Urteilskraft und Gotteserkenntnis: Zur Argumentationsstruktur im Monologion des Anselm von Canterbury 9783495997192, 9783495481844


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Einleitung
1 Thema und Forschungsstand
2 Zielsetzung und methodische Vorbemerkung
3 Vorgehensweise und Abkürzungen
Teil I Die eine Natur als die höchste Natur von allem
1.1 Methodische Einführung
1.1.1 Der Anfang und die Aufgabenstellung des »Monologion«
1.1.2 Das Nächstliegende zur Einsicht in den Grund
1.2 ›Sola ratione‹ und Entfaltung der Methodik zur Gotteserkenntnis (K1)
1.2.1 Die eine Natur als der stellvertretende Name Gottes
1.2.2 Die allgemein gültige Annahme der Vernunft
1.2.3 Vernunfterkenntnis der einen Natur aus Beurteilungskraft
1.3 Einheit oder Vielheit des Grundes
1.3.1 Einteilungsentscheidung im Vergleichsgrund
1.3.2 Die notwendige Selbigkeit am Beispiel der Gerechtigkeit
1.3.3 Sein ›durch sich‹ und Sein ›durch anderes‹ als Grundeinteilung
1.3.4 Grund der Güte als höchstes Gut
1.3.4.1 Formbedingung als etwas, das ›durch sich selbst‹ ist, was es ist
1.3.4.2 Überlegungen zur Größe der Güte
1.4 Die höchste Natur als Grund und Maß des beurteilenden Vergleichs
1.4.1 Vergleichbarkeit der Grundverhältnisse (K2)
1.4.2 Grund des Seins als etwas überhaupt (K3)
1.4.3 Einssein des ›durch sich selbst‹ Seins als Grund
1.4.4 Die eine und einzige höchste Natur als das Maß des Vergleichs (K4)
1.5 Die höchste Natur als Ursprung des Wasseins der Dinge (K5–14)
1.5.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein der höchsten Natur (K5–6)
1.5.2 Wassein der Dinge durch die höchste Natur: ›creatio ex nihilo‹ (K7–8)
1.5.2.1 Von der Materie der Dinge (K7)
1.5.2.2 Creatio als Formgabe im Wesen (K7)
1.5.2.3 Das Nichtsein als noch nicht Seinkönnen (K8)
1.5.2.4 Creatio in der Entscheidung für das Seinkönnen (K8)
1.5.2.5 Etwas als Maß im Grund des Seinkönnens (K9)
1.5.3 Wassein der Dinge durch das Sprechen der höchsten Natur (K9–11)
1.5.4 Bestandserhaltung der Dinge durch die schaffende Substanz (K12–14)
1.6 Die begriffliche Struktur der Höchstheit der höchsten Natur
1.6.1 Exkurs zum Begriff der Natur
1.6.2 Die doppelte Struktur der Höchstheit der höchsten Natur
Teil II Die Wesensbestimmung der höchsten Natur: ›melius ipsum quam non ipsum‹ Die Rekonstruktion des 15. Kapitels
2.1 Problemstellung
2.2 Die Frage nach der Wesenheit der höchsten Natur und ihre Aussagbarkeit
2.3 Zwei Aussageweisen der Dinge und die Selbstgleichheit der höchsten Natur
2.3.1 Beziehentliche und selbstbezügliche Aussageweise (T2.1–3)
2.3.2 Selbstgleichheit der höchsten Natur in ihrer Nennbarkeit als höchste (T2.4–6)
2.4 Der Wechsel des Verfahrens vom Vergleich zur reflexiven Einteilung
2.4.1 Die Einteilung vonWeisen selbstbezüglicher Bestimmung (T3.1–2)
2.4.2 Die Begriffe ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ (T3.3)
2.5 ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ als erste Bestimmung
2.5.1 Das Beurteilungsmaß eines Guts aus dem Selbstvergleich (T4.1)
2.5.2 Die nicht formale Anwendbarkeit des ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ und die Urteilskraft als ihre Grundlage (T4.2)
2.5.3 Vereinbarkeit mit anderem Maß (T4.3)
2.6 ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹ als zweite Bestimmung
2.6.1 Das begrenzt Gute als Subjectum der Beurteilung (T5.1, T5.2)
2.6.2 Die wertschätzende Beurteilung und ihre relative Geltung (T5.3–4)
2.7 Die ausschließende Funktion des Einteilungsverfahrens
2.8 ›quidquid ipsum melius quam non ipsum‹ in der Bestimmung der höchsten Wesenheit
2.9 Die Wesensprädikate der höchsten Natur
2.9.1 Der Geist als sich selbst erkennende Urteilskraft
2.9.2 Die Selbstgemäßheit und Strukturen der Negation (T8.1–3)
2.9.3 Die Erschließung der Wesensprädikate aus dem ›melius ipsum‹ (T8.4–5)
2.10 Ausblick auf die weitere Problematik
Teil III Die Bedeutungen des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ für die Gotteserkenntnis
Einleitung und Fragestellung
3.1 Die strukturelle Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung
3.1.1 Aufgabe
3.1.2 Übersetzungen von ›melius omnino ipsum quam non ipsum‹
3.1.2.1 Die Vorschläge der Anselm-Interpreten
3.1.2.2 Eigene Übersetzungen
3.1.3 Formanalyse des Prinzips ›melius ipsum‹ nach seiner Struktur
3.1.3.1 Die vergleichende Beurteilung als Grundstruktur des Prinzips
3.1.3.2 Begriffsmomente und Bildungsformen des Prinzips
3.1.3.3 Traditionen der Herausbildung des ›melius ipsum‹ vor Anselm
3.1.4 Eine Logik des Selbstvergleichs aus dem Selbstverhältnis
3.2 Die funktionale Bedeutung der Struktur des ›melius ipsum‹
3.2.1 Hinführung
3.2.2 Wesenheit, Washeit und Einfachheit der höchsten Natur
3.2.2.1 Erschließung der Wesensattribute (K15)
3.2.2.2 Feierliche Aufzählung der Washeit der höchsten Natur in ihrer Höchstheit (K16)
3.2.3 Vom Prädikat zum Attribut als Idee (K16–17)
3.2.3.1 Die höchste Gerechtigkeit (summa iustitia)
3.2.3.2 Die höchste Größe (summa magnitudo)
3.2.3.3 Einfachheit des Seins im Ganzen derWesensbestimmungen
3.2.4 Die höchste Natur in kategorialer Bestimmung (K18–24)
3.2.4.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein ohne Anfang und Ende (K18)
1) Die höchste Natur ohne Anfang aus ihrer Selbstidentität
2) Die höchste Natur ohne Ende als das einfache Gute
3) Die höchste Natur als wahre Ewigkeit und ewige Wahrheit
3.2.4.2 Notwendige Zweifel durch das ›Sein des Nichts‹ und seine Einteilung (K19)
3.2.4.3 Überall- und Nirgendssein, Immer- und Niesein der höchsten Natur (K20–22)
3.2.4.4 Sein als Gegebensein im Gründungsverhalten schöpferischer Macht (K23)
3.2.4.5 Immersein als Ewigkeit und die Kritik ihrer Zeitvorstellungen (K24)
3.2.5 Die Benennbarkeit der höchsten Natur als Substanz (K25–27)
3.2.5.1 Die höchste Natur als Substanz (K25)
3.2.5.2 Wirkung der höchsten Substanz ohne Selbstveränderung (K25)
3.2.5.3 Substanz im Vergleich mit dem für Veränderungen Aufnahmefähigen (K26)
3.2.5.4 Unterscheidung von Relation und Akzidens (K25–27)
3.2.6 Der Begriff der höchsten Substanz (K27–28)
3.2.6.1 Die höchste Substanz als individueller Geist (K27)
3.2.6.2 Individueller Geist und Bedingungen der Personalität (K28)
3.3 Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹
3.3.1 Einleitung
3.3.2 ›Creatio‹ in ihrer orientierenden Bedeutung
3.3.2.1 Rechtfertigung des Gebrauchs des Substanzbegriffs (K27)
3.3.2.2 Unvergleichbarkeit des Geistes im Vergleich (K28)
3.3.3 Der höchste Geist als Sprechen (K29–32)
3.3.3.1 Gedächtnis als Bedingung der Vernunfterkenntnis (K29)
3.3.3.2 Die Einheit des höchsten Geistes als Sprechen ist Sein als Erkennen (K29)
3.3.3.3 Das Sprechen des höchsten Geistes in einem Wort (K30)
3.3.3.4 Wort und Bild in beurteilender Erkenntnis (K31)
3.3.3.5 Correctio des Vergleichsbezugs in der beurteilenden Erkenntnis (K32)
3.3.3.6 Die Umkehrung der Vorbildlichkeitsrichtung im Ähnlichkeitsverhältnis (K32)
3.3.4 Der schöpferische Geist und sein Wort (K33–38)
3.3.4.1 Die Vergegenwärtigung des Wortes und Wendung in seine Wahrheit (K33)
3.3.4.2 Die Kunst des schöpferischen Wortes und seine implikative Struktur ›melius ipsum quam non ipsum‹ (K34)
3.3.4.3 Wahrheit und Leben im Sprechen des Worts (K35)
3.3.4.4 Unbegreiflichkeit des schöpferischen Geistes für den Verstand (K36)
3.3.4.5 Selbigkeit von Geist und Wort in Schöpfung (K37)
3.3.4.6 ›Zwei‹ in Einem Ursprung (K38)
3.3.5 Trinitarische Entsprechung des Geistes (K39–62)
3.3.6 Das Unbegreifliche des Sich-Sprechens und die negative Theologie (K63–67)
3.3.7 Vom vernünftigen Geist (K65–68)
3.3.7.1 Die Selbsterkenntnis des vernünftigen Geistes als Ebenbild in der Gotteserkenntnis (K65)
3.3.7.2 Der vernünftige Geist in seiner wahren Abbildlichkeit (K66)
3.3.7.3 Die Abbildstruktur des vernünftigen Geistes und ihre doppelte Reflexion (K66–67)
3.3.7.4 ›Melius ipsum quam non ipsum‹ als Bildungsstruktur des Selbstseins des vernünftigen Geistes in Erzeugung der Ähnlichkeit
3.3.7.5 Die Ähnlichkeitserkenntnis der vernunftbegabten Natur (K68)
3.3.7.6 Urteilskraft als die Vernunftbestimmung und -bedingung (K68)
3.3.7.7 Liebe als Vollzug der Erkenntnis des Guten (K68)
3.3.8 Die Liebe als Einheit von Vernunft und Glaube im beurteilenden Erkennen (K69–78)
3.3.9 Der Name Gott für die höchste Wesenheit (K79–80)
Zusammenfassung
Schluß
Literaturverzeichnis
a) Quellen
b) Übersetzungen
c) Literatur
Personenverzeichnis
Sachverzeichnis
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Urteilskraft und Gotteserkenntnis: Zur Argumentationsstruktur im Monologion des Anselm von Canterbury
 9783495997192, 9783495481844

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Chung-Mi HwangBo

Urteilskraft und Gotteserkenntnis Zur Argumentationsstruktur im Monologion des Anselm von Canterbury

ALBER PHILOSOPHIE

https://doi.org/10.5771/9783495997192

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B

Chung-Mi HwangBo Urteilskraft und Gotteserkenntnis

ALBER PHILOSOPHIE

A

https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Über dieses Buch: Im Monologion, seinem ersten systematischen Werk, unterwirft Anselm von Canterbury sich der Methode des ›sola ratione‹. Dadurch begründet er nicht nur eine Vernunfterkenntnis im nach Einsicht verlangenden Glauben an den dreieinen Gott, sondern gibt im Anschluß an das Trinitätswerk Augustins die Ebenbildlichkeit des menschlichen Geistes als Bildung seiner Vernunft- und Urteilskraft durch den Mitvollzug seiner Vermögen zu erkennen. Die Autorin geht diesem Bildungs- und Begründungsgang zum erstenmal in der Anselmforschung konsequent nach. Die mit der Vernunft in der Frage nach Grund und Maß, wenn wir etwas überhaupt als gut erachten, schon in Gebrauch genommene Urteilskraft zeigt sich im Laufe der Erwägungen durch Irritationen und Fragwürdigkeiten hindurch als jenes Grundvermögen im vernünftigen Geist des Menschen, ohne dessen Entscheidungen, Gedächtnisse und Reflexionen die Vernunft selbst zu keiner Einstimmung in ihren Schlüssen auf das unbedingt Geltende kommen, keinen Begriff einer höchsten Natur im Verstande halten kann. Für zentral in der Vernunft- und Bildungsstruktur des Monologion hat diese Arbeit das Prinzip des »melius ipsum quam non ipsum« (besser, solches zu sein als nicht solches zu sein) erkannt und von seiner umfangreichen Auslegung her die Einheit dieses ersten systematischen Werks Anselms erschlossen. An entscheidender Stelle dann des späteren Proslogion von Anselm wird dieses Kriterium einer entscheidenden Urteilskraft wieder aufgenommen, dort, wo der scheinbar nur auf das bloße Sein bezogene Gottesbeweis in dessen 5. Kapitel die washeitlichen Bestimmungen, notwendig zu erkennen, weiter aufnehmen muß. Erst mit der bewußt gestalteten Rückbindung an die Argumentationsfigur des Monologion wird die Schlußfigur des Proslogion einsichtig, dessen Gotteserweis ohne die Anstrengung der Selbsterkenntnis und die alle Seelenvermögen im Ebenbildverhalten des personalen Geistes mit einbeziehende Einstimmungsarbeit gar nicht geführt werden kann. Die Autorin: Chung-Mi HwangBo studierte Philosophie, katholische Theologie und Sinologie in Seoul, München und Bonn; dort 2004 Promotion in Philosophie. Seit 2005 leitendes Mitglied des Instituts für philosophisch-theologische Forschung und Bildung zu Beuron. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind antike und mittelalterliche Philosophie, Fragen der Grenzen und der notwendigen Verbindung zur Theologie, ostasiatische Philosophie und Kunst.

https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Chung-Mi HwangBo

Urteilskraft und Gotteserkenntnis Zur Argumentationsstruktur im Monologion des Anselm von Canterbury

Verlag Karl Alber Freiburg / München https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei) Printed on acid-free paper Originalausgabe Alle Rechte vorbehalten – Printed in Germany © Verlag Karl Alber GmbH Freiburg / München 2007 www.verlag-alber.de Satz: SatzWeise, Föhren Druck und Bindung: Difo-Druck, Bamberg www.difo-druck.de ISBN 978-3-495-48184-4

https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Danksagung

Die vorliegende Studie ist die inhaltlich geringfügig und sprachlich leicht überarbeitete Fassung einer Untersuchung, die 2004 von der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen wurde. In aufrichtiger Verbundenheit bin ich all meinen Lehrern zu Dank verpflichtet, ohne deren Unterstützung die Studie nicht möglich gewesen wäre. Mein Dank gilt zuerst Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Ludger Honnefelder, meinem Doktorvater, für seine Wegweisung zu Anselm und für seine umsichtige Betreuung. Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Kluxen, der die Mühe des Zweitgutachtens auf sich nahm, sei aufrichtig gedankt, daß er mich stets ermutigte, einen eigenständigen Denkweg zu gehen. Herrn Prof. Dr. Josef Wohlmuth möchte ich in meine Danksagung einschließen, der mir Wege anzeigte, die philosophischen Fragestellungen vom theologischen Problembewußtsein her erneut zu durchdenken. Herrn Prof. Dr. Wook Chang, meinem koreanischen Lehrer, danke ich, der mich seit Beginn meines Studiums über Jahre hinweg mit vertrauensvoller Unterstützung begleitete und mich zur Einsicht führte, daß die Philosophie ohne den Gottesgedanken keine wahre sein kann. Mein besonderer Dank gilt dem Leiter des IThB, Herrn Harald Erben, der meinen philosophischen Bildungsweg in Diskussion und Kritik begleitet hat. Mein weiterer Dank gilt Elke Konertz, Paul Widmer und all denen, die sich Zeit für die mühsamen Korrekturarbeiten des schwierigen Textes genommen haben. Die grenzenlose Liebe meiner Eltern hat all die Jahre meinen langen wissenschaftlichen Weg begleitet. In Dankbarkeit und Liebe ist diese Studie ihnen gewidmet. Für die Förderung der Drucklegung dieser Studie danke ich der BoehringerIngelheim-Stiftung für Geisteswissenschaft.

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Inhaltsverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thema und Forschungsstand . . . . . . . . . . . Zielsetzung und methodische Vorbemerkung . . Vorgehensweise und Abkürzungen . . . . . . . .

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15 15 24 28

Teil I Die eine Natur als die hchste Natur von allem . . . . .

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Einleitung 1 2 3

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. . . .

1.1 Methodische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Der Anfang und die Aufgabenstellung des »Monologion« . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Das Nächstliegende zur Einsicht in den Grund . 1.2 ›Sola ratione‹ und Entfaltung der Methodik zur Gotteserkenntnis (K1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die eine Natur als der stellvertretende Name Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Die allgemein gültige Annahme der Vernunft . 1.2.3 Vernunfterkenntnis der einen Natur aus Beurteilungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Einheit oder Vielheit des Grundes . . . . . . . . . . . 1.3.1 Einteilungsentscheidung im Vergleichsgrund . . 1.3.2 Die notwendige Selbigkeit am Beispiel der Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Sein ›durch sich‹ und Sein ›durch anderes‹ als Grundeinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Grund der Güte als höchstes Gut . . . . . . . .

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31 34

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35 41

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44 46 46

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1.3.4.1 Formbedingung als etwas, das ›durch sich selbst‹ ist, was es ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4.2 Überlegungen zur Größe der Güte . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

1.4 Die höchste Natur als Grund und Maß des beurteilenden Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Vergleichbarkeit der Grundverhältnisse (K2) . . . 1.4.2 Grund des Seins als etwas überhaupt (K3) . . . . 1.4.3 Einssein des ›durch sich selbst‹ Seins als Grund . . 1.4.4 Die eine und einzige höchste Natur als das Maß des Vergleichs (K4) . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Die höchste Natur als Ursprung des Wasseins der Dinge (K5–14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein der höchsten Natur (K5–6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Wassein der Dinge durch die höchste Natur: ›creatio ex nihilo‹ (K7–8) . . . . . . . . . . . . . 1.5.2.1 1.5.2.2 1.5.2.3 1.5.2.4 1.5.2.5

Von der Materie der Dinge (K7) . . . . . . . . . . Creatio als Formgabe im Wesen (K7) . . . . . . . . Das Nichtsein als noch nicht Seinkönnen (K8) . . . Creatio in der Entscheidung für das Seinkönnen (K8) Etwas als Maß im Grund des Seinkönnens (K9) . . .

1.5.3 Wassein der Dinge durch das Sprechen der höchsten Natur (K9–11) . . . . . . . . . . . . . 1.5.4 Bestandserhaltung der Dinge durch die schaffende Substanz (K12–14) . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Die begriffliche Struktur der Höchstheit der höchsten Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.1 Exkurs zum Begriff der Natur . . . . . . . . . . 1.6.2 Die doppelte Struktur der Höchstheit der höchsten Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57 57 59 61 63 67 67 77 78 81 82 85 87 88 92 95 95 99

Teil II Die Wesensbestimmung der hchsten Natur: ›melius ipsum quam non ipsum‹ Die Rekonstruktion des 15. Kapitels . . . . . . . . . . . 105 2.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2.2 Die Frage nach der Wesenheit der höchsten Natur und ihre Aussagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Inhaltsverzeichnis

2.3 Zwei Aussageweisen der Dinge und die Selbstgleichheit der höchsten Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Beziehentliche und selbstbezügliche Aussageweise (T2.1–3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Selbstgleichheit der höchsten Natur in ihrer Nennbarkeit als höchste (T2.4–6) . . . . . . . . . . . . 2.4 Der Wechsel des Verfahrens vom Vergleich zur reflexiven Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die Einteilung von Weisen selbstbezüglicher Bestimmung (T3.1–2) . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Die Begriffe ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ (T3.3) . . . 2.5 ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ als erste Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Das Beurteilungsmaß eines Guts aus dem Selbstvergleich (T4.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Die nicht formale Anwendbarkeit des ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ und die Urteilskraft als ihre Grundlage (T4.2) . . . . . . . . . . 2.5.3 Vereinbarkeit mit anderem Maß (T4.3) . . . . . . 2.6 ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹ als zweite Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Das begrenzt Gute als Subjectum der Beurteilung (T5.1, T5.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Die wertschätzende Beurteilung und ihre relative Geltung (T5.3–4) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Die ausschließende Funktion des Einteilungsverfahrens . 2.8 ›quidquid ipsum melius quam non ipsum‹ in der Bestimmung der höchsten Wesenheit . . . . . . . . . . 2.9 Die Wesensprädikate der höchsten Natur . . . . . . . . 2.9.1 Der Geist als sich selbst erkennende Urteilskraft . 2.9.2 Die Selbstgemäßheit und Strukturen der Negation (T8.1–3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9.3 Die Erschließung der Wesensprädikate aus dem ›melius ipsum‹ (T8.4–5) . . . . . . . . . . . . . . 2.10 Ausblick auf die weitere Problematik . . . . . . . . . . .

114 115 122 126 126 129 131 132 132 139 140 140 142 143 145 149 150 152 154 155

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Inhaltsverzeichnis

Teil III Die Bedeutungen des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis . . . . . . . . . . . 157 Einleitung und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3.1 Die strukturelle Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung . . . . . . . . . . . . 160 3.1.1 Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3.1.2 Übersetzungen von ›melius omnino ipsum quam non ipsum‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3.1.2.1 Die Vorschläge der Anselm-Interpreten . . . . . . . 161 3.1.2.2 Eigene Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 169 3.1.3 Formanalyse des Prinzips ›melius ipsum‹ nach seiner Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3.1.3.1 Die vergleichende Beurteilung als Grundstruktur des Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.2 Begriffsmomente und Bildungsformen des Prinzips . 3.1.3.3 Traditionen der Herausbildung des ›melius ipsum‹ vor Anselm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.1.4 Eine Logik des Selbstvergleichs aus dem Selbstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Die funktionale Bedeutung der Struktur des ›melius ipsum‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Wesenheit, Washeit und Einfachheit der höchsten Natur . . . . . . . . . . . . . . . . .

170 172 174

. 182 . 187 . 187 . 193

3.2.2.1 Erschließung der Wesensattribute (K15) . . . . . . 3.2.2.2 Feierliche Aufzählung der Washeit der höchsten Natur in ihrer Höchstheit (K16) . . . . . . . . . .

193

195 3.2.3 Vom Prädikat zum Attribut als Idee (K16–17) . . 202 3.2.3.1 Die höchste Gerechtigkeit (summa iustitia) . . . . . 204 3.2.3.2 Die höchste Größe (summa magnitudo) . . . . . . . 208 3.2.3.3 Einfachheit des Seins im Ganzen der Wesensbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 3.2.4 Die höchste Natur in kategorialer Bestimmung (K18–24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

3.2.4.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein ohne Anfang und Ende (K18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Inhaltsverzeichnis

3.2.4.2 3.2.4.3 3.2.4.4 3.2.4.5

1) Die höchste Natur ohne Anfang aus ihrer Selbstidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die höchste Natur ohne Ende als das einfache Gute 3) Die höchste Natur als wahre Ewigkeit und ewige Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendige Zweifel durch das ›Sein des Nichts‹ und seine Einteilung (K19) . . . . . . . . . . . . . . . Überall- und Nirgendssein, Immer- und Niesein der höchsten Natur (K20–22) . . . . . . . . . . . . . . Sein als Gegebensein im Gründungsverhalten schöpferischer Macht (K23) . . . . . . . . . . . . . Immersein als Ewigkeit und die Kritik ihrer Zeitvorstellungen (K24) . . . . . . . . . . . . . . . .

215 218 220 222 225 229

231 3.2.5 Die Benennbarkeit der höchsten Natur als Substanz (K25–27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3.2.5.1 Die höchste Natur als Substanz (K25) . . . . . . . . 232 3.2.5.2 Wirkung der höchsten Substanz ohne Selbstveränderung (K25) . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 3.2.5.3 Substanz im Vergleich mit dem für Veränderungen Aufnahmefähigen (K26) . . . . . . . . . . . . . . 235 3.2.5.4 Unterscheidung von Relation und Akzidens (K25–27) 237

3.2.6 Der Begriff der höchsten Substanz (K27–28) . . . 239 239

3.2.6.1 Die höchste Substanz als individueller Geist (K27) . 3.2.6.2 Individueller Geist und Bedingungen der Personalität (K28) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240

3.3 Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3.3.2 ›Creatio‹ in ihrer orientierenden Bedeutung . . . 246 3.3.2.1 Rechtfertigung des Gebrauchs des Substanzbegriffs (K27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2 Unvergleichbarkeit des Geistes im Vergleich (K28) .

247 250 3.3.3 Der höchste Geist als Sprechen (K29–32) . . . . . 255

3.3.3.1 Gedächtnis als Bedingung der Vernunfterkenntnis (K29) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3.3.3.2 Die Einheit des höchsten Geistes als Sprechen ist Sein als Erkennen (K29) . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 3.3.3.3 Das Sprechen des höchsten Geistes in einem Wort (K30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 A

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Inhaltsverzeichnis

3.3.3.4 Wort und Bild in beurteilender Erkenntnis (K31) . . 3.3.3.5 Correctio des Vergleichsbezugs in der beurteilenden Erkenntnis (K32) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.6 Die Umkehrung der Vorbildlichkeitsrichtung im Ähnlichkeitsverhältnis (K32) . . . . . . . . . . . .

262 268

271 3.3.4 Der schöpferische Geist und sein Wort (K33–38) . 277

3.3.4.1 Die Vergegenwärtigung des Wortes und Wendung in seine Wahrheit (K33) . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.2 Die Kunst des schöpferischen Wortes und seine implikative Struktur ›melius ipsum quam non ipsum‹ (K34) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.3 Wahrheit und Leben im Sprechen des Worts (K35) . 3.3.4.4 Unbegreiflichkeit des schöpferischen Geistes für den Verstand (K36) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.5 Selbigkeit von Geist und Wort in Schöpfung (K37) . 3.3.4.6 ›Zwei‹ in Einem Ursprung (K38) . . . . . . . . . .

277 283 285

287 289 290 3.3.5 Trinitarische Entsprechung des Geistes (K39–62) . 291 3.3.6 Das Unbegreifliche des Sich-Sprechens und die negative Theologie (K63–67) . . . . . . . . . . . 292 3.3.7 Vom vernünftigen Geist (K65–68) . . . . . . . . 298

3.3.7.1 Die Selbsterkenntnis des vernünftigen Geistes als Ebenbild in der Gotteserkenntnis (K65) . . . . . . . 3.3.7.2 Der vernünftige Geist in seiner wahren Abbildlichkeit (K66) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.3 Die Abbildstruktur des vernünftigen Geistes und ihre doppelte Reflexion (K66–67) . . . . . . . . . . . . 3.3.7.4 ›Melius ipsum quam non ipsum‹ als Bildungsstruktur des Selbstseins des vernünftigen Geistes in Erzeugung der Ähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.5 Die Ähnlichkeitserkenntnis der vernunftbegabten Natur (K68) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.6 Urteilskraft als die Vernunftbestimmung und -bedingung (K68) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7.7 Liebe als Vollzug der Erkenntnis des Guten (K68) . .

298 300 303 304 309 311 315

3.3.8 Die Liebe als Einheit von Vernunft und Glaube im beurteilenden Erkennen (K69–78) . . . . . . . . 319 3.3.9 Der Name Gott für die höchste Wesenheit (K79–80) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

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Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Literaturverzeichnis . . a) Quellen . . . . . . b) Übersetzungen . . c) Literatur . . . . .

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335 335 337 337

Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

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Einleitung

1.

Thema und Forschungsstand

Im »Monologion« (1075–76), seinem ersten systematischen Werk, unterwirft sich Anselm von Canterbury (1033–1109) der Methode des ›sola ratione‹. Dadurch gründet er nicht nur eine Vernunfterkenntnis Gottes im nach Einsicht verlangenden Glauben (fides quaerens intellectum) an den dreieinen Gott, sondern gibt auch im Anschluß an das Trinitätswerk von Augustinus die Ebenbildlichkeit des menschlichen Geistes als Bildung seiner Vernunft und Urteilskraft durch den Mitvollzug seiner Vermögen zu erkennen. Die Urteilskraft ist in der im Werk eingangs methodisch gestellten Frage nach Grund und Maß, wenn wir etwas überhaupt als gut schätzen bzw. erachten, bereits mit der Vernunft in Gebrauch genommen. Sie zeigt sich im Lauf der Erwägungen durch Irritationen und Fragwürdigkeit hindurch als Grundvermögen im vernünftigen Geist als Menschen. Ohne Entscheidung und Reflexion dieses Grundvermögens kann die Vernunft selbst zu keiner Einstimmung in ihren Schlüssen auf das unbedingt Geltende kommen und auch keinen Begriff einer höchsten Natur (summa natura) als des höchsten Guten bilden und halten. Als zentral in dieser Vernunft- und Bildungsstruktur des Werkes gilt die Formulierung »solches zu sein besser als nicht solches zu sein« (melius ipsum quam non ipsum), die Anselm zur Bestimmung des göttlichen Wesens in grundlegender Funktion gebraucht. Während ihrer Durchführung des vernünftigen Geistes als des Mitdenkenden erkennt er sich als die ›solches‹ (ipsum) und ›nicht solches‹ (non ipsum) von einander unterscheidend beurteilende Urteilskraft. In diesem Anspruch auf Vernunft macht Anselm die Urteilskraft als die Grundbestimmung der Vernünftigkeit des Menschen zum Prinzip der mit dieser ungewöhnlichen Formulierung ›melius ipsum quam non ipsum‹ gefundenen Wesensbestimmung der höchsten Natur. Damit gehört der Prozeß der vernünftigen Findung einer solchen Formulierung selbst der Methode des ›sola ratione‹ an und Anselm A

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Einleitung

verleiht ihr die Prägnanz als Prinzip der Urteilskraft in der Methode des ›sola ratione‹. Denn gemäß der Methodenbestimmung, allein die Vernunft in Anspruch zu nehmen, gilt die Vernunft selbst für die Methode. In ihr können wir die Argumentations- und Begründungsstruktur des Werkganzen als des Unternehmens der Vernunft wiedererkennen. Dennoch bleibt sie als ein Strukturmoment des Werkganzen, ohne ihren Charakter des dem Werkganzen hindurchführenden und durchdringenden Prinzips zu verlieren. Sie wird schließlich an entscheidender Stelle des späteren »Proslogion« wiederaufgenommen, wo der scheinbar nur auf das bloße Sein bezogene Gottesbeweis in dessen 5. Kapitel die washeitlichen Bestimmungen notwendig zu erkennen weiter aufnehmen muß. Gerade dort, wo die Erkenntnis des Wasseins Gottes als ›etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann‹ (aliquid quo non maius cogitari possit) die Erkenntnis des notwendigen Seins Gottes vollzieht, fungiert sie nun in einer anderen Variante ›melius esse quam non esse‹ als das Kriterium einer entscheidenden Urteilskraft für diese gesuchte Erkenntnis des Wasseins Gottes. Erst mit der Rückbindung an die Argumentationsfigur des »Monologion« wird die Schlußfigur des »Proslogion« einsichtig, dessen Gotteserweis ohne die Anstrengung der Selbsterkenntnis und die Einstimmungsarbeit, die alle Seelenvermögen im Ebenbildverhalten des personalen Geistes mit einbezieht, gar nicht geführt werden kann. Die Formulierung »solches zu sein besser als nicht solches zu sein«, der Anselm die begriffliche Prägnanz der Urteilskraft des Menschen verleiht, gilt im 13. Jh. als Umschreibung der schlechthinnigen oder reinen Vollkommenheit (simpliciter perfectio), die die Wesenheit Gottes bezeichnet. Der Begriff der reinen Vollkommenheit weist begriffsgeschichtlich auf Eriugenas lateinische Übersetzung des allem schlechthin Enthobenen oder des schlechhin von allem Abgelösten (pl@ ⁄polelumffnou) aus dem Griechischen zurück. Es ist das Wort, das im letzten Satz der »mystischen Theologie« (»De mystica theologia«) des Pseudo-Dionysius Areopagita vorkommt 1 Eriugena verwendet dafür im Lateinischen perfectio simDionysius Areopagita, De mystica theologia, PL 122, 1176A-C: Iterum autem ascendentes dicamus, on [omnium causa] neque ainima est, neque intellectus, neque phantasiam, aut opinionem, aut verbum, aut intelligentiam habet, neque ratio est, neque intelligentia, neque dicitur, neque intelligitur, neque numerus est, neque ordo (…) neque

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Thema und Forschungsstand

pliciter. Im Unterschied zum Griechischen, das Gottes Unvergleichbarkeit und Unnennbarkeit aufgrund seiner Transzendenz hervorhebt und alle affirmativen Attribute abspricht, wird im 13. Jh. jede Wesenheit Gottes entsprechend seinem vollkommenen Sein in seiner Einfachheit als Vollkommenheit schlechthin bezeichnet. Als begriffsgeschichtlicher Ursprung des Begriffs der schlechthinnigen Vollkommenheit, die zweifellos der Begrifflichkeit der affirmativen Theologie nahesteht, ist erstaunlicherweise ein aus der mystischen Theologie stammender Begriff auszumachen. Jedoch liegt diesem die negative Theologie zugrunde. Heinrich von Gent (?-1293) erkennt später an Anselms ›melius ipsum‹ Formulierung den Charakter der Regel (regula) 2 für die Attribute Gottes, welche er ausdrücklich als schlechthinnige Vollkommenheit (simpliciter perfectio) begreift 3 . In der Auseinandersetzung mit Heinrich erfaßt Duns Scotus (1265–1308), der Anselms beide Bestimmungsformen, sowohl das ›solches zu sein besser als nicht solches zu sein‹ als auch das ›etwas, über dem kein Größeres gedacht scientia neque veritas est, neque regnum, neque sapientia (…), neque lumen, neque error, neque veritas, neque est eius universaliter positio, neque ablatio, sed eorum, quae post eam sunt, positiones et ablationes facientes, ipsam neque auferimus, neque ponimus, quoniam et super omnem positionem et perfecta et singluaris omnium causa, super omnem ablationem excellentia omnium simpliciter perfectione, et summitas omnium. Vgl. Dionysius Areopagita, De mystica theologia PL 3, 1047D: (…) neque tollimus; quia supra omnem positionem est perfecta; et singularis omnium causa; et supra omnem ablationem exsuperatio omnium simpliciter abstracta, et ultra omnia. [Hevhbg. v. Vf.]. Vgl. Dionysius Areopagita, De mystica theologia, V 1048b [Corpus Dionysiacum II, 150]: .. ¥pe½ ka½ 'pþr p”san qesin ¥st½n  pantel¼@ kai niaffla tn pÞntwn a§tffla ka½ 'pþr p”san ⁄ya½resin  ¢peroc¼ to‰ p€ntwn pl@ ⁄polelumffnou ka½ ¥pffkeina tn ˆlwn. [Hevhbg. v. Vf.] Später wird der Begriff simpliciter perfectio auch pura perfectio genannt. 2 Henri. De Gant., Summa 32, 1 Macken 31, 56–58: Et secundum regulam praedictam ANSELMI, quod « absolute melius est ipsum quam non ipsum », dicendum est Deo convenire. 3 Heinrich zitiert einige Stellen aus der mystischen Theologie von Dionysius Areopagita. Von ihrer Lateinübersetzung her kennt er den Ausdruck ›simpliciter perfectio‹. Henr. De Gand., Summa 32, 2 Macken 49; 87–91: In rebus enim, in quibus ipsum est omnino melius quam non ipsum, nomina earum imponuntur ad significandum earum naturas et essentias, ut habentes rationem perfectionis et dignitatis simpliciter et absolute. Et sic simpliciter et absolute ipsas perfectiones eorum et dignitates significant, non sub ratione alicuius limitationis in gradu dignitatis naturae suae; Henr. De Gand., Summa 32, 2 Macken 41; 78–80: In qua quidem est considerare tria, scilicet rationem ipsius perfectionis simpliciter et absolute, et rationem proprietatis essentiae et naturae, cuius est perfectio, et rationem limitationis in gradu competenti creaturae. [Hevhbg. v. Vf.] A

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Einleitung

werden kann‹ (aliquid quo non maius cogitari possit) kritisch rezipiert und selbständig transformiert, sie als Lehre (doctrina) 4 oder als Beschreibung (descriptio) 5 der reinen oder schlechthinnigen Vollkommenheit. Mit der Rezeptionsgeschichte durch Duns Scotus gewinnt die Formulierung ›melius ipsum‹ vor allem von den Scotusforschern her eine Bedeutung in der philosophischen Diskussion. W. Kluxen, der die Abhandlung über das erste Prinzip (»Tractatus de primo principio«) von Duns Scotus ediert, übersetzt und mit Sorgfalt kommentiert hat, bezeichnet Anselms Formulierung ›melius ipsum quam non ipsum‹ einerseits als »Begriff der reinen Vollkommenheit« 6 und andererseits als »Vollkommenheitsprinzip«. 7 Ferner betrachtet R. Prentice sie als Idee der reinen Vollkommenheiten (the idea of pure perfections 8 ). Das Kluxen zufolge als Prinzip zu betrachtende ›melius ipsum quam non ipsum‹ gewinnt unter den gegenwärtigen Anselmforschern fast nur in der Diskussion zum »Proslogion« (1077–78) einige Aufmerksamkeit. Sie konzentriert sich dabei auf das Grundverhältnis zwischen der dort neu eingeführten Bestimmung des Gottesbegriffs als ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ (= aliquid quo) und dem aus dem »Monologion« eingeführten Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ (= melius ipsum). Entsprechend der dortigen Fragestellung wird im »Proslogion« statt ipsum das esse in der Formulierung ›melius esse quam non esse‹ 9 gebraucht, ohne daß dadurch eine Bedeutungsverschiebung gegenüber dem »Monologion« ausJohannes Duns Scotus, Ord. I, d. 3, p.1, q1–2, n 38. ed. Vat III 25: et ita peribit doctrina Anselmi Monologion, ubi vult quod ›praetermissis relationibus, in omnibus aliis quidquid est simpliciter melius ipsum quam non ipsum attribuendum est Deo, sicut quodcumque non tale est amovendum ab ipso‹. 5 Johannes Duns Scotus, de primo principio, c.4, concl. 3n. 53, ed. Kluxen 64: Perfectio simpliciter dicitur quae in quolibet est melius ipsum quam non ipsum. Haec descriptio videtur (…). 6 W. Kluxen, Kommentar, S. 194; »Der Begriff und die Beschreibung der schlechthinnigen Vollkommenheiten, die Scotus, berühmt nennt, stammt von Anselm von Canterbury, der sie im Monologion (c. 1; vgl. auch Proslogion c. 5) einführt.« 7 W. Kluxen, Kommentar, S. 198; »Aber es liegt nicht bloß ein Anwendungsfall des Vollkommenheitsprinzips vor (…).« 8 R. Prentice, Scotus rejection of pure perfections, S. 50. Auch wird es als Begriff der schlechthinnigen Vollkommenheit (concept of perfectio simpliciter) genannt. S. 54. 9 Pros 5, I 104, 11–17: Quid igitur es, domine deus, quo nil maius valet cogitari? (…) et quidquid melius est esse quam non esse. Ferner Pro 5, I 104, 15–16; Pro 11, I 110, 1–3. 4

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Thema und Forschungsstand

zumachen wäre, weil das Sein im ipsum als Selbstsein bereits hier mitzudenken ist, wie die folgende Darstellung zeigt. Karl Barth hat in den 30er-Jahren bereits eine entscheidende Richtung für die Interpretation des Begriffs ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ vorgegeben, die insbesondere dessen funktionaler Bedeutung Aufmerksamkeit schenkt. Nach ihm beinhaltet der Begriff aliquid quo als der geoffenbarte Gottesname »einen noetischen Gehalt im Sinnen einer negativen Denkregel« 10 , die verbietet, etwas Größeres als Gott zu denken. Diese Charakterisierung des Begriffs aliquid quo als Regel bzw. Denkregel wirkte gerade für die Interpretation des Prinzips ›melius ipsum‹ als entscheidende Wegweisung für die ihm nachfolgende Generation der Anselmforschung. Im Unterschied zum Begriff aliquid quo, der auf unterschiedliche Weise einmal als »sprachliche Konstruktion« (K. Flasch) 11 , als »operativer Begriff« (G. Schrimpf) 12 , als »Denkbegriff« (K. Kienzler) 13 oder dann als »Selbstbegriff der Vernunft« (E. Salmann) 14 verstanden wurde, wird das Prinzip ›melius ipsum‹ generell als »(Denk)Regel« (I. Dalferth, E. Salmann, M. Enders, D. Korsch, J. Ringleben, S. Dangelmayr) 15 bezeichnet, der terminologischen Prägung von Karl Barth folgend. K. Barth, Fides quaerens intellectum, S. 78. K. Flasch, Einleitung, S. 17; »Die Formel Etwas, Worüber hinaus Vollkommeneres nicht gedacht werden kann sah Anselm eine ganz persönlich und mühsam errungene sprachliche Konstruktion an, mit deren Hilfe ein Gottesleugner und er über die Bestreitung der Existenz Gottes rational diskutieren könnten.« 12 G. Schrimpf, Anselm von Canterbury. Proslogion II-IV, S. 49; »Anselm ist sich der wissenschaftstheoretischen Einschränkung, die der Aussagekraft des Begriffs aliquid quo maius nihil cogitari potest deswegen innewohnt, durchaus bewußt – besonderes in der Version aliquid quo maius nihil cogitari potest. Vor allem aber zeigt seine Antwort klar, daß er in dem sprachlichem Zeichen aliquid quo maius nihil cogitari potest einen operationalen Begriff sieht.« 13 K. Kienzler, Glauben und Denken bei Anselm von Canterbury, S. 274; »Im ersten Begriff des ›id quo maius cogitari nequit‹ ist aber der komplexe Zusammenhang von Denken und seinem höchsten Gegenstand auf einen Begriff gebracht. Dieser Begriff stammt zwar aus dem Denken, denn er ist der höchste Denk-Begriff, zugleich ist er aber größer als das Denken, da er in einem auch Begriff des höchsten Gegenstandes des Denkens ist, d. i. Gottes.« 14 A. Salmann, Korreflexive Vernunft und theonome Weisheit in der Logik von Monologion und Proslogion, S. 192 f.; »Die Formel als Denkbegriff ist also Selbstvollzug, Selbstbegründung und Selbstbegriff der Vernunft, des cogitare.« 15 I. Dalferth, Fides quaerens intellectum, S, 80 f.; »Seine erste Antwort lautet; ›Gott ist das, demgegenüber Größeres nicht gedacht werde kann,‹ seine zweite: ›Gott (derjenige, dem gegenüber Größeres nicht gedacht werden kann) ist alles, was besser ist zu sein als 10 11

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Einleitung

Jedoch ist zu differenzieren, in welchem Sinne der jeweilige Interpret von Regel 16 spricht. Wenn das Prinzip ›melius ipsum‹ aus sich einen eindeutigen Erweis der Wesensprädikate Gottes gestattet, läßt es sich wohl als Regel für die Erschließung der Wesensprädikate verstehen. Ihm ist eine funktionale Bedeutung insofern zuschreibbar, als das Prinzip für den Erweis der Wesensprädikate bei der jeweiligen Beurteilung und Entscheidung regelgerecht gebraucht wird. Wenn es aber als Anweisung zur Beurteilung der Wesenheit Gottes fungiert, ist es als Beurteilungsregel für die Wesenheit Gottes im besonderen und als Beurteilungsprinzip in der Prinzipienerkenntnis überhaupt zu verstehen. Darin dann erschließt sich auch seine ursprünglich praktische Bedeutung. Nach Siegfried Dangelmayr ist das Prinzip ›melius esse quam non esse‹ von der Begriffsbestimmung ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ deduktiv abgeleitet. Er kennzeichnet das Prinzip als »eine methodische Anweisung« oder »eine Regel, mittels welcher sich jeweils entscheiden läßt, ob eine Bestimmung Gott zukommt oder nicht«. 17 So hebt Dangelmayr zu Recht das Element der Entscheidung hervor, das dem Beurteilungsprinzip in der Erkenntnishandlung des Denkens zukommt. Auch Ingolf Dalferth folgt Barth 18 und betrachtet das aliquid quo wie das ›melius ipsum‹ als »theologische Regeln«, wie Gott selbst nicht zu sein.‹ Sie formulieren keine ewigen Wahrheiten über Gott, sondern statuieren theologische Regeln, wie Gott zu denken ist (…)«; E. Salmann, Korreflexive Vernunft und theonome Weisheit in der Logik von Monologion und Proslogion. S. 204; »Dieselbe Denkregel wird nun sofort in P5 [K5 im Proslogion] eingeführt, wo Anselm anfängt, über das Wesen Gottes nachzudenken: Tu es itaque iustus, verax, beatus, et quidquid melius est esse quam non esse.«; M. Enders, Denken des Unübertrefflichen, S. 83; »Q [aliquid quo non maius cogitari possit] besitzt den Charakter einer negativen Denkregel, genauer einer Denkregel der Un- oder Nichtübertrefflichkeit, die negativ vorschreibt, wie über Gott nicht angemessen gedacht werden darf, nämlich so, dass etwas Größeres als er auch nur denkbar wäre.« Ferner D. Korsch, Intellectus fidei, S. 143; J. Ringleben, Erfahrung Gottes im Denken, S. 6 ff. 16 Zum Begriff Regel vgl. Art. Regel von B. Kible, K. Lorenz, A. G. Conte und U. Steinvorth. 17 S. Dangelmayr, Anselm und Cusanus, S. 130 ff.; »Aus der Bestimmung des Absoluten als des Höchsten und des Besten leitet Anselm schließlich eine methodische Anweisung ab, eine ›Regel‹, mittels welcher sich jeweils entscheiden läßt, ob eine Bestimmung Gott zukommt oder nicht. Diese Regel lautet, daß von Gott alles auszusagen ist, was an sich selbst ›besser‹ ist als sein Nichtsein; quidquid absolute melius est quam non ipsum.« 18 I. Dalferth folgt wohl nicht Barths Grundthese, daß es im »Proslogion« nur um das unum argumentum für den Beweis Gottes ginge. I. Dalferth, Fides quaerens intellectum, S. 97, Anm. 192.

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zu denken sei. Dabei bezeichnet er jenes als Identifikations- und dieses als Prädikationsregel. 19 Ihm zufolge begründet der Begriff aliquid quo das Prinzip ›melius ipsum‹ und damit stünden beide in einem Bestimmungsverhältnis zueinander. 20 Sie geben beide nach Dalferth jedoch keine inhaltlich-dogmatische Auskunft darüber, wer und was Gott ist. Vielmehr formulieren sie »kritische Regeln«, wie Gott und über Gott zu denken sei. 21 Die inhaltliche Antwort auf die Frage, wer und was Gott ist, ergibt sich nach ihm erst, wenn wir mit eigener Kraft diese Regeln, um den Glauben theologisch zu denken, anzuwenden beginnen. 22 Demnach scheint Dalferth das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ zwar als Regel der Wesensprädikate Gottes, aber nicht im Sinne einer mathematischen Regel, sondern im Sinne einer reflexiven Regel zu betrachten 23 , die als solche allerdings keine inhaltlich konkrete Auskunft über die Wesenheit Gottes gebe. Sie leiste aber doch eine »Instruktion über das Sein und Wesen Gottes« 24 . Insofern bedeutet nach Dalferth die Anwendung der Regel bzw. des Prinzips ›melius ipsum‹, uns den Glaubensinhalt bewußt zu machen. M. Enders wendet gegen Dalferths theologische Interpretation ein, daß es bei Anselm tatsächlich um die philosophische Begründung und somit um den philosophischen Beweis Gottes gehe. Enders zufolge schreibt der Begriff aliquid quo vor, daß »Gott alle jene Bestimmung zuzusprechen [seien], deren Besitz ihren Träger im Sein vollkommener [machen] als ihr nicht Besitz«. 25 Enders’ Ausdruck »vorschreiben« scheint das Bestimmungsverhältnis des Begriffs aliquid quo und des Prinzips ›melius ipsum‹ so festzulegen, daß dieses Ebd. S. 80. I. Dalferth, Fides quaerens intellectum, S 78; »Und sie [die Formel aliquid quo non maius cogitari possit] begründet die Formel ›quidquid melius esse quam non esse‹, mit deren Hilfe im zweiten Teil des Proslogion gezeigt wird, daß wahr ist, was wir von Gottes Wesen glauben.« 21 Ebd. 22 Ebd. 23 Dies ermöglicht – so Dalferth –, daß der in der theologischen Reflexion tatsächlich gedacht wird, den wir bekennen und zu dem wir beten. Ebd. S. 80. 24 Ebd. S. 99, vgl. Anm. 205. 25 M. Enders, Denken des Unübertrefflichen, S. 67; »Die Wesensprädikate bzw. Seinsvollkommenheiten Gottes werden also in den Kapiteln 5–23 des Proslogion aus Q [aliquid quo non maius cogitari possit] insofern abgeleitet, als Q vorschreibt, Gott alle jene Bestimmungen zuzusprechen, deren Besitz ihren Träger im Sein vollkommener machen als ihr Nicht-Besitz«. 19 20

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Einleitung

vom jenem her bestimmt wird. Ferner sei die Wesensbestimmung Gottes ›all das, solches zu sein schlechthin besser als nicht solches zu sein‹ (quidquid melius ipsum omnino quam non ipsum) als »analoge, wenn auch nicht vollkommen synonyme Formulierung« 26 des Begriffs aliquid quo anzusehen. Elmar Salmann greift das aliquid quo als Denkfigur auf und bezeichnet es gleich dem Prinzip ›melius ipsum‹ als Denkregel. 27 Kurt Flasch zufolge ist das Prinzip ›melius ipsum‹ eine Regel, auf die bei der Suche nach der Erkenntnis Gottes immer zurückgegriffen werden könne, und die Anselm durchgängig »für die möglichen Prädikate der summa natura aufstellt« 28 . Außer den gerade erwähnten Interpreten 29 , die Anselms Prinzip als Regel der Prädikation Gottes verstehen, sind Reinhold Otto Meßner und der sich an ihn anschließende Jürgen Ludwig Scherb zu erwähnen. Nach Meßner definiert Anselm den Begriff der Vollkommenheit schlechthin nicht so sehr, als daß er ihn exemplifiziere. 30 Scherb nimmt die bereits bei Meßner angelegte Auffassung als Vorzug mit formal-logischen Mitteln für eine gesuchte eindeutige Interpretation des so genannten ontologischen Beweises Gottes in K2 bis K4 31 des »Proslogion« auf und baut das logische Instrumentarium aus. Scherb versteht die Vollkommenheit im Sinne des Vorzugs 32, Ebd. Vgl. oben Anm. 15: E. Salmann, Korreflexive Vernunft und theonome Weisheit in der Logik von Monologion und Proslogion. S. 204. 28 K. Flasch: Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplatonismus, S 6 (Anm. 7); »Wahrhaft ist, was besser ist, und wir brauchen immer nur zu fragen, ist es besser, daß das höchste Sein vergänglich oder unvergänglich, zeitlich oder ewig ist, um die Antwort zu finden. Dieser axiologische Grundgedanke bestimmt die Regel, die Anselm für mögliche Prädikate der summa natura aufstellt.« 29 Auf die Frage, die für die genaue Bedeutung und die Tauglichkeit der von den erwähnten Interpreten genannten Regel relevant ist, nämlich wie genau die Bestimmungsverhältnisse zwischen dem Begriff ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ und dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Ableitung, Begründung oder Vorschreiben zu verstehen sind, sind sie leider nicht näher eingegangen. 30 R. O. Meßner, Die Kernstruktur des monotheistischen Gottesbegriffes, S. 135; »Bei Anselm selbst wird der Begriff der Vollkommenheit einfachhin nicht so sehr definiert als exemplifiziert.« 31 J. L. Scherb, Anselms philosophische Theologie. Scherbs Interpretation über das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ ist im IX. Kapitel enthalten. Insbesondere siehe. S. 252–264. 32 Ebd., S. 255: »Es ist allgemein bekannt, daß Anselm keinen Definitionsvorschlag für 26 27

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Thema und Forschungsstand

deren »Exemplifizierungsvorschlag« nun Anselm in der Formulierung ›melius ipsum quam non ipsum‹ – so Scherb folgend Meßner 33 – zugrundegelegt haben soll. 34 Zufolge der so als Exemplifizierungsvorschlag gefaßten Formulierung Anselms ist nach Scherb »etwas genau dann ein Vorzug, wenn sein Zukommen ceteris paribus besser als sein Nicht-Zukommen« 35 ist. Ferner geht es nach ihm in der Begriffsbestimmung Gottes durch das aliquid quo um ein Wesen, das alle Güter, d. h. alle Vorzüge in sich vereinigt, d. h. um »ein allvorzügliches Wesen« 36 . Vom genannten Exemplifizierungsvorschlag für den Vorzugsbegriff her kann sich nun nach Scherb ein Wesen als allvorzüglich erweisen, wenn jeder Vorzug ihm zukommt. 37 Den Begriff des Allvorzüglichen, d. h. aliquid quo und den sogenannten Exemplifizierungsvorschlag, d. h. das Prinzip ›melius ipsum‹ als äquivalent zu erweisen, 38 unternimmt Scherb mit Hilfe der Transkription von Anselms Texten in logische Zeichen. Jedoch bleibt hinsichtlich der Frage der inhaltlichen Bestimmung des Seins Gottes offen, inwiefern ein Vorschlag39 so stark fundiert sein kann, daß aus ihm eine solche Vollkommenheit oder die Wesenheit Gottes durch die Exemplifizierung zu gewinnen wäre. Das ›melius ipsum‹ Prinzip entwickelt Anselm durch die eingeführte Einteilungsmethode, welche das Problem der Relation bei der Bildung des Begriffs Gottes aufheben soll. Es gilt als den Begriff begründend, so daß es von seiner Genese her mehr als ein Vorschlag sein sollte. Ferner bleibt die Prüfung aus, wie sich das als Exemplifizierungsvorschlag bezeichnete ›melius ipsum‹ tatsächlich realisiert. Die Fragen bleiben in der bisherigen Forschung also offen, welche Bedeutung das ›melius ipsum quam non ipsum‹ für die Gotteserkenntnis hat, und welcher systematische Zusammenhang zwischen seinen Vorzugsbegriff vorgelegt hat. Bekannt sind auch seine Exemplifizierungsverschläge aus M XV und P V und R X [Responsio K10]« 33 Zu J. L. Scherbs Rezeption des Meßners vgl. Ebd., S. 260–262. 34 Ebd., S. 255. 35 Ebd., S. 257. 36 Ebd., S. 253. 37 Ebd., S. 252: »[kann] ein Wesen genau dann als allvorzüglich gelten, wenn ihm jeder Vorzug, in Anselmischer Sprechweise: jedes Gut im absoluten Sinne zukommt.« 38 J. L. Scherb, S. 253 f. 39 Zu den verschiedenen interpretatorischen Bezeichnungen der Formulierung ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Prinzip oder der Begriff der reinen Vollkommenheit (Kluxen), Regel (Heinrich, Scotus, Wolter, Dangelmayr, Dalferth, Salmann, Flasch), Lehre (Scotus), Idea (Prentice), Beschreibung (Scotus, Wolter) vgl. unten Teil III. A

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Einleitung

ihr und der Methode des ›sola ratione‹ als Vernunfterkenntnis Gottes besteht. Sie lassen sich nur mit der Erkenntnis des »Monologion« als Werk im ganzen seiner argumentativen Konstruktion entscheidend beantworten. Weder liegt bis jetzt eine selbständige Untersuchung über das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ in der Anselmforschung vor, noch ein zureichender Kommentar zum Werkganzen, oder eine spezifische Untersuchung zur Struktur der durch die Methode des ›sola ratione‹ durchgeführten Argumentationen im Werkganzen. Dem ist Abhilfe zu verschaffen.

2.

Zielsetzung und methodische Vorbemerkung

Die vorliegende Arbeit stellt sich daher die Aufgabe, diese Lücke in der Anselminterpretation zu schließen. Dabei geht sie von W. Kluxens Auffassung aus, ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Prinzip der schlechthinnigen Vollkommenheit zu begreifen, und sucht, das von Anselm herausgearbeitete Prinzip ›melius ipsum‹, dem er in der Methode ›sola ratione‹ seine Prägnanz als Prinzip der vernünftigen Urteilskraft verleiht, in seiner Bedeutung für das Gottesdenken und die Gotteserkenntnis darzustellen. Das Prinzip läßt sich nicht allein auf die Funktion der Erschließung der Wesensprädikate bzw. der schlechthinnigen Vollkommenheit einschränken, sondern muß als Beurteilungsprinzip in der Gotteserkenntnis verstanden werden, die notwendig mit der Selbsterkenntnis in der Bildung von Vermögen des vernünftigen Geistes verbunden ist. Vier Besonderheiten, die sowohl die Schwierigkeiten als auch den Reiz der Untersuchung ausmachen und die Vorgehensweise mitbestimmen, sind erstens zu nennen, daß das Werk »Monologion« keine Sammlung ist, die aus verschiedenen Questiones bestehen würde. 40 Es ist primär ein monographisches Werk, welches aus einzelnen, sorgfältig geprüften und verfügten Detaillarbeiten der Vernunfterkenntnis besteht. 41 Ihre Verflechtung bildet als Durchführung von Argumenten 42 eine Einheit, die sich allein dem erschließt, Vgl. M. MacCord Adams, Reviving Philosophical Theology, S. 65. So hebt F. S. Schmitt, der die gesamten Werke Anselms ediert und übersetzt hat, hervor, daß ›ein gewaltiger Stoff‹ im »Monologion« verarbeitet worden sei; vgl. ders., Einführung »Monologion«, S. 11. 42 Im Prooemium des »Proslogion« berichtet Anselm selbst über diese besondere Struktur der Argumentationen des »Monologion«, die ihn dazu veranlaßte, ein neues Ver40 41

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Zielsetzung und methodische Vorbemerkung

der sich die Mühe macht, mitzudenken und in der Reflexion der Urteilskraft diese selbst zu gebrauchen. 43 Es erwies sich darum als zwingend erforderlich, das ›melius ipsum‹ Prinzip als eingebettet in das Werkganze herauszuarbeiten und seine mehrfältigen Bedeutungen und Funktionen für die Gottes- und Selbsterkenntnis einsichtig zu machen. Zweitens ist festzuhalten, daß im Unterschied zu den Autoren im 13. Jh. im 11. Jh. zur Zeit des Lebens und Wirkens von Anselm von Canterbury die gelehrten Theologen anders diskutierten. Während später die Begriffe sich schon terminologisch verfestigten und in den philosophischen Disputationen ihre spezifizierten Anwendungen fanden, befinden sich bei Anselm manche Begriffe und manche Gedankenfügung in Überlegung und prüfendem Durchdenken 44 und in vielem auch heute wieder spannenderem Horizont. Wir widmen darum besondere Aufmerksamkeit den begrifflichen Bedeutungen im jeweiligen Kontext. Drittens thematisiert Anselm das Prinzip ›melius ispum‹ nach dessen Entwicklung in K15 in seiner ursprünglichen Form nicht noch einmal separat. Die Entscheidungsfunktion des ›melius ipsum‹ wird in K31 und K68 dargestellt und in expliziten Gebrauch genommen. Zieht man die Verbindungslinien, so wird klar, daß es als Beurteilungsprinzip die gesamte Gedankenführung des Werks durchzieht und die Vernunfterkenntnis in ihrer Prinzipieneinsicht als Leitfaden begleitet. Was die Bedeutung der ›melius ipsum‹ Funktion für die Gotteserkenntnis angeht, ist viertens im vorblickenden Vergleich festzuhalten, daß sich im »Proslogion« nichts Wesentliches gegenüber dem »Monologion« ändert. Anselm bindet es dort in eine für das Gottesverhältnis weiter greifende praktische Bedeutung ein, während es sich hier auf die Bildung der Urteilskraft in der Ebenbildlichkeit konzentriert. Das Prinzip behält im »Proslogion« diese mit der Vernunfterkenntnis verbundene Bedeutung. Denn Anselm zeigt in den Erläuterungen der jedem Attribut entsprechenden Handlungsart Gottes, daß das Denken Gottes nach seinem Begriff nicht etwa im Beweis der Existenz Gottes ihren Abschluß findet, sondern in der Erkenntnis der Wesenheit, die in der Mehrzahl der zu durchlaufenden Begriffe fahren für die Gotteserkenntis zu entwickeln. Die Bedeutung des Prooeminum für die gesamte Interpretation des »Proslogion« hat zu Recht S. Dangelmayr hervorgehoben; vgl. ders, Maximum und cogitare bei Anselm und Cusanus, S. 203. 43 Vgl. F. S. Schmitt, Einführung »Monologion«, S. 14 ff. 44 Vgl. R. Heinzmann, Philosophie des Mittelalters, S. 172 f. A

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Einleitung

das geistige Verhalten in eine immer auch für es selbst praktische Einheitsaufgabe verhält. Das dortige neu bestimmte Verfahren des einen Arguments (unum argumentum) der Vernunft gewinnt hinsichtlich des ›melius esse quam non esse‹ eine Bedeutung, in der sich sein Verhältnis zum ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ genauer bestimmt. 45 Um dies eingehend darzustellen wäre es jedoch erforderlich, die Konzeption des einen Arguments und seine Realisierungsweite zu verfolgen, die sich nicht nur auf die ersten vier Kapitel, sondern bis zum letzten der 26 Kapitel des »Proslogion« erstreckt. 46 Da diese neue Aufgabe bereits die Ausarbeitung des Prinzips ›melius ipsum‹ in seinem Ursprungsort im »Monologion« verlangt 47 und dann einen umfassenAnselms Argument wird aus dem Begriff ›aliquid quo‹ vor allem von den Logikern und Sprachanalytikern nach seiner Beweisbarkeit und Geltung geprüft; vgl. A. Mehrtens, Acht Thesen zur neueren Gottesbeweisdebatte. Oder wird nach der dem Begriff zugrundeliegenden Implikation gefragt und Gott als das vollkommenste Wesen interpretiert, wobei die Größe und Vollkommenheit als die leitenden Diskussionsbegriffe dienen; R. Brecher, Greatness in Anselms ontological Argument; Anselms Argument. The Logic of Divine Existenz; C. Hartshorne, The Logic of the Perfection. Mit dem zuletzt geannten Begriff bildet sich sogar eine bestimmte Richtung der Theologie nämlich perfect-being-Theologie in der gegenwärtigen analystischen Religionsphilosophie. Sie gründet sich auf den Begriff Gottes als eines unendlichen perfekten Wesens. Thomas van Morris gilt als der bekannteste Führer der perfect being theology; vgl., ders., Perfect Being Theology; The Concept of God. Zur perfect-being Theologie und zu ihren Anhängern und zu deren Aktivität siehe Ph. Clayton, das Gottesproblem, S. 121–127. Eine dritte Diskussion verknüpft die beiden Punkte und versucht, die Bedingungen für einen rationalen Gottesbegriff selbst zu denken und zu prüfen, ob der Begriff aliquid quo die jeweils gestellten Bedingungen zu erfüllen vermag und auf welcher Voraussetzung er beruht; J. Vuillemin, Id quo nihil maius cogitari potest. Demnach scheint die Diskussion über die Bedingung des rationalen Vernunftbegriffs Gottes ihren Schwerpunkt entweder in der Beweisbarkeit zu haben oder direkt zur Bildung des Begriffs Gottes zu führen. So setzt sie zugleich die Thematik des Verhältnisses zwischen der Begriffsform und dem Begriffsgehalt. 46 Die im »Monologion« (1075–6) eingeführten Argumente zur Wesenserkenntnis der höchsten Natur (summa natura), bezeichnet Anselm später im »Proslogion« (1077–8) als verkettet und verflochten (multorum concatenatione contextum argumentorum). Pros Prooe., I 93,2–10: Postquam opusculum [Monologion] quoddam velut exemplum meditandi de ratione fidei cogentibus me precibus quorundam fratrum, in persona alicuius tacite secum ratiociando quae nesciat investigantis edidi: considerans illud esse multorum concatenatione contextum argumentorum, coepi mecum quaerere, si forte posset inveniri unum argumentum, quod nullo alio ad se probandum quam se solo indigeret, et solum ad astruendum quia Deus vere est, et quia est summum bonum nullo alio indigens, et quo omnia indigent ut sint et ut bene sint, et quaecumque de divina credimus substantia, sufficeret. 47 Der im »Proslogion« gelieferte sogennante Gottesbeweis sei nach W. Röd der erste 45

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Zielsetzung und methodische Vorbemerkung

deren Rahmen als den hier gesteckten erfordert, halten wir es für sinnvoll, gemäß dem Ziel und der Aufgabe der vorliegenden Arbeit uns auf das »Monologion« zu konzentrieren. 48 Die Wichtigkeit des »Monologion« hat E. Salmann bereits ausdrücklich hervorgehoben und herausgestellt, daß das »Monologion« für das Verständnis des »Proslogion« und das gesamte Denken Anselms unentbehrlich ist. 49 Wo Verweise auf das »Proslogion« oder auf »De veritate« notwendig und hilfreich sind, gehen wir darauf in Form von Einschüben oder Anmerkungen ein. 50 Wir haben aber sachgemäß darauf verzichtet, Literatur zum »Proslogion«, in der das Prinzip ›melius ipsum‹ keine Beachtung gefunden hat, in das Literaturverzeichnis aufzunehmen. 51 Aus zumindest diesen vier genannten Gründen erscheint es ratsam, das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ im Kontext des ganzen Werkes zu untersuchen.52 Insofern orientiert sich die vorlieVersuch der Realisierung der Idee einer rationalen Metaphysik. Vgl. W. Röd, Der Gott der reinen Vernunft, S. 7–12; 18–30. Aber erst mit dem »Monologion« kann der Begriff der Vernunft in ihren Verfahrensweisen in Unterscheidung zum aussagenden Verstand und in Verbindung mit der reflektierenden Urteilskraft grundlegend für eine Interpretation der Rationalität des »Proslogion« bestimmt werden. 48 Auch Anselms dem »Proslogion« folgende Schrift »De veritate« hat in den letzten 10 Jahren zunehmende Aufmerksamkeit erfahren, wie die Untersuchung von M. Enders und B. Goebel zeigen; M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit; B. Goebel, Rectitudo. 49 E. Salmann, Korreflexive Vernunft und theonome Weisheit in der Logik von Monologion und Proslogion. 50 Das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ tritt im »Proslogion« mit dem ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ in ein komplementäres Verhältnis. Eine selbständige Untersuchung zum Verhältnis zwischen den beiden fordert einen anderen Rahmen. 51 In den letzten 30 Jahren ist besonders Anselms Argument in den Kapiteln 2–4 des »Proslogion« ununterbrochen diskutiert worden und darüber wurde eine Fülle von Literatur publiziert. Die folgenden Forschungsberichte zur Anselmliteratur bieten eine Orientierung: H. H. Verweyen, Anselm von Canterbury: Bibliographie, 1975; W. L. Gombocz, Anselm von Canterbury. Ein Forschungsbericht über die Anselm-Renaissance seit 1960; A. W. Kucera, Zur Diskussion des ontologischen und kosmologischen Gottesbeweisses in der neueren angelsächischen Religionsphilosophie. Eine Literaturübersicht; K. Jacobi bietet auch eine reichhaltige Bibliographie an: Begründung in der Theologie, Untersuchungen zu Anselm von Canterbury, S. 225–244. Schrimpf bietet eine Übersicht über die wichtigste Literatur zu K2–3 des »Proslogion« an. Von F. van Fleteren wurde eine umfagreiche Anselmbibliographie zusammengestellt, die in den Jahren von 1969 bis 1994 verfaßt ist und sich auf die englischsprachiche Literatur konzentriert; ders., Twenty-Five Years (1969–1994) of Anselm Studies in the English-Speaking World, S. 31–52. In Schönbergers Einführung zu Anselm findet man auch eine gut ausgewählte Bibliographie, in: Schönberger, Anselm von Canterbury, S. 163–172. 52 Anselms Methode bezeichnet E. Tielsch als ›Idealogische Ganzheitsmethodik‹, die das Denken und Glauben verbindet und sich von der Einzelmethodik der Antike abgrenA

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Einleitung

gende Arbeit am »Monologion« als einem einheitlichen Werk, das in seiner Gesamtheit zu durchdringen eine systematische Orientierung erfordert. Aus diesem Grund will diese Arbeit keine historische Untersuchung sein, sondern es steht ihre Interpretationsarbeit unter einer philosophischen Erkenntnisbemühung.

3.

Vorgehensweise und Abkrzungen

Die Untersuchung geht im wesentlichen von den drei oben genannten Aufgaben aus, nämlich erstens (I) die Entfaltungsstruktur der Methodik des ›sola ratione‹ deutlich herauszuarbeiten, die in der Geschichte der Gotteserkenntnis erstmals von Anselm durchdrungen worden ist. Zweitens (II) ist der Bildungsgang des Prinzips ›melius ipsum‹ zu erhellen. Für diese Aufgabe wird eine detaillierte Rekonstruktion des 15. Kapitels vorgelegt. Drittens (III) ist das bis dahin vorläufig als Prinzip bezeichnete aber als solches noch nicht zureichend erwiesene ›melius ipsum quam non ipsum‹ nach seiner Struktur, Funktion und Tragweite in den Gründungsverhältnissen herauszuarbeiten. Es können so drei leitende Arten der Bedeutung dieses Prinzips für die Gotteserkenntnis hervorgehoben werden: eine strukturelle (3.1), eine funktionale (3.2) und eine praktische Bedeutung (3.3). Wo Umständlichkeiten, ohne Unklarheiten entstehen zu lassen, vermieden werden können, werden fallweise die zwei in Frage stehenden Bestimmungen des Gottesbegriffs und der thematische Begriff der Natur Gottes in folgender Weise abgekürzt: – – –

das Höchste von allem, was ist (summum omnium quae sunt) = summum omnium etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann (aliquid quo non maius cogitari possit) = aliquid quo solches zu sein schlechthin besser ist, als nicht solches zu sein (melius omnino ipsum quam non ipsum) = melius ipsum

In den Anmerkungen werden die Titel der Werke von Anselm in folgender Weise abgekürzt:

ze. Sie wird als auf die Bibel zurückgehende Methode des Frühmittelalters bezeichnet, die zur Scholastik führt, vgl. ders, Anselm von Canterbury und das »De libero arbitrio« Problem, S. 73 ff.

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Vorgehensweise und Abkrzungen

»Monologion« = Mon, »Proslogion« = Pros, »De veritate« = DV, »Cur deus homo« = CDH, »Responsio Anselmi« = Resp. Das jeweilig im Haupttext des »Monologion« von Anselm durchnummeriert angegebene Kapitel wird als K abgekürzt: K15 bedeutet z. B das 15. Kapitel des »Monologion«. Wenn nicht anders angegeben zitieren wir im Text die Übersetzung des »Monologion« nach der lateinisch-deutschen Ausgabe von F. S. Schmitt, Stuttgart, 1964; in den Nachweisen die historisch-kritische Ausgabe (z. B. Mon 1, I 13,10 = Monologion, Kapitel 1, Op. omnia Bd. I, p.13, Zeile 10; siehe Literaturverzeichnis).

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Teil I Die eine Natur als die hchste Natur von allem

1.1 Methodische Einfhrung 1.1.1 Der Anfang und die Aufgabenstellung des »Monologion« Im ersten Kapitel des »Monologion« zeigen sich alle Problemfelder der Denk- und Erkennbarkeit der göttlichen Natur schon in nuce versammelt, die in der Komposition dieses ersten systematischen Werks von Anselm von Canterbury schrittweise erarbeitet und durchgeführt werden. Es führt den mitdenkenden Leser zur Bewußtwerdung einer Ähnlichkeit in der Urteilskraft seines vernünftigen Geistes mit dem, was er durch seine urteilende und schließende Vernunft überhaupt nur als ein Höchstes und Bestes beurteilen und schätzen lernen kann. Dem Weg ›sola ratione‹ folgend kann der Anfang nicht mit einem Glaubenssatz gemacht werden. Die Vernunft in ihrem besorglichen Bedenken entdeckt vielmehr das Nichtkennen eines höchsten Grundes als ein auch sie selbst betreffendes Problem. Sie nimmt dieses Problem so als den Anfang eines Erkenntniswegs auf, von dem her das Werk in seinem Charakter als lehrreiches Selbstgespräch seine Bestimmung erfährt. Ihr Prinzip, das ›sola ratione‹, gibt nicht selbst die Anfangsbestimmung, es ist vielmehr ein Verfahrensgrundsatz: nichts gelten zu lassen, was nicht vor der Vernunft selbst zur Überzeugung gebracht werden kann. Als verfahrensleitende Bestimmung stellt es sich als eine Bedingung, die die Reflexion im Selbstgespräch auf das Nichtkennen leitet, in die Problemstellung und ihre Entwicklung ein. Der Anfang wird also auch nicht rein durch die Vernunft gemacht, sondern es wird eine anfängliche Problemlage von ihr in ihre Wegverantwortung aufgenommen. Wenn einer die eine Natur, die höchste von allem, was ist (…), nicht kennt – 1 1

Mon 1, I 13,5–10: Si quis unam naturam, summam omnium quae sunt, (…) ignorat. A

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Die eine Natur als die hchste Natur von allem

Dieser erste Satz des Werkes ist ein Konditionalsatz. Er weist eine Bedingung aus, die als ein Zustand des Nichtkennens mit inhaltlichem Verweis auf das als nichtbekannt oder nichterkannt Gedachte beschrieben wird. Die so vorgewiesenen Gehalte der ewig selbstgenügsamen Seligkeit und allmächtigen Güte sind nur erinnert, nicht gesetzt, und können selbst keine Begründungsfunktion ausüben. Die Vernunft, die sich in ein problemübernehmendes Handeln und eine Überzeugungsbewegung zur Einsichtsbildung versetzen läßt, macht weder mit einem Dogma noch unmittelbar mit sich selbst den Anfang. 2 Statt der erinnerten Gehalte aus den Glaubensbekenntnissen muß sie eine Bestimmung zum inhaltlichen Ausgang suchen, die als allgemein geltend aufgefaßt werden und als nicht willkürlich gesetzt vor jeder vernünftigen Überlegung bestehen kann. Die vernünftige Überlegung findet einen solchen Bestimmungsgehalt nicht in einem Gegenstand, sondern in einer Haltung, in der allgemeinen Verhaltensweise von Personen: daß ein jeder das zu genießen erstrebt, was er als gut hält bzw. erachtet. 3 Damit wird ein auf ein zu Genießendes gerichtetes Hinstreben, das eine Beurteilungsentscheidung bestimmt, der Vernunft grundlegend für ihre Argumentation. Es wird als ein allgemeines Verhalten gerade für all die zugrundegelegt, für die wir annehmen müssen, daß sie die angesprochene eine Natur als höchste nicht kennen, und daß ihr Handeln in der Ausrichtung auf das zu Genießende durch einen Grund bestimmt ist, der sich nur als eine gültige Beurteilung des als gut Geschätzten bzw. Erachteten ihnen wie uns darstellt. DaF. S. Schmitt spricht von einer vollständigen Voraussetzungslosigkeit außer einem gesunden Menschenverstand; ders., Einführung »Monologion«, S. 12. Mit Recht weist W. Christe darauf hin, daß das ›sola ratione‹ nicht als Voraussetzungslosigkeit mißverstanden werden darf; ders., sola ratione, S. 139. Die Vernunft reflektiert nicht von vornherein auf ein Begründungsverhältnis der Gewißheit, stellt Vergewisserung nicht für selbstverständlich, zieht nicht den Begriff der Voraussetzungslosigkeit als Kriterium heran. Ferner bewegt sie sich nicht in voraussetzender Reflexion und ihrer Negation. Sie hat keine Setzung, keinen Satz, sondern einen auf eine Person hin bezogenen Zustand des Nichtkennens der einen Natur zum Abstoß- und Anstoßpunkt, als ein Problemkomplex, den das Denken nur in der Vernunfttätigkeit bedenken kann, da es ihn als eigenen annimmt und gewahrt. Erst mit der dem Weg der Selbstbildung der Vernunftvermögen in den Verfahren der Begründung und Entscheidung der Frage- und Problemstellungen, entspringt auch die Einsicht, daß das Nichtkennen eine Unvernunft für das auf Vernunft ganz angewiesene Denken bedeutet (»was er unvernüftigerweise nicht weiß«, K1). 3 Vgl. Mon 1, I 13,12–13: omnes frui solis iis appetant quae bona putant. 2

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Methodische Einfhrung

mit ist das Vernunftverhalten in der Handlungsorientierung ausdrücklich als allgemein durch die Beurteilungskraft bedingt erkannt. Und auch ist mit dem für Gut Erachteten als zu Genießendem das beurteilende Empfinden in das mit Vernunft bedachte Verhalten der Handlungsentscheidung einbezogen. Die vernünftige Überlegung wendet sich in ihrer Argumentationsgrundlage, die die Geltungseinsicht aller Mitdenkenden einbezieht, an sinnlich empfindende und sich in ihren Ausrichtungen mit Beurteilungskraft selbst bewußte Menschen als Personen allgemein. Mit dieser Aufnahme stellt die Vernunft die Personen ihrerseits in den Vernunftanspruch, da ihre Handlungsgründe in Beurteilungen liegen, daß sie den Grund ihrer Bestrebungen und das Maß ihrer Beurteilungen selbst beurteilen können und also selbst der Reflexion fähig sind. Kann der Ausgang weder von Glaubenssätzen genommen, noch der Anfang durch die Vernunft unmittelbar gemacht werden, so kommt eine Verfassung des Erkenntnisverhaltens einer Person im Selbstbewußtsein ihres Verhaltens als handelnde und beurteilungsbestimmt strebende in den Blick. Als Mitdenkende vertreten wir mit und in der Vernunft eine Person allgemein, die zwar die eine Natur als das höchste aller Güter nicht kennt, aber die Fähigkeit zur Selbstreflexion hat, daß sie sich dieses beurteilungsbedingten Strebens bewußt ist. zu dem, was er unvernünftigerweise nicht weiß, vernünftigerweise fortschreite 4

Den Anfang bildet also mehr eine Unvernünftigkeit in der Weise des Wissens, sofern sie in einer der Vernunft angemessenen Weise verantwortet wird, so daß sich ein Fortschreiten in der Einsichtsbildung ergibt. Das ›sola ratione‹ ist Methodenanweisung. Sie betrifft das Verfahren im Schließen, prüfenden Beurteilen und Entscheiden, an dem eine jede Person, die ihr Verhalten durch eigenes Beurteilen des Besten steuert, teilhaben kann, und die wir darum im Erkenntnisverhalten der vernünftigen Reflexion von Urteilskraft vertreten können müssen. Den Anfang bildet also ebensosehr der Aufruf wie die Annahme, den Entscheidungsaufgaben prüfend zu folgen.

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Mon 1, I 13,16–14,1: (…) ad ea quae irrationabiliter ignorat, rationabiliter proficiat. A

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1.1.2 Das Nächstliegende zur Einsicht in den Grund Ausgehend vom für jeden als allgemeingültig annehmbaren Verhalten, daß »alle nur das zu genießen anstreben, was sie für gut halten« 5 , kommt ein Strebeverhalten und eine Zielausrichtung in der Bestimmung durch eine Beurteilung in den Blick. Und mit diesem Gewahren einer beurteilungsbedingten Bestimmung kann die Rückwendung nahegelegt werden, sich auf den Grund des Gutseins des Erstrebten als das zu besinnen, was zugleich maßgeblich für das je eigene Ausrichtungsverhalten im Handeln sein mußte. so liegt es nahe, daß er einmal das Auge seines Geistes zur Erforschung dessen hinwendet, von dem eben das gut ist, was er nur anstrebt, weil er es für gut erachtet (iudicat). 6

Nachdem in den Folgekapiteln zunächst mit den Entscheidungen zur Frage von Einheit und Vielheit des grundlegend Bestimmenden eine fast feierliche Annahme des Seins der höchsten Natur wiederkehrend in den Kapitelbeschlüssen erreicht wird, tritt mit der Unterscheidung von Grund und Maß ab K9 ein Problemfeld der Bestimmbarkeit und Aussagbarkeit ins Bewußtsein. Dies erfordert weitere Anstrengungen in der Methodenarbeit, um die als notwendig anzunehmende erschlossene Einheit überhaupt für die Identität als höchster Natur wahren zu können. Das von der Vernunft als allgemein gültig angenommene Beurteilungsverhalten des menschlichen Geistes führt notwendig zur Erörterung von Grund und Maß der Beurteilung. In K2–4 wird geprüft, ob das als Grund und Maß erkannte Gute, das als höchst gut durch sich selbst seiend anzunehmen ist, mit den Dingen verglichen werden kann, die nicht durch sich selbst sind, was sie sind, und ob als Grund und Maß des Vergleichsurteils es selbst nicht nur einzig (sola) und eines (unum), sondern ob es mehrere geben könne. K5 bis 14 bringen die höchste Natur als Schöpfer von allem in der Handlung des schöpferisch wirkenden Sprechens, als verbum, in den Blick. Im für die hier vorgelegte Arbeit zu Anselms »Monologion« zentralen Kapitel 15 wird dann deutlich, daß der Grund, wie er nur als die höchste und beste Natur zu begreifen sich uns ergeben konnte, nicht in der Form dieser Höchstheit als er selbst, d. h. als Wesen angemessen begriffen sein kann.

Mon1, I 13,13: omnes frui solis iis appetant quae bona putant: Mon 1, I 13, 13–15: in promptu est, ut aliquando mentis oculum convertat ad investigandum illud, unde sunt bona ea ipsa, quae non appetit nisi quia iudicat esse bona (…).

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Sola ratione und die Entfaltung der Methodik zur Gotteserkenntnis (K1)

Die bisher skizzierte Struktur der anfänglichen Entfaltung der Thematik einsichtig zu machen, mit der die Ausarbeitung der begrifflichen Bestimmung der höchsten Natur angebahnt wird, ist insofern für die Interpretation des gesamten »Monologion« erforderlich, als sie Anselms Methodik der Gotteserkenntnis aus dem Anspruch des ›sola ratione‹ kenntlich macht. In K1 ist bereits der allgemein gültige Ausgang der Vernunfterkenntnis in der Beurteilungsreflexion des als gut Erachteten für das Gottesverhältnis zugrunde gelegt. Es verweist, wenn uns der Vorgriff hier erlaubt ist, auf die Entgegensetzung der Ähnlichkeit zur Aussageform, die als für sich unzureichend erkannt werden (vgl. K66). Die hier vorgelegte Arbeit folgt zunächst der ersten Betrachtung des Göttlichen in der Fassung als höchste Natur (K1–14), um mit dem Text des »Monologion« die Denkbarkeit ihrer Identitätsbestimmung als höchste und als Natur eines etwas auszuloten, das vergleichbar mit den Dingen scheint, die nur durch jene sind, was sie sind.

1.2 Sola ratione und die Entfaltung der Methodik zur Gotteserkenntnis (K1) 1.2.1 Die eine Natur als der stellvertretende Name Gottes Am Beginn, in der Mitte und am Ende des »Monologion«, das Anselm auf Bitten seiner Mitbrüder als ein Vorbild des Nachdenkens über die göttliche Wesenheit (de meditanda divinitatis essentia) verfaßt 7 und ursprünglich als ein Beispiel des Nachdenkens über den Anselm schickt am Beginn jedes seiner Werke ausführliche Berichte darüber voraus, aus welcher Intention und Motivation heraus er das Werk verfaßte. Das »Monologion« sollte es so verfaßt sein, daß die Glaubensinhalte nicht zur Begründung (auctoritate scripturae penitus nihil) aufgenommen werden, sondern vielmehr die Schrift selbst die notwendigen Vernunftbegründungen (rationes necessariae) gibt und die Klarheit der Wahrheit (claritas veritatis) eröffnet. Für das Erreichen von Klarheit scheinen die Mitbrüder erbeten zu haben, daß die erwünschte Schrift in einem einfachen Sprachstil (plano stilo) verfasst werde und mit gewöhnlichen, allgemein nachvollziehbaren Argumentationen (vulgaribus argumentia) zu versehen sei; Mon prol., I 7,2–12: Quidam fratres saepe me studioseque precati sunt, ut quaedam, quae illis de meditanda divinitatis essentia et quibusdam aliis huiusmodi meditationi cohaerentibus usitato sermone colloquendo protuleram, sub quodam eis meditationis exemplo describerem. Cuius scilict scribendae meditationis magis secundum suam voluntatem quam secundum rei facilitatem aut meam possibilitatem hanc mihi formam praestituerunt: quatenus auctoritate

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Grund des Glaubens (exemplum meditandi de ratione fidei) betitelt hatte, 8 steht das Gebot der Vernunft, nichts anzuerkennen, was nicht für sie selbst und also durch sie selbst zur Überzeugung gebracht werden kann. Das Werk soll, ohne die Offenbarungssätze aus der Heiligen Schrift und die Lehre der Kirchenväter zu Hilfe zu nehmen, allein durch die vernünftig mitvollziehbare Einsicht das mit Notwendigkeit begründen (rationes necessariae) 9 , was zur allgemein anerscripturae penitus nihil in ea persuaderetur, sed quidquid per singulas investigationes finis assereret, id ita esse plano stilo et vulgaribus argumentis simplicique disputatione et rationis necessitas breviter cogeret et veritatis claritas patenter ostenderet. Voluerunt etiam, ut nec simplicibus paeneque fatuis obiectionibus mihi occurrentibus obviare contemnerem. 8 Dies nennt Anselm später im »Proslogion«; Pros Prooem., I 93, 2–3; Postquam opusculum quoddam velut exemplum meditandi de ratione fidei congentibus me precibus quorundam fratrum in persone alicuius tacite secum ratiocinando quae nesciat investigantis edidi. Dem Werk verleiht später Anselm selbst den heutigen Titel »Monologion«, welches Selbstgespräch bedeutet. Zur Entstehung der Geschichte des Titels des Werkes vgl. F. S. Schmitt, Einführung »Monologion«, S. 10–11. 9 Der von den Brüdern geforderte Vernunftanspruch spiegelt jedoch eine besondere Herausforderung wieder, die durch den Eucharistiestreit verschärft wurde – Anselms Lehrer Lanfranc war hierbei einer der Hauptbeteiligten –, nämlich die Glaubensinhalte durch die natürliche Vernunft zu begründen; vgl. G. Schrimpf, Die Wiedergeburt des philosophischen Denkens im lateinischen Mittelalter. Anlässe zur Habilitierung einer philosophischen Tradition während des früheren Mittelalters. Zur Methode Lanfranc’s und ihrer Fortführung und Aufnahme bei Anselm als Grammatiker vgl. auch R. W. Southern, Saint Anselm and his Biographer. S. 14–30; ders., Saint Anselm, S. 38–58. Die Vernunftforderung wurde in seiner Zeit als legitim anerkannt. Die Folge davon ist vor allem das zunehmende Methodenbewußtsein für die philosophische Auslegung. Zur Methode bei Anselm vgl. H. Kohlenberger, Similitudo und Ratio; Wilhelm Christe, Sola ratione, S. 349: »(…) daß Anselm, zumindest seiner eigenen Intention nach M [Monologion], Cu [Cur deus homo] und – nach Anselms eigener Aussage (I6; II20, 16–19) – auch das P [Proslogion] unter das ›sola ratione‹ als methodische Maxime gestellt hat.« Ferner vgl. E. Tielsch, Anselm von Canterbury und das »De libero arbitrio [sic. de liberitate arbitrii]«, 65–100. Die Vernunftbegründung benötigt nicht nur die verschiedenen Begründungs- und Durchführungsmittel, sondern sie fordert auch deren bewußte Anwendung. Schließlich rechtfertigt sie die daraus resultierenden Schlußfolgerungen. Diese Vernunftforderung äußert sich im dargestellten Wunsch der Mitbrüder und sie bestimmt die Intention des »Monologion«. Insofern trägt sie zur Erfüllung der Forderung der bewußten Anwendung der Methode wesentlich bei. Zu Anselms Motto ›sola ratione‹ und zu dessen Bedeutung vgl. F. S, Schmitt, die Einführung »Monologion«, S. 12– 18; W. Christe, Sola ratione; K. Jacobi, Begründen in der Theologie; G. Kapriev, … Ipsa vita et veritas, S. 22–26; H. Kohlenberger, Sola ratione; ders., Similitudo und Ratio. P. Schulthess vermerkt zwei Aspekte, wie Anselms Motto ›sola ratione‹ zu verstehen sei: ders. Die Philosophie im lateinischen Mittelalter, S. 107–108; »Die ratio wird erstens als Forschungsmethode absolut habilitiert und in Kraft gesetzt. Das ist sozusagen Anselms Platonismus, die ratio fidei. Sie wird aber zweitens in Kraft gesetzt, um die Glau-

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kennbaren Denkbarkeit des Wesens Gottes gehört. Der Einsatz- und Anfangsschritt aber erscheint schwierig, wenn man nicht als bekannt voraussetzen darf, womit denn anzufangen sei. 10 Am Beginn von K1 stellt Anselm, wie schon beschrieben, das Nichtkennen Gottes als eine Natur, die als die höchste von allem, was ist, zu begreifen wäre, voran und reflektiert damit die methodische Schwierigkeit des Anfangs einer Erkenntnisbegründung, in der eine Bestimmung für das, was als noch nicht erkannt gilt, gegeben sein muß. Das Nennen der einen Natur (una natura) vertritt hier zwar den Gottesnamen, aber unter der Form eines Begriffs als Natur, die zwar die höchste von allem, aber gerade dadurch mit allen Naturen vergleichbar und darum – wie sich zeigen wird – in einer gewissen Ungemäßheit erscheint. Als Vergleichsgrund ergibt sich zunächst nur das Etwassein. Wenn einer die eine Natur, die höchste von allem, was ist, die allein sich in ihrer ewigen Seligkeit genügt und durch ihre allmächtige Güte allen anderen Dingen dies gibt und bewirkt, daß sie etwas sind oder daß sie sich irgendwie wohl befinden, und vieles andere mehr, was wir von Gott und seiner Schöpfung notwendig glauben, nicht kennt – sei es, daß er nicht von ihr gehört oder daß er nicht an sie glaubt – so meine ich, daß er sich selbst von einem zu großen Teil, wenn er auch nur von mittelmäßiger Begabung (mediocris ingenii) ist, wenigstens durch die bloße Vernunft (sola ratione) überzeugen kann. 11 benswahrheiten zu erleuchten, aufzuklären und um Gottes ansichtig zu werden, um seine Natur und seine Trinität direkt oder auch auf dem Umweg über Bilder bzw. Ähnlichkeiten (similitudines) zu erkennen. Das ist gleichsam der ›mystische‹ Aspekt des intellectus fidei, der Gottes ansichtig wird, der ihn berührt.« 10 Er wäre aber unmöglich und würde unmittelbar zu den Reflexionen der Unmittelbarkeit im Deutschen Idealismus etwa des Anfangsproblems der »Wissenschaft der Logik« von Hegel führen, wenn Vernunft nicht nur notwendige Bedingung, sondern allein den Anfang machen und das Thema in vollkommener Voraussetzungslosigkeit setzen sollte. Darum kann auch das ›sola ratione‹ als methodisches Vernunftprinzip nicht unmittelbar selbst das ansetzende Thema bilden. 11 Mon 1, I 13,5–11: Si quis unam naturam, summam omnium quae sunt, solam sibi in aeterna sua beatitudine sufficientem, omnibusque rebus aliis hoc ipsum, quod aliquid sunt aut, quod aliquomodo bene sunt, per omnipotentem bonitatem suam dantem et facientem, aliaque perplura, quae de Deo sive de eius creatura necessarie credimus, aut non audiendo aut non credendo ignorat: puto quia ea ipsa ex magna parte, si vel mediocris ingenii est, potest ipse sibi saltem sola ratione persuadere. Die parallele Stelle dazu vgl. Pros Prooem, 93,7–10: (…) quia deus vere est, et quia est summum bonum nullo alio indigens, et quo omnia indigent ut sint et ut bene sint, et quaecumque de divina credimus substantia, sufficeret. Ferner, Pros 22,I, 116,24–17,2: Et vita est et lux et sapientia et beatitudo et aeternitas et multa huiusmodi bona, et tamen non es nisi unum et A

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Inwiefern das Wassein, das Etwassein und das Wiesein im Wohlbefinden und die anderen Seinsweisen eine Natur ausmachen, dies wird bis hin zu den Fragen nach Substanz, Natur und Wesenheit (K15–27) erörtert. Gemäß dem Vernunftanspruch wird es zunächst vermieden, Gott direkt in einer ihm vorgängig zugedachten Bestimmung zum Thema zu machen 12 . Vermieden wird, von einem als gemeinsam schon vorausgesetzt bekannten Begriff dessen auszugehen, um dessen allgemeine Kennbarkeit es erst geht. 13 Unvermeidbar ist aber, eine Benennung zu erlauben, die vorläufig als Stellvertreter für das Wort Gottes fungiert. Kenntnis von etwas zu haben, schließt Nennbarkeit mit Namen und Bestimmung für das Denken ein und das Kennen setzt identitätsbedingte Funktionen voraus. Auch das Nichtkennen von etwas als es selbst partizipiert an den Identitätsfunktionen der Begriffsform von etwas und ohne diese könnte das Verfahren des ›sola ratione‹ gar nichts ausrichten. Die Rede geht so am Anfang nur auf die eine Natur, die als die höchste von allem, was ist (summa omnium quae sunt) genannt, aber noch nicht unmittelbar zu denken gegeben wird. 14 Die zitierte Rede setzt vielmehr mit einem, oben bereits zitierten Konditionalsatz ein; Wenn einer die eine Natur, die höchste von allem, was ist, (…) nicht kennt. (Si quis (…) ignorat). Wer nichts von der genannten Natur oder von Gott gehört hat, könnte sie oder ihn gar nicht nennen; wer

summum bonum, tu tibi omnino sufficiens, nullo indigens, quo omnia indigent ut sint, et ut bene sint. 12 Vgl. M. Schmaus, Die metaphysisch-psyschologische Lehre über den Heiligen Geist im Monologion Anselms von Canterbury, S. 189: »Was ihn zur Methode des sola ratione bewegt, ist die Absicht, einem Ungläubigen oder einem Ununterrichteten zu demonstrieren, daß die Glaubenswahrheiten der Vernunft entsprechen, ja daß diese Führerin zu ihnen werden kann. Aus solchen Überlegungen gebraucht Anselm das Wort ›Gott‹ erst im letzten Kapitel des Werkes.« 13 Vgl. das methodische Problem der Wahl des Anfangsbegriffs in größtmöglicher Allgemeinheit und in Inhaltlosigkeit in Hegels »Wissenschaft der Logik«: das reine Sein als reine Selbstgleichheit ist unbestimmt. Es betrifft das Etwas-Sein, bevor es dem NichtSein entgegengesetzt ist, also im Sinne des Gedanken Gottes vor der Schöpfung. 14 Mon 1, I 15, 13–15: Est igitur unum aliquid summe bonum et summe magnum, id est, summum omnium quae sunt; Mon 2, I 15, 24–26: necesse est aliquid esse maximum et optimum, id est summum omnium quae sunt; Mon 3, I 16, 26–38: Quare est aliquid, quod, sive essentia sive substantia sive natura dicatur, optimum et maximum est et summum omnium quae sunt.; Mon 4, I 18, 2–3: (…) quae est summum bonum, summum magnum, summum ens sive subsistens, id est summum omnium quae sunt.

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zwar gehört, aber nicht glaubt, was er gehört hat, könnte nicht beanspruchen, sie wirklich, d. i. auf rechte Weise zu kennen. Die Bestimmungen von Ewigkeit, Allmacht und Ursprung, die hier aus Vorkenntnis – sei es aus dem Glauben oder sei es vom Hörensagen – genannt werden, sind mit dem Gottesnamen traditionell als Attribute verbunden. Sie sind von der Annahme eingeklammert und unter den Vorbehalt gestellt, daß einer sie nicht kennt. Dies lenkt das Denken auf das Nichtkennen als ein allgemein mögliches Verhalten hin, welches nun als solches bewußt werden soll und sich also verändern kann. Die erinnernd genannten Gottesattribute können vorläufig in drei Gruppen gegliedert werden, deren Erkenntnisbedingungen Anselm erst in der Ebenbildlichkeit einlösbar sieht. Zur ersten Gruppe gehören solche, die allein auf die höchste Natur bezogen gedacht sind: Ewigkeit, Glückseligkeit, (in aeterna sua beatitudine), Selbstgenügsamkeit (solam sibi (…) sufficientem) 15 , Allmacht und Güte (per omnipotentem bonitatem suam). Der zweiten gehören solche Attribute an, die sich auf das Handeln in Wirkung auf andere Dinge beziehen. Dementsprechend werden sie nicht adjektivisch attributiv, sondern verbal in Form von Partizipien (dantem et facientem) ausgedrückt. Die höchste Natur ist Grund der Ermöglichung, der Erhaltung und des Wohlbefindens der Dinge (omnibusque rebus aliis hoc ipsum, quod aliquid sunt aut, quod aliquomodo bene sunt). Die dritte stellt nicht unmittelbar Attribute dar, sondern das, was man von Gott und von seiner Schöpfung gemeinsam glaubt (de eius creatura necessarie credimus). Doch wird sich eine solche Einteilung in Attributgruppen nicht durchhalten lassen, wenn die Vernunft im Gottesverhältnis die Einfachheit geltend macht. Es wird so auch keine höher- oder niederrangigen Attribute geben. Das deutet sich im »Monologion« schon durch Die beiden Attribute Selbstgenügsamkeit (sufficientia) und Glückseligkeit (beatitudo) zeigen boethianische Herkunft. Die direkt auf ihn zurückführbare Glückseligkeit gilt als das Attribut der höchsten Natur, welches Anselm ausdrücklich benennt und erst in K14, 17 im »Proslogion« erläutert. Das höchste Gute gilt für Boethius – wie für Augustinus – als zentral für das Begreifen Gottes. Das höchste Gute wird als die höchste Glückseligkeit (summa beatitudo) in seinem Werk »Consolatio philosophiae« erfaßt. Boethius’ consolatio philosophiae III, 10P, 17–20 [CCSL XCCIV, 54,55–67]: Ingitur, inquit, deum esse ipsam beatitudinem necesse est confiteri. (…) Atique et beatitudinem et deum summum bonum esse collegimus; quare ipsam necesse est summam esse beatitudinem, quae sit summa divinitas. Vgl. Pros Prooem., I 93,7–10: (…) quia deus vere est, et quia est summum bonum nullo alio indigens, et quo omnia indigent ut sint et ut bene sint, et quaecumque de divina credimus substantia, sufficeret. Ferner, Pros 22, I 116, 24–117,2: Et vita est et lux et sapientia et beatitudo et aetrnitas et multa huiusmodi bona, et tamen non es nisi unum et summum bonum, tu tibi omnino sufficiens, nullo indigens, quo omnia indigent ut sint, et ut bene sint.

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die Hochschätzung in der Höchstheit an. Typisch für die Rede von den Gottesattributen wird dann die Reihung (K16), die die Einheit als Problem (K17) anzeigt und dem Denken im Gottesverhältnis zur Aufgabe stellt.

Welchen Ausgang kann dann das vernunftbegabte Denken im Nichtkennen nehmen? Wie ist dann für einen wenigstens mittelmäßig Begabten (mediocris ingenius) 16 , den wir, uns selbst nicht unähnlich, als Nichtkennenden vorstellen, möglich, allein durch Vernunft sich von dem Überzeugungen zu verschaffen, was er nicht als solches kennt?

Im »Monologion« werden zwei literarische Figuren für den Fortgang der Untersuchung bedeutend, deren Funktionen unmittelbar mit dem Vorhaben des Werkes zu tun haben. Die eine ist ein mittelmäßig Vernunftbegabter (mediocris ingenius). Er vertritt den, der Gott nicht erkennt und verkörpert zugleich die durchschnittliche Vernunft, durch die allein er durchaus Gott zu erkennen vermag. Die zweite Figur, deren Rolle Anselm später im »Proslogion« erwähnt, ist eine augustinische, mit sich selbst ein Gespräch führende; Pros Prooem. I 93,3–4: Postquam opusculum quoddam velut exemplum meditadi de ratione fidei cogitentibus me precibus quorundam fratrum, in persona alicuius tacite secum rationinando quae nesciat investigantis edidi: Sie ist ein Nachdenkender, der still mit sich selbst überlegend und diskutierend (tacite secum rationando, disputando) nach dem forscht, was er nicht weiß; Mon 1, I 14,5–6: Facile est igitur ut aliquis sic secum tacitus dicat; Mon 32, I 51, 9–12: Si enim mens humana nullam eius aut suam habere memoriam aut intelligentiam posset, nequaquam se ab irrationalibus creaturis, et illam ab omni creatura, secum sola tacite disputando, sicut nunc mens mea facit, discerneret. [Hevhbg. v. Vf.] Diese literarische Form und Gestalt veranlaßt den Titel: Selbstgespräch (Monologion), das ursprünglich von Anselm »ein Beispiel, wie man über den Grund des Glaubens nachsinnt« (Exemplum meditandi de ratione fidei) genannt werden sollte. Dazu F. S. Schmitt, Einführung »Monologion«, S. 10. Im »Proslogion« sind zwei verwandte literarische Figuren zu beobachten: Die eine verkörpert denjenigen, der es unternimmt, seinen Geist zur Betrachtung Gottes zu erheben, und versucht zu verstehen, was er glaubt (intelligere quod credit). Pros Prooem, I 93, 2094,2: Aestimans igitur quod me gaudebam invenisse. Si scriptum esset, alicui legenti placiturm, de hoc ipso et de quibusdam aliis sub persona conantis erigere mentem suam ad contemplandum deum et quaerentis intelligere quod credit, subditum scripsi opsculum. [Hevhbg. v. Vf.] Die zweite Figur ist der Tor (insipiens), der in seinem Herzen gesprochen hat, daß Gott nicht ist (non Deus est). Sie verkörpert denjenigen, der Gott leugnet, aber zu erkennen vermag, wenn er vernimmt (audit), daß Gott etwas ist, über dem kein Größeres gedacht werden kann; Pro 2, I 101,5–8: An ergo non est aliqua talis natura, quia »dixit insipiens in corde suo: non deus est«? Sed certe ipse idem insipiens, cum audit hoc ipsum quod dico: ›aliquid quo maius cogitari nihil cogitari potest‹, intelligit quod audit; (…). Diese Haltung entspricht derjenigen eines Nichtkennenden, der zwar gehört hat, aber ›nicht an sie glaubt‹, wie schon zu Anfang des »Monologion« (K1) angesprochen.

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1.2.2 Die allgemein gültige Annahme der Vernunft Den erfragten Ausgang bildet eine Haltung nämlich des Nichtkennens in ihrer fragenden Rückwendung auf den Grund der Beurteilung der Dinge als gut. Statt von einer vorausgesetzten Bestimmung auszugehen, legt Anselm einen Vernunftweg dar, den er nicht als den einzigen, sondern als einen unter mehreren bezeichnet, 17 der aber für den Nichtkennenden als nächstliegenden anzunehmen sei: Obgleich er das auf viele Weise tun kann, will ich eine vorlegen, die ich für ihn für die nächstliegende (promptissimum) halte. 18

Der als ›nächstliegend‹ bezeichnete Weg 19 ist ein methodischer, den jeder zureichend mit Vernunft Begabte einschlagen kann. Eine gewisse Begabung und Bereitschaft zur Übung muß er aber doch mitbringen; insofern ist der eingeschlagene Begründungsweg nicht auf bloß anthropologische Tatsachen von Fähigkeiten gestützt. Anselm bezieht sich hierbei zwar auf die seit der Antike bekannte Grundannahme, daß alle das Gute anstreben, hier aber in der Fassung: daß alle das zu genießen (frui) anstreben (appetant), was sie für gut halten (putant) 20

Dies wird zum Ausgangspunkt einer Einsichtsbewegung, die ganz durch Vernunftüberlegung fortschreiten kann und an dessen Urteilsvermögen ansetzend für jeden Vernunftbegabten mitzuvollziehbar sein müßte: (…) so liegt es nahe (in promptu est), daß er einmal das Auge seines Geistes (mentis oculum) zur Erforschung dessen hinwendet, von dem das gut ist, was er nur anstrebt, weil er es für gut erachtet, damit er dann, unter der Führung der Vernunft (ratione ducende) und unter dem Geleit jenes zu dem, was er unvernünftigerweise nicht weiß, vernünftigerweise fortschreite (rationalbiliter proficiat). 21

Mon 1, I 13,11: Quod cum multis modis facere possit (…). Mon 1, I 13,11–12: Quod cum multis modis facere possit, unum ponam, quem illi aestimo esse promptissimum. 19 Anders als im »Monologion«, wo ein Weg unter anderen möglichen vor- und eingeschlagen wird, sucht Anselm später jenen einen und einzigen Weg, der sich ihm im »Proslogion« als das ›unum argumentum‹ zeigt. 20 Mon 1, I 13,13: omnes frui solis iis appetant quae bona putant. 21 Mon 1, I 13,11–14,1: in promptu est, ut aliquando mentis oculum convertat ad investigandum illud, unde sunt bona ea ipsa, quae non appetit, nisi quia iudicat esse bona, ut 17 18

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Mit dieser Bewußtwerdung des Beurteilungsverhaltens in der Strebebestimmung eines jeden Menschen kann er im Zutrauen seiner Vernunft die Erforschung dessen beginnen, was ihm noch unbekannt ist, dessen Erkenntnis aber Bedingung für die Rechtheit seiner Beurteilung der Dinge als gut wäre, wenn sie denn in Frage gestellt sein kann. Die Fraglichkeit gehört aber zur Natur der Beurteilung, denn die Beurteilung als gut stellt sich selbst als Grund des Erstrebens zu genießen und seiner Strebensentscheidung dar. Denn es ist für das Vernunftbedenken, das auf jeden möglichen unter allen sich bezieht, nicht ersichtlich, daß alle gleich urteilen. Als das Nächstliegende für ein vernünftiges Denken, das im Nichtkennen eines für alle als Maßstab verbindlichen höchsten Gutes befaßt ist, ergibt sich dann (in promtu est) die Hinwendung seines geistigen Auges d. i. seines reflexiven Einsichtsvermögens auf den Grund, von dem her das gut ist, was er nur anstrebt, weil er es für gut beurteilt d. h. erachtet. Die allgemeine und allen gültige Bedingungsannahme für die Form der Strebensbestimmung von Handlungen im Verhalten der Urteilskraft, nämlich, daß alle zu genießen erstreben, was sie für gut halten, ist zwar der Sache nach seit den Vorsokratikern für die philosophische Ethikdiskussion bekannt. 22 Und sie gewinnt in der sowohl grundlegenden wie maßgeblichen Methexis von dÐnami@ des Verhaltens an den Ideen in den Dialogen Platons ihre bis heute treffendste Einsichtsgestalt. 23 Zu beachten ist allerdings, daß Anselm nicht davon spricht, daß alle (von Natur aus) nur das Gute erstreben, sondern davon, daß alle nur das zu genießen erstreben, was sie für gut halten. Hier, in dieser Formulierung, ist also die Irrtumsmöglichkeit in der Entscheidung für ein scheinbar Gutes mitgedacht und in die Verantwortung des Gebrauchs der Urteilskraft gelegt. Anselm betont, daß die Beurteilung als gut die Bedingung dafür ist, daß man überhaupt nach etwas als gut erstrebt. Die Zielbestimmung im Verhalten des Handelns hat Beurteilungsform. Sie ist darum auch nicht, wie schon gesagt, als anthropologische Grundannahme zu deinde ratione ducende et illo prosequente ad ea quae irrationabiliter ignorat, rationalbiliter proficiat. 22 Zur Geschichte dieses ethischen Ansatzes in der Antike vgl. R. Philippson, Akademische Verhandlung über die Lustlehre. 23 Platons späterer Dialog »Philebos« nimmt eine Korrektur an der These des Eudoxos vor, daß das Angenehme das Gute sei, und begründet sie dahingehend, daß man sich auf etwas nur freuen kann, wenn man es als gut beurteilen kann. Vgl dazu H. G. Gadamer, Platos dialektische Ethik.

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mißverstehen. Vielmehr legen wir ein Bedingungsverhältnis als allgemeingeltend zugrunde: wo immer jemand etwas als zu Genießendes anstrebt, beurteilt er es als gut. 24 Thematisch wird dadurch die praktische Entscheidung aus Beurteilung, und zwar darin und insoweit, wie wir es allgemein für einen jeden möglichen Einzelnen erkennen können, der selbst denkend etwas erstrebt und beurteilt. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird dann vor allem ab K68 spürbar, in dem die höchste Natur als das erwiesen wird, was vom vernünftigen Geschöpf am höchsten geliebt werden soll, und daß jede Seele glückselig ist, die die höchste Glückseligkeit genießt (frui). 25 Bevor er aber die erste Frage konkret formuliert, die die Untersuchung in Gang setzt, macht Anselm auf den praktischen Horizont der Vernunft (ratio) als beurteilender aufmerksam. Selbst ein mittelmäßig Begabter würde aufgrund der allgemeingültigen Annahme des Strebens nach dem Genießen des als gut Beurteilten das Auge seines Geistes zur Erforschung des Grundes hinwenden, von dem her etwas gut ist, was er als gut beurteilt (iudicat). Das Was des Gutseins ist außer der Haltung der Beurteilung als gut und ihrer Reflexion auf Grund und Maß gar nicht denkbar und begreiflich. Mit der allgemeinen Geltungsform einer Beurteilung in der Erkenntnis, was gut ist, steht der Grund der Beurteilung des Gutseins von etwas im Zentrum der Erörterung. Der Einsichtsuche dessen, wer noch auf dem Wege der Vernunft noch unkundig ist, muß das Verhältnis zum Grund, von dem her gut ist, was als gut beurteilt wird, auch ein Verhältnis der Selbsterkenntnis werden. Darin mache die in Anspruch genommene Natur des Grundes nicht nur den Grund der Güte dessen aus, was als ein Gut erstrebt wird, sondern sei immer auch Maßgrund der Güte des Beurteilungsvermögens selbst, die in jedem als gut Beurteilten mit erstrebt sein können muß.

Im Unterschied zu den Naturrechtslehren seit der Stoa macht hier in Anselms Überlegung die Vernunft erkennbar, daß das Gutsein von einem Grund her beurteilt wird, der als Idee des Guten in jeder Erachtung von etwas als gut das grundlegende Maß bildet, dies überhaupt recht in Einheit mit der Wahrheit beurteilen zu können. 25 Mon 68, I 79,1–5: Nihil igitur apertius quam rationalem creaturam ad hoc esse factam, ut summam essentiam amet super omnia bona, sicut ipsa est summum bonum; immo ut nihil amet nisi illam aut propter illam, quia illa est bona per se, et nihil aliud est bonum nisi per illam; Mon 70, I 81,5–6: Quare quaecumque anima summa beatitudine semel frui coeperit, aeterne beata erit. (dazu unten 3.3.7 u. 3.3.8) 24

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1.2.3 Vernunfterkenntnis der einen Natur aus Beurteilungskraft Erinnert man sich an den Ausgangspunkt des 3. Kapitels des 8. Buches der »De trinitate« von Augustinus26, dann fällt eine Gemeinsamkeit mit dem »Monologion« auf. Augustinus unternimmt dort einen zweiten Versuch 27 , die Dreieinheit Gottes diesmal ohne Bibelauslegung nur strukturell durch Analogie einleuchtend zu machen. Ausgehend von der Grundeinsicht, daß die Menschen nur das Gute lieben, zählt er die einzelnen Güter auf, die sich schließlich nicht vollständig auflisten lassen, weil sie unzählig sind. 28 Also gewährt die Erkenntnis der einzelnen sinnlich wahrnehmbaren Güter keinen sinnvollen Zugang zur Erkenntnis dessen, wodurch sie gut sein können und sind. Darum schlägt Augustinus einen Weg vor, der durch einen Imperativ gewiesen wird, nämlich von den einzelnen Gütern die Einzelheit wegzunehmen (tolle!) und dadurch auf das Gute selbst (ipsum bonum) zu schauen (vide!). 29 Augustinus lenkt ohne einen Die Problemexposition des Gottesgedankens im »Monologion« verdankt sich in wesentlichen Ansätzen den Grundzügen der Verhältnisbestimmungen von Gottes- und Selbsterkenntnis aus »De trinitate« von Augustinus. Anselms Bericht, den er im Prolog vorausschickt, beinhaltet, welches Werk für das »Monologion« als Vorbild und der Prüfstein für seine richtige Beurteilung zu betrachten ist; Mon Prol., I 8, 8–14: Quam ego saepe retractans nihil potui invenire me in ea dixisse, quod non catholicorum patrum et maxime beati AUGUSTINI scriptis cohaereat. Quapropter si cui videbitur, quod in eodem opusculo aliquid protulerim, quod aut nimis novum sit aut a veritate dissentiat: rogo, ne statim me aut praesumptorem novitatum aut falsitatis assertorem exclamet, sed prius libros praefati doctoris AUGUSTINI De trinitate diligenter perspiciat, deinde secundum eos opusculum meum diiudicet. 27 Der erste Versuch ist der aus den als heilig überlieferten Schriften des Glaubens. Im 1. Buch führt Augustinus das Johannesevangelium der Heiligen Schrift an: »Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott« und kommt unmittelbar zur zweiten göttlichen Person des Sohnes als dem Wort; Augustinus, De trinitate, I 6, 9 [CCSL L, 37,42– 38,9]: Qui dixerunt dominum nostrum Iesum Christum non esse deum, aut non esse verum deum, aut non cum parte unum et solum deum, aut non vere immortalem quia mutabilem, manifetissima divinorum testimoniorum et consona vece convicti sunt. Unde sunt illa: In principio erat verbum, et verbum erat apud deum, et deus erat verbum. Manifestum enim quod verbum dei filium dei unicum accipimus, de quo post dicit: Et verbum caro factum est, propter natituitatem incarnationis eius quae facta est in tempore ex virgine. 28 Augustinus, De trinitate, VIII 3,4 [CCSL 50, 271,41–272,14]: Ecce iterum vide si potest. Non amas certe nisi bonum, quia bona est terra altitudine montium et temperamento collium et planitie camporum, et bonum praedium amoenum ac fertile, et bona domus (…). Qiud plura et plura? 29 Augustinus, De trinitate, VIII 3, 4 [CCSL 50, 271,15–17]: Bonum hoc et bonum illud? 26

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näheren Beweisgang die Aufmerksamkeit durch das bloße Abstrahieren von der Vielheit der vielen einzelnen Güter zum Guten selbst als einem. Einen solchen Schritt vermöchten wir aber nicht zu tätigen, wenn der Begriff (notitia) des Guten, wie er sagt, uns nicht schon eingeprägt wäre. 30 Denn in der Abstraktion ist der resultierend bewußt werdende Begriff in seiner Identitätsform schon in Gebrauch. Hier geht es zuerst um den maßgebenden Grund für die unterscheidende Beurteilung selbst, d. h. die Unterscheidbarkeit und Beurteilbarkeit der Dinge. Von der Beurteilung des vernünftigen Geistes her ist das Ziel des Strebens erst zu bestimmen. Um dies bestimmen zu können, ist es notwendig zu fragen, wovon her etwas als gut beurteilt werden kann. 31

Anselm nimmt gewiß Gedankenelemente auch dieser Passage aus der »De trinitate« von Augustinus auf. Er hat mit ihm Teil an der platonischen Überlieferung der Idee als das, wodurch etwas als das ist, was es selbst sein kann, und bindet aber die Ideeneinsicht der Vernunft in eine umfassendere Reflexions- und Einteilungshandlung ein als wir es bei Plotin oder Augustinus finden. Die literarische Figur, in deren Rolle Anselm selbstredend gerade dort immer wieder schlüpft, wo ein neuer methodischer Ausgang benötigt wird, ist die eines stillschweigend (tacitus) mit sich selbst Sprechenden. Dieses mit sich selbst Sprechen aber ist das Denken im eminenten Sinne. 32 Hier im Anfang ist es die Stimme der Vernunft, die sich in das Denken des Nichterkennenden hineinversetzt, dessen Vernünftigkeit als Reflexion und Beurteilung sie zur Geltung bringt und damit den Bildungsweg einer eigenen Vernunfteinsicht leitet und begleitet. Auf das Denken selbst achtend und sich reflexiv verhaltend, wird ihm die methodische Orientierung zuerkannt, die es

Tolle hoc et illud, et vide ipsum bonum si potes; ita deum videbis, non alio bono bonum, sed bonum omnis boni. 30 Augustinus, De trinitate, VIII 3, 4 [CCSL 50, 272, 17–21]: Neque enim in his omnibus bonis vel quae commemoravi vel quae alia cernuntur sive cogitantur diceremus aliud alio melius cum vere iudicamus nisi esset nobis impressa notio ipsius boni secundum quod et probaremus aliquid et aliud alii pareponeremus. 31 Die geistige Hin- als Rückwendung dann auf den Grund des Gutseins dessen, das einer nur durch die Beurteilung als gut kennt (iudicat esse bona), ergibt sich als Sicherung seiner Strebensbestimmung, die nun als bedingt von Beurteilung in der Reflexionsform erkannt wird. Somit ist die Gültigkeit des Urteils als gut für die Bestimmungsform der Beurteilungsleitung im Vernunftbewußtsein des Erstrebten angenommen. 32 Zum Denken als ein mit Sich-Sprechen vgl. K10; zur Redefigur siehe oben Anm. I, 16. A

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selbst einnimmt, wenn es sich auf sein Verhalten als vernünftig urteilendes und dessen Bedingungen besinnt.

