außerhalb eines ordentlichen Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahrens.927 Aufgrund des umfangreichen Wirkungsbereichs, beginnend mit der ersten Kontaktaufnahme928, kann der Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit ausschlaggebend für den Erfolg einer Mediation sein. Hieraus ergibt sich der Stellenwert der Erweiterung.929 925 Vgl. zudem als Beispiel für eine Kombination beider Ansätze: EG-Fusionskontrollverordnung 2004, „Art. 17 Berufsgeheimnis (1) Die bei Anwendung dieser Verordnung erlangten Kenntnisse dürfen nur zu dem mit der Auskunft, Ermittlung oder Anhörung verfolgten Zweck verwertet werden. (2) Unbeschadet (…) sind die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie ihre Beamten und sonstigen Bediensteten, alle sonstigen, unter Aufsicht dieser Behörden handelnden Personen und die Beamten und Bediensteten anderer Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet, Kenntnisse nicht preiszugeben, die sie bei Anwendung dieser Verordnung erlangt haben und die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen“. 926 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 3. 927 Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. A. II. 2. 928 Ade / Alexander, Mediation und Recht, Rn. 135. 929 Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. B. I., Zw. Teil. Kap. 4. B.

160

2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

I. Heteronome Regelungsmöglichkeiten Die vorliegend anvisierte Wirkungsweise kann Freiheit im Allgemeinen und bestimmte Handlungsfreiräume der Regelungsadressarten im Besonderen erstmals ermöglichen bzw. eröffnen, sie sichern oder beschränken.930 Dem Gesetzgeber stehen folglich mannigfaltige Wege offen zur Gestaltung und Fortbildung des normativen Rahmens der Mediation. Die aus der Vorprüfung gewonnenen Erkenntnisse filtern die zum Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit vorzugswürdigen Gestaltungsvarianten heraus: Für ein konstruktives gesetzgeberisches und privatautonomes Miteinander ist eine dispositive Normgestaltung zweckmäßig.931 Zudem folgt aus der Differenzierung zwischen den zwei Schutzbereichen eine inhalt­ liche Gestaltungsgrenze, da es zum Schutz des Bereichs extern-außerprozessualer Vertraulichkeit keiner prozessrechtlichen Verfahrensregeln, sondern v. a. materiell rechtlicher Vertraulichkeitspflichten932 bedarf. 1. Erweiterung des Adressatenkreises von § 4 ­MediationsG Der Gesetzgeber könnte den Wortlaut von § 4 S. 1 ­MediationsG mit dem Ziel erweitern, alle Informationsinhaber zu erfassen. Zur Ausweitung des Vertraulichkeitsschutzes auf personeller Ebene933 müsste die Verschwiegenheitspflicht neben dem Mediator und seinen Hilfspersonen, auch die Medianden und beteiligte Dritte jeglicher Art einbeziehen. Hierbei ist es ratsam, die Aufzählung nicht abschließend auszugestalten, um eine Erweiterung des personellen Regelungsumfangs im Einzelfall zu ermöglichen. Zudem sollte die Regelung weiterhin zur Disposition der Beteiligten stehen. § 4 S. 1 ­MediationsG lautete, einem erweiterten personenbezogenen Ansatz folgend, sodann: „1 Der Mediator, die durch ihn934 in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen, die Medianden935 sowie insbesondere auch beteiligte Dritte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.“

Folgerichtig müsste § 4 S. 2 ­MediationsG erweitert werden: „2 Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen im Zusammenhang mit der Mediation be­ kannt geworden ist.“

930

Starck, Woher kommt das Recht?, S. 105; Aleixo, Verantwortbares Richterrecht, S. 44 f. So auch: Steffek, RabelsZ 2010, 841 (856); Steffek / Unberath et al., Max Planck Private Law RPS 2013, 13 (24, 30); nicht zur Disposition der Beteiligten stehendes obligatorischen Gesetzesrecht ist hingegen zum Schutz von Drittinteressen sachdienlich, vgl. die in § 4 S. 3 ­MediationsG normierten Ausnahmen; Starck, Woher kommt das Recht?, S. 105. 932 Zu dieser Aufteilung vgl. Hopt / Steffek, Mediation, S. 40. 933 Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 934 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. b) aa). 935 Im ­MediationsG unspezifisch als „die Parteien“ bezeichnet. 931

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

161

Ein umfassenderer Vertraulichkeitsschutz auf personeller Ebene entspräche den Bedürfnissen der im Mediationskontext relevanten Bezugspunkte: Der Sorge, dass sich die Ausgangssituation zur Durchsetzung der eigenen Interessen im Anschluss an eine Mediation verschlechtert und der hieraus folgenden Gefährdung der, für das Gelingen einer Mediation unabdingbaren, Offenheit der Medianden würde entgegengewirkt.936 Zudem ließe sich ein Mediationsverfahren kaum noch taktisch als Vorbereitung für einen Zivilprozess zweckentfremden. Darüber hinaus führe ein erweiterter personenbezogener Ansatz dazu, dass die Aufklärungsaufgaben von Mediator und beratendem Dritten vereinfacht würden.937 Eine Verschwiegenheitsverpflichtung von Medianden und beteiligten Dritten führe daneben zu verbessertem Schutz vor den potenziellen Gefahren eines Missbrauchs in Form von Informationsbeschaffung und Informationspräklusion.938 2. Normierung einer Mustervereinbarung als Anhang zum ­MediationsG Der Gesetzgeber könnte auch subtiler agieren, indem er eine Mustervereinbarung zur Vertraulichkeit von Mediationsinhalten als Anhang zu § 4 ­MediationsG aufnimmt. Im Fokus stünde so die Funktion von Recht939, durch Typisierung Komplexität zu reduzieren.940 Ein festgeschriebenes Muster entspräche auch der typischen Ausrichtung in der Rechtswissenschaft auf ein Sollen941 mit dem Zweck der Verhaltenssteuerung942. Zudem böte eine staatliche Mustervereinbarung einen (hochwertigen) Standard als kosten- und zeitsparende943 Vorlage für Individual­ abreden. Die Ausgestaltung des Mustertextes sollte im Wege konstruktiven Zusam­ menwirkens von Gesetzgeber und Fachkreisen erfolgen.944

936

Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. B. I.; Zw. Teil. Kap. 4. D. III. Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. C. II.; Zw. Teil. Kap. 4. E. I. 938 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. D. I., III. 939 Zu den Recht zugeschriebenen Funktionen Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 35 ff.; Luhmann, in: Legaz y Lacambra, Die Funktionen des Rechts, S. 31–45; Finnis, in: Borowski / Paulson / Sieckmann, Rechtsphilosophie und Grundrechtstheorie, S. 38 f.; Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 48 f. 940 Zur dienenden Gewährleistungsfunktion des Rechts, Jansen, in: Borowski / Paulson / Sieckmann, Rechtsphilosophie und Grundrechtstheorie, S. 715. 941 Ipsen, in: Borowski / Paulson / Sieckmann, Rechtsphilosophie und Grundrechtstheorie, S. 225. 942 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, S. 30 ff., 404 f. 943 Steffek, ZEuP 2013, 528 (551); Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 939; Unberath, JZ 2010, 975 (978). 944 Vgl. sogleich Zw. Teil. Kap. 5. B. II. 3. 937

162

2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

3. Normierung von Hinweis oder Empfehlung zum Vertraulichkeitsschutzumfang Bei nur minimaler Vertiefung der staatlichen Regelung in Form eines Hinweises auf die Möglichkeit, den Vertraulichkeitsschutz aus § 4 ­MediationsG durch eine Individualvereinbarung zu erweitern, verbliebe privatautonomen Vertraulichkeitsregeln der größtmögliche Gestaltungsraum. Die Informiertheit der Medianden ist besonders bedeutsam, weshalb der frühestmögliche Zeitpunkt gleichsam der beste Zeitpunkt zur Kenntnisnahme möglicher schutzerweiternder Individualvereinbarungen ist. Zugunsten der Informiertheit der Medianden könnte der Gesetzgeber in einer Fußnote945 zu § 4  S.  1  ­MediationsG beispielsweise folgenden Hinweis aufnehmen: „Die Beteiligten können die Verschwiegenheitspflicht durch Vereinbarungen auf weitere Personen ausdehnen.“

Eine Möglichkeit, um einem Informationsdefizit nachdrücklicher entgegenzuwirken, ist eine Fußnote mit der Empfehlung, den Vertraulichkeitsschutz in personeller Hinsicht zu erweitern: „Die Beteiligten sollten die Verschwiegenheitspflicht durch Vereinbarungen auf weitere Personen ausdehnen.“

Ziel ist es, das Informationsdefizit von Medianden und Mediatoren ohne (bereichsspezifische) juristische Ausbildung hinsichtlich der (geringen) Reichweite des gesetzlich vorgesehenen Vertraulichkeitsschutzes zu beheben.946 Um ein Mindestmaß an Schutz in sämtlichen Konstellationen zu gewährleisten, ist in diesem Zusammenhang speziell an Mediatoren, die juristische Laien sind, zu denken. Hiermit käme der Gesetzgeber seiner originären Aufgabe, die Gesetzeskenntnis zu fördern947, nach. Ein entsprechender Hinweis bzw. eine entsprechende Empfehlung im Gesetzestext ist wirkungsvoller, als die in der Gesetzesbegründung vermerkte Möglichkeit einer zusätzlichen Privatvereinbarung948. Von der im Gesetzestext enthaltenen Information nimmt z. B. derjenige Notiz, der sich zum Mediationsverfahren vorab (online949) informiert, oder ein zukünftiger Mediator, der im Rahmen seiner Ausbildung950 mit dem ­MediationsG in Kontakt kommt. Während sich die konkrete Auswirkung einer solchen Normierung nicht vorhersagen lässt, ist doch davon auszugehen, dass eine Benennung der Thematik im ­MediationsG, eine breitflächige Wahrnehmung zur Folge hat. 945

So beispielsweise §§ 489 f. BGB. Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. D. II. 947 Zur Entwicklung dieser staatlichen Aufgabe Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 251–265. 948 BT-Drs. 17/5335, S. 17. 949 Wikipedia verweist beispielsweise prominent auf das ­MediationsG. 950 Hilfreich könnte in diesem Zusammenhang auch eine ausdrückliche Verankerung diesbezüglich in der Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV) sein. 946

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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4. Ausweitung der Informationspflicht aus § 4 S. 4 ­MediationsG Dem Ziel, das Informationsdefizit der Medianden zu beheben, wäre unabhängig von der vorstehend erörterten Erweiterung von § 4 S. 1 ­MediationsG bereits gedient, wenn sich die Informationspflicht des Mediators aus § 4 S. 4 ­MediationsG neben der Information über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht auch auf Informationen zum (begrenzten) Umfang des gesetzlichen Vertraulichkeitsschutzes beziehen würde. Dementsprechend könnte Satz 4 wie folgt erweitert werden: „4 Der Mediator hat die Parteien über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht und den des gesetzlichen Vertraulichkeitsschutzes der Mediationsinhalte zu informieren.“

Diese Erweiterung mutet dem Mediator eine schwierige Gratwanderung zu, muss er doch den Medianden vermitteln, dass Vorsicht geboten ist, ohne sie hierdurch zu verunsichern.951 Die Maxime „Schutz durch Kompetenzverleihung“ kann dem Mediator als Zielvorgabe nützlich zur Aufgabenbewältigung sein. Der Schutz durch Informationen zur Förderung der Eigenverantwortung und der Befähigung zu mündigen Entscheidungen wirkt nachhaltiger als ein Schutz durch Gefahrenabwehr im Einzelfall durch einen kompetenten Dritten. II. Autonome Regelungsmöglichkeiten Individualität wird gesamtgesellschaftlich ein hoher Wert beigemessen, da sie nicht nur als „Seins-Zustand“ begriffen, sondern auch als „sittliches Ideal“ angestrebt wird mit dem Ziel, dass der Einzelne gleichzeitig Ausgangspunkt und Teil von Fortentwicklung wird.952 Auch im Zivilrecht spielt Individualität eine entscheidende Rolle. Die dem Einzelnen verliehenen subjektiven Gestaltungsrechte bringen zum Ausdruck, dass die Gesellschaft dem Individuum eigene gestalterische Fähigkeiten zuspricht.953 Diese Selbstbestimmung ermöglicht der Staat, indem er Handlungsautonomie gewährt.954 Autonomie in der Rechtsgestaltung ist somit ein essenzieller Bestandteil des Zivilrechts: Die Privatautonomie wird traditionell als Leitbild des Privatrechts begriffen.955 Aushängeschild dessen ist allen voran der Vertrag „als Institut des Konsenses“.956 Die Art der Rechtserzeugung inter partes durch Konsens zeugt von der durch Vertragsautonomie gewährten Freiheit.957 Der verfassungsrechtliche Schutz der Privatautonomie ergibt sich nicht ausdrücklich aus dem GG, aber aus einer Gesamtbetrachtung aller spezifisch privatautonomes 951

Offermann-Burckart, FPR 2010, 431. Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 9 ff. 953 Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 47. 954 Mestmäcker, in: Möslein, Private Macht, S. 37 m. w. N. 955 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, S. 402 m. w. N.; Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 65 f. 956 Starck, Woher kommt das Recht?, S. 104. 957 Starck, Woher kommt das Recht?, S. 104 f. 952

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Verhalten schützenden Grundrechte958 sowie aus dem engen Zusammenhang mit Art. 20 GG.959 Als verfassungsrechtliche Institutsgarantie ist die Privatautonomie ein wesentliches „Strukturelement einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung“960 und umfasst als freiheitliches Abwehrrecht (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG) auch das privatautonome Handeln des Grundrechtsträgers961. Aus vom Staat zu gewährleistenden und zu schützenden962 verfassungsrechtlichen Freiheitsgarantien folgt nicht automatisch die tatsächliche Freiheitsverwirklichung.963 Es obliegt dem Willen des Grundrechtsträgers, seine Freiheitschancen zu nutzen.964 Die Urheber privatautonomer Regel- und Standardsetzung sind vielfältig, wobei im gegebenen Zusammenhang insbesondere Vereinigungen jeglicher Art965 und Einzelpersonen966 praktisch relevant sind. 1. Staatliche Anerkennung ausgewählter privater Repräsentanten Die eine offiziell übergeordnete, nicht staatliche Instanz, die mit einheitlicher Stimme (auch als Gegenspieler zum Gesetzgeber) im Mediationskontext Interessen privatautonomer Vereinigungen vertritt, gibt es nicht. Ob ein einzelner Fürsprecher aus der Perspektive der Mediationspraxis überhaupt notwendig oder auch nur vorteilhaft wäre, kann dahingestellt bleiben, da die Festlegung eines zweckdienlichen und zulässigen Kriteriums zur Auswahl eines solchen Repräsentanten jedenfalls nicht ohne Weiteres möglich ist. Das Auswahlkriterium (z. B. die größte Mitgliederanzahl an einem festzulegenden Stichtag oder die längste Tradition) dürfte insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG verstoßen und müsste die variierenden Interessenschwerpunkte berücksichtigen. Entschärften Auswahlschwierigkeiten begegnet die Festlegung mehrerer, gleichberechtigt nebeneinander bestehender, privatautonomer Repräsentanten. Eine pluralistische, institutsübergreifende Zusammenarbeit schüfe zudem Öffentlichkeit zugunsten von Transparenz im Wirken der Fürsprecher. Zahlreiche Institutionen, Organisationen und Verbände betätigen sich einzeln und im Verbund zur Förderung der Mediation. 958