1.3 Einheit oder Vielheit des Grundes 1.3.1 Einteilungsentscheidung im Vergleichsgrund Mit Augustinus geht die Stimme des von Anselm dargelegten Denkens hier davon aus, daß es unzählige Güter gibt, deren Verschiedenheiten aber nicht nur mit den körperlichen Sinnen wahrgenommen, sondern auch von der Vernunft des Geistes (ratione mentis) unterschieden werden: Es ist also naheliegend (Facile est), daß einer im stillen so mit sich spricht: da es so unzählige Güter gibt, deren so vielfache Verschiedenheit wir mit den körperlichen Sinnen erfahren und mit der Vernunft des Geistes unterscheiden (discernimus): 33

Die als erstrebbar erachtete Vielzahl von Gütern, und zwar in Verschiedenheit zählbar als einzelne Dinge, zeigt unzweifelhaft die Sinneswahrnehmung. Diese unzähligen Güter, wie sie von vielen verschiedenen Menschen in ihren vielen verschiedenen Absichten bezweckt werden können, werden aber mit der Vernunft des Geistes unterschieden. Anselm macht hier die beurteilende Unterscheidung der Güter zum praktischen Ausgang der Vernunfteinsicht. Daraus ergibt sich wiederum zwanglos leicht die Frage, die nun zum Grund des Gutseins hinlenkt und aus dem Vergleich selbst befragt werden kann, ob es ein Eines selbst ist oder wiederum in Vielheit nur vermag, was für die vielen verschiedenen Güter beansprucht wird. Die Entscheidungsfrage nach Einheit und Vielheit wird in der Vernunft als eine geistige gestellt und ist nur durch die Vernunft des Geistes zu entscheiden 34 :

Mon 1, I 14,5–7: Facile est igitur ut aliquis sic secum tacitus dicat: Cum tam innummerabilia bona sint, quorum tam multam diversitatem et sensibus corporeis experimur et ratione mentis discernimus: 34 Geist darf hier schon als entscheidungsfähiges Urteilsvermögen in beurteilender Reflexion gelesen werden. Erst in K15 wird deutlich, daß Geist als Urteilsvermögen dort zu erkennen ist, wo dieses ausgeübt wird und er allererst sich selbst in einer vergleichenden Beurteilbarkeit stellt. 33

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(…) ist da zu glauben, daß es ein Etwas ist, durch welches Eine gut ist, was immer gut ist, oder sind je andere Dinge durch je ein anderes gut? 35

1.3.2 Die notwendige Selbigkeit am Beispiel der Gerechtigkeit Mit der Hinwendung zum Grund des Gutseins bei so unzählig vielen und veschiedenen und unterscheidbaren Gütern stellt sich die Frage, ob es diesen Grund überhaupt in dem, als was er fungiert, als einen geben kann, oder ob eine Vielheit in vielen Gründen für die Vielheit der von den Vielen als gut geschätzten bzw. erachteten Dinge als Güter anzunehmen sei. Es ist ja ganz gewiß und allen, die aufmerken wollen (volentibus advertere perspicuum), einleuchtend, daß welche Dinge immer als etwas so ausgesagt werden, daß sie zueinander mehr oder weniger oder gleich ausgesagt werden, durch etwas ausgesagt werden, das nicht als ein anderes, sondern als dasselbe in den verschiedenen Dingen verstanden wird, mag es in ihnen gleich oder ungleich gesehen werden. 36

Wieder setzt der Gedanke an einer Bedingung an: Welche (Dinge) immer in einer vergleichenden Beurteilung ausgesagt werden – sei das so bestimmte Verhältnis zwischen Verschiedenem ein Mehr oder Weniger oder das der Gleichheit –, so werden sie durch ein und dasselbe vergleichend ausgesagt, durch einen Vergleichsgrund, durch dessen Bestimmung in ihnen sie überhaupt gegeneinander messund vergleichbar sind. Aufmerken sollen wir einfach auf die notwendige Selbigkeit des Vergleichsgrundes zwischen Verschiedenem als Bedingung ihrer Vergleichbarkeit als gleich oder ungleich. Sie können als miteinander vergleichbar nur von einem und selben her begriffen sein, durch das sie in ihrer Verschiedenheit zugleich auf eine und dieselbe Art und Weise begriffen sind. Dadurch ergibt sich das erste Argument, daß der Grund nur einer sein kann. Durch Aufmerksamkeit stellt sich die Einsicht aber nur ein, da wir aufmerken wollen (volentibus advertere perspicuum). Mon 1, I 14,7–8: estene credendum esse unum aliquid, per quod unum sint bona quaecumque bona sunt, an sunt bona alia per aliud? 36 Mon 1, I 14,9–13: Certissimum quidem et omnibus est volentibus advertere perspicuum quia, quaecumque dicuntur aliquid ita, ut ad invicem magis vel minus aut aequaliter dicantur: per aliquid dicuntur, quod non aliud et aliud, sed idem intelligitur in diversis, sive in illis aequaliter sive inaequaliter consideretur. 35

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Anselm macht das vergleichende Verhalten hier schon thematisch und reflektiert auf den Vergleichsgrund. Dies bereitet das Bestimmungsverfahren von solchem vor, das in seinem Was (quid 37 ) erst von der Maßbedeutung des Vergleichsgrundes her als ein Selbiges gedacht werden kann und der Denkform diese Herkunft aus einer Verfahrensreflexion einschreibt. Der Gedankengang nimmt das vergleichende Verhalten sofort in einem prägnanten Beispiel anhand des Gerechtseins auf: Denn welche Dinge immer zueinander gerecht genannt werden, sei es in gleichem Maße oder mehr oder weniger: sie können nur durch die Gerechtigkeit, die nicht jeweils etwas anderes in verschiedenen Dingen ist, als gerecht verstanden werden. 38

Parallel dazu wird auch das Kriterium des Guten weitergeführt 39 und der aufmerksam Mitdenkende so auf eine Mehrheit von material maßgeblichen Vergleichsgründen dort aufmerksam gemacht, wo es um die Selbigkeit des Grundes im jeweiligen Vergleich geht. Zu Anfang des K3 wird diese Gleichartigkeit des Verhältnisses zu je einund demselben Grund für verschiedene Kriterien bewußt gemacht und auf das Sein als Etwassein überhaupt von allem verallgemeinert. Wir können auf das Scheinbare in dem Ausgriff eingehen, der auf die Allheit des als Etwas Seienden schließt. Mit diesem Ausgriff steht ab dem K3 nicht mehr unmittelbar das Gut- oder Gerechtsein im Blickpunkt der Aufmerksamkeit, sondern es kommt die Form des als Etwasseins (aliquid) in der Entgegensetzung von Sein und Nichts zur Durchführung. Doch bevor wir es tun können, legt sich schon ein anderes Scheinen und erfordert, eigens bedacht zu werden: mag es

Anselm verwendet sowohl im »Monologion« als auch im »Proslogion« nur den Ausdruck quid für das Was(sein) oder Wesen(swas) also nicht den der quidditas (Washeit), der im 13 Jh. häufig gebraucht wird; Mon 16, I 30,5–6: Sed fortasse cum dicitur iusta vel magna vel aliquid similium, non ostenditur quid sit, sed potius qualis vel quanta sit; Pros 5, I 104, 11–13: Quid igitur es, domine deus, quo nil maius valet cogitari? Sed quid es nisi id quod summum omnium solun existens per seipsum, omnia alia fecit de nihilo? [Hevhbg. v. Vf.] 38 Mon 1, I 14,13–15: Nam quaecumque iusta dicuntur ad invicem, sive pariter sive magis vel minus, non possunt intelligi iusta nisi per iustitiam, quae non est aliud et aliud in diversis. Auch in K16 wird es wieder die Gerechtigeit sein, die als leitendes Beispiel dient. 39 daß alle durch etwas gut sind, das als dasselben den verschiedenen guten Dingen verstanden wird. 37

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auch manchmal scheinen, als ob je andere gute Dinge durch etwas anderes (per aliud) gut genannt werden. 40 Anselm erläutert – zur Auflösung des Anscheins –, warum es manchmal so scheinen kann, als ob je andere gute Dinge durch anderes (per aliud) gut genannt werden. Zuerst demonstriert er zwei unterschiedliche Verhalten des Beurteilens. Das erste ist, daß die verschiedenen Dinge doch nicht durch dasselbe, sondern durch anderes einheitlich als gut ausgesagt werden können. Zum Beispiel kann ein Pferd wegen seiner Stärke und auch wegen seiner Schnelligkeit als gut ausgesagt, d. h. beurteilt werden. 41 Das zweite ist, daß dieselben Dinge nicht immer einheitlich als gut, sondern in verschiedener Weise sowohl als gut als auch als böse ausgesagt werden. Ein starkes und schnelles Pferd z. B. wird als gut erkannt, während ein starker und schneller Räuber böse genannt wird. 42 Der jeweilige Grund, warum einmal eine einheitliche Beurteilung unterschiedlicher Dinge als ›gut‹, ein andermal unterschiedliche Beurteilungen als ›gut‹ und ›böse‹ ein und derselben Sache getroffen werden, ist aber je ein anderer. Der Grund des Gutseins ist hier im Verhältnis zu körperlichen Dingen eine Eigenschaft, aber nicht das Wesen des als gut Beurteilten, denn beim Pferd ist das Pferdsein sein Wesen, nicht die Güte selbst. Bei diesem Verhalten des Beurteilens, als was etwas für etwas gut ist, wird das Gutsein wegen eines Nutzens oder wegen eines Vorzugs als eine unter seinen Eigenschaften zuerkannt, die in anderer Rücksicht zu einer anderen Beurteilung führen können. 43

Mon 1, I 14,18: (…) licet aliquando videantur bona dici alia per aliud. Mon 1, I 14,19–22: Per aliud enim videtur dici bonus equus quia fortis est, et per aliud bonus equus quia volex est. Cum enim dici videatur bonus per fortitudinem et bonus per velocitatem, non tamen idem videtur esse fortitudo et velocitas. 42 Mon 1, I 14,22–27: Verum si equus, quia est fortis aut volex, idcirco bonus est: quomodo fortis et volex latro malus est? Potius igitur, quemadmodum fortis et velox latro ideo malus est quia noxius est, ita fortis et velox equus idcirco bonus est quia utilis est. Et quidem nihil solet putari bonum nisi aut propter aliquam utilitatem, ut bona dicitur salus et quae saluti prosunt, aut propter quamlibet honestatem, sicut pulchritudo aestimatur bona et quae pulchritudinem iuvant. 43 Für das Nicht-Körperliche der höchsten Natur als geistiger wird das »Schlechthin« (omnino) die wechselnden Rücksichten überschreiten und auf das einen Zweck an sich selbst begründende Maß zurückwenden, wo die Güte oder Gerechtigkeit selbst das Wesen ist. 40 41

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daß auch alles Nützliche oder Vorzügliche, wenn es wahrhaft Güter (vere bona) sind, durch dasselbe gut ist, durch das notwendig alles gut ist, was immer dies auch sei. 44

Wenn es aber um die wahrhaften Güter geht, kommt die Wahrheit nun für die Wendung mit in die vergleichende Beurteilung als Kriterium hinein. Und so gehört Wahrheit zum Sein des Guten selbst als Grund bzw. als Bedingung. Das Beurteilen als gut muß eine wahre, eine richtige Beurteilung sein. Für die Rückwendung zum Grund wird eine solche Richtigkeit des getroffenen Urteils unterstellt, und darum trägt der Grund des wahrhaften Gutseins der Güter die Bestimmung zum rechten Gebrauch der Urteilskraft in der Schätzung der Güter. Die verschiedenen Dinge werden durch ein und denselben Grund, durch ein Etwas, nämlich durch die Nützlichkeit als gut ausgesagt; z. B. können ein starkes Pferd und ein schnelles Pferd gut genannt werden, weil die Schnelligkeit und die Stärke nützlich sind. Die unterschiedlichen Dinge können demnach einen gemeinsamen Grund haben, durch den sie als etwas genannt werden. Umgekehrt aber kann auch ein und dasselbe Ding unterschiedlich benannt werden. Damit ist aber immer noch nicht einsichtig, daß die angenommene Vielzahl der möglichen verschiedenen Gründe als je etwas, durch das verschiedene Dinge jeweils nach anderer Art gut genannt werden, ihrerseits unter einem einzigen Prinzip stehen muß, was allein einen Begriff des Guten ermöglichte. Anselm überträgt zunächst das Begründungsmodell aus vielzähligem Etwas wie Nützlichkeit und Vorzüglichkeit auf eine weitere Ebene, in der nun ein Einheitsgrund für die vielzähligen Grundfunktionen als gut, nämlich für das Gutsein des in Nützlichkeit und Vorzüglichkeit Begriffenen gesucht wird. Nützlichkeit und Vorzüglichkeit fungieren selbst als Beurteilungsgründe der Dinge, wenn diese gemeinschaftlich aus je verschiedenem Vorzugsgrund als gut begriffen werden. Und sie müssen daher, um die Prädikation als gut gewähren zu können, selbst unter ein- und demselben irreduziblen Grund stehen, der ein Maß von Güte in das Beurteilungsbewußtsein, in den Begriff von Güte gibt, der also ein gemeinsamer Grund von Güte in verschiedenen Gründen für das Gutsein des Verschiedenen ist: Mon 1, I 15,1–3: necesse est omne quoque utile vel honestum, si vere bona sunt, per idipsum esse bona, per quod necesse est esse cuncta bona, quidquid illud sit.

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Aber weil der bereits durchschaute Vernunftgrund auf keine Weise entkräftet werden kann, so ist es notwendig, daß auch alles Nützliche oder Vorzügliche, wenn es wahrhaft Güter sind, durch dasselbe gut ist, durch das notwendig alles gut ist, was immer dies auch sei. 45

Mit dem Nützlichen und Vorzüglichen bewegen wir uns ganz im Beispielbereich des Guten. Wer aber könnte zweifeln, daß eben das, durch das alles gut ist, ein großes Gut ist? Dieses ist also gut durch sich selbst, weil alles Gut durch es ist. Mithin folgt, daß alle anderen Dinge durch etwas anderes (per aliud), als was sie selbst sind, gut sind, und dieses allein durch sich selbst (per seipsum). 46

Bemerkenswert ist an dieser Einleitung des Schlußsatzes, der zur ersten Apotheose des Höchsten von allem führt, daß der eine Grund des Gutseins selbst als ein großes Gut und also nach seinem eigenen Maß in die Position eines beurteilt Seienden kommt. Das einzig angemessene Beurteiltwerden scheint dann aber die Hochschätzung sein zu können. 47 Wir kommen, nachdem wir uns zunächst der Grundeinteilung im Grundverhalten zuwenden, auf die Schätzung als höchstes Gut im Vergleich zurück. 1.3.3 ›Sein durch sich‹ und ›Sein durch anderes‹ als Grundeinteilung Nach dem Ansprechen des Grundes in der Form von etwas anderem als einem großen Gut und von der Einsicht als des einen einzigen Grundes und des einzigen Maßes her, kommt das Sein durch das, was es selbst ist, als eine Bestimmung seiner Natur in Betracht. Jedoch kommt es wiederum nur mit unterscheidender Relation des Was als Grund für alles andere, das nicht durch sich selbst ist, was es ist. Damit bleibt dem Gedanken des Grundes von allem eine UnbeMon 1, I 14,28–15,3: Sed quoniam iam perspecta ratio nullo potest dissolvi pacto, necesse est omne quoque utile vel honestum, si vere bona sunt, per idipsum esse bona, per quod necesse esse cuncta bona, quidquid illud sit. 46 Mon 1, I 15,4–7: Quis autem dubitet illud ipsum, per quod cuncta sunt bona, esse magnum bonum? Illud igitur est bonum per seipsum, quoniam omne bonum est per ipsum. Ergo consequitur, ut omnia alia bona sint per aliud quam quod ipsa sunt, et ipsum solum per seipsum. 47 Zur Beurteilungshaltung als Entscheidung im Prinzip ›melius ipsum‹ siehe unten Teil II, 2.5 und III, 3.1.3, ferner 3.3.3.5; 3.3.7.4; 3.3.7.6. 45

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stimmtheit in seinem Wassein, das in seinem Etwas Sein gegen anderes bestimmt bleibt. Man kann dies auch so ausdrücken, daß eine solche Einteilung noch nicht selbst tragend ist, nicht in sich stabil. Sie gibt keine definitive Bestimmtheit, weder des Selbstseins des Seins aus sich noch des Seins aus anderem als Seinsweise aller übrigen Dinge. Nach dieser Einteilung ist alles, was ist, durch dieses Eine. Auch dieses Eine ist – so seiend – notwendig ein Etwas. Dann muß dieses Eine nur durch sich selbst (per seipsum) und auf keine Weise durch etwas anderes (esse per aliud) sein, was es ist. Durch diese Grundeinteilung ist erst Andersheit, d. h. Unterschiedenheit gegenüber dem Selbstsein als eines und dessen Wassein als durch sich selbst seiend bedeutbar. Zugleich ist es als ein Wassein nur in Gleichheit als Etwas mit den Dingen von diesen unterscheidbar, daß diese den Grund ihrer Washeit in anderem, jenes Eine den Grund seiner Washeit in seinem Wassein selbst hat. Dies bedeutet in Verbindung mit der vergleichenden Struktur der Beurteilung der Dinge, daß der maßgebende Grund der Beurteilung nicht in den Dingen, wie sie als erfaßte gegeben sind, sondern in etwas anderem, also als von ihnen Unterscheidbaren liegt. Ferner bedeutet es, daß sie doch als maßgebend und für ihr Selbstseinkönnen grundlegend angenommen haben müssen. Die Identität der Dinge in ihrem Grundverhältnis, das die Beurteilung auf grundlegende Weise einschließt, ist also widerstreitfrei gar nicht zu denken. In jeder ihrer Beurteilungen verhalten sich die Beurteiltwerdenden (Dinge) darum zweifach: zum einen verhalten sie sich so, daß in der Beurteilung ein Ding mit anderen Dingen verglichen wird, als im Maß ihrer gemeinsamen Weise des Selbstseins ähnlich. Zum anderen verhalten sie sich zu ihrem Grundmaß nur in der Beurteilungskraft, die das Sein aus dem Maßgeblichen des Grundes aller Dinge angibt. Es steht aber im »Monologion« nicht eigentlich die Natur der Dinge, sondern das Selbstsein der höchsten Natur in Frage. In der vergleichenden Struktur der Beurteilung der Dinge und deren Grundeinteilung in Sein durch sich selbst (per seipsum) und Sein durch etwas anderes (per aliud) erscheint die höchste Natur selbst als ein Ding gedacht. Anselm unternimmt in weiteren Schritten mehrfach den Versuch, die Einheit des durch sich selbst Seienden zu erweisen. Mit ihrer zweifachen Formulierbarkeit des durch sich, was sie ist und dem durch das, was es ist, es selbst zu sein tritt das Wesen sowohl als Grund wie als begriffener Zweck oder erkennbares 52

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Resultat auf. Es zwingt dieser herausgearbeitete Sachverhalt die Wesenserkenntnis des durch sich selbst Seienden gegen den beurteilenden Vergleich in Aufnahme des Vergleichens in das Selbstverhältnis eigens zu bedenken. Und es fordert in seiner Bestimmbarkeit eine von prädikativen Aussagen, die sich alle noch im Dingvergleich bewegten, sich unterscheidende Struktur zu geben (K15 ff.). Die Spindel, die das Denken in seinem Vernunftanspruch hier antreibt, bleibt die Benennung des durch sich selbst Seins der Natur als der höchsten von allen (Naturen) im grundlegenden Sein für diese. 1.3.4 Grund der Güte als höchstes Gut Das Sein durch anderes wird im letzten Absatz von K1 selbst zum Kriterium, nicht gleich oder größer oder besser sein zu können als das, durch das es etwas ist. Aber kein Gut, das durch ein anderes (per aliud) gut ist, ist gleich oder größer als das Gut, das durch sich selbst (per se) gut ist. Das also ist allein höchst gut, was allein durch sich gut ist. Denn das ist das Höchste, was das andere so überragt, daß es weder etwas Ebenbürtiges noch Vortrefflicheres hat. Was aber höchst gut ist, ist auch höchst groß. Es ist also ein Etwas (unum aliquid) höchst gut und höchst groß, das heißt das Höchste von allem, was ist. 48

Darin haben wir aber keine Maßbestimmung des Vergleichs, weil das Sein durch sich in vollständiger Entgegensetzung zum Sein durch anderes kein gemeinsames Maß als Verhältnis gewährt. Etwas und anderes blieben hier ohne ein Selbiges im Vergleichsgrund. So wendet sich hier das Vergleichsverhalten gegenüber dem im zweiten Absatz durchschauten Vernunftgrund auf das in Entgegensetzung zu Vergleichende selbst als Grund einer notwendigen Ungleichheit. Von hier aus spannt sich ein Argumentationsbogen vom Problem des Ausgesagt- und Gedachtseins als Etwas in einer Natur zur Unbegreiflichkeit in K66. Eine Schlüsselstellung nimmt darin die ›melius ipsum‹ Formulierung in K15 als eine vergleichende Reflexion Mon 1, I 15,7–12: At nullum bonum, quod per aliud est, aequale aut maius est eo bono, quod per se est bonum. Illud itaque solum est summe bonum, quod solum est per se bonum. Id enim summum est, quod sic supereminet aliis, ut nec par habeat nec praestantius. Sed quod est summe bonum, est etiam summe magnum. Est igitur unum aliquid summe bonum et summe magnum, id est summum omnium quae sunt.

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mit dem eigenen Schlechtersein ein, das sich auf etwas selbst bezieht. Dann erst kann die Ebenbildlichkeit der reflektierenden Urteilskraft des vernünftigen Geistes bis K80 mitvollzogen werden. Was es ist, das als Grund für alles Gutsein der Güter begriffen wird, ist selbst nur in Beurteilung als gut sagbar. Erst auf dieses Gutsein in seiner Grundfunktion für alles Gute hin kann es selbst als Grund für sich gedacht werden. Der Grund, weil er Grund für alles Gute ist, muß Grund für sich selbst sein, da er als ein Gut erachtet wird. Das Selbe, durch das alles gut ist, was gut ist, wird erst von der Beurteilung als ein Gut und dann als das Gute selbst begriffen (Objektform). Weil es sein eigenes Maß ist, muß es auch sein Grund sein. Das also ist allein höchst gut, was allein durch sich gut ist. 49 Auch die Bedeutung des Höchsten wird hier expliziert. Grund seines Wasseins als das Gute wäre die Güte, die Grund für alles ist, was als gut beurteilt wird. Als ein Gut wäre das Höchste nach dem Eigenschaftsverhalten, durch sich selbst oder durch anderes zu sein, mit anderen Gütern verglichen. Als durch sich selbst seiendes Gut ist es aber unvergleichlich. 1.3.4.1 Formbedingung als etwas, das ›durch sich selbst‹ ist, was es ist Was aber höchst gut ist, ist auch höchst groß. Es ist also ein Etwas (unum aliquid) höchst gut (…). 50

Als Etwas (aliquid) muß es eines (unum) sein. Der gegen Ende von K1 genannte Vernunftgrund ist der zuvor ausgewiesene: daß alle vergleichenden Ausdrücke von etwas nur möglich sind, wenn das miteinander Verglichene von einem Selben her in den verschiedenen Dingen verstanden wird, mag es in ihnen gleich oder ungleich gesehen werden. 51 Auch für alles Nützliche und Vorzügliche gelte darum, daß, wenn es wahrhaft Güter sind, also die Beurteilung als gut richtig ist, daß es je durch dasselbe gut ist, was immer es auch sei. Da dies auf alles ohne jede Ausnahme zutrifft, was überhaupt in ein Vorzugsverhältnis oder in eine Beurteilung als gut kommen kann, gilt es auch für das, was selbst als der Grund für alles Gutsein 49 50 51

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Ebd. Ebd. Mon 1, I 14,18: (…) licet aliquando videantur bona dici alia per aliud.

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von Gutem angenommen werden muß, durch das notwendig alles gut ist. 52 Wenn wir also nicht abhalten sollen und können, daß wir den Grund alles wahrhaften Gutseins selbst für vorzüglich achten und ihn als ein Etwas im Vergleich als das Höchste schätzen, 53 dann ist eine isolierte Zuwendung allein zum Grund alles Guten als höchstes Gut nicht möglich. Es bleibt als unvergleichlich in der Art seines durch sich selbst Seins an das Verhalten des Vergleichens gebunden. Denn wir können es als Gut nicht haben und als gut nicht schätzen, ohne dessen Grund- und Maßfunktion für das je als gut zu genießen Erstrebte bereits zu beanspruchen. 54 Es ist notwendig anzunehmen und es ist gut, daß alles, was gut ist, durch ein und dasselbe gut ist: daß es sich so verhält, ist für die Vernunft und für die Einheitsbedingungen ihrer Vermögen in der Urteilskraft gut. Was es ist, das als Grund für alles Gutsein der Güter begriffen wird, ist selbst nur in Beurteilung als gut sagbar. Erst auf dieses Gutsein in seiner Grundfunktion für alles Gute hin kann es selbst als Grund für sich gedacht werden. Und nur wenn er als gut erachtet ist, kann seine Grundfunktion und sein Grundsein im Verhältnis zu sich selbst angenommen werden. Dies ist zur Unterscheidung der Dinge, die nicht durch sich sind, was sie sind, denknotwendig. Er begründet also nicht nur im Verhältnis zu anderem dessen Güte in jeweiliger Schätzbarkeit, Nützlichkeit und Vorzüglichkeit, sondern begründet sich in dieser seiner ureigensten Funktion: zu begüten. Ein Gut ist der Grund nur als Ursprung der Güte von allem, was als gut zu sein mit Recht beurteilt wird. Ein Gut, das sein Maß selbst gibt, verstattet nicht, von etwas anderem her als gut ermessen zu werden. Als Grund ist es gut selbst nur, wenn es Maß aller Beurteilung als gut ist und also kann es kein höheres Gut geben und kein ihm gleiches: es ist einzig in seiner Art.

Mon 1, I 15,2–3: per quod necesse est esse cuncta bona (…). Wir schätzen es als das höchste, gerade weil es keinem anderen anders zum Nutzen ist, als daß es seiner Nützlichkeitsentscheidung als Maß dient und uns nicht daran zweifeln läßt, daß wir, wenn wir es so beurteilen, es als ein großes Gut schätzen. 54 Anselm wird dies in K25 als Relation in Unterscheidung zum Akzidens für die Frage nach der Substanzialität des durch sich selbst Seienden, was es ist, aufnehmen. 52 53

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1.3.4.2 Überlegungen zur Größe der Güte Dieses ist also gut durch sich selbst (per seipsum), weil alles Gute durch es (per ipsum) ist 55 : Es bestimmt sich die Teilung von allem, was durch es gut ist, nach dem Verhältnis von sich (aus) zu sich selbst, und von anderem zu ihm, das in ihm seinen Grund und sein Maß hat. 56 Im vergleichenden Ermessen, darin das eine das Maß selbst des Vergleichs ist, ergibt sich dann: kein Gut, das durch ein anderes (per aliud) gut ist, ist gleich oder größer als das Gut, das durch sich selbst (per se) gut ist 57

Alles andere ist also niedriger zu schätzen. Was aber ist das Maß der hochschätzenden und der abschätzenden Verglichenheit? Es müßte doch ein gemeinsames sein. Wird hier eine Ungleichheit zum Vergleichsgrund des Unvergleichlichen, der doch die Maßgabe des Guten für das Gutsein von allen Gütern entgegensteht? Das Maß des Guten kann nicht als das durch sich selbst Sein bestimmt werden. Zwischen Gutheit und Grund als Selbstgrund besteht eine notwendige Differenz. Was bedeutet dies für die Einheit des Gottesgedankens in seinen Attributen? Dasselbe Problem verbirgt sich schon im Verhältnis von Gutheit und Größe, da diese schon den Vergleich in der Art des Maßes, der Größe, mitbringt. 58

Weil alles Gutsein in dieser prädikativen Auffassung einen Grund haben muß, der das Gute selbst ist, muß auch das Gutsein des Guten selbst als durch das Gute begründet sein. Und in diesem Selbstgrundverhältnis seiner Erkennbarkeit als durchgängig gut selbst seiend muß sich das Gute als Grund in das Gutsein so geben, daß es als Maß der Güte auch in jeder Erkenntnis des Gutseins, die eine Beurteilende ist, von allem, was durch es gut ist, geltend machen. Mon 1, I 15,4–6: Quis autem dubitet illud ipsum, per quod cuncta sunt bona, esse magnum bonum? Illud igitur est bonum per seipsum, quoniam omne bonum est per ipsum. 56 Was als Grund selbst Maß ist und das Maßsein nie nur durch das Selbstgrundverhältnis begreiflich werden lassen kann. 57 Mon 1, I 15,7–8: At nullum bonum, quod per aliud est, aequale aut maius est eo bono, quod per se est bonum. 58 Zu Größe und Güte K16. Unsere Bemerkungen zur Begriffsstruktur der je als höchste dort aufgelisteten Wesensbegriffe vgl. unten 3.2.3. Wie die Attribute dem Wesen Gottes zukommen, kann nur in den Verhältnissen ihres Verhaltens zueinander erkennbar werden. Dies macht die Attribuierung der Größe als Größtheit für jedes Attribut kenntlich, vgl.unten 3.2.3.2. 55

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Dieses ist also gut durch sich selbst, weil alles Gute durch es ist. 59

Das Wassein als Grund für alles ist bezogen auf die Gleichheit von allem und ist auch es selbst als etwas beurteilbar, also als wahrhaft gut. Insofern gilt es im Beurteilungsverhalten als erkennbar und als wahrhaft gut. Höchst gut zu sein gilt nun als Prädikat, das sich als Resultat eines Verfahrens und als eine Kombination von Bestimmungen enthaltend gebildet hat: ein Vergleichsresultat gibt die Maßbestimmung des Vergleichsgrundes (gut) zu erkennen. Nach der bisherigen Betrachtung ist bereits in K1 der allgemeingültige Ausgang der Vernunfterkenntnis in der Beurteilungsreflexion des als gut Beurteilten für das Gottesverhältnis zugrundegelegt. Es verweist auf die Entgegensetzung der Ähnlichkeit zur als für sich unzureichend erkannt werdenden Aussageform in K66.

1.4 Die hchste Natur als Grund und Maß des beurteilenden Vergleichs 1.4.1 Vergleichbarkeit der Grundverhältnisse (K2) K2 beginnt mit einem vergleichenden Schluß und überträgt die gegen Ende von K1 erreichte Hochschätzung aus dem Verhältnis des Guten zu seinem Grund als dem höchsten Guten nun auf das Große im Verhältnis zu seinem Grund als des höchst Großen. Es ist ein Analogieschluß, der auf der Erkennbarkeit einer gemeinsamen Regel des Verhältnisses zum Grund beruht. Zugleich erhält das in dieser Verhältnisart Gleiche eine Ähnlichkeit: vom Großen kann das nicht als ein räumlich Großes gesagt werden, sondern es wird von einem Größeren gesprochen, je besser und würdiger es ist. Also stellt die Größe selbst auch eine Güte dar, sofern sie wie die Güte in einem Größten (höchst Großen) gründet und dieses ein eines ist. Zugleich wird im Größeren als dem Würdigeren das Bessere, also die Vergleichsbeurteilung des Mehr oder Weniger explizit, wie es sowohl für die Weisheit als auch für die Güte u. a. gebraucht wird. Mon 1, I 15,5–6: Illud igitur est bonum per seipsum, quoniam omne bonum est per ipsum.

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K3 erweitert dann den Analogieschluß und nimmt die bestimmend beurteilenden washeitlichen Prädikationen des Guten und Großen in jede Art des Seins als etwas zurück, daß was immer ist, durch ein Etwas (unum aliquid) zu sein scheint 60 . Wir können diese Argumentation auf K2 bezogen wie folgt gliedern und so noch einmal näher erläutern: Wie aber gefunden wurde, daß etwas höchst gut ist, weil alles Gut durch ein Etwas gut ist, das durch sich selbst gut ist, so wird mit Notwendigkeit geschlossen, daß etwas höchst groß ist, weil alles, was groß ist, durch ein Etwas groß ist, das durch sich selbst groß ist. 61

Analogie des Bestimmungsverfahrens: – weil alles Gute durch ein etwas (unum aliquid) gut ist, das durch sich selbst gut ist, – ist auch alles, was groß ist, durch ein etwas groß, das durch sich selbst groß ist. Je größer oder besser oder würdiger: der Vergleich macht auf ein Ähnliches im Verhältnis aufmerksam. Die Verhältnisbestimmung für das ermessende Beurteilungsverhalten wird im Begriff der Größe selbst zum Inhalt und wird thematisch: Größe ist Maß des Großheitsvergleichs des Guten oder Würdigen. Sie gehört zum Komparativ, d. h. zum sich Verhalten als etwas, das größer – kleiner ist, als Beurteiltes im Beurteilungsbewußtsein, nämlich in der Erachtung als etwas in relationaler Identität.

Was das Höchste, Größte, Beste und Würdigste für alles Große und das Höchste, Größte, Beste für alles Gute ist, muß jeweils dasselbe sein. Das von verschiedenen Vergleichsgründen her als Grund Erschlossene, das je Grund seiner selbst im jeweiligen Was sein muß, kann nur eines sein. Und es muß die Vernunft in ihren Schlüssen von der jeweiligen washeitlichen Bestimmtheit immer auf eines (unum) als dasselbe (idem) kommen. Ich spreche aber nicht von einem räumlich Großen, wie es der Körper ist, sondern von dem, das, je größer es ist, umso besser oder würdiger ist, wie die Weisheit. Und weil höchst groß nur das sein kann, was

Mon 3, I 15,28–29: (…) sed quidquid est, per unum aliquid videtur esse. Mon 2, I 15,15–19: Quemadmodum autem inventum est aliquod esse summe bonum, quoniam cuncta bona per unum aliquid sunt bona, quod est bonum per seipsum: sic ex necessitate colligitur aliquid esse summe magnum, quoniam quaecumque magna sunt, per unum aliquid magna sunt, quod magnum est per seipsum.

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höchst gut ist, so ist es notwendig, daß etwas das Größte und Beste ist, das heißt das Höchste von allem, was ist. 62

Was durch sich selbst ist, was immer es ist, sei es als gut oder als würdig oder als groß, das kann nur eines sein, von dem als demselben gesagt werden muß, daß es als ein etwas das Größte und Beste ist, das heißt das Höchste von allem was ist. Keine Vielheit von nebeneinander bestehenden durch sich selbst Seienden ist denkbar, die als ein Etwas je Grund wären als das, was es ist, von allem, was es als Maß hat: der Bezug als Grund muß vom Was des Maßes her schon vorumgrenzt sein. Wenn nicht, dann ist alles unbestimmt, und es folgt der Übergang zur Thematisierung der Seiendheit. 1.4.2 Grund des Seins als etwas überhaupt (K3) Schließlich ist nicht nur alles Gute durch dasselbe Etwas (per idem aliquid) gut und alles Große durch dasselbe Etwas (per idem aliquid) groß, sondern was immer ist, scheint durch ein Etwas (per unum aliquid) zu sein. Denn alles, was ist, ist entweder durch etwas (per aliquid) oder durch nichts (per nihil). 63

Im Verhältnis zum unbestimmten Sein von Seiendem überhaupt wird nun erst in der Einteilung fragbar, ob etwas von allem durch etwas oder durch nichts ist. Kann überhaupt eingeteilt werden, daß alles, was ist, entweder durch etwas oder durch nichts sein muß? Ist es nicht eine ausschließende Kontradiktion für das Grundverhältnis? Das Grundverhältnis von unbestimmter Seiendheit von etwas ermöglicht überhaupt, den Grund als etwas oder als nichts zur Entscheidung zu stellen. Aber nichts ist durch nichts. 64 Erneut ist dann zu fragen, ob es entweder ein Etwas ist oder mehrere sind. 65

Mon 2, I 15,19–23: Dico autem non magnum spatio, ut est corpus aliquid; sed quod quanto maius tanto melius est aut dignius, ut est sapientia. Et quoniam non potest esse summe magnum nisi id quod est summe bonum, necesse est aliquid esse maximum et optimum, id est summum omnium quae sunt. 63 Mon 3, I 15,27–29: Denique non solum omnia bona per idem aliquid sunt bona, et omnia magna per idem aliquid sunt magna, sed quidquid est, per unum aliquid videtur. Omne namque quod est, aut et per aliquid aut per nihil. 64 Mon 3, I 15,30: Sed nihil est per nihil. 65 Mon 3, I 16,1–2: Quod cum ita sit, aut est unum aut sunt plura, (…). 62

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Sind sie aber mehrere, so sind sie entweder auf ein einziges Etwas (per unum aliquid) zurückzuführen, durch das sie sind, oder diese Mehreren sind jedes einzelne durch sich, oder sie sind durch sich gegenseitig. Aber wenn mehrere durch eines sind, könnten sie nur durch jenes Eine sein, durch das diese Mehreren sind. Wenn aber diese Mehreren jedes einzeln durch sich sind, so ist natürlich eine einzige Kraft oder Natur, durch sich zu bestehn die sie haben, um durch sich zu sein. Es besteht aber kein Zweifel, daß sie durch dieses Eine sind, durch das sie haben, daß sie durch sich sind. 66

Das Grundverhältnis kann jedoch nicht so unvernünftig gedacht werden, daß irgendein Ding durch das sei (per illud), dem es das Sein gibt (cui dat esse). 67 Darum schließt Anselm die Gegenseitigkeit hier aus. Aus dem bereits Erkannten, daß es Grund alles Guten und Großen ist, was immer ist, d. h. was immer etwas ist, was je eine Washeit in Beurteilung hat, folgt, daß dieses Eine selbst (unum idem) ein Etwas (unum aliquid) sein muß, von dem wir denken können, daß es ist, und von dem wir denken müssen, daß es eines ist. Da also die Wahrheit durchaus ausschließt, daß es mehrere sind, durch die alles ist, so ist es notwendig, daß es eines ist, durch das alles ist, was ist. 68

Es gibt also ein Etwas, das vorher als großes Gut genannt wurde und jetzt das Sein zum Prädikat hat. Deshalb gibt es etwas (aliquid), das, mag es Wesenheit oder Substanz oder Natur genannt werden, das Beste und Größte und das Höchste von allem, was ist. 69

Im Vergleich dessen, was Grund von allem und als solcher Grund seiner selbst ist, mit allem anderen, was nicht selbst Grund seiner selbst ist, fungiert das Eine als Verglichenes und als Vergleichsgrund. Mon 3, I 16,4–6:Sed si sunt plura, aut ipsa referuntur ad unum aliquid, per quod sunt, aut eadem plura singula sunt per se, aut ipsa per se invicem sunt. At si plura ipsa sunt per unum, iam non sunt omnia per plura sed potius per illud unum, per quod haec plura sunt. Si vero ipsa plura singula sunt per se, utique est una aliqua vis vel natura existendi per se, quam habent, ut per se sint. Not est autem dubium quod per id ipsum unum sint, per quod habent, ut sint per se. 67 Mon 3, I 16,10–12: Ut vero plura per se invicem sint, nulla patitur ratio, quoniam irrationabilis cogitatio est, ut aliqua res sit per illud, cui dat esse. 68 Mon 3, I 16,15–17: Cum itaque veritas omnimodo excludat plura esse per quae cuncta sint, necesse est unum illud esse, per quod sunt cuncta quae sunt. 69 Mon 3, I 16,26–28: Quare est aliquid, quod, sive essentia sive substantia sive natura dicatur, optimum et maximum est et summum omnium quae sunt. 66

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Es wird also notwendig in einer zweifachen Funktion gedacht, die ohne die Teilhabe der Beurteilung in der Begründung nicht vereint werden kann. Ohne diese Einheit kann das Eine nicht in seiner Selbigkeit gewahrt werden. 1.4.3 Einssein des ›durch sich selbst‹ Seins als Grund Der Anschluß einer sich als undenkbar erweisenden Alternative des als Grund nur im Sein Gedachten kann nur etwas aber nicht nichts als Grund denkbar halten, denn nichts ist durch nichts. Es werden dann verschiedene denkbare Möglichkeiten geprüft, um zu zeigen, daß das befragte etwas anderes (aliquid aliud) schließlich nur ein und dasselbe (unum idem) sein kann. Die erste Denkmöglichkeit ist, daß die Dinge durch mehrere Gründe sein können. Die zweite wäre dann, daß die Dinge nur durch ein einziges Etwas Grund sein können. Ausgehend von diesen beiden Möglichkeiten prüft Anselm noch eine weitere Differenzierung, bei der nur noch Einsheit oder Vielheit diskutiert wird. Um einen Überblick zu geben, seien sie hier als Ansicht und Varianten bezeichnet, ohne dabei zu suggerieren, daß jede ihrer Möglichkeiten in sich stimmig gezeichnet werden könnte. Vielmehr führt gerade die zu entdeckende Unmöglichkeit der einen oder anderen Alternative zu Verwerfung und Ausschluß. Es gibt zwei Ansichten, (a) die pluralistische und (b) die monistische. 70 Innerhalb (a) der pluralistischen Ansicht können drei Varianten (a1) die monistische, (a2) die atomistische und (a3) die korrelative unterschieden werden 71 . Im ersten Schritt kann das genannte mehrfache Etwas auf ein einziges Etwas, durch das es ist, zurückgeführt werden, d. h. die vielen Gründe auf die monistische Variante (a1). Wenn mehrere Gründe durch einen Grund sind, dann sind jene nur Zwischengründe und durch diese, da sie ihrerseits nur einen Grund haben, ist das Grundverhältnis von allem rückführbar auf einen Grund. Diese Ansicht nimmt dann eine gewisse hierarchische Rangordnung innerhalb der Gründe ein und vertritt dann letztendlich (b) die monistische Ansicht Mon 3, I 16,1–2: Quod cum ita sit, aut est unum aut sunt plura, per quae sunt cuncta quae sunt. 71 Mon 3, I 16,2–4: Sed si sunt plura, aut ipsa referuntur ad unum aliquid per quod sunt, aut eadem plura singula sunt per se, aut ipsa per se invicem sunt. 70

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(a1=b). Zweitens kann dieses mehrfache Etwas jeweils einzeln durch sich sein. Dies bedeutet, daß die Gründe jeweils als einzelne durch sich selbst sind. Dies scheint (a2) die atomistische Variante innerhalb der pluralistischen Ansicht auszumachen. Drittens kann dieses mehrfache Etwas durch sich wechselseitig sein. Dementsprechend sind die Gründe als sich wechselseitig bedingend bestimmt, so daß eines für das andere dessen Grund sein kann und ein jedes Prinzip zugleich ein Prinzipiat ist, denn es selbst ist durch ein anderes als seinen Grund bestimmt. Dies ist gewiß als eine korrelative (a3) zu bezeichnen. Diese drei alternativen Varianten, nämlich die monistische (a1), die atomistische (a2) und die korrelative (a3) prüft Anselm in der folgenden Weise: Wenn das einzelne Etwas unter dem Vielzähligen jeweils durch sich ist (a2), so muß es eine einzige Kraft oder Natur haben, durch sich zu bestehen (una aliqua vis vel natura existendi per se), um durch sich sein zu können. 72 Gleichartigkeit der verschiedenen Gründe wird hier als Kraft genannt, die die Einheit des Grundes stiftet. 73 Also führt die atomistische Variante (a2) notwendig auf die monistische Variante (a2 ! a1) zurück und diese wiederum auf die monistische Ansicht (a1 ! b). Der Grundgedanke, daß die verschiedenen Dinge, wie die Nützlichkeit und Vorzüglichkeit aufgrund des einen Etwas einheitlich als gut bezeichnet werden, ist schon im K1 im Beweisbeispiel aufgezeigt. Der Fall der korrelativen Variante (a3), daß ein Ding nicht einerseits durch ein Etwas ist und andererseits es selbst der Seinsgrund von diesem sein kann, ist aber ausgeschlossen: Ein Ding kann nicht durch das sein, dem es das Sein gibt. 74 Jede relative Bestimmung der Dinge untereinander verlangt notwendig ein Etwas, durch das sie in die Bestimmungsrelation zueinander kommen können. Das heißt, daß sie nicht wechselseitig bestimmend sein können. 75 Die Beispiele, die gewöhnlich als Belege herangezogen werden, stehen gar nicht für eine Pluralität von Gründen, sondern stellen Beziehungsdinge wie Herr und Knecht dar, deren Einzelsubstanzen nicht relativ und nicht Mon 3, I 16,6–7: Si vero ipsa plura singula sunt per se, utique est una aliqua vis vel natura existendi per se, quam habent, ut per se sint. 73 Mon 3, I 16,8–10: Non est autem dubium, quod per id ipsum unum sint, per quod habent, ut sint per se. Verius ergo per ipsum unum cuncta sunt, quam per plura, quae sine eo uno esse non possunt. 74 Mon 3, I 16,10–12: Ut vero plura per se invicem sint, nulla patitur ratio, quoniam irrationabilis cogitatio est, ut aliqua res sit per illud, cui dat esse. 75 Mon 3, I 16,12: Nam nec ipsa relativa sic sunt per invicem. 72

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durcheinander bzw. korrelativ (invicem) seiend sein können, so daß sie etwas sind: menschliche Subjekte. Damit werden die Begriffe der Beziehung wie Herr und Knecht als Funktionsbegriff von den Substanzbegriffen ihres Etwasseins als Subjekte getrennt. 76 Diese können als Subjekte nicht durch die zwei Bezogenen, Herr und Knecht, wechselseitig sich Bestand geben, sondern umgekehrt ist ihre Relation nur durch ihre Subjekte möglich, die als Grundlage für die Beziehung zwischen beiden dient. Die relationale Bestimmung ist als solche nicht durch die Relata, sondern nur durch die Relation selbst zu erfassen, für die die aufeinander zu beziehenden Subjekte vorausgehen müssen, die als einzelne und als solche nicht durch die Relation in ihrem Bestand gegründet sind.

Es besteht demnach kein Zweifel, daß die Dinge durch das eine einzige (unum) Etwas das sind, was sie sind. 77 1.4.4 Die eine und einzige höchste Natur als Maß des Vergleichs (K4) Aus der bereits ermittelten Einsicht, daß die Dinge immer durch das eine Etwas sind, was sie sind, folgt für Anselm nicht einwandfrei die von jedem geteilte Überzeugung, daß die Dinge durch ein und dasselbe Etwas (per unum idem aliquid), nicht aber durch Verschiedenes gut sind, da sie wahrhaft als gut erkannt werden. In dreifachem Schritt, der die denkmöglichen Alternativen aufnimmt, macht Anselm deutlich, inwiefern das erfragte, durch das alle Dinge sind, was sie sind, nicht mehrere, sondern nur eines und dasselbe sein kann. Und so kommt er anschließend zum bereits genannten Ergebnis, daß es als das, was als das Höchste zu denken und zu beurteilen ist, nur durch sich selbst sein kann, was es ist. Die dabei zu beanspruchende Einsheit des Seins als etwas, das durch sich selbst nur sein kann, was es ist, erhält als die höchste Natur einen singulären Status, der nur durch das Verfahren, nicht durch eine einteilende Zuordnung von allgemeinen Bestimmungen erreicht werden kann. Als ein weiterer Erweis der Einsheit des durch sich selbst Seins wird direkt das Gesetz der Vernunft einbezogen, die ihre Einheit als Mon 3, I 16,12–15: Cum enim dominus et servus referantur ad invicem, et ipsi homines, qui referuntur, omnino non, et ipsae sationes quibus referentur, non omnino sunt per invicem, quia eaedem sunt per subjecta. 77 Mon 3, I 17,16–17: Cum itaque veritas omnimodo excludat plura esse per quae cuncta sint, necesse est unum illud esse, per quod sunt cunta quae sunt. 76

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Bedingung für die vergleichende Beurteilbarkeit so darstellt, daß es eine überlegene Natur gibt, die keiner anderen Natur untergeordnet ist. Von unserem Willen unabhängig, ob wir wollen oder nicht (velit nolit) – so Anselm –, sei es wahr, daß die Naturen der Dinge nicht alle gleich an Würde sind, sondern daß sich manche in ihrer Rangstufe unterscheiden (distingui graduum imparitate). 78 Es wird nun thematisch, daß im Vergleich der höchsten Natur mit dem, was in ihr gründet, ein Verglichensein zwischen einer Mehrzahl der von ihr unterschiedenen Naturen statthat. ›Holz‹, ›Pferd‹ und ›Mensch‹ werden je ihrer Natur nach besser und in der so graduierend unterschiedenen Würdigkeit beurteilt und dabei bildet die Achtung selbst als Grund der Entscheidung, wenn es dabei um Handlung diesen Dingen gegenüber geht. Zum Beispiel wird selbstverständlich Holz verwendet und verbrannt werden, wenn es um die Rettung eines Pferds oder eines Menschen geht, um Pferd und Mensch Schutz oder Wärme zu geben. Eine Ungleichheit an Würde und ebenso eine Ungleichheit der Achtung wird uns im Urteil über die Dinge sinnfällig, die man aus Erfahrung kennt. Was man an graduellen Unterscheidungen empfindet, verdankt sich einer Beurteilung, deren Maß in den Naturen der so vergleichend vernommenen Dinge gründet. Wenn »von den Naturen die einen besser [sind] als die anderen« 79 , so kann dieses »besser« doch nicht für jede Natur gelten, die wir als gut beurteilt annehmen. Wir müssen auch unter den Naturen auf eine stoßen, die hervorragt und vorzüglich ist. Das Hervorragende und Vorzügliche gilt nur für etwas, welches als eines unter anderen verglichen nach der Natur das Würdige und zu Würdigendes ist. Natur und ihre Würde scheinen Allgemeinbegriffe im Vergleichsgrund zu sein – in quantitativ bestimmbarer Qualität, die sich jedoch nur als Maß in der Beurteilung erschließt und gedacht werden kann. Dieser Erweis legt weniger eine ontologische Rangstufung 80 fest, sondern erreicht vielmehr die nachvollziehbare Einsicht, daß Mon 4, I 16,31–17,2: Si quis intendat rerum naturas, velit nolit sentit non eas omnes contineri una dignitatis paritate, sed quasdem earum distingui graduum imparitate. Qui enim dubitat quod in natura sua ligno melior sit equus, et equo praestantior homo, is profecto non est dicendus homo. 79 Mon 4, I 17,3: Cum igitur naturarum aliae aliis negari non possint meliores (…). 80 Dies muß hinsichtlich des Ursprungs der Dinge korrigiert werden, wie Anselm ausdrücklich darauf hinweist, daß alle Geschaffenen im Geist des Schöpfers ununterschieden als Wahrheit und Leben selbst sind, so daß keine Werthierarchie von den Dingen 78

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ein Regreß der Höherstufung widersinnig, d. i. vernunftwidrig ist. Die Rangordnung kann nicht unendlich sein, so daß ein Vorzüglichstes in Ordnung der Beurteilung sein muß. Sonst würde das Beurteilungsvermögen in der Entscheidung des Würdigeren und Minderen selbst unmöglich werden. Denn im Vergleich nach der Würde muß das Maß des Vergleichsgrunds selbst in höchstem Maße sich entsprechend sein und es kann kein höheres geben. Die hier anzunehmende überlegene Natur, die als das Würdigste in der vergleichenden Beurteilung gedacht wird, muß darum der Natur oder dem Wesen oder der Substanz nach mit dem Maß als Vergleichsgrund der Hochschätzung identisch sein. Ist aber dieses eine Vorzüglichste durch ein anderes, dann bedeutet dies, daß es als solches geringer ist als das, durch das es ist, was es ist. Es ist geringer an Macht, groß zu sein. Hiermit läßt sich die Wesensbestimmung und Natur nur in Größe denken: »was immer durch ein anderes groß ist, ist geringer als das, durch das es groß ist.« 81 Darum müßten sie als höchste Naturen in Plural so gedacht werden, daß sie nicht so groß sind wie das, aus dem sie sind, wenn dieses ein anderes wäre. Das höchste, das im Vergleich zu einem anderen geringer wäre, kann nicht das höchste sein. Das befragende Kriterium, das die Aussage- und Denkmöglichkeiten zur höchsten Natur je neu prüft, stellt von K1 bis K4 immer wieder das Sein als Einheit oder Vielheit zur Entscheidung. Sie zu treffen ist nur als Vernunftentscheidung möglich und ist zwingend, um überhaupt urteilskräftig verfahren zu können. 82 Einstimmigkeit nur für die geschaffene Welt zu gelten hat; Mon 35, I 54,6–10: Verum cum constet quia verbum eius consubstantiale illi est et perfecte simile, necessario consequitur, ut omnia quae sunt in illo, eadem et eodem modo, sint in verbo eius. Quidquid igitur factum est sive vivat sive non vivat, aut quomodocumque sit in se: in illo est ipsa vita et veritas. 81 Mon 4, I 17,20–21: Quidquid enim per aliud est magnum, minus est quam id, per quod est magnum. 82 Darum unterscheidet sich das Verfahren in K1 bis 4 ausdrücklich vom neuplatonischen bzw. augustinischen Verfahren ›via remotionis‹, die eigentlich kein Verfahren der Beurteilung und der Unterscheidung ist. K. Flasch sieht den Weg ›via remotionis‹ als ein auf das Eine hin ausgerichtetes Verfahren der Abstraktion und dieses wiederum identifiziert er mit dem Verfahren der Beurteilung, auf dem die Argumente in K1 bis 4 aufgebaut seien. Damit wendet er gegen die These von F. S. Schmitt ein, daß Anselm Augustinus bewußt entplatonisiere, daß Anselms auf der via remotionis beruhendes Verfahren der Argumentation in K1 bis 4 gerade neuplatonisch sei vgl. K. Flasch, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplatonismus, S. 20 ff. A

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und Zusammenhang der Beurteilungsentscheidungen aus den Einteilungen gilt als Bedingung des Verfahrens ›sola ratione‹ 83 . Da es nicht mehrere Höchste geben kann, muß das Höchste als eines, das durch sich selbst ist, was es ist, Grund dessen sein, was durch anderes ist, was es ist. Als die einzige durch sich seiende höchste Natur als des höchsten Guten umfaßt ihr Wassein notwendig das Grundsein für das Wassein der Dinge. Die oben ausgestellte eine und höchste Natur gilt als Erkenntnis-, Seins- und Erhaltungsgrund der Dinge und ist das Höchste von allem, was ist (summum omnium quae sunt). Darum mündet die verherrlichende Wiederholung zu Ende von K1 bis K4 vom höchsten Guten über das höchst Große in das »höchste Seiende oder Bestehende«. 84 Ab K5 wendet sich Anselm der Frage zu, in welcher Weise die höchste Natur durch sich selbst sein kann und die Dinge durch das andere, nämlich durch sie so sind, was sie sind, und als was die höchste Natur, durch die sie alle sind, als solche zu verstehen ist. Dabei Die Argumentationen in K1 bis K4 zielen nicht darauf, die Existenz Gottes zu beweisen. Diese werden aber von den Anselminterpreten häufig mit den in P2-P4 enthaltenen Argumenten des »Proslogion« verglichen, die ihrerseits als ›ontologischer Gottesbeweis‹ in der Form, wie er von Thomas über Descartes bis Kant der berechtigten Kritik ausgesetzt ist, nicht angemessen verstanden werden können. Vgl. F. S. Schmitt, Anselm und (Neu-) Platonismus, S. 45; K. Flasch, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplatonismus, S19 ff.; B. Mojsisch, Erläuterungen, S. 45 und ferner vgl. W. Röd, Der Gott der reinen Vernunft, S. 26: »Anselm wollte also im »Monologion« auf dreifache Weise zeigen, daß es mindestens ein Wesen gibt, das Höchstes ist; außerdem beansprucht er, zeigen zu können, daß es höchstens ein solches Wesen gibt, d. h. es wird gezeigt, daß genau ein solches Wesen existiert«; Ebd., S. 30: »Sicherlich hat er die früheren Beweise [im Monologion] nicht als falsch betrachtet; es ist aber anzunehmen, daß er die insofern für nicht völlig befriedigend gehalten hat, als sie empirische Prämissen enthalten. Die Gotteserkentnis wird dabei von der Erkenntnis endlicher Verhältnisse abhängig gemacht, und dies hielt Anselm für einen Umstand, der der Würde des zu erkennenden Objekts – nämlich Gottes – nicht völlig angemessen ist (…).« 84 Mon 1, I 15,11–12: Est igitur unum aliquid summe bonum et summe magnum, id est summum omnium quae sunt; Mon 2, I 15,20–23: Et quoniam non potest esse summe magnum nisi id quod est summe bonum, necesse est aliquid esse maximum et optimum, id est summum omnium quae sunt; Mon 3, I 16,26–28: Quare est aliquid, quod, sive essentia sive substantia sive natura dicatur, optimum et maximum est et summum omnium quae sunt; Mon 4, I 17,32–18,3: Quare est quaedam natura vel substantia vel essentia, quae per se est bona et magna et per se est hoc quod est, et per quam est, quidquid vere aut bonum aut magnum aut aliquid est, et quae est summum bonum, summum magnum, summum ens sive subsistens, id est summum omnium quae sunt. Dies bedeutet nicht, daß Anselm bereits in den ersten vier Kapiteln das thematisiert, was er der höchsten Natur im Eingang des K1 zuspricht, vgl. Ebd. 83

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Die hchste Natur als Ursprung des Wasseins der Dinge (K5–14)

führt Anselm in Abgrenzung von der Ursachenlehre den Gedanke der Schöpfung aus nichts (creatio ex nihilo) ein, auf den er immer wieder zurückgreift (K8, K18 u. K19), um die nicht zeitlich erfaßbare Substanz der höchsten Natur (K19) als Ursprung und Grund der Wesenheiten von allem Gegründeten (K8) einsichtig zu machen. Mit dem wiederholt erschlossenen ›Es gibt‹ münden die ersten Kapitel in eine Apotheose der Natur oder der Wesenheit als höchste, da sie Grund all dessen ist, was immer wahr oder gut oder groß oder etwas ist 85 .

1.5 Die hchste Natur als Ursprung des Wasseins der Dinge (K5–14) 1.5.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein der höchsten Natur (K5–6) K5 nimmt mit Freude auf, was gefunden wurde 86 und schließt so an die Haltung des etwas als gut Schätzens bzw. Erachtens (K1) als ein beurteilendes Empfinden an. Im Bedenken des soeben als erhaben Empfundenen wendet sich K5 der Frage zu, ob diese höchste Natur selbst und alles, was etwas ist, nur aus ihr (ex ipsa) sind, so wie sie nur durch sie (per ipsam) sind. 87 Die Dinge stehen in ihrem Grundverhältnis nicht bloß mit ihrem Daßsein, sondern mit ihrem Etwassein im Blick. Das erfragte Sein als Grund von allem wird dahingehend näher zu bestimmen gesucht, daß (a) die Bedeutung des ›Durch‹ mit Hilfe des ›Aus‹ durchdacht wird. Davon ausgehend kann dann das Seiende vorläufig so bestimmt werden, daß (b) es zumindest durch eine der drei Arten von Ursachen: Wirkursache (per efficientem), Stoffursache (per materiam) oder Instrumentursache (per aliquod aliud adiumentum) gemacht oder bedingt ist. Die darauf folgenden Argumente, die auf dieser Einteilung beruhen, machen deutlich, daß (c) die höchste Natur nicht durch eine der genannten drei Ursachen ›durch sich selbst‹ sein kann. Damit ist eine Erklärung des Seins der höchsten Natur als Grund bis dahin nur via negativa geleistet. Erst die Ebd. Mon 1, I 18,7: Quoniam itaque placet quod inventum est, (…). 87 Mon 5, I 18,7–9: (…) iuvat indagare, utrum haec natura et cuncta, quae aliquid sunt, non sint nisi ex ipsa, quemadmodum non sunt nisi per ipsam. 85 86

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Metaphern des Lichts bringen eine andere Darstellung ins Spiel. Betrachten wir die allesamt scheiternden Erklärungsmöglichkeiten des Grundes als Ursache in ihrer Einteilung im einzelnen: (a) Die Bedeutungen von aus und durch unterscheiden sich zunächst nicht. Man kann sagen, ein Kunstwerk entstehe durch den Künstler und aus dem Stoff; sagbar ist aber auch, daß ein Kunstwerk durch den Stoff und aus dem Künstler ist, 88 wenn auch auf andere Weise. Diese Gleichbedeutung in der wechselseitigen Ersetzbarkeit von per aliquid und ex aliquo führt das Denken in einem ersten Schluß zur Annahme, daß alles, was durch die höchste Natur ist, auch aus ihr sei, ›durch sich selbst‹, ›aus sich selbst‹ und alles andere, das durch anderes ist, auch aus anderem. Es folgt demnach, daß, wie alles, was ist, durch die höchste Natur ist, was es ist, und daher diese durch sich ist, das übrige aber durch ein anderes, so alles, was ist, aus eben dieser höchsten Natur ist und deshalb diese aus sich selbst ist, das übrige aber aus einem anderen. 89

Aus etwas Sein (ex aliquo) und durch etwas Sein (per aliquid) bilden aber auch keine zwei Arten von Verhalten, das noch einmal in einer Eigenart des Hervorgehenlassens oder Gründens als sie übergreifend begriffen werden könnte. Wenn die höchste Natur aus einem andern wäre, wäre sie nicht sie selbst. Nur in ihrem Verhältnis zu sich selbst kann das aus Sein und das durch Sein für die höchste Natur nicht unterschieden werden. Das aus sich Sein als durch sich Sein darf dann aber in keiner der oben genannten Wirkarten, weder stofflich noch technisch für das Sein der höchsten Natur verstanden werden. Dies begründet dann das nächste Kapitel (K6). (b) Es bestehen Bedenken, daß das Sein ›ex aliquo‹ und das Sein ›per aliquid‹ nicht immer denselben Sinn (non eundem sensum) haben könnten. 90 Das Stoffliche, das durch einen Künstler geschaffen Mon 5, I 18,9–14: Sed liquet posse dici quia quod est ex aliquo, est etiam per id ipsum, et quod est per aliquid, est ex eo ipso, quemadmodum quod est ex materia et per artificem, potest etiam dici esse per materiam et ex artifice, quoniam per utrumque et ex utroque, id est ab utroque habet, ut sit quamvis aliter sit er materiam et ex materia quam per artificem et ex artifice. 89 Mon 5, I 18,14–17: Consequitur ergo ut, quomodo cuncta quae sunt per summam sunt naturam id quod sunt, et ideo illa est per seipsam, alia vero per aliud: ita omnia quae sunt sint ex eadem summa natura, et idcirco sit illa ex seipsa, alia autem ex alio. 90 Mon 6, I 18,21–23: Quoniam igitur non semper eundem habet sensum, quod dicitur esse per aliquid aut esse ex aliquo, quaerendum est diligentius, quomodo per summam naturam vel ex ipsa sint omnia quae sunt. 88

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ist, hat aus Stoff und durch den Künstler seine Existenz. Das ›aus Sein‹ betrifft zunächst das Stoffliche der Existenz, nämlich das Sein, welches aus einem Stoff gemacht ist. Nicht der Stoff aber ist das Machende, sondern der Künstler. Aus etwas Sein und durch etwas Sein sind voneinander unterscheidbar im Hervorbringen nach dem Modell des Künstlers, der durch sich und aus dem Stoff etwas (ein Werk) hervorgehen läßt. Zu bedenken ist, inwiefern alles sowohl durch die höchste Substanz als auch aus ihr hervorgegangen sein kann. Kann sie analog sowohl Stoff für das Sein im Gewordensein der geschaffenen Dinge als auch ihr Künstler sein? Zunächst ist die Möglichkeit der Deutung des Selbstverhältnisses als Grundverhältnis durch die stofflich-technischen Wirkungsarten für die Substanz als höchste Natur zu untersuchen und zu widerlegen. Nach dieser Ursachenlehre mit Ciceronischer Herkunft 91 gilt das Sein eines Dinges dann als ›Sein-durch-etwas-anderes‹, wenn es durch eine der drei oben bereits genannten Arten der Verursachung ist, bzw. gemacht ist: durch die des Bewirkenden (per efficientem) oder des Stoffs (per materiam) oder irgendeines anderen Hilfsmittels (per aliquod aliud adiumentum) wie eines Werkzeuges (per instrumentum). Nach dieser Bestimmung müßte das Sein der höchsten Natur in der Weise durch sich selbst sein, daß sie zu einer der genannten Weisen des Ursacheseins sich im Verhältnis zu den Dingen ›gemacht hätte‹ 92 . Demnach müßte sie selbst entweder als Stoff oder als Hilfsmittel ihnen gegenüber wirksam sein. (c) Die Bestimmung des Seins durch etwas führt zum WiderMon 6, I 19,1–4: Quod enim dicitur esse per aliquid, videtur esse aut per efficiens aut per materiam aut per aliquod aliud adiumentum, velut per instrumentum. Sed quidquid aliquo ex his tribus modis est: Die Tafel der von Anselm eingebrachten drei kausalen Kategorien geht auf den Kommentar von Boethius zur Topik Ciceros zurück; vgl. Boethius, In Topica Ciceronis Commentaria I, 5, [PL 64, 1145]. Zur kontroversen Diskussion über Anselms Verständnis der Arten und Bedeutung der Ursache siehe F. S. Schmitt, Anselm und der (Neu-)Platonismus, S. 41–45; K. Flasch, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplationismus, S. 29–34; M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 468–492. 92 Anselm verwendet für den schaffenden Akt der höchsten Natur im ganzen »Monologion« durchgängig den Ausdruck machen (facere). Die creatio bleibt an das Sich-Sprechen der Wesenheit gebunden, das nicht als durch die Wirkkraft einer Substanz in vergleichbarer Natur vorstellbar ist. Facere wird auch bei Augustinus mit dicere gleichbedeutend gebracht vgl. Augustinus, Confessiones XI, K7 und 9, dazu vgl SchulteKlöcker, Das Verhältnis von Ewigkeit und Zeit als Wiederspiegelung der Beziehung zwischen Schöpfer und Schöpfung, S. 41. 91

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spruch zur Bestimmung des Seins durch sich selbst. Denn durch eine der genannten Ursachen zu sein bedeutet, daß es durch etwas anderes (per aliquid aliud) ist und später und geringer als das ist, durch das es ist, was aber nicht die höchste Natur sein kann. 93 Dann aber kann nicht deutlich werden, wie die höchste Natur durch sich selbst sein kann. Aufzuweisen ist, daß sie weder von sich noch von einem anderen gemacht wurde: weder aus sich selbst noch von einem anderen als ihrem Stoff; sie hat sich nicht selbst gemacht oder ein Ding hat ihr geholfen, zu sein, was sie nicht war. 94 Von ihr wird gleich als einem Gewordenseienden in der Vergangenheitsform gesprochen, das Entstehung hat. Und in dieser Vorstellung wird für die Denkbarkeit ihres Seins als sie selbst negiert, daß sie selbst die Funktion eines Stoffes für sich hätte haben können. Denn diese stoffliche Funktion kann nur für eine Werdezeit vorgestellt werden. Ein Werden in der Zeit kann aber nur dem Sein aus Anderem zugedacht werden. Darum greift Anselm nun auf eine neue Einteilung dessen aus, was nicht durch eine Ursache zum Sein gekommen ist (ad esse pervenerit): es hätte entweder nichts zu sein, oder wenn es etwas ist, durch nichts und aus nichts zu sein. 95 Die Rede, durch eine Ursache zum Sein gekommen zu sein, wird im Sinne des ›zum Sein gebracht zu Werden‹ gedacht, als ob man hier von einem ›zum Sein gebracht werden Können‹ als einem durch sich selbst Sein reden könnte. Aber darum geht es hier gar nicht; muß dieser Vergleich vielmehr im Denken mit anschaulich zeitlicher Vorstellung der Seinsweise in Unterscheidbarkeit gehalten werden. Deutlich wird, daß sie in die Form des ›zu einem Sein Gekommenseins‹ gesetzt wird und als das durch sich selbst Sein danach betrachtet wird, inwieweit man eben Momente und Wirkverhältnisse heranziehen kann, die zu den Bedingungen des zu einem Sein Gekommenseins gehören. Der methodische Einschub in K6 mit der Bemerkung, daß keine

Mon 6, I 19,3–6: Sed quidquid aliquo ex his tribus modis est: per aliud est et posterius, et aliquomodo minus est eo, per quod habet ut sit. At summa natura nullatenus est per aliud nec est posterior aut minor seipsa aut aliqua alia re. 94 Mon 6, I 6–9: Quare summa natura nec a se nec ab alio fieri potuit, nec ipsa sibi nec aliud aliquid illi materia unde fieret fuit, aut ipsa se aliquomodo aut aliqua res illam, ut esset quod non erat, adiuvit. 95 Mon 6, I 19, 10–12: Quod enim non est, a quo faciente aut ex qua materia aut quibus adiumentis ad esse pervenerit: id videtur aut esse nihil, aut si aliquid est, per nihil esse ex nihilo. 93

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Möglichkeit des Einwands ausgelassen werden darf, 96 verweist darauf, daß die Widerlegung der möglichen Einwände selbst vollständig sein soll. Damit geht die Diskussion in dieser methodischen Vorgabe, die die Vollständigkeit mit der Allgemeingültigkeit verbindet 97 zur Frage über, ob es möglich ist, daß etwas nichts ist oder etwas durch nichts und aus nichts ist. Das wird hier in Bezug auf das Verhältnis von ›durch etwas‹ und ›aus etwas‹ weiter differenziert. Anselm benötigt für die erste Möglichkeit kein Argument, sondern stützt sich auf die Evidenz, daß die Natur, durch die alles ist, unmöglich nichts sein kann. Sie ist zumindest etwas als Grund, wenn sie so in den Gedanken rückt. Außerdem ist nichts durch nichts, wie in K3 schon erinnert wurde. 98 Nach der Identifizierung in K5 werden nun mit der Unterscheidung von ›durch‹ und ›aus‹ folgende Denkbarkeiten durch- und ad absurdum geführt: wäre sie aus nichts, dann wäre sie entweder (i) durch sich oder (ii) durch ein anderes oder (iii) durch nichts – aus nichts. 99 Durch nichts (iii) ist auszuschließen 100 und es bleiben entweder (i) oder (ii): durch sich aus nichts oder durch anderes aus nichts. Anselm geht die Entscheidungsfrage für etwas überhaupt an, denn die höchste Natur wird hier – so es seit K1 – immer unter der allgemeinen Denkform als etwas angesprochen. Daß (i) etwas ›durch sich selbst‹ – aus nichts ist, enthält aber in sich einen Widerspruch, denn das, durch das es ist, nämlich die höchste Natur selbst, muß früher – als die höchste Natur selber – sein. So kann nicht etwas durch sich aus nichts sein. 101 Die Nötigung zum Früher als Grund seiner selbst zeigt ein Zeitverhältnis an, das mit Ebd.; Mon 6, I 19,14–17: Quiniam namque ad magnum et delectabile quiddam me subito perduxit haec mea meditatio, nullam vel simplecem paeneque fatuam objectionem disputanti mihi occurrentem negligendo volo praeterire. 97 Ebd.; Mon 6, I 19,17–20: Quatenus et ego nihil ambiguum in praecedentibus relinquens certior valeam ad sequentia procedere, et si cui forte quod speculor persuadere voluero, omni vel modico remoto obstaculo quilibet tardus intellectus ad audita facile possit accedere. 98 Mon 3, I 15,29–16,1: Omne namque quod est, aut est per aliquid aut per nihil. Sed nihil est per nihil. Non enim vel cogitari potest, ut sit aliquid non per aliquid. Quidquid est igitur, non nisi per aliquid est. 99 Mon 6, I 19,24: At si quo modo est ex nihilo: aut per se, aut per aliud, aut per nihil est ex nihilo. 100 Mon 6, I 19,25: Sed constat quia nullo modo aliquid est per nihil. 101 Mon 6, I 19,26–28: Per se autem nihil potest esse ex nihilo, quia si quid est ex nihilo per aliquid, necesse est, ut id per quod est prius sit. 96

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dem Sein aus Nichts in das Denken des Etwas in seinem Grundverhältnis kommt. Das Argument für (i) gilt auch in der Widerlegung von (ii), daß die höchste Natur durch etwas anderes als aus nichts denkbar sei. Das, durch das die höchste Natur aus nichts sei, muß selber ein großes Gut sein, das ohne jenes Gute unmöglich ist, welches die höchste Natur selber ist. 102 Aus diesen einteilungslogisch aufgebauten Argumenten ergibt sich nur die einzig denkbare Möglichkeit, daß die höchste Natur durch sich selbst und aus sich selbst ist. 103 Wie ist dieses wiederum zu verstehen? 104 Dies geht mit Mitteln der verursachungsanalogen Grundverhältnisse nicht mehr und Anselm führt anders als die bisherigen gegenstandsanalogen Argumentationen des urteilenden Denkens die Metaphorik des Lichts ein, die auf die Einsicht als Erfüllungsweise der Kraft des Geistes selbst verweist. (d) Das ›zum Sein gebracht Werden‹ im Argumentationsschritt (c) begreift eigentlich die Sache nicht wirklich in der angemessenen Form, in der das durch und aus sich Sein als Etwas zu verstehen ist. Denn alle Bedingungen für ein Werden und ›ins Sein gebracht worden Sein‹ werden weggenommen. Das Selbstverhältnis, das im durch sich selbst Sein gedacht wird, ist weder eines, das gemacht ist, noch eines, das ein Verhältnis des Stoffes zu sich hat, und entsprechend kann auch der Begriff der Ursache und des Erwirktseins hier keinen Ort haben. Darum kommt eine andere Art des Vergleichs, ein explizit metaphorischer, sich als Vergleich auch zeigender Vergleich in Gebrauch, der dann ein Selbstsein als Selbstgrundverhältnis in der Einheit von Ursprung als Lichtquelle und Gegebenem als Licht und Leuchten als Erscheinung darstellt. Eine ursprüngliche Wesenheit, die als Erkenntnis und sich ergebende Einsicht selbst nur in Teilhabe an der erscheinenden Wahrheit, die selbst Grund für ihr Vernehmen in der Erkenntnis ist, denkbar wird. Die Lichtmetaphorik wird eingeführt, die als Metapher, Gleich102 Mon 6, I 19,31–20,3: Item si per aliquid est ipsa ex nihilo: id per quod est, magnum bonum fuit, cum causa tanti boni fuit. At nullum bonum potest intelligi ante illud bonum, sine quo nihil est bonum. Hoc autem bonum, sine quo nullum est bonum, satis liquet hanc esse summam naturam, de qua agitur. 103 Mon 6, I 20,9–10: nullatenus tamen est per nihil aut ex nihilo, quia per seipsam et ex seipsa est quidquid est. 104 Mon 6, I 20,11–13: Quomodo ergo tandem esse intelligenda est per se et ex se, si nec ipsa se fecit, nec ipsa sibi materia extitit, nec ipsa se quolibet modo, ut quod non erat esset, adiuvit?

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nis oder als Symbol der philosophischen Reflexion auf die Sphäre des seienden Grundes 105 insbesondere in der neuplatonischen Tradition bezogen wurde, 106 um die besondere Art des Seins der höchsten Natur als durch sich selbst Sein zu verdeutlichen. So führt Anselm die Lichtmetaphorik an, die als Metapher, Gleichnis oder als Symbol der philosophischen Reflexion auf die Sphäre des seienden Grundes 107 insbesondere in der neuplatonischen Tradition bezogen wurde, 108 um das selbstursprüngliche Sein der höchsten Natur als durch sich selbst Sein einsichtig zu machen. 109 Aber er durchdringt sie an dieser Stelle nicht weiter, 110 sondern läßt sie als Gedächtnismal an der Grenze der Aussagbarkeit als etwas für das Denken der Vernunft stehen, ohne dabei den Partizipationsgedanken in Dienst nehmen zu können. 111 Die scheinbare Möglichkeit, daß die höchste Natur anders als durch sich selbst sein könnte, wird widerlegt. Danach verweist das Sichentsprechen bzw. Übereinstimmen wie das Licht und das Leuchten und das Leuchtende 112 , daß es in der Fortführung der Vernunftargumentation mit den Mitteln des Gleichnisses darum geht, weiterhin Verstehen dafür zu finden, wie das Sein der höchsten Natur ›durch sich selbst‹ ist. Die Seinsweise der durch sich selbst seienden höchsten Natur ist W. Beierwaltes, Plotins Metaphysik des Lichts, S. 76. Zur philosophischen Bedeutung des Lichts vgl. W. Beierwaltes, Lux intelligibilis. Untersuchung zur Lichtmetaphysik der Griechen; Artikel »Licht«, »Lichtmetaphysik«, »lumen naturale«. Zur Bedeutung im Mittelalter vgl. J. Koch, Über die Lichtsymbolik im Bereich der Philosophie und der Mystik des Mittelalters. 107 W. Beierwaltes, Plotins Metaphysik des Lichts, S. 76. 108 Zur philosophischen Bedeutung des Lichts vgl. W. Beierwaltes, Lux intelligibilis. Untersuchung zur Lichtmetaphysik der Griechen; Artikel »Licht«, »Lichtmetaphysik«, »lumen naturale«. Zur Bedeutung im Mittelalter vgl. J. Koch, Über die Lichtsymbolik im Bereich der Philosophie und der Mystik des Mittelalters. 109 Mon 6, I 20,13–14: Nisi forte eo modo intelligendum videtur, quo dicitur quia lux lucet vel lucens est per seipsam et ex seipsa. Die ontologische und genesiologische Bedeutung des Lichts bei Anselms anderen Schriften vgl. H. Kohlenberger, Zur Metaphysik des Visuellen bei Anselm von Canterbury. 110 Zur weiteren Thematisierung im K16 vgl., unten 3.2.3. 111 Anselm hebt ausdrücklich in K22 den wesentlichen, nicht analogen oder graduellen Unterschied des Seins der höchsten Natur zu dem Sein der Dinge, die nicht durch sich selbst sind, vom Aspekt der Eigenschaft der höchsten Natur her deutlich hervor; Mon 22, I 39,26–28: Quaenam autem rationalis consideratio omnimoda ratione non excludat, ut creatricem summamque omnium substantiam, quam necesse est alienam esse et liberam a natura et iure omnium quae ipsa d nihilo fecit (…). iehe zur Partizipation auch unten Anm. III, 407. 112 Vgl K6. 105 106

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demnach in der Weise verstehbar, wie man vom Licht aussagt, daß es durch sich selbst leuchtet und leuchtend ist. Dazu fügt Anselm an, daß in der Art, wie Licht, Leuchten und Leuchtendes sich zueinander als entsprechend verhalten, auch Wesenheit (essentia), Sein (esse) und Seiendes (ens), das auch Existierendes (existens) oder Bestehendes (subsistens) bedeutet, sich zueinander als entsprechend verhalten (habent ad invicem). 113 Die Entsprechung im Vergleich hat einander Entsprechende zum Gehalt und Vergleichsgrund: die nicht unähnlich sich entsprechen (non dissimiliter sibi convenient) wie das Licht und das Leuchten und das Leuchtende 114. In der Entsprechung wird das Verhalten von den genannten Drei nicht in ihre Identität aufgehoben, so daß die Unterscheidung in dieser ursprünglichen Entsprechungsverbindung gewahrt wird und für das Mitdenken gewahrt werden können muß. Die Lichtmetaphorik versucht auch keinen gegenüber den drei oben als Stoff-, Wirk- und technische Ursache genannten weiteren vierten Modus der Kausalität darzustellen, wonach die Selbstverursachung der höchsten Natur als eine vierte noch unter die Kausalverhältnisse gezählt werden könnte und die drei eingeführten kategorialen Verursachungsarten vervollständigt würde.115 Denn es würde dann bedeuten, daß die höchste Natur durch die angenommene vierte Ursachenart, sich selbst gemacht haben müßte. Dies verneint Anselm ausdrücklich 116 und widerlegt es durch den Aufweis der dann unver113 Mon 6, I 20,15–17: Quemadmodum enim sese habent ad invicem lux et lucere et lucens, sic sunt ad se invicem essentia et esse et ens, hoc est existens sive subsistens. 114 Mon 6, I 20,17–19: Ergo summa essentia et summe esse et summe ens, id est summe existens sive summe subsistens, non dissimiliter sibi convenient, quam lux et lucere et lucens. 115 Entgegen K. Flasch, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplationismus, S. 30 f.: »Anselm hat für das per se esse des höchsten Wesens einen vierten modus der Kausalität angegeben und damit die tradierte Tafel der Begründungsweisen korrigiert. (…) Die Korrektur der Tafel der Begründungsweisen ergibt sich im Fortgang der Beweisführung von c.6. Anselm kommt zu dem Ergebnis, daß die Perseität des summum bonum sich in keiner der drei genannten Formen von Kausalität verstehen läßt und daß wir doch von ihm sagen müssen, daß es durch sie selbst ist.« 116 M. Enders weist zu Recht darauf hin, daß Anselm Gott jede Art der Ursache abspricht, S. 490; »Die Singularität dieser absoluten Selbstbegründung der summa natura bzw. essentia, ihres raum- und zeitfreien, vollkommen selbstbestimmten per se esse läßt es geboten erscheinen, daß ihr Durch-sich-Sein nicht als einen vierten Modus von Kausalität zu bezeichnen, zumal Anselm von dieser im strengen Sinne analogen Weise der Selbstbegründung jede Form des Verursachtseins ausdrücklich ausschließt.« Un-

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meidlich mit jeder Verursachungsart auftretenden Zeitdifferenz ab K18. 117 Die Metapher der Entsprechung von Licht, Leuchten, und Leuchtendem hält einen Gedanken an die Gleichursprünglichkeit fest. Und sie läßt eine ursprüngliche Identität für das zu Denkende halten, die durch das, was es bis jetzt im Stande ist, noch nicht recht, nicht ihm entsprechend begriffen oder erkannt bezeigt. 118 Die Gleichursprünglichkeit und ursprüngliche Identität von Sein, Wesen und Existenz der höchsten Natur schließt die Möglichkeit aus, daß eine von denen das andere verursacht hätte, so daß sie sich für sich und für ihr Erkanntwerdenkönnen einerseits als das Verursachende und anderseits als das Verursachte entzweien würde, und somit die Einheit ihres Seins nicht mehr zu denken wäre. Diese Interpretation muß die später für Spinoza geprägte Figur einer causa sui abhalten. Es ist daher nicht verständlich, daß Anselm die Selbstursächlichkeit als ein Modell für die Bestimmung des Seins der höchsten Natur einzuführen benötigen sollte. Die Metaphorik von Quelle, Erscheinung und Wahrheit als Licht bezeugt, daß das Sein der höchsten Natur als ›durch-sich-selbst‹, was sie ist, auf seine ursprüngliche Bestimmung einer Wesenheit verweist, die als dieselbe für jeden in Geltung sein muß. Das Grundverhältnis zwischen dem Licht und Leuchten und glücklericherweise kann Enders’ Formulierung (S. 474), daß im sechsten Kapitel des Monologion Anselm die Weise der Selbstursächlichkeit der summa natura näher zu bestimmen versuche, zum Mißverständnis führen, daß die höchste Natur sich selbst verursacht hätte, was aber nicht in Enders’ Sinne sein kann. Ferner vgl. B. Goebel, Rectitudo, S. 122: »Die Aseität des höchsten Wesens darf nach Anselm nun aber keineswegs als dessen Selbstverursachung im Sinne einer der Kausalitätsformen aufgefaßt werden, wie sie in der von Boethius kommentierten ciceronischen Topik unterschieden werden, einer im elften Jahrhundert im Rahmen der Dialektik gelesenen Schrift (die aristotelische Lehre von den vier Arten der Ursache in der ›Metaphysik‹ war noch nicht wieder bekannt).« 117 In K7 ist gegenüber der Übersetzung von F. S. Schmitt zu vermerken, daß »principaliter« nicht als »erstursächlich« angemessen verstanden ist. Anselms Kritik am Neuplatonimus verfährt nicht in aristotelischen Bahnen, sondern beginnt immanent und nimmt die Reflexionsmetaphorik in ihrem Recht auf und ferner bringt den Verstand mit den Einsichten seiner Grenzen in den vernünftigen Gebrauch von Urteilskraft, deren reflexives Beurteilungsverhalten die Ähnlichkeiten würdigt und die Entsprechungen im Grund- und Maßverhalten braucht. 118 Zur damit avisierten Denkbewegung gehört das Festhalten an Einsichten auch von kritisch nur getroffenen Unterscheidungen und Widerlegungen im später sogenannten Bauwerk der Vernunft (K19) in ihrer Vergewisserungsarbeit, die immer Selbstprüfung bleibt und sich jedem Einwand aussetzt. A

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Leuchtenden ist also kein Verhältnis in der Art, daß das eine das andere oder sie sich wechselseitig verursacht hätten. Es ist ein ursprüngliches Verhalten, das als das Selbstverhältnis des Ursprungs und in eins als Wirken des Wasseins als Güte für und in allen Gütern, wie z. B. als Gerechtigkeit für alles Gerechte, als Wahrheit für alles Wahre und in aller Einsicht zu erfassen ist. 119 Die Wesensbestimmungen müssen als Identitätsbedingung mitgenannt und können nicht durch einen allgemeinen Begriff von Wesenheit im Gedanken ersetzt werden (vgl. K27). Für das Verhältnis von Licht, Leuchten, Leuchtendes ist aber eine Differenzierung von Bestand und Tätigkeit noch bedeutsam. Das Leuchtende ist als Quelle dem Subjekt vergleichbar, das als Grund zugrundelegend sich verhält und Bestand trägt. Die Analogie der Dreiheit Licht, Leuchten und Leuchendes zu den drei Begriffe Wesen, Sein und Existenz nimmt die Funktion wahr, eine Gleichursprünglichkeit von Wesen, Sein und Existenz und deren ursprüngliche Identität für das Vergleichsverhalten vorzubedeuten. 120 Sie stellt umgekehrt die begriffliche Differenzierung von Wesen, Sein und Existenz heraus und deren Einheit für ein Selbstseinkönnen nur durch das Sein durch sich selbst als Grund und Maß für Sein durch etwas anderes gewahrt werden kann. Zur Erläuterung des Seins durch etwas anderes kommt Anselm erst in K9– 12, in denen der trinitarische Schöpfungsgedanke vorbereitet und dabei die Denkmöglichkeit der Existenz der Dinge vor ihrem Geschaffensein bzw. vor ihrem Hervorgang erläutert werden.

Vgl. M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 488 f. Vgl. K. Flasch, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplationismus, S. 31: »Sagen wir einmal statt essentia ›Seiendheit‹, so läßt sich Anselms Theorie der göttlichen Selbstbegründung verständlich machen durch die Identität, die zwischen Seiendheit, Sein (esse) und Seiendem (ens) besteht. Wir sollen also das Durch-sich-Sein unter Vermeidung jeder zeitlichen Zerlegung und jeder Fremdbestimmung verstehen als die Identität von Wesenheit, Tätigkeit und Subjekt der Tätigkeit.« Flaschs Rede von einer Theorie der Selbstbegründung ist insofern unangemessen, da Anselm gerade erkennt, daß die von ihm genannte Selbstbegründung Gottes oder die von uns erkannte Gleichursprünglichkeit von Sein, Wesen, Existenz und Wirkung Gottes in einer Theorieform bzw. in einer theoretischen begrifflichen Sprache nicht erfaßt werden kann, so daß er gerade eine andere Sprache benötigt, die die Anähnlichung mit Metaphern und Gleichnissen nur bedeuten kann. 119 120

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1.5.2 Wassein der Dinge durch die höchste Natur: ›creatio ex nihilo‹ (K7–8) Der Vergleich mit der Quelle des Lichts zeigt kein Defizit gegenüber dem Verstandesurteil, sondern ist reicher. Denn so kann eine Entsprechung als Gehalt des Vergleichs den Vergleichsgrund als Maß der Entsprechung selbst bekunden. Die Urteilsart des gegenstandsbezogenen Aussagens hält das Wissen des höchsten Maßes als ursprünglichen Grund durchgängig in Nichtentsprechung. Im Unterschied dazu wird nun in K7 die Diskussion wiedereröffnet, in welcher Weise dann die Dinge in ihrer Gesamtheit (rerum universalitate) durch ein anderes bzw. durch die höchste Natur sind. 121 Mit der Erfahrung des Durchdenkens dessen, was für und in einem Seinkönnen durch sich selbst ist, wendet sich die Vernunft der Vollständigkeit der Zweiteilung von Grundverhältnissen entsprechend der Gesamtheit jener Dinge zu, die durch ein anderes sind. Die Relation des durch sich selbst Seienden als Grund für das durch anderes Seiende ist mit der Zweiteilung nur im Verhältnis zum All, zur Gesamtheit recht zu thematisieren. Nur so kann nach dem Grundverhältnis im Selbstsein der höchsten Natur gegenüber der Kausalitätsvorstellung nun die Wirkungsvorstellung im Verhalten als Grund zu und für die Dinge untersucht werden. Die falschen Annahmen, daß die Dinge durch die höchste Natur im Sinne der Stoffursache seien und daß die Dinge vor ihrem Werden nichts gewesen seien, stehen im Ausgang der ersten Entfaltung des trinitarischen Schöpfungsgedankens. Die Dinge in ihrer Materialität führen notwendigerweise zur Annahme, daß die Dinge aus irgendeinem Stoff gemacht worden sein mußten. Und diese führt wiederum zu der Annahme, daß die höchste Natur entweder den Stoff für die Schöpfung der Dinge benötigen würde oder daß sie irgendwie selbst als Stoff zur Schöpfung (aus ihr) gedient hätte. Danach sind die Dinge auf beide Weisen dann als existierend denkbar, solange sie in ihrer materialen Gestalt gemacht sind. Vor ihrem Werden und Gewordensein waren sie nichts. Das Nichts kann nur das Nichtsein bedeuten, daß die Dinge vor ihrem Gewordensein nichts gewesen seien: es kann nicht als Etwas gedacht und sie können 121 Mon 7, I 20,22–24: Restat nunc de rerum earum universitate, quae per aliud sunt, discutere, quomodo sint per summam substantiam: utrum quia ipsa fecit universa, aut quia materia fuit universorum.

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nicht je als etwas erkannt werden, bevor sie selbst etwas sind. Als Etwas wäre das Nichts sonst eine Ursache. Als solches wäre es dann mitwirkend und also die höchste Natur als verursachende einschränkend. 122 Erforderlich ist, einsichtig zu machen, wie dann die Dinge durch die höchste Natur gemacht worden sind. Ein anderer Schöpfungsgedanke muß es sein und ein solcher ergibt sich mit dem Sprechen (locutio) der höchsten Natur. Die Widerlegungen führen im folgenden zur ersten Entfaltung des Sprechens der höchsten Natur als Schöpfung. 1.5.2.1 Von der Materie der Dinge (K7) Zu erforschen war aufgegeben, ob die höchste Natur alles geschaffen hat, oder ob sie selbst der Stoff der Gesamtheit der Dinge war. 123 Wäre das letztere der Fall, dann würde das heißen, daß die höchste Natur zwar die Stoffursache der Dinge sein kann, aber nicht als der Schöpfer der Dinge im ganzen zu betrachten ist. Um für das Denken der höchsten Natur als Grund die stoffliche Verursachung für die gewordenen Dingen bzw. ihrer Materialität wie schon für ihr Selbstverhältnis abhalten zu können und dennoch sie als der Schöpfer der gesamten Schöpfung und dem All in der materiellen Gegebenheit des Wasseins zu ergründen, ist es zwingend, das Schöpfungsgrundverhältnis von der Seite der Materialität der Dinge, und zwar vom Stoff des gesamten Weltbaues (mundanae molis materia) her, zu betrachten. 124 Die Annahme, daß das All der Dinge, sei es der sichtbaren, sei es der unsichtbaren, aus irgendeinem Stoffe sei, führt zu drei Möglichkeiten, wie eine solche Grundart zu verstehen wäre, und diese lassen 122 Wird für diesen Vergleich der Wirkverhältnisse nicht wiederum die höchste Natur als Ursache in einem der doch als auszuschließen begriffenen Sinne herangezogen? Erst die kritische Durchführung der quantitativen Raum-Zeit-Bestimmungen für das Verhältnis der höchsten Natur zu den Dingen wird mit dem Anfang auch das Ursachesein als kategoriale Denkweise im Verhalten zu ihr selbst überwinden (K18 ff.). 123 Anm. 121; Mon 7, I 20,24–27. 124 Mon 7, I 20,30–21,5: Primum itaque mihi quaerendum esse puto, utrum universitas rerum, quae per aliud sunt, sit ex aliqua materia. Non autem dubito omnem hanc mundi molem cum partibus suis, sicut videmus formatam, constare ex terra et aqua et aere et igne, quae scilicet quattuor elementa aliquomodo intelligi possunt sine his formis quas conspicimus in rebus formatis, ut eorum informis aut etiam confusa natura videatur esse materia omnium corporum suis formis discretorum;

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sich alsbald widerlegen. Entweder ist der Stoff von allem, was aus anderem ist, aus anderem oder aus sich selbst oder einer dritten Wesenheit, die es freilich nicht gibt, 125 da die Einteilung des Seins durch sich und des Seins durch anderes vollständig ist und diese Einteilung auch für ›das Sein aus‹ im Stoffgrundverhältnis gilt. 126 Da es um die Dinge geht, die durch anderes und nicht durch sich selbst sind, kann auch ihr Stoff in der Perspektive ihrer Gesamtheit nicht durch sich selbst sein 127 und also kann er nur aus einem anderen Stoff und damit aus der höchsten Natur als Stoff für alle Stoffe sein. Nun ist aber die höchste Natur selbst nicht aus Stoff. Wäre sie Stoff, aus der alle Stoffe sind, hätte sie keine Entsprechung als Grund im Selbstgrundverhältnis mit sich als Grund im Grundsein für alles von ihr unterscheidbar Gegründete – wie die Identität des Begriffs ihrer Natur, ihres Wesens als Grund 128 es verlangt. Außerdem, wenn aus ihr etwas Geringeres würde, 129 dann wäre sie als Stoff der Dinge geringer geworden als sie selbst: denn alles materielle ›aus‹ nähme etwas aus etwas mit heraus, gäbe es in ein Anderssein und minderte für dessen Stoffgrundverhältnis die Natur der höchsten Natur. 130 Daß die Dinge zwar durch die höchste Natur sind, was sie sind, aber nicht aus ihr als Stoff herkommen können, begründet Anselm mit der Unveränder125 Mon 7, I 21,7–11: Si igitur universitas rerum, seu visibilium seu invisibilium, est ex aliqua materia: profecto non solum potest esse, sed nec dici potest esse ex alia materia quam ex summa natura, aut ex seipsa, aut ex aliqua tertia essentia, quae utique nulla est. 126 Mon 7, I 21,11–14: Quippe nihil omnino vel cogitari potest esse praeter illud summum omnium, quod est per seipsum, et universitatem eorum, quae non per se sed per idem summum sunt. Quare quod nullo modo aliquid est, nullius rei materia est. 127 Mon 7, I 21,14–19: Ex sua vero natura rerum universitas, quae per se non est, esse non potest; quoniam si hoc esset, aliquomodo esset per se et per aliud quam per id per quod sunt cuncta, et non esset solum id per quod cuncta sunt; quae omnia falsa sunt. Item omne quod ex materia est, ex alio est et eo posterius. Quoniam igitur nihil est aliud a seipso vel posterius seipso, consequitur ut nihil sit materialiter ex seipso. 128 Identität als Grund nur mit Grund als Maß. 129 Mon 7, I 21,20–23 At si ex summae natura materia potest esse aliquid minus ipsa, summum bonum mutari et corrumpi potest; quod nefas est dicere. Quapropter quoniam omne quod aliud est quam ipsa, minus ipsa, impossibile est aliquid aliud hoc modo esse ex ipsa. 130 Mon 7, I 21,23–28: Dubium non est, quia nullatenus est bonum, per quod mutatur vel corrumpitur summum bonum. Quod si qua minor natura est ex summi boni materia: cum nihil sit undecumque nisi per summam essentiam, mutatur et corrumpitur, summum bonum per ipsam. Quare summa essentia, quae est ipsum summum bonum, nullatenus est bonum; quod est inconveniens. Zur Unveränderlichkeit und Unzerstörkeit des höchsten Guten rekurriert Anselm in K18 im ersten Beweisgang über die Anfangs- und Endelosigkeit der höchsten Natur dazu unten 3.2.4.1.

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lichkeit und Unzerstörbarkeit des höchsten Guten, das in diesen Attributen also in einer Stoffgrundanalogie gedacht ist. Sie zählen darum nicht zu den Begriffen des Wesens als Grund seiner selbst. Was aber das höchste Gut verändert, dessen Güte vermindert oder zerstört, kann nicht selbst gut sein 131 und würde durch die höchste Güte nicht als das gegründet sein können, was solcherart sein Seinkönnen aus dem Stoff der höchsten Natur bezieht. Auch als Gut wäre sie nicht mit sich identisch, nicht durchgängig als gut zu achten. Diese Durchgängigkeit der Achtbarkeit ist aber Bedingung ihrer Höchstheit als höchstes Gut. Mit dieser Wesensbestimmung als Gut ist aber auch die Wesenheit derjenigen Dinge hier begriffen, die durch ein anderes sind: für sie als Gut kann darum nachvollzogen werden, daß sie, da sie nicht aus der höchsten Wesenheit als aus ihrem Stoffe sein kann, und weder aus sich noch aus einem anderen dritten, es offensichtlich (manifestum) ist, daß sie aus keinem Stoffe ist. 132 Das ›Aus-Sein‹ kann dann für das Wesen der Dinge nur im Verhältnis zum ›aus Nichts‹ als nicht etwas gedacht werden. Und mit dessen Zeitbedingung von Gegebenheit wird das Sein des Wesens des Guten in den Dingen an die materiale Existenz in ihrer erkennbaren Beurteilbarkeit als gut gebunden. Das Wesen der Dinge als durch die höchste Wesenheit für gegründet erachten zu können, ist darum nur möglich, wenn dieses ihr Grundsein für die Dinge in ihrer Allheit ein Machen in der materiellen Bedingtheit des Seinkönnens ihres Wesens der Dinge aus Nichts ist und so anerkannt wird, daß außer ihr nichts existiert, ohne daß sie es macht. 133 Die höchste Natur hat die Wesenheit aller Dinge also durch sich (per seipsam) aus Nichts (ex nihilo) geschaffen. 134

131 132 133

Ebd., Mon 7. Mon 7, I 21,31: (…) manifestum est quia ex nulla materia est. Mon 7, I 22,1: (…) consequitur ex necessitate, ut prater ipsam nihil sit nisi ea facien-

te. 134 Mon 7, I 22,5–10: Quoniam ergo certissime patet quia essentia omnium, quae praeter summam essentiam sunt, ab eadem summa essentia facta est, et quia ex nulla materia est: procul dubio nihil apertius, quam quia illa summa essentia tantam rerum molem, tam numerosam multitudinem, tam formose formatam tam ordinate variatam, tam convenienter diversam sola per seipsam produxit ex nihilo.

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1.5.2.2 Creatio als Formgabe im Wesen (K7) Die als die erste Wahrheit der Existenz (prima veritas existendi) der Dinge bezeichnete erste Form oder Prinzip des Wesens der Dinge, die mit der Wesenheit der höchsten Natur vergleichbar gehalten werden können, 135 läßt sich nur im Ursprungsort der Dinge begreifen. Für das Wesen des von der höchsten Substanz Unterscheidbaren ist für dessen Seinkönnen die Differenz von durch (per) und aus (ex) grundlegend und da das Aus für die Dinge nur als aus nichts zu denken übrig blieb, muß ihr Gemachtwordensein und Machen durch die höchste Natur als Schöpfung aus Nichts erkannt werden. Den christlichen Schöpfungsgedanken im Ausdruck der creatio ex nihilo 136 nur als überlieferten Glauben zu verstehen, mußte – gemäß dem Wunsche seiner Mitbrüder 137 – vermieden werden, und es bedurfte so der argumentativen Durchdringung sowohl der Bedeutung wie aller alternativen Möglichkeiten des ex nihilo. Nur wenn es mit Vernunft angenommen werden kann, daß es nichts gab und nichts außer der höchsten Natur gibt, da sie die geschaffenen Dinge macht und gemacht hat, und daß kein Etwas als Stoff der höchsten Natur dient oder diente, 138 ist es vermeidbar, Hilfsursachen anzunehmen. Nur dann kann das Denken der creatio in den Bedeutungen glücken, die sich der Urteilskraft in der Annahme des Grundes der Wesenheit als Maß durch das ›melius ipsum quam non ispum‹ erschließen und uns mit Grund dem Wesen der zu beurteilenden Dinge zuwenden lassen. 139 135 Mon 34, I 53,26: (…) in ipso verbo sunt ipsa prima essentia et prima existendi veritas, (…). 136 Dazu R. Hoeps, Theophanie und Schöpfungsgrund. 137 Siehe Prolog des »Monologion«; vgl. auch Entstehungsgeschichte und Programm des »Monologion« oben 1.1.1. 138 Mon 7, I 21,32–22,4: Quare quoniam quidquid est, per summam essentiam est, nec per ipsam aliud aliquid esse potest nisi ea aut faciente aut materia existente, consequitur ex necessitate, ut praeter ipsam nihil sit nisi ea faciente. Et quoniam nihil aliud est vel fuit nisi illa et quae facta sunt ab illa, nihil omnino facere potuit per aliud vel instrumentum vel adiumentum quam per seipsam. 139 Nachdem nach der stofflichen Ursache der Dinge in ihrer Gesamtheit gefragt und schließlich erwiesen wurde, daß die höchste Natur die Dinge durch sich selbst und aus Nichts – aber nicht aus einem Stoffe aus ihr – geschaffen hat, geht die nächste Überlegung in K8 dahin, die Bedeutung von »aus nichts»(ex nihilo) näher zu erläutern. Es wird der Frage nachgegangen, ob nichts (nihil) doch als eine Art der Ursache (causa) von den Dingen zu verstehen sei; Mon 8, I 22,13–15: Sed occurrit quiddam de nihilo. Nam ex quocumque fit aliquid, id causa est eius quod ex se fit, et omnis causa necesse est aliquid

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1.5.2.3 Das Nichtsein als noch nicht Seinkönnen (K8) Doch da kommt ein Einwand vom Nichts her 140, so führt Anselm am Beginn des K8 uns in die aus dem Anspruch der Vollständigkeit gestellte Frage ein, ob das Nichts (nihil) doch eine Ursache sein könnte. Das Woraus wird unwillkürlich als Ursache (causa) verstanden und deren Wirkkraft als eine Beihilfe zum Bestand der Wirkung (ad essentiam effecti) gewährend. 141 Anselm versteht dies als einen allgemeinen Erfahrungsgrundsatz und stellt das Ursache-Wirkungsverhältnis in den Zusammenhang von Erfahrung. Wird aber das Nichts als eine Ursache gesehen, ergeben sich Verständnisschwierigkeiten sowohl für das aus Nichts Sein von etwas Entstandenem wie für das aus Nichts etwas geschaffen Haben bzw. Schaffen: wie half das, was kein Sein hatte, einem Etwas, daß es zum Sein gelangte? Wenn jedoch vom Nichts her keine Hilfe zu dem Etwas kam: wen oder wie könnte man überzeugen, daß aus nichts etwas bewirkt wird? 142 Anselm geht hier nicht primär vom Begriff der höchsten Natur als Grund von allem aus, der keine Hilfsursachen verstattet. Vielmehr bleibt er bei der Herkunft der Dinge aus Nichts, also im Verhältnis zu ihrem noch nicht Seinkönnen, und untersucht in K8 die Bedeutung des Worts nihil, ob es etwas oder nicht etwas bezeichnet. 1. Hypothese: Wenn nichts etwas ist, dann ist alles, was aus nichts geworden ist, aus etwas geworden. 143 2. Hypothese: Wenn jedoch nichts nicht etwas ist, dann wird nichts aus nichts. 144 Daraus ergibt sich als erste scheinbare Folgerung (mit dem: aus nichts, wird nichts, weil nichts aus nichts ist), und zwar nach jeder der ad essentiam effecti praebeat adiumentum. Dies wird aufgrund der Natur des Nichts bald widerlegt, da nichts keine Hilfe für etwas sein kann, wie bereits als unhaltbar erwiesen wurde. Daß alles aus nichts ist, kann nach Anselm sinnvollerweise nur heißen, daß etwas jetzt ist, was vorher nicht war. (siehe unten 3.3.4.2) 140 Ebd., Mon 8, I 22,13. 141 Anm., 139: Mon 8, I 22,13–15. 142 Mon 8, I 22,18–20: Sed quomodo id quod nullum habebat esse, adiuvit aliquid, ut perveniret ad esse? Sie autem nullum adiumentum de nihilo provenit ad aliquid: cui aut qualiter persuadeatur, quia ex nihilo aliquid efficiatur? 143 Mon 8, I 22,21–22: Sed si nihil est aliquid: quaecumque facta sunt ex nihilo, facta sunt ex aliquo. 144 Mon 8, I 22,22–24: Si vero nihil non est aliquid: quoniam intelligi non potest ut ex eo quod penitus non est, fiat alquid, nihil fit ex nihilo, (…).

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beiden Annahmen, daß alles, was wird, aus etwas wird. 145 Das Verhältnis zum Woraus des ›aus Seins‹ müsse immer ein Verhältnis zu etwas sein, wie eine jede für das Seinkönnen als etwas wirksame Ursache etwas sein muß und nicht nichts. Mag also nichts etwas sein, mag nichts nicht etwas sein: es scheint zu folgen, daß alles, was geworden ist, aus etwas geworden ist. 146

Dies steht aber allem oben bisher Gesagten entgegen. Die Lösung deutet sich schon mit der sprachlichen Veränderung in den Formulierungen an: was nichts war und das, was (…) etwas sein wird. Allerdings führt Anselms Sprachwitz den Leser damit zunächst in eine Denkübung, denn er münzt das Wassein hier nicht auf das Geschaffenseiende, sondern auf das ›Sein des Nichts‹ : wenn das, was nichts war, etwas sein wird, dann ergibt sich daraus eine Vernichtung der Anerkenntnis der höchsten Substanz, wie wir sie als Grund von allem bisher erkannt hatten. Denn dann wird das, was am meisten etwas war, nichts sein. 147 Wenn daher das, woraus es gemacht wurde und das ich für nichts hielt, etwas sei, dann ist alles, was ich von der höchsten Wesenheit gefunden zu haben glaubte, nichts. 148

Nichts Sein meint hier dann: es ist ungültig, 149 und bezieht sich auf meine Erkenntnis. Es muß also aus der Schlußfolgerung die Konsequenz auf uns genommen werden, das Nichts nicht als etwas denken zu können und es doch für das ›aus‹ im Woheraus des Geschaffenen mitdenken zu müssen. Dies ist nur in Negation einer zeitlichen Position und einem Erinnerungsverhalten im Denken möglich. Was ist also unter dem Nichts zu verstehen? 150 Wie ist zu vermeiden, daß seiner Funktion im Verhältnis zum Woher als das Woraus des Gemachtseienden, ein Sein als etwas zuerkannt wird? Wiederum bieten sich mit Anselm drei Arten des Verstehens 151 an, wie Mon 8, I 22,25: Unde videtur consequi ut, quidquid fit, fiat ex aliquo. Mon 8, I 22,26–27: Sive igitur nihil sit aliquid, sive nihil non sit aliquid, consequi videtur ut quidquid factum est, factum sit ex aliquo. 147 Mon 8, I 22,29–30: Unde quoniam quod erat nihil, aliquid erit: id quod maxime erat aliquid, nihil erit. 148 Mon 8, I 22,32–23,2: Quare si illud unde facta sunt, quod putabam esse nihil, est aliquid:quidquid inventum aestimabam de summa essentia, est nihil. 149 Vgl. R. Hönigswald, Abstraktion und Analysis, S. 56. 150 Mon 8, I 23,3: Quid igitur intelligendum est de nihilo? 151 Mon 8, I 23,3–7: Nam nihil quod videam obici posse vel paene fatuum, iam statui in 145 146

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ausgelegt werden kann (was es bedeutet), wenn man sagt, eine Substanz sei aus nichts gemacht. 152 Zutreffend kann allein die dritte Interpretation sein, wenn wir erkennen: daß etwas gemacht, aber nicht etwas existiert, aus dem es gemacht wurde: aus dem Nichts gemacht, aber nicht aus etwas 153, als ob dieses Nichts etwas existierendes wäre. 154 Das Woheraus kann als Nichts weder als Anlaß noch als Grund verstanden werden. Anselm vergleicht das Gewordensein von etwas aus nichts mit dem Wechsel von arm zu reich, eines Mangels an Vermögen zum Erlangen von Vermögen: wie ein Reicher aus einem Armen geworden ist oder wie ein Gebildetsein aus einem Ungebildetgewesensein hat entstehen können. Immer ist es als ein Nichtsein von etwas Bestimmtem gedacht, nie kann das Sein von Nichtsein ohne Begriff und Bestimmung des Geschaffenen in seiner Substanz gedacht werden. Was er vorher nicht war, ist er jetzt geworden. 155 Statt der Washeit des Seins oder Nichtseins tritt jetzt nur das Sein selbst in das Verhältnis zu Sein oder Nichtsein. Und mit dieser Gleichheit des Seins als Wassein muß das Sein, das sein oder nicht sein kann, rückgebunden sein als Vermögen, diese oder jene Bestimmung als was aufnehmen zu können: als Substanz und Vermögen, als Seinkönnen und ferner als Kraft. Das noch nicht Sein und noch nicht selbst sein Können wird erinnerungshaft wie ein Wechsel von Zuständen gedacht, der die Denkbarkeit des Nichtseins an die Erkanntheit von Gewordenseiendem bindet, ohne die das Nichtsein nicht denkbar wäre. Dies macht es später nötig, das Verhältnis von Sein und Zeit, Substanz und Zeitlichkeit, Substanzialität und Veränderlichkeit zu thematisieren (K25 ff.). hac meditatione negligere. Tribus itaque ut puto modis, quod ad praesentia impedimenti sufficit expedimentum, exponi potest, si qua substantia dicitur esse facta ex nihilo. Unus quidem modus est (…); Mon 8, I 23, 13: Alia significatio (…); Mon 8. I 23, 17–21: Tertia interpretatio, qua dicitur aliquid esse factum de nihilo. Est, cum intelligimus esse quidem factum, sed non esse aliquid, unde sit factum. Per similem significationem dici videtur, cum homo contristatus sine causa dicitur contristatus de nihilo. 152 Ebd., Mon 8, I 23,6. 153 Mon 8, I 23,22–26: Secundum igitur hunc sensum si intelligatur, quod supra conclusum est, quia praeter summam essentiam cuncta quae sunt, ab eadem ex nihilo facta sunt, id est non ex aliquo: sicut ipsa conclusio praecedentia convenienter consequetur, ita ex eadem conclusione nihil inconveniens subsequetur. 154 Mon 8, I 23,15–16: (…); quasi ipsum nihil sit aliquid existens. – Das Nichts hat kein Selbstsein, das im Begriff ›das Nichts‹ doch immer unterlegt ist. 155 Mon 8, I 23,33: id est: quae prius nihil erant, nunc sunt aliquid.

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1.5.2.4 Creatio in der Entscheidung für das Seinkönnen (K8) Der Einwand vom Nichts her ergab sich aus der Annahme der creatio ex nihilo. ›Aus nichts‹ soll nach K7 nicht als aus einem Stoff, nicht aus etwas verstanden werden, sondern als aus einem Nichtsein, das nur in Negation des Selbstseins denkbar ist, um dessen Sein und Seinkönnen es in der creatio geht. In das Sein von etwas aus nichts wird im Begriff als Geschaffenwordenseiendes eine Zeit- und Bestandsgrenze eingetragen: seine Seinsweise wird als Geschaffenwordensein vorgestellt, das ohne Erinnerungsverhalten und Bestimmungen in einer Zeitordnung nicht in Gedanken gehalten werden könnte. Das Woraus konnte aber zunächst gar nicht anders verstanden werden als gleich einer Ursache, die irgendetwas »zum Bestand der Wirkung« beiträgt. Daran halten alle aufgrund der Erfahrung derart fest. 156 Wenn gegenüber dieser nur schwer zu widerstehenden Kausalbedeutung des Nichts das Nichts keine Ursache sein kann und von ihm keine Hilfe zu dem Etwas kam: wen oder wie könnte man überzeugen, daß aus nichts etwas bewirkt wird? 157

Durch die Unterscheidung der Bezeichnung des Wortes ›nichts‹ gegenüber der Bedeutung von ›etwas‹, kommt das Denken zur Beachtung der Zeitform seines Gedankens in der Repräsentation des Gewordenseins aus etwas: was nichts war, etwas sein wird. 158 Das Nichts wird als Nichtsein von etwas dem zugeordnet, was geworden ist und als geworden seiend schon in Bestimmtheit begriffen ist. Es kann als Nichtsein nur in Unterscheidung vom Sein des Gewordenseienden überhaupt gedacht werden und wird in Erinnerung als Zeit des Nichtseins dem Sein des Seinkönnens von etwas, das wir als Gewordenes schon kennen, unabtrennbar verbunden bleiben. Das Denken des Nichts als Nichtsein von etwas zeigt sich so bedingt dadurch, daß etwas Gewordenes begreifbar geworden ist, das seinem Erkennbargewordensein den Grund verdankt, ein Geschaffensein gegen dessen Nichtseinkönnen denken und annehmen

Mon 8, I 22,15: Quod sic omnes tenent experimento (…). Mon 8, I 22,19–20: Si autem nullum adiumentum de nihilo provenit ad aliquid: cui aut qualiter persuadeatur, quia ex nihilo aliquid efficiatur? 158 Mon 8, I 22,29: Unde quoniam quod erat nihil, aliquid erit: 156 157

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zu können: alles Sein von aus Nichts Geschaffenseienden muß darum auch als das gedacht werden, was erkannt geworden sein kann. Darum muß seine creatio, seine Gründung durch das, was selbst nicht wiederum einen anderen Grund haben kann, als creatio ex nihilo gedacht und das ›aus nichts‹ in der Reflexionsform der Erinnerung einer Zeit bestimmt werden, als es noch nicht war, was als geworden zu sein in Bestimmung durch seinen Ursprung (was es ist) angenommen ist. Zu seinem Grund, durch den es als aus Nichts geschaffen nur gedacht werden kann, gehört aber das ursprüngliche Erkanntsein, das also für alles Schöpfungsdenken unabtrennbar vom Sein der höchsten Substanz ist. 159 Zum aus nichts Geschaffenen gehört sein Wassein als ursprüngliches Erkanntsein und das Seinkönnen als es selbst: die creatio ist darum immer gegen das Nichtsein als eine Ermöglichung von Seinkönnen anzunehmen und die schöpferische Kraft ist als grundlegend auf die Bestandserhaltung gegen die Bestandsgefährung bezogen, die im Sein von Nichts für das Denken selbst virulent wird. Die Erkenntnis des Wasseins ist mit dem Bestand verbunden, während die Erkennbarkeit als es selbst und seine Achtung als gerechtfertigt, selbst zu sein, was es ist, mit Gefährdung bedroht ist. Wer die Schöpfung ex nihilo denkt, ist der Geltung der Erkenntnis des Wasseins des Geschaffenen verpflichtet, wie es in dessen Seinkönnen der ursprünglichen Washeit entspricht (vgl. u. 3.3.7.4). Mit den Vergleichen, wie aus einem Kranken ein Gesunder, aus einem Armen ein Reicher geworden ist, wird für diesen Vermögensvergleich auch das Seinsvermögen verglichen. Ohne als solches hier explizit genannt zu werden, steht das Seinkönnen für die Subsistenz als geschaffen dem gegenüber, vorher nicht gewesen zu sein, was es jetzt ist. Was früher nichts war, ist jetzt etwas. 160 – Es gilt etwas. Erst da es gemacht wurde, ist es zu etwas gemacht worden und das, was früher nicht war, ist ohne das Gewordensein in Gedächtnis durch seinen Begriff gar kein etwas, nicht als etwas konsistent denkbar: es kann keine »Präexistenz einer Form als spezifisches Etwas« 161 159 Dies mag Meister Eckhart dann verstehbar machen, warum er mit dem, was als Grund seiner selbst und Grund alles anderen ist, die Erkenntnis als das Sein unmittelbarer verbindet, vgl., Eckhart, Predigten 9, Quasi stella matutina, DW I, Abt.1, 138– 158; Abt., 2, 462–465. 160 Mon 8, I 23,33: quae prius nihil erant, nunc sunt aliquid. 161 M. Enders spricht von Anselms ›Exemplarismus‹. In den von ihm ausgewiesenen

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angenommen werden, dem das Seinkönnen als Substanzvermögen fehlte. Als jenes gemacht wurde, es da erst zu etwas gemacht wurde. Vor seinem Selbstseinkönnen als etwas ist es nicht seiend, ist es als es selbst nur im Begriff ohne Gegenstand – ohne Bestimmung und Bestimmbarkeit – als noch nicht selbst möglicher Gegenstand überhaupt in der Haltung des Denkens denkbar. Und dieses Denken ist nun für den Begriff von etwas, das in der Zeit sein können müßte, auf das Gegebensein als etwas Bestimmtes und Bestimmbares in Raum und Zeit angewiesen (vgl. K23: was es gibt, was als gegeben angenommen sein kann).

Mit dem Vergleich des Wechsels der Seinslage vom Nichtsein ins Seinkönnen erhält die creatio ex nihilo die Bedeutung der Würdigung, selbst in Entsprechung sein zu können. Der früher gleichsam für nichts erachtet wurde, wird jetzt durch jenen, d. i. die schöpferische Wesenheit, wirklich für etwas gehalten. Denn das nicht es selbst Sein war nur in Widerstreit denkbar. Durch anderes nur als nicht selbst seiend gedacht bevor es war, wäre nur in einer Art Erinnerung an seine Zukunft, die es noch nie gehabt hat, vorstellbar. Als Denken, Vernunft (ratio) der höchsten Substanz aber ist alles, was als etwas gedacht wird, auch seiend, ist geschaffen 162 : ihr Denken als ihr Sprechen als ihr Wesen geht keinem Schöpfungshandeln vor (siehe unten. 3.3.4.5). Das Wesen der höchsten Substanz gibt sich in der creatio des von ihr als aus nichts geschaffen Werdenden selbst (siehe unten 3.3.2 und 3.3.3). 1.5.2.5 Etwas als Maß im Grund des Seinkönnens (K9) Der Gedanke, daß etwas nichts gewesen sei, bevor es wurde, fordert die Entgegenstellung des Wesensbegriffs als Form zur Materie des in Kapiteln 34–38 wird aber nicht von einer ›präexistenten‹ Welt als Urbild gesprochen, als könnten wir solches ohne Erfahrung von Welt denken; M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 220 ff. Das Problem, das Anselm vielmehr stellt und das ganz aus der zeitlichen Vor- und Nachordnung herauszuhalten ist, wie es ja schon K19 ff. für die Substanz als ewige Macht und Kraft gebot, ist vielmehr, wie das Sich-Sprechen der höchsten Substanz das Sprechen der Schöpfung sein kann, wie es ein Wort ist. So fragt Anselm in K34, wie die schaffende und geschaffene Wesenheit, durch ein Wort gesprochen werden kann. Die Darstellung der Schöpfung durch das Wort kann sich nicht mehr am Modell des Künstlers orientieren und ist nach K36 ›vom Wissen unbegreiflich‹,– aber vernunftnotwendig als ein Ursprung, ein Schöpfer, ein Wort (K37) anzunehmen. 162 Mon 9, I 24,14–16: Patet itaque, quoniam priusquam fierent universa, erat in ratione summae naturae, quid aut qualia aut quomodo futura essent. A

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der Zeit und im Raum erfahrbaren Gegebenseins von etwas. Also der Begriff oder die Vorstellung als etwas wird dem ›als etwas selbst sein zu Können‹ entgegengehalten. Mit dem Durch des Grundes tritt mit diesem Modell (exemplum) oder dieser Form (forma) oder Ähnlichkeit (similitudo) oder Norm (regula) das Maß im Schöpfungsgrund hervor 163 : durch das und gemäß dem es wurde. 164 Was wir in K8 als Bedingung erkannten, wird erst mit dem »sich selbst Geben« und der Ununterscheidbarkeit des ursprünglich vorgängigen Musters und Modells als individuelle Substanz und individueller Geist mit den Urbildverhältnissen des Personseins und seiner Vermögen eingeholt. Das modellhafte Vorausgehen des zu machenden Dinges in seinem Wesen kann als von der Materie getrennte Form gar keine selbstentsprechende Seinsweise vor aller Zeitdifferenz in der höchsten Substanz haben, wenn es mit deren Wesen und ihren Bedingungen für nicht identisch zu halten oder zu denken oder anzusprechen wäre. Die mit dem Gedanken der creatio immer aufkommende Analogie mit dem Künstler wird zugunsten einer Ähnlichkeit aufgehoben. In ihr ist der individuelle Geist als höchste Substanz in ihrem Wassein selbst Urbild der schöpferischen Bildung, mit deren Achtung erst das Wassein als Maß begriffen und erkennend in Geltung sein kann. Erkenntnis des Geschaffenen als ursprünglich im Maß seiner Idee nur durch die Urteilskraft in einem Grundverhältnis, das zugleich Grund ihres Vermögens ist und als Maß nur in Selbsterkenntnis in Selbstanmessung angenommen sein kann. 1.5.3 Wassein der Dinge durch das Sprechen der höchsten Natur (K9–11) Das Verständnis von creatio ex nihilo wurde in K9 durch die Frage vertieft, in welchem Sinne man von dem, was gemacht wurde, sagen kann, daß es nichts gewesen sei. Dies führte unmittelbar zur Diskussion darüber, daß die ursprüngliche Form der Dinge (forma rerum) vor ihrem Gewordensein in Vernunft des Schöpfers bereits sei. 165 163 Mon 9, I 24,12–14: Nullo namque pacto fieri potest aliquid rationabiliter ab aliquo, nisi in facientis ratione praecedat aliquod reo facientae quasi exemplum, sive aptius dicitur forma, vel similitudo, aut regula. 164 Mon 9, I 24,19–20: per quam et secundum quam fierent. 165 Mon 10, I 24,24–27: Illa autem rerum forma, quae in eius ratione res creandas prae-

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Daraus, daß nichts durch Nichts und damit nichts aus Nichts sein kann, folgt, daß etwas vor dem Gewordensein der Dinge gewesen sein muß. 166 Mit dem Beispiel des Schaffens des Künstlers, der im Geist (in ratione) das entwirft, was zu schaffen ist, bevor es geschaffen wird, weist Anselm darauf hin, daß der schöpferische Akt des Schöpfers zugleich sein ihm wesensgleiches Erkennen ist. Diese Art des Schaffens wird vernünftig (rationaliter) genannt, und diese Nennung orientiert sich gegen das aus einem Stoff etwas Machen nur daran, daß im Denken dessen, der es macht, gleichsam eine Art Modell des zu machenden Dinges vorausgeht. 167 Diesen schöpferischen Akt nennt Anselm, der paulinischen Tradition folgend, ein Sprechen (locutio), das auch Denken oder Ergreifen bedeutet. 168 Damit wird nicht der zeitliche Anfang der Dinge, sondern der Ursprungsort als Idee des in Unterscheidung zum Nichtseinkönnen zu Schaffenden in der Vernunft des Schöpfers angesprochen. Der Ursprungsort kann als Ort nicht räumlich erfaßt, nicht in einem Irgendwo situiert werden, sondern wird nur in eins mit der Bildung, mit Erkennen und Vernehmen von etwas überhaupt gedacht und bewußt (siehe unten 3.2.4.3). Das denkende Sprechen der höchsten Natur ist aber mit den Formen der zu schaffenden Dinge wesensidentisch, so daß sich das Schaffen der höchsten Natur im wesentlichen vom Schaffen der Künstler insofern unterscheidet, als dieser aus schon Gegebenem die Formen der zu schaffenden Kunstwerke zusammensetzend konzipiert. 169 Das sprechende Denken der höchsten Natur kann gar nicht zeitlich vorhergehend angenommen werden. Es kann nur als das erfaßt werden, was tatsächlich in der Gegenwart des Seins der Dinge so stattfindet, daß es deren Bestand ausmacht und sie in ihrem Selbst-

cedebat: quid aliud est quam rerum quaedam in ipsa ratione locutio, veluti cum faber facturus aliquod suae artis opus prius illud intra se dicit mentis conceptione? 166 Vom Ding als in der Zeit gewordenen her müßte es nicht gewesen sein, bevor es geschaffen wurde; aber vom Denken desjenigen her, der es gemacht hat, ist es nicht Nichts, bevor es geworden ist. Mon 9, I 24, 17–20 Quare cum ea quae facta sunt, clarum sit nihil fuisse, antequam fierent, quantum ad hoc quia non erant quod nunc sunt, nec erat ex quo fierent: non tamen nihil erant quantum ad rationem facientis, per quam et secundum quam fierent. 167 Anm., 162 und 163: Mon 9, I 24,12–16. 168 Mon 10, I 24,27–29: Mentis autem sive rationis locutionem hic intelligo, non cum voces rerum significativae cogitantur, sed cum res ipsae vel futurae vel iam existentes acie cogitationis in mente conspiciuntur. 169 Anm., 165: Mon 10, I 24,24–27. A

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sein erhält. Dementsprechend ist das schöpferische Denken kein zeitlich vorstellbarer Anfang oder Beginn der Existenz eines Dinges, obwohl dessen Seinkönnen als geschaffenseiend ohne die Zeitdifferenz zum ›noch nicht es selbst Sein‹ nicht gedacht werden kann. Es ist der Ursprung, der die Dinge in der Gegenwart als das, was sie sind, gleich dem ewigen Vorerkanntsein, daß es gut und recht ist, daß sie sind, was sie sind, bestimmt: gemäß sich selbst als wahr und gut und würdig selbst sein zu können. Dieses Sprechen als der erste und einzige und ursprüngliche Grund (prima et sola causa 170 ) genügt zur Vollendung seines Werkes, während das Sprechen des Künstlers weder die erste noch einzige noch genügende Ursache ist, um sein Werk anzufangen. 171 Das vorhergehende Empfangen im Geist der schöpferischen Natur wird im Gleichnis des Künstlers nur denkbar, muß aber gegen jede Rezeption von Stofflichem, jede Beimischung sinnlicher Erkenntnis und Bestimmung von anderswo her zu denken geschützt werden. Aus keinem gegebenen Stoff, sondern rein durch die entscheidend erkennende Vernunft aus und gegen das Nichts etwas hervorzubringen, gilt als vernünftige Art des Schaffens. Sie legt aus, daß die höchste Natur nach ihrer erkennenden Wesenheit in dem, was sie erkennt, das Urbild (exemplum), das Ähnlichkeitsbild (similitudo) oder als Regel (regula), also in ursprünglichem Erkennen und sprechendem Denken gibt, 172 ohne daß wir schon verstehen könnten, wie dieses ursprüngliche Geben, dem Geschaffenseienden als Grund und Maß dienen kann. 173 Es muß die Gesamtheit der Dinge vor ihrem Gewordensein im Denken (in ratione) der höchsten Natur sein, was

170 Das Wort causa kann wie bei Cusanus nicht nur als Ursache sondern auch als Grund (ratio) verstanden werden vgl. W. Dupré, Apriorismus oder Kausaldenken nach der Cusanischen Auffassung von der Gotteserkenntnis? (mit Diskussion), S. 188 ff.; S. 195 ff. 171 Mon 11, I 26,16–20: Quare hoc differunt ab invicem illae in creatrice substantia et in fabro suorum operum faciendorum intimae locutiones, quod illa nec assumpta nec adiuta aliunde, sed prima et sola causa sufficere potuit suo artifici ad suum opus perficendum, ista vero nec prima nec sola nec sufficiens est ad suum incipiendum. 172 Mon 9, I 24,12–14: Nullo namque pacto fieri potest aliquid rationaliter ab aliquo, nisi in facientis ratione praecedat aliquod rei faciendae quasi exemplum, sive aptius dicitur forma, vel similitudo, aut regula. 173 Der Grundgedanke, daß die Schöpfung das ursprüngliche Erkennen als das Denken des höchsten Geistes ist, macht nach M. Schmaus mit dem Verweise auf K32 die Tragweite von Anselms Trinitätslehre aus; ders., Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, S. 35.

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und auf welche Weise sie in dieser Gesamtheit und darum unter der Bedingung der Einstimmung der Einheit von Welt sein würden. 174 Etwas, das aus nichts hat werden können, ist in seinem Seinkönnen gegen sein Nichtsein gerechtfertigt. Die creatio ex nihilo beschreibt kein Schaffen aus einem Gegebenen. Sie bedeutet ein durch das Sprechen ›selbst sein zu können Werden‹ und ein durch das Sprechen ›zu sein gewußt Sein‹. Durch das Sprechen, das gegenwärtig ist, ist die Wesenserhaltung nicht einfach nur auf das Bestehen im für sich Sein der Dinge bezogen, sondern immer schon auf ihr Bewußtsein in der Einstimmungsbestimmung mit der Allheit dessen, was sie als Geschaffene sind und bestimmt, in Würde und Wahrheit sein zu können (siehe u. 3.3.7.4). (…) dann kann nicht zu Unrecht angenommen werden, daß bei der höchsten Substanz ein solches Sprechen der Dinge sowohl stattfand, bevor sie waren, um durch es zu werden, als auch stattfindet, wenn sie geworden sind, um durch es gewußt zu werden. 175

Das Gewußtwerden findet letztlich nur mit Selbsterkenntnis in sich ihrer Gründe und Maßgaben bewußt werdender Urteilskraft statt. Aber das Verhältnis zu einzelnem Sinnlichen, Körperlichen wird hier für das ursprüngliche Sprechen noch nicht ausdrücklich differenziert. Obwohl es nur analog zu dem Denken, das nicht auf sinnfällige Dinge sich bezieht, in Begriffsbestimmtheit von einfacher Identität denkbar ist, scheint das Denken des ursprünglichen Sprechens der höchsten Wesenheit auf alles zu gehen, was geschaffen ist. Und es scheint das sinnliche, wahrnehmbar Gegebene irgendwie einzuschließen, obwohl es dafür (außer den Transzendentalien) eine ursprüngliche Vernunfterkenntnis gar nicht geben kann. Da die Struktur, in der das Vorgedachtsein überhaupt vorbildlich ist, für das Seinkönnen der Dinge in ihrem Können, gewußt zu sein, gilt, muß dieses Vorgedachtwerden zugleich selber die Struktur der Ebenbildlichkeit als Wort von einer Sache haben. Und das kann als Sache wiederum nur die höchste Natur selber sein, so daß dann die höchste Natur in ihrer Wesenheit tatsächlich ihre Ebenbildlichkeit hat in ihrem Wort. 174 Mon 9, I 24,14–16: Pater itaque, quoniam priusquam fierent universa, erat in ratione summae naturae, quid aut qualia aut quomodo futura essent. 175 Mon 10, I 25,25–27: non immerito videri potest apud summam substantiam, talem rerum locutionem et fuisse, antequam essent ut per eam fierent, et esse cum facta sunt ut per eam sciantur.

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1.5.4 Bestandserhaltung der Dinge durch die schaffende Substanz (K12–14) Die zeitliche Differenz des Schöpfungsgedankens geht und in Analogie zu dem vorhergehenden Denken des Künstlers in die Gegenwart der Erhaltung und Ermöglichung von Sein und Erkanntwerden über. Mit diesem Übergang muß der Grund von allem auch in einer Anwesendheit in allem sein, die sich als Kraft im Selbstseinkönnen des als geschaffen Erkannten darstellt. Was vorher in K3 und 4 durchgeführt wurde, daß durch das eine einzige Etwas alle Dinge das sind, was sie sind, wird in K13 bis 14 als das erkannt, das allem, was Bestand hat, Bestandsgrund gibt. Mit einem in allem ähnlichen Vernunftgrund, mit dem geschlossen wurde, daß alles, was ist, durch ein einziges Etwas sei – weshalb dieses allein durch sich selbst ist, und das andere durch ein anderes –, mit einem ähnlichen Vernunftgrunde, sage ich, kann bewiesen werden, daß alles, was Bestand hat, durch ein einziges Etwas Bestand hat (…). 176

Wenn man aber den Grund auf die gesamte Schöpfung zugleich bezieht, hat man ein Problem, das so gar nicht vernünftig gelöst werden kann, weil man der gesamten Schöpfung nicht einfach eine notwendig spezifische Washeit zusprechen kann. Deshalb unterscheiden sich das innere Sprechen ihrer zu schaffenden Werke bei der schöpferischen Substanz und beim Künstler voneinander dadurch, daß das schöpferische Sprechen der höchsten Wesenheit nicht anderswoher genommen oder unterstützt ist, sondern als erste und einzige Ursache seinem Künstler zur Vollendung seines Werkes genügen konnte. 177 So ist dieses Sprechen auf die Vollendung und die Gesamtheit des Werks der Allheit des Geschaffenen bezogen. Und es bewahrt mit der Gabe seines Wesens als Bestimmung für die Einheit des Ganzen eine zeitlos gültige Dimension, auf die als Grund ein jedes jederzeit zurückkommen können sollte. 176 Mon 13, I 27,7–10: Simile namque per omnia ratione qua collectum est omnia quae sunt esse per unum aliquid, unde ipsum solum est per seipsum et alia per aliud, simili inquam ratione potest probari quia quaecumque vigent per unum aliquid vigent (…). 177 Mon 11, I 26,3–7: Sed quamvis summam substantiam constet prius in se quasi dixisse cunctam creaturam, quam eam secundum eandem et per eandem suam intimam locutionem conderet, quemadmodum faber prius mente concipit quod postea secundum mentis conceptionem operere perficit: multam tamen in hac similitudine intueor dissiliitudinem.

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Die hchste Natur als Ursprung des Wasseins der Dinge (K5–14)

Da aber, wie die Vernunft lehrt, in gleicher Weise sicher ist, daß alles, was die höchste Substanz gemacht hat, sie nicht durch etwas anderes gemacht hat als durch sich selbst und alles, was sie gemacht hatte durch ihr inneres Sprechen gemacht hat, sei es, daß sie jedes einzelne durch je ein Wort, sei es besser, daß sie durch ein Wort alles zugleich sprach: was kann da für notwendiger erachtet werden, als daß dieses Sprechen der höchsten Wesenheit nichts andres ist als die höchste Wesenheit? 178

Die Form der Dinge im Denken der höchsten Natur, die ihrem Selbstsein nur mit dem Nichtselbstseinkönnen im Erinnerungsverhalten als vorhergehend gedacht sein kann, ist entgegen dem Nichts nur an den Wesensattributen der höchsten Natur orientiert und bringt ihr Gedachtwerden in eine Ebenbildlichkeit des Sich-Sprechens, indem wir an diesem grundlegend entscheidenden Sprechen durch Urteilskraft und Vernunfterkenntnis als Erkennende teilhaben (vgl. u. 3.3 ff.). Das wahre, einsichtige und erkennende Denken der Identität des Schöpfers ist ein Denken, in dem alles, was ist, aufgrund seiner Kraft sein Seinsvermögen hat. 179 Etwas zu sein als Washeit von allem, was ist, hat ihren Bestand in der höchsten Substanz, die darum nur in jenem und durch jenes eine Wort in Gegenwart einsichtig wird. 180 In dieser geistig grundgelegten Struktur des Seinkönnens der geschaffenen Dinge als im Maß der Ebenbildlichkeit geschaffen wahrt die Gegenwärtigkeit der höchsten Substanz als bestandserhaltende eine Kraft, Würde und Erkennbarkeit für das ihr Ähnliche. Sie ist umgekehrt als Grund, der keinen Grund in anderem hat, nur gegenwärtig erkennbar, denn er wird als unabhängig von Gegründetem und dessen Ähnlichkeitsbestimmung anerkannt. Die Hochschätzung als das sie Überragende, da sie von ihm ihre Würde und ihr Ver178 Mon 12, I 26,26–31: Sed cum pariter ratione docente certum sit, quia quidquid summa substantia fecit, non fecit per aliud quam per semetipsam, et quidquid fecit, per suam intimam locutionem fecit, sive singula singulis verbis, sive potius uno verbo simul omnia dicendo: quid magis necessarium videri potest, quam hanc summae essentiae locutionem non esse aliud quam summam essentiam? 179 Mon 13, I 27,5–7: Dubium autem non nisi irrationabili menti esse potest, quod cuncta quae facta sunt, eodem ipso sustinente vigent et perseverant esse quamdiu sunt, quo faciente de nihilo habent esse quod sunt. 180 Mon 13, I 27,7–15: Simile namque per omnia ratione qua collectum est omnia quae sunt esse per unum aliquid, unde ipsum solum est per seipsum et alia per aliud, simili inquam ratione potest probari quia quaecumque vigent per unum aliquid vigent. (…) necesse est ut, sicut nihil factum est nisi per creatricem praesentem essentiam, ita nihil vigeat nisi per eiusdem servatricem praesentiam.

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mögen haben, wahrt diese Andersheit als Ursprung gegenüber dem durch sie aus Nichts als Geschaffenen zu Begreifendem. Sie gibt aber die Eigentümlichkeit des Wesens des für alles Ursprünglichen als Grund und Maß nicht selbst zu erkennen und zu begreifen. Als Grund nur in maßgeblicher Bestimmung muß sie zugleich Bedingung des EtwasSeins sein und sie muß in ihrem Wesen durch washeitliche Bestimmungen begriffen werden, durch Eigenschaftsbegriffe, die das Wesen bezeichnen, um als etwas selbst sein zu können. Das Denken des Seins der höchsten Substanz braucht mit dem Selbstgrundverhalten das Verhältnis zu den Geschaffenen, die allein ein Verhältnis zum Nichtsein ihrer Seinsweise als Grenze zudenken lassen. Das etwas Sein stellt seinerseits keine gemeinsame Gattung dar, da es nur gegen das Nichtsein mit einem Wassein verbunden ist und ein Wassein als etwas Sein nur mit dem durch anderes Sein zur Natur der Seinsweise des in der Zeit Seienden als Gegebenem gehört. Darum muß die Wesenheit durch Attribute der höchsten Substanz begriffen werden, durch die ihr Wassein als Grund des Wasseins der von ihr geschaffenen Dinge erkannt werden kann. Bevor wir das Wesen als Sprechen weiter betrachten, muß die Wesenheit der höchsten in ihren Eigentümlichkeiten (proprietates) untersucht werden, um sie als grundlegend und maßgebend begreiflich zu machen. Diese Eigentümlichkeiten und das Sprechen der höchsten Natur als ihr Wesen zu erforschen, stellt Anselm in K12 zur Aufgabe der weiteren Durchführung181 , und zwar auf der Grundlage dessen, was bisher erreicht wurde: daß allein die höchste Natur durch sich selbst ist, was sie ist und daß durch sie in ihrem ›sich Sprechen‹ das erkennende Sprechen aller Dinge ist, und sie darin und dadurch sind, was sie sind, als Bedingung ihres Seinkönnens. Bevor wir uns eingehend der mit K15 zentralen Problematik der 181 Nachdem Anselm die höchste Natur als das Höchste und Einzigste in K1 bis K4 und im weiteren als Schöpferin aller Dinge in K5 bis K11 der Vernunft notwendig anzunehmen erwiesen hat, stellt er in K12 zwei Aufgaben für die weitere Untersuchung. Die erste nimmt Bezug auf die Eigentümlichkeit (proprietates) der höchsten Natur, nimmt also die selbstverständliche Bestimmungsform des Verstandes in den Anspruch; die zweite weist dann das Sprechen (locutio) der höchsten Natur als solches näher zu erforschen und schließt das Bedenken der Grenzen der Aussagbarkeit ein: Mon 12, I 26, 31– 33: Non igitur negligenter praetereundam huius locutionis considerationem puto; sed priusquam de illa possit tractari diligenter, eiusdem summae substantiae proprietates aliquas studiose investigandas existimo. Die erste Aufgabe wird im wesentlichen zwischen K15 bis 29 verfolgt, die zweite von K30 bis K63.

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Die begriffliche Struktur der Hchstheit der hchsten Natur

Wesenserkenntnis der höchsten Natur widmen, wollen wir ihren Begriff, wie er bisher unsere Untersuchungen thematisch geführt hat, als Begriff bedenken und die Höchstheit als das, was Natur hier heißen kann, einer Strukturanalyse unterziehen. Dies soll uns den Blick auf die im Ausgang von K15 sich stellende Frage nach der Angemessenheit des Höchsten von allem für die Wesenserkenntnis und die zu leistende Korrektur richten. Erst dann kann uns auch verständlich werden, warum der Begriff der höchsten Natur trotz seines Korrekturbedarfs im »Monologion« weiterhin leitmotivisch gebraucht und stellvertretend für den Gottesbegriff fungiert.

1.6 Die begriffliche Struktur der Hchstheit der hchsten Natur Der Begriff der höchsten Natur, den Anselm in K1 bis 4 bereits in der Benennung des Höchsten von allem gebraucht, aber erst am Ende des K5 als solchen ausdrücklich verwendet, 182 übt eine Funktion des Stellvertreters für das aus, was als eines nicht in einem Begriff zu nennen ist. Der anfängliche Name der einen Natur, die den Namen Gott vertritt, wird durch den der höchsten Natur ersetzt, die nun in weiteren Schritten die Funktionen eines Begriffs übernimmt. Die höchste Natur als die höchste der Naturen von allem verweist als Begriff auf die relationale Bestimmungsstruktur, die mit der Methodik des ›sola ratione‹ zwingend verbunden ist. Um das deutlich zu machen, ist Anselms Gebrauch des Begriffs der Natur genauer zu betrachten und zu umgrenzen. 1.6.1 Exkurs zum Begriff der Natur Als erste Bestimmung, bevor andere Attribute in Relativsätzen angehängt werden, fällt die Nennung als eine auf. 183 Das Eine Sein wird zum Leitmotiv der Erschließung in stellvertretendem Bedenken des182 Mon 5, I 18,14–17: Consequitur ergo ut, quomodo cunta quae sunt per summam sunt naturam id quod sunt, et ideo illa est per seipsam, alia vero per aliud: ita omnia quae sunt sint ex eadem summa natura, et idcirco sit illa ex seipsa, alia autem ex alio. 183 F. S. Schmitt hat in seiner Übersetzung den Ausdruck »eine« (una) trefflich kursiv hervorgehoben.

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sen, daß einer nicht weiß, was er vernünftigerweise doch als das kennen sollte, was seine Entscheidungsvernunft im Beurteilungsverhalten bedingt. Natur als solche gibt es nur als eingeteilte. Sie ist kein nach Arten einteilbarer Gattungsbegriff 184 , sondern nur in Spezifikation durch Einteilung möglich 185 , also mit dem Artbegriff verschwistert. Natur ist das, von dem man erkennt, daß es in seiner Art etwas ist. 186 . Die anfängliche Bestimmung als die eine Natur, die höchste von allem, was ist, gibt sie als ein etwas Seiendes im Verhältnis zur 184 Kein einteilbarer Gattungsbegriff, denn das Einteilende müßten wiederum bereits eingeteilte Naturen sein – so daß Natur immer schon nach Naturen unterschieden sich nur als Bedingung bestimmen läßt für die Unterscheidbarkeit im Identitätsverhalten des sich Unterscheidens im Seinkönnnen des Seins als etwas neben anderem Seienden, die nur in der Begriffsfunktion der Wesenheit ihrer Natur als Maß können miteinander verglichen werden. 185 In »de divisione naturae« von Eriugena leistet die begriffliche Einteilung »der Natur« die Einteilung von Arten des Denkbaren, die in dieser Bestimmbarkeitshinsicht vollständig scheint. Das All des so in der Kombination von schaffend und nicht schaffend, und geschaffen und nicht-geschaffen zu sein denkbar Seienden schließt aber das Unmögliche und damit Nichtseiendes ein. Dies erfordert eine Unterscheidung des Denkmöglichen vom Realmöglichen, für das eine Einteilung der Denk- und Erkenntnisvermögen zugrundeliegen müßte und nicht mehr nur die Natur. Bezeichnend die Rede vom Sich-Einteilen; Periphyseon (de divisione naturae), I 1 [PL 122, 441–442]: MAG. Videtur mihi divisio naturae per quattuor differentias quattour species recipere: quarum prima est in eam, quae creat et non creatur; secunda in eam, quae creatur et creat; tertia in eam, quae creatur et non creat; quarta, quae nec creat nec creatur. (…) sed quarta inter impossibilia ponitur, cuius differentia est non posse esse. Mit der Einteilung als Art von Natur scheint sie zu sein bestimmt als was sie denkend bestimmt wird, ohne als seinsmöglich gedacht werden zu können. Natur behält die Bedeutung des Seins als etwas und ihre Einteilung ist höchste und vornehmste Einteilung von allem, was ist, vgl. Periphyseon (de divisione naturae), I 2 [PL 122, 442–443]: MAG. Ita fiat. Sed spiritus de summa ac principali omnium, ut diximus, divisione in ea, quae sunt et quam non sunt, breviter dicendum existimo. Die Einteilung bezieht sich aber auf Begriffsformen, die eine Unentschiedenheit von möglich und unmöglich Seiendem erst zur Entscheidbarkeit stellen. Das Einteilende muß darum im bestimmenden Denken ein des Scheins Fähiges sein, an dem das Eingeteilte – hier das All des Seienden oder die Natur in einer Art – teilhat. Die Begriffsformen von einteilenden Bestimmungen, die mit den Kombinationsmöglichkeiten der Positionen und Negationen von schaffend und geschaffen sein operieren, haben Verhältnisse des Handelns im Werk- und Zeitverhalten zum Bestimmungsgrund. Die ausführliche Untersuchung zum Werk »de divisione naturae« vgl., Ansorge, D., Johannes Scottus Eriugena. Wahrheit als Prozeß. Eine theologische Interpretation von »Periphyseon«. Ferner zum Begriff der Natur bei Eriugena vgl. Reinhard Hoeps, Theophanie und Schöpfungsgrund,. S. 172 f. 186 Augustinus, De moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manicaeorum II, 2 [PL 32,1346]: ipsa natura nihil est aliud, quam id quod intelligitur in suo genere aliquid esse.

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Allheit des Seienden (dessen, was ist) an, als gehörte sie als ein Seiendes unter diese. Dies ist ihrer Denkbarkeit als etwas unausweichlich und wird erst mit dem singulären Status als Grund in schöpfungsbedingter Entgegensetzung zur Allheit der Dinge als geschaffener revidiert. Als höchste wiederum vergleichbar wird Natur als Allgemeinbegriff gebraucht, obwohl das Singuläre der Höchstheit auf ein in Einzelheit subsistierendes verweist. Als singuläre muß die Natur der höchsten Natur das Ganze ihres Selbstseins betreffen, was sie selbst als es selbst im ganzen ist und nicht nur eine Teilvorstellung, wie es ein Allgemeinbegriff in seiner gegenstandsbestimmenden Art, durch die ein Gegenstand eine Bestimmung mit anderen Seienden teilt. Natur hat auch keinen Gattungsbegriff über sich, dem sie einteilend (spezifizierend) dienen könnte, denn alles, was etwas ist, muß von einer eigenen Natur sein. Damit macht Anselm schon mit der ersten Begriffsbestimmung des in Frage Gestellten klar, daß es nicht um ein Art-Gattungsgefüge für die Bestimmtheitsform der einen Natur im Verhältnis zu den Naturen oder Wesenheiten der Dinge gehen kann. Natur verhält sich eher wie eine Bedingung des Etwasseins, ist also auf das Seinkönnen als etwas zu beziehen und die Bezugsart ist die eines nur durch eine Vernunfterkenntnis zu bestimmendes Bedingungsverhältnis. Etwas zu sein (aliquid), scheint die erste Bestimmung zu sein, was es heißt, eine Natur zu sein. Zugleich muß es aber mit der Urteilsstruktur gedacht werden, daß ein jedes etwas eine Natur hat 187 : von einer Natur zu sein, durch die es sich von anderen unterscheidet, die auch etwas, aber eben auch etwas anders sind. Natur bedeutet dann etwas in einer je spezifischen Unterscheidung, deren Sein keine Gattung sein kann, wenn sie in ihrer Art als eine Natur erkannt wird. In Anselms Rede von der einen Natur ist sie sowohl auf eine in einer Art gegenüber anderen als auch auf die Einheit der Natur aller Naturen zu beziehen. Im ersten Sinne ist sie der Begriff einer Grundkraft, überhaupt Natur zu sein, wie sie dem All des Seienden, das eine Natur hat und sich voneinander in seinem Etwassein unterschei187 Etwas muß als eines gedacht werden, das eine eigene Natur hat, um von anderem unterscheidbar zu sein, wie für die höchste Natur unter allem, was ist, angenommen alles, was ist, ist nicht dasselbe wie die höchste Natur, sonst könnten wir den Begriff einer höchsten Natur gar nicht bilden, wenn es nichts von anderer, d. h. niederer Natur gäbe.

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den läßt. Als solche ist die eine Natur Ursprung und Grund für das Sein und die Ordnung aller Dinge, denen sie dies gibt und bewirkt, daß sie etwas sind oder sich irgendwie wohl befinden. 188 Die Natur 189 kann nicht als eine nach Arten einteilbare Gattung für die Seienden begriffen sein, die sich nach deren Naturen spezifizieren ließe. Der Naturbegriff kann darum nicht als einteilbare Gattungsbestimmung fungieren, weil er immer schon die Art von einzelnem bedeutet, die die Eigenart im Vermögen, es selbst zu sein, zu denken gibt. Darum ist Natur nur in der Eingeteiltheit von Naturen zu begreifen, die nicht die eine Natur zum eingeteiltwerdenden Grund haben. Dies würde sie als erste einteilbare Substanz zum Stoff machen, was in K7 schon widerlegt ist. In den Formulierungen alles, was ist und daß sie etwas sind, ist zwischen einem Daßsein und dem Etwas- bzw. Wassein nicht unterschieden; es läßt sich nur bedingend sagen, daß das Sein als etwas immer mit einer Washeit gedacht werden muß. Die Washeit, die für jedes Etwas-Sein immer mitgedacht werden muß, läßt sich auch dadurch ausdrücken, eine Natur als Eigenart zu haben. Eine Natur zu haben ist Bedingung des Etwas-Seins. Dies ermöglicht Unterschiedenheit in einem Selbstsein als einem sich Unterscheiden in der Seinsverfassung und begrifflicher Bestimmtheit als etwas. Etwas zu sein ist im bloßen Begriff immer auf das Andere bezogen, die Identität als Washeit mit Andersheit in Unterscheidbarkeit verbunden. Doch wird hier nicht die Andersheit zwischen Dingen thematisch, sondern die Dinge als andere gegenüber jener für sie ursprünglichen Güte, durch die gegeben und bewirkt wird. Im Gebrauch von Natur als ursprünglicher Seins- und BestimVgl. K13. Von »der Natur« als der einen spricht man modern als Inbegriff aller Arten im Zusammenhang ihrer Genesis und in der dynamischen Eigenart der Materie aller möglichen Gegenstände, die man als Gegenstände der Naturwissenschaften jedoch wieder nur mit der Einteilung der Wissensarten umgrenzt. Und insofern kann es keine Universalwissenschaft mit einer einheitlichen Methode von »der Natur« geben. Ihre Einheit wird entweder als regulative Idee auf die Vereinheitlichung der Erfahrung von ihr als ganzer bezogen oder sie behält eine mythische Dimension, wie sie sich in der Rede von der Mutter Natur bekundet. Natur ist darum seit der Stoa als Inbegriff der Wesen zu verstehen, die mit »den Naturen« (Natur=Wesenheit) in ihren Kräften bzw. Seinskräften bedeutet werden kann, das sein zu können, was sie sind. Was eine Natur hat, hat eine begründete, identitätswahrend kennbare Washeit, bleibt aber als Kraft oder Macht von dynamischer Substanz. Natur als Gesamtheit der Erscheinungen, die die Sinnenwelt konstituieren; vgl. T. Gregory, Natur, S, 442 f. 188 189

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mungsgrund des etwas Seins steht Anselms Begriff der Natur in der Tradition des Augustinus, nach dem die Natur das All dessen bezeichnet, was ist, und auch dessen, was erkennbar ist. 190 Was nicht das ist, weder was ist noch erkennbar ist, kann nicht Natur, d. h. ein Etwas sein und ist somit als nihil zu bezeichnen. Die Einheit der einen Natur wird zur Aufgabe, wenn als Vergleichsgrund der vergleichenden Beurteilung zwischen Dingen als mehr oder weniger gut oder gerecht oder groß, sich eine Mehrheit verschiedener Vergleichsgründe ergibt, wie die Liste der washeitlichen Bestimmung der höchsten Natur in K16 dokumentiert, die ihrerseits nach ihrer Einheit oder Selbigkeit in K17 zu befragen sind. Diese können aber nicht wie im Vergleich begriffene Attribute des einen und selben Gegenstands verfasst sein. 1.6.2 Die doppelte Struktur der Höchstheit der höchsten Natur Vom Beginn der Erforschung der göttlichen Natur in K1 an hat Anselm uns bewußt werden lassen, aus welchem Verfahren der als einer bezeichneten Natur die Höchstheit von Natur zugesprochen werden kann. Daß das, was durch sich ist und so am meisten von allem ist, nur das sein kann, durch das alles gut und groß ist, was immer gut und groß ist. Und dies läßt sich notwendigerweise als höchst gut und höchst groß und damit als das Beste, das Größte und das Höchste von allem, was ist, erweisen. 191 Die vollständig sich gebende Einteilung zwischen esse per se und esse per aliud aliquid bringt aber eine systematische Spannung hervor. Mit dieser Spannung stellt die Höchstheit, die aus dem Vergleich im Verhältnis zu den keine Gemeinsamkeit repräsentierenden Seinsarten des per se und des per aliud aliquid als solche benannte, der Siehe Anm. 186. Mon 3, I 16,18–19: Quoniam ergo cuncta quae sunt, sunt per ipsum unum, proculdubio et ipsum unum est per seipsum; Mon 3, I 16, 23–28: Quod autem maxime omnium est, et per quod est quidquid est bonum vel magnum, et omnino quidquid aliquid est, id necesse est esse summe bonum et summe magnum et summum omnium quae sunt. Quare est aliquid, quod, sive essentia sive substantia sive natura dicatur, optimum et maximum est et summum omnium quae sunt; Mon 1, I 15, 8–12: Illud itaque solum est summe bonum, quod solum est per se bonum. Id enim summum est, quod sic supereminet aliis, ut nec par habeat nec praestantius. (…) Est igitur unum aliquid summe bonum et summe magnum, id est, summum omnium quae sunt. 190 191

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Vernunft ein Problem in Begriffen stellt, das sie denkend nicht umgehen kann: Einerseits wird die höchste Natur durch den allgemeinbegrifflichen Gebrauch von Natur oder von Etwas zu sein als das Seiende als ein einzelnes neben anderen einbegreifend begriffen: die höchsten wie die niedrigsten. Begriffe sind ihrer Form nach immer Allgemeinbegriffe und müssen als solche in prädikativer Funktion gebraucht und einer Vielheit gemein gedacht werden können. Andererseits ist die höchste Natur aber die, die alle anderen gründet und sich selbst Grund ist, in dem, was sie ist, die alle anderen umfaßt – und übersteigt, da alles andere als jene selbst nur durch sie sind, so daß nichts anderes als sie selbst von derselben Natur sein kann. So stiftet sie in ihrer Natur den Zusammenhang und ist selbst Einheitsbedingung der einteilbaren Naturen nach ihren Naturen, ohne selbst für anderes eingeteilt werden zu können, obgleich alle anderen Naturen je die ihre von dieser einen nur erhalten haben und bewahren können.

Der Zusammenhang aber wird nicht nur vom Grundverhältnis des einen zu anderen in deren seiender Gegebenheit getragen, sondern mit dem Gedenken an das Eine der höchsten Natur notwendig. Ferner wird er durch die Beurteilung als besser und schlechter, größer und geringer, gerechter und ungerechter, wahrer und unwahrer, etc. grundlegend für diese Beurteilung der höchsten, größten und besten Natur selbst als Maßes. Wie sie Grund des Seinkönnens des Alls des durch sie nur Seienden ist, muß ursprünglich auch und zumal als ein Geben des Maßes der Beurteilung sowohl für das Beurteiltwerdende wie das Beurteilungsvermögen angenommen sein. Die Struktur der Bestimmung der Höchstheit der höchsten Natur erscheint also auf diesem unserem Stand der Reflexion in einer Doppelheit. Zum einen hat sie eine relationale Struktur hinsichtlich der Form der Benennung, die sich auf die Vergleichbarkeit mit dem durch sie nur sein Könnenden, was es ist, bezieht, als gehöre sie mit ihnen einem Gemeinsamen an. Zum andern hat sie die Funktion der Bedingung, da sie als Sein durch sich selbst das andere als etwas eingeteilte Sein durch ihr Wassein beurteilend zu erkennen gibt und somit erst Einheit in der Einstimmung der Allheit des beurteilten Seienden ermöglicht. Für das Vergleichsverhalten heißt das: was als höchste Natur zu erkennen ist, ist als zu vergleichender Gegenstand selbst ungegenständlicher Vergleichsgrund. Diese Doppelstruktur der Bedeutung des genannten Begriffs, die im Werdegang seiner Bildung in K1 bis 4 schon vernehmbar und in K15 explizierend thematisch wird, bringt die Aufgabe mit sich, das 100

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Relationslose im Blick auf die Relationsfunktion im Grund- und Maßverhältnis zu erfassen. Das Fassungsvermögen wird sich so selbst in der Bedingung von Teilhabe der Urteilskraft an der Maßgeltung der Grundgabe bewußt. Auf diese methodisch reflektierte Art realisiert Anselm die augustinische Einsicht, daß es keine Gotteserkenntnis ohne Selbsterkenntnis gibt. Dies halten wir für das »Monologion« in seiner Argumentationsstruktur für grundlegend. Eine solche doppelte Struktur erkennt Vuillemin 192 im Gottesbegriff des »Proslogion« für das ›über dem kein Größeres gedacht werden kann‹ (aliquid quo non maius cogitari possit). Vuillemin versucht am Beispiel des Begriffs aliquid quo anhand der Bedingungskomponenten eines rationalen Gottesbegriffs dessen unvermeidliche Aporien mengentheoretisch 193 aufzuweisen. Die von ihm eingebrachten auf D. Hume zurückzuführenden Bedingungen für den rationalen Gottesbegriff sind: erstens die Kette der Dinge als ihre Gegebenheit; die zweite die Ähnlichkeit und die dritte die Transzendenz Gottes. 194 Der von diesen Bedingungen her betrachtete rationale Gottesbegriff beruht darauf, daß Gott der Schöpfer der Dinge ist und demgemäß für die geschaffene Welt ein Ursprungsverhältnis zwischen Schöpfer und Geschaffenen besteht, das sowohl durch die Ähnlichkeit als auch durch die Transzendenz Gottes bedingt ist. Vuillemin wies in seiner Analyse des Gottesbegriffs aliquid quo zwei Komponenten für Gott auf, nämlich die wohl geordnete Kette der gegebenen Seienden in ihrer jeweiligen Wesensordnung und die Transzendenz Gottes, einerseits als des Ersten innerhalb dieser gegebenen Wesensordnung, andererseits als des Ersten außerhalb dieser. Das aliquid quo vermag – so Vuillemin – zwar die von ihm genannten hume’schen Bedingungen für einen rationalen Gottesbegriff zu erfüllen, aber gerät grundsätzlich in eine Aporie bzw. eine logisch-mathematische Antinomie. Die Spannung zwischen der Rückbindung an das Endliche und J. Vuillemin, Id quo nihil maius cogitari potest. R. Wimmer hat die auf die Mengentheorie beruhende Kritik von Vuilllemin zurückgewisen; R. Wimmer, Anselms Proslogion als performativ-illokutionär und als kognitiv-propotionaler Text und die zweifache Aufgabe der Theologie, S. 205; »Die Größe Gottes in jener anselmischen über Augustinus auf die Stoa zurückführende Formel [ist] nicht quantitativ oder wie Vullemin meint, klassen- oder mengentheoretisch, sondern qualitativ zu verstehen, nämlich im Sinne der schlechthinnigen Vollkommenheit als das summum bonum, […].« Nur muß man anmerken: auch die Qualität ist eine Kategorie. 194 J. Vuillemin, Id quo nihil maius cogitari potest, S. 281 f. 192 193

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der Transzendenz Gottes bleibt in dieser doppelten Begriffsstruktur nach ihm unauflösbar und läßt ein wesentliches Problem zurück, nämlich, inwiefern etwas über Gott rational ausgesagt werden kann, ohne dabei seine Transzendenz zu gefährden und zugleich seine Wesenheit als Grund und Ursprung des Endlichen zu bewahren. Letztendlich fiele Anselms Begriff dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Transzendenz Gottes und der zweifachen Antinomie 195 des Vernunftbegriffs anheim, weil die als noch größere zu denkende denkbare Größe (aliquid quo maius) von dem ausgehen muß, was schon gedacht und als keiner (kein etwas) gedacht wird, so daß Transzendenz immer sich an der Kette der Dinge als Ähnlichkeit messen lassen muß, welche sie aber nicht als ein ihr Ähnliches hat. Darauf, daß der Begriff von etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann, trotz seiner Struktur kein in einer Reihe gehörendes Erstes sein kann, welches in die von Vuillemin erkannte Rückgebundenheit mit den Dingen so geraten könnte, daß seine Transzendenz gefährdet wäre, hat L. Honnefelder in seiner Untersuchung der Rezeption von Anselms Begriff durch Thomas und Scotus aufmerksam gemacht. 196 Nach ihm macht die unübertreffbare Höchstheit, die keineswegs als das Erste in einer Reihe der Kette der Größe gedacht werden kann, den Grundcharakter der Transzendenz Gottes bei Anselm aus. 197 Anselm redet mit guten Gründen nicht vom Ersten oder ersten Seienden, denn die Wesenheit als höchste ist als Grund von allem selbst das Maß. Die Selbstgleichheit des durch sich selbst, was es ist, Seienden, ist nur mit der Angemessenheit in der Annahme des Maßes denkbar, das wir im Denken der Höchstheit gebrauchen. Wir erinnern an K9: so war es dennoch nicht nichts, sofern das Denken dessen angeht, der es gemacht, durch das und gemäß dem es wurde 198. Wie die höchste Natur als Grund Maß ist, läßt sich nur durch 195 Neben der logisch-mathematischen Antinomie nennt Vuillemin die epistemologische Antinomie, die sich aus der Doppeldeutigkeit des Begriffs aliquid quo, nämlich der Denkbarheit und der Undenkbarkeit Gottes ergibt. Seine Kritik an Anselm richtet sich nicht etwa auf Anselms Argumente für den Beweis Gottes von K2–4; J. Vuillemin, S. 295. Scherb hat die Kritik von Vuillemin an Anselm anhand der Begründung mittels der logischen Rekonstruktion gründlich widerlegt, Scherb, S. 262–283. 196 L. Honnefelder, Metaphysik und Transzendenz. 197 Ebd., S. 158 ff. 198 Mon 9, I 24,19–20: (…) non tamen nihil erant quantum ad rationem facientis, per quam et secundum quam fierent.

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die Beurteilungsteilhabe im ›melius ipsum‹ durch die Maßannahme des Guten als des Vergleichsgrundes selbst mitdenken. Die Beurteilungskraft braucht das Maß; ohne es könnte sie dann auch nicht als sie selbst in das Ähnlichkeitsverhältnis treten, wie es das »Monologion« in K66 explizit macht und als leitende Struktur in der Vernunft seiner Argumentation entfaltet. Ein solches Maß kann nach dem »Monologion« nur aufgrund der Selbstgleichheit einer Natur möglich sein. Anselm weist in K15 explizit darauf hin, daß der höchsten Natur aufgrund ihrer Selbstgleichheit die Höchstheit zugesprochen werden kann. Diese Selbstgleichheit der höchsten Natur macht im weiteren mit der Maßgabe zugleich eine Unvergleichbarkeit mit den gegründeten Dingen als deren Grund und Ursprung aus. Die höchste Natur läßt also Grund und Maß auch wieder sich unterscheiden. Das Unvergleichbare im Grundverhältnis führt zur Einsicht der Unangemessenheit ihrer kategorialen Aussagbarkeit. Denn die Einheit kann des sich im je anzunehmenden Maß unterscheidenden Maßgeblichen nicht in einem Begriff und nicht in einer Gegebenheit als Natur oder bestimmter Substanz gefaßt zeigen. Doch ist die Alternative nicht die Unbestimmtheit, sondern die Vernunftarbeit in einem die Einheit der Vernunftvermögen fordernden Zusammenhang, dessen Identität erst mit der Wahrung der Einheitsbedingungen im Ursprungsverhalten denkbar wird. Sie schließt Berichtigungen und Begrenzungen des Aussageverhaltens im Wechsel der Haltungen ein (vgl. u. a. K16, K36, K66). Der Begriff der höchsten Natur kann nicht als Name für einen Gegenstand gebraucht werden, dem noch eine Natur zugeschrieben werden kann. Die höchste Natur wäre also in ihrem Begriffensein, was sie ist, nicht sich selbst gleich. Die Weise, wie sie durch und aus sich selbst ist, was sie ist, kann durch die Aussageform zur Natur der höchsten Natur nicht angemessen angegeben und mitvollzogen worden sein. Eine solche Angemessenheit zu finden wird dem Denken aber durch den Gebrauch der höchsten Natur als Begriff aus dessen Selbstungemäßheit in Bedeutung des Selbstangemessenen auferlegt. Darum muß der Begriff der höchsten Natur in einer Begriffsverbindung, die ursprünglich und unhintergehbar für die Denkbarkeit ihrer als sie selbst ist, identitätsbedeutend sein. Und es kann diese nur als Verbindung von Kriterien aufgefaßt werden, die im denkenden Gebrauch des Begriffs schon in beurteilendem Gebrauch sind: in der Maßverbindung als höchstes Gute in Verbindung von Größe als Höchstheit und Güte. A

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Teil II Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹ Die Rekonstruktion des 15. Kapitels 2.1 Problemstellung Der vorangehende Teil I hatte zum leitenden Thema, inwiefern der einen Natur, der höchsten von allem, was ist, Höchstheit überhaupt zugesprochen, sie als höchste überhaupt bezeichnet werden kann. Es ist eine auszeichnende Bezeichnung, die eine Vorzüglichkeitsbestimmung in unüberbietbarem Maße enthält. Das ›Vorzüglich‹ ergab sich zunächst daraus, daß sie jene eine sein mußte, die als Grund für alles, was ist, sofern es etwas ist, angenommen werden mußte. Sie wurde nicht nur als Grund für alles andere, sondern auch als Grund für alles erwiesen, sofern es etwas ist. Dementsprechend scheint mit der Bezeichnung als Natur das Sein der höchsten Natur in das All des Etwasseins überhaupt einbegriffen zu sein. Und dieses Einbegriffensein in das als Etwas Sein ist Bedingung, von einer Natur als der höchsten zu reden und bildet so die gemeinschaftliche Ausgangslage für die nachfolgende Durchdringung des Gedankens des Wesens der höchsten Natur in seiner Denk- und Erkennbarkeit. Darum ist jetzt notwendig, einsichtig zu machen, daß und inwiefern die Natur der höchsten Natur in ihrem Etwassein selbst Grund ihrer Höchstheit (als ihrer Washeit) ist und nicht nur als Grund und Ursprung des Wasseins im Etwassein der anderen Dinge gedacht werden können muß. Das Selbstverhältnis als Grund nimmt mit der Identität von Natur und Washeit eine zweifache Relation an: in der Natur als Grund ist ihr Wassein begründet; und in der Identität von Natur als das, was sie ist, ist das Wassein Grund für das Selbstsein in singulärer Besonderheit. Unterscheidbar ist diese zweifache Relation im Selbstgrundverhältnis, die doch Bedingung ist, überhaupt in einem Verhältnis zu sich selbst zu stehen, nur mit dem durch die ausgezeichnete Höchstheit bestimmten Verhältnisse zu den Dingen: das Verhältnis nicht nur als Grund, sondern auch als Maß. Als Struktur wurde herausgearbeitet, daß das, was Maß und A

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Vergleichsgrund im Verhältnis von höchster Natur und der Allheit der Naturen ist, durch die höchste Natur selbst verkörpert wird und so der Maßgrund selbst als Relata im Vergleich fungiert, es in der Höchstheit auszeichnend. Das Wesen als das Höchste erhält so eine reflexive, nicht eindeutig zu umgrenzende Bestimmtheitsstruktur, die doch ein Sein ›durch sich selbst‹ weist und in einer Selbständigkeit – wiederum um willen der Höchstheit in der Relation – vorgestellt werden muß. Der Gebrauch des Substanzbegriffs indiziert dies und aus der wiederholten Nennung als Natur oder Wesen oder Substanz, die für das Denken der Höchstheit der Natur gewahrt werden müssen, stellt sich das Problem der nichtrelationalen Bestimmung des Wesens in seiner Substanz 1 gegenüber der Höchstheit, ohne diese aus dem Gedachtwerden entlassen zu können. Die Argumente im 15. Kapitel machen deutlich, daß es im Gebrauch widerspruchsfreier Bestimmungsentscheidungen zum Begriff der höchsten Natur noch nicht gelungen ist, der Widersprüche im Verhalten des Denkens und Begreifens zu ihr Herr zu werden. Auf das Wassein in Unterscheidung von der Vorzüglichkeit, wie es die Höchstheit der vergleichenden Beurteilung zu denken gibt, lenkt Anselm also hier den Gedanken. Darin werden zuerst die Wesensbestimmungen gesucht, die der als ›summum omnium‹ bezeichneten höchsten Natur zukommen können. Mit Kapitel 15 wird die in K12 bereits gestellte Aufgabe in Angriff genommen, die Eigenschaften (proprietates) der höchsten Natur zu erforschen. Ausgearbeitet wird zunächst die Frage nach der auf die Dinge überhaupt als einzelne bezogenen Bestimmung in ihrem Etwassein. Dieses Wesen zu bestimmen kann durch den bereits relational gebildeten Begriff des Höchsten, wie er von K1 bis K14 spezifizierend im Vergleich gebraucht wurde (vgl. oben 1.4 ff.), nicht begründet sein, weil eine Wesensbestimmung des Grundes dem Maß des Vergleichs mit den Naturen der Dinge selbst schon zugrunde liegen mußte. In Rückwendung zum Maßgrund des Vergleichs, ohne daß dem Gedanken etwas anderes als die Vergleichsbestimmung zu Gebote stünde, ergibt sich als zwingendes Verfahren für das Denken des Wesens der höchsten In K13 wurde die höchste Natur als erhaltende Kraft erkannt, die Bestand gibt und als solche selbst Bestand hat. Dieses Bestehen ist aber, wie das »Monologion« an verschiedenen Stellen mit bedeutungsgleichen Bildern und Begriffen zeigt, immer auch an den Bestand der Erkenntnisse, der Geltung ihres Baus durch Vernunftüberzeugung gebunden.

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Problemstellung

Natur ein Selbstvergleich mit dem, was es selbst nicht wäre – mit dem aber im Gebrauch des Vergleichsmaßes (hier der Güte, des Besserseins) als Grundbestimmung des Selbstseins eine Ähnlichkeit bestehen muß, deren Vergleichsgrund als identisch bestimmt auszuweisen sein müßte. Das dabei mit in die Relationsbestimmung des Selbstverhältnisses hereingenommene Verfahren der Einteilung (divisio), die für das Bestimmungsverhalten des Denkens in dieser Problematik erforderlich wird, ermöglicht die Bestimmung der Wesenheit der höchsten Natur als jegliches, das als solches zu sein durchaus besser ist, als nicht solches zu sein (quidquid omnino melius ipsum quam non ipsum). Die darin gebrauchte Formulierung: ›solches zu sein durchaus besser, als nicht solches zu sein‹ (melius ipsum quam non ipsum), die in der voranselmischen Tradition in genau dieser Form noch nicht gebraucht worden war (vgl. unten 3.1.3.3), fungiert für die Erschließung der Wesensprädikate der höchsten Natur in K15 wie eine Regel und läßt sich als das Prinzip für die Wesenserkenntnis der höchsten Natur in Bedeutung einer letzthin praktischen Erkenntnis im »Monologion« auffassen (dazu unten 3.3). K15 ist dem Skizzierten nach insofern als ein Sonderkapitel innerhalb des ganzen »Monologion« zu sehen, als dort eine Korrektur des bisherigen Verfahrens der vergleichenden Relation vorgenommen wird. Mit dieser Wendung wird gegenüber den Bestimmungsverfahren des verständig etwas über etwas urteilenden Denkens in den getroffenen Aussagen über die höchste Natur eine Selbstkritik vollzogen, um überhaupt zu einer angemessenen Methode zu kommen, die sich in den Folgekapiteln als Durchführung eines kritischen Verfahrens darstellt. Mit K15 setzt die Reflexion auf das Aussageund Bestimmungsverhalten in deren Verfahrensweisen als unabdingbar mitzuvollziehende ein, weil wir den bestimmenden Verstand auch für die Vernunfteinsicht nicht abtun können, ohne die Begriffe und deren sachhaltige Gedächtnisse zu verlieren. Mit dem Wechsel der Methode bzw. der Einführung der Einteilungsmethode als entscheidend im Selbstvergleich wird die notwendige Grundlage für die Wesenserkenntnis im Gottesverhältnis des Denkens erreicht, die ohne eine Reflexion des aussagenden und vergleichenden Verhaltens unserer Beurteilungshandlungen nicht zu erhalten wäre. Die Rekonstruktionsarbeit des 15. Kapitels, die wir uns hier im Teil II vornehmen, folgt insbesondere den Entwicklungsschritten der Bestimmung ›quidquid melius ipsum omnino quam non ipsum‹ und A

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ihrer Geltungsbedingungen als Formulierung zur Auffindung der Wesensbestimmungen der höchsten Natur. 2 Jeder einzelner Textabschnitt kann als eine Teileinheit der gesamten Argumentation des Kapitels für sich interpretiert werden. Ihm wird eine Nummerierung, z. B T 4 oder T 3.2 zugefügt. Die erste Ziffer bedeutet den jeweiligen durch eine Einheit des Arguments unterschiedenen Textabschnitt (z. B. 4) und die letzte den jeweiligen Satz in einem Absatz (hier also den 2. Satz des 3. Textabschnitts des Kapitels). Sobald die endgültige Formulierung zur Wesensbestimmung der höchsten Natur ›quidquid melius ipsum‹ im letzten T 8 erreicht wird, kann das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ hinsichtlich seiner Bedeutungen für die Gotteserkenntnis nach seiner Struktur, Funktion und Tragweite im anschließenden Teil III untersucht werden. Dort ist u. a. zu diskutieren, was hier als Interpretationsmöglichkeit vorgeschlagen und bereits in K1 bis 14 vorbereitet wurde, aber aufgrund des vorgenommenen Rekonstruktionsziels noch nicht ausführlich genug erörtert werden konnte. Die folgende Rekonstruktionsarbeit soll deutlich machen, in welchen Argumentations- und Gedankenfolgen das ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Bestimmung im Verhältnis zum Wesen der höchsten Natur seine Geltung entfaltet.

Kapitel 15 enthält 8 Textabschnitte, die im Überblick wie folgt zu skizzieren sind: – Der 1. Textabschnitt fragt nach den Wesensbegriffen (bzw. -prädikaten) der höchsten Natur. – Der 2. Textabschnitt weist auf die Unzulänglichkeit der relativen Begriffe in Bezug auf die Wesenserkenntnis der höchsten Natur hin. Der Begriff des »Höchsten von allem« wird dabei als ein Beispielsbegriff betrachtet. – Der 3. Textabschnitt fordert den Wechsel des Verfahrens zur Untersuchung der nicht relativen Begriffe Gottes, nämlich vom Vergleich zur Einteilung. Durch das neue Verfahren der Einteilung sind die Dinge insgesamt in zwei Arten nach ihrer Beschaffenheit eingeteilt. Die Dinge sind entweder

Daß sie statt einer eindeutig einen eine Vielheit von Wesensbestimmungen generiert, die doch als solche einfach und für ein und dasselbe stehen können sollen, nehmen die folgenden Kapitel wieder auf, verdeutlichend, daß die Einheitsargumente aus den Anfangskapiteln unverloren bleiben, die Einstimmung der Einsichten trotz Methodenrevision eine Vernunftbedingung bleibt.

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Problemstellung

(i) »so beschaffen, daß solches zu sein schlechthin besser ist, als nicht solches zu sein« (tale, ut melius ipsum omnino melius quam non ipsum) oder (ii) »so beschaffen, daß nicht solches zu sein in gewisser Hinsicht besser ist, als solches zu sein« (tale, ut non ipsum in aliquo melius sit quam ipsum) – Der 4. Textabschnitt erläutert die erste einteilende Bestimmung ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹, wie sie genau zu verstehen ist. Sie beinhaltet die unbedingt gute Seiendheit, die unabhängig von einer bestimmten Trägerschaft prinzipiell als gut anzuerkennen ist. – Der 5. Textabschnitt erläutert die zweite Bestimmung der Einteilung: ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹. Sie charakterisiert die naturbedingte Seiendheit der Dinge in Form einer negativen Bestimmung. – Der 6. Textabschnitt verdeutlicht, daß der relational gebildete Begriff des Höchsten in keiner der beiden einteilenden Bestimmungen enthalten ist. Somit wird das Einteilungsverfahren in Bezug auf die zu suchenden nichtrelativen Wesensbegriffe der höchsten Natur als richtig erwiesen. – Der 7. Textabschnitt stellt endgültig fest, daß der höchsten Natur nur all das zukommen kann, ›was als solches zu sein schlechthin besser ist, als nicht solches‹. Ihre Wesensbestimmung wird dann als das zur Geltung gebracht, ›was in jeder Hinsicht besser ist solches zu sein, als nicht solches zu sein‹ (quidquid melius ipsum omnino quam non ipsum). – Der 8. und letzte Textabschnitt nimmt einige Wesensprädikate auf, die sich mit dem Prinzip ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ erschließen lassen. Damit ist die Ausgangsfrage des Kapitels, welche Prädikate (nomina) substantiell der höchsten Natur zugesprochen werden können, beantwortet. Das Kapitel schließt mit der Annahme einer Mehrheit der als zutreffend gewonnenen Wesensprädikate für die eine höchste Natur ab, an deren Einheitsproblematik die folgenden Kapitel 16 und 17 thematisch und systematisch anknüpfen.

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2.2 Die Frage nach der Wesenheit der hchsten Natur und ihre Aussagbarkeit Textabschnitt (1): Mon 15, I 28, 3–8 Iam non immerito valde moveor, quam studiose possum, inquirere, quid omnium quae de aliquo dici possunt, huic tam admirabili naturae queat convenire substantailiter. (T1.1)

Jetzt werde ich nicht unbegründet dazu angeregt, so eifrig, als ich kann, zu erforschen, was von allem, was von etwas ausgesagt werden kann, dieser wunderbaren Natur wesenhaft zukommen kann.

Quamquam enim mirer, si possit in nominibus vel verbis quae aptamus rebus factis de nihilo reperiri, quod digne dicatur de creatrice universorum substantia: (T1.2)

Wenn es mich auch Wunder nimmt, ob in den Namen oder Worten, die wir den aus dem Nichts gemachten Dingen beilegen, etwas zu finden ist, was von der das All schaffenden Substanz angemessen ausgesagt werden kann,

tentandum tamen est ad quid hanc indagationem ratio perducet. (T1.3)

so ist dennoch zu erproben, zu welchem Ergebnis die Vernunftüberlegung diese Untersuchung hinführen wird.

K15 untersucht die Wesenheit der höchsten Natur und sucht, diesen ihren thematischen Rahmen festhaltend, in den Prädikaten (in nomina vel verbis; T1.2) das zu erforschen, was die Wesenheit der höchsten Natur begreifen läßt, die man ihr als etwas zuschreibt. (T1.1) Somit ist die Aussagbarkeit über die Wesenheit der höchsten Natur mittels der Prädikationen, d. h. in der Form der Aussage, zu prüfen. In diesem Vorhaben melden sich jedoch Zweifel 3 an, das gesuchte Wesensprädikat unter den Prädikaten des Etwasseins der Dinge finden zu können (T2.2). Es würde ihn Wunder (mirer) nehmen, fänden sich solche Bestimmungen, doch kann kein anderer Weg für das urteilende Denken eingeschlagen werden.

So beschreibt Anselm, daß es ihn Wunder nimmt (mirer; T1.2), ob die gesuchten Wesensprädikate aus den Eigenschaftsbegriffen der Dinge zu finden seien. K15 beginnt nochmals mit der Formulierung in der Ich-Sprachform (T 1.1; T1.2), in der die Leser auf das neu zu behandelnde Thema und spezifische Vorhaben besonders aufmerksam gemacht werden. Im ganzen »Monologion« begegnet man häufig Formulierungen, in denen Anselm als Autor direkt spricht und Stellung nimmt: K1, 9, 15, 29–31, 33, 42–43 und K60–63. Diese Stilform hat insofern eine reflexive Funktion, als die Leser sich der Schärfe und der Pointierung des zu behandelnden Problems mittels der sprachlichen Berührung mit dem Autor bewußt werden.

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In dem, was schon in K1 bis K4 4 untersucht wurde, ist die höchste Natur selbst in einer Funktion: als maßgebender Grund dafür, etwas als etwas aussagen und ansprechen zu können, d. h. als solcher wäre sie Grund auch für die prädikative Erkennbarkeit des Seins der Dinge selbst als etwas. Als etwas ist etwas in Prädikationen vermittels seiner gegebenen Bestimmtheit – in der Form eines in bestimmbaren Seinsweisen mit anderen vergleichbar Seienden – als Gegenstand des Verstandes, gedacht. Da aber aufgrund ihrer Bestimmung als Sein ›durch sich selbst‹ in Einheit mit dem Grundsein für das Etwassein überhaupt die höchste Natur selbst Grund und Ursprung auch des Etwasseins aller Dinge ist (in ihrer Beurteilung als mögliche Gegenstände des erkennenden Verstandes), ist sie auch Formgrund für jegliche Prädikation von einzelnen Dingen in ihrer Gegenständlichkeit (Dingheit, als etwas zu sein). Dann scheint es sich aber zu verbieten, daß die begründeten Bestimmungen der Gegenstandsform der aus dem Nichts zum Seinkönnen geschaffenen Dinge auf das sie Gründende selbst rückbezogen und angewandt werden und diese in vergleichbarer Weise als etwas, das in bestimmter und bestimmbarer Weise ist, begreifen lassen können. Wenn ein Ding aufgrund ein und desselben Etwas (idem unum aliquid) als etwas in einer Bestimmtheit ausgesagt wird und von dieser Aussage her erst der Grund bezeichnet würde, von dem her es ist, was es ist, dann hieße das für die Aussagbarkeit der höchsten Natur, daß ein anderes Etwas außer ihr selbst bereits als gegeben vorausgesetzt werden müßte. Dies als dem Gedanken der Höchstheit der Natur widerstreitend zu erweisen, wurde in den Kapiteln K7–11 bereits unternommen. 5 Es mußte darum ein Wesensunterschied zwischen der schaffenden Substanz und den von ihr geschaffenen Dingen (K13–14 6 ) erMon 1, I 14,9–13: Certissimum quidem et omnibus est volentibus advertere perspicuum quia, quaecumque dicuntur aliquid ita, ut ad invicem magis vel minus aut aequaliter dicantur: per aliquid dicuntur, quod non aliud et aliud, sed idem intelligitur in diversis, sive in illis aequaliter sive inaequaliter consideretur; Mon 2, I 15,15–19: Quemadmodum autem inventum est aliquid esse summe bonum, quoniam cuncta bona per unum aliquid sunt bona, quod est bonum per seipsum, sic ex necessitate colligitur aliquid esse summe magnum; quoniam quaecumque magna sunt, per unum aliquid magna sunt, quod magnum est per seipsum. 5 Siehe o. 1.5.2. 6 Mon 13, I 27,13–15: necesse est ut, sicut nihil factum est nisi per creatricem praesentem essentiam, ita nihil vigeat nisi per eiusdem servatricem praesentiam; Mon 14, I 4

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kennbar werden, der einen Washeitsgehalt in die bloß auf ein Verhältnis zum Grund bezogene Formunterscheidung des Seins durch sich und des Seins durch anderes eintragen konnte. Die Suche nach einer solchen Bestimmung der Wesenheit der höchsten Natur scheint aus keiner Gemeinsamkeit mit den von ihr selbst geschaffenen Dingen genommen werden zu können und es stellt sich so der Zweifel in T1.2 ein, ob überhaupt Wesensprädikate für sie möglich wären, die wir in den Namen und Worten für die Dinge, wie wir sie kennen, zu finden hofften. Damit ist bereits angedeutet, daß die Aussagbarkeit der höchsten Natur in Prädikaten von Eigenschaften ihrer Natur, als ob sie ein Gegenstand möglicher Aussagen über sie wäre, problematisch ist. Doch können wir nicht anders verständig denken und so wird die Fragestellung aus K12, ihre Eigentümlichkeiten (proprietates) zu erforschen, in ihrer Erwartungshaltung notwendig selbst fraglich. Das Sprechen und das Denken von der höchsten Natur müssen wohl anders als das über die Dinge vonstatten gehen, deren Eigenschaftsaussagen immer eine kategorial verfaßte Bedeutung haben. Doch kann diese Andersheit zum Aussageverhalten gar nicht anders als durch eine Auseinandersetzung mit und im Gebrauch der kategorialen Aussagefunktionen erreicht werden. Anselm sucht darum hier durchaus im Bewußtsein des noch der Berichtigung bedürftigen Ansatzes von den Bezeichnungsweisen im Nennen der Dinge her etwas, was der höchsten Natur eher zuerkannt werden könne als allem anderen und teilt in T3 das All der Dinge in ihrem Gesagtsein ein. Er läßt dabei methodisch zur Einsicht kommen, daß die höchste Natur darin mit der Seinsweise der als etwas ausgesagten Dinge verglichen worden ist, so daß sie mit der kategorialen Vergleichsform selbst als ein Seiendes neben Seiendem angesprochen ist. In ihrer supponierten Nennbarkeit ist sie mit der erwarteten Aussagbarkeit durch Prädikation im Vergleich unter den Gemeinschaftsbegriffen unterstellt und wäre als höchste den Allgemeinbegriffen unterstellt. Auf die letztlich einzuräumende Nennbarkeit und Unaussagbarkeit durch allgemein27,19–26: Quod si ita est, immo quia ex necessitate sic est, consequitur ut, ubi ipsa non est, nihil sit. Ubique igitur est per omnia et in omnibus. At quoniam absurdum est, ut scilicet. Quemadmodum nullatenus aliquid creatum potest exire creantis et foventis immensitatem, sic creans et fovens nequaquam valeat aliquomodo excedere factorum universitatem: liquet quoniam ipsa est, quae cunta alia portat et superat, claudit et penetrat. Si igitur haec illis, quae superius sunt inventa iungantur: eadem est, quae in omnibus est per omnia, et ex qua et per quam et in qua omnia.

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begriffliche Prädikate ihrer Substanz greift das Monologion indirekt ab Kapitel 27 für das, was eine individuelle Substanz heißen kann, explizit aber erst in K65 zurück. Die Namen der Wesenheit der höchsten Natur, so heißt es dort, seien nur in einem Ähnlichkeitsverhalten zu vernehmen (also nie nur dem Denken zu verstehen gegeben, vgl. unten 3.3.7.1), 7 und im letzten, dem 80. Kapitel, gibt er zur Antwort, daß es der Name Gottes (deus) sei, der im eigentlichen Sinne (proprie) allein der höchsten Wesenheit d. h. Natur (soli summae essentiae) beigelegt werden kann, 8 so daß ohne den nur mit der gebührenden Ehrfurcht und Achtung anzusprechenden Gottesnamen die Wesensbestimmungen nicht vereinigt werden können. Bis dahin bleiben die Gedanken zum Wesen der höchsten Natur immer irgendwie im Focus eines Gegenstands des Ausgesagtwerdens, wenn auch in Reflexionen seiner Bedingungen.

Trotz der vorgetragenen Zweifel daran, daß sich Wesensprädikate innerhalb der uns zugänglichen Prädikate der Dinge für die höchste Natur werden finden lassen können, sei es notwendig zu ersehen, zu welchem Ergebnis eine solche Untersuchung (hanc indagationem) die Vernunft (ratio) 9 führen wird (T1.3). Sie wird in drei Fundierungsschritten vorgetragen: Abgrenzung von den relativen Begriffen bzw. der relationalen Betrachtung hinsichtlich der Wesenheit der Dinge (T2), Einteilung der Beschaffenheit der Dinge (T3-T6) und Unterscheidung des schlechthin vom begrenzt Guten (T7). Der erste Schritt, die Abgrenzung von den relativen Begriffen (T2), ist eine Art der berichtigenden Rückschau dessen, was in den vorangegangen Kapiteln in K1 bis 14 hinsichtlich der Bildung des Begriffs der höchsten Natur geleistet wurde. Den zweiten Schritt stellt die Einteilung dar Mon 65, I 76,22–77,1: Nam quaecumque nomina de illa natura dici posse videntur: non tam mihi eam ostendunt per proprietatem, quam per aliquam innuunt similitudinem. (…) Nam nec nomen sapientiae mihi sufficit ostendere illud, per quod omnia facta sunt de nihilo et servantur a nihilo; nec nomen essentiae mihi valet exprimere illud, quod per singularem altitudinem longe est supra omnia et per naturalem proprietatem valde est extra omnia. 8 Mon 80, I 86,17–18: Videtur ergo, immo incunctanter asseritur, quia nec nihil est id quod dicitur deus; et huic soli summae essentiae proprie nomen dei assignatur. Damit steht den Begriff der höchsten Natur voraus. 9 Die ratio als das Vermögen des vernünftigen Geistes (mens rationalis oder ratio mentis: K1) und ihr spezifisches Vermögen für die Gotteserkenntnis werden unten in 3.3.6– 7 in der Diskussion über das Vermögen der Gotteserkenntnis besprochen. Zur Bedeutung des Begriffs der Vernunft (ratio) siehe M. Enders, Vernunft; Verstand, S. 768; W. Christe, Sola ratione, insbesondere S. 348–350; K. Barth, Fides quaerens intellectum, S. 42–56; J. L. Scherb, Anselms philosophische Theologie, S. 26–27. 7

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(T3-T6), die die Bildung der Wesensbestimmung der höchsten Natur methodisch absichert. In ihr liegt bereits die zuletzt genannte einteilende Unterscheidung der Beschaffenheit der Dinge in zwei Bestimmungsglieder vor (T7). In dieser dreischrittigen Fundierungsarbeit ist die Identifikation oder die Geltungseinsicht der beiden Bestimmungen der eingeteilten Glieder – es sei für die höchste Natur oder für das, was nicht summa natura ist – noch nicht geleistet, so daß die Wesensbestimmung der höchsten Natur oder des Geschaffenen dadurch nicht schon erkannt wird.

2.3 Zwei Aussageweisen der Dinge und die Selbstgleichheit der hchsten Natur Textabschnitt (2): Mon 15, I 28, 8–23

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Itaque de realtivis quidem nulli dubium, quia nullum eorum substantiale est illi, de quo relative dicitur. Quare si quid de summa natur dicitur relative, non est eius significativum substantiae. (T2.1)

Hinsichtlich der beziehungsweisen Dinge nun ist es zwar niemandem zweifelhaft, daß keines von ihnen dem wesenhaft zukommt, von dem es beziehungsweise ausgesagt wird. Wenn daher von der höchsten Natur etwas beziehungsweise ausgesagt wird, so bezeichnet es nicht ihre Wesenheit.

Unde hoc ipsum quod summa omnium sive maior omnibus, quae ab illa facta sunt, seu alius aliquid similiter relative dici potest: manifestum est quoniam non eius naturalem designat essentiam. (T2.2)

Daher bezeichnet offensichtlich selbst das, daß sie die höchste von allem oder größer als alles, was von ihr geschaffen wurde, oder etwas anderes in ähnlicher Art beziehungsweise genannt werden kann, nicht ihre natürliche Wesenheit.

Si enim nulla earum rerum umquam esset, quarum relatione summa et maior dicitur, ipsa nec summa nec maior intelligeretur; (T2.3)

Denn wenn es niemals eines jener Dinge gäbe, in Beziehung zu denen sie als höchste und als größer bezeichnet wird, so würde sie weder als höchste noch als größer verstanden werden,

nec tamen idciro minus bona esset aut essentialis suae magnitudinis in aliquo detrimentum pateretur. Quod ex eo manifeste cognoscitur, quoniam ipsa, quidquid boni vel magni est, non est per aliud quam per seipsam. (T2.4)

wäre deshalb dennoch nicht weniger gut oder würde an ihrer wesentlichen Größe in irgendeinem Stücke Einbuße erleiden. Das wird daraus klar erkannt, daß sie, was immer sie Gutes oder Großes ist, nicht durch ein anderes als sich selbst ist.

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Zwei Aussageweisen der Dinge und die Selbstgleichheit der hchsten Natur Si igitur summa natura sic potest intelligi non summa, ut tamen nequaquam sit maior aut minor, quam cum intelligitur summa omnium: manifestum est quia « summum » non simpliciter significat illam essentiam, quae omni modo maior et melior est, quam quidquid non est quod ipsa.(T2.5)

Wenn also die höchste Natur in der Weise als nicht-höchste verstanden werden kann, daß sie dennoch keineswegs größer oder kleiner ist, als wenn sie die höchste von allen verstanden wird, dann ist klar, daß das »Höchste« nicht schlechthin jene Wesenheit bezeichnet, die in jeder Weise größer und besser ist als alles, was nicht ist, was sie (ist).

Quod autem ratio docet de summo, non Was aber die Vernunft vom Höchsten dissimiliter invenitur in similiter rela- lehrt, das ermittelt man nicht unähntivis. (T2.6) lich an ähnlich beziehungsweisen Dingen.

2.3.1 Beziehentliche und selbstbezügliche Aussageweise (T2.1–3) Die Aussagbarkeit der Wesenheit der höchsten Natur (T2.2) angenommen, was bedeutete dann die Möglichkeit, in einer Aussageweise das Gesuchte zu finden? Anselm geht zuerst auf zwei Arten der Aussageweise ein und stellt beziehungsweise Dinge oder beziehungsweise (relative) Ausgesagtes dem gegenüber, was den Dingen wesenhaft zukommt (T2.1) Mit der Entgegensetzung wird ein Vergleich zum Aussageverhalten gegenüber der höchsten Natur möglich, für deren »natürliche Wesenheit« (essentia naturalis; T2.2) das beziehungsweise Aussagen als Bezeichnungsweise untauglich ist. Denn das Was dessen, das durch sich selbst ist, ist kein beziehentliches Ding, auch wenn ihre Natur als höchste beziehentlich, nämlich in einer vergleichenden Relation ausgesagt wird. In T2.1 ist eine unterschiedliche Verwendung der Ausdrücke relativ als auf die Dinge bezogen (de relativis) und relative Prädikate (relative dicitur) zu erkennen. Als gäbe es relative Dinge unabhängig von ihren Aussageweisen, so daß ein relatives Ding nicht nur relativ, sondern auch nicht relativ ausgesagt werden könnte: z. B. eine wesentliche (substantialiter) Aussage über ein relatives Ding. 10 Was Anselm gebraucht den Ausdruck »relative« in diesem K15 nicht im engen Sinne der unter die Kategorie der Relation unterordnet aussagbaren Akzidentialität. Zu prüfen wäre dennoch, ob die Aussage »summa natura als die höchste von allen« eine unter die Kategorie der Relation fallende akzidentielle Bestimmungsform enthält. Von ihre Ab-

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die Frage nach der Nennbarkeit mit Worten von den Dingen in ihrem Wassein aber an Ertrag ergibt, ist wiederum eine Formunterscheidung, denn an ihren Bestimmungen entdecken wir eine Unterscheidung der Aussageweise: die beziehentliche und die auf eine »natürliche Wesenheit« rein als solche bezogene Aussageweise. Direkt anschließend in T2.2 unterzieht Anselm zwei der beziehentlichen Prädikate, welche in K1 bis 14 gewonnen wurden, beispielhaft einer kritischen Prüfung, ob sie angemessen dafür wären, das Höchste von allem (summum omnium) und das Größere als alles (maior omnibus) auszusagen. 11 Die kritische Betrachtung bringt grenzung her, daß die relative Aussage keine Wesenheit der summa natura bezeichnet, ist durchaus denkbar, daß sie eine akzidentielle Aussage im Sinne dessen mit sich führt, daß Kategorien der Relation gebraucht werden; vgl. Vgl. Evans, Anselm and talking about God, S. 57–58: »When he begins to look at the substantia and relativa of the divine nature, it is natural enought for Anselm to do as Augustine had done, and employ principles of discussion drawn from the Categories. (…) Substance is not relative, and God’s possession of his attributes is not any way relative to the possession of modified forms of those attributes by any of his creatures. The divine attributes, unlike the ›qualities‹ of created things, are themselves aspects of God’s substance.« Die wesentliche als singuläre Aussage, wie sie sich im »besser als« mit einem Selbstverhältnis darstellt, muß eine andere Art der Relation (als Verhaltensverhältnis) anzeigen als ein kategoriales Verständnis von Relation, die schon in den wirkursächlich verstandenen Grundverhältnissen des ›aus etwas‹ problematisiert wurden. Diese Fragen berühren die weiter ausgreifenden, was sich eigentlich getan hat, seit mit Augustinus von allen Kategorien nur die von Substanz und Relation, leztlich jedoch als personale übrig blieben, die auf Gott selbst anwendbar sind. 11 Die relativen Begriffe, wie ›summum omnium‹ und maior ›omnibus‹ werden in K1 bis 14 im »Monologion« legitim gebracht und ihr Gebrauch wird im »Proslogion« fortgesetzt; Pro 5, I 104,11–13: Quid igitur es. domine deus, quo nihil maius valet cogitari? Sed quid es, nisi id quod summum omnium solum existens per seipsum, omnia alia fecit de nihilo? Erst hinsichtlich der Wesenserkenntnis der höchsten Natur im »Monologion« und im Bezug auf die Beweiskraft des Seins Gottes in »Responsio« erweisen sie sich als unzureichend und werden somit zum Gegenstand der kritischen Betrachtung, wie ›summum omnium‹ im K15 in »Monologion« und maior omnibus in K5 in »Responsio«; Resp 5, I 134,24–28: Primum, quod saepe repetis me dicere, quia, quod est maius omnibus, est in intellectu; si est in intellectu, est et in re – aliter enim omnibus maius non esset omnibus maius –: Nusquam in omnibus dictis meis invenitur talis probatio. Non enim idem valet, quod dicitur maius omnibus et quo maius cogitari nequit, ad probandum, quia est in re, quod dicitur. (…); Resp 5, I 135,14–20: Quid enim si quis dicat esse aliquid maius omnibus quae sunt, et idipsum tamen posse cogitari non esse, et aliquid maius eo etiam si non sit, posse tamen cogitari? An hic sic aperte inferri potest: non est ergo maius omnibus quae sunt, sicut ibi apertissime dicertur: ergo non est quo maius cogitari nequit? Illud namque alio indiget argumento quam hoc quod dicitur ›omnibus maius‹ ; in isto vero non est opus alio quam hoc ipso quod sonat ›quo maius cogitari non possit‹. Demnach lassen sich die relativen Begriffe ›summum omnium‹ und ›maior om-

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einen Wendepunkt, der deutlich macht, daß hinsichtlich der Wesenserkenntnis ein neues Verfahren benötigt wird. Der Begriff summum omnium läßt sich zumindest als ein unzulänglicher Begriff für die Wesenserkenntnis der höchsten Natur erweisen, obwohl er in dieser sie als sie überhaupt nennenden Bestimmung unvermeidlich schon gebraucht ist. Höchstheit konnte nur gegenüber allem gedacht sein – unter und gegen das All als anderes. Die Frage ist nun, um welche Wesenheit es sich hier handelt. Auffallend ist, daß Natur hier selber als unterscheidendes Attribut fungiert – natürliche Wesenheit im Verhältnis zu einer nur gedachten oder künstlichen oder vorgestellten Wesenheit; andererseits ist festzuhalten, daß jetzt eine Reflexion auf das statt findet, was man getan hat und daß es eine beziehungsweise Aussage war, wenn man eine Wesenheit als höchste oder als beste oder als größer als alles bezeichnet und begriffen hatte. Hier gebraucht Anselm den Begriff der Wesenheit spezifisch als die natürliche Wesenheit, die sich vom Begriff der Wesenheit gleich Substanz gleich Natur, welche mehr eine Art Bestandsidentität zum Ausdruck bringt, 12 so unterscheiden läßt, daß sie die washeitliche Bestimmung, d. h. was sie substantiell in Erkanntheit ist, zu ihrem Inhalt hat. Die besondere Bedeutung der natürlichen Wesenheit für die Gotteserkenntnis wird sich darin herausstellen lassen, daß die Ähnlichkeit der vernunftbegabt geschaffenen Natur, d. h. des Menschen in seinem geistigen, vernünftigen Verhaltensvermögen mit der höchsten Natur als ihrem Schöpfer gerade in ihrer natürlichen Wesenheit sich vollzieht, deren Ur- (imago), Vor- (exemplum) und Maßbild (regula) also die natürliche Wesenheit der höchsten Natur ist (dazu unten 3.3.3.6). Diese erhält durch die Selbsterkenntnis der ursprünglichen Bestimmungsgründe der Vernunft und Beurteilungsvermögen als menschlicher Geist eine Darstellbarkeit von Bestimmung, die uns nur mit der Selbstbewußtwerdung von geistigen Vermögen bewußt werden und als Erkenntnis im Denken Gottes gelten kann. 13 nibus‹ in zweifacher Hinsicht, nämlich der Wesenserkenntnis in »Monologion« und der Selbstbegründung für den Erweis des Seins Gottes im »Proslogion« als unzureichend erweisen. 12 Zu Anselms Gebrauch des Begriffs der ›essentia‹, ›substantia‹ und ›natura‹ siehe o. 1.6.1, Exkurs zum Begriff der Natur. 13 Die natürliche Wesenheit steht im Zentrum des Ursprungsgedanken, den das »Monologion« zugrundelegt. In K33 und K66 greift Anselm auf den Ausdruck ›natürliche Wesenheit‹ ausdrücklich zurück. Aufbauend auf der bis dahin erreichten Grundlage konkretisiert Anselm dort das Ursprungsverhältnis zwischen der vernunftbegabten NaA

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Der Unterschied zwischen dem wesenhaften und beziehungsweisen Zukommen bezieht sich auf die Dinge, von deren Nennbarkeit in einer Aussageform dann gefragt wird, ob in der gleichen Art dann auch über die wunderbare Natur der höchsten Substanz auf die eine oder die andere Weise angemessen gesprochen und etwas von ihr gedacht werden kann (T2.1). Da die relative Rede keine Substanz bezeichnet, daß die relativ in Vergleichsbestimmungen des Höchsten von allem oder des Größeren als alles nicht ihre natürliche Wesenheit (T2.2 – in ihrer wesentlichen Größe) bezeichnet, kann sie keine angemessene Rede und kein angemessener Begriff der Wesenheit der höchsten Natur sein. Das bedeutet, daß es nicht einfach um Namen und Worte (T1.1) geht, sondern um das, was nur in Bezug auf die geschaffenen Dinge in ihrer Substanzialität überhaupt in den Blick gebracht werden kann, nämlich den Unterschied zwischen beziehungsweiser und wesenhafter Aussage oder relativem und substantiellem Zukommen. 14 tur bzw. den Menschen und der höchsten Natur. Die natürliche Wesenheit der höchsten Natur läßt sich als das Urbild der natürlichen Wesenheit der vernunftbegabt geschaffenen Natur und schließlich als das Maß für die Angleichung der geschaffenen Natur an ihre ursprüngliche Wesenheit erfassen. Diese natürliche Wesenheit der höchsten Natur zu erforschen und zu erkennen und mit ihr ähnlich zu werden, steht unter dem Sollensgesetz (debere) der vernunftbegabten Natur. Somit ist sie das einzige Geschöpf, dem die Erkenntnis der höchsten Natur durch ihr entsprechendes Verhalten selbst möglich ist. Die Erkenntnis der natürlichen Wesenheit der höchsten Natur gehört zur Aufgabe des vernünftigen Geistes, und sie gilt für die Vernunfterkenntnis Gottes, welche der Prozeß des Erlangens der Erkenntnis der unbegreiflichen Eigentümlichkeit der höchsten Natur bedeutet. Diese Art der Erkenntnis charakterisiert Anselm in einer praktischen Erkenntnisform als die Ähnlichwerdung mit Gott, um ihm näher zu sein; Mon 66, I 77,8–15: certum est quis per illud magis ad eius cogitationem acceditur, quod illi magis per similitudinem propinquat. (…) Quapropter id est per maiorem similitudinem plus iuvat mentem indagantem summae veritati propinquare, (…) Procul dubio itaque tanto altius creatrix essentia cognoscitur, quanto per propinquiorem sibi creaturam indagatur. Dazu siehe unten 3.3.4. Insofern ist die natürliche Wesenheit, deren Bestimmungsgrundlage hier in K15 gesucht wird, als diejenige Wesenheit Gottes zu erfassen, die als das Urbild der Wesenheit der Dinge im Kontext der ganzen Schöpfung als notwendig gedacht werden kann. 14 Diese Unterscheidung führt zur fraglichen Annahme, daß Anselm hier die Unterscheidung von zwei Arten der Aussage, nämlich von der Wesensaussage und der akzidentiellen Aussage ins Auge fassen würde. Es erinnert uns sofort an die Thematik, die seit Augustinus und Eriugena bekannt ist, nämlich, welche Kategorie, z. B. Kategorie der Relation, für Gott anwendbar ist; Zur Abhandlung der Problematik der Anwendbarkeit der Kategorien, insbesondere der Kategorie der Relation vgl. Augustinus, »De trinitate«, V; Eriugena, De divisione naturae, I, 16–25 [PL 122,465,A]: (…) omnis ferme praedicta nostra ratiocinatio evacuabitur. Univeraliter enim diximus nil proprie de Deo aut dici aut

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Wenn es schon nicht wahrscheinlich ist, daß Namen und Worte für die Dinge und für die das All schaffende Substanz identisch gebraucht werden können, so ist vielleicht doch eher in der strukturellen Unterscheidung zwischen beziehungshaften und wesenhaften Prädikationen etwas zu finden, was der höchsten Substanz mehr oder weniger adäquat sein und ihr als Erkenntnisweise mit und gegenüber den Aussageweisen dienen kann. Wenn schon keine in Namen zu haltenden identischen Wesensbestimmungen gemeinsam wären, dann sei doch wenigstens durch die Unterscheidung der Aussageweise eine Entscheidung in der Verglichenheit als Natur oder Substanz intelligi posse. Praesertim categoria relationis non inter decem genera categoriarum reputabitur, si proprie de Deo pronuntiatur. Zur Anwendung der Kategorie der Relation auf die Trinitätslehre und der damit verbundenen Problematik vgl. K. Falsch, Zur Rehabilitierung der Relation I/12. Zur Anwendbarkeit der Kategorien bei Eriugena vgl. D. Ansorge, Johannes Scottus Eriugena, S. 120–132. Zu erklären ist nun, ob Anselms Unterscheidung im genannten Sinne der genannten Einteilung der Aussage zu verstehen ist oder nicht. Anselm erweckt tatsächlich den Anschein (T2–2), daß ›das Höchste von allem‹ als die nach der vierten Kategorie der Relation erfaßte Bestimmung zu verstehen und nun dementsprechend nicht als die substanzielle Bestimmung zu begreifen wäre. Demgemäß wäre die von Anselm genannte »Substanz« der höchsten Natur im Sinne der ersten aristotelischen Kategorie der Substanz zu erfassen. Die daraus folgende Konsequenz wäre, daß die höchste Substanz (summa essentia) entweder im Sinne der ersten oder zweiten Substanz gedacht werden könne. Dies bedeutet wiederum, daß sie entweder als eine individuelle Substanz, die aber eine Allgemeinheit mit einer anderen individuellen Substanz gemeinsam haben muß (die erste Substanz), oder als eine allgemeine Substanz erfaßt werden muß, die mehreren Substanzen gemeinsam ist (die zweite Substanz). Schließlich ist dann die Bestimmung der Wesenheit Gottes im Sinne der allgemeinen Definition zu erfassen, wie sie mit Anselms eigenem Beispiel des Menschen vergleichbar ist, dessen allgemeine Wesenheit als »vernunftbegabtes, sterbliches Lebewesen« (animal rationale mortale) zu definieren ist; Mon 10, I 25, 8–9: per rationem vero, ut cum eius universalem essentiam, quae est ›animal rationale mortale‹, cogitat. Abgesehen davon, daß diese Art der Wesensbestimmung von Anselm für die höchste Natur gesucht wird, bereitet diese aber in Bezug auf die wesentliche Bestimmung grundsätzlich ein methodisches Problem. Denn entsprechend der Möglichkeit der Einteilung der Gattung und Art kann sie nicht nur uneinheitlich, sondern auch unendlich viel sein. Andererseits ist dabei das Problem des methodischen Rückgangs, nämlich zum relationalen Verfahren, unvermeidbar. Denn die so zu erfassende Wesensbestimmung setzt bereits die Relation voraus, wie die Wesensbestimmung der Menschen zeigt, die sich als das rationale Lebewesen aus der relationalen Einteilung zwischen den Merkmalen »rational und nicht rational« der Dinge bildet. Abgesehen davon fällt die höchste Natur in die Schemata von Gattung und Art. Nach K. Flasch ist sich Anselm dieses Problems bewußt: Kann Gottes Nicht-Sein gedacht werden? S. 44. Die Problematik, daß sich der Begriff der Wesenheit nicht qualitativ (oder relativ), sondern immer substantiell infolge der Unterscheidung des Augustinus verstehen läßt, hat Anselm in K15 noch nicht im Blick. Erst in K16 wird es deutlich. A

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oder Wesenheit zu finden, die zuerst nur nötigt, bei der Feier der Höchstheit nicht stehen bleiben zu können. Das die Vergleichbarkeit in der Maßgabe der Gründung zwischen dem, was ›durch sich selbst‹ ist, was es ist, und dem, was nur durch jenes als anderes selbst sein kann, Tragenden kann nicht beziehentlich ausgesagt, sondern muß wesentlich zu denken sein, und das wesentliche Denken wiederum muß sich auf dieses Gründungs- und Maßverhalten in einer Rückwendung beziehen. Die nichtrelative Aussagbarkeit ist ohne Relationsreflexion erst gar nicht avisierbar und könnte darum in keiner denkbaren Erfüllungsform diese Reflexivität der Urteilskraft in deren bestimmungstragendem Gebrauch abstreifen. Anhand des Textabschnitts (T2) ist zu fragen, was unter den »relativen« Aussagen und Begriffen zu verstehen ist. Die folgenden drei Stellen beinhalten die jeweils kritischen Hinweise darauf, inwiefern die relativen Begriffe unzureichend sind: Hinsichtlich der beziehungsweisen Dinge nun ist es zwar niemandem zweifelhaft, daß keines von ihnen dem wesenhaft zukommt, von dem es beziehungsweise ausgesagt wird. Wenn daher von der höchsten Natur etwas beziehungsweise ausgesagt wird, so bezeichnet es nicht ihre Wesenheit. (T2.1)

Für den ersten Hinweis (a), daß die relativen Begriffe schlechthin keine Wesenheit bezeichnen (non eius significativum substantiae), nennt Anselm keinen Grund (T2.1). Das »summum« bezeichnet nicht einfach jene Wesenheit, die in jeder Weise (omni modo) größer (maius) und besser (melior) ist als alles, was nicht ist, was sie ist – und was bisher auf unzureichende Weise als Natur und Wesenheit genannt, aber dadurch nicht auf angemessene Weise begriffen worden ist. Um zu ermitteln, was uns für seinen Begriff die Vernunft vom Höchsten lehrt, achten wir auf die Dinge, die als andere in ihrem Wesen nicht relativ (durch Vergleichsbegriffe) ausgesagt werden. Sie werden als zweifellose Tatsache (nulli dubium) genommen. Die Kritik betrifft die Unzulänglichkeit dessen, daß sie keinen Wesensgehalt bezeichnen. Daher bezeichnet offensichtlich selbst das, daß sie die höchste von allem oder größer als alles, was von ihr geschaffen wurde, oder etwas anderes in ähnlicher Art beziehungsweise genannt werden kann, nicht ihre natürliche Wesenheit. T2.2

Der zweite Hinweis (b) ist zuerst als eine vergewissernde Wiederholung des ersten im Gebrauch des superlativen relativen Begriffs 120

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›des Höchsten‹ und des komparativen relativen Begriffs des Größeren. Ferner hebt Anselm das Bedenken auf, daß nicht nur der Begriff des Höchsten, sondern auch ein anderer Begriff relativ und somit beliebig bildbar und für die höchste Natur anwendbar sei (aliud aliquid relative dici potest; T2.2). Spitzt man das Letztere zu, kann der Hinweis sich auf die notwendige Bildung der Wesensbegriffe in Abgrenzung der beliebigen Bildbarkeit der relativen Begriffe beziehen. Denn wenn es niemals eines jener Dinge gäbe, in Beziehung zu denen sie als höchste und als größer bezeichnet wird, so würde sie weder als höchste noch als größer verstanden werden, (…). T2.3

Der dritte Hinweis (c) macht deutlich, daß ein relativer Begriff, wie ›das Höchste von allem‹, nicht auf nur eines selbst hin, sondern in Relation zu etwas anderem und damit auch von diesem her (ab illa facta sunt) gebildet ist. Insofern steht er von seiner Genese her in einem Abhängigkeitsverhältnis zum andern. Demnach ist der Begriff des Höchsten ohne seine Relata selbst unmöglich zu bilden und die Höchstheit der höchsten Natur kann diese als sie selbst nicht als Selbstgleichheit bezeichnen (si nulla eorum rerum … nec summa nec maior intelligeretur; T2.3). 15 Die Bedeutung des Begriffs ›des Höchsten von allem‹ ginge ohne die Relation in seiner Bestimmung verloren, obwohl sie ihre Höchstheit gerade dadurch auszeichnen soll, daß sie nicht von anderem abhängig ist, sondern alles, was ist, durch das ist, was sie ist. Genau dies aber kommt im Begriff der höchsten Natur nicht zum Ausdruck. Er bezeichnet nicht auf zu erkennen gebende Weise, was als es selbst zu denken erst aufgeben ist. Anselms kritische Beobachtungen der relativen Begriffe haben im Rahmen des Aussageverhaltens und der Bestimmungsform von Urteilsverhältnissen statt, die ihrerseits mit dem Vergleichsverfahren der gesamten Untersuchung verbunden sind. Darum kann nicht unmittelbar zur Bildung der Begriffe übergegangen werden, die nicht mehr relativ, sondern ›wesenhaft‹ nennende wären. Es muß, um zur Entsprechung für das in Begriffen nennende Denken zu gelangen, sich das Verfahren korrigieren, das von den Dingen ausgehend im Vergleich mit ihnen die höchste Natur bestimmt. Denn so konnte sich ja nur ein ähnlich dem der höchsten Natur relativ gebildeter Begriff wie der des summum omnium ergeben. Zur begrifflichen Struktur der Höchstheit der höchsten Natur als des Höchsten siehe oben 1.6

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Bevor Anselm ein neues Verfahren einführt, weist er darauf hin, daß der höchsten Natur in ihrer jeweiligen Gutheit trotz des gerade der kritischen Betrachtung unterzogenen Begriffs des Höchsten aufgrund ihrer Selbstgleichheit die Höchstheit zugesprochen werden muß und ohne diese ist keine Nennbarkeit als desselben in den sich verschieden bestimmenden nicht-relationalen Wesensbegriffen möglich. 2.3.2 Selbstgleichheit der höchsten Natur in ihrer Nennbarkeit als höchste (T2.4–6) Auch die Rede von der bereits bezeichneten höchsten Größe der Wesenheit der höchsten Natur durch die kritische Betrachtung der relativen Aussage wird nicht einfach aufgegeben. Das, was der Grund ist, sie als die höchste und größte im Vergleich zu den anderen Dingen zu begreifen, muß aber unabhängig von der Bezogenheit auf andere Dinge als solcher gedacht werden. Selbst wenn es andere Dinge nicht gäbe und sie weder als höchste noch als größer verstanden werden (T2.3) würde, so wäre sie deshalb dennoch nicht weniger gut oder würde an ihrer wesentlichen Größe in irgendeinem Stücke Einbuße erleiden. (T2.4). Wäre dem nicht so, dann wäre sie, was immer sie ist, nicht nicht durch ein anderes als sich selber (was sie ist; T2.4). Wäre das nicht so, dann wäre ihre bleibende Bestimmung, daß alles andere durch sie ist, sie aber nur ›durch sich selbst‹ und nicht durch anderes, nicht durchzuhalten. Die von der beziehentlichen Aussageform unabhängig zuzuerkennende selbstgleiche Größe (magnitudo) 16 der Wesenheit der höchsten Natur ist auch für die Erachtung ihrer Höchstheit festzuhalten (T2.4–5) und gehört einerseits zur Vorbereitung des Erweises, daß das Sein der höchsten Natur ohne Relation als es selbst seiend, was es ist, zugrundegelegt werden muß, ohne deswegen schon dabei sagen zu müssen, daß es an sich selbst betrachtet werden könne. Anderseits gehört es zur Einsicht, daß die Benennungen als höchste Natur und summum omnium zwar ihre natürliche Wesenheit

Die Rede von der selbstgleichen Größe bzw. Selbstgleichheit ersetzt nur die Nennung als höchste Natur in Gestalt der durch sich selbst seienden Größe, ist aber um kein Stück adäquater, sofern das Gutsein nicht mitgenannt ist vgl. dazu unten 3.2.3.2.

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nicht angemessen bezeichnen, aber als unverzichtbar für die Nennung als etwas nicht schlechthin verfehlt sein kann. Die Charakteristika, die in K 1 bis K 4 mit dem Erweis der notwendigen Einheit eingesehen wurden und in den folgenden Kapiteln (K5-K12) als Selbstheit ihres Seins und Gutseins schon thematisiert wurden, nennen durch verschiedene Namen dieselbe Wesenheit, die in ihrer Selbigkeit und Singularität nur durch die Bezeichnung als höchste Wesenheit festzuhalten und an die Einteilungsbestimmung nicht durch ein anderes als durch sich selbst (T2.4), d. h. Grund ihrer selbst zu sein, gebunden worden war. Das Kriterium des ›durch sich selbst‹ Seins wird hier in K15 ausdrücklich wieder aufgenommen und als Argument gebraucht, daß es eine nichtrelational gedachte Wesenheit des Grundseins im Selbstsein geben muß. Damit ist klar, daß die Weise, wie sie genannt und begriffen wird, eine sein muß, die mit diesem durch sich selbst Sein sich ergibt. 17 Als was aber kann die natürliche Wesenheit, wenn nicht unabhängig von den Weisen und Verfahren des Aussagens, so doch in einteilend begrenzender Reflexion begriffen werden? Die Denkund Nennbarkeit der nicht-relationalen Wesenheit der höchsten Natur trägt allein das, was sie selbst in der (mit anderem) unvergleichlichen Selbstgleichheit ihrer Selbigkeit ist, da sie durch sich selbst all das ist, was sie ist: sie ist durch sich selbst das Gute und insofern das Gute selbst und es kommt diesem als dem größten Gut auch das Großsein durch sich selbst und somit die Selbstgroßheit zu (quidquid magni et boni est (…) per seipsam; T2.4). 18 T 2.5 weist darauf hin, Die Washeit zu denken und zu erkennen, aus dem das ›durch und aus sich selbst und nicht durch anderes Sein‹ als ihr Selbstsein sich ergeben können muß, wird nicht mehr in Aussageformen über ihr Verhalten, sondern nur im Mitvollzug möglich sein, wenn das Wesen sich im schöpferischen Wort selbst spricht und als dieses Sprechen mitgesprochen wird, das darin sich selbst spricht – in und mit und durch sein Sprechen, wie es sich als Grund in Bestimmung als Maß der Beurteilung gibt, von dem her die Höchsschätzung entspringt. Damit ist hier klar, daß der Gedanke des ›durch sich selbst Seins‹ zugleich eine Erkenntnis in der Form einer Selbsterkenntnis, eines sich selbst Begreifens oder eines sich auf den Begriff Bringens oder eines sich selbst Aussagens, also eines sich selbst Sprechens sein muß. Dieses, was es ist, muß sich von sich selber her als Modus des ›durch sich selber Seins‹ bekunden. Die ›melius ipsum‹ Regel wahrt dann für das ›durch sich selbst Sein‹ die Maßbestimmung in der Verhältnisform gegenüber dem nur mit der Gründung von anderem zu Ermessenden: es selbst bleibt als das Maß im Grund des durch sich selbst Seins unermesslich. 18 Die selbstgleiche Größe der höchsten Wesenheit kann darin einsichtig werden, daß jede Wesenheit wie die Liebe, Erkennen und Bewußtsein mit jeder von drei göttlichen Personen identisch d. h. in gleicher Größe ist. Die Liebe des höchsten Geistes ist so groß 17

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inwiefern die Nennung der höchsten Natur als höchste verstanden werden kann (potest intelligi). Sie muß unabhängig vom Größer gegenüber anderem gegründet sein, was sie in der Bestimmungsform der Höchstheit nicht kann. Denn ihre Wesenheit ist in jeder Weise (omni modo) größer und besser als alles, was nicht ist, was sie ist, unabhängig davon, ob es davon jemals etwas gibt. Doch kann diese Identität in Selbstgleichheit weder im Begriff der Höchstheit noch ohne ihn überhaupt gedacht und also nur gegen sich selbst und der Weise, wie er gebildet ist, gehalten werden. Gegenüber dem Begriff summum omnium steht nun der Gedanke der unbedingt geltenden Beurteilung, daß sie besser und größer als das ist, was sie nicht ist (omni modo maior et melior … quam quidquid non est quod est; T2.5), also das Denken der Wesenheit, die es uns ermöglicht, sie als je größer zu schätzen als das, was wir mit ihr vergleichen, da sie im Vergleich je selbst der maßgebende und maßtragende Grund ist – für den Vergleich wie für das Verglichene. Somit sind zwei wesentliche Momente, die erst in T7 und T8 deutlich hervorgehoben werden, nämlich das Selbstverhältnis der Dinge in Bezug auf ihre Seiendheit und ihren Selbstvergleich als ihre Bestimmungsform aufgezeigt, auf deren strukturelle Analyse erst in Teil III unter 3.1.3 und 3.1.4 genauer eingegangen werden kann. 19 Der Vergleichsbezug der besseren Wesenheit kann nicht mehr durch das Höchste von allem oder einer Natur dessen angezeigt sein, was von seiner Wesenheit her dadurch noch unbestimmt zu denken gegeben wäre, sondern im Gebrauch der Natur des Guten als Maß im Verhältnis zu dem, was sie als das Gute selbst nicht ist und auf keine Weise sein kann und dem gegenüber sie dann notwendig das je Bessere ist. Der Vergleich mit der Möglichkeit, nicht dies zu sein, als was sie ist, impliziert ein negatives Selbstverhältnis und ist also nicht mehr unbestimmt, sondern auf eine genauer zu bedenkende Art im Verhältnis zu seinem Nichtseinkönnen »negativ« bestimmt. Diese Art ist eine signifikant andere als das des Seins zum Nichtsein der

wie er selbst ist; Mon 52, I 65, 21–24: Qunatus ergo est amor iste summi spiritus sic communis patri et filio? Sed si tantum se diligit, quantum sui meminit et se intelligit, tantum autem sui memor est et intelligit se, quanta est eius essentia, quod aliter esse non potest: profecto tantus est amor eius, quantus ipse est. 19 Zur Präzisierung des Denkansatzes des Selbstvergleichs als der Logik für die Struktur der Form des Prinzips siehe unten. 3.1.4.

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Dinge, die einen Grund in anderem haben. Das Bezogene im ›melius ipsum‹ Vergleich ist nicht einfach als etwas anderes, sondern ihr nur durch unsere Beurteilung in Annahme ihrer selbst als Maß, also im sie als Maß angenommenen Gebrauch für das beurteilende Vergleichen mit einem nur in dieser Beurteilung »anwesenden« Anderssein, als was sie selbst ist, gegeben. Außer der so nach ihrem Maß vergleichenden Beurteilung ist das, was nicht ist, daß sie sei, nicht gegeben, nicht seiend. Die Bestimmung in der melius-Beurteilung ergibt sich nicht gegen ein anderes, in einer anderen Wesenheit Bestimmtes, sondern im Daß des Nichtseins ihres Wesens. Da es – als die Güte selbst – als Maß im Vergleich, ob sie sei oder nicht sei, gebraucht wird, ist die Entscheidung, daß es besser ist sie selbst, nämlich gut zu sein, als nicht zu sein, unbedingt geltend und kann für die gesuchte Absolutheit (Unabhängigkeit und Unbedingtheit) einstehen. Das Sein im Daßsein kommt durch die Wesensbestimmung im Gebrauch als Maß der Beurteilungskraft für das Kriterium der Bestimmung zu entscheidender Geltung. Wenn man dagegen das, was Anselm als nicht ihr eigentümlich bezeichnet, mit den Dingen identisch setzte, dann geriete man in die alte Problemlage, sagen zu müssen, daß sie besser und größer als die Dinge sei, deren Andersheit doch nur ihr gegenüber bestimmbar war. So bliebe die substanzielle Unabhängigkeit der höchsten Natur unbegreiflich, weil jede Bestimmung sie nur in einer zirkulären Abhängigkeit, als in ihrem Begriff abhängig von dem von ihr Abhängigen zeigte. Eine methodisch weitere Wegweisung gibt T2.6 an, daß die Dinge, die dem Höchsten in ihrer vergleichbaren Wesenheit als niedriger verglichen und zueinander in Relation stehend strukturell erfaßt werden, hinsichtlich ihres Wasseins durch diese ihre Relationalität nicht in ihrer Identität erkannt und begriffen sind: Was aber die Vernunft vom Höchsten lehrt, das ermittelt man nicht unähnlich an ähnlich beziehungsweisen Dingen. (T2.6)

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2.4 Der Wechsel des Verfahrens vom Vergleich zur reflexiven Einteilung Textabschnitt (3): Mon 15, I 28, 24–30 Illis itaque quae relative dicuntur omissis, quia nullum eorum simpliciter demonstrat alicuius essentiam, ad alia discutienda se convertat intentio. (T3.1)

Mit Beiseitesetzung also derjenigen Dinge, die beziehungsweise ausgesagt werden – weil keines davon die Wesenheit eines Dinges schlechthin aussagt –, soll sich unser Augenmerk der Erörterung von anderem zuwenden.

Equidem si quis singula diligenter intueatur: quidquid est praeter relativa, aut tale est, ut ipsum omnino melius sit quam non ipsum, aut tale, ut non ipsum in aliquo melius sit quam ipsum. (T3.2)

Wenn nun jemand das einzelne aufmerksam betrachtet, so ist alles, was es außerhalb der Beziehungsdinge gibt, entweder so beschaffen, daß das »Es« durchweg besser ist als das »Nicht-Es«; oder so, daß das »Nicht-Es« in einem Stücke besser ist als das »Es«.

« Ipsum » autem et « non ipsum » non aliud hic intelligo quam verum, non verum; corpus, non corpus; et his similia. (T3.3)

Unter »Es« und »Nicht-Es« aber verstehe ich hier nichts anderes als wahr, nicht-wahr; Körper, Nicht-Körper; und dem ähnliches.

2.4.1 Die Einteilung von Weisen selbstbezüglicher Bestimmung (T3.1–2) Die relationalen Begriffe erwiesen sich in T2 für die Wesenserkenntnis der höchsten Natur als unzulänglich. Eine andere Verfahrensgrundlage und ein anderer Diskussionsrahmen (ad alia discutienda T3.1) wird benötigt, indem eine andere Art und Weise sich einstellen können soll, nach der die wesentliche Bestimmung der höchsten Natur möglich sein kann, um erkannt, gedacht und gewahrt zu werden. Dem bei sich stillschweigend Denkenden, in dessen Rolle Anselm zu uns wie zu seinen Mitbrüdern spricht, sich hier aber in K15 als ein Betrachtender darstellt, der die Dinge einzeln sorgfältig betrachtet (T3.2), gilt eine neue methodische Orientierung; es findet ein Wechseln in der Haltung des Erkenntnisverfahrens statt. So beschreibt Anselm das, was es außerhalb der Beziehungsdinge (praeter relativa) gibt, als ein Einzelnes, das als solches zu betrachten sei. Diese Formulierung erinnert an die des Augustinus, der eine Unterschei126

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dung zweier Betrachtungsweisen im Verhalten zu den innertrinitarisch relational und zugleich je für sich zu betrachtenden Wesenheiten der höchsten Natur einführt (quidquid aliud non ad invicem relative sed ad se singuli dicuntur 20 ). Anselm scheint die Augustinische Differenzierung, die spezifisch an der Grenze trinitarischer und nicht-trinitarisch gefaßter Wesenheit Gottes diskutiert wird, nun in den rein philosophischen Diskussionsrahmen zu transformieren. Was genau der in dieser anderen, neuen Diskussion stehende Gegenstand der Untersuchung ist, der im quidquid est praeter relativa zum Ausdruck kommt, kann gegenüber Augustinus nicht die kategoriale Aussagbarkeit oder Nicht-Aussagbarkeit der höchsten Natur sein, worauf Anselm erst in K16 und später in K66 eingeht. Vielmehr geht es um die Betrachtungsweise selbst, die sich direkt auf die Substanzialität der Dinge ausrichtet, in der nur ihre Singularität gedacht werden kann: Denn die Substanz eines Dinges kann nie in Beziehung auf etwas (anderes), sondern nur auf sein Wesen als das ihm ursprünglich eigene hin bestimmt gedacht werden. Hier steht nicht im Vordergrund, welche von den aristotelischen zehn Kategorien auf Gott anwendbar wäre. Gefragt wird vielmehr, aus welcher Betrachtungs- und Beurteilungsweise eine Wesenserkenntnis Gottes überhaupt möglich ist. Der Ausdruck singula kann gegenüber dem Sinn des dinghaft Einzelnen für das einstehen, was das Einzelne für sich betrachtet ist, auf das sich das Denken in seinem Sagen konzentriert. 21 Wie ist es möglich, über Einzelnes gemäß seiner Wesenheit etwas auszusagen, das seine Singularität wahrt? Im Denken der Selbstbezüglichkeit der so zu betrachtenden Wesenheit kommt ein Sollen (debere) zur Geltung, das hier bei Anselm in der similitudo mit dem Verhältnis zum

Augustinus, De trinitate, VIII I,1 [CCSL 50, 268, 11–12]: (…) ipsa tirinitas, et quidquid aliud non ad invicem relative sed ad se singuli dicuntur. 21 Die Frage ist nun, ob die Einteilung der Aussage, in beziehendliche und nicht beziehendliche Aussagen, mit der traditionellen Einteilung in relatationale und substantielle Aussage, vereinbar ist. Wenn man den Ausdruck ›singula‹ im Sinne des jeweiligen einzelnen Seienden, insofern es ist, versteht und im darauffolgenden Sinn seiner substantiellen Wesenheit versteht, dann ergibt sich das Problem aus der vergleichenden Formulierung der Wesensbestimmung, ›besser als‹, nämlich, hier die Kategorie der Relation mit dem Vergleich angewendet wird. Demzufolge kann diese Art der Wesensbestimmung nur relational verstanden werden, was Anselm mit seiner eigenen Gottesbestimmung als dem höchsten Guten aus dem genannten Grund nicht für die wesentlichen Aussage Gottes gelten läßt. 20

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Maß schon impliziert ist, aber erst im späteren Werk »De veritate« entfaltet wird (vgl. 3.3.7.4). Jedes Ding hat ein Verhältnis zu seinem eigenen Wesen, um es selbst – nicht ein anders – sein zu können. Das Selbstsein ist immer durch ein ›als es selbst Sein‹ zu denken. Es wird so im begrifflichen Denken notwendig, eine Bestimmung zu finden, die für alles Selbstseiende gültig ist, ohne dessen Singularität zu verletzen. Dies ist nicht durch den prädikativen Gebrauch von Allgemeinbegriffen möglich, sondern erfordert ein neues Verfahren. Anselm teilt die Beschaffenheit der Dinge als einzelner – mit der Stimme ihres sorgfältigen Betrachters – in zwei Arten (T3.2). Das die Dinge in ihrer Singularität aufmerksam beachtende Denken kommt zu einem Einteilungsverhalten, das tatsächlich eine andere Diskussion als die bisherige eröffnet. Die Einteilung nach der Beschaffenheit von allem geht auf das Einzelne und deutet die Allheit des Seienden als subsistierend, umfaßt aber nicht die Relativa. Hier beginnt nach L. Honnefelder »die zweite Fahrt im platonischen Sinne« 22 d. h. eine neue Diskussionsweise durch einen Methodenwechsel, der sich von der bisherigen relationalen Vergleichsbetrachtung der höchsten Natur hinsichtlich ihrer Wesenserkenntnis absetzt. Das einteilende Verfahren, das hier mit der Haltung des sorgfältigen Betrachtens der Dinge selbst identifiziert wird, legt zwei Bestimmungen der Beschaffenheit von allem, was es außerhalb der Beziehungsdinge gibt, zugrunde und beansprucht eine Vollständigkeit der Arten selbstbezüglicher Bestimmung. Mit den eingeteilten Gliedern werden zugleich zwei Arten der Beurteilung eingeteilt. Etwas ist entweder so beschaffen (T3.2), daß Es durchweg besser als NichtEs (aut tale est, ut ipsum omnino melius sit quam non ipsum) ist oder so, daß das Nicht-Es in einem Stücke besser ist als das Es (aut tale, ut non ipsum in aliquo melius sit quam ipsum). Anselms ungewöhnliche Formulierung der beiden Bestimmungen melius ipsum omnino quam non ipsum und non ipsum in aliquo melius quam ipsum bereitet der angemessenen Übersetzung einige Schwierigkeit, worauf unten in Teil III, 3.1.2 ausführlich einzugehen ist. Jedes Ding, wenn man es auf es selbst bezogen betrachtet, ist entweder gemäß der ersten eingeteilten Bestimmung, eines das solches zu sein schlechthin besser ist als nicht solches zu sein (a), oder es 22 Vgl. Platon, Phaidon 99d1, deÐtero@ plo‰@; den mündl. Hinweis verdanke ich L. Honnefelder.

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ist gemäß der zweiten Bestimmung eines, das nicht solches zu sein in bestimmter Hinsicht besser wäre als solches zu sein (b). (a) ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ (b) ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹ Es wird in diesem Verfahren der Einteilung eine Unterscheidung für das Einzelne unternommen, nicht eine Einteilung des Allgemeinen. Die Frage ist, inwiefern es sich hier um eine nicht relative Bestimmung handelt, da mit dem besser und schlechter doch immer ein Vergleich zwischen Verschiedenem gegeben scheint. Wir hatten schon ausführlich erläutert, daß die höchste Natur in der Vergleichsform als Seiendes angesprochen ist und ihre Nennbarkeit dabei abgehoben wird. Hier ist das Etwas zu sein selber eingeteilt, wobei auffallend ist, daß einerseits von der Beziehung abgesehen (praeter relativa) und auf das Einzelne aufmerksam gemacht wird und dann gleichsam ein Bereich außerhalb aller Bezogenheit und aller Relativa und schließlich eine Beschaffenheit des besser und selbst schlechter Seins, d. h. nicht besser Seins, eben nicht in Bezug auf anders, sondern in Bezug auf sich selbst, in den Blick gebracht wird. Der genannte Bezug auf das ›Etwas-Sein‹ selbst nimmt jetzt in einem eher logischen Sinne das Problem von Sein zu Nichtsein auf, das nicht mehr im Sinne des ›was es nicht war‹ vorgestellt werden kann, wie bei den zeitlich geworden seienden Dingen. Was wir zuvor in K8 – K13 mit dem Verhältnis zum Nichts als Bestandsgefährdung aufgenommen hatten, ist jetzt nicht mehr im Sinne des Seiendseins und des Bestehens im Vergleich zu seinem Abwesendsein in Raum oder Zeit, sondern in dem beurteilungsbegrifflichen Sinne des ›besser es selbst zu sein‹ oder ›nicht es zu sein‹ erfaßt, das sich auf das Können, es selbst zu sein, bezieht. Ein Modus der Selbstachtung, im Vergleich dessen, was es selbst (ipsum) oder nicht es selbst (non ipsum) ist, wird hier für die Denkbarkeit des Wesens der höchsten Natur als Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit usw. vorausgewiesen. 2.4.2 Die Begriffe ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ (T3.3) Anselms erste Klärung des Prinzipienkriteriums gilt den Verhältnissen von ipsum und non ipsum (T3.3) in verschiedenen Beispielen. Sie ist äußerst knapp und kann eher als eine Anweisung denn als eine ausführliche Erläuterung angesehen werden. Sie gibt zuerst einen Vergleich in Kombination zweier Prädikate (Beurteilungsmaße): A

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weise oder nicht-weise und gerecht oder nicht-gerecht; dann zwei konkrete Beispiele, nämlich »wahr« und »nicht-wahr«, sowie »Körper« und »nicht-Körper«, wobei zwei Anweisungen dafür, wie die beiden oben a) und b) eingeteilten Kriterienformulierungen zu erfassen sind, vorliegen. Die erste geht davon aus, daß die beiden Bestimmungen, sowohl die eigenschaftliche, bzw. qualitative als auch die naturbedingt bestimmte Beschaffenheit der Dinge einschließen. Eine substantielle Beschaffenheit wird hier nicht unmittelbar durch das Weisesein oder Gerechtsein ausgedrückt, sondern durch den Vergleich, in jeder Hinsicht als das, was es ist, besser zu sein als was es nicht (selbst) ist – oder in einer Hinsicht schlechter zu sein als was es nicht selbst ist. Selbstsein und Andersheit der Dinge läßt sich nicht durch Realität und Negation in kontradiktorischer Entgegensetzung, wohl aber in Vergleichbarkeit des Beurteiltwerdens erhalten (T3.2). Damit ist bereits die zweite Weisung zur Verhältnisbestimmung von ipsum und non ipsum in einer Struktur formuliert. Das darin enthaltende Moment des Selbstvergleichs läßt sich vom relationalen Vergleich zwischen zwei verschiedenen Einzelnen unterscheiden, so daß der Vergleich z. B. zwischen gerecht und weise ausgeschlossen wird, und nur ein Vergleich wie der des Gerechtseins mit seiner Selbstnegation: als Gerechtes Ungerecht zu sein (eine Unmöglichkeit, dies zu vermögen) stattfindet. So wird non ipsum im Sinne alles dessen gedacht, was die höchste Natur nicht ist (quidquid non est quod est, quae non sunt, quod ipsa), wie er es mehrfach ausdrückt: (…) « summum » non simpliciter significat illa essentiam, quae omni modo maior et melior est, quam quidquid non est quod est. (T2–5) Illa enim sola est qua penitus nihil est melius, et quae melior est omnibus quae non sunt, quod ipsa est. (T7–3)

Weise zu sein als solches ist besser, als daß es nicht ist, ohne daß es in Bezug auf etwas anderes und in anderem Begriff eines Wesens bestimmt als besser gedacht werden muß. Die erforderliche Analyse der Form und Struktur des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ und die Frage, warum seine Bestimmung die Struktur eines Selbstvergleichs hat, soll unten in 3.1.4 ausführlich diskutiert werden.

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2.5 ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ als erste Bestimmung Textabschnitt (4): Mon 15, I 28,30–29,3 Melius quidem est omnino aliquid quam non ipsum, ut sapiens quam non sapiens, id est: melius sit sapiens quam non sapiens. (T4.1)

Besser ist ja überhaupt etwas, als nichtEs, wie das Weise als das Nicht-Weise; das heißt: besser ist das Weise als das Nicht-Weise.

Quamvis enim iustus non sapiens me- Denn obwohl der nicht weise Gerechte lior videatur quam non iustus sapiens, besser zu sein scheint als der nicht ge(T4.2) rechte Weise, non tamen est melius simpliciter non sapiens quam sapiens. (T4.3)

so ist dennoch das Nicht-Weise nicht schlechthin besser als das Weise.

Omne quippe non sapiens simpliciter, inquamtum non sapiens est, minus est quam sapiens; quia omne non sapiens melius esset, si esset sapiens. (T4.4)

Denn alles Nicht-Weise ist schlechthin, sofern es nicht weise ist, geringer als das Weise, weil alles Nicht-Weise besser wäre, wenn es weise wäre.

Similiter omnino melius est verum quam non ipsum, id est, quam non verum; et iustum quam non iustum; et vivit quam non vivit. (T4.5)

Ähnlich ist durchaus besser das Wahre als das Nicht-Es, das heißt als das Nicht-Wahre; und das Gerechte als das nicht-Gerechte; und »es lebt« besser als »es lebt nicht.

Für die Erläuterung der ersten Bestimmung sind zwei Beispiele mit zwei Beurteilungsfällen (T4.1 und T4.2) demonstriert, die darauf hindeuteten, daß die erste Bestimmung ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ nicht wie eine Ableitungsregel für die Vollkommenheitsprädikate formal erfaßt werden kann. Die Regel kann nur thematisch bestimmt gedacht und in sachhaltiger Entscheidung ihr Beurteilen mitvollzogen werden. Vielmehr machen die Beispiele darauf aufmerksam, wie eine Beurteilung getroffen wird. Diese besondere Art der Erläuterung macht deutlich, daß die Verhaltensbestimmung im ›melius ipsum‹ Kriterium nicht als eine formale Regel angewandt werden kann, sondern daß wir es mit Bestimmungen in reflexiver Beurteilung von Entscheidungen zu tun haben, die der Vernunft gelten. Das erste Beispiel (T4.1) ist eine Beurteilung, deren Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen werden kann, und das zweite (T4.2) jedoch ist eine Beurteilung, deren Richtigkeit und Maß nicht eindeutig sind. Das erste Beispiel zeigt, daß ein Ding aus dem Vergleich mit seiner Selbstnegation als gut beurteilt werden kann, während das zweite A

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deutlich macht, daß ein Ding dann schlechthin gut sein kann, wenn es in jeder Hinsicht (omnino) gut ist und somit mit der Gutheit eines jeden anderen Guten vereinbar sein kann, es diesen das Maß der Vereinbarkeit mit ihr gibt. 2.5.1 Das Beurteilungsmaß eines Guts aus dem Selbstvergleich (T4.1) Ausgehend von dem, daß etwas gewiß durchaus besser sei, als es nicht Es ist (Melius quidem est omnino aliquid quam non ipsum), und dies wiederum so zu verstehen sei wie das, daß das Weise besser als das Nicht-Weise ist (ut sapiens quam non sapiens), läßt sich die erste eingeteilte Bestimmung so erläutern (T4–1), daß das Weise besser als das Nicht-Weise ist (id est: melius sit sapiens quam non sapiens). Damit gibt Anselm nichts anderes als ein Beispiel einer Beurteilung, deren Struktur wohl mit der Struktur der Bestimmung übereinstimmt. Die Richtigkeit der angegebenen Beurteilung kann von jedem gesunden Verstand eines Menschen wiederum als wahr und recht beurteilt werden. Das, was als besser beurteilt wird, ist an diesem Beispiel die Eigenschaft, die einem handlungsbezogenen Sachverhalt oder einem Menschen zukommt und als solche für gut befunden werden kann. Das Kriterium für die Richtigkeit einer klaren Beurteilung eines Guten gilt hier selbst als das für gut beurteilt Seiende (ipsum), mit dessen Selbstnegation (non ipsum) hier vergleichend geurteilt wird. Es macht die Reflexivität der Beurteilung aus, daß wir im Beurteilten das Kriterium seiner Beurteilung haben, in dem es sich der Möglichkeit, nicht es selbst zu sein, was es ist, entschieden entgegen verhält. In diesem Beispiel T4.1 spielt der Satzteil omnino keine Rolle. Der folgende Satz T4.2 bringt ein Beispiel, in dem die funktionale Bedeutung des Satzteils omnino deutlich wird. 2.5.2 Die nicht formale Anwendbarkeit des ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ und die Urteilskraft als ihre Grundlage (T4.2) Als weitere Erläuterung gibt Anselm ein Beispiel einer Beurteilung, deren Richtigkeit und Maß nicht eindeutig ist und so die Urteilskraft besonders herauszufordern scheint. 132

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Denn obwohl der nicht weise Gerechte besser zu sein scheint als der nicht gerechte Weise, (…) (T4.2)

Das Beispiel demonstriert eine solche Natur, die handlungsfähig ist und somit die Seele des Menschen betrifft, mit der die Komplexität eines zu beurteilenden Verhaltens ins Bewußtsein tritt, das notwendig mehrere Maßgründe heranzieht. Um die Argumente in den Blick zu bekommen, sei zuerst die Genauigkeit der Übersetzung bemüht. F. S. Schmitts Standardübersetzung (1) und eine weitere Übersetzungsmöglichkeit mit leicht veränderter Wortstellung der ersten (2) können zur Verdeutlichung helfen. (1) Der nicht weise Gerechte scheint besser als der nicht gerechte Weise zu sein. 23 (2) Ein gerechter Nicht-Weiser scheint besser als ein ungerechter Weiser zu sein.