Vgl. v. a. Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 9 Abs. 1, 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, S. 327. 960 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, S. 328 f., 402; BVerfG NJW 1990, 1469 (1470). 961 Poelzig, Normdurchsetzung durch Privatrecht, S. 330; Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 66–71; Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (232). 962 Starck, Woher kommt das Recht?, S. 158. 963 BVerfG NJW 1990, 1469 (1470). 964 Starck, Freiheit und Institutionen, S. 158; zu den Vorteilen unverbindlicher Vertragsklauseln (Absichtserklärungen und Verfahrenshinweisen) Schmitz-Vornmoor, ZKM 2018, 48. 965 Beispielsweise Bundesverband Mediation e. V.; Deutsche Stiftung Mediation; Verband für Mediation in Deutschland e. V.; Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation e. V.; Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V.; Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft; Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. 966 V. a. der einzelne Mediator und die Medianden. 959

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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Eine Vorstellung zur Variationsbreite der verschiedenen Zusammenschlüsse von Fachkreisen vermittelt exemplarisch ein Blick auf den Qualitätsverbund Mediation (QVM), in dem die Vorstände der fünf bundesweit aufgestellten Mediationsverbände (sog. BBBDDVerbände967) zusammenarbeiten. Zu ihnen zählt auch das Deutsche Forum für Mediation e. V., in welchem wiederum 12 Mitgliedsverbände organisiert sind.968 Die vorgeschlagene Anerkennung käme einer TÜV-Zertifizierung der Vertraulich­ keitsregelungen der ausgewählten Anlaufstellen969 gleich.970 Vergleichbar mit der Funktionsweise einer dynamischen Verweisung971 bezöge sie sich immer auf den aktuellen Regelungsstand und böte so zugleich Vielfältigkeit und Beständigkeit. Auf diese Weise würde es der Mediation als Institution ermöglicht, kontinuierlich auf Impulse aus dem eigenen Umfeld zu reagieren und sich auf die Veränderungen zu beziehen.972 Die staatliche Anerkennung ausgewählter privatautonomer Vereinigungen würde zu einem verlässlichen Qualitätsstandard973 in Verfahrensfragen beitragen und wäre somit hilfreich für die Wahrung der Integrität der Mediation als Institution974. Zur Förderung von Transparenz und Reichweite empfiehlt es sich, die Stellen im ­MediationsG zu benennen.975 2. Individualvereinbarung (mit Bezugnahme-Klausel) Der Archetyp privater Selbstregulierung ist die Individualvereinbarung. Im Kontext der Mediation ist es die von den Beteiligten im Rahmen der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit976 zum Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit

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Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ee). Mitgliedsverbände abrufbar unter http://www.deutscher-mediationsrat.de/index.php?​ content=mitgliedsverbaende (Stand: 22.02.2020). 969 In Fachkreisen wurde bereits angeregt, die „konsensuale Streitbeilegung als Bürgerrecht und öffentliches Gut“ auszugestalten und hierzu „private oder öffentliche Mediationsstellen“ zu etablieren, vgl. BAFM 2017 zum Evaluationsbericht S. 6; so auch: Greger, 2017 zum Evaluationsbericht, S. 3; zur Einstufung obligatorischer Konfliktanlaufstellen als verfassungsrechtlich geboten Odrig, ZKM 2019, 28. 970 Zur Wirkungsweise staatlicher Geltungsanordnung, Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. ­52–55. 971 Zur Dogmatik im Zusammenhang mit staatlicher Verweisung auf private Regeln Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 151; zur Verweisung als Gesetzgebungstechnik Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 477–486. 972 Alexander, ZKM 2017, 164. 973 Zum Staat als Träger und Garant der Rechtsordnung Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 49 ff. 974 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. B. I. 975 Als Fortschritt zur vagen Bezeichnung des BMJV als „maßgebliche Mediatoren(…)verbände“ im Entwurf zur ZMediatAusbV vgl. ZMediatAusbVE Bearbeitungsstand: 31.01.2014, S. 11 abrufbar unter https://www.centrale-fuer-mediation.de/media/Verordnungsentwurf(2).pdf (Stand: 22.02.2020). 976 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. A. 968

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

im Einzelfall vereinbarte Vertraulichkeit bestimmter Mediationsinhalte.977 Auf perso­neller Ebene978 empfiehlt es sich, sämtliche Beteiligte zur Verschwiegenheit zu verpflichten.979 Inhaltlich sollten aus der Vereinbarung die vertraulich zu behandelnden Informationen und ihre Grenzen hervorgehen.980 Auf gegenständlicher Schutzebene sollten sämtliche Informationsträger einbezogen sein.981 Die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit der vom Schutzbereich erfassten Inhalte, sowohl unmittelbar durch die Medianden und den Mediator als auch mittelbar durch beteiligte Dritte, müsste deutlich zum Ausdruck kommen. Im Wege einer inter partes wirkenden Vertraulichkeitsabrede können die Medianden nicht wirksam Pflichten zulasten Dritter vereinbaren.982 Insofern bedürfte es auch einer Verpflichtung der Medianden und des Mediators, die von ihnen am Verfahren beteiligten Dritten über die Verschwiegenheitspflicht aufzuklären. Als Referenzpunkte bieten sich §§ 43 a Abs. 2 S. 4–6 BRAO983 als die entsprechenden Regelungen aus dem anwaltlichen Berufsrecht an. Ob eine gänzlich freigestaltete Vereinbarung der Mediationsbeteiligten im Einzelfall ihren Zweck erfüllt und den erwünschten Vertraulichkeitsschutz bietet, darf, gemessen an der Komplexität der Materie, bezweifelt werden. Ohnehin in der Praxis üblich984 und weniger risikobehaftet wäre eine Individualvereinbarung mit Bezugnahme-Klausel auf die Vertraulichkeitsregelung eines einschlägigen Fachverbandes.985 Bevor sich die Beteiligten des Vertragsverhältnisses einer Regelung unterwerfen, sollte ihre Qualität kritisch geprüft werden. 3. Erarbeitung einer Mustervereinbarung Entsprechend der Einladung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an Fachkreise, im Licht des Evaluationsberichts Vorschläge zur Weiterentwicklung der Mediation zu machen986, ließe sich auch eine Kampagne zur Sammlung von konkreten Formulierungsvorschlägen für eine Mustervereinbarung zur Wahrung der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten starten. Eine Musterver 977

Zu Terminologie und Inhalt mediationsbezogener Vereinbarungen Unberath, in: Fischer / ​ Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 51–55; Fischer, in: Fischer / Unberath, Das neue Mediationsgesetz, S. 61–64. 978 Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 979 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. F. 980 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 3. 981 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. I.; Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 2. 982 Goltermann, ZKM 2017, 240 (241); Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 85 f. 983 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c) a. E. 984 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. 985 Goltermann, in: Klowait / Gläßer, HK-­MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 25; Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); Schekahn, JR 2013, 53 (57). 986 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. A. I. 2.

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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einbarung würde, anders als eine Individualvereinbarung (mit und ohne Bezugnahme-Klausel), einen einheitlich (hohen) Regelungsstandard setzen. Die Bewertung der Zweckmäßigkeit der Mustervereinbarung müsste den Fachkreisen vorbehalten sein. Dem Ministerium dürfte nur die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Vereinbarung obliegen.987 Auf personeller, inhaltlicher und gegenständlicher Ebene988 ergeben sich keine Unterschiede zur Ausrichtung einer Individualvereinbarung. Auch die Grenzen des Zulässigen verlaufen parallel.989 Eine Mustervereinbarung würde als sog. Soft Law keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten nach sich ziehen. Nicht staatliche Regelsetzung sollte, um funktionstüchtig zu sein, gewisse strukturelle Anforderungen erfüllen. Diesbezüglich sei es hilfreich, zur Orientierung vier „Organisationsprinzipien für standardsetzende Institutionen“ zu beachten, um einen geeigneten Rahmen für eine Mustervereinbarung zu finden.990 Erstens: Expertise, da Expertenwissen Autorität verleihe ohne Einbußen in Neutralität oder Unabhängigkeit.991 Der mit der Anfrage verbundene Einzelaufwand dürfte gering sein, da die Regelwerke der meisten Organisationen bereits eine Regelung zur Vertraulichkeitsthematik enthalten.992 Zum besseren Verständnis und zur vereinfachten Umsetzung aufseiten des Bundesministeriums wäre eine Kurzdarstellung seitens des privaten Initianten bzgl. der Vorzüge seiner Regelungsausgestaltung sinnvoll.993 Zweitens: Repräsentation, da es durch die Einbeziehung der Betroffenen und ihrer Interessenvertreter wahrscheinlicher wird, sämtliche relevante Aspekte der Standardsetzung zu beachten.994 Drittens: Nutzerorientierung, da nur ein am Bedürfnis der Nutzer orientierter Standard995 die gewünschte Wirkung der Verbesserung, hier des Vertraulichkeitsschutzes, entfalten wird. Referenzpunkte könnten in dieser Hinsicht die vorstehenden Ergebnisse der unter dieser Prämisse erfolgten Untersuchungen bieten. Viertens: Partizipation. Dieses Prinzip widmet sich der Legitimationsfrage nicht staatlicher Regelsetzung angesichts des Risikos übermäßiger inhaltlicher Ein­ flussnahme auf die Regelungsgestaltung durch finanzielle Dominanz einer Seite.996 Unter Beachtung des vorstehenden Aspekts wäre es zweckmäßig, die angeregte Anfrage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an ein möglichst 987 Zur gleich gerichteten Kompetenzverteilung im Zusammenhang mit einem Vorschlag für einen Deutschen Konfliktmanagementkodex für Unternehmen Steffek, ZKM 2019, 4 (6). 988 Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 989 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. A.; Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1.; Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 1. 990 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 242 m. w. N. 991 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 243 f. 992 Beispiel in Fußnote 616. 993 Zu Gestaltungsmöglichkeiten für Rechtswirkungsforschung, Schwintowski, NAWI, S. 38 ff. 994 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 244. 995 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 245. 996 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 245 f.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

breites Spektrum von Adressaten zu richten. So würde der Vorteil einer staatlichen Koordination bzw. der Zusammenarbeit staatlicher und nicht staatlicher Institutionen in Gestalt einer regulierenden Kontrollinstanz fruchtbar gemacht, indem zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Berücksichtigung einzelner (Lobby-)Interessen eine pluralistische institutsübergreifende Öffentlichkeit geschaffen würde. Zur Verdeutlichung der Regelungsmöglichkeit und als erster Schritt in Richtung der befürworteten Diversitätsförderung soll der nachfolgende Formulierungsvorschlag dienen997: „Ziffer 1: 1 Der Mediator und die Medianden sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2 Diese Pflicht bezieht sich auf vertrauliche Mediationsinhalte. 3 Sie gilt somit ungeachtet anderer Vorschriften in der Regel nicht für Informationen, von denen sie nicht nur im Kontext des Mediationsverfahrens Kenntnis erlangt haben oder deren Offenlegung gesetzlich geboten ist. 4  Der Mediator und die Medianden verpflichten sich ferner, die vertraulichen Informationen nur zu Zwecken des Mediationsverfahrens zu verwenden sowie nach Verfahrensbeendigung erlangte Informationsträger zurückzugeben und erstellte Informationsträger sicher zu verwahren oder zu vernichten. Ziffer 2: Der Mediator und die Medianden verpflichten sich, soweit erforderlich, von ihnen am Verfahren beteiligte Dritte entsprechend Ziffer 1 zur Verschwiegenheit zu verpflichten.“

Die Ausgestaltung der Vereinbarung als lex imperfecta998 ist einer strafbewehrten Vertraulichkeitsregelung gegenüber regelmäßig vorzugswürdig, da sich eine Haftung ohnehin aus Vertragsrecht ergibt.999 Eine strafende Konnotation liefe der Grundannahme zu den Beteiligten entgegen, nach der diese aufgrund von emotionaler oder wirtschaftlicher Verbundenheit oder Not, ein authentisches Interesse an der nachhaltigen Beilegung eines Konflikts haben.1000 Der Regelungsbereich des Mustervorschlags wirkt auf personeller (angelehnt an §§ 43 a Abs. 2 S. 4–6 BRAO), inhaltlicher und gegenständlicher Ebene und vermag es so, extern-außerprozessuale Vertraulichkeit zu schützen. III. Ergebnis Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit legt das Zulässige im Umgang mit Informationen aus der Mediation in sämtlichen Bereichen fest, die keinen Berührungspunkt mit gerichtlichen Verfahren haben. Kennzeichnend ist folglich, dass die Behandlung von Mediationsinhalten in diesem Bereich keinem einheitlichen Regelwerk unterworfen ist. Verschiedene Wege führen zu einem ganzheitlichen Erweiterungskonzept für den Schutzbereich extern-außerprozessualer Vertraulich 997 Der Formulierungsvorschlag enthält kein Verbot, den Mediator als Zeugen zu benennen, da aus Sicht der Verfasserin eine andere Handhabung zum bestmöglichen Schutz führt, vgl. nachfolgendes Ergebnis. 998 Lat. Begriff für ein „unvollständiges Gesetz“, eine Vorschrift ohne normierte Rechtsfolge. 999 Vgl. hierzu die allgemeingültigen Ausführungen in Zw. Teil. Kap. 2. B. 1000 Vgl. Erst. Teil. Einf. a. E.

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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keit. Entscheidend ist jeweils die Verzahnung von heteronomen und autonomen Regelungen. Schlussendlich ist deshalb eine Kombination von gesetzlichen Regelungen und selbstregulatorischen Initiativen aus der Mediationspraxis zweckmäßig. Zum Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit ist die Ausweitung der Verschwiegenheitspflicht auf die Medianden und beteiligte Dritte, wie sie § 4 S. 1 ­MediationsG für den Mediator und seine Hilfspersonen statuiert, essenziell. Eine heteronome Erweiterung des Adressatenkreises von § 4 S. 1 ­MediationsG1001 und Ausweitung der Informationspflicht des Mediators aus § 4 S. 4 ­MediationsG1002 sind das Fundament einer prinzipiengeleiteten, effektiven Regelung zum Schutz extern-außerprozessualer Vertraulichkeit. Die konkrete Prüfung der einzelnen Gestaltungsansätze für vertraulichkeitserweiternde Vereinbarungen ergab, dass eine heteronom organisierte autonome Gestaltung einer Mustervereinbarung1003 die Vorteile sowohl einer gesetzlich verankerten Mustervereinbarung1004 als auch einer rein autonomen Individualvereinbarung1005 bestmöglich in sich vereint und deshalb den Vorzug verdient. Eine zusätzliche Ausweitung der Informationspflicht des Mediators aus § 4 S. 4 ­MediationsG bzgl. der Mustervereinbarung bietet sich an. Das Fundament dispositiver Regelungen erfüllt für sich genommen einen Basisschutz der Vertraulichkeit. Es kann jedoch auch teilweise oder in Gänze abbedungen und durch die Mustervereinbarung (bzw. eine ggf. hieran ausgerichtete Individualvereinbarung) ergänzt oder ersetzt werden. Gepaart mit der staatlichen Anerkennung ausgewählter privatrechtlich organisierter Repräsentanten1006 wird zugleich die zur guten Weiterentwicklung der Mediation erforderliche Flexibilität gewahrt, Innovationsfortschritt ermöglicht und die Vielfalt an Regelungsmodellen zum Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten erweitert.

C. Extern-prozessuale Vertraulichkeit Die extern-prozessuale Vertraulichkeit betrifft den Umgang der Medianden, des Mediators und Dritter mit Informationen aus dem Mediationsverfahren im Zusammenhang mit einem Verfahren vor einem Zivil- oder Schiedsgericht.1007 Die vor­ stehend untersuchten Maßnahmen zum Schutz des Bereichs extern-außerprozessualer Vertraulichkeit decken zugleich weite Teile des Bereichs extern-prozessualer Vertraulichkeit ab und sind insoweit auch in diesem Zusammenhang zur Wahrung der Vertraulichkeit empfehlenswert. Daneben machen spezifische Aspekte des Bereichs extern-prozessualer Vertraulichkeit zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich. Lösungsvorschläge müssen, um praxistauglich zu sein, die Interessen 1001

Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. I. 1. Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. I. 4. 1003 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. II. 3. 1004 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. I. 2. 1005 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. II. 2. 1006 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. II. 1. 1007 Vgl. Zw. Teil. Kap. 1. A. II. 3. 1002

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

aller relevanten Bezugspunkte im Blick behalten, sie gegeneinander abwägen und in Ausgleich bringen. Im Kontext eines Gerichtsverfahrens stehen das Interesse der Rechtspflege an der Wahrheitsfindung im Zivilprozess, das Interesse der Medianden an Schutz vor zweckwidrigem Einsatz in einer Mediation erlangter Informationen sowie ihr Interesse an Schutz vor beweisrechtlicher Schlechterstellung bei Nichtentbindung und das Interesse des Mediators, keinem Aussagezwang aus­ geliefert zu sein, im Mittelpunkt. I. Heteronome Regelungsmöglichkeiten Zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit kommen aus Sicht des Gesetzgebers1008 sowohl prozessrechtliche Verfahrensregeln als auch materiell rechtliche Regelungen in Betracht. 1. Verfahrensrecht Verfahrensrecht ist formelles Recht und dient der Verwirklichung der Rechts­ ordnung.1009 Prozessrechtliche Verfahrensregelungen bieten sich als ein Anknüpfungspunkt zur Verhinderung der Preisgabe vertraulicher Mediationsinhalte in einem Gerichtsverfahren an: Diese Vorschriften steuern den Ablauf eines Prozesses, das Verhalten von Gericht und Parteien1010 und prägen so potenziell auch den Umfang dessen, was als „Inhalt der Verhandlung“ i. S. d. § 286 ZPO zur Grundlage für die freie Beweiswürdigung wird.1011 a) Einschränkung des prozessualen Verhandlungsinhalts Ließen sich bestimmte Mediationsinhalte vom „Inhalt der Verhandlung“ i. S. d. § 286 ZPO ausnehmen, wäre dies zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit nützlich. aa) Aktuelle Rechtslage Die normative Herleitung und dogmatisch-systematische Bewertung von Einschränkungen in der Berücksichtigung von Parteivortrag im Speziellen und von 1008

Vgl. zu Heteronomität von Regelungen Zw. Teil. Kap. 5. A. I. Köbler, Juristisches Wörterbuch, Recht. 1010 Musielak, in: Musielak / Voit, ZPO, Einl. Rn. 26. 1011 Z. B. durch zeitliche Begrenzung von Vortragsmöglichkeiten (§ 296 ZPO) oder beweisrechtliche Vorgaben; vgl. zur richterlichen Beweiswürdigung Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. b) cc) (2). 1009

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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Beweisverwertungsverboten im Zivilprozess generell sind seit jeher umstritten.1012 Positiv gesetzliche Beweisverwertungsverbote enthält die ZPO nicht.1013 Für den Zivilprozess gilt i. d. R., dass der Vortrag der Parteien (vgl. § 137 Abs. 2, 3 ZPO) vom Gericht unter der Prämisse der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG) vollständig zu berücksichtigen ist.1014 Verstößt die Beschaffung oder Benutzung von Beweismitteln gegen einfaches Recht (z. B. den § 4 ­MediationsG mit erweitertem Adressatenkreis1015) oder ist die Verschaffungshandlung aus anderen Gründen unzulässig, führt dies nicht automatisch zur Unverwertbarkeit der Erkenntnisse durch ein prozessuales Verwertungsverbot.1016 Gleichwohl ist unzulässige oder fehlerhafte Beweiserhebung im Zivilprozess nicht unbeachtlich, es werden vielmehr „am Schutzzweck orientierte, subjektivrechtliche und abwägungsorientierte Ansätze zur Begründung des Beweisverwertungsverbotes vertreten“1017. Gegeneinander abzuwägen sind im prozessualen Kontext von Zulässigkeitsfragen einer Beweisverwertung einerseits Verfahrensgrundrechte1018, die als Ausgleich für das Gewaltmonopol des Staates1019 und das Verbot, Selbstjustiz zu üben, dem Grundrechtsträger zu wirksamem Rechtsschutz verhelfen sollen, und andererseits Freiheits- oder Gleichheitsgrundrechte, die von der konkreten Beweismöglichkeit bzw. dem Beweisverfahren1020 tangiert werden.1021 Zu beachten ist stets auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.1022 1012 Balthasar, JuS 2008, 35; Laumen, MDR 2018, 966 (967); Fuhlrott / Oltmanns, NZA 2018, 413; H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 286 Teil B Rn. 17 f.; Muthorst, Das Beweisverbot, S. 92–119; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 309 ff; Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag. 1013 H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 286 Teil B Rn. 7. 1014 Vgl. Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1., Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 1.; Schekahn, JR 2013, 53 (57); Fuhlrott / ​Oltmanns, NZA 2018, 413 m. w. N.; Fritsche, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 1, § 137 Rn. 8; Kern, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 2, § 137 Rn. 19; Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag, S. 36 ff., 213. 1015 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. B. I. 1. 1016 Greger, in: Zöller, ZPO, § 286 Rn. 15 a; Nober, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 286 Rn. 54. 1017 Muthorst, Das Beweisverbot, S. 94; zur (historischen) Diskussion über den Begriff des subjektiven Rechts, Kaufmann, in: Borowski / Paulson / Sieckmann, Rechtsphilosophie und Grundrechtstheorie, S. 665. 1018 Vgl. Art. 19 Abs. 4, 101, 103 GG. 1019 Wagner, Prozeßverträge, S. 59 f.; zum Gewaltmonopol als Wesensmerkmal des Staates, Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 119 ff. 1020 Zur Doppeldeutigkeit des Begriffs Beweismittel Drehsen, Der gerichtliche Augenschein im Zivilprozess, S. 136. 1021 Muthorst, Das Beweisverbot, S. 161 f.; zur Bindung des Staates durch Schutzpflichten Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 522 ff.; Laumen, MDR 2018, 966 (968 f.); in der von Laumen kommentierten Entscheidung hat sich der BGH grundsätzlich für die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen in Verkehrsunfallprozessen ausgesprochen, vgl. BGH MDR 2018, 990; er stellte in dieser viel beachteten Entscheidung das Interesse des Beweisführers und Klägers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör i. V. m. dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des beklagten Beweisgegners gegenüber. 1022 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. A. I. 1.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

Ein Beweisverwertungsverbot kann einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in das Recht auf effektiven Rechtsschutz einer Partei nach dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch1023 oder ihren Anspruch auf rechtliches Gehör1024 darstellen. Aufgrund der mittelbaren Drittwirkung1025 von Grundrechten müssen sich Auswirkungen privater Beweiserlangung ggf. auch an verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechten messen lassen.1026 Eine gerichtliche Unverwertbarkeit des gegnerischen Vortrags kann gerechtfertigt sein, soweit die geschützte Partei im Einzelfall eine schwerwiegendere Grundrechtsposition innehat.1027 Im Kontext des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten wird in aller Regel ein Verstoß gegen das gem. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Allgemeine Persönlichkeitsrecht1028 im Raum stehen.1029 Das Grundrecht gewährt dem Rechtsträger die Befugnis, zu bestimmen, für wen der Kommunikationsinhalt zugänglich sein soll1030, und begünstigt so den Schutz des Geheimhaltungsinteresses der Medianden hinsichtlich der im Rahmen einer Mediation preisgegebenen vertraulichen Informationen. Die Zuordnung der preisgegebenen Informationen in die verfassungsrechtlich geprägten Schutzsphären spielt für die Abwägung auch eine Rolle: Mangels Sozialbezug, wie in Bereichen der Teilnahme am öffentlichen Leben, sind Mediationsinhalte i. d. R. der sog. Privat- oder Geheimsphäre zuzuordnen und können deswegen eine höhere Schutzwürdigkeit beanspruchen.1031 Auf welche Weise bei Überwiegen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des „Vertrauensgebers“ die Berücksichtigung des Parteivortrags der anderen Partei eingeschränkt wird, ist als Ausfluss des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung Gegenstand von Richterrecht1032 und außerhalb des Einflussbereichs der Parteien1033. Im Zuge der grundrechtskonformen Auslegung der Verfahrensnormen durch die Rechtsprechung1034 differen 1023

Vgl. die ausführliche Darstellung des Spannungsverhältnisses unter Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1. Musielak, in: Musielak / Voit, ZPO, Einl. Rn. 28; Schreiber, ZZP 122 2009, 227 (232). 1025 Zu den zwei vom BVerfG verfolgten Arten der Grundrechtseinwirkung auf das Privatrecht Hellgardt, Regulierung und Privatrecht, S. 269 ff. m. w. N.; Starck, Woher kommt das Recht?, S. 161 ff. 1026 Kirchhof, Private Rechtsetzung, S. 517–522; Muthorst, Das Beweisverbot, S. 110 f., 1­ 51–173. 1027 Fuhlrott / Oltmanns, NZA 2018, 413; H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 286 Teil B Rn. 12; zu Rechtfertigungsgründen eines Eingriffs Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 282–305; Schreiber, ZZP 122 2009, 227 (229). 1028 Zu möglichen Auswirkungen informationeller Verwendung von Beweismitteln auf das APR Muthorst, Das Beweisverbot, S. 115 ff. 1029 So auch: Kreissl, SchiedsVZ 2012, 230 (242); Gehle, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / ​ Hartmann, ZPO, Grdz. § 371 Rn. 14; zur „Quasi-Grundrechtswidrigkeit“ und der beweisrechtlichen Konsequenzen von Grundrechtsverstößen Muthorst, Das Beweisverbot, S. 98, 108–115. 1030 BVerfG NJW 2002, 3619 (3621). 1031 Laumen, MDR 2018, 966 (969). 1032 Zur richterlichen Rechtserkenntnis durch juristische Auslegung Aleixo, Verantwortbares Richterrecht, S. 192 f. 1033 Reinhard, NZA 2016, 1233 (1239). 1034 H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 7 Rn. 59–61; zur Rechtsprechung von 1991 Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, S. 310 f., 322 f. 1024

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ziere diese insbesondere zwischen zwei Rechtsinstituten: dem Beweisverwertungsverbot, welches dem erkennenden Gericht die Verwertung bestimmter Beweise bzgl. streitiger Tatsachen im Zuge der Entscheidungsfindung untersage und dem Sachvortrags(-verwertungs-)verbot1035, welches die Berücksichtigung vorgetragener, auch unstreitig gebliebener Tatsachen auf dem Weg zum Urteil untersage.1036 bb) Normierung eines Katalogs zulässiger Beweise Anstatt über eine negative Abgrenzung festzulegen, welcher Verhandlungsinhalt in einem auf ein Mediationsverfahren folgenden Zivilprozess unzulässig ist, könnte der Gesetzgeber das Prozessrecht um eine die zulässigen Beweismittel auflistende Vorschrift erweitern. Durch die Ausrichtung des Schutzbereichs an den Informationsträgern1037 stünde der Vertraulichkeitsschutz auf gegenständlicher Ebene1038 im Fokus. Art. 6 des Vorschlags der Europäischen Kommission1039 zur Gestaltung der ­Mediations-RL war entsprechend ausgestaltet1040, ist aber nicht Richtlinienwirklichkeit geworden. Im Vorschlag war eine Ausnahme von der Schweigepflicht vorgesehen, für Informationen, die unabhängig von dem Mediationsverfahren in einem Zivilprozess als zulässiges Beweismaterial hätten eingeführt werden können.1041 Die Materialien zur M ­ ediations-RL geben keinen Aufschluss darüber, weshalb Art. 6 des Vorschlags nicht umgesetzt wurde. Aus einer Betrachtung von Vorschlag und Richtlinie als Gesamtregelungsgefüge scheint Art. 6 „Zulässigkeit von Beweisen in Gerichtsverfahren in Zivilsachen“ des Richtlinienvorschlags, in Art. 7  „Vertraulichkeit der Mediation der ­Mediations-RL“ aufgegangen zu sein. Im Ergebnis wurde die Frage nach dem Umgang mit Mediationsinhalten auf europäischer Ebene somit aus der Perspektive der Mediation und nicht aus der Perspektive des Zivil 1035