Die beiden Übersetzungen implizieren zwar vom Inhalt her den gleichen Sachverhalt, aber sie zeigen doch unterschiedliche Aspekte des Arguments. In der Übersetzung von Schmitt (1) kommt nicht unmittelbar die Vergleichsstruktur der Selbstnegation zwischen non ipsum (nicht-weise) und ipsum (weise) zum Ausdruck, sondern die Struktur des Vergleichs zwischen zweien (je als ipsum Gefaßten), nämlich dem Gerechten und dem Weisen, wobei das Weisesein des letzteren nur vermittelt in die Negationsverhalten zu sich tritt. Ferner könnte es auf eine falsche Deutung der ersten Bestimmung führen, daß non ipsum im Sinne einer konträren Negation des ipsum gefaßt würde, die selbst wiederum als ipsum und somit letztlich auch als ein Gutes gedacht werden muß. So wäre die Kernstruktur der ersten Bestimmung zerstört. Aus einem solchen Vergleich ergibt sich zudem die Schwierigkeit, daß eine Rangordnung innerhalb der Güter (je als ipsum) zur Entscheidung angenommen werden müßte, da zwei Vollkommenheiten in den beurteilenden Vergleich gestellt werden, wie z. B. Gerechtigkeit und Weisheit in diesem Fall, der zu keiner verbindlichen Entscheidbarkeit für die Vernunft allgemein führt. Anselms Argumentstruktur besagt jedoch das Gegenteil davon, daß irgendein seiendes Gutes nicht immer schlechthin besser als seine Selbstnegation sein kann. Es ist darum wichtig, noch einmal herauszustellen, daß ipsum und non ipsum nicht in einem konträren 23

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Gegensatz zueinander stehen. Es ist auszuschließen, daß zwei konträre, je als ipsum gedachte Begriffe, wie hier des gerecht und des weise selbst zu sein, vernunftgemäß in einem Vergleichsurteil zueinander stehen sollten. Wenn dem so wäre, müßte man annehmen, Anselm hätte eine bestimmte Rangordnung innerhalb der Güter noch für die Wesensbestimmungen der höchsten Natur angenommen. W. Kluxen, der Scotus’ späteres Werk, die Abhandlung über das erste Prinzip (tractatus de primo principio) kritisch ediert, übersetzt und in großer Ausführlichkeit mit Sorgfalt kommentiert hat, verweist auf diese alternative Interpretation und zeigt die Schwierigkeit auf, die Scotus in der Anselm zugeschriebenen Formulierung »in quolibet melius ipsum quam non ipsum« erkannt hat, inwiefern eine Vollkommenheit bzw. ipsum aus dem formal betrachtet entgegengesetzten Verhältnis zu non ipsum bestimmt werden kann 24 : Die nicht formal anwendbare Seite des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ hat Duns Scotus als erster, und zwar allein an dessen Beschreibung erkannt. In seiner Abhandlung über das erste Prinzip hat Scotus Einwendungen gegen die uneindeutige Beschreibung des Begriffs der schlechthinnigen Vollkommenheit (simpliciter perfectio), die historisch auf Anselms Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ in K15 im »Monologion« und K5 im »Proslogion« zurückzuführen ist. Seine Kritik geht von der funktionalen Aufgabe der Formulierung aus, eine Eigenschaft als schlechthinnige Vollkommenheit bzw. Wesenheit Gottes zu erweisen, und stellt in Frage, ob eine so formulierte Beschreibung in der Lage wäre, die genannte Aufgabe zu erfüllen. Sie enthält nach Scotus kein Kriterium dafür, »eine bestimmte Eigenschaft als die schlechthinnige Vollkommenheit zu erweisen«, wie W. Kluxen hervorhebt; W. Kluxen, Kommentar, S. 203: »Ferner geht es nicht um das Prinzip oder den Sinn der schlechthinnigen Vollkommenheit, sondern nur um Anselms ›Beschreibung‹ – in der von Scotus verbesserten Form – unter der Fragestellung, ob sie ein brauchbares Kriterium für den Zwecke des Nachweises liefert.« Auffallend ist, daß die in Scotus’ Kritik stehende Beschreibung »in quolibet ipsum melius quam non ipsum«, die er als »berühmt« (famosa) nennt, nicht exakt derjenigen Anselms melius ipsum omnino quam non ipsum entspricht; Johannes Duns Scotus, de primo prin. c.4, concl. 3n. 53, ed. Kluxen 64: Perfectio simpliciter dicitur quae in quolibet est melius ipsum quam non ipsum. (…) Fomosa est descriptio. Eine vergleichbare Formulierung findet man aber bei Heinrich von Gent, der Anselms Formulierung korrekt zitiert und in der genannten Form interpretatorisch den in Scotus’ Formulierung vorkommenden Satzteil ›in quolibet‹ ergänzend verändert; Henr. De Gand., Summa 32. 2 Macken 46, 2–6: Dictam regulam de attribuendis Deo per proprietatem et non attribuendis consideravit ANSELMUS, quando dixit, Monologio, 15º capº.: « Si quis diligenter singula intueatur, quidquid est, aut tale est ut ipsum omnino universaliter in quolibet existendi melius sit quam non ipsum, aut tale ut non ipsum in aliquo melius sit quam ipsum, licet non in quolibet alio. (…) ». Da es bei Scotus’ Kritik im wesentlichen um den einzelnen Satzteil der Beschreibung wie ›in quolibet‹, ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ aber nicht um das Prinzip selbst geht, wie W Kluxen zu Recht bemerkt (Kommentar, S 24

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»Anselm hatte dieses Problem bemerkt (er sagt, daß vielleicht ein Gerechter, der ›nicht-weise‹ ist, besser ist als ein Weiser, der ›nicht-gerecht‹ ist, vgl. Monologion c. 15), war aber nicht darauf eingegangen.« 25

W. Kluxen geht hier von dem von Scotus wohl erkannten Problem der Möglichkeit des falschen Verständnisses des ipsum aus. Er hebt dabei deutlich hervor, daß Anselm sich des von Scotus erkannten Problems, daß unter non ipsum eine positive Seinsweise (ipsum) fälschlicherweise erfaßt werden könnte, wohl bewußt sei. Hinsichtlich dieser Ungeklärtheit hält Duns Scotus eine Korrektur der Beschreibung des Prinzips ›melius ipsum‹ für erforderlich. 26 Anselm sucht durch das Beispiel nach einer Klärung der beiden eingeteilten ›melius ipsum‹ Bestimmungen. Er nimmt dafür einen Sonderfall an, der für das Verständnis der Bestimmungen auf die Urteilskraft selbst aufmerksam macht, indem er ausweist, daß ›melius ipsum quam non ipsum‹ nicht bloß seiner Form nach angewendet werden kann, sondern immer eine materielle Bestimmungsverant203), sollte es festgehalten werden, daß es sich bei seiner Kritik um eine interpretativ veränderte oder ergänzte Beschreibung von Anselms Prinzip, aber nicht um die ursprüngliche von Anselm selbst handelt. Scotus bemerkt so kritisch vor Ende seiner Kritik, daß die gewöhnliche Rede (vulgaris sermo) von der schlechthinnigen Vollkommenheit schwankend sei; Johannes Duns Scotus, de primo principio, c.4, concl. 4n. 58, ed. Kluxen 74: Vulgaris sermo de perfectione simpliciter saepe vacillat. Zum Begriff der schlechthinnigen Vollkommenheit (simpliciter perfectio) bei Duns Scotus vgl. W, Kluxen, Kommentar zu Johannes Duns Scotus, S. 135–257; ders., Rez. von W. Hoeres. Der Wille als reine Vollkommenheit nach Duns Scotus; L. Honnefelder, Scientia transcendens, S 100–199; R. Prentice, Scotus’ rejection of pure perfections as means for proving the divine intelligence and volition, S. 47–71; A. Wolter, The pure perfection, insbesondere S. 162–175; W. Hoeres, Der Wille als reine Vollkommenheit nach Duns Scotus. 25 Anselms Prinzip ›melius ipsum‹ steht, wie gerade genannt, nicht in unmitterbarer Beziehung zum Gegenstand der kritischen Betrachtung des 3. Satzes des vierten Buches des scotischen Werkes. Nach W. Kluxen bemerkt Anselm in K15 das Problem, daß das ›non ipsum‹ – mißverständlich – als der konträre Gegensatz von ›ipsum‹ verstanden wird und damit zwei schlechthinnige Vollkommenheiten miteinander verglichen werden. Dies führt zur problematischen Annahme einer Rangordnung innerhalb der reinen Vollkommenheiten. Vgl. W. Kluxen, Kommentar, S. 195. 26 Nach Scotus’ Lösungsvorschlag für diese Uneindeutigkeit des Gegensatzes von ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ ist die Beschreibung neu auszulegen. Er begrenzt die offene logische Möglichkeit des Satzteiles ›non ipsum‹ dadurch, indem er ihn nicht in negativer Form sein läßt sondern positiv bestimmt. Demnach ist die schlechthinnige Vollkommenheit nach Scotus als eine solche gedacht worden, welche »schlechthin und an und für sich genommen besser ist als jegliches mit ihr Unvereinbare; Johannes Duns Scotus, de primo prin. c.4. concl 3 n. 53, ed. Kluxen 64: Perfectio simpliciter est, quae est simpliciter et absolute melius quocumque incompossibili. A

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wortung der Urteilskraft aus eigener Vernunft zu übernehmen erfordert. Dies ist anhand der zweiten leicht veränderten Übersetzung (2) an den zwei Teilsätzen zu beobachten. Der eine ist, daß ein Gerechter besser als ein Nicht-Gerechter zu sein scheint (videatur T4.2). Er steht der ursprünglichen Struktur der Bestimmung ipsum melius quam non ipsum näher. Der andere, daß ein Nicht-Weiser besser als ein Weiser (non sapiens melius quam sapiens«) scheint, betrifft Anselms Argument, das die erste Bestimmung differenziert zu erläutern versucht. Nicht immer ist allerdings ein ipsum besser als seine Selbstnegation, wie es die erste Bestimmung bedingungslos zu fordern scheint, z. B. daß ein Weiser nicht in jeder Hinsicht besser als ein nicht-Weiser wäre. Das Weise als ipsum ist nur schlechthin besser als das Nicht-Weise, wenn es in Einstimmung mit dem Gerechten und Guten und dem, was sonst besser ist, als nicht es selbst, besteht. Dies gilt für die Weisheit selbst unbedingt, nicht aber für einen Weisen, der als ungerecht nicht vollkommen weise wäre und nicht durchaus besser als jener Nicht-Weise, der gerecht wäre, denn das Ungerechtere ist auch ein schlechteres als das Gerechtseiende. Der Vorteil der in (2) genannten Übersetzung ist, daß die Struktur des Selbstvergleichs von: nicht weise (non sapiens), und weise (sapiens), sowie gerecht (iustus) und nicht gerecht (non iustus) deutlich parallel gestellt wird, worauf der nächste Absatz T4.3 eingeht. Anselm stellt hier Verhältnisse dar, welche die Seele der Menschen betreffen, der zwar nicht weise sein, aber dennoch gerecht handeln und umgekehrt nicht gerecht sein kann, obwohl er weise ist. Dies heißt keineswegs, daß ein Gutes (als ipsum) gegenüber einem anderen (ipsum) absolut (absolute), schlechthin (simpliciter) oder in jeder Hinsicht (omnino) als besser zu denken wäre. Dem Verdacht, daß ein als ipsum beurteilbares Wassein gegenüber einem anderen absoluten Vorrang besitze, zu entgehen, ist möglich, wenn die Beurteilung, daß das Gerechtsein gegenüber dem Weisesein besser sei, im gegebenen Fall nicht als unbedingt, schlechthin oder prinzipiell zu gelten hat. Darum spricht der Satz auch bewußt von einem Anschein: Denn obwohl der nicht weise Gerechte besser zu sein scheint als der nicht gerechte Weise (T4.2). Das omnino in ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ hätte keine sachlich relevante Bedeutung zu tragen, wenn man davon ausginge, daß das Wort omnino als ein verstärkendes Adverb gebraucht wird. Genau zu beachten ist jedoch, wie Anselm das Wort anwendet und inwiefern dieses eine funktionale Bedeutung trägt. In K15 136

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kommt der Ausdruck omnino an der Stelle vor 27, an der es um die Bestimmung des ersten Einteilungsglieds geht. Anselm gebraucht ihn im Sinne von absolut (absolute; T8.4) und ersetzt ihn gelegentlich durch das Wort simpliciter (T4.3, T4.4) 28 und es ist die Frage, ob man ihm damit die Absolutheit und Unbedingtheit des Guten zusprechen kann. Ferner kann der Ausruck omnino die Absolutheit und somit die Schlechthinnigkeit von etwas selbst (in all seinen möglichen Beziehungen) zum Ausdruck bringen. Da der höchsten Natur in ihrer Substanz in ihrer Natur und natürlichen Wesenheit ein jegliches von dem zuerkannt werden muß, was durchaus besser als nicht es ist, kann nichts anderes als sie gleich ihr in einer Wesenheit durchaus besser sein als nicht es selbst, ohne daß es mit der Natur der höchsten Wesenheit identisch wäre. Denn das in jeder Hinsicht muß sich auf Alternativen der Wesensbestimmungen beziehen, wie im Beispiel von Weise- und Gerecht-sein durchgeführt. Daß ein nicht es zu sein als ein anderes, das nicht so wie es ist, in einem Stück besser sei als es selbst, bedeutete, daß es nicht durchgängig besser sei, es selbst zu sein als nicht es selbst. Daß der Satzteil omnino dem ›in aliquo‹ in der zweiten Bestimmung gegenübergestellt wird, führt zur Annahme, daß es keine Beschränkung der Trägerschaft gibt und daß damit prinzipielle Gültigkeit impliziert ist. Im Deutschen kann man den Satzteil ›in aliquo‹ von der zweiten Bestimmung als in einer bestimmten Hinsicht oder als für die bestimmte Natur wiedergeben, so daß seine Gegenüberstellung zum Satzteil omnino am deutlichsten wird. Diese Gegenüberstellung legt den Unterschied des Kriteriums für ein Bessersein der jeweiligen Seiendheit zugrunde. Dies ist in der ersten Formulierung zu bestätigen, in der statt des Wortes omnino der Ausdruck omni modo die genannte Bedeutung zum Tragen bringt. Er bringt von seiner ursprünglichen Bedeutung, »durchaus«, »schlechthin«, »durchweg« und »prinzipiell« her die Bedeutung eines schlechthinnigen oder prinzipiellen oder reinen Guten (melius) und zugleich die Gültigkeit des Gutseins (melius est) zum Ausdruck. Dementsprechend wurde es als »im absoluten Sinne« 29 , als »schlechthin« 30 als Vgl. TA 3–2, 4–1, 4–5, 6–1, 7–2 und 8–3. Mon 15, I 29,31: quidquid similiter absolute melius est quam non ipsum; Resp 10, I 139, 3–6: Credimus namque de divina substantia, quidquid absolute cogitari potest melius esse quam non esse. Zu den Übersetzungsmöglichkeiten siehe u. 3.1.2. 29 J. L. Scherb, Anselms philosophische Theologie, S. 257. 30 G. Schrimpf, Anselm von Canterbury. Proslogion II-IV, S. 96. 27 28

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»durchaus«, »absolut« und »schlechthin« 31 übersetzt. Wir kommen zur Diskussion der Übersetzungsmöglichkeiten unter 3.1.2 zurück. Wenn Anselm diese Beurteilung mit dem Ausdruck omnino und somit mit der prinzipiellen Gültigkeit und Anerkennung der unbedingten Gutheit abgeschlossen hätte, dann würden sich die drei folgenden ernsten Schwierigkeiten bei der Interpretation des demonstrieren Falls der gemischten Seiendheit ergeben: Die erste Schwierigkeit wäre, ein Kriterium zu finden, durch das einem Ding seine Gutheit zu erweisen ist. Dann kann man weiter fragen, worin die Schlechthinnigkeit seiner Gutheit besteht, und ob der Satzteil omnino doch ein Ausdruck eines Kriteriums dafür sein kann, ein Ding nicht nur nicht relativ, sondern auf es selbst und zugleich auf ein anderes Ding bezogen, welches aus seinem Selbstverhältnis her aus als gut beurteilt wird, für gut zu beurteilen. Demzufolge ist das Kriterium für die Schlechthinnigkeit der Gutheit nicht nur auf die Seiendheit eines Dinges gegenüber seiner NichtSeiendheit, sondern auch auf die Verträglichkeit mit einem anderen als gut zu beurteilenden Ding bezogen. Ein Mensch kann zwar ein solches sein, aber nie kann er all das solches sein, denn ein Mensch kann gerecht sein, ohne weise oder schön zu sein, oder umgekehrt. Im Unterschied dazu kommt all solches der höchsten Natur unbedingt, notwendig und prinzipiell zu, was erst in T7 einsichtig wird. Die zweite Schwierigkeit wäre die Annahme, daß die höchste Natur ein solches schlechthinniges Gutes verfehlen könnte. Die dritte Schwierigkeit wäre die Annahme der Rangordnung innerhalb der schlechthinnigen Güter bzw. der Attribute der höchsten Natur. Von diesen Problemaspekten her ließe sich die sachliche Bedeutung des Satzteils omnino hervorheben, und der genannte Verdacht kann umgekehrt mit dem Hinweis entkräftet werden, daß Anselm in diesem T4 den Vorzug der Gerechtigkeit gegenüber der Weisheit zumindest nicht so explizit befürwortet, daß jene bedingungslos gegenüber dieser besser wäre. So scheint es, daß Anselm den Vorrangkonflikt zwischen den Gütern in diesen Begründungen nicht aus der Perspektive der Wesensprädikate der höchsten Natur entstehen sieht. Ein spezifisches Kriterium für den Vorrang eines Guts ist nicht auf den Träger allein bezogen, sondern enthält selbst schon eine als ursprünglich anzunehmende Verbindung von je höchsten Wesensbegriffen. 31

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F. S. Schmitt, Anselm von Canterbury. Monologion, S. 79.

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2.5.3 Vereinbarkeit mit anderem Maß (T4.3) Das Beispiel bemüht sich, aufzuzeigen, daß ein Gutes nicht immer, d. h. nicht schlechthin, sondern nur unter bestimmten Umständen besser als seine Selbstnegation sein kann. … so ist dennoch das Nicht-Weise nicht schlechthin besser als das Weise. (T4.3)

T4.3 schließt an das oben behandelte Problem an und erläutert, inwiefern eine Deduktion falsch ist, die man aus dem gegebenen Komplikationsfall ableiten könnte. Die Möglichkeit der falschen Beurteilung aus der oben angegebenen Bestimmung, daß ›der nicht weise Gerechte‹ besser als ›der nicht gerechte Weise‹ sei, ist offensichtlich. Wenn dem so wäre, bestünde beim Komplikationsbeispiel die Gefahr einer verkehrten Anwendung der Wesensbestimmung, nämlich aus der Beurteilung, daß der nicht weise Gerechte besser als der weise Nicht-Gerechte ist, die Schlußfolgerung zu ziehen, daß der nicht Weise prinzipiell (schlechthin bzw. omnino) besser (melius) als der Weise wäre, was aber falsch ist. Also ist der Nicht-Weise nicht schlechthin oder absolut besser als der Weise (non tamen melius simpliciter non sapiens quam sapiens; T4.3). Anselms weitere Beispiele dafür sind das Wahre, das Gerechte und das Lebende: Das Wahre ist schlechthin besser als das NichtWahre und das Gerechte als das Nicht Gerechte und »es lebt« besser als »es lebt nicht« (similiter omnino melius verum quam non ipsum, id est, quam non verum; et iustum quam non iustum; et vivit quam non vivit; T4–5). Die Denkfigur, die der ersten Bestimmung zugrunde liegt, eine unbedingte Geltung als das Grundelement zu konzipieren, erinnert an die Figur der Prinzipien, die die absolute Gültigkeit für sich beanspruchen. Alle diese positiven Bestimmungen von ipsum wären besser als wenn sie nicht wären. Der Gehalt des Besserseins stellt dabei aber nicht ein drittes Kriterium dar, gemäß dem der Gehalt des Besserseins zu gewinnen wäre, wie es im heteronomen Vergleich der Fall ist. Vielmehr läßt er es aus dem Denken der Möglichkeit erkennbar werden, wenn es nicht wäre, d. h. ein als gut zu betrachtendes ipsum nicht sein würde; oder aus der Beurteilung der Möglichkeit und Unmöglichkeit dessen, was ist oder was nicht ist. Der Vergleich hat insofern den Charakter eines Selbstvergleichs; etwas läßt sich als das, was es ist, nach Maßgabe dieses Wasseins für ein Selbstseinkönnen A

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mit dem, was es nicht ist, vergleichen. Dies bedeutet, daß etwas nur aus dem Vergleich mit sich im Maß seines Selbstseinkönnens eine angemessene, auf es als es selbst bezogene Beurteilungsbestimmung als durchgängig gut zukommen kann. Nach der bisherigen Interpretation liegt der Bestimmung ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ kein formales Kriterium für die Erschließung oder Ableitung der Vollkommenheitsprädikate – selbst ipsum und non ipsum können nicht formal erfaßt werden –, sondern eine anweisende Regel zugrunde, die notwendig in Verbindung mit der reflektierenden Urteilskraft ihre praktische Bedeutung gewinnt.

2.6 ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹ als zweite Bestimmung Textabschnitt (5): Mon 15, I 29, 3–9 Melius autem est in aliquo non ipsum quam ipsum, ut non aurum quam aurum. Nam melius est homini esse non aurum quam aurum, (T5.1)

Besser aber ist in manchem das »Nicht-Es« als das »Es«, wie NichtGold als Gold. Denn besser ist es für den Menschen nicht Gold zu sein als Gold,

quamvis forstitan alicui melius esset aurum esse quam non aurum, ut plumbo. (T5.2)

wenn es auch vielleicht für manches besser wäre Gold zu sein, wie für das Blei.

Cum enim utrumque, scilicet homo et plumbum, sit non aurum; tanto melius aliquid est homo quam aurum, quanto inferioris esset naturae, si esset aurum; (T5.3)

Da nämlich beides, Mensch und Blei, nicht Gold ist, so ist der Mensch etwas um soviel Besseres als das Gold, als er von geringerer Natur wäre, wenn er Gold wäre;

Et plumbum tanto vilius est, quanto pretiosius esset, si aurum esset. (T5.4)

und das Blei um soviel minderwertiger, als es kostbarer wäre, wenn es Gold wäre.

2.6.1 Das begrenzt Gute als Subjectum der Beurteilung (T5.1, T5.2) Mit großer Strukturähnlichkeit wie bei der ersten Bestimmung ›ipsum melius omnino quam non ipsum‹ wird die zweite Bestimmung ›non ipsum in aliquo quam ipsum‹ erläutert. Die Erläuterung beginnt mit der klaren Beurteilung, daß aber in manchen das »Nicht-Es« 140

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Der Wechsel des Verfahrens vom Vergleich zur reflexiven Einteilung

besser als das »es« sei (T5.1). Genannt wird das Beispielpaar, NichtGold und Gold zu sein. Das Maß der Beurteilung, daß nicht-Gold zu sein besser als Gold zu sein sein kann, geht auf die Trägerschaft bzw. das Subjekt zurück, hinsichtlich dessen das Bessersein einer Seiendheit gegenüber ihrer Negation beurteilt wird. Für eine bestimmte Trägerschaft ist nicht-Gold zu sein besser als Gold zu sein. Z. B. kann nicht-Gold zu sein für den Menschen besser sein als Gold zu sein (T5.1). Gold zu sein demonstriert ein naturbedingtes Ding und steht als solches singulär den Menschen gegenüber, ist nicht im Vergleich zu ihm relational für sein Wesen bestimmend (grundlegend). Demnach kann non ipsum im Sinne der Unmöglichkeit hinsichtlich des Besserseins gedacht werden. Die zweite Bestimmung ›non ipsum in aliquo melius quam ipsum‹, muß also so gebildet werden, daß sie mit der ersten nicht überlappt und die Einteilungsglieder sich nicht ausschließen oder in eine Entscheidungskonkurrenz treten. Sonst würde die Einteilung keine Funktion haben. Was sich gemäß der ersten Bestimmung ›ipsum omnino melius quam non ipsum‹ als schlechthin bzw. in jeder Hinsicht für die vernünftige Urteilskraft als besser erzeigt, geht als das Grundlegende für die Entscheidbarkeit logisch vor. Der zweite Absatz (T5.2) versucht, die Eingangsbestimmung, daß vielleicht das »Nicht Es« für einen bestimmten Träger besser als das »Es« sei (T5.1), differenziert zu betrachten. Zuvor hatten wir Personen als Träger, hier ist es das Beispielspaar nicht-Gold und Gold. Gold zu sein wäre für das Blei besser als Blei zu sein (quamvis forstitan alicui melius esset aurum esse quam aurum, ut plumbo). Diese auf ein Subjekt, das Blei, bezogene Beurteilung, die mit der naturbedingten oder natürlichen Seiendheit des Bleis nicht übereinstimmen kann, wird daher nur vermutet. In diesem unmöglichen Fall scheint der Ausdruck ›melius‹ etwas anderes als bei natürlichen, der Art nach erfaßten Dingen, zu bedeuten. Bei diesen bezieht sich melius auf die von ›in aliquo‹ vertretene Trägerschaft selber, während melius bei dem unmöglichen Fall auf ein Subjekt bezogen ist, welches ein Ding in den Vergleich mit einem anderen Ding vom wertschätzenden Subjekt gestellt wird. Hier scheint sich eine werthierarchische Rangordnung anzubieten, die jedoch keine ontologische sein kann, sondern ein Maß aus äußerer Wertschätzung heranträgt, der keine Vernunftverbindlichkeit zugrundeliegt. Im funktionalen Unterschied zum Ausdruck omnino in der erA

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹

sten Bestimmung dient der Ausdruck ›in aliquo‹, der mit dem Ausdruck alicui gleichbedeutend (homini; T5.1, T5.2) als Maßstab der Beurteilung des Besserseins gebraucht wird, zur Verdeutlichung der Abgrenzung des Geltungsbereichs des Besserseins. Dadurch gewinnt die als »unbedingt besser« (omnino melius) zu beurteilende Wesenheit (ipsum) den Charakter der absoluten Gutheit und auf der Begründungsebene die absolute Gültigkeit. Im Unterschied dazu charakterisiert das nur »in einer bestimmten Hinsicht und daher nur bedingt besser« zu beurteilende Wassein in einem Verhalten als etwas, das verschiedene, einander ausschließende Bestimmungen in seinen Verhaltensweisen annehmen kann, die bedingte Gutheit (in aliquo melius). 2.6.2 Die wertschätzende Beurteilung und ihre relative Geltung (T5.3–4) Die beiden Subjekte Mensch und Blei grenzt Anselm nun im ersten Schritt (T5.3) jeweils vom Gold ab: Mensch und Blei sind nicht Gold. Im zweiten Schritt werden Mensch und Gold (T5.3) und dann schließlich Gold und Blei (T5.4) in den Vergleich gestellt; der Mensch ist um soviel besser als das Gold, wie er geringer wäre, wenn er Gold wäre. Das Blei ist soviel minderwertiger, wie es kostbarer wäre, wenn es Gold wäre. Der Maßstab für das Bessersein im Vergleich ist in diesem Verhalten der Beurteilung selbst nicht ein bestimmtes ipsum. Jede Natur ist in einer Hinsicht besser und zugleich in einer andern Hinsicht minder (minior). Die Dinge sind hiermit nur in negativer Form (non ipsum) bestimmt, indem die graduierbare Wesensdifferenz zwischen zwei Dingen wie Mensch und Gold oder Gold und Blei im Vergleich der Seinsart als eine selbständige Größe dargestellt wird, inwiefern eines besser als das andere ist (T5.3–4). Dementsprechend ist die Gutheit oder die Großheit der jeweiligen Seiendheit eines Dinges nur von einem andern Maß her meßbar, das nie durchgängig mit dem Beurteilten selbst identisch und nicht aus ihm entsprungen sein kann. Wie kann jedes Ding, das eindeutig in einer geordneten Wertschätzungsrelation als korrelativ besser und minder erfaßt wird, nicht relativ erfaßt werden? Die Dinge werden von einem auf ihre Werte bezogen urteilenden Subjekt als »minderwertiger und kostbarer« geschätzt (T5.4). Blei ist nach der Wertschätzung der Men142

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Die ausschließende Funktion des Einteilungsverfahrens

schen besser, wenn es Gold wäre, weil Gold für das wertbeurteilende Subjekt wertvoller ist als Blei. Diese Schätzung richtet sich je nach anderen Zwecken und gilt als keine Beurteilung, deren Maß sich aus der Sache selbst bzw. den Dingen in ihrer substantiellen Seiendheit, ihrem ursprünglichen Wesen ergäbe. 32 Alles unbedingt Maßgebliche muß dagegen den Zweck des Gebrauchs vom Grund des Seinkönnens als es selbst her bestimmen. Hinsichtlich der Naturdinge, wie Gold und Blei, kann keine gemeinsame Wesenheit das Maß aus ihrem Sein geben; darum gibt es keine unbedingt gültige Beurteilung ihrer Gutheit. Eine derartige Schätzung einzelner Dinge als gut bleibt darum immer relativ, wird nie die positive Form ihres Maßes im Unbedingten gründen. Darum spricht Anselm vom nicht-solches Sein der Dinge (non ipsum), die als Beispiele dann auch beliebig gewählt werden können. Die Größe der Seiendheit ist daher eine negative Größe des Guten im Bereich der naturbedingten Seiendheit der einzelnen Dinge. Diese negative Größe ist insofern eine relative. Anselm scheint innerhalb der zweiten Bestimmung, in der keine Beurteilung der Wesenheit, sondern die Wertschätzung der Dinge zugrunde liegt, keinen identitätsbedingenden Vergleich zuzulassen, die Schätzungsrelation hat keine Bedeutung der Selbstgemäßheit. Das wertschätzende Verhalten kann darum auch kein tragendes Prinzip für die Bildung der Wesenserkenntnis der höchsten Natur ergeben. Es ist von der Reflexionserkenntnis des vernunftgemäßen Maßes der Urteilskraft durchgängig zu unterscheiden.

2.7 Die ausschließende Funktion des Einteilungsverfahrens Textabschnitt (6): Mon 15, I 29, 10–15 Patet autem ex eo quod summa natura sic intelligi potest non summa, ut nec summum omnino melius sit quam non summum, nec non summum alicui melius quam summum: (T6.1)

Daraus aber, daß die höchste Natur in der Art als nicht-höchste verstanden werden kann, daß weder das Höchste durchaus besser ist als das Nicht-Höchste, noch das Nicht-Höchste für etwas besser ist als das Höchste, erhellt,

Darum kann der mögliche Einwand, daß Anselm damit inkonsequent bezüglich seines Anspruchs auf nicht relative Begriffe wäre, zurückgewiesen werden.

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹ Multa relativa esse, quae nequaquam hac contineantur divisione. (T6.2)

daß es viele Beziehungsdinge gibt, die in keiner Weise in dieser Einteilung enthalten sind.

Utrum vero aliqua contineantur, inquirere supersedeo, cum ad propositum sufficiat, quod de illis notum est: nullum scilicet eorum designare simplicem summae naturae substantiam. (T6.3)

Ob aber einige darin enthalten sind, erspare ich mir zu untersuchen, da für den Zweck genügt, was von ihnen bekannt ist, daß nämlich keines von ihnen das einfache Wesen der höchsten Natur bezeichnet.

Im Anschluß an die Erläuterungen der eingeteilten Bestimmungen in T4 und 5 vergewissert Anselm im folgenden T6, daß der Begriff des Höchsten nicht in den beiden eingeteilten Bestimmungen enthalten ist. In der Art, wie es für den Menschen nicht besser ist, Gold zu sein, wenn man vom Begriff des Goldes als etwas selbst ausgeht, wäre es für ihn nicht besser die höchste Natur zu sein und diese wäre nicht das höchste: immer geht es um das »für etwas« besser. Also hat die Wesensbestimmung der höchsten Natur, die als solche in jeder Hinsicht das bessere als nicht sie selbst ist, nicht die Form eines Gutseienden für, nicht die eines Zwecks für etwas. Der Vergleich wird nicht nach Kriterien von Zweckmäßigkeit entschieden, sondern nach dem Grund als Maß und dem Maß als Grund – in der Vergleichbarkeit nach der Vergleichungskraft selbst. So gibt es vieles, was in Bezüglichkeit (für etwas) beurteilt werden kann, das in einer solchen Einteilung von a) ipsum omnium und b) non ipsum in aliquo gar nicht enthalten ist. Keines von ihnen aber kann das einfache Wesen der höchsten Natur bezeichnen, denn mögen einige enthalten sein, dann nur als zu b), nie aber zu a) gehörig. Die bloße Höchstheit, wie das Beispiel von Blei als Gold zeigt, das minderwertiger (für seine Zwecke untauglicher) ist, wie es kostbarer wäre, wenn es Gold wäre, gibt kein durchgängiges Kriterium für das Besser ab, so daß weder das Höchste durchaus besser ist als das Nicht-Höchste, noch das Nicht-Höchste für etwas besser ist als das Höchste. Man muß in der Lektüre dieser Sätze das Höchste mit Tauglichkeit für, mit Wertigkeit und Kostbarkeit in Verbindung halten, wie es die Beispielvergleiche ausdeuteten. Anselms nachträgliche Nennung, welches Verfahren er angewendet hat, nämlich die Einteilung (divisio T6.2) ist umso bemer144

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›quidquid ipsum melius quam non ipsum‹ als hchste Wesenheit

kenswerter, als er hier das einzige Mal im »Monologion« seine eigene Methode mit dem Begriff der Einteilung kenntlich macht.

2.8 ›quidquid ipsum melius quam non ipsum‹ in der Bestimmung der hchsten Wesenheit Textabschnitt (7): Mon 15, I 29, 15–21 Cum igitur quidquid aliud est, si singula displiciantur, aut sit melius quam non ipsum, aut non ipsum in aliquo sit melius quam ipsum; (7.1)

Da nun was immer es sonst noch gibt, wenn das einzelne unterschieden wird, entweder besser ist als das »Nicht-Es« oder das »Nicht-Es« in irgendeinem Stücke besser ist als das »Es«:

Sicut nefas est putare quod substantia supremae naturae sit aliquid, quo melius sit aliquomodo non ipsum, sic necesse est ut sit, quidquid omnino melius est quam non ipsum. (7.2)

Sowie es Frevel ist zu meinen, daß die Wesenheit der höchsten Natur etwas sei, dem gegenüber das Nicht-Es irgendwie besser wäre, so ist es notwendig, daß sie all das sei, was durchaus besser ist als das Nicht-Es.

Illa enim sola est qua penitus nihil est melius, et quae melior est omnibus quae non sunt, quod ipsa est. (7.3)

Denn sie allein ist es, über der es gar nichts Besseres gibt und die besser ist als alles, was nicht ist, was sie ist.

Es scheint nun ein Argument dafür aufgebaut zu werden, daß die Wesenheit der höchsten Natur all das sei, was durchaus besser ist als das Nicht-Es. Im Unterschied zur bisherigen ›melius ispsum‹ Formulierung, die von einem ›ipsum‹ ausging und die Durchgängigkeit dieses Wasseins angab, fällt nun das all das (quidquid) auf, das die Gedanken auf eine Allheit von einzelnen Washeiten oder Wesenheiten lenkt, die in einer Mehrzahl das jeweils als eines erfüllen können, was als höchste Natur doch nach bisheriger Einsicht nur eine sein kann. Um zu diesem Denken in einer Mehrzahl von Begriffen zu kommen, die in substantieller Bedeutung das Durchgängigkeitskriterium des ›melius ipsum‹ erfüllen, spielt die Einzelheit eine entscheidende Rolle: wenn das einzelne unterschieden wird. (T7.1). Auf die Beziehungsdinge als einzelne hin wurde ihre Einteilbarkeit in den Überlegungen zu Gold, Mensch und Blei befragt. Von der Art der Wesenheit dieser Einzeldinge kann die Wesenheit der höchsten Natur nicht sein: mit dieser Einsicht treten die Einzelheiten der Beziehungsdinge in den Bereich all dessen, was sie A

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹

nicht ist: besser ist als alles, was nicht ist, was sie ist (T7.3). Umgekehrt heißt das, daß das ipsum in der Unterscheidung nur gegen seine Negation in seinem Was nicht durch einen Allgemeinbegriff bestimmt wird, dessen Bezug auf Einzelheit eine Allheit von Wesensbegriffen der gleichen Art zu denken gibt – nicht von einzelnen Dingen, denn das wurde zuvor ausgeschlossen. Wesenheit der höchsten Natur wird als ›all das solches zu sein schlechthin besser als nicht solches zu sein‹ (quidquid melius omnino ipsum quam non ipsum; T7–2) angemessen begriffen und stellt dem Begreifen schon das in den folgenden Kapitel K16 und 17 aufzunehmende Problem. Im direkt anschließenden T8.1 wird unter das ausgeschlossene Einzelne, gegen das die einfache Substanz in ihrem Was abzugrenzen ist, auch alles Körperliche begriffen (T8.1). Gegenüber dem Körper ist der vernünftige Geist das Bessere, und damit wird auch Vernunft und Geist als Wesen der höchsten Natur im Verhältnis zum Körperlichen als besser unterschieden und damit in ihr Selbstsein als Wesensbestimmung eingetragen, die das bezeichnen und zu erkennen geben können, was »durchaus besser ist als das Nicht-Es.« Denn über dem allen gibt es etwas Besseres, das nicht ist, was das ist (T8.1). Die Unterscheidung von Es im Verhältnis zum nichtEs ist von anderer Art als die Unterscheidungsweise gegenüber den Einzeldingen als körperliche. Sie ist von der Art einer Vernunftunterscheidung, die sich in ihrer Art zugleich von der Unterscheidungsart den körperlichen Dingen gegenüber unterscheidend begreifen lassen muß. Diese andersartige Unterscheidungskraft läßt sich als die identifizieren, die sowohl das Bessere vom Schlechteren, als auch ihr Verfahren vom Verfahren der Wahrnehmungsurteile unterscheiden kann. Also gehört sie der praktischen Vernunftentscheidung und der reflexiven Urteilskraft an, mit der das je Bessere als durchgängig besser erkannt wird, und, da sie die Kraft überhaupt ist, gut und nicht-gut unterscheiden zu können, muß sie in ihrem Vermögensgrund und in ihrem Vermögensmaß selbst als dem zugehörig erachtet werden, was unbedingt für gut erachtet werden kann. Sonst ist keine Erachtung des Gutseins als unbedingt gut möglich. Während es für das Gute selbst tautologisch wäre, von ihm zu sagen, daß es durchgängig besser ist, als nicht es, wird so erwiesen, daß es mehr als nur der Begriff des Guten (oder der Güte) sein muß, in dem sich die höchste Natur als das Gute selbst identifiziert und identifizieren läßt. Zu diesem Mehr an Begrifflichkeit gehören dann notwendig Begriffe von Beurteilungsvermögen. 146

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›quidquid ipsum melius quam non ipsum‹ als hchste Wesenheit

Es geht hier aber zunächst noch um die Struktur, daß der Vergleich, was höchste Natur und nicht höchste Natur anderer Dinge sei, mit herangezogen wird, um zur Mehrzahl im Begreifen des Wasseins als höchste Natur zu kommen. Die Vielheit im Begreifen desselben kann sich so nicht als Ziel, sondern unvermeidliches Problem darstellen. Darum schließt der Gebrauch des ›melius ipsum‹ Kriteriums die Wesenserkenntnis nicht ab, sondern eröffnet die Bildungsbewegung der Vermögen des Geistes in der Gotteserkenntnis. Im durch das Beurteilungsverhalten mitgetragenen Verhältnis von ipsum und non ipsum handelt es es sich um einen die Urteilskraft entscheidend einbindenden Selbstvergleich, nicht um einen Vergleich zwischen etwas und anderem, vielmehr um ein Identitätsverhalten mit der bedrohlichen Möglichkeit der vernichtenden Andersheit als es selbst, die allein für die Selbstseinsweise der höchsten Natur sich durch sie selbst ausschließt und so die Idee der Urteilskraft als unbedingtes Maß in Entschiedenheit mit in die einsehbare Maßgeltung ihrer »natürlichen Wesenheit« gibt. K15 legt hier die Grundlagen für die in K27 ff. durchzuführenden Erörterungen zum Allgemeinen und Einzelnen der Substanz und ihrer verfehlten Alternative für die einfache als individuelle Substanz als Geist. Gesichert, daß der höchsten Natur jede (quidquid) in der ersten Bestimmung erfaßbaren Seiendheit zukommt, wird hier entscheidend, daß es in der Frage der Wesenheit der höchsten Natur überhaupt zu einer Vielheit und Allheit, aber nicht des Seienden, sondern dessen, was es als es selbst sein kann, kommt. Dies entsteht aus dem noch einmal aufgenommenen Vergleich zwischen der höchsten Natur und den Dingen in ihren nicht-höchsten Naturen. Wären sie wirklich in ihrer Einzelheit als körperliche mit ihr vergleichbar, dann würde eines der Dinge, die nicht die höchste Natur sind, in irgendeinem Punkt besser sein können als die höchste Natur.

Um die Einzigkeit der höchsten Natur im Denken zu weisen, lassen sich tautologische Momente nicht vermeiden, doch tragen sie das Vergleichsverhalten nicht, verweisen nur auf das Einfache der Identität, die darum als Verhalten der Einbindung der mehrzahlig sich ergebenden Wesensbegriffe bedarf, die ohne die Reflexion des Beurteilungsverhaltens für das geistige Sein in Unterscheidung und Vergleich nicht gelingen kann. Ihre Gutheit ist in der Art einzig, daß sie im Vergleich mit allem besser ist, was sie nicht ist; allein das, was besser als alles, was sie nicht ist, was sie ist (T7.3). Sie kann und muß nicht nur das Eine sein, als das sie (nach dieser Natur) die höchste Natur ist, sondern sie muß A

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹

dies in Bezug auf all das sein, was mit dem Sein als Grund für alles, was als etwas selbst sein und als wohl zu sein geachtet sein kann, notwendig verbunden ist. Als solche ist sie als Grund und Ursprung und Maß im Bedingungsverhältnis mit Vernunft zu erschließen. Darum muß sie als unbedingt besser als alles, was sie nicht ist, erkannt werden und darf als das höchste Gute (summum bonum) (T7.3) uneingeschränkt geachtet sein. Als das einzige Bessere von allem, läßt sie sich als summa bezeichnen, so daß der Rückgriff auf den Begriff summum ab T6.1 nicht nur die Rechtfertigung des Einteilungsverfahrens beinhaltet, sondern auch als Erweis dessen zu gelten hat, daß die Benennung der höchsten Natur summum omnium und summum bonum (T7.3) gerechtfertigt ist, wie es in T 2 vorbereitet wurde. Ohne summum ist keine Singularität in den durch das Kriterium erschlossenen Begriffen sie verbindend festzuhalten, die es in einer Vielheit von Namen nennen. Auffallend ist, daß in der Wesensbestimmung all das (quidquid), solches zu sein schlechthin besser ist als nicht solches zu sein (T7–2), die Bezeichnung als quidquid gebraucht wird. Dies bedeutet, daß nur ein jedes als solches für sich selbst erachtet werden kann, aber es keine Möglichkeit gibt, sie alle in einem Begriff zusammenzufassen, darin sie als einzelne gemeinschaftlich gefaßt wären. Wenn wir von Wesenheiten, Washeiten, Bestimmungen, Eigenschaften oder Naturen reden, sprechen wir die höchste Natur nicht angemessen an und sagen wir nicht ihr entsprechend aus. Für uns heißt das, es kann nicht das Aussagevermögen sein, das ihr Maß in Entsprechung annimmt (K66). Vernunft und Urteilskraft aber können um ihrer Vermögen willen gar nicht den Anspruch der Entsprechung mit dem für sie unbedingt Maßgeblichen aussetzen und in ihr Unvermögen stellen. Jedes, was als solches in der oben genannten Struktur der ersten eingeteilten Bestimmung der Beurteilung im Begriff als Höchstes erfaßt wird und nur in Anreihung aufgezählt werden kann (T8.4), gibt sich in das Maßgebliche ein, das als eines nur in einer Einstimmungsaufgabe, die sich den Vermögen der Seele in ihrer geistigen Entscheidungskraft stellt, angenommen werden kann. Sie alle sind als im Grunde maßgebend einander ähnlich und doch bilden sie keine einheitliche Begriffsstruktur, die für sie alle wieder allgemeinbegriffsbildend gebraucht werden kann. Auch das ›melius ipsum quam non ipsum‹ ist als Struktur der entscheidenden Beurteilung zwar auf alles bezogen, hat sie zu ihren erfüllenden Bedingungen. 148

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Die Wesensprdikate der hchsten Natur

Was aber die entsprechende Weise des Selbstseins ist, kann nur in der Mitverantwortung für die Einstimmung in Wahrung der Vermögen gegen das Unvermögen eingesehen werden.

2.9 Die Wesensprdikate der hchsten Natur Textabschnitt (8): Mon 15, I 29, 21–33 Non est igitur corpus vel aliquid eorum, quae corporei sensus discernunt. Quippe his omnibus melius est aliquid, quod non est quod ipsa sunt. (T8.1)

Sie ist also nicht Körper oder etwas von dem, was die körperlichen Sinne unterscheiden. Denn über dem allen gibt es etwas Besseres, das nicht ist, was das ist.

Mens enim rationalis, quae nullo corporeo sensu quid vel qualis vel quanta sit percipitur: quanto minor esset, si esset aliquid eorum quae corporeis sensibus subiacent, tanto maior est quam quodlibet eorum. (T8.2)

Je geringer nämlich der vernünftige Geist wäre, der durch keinen körperlichen Sinn in seiner Wesenheit oder Beschaffenheit oder Größe erfaßt wird, wenn er etwas von dem wäre, was den körperlichen Sinnen unterworfen ist, um so größer ist er als irgend etwas davon.

Penitus enim ipsa summa essentia tacenda est esse aliquid eorum quibus est aliquid, quod non est, quod ipsa sunt, superius; et est omnino, sicut ratio docet, dicenda sunt, quodlibet eorum, quibus est omne quod non est, quod ipsa sunt, inferius. (T8.3)

Denn durchaus ist davon zu schweigen, daß die höchste Wesenheit etwas von dem sei, dem gegenüber etwas, das nicht ist, was es ist, höher ist; und es ist, wie die Vernunft lehrt, von ihr durchaus zu bejahen, daß sie ein jegliches von dem ist, dem gegenüber alles, was nicht ist, was es ist, niedriger ist.

Quare necesse est eam esse viventum, sapientem, potentem et omnipotentem, veram, iustam, beatam, aeternam, et quidquid similiter absolute melius est quam non ipsum. (T8.4)

Deshalb ist es notwendig, daß sie lebend, weise, mächtig und allmächtig, wahr, gerecht, selig und ewig ist und was immer ähnlich unbedingt besser ist als das »Nicht-Es«.

Quid ergo quaeratur amplius, quid summa illa sit natura, si manifestum est quid omnium sit aut quid non sit? (T8.5)

Was soll also noch weiter gefragt werden, was diese höchste Natur ist, wenn es offensichtlich ist, was von allem sie ist oder was sie nicht ist?

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹

2.9.1 Der Geist als sich selbst erkennende Urteilskraft Es ist der vernünftige Geist, der hier die Erkenntnis durch die ›melius ipsum‹ Beurteilung trägt und ihre Bedenken, Erwägungen und Begründungen durchführt. Als solcher tritt er selbst für das ein, was je als ipsum, als Selbstsein des Wesens anzuerkennen ist. Denn die Idee als Maß ist nur in solchem Beurteilungsgedanken anwesend und kann in Geltung gehalten werden: er muß in geltend gemachter Entscheidung der Beurteilung seine Selbstangemessenheit in das einbeziehen, was zur höchsten Natur gehört und zwar in der Form, wie ein jegliches von dem ist, dem gegenüber alles, was nicht ist, was es ist, niedriger ist. Der Geist kann in dieser Erkenntnis, wo sie richtig ist, weder nicht sich selbst sein, noch kann er sie selbst nicht sein, ohne die Richtigkeit zu verlieren und das Maß seiner Urteilskraft preiszugeben. Er muß sich zurechnend als ähnlich verhalten und sich dafür und so die höchste Natur als Geist halten. Diese notwendige Identifikation bleibt als ein Vollzug der Beurteilung im ›besser selbst als nicht es selbst‹ mit dieser Durchgängigkeit an die Unterscheidung von den Unterscheidungsarten zwischen Dingen in Raum und Zeit gebunden: Nicht sofern es die Unterscheidung in actu von Körpern wäre, aber doch in Wahrung der Unterscheidungsvermögen diesen gegenüber. Denn sonst wäre diese Unterscheidung der Unterscheidungsvermögen in theoretische und praktische Arten nicht möglich, diese selbst aber keine theoretische Einteilung sein kann, deren Möglichkeit zu erwägen ist, sondern hier in actu statthat. Darum wird in das ›melius ipsum‹ Argument das Besser-Sein des Geistes in diesem seinem Vernunftverhalten gegenüber dem durch körperliche Sinne Erfassbaren eingetragen. Mit der Einsicht in das, was ›durchaus besser ist es zu sein als es nicht zu sein‹, ist für den Geist die Selbstachtung als besser erkannt, als daß er Körper wäre oder die Unterscheidungsvermögen der körperbezogenen Sinne unterschiedslos für sich selbst und für die höchste Wesenheit gebrauchte. Das Kriterium dieses Besser ist nichts als die Selbstangemessenheit als Vermögen: hier der des Geistes bzw. der geistigen Vermögen der Seele. Das Denken kann in Vernunft selbstangemessen nie anders urteilen. Sie muß sich als zum Geist selbst notwendig gehörend erkennen können. Als beurteilt und in Begriffen nennend erkannt, ist die höchste Wesenheit nie dasselbe wie das sie Beurteilende. Dieses könnte die 150

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Die Wesensprdikate der hchsten Natur

Angemessenheit der Nennung aber nicht wahren, wenn sie sich nicht als in sie einbegreifend und einbegriffen erachten könnte: sie muß sich als ähnlich verhalten und in ihr den Ursprung des eigenen, nur mit Unterscheidung von noesis und dianoia im Vollzug der Ausübung von erkennender Urteilskraft erkennbaren Vermögens als leitend angenommen haben. Dieses erkennende Annehmen ist nur im Mitvollzug der Selbsterkenntnis mit einer ›correctio‹ gegenüber der Verwechslung von Unterscheidungsvielheit von gegebener Vielheit und jenem gedenkbar, was sich als allgemein nur mit der Beurteilungsentgegensetzung von Selbstgemäßem und Ungemäßheit für es umgrenzen läßt. Die Selbstheit, auf die das ispum geht, ist darum allgemein nur in dieser bezugnehmenden Entgegensetzung in der beurteilend zugleich auch sich selbst einteilend erkennenden Vernunft. Sie ist mit Unterscheidung gegenüber der Einzelheitsform der Dinge in Raum und Zeit als Körper nur einzeln und muß in Identifikation der Urteilskraft in actu auch Handlung sein. Darum ist sie einzeln als Geist zu erkennen, wie K26 dann festhält, und zwar mit und im Vollzug der Urteilskraft und der Erkenntnis und als Ebenbild und in Ähnlichkeit mit dem, was es zu erkennen gibt, was in Selbstkorrektur der Fehlhaltungen der Unterscheidung in abzählbar Vielen (der unbegreifliche Mehrheit, K43 33 ) sich ausbildet. Weil es durchaus besser ist, dies zu sein als nicht es, ist es besser auch als das, was nicht so verfasst ist, daß es durchaus besser wäre, als daß es nicht es wäre. Anselm verlangt hier eine Unterscheidung der Beurteilungsart des ›besser-‹ oder ›nicht besser-Seins‹ gegenüber der Beurteilungsart im reflektierenden Gebrauch der Urteilskraft. In der ersten werden Dinge nach Maßgaben von Nützlichkeit im Vergleich mit anderem »bewertet« (in technisch-praktischer Beurteilung), während die letztere der geistigen Vernunfterkenntnis zugehört, deren Einsichtsvermögen eine Besinnung auf das Maß beinhaltet. Aber ohne Selbstangemessenheit und Entsprechungsanspruch kann das Einsichtsvermögen Maß als das ihre gar nicht für angenommen halten. Ohne diese Annahme könnte sie auch keinen Ursprung als den ihren denken. Deshalb ist es notwendig, daß die höchste Natur lebend, weise

Mon 43, I 59,15–16: Inventis tot et tantis singulorum proprietatibus, quibus mira quaedam tam ineffabilis quam inevitabilis in summa unitate probatur esse pluralitas (…).

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Die Wesensbestimmung der hchsten Natur ›melius ipsum quam non ipsum‹

und was immer ähnlich unbedingt besser ist als das »Nicht-Es« (vgl. K31). 2.9.2 Die Selbstgemäßheit und Strukturen der Negation (T8.1–3) Die höchste Natur ist nicht der Körper, da es über dem Körper etwas Besseres gibt (T8.1) aus dem bereits in T7 erwiesenen Grund, daß sie als das Beste über sich nichts Besseres haben kann (T7.3). Die Höchstheit ihrer Gutheit kann nur hinsichtlich der Gesamtheit der Seiendheit als der Einheit als solche gedacht werden. Das eingeführte Argument, daß Washeit (quid), Eigenschaft (qualis) und Größe (quanta) des vernünftigen Geistes nicht von den körperlichen Sinnen erfaßt werden (T8.2), besagt, daß der Körper im Vergleich mit den Seelenvermögen für den Selbstvergleich im Begriff und nicht als Vergleich mit guten und schönen Körpern und bösen Absichten, sondern im Seienden, das grundlegend selbst zu sein – Körper zu sein und Geist zu sein – gewürdigt ist. Das umso-größer Sein (quanto (…) tanto maior) dessen, was der vernünftige Geist 34 wäre (T8.2), entspinnt sich daraus, daß ein Geist die Eigenschaft hat, geringer zu werden, je stärker er sich den körperlichen Momenten unterwirft. Dann muß er als er selbst größer sein als das, durch dessen Teilhabe er geringer wird, d. h. weniger schätzungswürdig. Durch die mehrfache Negation (T8.2) ist der Gedanke nicht leicht faßlich. Welchen Grund gibt es für diesen Argumentstil, für die Bestimmungsverfahren durch Negationen und den Einbezug Der vernünftige Geist (mens rationalis), der schon in K1 als Vernunft des Geistes (ratio mentis) genannt wurde, die die Verschiedenheit der Dinge zu unterscheiden vermag, gehört jetzt selbst zu den geschaffenen Dingen, die innerhalb des Bereichs der Geschaffenen als höchste anzusehen sind. Bevor Anselm die Gottebenbildlichkeit des vernünftigen Geistes – später in K65 – zugrunde legt, begründet er schon hier, daß jener innerhalb der geschaffenen Dinge das Höchste ist, über dem es kein Größeres geben kann. Jedoch kann in diesem Schritt nicht zugleich unmittelbar erwiesen werden, daß die höchste Natur Geist wäre, der innerhalb der Schöpfung zwar die höchste Seiendheit ist, aber dennoch der Schöpfung gehört. Darum expliziert Anselm an dieser Stelle nicht, daß die höchste Natur der Geist wäre. Dies kann erst auf der hier erreichten Grundlage, daß der Geist höher bzw. besser als der Körper ist, und auf dem noch zu entfaltenden Ursprungsgedanken, daß der vernünftige Geist das höchste Abbild (similitudo) von ihr ist, einsichtig werden, daß sie notwendig der Geist (spiritus) – und zwar aufgrund ihrer Einzigkeit ein individueller Geist ist und dementsprechend läßt sie dann als der höchste Geist (summus spiritus) gedacht werden (K27), siehe unten 3.2.5.1.

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Die Wesensprdikate der hchsten Natur

der mitzubedenkenden Alternative? Daß die Darstellung mit einer doppelten Negation arbeitet, ohne im Verstandesverhalten zu verbleiben, sondern der Beurteilungsentscheidung nur durch Vernunft das Feld bereitet, ist methodisch nicht zu vernachlässigen. Auch wäre es zu einfach zu sagen, daß es sich hier um Rangstufungen von Seinsgraden handeln würde. Was immer es sonst noch gibt (quidquid quae sunt), ist mit dem Kriterium von ›melius ipsum quam non ipsum‹ kombiniert und steht als besser oder schlechter im Verhältnis zu anderem in der Beurteilung. Die höchste Wesenheit kann demnach nicht als etwas erfaßt werden, dem gegenüber ein ›nicht solches zu sein‹ als höher zu denken ist (T8.3). Es ist von ihr durchaus zu bejahen, daß sie ein jegliches von dem ist, dem gegenüber alles, was (die höchste Natur) nicht ist, was es ist, niedriger ist. Wenn besser zu sein als nicht selbst zu sein, die Wahrheit ist, dann ist das, was niedriger ist als sie, etwas, was nicht wahr ist, aber wahr zu sein den Anspruch erhebt, also scheint. 35 . Eingebettet in das Verhalten des höher und niederer Schätzens ist, wie die Vernunft lehrt (T8.3), durchaus zu bejahen, daß sie ein jegliches von dem ist, gegenüber dem alles, was nicht ist, was sie ist, niedriger ist. Das unbedingt zu Bejahende muß die Verfassung einer Selbstgemäßheit oder Selbstgleichheit haben: eine Seiendheit, daß sie ist, was sie ist; und nicht ist, was sie nicht ist. Während das niedriger zu schätzen ist, und eben nicht zu bejahen ist, was nicht ist, was es ist. Das zu sein, was es in Selbstgemäßheit ist und sein kann, ist unbedingt zu bejahen, doch findet das selbstbewußte Bejahen nur entgegen der Unselbstgemäßheit als dem sich selbst Widerstreitenden statt, das in der Tat nicht zu bejahen sein kann, weil es den Identitätsbedingungen der Beurteilbarkeit und Denkbarkeit als es selbst widerstreitet. Diese Struktur, was nicht ist, was es ist (demgegenüber etwas, das nicht ist, was es ist; T8.3), ergibt die Formulierungen für das, dem gegenüber die Entgegensetzung stattfindet. Die Selbstgemäßheit wird hier nicht als solche ausgesagt, sondern bejaht und in bejahenEs ist eine Weise des nicht sich selbst Entsprechens, weil das ›nicht wahr Sein‹ nur innerhalb des Scheins (Anscheins) von Wahrheit auftreten kann. Es muß also eine Scheinform beinhalten. Alle Weisen des nicht das sein, was es ist, sind Weisen des Scheinhaften, des Trügerischen, des sich selbst Widerstreitenden – es muß alles teilhaben an der Wahrheit als eine seiner Bestimmungen.

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der Beurteilung gegen das Nichtselbstseinkönnen vollzogen. Im Vergleichsmaß wird das Vermögen, selbst zu sein, für die Gemäßheit bedingungstiftend. Das Entsprechende, das sein Maß in der Angemessenheit seiner Beurteilung selbst zu erkennen gibt, ist notwendig höher als das, was sich selbst nicht entspricht und so aus sich keine Berichtigung für eine Orientierung geben kann, also am Maßgeglichen als Vermögen nicht teilhat, keine Ähnlichkeit mit ihm ausbilden kann. Was sich irgend von der höchsten Natur abgrenzt, bezieht sich immer auf die mögliche Vielheit des den körperlichen Dingen unterworfenen Seins (umso größer ist er als irgend etwas davon; T8–2). Darum ist davon zu schweigen, daß sie etwas von denen sei, denen gegenüber etwas höher ist, was sie nicht ist, was es ist (daß sie etwas von denen sei; T8.3). Sie ist nichts von dem, was sich selbst nicht gemäß ist, was nicht ist, was es ist. Sie kann nicht sein, das niedriger ist als das, was sich nicht selbst entspricht. Was sich nicht selbst entspricht, kann auf keinen Fall höher sein als die höchste Wesenheit, als das Maß, nach dem sich die Entsprechung bemißt. Die Seiendheit als es selbst läßt sich von der Nicht-Seiendheit nur in der Selbstentsprechung scheiden, die ihr zugleich als Maß gilt. Hier findet eine grundlegende Entgegensetzung ähnlich wie im Spruch des Parmenides statt, Seiendes sei als Seiendes und nichtseiendes sei als nichtseiend zu denken. 36 Doch spannt sich ein nicht unbedeutender Weg der Methodenreflexion zur Erkenntnis der Vermögensbedingungen hin zu Anselm auf. Der Gedanke der Selbstentsprechung läßt sich von der Maßgeltung her auch mit dem des Sollens (debere) verbinden, das Anselm zwar im »Monologion« noch anspricht, aber erst in »De veritate« entfaltet. 37 2.9.3 Die Erschließung der Wesensprädikate aus dem ›melius ipsum‹ (T8.4–5) Im letzten Absatz T 8.4 wird endgültig erreicht, die Wesensprädikate der höchsten Natur begrifflich zu erschließen. Anselm zählt acht WeParmenides, DK 28 B4. K. Held sieht einen parmenideischen Ansatz im Begriff Gottes des »Proslogion« als etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann, vgl. ders., Zur Vorgeschichte des ontologischen Gottesbeweises. Anselm und Parmenides. 37 Zum Gedanken des Sollens in »De veritate« und dessen Vorgestalt im Denken der Ähnlichkeit im »Monologion« vgl. unten 3.3.7.4. 36

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sensprädikate beispielhaft auf, die gemäß dem Argumentationsgang aus dem gerade entwickelten Prinzip ›melius ipsum‹ erwiesen werden: die höchste Natur ist lebend, weise, mächtig und allmächtig, wahr, gerecht, selig, und ewig und alles, was immer ähnlich unbedingt besser ist, als das, was »Nicht-Es« ist (eam esse viventem, sapientem, potentem et omnipotentem, veram, iustam, beatam, aeternam, et quidquid similiter absolute melius est quam non ipsum; T8.4). Damit liegen die Wesensprädikate der höchsten Natur vor, welche nicht etwas auf etwas anderes, wie die relativen Prädikate, beziehen, sondern etwas auf sich selbst (ad se) im Maß seiner Selbstentsprechung. 38 Ohne einen weiteren Versuch, die Genese der Ableitung oder der Aufzählung der Wesensprädikate zu erläutern, gibt Anselm zum Schluß des Kapitels zu erkennen, daß die Aufgabe von K15 damit erfüllt sei. So besteht kein Zweifel mehr in der Erkenntnis, was die Wesenheit der höchsten Natur ist und was sie nicht ist. (Quid ergo quaeratur amplius, quid summa illa sit natura, si manifestum est quid omnium sit aut quid non sit; T8.5).

2.10 Ausblick auf die weitere Problematik Mit dem in T8 erreichten Ergebnis kann nun die anfängliche Frage des K15, nämlich welche Prädikate bzw. Namen (nomina), die den geschaffenen Dingen zukommen können, der höchsten Wesenheit zuzusprechen sind (T1, T2), wiederaufgegriffen werden. Daß der höchsten Natur all das (quidquid), solches zu sein, schlechthin besser ist als nicht solches zu sein, wesentlich zukomme, ist aufgrund dessen bereits erwiesen, daß sie das höchste Gute ist, dem nichts Gutes fehlen kann. Die für sie gesuchten Namen bzw. die Wesensprädikate legen wir auch den Dingen bei, wenn wir sie als gerecht, weise, lebend usw. beurteilen. Demnach kann ein aus dem Prinzip ›melius ipsum‹ als entsprechend sich erweisender Wesensbegriff prädikativ gebraucht und univok sowohl von der höchEine Unterscheidung zwischen relativen und an sich betrachteten Prädikaten findet man bei Augustinus, vgl. Augustinus, De trinitate, VII 1.1. [CCSL 50, 244, 4–7]: (…) deus aut magnus aut sapiens aut verus aut omnipotens aut iustus et si quid aliud de deo dici potest, non relative sed ad se ipsum, an vero non dicantur ista nisi cum trinitas intellegitur.

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sten Natur als auch von den geschaffenen Dingen ausgesagt werden. Jedoch kommt diesen jede von ihnen nicht als Wesensbegriff und also nicht notwendig zu, sondern nicht-wesentlich oder kontingenterweise. Betrachtete man die Wesensprädikate, die den Dingen und der höchsten Natur gemeinsam zukommen können, ergibt sich eine Frage, auf die Anselm in K15 nicht eingeht, nämlich inwiefern die in T8 erschlossenen Wesensbestimmungen der höchsten Natur nicht kategorial, d. h. nicht als qualitativ gefaßt, sondern als auf ihre substantielle Seiendheit als diese selbst begründend bezogen sind. Anselm diskutiert dies hier in K15 nicht, sondern im folgenden K16 und weist dort aufgrund der ›durch sich selbst‹ seienden Wesenheit der höchsten Natur auf ihre kategoriale Unaussagbarkeit hin und hebt die Differenz des qualitativen und des substantiellen Aussagemodus in Bezug auf sie auf. Damit erweitert K16 die Ausarbeitung der von K15 gestellten Fragestellung, was die Wesenheit der höchsten Natur sei. Anselm kommt erst mit K27 bis K66 darauf zurück, daß die höchste Natur durch allgemeine Begriffe als Prädikate nicht erkannt werden kann, sondern sie nur in der Urteilsbildung sich zu erkennen gibt, was sie ist und was sie nicht ist.

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Teil III Die Bedeutungen des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis nach seiner Struktur, Funktion und Tragweite Einleitung und Fragestellung Die Aufgabe des vorliegenden Teils III besteht darin, die Bedeutungen des vorläufig als Prinzip bezeichneten aber als solches noch nicht erwiesenen ›melius ipsum quam non ipsum‹ auszuarbeiten. Dies läßt sich, der Argumentationsweise des »Monologion« folgend, in seiner Struktur, seiner Funktion und Tragweite präzisieren. Dementsprechend können drei leitende, aber einander bedingende Bedeutungen des Prinzips für die Gotteserkenntnis unterschieden werden: eine strukturelle (3.1), eine funktionale (3.2) und eine praktische Bedeutung (3.3). In der strukturellen Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ geht es um die Ausarbeitung dessen, welche spezifische Bildungsform dem ›melius ipsum‹ zugrunde liegt. Dabei gilt es aufzuweisen, daß die Form des Prinzips notwendig mit der Realisierung der nicht relativen, selbstbezüglichen Seins- und Bestimmungsweise als etwas verbunden ist. Dies läßt sich besonders aufzeigen durch die logische Strukturanalyse der Wesensbestimmung ›quidquid melius ipsum‹ und des darin zur Geltung kommenden Prinzips des Selbstvergleichs nach dem Kriterium seiner selbst. Innerhalb der funktionalen Bedeutung dieses kriteriell sich strukturierenden Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ zeigt sich, daß es gleichsam als eine Regel zur Erschließung der Wesensbestimmung der höchsten Natur fungiert. Dies läßt sich in Anselms umfangreicher Abhandlung der zugedachten Eigenschaften der höchsten Natur von K15 bis K29 verdeutlichen. Aus der am Ende der Rekonstruktion bereits erwähnten Problematik, wie die ›durch sich selbst‹ seiende höchste Natur und die damit verbundene Identität ihres Seins und Wesens in eine nicht als kategorial erfaßte Bestimmung gebracht werden können, ergibt sich die Frage, welches Verhältnis zwischen der natürlichen Wesenheit und jener der EigenA

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schaftsbestimmung besteht, deren Zuerkennungen sich von kategorialen Prädikationen abgrenzen lassen müssen. In seiner praktischen Bedeutung ist das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Beurteilungsprinzip in der Gotteserkenntnis als praktisch maßgebende Erkenntnis der vernunftbegabten Natur im Anmessungs-, Entscheidungs- und Bildungsverhalten zu charakterisieren. Die Gotteserkenntnis vollzieht sich als praktische Erkenntnis des Ursprungsverhältnisses des Geschaffenen zu seinem Schöpfer. Dabei ist die Wesenheit Gottes einerseits als Maß für die Beurteilung jeden Verstandes der vernunftbegabten Natur und zugleich als Urbild für diese und somit als Maßbild für ihre Ähnlichwerdung mit ihrem Ursprung anzunehmen. Die praktische Bedeutung des Prinzips macht einsichtig, in welchem Sinne der Charakter der in der funktionalen Bedeutung herausgestellten Regel des Prinzips ›melius ipsum‹ zu verstehen ist. Insofern läßt es sich nicht auf die Funktion der Erschließung der Wesensprädikate Gottes einschränken. Vielmehr ist seine Tragkraft in den gesamten Horizont der Möglichkeit der Gotteserkenntnis in praktischer Selbsterkenntnis für die vernunftbegabte Natur einzubeziehen. Dementsprechend ruht die Darstellung der praktischen Bedeutung des Prinzips auf dem bisher Erreichten in K1 bis K29 als Vernunftgedächtnis auf und spannt sich zum Ganzen des »Monologion« als geistiges Werk in bildender Bedeutung für die geistigen Vermögen hin. Nur mit dem Bildungswerk des Geistes bildet sich für die Vernunfteinsicht eine Gotteserkenntnis, die dem Gedanken an das Unbedingte und Ursprüngliche seinen in der Anmessung verhaltensbedeutsamen Gehalt gibt. Anhand der Erläuterung zu K30 bis 39 und von K63 bis zum letzten Kapitel K80 wird dem Denken des Ursprungs als dem schöpferischen Sprechen und dem Wort des höchsten Geists im sich selbst Sprechen in seiner urbildlichen Bildung mit den Mitteln zu folgen sein, die dem Denkvermögen der Vernunft zu Gebote stehen. Die unterscheidbaren Momente, die das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ strukturieren, bilden eine komplexe Verfassung im Denkverhalten zur Erkenntnis der Wesensbestimmung im Gottesbegriff. Das folgende Einteilungsbild soll in einer eher heuristischen Weise veranschaulichen, wie die verschiedenen Gedanken des »Monologion« in einer einzigen Formulierung als Prinzip des ›melius ipsum‹ sich zusammenfügen und wie ihre Einheit wiederum durch dieses Prinzip zum Ausdruck gebracht wird. Die hier angegebene 158

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Einleitung und Fragestellung

schematische Darstellung diente der Arbeit zur Erschließung der Fragezusammenhänge und soll hier wiedergegeben sein; sie kann keine abschließende Antwort erteilen. Einteilungsbild des Prinzipiengefüges im ›melius ipsum quam non ipsum‹

des vernünftigen Geschöpfes

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Die hochgestellten Buchstaben, wie S;F;P entsprechen den Anfangsbuchstaben der strukturellen, funktionalen und praktischen Bedeutung des Prinzips und bedeuteten, daß der so bezeichnete Sachverhalt innerhalb der entsprechenden Bedeutung behandelt und erläutert wird. Zum Beispiel bedeutet das SelbstverhältnisS, daß der Ansatz des Selbstverhältnisses unter der strukturellen Bedeutung näher erläutert wird. Oder es bedeutet mens rationalisP, daß der Begriff der ›mens rationalis‹ unter der praktischen Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum‹ untersucht wird.

3.1 Die strukturelle Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung 3.1.1 Aufgabe In der gesamten Argumentation des »Monologion« ist die Tendenz in einem Bogen bis zu K15 zu erkennen, daß eine von oder aus der Natur der höchsten Natur begründete Höchstheit zugleich das Maßgebliche im Beurteilungsverhalten dessen sein muß, der hochschätzt, der etwas als gut beurteilt bzw. für besser erachtet. In K15 wurde bereits deutlich, daß die substantielle Seiendheit nur auf sich selbst, aber nicht auf etwas anderes bezogen bestimmt werden kann, so daß sie in der Struktur des Selbstvergleichs sich bestimmt zeigt. Damit ist zwar auf die Struktur und die Formbildung des Prinzips im ganzen hingewiesen, aber die Frage offen geblieben, warum das Prinzip in einer solch ungewöhnlichen Form sich formuliert, d. h. ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Form des Prinzips und der inhaltlichen Bestimmung der Wesenheit Gottes besteht und ihre Funktion für die einsichtige Erschließung in unbedingte Geltung unersetzlich ist. Im Folgenden sollen diese Fragen einerseits anhand der Betrachtung und des Vergleichs verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten, die Anselm-Interpreten bieten (3.1.2), und anderseits mit Hilfe der Analyse der strukturellen Form des Prinzips (3.1.3) ausgearbeitet und, soweit möglich, beantwortet werden.

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

3.1.2 Übersetzungen von ›melius omnino ipsum quam non ipsum‹ 3.1.2.1 Die Vorschläge der Anselm-Interpreten Nicht nur wegen der ungewöhnlichen Form der Bestimmung, sondern auch wegen der Satzteile wie ipsum, omnino und in aliquo, denen jeweils eine besondere Funktion zugeschrieben sind, enthält jede Übersetzung schon ihre eigene Interpretation. Innerhalb des ganzen »Monologion« wird das Prinzip von Anselm – außer im Entstehungskapitel K15 – nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erwähnt oder zitiert. Auf die zweite Einteilungsbestimmung ›non ipsum melius in aliquo quam ipsum‹ wird weder im »Monologion« noch in den andern genannten Schriften zurückgegriffen. Anselm führt die erste Bestimmung bzw. das Prinzip ›melius ipsum‹ erst im »Proslogion« und in der »Responsio« wieder ein. Dabei ersetzt er den Satzteil ipsum durch den Begriff esse und den Ausdruck omnino durch absolute, was noch zu diskutieren sein wird. Dieses Zurückgreifen und die motivierte Umformulierung des Prinzips bestätigen einerseits, daß dieses seine Bedeutung durchgängig bewahrt; andererseits wird dadurch erforderlich, das Prinzip in einem erweiterten Aspekt zu begreifen. Entsprechend der veränderten Formulierung stellt sich die Frage nach der angemessensten Übersetzung. Im folgenden werden Anselms jeweilige Formulierungen im »Monologion«, im »Proslogion« sowie in der »Responsio« dargestellt und verschiedene Übersetzungsvorschläge erwogen: Zum »Monologion« sind zunächst die Übersetzungen von A. Stolz (i), F. S. Schmitt (ii), Aller (iii) und Williams (iv) zu nennen, die es vollständig übersetzt haben: Quidquid melius omnino ipsum quam non ipsum (Mon, Kap. 15) »was immer in allweg besser ist als sein »Nicht-Es« 1 (A. Stolz) »daß sie all das sei, was durchaus besser ist als das Nicht-Es«2 , »daß das »Es« durchweg besser ist als das »Nicht-Es« 3 . (F. S. Schmitt) »daß das Sein des höchsten Wesens von irgend etwas, das nicht es selbst wäre, an Güte übertroffen werden könnte.« 4 (R. Aller) 1 2 3 4

A. Stolz, Anselm von Canterbury, Monologion, S. 104. F. S. Schmitt, Anselm von Canterbury, Monologion, S. 81. Ebd. R. Allers, Anselm von Canterbury, Monologion, S. 275 f. A

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»that _ is in every respect better that non-·« 5 (Th. Williams)

Die anderen Vorschläge stammen aus Aufsätzen und Monographien von P. Prentice (v), M. MacCord Adams (vi, vii), Copleston (viii), W. Kluxen (ix) und B. Goebel (x), in denen Anselms Ansatz ›melius ipsum‹ erwähnt wird. »that it is alltogether better that it exists than that non-it exists« 6 (P. Prentice) »essentially whatever it is in general better to be than not to be« 7 (M. MacCord Adams) »all those things it is universally, better to be than not to be« 8 (M. MacCord Adams) »to possess which is absolutely better than not to possess them« 9 (F. Copleston). »ein ›solches‹, das in jeglichem besser ist als das was ein ›Nicht-solches‹ ist« 10 (W. Kluxen) »alles, was in jeder Hinsicht besser ist als sein Gegenteil« 11 (B. Goebel)

Wie erwähnt, ersetzt Anselm später im »Proslogion« und in der »Responsio« gegenüber Gaunilo den Satzteil ipsum durch esse und läßt den Satzteil omnino entweder wegfallen oder ersetzt ihn durch den Ausdruck absolute. Die Ersetzung durch esse entspricht der Fragestellung in der dortigen Diskussion, die sich im wesentlichen auf das Sein (esse) Gottes bezieht, nämlich was (quid) die höchste Natur ist, ohne daß dadurch ein entscheidend sachlicher Unterschied zum Prinzip ›melius ipsum‹ hervorgehoben wäre. Der Grund des Wegfallens des Satzteils omnino ist ein verfahrenslogischer: das im »MonoTh. Williams, Anselm. Monologion and Proslogion with the Replies of Gaunilo and Anselm, S. 28. 6 R. Prentice, Scotus’ rejection of pure perfections, S. 54. 7 M. MacCord Adams, St. Anselm on the Goodness of God, S. 78. 8 M. MacCord Adams, Was Anselm a realist?, S. 12. 9 F. Copleston, The History of Philosophy, S. 160. 10 Diese Übersetzung W. Kluxens bezieht sich auf die mit dem Satzteil ›in quolibet‹ ergänzte Formulierung des Anselmischen Prinzips; Johannes Duns Scotus, de primo prin. c.4, concl. 3n. 53, ed. Kluxen 64: Perfectio simpliciter dicitur quae in quolibet est melius ipsum quam non ipsum. Aufgrund ihrer uneindeutigen Anwendbarkeit bzw. Brauchbarkeit und Richtigkeit wird sie nach W. Kluxen zum Gegenstand der Scotischen Kritik, dazu oben Anm. II, 24, 25 u. 26. 11 B. Goebel, Rectitudo, S. 43. 5

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

logion« unternommne Einteilungsverfahren ist im »Proslogion« nicht im ganzen gegenwärtig. Dort hatte omnino in der ersten Einteilungsbestimmung die Funktion übernommen, dem ›in aliquo‹ in der zweiten Einteilungsbestimmung ›non ipsum in aliquo quam non ipsum‹ gegenüberzustellen, so daß sie sich voneinander abgrenzen und sich die eingeteilten Glieder ausschließen können. Funktion und Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum‹ und zwar in der umformulierten Form ›melius esse quam non esse‹ im »Proslogion« bleiben dieselben wie im »Monologion«. Eine detaillierte Analyse des Prinzips ›melius ipsum‹ im »Proslogion« verlangte einen anderen Rahmen der Untersuchung, in dem ihr Realisierungsprojekt ›unum argumentum‹ und dessen tragende Denkfigur im Begriff aliquid quo eingehend diskutiert werden können. Denn das Prinzip ›melius ipsum‹ wird hier aus der vorbereiteten Grundlage bzw. vom Begriff aliquid quo als das Bestimmungsprinzip für die Wesenheit des aliquid quo praktisch erwiesen, ohne seine Funktion und Bedeutung gegenüber dem bereits im »Monologion« Geleisteten zu verlieren. Der Unterschied ergibt sich aus der Problemkonstellation, mit der das Prinzip ›melius ipsum‹ vom »Monologion« her eingeführt wird. Die Übersetzungsvorschläge von A. Stolz (xi), F. S. Schmitt (xii), R. Aller (xiii), M. Enders (xiv), Th. Williams (xv), R. O. Meßner (xvi), B. Mojsisch (xvii), G. Schrimpf (xviii) und J. S. Scherb (xix) für das [Quod] deus sit quidquid melius est esse quam non esse; 12 (Proslogion, Kap. 5)

lauten wir folgt: xi

»Gott ist alles, was zu sein besser ist, als es nicht zu sein« 13 (A. Stolz)

Pros 5, I 104, 11–17: Quid igitur es, domine deus, quo nil maius valet cogitari? Sed quid es, nisi id quod summum omnium solum existens per seipsum, omnia alia fecit de nihilo? Quidquid enim hoc non est, minus est quam cogitari possit. Sed hoc de te cogitari non potest. Quod ergo bonum deest summo bono, per quod est omne bonum? Tu es itaque iustus, verax, beatus, et quidquid melius est esse quam non esse. Melius namque est esse iustum quam non iustum, beatum quam non beatum. Ferner Pro 5, I 104, 15–16: Tu es itaque iustus, verax, beatus, et quidquid melius esse quam non esse.; Pro 11, I 110, 1–3: Sic ergo vere es sensibilis, omnipotens, misericors et impassibilis, quemadmodum vivens, sapiens, bonus, beatus, aeternus, et quidquid melius est esse quam non esse. 13 A. Stolz, Anselm von Canterbury, S. 49. 12

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Die Bedeutungen des ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis

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»Daß Gott all das ist, was besser ist zu sein als nicht zu sein« 14 (F. S. Schmitt) xiii »Gott ist der Gipfel alles Seins, das besser ist als Nicht-sein.« 15 (R. Aller) xiv »all das [sein], was besser ist, zu sein als nicht zu sein.« 16 (M. Enders) xv »That God is whatever it is besser to be than not to be« 17 (Th. Williams) xvi daß »es besser sei, dieses Prädikat zu haben als es nicht zu haben« 18 (R. O. Meßner) für das: Credimus namque de divina substantia, quidquid absolute cogitari potest melius esse quam non esse. 19 (Responsio, Kap. 10):

xvii »Vom göttlichen Wesen glauben wir nämlich, daß ihm alle Prädikate zukommen, die zu haben in einem uneingeschränkten Sinn besser ist, als deren Gegenteil.« 20 (B. Mojsisch) xviii »Von der göttlichen Substanz glauben wir nämlich alles, wovon immer es als schlechthin besser gedacht wird, daß es etwas als nicht etwas ist.« 21 (G. Schrimpf) xix »Von der göttlichen Substanz, daß sie im absoluten Sinn jede denkbare Eigenschaft hat, deren Zukommen besser ist als ihr Nicht-Zukommen.« 22 (J. L. Scherb)

Diese 19 Übersetzungsverschläge, die sich auf Anselms ursprüngliche Formulierungen der Wesensbestimmung im »Monologion« beziehen, unterscheiden sich voneinander vor allem durch ihre jeweiligen Wiedergabe der Satzpaare ipsum und non ipsum oder esse und non esse zum einen, sowie der Satzteile omnino und absolute zum anderen. F. S. Schmitts Übersetzung von ipsum als Es hebt die absolute Selbstheit und die Selbstgleichheit der Wesenheit der höchsten Natur in einer sächlich pronominalen Form hervor und erinnert an den F. S. Schmitt, Anselm von Canterbury, Proslogion, S. 91. R. Allers, Anselm von Canterbury, S. 359. 16 M, Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 60 (Anm. 8), Ferner S. 463. 17 Th. Williams, Anselm. Monologion and Proslogion with the Replies of Gaunilo and Anselm, S. 102. 18 R. O. Meßner, Zu Ch. Hartshornes Rettungsversuch des ontologischen Argumentes, S. 334. 19 Resp 10, I 139, 3–4. 20 B. Mojsisch, Kann Gottes Nicht-Existenz gedacht werden?, S. 123. 21 G. Schrimpf, Anselm von Canterbury Proslogion II-IV, S. 96. 22 J. L. Scherb, Anselms philosophische Theologie, S. 257. 14 15

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

eigentlichen Namen Gottes als Es selbst (id ipsum) bei Augustinus 23 und an den Gebrauch des Ausdrucks ipsa oder ipsum bei Boethius. 24 W. Kluxens Wiedergabe als »solches« nuanciert die inhaltlich bestimmte Seiendheit Gottes, nach deren Bestimmung Anselm in K15 fragt. Im Englischen wird ipsum als »to exist« (Prentice), »to be« (MacCord Adams) oder als das eigentümlich zu Besitzende durch das »to possess« (viii, Copleston) wiedergegeben. Ins Deutsche wird esse in der Formulierung des »Proslogion« als »zu sein« (Enders, Schmitt) und ipsum in der Formulierung von »de primo principio« ebenfalls durch das, was »zu haben« (Meßner) ist, übertragen. Das esse, das Anselm statt ipsum im »Proslogion« und in der »Responsio« verwendet, wird einfach als »zu sein« (Enders, Schmitt) verstanden. Die Übersetzer und Interpreten kommen dabei Anselms Sprache teils nahe, teils bleiben sie ihr fern. Übersetzungen als die zu habenden Prädikate (Mojsisch) oder als die zukommende Eigenschaft (Scherb) sind dann bedenklich, wenn eine Eigenschaft spezifisch für die der höchsten Natur zu gelten hat. Denn diese hat nicht eine solche Eigenschaft (non habens), so daß es eine unangemessene Aussage wäre, daß sie ihr zukomme, sie vielmehr selbst als dieses seiend (existens) ist, wie Anselm in K16 ausdrücklich darauf hinweist, und sich

Augustinus, De trinitate, III 2,8 [CCSL 50, 133,3–35]: Dicam si potero quiddam exempli gratia quo haec apertiora sint. Est certe in corpore humano quaedam moles carnis et formae species et ordo distinctioque membrorum et temperatio valetudinis. Hoc corpus inspirata anima regit eademque rationalis et ideo quamvis mutabilis tamen quae possit illius incommutabilis sapientiae particeps esse ut sit participatio eius in idipsum, sicut in psalmo scriptum est de omnibus sanctis ex quibus tamquam lapidibus vivis aedificatur illa Hierusalem mater nostra aeterna in caelis. Ita enim canitur: Hierusalem quae aedificatur ut civitas, cuius participatio eius in idipsum. Idipsum quippe hoc loco illud summum et incommutabile bonum intellegitur quod deus est atque sapientia voluntasque ipsius, cui cantatur alio loco: Mutabis ea et mutabuntur; tu autem idem ipse es. 24 Boethius, Quomodo trinitas unus deus, IV, PL64, 1252B: Nam cum dicimus Deus, substantiam quidem significare videmur, sed eam, quae sit ultra substantiam; cum vero iustus, qualitatem quidem, sed non accidentem, sed eam quae sit substantia, et ultra substantiam; neque enim aliud est Deus quod est, aliud quod iustus est, sed idem est esse Deo quod iusto. Item cum dicitur magnus vel maximus, quantitatem quidem significare videmur, sed eam quae sit ipsa substantia, talis qualem esse diximus ultra substantiam: idem est enim esse deo quod magno. G. Schrimpf weist darauf hin, daß ipsa und ipsum an vielen Stellen in der »De Hebdomadibus« die typische Bedeutung von »rein«, »in sich selbst betrachtet« oder »gelöst aus allen Bezügen« haben, vgl. G. Schrimpf, Die Axiomenschrift des Boethius, S 15 f. 23

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so für das Denken der höchsten Natur gegen das eigenschaftliche Aussagen ihr gegenüber wendet. Copelstons Wiedergabe »to possess« (viii) und Meßners »zu haben« (xvi) oder Mojsischs zu habendes Prädikat (xvii) sind hinsichtlich des Ausdrucks der Wesenheit Gottes insofern nicht geglückt. Denn die höchste Natur ›besitzt‹ (to posseses) nicht die schlechthinnige Güte als Gut, sondern ihr Sein selbst ist die schlechthinnige Güte bzw. die schlechthinnige Vollkommenheit und ihr Gut-Sein kann nur als Maß in beurteilendem Gebrauch gedacht sein. Die höchste Natur hat nicht die Wesenheit der Gerechtigkeit (non habet iustitiam), sondern sie selbst ist ihre Wesenheit, nämlich selbst als die Gerechtigkeit seiend (existit iustitia), während das Geschaffene seine Wesenheit nur haben kann (habere potest), aber nie selber als solche seiend sein kann (non existens potest). 25 Nur im unterscheidenden Vergleich kommt ein eigenschaftliches Denken zum Tragen. Indem die Güte einem bestimmten Träger zukommt, macht sie ihn gut, nicht allerdings schlechthinnig gut. Solches kann nur die höchste Natur sein. Die höchste Natur ist all das, was die reinen Vollkommenheiten oder die schlechthinnige Güte selbst als sie selbst ›sind‹, ohne daß sie eine seiende Mehrzahl bilden könnten. Es ist für die Gedankengänge der Vernunfteinsicht im »Monologion« gerade entscheidend, daß die prinzipiell erschlossene Mehrzahl von Wesensbegriffen nicht als Eigenschaften eines sie tragenden Subjekts vereinigt werden können, sondern ein so als höchste Substanz Gedachtes seine Identität im Wassein eines jeden nur haben kann. Denn dieses steht in unbedingter Geltung und – wie es dann das »Proslogion« formulieren wird – enthält singulär alle je anderen als notwendig miterschlossenen auch mit. Nähere Erläuterung zu dieser Problematik gibt der Fortgang der Argumentation zum individuellen Geist hin und in dessen trinitarischer Auslegung. Eine interessante aber wohl ebenso bedenkliche Übersetzung schlägt Williams (iv) vor. Er läßt das Wort ipsum unübersetzt und markiert die entsprechende Stelle mit einem Blank (_), so daß ein

Mon 16, I 30, 20–26: Quoniam enim homo non potest esse iustitia, sed habere potest iustitiam, non intelligitur iustus homo existens iustitia, sed habens iustitiam. Quoniam igitur summa natura non proprie dicitur, quia habet iustitiam, sed existit iustitia: cum dicitur iusta, proprie intelligitur existens iustitia, non autem habens iustitiam. Quare si, cum dicitur existens iustitia, non dicitur qualis est, sed quid est, consequitur ut, cum dicitur iusta, non dicatur qualis sit, sed quid sit.

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und dasselbe Ding (the very same thing) 26 die leere Stelle ausfüllen kann. In der Anmerkung weist er daraufhin, daß Anselms Pointe darin liege, daß man die beiden leeren Stellen mit ein und demselben Wort (with the same word) ausfüllen und so das testen könne, was Anselm aufzuweisen sucht. Diese Übersetzung zeigt Anselms Anweisung entsprechend deutlich, daß es sich bei ipsum (_) und non ipsum (non _) um ein kontradiktorisch entgegengesetztes Begriffspaar handelt. Problematisch ist, daß seine Anmerkung den Eindruck vermittelt, daß es sich bei der Funktion von ipsum bloß um die eines Worts handeln würde, das die Stelle der Bedeutung vertritt. In seinem oben genannten Kommentar zur Abhandlung des ersten Prinzips von Duns Scotus macht W. Kluxen darauf aufmerksam, inwiefern der Begriff »die reine Vollkommenheit« (simpliciter perfectio) wörtlich zu verstehen sei, und wie er im 13. Jh. als Bezeichnung für die Wesenheit Gottes sowie für die Attribute Gottes verstanden wird. Seine Bemerkung betrifft vor allem das Wort »simpliciter«: das Wort »simpliciter« sei als einfach, rein und schlechthin zu deuten und beziehe sich auf das Wort perfectio unmittelbar und betone es bestimmend. 27 Unsere Interpretation des Satzteils omnino, welcher sich sowohl grammatikalisch als auch sinngemäß auf »besser« (melius), sowie von simpliciter, das sich auf perfectio bezieht, versucht, diese Funktion dem zuzuschreiben, das als ipsum in identischem wie vertretendem Selbstsein gilt. Die Bedeutung von omnino liegt nach Kluxens Erläuterung von der Grundbedeutung des Wortes »simpliciter« nicht entfernt. Denn das Wort omnino impliziert auch die Absolutheit der Güte als Vollkommenheit, und zwar aufgrund ihrer einfachen Singularität, die im Sinne der Einfachheit verstehbar ist. Darum ist Allers (iii) Übersetzung unglücklich, da er den Satzteil omnino wegfallen läßt. Nach den oben aufgelisteten Übersetzungsvorschlägen läßt sich ›omnino‹ im Deutschen als »durchaus« (Schmitt), »in uneingeschränktem Sinne Th. Williams, Anselm. Monologion and Proslogion, S. 28: »Where I have a blank, Anselm has ›ipsum‹,« the very some thing.« His point is that you must fill both blanks with the same word and then apply the test that he explains. If _ is in every respect better than not-_, then _ can be said substantially of God. But if not- _ is in some respect better than _, _ cannot be said substantially of God.« 27 W. Kluxen, Kommentar, S. 194: »Der 3. Satz benennt nun das der höchsten Natur ›Innerliche‹ : die ›schlechthinnige‹ (oder ›einfachen‹, ›reinen‹) Vollkommenheiten (wörtlich ›Vollkommenheiten schlechthin‹ : ›simpliciter‹ bestimmt das Substantiv ›perfectio‹«. 26

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(B. Mojsisch, xvii), »im absoluten Sinne (Scherb, xix) und im Englischen als »absolutely« (Copleston, viii), »in every respect« (Th. Williams, iv), »in general« (MacCord Adams, vi) und »universally« (M. MacCord Adams,vii) wiedergeben. Stellt man aber das Verhältnis zwischen den unter ipsum erfaßbaren Bestimmungen in Rechnung, daß jede von ihnen mit den andern vereinbar ist und sie sich wechselseitig erschließend und aufeinander hinführend sind, scheint uns die Übersetzung von B. Goebel (x) als »in jeder Hinsicht« die angemessenste zu sein. ›Absolute‹ in der Formulierung der Stelle aus der »Responsio« kann sich zwar grammatikalisch entweder auf »cogitari potest« oder auf ›melius esse‹ beziehen, dem Sinn nach muß es sich aber auf ›melius esse‹ beziehen. Denn absolute ist ein Ersatz von omnino und die ganze Formulierung der »Responsio« bildet eine synthetische Einheit. Sie besteht aus den beiden Bestimmungen ›aliquid quo non maius cogitari potest‹ und ›quidquid melius omnino ipsum quam non ipsum‹. Also »Credimus namque de divina substantia, quidquid absolute cogitari potest melius esse quam non esse.« Hierin können die einzelnen Satzteile wohl zugeordnet werden, welcher sich sinnvoll auf welchen beziehen läßt. Außerdem kommt es im »Proslogion« nicht vor, daß die Denkmöglichkeit und die Absolutheit von Denken so zusammengebracht werden, daß das ›cogitari posse‹ mit absolute eine Satzeinheit bilden würde. Die Denkmöglichkeit ist mit der Notwendigkeit, nicht jedoch mit der Absolutheit des Denkens unmittelbar verbunden. Demnach legen alle Vorschläge außer J. L. Scherbs Übersetzung den skizzierten Sachverhalt zugrunde, »durchweg besser«, »in uneingeschränktem Sinne besser«, »schlechthin besser«, »absolutely better«, usw. zu sein. Scherb (xix) übersetzt die Formulierung der »Responsio«, daß »sie im absoluten Sinn jede denkbare Eigenschaft hat, deren Zukommen besser ist als ihr Nicht-Zukommen«. Der Satzteil »im absoluten Sinne« (absolute) bezieht sich eindeutig auf »hat«, wobei Scherb auch den Satzteil denkbare (cogitari potest) nicht auf esse bezieht, wie W. Schrimpf (xviii) das tut, sondern auf ›substantia‹. B. Mojsisch (xvii) läßt unglücklicherweise den Ausdruck cogitari potest unübersetzt. Das Wegfallen von cogitari potest führt zur Vorstellung einer festen maximalen Größe (Größten) 28 , aber es bedeutet zugleich den Verzicht auf den Kern des Denkens Anselms, 28

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Vgl. G. Kapriev, G., … IPSA VITA ET VERITAS, S. 188; »Das ›Größte‹ wäre also die

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nämlich auf das je eigene Denken. 29 Die nicht im Superlativ sondern im Komparativ (melius) sich ausdrückende Dynamik des Denkens 30 dient als operatives Instrumentarium der Auslegung der metaphysischen Transzendenz, die selber zum Aufweis Gottes gehört. 31 3.1.2.2 Eigene Übersetzungen Zum Schluß sei eine eigene Übersetzung vorgeschlagen. Weil das ipsum die Wesenheit in der Art und Weise der Seiendheit auf das Selbstsein bezieht, versuchen wir dies auszudrücken, indem wir ipsum als solches zu sein übersetzen. Omnino, das abwechselnd durch absolute und omni modo bedeutungsgleich ersetzt wird, kann als schlechthin im Sinne von in jeder Hinsicht wiedergegeben werden. Da im Unterschied zu omnia, das die Ganzheit oder die Gesamtheit zum Ausdruck bringt, der Ausdruck quidquid die Vollständigkeit eines Umfangs von einzelnen ausdrückt, scheint das ›all das‹ am angemessensten zu sein. Betont wird dabei, daß ohne Ausnahme jede von den unter ipsum erfaßbaren Wesensbestimmungen der höchsten Natur zukommt. Die Wesensbestimmung der höchsten Natur Gottes lautet dann: Die Wesenheit der höchsten Natur ist all das, solches zu sein schlechthin (in jeder Hinsicht) besser ist, als nicht solches zu sein.

In der Übersetzung der synthetischen Bestimmung aus der »Responsio« ist das Gewicht darauf zu legen, die Grundstruktur von beiden synthetisierten Bestimmungen zu bewahren und dennoch eine Einheit der Bestimmung hervortreten zu lassen: Credimus namque de divina substantia, quidquid absolute cogitari potest melius esse quam non esse. 32 (Responsio, Kap. 10) Wir glauben von der göttlichen Substanz, daß sie all das ist, was so gedacht werden kann, zu sein absolut besser ist als nicht zu sein. (Res. 10)

Bestimmung eines Objekts, während der komparative Ausdruck vielmehr die Bewegung des Denkens selbst bezeichnet.« 29 Vgl. dazu unter Anm. III, 53. 30 Vgl. ebd., S. 188 ff.; K. Riesenhuber, Selbsttranszendenz des Denkens zum Sein, S, 52. 31 Vgl. L. Honnefelder, Metaphysik und Transzendenz, S. 155 ff. 32 Resp 10, I 139, 3–4. A

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3.1.3 Formanalyse des Prinzips ›melius ipsum‹ nach seiner Struktur 3.1.3.1 Die vergleichende Beurteilung als Grundstruktur des Prinzips Die spezifische Formbildung des Prinzips ›melius ipsum‹, dessen Übersetzungsmöglichkeiten gerade diskutiert wurden, hängt unmittelbar mit seiner Aufgabe zusammen, die nicht relationale, sondern auf sich selbst bezogene Bestimmung von Seiendheit als Wesen dem Selbstsein zugrundezulegen. 33 Die singuläre Bestimmung, die sich von den relationalen Aussagen unterscheiden läßt, geht unmittelbar auf die Beschaffenheit des einzelnen Dinges als solches ein. Die Form der Bestimmung ›melius ipsum‹ hebt den Charakter der Güte der Dinge so hervor, daß ihre Eigenschaft oder ihre Seiendheit ihrem Wesen und ihrer Existenz nach, d. h. als solches betrachtet, schlechthin gut ist. Demnach betrifft der darin enthaltene Vorzug 34 eines Eigenwesens nicht den Vergleich mit einem andern, sondern den Vergleich mit der Negation seines Seins als solches, d. h. mit seinem Nicht-solches-Sein. Jede gemäß dem Prinzip ›melius ipsum‹ beurteilte und von seinem ipsum vertretbare Wesenheit erweist sich demnach nicht im Vergleich mit einer anderen, sondern als in jeder möglichen Vergleichshinsicht (omnino melius) und darum als absolut besseres. Das absolut bessere ist aber nichts anderes als das höchste Gut. Das omnino melius ipsum gehört zur Form als höchstes Gut. In Form einer Eigenschaft (ipsum) wird das Wassein des Wesens nicht im Vergleich mit einer anderen, sondern gegen ihre Selbstnegation (non ipsum), d. h. im Vergleich des Wesens mit dem seiner Eigenart im Begriff kontradiktorisch entgegengesetzten als schlechthin gut (omnino melius) erfaßt, dessen Selbstsein nach demselben Maß ein Unwesen wäre. Nur dann kann die Washeit in die Identität des Selbstseins unbedingt gebunden sein. In der Rekonstruktion wurde bereits erwiesen, daß eine Wesensbestimmung nicht aus dem Vergleich mit etwas anderem, sondern nur auf sich selbst, d. h. nur auf die Seiendheit selbst bezogen möglich ist und dementsprechend eine Struktur des Selbstvergleichs zugrundeliegt. Darum soll hier nur eine Analyse der Bildungsstruk33 34

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Vgl. W. Kluxen, Kommentar, S. 194. Vgl. ebd., S. 195; J. L. Scherb, Anselms philosophische Theologie, S. 255 ff.

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tur des Prinzips ›melius ipsum‹ vorgenommen werden, sofern ihr eine Form der Beurteilung einwohnt. Die als zu beurteilen bestimmten und als solche maßgeblich für das Selbstsein zugleich beurteilend fungierenden Eigenschaften des Seinkönnens nach ureigenem Maß schlechthin kommen der höchsten Natur als ›summum bonum‹ insgesamt und wesentlich zu. Dementsprechend kann ihre Wesensbestimmtheit durch das ›quidquid melius ipsum quam non ipsum‹ umschrieben werden. Betrachtet man das Prinzip ›melius ipsum‹ von seiner logischen Struktur her, dann sind zwei darin enthaltene Merkmale nicht zu übersehen. Zum einen hat seine Grundstruktur die Form einer vergleichenden Beurteilung. Zum andern ist ein urteilspraktischer Geltungsanspruch in der Vernunft zu befolgen, da sie das Zwingende einer die Identität bedingenden Beurteilungsentscheidung gewärtigt. Die beiden Merkmale sind in den folgenden fünf logischen Satzeinheiten gut zu erkennen. Solches zu sein ist schlechthin besser als nicht solches zu sein (melius omnino ipsum quam non ipsum) a) Der Formulierung liegt eine normale Satzstruktur zugrunde: A [ist] (ipsum) b) Die Satzstruktur hat die Form der vergleichenden Beurteilung: A [ist] besser (ipsum melius) c) Die Form der vergleichenden Beurteilung besteht aus dem kontradiktorischen Gegensatz: A [ist] besser als Nicht-A (ipsum melius quam non ipsum) d) Die vergleichende Beurteilung enthält den Geltungsanspruch hinsichtlich des zu beurteilenden Sachverhalts: A [ist] schlechthin besser (ipsum omnino melius quam non ipsum)

Die Begriffsentwicklung von summum bonum zur Wesensbestimmung ›quidquid melius ipsum omnino quam non ipsum‹ ist in der Entfaltung von K1 bis 14 mit der Begriffsbildung des ›summum bonum‹ vorbereitet, in K15 zur Geltung gebracht und im »Proslogion« in K5 vorausgesetzt, wo diese vom Begriff ›aliquid quo non maius cogitari possit‹ unmittelbar und von summum omnium als summum bonum mittelbar erwiesen wird. Die Begründung, daß die Wesenheit der höchsten Natur als unbedingt gut zu beurteilen ist und zu gelten hat, benötigt Anselm nicht. Vielmehr beruft er sich darauf, was bis jetzt in der Untersuchung über die göttliche Wesenheit geleistet wurde, nämlich daß die höchste Natur das höchste Gute ist. Die genannte Begriffsentwicklung bedeutet allerdings nicht, aufgezeigt zu haben, A

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wie die Begriffswandlung in einer solchen eigenartigen Form der Beschreibung des Prinzips zustande kommt. Die folgenden Entwicklungsschritte demonstrieren die jeweiligen Vorstadien, aus denen die endgültige Wesensbestimmung ›quidquid melius ipsum‹ entstehen könnte. 3.1.3.2 Begriffsmomente und Bildungsformen des Prinzips a) Die Beschaffenheit eines Dinges als solchen singulär (singula) zu betrachten: solches ist (ipsum sit) b) Den Charakter des Guten zu explizieren: es ist gut (bonum sit) a)+b) = solches ist gut (ipsum bonum sit) c) Den Charakter der Schlechthinnigkeit des Guten auszudrücken: schlechthin gut ist (omnino bonum sit) a)+b)+c) = solches ist schlechthin gut (ipsum omnino bonum sit) d) Ein jedes, was als Wesen des ›summum bonum‹ begriffen wird, zu explizieren: all das (was immer) schlechthin gut ist (quidquid sit bonum) a)+b)+c)+d) = all das, solches schlechthin gut ist (quidquid omnino sit ipsum bonum)

Aus den Schritten a) bis d) ergäbe sich dann als hypothetische Konsequenz eine Wesensbestimmung der höchsten Natur: e) Die höchste Natur ist all das, solches zu sein schlechthin gut ist. (summa natura sit quidquid omnino ipsum bonum)

Diese erschlossene Formulierung, die hier nur demonstriert wird und als solche bei Anselm nicht vorkommt, hat keine Vergleichsstruktur. Ihr Inhalt, daß jede Seiendheit der höchsten Natur als schlechthin gut zu gelten hat, steht aber dem des ursprünglichen Begriffs ›melius ipsum‹ am nächsten. Es stellt sich die Frage, warum sich Anselm für die vergleichende Urteilsstruktur als die Grundform des Begriffs ›melius ipsum‹ entscheidet. Anselm entfaltet mithin den Gedanken, daß etwas dann schlechthin gut ist, wenn sein Sein bzw. seine Existenz im Vergleich damit besser ist, wenn es nicht wäre. Und damit muß eine Seiendheit nicht primär hinsichtlich ihrer Güte, sondern zuerst hinsichtlich ihres Seins bzw. ihrer Existenz geprüft werden, ob sie schlechthin gut sein kann. Die Güte einer zu erweisenden Seiendheit muß notwendig ihr Sein betreffen und aus ihrem Sein her erwiesen werden. 172

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Die ihr Sein d. h. ihre Existenz betreffende Güte muß demnach in ihrer Bestimmung konstituiert sein. Die erschlossene Bestimmung beinhaltet zwar, daß eine Seiendheit (ipsum) schlechthin gut (omnino bonum) ist, jedoch keine weitere Explikation der Güte hinsichtlich seines Seins. Insofern läßt sich eine Seiendheit ohne die Explikation nicht als das schlechthinnige Gute notwendig begründen. Nimmt man ein Beispiel: daß die Gerechtigkeit schlechthin gut ist, hat letztendlich zur Folge, daß die Gerechtigkeit die Wesenheit Gottes ist. Um das schlechthinnige Gute zu demonstrieren, genügt jedoch allein der Begriff des summum bonum. Fragt man zuerst danach, woher die Beurteilung, daß die Gerechtigkeit schlechthin besser ist, ihr Maß hat, dann scheint die so erfaßte Bestimmung nicht zu gestatten, selbst ein Beurteilungsmaß zu beinhalten. Für Anselm kann eine solche Bestimmung nicht als ein Bestimmungsprinzip dienen, da sie kein Beurteilungsmaß erkennbar macht, letzteres allerdings vorausgesetzt ist. Demnach muß ein Maß für die Beurteilung im Prinzip selbst konzipiert sein, damit es selbst ein Prinzip für die Beurteilung wird. Demzufolge bedeutet die Beurteilung, daß ein nicht-Gutes besser als ein Gutes ist, daß sie ihr Maß verliert und somit der vernünftige Geist als das Beurteilende zum Widerstreit zu seinem eigenen Vermögen führt. So liegt dem Prinzip ›melius ipsum‹ nicht nur der Gedanke des Selbstverhältnisses der Dinge, sondern auch das Gesetz der Beurteilung zugrunde (vgl. 3.3.3.5 und 3.3.7.6). Wie ist es aber möglich, in die Bestimmung selbst ein maßgebendes Prinzip aufzunehmen, welches notwendig begründet, daß eine Seiendheit als schlechthin gut zu beurteilen ist? Anselm ersieht dies in der Wesenheit der höchsten Natur selbst; er konzipiert dieses Prinzip aus dem Gedanken des Selbstverhältnisses, die Wesenheit jeder Natur aus ihrer gesollten Seinsbestimmung, solches zu sein, her zu ergreifen. 35 Dies transformiert Anselm so, daß die Wesenheit jeder Natur nur im Vergleich mit ihrer Negation als schlechthin gut beurteilt wird, aber nicht im Vergleich mit irgend etwas. Um etwas (ipsum) gegenüber der erst nur durch die vorgestellte Seinsnegation als schlechthin besser zu beurteilen, muß vorausgesetzt werden, daß der Beurteilende bereits das Sein von jenem als gut erkennen muß. Zum Ansatz des Selbstverhältnisses als des Ausgangsansatzes der Trinitarischen Schöpfungslehre vgl. H. Kohlenberger, Konsequenz und Inkonsequenzen der Trinitätslehre in Anselms »Monologion«, S. 153–157.

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Der Selbstvergleich im ›melius ipsum‹, in dem der Vergleichsmodus zu beachten ist, denn er besteht in einer Verfahrensweise der entscheidungsfindenden Beurteilung, kann nur im Gebrauch eines inhaltlichen Kriteriums, hier grundlegend des Guten stattfinden. Der Vergleich mit seiner eigenen Negation ist für ein als es Selbstseinkönnen nicht formalisierend zu entscheiden. Denn er vollzieht einen Vergleich, daß es ist, was es ist, im Verhältnis zu dem, daß es sei, was es nicht ist. Daß es sei, was es nicht ist, kann aber nicht in zeitlicher Differenz wie das Geschaffene zum Gewordensein aus nichts, als es noch nicht war, gedacht werden. Vielmehr wird entscheidend auf die Nichterfüllung des eigenen Maßes des Seinkönnens als es selbst bezogen: daß es, als solches, wäre, was es nicht ist – in einer Möglichkeit, die das durch das Wassein nur gedachte Selbstsein gefährdend vorstellt. Dies gilt mit der Entscheidungsstruktur nicht nur für das Denken in washeitlicher Bestimmtheit als es selbst, sondern für ein allgemeines Beurteilen in funktionaler und praktischer Hinsicht. Das skizzierte Selbstverhältnis, welches im Prinzip ›melius ipsum‹ der Form nach negativ bestimmt ist, versucht Anselm in eine Bestimmungsform zu transformieren, wofür eine besondere Bestimmungsstruktur erforderlich wird. Dies ist in der voranselmischen Tradition nicht gegeben, in der zwar die Ansätze des Vergleichs bereits gegeben waren, welche für die Formbildung des Prinzips ›melius ipsum‹ bedeutsam sein können, aber nicht eine besondere Art des Vergleichs, welche dem Prinzip zugrunde legt. Bevor aber diese besondere Art des Vergleichs betrachtet wird, ist zuerst herauszustellen, welche Formen des Vergleichs für die Gotteserkenntnis in der Tradition gegeben sind. 3.1.3.3 Traditionen der Herausbildung des ›melius ipsum‹ vor Anselm Fünf miteinander in einer Traditionslinie verbundene Quellen sind zu erwähnen, die insbesondere für die Vergleichsart im Prinzip ›melius ipsum‹ relevant sind: a) Platons Politeia, b) die Topik des Aristoteles, c) die von Zenon her durch Cicero erwähnte Auffassung des Weltalls als ein Gott, d) die von der griechischen Stoa beeinflußte, aber selbstständige Form des Vergleichs bei Plotin und e) der ebenfalls stoisch geprägte Gottesbeweis aus dem Kreis der Benediktiner. a) Zu Beginn des zweiten Buchs der Politeia, das sich von Tra174

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symachos als Streitpartner verabschiedet hat und den Brüdern Platons als herausfordernde Gesprächspartner von Sokrates das Wort gibt, stellt sich die Alternative, ob es in der Lebensführung der einzelnen gut und nützlich bzw. von Vorteil sei, eher gerecht oder eher ungerecht zu sein, noch einmal präzisierend vom Guten als Maß her: »O Sokrates, willst du nur scheinen uns überzeugt (pepeikffnai) zu haben oder uns wahrhaft überreden (⁄lhq@ penai), daß es auf alle Weise besser ist, gerecht zu sein als ungerecht (ˆti pant½ trwow ˝meinn ¥stin dfflkaion enai ˇ ˝dikon;)?« 357b

Das ›besser‹ in der Übersetzung gibt hier das gr. ˝meinn wieder, das als Komparativ von ⁄gaqn auch ein Vorziehen bedeutet. Im Sinne von tüchtiger, tauglicher ist es auf die Vermögen und ihre Bildung bezogen. Glaukon unterscheidet dann drei Arten des Gutseins: – es zu haben, nicht aus Verlangen nach irgend einer seiner Folgen, sondern weil wir es selbst um seiner selbst willen (a't a¢to‰ neka 357b6) lieben, wie Wohlbefinden; – was wir teils seiner selbst wegen lieben, teils auch wegen des daraus Entstehenden; – was zwar beschwerlich, aber nützlich ist (wie Erwerb, Handwerk, technische und ärztliche Kunst); um seiner selbst willen möchten wir es nicht haben, sondern wegen des Lohnes und dessen, was uns sonst noch daraus entsteht. Sokrates, danach befragt, rechnet die Gerechtigkeit zu dem Schönsten dieser Arten des Gutseins, »was sowohl um seiner selbst willen als wegen dessen, was daraus erfolgt, dem, der glückselig sein will, wünschenswert ist.« (358a1) Die meisten aber würden die Gerechtigkeit der dritten, der mühseligen Art zurechnen; sie hätten also ein instrumentelles Verständnis von ihr. Mit dieser Frage der Zuordnung nach Arten des Gutseins ergibt sich die Notwendigkeit einer Prüfung dessen, was »ihnen so scheint« (doke… o˜tw 358a7). Glaukon zieht die im bisherigen Gespräch gegebene Beweisführung »über beides«, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, in Zweifel und begehrt von Sokrates zu hören, »was jedes ist und welches Vermögen es selbst als es selbst hat, wie es in der Seele ist« (dÐnamin a't kaq3 a¢t 358b5). Er lenkt die Frage auf die Idee der Gerechtigkeit im Verhältnis zu den Seelenvermögen; es kommt so aber auch die Ungerechtigkeit – mit ihrer Beurteilung inwiefern und für was sie gut sei – unter ein Prüfungsmaß als ein Vermögen. Lohn und Folgen möge er beiseite lassen. Der das Ungerechtsein als nützlich A

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Lobende vermag keinen entsprechenden Logos der Güte des Vorzugs der Ungerechtigkeit zu geben. b) Im dritten Buch seiner Topik gibt Aristoteles eine topische Anweisung in Form eines Beispiels, wie das komparative Wort besser (bffltion) argumentativ zu verwenden ist. »Was aus seinen Umständen (der Fülle) besser ist als das Notwendige wird irgendeinmal vorgezogen sein; besser nämlich ist es, wohlzuleben als bloßes Leben, denn das Wohlleben entsteht aus den (guten) Umständen, bloßes Leben selbst aber ist Not (Bedürftigkeit).« 36

Das Wort bffltion aus dem Griechischen gibt Boethius sowohl in seiner lateinischen Übersetzung 37 und als auch in seinem paraphrasierenden Kommentar 38 einheitlich als »melius« (melior) wieder. Diese Übersetzung und der Kommentar sind für die Entwicklung der philosophischen Argumentation im Früh- und Hochmittelalter von großer Bedeutung und gelten als Quelle für Anselms Logikund Methodenkenntnis. Der zitierte Sachverhalt sollte nach Aristoteles eigentlich eine Anweisung dafür sein, inwiefern das Wort ›besser‹ für den zu beweisenden Sachverhalt taktvoll angewendet werden kann. Der hier erwähnte Vergleich findet zwischen den zwei Sachverhalten, nämlich zwischen dem Sein aus der Fülle, wie dem Wohlleben (bene vivere) und dem Sein aus dem benötigten Notwendigen, wie dem bloßen Leben aus der Notwendigkeit (vivere necessarium) statt. Auf den Sachverhalt, den Aristoteles hier zugrunde legt, greift Heinrich von Gent im 13. Jh. zurück, der Anselms Prinzip als Regel für die Wesensprädikate Gottes bezeichnet, um einen anwendbaren Fall von Anselms Prinzip ›melius ipsum‹ zu demonstrieren. »so nämlich sagt der Philosoph im Dritten Buch der Topik: Was aus seinen Umständen (der Fülle) besser ist als das Notwendige wird irgendeinmal vorAristoteles, De Topicorum, III. c.II, 21 [Aristotelis opera omnia, Graece et Latine, vol. I, de topicorum, 201]: Et non necessaria necessariis melior sunt, nonnunquam vero etiam optabiliora. Melius enim, quam vivere, est bene vivere, bene vivere; bene vivere autem non est necessarium ipsa vero vita necessaria est. 37 Aristoteles, Topica, transl. Boethii. Hrsg. Lorenzo Minio-Paluelle [Aristoteles Latinus, V/ 1–3, 56, S. 56]: Et quae sunt ex circumstantia necessariis meliora, aliquando autem et magis eligenda; melius enim quam vivere bene vivere, bene autem vivere est ex circumstantia, ipsum autem vivere necessarium. 38 Boethius, Topicorum Aristotelis Interpretatio [PL 64, 937B]: Et quae ex circumstantia necessariis meliora aliquando autem et eligibiliora. Melius enim quam vivere, bene vivere, bene autem vivere est ex circumstantia, ipsum autem vievere necessarium. 36

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gezogen sein; besser nämlich ist es, wohlzuleben als bloßes Leben. Und nach der genannten Regel Anselms ist zu sagen, daß, was »solches zu sein absolut besser ist, als nicht solches zu sein«, Gott zukommt.« 39

Da seine Analyse der Interpretation von Anselms Prinzip ›melius ipsum‹ einen anderen Rahmen fordert, ist an dieser Stelle nur zu erwähnen, wie er die Vergleichsstruktur des Prinzips versteht. Seine Auslegung behält die Grundstruktur des Prinzips bei. Das Leben aus den Umständen der Fülle (ex circumstantia), das Wohlleben (bene vivere), läßt sich demnach als die von ipsum vertretbare Seiendheit und das bedürftige Notwendige (necessaria) als die Negation des erfüllten Leben (non ex circumstantia), also als non ipsum interpretieren. Das Leben aus der Fülle ist wohl ein Ausdruck der Fülle des Lebens als einer Vollkommenheit. Der Vergleich bei Heinrich von Gent findet allerdings zwischen Fülle (Genügen) und Bedürftigkeit (Mangel) statt, während Anselms Vergleich grundsätzlich zwischen der Existenz und der Nicht-Existenz einer Seiendheit statthat, in diesem Fall das Sein oder Nichtseinkönnen als Lebendiges richtet. c) Cicero berichtet im zweiten Buch seiner Schrift über die Natur der Götter (de natura deorum), daß das Weltall (mundus) nach Zenon als ein Gott (deus) betrachtet wird: »Denn die Gedanken, die ich hier etwas breiter ausführte, drängte Zenon in knapper Form so zusammen: »Was die Fähigkeit zu denken besitzt, ist besser als das, was diese Fähigkeit nicht besitzt, es gibt aber nichts Besseres als das Weltall; folglich besitzt das Weltall die Fähigkeit dazu.« Auf ähnliche Weise läßt sich beweisen, daß das Weltall weise, glückselig, ewig ist; denn alles, was diese Eigenschaften besitzt, ist besser als das, was sie nicht besitzt, und es gibt nichts Besseres als das Weltall. Daraus aber wird sich der Schluß ergeben, daß das Weltall eine Gottheit (deum) ist.« 40 Henri. De Gant., Summa, 32, 1 Macken, 30,49–31,58: (…) ut enim dicit PHILOSOPHUS in III Topicorum, « Quae sunt ex circumstantia, necessariis sunt meliora, melius enim bene vivere quam vivere. » (…) Igitur quod est ex circumstantia bonorum, absolute melius est quam quod non ex circumstantia. Et secundum regulam praedictam ANSELMI, quod »absolute melius est ipsum quam non ipsum«, dicendum est Deo convenire. 40 Cicero, De natura deorum, II. c.21: Haec enim, quae dilatantur a nobis, Zeno sic premebat: »Quod ratione utitur, id melius est quam id, quod ratione non utitur; nihil autem mundo melius; ratione igitur mundus utitur. Similiter effici potest sapientiem esse mudum, similiter beatum, similiter aeternum; omnia enim haec meliora sunt quam ea, quae sunt his carentia, nec mundo quicquam melius. Ex quo efficietur esse mundum deum. Lateinisch-Deutsche Ausgabe, S. 168/169. 39

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Diese Textstelle ist insofern von Bedeutung, als sie die stoische Tradition bezeugt, in welcher der Kosmos in seiner Ganzheit gleichsam ein vollkommendes lebendiges Wesen darstellt, das alle vorzüglichen Eigenschaften innehat: eine Vorform des Begriffs Gottes als des Inbegriffs aller Vollkommenheiten. Somit wurde der Kosmos selber als etwas gänzlich Vollkommenes, bzw. als ein Gott dargestellt. Die Struktur der Vorzugsentscheidung ist hier beim Vater der griechischen Stoa, Zenon, und seinem lateinischen Nachfolger Cicero auch eine vergleichende, deren Entscheidungen jedoch zu einem Wissen des Gegebenen in abschließendem Urteil führen. Trotz der vergleichenden Struktur der Bestimmung, daß was »die Fähigkeit zu denken besitzt, besser [ist] als das, was diese Fähigkeit nicht besitzt,« fehlt hier die Reflexion der Struktur in praktischer Entscheidungsteilhabe, in der die unbedingten Bedingungen von Selbstsein Bedeutsamkeit für das Verhalten der Urteilskraft des vernünftigen Geistes haben. d) Frappierender erscheint aber der Fund in der Enneade VI, 7 von Plotin, der ohne Zweifel das stoische Gedankengut verarbeitet. Plotin behandelt hier die Frage: Wie kam die Vielheit der Ideen zustande? 41 In dieser Schrift scheinen Motive in einem Problemfeld versammelt, die Anselm geradezu zu einer begrifflichen Durchführung veranlasst haben könnten, so daß nicht allein Augustinus’ und Boethius’ Werke die Fragensteller und Begriffsgeber für das »Monologion« gewesen sein dürften. Nach der bisherigen Anselmforschung scheint dies allerdings sehr unwahrscheinlich zu sein. 42 VI 7,19 beginnt mit dem Trachten der Seele und der Wendung zur Untersuchung, warum sie danach trachtet 43 , wie es Anselm in Die Überschrift von VI 7 lautet P@ t pl»qo@ tn §den 'pffsth. GriechischDeutsche Ausgabe, Bd. IIIa: Text, S. 244. 42 Nach dem anerkanntesten Anselmbiblograph Southern besaß das Kloster Bec, in dem Anselm sich in die Philosophie und Theologie wandte und selber dort unterrichtete, die folgenden Werke, welche Anselm gekannt haben soll: die logischen Schriften des Aristoteles in den Übersetzungen und Kommentaren von Boethius, die Werke von Boethius selber und des heiligen Augustinus und die Werke der Stoiker und Kirchenväter vgl. R. W. Southern, Saint Anselm. A Portrait in a Landscape, c.3, insbesonders S. 39–59. M. Enders hat in seiner umfangreichen Untersuchung zu »De veritate« von Anselm Aristoteles, Cicero, Augustnius und Boethius als die für Anselm einflußreichsten antiken Quellen mit großer Ausführlichkeit nachgewiesen, vgl. M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit. 43 Plotin, VI 7, 19, 3 ff.: 9Ar3 oªn t–» ¥yffsei t–» vuc–» ¥pitrffvomen t¼n krfflsin ka½ t† taÐth@ p€qei pisteÐsante@ t taÐt–h ¥yet n ⁄gaq n yffisomen, diti dþ ¥pffletai o' zhtffisomen; (…). 41

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

K1 für den Nichtwissenden aufnimmt. Dieses Denken an der Stelle des Nichtkennenden und Stellvertretung für das Nichterkennen ist freilich auch ein Augustinisches Motiv, das den anselmischen Vernunftweg vorbereitet hat. Plotin sieht: Das Trachten der vielen Wesen richtet sich auf ganz verschiedene Ziele; wie können wir also nach dem trachenden Wesen eine Entscheidung treffen, ob es besser ist? Aber wir werden wohl gar nicht erkennen können, welches Wesen das bessere ist, wenn wir das Gute nicht kennen. 44 Die Verfahrensweisen des »Monologion« zeigen, was wir in der Reflexion auf das Beurteilungsverhalten in unseren Trachtens- und Strebensbestimmungen als verbindlichen Grund und Maß erkennen können. Die Frage nach dem Beurteilungsgrund muß als Bedingung des Maßes die Einheit als notwendig erweisen und diese ein höchstes Gutes zum Begriff bringen. Schwierig wird nach Plotin die Untersuchung, weil sie auf das Warum gerichtet ist, jene aber aus sich selbst gut ist, indem bei ihnen das Warum das Daß ist. 45 »Nachdem wir also für jetzt den Strebungen keinen Glauben schenken hinsichtlich der Feststellung des Wesens (tffl ¥stin) oder der Qualität, müssen wir uns nun da nicht zu den Scheidungen wenden und der Gegensätzlichkeit der Dinge, z. B. Ordnung Unordnung, Symmetrie Asymmetrie, Gesundheit Krankheit, Gestalt Ungeformtheit, Substanz Vernichtung, überhaupt das InsSein-Treten und das Aus-dem-Sein-Verschwinden? Denn das erste Glied in jedem dieser Paare ist ja unzweifelhaft dem Guten zugehörig; und wenn das, so muß man auch das, was ihr Schöpfer ist, notwendig auf die ›Seite des Guten‹ stellen. So gehört also Tugend und Geist und Leben und Seele, wenigstens die verständige, zum Guten; und dann auch das, wonach das verständige Leben trachtet. Und warum sollen wir nun nicht, könnte einer sagen, beim Geist innehalten und diesen als das Gute ansetzen? Es ist ja Seele und Leben Abglanz des Geistes, und er ist es, nach dem die Seele trachtet. 46 Plotin, VI 7, 19,8 ff.: ˛peita, ˆti pollÞ tÞ ¥yiffmena ka½ ˝lla ˝llwn‡ p@ oªn krino‰men t† ¥yiemffn†w, e§ bffltion; ⁄ll3 —sw@ o'dþ t bffltion gnwsmeqa t ⁄gaq n ⁄gnoo‰nte@. ⁄llÞ ra t ⁄gaq n ¡rioÐmeqa katÞ t¼n k€stou ⁄retffin; (…). 45 Plotin, VI 7, 19,17 ff.: r3 oªn, ¥peide¼ h¡i lgo@ t diti zhte…, ta‰ta dþ ⁄gaqÞ par’ a¢tn, diÞ to‰to ⁄pore… to‰ «diti» t «ˆti» nto@; (…). 46 Plotin, VI 7, 20, 1–13: 3Epeid¼ tofflnun ⁄pisto‰men ¥n t† parnti ta…@ ¤rffxesi pr @ tÞ@ to‰ tffl ¥stin  po…on ¥sti qffsei@, ra cr¼ pr @ tÞ@ krfflsei@ §ffnai ka½ tÞ@ tn pragm€twn ¥nantiðsei@, oon t€xin ⁄taxfflan, sÐmmetron ⁄sÐmmetron, 'gefflan nson, edo@ ⁄moryfflan, o'sfflan yqor€n, ˆlw@ sustasfflan ⁄y€nisin; toÐtwn gÞr tÞ prta kaq3 k€sthn suzugfflan tffl@ n ⁄myisbhtffiseie m¼ o'k ¥n ⁄gaqo‰ e—dei enai: e§ dþ to‰to, ka½ tÞ poihtikÞ a'tn ⁄n€lkh ¥n ⁄gaqo‰ mofflra tfflqesqai. kai ⁄ret¼ d¼ ka½ no‰@ ka½ zw¼ ka½ vucffi, ` ge ˛myrwn, ¥n ⁄gaqo‰ e—dei‡ (…) ka½ gÞr vuc¼ ka½ zw¼ no‰ —cnh, ka½ toÐtou ¥yffletai vucffi. 44

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In diesem Textabschnitt Plotins sind aber entscheidende Probleme genannt und als zum Grund- und Maßverhältnis der Urteilskraft gehörig verbunden. Selbst das im »Monologion« zentrale kritische Prinzip im ›melius ipsum‹ gegenüber dem unreflektierten Gebrauch des Höchsten gegen das Niedrigere hat hier eine Vorform: Der Seele [T]rachten nach dem Geist [ist] zugleich ein Urteil (krfflnein); sie urteilt, daß Gerechtigkeit besser ist als Ungerechtigkeit und so ist jede einzelne Art Tugend besser als die entsprechende Art des Lasters und das, was ihr Urteil vorzieht, ist dasselbe, was ihr Trachten wählt. 47 Mit der Präzisierung im ›melius ipsum quam non ipsum‹ und dessen Verschränkung von Washeit und Sein in unteilbarer Substanz als Geist selbst wird zugleich eine das ganze Vernunftverfahren des »Monologion« durchgreifende Kritik geführt, die der manichäischneuplatonischen Grundgefahr der Verachtung »des Niederen« widersteht. e) Eine andere Art der Formbildung für die Vergleichsstruktur ist bei den stoisch geprägten Gedanken über die Natur zu finden. G. Grundwald rekonstruiert die ersten Ansätze zur Ausbildung von Gottesbeweisen vor Anselm. 48 Er weist darauf hin, daß die stoischen Gedanken vor allem jene von Cicero und Chrysipp für die Weiterentfaltung des Gottesgedankens in der früheren Scholastik im Kreis der Alkuinschule und der Benediktiner bedeutsam sind. Insbesondere ist ein von Grundwald verwiesener Gottesbeweis aufgrund seines Inhalts für unsere gegenwärtige Fragestellung zum Element des Vergleichs bedeutsam. Eine noch unedierte Handschrift des 12. Jh., deren Verfasser Benedikt von Ariane (759–821) sein soll aber nicht sicher festzustellen sei, 49 enthält den genannten Gottesbeweis, der nach Grundwald sowohl einen strengen deduktiven als auch einen breiteren dialogischen Charakter aufweist. Er beinhaltet das »an Cicero anlehnende aber relativ eigenständig, keinesfalls augustinische Argument als geistiges Eigentum« 50 zuzuschreiben sei: »Alle Dinge können in drei Arten nämlich in die des Seienden, des Lebenden und des Erkennenden eingeteilt werden. Sie werden gleichsam durch die Plotin, VI 7, 20, 13–16: ka½ krfflnei tofflnun ka½ ¥yffletai no‰, krfflnousa mþn dikaiosÐnhn ⁄nt3 ⁄dikffla@ ˝meinon ka½ kaston edo@ ⁄ret»@ pr kakffla@ e—dou@, ka½ tn a'tn  protfflmhsi@, n ka½  a´resi@. 48 G. Grundwald, Geschichte der Gottesbeweise im Mittelalter bis zum Ausgang der Hochscholastik, S. 18–23. 49 Ebd., S. 19 f. 50 Ebd., S. 20. 47

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

Macht (potentia) und durch die Güte (bonitate) voneinander unterschieden. Wie zum Beispiel, daß das lebende Tier mehr als der nicht-lebende Stein vermag, vermag so der lebende und erkennende Mensch mehr als das lebende und nicht erkennende Tier. So ist in derselben Ordnung besser das Seiende und Lebendige als das Seiende, was ist und nicht lebt, und das Lebende und Erkennende ist besser als dasjenige, was lebt und nicht erkennt.« 51

Die Einteilung nach Sein (quod est), Leben (quod vivit) und Erkennen (quod intelligit) gilt als die Triade, die Marius Victorinus von Porphyrius her umformuliert, um die innere triadische Struktur der Seele und schließlich der Wesenheit Gottes zu bezeichnen. 52 Die Dreiheit der Naturen oder Arten von Sein, Leben und Erkennen kombiniert mit der vergleichenden Funktion von melius weisen die Grundarten von Natur als höhere Natur und schließlich als die höchste Natur aus. Die Grade der Vollkommenheit von jedem lassen sich hierbei durch Addition und Kombination zum Ausdruck bringen, so Zitiert wird von G. Grundwald nach den Dicta Candidi, wovon Benediktas Text nur wenig abweiche (S. 20 in Anm. 5); Dicta Candidi, XII. fol. 43 col. b: Tota rerum universitas in tria genera dividitur: in unum quod est, in aliud quod vivit, in tertium quod intelligit, quae inter se sicut potentia, sic etiam bonitate differunt; ut verbi gratia, sicut plus potest bestia vivens quam lapis non vivens, ita plus potest homo vivens et intelligens quam bestia vivens et non intelligens. Atque, eodem ordine, sicut melius est id quod est atque vivit; quam id quod est tantum sed non vivit, ita melius est quod vivit et intelligit, quam illud quod vivit sed non intelligit. 52 Marius Victorinus, Gegen Arius, Buch III 4, 30–40: Ergo scire intellegere quod vivas, hoc est vivere. Id ergo erit intellegere quod vivere. Quod si ita est, ut unum sit vivere et intellegere, et, cum unum sit esse quod est vivere atque intellegere, substantia unum, subsistentia tria sunt ista. M. Schmaus, Einleitung, S. XXXVII: »Anregung zu dieser Dreiheit empfing Augustinus von Marius Viktorinus. Bei ihm fand er das Schema, SeinLeben-Erkennen. Das göttliche Sein ist eine Dreieinigkeit von esse-vivere-intelligere. Indem Marius Viktorinus diese Dreiheit zunächst als eine innerseelische erweist und auf Grund der Analogie zwischen Gott und Mensch auf Gott rückschließt, kommt er zu dieser trinitarischen Bestimmung des göttlichen Seins.« Ferner P. Hadot, Zur Einführung, S. 17 f.: »Die Originalität, ja Genialität des Victorinus besteht darin, der christlichen Trinität eine der Triade analoge Struktur gegeben zu haben. Zwar hatte bereits vor Victorinus Eusebius von Kaisareia (ca, 260–340) in den drei Hypostasen Plotins (das Eine, die Intelligenz und die Seele, die drei Hypostasen der Trinität erkannt, aber diese Angleichung war darin in gewisser Weise leicht zu vollziehen, da es sich auf beiden Seiten um Hypostasen handelte, die das damals noch ungenaue Vokabular Substanzen nannte. Im Gegensatz dazu setzt Victorinus den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist mit Sein, Leben und Denken gleich, also mit den drei Akten, die es der porphyrianischen Intelligenz erlauben, sich als Sich-Selbst-Erkennenden in einer naturnotwendigen Bewegung des Aus-sich-selbst-Hervorgehens und des Zu-sich-selbst-Zurückkehrens selbst zu setzen.« Zum klassisch-antiken und neuplatonischen Ansatz der Triade vgl. Beck, H., Triadische Götter-Ordnungen. 51

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daß die genannten drei Naturen den Dingen nur unterschiedlich zukommen und diese dementsprechend unterschiedlich vollkommen sein können. Der Mensch, dem das Leben und Erkennen zukommt, ist besser oder mehr (plus) als das Tier, dem nur das Leben, aber nicht das Erkennen zukommt, und das Tier ist aber besser als der Stein, dem nur das Sein zukommt. Also findet der Vergleich z. B. nicht zwischen dem Leben und dem Erkennen, sondern zwischen dem Leben mit Erkennen (quod vivit et intelligit) und Leben ohne Erkennen (quod vivit sed non intelligit) statt. Eine bereits vorhandene Vollkommenheit wie Leben läßt sich dann mit Erkennen (intelligit) verbinden und der Verbindung mit dem Nicht-Erkennen (non intelligit) gegenüber in den Vergleich stellen. Die Ansätze der gerade skizzierten Traditionen, nämlich die Anwendungsregel des Wortes melius bei der aristotelischen Topik, eine Vorform im Vergleichsurteil zwischen den gegensätzlichen Tugenden bei Plotin und der Gesamtheit der Dinge als die Geordnetheit nach unterschiedlichen Graden an Vollkommenheit bei den Stoikern scheinen für die Bildung der Formstruktur von Anselms Prinzip ›melius ipsum‹ bedeutsam zu sein. Anselms komplexe Verfahrensweisen eines rein durch Vernunft in Reflexion entscheidbar vergleichenden Beurteilens in Annahme der höchsten Natur und der Ideen als Wesenheit des Selbstseins unterscheiden sich jedoch von dieser vorgenannten voranselmischen Tradition, wie sich die vorliegende Arbeit insgesamt zu zeigen bemüht. 3.1.4 Eine Logik des Selbstvergleichs aus dem Selbstverhältnis In der Wesensbestimmung ›melius ipsum‹ ist eine formale Bestimmungsstruktur zu erkennen. Sie ist gekennzeichnet durch eine Beurteilungsstruktur (ipsum sit melius), welcher wiederum der Vergleich (melius quam) zugrunde liegt. Insofern hält Anselm für die neue Untersuchung über die Wesenheit der höchsten Natur streng genommen immer an der Vergleichsmethode fest und bewegt sich im vergleichenden Denken. 53 Daran, daß Anselms Denken mit Vergleichsverfahren zu tun hat, ist nicht zu zweifeln, wie der Begriff Gottes selbst als ›etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann‹, zeigt. Dennoch verkennt man verschiedene Arten, vielfältige Strukturen und Funktionen des Vergleichs bei Anselm. Zum Beispiel verkennt W. Schulz, daß Anselms

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

Unter den Verfahren des Vergleichs sind drei Arten unterscheidbar, die in die jeweilige Bildung von den Begriffen und der Wesensbestimmung der höchsten Natur, nämlich a) ›summum omnium‹, b) ›quidquid melius ipsum quam non ipsum‹ und ferner c) ›aliquid, quo non maius cogitari possit‹ des »Proslogion« eingeschlossen sind; a) Der relationale Vergleich ist im »Monologion« genuin zugrunde gelegt und daraus läßt sich der Begriff ›summum bonum‹ bilden (vgl. oben I). b) Der Selbstvergleich liegt als das konstruktive Strukturelement dem Prinzip für die Bestimmung der Wesenheit Gottes ›melius ipsum omnino quam non ipsum‹ zugrunde. c) Der Vergleich als die selbstreflexive Form des Denkens ist im Begriff ›aliquid quo nihil maius cogitari possit‹ im »Proslogion« zugrunde gelegt.