Vgl. OLG Karlsruhe NJW 2000, 1577 (1578). Fuhlrott / Oltmanns, NZA 2018, 413. 1037 D. h. den zulässigen Beweismitteln. 1038 Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 1039 Damals noch der EG-Kommission. 1040 Art. 6 Richtlinienvorschlag, KOM (2004) 718: „Artikel 6 – Zulässigkeit von Beweisen in Gerichtsverfahren in Zivilsachen 1. Mediatoren und Personen, die in die Abwicklung von Mediationsdiensten eingebunden sind, sagen in Gerichtsverfahren in Zivilsachen nicht über folgende Angelegenheiten aus: (…) 2. Absatz 1 gilt unabhängig von der Form der Information oder des Beweises, auf die sich die Aussage bezieht. 3. Gerichte oder andere justizielle Instanzen ordnen in Gerichtsverfahren in Zivilsachen die Preisgabe von Informationen nach Absatz 1 nicht an. Werden solche Informationen im Widerspruch zu Absatz 1 als Beweis vorgebracht, werden derartige Beweise als unzulässig betrachtet. Solche Informationen können jedoch preisgegeben oder als Beweis zugelassen werden, (…) 4. Die Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 gelten unabhängig davon, ob sich das Gerichtsverfahren auf den Streit bezieht, der Gegenstand der Mediation ist oder war. 5. Vorbehaltlich des Absatzes 1 werden Beweise, die sonst in Zivilverfahren zulässig gewesen wären, nicht als Folge ihrer Verwendung im Rahmen der Mediation unzulässig.“. 1041 Art. 6 Abs. 5 Richtlinienvorschlag, KOM (2004) 718. 1036

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prozesses beantwortet. Das ist insoweit unter Kompatibilitätsaspekten begrüßenswert, da der Normaufbau des Richtlinienvorschlags dogmatisch dem in der ZPO vorherrschenden Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die Beweisführung grundsätzlich zulässig ist1042, widerspricht. Einer Schutzerweiterung auf gegenständlicher Ebene über einen Katalog zulässiger Beweise mangelt es gesetzestechnisch an Systemkonformität. Der hieraus potenziell erwachsende Zielkonflikt macht diese Regelungsmöglichkeit unvorteilhaft. cc) Normierung einer prozessualen Einrede Ein dispositives gesetzliches Beweisverwertungsverbot (nach dem Vorbild des Rechtsinstituts zum Vertraulichkeitsschutz im US-amerikanischen Recht, dem sog. privilege1043) wurde vielfach befürwortet.1044 Der Bundesrat sprach sich in seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren zum ­MediationsG ausdrücklich für „ein (dispositives) gesetzliches Beweiserhebungs- bzw. Vortragsverbot“ aus. Ausgestaltet als Auffangregelung würde es nur greifen, soweit (versehentlich aus Überforderung oder bewusst zur Entlastung) zu Beginn der Mediation keine (abweichenden) Individualregelungen getroffen wurden.1045 Gesetzgebungstechnisch käme eine im Verfahrensrecht verankerte „Vertraulich­ keitseinrede“ in Betracht, die zu einer Zurückweisung des Parteivortrags als unzulässig führte, soweit dieser nur durch einen Vertraulichkeitsbruch möglich wurde1046. Die Rechtswissenschaft bezeichnet Umstände, die eine Verweigerung der Erfüllung eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs ermöglichen, seit jeher als Einreden des materiellen Rechts.1047 Dem entspricht auch das Begriffs­ verständnis im Prozessrecht, wonach eine Tatsachenbehauptung des Beklagten, die er vorträgt, um sich gegen eine klägerische Forderung zu verteidigen, ohne diese zu bestreiten, eine Einrede ist.1048 Zur dogmatischen Konstruktion einer Einrede der Vertraulichkeit ist eine Orientierung am Mechanismus der Relationstechnik, nach der nur über relevante und streitige Tatsachen Beweis erhoben werden darf 1049, ratsam. Eine prozessrechtliche 1042

Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. a) aa). Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. A. II.; Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 257. 1044 Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 110; Eidenmüller / Prause, NJW 2008, 2737 (2741); Beck, Mediation und Vertraulichkeit, S. 323 f.; BT-Drs. 17/5335, S. 32; Unberath, JZ 2010, 975 (978). 1045 BT-Drs. 17/5335, S. 32. 1046 So auch: Peters, JR 2009, 314 (318); Bösch / Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (191). 1047 Roth, Die Einrede, S. 1 m. w. N. 1048 Roth, Die Einrede, S. 1 f.; zur genauen dogmatischen Verortung der Einrede zwischen materiellem und Prozessrecht Roth, Die Einrede, S. 302–305. 1049 Theimer / Theimer, Mustertexte zum Zivilprozeß. Band 2, § 17 Rn. 23 f.; Thole, in: Stein / ​ ­Jonas, ZPO, Band 4, § 284 Rn. 14; Smid, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 3, § 139 Rn. 111. 1043

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Regelung zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit dürfte folglich nur an die Art der Verwendung im Tatsachenvortrag der ehemaligen Medianden und nunmehr Parteien eines Zivilprozesses und nicht an die Art der Gewinnung1050 oder den Inhalt selbst anknüpfen: Es müsste möglich und ausreichend sein, dass die betroffene Partei bestimmte Teile des Sachvortrags der Gegenseite als vertrauliche aus dem Mediationsverfahren gewonnene Information zurückweist1051 bzw. Beweismittel, die in der Mediation gewonnen wurden (v. a. Zeugen-, Sachverständigen- und Urkundsbeweise1052) als unzulässig zurückweist. Der betroffenen Partei oblägen verfahrensdogmatisch die Darlegung und der Beweis der Informationsquelle der Gegenseite.1053 Soweit dies gelingt, dürfte dieser Teil des Sachvortrags vom Gericht bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt werden.1054 Eine derartige „Einrede der Vertraulichkeit“ könnte wie folgt lauten: „Parteivortrag, mit dem ein Bruch der Vertraulichkeit von Mediationsinhalten einhergeht, hat das Gericht als unzulässig zurückzuweisen, soweit eine der Parteien dies rechtzeitig rügt.“

Den Weg zu einer andersartigen, vergleichbar sachgerechten und effektiven dogmatischen Konstruktion scheint versperrt, wie das im Folgenden skizzierte Dilemma1055 zeigt: Soweit die eine Partei der Wahrheit entsprechende, vertrauliche Mediationsinhalte vor Gericht vorträgt und die andere betroffene Partei kein Recht auf eine „Vertraulichkeitseinrede“ hätte, dürfte sie gemessen an der prozessualen Wahrheitspflicht (vgl. § 138 Abs. 1 ZPO) nicht widersprechen. Infolgedessen dürfte und müsste das Gericht wegen des Beibringungsgrundsatzes die nicht ausdrücklich bestrittene Tatsache als zugestanden i. S. d. § 138 Abs. 3 ZPO, gleich einem Geständnis mit den Wirkungen des § 288 Abs. 1 ZPO (ohne gerichtliche Beweis­ erhebung) behandeln.1056 Die vertraulichen Informationen würden in die gerichtliche Entscheidung einfließen. Stellte die betroffene Partei, um dies zu verhindern, den Sachvortrag streitig, verstieße sie einerseits gegen den nicht zu ihrer Disposition stehenden Verfahrensgrundsatz der Wahrheitspflicht und das Gericht müsste andererseits, soweit die Inhalte relevant sind, Beweis über sie erheben.1057 Die vertraulichen Inhalte würden somit als Ergebnis der Beweisaufnahme (vgl. § 284 ZPO) in die Gerichtsentscheidung einfließen. Zudem kann eine Verletzung der Wahrheitspflicht über den konkreten Aspekt hinaus die Glaubwürdigkeit der Partei auch 1050 Zu rechtswidrig entstandenen oder beschafften Beweismitteln H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 286 Teil B Rn. 1–5. 1051 Peters, JR 2009, 314 (317). 1052 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 38. 1053 So auch: Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151). 1054 Peters, JR 2009, 314 (317); a. A. H.-J. Ahrens, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, Vor § 286 Teil B Rn. 25 f. 1055 So auch: Schreiber, ZZP 122 2009, 227; Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151); Weigel, NJOZ 2015, 41 (43). 1056 Kern, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 2, § 138 Rn. 35 ff.; Anders, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 138 Rn. 37, 43; Schreiber, ZZP 122 2009, 227 (228). 1057 Nober, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 286 Rn. 31; Fritsche, in: ­Krüger / ​Rauscher, MüKoZPO, Band 1, § 138 Rn. 12.

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in anderen Punkten erschüttern.1058 Ein Ausweg aus dem Dilemma leerlaufender Beweisverwertungsverbote sei in der Wertung zu finden, dass die prozessuale Duldung und Verwertung des Parteivortrags über Tatsachen, von denen die vortragende Partei unter Missachtung der Grundrechte der anderen Partei Kenntnis erlangt hat, bereits einen grundrechtsrelevanten Eingriff darstelle.1059 Die betroffene Partei solle die grundrechtswidrige Informationserlangung rügen dürfen mit der Folge, dass die Geständnisfiktion nicht eintritt und die Tatsache nicht als zugestanden gilt. Die Ausgangssituation weicht entscheidend von der hier untersuchten Konstellation ab, da die vertraulichen Mediationsinhalte nicht auf rechtswidrige Weise beschafft wurden. Wollte man der vorstehenden Wertung folgen und über eine teleologische Reduktion der Geständnisfiktion1060 zu einem Sachvortragsverbot bzgl. des Vortrags von Tatsachen, von denen unter Missachtung verfassungsrechtlicher Positionen Kenntnis erlangt wurde, kommen, so müsste zur Vermeidung einer Überkompensation die Folgenbewertung des Vortrags von Tatsachen, von denen in rechtmäßiger Weise Kenntnis erlangt wurde, milder ausfallen. Diesem Unterschied dürfte mit einer „Vertraulichkeitseinrede“ und entsprechender Beweislast bei der betroffenen Partei dogmatisch Rechnung getragen werden können. dd) Praxistauglichkeit einer Einschränkung des prozessualen Verhandlungsinhalts Von einem eher ungewohnten Standpunkt aus beurteilt, sei die Vorgabe, Partei­ vortrag vor Gericht nur eingeschränkt oder gar nicht zu berücksichtigen, nur bedingt umsetzbar, da hierzu eine neutrale und unbeeinflusste richterliche Entscheidungsfindung erforderlich sei, die es in der Realität nicht gebe. Ein entsprechendes Trugbild habe sich in der Rechtswissenschaft infolge fehlender Auseinandersetzung mit dem Einfluss von Heuristik auf Gerichtsentscheidungen entwickeln können. Zur Begründung dieser vereinzelt vertretenen These werden verschiedene Argumente und Statistiken angeführt.1061 Schwerpunktmäßig wird damit argumentiert, dass das Gehirn automatisch alles Bekannte in die Entscheidungsfindung einfließen lasse, ohne dass sich bekannte Informationen ausblenden ließen, die aus juristischen Gründen ausgeblendet werden müssten.1062 Dies habe zur Folge, dass auch als unzulässig erkannte und zurückgewiesene Beweismittel die Entscheidung von Gerichten beeinflussten.1063 Angelehnt an das amerikanische Sprichwort You can’t unring a bell ergebe sich mit Blick auf anwaltliche Prozesstaktik die Frage, ob es i. E. trotz ethischer Bedenken vorteilhaft ist, gezielt unzulässige (beispiels-

1058

Fritsche, in: Krüger / Rauscher, MüKoZPO, Band 1, § 138 Rn. 15. Schreiber, ZZP 122 2009, 227 (229). 1060 Schreiber, ZZP 122 2009, 227 (241 f.). 1061 Risse, NJW 2018, 2848. 1062 Risse, NJW 2018, 2848 (2849). 1063 Risse, NJW 2018, 2848 (2850); s. auch Risse / Reichert, NJW 2008, 3680 (3681). 1059

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weise einer wirksamen Vertraulichkeitsvereinbarung unterliegende) Informationen in einen Prozess einzuführen, um so die Gerichtsentscheidung zugunsten seines Mandanten zu beeinflussen.1064 Diese Frage soll eine experimentelle, interdisziplinäre, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit psychologisch-juristischen Themen anstoßen und zielt auf eine Verbesserung richterlicher und juristischer Entscheidungsfindung ab.1065 Die dargestellte Perspektive dient im Rahmen der Erörterung möglicher heteronomer Regelungen zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit in Gestalt von Verfahrensregeln zur Sensibilisierung für die Vielschichtigkeit der Thematik. Dabei wird weiterhin ein konstruktiver Ansatz verfolgt, der die Schutzerweiterung nicht von ihrem Missbrauchspotenzial her definiert. b) Normierung eines Vernehmungsverbots Der Gesetzgeber könnte den Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit durch ein gesetzliches Verbot der Vernehmung des Mediators als Zeugen erweitern. Ein solches Vernehmungsverbot käme dem Schutzbedürfnis des Mediators vor einem Aussagezwang zugute, indem den Medianden die Entbindungsmöglichkeit nach § 385 ZPO entzogen würde. Einen Orientierungspunkt zur gesetzlichen Ausgestaltung böte das österrei­ ediationsG. Das österreichische Mediationsgesetz ist im chische Pendant zum M Jahr 2003 als Bundesgesetz über Mediation in Zivilrechtssachen1066 erlassen worden und im Jahr 2004 in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang ist u. a. § 320 der österreichischen Zivilprozessordnung (Unzulässigkeit und Verweigerung des Zeugnisses) so geändert worden, dass die sog. eingetragenen Mediatoren1067 „unter keinen Umständen“1068 als Zeugen vor einem Zivilgericht aussagen dürfen. Ausnahmen zu dem Verbot, wie etwa die Verzichts- bzw. Entbindungsmöglichkeit der Medianden oder des Mediators selbst, gibt es nicht.1069 In der Regierungsvorlage heißt es zur Erläuterung, dass es sich nicht um ein „Entschlagungsrecht (…), sondern vielmehr um ein amtswegig zu beachtendes Beweisaufnahmeverbot“1070 handelt. Zur Begründung verweist die Regierungsvorlage auf Ergebnisse eines vorausgegangenen Begutachtungsverfahrens, wonach eine ausnahmslose Verschwiegenheit des Mediators ganz wesentlich für die Bereitschaft der Medianden sei, sich im Rahmen der Mediation gegenüber dem Mediator zu öffnen. Die Regelung soll zudem