Die schlechthinnig guten Eigenschaften können der höchsten Natur nur aus ihrem Selbstverhältnis in und zu ihrer Wesenheit zugesprochen werden. Ihre Wesenheit kann nicht im Vergleich zu etwas anderem, sondern nur in bezug auf sich selbst als gut beurteilt werden, weil sie als Maß und Grund selbst Beurteilungskraft sein muß. Die Beurteilung als das grundlegende Moment in der Form der Bestimmung vollzieht sich mit Selbstbindungen der Vernunft zugleich konstruktiv in einer Art Logik des Selbstvergleichs. Trotz der Möglichkeit, dahin gehend mißverstanden zu werden, daß es sich hier auch um eine relative Betrachtungsweise handle, baut Anselm die Bestimmungsform doch auf einer Vergleichsstruktur (melius quam) auf. Es stellt sich doch immer die Frage, wie ein Vergleich stattfinden kann, ohne daß dabei ein relationales Verhältnis aufgebaut wird. Denn jeder Vergleich scheint eine Relation zu enthalten. Dies verschafft zugleich den Zugang zur Seiendheit des summum bonum als das, was als solches zu sein nicht nur gut, sondern absolut gut ist, und nicht nur absolut gut zu nennen, sondern für absolut besser zu erkennen, als daß es nicht solches wäre. Die Bildung Komparative (melius, maius) nicht als Superlative gedacht werden dürfen. Am Beginn seines einflußreichen Buches, Der Gott der neuzeitlichen Metaphysik, erwähnt W. Schulz Anselm kurz und hebt rasch kritisch hervor, daß Anselms Begriff Gottes das Wesen des mittelalterlichen Gottesbegriffs dergestalt beeinflußt hatte, daß Gott als das Größte zu erfassen und daß dieses immer noch mit dem Vergleich gegen die kleineren Größen verbunden sei. Nach Schulz korrigiert sich das so verfasste Denken Gottes erst durch Cusanus, der nun schließlich der vergleichbaren Seinsordnung entkomme; somit beginne der Gottesgedanke der neuzeitlichen Metaphysik mit Cusanus, vgl. ders. Der Gott der neuzeitlichen Metaphysik, S. 13 ff. Eine Vergleichsuntersuchung zwischen Anselm und Cusanus wäre erforderlich. Cusanus nimmt zweifellos Anselms Vergleichsdenken auf, ohne aber dabei die Erkenntnis der Grenze des Denkvermögens und die reflexiven Denkbewegungen der Vernunft durchgängig in Anspruch zu nehmen. A

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der gesuchten Bestimmung ist hier erst möglich, indem die Selbstnegation innerhalb dieser beiden angesetzten Vergleichsbezüge solches zu sein und nicht solches zu sein stattfindet. Ohne die Struktur des Vergleichs ist keine Wesensbestimmung möglich, selbst wenn die Seiendheit und ihre Negation denkbar wären. Die dementsprechend zu bildende Bestimmung wäre dann eine solche, daß solches zu sein nicht solches zu sein ist: Seiendheit-A (ipsum) ist nicht Seiendheit-A (non ipsum), nämlich Nicht-A. Dies ist aber unmittelbar widersprechend. Oder sie wäre, daß solches zu sein dann nicht nicht solches zu sein ist: Seiendheit-A ist nicht Nicht-Seiendheit-A, nämlich nicht Nicht-A. Dies führt schließlich aus der doppelten Negation zur Tautologie, daß die Seiendheit-A die Seiendheit-A ist. Um den Widerspruch und die genannte Tautologie zu vermeiden und zugleich aus dem eigenen Selbstverhältnis eines Dinges eine Bestimmung zu gewinnen, bedarf es einer anderen Komponente. Als diese benötigte Komponente dient der Grundgedanke, daß etwas gut ist, dessen Gutsein nur auf sich selbst bzw. auf die Existenz im Sein seines Wesens bezogen ist. Der beurteilende Selbstvergleich in Bezugnahme auf das grundlegend Maßgebliche bildet hier die Grundstruktur. Denn sonst wäre sie nicht wesentlich gehalten, wie die Ausgangsfrage des K15 lautet. Die Wesenheit muß in Form der Existenz als Kriterium für die Beurteilung des Gutseins im Verhältnis zu sich angesetzt sein. Wesen und Güte müssen als dasselbe doch in ein Maßverhältnis treten. Darin sind sie Identität als Verhalten in der Gleichung, wie die Struktur der Beurteilung durch den Vergleich, also durch den Komparativ ›melius‹, nur gegen das Verhalten deutlich machen kann, was der Wesensgleichheit nicht entspricht. Das komparative melius schafft die Begründung für die vorzügliche Unterscheidung des Entsprechens gegen das Nicht-Entsprechen, zwischen Sein und Nicht-Sein bzw. zwischen Existenz und Nicht-Existenz des jeweiligen Gutseins, das als zum Guten selbst gehöriges Verhalten als es selbst zu denken ist. Anselm scheint hier eine andere Art des Vergleichens begleitend für erforderlich zu halten, in dem das vorzuziehende, verglichene Eine (ipsum) in seinem Wesen als nicht abhängig von seiner Negation (non ipsum) gehalten werden kann. Dieses Halten ist aber nur zusammen mit dem Vergleich gegenüber einer zweiten Verhaltensweise in einer Beurteilung möglich, die in Grund und Maß abhängig vom ipsum als dessen Unvermögendsein im Nichtselbstentsprechendsein sich zu gedenken gibt. In dieses Bestimmungsverfahren geht die Reflexionsfigur der 184

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Strukturelle Bedeutung des ›melius ipsum‹ in seiner vergleichenden Beurteilung

Selbstanmessung ein, die den Selbstvergleich mit dem Gedächntnis der Gefährdung des Seinkönnens in der Maß- und Bedingungserkenntnis der Vermögen in doppelter Beurteilungshaltung erst ermöglicht. Der Vergleich findet nicht zwischen zwei heteronomen Seienden A und B statt, nicht zwischen z. B. gerecht sein und weise sein, sondern zwischen A und der Negation seines Selbstseinkönnens: Nicht-A, d. h. zwischen ›gerecht sein‹ und ›nicht gerecht sein‹ im Verhalten, dies zu können. Im Vergleich zwischen den zwei konträren Seiendheiten A und B fände dagegen keine Bestimmung ihres Bedingungsverhaltens als sie selbst statt. Von ihrer Bestimmbarkeit her betrachtet ist Nicht-Seiendheit, d. h. Nicht-A (non ipsum) nur von der Seiendheit A (ipsum) her bestimmbar, und zwar negativ. Insofern ist in diesem Vergleich die Denkbarkeit mitkonstituiert, daß sie nicht wäre. Die Seiendheit ›gerecht zu sein‹ scheint in Bezug auf die Denkbarkeit und Beurteilbarkeit ihrer Seiendheit als gerecht nicht abhängig zu sein vom ›nicht gerecht zu sein‹ ; einen Bezug darauf nimmt anscheinend nur das beurteilende Denken. In Bezug auf die Seiendheit Gottes als seine Wesenheit setzt Anselm unsere Urteilskraft voraus, die er anspricht, das Gutsein oder Gerechtsein danach unterscheidend zu beurteilen, inwiefern ihr Sein, ihre Subsistenz oder Existenz nach dem Prinzip des ›melius ipsum quam non ipsum‹ unbedingt gut und gerecht ist. Ursprünglich unabhängig von ihrer Negation sind sie doch nur in Einheit als gut und gerecht, als wahr und als weise dasselbe im Wesen. Das Beurteilen wird zu einem Erkennen und das Erkennen gewinnt leitende Bedeutung für das Vermögensverhalten als gut und gerecht und wahr und weise selbst sein zu können für den, der dies in Verbindung zu erkennen und seine Urteilskraft unter dieser Maßgabe der Einheitsbedingungen zu gebrauchen vermag. Das ›melius ipsum‹ ist darum keineswegs als normatives Prinzip zu begreifen, sondern übt eine reflexive Verhaltensfunktion in einer Anmessungsbewegung aus Vernunfterkenntnis aus. Es stellt die Vernunft in ihrer Urteils- und Entscheidungskraft dar, in die nur mit der Maßerkenntnis ihres ursprünglichen Grundes das Selbstvergleichsverhalten des ispum sich dort einbindet, wo dieses in Wesensbestimmungen erkannt und mit der denkbaren Möglichkeit, es nicht zu vermögen, solches selbst zu sein, verglichen wird. Darum ist das vom ›ipsum‹ vertretbare schlechthinnige Gute auch kein teleologisches Ziel der menschlichen Handlung. A

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Vielmehr ergibt sich mit Verbindlichkeit als Grund und Maß des Handlungsverhaltens, wo ein ipsum in Teilhabe an der genannten Beurteilungsstruktur erkannt wird und nur so selbsterkennend sich als solches zu denken gibt und verhält. Das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ impliziert, daß ein jedes dann gut ist, wenn es so ist, wie es seiner Wesenheit gemäß in ursprünglicher Erkanntheit durch den schöpferischen Geist geschaffen ist. Insofern strukturiert das Prinzip das Seinsverhalten hinsichtlich des selbst erkennbaren Verhaltens als und zum ursprünglich gegebenen Wesen gehörig. Dieses ist keiner angemessenen theoretischen Betrachtung außer der Teilnahme am schöpferischen Wort durch die Beurteilungskraft zur Würdigung des Seinkönnens als gut und gerecht fähig. Umgekehrt entspringt in diesem durch Selbsterkenntnis in der Ebenbildlichkeit vermittelten Wesensverhalten eine Verpflichtung, sie als Grund und Maß in der Selbsterkenntnis zu wahren. Dies erweist sich darin als Bedingung der sich selbst angemessenen Entscheidungsvermögen und es dort verteidigend in Geltung zu halten, wo etwas im Leben der Seele selbsthandelnd an den Nichtentsprechungen teilnimmt. 54 Auch solches Wahren und Verteidigen von Bedingungseinsichten gehört zur Methode des ›sola ratione‹. Im beurteilungsbegrifflichen Sinne des Besserseins als es zu sein oder nicht es zu sein ist der Modus der Selbstachtung im Vergleich mit dem, was es selbst ist, oder was es nicht selbst ist, ein selbstverpflichtendes Vergleichsverhalten. Woheraus man das erkennt, daß etwas besser ist, hängt unabdingbar mit der Entscheidungskraft zusammen, die in der Beurteilung durch Vernunft mit stattfinden muß und nur aus Reflexion im Gedenken als Bedingung erkannt werden kann. Dies entspricht der Struktur des durchgängig, d. h. durchaus Besserseins, daß es sei. Was für eine Entscheidung in dieser Form Den Ansatz, jedem Ding ein Verhältnis zu seinem eigenen Wesen zuzuschreiben, macht Anselm mit dem Gedanken des »Sollens« (debere) später in »De veritate« zu einem Grundgedanken. Daß jedes Ding verpflichtet ist, seiner ursprünglichen Wesenheit, die die schlechthinnige Güte, nämlich die Wesenheit Gottes ist, ähnlich zu sein und sein zu wollen, insofern das schlechthinnige Gute das Vorbild für die gesollte Wahrheit der Dinge ist. Damit ist die höchste Natur das Maß für die gesollte Angleichung der Dinge (dazu. u. 3.3.7.4). Der Gedanke des »Sollens« ist für die höchste Natur aber nicht im Sinne der von einer anderen außer sich selbst bestimmten Begrenztheit oder Bedingtheit zu verstehen, sondern im Sinne der Notwendigkeit und Unbedingtheit ihrer Gutheit, was in ihrem Selbstverhältnis begründet ist. Vgl, M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 465.

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unbedingte Gültigkeit hat, muß auf das Selbstseinkönnen in zu eigen gegebenen Vermögen bezogen sein, die an den entscheidenden Kriterien als Geist, Vernunft, Verstand und Urteilskraft maßhabend selbst teilhaben. Ferner muß die Selbstseinsweise auch eine vernunftbegabte sein und kann also angemessen nur vom Menschen erfüllbar sein. 55 Das hat dann aber rückwirkend Folgen für unsere Erkenntnis aus der Annahme der Ursprungsgabe der gedachten Eigenstruktur der höchsten Wesenheit gegenüber. Sie ist nichts anderes als das, was durch ihr schöpferisches Entscheiden dann uns in der Anmessung sich im Maß zu erkennen gibt, und jede Unerkanntheit zeigt sich als Ungemäßheit mit und unter uns selbst. Insofern ist die Natur der höchsten Wesenheit gar nicht denkbar ohne diese aus dem Vergleich mit dem Schöpferischen allererst ermöglichte Denkbarkeit in der Beurteilungsstruktur, daß es besser ist, solches selbst zu sein als nicht solches selbst zu sein. Das Mitdenken der Entscheidungsfunktion des ›melius ipsum quam non ipsum‹ bedarf in der Tat der Annahme im Anerkennen des Schöpfungsverhältnisses. Zu ihm gehört mit dem sich zu eigen geben Lassen des Ursprungs das Gedenken des vom Nichtseinkönnen zum Seinkönnen Gewordenseins als der unabdingbaren Bezugnahme auf das Nichtselbstsein (des ›non ipsum‹) in Begriffen des Selbstseins geistiger Wesen.

3.2 Die funktionale Bedeutung der Struktur des ›melius ipsum‹ 3.2.1 Hinführung Für die Struktur des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ gilt es nun herauszuarbeiten, durch welche Momente sie gebildet ist und welche funktionalen Bedeutungen sie hat. Ihre Analyse zeigt, daß das ipsum dabei nicht auf anderes Selbstseiendes, sondern auf seine Andersheit, das Nicht-es-Selbstsein des ipsum bezogen ist. Es handelt sich also entsprechend den Anforderungen der Wesenserkenntnis aus K15 nicht um eine relative, sondern um ein Selbstsein, das sich mit seiner eigenen Negation vergleichend verhält. Die Bestimmungsstruktur dieses Identitätsverhaltens ist die einer vergleichenSelbstverhältnis als Geist ist immer auch ein Verhalten zu Menschen als Personen – mit ihnen.

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den Beurteilung, in der das ipsum, das Dasselbesein als es selbst, zugleich als Entscheidungskriterium maßgeblich wird. Die aus dem Kriterium des ›melius ipsum quam non ipsum‹ erschlossenen Wesensattribute, d. h. die für das ipsum erfaßbaren Eigenschaften, müssen gemäß der Ausgangsfrage in K15 die natürlichen Wesenheiten der höchsten Natur und damit sie selbst sein können. Als das Maß des Selbstseins wahrendes Prinzip hat es bei Anselm, wie W. Kluxen treffend bemerkt, im Unterschied zu Duns Scotus, der an dessen Brauchbarkeit zweifelt 56 , die funktionale Aufgabe, die Wesenheit als Washeit Gottes zu erschließen: »Scotus [diskutiert] die Möglichkeit, aus dem Prinzip der Vollkommenheit Gottes (…) auf sein Verstehen und Wollen zu schließen. Gerade ein solches Verfahren hatte Anselm von Canterbury im Auge gehabt.« 57

Mit der Identität von Selbstheit und Güte als Maß für den Vergleich wird eine Mehrzahl von Wesensbestimmungen erschlossen, deren Einheit zur Wahrung der Identität des Selbstseins dann zum weiter auszutragenden Problem der Vernunfterkenntnis in Begriffen des Wesens der höchsten Natur wird (K16 ff.) 58 . Ort der durchgeführten Erörterung der erschließenden Funktion des ›melius ipsum‹ Prinzips im »Monologion« ist darum nicht nur K15, sondern auch die darauf folgenden Kapitel bis K28. In diesen wird die in K12 festgelegte erste Aufgabe, nämlich die Eigentümlichkeiten (proprietates) der höchsten Wesenheit zu untersuchen, schrittweise erfüllt. An die Fraglichkeit des Gebrauchs des Substanzbegriffs anschließend wird das zweite zu Untersuchende das SpreZur Kritik durch Duns Scotus und zu ihrer Gegnerschaft vgl. oben Anm. II, 24, 25. Die Diskussionen zu Heinrichs von Gent Interpretation von Anselms Prinzip und Scotus’ Kritik sowie zum bereits von W. Kluxen (Kommentar, S. 196 ff.) erkannten unterschiedlichen Stellenwert des Prinzips bei Anselm und Scotus fordern, wie bereits erwähnt, einen anderen Rahmen als es in dieser Arbeit möglich ist. Darum sei an der Stelle nur kurz erwähnt, daß Scotus sich nicht direkt auf Anselm, sondern auf Heinrich von Gent oder das durch diesen verbreitete Verständnis der schlechthinnigen Vollkommenheit bezieht und Anselms Prinzip tatsächlich eine andere Aufgabe und einen anderen Stellenwert hat als den von Scotus her zuerkannten. 57 W. Kluxen, Kommentar, S. 202. 58 Das Thema von K16 ist die »einfache Vollkommenheit« gegenüber der Teilbarkeit im Vergleich mit dem raum-zeitlichen Sein der Dinge und als Einheit der Washeiten für die Selbigkeit je in und mit ihnen und die unaussprechliche Mehrzahl in der Trinität, ohne die die Weise der Identitätswahrung durch Einung der sich unterscheidend geltend machenden Maßgründe des Wesens nicht denkbar, nicht in Ähnlichwerdung annehmbar wird. 56

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chen (locutio), das mit der höchsten Natur wesensgleich ist, sein müssen. Einsichtig zu machen ist dabei, inwiefern dieses Sprechen selbst als die höchste Substanz im Selbstsein als individueller Geist (K26–29) angenommen sein kann. Diese Reihenfolge der Betrachtung deutet eine eigentümliche Struktur der Begrifflichkeit der höchsten Substanz an, die in K1–12 schon unausgewiesen in Gebrauch genommen war und deren funktionelle Bedeutung ohne die praktische Verhaltensbedeutung nicht zureichend dargestellt werden kann. Die praktische Bedeutung ist also notwendig mit dem Ähnlichkeitsverhältnis in der Reflexion von Vernunft und Urteilskraft im unteilbaren Geist verbunden (unten 3.3). In K15 war nach der natürlichen Wesenheit der höchsten Natur gefragt. Im Anschluß daran wird die washeitliche Bestimmung in K16 thematisiert und zu einer ungeordneten, unvollständigen Auflistung ihrer Mehrzahl gebracht. Mit der Einfachheit des Seins der höchsten Natur und der damit verbundenen Identität einer jeden Wesenheit mit ihrem Sein beschäftigen sich K17 und dann in Argumentteilen die Kapitel bis K22. Die mit der Teilbarkeit verbundenen räumlich und zeitlich erfaßten kategorialen Eigenschaften werden in K18–24 und die Nennbarkeit der höchsten Natur als Substanz gegenüber akzidenteller Verschiedenheit in K25–27 betrachtet. Zu diesen Schritten gehören eine logisch-begriffliche Widerlegungsarbeit, besonders in K18, sowie die Gegenstandsanalogie durch den unvermeidlichen Gebrauch von Kategorien des Verstandes in der Aussageform von Eigenschaften und »Beschaffenheiten« von etwas (K19–28). Es mußten die Eigentümlichkeiten der höchsten Substanz bis K28 gemäß der Vernunftführung mit und gegenüber der Substanz als Kategorie und damit in Absetzung gegen das, was im allgemeinen Traktat von den Substanzen behandelt wird 59 (K27), erkennbar werden und K29 ruht darauf auf. 60 Ohne die in ihrem Verfahren kritisch zu nennende Durchführung des kategorialen Denkens der Selbigkeit der Substanz, in dem etwas als etwas durch zuordnende Prädikationen bestimmt wird, könnte die Substanz nicht als unteilbar angenommen und in Geltung erhalten werden. Sie Mon 27, I 45,4–5: Constat igitur quia illa substantia nullo communi substantiarum tractatu includitur. 60 Mon 29, I 47,4–7: Iam vero iis quae de proprietatibus huius summae naturae ad praesens mihi ducem rationem sequenti occurrerunt perspectis opportunum existimo, ut de eius locutione, per quam facta sunt omnia, si quid possum, considerem. 59

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könnte auch nicht individueller Geist als Wort (verbum) in jener Verhaltensstruktur sein, die bis K80 dann als trinitarische Erkenntnis durch das »Monologion« entfaltet wird. Die Gedankenführung von K15 bis K28 vollzieht sich in reflexiver Bestimmung der höchsten Wesenheit, daß sie als Substanz mit dem gegenständlichen Sein der Dinge verglichen und jedoch von diesem unterschieden wird. Diese Unterscheidung kann dabei in der Bezugnahme nur mit Reflexion der kategorialen Bestimmungsfunktionen gewährleistet werden. Erst damit ist nach Anselm ein Zugang für das begreifende Denken der Vernunft zur ansonsten nur rätselhaft und unaussprechlich erscheinenden Trinität möglich. Im Durchdenken der für das Verhalten zu den Dingen in Raum und Zeit bestimmenden Eigentümlichkeiten der höchsten Natur als der höchsten Substanz, die bereits in K5–14 auf die Schöpfung bezogen ist, wird ihre Substanz als schöpferische gehalten und ihr Sprechen als Geist wird nicht isoliert vom Sein der Welt gedacht, ohne je mit ihr identisch oder in Gemeinsamkeit von Sein – auch bloß logisch nicht – eingeteilt zu sein. Dies ergibt sich schon aus den Aporien, dem Sein der höchsten Substanz ein Verhältnis zum Nichts unmittelbar zuzudenken (K18–19). Das am Ende erreichte Ergebnis, daß die Identität der höchsten Natur in ihrer begrifflichen Bestimmung als individueller Geist (K27) erkannt wird, bildet das Zentrum der darauffolgenden Betrachtung des Sprechens als dem einen Wort der höchsten Wesenheit. Dabei wird es für das Personsein in der Dreieinheit und damit für den Begriff der Person in der Grundlegung ihres Selbstseinkönnens entscheidend. Das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ fungiert also zunächst wie eine Regel zur Erschließung der Wesensattribute der höchsten Natur (K15). Die Wesensattribute gehören ihrerseits zu den Grundverhältnissen, die auf kategorial zu erfassende Eigenschaften (K18–24) bezogen bleiben, um das Grundsein ihres Wesens für das in Raum und Zeit seiende Geschaffene denken zu können. Zum Beispiel rekurriert die Anfangs- und Endelosigkeit der höchsten Natur auf ihre Wahrheit und Ewigkeit in K18 und auf das subsistent gegebene Sein der Dinge in Unterscheidung zu raum-zeitlichen Eigenschaften aber mit ihrer Ewigkeit als Macht und Lebenskraft in K23–24. Daß das Prinzip jedoch nicht wie eine Ableitungsregel oder eine mathematische Regel sondern als Beurteilungsregel fungiert, läßt sich von der gesamten Argumentationsstruktur des »Monologion« 190

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her einsichtig machen. Die oben betrachtete vergleichende Beurteilungsstruktur des Prinzips weist bereits darauf hin, daß es sich nicht um eine bloß logische Ableitungsregel handelt, sondern um ein Prinzip, dessen regulierende Kraft in der Urteilskraft des Guten beruht. Dieser Regelcharakter wird bei der Ausführung der oben in K12 als zweite genannten Aufgabe verstärkt deutlich, wenn nämlich das Sprechen der höchsten Natur als das wesensgleiche Wort (K30 bis 65) mit Ähnlichkeit und Nachfolge zu verstehen ist, und erschließt sich mithin seiner wesentlichen Funktion. Das ›melius ipsum quam non ipsum‹ stellt sich als eine Formimplikation des Wortseins der höchsten Natur in deren schöpferlichen Kraft dar, die Welt- wie Personsein gründet. Aufgrund des Ursprungsverhältnisses der Wesenheit der Geschaffenen aus und im Wort des höchsten Geistes läßt sich die mit dessen Wesen identische Wesenheit der höchsten Natur als Maß und Grund der Beurteilung einsehen. Das hier als Beurteilungsregel betrachtete Prinzip für die Erschließung der Wesensattribute der höchsten Natur im spezifischen Sinne erweist sich als Beurteilungsprinzip in der Gotteserkenntnis in einem umfassenden Sinn. Die Gotteserkenntnis muß mit der Selbsterkenntnis der im Wort ebenbildlich geschaffenen Natur zur Bildung der Einheit der praktischen Erkenntnis der Vernunft als Geist führen. Das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ hat also letztlich wie jede der mit ihr verbundenen Ideen oder Prinzipien der Vernunft eine notwendig praktische Bedeutung (unten 3.3). Die Untersuchung der Eigentümlichkeiten der höchsten Substanz in K15–24 läßt sich in zwei Teile gliedern: im ersten geht es um solche Eigentümlichkeiten, die sich auf die Wesenheit, Washeit und Einfachheit der höchsten Substanz (K15–17) beziehen und eine kategoriale Unaussagbarkeit der höchsten Natur ausweisen. Dagegen bleibt der Gebrauch von Kategorien doch unausweichlich, solange etwas von ihr als etwas gesagt wird. Im zweiten handelt sich um Gegenbestimmungen von Ort- und Zeitlosigkeit bzw. das räumliche und zeitliche Überall- und Immersein der höchsten Natur (K18–24) in dieser unausweichlichen Entgegensetzung. Diese sind schließlich auf ihre Wesensattribute wie Wahrheit, Ewigkeit, Macht und Leben bezogen. Sie sind dann begründend bezogen, wo diese selbst gründend für das Gegebensein von allem Geschaffenen in räumlicher und zeitlicher Ermessbarkeit sein können müssen, um als höchste Wesenheit gelten zu können. Die einzelnen kategorialen Bestimmungen, um deren detaillierte Erläuterung sich Anselm bemüht, können wir A

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nur von ihrer Begründungsstruktur her strukturell betrachten, um die methodische Bedeutung der unternommenen Schritte und Erweisverfahren umreißen zu können. Wir verzichten in unseren kommentierenden Analysen zwar nicht ganz auf die einzelne Erläuterung der verschiedenen kategorialen Eigenschaften der höchsten Natur, 61 doch soll schwerpunktmäßig eine ausführliche Erläuterung von Anselms Beweis der Anfangs- und Endelosigkeit der höchsten Natur erfolgen. Daran läßt sich beispielhaft erkennen, daß Anselms Versuch, die kategorialen Eigenschaften der höchsten Substanz zu denken, notwendig mit der Methodik des ›sola ratione‹ und der Bewußtwerdung ihrer Verfahrensweisen in Begründung, Rechtfertigung und Sicherung verbunden bleibt. Nicht zuletzt ist es wieder der Ort des Einwands »vom Nichts her« (K8 u. 19), der zur Reflexion der Geltungsbedingungen der Schlüsse anhält und den Zweifel methodisch einbaut. Dies verleiht Anselms Text seine kritische Modernität. Die Vorstellungen, die sich für das verständig urteilende Denken des Seins des höchsten Wesens unvermeidlich kategorial bestimmen, gewinnen keine Selbständigkeit gegenüber den aus dem ›melius ipsum‹ Kriterium erschlossenen Grundattributen, sondern sind für sich nur in antithetischer Struktur faßbar. Sie sind aber für das Grundverhältnis des ›durch sich selbst‹ Seienden zu den Dingen, die aus ihr sind, notwendig aufzunehmen. Wird die Schöpfung zum Zugang der Erkenntnis der höchsten Natur, dann wird die höchste Natur zwar in gewisser Weise durch die geschaffenen Dinge erkannt, doch muß darin die Unterscheidung mitvollzogen bleiben. 62 Die Unterscheidung erfolgt nicht allein durch die Negation kategorialer Eigenschaften, wie es Verfahren der negativen Theologie unternehmen. Es muß vielmehr eine Unterscheidung zugleich des Aussageverhaltens und seiner Formen zum gegenständlich Ausgesagten dort erfolgen, wo dessen Weise nicht mehr in Geltung gehalten werden kann. Darum begegnen wir in der Vernunft dem Nichts, das immer wieder sich bedrohlich als Nichtigkeit der Geltung einstellt, also dem Nichts aus dem unwillkürlich gedachten ›Sein des Nichts‹. Mit dem Erweis in K65, daß der vernünftige Geist das wahre Abbild der höchsten Natur Die kategorial zugedachten Eigenschaften, das zeitliche und räumliche Überallsein und zugleich das zeitliche und räumliche Nirgendssein der höchsten Natur hat M. Enders ausführlich behandelt, vgl. ders., Wahrheit und Notwendigkeit, S. 209–221. 62 Zur höchsten Natur als Substanz aber ohne Gemeinschaft vgl. K25–27. 61

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ist, gilt das Sein der Dinge in ihrer Gegebenheit nicht mehr. Vielmehr bildet er in reflexiver Selbstunterscheidungskraft seiner Vermögen die Ebenbildlichkeit aus. Die Ähnlichkeit des vernünftigen Geistes mit der höchsten Natur ergibt sich denkbar nur in seiner Ausübung als Urteilskraft, d. h. sie liegt in der Bildung ihres Beurteilungs- und Entscheidungsvermögens, das den Weg zur Erkenntnis der höchsten Natur in praktischer Erkenntnis führt. Darin erfährt das Maß der Beurteilung von dieser selbst her seinen unbedingten Geltungsgrund und so gewährleistet eine Vernunftverbindlichkeit, die sich in Entsprechung zur höchsten Natur verhält und dem Höchsten zu Achtenden in seiner Annahme durch die Vernunft Geltung in aller Urteilskraft verleiht.

3.2.2 Wesenheit, Washeit und Einfachheit der höchsten Natur 3.2.2.1 Erschließung der Wesensattribute (K15) Betrachtet man die funktionale Anwendung des Prinzips in K15, scheint diese Erschließung formal betrachtet den Charakter eines deduktiven Prozesses zu haben. Doch kann die Einsichtsbewegung nicht in der Abfolge von Obersatz, Mittelsatz und Schlußsatz eines Syllogismus angeben werden: A: Die Wesenheit der höchsten Natur ist all das, solches zu sein schlechthin besser ist, als nicht solches zu sein. B: Gerecht zu sein ist schlechthin besser als nicht gerecht zu sein. C: Also ist gerecht zu sein die Wesenheit der höchsten Natur.

Wie überhaupt A entwickelt worden ist, hat die Rekonstruktion des K15 ausführlich zu zeigen versucht. Wäre A ein Obersatz für eine Deduktion, würde B dem Mittelsatz entsprechen, nach dessen Bildung nun gefragt werden müßte. Als Mittelbegriff könnte nur das ›Bessersein als‹ fungieren. Es ist aber das Kriterium, durch dessen Gebrauch im Obersatz nach dem Schlußbegriff gesucht wird. Darum handelt es sich nicht um eine Deduktion, die als wahrheitserhaltendes Schließen in der Darstellung von Erfahrungserkenntnis oder einer mathematischen Einsicht fungieren kann. Vielmehr bildet B eine von möglichen Erfüllungsbestimmungen von A, die nicht als These fungiert, sondern als Kriterium für die Bildung einer begrifflichen Erkenntnis. Nicht ein Mittelbegriff, sondern die Urteilskraft A

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als Mittelkraft wird hier entscheidend. Ihre erschließende Funktion ist nicht als deduktiv im logischen Sinne von Schlußverfahren zu bezeichnen. Es handelt sich hier nicht um die Bildung eines Syllogismus durch Auffindung eines Mittelsatzes, sondern um eine beurteilende Bildungserkenntnis aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹. Die Urteilskraft wird als notwendige, vermittelnde Kraft für den Begriffsgebrauch und die Urteilssicherung in den Vernunftentscheidungen selbst thematisch und an der Maßgabe aus der Annahmebedingung beteiligt. Ohne ihre spezifisch für die Vernunft in Anspruch genommene Kraft ist keines der jeweiligen Wesensattribute zu erschließen. Das Prinzip kann als Formprinzip angesehen werden, das mit Vermögen und Kraft, mit Grund und Maß der Urteilskraft materiale Bedingungen in die Vernunfterkenntnis einbezieht. Und so überwindet es die bloße Entgegensetzung des Verstandesbewußtseins für das Verhältnis zur höchsten Natur. 63 Also liegt das ›melius ipsum‹ Prinzip als Kriterium jedem unterscheidenden und beurteilenden Vergleichsurteil zugrunde, wie es als Grundlage zur Gotteskenntnis bereits in K1 bis 4 eindringlich hinsichtlich der Gutheit ausgearbeitet worden ist. Das Formprinzip der Vernunft hat schon mit dem Maß des Guten als Grund seine material praktische, seine ethische Bedeutung sowohl für das Verhalten der Erkenntnis als auch für die Erkenntnis des Verhaltens in dessen Orientierung durch die Urteilskraft, die mit Vernunftgründen entscheidet. Dies bedeutet, daß das Prinzip ›melius ipsum‹ die gesuchten Wesensattribute der höchsten Natur nicht material als inhaltliche Bestimmung gegeben sein lassen und selbst einfach als allgemeine Regelbestimmung für ein Urteilssubjekt fungieren kann. Vielmehr fungiert es als eine Reflexions- oder Beurteilungsregel für die Erschließung der gesuchten Wesensattribute und das Urteilssubjekt. Im Unterschied zu einer deduktiven Schlußfolgerung verfährt sie nicht logisch deduktiv, sondern reflexiv praktisch. Eine bloß analytische Erkenntnis könnte keine materiale Bedeutung für die Verhaltensregulierung und Handlungssteuerung der Verfahren von Vernunft und Verstand erlangen. Die Wesensattribute, die in K15 aus Dies gilt gegenüber einer nur negativen Theologie, die den urteilenden Verstand als insgesamt nur unzuständig oder uneigentlich für die Gotteserkenntnis zu gebrauchen beurteilt und diesen so, obwohl unmöglich nicht gebraucht, nicht in das Begründungsverhältnis durch die höchste Natur einbeziehen und dem Verstandesvermögen einen Ort in der Ebenbildlichkeit geben kann.

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diesem praktischen Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ reflexiv erschlossen und am Ende des Kapitels seine reflexive Funktion erfüllend exemplarisch aufgelistet sind, lauten: »lebend zu sein« (vivens), »weise zu sein« (sapiens), »[all]mächtig zu sein« (omnipotens), »wahr zu sein« (vera), »gerecht zu sein« (iusta), »selig zu sein« (beata), »ewig zu sein« (aeterna). 64 3.2.2.2 Feierliche Aufzählung der Washeit der höchsten Natur in ihrer Höchstheit (K16) Nach dem ersten Beispiel des Gerechtseins muß für das Denken zunächst anerkannt werden, daß jedes durch das Prinzip des ›melius ipsum‹ erschlossene Wesensattribut seiner Form als Prädikat nach eine qualitative Funktion hat. Ferner dient es als Regel der Bestimmung von etwas, das ein identisches Subjekt ist und hat die Regel zur qualitativen Bestimmung seiner wesentlichen Eigenschaft. Anselm geht aber nicht nur von den durch das ›melius ipsum‹ Prinzip gewonnenen Wesensbestimmungen aus, sondern von weiteren Bestimmungen, wie das Beispiel vom Großsein zeigt. Erst wenn die Prädikatsbestimmung der Regel mit dem Subjekt als Identitätsbedingung identifiziert wird, das Was als Gerechtsein mit der Gerechtigkeit als Grund des Gerechtseins als dasselbe zu erachten ist und dies in Parallele zu den anderen Attributsbestimmungen tritt, wird das Urteilsverhalten in ein Reflexionsverhalten überführt. Und seine Beurteilungsfunktion wird nicht mehr für eine Qualitäts- oder Eigenschaftserkenntnis genommen, sondern als Identitätsbedingung des zu Erkennenden selbst einsichtig: dem Beurteilungsbewußtsein wird dann die Vielheit der sich erschließenden Wesensbestimmungen, da nur durch je einen ihrer Begriffe das WasDie Anwendungen des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ für die praktische Erschließung der Wesensprädikate Gottes finden sich von K15 an im gesamten »Monologion« und dann später in K5 des »Proslogion«. Sie ist dort wie hier nicht in der Form der formalen Anwendung einer Regel sondern aus der Urteilskraft geleitet, die im Prinzip selbst ihre Bestimmung hat. Vgl. Pros 5, I 104, 9–17: Quod deus sit quidquid melius est esse quam non esse; et solus existens per se omnia alia faciat de nihilo. Quid igitur es, domine deus, quo nil maius valet cogitari? Sed quid es nisi id quod summum omnium solum existens per seipsum, omnia alia fecit de nihilo? Quidquid enim hoc non est, minus est quam cogitari possit. Sed hoc de te cogitari non potest. Quod ergo bonum deest summo bono, per quod est omne bonum? Tu es itaque iustus, verax, beatus, et quidquid melius est esse quam non esse. Melius namque est esse iustum quam non iustum, beatum quam non beatum.

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sein als Wesen Subjekt des Urteils sein kann, zum Problem: »Was nun? Wenn diese höchste Natur so viele Güter ist (…)« 65 All das, was von der höchsten Natur als Wesenheit sagbar ist, kann nicht kategorial gefaßt gelten, sondern in ihrer Washeit muß die Bestimmungsregel die Bedingung der Beurteilung selbst sein und als solche erfaßt werden. 66 Dementsprechend ist das Gerechtsein der höchsten Natur die Gerechtigkeit selbst und groß zu sein die Größe selbst. Das Wassein erschließt sich mit diesen Beurteilungsreflexionen der Wesensbestimmungen als eine Weise des Selbstseins, die qualitativ urteilend in Funktion scheinen. 67 Dadurch klärt sich die Struktur des ipsum, wie es im Obersatz A wie ein Grundsatz fungiert: sie kann nicht anders sein, denn sie kann durch die kriterielle Kraft des Prinzips und durch die Begriffsbildung hindurch begriffen sein. Sie ist die höchste Wesenheit (summa essentia), das höchste Leben (summa vita), die höchste Vernunft (summa ratio), das höchste Wohlergehen (summa salus), die höchste Gerechtigkeit (summa iustitia), die höchste Weisheit (summa sapientia), die höchste Wahrheit (summa veritas), die höchste Güte (summa bonitas), die höchste Größe (summa magnitudo), die höchste Schönheit (summa pulchritudo), die höchste Unsterblichkeit (summa immortalitas), die höchste Unverderblichkeit (summa incorruptibilitas), die höchste Unveränderlichkeit (summa immutabilitas), die höchste Seligkeit (summa beatitudo), die höchste Ewigkeit (summa aeternitas), die höchste Macht (summa potestas), die höchste Einheit (summa unitas); was nichts anderes ist als das höchst Seiende (summe ens), das höchst Lebende (summe vivens) und das andere ähnlich (alia similiter). 68 So beginnt Anselm K17; Mon 17, I 31, 13–14: Quid ergo? Si illa summa natura tot bona est: (…). 66 Mon 16, I 31,1–2: Quidquid igitur eorum de illa dicatur: non qualis vel quanta, sed magis quid sit monstratur. 67 Was das Wesen als Substanz des durch sich Selbstseienden ausmacht: die Wesensbestimmung als Selbstseinsbestimmung bleibt in seiner Bestimmungsform in die ›melius ipsum‹ Struktur der Vergleichsbeurteilung zurückgebunden und der Identitätsweise als Bedingung zugehörig. Erst dann wird die höchste Substanz als Wort (verbum) mit Vernunft (ratio) einzusehen mitvollziehbar. 68 Mon 16, I 31, 2–8: Sed palam est quid, quodlibet bonum summa natura sit, summe illud est. Illa igitur est summa essentia, summa vita, summa ratio, summa salus, summa iustitia, summa sapientia, summa veritas, summa bonitas, summa magnitudo, summa pulchritudo, summa immortalitas, summa incorruptibilitas, summa immutabilitas, summa beatitudo, summa aeternitas, summa potestas, summa unitas, quod non est aliud quam summe ens, summe vivens et alia similiter. 65

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Die Reihung stellt folglich keine Auflistung von Wesensaussagen über dasselbe dar, wie es als Subjekt den Bestimmungen seines Wesens zugrundeläge 69, sondern es sind Namen, deren begriffliche Identitätsbedeutung sich nur im Gefüge der Bestimmungen erschließt und deren Nennung für sich eine gewisse Feierlichkeit und mit Ehrfurcht erfüllende Haltung erfordert. Dies wird durch die Beifügung der Höchstheit als Attribut zu jedem Attribut bedeutet, zugleich ist damit eine Kriterienverbindung bereits gegen die Tendenz zur bloßen Auflistung geleistet. Der Höchstheit liegt als Vergleichsbestimmung die Größe zugrunde. Die Größe bekundet in allen Wesensbestimmungen ihre Anwesenheit und Funktion durch diese Bestimmungsverbindung, die die Vergleichsbeurteilung mitbringt. Und sie erhält das zu nennende Was als höchstes, das sich vom nennenden Allgemeinbegriff unterscheidet. Man könnte auch sagen: der Washeit der höchsten Natur kommt aufgrund ihrer Einzigkeit durchgängig eine Wesensgröße zu, die identisch mit ihrer Seinsgröße ist, die gar nicht anders als in der Hochachtung als je höchstes Gut gedacht und nicht anders im Vergleich zu Seiendem oder Nichtseiendem als die Höchstheit denkbar wird. Dementsprechend erhält die Rede in der Aufzählung am Ende von K16 einen feierlichen Ton. Alle Seinsweisen bzw. Wesensattribute, die sich in K15 von dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ erweisen, 70 lebend, weise, mächtig, allmächtig, wahr, gerecht, selig und ewig, sind in der Aufzählung der washeitlichen Bestimmung der höchsten Natur am Ende Keine Funktion der Substanz als hypokeimenon: vgl. Anselms Kritik in K27, daß ihre Erörterung nicht in die »Traktate von den Substanzen« gehört. 70 Aus der Perspektive von K15 scheint es zwei Arten der vom Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ erschlossenen Bestimmungen zu geben: Zur ersten gehören diejenigen, die allein nur der höchsten Natur zukommen, wie »ewig zu sein« oder »unsterblich zu sein« und zur zweiten Art diejenigen, die sowohl der höchsten Natur als auch den Dingen zukommen, wie »gerecht zu sein« oder »weise zu sein«. Die jeweilige Seinsweise kommt einerseits der höchsten Natur »wesentlich« zu, wie Anselm durch die Identität von Sein und Wesen der höchsten Natur aufgrund ihres ›durch sich selbst Seins‹ erwiesen hat, und sie ist die höchste in der Gutheit der jeweiligen Wesenheitsbestimmung. Dagegen kommt die gemeinsam aussagbare Bestimmung den Dingen nur durch die Teilhabe an deren washeitlicher Bestimmung ihres Ursprungs zu. Problematisch erscheint dies in der Auffassung durch Duns Scotus in seiner Kritik an der Brauchbarkeit und der Richtigkeit des Prinzips [in quolibet] melius ipsum quam non ipsum; vgl. W. Kluxen, Kommentare, S. 194 ff. Zum Gegenstand der Kritik des Scotus vgl. oben Anm. II, 24 u. 25; ferner zu seinem Lösungsvorschlag vgl. oben Anm. II, 26. 69

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des K16 aufgenommen und damit in die Aufgabe der identitätswahrenden Verbindung gestellt: das höchste Leben von ›lebend zu sein‹, die höchste Weisheit von ›weise zu sein‹, die höchste Macht von ›mächtig zu sein‹, die höchste Wahrheit von ›wahr zu sein‹, die höchste Gerechtigkeit von ›gerecht zu sein‹, die höchste Seligkeit von ›selig zu sein‹ und die höchste Ewigkeit von ›ewig zu sein‹. Dabei ist allmächtig (omnipotens) zu sein, nicht als die höchste Macht (summa potestas) wiedergegeben. Ferner wird vom ›lebend zu sein‹ einmal der Begriff das höchste Leben (summa vita) und ein anderes Mal das höchst Lebende (summe vivens) gebildet. Andererseits heißt dies nicht, daß alle für die Einheit notwenigen Wesensbegriffe hier schon versammelt sind. Gedächtnis (memoria), Erkenntnis (intelligentia) und Liebe (amor) werden erst mit dem Verhalten der Personen in der Trinitätsstruktur einbezogen. Nach dem Hinweis in K16 kann es nicht um die Vollständigkeit der washeitlichen Bestimmung gehen, all das zu erfassen, was in jeglicher Weise für die höchste Natur aussagbar ist, sondern für das, was immer von ihr ausgesagt werden mag deutlich zu machen, daß es nicht die Form einer qualitativen oder quantitativen Funktion haben kann: so wird nicht gezeigt, wie beschaffen oder wie groß, sondern vielmehr was sie ist. 71

Anselm zählt hier als Washeit der höchsten Natur nicht nur die aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ sich erweisenden, sondern auch negativ kategoriale Bestimmungen auf wie Unsterblichkeit, Unverderblichkeit oder die Unveränderlichkeit, sowie die Größe selbst als höchste Größe. Im »Proslogion« betrachtet Anselm die in K15 untersuchte natürliche Wesenheit im Sinne der in K16 besprochenen Washeit Gottes. Das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ bzw. ›melius esse‹ wird dort unmittelbar für die Bestimmung der Washeit Gottes angeführt. 72 Deutet man die natürliche Wesenheit und die Washeit gleich, heißt dies, daß jede washeitliche Bestimmung Gottes aufgrund des Prinzips ›melius ipsum‹ erweisbar bzw. es erfüllend sein Mon 16, I 31,1–2: Quidquid igitur eorum de illa dicatur: non qualis vel quanta, sed magis quid sit monstratur. 72 Pros 5, I 104, 11–16: Quid igitur es. Domine Deus, quo nil maius valet cogitari? (…) Tu es itaque iustus, verax, beatus, et quidquid melius est esse quam non esse. Die den Satzteil ›ipsum‹ durch ›esse‹ ersetzte Umformulierung ist unmittelbar mit der dortigen Frage nach der Washeit des Seins (quid) von etwas verbunden, über dem kein Größeres gedacht werden kann. 71

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müßte. Dies ist zufolge der washeitlichen Bestimmungen der höchsten Natur im K16 noch schwer nachzuvollziehen, da nicht alle der hier genannten Bestimmungen aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ erschlossen zu sein scheinen.

Bei dieser Aufzählung von Washeit geht es nicht um verschiedene Substanzen, sondern um die höchste Natur in ihrer Washeit als eine Substanz, die keine andere Eigentümlichkeit hat, als die Eigentümlichkeit, die sie aus sich selbst spricht, d. h. all das, was sie ist. All das, was für sie ausgesagt werden kann, ist selbst das, was sie aufgrund der genannten Eigentümlichkeit ist. Insofern ist die in K16 erwiesene Gleichsetzung der qualitativ erfaßten Wesenheit mit Washeit ein Erweis, daß jede Art ihrer Eigenschaften ihre ›durch sich selbst‹ seiende Substanz und somit ihr Selbstverhältnis zum Ausdruck bringt. Somit fallen die in K1–15 erreichten Wesensattribute und anderen Bestimmungen in die Selbstkorrektur des bis jetzt geübten Aussageverhaltens über die höchste Natur für die ihr angemessene Redeweise in der Bestimmungsarbeit. Und die Ähnlichkeit ausbildende Selbsterkenntnis hat zur Bildung ihrer Urteilskraft an Selbstberichtigungen notwendig teil. Anselms Argumentationsschritte, die sich zur Bestimmung der höchsten Natur unter Bedingungen ihrer urteilenden Denk- und Erkennbarkeit begrifflich entwickeln, können der Oberfläche nach dreischrittig aufgefaßt werden. Sie scheinen als qualitative (gerecht), washeitliche (die Gerechtigkeit) und eminente Aussage (die höchste Gerechtigkeit) nach bekanntem Schema gedacht werden zu können. Doch zeigen sich deutliche Unterschiede zur klassischen ›via triplex‹ 73 von Dionysius Areopagita, in deren Zentrum der Wesensunterschied Gottes zu den von ihm geschaffenen Naturen steht. 74 In der »De divinibus nominibus« unterscheidet Dionysius zunächst zwei Wege der Gotteserkenntnis: der eine ist der affirmative (kataphatike) und der andere negativ (apophatike). Der dritte Weg, via eminentiae, der dort nicht aufgezählt wird, ist nach Kurt Ruh aus dem Kapitel VII, 872 A, abzuleiten; vgl. K. Ruh, Die mystische Gotteslehre des Dionysius Areopagita, S. 18 (Anm. 20): »Einem dritten Weg, den man aus DN VII 3, 872 A, erwiesen hat, die via emientiae, gibt es nicht: diese fällt vielmehr mit der via negativa, deren Prädikation sie ist, zusammen.« Zur von ihm genannten Stelle vgl. »De divinibus nominibus« VII, PG 3:872A; ed. B. R. Suchla, 198; Übersetzung von Johannes Sarracenus (Dionysica 1:403 f.): Ascendimus in omnium ablatione et execessus et in omnium causa. Im 3. Kapitel der »mystica theologica« werden wohl die drei Wege ausführlich dargestellt und im 5. Kapitel sind Negationen von Gegensatzpaaren zu finden, vgl. E. von Ivánka, Von den Namen zum Unnennbaren. 74 In der klassischen ›via triplex‹ geht es darum, inwiefern sich Aussagen über Gott als 73

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Anselm kann die ›via triplex‹ nicht gehen. Selbst nachdem die Bedingung für das Verfahren der Negation erfüllt ist, nämlich bereits positive Bestimmungen aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ gewonnen wurden, verfährt Anselm nicht nach der ›via negationis‹, um die genannte Korrektur zu leisten. Die Urteilskraft, die durch das ›sola ratione‹ für die Wesenserkenntnis Gottes herausgefordert wird, geht von der Unterscheidung Selbstsein (ipsum) und Nicht-Selbstsein (non ipsum) als was (etwas, aliquid) aus. Darum gehen die Negationen auf die Form des Etwas-Seins nur mit der Begrenzung der Aussagefunktionen aber nie auf die Wesensbestimmungen. Der Washeitsgehalt des Wesens führt das Denken ganz in die Aufgabe, die Identität als singulär und einfach durch die Mehrzahl der Begriffe hindurch zu wahren, was nur mit der Annahme als Grund und Maß in der sich anbildenden Selbsterkenntnis gelingen kann. Die Wesenheit, welche bereits von ihrer Negation unterschieden und gegenüber dieser als besser beurteilt wird, kann nicht nochmals negiert werden, um den Wesensunterschied Gottes zu der geschaffenen Natur hervorheben zu können. Denn das würde bedeuten, daß man die Methodik des ›sola ratione‹ (vgl. oben 1.2) völlig den, der über allem ist, von Aussagen über geschaffene Dinge wesentlich unterscheiden lassen, um die Unermeßlichkeit Gottes und seine Transzendenz zum Ausdruck zu bringen. So entscheidet sich Dionysius Areopagita im zweiten Schritt für die Negation der bereits in positiver Erkenntnis gewonnenen verschiedenen Vollkommenheit, um den Unterschied von den Dingen und Gott hervorzuheben. Dabei betrifft die Negation nicht den Inhalt der affirmierten Vollkommenheit für Gott, sondern nur ihre angemessene Aussagbarkeit, sofern in ihren Begriffen die nämlichen Bestimmungen der Wesenheiten der Dinge mitbegriffen sind. So begriffen scheinen die Negationsverfahren aber in Widerstreite zu führen. Bernhard Brons sieht darum einen transzendentalen Vorbehalt in diesen Verfahren; ders., Gott und die Seienden. Zum Verhältnis von neuplatonischer Metaphysik und christlicher Tradition bei Dionysius Areopagita, S. 214 ff. Der vermißte Erkenntnisgehalt ist nicht das, was durch die Negation zum Ausdruck gebracht wird. Denn die Intention der Negation liegt gerade in der Korrektur der Betrachtungsweise der Gott zugesprochenen positiven Prädikate. Damit leistet das Verfahren der Negation in der klassischen negativen Theologie zwar eine hermeneutische Korrekturarbeit, aber bietet keinen Erkenntnisgehalt und keine Erkenntnis in ihrem Vollzug; Vgl. R. Schönberger, Negationes non summe amamus. Duns Scotus’ Auseinandersetzung mit der negativen Theologie, S. 492 f. Somit kann die Gotteserkenntnis aus negativer Erkenntnis keine praktische Bedeutung gewinnen. Erst als Selbsterkenntnis hat die Korrektur eine bildende Bedeutung für das Verhalten der Vermögen des vernünftigen Geistes. Er ist Bedingung des selbstgemäßen Seins als er selbst und gewinnt also praktische Erkenntnisgeltung, ohne daß diese als verständiger Erkenntnisgehalt zu fassen gewesen wäre. Die Reflexionsverfahren der Ausbildung der Ähnlichkeitserkenntnis von Augustinus zu Anselm gehören also nicht zu den Verfahrensweisen negativer Theologie.

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verläßt, und mit ihr den Erkenntnisort der Ebenbildlichkeit im Schöpfungsverhältnis mit seinen letzthinnig praktischen Verhaltensbestimmungen in der Gotteserkenntnis vernachlässigt. Die bereits affirmierten Wesensprädikate zu negieren, welche in der klassischen negativen Theologie mit Auftritt der Negation nur mehr als Prädikate der Dinge betrachtet sind, könnte für Anselm nur bedeuten, Gottes Wesenheit und die Wesenheit der vernünftigen Natur bzw. der Menschen in ihrem geistigen Leben beziehungslos auseinander zu halten, d. h. das Grundverhältnis des zu Bestimmenden zum Bestimmungsprinzip und somit das Ursprungsverhältnis der geschaffenen Natur und des sie im Erkennen beurteilend mitverantwortenden, vernünftigen Geistes außer Betrachtung zu lassen. 75 Die Folge davon wäre aus der Sicht Anselms, daß Gottes Wesenheit kein Urbild und kein Ursprung für das Sein und die Wesenheit der Dinge sein kann und so die geistige Beurteilung selbst das Maß in ihnen verliert, sie zum Gegenstand der Willkür würden. Das Verhalten zu Geschöpfen setzte sich außerhalb der Verbindlichkeit durch ursprüngliche Bestimmungsgründe, wie sie die Ideen der Wesenheit des höchsten Geistes geben. Sein Weg der Affirmation 76 ist der einer Rechtfertigung als vernünftiger Erschließung von Attributen Gottes als Ideen und Prinzipien durch widerlegende Verfahren der Ausschließung alternativer Annahmen in Einheit oder Vielheit 77 und durch den Vergleich mit der Negation ihres Selbstseins, dessen EntVgl. B. Goebel, Rectitudo, S. 129: »Da Anselm im ›Monologion‹ nur eine Zweiteilung der Wirklichkeit in ›das Wesen, das schafft‹, und ›das Wesen, was geschaffen ist‹, vornimmt, scheint es für ihn zwar einerseits schwieriger, das Verhältnis zwischen Schöpfer und Schöpfung zugleich als ein solches der Transzendenz wie der Immanenz zu denken. (…) Daß Gott als das unsagbare Eine von Anselm nicht wie bei Eriugena den göttlichen Urbilden der Dinge noch übergeordnet wird, ist ein Grund für seine im Vergleich in letzterem scheinbar weniger radikale Durchführung des Programms einer negativen Theologie als Komplement der positiven (nämlich affirmativen) (…).« 76 Anselms Entscheidung für die Affirmation der guten bzw. positiven Eigenschaften für Gott scheint zufolge von J. Kochs Unterscheidung zwischen augustinischem und dionysischem Neuplatonismus in der Tradition des augustinischen Neuplatonismus, nicht in der des plotinischen-dionysischen zu stehen; vgl. J. Koch, Augustinischer und dionysischer Neuplatonismus und das Mittelalter. Zur Diskussion über Anselms ›entplatonisierte‹ Denkansätze vgl. F. S. Schmitt, Anselm und (Neu-) Platonismus, S. 39–72. Zu neuplatonischen Denkansätzen bei Anselm vgl. K. Flasch’s Einwand zu F. S. Schmitt, Der philosophische Ansatz des Anselm von Canterbury im Monologion und sein Verhältnis zum augustinischen Neuplationismus, S. 1–43. 77 Vgl. K. Flasch, Die Metaphysik des Einen bei Nikolaus von Kues. Stellung und systematische Bedeutung, S. 147: »Bei Anselm ist das unum necessarium nicht mehr dadurch 75

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scheidungsstruktur zur Seinsweise von Ideen gehört. Der Vergleich mit den Dingen sucht die Einsicht in das Unvergleichliche nicht mehr auf der logischen Ebene der allgemeinen Bedeutung von Begriffen freizugeben, für die nach der Univozität ihres Gebrauchs für Gott und für die Dinge gefragt werden kann. Vielmehr ist jenes Unvergleichliche nur in Methodenerkenntnis zu wahren, in der das Vergleichsverhalten zur Unterscheidung reflektiert wird und das Begriffsvermögen und die gesicherte Geltung der Vernunfterkenntnis in eine jeweilige Grenze gezogen sind. Die Vernunfterkenntnis bleibt darum nie nur auf Daß als seiend bezogen, sondern auf das Wassein der Selbstseinsweise. 78 3.2.3 Vom Prädikat zum Attribut als Idee (K16–17) In K16 werden zunächst die aus dem zentralen ›melius ipsum‹ Kapitel 15 aufzunehmenden Nennungen als gerecht oder groß oder etwas dergleichen danach befragt, ob sie die Natur der höchsten Natur vielleicht doch auf qualitative bzw. quantitative Weise zur Bestimmung bringen, statt das Wassein des Selbstseins aufzuzeigen. Aber vielleicht wird, wenn sie gerecht oder groß oder etwas dergleichen genannt wird, nicht aufgezeigt, was sie ist, sondern vielmehr wie beschaffen oder wie groß sie ist. Es scheint nämlich, daß ein jedes von diesen auf Grund von Beschaffenheit oder Größe ausgesagt wird. 79

In der Durcharbeitung dieses Anscheins hält die Washeit die Bedeutung des Selbstseins gegenüber der prädikativen Bestimmung als etdefiniert, daß es aus dem Kontext vielheitlich-einheitlicher Reden herausgesetzt ist, sondern vielmehr dadurch, daß es in die connexio einer ratio necessaria paßt.« 78 Denkbar ist durchaus, ein anderes Argument mit einem anderen Zugang von Beginn an zu finden, wie es Anselm in K1 offen hält (Mon 1, I 13, 11–12: Quod cum multis modis facere possit) und er es dann später im »Proslogion« tatsächlich unternimmt, allein das sich in der Entscheidungssuche bewußt werdende Denken zum Zugang der Gotteserkenntnis zu machen. Aber selbst das »Proslogion«, das sich um einen anderen Zugang zur Gotteserkenntnis bemüht, macht deutlich, daß die Wesensbestimmung Gottes notwendigerweise auf die Schöpfung zurückführt, d. h. zu dem im »Monologion« bereits Durchgeführten zurückgekehrt werden können muß, wie in Kapitel 3 vorbereitet und in Kapitel 5 des »Proslogion« erwiesen wird. 79 Mon 16, I 30,5–7: Sed fortasse cum dicitur iusta vel magna vel aliquid similium, non ostenditur quid sit, sed potius qualis vel qanta sit. Per qualitate, quippe vel quantitatem quodlibet horum dici videtur.

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was durch Allgemeinbegriffe 80 und vertritt sie gleichsam. Diese Selbstseinsbedeutung kann aber durch die angegebenen Prädikate weder in ihrer inhaltlichen Bedeutung noch in deren Form als Begriff angegeben werden. 81 Daß die Bestimmung, gerecht zu sein, immer Teilhabe an der Gerechtigkeit bedeutet, die als Begriff in seine Bestimmungsfunktion im Prädikat auftritt, muß die Form für das Denken mitführen, daß durch Teilnahme an einer Beschaffenheit, nämlich der Gerechtigkeit, die höchst gute Substanz gerecht genannt 82 wird. Doch ist die Teilhabe an einem Begriff in Annahme einer Teilbestimmung, wie dies die Art-Gattungsverhältnisse der Begriffsstrukturen in Urteilsverbindungen für Gegenstände darstellen, nicht der Grund für das Gerechtsein des so als gerecht nur Begriffenen selbst. Nur in der Verbindung mit der weiter grundlegenden Bestimmung, daß sie Grund ihrer selbst in ihrem Wassein ist, erhält die Aussage als Teilhabe an einem Begriff die Formbestimmung der Teilhabe an der Idee, durch die das an ihr Teilhabende allererst selbst ist, was es ist, und die sich so gegen die genannte urteilskonforme Begriffsstruktur wendet. Anselm hält begriffliche Teilhabe und ideelles Grundverhältnis hier bewußt in der Doppelsinnigkeit des Durch: Denn alles, was gerecht ist, ist durch die Gerechtigkeit gerecht. 83 Was für das Sein durch im Was als es selbst zu denken ist, kann ohne die Beachtung des Anselm scheint das Problem der prädikativen Allgemeinheit mit den Beispielen von ›gerecht‹ und ›groß‹ bei Boethius zu kennen. Dieser stellt aber bewußt die Unanwendbarkeit von Kategorien für Gott im Sinne der Akzidenzien in den Vordergrund und faßt jede der Form nach kategorialer Eigenschaft Gottes wie gerecht und groß nicht akzidentiell, sondern als substantiell auf, was allerdings im Unterschied zu Anselm durch die neuplatonische ›via emimentiae‹ als jenseits der Substanz (ultra substantiam) ins Überseiende hinausgestellt wird; Boethius, Quomodo trinitas unus deus, IV, PL64, 1252B: Nam cum dicimus Deus, substantiam quidem significare videmur, sed eam quae sit ultra substantiam; neque enim aliud est Deus quod est, aliud quod iustus est, sed idem est esse Deo quod iusto. Item cum dicitur magnus vel maximus, quantitatem quidem significare videmur, sed eam quae sit ipsa substantia talis qualem esse diximus ultra substantiam; idem est enim esse deo quod magno. 81 Für das Selbstsein, in dessen Identitätsverhalten die Angemessenheit von etwas als etwas durch Grund- und Maßgabe, dies zu können, gewahrt wird, steht [durch neuplatonische Momente Augustins vermittelt] seit Platon die Idee und die Teilhabe von etwas in seiner Washeit als ›es selbst‹ an seiner Idee. 82 Mon 16, I 30,9–10: Vidertur igitur participatione qualitatis, iustitiae scilicet, iusta dici summe bona substantia. 83 Mon 16, I 30,7–8: Omne namque quod iustum est, per iustitiam, iustum est. 80

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Grund- und Maßgabeverhältnisses, wie es die Bezugnahme auf Ideen nur ermöglicht, nicht gedacht werden. Anselm trägt dies aber aus guten Gründen nicht als eine Ideenlehre vor, sondern in der Durchführung der in Begriffen notwendig auftretenden Irritationen. Der zweite Absatz von K16 nimmt das Gut- oder Groß- oder Seiendsein als das, was sie ist, unter der Bedingung auf, daß sie dies ganz und gar durch sich ist, nicht durch ein anderes 84. 3.2.3.1 Die höchste Gerechtigkeit (summa iustitia) Ausgangspunkt zur Erkenntnis der washeitlichen Bestimmung(en) der höchsten Natur ist, daß die höchste Substanz selbst der Grund für die Dinge, genauer, für all das ist, was nicht durch sich selbst ist, was es ist, so daß kein Gerechtes möglich wäre, wenn sie nicht selbst Gerechtigkeit wäre. Denn im und als Grund des Gerechtseins muß sie Gerechtigkeit selbst sein, sonst hätte der Grund wieder einen Grund und die Gerechtigkeit wäre als Maß im Grund nicht sie selbst, nicht mit sich identisch. 85 Sonst müßte sie selbst als gerecht durch etwas anderes bestimmt, begründet und ermessen werden. Und damit könnte sie nicht in jeder Hinsicht (omnino) durch sich selbst sein, so daß die höchste Natur eine washeitliche Bestimmung außerhalb ihres Selbstseins benötigen würde, durch die eine qualitative Bestimmung von ihr wie von anderem erst möglich würde. Die Identität bzw. Identitätsverschränkung von Sein und Wesen der höchsten Natur begründet ihrerseits die nicht gegenständliche Aussagbarkeit der höchsten Natur und somit die Gleichsetzung der qualitativen mit der washeitlichen Bestimmung. So wird kein neues Argument eingeführt, sondern zwei schon eingeführte Grundannahmen (oben 1.3.3) werden in Erinnerung gebracht: zum einen, daß der Seinsbestimmung nach die höchste Natur das ist, was durch sich selbst ist, und zum andern, daß ein von ihr unterscheidbar seiendes Ding immer durch etwas anderes (per aliquid aliud) ist, was es ist. Es wird ein Ding durch die Gerechtigkeit gerecht genannt und es ist gerecht, weil es an der Gerechtigkeit teilhat. 86 Weil es durch die Gerechtigkeit gerecht ist, ist es in Wahrheit als gerecht erkennbar. Mon 16, I 30,12–13: At hoc contrarium est veritati perspectae, quia bona vel magna vel subsistens quod est, omnino per se est, non per aliud. 85 Man kann diese Art des Grundseins im Vorgriff auf das Wesen als Geist als Vernunftgrund charakterisieren. 86 Mon 16, I 30,12–14: At hoc contrarium est veritati perspectae, quia bona vel magna 84

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Der Schluß ist zunächst zwingend: Wenn sie also nicht gerecht ist außer durch die Gerechtigkeit und nicht gerecht sein kann außer durch sich: was ist dann mehr einleuchtend, was mehr notwendig, als daß diese Natur die Gerechtigkeit selbst ist; 87 Man muß also zusehen, wie es zu verstehen ist, wenn diese Natur, die die Gerechtigkeit selbst ist, gerecht genannt wird. 88

Dieses Verstehen wird wieder nur durch eine Unterscheidung demgegenüber ermöglicht, das nicht die Gerechtigkeit selbst ist – wie der Mensch als einer, der sich als handelnder und in seinem Handeln als durch die Gerechtigkeit, die er hat, in seinem Verhalten bestimmt zeigt. Im Unterschied zur Seinsweise des gerechten Menschen, der nur Gerechtigkeit haben (habere potest) aber nicht diese selbst sein kann, bedeutet die Gerechtigkeit für die höchste Natur, daß sie diese im eigentlichen Sinne nicht hat, sondern als diese existiert (iustitia existens). 89 Zu sagen, daß die höchste Natur die Gerechtigkeit hat, bedeutet also nicht, daß diese ihr – beiläufig – zukommen würde, sondern daß sie ihr als in einer Weise zu haben zukommt, in der sie selbst ist, was sie ist: als Sein der Gerechtigkeit selbst, wie sie sich als Grund und Maß alles Gerechtseienden gibt. Die ursprüngliche Identität oder Ununterschiedenheit von Wesen und Sein der höchsten Natur bedeutet dann in der Konsequenz, daß jede ihrer Bestimmungen die Washeit in der Weise des durchgängig identitätswahrenden Selbstseins als einzeln gedacht und in diesem Denken das Was als Maß und Grund von allem angenommen sein können muß. Und das Was als Maß hat in eigenem Sein erkennbar an diesen Washeitsbestimmungen von Gerechtigkeit, Güte und Wahrheit teil, da es zu vel subsistens quod est, omnino per se est, non per aliquid. Si igitur non est iusta nisi iustitia, nec iusta potest esse nisi per se. Ferner Mon 16, I 30, 7–11: Omne namque quod iustum est, per iustitiam iustum est. Et alia huiusmodi similiter. Quare ipsa summa natura non est iusta per iustitia. Videtur igitur participatione qualitatis, iustitiae scilicet, iusta dici summe bona substantia. Quod si ita est, per aliud est iusta, non per se. 87 Mon 16, I 30,13–16: Si igitur non est iusta nisi per iustitiam, nec iusta potest esse nisi per se: quid magis conspicuum, quid magis necessarium, quam quod eadem natura est ipsa iustitia. 88 Mon 16, I 30,19–20: Videndum igitur quomodo intelligendum sit, quando illa natura, quae est ipsa iustitia, dicitur iusta. 89 Mon 16, I 30,20–23: Quoniam enim homo non potest esse iustitia, sed habere potest iustitiam, non intelligitur iustus homo existens iustitia, sed habens iustitiam. Quoniam igitur summa natura non proprie dicitur, quia habet iustitiam, sed existit iustitia: A

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Recht als gütig und wahr beurteilt wird. 90 Nichts kann als in Wahrheit gerecht zu sein gedacht werden, wenn dessen Beurteilung als gerecht keine wahre Erkenntnis ist. Nach dem Skizzierten muß eine qualitative Aussage über die höchste Natur mit der washeitlichen Aussage von ihr gleich gesetzt werden können. Ein Kriterium dieser Gleichheit, die sich auch als Selbstgleichheit oder Selbstentsprechung von Sein und Ausgesagtsein 91 formulieren läßt, ist, daß die Washeit aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ erkennbar wird. Umgekehrt bedeutet dies auch, daß eine – qualitativ ausgesagte – Seinsweise die Wesenheit und Seiendheit der höchsten Natur ausdrücken können muß. Das vermag aber eine Aussage in der propositionalen Urteilsform nicht, weder durch einen noch durch eine Vielheit von Prädikatbegriffen. Der Begriff müßte nicht nur allgemein bedeuten, wie er als Bestimmung auch nicht nur für ein bestimmtes sondern auch für anderes gilt. Wesensprädikate der höchsten Natur haben darum eine begriffsformbegrenzend reflexive Struktur, die die Beurteilung des Urteils in das Prädikat einträgt, um Wesenheit als Seiendheit im Denken bedeutet sein zu lassen. Die Bestimmung der Wesensbegriffe als je höchste in der Liste in K 16 deutet diese Bedeutungsart an. Anselm benötigt gegenüber der Urteilsform, an der das Denken von etwas überhaupt notwendig teilhat, eine andere Form der Bestimmung der höchsten Natur, um die höchste Natur als in jeder Hinsicht und Denkbarkeit höchste zum Ausdruck zu bringen und die Hochschätzung in Annahme von Wesensbestimmungen wahren zu können. Entscheidend wird die Ineinsführung von wechselnd fokusierter Washeit und Singularität des Seins im Selbstsein (ipsum). Sie prägt die Verfahrensbewegungen der Vernunfterkenntnis ab dem K15 und mündet nach der Unteilbarkeit in der Verhaltensdiskussion zur Allheit der Dinge in die Annahme als individueller Geist, dessen SeinsMon 16, I 30,25–31: Quare si, cum dicitur existens iustitia, non dicitur qualis est, sed quid est, consequitur ut, cum dicitur iusta, non dicatur qualis sit, sed quid sit. Deinde, quoniam de illa suprema essentia idem est dicere: quia est iusta, et: quia est existens iustitia; et cum dicitur; est existens iustitia, non est aliud quam: est iustitia: nihil differt in illa, sive dicatur: est iusta, sive: est iustitia. Quapropter cum quaeritur de illa quid est, non minus congrue respondetur: iusta, quam: iustitia. 91 Siehe dazu die späteren Überlegungen zum Sein im Sprechen als Wort, das der Substanz nach dasselbe, nicht aber als Wort dasselbe ist, wie das, dessen Wort es ist unten 3.3.4.1. 90

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weise im Wassein nur im sich umkehrenden Ähnlichkeitsverhalten unseres vernünftig sich bestimmenden Geistes denkbar bleibt. Die genannte Ineinsführung der Annahme von natürlicher Wesenheit kann nicht, wie für die Strukturentsprechung als Geist notwendig, durch ein »convertuntur«, nicht durch Austausch der Washeitsbegriffe gedacht und mitvollzogen werden. In der Einzigkeit ist die anfänglich erschlossene Einheit der höchsten Natur gewahrt, bleibt aber als Einzigartigkeit von der Einzelheit der Existenz, wie wir sie für Dinge in Raum und Zeit vorstellen, zu unterscheiden. 92 K16 charakterisiert die Höchstheit in einer von nichts zu übertreffenden Intensität von Größe des jeweiligen Wasseins als Güte und Gerechtigkeit selbst. Es bindet deren Gedanken an die Empfindungsintensität der hochschätzenden Beurteilung des Geistes, der sich in seinem Beurteilungsverhalten auch gegenüber den Dingen in der Welt vergleicht. 93 Mit dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Kriterium ist die Annahme der Washeit als Güte und Gerechtigkeit an die Ausübung der Urteilskraft gebunden, wie sie ihre Bestimmungen nur im Vergleich mit dem Maß selbst als unbedingt geltend darstellen kann: die Güte kann als höchste auf sie sich selbst wendend nur im Komparativ, durch das Besser, beurteilend begriffen sein. Eine solche Wendung aus dem Überschritt ist für unser Denkenkönnen der höchsten Natur notwendig. Denn man muß trotz der für die geschaffenen Dinge und die höchste Natur gemeinsam aussagbaren Washeiten, wie das Gut- und Gerechtsein, eine Unterscheidung für die Weise des Gut- oder Gerechtseins beider dort treffen können, wo unsere Beurteilung gelten können soll. Der Rückverweis auf die Unterscheidung nach dem Grundverhältnis muß in das Gutoder Gerechtsein selbst eingetragen werden: Grund für ein Gerechtsein kann im Selbstgrundverhältnis nur die Gerechtigkeit selbst sein, da nur sie durchgängig bzw. durchaus (omnino) für gerecht erachtet sein kann. Gerecht zu sein kann auch den Geschaffenen zukommen, aber nicht im höchsten Maß wie der höchsten Natur. Nur diese kann die Gerechtigkeit selbst sein und muß als diese durch die Vernunft in ihrem Begriff als Idee erachtet werden, weil nur die Gerechtigkeit Zur Einzigkeit der höchsten Natur vgl. Mon 31, I 49, 3–4: sic existendi veritas intelligatur in verbo, cuius essentia sic summe est, ut quodam modo illa sola sit; 93 Mon 16, I 31, 2–3: Sed palam est quia, quodlibet bonum summa natura sit, summe illud est. 92

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selbst das unbedingte und als solches grundlegende Maß für alle gerechte Gerechtigkeitsbeurteilung sein kann. Das nicht Formale und nicht Allgemeine in dieser Behandlung zeigt sich daran, daß wir uns in der Argumentation in einem der Washeitsbegriffe an die Seinsweise als es selbst binden müssen. Wie die Washeit sich als Kriterium aus der Annahme als Maß in der Beurteilung selbst bewährt, die reflexiv auf den Grund ihrer Geltung sich mitbezieht, zeigt sich am Attribut der Größe, die im Größeren als das Würdigere (K2) selbst das Kriterium der Hochschätzung bildet. 3.2.3.2 Die höchste Größe (summa magnitudo) Die nicht kategorial faßbare, der Form nach doch quantitative Bestimmung, daß die höchste Natur groß ist, soll nach K16 hinsichtlich ihrer substantiellen Washeit verstanden werden. Wie aber die Washeit als höchste Größe gebildet werden kann, wurde noch nicht weiter expliziert. Da Bestimmungen der höchsten Natur, wie zum Beispiel die Gerechtigkeit (in exemplo iustitiae), washeitlich verstanden werden müssen, 94 läßt sich die Größe als Washeit der höchsten Natur aus deren Großsein erschließen, 95 wie es sich in der vergleichenden Schätzung ergibt. Die Frage ist nur, inwiefern die Größe als Washeit der höchsten Natur zuerkannt werden kann, wenn sie nicht inhaltlich bestimmt ist und keinen Gehalt zu etwas hinzufügen kann. 96 Die Bedeutung des Begriffs der Größe kann zweifach, nämlich zum einen im Sinne der Mon 16, I 30, 32–31,1; Quod vero in exemplo iustitiae ratum esse conspicitur, hoc de omnibus, quae similiter de ipsa summa natura dicuntur, intellectus sentire per rationem constringitur. 95 Sie müßte, wie die qualitative Aussage am Beispiel der Gerechtigkeit zeigt, auch in den folgenden fünf Aussageschritten dargestellt werden. Die Schritte von der quantitativen Aussage zur washeitlichen Aussage (1) Die höchste Natur ist groß (magna), (2) Die höchste Natur ist die Größe (magnitudo), (3) Die höchste Natur ist die Größe selbst (ipsa magnitudo), (4) Die höchste Natur ist die Größe seiend (magnitudo existens) und (5 Die höchste Natur ist die höchste Größe (summa magnitudo). Die von Anselm erwähnten Schritte sind nur der erste (1) und der letzte (5), während die Schritte (2) bis (4) ausgespart sind. Zur Verhältnisbestimmung zwischen groß und Große und Bildung des Begriffs der wahren Große (vera magnitudo) und Große selbst (ipsa magnitudo) vgl., Augustinus, De trinitate V, 12 [CCSL 50, 217,1 ff.]. 96 Als aus dem Vergleich sich bestimmend, scheint Größe relational zu sein. Nur in Verhältnissen des Umfangs oder der Ausdehnung in der Quantität als Kategorie hat Größe eine nicht-relationale, Vergleichbarkeit erst ermöglichende Funktion. 94

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intensiven Größe also im Sinne der Unendlichkeit, die die Würde der Gutheit der jeweiligen höchsten Wesenheit bedeutet, und zum anderen als das Maß in der Bedeutungsfunktion der genannten intensiven Größe für die Beurteilung betrachtet werden. Nachdem in K1 Anselm einleitend formuliert hatte, daß etwas höchst gut zu sein auch bedeutet, daß es zugleich höchst groß sei, gab er in K2 eine knappe Klärung, was unter dem Wort des Großen (maium) zu verstehen sei. 97 Das Große bedeutet demzufolge nicht etwas, das sinnlich wahrzunehmen ist, sondern etwas, das empfindbar ist. 98 Das zeigt er am Beispiel der Weisheit: je größer sie ist, desto besser und würdiger sei sie (quanto maius tanto melius est aut dignius). Damit kommt dem Komparativ ›melius‹ dieselbe Bedeutung wie dem Komparativ maius als Bezeichnung von Würde zu. Später in K27 verwendet Anselm das Wort dignior[us] statt melius. Er versteht die eminente (digne) Aussageweise der höchsten Natur als die angemessene, in der sich der Grund ihrer Hochschätzung und ihres Lobs als sie selbst durch ihr Sein in würdiger Wesenheit erweisen wird. 99 So nennt Anselm die Wesenheit der höchsten Natur nicht unmittelbar die ›bessere‹, sondern die ›würdigere‹ (dignior). Demnach ist jede natürliche Wesenheit der höchsten Natur aufgrund der Höchstheit an Güte (Gutheit) die Würde und Erhabenheit selbst, gemäß der die natürliche Wesenheit der Menschen ihre Würde und Erhabenheit besitzen. 100 Somit unterscheidet sich diese Art der Größe von der extensiven Größe eines Körpers oder eines empiMon 2, I 15, 19–23: Dico autem non magnum spatio, ut est corpus aliquod; sed quod quanto maius tanto melius est aut dignius, ut est sapientia. Et quoniam non potest esse summe magnum nisi id quod est summe bonum, necesse est aliquid esse maximum et optimum, id est summum omnium quae sunt. 98 Vgl. Anselms Bestimmung der Wahrheit als die allein vom Geist erfaßbare Rechtheit im »De veritate«; DV 11, I 191, 19–20: M. Possumus igitur, nisi fallor, definire, quia veritas est rectitudo mente sola perceptibilis. 99 Mon 27, I 45,15–18: Et quoniam non noscitur dignior essentia quam spiritus aut corpus, et ex his spiritus dignior est quam corpus: utique eadem asserenda est esse spiritus, non corpus. 100 Vgl. CDH I 13, II 71,19: A. Nihil ergo servat Deus iustus quam suae dignitatis honorem; Mon 80, I 86, 19–22: Quippe omnis qui deum esse dicit, sive unum sive plures, non intelligit nisi aliquam substantiam, quam censet supra omnem naturam quae deus non est, ab hominibus et venerandam propter eius eminentem dignitatem et exorandam contra sibi quamlibet imminentem necessitatem. Ferner Mon 31, I 50, 10– 13: Unde necesse est non idem verbum secundum rerum creatarum similitudinem magis vel minus esse verbum, sed omnem creatam naturam eo altiori gradu essentiae dignitatisque consistere, quo magis illi propinquare videtur. Dazu unten 3.3.4 u. 3.3.4. 97

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rischen Gegenstandes und läßt sich im Sinne des vergleichenden Empfindens als intensive Größe 101 nur mit der Achtungsempfindung in der Beurteilung denken. Achtung ist auch nach Kant 102 eine Vernunftempfindung. Das Würdige und Erhabene kann nur auf eine empfindsam beurteilende Weise wahrgenommen werden. Der im K2 angedeutete Charakter der Größe als Würde gilt nicht nur für eine bestimmte Wesenheit, sondern für jede, aufgrund deren Selbstsein als Ursprung des Etwasseins der Dinge ihr Unendlichkeit, Einzigkeit und Höchstheit an Gutheit zuerkannt werden können. 103 Die Größe dürfte dann aber im Sinne der Würde nicht einfach als eine Wesenheit neben einer anderen stehen können, es sei denn, jede charakterisierte auf ihre Weise den Höchstheitscharakter eines jeden Wasseins in ihrer Würde-, Wahrheits- oder Gütenatur. 104 Die Größe im Vergleich setzt eine Washeit mit einer qualitativen, d. h. inhaltlichen Bestimmung voraus. Denn sie kann ohne Inhalt nur im Sinne des Anschauungsraums des Bestimmbaren ohne gegebene Bestimmtheit gedacht werden. Anselm führt diese nicht mit der Würde identische Bedeutung von Größe im Sinne der Form quantitativ vergleichender Bestimmbarkeit in den Versuchen, Zeitund Raumbestimmungen der höchsten Substanz zu- bzw. abzuerkennen, durch. Dies ist nötig, weil das ›Mehr oder Weniger‹ am vergleichenden Denken 105 des Besser teilhat, wie die Vorstellung des Höherstehenden zeigt und der Washeit in der einfachen Wesenheit der höchsten Natur aber doch inadäquat bleibt. Die Größe als ein »überkategoriales Gottesprädikat« 106 zu bezeichnen hilft auch wenig, selbst wenn sie nicht im Sinne der Quan101 Zum Begriff der intensiven Größe vgl. A. Maier, Das Problem der intensiven Größe in der Scholastik; dies., Zwei Grundprobleme der scholastischen Naturphilosophie. 102 KpV, A130 ff. – in der Würde als intensiver Größe ist Achtendes und Geachtetes nicht entgegegesetzt. 103 Vgl. L. Honnefelder, Metaphysik und Transzendenz, S. 158 f. 104 In dieser Einsicht wird erst das »Proslogion« die Bedingungsverhältnisse der Ideen als Wesensbestimmungen des Göttlichen selbst auf den Begriff bringen (Pros K18). 105 Zu Anselms vergleichendem Denken siehe Strukturelle Bedeutung oben 2.4 u. 3.1.4. 106 M. Enders, Denken des Unübertrefflichen, S. 66: »Bereits im Monologion zeigt sich, daß Anselm, und zwar im Anschluß an Augustinus, ›Größe‹ als ein überkategoriales Gottesprädikat versteht, daß also für ihn Gott groß ist nicht im Sinne einer Quantität, sondern seiner Werthaftigkeit. Diese aber ist mit der Vollkommenheit seines Seins identisch.« Zu Anselms erster Einführung des Begriffs der Größe und zu ihrer Bedeutung siehe oben 1.4.2.

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tität, sondern im Sinne der Vollkommenheit verstanden wird, solange eine zureichende Bestimmung der Gottesprädikation nicht grundgelegt ist. K16 gelangt von der Prädikatform zur Begriffsform in Bestimmungsbedingungen der Washeit. Es macht in der Form der Auflistung zugleich auf die Unangemessenheit der kategorial erfaßten, in ihrer Allgemeinheitsform immer gemeinschaftlich fungierenden Bestimmungen der höchsten Natur aufmerksam, welche ihre Washeit bezeichnen. Als solche bedeutet die höchste Größe als Washeit der höchsten Natur, daß jede ihrer ›Wesenheiten‹ als das schlechthinnige Gute für die Beurteilung jeglicher Güter als Maß fungiert, über dem kein besseres bzw. vollkommeneres Gute – also kein Größeres als die höchste Natur – gedacht werden kann, wie es später im Begriff Gottes im »Proslogion« zum Ausdruck gebracht wird. Insofern ist jede Wesenheit Gottes die Größe selbst, an der jedes Großsein eines Wasseins sich bemessen läßt. 107 Nach Boethius existiert Gott als Größe selbst 108 und die Größe selbst ist als das zu verstehen, woran jedes Großsein bzw. jedes einzelne Gute teilhat. So kann der Begriff der höchsten Größe (summa magnitudo) im Sinne des Maßes gedacht werden, als welches jede Wesenheit der höchsten Natur erfaßt werden muß. Jede Wesenheit als ein Gutes muß wiederum den höchsten Grad (summe) bezeichnen, um das Maß für das sein zu können, was an ihm teilhabend ein Vollkommenes, d. h. Gutes und zugleich Grund sein kann. Größe ist somit bei Anselm kein Prädikat sondern eine sie in ihrer Begreiflichkeit als sie selbst bedingende Seinsweise, die substanziell ist. Aber was die höchste Natur ist, bleibt in ihrer Bestimmung von der Annahme als Maß unablösbar. Als Maß ist sie Vergleichsgrund, den das ursprünglich zu sein Gewürdigte mit dem Schöpfungsgrund teilt. Als Begriff aber leitet sie gegen die prädikative Allgemeinheit seiner Funktion die Wendung in das ›ipsum‹ der Individualität ein. 109

107 Vgl. Augustinus, De trinitate V 10, 11 [CCSL 50, 218,2–11]: Sed illa est vera magnitudo qua non solum magna est domus quae magna est et qua magnus est mons quisquis magnus est, sed etiam qua magnum est quidquid aliud magnum dicitur, ut aliud sit ipsa magnitudo, aliud ea quae ab illa magna dicuntur. 108 Boethius, Quomodo trinitas unus deus IV [PL64, 1252C-D]: sed homo tantum magnus, Deus vero ipsum magnus existit. 109 Siehe dazu auch K27 ff. unten 3.3.2.1.

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3.2.3.3 Einfachheit des Seins im Ganzen der Wesensbestimmungen K17 greift auf die in K16 aufgezählten washeitlichen Bestimmungen und auf die Frage zurück, ob die vielen Güter, die als die washeitlichen Bestimmungen der höchsten Natur betrachtet wurden, als Teile der höchsten Natur zu denken wären, so daß das Sein der höchsten Natur aus den vielen Gütern zusammengesetzt wäre; oder ob sie doch ein einziges Gutes (unum bonum) ist, aber mit so vielen Namen (pluribus nominibus) bloß bezeichnet wird: Wenn diese höchste Natur so viele Güter ist, wird sie dann nicht aus so vielen Gütern zusammengesetzt sein, oder sind es etwa nicht mehrere Güter, sondern nur ein einziges Gut, das mit so vielen Namen bezeichnet wird? 110

Das erst Genannte gefährdet die einfache Einheit der höchsten Natur. Denn wird die höchste Natur aus vielen Gütern zusammengesetzt gedacht, so ist ihre Einfachheit und die einfache Ganzheit ihrer Wesenheit in jeder ihrer Hinsichten undenkbar. 111 Als solche muß jede Wesenheit als das Ganze (totum), das sie selbst ist (quod ipsa est), mit der höchsten Natur als ganzer identisch sein. 112 Demzufolge ist sie in jeder Weise ihrer Wesensbestimmung selbst das einfache Sein bzw. das einfache Gute (simplex bonum). 113 Also ist die Wesenheit im Sinne der Wesenheit, aber nicht im Sinne der Beschaffenheit (quale) oder Größe (quantum) aufzufassen, welche nur in der Aussagbarkeit von – zugleich quantitativ bestimmbar – Zusammengesetztem sich als Qualität entspricht. 114 Daß die vielen Güter als alles zugleich (omnia simul) und als das Einzelne (singula) mit dem Sein der höchsten Natur identisch und damit einfach sind, 115 gehört zur Eigentümlich110 Mon 17, I 31,13–15: Si illa summa natura tot bona est: eritne composita tam pluribus bonis, an potius non sunt plura bona, sed unum bonum, tam pluribus nominibus significatum? 111 Mon 17, I 31,21–23: Cum igitur illa natura nullo modo composita sit, et tamen omnimodo tot illa bona sit, necesse est ut illa omnia non plura, sed unum sint. 112 Mon 17, I 31,23- 32,1: Idem igitur est quodlibet unum eorum quod omnia, sive simul sive singula. (…); quia quidquid aliquo modo essentialiter est, hoc est totum quod ipsa est. 113 Mon 18, I 33,2–3: Sed pro certo non est simplex bonum, cuius voluntate perit summum bonum. 114 Mon 17, I 32,1–4: Nihil igitur quod de eius essentia vere dicitur, in eo quod qualis vel quanta, sed in eo quod quid sit accipitur. Quidquid enim est quale vel quantum, est etiam aliud in eo quod quid est; unde non simplex, sed compositum est. 115 Mon 17, I 31,24: Ut cum dicitur iustitia vel essentia idem significat quod alia, vel omnis simul vel singula.

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keit, die aller washeitlichen Bestimmung der höchsten Natur notwendig zukommt. Demnach ist die höchste Natur als ganze die Gerechtigkeit, als ganze die Liebe und als ganze die Weisheit usw. Das Problem, von einer Ganzheit zu sprechen, muß zur Thematisierung der ihrem Begriff zugehörigen Teile (K20 ff.) führen, denn nur gegen die Teilbarkeit kann die Einfachheit gewahrt werden. Anschauungsverhältnisse im Denken der Selbigkeit von ›Wesen‹ und ›Sein‹ werden dabei gegen das gebrauchte Begriffliche in der Allgemeinheitsform notwendig gebraucht. Dementsprechend wird nun das Eine in der Vielheit der Güter als zusammengesetzt vorgestellt. Es muß auch diese unvermeidliche Vorstellung zur Kritik gebracht werden. Denn das Denken selbst hat sich in diese Lage durch den aussagenden Gebrauch und den Begriff der höchsten Natur als etwas gebracht und bringt sich mit jeder Rede über es erneut in diese Art von Problem. Was aber tragen dann die Nennungen in der Vielheit des Wasseins zur Einheit und zum Einssein bei? Sie dürfen ihr ja nicht als falsch und zu Unrecht gebraucht entgegenstehen. Das Nennen in verschiedenen Namen bezeichnet dasselbe. Wie aber gehen dann die in Verschiedenheit genannten Washeiten in die Selbigkeit ein, wie bilden sie in und für sie die Einheit des Wasseins als Selbstsein? Nach dem formalen Kriterium des ›Seins durch sich‹ muß nun das Kriterium der Einfachheit gegen die Vorstellung der Zusammensetzung im Verhältnis von Teil und Ganzem zur Geltung gebracht werden, um der Struktur des ›melius ipsum‹ im Denken des Was zu entsprechen. Alle Washeiten der höchsten Natur als Güter der höchsten Natur, selbst die negativ bestimmten wie die Unverderblichkeit, sind als göttlich zu betrachten. Oder die washeitliche Bestimmung (quid) wäre als Attribut im allgemeinen Sinne und die natürliche Wesenheit (essentia naturalis) im Sinne der Wesensbestimmung im spezifischen Sinne eines Allgemeinbegriffs oder als zweite Substanz zu verstehen. 116 Diese Art der Unterscheidung ist nach dem genannten Hinweis auf die ganzheitliche Identität jeder Washeit mit dem einfachen 116 Nach J. Stöhr sind die Attribute Gottes im weiteren Sinne alles, was von Gott ausgesagt wird, auch die metaphysische Wesenheit, die Existenz und die trinitarischen Proprietäten. Sie wird im engeren Sinne die Vollkommenheiten, welche von der logisch früheren Wesenheit angeleitet werden und ihre näheren Bestimmungen bilden vgl., J. Stöhr, Attribute (Eigenschaften) Gottes, 614 f.

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Sein Gottes in K17 nicht vereinbar. 117 Denn es ist problematisch, daß nicht alle washeitlichen Bestimmungen inhaltlich positiv bestimmt sind und nicht einleuchtend, inwiefern die inhaltlich unbestimmten Bestimmungen als ein einfaches Gut und als das Sein Gottes zu betrachten sind. Denn sein Erkennen benötigt notwendig die inhaltliche Bestimmung, die also wiederum eine abhängige Relation beinhalten würde, von der der Weg der Vernunft das Kriterium des ›melius ipsum‹ gerade aufnahm, indem sie sich ablöst, zum Wesen selbst zu gelangen. Die negativen Attribute geben ihre begrenzende Bedeutung in der Kritik der Begrenzung von Zeit- und Raumvorstellungen zu erkennen (K18 ff.). Anselm deutet zwar an, daß jedes Wassein der höchsten Natur, welches in der Aufzählung der washeitlichen Bestimmungen von K16 enthalten ist, als das einzelne (singula) mit der höchsten Natur gänzlich (tota) identisch sei. Er behandelt hier aber nicht explizit, sondern nur schrittweise ersichtlich, wie die so vielen Güter sich zueinander verhalten, was im »Proslogion« an den Beispielen der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit als einander widerstreitende Eigenschaft(en) 118 im Verhalten als zugleich gemeinsame Eigenschaft mit der geschaffenen Natur diskutiert wird. Inwiefern in der höchsten Natur etwas wie Streit sein kann, was doch nur den Geschaffenen zukommen könnte, weist als Problem auf den Austrag und die Selbstberichtigung im ebenbildlich erkennenden Geist hin. 119 Im 117 Darum ist die Frage gerechtfertigt, ob alle dort vorkommenden Bestimmungen von dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ zu gewinnen sind; z. B. inwiefern unverderblich zu sein schlechthin besser ist als nicht-unverderblich zu sein, oder inwiefern groß zu sein schlechthin besser ist als nicht groß zu sein, wenn man Anselms Hinweis darauf festhält, daß die Unverderblichkeit und die Größe die washeitliche Bestimmung der höchsten Natur sind. Die Schwierigkeit ergibt sich, wenn die Unverderblichkeit oder die Unsterblichkeit als die Attribute Gottes zu gelten haben. Denn sie sind keineswegs als transkategoriale Begriffe zu denken, deren Charakter jedes Attribut Gottes innehat. Die beiden sind zumal durch die ›via negativa‹ aus kategorial erfaßten Eigenschaften der Dinge gebildet und enthalten keine positive Eigenschaft, die die inhaltliche Bestimmung der Wesenheit Gottes ausmachen würde. Wenn es so wäre, gäbe es so viel wie es die kategorial erfaßbaren eigenschaftlichen Begriffe gibt, die den vom Raum und von der Zeit bedingt geschaffenen Dingen zukommen. Sie sind unendlich bildbar und dementsprechend müßte es unendliche transkategoriale Begriffe geben. 118 Pros 9, I 106, 16–17: Quomodo totus iustus et summe iustus parcat malis, et quod iuste misereatur malis. 119 Pros 6, I 104,19: Quomodo sit sensibilis, cum non sit corpus; Pros 7, I 105, 8: Quomodo sit omnipotens, cum multa non possit; Pros 8, I 106,4: Quomodo sit misericors et impassibilis.

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»Monologion« werden aber nur raum-zeitliche Eigenschaften in K19 bis 24 als widerstreitend diskutiert. Diese genannte Problematik des Verhältnisses der Attribute zueinander wird im ersten Teil der Untersuchung der Eigentümlichkeiten der höchsten Natur in K15 bis 17 nicht als ein eigenständiges Thema behandelt. Im zweiten Teil aber behandelt Anselm sie, und zwar hinsichtlich der kategorial erfaßten Eigenschaften der höchsten Natur, die zum Widerstreit miteinander führen, wie es im Folgenden zu zeigen sein wird. Stand der Einsicht ist bis hierhin, daß dem, was höchste Natur ist, im Vergleich vom Höchsten her gedacht, alles das zukommen muß, was im Verhältnis von ›ipsum‹ und ›non ipsum‹ das Bessere und zwar das in jeder Hinsicht Bessere ist. Alles, was ihre wesentliche Washeit bestimmt, ist in höchstem Maße (summe) gut, ist das höchste Gute selbst. Die Gerechtigkeit und die Wahrheit, etc. als Begriffe bedeuten in ihrem Wassein nicht dasselbe, so daß wir uns nicht in derselben Weise zu beurteilen und zu entscheiden verhalten. Sie sind doch zur Einstimmung der Beurteilungen und Entscheidungen für die Handlung in allen Bestrebungen im Sinne des Gemeinschaftssinns als Urteilskraft anzunehmen. Nur mit dieser Annahme sind sie als ursprünglich für das Selbstsein im höchsten Maße vereinigt zu begreifen. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit der Einstimmung, daß dasselbe höchst gut und höchst gerecht ist und als solches singulär und unvergleichlich zu sein geschätzt wird.

3.2.4 Die höchste Natur in kategorialer Bestimmung (K18–24) 3.2.4.1 Das ›durch sich selbst‹ Sein ohne Anfang und Ende (K18) 1) Die höchste Natur ohne Anfang aus ihrer Selbstidentität Die Einfachheit gegenüber dem Zusammengesetztsein von Dingen in Raum und Zeit wirft zunächst für die Zeitverhältnisse in K18 zwei Fragen auf, die eine Alternative zur Entscheidung stellen. Wieder fragt der erste Satz im Sinne dessen, der ein Sein in der Zeit für die höchste Natur annimmt: a) Seit wann (ex quo) also war diese so einfache Natur, Schöpferin und Lebenskraft von allem, oder bis wann (usquequo) wird sie sein? 120 120 Mon 18, I 32,7–8: Ex quo igitur haec tam simplex natura creatrix et vigor omnium fuit, vel usquequo futura est?

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oder b) Ist sie wohl eher weder seit einem Wann (nec ex quo), noch bis zu einem Wann (nec usquequo), sondern ist ohne Anfang und ohne Ende? 121

Zur Findung der Entscheidung wird zunächst a) angenommen: wenn a), dann sind drei Möglichkeiten zu bedenken: a-1): aus bzw. durch sich, a-2): aus bzw. durch anderes und a-3): aus bzw. durch nichts. 122

Durch anderes (a-2) und durch nichts (a-3) ihren Anfang zu haben wird mit Verweis auf K6 und K7 ausgeschlossen, das Zeitverhältnis zum Nichts im Davor und Danach aber in K19 noch einmal aufgegriffen. Aber auch (a-1) wird als anzunehmende Möglichkeit gleich abgewehrt, denn aus sich selbst oder durch sich kann sie keinen Anfang haben, obwohl sie aus sich selbst und durch sich selbst ist. 123 Denn im Verhältnis zu dem, was ihr einen Anfang gibt, müßte sie eine andere Wesenheit haben, da eine andere Wesenheit ist, die durch sich und aus sich ist, und eine andere, durch die und aus der sie ist. Was immer aber aus etwas oder durch etwas zu sein anfängt, ist nicht durchaus dasselbe wie das (non omnino idem illi), aus dem oder durch das es zu sein anfängt. 124 Die höchste Natur wäre also nicht dieselbe: sie wäre als das, was zu sein anfängt, nicht durchaus dasselbe wie das (non omnino idem illi), aus dem und durch das es zu sein anfängt, wenn sie durch sich oder aus sich angefangen hätte. Ein Anfangsverhältnis ihr in das Selbstgrundverhältnis einzuschreiben, verletzt ihre Identitätsbedingung als die höchste und einfache und eine Natur oder Wesenheit. Mit der hier am Anfangsverhältnis gewonnenen Einsicht, daß sie keine andere Wesenheit im Verhältnis zu sich sein kann, ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die später erst explizit behandelte trinitarische Struktur: die sich in Begriffen unterscheidenden Wesensbestimmungen der höchsten 121 Mon 18, I 32, 8–9: An potius nec ex quo nec usquequo est, sed sine principio et sine fine est? 122 Mon 18 I 32,9–10: Si enim principium habet: aut ex se vel per se hoc habet, aut ex alio vel per aliud, aut ex nihilo vel per nihil. 123 Mon 18, I 32, 13–15: Ex seipsa vero vel per se initium habere non potest, quamquam ex seipsa et per seipsam sit. 124 Mon 18, I 32, 15–18: Sic enim est ex se et per se, ut nullo modo sit alia essentia, quae est per se et ex se, et alia per quam et ex qua est. Quidquid autem ex aliquo vel per aliquid incipit esse, non est omnino idem illi, ex quo vel per quod incipit esse.

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Wesenheit können nicht in einem Selbstverhältnis gedacht werden, das noch auf Anfangs- und Zeitverhältnissen und damit auf einer Bestimmungsform beruht, wie sie kategoriale Aussagen an die Hand geben. Also müssen auch alle Denkformen von kategorial bestimmten Selbstbeziehungen auf widerlegende Weise nicht einfach ausgeschlossen, sondern überwunden, also auch durchgearbeitet werden, um zum Wesen im Sein durch sich selbst mit Vernunft führen zu können.

Sie kann auch keine andere Wesenheit im Verhältnis zu sich haben, denn alles, was sie als sie selbst hat, muß sie auch selbst sein. Die Selbstheit in Selbstidentität wäre nicht gewährleistet, wenn das ›aus und durch sich‹ ein Anfang aus oder durch etwas wäre. Denn dann wäre sie in der Verhaltensart als Was eine beginnende Ursache und als dieses Was nicht dasselbe wie das, was die angefangene, genauer gesagt die angefangenwerdende Wirkung wäre. Vielmehr wäre ein Selbstsein Ursache, die einen Anfang macht, und damit ist ein Selbstsein Wirkung. 125 Mit dem Anfang nimmt das Grundverhältnis die Bedeutung einer Ursache an; dementsprechend kann zwischen ›Aus‹ und ›Durch‹ nicht mehr unterschieden werden, deren Verhältnisbestimmung in K6 noch aufwendig zu unterscheiden begründet wurde. Sein als sie selbst wäre mit diesem, einen Anfang in Verursachung aus bzw. durch sich selbst zu haben, in entgegengesetzten Wesensbestimmungen begriffen. Denn sie kann keine seiende Substanz sein, die sich verändernde Bestimmungen hat, und ihr Sein ist kein Träger von davon unterscheidbaren Wesenheiten. Vielmehr müssen Sein und Wesen auf gewisse, schwer und in der Einfachheit nicht einfach zu denkenden Weise für identisch genommen werden. 126 125 In ihr Sein wäre von der Aktivität eines ursächlich Wirkenden die Differenz zur Passivität des Erwirkten eingetragen, die zwei Washeiten und damit zwei Wesenheiten für das zu denken gibt, für das alles Wesen sein Sein ist. Die Differenz von Ursache und Wirkung auf ein einzelnes zu beziehen, hat für das Denken im Gebrauch der Verstandesbegriffe eine Zeitbedingung. Die Identität von Wesen und Sein ist durch den mit Anschauungsbedingungen verbundenen Gebrauch der Relationskategorie der Kausalität nicht zu wahren, das höchste Wesen als eines nicht identisch. Diese Nichtidentität seiner Selbstheit gewahrt das durchführende Denken in der Übernahme des Widerspruchs als Widerstreit mit sich selbst, wo es die Wahrheit selbst in die Zeitverhältnisse des Anfangens und Endens durch seine Beurteilungen setzt. 126 Vgl., K41. Zu zeugen und gezeugt zu werden, Schöpfer und Wort sind nicht im Ursache- Wirkungsverhältnis. Unterscheidungsarbeit von zusammengesetzten Dingen in Raum und Zeit ist Voraussetzung für die Trinitätsdarstellung. Auch im K43 wird die unaussprechliche und unausweichliche Mehrheit, d. h. keine abzählbaren einzeln Seienden thematisch.

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Der Gebrauch von Anfangsbestimmungen für das Grundverhalten zu ihrer Wesenheit selbst und die Kategorie der Kausalität wird für die Annahme der höchsten für diesen ihren gebrauchten Begriff als nicht tragfähig begriffen. Damit sind alle drei als denkbar vorgestellten Möglichkeiten, einen Anfang zu haben oder sich selbst einen Anfang zu geben, im Denken für die höchste Wesenheit als unmöglich ausgewiesen. Mit der vollständigen Widerlegung kann, wie schon zitiert, durch die Vernunft verbindlich schließend erkannt werden, b) daß sie auf keine Weise einen Anfang hat. In stilistischer Parallelisierung greift der nächste Absatz dann das für den Anfang erschlossene Ergebnis auch für das Verhältnis zu einem Ende auf: Sie hat aber auch kein Ende. 127 und es wird dann durch Widerlegung der Annahme: Denn wenn sie ein Ende haben wird, ist sie nicht höchst unsterblich und höchst unverderblich 128 , bewiesen, daß sie kein Ende haben 129 kann, da es nach K15 und 16 feststeht, daß sie als höchst unsterblich und höchst unverderblich anerkannt sein muß. 2) Die höchste Natur ohne Ende als das einfache Gute Mit dem nachfolgend weiterverweisenden amplius (desweiteren) ergänzt und vertieft sich im Argument des nächsten Absatzes das Unsterbliche und Unverderbliche des Seins aus sich als der Lebenskraft, die die höchste Natur ist. Ihrem Wesen als einfaches und höchstes, als wahres und einfaches Gut (verum et simplex bonum) kommt es zu, die Macht des Guten zu sein. Die Macht als Grund ihres Seins beendet nicht nur nicht von sich aus ihren Bestand, sondern kann dies auch nicht wollen und intendieren. Es kann nicht zu ihrer Wesensbestimmung haben, sondern sie würde nie das Gute selbst und damit sich selbst zugrundegehen lassen. Die höchste Natur wird hier als ihre Macht in einer Intentionalität und im Verhältnis zur Willentlichkeit von Macht gedacht: weder kann von ihr angenommen werden, daß sie selbst – freiwillig (volens, willentlich) – es wollte, daß sie

Mon 18, I 32, 21: Sed neque finem habebit. Mon 18, I 32, 21–22: Si enim finem habitura est, non est summe immortalis et summe incorruptibilis. 129 Mon 18, I 32, 22–33,1: Sed constat, quia est summe et immortalis et incorruptibilis. Non habebit igitur finem. 127 128

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als das Gute und die Güte selbst endete, noch kann sie es unfreiwillig (nolens, nichtwillentlich) aufhören zu sein. Wenn sie ein Ende haben wird, wird sie entweder freiwillig oder unfreiwillig aufhören. 130

Als die, die als höchst mächtig und allmächtig nur dann auch denkbar bleibt, kann sie keiner anderen, keiner Macht, die als Macht des Guten beendet, unterworfen zu sein. 131 Dies einzusehen gibt sie in der Stärke und in der Kraft der Erhaltung des Guten zu erkennen. In der Erhaltung des Guten erscheint das Gute selbst als Willensmacht, wo sie nicht mehr mit sinnlichen Dingen, sondern mit dem Willentlichen von Handlungsmächten verglichen wird, die zum Sein wirksam sind. 132 Auch diese Denkfigur partizipiert noch immer an der Form, das ›ein Ende zu haben oder nicht zu haben‹ dem Wesen der höchsten Natur zudenken zu können. Noch das resultative Absprechen bewegt sich in dieser Form. Dem Wollen ist hier deutlich eine Intentionalität in der Zeit zuerkannt. Und darum gehört es nur auf diese problematisch vergleichende Weise zur Seinsweise des ›aus und durch sich selbst‹ Seienden. Unter den Wesensbestimmungen der Liste in K16, die dem ›melius ipsum‹ Kriterium entsprechen, kommt bezeichnenderweise der Wille als solcher nicht vor, wohl aber die Macht, die Vernunft, die Einheit, die Schönheit und Güte. Der Wille bedarf – wie das Sein als vom Nichtsein unterscheidbar – immer eines Maßgeblichen und kann selbst in Grundverhältnissen kein Maß sein. 133 Das, durch dessen Willen das höchste Gut zugrunde gehend gedacht würde, wäre kein »einfaches Gut«. 134 Die Einfachheit ist hier Mon 18, I 33,1–2: Amplius. Si finem habitura est, aut volens aut nolens deficiet. Mon 18, I 33, 5–8: Si vero nolens peritura est, non est summe potens nec omnipotens. Sed rationis necessitas asseruit eam esse summe potentem et omnipotentem. Non ergo nolens deficiet. Quare si nec volens nec nolens summa natura finem habebit, nullo modo finem habebit 132 Implizit wiederum wie schon explizit in K16 und 17 mit dem Menschen in seinem Handlungsverhalten. Nur als Handlung in deren Identitätsverhalten selbst kann sie mit ihrer Macht, mit ihrer Bestimmung als gut wiederum identisch und für die Macht und die Güte selbst gehalten werden. 133 Vergleich zu den Ternaren des Augustinus: in K16 fehlt die Liebe, die in »De trinitate« stellenweise durch die voluntas ersetzt scheint. (notio, amor, memoria intellectus, voluntas, memoria) – siehe unten zur praktischen Bedeutung der Struktur des ›melius ipsum‹ Kriteriums. 134 Mon 18, I 33,2–4: Sed per certo non est simplex bonum, cuius voluntate perit sum130 131

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als das Gute selbst, als die Idee des Guten aufgenommen – und bedeutet auch das durchaus Gute und in keiner Weise das Nicht- Gutseiende in all seiner Macht, Wirksamkeit und Kraft. 3) Die höchste Natur als wahre Ewigkeit und ewige Wahrheit Weiter führt uns Anselm im Denken der höchsten Natur unter Annahme von Anfang und Ende und erinnert, daß sie nach K16 unanfechtbar wahre Ewigkeit (vera aeternitas) sei. Er verdeutlicht dann, daß es für das Sein im Gewesensein von Zukunft, für das, was Zukunft eines Seins hatte haben können, daß es ewig wahr ist, daß etwas zukünftig war. 135 Also ist schon mit der Unterscheidung vom Nichtsein, aus dem etwas geworden ist, wie für die ›creatio ex nihilo‹ in K8–9 ausgeführt und in seiner Zeitbedingung ausgewiesen, einbegriffen, daß jeder materialen Bestimmbarkeit von Zeit in der Unterscheidung des Seins und Nichtseins von etwas ein ewiges Wahrsein im Zeitbewußtsein zugrundeliegen oder zugehörig sein muß. Daß es wahr ist, daß etwas einen Anfang oder ein Ende hat, kann als Wahrheit keinen Anfang oder Ende haben. Wir können den Anfang der Wahrheit nicht denken, wenn es wahr ist, daß etwas Zukunft hat oder vergangen ist. Sodann denke, wer es vermag 136 . Hier stößt Anselm den erwägend Mitdenkenden an die nur experimentell selbst zu erreichende Grenze des Denkvermögens und bereitet ferner das unum argumentum im »Proslogion« vor. Es kann durch den, der es zu denken versucht, nicht gedacht werden. Das zu denken als gedacht Anzunehmende kann beides ohne die Wahrheit nicht wahr sein; also ist es unmöglich auch nur zu denken, daß die Wahrheit einen Anfang oder ein Ende habe. Im Selbstbewußtsein der Denkvermögen kann das Denkende der Zeitverhältnisse sich nicht selbst als in der Zeit situiert denken, wo es die Wahrheit seiner Bestimmung annimmt. Es hat dann notwendig an einer Ewigkeitsbestimmung des Wahrseins seiner Bewußtheit von Zeit teil; Vergangenheit und Zukunft sind ewige Zeitbestimmungsformen (a priori).

mum bonum. At ipsa est verum et simplex bonum. Quare sua sponte non deficiet ipsa, quam certum est esse summum bonum. 135 Mon 18, I 33,10–12: Deinde cogitet qui potest, quando incepit aut quando non fuit hoc verum: scilicet quia futurum erat aliquid; (…). 136 Ebd.

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wann begonnen hat oder wann das nicht wahr war, daß etwas zukünftig war; oder wann aufhören wird und das nicht wahr sein wird, daß etwas vergangen sein wird 137

Wir beginnen das experimentelle Durchdenken mit dem letzten Satz Anselms: Wenn etwas nicht mehr wahr sein wird, daß etwas vergangen sein wird, dann muß es wahr sein, daß ›das Wahrsein, daß etwas vergangen sein wird‹ vergangen sein wird: Also wird etwas, nämlich das Wahrsein, daß etwas vergangen sein wird, vergangen sein, und es wird wahr sein, daß es (das Wahrsein, daß … = als etwas) vergangen sein wird. Wenn die Wahrheit, daß etwas vergangen sein wird, vergangen sein wird, ist die Wahrheit, daß (irgend)etwas vergangen sein wird, nicht vergangen, und wird – jetzt schließen wir den ersten Satz an – als vergangen seiend Zukunft gehabt haben, und darum es ist wahr, daß etwas Zukünftiges war, wenn das Wahrsein, daß etwas zukünftig war, nicht mehr wahr sein wird, was ebenfalls nur selbstwiderstreitend gedacht werden kann. Denn es müßte dann wahr (geworden) sein, was nicht (mehr) wahr ist. Das Problem entsteht aus der Anwendung von Bestimmungen im Zeitbewußtsein von etwas auf das Sein der Wahrheit eines Satzes zur Zeitbestimmung als etwas. Erst da dieses Argument klar ist und keines von beiden gedacht werden kann 138 , kommt die Rückführung des je als wahr Seienden auf die Wahrheit selbst, wenn beides ohne Wahrheit nicht wahr sein kann (…) 139 und dann der Schluß: so ist es unmöglich auch nur zu denken, daß die Wahrheit einen Anfang oder ein Ende habe. 140 Das letzte Argument in diesem Kapitel greift die Wahrheit 137 Mon 18, I 33, 11–13: (…) quando incepit aut quando non fuit hoc verum: scilicet quia futurum erat aliquid; aut quando desinet et non erit hoc verum: videlicet quia praeteritum erit aliquid. 138 Mon 18, I 33, 13–14: Quodsi neutrum horum cogitari potest, (…). 139 Mon 18, I 33, 14: et utrumque hoc verum sine veritate esse non potest: 140 Mon 18, I 33, 14–15: impossibile est vel cogitare, quod veritas principium aut finem habeat. Anselm hat diese erste Annahme nur angewiesen, sie so zu denken, aber nicht selbst den Denkversuch auszuführen unternommen, der das Ausdenken in die Denkunmöglichkeit führt. Die Denkunmöglichkeit darzustellen war nur in der nachvollziehbaren Konstruktion des Selbstwiderstreits in der Wahrheitsgeltung der Sätze möglich. Erst der letzte Absatz macht die Ungereimtheit für die Wahrheit selbst ausdrücklich.

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selbst auf und fragt, was wäre oder sein wird, wenn sie einen Anfang gehabt hat oder ein Ende haben wird. 141 Die zuvor behandelten Sätze betrafen das Wahrsein, daß etwas zukünftig war oder etwas vergangen sein wird. Jetzt beurteilen wir das Denken von Anfang und Ende des Seins der Wahrheit selbst: Bevor die Wahrheit begann, war wahr (Wahrsein in Gegenwart der Geltung dessen, was war), daß Wahrheit nicht war. Wahres kann aber nicht ohne Wahrheit sein. Es gab also Wahrheit, bevor die Wahrheit war, was ganz ungereimt ist. Von Bedeutsamkeit ist Anselms Schlußbemerkung: Ob also behauptet wird, die Wahrheit habe Anfang und Ende, oder ob eingesehen wird, daß sie diese nicht hat (…) 142 Auch das Absprechen verhält sich im Gebrauch der Form, in der die Wahrheit in ein Verhältnis zum Habenkönnen von Anfang und Ende gesetzt wird. Die Abwehr, daß die Wahrheit (…) durch einen Anfang oder ein Ende nicht eingeschlossen werden 143 könne, denkt das Sein der Wahrheit in vergleichender Vorstellungsform eines Seins, das in der Zeit sein kann, dessen Bestimmbarkeit entgegen. 3.2.4.2 Notwendige Zweifel durch das Sein des Nichts und seine Einteilung (K19) In einem fast biblischen Stil der Rede nimmt Anselm in K19 erneut den Einwand des Nichts auf. 144 Das Nichts bedroht die Geltung alles bisher mit Vernunft erweisend Gefundene und das mühsam aus Einsicht Aufgebaute in seinem Bestand als das, was mit dem Bollwerk der Zwingenden Wahrheit (necessariae veritatis munimine) befestigt wurde 145. Das Bewußtwerden der Gefährdung in der möglichen Mon 18, I 33,15–16: Denique sie veritas habuit principium vel habebit finem: (…). Mon 18, I 33, 20–21: Sive igitur dicatur veritas habere, sive intelligatur non habere principium vel finem: 143 Mon 18, I 33,21–22: nullo claudi potest veritas principio vel fine. 144 Mon 19, I 33, 26: Sed ecce iterum insurgit nihil, (…). In K8 wurde bereits ein Einwand aus der Perspektive des Nichts eingebracht und die einteilungslogische Alternative, daß Nichts auch eine Ursache sein könnte, diskutiert und als nicht haltbar erwiesen vgl. oben 1.5.2.3. 145 Mon 19, I 33,26–29: et quaecumque hactenus ratio veritate et necessitate concorditer attestantibus disseruit, asserit esse nihil. Si enim ea quae supra digesta sunt, necessariae veritatis munimine firmata sunt, non fuit aliquid ante summam essentiam nec erit ali141 142

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Nichtigkeit der bisher gefestigten Einsichten der Vernunft kommt von deren Geltungsform selbst her: denn das »Bollwerk« brachte die höchste Wesenheit in eine Vorstellung von ihrem Sein als sie selbst, daß vor der höchsten Wesenheit nicht etwas war, noch wird etwas nach ihr sein. Daher war nichts vor ihr und wird nichts nach ihr sein. 146 Es ist also wieder das ›Sein des Nichts‹, als wäre es etwas in der zeitformbedingten Vorstellung im Verhältnis des Vorher und Nachher. Diese Vorstellungsform kommt notwendig mit der Entscheidungsfrage: daß entweder etwas oder nichts vorausgegangen ist oder nachfolgen wird. 147 Denn dann erscheint, wenn der höchsten Natur nichts vorausgegangen ist oder etwas nachfolgend sein kann, ihr Sein in nebengeordneter Einteilung gegen das ›Sein des Nichts‹ vor und nach ihr: Als demnach das Nichts war, war sie nicht, und wenn das Nichts sein wird, wird sie nicht sein. 148 Das ›Sein des Nichts‹ in der Einteilung der Zeit in der Vorstellung ihres Verlaufs schließt ihr Sein aus und umgekehrt. Nach der Widerlegung, daß sie weder aus dem Nichts hervorgegangen sein, also keinen Anfang haben kann, noch in es vergehen könne, stehen das ›Sein des Nichts‹ und das Sein der höchsten Natur in der Vorstellung ihres Seins in der Zeit nur unverbunden nebeneinander, wenn sie noch nicht war, als das Nichts schon war und sie nicht mehr sein wird, wenn das Nichts noch sein wird. 149 Zwar kann kein Werden im Vergehen, kein Entstehen in der Scheidung gegen das ›Sein des Nichts‹ ihr zugedacht werden. Doch wird das vorher Bewiesene preisgegeben, weil sie prozesslos nicht mehr sein wird, wenn nach ihr das Nichts sein wird. Also wird sie als die quid post eam. Die Festigkeit des bereits Aufgebauten (soliditas constitutorum) – in Analogie zur Ordnungsleistung des Weltenbaus in der Schöpfung – durch keine Nichtigkeit des Nichts erschüttert werde; Mon 19, I 34, 32–35–4: Si ergo haec interpretatio quae facta est de nihilo, diligenter discernitur, verissime nec aliquid nec nihil summam essentiam aut praecessisse aut subsecuturum esse, et nihil fuisse ante vel post illam esse secuturum concluditur; et tamen nulla iam constitutorum soliditas nihil inanitate concutitur. 146 Mon 19, I 33,29–34,1: non fuit aliquid ante summam essentiam nec erit aliquid post eam. Quare nihil fuit ante eam et nihil erit post eam. 147 Mon 19, I 34,1–2: Nam aut aliquid aut nihil necesse est praecessisse vel subsecuturum esse. 148 Mon 19, I 34,5: Quando ergo nihil erat; illa non erat, et quando nihil erit, illa non erit. 149 Mon 19, I 34,7–8: si illa nondum erat cum iam erat nihil, et eadem iam non erit, cum adhuc erit nihil? A

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höchste Natur übergangslos ins Bestandlose, ins Seinslose versetzt, also »genichtet«, um es einmal mit einem Heideggerschen Ausdruck zu sagen. Die nicht nur rhetorische Frage: Sollte man nicht lieber dem Nichts widerstehen? 150 bringt das Denken in ein Entsprechungsverhältnis zur Kraft, die dem Sein der höchsten Natur als das Wassein im Wesen des Guten eigen ist. Und ferner bringt sie das Denken zur Intention der Macht, das als höchst würdig und schätzenswert zu Achtende als Bedingung in der Vernunft des Denkens zu verteidigen. Die Bauten der notwendigen Vernunftüberlegung können erst dann vom Nichts nicht mehr erstürmt werden, wenn auch die Denkform in der kritischen Selbsterkenntnis rechten Vernunftgebrauchs die höchste Natur als Vernunft (K 16) achtet. Damit ist also eher gesagt, daß das Nichts vor der höchsten Wesenheit nicht war noch nach ihr sein wird, als daß, während dem Nichts vor oder nach ihr ein Platz eingeräumt wird, durch das Nicht jenes Sein ins Nichts versetzt werde, das durch sich selbst das, was nichts war, zum Sein gebracht hat. 151 Anselm unternimmt eine Analyse des mehrfachen Sinns der Rede vom Nichts. Schon mit der genauen Sprache in der Rede vom »einen Platz einräumen« (locus datur) und dem »versetzt werden« (reducatur) gibt Anselm von den Vorstellungen Kunde, daß die Zeitverhältnisse ganz in einem Anschauungsraum gedacht sind. Auch hier liegt in der Wahrnehmungsform der Zeitvorstellung ein Vergleich, der zwischen Sein und Nichtsein statthat und als Konsistenzbedingung immer ein etwas braucht, das als in der Zeit seiend die Möglichkeit haben muß, wirklich geworden, also noch nicht gewesen zu sein und in seinem realen Gegebensein vergehen zu können. Noch in der Vorstellung des »Davor« wird unterschieden: Bevor die höchste Wesenheit war a) war eine Zeit, da das Nichts war b) gab es nicht irgendetwas (non fuit aliquid) Die mit a) einhergehenden Implikationen werden als ursächlich für Ungereimtheiten gekennzeichnet. Mon 19, I 34,11–12: An potius repugnandum est nihilo, (…). Mon 19, I 34,15–18: Potius igitur asseratur, si fieri potest, quia nihil non fuit ante summam essentiam nec erit post illam, quam dum locus datur ante vel post illam nihilo, per nihilum reducatur ad nihil illud esse, quod per seipsum conduxit id quod erat nihil ad esse. 150 151

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Die kritische Unterscheidung, die Anselm hier macht, läßt sich durch die »Einteilung des Nichts« erweitern, wie sie Kant am Ende des für die analytische Methodik der Kritik der reinen Vernunft wichtigen Kapitels zur »Amphibolie der Reflexionsbegriffe« analog zur Einteilung des Gegenstandsbegriffs (des Etwasseins) nach den Kategorien darstellt. (KrV A290 ff.)

›Sein des Nichts‹ darf nicht wie ein Sein von etwas aufgefaßt werden, sondern in einer Funktion für das Abhalten in der Begrenzung von Vermögen: wie das Beispiel: nichts lehrte mich etwas fliegen 152 auch andeutet. Für das Denkvermögen war K18 demonstriert worden, daß eine unmittelbare Unterscheidung zum Nichts das ›Sein von Nichts‹ als Grenze nur im Widerstreit erkennen kann. Anselm kommt dann durch die Bedeutungsdifferenzierung des Nichts zum Schluß, daß weder etwas noch nichts der höchsten Wesenheit vorausgegangen ist noch ihr folgen wird und daß nichts vor ihr gewesen ist oder nach ihr folgen wird. 153 Das Absprechen des Vorher-Nachher erfolgt in zweifacher Aussage sowohl durch ein ›weder-noch‹ als auch durch das, daß nichts vor ihr gewesen, nichts nach ihr (ohne sie) sein wird. Daß dies den Bestand der Erkenntnis von ihr nicht zerrütten wird, wird dadurch gewährleistet, daß »nichts« in keiner Weise als Negation von ihr und »das Nichts« nicht als Seinsgrenze für sie, sondern immer als Negation in Beschränkung einer Denk- und Aussageform, also als Reflexionsbegriff gebraucht wird. Die Erkenntnis in Darstellung des Begriffs der höchsten Natur ist von Selbsterkenntnis des Begreifensverhaltens notwendig begleitet und durchdrungen. 3.2.4.3 Überall- und Nirgendssein, Immer- und Niesein der höchsten Natur (K20–22) Die unvermeidliche Verstandeshaltung in Zeit- und Raumvorstellungen für das Denkenkönnnen von etwas als etwas löst sich aber nicht in Selbsterkenntnissen auf. Die Konsequenz aus den erschlossenen Bestimmungen muß in den Vorstellungen weiter durchdacht und gezogen werden. Aus der Anfangs- und Endelosigkeit von K18 folgt mit dem Begriff der höchsten Natur als schöpferische aus K14:

Mon 19, I 34,22: nihil me docuit aliquid volare (…). Mon 19, I 35,1–3: nec aliquid nec nihil summam essentiam aut praecessisse aut subsecuturum esse, et nihil fuisse ante vel post illam esse secuturum concluditur; (…). 152 153

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überall also [ist sie] und durch alles und in allem 154 seiend, so daß sie immer war und ist und sein wird 155 . Wir haben es jetzt und im Folgenden mit dem Grundsein als schöpferische Natur für das zu tun, in dem und durch all das sie als schöpferisch umfassender Grund von allem Etwassein in und mit allem ist. Dem Ewigsein als zeitliches ›immerseiend‹, das sich zuvor schon durch alle Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hindurch vorgestellt hatte, 156 gesellt sich eine Ortsvorstellung mit dem »in« zu. Dadurch wird erneut ein »wo und wann« fragbar und das Denken des Unbegrenzten der schöpferischen Natur im Überall und Immer gerät doch wieder in ein Verteilungsverhältnis. Als Bedingung des Gegebenseins, daß es kein Gut noch überhaupt etwas ohne sie gibt, 157 und als Macht in diesem Seinsgrundverhältnis kann sie diese nicht selbst sein, wenn sie irgendwo oder irgendwann begrenzt wäre. Also ist es notwendig, daß sie überall und immer sei, das heißt an jedem Orte beziehungsweise zu jeder Zeit. 158 Darin versteckt sich aber eine Zuordnung zu allen Orten im Raum und allen Zeitorten. K21 führt dann das damit entstehende Problem der Verteilung an Raum und Zeitstellen durch. Dabei gewinnt es den Begriff einer Substanz, die ganz unteilbar nur in gegensätzlich unvereinbaren Bestimmungen auf das All aller Räume und Zeiten bezogen sein kann. 159 Vielmehr gewinnt es auch den Begriff einer Substanz, die ganz an jedem Ort beziehungsweise zu jeder Zeit gegen die Teilbarkeit als unteilbar ist. Denn das All bildet gar keine Ganzheit und hat keine Einheit ohne diese Substanz als Grund des Gegebenseins der Dinge in einer Welt. Mon 14,I 27,20: Ubique igitur est et per omnia et in omnibus. Mon 20, I 35,9: quia semper fuit et est et erit. 156 K21 diskutiert die Ewigkeit als Zeitdauer. Hätte das Ewige Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wäre es im Sein als immerwährende Zeit nicht identisch. Also kann die Identität der Ewigkeit nicht durch das Immerwährende der Zeit (als ein Verlauf) angemesen gedacht sein (vgl. unten: »keine gleitende Gegenwart«) 157 Mon 20, I 35,16–17: Deinde, quoniam nullum bonum nec penitus aliquid est sine ea (…): 158 Mon 20, I 36,1–2: Cum ergo non sit alicubi vel aliquando determinate, necesse est ut sit ubique et semper id est in omni loco vel tempore. 159 Mon 21, I 36,6–9: Quod si ita est, aut tota est in omni loco vel tempore, aut tantum quaelibet pars eius, ut altera pars sit extra omnem locum et tempus. Si vero partim est et partim non est in omni loco vel tempore, partes habet; quod falsum est. Non igitur partim est ubique et semper. 154 155

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In Alternativen der bloßen Raum- und Zeitbestimmungen stellt sich die Frage in einer vollständigen Einteilung mit K21 wie folgt dar: entweder: überall und immer oder: nur irgendwo und irgendwann, oder: nirgends und nie. Wir überspringen nun die Darstellung dieser Durchführung im einzelnen, weil der Text selbst genügend klar ist und keiner durchdringenden Erläuterung bedarf. Für das Gewebe der Argumente bringt K21 die mit Raumorten und Zeitverhältnissen für das Sein von etwas notwendig verbundene Teilbarkeit in auseinandersetzende Teile ein. Diese wird nun nicht nur einfach auf das Anschauungsverhalten des vorstellenden Denkens hin reflektiert. Vielmehr muß es einen affirmativen Sinn haben, daß die höchste Wesenheit überall und immer ist, damit sie nicht nur durch sich und ohne Anfang und ohne Ende gedacht bleiben kann, sondern auch vor allem, daß etwas ohne sie weder irgendwo noch irgendwann ist 160 , und daß sie als Grund für das Sein von anderem für dessen Seinkönnen in Raum und Zeit (Substanz der Dinge) begriffen bleiben kann. Die höchste Substanz, die durch keine Umfassung von Ort und Zeit eingeschlossen wird, kann selbst zu sein nur im Verhältnis als Grund für sie und mit ihnen als vom Nichtssein sich unterscheidend widerstreitfrei gedacht werden. Jede unmittelbare Unterscheidung von Nichtsein nimmt den Widerstreit erneut auf, ihn auszutragen. Es wird also im eigentlichen Sinne gesagt, sie sei an keinem Orte oder zu keiner Zeit, weil sie durchaus von keinem andern umfaßt wird; und dennoch kann man sagen, sie sei auf ihre eigene Weise an jedem Orte oder zu jeder Zeit, weil alles, was es sonst noch gibt, von ihrem Gegenwärtigsein getragen wird, daß es nicht ins Nichts versinkt. 161

Das Verhältnis ihres Seins zum Nichts kann nur mit dem Verhältnis von Sein und Nichts der Dinge als Geschaffenen erhalten werden. An jedem Orte und zu jeder Zeit ist sie, weil sie keinem (und keiner) fehlt; und in keinem (und keiner) ist sie, weil sie keinen Ort oder keine Zeit hat. (…) So ist nun klar, soweit es zur Lösung des Widerstreits, der laut wurde, genügt, wie die höchste Wesenheit von allen und überall und immer und nirgends und nie, das heißt an jedem und keinem Orte Mon 21, I 38,26–27: sed quia aliquid sine ea nec usquam nec umquam est: Mon 22, I 41,4–7: In nullo itaque loco vel tempore proprie dicitur esse, quia omnino a nullo alio continetur; et tamen in omni loco vel tempore suo quodam modo doci potest esse, quoniam quidquid aliud est ne in nihilum cadat ab ea praesente sustinetur. 160 161

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und zu jeder und keiner Zeit ist, gemäß der übereinstimmenden Wahrheit (veritatem) verschiedener Auffassungsweisen (diversorum intellectuum) 162

Welche Bedingung muß erfüllt sein, daß das Verhältnis des Seins der höchsten Natur zum Nichts überhaupt gedacht werden kann; wie ist es dem Seinsgedanken selbst notwendig? Es muß als Sein selbst ein Verhältnis zu jenem haben, das als seiend ein Verhältnis zu nichts hat, das sein oder nicht sein kann. Es muß sich also zu den Dingen in Raum und Zeit als gegeben verhalten, sofern sie erfahrbar, erkennbar sind, und damit sie zu sein oder nicht zu sein überhaupt gedacht werden können. Also die Dinge können in ihrem Vorgetelltsein als seiend oder nichtmehrseiend gelten oder nicht gelten, eingebildet oder erkannt und als gedachte wahr oder falsch zu sein vorgestellt werden. Einstimmung bzw. Konsistenz erreicht der Gedanke des Seins der höchsten Substanz in Raum- und Zeitverhältnissen nur mit der Unterscheidung der verschiedenen Bedeutungen von Überall und von Nirgends, von Immer und von Nie. Diese Unterscheidung kann nur im Verhältnis, was sie als Grund den Dingen immer und überall bedeutet, dem gegenüber getroffen werden, was sie als Grund und Maß ihres Selbsteinkönnens in keinem, nie und nirgends, ist. Deshalb sagt man von der höchsten Natur der Wahrheit der Sache nach passender, sie sei überall, in der Bedeutung, daß verstanden wird, sie sei in allem, was ist, als wenn verstanden wird, sie sei nur an allen Orten. Und weil es, wie die oben dargelegten Gründe lehren, nicht anders sein kann, ist es notwendig, daß sie so in allem, was ist, sei, daß ein- und dieselbe vollkommen ganz zugleich in dem einzelnen ist. 163

162 Mon 22, I 41,7–18: In omni loco et tempore est, quia nulli abest; et in nullo est, quia nullum locum aut tempus habet. (…) Patet itaque quantum sat est ad dissolvendam quae insonabat contrarietatem: qualiter summa omnium essentia ubique et semper et nusquam et numquam, id est in omni et nullo loco aut tempore sit, iuxta diversorum intellectuum concordem veritatem. 163 Mon 23, I 42, 2–7: Quare summa natura secundum rei veritatem aptius dicitur esse ubique secundum hanc significationem, ut intelligatur esse in omnibus quae sunt, quam si intelligitur tantum in omnibus locis. Et quoniam, sicut supra expositae rationes docent, aliter esse non potest, necesse est eam sic esse in omnibus quae sunt, ut una eademque perfecte tota simul sit in singulis.

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3.2.4.4 Sein als Gegebensein im Gründungsverhalten schöpferischer Macht (K23) Der Widerstreit in der Rede von anschauungsbestimmten Prädikationen bzw. kategorialen Eigenschaften der höchsten Natur als schöpferischer muß in der Differenzierung von Wortbedeutungen ausgetragen werden. Die Frage, in welchem Sinne das »in allem, was es gibt«, zu verstehen sei, leitet eine Lösung des Widerstreits ein. Mit dem »daß die höchste Natur nicht mehr an allen Orten [ist] als in allem, was es gibt« 164 ist gesagt, daß sie kein Verhältnis zu anderem hat, das nicht immer auch ein Sein im Gegebenseinkönnen wäre bzw. hätte, sondern selbst anschaubare, erfahrbare Erscheinung in einem Sein als bestimmtes zu eigen hätte. Dann kann von der höchsten Natur gesagt sein, sie sei überall, in dem Sinne, daß eher zu verstehen ist, sie sei in allem, was es gibt, als nur an allen Orten 165

Ihr Sein und Wirken als Grund ist auf das Selbstsein und materiell auf das Dingliche der Dinge bezogen, nicht nur anschauungsformal. Sie muß in ihrem Sein auf das Sein der Dinge auch durch den »Gebrauch ortsbezeichnender Wörter« (localis verbi) 166 im Gebensein so bezogen sein können, daß deren Seinsweise in Bestimmbarkeit nach Maßgabe der Washeit der höchsten Substanz gedacht wird. Sonst ist sie als ihr Grund nicht denkbar. Das Gegebene stünde so unter Maßgabebestimmungen seines Grundes, denen es in bloßer Gegebenheit als Ding in Raum und Zeit gar nicht entsprechen kann. Das erscheinende Gegebensein, das Ort der höchsten Substanz als dessen Grund und Maß sein kann, muß als ein ursprüngliches Erscheinen erachtet werden: es muß Offenbarung Gottes als Ursprung in Maßgabe der Grundlegung von allem sein, was selbst als es selbst in Einstimmung mit sich und allem ist. 167 164 Mon 23, I 41,21–22: Verum cum constet eandem summam naturam non magis esse in omnibus locis quam in omnibus quae sunt (…). 165 Mon 23, I 23–25: cur non dicatur esse ubique hoc sensu, ut potius intelligatur esse in omnibus quae sunt, quam tantum in omnibus locis (…). 166 Mon 23, I 41,25–26: cum hunc intellectum et rei veritas exhibeat, et ipsa localis verbi proprietas nequaquam prohibeat? 167 Daß dies ohne Handlungsverhalten in der Aufnahme nicht geht, führt zum Übergang in das Handlungsverhalten von Personen für die Ähnlichkeit. In diesem Übergang unterzieht sich das Denken des Schöpfungsverhältnisses einer Selbstkritik als theoretisch ein Gegebenheitsverhältnis bestimmend: der Grund ihres Seinkönnens ist dem

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Ohne daß nun das materielle Sein im Gegebensein der Dinge eigentlich erörtert wird, erinnert Anselm in einem Vergleich an den Gebrauch ortsbezeichnender Wörter für den Sitz und den Ort des Verstandes (intellectus) und der Denkkraft (rationalitas) in der Seele. Damit hält die Gedankenführung steil auf das Einzelne als Lebendiges zu, das als Seele den Vermögen des Geistes einen Ort und ein Sein gibt. Das Einzelne als Lebendiges hält auf seelisch geistige Weise Gegebenheit und kann als Seele schöpferisches Wort empfangen haben, das Geist und Vermögen ermöglicht. wenn ich sage, dort sei in der Seele der Verstand, wo die Denkkraft ist. Denn obwohl ›dort‹ und ›wo‹ ortsbezeichnende Wörter sind, umfaßt weder die Seele etwas durch örtliche Umgrenzung noch werden Verstand oder Denkkraft durch eine solche umfaßt. 168

Das Sein übt nicht im Sinn einer Begrenzung oder Umfassung, sondern im Sinne einer Ermöglichung ihre Kraft aus. Dies war nur mit dem Vergleich der Geisteskräfte der Seele darstellbar. 169 Die Ortsmetapher ist für die Ideen, und mit ihnen vor allem für den Geist als Gedächtnis einschlägig. Was hier als individueller Geist und als Seinsweise der höchsten Natur als Person durch den Vergleich antizipiert ist, muß für die Substanz der höchsten Natur für Einzelheit und Allheit mit und gegen die Allgemeinheit des Begriffs durchgearbeitet werden. Darum kommt nun das seit K14–18 bereits antizipierte Thema der Substanzialität in den Blick der Vernunftbeurteilung ihres Gebrauchs von Grundbegriffen. K23 hat hier eine Brückenfunktion: immer sind es die leicht zu unterschätzenden kurzen Kapitel in Anselms Monologiontext, die es in sich haben.

Verstand nicht in den Erscheinungen gegeben, wie diese gegeben sind. Die Rechtfertigung der Ortsbedeutung birgt erneuten Unterscheidungsbedarf in der Reflexion. 168 Vgl. Mon 23, I 41,28–42,4: Velut si dicam ibi esse intellectum in anima, ubi est rationalitas. Nam cum ›ibi‹ et ›ubi‹ localia verba sint, non tamen locali circumscriptione aut anima continet aliquid, aut intellectus vel rationalitas continentur. Quare summa natura secumdum rei veritatem aptius dicitur esse ubique secundum hanc significationem, ut intelligatur esse in omnibus quae sunt, quam sie intelligitur tantum in omnibus locis. 169 Vgl. M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 220. Enders sieht den Widerstreit durch einen eigentlichen und uneigentlichen Sinn der Raum-Zeitorte aufgelöst (eigentlich: nirgends und nie, uneigentlich: eher in- als mit-sein). Er übersieht aber, warum K23 die Analogie mit dem Ort der Denkkraft in der Seele aufgreift.

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3.2.4.5 Immersein als Ewigkeit und die Kritik ihrer Zeitvorstellungen (K24) Die Substanzialität nimmt gegenüber der Vorstellung des durch Vergangenheit Gegenwart und Zukunft hindurch Immerseins für das Denken ihrer Identität und Ganzheit die Vollkommenheit des Seins als Leben an, das unbeendbar auf einmal und vollkommen ganz besteht 170 . Und für das Leben kann nur das Immersein die Ewigkeit anzeigen. Es ist also nicht die Zeit, nicht ihr Verlauf, noch eine zeitliche, das heißt dahingleitende Gegenwart 171 , die ein Ganzes auf einmal als das Ewige sein kann, sondern ein Einzelnes. Gegen den Zeitverlauf holt das Denken sich die Einzelheit wieder aus einer Ortsbestimmtheit eines Körpers. Und es muß gegenüber diesem mit der Negation der Veränderlichkeit (K25) und der Teilbarkeit die Unteilbarkeit des »auf einmal ganz« als individuelle Substanz annehmen. Diese bleibt zwischen räumlicher und zeitlicher Bestimmung und Unbestimmbarkeit in einer struktur- wie prozesshaften Schwebe. Die Seinsweise des Geistes muß so in der Art des Personseins als Individuum (K27) angenommen werden, mit dem die Analogie des Seinsorts der Seele für die Denkkraft aus K23 172 erst ihren Grundhalt findet. Substanz als Leben und Ewigkeit als schaffende Kraft bleibt in ihrer Bestimmung prozesshaft seiend. Mit der Unterscheidung vom dahingleitenden Verlauf der Zeit geht der Schaffungsprozess ganz im Sein als Kraft und Macht auf. Die Kraft und die Macht bleiben jedoch nicht nur Ermöglichungsgrund, sondern durchdringen das Leben von allem als ein Ganzes. Also sind sie auch nicht jenseits von Zeit. Das Unterscheidungsvermögen braucht wieder die Selbstbewußtwerdung des Zeitsinns im Bewußtsein der dahingleitenden Gegenwart, die wir haben 173 , um das Unveränderliche und Teilelose als Dauer ohne Verlauf der Ewigkeit (K24 Anfang) ihr zudenken zu können. Dieses Zudenkenkönnen bleibt so gebunden an das Selbstbewußtsein des Menschen, das sich im Seinkönnen begrenzt. Was 170 Mon 24, I 42,23–24: quid aliud est vera aeternitas, quae illi soli convenit, quam interminabilis vita simul et perfecte tota existens? 171 Mon 24, I 42,11–13: Eadem quoque summam substantiam constat sine principio et fine esse, nec habere praeteritum aut futurum, nec temporale, hoc est labile praesens quo nos utimur; (…). 172 Mon 23, I 41,28–29: Velut si dicam ibi esse intellectum in amima, ubi est rationalitas. 173 Mon 24, I 42,12–13: hoc est labile praesens, quo nos utimur;

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sich von der Ewigkeit zu denken gibt, muß als Grund für alles im Selbstbewußtsein derer, die in allem das ihre mit Vernunft und Verstand tun, erkannt sein. 3.2.5 Die Benennbarkeit der höchsten Natur als Substanz (K25–27) 3.2.5.1 Die höchste Natur als Substanz (K25) K25 nimmt in aller Deutlichkeit auf, daß mit dem als etwas bezeichnet [gesagt] zu werden (dici aliquid) 174 eine Substanzialität mitgedacht ist, die sich in Raum und Zeit gegen anderes begrenzt und Akzidenzien aufnimmt, die Veränderungen bewirken. 175 Es ist darum notwendig die Frage zu stellen, ob die Wesenheit, die auf alle Weise sich substanziell gleich ist, nicht vielleicht irgendeinmal wenigstens akzidentiell von sich verschieden 176 ist, war oder sein wird. 177 Wenn der Schöpfungsakt als Anfang in der Zeit vorgestellt würde und die höchste Substanz dieses ihr Handeln selbst sein können muß, dann ergäbe sich ein solcher Akzidenzfall von nichtsubstantieller Verschiedenheit vor und nach dem Anfangszeitpunkt. Darum wäre es schon wichtig für die schaffende Substanz, jede Grenze des Anfangs und des Endes als wahre Ewigkeit in jeder Hinsicht entbehrend zu erkennen (Ende K24). Doch aus gutem Grund hat Anselm diese Art der Kontingenz nicht im Blick. Daß die höchste Natur Akzidens zu haben und ihr überhaupt etwas zuzustoßen scheint – gemäß der Wortbedeutung von Akzidens –, ist ihr bzw. der höchsten Substanz als eine Natur im Vergleich zu anderen Naturen schon von ihrer Begriffsform her ablesbar. Und sie gehört der Bestimmung als Natur durch diesen Vergleich zu. Darin muß sie in der Vergleichsrelation eine Bestimmbarkeit zu haben 174 Mon 25 I 43, 21–24: Sicut igitur summa natura accidentibus mutationem efficientibus numquam in sua simplicitate locum tribuit, sic secundum ea quae nullatenus summae incommutabilitati repugnant, aliquando dici aliquid non respuit, et tamen aliquid eius essentiae unde ipsa variabilis intelligi possit non accidit. 175 Ebd. Vgl. K26: jede Substanz ist für die Beimischung von Unterschieden oder für die Veränderung der Akzidenzien aufnahmefähig und wird nicht als Veränderung der Substanz selbst erkannt, nicht als das, was das Seinkönnen der Dinge in Raum und Zeit als erfahrbar in Unterscheidbarkeit vom Gedachtsein im Begriff ausmacht. 176 Mon 25, I 43, 3–4: Sed haec essentia quam patuit omnimodo sibi esse eandem substantialiter: nonne aliquando est a se diversa vel accidentaliter? 177 Ebd.

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scheinen. Doch zeigen Anselms relationale Vergleichsbeispiele, daß es Vergleichsrelationen gibt, die als ungleiche Bestimmungen keine Veränderung an der Natur, an dem Verglichenen selbst bewirken. 178 Darum unterscheidet Anselm die Akzidenzien, die Veränderung bewirken von den nur relationalen Bestimmungen 179 , die im Vergleich nur uneigentlich (improprie) Akzidens heißen. 180 Anselm unterscheidet also Akzidenzien in solche, die Veränderung bewirken – diesen gewährt die höchste Natur »niemals in ihrer Einfachheit Raum« 181 –, von jenen akzidentiellen Beziehungen auf sich Veränderndes, die keine Veränderung in der Substanz nach sich ziehen. Da dies aber letztlich keine Eigenschaft der Substanz betrifft, sondern nur eine Beziehung, »kann auch das gefolgert werden, daß sie (als höchste Substanz) für kein Akzidens aufnahmefähig ist« 182 . Was keine für die Substanz verändernde Wirkung hat, wird nur in uneigentlichem Sinne Akzidens genannt. Resultat bleibt die Unveränderlichkeit. Für das Verständnis der Unbegrenztheit und des Gebrauchs von Worten und Ausdrücken des Orts und des Seins brachte Anselm in K23 eine Analogie ein. Sie macht die zeitlich-räumliche Unumgrenztheit des Orts in der Seele für ihre Vermögen und das Überallsein des Erkannten ihrer Vermögensträger wie des Verstandes (intellectus) und der Vernunft (rationalitas) denkbar. 183 Wie die Seele in 178 Mon 25, I 43,10–20: Omnium quippe quae accidentia dicuntur, alia non nisi cum aliqua participantis variatione adesse et abesse posse intelliguntur, ut omnes colores; alia nullam omnino vel accidendo vel recedendo mutationem circa id de quo dicuntur, efficere noscuntur, ut quaedam relationes. Constat namque quia homini post annum praesentem nascituro nec maior nec minior nec aequalis sum nec similis. Omnes autem has relationes utique cum natus fuerit, sine omni mei mutatione ad illum habere potero et amittere secundum quod crescet vel per qualitates diversas mutabitur. Palam itaque fit, quia eorum quae accidentia dicuntur quaedam aliquantenus attrahant commutabilitatem, quaedam vero nullatenus subtrahant immutabilitatem. 179 Mon 25, I.43,21–24: Sicut igitur summa natura accidentibus mutationem efficientibus numquam in sua simplicitate locum tribuit, sic secundum ea quae nullatenus summae incommutabilitati repugnant, aliquando dici aliquid non respuit, et tamen aliquid eius essentiae, unde ipsa variabilis intelligi possit, non accidit. 180 Mon 25, I 43,25–29: Unde hoc quoque concludi potest, quia nullius accidentis susceptibilis est. Quippe quemadmodum illa accidentia, quae mutationem aliquam accedendo vel recedendo faciunt, ipso suo effectu vere accidere rei quam mutant perpenduntur: sic illa quae a simili effectu deficiunt, improprie dici accidentia deprehenduntur. 181 Anm. 179. 182 Ebd. 183 Anm. 168.

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ihrer Erkenntnistätigkeit als von Raum und Zeit unbegrenzt sich in Ausübung ihrer geistigen Vermögen verhält, wo sie sich ganz auf die Wahrheit ihres Erkennens und die Gerechtigkeit ihres Handelns konzentriert, ist die höchste Natur unbegrenzt »in allem, was ist« und zwar »vollkommen ganz zugleich« (tota simul) 184 . Nach dem Erläuterten ist jetzt aber zum einen deutlich geworden, daß für die Bestimmung des Begriffs der höchsten Natur im Verhältnis zu Raum und Zeit Attributionen bzw. Prädikationen notwendig sind, die sich wiedersprechen. Zum anderen ist klar, daß aber auch das Verhältnis zu Raum und Zeit unabdingbar ist, weil es sonst als schöpferisches Handeln gar nicht gedacht werden kann. Sonst wäre die Grundeinteilung von allem, für die das Etwassein sowohl als Sein durch sich selbst als auch durch anderes als seiend verbunden scheint, gar nicht möglich gewesen. Die Lösung der widerstreitenden Prädikationen im Verhältnis zum Seienden in Raum und Zeit geht von der Begrenzung der Geltung der Bestimmung als in jedem Ort und jeder Zeit und von der Grenze des Gebrauchs der kategorialen Raum-Zeit-Bestimmung aus. Denn Sein der höchsten Natur kann nicht jenseits von Raum und Zeit seinswirksam für alles in Raum und Zeit Seiende »sein«. Ihrer Macht, die Sein gründet und ein Seinkönnen ermöglicht, muß eine andere Gegenwart zugedacht werden. Diese kann nicht als dem Raum-Zeitlichen entgegensetzbare und nicht als eine andere gegebene Wirklichkeit gehalten werden. Vielmehr kann sie in Integration nur der Auffassungsweisen der Dinge selbst im Verhältnis zu unserem Verstandesgebrauch respräsent gehalten werden. 3.2.5.2 Wirkung der höchsten Substanz ohne Selbstveränderung (K25) An welcher Bestimmung kann dann die Identität der Seiendheit der höchsten Natur festgehalten werden, die zum einen einfach und zugleich viele Güter ist, und der ferner einander widerstreitende Eigenschaften zugesprochen werden, um sie als das durch sich selbst Seiende als Ursprung und Bestandshalter der Dinge denken zu können?

184 Mon 23, I 42, 4–7: Et quoniam, sicut supra expositae rationes docent, aliter esse non potest, necesse est eam sic esse in omnibus quae sunt, ut una eademque perfecte tota simul sit in singulis.

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Warum reicht es nicht, wenn sie die schöpferische und höchste Substanz genannt wird? Wie bereits gesehen, wendet sich Anselm in K25 der substanziellen Selbstgleichheit und Unveränderlichkeit der höchsten Substanz in Bezug auf ihr Verhalten zu sich selbst zu (oben 3.2.4). Mit der Frage, ob ihre Wesenheit sich substanziell immer sich selbst gleich und nicht in einer akzidentiellen Weise sich verändernd verhalten würde, 185 versucht Anselm zu erweisen, daß die höchste Natur ihre Selbstheit als jeweiliges Gut in ihrem die Dinge wirkenden Tätigsein bewahrt, so daß ihre Wirkung auf die Dinge selbst die Wirkung ihrer Wesenheit als diese ›Güter‹ ist. 3.2.5.3 Substanz im Vergleich mit dem für Veränderungen Aufnahmefähigen (K26) Anselm geht in detaillierter Analyse der Frage nach, inwiefern für die höchste Natur die Bezeichnungen Substanz und Akzidens zu Recht gebraucht werden können. Von ihr kann weder die wesentliche Aussage im Sinne der Definition oder der Substanz-Kategorie noch können die akzidentiellen Aussagen im eigentlichen Sinne möglich sein. Begründet wird dies zum einen durch die Unteilbarkeit und Unmitteilbarkeit der höchsten Natur und zum andern ihre natürliche Unveränderlichkeit trotz der Wirkung auf die Dinge, denen eine Veränderung zugefügt wird. Wenn sie sich so verstehen ließe, muß es entweder neben der höchsten Substanz im Sinne der ersten Substanz andere individuelle Substanzen geben, die mit ihr eine allgemeine Substanz gemeinsam haben. Oder es stellt sich die Frage, ob die höchste Substanz dann im Sinne der zweiten Substanz gemeinsam den vielen einzelnen zukommen kann: in der Bestimmung als Allgemeinbegriff. 186 Aus dem Grund, daß sowohl die Zerteilung in die 185 Mon 25, I 43, 3–4: Sed haec essentia, quam patuit omnimodo sibi esse eandem substantialiter: nonne aliquando est a se diversa vel accidentaliter?; Mon 25, I 43,25–44,2: Unde hoc quoque concludi potest, quia nullius accidentis susceptibilis est. Quippe quemadmodum illa accidentia, quae mutationem aliquam accedendo vel recedendo faciunt, ipso suo effectu vere accidere rei quam mutant perpenduntur: sic illa quae a simili effectu deficiunt, improprie dici accidentia deprehenduntur. Sicut ergo semper sibi est omni modo eadem substantialiter, ita numquam est a se diversa ullo modo vel accidentaliter. Sed quoquo modo sese habeat ratio de proprietate nominis accidentium: illud sine dubio verum est, quia de summe incommutabili natura nihil potest dici, unde mutabilis possit intelligi. 186 Mon 27, I 45,4–10: Constat igitur quia illa substantia nullo communi substantiarum

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verschiedenen Einzelnen als auch die Gemeinsamkeit mit einem anderen für die höchste Natur ausgeschlossen ist, läßt sich die denkbare Möglichkeit, den Begriff der Substanz im Sinne der ersten Kategorie von Aristoteles zu fassen, als nicht zutreffend erweisen. Daß nach K27 das, was Substanz für die höchste Substanz heißt, nicht im allgeneimen Traktat von den Substanzen, d. h. in der Aristotelischen Kategorienschrift eingeschlossen ist, liegt daran, daß sie keine bloße Allgemeinheit und kein bloß Einzelnes (unter anderen), oder wie wir oben sagten, weder zweite noch erste Substanz sein kann, sondern individuelle Substanz genannt werden muß. Dieser Traktat aber teilt alle Substanz in entweder allgemeine oder einzelne ein. Anselm sagt: sie ist weder ein Allgemeines, unter dessen Begriff andere enthalten sind, noch ist sie selbst mit anderen Substanzen unter einem Allgemeinbegriff enthalten. Wie versteht einer, daß im Traktat von den andern Substanzen die höchste Natur enthalten sei, die sich weder in mehrere Substanzen teilt noch sich mit irgendeiner andern durch eine wesenhafte Gemeinsamkeit zusammengestellt. 187

Versucht Anselm hiermit, die aristotelische Kategorienlehre zu ergänzen oder anders zu deuten, indem er eine andere Bedeutung der Substanz außer der von 1. und 2. Substanz als der ersten Kategorie zu denken für möglich hält? Oder vertritt er eine Aussagelehre über die höchste Natur, so daß von ihr nur »im uneigentlichen Sinne« oder in würdiger Weise die Aussage möglich ist? Wie wir oben schon bedeuteten, ist dies nicht der Fall. Substanz, die im »Monologion« nicht nur mit Wesenheit und Natur identisch gebraucht wird (wie in K4), sondern auch Bestand, Bestandserhaltung und ein Seinkönnen konnotiert, kann als individuelle Substanz gar nicht im Substanzbegriff durchhaltend genannt werden. Vielmehr muß es zur Identitätswahrung der höchsten Substanz als individueller Geist verstanden werden. Erst dann zieht das Gesuchte die griechische Substanzbedeutung tractatu includitur, a cuius essentiali communione omnis natura excluditur. Nempe cum omnis substantia tractetur aut esse universalis, quae pluribus substantiis essentialiter communis est, ut hominem esse commune est singulis hominibus; aut esse individua, quae universalem essentiam communem habet cum aliis quemadmodum singuli homines commune habent cum singulis, ut homines sint: 187 Mon 27, I 45,10–12: quomodo aliquis summam naturam in aliarum substantiarum tractatu contineri intelligit, quae nec in plures substantias se dividit, nec cum alia aliqua per essentialem communionem se colligit?

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in der Trinitätslehre der Kirchenväter (vgl. Augustinus, »De trinitate« V) an. Und sie kann die Individualität als Person als die Existenzund Bestandsform des einen Wesens bedeuten. Das Wesen der Person bedeutet doch immer das eine und selbe und mit sich selbst gleiche. Es würde für die Trinität nichts nutzen, Begriffe nur umzudeuten. Es muß mit der Grenze des kategorialen Begriffsgebrauchs vielmehr die Haltung, die höchste Substanz als Gegenstand auszusagen, eingeschränkt werden. Notwendig ist, das Substanz-AkzidensSchema des verständigen Denkens in ein Verhältnis zur Idee als Maß und Grund reflexiv zu transformieren, die nur im Ähnlichkeitsverhalten angenommen sein kann, ein Selbstseinkönnen zu ermöglichen. Vom tradierten Substanzbegriff her aber ist zunächst das unveränderliche Verhalten aufgenommen. Sie heißt nicht nur immer gleich mit sich selbst, sie kann auch trotz ihrer Grund- und Maßgeltung in schöpferischer Wirkung für das Seinkönnen von anderem als sie selbst sich nicht verändern; sie ist durch nichts, was »akzidenziell« heißen kann, veränderbar. Das einzige, was der Wortbedeutung von Akzidens nach der höchsten Substanz »zustoßen« (accidere) könnte (K25) ist eine Relation. Denn wir haben sie immer schon als »größer [ist] als alle anderen Naturen und daß sie ihnen unähnlich ist« 188 begriffen und schreiben ihr dies wie eine Eigenschaft zu, ohne daß dieses Verhältnis als größer und das Größte ihr Wesen sein könnte, wie K15 schon feststellte. 3.2.5.4 Unterscheidung von Relation und Akzidens (K25–27) Der Begriff der Substanz ist hier als Träger von Veränderung zugrundegelegt, der sich nicht selbst verändert. Das sich Verändernde wären die Akzidenzien. Als Veränderung erwirkend (K25) wäre das akzidentielle Sein dann aber selbstbezüglich; sie wären Wirkgrund (Ursache) der Veränderung und das Veränderte. Es wäre eine Kraft der Wirkung anzunehmen, die nicht Substanz ist. Sich selbst verändernde Akzidenzien wären ganz ohne Substanz. Auch könnte die göttliche Substanz sie nicht bewegen und weder Grund noch Ursache

188 Mon 25, I 43,7–8: (…) quod major est omnibus aliis naturis et quod illis dissimilis est, (…).

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ihrer Veränderung sein. Und so wäre sie überhaupt keine Substanz, sondern würde nur im Verhältnis zu bloßen Akzidenzien stehen. Bereits Augustinus hatte die Relation vom Akzidens geschieden (De trinitate, V). Ein Widerstreit in der Auffassung der »natürlichen Unveränderlichkeit« (naturalis incommutabilitas, K25) ergibt sich nicht, wenn aus der Aufnahmefähigkeit (susceptibilitas) der Substanz für relationales Verhalten keine Veränderlichkeit nachfolgt und wenn die Relation keine von der Art ist, daß sie eine verändernde Wirkung ausübt. Boethius erkannte bereits, daß eine bestimmte Relation nicht im Sinne der sich verändernden Akzidenzien verstanden werden kann, wie seine Beispiele demonstrieren. 189 Dies ermöglicht erst, daß die Kategorie der Relation für die Ursprungsrelation zwischen den innergöttlichen Personen anwendbar scheint. Solche Relation, welche keine verändernde Kraft ausübt, ist aber das geistige Verhalten in der Achtung als Maß für die Beurteilung, in der die höchste Substanz als höchste und einfache geschätzt ist und bleibt. 190 Anselm zeigt im Folgenden, daß ein ›uneigentlicher Gebrauch‹ von Akzidens bedeutet, daß die Relation »in uneigentlichem Sinne als Akzidens« genannt wird, 191 wenn man eine Relation, die die Substanz in ihren Eigenschaften nicht verändert, als Akzidens versteht. Der Begriff der Substanz kann für die Bezeichnung der höchsten Natur demnach nicht durch die Kategorie der Substanz gedacht werden 192 . In Abgrenzung zum aristotelischen Substanzbegriff nennt Anselm die höchste Natur aber Substanz, wenn sie auf würdige Weise als etwas genannt werden kann (si quid digne dici potest). Denn sie 189 Vgl. Boethius, Quomodo trinitas unus deus, V, PL 64, 1254B: (…) ei igitur si accedam dexter, erit ille sinister ad me comparatus, non quod ille ipse sinister sit, sed quod ego dexter accesserim. Rursus ego sinister accedo, item ille fit dexter, non quod ita sit per se dexter, velut albus ac longus, sed quod me accedente fit dexeter, atque id quod est, a me et ex me est, minime vero es sese. Quare quae secundum rei alicuius, in eo quod ipsa est proprietatem, non faciunt praedicationem, nihil alternare vel mutare queunt, nullamque omnino variare essentiam. Quocirca si pater ac filius ad aliquid dicuntur nihilque aliud, ut dictum est, differunt, nisi sola relatione (…). 190 Mon 25, I 43, 21–24: Sicut igitur summa natura accidentibus mutationem efficientibus numquam in sua simplicitate locum tribuit, sic secundum ea quae nullatenus summae incommutabilitati repugnant, aliquando dici aliquid non respuit, et tamen aliquid eius essentiae unde ipsa variabilis intelligi possit non accidit. 191 Anm. 180: Mon 25, I 43, 25–29 192 Mon 27, I 45, 5–6: Constat igitur quia illa substantia nullo communi substantiarum tractatu includitur, a cuius essentiali communione omnis natura excluditur.

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ist bzw. existiert nicht nur gewisser, sondern auch am höchsten von allem. Ferner pflegt das Wesen eines jeden beliebigen Dinges Substanz genannt zu werden (cuiuslibet rei essentia dici solet substantia), 193 der Akzidentien nur in einer uneigentlichen Weise zugesprochen werden. 3.2.6 Der Begriff der höchsten Substanz (K27–28) Der Gedanke der höchsten Natur bleibt immer an das Bestandserhaltende des Schöpferischen dort gebunden, wo es um die Washeit (quid) der höchsten Substanz als ›aus und durch sich selbst‹ seiend geht. Daß sie Grund ihrer selbst ist, kann nicht auf ein denkendes Selbstverhältnis reduziert und auf keine Weise formalisiert werden. Wenn die Substanz der höchsten Natur einfach und unveränderlich ist, wie ist sie dann Substanz? 3.2.6.1 Die höchste Substanz als individueller Geist (K27) Anselm schließt sich der Tradition von Augustinus und Boethius an und faßt Natur im Sinne jener Dinge auf, die sind, was sie sind, und dabei dieses ihr Sein und Etwassein als ein erkennbares haben. 194 Von dieser Intelligibiltät der Dinge her kann die Natur als eine Wesenheit und ferner als eine Substanz begriffen werden. Die Natur der höchsten Natur geht auf die Selbigkeit wie das Selbstsein und sie ist darum schwer von Substanz, Wesen oder Wesenheit zu unterscheiden. Doch darf man, obgleich Anselm mit Augustinus Natur für dasselbe wie Wesen und Substanz ausgibt, 195 ihre Bedeutungsnuancen gerade für die Argumentationsgefüge des »Monologion« nicht verschenken. Substanz ist deutlich auf Bestand in K13 und K14 bezogen. Indem Anselm ausdrücklich auf den Gebrauch in der griechischen 193 Mon 27, I 45,13–15: Quoniam tamen ipsa non solum certissime existit, sed etiam summe omnium existit, et cuiuslibet rei essentia dici solet substantia: profecto, si quid digne dici potest, non prohibetur dici substantia. 194 Zu Anselms wechselhaftem Gebrauch der beiden Begriffe Substanz und Wesenheit und zu ihrer gleichen Bedeutung siehe Exkurs zum Begriff der Natur oben 1.6.1. 195 Mon 4, I 17,17–18: Idem namque naturam hic intelligo quod essentiam; Mon 4, I 17,32–18,2: Quare est quaedam natura vel substantia vel essentia, quae per se est bona et magna, et per se est hoc quod est, et per quam est, quidquid vere aut bonum aut magnum aut aliquid est, et quae est summum bonum (…).

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Patristik für die personale Subsistenz im Prolog hinweist, führt er uns für die Frage des Verhältnisses der Identität und Unterscheidung von Natur, Wesen und Substanz unausweichlich zu den Überlegungen der Natur des Göttlichen als das eine Wesen in der Subsistenzoder Existenzweise dreier Personen. Da die höchste Natur nicht nur gewissest existiert (certissime existit), sondern auch in höchster Weise von allem existiert (summe omnium existit), darf ihre Wesenheit zweifellos als Substanz bezeichnet werden, wenn auch die Wesenheit dessen, was existiert, Substanz heißen kann. 196 Es läßt sich so nachvollziehen, wie Anselm Sein in Existenz, die sich durch Beständigkeit ihres Wasseins auszeichnet, als Substanz versteht. Und er kann sagen, daß die höchste Natur, und zwar durch sich selbst das ist, was sie ist. Sie wird in höchster Substanz durch sich von dem unterschieden, was nur durch sie als anderes etwas ist. Sie kann nur in dieser Unterscheidbarkeit und Andersheit, d. h. nur im Schöpfungsgedanken begreifbar werden. Unter der Substanz bzw. der Wesenheit, werden in K27 zwei höchste Arten der Substanz, nämlich Körper und Geist (spiritus) 197 erkannt. Von den beiden läßt sich aber der Geist zweifellos als würdiger (dignior) als der Körper denken, da er sich als das Beste bzw. das Würdigste von allem nach K15 begreifen läßt. 198 Demgemäß ist die höchste Substanz ein Geist, und zwar ein schlechthin individueller Geist (omnino individuus spiritus), weil sie nicht zusammengesetzt, sondern einfach ist. 199 3.2.6.2 Individueller Geist und Bedingungen der Personalität (K28) Die Durchführung der kategorialen Eigenschaften der höchsten Natur geht von den gegenstandsbezogenen Funktionen im Verhältnis zur Gegebenheit in Raum und Zeit über die Klassifizierung mit Ka196 Mon 27, I 45,20–22: Quoniam einm, sicut supra constat, nec partibus est compositus, nec ullis differentiis vel accidentibus intelligi potest esse mutabilis: impossible est ut qualibet sectione sit divisibilis. 197 Mon 27, I 45,15–16: Et quoniam non noscitur dignior essentia quam spiritus aut corpus, (…). 198 Mon 27, I 45,16–17: et ex his spiritus dignior est quam corpus: utique eadem asserenda est esse spiritus non corpus. 199 Mon 27, I 45,19–22: Quoniam enim sicut supra constat, nec partibus est compositus nec ullis differentiis vel accidentibus intellig potest esse mutabilis: impossibile est ut qualibet sectione sit divisibilis.

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tegorien nach Substanz und Akzidenzien und gelangt schließlich bis hin zur Identitätsbestimmung der höchsten Natur als des individuellen Geistes. Es ist bezeichnend, daß die Möglichkeit der Aussagbarkeit in die Unterscheidungen der bisherigen eigenen Verfahrensweise in Allgemeinbegriffe eingeht, von denen der gerade erlangte Begriff des individuellen Geistes sich abgrenzt. Was hier zu individueller Substanz und individuellem Geist auch methodisch entwickelt wurde, ist in kritisch transformierendem Anschluß an Boethius wie an Augustinus für den Begriff der Person überhaupt bedeutsam. Ihr Begriff muß in das Ähnlichkeitsverhalten zwischen Personen einführen. So fordert seine weitere Bestimmung durch das Denken der höchsten Substanz als individueller Geist mit dem schöpferischen Sprechen (locutio) des einen Worts (unum verbum) eine Beschäftigung der Vernunft mit der Dreieinheit der göttlichen Personen, die eines Wesens sind. Die gemeinschaftlichen Namen oder Begriffe sind nun in K26 näher beim Mitvollzug in der Erschließung der namentlichen substanziellen Washeit wie Macht und Ewigkeit, die am Ende in K24 noch einmal deutlich hervorgehoben sind, wodurch die Wesensbestimmungen der Identität in den Durchführungen schon angenommen worden sind. Vom Problem der Begriffsallgemeinheit her muß die Individualität als Singularität thematisch werden. So hebt Anselm den Charakter der Seiendheit des schlechthin individuellen Geistes in K28 mehrfach wiederholend hervor, daß er einzigartig (singulariter), einzig (solus) schlechthin (simpliciter), vollkommen (perfecte) und absolut (absolute) ist, und daß anderes mit ihm verglichen fast nicht oder kaum ist (fere non esse et vix esse). 200 Er ist wunderbarerweise einzigartig (mirabiliter singulari) und einzigartig wunderbar (singulariter mirabili modo). 201 Die Einzigkeit und Absolutheit des höchsten Geistes bereitet das Denken seines Personseins vor. Diesem werden die vielstimmig zu denkende Wesenheit als Ver200 Mon 28, I 46, 2–3: Si enim diligenter intendatur, ille solus videbitur simpliciter et perfecte et absolute esse, alia vero omnia fere non esse et vix esse; Mon 28, I 46,8–9: quoniam, inquam, huiusmodi est eius esse, iure ipse simpliciter et absolute et perfecte dicitur esse; Mon 28, I 46, 24–26: Quod vero sic simpliciter et omnimoda ratione solum est perfectum, simplex, et absolutum, id nimirum quodam modo iure dici potest solum esse. 201 Mon 28, I 45,25–46,1:Videtur ergo consequi ex praecedentibus quod iste spiritus, qui sic suo quodam mirabiliter singulari et singulariter mirabili modo est, quadam ratione solus sit, alia vero, quaecumque videntur esse, huic collata non sint.

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nunft, Weisheit, Gerechtigkeit usf. im Ursprungsverhalten zuerkannt, ohne die Einheit und Identität seiner Wesenheit zu verlieren. Die Konstellation der Subsistenz des Individuellen führt, wovon die Vernunft sich selbst zu überzeugen hat, zur unabzählbaren Dreiheit der Personen im consubstantialen Verhalten. Von hier können wir bereits eine Brücke zur praktischen Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ als das Wort der höchsten Natur schlagen. Die Würde und Unantastbarkeit der höchsten Natur ist in den bisherigen Argumentationsschritten dadurch einsichtig geworden, daß keine gegenständliche Aussagbarkeit über sie als Schöpfer möglich ist, wenngleich ihre Seiendheit nur auf die Schöpfung als den Bestandsort der Dinge bezogen betrachtet werden kann. So wird die Schöpfung durch das Sprechen des Wortes, welches dem höchsten Geist wesensgleich ist, bewerkstelligt. Dennoch ist das Wort nach der Ursprungsrelation nicht das, dessen Wort es ist. Damit stellt sich die Erkenntnisaufgabe zur Trinität mit der Frage, wie die Selbigkeit des schöpferischen Worts zu begreifen ist, das mit dem Sich-Sprechen des höchsten Geistes identisch ist. Die so auf die Dreieinheit weisende Struktur der höchsten Natur macht die Ebenbildlichkeit des vernünftigen Geistes mit dem höchsten Geist zur Einsicht als praktisch notwendig erforderlich. Letztere gilt als Grundlage der Vernunfterkenntnis Gottes für den vernünftigen Geist. Entsprechend ersetzt Anselm während der Erläuterungen und Hinführungen zu den bildsamen Strukturprozessen der Dreieinigkeit die Nennung der höchsten Natur durch die Benennung Gottes als Geist. Die höchste Natur zu denken wandelt sich in die Nennung des höchsten Geistes (summus spiritus). Diese Wandlung mitzuvollziehen ergibt sich in der Ähnlichkeitsbildung als Mitsprechen des Worts des göttlichen Geistes, das sich sprechend mitschöpferisch zu erkennen gibt. Die höchste Natur wird weiter dort die höchste Wesenheit genannt, wo die Bedeutung der Wesenheit Gottes für die Geschaffenen im Verhältnis des vernünftigen Geistes zu diesen festgehalten wird. 202

202 Der Wechsel der Benennungen findet, in großen Schritten gesehen, jeweils in K28 (summus spritus) und in K65 (summa essentia) statt, wobei die dem ganzen Werk durchgängige Benennung als höchste Natur beibehalten bleibt.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

3.3 Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹ 3.3.1 Einleitung Der Übergang zur praktischen Bedeutung des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ wird durch die Frage nach der Substanz als höchste Wesenheit ab K25 eingeleitet. Sie erhält ihre Wendung gegen die verstandesgemäße Erfaßbarkeit von Substanzen mit der in K27 erreichten Einsicht, daß die Substanz des Selbstseins, auf das das ›ipsum‹ sich bezieht, »unteilbarer Geist« sein muß: omnino individuus spiritus. 203 Damit ist für das Sein als höchste Wesenheit das Personsein schon als mitzudenken gegeben. Das Individuelle der Substanz als Geist kommt durch die Unteilbarkeit zum Ausdruck, wie sie gegenüber dem körperlich Teilbaren herausgearbeitet worden ist. Doch bleibt der schöpferische Geist für den Bestand in der Erkennbarkeit von allem Geschaffenen auch für das körperlich Gegebene grundlegend. Weder einzeln noch allgemein, wie K27 lehrt, wird der individuelle Geist auch in der dann einzubeziehenden personalen Subsistenz nie als nur einzeln zu begreifen sein. Die Betonung der Singularität hat in den Kapiteln seit K15 eine wiederkehrende Funktion der Begrenzung der Allgemeinheit des Wasseins als höchste Substanz. 204 Sie ist aber – gerade für die Identität des sich selbst Gründens, in dem, was sie ist, – nicht gegen die Erkenntnis der Washeit zu verselbständigen. 205 Aus der vernünftigen Beschäftigung mit dem, was individuelle Substanz als Geist heißt, ergeben sich wesentliche Argumente auf dem Weg zur Darstellung der Trinität in ihrer notwendigen Struktur für die Denkbarkeit der höchsten Wesenheit. 206 Als Prinzip für die praktische Erschließung der Wesenheit der 203 Mon 27, I 45,18–19: Quoniam autem nec ullae partes sunt eiusdem spiritus, nec plures esse possunt eiusmodi spiritus, necesse est ut sit omnino individuus spiritus. 204 Dazu oben 3.2.5 u. 3.2.6. Ferner zur Rechtfertigung des Gebrauchs des Substanzbegriffs vgl. 3.3.2.1. 205 Wir haben es hier mit keiner Wesenserkenntnis im klassisch thomanischen Sinne zu tun. Die mit dem weder nur allgemein, noch nur ›einzeln‹ in K27 bezeichnete Problemstruktur der individuellen Substanz erfordert mit der Einbeziehung des personalen Verhaltens eine Erkenntnis in praktischer Orientierung. 206 Eine Wesenheit, die ohne Reflexion des vernünftigen Geistes in trinitarischen Strukturen und Ähnlichkeit der Verhaltensweisen sonst nicht Sein als Ursprung und Grund, als schöpferisches Wort und als individueller Geist vereinigen könnte.

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Die Bedeutungen des ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis

höchsten Natur verhält sich das ›melius ipsum‹ Kriterium nicht wie eine bloße Ableitungsregel zur Auffindung von Wesensbestimmungen. Vielmehr verhält es sich als Beurteilungsregel, die als die der Urteilskraft des vernünftigen Geistes nur aus eigenem Gebrauch erfahren und so ihre Geltung in einer Bedingungserkenntnis beurteilen kann. 207 Die Erschließung der Wesenheitsbegriffe durch das ›melius ipsum‹ zeigt dieses Prinzip nicht nur in einer funktionellen Struktur, sondern auch in einer grundlegenden Maßgabe und zwar gerade dort, wo es um das Erkennen des Maßgeblichen geht. Diese Erkenntnisart, die mit der Urteilskraft in Reflexion verbunden ist, kann also ohne Selbsterkenntnis das grundlegend Maßgebliche gar nicht angemessen denken. Darin nimmt sie das Maß in Beurteilung an und erkennt es als angenommen. Daß in dieses reflexive Annahmeverhalten als Anähnlichung unter Voraussetzung der Ähnlichkeit als Vermögen die Selbstkritik des Begriffsvermögens des Verstandes eingeht, werden wir mit Rekurs auf K66 noch einmal belegen und die Weise der Teilhabe von Anähnlichung an Kritik erläutern. Die Struktur des ›melius ipsum‹ Prinzips, so konnte die bisherige Erarbeitung deutlich machen, hat eine funktionale Bedeutung für die Begriffs- und Erkenntnisbildung dessen, was mit dem Begriff der höchsten Natur und Substanz nur uneindeutig ausgesagt werden kann. 208 Diese Bedeutsamkeit ist dem Denken aber nicht als bloß funktional auf das Begreifen hin geordnet verständlich, das das Begriffensein der höchsten Substanz als etwas zum letzthinnigen Ziel hätte. Vielmehr wendet sich die Erkenntnisart in der Vielheitsverbindung der erschlossenen Begriffe mit den Selbsterkenntnissen in ein geistiges Verhalten. Dieses geistige Verhalten kann die Entsprechung der Gottesattribute im Ganzen des Seinkönnens als Person gewahren und nur mit deren praktisch aufgenommenen Orientierung im Gedächtnis behalten. Mit den Gedächtnissen wird auch den Begriffen ein Ort im Gottesverhältnis gewahrt. So ist in der Methode des »Monologion« zu lernen, daß das ›sola ratione‹ und die Ähnlichkeitsund Anmessungsverhalten einander nicht ausschließen, sondern bedingen. 207 Darum ist die Frage, wie das Prinzip als eine Regel so fungieren kann, daß es die in K15 gestellte Aufgabe zu erfüllen vermag, eine Eigenschaft als die Wesenheit Gottes zu erweisen, innerhalb einer nur strukturellen (oben 3.1) und funktionalen Analyse (oben 3.2) nicht hinreichend zu klären. Zum Verständnis des Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ als Regel vgl. den Forschungsstand in der Einleitung. 208 Dazu oben 3.2.5, 3.2.6 und 3.3.2.1.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

Die aufgezeigte Funktionstruktur der ›melius ipsum‹ Beurteilung kann auch auf keine bloße Selbstbeziehung zurückgeführt werden. Die notwendig auch praktische Bedeutung besagt, daß wir für das Sein der höchsten Wesenheit auch in der explizit trinitarischen Struktur von Erkenntnisbewegungen keine reine Immanenz konstruieren können. Mit der praktischen Bedeutungswendung der ›melius ipsum‹ Struktur erschließt sich der Vernunft ihr personales Seinkönnen im Bewußtwerden ihrer Bestimmungsvermögen als sie selbst in Grundund Maßverhältnissen. Diese kann die Vernunfterkenntnis als ihr selbst unbedingt geltend nur mit den Identitätsbegriffen der höchsten Wesenheit als individueller Geist erkennen. Darin ist zu erkennen, weitere Vermögensbedingungen der Individualität als Person als notwendig zu beachten. Diese Einsichten des Seinkönnens als Vernunft in Verbindung mit anderen Vermögen, die Anselm nicht nur als aussagender Verstand und Urteilskraft begreifen läßt, sondern auch als Empfindung, Gedächtnis und andere Vermögen des geistigen Lebens, geben sich darum nicht als beschreibbare Verhältnisse. Vielmehr geben sie sich in entscheidender Beurteilung zur Einsicht, wie K31 wieder mit Gebrauch der Entscheidungsfunktion des ›melius ipsum‹ darstellt, 209 die die Verhältnisse zu Vermögen nur im Verhalten von Vermögen erkennbar sein läßt. Die Beurteilungsentscheidung der Vernunfterkenntnis, deren Geltungsbedingungen sich in der ›melius ipsum‹ Struktur reflektieren, manifestieren sich in der Werkbildung des »Monologion«. Dieses ermöglicht als Werk der nach- und mitvollziehbaren Selbsterkenntnis eine geistesgeschichtlich sich ausprägende Annahme des wahren Abbilds des höchsten Geistes. In der Einheit der Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis hat die praktische Bedeutung der beurteilenden Entscheidungsverfahren des ›sola ratione‹ ein notwendiges Moment seiner Methode. Es hat aber jede auch scheinbar rein philosophische Prinzipienerkenntnis an den strukturellen Verhältnissen und Problemen Anteil, wie sie das »Monologion« als Grundlegung systematischer Theologie der Trinität in die geistige Bildungsarbeit gibt.

209 Nach K31 stellt K68 den nächsten Gebrauch der Entscheidungsfunktion ›melius ipsum‹ in Verbindung mit der Urteilskraft und dem Unterscheidungsvermögen dar und dann wieder erst in K5 im »Proslogion«.

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Im Sprechen der Schöpfung in K30–37 und mit dem Sich-Sprechen der höchsten Natur in K38 bis 64 erschließt sich darum die göttliche Dreieinheit der Urteilskraft des erkennenden Geistes als für den Verstand zwar unbegreiflich, aber für die Vernunft mit Notwendigkeit anzunehmen. Die folgenden Darstellungen dieser Kapitel des »Monologion« umkreisen darum das Sprechen des höchsten und individuellen Geistes als das eine Wort (K29). 3.3.2 Creatio in ihrer orientierenden Bedeutung Die ›creatio ex nihilo‹, die Anselm seit K6 mit dem Schöpfungs- und Ursprungsverhalten verbunden sieht, ist keine Erklärung der Entstehung der Dinge, weder der empirischen noch der intelligibilen, weder der Phänomena, noch der Noumena. Dies wird durch die Deutung der creatio in Identität als ein Sprechen (K10–12, K29) deutlich, das sich als nur das eine selbe und das eine Wort erweist und mehrfach zu erweisen hat (K29-K34). Was nur im Sprechen als dieses selbst, als das eine Wort gegeben werden kann, ist nur denkbar aus der Annahme in seiner Wiedergabe (K33) 210 . Daß die creatio ex nihilo keine Erklärung der Entstehung der Dinge, sondern die des Ursprungsverhältnisses des Menschen zum höchsten Geist als seinem Urbild ist, macht einsichtig, daß das Identitätsverhältnis des höchsten Geistes zu seinem wesensgleichen Wort als seinem Sohn gedacht wird (K40–63). Es stellt dies Verhältnis selbst als Vorbild für das Ursprungsverhältnis des vernünftigen Geistes von Menschen zu jenem dar. Das Ursprungsverhältnis wird erst in der Ähnlichkeit der natür-

210 Mon 33, I 51,21–22: Sed ecce quaerenti mihi de verbo quo creator dicit omnia quae fecit, obtulit se verbum quo seipsum dicit, qui omnia fecit. Das sich Darbieten (obtulit se), genauer das sich dargeboten haben ist das Wort, wie es mitgesprochen und somit mitgedacht ist, da es erkannt wird als Wort des höchsten Geistes, und zwar mit Einsicht als das Eine und wesensidentische. Die Formulierung, »was er gemacht hat, spricht«, bindet die Präsenz des Sprechens in einem Wort als Vergegenwärtigung der Schöpfung an das Gedächtnis des Alls des Gemachtwordenseienden, grammatisch an das Perfekt. (Eine Darstellung der Teilhabe erfolgt nicht ohne Gedächtnis in Repräsentation; siehe dazu unten zu K33). Wir tragen in den Interpretationen der folgenden Kapitel einige Argumente zusammen, die die Übersetzung von ›memoria‹ primär als Gedächtnis (und Erinnerung) begründen. F. S. Schmitts Übertragung verfehlt meist, aber nicht konsequent durch ›Bewußtsein‹ den Argumentationszusammenhang, nicht nur die Reminiszenz an Augustinus.

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lichen Wesenheit des vernünftigen Geistes mit der Wesenheit des höchsten Geistes erkennbar, dessen Ebenbild er ist (K31, K66). Das ursprüngliche Sprechen der creatio ist in diesem Ansprechen ein Achten und Erachten, daß es gut sei, dem Vermögen des Ursprungs seiner Gaben ähnlich zu sein. Die Ermöglichung durch die creatio ist, entgegen dem Verfahren des Rückschlusses von den Wirkungen auf eine erste Ursache, nicht als eine Wirkung beschreibbar. Vielmehr ist sie als Folge im Verhalten zum Grund und wiederum nur in Teilhabe durch Beurteilung im Gebrauch des Maßes beschreibbar, das sich mit den ermöglichenden Gründen als Maß nur der Angemessenheit gibt, die sich in Wahrung des Ursprungs als zu eigen geworden bildet.

3.3.2.1 Rechtfertigung des Gebrauchs des Substanzbegriffs (K27) Die Einzigartigkeit von »Substanzialität der höchsten Substanz« kann nicht mehr positiv, nicht durch verbindende Überhöhung der Alternativen von allgemein und individuell gedacht werden. Vielmehr ist sie nur mit dem Verweis gegen die Darstellbarkeit im allgemeinen Traktat über die Substanzen begreifbar. Einzigartig ist sie nicht nur als unteilbar sondern auch als uneinteilbar nach allgemeinem und einzelnem zu denken. Und das gibt ihrem Begriff etwas unbeschreibliches, da sie keine Allgemeinheit ihrer Bestimmung verstattet, die ihr mit »mehreren Substanzen gemein« sein kann (K27). Das Unbeschreibliche behält dieses Spezifikum, durch Verfahrensweisen der Bestimmung nicht wie die Substanz als Kategorie fungieren und als solche durch Aussagen bestimmbar sein zu können. Sie kann nicht das sein, was in der Kategorienschrift nach erster und zweiter Substanz eingeteilt wird; sie schreibt sich vielmehr mit diesem Verweis dem Gedächtnis des Substanzbegriffs in seinem Gebrauch für das Denken der Trinität ein. Was Substanz für die höchste Wesenheit heißt, kann nicht begriffen werden, ohne die Undarstellbarkeit in den kategorialen Bestimmungsverfahren mitzubegreifen. Auch in diesem methodischen Sinne schließt die Gotteserkenntnis die Selbsterkenntnis notwendig ein. Es steht also fest, daß die Substanz, von deren wesenhafter Gemeinschaft jede Natur ausgeschlossen ist, in keinem allgemeinen Traktat von den Substanzen eingeschlossen ist. (…) Wie versteht einer, daß im Traktat von den anderen Substanzen die höchste Natur enthalten sei,

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die sich weder in mehrere Substanzen teilt noch sich mit irgendeiner anderen durch eine wesenhafte Gemeinschaft zusammengesellt? 211

Nicht in mehrere geteilt bedeutet die Entgegensetzung zum Körperlichen und Ausgedehnten; nie sich unter einem gemeinschaftlichen Allgemeinen zusammengesellend bedeutet die Unbestimmbarkeit als einzelner Gegenstand durch allgemeine Bestimmungsbegriffe. Die höchste Natur existiert aber aufs gewisseste und am höchsten von allem: sie ist auf würdige Weise Substanz zu nennen. Sie muß also den Vergleich in der Existenzweise mit der Substanzialität der Dinge, wie sie uns in Raum und Zeit gegeben sind, nicht scheuen. Sie bleibt im Bewußtsein der Würdigkeit der Nennung als Substanz, also im Gebrauch des Substanzbegriffs eine vergleichende Bedeutung als höchste Substanz mit der würdigen Nennung des Wesens eines jeden beliebigen Dinges als seiend erhalten. Denn ohne Subsistenz kann keine Existenz gedacht werden. Darum darf auch der Grund der Existenz nicht für weniger seinsmächtig gehalten werden, auch wenn dessen Seinsart nicht als Subsistenz eines einzelnen unter anderen erscheinen und dessen Erscheinung in Bestimmtheit zugeordnet werden kann. So rechtfertigt Anselm, daß der Begriff der Substanz für die höchste Natur überhaupt noch gebraucht wird, wenn sie im Vergleich oder Verhältnis zu den Substanzen überhaupt als Was (quid) genannt wird. So wird fürwahr, wenn sie etwas (quid) auf würdige Weise genannt werden kann, kein Hindernis bestehen, daß man sie Substanz nennt. 212

Als Grund ist die Substanz der höchsten Natur darum im Verhältnis zur Subsistenz der Dinge in der Erscheinung immer auf das Ganze dessen bezogen, was alles erscheinen kann. Darin ist eine Gleichheit, Ähnlichkeit von Substanz zwar gewahrt, diese kann eben aber weder als allgemein begrifflich noch als nur einzeln wie in Gegebenheitsbestimmtheit unter anderen gedacht werden. Das Denken der individuellen Substanz braucht die Annahme als Ursprung von etwas oder als Grund oder als Maß von etwas. Im Sein von etwas als gegründe211 Mon 27, I 45,4–12: Constat igitur quia illa substantia nullo communi substantiarum tractatu includitur, (…): quomodo aliqius summam naturam in aliarum substantiarum tractatu contineri intelligit, quae nec in plures substantias se dividit, nec cum alia aliqua per essentialem communionem se colligit? 212 Mon 27, I 45,14–15: profecto si quid digne dici potest, non prohibetur dici substantia.

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ten Wassein müssen sich die Erkenntnis und das Beurteilungsvermögen mit einsetzen. In diesem Vergleich kann nun diese Eigenart von Substanzialität für die höchste Substanz als individuell gegen das Körperliche der teilbaren Dinge gedacht und so in Scheidung vom Körperlichen als Geist gewürdigt werden. Geist und Körper haben den Begriff der Wesenheit (essentia) als gemeinsamen (oben 3.2.6.1): weil man keine höherstehende Wesenheit kennt als den Geist oder den Körper. 213 Als das Höherstehende kann der Geist dem Körper gegenüber in einem Beurteilungsvergleich nur gelten, weil er in seiner Art das grundlegende und also das geltungsbeständigere in allem Maßgeblichen ist. Als unkörperlich und grundlegend im Bestandsverhalten kommen wir zum Begriff der Substanz der höchsten Natur als individueller Geist, der nicht durch irgendwelche Unterschiede oder Akzidenzien veränderlich sein kann und darum unmöglich durch irgendwelche Zerlegung teilbar ist. 214 Was aber wurde in der Scheidung von Körper und Geist zerschnitten? Muß dieser Einteilung von Teilbarem und Unteilbarem nicht eine Verbindungs- oder Indifferenzform zugrundeliegen? Was ist Köper und Geist als existierend? Was heißt Existenz als vergleichbar? 215 Wir hätten die Natur einer Person als zugrundeliegend anzunehmen, in deren Leben sich Geist und Körper ungetrennt und unvermischt darbieten. 216 Wie ist überhaupt das Sein des höchsten Geistes im Verhältnis zum Sein des von ihm Unterschiedenen zu bestimmen? Es zeigte sich längst, daß er gar nicht nur gegenüber dem körperlich Geschaffenen sich unterscheidend gedacht werden kann. 213 Mon 27, I 45,15–16: Et quoniam non noscitur dignior essentia quam spiritus aut corpus, et ex his spiritus dignior est quam corpus: (…). 214 Mon 27, I 45,20–22: nec ullis differentiis vel accidentibus intelligi potest esse mutabilis: impossibile est ut qualibet sectione sit divisibilis. 215 Geistige Existenz als Person nur wieder in und mit dem Seinkönnen in Raum und Zeit als Mensch. Von dorther und als dessen Grund auf es hin ist die Vergleichbarkeit in der Höherschätzung allein möglich: die trägt aber die Entgegensetzung als unteilbar gegen das körperlich Teilbare in sich. Dessen Würdigung als unteilbare Substanz ist von der Achtung der Person im Leben als Mensch nicht abtrennbar (Seele nicht ohne Lebensgedächtnis als Person). 216 Dies gilt als ein Hinweis auf Chalkedon vgl. Dekrete der ökonomischen Konzilien, Bd. 1, Definitio fidei S. 86. Theologisch heißt das, wir könnten die Vollendung der Schöpfung ohne Christologie gar nicht denken, da erst mit den Naturen in einer Person die höchste Natur in ihrem Ebenbild eingeteilt ist.

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3.3.2.2 Unvergleichbarkeit des Geistes im Vergleich (K28) Die Argumente des K28 vergleichen »diesen Geist« (iste spiritus) als höchste Substanz, die durch sich selbst ist, mit den Dingen, die durch anderes sind, dem Sein nach. Dabei gebrauchen sie Sein oder Nichtsein im Maß von mehr oder weniger Sein, also im Maß des messbaren Seins von Seinsgröße, Seinsmächtigkeit oder Seinsmacht als Prädikate. Als Vergleichsgrund gibt sich aber das Sein der höchsten Substanz selbst, da sie allein ist, das andere aber, was immer es zu sein scheint, mit ihm verglichen nicht ist. 217 Für die vergleichende Beurteilungsstruktur ergibt sich so, daß das Sein der höchsten Substanz nicht nur als Prädikat von ihr ausgesagt wird, sondern auch als Subjekt dieser Prädikation fungiert. Ferner bringt dies den Grund zum Ausdruck, warum alles andere aus dem einfachen oder vollkommenen Sein ausgeschlossen ist. Es wird nach Maß der höchsten Natur als das von ihm unterschieden, was in seiner Natur an Nichtsein teilhat, das in seiner Prädikation ein »es war« oder »es wird sein« haben kann. Im Unterschied dazu »ist« allein »dieser höchste Geist« schlechthin und nur er ist es, der durch ein »er ist« ohne Einschränkung zu denken ist. Wenn wir denken, denken wir immer ein Sein von etwas. Der 2. Absatz von K28 macht diesen Vergleich noch einmal deutlich: Da ferner alles, was anders ist als er, vom Nichtsein zum Sein gelangt ist, nicht durch sich, sondern durch ein anderes; und da es, soweit es an ihm liegt, vom Sein zum Nichtsein zurückkehrt, wenn es nicht durch ein anderes erhalten wird: (…) wird da nicht mit Recht sein Sein allein als das einfache, vollkommene und unbedingte erkannt? 218

So wird eine vergleichende Prädikation in Form der Beurteilung des vollkommenen gegenüber dem unvollkommenen Sein zu denken gegeben. Jedoch ist dieser Gedanke unter jenen Vorbehalt gestellt, der mit dem Es scheint also aus dem Vorhergehenden zu folgen 219 schon zu Beginn des Kapitels eingeleitet wird und das so herausgeforderte 217 Mon 28, I 45,26–46,1: quadam ratione solus sit, alia vero quaecumque videntur esse, huic collata non sint. 218 Mon 28, I 46,16–24: Deinde, cum omnia quaecumque aliud sunt quam ipse, de non esse venerint ad esse non per se sed per aliud; et cum de esse redeant ad non esse, quantum ad se, nisi sustineantur per aliud: (…): nonne huius esse merito solum intelligitur simplex perfectumque et absolutum? 219 Mon 28, I 45,25: Videtur ergo consequenti ex praecedentibus (…).

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selbständig beurteilende Denken in seinem Beurteilungsvergleich das Unvergleichliche zu erinnern gibt. Hat das Kapitel die Aufgabe, das Sein des höchsten Geistes als »einfache Vollkommenheit« zu denken zu geben, so schränkt es die rein durch schlußfolgernden Überlegungen im Vergleich bestimmte Entgegensetzung auch am Ende wieder ein, daß infolge dieser Überlegung also allein jener ›Schöpfer-Geist‹ sei, und alles Geschaffene nicht sei; jedoch ist es nicht gänzlich nicht, weil es durch ihn, der allein unbedingt ist, aus dem Nichts zu etwas gemacht worden ist. 220 Die Vergleichsrelation kann überhaupt nur angelegt werden, wenn das gegenüber dem Geist nach dem Sein verglichene Andere nicht gänzlich nichts ist. Das Andere kann nicht als vom Nichts ununterschieden gehalten werden: denn gegen das ›Nicht-Etwas‹ gibt es keinen Vergleich der höchsten Substanz. Also muß es, da es als anderes weder nichts ist noch durch sich selbst ist, in seiner Seinsart als Sein durch anderes bereits an der Kraft der höchsten Substanz, die das Seinkönnen von anderem als sie selbst gründet, teilhaben. Und der Vergleichsgrund muß sich als Schöpfungsgrund darstellen, der eine grundlegende Funktion schon für das ausübt, mit dem das vollkommen Seiende verglichen wird: es tritt nur als Grund in den Vergleich ein, der sowohl Grund für sich wie Grund für anderes ist. So muß sich die Frage der Identität als Schöpfergrund in den folgenden Kapiteln anschließen. Wir bilden diese Beschreibung des gegebenen Vergleichs in die Erkenntnisfolge des »Monologion« ein. Wieder erfolgt hier mit K28 in der Vergleichbarkeit eine Gegenwendung gegen das Gemeinsame. Mit der Einzigartigkeit der Seinsweise wird das Sein selbst ganz auf die Seite des unvergleichlich Seienden gezogen, wenn es in dieser Weise als existierend verglichen wird. Denn wenn man genau achtgibt, wird man sehen, daß jener allein schlechthin und vollkommen und unbedingt ist, alles andere hingegen fast nicht ist und kaum ist. 221

Dieser Geist (iste spiritus) 222 wird in der Weise seines Seins gegen das 220 Mon 28, I 46,30–31: nec tamen omnino non sunt, quia per illum, qui solus absolute est, de nihilo aliquid facta sunt. 221 Anm. 200: Mon 28, I 46, 2–3. 222 Mon 28, I 45,25–46,1: Videtur ergo consequi ex praecendentibus quod iste spiritus, qui sic suo quodam mirabiliter singulari et singulariter mirabili modo est, quadam ratione solus sit, alia vero quaecumque videntur esse, huic collata non sint.

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Ausgesagtwerdenkönnen durch Seinsbestimmungen von Existenz in der Zeit charakterisiert und ihm allein wird schlechthin das »er ist« (simpiciter est) zuerkannt. Damit ist ihm Unveränderlichkeit als Sein ohne Gegebenheit zugedacht, da das iste auf keine Anschauung, keine Erscheinung außer der Erinnerung seines Logos geht. Die Betonung der Existenz in der höchsten Seinsart bringt über die Washeitsbegriffe aus K15 und K16 hinausgehend eine weitere Wesenserkenntnis zustande: was immer sie ist – auf die Vielheit von Wesensbestimmungen bezogen –, ist sie auf solche Art, daß sie als solches auf einmal und zugleich und unbegrenzbar durch anderes ist. Die Funktion von K27 ff. war es, mit der Erschließung weiterer Erkenntnis des Wesenseins die Geltung der durch das ›melius ipsum‹ Kriterium erschlossenen Wesensbegriffe in die Eigenart der Substanz einzubinden, die jenen die Einheit ermöglicht. Die Einheit kann sie nur mit der Unteilbarkeit als Einzelnem durch die verschiedenen Nennungen hindurch haben und als Bedeutung des Selbstseins wahren. Diese einzigartige Substanzbedeutung hatte darum nicht als ein Wassein (es wäre ja wieder ein Allgemeinbegriff gewesen) aus dem Kriterium erschlossen werden können. Denn dieses erzeugt eine unbestimmte Vielzahl, von der wir weder Vollständigkeit haben, noch wissen, wie sie untereinander zusammenstimmen und ihre Identität bedingen. Die Funktionsbedeutung der individuellen Substanz gehörte vielmehr bereits dem gebrauchten ›ispum‹ gleichsam als Formbedingung des Selbstseins zu. 223 Mit dem »fast nicht« Sein des anderen wird gewiesen, alles, was sein kann, noch in der Würdigung des Grundes als unabtrennbar vom Grundlegendsein in und für alles zu denken: Der Grund von allem kann nicht separat von der Existenz von allem existieren. Als anderes Seiende ist es dann dem Grund von aller Existenz gegenüber »fast nichts«, jedoch nicht wirklich nichtseiend, da es ja ihn als Grund habend wirklich Existenz hat oder hatte oder haben kann (jedoch ist es nicht gänzlich nicht). 224 Allem, was anders ist als er [sic. der höchste Geist als Grund] (…) wie

Dazu oben 2.5.1, 3.1.4 und 3.3.7.4. Das nicht Gegründete wäre Schein nur mit Anschein von Seiendheit. Dieses scheinhafte Sein kann im Schöpfungsgrundverhältnis keine Einteilung bilden. Die Einteilung von Grund durch sich und Grund durch anderes habend scheint erschöpfend. Aber sie bezieht sich auf das Grundverhältnis, nicht auf Sein und Schein. 223 224

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soll dem zukommen, schlechhin und vollkommen und unbedingt zu sein (…)? 225

Sein Sein als allein vollkommen, einfach und unbedingt zeichnet hier den höchsten Geist als Grund und Maß aus, weil nichts anderes so und gleich ihm sein kann. Nichts anders kann, da alles andere nicht aus sich ist, was es ist, vollkommen sein. Denn ein Sein könnte durch ein Vollkommenes nur dann selbst eine Vollkommenheit sein, wenn es kein aus Nichts Gewordensein, kein Gemachtseiendes wäre und das ›Sein aus‹ nur eine Seinsweise, eine Vollzugsform des Selbstseins als Grund und Maß und eine Weise der Selbstgleichheit des Vollkommenen wäre. Umso drängender wird im Anschluß die Frage, wie die Selbigkeit der höchsten Natur als vollkommene dafür durchgehalten werden kann, daß sie gedacht wird, wenn sie als schöpferischer Grund für das Geschaffene, das wir als unvollkommen erfahren und als aus Nichts geschaffen zwar mit dem Maß der Vollkommenheit ermessen, aber nicht als diesem entsprechend begreifen. Was aus anderem es selbst ist, ist im Gegebensein nie vollkommen, sondern hat einen Grund im Sein in der Zeit (»aus dem Nichts zu etwas gemacht«, K28). Die Wesensbestimmungen des höchsten Geistes hingegen sind als substanziell einfach in Unteilbarkeit und Unbedingtheit das Maß der Vollkommenheit selbst. Alle grundlegenden Bestimmungen der Vollkommenheit, also alles, was wir zu Recht als vollkommen erachten können, bedeuten ihre Einzigartigkeit und müssen als der höchsten Natur im Geiste zukommend gedacht werden. Es kann darum das Sein des höchsten Geistes nicht gegen anderes Seiende außer ihr wahrhaft abgegrenzt und nichts ihr als unbedingt gültig entgegengesetzt werden, das sie nicht wäre. Das, was unabhängig von ihr nicht und im Vergleich mit ihr »kaum« ist, weist auf das Scheinbare der vergleichenden Entgegensetzung zurück: sie bewegt sich in einem scheinbildnerischen Denken, das keine wahre Erkenntnis darstellt. Die vergleichende Unterscheidung ist nur denkbar geworden nach »Seinsarten«. Dies bringt aber eine Unvergleichlichkeit in Gestalt einer Verhaltensunterscheidung ein: gegenüber dem Geschaffenen haben wir Erfahrungsgedächtnisse (K32: Schließlich gäbe es, wenn es niemals ein Geschöpf gäbe, kein Wort 225 Mon 28, I 46,16–20: Deinde, cum omnia quaecumque aliud sunt quam ipse, de non esse venerint ad esse non per se sed per aliud; et cum de esse redeant ad non esse quantum ad se, nisi sustineantur per aliud: quomodo illia convenit simpliciter aut perfecte sive absolute esse et non magis vix esse aut fere non esse?

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eines solchen. 226 ) Wir müssen deren Geltung in ein Verhältnis zur »ewigen Gegenwart« des Seins halten, das ein ihm angemessenes Wort und Erkenntnis hat, aber nicht aus vorliegender Gegebenheit. Als vollkommen kann der höchste Geist nur Grund alles Geschaffenen sein, wenn er das Schöpfungsverhältnis uns unter der Maßgabe der Wahrheit zu denken gibt und die Gründung eine Begründung der Wahrheit ist, in der unser Denken des Ursprungs aller Dinge Erkenntnis zu sein sich verpflichtet erkennt. Mit diesem Vorblick läßt sich das Scheinbare des Vergleichs besser erkennen und es kann das Unvergleichliche des individuellen Geistes genauer hervortreten: Die Individualität als Geist, die aus der Teilung gegen das Teilbare als denkbar hervorgeht, hat Folgen, deren Geltung jedoch, wie schon angezeigt, unter einer möglichen Scheinbarkeit und einem Vorbehalt gestellt werden: Es scheint (…), daß dieser Geist (…) einzigartig, in gewissem Sinne allein ist, das andere (…) mit ihm verglichen nicht ist. 227 Das Sein dieses Geistes steht unter der Anmahnung, es in einem gewissen Sinne nur annehmen zu können. So kehrt sich der Vergleich in der Unvergleichlichkeit durch die Höchstschätzung zunächst in eine Nichtswürdigung um. Wenn der Ausgang von der Nennung des Wesens der Dinge als Substanzen zu Recht erfolgt, bleibt aber die Rechtfertigung der Nennung der höchsten Substanz in der Individualität des Geistes wiederum an die Würdigung der Subsistenzweise der Dinge gebunden, die als Substanzen ihr ähnlich und als einzelne in ihrer Gesamtheit gegründet und im Grundverhältnis zu ihr bestimmt und durch sie bedingt sind. 228 Sowohl die einzelnen wie die allgemeinen Substanzen müssen an der personalen Substanzialität einen Grundhalt haben, der auch das Vermögen des Verhaltens den materiellen Dingen gegenüber begründet und ohne den diese nicht als seiend wahrhaft erkannt werden 226 Mon 32, I 50,20–21: Denique, si numquam creatura esset, nullum eius esset verbum? 227 Mon 28, I 45,25–46,1: Videtur ergo consequi ex praecendentibus quod iste spiritus, qui sic suo quodam mirabiliter singulari et singulariter mirabili modo est, quadam ratione solus sit, alia vero quaecumque videntur esse, huic collata non sint. 228 Die zu würdigende Seinsweise des Geschaffenen, daß es nicht ganz nichts ist (sondern am Nichtsein dem Vermögen nach nur teilhat), verdankt sich dem Sein, das durch den Schöpfergeist aus dem Nichts zu etwas gemacht worden ist – in Annahme der Ursprungsgabe der Weise des Selbstseinkönnens, die sein Maß trägt (das Maß des Schöpfergeistes in die Grundform des Seins als Person).

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könnten. Die Prädikation des Seins und der Subsistenz geht auf das auf einmal und zugleich der Wesensbestimmungen, also auf das Ganze des Seins des einen Wesens als Person. Alles, was anders ist als er, der individuelle Geist, ist vom Nichtsein zum Sein zustandegekommen und kann vom Sein zum Nichtsein vergehen oder vergangen sein. Das Zukommen von Sein ist Substanzprädikation. von dem Sein desselben unaussprechlichen Geistes allein auf keine Weise verstanden werden kann, daß es entweder aus dem Nichtsein angefangen hat oder ein Abgleiten aus dem, was es ist, in das Nichtsein erleiden kann: 229

3.3.3 Der höchste Geist als Sprechen (K29–32) 3.3.3.1 Gedächtnis als Bedingung der Vernunfterkenntnis (K29) Der Anschein der Schlußfolgerungen in K28, daß der höchste Geist allein wäre und das Sein von anderem nicht wäre, hat keine unmittelbare Konsequenz. K29 setzt mit einer Selbstbesinnung ein: ich, der ich der Vernunft als Führerin folgte (und nicht dem vergleichsbrüchigen Anschein) – versammelt, was bis jetzt über die Eigenschaften dieser höchsten Natur in individueller Substanz vor die Seele trat 230 – und denkt über ihr Sprechen nach. Mit der Gedächtnisversammlung von Erkenntnissen der Eigenschaften »einer Substanz« als grundlegend für das Nachdenken wendet das Denken sich nun seinem Sprechen zu. Die ›memoria‹ gehört für den Entwurf eines Trinitätsgedankens seit Augustinus Ternarstrukturen in der Analogie mit dem Geist, der sich selbst erkennt und in Liebe und Gedächtnis seine Ähnlichkeit begreift, zu den grundlegenden Vermögen und zu den Eckpfeilern der Vernunfterkenntnis im Gottesverhältnis. Am Beginn des K48, im Anschluß an K47, wo die Erkenntnis, das Wissen, die Weisheit und Wahrheit als Substanzen des höchsten Geistes als Vater aufgezählt wurden, 231 fragt Anselm entscheidend, was aber vom Ge229 Mon 28, I 46, 20–22: Cumque esse solis eiusdem ineffabilis spiritus nullo modo intelligi possit aut ex non esse inceptum, aut aliquem pati posse ex eo quod est in non esse defectum; (…). 230 Mon 29, I 47,4–5: Iam vero iis quae de proprietatibus huius summae naturae ad praesens mihi ducem rationem sequenti occurrerunt perspectis (…). 231 Mon 47, I 63,4–7: At si ipsa substantia patris est intelligentia et scientia et sapientia

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dächtnis zu empfinden bzw. denken (sentiendum) sei. 232 Damit fordert er, das Gedächtnis als die Substanz des höchsten Geistes notwendig einzubeziehen. Die Selbstverständlichkeit aus der Erkenntnisannahme durch die Empfindung als die unmittelbar gesicherte Erkenntnis, daß der höchste Geist zweifellos seiner selbst gedenkend ist, setzt die Entwicklung der dreieinen Attribute des höchsten Geistes ab K48 in ihren ersten Gang. Es mag sein, daß F. S. Schmitt sich in seiner Übersetzung von ›memoria‹ als Bewußtsein durch die Auslegung der Selbsterkenntnis als Selbstbewußtsein hat leiten lassen. Und es schien ihm kohärenter, die Unterscheidungen in der trinitarischen Identitätsstruktur als der eines ursprünglichen Bewußtseins, das nichts als Selbstbewußtsein sei, angelegt zu sehen. Doch ist Gedächtnis eine Bedingung von Verhältnissen zu sich und eines Begriffs von sich selbst. Daher muß ›memoria‹ der lateinischen Bedeutung entsprechend auch mit Gedächtnis und nicht mit ›Bewußtsein‹ übersetzt werden. Die Inkohärenz des Übersetzungsgebrauchs scheint er sich dadurch einzuhandeln, daß er an bestimmten Stellen 233 doch wieder die Gedächtnisbedeutung von ›memoria‹ annehmen muß. Abgesehen davon geht ihm die methodische Bedeutung des Gedächtnisses für die Vernunft und die Erarbeitung der Einstimmung aus der Versammlung des durch ihre Schlüsse Eingesehenen ebenso verloren wie das Moment des Gedenkens im Wort als Abbild, wenn er statt der sinnfälligen Wortbedeutung als Gedächtnis und Erinnerung ›memoria‹ mit Bewußtsein übersetzt. 234 Aufmerksam wird der Leser des »Moet veritas, consequenter colligitur quia sicut filius est intelligentia et scientia et sapientia et veritas paternae substantiae, ita est intelligentia intelligentiae, scientia scientiae, veritas veritatis. 232 Mon 48, I 63,12: De memoria vero quid sentiendum est? Zur Empfindung als leitend im »Proslogion« vgl. K6,16,17 und K18. 233 Zur Recht wird z. B. ›memoria‹ von K60 als Gedächtnis und ›memor‹ von K1 im Proslogion als erinnernd« übersetzt. Vgl. Anselm von Canterbury, Monologion, Lateinisch-deutsche Ausgabe, S. 177; Proslogion, S. 83. 234 Die relevante Stelle [Mon 48, I 63,17–64,6] übersetzen wir dann: »Weil nämlich der menschliche Geist nicht immer sich denkt (cogitat – bewußt ist), wie er sich seiner immer erinnert (meminit: wie er immer von sich Gedächtnis hat), ist es klar, daß, wenn er sich denkt, sein Wort durch das Gedächtnis geboren wird. Woraus erhellt, daß, wenn er sich immer denken und denkend bewußt sein würde, sein Wort immer beständig durch das Gedächtnis geboren würde. Denn eine Sache denken, von der wir ein Gedächtnis haben, an die wir uns erinnern, heißt, sie im Geiste sprechen; das Wort einer Sache aber ist das Denken selbst, insofern es nach ihrer Ähnlichkeit aus dem Gedächtnis geformt ist (ex memoria formata). Von daher also kann in Hinsicht auf die höchste Weis-

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nologion« auf die Gedächtnisfunktion für die Begriffe des einen Worts und des Geistes als jene Erkenntnis. Daß »dieser Geist«, der in beurteilendem Vergleich als unvergleichlich einzusehen ist, jener Schöpfergeist sei, der »infolge dieser Überlegung« (K28) als allein seiend anzusehen ist, läßt uns verstehen, daß das Demonstrativpronomen (iste) auf das verweist, was als Geist in »dieser« Einmaligkeit noch nicht angemessen angenommen ist. Der so ›Gezeigte‹, der in keiner Erscheinung gegeben ist, wird für die Erinnerung vorgestellt, als wäre er im Gedächtnis geschaut. So aber ist die Gedächtnisfunktion der Versammlung in ein als identisch zu Gedenkendes bedeutet. K29 verstärkt die Bedeutung der Gedächtnisleistung für das weitere Verfahren: Denn da alles, was ich über es oben (in K.9–12) anmerken konnte, die unbeugsame Kraft der Vernunft festhält, drängt mich das am meisten über es genauer zu handeln, daß bewiesen wird, es sei dasselbe, was der höchste Geist selbst ist. Denn wenn dieser nichts gemacht hat außer durch sich selbst und alles, was gemacht wurde, durch jenes (Sprechen) gemacht wurde: wie ist jenes etwas anderes, als was er selbst ist? 235

Aus der Identität, wenn er sein Sprechen ist, scheint keine Andersheit zu folgen. Das Sprechen wiederum, wie die Präsenzform des Verbums anzeigt als nicht unter dem Geschaffenen enthalten, ist kein Geschöpf. Nur in Unterscheidung zu Geschaffenem, da es gegen die Perfektform in Gegenwart als Handlungsbewußtsein gehalten wird, kann es eine Weise des Selbstseins in Unbedingtheit sein.

heit, die sich so immer spricht, wie sie ihrer immer gedenkend ist (erinnernd ist), durchsichtig (klar ersehen) werden, daß durch ihr ewiges Gedächtnis ihr gleichewiges (mitewiges) Wort geboren wird. Wie demnach das Wort zutreffend als Kind verstanden wird, so nimmt das Gedächtnis höchst passend den Namen des Elters an. Wenn also das Kind, das durchaus vom höchsten Geiste allein geboren ist, das Kind seines Gedächtnisses ist, so ist nichts folgerichtiger, als daß sein Gedächtnis er selber ist. Denn nicht dadurch, daß er seiner gedenkend ist, ist er so in seinem Gedächtnis wie ein (anderes) Ding in einem anderen (alia res in alia), wie das, was so im Gedächtnis des menschlichen Geistes ist, daß es nicht unser Gedächtnis selbst ist; sondern so er seiner gedenkend ist, daß er selbst sein Gedächtnis ist. 235 Mon 29, I 47,7–11:Etenim cum omnia quae de illa supra potui animadvertere, rationis robur inflexibile teneant, illud me maxime cogit de illa diligentius discutere, quia idipsum quod ipse summus spiritus est probatur esse. Si enim ille nihil fecit nisi per seipsum, et quidquid ab eo factum est per illam est factum: quomodo illa est aliud quam quod est idem ipse? A

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[N]ichts kann durch sich selbst gemacht werden, weil alles, was gemacht wird, später ist als das, durch das es gemacht wird, und nichts später ist als es selbst. 236

Und weil es kein anderes sein kann, muß es der höchste Geist selbst sein. Dies stellt eine in Vernunft erschlossene Erkenntnis dar. Das Gründen von allem bezeugt sich so als ein Sprechen und dieses als ein Erkennen. Wenn also die höchst einfache Natur nichts anderes ist als was ihre Erkenntnis ist – wie sie dasselbe ist, was ihre Weisheit ist – dann ist es notwendig, daß sie in ähnlicher Weise nichts anderes ist, als was ihr Sprechen ist. 237

3.3.3.2 Die Einheit des höchsten Geistes als Sprechen ist Sein als Erkennen (K29) Wie ist die Selbigkeit des Geistes als Sprechen und Erkennen zu verstehen? Wie bedingt das Erkennensein die Identität des Geistes als Sprechen und die Einzigkeit des Worts? Die Vernunfterkenntnis nimmt ihre Einteilungen nur vollständig vor. Nichts kann bestehen außer dem schöpferischen Geiste und seiner Schöpfung. Denn Geist ist Substanz und Substanz ist Sein als Bestand. Dieses Sprechen eben dieses Geistes ist nicht unter dem Geschaffenen enthalten: also bleibt nichts übrig, als daß dieses Sprechen des höchsten Geistes – da es ein Geschöpf nicht sein kann – nichts anderes ist als der höchste Geist selbst. 238 Aber weil bereits offenkundig ist (aus K. 27), daß der höchste Geist nur einer ist und in jeder Weise individuell, so ist es notwendig, daß dieses Sprechen ihm so wesensgleich ist, daß [es] nicht zwei sind, sondern ein Geist. 239

236 Mon 29, I 47,16–18: Nihil quippe per seipsam fieri potest, quia quidquid fit, posterius est eo per quod fit et nihil est posterius seipso. Alles, was etwas ist, hat seinen Ort in der Zeit. Die Selbstseinsweise des Geistes als das Sprechen bestimmt sich gegen das Sein in einer Zeitfolge. 237 Mon 29, I 47,22–48,2: Si igitur summe simplex natura non est aliud quam quod est sua intelligentia, queadmodum est idem quod est sua sapientia; necesse est, ut similiter non sit aliud, quam quod est sua locutio. 238 Mon 29, I 47,18–19: (…) ut haec summi spiritus locutio, cum creatura esse non possit, non sit aliud quam summus spiritus. 239 Mon 29, I 48,2–4: Sed quoniam iam manifestum est summum spiritum unum tan-

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So ist zweifellos, daß dieses Sprechen auch nicht in mehreren Worten, sondern in einem Worte besteht: Warum sollte ich also bezweifeln, was ich oben (in K. 12) in Zweifel gelassen hatte, nämlich ob dieses Sprechen in mehreren Worten oder in einem Wort besteht? Denn wenn es der höchsten Natur so wesensgleich ist, daß es nicht zwei sind, sondern ein Geist, dann ist, wie jene höchst einfach ist, so gewiß auch dieses. Es besteht also nicht aus mehreren Worten, sondern ist das eine Wort, durch das alles gemacht wurde. 240

Die Wesensgleichheit von höchstem Geist und seinem Sprechen als seiner Erkenntnis 241 begründet im weiteren die Einzigkeit des Wortes. Das Sprechen ist aufgrund der Einfachheit der höchsten Natur nichts anderes als diese bzw. die höchste Wesenheit selbst 242 und die Schöpfung ist nicht anders als das Sichgeben der schöpferischen Wesenheit und als Gabe ihrer Gutheit zu verstehen. 243 Da Geist im Unterschied zu Körper nicht zusammengesetzt ist, kann das mit ihm wesensgleiche Sprechen nicht aus mehreren Wortum esse et omnimode individuum: necesse est ut sic illi haec sua locutio sit consubstantialis, ut non sint duo, sed unus spiritus. 240 Mon 30, I 48,8–12: Cur igitur dubitem quod supra dubium dimiseram, scilicet utrum haec locutio in pluribus verbis an in uno verbo consistat? Nam si sic est summae naturae consubstantialis, ut non sint duo, sed unus spiritus: Utique sicut illa summe simplex est, ita et ista. Non igitur constat pluribus verbis, sed est unum verbum per quod facta sunt omnia. K30 beginnt die Frage zu beantworten, welche in K12 zwar beantwortet ist, aber dennoch für Anselm nicht richtig erwiesen zu sein scheint, nämlich ob die höchste Natur mit mehreren Worten oder mit einem einzigen Wort die Schöpfung spricht. 241 Mon 29, I 47, 9–11: Si enim ille nihil fecit nisi per seipsum, et quidquid ab eo factum est per illam est factum: quodmodo illa est aliud quam quod est idem ipse? Die hier gefragte Identität des Sprechens mit dem höchsten Geist begründet der Erweis, daß außer des höchsten Geistes und außer seiner Schöpfung nichts sein kann und jener und zugleich sein Sprechen jedoch nicht unter einem Geschaffenen enthalten sein kann, so daß das Sprechen als die Erkenntnis des höchsten Geistes erfaßt werden muß; Mon 29 I, 47, 11–21: Amplius. Asserunt utique inexpugnabiliter es quae iam inventa suunt, quia nihil omnino potuit umquam aut potest subsistete praeter creantem spiritum et eius creaturam. Hanc vero spiritus eiusdem locutionem impossibile est inter creata contineri, quoniam quidquid creatum subsistit per illam factum est, illa vero per se fieri non potuit. (…) Denique haec ipsa locutio nihil aliud potest intelligi quam eiusdem spiritus intelligentia, quia cuncta intelligit. 242 Mon 12, I 26,29–31: quid magis necessarium videri potest, quam hanc summae essentiae locutionem non esse aliud quam summam essentiam? 243 Mon 29, I 47,22–48,2: Si igitur summe simplex natura non est aliud quam quod est sua intelligentia, quemadmodum est idem quod est sua sapientia: necesse est ut simliter non sit aliud quam quod est sua locutio. A

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ten bestehen, sondern nur das eine Wort sein (unum verbum). 244 Als solches ist das Wort das, was die Identität des höchsten Geistes bewahrt, die aufgrund seiner schöpferischen Tätigkeit in Zweifel geraten könnte, wobei es selbst nicht von jenem unterschieden werden kann. 245 Wie das Sprechen als das eine Wort dem Wesen und Sein nach nichts anderes sein kann als das, was es spricht, so ist ihm keine von sich selbst unterscheidbar gegebene Bedeutung eines Seienden zuzudenken. Die Worte, in denen wir das eine Wort denken, müssen ihm gleichen und müssen als seiner gedenkend dessen Gedenken in der Identität seiner selbst sein. Allein durch das Wort bleibt das denkbar, dessen Wort es ist, und ist uns geworden. Dieses Gewordensein als Wort begründet dadurch kein anderes als das, was wir im Ursprung als schöpferischen Geist und als schöpferisches Sprechen zu denken und anzunehem haben: als Ursprung unseres Denkvermögens in dessen Ursprungsverhalten. Ohne die Beachtung der Gedächtnisbedingung in der Wortbildung wird die Ähnlichkeit unverständlich, durch die der vernünftige Geist erst im mitsprechenden Vernehmen und Wahren des Worts die Grundbestimmung als Bedingung seines Selbstseins annehmen kann. Umgekehrt ist jede Ähnlichkeitsbeziehung zwischen dem Wort und dem, woheraus es als dessen Wort hervorgegangen ist und ewig gegenwärtig hervorgeht, unverständlich. Und sie ist in seiner Differenz- und Beziehungsbedingung undenkbar, wenn wir nicht im Verhalten dem ähnlich sind, dessen wir als unseren bewußt werden und wenn wir diese Gedächtnisleistung in der Vernunfterkenntnis in Begriffen des Wesens der höchsten Wesenheit vollbringen. Nur so können wir dann auch sagen, daß das Wort des höchsten Geistes dessen Gedächtnis ist und er selbst Gedächtnis ist. 246 244 Mon 30, I 48,9–10: Nam si sic est summae naturae consubstantialis, ut non duo, sed unus spiritus: 245 M. Schmaus, Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, S. 34: »(…) entsteht aus der These, daß die Aussprache des absoluten Seins beziehungsweise des absoluten Geistes mit dem höchst einfachen Wesen identisch sei, die von Anselm nicht reflektierte Problematik, wie von dem das personale formell nicht in sich schließende Wesen der Übergang zu den Personen gefunden werden kann (…).« 246 Da F. S. Schmitt die Ähnlichkeitsanmessung der reflektierenden Ureilskraft nicht konsequent für die Methode der Vernunfterkenntnis mitvollzieht, erscheint ihm, wie dem Verstand sonst, die Folgerung unheimlich, Gottes Geist als Gedächtnis zu denken, und so die Identität von Ursprung und Anfang in der Zeit und von Zeit zerbrechen zu

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3.3.3.3 Das Sprechen des höchsten Geistes in einem Wort (K30) Der in K30 fraglich gestellte Zweifel, ob dieses Sprechen in mehreren Worten oder in einem Wort besteht, 247 nimmt die Erinnerung der Vielheit der Bestimmungsbegriffe der Wesenheit für das Problem der Identität des Geistes als Wort auf. Wenn das Wort, das die höchste Wesenheit spricht, ihr consubstantial, wesensgleich (oder mitwesentlich) ist, und nicht zwei, sondern ein Geist ist, dann ist, wie jene [die höchste Natur] höchst einfach ist, so gewiß auch dieses. 248 Die Einfachheit der höchsten Natur im Sein als ein Geist führt zur Gewißheit, daß auch das Wort nur eines ist: Es muß sich von den Worten unterscheiden, in denen wir das erschlossene Wassein des Wesens bedeuten. Auch das Denken des Sprechens als Sich-Sprechen und als schöpferisches wird so in den möglichen Alternativen als eines oder als mehrere Worte entscheidend bestimmt, es als ein Wort und ein Sprechen annehmen zu können. Es besteht also nicht aus mehreren Worten, sondern ist das eine Wort, durch das alles gemacht wurde. 249

Es ist ein Wort, weil ein Geist nur der höchste ist, der als nur einer und in jeder Weise individueller Geist in allem, was er ist, zu erkennen ist als das, was er sprechend tut, wie er sich denkend und erkennend verhält. Die Selbigkeit des einen Sprechens als Wort, wie es gedacht werden muß, wird aber nur denkbar mit einem einheitsähnlichen Verhalten. Darin leistet der vernünftige Geist die Vereinigung der mehrzahlig sich ergebenden Begriffe oder Sprechensfunktionen als Nachbild in Vorbildannahme. Das Denken der Einheit muß dafür eine Umkehr vollziehen, wie sie K32 darstellt und durch die Ähnlichkeit des Worts für die Dinge in K31 vorbereitet wird. Wir halten dafür fest: Das Wort der creatio im ursprünglichen Sprechen ist der höchsten Natur so wesensgleich, daß ein Geist für den Annehmenden sich sehen: doch war dieser Bruch schon im Weltverhältnis mit der Ubiquität notwendig geworden. 247 Mon 30, I 48,7–8: Cur igitur dubitem quod supra dubium dimiseram, scilicet utrum haec locutio in pluribus verbis an in uno verbo consistat? 248 Mon 30, I 48, 9–11: Nam si sic est summae naturae consubstantialis, ut non sint duo, sed unus spiritus: utique sicut illa summe simplex est, ita et ista. 249 Mon 30, I 48,11–12: Non igitur constat pluribus verbis, sed est unum verbum per quod facta sunt omnia. A

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als ursprünglich und nicht zusammengesetzt, sondern sich einfach unteilbar als er selbst im Sprechen und Erkennen verhält. Dieses so sich Verhalten im Ursprung als Gabe ist seine (unteilbare) Identität. Die abschließende Nennung des einen Worts, durch das alles gemacht wurde bedeutet uns einen Rückverweis auf die Selbigkeit des Geistes als Grund im sich unterscheidenden Sprechen. Das gesprochene, vernommene Wort muß eine besondere, nähere Beziehung zum schöpferischen Sprechen im Verhalten zum Geschaffenen und dessen Erkenntnis haben. 3.3.3.4 Wort und Bild in beurteilender Erkenntnis (K31) Kaum scheint ein Zweifel behoben, taucht eine andere Fraglichkeit auf: Aber siehe, es scheint mir eine Frage aufzutauchen, die nicht leicht ist und durchaus nicht in ihrer Zweideutigkeit belassen werden darf. Denn alle derartigen Worte, durch die wir beliebige Dinge im Geiste aussprechen, das heißt denken, sind Ähnlichkeit und Bilder der Dinge, deren Worte sie sind; und jede Ähnlichkeit oder jedes Bild ist umso mehr oder weniger wahr, je mehr oder weniger es das Ding nachbildet, dessen Ähnlichkeit es ist. Was also ist zu halten von dem Worte, durch das alles gesprochen wird und durch das alles gemacht wurde? Wird es eine Ähnlichkeit dessen sein, was durch das gemacht wird, oder nicht? 250

Die Vielheit wird von den Dingen in der Beliebigkeit aufgenommen, sie sich beispielhaft vorstellen zu können. Auf diese hin scheint das schöpferische Sprechen zu gehen. Jedoch gewährt es gründend keinerlei Beliebigkeit. Ausgehend von unserem Denken von gegebenen Dingen müssen wir urteilen, daß es umso wahrer ist, je ähnlicher es sie nachbildet. Da die Worte als die Bilder der Dinge gefaßt werden und sie daher keine Maßbestimmung als wahr in sich durch sich selbst beanspruchen können, sondern sie sich an den Dingen selbst in Andersheit gegen das Gedachtsein messen lassen müssen, gilt: je ähnlicher sie den Dingen sind, desto wahrer sind sie. Dementspre250 Mon 31, I 48,17–23: Sed ecce videtur mihi suboriri nec facilis nec ullatenus sub ambiguitate relinquenda quaestio. Etenim omnia huiusmodi verba quibus res quaslibet mente dicimus, id est cogitamus: similitudines et imagines sunt rerum quarum verba sunt; et omnnis similitudo vel imago tanto magis vel minus est vera, quanto magis vel minus imitatur rem cuius est similitudo. Quid igitur tenendum est de verbo, quo dicuntur et per quod facta sunt omnia? Erit aut non erit similitudo eorum, quae per ipsum facta sunt?

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chend unterliegen die menschlichen Worte in Bezug auf ihre Wahrheit der Beurteilbarkeit nach dem Maß der Ähnlichkeit und der Entsprechung. 251 Wäre auch das höchste Wort wahr durch Ähnlichkeit mit den Dingen, müßte es eine »echte Ähnlichkeit der veränderlichen Dinge« sein und wäre nicht als wesensgleich (consubstantial) mit der höchsten Substanz zu halten, die unveränderlich ist. Denn wenn es eine echte Ähnlichkeit (vera similitudo) der veränderlichen Dinge ist, ist es nicht wesensgleich mit der höchsten Unveränderlichkeit, was falsch ist. 252

Doch gerät die Auffassung des schöpferischen Worts als Ähnlichkeit im Verhältnis zu Dingen, die als geschaffen gedacht gegeben sind, damit in ein Dillemma. Denn auch die andere Alternative, daß es keine »gänzlich echte« Ähnlichkeit sein könnte, führt zu Widersinnigkeit 253 , da so die höchste Wahrheit nicht durchweg als wahr anzunehmen wäre. Wie kann (es) das Wort von dem sein, dessen Ähnlichkeit es nicht ist? Wenn es keine Ähnlichkeit mit den veränderlichen Dingen hat: wie sind sie nach seinem Vorbild gemacht worden? 254 Anselms Argument des zweiten Abschnitts, das die Zweideutigkeit beheben soll, läßt sich aufgrund folgender Einsicht rekonstruieren: Auf eine Allheit des Seienden, das wir in seiner Bestimmtheit ohne Gegebenheit in Erfahrbarkeit gar nicht erst denken könnten, kann sich kein Geist ohne Gedächtnis beziehen. K31 nimmt folgerichtig das Wort im Verhältnis zu gegebenen Dingen in seiner Bildfunktion und als Ähnlichkeit auf, dessen Nachbildverhalten dann immer mit dem Gedenken, dem Gedächtnis und der Erinnerung verbunden sein wird, um dann fragen zu können: Was also ist zu halten von dem Worte, durch das alles gesprochen wird und durch das alles gemacht wurde? 255 251 Die hier auf die Wahrheit bezogene Bedeutung von Ähnlichkeit ist von anderen Ähnlichkeitsverhältnissen, für die sie selbst zum Modell wird, noch zu unterscheiden, siehe unten 3.3.3.6, 3.3.4 und 3.3.7.4. 252 Mon 31,I 48,23–25: Si enim ipsum est vera mutabilium similitudo, non est consubstantiale summae incommutabilitati; quod falsum est. 253 Mon 31,I 48,25–28: Si autem non omnino vera sed qualiscumque similitudo mutabilium est, non est verbum summae veritatis omnino verbum; quod absurdum est. 254 Mon 31,I 49: At si nullam mutabilium habet similitudinem: quomodo ad exemplum illius facta sunt? 255 Mon 31, I 48,22–23: Quid igitur tenendum est de verbo, quo dicuntur et per quod facta sunt omnia?

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Hier ist das Gemachtsein in der Perfektform einer vergangenen Handlung und das Gegenwärtige als das Sprechen und das Wassein des gesprochen Werdenden deutlich zum Ausdruck gebracht. Als gegeben sind erst die Geschöpfe auch im Wort erkennbar: Schließlich gäbe es, wenn es niemals ein Geschöpf gäbe, kein Wort eines solchen. 256 (K32) Erst im Verhältnis zu unserem Ähnlichkeitsdenken kann dann als davon zu unterscheiden das Identitätsgedächtnis sich geltend machen und gesagt werden, daß in dem Worte, durch das alles gemacht wurde, nicht dessen Ähnlichkeit (des Geschaffenen) ist, sondern die echte und einfache Wesenheit. 257 Als Gedächtnis geht das Wort des höchsten Geistes nicht auf das Geschaffene, das es in Ähnlichkeit gedenkend nachbildete. Die Similitudo als einfache und perfecte im Geist selbst ist Wesensgleichheit als Verhalten in der Gründung und als Gabe eben dieser Selbstangemessenheit und Selbstentsprechung als Maß: in das Gedächtnis des vernünftigen Geistes. Nehmen wir von hier aus die obige Frage wieder auf: Wenn es [das schöpferische Wort] aber keine Ähnlichkeit mit den veränderlichen Dingen hat: wie sind sie nach seinem Vorbild gemacht worden? 258

Urbild muß das wahre Sein und Wesen sein, nicht eine Ähnlichkeit als Möglichkeit mit dem erst nachher als entstanden gedachten wirklichen Geschöpf, für das letztlich immer und nicht nur im Beispiel der Mensch steht. Darum hat das empirische Sein gar kein angemessenes Urbild als Vollkommenheit von Wirklichkeit. Für alle Geschaffenen ist das Urbild im Wort des höchsten Geistes notwendiges Maß und deren Sich-Erkennen im Ursprungsverhältnis ein sich Ermessen und Beurteilen in der Rechtheit ihrer Ausrichtung im Verhalten als sie selbst, wie ein jedes sich begreift, was es im All der Geschaffenen selbst seiend ist. Das ursprüngliche Maß kann ein geschaffenes Seiendes nur annehmen in Einstimmung mit der Beurteilungskraft, wie für die Wesenserkenntnis im ›melius ispum‹ der höchsten Substanz gegenüber, nun aber in Wendung zu sich und zu den Mitgeschöpfen: es ist besser lebend als leblos, fühMon 32, I 50,20–21: Denique, si numquam creatura esset, nullum eius esset verbum. Mon 31, I 50,7–9: Satis itaque manifestum est in verbo, per quod facta sunt omnia, non esse ipsorum similitudinem, sed veram simplicemque essentiam; 258 Mon 31, I 48,27–28: At si nullam mutabilium habet similitudinem: quomodo ad exemplum illius facta sunt? 256 257

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lend als fühllos, etc. zu sein. Diese Wendung ist eine notwendige Annahmebedingung der Wesensbestimmungen als Maß in der und aus der Vernunfterkenntnis ihrer durchgängigen Erfüllung des ›melius ipsum‹ Kriteriums. Als Grund vorbildlich maßgebend kann das Ähnlichkeitsverhältnis zu ihr nur mit der entscheidenden Beurteilung gedacht werden, daß das, was lebt, ihr ähnlicher als das ist, was nicht lebt, und das, was vernünftig ist, ihr ähnlicher als das ist, was unvernünftig ist. Diese können als Attribute der höchsten Wesenheit nur miterschlossen werden, wenn das Annahmeverhalten als Maß in reflektierender Urteilskraft durch den vernünftigen Geist schon miterkannt wird. Im Geschaffenen sonst aber hat sie kaum ein Nachbild. Wenn aber es nicht eine gänzlich echte, sondern eine wie immer beschaffene Ähnlichkeit (qualiscumque similitudo) der veränderlichen Dinge ist, ist das Wort der höchsten Natur nicht durchweg wahr; was widersinnig ist. Wenn es aber keine Ähnlichkeit mit den Dingen hat: wie sind sie nach seinem Vorbild gemacht worden? 259

Wo die Güte selbst als das angenommen ist, was als Maß in Geltung gebracht ist, sehen wir ein, daß es besser ist, vernünftig zu sein als nicht vernünftig, weil sie als im Maßgeblichen für unseren Geist als gütig nicht nur die Güte, sondern auch weise und die Weisheit auch Vernunft und Urteilskraft selbst sein muß. Die Urteilskraft entspricht dem maßgeblichen Geist, dessen Sein als Güte und Weisheit in der Kraft des Gebrauchs ihres Vermögens von Beurteilung und Entscheidung in den Seinsweisen des Lebendigen sich manifestiert und zu erkennen gibt. Denn die Urteilskraft gebraucht die Wesensbestimmungen als Maß in dem Verhalten, wo sie in Orientierungsund Lebensentscheidung am Lebendigsein und dessen Lebensführung beurteilend teil hat und in Anmessung entscheidet, daß es angemessener, besser, vernünftiger ist, vernünftig, gut, lebendig zu sein, als all dies jeweils nicht. Darum ergibt sich die Entsprechung nach den Wesensbestimmungen nur im und mit dem Prinzip, das zu ihrer Erkenntnis führt, als einem, das die Erkenntnis selbst gebraucht und in Geltung hält. Das aber, was im Vergleich mit ihm auf gewisse Weise nicht ist, 259 Mon 31,I 48,25–28: Si autem non omnino vera, sed qualiscumque similitudo mutabilium est, non est verbum summae veritatis omnino verbum; quod absurdum est. At si nullam mutabilium habet similitudinem:quomodo ad exemplum illius facta sunt?

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ist dennoch durch es und ihm gemäß etwas geworden. 260 Im Unterschied zu den menschlichen Worten hat aber das Wort des höchsten Geistes als das ihm Wesensgleiche keine Ähnlichkeit mit den Dingen, sondern in ihm ist die echte einfache Wesenheit (veram simplicemque essentiam) und die höchste Wahrheit. Dagegen sind die Worte der Menschen nur eine Nachbildung (imitatio) von ihr. 261 So greift Anselm hier in K31 auf dieselbe Formulierung von K15 zurück, daß der höchste Geist keine Zunahme oder Einbuße erfahre, gleich der höchsten Wahrheit, die ihre eigene Größe und insofern selbstgleich ist. 262 So nämlich wird das Wort der höchsten Wahrheit, das auch selbst die die höchste Wahrheit ist, keine Zunahme oder Einbuße erfahren, je nachdem es den Geschöpfen mehr oder weniger ähnlich ist; sondern es wird vielmehr notwendig sein, daß alles, was geschaffen ist, umso mehr ist und umso vorzüglicher ist, je ähnlicher es dem ist, was im höchsten Grade ist, und im höchste Grade groß ist. 263

Seine Wesenheit ist derart im höchsten Grade (summe), daß sie auf gewisse Weise einzig (sola) ist. Das aber, was im Vergleich mit ihm auf gewisse Weise nicht ist, ist dennoch durch es und ihm gemäß etwas geworden. 264 Anselm geht hiermit direkt auf das Verhalten eines jeden Verstandes in seiner Beurteilung ein, daß dieser die den Wesensweisen der höchsten Natur entsprechenden Seinsweisen gegenüber ihren Negationen als diese übertreffend beurteilt (iudicat). Denn daher vielleicht, nein, nicht vielleicht, sondern für gewiß daher urteilt (iudicat) jeder Verstand, daß die irgendwie lebenden Naturen 260 Mon 31, I 49, 3–6: sic existendi veritas intelligitur in verbo, cuius essentia sic summe est, ut quodam modo illa sola sit; in iis vero quae in eius comparatione quodam non sunt, et tamen per illud et secundum illud facta sunt aliquid, imitatio aliqua summae illius essentiae perpendatur. 261 Mon 31, I 50,7–10: Satis itaque manifestum est in verbo, per quod facta sunt omnia, non esse ipsorum similitudinem, sed veram simplicemque essentiam; in factis vero non esse simplicem absolutamque essentiam, sed verae illius essentiae vix aliquam imitationem. 262 Vgl. Mon 15, I 28,15–16: nec tamen idcirco minus bona esset aut essentialis suae magnitudinis in aliquo detrimentum pateretur. 263 Mon 31, I 49,7–11: Sic quippe verbum summae veritatis, quod et ipsum est summa veritas, nullum augmentum vel detrimentum sentiet secundum hoc quod magis vel minus creaturis sit simile; sed potius necesse erit omne quod creatum et tanto magis esse et tanto esse praestantius, quanto similius est illi quod summe est et summe magnum est. 264 Anm. 260: Mon 31, I 49, 3–6.