1064

Risse, NJW 2018, 2848 (2850, 2852); vgl. schon Risse / Reichert, NJW 2008, 3680 (3681). Risse, NJW 2018, 2848 (2853). 1066 BGBl. I Nr. 29/2003. 1067 Vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 2; 8 ff. ZivMediatG. 1068 Regierungsvorlage ZivMediatG, S. 28. 1069 Pitkowitz, SchiedsVZ 2005, 81 (86 f.). 1070 Regierungsvorlage ZivMediatG, S. 28. 1065

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ausdrücklich zur Vermeidung von Schwierigkeiten des erkennenden Gerichts im Rahmen der Beweiswürdigung im Falle einer einseitigen Entbindung dienen.1071 c) Erweiterung der ZPO um ein Buch zum Mediationsverfahren Den gesetzlichen Rahmen staatlicher Regelungen im Kontext eines Mediationsverfahrens könnte ein eigenes Buch zum Mediationsverfahren bilden1072, in Anlehnung an die Vorschriften zum schiedsrichterlichen Verfahren in der ZPO1073. Das 10. Buch der ZPO gewährt die Möglichkeit, private Gerichtsbarkeit auszuüben1074, indem es weitgehend dispositive allgemeine Regelungen zu Entscheidungen über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i. S. v. § 13 GVG sowie echte Parteistreitigkeiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei entsprechender Vereinbarung der Parteien, den staatlichen Gerichten entzieht und privaten Schiedsgerichten überträgt.1075 Durch die Reform des 10. Buches der ZPO im Jahr 1997 übernahm der deutsche Gesetzgeber, neben Gesetzgebern anderer Staaten, die Regelungen des UNICITRALModell­gesetzes über die internationale Handelsgerichtsbarkeit1076 für das nationale Verfahren und trug hiermit zu einer weitgehenden globalen Harmonisierung des Schiedsverfahrensrechts bei.1077 Das Schiedsverfahren ist nicht Teil des Zivilprozesses, sondern ein eigenständiges, unabhängiges Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung.1078 Solange keine unmittelbar staatlichen Interessen berührt sind, bedarf es (aus verfassungsrechtlicher Sicht) keiner Einschränkung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit.1079 Die partielle Überführung der Konfliktbearbeitung in Systeme außerhalb des zivilprozessualen Regelverfahrens beruht auf dem Grundsatz der Privatautonomie und ist verfassungskonform, soweit – und diesbezüglich sind private Schiedssprüche von staatlichen Gerichten überprüfbar (vgl. § 1062 ZPO) – sich die Beteiligten freiwillig der privaten Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen und die Unparteilichkeit des Schiedsgerichts sowie verfahrensrechtliche Mindeststandards gesichert sind.1080 Letzterem trägt die in § 1042 ZPO normierte zwingende 1071

Regierungsvorlage ZivMediatG, S. 28. Duve, AnwBl 2004, 1 (6); Steffek, ZEuP 2010, 438 (440); i. E. zustimmend: Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 183 f. 1073 Vgl. §§ 1025–1066 ZPO. 1074 Geimer, in: Zöller, ZPO, Vor § 1025 Rn. 1; zur Begrifflichkeit „echte Rechtsprechung“ Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 7 ff., 418. 1075 Musielak, in: Musielak / Voit, ZPO, Einl. Rn. 24; Voit, in: Musielak / Voit, ZPO, § 1025 Rn. 1. 1076 UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (1985) abrufbar unter https://uncitral.un.org/sites/uncitral.un.org/files/media-documents/uncitral/en/0654671_ebook. pdf (Stand: 22.02.2020). 1077 Saenger, in: Saenger / Eberl / Eberl, Schiedsverfahren, Abschnitt 1 K3; BGBl. I 1997 S. 3224. 1078 Saenger, in: Saenger / Eberl / Eberl, Schiedsverfahren, Abschnitt 1 K6, K9. 1079 Geimer, in: Zöller, ZPO, Vor § 1025 Rn. 3; Voit, in: Musielak / Voit, ZPO, § 1025 Rn. 1. 1080 Saenger, in: Saenger / Eberl / Eberl, Schiedsverfahren, Abschnitt 1 K3, K7; Geimer, in: Zöller, ZPO, Vor § 1025 Rn. 4; Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 419; zu häufigen Fehlern in Schiedsvereinbarungen Kück, ZKM 2019, 16 (18 ff.). 1072

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Hierarchie anwendbarer Verfahrensregeln Rechnung, wonach die Regelungen der §§ 1025 ff.  ZPO teilweise trotz Privatautonomie (vgl.  § 1042 Abs.  3  ZPO) nicht zur Disposition der Parteien oder des Schiedsgerichts (vgl. § 1042 Abs. 4 ZPO) stehen.1081 Die Vertraulichkeit des Schiedsgerichtsverfahrens ist nicht Regelungsgegenstand des 10. Buches der ZPO.1082 Für diesbezügliche Regelungen enthalten Parteivereinbarungen häufig einen Verweis auf institutionelle Verfahrensordnungen.1083 In einem eigenen Buch zum Mediationsverfahren könnten v. a. die regelungsbedürftigen Aspekte der Verzahnung von Mediationsverfahren und Zivil­ prozess gebündelt festhalten werden.1084 2. Materielles Recht Im Bereich des einfachgesetzlichen materiellen Rechts sind heteronome Regelungsmöglichkeiten zur Verbesserung des Schutzes extern-prozessualer Vertraulichkeit ebenfalls denkbar. a) Normierung eines Verschwiegenheitsrechts des Mediators Ein positiv gesetzliches, mit seiner Pflichtenstellung korrespondierendes Verschwiegenheitsrecht des Mediators könnte in Auslegungs- und Abwägungsfragen seine Rechtsposition stärken und ihm in Ausnahmefällen die Möglichkeit geben, sich auf den Schutz eines eigenen Geheimhaltungsinteresses, materiell rechtlich verkörpert durch das Verschwiegenheitsrecht, zu berufen, um sich hierdurch – unabhängig von einer Entbindung durch die Medianden – gegen eine (gerichtliche) Aussagepflicht zur Wehr zu setzen.1085 Das Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. § 383 Abs. 1 Nr. 6 Fall 2 ZPO) hingegen, welches basierend auf der Verschwiegenheitspflicht des Mediators vor Gericht nur zum Schweigen berechtigt, sofern die Median­ den keinen Gebrauch von der Entbindungsmöglichkeit (vgl. § 285 Abs. 2 ZPO) ma 1081 Von Bodungen, in: Eberl, Beweis im Schiedsverfahren, § 8 Rn. 5 f.; Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 3. 1082 Eslami, Die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens, S. 419; Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 39–43; zur Verschwiegenheitspflicht von Schiedsrichtern Hilgard, BB 2015, 1091. 1083 Wong, in: Torggler / Mohs / Schäfer / Wong, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit, Rn.  246 f. 1084 Zu der Diskussion einer (globalen) Harmonisierung des Mediationsverfahrensrechts Steffek, ZKM 2017, 183 (187); Picht, GRUR Int. 2018, 1 (11); Hauser, SchiedsVZ 2015, 89 (94); Wilske / Markert / Bräuninger, SchiedsVZ 2018, 134; zum UNCITRAL Model Law on Inter­national Commercial Mediation and International Settlement Agreements Resulting from Media­tion, 2018, abrufbar unter http://www.uncitral.org/pdf/english/commissionsessions/51stsession/Annex_II.pdf (Stand:  22.02.2020) aus dem Jahr 2018 Pressebericht abrufbar unter https://www.un.org/press/en/2018/gal3575.doc.htm (Stand: 22.02.2020). 1085 Ein Verschwiegenheitsrecht würde sowohl zugunsten des Schutzes extern-prozessualer, als auch extern-außerprozessualer Vertraulichkeit wirken.

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chen, ist einzig auf den Interessensschutz der Medianden ausgerichtet.1086 Hierdurch wird der besonderen Situation des Mediators als Zeuge vor Gericht nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Besonderheit besteht zum einen in seiner Rolle: Die vorherige Rolle eines als Zeuge benannten Mediators war die eines allparteilichen Vermittlers zwischen den Beteiligten, die nunmehr Parteien des Rechtsstreits sind. Im Vergleich hierzu befand sich ein als Zeuge benannter, früher von einer Partei des Rechtsstreits mandatierter Rechtsanwalt zuvor regelmäßig nur in der Rolle des einseitigen Interessensvertreters. Die Besonderheit folgt zum anderen daraus, dass der Gegenstand von Mediations- und Gerichts­verfahren regelmäßig identisch ist. Wenn ein Mediator als Zeuge benannt wird, wird er zu Inhalten des Mediationsverfahrens aussagen sollen. Wenn hingegen ein als Zeuge benannter behandelnder Arzt einer Partei des Rechtsstreits z. B. zu einer ärztlichen Behandlung aussagen muss, betreffen die ärztliche Behandlung und der Zivilprozess zumeist gänzlich voneinander losgelöste Aspekte eines Problems. Das Verschwiegenheitsrecht trüge dem herausgestellten, auch gesamtgesellschaftlich relevanten Bedürfnis des Mediators nach einer effektiven Möglichkeit, sich Aussagezwängen zu entziehen1087, Rechnung. Gerade in Anbetracht der Korrelation zwischen Selbsterkenntnis und Selbstreflexion des Mediators und der Effektivität einer Mediation1088 ist der hierzu notwendige Entwicklungsfreiraum des Mediators im Wege eines Rechts zur Verschwiegenheit zu schützen. Das Interesse der Rechtspflege an der Wahrheitsfindung im Zivilprozess müsste insoweit ggf. dahinter zurückstehen. Entscheidendes Gewicht hat hierbei der Umstand, dass ein Verschwiegenheitsrecht mittelbar auch dem Schutzbedürfnis der Medianden zugutekommen kann, nicht dem Vorwurf der Beweisvereitelung1089 ausgesetzt zu sein: Falls der Mediator im Prozess, gestützt auf ein materiell rechtliches Verschwiegenheitsrecht, ein eigenes Geheimhaltungsinteresse geltend machen würde, wäre für die Zulässigkeit der Beweisaufnahme im Wege der Vernehmung des Mediators als Zeugen nicht mehr einzig die Entbindung durch die Parteien gem. § 385 Abs. 2 ZPO ausschlaggebend. Die Bürde der Unzulässigkeit des Beweismittels würde nicht mehr allein von den Medianden zu tragen sein. aa) Referenzpunkt: Rechtslage in Österreich Einen Referenzpunkt zur Orientierung kann die Rechtslage in Österreich geben. Schon im Jahr 2003 wurde, zugunsten des Mediationsverfahrens, für eine absolute Verschwiegenheitspflicht des Mediators auch im Falle einer Entbindung plädiert und zur Umsetzung dessen neben einem Zeugnisverweigerungsrecht auch

1086

Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. c); Zw. Teil. Kap. 4. C. I. 2., 3. 1088 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) dd); Friedman, Inside out, Introduction xxvi, xxvii, S. 8 ff. 1089 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. D. IV. 1087

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eine Zeugnisverweigerungspflicht des Mediators gefordert.1090 I. d. S. wurde im Jahr 2006 eine Regelung für das damals noch bloß in Aussicht gestellte deutsche ­MediationsG vorgeschlagen, die, orientiert an dem Beispiel des österreichischen Gesetzes für Mediation in Zivilrechtssachen1091, wie folgt lautete: „Der Mediator darf nicht in Gerichtsverfahren und Schiedsverfahren über Tatsachen und Meinungen, die ihm in einem Mediationsverfahren anvertraut oder bekannt wurden, aussagen. Ein diesbezügliches Einverständnis der Parteien ist prozessual wirkungslos.“1092

bb) Referenzpunkt: Rechtsanwaltschaft Die Orientierung an der Rechtslage bei Rechtsanwälten bietet einen anderen Referenzpunkt: Im Jahr 1901 hat das Reichsgericht beschlossen, dass ein Rechtsanwalt, der zwei Parteien beraten hat, zur Verweigerung der Aussage über den Gegenstand der Beratung berechtigt ist, soweit er nicht von beiden Parteien von der Schweigepflicht entbunden wird.1093 Die berufsrechtliche Regelung in § 43 a Abs. 2 S. 1 BRAO1094 entspricht insofern der tradierten Ausgestaltung der Regelung zur Verschwiegenheit im deutschen Recht einzig als Pflicht und nicht auch als Recht.1095 Es wird vertreten, dass es zur Gewährleistung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant neben der Pflicht auch eines anwaltlichen Rechts zur Verschwiegenheit bedarf.1096 Auch Ziff. 2.3.1. der Berufsregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Union vom Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE1097)1098 zufolge ist das Berufsgeheimnis „gleichzeitig ein Grundrecht und eine Grundpflicht des Rechtsanwalts von besonderer Bedeutung“. Im Jahr 19961099 beschloss die 1. Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer1100 sowohl die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts als auch sein Recht auf Verschwiegenheit, vgl. § 2 Abs. 1 BORA1101. Seither entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass dieses Berufsrecht sich als gewichtiger Belang im Rahmen einer Abwägung der Einzelfallumstände durch das erkennende Gericht in Ausnahmefällen, unabhängig vom Willen des Mandanten, als Grenze der prozessualen Aussagepflicht des 1090