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die nicht lebenden übertreffen, die fühlenden die nicht fühlenden, die vernunftbegabten die vernunftlosen. Denn weil die höchste Natur auf ihre gewisse einzigartige Weise nicht nur ist, sondern auch lebt und fühlt und vernünftig ist, so ist einleuchtend, daß von allem, was ist, das, was irgendwie lebt, ihr mehr ähnlich ist als das, was überhaupt nicht lebt. 265 Es ist also hinreichend klar, daß in dem Worte, durch das alles gemacht wurde, nicht dessen Ähnlichkeit ist, sondern die echte und einfache Wesenheit; in dem Geschaffenen aber (…) kaum ein Nachbild. 266

Die Schöpfung durch das Wort kann gar nicht unmittelbar auf das Geschaffene, wie es vorliegend erscheint, bezogen werden, wenn die höchste Wesenheit als Grund und als Maß erkannt wird. Denn die unmittelbare Maßgabe für das Geschaffene führt nur zur Feststellung von dessen großer Unähnlichkeit (vgl. K9 »durch das und gemäß dem es wurde«). Die höchst und einzigartig lebende und fühlende und vernunftbegabte Seinsweise 267 der höchsten Natur aber ist das für alles grundlegende Maß. Daher ist es notwendig, daß nicht dieses Wort je nach der Ähnlichkeit mit den geschaffenen Dingen mehr oder weniger wahr ist, sondern daß jede geschaffene Natur auf einer um so höheren Stufe der Wesenheit und Würde steht, je mehr sie diesem nahezukommen scheint. 268

Es muß mit der Maßgabe im Schöpfungsgedanken eine beurteilende Unterscheidung im Verhältnis zu den Geschaffenen zwischen ihnen getroffen werden, die diese im Verhalten der Annäherung nach Vermögen beurteilt. Durch diese Beurteilung wird das Denken des Vergleichs der höchsten Natur mit den Dingen als Naturen sich bewußt, daß es sie als Maß angenommen hat. Und es wendet die Vergleichs265 Mon 31, I 49,12–17: Hinc etenim fortasse, immo non fortasse sed pro certo, hinc omnis intellectus iudicat naturas quolibet modo viventes praestare non viventibus, sentientes non sentientibus, rationales irrationalibus. Quoniam enim summa natura suo quodam singulari modo non solum est, sed et vivit et sentit et rationalis est, liquet quoniam omnium quae sunt, id quod aliquomodo vivit, magis est illi simile quam id quod nullatenus vivit; (…). 266 Anm. 261. 267 Die Höchstheit erhält ihre Dignität bei Anselm immer mit der Identität als Maß, wie es nur die Vernunft in der Erkenntnis von Gründen annehmen kann. Daraus ergibt sich der Vorzug der vernunftbegabten als der geistigen Substanz, jedoch ist daraus keine ontologische Stufung zu erschließen. 268 Mon 31, I, 50,8–13: Unde necesse est non idem verbum secumdum rerum creatarum similitudinem magis vel minus esse verum, sed omnem creatam naturam eo altiori gradu essentiae dignitatisque consistere, quo magis illi propinquare videtur.

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bestimmung dem mehr oder weniger angemessenen Verhalten des Geschaffenen zu, das es im Gebrauch des Maßes bemißt. Und in diesem Gebrauch verhält das Geschaffene sich selbst ähnlich wie das Wort des schöpferisch entscheidenden Geistes. 3.3.3.5 Correctio des Vergleichsbezugs in der beurteilenden Erkenntnis (K32) Die begriffliche einfache Wesensbestimmung, die als Maß angenommen ist, überschreitet durch diesen verhaltensgleichen Gebrauch in Ausübung eigener Urteilskraft dem Geschaffenen gegenüber die Bezeichnungsform des ›summum omnium‹. Denn die Urteilskraft wendet sich in K32 mit dem Wesen als Maß im Vergleich dem Geschaffenen zu und trifft nach mehr oder weniger Ähnlichkeit unterscheidend unter ihnen kein Höchstes mehr an. Erst jetzt ist die seit dem 1. Kapitel mit der in K15 eingeleiteten Reflexionswendung geltende Rede von der Allheit als etwas und den Naturen, zu denen die höchste mitzählte, zur Kritik gebracht. Es wird auch für die Erkenntnisart, die sich mit K27 gegenüber der allgemeinbegrifflichen Funktion bestimmt, im Verhältnis zu Grund und Maß als dem Unbedingten eine andere Redeweise erfordert. Diese ist also nicht einfach weniger verständig und dafür mehr analoge Rede. Sie geht vielmehr mit der Begrenzung des Verstandes durch die Bildreflexion auch durch ein analogiekritisches Moment in die Vernunfterkenntnis des Geistes ein. Dies betrifft das Verhalten zum Verhältnis von Schöpfer und geschaffenen Dingen. Mit der Korrektur des Vergleichsbezugs in K32 wird einsichtig, wie die natürliche als absolute Wesenheit der höchsten Natur als Maß für die vergleichende Beurteilung jedes Verstandes in dessen beurteilendem Gebrauch fungieren können muß. 269 Dies geschieht im Bewußtwerden dessen, wer sich des für sein Beurteilungsvermögen grundlegenden Gebrauchs des Maßes bzw. der höchsten Weisheit erinnert. 270 Darum wird das Gedenken als Erinnerung und Gedächtnis in den folgenden Kapiteln gerade auch für das Selbstbewußtsein der verständigen Urteilskraft so wichtig. Dies sei gegenZum Vergleich vgl. G. Kapriev, … Ipsa vita et veritas, S. 90–102. Vgl. Mon 32, I 51, 9–12: Si enim mens humana nullam eius aut suam habere memoriam aut intelligentiam posset, nequaquam se ab irrationalibus creaturis, et illam ab omni creatura, secum sola tacite disputando, sicut nunc mens mea facit, discerneret. 269 270

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über dem Übersetzungsproblem von ›memoria‹ als Bewußtsein durch F. S. Schmitt hier noch einmal betont (vgl. oben 3.3.3.1). Die durch das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ zu erschließende Wesenheit als die natürliche Wesenheit der höchsten Natur kann Urbild und Vorbild des Geschaffenen sein. Dies kann aber nur sein, sofern das Nachbild in ausübender Teilnahme an der Beurteilungsentscheidung, wie sie durch das ›melius ipsum‹ selbst strukturiert wird und sich als Verhalten des vernünftigen Geistes zu den Dingen gestaltet, die er bereits unhintergehbar in Gedächtnissen von ihnen hat. Das Geschaffene in Gründung seines Ursprungs verhält sich in Beurteilungsverhältnissen seiner Selbstentsprechung, indem es erkannt und gedacht wird. Das Geschaffene hat nur durch diese Selbstentsprechung an dem Maß teil, das ihr Beurteiltwerden durch jeden Verstand erlaubt, der dann freilich sich im Beurteilen der Geschaffenen unter die Geltungsbedingungen des für ihn grundlegenden Maßes von Urteilskraft überhaupt stellt. 271 Die höchste Wesenheit fungiert für jeden Verstand als Maß für die Beurteilung, die ihrer Maßannahme gedenken und ihrer Vermögensbedingungen selbst bewußt sein können muß. Gemäß dem »Proslogion« ist das dann für den Gottesbegriff als ›etwas, über dem kein Größeres gedacht werden kann‹ so zu formulieren, daß die höchste Natur so gut, so mächtig und so gerecht ist, daß sie nicht als besser, mächtiger und gerechter als sie selbst gedacht werden kann. 272 Kein Gerechteres als ihre Gerechtigkeit, kein Weiseres als ihre Weisheit, usw. kann gedacht werden. Demzufolge läßt sich jede Wesenheit der höchsten Natur als die Gerechtigkeit selbst und die Weisheit selbst als das Gute selbst ergreifen, über dem kein größeres Gutes außer der Gerechtigkeit und Weisheit selbst als des Maßes für die Beurteilung jedes einzelnen Gerechten und Weisen gedacht werden kann. 273 271 Mon 31, I 50, 3–7: Patet igitur quia magis est vivens substantia quam non vivens, et sensibilis quam non sensibilis, et rationalis quam non rationalis. Non est itaque dubitum quod omnis essentia eo ipso magis est et praestantior est, quo similior est illi essentiae, quae summe est et summe praestat. 272 Pros 11, I 109, 10–11: Sed numquid etiam non est iustum secumdum te, domine, ut malos punias? Iustum quippe est te sic esse iustum, ut iustior nequeas cogitari; Pros 9, I 108, 11–13: An quia iustum est te sic esse bonum, ut nequeas intelligi melior, et sic potenter operari, ut non possis cogitari potentius? 273 Zur Strukturanalyse des Prinzips und dessen Kerngedanken des Maßes siehe oben 3.1.3. Fener vgl. G. Kapriev, … ipsa vita et veritas, S. 187: »Auf diese Weise stellt die mens fest, daß, auch wenn der Maßstab für »gut« und »besser« eine ihr äußerliche Präsenz haben kann, der Maßstab der Beurteilung des »mehr« und »minder«, d. h. das

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Die Bedeutungen des ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis

Anselm verknüpft den Gedanken der dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ zugrunde liegenden Beurteilung in seiner Erwiderung an Gaunilo mit der Einsicht in das Denknotwendige aus dem »Proslogion« und formuliert, daß all das als göttliche Wesenheit gedacht werden kann, was zu sein absolut besser ist als nicht zu sein. 274 Die Frage nach der Begründung der Unterscheidung in der creatio durch das Wort von höchster, individueller Substanz als Geist und vom durch ihn doch selbst-sein-können Ermöglichten, bleibt aber beantwortbar nur in durchgehaltener Beschäftigung; sowohl mit der Unterscheidung des Verstandverhaltens in Beurteilung und Reflexion als auch der Verfasstheit des Grundes, die die Maßannahme im reflexiven Grundverhältnis bedingt: omnis intellectus judicat (K32). Diese maßannehmende Erkenntnis in Beurteilung und Vorzugsentscheidung ist Grundart, warum die Naturen sind, wie sie beurteilbar sind, als mehr oder weniger vorzüglich im Vergleich mit dem Urbild von allem, was ist. Hier ist keine Ontologie der Seinsgrade realer Gegebenheit vorauszusetzen. Vielmehr ist das Minder als Mangel an Angemessenheit in Bestimmung der Vollkommenheit der Vermögen vorauszusetzen, selbst sein zu können. Dieses wird im ganzen »Monologion« eben mit dem Begriff der Ähnlichkeit zum Ausdruck gebracht. Die Grade der Ähnlichkeit schließen entscheidend das empfundene und empfindende Verhalten ein. Denn weil die höchste Natur auf ihre gewisse einzigartige Weise nicht nur ist, sondern auch lebt und fühlt und vernünftig ist, so ist einleuchtend, daß von allem, was ist, das, was irgenwie lebt, ihr mehr ähnlich ist als das, was überhaupt nicht lebt; 275 Es ist somit klar, daß eine lebende Substanz mehr ist als eine nicht lebende und eine fühlende als eine nicht fühlende und eine vernünftbegabte als eine nicht vernunftbegabte. 276 Prinzip des Vergleichs selbst, seinen ursprünglichen Ort in ihr hat. Damit wird der Maßstab für die mens postuliert. An sich bleibt er jedoch unbekannt. Das radikale Fragen nach diesem Prinzip ist im Proslogion realisiert. Deshalb kann seine Lösung nicht von einem »vollkommensten Wesen«, wie dies bei Descartes der Fall ist, oder gar von einem »Größten« ausgehen, sondern von der Frage nach der Möglichkeit für das Denken über ein ›Größtes‹ selbst, nach der Möglichkeit für das Selbsttranszendieren des Denkens. Es geht also nicht um das »Vorzüglichste«, sondern um das Prinzip, das die Vor-Züglichkeit bemißt.« 274 Resp 10, I 139, 3–4: Credimus namque de divina substantia quidquid absolute cogitari potest melius esse quam non esse. Dazu. oben 3.1.2. 275 Anm. 265: Mon 31 I, 49,12–17. 276 Anm. oben 271: Mon 31 I, 50, 3–7.

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Die der graduierenden Beurteilung fähige Seinsweise ist somit ganz in Gründung des Seinsvermögens gebunden an das Maß der natürlichen Wesenheit. Dann gehört das Sein als Begriff nicht mehr zu den Begriffen des Maßes als die Graduierung im Vergleich der Seinsweisen. Denn diese Graduierung gehört nur zur Beurteilung durch den Verstand dem Geschaffenen gegenüber, und darin ist das Wesen des individuellen Geistes nicht graduierbar, sondern selbst das Maß. Das Sein selbst kann aber nicht maßgeblich fungieren außer in Bestimmtheit durch die Wesensbegriffe vom Vermögen des Selbstseinkönnens. Gerade die Unabtrennbarkeit von Wesen und Sein für die höchste Natur erlaubt es nicht, eine Unterscheidung von Wesensbegriffen der Washeit und des Seinsbegriffs in die Annahme des Wesens als Grund und Maß einzutragen und das Sein als Orientierungs- und Maßbestimmung für die Beurteilung von Seinsweisen anzunehmen. Auch insofern ereignet sich hier ohne eigentliche Explikation eine Korrektur gegenüber der anfänglich notwendigen Bestimmung der höchsten Natur als seiend und der Aufzählung als das »höchst Seiende« in K16. 3.3.3.6 Die Umkehrung der Vorbildlichkeitsrichtung im Ähnlichkeitsverhältnis (K32) Eine Frage, wie zuvor zur Substanz, ergibt sich nun für das Wort als Sprechen und Erkennen »im Geiste«. Wie kann das, was die einfache Wesenheit ist, das Wort von dem sein, dessen Ähnlichkeit es nicht ist (…)? 277 Das Fragliche ergibt sich mit der Bedeutung von ›Wort‹ in der Sprache, wie wir sie notwendig zugrundelegen, darin wir Worte als Worte kennen: als Worte, durch die wir das, was sie bedeuten (beliebige Dinge) im Geiste aussprechen: denken. Denn jedes Wort ist das Wort einer Sache. Schließlich gäbe es, wenn es niemals ein Geschöpf gäbe, kein Wort eines solchen. Was nun? Muß man etwa den Schluß ziehen, falls es auf keine Weise ein Geschöpf gäbe, gäbe es durchaus nicht jenes Wort, das die höchste und keines (anderen) bedürftige Wesenheit ist? 278 277 Mon 32, I 50,16–17: quomodo illud quod simplex est veritas, potest esse verbum eorum, quorum non est similitudo, (…). 278 Mon 32, I 50,20–23: Nempe omne verbum alicuius rei verbum est. Denique, si numquam creatura esset, nullum eius esset verbum. Quid igitur? An concludendum

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Wenn es niemals ein Geschöpf gäbe, gäbe es kein Wort eines solchen. Die Worte der geschaffenen Dinge, wie wir sie gebrauchen, und durch die wir das Geschaffene auch ohne ihre anschauliche Gegenwart denken können, sind mit empirischen Begriffen durch die Gegebenheit der Gegenstände bedingt gebildet. Diese dürfen und können wir nicht rückprojizieren in den Bestimmungsgehalt des schöpferischen Worts. Von dem nämlich, was weder war noch ist noch sein wird, kann es kein Wort geben. 279

Was uns als Wort gegeben ist, ist durch das sich Geben entweder der höchsten Natur oder des Gegebenseins der Dinge in Erscheinung und Erfahrung bedingt. All unsere Wortbildungen sind mit Verhalten der Annahme verbunden. Diese Bedingung wahrt Anselm in der Verknüpfung von Denken, Bild, Wort und Ähnlichkeit. 280 Im Unterschied zum selbstverständlich erschienenen Erkennen, das das Sprechen des höchsten Geistes sei, denn er sagt nichts, was er nicht denkt, ist für unser Sprechen und Denken eine Unterscheidbarkeit von Denken und Erkennen markant. Denn ohne diese Unterscheidbarkeit wäre ein Sprechen, was man nicht denkt oder ein Denken, was man nicht sagt, nicht möglich (Wahrheit in Wahrhaftigkeit). 281 Das Denken von etwas kann Wahrheit in Begriffen im Wort eines Gegenstands nur durch Erkenntnis aus Erfahrung von Gegebenem zum Kriterium des richtig oder falsch Gedachten haben. Und darin verhält es sich urteilend unter dem Anspruch, Erkenntnis zu sein. Die Vernunfterkenntnis des Geistes ist in ihrer Geltung solest quia, si nullo modo esset creatura, nequaquam esset verbum illud, quod est summa et nullius indigens essentia? 279 Mon 32, I 50 23–26: Aut fortasse ipsa summa essentia quae verbum est, essentia quidem esset aeterna, sed verbum non esset, si nihil umquam per illam fieret? Eius enim quod nec fuit nec est nec futurum est, nullum verbum esse potest. 280 Zur Ähnlichkeit vgl. u. 3.3.3, 3.3.4 und 3.3.7.4. 281 Der höchste Geist ist Weisheit und Wahrheit selbst: er täuscht nicht, weder sich noch andere. Sein Gründen ist ein Zu-Erkennen-Geben als gut und recht gegründet und betrifft den Gebrauch der Urteilskraft selbst. Das Gute kann nie als scheinbar gegeben angenommen sein. Vergleicht man die Anselmische Erschließung der Göttlichkeit Gottes mit der cartesischen Annahme eines Täuschergottes, dann gehörte diese der unhaltbaren Annahme des Seins des ›non ipsum‹ in der Vernunftentscheidung zu und läßt sich als annehmbar durch reine Vernunftüberlegung ausschließen; R. Descartes, Meditationes de prima philosophia, IV, 5: Nec dubium est, quin potuerit Deus me talem creare, ut numquam fallerer; nec etiam dubium est, quin velit semper id, quod est optimum; anne ergo melius est me falli quam non falli? [Hevhbg. v. Vf.]

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che Gegebenheiten, welche unabhängig von empirischen aufzunehmen sind. Ohne die Unterscheidung in unseren Erkenntnisverhalten können wir die Unterscheidung des freien, schöpferischen Worts des höchsten Geistes von der bedingten Wortbildung im Erfahrungsgedächtnis nicht machen und der höchsten Weisheit keine ursprüngliche Erkenntnis zuerkennen. Aber nach dieser Überlegung wäre, wenn es niemals eine Wesenheit außer dem höchsten Geiste gäbe, in diesem überhaupt kein Wort. Wenn es in ihm kein Wort gäbe, würde er nichts bei sich sprechen. Wenn er nichts bei sich spräche, würde er, da für ihn in dieser Art etwas sprechen dasselbe ist, was erkennen ist, nichts erkennen. Wenn er nichts erkännte, würde demnach die höchste Weisheit, die nichts anderes ist als eben dieser Geist, nichts erkennen; was ganz widersinnig ist. 282

Gegenüber dem Denken, das sich in seinen Erkenntniskriterien erfahrungsbedingt beurteilt, vermag der vernünftige Geist für sich denkend – ähnlich wie das bei sich Sprechen des Denkens – nach Einstimmung und Widerstreit das Gültige vom unmöglich Gültigen zu unterscheiden. Und so vermag er Geltungserkenntnis zu empfangen, die nur für das Denken, das mitbeurteilend entscheidet, als Erkenntnis zu eigener Einsicht weitergegeben werden kann. Sein Verhalten ist als ein sich besprechendes Denken Reflexion und hat schon mit der in K1 angedeuteten Stellvertretung eine öffentliche Form, die Teilhabe methodisch gewährt. Der Gebrauch reflexiver Urteilskraft im Sinne eines sensus communis hat die Bestimmung, »an der Stelle eines jeden möglichen anderen denken« zu können (KdU, § 40). Das still mit sich allein sich Besprechen ist – auch im je gedenkend, was er gerade getan, gesagt hat – durch das habere memoriam (vgl. K32) durchgängig bedingt. Das Gedächtnis des höchsten Geistes ist ursprüngliche Gabe im Selbstsein als sich Erkennen und von der Erinnerung an das Gewordene in Gegebenheit von Raum und Zeit zu unterscheiden. Nur solches Gedenken und Erkennen, die in Reflexion Einsicht gewinnen und geben, dürfen wir dem höchsten Geist als Vermögen 282 Mon 32, I 50, 27–51,3: Verbum secundum hanc rationem, si numquam ulla praeter summum spiritum esset essentia, nullum omnino esset in illo verbum. Si nullum in illo verbum esset, nihil apud se diceret. Si nihil apud se diceret: cum idem sit illi sic dicere aliquid quod est intelligere, non aliquid intelligeret. Si nihil intelligeret, ergo summa sapientia, quae non est aliud quam idem spiritus, nihil intelligeret; quod absurdissimum est.

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zuerkennen, weil selbst wir solches können: der höchsten Weisheit im vernünftigen Geiste zu gedenken. Und dem, was uns im Können dieses Vernunftverhaltens Maß ist, dürfen wir das Vermögendsein nicht absprechen, sonst hätten wir in ihm kein lebendiges Maß. Es ist unmöglich für unsere Vernunft anzunehmen, die wir die Maßgabe in der Begriffsbildung unserer Geistesvermögen annehmen, daß der höchste Geist es nicht können könnte, was wir zu können beanspruchen. Das Analogieverfahren hier ist nicht das des Verstandes im Vergleich von Intelligiblem und Sinnlichem nach Regelähnlichkeit, sondern bildet sich mit reflexiver Urteilskraft in Einsicht der Unvergleichlichkeit. Darin bringt sich die Urteilskraft als dies recht erkennend selbst ein und nimmt das Maßgebliche im Beurteilungsvergleich an. Dies stellt sich als ›Umkehrung der Vorbildlichkeitsrichtung‹ 283 aus der Annahme der Angemessenheit der Beurteilungskraft im Gebrauch als die Bestimmungen im Vergleich reflektierend dar. Dies ist keine Projektion aus dem Erfassten in das zu Erfassende, sondern als Urbild recht erfasst, wo wir als sein angemessenes Bild die Anmessungsarbeit als die begreifen, darin wir schon begriffen sind. Denn wenn der menschliche Geist weder von ihr noch von sich Gedächtnis oder Erkenntnis haben könnte, würde er sich keineswegs von den unvernünftigen Geschöpfen und jene von jedem Geschöpf unterscheiden (…). 284

Dieses Sichunterscheiden des menschlichen Geistes unter den Geschöpfen nimmt die Ähnlichkeit gegenüber den Geschöpfen in das Bewußtsein des beurteilenden Verhaltens und zugleich in das Selbstbewußtsein als Geschöpf unter ihnen auf. Es bindet das Geschöpf in den Selbstbegriff des menschlichen als des vernünftigen Geistes in der Bedeutung dieser Maßannahme ein. Um die Umkehrung der similitudo, in der sich hier alle Erkenntnis entscheidet, begründet mitvollziehen zu können, seien hier noch 283 Mon 32, I 51, 12–14: Ergo summus ille spiritus sicut est aeternus, ita aeterne sui memor est et intelligit se ad similitudinem mentis rationalis; immo non ad ullius similitudinem, sed ille principaliter et mens rationalis ad eius similitudinem. 284 Wie oben erläutert, war in der Übersetzung ›memoria‹ durch Gedächtnis wiederzugeben. Mon 32, I 51, 9–12: Si enim mens humana nullam eius aut suam habere memoriam aut intelligentiam posset, nequaquam se ab irrationalibus creaturis et illam ab omni creatura, secum sola tacite disputando, sicut nunc mens mea facit, discerneret.

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einmal die Einsichtsmomente versammelt, die uns in diese Wendung bewegen. Anselm exponiert die Problemlage durch eine negative Bedingungsüberlegung, indem er Vermögensbedingungen hinwegnimmt. 285 Als Wort einer Sache setzt es in abbildender Wahrheit deren Gegebenheit voraus. Wäre das Wort der höchsten Wesenheit als schöpferisches so verfasst, wäre es abhängig und aufgrund der Wesensidentität gäbe es entweder vor dem Seinkönnen, dem Nichtsein gegenüber, kein Wort und also keine Erkenntnis und also keine Weisheit und also wäre sie nicht Geist. Oder sie wäre nicht die Macht, ein Seinkönnen dem Nichtseinkönnen gegenüber zu gründen. Ferner würde mit dem Ursprungsverhältnis die Annahme des Maßes für die Orientierung in der Gründung des Selbstseinkönnens überhaupt verloren gehen. Was nun? Denn wenn er nichts erkännte, wie wäre er die höchste Weisheit? 286

Eine ursprüngliche Verbindung von Erkenntnis des verstehenden Denkens (intellectus) und Weisheit (sapientia) wird hier als Bedingungsverhältnis für den gedacht, der weise ist, der Weisheit hat. Sie ist auf ihn als den höchsten Geist bezogen, der als eine Person angesprochen ist. 287 Unter Absehung der Bezugnahme auf alles übrige müßte er nach dem Begriff als Geist doch erkennen, wenn nichts anderes, so doch sich selbst. Jedoch würde sie etwa sich selbst nicht erkennen? 288 Es muß als »undenkbar« erscheinen, daß die höchste Weisheit sich irgendeinmal nicht erkennt, da der vernünftige Geist imstande ist, nicht nur seiner selbst, sondern auch jener höchsten Weisheit sich zu erinnern (reminisci) und diese und sich zu erkennen (intelligere). 289 Der vernünftige Geist ist der menschliche als der eigene, der hier in Vernunft Einsichten in Geltung hat. Über die er hier ein285 Vgl. die Reduktion in K31; die Bestimmungen gehen auf Vermögen als Bedingungen, es selbst zu sein: als Geist nicht ohne Weisheit, als Weisheit nicht ohne Erkenntnis. 286 Mon 32, I 51,3–4: Quid ergo? Si einm nihil intelligeret: quomodo esset summa sapientia? 287 Mon 32, I 51,7–9: At quomodo vel cogitari potest quod summa sapientia se aliquando non intelligat, cum rationalis mens possit non solum suimet sed et ipsius summae sapientiae reminisci, et illam et se intelligere. 288 Mon 32, I 51,5–6: Sed numquid seipsam non intelligeret? 289 Anm. 287: Mon 32, I 51,7–9.

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sichtsvoll urteilt, was sie notwendig auch sein müsse, ist die Weisheit, die als höchste mit der unseren Gleichheit an Vermögensart hat, in der sie als die höhere und als höchste wiederum das Maß für unsere Vermögensbeurteilung, für die Vermögensbeurteilung des vernünftigen Geistes sein muß. Vernünftiger Geist, menschlicher Geist und mein Geist sind hier in die Einheit einer Gegenwart gezogen, in der mein Geist den menschlichen als vernünftigen vertritt (vgl. das Stellvertretermotiv in der Methode des ›sola ratione‹ seit K1): als vernünftig zu sein und bestimmt zu sein in reflektierender Prüfung von Bedingungen in der Besonnenheit von Urteilskraft. Geist ist als notwendig vernünftig und erkennend nicht ohne Selbsterkenntnis im Selbstbewußtsein von jemandem wie uns denkbar. Er kann ohne Ursprungsverhältnis zu dem, was Grund und Maß der Vermögen ist, selbst vernünftig sich zu verhalten, nicht als solcher erkannt werden und bewußt sein. Darum ist unser Geist – als vernünftig sich bewußt bzw. gedenkt – ähnlich dem, was ohne diese Ähnlichkeit nicht als Ursprung des für alles geistige Verhalten Maßgeblichen gedacht werden kann. Der zunächst naheliegende Fehlschluß, daß der höchste Geist nach meinem Geist in der Form, wie er als der unsere uns im Selbstbewußtsein gegeben scheint, gebildet wäre, muß eine Umkehrung erfahren. Und nur mit dieser Umkehrung ist er gehalten, als ursprünglich und als der höchste zu denken. Erst dann kann auch das Selbstbewußtsein sich von seinem theoretischen Selbstmißverständnis befreien. Also ist jener höchste Geist, wie er ewig ist, so ewig sich seiner gedenkend und sich erkennend nach Ähnlichkeit des vernünftigen Geistes; doch nein, nicht nach Ähnlichkeit mit irgend etwas, sondern er ursprünglich und der vernünftige Geist nach Ähnlichkeit mit ihm. 290

In der Umkehrung wird der höchste Geist ausdrücklich als Maß anerkannt und zwar für das Verhalten des Geistes in Vernunft und Gedächtnis und Erkenntnis (oben 3.3.3.5). Und mit der Umkehrung der Ähnlichkeit in Erachtung des Urbildes als Maß, nach dem etwas sich als es selbst verhält, bezeugt sich das Maß als Maß des Verhaltens. Der Geist ist als ursprünglich für das Verhaltensvermögen ohne diese 290 Mon 32, I 51,12–15: Ergo summus ille spiritus, sicut est aeternus, ita aeterne sui memor est et intelligit se ad similitudinem mentis rationalis; immo non ad ullius similitudinem sed ille principaliter et mens rationalis ad eius similitudinem.

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Umkehrung dann nicht vernunftfähig. Nur mit der Umkehrung ist das Ursprungsverhältnis ein Maßverhältnis in der Annahme des Maßes für das aktual sich für sein Vermögen als solches einsetzende Verhalten. Schließlich hat die Erkenntnis dann die Einsicht, daß sein ihm gleichewiges Wort mit ihm (dem höchsten Geist) ist. 291 Sie hat es unabhängig davon zum Gehalt, ob man nun annimmt, daß anderes existiert oder nicht. Diese Einsicht macht sich so für ihre Erkenntnis unabhängig von einer Entscheidung der Verhältnisbestimmung zum Sein oder Nichtsein der Existenz von anderem. Auch dies ist als eine von der theoretischen Bestimmung sich unterscheidende praktische Bedeutung der Vernunfteinsicht zu beurteilen. 3.3.4 Der schöpferische Geist und sein Wort (K33–38) 3.3.4.1 Die Vergegenwärtigung des Wortes und Wendung in seine Wahrheit (K33) Der Schluß in K32 war auf die Indifferenz 292 des Seins der höchsten Wesenheit in alleinigem Geist gegenüber Sein und Nichtsein von anderem bezogen. Somit geht die Einsicht im Gewahren des Worts in seine Einsehbarkeit auf die Selbigkeit des Worts im Verhalten zu sich – als es selbst und im Verhalten zu anderem – als es selbst ein. Aber siehe, da ich über das Wort forsche, durch das der Schöpfer alles, was er gemacht hat, spricht, bot sich mir das Wort dar, durch das sich selbst spricht, der alles gemacht hat. 293

Die praktische, wohl nicht-theoretische Bedeutung in der Einsicht des wesensgleichen Seins als Wort ergibt sich als nicht-gegenständliches Denken 294 im Gewahren (»Aber siehe«) des sich Gegebenhabens des Worts in seine Einsehbarkeit: als offenbares Wort (»bot sich mir das Wort dar«). Es selbst ist als Geist Grund des Vermochtseins seiner Mon 32, I 51,15–16: Si aeterne se dicit, aeterne est verbum eius apud ipsum. Mon 32, I 51, 17–18: Sive igitur ille cogitetur nulla alia existente essentia, sive aliis existentibus: necesse est verbum illius coaeternum illi esse cum illo. 293 Mon 33, I 51,21–22: Sed ecce quaerenti mihi de verbo quo creator dicit omnia quae fecit, obtulit se verbum quo seipsam dicit, qui omnia fecit. 294 Das nicht gegenständliche Denken Gottes ist einer der Wesenszüge von Anselms Denken, wie z. B. der Begriff aliquod quo deutlich zeigt vgl. G. Kapriev, G., … IPSA VITA ET VERITAS, S. 191 ff. 291 292

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Einsicht des Denkens, also ein Denken, das Gedenken und Erkennen ist. Im erforschenden Denken des Worts bot sich dieses Wort in seinem Sprechen dar. Es hat sich sprechend ins Gedächtnis gegeben und ermöglichte so sein befragt und bedacht werden, da unser Denken es ins Gedächtnis aufnahm. Nur weil wir ein Denken im Zuspruch begrifflich als zu bedenkendes aufgenommen haben, können wir uns des Worts inne sein, können wir sagen, es ist uns gegeben, da wir es besprechend aufweisen. Das Dargebotensein des Worts ist sein ›Sich-Sprechen‹, das wir nur im Bewußtsein seiner als das gedenken, was wir zu bedenken haben. So können wir nur sein Denken im ›Sich-Sprechen‹ auf eine ähnliche Weise mitdenken. Wir weisen es auf in dem, wie der vernünftige Geist es in seinem Wassein bedenkt. Es ist das Wort, das wir begriffen haben als das Tätigkeitswort (verbum), durch das der höchste Geist alles gemacht hat, und durch das er sich selbst spricht, sprechend sich zu denken und denkend nur sich zu erkennen gibt als der, der als höchster und als Grund und als Maß von allem zu achten ist, was als solches sein kann. Das Bedenken fragt mit dieser zweifachen Bestimmung, ob es (K33) und inwiefern es (K34) dasselbe ist oder spricht er etwas durch ein anderes Wort sich selbst und durch ein andres das, was er macht? 295 Wie aber feststeht, daß jenes Wort, durch das er das spricht, was von ihm geschaffen wurde, dasselbe ist wie er selbst, so muß es für notwendig erkannt werden, daß auch das Wort, durch das er sich selbst spricht, dasselbe ist, was er ist. Diese Einsicht beruht auf der Unabhängigkeit von anderem. Wenn das Wort seines ›Sich-Sprechens‹ von nichts anderem abhängt, was er als anderes geschaffen haben müßte, dann muß es dasselbe sein wie er selbst: der Geist ist ein sich selbst Denken. Nun werden aber die beiden Worte, die als Wort des ›Sich-Sprechens‹ und als schöpferisches Wort in unterschiedlich gedachten Verhältnisrelationen bestimmt sind, nicht einfach identifiziert. Vielmehr wird geschlossen, daß ihre Substanz eine einzige ist. Damit ist die Substanz des Geschaffenwerdenden im Wort des höchsten Geistes, durch das alles geschaffen wird, und die Substanz des höchsten Geistes selbst in dem Wort, durch das er sich spricht, dieselbe (K34). Er selbst ist Maß des Seinsverhaltens, wie er sich selbst denkend dem 295

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Mon 33, I 51, 22–24: An ergo alio verbo dicit se ipsum, et alio ea quae facit.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

Denken offenbart, und zugleich Maß des Seinsverhaltens von allem, was durch sein Wort geschaffen wurde: das ursprüngliche Maß des Geschaffenen läßt sich aber nur in seinem sich sprechenden Wort im bedachten Gedächtnis annehmen. Jedoch läßt es sich nicht an der Gegebenheit von Dingen ablesen und in den Begriffsbildungen aus Erfahrung des Geschaffenen als das erkennen, was es im schöpferischen Geist als mit dessen Wesen identisch zu denkendes ist. Das Wort des Geschaffenen ist nicht das schöpferische Wort. Macht die gedachte Identität der Substanz von schöpferischem Wort und Wort des ›sich selbst Sprechens‹ es zwingend, daß eine Einheit des Worts zugestanden werden kann? Er, der spricht, hat mit ihnen, den beiden Worten in den zwei Verhältnisarten dieselbe Substanz, »doch ist er nicht Wort.« Dasselbe sind sie im Wassein, also im Wesen und in der Substanz. Ihre Unterscheidung muß ein Verhältnis betreffen, dessen Substanz die eine und selbe Substanz ist. Aber das ist als Verhältnis nicht substantiell, das außer dem Wassein, das es denkend und sprechend erkennt und zu erkennen gibt, nicht ist. Als Unterscheidungsverhältnis kann es nicht als Wassein, sondern nur im Mitvollzug der substantiellen Identität des sprechend lebendigen Worts gedacht werden. In diesem achten wir, wie es später heißt, alles, was geschaffen ward, ob es lebt oder nicht lebt, für ewig lebendig. Das Wort der höchsten Weisheit, durch das sie sich spricht und sich sprechend uns sich auf unbegreifliche Weise (K66) zu erkennen gibt, wird mit ihrer Erkenntnis als ihr Wort erkannt: als das ihr zugeordnete und von dem unterschiedenen, was wir aus Erfahrung und Gegebenheiten mit Dingen aus Geschaffenem gebildet haben, ihr Wort, das nicht durch uns erzeugt ist. 296 Die zuerkannte »vollkommene Ähnlichkeit« (perfecta similitudo) 297 des Worts mit der höchsten Weisheit wird von unserem, dem vernünftigen Geist her erläutert, wie ihm, da er sich selber denkend erkennt, in seinem Denken sein Bild entsteht; ja dieses Denken seiner sein Bild ist. 298 296 Die Gleichheit der Wesensgleichheit als vollkommene Ähnlichkeit läßt die Identität der Substanz auf die relationale Unterscheidung erkennend bezogen sein. 297 Mon 33, I 52,10–12: Sed utique verbum quo se dicit summa sapientia, convenientissime dici potest verbum eius secundum superiorem rationem, quia eius perfectum tenet similitudinem. 298 Mon 33, I 52, 12–14: Nam nulla ratione negari potest, cum mens rationalis seipsam cogitando intelligit, imaginem ipsius nasci in sua cogitatione; immo ipsam cogitationem sui esse suam imaginem, (…).

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Die Bildung des Bildes wird wiederum für das Denkverhalten des vernünftigen Geistes verdeutlicht an der Ausprägung, die um größtmögliche Ähnlichkeit bemüht ist, und ferner an der Gestaltung der durch die Sehkraft der Augen ins Gedächtnis aufgenommenen Erscheinungsbilder bzw. Vorstellungen der körperlichen Dinge. Denn welches Ding immer der Geist, sei es durch Vorstellung eines Körpers, sei es durch Vernunft, wahrheitsgemäß zu denken verlangt (…) 299

Das Verhältnis zu anderem oder zu sich wird jetzt integrativ durch zwei Arten des Denkverhaltens desselben Geistes gedacht und nur so die Identität in Gedanken gehalten. Gemeinsam sei beiden Arten, daß sie eine Ähnlichkeit mit dem Gedachten im Denken ausprägen. Das Maß der Ähnlichkeit aber ist im Denken und Erkennen von etwas – sei es es selbst oder ein anderes – die Wahrheit: Je wahrer er das tut, um so wahrer denkt er das Ding selber. Und zwar wird das deutlicher wahrgenommen, wenn er etwas anderes denkt, was er nicht selbst ist, und am meisten, wenn er irgendeinen Körper denkt. 300

Die Bildlichkeit der Sehkraft ist klarer und größer in der sinnlichen Anschauung als in der Erinnerung, die die Einbildung getragen hat. Das »aus ihm geborene Bild« gilt als Vergegenwärtigung des Wortes und wird zugleich in Einbildung als Gedächtnis gehalten. Die darin angenommene Unterscheidung ist allein durch das bildende Denken und durch die Erkenntnisbildung als Begriffsbildung von Identität überhaupt gedacht und gesagt: Dieses sein Bild ist sein Wort. Es hat also der vernünftige Geist, wenn er sich denkend erkennt, bei sich [secum] sein aus ihm geborenes Bild, das heißt das Denken seiner, das zu seiner Ähnlichkeit gleichsam durch seine Einprägung gestaltet wurde, obwohl er sich nur durch alleiniges Denken von seinem Bilde trennen kann. Dieses sein Bild ist sein Wort. 301

299 Mon 33, I 52; 15–17: Quamcumque enim rem mens seu per corporis imaginationem seu per rationem cupit veraciter cogitare, (…). 300 Mon 33, I 52, 18–20: Quod quanto verius facit, tanto verius rem ipsam cogitat. Et hoc quidem, cum cogitat aliquid aliud quod ipsa non est, et maxime cum aliquod cogitat corpus, clarius perspicitur. 301 Mon 33, I 52, 24–28: Habet igitur mens rationalis, cum se cogitando intelligit, secum imaginem suam ex se natam, id est cogitationem sui ad suam similitudinem quasi sua impressione formatam; quamvis ipsa se a sua imagne non nisi ratione sola separare possit. Quae imago eius verbum eius est.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

Auf diese Weise, da wir das sich selbst denkende Erkennen als Bildung des Ähnlichen für unseren Geist begreifen, wie er es tätigt, können wir annehmen, daß es der höchste Geist im Sprechen tut, sofern uns sein sich sprechend Darstellen als das sich bietet, dem wir uns ähnlich verhalten. Auch wir brauchen schon eine Ähnlichkeit mit dem Vorstellen der körperlichen Dinge, um das Sich-Denken denken zu können. Das Wahrheitskriterium der Ähnlichkeit gegenüber den gegebenen Dingen muß sich darum für die »wesensgleiche Ähnlichkeit« der höchsten Weisheit in ihrem Wort als Wendung in unserer Annahme des Wahrheitsgrundes bezeugen. Dieses Wort kann als ihr Wort nicht von uns ausgesagt werden, denn es ist ja ihr Wort, nicht das unsere. Wir haben es nicht erzeugt: die Zugehörigkeit aber ist in der Erzeugung begründet. So von unserem Vermögen es unterscheidend, unser Aussagevermögen begrenzend ist es passend, es als ihre Ähnlichkeit, ihr Bild und ihre Gestalt und ihr Ausdruck 302 zu nennen. Ist es für uns mit dieser Begrenzung unseres Vermögens der Aussagbarkeit erkannt, daß die höchste Weisheit – anderes als wir – die Dinge erkennend ein Gedächtnis des Geschaffenen nicht von deren Gegebenheit her gebildet und das Geschaffene nicht durch das Wort des Geschöpfs geschaffen hat, dann rechtfertigt sich, daß sie, was sie spricht, durch ein Wort spricht. Wenn sie aber nichts anderes spricht als sich oder die Schöpfung, so spricht sie alles, was sie spricht, durch ihr eigenes Wort. Demnach spricht sie durch ein- und dasselbe Wort sich selbst und was immer sie gemacht hat. 303

Das ewige Sein des Wortes, das mit dem höchsten Geist gleichewig ist, kann demnach aufgrund unseres Selbstbewußtseins, das zugleich Ursprungsgedenken ist, als notwendig gedacht werden, und zwar unabhängig von der ›Nicht-Existenz‹ einer anderen Wesenheit und von der Existenz anderer Dinge: Wenn er sich aber ewig erkennt, spricht er sich ewig. Wenn er sich ewig spricht, ist sein Wort ewig bei ihm. Ob man also sich ihn denkt, ohne daß eine andere Wesenheit existiert, oder so, daß andere existieren, ist es notwendig, daß sein ihm gleichewiges Wort mit ihm ist. 304 Mon 33, I 53, 4: ita et imago et figura et caracter eius dici potest. Mon 33, I 53,10–12: Si ergo nihil dicit verbo creaturae: quidquid dicit, verbo suo dicit. Uno igitur eodemque verbo dicit seipsam et quaecumque fecit. 304 Mon 32, I 51,15–18: At si aeterne se intelligit, aeterne se dicit. Si aeterne se dicit, 302 303

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Die Bedeutungen des ›melius ipsum quam non ipsum‹ fr die Gotteserkenntnis

Dies hebt die absolute Ähnlichkeit von höchstem Geist und dem mit ihm ein und demselben Wort (verbum) hervor, durch das er ewig sich selbst und die Schöpfung spricht: Denn es ist notwendig, daß auch das Wort, durch das er sich selbst spricht, dasselbe ist, was er ist, wie es von jenem Wort feststeht, durch das er das spricht, was von ihm geschaffen wurde 305

Das Wort, durch das der höchste Geist spricht, ist im Unterschied zum Wort des vernünftigen Geistes nicht ähnlich mit den gesprochenen Dingen, sondern ursprünglich (principaliter) sein Denken und auch die Dinge selbst. Wer wollte also leugnen, daß auf diese Weise die höchste Weisheit, wenn sie sich sprechend erkennt, ihre wesensgleiche Ähnlichkeit, das heißt ihr Wort, erzeugt? 306 Das Wort aber, durch das sie das Geschöpf spricht, ist durchaus nicht in ähnlicher Weise das Wort der Schöpfung, weil es nicht deren Ähnlichkeit, sondern ursprüngliche Wesenheit ist. 307

Der höchste Geist spricht die Schöpfung nicht durch das Wort der Schöpfung bzw. des Geschöpfs, sondern durch das mit ihm wesensgleiche Wort, wodurch die Ähnlichkeit der zu schaffenden Dinge mit jenem ergründet wird. 308 Daß ein jegliches Geschöpf seinen Ursprung in der göttlich erkennenden Wesenheit hat, bedeutet, daß er in der Ähnlichkeit zu ihr begründet wird. 309 Die Wesenheit seines Wortes ist nicht die Ähnlichkeit der Schöpfung, sondern die ursprüngliche Wesenheit (principalis essentia) der Schöpfung. 310 Das Wort als solches ist demnach aeterne est verbum eius apud ipsum. Sive igitur ille cogitetur nulla alia existente essentia, sive aliis existentibus: necesse est verbum illius coaeternum illi esse cum illo. 305 Mon 33, I 51,24–52,1: Nam hoc quoque verbum quo se ipsum dicit, necesse est idipsum esse quod ipse est, sicut constat de verbo illo, quo dicit ea quae a se facta sunt. 306 Mon 33, I 52,29–53,2: Hoc itaque modo quis neget summam sapientiam, cum se dicendo intelligit, gignere consubstantialem sibi similitudinem suam, id est verbum suum? 307 Mon 33, I 53, 4–6: Verbum autem quo creaturam dicit, nequaquam similiter est verbum creaturae, quia non est eius similitudo, sed principalis essentia. 308 Mon 33, I 53,6–9: Consequitur igitur, ut ipsam creaturam non dicat verbo creaturae. Cuius ergo verbo eam dicit, si non eam dicit verbo eius? Nam quod dicit, verbo dicit, et verbum alicuius est verbum, id est similitudo. 309 Mon 31, I 50,10–13: Unde necesse est non idem verbum secundum rerum creatarum similitudinem magis vel minus esse verbum, sed omnem creatam naturam eo altiori gradu essentiae dignitatisque consistere, quo magis illi propinquare videtur. 310 Mon 33, I 53,4–6: Verbum autem quo creaturam dicit, nequaquam similiter est verbum creaturae, quia non est eius similitudo, sed principalis essentia.

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»schöpferisch« und der höchste Geist und sein Wort sind »ein einziger Urgrund der Schöpfung.« 311 Das einzige Wort, durch das der höchste Geist sich selbst und die Dinge denkt d. h. spricht, ist mit ihm selbst so wesensgleich, 312 daß vollkommene Ähnlichkeit besteht und es selbst als ursprüngliche Wesenheit angenommen sein muß. 313 3.3.4.2 Die Kunst des schöpferischen Wortes und seine implikative Struktur ›melius ipsum quam non ipsum‹ (K34) Im Wort des Schöpfers ist und hält sein ›Sich-Sprechen‹ alles, was geschaffen wird. Was in seinem ›Sich-Sprechen‹ geschaffen wird, kann nicht als Geschaffenes gedacht werden; als solches ist es aber vorausgesetzt, wenn wir die Wortunterscheidung von ›Sich-Sprechen‹ und schöpferischem Sprechen bedenken. Also müssen wir uns des Orts in Erfahrbarkeit von Geschaffenem als Gewordenem bewußt sein, wenn wir den Gedanken der Selbigkeit durch ein Wort fassen. Vielleicht deshalb, weil dieser die höchste Weisheit und die höchste Vernunft ist, in der alles ist, was geschaffen wurde gleich wie ein Werk, das nach den Regeln der Kunst (secundum aliquam artem) geschaffen wird, nicht nur, wenn es geschaffen wird, sondern auch bevor es wird und nachdem es aufgelöst wird, in dieser Kunst (in ipsa arte) steht nichts anderes ist, als was die Kunst selbst (ars ipsa) ist – (vielleicht deshalb) spricht der höchste Geist, wenn er sich selbst spricht, alles, was geschaffen wurde. 314 311 M. Schmaus, Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, S. 35: »Von dem absoluten Geist erklärt Anselm, daß er sich und die Schöpfung in einem einzigen mit ihm identischen Wort ausspricht. Näherhin spricht der absolute Geist alles aus, was immer geschaffen ist, indem er sich selbst ausspricht. Insofern das Wort mit dem absoluten Geist selbst identisch ist, ist es auch seinerseits schöpferisch. Der absolute Geist und sein Wort sind ein einziger Urgrund der Schöpfung.« 312 Mon 33, I 52,10–12: Sed utique verbum quo se dicit summa sapientia, convenientissime dici potest verbum eius secundum superiorem rationem, quia eius perfectam tenet similitudinem. 313 Mon 34, I 53,26–54,1: in ipso vero sunt ipsa prima essentia et prima existendi veritas, cui prout magis utcumque illa similia sunt, ita verius et praestantius existunt; Mon 35, I 54,6–8: Verbum cum constet quia verbum eius consubstantiale illi est et perfecte simile, necessario consequitur, ut omnia quae sunt in illo, eadem et eodem modo sint in verbo eius. 314 Mon 34, I 53, 17–21: Forsitan quia ipse est summa sapientia et summa ratio, in qua

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Begriffe und Gestalten der Geschöpfe im »Wort des Geschöpfs« können nicht Regeln der Erschaffung sein. Was die Schöpfung als Kunst ihrer Wortbildung leitet, ist ihr Wort, ist ihre Kunst und ist ihr Erkennen, darin sie sich als Urbild zu erkennen gibt, keine präexistenten Exemplare der Dinge, weil deren Bestimmtheit immer nur Rückprojektionen aus dem Erfahrungsgedächtnis der Begriffsbildung durch uns den Dingen gegenüber sein könnten. Der höchste Geist wird in der Selbigkeit des Sprechens von sich und als schöpferisches als höchste Weisheit und höchste Vernunft begriffen, die nach keiner anderen Regel wirken kann als nach der Kunst, die sich im Werk und nur im Werk als Geist zu erkennen gibt. 315 Wie aber ist es vernünftig und mit sich einstimmend zu sagen, daß der höchste Geist, wenn er sich selbst spricht, auch alles, was geschaffen wurde, durch ein und dasselbe Wort spricht? 316 Es muß also eine Ähnlichkeit in der Kunst des Vermögens von beurteilend Erkennendem und beurteilt Erkanntwerdendem geben, um das nämliche Maß des schöpferischen Ursprungs mit der Ähnlichkeit im Sich-Sprechen als sich selbst erkennend beurteilendes Denken erhalten und in Bewährung bewahren zu können: Das Wort dem Sprechenden gleichewig, die Schöpfung aber ihm nicht gleichewig. 317 Damit geht der Vergleich der höchsten Natur im Maß ihres Sich-Sprechens als Sprechen des Erschaffens von allem auf das Maß im Vermögen von allem, nach einer Kunst zu sein. Es verschränkt sich für das Denken des schöpferischen Sprechens mitsprechend im Wort als Selbstbewußtsein, Gedächtnis als Bedingung der Bildung des Worts des Geschaffenen und erneuernde Erkenntnis in der Gewärtigung. Unser Erinnerungsverhältnis zum Ursprung ist ein Gegenwärtigkeitsverhalten in Annahme des Gegebenseins. Denn uns ist Geschaffenes gegeben, also das Werk der Schöpfung in Vollsunt omnia quae facta sunt – quemadmodum opus quod fit secundum aliquam artem, non solum quando fit, verum et antequam fiat et postquam dissolvitur, semper est in ipsa arte non aliud quam quod est ars ipsa –: idcirco cum ipse summus spiritus dicit seipsum, dicit omnia quae facta sunt. 315 Deshalb, weil wir mit der Vernunft und Weisheit des Geistes das Werk beurteilend vernehmen, geben wir seinem Geist den Ort in der Geschichte. 316 Mon 34, I 54, 2–3: Hoc itaque modo non irrationabiliter asseri potest, quia cum seipsum dicit summus ille spiritus, dicit etiam quidquid factum est uno eodemque verbo. 317 Mon 34, I 53,16–17: (…) praesertim cum verbum ipsum sit dicenti coaeternum, creatura autem non sit illi coaeterna?

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endung gegeben anzunehmen. Seine Gegenwart kann uns nur mit der Erfahrungsgeltung in der Beurteilung, nur mit der Maßbildung, die dem Geschaffenen im Erfahrungsprozess angemessen ist, wahr sein. Als solches ist das Wort all das, was der ursprünglichen Wesenheit als der ersten Wahrheit der Dinge gehört und somit seine implikative Struktur in der Formulierung ›melius ipsum quam non ipsum‹ widerspiegelt. Das Sprechen des schöpferischen Worts ist in der Entscheidung, daß es gut ist, daß es sei, und besser sei, es zu sein, als es nicht zu sein. Daß das, was in K9–14 dort in der zeitlichen Vorstellung des Verhältnisses zwischen Sein- und Nichtseinkönnen als Schöpfungsentscheidung vor sich geht, das hat in dieser Entscheidung selber diese Struktur. Demnach ist das ›melius ipsum‹ Prinzip eine implikative Struktur des schöpferischen Worts: das Sichsprechen der schöpferischen Substanz ist ihre Wesenheit in der Tat (vgl. K12). Die Natur der höchsten Wesenheit kann gar nicht denkbar sein, ohne diese aus dem Vergleich mit dem Schöpferischen allererst ermöglichte Denkbarkeit der Beurteilungsstruktur, selbst besser zu sein, als nicht selbst zu sein: selbst ein solches was zu sein. Sofern braucht man für den Zugang zum ›melius ipsum‹ tatsächlich die vorausgegangen durchdachten Schöpfungsverhältnisse; vor allem die Selbstverhältnisse zum Sein, das noch nicht gewesen und nicht es selbst ist. Diese bilden sich als Strukturmomente des Prinzips. Die Bestimmung ihres Seins, ihrem Schöpfer ähnlich geschaffen zu sein, ist zugleich die Bestimmung ihres Erkennens, ihren Schöpfer erkennen zu können. ›Melius ipsum quam non ipsum‹ ist insofern zugleich die Bildungsstruktur des Selbstseins des vernünftigen Geistes in ihrer Anähnlichung zu und mit dem höchsten Geiste im Maß seines Wesens (unten. 3.3.7.4) 3.3.4.3 Wahrheit und Leben im Sprechen des Worts (K35) Wir können das Lebendige nur einteilend gegen das Nichtlebendige begreifen. In der höchsten Vernunft hätten wir es als immer lebendig zu denken und es wäre zugleich unerkennbar, unbegreiflich in den Gegebenheiten des Lebendigen, ewig aber in der Idee des Lebens als Maß der Lebendigkeit.

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Was immer geschaffen ist, ob es lebt oder nicht lebt oder wie immer in sich selbst ist, ist in ihm das Leben und die Wahrheit selbst. 318

Diese können wir nur als Wesensbestimmungen als Gottesattribute im Beurteilungsverhalten sowohl der Gedächtnisse der höchsten Wesenheit wie der Schöpfungsgedächtnisse annehmen. Entscheidend wird nun, daß es nicht für das geschaffen Lebendige zur Bestimmung wird, als geschaffenes ewig zu leben. 319 Dazu braucht es die Wiederaufnahme der ›melius ipsum‹ Beurteilung und ihre Reflexion in praktischer Bedeutung. Das Leben ist immer im höchsten Wissen. Dies ist nicht die Erkenntnisweise, die sich uns durch das ›melius ipsum‹ Beurteilen in der Teilhabe an der Achtung und der Bestandssorge ergibt: dieses gibt es nur mit Maß der Urteilskraft gegenüber den Verhaltensweisen mit den erfahrungsbedingt erkennbaren Dingen. Wie alles in seinem Wort Leben und Wahrheit ist, so ist dies alles auch in seinem Wissen: Allwissen ist als in Lebendigkeit und Wahrheit Sein – nur wieder als Maß in der Erhaltung von Leben und in Wahrung von Wahrheit – auch dem Geschaffenen gegenüber. Weil aber für den höchsten Geist wissen dasselbe ist wie erkennen oder sprechen, ist es notwendig, daß er alles auf dieselbe Art weiß, in der er es spricht, oder erkennt. Wie alles in seinem Worte Leben und Wahrheit ist, so ist dies auch in seinem Wissen. 320

Solches Allwissen ist nur denkbar in demütiger Annahme des Mitsprechens im schöpferischen Sich-Sprechen als Erkenntnis des ursprünglichen Maßes im Gedenken des Worts des Geistes.

318 Mon 35, I 54,8–10: Quidquid igitur factum est sive vivat sive non vivat, aut quomodocumque sit in se: in illo est ipsa vita et veritas. Alles in ihm ist das Leben und die Wahrheit (Christologisch: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; Joh 14,6) 319 Wie es sich unvermeidlich in einem unmittelbaren Vergleich von endlichem und unendlichem Seienden ergäbe. Da dieser Vergleich im Begriff des Unendlichen schon zugrundeliegt, ist die Unendlichkeit kein grundlegendes Attribut in der Maßgabe Gottes. 320 Mon 35 I, 54 10–13: Quoniam autem idem est summo spiritui scire quod intelligere sive dicere, necesse est ut eodem modo sciat omnia quae scit, quo ea dicit aut intelligit. Quemadmodum igitur sunt in verbo eius omnia vita et veritas, ita sunt in scientia eius.

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3.3.4.4 Unbegreiflichkeit des schöpferischen Geistes für den Verstand (K36) Unbegreiflich ist das schöpferische Sprechen im Verhältnis zu den geschaffenen Dingen, wie wir sie nur im Gedächtnis aus Erfahrungen wissen können. Daraus kann aufs deutlichste begriffen werden, daß vom menschlichen Wissen nicht begriffen werden kann, wie dieser Geist das, was geschaffen wurde, spricht oder wie er es weiß. 321

Diese Unbegreiflichkeit deutlich begreifen zu können, heißt, daß wir in Vernunft eine verbindliche und gültige Erkenntnis der Grenze des erfahrungsbedingten Verstandesvermögens haben. Das Unbegreifliche im Ursprungsgedanken geht mit einer sicheren Selbsterkenntnis von Vermögen einher, deren Bewußtsein im Selbstverhältnis ein kritisches Vermögen der Unterscheidung (K68) zugehört. Das Maß der Erkenntnis des Geschaffenen liegt für unser Wissen in dessen Sein und Wesen. Mit der Unbegreiflichkeit im schöpferischen Wort ist das Sein als es selbst in Geschaffenheit als unabhängig von unserem Denken gegeben gedacht. Es sieht sich in seiner Erkenntnisintention als sich dem Gegebenen, in dem, wie es etwas selbst ist, als Maß anpassend bestimmt, wenn es die Dinge erkennt, wie sie sind. 322 Denn niemandem ist es zweifelhaft, daß die geschaffenen Substanzen sehr viel anders in sich selbst sind als in unserem Wissen. Denn in sich selbst sind sie durch ihre Wesenheit selbst, in unserem Wissen dagegen sind sie nicht ihre Wesenheiten, sondern ihre Ähnlichkeiten. 323

Daß die geschaffenen Substanzen im Sein ihres Wesens Erkennen durch den höchsten Geist sind und als Schaffen der Dinge uns solches Erkennen unbegreiflich bleibt, drückt sich hier so aus, daß das Verhältnis von Wesen und Sein des Geschaffenen unserem Wissen gegenüber der Selbstseinsweise ›durch sich selbst‹ der höchsten Wesenheit ähnlich scheint: per ipsam suam essentiam. Das Geschaffene 321 Mon 36, I 54,16–17: Qua ex re manifestissime comprehendi potest, quomodo dicat idem spiritus vel quomodo sciat ea quae facta sunt, ab humana scientia comprehendi non posse. 322 Objektivitätsbedingung in der Unerkennbarkeit der Dinge an sich. 323 Mon 36, I 54,18–55,2: Nam nulli dubium creatas substantias multo aliter esse in seipsis quam in nostra scientia. In seipsis namque sunt per ipsam suam essentiam; in nostra vero scientia non sunt earum essentiae, sed earum similitudines.

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wird in der Schöpfungsgründung so angesprochen, wie wir die höchste Substanz als durch ihr Wesen zu sein begründet denken. Wir aber sind mitdenkend in sich bewußt werdender Vernunft seinem Erkennen ähnlich, als wir das Maß aufnehmen, das angemessen den Dingen gegenüber uns sie als gegeben und in Erfahrung ihnen anmessend denken läßt. Und so unterscheiden wir das Ähnlichkeitsverhältnis des Wissens im Verstande von der Annahme des schöpferischen Grundes. Wir haben die Vernunftähnlichkeit nur mit der abgrenzenden Beurteilung von Vernunft und Verstand als zum Geist des Menschen notwendig gehörende Vermögen. Also dürfen wir mit der Ähnlichkeit des vernünftigen Geistes auch die kritische Urteilskraft als ebenbildlich annehmen, durch die wir uns in kritischer Unterscheidung in den Möglichkeiten und Grenzen unserer Vermögen erkennen. Denn in sich selbst sind sie durch ihre Wesenheit selbst: Wir denken sie als in sich seiend gegeben gleich dem Geschaffenwerden, aber aus dem Geschaffenwordensein nur unterscheidbar begriffen. Damit sind wir in einem Widerstreit befangen, bliebe das Denken mit Verstand in dieser Betrachtungsart. Es bleibt also übrig, daß sie umso wahrer in sich selbst sind als in unserem Wissen, je wahrer sie irgendwo durch ihre Wesenheit sind als durch ihre Ähnlichkeit. 324

Um darin doch dem Unangemessenen für das Denken des Selbstseins als Maß für die Anähnlichung unserer Wissensbildung noch Ausdruck verleihen zu können, greift Anselm hier, das verständige Denken noch ansprechend, zu räumlichen Abstandsmetaphern. wie könnte der menschliche Geist begreifen, welcher Art jenes Sprechen und jenes Wissen ist, das so weit höher und wahrer ist als die geschaffenen Substanzen, wenn unser Wissen so weit von diesen übertroffen wird, wie ihre Ähnlichkeit von ihrer Wesenheit entfernt ist? 325

Ein jedes hat durch die höchste Wesenheit für das Erfahrungsverhalten im schöpferisch gründenden Sprechen ein Wesen und ein Maß, daß es erkannt werden kann, wo es erfahren wird. Sie selber ist aber 324 Mon 36, I 55, 1–3: Restat igitur ut tanto verius sint in seipsis quam in nostra scientia, quanto verius alicubi sunt per suam essentiam quam per suam similitudinem. 325 Mon 36, I 55,6–10: quomodo comprehendat humana mens cuiusmodi sit illud dicere, et illa scientia, quae sic longe superior et verior est creatis substantiis, si nostra scientia tam longe superatur ab illis, quantum earum similitudo distat ab earum essentia?

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dem Verstande, der durch diese Erfahrbarkeit bedingt ist, in seinem Wissen unbegreiflich. Dieses Wissen muß aber als Bedingung für sein Erkenntnisvermögen, daß es sich im Verstande vom Denken unterscheiden kann, angenommen werden. Diese Annahme geschieht ihrerseits nur mit der Entsprechung in der Maßgabe des ursprünglichen Grundes für diese Vernunfteinsicht und die Urteilskraft, die sich darin kritisch beurteilend verhält. 3.3.4.5 Selbigkeit von Geist und Wort in Schöpfung (K37) Mit der deutlichen Unterscheidung dessen, was die Vernunftgründe lehren, gegenüber dem, was der Verstandeserkenntnis unbegreiflich bleibt, muß sein wesensgleiches Wort selbst dort begreiflich sein, wo der Geist als Schöpfer des Alls angenommen ist, wie er selbst alles gemacht hat. Die höchste Wesenheit ist aber nur eine, die allein die Schöpferin und allein der Ursprung von allem ist, was gemacht wurde. (…) Deshalb macht dasselbe, was immer der höchste Geist macht, auch sein Wort und in ähnlicher Weise. 326

Im Verhältnis zur Schöpfung sind Geist und Wort dasselbe im Verhalten; ihr Sein als diesselbe Wesenheit ist ihr Verhalten. So dürfen sie je als ein Schöpfer und ein Ursprung der Dinge genannt werden. 327 Wie also jener der Schöpfer und Ursprung der Dinge ist, so auch sein Wort und dennoch sind nicht zwei, sondern ein Schöpfer und ein Ursprung. 328

Also ist das Sein als Geist und Sein als Wort in ihrer Subsistenzweise, die sich nur durch das Ähnlichkeitsverhalten unterscheidet, die Selbigkeit des Wesens dort bedingend, wo dieses in einer Verhaltensart des schöpferisch Gründenden oder des Maßgeblichen erkannt wird.

326 Mon 37, I 55,17–18: Summa autem esssentia non est nisi una, quae sola creatrix et solum principium est omnium quae facta sunt. 327 Mon 37, I 55, 21–23: Quidquid igitur summus spiritus est ad creaturam, hoc et verbum eius est et similiter; nec tamen ambo simul pluraliter, quia nun sunt plures creatrices summae essentiae. 328 Mon 37, I 55, 23–25: Sicut igitur ille est creator rerum et principium, sic et verbum eius; nec tamen sunt duo, sed unus creator et unum principium.

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3.3.4.6 Zwei in einem Ursprung (K38) Daß wir uns hier für das Denken des Verhältnisses zur Schöpfung und zum Geschaffenen im Vergleich bewegen, wie wir und unser Geist sich zu Geschaffenem verhalten, zeigt das Bemerken der Ungewöhnlichkeit dessen, was bei dem höchsten Geiste und seinem Worte zuzutreffen scheint. Denn es ist gewiß, daß alles, was sie in der Wesenheit sind und was sie im Verhältnis zur Schöpfung sind, einem jeden einzelnen und beiden zugleich derart innewohnt, daß es sowohl in jedem der beiden für sich vollkommen ist, als auch eine Mehrheit in den zweien nicht zuläßt. 329

Jeder, einzeln genommen, ist in vollkommener Weise die höchste Wahrheit und ist Schöpfer und Ursprung. Das eine Wesen als »innewohnend« beiden, wie sie einzeln im Bild einer Substanz im Raum durch das Gedächtnis gehalten wird, das sie mit inhärierendem Wesen gedacht sein läßt: der Gedächtnisbehalt der Wesenheit selbst als Subsistenz. Den höchsten Geist und das Wort beide zusammengenommen aber nicht zusammengezählt, sind sie nicht zwei Wahrheiten, nicht zwei Schöpfer, nicht zwei Ursprünge von allem. Wie ist aber die identitätsermöglichende Verbindung dem Denken als ursprünglich anzunehmen? Wir können die eine Wesenheit nur mit den Haltungswechseln der ursprünglichen Subsistenzen in und für die Einheit des Ursprungs begreiflich machen: wo sie sich selbst »zusammennehmend« in der für uns nur vorbildlich annehmbaren Einheit von Ursprung als Gabe und Annahme verbinden. So endet K36 im Verhältnis des ewigen Miteiander als Modus der Konsubstanialität: daß es (als Wort) aus dem anderen ist, (…) das andere aus ihm ist. 330 Die Unterscheidung durch die Verhältnisbestimmungen des Hervorgehens ›aus‹ war durch Augustinus vorgeprägt. Denn es ist das Wort aus dem höchsten Geist, dieser aber nicht aus jenem. 331 So

329 Mon 38, I 56,4–7: Nam certum est sic unicuique singulatim et utrisque simul inesse, quidquid sunt in essentia et quidquid sunt ad creaturam, ut et singulatim perfectum sit ambobus, et tamen pluralitatem non admittat in duobus. 330 Mon 38, I.56,29–30: Etinem proprium est unius esse ex altero, et proprium est alterius alterum esse ex illo. 331 Mon 38, I 56,11–16: Sed cum haec ita sint, miro tamen modo apertissimum est, quia nec ille cuius est verbum, potest esse verbum suum, nec verbum potest esse ille cuius est verbum. Ut in eo quod significat vel quid sint substantialiter, vel quid sint ad creaturam,

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müsse die Eigentümlichkeit des Einzelnen, nämlich des höchsten Geistes und des Wortes notwendig unterschieden werden: Es steht also fest, daß sich nicht ausdrücken läßt, was für zwei der höchste Geist und sein Wort sind, obwohl es durch gewisse Eigentümlichkeiten der einzelnen notwendig ist, daß sie zwei sind. Denn es ist dem einen eigentümlich, daß es aus dem anderen ist, und es ist dem anderen eigentümlich, daß das andere aus ihm ist. 332

3.3.5 Trinitarische Entsprechung des Geistes (K39–62) Der Bogen vom Ursprungs- und Grundverhältnis zur Urteilskraft des vernünftigen Geistes, darin das Maßgebliche erst angemessen im Verhalten als Person angenommen sein kann, prägt die Verfahrensweisen des ›sola ratione‹ schon von K1 her aus und wird systematisch bis K39 ausgearbeitet, bevor das Selbstunterscheidungsverhalten des ›esse ex‹ zur Interpretation der Verhaltensnatur der Identität als höchster Geist durch das ›geboren Werden‹ in K39 führt. Ab K39 bis K63 erfährt das Ähnlichkeitsverhältnis nicht nur in Substanz und Vermögen, Geist gegenüber Körper (K25–34), sondern in personalen Ähnlichkeiten aus Lebensgabe und -annahme von Naturen des Lebendigen und menschlich familiärer Strukturen (ElternKind-Verhältnisse) seine Urbildgestalt aus der Nachbildung in der Natur des Menschen als Person in seinen Lebensbedingungen als Individuum und ihren Verbänden (K39–47). Wir werden diesen letzten Aspekt bzw. die Dreieinheit des höchsten Geistes (K40–62) nicht mehr zum Thema dieser Arbeit machen, da diese sich in ihrer Aufmerksamkeit auf die Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹ Arguments für die Selbstseinsweise der höchsten Natur ganz der Grundlegung in der Vernunfterkenntnis widmet. Mit der Gedächtnisbedingung in der Ähnlichkeit findet sie einen ersten Schlußbogen von K40 zu K63 mit der zuvor herausgearbeiteten Unterscheidung der Erkenntnisverfahren der Vernunft gegenüber den Funktionen eines etwas als etwas aussagend bestimsemper individuam teneant unitatem; in eo vero quod ille non est ex isto, hoc autem est ex illo, ineffabilem admittant pluralitatem. 332 Mon 38, I 56, 28–31: Constat igitur quia exprimi non potest, quid duo sint summus spiritus et verbum eius, quamvis quibusdam singulorum proprietatibus cogantur esse duo. Etinem proprium est unius esse ex altero, et proprium est alterius alterum esse ex illo. A

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menden Verstandes. Die kritische Unterscheidung der Arten der Erkenntnisvermögen ist Werk der reflektierenden Urteilskraft, die die Ebenbildlichkeit des Geistes in den Entscheidungen der Vernunfterkenntnis darstellend trägt. 3.3.6 Das Unbegreifliche des Sich-Sprechens und die negative Theologie (K63–67) Die wiederholt angesprochene Unbegreiflichkeit des höchsten Geistes, die zum Denken der Dreieinigkeit notwendig gehört, aber als solche mit Vernunft vollkommen einsichtig erkannt werden kann, veranlaßt dazu, Anselms Gotteslehre mit Verfahren der negativen Theologie zu vergleichen oder sogar von der Mystik her zu deuten. 333 Führte Anselms Denken wieder zur negativen Theologie und wenn ja, was wäre dann mit der Vernunfterkenntnis, die wir bis jetzt von der Methodik des ›sola ratione‹ durch Vernunftgründe als Einsichten gewonnen haben? Wenn er nicht eine negative Theologie vertritt, stellt sich nun die Frage, wie die Unbegreiflichkeit dann zu verstehen ist. In K64–66, in denen nach K36 erneut die Unbegreiflichkeit hervorgehoben wird, ist jedoch auffallend, daß seine Explikation der Unbegreiflichkeit nie als solche isoliert steht. Anselm bringt sie vielmehr einerseits in die Rückbindung mit dem, was bis jetzt durch Vernunftgründe erkannt wurde, und andererseits in Verbindung mit der weiteren Überlegung, in welcher Weise die Erkenntnis des höchsten Geistes möglich sein kann. Insofern bringt seine Explikation der Unbegreiflichkeit die Methodik des ›sola ratione‹ in eine neue Reflexion und erweitert ihre Geltung und Tragkraft. 333 M. A. Schmidts Verweis auf die verschiedenen Monologionstellen, in denen der Ansatz der negativen Theologie eingeführt wird, der später für Richard von St. Viktor bedeutsam sein wird, macht deutlich, daß K15 im Unterschied zu den anderen Kapiteln gar keinen Anhalt für die negative Theologie bietet. Einerseits die Unbegreiflichkeit Gottes und andererseits Vollkommenheitsfülle oder Wesensfülle Gottes zu denken, begründet sich nach ihm in der unermeßlichen Größe Gottes; vgl. M. A. Schmidt, Verstehen des Unbegreiflichen in den beiden ersten Büchern »De trinitate« des Richard von Saint-Victor, S. 177–195 (zu Anselm, S. 180–185). Zur negativen Theologie, außer den Kapiteln K64 bis 67, siehe K14 (Unermeßlichkeit) 28, 36, 38, 43, 57, 58 und 80. Zu Anselms Ansatz der negativen Theologie. Zur negativen Theologie bei Anselm vgl. B. Goebel, Rectitudo, S. 129, Anm. 141.

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Die erste Formulierung der Unbegreiflichkeit in K28 bezieht sich darauf, daß die höchste Natur als die höchste Substanz notwendig ein Geist sein muß, der schließlich gegen Ende des Werkes in K79 als Person erkannt wird (unten 3.3.9). Die Identifizierung von schöpferischem Wort und dem ›Sich-Sprechen‹ erschien als unbegreiflich. 334 Wiederaufgenommen in K36 führt sie zur Erkenntnis der Trinität. Anselm zeigte in dieser Wegführung, daß der menschliche Verstand nicht begreifen könne, welcher Art das Sprechen und Wissen der schaffenden Substanzen sei, die so höher und wahrer als die geschaffene Substanz ist 335 , da jene in sich anders als in unserem Wissen sein müssen. 336 Die Zweiheit auf dem Weg zur trinitarischen Einheit wird im Sein des Worts als aus dem höchsten Geiste in K38, K43 und K57 gedacht. 337 In K62 fügt Anselm hinzu, daß die Menschen nie die Dinge als solche selbst erkennen können, da die Dinge dem direkten Erfassen des menschlichen Denkens (a cogitationis intuitu) entkommen, d. h. in ihm nicht als sie selbst

334 Mon 28, I 46,20–24: Cumque esse solius eiusdem ineffabilis spiritus nullo modo intelligit possit aut ex non esse inceptum, aut aliquem pati posse ex eo quod est in non esse defectum; et quidquid ipse est non sit per aliud quam per se, id est per hoc, quod ipse est: nonne huius esse merito solum intelligitur simplex perfectumque et absolutum? 335 Mon 36, I 55,4–10: Cum ergo et hoc constet, quia omnis creata substantia tanto verius est in verbo, id est, in intelligentia creatoris, quam in seipsa, (…): quomodo comprehendat humana mens cuiusmodi sit illud dicere, et illa scientia, quae sic longe superior et verior est creatis substantiis, si nostra scientia tam longe superatur ab illis, quantum earum similitudo distat ab earum essentia?; Mon 14, I 21, 20–23: At quoniam absurdum est, ut scilicet, quemadmodum nullatenus aliquid creatum potest exire creantis et foventis immensitatem, sic creans et fovens nequaquam valeat aliquomodo exedere factorum universitatem.; Mon 35 I, 54 10–13: Quoniam autem idem est summo spiritui scire quod intelligere sive dicere, necesse est ut eodem modo sciat omnia quae scit, quo ea dicit aut intelligit. Quemadmodum igitur sunt in verbo eius omnia vita et veritas, ita sunt in scientia eius. 336 Mon 36, I 54,16–18: Qua ex re manifestissime comprehendi potest, quomodo dicat idem spiritus vel quomodo sciat ea quae facta sint, ab humana scientia comprehendi non posse. 337 Mon 38, I 56,28–31: Constat igitur quia exprimi non potest, quid duo sint summus spiritus et verbum eius, quamvis quibusdam singulorum proprietatibus cogantur esse duo. Etenim proprium est unius esse ex altero, et proprium est alterius alterum esse ex illo; Mon 43,I 59,24–26: Et cum ita sit alius ille et alius ille, ut omnino pateat quod duo sint: sic tamen unum et idipsum est id quod est ille et ille, ut penitus lateat quid duo sint; Mon 57,I 68,22–69,6: Quamvis enim non nostro modo spiret summe incommutabilis essentia, tamen ipsum suum amorem a se ineffabiliter procedentem non discedendo ab illa sed existendo ex illa, forsan non alio modo videtur posse dici aptius ex se emittere quam spirando. (…) Ut, cum essentialiter ipse sit spiritus sicut pater et filius, illi non putentur alicuius spiritus, quia nec pater ab ullo alio est, nec filius a patre quasi spirante nascitur, iste autem aestimetur spiritus utriusque, quia ab utroque suo quodam inenarrabili modo spirante mirabiliter procedit.

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gegenwärtig sein können. 338 Für die personale Subsistenz gilt: Ein jeder kann nicht in den anderen, sondern nur in sich selbst sein. 339

Im Unterschied zur menschlichen Erkenntnis, für die die verknüpfende Zusammensetzung mehrerer Worte zu Bildern benötigt wird, benötigt der höchste Geist nicht mehrere Worte. In dieser Struktur der Erkenntnis als Selbsterkenntnis des höchsten Geistes ist »etwas Wunderbares und Unerklärliches« 340 zu erkennen. Unbegreiflich ist, wie der höchste Geist sich selbst spricht und wie das Sichsprechen somit als der Hervorgang der göttlichen Personen sich bewußt zu machen sei. Damit ist trinitarische Einheit nur mit Bewußtwerdung der Grenzen des Verstandes möglich, 341 wie das Sprechen jeder göttlichen Person sich selbst und zugleich die anderen (Personen) spricht. 342 Das Sprechen zu denken fordert die Selbstunterscheidung des Geists in der Erkenntnis seiner Vernunft: Denn ich meine, es müsse für den, der eine unbegreifliche Sache erforscht, genügen, wenn er durch schlußfolgerndes Denken (ratiocinan338 Mon 62, I 72,14–18: Sed in hominis cogitatione cum cogitat aliquid quod extra eius mentem est, non nascitur verbum cogitatae rei ex ipsa re, quoniam ipsa absens est a cogitationis intuitu, sed ex rei aliqua similitudine vel imagine quae est in cogitantis memoria, aut forte quae tunc cum cogitat per corporeum sensum ex re praesenti in mentem attrahitur. 339 Mon 62, I 72,18–22: In summa vero essentia sic sibi semper sunt praesentes pater et filius et eorum spiritus – est enim, sicut iam perspectum est, unusquisque non minus in aliis quam in seipso –, ut cum invicem se dicunt, sic videtur idem ipse qui dicitur gignere verbum suum, quemadmodum cum a seipso dicitur. Anselm steht eindeutig in der platonischen Tradition und dies hat Goebel zu Recht gegen Warnachs These eingewendet, daß Anselm dem Aristoteles näher als dem Platonismus stehe. Zu Goebels ausführlicher Interpretation vgl. ders., Rectitudo, S. 143 f. 340 Mon 63, I 74,5: In quo mirum quiddam et inexplicabile video. 341 Mon 64, I 74,30–31: Videtur mihi huius tam sublimis rei secretum transcendere omnem intellectus aciem humani, (…); Mon 64, I 75,6–15: Quid autem iam incomprehensibile, tam ineffabile, quam id quod super omnis est? (…) Nam si superior consideratio rationabiliter comprehendit incomprehensibile esse, quomodo eadem summa sapientia sciat ea quae fecit, de quibus tam multa non scire necesse est: quis explicet quomodo sciat aut dicat seipsam, de qua aut nihil aut vix aliquid ab homine sciri possibile est? Ergo si in eo quod seipsam dicit, generat pater et generatur filius: ›generationem eius quis enarrabit?‹. Ferner Mon 36, I 55, 6–8: quomodo comprehendat humana mens cuiusmodi sit illud dicere, et illa scientia, quae sic longe superior et verior est creatis substantiis, (…). 342 Mon 64, I 75,11–14: Nam si superior consideratio rationabiliter comprehendit incomprehensibile esse, quomodo eadem summa sapientia sciat ea quae fecit, de quibus tam multa nos scire necesse est: quis explicet quomodo sciat aut dicat seipsam, de qua aut nihil aut vix aliquid ab homine scire possibile est?

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do) dazu gelangt, zu erkennen, daß sie ganz sicher existiert (certissime esse), auch wenn er mit dem Verstand (intellectu) nicht zu durchdringen vermag, auf welche Weise sie so ist; und man dürfte jenen Dingen nicht deshalb weniger Glaubensgewißheit (fidei certitudinem) schenken, die durch zwingende Beweise (probationibus necessariis), ohne daß ein anderer Vernunftgrund dagegen spricht, behauptet werden, wenn sie sich ob der Unbegreiflichkeit ihrer natürlichen Erhabenheit (suae naturalis altitudinis) nicht erklären lassen. 343

Anselm anerkennt die bisher durch die notwendigen Beweise (probationibus necessariis) gewonnenen Erkenntnisse über die höchste Natur, die das ›sola ratione‹ beanspruchen, und weist darauf hin, daß man ihr nicht weniger Glaubensgewißheit (certitudinem fidei) zu schenken habe. Was aber ist so unbegreiflich, so unaussprechlich wie das, was über allem ist? Wenn deshalb das, was bis jetzt über die höchste Wesenheit erörtert wurde, auf nötigende Vernunftgründe hin behauptet wurde, schwankt – wenn es auch mit dem Verstande nicht so durchdrungen werden kann, daß es sich auch mit Worten erklären läßt – dennoch keineswegs die Festigkeit seiner Gewißheit. 344

Damit sind aber nicht zwei Erkenntnisarten in Bezug auf sich selbst und die Schöpfung sprechende Wesenheit der höchsten Natur nach einem Daß und einem Wie anzunehmen: Denn unabhängig von dem, daß sie als schöpferisch seiend existiert, ist die Erkenntnis vom Was des schöpferisch Maßgeblichen gar nicht denkbar, auch wenn wir nicht begreifen können, wie sie es vermag. 345 343 Mon 64, I 75,1–6: Sufficere namque debere existimo rem incomprehensibilem indaganti, si ad hoc ratiocinando pervenerit ut eam certissime esse cognoscat, etiamsi penetrare nequeat intellectu quomodo ita sit; nec idcirco minus iis adhibendam fidei certitudinem, quae probationibus necessariis nulla alia repugnante ratione asseruntur, si suae naturalis altitudinis incomprehensibilitate explicari non patiantur. 344 Mon 64, I 75,6–10: Quid autem tam incomprehensibile, tam ineffabile, quam id quod super omnia est? Quapropter si ea quae de summa essentia hactenus disputata sunt, necessariis sunt rationibus asserta: quamvis sic intellectu penetrari non possint, ut et verbis valeant explicari, nullatenus tamen certitudinis eorum nutat soliditas. 345 Vgl. Wilhelm Christe, Sola ratione, S. 344: »(…) Anselm konzediert, daß die rationale Erkenntnis auf Grund der schlechthinnigen Transzendenz Gottes sich mit dem Ausweis des »Daß« der Trinität bescheiden müsse, da ihr »qualiter« und »quomodo« letztendlich »inexplicabile« seien (vgl. K64 ganz).« Ferner vgl. F. S. Schmitt, Einführung »Monologion«, S. 14: »Anselm will zu den Glaubenswahrheiten durch bloße Vernunftüberlegung gelangen. Er will auf diese Weise ihre Tatsächlichkeit, ihr »Daß« beweisen und bis zu einem gewissen Grade auch ihr »Wie« begründen. Die Grenzen für die Ein-

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Die Erkenntnis, daß das Sich-Sprechen der höchsten Natur bzw. das Verhältnis der drei göttlichen Personen für den menschlichen Verstand unbegreiflich ist, gehört zur Erkenntnis der Vernunft (rationabiliter comprehendit) selbst und bleibt mit Selbstreflexion und Reflexionserkenntnis der Grenzen und Unterscheidungen von Erkenntnisvermögen verbunden. Diese teilen sich aber nicht ihrem Ursprung angemessen in Arten ein, das ›Daß‹ und das ›Wie‹ zu erkennen. Während wir dem schöpferischen Sprechen des Geistes zwar kein Verfahren zuordnen können und darum das ›Wie‹ in der Handlungsbetrachtung unbestimmbar bleibt, können und müssen wir in der Entsprechung doch die Methodenerkenntnis als Selbsterkenntnis der Vernunft selbst als dem Ursprung ihres Vermögens angemessen zurechnen. 346 Doch hinwiederum, wenn es sich so mit der Art ihrer Unaussprechlichkeit verhält, ja weil es so ist: wie wird (dann) all das bestehen, wie über sie hinsichtlich des Verhältnisses von Vater und Sohn und Hervorgehendem erörtert wurde? Denn wenn das durch wahre Vernunftgründe dargelegt wurde: wie ist sie (dann) so, wie es erörtert wurde. Oder konnte man sich vielleicht über sie bis zu einem gewissen Grad auseinandersetzten, und hindert deshalb nicht, daß wahr ist, was erörtert wurde, sondern ist sie darum, weil sie nicht vollständig begriffen werden konnte, unaussprechlich? 347 sicht in das »Wie« sind in den Kapiteln 64 und 65 angegeben, in denen aber zugleich die Möglichkeit rationaler – analogonreflektierter – Gotteserkenntnis betont wird.« Ferner vgl. K. Flasch, Vernunft und Geschichte, S. 177: »Zwar gibt es für das Wissen nach Anselm immer noch Unbegriffenes, Unausgeschöpftes – zuweilen wissen wir nur das Daß, nicht das Wie (Monol. 64 u. 65) –, aber die Mysterien von denen dann die Rede ist, sind doch Vernunftmysterien, d. h. ihre Annahme läßt sich als notwendig erweisen. Prinzipiell steht das Wissen, das sich zunächst der Autorität gebeugt hat, höher als der Glaube; ihm ist die direkte Schau Gottes vorzuziehen. (Cur deus homo, Commendatio operis II 40, 8–12).« Die Unabtrennbarkeit des Daß von einem Was, des Wesens vom Sein ist aber Begriffsbedingung der höchsten Natur. 346 Vgl. R. Schulthesse, der in Bezug auf Anselms ›sola ratione‹ hervorhebt; ders., Die Philosophie im lateinischen Mittelalter, S. 107–108: »Die ratio wird erstens als Forschungsmethode absolut rehabilitiert und in Kraft gesetzt. Das ist sozusagen Anselms Platonismus, die ratio fidei. Sie wird aber zweitens in Kraft gesetzt, um die Glaubenswahrheiten zu erleuchten, aufzuklären und um Gottes ansichtig zu werden, um seine Natur und seine Trinität direkt oder auch auf dem Umweg über Bilder bzw. Ähnlichkeiten (similitudines) zu erkennen. Das ist gleichsam der ›mystische‹ Aspekt des Mottos, der intellectus fidei, der Gottes ansichtig wird, ihn berührt.« 347 Mon 65, I 75,19–76,1: Sed rersum si ita se ratio ineffabilitatis illius habet, immo quia sic est: quomodo stabit quidquid de illa secundum patris et filli et procedentis habitudinem disputatum est? Nam si vera illud ratione explicitum est: qualiter est illa ineffabi-

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Zur Begründung der genannten Unbegreiflichkeit fügt Anselm eine Erinnerung an die Grenze der Worte bzw. der Namen an, daß sie nur durch ihre vom gewöhnlichen Gebrauch bedingten Bedeutungen, die nicht die höchste Wesenheit uns zur Erfassung bringen können, uns die Erkenntnis ermöglichen: Aber was wird man auf das antworten können, was schon oben in dieser Erörterung feststand: Daß die höchste Wesenheit über und außer jeder anderen Natur steht, daß, wenn manchmal etwas von ihr mit Worten (aliquid verbis) ausgesagt wird, die für die anderen Naturen gewöhnlich sind, der Sinn keineswegs der gewöhnliche ist? Denn welchen Sinn habe ich bei all diesen Worten, die ich gedacht, verstanden, wenn nicht den gewöhnlichen und gebräuchlichen (communem et usitatum)? Wenn also der gebräuchliche Sinn der Worte (usitatus sensus verborum) ihr fremd ist, so betrifft alles, was ich erschlossen habe, nicht sie. 348

Wieder kehrt sich der Weg zur Aufklärung der eigenen Vermögen, ihrer Grenzen und Bestimmungen um, der fast in der Skepsis zu versanden drohte: Wie ist also wahr, daß über die höchste Wesenheit etwas gefunden wurde, wenn das, was gefunden wurde, weit verschieden von ihr ist? 349

Da die Vernunft das Dilemma gewahrt, fragt sie wieder nach etwas, was noch unerkannt und undurchgeschaut ist. 350 Denn ihre Einsichten waren es doch, die sie zur Grenze der Begreifbarkeit geführt haben. Und dieser ihr Erkenntnisweg konnte doch gar nicht anders als mit dem Denken in den Begriffsbedeutungen statthaben, die uns zu Gebote stehen, wenn vielleicht auch vor diesem Bildungsgang nicht grundlegend genug durchgebildet und unterscheidend geordnet. lis? Aut si ineffabilis est: quomodo est ita, sicut est disputatum? An quodamtenus de illa potuit explicari, et ideo nihil prohibet esse verum quod disputatum est; sed quia penitus non potuit comprehendi: idcirco est ineffabilis? 348 Mon 65, I 76, 1–9: Sed ad illud quid responderi poterit, quod iam supra in hac ipsa disputatione constitit: quia sic est summa essentia supra et extra omnem aliam naturam, ut, si quando de illa dicitur aliquid verbis, quae communia sunt aliis naturis, sensus nullatenus sit communis? Quem enim sensum in omnibus iis verbis quae cogitavi intellexi, nisi communem et usitatum? Si ergo usitatus sensus verborum alienus est ab illa: quidquid ratiocinatus sum non pertinet ad illam? 349 Mon 65, I 76, 8–9: Quomodo igitur verum est inventum esse aliquid de summa essentia, si quod est inventum longe diversum est ab illa? 350 Mon 65, I 76, 10–11: Quid ergo? An quodam modo inventum est aliquid de incomprehensibili re, et quodam modo nihil perspectum est de ea? A

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3.3.7 Vom vernünftigen Geist (K65–68) 3.3.7.1 Die Selbsterkenntnis des vernünftigen Geistes als Ebenbild in der Gotteserkenntnis (K65) Die Wesensattribute des höchsten Geistes, deren Begriffe als Namen (nomina) Gottes gelten, bezeichnen nicht die Eigenschaft (proprietas) der höchsten Natur. Vielmehr gelten sie nur im Gebrauch durch eine Ähnlichkeit des Verhaltens mit Namen und Begriffen als eines geistigen, wohl aber nicht durch eine Ähnlichkeit des bedeutend gedachten Inhalts. Aus diesem Grund also hindert nichts, daß einerseits wahr ist, was bisher über die höchste Natur erörtert wurde, anderseits sie nichts destoweniger unaussprechlich bleibt, wenn man erachtet, daß sie keineswegs durch die Eigentümlichkeit ihres Wesens ausgedrückt, sondern so gut es eben ging, durch ein anderes bezeichnet wurde. Denn welche Namen immer, wie es scheint, von dieser Natur ausgesagt werden können: sie zeigen sie mir nicht so sehr durch ihre Eigentümlichkeit, als sie sie durch eine Ähnlichkeit andeuten. 351

Die Unterscheidung zwischen der Erkenntnis durch Worte und durch etwas anderes (per aliud) weist auf jene andere Art des Erkenntnisverhaltens, die nicht mehr durch den Gebrauch der Allgemeinbegriffe und mittels ihrer Bedeutungen, sondern durch die Ähnlichkeit des vernünftigen mit dem höchsten Geiste in dessen Verhalten als sprechend und schöpferisch und erkennend sich zu erkennen gebend vermocht sein kann. In ihr erinnern wir uns des Ursprungs, da er uns zu eigen wird, wir vermögen erkennend ihn in seiner Gabe und das uns Gegebene zu achten und zu lieben. Das Medium der Erkenntnis ist keines der bedeutsam zu verstehenden Worte allein, sondern die für den Geist genannten Vermögen des Gedächtnisses, der Erkenntnis und der Liebe. Ihre Verbindung aber ist ohne Gebrauch der Urteilskraft in Vernunft weder zu erkennen noch zu gedenken möglich. Insofern ist sie Einheitsbedingung des Geistes, wie es sich mit K66 ff. auch zeigt.

351 Mon 65, I 76, 19–24: Hac itaque ratione nihil prohibet et verum esse quod disputatum est hactenus de summa natura, et ipsam tamen nihlominus ineffabilem persistere: si nequaquam illa putetur per essentiae suae proprietatem expressa sed utcumque per aliud designata. Nam quaecumque nomina de illa natura dici posse videntur: non tam mihi eam ostendunt per proprietatem, quam per aliquam innuunt similitudinem.

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Wenn ich nämlich an die Bedeutungen derselben Wörter denke, so erfasse ich im Geiste näherliegend das, was ich in den geschaffenen Dingen erblicke, als das, von dem ich erkenne, daß es jeden menschlichen Verstand übersteigt. Denn etwas viel Geringeres, ja etwas weit anderes richten sie in meinem Geiste durch ihre Bedeutung auf, als das ist, zu dessen Erkenntnis dieser mein Geist mittels dieser dürftigen Bezeichnung voranzuschreiten sucht.352

Es bedarf zu dieser so eröffneten Erkenntnishaltung des Gedenkens der Unvergleichbarkeit, verbunden mit der Begrenzung des verstehenden Gebrauchs von Allgemeinbegriffen durch den Verstand; eine solche Grenze seiner Begriffe bedeutet für den aussagenden Verstand eine Unaussprechlichkeit und Unbegreiflichkeit. Darum geht die Unbegreiflichkeit des Sichsprechens des höchsten Geistes zwar auf die Grenze der durch die Allgemeinbegriffe vermittelten Erkenntnis, bindet sich aber mit der kategorialen Unaussagbarkeit der höchsten Natur an das zurück, was als Einheit der vielen Wesensbegriffe zu halten das Vermögen der Begriffsform übersteigt. Wie ist dann die Erkenntnis möglich, wenn keine Erkenntnis durch Allgemeinbegriffe möglich ist, deren Bedeutung die höchste Wesenheit nur immer in einer Weise bezeichnen, als handelte es sich um Eigenschaften (wie ja auch der Begriff des Gottesattributs suggeriert) und darum gerade nicht in dem zutreffen, was ihr Selbstsein in der Einzigkeit ausmacht? Da es also offenbart ist, daß von dieser Natur nichts durch ihre Eigentümlichkeit, sondern durch etwas anderes (per aliud) erfaßt werden kann, ist es gewiß, daß man durch das mehr an ihre Erkenntnis herankommt, was sich ihr durch Ähnlichkeit nähert. 353

Wenn man auf die bisherige Gedankenführung des »Monologion« zurückblickt, scheint der Ausdruck ›durch‹ (per) hier nicht mehr in demselben Sinne verstanden zu werden, wie er in K1 bis 14 in der Einteilung ›durch sich selbst‹ und ›durch etwas anderes‹ verstanden werden mußte. Dort bedeutet ›durch etwas‹ im wesentlichen die Ab352 Mon 65, I 76,24–29: Etenim cum earundem vocum significationes cogito, familiarius concipio mente, quod in rebus factis conspicio, quam id quod omnem humanum intellectum transcendere intelligo. Nam valde minus aliquid, immo longe aliud in mente mea sua significatione constituunt, quam sit illud ad quod intelligendum per hanc tenuem significationem mens ipsa mea conatur proficere. 353 Mon 66, I 77,7–9: Cum igitur pateat quia nihil de hac natura possit percipi per suam proprietatem sed per aliud, certum est quia per illud magis ad eius cognitionem acceditur, quod illi magis per similitudinem propinquat.

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hängigkeit, da es das Sein und die Aussage der Dinge nicht durch diese selbst, sondern aufgrund dessen begründet sieht, das durch sich selbst ist, was es ist. Im ›durch Ähnlichkeit‹ kann das ›durch‹ soviel wie ›mittels‹ bedeuten. Oder man entschließt sich, das per als ›für‹ zu übersetzen, wie Elmar Salmann vorschlägt. 354 Aber dann gilt es hier für die Stelle nur in K66, nicht z. B. für die Stellen in K13 bis 14, in denen das durch den Grund bedeutet. Hier in diesem Satz haben wir beidesmal ein ›durch‹ (per): per omnia (durch alles hindurch) und per quam; einmal ist das Akkusativobjekt ›alles‹, dann die höchste Natur (per quam). Warum sollte man dann an zwei Stellen desselben Satzes für dieselbe Präposition eine andere Bedeutung lesen? Muß nicht eine Bedeutungsgleichheit sogar nahegelegt sein? In K65 im Ausdruck ›durch anderes‹ (per aliquid), das den Menschen meint, kann ›durch‹ (per) nicht Abhängigkeit, sondern muß Instrumentum sein. Die Bedeutung des Grundes erhielt die höchste Natur damit spezifisch im Verhältnis zu den geschaffenen Dingen und zwar erst mit dem Ausschluß einer Hilfs- oder Wirkfunktion. In weiteren Ausdrücken in K65: durch anderes bezeichnen wir (per aliud significamus), durch etwas bezeichnet (per aliquid designata) oder durch die Rätsel wird genannt (per aenigmata loquimur) wird das per nur als Mittel gebraucht. Für das ›durch‹ (per) der höchsten Natur wurden im Grundverhältnis des Erschaffenseins der Dinge die stofflichen, instrumentellen Verhältnisse diskutiert und ausgeschlossen, um die Eigenart des Grundverhältnisses zu einer höchsten Natur in den Blick zu bekommen. So kann der vernünftige Geist bzw. der Mensch die Mittelfunktion in Erkenntnis durch seine Ähnlichkeit und mittelbare Erkenntnis zur Anähnlichung übernehmen.

3.3.7.2 Der vernünftige Geist in seiner wahren Abbildlichkeit (K66) Anselm benötigt keinen Beweis dafür, daß das Genannte etwas anderes als der vernünftige Geist sein kann, so daß es aus dem bereits Erkannten offenbar ist: Es ist also offenbar, daß, wie allein der vernünftige Geist es unter allen Geschöpfen ist, der zu ihrer Erforschung aufzusteigen vermag, so desungeachtet er allein es ist, durch den er selbst am meisten zu ihrer Auffindung voranschreiten kann. Denn es wurde schon erkannt (in K.31), daß dieser ihr an meisten durch die Ähnlichkeit der natürlichen Wesenheit nahekommt. 355

E. Salmann, Korreflexive Vernunft und Theonome Weisheit, S. 149. Mon 66, I 77,17–20: Patet itaque quia, sicut sola est mens rationalis inter omnes creaturas, quae ad eius investigationem assurgere valeat, ita nihilominus eadem sola est, 354 355

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Der vernünftige Geist (mens rationalis) 356 , der synonym mit dem Geist der Vernunft (mens rationis) gebraucht (K1) und gelegentlich als der menschliche Geist (mens humana: K32, K36) bezeichnet wird 357 , läßt sich als die einzige Natur 358 als vernünftige Natur aus der gesamten Schöpfung für die Erforschung der höchsten Natur 359 herausheben. Eine doppelte Bedeutung gewinnt K66 damit für die Gotteserkenntnis: zum einen, daß der vernünftige Geist, der bis jetzt als Inbegriff aller Vermögen wie Unterscheidungsvermögen, Vernunft, beurteilender Verstand, Gedächtnis, Erkenntnis und Liebe gedacht war, jetzt sein Sein als Abbild im Ursprungsverhältnis zum höchsten Geist hat. 360 Sein Sein als Vermögen ist Abbild des höchsten Geistes. Zum andern ist er als Träger dessen, was die natürliche Wesenheit besitzt, nicht unbestimmt wie in K31 als ein Ding genannt, sondern spezifisch als der vernünftige Geist zu begreifen. Damit macht K66 kund, daß ein Ähnlichkeitsverhältnis als Ursprungsverhältnis zum höchsten Geist nicht einfach die Dinge haben können, sondern nur der vernünftige Geist als Mensch haben kann. Nach der bisherigen Argumentation gebraucht Anselm den Begriff der Ähnlichkeit im doppelten Sinne. Der erste ist dort zu beobachten, wo eine Vergleichserkenntnis über die Struktur des Spreper quam maxime ipsamet ad eiusdem inventionem proficere queat. Nam iam cognitum est quia haec illi maxime per naturalis essentiae propinquat similitudinem. 356 F. S. Schmitt übersetzt mens rationalis als der Geist der Vernunft und der vernünftige Geist. 357 Anselm nennt den vernünftigen Geist als menschlich (mens humana; K36 – oder den menschlichen Verstand (intellectus humani; K64) –, wenn er insbesonders dessen Grenze in der Wesenserkenntnis der höchsten Natur zum Ausdruck bringen möchte; Mon 36, I 55, 6–10: quomodo comprehendat humana mens, cuiusmodi sit illud dicere, et illa scientia, quae sic longe superior et verior est creatis substantiis, si nostra scientia tam longe superatur ab illis, quantum earum similitudo distat ab earum essentia?; Mon 64, I 74, 30–75, 1: Videtur mihi huius tam sublimis rei secretum transcendere omnem intellectus aciem humani, et idcirco conatum explicandi, qualiter hoc sit, continendum puto. Ferner vgl. Mon 65. 358 Dem bis jetzt Gesagten nach gelten die Erkenntnis-, Handlungs- und Wollensvermögen der vernünftigen Natur als das, was ähnlich mit dem höchsten Geist ist. Alle diese genannten Vermögen oder Vermögensträger kommen dem vernünftigem Geist (mens rationalis; M1, M15, M31–38, M65) als Vernunft (ratio), Verstand (intellectus; K31), Unterscheidungkraft (ratio discretionis; K68), Unterscheidungsurteil (iudicum discretionis; K68) und ferner als Wollen (K68) zu. 359 Vgl. M. Enders, Wahrheit und Notwendigkeit, S. 259 ff. 360 Zu erinnern ist, daß die Methodik des ›sola ratione‹ das Verhalten der Beurteilung zum Ausgang der Vernunfterkenntnis genommen hat. Dann erst in den K29–36 ist der vernünftige Geist in Vergleichsanalogie mit dem höchsten Geist eingeführt. A

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chens als des Denkens und Erkennens des höchsten Geistes mit dem vernünftigen Geist in K29–34 entschieden wurde. Jede menschliche Erkenntnis der Dinge ist im Unterschied zur Erkenntnis des höchsten Geistes durch Worte vermittelt, die Anselm als Ähnlichkeit der Dinge bezeichnet. So kann keine Erkenntnis der Dinge als solcher wie sie in ihrer Wesenheit sind, sondern nur durch Worte von ihnen als in der Wortbildung erzeugte Ähnlichkeit für uns möglich sein (vgl. K34). Das Wort des höchsten Geistes ist tatsächlich ein Medium sowohl für die Schöpfung als auch für die Erkenntnis ihres Schöpfers. Diese Erkenntnis trägt der vernünftige Geist unter dem Geschaffenen allein und zwar durch die Erkenntnis seiner selbst als eines Abbildes des höchsten Geistes: Was also ist offenkundiger, als daß der vernünftige Geist umso wirksamer zu ihrer Erkenntnis aufsteigt, je eifriger er sich anstrengt, sich kennenzulernen, und umso mehr von ihrer Schau herabsinkt, je mehr er es vernachlässigt, sich selbst anzuschauen? 361 Nichts anderes also ist in ein Geschöpf hineingelegt worden, das so das Abbild des Schöpfers zur Schau trägt. 362

Der vernünftige Geist ist das wahre Abbild der höchsten Wesenheit. Damit ist die Ähnlichkeit im zweiten Sinne angesprochen, die die mit Erkenntnis erzeugte Abbildhaftigkeit des höchsten Geistes meint. Und in diesem Sinne ist sie ein Ausdruck der durch die rechte Ausübung der gegebenen Vermögen gewahrten Würde. Insofern ist der Begriff der Ähnlichkeit sowohl ein ›praktischer Begriff‹ als auch ein Grenzbegriff der menschlichen Erkenntnis, der die Möglichkeit der Selbsterkenntnis des Menschen und damit die Ähnlichkeit im zweiten Sinne bedingt. Die zuletzt genannte Selbsterkenntnis des vernünftigen Geistes ist der Weg zur Erkenntnis des höchsten Geistes, der von Angesicht zu Angesicht nicht gesehen sein kann. Anselm gebraucht zur Umschreibung die Metapher des Spiegels und seiner reflexiv erzeugten Bilder:

361 Mon 66, I 77, 21–24: Quid igitur apertius quam quia mens rationalis quanto studiosius ad se discendum intendit, tanto efficacius ad illius cognitionem ascendit; et quanto seipsam intueri negligit, tanto ab eius speculatione descendit? 362 Mon 67, I 78, 10–11: Nihil igitur aliud est inditum alicui creaturae, quod sic praeferat imaginem creatoris.

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Sehr passend kann also gesagt werden, daß er sich selbst wie »ein Spiegel« ist, in dem er sozusagen das Abbild jener schaut, die er »von Angesicht zu Angesicht« (facie ad faciem) nicht sehen kann. 363

3.3.7.3 Die Abbildstruktur des vernünftigen Geistes und ihre doppelte Reflexion (K66) Mit der Metapher des Spiegels 364 als Medium des eigenen Schauens des Abbildes des höchsten Geistes sieht der vernünftige Geist sich selbst in der reflexiven Erzeugung von dessen wahrem Abbild. Der vernünftige Geist sieht sich selbst als ein Spiegel, darin er sich ansichtig wird. Und dann muß er ferner gegen die Metapher nur durch das Denken sich sagen, daß er in ihm sich als das Abbild von jenem schaut, nicht als das Bild von sich selbst als Gespiegeltem. Vielmehr ist das Bild das des höchsten Geistes und er als abbildend spiegelnder Geist ist das Spiegelnde des Bildes. Die Spiegelmetapher bringt eine doppelte Reflektiertheit. Zum einen gibt sie einen Bildbegriff dafür, daß der vernünftige Geist sich selbst als ein Medium erweist, das ihm kenntlich macht, was er in seinem Reflexionsvermögen ist. Zum anderen ist das Vermögen des Sehens des vernünftigen Geistes auf ihn selbst so bezogen, daß dieser zur Selbsterkenntnis gelangt. Anselm akzentuiert durch diese doppelte Reflexion, daß der vernünftige Geist Medium und zugleich Zweck der Bildung der Selbsterkenntnis ist, wie es die Bildung der reflektierenden Urteilskraft (K68) dann einholt. Die Abbildstruktur der Spiegelung geht mit den triadisch sich strukturierend verhaltenden Vermögen aus den gleichnamigen Wesensattributen von Gedächtnis, Erkenntnis und Liebe in die Ähnlichkeit des Bildungsprozesses über. Diese Schritte vollziehen sich in den Kapiteln K68–78. In diesen Grundzügen der Ternare im trinitari363 Mon 67, I 77, 27–78,1: Aptissime igitur ipsa sibimet esse velut »speculum« dici potest, in quo speculetur ut ita dicam imaginem eius, quam »facie ad faciem« videre nequit. 364 Zur Verhältnisbestimmung unbegreiflicher Verhaltensbezüge gebraucht Anselm wohlbedacht Metaphern als Darstellungen, wie das Licht in K6, den Hauch in K57, das Rätsels (aenigma) in K65 und den Spiegel (speculum) in K67; Mon 57 I, 68, 20–26: Filium vero pater solus non facit, sed gignit. Pater autem pariter et filius non faciunt neque gignunt, sed quodam modo si sic dici potest spirant suum amorem. Quamvis enim non nostro modo spiret summe incommutabiliis essentia, tamen ipsum suum amorem a se ineffabiliter procedentem non discedendo ab illa sed existendo ex illa, forsan non alio modo videtur posse dici aptius ex se emittere quam spirando.

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schen Leben erkennt M. Schmaus die Gemeinsamkeit von Anselm und Augustinus: 365 Denn wenn dieser Geist allein aus allem, was geschaffen wurde, sich seiner bewußt und erkennend und liebend sein kann, sehe ich nicht, warum verneint werden soll, daß in ihm das wahre Abbild jener Wesenheit ist, die durch Bewußtsein (per suam memoriam) ihrer selbst und Erkenntnis und Liebe in einer unaussprechlichen Dreifaltigkeit besteht. 366

Der Ausgang dieses trinitarischen Lebens liegt in der Beurteilung und sein Vollzug in der Liebe, wie es noch zu erläutern ist (unten 3.3.7.7 u. 3.3.8). 3.3.7.4 ›Melius ipsum quam non ipsum‹ als Bildungsstruktur des Selbstseins des vernünftigen Geistes in Erzeugung der Ähnlichkeit Die Ähnlichkeit des Wasseins des vernünftigen Geistes mit dem höchsten Geist, der nur im Ursprungs- und Selbstverhältnis erkennbar ist, ist selbst Maßbild für die Selbstentsprechung und das Selbstseinkönnen. 367 Das Können und Vermögen in ihrem Werk und ihrer Bildung rücken von K34 an in K66–78 ins Zentrum der Anmessungsbewegung. Als solcher ist der Begriff der Ähnlichkeit bereits ein praktischer: er kann nur das Ähnlichkeitsverhalten als das Maß der Selbstgemäßheit in der Anmessung als Bildung bedeuten, die im Ursprung das Maß der Vollendung angenommen hat, die nicht jenseits dieser Bildung liegt. Und darum kann er nicht vor der Anmessung in der Bildungsarbeit als Maßentsprechung gedacht werden und auch dies bildet einen nunmehr praktischen Aspekt der Unbegreiflichkeit. In der Ähnlichwerdung wird das Selbstsein des vernünftigen 365 Vgl. M. Schmaus, Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, S. 33: »So besteht zwischen Augustinus und Anselm zwar Verschiedenheit in der Methode, aber Gemeinsamkeit in der Grundanschauung über das göttliche trinitarische Leben als Vollzug des Geistes«. 366 Mon 67, I 78,1–4: Nam si mens ipsa sola ex omnibus quae facta sunt, sui memor et intelligens et amans esse potest: non video cur negetur esse in illa vera imago illius essentiae, quae per sui memoriam et intelligentiam et amorem in trinitate ineffabili consistit. 367 Vgl. H. Kohlenberger, Zur Metaphysik des Visuellen bei Anselm von Canterbury, S. 26.

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Geistes als Ausübung seiner Ähnlichkeit vollzogen. Seine Ähnlichkeit besteht nicht in seinem Gewordensein, sondern im Vermögen selbst, ähnlich zu werden, 368 das wir als das Vermögen der Urteilskraft begreifen können, die sowohl Maß- als auch Erkenntnisvermögen ist. Darum gilt jede Bildung des Beurteilungs- und Anmessungsvermögens als Erneuerung der Ursprungserkenntnis und somit der Schöpfung selbst. Die Schöpfung erneuert aufgrund der ebenbildlichen Selbsterkenntnis des vernünftigen Geistes den vernünftigen Geist als Vermögen der Seele (K69–78), da die bildende Erkenntnis als Erkenntnis in Bildung des Ursprungs immer auch als Ursprung des eigenen Könnens gedenkt. Dies formuliert Anselm bereits in K10 vom Aspekt des Sprechens der höchsten Wesenheit her, daß dieses Sprechen nicht nur stattgefunden hat, bevor die Dinge geworden sind, damit sie durch es werden, sondern immer noch stattfindet, wenn die Dinge geworden sind, damit sie durch es ursprünglich gewußt werden (sciantur), ursprünglich in ihrem Wissen sind: Wenn daher kein Sprechen über irgendein Ding so sehr dem Dinge nahekommt wie jenes, das aus solchen Worten besteht, und nichts anderes so ähnlich dem künftigen oder schon existierenden Dingen in jemandes Denken vorhanden sein kann, dann kann nicht mit Unrecht angenommen werden, daß bei der höchsten Substanz ein solches Sprechen der Dinge sowohl stattfand, bevor sie waren, um durch es zu werden, als auch stattfindet, wenn sie geworden sind, um durch es gewußt zu werden (sciantur).369

Danach kann in der Zeit, wie K35 bestätigt, weder ein Anfang noch Ende des ursprünglichen Erkanntwerdens im schöpferischen Sprechen gedacht werden. Die Vollendung, die mit der Gedächtnisbedingung im Maß der Kunst des Schöpfungswerks (K34) einhergeht, muß sich auf ein Werk beziehen, das in seiner Bildung das erreicht, was der Ursprungsbestimmung in dessen Gabe und Ermöglichung entspricht. Das bildnerische Vermögen bleibt also zugleich als Zweck 368 Vgl. Augustinus, »De trinitate« XIV 8,11 [CCSL 50A, 436,11–14]: Eo quippe ipso imago eius est quo eius capax est eiusque esse particeps potest, quod tam magnum bonum nisi per hoc quod imago eius est non potest. 369 Mon 10 I, 25, 22–27: Quapropter si nulla de qualibet re locutio tantum propinquat rei, quantum illa quae huiusmodi verbis constat, nec aliquid aliud tam simile rei vel futurae vel iam existentis in ratione alicuius potest esse: non immerito videri potest apud summam substantiam, talem rerum locutionem et fuisse antequam essent ut per eam fierent, et esse cum facta sunt ut per eam sciantur.

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grundlegend und erfordert die Geistigkeit ihrer Bestimmung. Das Sprechen als Schöpfung ist keine in zeitlichen Wirkungen einmalig abgeschlossene Handlung. Vielmehr wird es im angemessenen Gebrauch der Urteilskraft und ihrer Erkenntnis, die die Ähnlichkeit im Verhalten wahrt, je neu als gegenwärtig angenommen, wo die Entsprechung der geistigen Vermögen gelingt. Zur Ursprungserkenntnis des vernünftigen Geistes gehört darum sein Beurteilungsverhalten im Selbstsein als erneuernde Kraft in der Schöpfung. Und zu ihm gehört ein ihrem Ursprung ähnliches Sich-Bilden und Reformieren und ein Handeln, das sich mit diesem Verhalten anmißt und sich durch Urteilsbildung und Urteilsentscheidung bestimmt 370 Anselm wird später im »De veritate« das Selbstsein der Dinge als ihr Ähnlichsein mit dem ursprünglichen Sein im Denken des rechten Sollens (debere) formulieren. Im »Monologion« gibt sich die Wesenheit als höchste Natur zum Grund und Maß des Seinkönnens derjenigen Dinge, die an der Bildung der Beurteilungskraft fürsorglich und befürsorgtwerdend in ihrem Vermögen teilhaben. Wahrheit gehört der Erkenntnisbildung in der Entsprechung des Ähnlichen mit seinem Grund an. Dies hat im »De veritate« in gewisser Weise Eingang gefunden: zuerst ist die Bestimmung der Wahrheit der Aussage (enuntiatatio; DV2), der Meinung (opinio; DV3), der Handlung (actio; DV5) usw. zugrundezulegen und dann die gesuchte Wahrheit alle als Rechtheit (rectitudo) und als je durch diese begründet zu erfassen, in der sie mit der Gerechtigkeit und der Angemessenheit verbunden bleibt. Anselm weist dort darauf hin, daß man nach der Wahrheit der Wesenheit der Dinge (de veritate essentiae verum) selten gefragt hätte, obwohl nach der Wahrheit der Bezeichnung (significatio) häufig gefragt worden sei. 371 Das hier von ihm selbst angesprochene Versäumnis, daß die Wahrheit nur vom Aspekt des Aussageurteils, aber nicht hinsichtlich der Wesenheit der Dinge gedacht wird, läßt sich nun auf der Grundlage dessen auf-

370 Insofern trägt der vernünftige Geist die Bedeutung auch für die gesamte Methodik des ›sola ratione‹ von Beginn an. Entgegen H. Kohlenberger, Similitudo und Ratio. Überlegungen zur Methode bei Anselm von Canterbury, S. 117: »Von mens rationalis ist also vornehmlich dann die Rede, wenn es sich um unmittelbare (Gottes- und Selbst-) Erkenntnis handelt (…).« 371 DV 9, I 188,27–29: Sed redeamus ad veritatem significationis, a qua ideo incepi, ut te a notioribus ad ignotiora perducerem. Omnes enim de veritate significationis loquuntur; veritatem vero quae est in rerum essentia, pauci considerant.

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heben, was im »Monologion« vorbereitet wurde: 372 Die Dinge sind von ihrer Wesenheit her wahr, wenn sie so sind, wie sie in ihrem Ursprung, d. h. in der höchsten Wahrheit (ibi) sind. 373 Nur dann können sie in sich wahrer sein, da sie eigene Wesenheit haben, als sie wahr in der Ähnlichkeitsbildung unseres Wissens sind. Das Maß für ihre Wahrheit können die Dinge aber nicht durch sich selbst haben, sonst könnten wir ihnen gegenüber nie ermessen, inwiefern ihnen unser Wissen von ihnen ähnlich ist; es müßte sich auf einen Selbstvergleich beschränken. 374 Die Dinge werden nur im Mitdenken ihres ursprünglichen Sprechens ›in sich wahr‹ genannt, dessen Beurteilung wir in der Vernunft des Geistes mitvollziehen: Vernünftigsein ist Unterscheidenkönnen (K68: Urteilskraft der Vernunft) Nach der Bestimmung im »De veritate« ist etwas dann wahr, wenn es ist, wie es sein soll. Das wahre und rechte Sein eines Dinges besteht in der Übereinstimmung, wie es geschaffen ist und wie es sein geschaffenes Sein so empfangen hat, daß es so ist, wie es ursprünglich geschaffen ist. 375 Hier erweitert sich das mitdenkende Sprechen des ursprünglichen Worts im vernünftigen Geist zur Aus372 B. Goebel hebt hervor, daß Anselm im »Monologion« nicht dazu gekommen sei, »die Bedeutung seiner Ontologie, Erkenntnislehre und Sprachphilosophie für den Begriff der Wahrheit selbst darzulegen«. S. 192. 373 DV 7, I 185,11–186,3: M. An putas aliquid esse aliquando aut alicubi quod non sit in summa veritate, et quod inde non acceperit quod est inquantum est, aut quod possit aliud esse quam quod ibi est? D. Non est putandum. M. Quidquid igitur est, vere est, inquantum est hoc quod ibi est. D. Absolute concludere potes quia omne quod est vere est, quoniam non est aliud quam quod ibi est. M. Est igitur veritas in omnium quae sunt essentia, quia hoc sunt quod in summa veritate sunt. (…) M. Si ergo et veritas et rectitudo idcirco sunt in rerum essentia, quia hoc sunt quod sunt in summa veritate: certum est veritatem rerum esse rectitudinem. 374 Dazu oben 3.1.3 u. 3.1.4. 375 DV 2, I 179, 10–17: M. Alia igitur est rectitudo et veritas enuntiationis, quia significat ad quod significandum facta est; alia vero, quia significat quod accepit significare. Quippe ista immutabilis est ipsi orationi, illa vero mutabilis. Hanc namque semper habet, illam vero non semper. Istam enim naturaliter habet, illam vero accidentaliter et secundum usum. Nam cum dico; dies est, ad significandum esse quod est, recte utor huius orationis significatione, quia ad hoc facta est; et ideo tunc recte dicitur significare. Empfangen (accepere) bedeutet – vom Subjekt her betrachtet, also passiv formuliert – gegebensein (datum); DV 3, I 180, 11–14: Secundum rationem, quam de propositione vidimus, nihil rectius dicitur veritas cogitationis quam rectitudo eius. Ad hoc namque nobis datum est posse cogitare esse vel non esse aliquid, ut cogitemus esse quod est, et non esse quod non est. DV 5, I 183, 3–6: Sicut enim ignis, cum calefacit, veritatem facit, quia ab eo accepit a quo habet esse: ita et haec oratio, scilicet ›dies est‹, veritatem facit, quoniam hoc naturaliter accepit facere.

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bildung der Angemessenheit in der Beurteilung des Jeweiligen. Das Maß der Rechtheit und der Wahrheit eines Dinges in unserer Beurteilung ist zugleich die Wesensbestimmung für die Erkenntnis desselben. 376 Die Dinge sollen gemäß dem sein, wie sie geschaffen, also was sie ursprünglich sind. Insofern ist ihr Sollen von ihrem Ursprung her bestimmt. Dieser ist aber nur und also auch für uns als das Sollen als ursprünglicher Bestimmungsgrund zu erkennen. Denn wir bringen im sich bildenden Urteilsvermögen den Mut zur rechten Beurteilung mit der Bereitschaft auf, das jeweils in Anspruch genommene Maß zu bewähren. Dagegen können sie nicht sein sollen, nur daß sie sind, da sie nicht der Ursprung ihres eigenes Seins oder ihrer eigenen Existenz sind. Darum ist nicht nach der Wahrheit der Dinge, sondern zuerst nach der Wahrheit der Wesenheit der Dinge gefragt. Die gesuchte Wahrheit besteht entsprechend als Grundbestimmung der Wahrheit als Rechtheit darin, daß jedes Ding so sein soll, indem es so ist, wie es in der höchsten Wahrheit ist. 377 Im Unterschied zum »De veritate«, wo die Dinge entweder als wahr, recht (recte) oder gerecht – dementsprechend nicht wahr, nicht recht und nicht gerecht in Entgegensetzung – genannt werden können, werden die geschaffenen Dinge im »Monologion« durch das vergleichende Beurteiltwerden als mehr oder weniger wahr gedacht. Wie diese Komparative ein offenes dynamisches Verhältnis darstellen, bedeutet das Ursprungsverhältnis im »Monologion« 378 für ihre Beurteilung kein Gesetz des imperativen Sollens der Dinge, sondern die Maßannahme der Ähnlichkeit in der Selbstverpflichtung zur Vermögensbildung. Auf diesen im »Monologion« schon vorbereiteten Gedanken greift Anselm selber als Grundlage der Bestimmung des Begriffs der Wahrheit als Rechtheit auf. Nicht die Wahrheit von irgend etwas, sondern die Wahrheit als solche in K11 kann in der »De veritate« so formuliert werden, daß sie die allein durch den Geist 376 Anselm unterscheidet hier nicht von der Wesenheit der Dinge und den Dingen, da er die Dinge vom Aspekt dessen her betrachtet, was sie sind und dieses Was beinhaltet die Wesenheit des Dinges. 377 DV 7, I 186, 1–3; Si ergo et veritas et rectitudo idcirco sunt in rerum essentia, quia hoc sunt quod sunt in summa veritate: certum est veritatem rerum esse rectidudinem. 378 Im »Monologion« ist der Gedanke der Rechtheit und der Gerechtigkeit nicht unmittelbar entfaltet, obwohl der Gedanke der Rechtheit, die nur – nach der Bestimmugn der Wahhreit in »De veritate« durch den Geist erfaßbar ist, in der Bestimmung des Erkennens des höchsten Geistes als solchem, das allein durch die Schärfe des Denkens im schaffenden Geist durchschaut wurde, mit begriffen ist.