H.-G. Mähler, ZKM 2003, 73 (75). BGBl. I Nr. 29/2003. 1092 Becker / Horn, SchiedsVZ 2006, 270 (273). 1093 RG Beschl. v. 27.11.1901, RGZ 50, 355 f. 1094 § 43 a Abs. 2 S. 1 BRAO „Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.“ 1095 Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43 a Rn. 40. 1096 Henssler, in: Henssler / Prütting, BORA, § 2 Rn. 5; Henssler, NJW 1994, 1817 (1818). 1097 Akronym der französischen Bezeichnung Commission de Conseil des barreaux européens. 1098 Zu Hintergrund und Regelungen im Einzelnen Wolf, in: Gaier / Wolf / Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, CCBE S. 2151 ff. Rn. 1 ff.; Köbler, Juristisches Wörterbuch, CCBE. 1099 BRAK-Mitt. 6/1996, 241. 1100 Die Satzungsversammlung (sog. Parlament der Rechtsanwaltschaft, abrufbar unter https:// www.brak.de/die-brak/satzungsversammlung/ (Stand: 22.02.2020) beschließt als unabhängiges Beschlussorgan u. a. die Regelungen der BORA. 1101 § 2 Abs. 1 BORA „Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet.“ 1091

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Rechtsanwalts auswirken kann.1102 Könnten die Mandanten nicht darauf vertrauen, dass der Rechtsanwalt seiner Schweigepflicht nachkommt, würde sich dies negativ auf die Nachfrage nach Rechtsberatung und auf die Bereitschaft zur Preisgabe von Informationen auswirken. Hieraus ergebe sich das im Berufsrecht wurzelnde, eigene anwaltliche Interesse an der Möglichkeit zur Vertraulichkeitswahrung.1103 cc) Ergebnis Dank der Referenzpunkte fällt die gesetzgebungstechnische Auswahl zur vorteilhaften dogmatischen Konstruktion eines Verschwiegenheitsrechts des Mediators leichter: Eine an die Rechtslage in Österreich angelehnte prozessuale Regelung mag die Medianden zwar als Parteien eines Zivilprozesses vor einer beweisrechtlichen Schlechterstellung bei Nichtentbindung schützen. Sie führte jedoch zugleich zu einer graduellen Entmündigung der Medianden, soweit sie ihnen die Fähigkeit abspricht, eine informierte Entscheidung mit Weitblick treffen zu können, und deshalb vorsorglich ihre Entbindungen ausnahmslos für wirkungslos erklärt. Darüber hinaus würde sie zwar auf den ersten Blick das Interesse des Mediators, keinem Aussagezwang ausgeliefert zu sein, erfüllen, nähme ihm aber zugleich jegliche Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Einzelfall. Diese Beschränkung der Einflussmöglichkeiten der Beteiligten und des erkennenden Gerichts widerspricht grundlegenden Prinzipien der Mediation und des Zivilprozesses und ist insofern nachteilig. Der Referenzpunkt zur materiell rechtlichen Regelung bei Rechtsanwälten ebnet den Weg zu einem Erst-Recht-Schluss im Rahmen der Bewertung der Situation des Mediators: Sofern ein Rechtsanwalt berufsrechtskonform als Berater beider Parteien tätig wird, kann angenommen werden, dass im Beratungszeitraum keine akute Konfliktsituation besteht. Der Mediator hingegen wird in aller Regel in akuten Konfliktlagen tätig. Wenn nun der Rechtsanwalt in einem späteren Prozess die Möglichkeit hat, sich auf sein Schweigerecht zu berufen und sich so der Instrumentalisierung der nunmehr streitenden ehemaligen Mandanten zu entziehen, muss dies dem Mediator erst recht gegenüber den weiterhin streitenden ehemaligen Medianden möglich sein. Ein normiertes eigenständiges Schweigerecht verliehe dem Rollenverständnis des Mediators im Mediationskontext Ausdruck. Eine Erweiterung der Regelung des § 4 ­MediationsG um ein Verschwiegenheitsrecht des Mediators, in Anlehnung an die Regelung im anwaltlichen Berufsrecht, erscheint im gegebenen Zusammenhang nützlich, da die Interessenlage beider Berufsgrup-

1102 Henssler, in: Henssler / Prütting, BRAO, § 43  a Rn. 75; VG Berlin (Kammer), Urt.  v. 04.06.2015 – VG 2 K 84.13, BeckRS 2015, 49037; Schoch, NVwZ 2017, 97 (102); BGH NJW 1990, 510 (512); VG Köln, Urt. v. 25.02.2016 – 13 K 3138/15, BeckRS 2016, 43866; BVerwG NJW 2012, 1241 (1242). 1103 BVerwG NJW 2012, 1241 (1242 f.).

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pen hinsichtlich der Vertraulichkeit zahlreiche Parallelen aufweist1104. Die Bundesrechtsanwaltskammer empfahl bereits im Jahr 2003 in einer Stellungnahme zu dem auf europäischer Ebene erlassenen Grünbuch1105, mithin in den ersten Stunden des Entstehens eines deutschen M ­ ediationsG, ausdrücklich, zum Schutze der Institution der Mediation und der Beteiligten sowohl eine Verpflichtung als auch eine Berechtigung des Mediators zur Verschwiegenheit zu regeln.1106 In diesem Fall würde die Regelung zur Vertraulichkeit ebenfalls um zwei Worte (berechtigt, und) ergänzt und konsequenterweise die Überschrift angepasst werden. § 4 S. 1 ­MediationsG würde wie folgt lauten: „§ 4 Verschwiegenheit  Der Mediator und die durch ihn1107 in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen sind zur Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist.“ 1

Die Erweiterung der materiell rechtlichen Verschwiegenheitspflicht um ein materiell rechtliches Verschwiegenheitsrecht des Mediators würde auf prozessualer Ebene nicht zu einem eigenen Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators führen.1108 Ein Schweigerecht müsste jedoch als substanzieller Belang Eingang in die richterliche Abwägung der Umstände des Einzelfalles finden.1109 b) Normierung einer materiell rechtlichen Einrede Eine Regelung, die bestimmte Mediationsinhalte vom „Inhalt der Verhandlung“ i. S. d. § 286 ZPO ausnimmt, mit der Folge, dass u. U. wahre Tatsachen zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit nicht der Gerichtsentscheidung zugrunde gelegt werden, könnte statt als prozessuale Vorschrift, bei gleichbleibender dogmatischer Konstruktion1110, auch im materiellen Recht, beispielsweise als eigener Absatz in § 4 ­MediationsG, verankert werden.

1104

Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. b); Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 4. Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht, vorgelegt am 19.04.2002 von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft (heute: Europäische Kommission). 1106 BRAK 2003 zum Grünbuch, S. 9, 12. 1107 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. b) aa). 1108 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 2. 1109 Vgl. soeben Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 2. a) bb). 1110 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. a) cc). 1105

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c) Erweiterung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Auf personeller Ebene1111 kann auch eine heteronom gestaltete Erweiterung des Schutzes extern-prozessualer Vertraulichkeit im Bereich des materiellen Berufsrechts von Rechtsanwälten grundsätzlich in Betracht gezogen werden. Soweit diesbezüglich im Evaluationsbericht ohne Konkretisierung eine Anpassung von § 43 a Abs. 2 BRAO und § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB angeregt wurde1112, zielte dies im Bereich des Strafrechts wohl auf die Anerkennung eines selbstständigen Geheimnisbereichs Dritter ab, zu denen der Berufsträger in keinem tätigkeitsgebundenen Vertrauensverhältnis steht. Die umstrittene Ausweitung des von § 203 StGB geschützten Rechtsguts auf sog. Drittgeheimnisse ist abzulehnen, da dies zu einer unüberschaubaren Ausweitung der Strafbarkeit der adressierten Berufsträger führte und damit dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts widerspräche.1113 Die Erforderlichkeit der Ausweitung muss im vorliegenden Zusammenhang bereits in Zweifel gezogen werden, da der Anwendungsbereich von § 203 StGB ohnehin nur dort nicht eröffnet ist, wo der Rechtsanwalt wie ein völlig Unbeteiligter Kenntnis über Geheimnisse Dritter erlangt.1114 Im berufsrechtlichen Kontext zielte die Anregung im Evaluationsbericht wohl darauf ab, den Rechtsanwalt auch außerhalb des Verhältnisses zu seinem Mandanten zur Verschwiegenheitspflicht zu verpflichten, nämlich auch gegenüber allen anderen Medianden einer Mediation. Die Geeignetheit beider Anregungen begegnet Zweifeln, da sie nicht nur, wie gezeigt, im strafrechtlichen Zusammenhang systemfremd wären, sondern auch im Kontext des Berufsrechts: Berufsrecht prägt das jeweilige Berufsbild.1115 § 43 a BRAO konzentriert sich hierbei entsprechend der Überschrift abstrakt auf die Festlegung der Grundpflichten eines Rechtsanwalts, weshalb eine konkrete Bezugnahme auf einen Sonderfall im Mediationskontext, gemessen an der materiell rechtlichen Ausrichtung der Norm, einen Fremdkörper darstellen würde.1116

1111

Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. Masser / Engewald / Scharpf / Ziekow, in: Evaluationsbericht der Bundesregierung, S. 38. 1113 Vgl. zum Streitstand im Einzelnen m. w. N. Zw. Teil. Kap. 2. B. IV. 1114 So zutreffend Bosch, in: Satzger / Schluckebier / Widmaier, StGB, § 203 Rn. 8. 1115 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. a) ee). 1116 So auch schon Risse / Reichert, NJW 2008, 3680 (3683 f.). 1112

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II. Autonome Regelungsmöglichkeiten Selbstregulatorische, privatautonome Regelsetzung1117 durch Einzelpersonen1118 und privater Institutionen jeglicher Art1119 kommen ebenfalls als Instrument zur Erweiterung des Schutzes extern-prozessualer Vertraulichkeit in Betracht. 1. Individualvereinbarung mit Prozessvertrag (und Bezugnahme-Klausel) Die zuvor erörterte Individualvereinbarung1120 stellt auch eine Regelungsmöglich­ keit zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit dar, wenn sie auf gegenständlicher Schutzebene um Informationsträger aus dem prozessualen Kontext ergänzt würde. Es würde sich um eine Individualvereinbarung in Form eines Prozessvertrages handeln. Ein sog. Prozessvertrag zwischen den Beteiligten einer Mediation, mit Einschränkungen bzgl. der Zulässigkeit von Parteivortrag und Beweismitteln in einem eventuell nachgelagerten Zivilverfahren1121, entspricht mit unterschiedlichem konkreten Regelungsinhalt häufig geübter Mediationspraxis.1122 Entsprechend der vorgeschlagenen „Vertraulichkeitseinrede“ sollte auch ein Prozessvertrag darauf gerichtet sein, es zu ermöglichen, Parteivortrag als unzulässig zurückzuweisen bzw. es zu ermöglichen, dass Beweismittel, die in der Mediation gewonnen wurden (v. a. Zeugen-, Sachverständigen- und Urkundsbeweise1123), nicht berücksichtigt werden, soweit diese nur durch einen Vertraulichkeitsbruch möglich wurden. Der rügenden Partei obläge es nach der Grundregel der Beweislastverteilung, wonach die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der für sie günstigen (Rechts-)Norm von der Partei zu tragen ist, die sich auf sie beruft1124, den Beweis zu führen, dass der Vortrag oder das Beweismittel nur durch einen Vertraulichkeitsbruch ermöglicht 1117

Vgl. zur Autonomie in der Rechtsgestaltung Zw. Teil. Kap. 5. B. II. V. a. der einzelne Mediator und die Medianden. 1119 Z. B. Bundesverband Mediation e. V.; Deutsche Stiftung Mediation; Verband für Mediation in Deutschland e. V.; Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation e. V.; Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e. V.; Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft; Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. 1120 Vgl. zu den Auswirkungen auf Bedürfnisse an einer Mediation Beteiligter Zw.  Teil. Kap. 5. B. II. 2. 1121 Goltermann, in: Klowait  /  Gläßer, HK-­ MediationsG, Teil 2 § 4 M ­ ediationsG Rn. 25; Bösch /​ Lobschat, SchiedsVZ 2014, 190 (193); Probst, JR 2009, 265 (267); s. schon Eckhardt  / ​ Dendorfer, MDR 2001, 786 (790). 1122 Wagner / Thole, in: Baetge / Hein / Hinden, FS Kropholler 2008, S. 938; Schekahn, JR 2013, 53 (57); Risse, SchiedsVZ 2012, 244 (250); Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Goltermann, ZKM 2017, 240 (241); Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz, Rn. 108; vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 3. B. I. 1123 Hartmann, in: Haft / Schlieffen, HB-Mediation, § 28 Rn. 38; Weigel, NJOZ 2015, 41 (43); Oldenbruch, Die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren, S. 132 ff. 1124 Statt vieler: BGH NJW 2005, 2396; H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 32 ff.; zur Beweislast Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 305 ff. 1118

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wurde. Die Grundregel gilt nicht, soweit die Parteien eine Abrede zur Beweislast getroffen haben.1125 Dies scheint bei Berücksichtigung der Bedeutsamkeit der Beweislast im Zivilprozess1126 ratsam1127, da es ungleich schwerer sein dürfte zu beweisen, dass es keine Parallelquelle gibt, aus der die vortragende Partei Kenntnis von einer Information erlangt hat1128, als zu beweisen, dass ein bestimmter Parteivortrag nicht nur durch einen Vertraulichkeitsbruch ermöglicht wurde, da die Kenntnis hiervon aus einer vom Mediationsverfahren unabhängigen Quelle erlangt wurde. 2. Erarbeitung einer Mustervereinbarung mit Prozessvertrag Die zuvor vorgeschlagene Mustervereinbarung1129 eignet sich ebenfalls als Regelungsmöglichkeit zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit, sofern sie auf gegenständlicher Schutzebene um Informationsträger aus dem prozessualen Kontext ergänzt werden würde. Nach dementsprechender Erweiterung von Ziffer 2 des Formulierungsvorschlags könnte der Vorschlag in Gänze wie folgt lauten: „Ziffer 1: 1 Der Mediator und die Medianden sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2 Diese Pflicht bezieht sich auf vertrauliche Mediationsinhalte. 3 Sie gilt somit ungeachtet anderer Vorschriften in der Regel nicht für Informationen, von denen sie nicht nur im Kontext des Mediationsverfahrens Kenntnis erlangt haben oder deren Offenlegung gesetzlich geboten ist. 4  Der Mediator und die Medianden verpflichten sich ferner, die vertraulichen Informationen nur zu Zwecken des Mediationsverfahrens zu verwenden sowie nach Verfahrensbeendigung erlangte Informationsträger zurückzugeben und erstellte Informationsträger sicher zu verwahren oder zu vernichten. Ziffer 2: 1 Der Mediator und die Medianden verpflichten sich, soweit erforderlich, von ihnen am Verfahren beteiligte Dritte entsprechend Ziffer 1 zur Verschwiegenheit zu verpflichten. 2  Der Mediator und die Medianden verpflichten sich, keinen Beweis über vertrauliche Mediationsinhalte anzutreten. 3 Diese Pflicht bezieht sich insbesondere auf den Beweisantritt durch Benennung beteiligter Dritter als Zeugen in einem nachgelagerten ordentlichen Gerichtsverfahren.“

Zur Veranschaulichung der mit dem Formulierungsvorschlag verbundenen beweisrechtlichen Aspekte soll das folgende Beispiel dienen: Im Anschluss an eine Mediation wurde ein Gerichtsverfahren angestrengt. Der Beklagte B des Gerichtsverfahrens rügt den Beweisantritt oder Teile des Parteivortrags des Klägers K zu einer Tatsache X, die seiner Ansicht nach der Verschwiegenheitspflicht aus Ziffer 1 1125

Jauernig / Hess, Zivilprozessrecht, § 51 Rn. 11. Zur Bedeutung der Beweislast Brehm, Bindung des Richters an den Parteivortrag, S. 192– 200; „Jede Arbeit, die sich mit prozesstaktischen Erwägungen beschäftigt, hat vor allem die Beweislast zu berücksichtigen, denn, wer die Beweislast hat, hat schon halb verloren.“ Geipel, Handbuch der Beweiswürdigung, § 29 Rn. 1. 1127 Kritisch hierzu: Töben, RNotZ 2013, 321 (327). 1128 Hofmann, SchiedsVZ 2011, 148 (151) mit dem Hinweis auf dogmatische Schwierigkeiten. 1129 Vgl. zur dogmatischen Konstruktion und den Auswirkungen auf Bedürfnisse der an einer Mediation Beteiligten Zw. Teil. Kap. 5. B. II. 3. 1126

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der Mustervereinbarung unterliegt und deswegen nicht in den Prozess eingeführt werden dürfe. Nach der Grundregel der Beweislastverteilung trägt die Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Norm, auf die sie sich beruft.1130 Der rügende B müsste den Beweis führen, dass der Vortrag oder das Beweismittel des K nur durch einen Vertraulichkeitsbruch möglich wurde, m. a. W., dass die Information zur Tatsache X dem K nicht bereits unabhängig von der Mediation aus einer anderen Quelle bekannt war. Der in dieser Situation absehbaren Beweisnot des B soll mit der auf ein Regel-Ausnahme-Schema hindeutenden Satzkonstruktion1131 des dritten Satzes in Ziffer 1 mit einer doppelten Verneinung begegnet werden: „nicht für Informationen, von denen sie nicht nur im Kontext des Mediationsverfahrens Kenntnis erlangt haben“. Dieser vom Grundsatz der Beweislastverteilung abweichenden Formulierung kann die Wertung entnommen werden, dass es der betroffenen Partei, hier dem K, regelmäßig zumutbar ist, die eigene Parallelquelle preisgeben zu müssen. Diese Wertung folgt daraus, dass die Beweisführung des anderen, hier des B, zur (seiner Ansicht nach) nicht-existenten Parallelquelle des K regelmäßig unmöglichen sein dürfte. Ziel der Formulierung ist keine starre Beweislastregelung1132, sondern eine Vermutungsregelung als Beweiserleichterung.1133 Die Behauptung, es gebe keine Parallelquelle, stellt eine negative Tatsache im eigent­lichen Sinn dar, denn sie stellt auf das Nichtvorhandensein1134 eines Umstandes ab. Diese negative Tatsache betrifft einen der Sphäre des nicht beweis­ belasteten K zuzuordnenden Umstand, den der beweisbelastete B nicht kennen kann. Die Pflicht zur Führung dieses Negativbeweises bringt B in Beweisnot. Um diese Beweisnot zu überwinden, ist jedoch kein Eingriff in das System der Beweislastverteilung, etwa in Gestalt einer objektiven Beweislastumkehr, notwendig.1135 Abhilfe schafft bereits eine Beweiserleichterung1136 in Form einer gesteigerten Substanziierungspflicht der anderen Partei1137, hier des K. Den K trifft eine sekundäre Behauptungslast1138 bezüglich der Tatsache, die nur ihm bekannt sein kann und zu der ihm ergänzende Angaben zumutbar sind1139. Diese zwingt die nicht be 1130 Statt vieler: BGH NJW 2005, 2396; H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 32 ff.; zur Beweislast Fluschnik, Delikt und Äußerungsdelikt, S. 305 ff. 1131 Vgl. beispielsweise §§ 179 Abs. 1; 280 Abs. 1 S. 2 BGB; zu den Grundsätzen der Ermittlung der Beweislast H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 39, 54–58. 1132 Dies nicht zuletzt im Licht der abstrahierten Wertung von § 309 Nr. 12 BGB, vgl. Wagner, Prozeßverträge, S. 703–707; H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 112. 1133 Zur Differenzierung diesbezüglich H.-J.  Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 85–87; 111. 1134 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 6. 1135 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 12. 1136 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 11. 1137 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 12. 1138 Dieses Rechtsinstitut wird auch als sekundäre oder gesteigerte Darlegungslast, sekundäre Beweislast, erweiterte prozessuale Aufklärungspflicht, erweiterte Darlegungspflicht, Pflicht zum substanziierten Bestreiten oder Erklärungsobliegenheit bezeichnet, vgl. m. w. N. Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 22, Rn. 3 f. 1139 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 7; Kap. 22, Rn. 30, 33 f.

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weisbelastete Partei zu einem substanziierten Vorbringen, um eine Niederlage vor Gericht zu verhindern. B genügt seiner Behauptungslast durch die pauschale Behauptung, dass die Tatsache X dem K nicht bereits aus einer anderen Quelle bekannt war. Infolge der gesteigerten Substanziierungspflicht darf sich K in seiner Erwiderung auf die pauschale Behauptung des B zum Nichtvorhandensein einer Parallelquelle nicht mit einfachem Bestreiten begnügen. K muss eine substanziierte Gegenbehauptung vorbringen.1140 Andernfalls wird das erkennende Gericht das Vorbringen des B gem. der Geständnisfiktion aus § 138 Abs. 3 ZPO in seiner Entscheidung als wahr und zugestanden zugrunde legen.1141 Sofern K seiner sekundären Behauptungslast nachkommt und eine vom Mediationsverfahren unabhängige Informationsquelle preisgibt, obliegt die weitere Beweisführung dem regulär beweisbelasteten B. Der Formulierungsvorschlag verzichtet auf eine vertraglich vereinbarte Vermutung i. S. e. Beweislastvertrags1142, der sich unmittelbar auf das gesetzliche Beweislastverteilungssystem auswirkt. Die Formulierung in Ziffer 1 S. 3 ist eine vertraglich vereinbarte Risikoverteilung zwischen den beteiligten Rechtssubjekten, die als Beweiserleichterung wirkt. Es handelt sich um ein materiell rechtliches Rechtsgeschäft in Form eines Vertrags über die Beweiswürdigung1143. Die Vereinbarung zielt auf die Grundlage der richterlichen Beweiswürdigung ab, nicht auf die Beweiswürdigung als solche.1144 Vertraglich vereinbarte Vermutungen sind von gesetzlichen und sog. tatsächlichen Vermutungen abzugrenzen. Bei widerleglichen gesetzlichen Tatsachenvermutungen i. S. d. § 292 ZPO handelt es sich um Rechtssätze, nach denen das erkennende Gericht die vermutete Tatsache seiner Entscheidung ohne Beweiserhebung zugrunde legt.1145 Die beweisbelastete Partei muss nur die Ausgangstatsache, an die das Gesetz eine Vermutung knüpft, behaupten und beweisen.1146 Sofern das gelingt, bedarf es keines Beweises der vermuteten Tatsache. Die gesetzliche Tatsachenvermutung führt als Beweislastnorm zu einer Umkehr der objektiven Beweislast.1147 § 292 ZPO gilt nicht für sog. tatsächliche Vermutungen, vertraglich vereinbarte Vermutungen oder sonstige vertragliche Beweislastregelungen.1148

1140

Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 20, Rn. 17. Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 22, Rn. 2. 1142 Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 10. 1143 Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 286 Rn. 284 f., 289. 1144 Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 286 Rn. 289. 1145 Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 7. 1146 Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 3; Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 19, Rn. 34. 1147 Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 3; Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 292 Rn. 5; Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 3, Rn. 24. 1148 Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 292 Rn. 1. 1141

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

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Die sog. tatsächlichen Vermutungen sind als Erfahrungssätze nicht gesetzlich normiert, sondern von der Rechtsprechung geschaffen worden.1149 Nach zutreffender Ansicht führt eine tatsächliche Vermutung nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern lediglich zu einer Beweiserleichterung im Rahmen der freien Beweiswürdigung.1150 Der beweisbelasteten Partei obliegt unverändert die Behauptungslast für die vermutete Tatsache.1151 Der Formulierungsvorschlag in Ziffer 1 S. 3 enthält eine vertraglich vereinbarte Vermutung, die in ihrer Wirkung einer tatsächlichen Vermutung im vorstehenden Sinn am ehesten entspricht. Die Vermutung spricht dafür, dass eine Information nicht bereits aus einer anderen Quelle bekannt war und deshalb der Verschwiegenheitspflicht unterfällt. Im vorliegenden Beispiel wäre es folglich Aufgabe des K, die sich aus Ziffer 1 ergebende Vermutung zu erschüttern. Diese Vermutung ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von Ziffer 1 der Mustervereinbarung. Das ist auch nicht gewünscht, da die Ziffer 1 die inhaltliche und gegenständliche Schutzebene regelt. Ziel ist es vielmehr, Ziffer 1 mithilfe der enthaltenen doppelten Verneinung, zugleich eine beweisrechtliche Regelungsebene zu geben. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist § 280 Abs. 1 S. 2 BGB: „Das gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“ Auch hier gibt die Formulierung dem Satz den Charakter einer Beweislastverteilung regelnden Norm1152, die eine Verschuldensvermutung enthält1153. Die beweisrechtliche Vermutung zu Ziffer 1 ist zwingend, um ein stimmiges Regelungsergebnis der Mustervereinbarung für den Bereich extern-prozessualer Vertraulichkeit insgesamt zu erreichen. Andernfalls würde das primäre Regelungsziel der Vereinbarung zur Vertraulichkeit von Mediationsinhalten und der Verschwiegenheitspflicht verfehlt, da sie im gerichtlichen Kontext nicht wirksam abgebildet bzw. umgesetzt werden könnten. III. Ergebnis Verschiedene Wege führen zu einem ganzheitlich wirksamen Erweiterungs­ konzept für den Schutzbereich extern-prozessualer Vertraulichkeit. Im Ergebnis ist eine Kombination von gesetzlichen Regelungen und selbstregulatorischen Initiativen aus der Mediationspraxis zweckmäßig. Entscheidungsbedürftig ist zunächst, 1149

Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 13; Thole, in: Stein / Jonas, ZPO, Band 4, § 292 Rn. 7. 1150 Prütting, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 12, Rn. 25; Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 3, Rn. 25 f.; Assmann, in: Wieczorek / Schütze, ZPO und Nebengesetze, Band 4, § 292 Rn. 13; Thole, in: Stein /  Jonas, ZPO, Band 4, § 292 Rn. 7. 1151 Laumen, in: Baumgärtel / Laumen / Prütting HB der Beweislast, Band 1, Kap. 19, Rn. 35. 1152 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 34. 1153 St. Lorenz, in: Bamberger / Roth / Hau / Poseck, BGB, § 280 Rn.  31.

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2. Teil: Untersuchung des Vertraulichkeitsschutzes

ob Regelungen zum Schutz extern-prozessualer Vertraulichkeit vorzugsweise im materiellen oder im Verfahrensrecht zu verorten sind. Ein Buch zur Mediation in der ZPO1154 führte voraussehbar, selbst bei ausschließlich dispositivem Regelungscharakter, zur verstärkten Verrechtlichung durch eine dominante Prägung des Instituts der Mediation mittels heteronomer Regelungen, die praktisch kaum genügend Raum für selbstregulatorische Initiativen ließe. Es stünde ein Ungleichgewicht zwischen selbst- und fremdregulatorischem Regelungssystem zu befürchten. Aus diesem Grund sind materiell rechtliche Regelungen zur Verzahnung von Mediations- und Gerichtsverfahren, vornehmlich im bestehenden System des M ­ ediationsG angesiedelt, grundsätzlich von Vorteil. So ist eine Regelung zur Einschränkung des prozessualen Verhandlungsinhalts vorzugsweise als Einrede der Vertraulichkeit im materiellen Recht1155 zu gestalten. Auch ein materielles Verschwiegenheitsrecht des Mediators in § 4 S. 1 ­MediationsG1156 ist seinem Pendant im Prozessrecht, dem (ausnahmslosen) Vernehmungsverbot des Mediators1157, vorzuziehen. Ein normiertes, eigenständiges Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators würde einen dogmatischen Fremdkörper darstellen – primär in der berufsrechtlichen Vergleichslandschaft1158 und darüber hinaus in der systemeigenen Struktur der zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte1159. Darüber hinaus bewahrt ein Verschwiegenheitsrecht die Möglichkeit angemessener Einzelfallentscheidungen. Eine Gesamtbetrachtung der Möglichkeiten zur Erweiterung auf personeller Ebene zeigt schließlich, dass aufgrund gleichwertiger Regelungsmöglichkeiten im ­MediationsG1160 keine Notwendigkeit zu einer Verankerung von Verschwiegenheitspflichten in einer dogmatisch fremden Umgebung von Berufs- oder Strafrecht1161 besteht. Aufgrund der Chance der Qualitätssicherung durch Standardisierung ist eine unter staatlicher Koordination von Fachkreisen erarbeitete Mustervereinbarung1162 einer Individualvereinbarung1163 vorzuziehen. Entscheidungsbedürftig ist sodann, welche der geprüften heteronomen und autonomen Regelungsmöglichkeiten mit gleicher Zielvorgabe ihren Zweck am besten erfüllen. Die konkrete Prüfung der Schutzerweiterungsmöglichkeiten hat gezeigt, dass Verschwiegenheitspflicht und Verschwiegenheitsrecht des Mediators in Korrelation zueinander stehen und eine Regelungseinheit sein sollten. Eine heteronome Regelung in § 4 S. 1 ­MediationsG bietet sich an. 1154

Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. c) Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 2. b) 1156 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 2. a) 1157 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. b) 1158 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. III. 1. c) 1159 Vgl. Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 2.; Zw. Teil. Kap. 4. C. I. 1. a) 1160 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 2. a), b). 1161 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 2. c) 1162 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. II. 2. 1163 Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. II. 1. 1155

Kap. 5: Vertraulichkeitsschutz de lege ferenda

191

Der Verhandlungsinhalt eines eventuell einer Mediation nachgelagerten Gerichtsprozesses ist vorzugsweise durch eine vertraglich vereinbarte Einrede der Vertraulichkeit einzuschränken. Eine gesetzlich normierte Vertraulichkeitseinrede ist vergleichsweise gewichtigeren Bedenken ausgesetzt: Zum einen sind Beweismittelbeschränkungen, wie sie eine gesetzliche Vertraulichkeitseinrede faktisch wäre, der Systematik der ZPO fremd.1164 Zum anderen ist eine gesetzlich normierte Beweislastumkehr mit dem Ziel, bei Erhebung der Vertraulichkeitseinrede durch eine Partei im Zivilprozess, eine Offenlegungspflicht der Informationsquelle der vortragenden Partei auszulösen, aufgrund des dogmatisch gewachsenen inneren Wertungsaufbaus im zivilrechtlichen Beweisrecht kaum vertretbar.1165 Eine privatautonom geregelte Abweichung vom Grundsatz der Beweislastverteilung hingegen muss den strengen rechtsdogmatischen Maßstäben nicht standhalten. Folglich besteht keine Notwendigkeit einer gesetzlich normierten Einrede: Die absehbaren Beweisnotschwierigkeiten1166 der nach dem Grundsatz der Beweislastverteilung beweispflichtigen Partei, die sich auf eine „bloß“ prozessvertraglich vereinbarte Vertraulichkeitseinrede beruft, können nicht nur durch eine gesetzlich normierte Beweislastumkehr verhindert werden, sondern auch mittels einer abweichenden Individualvereinbarung.