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begreifbare Rechtheit ist (rectitudo sola mente perceptibilis). 379 Diese allein durch den Geist erfaßbare und begreifbare Rechtheit als Maß ist die Gerechtigkeit. 380 Der Selbstvergleich im ›melius ipsum quam non ipsum‹, ist ein Vergleich mit seiner eigenen Negation, mit seinem eigenen ›Nichtes-Sein‹ (oben 3.1.4). Für das Seinkönnen heißt das: etwas steht als es selbst im Beurteilungsvergleich zu seinem Unvermögen, der so jede Vernunft zur Entschiedenheit in die Mitverantwortung zwingend einbindet. Ein Unvermögen als seines zu denken, bedeutet ihr die Verantwortung im Seinkönnen für dessen Vermögen. Als solches leistet das Prinzip ›melius ipsum‹ seine funktionalen Dienste in seiner praktischen Bedeutung, Selbstseinsvermögen in Maß und Bedingung zu erkennen zu helfen. Es demonstriert nicht nur die Implikationsstruktur des schöpferischen Wortes des höchsten Geistes (oben 3.3.4.2), sondern auch die Bildungsstruktur des Selbstseins des vernünftigen Geistes. 3.3.7.5 Die Ähnlichkeitserkenntnis der vernunftbegabten Natur (K68) Die Ähnlichkeitserkenntnis, die sich von der Erkenntnis durch die nomina, d. h. durch die allgemeinen Begriffe unterscheidet (K66), ist nur durch die beurteilende Handlung der Urteilskraft einsichtig. In K68 erreicht die Methodik des ›sola ratione‹, aus dem Verhalten der Beurteilung reflexiv zur Erkenntnis der höchsten Natur als Anähnlichung zu gelangen, insofern ihre Geltung und Rechtfertigung, als hier erstmals die Urteilskraft und das Unterscheidungsvermögen der vernünftigen Natur explizit zugesprochen werden. In dieser erstmals explizierten Urteilskraft, die nur in Ebenbildlichkeit sich bildend sich selbst erkennen und zu erkennen geben 379 DV 11, I 191, 19–20: M. Possumus igitur, nisi fallor, definire quia veritas est rectitudo mente sola perceptibilis. 380 Zur Begriffsbestimmung der Wahrheit bei Anselm und zur Untersuchung der Schrift »De veritate« M., Enders, Wahrheit und Notwendigkeit; B. Goebel., Rectitudo. Wahrheit und Freiheit bei Anselm von Canterbury. Eine philosophische Untersuchung seines Denkansatzes. Zum Begriff der Wahrheit bei Anselm außer den oben genannten vgl. R. Heinzmann, Veritas humanae naturae; G. Kapriev, … ipsa vita et veritas, S. 103– 143; H. Külling, Wahrheit als Richtigkeit; G. Söhngen, Rectitudo bei Anselms von Canterbury als Oberbegriff von Wahrheit und Gerechtigkeit; K. Flasch, Zum Begriff der Wahrheit bei Anselm von Canterbury; M. Dreyer, Veritas-Rectitudo-Iustitia.

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kann, begründet sich gleichzeitig die Einheit der oben herausgearbeiteten besonderen Bedeutungen des Prinzips ›melius ipsum‹, nämlich die Einheit der praktischen Struktur der Beurteilung und der Bildungsstruktur des Selbstseins der vernünftigen Natur. Demnach erweist sich die höchste Wesenheit sowohl als Grund des Erkennens als auch als Ursprung des Selbstseins der vernünftigen Natur als ihres wahren und lebendigen Abbildes. Anselm geht hier darauf ein, wonach das vernünftige Geschöpf als Abbild seines Schöpfers streben müsse, dies in Entsprechung zu sein: als wahres und lebendiges Bild, da es die ihm urbildlich werdende Dreieinheit als Struktur von Vermögen im selben Wesen der höchsten Natur so mitbegreift, daß sie der als individuell einzeln mitzudenkenden Subsistenzweise als Personen 381 zugeordnet sein kann. Es scheint demnach zu folgen, daß das vernünftige Geschöpf nichts so sehr erstreben muß, als dieses ihm durch das natürliche Vermögen (per naturalem potentiam) eingeprägte Bild durch willentliches Wirken (per voluntarium effectum) auszuprägen. Denn davon abgesehen, daß es ihr, die es schuf, das, was ist, schuldet, wird ihm von daher, daß es, wie erkannt, nichts so Vorzügliches als des höchsten Geistes sich zu erinnern und es zu erkennen und zu lieben vermag, dargetan, daß es ohne Zweifel nichts so vorzugsweise wollen darf. 382

Nach K67 gelten Gedächtnis, Erkenntnis und Liebe als natürliche Vermögen (potentia naturalis). Als natürlich gegeben sind sie von der durch die Schöpfungsbestimmung mitgegebenen Vollendung zu unterscheiden und diese Unterscheidung gibt sich als Ausrichtung zur Ausbildung als Vermögen. Anselm sieht die mit Unterscheidung begleitete Ausübung der natürlichen Vermögen als Selbstbestimmung in der Anähnlichung des Geistes, das in sich eingeprägte Bild 381 Vgl. Anselms Hinweis etwa 15 Jahre nach der Anfertigung des »Proslogion«: in einem Brief gibt er zu erkennen, daß das Personsein Gottes bzw. drei göttliche Personen den Kerngedanken sowohl des »Monologion« als auch des »Proslogion« bildet: Epistola de incarnatione verbi 6, II 20,16–19: Sed et si quis legere dignibatur duo parva mea opuscula, Monologion scilicet et Proslogion, quae ad hoc maxime facta sunt, ut quod fide tenemus de divina natura et eius personis praeter incarnationem, necessariis rationibus sine scriptura actoritate probari possit. 382 Mon 68, I 78,14–16: Consequi itaque videtur quia rationalis creatura nihil tantum debet studere, quam hanc imaginem sibi per naturalem potentiam impressam per voluntarium effectum exprimere. Etenim praeter hoc quia creanti se debet hoc ipsum quod est: hinc quoque quia nil tam praecipuum posse quam reminisci et intelligere et amare summum bonum cognoscitur, nimirum nihil tam praecipue debere velle convincitur.

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der höchsten Natur, 383 in orientierender Bestimmung des Willens, das eingeprägte Bild auszuprägen. 384 3.3.7.6 Urteilskraft als die Vernunftbestimmung und -bedingung (K68) Schließlich bedeutet der vernunftbegabten Natur (natura rationalis) vernünftig zu sein nichts anderes, als das Gerechte vom Nicht-Gerechten, das Wahre vom Nicht-Wahren, das Gute vom Nicht Guten, das Bessere vom weniger Guten unterscheiden zu können. 385

Die Vernünftigkeit des vernünftigen Geschöpfes liegt, wo immer es nach der Angemessenheit fragt, in der Urteilskraft. Dieser obliegt das Selbstangemessene gegen das Selbstunangemessene beurteilend zu erkennen und erkennend sich mit Vernunft zu entscheiden, das Selbstseinsgedächtnis von Identität und Einheitsbedingungen der Vermögen zu wahren. Die Grundform dieses Vermögens ist, das Gute vom Nicht-Guten und das Gerechte vom Nicht-Gerechten unterscheiden (discernere) zu können. Dieses Vermögen nennt Anselm das Unterscheidungsvermögen (ratio discretionis) 386 und das dabei unterscheidende Urteil als das Unterscheidungsurteil (iudicium discretionis), welches sich als eine Handlung vollzieht und das Handlungsverhalten entscheidend bestimmt und insofern ein praktisches Urteil genannt werden kann. 387 Damit erfährt hier zum dritten Mal nach K15 und K31 das ›melius ipsum‹ Kriterium einen entscheidenden 383 Den Willen der höchsten Natur, der als höchste Güte selbst nur wollen kann, daß das Gute sei, Bestand habe und nicht aufhöre zu sein, bringt Anselm zum ersten Beweis der Anfangs- und Endelosigkeit der höchsten Natur in K18, siehe oben 3.2.4.1. 384 Mon 68, I 78, 19–20: Quid enim negat quaecumque meliora sunt in potestate, ea magis esse debere in voluntate? 385 Mon 68, I 78, 21–23: Denique rationali naturae non est aliud esse rationalem, quam posse discernere iustum a non iusto, verum a non vero, bonum a non bono, magis bonum a minus bono. 386 F. S. Schmitt’ Übersetzungsvorschlag für den Ausdruck ratio discretionis ist »unterscheidende Vernunft« und für iudicium discretionis »das Urteil der Unterscheidung«. 387 Mon 68, I 78,23–79,1: Hoc autem posse omnino inutile illi est et supervacuum, nisi quod discernit amet aut reprobet secundum verae discretionis iudicium. Hinc itaque satis patenter videtur omne rationale ad hoc existere, ut, sicut ratione discretionis aliquid magis vel minus bonum sive non bonum iudicat, ita magis vel minus id amet aut respuat. Dazu vgl. E. Tielsch, Anselm von Canterbury und das »De libero arbitrio«-Problem, S. 93: »Besonders im praktischen Vorgehen in seinem Schriften spielen bei Anselm die rationes necessariae oder das iudicium und sein discernere als dianoetisches daher ebenfalls noch eine große Rolle.«

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Gebrauch in Funktion für das Verhalten in und gegenüber dem je eigenen Handeln. Dies ist aber für sie völlig unnütz und überflüssig, wenn sie das, was sie unterscheidet (quod discernit), nicht liebte oder verwürfe, je nach dem Urteil wahrer Unterscheidung (secumdum erae discretionis iudicium) 388

Handlungen sind nutzlos (inutile) und überflüssig (supervacuum), wenn die Handlung sich nicht aus ihrer Beurteilung bestimmt oder in ihrer Entscheidung dieser ihrer Beurteilung nicht entspricht. Daher also erscheint es klar genug, daß alles Vernünftige (omne rationale) dazu existiert, um, wie es durch die unterscheidende Vernunft (ratio discretionis) etwas als mehr oder weniger gut oder als nicht gut beurteilt (iudicat), so dies mehr oder weniger zu lieben oder zu verschmähen. 389

Die innerhalb des einzigen Kapitels 68 dicht hintereinander angeführten Begriffe wie potentia naturalis, ratio discretionis und iudicium discretionis thematisiert Anselm nicht als solche. Aber sie gelten als Grundlage für die Möglichkeit der die Methodik des ›sola ratione‹ befolgenden Vernunfterkenntnis des höchsten Geistes. Später in »Cur deus homo« anerkennt Anselm die Unterscheidung als ein eigenes Vermögen, wie der dort neu eingeführte Begriff ›potentia discretionis‹ zeigt. 390 Dieser entspricht dem Verständnis von Urteilskraft, wie es für diese Arbeit vom »Monologion« her leitend geworden ist. Der Begriff der Unterscheidung (discretio), die Edith Stein als die heilige Unterscheidung (sancta discretio) in ihrer Weise bezeich-

388 Mon 68, I 78,23–25: Hoc autem posse omnino inutile illi est et supervacuum, nisi quod discernit amet aut reprobet secumdum verae discretionis iudicium. 389 Mon 68, I 78,25–79,1: Hinc itaque satis patenter videtur omne rationale ad hoc existere, ut, sicut ratione discretionis aliquid magis vel minus bonum sive non bonum iudicat, ita magis vel minus id amet aut respuat. 390 CDH II 1, II 97, 5–14: Ideo namque rationalis est, ut discernat inter iustum et inustum, et inter bonum et malum, et inter magis bonum et minus bonum. Alioquin frustra facta esset rationalis. Sed deus non fecit eam rationalem frustra. Quare ad hoc eam factam esse rationalem dubium non est. Simili ratione probatur quia ad hoc accepit potestatem discernendi, ut odisset et vitaret malum, ac amaret et eligeret bonum, atque magis bonum magis amaret et eligeret. Aliter namque frustra illi deus dedisset potestatem istam discernendi, quia in vanum discerneret, si secundum discretionem non amaret et vitaret. Sed non convenit ut deus tantam potestatem frustra dederit.

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net, 391 hat für die Tradition der Benediktiner eine besondere Bedeutung, zumal dessen Gründer Benedikt von Nursia aufgrund seines Unterscheidungsvermögens gelobt wurde. Darauf hat K. Jacobi in seiner Untersuchung über Abaelards Einteilung der Wissenschaften und spezifischer Zuordnung der Logik und ihrer Bestimmung bereits hingewiesen. 392 Wenn man sich bewußt macht, daß Anselm ein Benediktiner war, scheint der Gebrauch dieses Begriffes im Kapitel 68 wie im Vernunftvollzug des ganzen Werks des »Monologion« für seine Denkungsart von großer Bedeutung zu sein. Jakobis Beitrag, der nicht unmittelbar die Bedeutung des Wortes ›discernere‹ und seinen Gebrauch bei Anselm, sondern bei dem diesem zeitlich nahe stehenden Denker Abaelard in den Vordergrund stellt, gibt uns zumindest einen wichtigen Hinweis auf die vergleichbare Bedeutsamkeit des Wortes. Peter Abaelard definiert nach ihm die Philosophie und die Logik spezifisch als das Unterscheidungswissen (scientia discernendi), welches sich vom Handlungswissen (scientia agendi) unterscheiden läßt. 393 Nicht »das aus Lebenserfahrung gewonnene und für richtige Entscheidungen in konkreten Situationen relevante Handlungswissen« nenne Abaelard – so Jacobi – die »scientia discernendi, sondern das theoretische Wissen von den Kriterien, nach denen zwischen Gut und Böse unterschieden wird.« 394 Nicht jeder Philosoph, sondern diejenigen Philosophen, die »an Feinheit der Einsicht herausragen und in dem, was sie wissen, sorgfältig unterscheiden (in his quae sciunt dilegentem habent discretionem)« 395 können, haben Unterscheidungswissen. Hiermit scheint Abaelard das Wort ›discernere‹ im Sinne der logischen oder wissenschaftlichen Fähigkeit zu gebrauchen, gegebene Regeln voneinander und nach »Hinsichten zu unterscheiden«. 396 Der bei Abaelard vorkommende Ausdruck potentia discernendi kann zufolge K. Jacobi mit Unterscheidungsfähigkeit übersetzt werden, wobei discretio als

391 Schw. Teresia Benedicta a Cruce O.C.D. (Edith Stein), Sancta Discretio, in: »Wie der Vorhof des Himmels«. Edith Stein und Beuron, 51–53. 392 K. Jacobi, Peter Abaelard. Unterscheidungswissen. 393 Ebd. S. 57. 394 Ebd. S. 62. Nach Anselm aber ist dieses »theoretisch« genannte Wissen der Kriterien ein in den Mitvollzug des ›melius ipsum‹ eingebundenes Erkennen als seinerseits praktisches Ähnlichkeitsverhalten mit dem, das es als Maßgrund geltend macht. 395 Ebd. S. 57. 396 Ebd. S. 60.

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»Unterscheidung(svermögen)« ohne weiteres ins Deutsche übertragen werden kann. 397 Wie ist dann der Begriff discretio bei Anselm zu verstehen? Unterscheidet sich Anselm von dem, was in den Regeln der Benediktiner hervorgehoben wird und von Abelrads Verständnis des Begriffs discretio? Kurz sei das relevante Kapitel aus der Benediktineregel vergegenwärtigt, in dem genau beschrieben wird, wie die Einsetzung und der Dienst des Abtes zu ordnen ist, um zu erkennen, welche ursprüngliche Bedeutung das Wort ›discernere‹ in Anselms Heimatorden der Benediktiner hat. »In seinen Befehlen sei er [Abt] vorausschauend und besonnen. Bei geistigen wie bei weltlichen Aufträgen unterscheide (discernat) er genau und halte Maß (temperet). Er denke an die maßvolle Unterscheidung (cogitans discretionem) des heiligen Jakob, der sprach: »Wenn ich meine Herden unterwegs überanstrenge, werden alle an einem Tage zugrunde gehen« (Gen 33, 13). Diese und andere Zeugnisse maßvoller Unterscheidung (discretionis), der Mutter aller Tugenden (matris virtutum), beherzige er. So halte er in allem Maß (temperet), damit die Starken finden, wonach sie verlangen, und die Schwachen nicht davonlaufen« 398

Die hier angesprochene Unterscheidung hat den Charakter der Weisheit und Klugheit, und die gemeinte Unterscheidung mit dem Bibelzitat bezieht sich wohl nach K. Jacobi auf »ein praktisches Wissen« 399 . Keineswegs hat sie eine theoretische Natur, wie bei Abaelard zu beobachten ist, bei dem es um die logische Unterscheidung geht, die die Wahrhaftigkeit und die Tragkraft zwischen den Argumenten anhand des Wissens prüft. Diese unterscheidet sich auch von der spezifischen Gebrauchsbedeutung bei Anselm. Demnach ist für die Erkenntnis des höchsten Geistes als praktische Erkenntnis das Vermögen der Urteilskraft bzw. Beurteilungskraft erforderlich, deren Grundlage in der Unterscheidungskraft beruht und den Charakter der Entscheidung zur Handlungsfigur hat. Also beruht sie darin, etwas von etwas unEbd. S. 61 f. Regula Benedicti, 64, 17–19: (…) in ipsius imperiis suis providus et consideratus, et sive secundum deum sive secundum saeculum sit opera, quam iniungit, discernat et temperet congitans discretionem sancti Iacob dicentis: Si greges meos plus in ambulando fecero laborare, morientur cuncti una die. Haec ergo aliaque testimonia discretionis, matris virtutum, sumens sic omnia temperet, ut sit, et fortes quod cupiant et infirmi non refugiant. Das Kapitel trägt den Übertitel de ordinando abbate. Die Benediktusregel, Lateinisch-Deutsch, S. 224; S 225. 399 K. Jacobi, Peter Abaelard. Unterscheidungswissen, S. 62. 397 398

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terscheiden und es als prinzipiell und unbedingt gut entscheidend zu beurteilen und dann nach der so beurteilt gewonnenen Erkenntnis aus der Entscheidung heraus zu handeln. So spricht Kohlenberger treffend von der »Verpflichtung zur Entscheidung« 400 , die das in K68 genannte Vermögen der Unterscheidung als Grundvermögen der Urteilskraft als Bedingung und Moment der Vernünftigkeit des Geistes selbst erfordert. 3.3.7.7 Liebe als Vollzug der Erkenntnis des Guten (K68) Die Vollzugsform dieses Handelns erkennt Anselm im weiteren in der Liebe zu dem als gut Erkannten. Nichts ist mithin offenkundiger, als daß das vernünftige Geschöpf dazu geschaffen wurde, daß es die höchste Wesenheit über alle Güter liebe, sowie sie ja das höchste Gute ist; ja daß es nichts liebt als sie oder um ihretwillen, weil sie gut durch sich ist und nichts anderes gut ist außer durch sie. 401

Der Prozeß der Unterscheidung, die das Prinzip ›melius ipsum‹ in seiner praktisch funktionalen Ausübung erfordert, beginnt damit, zuerst uns als die Beurteilenden vorzustellen oder uns dessen bewußt zu machen, was es bedeuten würde, wenn eine bestimmte Wesenheit der höchsten Natur in der Weise nicht gut wäre, daß es besser wäre, wenn sie nicht eine solche wäre. 402 Dies bedeutete, daß sie nicht gerecht wäre, weil ihr nicht gerecht zu sein besser als gerecht zu sein wäre. Die Einbildungskraft und das Bewußtsein der absoluten Affirmation und der Negation des schlechthinnigen Guten und Gerechten gehört zu dem, was den Beurteilungsprozeß in Gang setzt. Demzufolge kann das Prinzip ›melius ipsum‹ nicht im Sinne einer Ableitungsregel für die Wesensprädikate des höchsten Geistes, sondern 400 Vgl. H. Kohlenberger, Sola ratione, S. 38: »Diese Möglichkeit der Unterscheidung impliziert die Verpflichtung zur Entscheidung. Die Rationalität ist geradezu die Bedingung der Möglichkeit zur wertenden Einstellung. Diese Möglichkeit ist nicht absolutes Schweben, sondern Verpflichtung zur Anerkennung des absoluten Maßes in den graduellen Differenzen (…) die Anerkennung des absoluten Maßes als Liebe zu der höchsten Seiendheit gefaßt.« 401 Mon 68, I 79,1–5: Nihil igitur apertius quam rationalem creaturam ad hoc esse factam, ut summam essentiam amet super omnia bona, sicut ipsa est summum bonum; immo ut nihil amet nisi illam aut propter illam, quia illa est bona per se, et nihil aliud est bonum nisi per illam. 402 Dazu oben 2.8.

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vielmehr als Reflexionsregel für die Erkenntnis desselben begriffen werden. Sie lieben aber kann es nicht, wenn es sich nicht bemüht, sich ihrer zu erinnern und sie zu erkennen. Es ist also klar, daß das vernünftige Geschöpf sein ganzes Können und Wollen aufwenden muß, um des höchsten Guten sich bewußt [sic. gedenkt] zu sein und es zu erkennen und zu lieben, zu welchem Zwecke es gerade, wie es weiß, sein Dasein hat. 403

Mit der Liebe, die die Figur des Vollzugs und der Verbindung von Gedächtnis und Erkenntnis ist und neben diesen beiden zu den Ähnlichkeitsvermögen des menschlichen Geistes als Bildes des höchsten Geistes gehört, vollzieht sich bei Anselm die erst in der Ebenbildlichkeit als Gotteserkenntnis gründende Selbsterkenntnis. Als solche kann das Prinzip ›melius ipsum‹ keine inhaltlich bestimmte Erkenntnis zur Verfügung stellen. Denn die richtige Beurteilung, nach welcher Grundlage sie Erkenntnis gewinnt, ist ihrerseits bedingt von der Erkenntnis ihres Maßes. Dieses Maß der Beurteilung ist zufolge des Prinzips ›melius ipsum‹ selbst die schlechthin als gut zu beurteilende Wesenheit Gottes. Somit setzt das Beurteilungsvermögen die Erkenntnis ihres Maßes voraus, das aber erst erkannt werden sollte. Die Erkenntnis des Maßes vollzieht sich so nur in der Anmessung und ist darum von bildungspraktischer Art. Ein solches Vermögen ist nach dem »De veritate« der vernünftigen Natur gegeben, damit sie ihm gemäß sein kann. 404 Daß der vernünftige Geist gemäß seiner Natur sich selbst und seinen Ursprung erkennt, bedeutet, daß er aus seinem Ursprungsverhältnis her jenen erkennt, dessen Ausgang er in seinem Selbstverhältnis findet, so daß die Ähnlichwerdung keine Zielbestimmung bedeutet. Dies macht z. B. das Ursprungsverhältnis zwischen der ersten und zweiten göttlichen Person einsichtig. Der Vater ist nicht das Ziel (telos) des Sohnes, sondern der Sohn ist sein Gedächtnis, in dem das Verhältnis des Ursprungs zwischen Vater und Sohn und somit zwischen dem höchsten Geist und dem vernünftigen Geist allererst gründet. Dem Sohn kommt die Wesenheit (substantia) des Vaters, 403 Mon 68, I 79, 5–9: Amare autem eam nequit, nisi eius reminisci et eam studuerit intelligere. Clarum ergo est rationalem creaturam totum suum posse et velle ad memorandum et intelligendum et amandum summum bonum impendere debere, ad quod ipsum esse suum se cognoscit habere. 404 Anselm bezeichnet in K3 in »De veritate« das Denkvermögen als das uns Gegebene bzw. Gabe, und der Grund dieser Gabe ist selbst das Ausüben des angenommenen Vermögens; DV 3, I 180, 12–14: Ad hoc namque nobis datum est posse cogitare esse vel non esse aliquid, ut cogitemus esse quod est, et non esse quod non est.

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Erkenntnis, Wissenschaft, Weisheit und Wahrheit gleichermaßen zu und zwar in Form der spiegelnden Selbstreflexion. Diese stellt das immanente Verhältnis des drei einen göttlichen Ursprungs dar, nämlich die Erkenntnis der Erkenntnis (intelligentia intelligentiae), die Wissenschaft der Wissenschaft (scientia scientiae), die Weisheit der Weisheit (sapientia sapientiae) und die Wahrheit der Wahrheit (veritas veritatis). 405

Die Vernunfterkenntnis im »Monologion« bleibt mit der nur durch sie annehmbaren Anähnlichung immer in einer gewissen Fürsorge, die dem schöpferisch rettenden Geist sich nachbildet und von diesem als Verantwortung begriffen wird. In dieser Verantwortung begleitet die Vernunft den Gebrauch der Urteilskraft im Entsprechungsmodus des Selbstseins. Demzufolge besteht die Ähnlichkeit des vernünftigen Geistes mit dem höchsten Geist im Vermögen der Urteilskraft als sich bildende, das Gute vom Nicht-Guten unterscheiden zu können und dieses Können zu üben und zu lernen. Ferner besteht aber sie auch in seinem Vermögen, all das als gut Erkannte zu lieben, d. h. in praktischer Willensbestimmung selbstorientiert zu handeln. Denn nur mit der Liebe gibt die Hoffnung auf Erfüllung einen Grund, die Mühen der Übung auf sich zu nehmen, und zwar in der Annahme der Ursprungsbestimmung im Glauben (K75). Die Vollendung im Werk der Bildung in Selbstentsprechung als Vollkommenheit muß als möglich angenommen sein: Aber in diesem Streben wird die menschliche Seele sich keinesfalls üben können, wenn sie daran verzweifelt, dorthin kommen zu können, wohin sie strebt. So nützlich ihr daher der Eifer im Hinstreben ist, so notwendig ist (ihr) die Hoffnung hinzugelangen. 406

Der Partizipationsgedanke der Dinge, einen eigenen Ursprung im schöpferischen Wort zu haben, taucht ihr Sein in ein insgesamt praktisch bedeutsames Verhalten ein, wie es nur vom Beurteilenden her für sie in Geltung gehalten werden kann. 407 Anselm sieht mit dem 405 vgl. Mon 47, I 63, 4–7: At si ipsa substantia patris est intelligentia et scientia et sapientia et veritas, consequenter colligitur quia sicut filius est intelligentia et scientia et sapientia et veritas paternae substantiae, ita est intelligentia intelligentiae, scientia scientiae, sapientia sapientiae, veritas veritatis. 406 Mon 75, I 83, 11–13: Sed in hac intentione humana anima nullatenus se poterit exercere, si desperet quo intendit se posse pervenire. Quapropter, quantum illi est utile studium annitendi, tantum necessaria est spes pertingendi. 407 Zur Partizipation: In einem wesentlichen Punkt bei der kritischen Auseinandersetzung zwischen F. S. Schmitt und K. Flasch über die neuplatonischen Quellen bei Anselm geht es darum, inwieweit Anselm die Partizipationslehre rezipiert. Gegen die These von

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Sollen (debere) 408 im »De veritate« die Dinge als geschaffene in der Beurteilungserkenntnis des ebenbildlichen Geistes für verpflichtet an, ihrer Wesenheit ähnlicher zu sein und aus ihren Gründen des Seinkönnens auch in Wahrheit sein zu wollen. Die Wahrheit gilt im »Monologion« als Wesenheit und Substanz des Wortes des höchsten Geistes 409 und ist nur mit der Anähnlichung in Bildung seiner VerSchmitt, daß Anselm den neuplatonischen Ausdruck Partizipation zu vermeiden versuchte, weil er sich mit dem Konzept ›creatio‹ nicht vereinbaren lasse, macht Flasch darauf aufmerksam, daß Anselm in K1 und 16 ausdrücklich die Partizipationslehre einführt. F. S. Schmitts Frage, warum Anselm im Rahmen der Diskussion über Prinzip, Grund oder Ursprung der Dinge vor allem in den ersten vier Kapiteln nicht primär die Partizipationslehre aufbaut, scheint mir ein wichtiger Hinweis für die Entscheidung dieser Frage zu sein. Seine Antwort, daß es mit der ›creatio‹ nicht kompatibel sei, ist aber erklärungsbedürftig. Anselm scheint den Gedanken der Partizipation primär dort einzubringen, wo die Eigenschaften der Dinge inhaltlich bestimmt schon zugrunde gelegt sind. Beispielsweise führt er den Partizipationsgedanken für die Erörterung, wie ein Ding ein bestimmtes Ding – wie gerecht – sein kann. Wie ein Ding aber ein Ding sein kann, dafür bringt die Partizipationslehre noch nichts, da erst das zugrunde gelegt werden muß, was ein Ding inhaltlich zu einem Ding macht: ein Ding kann nicht durch die Teilhabe an dem Ding sein, weil dieses letzte noch nicht bestimmt, was es ist. Gerecht kann etwas sein, weil es durch die Teilhabe an der Gerechtigkeit gerecht ist und gerecht geworden ist, wie es schon in K1 angedeutet wird. Dies bedeutet, daß allein die Partizipationslehre nicht begründen kann, daß ein Ding von seiner Wesensbestimmung her an etwas teilnimmt. Das Ursprungsverhältnis der Dinge ist hier nicht geklärt, wie H. Kohlenberger zu Recht bemerkt, Sola ratione, S. 36; »Dieses Sollen ist nicht dem Sein gegenübergestellt, sondern der Ausdruck der dynamischen Seinskonzeption Anselms. Die Betonung des Sollens ist nicht der Ausdruck einer Vorrangstellung der Ethik und damit des Willens. Das Sollen begründet mit der Schöpfungsordnung. (…).« Dennoch kann keineswegs behauptet werden, daß Anselm den Gedanken der Partizipatio ablehnt, wie H. Kohlenberger der These von F. S. Schmitt zustimmend meint, ebd.; »Diese starke Heraushebung des Schöpfungsgedankens bei Anselm [läßt] ihn übrigens zu keinem homogenen Seinsbegriff kommen und ist der systematische Grund für die Ablehnung des Gedankens der Partizipatio.« 408 Ebd. Zu Recht hebt Kohlenberger hervor, daß der Sollensgedanke das notwendige Verhältnis der Dinge zu ihrem Ursprung begründet, was die Partizipationslehre nicht unmittelbar vermag. 409 In DV 10 wird die Bestimmung der höchsten Wahrheit (summa veritas) dargelegt, welche mit der höchsten Natur bzw. Gott identisch ist. Anselm erarbeitet im Unterschied zum »Monologion« keine umfangreiche Gotteslehre, sondern setzt sie voraus, indem Gott als die notwendige Bedingung im Sinne der Ursache von allen Arten der Wahrheiten betrachtet wird, deren einzelne Bestimmungen Gegenstand der dortigen Untersuchung sind. Dementsprechend ist es angebracht, anhand der verschiedenen Arten der Wahrheit eine einheitliche Bestimmung der Wahrheit darzulegen. Die Überlegung, ob es eine oder mehrere Ursachen der Wahrheit gibt, steht nicht unmittelbar in »De veritate«, da sie bereits vor allem in K1 bis 4 hinsichtlich der Einzigkeit des Prinzips der Dinge diskutiert wurde und es ihm unnötig zu sein schien, den Beweis für

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mögen durch den Geist, also bildungspraktisch erkennbar, der vernünftig sich leiten läßt. Auch nach der oben bereits zitierten Bestimmung der Wahrheit als Rechtheit im »De veritate« ist sie allein durch den Geist begreifbar (rectitudo sola mente perceptibilis) 410 , der mit dem höchsten Geist am ähnlichsten unter allem Geschaffenen sich verhalten kann. Denn allein dieser spricht sich mit der Erkenntnis des rechten Maßes ein Beurteilungsvermögen zu. Die Entsprechung im »Monologion« hat die Bildung dieser Vermögen mit der Liebe im Vorzug der Entscheidung zu ihrem Beschluß (K68–78). 3.3.8 Die Liebe als Einheit von Vernunft und Glaube im beurteilenden Erkennen (K69–78) In den weiteren K69 bis K78, im Anschluß an K68, erkennt Anselm in der Liebe den Träger der Einheit von Vernunft und Glaube. Dadurch gewinnt die anfänglich allgemein gültige Vernunftannahme von K1, daß alle nur das zu genießen anstreben, was sie für gut halten, erst eine funktionale Einbettung in die Einheitsbedingungen des Geistes als vernünftig beurteilbar in seinem Streben. Bewußt beginnt Anselm diesen Schritt zur Einheit von Vernunft und Glaube in K69 damit, die menschliche Seele als ein vernünftiges Geschöpf zu erkennen, der schließlich die Ebenbildlichkeit des höchsten Geistes zukommen muß: Es ist aber nicht zweifelhaft, daß die menschliche Seele ein vernünftiges Geschöpf ist. Deshalb ist es notwendig, daß sie dazu geschaffen wurde, daß sie die höchste Wesenheit liebe. 411

Wie der vernünftige Geist in K68 in Vertretung des vernünftigen Geschöpfs und dieses wiederum in Vertretung der vernünftigen Natur weiter diskutiert wird, um ihn ins Verhältnis zur gesamten Schöpfung zu bringen, sieht Anselm hier ab K69 die menschliche die Einzigkeit Gottes noch einmal durchzuführen. Es wird vorausgesetzt, daß die höchste Wahrheit nur eine einzige sein kann. Einerseits ist die höchste Wahrheit die Rechtheit, die aber nicht dem Gesetz des Sollens unterworfen ist, sondern nur gemäß ihrer Seinsbestimmung, durch sich selbst zu sein, das ist, was sie ist. 410 DV 11, I 191, 19–20: M. Possumus igitur, nisi fallor, definire quia veritas est rectitudo mente sola perceptibilis. 411 Mon 69, I 79, 12–13: Dubium autem non est humanam animam esse rationalem creaturam. Ergo necesse est eam esse factam ad hoc, ut amet summam essentiam. A

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Seele als ein vernünftiges Geschöpf, d. i. sowohl mit Vernunft begabt als auch zur Vernunft verpflichtet. Als Seele ist sie als vernünftige Seele (anima rationalis) in K70, als tot darum nichts fühlend (»sic mortur, ut nihil sentiat«) in K71, als ›liebende Seele‹ (anima amans) in K72, als selige Seele (beata anima) in K73 und ferner als achtende Seele (iudicanda anima) in K74 genannt. Die vielfältigen Nennungen der Seele erachten den Menschen als Geschöpf in personaler Identität von Seele und geistigem Leben als Einheit all der bezeichneten Vermögen. In der anschließenden Explikation der Notwendigkeit geht es nicht um nur eine Befähigung der menschlichen Seele, die höchste Wesenheit zu lieben, sondern sie betrifft ihr Seinkönnen und ihre Seinsbestimmung im ganzen: sie ist dazu geschaffen, jene zu lieben. 412 Diese Notwendigkeit beruht selbst in ihrer Wesensstruktur auf die durch die Vermögenshandlungen ermöglichte Einheit der Vermögen von Gedächtnis, Erkenntnis und Liebe als liebende, erkennende, gedenkende Seele. Dadurch ist die menschliche Seele selbst im ganzen bestimmt, als Abbild des höchsten Geistes sich in ihrem Geist als sie führend auszubilden. Es bestimmt sich daraus das einheitliche Selbstsein von Seele und Geist in der Verantwortung des Geistes als des verantwortenden Vermögens der Seele im Sein als Person. Während die Wesenszüge der Seele in der Liebe stärker betont scheinen, treten die Wesensbestimmungen des vernünftigen Geistes in der Urteilkraft bzw. durch die Ausübung seiner Unterscheidungskraft hervor. Die Vernunft aber ist das die Entscheidungen Verantwortende. Der Seele sind darum insgesamt die Vermögen, dem Geist in der Maßannahme und Orientierungsgabe für das seelische Vermögensverhalten die Ideen und Werke zuzuordnen: voneinander getrennt ist aber keines davon irgend möglich. Im folgenden erkennt Anselm die Liebe als das, was den Inhalt des Strebens bestimmt, insofern dieses nur durch die Erkenntnis des zu Liebenden inhaltlich bestimmt werden kann:

412 Während im »Monologion« das Gott-Lieben als Vollzug des beurteilenden Erkennens des vernünftigen Geistes gedacht wird, findet im »Proslogion« bereits in K1 bis zum letzten K26 das Gott-Sehen (visio dei) als Vollzug der Erkenntnis der Gott suchenden Seele den Eingang. Vgl. Pro 1, I 98,13–14: Tu me fecisti et refecisti et omnia mea bona tu mihi contulisti et nondum novi te. Denique ad te videndum factus sum et nondum feci, propter quod factus sum. Die mit dieser Verschiebung der Betonung verbundenen unterschiedlichen Charaktere fordern eine vergleichende und fein differenzierende Untersuchung der beiden Werke in der weiteren Anselmforschung.

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Denn eben dieses selbe Gut, das so geliebt zu werden fordert, zwingt nicht minder, vom Liebenden ersehnt zu werden. Denn wer wollte die Gerechtigkeit, Wahrheit, Seligkeit, Unzerstörbarkeit so lieben, daß er sie nicht zu genießen begehrt (frui non appetant)? 413

Von der Liebe ausgehend kann das Streben nun erklärt werden und dementsprechend fungiert die Liebe, das zu bestimmen, was zu genießen zu erstreben ist. Anselm nennt die Gerechtigkeit (iustitia), die Wahrheit (veritas), die Glückseligkeit (beatitudo) und die Unzerstörbarkeit (incorruptibilitas) als jenes, was der Mensch lieben soll. Und seine Liebe zu den genannten höchsten Gütern führt ihn dazu, sie als zu genießende zu erstreben. Damit kommt erstmals eine klare Deutung der oben allgemeingültigen Vernunftannahme aus K1 zustande, daß alle nur das zu genießen [anstreben] (frui … appetant), was sie für gut halten 414

Dies konnte ohne die Erkenntnis der zu liebenden Wesenheit gar keine fundierbare Annahme zur Vernunfterkenntnis der höchsten Natur sein. Dafür muß notwendig wiederum der von der Annahme ausgehende Ausgangspunkt, daß es unzählige Güter gibt und der vernünftige Geist sie voneinander unterscheidet, in Betracht gezogen werden. Dieser fungiert darin zweifellos als Urteilskraft, durch die mit dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ die gesuchte Erkenntnis gewonnen werden kann. Das Gute bzw. das höchste Gute unter vielen Gütern zu erkennen, setzt voraus, daß die vielen Güter voneinander unterschieden werden konnten. In der eigenen Verhaltensstruktur, daß jeder nach dem strebt, was er für gut hält, fällt so etwas wie eine Wertentscheidung, da er darin im Gebrauch der Urteilskraft nach Maßstäben urteilt. Dabei führen diese Maßstäbe ihn letztlich auch dazu, sie als in dem gegründet zu erkennen, was ihm von der höchsten Natur als gegeben dadurch einsichtig sein kann, daß er den Grund der Höchstheit der höchsten Natur erkennt. Im ersten Schritt ist die Liebe im fundierten Sinne des Strebens 413 Mon 70, I 80, 20–24: Etenim idem ipsum bonum quod sic se amari exigit, non minus se ab amante desiderari cogit. Nam quis sic amet iustitiam, veritatem, beatitudinem, incorruptibilitatem, ut iis frui non appetat? Mit der Ausnahme der Unzerstörbarkeit sind sie alle Bestimmungen aus dem Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹ erschlossen. Siehe die washeitlichen Bestimmungen der höchsten Natur in K16 und vgl dazu. oben 3.2.2 u. 3.2.3. 414 Mon 1, I 13,12.

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(intendere) betrachtet, welches anfangs in K1 die Vernunft für allgemeingültig angenommen hat. Im Unterschied zum Streben (appetere), dessen Grund im Menschen ungeklärt blieb, ist die Liebe nun ein wohl begründeter Grund. Denn nicht nur begründet sie sich im Selbstsein des Menschen in seiner Bildung der Vermögen, sondern muß auch als Vollzug seines Wesens des Gedächtnisses und der Erkenntnis gedacht werden. Schließlich sind alle in K70 erwähnten, zu liebenden Wesensbestimmungen bis auf die Unzerstörbarkeit solche, welche aus dem Prinzip ›melius ipsum‹ in K15 erschlossen sind. Die schlechthinnig für die eine und höchste Wesenheit als gut erschlossenen Wesensbestimmungen als Ideen zu lieben, bedeutet für den Menschen, ähnlicher mit der höchsten Wahrheit bzw. der erhabenen Wesenheit zu werden. Dies ist aber, wie das ›melius ipsum‹ Kriterium lehrt, gerade nicht durch den Vergleich mit etwas als einem anderen möglich, das letztlich noch als das Höchste zu bleiben scheint, sondern nur dadurch ist, daß das Wesen als einfaches Maß aus dem Strukturverhalten im Urbild der wesensgleichen Personen angenommen wird. Demgemäß ist das Lieben jenes Streben in der Ähnlichwerdung, durch das dieses als ursprünglich gut ausgerichtet sich fühlbar zu erkennen gibt. Die Liebe im Handeln (als Streben), das selbstangemessen beurteilt empfunden ist, ist die ethisch praktische Orientierung in der Einstimmung von Gabe und Annahme. Die Liebe selbst ist in der Anmessung aus der Annahme für die ethisch praktische Selbsterkenntnis all derer orientierungsgebend, die ihr Handlungsverhalten nach Beurteilung des als gut im höchsten Maße Geschätzten ausrichten. Aus der bis jetzt gewonnenen Einsicht ergibt sich, daß die höchste Wesenheit am höchsten von der vernünftigen Natur zu erstreben, d. h. zu lieben ist, und sie selbst für den Menschen den wahren Genuß darstellt, den er nur von ihr empfangen kann. Was also wird die höchste Güte dem sie Liebenden (amanti) und Ersehnenden (desiderantem) schenken, wenn nicht sich selbst? (…) Nichts ist also wahrer, als daß jede vernünftige Seele (omnis anima rationalis), wenn sie, wie sie soll, sich bemüht, liebend und die höchste Seligkeit (summam beatitudinem) zu ersehnen (desiderare), diese einmal zum Genusse empfängt (ad fruendum percipiat). 415 415 Mon 70, I 80, 24–31: Quid ergo summa bonitas retribuet amanti et desideranti se, nisi seipsam? (…) Nihil ergo verius, quam quod omnis anima rationalis, si quaemadmo-

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Mit diesem Rückgriff auf die zitierte Annahme von K1 schließt Anselm den Bogen von der Liebe über das Streben hin zur Gabe der höchsten Wesenheit. Von K1 her betrachtet, ist der Bogen vom Strebensverhalten über das Beurteilungsverhalten zur Erkenntnis des zu Liebenden erschlossen und von da an wieder zurück zur Erkenntnis des zu Erstrebenden in K1 zurückgeführt. Die praktische Bedeutung der Erkenntnis der Wesenheit erfährt eine weitere Ausgestaltung für die Seele gegen die Gefahr der Beraubung jenes höchsten Gutes, »für das sie geschaffen wurde«. Aufs Bestimmteste ist für jeden Menschen festzuhalten, daß er mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Geiste liebend und verlangend es erstrebe. 416 Fehlt es ihm, so muß es als Mangel nicht nur empfunden, sondern in Bestimmtheit auch zur rechten Ausrichtung des Erfüllungsverlangens erkannt werden. Die Transformation des Strebensverhaltens geschieht durch die in der Ebenbildlichkeit gründende, die Einstimmung wahrende Liebe und die ihrer Handlungsart entsprechende Güte der Orientierung. Sie kommt in ihrer gestaltgebenden Kraft erst dadurch zum Vorschein, daß die Liebe sich mit Hoffnung und Glaube verbunden erkennen läßt, sie in ihrer Entsprechung doch das Mangelnde auch, was die Gewißheit betrifft, noch erkennt. 417 So ist sie selbst nur in der triadischen Verbindung der neutestamentarischen Tugenden als Glaube, Hoffung und Liebe. 418 Die Liebe läßt mit ihrer Hoffung, die sie gründet, sich in das Verhalten des Glaubens so in ein Verlangen eingebettet sein, das begründet und mit beurteilender Vernunft gefestigt ist. Darum und damit legt Anselm einen strebenden Charakter (tendere) für den lebendigen Glauben frei, der sowohl das Verlangen nach Einsicht (im ›fides quaerens intellectum‹) als auch das Streben nach Glückseligkeit als liebend ihm einverbunden hält. dum debet studeat amando desiderare, summam beatitudinem, aliquando illam ad fruendum percipiat. 416 Mon 74, I 83,5–8: Quod tamen a summe iusto summeque bono creatore rerum nulla eo bono ad quod facta est iniuste privetur, certissime est tenendum; et ad idem ipsum bonum est omni homini toto corde, tota amina, tota mente amando et desiderando nitendum [sic. intendum]. 417 Mon 76, I 83,16–18: Amare autem aut sperare non potest, quod non credit. Expedit itaque eidem humanae animae summam essentiam et ea sine quibus illa amari non potest credere, ut illa credendo tendat in illam. 418 1 Kor 13, 13. A

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Das glaubende Streben in die höchste Wesenheit (credendo tendere in summam essentiam) ist mit dem Glauben in die höchste Natur (credere in summam essentiam) gleichbedeutend. 419 Das Hineinglauben (credere in) bedeutet, daß man sowohl durch den Glauben, den man bekennt, nach der höchsten Wesenheit strebt als auch das glaubt, was zu diesem Streben (intentio) gehört. 420 Man darf das Hinein aber auch wörtlich nehmen: das höchste Gute ist das im Glück und der Seligkeit schöner Einstimmung zu Erreichende, darin wir uns in Erfüllung befänden. Anselm gebraucht den Begriff des Hinein-Strebens (intentio) ab K75 im Unterschied zum Ausdruck »streben« (appetere) des K1. Der neue Ausdruck hebt in seiner sprachlichen Kombination mit der Präposition »in« hervor, die ein räumlich sich richtendes Verhalten vorstellbar macht, daß die höchste Wesenheit für die sie erstrebende Seele nicht nur ein zu habendes ist, sondern ein Sein betrifft, in dessen Verfaßtheit die Seele sich wünschte, sich zu befinden, also hineinzugelangen, wie die Christen vom Himmelreich sprechen, in das sie kommen wollen. 421 Darum ist es nach Anselm angemessener zu sagen, daß man in die höchste Natur hineinglauben müsse, da, wer immer strebend zu ihr gelangt, nicht außer ihr ist, sondern in ihr verbleiben wird. 422 Anders als durch dieses Sein in ihr ist sie nicht zu haben. Umgekehrt heißt das, daß die Gabe zur Hoffnungsgründung der Liebe mit der Ermöglichung der Bildung der Geistesvermögen nicht außer der höchsten Natur statthat: glaubend, hoffend, liebend haben wir mit Erkenntnis und Gedächtnis Teil am trinitarischen Leben. Und dieses teilt mit uns im Geiste das liebende Verlangen und dessen Not im Status ihrer Wende. Aus dem Ursprungsgedächtnis ergibt sich für die Vernunft wie für das wohl urteilende Verlangen das alleinige Ziel (solus finis), 419 Mon 76, I 83,18–20: Quod idem apte breviusque significari posse puto, si pro eo, quod est credendo tendere in summam essentiam, dicatur credere in summam essentiam. 420 Mon 76, I 83, 21–25: Nam si quis dicat se credere in illam, satis videtur ostendere et per fidem quam profitetur ad summuam se tendere essentiam et illa se credere quae ad hanc pertinent intentionem. Nam non videtur credere in illam sive qui credit quod ad tendendum in illam non pertinet, sive qui per hoc quod credit non ad illam tendit. 421 Mon 76, I 83, 25–27: Et fortasse indifferenter dici potest credere in illam et ad illam, sicut pro eodem accipi potest credento tendere in illam et ad illam, (…). 422 Mon 76, I 83, 27–84,2: (…) nisi quia quisquis tendendo ad illam pervenerit, non extra illam remanebit, sed intra illam permanebit; quod expressius et familiarius significatur, si dicitur tendendum esse in illam, quam si dicitur ad illam. Hac itaque ratione puto congruentius posse dici credendum esse in illam quam ad illam.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

das der Mensch in jedem seinem Gedanken und Werke (in omni cogitatu actuque suo) durch die Liebe anstreben soll (per amorem debet intendere). 423 Anselms Transformation der Bedeutung des Strebens als Hineinglauben und als Identifikation von ›Glauben zu etwas‹ und als ›Glauben in etwas‹ ist nicht in formaler Bedeutung zu sehen und kann sich nicht vom »Gegenstand des Glaubens« her bestimmen. Am Ende steht weder der liebenden noch der hoffenden Seele ein Gegenstand ihres Glaubens, sondern sie wird in das hineingeführt, in das sie hineinglaubt. Das verheißende Schauen von Angesicht zu Angesicht (1 Kor 13, vgl. K67) ist das personale Bild der Erfüllung in der Begegnung von einander Erkennenden. Die Wesensähnlichkeit wird in der Verhaltensgleichheit das Hoffnungsbild der Liebe. Der Glaube könnte ohne die Liebe (dilectio) nicht leben. Das Liebesvermögen könnte sich nicht bilden ohne die Bildung von Urteilskraft und Gedächtnis im Leben des Geistes. Die Erfahrung des Geistes greift über die Vereinzelung hinaus und stellt die Einstimmung von Personen in Gemeinschaft mit ihrer einander erkennenden Begegnung in die Verantwortung jedes einzelnen als Person. So bindet sich die Einstimmung als Person in der Einheit seiner Vermögen wie unter Personen in Gemeinschaft zu sein an das Gerechte zurück. 424 Nur ein solcher Glaube, welcher durch die Liebe auch als Liebe zur Gerechtigkeit wie zur Güte und zur Wahrheit und Weisheit selbst begleitet ist, kann lebendig empfunden und wohl gegründet sein. 423 Mon 77, I 84, 6–13: Credendum igitur est pariter in patrem et filium et eorum spiritum, et in singulos et simul in tres; quia et singulus pater e singulus filius et singulus eorum spiritus est summa essentia; et simul pater et filius cum suo spiritu sunt una eademque summa essentia, in quam solam omnis homo debet credere, quia est solus finis quem in omni cogitatu actuque suo per amorem debet intendere. Unde manifestum est quia sicut in illam tendere nisi credat illam nullus potest, ita illam credere nisi tendat in illam nulli prodest. 424 Mon 78, I 84,16- 85.1: Quapropter, quantacumque certitudine credatur tanta res: inutilis erit fides et quasi mortuum aliquid, nisi dilectione valeat et vivat. Etenim nullatenus fidem illam quam competens comitatur dilectio, si se opportunitas conferat operandi, otiosam esse sed magna se quadam operum exercere frequentia, quod sine dilectione facere non posset, vel hoc solo probari potest, quia quod summam iustitiam diligit, nihil iustum contemnere, nihil valet iniustum admittere. Ergo quoniam quod aliquid operatur, inesse sibi vitam sine qua operari non valeret ostendit: non absurde dicitur et operosa fides vivere, quia habet vitam dilectionis sine qua non operaretur, et otiosa fides non vivere, quia caret vita dilectionis cum qua non otiaretur.

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Betrachtet man die gesamte Gedankenführung des »Monologion« kann man der Liebe die Figur einer Transformation für die Einheit von Vernunft und Glaube zuschreiben, da in ihr die Einheit des Strebens, welches die Vernunft als allgemeingültige Annahme zur Gotteserkenntnis am Anfang angenommen hat, sich gründet und nur mit ihr in die Trinität hinein vollendet. 425 3.3.9 Der Name Gott für die höchste Wesenheit (K79–80) Die Dreiheit, von der das Glaubensbekenntnis als Vater, Sohn und Heiligem Geist spricht, sieht Anselm als schwierig an, daß sie mit einem Namen ausgesprochen werde. K79 bewegt sich hier begrifflich zwischen Person und Substanz im Spannungsfeld des griechischen und lateinischen Gebrauchs dieser Begriffe im Trinitätssymbol. 426 Mit der Ebenbildlichkeit des vernünftigen Geistes im Selbstbewußtsein als einzelne Person in ihrem lebendigen Bildungsweg erlaubt es sein Verständnis, die Dreiheit durch drei Personen oder drei Substanzen (¢pokeimffnon; subsistens) genannt zu sehen, wenn die eine Substanz der höchsten Natur als die eine Wesenheit gedacht wird. Es kann also aus diesem notwendigen Grunde jene höchste und eine Dreiheit (una trinitas) oder dreifache Einheit (trina unitas) ohne Tadel als eine Wesenheit (una essentia) und drei Personen oder drei Substanzen (tres personae sive tres substantiae) bezeichnet werden. 427

Anselm schöpft in diesen Schlußkapiteln das im »Monologion« argumentativ erarbeitete Begriffspotential nicht mehr vollständig aus. Der Mensch als das vernünftige Geschöpf (K68) muß gemäß seiner Ebenbildlichkeit mit der höchsten Natur als Person erkannt werden. Wir nennen Gott als den Dreieinen im Glauben und das »Monologion« hat die Dreieinheit als der Vernunft entsprechend in 425 Mon 79, I 85, 12–13: Ecce patet omni homini expedire, ut credat in quandam ineffabilem trinam unitatem et unam trinitatem. 426 Vgl. Mon Prolog 8,14–18: Quod enim dixi summam trinitatem posse dici tres substantias Graecos secutus sum, qui confitentur tres substantias in una persona eadem fide, qua nos tres personas in una substantia. Nam hoc significant in deo per substantiam, quod nos per personam. Dazu auch vgl. Gisbert Greshake, Der dreieine Gott, S. 77 ff. 427 Mon 79, I 86, 12–14: Potest ergo hac necessitatis ratione irreprehensibiliter illa summa et una trinitas sive trina unitas dici una essentia et tres personae sive tres substantiae.

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Die praktische Bedeutung der Beurteilungsstruktur des ›melius ipsum‹

deren Ursprungs- und Maßverhalten aufgewiesen. Darum ist auch Gott nicht ein Nichts und wir dürfen nun ihr – bei aller Schwierigkeit der Nennung – gerade als trinitarisch in Anähnlichung zu erkennender Wesenheit »den Namen Gott beilegen.« 428 Es scheint also, ja es wird ohne Bedenken bejaht, daß einerseits das nicht ein Nichts (nec nihil) ist, was Gott (deus) genannt wird, und anderseits dieser höchsten Wesenheit allein (soli) im eigentlichem Sinne (proprie) der Name »Gott« (nomen dei) beigelegt wird. 429

Vom Beginn der Frage nach der göttlichen Natur an hat Anselm uns, die Leser, dessen bewußt werden lassen, daß der Prozeß der Wesenserkenntnis der höchsten Natur notwendigerweise mit der Rechtfertigung des Gebrauchs ihrer Begriffe und Namen verbunden ist. Bemerkenswert ist, wie der Name Gott hier im letzten Kapitel 80 eingeführt wird. Das, was als die höchste Wesenheit den Namen Gott trägt, ist als höchste nicht ein Nichts, so daß, was Gott heißt, zwingenderweise als seiend gedacht werden muß; und es ist die höchste Wesenheit, also allein Gott, wie die Vernunft erwiesen hat, daß sie einzig ist. Daß Gott ist, bedeutet schon nach K27 die Substanz, die aber der Subsistenzweise der Dreieinheit gemäß das Personsein ausmacht und nur mit dieser Dreieinheit die Individualität des Geistes wie seines vernünftigen Statthalters zu wahren ist. Denn jeder der sagt, daß Gott ist, sei es einer oder mehrere versteht darunter nichts anderes als eine Substanz, die er über aller Natur, die nicht Gott ist, erachtet, die von den Menschen sowohl wegen ihrer überragenden Würde (propter eius eminentem dignitatem) zu verehren, als auch gegen jede ihnen drohende Not (contra sibi quamlibet immientem necessitatem) anzurufen ist. 430

428 Hier liegt wiederum ein gewichtiger Unterschied zum thomasischen Verfahren, das in der STh vom einen Gott als Gegenstand der Wissenschaft ausgeht und die Dreieinheit erst im Glauben nachtragend aufnimmt. Der Kritik Karl Rahners an der thomistischen Tradition des Vorrangs des Tractats de deo uno vor dem des de deo trino eingedenk, dürfen wir hier Anselms Modernität als wegweisend für heutiges theologisches Denken festhalten. 429 Mon 80, I 86, 17–18: Videtur ergo, immo incunctanter asseritur, quia nec nihil est id quod dicitur deus, et huic soli summae essentiae proprie nomen dei assignatur. 430 Mon 80, I 86, 19–22: Quippe omnis qui deum esse dicit, sive unum sive plures, non intelligit nisi aliquam substantiam, quam censet supra omnem naturam quae deus non est, ab hominibus et venerandam propter eius eminentem dignitatem et exorandam contra sibi quamlibet imminentem necessitatem.

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Getreu dem Verfahren des ›sola ratione‹ und ihrer Begründungsart gegen alle Einwände und Alternativen wird hier auch der Glaube an eine Vielheit von Göttern einbezogen. Das mit dem Gottesnamen Gemeinsame ist die Achtung und Hochschätzung – der »überragenden Würde« –, wie sie sich in jeder Gottesverehrung ausdrückt, für eine Substanz, die ein jeder, der sagt, daß Gott sei, über aller Natur, die nicht Gott ist, erachtet. Vor der Entscheidung von Einheit und Vielheit Gottes wird das Göttliche als die Würde erachtet, die aller Würde Grund und Maß ist. Anselm schließt so den Gedankenkreis zu den vorgreifend genannten Charakterisierungen der einen Natur, der höchsten von allem, wie sie das erste Kapitel angab und mit Bedacht für die Dinge einbezogen hatte, »daß sie etwas [sind] oder sich irgendwie wohl befinden« (K1), wie wir jetzt sehen können. Verehrt wird, in allem was Gott genannt wird, der höchst gute und höchst mächtige Geist, der über alles herrscht und allein lenkt. 431 Er ist allein das, ohne das keines sich wohl befinden kann und ›durch den‹ (per quem), ›aus dem‹ (ex quo) und ›in dem‹ (in quo) alles ist. 432 Aus der Einbefassung aller zwingenden Vernunfteinsichten ergibt sich mit dem Gebrauch des Gottesnamens für jeden Menschen geradezu die Pflicht, nach seinem ganzen Können Gott liebend zu verehren und verehrend zu lieben. 433 Dies könnte paradox scheinen, zumal Anselm die Gottesliebe in K70 mit der Gabe der Liebesvermögen verbunden sah. Doch während er dort das amare gebraucht, spricht Anselm hier von diligere. Dies hat also in einem genießenden Sinne das Vorziehen oder Schätzen im Blick, das mit der Beurteilungsempfindung verbunden ist und das auch sich zwanglos mit der Achtung und Freude verbindet. 434 Ferner läßt es das Zwingende der Entscheidung aus der Vernunft der Beurteilung hervorgehen, wie sie die Re-

431 Mon 80, I 86, 22–87,1: Quid autem tam pro sua dignitate venerandum et pro qualibet re deprecandum, quam summe bonus et summe potens spiritus, qui dominatur omnibus et regit omnia? 432 Mon 80, I 87, 5–7: cum ille solus sit, per quem cuilibet et sine quo nulli bene est et ex quo et per quem et in quo sunt omnia. 433 Mon 80, I 87, 9–10: liquidissimum est hunc solum esse, quem omnis alia natura secundum totum suum posse debet diligendo venerari et venerando diligere, (…). 434 In der letzten Hälfte des »Proslogion« werden Empfindung, Schönheit, Liebe und Freude, durch welche sich die Seele zur Gotteserkenntnis erhebt, selbst als die zu empfindende, liebende und freuende Wesenheit Gottes personifizierend gewürdigt.

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Zusammenfassung

flexion der Urteilskraft im Bildungsgang des »Monologion« erarbeitet hat. 435 Der Name Gott bewahrt die Einheit und die Identität der höchsten Natur und insofern übernimmt er deren Identitätsfunktion, nicht in Form des Begriffs, sondern in Form des Namens. Mit diesem Namen bekunden Menschen auf ansprechende, nicht aussagend urteilende Weise ihre Einsichten des Würdigen, ihre Achtung und ihre Annahmen des Maßgeblichen im begründeten Glauben. Wahrhaft also ist dieser nicht nur Gott, sondern der alleinige Gott, unaussprechlich dreifaltig und einer 436

Die Nennung als Gott, auf die Anselm in den letzten beiden Kapiteln 79 und 80 in der Schließung des Bildungsgangs des »Monologion« und seiner methodischen Führung ›sola ratione‹ abhebt, stellt eine verpflichtende Selbstbestimmung nach dem ganzen des eigenen Könnens und Vermögens heraus. In diese verpflichtende Selbstbestimmung mündet der Mitvollzug der durchdachten Beurteilungsentscheidungen als Ähnlichkeitsverhalten des Personseins. Wie die Lobesformen in den Vernunftschlüssen der ersten Kapitel schon andeuteten, findet das denkende Sprechen seine Entsprechung mit dem in der Substanz als höchstes Wesen erschlossenen Gottesnamen in der Verehrung.

Zusammenfassung Focus der hier vorgelegten Arbeit bildet das Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹, wie es K15 des »Monologion« einführt und in K31 eine differenzierende Wende im Gebrauch der eigenen Urteilskraft und ihrer Bewußtwerdung erfährt. Diese Urteilskraft wird mit der Begrenzung des Vermögens, in Aussagen über etwas, die Einheit und Selbigkeit des schöpferischen Geistes begreiflich machen zu können, in ein Anmessungsverhalten der Vernunft selbst dem gegenüber 435 Mon 80, I 87,7–12: Cum igitur solus ipse sit non solum bonus creator, sed et potentissimus dominus et sapientissimus rector omnium: liquidissimum est hunc solum esse, quem omnis alia natura secumdum totum suum posse debet diligendo venerari et venerando diligere, de quo solo prospera sunt speranda, ad quem solum ab adversis fugiedum, cui soli pro quavis re supplicandum. 436 Mon 80, I 87,12–13: Vere igitur hic est non solum deus, sed solus deus ineffabiliter trinus et unus.

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verhalten, was ihr anfänglich zu erkennen gegeben wird. Dieses Anmessen bildet als reflektierende Urteilskraft in aktualem Vernunfthandeln die eigentliche Ebenbilderkenntnis, die aus der Beurteilungsstruktur des zentralen Prinzips ›melius ipsum quam non ipsum‹ in ein praktisches Verhalten einmündet. Wie später das berühmter gewordene »Proslogion« hat auch das »Monologion« ein fundamentaltheologisches Anliegen. In diesem ist es aber in seinem argumentativen Potential komplexer und im Anspruch der urteilend erkennenden Vernunft radikaler als im jenem angelegt. Das Gefüge der Bedingungen durch die Vermögen von Vernunft und Urteilskraft, die das unbedingt Maßgebliche als Grund ihres eigenen Seinkönnens annehmen, bildet im Werk des »Monologion« sich zugleich nachbildend und vorbildlich aus. Damit gibt Anselm der durch Augustinus vorbereiteten Verschränkung von Gottes- und Selbsterkenntnis 437 den Status der Aktualität des Vernunftgebrauchs. Ferner gibt er der Gotteserkenntnis in der Ebenbildlichkeit der Urteilskraft als vernünftiger Geist eine Teilhabe durch jene Vermögen, die für uns als Personen die leitenden sind. Als leitend im vernünftigen Geist können die Vernunftvermögen der Seele insgesamt ein Maß verbindlich angeben. Aber dies ist nur dann möglich, wenn die Seele mit dem schöpferischen Sprechen als Ursprungsmacht der Güte selbst auf die Ordnung der Vermögen ursprünglich bezogen ist. In die verehrende Nennung des Gottesnamens mußte die Begriffsarbeit zur Kenntnis der höchsten Natur als Maßgrund alles Ver437 Anselm nimmt nicht nur das augustinische ›Der Glaube sucht, die Vernunft findet‹ (Fides quaerit, intellectus invenit, De trinitate, XV 2, 2 [CCSL 50A, 461,27]) als Methode auf; sondern er gibt die Vernunftführung in ihren Kriterien, Maßgaben, Einteilungsprinzipien und Verfahrensweisen sich darin selbst zur Erkenntnis. Er stellt die für das Leben des Geistes erforderte Ähnlichkeitsbildung so erst mitvollziehbar und also mit Vernunft annehmbar auch glaubwürdig dar. Was bei Augustinus noch teils unbegründet nur beschreibend umrissen ist, nimmt im »Monologion« die Reflexionsgestalt der Ebenbildlichkeit im Mitvollzug der einsichtsermöglichenden Vernunftführung an (vgl. M. Schmaus, Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, S. 33–34), die ursprünglich – auch dies nach Augustinus – eine bildende Funktion und Bedeutung für die Teilnehmenden hat: weil besser und besser wird, wer ein so großes Gut sucht; Augustinus, De trinitate, XV 2,2 [CCSL 50A, 461,17–22]: Cur ergo sic quaerit si incomprehensibile comprehendit esse quod quaerit nisi quia cessandum non est quamdiu in ipsa incomprehensibilium rerum inquisitione proficitur, et melior meliorque fit quaerens tam magnum bonum quod et inueniendum quaeritur et quaerendum inuenitur?

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Zusammenfassung

ehrungswürdigen eingehen. Weder durch das aus dem Hören nur wiederholten Nennen noch durch nur verständig gebrauchtes Begreifen allein war dem zu entsprechen, was sich als höchste Natur in das Feld zwischen Kennen und Nichtkennen spannte. Wenn einer die eine Natur, die höchste von allem, was ist, die allein sich in ihrer ewigen Seligkeit genügt und durch ihre allmächtigen Güter allen anderen Dingen dies gibt und bewirkt, daß sie etwas sind oder daß sie sich irgendwie wohl befinden, und vieles andere mehr, was wir von Gott und seiner Schöpfung notwendig glauben, nicht kennt – sei es, daß er nicht von ihr gehört oder daß er nicht an sie glaubt – so meine ich, daß er sich selbst von einem zu großen Teil, wenn er auch nur von mittelmäßiger Begabung ist, wenigstens durch die bloße Vernunft überzeugen kann. 438

Das Verfahren ›sola ratione‹ hätte ohne die Identitätsfunktionen ihrer Begriffsform für die praktische Orientierung der Seelen sich nicht als Werk des »Monologion« an uns richten können.

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Anm. I, 1: Mon 1, I 13, 5–10. A

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Schluß

Wir wurden aus der Frage nach der Wesenheit der höchsten Natur unversehens zu einer Grundlegungsarbeit in der Orientierung und Anmessung des geistigen Verhaltens geführt. Die Weggestaltung des »Monologion«, die methodisch als für jeden in Vernunft mitvollziehbar angeleitete, läßt sich so von seinem Ende her als ein notwendiger Beitrag zur Grundlegung einer philosophischen Ethik in theologisch reflektierter Perspektive begreifen. Vernunft gewinnt Erkenntnis des Unbedingten, indem ihre Urteilskraft auf die notwendigen Bedingungen ihres Entscheidungsvermögens reflektiert. Die Vernunfterkenntnis ergibt sich nur aus der Einbindung in das praktische Handeln und dessen Bewußtsein, das das Handeln begleitet. Sie ist also mit den Gründen eingebunden, die darin sich maßgeblich zeigen, was es schätzt, liebt und würdigt. Melius ipsum quam non ipsum ist ein die je eigene Urteilsentscheidung fordernder Imperativ für das praktische Verhalten als einsichtsfähiger Vollzug der Einheit von Gotteserkenntnis und Selbsterkenntnis durch die menschliche Vernunft in der Ebenbildlichkeit des höchsten Geistes. Es leistet als Beurteilungsprinzip in der Gotteserkenntnis einen praktischen Dienst durch funktionale Strukturen der Ähnlichkeitsreflexion der Urteilskraft in ihrer Entsprechungssuche und Bildung.

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Personenverzeichnis

Abaelard, P. 313 f. Allers, R. 161, 164, 167 Ansorge, D. 96, 119 Aristoteles 174,176, 178, 236, 294 Augustinus 15, 39, 44–46, 65, 69, 96, 99, 101, 116, 118, 119, 126–127,155, 165, 178, 181, 200, 208, 210, 211, 219, 237, 238, 239, 241, 246, 255, 290, 304, 305, 330 Barth, K. 19, 113 Beck, H. 181 Beierwaltes, W. 73 Benedikt von Nursia 313 Benedikt von Ariane 180 Boethius 211, 238–239, 241 Brecher, R. 26 Brons, B. 200 Christe, W. 32, 36, 113, 295 Chrysipp 180 Cicero 69, 75, 174, 177 f., 180 Clayton, Ph. 26 Copleston, F. 162, 168 Cusanus 20, 25, 90, 183 Dalferth, I. U. 19, 20, 21, 23 Dangelmayr, S. 19, 20, 23, 25 Descartes, R. 66, 270, 272 Dionysius Areopagita 16, 17, 199, 200 Enders, M. 19, 20, 21, 27, 69, 74 ff., 86 f., 112, 163 ff., 178, 186, 192, 210, 230, 301 Eusebius von Kaisareia 181 Evans, G. R. 116 Flasch, K. 19, 22, 23, 65 f., 69, 74, 76, 119 f., 296, 309, 317 f.

Gadamer, H. G. 42 Goebel, B. 27,75,162. 168, 201, 292, 294, 307, 309 Gombocz, W. L. 27 Gregory, T. 98 Grundwald, G. 180, 181 Hadot, P. 180 Hartshorne, C. 26, 164 Hegel, G. W. F. 37, 38 Heinrich von Gent 17, 22, 134, 176 f., 188 Heinzmann, R. 25, 309 Held, K. 154 Hoeps, R. 81, 96 Hoeres, W. 135 Honnefelder L. 102, 128, 135, 169, 210 Jacobi, K. 27, 36, 313 f. Johannes Duns Scotus 18, 134 f., 162 Johannes Scottus Eriugena 16, 96, 118, 119, 201 Kant, I. 66, 210, 225 Kapriev, G. 36, 168, 268 f., 277, 309 Kible, B. 20 Kienzler, K. 19 Kluxen, W. 18, 23, 24, 234 f., 162, 165, 167, 170, 188, 197 Koch, J. 73, 201 Kohlenberger, H. 36, 73, 173, 304, 306, 315, 318 Korsch, D. 19, 20 Kucera, A. W. 27 Külling, H. 309 Lanfranc von Pavia 36 MacCord Adams, M. 24, 162, 165, 168 Maier, A. 210 Marius Victorinus 181 A

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Personenverzeichnis Meister Eckhart 86 Meßner, R. O. 22, 23, 163 ff. Mojsisch, B. 66, 163–168 Morris, Th. V. 26 Nikolaus von Kues 20, 25, 90, 183 Parmenides 154 Platon 42, 128, 174 f., 203 Plotin 178 f., 180, 181, 182 Porphyrius 181 Prentice, R. 18, 135, 162, 165 Rahner, K. 327 Richard von Saint-Victor 292 Riesenhuber, K. 169 Ringleben, J. 19, 20 Röd, W. 26 f., 66 Ruh, K. 199 Salmann, E. 19, 20, 22, 23, 27, 300 Scherb, J. L. 22, 23, 102, 113, 137, 163 ff., 168, 170 Schmaus, M. 38, 90, 181, 260, 283, 304, 330 Schmidt, M. A. 392

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Schmitt, F. S. 24, 25, 29, 32, 36, 40, 65, 66, 69, 75, 95, 133, 138. 161, 163– 167, 201, 246, 256, 260, 269, 295, 301, 311, 317, 318 Schönberger, R. 27, 2 Schulthess, P. 296 Schulz, W. 182 f. Söhngen, G. 309 Southern, R. W. 36, 178 Stein, E. 312, 313 Stöhr, J. 213 Suchla, B. R. 199 Thomas v. Aquin 66, 102 Tielsch, E. 27, 36, 311 Van Fleteren, F. 27 Verweyen, H. H. 27 Von Ivánka, E. 199 Vuillemin, J. 26, 101 f. Williams, Th. 162–168 Wimmer, R. 101 Wolter, A. 23, 135

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Sachverzeichnis

Kursive Zahlen geben an, daß der Begriff nur im Fußnotenteil der Seite vorkommt Abbild 152, 192,256, 301–304, 310, 320 Absolutheit 125, 137, 167 f., 241 Achtung 64, 86, 88, 113, 210, 238, 249, 286, 328, 329 Ähnlichkeit 31, 35, 57, 88, 101 f., 107, 117, 151, 154, 191, 193, 199, 229, 243, 244 ff., 255, 256, 260–268, 270– 284, 288, 291, 298, 301–308, 317 – Ähnlichkeitsbestimmung 93 – Ähnlichkeitsbild 90 – Ähnlichkeitsbildung 242, 207, 330 – Ähnlichkeitserkenntnis 200, 309 – Ähnlichkeitsverhalten 113, 207, 237, 241, 289, 304, 312, 329 – Ähnlichkeitsvermögen 316 Akzidens, Akzidenzien 55, 203, 232 f., 235, 237 f., 241, 249 Allgemeinheit 38, 119, 203, 211, 230, 236, 243, 247 Allheit 48, 80, 91 f., 97, 100, 106, 128, 145 f., 206, 230, 263, 268 Andersheit 52, 94, 98, 112, 125, 130, 147, 187, 240, 257, 262 Attribut(e) 17, 25, 39, 56, 94 f., 99, 117, 138, 167, 197, 202, 208, 213, 214 f., 256, 265, 286 – Attribut(e) Gottes 17, 167, 212, 214 Aussage 127, 165, 199, 203, 206, 208, 225, 235 f., 300, 306 – Aussageform 35, 57, 103, 118, 122, 189, 225 – Aussageverhalten 112, 115 – eigenschaftliche Aussage 166 – prädikative Aussage 153 – relative Aussage 116 Aussagbarkeit 34, 73, 94, 103, 110 ff., 115, 120, 127, 156, 191, 200, 204, 212, 241, 281, 299

Begriff – Allgemeinbegriff(e) 64, 97, 100, 112, 128, 146, 148, 197, 203, 235 f., 252 – Artbegriff 96 – Begriffsbestimmung 20, 23, 97, 308 – Begriffsbildung 171, 196, 274, 279 f., 284 – Begriffsentwicklung 170 – Begriffsform(en) 26, 38, 96, 210, 232, 299, 331 – Begriffsstruktur(en) 56, 102, 148, 203 – Begriffsverbindung 103 – der höchsten Natur 82, 95, 103, 106, 113, 121, 213, 225, 244 – der reinen Vollkommenheit 16, 18, 23 – der schlechthinnigen Vollkommenheit 18, 135 – der Substanz 236 f., 248 f. – Eigenschaftsbegriffe 94, 110 – Gattungsbegriff 96 f. – Gegenstandsbegriff 225 – Gottesbegriff(e), des Gottes 18, 22, 28, 95, 101, 108, 154, 178, 182f, 210 – Grenzbegriff 302 – Grundbegriff 230 – praktischer Begriff 302 – Reflexionsbegriff(e) 225 – Seinsbegriff 271, 318 – Selbstbegriff 19, 274 – Substanzbegriff 63, 106, 188, 236 ff., 243 – Vernunftbegriff 26, 102 – Vorzugsbegriff 23 – Wesenheitsbegriffe 244 – Wesensbegriffe 56, 108 f., 121 f., 138,

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Sachverzeichnis 146 f., 155 f., 166, 198, 206, 252, 270 f., 299 Bestand 92 f., 106, 218, 222, 225, 236, 239, 243, 258, 311 – Bestandserhaltung 86, 92, 236 – Bestandsgefährung 129 – Bestandsidentität 117 – Bestandsorge 286 Bestimmung – Begriffsbestimmung – Bestimmungsform 17, 45, 94, 115, 121, 124, 174, 183, 196, 217, 220 – Bestimmungsprinzip 163, 173, 201 – Bestimmungsstruktur 95, 175, 182, 187 – Bestimmungsverfahren 48, 58, 107, 152, 184, 247 – Bestimmungsverhältnis 21, 22 – Maßbestimmung s. Maß – Schöpfungsbestimmung 310 – Seinsbestimmung 173, 196, 204, 252, 318, 320 – Selbstbestimmung 310, 328 f. – Strebensbestimmung 42, 45, 179 – Ursprungsbestimmung 304, 317 – Verhältnisbestimmung(en) 44, 58, 130, 208, 217, 277, 290, 303 – Vernunftbestimmung 310 – Willensbestimmung 316 Beurteilung – Beurteilungsbewußtsein 50, 58, 195 – Beurteilungsentscheidung 32, 66, 153, 171, 245, 269, 329 – Beurteilungsform 42 – Beurteilungskraft 33, 44, 52, 103, 129, 183, 186, 264, 274, 306, 314 – Beurteilungsprinzip 20, 24 f., 158, 191, 333 – Beurteilungsreflexion 35, 57, 196 – Beurteilungsregel 20, 190 f., 194, 244 – Beurteilungsstruktur 182, 186 f., 191, 243, 250, 285, 291, 330 – Beurteilungsvergleich 249, 251, 274, 309 Beweis Gottes, Gottesbeweise 14, 16, 20–22, 25, 26f, 102, 174, 180, 192 – ontologischer Gottesbeweis 22, 66, 78

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Bewußtsein 34, 91, 112, 123, 133, 231, 246, 248, 256, 269, 274, 278, 289, 304, 315, 333 – Beurteilungsbewußtsein s. Beurteilung – Handlungsbewußtsein 257 – Methodenbewußtsein 36 – Problembewußtsein (theologisches) 5 – Selbstbewußtsein 33, 220, 231, 232, 256, 268, 274, 276, 281, 284, 326 – Vernunftbewußtsein 45 – Verstandesbewußtsein 194 – Zeitbewußtsein 220 f. Bild 262, 274, 279, 280 f., 290, 303, 310 f., 325 – Abbild s. Abbild – Bildbegriff 303 – Bildreflexion 268 – Ebenbild s. Ebenbild Bildung 15, 23, 24 ff., 88 f., 100, 112, 114, 121, 143, 158, 175, 182 f., 191, 193 f., 199, 208, 280 f., 284, 303–305, 316, 319, 322, 325, 333 – Bildungsstruktur 310 – der reflektierenden Urteilskraft 303 – der Selbsterkenntnis 303 – der Urteilskraft 306, 325, 333 – des Beurteilungs- und Anmessungs-vermögens 305 – schöpferische Bildung 88 Chalkedon 249 Christologie 249 creatio ex nihilo 67, 77, 81, 85–88, 91, 220, 246 Denkbarkeit 35, 37, 71, 84, 97, 103, 129, 153, 185, 187, 206, 243, 285 Undenkbarkeit Gottes 102 – Denkbarkeit des Wesens Gottes 37 – des Nichtseins 84 – als etwas 97 – Gottes 102 – der höchsten Wesenheit 243 – der Beurteilungsstruktur 285 Denken – besprechendes Denken 273

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Sachverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

der Ähnlichkeit 154 der Dreieinigkeit 292 der Einheit 261 der höchsten Natur 78, 112, 166 der höchsten Substanz 241 der Höchstheit der Natur 106 der Identität des Schöpfers 93 der Vernunft 73, 190 des Etwas 72 des rechten Sollens 306 des schöpferischen Sprechens 284 des Selbstseins 288 des Sprechens 261 des Ursprungs 158 des Ursprungs aller Dinge 254 des Vergleichs 267 des Wesens der höchsten Natur 106 des Wortes 278 gegenständliches Denken Gottes 277 Gottes 25, 117 im Sich Sprechen 278 sprechendes Denken 89 urteilendes Denken 251 urteilendes Denken des Seins der höchsten Wesens 192 – vergleichendes Denken 182, 210 Denkkraft 230 f. Denkmöglichkeit 61, 65, 76, 168 Denkregel 19, 20, 22 Denkvermögen 158, 183, 220, 225, 260, 316 Dreieinheit 44, 190, 241 f., 246, 291, 310, 326 f., 327 Dreieinigkeit 181, 242, 292 Ebenbild 151, 246 f., 248, 298 – ebenbildlich 191, 214, 288, 305, 318 – Ebenbildverhalten 16 Ebenbildlichkeit 15, 25, 39, 54, 90 f., 93, 151, 186, 190, 193 f., 201, 242, 292, 309, 316, 319, 323, 326, 330, 333 – Gottebenbildlichkeit 152 Eigenart 68, 98, 170, 172, 249, 252, 300 – der Substanzialität 249 – der Materie 98 – der Substanz 252 – des Grundverhältnisses 300 Eigenschaft 49, 73, 132, 134, 152,

164 f., 168, 170, 195, 203, 214, 233, 237, 244, 298 – Eigenschaftsaussagen 112 – Eigenschaftsbegriffe 94, 110 – Eigenschaftserkenntnis 195 – Eigenschaftsverhalten 54 Eigentümlichkeit 94, 112, 118, 188– 191, 199, 215, 290 f., 298 f. Einbildungskraft 315 Einfachheit 17, 39, 167, 189, 191, 193, 212 f., 215, 217, 219, 233, 259, 261 Einheit 24, 34, 40, 42, 47, 52, 56, 62 f., 65, 72, 75 f., 90, 92, 97, 98, 99, 100, 103, 108, 111, 152, 158, 169, 179, 185, 188, 191, 198, 201, 207, 212 f., 219, 226, 242, 245, 252, 260, 276, 279, 290, 310, 320, 325 f., 328 f., 333 – der Gottes- und Selbsterkenntnis 245 – der Natur 97 – der Vernunftvermögen 103 – der vielen Wesensbegriffe 299 – des Gottesgedankens 56 – des Grundes 62 – oder der Vielheit 46, 201 – synthetische Einheit 168 – trinitarische Einheit 293 f. – von Vernunft und Glaube 319, 326, 327 Einheitsgrund 50 Einsheit 61, 63 Einsicht 15, 32, 34, 36, 47, 51, 63 f., 72, 76, 101, 103, 112, 122, 145, 150, 193, 202, 210, 212, 222, 242, 243, 245, 246, 264, 270, 273 f., 276, 278, 313, 321, 323 Einsichtsvermögen 151 Einssein 61, 213 Einstimmung 15, 91, 100, 108, 136, 149, 215, 228 f., 256, 264, 273, 322– 325 Einteilung 39, 52, 59, 67, 68, 70, 79, 96, 98, 99, 107, 108, 109, 119, 126, 127, 129 141, 144 f., 150, 181, 222, 223, 225, 227, 249, 252, 299, 313 – Einteilungsbestimmung 123, 161, 163 – Einteilungsentscheidung 46

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Einteilungshandlung 45 Einteilungsmethode 23, 107 Einteilungsprinzipien 330 Einteilungsverfahren 109, 143, 148, 163 – Grundeinteilung 51 f., 234 Einzelheit 44, 97, 145, 146, 147, 207, 230, 231 Einzelnes 100, 126 f., 217, 231, 236 Einzigkeit 147, 152, 197, 207, 210, 241, 258 f., 299, 318, 319 s. auch Singularität Einzigartigkeit 207, 247, 251, 253 Empfinden 33, 67 – beurteilendes Empfinden 33, 67 – vergleichendes Empfinden 210 Empfindung 245, 256, 328 – Achtungsempfindung 210 – Beurteilungsempfindung 328 – Empfindungsintensität 207 – Vernunftempfindung 210 Entscheidung 15, 20, 31, 42 f., 51, 59, 64 f., 85, 119, 125, 133,150,179, 186, 201, 215 f., 265, 277, 285, 312, 314 f., 318, 319, 328 – Beurteilungsentscheidung 32, 153, 171, 245, 269 – Entscheidungsfunktion 25, 187, 245 – Entscheidungsstruktur 174 – Entscheidungsvermögen 333 – Entscheidungsvernunft 96 – Vorzugsentscheidung 178, 270 – Urteilsentscheidung 306, 333 – Wertentscheidung 321 Entsprechung 74 f., 77, 79, 87, 121, 148, 154, 193, 234, 253, 265, 289, 291, 296, 306, 310, 319, 323, 329 – Entsprechungsanspruch 151 – Entsprechungsmodus 317 – Entsprechungsverbindung 74 – Entsprechungsverhältnis 224 – Maßentsprechung 304 – Selbstentsprechung 154 f., 206, 264, 269, 304, 317 – Strukturentsprechung 207 Erfahrung – Erfahrungserkenntnis 193 – Erfahrungsgedächtnis 253, 273, 284

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– Erfahrungsgeltung 285 – Erfahrungsgrundsatz 82 – Erfahrungsprozeß 285 – Erfahrungssverhalten 288 – Lebenserfahrung 313 Erinnerung 85–87, 204, 246, 256 f., 216, 263, 268, 280, 297 – Erinnerungsverhalten 93 – Erinnerungsverhältnis 284 Erkennen 89, 90, 123, 181 f., 185, 201, 214, 244, 258, 261, 271–273, 278, 280, 284, 287 f., 313, 319 – ursprüngliches Erkennen 90 Erkenntnis – Erkenntnis Gottes 22 Gotteserkenntnis s. Gott – Erkenntnisbedingungen 39 – Methodenerkenntnis 176, 202, 296 – praktische Erkenntnis 107, 118, 158, 191, 193, 200, 314 – Selbsterkenntnis 16, 24 f., 43, 44, 88, 91, 101, 117, 123, 151, 158, 186, 191, 199, 200, 224 f., 244 f., 247, 256, 276, 287, 294, 296, 298, 302, 303, 305, 316, 321, 330, 333 – Prinzipienerkenntnis s. Prinzip(ien) – Vernunfterkenntnis 15, 24 f., 35, 44, 57, 91, 93, 97, 118, 185, 188, 194, 202, 206, 242, 245, 255, 258, 260, 265, 268, 272, 291 f., 312, 317, 321, 333 Etwas 19, 38, 47 f., 50, 52, 54 f., 58 f., 61–63, 75, 77 f., 81 f., 85–87, 91–93, 97 f., 105, 111, 128 f., 200, 251 Etwassein 37 f., 48, 63, 67, 94, 97, 105 f., 110 f., 210, 225 f., 234, 239 Ewigkeit 39, 69, 190 f., 196, 198, 220, 226, 231 f., 241 – Ewigkeitsbestimmung 220 Existenz 26, 66, 69, 75 f., 80 f., 90, 163, 170, 172 f., 177, 184 f., 207, 213, 240, 248 f., 252, 277, 281, 308 – Existenzweise 240, 248 – Existenz Gottes 19, 25, 66 Form 25, 27, 34, 37, 39, 40, 42, 48, 51, 66, 70, 72, 74, 81, 86–88, 93, 100, 107, 109, 110, 111, 123 f., 130, 134,

ALBER PHILOSOPHIE

Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Sachverzeichnis 135, 142–144, 150, 157, 160 f., 163 f., 170–172, 174, 176 f., 183 f., 195, 198, 200, 203, 208, 210 f., 219, 250, 273, 276, 329 – als Begriff 203 – der (vergleichenden) Beurteilung 171, 250 – der Aussage 110 – der Bestimmung 206 – der Dinge 88, 93 – der Existenz 184 – der Höchstheit 34 – der spiegelnden Selbstreflexion 317 – der Strebensbestimmung 42 – des Begriffs 329 – des Denkens 183 – des Namens 329 – des Prinzips, von Prinzipien 38, 123, 157, 160 – des Vergleichs 174 – einer Bestimmung, negative 109, 170, 184 – einer Selbsterkenntnis 123 – eines Begriffs 37 – oder Ähnlichkeit 88 – und Prinzip des Wesens 81 – und Struktur des Prinzips 130 – von Etwas, des Etwasseins 51, 200 – Wahrnehmungsform s. Wahrnehmung Formbildung 160, 170, 174, 180 Formimplikation 191 Gabe 92, 259, 262, 264, 273, 290, 298, 305, 316, 322–324, 328 Ganzes 231, 248 Ganzheit 169, 178, 212 f., 226, 230 Gedächtnis 86, 198, 230, 244–247, 255–257, 260, 263 f., 268, 273 f., 276, 278 f., 280 f., 294, 290, 301, 303, 310, 316, 320, 324 f. – als Bedingung der Vernunfterkenntnis 255 – Erfahrungsgedächtnis 253, 273, 284 – Gedächtnisbedeutung 356 – Gedächtnisbedingung 260, 291, 305 – Gedächtnisbehalt 290 – Gedächtnisfunktion 257

– Gedächtnisleistung 260 – Gedächtnismal 73 – Gedächtnisversammlung 255 – Identitätsgedächtnis 264 – Lebensgedächtnis 249 – Schöpfunsgedächtnis 286 – Selbstseinsgedächtnis 311 – Ursprungsgedächtnis 324 – Vernunftgedächtnis 158 Gegebenheit 78, 80, 100 f., 103, 193, 228, 230, 240, 248, 252, 254, 263, 270, 272, 273, 275, 279, 281, 284 – Gegebenheitsbestimmtheit 248 – Gegebenheitsverhältnis 229 Gegenstand 19, 32, 87, 97, 99 f., 103, 111–113, 116, 127, 134, 162, 189, 197, 201, 210 – gegenstandbestimmend 97 – gegenstandbezogen 77, 240 – gegenstandsanalog 72 – Gegenstandsanalogie 189 – Gegenstandsbegriff 225 – Gegenstandsform 111 – vergleichender Gegenstand 100 Geist – göttlicher Geist 242 – höchster Geist 90, 123, 152, 158, 191, 201, 241 f., 245–250, 253–261, 264, 266, 292, 272–274, 276–278, 281–284–286, 289, 290–294, 298 f., 301–304, 308, 310, 312, 314, 317 f., 320, 333 – individueller Geist 88, 152, 166, 188, 190, 206, 236, 239–243, 245–247, 249, 254. 260, 271 – maßgeblicher Geist 265 – menschlicher Geist 15, 34, 117, 257, 274, 276, 316, – personaler Geist 16 – Schöpfer-Geist 251 – schöpferischer Geist 186, 243, 258, 260, 277, 279, 287, 329 – vernünftiger Geist 15, 24, 31, 45, 54, 113, 118, 146, 149 f., 152, 173, 178, 192, 200, 201, 242, 244, 246 f., 260 f., 264 f., 273–280, 280, 282, 288, 291, 298, 300–309, 316 f., 319 f., 321, 326, 330

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Sachverzeichnis Gerechtigkeit 47 f., 49, 76, 144, 166, 174, 180, 195 f., 198 f., 203–205, 207-f, 213–215, 234, 243, 268, 306, 308, 309, 318, 321, 325 – Gerechtigkeitsbeurteilung 208 – Ungerechtigkeit 175 f., 180 Geschaffenes 64, 83 f., 86, 88, 92, 94, 101, 111, 114, 158, 191, 207, 214, 227, 242, 243, 249, 253, 254, 257 f., 264–271, 279, 281, 284, 286 f., 302, 318 Glaube(n) 15, 19, 21, 27, 31, 39, 81, 179, 296, 317, 319, 323–326, 327, 328, 329, 330 – Glaubensbekenntnisse 32, 326 – Glaubensinhalt 21, 34, 36 – Glaubenssätze 33 Gleichheit 47, 52, 57, 84, 206, 248, 276, 279 Gleichursprünglichkeit 75 f. Glückseligkeit 39, 43, 321, 323 Gott 15, 19 f., 21, 26f, 37 f., 39, 40, 44, 66, 74, 102, 116, 118, 127, 164, 174, 177 f., 181, 183, 199–201, 202, 210, 213, 318, 320, 326 f., 328, 329, 331 – Gottesattribut(e) 39 f., 244, 286, 299 – Gotteserkenntnis 23–25, 28, 35, 90, 101, 108, 113, 117, 147, 157 f., 199 190, 194, 200, 201, 202, 245, 247, 296, 298, 300, 316, 326, 328, 330, 333 – Gotteserweis 16 – Gottesname(n) 19, 37, 39, 113, 328– 330 – Gottesverhältnis 25, 35, 39 f., 57, 107, 244, 255 – Gottesbeweis 16, 26, 27, 66, 154, 174, 180 Größe 26, 56, 57 f., 65, 102 f., 114, 118, 122, 123, 142 f., 152, 168, 196 f., 198, 207–212, 214, 292 – als Wesenheit der höchsten Natur 208 – extensive Größe 209 – Größe als Würde 210 – Größe der Güte 56 – Größe selbst 57 f., 196, 198, 208, 211 – höchste Größe 208, 211

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– intensive Größe 209, 210 – maximale Größe 168 – negative Größe 143 – selbständige Größe 142 – unermeßliche Größe 292 Großsein 123, 195, 208, 211 Grund – des Glaubens 36, 40 – Grundattribute 192 – Grundbestimmung 15, 107, 260, 308 – Grundverhältnis 18, 52, 56–58, 60 f., 67, 69, 72, 75, 77, 88, 103, 116, 190, 192, 201, 203, 207, 216–218, 254, 270, 291, 300 – Grundvermögen 15, 315 – Schöpfungsgrundverhältnis 78, 252 – Seinsgrundverhältnis 266 – Selbstgrundverhältnis 56, 72, 79, 105 – Stoffgrundverhältnis 79 – Vergleichsgrund 37, 46–48, 53, 56 f., 60, 64 f., 74, 77, 99 f., 103, 106 f., 250 f. Güte, Güter 23, 32 f., 43–46, 47, 49–50, 53–57, 76, 103, 107, 125, 133, 138, 146, 161, 166 f., 170, 172 f., 176, 181, 183, 186, 188, 196, 205, 207, 214, 219, 234 f., 265, 321, 323, 325, 330 f. – allmächtige Güte 37 – schlechthinnige Güte 166, 186 Gutes 42, 133, 136, 139, 155, 173, 211, 212, 233 – einziges Gutes 212 – großes Gutes 269 – höchstes Gutes 42, 323 – reines Gutes 137 – schlechthinniges Gutes 138, 173, 185, 186, 211 – seiendes Gutes 133 Gutheit 56, 122, 132, 138, 142 f., 152, 186, 194, 197, 209 f., 259 Gutsein 34, 43, 45, 46 f., 49–51, 54–56, 122, 123, 137, 146, 175, 184 f. Handlung 34, 64, 185, 215, 219, 264, 306, 308, 309, 311 f. – Handlungsart 323 – Handlungsart Gottes

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Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Sachverzeichnis – Handlungsbetrachtung 296 – Handlungsbewußtsein 257 – Handlungsentscheidung 33 – Handlungsfigur 314 – Handlungsgründe 33 – Handlungsmächte 219 – Handlungsorientierung 33 – Handlungsverhalten 186 – Handlungssteuerung 194 – Handlungsverhalten 229, 311, 322 – Handlungswissen 313 Hochschätzung 40, 51, 57, 65 93, 206, 208 f., 328 Höchstes 31, 66, 148, 268 Höchstheit 34, 40, 80, 95 f., 99 f., 102 f., 105 f., 121 f., 124, 144, 152, 160, 195, 197, 207, 209, 210, 267, 321 Hoffnung 317, 323 Idee 45, 88 f., 202 f., 207, 293 – als Maß und Grund 150, 237 – der Gerechtigkeit 175 – der reinen Vollkommenheit 18 – der Urteilskraft 187 – der Wesenheit des höchsten Geistes 201 – des Guten 43, 220 – des Lebens 285 – einer rationalen Metaphysik 27 – oder (und) Prinzipien 151, 201 – regulative Idee 98 Ideen 42, 178, 182, 191, 201 f., 230, 322 – Ideeneinsicht der Vernunft 45 – Ideenlehre 204 Identität – als Verhalten 184 – Bestandsidentität 117 – des Selbstseins 170 – ganzheitliche Identität – Identität von Sein und Wesen 197 – Identitätsbedingung 76, 153, 194, 216 – Identitätsbegriffe 245 – Identitätsbestimmung 35, 241 – Identitätsform 45 – Identitätsfunktionen 38, 331 – Identitätsgedächtnis 264 – Identitätsstruktur 256

– Identitätsverhalten 96, 147, 187, 204, 219 – Identitätsverhältnis 246 – Identitätsverschränkung 204 – Identitätswahrung 188, 236 – Selbstidentität 215 – ursprüngliche Identität 75 f., 205 – Wesensidentität 275 Individualität 211, 237, 241, 245, 254, 327 – als Geist 254, 327 – als Person 237, 245 – als Singularität 241 Individuelles 242 f. – individueller Geist s. Geist – individuelle Substanz s. Substanz Kategorie(n) 101, 118, 189, 208, 235 f., 247 – der Kausalität 218 – der Relation 115, 118, 119, 127, 238 – der Substanz 119, 238 Kausalität 74, 217, 218 Kritik 66, 75, 101 f., 120, 134f, 162, 180, 188, 197, 213 f., 225, 231, 234, 268, 327 – Selbstkritik 107, 229, 244 Laster 91 Leben 64, 176 f., 179, 181 f., 186, 191, 196, 198, 201, 231, 249, 284, 286, 304, 320, 324 f., 330 Lichtmetaphorik 72–74 s. auch Metaphorik Liebe 123, 198, 213, 218, 255, 298, 301, 303 f., 310, 315–325, 328 – Liebesvermögen 325, 328 locutio 78, 89, 94, 189, 241, 259 s. auch Sprechen Macht 65, 87, 98, 181, 190 f., 196, 198, 218 f., 220, 224, 226, 229, 231, 234, 241, 275, 279 – Allmacht 39 Maß – als Grund 144 – der Beurteilung, Beurteilungskraft, in der Beurteilung, 34, 54, 63, 123,

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Urteilskraft und Gotteserkenntnis https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

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Sachverzeichnis 125, 141, 173, 193, 208, 244, 269, 317 – der Ebenbildlichkeit, der Ähnlichkeit, für die Anähnlichung 93, 264, 280, 288 – der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis 186, 287 – der Selbstgemäßheit 304 – der Urteilskraft 194, 286 – des Vergleichsurteils 34 – der Vermögen, im Vermögen 276, 284 – der Vollkommenheit, der Vollendung 245, 304 – des beurteilenden Vergleichs 57 – des Großheitsvergleichs 58 – des Guten, der Güte 50, 56, 194 – des Handlungsverhaltens 186 – des Schöpfungsgrunds, des schöpferi-schen Ursprungs 88, 284 – des Seinkönnens, Selbstseins, Selbstseinkönnens 140, 188, 228, 306 – des Selbstvergleichs 56 – des Sich Sprechens 284 – des Vergleichs, für den Vergleich, im Vergleich 63, 125, 188 – des Verhaltens, des Seinsverhaltens 276, 279 – Maßbestimmung(en) 53, 57, 123, 262, 271 – Maßgabe 56, 103, 129, 139, 185, 194, 202, 228 f., 244, 254, 267, 274, 286, 289 – Maßgrund 43, 106, 313, 330 – Maßverbindung 103 – Maßverhältnis 101, 180, 184, 277 – ursprüngliches Maß 264, 279, 286 melius ipsum quam non ipsum – implikative Struktur des ›melius ipsum‹ 283 – ›melius ipsum‹ Kriterium 131, 147, 192, 219, 244, 252, 265, 311, 322 – ›melius ipsum‹ Prinzip 19–28, 108 f., 130, 134, 135, 154, 158, 160–163, 170 f., 174, 176 f., 180, 182, 186– 190 f., 194 f., 197–200, 206 f., 214,

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242 f., 244, 269–270, 309 f., 315 f., 321 f., 329 f., – ›melius ipsum‹ Regel 123, 158, 176 f. Metaphorik 72–75 – des Lichts, Lichtmetaphorik 72–74 – Reflexionsmetaphorik 75 Methode 17, 27 f., 36, 38, 98, 107, 145, 186, 244, 245, 260, 304, 306, 330 – des ›sola ratione‹ 15 f., 24, 276 – Einteilungsmethode 23, 107 – Methodenanweisung 33 – Methodenbestimmung 16 – Methodenbewußtsein 36 – Methodenerkenntnis 176, 202, 296 – Methodenwechsel 128 – Vergleichsmethode 182 – Wechsel der Methode 107 s. auch Verfahren (Wechsel des Verfahrens) Methodik des ›sola ratione‹ 28, 35, 95, 192, 200, 292, 301, 306, 309, 312 Nachbild 261, 265, 267, 269 Nachbildung 266, 291 Natur 95 ff. – eine Natur 33 f., 37 f., 96 f., 98, 103, 216, 232, 331 – einzige Natur 300 – göttliche Natur 31, 99, 327 – schöpferische Natur 90, 226 – vernünftige Natur 201, 301, 309 f., 316, 319, 322 Negation 32, 83, 85, 130, 133, 141, 146, 152, 170, 173 f., 177, 185, 187, 192, 200 f., 225, 231, 315 – doppelte Negation 153, 184 Neuplatonismus 22, 64, 66, 201 – neuplatonisch 65, 73, 180, 181, 200 f., 203 Nichts 28, 72, 77–82, 84 f., 86, 89, 90, 93 f., 129, 190, 192, 206, 216, 222– 228, 251, 253, 254, 258, 302, 306, 315, 322, 327 Nichtsein 20, 77, 84, 85 f., 91, 94, 124, 129, 217, 217, 220, 224, 227, 250, 254, 255, 275, 277

ALBER PHILOSOPHIE

Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Sachverzeichnis Offenbarung 229 Ordnung 65, 98, 179, 181, 330 – Rangordnung s. Rangordnung Orientierung 26, 28, 154, 194, 244, 275, 323, 333 – methodische Orientierung 45, 126 – praktische Orientierung 243, 322, 331 Partizipation 73, 317f s. auch Teilhabe – Partizipationsgedanken 73, 317, 318 Person(en) 32, 33, 44, 123, 141, 187, 191, 198, 229, 230, 237 f., 240–242, 244,f, 249, 254, 255, 260, 275, 292 f., 296, 320, 322, 325 f. – göttliche Personen 310, 316 – Personalität 240 – Personsein 88, 190 f., 231, 241 f., 327, 329, 330 Prädikat(e), Prädikation 22, 50, 57 f., 60, 109–113, 115 f., 119, 129, 156, 158, 164 f., 189, 199, 200, 201 f., 211, 229, 234, 250, 255 – Gottesprädikate 210 f. – Prädikatbegriffe 206 – Prädikatsbestimmung 195 – Prädikationsregel 21 – relative Prädikate – vergleichende Prädikation 250 – Vollkommenheitsprädikate 131, 140 – Wesensprädikate 20 f., 24, 107, 109 f., 112 f., 138, 154–156, 158, 176, 195, 201, 206, 315 – widerstreitende Prädikationen 234 Prinzip(ein) – Bestimmungsprinzip s. Bestimmung – Beurteilungsprinzip s. Beurteilung – Einteilungsprinzip s. Einteilung – Prinzip ›melius ipsum quam non ipsum‹, ›melius ipsum‹ Prinzip, Prinzip ›melius ipsum‹ 20–28, 51, 108 f., 130, 134 f., 155, 157 f., 160–163, 170–174, 176 f., 180, 182, 185–188, 190 f., 194–200, 206 f., 214, 242, 243, 244, 266, 270, 285, 309, 315 f., 321, 329 f. – Prinzipieneinsicht 25 – Prinzipienerkenntnis 20, 245

– Prinzipienkriterium 129 – Vollkommenheitsprinzip s. Vollkommenheit Prozeß 15, 96, 118, 315, 327 Platonismus 36, 294, 296 – platonisch 45, 128, 294 Quantität 208, 210 Qualität 64, 101, 179, 195, 212 Rangordnung 61, 65, 133 f., 138, 141 Rangstufung 64, 153 Raum 78, 87 f., 129, 150 f., 190, 207, 215, 217, 226–229, 230, 233 f., 240, 248 f., 273, 290 – Anschauungsraum 210, 224 – Raumbestimmung 210 – Raumvorstellung 225 Rechtheit 42, 208, 264, 306, 308 f., 319 Reflexion 15, 21, 25, 31, 32, 33, 37, 45, 46, 73, 100, 107, 113, 117, 123, 147, 178 f., 182, 186, 189, 190, 192, 194, 230, 244, 270, 273, 286, 292, 303 – Ähnlichkeitsreflexion 333 – Beurteilungsreflexion 35, 57, 196 – Bildreflexion s. Bild – Methodenreflexion 154 – Reflexionsbegriffe 225 – Reflexionserkenntnis 143, 296 – Reflexionsform 45, 86 – Reflexionsmetaphorik 75 – Reflexionsregel 316 – Reflexionsverfahren 200 – Reflexionsverhalten 195 – Reflexionsvermögen 303 – Reflexionswendung 264 – Relationsreflexion 120 – Selbstreflexion 33, 296, 317 – Verfahrensreflexion 48 Regel 17, 19 f. 22 f. 56, 90. 107, 156, 158, 176 f., 190, 195, 244, 284 – Ableitungsregel 190 f., 244 – anweisende Regel 140 – Beurteilungsregel 190 f., 194, 244 – Denkregel 19, 20 – formale Regel 131 – Identifikationsregel 21

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Sachverzeichnis – kritische Regel 20 – mathematische Regel 21, 190 – Prädikationsregel 21 – reflexive Regel 21 – theologische Regeln 20 Relation 23, 51, 55, 63, 77, 105, 107, 115, 116, 118 f., 121 f., 125, 127, 183, 214, 237 f. – Bestimmungsrelation 62 – relational 58, 63, 95, 100, 109, 113, 119, 122, 126 f., 130, 170, 183, 208; nicht-relational 100, 123, 233, 238, 279 – Relationalität 125 – Relationsbestimmung 107 – Relationsfunktion 101 – Relationsreflexion 120 – Ursprungsrelation 238, 242 – Vergleichsrelation 232 f., 251 f. – Verhältnisrelation 278 – zweifache Relation 105 Schöpfer 34, 69, 101, 117, 158, 179, 201, 217, 242, 251, 268, 277, 285, 289 f. – Schöpfer-Geist s. Geist Schöpfung 37, 38, 39, 67, 69, 77 f., 80, 86, 90, 92, 96 f., 118, 152, 190, 192, 201, 202, 223, 245 f., 249, 258 f., 281– 284, 289, 290, 295, 302, 305 f., 319, 331 – Schöpfung aus Nichts 67, 82, 86 s. auch creatio ex nihilo – Schöpfungsgedanke, -denken 76–78, 81, 86, 92, 240, 267, 318 – Schöpfungsgrund 81, 88, 96, 211, 251 – Schöpfungsgrundverhältnis s. Grund – Schöpfungshandeln 87 – Schöpfungsverhältnis 187, 210, 229, 254, 285 Seele 43, 133, 136, 148, 150, 175, 178 f., 180 f., 186, 230 f., 233, 249, 255, 305, 317, 319 f., 322–325, 328, 330 Seelenvermögen 16, 152, 175 Seiendheit 59, 76, 109, 124, 137 f., 141– 143, 147, 152–154, 156, 160, 165,

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169, 170, 172 f., 177, 183–185, 206, 234, 241 f., 252, 315 – gemischte Seiendheit 138 – naturbedingte Seiendheit 109, 143 – substantielle Seiendheit 143, 156, 160 Sein – des Nichts 83, 192, 222 f., 225 – einfaches Sein 212 – Etwassein, s. Etwas – Gegebensein 87 f., 191, 224, 226, 229 f., 253, 272, 284 – höchstes Sein 22, 65 – materielles Sein 230 – als Etwas(sein) 48, 72, 83, 98 – der höchsten Natur 67–69, 73, 75, 105, 122, 191, 205, 224, 234 – Seinkönnen 77, 80–87, 90 f., 97, 111, 187, 227, 231, 232, 234, 236 f., 245, 249, 251, 275, 309, 320 – Seinsbestimmung 173, 204, 319, 320 – Seinsgedanke 228 – Seinsgröße 197, 250 – Seinsmacht 250 – Seinsmächtigkeit 250 – Seinsnegation 173 – Seinsort 231 – Seinsvermögen 86, 93, 271, 309 – Seinsweise 38, 52, 70, 73, 85, 88, 94, 111 f., 135, 147, 187, 297, 202, 205 f., 208, 211, 219, 229–231, 251, 253 f., 258, 265–267, 271, 287, 291 – vollkommenes Sein 17, 250 – Wassein s. Wassein Selbigkeit 47 f., 61, 99, 123, 188 f., 213, 239, 242, 253, 258, 261 f., 277, 283 f., 289, 329 Selbstanmessung 88, 185 Selbstbewußtsein 33, 220, 231, 256, 268, 274, 276, 281, 284, 326 – Selbstbewußtwerdung 117, 231 Selbstbeziehung 217, 245 Selbstentsprechung 154 f., 206, 264, 269, 304, 317 Selbsterkenntnis 16, 24 f., 43 f., 88, 91, 101, 117, 123, 151, 158, 186, 191, 199 f., 224 f., 244 f., 247, 256, 276,

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Chung-Mi HwangBo https://doi.org/10.5771/9783495997192 .

Sachverzeichnis 287, 294, 296, 298, 302 f., 305, 316, 322, 330, 333 – praktische Selbsterkenntnis 322 Selbstgenügsamkeit 39 Selbstgleichheit 38, 102 f., 114, 121– 124, 153. 164, 206, 235, 253 Selbstgroßheit 123 Selbstgrund 56 – Selbstgrundverhältnis 56, 72, 105, 207, 216 Selbstnegation 130–133, 136, 139, 170, 184 Selbstreflexion s. Reflexion Selbstsein 19, 52, 72, 77, 84, 98, 105, 123, 128, 130, 146, 150, 167, 169– 171, 174, 178, 187, 189, 200, 203, 206, 210, 213, 215, 217, 230, 239, 273, 299, 304, 306, 320, 322 – Selbstsein der höchsten Natur 52, 77 – Selbstseinkönnen 52, 76, 89, 92, 139, 174, 187, 237, 304 Selbstursächlichkeit 75 Selbstvergleich 107, 124, 132, 147, 152, 174, 183–185, 307, 309 Selbstverhältnis 53, 69, 72, 76, 78, 105, 116, 124, 138, 174, 182, 184, 186 f., 199, 217, 239, 287, 304, 316 Sich-Erkennen 264 Sich-Sprechen 45, 69, 87, 93, 242, 246, 261, 278, 283 f., 286, 292 f., 296 similitudo s. auch Ähnlichkeit 88, 90 127, 152, 274 Singularität 74, 123, 127 f., 148, 167, 206, 241, 243 s. auch Einzigkeit sola ratione 15, 16, 24, 28, 31, 32, 33, 35, 36f, 38, 45, 66, 95, 113, 192, 200, 244 f., 276, 291 f., 295 f., 301, 306, 309, 312, 315, 318, 328 f., 331 s. auch Methode des ›sola ratione‹, Methodik des ›sola ratione‹ Sollen 127, 308, 318 Sprechen s. auch locutio – der Dinge 91, 305 – der höchsten Natur 88, 89, 94, 191, 246, 296 – der höchsten Substanz 87 – der Schöpfung 87, 246

– des höchsten Geistes 242, 258, 261, 272 – schöpferisches Sprechen 92, 158, 241, 262, 284, 287, 296, 305, 330 – ursprüngliches Sprechen 91, 246, 261, 307 Streben 317, 319, 322–324 – Strebensbestimmung 42, 45 Struktur 24, 28, 35, 52, 101 f., 105, 108, 121, 124, 130, 132 f., 136, 147 f., 153, 157, 160, 170 f., 178, 181, 184, 186 f., 189, 192, 196, 206, 242–245, 283, 285, 294, 301, 310 – Bildungsstruktur s. Bildung – der Beurteilung 52 f. – der Ebenbildlichkeit 91 – der Form des Prinzips 124 – der Vergleichsbeurteilung 196 – des Selbstseinkönnens 93 – des Selbstvergleichs 136, 160, 170 – des Vergleichs 133, 184 – implikative Struktur 283, 285 – Strukturprozesse 242 – triadische Struktur 181 Subjekt(e) 63, 76, 141 f., 143, 166, 195– 197 Substantialität 55, 84, 118, 127, 230– 232, 247 f., 249, 254 Substanz – göttliche Substanz 164, 169, 237 – höchste Substanz 69, 88, 93, 119, 166, 189, 196, 204, 227, 232–240, 248–250, 288, 293 – individuelle Substanz 88, 113, 119, 146, 235 f., 241, 243, 248, 255, 270 – schaffende Substanz 92, 118, 232 – unteilbare Substanz 249 Teilbarkeit 188, 189, 213, 226 f., 231 – Unteilbarkeit 206, 231, 235, 243, 252 f. Teilhabe s. auch Partizipation 61, 72, 101, 152, 186, 197, 203, 244, 246, 247, 273, 286, 318, 330 Theologie 27, 36, 101, 278, 392 – affirmative Theologie 17 – mystische Theologie 16, 17, 201

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Sachverzeichnis – negative Theologie 17, 192, 194, 200, 201, 392 – perfect-being Theology (Theologie) 26 – systematische Theologie 245 Topik 69, 75, 174, 176, 182 Trinität 37, 293, 295 f., 326 – trinitarisch 76 f., 127, 166, 173, 181, 190, 213, 216, 243, 245, 256, 291, 293, 304, 324, 327 – trinitarische Einheit 293 f. – trinitarische Struktur 216, 243, 245 – Trinitätsdarstellung 217 – Trinitätsgedanke(n) 255 – Trinitätslehre 90, 119, 173, 237, 260, 283, 304, 330 – Trinitätsstruktur 198 – Trinitätssymbol 326 – Trinitätswerk 15 Tugend(en) 179, 180, 182, 314, 323 Unendlichkeit 209 f., 286, Univozität 202 Unmitteilbarkeit 235 Unterscheidung 27, 34, 55, 65, 71, 74, 85, 89, 96, 97, 106, 113 f., 116, 118, 119, 129, 146 f., 150 f., 155, 184, 190, 192, 200, 201, 202, 205, 207, 213, 220, 225, 227 f., 231, 237, 240, 257, 268, 270 f., 273, 279 f., 287 f., 290– 292, 298, 310 f., 314 f. – beurteilende Unterscheidung 46 – vergleichende Unterscheidung 240, 253 – Unterscheidungskraft 146, 193, 314, 320 – Unterscheidungsurteil 301, 311 – Unterscheidungsvermögen 150, 231, 245, 301, 309, 311, 313 – Unterscheidungswissen 313, 314 unum argumentum 20, 26, 40, 163, 220 Urbild 87, 88, 90, 118, 158, 201, 246, 264, 269 f., 274, 284, 322 Ursache, Ursachen 67–72, 74, 78, 81– 85, 90, 92, 217, 222, 237, 247, 318 – Hilfsursache 81 f. – Instrumentursache 67 – Stoffursache 67 f., 78

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– Ursachenlehre 67, 69 – Wirkursache 67 Ursprung 17, 39, 55, 67, 72, 86, 87, 90, 94, 98, 102 f., 106, 111, 148, 151, 158, 201, 210, 229, 234, 243, 248, 260, 262, 276, 282, 284, 289, 290, 296, 304–310, 316 f., 318 – der Dinge 289, 318 – ursprüngliche Identität 75 f., 205 – ursprüngliches Erkennen 90 – ursprüngliches Maß 264, 279, 286 – ursprüngliches Sprechen 91, 246, 261, 307 – ursprüngliches Verhalten 76 – Ursprungsbestimmung 305, 316 – Ursprungserkenntnis 305 – Ursprungsgedächtnis 324 – Ursprungsgedanken 117, 152, 287 – Ursprungsmacht 330 – Ursprungsort 26, 81, 89 – Ursprungsort als Idee 89 – Ursprungsrelation 238, 242 – Ursprungsverhalten 103, 242, 246, 260 – Ursprungsverhältnis 111, 117, 158, 191, 201, 246, 264, 275–277, 301, 308, 316, 318 Urteil 64, 178, 180, 311 f. – praktisches Urteil 311 – Urteilsbildung 156, 306 – Urteilsentscheidung 306, 333 – Urteilsform 206 – Urteilskraft s. Urteilskraft – Urteilsstruktur 97, 172 – Urteilssubjekt 194, 250, 307 – Urteilsvermögen 41, 46, 308 – Vergleichsurteil s. Vergleich – Wahrnehmungsurteile s. Wahrneh-mung Urteilskraft 15 f., 24 f., 35, 42, 50, 54 f., 81, 88, 91, 93, 101, 120, 132, 135 f., 143, 147 f., 150 f., 178, 180, 185, 187, 189, 191, 193 f., 195, 199 f., 207, 215, 243–246, 265, 268 f., 271, 274, 277, 286, 288 f., 219, 298, 301, 305–309, 311 f., 314–317, 321, 325, 328–330, 333 – beurteilende Urteilskraft 15

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Sachverzeichnis – – – –

entscheidende Urteilskraft 16 erkennende Urteilskraft 150 f. vernünftige Urteilskraft 24, 141, reflektierende Urteilskraft 27, 54, 75, 140, 265, 292, 303, 330

Verantwortung 31, 42, 149, 309, 317, 320, 325 Verfahren – Einteilungsverfahren 109, 143, 148, 163 – Verfahren des einen Arguments 26 – Verfahrensreflexion 48 – Wechsel des Verfahrens 108, 126, 129 s. auch Methode (Wechsel der Methode) Vergleich – Selbstvergleich 107, 124, 132, 147, 152, 174, 183–185, 307, 309 – Vergleichbarkeit, Unvergleichbarkeit 17, 47, 57, 100, 103, 120, 130, 144, 208, 249, 251 f., 298 – vergleichende Prädikation 250 – vergleichender Gegenstand 100 – vergleichendes Denken 182, 210 – vergleichendes Empfinden 210 – vergleichendes Verhalten 48, 107 – Vergleichsdenken 183 – Vergleichsgrund 37, 46–48, 53, 56 f., 60, 64 f., 74, 77, 99 f., 103, 106 f., 250 f. – Vergleichsmaß 107, 154 – Vergleichsmethode 182 – Vergleichsrelation 233, 251 f. – Vergleichsstruktur 133, 172, 177, 180, 183 – Vergleichsurteil 34, 134, 182, 194 – Vergleichsverhalten 53, 76, 100, 147, 184, 186, 202 Verhalten – Ähnlichkeitsverhalten 113, 207, 237, 241, 289, 304, 312, 329 – Aussageverhalten 103, 112, 115, 121, 192, 199 – Bestimmungsverhalten 106 – Beurteilungsverhalten 34, 42, 57 f., 75, 96, 147, 160, 179, 207, 286, 306, 323

– – – –

Ebenbildverhalten 16 Erinnerungsverhalten 83, 85, 93 Erkenntnisverhalten 33, 273, 298 Handlungsverhalten 186, 219, 229, 311, 322 – Selbstverhalten 94 – Ursprungsverhalten 103, 242, 246, 260 Verhältnis – Schöpfungsgrundverhältnis 78, 252 – Seinsgrundverhältnis 266 – Selbstgrundverhältnis 56, 72, 79, 105 – Selbstverhältnis s. Selbstverhältnis – Stoffgrundverhältnis 79 – Verhältnisrelation 278 – Verhältnisbestimmung(en) 44, 58, 130, 208, 217, 277, 290, 303 Vermögen – Beurteilungsvermögen 42, 65, 100, 117, 146, 249, 268, 316, 319 – Erkenntnisvermögen 96, 289, 292, 296, 305 – Seelenvermögen s. Seelenvermögen – Seinsvermögen 89, 93, 271, 309 – Unterscheidungsvermögen 150, 231, 244, 301, 309, 311, 313 – Vermögensbedingung 154, 245, 269, 275 – Vermögensgrund 146 – Vermögensmaß 146 – Vermögensvergleich 86 Vernunft – Vernunft des Geistes 46, 152, 307 – Vernunftanspruch 33, 36, 38, 53 – Vernunftbewußtsein 45 – Vernunftempfindung 210 – Vernunftentscheidung 65, 146, 194, 272 – Vernunfterkenntnis 15, 24 f., 35, 44, 57, 91, 93, 97, 118, 185, 188, 194, 202, 206, 242, 245, 255, 258, 260, 265, 268, 272, 291 f., 312, 317, 321, 333 – Vernunftgedächtnis 158 – Vernunftgrund 51, 53 f., 92, 204, 295 – vernünftige Natur 201, 301, 309 f., 316, 319, 322

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Sachverzeichnis – vernünftiger Geist s. Geist – Vernunftüberlegung 41, 224, 272, 295 – Vernunftverhalten 33, 150, 274 – Vernunftweg 41, 179 Verschiedenheit 46 f., 152, 189, 213, 232, 304 Verstand 75, 94, 107, 111, 230, 244– 246, 292–299, 301 – Verstandesbegriff 217 – Verstandesbewußtsein 194 – Verstandeserkenntnis 289 – Verstandesgebrauch 234 – Verstandeshaltung 225 – Verstandesurteil 77 – Verstandesverhalten 270 via triplex 199 f. Vielheit 34, 45 f., 59 f., 65, 100, 108, 147 f., 154, 178, 195, 206, 213, 252, 261 f., 328 Vollkommenheit 16–18, 22 f., 26, 134, 167, 177, 180, 182, 188, 200, 210, 211, 213, 231, 253, 264, 270, 292, 316 – einfache Vollkommenheit 188, 251 – reine Vollkommenheit 16, 18, 23, 135, 166 f. – schlechthinnige Vollkommenheit 17 f., 24, 101, 134 f., 166, 188 – Vollkommenheitsprädikate 131, 140 – Vollkommenheitsprinzip 18 Vorbild 35, 44, 186, 246, 263, 265, 269 – Vorbildannahme 261, 274 – Vorbildlichkeitsrichtung 271 Vorstellung 70, 88, 168, 210, 213, 223 f., 231, 280, 285 – Raumvorstellung 214, 225 – zeitformbedingte Vorstellung 222 – Zeitvorstellung 224, 231, – Vorstellungsform 222 f. Vorzug 22 f., 49, 138, 170, 176, 267, 318 – Vorzugsbegriff 23 – Vorzugsgrund 50 – Vorzugsentscheidung 178, 270 – Vorzugsverhältnis 55 Wahrheit – als Rechtheit 308, 319

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– der Aussage 306 – der Dinge, eines Dinges 186, 285, 308 – Glaubenswahrheit(en) 38, 294, 296 – höchste Wahrheit 266, 290, 319 Wahrnehmung – Sinneswahrnehmung 46 – Wahrnehmungsurteile 146 – Wahrnehmungsform 224 Washeit 48, 52, 60, 98, 105, 152, 170, 188, 193, 195–199, 202, 206–208, 210 f., 215, 229, 239, 231, 243, 271 – Washeitsbegriff(e) 207 f., 252 – Washeitsbestimmungen 205 Wassein 38, 52, 57, 77, 83 f., 88, 94, 98, 100, 105, 116, 142, 166, 174, 196, 202 f., 207, 214 f., 224, 249, 252, 264, 279 Werte 142 – Wertentscheidung 321 – Wertigkeit 144 – wertschätzendes Verhalten 142 – Wertschätzung 141 f. – Wertschätzungsrelation 142 Wesen 21, 23, 26, 34, 48, 49, 52, 65 f., 75 f., 80 f., 87 f., 94, 98, 108, 113, 120, 128, 141, 144, 146, 164, 170, 172, 179, 184 f., 186, 191, 196, 205, 213 f., 217, 219, 224, 237, 239 f., 260, 264, 268, 270, 279, 287 f., 310, 322, 325 – einfaches Wesen 144 – göttliches Wesen 15, 164 – höchstes Wesen 75, 217, 329 – vollkommenes, vollkommenstes Wesen Wesenheit – dreieinige Wesenheit Gottes 118 – einfache Wesenheit 210, 264, 266, 271 – göttliche Wesenheit 35, 270 – höchste Wesenheit 80, 123, 150, 153, 196, 217, 218, 223, 227, 242 f., 247, 259, 261, 267, 289, 295, 297, 299, 315, 319 f., 322, 324, 327 – natürliche Wesenheit 116 f., 118, 122 f. 198, 209, 213, 269, 301 – Wesenheit Gottes 16 f., 20 f., 23, 119, 127, 134, 158, 160, 166 f., 173, 181,

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Sachverzeichnis 183, 186, 211, 214, 242, 244, 316, 328 Wesensbestimmung – der höchsten Natur 15, 108, 114, 144, 157, 169, 172, 183 – Gottes 22, 202 Wesensgleichheit 260, 264, 279 – wesensgleich 89, 189, 191, 242, 246, 259, 261, 263, 276, 281–283, 289, 321 – wesensgleiche Person 321 – wesensgleiches Wort s. Wort Wesensidentität 275 Wesensprädikat(e) 20 f., 24, 107, 109 f., 112 f., 138, 154–156, 158, 176, 195, 201, 206, 315 Widerstreit 86, 173, 200, 215, 217, 225, 227, 229, 230, 238, 273, 288 – Selbstwiderstreit 221 – widerstreitende Prädikationen 234 Wille 64, 135, 219, 311, 318

– Willensmacht 219 Willentlichkeit 218 Wort – schöpferisches Wort 122, 186, 242, 263 f., 273, 279, 285, 287, 309 – wesensgleiches Wort 191, 246, 282, 289 Würde 64 f., 66, 90, 93, 209 f., 242, 267, 302, 327 f., Zeit – Zeitbedingung 80, 217, 220 – Zeitbestimmungen 22 f., 226 – Zeitbewußtsein 220 f. – Zeitdifferenz 74, 88, 90 – zeitformbedingte Vorstellung 222 – Zeitsinn 231 – Zeitverhältnisse 215, 217, 220, 224, 227 f. – Zeitverlauf 231 – Zeitvorstellung 224, 230

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