1164

Vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. I. 1. a) aa). H.-J. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 9, Rn. 62–76; vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 2. A. VI. 5. b). 1166 Laumen, MDR 2018, 966 (968 f.); vgl. Zw. Teil. Kap. 5. C. II. 1. 1165

Dritter Teil

3

Gesamtergebnis Auf nächst höhere und zugleich oberste Stufe der Verwertung der Untersuchungs­ ergebnisse sind die zwei präferierten bereichsspezifischen Konzepte zur Schutzerweiterung in einem einheitlichen, bereichsübergreifenden Gesamtvorschlag zum bestmöglichen Schutz vertraulicher Mediationsinhalte zusammenzustellen. Maßgebend sind die zuvor herausgestellten Bedürfnisse der vier relevanten Bezugspunkte1 und die inhaltliche, gegenständliche und personelle Ebene des Vertraulichkeitsschutzes von Mediationsinhalten.2 Gemessen hieran beschränkt sich der heteronome Regelungsbedarf auf vier (materiell rechtliche) Ergänzungen zu § 4 ­MediationsG: Satz 1 bedarf einer Erweiterung des Adressatenkreises und der Ergänzung um ein Verschwiegenheitsrecht des Mediators, konsequenterweise muss § 4 S. 2 ­MediationsG der personellen Erweiterung angepasst werden, zudem ist eine Ausweitung der Informationspflicht in Satz 4 geboten. Entsprechend novelliert lautete § 4 ­MediationsG: „§ 4 Verschwiegenheit  Der Mediator ist zur Verschwiegenheit berechtigt und verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für die durch den Mediator in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen, die Medianden sowie insbesondere auch beteiligte Dritte. 1

2  Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen im Zusammenhang mit der Mediation bekannt geworden ist.

 Der Mediator hat die Parteien über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht, des gesetzlichen Vertraulichkeitsschutzes der Mediationsinhalte und die Mustervereinbarung als Erweiterungsmöglichkeit zu informieren.“ 4

Gestillt würde das Bedürfnis der Mediation als Institution3 nach Schutz der Verfahrensintegrität, weil der inhaltlich und personell erweiterte Vertraulichkeitsschutz zugunsten des vornehmsten Wirkungsmechanismus des Verfahrens, der Offenheit, wirken würde. Ferner gäbe das Verschwiegenheitsrecht dem Mediator den notwendigen Entwicklungsfreiraum zur Weiterentwicklung seines Selbst- und Rollenverständnisses, welches wiederum eine wichtige Kraftquelle der Mediation

1

Vgl. im Einzelnen Zw. Teil. Kap. 4. B.–E. Vgl. zu den Schutzebenen im Mediationskontext Zw. Teil. Kap. 1. A. III. 3 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. B. 2

3. Teil: Gesamtergebnis

193

ist. Der novellierte § 4 ­MediationsG käme ferner den Bedürfnissen des Mediators4 nach Arbeitserleichterung und Schutz vor einem Aussagezwang nach, indem die ihm obliegende Informationspflicht konkretisiert und ihm ein selbstständiges Recht zum Schweigen eingeräumt würde. Zudem würde auf diesem Weg den Bedürfnissen der Medianden5 nach justiziabler eigener Verschwiegenheitsverpflichtung, nach Behebung ihres Informationsdefizits und nach mittelbarem Schutz vor beweisrechtlicher Schlechterstellung Rechnung getragen. Der gesetzlich verankerte Minimalschutz wird als dispositives Recht den Medianden zur Information und als Ausgangspunkt zur Gestaltung des Vertraulichkeitsschutzes unterstützend an die Seite gestellt. Der beweisrechtliche Vorteil folgt daraus, dass der Mediator, mit einem eigenen Schweigerecht ausgestattet, im Einzelfall seine Benennung als Zeuge vor Gericht verhindern könnte. Folglich beurteilt sich die Zulässigkeit der Zeugenvernehmung nicht einzig danach, ob die Medianden den Mediator von seiner Schweigepflicht entbinden. Schließlich käme § 4 ­MediationsG in erweiterter Fassung den Bedürfnissen beteiligter Dritter6 nach Erleichterungen hinsichtlich der Arbeitsausführung, Haftungsfragen und bzgl. gerichtlicher Mitwirkungspflichten nach. Das inhaltlich konkretisierte und personell erweiterte Vertraulichkeitspostulat würde eine Prognose zu Vor- und Nachteilen einer Mediation erleichtern. Der Gesamtvorschlag deckt zudem die personelle und inhaltliche Ebene des angestrebten Vertraulichkeitsschutzes ab. Autonomer Regelungsbedarf besteht in zweierlei Hinsicht: zunächst in Gestalt einer Auswahl staatlich anerkannter Repräsentanten der Mediation als ADR-Verfahren zugunsten der Integritätssicherung der Mediation als Institution. Ferner ist die Erarbeitung einer Mustervereinbarung mit Prozessvertrag erforderlich für Vertraulichkeitsschutz auf gegenständlicher Ebene als auch mit Blick auf das Bedürfnis der Mediation als Institution, eine Zweckentfremdung zu verhindern, sowie um dem Bedürfnis der Medianden nach Schutz vor Informationsmissbrauch nachzukommen. Eine solche Mustervereinbarung könnte wie folgt lauten7: „Ziffer 1: 1 Der Mediator und die Medianden sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. 2 Diese Pflicht bezieht sich auf vertrauliche Mediationsinhalte. 3 Sie gilt somit ungeachtet anderer Vorschriften in der Regel nicht für Informationen, von denen sie nicht nur im Kontext des Mediationsverfahrens Kenntnis erlangt haben oder deren Offenlegung gesetzlich geboten ist. 4  Der Mediator und die Medianden verpflichten sich ferner, die vertraulichen Informationen nur zu Zwecken des Mediationsverfahrens zu verwenden sowie nach Verfahrensbeendigung erlangte Informationsträger zurückzugeben und erstellte Informationsträger sicher zu verwahren oder zu vernichten.

4

Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. C. Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. D. 6 Vgl. Zw. Teil. Kap. 4. E. 7 Vorschlag der Verfasserin Zw. Teil. Kap. 5. C. II. 2. 5

194

3. Teil: Gesamtergebnis

Ziffer 2: 1 Der Mediator und die Medianden verpflichten sich, soweit erforderlich, von ihnen am Verfahren beteiligte Dritte entsprechend Ziffer 1 zur Verschwiegenheit zu verpflichten. 2  Der Mediator und die Medianden verpflichten sich, keinen Beweis über vertrauliche Mediationsinhalte anzutreten. 3 Diese Pflicht bezieht sich insbesondere auf den Beweisantritt durch Benennung beteiligter Dritter als Zeugen in einem nachgelagerten ordentlichen Gerichtsverfahren.“

Entscheidend ist das Zusammenspiel von heteronomen und autonomen Regelungen. Erst die zweckgerichtete Verbindung zu einer Einheit ermöglicht eine effektive Schutzausweitung. § 4 ­MediationsG in Gestalt des Novellierungsvorschlags bildet eine solide Basis an Vertraulichkeitsschutz für Mediationsinhalte. Der Staat erfüllt durch die dispositiven Regelungen seine Fürsorgepflicht, ohne den Beteiligten einer Mediation die Möglichkeit zur privatautonomen Ausgestaltung oder Erweiterung des Schutzes zu nehmen. Vielmehr sind Mediator und Medianden gefordert, für eine Effektivierung des Vertraulichkeitsschutzes durch Vereinbarungen zu sorgen. Hierzu gibt eine mithilfe staatlicher Koordination entwickelte Mustervereinbarung mit Prozessvertrag einen Orientierungs- und Referenzpunkt. Um das rechtstechnische Wirkungszusammenspiel zu beschreiben, bietet sich ein letzter Vergleich zur Rechtsanwaltschaft an: § 4 ­MediationsG enthält, wie die Paragrafen der BRAO, die grundlegende Regelung zur Vertraulichkeit und wird ergänzt und konkretisiert durch die Mustervereinbarung mit Prozessvertrag, wie es auch die Funktion der Vorschriften der BORA im anwaltlichen Berufsrecht ist. Dieser Gesamtvorschlag vermag es durch eine freiheitsermöglichende Gesetzgebung im Vertraulichkeitsschutz zusätzliche individuelle Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen und so mithilfe von staatlicher Organisation Grundrechts­ verwirklichung zu ermöglichen, ohne wesentliche Nachteile für die Flexibilität der Mediation und ohne privatautonome Aufgaben an den Staat zu redelegieren. Um schließlich zum Bild von der Seiltänzerin8 zurückzukehren: Der Gesamtvorschlag gibt ihr eine sichere Balance im Raum der ADR-Verfahren und befähigt sie, agil zu bleiben, um für eine gute Weiterentwicklung der Mediation zu sorgen.

8

Alexander, ZKM 2017, 164.

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Sachverzeichnis Agilität  149, 194 Allparteilichkeit  30, 49 ff., 69, 134 Anwaltliche Schweigepflicht  65 ff., 135, 181 f. Anwaltsmediator  56 ff., 106 Aussageverweigerungsrecht  88, 129 f. Aussagezwang  99, 119, 128 ff., 170, 182, 193 Autonomie –– Vertrags-  36, 117, 163 –– -Partei-  50, 54, 155 –– -Privat-  89, 109, 150 ff., 162 ff., 185

Individualvereinbarung  76, 110 ff., 162, 165 ff., 190 Informationsbeschaffung  122, 142, 161 Informationsdefizit  141 f., 162 f., 193 Informationspflicht  77, 105, 139, 163, 192 f. Informationspräklusion  122, 161 Informationsträger  29, 76, 117, 166, 185, 193 Interne Vertraulichkeit  24, 34 Istzustand  118 ff., 125, 144

Berufsgeheimnisträger 86 Berufsrecht  54 ff., 64 ff., 78, 83, 105 ff., 133, 166, 181 ff. Beweisführung  28, 91, 117, 174, 187 f. Beweislastumkehr  92, 99, 187 ff. Beweismittel  90, 113 ff., 135 f., 171 ff., 185 f. Beweisvereitelung  90 ff., 143, 180

Mediations-RL  36 f., 47 f., 66 ff., 85 f., 147, 173 Mediationsvereinbarung  63, 68 ff. Missbrauch  32, 122 ff., 142 f., 161, 177, 193

Disponibilität  76, 113 ff., 151, 160, 174 ff. Einrede  174 ff., 185, 191 Entbindungsmöglichkeit  89, 94, 99, 129, 177 Ethik  138 f. Extern-außerprozessuale Vertraulichkeit  28, 34, 100, 111, 122, 159 f. Extern-prozessuale Vertraulichkeit  28, 34, 100, 113, 123, 169 f.

Justizgewährungsanspruch  114 f.

Offenheit  29 ff., 95, 112, 122, 14, 162, 192 Parallelquelle  186 ff. Parteianwälte  106, 112, 147, 156 Parteivortrag  28, 113, 116, 123, 170, 172 ff., 185 Prozessvertrag  113 ff., 185 ff., 194 Qualitätssicherung  54 f., 149, 190

Geheimhaltungsinteresse  87 ff., 96 f., 136, 172, 179 f. Grundprinzipien  30, 95, 182 Güterichterverfahren  37, 44 ff.

Regelungsadressat  47, 75, 88, 97, 157 Regelungsebene –– gegenständliche  29, 76, 112, 117, 121 ff., 140, 147, 156, 166, 173, 192 –– inhaltliche  29, 76, 112, 117, 121 ff., 167, 192 –– personelle  29, 100, 111, 117, 121 ff., 143, 155, 166, 184, 192 Rollenverständnis  50 ff., 61, 137, 182, 192

Haftung  34, 53, 57 ff., 102 ff., 140 ff., 168 Hilfsperson  62 ff., 105, 148, 160 Horizontale Schutzebene  27, 33

Schiedsverfahren  49, 120, 129, 178 f. Sollzustand  119, 121, 124 f., 147, 159 Standardisierung  152, 190

214

Sachverzeichnis

Tatsachenbehauptung  98, 174 Urkunde  28, 68, 113 Vermutung  116, 187 ff. Verschwiegenheitspflicht  48, 62 ff., 87 ff., 100 ff. 131, 139 f., 157, 163, 180, 192 Vertikale Schutzebene  29, 118

Vertrauensverhältnis  79, 107 f., 184 Vertraulichkeitsabrede  93, 116, 166 Vertraulichkeitsbruch  113, 174, 185 ff. Zeugnispflicht  80 ff., 89 ff. 129 ff. Zeugnisverweigerungsrecht  47, 81 ff., 129 ff., 144, 179 ff., 190